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If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - -Title: Sämmtliche Werke 8: Vermischte Schriften und Aufsätze - Nicolai's Leben und sonderbare Meinungen / Deducirter Plan - einer zu Berlin zu errichtenden höheren Lehranstalt / - Beweis der Unrechtmässigkeit des Büchernachdrucks und - andere Aufsätze / Recensionen / Poesien und metrische - Uebersetzungen - -Author: Johann Gottlieb Fichte - -Editor: Immanuel Hermann Fichte - -Release Date: March 5, 2016 [EBook #51359] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK SÄMMTLICHE WERKE 8: *** - - - - -Produced by Karl Eichwalder, Jens Sadowski, and the Online -Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net This -book was produced from scanned images of public domain -material from the Google Books project. - - - - - - - - - - Johann Gottlieb Fichte's - sämmtliche Werke. - - - Herausgegeben - von - I. H. FICHTE. - - Achter Band. - - Berlin, 1846. - Verlag von Veit und Comp. - - Johann Gottlieb Fichte's - sämmtliche Werke. - - Herausgegeben - von - I. H. FICHTE. - - Dritte Abtheilung. - Populärphilosophische Schriften. - - Dritter Band: - Vermischte Schriften und Aufsätze. - - Berlin, 1846. - Verlag von Veit und Comp. - - - - - Inhaltsanzeige - des achten Bandes. - - - Seite - 1) Nicolai's Leben und sonderbare Meinungen, 1801 3-93 - 2) Deducirter Plan einer zu Berlin zu errichtenden höheren 97-204 - Lehranstalt, 1807 - Beilagen zum Universitätsplane (ungedruckt): - a. Plan zu einem periodischen schriftstellerischen Werke 207-216 - an einer deutschen Universität, 1805 - b. Rede bei einer Ehrenpromotion an der Universität zu 216-219 - Berlin, am 16. April 1811 - 3) Vermischte Aufsätze: - A. Beweis der Unrechtmässigkeit des Büchernachdrucks, 223-244 - ein Räsonnement und eine Parabel, 1791 - B. Zwei Predigten aus dem Jahre 1791 (ungedruckt) 245-269 - C. Ueber Geist und Buchstab in der Philosophie, 1794 270-300 - D. Von der Sprachfähigkeit und dem Ursprunge der 301-341 - Sprache, 1795 - E. Ueber Belebung und Erhöhung des Interesse an 342-352 - Wahrheit, 1795 - F. Aphorismen über Erziehung, 1804 (ungedruckt) 353-360 - G. Bericht über die Wissenschaftslehre und die 361-407 - bisherigen Schicksale derselben, 1806 (ungedruckt) - 4) Recensionen: - A. Von Creuzers skeptischen Betrachtungen über die 411-417 - Freiheit des Willens, 1793 - B. Von Gebhard über sittliche Güte, 1793 418-426 - C. Von Kant zum ewigen Frieden, 1796 427-436 - 5) Poesien und metrische Uebersetzungen: - A. Das Thal der Liebenden, Novelle, 1786 (ungedruckt) 439-459 - B. Kleinere Gedichte (meist ungedruckt) 460-471 - C. Uebersetzungen aus dem Portugiesischen, Spanischen 472-479 - und Italiänischen (meist ungedruckt) - - - - - Vorrede des Herausgebers. - - -Der vorliegende achte Band der Werke enthält Alles, was von gedruckten -und von ungedruckten Aufsätzen vermischten Inhaltes der Aufbewahrung -werthgehalten wurde, und was im dritten Theile der »Nachgelassenen -Werke« noch nicht erschienen ist. Diese beiden Bände stehen daher in -nächster ergänzender Beziehung zueinander. - -Die Schrift, welche hier die Reihe eröffnet: »Nicolai's Leben und -sonderbare Meinungen« (1801), wird bei ihrem Wiedererscheinen, da ihr -Gegenstand unserer unmittelbaren Erinnerung und unserem parteinehmenden -Interesse entrückt ist, wohl so heiter und so objectiv aufgenommen -werden, als sie ursprünglich entworfen ward. Gleichwie wir aus den -Selbstbekenntnissen des Dichters wissen, dass er sich mit dem ihm -Feindlichen am Sichersten versöhnt habe, indem er es zum Gegenstande -poetischer Darstellung machte: so ist es die ächte, überwindende und -abschliessende Polemik des Denkers, wenn er das Gegnerische aus seinem -Principe begreift und in der unwillkürlichen Consequenz seiner -Verkehrtheit erschöpfend darlegt. Als Beispiel dieses Humors der -Gründlichkeit wird das kleine Werk eine eigenthümliche Stelle behaupten -neben den wenigen polemischen Musterstücken unserer Literatur. Das -dreizehnte oder Schlusscapitel aus demselben: »Von den letzten Thaten, -dem Tode und der wunderbaren Wiederbelebung unseres Helden,« (Bd. VIII. -S. 89 ff.) welches der ursprüngliche Abdruck nur bruchstückweise enthält -(S. 128 ff.), ist zwar im Manuscripte noch vollständig vorhanden; doch -bleibt es, aristophanischer Derbheiten voll, auch jetzt kaum -mitzutheilen. - -Der »Universitätsplan« gehört in jene Reihe von Entwürfen zur -Umgestaltung der gesammten Nationalbildung, von denen wir in der Vorrede -zum siebenten Bande Bericht erstattet. Er schrieb ihn auf Anregung des -damaligen preussischen Cabinetsraths Beyme, der in Betreff desselben -»sein ganzes Vertrauen auf ihn setzte« und bei dem Entwurfe selbst ihn -davon lossprach, »an das Alte und Ueberlieferte sich zu binden« (Worte -aus einem ungedruckten Briefe des Letzteren). - -So entstand jener Plan auf einer völlig neuen Grundlage des Begriffes -einer Universität, und war ebenso auf ein neues Ziel gerichtet. In -ersterer Beziehung wurde geltend gemacht, dass die Universität weit -weniger Lehranstalt seyn solle, als Bildungsschule des freien -Verstandesgebrauches: leitender Grundsatz sey, durchaus nichts mündlich -zu lehren, was auch im Drucke vorliege und auf diese Weise weit besser -und sicherer an den Zögling gebracht werden könne; vielmehr solle der -akademische Unterricht nur in dem ununterbrochenen und innigen -Wechselverkehr zwischen Lehrer und Lernenden bestehen, in -Modificationen, welche der Plan ausführlich darlegt, um eben dadurch zur -»Kunstschule des wissenschaftlichen Verstandesgebrauches« sich zu -erheben. Als Ziel aber wurde gezeigt, dass dem Zöglinge dieser -Kunstschule nach dem Eigenthümlichen seines Talentes und nach dem -Ergebnisse seines Fleisses und seiner Ausbildung, auch die sichere -Aussicht auf die höchsten Staatsämter eröffnet werde, ohne dass dabei, -wie bisher, dem Stande oder sonstigen zufälligen Unterschieden der -geringste Einfluss bleibe, damit der auch von daher neu umgestalteten -Staatsverwaltung (auf Preussen wurde nemlich dabei zuerst gerechnet) die -höchste Blüthe der Wissenschaft und des Talentes zu steter Erfrischung -und Selbsterneuerung immerfort zu Gute komme. - -Es ist leicht erklärbar, nachdem zugleich die oberste Leitung der -Universitätsangelegenheiten in andere Hände gekommen war, warum unter -den damaligen Umständen, die guten Theiles noch jetzt fortdauern, ein -solcher Plan, sowohl in seinem Ausgangspuncte, als in seiner letzten -Absicht, unausführbar befunden werden musste. Berlin wurde eine -Hochschule, wie jede andere auch; und was ihr höheren Glanz verlieh, war -nicht das Vollkommene oder Rationellere ihrer ursprünglichen -Organisation, sondern der Ruf einzelner Lehrer, die verschwenderische -Fülle der Lehrmittel, welche sie darbot, endlich das äussere Ansehen, -das ihre eigenthümliche Stellung in der Nähe der obersten -Regierungsgewalten ihr verlieh. - -Dies Verhältniss erzeugte jedoch im weiteren Verlaufe eine andere, also -noch nie dagewesene Erscheinung. Man sah vor Augen, wie mächtig der -Einfluss der Wissenschaft sey auf die geistigen Bewegungen der Zeit, und -so empfahl es sich als höchste Maxime der Staatsklugheit, eine -Universität vor allen Dingen zur Bildungsanstalt künftiger Beamten zu -stempeln, und den Geist derselben den jedesmal herrschenden Wünschen und -Absichten der Regierung anzupassen. Hätte man bedacht, was eigentlich in -diesem Grundsatze liegt, und könnte es gelingen, consequent ihn -durchzuführen, so würde ans Licht kommen, dass er in Wahrheit nichts -Geringeres fordert, als jeden Keim der Zukunft der jedesmaligen -Gegenwart aufzuopfern und so den Stillstand zu verewigen! - -Wird nun irgend einmal unter den Gegenständen, welche in unserem -Vaterlande einer nothwendigen Umgestaltung entgegengehen, die Reihe auch -an unsere Universitäten kommen; wird man sich sodann die Frage zur -klaren Entscheidung bringen müssen, ob sie auch künftig bloss -Pflanzschulen für Beamte seyn sollen, oder wirklich und ungeschmälert -freie Pflegerinnen der Wissenschaft, von denen der erste Antrieb zu -jedem Weiterschreiten im Staate selber ausgehen müsse: so wird man -gewiss auf denselben höchsten Grundsatz und wenigstens auf ähnliche -Einrichtungen zurückkommen müssen, wie sie in Fichte's Universitätsplane -vorgeschlagen sind, und dieser näheren oder ferneren Zukunft mag dann -eine erneuerte Erwägung desselben vorbehalten bleiben. -- - -Von den nun folgenden »vermischten Aufsätzen« schien uns jeder -beachtenswerth in verschiedener Beziehung, als Zeugniss von den -Interessen, welchen sich Fichte's Geist zu verschiedenen Zeiten -zugewandt. Ehe er ganz von der Kantschen Philosophie dahingenommen -wurde, war es sein höchstes Ziel, sich zum Kanzelredner zu bilden: was -er darin erstrebte und für das Rechte hielt, mögen die abgedruckten -Predigten zeigen, zusammengehalten mit der schon früher, im dritten -Bande der »Nachgelassenen Werke« (S. 209.), mitgetheilten. Alle drei -scheinen uns nicht ohne urkundliche Kraft und Eigenthümlichkeit, den -künftigen wissenschaftlich-popularen Redner ankündigend. - -Von den weiteren Abhandlungen müssen wir »die Briefe über Geist und -Buchstab in der Philosophie« (1794, ursprünglich für Schillers Horen -bestimmt) auszeichnen. Sie stammen aus der ersten, frischesten Zeit der -Erfindung seines Systemes, und geben zugleich am Ausführlichsten von -seinen ästhetischen Principien Kunde. Der ästhetische Trieb wird darin -als das Mittlere zwischen dem Erkenntniss- und dem praktischen Triebe -bezeichnet, als das Ideelle, die Vernunft, aber in Form der Natur, der -^Unmittelbarkeit^ des Bewusstseyns, wodurch der ästhetische Sinn, beiden -Welten angehörend, beide eben vermitteln kann, weil Vernunft und Natur -in ihm auf ursprüngliche Weise als Eins gesetzt sind. So hätte, diesem -unmittelbarsten Entwurfe seines Systemes nach, die Aesthetik die -dritte vermittelnde Disciplin zwischen den beiden Theilen der -Wissenschaftslehre, dem theoretischen und dem praktischen, seyn sollen, --- eine Auffassung, welcher indess keine weitere Folge gegeben worden -ist, wiewohl sie auch in Fichte's Sittenlehre (Bd. IV. S. 353.) noch dem -Begriffe des Schönen und der Kunst zu Grunde gelegt wird, indem er das -Princip derselben dort also bezeichnet: »dass die schöne Kunst den -^transscendentalen Gesichtspunct^« (den der Vernunft) »zum gemeinen« -(unmittelbaren) »mache.« Wir finden in dieser Bestimmung keinen -wesentlichen Unterschied von der in den späteren Systemen, das Schöne -sey die Idee in sinnlicher Unmittelbarkeit, vielmehr dasselbe, wiewohl -noch unausgeführt und in unbestimmtem Umrisse. Nur dies hinderte bei -Fichte die fruchtbare Entfaltung dieses Gedankens, dass ihm das -eigentlich nächste und unmittelbarste Gebiet dieses Sinnlichwerdens der -Idee, die Natur, fortwährend ^blosse^ Sinnenwelt, ein schematisches, der -Idee untheilhaftes Bewusstseyn blieb. Er konnte kein ^Naturschönes^ -anerkennen, und ^deshalb^ musste er auf die Frage, wo die Welt des -schönen Geistes sey, antworten: »Innerlich in der Menschheit, ^und sonst -nirgends^« (S. 354.). Diese Ausschliesslichkeit gegen die Natur tritt -nun in jener Abhandlung noch nicht hervor: das neue Princip sucht noch -das Reich der Wahrheit sich zu gewinnen, ohne genau die Grenzen -abzustecken oder Etwas von sich auszuschliessen, und solche -ursprünglichen Urtheile müssen immer für die bezeichnendsten und dem -eigentlichen Sinne des Principes gemässesten gehalten werden.[1] -Vielleicht auch eines Kunsturtheils wegen kann der Aufsatz für -merkwürdig gelten. In jener Zeit, als ganz andere Dichter das Publicum -beherrschten, verkündete er, als einer der frühesten, die Grösse des -Goetheschen Dichtergeistes, nicht in seinen damals allein etwa beliebten -Jugendwerken, sondern in seinen späteren Dichtungen, indem es ihnen -gelungen sey, gerade durch Mässigung der höchsten Kraft, die in sich -harmonische Schönheit darzustellen. -- - -Die Abhandlung: »über Sprachfähigkeit und Ursprung der Sprache« wird auf -den ersten Anblick vielleicht merkwürdig erscheinen durch das -befremdliche Resultat, auf welches sie hinausgeht. Entschieden ist -wenigstens, dass Fichte späterhin die Sprache nicht bloss mehr für -freies Erzeugniss einer schon ausgebildeten Vernunftthätigkeit hielt, -wiewohl zuzugeben ist, dass er die volle Bedeutung der Sprache überhaupt -zur Verwirklichung des Vernunftbewusstseyns im ^Einzelsubjecte^, in -keiner von seinen wissenschaftlichen Darstellungen vollständig gewürdigt -hat. - -[Fußnote 1: Bekanntlich hat Solger im Erwin (I. S. 77.) Fichte's -ästhetisches Princip einer Kritik unterworfen; ebenso ist es neuerdings -von Th. W. Danzel charakterisirt worden in einer sehr beachtenswerthen -Abhandlung: »über den gegenwärtigen Zustand der Philosophie der Kunst« -(in des Herausgebers Zeitschrift für Philosophie etc. Bd. XIV. S. 165 -ff.). Das Obenangedeutete und Fichte's hier wiederabgedruckte Abhandlung -mögen dafür zur Ergänzung und Berichtigung dienen.] - -Dennoch war der Grund von diesem Allem, wie eben aus jener Abhandlung -deutlich erhellt, ein tiefer und ächt idealistischer. Die Vernunft ist -das Ursprünglichste, Selbstständigste, Unabhängigste im Menschen; sie -bedarf zu ihrer Wirklichkeit nicht, sich an Tonbildern zu befestigen, -die sie vielmehr -- (so sah man überhaupt damals dies Verhältniss an) -- -nur in zufällig willkürlicher Gestaltung aus sich hervorbringt. Statt -sprechend, kann sie sich daher auch in der stolzen Innerlichkeit des -Schweigens genügen. Deshalb behauptete er, dass man die Tonsprache für -viel zu wichtig gehalten habe, wenn geglaubt worden sey, dass ohne sie -kein Vernunftgebrauch habe stattfinden können. So war er auch bei -anderer Gelegenheit auf die Frage: ob man nur in Worten zu denken -vermöge, geneigt, darauf mit Nein zu antworten, wo jedoch die genauere -Selbstbeobachtung ihn im Stiche lässt. - -Es sey daher gestattet auf den gegenwärtigen Standpunct dieser Frage -einen Blick zu werfen, um das Verhältniss jener Abhandlung zur -philosophischen Sprachwissenschaft der Gegenwart bestimmter -festzustellen. Seit W. von Humboldts Untersuchungen über diesen -Gegenstand steht fest, dass von der Vorstellung, die auch Fichte hier -vertritt, die Tonsprache sey erst ein Product des Bedürfnisses bei schon -erwachter Vernunftthätigkeit gewesen, völlig abgesehen werden müsse. Das -tonbildende Vermögen, so zeigte Humboldt, ist ein durchaus -ursprüngliches, vom Seyn des Menschen unabtrennliches, mit -unwillkürlicher Kraft, aber in tiefer Gesetzlichkeit, sich Luft machend: --- was er nun an einer vergleichenden Physiologie und Semiotik der Laute -weiter durchführt und mit grossem Reichthume der Beobachtung im -Einzelnen begründet. Bis so weit nun, als Humboldt hierin führt, und von -dieser Seite, ist der Grund und Ursprung der Sprachbildung aufgedeckt; -aber die eigentliche Mitte des Problems ist damit noch nicht erreicht -worden. Dies zum Bewusstseyn zu bringen, ist Fichte's Abhandlung -geeignet, die zugleich noch eine andere, von jener unabtrennliche Frage -anregt, die Frage über das Verhältniss der Zeichen- zur Tonsprache. - -Die erstere macht er zur ^Ursprache^, und fügt hinzu, dass sich diese -vielleicht erst nach Jahrtausenden in Gehörsprache verwandelt habe, weil -für Ausbildung der letzteren schon eine wirkliche Thätigkeit der -Vernunft vorauszusetzen sey, wie er dies im weiteren Verlaufe der -Abhandlung an der Erzeugung der grammatischen Formen ausführlich -nachweist. Dies ist ein bedeutender Wink, der nur weiter auszubilden -wäre, und auch der dabei geforderte Zeitverlauf ist ein wichtiges, wohl -zu beachtendes Moment. - -Zunächst jedoch muss es als ungerechtfertigt erscheinen, Zeichen- und -Tonsprache in ihrem unmittelbaren Ursprunge überhaupt von einander zu -trennen, und diese später entstehen zu lassen. Unstreitig treten beide -ursprünglich ^mit^ einander hervor, und gehen sogar noch immer, wie wir -täglich bei lebhaft Sprechenden bemerken können, sich ergänzend und -unterstützend nebeneinander her; ja bei Armuth der Tonsprache (wie im -Chinesischen), oder bei dem Mangel derselben (wie in Taubstummheit), -kann die Zeichensprache durch Reflexion und Absicht ebenso zur -articulirten gesteigert werden, wie jene. Dennoch hat Fichte recht: nur -allmählig, im Zeitverlaufe, wird die Tonsprache zum gegliederten -Sprachorganismus, indem die bewusstwerdende Vernunft, das Denken, immer -reicher in sie sich einbildet. - -Hier sind wir nun, dem unmittelbaren Anscheine nach, in einen Cirkel -gerathen, zu dessen Vermeidung Fichte eben seine Hypothese von dem -allmähligen Uebergange der Zeichen- in Tonsprache ersann. Ohne -Vernunftgebrauch keine Sprache; aber wie vermag umgekehrt die Vernunft -sich auszubilden, wenn sie nicht eine Sprache vorfindet, als das -gefügige Element ihrer eigenen Verwirklichung? Was ist hier das Erste, -was das Letzte? Fichte hat, seinem Principe gemäss, der Vernunft den -Primat gegeben, und was schon seine nächsten Vorgänger behaupteten, in -der Abhandlung mit neuen, in ihrer Begrenzung schwer zu widerlegenden -Gründen durchgeführt: die Sprache kann nur allmählig entwickelt seyn -durch die steigende Vernunftthätigkeit. Die entgegengesetzte Ansicht -(Bonalds, Franz Baders, Fr. Schlegels u. A.) legt den Nachdruck auf die -andere Seite: die Sprache kann dem Menschen nur verliehen seyn, weil -erst durch sie vermittelt die eigene Vernunft ihm objectiv, er ihrer -bewusst wird. Am Sprechen lernt der Mensch erst zu denken; -- was nicht -minder richtig und unstreitig bleibt. Humboldt endlich hat die -natürliche Grundlage hervorgehoben, aus deren unmittelbarer, aber tief -gesetzmässiger Wirksamkeit alle Lautsprache hervorgeht, das ursprünglich -tonbildende Vermögen des Menschen. Und so kann jetzt abschliessend -ausgesprochen werden, dass zwischen jenen beiden Gegensätzen gar kein -Widerstreit obwaltet, dass beide Geltung haben, aber in gegenseitig sich -beschränkendem Sinne, der jedem daher seine scharfbegrenzte Wahrheit -giebt. Die Sprache ist ebenso »eingeboren,« -- ^Ursprache^, äusserlich -bedingt durch das tonbildende Vermögen des Menschen, innerlich durch die -Immanenz der Vernunft im Menschengeiste -- als sie zu ihrer Ausbildung -und Gliederung doch des steten Fortwirkens jener beiden Factoren bedarf. -Es ist derselbe Process, nur energischer und reicher, der sich auch in -den schon gebildeten Sprachen fortwährend entdecken lässt, indem die -Denkweise eines Zeitalters unwillkürlich in den Veränderungen der -Sprache sich abbildet, sie erweiternd oder verengend, vergeistigend oder -entgeistend. Ebenso scheint von hier aus die Frage nach der Einheit und -Verwandtschaft aller Sprachen von selbst sich zu lösen. Jene »Ursprache« -ist als vollendete und für sich bestehende, nicht geredet worden bei -irgend einem Volke oder in einer bestimmten Zeit: sie wird noch immer -geredet und spricht sich hinein in alle individuellen Sprachen, deren -grössere oder geringere Verwandtschaft von daher stammt; denn sie ist -nur jene im tonbildenden Vermögen liegende Gesetzmässigkeit alles -Sprechens. -- - -Das philosophische Fragment endlich, »Bericht über den Begriff der -Wissenschaftslehre und die bisherigen Schicksale derselben« (1806), -dessen erster Abschnitt bereits in den »Nachgelassenen Werken« -erschienen war, glaubten wir jetzt, trotz seines polemischen Inhaltes, -in seiner Vollständigkeit nicht mehr zurückhalten zu dürfen, indem es -als Actenstück in der Geschichte des Fichteschen und Schellingschen -Systemes eine wesentliche Stelle einnimmt. Wenn es aber überhaupt -mitgetheilt wurde, so musste dies in ungeschmälerter Ursprünglichkeit -geschehen. Was dagegen zu erinnern wäre, verschwindet grossentheils vor -der Betrachtung, dass hierbei die Erneuerung alter Kämpfe nicht zu -besorgen steht: beide Systeme in ihrer damaligen Gestalt gehören der -Geschichte an, und sind uns zu parteilosem Urtheile schon in eine so -bedeutende Ferne gerückt, dass der Kundige, nach der einen wie der -anderen Seite hin des Rechten nicht verfehlen oder aus anderen Quellen -es leicht sich aneignen kann. - - * * * * * - -Unter den wiederabgedruckten Recensionen machen wir namentlich auf die -beiden letzten aufmerksam. Die eine (von Gebhards Schrift über sittliche -Güte, 1793) stellt an ihrem Schlusse, hier am Frühesten und zum -Erstenmale, das neue Princip auf, mit welchem Fichte über Kants -Idealismus hinausging. Es wird in der Wendung ausgedrückt: die -praktische Vernunft habe nicht bloss, wie bei Kant, den Primat über die -theoretische, sondern das Praktische, die That, sey als die Eine -Grundbestimmung aller Vernunft und als Fundament alles ^Wissens^ zu -bezeichnen. -- Ebenso ist die kurze Recension von Kants Schrift »zum -ewigen Frieden« (1796), gedankenreich und bedeutend: sie enthält in -gedrängter Darstellung das Unterscheidende der eigenen Rechtslehre von -der Kantischen, und kann so zur Ergänzung des dritten Bandes der Werke -und unserer Vorrede desselben dienen. Aber sie erhebt sich auch zu -weiteren Fragen über die Zukunft der Geschichte; und hier werden -Ansichten über die nothwendige Fortbildung der Gegenwart zum wahren -Staate angedeutet, welche schon im Keime die Ideen seiner späteren -Staatslehre zeigen. - - * * * * * - -In Betreff der am Schlusse des Bandes mitgetheilten poetischen Versuche -sind wir nicht frei von der Besorgniss, dass mancher Leser einen anderen -Maassstab des Urtheiles zu ihnen hinzubringe, als hier zulässig wäre. -Nicht eigentlich als dichterische Erzeugnisse sind sie aufzufassen, -- -ob überhaupt nemlich poetische Productivität zum Talente des Denkers -sich gesellen könne, welcher in der bildlosen Reine des Begriffes und in -der Virtuosität der Abstraction waltet, ist durchaus zu bezweifeln, -- -sondern um das Bild von Fichte's Charakter nach einer Seite hin zu -vollenden, die in diesen Werken bisher am Wenigsten hervortreten konnte; --- wir meinen die gesammte Gemüthsweise, welche in solchen Productionen -am Unverkennbarsten sich darstellt, und die in ihm allezeit ebenso -entschieden zur Einheit ausgeprägt war, wie seine wissenschaftliche -Denkart, ja in dieser nur ihr übereinstimmendes Gegenbild fand. Jene -nun, der tief religiöse Ernst, das kraftvolle Erfassen des Lebens auch -in seinen äusseren und scheinbar gleichgültigen Spitzen, aus diesem -höchsten Mittelpuncte, ist der gemeinsame Faden, der sich auch durch -seine Poesien zieht, selbst bis in den Humor hinein; darum schienen sie -uns charakteristisch und aufbehaltenswerth, und so möge auch die -Aufnahme seines ältesten poetischen Versuches (einer »Novelle« aus dem -Jahre 1786, überhaupt des Frühesten, was im Nachlasse übriggeblieben -ist) erklärt und gerechtfertigt seyn. Vielleicht verdient sie als -literarische Merkwürdigkeit selbst einige Beachtung, wenn man sie mit -dem damals herrschenden Geiste in solchen Erzählungen vergleichen will. - -Von hier aus können wir zugleich auf seine ästhetischen Neigungen noch -einen Blick werfen. Wie er in der neueren Poesie dem objectiven Werthe -nach Goethe unbedingt am Höchsten stellte und unter seinen Werken, gegen -die gewöhnliche, auch bis jetzt noch geltende Annahme, seine »natürliche -Tochter,« könnte aus seinem Briefwechsel bekannt seyn (Leben und -Briefwechsel, Bd. II. S. 326 ff.). Dennoch war er auch der Romantik, -namentlich der religiösen, bis in ihre Nebenabsenker mit Vorliebe -zugethan, während ihm Jean Pauls Gefühlsweichheit ebenso, wie sein -geschraubter Humor, ungeniessbar blieb. In Novalis, besonders seinen -geistlichen Liedern, sah er neue Quellen ächter, tieferfrischender -Poesie seinem Zeitalter geöffnet, und Tiecks »heilige Genoveva« erregte -bei ihrem ersten Erscheinen ein so nachhaltiges Interesse in ihm, dass -er diese Gattung romantisch religiöser Dramen selbst zur Darstellung -philosophischer Ideen glaubte erheben zu können. Es ist noch von ihm der -ausführliche Entwurf eines romantischen Trauerspiels: »der Tod des -heiligen Bonifacius« vorhanden, in welchem er den Sieg der Idee eben -dadurch, dass sie äusserlich sich opfert und in sinnlicher Gegenwart -untergeht, zu schildern gedachte. -- In späteren Jahren endlich, als ihn -das Studium des Italiänischen, Spanischen und Portugiesischen -beschäftigte, war es besonders Dante, der ihn mächtig ergriff und zu -dessen Betrachtung er mit immer neuem Interesse zurückkehrte. Von seinem -^Purgatorio^ ist eine zum Theil metrische Uebersetzung mit Commentar im -Nachlasse vorhanden (wovon ein Fragment in der Zeitschrift: »Vesta, -Königsberg 1807« abgedruckt ist). Die anderen grossen Dichter jener -Nationen, Petrarca, Cervantes, Calderon, Camoens schlossen sich in -diesen Studien an, und von vielen Uebersetzungsversuchen aus ihren -Werken haben wir einige zum Abdruck ausgewählt, welche uns die nach Wahl -eigenthümlichsten, nach Ausführung gelungensten schienen. - - - - - Friedrich Nicolai's - Leben und sonderbare Meinungen. - - - Ein Beitrag zur Literargeschichte des vergangenen und zur - Pädagogik des angehenden Jahrhunderts. - - Von - Johann Gottlieb Fichte. - - Herausgegeben - von - A. W. Schlegel. - - Erste Ausgabe: Tübingen, in der J. G. Cottaschen Buchhandlung. - 1801. - - - - - Vorrede des Herausgebers. - - -Der Verfasser dieser Schrift hatte anfänglich die Absicht, sie unter -seinen Augen dem Drucke zu übergeben. Da hiebei zufällige Hindernisse -eintraten, und der nächste Zweck derselben durch die Unterhaltung, -welche er bei ihrer Abfassung gefunden und seinen Freunden durch die -Mittheilung verschafft hatte, eigentlich schon erreicht war, so wollte -er von keiner weiteren Bemühung damit etwas wissen und zog seine Hand -gänzlich von ihr ab. Das Manuscript kam in dem Kreise seiner Freunde -auch an mich; ich bin durch keine Bevorwortung des Verfassers bei dem -Gebrauche, den ich etwa davon möchte machen wollen, eingeschränkt, und -so gestehe ich, dass ich mir ein Gewissen daraus machen würde, diese -bündige und erschöpfende Charakteristik eines in seiner Art merkwürdigen -Individuums dem Publicum vorzuenthalten. Der Würde Fichte's wäre es -vielleicht angemessener, sein bisheriges verachtendes Stillschweigen -auch jetzt nicht zu brechen: allein da er einmal die gutgelaunte -Grossmuth gehabt hat, so viel Worte und Federzüge an Nicolai zu wenden, -so muthe ich ihm auf meine Gefahr auch die zweite zu, die Welt seine -ausgeübte Herablassung erfahren zu lassen. Was Nicolai betrifft, so -weiss ich wohl, dass ich ihm durch die Herausgabe dieser Schrift die -grösste Wohlthat erweise. Was könnte ihm, der seine hauptsächlichen -Gegner nicht einmal dahin bringen kann, seine weitläufigen -Streitschriften zu lesen, geschweige denn zu beantworten, der ihnen -höchstens nur einige hingeworfene Sarkasmen abgelockt, glorreicheres -begegnen, als dass Fichte auf ihn, als auf ein wirklich existirendes -Wesen, sich förmlich einlässt, ihn aus Principien construirt, und ihn wo -möglich sich selbst begreiflich macht? Der Tag, wo diese Schrift -erscheint, ist unstreitig der ruhmbekrönteste seines langen Lebens, und -man könnte besorgen, er werde bei seinem ohnehin schon schwachen Alter -ein solches Uebermaass von Freude und Herrlichkeit nicht überleben. -Verdient hat er es ganz und gar nicht um mich, dass ich ihm ein solches -Fest bereite, da er mir die Schmach angethan, mich in früheren Schriften -ordentlich zu loben, und noch in den letzten mir Kenntnisse und Talente -zuzugestehen. Indessen die Lesung der folgenden Schrift hat mich in die -darin herrschende grossmüthige Stimmung versetzt, und wenn er sich diese -Anmaassung nicht wieder zu Schulden kommen lassen will, so sey das -bisherige vergeben und vergessen. - - - - - Einleitung. - - -Ich habe zu Friedrich Nicolai's zahllosen Schmähungen und Verdrehungen -meiner Schriften stillgeschwiegen, so lange es lediglich die Schriften -traf; indem ich in demjenigen Theile des Publicums, wenn es einen -solchen noch giebt, in welchem Nicolai über literarische Angelegenheiten -eine Stimme hat, keine zu haben begehre. Nunmehro hat Nicolai auch meine -persönliche Ehre angegriffen; -- denn dass er der Verfasser sey von der -in der neuen deutschen Bibliothek, 56. B. 1. St. zu Ende des zweiten und -zu Anfange des dritten Heftes befindlichen Anzeige, in welcher jene -Angriffe geschehen, leidet keinen Zweifel und bedarf keines Beweises. -Selbst auf den unerwarteten Fall, dass Nicolai seine Autorschaft -abläugnete, werde ich diesen Beweis nicht führen; denn es ist jedem, der -die lebenden Schriftsteller kennt, unmittelbar klar, dass nur Einer, nur -Friedrich Nicolai, dies schreiben konnte. -- Ich bin es zwar nicht dem -Herrn Nicolai, der die gegen mich vorgebrachten Beschuldigungen entweder -selbst nicht glaubt, oder durch den Leichtsinn, mit welchem er sie -vorbringt, auf alle persönliche Achtung Verzicht thut, -- wohl aber dem -Publicum, welches dieselben ganz oder halb glauben dürfte, schuldig, -mich vor ihm zu stellen und mich zu verantworten. -- - -Nachdem es nun Nicolai endlich erzwungen, dass ich noch während seines -Lebens von ihm spreche, so führe ich hiebei zugleich, früher als ich -gerechnet hatte, einen alten Vorsatz aus. Nemlich ich scheue mich nicht -zu gestehen, dass, seitdem ich die mich umgebende Welt kenne und selbst -eine Meinung habe, nichts mir verhasster und verächtlicher gewesen ist, -als die elende Behandlung der Wissenschaften, da man allerlei ^Facta^ -und Meinungen, wie sie uns unter die Hände kommen, zusammenrafft, ohne -irgend einen Zusammenhang oder einen Zweck, ausser dem, sie -zusammenzuraffen und über sie hin und her zu schwatzen; da man über -alles für und wider disputirt, ohne sich für irgend etwas zu -interessiren, oder es ergründen auch nur zu wollen, und in allen -menschlichen Kenntnissen nichts erblickt, als den Stoff für ein müssiges -Geplauder, dessen Haupterforderniss dies ist, dass es ebenso -verständlich sey am Putztische, als auf dem Katheder; jene schaale -Wisserei und Stümperei, Eklekticismus genannt, die ehemals beinahe -allgemein waren, und auch gegenwärtig noch sehr häufig angetroffen -werden. -- Ausser eignen Arbeiten und Untersuchungen, die für einen -ernsthaften Zweck unternommen, und mit einem bessern Geiste geführt -würden, und die immer das Gegenmittel gegen jenen verderblichen Hang -bleiben müssen, schien mir auch noch ein zweites Gegenmittel sehr -zweckmässig zu seyn: die lebendige Darstellung der unausbleiblichen -Folgen jener Behandlung der Wissenschaft zur absoluten Ertödtung alles -Sinnes für Wahrheit, Ernst und Gründlichkeit, und zur radicalen -Verkehrung und Zerrüttung des Geistes. Das vollendetste Beispiel einer -solchen radicalen Geisteszerrüttung und Verrückung in unserm Zeitalter -war mir, seitdem ich ihn gekannt habe -- ich lernte ihn in dem Streite -zwischen Mendelssohn und Jacobi kennen -- Friedrich Nicolai. Sein Bild -wollte ich, wenn er seine verkehrte Laufbahn geschlossen haben würde, -welches er freilich nur mit seinem Tode thun wird, allen studirenden -Jünglingen, in denen ein Hang seyn könnte, seine Bahn zu betreten, und -allen, die auf die Bildung dieser Jünglinge Einfluss hätten, zum -warnenden Beispiele hinstellen. - -Diesen alten Vorsatz werde ich gleich bei der gegenwärtigen Gelegenheit -ausführen; und dadurch einem Geschäfte, an welches ich, wenn es für eine -blosse Vertheidigung meiner selbst gegen Nicolai angesehen würde, nicht -ohne tiefe Beschämung gehen könnte, eine liberalere und allgemeinere -Richtung zu geben suchen. Nicolai selbst, wenn darnach gefragt werden -könnte, kann dies nicht übelnehmen. Er hat Zeit seines Lebens die -grössten und verdientesten Männer der Nation auf eine Weise behandelt, -dass er selbst, wenn er nur fähig wäre einen Augenblick lang andern -dieselben Rechte gegen sich zuzuschreiben, die er sich gegen andere -zuschreibt, es ganz billig finden müsste, dass man eine Rücksicht, die -er nie gekannt hat, auch gegen ihn nicht beobachtet, keine Notiz davon -nimmt, dass er noch unter den Lebendigen existirt, und ohne Bedenken -eine Untersuchung, die ihn zum blossen Thema macht, unter seinen Augen -anstellt. - -Zwar sehe ich bei diesem Unternehmen den Tadel zweier durchaus -entgegengesetzter Parteien voraus. Zuvörderst den Tadel derjenigen, -welche über Kunst und Wissenschaft im Wesentlichen mit mir gleich -denken. Ihnen ist, so viel ich habe bemerken können, Nicolai ein so -unbedeutender und verächtlicher Gegenstand, dass man in ihren Augen nur -sich selbst herabsetzt, wenn man ihn einer Erwähnung und Beachtung -würdigt. Sie haben vollkommen recht, und ich bin ganz ihrer Meinung, -wenn von Nicolai als von einer Person geredet werden sollte. Als Object -aber, als vollendete Darstellung einer absoluten Geistesverkehrtheit ist -er, meines Erachtens, dem Literarhistoriker und Pädagogen wichtig, und -so interessant, als dem Psychologen ein origineller Narr, oder dem -Physiologen eine seltene Misgeburt nur immer seyn kann. Ich bekenne, -dass es meine Schuld seyn würde, wenn ich dieses Interesse für meinen -Gegenstand nicht zu erregen vermöchte. - -Sodann habe ich mich auf den Tadel der gutmüthigen Mittelmässigkeit -gefasst zu halten, welche, seit die Urtheile der grössten deutschen -Männer, eines Kant, Goethe, Schiller, über jenen Gegenstand in das -Publicum gekommen, aus mehrern Winkeln der Literatur uns erinnern, denn -doch auch die bedeutenden Verdienste des Mannes nicht zu vergessen. Ich -werde tiefer unten meine Ueberzeugung, dass Nicolai für seine Person -sein ganzes Leben hindurch nie etwas Kluges, sondern eitel Verkehrtes -und Thörichtes angefangen habe, und dass auf ihm nicht das mindeste -Verdienst, sondern eitel Schuld ruhe, weder verläugnen, noch sie zu -begründen vergessen. Dass jene Stimmführer der Mittelmässigkeit wirklich -zu wissen wähnen, was sie von jenen Verdiensten sagen, will ich glauben. -Nicolai und sein Anhang haben es ja über ein Vierteljahrhundert lang -genugsam wiederholt, dass Nicolai Verdienste habe, so dass endlich in -dem Gedächtnisse jener wohl hangengeblieben seyn mag, dass so etwas -gesagt worden. Sollten sie dieselbe Behauptung auch bei der -gegenwärtigen Veranlassung wiederholen wollen, so ersuche ich sie, nur -diesmal nicht so, wie sie immer zu thun pflegen, bloss ins unbestimmte -hin zu versichern, sondern mir eines jener Verdienste namentlich -anzugeben; mir irgend ein richtiges, treffendes Urtheil, das Nicolai -gefällt, irgend eine gründliche Abhandlung, die er über etwas, das des -Wissens werth ist, geschrieben, nachzuweisen, damit ich sie auch kennen -lerne. Ich ersuche jene Stimmführer bei dieser Gelegenheit, sich -zugleich vor sich selbst die Frage zu beantworten, welche Geisteskraft, -oder welches Talent sie denn etwa Herrn Nicolai in einem vorzüglichen -Grade zuschreiben möchten, ob Phantasie, oder Witz, oder Scharfsinn, -oder Tiefsinn, oder, ich sage nicht eine vorzügliche, sondern auch nur -richtige Schreibart; ob sie irgend etwas Eigenthümliches an ihm finden, -als ein unversiegbares Geschwätz und die Kunstfertigkeit, alles, was ihm -unter die Hände kommt, zu verdrehen; ich ersuche sie, diese Frage -zuvörderst sich selbst, und sodann auch mir zu beantworten. Da ich sehr -wohl wusste, dass sie keins von beiden befriedigend leisten würden, so -mögen sie mir immer verzeihen, dass ich so gethan, als ob sie gar nichts -sagen würden, und als ob sie überhaupt nicht vorhanden wären. - -Wir gehen an unser Vorhaben. - -Sollen das Leben und die sonderbaren Meinungen unsers Helden nicht -rhapsodisch, so wie jedes uns in den Wurf kommt, oder chronologisch, -sondern systematisch, in einer festen Charakterschilderung dargestellt -werden: so müssen wir ein Grundprincip dieses Charakters nachweisen, aus -welchem, und aus welchem allein, alle Phänomene in dem Leben unsers -Helden sich befriedigend erklären lassen. Es kommt hierbei nicht auf -Häufung der Phänomene an. Ein einziges, das sich durchaus nicht erklären -lässt, ausser aus dem vorausgesetzten Princip, beweist so gut, wie -tausende, dass dieses Princip und kein anderes dem zu erklärenden Leben -zum Grunde gelegen habe. - -Jedem nur festen und ausgebildeten Charakter liegt ein solches Princip -der Einheit zum Grunde; und der Unterschied dabei ist nur der: ob der -Besitzer dieses Charakters wisse, dass dies sein Princip sey, oder ob er -es nicht wisse. Ist der Charakter mit Freiheit und Bewusstseyn nach -jenem Grundsatze gebildet, so ist dieser Grundsatz freilich dem Besitzer -des Charakters bekannt; ist er ihm durch das Ungefähr, durch Natur und -Schicksal angebildet, so ist ihm dieses Princip nicht bekannt. Unser -Held befand sich in dem letztern Falle; es ist daher gar nicht zu -glauben, dass ihm der Grundsatz alles seines Denkens und Handelns je -bekannt geworden. - -Wir haben nach allem Gesagten zuvörderst das Grundprincip von unsers -Helden intellectuellem Charakter (denn von diesem allein soll hier die -Rede seyn) aufzustellen, und von gewissen Phänomenen zu zeigen, dass sie -durchaus nur aus jenem Princip erschöpfend und vollkommen hinreichend zu -erklären sind. Auf diesem Puncte der absoluten Unmöglichkeit jeder -andern Erklärung beruht die Richtigkeit unserer Angabe des Princips; wir -ersuchen daher unsere Leser, darauf vorzüglich ihre Aufmerksamkeit zu -richten. Wir werden sodann noch einige originelle Grundzüge des -Charakters unsers Helden, die sich nur aus jenem Princip erklären -lassen, anführen, sie mit ihren Phänomenen belegen, und so den Beweis -der Richtigkeit unsers Grundprincips vollenden. - -Wir werden in dieser ganzen Schilderung unsern Helden betrachten als -einen todten Mann, und von ihm reden, wie von einer Person aus der -vergangenen Zeit. Dies ist jeder Charakterschilderung eigen. Der Grund, -warum anderwärts man den Charakter eines Mannes während seines noch -fortdauernden Lebens nicht zu schildern vermag, -- weil nemlich die -Reihe der Erscheinungen noch nicht geschlossen und es nie sicher ist, -dass nicht neue Phänomene eintreten, die auf ein anderes Princip der -Erklärung führen dürften, auch man nicht wissen kann, ob nicht etwa die -Person noch durch Freiheit ihre Maximen ändern werde -- fällt bei -Nicolai ganz weg. Es wird sich hoffentlich in der folgenden Schilderung -zeigen, dass das Princip seiner Denkweise die Unabänderlichkeit -unmittelbar in sich selbst enthält. Unser Held ist befestigt, er kann -sich nicht mehr ändern oder geändert werden; ist auch die Reihe der -Phänomene seines Lebens nicht beschlossen, so ist es doch der Charakter. -Der Verfasser dieser Beschreibung ist dessen so innig überzeugt, dass er -sehr gern allen seinen Anspruch auf Menschenkenntniss aufgeben will, -wenn sich finden sollte, dass Friedrich Nicolai vor seinem Ende noch -irgend einen der ihm hier als charakteristisch beigelegten Grundzüge und -Handelsweisen abänderte. - - - - - Erstes Capitel. - Höchster Grundsatz, von welchem alle Geistesoperationen unsers - Helden ausgegangen sind. - - -Unser Held war seit seinen reifen Jahren der festen Meinung, dass alles -mögliche menschliche Wissen in seinem Gemüthe umfasst, erschöpft und -aufbewahrt sey, dass sein Urtheil über die Ansicht, die Behandlung, den -Inhalt und den Werth aller Wissenschaft untrüglich und unfehlbar sey, -und dem Urtheile aller andern vernünftigen Wesen zur Richtschnur und zum -Kriterium ihrer eignen Vernünftigkeit dienen müsse; mit Einem Worte, -dass er alles, was in irgend einem Fache richtig und nützlich sey, -gedacht habe, und alles dasjenige unrichtig und unnütz sey, was er nicht -gedacht hätte, oder nicht denken würde. - -Diese Meinung setzte ihn nicht nur vor sich selbst über alle Zweifel, -alle spätere Untersuchung und alle Besorgniss hinweg, dass er sich doch -etwa über dieses oder jenes im Irrthume befinden möchte; sondern er war -noch überdies von allen andern Menschen ebenso fest überzeugt, und -muthete es ihnen an, dass sie über alle Zweifel hinausseyn müssten, -sobald sie nur recht wüssten, wie er selbst eine Sache fände. Alle seine -Widerlegungen gingen von dem Hauptsatze aus: ich bin anderer Meinung; -daher er denn zu diesem Hauptgrunde noch andre Nebengründe hinzuzufügen -gewöhnlich unterliess. Die Gegner, glaubte er, könnten schon daraus -sattsam ersehen, dass sie unrecht hätten. Bei allen Verweisen und -Züchtigungen, die er in seinen spätern Jahren an das ausser der Art -schlagende Zeitalter ergehen zu lassen genöthigt wurde, hob er nur immer -davon an, dass er zeigte, man habe nicht nach seinem Rathe gehandelt; -dies allein, glaubte er, würde sie schon dahin bringen, dass sie sich -schämten und in sich gingen. - -In dieser Voraussetzung liess er sich denn auch durch keinen noch so -sonderbaren Vorfall, der sich etwa ereignen mochte, irre machen. Sogar -wenn ihm, wie dies in seinem spätern Alter häufig begegnete, von allen -Seiten her einmüthig zugerufen wurde: er werde wohl selbst eines -Urtheils über gewisse Dinge sich bescheiden, oder auch -- er sey ein -geborner Dummkopf, ein Salbader, ein alter Geck, und was man noch alles -für Freiheiten sich mit ihm herausnahm, mochte er doch immer lieber -voraussetzen, man sage dies bloss aus Schalkheit, und um sich für die -empfangenen Züchtigungen zu rächen, als dass er irgend einem Menschen -die Verkehrtheit zugetraut hätte, dass er fähig wäre, in allem Ernste -und im Herzen einen Nicolai nicht anzuerkennen. - -Diese Meinung von ihm selbst war ihm nach und nach so zur fixen Idee -geworden, hatte sich so mit seinem Selbst verwebt und war selbst zu -seinem innersten eigensten Selbst geworden, dass man keine Spur hat, er -habe dieselbe je deutlich in sich wahrgenommen und sie zum bestimmten -Bewusstseyn erhoben. Er räsonnirte, urtheilte, richtete ^von ihr aus^, -als seinem einzig möglichen Standpuncte, niemals ^über sie^. Er starb -daher alt und lebenssatt, ohne je mit seinem Denken, auch nur in sich -selbst zu Ende gekommen zu seyn. - - - - - Zweites Capitel. - Wie unser Held zu diesem sonderbaren höchsten Grundsatze - gekommen seyn möge. - - -Gleiche Ursachen bringen allenthalben die gleichen Wirkungen hervor. Nun -haben die ausser unserm Helden selbst liegenden Umstände, welche unsers -Erachtens die beschriebene sonderbare Meinung in ihm erzeugt, sich auch -bei andern Menschen gefunden, und haben auch bei ihnen in einem gewissen -Grade denselben Erfolg gehabt. Aber so unerschütterlich auf jenem -Princip beharrt, so allumfassend und so consequent durchgeführt hat es, -so viel uns bekannt ist, keiner, ausser unserm Helden; und dies eben ist -es, was ihm die Ehre erwirbt, als Muster seiner Gattung aufgestellt und -der Nachwelt überliefert zu werden. Es muss sonach bei ihm, zu jenen -anzuführenden äussern Umständen der Entwickelung jenes Princips, noch -eine vorzügliche innere Empfänglichkeit seiner Natur dafür hinzugekommen -seyn. Zum grössten Glücke für die Menschheit hat unser Held selbst -- -denn warum sollte ich nicht ebensowohl wie Klopstock, in seiner -Zueignungsschrift vor Herrmanns Schlacht, als schon geschehen -ankündigen, was geschehen wird, und weit sicherer geschehen wird, als -das durch Klopstock Verkündigte geschehen konnte -- er selbst hat, -nachdem im Jahre 1803 sein letzter Feind, der transscendentale -Idealismus, ausgetilgt, und die A. D. B. wiederum gehörig in den Gang -gebracht war[2], seine glorreich errungene Musse dazu angewendet, die -Geschichte seiner Bildung bis in seine Knaben- und Kindesjahre, und bis -zu seiner Wiege zurückzuführen; hat diese Krone seiner Werke vollendet, -und dann seinen Geist dem Himmel wiedergegeben. In den ersten drei -Bänden dieses klassischen Werks können die Leser sich unterrichten, wie -der erste Schrei des Neugebornen die Schriftstellerwelt erschütterte und -alle Sünder in ihr erbeben machte, und wie schon seine Windeln von dem -attischen Salze dufteten, das er seitdem in unsterblichen Worten -ausgehaucht und angesetzt hat, so dass alle Umstehenden sich -verwunderten, und sprachen: was will aus dem Kindlein werden? In den -folgenden Bänden können sie finden, wie er, seitdem er sich seiner -erinnern kann -- und er kann sich seiner seit den frühesten Jahren -erinnern -- durch seine lebhafte Phantasie, einen Trieb zu lernen und -eine Fassungskraft, weit über alle Kinder seiner Gesellschaft und seines -Alters in sich verspürt, so dass er von seinen Eltern und seinen Lehrern -als ein wahres Wunderkind ausgerufen worden. Aber wir überlassen den -Lesern, dieses in der ausführlichen und grazienvollen Beschreibung des -Helden selbst nachzulesen, und schränken uns, sowohl hier als ins -künftige, auf dasjenige ein, was der berühmte Verfasser übergeht, und -was wir nur aus andern Denkmälern jenes Zeitalters schöpfen können. - -Ich will hier nicht untersuchen, ob es nothwendig sey, dass der -Uebergang der Schriftstellerei einer Nation aus der gelehrten in die -lebende Sprache eine Epoche des Verfalls der wahren gründlichen -Gelehrsamkeit bei sich führe. Bei den Deutschen wenigstens war dies der -Erfolg. Man bildete sich etwas ein darauf, endlich deutsch schreiben -gelernt zu haben; man wollte, dass es auch für Deutsch anerkannt würde, -und bemühte sich daher, über alle Gegenstände so zu schreiben, dass denn -auch in der That nichts weiter zum Verstehen gehöre, als die Kenntniss -der deutschen Sprache. Der Vortrag wurde die Hauptsache, das -Vorzutragende mochte sich bequemen; was sich nicht so sagen liess, dass -die halbschlummernde Schöne an ihrem Putztische es auch verstände, wurde -eben nicht gesagt; -- und da man nur um sagen zu können lernte, auch -nicht weiter gelernt, -- späterhin verachtet, als elende Spitzfindigkeit -und Pedanterie: kurz, das elende Popularisiren kam an die Tagesordnung -und von nun an wurde Popularität der Maassstab des Wahren, des -Nützlichen und des Wissenswürdigen. In diese Epoche fiel unsers Helden -erste Bildung. Er wollte schon früh etwas bedeuten, und dünkte sich -schon früh etwas zu bedeuten; ohne alle klassische Gelehrsamkeit, wie er -damals war, und trotz des Anscheins derselben, mit dem er späterhin sich -behängte, immer blieb, musste dieser Dünkel bei ihm um so verderblicher -werden. Zu seinem Unglücke kam er in die Bekanntschaft zweier Männer, -deren erster ohne Zweifel weit mehr Ernst und Reinheit der Gesinnung -hatte, als Nicolai; aber dieselbe Beschränktheit des Geistes, der -Einsicht und des Zwecks. -- Hatte wohl im Grunde einer von diesen beiden -anfangs eine höhere Tendenz, als die, dieses und jenes Aberglaubens -ihrer Kirchen sich zu erwehren, ihre Confessionen so vernünftig zu -machen, als sie selbst wären, und, wenn das Glück gut wäre, sich eine -natürliche Religion zu bauen, bei der sie jener Confessionen ganz -entbehren könnten; nur dass es der Andere auch hierin ernstlicher und -herzlicher meinte, als unser Held? -- Der zweite dieser Männer, in deren -Bekanntschaft unser Held kam, war ein allumfassender, lebendiger, -rastloser Geist, und ein Charakter, für das Wahre, Rechte und Gute -gebildet; nur dass er damals in der Unendlichkeit seines Wesens noch -nichts Bestimmtes zu ergreifen und festzuhalten vermochte. Unser Held, -der damals noch nicht alle Fähigkeit verloren hatte, eine Superiorität -ausser sich anzuerkennen, anerkannte die dieses gewaltigen Geistes; aber -nachdem er sich mit Mühe und Noth einiges Vermögen erworben hatte, -mitzutreiben, womit dieser noch nicht fixirte Geist sein Spiel trieb, -hielt er dieses Spielwerk für das Höchste, und sich selbst für jenes -Geistes gleichen. - -Mit diesem Augenblicke war er vollendet und fiel. Er ist seitdem nicht -weiter gekommen, und nicht zur Besinnung. Später hat er sich noch für -einen weit höhern Geist gehalten als jenen, den er nun für ein, gutem -Rathe nicht folgendes, überspanntes Genie ausgab. - -Unser Held hatte, mit jenen vereinigt, einen kritischen Kreuzzug gethan; -entscheidend gegen einige schlechte Reimer, in andern Fächern, z. B. dem -der Philosophie, nicht ganz so glorreich. Sein grosser Mitkämpfer wurde -allmählig inne, dass dies ein schlechtes Geschäft sey, und dass er es -nicht in der besten Gesellschaft treibe. Er zog sich zurück, und unser -Held beschloss nunmehro, die Sache in das Weitere zu treiben, und sich -selbst, sich allein, zum Mittelpuncte der deutschen Literatur und Kunst -zu constituiren. Die allgemeine deutsche Bibliothek entstand, schon an -sich ein widersinniges Unternehmen, verderblich durch die Art, wie es -ausgeführt wurde, am allerverderblichsten für den Urheber selbst. - -Unser Held mag von dem sehr richtigen Vordersatze ausgegangen seyn: der -Redacteur eines die ganze Literatur und Kunst umfassenden periodischen -Werks muss selbst die ganze Literatur und Kunst umfassen; muss, und zwar -in jedem besonderen Fache, höher stehen und alles besser wissen, als -irgend einer seiner Zeitgenossen. Er muss in jedem Fache die grössten -Meister, zu Beurtheilung derer, die unter ihnen sind, wählen, sie zu -finden, sie sich zu verbinden wissen; er muss aber sogar diese grössten -Meister der Fächer übersehen, um ihre eingesendeten Beurtheilungen zu -prüfen und ersehen zu können, ob sie mit dem gewohnten Fleisse und -Gründlichkeit bearbeitet sind, ob nicht etwa diese Männer sinken, ob -nicht jüngere grössere neben ihnen aufkommen. - -Anstatt nun von diesem richtigen Vordersatze aus weiter so zu folgern: -Ich wenigstens habe diese notwendigen Erfordernisse nicht an mir, und -von mir wird jene Idee einer allgemeinen deutschen Bibliothek wohl -unausgeführt bleiben; schloss er umgekehrt: da ich nun jene Idee -ausführen will, so muss ich annehmen und mich betragen, als ob ich alle -jene Erfordernisse an mir hätte; als ob ich ein allumfassender -Polyhistor und der geistreichste und geschmackvollste Mann meines -Zeitalters und aller vergangenen und künftigen Zeitalter wäre. Ich muss -Untrüglichkeit mir kräftigst zueignen. Da ein Ausführer jener Idee die -grössten Männer aller Fächer erkennen, wählen und mit sich verbinden -muss, so muss ich den Satz umkehren und annehmen, dass diejenigen, die -ich erkennen, wählen und mit mir verbinden werde, die grössten Männer in -ihren Fächern sind. - -Es ist schwer auszumachen, ob unser Held schon damals im ganzen Ernste -von sich selbst geglaubt, was er von nun an freilich gegen alle Welt -behaupten und unerschütterlich voraussetzen musste. Das -Wahrscheinlichste ist, dass es ihm ergangen, wie allen, die in die Lage -kommen, unaufhörlich eine Aussage zu wiederholen, von der sie selbst -nicht recht überzeugt sind. Am Ende glauben sie selbst an ihre Wahrheit. -Für möglich konnte Nicolai jene Voraussetzung von sich immer halten; er -fand nirgends ausser sich eine höhere Weisheit, als die seinige, indem -er nur die seinige begriff, derjenigen Seelenkraft aber, die da Ahnung -eines Höhern heisst, von jeher gänzlich ermangelte. Auf die Wirklichkeit -dieser Voraussetzung hätte er damals vielleicht noch nicht geschworen. -Aber seitdem er die Redaction seiner Bibliothek ergriff, musste er alle -Stunden seines Lebens jene Meinung voraussetzen, sie behaupten, jeden -Zweifel dagegen kräftigst niederschlagen, und kam von dieser Arbeit nie -zur ruhigen Besinnung; so dass es durchaus begreiflich wird, wie dieser -Glaube diese langen Jahre hindurch sich ihm fest einverleiben und mit -ihm zusammenwachsen musste. - -Das Unternehmen jener Bibliothek ergriff das Zeitalter. Die leichte -Weisheit und die wohlfeile Gelehrsamkeit, welche durch das grosse Werk -herbeigeführt, und schnell von einem Ende Deutschlands bis zum andern -verbreitet wurden, fand Beifall. Der geringste unter den Lesern glaubte -sich selbst zu lesen; gerade so hatte er die Sache sich auch von jeher -gedacht, und nur nicht den Muth gehabt, es sich laut zu gestehen. Die -Unmündigen erhielten die Sprache, und das gefiel ihnen. Unser Held sahe -diese grosse Revolution, deren Stifter, die schnelle allgemeine -Erleuchtung, deren Urheber er war. Warum hätte nicht der Glaube andrer -an sein Werk seinen eignen Glauben an sich bestärken sollen? - -Schriftsteller, denen an dem Beifalle des grossen Volks gelegen war, -versammelten sich um den Ausspender dieses Beifalls, gaben ihm Beiträge, -liessen sich von ihm berathen und erziehen, und schmeichelten auf jede -Weise seiner Eitelkeit[3]. Man glaubt leicht, was man wünscht; Nicolai -nahm in aller Unbefangenheit alles für baare Münze, und ihm fiel nicht -bei, dass diese Lobeserhebungen vielleicht nur dem Redacteur der -allgemeinen deutschen Bibliothek, keinesweges aber seinen persönlichen -Verdiensten gelten möchten. Jene Männer waren seinem Princip nach -ohnehin, als Mitarbeiter an der Bibliothek, die ersten Köpfe der Nation. -Er fand sich sonach von den ersten Männern der Nation gelobt, anerkannt, -zu ihrem Meister erhoben. Wer konnte es ihm verargen, dass er ihnen -glaubte? - -Und so verschmolz allmählig in seiner Seele der Begriff von deutscher -Literatur und Kunst mit dem Begriffe seiner Bibliothek; diese mit dem -Begriffe von ihm selbst. Die Bibliothek wurde ihm zum Mittelpuncte des -deutschen Geistes, er selbst zur innersten Seele dieses Mittelpuncts. An -den Recensionen dieser Bibliothek mussten alle literarische und -artistische Bestrebungen der Nation, und hinwiederum an seiner Einsicht --- diese Recensionen sich orientiren. Ausser jener Bibliothek war ihm -jetzt und zu ewigen Zeiten kein Heil und keine Wahrheit für die -Wissenschaft; und für die Bibliothek selbst kein Heil und keine Wahrheit -ausser ihm. Jene war seine Welt, und er die Seele dieser Welt; was er -erblickte, erblickte er durch jene hindurch, jene aber erblickte er -durch sich hindurch. In dieser beruhigenden Stimmung lebte er und starb -im frohen Glauben an die Unsterblichkeit seines Werks. - - - Anmerkungen. - -[Fußnote 2: Mit dem im Texte erwähnten Jahre 1803 verhält es sich so: -Nicolai hatte im 11. Bande seiner Reisebeschreibung vorher verkündigt, -dass Fichte und alle seine Schriften im Jahre 1840 rein vergessen seyn -würden. Er wurde hierüber, wie über so manches andere, in gewissen -^Briefen über die Guckkastenphilosophie des ewigen Juden^ verspottet. In -dem Aerger hierüber decretirte und enuncirte er, -- in der Schrift gegen -die Xenien, wo ich nicht irre, -- es solle nunmehr mit Fichte nicht -einmal bis zum Jahre 1840 Frist haben, sondern schon Anno 1804 solle er -vergessen seyn. Das Jahr 1800 ist verflossen, das 1801 angebrochen; das -fatale Jahr der Vorhersagung tritt näher, und noch zeigen sich keine -Spuren, dass die Weissagung anfange in Erfüllung zu gehen. Dies fiel -unserem Helden bei Abfassung der im Eingange erwähnten Anzeige aufs -Gewissen; er fand nun doch, »dass ^andere^ Gelehrte wohl etwa glauben -möchten, hinter den Spitzfindigkeiten der neuen Philosophie u. s. w. -stecke etwas, dass ^er^ aber sagen könne, dass es durchaus eine Nullität -sey, und dass i. J. 1803 sich darüber mehr werde reden lassen.« -Freilich, wenn i. J. 1804 diese Philosophie rein vergessen seyn sollte, -so müsste wenigstens i. J. 1803 die Nullität derselben dargethan -werden.] - -[Fußnote 3: Damit ja niemand in Zweifel stelle, ob deutsche Gelehrte -sich so weit herabgelassen, unserm Helden zu schmeicheln, hat er selbst, -in seiner Schrift gegen die Xenien, bezeugt: »ihm sey von jeher sehr -geschmeichelt worden.«] - - - - - Drittes Capitel. - Wie im allgemeinen dieser höchste Grundsatz im Leben unsers - Helden sich geäussert habe. - - -Theils nach den öffentlichen Handlungen und Aeusserungen unsers Helden, -theils nach mehreren Anekdoten von ihm, die zu seiner Zeit im -allgemeinen Umlaufe waren, schrieb er sich selbst ausschliessend die -Fähigkeit zu, alle Gegenstände des menschlichen Wissens mustermässig zu -bearbeiten. Er pflegte, so oft in seiner Gegenwart das Gespräch auf -irgend einen solchen Gegenstand fiel, nur das zu beklagen, dass seine -übrigen Geschäfte ihm nicht Zeit liessen, ein Muster der Behandlung -desselben zu liefern. Alles, zu dessen Bearbeitung er ohnerachtet dieser -überhäuften Geschäfte denn doch noch Zeit fand, bearbeitete er auch -wirklich mustermässig. So war seine Topographie von Berlin das Muster, -wornach alle Arbeiten dieser Art gemacht werden sollten, und er ergriff -jede Gelegenheit, sie als solches zu empfehlen; keinesweges, wie er -hinzuzusetzen pflegte, aus Eigenlob, sondern weil sich die Sache -wirklich so verhielt[4]. Wozu er nicht Zeit fand, mochten seine -Zeitgenossen bearbeiten. Dass sie ihr Muster nie erreichen, dass sie nie -es so machen würden, wie unser Held es gemacht hätte, wenn er nur die -Zeit dazu gefunden, das verstand sich. Aber sie hatten ja ihn bei sich; -und er ertheilte gern Rath, wenn man ihn bescheiden darum ersuchte. - -Diesen Rath sollten sie lehrbegierig und folgsam annehmen, fortarbeiten -und sich bestreben, seine Idee immer besser zu treffen. Sie sollten ja -nur die Zeit zur Ausführung hergeben, die ihm mangelte; den Geist und -die Uebersicht wollte er hergeben. So würden sie immer höher steigen, -und ihm, ihrem Muster, stets näher kommen. Auf diese Weise hatte er in -der Schule seiner Bibliothek und seines handschriftlichen Rathes die -grössten Schriftsteller der Nation gebildet: einen Lessing, der nur -leider in seinen spätern Jahren umschlug, rechthaberisch und unfolgsam -wurde, und dafür zur wohlverdienten Strafe in Zweifel an der -Gründlichkeit der bibliothekarischen Aufklärung und an der Evidenz der -Mendelssohnschen Demonstrationen verfiel; einen Mendelssohn; einen -Justus Möser, und so viele noch Lebende, deren Bescheidenheit mir -verbietet, sie zu nennen: -- hat er nicht Schriftsteller allein, sondern -durch die vortrefflichen Bildnisse deutscher Gelehrten vor der -Bibliothek und der Berliner Monatsschrift in seinem Verlage, welche, wie -ich als Augenzeuge betheuren kann, in Berlin noch immer regelmässig -ausgegeben wird -- hat er dadurch auch junge bildende Künstler -herangezogen, ermuntert und unterstützt. Die Bildung ging von ihm aus, -als ihrem Centrum, und verbreitete sich regelmässig umher. - -Dieser gesetzte, geordnete, gemässigte Gang wurde nun durch einige -excentrische Köpfe gestört. In der Kunst erschien Goethe, Schiller, in -der Philosophie Jacobi, Kant, die transscendentalen Idealisten. Was -hätte an ihnen daran seyn können? -- Hatten sie sich denn erst in der A. -D. B. unter Nicolai's Aufsicht im Schreiben geübt? Oder hatten sie ihm -ihre Pläne vor der Ausführung vorher vorgelegt, und mit ihm darüber -correspondirt, wie Lessing in seiner guten Zeit, und Mendelssohn, und -alle die, welche Meisterwerke geliefert haben? Keins von diesen allen -hatten sie gethan; sie hatten ein so böses Gewissen gehabt, dass sie ihm -ihre Arbeiten nicht einmal zum Verlage angeboten; die letzte -Gelegenheit, bei der sie hätten erfahren können, wie sie mit denselben -daran wären, und was sie darüber zu urtheilen hätten. - -Dass an ihren vermeinten Kunstwerken und Entdeckungen durchaus nichts -seyn konnte, war sonach ohne weitere Untersuchung und Prüfung, mit der -man nur die ohnedies so beschränkte Zeit verloren haben würde, -unmittelbar klar; und man konnte ohne weiteres mit den Waffen des -Lächerlichen, welche unser Held zu führen glaubte, wie kein andrer, -dagegen vorschreiten. So entstanden Freuden Werthers, die witzige -Schrift gegen die Xenien, der dicke Mann, Sempronius Gundibert, die -spasshaften Theile der Reisebeschreibung; und was weiss ich, was noch -alles entstand. - -Zwar liess sich einigen jener excentrischen Subjecte und Querköpfe nicht -alles Talent und alle Kenntniss ganz absprechen, nur verhinderte sie -ihre eigenliebige Meinung, dass sie ausser dem Umkreise der richtigen -Schule für sich allein fortkommen könnten, daran, diesem Talente die -wahre Richtung zu geben. Man musste suchen, diese etwanigen Gaben doch -noch nützlich zu machen und sie der deutschen Literatur, d. i. dem -Umkreise der allgemeinen deutschen Bibliothek, wiederzugeben. Unser Held -fand sich sonach in der Nothwendigkeit, jene Menschen scharf zu -züchtigen, ob sie nicht etwa in sich gehen und den rechten Weg -einschlagen möchten. Man sah es ihm -- sein Geschichtsschreiber sagt -dies an seiner Urne mit der vollsten Ueberzeugung -- man sah es ihm an, -dass nie persönlicher Hass oder Feindschaft, sondern immer der -redlichste Eifer für die Literatur ihn trieb; dass er mit einer Art von -Wehmuth an das Amtsgeschäft einer solennen und ausführlichen Ausstäupung -ging (mit kleinen beiläufigen Hieben nahm er freilich es etwas -leichter); man bemerkte, wie ein geheimes väterliches Wohlwollen gegen -die Bestraften selbst seinem Feuereifer für die Literatur eine gewisse -rührende Milde beimischte, und wie er schon ein Vorgefühl von dem Danke -hatte, den ihm die Gezüchtigten selbst, wenn sie einst zu Verstande -kämen, bringen würden. Er war daher nicht leicht zu bewegen, alle -Hoffnung an einem Menschen aufzugeben, und er wusste geschickt diese -Hoffnung zu zeigen, um dem Sünder nicht allen Muth zur Besserung zu -benehmen. - -Traf es sich nun, dass einer wirklich sich besserte, so war die Milde -rührend, mit der er ihn wieder zu Gnaden annahm. So gab es in diesen -Tagen einen gewissen höchst perfectibeln Krug, welcher freilich in der -allgemeinen Achtserklärung gegen die philosophischen Querköpfe -mitbegriffen war. Dieser ging in sich und gab unserm Helden eine -Aehrenlese von den Feldern anderer Philosophen zum Verlage, worüber er -vermuthlich auch Nicolai's Rath eingezogen; -- denn den pflegte dieser -keinem, der bei ihm verlegen liess, vorzuenthalten. Dafür segnete auch -Gott diesen Krug, dass ihm auf eignem Boden eine Rechtslehre erwuchs, -die einem philosophischen Recensenten an der allgemeinen deutschen -Bibliothek wie aus der Seele geschrieben ist[5]. Jederman war damals der -Meinung, dass wenn der junge Mann nur so fortführe, er es mit der Zeit -wohl selbst bis zum ordentlichen Recensenten an der allgemeinen -deutschen Bibliothek unter Nicolai's eigener Redaction bringen könnte. - - - Anmerkungen. - -[Fußnote 4: M. s. z. B. den 6ten Band der Nicolai'schen Reisen. S. 337 -ff.] - -[Fußnote 5: M. s. in demselben Hefte der N. D. B., in welchem die -Eingangs erwähnte Anzeige sich befindet (56. B. St. 1. Heft 2.), kurz -vor derselben die Recension des Krugschen Buches.] - - - - - Viertes Capitel. - Worauf es, zufolge dieses höchsten Grundsatzes, unserm Helden - bei allen seinen Disputen angekommen sey. - - -So oft unser Held im Begriff war, seinen Mund öffentlich aufzuthun, um -dem Zeitalter einen Rath zu geben, oder eine Thorheit zu misbilligen und -zu züchtigen, so trieb ihn seine liebenswürdige Bescheidenheit immer an, -zuvörderst sich zu entschuldigen, dass er gerade die Sache zur Sprache -bringe, dass er sie jetzt, in diesem Zeitpuncte, bei dieser Veranlassung -zur Sprache bringe. Hierüber gab er immer seine guten Gründe an. Dass er -aber die Sache, wovon die Rede war, verstehe, und dass er die Wahrheit, -die pure lautere Wahrheit sagen könne, darüber gab er nie einen Beweis, -indem es ihm gar nicht beikam, dass über diesen Punct irgend ein Leser -oder Gegner den mindesten Zweifel hegen würde. - -So hub er, als er im 11. Bande seiner Reisebeschreibung von Tübingen aus -auf die Horen, und von diesen aus auf die neue Philosophie schmälen -wollte, damit an, dass er beklagte: es scheine nun einmal sein Beruf, -dem Zeitalter unangenehme Wahrheiten zu sagen; und fuhr dann fort und -sagte seine unangenehme Wahrheit; und alle Leser waren überzeugt und -alle Gegner beschämt. Entweder hatten die letzten bisher, mit dem eignen -guten Bewusstseyn, dass sie unrecht hatten, ihr Wesen getrieben, -lediglich um etwas Neues, in der allgemeinen deutschen Bibliothek -Unerhörtes anzubringen und Aufsehen zu erregen, und Nicolai wollte dies -nun offenbaren; oder, wenn sie wirklich geglaubt hatten, recht zu haben, -so sollten sie jetzt aus Nicolai's Versicherung, dass er ihnen die -wahrste Wahrheit sage, vernehmen, dass sie denn also doch unrecht -hätten. - -So sagt man, dass er allen mündlich geäusserten Vorstellungen und -Bedenklichkeiten seiner Freunde, besonders wegen seiner spätern -philosophischen Streitigkeiten, immer so zu begegnen gepflegt habe: man -müsse überall mit der Sprache gerade herausgehn und die Wahrheit sagen. -Ob sie gefalle oder nicht, ob man sich dadurch Feinde mache oder nicht, -darnach könne nicht gefragt werden. Wenn die entgegengesetzte Maxime -gelten solle, so hätten auch die Literaturbriefe nicht geschrieben -werden müssen. So war er auf ewig gegen die Vermuthung befestigt und -gesichert, dass irgend jemand glauben könne, er habe in der Sache selbst -unrecht, und hielt jene Warnungen für nichts weiter, als für die -zärtlichen Besorgnisse seiner schüchternen Freunde, durch die sie ihn -verleiten wollten, aus Sorgfalt für seine persönliche Ruhe die Sache der -Wahrheit zu verläugnen. - - - - - Fünftes Capitel. - Wirkliche Disputirmethode unsers Helden, aus diesem höchsten - Grundsatze. - - -Kam es nun wirklich zum Dispute, so machte unser Held es sich zum -einzigen Augenmerk, die Wahrheit des Factums zu constatiren und dem -Gegner den Ausweg des Abläugnens seiner That oder seiner Aeusserung -abzuschneiden. Hierbei verfuhr er mit seiner gewöhnlichen Sorgfalt und -Genauigkeit. Hatte er nur diesen Punct erst ins Reine gebracht, so -schritt er ohne weiteres zum Endurtheile; denn er konnte den Glauben an -den gesunden Menschenverstand seiner Gegner nie so weit aufgeben, um -anzunehmen, dass sie der Thaten oder Aeusserungen, die sie aus seinem -Munde wieder hören müssten, und von denen sie leicht abnehmen könnten, -dass er sie misbillige, nicht sogleich sich innigst schämen, die -Unrichtigkeit derselben einsehen und sie bereuen sollten. - -So kam in jenen Tagen zu Jena eine gewisse auch allgemeine -Literaturzeitung heraus, welche sogleich in ihr Nichts verschwand, -nachdem unser Held die Zügel der allgemeinen deutschen Bibliothek mit -starken Händen wieder ergriffen hatte, und jener Zeitung die, bei -Gelegenheit des Schellingschen und Schlegelschen Streits mit ihr zu Tage -gekommene Abhängigkeit vorrückte. Dieser Zeitung sagte er in der oben -angeführten unsterblichen Besitzergreifungsacte[6], zwar mit -grossmüthigem Bedauern, dass dieses ihr Factum gewesen, jedoch übrigens -kurz, fest und entschlossen, auf den Kopf zu, dass sie Kant gelobt -hätte, und Reinhold gelobt hätte, er fügte jedesmal in Schwabacher -hinzu, ^dass dies nicht zu läugnen wäre^. Freilich hatte jene Zeitung -gehofft und geglaubt, dass kein Mensch als Nicolai jenen Verstoss -entdeckt habe, und dass dieser es nicht weitersagen werde. - -So muss in jenen Tagen ein gewisser Fichte, von dem seit dem Jahre 1804 -alle Nachrichten verschwinden, sein Wesen getrieben haben. Diesem führt -unser Held in derselben klassischen Acte mehrere seiner -höchststräflichen Aeusserungen kurz und gut zu Gemüthe; dass z. B. -dieser Fichte, und noch dazu vom Anfange an, und noch dazu ganz laut -gesagt habe, kein einziger von Kants zahlreichen Nachfolgern habe -verstanden, wovon eigentlich die Rede sey, -- ausser er, Fichte, wie -sich verstehe, setzt unser Held dazu. (Wenn dieser Fichte nur die -gemeinste Logik hatte, so versteht sich dies freilich; wie hätte er -urtheilen können, dass alle übrigen es nicht verständen, wenn er nicht -selbst es zu verstehen geglaubt hätte?) Um allen Zweifel über die -Sträflichkeit und Absurdität dieser Aeusserungen zu heben, versichert -er, ^es seyen dies wirklich Fichte's eigne Worte^, und citirt -allenthalben Buch und Seite; und in einigen Blättern, welche dem -allgemeinen Austilgungskriege gegen Fichte vom Jahre 1803 entgangen, -findet sich auch wirklich, dass diese Citationen richtig sind. - -Unser Held war ein unbarmherziger Gegner. Wie muss es den armen Fichte -niedergedrückt haben, durch Nicolai an den Tag gebracht zu sehen, was -von ihm zum Drucke befördert sey. - - - Anmerkung. - -[Fußnote 6: Wir nennen die oft erwähnte Anzeige eine -Besitzergreifungsacte; denn lasst uns nur in einer Note, die mancher -Leser vielleicht auch nicht liest, bekennen, dass alle die getroffenen -Anstalten nicht lediglich um der Herren Schelling, W. und F. Schlegel, -Tieck, Fichte, und wie die Gezüchtigten noch alle heissen, unternommen -sind; dass diese nur das Mittel sind zum höhern Zwecke, und die gegen -sie aufgestellten Truppen nur dazu dienen, den Punct des eigentlichen -Angriffs zu verdecken. Dieser geht, dass wir es nur zu unsrer eigenen -Demüthigung gerade heraussagen, eigentlich -- ^gegen die Jenaische -Literaturzeitung^. - -Nicht von den anzuzeigenden Schriften -- eigentlich den zwischen -Schelling, A. W. Schlegel und der A. L. Z. gewechselten Streitschriften --- nein, vom unsterblichen Stifter der A. D. B. hebt die Rede an, wie -dieser zuerst die Idee gefasst, zur Verhütung aller Einseitigkeit und -Parteilichkeit (!) Mitarbeiter aus allen deutschen Ländern und Provinzen -einzuladen. S. 145. lässt sich zwar nicht läugnen, dass ^auch die -Redactoren der A. L. Z. dieser Idee gefolgt^. S. 150 aber sind bei ihr -gerade die unangenehmen Fälle eingetreten, »^welche der Stifter der A. -D. B. eben durch die Einladung von Mitarbeitern aus allen deutschen -Ländern und Provinzen -- vom Anfange an -- so vorsichtig zu vermeiden -wusste^.« Es bekamen nemlich ^nun^ -- wie denn ^nun^? folgten denn nun -die Redactoren der ^A. L. Z.^ nicht mehr der Idee des unsterblichen -Stifters der A. D. B.? Ei, was weiss ichs: kurz -- »es bekamen ^nun^ -durch die individuelle Lage der Redactoren der ^A. L. Z.^ gegen -Mitarbeiter, die mit ihnen in zu naher Verbindung an Einem Orte lebten, -und gegen deren Freunde, persönliche Rücksichten einen merklichen -Einfluss auf das Werk, welcher demselben sicher nicht vortheilhaft war, -und -- ^bei unparteiischen Lesern _das Vertrauen zu demselben sicher -verminderte_^.« -- In der ganzen Anzeige kann man weiter ersehen, wie -eben durch jene Streitschriften der ^A. L. Z.^ und ihrer Gegner, »die -freilich keinem von beiden Theilen vortheilhaft sind« und deren -^deswegen^, »gegen die sonstige Gewohnheit der D. B., in anderen -gelehrten Zeitschriften erhobene Streitigkeiten aufzunehmen und -fortzuführen,« allerdings erwähnt werden musste -- wie, sage ich, durch -jene Streitschriften so recht an den Tag gekommen, dass die Schlegel und -Schelling in die ^L. Z.^ Einfluss gehabt, dass diese von ihnen -^abgehangen^. Nun kann der scharfsinnige Leser selbst ermessen, welch' -ein erbärmlicher Wicht die ^L. Z.^ seyn möge, da sie von so erbärmlichen -Wichten, deren und ihrer Freunde Personalien eben deswegen hier wieder -in frisches und geschärftes Gedächtniss gebracht werden mussten, -abgehangen; -- diese ^L. Z.^, von der sich ohnedies nicht läugnen lässt, -dass sie Kant gelobt, und Reinhold gelobt. - -Dagegen kann jeder Leser wissen, dass die D. B. der neuen und neusten -Philosophie von jeher im Wege gestanden; die unartigen Schleifwege, auf -denen sich doch einmal ein gutes Wörtchen über sie in diese B. -eingeschlichen, sind nun auch entdeckt und, besonders seit Nicolai -wieder das Regiment führt, sicherlich verhauen. Es ist der -Bescheidenheit, die alles Selbstlob verschmäht, angemessen, dieses -anonym in den letzten Heften der bei Bohn herauskommenden neuen B. zu -der Zeit, da die ersten Bände der wieder alt gewordenen B. bei Nicolai -erscheinen, und das Vertrauen der Leser zur ^A. L. Z.^ durch den -Schellingschen Streit in frischer Verminderung begriffen ist, gehörig -auseinanderzusetzen, damit die Leser wissen, wohin sie sich nun mit -ihrem Vertrauen zu wenden haben. - -Jene Anzeige ist sonach, ihrer wahren Bestimmung nach, eine -Besitzergreifungsacte des alten Vertrauens für die alte Bibliothek, von -dessen Verminderung der alte Herausgeber doch einige Spur haben muss. - -Wir wünschen sehr, dass der scharfsinnige und scharftreffende Herr -Hofrath Schütz diese wahre Tendenz jener Anzeige ja nicht merke, sondern -sie unbefangen als eine blosse Ausstäupung dieser Schlegel, dieses -Schellings, dieses Fichte hinunterschlucke; auch, dass nicht etwa diese -unsere Note ihm zu Gesichte komme: denn sonst -- möchten wir nicht an -Herrn Nicolai's Stelle seyn. Auch dürfte sodann vielleicht uns selbst -unser Eifer für die Ehre und den Flor jenes grossen literarischen -Instituts nicht zum Besten bekommen.] - - - - - Sechstes Capitel. - Eine der allersonderbarsten Meinungen unsers Helden, zufolge - jenes höchsten Grundsatzes. - - -Mag der Grund in einer ursprünglichen Unfähigkeit der Natur unsers -Helden, oder in einer frühern Verbildung desselben gelegen haben, kurz, -es war unter seinen grössten Verehrern und wärmsten Freunden darüber nur -Eine Stimme, dass er für die Philosophie ganz untauglich sey. Sein Geist -war ein dürrer Chronikengeist. Nie vermochte er sich über die Erfahrung, -und zwar über die Erfahrung im allerniedrigsten Sinne des Worts, über -das blosse Aneinanderknüpfen von Sinneseindrücken und den Erzählungen -davon hinweg, bis zum Begriffe eines allgemeinen Gesetzes, nach dem jene -Erscheinungen erfolgten, oder erfolgen sollten, als dem ^Materiale^ -aller Philosophie, zu erheben. Doch was rede ich von dem Begriffe eines -Gesetzes? Nicht einmal zu dem Begriffe eines Vordersatzes wusste er sich -zu erheben; wie hätte er sonach jemals die leiseste Ahnung, auch nur von -dem ^Formalen^ der Philosophie, von dem Zusammenhange der Gedanken in -einer philosophischen Untersuchung, von dem Werthe und der Bestimmung, -die sie von der Stelle erhalten, da sie stehen, von einem organischen -Ganzen des Denkens, haben können? Jeden möglichen Gedanken, den er -äusserte, trug er vor als unmittelbar gewiss, und durch sich selbst -klar; ob, weil er ihn sagte, oder durch die Art, wie er ihn sagte, -lassen wir an seinen Ort gestellt. Diese alle gleich unmittelbar -gewissen Gedanken setzte er nun zusammen, wie sie ihm unter die Hände -kamen, jeden möglichen an jeden andern möglichen, und so verwandelte -sich ihm alles menschliche Denken in einen grossen Sandhaufen, in -welchem jedes Körnchen für sich besteht, und alle durcheinander geworfen -werden können, ohne dass in dem Einzelnen etwas verändert wird. Wir -werden tiefer unten Belege dieses Verfahrens anführen. - -Nun ist zwar demjenigen, der zu einer gewissen Sache absolut unfähig -ist, nicht füglich anzumuthen, dass er diese seine Unfähigkeit erkenne; -denn gerade dasselbe, was ihn zur Sache unfähig macht, macht ihn auch -unfähig, seine Fähigkeit zur Sache zu beurtheilen. Aber bei gewöhnlichen -Menschen wird durch ein dunkles Gefühl ersetzt, was ihnen an klarem -Urtheil abgeht. So ist es in Absicht des Faches, wovon wir hier -sprechen, nichts Seltenes, Personen, wenn sie nur nicht als Professoren -der Metaphysik, oder als philosophische Recensenten an der A. D. B. ihr -Brot verdienen müssen, gestehen zu hören, dass Metaphysik ihr wahres -Kreuz sey, dass es ihnen damit noch nie recht habe gelingen wollen, oder -wenn sie mehr Eigendünkel haben, dass dies leere Spitzfindigkeiten -seyen, mit denen sie sich den Kopf zerbrechen, -- nur nicht möchten. -- -Ferner hat ja jeder Mensch irgend einen vertrautern Bekannten oder -Freund; und Nicolai hatte deren so viele unter seinen Zeitgenossen, die -sich doch auch ein Urtheil über Philosophie zuschrieben. Sollte denn -niemals einer von diesen unserm Helden mit aller Bescheidenheit zu -verstehen gegeben haben, dass er zwar in andern Geschäften des -menschlichen Scharfsinns, in der Fähigkeit, die feinsten Machinationen -der Jesuiten zu wittern, den seltensten Zuschnitt eines -Predigerüberschlags oder einer Perrücke auszuspüren, seines Gleichen -nicht habe; dass er aber in der eigentlich sogenannten höhern -Philosophie nicht dieselbe Stärke besitze? Setzte nicht Kant, dem unser -Held doch auch nicht allen Scharfsinn absprach, zutrauungsvoll von ihm -voraus, er werde wohl selbst eines Urtheils über Gegenstände der höhern -Speculation sich bescheiden? - -Was that unser Held? Leistete er etwa, durch jenes dunkle Gefühl -gewarnt, gleich von vornherein Verzicht auf dieses ihm durch seine Natur -verschlossene Fach, oder achtete er auf jene Warnungen, und gab -späterhin seine Theilnahme an demselben auf? - -Wie konnte er? Gehört denn nicht die Philosophie zum Umfange der -menschlichen Kenntnisse, und ist sie nicht von jeher von allen Besitzern -dieser Kenntnisse sogar an die Spitze derselben gestellt worden? Hatte -nicht die Bibliothek von jeher auch das Fach der Philosophie umfasst? -War es denn möglich, dass jemand Redacteur dieser Bibliothek, sonach die -Seele derselben, sonach die Seele aller Geistesbildung wäre, der nicht -eben darum der erste untrüglichste und allumfassendste aller Philosophen -sey? Das Höchste, was er aus Herablassung gegen den alten Mann, den -Kant, thun konnte, war, dass er einen historischen Bericht über seine -philosophische Bildung abstattete. Aber gerade das, dass man fähig -gewesen war, jenen Zweifel über unsers Helden Fähigkeit zu erheben, -zeigte am deutlichsten den tiefen Verfall und die schreckliche -Verwilderung in diesem Fache, und machte es ihm zur dringendsten -Pflicht, von nun an alle seine Kräfte der Wiederherstellung desselben zu -widmen. - -Auch hier, so wie allenthalben ging unser Held von dem Princip aus: ich, -Friedrich Nicolai, bin anderer Meinung als ihr; und daraus könnt ihr -ersehen, dass ihr unrecht habt. Er hat diesen höchsten Grundsatz seines -speculativen Systems mehrere Male in bestimmten Worten ausgesprochen, -ohnerachtet er sonst mehr für den rhapsodischen als für den -systematischen Gang war. Es gehört zur Geschichte des Helden, wenigstens -einige jener Aussprüche anzuführen. - -Jacobi hatte geäussert, und durch eine mit Lessing gehabte Unterredung -belegt, dass der letztere in der höhern Speculation den Spinozischen -Principien zugethan gewesen. Jene Aeusserung Jacobi's musste -- so -wollten es die Freunde und -- Ehrenretter des Verstorbenen -- nicht wahr -seyn; Lessing musste von den gesunden und moderaten Begriffen eines -Nicolai und Mendelssohn nicht abgewichen seyn. Auch unser Held brachte -seinen Beweis gegen Jacobi an. Und was für einen Beweis brachte er an? --- ^Er, Nicolai, könne am gewissesten sagen, dass Jacobi Lessing -sicherlich misverstanden hätte, indem er sagen könne, dass -- _Er selbst -mit Lessing über jene Materie disserirt hätte_^[7]. Freilich war Jacobi -nun hinlänglich beschämt. Welcher Leser hätte nach einem solchen -Zeugnisse noch ein Wort von ihm angehört; und was hätte er auch -vorbringen können, ohne vor sich ^selbst^ bis in die innerste Seele zu -erröthen? -- Auf dieselbe Weise fürchtete er in der erwähnten berühmten -Acte, dass freilich wohl ^andere^ Gelehrte glauben möchten, hinter den -spitzfindigen Grübeleien der Ichphilosophie und der daraus gefolgerten -speculativen Physik und Poetik stecke vielleicht etwas Wichtiges -verborgen. ^Er^ aber, ^Er Nicolai^ wusste sehr wohl und verkündigte -laut, dass die Nullität jener Philosophie nur immer deutlicher erhellen -werde, und dass man im Jahre 1803 darüber mehr würde sprechen können[8]. - -Aus diesem hier und da deutlich ausgesprochenen Princip führte nun unser -Held unverrückt sein Richteramt in der Philosophie; auch da, wo er jenes -Princip nicht deutlich aussprach. Alle seine Beweise beruhten allein -darauf. Er hatte, seiner ^Bildung^ zufolge, einst gleichfalls -Philosophie studirt, die philosophische Wahrheit ausgemessen, umfasst -und in sich aufgenommen. Was damit übereinstimmte, -- war freilich nie -so stark, so durchgeführt, so trefflich gesagt, als er es gesagt haben -würde, wenn er nur Zeit dazu gehabt hätte, aber da er diese nun einmal -nicht hatte -- mochte es doch existiren! Was damit nicht übereinstimmte, -bei jener allgemeinen Ausmessung des philosophischen Gebiets von Nicolai -nicht mit ermessen war, -- Jacobi's, Kants, der transscendentalen -Idealisten Philosopheme -- welche Frage, ob sie falsch seyen? Wie -konnten sie anders? -- indem ja, wenn sie wahr wären, Nicolai sie schon -ehedem, eh' von allen diesen Menschen etwas gehört wurde, gefunden haben -müsste. Falsch waren sie, das verstand sich, und unser Held musste, -seinem beständigen Kriegsplane nach, ohne weiteres mit den Waffen des -Lächerlichen dagegen vorschreiten. - -Kant war, als er mit seinem Systeme hervortrat, schon bejahrt, und -dieses Verdienst blieb in den reifern Jahren unsers Helden nie ohne -Wirkung auf ihn. Auch mochte vielleicht jener Philosoph, der bekanntlich -sehr verschiedene Stufen der Bildung durchgegangen war, auf einer der -frühern dieser Stufen einigen Wohlgefallen an der Aufklärerei der -Bibliothekare gefunden und geäussert haben. Kant war daher ein übrigens -(inwiefern er Nicolai's Grundprincip anzuerkennen schien) vernünftiger -und gelehrter Mann, an welchem es umsomehr zu bewundern war, dass er -Sätze als wahr behaupten könne, die Nicolai nicht aufgefunden. Die -Streiche des Lächerlichen konnten ihm freilich nicht geschenkt, sondern -mussten vielmehr, gerade weil er ein übrigens vernünftiger Mann war, von -dem noch am ersten Besserung sich hoffen liess, wo möglich geschärft -werden. - -Jacobi, als er als Schriftsteller auftrat, eben so die transscendentalen -Idealisten, waren jünger als Nicolai; und in Rücksicht des jungen -Anwuchses hatte unser Held die Maxime, sie scharf zu züchtigen, damit er -in reiferen Jahren Ehre und Freude an ihnen erlebe. Daher war Jacobi -einer jener mittelmässigen Köpfe, die alles drucken lassen, was sie etwa -im Discurs gehört haben, oder vielmehr halb gehört haben, um sich ein -Ansehn zu geben, ein Mann, der seine Materie nie recht durchdacht hatte, -der nicht einmal schreiben konnte[9]. Die transscendentalen Idealisten -waren Querköpfe, und wer weiss was sie noch alles waren. - -Und so benahm unserm Helden bis an sein Ende niemand die selige -Ueberzeugung, dass im Umrütteln des oben erwähnten Sandhaufens das wahre -Philosophiren bestehe; dass dies keiner besser könne, als er; und dass -er sonach nicht nur der erste Philosoph aller Zeiten, sondern zugleich -auch der gewaltigste philosophische Streiter sey. Die in seinen letzten -Jahren häufiger an ihn ergehenden Zurufe, dass er in diesem Fache gar -nichts verstehe, und hierüber am wenigsten eine Stimme habe, dienten ihm -zum äussern, seiner innern Ueberzeugung freilich entbehrlichen Beweise, -dass jene seine Meinung, von seiner philosophischen Superiorität, von -jederman im Herzen anerkannt werde. Denn, sagte er bei sich selbst, wenn -sie hoffen könnten, gegen meine Gründe etwas auszurichten, so würden sie -ja diese zu entkräften suchen. Aber, da der blosse Anblick dieser Gründe -sie zur Verzweiflung bringt (welches sich auch allerdings also -verhielt): so bleibt ihnen nichts übrig, als einen Machtspruch zu thun, -und zu sagen: ich verstehe nichts von der Sache. Dies aber beweist mir, -dass sie wohl einsehen, ich allein verstehe die Sache. - - - Anmerkungen. - -[Fußnote 7: M. s. ^Jacobi wider Mendelssohns Beschuldigungen etc.^ -(Leipzig bei Goeschen 1786, eine Schrift, deren Inhalt noch immer zur -Tagesordnung gehört) S. 99., wo Jacobi die A. D. B. 65. B. 2. St. S. -630. citirt. -- Eben daselbst sind die Beschuldigungen nachgewiesen, -dass Jacobi nicht schreiben könne, seiner Materie nie mächtig sey, u. s. -w.] - -[Fußnote 8: M. s. S. 167 der oft angeführten Anzeige in der N. D. B.] - -[Fußnote 9: In dem von ihm selbst herausgegebenen Lessingschen -Briefwechsel mit Ramler, Eschenburg, Ihm (bei Ihm 1794) sagt Nicolai in -der Vorrede, nachdem er beklagt, dass Mendelssohn Lessings -Charakteristik nicht herausgegeben, -- woran bekanntermaassen diesen -Freunden Lessings zufolge Jacobi's Notiz über Lessings wahres -speculatives System ihn verhindert haben sollte: »dies ist nicht der -erste Schaden, den die in Deutschland so übliche Anekdotenjägerei« -- -oder vielmehr Klatscherei (gab es in Deutschland wohl je eine ärgere -Klatsche, als der Verfasser der bekannten Reisen?) »angerichtet hat, -^da^ jeder mittelmässige Kopf, was er etwa im Discurse hört, -- oder -halb hört, ^gleich^ drucken lässt -- um (Nicolai's bekannte pragmatische -Methode) sich ein Ansehen zu geben.« Jacobi eben sollte nur halb gehört -haben; er war es, durch dessen Druckenlassen die allein heilbringende -Philosophie so aufgebracht war. Er war dieser Eine unter den -mittelmässigen Köpfen. - -Armer Wicht, ahnete dir denn gar nicht von den Versuchungen des Teufels, -als du diese Stelle niederschriebst? Hattest du denn gar keinen Freund, -der dir in die Ohren geraunt hätte, dass wenn die Geisteskraft dieses -mittelmässigen Kopfes, Friedrich Heinrich Jacobi, unter zehnmalzehnmal -zehn Nicolai zu gleichen Theilen vertheilt würde, jeder dieser Nicolai -seinen Kopf doch noch mit weit mehr Ehre durch die Welt tragen würde, -als du, allererbärmlichster Friedrich Nicolai? - - * * * * * - -Und hiebei denn für mehrere Stellen dieser Schrift folgende Bemerkung. -Ohnerachtet zwischen Jacobi und mir sich merkliche Differenzen erhoben -haben, deren Hauptgrund ich darin finde, dass Jacobi über sehr -wesentliche Puncte mich nicht genug verstanden, oder, wenn der Fehler an -meinem Ausdrucke liegt, diese Puncte nicht in den Zusammenhang -hineindenkt, aus welchem sie in meinem Denken hervorgehen, und in -welchen ich sie sobald als möglich für alle Denker deutlich hineinsetzen -werde -- vielleicht auch mit darin, dass Jacobi in seinem Kriege gegen -den Nicolaismus sich gewöhnt hat, bei jedem seiner Gegner wenigstens -eine kleine Portion dieses Nicolaismus, d. i. der leeren zwecklosen -Denkerei, vorauszusetzen; -- ferner, wie Jacobi über mich und meine -Unternehmungen auch je sich äussern, und ich nöthig finden möchte, -diesen Aeusserungen zu begegnen; endlich, wenn es sich auch zutragen -sollte, dass Jacobi nach dem allgemeinen menschlichen Schicksale -späterhin durch Altersschwäche herabsänke, es selbst nicht bemerkte, -keinen Freund hätte, der ihn warnte, und so vor dem Publicum seinem -ehemaligen Selbst unähnlich erschiene: so soll mich doch dieses alles -nicht abhalten, ihn für das Vergangene für einen der ersten Männer -seines Zeitalters, für eines der wenigen Glieder in der -Ueberlieferungskette der wahren Gründlichkeit, laut anzuerkennen: und -dies nicht, um irgend jemandes Neigung mir zu erhalten, sondern weil es -sich so gebührt. Hochachtung vor Männern gründet sich nicht auf -zufällige Beziehungen, sondern auf Erkenntniss ihrer Verdienste; und es -giebt des Achtungswürdigen wahrlich nicht so viel, dass man Ursache -hätte, selbst dieses noch um kleiner Verstösse, oder wohl gar aus -persönlichen Gründen, herabzusetzen. Ich erinnere dieses einmal für -immer für diesen und ähnliche Fälle zur Vermeidung alles Anstosses und -Misverständnisses, in unserm Zeitalter der Parteien. Es giebt nur Eine -Partei, die man zu ergreifen hat, die für das Talent und die -Gründlichkeit, und gegen die Dummheit und die Bosheit; von dieser Partei -zu seyn, hat der Verfasser immer gewünscht.] - - - - - Siebentes Capitel. - Eine andere fast noch unglaublichere Meinung unsers Helden von - sich selbst, zufolge jenes höchsten Grundsatzes. - - -Ein anderes, beinahe unerklärliches Misgeschick unsers Helden war dies, -dass, obgleich er allein mehr Papier beschrieben, als ein Dutzend seiner -schreibseligsten Zeitgenossen, er doch bis an sein Ende nicht schreiben -lernte. Man fand keine Zeile bei ihm, in welcher nicht ein oder ein paar -unrecht angewendete Wörter und einige überflüssige vorgekommen wären. Am -deutlichsten konnte man dies sehen, wenn man etwa das Unglück hatte, -einiges aus seinen Druckschriften abschreiben zu müssen. Der Verfasser -dieser seiner Geschichte sieht mit Schrecken vorher, dass tiefer unten -diese Nothwendigkeit ohnedies ihn treffen werde. Er könnte es über das -Herz bringen, grausamen Lesern, die ihm wohl gar anmuthen dürften, auch -hier besondere Belege für seine Behauptung beizubringen, dafür -anzuwünschen, dass sie selbst ein paar Seiten von Nicolai abschreiben -müssten. - -Das Ganze seines Vortrages aber war so beschaffen: Es lag ihm stets -innig am Herzen, dass seine Leser ihn doch ganz vernehmen und recht -verstehen möchten. Es kam ihm daher, so wie er den ersten Perioden -geendet hatte, immer so vor, als ob er noch was vergessen und noch nicht -deutlich genug geredet hatte. Er fing sonach in einem zweiten wieder von -vorn an, um zu sehen, ob ihm nicht im Reden das Vergessene beifallen, -und ob es ihm mit der Deutlichkeit diesmal nicht noch besser gelingen -möchte. Da es ihm nun aber mit dem zweiten Perioden eben so ergangen -seyn könnte, wie bei dem erstern, so musste er nun freilich in einem -dritten, und nach Endigung dieses in einem vierten wiederum von vorn -anfangen, und so immerfort. So rang er rastlos nach immer höherer -Deutlichkeit und Vollständigkeit; und wenn er endlich doch einmal -aufhörte, wie er denn wirklich zuletzt noch immer aufgehört hat, so -geschah dies lediglich darum, weil seine übrigen wichtigen Geschäfte ihn -abriefen und ihm die nöthige Zeit zur vollkommenen Ausführung seines -Themas nicht verstatteten. - -Dabei hatte er eine grosse Liebhaberei zum Witze, und seinen Geist schon -früh bei den geistreichen Engländern, den Shaftsbury, Buttler, Smollet, -den Verfassern des John Bunkel u. a. in die Nahrung gethan. Dennoch -behielten bis in sein goldenstes Zeitalter, -- das der Gundiberte und -der witzigen Theile von den Reisen -- seine Spässe eine gewisse dicke -Zähheit, Plattheit und Gemeinheit. -- Da man in Nicolai's Witze den -grössten Theil des polemischen Witzes seines Zeitalters zugleich mit -charakterisirt, so dürfte vielleicht eine kurze Classification dieses -Witzes hier nicht an der unrechten Stelle stehen. - -Wir theilen diesen Witz trichotomisch ein, und finden an ihm eine -vollständige Synthesis. Die erstere Art ist der ^repetirende^ Witz; wenn -am Markte einer aus dem Pöbel vor dem ganzen herumstehenden Haufen einer -Hökerin sagt: du bist eine Diebin; und diese sich zu dem Haufen wendet -und schreit: »Ich bin eine Diebin; sagt er:« ^Absolute Thesis des -Witzes.^ Mit dieser Art pflegte unser Held seinen Widersachern die -tiefsten Wunden zu schlagen; und die Schule der transscendentalen -Philosophen soll allein daran sich zu Tode geblutet haben. -- Die zweite -Art des Witzes ist die ^der einfachen Retorsion^; wenn jener sein Wort: -»du bist eine Diebin« wiederholt, und die Hökerin ihm nun antwortet: -»nein du, du bist ein Dieb:« ^Antithesis des Witzes.^ Auch diese Art -wusste unser Held vortrefflich zu handhaben, und bediente sich derselben -häufig. Endlich, die dritte Sorte ist die ^der spöttischen Retorsion^; -wenn unser Mann sein Wort nochmals wiederholt, und die Hökerin ihm -antwortet: »ja du wärst mir der Rechte, dass du mir das sagen solltest, -du sähst mir so aus, du hättest es auf dem Leibe:« ^Synthesis des -Witzes.^ Man muss es unserm Helden zum Ruhme nachsagen, dass er dieser -letzten beissenden Sorte, ohnerachtet er auch sie sehr geschickt zu -behandeln verstand, sich doch nur selten, und nur gegen sehr -eingewurzelte Schäden bediente. Dies war der Umfang seiner Schalkheit, -und andere Sorten haben in seinen zahlreichen Schriften sich nicht -gefunden. - -So war es mit Nicolai's Talent zur Schriftstellerei nach der Wahrheit -beschaffen. - -Was glaubte nun er selbst über dieses Talent? -- Lasset uns auch hier -billig seyn. Wenn ein alter, misgeschaffener, von Gicht und Podagra -zerrissener Faun, der in einem vorüberfliessenden Bache seine Gestalt -erblickte, dieselbe männlich anständig und ehrwürdig fände: wer würde es -ihm so sehr verdenken? Gehören doch die Augen, durch welche er sieht, -auch zu ihm selbst. Wenn aber derselbe die krampfhaften Zuckungen der -Gicht in seinem behaarten Gesichte für ein Lächeln der himmlischen -Venus, und das Schlottern seiner verdorrten Schenkel und die Bebungen -seiner spitzigen Bocksfüsse für die Tanzübung einer Grazie ansähe: so -würde dies doch zu sehr das Mittelmaass der einem Faun allenfalls zu -verstattenden Eigenliebe überschreiten. - -Es erging unserm Helden nicht viel besser als diesem Faune. Dass er sich -für einen Richter und Meister über Sachen des Stils gehalten, beweisen -theils der Tadel, den er so oft gegen anderer Schreibart ergehen lassen, -wenn er z. B. Jacobi, ohne Zweifel einem der besten Stilisten seines -Zeitalters, vorrückte: er könne nicht schreiben; theils die -Liebkosungen, die er von Zeit zu Zeit ganz unverhohlen seinem eignen -Vortrage machte, indem er sagte: die blossen Büchergelehrten wüssten gar -nicht, wie man dem Publicum etwas vortragen müsse; er aber, ein Mann, -der in der Welt gelebt, wisse es, und darauf Proben von dieser -Fertigkeit gab[10]. Für welchen satirischen Kopf und durchtriebenen -Schalk er sich gehalten, ist daraus zu ersehen, dass er die -Horazisch-Shaftsburysche Maxime, durch das Lächerliche die Thorheit an -den Tag zu bringen, zu der seinigen gemacht, und bis an sein Ende -geglaubt, dass er der geborne und bestellte Verfolger aller Thorheit -durch jene Waffen des Lächerlichen sey. Diese Meinung, da sie durchaus -ohne alle äussere Veranlassung und von aller Wahrscheinlichkeit -entblösst war, konnte durch nichts Anderes entstanden und befestigt -seyn, ausser durch die Begriffe, welche unser Held von seinen Talenten -überhaupt hatte. - - - Anmerkung. - -[Fußnote 10: In sehr vielen Stellen der Nicolaischen Reisebeschreibung.] - - - - - Achtes Capitel. - Sonderbare Begriffe unsers Helden über seine und seiner Gegner - gegenseitige Rechte, aus jenem höchsten Grundsatze. - - -Da, wie gesagt, unser Held voraussetzte, dass er nie anders als recht -haben könnte, und dass alle Welt gleichfalls, wenigstens im Herzen, -derselben Ueberzeugung wäre, dass er nie unrecht haben könnte: so -begegnete es ihm nicht selten, dass er seinem Gegner gerade dasselbe -ernstlich verwies, was er selbst immer that, und vielleicht in demselben -Augenblicke that, da er es jenem verwies. Sie sollten nemlich denken: ja -dem Nicolai ist das wohl erlaubt, denn der hat recht; uns aber ist es -nicht erlaubt, denn wir haben ja unrecht. - -So, nachdem er in der berühmten Acte mit grossmüthigem Bedauern -gemeldet, dass es das Schicksal der Jenaischen allgemeinen Literatur -geworden, Kant zu loben, und Reinhold: sagt er einige Seiten später ohne -Bedauern, vielmehr mit Ruhme, dass seine allgemeine Literatur der neuen -und neuesten Philosophie stets im Wege gewesen[11]. Man sollte meinen, -Parteilichkeit ^für^ und Parteilichkeit ^wider^ sey doch immer beides -Parteilichkeit, und eine der andern werth. -- Ja, aber die neue und -neueste Philosophie ist ja falsch, denn sonst könnte die alte -Nicolaische nicht wahr seyn; und es ist sonach allerdings ruhmwürdig, -der ersten im Wege zu stehen, und sehr tadelnswürdig, sie zu loben. - -In derselben Acte beschuldigte er die Herren Schelling, A. W. Schlegel, -Fichte, dass sie günstige Beurtheilungen ihrer Schriften in die -Jenaische Allgemeinheit zu bringen, ja, dass der letztere sogar die -bibliothekarische Allgemeinheit sich geneigt zu machen gesucht habe. -Wenn sich dies auch nun so verhalten hätte (mikrologische -Geschichtsforscher jener Zeiten, die ihren Fleiss sogar über die -Lebensumstände jener nun vergessenen Schriftsteller verbreiten, -versichern einstimmig, diese hätten die Wahrheit jener Beschuldigung -beständig abgeläugnet), wenn es sich nun auch so verhalten hätte, hätte -es ihnen denn Nicolai so sehr verdenken sollen, der sich rühmt, in -seiner Bibliothek nur ungünstige Recensionen jener Philosophie, die eben -darum seiner eigenen günstig sind, zuzulassen; und von welchem es in -jenen Tagen bekannt war, dass er auch der Jenaischen allgemeinen -Literatur dasselbe Princip angemuthet, und einem der Statthalter jener -Literatur derb den Kopf dafür gewaschen, dass man ein paar Schriften von -Fichte durch Reinhold habe recensiren lassen, und nicht vielmehr durch -einen Mann, -- »der die Blössen jener Fichteschen Philosophie so recht -an den Tag gebracht hätte?« -- Aber, war es denn jenen Männern noch -nicht gesagt worden, dass sie unrecht hätten, von Nicolai selbst gesagt -worden? War es nicht eine Schande, dass sie das Gift ihrer verworfenen -Meinungen, mit dem sie für ihre Person leider angesteckt waren, nun auch -durch die geheiligten Quellen der öffentlichen Literaturen in das -Publicum zu bringen suchten, anstatt in die Einsamkeit sich -zurückzuziehen und sich selbst heilen zu lassen? - -Dem Fichte besonders wird in jener Acte ein schweres Sündenregister zu -Gemüthe geführt[11]. »Er habe sich in Jena auf Reinholds Stuhl gesetzt« -(man hat mehrere Erklärungen der Antiquitätenkenner von dieser wichtigen -Stelle, keine aber befriedigt uns, und wir müssen daher sie, die sehr -leicht das grösste Verbrechen jenes Mannes enthalten mag, als -unverständlich übergehen); »er habe gewusst, diesen so ungemein -verehrten Lehrer bei den Studenten in Jena in kurzer Zeit fast in -Vergessenheit zu bringen.« Unser Held hat nicht hinzugesetzt, welcher -Mittel sich hierbei der Mann bedient; auf jeden Fall aber sollte man -hieraus beinahe schliessen, dass es demselben nicht an allem -Lehrertalente gefehlt haben müsse. Dies ist doch wohl nicht sein -Vergehen? -- Vielleicht nur der üble Gebrauch, den er von jenem Talente -machte? Aber der Reinhold, den er in Vergessenheit brachte, war ja, nach -den Nachrichten der besten Geschichtschreiber, selbst ein Kantianer, und -weit davon entfernt, in den Umkreis der allein wahren Bibliothek zu -gehören. Diesen in Vergessenheit gebracht zu haben, kann Fichte's -Vergehen nicht seyn. -- Lesen wir weiter. »^Nun^« (hier mildert der -grossmüthige Mann ganz offenbar die Schuld des Angeklagten. Nach den -besten Nachrichten hatte Fichte nicht erst, nachdem es ihm bei den -Studenten gelungen war, Reinhold in Vergessenheit zu bringen, sondern -sogar schon vor seiner Ankunft in Jena eine Schrift verfasst und dem -Drucke übergeben, in welcher er geradezu die Kantische Philosophie für -unvollendet erklärt, von den Reinholdschen Bemühungen bloss schonend -gesprochen, und seinen Vorsatz, die Sache zu vollenden, bestimmt -angekündigt.) -- »^nun^ habe es jenem Manne ein Leichtes geschienen, -auch Kant von dem hohen Stuhle, der ihm als dem ^ersten Philosophen -Deutschlands^ gesetzt worden, herunterzustossen.« Unser Held sprach nie -und spricht auch hier nicht mit Billigung davon, dass Kant dieser hohe -Stuhl gesetzt worden. Es war das unablässige Bestreben aller -literarischen Thätigkeit seiner letzten Tage, ihn von diesem Stuhle -herunterzustossen. Sonach wären ja Nicolai und Fichte einiger gewesen, -als man glaubt, und der erstere hätte den letztern nimmermehr darüber -tadeln können, dass er mit ihm für Einen Zweck arbeite. Lesen wir also -weiter -- »^und sich selbst darauf zu setzen^.« Ja so, dies wollte -Fichte, und hierin liegt sein Verbrechen! Dass er Reinhold in -Vergessenheit brachte, war brav: dass er Kant vom hohen Stuhle -herunterzustossen suchte, verdienstlich. Nur hätte er von da an in die -Gemeine der Bibliothek, wo der wahre hohe Stuhl mit dem wahren ersten -Philosophen Deutschlands schon längst besetzt war, selbst zurückkehren -und die Seinigen dahin leiten sollen. Dann hätte man ihm seinen -akademischen Beifall wohl gönnen mögen; er wäre vor seinen verderblichen -Irrthümern bewahrt geblieben, hätte Reinholds Stuhl behalten bis an sein -Ende, und sein Name lebte noch jetzt unter den andern berühmten Namen -der Bibliothekare. - -In derselben Acte, und sonst noch an mehreren Orten, verweist Nicolai -Schelling und Fichte die Unanständigkeit sehr ernstlich, dass ihnen -zuweilen ihren Gegnern gegenüber so ein Wort von Halbköpfigkeit -entschlüpft sey. Zwar war dieses, so viel man weiss, immer nur -geschehen, wenn sie im Allgemeinen sprachen, und nie gegen bestimmte -genannte Personen. Zwar hatten diese Schriftsteller seit Jahren ein -System dem Publicum vorgelegt, das seinen Grundtheilen nach vollendet -und vollständig bewiesen und begründet war. Warum man nun auf dasselbe -sich nicht ernstlich einlasse, darüber hatten sie bis zu jener Epoche -noch das erste vernünftige Wort aus dem Publicum zu vernehmen. Keiner -ihrer Gegner verstand sie, und alles schwatzte, und muthete ihnen an, -zehnmal abgewiesene Misverständnisse zum eilftenmale abzuweisen. Es wäre -ihnen vielleicht zu verzeihen gewesen, wenn ihnen im Unwillen zuweilen -etwas Menschliches begegnete. Nicolai hatte sie unter ihrem Namen, und -mit ihnen zugleich noch eine Menge anderer genannter Männer in -öffentlichen Schriften Querköpfe genannt, und noch mancherlei andere -Schimpfworte ihnen angeworfen. Man hätte denken sollen, eine -Zusammensetzung mit Kopf sey der andern werth, und die Benennung des -Halbkopfs, der ja wohl noch wachsen kann, sey immer milder, als die -eines völlig in die Quere gedrehten Kopfes; und Nicolai hätte sonach -recht gut gleiches mit gleichem aufgehen lassen können. - -Aber wie können wir uns auch nur einfallen lassen, hier eine Gleichheit -des Verhältnisses zu setzen? Hatte nicht zuvörderst Nicolai recht, und -die Wahrheit auf seiner Seite? und war es an ihm zu tadeln, wenn im -hohen Eifer für die Wahrheit ihm auch wohl ein derbes Scheltwort -entfuhr? Vertheidigten die Gegner nicht den Irrthum, und war ihnen dies -nicht etwa gesagt? Jemanden auch noch dazu zu schimpfen, weil er unsern -Irrthum nicht gegen die Wahrheit vertauschen will: welche Verkehrtheit -und Impertinenz! War nicht ferner Nicolai ein alter Mann, und jene -Schriftsteller junge Leute; und ist es nicht eine ausgemachte Wahrheit -unter allen alten Schriftstellern des Nicolaischen Kreises, dass die -Alten auf die Jungen schimpfen dürfen, so viel sie wollen, diese aber -nicht wiederschimpfen, sondern sich ziehen lassen müssen? Respect für -das Alter! heisst es in dieser Schule; sogar wenn der alte Mann ein -alter Narr ist. -- War Nicolai nicht der angestellte Altmeister aller -Schriftsteller, und war es nicht sein ausdrücklicher besonderer Beruf, -die Jugend durch jedes Mittel zum Guten zu ziehen; und konnten nicht -auch harte Scheltworte unter diese Mittel gehören? Und diese Jugend, -statt sich weisen zu lassen, schimpfte wieder. Welche Insubordination! -Kurz, wenn Nicolai schimpfte, so that er es immer am rechten Orte, zu -rechter Zeit, und schimpfte mit Grazie. Wenn andere schimpften, so war -es gemein und pöbelhaft. Nicolai allein verstand zu schimpfen, und darum -musste man es ihm allein überlassen. - - - Anmerkung. - -[Fußnote 11: M. s. S. 147 der angeführten Anzeige in der N. D. B.] - - - - - Neuntes Capitel. - Wie unser Held, zufolge seines höchsten Grundsatzes, sich zu - nehmen gepflegt, wenn derselbe angefochten worden. - - -So fest und unerschütterlich unsers Helden Meinung war, dass ihn -jederman für den ersten Menschen des Zeitalters anerkenne, so beharrlich -war, wie jeder andere bemerken musste, sein Misgeschick, dass man ihn -nicht einmal so recht im Mittelschlage mit wollte gelten lassen. So -beliebt auch sehr bald seine Bibliothek wurde, so wusste man doch im -grössern Publicum nicht viel anderes darüber, als dass er sie eben -drucken liesse. Man hielt ihn höchstens für einen industriösen -Buchhändler, und für einen Dilettanten in der Wissenschaft, der, weil -viele Bücher durch seine Hände gingen, glaubte, wie eben jeder andere -Buchhändler auch, über Bücher mitsprechen zu können. Für einen -unstudirten Buchhändler, meinte man, möchten seine Räsonnements noch so -hingehen. Er hat es in seinen alten Tagen dem Publicum oft genug in die -Ohren rufen müssen, dass er sich wirklich und in der That nicht für -einen blossen unstudirten Buchhändler, sondern in allem Ernste für einen -wirklichen und wahren Gelehrten gehalten. Dennoch hat er es in keinem -Zeitpuncte seines Lebens im Publicum zu derjenigen Reputation gebracht, -welche in seinem Zeitalter jeder Gelehrte sich erwarb, der nur ungefähr -ein Jahrzehend hindurch fleissig und anhaltend Bücher schrieb. - -Dies war wohl zum Theil Misgeschick, zum Theil aber auch eigene Schuld. -Hätte er, nachdem er den Verstoss des Publicums merkte, nur mit seiner -Emphase in der Welt verbreitet, dass er die Bibliothek nicht nur drucke, -dass er auch an ihr recensire, ja, dass er sie redigire; hätte er sich -vor aller eigenen Schreiberei unter seinem Namen sorgfältig gehütet: so -würde er bald in dasselbe Ansehen gekommen seyn, welches so mancher -andere höchst mittelmässige Redacteur berühmter gelehrter Zeitschriften -geniesst, der der eigenen Autorschaft sorgfältiger aus dem Wege geht; -und wir, sein Geschichtschreiber, wären der Hinzufügung des -gegenwärtigen Capitels überhoben. Unser Held aber schrieb Bücher, dicke -Bücher, unter eignem Namen, und dadurch verdarb er alles. - -Sein Sebaldus zwar hätte hingehen mögen. Dieser war dem Zeitalter seiner -Erscheinung so angemessen, dass man ihn der Fähigkeit unsers Helden -sogar nicht zutrauen wollte. Es sind wohl nicht viel unter meinen -Lesern, denen ein zu jener Zeit ziemlich allgemein verbreitetes Gerücht -nicht zu Ohren gekommen seyn sollte: Nicolai sey gar nicht der Verfasser -des Sebaldus, er habe sich unrechtmässigerweise dafür ausgegeben; der -wahre Verfasser, ein immer Geld bedürfender Gelehrter, bediene sich -dieses Nicolaischen Plagiats, um durch die Drohung, es bekannt zu -machen, in jedem Bedürfnisse Geld von ihm zu erpressen. -- Wir haben -dieses Gerücht nicht angeführt, als ob wir selbst ihm Glauben -zustellten; jenes Werk trägt zu unverkennbar das Gepräge der -Nicolaischen Feder; sondern um zu zeigen, wie das Publicum von jeher -über unsern Helden gedacht. - -Es folgte John Bunkel. Diesen hatte unser Held, seiner eigenen -Versicherung nach, nicht selbst gemacht, sondern übersetzt. Aber das -Buch fiel auf als schlecht; und darum stritt man ihm hier die -Autorschaft auf, die man dort ihm abstritt; er sollte und musste mit -aller Gewalt nicht der blosse Uebersetzer, sondern der Urheber selbst -seyn. Und als man nun nicht länger läugnen konnte, dass er es übersetzt -habe, war er darum um nichts gebessert. Der Verfasser der durchaus -originellen, leider nicht sehr bekannt gewordenen ^Geschichte einiger -Esel^ fing schon damals an, treffliche Beiträge zur Geschichte unsers -Helden zu liefern. - -Jetzt trat unser Held seine Reisen an. Sein Weg führte den Berliner, der -bisher zwischen dem protestantischen Berlin und dem protestantischen -Leipzig und seiner Buchhändlermesse sein Wesen getrieben hatte, durch -katholische Provinzen. Da sahe er Crucifixe an den Strassen, -Heiligenbilder, Amulete, Votivtafeln; hörte, dass gewisse Heilige die -Schutzpatrone gegen gewisse Landplagen oder Krankheiten wären; hörte, -dass ein wohlmeinender Katholik, da seine Religion ihm allein -seligmachend ist, jeden Menschen in den Schooss derselben zu bringen -suchen müsse u. s. w. -- Dergleichen hatte er in Berlin und Leipzig -nicht gesehen; hatte er ja von andern, die es gesehen hatten, etwas der -Art erzählen gehört, so hatte er es für Aufschneiderei und für -schlechten Spass gehalten; denn wie könnte doch irgendwo etwas anders -seyn, als zu Berlin oder zu Leipzig; wie in aller Welt könnte man doch -ein katholischer Katholik seyn? Jetzt sah er es mit seinen Augen, und -rief athemlos durch das heilige römische Reich: hörts, Deutsche hörts, -das Unglück -- die Entdeckung meines Scharfsinns; es giebt, o es giebt -Katholiken, die da katholisch sind -- und damit man es ihm doch ja -glauben möchte, brachte er alle Bilder und Gebetzettel aus allen -Gegenden zu Hauf, und gab sie in den Kauf obenein. - -Nicht lange nachher begegnete ihm ein Verdruss mit seiner Bibliothek. -Sie sollte -- welches, dass ich es im Vorbeigehen sage, nur zu wahr, -offenbar und klar ist -- sie sollte ein der ^Religion^ gefährliches Werk -seyn. Das war ihm zu hoch. Athmete doch dieses Werk seinem besten Wissen -nach durchaus das, was er den reinsten Protestantismus nannte. Nur dem -nunmehro seit seinen Reisen an den Tag gekommenen Antiprotestantismus, -nur der ^katholischen^ Religion konnte es gefährlich seyn. Beide -Visionen vermengten sich in seinem schwachen Kopfe, und dazu mischte -sich noch eine dritte, die allein schon fähig gewesen wäre, ihn zu -verwirren, die der geheimen Orden, der Gold- und Rosenkreuzerei. Nun -konnten die Gegner seiner Bibliothek nichts Anderes seyn, als -Kryptokatholiken, welche durch geheime Orden und andere Machinationen -die Protestanten in den Schooss der römischen Kirche zurückzuführen -suchten, und denen er durch seine Bibliothek und durch die wichtigen -Entdeckungen seiner Reisen im Wege stand: und es musste von nun an alles -von solchen Machinationen wimmeln. Noch im Jahre 1800 erzählte Nicolai -in der Vorrede zum ersten Stück der von ihm wieder herausgegebenen -Bibliothek sehr ernsthaft das alte Mährchen, und verrieth in aller -Unbefangenheit den wahren Grund, der ihn auf diese Vision gebracht, die -Anfechtungen nemlich, welche er und seine Bibliothek von einem Minister -und einigen geistlichen Räthen unter der vorigen Regierung erdulden -müssen. Jene vorgeblichen Verbreiter des Katholicismus thaten unserem -Helden nur nicht die Liebe an, dass sie selbst katholisch geworden -wären, geschweige, dass sie andere bedeutende Personen dazu gemacht -hätten. Diejenigen, welche vielleicht anfangs durch das heftige Geschrei -mit fortgerissen wurden, mussten sich denn doch nun, nachdem von allem -Prophezeiten nichts erfolgte, und sie kälter wurden, erinnern, dass sie -ja alles, was Nicolai ihnen erzählt, schon vorher auch gewusst und -gesehen hätten, und dass beinahe alle Welt es gewusst und gesehen hätte, -sie mussten sich wundern, dass es unserm Helden allein vorbehalten -gewesen, diese Sachen so bedeutend zu nehmen, und so scharfsinnige -Schlüsse daraus zu entwickeln, sich fragen, warum sie denn nicht selbst -auch von denselben Prämissen aus auf dieselben Entdeckungen gekommen, -und das Ganze konnte sich nur durch ein lautes und allgemeines Gelächter -über unsern Helden beschliessen. - -Noch stand ihm eine andere traurige Epoche seines Lebens bevor: seine -Feldzüge gegen die neuere Philosophie. Zwar waren seine Einwendungen -gegen diese Philosophie, -- etwa, dass ja die Erscheinung der Sinnenwelt -so gar nicht vor Blutigeln weiche, vor denen doch sonst jede Erscheinung -verschwinde, oder dass, wenn alles, was da ist, das Ich selbst sey, ein -Mensch, der eine wilde Schweinskeule ässe, sich selbst ässe, -- diese -Einwendungen waren sämmtlich von der Art, dass jeder Knecht und jede -Magd im römischen Reiche, die sie vernahmen, finden mussten, sie hätten -dieselben wohl auch vorbringen können. Aber dadurch, dass unser Held sie -ihnen so vor dem Munde wegnahm, empfahl er sich schlecht ihrer -Zuneigung. Ueberdies hörten sie auch nicht, dass man jene Philosophen -von Obrigkeitswegen in die Tollhäuser gebracht, welches doch, wenn ihre -Behauptungen durch jene Einwendungen getroffen würden, nothwendig hätte -geschehen müssen. Sie blieben also immer geneigter, anzunehmen, dass -jene Sätze wohl noch einen andern Sinn haben dürften, den Nicolai nur -nicht verstände, oder hämischerweise verdrehe; und so that selbst bei -den gemeinsten Lesern diese Art der Polemik der Ehre unsers Helden weit -grössern Abbruch, als der Ehre jener Philosophen. - -Diese zusammenhängende Reihe von Unglücksfällen musste nothwendig unsern -Helden, der nie einen befestigten Credit besessen, immer verächtlicher -und lächerlicher machen. Er kam in seinen letzten Tagen nach dem Jahre -1803 so herab, dass jeder Muthwillige, der gerade keinen spasshaftern -Zeitvertreib hatte, den alten Steinbock zu Berlin neckte und am Barte -zupfte, um sich an seinen Capriolen zu belustigen. - -Wie benahm sich nun unser Held dabei? Ging ihm denn noch kein Licht -darüber auf, dass das Zeitalter ihn nicht für seinen ersten Mann hielte? -Keinesweges. Gegen diese Ahnung hatte er schon früher sich befestigt -gezeigt. - -War es irgend möglich zu hoffen, dass man eine gegen ihn ergangene -Schmähung überhört habe, so pflegte er derselben lieber gar nicht zu -erwähnen, sondern sie mit grossmüthigem Stillschweigen zu übergehen. So -hatten allerdings mehrere aus der Schule der transscendentalen -Idealisten ihn oft etwas respectwidrig behandelt. Fichte hatte das -einzige Mal, da er seiner erwähnt, ihn als die ^seufzende Creatur^ -charakterisirt; Schelling hatte ihn einmal ^einen alten Californier^, -und ein andermal ^einen alten Geck^ gescholten; Niethammer hatte gar die --- zwar ungegründete, und tiefer unten zu widerlegende Hypothese -geäussert: Nicolai sey nun wirklich übergeschnappt, und er sey der Gott -Vater zu Bedlam, der gegen seinen Nachbar Jesus Christus, -- etwa den -Ritter Zimmermann, die Zähne fletsche. Dennoch hat Nicolai, so oft er -auch hinterher veranlasst worden, diesen Männern ihr übriges Unrecht -hart zu verweisen, dieser ihm selbst widerfahrenen Beleidigungen nie -auch nur erwähnen mögen. Er hat vielmehr immer standhaft vorausgesetzt, -dass jene Männer seiner Weisungen allerdings achteten, und lehrbegierig -darauf hörten, und durch dieselben schon noch zur Besinnung gebracht -werden würden. Tieck hatte ihn beinahe in allen seinen Schriften auf -eine sehr empfindliche Weise durch wahren, tief eingreifenden Witz -angezapft; besonders aber erschien im ersten Hefte seines poetischen -Journals ein alter Mann, der unserm Helden wie aus den Augen geschnitten -war; auch stellte im jüngsten Gerichte desselben Hefts Nicolai -namentlich sich in einer höchst possirlichen Gestalt dar. Dadurch wurde -unser Held so wenig beleidigt, dass er Kaltblütigkeit genug beibehielt, -in eigner Person jenes Heft zu recensiren[12]. Zwar konnte er es nicht -verbergen, dass die beiden Aufsätze, in denen er angegriffen war, nichts -taugten; war aber schonend genug, den eigentlichen faulen Fleck in -denselben nur ganz leise, wie wir unten sehen werden, zu berühren. - -War aber der Verstoss in zu grosser und guter Gesellschaft gemacht, und -liess sich nicht annehmen, dass er auf die Erde gefallen sey, so wusste -unser Held immer gut nachzuweisen, warum die Gegner so sprechen müssten, -wie sie sprachen. Es fand sich immer, dass er sie schon früher -angegriffen, und ihre Eigenliebe gekränkt habe, dass sie nur dafür sich -rächen wollten, und deswegen Dinge vorbrächten, denen ihre wahre -Herzensmeinung widerspräche. So war in den bekannten Xenien der Spass -mit unserm Nicolai wirklich weit gegangen, auch liess sich die Kunde -davon nicht gut abläugnen. Unser Held aber zeigte, dass die Verfasser -jene Gedichte nur deswegen publicirt hätten, um die tiefen Wunden, die -er ihnen durch den 11. Band seiner Reisen geschlagen, zu rächen. -»Freilich höre niemand gern die Wahrheiten, die er ihnen dort sage, es -sey ihnen eben nicht zu verdenken, dass sie sich rächten, so gut sie -vermöchten.« Uebrigens wusste er, dass sie ihn im Herzen doch verehrten, -ihn für einen Meister anerkannten, und gewaltige Furcht vor ihm -hatten[13]. - -So sagte er von den transscendentalen Idealisten, dass sie die D. B. zu -verachten nur affectirten[14]. Freilich waren sie eine rohe, -ungeschlachte Rotte, jene Idealisten, die für manches Geachtete wenig -Achtung bezeigten. Aber die Bibliothek, dieses grösste Werk unsers -Helden, wirklich und in der That nicht zu achten -- diese Verkehrtheit -konnte selbst ihnen Nicolai nicht zutrauen. Nein, sie stellten sich nur -so, sie affectirten nur Nichtachtung, weil ihnen die Trauben des -schmackhaften Lobes jener Bibliothek zu hoch hingen. - -So setzte er bei der oben erwähnten Recension des Tieckschen Journals -hinzu: »Tieck äussere da sein Misfallen an einigen Personen, denen er -selbst und seine Verse wohl auch nicht gefallen haben möchten.« -- -Mochte doch diese Stelle denjenigen, die dieses Journal nicht gelesen -hatten, dunkel bleiben. Was sollte doch er selbst durch seine Bibliothek -das leider erhobene Skandal weiter verbreiten? Waren aber welche unter -den Lesern, die jenes Journal gesehen hatten, so konnten diese nur -glauben, Nicolai möchte Herrn Tieck früher etwas zu Leide gethan haben, -dieser habe dafür sein Müthchen an ihm kühlen wollen; nicht, als ob er -im Herzen nicht voller Achtung und Respect für ihn sey, sondern -lediglich aus dem boshaften Grunde, sich an ihm zu rächen. - -Auf diese Weise entging unser Held dem, was in jedem andern Falle sicher -zu erwarten gewesen wäre, dem sichtbar erscheinenden und im bürgerlichen -Leben sich äussernden Wahnsinne. Mit dem Ritter Zimmermann, welchem -Nicolai seine Eitelkeit nicht verzeihen konnte, ohnerachtet er selbst -daran einen grössern Antheil hatte, und mit demselben Wohlgefallen von -seinem Schachspielen mit dem Minister Wöllner, und von der witzigen -Abfertigung, die er ihm gegeben, erzählte, als jener von seinen -Unterredungen mit Friedrich dem Zweiten erzählt hatte -- mit dem armen -Ritter endete es traurig, und auch dem unglücklichen Wetzel bekam seine -Göttlichkeit übel. Es glaubten deswegen viele, dass es auch mit unserm -Helden auf dieselbe Weise enden würde; und der oben angeführte Gelehrte -glaubte sogar einstmals, dass dieser Fall wirklich eingetreten sey. -Diesen Männern entging nur folgendes, dass man, um wahnsinnig werden zu -können, doch noch irgend einen wahren und richtigen Gedanken -unaustilgbar in sich haben muss, welcher mit den ebenso fest -eingewurzelten unrichtigen und falschen in einen nie zu entscheidenden -Widerstreit geräth, und dadurch das Phänomen der Geistesverwirrung -erzeugt. Totale und radicale Verkehrtheit aber, mit welcher auch nicht -Ein richtiger Gedanke verbunden ist, stimmt mit sich selbst innig -zusammen, und macht das Verfahren ebenso fest und unerschütterlich und -gleichmässig, als die Wahrheit. Ein solcher ist in seinem Ideenkreise -beschlossen, und kein Gott würde einen Gedanken in denselben -hineinbringen, der nicht darein passte. -- Hierzu kommt, dass besonders -diejenige Art der Verrücktheit, welche aus Eigendünkel entsteht, und in -welcher die Menschen sich für ganz etwas Anderes halten, als sie sind, -eigentlich nur durch den Widerspruch anderer erhitzt, erbittert, und zu -den wilden Aeusserungen, in die sie öfters ausbricht, bewogen wird. Bete -man nur jenen Gott Vater zu Bedlam, und seinen Sohn Jesus Christus -gläubig an; lasse man sie nur ruhig bei der Meinung, dass sie die Welt -regieren und alle Tage das Wetter machen, und sie werden sehr sanfte -wohlthätige Gottheiten bleiben. Nur der Widerspruch reizt sie. Gegen -diese Reizung war unser Gott Vater durch ein in seiner Narrheit selbst -liegendes Mittel gesichert: er glaubte nie, dass der Widerspruch -ernstlich gemeint sey. Die Schnippchen, die man gegen seinen papiernen -Olymp heraufschlug, hielt er für eigen gestaltete Dämpfe des Weihrauchs. -Handelten die Sterblichen unter ihm nicht nach seinem Sinne, so griff er -zu etwas, das er treuherzig für seinen Donnerkeil hielt, schleuderte es, -und war nun fest überzeugt, dass alles um ihn herum zerschmettert und -vernichtet wäre. - -Ein Narr war er freilich; denn es ist ohne Zweifel ebenso närrisch, wenn -ein einfältiger unstudirter Buchhändler, der nie eines systematischen -Unterrichts genossen, und nie die entfernteste Idee davon gehabt, was -eine Wissenschaft sey, sich für den ersten aller Gelehrten, ein geborner -stumpfer Kopf, der es nie dahin bringen können, auch nur einen Perioden -sprachrichtig und logisch zu schreiben, sich für einen Mann von -allgemeinem und ausserordentlichem Talent, und ein ausgemachter Berliner -Badaud[15] und ungezogener tölpelhafter Schwätzer sich für einen grossen -Weltkenner und Weltmann hält: als es närrisch ist, wenn ein armer -Schuhflicker sich für den König von Jerusalem ansieht. Aber in dieser -Verrücktheit blieb er sich so unerschütterlich gleich und alles sein -Handeln, Glauben und Denken stimmte mit ihr, und unter sich so wohl -überein, dass, wenn man bloss seine Aeusserungen unter einander -verglich, und mit der ungeheuren Falschheit der ersten Voraussetzung -nicht bekannt war, man bis an sein Ende nicht die geringste Spur einer -Verstandesverwirrung an ihm entdecken konnte. - - - Anmerkungen. - -[Fußnote 12: M. s. 3. Heft. 1. St. 56. B. der neuen deutschen -Bibliothek.] - -[Fußnote 13: M. s. Nicolai's Schrift gegen die Xenien.] - -[Fußnote 14: M. s. das 2. Heft des oben angeführten Stücks der N. D. B.] - -[Fußnote 15: Wir erklären uns über diese Benennung in der 4ten Beilage.] - - - - - Zehntes Capitel. - Ein Grundzug des Geistescharakters unsers Helden, der aus - jenem höchsten Grundsatze natürlich folgte. - - -Wer bei aller Geistesthätigkeit keinen andern Zweck hat, als den, sich -geltend zu machen und sein Uebergewicht zu zeigen, weil er ein solches -Uebergewicht zu haben vermeint, der verliert sehr bald durchaus allen -Sinn für jeden möglichen andern Zweck der Geistesthätigkeit. Ihm ist -alles Forschen und Nachdenken lediglich Mittel zum Disputiren, -keinesweges aber zur Auffindung einer bleibenden Wahrheit, die allem -weitern Disput ein Ende mache. Eine solche Wahrheit, die da nun wahr sey -und bleibe, ist ihm ein Greuel, er hasst sie und wüthet gegen ihre Idee; -denn wenn sie gefunden würde, so müsste ja auch er sich ihr unterwerfen -und dürfte nichts gegen sie sagen. - -Dieser Hass gegen alle positive bleibende Wahrheit musste also ein -Grundzug unsers Helden seyn, der von dem nun sattsam beschriebenen -Princip ausging. Gab er ja eine für sich bestehende und bleibende -Wahrheit zu, so war es die der Anekdote; und sogar das ist zweifelhaft, -ob er auch diese zugab. In allem, was über diesen Standpunct hinauslag, -und ganz besonders in philosophischen und religiösen Materien, erblickte -er nichts weiter, als einen Gegenstand des Disputs, wo jede Meinung so -viel werth wäre, als jede andere, und der überall keinen Gebrauch hätte, -als den, den Scharfsinn zu üben. Seine Maxime war: man müsse jedem, was -über dergleichen Gegenstände zuletzt vorgebracht wäre, widersprechen, -damit es nicht etwa dabei sein Bewenden behielte, und die einzige wahre -Bestimmung des menschlichen Geistes, der Disput, ins Stocken geriethe. - -Darum waren ^Protestantismus^, ^Denkfreiheit^, ^Freiheit des Urtheils^ -seine beständigen Stichworte. Sein ^Protestantismus^ nemlich war die -Protestation gegen alle Wahrheit, die da Wahrheit bleiben wollte; gegen -alles Uebersinnliche und alle Religion, die durch Glauben dem -Dispute ein Ende machte. Nach ihm war das eben der Zweck der -Kirchenverbesserung, jeden Laien in den Stand zu setzen, über religiöse -Gegenstände ins unbedingte hin und her zu disputiren, wie ein -allgemeiner Bibliothekar, keinesweges aber irgend etwas gläubig zu -ergreifen und in diesem Glauben zu handeln. Ihm war alle Religion nur -Bildungsmittel des Kopfs zum unversiegbaren Geschwätz, keinesweges aber -Sache des Herzens und des Wandels. Seine ^Denkfreiheit^ war die -Befreiung von allem ^Gedachten^; die Ungezähmtheit des leeren Denkens, -ohne Inhalt und Ziel. ^Freiheit des Urtheils^ war ihm die Berechtigung -für jeden Stümper und Ignoranten, über alles sein Urtheil abzugeben, er -mochte etwas davon verstehen oder nicht, und was er vorbrachte, mochte -gehauen seyn oder gestochen. So fragt er in jener berühmten Acte -Schelling, der sich über die Aufnahme zweier ungeschickten Recensionen -einer seiner naturphilosophischen Schriften in die Jenaische gelehrte -Zeitung beschwerte: »ob denn der Mann gar keinen Begriff von der -Freiheit des Urtheils der Gelehrten habe?« Wohl mochte Schelling und -alle seines Gleichen keinen Begriff haben von der Unverschämtheit, mit -welcher jeder Stümper in Dinge hineintappte, von denen er recht wohl -wusste, dass er sie nie gelernt hätte, und jeder Esel seinen Mund zur -Antwort öffnete, ohne gefragt zu seyn. - -Und so brachte Nicolai sein Leben hin, gegen Papismus, ebenso wie gegen -Kriticismus und Idealismus zu disputiren; denn gegen beides disputirte -er aus demselben Grunde, -- als gegen eine fremde Autorität, die sich -den Menschen aufdringen wollte, zum Nachtheil der unbegrenzten -Disputirfreiheit, genannt Protestantismus, und seiner eigenen -wohlerworbenen Autorität. Mit der eklektischen Philosophie hatte er sich -wohl vertragen können; diese hatte auch sein protestantisches Princip, -über alles hin und her zu meinen, nichts aber zu ergründen und -auszumachen. Die neuere Philosophie aber wollte ergründen und ausmachen -und entscheiden; es war ihr Ernst, das Zeitalter zum Redestehen und zur -Entscheidung zwischen Ja oder Nein zu bringen, und dass es dabei sein -Bewenden habe. Diese Anmuthung erschien unserem Helden als eine -sträfliche Anmaassung. Dass jemand in allem Ernste an eine für sich -bestehende Wahrheit glauben und überzeugt seyn könne, derselben auf die -Spur gekommen zu seyn, setzte er nur nicht voraus. Diese Verkehrtheit -selbst seinem verhasstesten Gegner zuzutrauen, war er doch zu -grossmüthig. Er sahe sonach in den Sätzen jener Philosophen nichts als -Meinungen, ihrem eigenen guten Bewusstseyn nach nur Meinungen, die nicht -besser seyn wollen dürften, als andere Meinungen; und in dem Ernste und -dem entscheidenden Tone, mit dem sie dieselben vortrugen, nichts, als -die Bemühung, dem Publicum zu imponiren. Drum schrie er über Autorität. -Für den, der keine Kraft hat, selbstständig aus sich Wahrheit zu -erzeugen, giebt es auch wirklich nirgend etwas Anderes als Autorität. - - - - - Eilftes Capitel. - Ein paar andere Grundzüge, welche aus dem ersten Grundzuge und - höchsten Grundsatze unseres Helden erfolgt sind. - - -Wer die Rede des anderen hört, oder seine Schrift liest, lediglich um -etwas daran auszusetzen und ihm zu widersprechen, und dem es, da er gar -nichts Anderes zu thun hat, leid thun würde, jenen noch einen Augenblick -fortreden zu lassen, nachdem er Gelegenheit zum Widerspruche gefunden, -ergreift immer die nächste Gelegenheit. Diese aber kann jeder, dem es -nur ernstlich um das Widersprechen zu thun ist, immer auf der Oberfläche -finden. Da es ihm nun nur darum zu thun ist, so hat er nie ein -Bedürfniss, über diese Oberfläche hinauszugehen; es wird ihm habituell, -nie über sie hinauszugehen, und so entsteht in ihm und verwächst mit -seinem Selbst das Phänomen ^der absoluten Oberflächlichkeit und totalen -Seichtigkeit^. Dies war das Schicksal unseres Helden. Es war -schlechterdings unmöglich, bei irgend einem Gegenstande ihn auch nur um -eine Linie unter die Oberfläche in das Innere zu bringen. - -Die absolute Oberfläche ist das nackte abgerissene Factum, als solches. -Daher war der Kreis, in welchen das Nicolaische Vermögen gebannt blieb, -der der Anekdote und der Curiosität. Es war ihm Herzensfreude, wenn die -Untersuchung sich dahin lenkte. Welch ein Fest für ihn, als Friedrich -der zweite starb, und Anekdoten in Fülle über ihn erschienen! Da war er -in seinem Felde; da gab es zu widerlegen, zu berichtigen, zu ergänzen. - -Das blosse Wissen der geringfügigsten Anekdote war ihm Zweck an sich: -durch dergleichen Wisserei erfüllte er, seiner Meinung nach, den Zweck -des menschlichen Daseyns, und stillte sein unendliches Sehnen nach -Wahrheit. Je seltener diese Wisserei war, desto lieber war sie ihm, denn -dann konnte er am meisten damit prahlen; und diese Seltenheit der -Wisserei war die einzige Art der Gründlichkeit, die er kannte. Daher -sein Hang nach Curiositäten, nach Predigerüberschlägen, Perrücken und -Haartouren, den leichtesten Angelhaken; -- und wer möchte die -Kleinigkeiten alle aufzählen, mit denen er seinen Forschungsgeist -nährte. -- Dass er die entfernteste Ahnung gehabt, wozu die genaue -Erforschung dieser einzelnen an sich geringfügig erscheinenden Dinge im -^Ganzen^ gebraucht werden könnte; -- dass dieser Anekdotengeist sich je -auch nur zum dunkelsten Begriffe von Geschichte erhoben habe, davon -findet in seinen Schriften sich nicht die geringste Spur. - -Vor dieses ihm allein sichtbare Forum der Anekdote zog er nun alles -andere, was ihm unter die Hände kam, und selbst die Philosophie. Die -seinige, bei der es, ihm zufolge, eben sein Bewenden haben sollte, war -selbst nichts Anderes, als eine Sammlung von Anekdoten über die Sprüche -und Meinungen ehemaliger Philosophen. Und so widerlegte er denn auch die -Speculation anderer durch Anekdoten, wahre oder erfundene Geschichte; -und ein Sempronius Gundibert schlug eine Kritik der reinen Vernunft. -Gegen den kategorischen Imperativ erinnerte er, und erinnerte wieder, -dass es nach demselben im Leben nicht herginge, und glaubte bis an sein -Ende, jenem Imperativ dadurch den Garaus gemacht zu haben. - -Dies ist die absolute Seichtigkeit, welche man die ^materiale^ nennen -könnte. Ebenso innig mit unserem Helden verwachsen, und aus demselben -Grundzuge hervorgegangen, war eine zweite, die wir die Seichtigkeit ^in -der Form^ nennen wollen. - -Wem es nur darum zu thun ist, den anderen in die Rede zu fallen, und mit -seinem Widerspruche schnell anzukommen, dem ist jeder Gedanke, der ihm -zuerst in den Sinn kommt, recht. In welchem Zusammenhange des Denkens -der Andere seine Meinung vortrage, ^woraus^ er sie beweise, und ^was^ er -hinwiederum aus ihr erweisen wolle, wie sie daher durch dieses -Vorhergehende und Nachfolgende bestimmt, und dieser Bestimmung nach -eigentlich zu verstehen sey, -- dies zu bedenken, hat er nicht Zeit; und -wenn er überhaupt nur hört, und von jeher nur gehört hat, um zu -widersprechen, kommt er nie zu dem Begriffe von einem solchen -Zusammenhange. Ihm hängt absolut alles Denkbare unmittelbar zusammen, -weil man mit jedem jedem widersprechen kann; und es entsteht ihm das -schon oben beschriebene System des aus unmittelbar gewissen Körpern -bestehenden grossen Sandhaufens; denn dieses ist das tauglichste zum -eilfertigen Widerspruche. - -So war es unserem Helden ein Leichtes, dem Princip des transscendentalen -Idealismus ein halbes Dutzend Blutigel, eine Schweinskeule, eine ^chaise -percée^ in den Weg zu werfen, sowie eins dieser Dinge ihm zuerst unter -die Hände kam; ohne abzuwarten, wie es etwa jenes System machen würde, -um den Blutigeln und den Schweinskeulen auszuweichen. Bei ihm entstand -durchaus kein Zweifel, ob diese Einwürfe auch wohl passen möchten. Warum -sollten sie denn nicht passen? Hatte er sie doch angepasst. - -Aus dieser absoluten Seichtigkeit entsteht nun schon an und für sich -^Schiefheit^ für alles, was da höher liegt, als die blosse Anekdote, -oder durch seinen Zusammenhang bestimmt wird. -- - -Aber zu dieser aus der Seichtigkeit natürlich erfolgenden Schiefheit -hatte Nicolai noch eine andere durch Kunst sich erworben, und durch -Uebung sich angebildet und zur zweiten Natur gemacht. Damit verhielt es -sich so. Wer den anderen bloss darum anhört, um ihm zu widersprechen, -dem ist es immer Hauptaugenmerk, die Dinge nicht in dem Lichte zu sehen, -in welchem der andere sie zeigen will, denn dann dürfte er einig mit ihm -seyn, sondern in dem, in welchem der andere sie nicht zeigen will; -sonach alles zu verdrehen, aus seiner natürlichen Lage zu richten und -auf den Kopf zu stellen. Wer dieses Handwerk eine Zeitlang treibt, -dessen Sehorgane wird durch die beständige schiefe Richtung, die man ihm -giebt, diese Richtung endlich natürlich: sein Auge wird zum Schalke. Er -will nicht mehr verdrehen und schief sehen; es stellt sich ihm schon von -selbst alles verkehrt, verdreht und auf dem Kopfe stehend dar. So war es -unserem Helden ergangen, und daher entstanden die zusammengesetzten -Schiefheiten, die Schiefheiten der Schiefen von den Schiefen, die sich -in allen seinen Ansichten befanden. Die einfache und ihm natürliche: -dass er die Dinge aus ihrem Standpuncte und dem Zusammenhange des -Denkens riss; die zweite künstliche: dass er, sogar in dieser Lage, sie -noch ein oder einige Male verrückte. Es lässt sich ihm nachweisen, dass -er z. B. in seinen philosophischen Streiten weit plausiblere Dinge gegen -die angegriffenen Systeme hätte vorbringen können, wenn er, wie andere -seiner Zeitgenossen, sich mit dem ersten einfachen, jedem -unphilosophischen Kopfe natürlichen und jedem anderen unphilosophischen -Kopfe leicht mitzutheilenden Misverständnisse hätte begnügen wollen. -Aber das war ihm zu einfach, zu wenig originell; es musste -mannigfaltiger und künstlicher verdreht werden; und so arbeitete er oft -selbst seinem Zwecke entgegen. -- Es gereicht vielleicht zur Ergötzung -des Lesers, diese Grundschiefheit unseres Helden in einem Beispiele -dargestellt zu sehen. Wir wählen das erste, das uns unter die Hände -fällt. - -Nicolai unternimmt in jener berühmten Acte, das Fichtesche System aus -seinen Gründen zu prüfen und zu widerlegen. Wie mag er zuvörderst wohl -bei der historischen Aufstellung des Inhalts dieses Systems zu Werke -gegangen seyn? Nun, ohne Zweifel hat er eine speculative Schrift jenes -Schriftstellers, in der dieser die Principien seiner Philosophie am -deutlichsten vorzutragen behauptet, -- etwa die ersten §§. der Grundlage -der Wissenschaftslehre, oder das erste Capitel einer neuen Darstellung -dieser Wissenschaft im philosophischen Journale, angeführt und einen -wörtlichen Auszug davon seiner Prüfung zu Grunde gelegt? -- Falsch -gerathen! Aus abgerissenen Sätzen sehr vieler Schriften jenes -Schriftstellers hat er seinen Bericht zusammengeflickt. -- Nun so wird -er bei dieser Arbeit sich doch wenigstens auf eigentlich strenge -scientifische Schriften des Mannes eingeschränkt haben? -- Wiederum -falsch gerathen. Dann bliebe es ja bei der einfachen Schiefheit. -- Oder -hat er die angeführten Stellen aus populären Schriften des Verfassers -herausgerissen? -- Nun das wäre allerdings etwas; aber doch noch nicht -genug für unseren Helden. Aus populären und scientifischen Schriften, -aus abgerissenen Phrasen der Appellation, der Wissenschaftslehre, der -Bestimmung des Menschen, des Naturrechts des Verfassers, im buntesten -Gemisch nebeneinandergestellt, hat er seinen Bericht zusammengeflickt; -und hat so wenig Ahnung, dass jemand gegen dieses Verfahren etwas haben -könne, dass er höchst pünktlich über historische Wahrheit zu wachen -glaubt, indem er bei jedem Citat hinzusetzt: es seyen Fichte's eigene -Worte, und die Seitenzahl angiebt. - -Und wie geht es mit der Prüfung und Widerlegung des Systems? -- Wir -wollen unsere Leser nicht vergeblich mit Rathen auf die Folter spannen; -indem wir sehr wohl wissen, dass schlechthin keiner, und sey er der -wiedererwachte Oedipus, fähig ist zu errathen, wie es damit geht. Wer -möchte auf den Grad der Schiefheit rathen, dass unser Held in einem -Athemzuge die Wahrheit und Richtigkeit des Systems durchaus anerkennt, -und in demselben Athemzuge sie wieder abläugnet? Und doch hat es sich -wirklich also begeben. Er lässt sich vernehmen: -- »Das Ich ist Subject -und Object zugleich; nun dies ist richtig und giebt eine gute -Beschreibung des Bewusstseyns.« -- So? wenn dies richtig ist, so richtig -ist, als F. es nahm, als ein absolut identischer Satz, so dass man ihn -auch umkehren könne: Identität des Subjects und Objects = dem Ich, oder -auf die gewöhnlichere Weise ausgedrückt, das Ich ist durchaus nichts -anderes, als Identität des Subjects und Objects: so ist das ganze System -richtig, denn dieses System besteht durchaus in nichts anderem, als in -einer vollständigen Analyse des zugestandenen Satzes. - -Wie fängt es denn nun Nicolai an, um in demselben Athemzuge wieder -zurückzunehmen, was er hier zugesteht? Auch hier sind wir sicher, dass -kein Leser auf das räth, was sich wirklich zuträgt. Es trägt sich -nemlich nichts geringeres zu, als dies, dass Nicolai den ^eigentlichen -Inhalt^ dieser Philosophie, in dessen vollständigem und durchgeführtem -Beweise eben jenes System bestand, für eine der ^Prämissen^ dieses -Systems, und zwar für eine willkürlich und ohne allen Beweis -vorgebrachte Prämisse ansieht; das Gebäude selbst für die Kelle, womit -das Gebäude gemauert worden, die Erde für die Schildkröte, von welcher -die Erde getragen wird. Denn so lässt er sich vernehmen: - - »^der Satz, dass das Ich die Intelligenz, und die Intelligenz das - Ich sey, sey lediglich eine willkürliche Terminologie: es werde - nichts für den Beweis dieses Satzes vorgebracht, auf welchen doch - der ganze transscendentale Idealismus sich gründe^« -- - -schreibe: ^sich gründe^. -- Damit ja kein Zweifel übrig bleibe, wie dies -zu nehmen sey, setzt er tiefer unten hinzu: ^man (nemlich Nicolai) wende -gegen jenen Satz ein: mein Ich ist nicht blosse Intelligenz, sondern -Vernunft, Sinnlichkeit, Denkkraft, körperliche Kraft gehört dazu^, -schreibe: ^gehört dazu^. - -Also: die lediglich auf eine willkürliche Terminologie sich gründende, -durch nichts bewiesene Prämisse des Fichteschen Idealismus ist der Satz: -Ich, ^oder^ Intelligenz, ^oder^ Vernunft, Sinnlichkeit, Denkkraft, -körperliche Kraft sind durchaus identisch. -- Diesem Satze stellt -Nicolai als unmittelbar gewissen Satz entgegen: ^Mein Ich ist freilich -unter anderen auch Intelligenz^ (denn indem er sagt, dass es nicht -^blosse^ Intelligenz sey, sagt er ohne Zweifel, dass es diese doch auch -mit sey); aber es gehören noch ausser der ^Intelligenz^ mit dazu, -^Vernunft^, ^Sinnlichkeit^, ^Denkkraft^, ^körperliche Kraft^. -- Durch -diese Gegensetzung nun hebt er jene Fichtesche Prämisse auf, und -sprengt, da ganz allein auf diese sich der ganze transscendentale -Idealismus gründet, diesen zugleich mit in die Luft; denn ^cessante -fundamento cessat fundatum^. - -Es ist zu beklagen, dass Nicolai nicht unmittelbar darauf, als er diese -Widerlegung zu Ende gebracht hatte, aufgehenkt worden, damit er im -Bewusstseyn dieses glorreichen Arguments seine speculative Laufbahn -beschlossen hätte, und die Nachkommen hierbei seiner gedenken möchten. -Zuvörderst ist sehr merkwürdig, dass in jenem Gegensatze, ausser und -neben der ^Intelligenz^, auch noch ^Vernunft^, ^Denkkraft^, -^Sinnlichkeit^ (denn die körperliche Kraft können wir ihm hier erlassen) -aufgezählt wird. Hätte Nicolai seinen Fleiss auf eine Beschreibung der -preussischen Armee gerichtet, so würde er bemerkt haben, dass der König -ausser seiner Armee auch noch Infanterie gehalten hätte, und Husaren und -Pfeifer. - -Ferner stellt Nicolai, wie er immer thut, seinen Gegensatz so hin, als -ob sich die Wahrheit desselben von selbst verstände. Also er führt ihn -als eine Thatsache des unmittelbaren Bewusstseyns. Hatte denn Nicolai -gar keinen philosophischen Freund -- er selbst freilich konnte dies -nicht wissen, ohnerachtet er sich zum Richter in Sachen der Philosophie -aufwarf -- der ihm gesagt hätte, dass es wohl etwa Thatsache genannt -werden könne, dass man in einem bestimmten Falle vernehme, denke, -empfinde, sinnlich wirke, dass aber Vernunft in Bausch und Bogen, und -die Sinnlichkeit, und die Denk- oder körperliche Kraft, ^als Kraft^, für -Thatsachen des Bewusstseyns auszugeben, in jenem Zeitalter nur noch -einem durchaus unkritischen Ignoranten zu verzeihen war? - -Endlich war der Satz, dass das Ich, inwiefern es Subject-Object sey, die -Intelligenz selbst, also Vernunft, Denkkraft, Willensvermögen, sinnliche -Anschauung, physische Kraft sey, so wenig eine Prämisse jenes Systems, -dass er vielmehr das System selbst war; und dieses in seinem ganzen -Umfange nichts anderes zu thun hatte, als zu zeigen, dass alle jene -Erscheinungen im Gemüthe nichts wären, denn die verschieden gebrochene -und sich zu einander verhaltende Subject-Objectivität selbst. Auf diese -Beweise und Ableitungen musste sich ein Gegner dieses Systems einlassen, -und sie zu entkräften, oder Lücken und Mängel in ihnen zu entdecken -suchen. Statt dessen zu widersprechen, wie unser Held es that, war -gerade so, als ob ein Physiker aufgetreten wäre, und gesagt hätte: mir -ist es ausgemacht, dass alle mögliche Farben nichts sind, als -verschiedene Brechungen des Einen farblosen Lichtstrahls; und Euch -anderen will ich dieses durch eine Reihe von Experimenten beweisen, -indem ich durch bestimmte Brechungen desselben farblosen Lichtstrahls -alle andere Farben vor euren eigenen Augen entstehen lasse; und einer -aus dem Pöbel, ohne nach seinen Experimenten nur zu sehen, die Zunge -herausgesteckt, dem Physiker Esel gebohrt, und geschrien hätte: der Narr -denkt, alle Kühe sind weiss, er weiss noch nicht, dass es auch schwarze -und gefleckte Kühe giebt. So wurde beim Hindurchgehen durch das Sehorgan -unseres Helden alles schief, verzerrt und gar wunderlich. Es ist ihm -während seines Lebens sehr häufig vorgeworfen worden, dass er alles, was -er unter die Hände bekäme, hämischerweise verdrehe, und schmutzigerweise -besudle. Wir nehmen ihn gegen diese Beschuldigung in Schutz. Es war sehr -wahr, dass aus seinen Händen alles beschmutzt und verdreht herausging; -aber es war nicht wahr, dass er es beschmutzen und verdrehen wollte. Es -ward ihm nur so durch die Eigenschaft seiner Natur. Wer möchte ein -Stinkthier beschuldigen, dass es boshafterweise alles, was es zu sich -nehme, in Gestank, -- oder die Natter, dass sie es in Gift verwandle. -Diese Thiere sind daran sehr unschuldig; sie folgen nur ihrer Natur. -Ebenso unser Held, der nun einmal zum literarischen Stinkthiere und der -Natter des achtzehnten Jahrhunderts bestimmt war, verbreitete Stank um -sich, und spritzte Gift, nicht aus Bosheit, sondern lediglich durch -seine Bestimmung getrieben. - - - - - Zwölftes Capitel. - Wie es zugegangen, dass unser Held unter allen diesen - Umständen dennoch einigen Einfluss auf sein Zeitalter gehabt. - - -Wir würden ein grosses Mistrauen in die Penetration unseres Lesers -setzen, wenn wir nöthig fänden, nach allem Gesagten hinzuzusetzen, dass -wir Friedrich Nicolai für den einfältigsten Menschen seines Zeitalters -halten, und nicht glauben, dass irgend etwas recht Menschliches an ihm -gewesen, ausser der Sprache. - -Dass er nun von dieser seiner grossen Geistesgebrechlichkeit selbst -durchaus nichts gespürt, und mit der Meinung aus der Welt gegangen, er, -der allereinfältigste, sey gerade der allerklügste, ist kein -Wunder; denn diese Meinung von sich selbst, und diese totale -Unerschütterlichkeit durch irgend ein fremdes Urtheil, folgte aus seiner -extremen Dummheit selbst, und er hätte um ein gutes Theil weniger dumm -seyn können, ehe er begriffen hätte, dass er dumm sey. - -Aber er hat auf seine Zeitgenossen gewirkt, und ist, zwar nicht -öffentlich anerkannt, aber wie der unparteiische Forscher gestehen wird, -wirklich und in der That, der Urheber eines grossen Theils des -Meinungssystems gewesen, welches in seinem Zeitalter die -Mittelmässigkeit zu dem ihrigen gemacht hatte. Wir geben wohl etwa in -einer Beilage nähere Nachweisung über dieses Meinungssystem[16]. - -Wie in aller Welt ging es nun zu, dass diesmal die Armuth ihr Eigenthum -beim Bettel, die Einfalt ihre Weisheit bei der Dummheit, die Schielenden -ihre Einsichten beim Stockblinden holten, da sie doch dieses alles auf -eigenem Boden, und durch ihre eigenen Augen weit besser hätten erzeugen -können? - -Den Menschenkenner kann dies sonderbare Phänomen nicht befremden, wenn -er nur weiss, dass unser Held bei seiner extremen Dummheit zugleich -einer der rührigsten und der allerunverschämteste unter seinen -Zeitgenossen war. Er trug kein Bedenken, alles, was ihm durch den Kopf -ging, sogleich auf allen Dächern zu predigen, und es unaufhörlich an -allen Ecken den Leuten in die Ohren zu rufen; und liess sich schlechthin -durch nichts irre machen oder aus der Rede bringen. Das Volk, das nicht -selbst arbeiten mag, und dem von allen Seelenkräften beinahe nur das -Gedächtniss zu Theil geworden, konnte nicht umhin, jene Weisheit sich -endlich zu merken. Sie hatten nun längst vergessen, von wem sie dieses -alles zuerst gehört hätten, sie erinnerten sich nur noch dunkel, dass -sie es einmal gewusst, und glaubten nach und nach, sie hätten es selbst -entdeckt und wahr befunden. Es fiel ihnen in den Gemeinschatz der -ausgemachten Wahrheiten und Thatsachen: und es war allerdings Thatsache, -dass sie es oft genug gehört hatten. Und so ward unser Held der Urheber -eines grossen Theils der Denkart seines Zeitalters, ohne dass eben -jemand ihm sonderlich dafür dankte, noch wusste, woher diese Denkart -eigentlich wäre. Er aber wusste es; und die schreiende Unerkenntlichkeit -der Zeitgenossen, um die er sich doch so sehr verdient gemacht, mag sehr -viel zu der üblen Laune seines höheren Alters beigetragen haben. - -Es ist kein Zweifel, dass auch ein Hund, wenn man ihm nur das Vermögen -der Sprache und Schrift beibringen könnte, und die Nicolaische -Unverschämtheit und das Nicolaische Lebensalter ihm garantiren könnte, -mit demselben Erfolge arbeiten würde, als unser Held. Möchte man sich -immer anfangs an seiner Hundenatur stossen, wie man sich eben auch an -die Nicolainatur unseres Helden stiess. Wenn er sich nur nicht irre und -schüchtern machen liesse, dieser Hund, wenn er nur das Gesagte immer -wieder sagte und fest dabei bliebe, und unermüdet schrie und schriebe, -er habe doch recht, und alle Andern hätten unrecht; wenn er sich wohl -gar noch durch den Gedanken begeistern liesse, und sich damit brüstete, -dass er schon als ein blosser unstudirter Hund dies einsähe, wie Nicolai -sich auch immer damit gebrüstet, dass er als ein unstudirter Bürgersmann -alles dies wisse: so wäre uns gar nicht bange, dass nicht dieser Hund -sich einen sehr verbreiteten Einfluss verschaffen sollte. Seine Theorien -würden das Zeitalter ergreifen, ohne dass man sich eben erinnerte, dass -sie von unserem Hunde herkämen; es würde eine Aesthetik entstehen, nach -welcher jeder Spitz die Schönheit einer Emilia Galotti kunstmässig -zerlegen, und die Fehler in Herrmann und Dorothea so fertig nachweisen -könnte, als es jetzt nur Gottfried Merkel vermag; und die Bibel würde -endlich von allem noch übrigen Aberglauben gereinigt und so ausgelegt -werden, wie ein aufgeklärter Pudel sie verständig finden, und wie er -selbst sie geschrieben haben könnte. - - - Anmerkung. - -[Fußnote 16: Der Leser kann die in der dritten Beilage gelieferte -Charakteristik des Geistes der deutschen Bibliothek zugleich für eine -solche Nachweisung nehmen.] - - - - - Erste Beilage. - (Zur Einleitung.) - - - Angriffe Nicolai's auf die persönliche Ehre und den Charakter des - Verfassers enthalten die folgenden Stellen: - - - 1. - -Nachdem Nicolai die Herren Schelling und Schlegel beschuldigt, dass sie -günstige Beurtheilungen ihrer Schriften in die Jenaische -Literaturzeitung zu bringen gesucht, fährt er (S. 159. der oben -angeführten Anzeige) so fort: »Es ist der Schule der Ich-Philosophen -schon länger« (dem Zusammenhange nach ^früher^, ehe die obengenannten -gethan, dessen Nicolai sie beschuldigt, und ehe sie zu dieser Schule zu -rechnen gewesen) »eigen gewesen, dass sie, wenn es nicht anders zu -beschaffen war« (welch ekelhaftes Geschäft, dergleichen Schreiberei -abschreiben zu müssen!), »für ihren transscendentalen Idealismus -Anpreisung zu ^erschleichen^ suchte. Sie affectirten zwar bei aller -Gelegenheit, die allgemeine deutsche Bibliothek zu verachten, ^aber -arbeiteten nicht wenig unter der Hand^, sie sich geneigt zu machen (1). -Sie versuchten Mitarbeiter anzubieten, welche eben Herrn Fichte's Schule -verlassen hatten, und da dieses nicht ging, so (2) suchten sie durch -einen Mitarbeiter der allgemeinen deutschen Bibliothek, der gar nicht im -philosophischen Fache arbeitete, ^unverlangt^ solche Recensionen -einzuschicken, wie sie ihren Absichten dienten, die, wie allenfalls -durch gewisse Kennzeichen zu zeigen wäre, aus ^Jena^ kamen. Die damalige -Direction der neuen deutschen Bibliothek war auf solchen ^unartigen -Schleifweg^ nicht gleich aufmerksam genug u. s. w. (3). Man sahe nun -also wirklich in der neuen deutschen Bibliothek XVIII. B. S. 355. eine -solche heimlich eingeschwärzte Recension von Fichte's Grundriss der -gesammten Wissenschaftslehre, in welcher ein in die allgemeine deutsche -Bibliothek sich unverlangt eingeschlichener Fichtianer schlau so anhebt« -u. s. w. - -Wer sind denn diese ^Sie^ aus der ichphilosophischen ^Schule^ (der -verständige Leser verzeiht mir wohl, dass ich, sowohl hier als im -folgenden, um der Kürze willen, die Ausdrücke dieses Schulmeisters -beibehalte, der allenthalben nur Schulen erblickt, so innig auch mir -diese Ausdrücke zuwider sind), wer sind, sage ich, diese Sie, die -^früher^ noch, als Schelling an dieser Art des Philosophirens öffentlich -Theil nahm, ^früher^, als jene Recension des Fichteschen Grundrisses -eingeschwärzt wurde, -- der erste Streich, nach Herrn Nicolai, der ihnen -gelang, -- offenbar ^um ein beträchtliches früher^, denn durch die -vorhergegangenen vereitelten Machinationen müssen sie doch auch Zeit -verloren haben -- welche, sage ich, zu dieser Zeit das thaten, dessen -Nicolai sie unter (1) und (2) beschuldigt; diese ^Sie^ von der -Ichschule, die damals die allgemeine deutsche Bibliothek zu verachten -affectirten, -- ohne Zweifel ^öffentlich^, da ihre entgegengesetzten -Bestrebungen ^unter der Hand^ geschahen, in ^öffentlichen Schriften^ -also (wie könnte auch sonst Nicolai um jene Affectationen wissen?), -diese Sie also, die schon damals in öffentlichen Schriften sich als -Ichphilosophen zeigten? Wer können sie seyn, diese Sie? Weiss Nicolai -aus diesem Zeitalter irgend einen Schriftsteller mir zu nennen, der sich -für das System der Wissenschaftslehre erklärt hätte, ausser mir selbst? -Kann er aus jenem Zeitpuncte irgend jemand zu seiner Ichschule rechnen, -ausser mir und meinen Zuhörern, deren keiner Schriftsteller war, und die -wohl nur durch mich literarische Connexionen hätten erhalten können? - -Will etwa Nicolai insinuiren, dass ich an der Spitze der vorgegebenen -geheimen Machinationen gestanden, oder wenigstens an ihnen Theil -genommen? Das muss er wohl wollen; denn seine Beschuldigung muss doch -irgend jemanden treffen sollen; sie muss doch einen von den früher -genannten und angegriffenen Männern treffen sollen, und da sie die -anderen, den Herrn Prof. Schelling, die beiden Schlegel, Herrn Tieck -nicht treffen soll, indem das Factum in eine frühere Zeit gesetzt wird, --- sie muss den einzigen, welcher noch übrig bleibt, sie muss ^mich^ -treffen sollen. Auf mich wird sie auch jeder Leser, der die Stelle in -ihrem Zusammenhange liest, beziehen. Dies musste Nicolai vorhersehen; -und da er es vorhersah, und doch redete, wie er geredet hat, musste er -beabsichtigen, dass es geschehen möchte. Oder, wollte er nicht, dass -jene Beschuldigung auf mich bezogen würde, wollte er nur überhaupt in -das blaue Feld hin, so dass kein bestimmter Mensch getroffen würde, -beschuldigen, so musste er ausdrücklich erklären, dass er mich nicht -meine, dass er keinen Grund habe zu glauben, dass ich für meine Person -an jenem Getreibe Theil genommen, von demselben gewusst habe und -dergleichen. - -Dies hat Nicolai nicht gethan; er hat sonach gewollt, dass die -Beschuldigung auf mich bezogen werde. - -Das Betragen, dessen er mich beschuldigt, ist Nicolai's eigenem guten -Bewusstseyn, Vortrage und Sinne nach, ein höchst verächtliches und -nichtswürdiges Betragen; er will, dass die Leser es ebenso ansehen, und -bedient sich der Ausdrücke, die es als ein solches beschreiben. Er redet -von ^Erschleichungen^, ^unartigen Schleifwegen, heimlichem -Einschwärzen^, von Versuchen, ^unter der Hand sich geneigt zu machen, -was man öffentlich zu verachten affectirt^. - -Dasselbe Betragen ist nach meinen Begriffen und nach den Begriffen aller -Leser, deren Achtung Werth für mich hat, noch unendlich nichtswürdiger, -verächtlicher -- und dümmer dazu, als Nicolai verstehen und begreifen -kann. Denn ich und alle die, mit welchen und auf welche zu wirken ich -wünschen kann, haben überhaupt gar wenig Respect für die gewöhnlichen -gelehrten Zeitungen, ihre Urtheile, und das Urtheil derer, die auf jene -Urtheile etwas geben. - -Was aber insbesondere die allgemeine deutsche Bibliothek anbelangt, ob -sie in Bohns oder in Nicolai's Verlage herauskomme, so affectire ich -nicht dieselbe zu verachten, sondern ich verachte sie wirklich und im -ganzen Ernste, wegen ihrer allgemeinen Tendenz, und in dem besonderen -Fache, in welchem ich mir ein Urtheil zuschreiben darf, in dem der -Philosophie.[17] - -[Fußnote 17: Und wie könnte ich anders, als sie verachten, von der Seite -ihres Geistes versteht sich, diese Recensenten, denen nicht einmal der -Nicolaische Kunsttrieb zu Theil wurde, miszuverstehen, zu verdrehen, und -sodann sich das Ansehen zu geben, als ob sie widerlegten; sondern die -sich geradezu hinstellen, bekennen und bejammern, wie der Schulknabe, -der seine Lection aufsagen soll, und sie nicht gelernt hat, dass sie das -Vorgebrachte denn doch gar nicht verstehen und klar kriegen könnten; -dass philosophische Schriften denn doch zum allerwenigsten so deutlich -seyn sollten, dass sie ^von Philosophen^ (sie sind wohl auch welche, -diese Recensenten? ein Philosoph ist wohl ein Mensch, der im -philosophischen Fache an der A. D. B. recensirt?), dass sie, sage ich, -von Philosophen verstanden werden könnten; die denn doch bei alle dem -ihre Abneigung gegen das, was sie nicht zu verstehen bekennen, nicht -bergen können, und zuletzt mit dem Troste für ihren Redacteur, ihre -Leser und sich selbst, abtreten, dass noch zeitig genug die Zeit kommen -werde, da diese verzweifelte neueste Philosophie widerlegt seyn werde; -diese Recensenten, mit deren Belesenheit es so beschaffen ist, dass sie -aus Citaten Druckfehler abdrucken lassen, und sich hinterher über den -sonderbaren Ausdruck verwundern. So lässt neulich einer aus Heydenreichs -Vesta unbefangen folgenden Satz als den meinigen abdrucken: »Das -eheliche Verhältniss ist die von der Natur geforderte ^Masse^ (^Weise^ -steht in meinem Texte, m. s. mein Naturrecht Bd. III. 316. [2. Th. 174]) -des erwachsenen Menschen von beiden Geschlechtern zu existiren.« -Allerdings eine sonderbare Art sich auszudrücken, ruft der Recensent in -einer Parenthese aus. - -Jeder, der in den neuesten Stücken der N. D. B. unter den -philosophischen Recensionen herumblättern will, wird auf die oben -angeführten Aeusserungen stossen. - -Nun wird zwar Nicolai, der bei der Wiederübernehmung der Herausgabe -jener Bibliothek die bisherigen Recensenten beizubehalten verspricht -(auch nimmermehr andere bekommen würde), versichern, dass jene -Recensenten unter die ersten deutschen Schriftsteller gehörten, wie er -dies von dem Recensenten der Schellingschen Weltseele in der Jenaischen -Literaturzeitung versichert, und wohl gar so grossmüthig seyn, sich in -meine Seele, ebenso wie in Schellings zu schämen, dass ich von diesen -Männern spreche, wie von einfältigen Schulknaben; wie ich denn auch -allerdings thue.] - -Dieselbe Verachtung habe ich ohne Ausnahme bei allen angetroffen, deren -Gesinnungen über diesen Punct ich zu erfahren Gelegenheit hatte. Und nun -will Nicolai, dass man von mir glaube, ich habe dieses Blatt, dessen -Verächtlichkeit unter die gemeingeltenden Dinge gehört, mir geneigt zu -machen gesucht. - -Ein solches Betragen wäre, sagte ich unter anderen, auch dümmer, als -Nicolai begreifen kann. In der Gegend, in welcher ich damals mich -aufhielt und in dem noch südlicheren Deutschlande ist die Verachtung -gegen die allgemeine deutsche Bibliothek, selbst bei den gemeinsten -Lesern, sogar zum Vorurtheile geworden; sieht man sie ja noch an, so -thut man es in den Stunden der Verdauung, um sich an den wunderlichen -Wendungen und Renkungen der Trivialität und Nullität, die es selbst zu -merken anfängt, dass sie Nullität ist, zu belustigen. Wer in jenen -Gegenden lebt, hält ein Lob in dieser Bibliothek für eine schlechte -Empfehlung. Auf dieses Blatt giebt man nur noch in einigen finsteren -Provinzen Deutschlands etwas, wo man im Ganzen noch auf der Stufe der -Bildung steht, auf der wir vor 40 Jahren standen, und noch aus dem -Grundtexte berichtet zu seyn wünscht, ob in einer Stelle des neuen -Testaments vom Teufel wirklich die Rede sey, oder nicht, oder gegen die -Furcht vor dem Umsturze der theuren protestantischen Denkfreiheit durch -die Machinationen der Jesuiten Beruhigung sucht. - -Also das Betragen, dessen Nicolai mich beschuldigt, ist nichtswürdig, -verächtlich, dumm. Er führt nichts an, um seine Beschuldigung zu -beweisen. Ich kann einen nicht geführten Beweis nicht widerlegen. -- Da -ich im Ernste nicht wieder zu Nicolai zurückkommen mag, so muss ich mich -begnügen, ehrliebende Leser zu versichern, dass die ganze Beschuldigung -rein erdichtet ist, dass ich nie in freundschaftlichem Umgange oder -Verbindung mit irgend einem Menschen gestanden, der mir als Mitarbeiter -an der allgemeinen deutschen Bibliothek oder als zusammenhängend mit der -Redaction derselben bekannt gewesen, dass ich um die Urtheile in der -allgemeinen deutschen Bibliothek mich nie bekümmert, und nie das -Geringste gethan habe, um auf dieselben einen Einfluss zu erhalten. -- - -Der Verweis, den ich dem damaligen Verleger derselben, Herrn Bohn, zu -geben genöthigt wurde, wegen der Imbecillität, mit welcher er Pasquille -auf mich im Intelligenzblatte jener Zeitschrift abdrucken liess, und als -ich hierüber Nachfrage anstellte, nicht wusste, wovon die Rede war, war -doch ohne Zweifel keine Gunstbewerbung. - -Es ist jetzt an den Lesern, die meiner Versicherung nicht glauben, -Nicolai zum öffentlichen Beweise seiner Beschuldigung anzuhalten. Ich -weiss sicher, dass er nichts als Erdichtungen und Lügen wird vorbringen -können, und diese werden hoffentlich von der Art seyn, dass man, ohne -vor dem Publicum sich mit ihm abzugeben, ihn vor dem bürgerlichen -Gerichtshofe belangen, und diesem das Urtheil übergeben könne. - -Jedoch, ist es denn nicht Factum, was Nicolai Nr. 3 anführt, dass eine, -wie Nicolai meint, lobpreisende Recension meiner Grundlage der -Wissenschaftslehre in der neuen deutschen Bibliothek abgedruckt worden? -Für Nr. 1 und 2 hat Nicolai vielleicht gar keine Beweise; er hat es -vielleicht aus Nr. 3 durch seine bekannte Conjecturalkritik nur -gefolgert, und kein Bedenken getragen, seine Folgerungen als historische -Thatsachen hinzustellen. - -Welche Folgerungen! Weil eine Anzeige, die meine Gedanken nur nicht -sogleich weggeworfen haben will, sondern sie einem weiteren Nachdenken -empfiehlt, in die neue deutsche Bibliothek, deren Grundmaxime es ist, -alles Neue ohne weiteres wegzuwerfen, sich verläuft; muss sie von einem -ausgemachten Fichtianer seyn, muss sie in Jena verfertigt seyn, muss ich -an der Einsendung derselben Theil haben, muss ich schon seit langem -ähnliche Versuche vergebens gemacht haben? - -Wäre denn nicht auch etwa ^der^ Fall möglich, dass jene Anzeige von -einem Gelehrten herkäme, der ^nicht^ zu Jena lebte, der mich nie -persönlich gekannt, und bis diese Stunde mich nicht persönlich kennt, -der kein Interesse für mich haben konnte, als das, welches ihm die -angezeigte Schrift einflösste, und von dessen Existenz sogar ich erst -durch die Existenz jener Anzeige unterrichtet wurde? Wäre es nicht -möglich, dass dieser Gelehrte diese Anzeige ohne alle Bestellung irgend -eines Redacteurs, lediglich aus Interesse für die Sache, und in der -gutmüthigen Meinung, dass dieser durch eine Recension nachgeholfen -werden könnte, abgefasst, und sie zuerst an eine andere wirklich -gangbare gelehrte Zeitschrift eingesendet; dass sie von da aus, etwa -weil man sie, wofür auch Nicolai sie erkannt haben will, für einen -blossen trockenen Auszug gehalten, zurückgesendet worden, und nun erst --- Nicolai mag wissen auf welchem Wege, ich weiss es nicht -- an die N. -D. B. gekommen, bloss damit sie nicht vergebens geschrieben wäre; dass -ich von diesem letztern Schicksale jener Anzeige durchaus nichts vorher -gewusst oder erfahren, und mit einer ähnlichen Befremdung, als Nicolai, -sie in dem angeführten Hefte der N. D. B. abgedruckt gefunden? Wäre -dieser Fall nicht ebenso möglich? Aber warum soll ich es nicht gerade -heraussagen: durch ein Ungefähr bin ich hierin besser unterrichtet, als -der sonst immer so wohl unterrichtete Nicolai; -- der als möglich -vorausgesetzte Fall ist wirklich; gerade so, wie ich es oben angegeben, -hat es sich zugetragen. Nicolai will wissen, dass jene Anzeige durch -einen Mitarbeiter an der A. D. B., der gar nicht im philosophischen -Fache arbeitete, der ihm sonach sehr wohl bekannt seyn muss, eingesandt -worden; und hierin weiss er mehr, als ich. Er hatte sonach einen festen -Punct, um seine sorgfältigen und wichtigen Untersuchungen anzuknüpfen. -Hätte er doch, er, der auf manchem Blatte[18] seinen Lesern erzählt, wie -weit herum er correspondire, um gründlichen Bericht abstatten zu können, -wo die leichtesten Angelhaken verfertigt würden, -- hätte er doch auch -hier ein paar Briefe sich nicht gereuen lassen! Oder ist er vielleicht -auch über diesen Gegenstand besser unterrichtet, als er sichs will -abmerken lassen, und diente es nur nicht in seinen Kram, zu verrathen, -dass die von ihm wieder aufgenommene A. D. B. fürlieb genommen, was eine -andere gelehrte Zeitschrift abgewiesen, und auf mein eigenes Anrathen -abgewiesen hatte? - - - 2. - -Ich komme zu Nicolai's zweitem ehrenrührigen Angriffe. Er beschuldigt -mich (S. 176), ich habe, in Beziehung auf einen Gegner, »^der mir -gezeigt habe, was offenbar aus meinen Sätzen folge^,« von Schurkerei und -Büberei gesprochen. - -Ich weiss nicht, ob Nicolai selbst begreift, wessen er dadurch mich -beschuldigt, und ich zweifle, dass er es begreift. Er wirft diese -Schmähung zusammen, und bringt sie in Einem Athemzuge vor mit einer -anderen Anklage, mit der, dass ich von gewissen Gegnern als von -Halbköpfen gesprochen. Dünkt ihm etwa dieses letztere und jenes erstere -so ohngefähr gleich? - -Dünke ihm, was da wolle, es kommt nicht darauf an, was Er von mir -glaubt, sondern darauf, was er andere von mir glauben machen will. In -den Augen desjenigen Theils des Publicums, an dessen Achtung mir etwas -liegt, und in meinen eigenen Augen, ist dieses letztere und jenes -erstere nicht gleich. - -Einen literarischen Angriff durch einen Angriff auf die persönliche -moralische Ehre des Gegners erwiedern, und die Anführung von Gründen -Schurkerei und Büberei nennen, ist nach meinem Urtheile, und wie ich -hoffe nach dem Urtheile aller verständigen und ehrliebenden Männer, nur -das Betragen eines wüthenden Narren, oder tückischen und hämischen -Wahrheitsfeindes und Bösewichts. - -[Fußnote 18: S. die Vorrede zum XI. Theile seiner Reisebeschreibung.] - -Hätte der Gegner nur wirklich aus ^meinen^ Sätzen gefolgert, gesetzt -auch, er hätte diese Sätze falsch verstanden, oder er hätte unrichtig -aus ihnen gefolgert, und ich hätte ihm das Misverständniss oder die -Fehlschlüsse handgreiflich darthun können, so hätte ich ihm allerdings -Unverstand, Inconsequenz und dergleichen Verstandesgebrechen vorrücken, -aber ich hätte nimmermehr von Schurkerei und Büberei sprechen dürfen, so -lange noch die mindeste Möglichkeit übrig gewesen, anzunehmen, dass er -ehrlicherweise ^selbst glaube^, was er behauptet. - -Wie verhält sich denn nun die Sache? Zum Glücke lässt in diesem Handel -das Factum, worauf Nicolai seine Beschuldigung baut, sich zu Tage -liefern. Er giebt die Stelle richtig an (Philos. Journal v. J. 1798, -Heft 8, S. 386.[19] --) Hier ist sie im Zusammenhange. - -[Fußnote 19: Sämmtliche Werke Bd. V. S. 394. -- Die im Folgenden -erwähnte Note ist dort weggelassen worden, als längst vergessenen -polemischen Beziehungen angehörig. (Anmerk. des Herausgebers.)] - -Ich sage S. 385 oben im Texte: »ich habe die lügenhaften Verdrehungen, -die z. B. Hr. Heusinger mit dem Gesagten vornimmt, weder verdient, noch -veranlasst;« und setze in einer Note hinzu: »Ich sage (S. 10 meines -Aufsatzes über den Grund unseres Glaubens an eine moralische -Weltregierung, im 1. Hefte des Phil. Journals desselben Jahrganges), um -die nothwendige Consequenz beider Gedanken auszudrücken: Ich muss, wenn -ich nicht mein eigenes Wesen verläugnen will, die Ausführung jenes -Zwecks (der Moralität) mir vorsetzen; -- habe diesen Satz zu analysiren, -wiederhole ihn daher auf der folgenden Seite ^verkürzt^ mit -Hinweglassung der Merkmale, die keiner Analyse bedürfen, so: ich muss -schlechthin den Zweck der Moralität mir vorsetzen, ^heisst^: u. s. w. -- -Die Rede ist sonach gleich der folgenden: In einem rechtwinkligen -Triangel ist das Quadrat der Hypotenuse gleich dem Quadrate der beiden -Katheten. In ^einem Triangel^ ist das Quadrat der Hypotenuse etc. -^heisst^: u. s. w. -- Hr. Heusinger aber[20] hält sich an den letzten -Ausdruck des Satzes, als den ^directen^, erklärt meine ganze Theorie aus -diesem unbedingt gesetzten ^Muss^, um mich eines Fatalismus zu -bezüchtigen (da doch jedem, der nur eine Sylbe von mir gelesen, bekannt -seyn muss, dass auf die Freiheit des Willens mein ganzes Denken -aufgebaut ist), und es recht klar darzulegen, wie nach mir die -moralische Ordnung ^sich selbst mache^, und wie ich mit meinem guten -Bewusstseyn ein offenbarer Atheist sey. -- Im gemeinen Leben nennt jeder -Ehrliebende ein solches Benehmen Schurkerei, Büberei, Lüge. Wie soll man -es in der Literatur nennen?« -- Dies ists, was ich geschrieben hatte. -Ich bitte den verständigen und ehrliebenden Leser sich folgende Fragen -zu beantworten: - -1) Heisst das, ^aus meinen Sätzen folgern^, wie Nicolai es nennt, wenn -man mir einen ^bedingten Satz^ in einen ^unbedingten^ verwandelt, um mir -eine Meinung anzudichten, von welcher jeder, der in der neuen -philosophischen Literatur bewandert ist, wissen muss, und Hr. Heusinger -sicher wusste, dass ich mich von jeher auf das stärkste gegen sie -erklärt habe? Es ist also nicht von ^Folgerungen^, es ist von -^Verdrehungen und Erdichtungen^ die Rede. - -2) Kann man umhin, anzunehmen, dass diese Verdrehung nicht aus Irrthum, -sondern mit gutem Wissen und Bedacht gemacht worden, wenn der Verfasser -seinen Zweck, eine dem Gegner gemachte Beschuldigung (die des Atheismus) -als gegründet zu erweisen, gleich von vornherein angiebt, und wenn -dieser Zweck ^nur durch dieses Mittel^ zu erreichen ist? - -3) Wie würde man ein ähnliches Benehmen im bürgerlichen Leben nennen? -Wenn ich z. B. im Gespräche gesagt hätte: wenn Nicolai nicht ein -grundschiefer und zerrütteter Kopf ist, so ist er ein hämischer -Bösewicht: und Nicolai hätte mehr zu bedeuten, als er hat, und es ginge -einer zu ihm, und erzählte ihm, ich, Fichte, habe gesagt, er, Nicolai, -sey ein hämischer Bösewicht; und dieser Erzähler thäte es in der laut -zugestandenen Absicht, einer Anklage, durch welche ein unauslöschliches -Brandmal auf meinen Charakter gebracht werden sollte, und durch deren -Erfolg ich aus meiner Laufbahn geworfen worden, die öffentliche -Beistimmung zu verschaffen: würde man dieses Benehmen anders bezeichnen -können, ausser durch die Benennung der Lüge, der Schurkerei und Büberei? - -4) Ist die Anfrage: im bürgerlichen Leben nennt man dies Schurkerei, -Büberei, Lüge, wie soll man es in der Literatur nennen? -- gleich ^dem^ -Satze: man soll es in der Literatur ebenso nennen, und ich will es -hiermit also genannt haben? Zwar bin ich, damit nicht etwa jemand -glaube, dass ich mich zurückziehen wolle, ich bin allerdings der -Ueberzeugung, dass man es auch in der Literatur so nennen solle, wenn es -nur über literarische Rechtlichkeit eine ebenso befestigte und -verbreitete allgemeine Meinung gäbe, wie über bürgerliche Ehre. Ich bin -allerdings der Ueberzeugung, und scheue mich nicht, es laut zu erklären, -dass dieser Herr Heusinger sehr nichtswürdig gehandelt hat. - -5) Nicolai's Betragen, der, wenn er nicht von so immensem Gedächtnisse -ist, dass er darin sogar die Seitenzahlen unseres philosophischen -Journals gegenwärtig hat, die oben angeführte Stelle, welche er richtig -citirt, aufgeschlagen und vor Augen haben musste, und dennoch fähig war -niederzuschreiben: ich habe darüber, dass ^ein Gegner mir gezeigt, was -aus meinen Sätzen folge^, von Schurkerei und Büberei gesprochen, -- -dieses Betragen Nicolai's zu beurtheilen und zu benennen, überlasse ich -ganz allein dem ehrliebenden Leser. - -[Fußnote 20: In seiner Schrift: über das idealistisch-atheistische -System des Herrn Prof. Fichte.] - -Soviel über diese ehrenrührigen Angriffe Nicolai's, die auf erdichtete -Thatsachen sich gründen. Was er (S. 154 u. S. 177) über mein Benehmen -bei der Niederlegung meines Lehramtes an der Universität Jena urtheilt, -übergehe ich mit Stillschweigen, indem er hierin wenigstens nicht -offenbar falsche Thatsachen erdichtet, obgleich er mir Empfindungen und -Gesinnungen zuschreibt, welche nie die meinigen waren. Das Urtheil eines -Nicolai ist mir zu unbedeutend und zu verächtlich, als dass ich mich -dagegen vertheidigen oder annehmen sollte, dass irgend jemand, an dessen -Achtung mir liegen könnte, dieses Urtheil theilte. Es dürfte vielleicht, -ausser dem, was über jene Sache bekannt worden, noch andere Umstände -geben, die da unbekannt geblieben, und welche mein Betragen dabei in ein -anderes Licht stellen würden, als dasjenige ist, in welchem Nicolai -zweckmässig findet, dieses Betragen erscheinen zu lassen; aber Nicolai -gerade ist der letzte, der über diese Dinge mich zur Rede bringen soll. - - - - - Zweite Beilage. - (Zum zweiten Capitel.) - - -Gegen die Schilderung Mendelssohns im Texte, dass er ein Mann von dem -besten Willen, aber von eingeschränkten Einsichten und Zwecken gewesen -sey, wird ohne Zweifel niemand etwas einwenden, der diesen Mann aus -seinen Schriften und öffentlichen Verhandlungen, aus dem Lessingschen -Briefwechsel, und etwa auch aus mündlichen Erzählungen kennt; -- wenn -nemlich der Beurtheiler nicht etwa selbst von eingeschränkten Einsichten -und Zwecken ist. Mit Beurtheilern der Art aber wollen wir hier nicht die -Zeit verlieren. - -Dass Lessing -- wir beziehen uns hier allenthalben auf die früheren -Schriften desselben und die von seinem Bruder herausgegebene -Lebensbeschreibung und Briefwechsel, und wünschten, dass der Leser, der -ein Urtheil in dieser Sache begehrt, damit sehr bekannt wäre, -- dass, -sage ich, Lessing in seiner frühen Jugend sich in einer unbestimmten -literarischen Thätigkeit herumgeworfen, dass alles ihm recht war, was -nur seinen Geist beschäftigte und übte, und dass er hierbei zuweilen auf -unrechte Bahnen gekommen, wird kein Verständiger läugnen. Die -eigentliche Epoche der Bestimmung und Befestigung seines Geistes scheint -in seinen Aufenthalt in Breslau zu fallen, während dessen dieser Geist, -ohne literarische Richtung nach aussen, unter durchaus heterogenen -Amtsgeschäften, die bei ihm nur auf der Oberfläche hingleiteten, sich -auf sich selbst besann, und in sich selbst Wurzel schlug. Von da an -wurde ein rastloses Hinstreben nach der Tiefe und dem Bleibenden in -allem menschlichen Wissen an ihm sichtbar; und eine der deutlichsten -Erscheinungen dieser Veränderung war eine sich durchaus nicht -verbergende Verachtung gegen Nicolai's Person, und ganzes Werk und -Wesen, indess er die gutmüthige Beschränktheit Mendelssohns fortdauernd -mit schonendem Stillschweigen trug. - -Schon früher hatte er unserem Helden die Verweise seiner Unwissenheit, -Ungeschicktheit und Suffisance nicht erlassen. (M. s. S. 98 ff. u. S. -109 ff. des von Nicolai selbst edirten Briefwechsels.) Von jetzt an -correspondirte er mit ihm nur noch über Verlagsangelegenheiten, um ihm -Aufträge zu geben, z. B. dass er ihm Schuhe überschicken solle, und um -Neuigkeiten von der Buchhändlermesse durch ihn zu erhalten. Sein -Vertrauen hatte Nicolai so wenig, dass Lessing unverhohlen über einen -gewissen Plan ihm schrieb: den könne er ihm nicht mittheilen, der müsse -unter ^den Freunden^ (Klopstock, Bode u. a.) bleiben; ohnerachtet er -freilich fürchtete, dass ihm beim Herumgehen um das Thor zu Leipzig ein -Wink darüber entschlüpft seyn möchte (S. 177 des angeführten -Briefwechsels); seine literarische Unterstützung und Billigung der -Unternehmungen so wenig, dass Lessing nie eine Recension in die D. B. -verfertigt, so sehr auch Nicolai suchte, ihm dergleichen abzuschmeicheln -(S. 147), und sich genöthigt fand, dies öffentlich zu erklären (S. 255), -und dass er nicht dazu zu bringen war, ihm Beiträge aus der -Wolfenbüttelschen Bibliothek für seine (Nicolai's) Volkslieder zu -senden, »indem doch der ganze Spass nur auf Verwechselung des Pöbels mit -dem Volke hinauslaufe« (S. 393). Man sehe dagegen, mit welcher -Dienstfertigkeit und innigen Achtung derselbe Mann Conrad Arnold Schmid -(29. Theil der Lessingschen Schriften) und den fleissigen, biederen -Reiske (28. Theil) behandelte. Einen Zug in einer Nicolaischen Recension -nannte Lessing, kurz und gut, sowie er es wirklich war, ihm unter die -Augen ^hämisch^ (S. 213 d. a. Briefwechsels). Nicht nur Nicolai's -Person, sein ganzes Werk und Wesen verachtete er. So war ihm die -Aufklärerei und der Neologismus in der Theologie, wie er in der D. B. -getrieben wurde, ein wahrer Gräuel, und er drückte unter vier Augen sich -oft kräftig darüber aus. So schreibt er seinem Bruder (30. Theil S. -286): »was ist sie anders, unsere neumodische Theologie gegen die -Orthodoxie, als Mistjauche gegen unreines Wasser?« Und auf der folgenden -Seite: »Flickwerk von Stümpern und Halbphilosophen ist das -Religionssystem, welches man jetzt (wo anders als in der D. B.?) an die -Stelle des alten setzen will, und mit weit mehr Einfluss auf Vernunft -und Philosophie, als sich das alte anmaasst.« - -Wielands Pläsanterie über den Bunkel findet er so gerecht als lustig -(29. Theil S. 495). Was er daselbst noch weiter hinzusetzt, -- -ohnerachtet es auf eine unseres Erachtens sehr unrichtige Voraussetzung -sich gründet, -- um Nicolai zu entschuldigen, zeigt doch wenigstens an, -zu welcherlei Handwerk Lessing diesen Mann allenfalls noch tauglich -gefunden: »zu Verbreitung -- ^solcher^ Ideen, die für ein gewisses -Publicum, das doch auch mit diese Stufe besteigen müsse, wenn es weiter -kommen solle, ihren Werth hätten, durch -- ^so einen Roman^.« - -Und Nicolai, der sich mit Lessings Freundschaft brüstete, der die Ehre -des Todten gegen den Vorwurf vertheidigte, dass er -- kein so seichter -Kopf gewesen sey, als ein Nicolai, hat die Stirn, seinen Briefwechsel -mit Lessing, aus dem wir oben Auszüge geliefert, selbst herauszugeben? -Warum nicht? Er hat lange Noten dazu gemacht, in denen er sich -herausredet, Lessing für einen wunderlichen Kopf, für einen übellaunigen -Brummer, für ein überspanntes Genie ausgiebt, und seine ihm (dem -Nicolai) selbst ungelegenen Meinungen aus der leidigen Paradoxie und -Disputirsucht erklärt. - -Heiliger Schatten, vergieb uns, dass wir in demselben Zusammenhange von -dir redeten und von ihm. Wenn auch keine deiner Behauptungen, wie du sie -in Worte fasstest, die Probe halten, keines deiner Werke bestehen -sollte, so bleibe doch dein Geist des Eindringens in das innere Mark der -Wissenschaft, deine Ahnung einer Wahrheit, die da Wahrheit bleibt, dein -tiefer inniger Sinn, deine Freimüthigkeit, dein feuriger Hass gegen alle -Oberflächlichkeit und leichtfertige Absprecherei unvertilgbar unter -deiner Nation! - - - - - Dritte Beilage. - (Zum zweiten Capitel.) - - -Ich nenne die deutsche Bibliothek ^ein an sich widersinniges -Unternehmen^. Dies ist unter einer Nation, die in ihrer eigenen Sprache -schreibt, ihre eigene Literatur und einen sehr verbreiteten Buchhandel -hat, und viel liest, der Strenge nach ^jedes allgemeine Recensionswerk^. - -Es ist zu beklagen, dass ich daran ein Paradoxon sage; denn dies ist -jede einem jedem gerade vor den Füssen liegende Wahrheit jedem -verkünstelten Zeitalter. Könnte ich nur einige Augenblicke auf -unbefangene Leser rechnen, so würde ich sie bitten, folgendes mit mir zu -überlegen. - -Der Leser will doch ohne Zweifel ein richtiges Urtheil über die Producte -der Kunst und der Wissenschaft, auf das er sich auch verlassen könne. -Wer kann denn nun, und wer soll diese Urtheile fällen? Doch wohl die -ersten Meister in jedem Fache der Kunst und der Wissenschaft? - -Wenn nun zuvörderst der einige grösste Meister in einem Fache -- denn es -ist doch wohl nicht anzunehmen, dass die Grossen wie Pilze aus der Erde -wachsen -- etwas schriebe, wer soll denn diesem sein Urtheil fällen? Wer -soll gegenwärtig in der Kunst über Goethe, wer sollte zu seiner Zeit in -der Philosophie über Leibnitz, wer sollte, als Kant mit seiner Kritik -der reinen Vernunft hervortrat, über Kant urtheilen? Ueber den letzten -etwa die Garve, die Eberharde? Nun, sie haben es gethan, und es ist -darnach. Diesen Fall aber abgerechnet: sollten denn die grössten Meister -die Geneigtheit haben, dieses Richteramt über die Schriften zu -übernehmen; sollten sie nicht etwas Besseres thun können, das dem -gemeinen Wesen noch erspriesslicher sey? -- Der Lebenslauf jedes -wahrhaften Künstlers oder wissenschaftlichen Kopfs ist eine fortgehende -Entwickelung seiner eigenen Originalität. Seine Kunst oder seine -Wissenschaft erlernt, und auf den Punct sich erhoben, wo das Zeitalter -stand, hat er; das versteht sich, und dies ist nun vorbei. Er geht -^seinen^ Gang, entwickelt sich selbst in eigenen Schriften, die er bei -der vorausgesetzten Ausbreitung des Buchhandels leicht ins Publicum -bringen kann; von den Arbeiten anderer nimmt er Notiz, nur inwiefern sie -gerade seinen Gang berühren, und ihm im oder am Wege liegen, und er wird -ohne Zweifel in seinen eigenen Werken die nöthige Rücksicht darauf -nehmen. Sollte er sich wohl in diesem Kreise unterbrechen lassen, um -sich alle Wochen in einen ganz anderen Kreis eines ihm zur Recension -zugesandten Buches zu versetzen? Es ist nicht wahrscheinlich. - -Oder hat etwa das deutsche Publicum bis jetzt in allem Ernste geglaubt, -dass es zwei Klassen grosser Gelehrten habe: die eine, deren Namen es -kennt, und die die Bücher schreiben; und die zweite, wohl ebenso -bedeutende, deren Namen es nicht kennt, und die die Recensionen -schreiben? - -Wer selbst ein Buch schreiben kann, der schreibt ein Buch und keine -Recension, und für die Recensionen bleiben ^in der Regel^ nur diejenigen -übrig, die kein Buch schreiben können: hinter ihrem Zeitalter -zurückgebliebene ^Invaliden^, deren Bücher keinen Absatz, und also -keinen Verleger finden, und ^Schüler^, die zwar ein Aufsätzchen in -Grösse einer Recension zusammenbringen, aber nicht den Plan eines Buchs -entwerfen können. Dafür, meine Leser, dafür ist die Anonymität der -Recensenten. Das Publicum würde ein schönes Schauspiel erhalten, wenn -die Redactoren der recensirenden Institute plötzlich genöthigt würden, -die Verfasser aller seit 5 Jahren erschienenen Recensionen zu nennen. -- -^In der Regel^ ist es so, habe ich gesagt: denn es ist möglich, dass ein -wirklicher Schriftsteller etwas in seinen gegenwärtigen Gedankenkreis -Fallendes beurtheile, und da er gerade kein Buch unter der Feder hat, in -welches diese Beurtheilung passe, sie vorläufig in einem recensirenden -Blatte abdrucken lasse. Auf dergleichen Beiträge aber rechnet ganz -gewiss kein Redacteur, der seinen Messkatalog herunterrecensiren lassen, -und sein Blatt alle Tage voll haben muss: er muss bestellte, pünctliche -Arbeiter haben. Oder es dürfte sich, ^da das leidige Vorurtheil für -Recensionen einmal in der Welt ist, und vor der Hand wohl nicht leicht -auszurotten seyn dürfte^, eine Gesellschaft von Männern, die allerdings -selbst Meisterwerke liefern könnten, verbinden, sich selbst zu -verläugnen, und auf dem Wege des Recensirens in das Zeitalter -einzugreifen. Die Redaction der Erlanger Literaturzeitung leistet in -einer neuerlichen Ankündigung Versprechungen dieser Art, und zeigt, dass -sie durchaus wisse, worauf es dabei ankomme; so dass sich billigerweise -annehmen lässt, sie sey im Besitze des Mittels, diese Versprechungen zu -halten, und gründe sich auf eine solche patriotische Verbindung; auch -berechtigt der Anfang zu immer grösseren Hoffnungen auf die Zukunft. -Diese Zeitung würde sodann eine höchst seltene und höchst ehrenvolle -Ausnahme von dem obigen allgemeinen Urtheile machen. - -Ein ^Invalid^ also, oder ein ^Schüler^ wird in den ^8 oder 14 Tagen^, da -er das Buch flüchtig durchläuft, und recensirt, sich über den Autor -erheben, der ^Jahre lang^, oder vielmehr, da jede seiner Arbeiten doch -immer Resultat seines ganzen Lebenslaufes ist, ^sein ganzes Leben^ an -diese Materie ausschliessend verwendete? Es ist nicht wahrscheinlich. - -Der ^Invalid^ -- mit ihnen sind diejenigen literarischen Institute, die -auf Reputation halten, am meisten besetzt, damit sie im Falle der Noth -sich mit einem Namen decken können, der vor 20 Jahren galt -- der -Invalid wird das Zeitalter, in welchem er etwas bedeutete, in seinen -Recensionen zurückzuführen suchen, und alles neue verurtheilen, weil es -neu ist. Der ^Schüler^ wird, wenn er noch am unbefangensten ist, auf -seinem Richterstuhle herumtappen, und vor den Lesern, die ein Urtheil -von ihm erwarten, zu begreifen suchen, worüber er richtet. Seine -Recension wird eine seiner Schulübungen werden.[21] - -[Fußnote 21: Ein Beispiel aus tausenden, um es dem Leser recht vor die -Augen zu stellen, in welche Verlegenheiten heutzutage ein ehrlicher -Redacteur kommen kann, und wie kläglich sich dieselben oftmals behelfen -müssen! - -Die Jenasche Literaturzeitung fand sich genöthiget, noch ein -Ergänzungsblatt, gleichsam einen Beiwagen zu der immer zu stark -besetzten ordinären Landkutsche, anzulegen. Es wurde ausdrücklich und -namentlich angekündigt, dass dieses Ergänzungsblatt unter anderen auch -einen Bericht über die durch die Fichteschen Religionslehren -entstandenen Bewegungen enthalten würde. Jeder Leser musste glauben, -dass dieser Bericht ein vorzügliches Meisterwerk, und ein wahres -Bravourstück des Recensionswesens seyn würde, von dessen -Vortrefflichkeit er auf das Ganze schliessen könnte, da es ihm schon im -voraus so bedeutend angekündigt wurde; und höchstwahrscheinlich hatte -der Herr Hofrath Schütz wirklich auf ein solches Meisterstück Bestellung -gemacht und erwartete täglich die Ankunft desselben. Und was hat er -erhalten! - -Zwar so lange der Recensent Gefahr ahnt und deswegen auf seiner Hut ist, -zieht er sich listig genug aus dem Handel. Statt irgend eine -Eigenthümlichkeit der angefochtenen Lehre anzugeben, sagt er nur kurz: -was im Forbergschen Aufsatze richtig sey, sey Kantisch, und auch -Fichte's Lehre sey Kantisch, ausser dass der letztere diese Lehre an -seine Wissenschaftslehre anzuknüpfen suche. Nun thue ihm einer etwas! -Fragt ihr, was denn nun richtig sey in diesen Aufsätzen, so ist die -Antwort: das Kantische; und fragt ihr wiederum, was denn das Kantische -sey, so ist die Antwort: dasjenige was richtig ist. - -Dagegen aber fällt ihn sein Unglück da an, wo er keine Gefahr weiter -ahnet. Von der Substanz, meint er, habe noch kein Philosoph einen -bestimmten Begriff aufgestellt. -- Welcher Philosoph weiss nicht, dass -seit Locke eine sehr bestimmte Nominalerklärung der Substanz vorhanden -ist: die, dass sie sey ^der Träger der Accidenzen^? Auch würde der -Recensent gerade in dieser Wissenschaftslehre, von welcher er zu sagen -weiss, dass Fichte sein Religionssystem daran anzuknüpfen suche, eine, -wie wir glauben, sehr bestimmte Real- und genetische Erklärung der -Substanz gefunden haben; dass sie nemlich sey ^die^ (allein im Denken -geschiedenen) ^Accidenzen selbst, in sinnlicher Anschauung zusammen- und -als Eins aufgefasst^, wenn er diese Wissenschaftslehre jemals -durchblättert hätte: und er hätte sodann den Lesern der ^A. L. Z.^ -berichten können, warum Gott, der in sinnlicher Anschauung nicht -vorkomme, das Prädicat der Substanz sich nicht beilegen lasse; welches -den Lesern zu grosser Erbauung, und der Literaturzeitung zu grossem -Ruhme gereicht haben würde. Von diesem allen hat er nichts gethan und -nichts gewusst. Man sieht, die Philosophie ist dieses Recensenten Fach -nicht. - -Nun, was ist er denn also, und welches ist sein Fach? - -Er fürchtet, Fichte möge sich im Ausdrucke vergriffen haben, und geht -daran herum, ihm denselben zu verbessern. Man sieht, dass er gewohnt -ist, ^exercitia stili^ zu corrigiren. Ein Sprachmeister ist er. - -Und was für ein Sprachmeister! -- Fichte hat gesagt, dass man Gott das -Prädicat der Substanz nicht beilegen könne, und fährt darauf fort: »es -ist erlaubt, dieses aufrichtig zu sagen, und das Schulgeschwätz -niederzuschlagen, damit die Religion des freudigen Rechtthuns ^sich -erhebe^.« Unser Sprachmeister nimmt von diesem letzteren Ausdrucke die -Gelegenheit, Fichte dem Verfasser des ^Schreibens eines Vaters etc.^, -welcher Verfasser Forberg und Fichte zuerst öffentlich des Atheismus -bezüchtigt, -- so ungefähr gleichzustellen (denn dieser Sprachmeister -hat zugleich ein sehr gutes Gemüth gegen Fichte, und zeigt es in diesem -einzigen Blatte, das die Langweiligkeit des Ganzen uns zugelassen hat, -durchzulaufen, auch noch an anderen Stellen), indem auch Fichte, nur -freilich etwas feiner, in der Speculation anders Denkende ohne weiteres -der Irreligiosität beschuldige, und hier insinuire, dass der Begriff von -Gott als Substanz erst niedergeschlagen werden müsse, ehe die wahre -Religion stattfinde. Ihm sind sonach ^sich erheben^ (über Hindernisse -und Zweifel) und ^entstehen^ Synonyme. - -Forbergs Benehmen, das er höher oben als petulant, und der Wichtigkeit -der Sache nicht angemessen beschreibt, nennt er tiefer unten, um doch -auch seine Kenntniss des Französischen zu zeigen, ^niaiserie^. Er mag -wohl dieses Wort in seinem Dictionnäre durch ^läppisches Wesen^ -übersetzt finden, und es seinen Schülern immer so übersetzt haben, ohne -einen Unterschied zu bemerken zwischen einem ^unschicklichen^ Betragen -aus Muthwillen (dessen er ohne Zweifel Forberg beschuldigen will) und -einem ^ungeschickten^ und täppischen aus Unbeholfenheit, dessen weder er -noch irgend jemand Forberg beschuldigen wird, und welches allein doch -durch das Wort ^niaiserie^ bezeichnet wird. (^Niais^, höchst -wahrscheinlich von ^nidus^, eigentlich, ein junger Vogel, der, noch ehe -er fliegen konnte, aus dem Neste genommen worden und dessen Flug daher -unbeholfen bleibt.) - -Der Recensent ist sonach ein verdorbener, heruntergekommener -Sprachmeister, der bei dieser Unwissenheit freilich seine Kunden -verlieren musste, und nun durch Recensionen an der Literaturzeitung sich -seinen Unterhalt zu erwerben sucht. - -Kein Mensch, und am allerwenigsten der Verfasser, wird glauben, dass ein -so berühmter Philolog, als der Herr Hofrath Schütz, diese argen -Verstösse nicht bemerkt habe. Aber was konnte er machen? Der Abgang des -Beiwagens war angekündigt, die Stunde war da, und kein anderes Gut -vorhanden. Er musste eben aufladen, was er hatte.] - -Und welche verächtliche Leidenschaften werden durch diese ganze -Verfassung erregt und genährt! Welcher Eigendünkel bei guten Jünglingen, -welche grösstentheils dergleichen Einrichtungen wirklich für das halten, -was sie seyn müssten, wenn sie überhaupt seyn sollten! Der Wahl -tappender und schielender Redactoren vertrauend, glauben sie vom Tage -ihrer Einladung zur Mitgliedschaft einer berühmten Recensentengilde -wirklich die Fähigkeiten zu besitzen, die sie in ihrer Unbefangenheit -den Recensenten zuschreiben, zürnen auf ihre redlichen Lehrer, welche -vielleicht diese Fähigkeiten in ihnen noch nicht bemerken wollten, und -ergreifen die Gelegenheit, diesen ihre Uebermacht fühlbar werden zu -lassen![22] Welche schöne Aussichten für Literaten aller Art, ihre -gelehrte Eifersucht, ihren Neid, ihre Rachsucht gegen jeden, der ihnen -irgendwo im Wege gestanden, zu befriedigen, ohne dass jemand wisse, -woher die Streiche kommen! Jeder Gedrückte tröstet sich in aller Stille -damit: ei, ich will ihm schon einmal in einer Recension eins versetzen; -und er hält Wort. -- Welches Schauspiel würde das Publicum auch in -dieser Rücksicht erhalten, wenn die Redactoren plötzlich genöthigt -würden, die Verfasser der bisher erschienenen Recensionen anzugeben; und -die recensirten oder gelegentlich angezapften Schriftsteller hierauf -anfingen, Particularia und Personalia zu erzählen! - -Welch ein ganz eigener Ton, der besonders in den Verantwortungen -angefochtener Redactoren und noch stärker in den Antworten der durch die -Anonymität gedeckten Recensenten auf Antikritiken, in seiner ganzen -Originalität erscheint! Da stösst ein Mann, der im Grunde weder witzig -noch hitzig ist, und es sehr gut weiss, dass er unrecht hat, sich bei -jedem Athemzuge in die Rippen, um die Langmüthigkeit seiner Natur zum -Zorne, zur Grobheit, zur Pöbelhaftigkeit zu reizen; jener lediglich, um -sein Blatt beim Publicum, dieser, um sich beim Redacteur, der allein ihn -kennt, in Respect zu erhalten. »Ei, die verstehns; die wissen recht -einem jeden eins zu versetzen,« soll der Lesepöbel denken. - -[Fußnote 22: Der Verfasser kann zwar nicht ganz in der beschriebenen, -aber doch in einer ähnlichen Weise aus eigener Erfahrung sprechen. -Nachdem er ein -- von ihm selbst schon damals dafür erkanntes -- -schlechtes Buch geschrieben hatte, dafür in einer berühmten Zeitung -mächtig gelobt, und gleich darauf zur Mitarbeit an dieser Zeitung -eingeladen wurde -- ei, dachte er, gehört dazu nichts weiter? und hatte -einige Freude, und wurde auch wirklich, so lange er selbst in seiner -Wissenschaft noch keinen festen Standpunct hatte, zum Ritter an ein paar -jungen Schriftstellern, die noch weniger feststanden als er selbst. -Seitdem er diesen Standpunct gefunden und bessere Schriften schreiben zu -können glaubte, hat er jene Mitgliedschaft aufgegeben. Er kann nicht -dafür stehen, dass er nicht einst, wenn er etwa durch Altersschwäche -herunterkommen sollte, wieder zu derselben greifen werde, und will für -diesen Fall jener berühmten Zeitung, und ihrem berühmten Redacteur, -welche ohne Zweifel dann noch fortdauern werden, sich hiermit schon im -voraus zu gutem Andenken und zu brüderlicher Schonung empfohlen haben. ---] - -Welch ein abenteuerliches System von Begriffen und Meinungen, das aus -dieser Einrichtung hervorgegangen ist! Zuvörderst der Begriff einer -^Kritik^, die ausserhalb der Meister und der Meisterschaft und von ihnen -abgesondert wohnen soll! Eine Partei, die die Werke liefert, ohne -Kritik; eine andere Partei, die die Kritik besitzt, und sie über die -Werke anderer hingiesst, ohne selbst Werke hervorzubringen. Dann der -Begriff von einer ^Urtheilsfreiheit der Gelehrten^: d. h. dass es jedem, -der einige Perioden deutsch zu schreiben vermag, erlaubt seyn müsse, -über alles Geschriebene in den Tag hineinzuschreiben, ob er davon etwas -gelernt habe, oder nicht, und dass über sein Geschwätz kein anderer -lachen dürfe. Dann die Meinung, dass jedes erscheinende Buch ein ^corpus -delicti^ sey, das sogleich vor den Richterstuhl gezogen werden müsse; -dass die Bücher eigentlich nur darum geschrieben würden, um recensirt zu -werden; und dass die Recensenten weit vornehmere Wesen seyen, als die -Schriftsteller; dass nur schlechte Schriftsteller sich gegen die -- -Kritik, verstehe die Recensenten, auflehnen, gute aber sich ihr demüthig -unterwerfen und sich bessern. -- Armes Publicum, dass du dir dergleichen -Dinge aufbinden lassen! Wisse, dass jedes Werk, das da werth war zu -erscheinen, sogleich bei seiner Erscheinung gar keinen Richter finden -kann; es soll sich erst sein Publicum erziehen, und einen Richterstuhl -für sich bilden; es ist eine Lection an dich, gutes Publicum, und kein -^corpus delicti^. Spinoza hat über ein Jahrhundert gelegen, ehe ein -treffendes Wort über ihn gesagt wurde; über Leibnitz ist vielleicht das -erste treffende Wort noch zu erwarten, über Kant ganz gewiss. Findet ein -Buch sogleich bei seiner Erscheinung seinen competenten Richter, so ist -dies der treffendste Beweis, dass dieses Buch ebensowohl auch -ungeschrieben hätte bleiben können. - -So mit den ^allgemeinen^ Recensionsanstalten, die auf Universalität der -Wissenschaft und auf Mitarbeiter aus allen Provinzen des deutschen -Vaterlandes Anspruch machen. Ein wenig unschuldiger sind die kleinen -Particular-Recensionsfabriken. Mit diesen will man entweder den Ort, wo -sie erscheinen, ehren, und beweisen, dass derselbe auch Gelehrte habe, -die ein Wort mitsprechen können. Unseres Erachtens ein sehr mislicher -Beweis; es wäre dem Orte mehr Ehre, er hätte viele Gelehrte, die etwas -besseres zu thun hätten, als zu recensiren. Oder dergleichen kleine -Zeitungen enthalten die Ausreden der vornehmen Herren Professoren an die -gelehrten Mitbürger, denen durch alle Mühe, die man sich darum giebt, -doch das Lesen auswärtiger Schriftsteller sich nicht ganz verkümmern -lässt, warum sie von ihren Kathedern herab nicht ebenso belehrt werden, -als es in dieser eingeführten literarischen Contrebande geschieht; auch -kräftige Anpreisungen der eigenen Producte dieser vornehmen Professoren. -Solche Recensionen zeichnen sich durch die Formeln aus: »Rec. trug dies -immer so vor;« oder: »was der Verfasser da sagt, ist zwar wahr, doch -aber sind wir auch der Ueberzeugung, dass auch die entgegengesetzte -Ansicht, welche der Rec. immer gegeben hat, richtig ist;« oder: »wie -kann der Mann nur das rühmen, wovon wir immer gesagt haben, dass es -nichts tauge; so er etwas rühmen will, so rühme er unsere Apodiktik.« -Das unsterbliche Muster in dieser Art werden immer die Gelehrtenanzeigen -der Göttingischen Universität bleiben, deren Lehrer sehr oft mit -auswärtigen Schriftstellern in Collision kommen mögen. Sie sind -lediglich auf die gelehrten Mitbürger berechnet; und wer sie für mehr -hält, auf dessen Kopf falle der Schade! - -Aber es ist doch so bequem für das grössere Publicum, und selbst für die -wirklichen Gelehrten, beim Durchblättern einer einzigen Zeitschrift zu -erfahren, was in jedem Fache Neues erschienen, welches der Inhalt -desselben sey, und nun zu beurtheilen, ob sie das Buch sich selbst -anzuschaffen haben, oder ob sie es entbehren können. -- - -Ohne Zweifel; und dieser Vortheil soll beibehalten werden; nur die -unbefugte Richterei und Urtheilerei soll wegfallen. - -Wie man Petersilie, Pilze und Bücklinge auf den Strassen ausruft, ebenso -sollen auch die Bücher ausgerufen werden; nicht durch die ersten -Erzeuger, wie sich versteht, sondern durch die Verkäufer, die -Buchhändler. Das Verfahren hierbei ist durch die Natur der Sache -bestimmt und ist sehr einfach. Vereinigen sich die deutschen -Buchhändler, und übertragen einem aus ihrer Mitte, ebenso wie sie -ehemals der Weidmannschen Buchhandlung die Herausgabe des Messkatalogs -überliessen, die Herausgabe eines ausführlichen Messkatalogs; -- oder -sey dabei auch durchaus freie Concurrenz. Dieser Messkatalog enthalte -den Titel des Buches, die Verlagshandlung, den Ladenpreis, einen -verhältnissmässigen Auszug des Inhalts, -- wo es hingehört, Proben der -Schreibart. Um dergleichen Anzeigen zu verfertigen, bedarf es nur -einiger Commis, die da lesen können und schreiben, höchstens auf einer -lateinischen Schule bis in Secunda gekommen sind. Man hat ja überdies in -einer jeden wohl eingerichteten Druckerei einen Corrector, der ein -Literatus ist; dieser sey der Redacteur des Blattes; ihm gebe man mit -dem Correcturbogen zugleich das angezeigte Buch mit ein, damit er -urtheilen könne, ob der Auszug richtig und zweckmässig ist. Es mag ihm -auch verstattet werden, sich als Herausgeber auf dem Titelblatte zu -nennen. -- - -Alles eigenen Urtheils enthalten diese Commis und dieser Corrector sich -gänzlich; oder wollen sie ja etwas von ihrem Eigenen hinzuthun, so loben -sie ^alle^ Bücher, die sie anzeigen, aus gleich vollen Backen. Sie -schreiben im Namen der sämmtlichen Verleger, und es ist sehr natürlich -und sehr unschuldig, dass ein Verkäufer seine Waare lobt. Wer dadurch -getäuscht wird, der schreibe es lediglich seiner eigenen Unerfahrenheit -zu. Mehrere Buchhändler, welche die Fertigkeiten der beschriebenen -Commis in sich vereinigen, haben dies schon recht gut angefangen, und es -könnte den Verfassern solcher Anzeigen, wie wir sie meinen, keinesweges -an Mustern fehlen. - -^Zweitens^ habe ich gesagt, die allgemeine deutsche Bibliothek sey -verderblich geworden -- durch die Art ihrer Ausführung. Jene Bibliothek -wurde nemlich, wie wir jedem, der nicht selbst zu den Seichten gehört, -zu finden anmuthen -- sie wurde der Mittelpunct der Seichtigkeit, der -Popularität, des leeren Geschwätzes. Eine Philosophie, die hinüber und -herüberschwatzte, ohne Regel und feste Bahn, eine Theologie, deren -Hauptzweck war, die Bibel so vernünftig zu machen, als diese seichten -philosophischen Schwätzer selbst waren, eine Kunstkritik, die auf nichts -sah, als auf die Wahrscheinlichkeit der Fabel, und die moralische -Erbaulichkeit, eine Gelehrsamkeit, die im Zusammenschleppen seltener -Raritäten auf einen confusen Haufen bestand, eine flache breite -Schreiberei: dies war von jeher der Geist dieses Werkes. Dieser Geist -hat der Cultur der Wissenschaften in unserem Vaterlande unendlich -geschadet; er lebt noch und fährt noch fort zu schaden. -- Man irrt sich -sehr über den eigentlichen Zweck derer, die Nicolai und seinem Anhange -so sehr zuwider sind. Sie wollen nicht gerade diese oder jene -Philosophie herrschend machen. Nur den Geist der Seichtigkeit und -Popularität möchten sie durch den Geist wahrer Gründlichkeit und -Wissenschaftlichkeit verdrängen; -- durch den Geist, der durch die -Lessinge, die Jacobi, die Kante, aus der besseren alten Welt durch die -Zeit der Ueberschwemmung hindurch in die neue Welt herüber gerettet -worden. Sodann mag auch über Philosophie, Aesthetik, Naturlehre etwas -ausgemacht werden. - -Dass, wie ich ^drittens^ gesagt habe, dieses Unternehmen der Bibliothek -keinem verderblicher gewesen, als dem Urheber selbst, ist in dieser -Schrift zur Genüge erwiesen. - - - - - Vierte Beilage. - (Zum neunten Capitel.) - - -Das im Texte erwähnte Geschwätz über Katholicismus und -Kryptokatholicismus ist ein trauriger Beweis, was dem guten deutschen -Volke jeder Schwätzer anmuthen kann, wenn er nur kräftig schreit. Möchte -es doch auch ein abschreckender Beweis für die Zukunft seyn! - -Nicolai war und ist eigentlich seines Zeichens ein ausgemachter Berliner -^Badaud^, so sehr er sich auch für einen Weltkenner hält. Es gehört eben -mit zum Charakter eines ^Badaud^, dass er sich für einen Weltkenner -halte. Ein ^Berliner Badaud^, habe ich gesagt; nicht, als ob man nicht -ebensowohl ein Wiener, oder Pariser, oder auch ein Golitzer und -Kohlgartenscher ^Badaud^ seyn könnte, oder als ob die Berliner mehr Hang -hätten, es zu seyn, als die Bewohner anderer grossen Städte, sondern -weil ^der Badaud^, von welchem ich hier rede, nun einmal aus Berlin ist. -Ein ^Badaud^ ist nemlich ein Mensch, der, um ganz populär davon zu -sprechen, nie hinter seinem Backofen hervorgekommen ist, daher sich -einbildet, es müsse allenthalben in der Welt so aussehen, wie hinter -seinem Backofen, und, wenn er doch einmal hervorkommt, alles, was er -erblickt, maulaufsperrend bewundert. Mein Dictionnäre übersetzt dieses -Wort durch ^Maulaffe^. Nicolai's ganze Reise ist die Reise eines solchen -Maulaffen. Alles, von den heiligen Bildern an bis zu den geflochtenen -Zöpfen der Tübinger Mädchen begafft er voll Verwunderung. Und lediglich -aus dieser bewundernden Gafferei des Berliner ^Badaud^ entstand das -Geschrei über Katholicismus, und hinterher, da seine Bibliothek -angefochten wurde, über Kryptokatholicismus. - -Was hat man denn durch alles dieses Geschrei der Welt entdeckt, das -nicht jeder, der weitergekommen als Nicolai, oder der auch nur die -Geschichte und einige Reisebeschreibungen gelesen, oder einige Fremde -gesprochen, schon vorher auch gewusst hätte? »Es sey mit der Aufklärung -(es war immer nur von der Nicolaischen negativen Aufklärung, der -Befreiung von diesem oder jenem Aberglauben, die Rede) der Katholiken -noch gar nicht so weit gekommen, als etwa gutmüthige Protestanten -glauben dürften.« Ei, wer waren denn diese gutmüthigen Protestanten? -Doch wohl nur Nicolai und seine Bibliothekare, welche ^ihr^ Licht in -jene Länder verbreitet zu haben hofften. »Es werde in den katholischen -Ländern durch die Mönche noch immer der alte Aberglauben -aufrechterhalten, auch wohl noch neuer hinzugebracht.« Wer hatte es denn -je anders gewusst oder gesagt? »Der Papst nehme seine Behauptungen in -der Regel nie zurück; er rechne auch die protestantischen Länder -gewissermaassen noch immer unter seinen Sprengel, und suche sie -besonders durch Bekehrungen in den deutschen fürstlichen Familien in den -Schooss der Kirche zurückzuführen.« Wer hat denn die Geschichte gelesen -und dies nicht gewusst; wer hat aber auch nicht gewusst, dass in Absicht -der Unterthanen dies nichts fruchtet, und sie sich ihre -Religionsprivilegien nur noch fester versichern lassen? Woher denn nun -jetzt auf einmal der Lärm, nachdem Friedrich Nicolai auf Reisen ging? -War denn alles dies etwas Neues, erst jetzt Entdecktes? Ich könnte nicht -sagen; ausser etwa für Nicolai und seines Gleichen. Oder wurden etwa -jetzt jene Bemühungen kräftiger und glücklicher? Keinesweges, vielmehr -geschah ihnen gerade in diesem Zeitpuncte durch die Unternehmungen -Kaiser Josephs des Zweiten grosser Abbruch. - -Ja; aber die eifrige Verbreitung der geheimen Orden, die Ceremonien in -denselben, das Räuchern, Salben, Händeauflegen! Sind dies nicht offenbar -katholische Ceremonien? Sieht man da nicht -- so nemlich connectirt -Nicolai -- offenbar die Tendenz der Katholiken, die Protestanten an ihre -kirchlichen Gebräuche zu gewöhnen, und dadurch u. s. w.? -- Jedes -Zeitalter hat sein besonderes Steckenpferd. Das des abgelaufenen -Jahrhunderts waren geheime Ordensverbindungen. Es ist aus tausend -Gründen begreiflich, dass höhere Grade entstanden, und dass diese durch -besondere Ceremonien ausgezeichnet wurden. Warum sollen diese Ceremonien -denn gerade katholisch seyn; warum nicht ebensowohl jüdisch und -heidnisch? denn von daher sind sie erst in die christliche Kirche -gekommen. Kurz, sie sind aus dem Alterthume. -- Hätte Nicolai diesen -Lärm erhoben, als der Baron Hund, der in Frankreich wirklich katholisch -geworden, sein Tempelherrnsystem einführte, als Stark mit seinem -allerdings sonderbaren Klerikate auftrat, so hätte die Sache einigen -Anschein für sich gehabt. Aber zu ^der^ Zeit ihn zu erheben, da er ihn -erhob, so lange nach dem Mittagsessen mit seinem Senfe zu kommen! Zeige -er doch aus diesen Zeiten Ein Beispiel, dass jemand in geheimen Orden -zur katholischen Religion gebracht worden! - -Nicolai ist zwar stets bereit, jedem Gelehrten, der ihm in dieser Sache -widerspricht, zu antworten: auf der Studirstube freilich erfahre man so -etwas nicht, und durch Schlüsse ^a priori^ lasse es sich nicht -herausbringen: das erführen nur Weltleute seiner Art; denn für einen -solchen hält er sich, weil er über Wien und München nach Zürich gereist, -und mit dem Minister von Wöllner Schach gespielt. Der Verfasser dieses -hat über acht Jahre in Ländern, wo Protestanten und Katholiken vermischt -sind, gelebt, und ist in ihnen gereist: in der Lausitz, im südlichen -Deutschlande, in der Schweiz, in Polen, in Westpreussen. Er ist diese -Länder nicht durchflogen, um sie in der Eile zu beschreiben, zu lauern -und, wie es Leuten dieser Art geht, zu sehen und sich aufbinden zu -lassen, was man gern sehen und hören will; er hat in ihnen gelebt, -Geschäfte gehabt, und selbst mitgehandelt, wo man ohne Zweifel besser -sieht, als wenn man nur durchreiset; hat Umgang gehabt mit Leuten von -allerlei Confessionen und Meinungen, und glaubt seine Augen eben auch -offen gehabt zu haben, ob er gleich keine seiner Beobachtungen so neu -und so interessant gefunden, um sie dem Publicum vorzulegen. Das -Sichtbare, was Nicolai gesehen, hat er eben auch gesehen; aber er hat -keine Veranlassung gefunden, darauf die Schlüsse zu bauen, die Nicolai -aufbaut. Ebenso ist er mit dem Innern der geheimen Orden vielleicht so -gut bekannt, als Nicolai, vielleicht besser. Er würde nie darauf -gefallen seyn, ihnen die Wichtigkeit und die Tendenz zuzuschreiben, die -Nicolai ihnen zuschreibt. - -Halte doch Nicolai sich nicht so sehr auf über den Abt Barruel! Die -Jacobinerriecherei ist das ächte Gegenstück zur Jesuitenriecherei, und -Barruel ist in der erstern ganz dasselbe, was Nicolai in der zweiten -war. - - - - - Fünfte Beilage. - (Zum neunten Capitel.) - - -Die A. d. B. war allerdings ein der Religiosität der Nation höchst -schädliches Unternehmen. Religiosität ist Tiefe des Sinns, und geht aus -ihr hervor; die ganze Tendenz jenes Unternehmens geht auf -Oberflächlichkeit; Religion deutet auf das übersinnliche höhere Leben; -der ganze Zweck jenes Unternehmens ist unmittelbare Brauchbarkeit und -Nützlichkeit für das Gröbste dieses Lebens. Die von dieser Clique haben -die Religionsaufklärung und einen Volkslehrer sattsam gelobt, wenn sie -erzählt haben, dass die Bauern weniger Processe führen, sich seltener -betrinken, und die Stallfütterung eingeführt haben. - -Doch was soll ich hier noch viel Worte über diesen Gegenstand machen? -Jene ^Appellation an das Publicum^ etc., die Nicolai auch so zuwider -ist, und von der er glaubt, dass sie nur im Zorne geschrieben seyn könne -(der arme Mann!), redet, indem sie von wahren Gottesläugnern, -Götzendienern, Dienern eines bösen Weltgeistes spricht, ganz eigentlich -von Nicolai und denen, die ihm gleichen. Wem diese nicht bewiesen hat, -was hier zu beweisen wäre, für den ist jeder andere Beweis verloren. - - - - - Noch eine Beilage - oder - Dreizehntes Capitel. - Von den letzten Thaten, dem Tode und der wunderbaren - Wiederbelebung unsers Helden. - - -Die Betriebsamkeit gewisser Buchhändler ging in jenen Tagen so weit, -dass sie, nachdem beim Nachdrucken nicht genug mehr zu gewinnen war, die -Kunst erfanden, Vordrucke zu veranstalten. Auf diese Weise erschien noch -bei Nicolai's Lebzeiten ein unrechtmässiger Vordruck der gegenwärtigen -Lebensbeschreibung unsers Helden, die wir jetzt in der ersten, einzig -rechtmässigen Ausgabe den rechtlichen und gewissenhaften Lesern -mitgetheilt haben. - -Nicolai verwendete gegen diese also erschienene Lebensbeschreibung seine -ganze polemische Taktik. Zuerst versuchte er, dieselbe zu ignoriren, und -an der Erziehung Fichte's und seiner Genossen so unbefangen, wie bisher, -fortzuarbeiten. Als dieses sich nicht thun liess, griff er zum Fache des -Erhabenen, verbreitete selbst die Schrift durch seinen Buchhandel, -erklärte öffentlich, dass der Spass so übel nicht sey, und dass er -selbst bei mehreren Stellen gelacht habe; -- nur hätte, fügte er hinzu, -der Autor sich kürzer fassen sollen. Hierauf begab er sich mitten in das -Gründliche und Ausführliche hinein; erzählte, zur Widerlegung des -Vorgebens, dass er nie eines gelehrten Unterrichts genossen, seine ganze -Jugendgeschichte, wie er erst die Buchstaben kennen gelernt, darauf -buchstabiren, dann lesen, sodann schreiben; wiederholte alle Lectionen, -die er von Jugend auf erhalten, vollständig, legte zum Beweise seiner -Wahrhaftigkeit seine Schreibebücher, in einem saubern Holzschnitte -nachgestochen, und abgedruckt, und alle seine ^exercitia stili^ bei. -Dies gab 4 Alphabete; Format und Druck, wie in den Beilagen zu seinen -Reisen. Er setzte hierauf sein wahres Verhältniss mit Lessing durch -ausführlichere und deutlichere Noten zu dem schon gedruckten -Briefwechsel, und durch die Erzählung aller »Discurse,« die er in seinem -Leben mit jenem geführt, auseinander; ebenso bewies er durch die -vollständige und ausführliche Aufführung aller Discurse, die er mit -Moses Mendelssohn geführt, dass derselbe keinesweges ein Mann von -eingeschränkten Begriffen und Zwecken gewesen. Dies gab abermals 4 -Alphabete, in besagtem Format und Druck. Er erzählte ferner alle die -Gedanken, die er so bei sich geführt, als er mit der Stiftung der -allgemeinen deutschen Bibliothek umgegangen; erzählte die pragmatische -Geschichte jeder in dieser Bibliothek befindlichen Recension, so wie -jeder seiner eignen Schriften; brachte, um zu beweisen, wie er ehedessen -geschätzt worden sey, alle Briefe der Gelehrten an ihn bei; -bewies nochmals, noch einleuchtender als ehemals, die für den -Kryptokatholicismus beigebrachten Facta; zählte, um zu zeigen, dass er -kein Badaud und Tölpel, sondern ein Mann von Welt und Lebensart sey, -alle königliche und fürstliche Personen, Minister, Generale, Gesandte u. -s. w. auf, die er in seinem Leben gesehen, und mit ihnen gesprochen, -erzählte, was er mit ihnen gesprochen, bei ihnen gegessen und getrunken, -welche witzige Einfälle er gehabt, legte alle die Schachpartien vor, die -er in seinem Leben mit hohen Personen gespielt: -- und wir müssten die -Geduld haben, die er hatte, oder die Inhaltsanzeige seines Werks -nachdrucken lassen, um vollständig zu verzeichnen, was er alles -beibrachte. Das Ganze belief sich auf 16 Alphabete, in besagtem Format -und Druck, und war um einen äusserst civilen Preis in seiner Handlung zu -haben. Kein Mensch las oder kaufte diese 16 Alphabete. - -Unser Held stutzte; aber bescheiden, wie er immer gewesen, sahe er bald -ein, wo der Fehler läge, und war aufrichtig genug gegen sich selbst, -sich denselben zu gestehen. Er fand, dass er noch nicht deutlich, -ausführlich, kräftig, lebhaft und witzig genug geschrieben habe. Er -verfasste daher 32 Alphabete in demselben Format, um auf die ersten 16 -aufmerksam zu machen; erläuterte, ergänzte, verstärkte, und brachte noch -weit mehr Spässe an. Diese 32 Alphabete waren um einen noch civilern -Preis in seiner Buchhandlung zu haben; aber kein Mensch kaufte oder las -diese 32 Alphabete, ebensowenig, als die sechszehn. - -»^Noch^ nicht deutlich genug! sagte er bei sich selbst. Das sind die -fatalen Geschäfte, die einem alle Zeit rauben. Aber ich will mich -endlich frei machen.« So übergab er seine Handlung und die Redaction -seiner geliebten allgemeinen Bibliothek in treue Verwaltung, zog auf das -Land, schloss sich ein, und dictirte unablässig Tag und Nacht fort einem -Dutzend Schreibern. Aber auch die nunmehrige Deutlichkeit und -Vollständigkeit genügte ihm nicht, und sein Stündlein überfiel ihn, ehe -er vollendet hatte und mit sich selbst zufrieden war.[23] - -Sein alter Freund hatte die Besorgung der Verlassenschaft übernommen. -Gern hätte er den schriftstellerischen Nachlass des Vollendeten durch -den Druck der Welt mitgetheilt; aber es fand sich, dass das Unternehmen -einiger Tausende von starken Bänden die Kräfte des Zeitalters -übersteige, er beschloss daher auf einem ganz andern Wege diesen -kostbaren Nachlass aufzulösen, den Geist desselben zu entbinden und in -das Universum hineinströmen zu lassen. - -[Fußnote 23: Es findet sich hier ein Dissensus der Geschichtschreiber. -Einige sagen, dass auch das gegenwärtige dreizehnte Capitel in dem -erwähnten diebischen Vordrucke mit abgedruckt gewesen, Nicolai daher -unmöglich habe thun können, wovon ihm vorhergesagt worden, dass er es -thun werde. Er habe bloss kurz gesagt: der zukünftige Verfasser dieser -vorgedruckten Schrift müsse sehr eitel und einbildisch seyn, um zu -glauben, dass man gegen seine leidenschaftliche und schmutzige Broschüre -sich ernsthaft vertheidigen werde; so etwas übergehe ein Ehrenmann, wie -er sey, mit stillschweigender Verachtung. -- Die 48 Alphabete, das -unablässige Dictiren und der Tod, welches alles an sich wohl guten Grund -habe, habe sich auf eine andere Veranlassung begeben. Ein anderer Theil -der Geschichtschreiber berichtet, dass entweder das gegenwärtige -dreizehnte Capitel nicht mit vorgedruckt worden, oder dass Nicolai doch -gethan, was er nicht lassen können, unerachtet man es ihm vorausgesagt, -und dass alles sich durchaus so zugetragen habe, wie wir es oben -erzählen. Hieraus ersieht sonach der geliebte Leser, dass das letztere -die allein wahre und richtige Meinung ist; und wir wollen keinem rathen, -das Gegentheil anzunehmen, widrigenfalls es ihm in der nächsten -Recension, die wir verfertigen, übel ergehen soll. - - Der erste einzig wahre Verfasser dieser Lebensbeschreibung - im Jahre 1840 -- zugleich Recensent an der - weltberühmten allgemeinen Literaturzeitung.] - -Es wurde auf seinen Befehl unter freiem Himmel folgendes Denkmal -errichtet. Man gab den hinterlassenen Handschriften die Form eines -ruhenden Kolossen, dessen äussere Gestalt und Bildung dem Seligen so -nahe kam, als möglich. Zur Unterlage diente ihm die allgemeine deutsche -Bibliothek, zum Kopfkissen die alte und neue Berliner Monatsschrift, die -Backenseiten waren durch die neuern Hefte der Jenaischen -Literaturzeitung unterstützt. Der alte Freund hatte von allen Parteien -einige zur Einweihung des Denkmals eingeladen, damit sie unter der -Beschattung desselben sich brüderlich vereinigen möchten. Da standen, -durch das gemeinschaftliche Leid endlich verträglich gemacht, und -insgesammt Ein Herz und Eine Seele, Reinhard und Zöllner, Gedike, die -beiden Schlegel, Biester, Tieck, Jacobi, der Hofrath Schütz, Reinhold, -die Jesuiten, die Bibliothekare, und die Grossen alle. - -Durch eine wunderbare Fügung hatten Fichte und Schelling, die unter den -Eingeladenen sich befanden, und mit den Rücken an das papierne Denkmal -sich angelehnt hatten, sich gerade,[24] »jener mit Hasenbraten, dieser -mit einer wilden Schweinskeule ^allzuvoll gestopft^, -- wie denn dies -dem ernsthaftesten Philosophen unvermerkt begegnen kann -- und der eine -konnte nun schlechterdings nicht, er mochte sich anstrengen, wie er -wollte, an der Bestimmung des Menschen, noch der andere an der Deduction -der Kategorien der Physik weiter fortarbeiten, sondern sie mussten -endlich die Feder wegwerfen und zum Rhabarber greifen.« -- -- -- -- - -[Fußnote 24: Das Folgende sind Herrn Nicolai's eigne Worte, S. 174. f. -der angeführten Anzeige; und selbst diese Citation geschieht in -Nicolai's eignen Worten.] - - * * * * * - -O, nie genug zu beweinender Schade! Gerade von dieser Stelle an, wo man -nun das Interessanteste erwartet, ist unsre Handschrift so zerfressen, -dass wir mit aller Conjecturalkritik keinen Sinn herausbringen können, -und uns durchaus ausser Stand befinden, anzugeben, was es mit der in der -Aufschrift gemeldeten Wiederbelebung unsers Helden für eine Bewandtniss -gehabt, durch welches wunderbare Mittel sie erfolgt, und ob es der -eigentliche wahre fleischliche Leib desselben, oder der beschriebne -papierne gewesen, in welchen die Seele zurückgekehrt. So viel wird uns -aus einigen übriggebliebenen Sylben wahrscheinlich, dass alle die -genannten, und noch mehrere an dem Wunder Antheil gehabt; und nach -manchen ganz unleserlichen Seiten bringen wir gegen das Ende der Schrift -noch folgendes heraus: - --- »vordere Mund, den der Freund so inbrünstig küsste. -- Indessen -dehnten und reckten sich die zwei fest umschlungenen Heroen aus über das -ganze Land, die Umrisse ihrer Glieder verschwanden, so wie sie selbst, -und es blieb an ihrer Stelle nur eine lieblich dämmernde Aufklärung -übrig. Alle Umste« -- -- - -Von da an ist das Manuscript wieder völlig zerfressen und unleserlich. - -Es wäre gewiss eine interessante Untersuchung anzustellen, wie dieses -kostbare Ueberbleibsel des Alterthums in einen solchen Zustand gekommen, -und wir muntern alle unsere jungen Kritikbeflissenen auf, an dieser -Untersuchung ihre Kräfte zu üben. Zwar behauptet ein grosser Gelehrter, -dessen wir mit hoher Ehrerbietung erwähnen, dass diese Handschrift von -den berühmten Blutigeln, welche Friedrich Nicolai von aller -Geisteserscheinung auf immer geheilt, so zerfressen worden: eine höchst -scharfsinnige Muthmaassung. Jederman aber sieht ein, dass dieselbe -ungereimt ist; denn die Blutigel fressen kein Papier. - -Indessen gebe ich dem Leser mein Wort, dass ich dieses Capitel aus -Handschriften sicher wiederherstellen, und es zu seiner Zeit durch den -Druck bekannt machen werde. Ich schlage dafür den Weg der Pränumeration -ein. Liebhaber haben die Güte sich im Comptoir der Allgemeinen -Literaturzeitung zu melden. - - Der erste wahre Autor dieser Lebensbeschreibung - im Jahre 1840. - - - - - Inhalt - - - Seite - Einleitung 4 - Erstes Capitel. Höchster Grundsatz, von welchem alle 10 - Geistesoperationen unsers Helden ausgegangen sind - Zweites Capitel. Wie unser Held zu diesem sonderbaren höchsten 11 - Grundsatze gekommen seyn möge - Drittes Capitel. Wie im allgemeinen dieser höchste Grundsatz 18 - im Leben unsers Helden sich geäussert habe - Viertes Capitel. Worauf es, zufolge dieses höchsten 21 - Grundsatzes, unserm Helden bei allen seinen Disputen - angekommen sey - Fünftes Capitel. Wirkliche Disputirmethode unsers Helden, aus 23 - diesem höchsten Grundsatze - Sechstes Capitel. Eine der allersonderbarsten Meinungen unsers 26 - Helden, zufolge jenes höchsten Grundsatzes - Siebentes Capitel. Eine andere fast noch unglaublichere 32 - Meinung unsers Helden von sich selbst, zufolge jenes - höchsten Grundsatzes - Achtes Capitel. Sonderbare Begriffe unsers Helden über seine 36 - und seiner Gegner gegenseitige Rechte, aus jenem höchsten - Grundsatze - Neuntes Capitel. Wie unser Held, zufolge seines höchsten 40 - Grundsatzes, sich zu nehmen gepflegt, wenn derselbe - angefochten worden - Zehntes Capitel. Ein Grundzug des Geistescharakters unsers 49 - Helden, der aus jenem höchsten Grundsatze natürlich folgte - Eilftes Capitel. Ein paar andere Grundzüge, welche aus dem 51 - ersten Grundzuge und höchsten Grundsatze unsers Helden - erfolgt sind - Zwölftes Capitel. Wie es zugegangen, dass unser Held unter 59 - allen diesen Umständen dennoch einigen Einfluss auf sein - Zeitalter gehabt - Beilagen 61 - - - - - Deducirter Plan - einer - zu Berlin zu errichtenden höheren Lehranstalt. - - - Geschrieben im Jahre 1807 - von - Johann Gottlieb Fichte. - - Erste Ausgabe: Stuttgart und Tübingen, in der Cottaschen - Buchhandlung. 1817. - - Deducirter Plan - einer zu Berlin zu errichtenden höheren Lehranstalt, die in - gehöriger Verbindung mit einer Akademie der Wissenschaften - stehe. - - - - - Erster Abschnitt. - Begriff einer durch die Zeitbedürfnisse geforderten höheren - Lehranstalt überhaupt. - - - §. 1. - -Als die Universitäten zuerst entstanden, war das wissenschaftliche -Gebäude der neueren Welt grossentheils noch erst zu errichten. ^Bücher^ -gab es überhaupt nicht viel; die ^wenigen^, die es gab, waren selten, -und schwer zu erhalten; und wer etwas Neues mitzutheilen hatte, kam -zunächst in Versuchung, es auf dem schwierigeren Wege der -Schriftstellerei zu thun. So wurde die ^mündliche Fortpflanzung^ das -allgemein brauchbarste Mittel zu der Erbauung, der Aufrechterhaltung und -der Bereicherung des wissenschaftlichen Gebäudes, und die Universitäten -wurden der Ersatz der nicht vorhandenen oder seltenen Bücher. - - - §. 2. - -Auch nachdem durch Erfindung der Buchdruckerkunst die Bücher höchst -gemein worden, und die Ausbreitung des Buchhandels jedwedem es sogar -weit leichter gemacht hat, durch Schriften sich mitzutheilen, als durch -mündliche Lehrvorträge; nachdem es keinen Zweig der Wissenschaft mehr -giebt, über welchen nicht sogar ein Ueberfluss von Büchern vorhanden -sey, hält man dennoch noch immer sich für verbunden, durch Universitäten -dieses gesammte Buchwesen der Welt ^noch einmal zu setzen^, und -ebendasselbe, was schon ^gedruckt^ vor jedermans Augen liegt, auch noch -durch Professoren ^recitiren^ zu lassen. Da auf diese Weise dasselbe -Eine in zwei verschiedenen Formen vorhanden ist, so ermangelt die -Trägheit nicht, sowohl den ^mündlichen^ Unterricht zu versäumen, indem -sie ja dasselbe irgend einmal auch aus dem Buche werde lernen können, -als den durch ^Bücher^ zu vernachlässigen, indem sie dasselbige ja auch -^hören^ könne, wodurch es denn dahin gekommen, dass, wenige Ausnahmen -abgerechnet, gar nichts mehr gelernt worden, als was durch das Ohngefähr -auf einem der beiden Wege an uns hängen geblieben, sonach überhaupt -nichts im Ganzen, sondern nur abgerissene Bruchstücke; zuletzt hat es -sich zugetragen, dass die Wissenschaft, -- als etwas nach Belieben -immerfort auf die leichteste Weise an sich zu bringendes, bei der Menge -der Halbgelehrten, die auf diese Weise entstanden, in tiefe Verachtung -gerathen. Nun ist von den genannten zwei Mitteln der Belehrung das -eigene Studiren der Bücher sogar das vorzüglichere, indem das Buch der -frei zu richtenden Aufmerksamkeit Stand hält, und das, wobei diese sich -zerstreute, noch einmal ^gelesen^, das aber, was man nicht sogleich -versteht, bis zum erfolgten Verständnisse hin und her überlegt werden, -auch die Lectüre nach Belieben fortgesetzt werden kann, so lange man -Kraft fühlt, oder abgebrochen werden, wo diese uns verlässt; dagegen in -der Regel der Professor seine Stunde lang seinen Spruch fortredet, ohne -zu achten, ob irgend jemand ihm folge, ihn abbricht, da wo die Stunde -schlägt, und ihn nicht eher wieder anknüpft, als bis abermals seine -Stunde geschlagen. Es wird durch diese Lage des Schülers, in der es ihm -unmöglich ist, in den Fluss der Rede seines Lehrers auf irgend eine -Weise einzugreifen und ihn nach seinem Bedürfnisse zum Stehen zu -bringen, das leidende Hingeben als Regel eingeführt, der Trieb der -eigenen Thätigkeit vernichtet, und so dem Jünglinge sogar die -Möglichkeit genommen, des zweiten Mittels der Belehrung, der Bücher, mit -freithätiger Aufmerksamkeit sich zu bedienen. Und so sind wir denn, um -von der Kostspieligkeit dieser Einrichtung für das gemeine und das -Privatwesen, und von der dadurch bewirkten Verwilderung der Sitten hier -zu schweigen, durch die Beibehaltung des ^Nothmittels^, nachdem die Noth -längst aufgehoben, auch noch für den Gebrauch des ^wahren und besseren -Mittels^ verdorben worden. - - - §. 3. - -Um nicht ungerecht, zugleich auch oberflächlich zu seyn, müssen wir -jedoch hinzusetzen, dass die neueren Universitäten ^mehr^ oder ^weniger^ -ausser dieser blossen ^Wiederholung^ des vorhandenen Buchinhalts noch -einen anderen edleren Bestandtheil gehabt haben, nemlich das Princip der -Verbesserung dieses Buchinhalts. Es gab selbstthätige Geister, welche in -irgend einem Fache des Wissens durch den ihnen wohlbekannten -Bücherinhalt nicht befriedigt wurden, ohne doch das Befriedigende hierin -sogleich bei der Hand zu haben, und es in einem neuen und besseren -Buche, als die bisherigen waren, niederlegen zu können. Diese theilten -ihr Ringen nach dem Vollkommneren vorläufig mündlich mit, um entweder in -dieser Wechselwirkung mit anderen in sich selber bis zu dem -beabsichtigten Buche klar zu werden, oder, falls auch sie selbst in -diesem Streben von geistiger Kraft oder dem Leben verlassen würden, -Stellvertreter hinter sich zu lassen, welche das beabsichtigte Buch, -oder auch statt desselben, und aus diesen Prämissen, ein noch besseres -hinstellten. Aber selbst in Absicht dieses Bestandtheiles lässt sich -nicht läugnen, dass er von jeher der bei weitem kleinere auf allen -Universitäten gewesen, dass keine Verwaltung ein Mittel in den Händen -gehabt, auch nur überhaupt den Besitz eines solchen Bestandtheiles sich -zu garantiren, oder auch nur deutlich zu wissen, ob sie ihn habe, oder -nicht, und dass selbst dieser kleine Bestandtheil, wenn er durch gutes -Glück irgendwo vorhanden gewesen, selten mit einiger klaren Erkenntniss -seines Strebens und der Regeln, nach denen er zu verfahren hätte, -gewirkt und gewaltet. - - - §. 4. - -Eine solche zunächst überflüssige, sodann in ihren Folgen auch -schädliche Wiederholung desselben, was in einer anderen Form weit besser -da ist, soll nun gar nicht existiren; es müssten daher die -Universitäten, wenn sie nichts Anderes zu seyn vermöchten, sofort -abgeschafft, und die Lehrbedürftigen an das Studium der vorhandenen -Schriften gewiesen werden. Auch könnte es diesen Instituten zu keinem -Schutze gereichen, dass sie den soeben berührten edleren Bestandtheil -für sich anführten, indem in keinem bestimmten Falle (auf keiner -gegebenen Universität) dieser edlere Theil Rechenschaft von sich zu -geben, noch sein Daseyn zu beweisen, noch die Fortdauer desselben zu -garantiren vermag; und sogar, wenn dies nicht so wäre, doch immer der -schlechtere Theil, die blosse Wiederholung des Buchwesens, weggeworfen -werden müsste. Sowie Alles, was auf das Recht der Existenz Anspruch -macht, ^seyn^ und ^leisten^ muss, was ^nichts^ ausser ihm zu seyn und zu -leisten vermag, zugleich sein Beharren in diesem seinem Wesen, und seine -unvergängliche Fortdauer verbürgend: so muss dies auch die Universität, -oder wie wir vorläufig im antiken Sinne des Wortes sagen wollen, die -^Akademie^, oder sie muss vergehen. - - - §. 5. - -Was, im Sinne dieser höheren Anforderung an ihre Existenz, die Akademie -seyn könne, und, falls sie seyn soll, seyn müsse, geht sogleich hervor, -wenn man die Beziehung der Wissenschaft auf das wirkliche Leben -betrachtet. - -Man studirt ja nicht, um lebenslänglich und stets dem Examen bereit das -Erlernte in Worten wieder von sich zu geben, sondern um dasselbe auf die -vorkommenden Fälle des Lebens anzuwenden, und so es in ^Werke^ zu -verwandeln; es nicht bloss zu wiederholen, sondern etwas Anderes daraus -und damit zu machen: es ist demnach auch hier letzter Zweck keinesweges -das Wissen, sondern vielmehr die Kunst, das Wissen zu gebrauchen. Nun -setzt diese Kunst der Anwendung der Wissenschaft im Leben noch andere -der Akademie fremde Bestandtheile voraus, Kenntniss des Lebens nemlich -und Uebung der Beurtheilungsfähigkeit der Fälle der Anwendung, und es -ist demnach von ihr zunächst nicht die Rede. Wohl aber gehört hierher -die Frage, auf welche Weise man denn die Wissenschaft selbst so zum -freien und auf unendliche Weise zu gestaltenden Eigenthume und Werkzeuge -erhalte, dass eine fertige Anwendung derselben auf das, freilich auf -anderem Wege zu erkennende, Leben möglich werde? - -Offenbar geschieht dies nur dadurch, dass man jene Wissenschaft gleich -anfangs mit klarem und freiem Bewusstseyn erhalte. Man verstehe uns -also. Es macht sich vieles von selbst in unserem Geiste, und legt sich -demselben gleichsam an durch einen blinden und uns selber verborgen -bleibenden Mechanismus. Was also entstanden, ist nicht mit klarem und -freiem Bewusstseyn durchdrungen, es ist auch nicht unser sicheres und -stets wieder herbeizurufendes Eigenthum, sondern es kommt wieder oder -verschwindet nach den Gesetzen desselben verborgenen Mechanismus, nach -welchem es sich erst in uns anlegte. Was wir hingegen mit dem -Bewusstseyn, ^dass^ wir es thätig erlernen, und dem Bewusstseyn der -^Regeln^ dieser erlernenden Thätigkeit, auffassen: das wird, zufolge -dieser eigenen Thätigkeit und des Bewusstseyns ihrer Regeln, ein -eigenthümlicher Bestandtheil unserer Persönlichkeit, und unseres frei -und beliebig zu entwickelnden Lebens. - -Die freie Thätigkeit des Auffassens heisst Verstand. Bei dem zuerst -erwähnten mechanischen Erlernen wird der Verstand gar nicht angewendet, -sondern es waltet allein die blinde Natur. Wenn jene Thätigkeit des -Verstandes und die bestimmten Weisen, wie dieselbe verfährt, um etwas -aufzufassen, ^wiederum zu klarem Bewusstseyn erhoben^ werden, so wird -dadurch entstehen eine besonnene Kunst des Verstandesgebrauches im -Erlernen. Eine kunstmässige Entwickelung jenes Bewusstseyns der Weise -des Erlernens -- im Erlernen irgend eines Gegebenen -- würde somit, -unbeschadet des jetzt aufgegebenen Lernens, zunächst nicht auf das -Lernen, sondern auf die Bildung des Vermögens zum Lernen ausgehen. -Unbeschadet des jetzt aufgegebenen Lernens, habe ich gesagt, vielmehr zu -seinem grossen Vortheile; denn man weiss gründlich und unvergesslich nur -das, wovon man weiss, wie man dazu gelangt ist. Sodann wird, indem nicht -bloss das zuerst Gegebene gelernt, sondern an ihm zugleich die Kunst des -Erlernens überhaupt gelernt und geübt wird, die ^Fertigkeit^ entwickelt, -ins Unendliche fort nach Belieben leicht und sicher alles Andere zu -lernen; und es entstehen ^Künstler^ im Lernen. Endlich wird dadurch -alles Erlernte oder zu Erlernende ein sicheres Eigenthum des Menschen, -womit er nach Belieben schalten könne, und es ist somit die erste und -ausschliessende Bedingung des praktischen Kunstgebrauches der -Wissenschaft im Leben herbeigeführt und erfüllet. Eine Anstalt, in -welcher mit Besonnenheit und nach Regeln das beschriebene Bewusstseyn -entwickelt, und die dabei beabsichtigte Kunst geübt würde, wäre, was -folgende Benennung ausspricht: ^eine Schule der Kunst des -wissenschaftlichen Verstandesgebrauches^. - -Ohnerachtet auf den bisherigen Universitäten von ohngefähr zuweilen -geistreiche Männer aufgetreten, die im Geiste des obigen Begriffes in -einem besonderen Fache des Wissens Schüler gezogen, so hat doch sehr -viel gefehlt, dass die Realisirung dieses Begriffes im Allgemeinen mit -Sicherheit, Festigkeit und nach unfehlbaren Gesetzen auch nur deutlich -gedacht und vorgeschlagen, geschweige denn, dass sie irgendwo ausgeführt -worden. Dadurch aber ist die Erhaltung und Steigerung der -wissenschaftlichen Bildung im Menschengeschlechte dem guten Glücke und -blinden Zufalle preisgegeben gewesen, aus dessen Händen sie unter die -Aufsicht des klaren Bewusstseyns lediglich durch die Darstellung des -erwähnten Begriffes gebracht werden könnte. Und so ist es die Ausführung -dieses Begriffes, die in Beziehung auf das wissenschaftliche Wesen in -dem Abfluss der Zeit dermalen an der Tagesordnung ist, und die sogar in -ihrer Existenz angegriffene Akademie würde wohlthun, diese Ausführung zu -übernehmen, da das, was sie bis jetzt gewesen, gar nicht länger das -Recht hat, dazuseyn. - - - §. 6. - -Aber sogar dieses Anspruches alleinigen und ausschliessenden Besitz wird -etwas Anderes der Akademie streitig machen, die niedere Gelehrtenschule -nemlich. Diese, vielleicht selbst erst bei dieser Gelegenheit über ihr -wahres Wesen klar geworden, wird anführen, dass sie, bis auf die Zeiten -der neueren verseichtenden Pädagogik, weit besser und vorzüglicher eine -solche Kunstschule des wissenschaftlichen Verstandesgebrauches gewesen, -denn irgend eine Universität. Somit wird die Akademie zuvörderst mit -dieser niederen Gelehrtenschule eine Grenzberichtigung treffen müssen. - -Diese Grenzberichtigung wird ohne Zweifel zur Zufriedenheit beider -Theile dahin zu Stande kommen, dass der niederen Schule die Kunstübung -des allgemeinen Instrumentes aller Verständigung, der Sprache, und von -dem wissenschaftlichen Gebäude das allgemeine Gerüst und Geripp des -vorhandenen Stoffes, ohne Kritik, anheimfalle; dagegen die höhere -Gelehrtenschule die Kunst der Kritik, des Sichtens des Wahren vom -Falschen, des Nützlichen vom Unnützen, und das Unterordnen des minder -Wichtigen unter das Wichtige, zum ausschliessenden Eigenthum -erhalte; somit die erste: Kunstschule des wissenschaftlichen -Verstandesgebrauches, als blossen Auffassungsvermögens oder -Gedächtnisses, die letzte: Kunstschule des Verstandesgebrauches, als -Beurtheilungsvermögens, würde. - - - §. 7. - -Kunstfertigkeit kann nur also gebildet werden, dass der Lehrling nach -einem bestimmten Plane des Lehrers unter desselben Augen selber arbeite, -und die Kunst, in der er Meister werden soll, auf ihren verschiedenen -Stufen von ihren ersten Anfängen an bis zur Meisterschaft, ohne -Ueberspringen regelmässig fortschreitend, ausübe. Bei unserer Aufgabe -ist es die Kunst wissenschaftlichen Verstandesgebrauches, welche geübt -werden soll. Der Lehrer giebt nur den Stoff und regt an die Thätigkeit; -diesen Stoff bearbeite der Lehrling selbst; der Lehrer muss aber in der -Lage bleiben, zusehen zu können, ob und wie der Lehrling diesen Stoff -bearbeite, damit er aus dieser Art der Bearbeitung ermesse, auf welcher -Stufe der Fertigkeit jener stehe, und auf diese den neuen Stoff, den er -geben wird, berechnen könne. - -Nicht bloss der Lehrer, sondern auch der Schüler muss fortdauernd sich -äussern und mittheilen, so dass ihr gegenseitiges Lehrverhältniss werde -eine fortlaufende Unterredung, in welcher jedes Wort des Lehrers sey -Beantwortung einer durch das unmittelbar Vorhergegangene aufgeworfenen -Frage des Lehrlings, und Vorlegung einer neuen Frage des Lehrers an -diesen, die er durch seine nächstfolgende Aeusserung beantworte; und so -der Lehrer seine Rede nicht richte an ein ihm völlig unbekanntes -Subject, sondern an ein solches, das sich ihm immerfort bis zur völligen -Durchschauung enthüllt; dass er wahrnehme dessen unmittelbares -Bedürfniss, verweilend und in anderen und wieder anderen Formen sich -aussprechend, wo der Lehrling ihn nicht gefasst hat, ohne Verzug zum -nächsten Gliede schreitend, wenn dieser ihn gefasst hat; wodurch denn -der wissenschaftliche Unterricht aus der Form einfach fortfliessender -Rede, die er im Buchwesen auch hat, sich verwandelt in die dialogische -Form, und eine wahrhafte Akademie im Sinne der Sokratischen Schule, an -welche zu erinnern wir gerade dieses Wortes uns bedienen wollten, -errichtet werde. - - - §. 8. - -Der Lehrer muss ein ihm immer bekannt bleibendes festes und bestimmtes -Subject im Auge behalten, sagten wir. Falls nun, wie zu erwarten, dieses -Subject nicht zugleich auch aus Einem Individuum, sondern aus mehreren -bestände, so müssen, da das Subject des Lehrers Eins und ein bestimmtes -seyn muss, diese Individuen selber zu einer geistigen Einheit und zu -einem bestimmten organischen Lehrlingskörper zusammenschmelzen. Sie -müssen darum auch unter sich in fortgesetzter Mittheilung und in einem -wissenschaftlichen Wechselleben verbleiben, in welchem jeder allen die -Wissenschaft von derjenigen Seite zeige, von welcher er, als Individuum, -sie erfasst, der leichtere Kopf dem schwerfälligeren etwas von seiner -Schnelligkeit, und der letzte dem ersten etwas von seiner ruhigen -Schwerkraft abtrete. - - - §. 9. - -Um unsern Grundbegriff durch weitere Auseinandersetzung noch -anschaulicher zu machen: -- Der Stoff, welchen der Meister dem Zöglinge -seiner Kunst giebt, sind theils seine eigenen Lehrvorträge, theils -gedruckte Bücher, deren geordnetes und kunstmässiges Studium er ihm -aufgiebt; indem in Absicht des letzteren es ja ein Haupttheil der -wissenschaftlichen Kunst ist, durch den Gebrauch von Büchern sich -belehren zu können, und es sonach eine Anführung auch zu dieser Kunst -geben muss; sodann aber auf einer solchen Akademie der bei weitem -grösste Theil des wissenschaftlichen Stoffes aus Büchern wird erlernt -werden müssen, wie dies an seinem Orte sich finden wird. - -Die Weisen aber, wie der Meister seinem Lehrlinge sich enthüllt, sind -folgende: - -^Examina^, nicht jedoch im Geiste des Wissens, sondern in dem der Kunst. -In diesem letztern Geiste ist jede Frage des Examinators, wodurch das -Wiedergeben dessen, was der Lehrling gehört oder gelesen hat, als -Antwort begehrt wird, ungeschickt und zweckwidrig. Vielmehr muss die -Frage das Erlernte zur Prämisse machen, und eine Anwendung dieser -Prämisse in irgend einer Folgerung als Antwort begehren. - -^Conversatoria^, in denen der Lehrling fragt, und der Meister -zurückfragt über die Frage, und so ein expresser Sokratischer Dialog -entstehe, innerhalb des unsichtbar immer fortgehenden Dialogs des ganzen -akademischen Lebens. - -^Durch schriftliche Ausarbeitungen zu lösende _Aufgaben_ an den -Lehrling^, immer im Geiste der Kunst, und also, dass nicht das Gelernte -wiedergegeben, sondern etwas Anderes damit und daraus gemacht werden -solle, also, dass erhelle, ob und inwieweit der Lehrling jenes zu seinem -Eigenthum und zu seinem Werkzeuge für allerlei Gebrauch bekommen habe. -Der natürliche Erfinder solcher Aufgaben ist zwar der Meister; es soll -aber auch der geübtere Lehrling aufgefordert werden, dergleichen sich -auszusinnen, und sie für sich oder für andere in Vorschlag zu bringen. --- Es wird durch diese schriftlichen Ausarbeitungen zugleich die Kunst -des schriftlichen Vortrages eines wissenschaftlichen Stoffes geübt, und -es soll darum der Meister in der Beurtheilung auch über die Ordnung, die -Bestimmtheit und die sinnliche Klarheit der Darstellung sich -äussern.[25] - - - §. 10. - Vom Lehrlinge einer solchen Anstalt. - -Die äussern Bedingungen, wodurch derselbe theils zu Stande kommt, theils -in seinem Zustande verharrt, sind die folgenden: - -1) ^Gehörige Vorbereitung auf der niederen Gelehrtenschule für die -höhere.^ Welche Leistungen für die Bildung des Kopfs zur Wissenschaft -der niederen Schule anzumuthen sind, haben wir schon oben (§. 6.) -ersehen. Dies muss nun, wenn die höhere Schule mit sicherm Schritt -einhergehen soll, von der niedern nicht wie bisher, wie gutes Glück und -Ohngefähr es geben, sondern nach einem festen Plane, und so, dass man -immer wisse, was gelungen sey und was nicht, geschehen. Die Verbesserung -der höheren Lehranstalten setzt sonach die der niedern nothwendig -voraus, wiewohl wiederum auch umgekehrt eine gründliche Verbesserung der -letzten nur durch die Verbesserung der ersten, und indem auf ihnen die -Lehrer der niedern Schule die ihnen jetzt grossentheils abgehende Kunst -des Lehrens erlernen, möglich wird; dass daher schon hier erhellet, dass -wir nicht mit Einem Schlage das Vollkommene werden hinstellen können, -sondern uns demselben nur allmählig und in mancherlei Vorschritten -werden annähern müssen. - -[Fußnote 25: Es dürfte vielleicht nicht überflüssig seyn, der Erwähnung -solcher Aufgaben noch ausdrücklich die Bemerkung hinzuzufügen, dass -nicht bloss in dem apriorischen Theile der Wissenschaft, sondern auch in -ganz empirischen Scienzen solche, die Selbstthätigkeit des Auffassens -erkundende, Aufgaben möglich seyen. In der Philologie, der Theologie u. -s. w. ist ja wohlbekannt, dass diese Fächer der eignen Combinationsgabe -und Conjecturalkritik ein fast unermessliches Feld darbieten, wobei, -gesetzt auch die Ausbeute wäre nicht von Bedeutung, dennoch die -Selbstthätigkeit des Geistes geübt und documentirt wird. Aber auch der -Lehrer der Universalgeschichte könnte, meines Erachtens, ein nicht -wirklich eingetretenes Ereigniss fingiren, mit der Aufgabe an sein -Auditorium, zu zeigen, was bei diesem oder diesem von ihnen erlernten -Zustande der Welt daraus am wahrscheinlichsten erfolgt seyn würde; oder -der des römischen Rechts irgend einen Fall, mit der Aufgabe an sein -Auditorium, das aus dem Ganzen der römischen Gesetzgebung hervorgehende, -und in dasselbe organisch einpassende Gesetz für diesen Fall anzugeben. -Es würde aus dem Versuche der Lösung dieser Aufgaben ohne Zweifel klar -hervorgehen, zuvörderst, ob seine Zuhörer die Geschichte oder das -römische Recht wirklich wüssten, sodann, ob und inwieweit sie diese -Scienzen in ihrem Geiste durchdrungen, oder dieselben nur mechanisch -auswendig gelernt hätten.] - -Zur Verbreitung höherer Klarheit über unsern Grundbegriff füge ich hier -noch folgendes hinzu. Dass der für ein wissenschaftliches Leben -bestimmte Jüngling zuvörderst mit dem allgemeinen Sprachschatze der -wissenschaftlichen Welt, als dem Werkzeuge, vermittelst dessen allein -er, so zu verstehen, wie sich verständlich zu machen vermag, vertraut -werden müsse, ist unmittelbar klar. Diese positive Kenntniss der Sprache -aber, so unentbehrlich sie auch ist, erscheint als leichte Zugabe, wenn -wir bedenken, dass besonders durch Erlernung der Sprachen einer andern -Welt, welche die Merkmale ganz anders zu Wortbegriffen gestaltet, der -Jüngling über den Mechanismus, womit die angeborne moderne Sprache, -gleichsam als ob es nicht anders seyn könnte, ihn fesselt, unvermerkt -hinweggehoben, und im leichten Spiele zur Freiheit der Begriffebildung -angeführt wird; ferner, dass beim Interpretiren der Schriftsteller er an -dem leichtesten und schon fertig ihm hingelegten Stoffe lernt, seine -Betrachtung willkürlich zu bewegen, dahin und dorthin zu richten für -einen ihm bekannten Zweck, und nicht eher abzulassen in dieser Arbeit, -als bis der Zweck erreicht dastehe. Es wird nun, um dieses Verhältnisses -willen der ^niedern^ Kunst des wissenschaftlichen Verstandesgebrauches -zu der ^höhern^, nothwendig seyn, dass die Schule in ihrem -Sprachunterrichte also verfahre, dass nicht bloss der erste Zweck der -historischen Sprachkenntniss, sondern zugleich auch der letzte der -Verstandesbildung an ihr sicher, allgemein und für klare Documentation -ausreichend erfüllt werde; dass z. B. der Schüler auf jeder Stufe des -Unterrichts verstehen lerne, was er verstehen soll, vollkommen und bis -zum Ende, und wissen lerne, ^ob^ er also verstanden, und den Beweis -davon führen lerne; keinesweges aber, wie es bisher so oft geschehen, -hierüber vom guten Glücke abhänge, und im Dunkeln tappe, indem sehr oft -sein Lehrer selbst keinen rechten Begriff vom Verstehen überhaupt hat, -und gar nicht weiss, welche Fragen alle müssen beantwortet werden -können, wenn man sagen will, man habe z. B. eine Stelle eines Autors -verstanden. - -Betreffend das Grundgerüst des vorhandenen wissenschaftlichen Stoffes, -als das zweite Stück der nöthigen Vorbereitung, die der Schule zukommt, -mache ich durch folgende Wendung mich klarer. Man hat wohl, um den -Forderungen einer solchen geistigen Kunstbildung, wie sie auch in diesem -Aufsatze gemacht werden, auszuweichen, die Bemerkung gemacht: eine -solche besonnene Ausbildung der Geistesvermögen sey wohl bei den alten -klassischen Völkern möglich gewesen, weil das sehr beschränkte Feld der -positiven Kenntnisse, die sie zu erlernen gehabt, ihnen Zeit genug -übriggelassen hätte; dagegen unsere Zeit und Vermögen durch das -unermessliche Gebiet des zu Erlernenden gänzlich aufgezehrt werde, und -für keine anderen Zwecke uns ein Theil derselben übrigbleibe. Als ob -nicht vielmehr gerade darum, weil wir mit ihm weit mehr zu leisten -haben, eine kunstmässige Ausbildung des Vermögens um so nöthiger würde, -und wir nicht um so mehr auf Fertigkeit und Gewandtheit im Lernen -bedacht seyn müssten, da wir eine so grosse Aufgabe des Lernens vor uns -haben. In der That kommt jenes Erschrecken vor der Unermesslichkeit -unsers wissenschaftlichen Stoffes daher, dass man ihn ohne einen -ordnenden Geist und ohne eine mit Besonnenheit geübte Gedächtnisskunst, -deren Hauptmittel jener ordnende Geist ist, erfasset; vielmehr blind -sich hineinstürzt in das Chaos, und ohne Leitfaden in das Labyrinth, und -so im Herumirren bei jedem Schritte Zeit verliert; also, dass die -wenigen, welche in diesem ungeheuren Oceane, vom Versinken gerettet, -noch oben schwimmen, beim Rückblicke auf ihren Weg erschrecken vor der -eigenen Arbeit und dem gehabten Glücke, und, die noch immer vorhandenen -Lücken in ihrem Wissen entdeckend, glauben, es habe ihnen nichts weiter -gemangelt, denn ^Zeit^, -- da doch die ordnende Kunst, die sie nicht -kennen, indem sie keinen Schritt vergebens thut, die Zeit ins Unendliche -vervielfältigt und eine kurze Spanne von Menschenleben ausdehnt zu einer -Ewigkeit. Wenn schon die erste Schule für den Anfänger nicht länger das -fähige Gedächtniss des einen Knaben für einen glücklichen Zufall, das -langsamere eines andern für ein unabwendbares Naturunglück halten, -sondern lernen wird, das Gedächtniss sowohl überhaupt, als in seinen -besonderen, für besondere Zweige passenden, Fertigkeiten kunstmässig zu -entwickeln und zu bilden; wenn sie diesem Gedächtnisse erst ein ganz ins -Kurze und Kleine gezogenes, aber lebendiges und klares Bild des Ganzen -eines bestimmten wissenschaftlichen Stoffes (z. B. für die Geschichte -ein allgemeines Bild der Umwandlungen im Menschengeschlechte durch die -Hauptbegebenheiten der herrschenden Völker, neben einem Bilde von der -allgemeinen Gestalt der Oberfläche des Erdbodens, als dem Schauplatze -jener Umwandlungen 1) hingeben, und unaustilgbar fest in die innere -Anschauung einprägen wird; sodann diese Bilder Tag für Tag wieder -hervorrufen lassen, und sie allmählig, aber verhältnissmässig nach allen -ihren Theilen, nach einer gewissen Regel der nothwendigen Folge der -^Gesichtspuncte^, und so, dass kein einzelner zum Schaden der übrigen -ungebührlich anwachse, vergrössern wird: so wird jenes Entsetzen vor der -Unermesslichkeit gänzlich verschwinden, und die also gebildeten Köpfe -werden leicht und sicher alles, was ihnen vorkommt, auf jene mit ihrer -Persönlichkeit verwachsenen Grundbilder, jedes an seiner Stelle -auftragen, nicht auf ein unbekanntes Weltmeer versprengt, sondern in -ihrer väterlichen Wohnung die ihnen wohlbekannten Kammern mit Schätzen -ausfüllend, die sie nach jedesmaligem Bedürfnisse wieder da hinwegnehmen -können, wo sie dieselben vorher hingestellt. - -Somit fällt die Vorbereitung, welche der Lehrling einer höhern -Kunstschule auf der niedern erhalten haben muss, die Rechenschaft, die -er vor der Aufnahme von seiner Tüchtigkeit zu geben hat, und die -Vollkommenheit, bis zu welcher die niedere Schule verbessert werden -muss, zu folgenden zwei Stücken zusammen. Zuvörderst muss der Adspirant -eine seinen Fähigkeiten angemessene, ihm vorgelegte Stelle eines Autors -in gegebener Zeit gründlich verstehen lernen, und den Beweis führen -können, dass er sie recht verstehe, indem sie gar nicht anders -verstanden werden könne. Sodann muss er zeigen, dass er ein allgemeines -Bild des gesammten wissenschaftlichen Stoffes, erhoben und bereichert -bis zu derjenigen Potenz des Gesichtspunctes, an welche die höhere -Schule ihren Unterricht anknüpft, in freier Gewalt und zu beliebigem -Gebrauche als sein Eigenthum besitze. - -2) ^Aufgehen seines gesammten Lebens in seinem Zwecke, darum Absonderung -desselben von aller andern Lebensweise, und vollkommene Isolirung.^ Der -Sohn eines Bürgers, welcher ein bürgerliches Gewerbe treibt, besucht -vielleicht auch des Tages mehrere Stunden eine gute Bürgerschule, worin -mancherlei gelehrt wird, das die gelehrte Schule gleichfalls vorträgt. -Dennoch ist die Schule nicht der Sitz seines wahren, eigentlichen -Lebens, und er ist nicht daselbst zu Hause, sondern sein wahres Leben -ist sein Familienleben, und der Beistand, den er seinen Eltern in ihrem -Gewerbe leistet; die Schule aber ist Nebensache und blosses Mittel für -den bessern Fortgang des bürgerlichen Gewerbes, als den eigentlichen -Zweck. Dem Gelehrten aber muss die Wissenschaft nicht Mittel für irgend -einen Zweck, sondern sie muss ihm selbst Zweck werden; er wird einst, -als vollendeter Gelehrter, in welcher Weise er auch künftig seine -wissenschaftliche Bildung im Leben anwende, in jedem Falle allein in der -Idee die Wurzel seines Lebens haben, und nur von ihr aus die -Wirklichkeit erblicken, und nach ihr sie gestalten und fügen, -keinesweges aber zugeben, dass die Idee nach der Wirklichkeit sich füge; -und er kann nicht zu früh in dieses sein eigenthümliches Element sich -hineinleben und das widerwärtige Element abstossen. - -Es ist eine bekannte Bemerkung, dass bisher auf Universitäten, die in -einer kleinern Stadt errichtet waren, bei einigem Talente der Lehrer, -sehr leicht ein allgemeiner wissenschaftlicher Geist und Ton unter den -Studirenden sich erzeugt habe, was in grössern Städten selten oder -niemals also gelungen. Sollten wir davon den Grund angeben, so würden -wir sagen, dass es deswegen also erfolge, weil in dem ersten Falle die -Studirenden auf den Umgang unter sich selber, und den Stoff, den dieser -zu gewähren vermag, eingeschränkt werden; dagegen sie im zweiten Falle -immerfort verfliessen in die allgemeine Masse des Bürgerthums, und -zerstreut werden über den gesammten Stoff, den dieses liefert, und so -das Studiren ihnen niemals zum eigentlichen Leben, ausser welchem man -ein anderes gar nicht an sich zu bringen vermag, sondern wo es noch am -besten ist, zu einer Berufspflicht wird. Jener bekannte Einwurf gegen -grosse Universitätsstädte, dass in ihnen die Studirenden von einem -Hörsaale zum andern weit zu gehen hätten, möchte sonach nicht der -tiefste seyn, den man vorbringen könnte, und er möchte sich eher -beseitigen lassen, als das höhere Uebel der Verschmelzung des -studirenden Theiles des gemeinen Wesens mit der allgemeinen Masse des -gewerbtreibenden oder dumpfgeniessenden Bürgerthumes; indem, ganz davon -abgesehen, dass bei einem solchen nur als Nebensache getriebenen -Studiren wenig oder nichts gelernt wird, auf diese Weise die ganze Welt -verbürgern, und eine über die Wirklichkeit hinausliegende Ansicht der -Wirklichkeit, bei welcher allein die Menschheit Heilung finden kann -gegen jedes ihrer Uebel, ausgetilgt werden würde in dem -Menschengeschlechte; und mehr als jemals würde hierauf Rücksicht zu -nehmen seyn in einem solchen Zeitalter, welches in dringendem Verdachte -einer beinahe allgemeinen Verbürgerung steht. - -3) ^Sicherung vor jeder Sorge um das Aeussere, vermittelst einer -angemessenen Unterhaltung fürs Gegenwärtige, und Garantie einer -gehörigen Versorgung in der Zukunft.^ Dass das Detail der kleinen -Sorgfältigkeiten um die täglichen Bedürfnisse des Lebens zum Studiren -nicht passt; dass Nahrungssorgen den Geist niederdrücken; Nebenarbeiten -ums Brot die Thätigkeit zerstreuen, und die Wissenschaft als einen -Broterwerb hinstellen; Zurücksetzung von Begüterten Dürftigkeits halber, -oder die Demuth, der man sich unterzieht, um jener Zurücksetzung -auszuweichen, den Charakter herabwürdigen: dieses alles ist, wenn auch -nicht allenthalben sattsam erwogen, denn doch ziemlich allgemein -zugestanden. Aber man kann von demselben Gegenstande auch noch eine -tiefere Ansicht nehmen. Es wird nemlich ohnedies gar bald sehr klar die -Nothwendigkeit sich zeigen, dass im Staate, und besonders bei den -höheren Dienern desselben, recht fest einwurzele die Denkart, nach -welcher man nicht der Gesellschaft dienen will, um leben zu können, -sondern leben mag, allein um der Gesellschaft dienen zu können, und in -welcher man durch kein Erbarmen mit dem eigenen, oder irgend eines -Anderen, Lebensgenusse bewegt wird, zu thun, zu rathen, oder, wo man -hindern könnte, zuzulassen, was nicht auch gänzlich ohne diese Rücksicht -durch sich selber sich gebührt; aber es kann diese Denkart Wurzel fassen -nur in einem durch das Leben in der Wissenschaft veredelten Geiste. -Mächtig aber wird dieser Veredelung und dieser Unabhängigkeit von der -erwähnten Rücksicht vorgearbeitet werden, wenn die künftigen Gelehrten, -aus deren Mitte ja wohl die Staatsämter werden besetzt werden, von -früher Jugend an gewöhnt werden, die Bedürfnisse des Lebens nicht als -Beweggrund irgend einer Thätigkeit, sondern als etwas, das für sich -selbst seinen eigenen Weg geht, anzusehen, indem es ihnen, sogar ohne -Rücksicht auf ihren gegenwärtigen zweckmässigen Fleiss, der aus der -Liebe zur Sache hervorgehen soll, zugesichert ist. - - - §. 11. - Wie muss der Lehrer an einer solchen Anstalt beschaffen seyn, - und ausgestattet? - -Zuvörderst, wie sich von selbst versteht, indem keiner lehren kann, was -er selbst nicht weiss, muss er sich im Besitze der Wissenschaft -befinden, und zwar auf die oben angegebene Weise, als freier Künstler, -so dass er sie zu jedem gegebenen Zwecke anzuwenden und in jede mögliche -Gestalt hinüberzubilden vermöge. Aber auch diese Kunstfertigkeit muss -ihn nicht etwa mechanisch leiten, und bloss als natürliches Talent und -Gabe ihm beiwohnen, sondern er muss auch sie wiederum mit klarem -Bewusstseyn durchdrungen haben, bis zur Erkenntniss im Allgemeinen -sowohl, als in den besonderen individuellen Bestimmungen, die sie bei -Einzelnen annimmt, indem er ja jeden Schüler dieser Kunst soll -beobachten, beurtheilen und leiten können. - -Aber sogar dieses klare Bewusstseyn und dieses Auffassen der -wissenschaftlichen Kunst, als eines organischen Ganzen, reicht ihm noch -nicht hin, denn auch dieses könnte, wie alles blosse Wissen, todt seyn, -höchstens bis zur historischen Niederlegung in einem Buche ausgebildet. -Er bedarf noch überdies für die wirkliche Ausübung der Fertigkeit, jeden -Augenblick diejenige Regel, die hier Anwendung findet, hervorzurufen, -und der Kunst, das Mittel ihrer Anwendung auf der Stelle zu finden. Zu -diesem hohen Grade der Klarheit und Freiheit muss die wissenschaftliche -Kunst sich in ihm gesteigert haben. Sein Wesen ist die Kunst, den -wissenschaftlichen Künstler selber zu bilden, welche Kunst eine -Wissenschaft der wissenschaftlichen Kunst auf ihrer ersten Stufe -voraussetzt, für deren Möglichkeit wiederum der eigene Besitz dieser -Kunst auf der ersten Stufe vorausgesetzt wird; in dieser Vereinigung und -Folge sonach besteht das Wesen eines Lehrers an einer Kunstschule des -wissenschaftlichen Verstandesgebrauchs. - -Das Princip, durch welches die wissenschaftliche Kunst zu dieser Höhe -sich steigert, ist die Liebe zur Kunst. - -Dieselbe Liebe ist es auch, die die wirklich entstandene Kunst der -Künstlerbildung immerfort von neuem beleben, und in jedem besonderen -Falle sie anregen und sie auf das Rechte leiten muss. Sie ist, wie alle -Liebe, göttlichen Ursprungs und genialischer Natur, und erzeugt sich -frei aus sich selber; für sie ist die übrige wissenschaftliche -Kunstbildung ein sicher zu berechnendes Product, sie selbst aber, die -Kunst dieser Kunstbildung, lässt sich nicht jederman anmuthen, noch -lässt sie selbst da, wo sie war, sich erhalten, falls ihr freier -Geniusflügel sich hinwegwendet. - -Diese Liebe jedoch pflanzt auf eine unsichtbare Weise sich fort, und -regt unbegreiflich den Umkreis an. Nichts gewährt höheres Vergnügen, als -das Gefühl der Freiheit und zweckmässigen Regsamkeit des Geistes, und -des Wachsthums dieser Freiheit, und so entsteht das liebevollste und -freudenvollste Leben des Lehrlings in diesen Uebungen, und in dem Stoffe -derselben. - -Diese Liebe für die Kunst ist in Beziehung auf andere ^achtend^, und -richtet vom Lehrer, als dem eigentlichen Focus, ausgegangen mit dieser -Achtung aus dem Individuum heraus sich auf die anderen, welche -gemeinschaftlich mit ihm diese Kunst treiben, und zieht jeden hin zu -allen übrigen, wodurch die §. 8 geforderte wechselseitige Mittheilung -Aller, und die Verschmelzung der Einzelnen zu einem lernenden -organischen Ganzen, wie es gerade nur aus diesen lernenden Individuen -sich bilden kann, entstehet, deren Möglichkeit noch zu erklären war. - -(Ein geistiges Zusammenleben, das ^zunächst^ der schnelleren, -fruchtbareren und in den Formen sehr vielseitigen Geistesentwickelung, -^später^ im bürgerlichen Leben der Entstehung eines Corps von -Geschäftsleuten dient, in welchem nicht, wie bisher, der eigentliche -Gelehrte, der dem Geschäftsmanne für einen Quer- und verrückenden Kopf -gilt, diesem meist mit Recht den stumpfen Kopf und den empirischen -Stümper zurückgiebt, -- sondern, die einander frühzeitig durchaus kennen -und achten gelernt haben, und die von einer Allen gleichbekannten und -unter ihnen gar nicht streitigen Basis in allen ihren Berathungen -ausgehen.) - - - §. 12. - -Diese Kunst der wissenschaftlichen Künstlerbildung, falls sie etwa in -irgend einem Zeitalter zum deutlichen Bewusstseyn hervorbrechen und zu -irgend einem Grade der Ausübung gedeihen sollte, muss, in Absicht ihrer -Fortdauer und ihres Erwachsens zu höherer Vollkommenheit, keinesweges -dem blinden Ohngefähr überlassen werden; sondern es muss, und dieses am -schicklichsten an der schon bestehenden Kunstschule selbst, eine feste -Einrichtung getroffen werden, dieselbe mit Besonnenheit und nach einer -festen Regel zu erhalten, und zu höherer Vollkommenheit zu bilden; -wodurch diese Kunstschule, so wie jedes mit wahrhaftem Leben existirende -Wesen soll, ihre ewige Fortdauer verbürgen würde. - -Sie ist, wie oben gesagt, selbst der höchste Grad der wissenschaftlichen -Kunst, erfordernd die höchste Liebe und die höchste Fertigkeit und -Geistesgewandtheit. Es ist darum klar, dass sie nicht allen angemuthet -werden könne, wie man denn auch nur weniger, die sie ausüben, bedarf; -aber sie muss allen angeboten und mit ihnen der Versuch gemacht werden, -damit man sicher sey, dass nirgends dieses seltene Talent, aus Mangel an -Kunde seiner, ungebraucht verloren gehe. - -Für diesen Zweck wäre demnach der Lehrling, doch ohne Ueberspringen und -nach erlangter hinlänglicher Gewandtheit in den niederen Graden der -Kunst, zur Ausübung aller der oben erwähnten Geschäfte des Lehrers -anzuhalten, unter Aufsicht und mit der Beurtheilung des eigentlichen -Lehrers, so wie der anderen, in demselben Grade befindlichen Lehrlinge. -So denselben Weg zurücklegend unter der Leitung des schon geübten -Lehrers, und vertraut gemacht mit dessen Kunstgriffen, welchen Weg der -Lehrer selbst, von keinem geholfen und im Dunkeln tappend, gehen musste, -wird dieser Lehrling es ohne Zweifel noch viel weiter bringen in geübter -und klarer Kunst, denn sein Lehrer, und einst selber nach demselben -Gesetze eine noch geübtere und klarere Generation hinterlassen. - -(Es geht hieraus hervor, dass eine solche Pflanzschule -wissenschaftlicher Künstler überhaupt, nach den verschiedenen Graden -dieser Kunst, auf ihrer höchsten Spitze ein Professor-Seminarium seyn -würde, und also genannt werden könnte. Man hat homiletische Uebungen -gehabt, um zur Kunst des Vortrages für das Volk, man hat -Schullehrer-Seminaria gehabt, um den Vortrag für die niedere Schule zu -bilden; an eine besondere Uebung oder Prüfung in der Kunst des -akademischen Vortrages aber hat unseres Wissens niemand gedacht, gleich -als ob es sich von selbst verstände, dass man, was man nur wisse, auch -werde sagen können: zum schlagenden Beweise, dass man mit deutlichem -Bewusstseyn, so weit dieses in dieser Region gedrungen, mit der -Universität durchaus nichts mehr beabsichtigt, als dem gedruckten -Buchwesen noch ein zweites redendes Buchwesen an die Seite zu setzen; -wodurch unsere Rede wieder in ihren Ausgangspunct hineinfällt, zum -Beweise, dass sie ihren Kreis durchlaufen hat. - - - §. 13. - Corollarium. - -Der bis hierher entwickelte Begriff, selbst angesehen in einem -wissenschaftlichen Ganzen, giebt der Kunst der Menschenbildung oder der -Pädagogik den Gipfel, dessen sie bisher ermangelte. Ein anderer Mann hat -in unserem Zeitalter die ebenfalls vorher ermangelnde Wurzel derselben -Pädagogik gefunden. Jener Gipfel macht möglich die höchste und letzte -Schule der wissenschaftlichen Kunst; diese Wurzel macht möglich die -erste und allgemeine Schule des Volks, das letzte Wort nicht für Pöbel -genommen, sondern für die Nation. Der mittlere Stamm der Pädagogik ist -die niedere Gelehrtenschule. - -Aber der Gipfel ruht fest nur auf dem Stamme, und dieser zieht seinen -Lebenssaft nur aus der Wurzel; alle insgesammt haben nur an-, in- und -durcheinander Leben und versicherte Dauer. Ebenso verhält es sich auch -mit der höheren und der niederen Gelehrtenschule, und mit der -Volksschule. Wir unseres Ortes, die wir die erstere beabsichtigen, -gehen, so gut wir es unter diesen Umständen vermögen, aus unserem -besonderen und abgeschnittenen Mittelpuncte aus, unseren Weg fort, nur -auf die niedere Gelehrtenschule, mit der wir allernächst zusammenhängen, -und ohne deren Beihülfe wir nicht füglich auch nur einen Anfang machen -können, die nöthige Rücksicht nehmend. Ebenso geht ihres Orts, und -unser, die wir nur selbst erst unser eigenes Daseyn suchen, unserer -Hülfe und unseres leitenden Lichtes entbehrend, die allgemeine Pädagogik -ihren Weg fort, so gut sie es vermag. Aber arbeiten wir nur redlich -fort, jeder an seinem Ende: wir werden mit der Zeit zusammenkommen, und -insgesammt in einander eingreifen; denn jedweder Theil, der nur in sich -selber etwas Rechtes ist, ist Theil zu einem grösseren ewigen Ganzen, -das in der Erscheinung nur aus der Zusammenfügung der einzelnen Theile -zusammentritt. Da aber, wo wir zusammenkommen werden, wird der armen, -jetzt in ihrer ganzen Hülfslosigkeit dastehenden Menschheit Hülfe und -Rettung bereit seyn; denn diese Rettung hängt lediglich davon ab, dass -die Menschenbildung im Grossen und Ganzen aus den Händen des blinden -Ohngefährs unter das leuchtende Auge einer besonnenen Kunst komme. - -Diese Einsicht und das Bewusstseyn, dass uns ein grosser Moment gegeben -ist, der, ungenutzt verstrichen, nicht leicht wiederkehrt, bringe -heiligen Ernst und Andacht in unsere Berathungen. - - - Anmerkung. - -Da man oft unerwartet auf Verkennung jenes höchsten Grundsatzes alles -unseres Lebens und Treibens stösst, so ist es vielleicht nicht -überflüssig, hierüber noch einige Worte hinzuzufügen. - -Ein blindes Geschick hat die menschlichen Angelegenheiten erträglich, -und obgleich langsam, dennoch zu einiger Verbesserung des ganzen -Zustandes geleitet, so lange in diese Dunkelheit das gute und böse -Princip in der Menschheit gemeinschaftlich und mit einander verwachsen -eingehüllt war. Diese Lage der Dinge hat sich verändert, durch diese -Veränderung ist eben ein durchaus neues Zeitalter, gegen dessen -Anerkenntniss man sich noch so häufig sträubt, und es sind durchaus neue -Aufgaben an die Zeit entstanden. Das böse Princip hat nemlich aus jener -Mischung sich entbunden zum Lichte; es ist sich selbst vollkommen klar -geworden, und schreitet frei und besonnen und ohne alle Scheu und Scham -vorwärts. Klarheit siegt allemal über die Dunkelheit; und so wird denn -das böse Princip ohne Zweifel Sieger bleiben so lange, bis auch das gute -sich zur Klarheit und besonnenen Kunst erhebt. - -In allen menschlichen Verhältnissen, besonders aber in der -Menschenbildung, ist das Alte und Hergebrachte das Dunkele; eine Region, -die mit dem klaren Begriffe zu durchdringen und mit besonnener Kunst zu -bearbeiten man Verzicht leistet, und aus welcher herab man den Segen -Gottes ohne sein eigenes Zuthun erwartet. Setzt man in diesem -Glaubenssysteme jenem göttlichen Segen etwa noch eine menschliche -Direction und Oberaufsicht an die Seite, so ist das eine blosse -Inconsequenz. Das Alte ist ja jedermänniglich bekannt, diesem soll -gefolgt werden, es giebt darum keine Pläne auszudenken; der Erfolg kommt -von oben herab, und keine menschliche Klugheit kann hier etwas -ausrichten; es giebt darum auch nichts zu leiten, und die Oberaufsicht -ist ein völlig überflüssiges Glied. Nur in dem Falle, dass Behauptungen, -wie die unsrige, von freier und besonnener Kunst sich vernehmen liessen -und einen Einfluss begehrten, erhielte sie eine Bestimmung, die, der -Neuerung sich kräftig zu widersetzen, und festzuhalten über dem alten -hergebrachten Dunkel. - -Es ist nicht zu hören, wenn die Sicherheit dieses alten und -ausgetretenen Weges gepriesen, dagegen das Unsichere und Gewagte aller -Neuerungen gefürchtet wird. Bleibt man beim Alten, so wird der Erfolg -schlecht seyn, darauf kann man sich verlassen; denn es kann, nachdem die -Welt einmal ist, wie sie ist, aus dem Dunkeln nichts Anderes mehr -hervorgehen, denn Böses. Hofft man etwa dabei das zu gewinnen, dass man -sich sagen könne, man habe das Böse wenigstens nicht durch sein thätiges -Handeln herbeigeführt, es sey eben von selbst gekommen, und man würde -nichts dagegen gehabt haben, wenn statt dessen das Gute gekommen wäre? -Man muss leicht zu trösten seyn, wenn man damit sich beruhigt. Und warum -sollte es denn ein so grosses Wagstück seyn, nach einem klaren und -festen Begriffe einherzugehen? Wagen wird man allein in den beiden -Fällen, wenn man entweder seines Begriffes nicht Meister ist, oder nicht -schon im voraus entschlossen, sein Alles an die Ausführung desselben zu -setzen. Aber nichts nöthigt uns, uns in einem dieser beiden Fälle zu -befinden. - -Am wenigsten würden wir den Grundbegriff von einer Universität gelten -lassen, dass dieselbe sey keinesweges eine Erziehungsanstalt, deren -unfehlbaren Erfolg man soviel möglich sichern müsse, sondern eine im -Grunde überflüssige und nur als freie Gabe zu betrachtende -Bildungsanstalt, die jeder, der in der Lage sey, mit Freiheit gebrauchen -könne, wie er eben wolle. Giebt es solche Anstalten, als da etwa wäre -das Werkmeistersche Museum u. dergl., so können dieselben nur seyn für -weise Männer und gemachte Bürger, die in Absicht einer persönlichen -Bestimmung und eines festen Berufes mit dem Staate sich schon abgefunden -haben, keinesweges für Jünglinge, die einen Beruf noch suchen. Auch hat -bisher der Staat, -- und dies ist auch ein Altes und Wohlhergebrachtes, -bei welchem es ohne Zweifel sein Bewenden wird haben müssen, -- es hat -der Staat allerdings auf die Universitäten gerechnet, als eine -nothwendige und bisher durch nichts Anderes ersetzte Erziehungsanstalt -eines Standes, an dem ihm viel gelegen ist: und es wäre zu erwarten, was -erfolgen würde, wenn nur drei Jahre hintereinander es der Freiheit aller -Studirenden gefiele, die Universität nicht auf die rechte Weise zu -benutzen. Oder soll man voraussetzen, dass es mitten in unseren -gebildeten Staaten noch einen Haufen von Menschen gebe, deren -angeborenes Privilegium dies ist, dass kein Mensch Anspruch auf ihre -Kräfte und die Bildung derselben habe, und denen es freistehen muss, ob -sie zu etwas oder zu nichts taugen wollen, weil sie ausserdem zu leben -haben? Soll für diese vielleicht jene freie und auf gar nichts rechnende -Bildungsanstalt angelegt werden, damit sie, wenn sie wollen, hier die -Mittel erwerben, ihr einstiges müssiges Leben mit weniger Langeweile -hinzubringen? Alles zugegeben, möchten wenigstens diese Klassen selbst -für die Befriedigung dieses ihres Bedürfnisses sorgen; aber dem Staate -liessen die Kosten einer solchen Anstalt sich keinesweges aufbürden. - - - - - Zweiter Abschnitt. - Wie unter den gegebenen Bedingungen der Zeit und des Orts der - aufgegebene Begriff realisirt werden könne. - - - §. 14. - -Soll unsere Lehranstalt keinesweges etwa eine in sich selbst -abgeschlossene Welt bilden, sondern soll sie eingreifen in die wirklich -vorhandene Welt, und soll sie insbesondere das gelehrte Erziehungswesen -dieser Welt umbilden, so muss sie sich anschliessen an dasselbe, so wie -es ist und sie dasselbe vorfindet. Dieses muss ihr erster Standpunct -seyn; dies der von ihr anzueignende und durch sie zu organisirende -Stoff; sie aber das geistige Ferment dieses Stoffes. Sie muss sich -erzeugen und sich fortbilden innerhalb einer gewöhnlichen Universität, -weil wir dies nicht vermeiden können, so lange bis die letztere in die -erste aufgehend gänzlich verschwinde: keinesweges aber müssen wir von -dem Gedanken ausgehen, dass wir eine ganz gewöhnliche Universität und -nichts weiter bilden wollen. - - - §. 15. - -Diese nothwendige Stätigkeit des Fortgangs in der Zeit sogar -abgerechnet, vermögen wir in dieses Vorhabens Ausführung um so weniger -anders, denn also zu verfahren, da die freie ^Kunst der besonderen -Wissenschaft sowohl überhaupt, als in ihren einzelnen Fächern^ dermalen -noch gar nicht also vorhanden ist, dass sie sicher und nach einer Regel -aufbehalten und fortgepflanzt werden könnte; sondern diese freie Kunst -der ^besonderen^ Wissenschaft erst selber in der schon vorhandenen -Kunstschule zu deutlichem Bewusstseyn und zu geübter Fertigkeit erhoben -werden, und so die Kunstschule einem ihrer wesentlichen Theile nach sich -selber erst erschaffen muss. So nun nicht wenigstens der Ausgangspunct -dieser Kunst in der Wissenschaft überhaupt, und unabhängig von dem -Vorhandenseyn der Schule, irgendwo und irgendwann zu existiren -vermöchte, so würde es niemals zu einer solchen Kunstschule, ja sogar -nicht zu dem Gedanken und der Aufgabe derselben kommen. - - - §. 16. - -Mit diesem Ausgangspuncte der wissenschaftlichen Kunst verhält es sich -nun also. Kunst wird (§. 4) dadurch erzeugt, dass man deutlich versteht, -^was^ man und ^wie^ man es macht. Die besondere Wissenschaft aber ist in -allen ihren einzelnen Fächern ein besonderes Machen und Verfahren mit -dem Geistesvermögen; und man hat dies von jeher anerkannt, wenn man z. -B. vom historischen Genie, Tact und Sinne, oder von Beobachtungsgabe u. -dergl., als von besonderen, ihren eigenthümlichen Charakter tragenden -Talenten gesprochen. Nun ist ein solches Talent allemal Naturgabe, und -da es ein besonderes Talent ist, so ist der Besitzer desselben eine -besondere und auf diesen Standpunct beschränkte Natur, die nicht -wiederum über diesen Punct sich erheben, ihn frei anschauen, ihn mit dem -Begriffe durchdringen und so aus der blossen Naturgabe eine freie Kunst -machen könnte. Und so würde denn die besondere Wissenschaft entweder gar -nicht getrieben werden können, weil es an Talent fehlte, oder, wo sie -getrieben würde, könnte es, eben weil dazu Talent, das eben nur Talent -sey, gehört, niemals zu einer besonnenen Kunst derselben kommen. So ist -es denn auch wirklich. Der Geist jeder besonderen Wissenschaft ist ein -beschränkter und beschränkender Geist, der zwar in sich selber lebt und -treibet, und köstliche Früchte gewährt, der aber weder sich selbst, noch -andere Geister ausser ihm zu verstehen vermag. Sollte es nun doch zu -einer solchen Kunst in der besonderen Wissenschaft kommen, so müsste -dieselbe, unabhängig von ihrer Ausübung, und noch ehe sie getrieben -würde, verstanden, d. i. die Art und Weise der geistigen Thätigkeit, -deren es dazu bedarf, erkannt werden, und so der allgemeine ^Begriff^ -ihrer Kunst der ^Ausübung^ dieser Kunst selbst vorhergehen können. Nun -ist dasjenige, was die ^gesammte^ geistige Thätigkeit, mithin auch alle -besonderen und weiter bestimmten Aeusserungen derselben wissenschaftlich -erfasst, die Philosophie: von philosophischer Kunstbildung aus müsste -sonach den besonderen Wissenschaften ihre Kunst gegeben, und das, was in -ihnen bisher blosse, vom guten Glücke abhängende Naturgabe war, zu -besonnenem Können und Treiben erhoben werden; der Geist der Philosophie -wäre derjenige, welcher zuerst sich selbst, und sodann in sich selber -alle anderen Geister verstände; der Künstler in einer besonderen -Wissenschaft müsste vor allen Dingen ein philosophischer Künstler -werden, und seine besondere Kunst wäre lediglich eine weitere Bestimmung -und einzelne Anwendung seiner allgemeinen philosophischen Kunst. - -(Dies dunkel fühlend hat man, wenigstens bis auf die letzten durch und -durch verworrenen und seichten Zeiten, geglaubt, dass alle höhere -wissenschaftliche Bildung von der Philosophie ausgehen, und dass auf -Universitäten die philosophischen Vorlesungen von Allen und zuerst -gehört werden müssten. Ferner hat man in den besonderen Wissenschaften -z. B. von philosophischen Juristen oder Geschichtsforschern oder Aerzten -gesprochen, und man wird finden, dass von denen, welche sich selber -verstanden, immer diejenigen mit dieser Benennung bezeichnet wurden, die -mit der grössten Fertigkeit und Gewandtheit ihre Wissenschaft vielseitig -anzuwenden wussten, sonach die ^Künstler^ in der Wissenschaft. Denn -diejenigen, welche ^a priori^ phantasirten, wo es galt Facta -beizubringen, sind ebenso, wie diejenigen, die sich auf die wirkliche -Beschaffenheit der Dinge beriefen, wo das apriorische Ideal dargestellt -werden sollte, von den Verständigen mit der gebührenden Verachtung -angesehen worden.) - - - §. 17. - -Die erste und ausschliessende Bedingung der Möglichkeit, eine -wissenschaftliche Kunstschule zu errichten, würde demnach diese seyn, -dass man einen Lehrer fände, der da fähig wäre, das Philosophiren selber -als eine Kunst zu treiben, und der es verstände, eine Anzahl seiner -Schüler zu einer bedeutenden Fertigkeit in dieser Kunst zu erheben, mit -welcher nun einige dieser wiederum den ihnen anderwärts herzugebenden -positiven Stoff der besonderen Wissenschaften durchdrängen, und sich -auch in diesen zu Künstlern bildeten; von welchen letzteren wiederum -diejenigen, die es zu dem Grade der Klarheit dieser Kunst gebracht -hätten, dass sie selbst Künstler zu bilden vermöchten, ihre Kunst -fortpflanzten. Nachdem dieses Letztere über das ganze Gebiet der -Wissenschaften möglich geworden, in einer solchen Ausdehnung, dass man -auf die sichere Fortpflanzung der gesammten wissenschaftlichen Kunst bis -ans Ende der Tage rechnen könnte: alsdann stände die beabsichtigte -wissenschaftliche Kunstschule da, und wäre errichtet. - - - §. 18. - -Dieser philosophische Künstler muss, beim Beginnen der Anstalt, ein -einziger seyn, ausser welchem durchaus kein anderer auf die Entwickelung -des Lehrlings zum Philosophiren Einfluss habe. Wer dagegen einwenden -wollte, dass es, um die Jünglinge vor Einseitigkeit und blindem Glauben -an Einen Lehrer zu verwahren, auf einer höheren Lehranstalt vielmehr -eine Mannigfaltigkeit der Ansichten und Systeme, und eben darum der -Lehrer geben müsse, würde dadurch verrathen, dass er weder von der -Philosophie überhaupt, noch vom Philosophiren, als einer Kunst, einen -Begriff habe. Denn obwohl, falls es Gewissheit giebt und dieselbe dem -Menschen erreichbar ist (wer über diesen Punct sich noch in Zweifel -befände, der wäre nicht ausgestattet, um mit uns über die Einrichtung -eines ^wissenschaftlichen^ Instituts zu berathschlagen), der Lehrer, den -wir suchen, selber in sich seiner Sache gewiss seyn und ein System haben -muss, indem im entgegengesetzten Falle er mit seinem Philosophiren nicht -zu Ende gekommen wäre, mithin die ganze Kunst des Philosophirens nicht -einmal selber ausgeübt hätte und so durchaus unfähig wäre, dieselbe in -ihrem ganzen Umfange mit Bewusstseyn zu durchdringen, und sie anderen -mitzutheilen, und wir uns daher in der Wahl der Person vergriffen hätten --- obwohl, sage ich, dies also ist, so wird er dennoch in seinem -Bestreben, selbstthätige, die Gewissheit in sich selbst erzeugende und -das System selbst erfindende Künstler zu bilden, nicht von seinem -Systeme, noch überhaupt von irgend einer positiven Behauptung -^ausgehen^; sondern nur ihr systematisches Denken anregen, freilich in -der sehr natürlichen Voraussetzung, dass sie am Ende desselben bei -demselben Resultate ankommen werden, bei dem auch er angekommen, und -dass, wenn sie bei einem anderen ankommen, irgendwo in der Ausübung der -Kunst ein Fehler begangen worden. Wäre irgend ein anderer neben ihm, der -ihm widerspräche, so müsste dieser etwas ^behaupten^; liesse er sich -verleiten, dem Widerspruche zu widersprechen, so müsste nun auch er -behaupten, und es entstände Polemik. Wo aber Polemik ist, da ist Thesis, -und wo Thesis ist, da wird nicht mehr thätig philosophirt, sondern es -wird nur das Resultat des, so Gott will, vorher ausgeübten thätigen -Philosophirens historisch erzählt; somit hebt die Polemik das Wesen -einer philosophischen Kunstschule gänzlich auf, und es ist ihr darum -aller Eingang in diese abzuschneiden. -- - -(Dieselbe Unbekanntschaft mit dem Wesen der Philosophie würde verrathen -eine andere Bemerkung, die folgende: es müsse auf einer solchen Anstalt -die Vollständigkeit der sogenannten philosophischen Wissenschaften -beabsichtigt werden, und dies, da sie einem Einzigen nicht wohl -anzumuthen sey, werde eine Mehrheit der Lehrer der Philosophie -verlangen. Denn wenn nur wirklich der philosophische Geist und die Kunst -des Philosophirens entwickelt ist, so wird ganz von selbst diese sich -über die gesammte Sphäre des Philosophirens ausbreiten, und diese in -Besitz nehmen; sollte aber für andere, an welchen das Streben, sie in -diese Kunst einzuweihen, mislingt, die wir aber dennoch, aus Mangel -besserer Subjecte, in den bürgerlichen Geschäften anstellen und brauchen -müssten, irgend ein historisch zu erlernender ^philosophischer -Katechismus^, als Rechtslehre, Moral u. dergl. nöthig seyn, so wird ja -wohl dieser in gedruckten Büchern irgendwo vorliegen, an deren eigenes -Studium auch hier, so wie in den anderen Fächern, dergleichen Subjecte -vom Lehrer der Philosophie hingewiesen, und erforderlichenfalles darüber -examinirt würden.) - - - §. 19. - -Mit diesem also entwickelten philosophischen Geiste, als der reinen Form -des Wissens, ^müsste nun der gesammte wissenschaftliche Stoff in seiner -organischen Einheit^ auf der höheren Lehranstalt aufgefasst und -durchdrungen werden, also dass man genau wüsste, was zu ihm gehöre oder -nicht, und so die strenge Grenze zwischen Wissenschaft und -Nichtwissenschaft gezogen würde; dass man ferner das organische -Eingreifen der Theile dieses Stoffes ineinander, und das gegenseitige -Verhältniss derselben unter sich allseitig verstände, damit man daraus -ermessen könnte, ob dieser Stoff am Lehrinstitute vollständig bearbeitet -werde, oder nicht; in welcher ^Folge^ oder ^Gleichzeitigkeit^ am -vortheilhaftesten diese einzelnen Theile zu bearbeiten seyen; bis zu -welcher Potenz die ^niedere^ Schule denselben zu erheben, und wo -eigentlich die höhere einzugreifen habe; ferner, bis zu welcher -Potenz auch auf der letzteren ^alle^, die auf den Titel eines -wissenschaftlichen Künstlers Anspruch machen wollten, ihn auszubilden -hätten, und wie viel dagegen der ^besonderen^ Ausbildung für ein -^bestimmtes praktisches^ Fach anheimfiele und vorbehalten bleiben müsse. -Dies gäbe eine philosophische Encyklopädie der gesammten Wissenschaft, -als stehendes Regulativ für die Bearbeitung aller besonderen -Wissenschaften. - -(Wenn auch allenfalls die Philosophie schon jetzt fähig seyn sollte, zu -einer solchen encyklopädischen Ansicht der gesammten Wissenschaft in -ihrer organischen Einheit einige Auskunft zu geben, so ist doch die -übrige wissenschaftliche Welt viel zu abgeneigt, der Philosophie die -Gesetzgebung, die sie dadurch in Anspruch nähme, zuzugestehen, oder -dieselbe in dergleichen Aeusserungen auch nur nothdürftig zu begreifen, -als dass sich hiervon einiger Erfolg sollte erwarten lassen. Auch -müssten, da es hier nicht um theoretische Behauptung einiger Sätze, -sondern um Einführung einer Kunst zu thun ist, erst eine beträchtliche -Anzahl von Männern gebildet werden, die da fähig wären, eine solche -Encyklopädie nicht bloss zu verstehen und wahr zu finden, sondern auch -nach den Regeln derselben die besonderen Fächer der Wissenschaft -wirklich zu bearbeiten; dass es daher am schicklichsten seyn wird, -hierüber sich vorläufig gar nicht auszusprechen, sondern jene -Encyklopädie durch das wechselseitige Eingreifen der Philosophie und der -philosophisch kunstmässigen Bearbeitung der nun eben vorhandenen -besonderen Fächer der Wissenschaft, allmählig von selber erwachsen zu -lassen; dass mithin in Absicht dieses ihr sehr wesentlichen -Bestandtheiles die Kunstschule sich selbst innerhalb ihrer selbst -erschaffen müsste.) - - - §. 20. - -Beim Anfange und so lange, bis es dahin gekommen, müssen wir uns -begnügen, die vorliegenden Fächer ohne organischen Einheitspunct bloss -historisch aufzufassen, nur dasjenige, wovon wir schon bei dem -gegenwärtigen Grade der allgemeinen philosophischen Bildung darthun -können, dass es dem wissenschaftlichen Verstandesgebrauche entweder -geradezu widerspreche, oder nicht zu demselben gehöre, von uns -ausscheidend, das Uebrige aufnehmend, und es in seiner Würde und an -seinem Platze bis zur besseren allgemeinen Verständigung stehen lassend; -ferner in diesen Fächern die am meisten ^philosophischen^, d. i. die mit -der grössten Freiheit, Kunstmässigkeit und Selbstständigkeit in -denselben verfahrenden unter den Zeitgenossen, zu Lehrern uns -anzueignen; endlich, diese zu der am meisten philosophischen, d. i. zu -der, Selbstthätigkeit und Klarheit am sichersten entwickelnden, -Mittheilung ihres Faches anzuhalten und sie darauf zu verpflichten. - - - §. 21. - -Ueber den ersten Punct, betreffend die Ausscheidung, werden wir -demnächst beim Durchgehen der vorhandenen wissenschaftlichen Fächer uns -erklären. Ueber den zweiten merke ich hier im allgemeinen nur das an, -dass wir den Vortheil haben, in einigen der Hauptfächer diejenigen, -welche als die freisten und selbstthätigsten allgemein anerkannt sind, -schon jetzt die unserigen zu nennen, und dass, falls nicht etwa einige -für die Herablassung und für das Wechselleben mit ihren Schülern, das -dieser Plan ihnen anmuthet, sich zu vornehm dünken, wir hoffen dürfen, -sie für unseren Zweck zu gewinnen, und dass in anderen Fächern, in denen -wir nicht mit derselben Zuversichtlichkeit dasselbe rühmen können, der -Unterschied zwischen den Zeitgenossen in Absicht des angegebenen -Gesichtspunctes überhaupt nicht sehr gross ist, und wir darum hoffen -dürfen, ohne grosse Schwierigkeit die nothwendigen Stellen so gut zu -besetzen, als sie unter den gegenwärtigen Umständen überhaupt besetzt -werden können; dass es aber ausschliessende Bedingung sey, dass -dieselben schon vor ihrer Berufung und Anstellung sowohl über unseren -Hauptplan, als über den dritten Punct in Absicht des zu wählenden -Vortrages unterrichtet, und aufrichtig mit uns einverstanden seyen. In -Absicht dieses dritten Punctes endlich, stellen wir als eine Folge aus -allem Bisherigen fest, dass -- die oben erwähnten Examina, -Conversatorien und Aufgaben, als die erste charakteristische Eigenheit -unserer Methode, deren Anwendung im besonderen Falle am gehörigen Orte -näher wird beschrieben werden, noch abgerechnet, -- alle mündliche -Mittheilung über ein besonderes Fach ausgehen müsse von der -^Encyklopädie^ dieses Faches, und dass dieses die allererste Vorlesung -jedes bei uns anzustellenden Lehrers seyn und von jedem Schüler zu -allererst gehört werden müsse. Denn die bis zur höchsten Klarheit -gesteigerten einzelnen Encyklopädien der besonderen Fächer, besonders -wenn sie alle zusammen den Lehrern und Zöglingen der Anstalt bekannt -sind, sind das zunächst in die von der Philosophie ausgehen sollende -^allgemeine Encyklopädie^ (§. 19. am Schlusse) eingreifende Glied, -arbeiten derselben mächtig vor, und werden der letzteren, wenn sie -entstehen wird, die vollkommene Verständlichkeit ertheilen müssen, indem -auch sie selber umgekehrt von ihr neue Festigkeit und Klarheit erhalten -werden. Sodann ist Einheit und Ansicht der Sache aus Einem -Gesichtspuncte heraus der Charakter der Philosophie und der freien -Kunstmässigkeit, die wir anstreben; dagegen unverbundene -Mannigfaltigkeit und mit nichts zusammenhängende Einzelheit der -Charakter der Unphilosophie, der Verworrenheit und der Unbehülflichkeit, -welche wir eben aus der ganzen Welt austilgen möchten, und sie darum -nicht in uns selbst aufnehmen müssen. Endlich, wenn auch dieses alles -nicht so wäre, können wir aus Mangelhaftigkeit der niederen Schule zu -Anfange bei unseren Schülern nicht auf ein solches schon fertiges Gerüst -des gesammten wissenschaftlichen Stoffes, wie es oben (§. 10.) -beschrieben worden, rechnen, und müssen zu allererst diesen Mangel in -unseren besonderen Encyklopädien ersetzen. Die Hauptgesichtspuncte einer -solchen auf eine wissenschaftliche Kunstschule berechneten Encyklopädie -sind die folgenden: ^dass sie zuvörderst die eigentliche -charakteristische Unterscheidung des Verstandesgebrauches^ in diesem -Fache, und die besonderen Kunstgriffe oder Vorsichtsregeln in ihm mit -aller dem Lehrer selbst beiwohnenden Klarheit angebe, und sie mit -Beispielen belege (und so eben z. B. das ^historische Talent^, oder die -^Beobachtungsgabe^ mit dem Begriffe durchdringe); dass sie die Theile -dieser Wissenschaft vollständig und umfassend vorlege, und zeige, auf -welche besondere Weise jeder, und in welcher Zeitfolge sie studirt -werden müssen; endlich, dass sie die für den Zweck des Lehrlings nöthige -Literaturkenntniss des Faches gebe, und ihn berathe, ^was^, und in -^welcher Ordnung^ und etwa mit welchen Vorsichtsmaassregeln, er zu lesen -habe. Besonders in der letzten Rücksicht ist der Lehrer dem Lehrlinge -ein allgemeines Register und Repertorium des ^gesammten Buchwesens^ in -diesem Fache, inwieweit dasselbe dem Lehrlinge nöthig ist, schuldig; -welches nun der Lehrling selber, nach der ihm gegebenen Anleitung, zu -lesen, keinesweges aber vom Lehrer zu erwarten hat, dass auch dieser es -ihm noch einmal recitire. Gehört nun ferner, wie wir hoffen, der Lehrer -zu dem oben erwähnten edleren Bestandtheile der bisherigen -Universitäten, dass er mit dem gesammten Buchwesen seines Faches nicht -allerdings zufrieden und fähig sey, dasselbe hier und da zu verbessern, -so zeige er in seiner Encyklopädie diese fehlerhaften Stellen des -grossen Buches an, und lege dar seinen Plan, wie er in besonderen -Vorlesungen diese fehlerhaften Stellen verbessern wolle, und in welcher -Ordnung diese besonderen Vorlesungen, die insgesammt auf der festen -Unterlage seiner Encyklopädie ruhen, und auf ihr geordnet sind, zu hören -seyen. Ist dessen so viel, dass er es allein nicht bestreiten kann, so -wähle er sich einen Unterlehrer, der verbunden ist, in seinem Plane zu -arbeiten. Nur sage er nicht, was im Buche auch steht, sondern nur das, -was in keinem Buche steht. (Als Beispiel: dass in den Schüler der -niederen Schule sehr früh ein Inbegriff der Universalgeschichte -hineingebildet werden müsse, versteht sich, und ist oben gesagt; wozu -aber, ausser der Anweisung, wie man die gesammte Menschengeschichte zu -^verstehen^ habe, welche wohl am schicklichsten dem Philosophen -anheimfallen dürfte, auf der höheren Schule ein Cursus der -Universalgeschichte solle, bekenne ich nicht zu begreifen; dagegen aber -würde ich es für sehr schicklich und alles Dankes werth halten, wenn ein -Professor der Geschichte ein Collegium ankündigte über besondere Data -aus der Weltgeschichte, ^die keiner vor ihm so richtig gewusst habe, wie -er^, und er mit diesem Versprechen Wort hielte.) - -(Wir setzen der Erwähnung dieser von vielen so sehr angefeindeten -Encyklopädien, zur Vorbauung möglichen Misverständnisses, noch folgendes -hinzu. Mit derselben vollkommenen Ueberzeugung, mit welcher wir zugeben, -dass das Bestreben, bei solchen allgemeinen Uebersichten und Resultaten -^stehenzubleiben^, von Seichtigkeit, Trägheit und Sucht nach wohlfeilem -Glanze zeuge, und diese Schlechtigkeiten befördere, sehen wir zugleich -auch ein, dass das Widerstreben, ^von ihnen auszugehen^, den Lehrling -ohne Steuerruder und Compass in den verworrenen Ocean stürze, dass, -obwohl einige sich rühmen hierbei ohne Ertrinken davongekommen zu seyn, -man darum doch nicht das Recht habe, jederman derselben Gefahr -auszusetzen, dass selbst die Geretteten gesunder seyn würden, wenn sie -der Gefahr sich nicht ausgesetzt hätten; und dass die Quellen dieses -Widerstrebens keinesweges aus einer besseren Einsicht, sondern dass sie -grösstentheils aus dem persönlichen Unvermögen hervorgehen, solche -encyklopädische Rechenschaft über das eigene Fach zu geben, indem diese, -nur gross im Einzelnen, niemals zur Ansicht eines Ganzen sich erhoben -haben. Wer nun eine solche Encyklopädie seines Faches geben nicht könnte -oder nicht wollte, der wäre für uns nicht bloss unbrauchbar, sondern -sogar verderblich, indem durch seine Wirksamkeit der Geist unseres -Institutes sogleich im Beginne getödtet würde.) - - - §. 22. - -Wir gehen an die historische Auffassung des auf den bisherigen -Universitäten vorliegenden Stoffes, und schicken folgende zwei -allgemeine Bemerkungen voraus. Eine Schule des wissenschaftlichen -Verstandesgebrauches setzt voraus, dass verstanden und bis in seinen -letzten Grund durchdrungen werden könne, was sie sich aufgiebt; sonach -wäre ein solches, das den Verstandesgebrauch sich verbittet, und sich -als ein unbegreifliches Geheimniss gleich von vornherein aufstellt, -durch das Wesen derselben von ihr ausgeschlossen. Wollte also etwa die -Theologie noch fernerhin auf einem Gotte bestehen, der etwas wollte ohne -allen Grund; welches Willens Inhalt kein Mensch durch sich selber -begreifen, sondern Gott selbst unmittelbar durch besondere Abgesandte -ihm mittheilen müsste; dass eine solche Mittheilung geschehen sey, und -das Resultat derselben in gewissen heiligen Büchern, die übrigens in -einer sehr dunklen Sprache geschrieben sind, vorliege, von deren -richtigem Verständnisse die Seligkeit des Menschen abhange: so könnte -wenigstens eine Schule des Verstandesgebrauches sich mit ihr nicht -befassen. Nur wenn sie diesen Anspruch auf ihr allein bekannte -Geheimnisse und Zaubermittel durch eine unumwundene Erklärung aufgiebt, -laut bekennend, dass der Wille Gottes ohne alle besondere Offenbarung -erkannt werden könne, und dass jene Bücher durchaus nicht -^Erkenntnissquelle^, sondern nur ^Vehiculum des Volksunterrichtes^ -seyen, welche, ganz unabhängig von dem, was die Verfasser etwa wirklich -gesagt haben, beim wirklichen Gebrauche also erklärt werden müssen, wie -die Verfasser hätten sagen sollen; welches letztere, wie sie hätten -sagen sollen, darum schon vor ihrer Erklärung anderwärtsher bekannt seyn -müsse: nur unter dieser Bedingung kann der Stoff, den sie bisher -besessen hat, von unserer Anstalt aufgenommen und jener Voraussetzung -gemäss bearbeitet werden. Ferner haben mehrere bisher auf den -Universitäten bearbeitete Fächer (als die soeben erwähnte Theologie, die -Jurisprudenz, die Medicin) einen Theil, der nicht zur wissenschaftlichen -Kunst, sondern zu der sehr verschiedenen praktischen Kunst der Anwendung -im Leben gehört. Es gereicht sowohl einestheils zum Vortheile dieser -praktischen Kunst, die am besten in unmittelbarer und ernstlich -gemeinter Ausübung unter dem Auge des schon geübten Meisters erlernt -wird, als anderentheils zum Vortheile der wissenschaftlichen Kunst -selbst, welche zu möglichster Reinheit sich abzusondern und in sich -selbst sich zu concentriren hat: dass jener Theil von unserer -Kunstschule abgesondert, und in Beziehung auf ihn andere für sich -bestehende Einrichtungen gemacht werden. Was inzwischen auch in dieser -Rücksicht von der wissenschaftlichen Kunstschule zu beobachten sey, -werden wir bei Erwähnung der einzelnen Fälle beibringen. - - - §. 23. - -Nächst der Philosophie macht die ^Philologie^, als das allgemeine -Kunstmittel aller Verständigung, mit Recht den meisten Anspruch auf -Universalität. Ob auch wohl überhaupt ^für das gesammte studirende -Publicum^ auf der höheren Schule es eines philologischen Unterrichtes -bedürfen, oder vielmehr dieser schon auf der niederen Schule beendigt -seyn solle, ob insbesondere für diejenigen, ^die sich zu Schullehrern^ -bestimmen, und für die es allerdings einer weiteren Anführung bedarf, -die dahingehörigen Anstalten nicht schicklicher mit den niederen Schulen -selbst vereinigt werden würden: -- die Beantwortung dieser Frage können -wir für jetzt ^dem^ Zeitalter, da die allgemeine Encyklopädie geltend -gemacht seyn, und die niedere Schule seyn wird, was sie soll, -anheimgeben, und vorläufig es beim Alten lassen. - - - §. 24. - -Von der ^Mathematik^ sollte unseres Erachtens der reine Theil bis zu -einer gewissen Potenz schon auf der niederen Schule vollkommen abgethan -seyn; und es wäre hierdurch das, was oben über das Pensum dieser Schule -gesagt worden, zu ergänzen. Da auch hierauf im Anfange nicht zu rechnen -ist, so wäre vorläufig ein auf diesen gegenwärtigen Zustand der niederen -Schule berechneter Plan des mathematischen Studiums zu entwerfen. -- - -Auf allen Fall ist mein Vorschlag, dass ein ^Comité^ aus unseren -tüchtigsten Mathematikern ernannt, diesen unser Plan im Ganzen -vorgelegt, und ihnen aufgegeben würde, die Beziehung ihrer Wissenschaft -auf denselben zu ermessen, und demzufolge durch allgemeine Uebereinkunft -^Einen^ aus ihrer Mitte zu ernennen, oder auch einen Fremden zur -Vocation vorzuschlagen, dem die Encyklopädie, der Plan und die Direction -dieses ganzen Studiums übertragen würde. - - - §. 25. - -Die gesammte Geschichte theilt sich in die Geschichte der ^fliessenden^ -Erscheinung, und in die der ^dauernden^. Die erste ist die vorzüglich -also genannte Geschichte oder Historie, mit ihren Hülfswissenschaften; -die zweite die Naturgeschichte, -- welche ihren theoretischen Theil hat, -die Naturlehre. - -In der ersten ist der zu berufende Ober- und encyklopädische Lehrer über -unseren Grundplan zu verständigen; worüber er vorläufig mit uns einig -seyn muss. - -Das ausgedehnte Fach der ^Naturwissenschaft^ betreffend, welche durchaus -als ein organisches Ganze behandelt werden muss, kann ich nur ein -^Comité^, so wie oben bei der Mathematik, in Vorschlag bringen, das aus -seiner Mitte, oder auch einen Fremden rufend, den Encyklopädisten, -Entwerfer des Lehrplans, und Director des ganzen Studiums erwähle, und -falls es so nöthig befunden würde, nach seinem Plane den Vortrag -desselben, auch hier mit der beständigen Rücksicht, dass nicht mündlich -mitgetheilt werde, was so gut oder besser sich aus dem Buche lernen -lässt, ^unter sich vertheile^. Das Haupterforderniss eines solchen -Planes ist Vollständigkeit und organische Ganzheit der Encyklopädie. -Zugleich hat sie für ihr Fach sich mit der niederen Schule über die -Grenze zu berichtigen, und dieser die Potenz, die sie hervorbringen -soll, als ihr künftiges Pensum aufzugeben, welches auch für die oben -erwähnten, sowie für alle folgenden Fächer gilt, und hier einmal für -immer erinnert wird. Bloss die Philosophie verbittet die directe -Vorbereitung der niederen Schule, und ist nur ausschliessend eine Kunst -der höheren. - - - §. 26. - -Die drei sogenannten höheren Facultäten würden schon früher wohlgethan -haben, wenn sie sich, in Absicht ihres wahren Wesens, in dem ganzen -Zusammenhange des Wissens deutlich erkannt, und sich darum nicht, -pochend auf ihre praktische Unentbehrlichkeit und ihre Gültigkeit beim -Haufen, als ein abgesondertes und vornehmeres Wesen hingestellt, sondern -lieber jenem Zusammenhange sich untergeordnet und mit schuldiger Demuth -ihre Abhängigkeit erkannt hätten; indem sie nemlich verachteten, wurden -sie verachtet, und die Studirenden anderer Fächer nahmen keine Notiz von -dem, was jene ausschliessend für sich zu besitzen begehrten, wodurch -sowohl ihrem Studium, als der Wissenschaft im Grossen und Ganzen sehr -geschadet wurde. Wir werden auf Belege dieser Angabe stossen. Eine -wissenschaftliche Kunstschule muthet ihnen sogleich bei ihrem Eintritte -in ihren Umkreis diese Bescheidenheit zu. - -Der wissenschaftliche Stoff der ^Jurisprudenz^ ist ein Capitel aus der -Geschichte; sogar nur ein Fragment dieses Capitels, wie sie bisher -behandelt worden. Sie sollte seyn ^eine Geschichte der Ausbildung und -Fortgestaltung des Rechtsbegriffes unter den Menschen^, welcher -^Rechtsbegriff^ selber, unabhängig von dieser Geschichte, und als -^Herrscher^, keinesweges als ^Diener^, schon vorher durch Philosophiren -gefunden seyn müsste. In ihrer gewöhnlichen ersten, lediglich -praktischen Absicht, -- nur ^Richter^, welches ein untergeordnetes -Geschäft ist, zu bilden, wird sie Geschichte jener Ausbildung in dem -Lande, in welchem wir leben, und wenn es hoch geht, unter den Römern, -und so Fragment; aber ihr letzter praktischer Zweck ist der, den -^Gesetzgeber^ zu bilden; und für diesen Behuf möchte ihr wohl das ganze -Capitel rathsam seyn; denn obwohl, was überhaupt Gesetz seyn solle, -schlechthin ^a priori^ erkannt wird, so dürfte doch die Kunst, die -besondere Gestalt dieses Gesetzes für jede gegebene Zeit zu finden und -es ihr anzuschmiegen, der Erfahrung der gesammten bekannten Zeit in -demselben Geschäfte bedürfen. Richteramt sowohl als Gesetzgebung sind -praktische Anwendung ^der Geschichte^; und so hat die Jurisprudenz zu -ihrer ersten Encyklopädie die Encyklopädie der Geschichte, indem dieses -der Boden ist, auf welchem sie und der wissenschaftliche -Verstandesgebrauch in ihr ruhet, und die Ausübung derselben in ihrer -höchsten Potenz eigentlich die Kunst ist, eine Geschichte, und zwar eine -erfreulichere, als die bisherige, hervorzubringen. Die Anführung aber -zur praktischen Anwendung im Leben fällt ganz ausser den Umkreis der -Schule, und wären hierin die Schüler an die ausübenden Collegia zu -verweisen, unter deren Augen, aber auf die ^Verantwortung^ der Beamten, -denen sie anvertraut worden, sie für die künftige Geschäftsführung sich -vorbereiteten. Ich schlage daher für dieses Fach ein ^Comité^ vor, in -welchem aber der oben beschriebene Encyklopädist der Geschichte Sitz, -und für seinen Antheil entscheidende Stimme hätte. Dieses hätte einen -besonderen Encyklopädisten für die ^Theile^ und die Literatur des -beschriebenen Capitels anzustellen, den Studienplan vorzuzeichnen, und -die Anstalten für praktische Bildung unabhängig von der -wissenschaftlichen Kunstschule zu organisiren. Ich hoffe, dass bei -entschiedener Durchführung des Satzes, nicht mündlich zu lehren, was im -Buche steht, der Lectionskatalog dieser Facultät kürzer werden wird, als -er bisher war; wiewohl durch unsere Grundsätze des zu Erlernenden mehr -geworden ist. - -Die ^Heilkunde^ ruht auf dem zweiten Theile des positiv zu Erlernenden, -der ^Naturwissenschaft^; jedoch erlaubt ihr gegenwärtiger Zustand den -Zweifel, in welchem auch der Schreiber dieses sich zu befinden gern -bekennt, ob aus jener unstreitig wissenschaftlichen Basis in der -wirklichen Heilkunde auch nur ein einziger ^positiver Schluss^ zu -machen, und somit, ob diese Basis ^Leiterin^ sey in der Ausübung, wie in -der Jurisprudenz dies offenbar der Fall ist, oder ob nur gewissen -allgemeinen Resultaten jener Basis bloss nicht ^widersprochen werden -dürfe^ durch die Ausübung; jene daher (die Wissenschaft) für diese (die -Ausübung) nur ^negatives Regulativ^ und ^Correctiv^ wäre? Sollte, wie -wir befürchten, das Letzte der Fall seyn, und wie wir gleichfalls -befürchten, immerfort bleiben müssen, so gäbe es von der Wissenschaft in -irgend einem ihrer Zweige zu der ausübenden Heilkunde gar keinen -stätigen positiven Uebergang, sondern die letztere hätte ihren -eigenthümlichen Boden in einer ^besonderen^, niemals auf ^positive -Principien zurückzuführenden Beobachtung^; sie wäre somit von der -wissenschaftlichen Schule, welche alle Zweige der Naturwissenschaft bis -zu Anatomie, Botanik u. dergl. ohne alle Rücksicht auf Heilkunde, und -als jedem wissenschaftlich gebildeten Menschen überhaupt durchaus -anzumuthende Kenntnisse, sorgfältig triebe, abzusondern, und in einem -für sich bestehenden Institute, rein und ohne wissenschaftliche -Beimischung, die als in der Schule erlernt vorausgesetzt wird, von der -^materia medica^ z. B. an, die ja nichts ist, als die Anwendung der -ärztlichen Empirie auf die Botanik und dergl., zu treiben. Welche -unermesslichen Vortheile eine solche Verselbstständigung der -Naturwissenschaft, die bisher häufig nur als Magd der Heilkunde -betrachtet und bearbeitet wurde, und an ihrem Theile auch der Heilkunde, -dadurch aber dem ganzen wissenschaftlichen Gemeinwesen bringen würde, -leuchtet wohl von selbst ein. Es wäre daher aus Sachkundigen ein Comité -zu Beantwortung der oben aufgeworfenen Frage und zu Organisirung -derjenigen Anstalten, welche das Resultat dieser Beantwortung -erforderte, zu ernennen. Dass ein solches selbstständiges Institut der -Heilkunde den ihm anheimgefallenen Stoff nach einem festen, auf seine -Encyklopädie begründeten Plane, nach der Maxime, nicht zu lehren, was im -Buche schon steht, behandelte, wäre auch ihm zu wünschen, und es würde -sich von selbst verstehen. - -Nun aber, welches ja nicht aus der Acht zu lassen, haben auch die -wichtigsten Resultate der fortgesetzten ärztlichen Beobachtung, deren -wirkliche Vollziehung ihr allein überlassen wird, als ein Theil der -gesammten Naturbeobachtung, Einfluss auf den Fortgang der ganzen -Naturwissenschaft, und so muss auch die wissenschaftliche Schule sie -keinesweges verschmähen, sondern sich in den Stand setzen, fortdauernd -von ihr Notiz zu haben und bei ihr zu lernen. Jedoch wird die Ausbeute -davon niemals sofort und auf der Stelle eingreifen in das Ganze, und so -in den encyklopädischen Unterricht gehören; es wird drum eine andere, an -ihrem Orte anzugebende Maassregel getroffen werden müssen, dieselbe -aufzunehmen, und sie bis zur Eintragung in die Encyklopädie -aufzubewahren. - -Dass die ^Theologie^, falls sie nicht den ehemals laut gemachten und -auch neuerlich nie förmlich zurückgenommenen Anspruch auf ein Geheimniss -feierlich aufgeben wollte, in eine Schule der Wissenschaft nicht -aufgenommen werden könne, ist schon oben gezeigt. Giebt sie ihn auf, so -bequemt sie sich dadurch zugleich zu der bisher auch nicht so recht -zugegebenen Trennung ihres praktischen Theiles von ihrem -wissenschaftlichen. - -Um zuvörderst den ersten abzuhandeln: der Volkslehrer, den sie bisher zu -bilden sich vorsetzte, ist in seinem Wesen der Vermittler zwischen dem -höheren, dem wissenschaftlich ausgebildeten Stande (denn einen anderen -höheren Stand giebt es nicht, und was nicht wissenschaftlich ausgebildet -ist, ist Volk), und dem niederen, oder dem Volke. Zunächst zwar, und -dies mit vollem Rechte, knüpft er sein Bildungsgeschäft an die Wurzel -und das Allgemeinste aller höheren menschlichen Bildung, an die Religion -an; aber nicht bloss diese, sondern alles, was von der höheren Bildung -an das Volk zu bringen und seinem Zustande anzupassen ist, soll er -immerfort demselben zuführen. - -Nichts verhindert, dass er nicht noch neben diesem Berufe ein die -Wissenschaft selbst in ihrer Wurzel selbstthätig bearbeitender und sie -weiter bringender Gelehrter sey, wenn er ^will^ und ^kann^; aber es ist -ihm für diesen Beruf nicht nothwendig, und drum ihm nicht anzumuthen. Es -ist für ihn hinlänglich, dass er überhaupt die Kunst besitze, -wissenschaftliche Gegenstände zu ^verstehen^ und sich über sie -^verständlich zu machen^, die er ja schon in der niederen Schule, welche -er auf alle Fälle durchzumachen hat, gelernt haben wird; ferner von dem -gesammten wissenschaftlichen Umfange die allgemeinsten Resultate, und -das Vermögen, erforderlichen Falles durch Nachlesen sich weiter zu -belehren, worin ihm die an der wissenschaftlichen Schule eingeführten -Encyklopädien den Unterricht und die nöthigen Literaturkenntnisse geben. -Die nöthige Anführung zum Philosophiren hat er beim Philosophen zu -holen. Für sein nächstes Geschäft der religiösen Volksbildung hat er zu -allererst sein Religionssystem in der Schule des Philosophen zu bilden. -Für das Anknüpfen seines Unterrichtes an die biblischen Bücher wird es -vollkommen hinreichen, dass ein Buch geschrieben und ihm in die Hände -gegeben werde, in welchem aus diesen Büchern der Inhalt ächter Religion -und Moral entwickelt werde, wobei nun weder die Verfasser dieses Buches, -noch der dadurch zur Bibel^anwendung^ anzuleitende künftige Volkslehrer -sehr bekümmert zu seyn brauchen über die Frage, ob die biblischen -Schriftsteller es wirklich also gemeint haben, wie sie dieselben -erklären; das Volk aber vor dieser, durchaus nicht in seinen -Gesichtskreis gehörigen Frage sorgfältig zu bewahren ist. Der -Volkslehrer hat darum durchaus nicht nöthig, die biblischen -Schriftsteller nach ^ihrem wahren, von ihnen beabsichtigten Sinne^ zu -verstehen; wie denn ohne Zweifel auch bisher, ohngeachtet es -beabsichtiget und häufig vorgegeben worden, weder bei ihm, noch auch oft -bei seinem Professor in der Exegese, dies der Fall gewesen; und wir -somit nicht einmal eine Neuerung, sondern nur das Geständniss der wahren -Beschaffenheit der Sache, und das besonnene Aufgeben eines unnöthigen -und vergeblichen Strebens begehren. Ueber ^Pastoralklugheit^, d. i. über -seine eigentliche Bestimmung als Volkslehrer im Ganzen eines -Menschengeschlechts, und die Kunstmittel, dieselbe zu erfüllen, wird er -ohne Zweifel auch beim Philosophen einige Auskunft finden können. Sein -eigenthümlich ihm anzumuthender Charakter, die ^Kunst^ der -^Popularität^, und die Uebungen derselben durch katechetische, -homiletische, auch ^Umgangsinstitute^ mit Gliedern aus dem Volke, sind -der wissenschaftlichen Schule, welche den scientifischen Vortrag -beabsichtigt, entgegengesetzt, drum von ihm abzusondern, und am -schicklichsten den ausübenden Volkslehrern, wie bei den Juristen, zu -übertragen. Das eigentliche Genie für den künftigen Volkslehrer ist ein -frommes, Menschen und besonders das Volk liebendes Herz; hierauf wäre -bei der Zulassung zu diesem Berufe hauptsächlich zu sehen, und besonders -bei Besetzung der Consistorien, als etwa der künftigen Schulen solcher -Lehrer, würde weit mehr auf diese Eigenschaften, als auf andere -glänzende Talente oder auf ausgebreitete Kenntnisse Rücksicht genommen -werden müssen. - -Der wissenschaftliche Nachlass dieser, als einer priesterlichen -Vermittlerin zwischen Gott und den Menschen mit Tode abgegangenen -Theologie an die wissenschaftliche Schule würde durch eine solche -Veränderung seine ganze bisherige Natur ausziehen und eine neue anlegen. -Es hat derselbe zwei Theile: ein von der Philologie abgerissenes Stück, -und ein Capitel aus der Geschichte. Die morgenländischen Sprachen, zu -denen der den Theologen bis jetzt fast ausschliessend überlassene -hebräische Dialekt einen leichten und schicklichen Eingang darbietet, -machen einen sehr wesentlichen Theil der Sprachentwickelung des -menschlichen Geschlechts aus, und sind bei einer einst zu hoffenden -organischen Uebersicht derselben ja nicht auszulassen; die -hellenistische Form nun vollends der griechischen biblischen -Schriftsteller gehört zur Kenntniss der griechischen Sprache im Ganzen, -welche Sprache ja auf unseren Schulen getrieben wird. Beide erhalten -gegen den aufgegebenen höchst zweideutigen Anspruch, heilige Sprachen zu -seyn, den weit bedeutenderen, dass sie menschliche Sprachen sind, -zurück, und fallen der niederen Schule, die sich ja der Trägheit schämen -wird, die beschränkte hebräische Sprache nicht allgemein bearbeiten zu -können, da sie die sehr reiche griechische Sprache mit Glück bearbeitet, -wiederum anheim. Ferner sind die biblischen Schriftsteller ja höchst -bedeutende Formen der Entwickelung des menschlichen Geistes, deren -wahrer Werth bloss darum nicht beachtet worden, weil ein erdichteter -falscher alle Aufmerksamkeit der einen Partei anzog, und den Hass und -die unbedingte Nichtbeachtung der anderen Partei erregte. Von nun an, -^sine ira et studio^ in dieser Sache urtheilend, werden wir es ebenso -belehrend und ergötzend finden, den Jesaias zu lesen, als den Aeschylos, -und den Johannes als den Plato, und es wird uns mit dem richtigen -Wortverständnisse derselben, ^welches das gelehrte Studium allerdings -anstreben wird^, weit besser gelingen, wenn auch die ersten ebensowohl -als die zweiten zuweilen auch ^unrecht^ haben dürften, als vorher, da -sie immer, und für die besondere Ansicht jedes neuen Exegeten, recht -haben sollten, welches ohne mancherlei Zwang und ohne nie endenden -Streit nicht zu bewerkstelligen war. Diese Exegese wird redlich seyn, -auch redlich gestehen, was sie nicht versteht, dagegen die vom -theologischen Principe ausgehende höchst unredlich war; (das oben -Vorgeschlagene aber gleichfalls keine unredliche Exegese ist, da es -überhaupt nicht Exegese ist, noch sich dafür giebt, indem eine solche -eine gelehrte Aufgabe ist, die durchaus vor das Volk nicht gehört). - -Das Capitel aus der Historie, wovon die bisherige Theologie einen -Haupttheil sich fast ausschliessend zugeeignet, ist die ^Geschichte der -Entwickelung der religiösen Begriffe unter den Menschen^. Es geht aus -dem gebrauchten Ausdrucke hervor, dass die Aufgabe umfassender ist, als -die Theologie sie genommen, indem auch über die Religionsbegriffe der -sogenannten Heiden Auskunft gegeben werden müsste, und dass die -wissenschaftliche Schule sie in dieser Ausdehnung nehmen wird. Mit -diesen zu ihr gehörigen und sie erklärenden Bestandtheilen versehen, -ferner ohne alles Interesse für irgend ein Resultat, und mit redlicher -Wahrheitsliebe bearbeitet, wird auch die eigentliche Kirchengeschichte -eine ganz andere Gestalt gewinnen, und man wird der Lösung mehrerer -Probleme (z. B. über die wahren Verfasser mancher biblischen Schriften, -über die ächten oder unächten Theile derselben, die Geschichte des -Kanon, u. s. w.), die dem Unbefangenen noch immer nicht gründlich gelöst -zu seyn scheinen könnten, näher kommen, oder auch genau finden und -bekennen, was in dieser Region sich ausmitteln lasse, und was nicht. Es -wäre, wie sich versteht, dieser Theil der Geschichte dem Encyklopädisten -der gesammten Geschichte, zur Verflechtung in seinen Studienplan, -anheimzugeben. -- - -Zur Entscheidung über die oben vorgelegte Hauptfrage, und falls die -Antwort darauf befriedigend ausfiele, zur Entwerfung eines festen Planes -und Errichtung eines besonderen Institutes zur Bildung künftiger -Volkslehrer wäre ein aus sachverständigen und guten Theologen und -Predigern bestehendes Comité niederzusetzen. - - - §. 27. - -Diesen zu beauftragenden einzelnen Männern und Comités wäre, ausser den -schon angeführten Geschäften, auch noch folgendes aufzugeben, dass sie -vollständig untersuchten, was an gelehrtem Apparate für jedes Fach -(Bücher, Kunst- und Naturaliensammlungen, physikalische Instrumente, und -dergl.) vorhanden sey, welche Notwendigkeiten dagegen uns abgingen und -angeschafft werden müssten; für vollständige Kataloge und Repertorien -dieser Schätze sorgten; und in ihre Studienpläne den zweckmässigen, -folgegemässen Gebrauch derselben aufnähmen. Falls die beauftragten -einzelnen Männer neben ihrem ersten Geschäfte zu diesem nicht Zeit -fänden, so wären sie zu ersuchen, einen anderen tüchtigen Mann für -dasselbe zu ernennen. - -In diesem Geschäfte hätten sie von einer Seite sich sorgfältig zu hüten, -dass sie, etwa um nichts umkommen zu lassen, oder aus Streben nach -äusserem Glanze und Rivalität mit anderen gelehrten Anstalten, durch -Beibehaltung überflüssiger Dinge der Reinheit und Einfachheit unserer -Anstalt Abbruch thäten; sowie von der anderen Seite nichts zu sparen am -wirklich Nöthigen. Was den äusseren Glanz betrifft, so wird uns dieser, -falls wir nur das innere Wesen redlich ausbilden, von selbst zufallen; -die bedachte Beachtung desselben aber, und die Nachahmung anderer, von -denen wir nicht Beispiele annehmen, sondern sie ihnen geben wollen, -würde uns wiederum in die Verworrenheit hineinwerfen, welche ja von uns -abzuhalten unser erstes Bestreben seyn muss. - - - §. 28. - -Durch die allseitige Lösung der aufgestellten Aufgaben wäre nun fürs -erste zu Stande gebracht das ^lehrende Subject^ der wissenschaftlichen -Kunstschule. Wir könnten mit den encyklopädischen Vorlesungen eine, fürs -erste in ihren übrigen Bestimmungen ^ganz gewöhnliche Universität^ -eröffnen. Es wären jedoch diese gesammten Vorlesungen, in denen, immer -nach dem Ermessen des Lehrers, der fortfliessende Vortrag mit Examinibus -und Conversatorien, deren Besuchung jedem Studirenden ^freistände^, -keiner aber dazu ^verbunden^ wäre, abwechselte, über das erste -Unterrichtsjahr also zu vertheilen, dass die Studenten, und wenn sie es -wollten, auch die Lehrer, diese Vorlesungen alle hören könnten, dennoch -aber den ersteren zum aufgegebenen Bücherlesen und zur Ausarbeitung der -Aufsätze, -- von welchem demnächst, -- den letzteren zu Beurtheilung -dieser Aufsätze Zeit übrig bliebe. Es möchte in dieser Zeitberechnung -bei beiden Theilen in Gottes Namen auf noch mehr als den üblichen Fleiss -und Berufstreue gerechnet werden; indem diese Eigenschaften ohnedies an -unserer Schule an die Tagesordnung kommen sollen, und drum nicht zu früh -eingeführt werden können. - - - §. 29. - -^Während^ dieser encyklopädischen Vorlesungen des ersten Lehrjahres -stellen der philosophische Lehrer sowohl, als die übrigen -encyklopädischen eine ^Aufgabe^ an ihr Auditorium, in dem oben sattsam -charakterisirten Geiste; so dass das aus dem mündlichen Vortrage oder -dem Buche Erlernte nicht bloss wiedergegeben, sondern dass es zur -Prämisse gemacht werde, damit sich zeige, ob der Jüngling es zu seinem -freien Eigenthume erhalten habe, und als anhebender Künstler etwas -Anderes daraus zu gestalten vermöge. Diese Aufgabe bearbeitet jeder -Studirende, der da will, in einem Aufsatze, den er zu einem bestimmten -Termine vor Beendigung des Lehrjahres, mit einem versiegelten Zettel, -der den Namen des Verfassers enthalte, bei dem aufgebenden Lehrer -einsendet. Der Lehrer prüft diese Aufsätze und hebt die vorzüglichsten -heraus. - -In dieser Beurtheilung der Aufsätze ist bei rein philosophischem Inhalte -der Lehrer der Philosophie unbeschränkt: zur Krönung anderer aber, die -einen positiv wissenschaftlichen Stoff haben, müssen der encyklopädische -Lehrer des Faches und der Philosoph (später, wenn wir eine solche haben -werden, die philosophische Klasse) sich vereinigen, der ^erstere^ -entscheidend über die Richtigkeit und die auf dieser Stufe des -Unterrichts anzumuthende Tiefe und Vollständigkeit der historischen -Erkenntniss, der zweite über den philosophischen und Künstlergeist, mit -welchem jener Stoff verarbeitet worden. Ein von ^Einem^ dieser beiden -verworfener Aufsatz bleibt verworfen, obschon der andere Theil ihn -billigte. Die Nothwendigkeit dieser Mitwirkung der philosophischen -Klasse liegt im Wesen einer Kunstschule: die Mitwirkung des historischen -Wissens aber soll uns dagegen verwahren, dass nicht in empirischen -Fächern ^a priori^ phantasirt werde, statt gründlicher Gelehrsamkeit. - -Am ^Schlusse^ des ersten Lehrjahres wird das Resultat der also -vollzogenen Beurtheilung der eingegebenen Aufsätze, und die Namen derer, -deren Ausarbeitungen gebilligt sind, bekannt gemacht; und es treten von -ihnen diejenigen, ^welche wollen^, zusammen, als der erste Anfang eines -^lernenden Subjects^, in höherem und vorzüglicherem Sinne, an unserer -wissenschaftlichen Kunstschule. Welche wollen, sagte ich; denn obwohl -die Ausfertigung eines Aufsatzes, und die Unterwerfung desselben unter -die Beurtheilung des lehrenden Corps, diesen Willen vorauszusetzen -scheint: so können mit dem ersten doch auch mancherlei andere Zwecke -beabsichtigt werden, von denen zu seiner Zeit; alle Studirenden an -unserer Universität können auch für diese Zwecke berechtiget werden; und -es muss darum jedem, der sogar beitreten ^dürfte^, überlassen werden, ob -er ^will^. Inzwischen wird die Fortsetzung unseres Entwurfes ohne -Zweifel die sichere Vermuthung begründen, dass jeder wollen werde, der -da dürfe. - - - §. 30. - -Sie treten zusammen zu einer einzigen grossen Haushaltung, zu -gemeinschaftlicher Wohnung und Kost, unter einer angemessenen liberalen -Aufsicht. Ihre Bedürfnisse ohne alle Ausnahme, nicht ausgeschlossen -Bücher, Kleider, Schreibmaterialien u. s. f. werden ihnen von der -Oekonomieverwaltung in Natur gereicht, und sie haben, die Verwaltung -eines mässigen Taschengeldes abgerechnet, wofür ein Maximum festgesetzt -werden könnte, während ihrer Studienjahre mit keinem anderen -ökonomischen Geschäfte zu thun. (Der Grund dieser Einrichtung ist schon -oben angegeben worden; und auf die Einwendung, dass junge Leute auf der -Universität zugleich das Haushalten mitlernen müssten, ist zu erwiedern, -dass, falls dieselben bei uns das Ehrgefühl, die Gewissenhaftigkeit und -die intellectuelle Bildung erhalten, die wir anstreben, es sich mit dem -künftigen Haushalten von selbst finden werde; erhalten sie aber bei dem -Grade der Sorgfalt, den wir anwenden werden, dieselbe nicht, so ist gar -kein Schaden dabei, dass sie auch äusserlich verderben, und mag dies -immer je eher je lieber geschehen.) Inwiefern aber diese Verpflegung -^ihnen frei auf Kosten des Staates^, oder auf ihre eigenen Kosten -gereicht werden solle, davon behalten wir uns vor, tiefer unten zu -sprechen; und wollen wir mit dem Gesagten keinesweges unbedingt das -Erste gesagt haben. - -Mit diesem also zu Stande gebrachten Stamme tritt nun das lehrende Corps -in das oben beschriebene innige Wechselleben. Sie werden fortdauernd -erforscht und in ihrem Geistesgange beobachtet, sie haben den ersten -Zutritt zu den Examinibus, Conversatorien, dem Umgange und der Berathung -der Lehrer, und stehen in der Benutzung der vorhandenen literarischen -Hülfsmittel jedem Anderen vor; auf ihre nächsten unmittelbaren und -wohlbekannten Bedürfnisse rechnet immerfort der gesammte mündliche -Vortrag der Kunstschule. Im Falle der würdigen Benutzung dieser Schule, -die durch eine tiefer unten zu beschreibende Prüfung documentirt wird, -stehen sie bei Besetzung der höchsten Aemter des Staates allen Anderen -vor (und tragen den von Gottes Gnaden durch ein vorzügliches Talent -ihnen geschenkten, und durch würdige Ausbildung jenes ersteren -verdienten Adel). - -Immerhin mögen neben ihnen andere Studirende an den vorhandenen -Bildungsmitteln der Anstalt, welche recht eigentlich doch nur für jene -sind, nach allem ihren Vermögen theilnehmen, und in freier Bildung jenen -den Rang abzulaufen suchen, welches, falls es ihnen gelänge, auch nicht -unanerkannt bleiben soll. Diese wachsen gewissermaassen wild, wie im -Walde; jene sind eine sorgfältig gepflegte Baumschule, welche in alle -Wege doch auch seyn soll, und aus welcher sogar dem Walde manches edlere -Saamenkorn zufliegen wird. Jene sind ^regulares^, und es wird wohl auch -eine anständige deutsche Benennung für sie sich finden lassen; diese -sind ^irregulares^, blosse ^Socii^ und ^Zugewandte^; und dies wären die -beiden Hauptklassen, in die unser studirendes Publicum zerfiele. - - - §. 31. - -Es würde auch fernerhin nach jedem abgelaufenen Lehrjahre denen, die bis -jetzt noch unter den Zugewandten sich befänden, freistehen, durch -gelungene Ausarbeitungen (indem gegen das Ende jedes Lehrjahres Aufgaben -für dergleichen gegeben werden) ihre Aufnahme unter die Regularen -nachzusuchen. Ausserdem würden diejenigen der jungen Inländer, welche -vorzügliches Talent und Progressen von der niederen Schule zu -documentiren vermöchten (über deren Grad und die Art der Beweisführung -später etwas Festes bestimmt werden kann), gleich bei ihrem Eintritte -auf die Universität ein Recht haben auf einen Platz unter den Regularen. - - - §. 32. - -Es wäre zu veranlassen, dass gleich bei der Eröffnung der Universität, -da es noch keine Regulare giebt, diejenigen, welche die Aufnahme unter -sie durch Ausarbeitungen zu suchen gedächten, ebenso wie späterhin die -Regularen es sollen, zu einem gemeinschaftlichen Haushalt -zusammenträten. Diese, obwohl unter besonderer Aufsicht des -Lehrinstituts stehend, wäre dennoch keine eigentliche öffentliche, -sondern eine Privatanstalt, und die Mitglieder lebten nicht, wie es mit -den Regularen unter gewissen Bedingungen wohl der Fall seyn kann, auf -Kosten des Staates, sondern auf die eigenen, die jedoch, ganz wie bei -den Regularen, gemeinschaftlich verwaltet würden. Es könnte auch -denjenigen unter diesen Vereinigten, welche beim Anfange des zweiten -Lehrjahres nicht unter die Regularen aufgenommen, und so aus dieser -ersten Verbindung in eine neue hinübergenommen würden, nicht verwehrt -werden, in dieser ihrer ersten Verbindung fortzuleben, indem sie zufolge -des vorhergehenden §. beim Anfange des künftigen Lehrjahres glücklicher -seyn können, und so ^Candidaten^ der ^Regel^ zu bleiben. Es könnten zu -ihnen hinzutreten, um denselben Anspruch zu bezeichnen, andere, die -bisher unter den Zugewandten sich befanden, desgleichen die von der -niederen Schule Kommenden, die nicht schon von daher das Recht, -unmittelbar unter die Regularen zu treten, mitbringen. Diese machen nun -eine dritte Klasse der bei uns Studirenden, ein Verbindungsglied -zwischen den Regularen und den Zugewandten: ^Novizen^. Sie sind schon -durch die Natur der Sache, indem die Lehrer wissen, dass vorzüglich aus -ihrer Mitte beim Anfange des neuen Lehrjahres sie das Collegium der -Regularen zu ergänzen haben werden, der besonderen Beachtung derselben -empfohlen. - - - §. 33. - -Damit nun nicht etwa die Zugewandten, -- denn von den Novizen, die ihren -Anspruch auf die Regel durch ihr Zusammenleben bekennen, ist dies nicht -zu befürchten -- um der grösseren Licenz willen, jemals versucht werden, -sich für vornehmer zu halten, denn die Regularen, soll der Vorzug der -letzteren sogar äusserlich anschaubar gemacht werden durch eine -^Uniform^, die kein Anderer zu tragen berechtigt sey, denn sie und ihre -ordentlichen Lehrer. Damit dieser Rock gleich anfangs die rechte -Bedeutung erhalte, sollen sogleich von Eröffnung der Universität an die -ordentlichen Lehrer diese Uniform gewöhnlich tragen, also dass im ersten -Lehrjahre nur sie, und diejenigen, die in demselben Verhältnisse mit -ihnen zur Universität stehen, damit bekleidet seyen; später, nach -Ernennung des ersten Collegiums von Regularen, sie auf diese fortgehe, -und so ferner bei allen folgenden Ergänzungen des letzteren. -- - - - §. 34. - -Diese Einrichtung soll zugleich die äussere sittliche Bildung unserer -Zöglinge unterstützen, und die Achtung derselben bei dem übrigen -Publicum befördern und sicherstellen. Gründliches und geistreiches -Treiben der Wissenschaft veredelt ohnedies ganz von sich selbst; -überdies wird für die Entwickelung der Ehrliebe und des Gefühls für das -Erhabene, als das eigentliche Vehiculum der sittlichen Bildung des -Jünglings, durch Beispiel und Lehre gesorgt werden; die Ordnung aber -kommt durch die getroffene Einrichtung von selber in seinen Lebenslauf: -und so ist für die innere Bildung gesorgt. - -Die äussere wird, bei entwickelter Ehrliebe, der Gedanke unterstützen, -dass sein Rock ihn bezeichne, und dass dieses Kleid nicht im Müssiggange -auf den Strassen sich herumtreiben, oder wohl gar an gemeinen Orten und -bei Zusammenläufen sichtbar werden, sondern dass es, als Mitglied der -Gesellschaft, nur in Ehrenhäusern erscheinen dürfe. Was aber Ehrenhäuser -sind, wird man ihm sagen, und auf alle Weise die Erlaubniss, in solchen -Häusern ihn zu empfehlen, zu verdienen suchen. (Z. B. mag immerhin beim -jetzigen Zustande der Dinge unter gewissen Umständen ein ehrliebender -Jüngling, der in ein Duell verflochten worden, Entschuldigung verdienen, -so soll doch unser Zögling durchaus keine finden ^darüber^, dass er sich -erst unter Pöbel, von welcher Geburt derselbe auch übrigens seyn möge, -begeben, wo dergleichen möglich war. Dahin werde der ^point d'honneur^ -des ganzen Corps gerichtet. Feige übrigens sollen sie nicht werden.) - -Nach aussen hin ist gegen die Hauptquelle der Verachtung im Leben, -Unordnung im Haushalt und Schuldenmachen, unser Zögling gesichert. Dass -bei Excessen, deren Urheber unbekannt bleiben sollten, nicht auch -unschuldig, wie dies in den Universitätsstädten wohl zu geschehen -pflegt, dies Corps als der stets vorauszusetzende allgemeine Sünder -aufgestellt werde, dagegen werden die Lehrer sich durch die Vorstellung -schützen: Habt ihr unsern Ehrenrock bei dem Excesse gesehen? Habt ihr -dies nun nicht, so verleumdet nicht unsere Zöglinge, denn diese gehen -nie aus, ausser in diesem Rocke: und sie (diese Lehrer) werden überhaupt -alles Ernstes auf die Ehre ihrer Zöglinge und auf alle die Einrichtungen -halten, die ihnen möglich machen, dies mit ihrer eigenen Ehre zu thun. - - - §. 35. - -Die ^Zugewandten^ stehen, da sie weder eigentliche Mitglieder unserer -Anstalt, noch eigentliche angesessene Bürger sind, unter der allgemeinen -Polizei, und es muss diese, ohne alle Mitwirkung von Seiten der Anstalt, -und ganz auf ihre eigene Verantwortung, die Einrichtungen, wodurch den -übrigen Bürgern die gehörige Garantie in Hinsicht dieser Fremden -geleistet werde, treffen. Nicht anders würde es sich mit den Novizen -verhalten; welche jedoch, da sie eine Einheit bilden, und ein sichtbares -Band dieser Einheit an ihrer ökonomischen Verwaltung haben, eine -tüchtigere Garantie zu geben, auch durch diesen ihren Repräsentanten in -Unterhandlung mit der Polizei zu treten vermögen, und so, in Absicht der -Individuen, einer liberaleren Gesetzgebung unterworfen werden können, -als die ersteren. Nun aber steht die Lehranstalt mit diesen beiden -Klassen noch in einem engeren Verhältnisse, denn die übrigen Bürger, und -es ist der allgemeinen Polizei völlig fremd, dasjenige, was aus diesem -engeren Verhältnisse hervorgeht, zu ordnen. Demnach fielen die dahin -gehörigen Anordnungen dem Institute, als dem einen und vorzüglichsten -Theilnehmer des abzuschliessenden Contractes anheim. -- Diese Klassen -haben zu allen von der Schule getroffenen Lehranstalten den Zutritt; da -aber ferner die Schule weder um ihre wissenschaftlichen Fortschritte, -noch um ihre Aufführung sich im mindesten bekümmert, so beschränkt sich -ihr Recht an diese lediglich auf den Punct, ^sich gegen die -Verletzungen, welche aus der Ertheilung dieses Zutrittes entstehen -könnten^ (denn gegen andere Verletzungen schützt auch sie die allgemeine -Polizei), ^zu schützen^. - -Dergleichen Verletzungen würden seyn: Störung der Ruhe und Ordnung in -den Lehrübungen, zu denen sie den Zutritt erhalten; Verletzung der -Achtung, die das Verhältniss des Lernenden zum Lehrer, oder der -Zugewandten zu denen, um deren willen die Anstalt eigentlich da ist, -erfordert; endlich könnten, bei dem bekannten Eigendünkel und der -verkehrten Reizbarkeit der gewöhnlichen Studirenden, aus dem, Dingen der -ersten und zweiten Art entgegengesetzten Widerstande der Lehrer andere -gröblichere Beleidigungen und Angriffe erfolgen, welche, als erfolgt -lediglich aus dem verstatteten Zutritte, nicht nach allgemeinen -polizeilichen Grundsätzen, sondern nach strengeren beurtheilt werden -müssten. - -Es müsste demzufolge zwischen der Lehranstalt und jedem Individuum der -Contract, durch den das letztere das Recht des Zutrittes erhält und sich -auf die Bedingungen, unter denen es dasselbe erhält, verpflichtet, durch -einen ausdrücklichen Act abgemacht werden. Dieser Act ist die -^Inscription^; die Bedingungen aber sind die ^Gesetzgebung^ für den -Zugewandten, welche, da das übrige Verhältniss desselben zu anderen -Bürgern eine Sache der Polizei ist, durchaus nur sein Verhältniss zur -Lehranstalt, ^als solcher^, zu bestimmen hat. Die Novizen können, aus -dem schon der Polizei gegenüber angegebenen Grunde, auch in dieser -Beziehung unter eine mildere Gesetzgebung gesetzt werden. - -Der Act der Inscription und Verpflichtung auf die Gesetze ist ein -juridischer, und wird drum am schicklichsten, sowie die unten zu -bezeichnenden Justizgeschäfte einem besonders zu ernennenden -^Justitiarius^ der Lehranstalt anheimfallen. - -Da die Anstalt in gar kein anderes Verhältniss mit den Zugewandten -eingeht, als auf die Erlaubniss des Zutrittes, so bleibt ihr auch kein -anderes Zwangsmittel übrig, als die Zurücknahme dieser Erlaubniss. -Dieses kann geschehen im ^Besonderen^ oder im ^Allgemeinen^. In Absicht -des ersteren muss es jedem einzelnen Lehrer, auf seine eigene -Verantwortung vor seinem Gewissen, freistehen, einen Zugewandten, dessen -Unruhe und Zerstreutheit ihn oder sein Auditorium stört, oder der ihn -oder seine mit ihm enger verbundenen Schüler beleidigt hat, den Zutritt -zu seinen Lehrübungen für eine gewisse Zeit, oder auch auf immer, zu -untersagen; und das ganze lehrende Corps muss ihn hiebei, durch die -Verwarnung vor grösserem Uebel, auf seine blosse Anzeige unterstützen. -Das zweite erklärt sich selbst; und sind die Fälle, -- unter die der, -dass jemand der Verweisung eines einzelnen Lehrers aus seinem Auditorium -nicht Folge geleistet hätte, mit gehört, -- durch das Gesetz -festzustellen. Sollte, bei Verborgenheit der Urheber beleidigender -Attentate, etwas erst ausgemittelt werden müssen, so fällt diese -Untersuchung dem Justitiarius der Universität anheim, vor dessen Gericht -sich der Inscribirte, bei Strafe der Relegation ^in contumaciam^, zu -stellen hat. Bisherige Universitäten, z. B. die Nutritoren der -Jenaischen Universität und derselben Senat, haben angenommen, dass es in -solchen Fällen für die Verurtheilung keinesweges des strengen -juridischen Beweises bedürfe, sondern dass ein dringender Verdacht dazu -hinreiche; indem ja nicht irgend eine Strafe zugefügt, sondern nur eine -frei ertheilte Erlaubniss wiederum zurückgenommen werde, weil deren -Fortdauer gefährlich scheine; und der Verfasser dieses ist der Meinung, -dass diese recht haben, und dass auch wir denselben Grundsatz -aufzunehmen hätten. Der Justitiarius ist in dieser Qualität, als -Verwalter des Rechtes des Institutes, sich selbst zu schützen, demselben -verantwortlich. - -Mit der Zurücknehmung der Inscription ist, theils um die Mitglieder der -Universität gegen den ferneren Ueberlauf und die Rache der Entlassenen -zu sichern, theils, weil ein solcher gar keinen Grund mehr aufweisen -kann, seinen Aufenthalt an diesem Orte fortzusetzen, die Verweisung aus -der Universitätsstadt und ihrer nächsten Nachbarschaft, oder die -^Relegation^ natürlich verknüpft. Die Pflicht, über diese zu halten, -fällt der Polizei, die in dieser Rücksicht gar nicht Richter oder -Revisor des Urtheils, sondern lediglich Executor des schon gesprochenen -Urtheils ist, anheim; und müsste gegen diese, falls sie ihre Pflicht -lässig betriebe, die Universität als Kläger auftreten. - -(Sollte in dieser Ansicht einige Richtigkeit seyn, so würde daraus auch -erhellen, wie die bisherige Justizverwaltung auf Universitäten, bald in -der Voraussetzung, dass die Universität nicht mehr dürfe, als eine -Erlaubniss zurücknehmen, die sie selbst gegeben, bald, indem sie -zugleich das ihr fremde Geschäft der Polizei und der Civiljustiz ausüben -sollte, endlich, indem ihr auch ein Gefühl ihrer Vater- und -Erzieherpflichten entstand, geschwankt, und bald zu viel, bald zu wenig -gethan habe. Hier ist durch die Trennung zwei sehr verschiedener Klassen -von Studirenden der Widerspruch gelöst; und durch die anheimgegebene -Freiheit, zu welcher Klasse jemand gehören wolle, das persönliche Recht -behauptet.) - - - §. 36. - -In Absicht der Verknüpfung der Relegation mit der Zurücknahme der -Inscription, die bei Fremden ganz unbedenklich ist, dürfte in dem Falle, -da die zu Relegirenden ihren elterlichen Wohnplatz in der -Universitätsstadt hätten, billig das Bedenken eintreten, ob die -Universität, sowie sie ohne Zweifel das Recht hat, diese aus ihren -Hörsälen zu verweisen, auch das Recht habe, sie aus ihrem väterlichen -Hause zu vertreiben. Da inzwischen, falls man ihr dieses Recht -absprechen müsste, sie gegen diese durchaus nicht weniger gefährlichen -Jünglinge ohne eine besondere Einrichtung nicht gesichert werden könnte, -so wäre als eine solche besondere Einrichtung vorzuschlagen: 1) dass -Söhne aus der Universitätsstadt, falls sie nicht etwa schon als -Mitglieder einer niederen Schule das gute Zeugniss dieser ihrer Lehrer -für sich hätten, sich einige Zeit vor der Inscription zu derselben -anmelden müssten, und von da an beobachtet würden, und dass man ihnen, -falls diese Beobachtung Bedenklichkeit gegen sie einflösste, die -Inscription verweigern könne. 2) Dass ihre Eltern eine namhafte Summe -als Caution für sie stellten, deren erste Hälfte im Falle der -Zurücknahme der Inscription, statt der Relegationsstrafe, mit der sie -dermalen verschont blieben, verfiele; dass aber, falls sie hinführo von -neuem sich einiger Excesse gegen die Lehranstalt schuldig machten, auch -die andere Hälfte verfiele, und sie dennoch relegirt würden. Sollten -Eltern diese Caution stellen nicht können oder wollen, so müssen sie -sich es eben gefallen lassen, dass auch ihre Söhne im Falle der -Verschuldung relegirt werden; sowie bisher zuweilen sogar Professoren -sich haben gefallen lassen müssen, dass ihren unfertigen Söhnen dieses -begegnet; indem es gänzlich in dem freien Vermögen aller Studenten in -der Welt beruhet, diejenigen Handlungen, welche Relegation nach sich -ziehen, und deren Katalog bei uns, die wir der Polizei und dem -Civilgerichte überlassen würden, was ihres Amtes ist, gar nicht gross -seyn würde, zu unterlassen. - - - §. 37. - -Die Regularen werden vom Staate und seinem Organe, der allgemeinen -Polizei (denn mit der Civiljustiz könnte wohl die Oekonomieverwaltung -derselben, keinesweges aber ein Einzelner von ihnen zu thun bekommen), -betrachtet als ein Familienganzes, das als solches für seine Mitglieder -einsteht. Wäre von den letzteren gesündigt, so ist freilich das Ganze -zur Verantwortung und Strafe zu ziehen; dagegen bleibt die Bestrafung -des einzelnen Mitgliedes der Familie selbst überlassen und wird im -Schoosse derselben vollzogen, und ist väterlich und brüderlich, und soll -dienen als Erziehungs-, keinesweges aber als schreckendes Mittel. Nur -wenn ein Individuum vom Körper abgesondert und ausgestossen werden -müsste, könnte es wieder als Einzelner dastehen, und dem Forum, für -welches es sodann gehörte, anheimfallen. - -Es erhellt, dass ohne vorhergegangene Degradation und Ausstossung keine -der bisher aufgestellten gesetzlichen Verfügungen auf die Regularen -passen, und dass für sie weder Justitiarius oder Relegation, oder dass -etwas stattfinde. Durch die blosse Ausstossung könnten sie doch nicht -weniger werden, als das, was sie ohne Einverleibung in das Corps der -Regularen gewesen seyn würden, ^Zugewandte^, und erst als solche müssten -sie von neuem sich vergehen, um der Polizei oder dem Justitiarius, -welchem sie ja von nun an erst anheimfallen, verantwortlich zu werden. -Dass die Fälle, in denen ein Familienganzes seine Mitglieder nicht -vertreten kann, z. B. Criminalfälle, ausgenommen sind, dass aber auch -sodann die Degradation der Auslieferung an den Richter vorhergehen -müsse, ist unmittelbar klar. - -Die Regularen hätten sonach zuvörderst für sich eine Regel zu finden, -nach der die Möglichkeit solcher Fälle so gut als aufgehoben, und -überhaupt alle Vorkehrungen so getroffen würden, dass die Polizei keine -Gelegenheit fände, von ihnen Notiz zu nehmen: sodann ein Ephorat und -Gericht zu errichten, das über die Ausübung dieser Regel hielte. Ohne -dies würde in dem Hause, in welchem sie beisammen wohnten, ein alter -ehrwürdiger Gelehrter, der selbst einst mit Ruhm und Verdienst Lehrer am -Institut gewesen wäre, als der unmittelbarste Hausvater der Familie, mit -ihnen wohnen und leben. (Sollte späterhin die Gesellschaft also -anwachsen, dass sie in mehrere Häuser vertheilt werden müsste, so müsste -diese nicht etwa durch die Benennung verschiedener Collegia getrennt, -sondern das Einheitsband müsste durch die Gemeinschaftlichkeit Eines -Hausvaters und durch andere Mittel auch äusserlich sichtbar bleiben.) -Dieser wäre der natürliche Präsident dieses Familiengerichts. Ferner -sind natürliche Beisitzer desselben alle ordentlichen Lehrer an der -Anstalt, indem ja deren eigene Ehre von der Ehre ihres Zöglings abhängt; -und könnten dieselben, zur Sparung ihrer Zeit, ^abwechselnd^ in -demselben sitzen. Endlich wären, damit ein wahrhaftes Familien- und -Brudergericht entstände, aus den Regularen selbst, nach einer leicht zu -findenden Regel, Beisitzer zu ernennen. Deren richterliche Verwaltung -trüge nun den oben angegebenen Grundcharakter, die Verhandlungen aber -und Richtersprüche derselben blieben durchaus im Schoosse dieses Corps; -hierüber anderen etwas mitzutheilen, würde betrachtet als eine -Ehrlosigkeit, die unmittelbar die Ausstossung nach sich ziehen müsste. - -Eine ähnliche Einrichtung können die Novizen, falls sie eine Verwaltung -finden, deren Garantie die Polizei annehmen will, treffen. Nur haben sie -keinen Anspruch auf den Beisitz der ordentlichen Lehrer in ihrem -Familiengerichte; es kann ihnen aber erlaubt werden, ausserordentliche -Professoren, von denen zu seiner Zeit, oder auch andere brave Gelehrte, -zu diesem Beisitze einzuladen. Ueberhaupt, so ähnlich auch das Noviziat -jetzt oder künftig dem Collegium der Regularen werden möchte, so bleibt -doch immer der Hauptunterschied, dass das letztere unter öffentlicher -Autorität und Garantie steht, das erste aber ein mit Privatfreiheit zu -Stande gebrachtes Institut ist, dessen Mitglieder von Rechtswegen keinen -grösseren Anspruch haben, denn die Zugewandten, und die die -Begünstigungen, welche Polizei und Universität ihnen etwa geben, nur -anzusehen haben als ein freies Geschenk, das ihnen auch wieder entzogen -werden kann. - - - §. 38. - -Durch das Bisherige ist nun auch die Entstehung des ^lernenden -Subjectes^ in seinen verschiedenen Abstufungen, und wie dasselbe -immerfort ergänzt und erneuert werden solle, beschrieben. Wir können -nunmehro auch an eine weitere Bestimmung des schon oben im Allgemeinen -aufgestellten lehrenden Subjectes gehen. - -Auf den bisherigen Universitäten war es Doctoren und ausserordentlichen -Professoren erlaubt, sich im Lesen zu versuchen und zu erwarten, ob ein -Publicum sich um sie herum versammeln werde. Haben dieselben schon auf -einer anderen Universität das Recht, Vorlesungen zu halten, gehabt, so -können auch wir es ihnen erlauben. Im entgegengesetzten Falle mögen sie -das anderwärts Gebräuchliche auch bei uns leisten. Die eigentlichen -Lehrer für die Regularen und die, so es zu werden streben, sind freilich -die encyklopädischen Lehrer, die ja auch die entscheidenden Aufgaben -geben, sowie die von diesen etwa eingesetzten Lehrer des Theils eines -Faches, welche, obwohl Unterlehrer, dennoch ^ordentliche^ Lehrer sind. -Für diese, die wir immer insgesammt ^ausserordentliche^ Professoren -nennen könnten, blieben demnach die Zugewandten übrig, an denen sie sich -versuchen könnten. Dennoch sollen auch nicht nur Regulare, und zwar die -geübtesten und befestigtsten, von dem encyklopädischen Lehrer des Faches -zur Besuchung ihrer Vorlesungen ernannt werden, sondern auch dieser -Lehrer selbst und andere Lehrer befugt seyn, denselben insoweit -beizuwohnen, bis sie einen bestimmten Begriff von den Kenntnissen und -dem Lehrertalent des Mannes sich erworben. - -Die erste Erlaubniss zu lesen geht nur auf Ein Lehrjahr. Nach Verfluss -desselben muss abermals um dieselbe eingekommen werden, und es kann -diese nach Befinden der Umstände erneuert oder verweigert werden; oder -auch der zweckmässig befundene Lehrer kann als ordentlicher Unterlehrer -oder auch als Encyklopädist, wenn der vorherige abgehen will, ernannt -werden. - -Die Entscheidung über beide Gegenstände hängt, wie bei Beurtheilung der -Aufsätze, ab von der Klasse des Faches, so wie von der philosophischen -Klasse, wo die erstere über die Gründlichkeit der empirischen -Erkenntniss, die zweite über die philosophische Freiheit und Klarheit -entscheidet. Auch hier müssen für ein bejahendes Urtheil beide Stimmen -sich vereinigen, indem jede Klasse erst unter sich und für sich einig -seyn muss, und ihre Stimme hier nur für eine gezählt wird. Da jedoch, so -wie das Alter beschuldigt wird, jeder Neuerung zuweilen sich feindselig -zu zeigen, ebenso die kräftigere Jugend von Eifersucht gegen fremdes -Verdienst nicht immer ganz frei zu sprechen ist, so müsste bei einem die -Erlaubniss zu lesen, oder die Anstellung eines Lehrers betreffenden -Falle fürs erste jede besondere Klasse (die hier requirirte empirische, -so wie die philosophische) zuvörderst in sich selber in zwei Theile -getheilt werden, den ^Rath der Alten^, und den ^der ausübenden Lehrer^, -und nur wenn diese beiden Theile Nein sagten, hätte die Klasse Nein -gesagt, dagegen auch das einseitige Ja des einen Rathes zum Ja der -Klasse würde. Dadurch würde hervorgebracht, dass weder die -Neuerungsfurcht des einen, noch die Eifersucht des anderen Theiles den -Fortschritt zum Besseren hindern könnte, und diesen beiden Dingen an -einander selber ein wirksames Gegengewicht gegeben; wo aber beide Theile -Nein sagten, da würde wohl ohne Zweifel das Nein die richtige Antwort -seyn. - -(Uebrigens wird eine solche Eintheilung unseres gelehrten Corps in einen -Senat der Alten und der Lehrer zu seiner Zeit aus dem Wesen des Ganzen, -ganz ohne Rücksicht auf das soeben erwähnte besondere Bedürfniss, sich -sehr natürlich ergeben.) - - - §. 39. - -Eine Auswahl der Regularen in jedem Fache wird beim Fortgange der -Anstalt, als ein Professorseminarium, ohnedies unter der Aufsicht der -ordentlichen Lehrer zu den Geschäften des Lehrers angehalten werden. -Diesen könnte, wenn sie aus der Klasse der Studirenden herausgetreten -und zu ^Meistern^ ernannt worden, das Recht zu lesen auf dieselbe Weise -ertheilt werden, so wie aus ihnen die Lehrstellen nach derselben Regel -sehr leicht besetzt werden. Doch würden uns immerfort auf jeder Stufe -unserer Vollendung zu uns kommende fremde Lehrer, auf die §. ^praeced.^ -erwähnte Weise, willkommen seyn, und wir dadurch gegen jede -Einseitigkeit des Tones uns zu verwahren suchen. - - - §. 40. - -Die Verwaltung des Lehramtes, besonders nach unseren Grundsätzen, -erfordert jugendliche Kraft und Gewandtheit. Nun ist wenigen die -Fortdauer dieser jugendlichen Frischheit bis in ein höheres Alter hinein -zugesichert; auch fällt die Neigung der meisten originellen Bearbeiter -der Wissenschaft in reiferen Jahren dahin, ihre Bildung in einer festen -und vollendeten Gestalt niederzulegen in das Archiv des allgemeinen -Buchwesens, und es ist sehr zu wünschen, dass dies geschehe, und ihnen -die Zeit und Ruhe dazu zu gönnen. Wir müssen darum nicht anders rechnen, -als dass wir die Lehrer an unserer Anstalt nur auf eine bestimmte Zeit -beibehalten wollen. Alle diejenigen, mit denen das Institut zuerst -beginnt, werden sich bald nach der ehrenvoll verdienten Ruhe sehnen, und -gern den Zeitpunct ergreifen, da unter ihnen ein jüngeres Talent sich -gebildet hat, das ihren Platz würdig besetze. Alle während des -Fortganges des Instituts neu angestellte Lehrer sind nur auf einen -bestimmten Zeitraum (etwa für die Periode, innerhalb welcher das -studirende Publicum sich zu erneuern pflegt) anzunehmen, nach dessen -Ablaufe beide Theile, die Universität und der Lehrer, auf die §. 38 -beschriebene Weise, den Contract erneuern oder auch aufheben können. - - - §. 41. - -Um im ökonomischen Theile solcher Verhandlungen dem bisher oft -stattgefundenen anstössigen Markten zwischen Regierungen und Gelehrten, -indem die ersteren zuweilen von der Verlegenheit eines wackeren Mannes -Vortheil zu ziehen suchten, um seine Kraft und sein Talent wohlfeilen -Kaufes an sich zu bringen, die letzteren zuweilen auch mit dem Gehörigen -sich nicht begnügen mochten, und ihre übertriebenen Forderungen durch -theils mit List an sich gebrachte auswärtige Vocationen unterstützen, in -der Zukunft und für unser Lehrinstitut vorzubauen, mache ich folgenden -Vorschlag: - -Entweder sind diese Lehrer Inländer, und auf unserem Institute, wohl gar -als Regulare, wie zu erwarten, gebildet, so hat das Vaterland ohnedies -den ersten Anspruch auf ihre Kräfte, so wie ^sie^ Anspruch auf die -Fürsorge desselben, in jedem Falle und ihr ganzes Leben hindurch, haben; -oder sie sind Fremde, welche bei uns auch ihre Bildung nicht erhalten -haben. Im letzten Falle fordere man von ihnen, dass sie, beim Eingehen -irgend eines Verhältnisses mit uns, oder bei der Erneuerung eines -solchen, sich erklären, ob sie ihr Fremdenrecht beibehalten, oder ob sie -das völlige Bürgerrecht haben (sich ^nostrificiren^ lassen) wollen. Im -ersten Falle müssen wir uns freilich gefallen lassen, dass, falls sie -uns unentbehrlich sind, sie sich uns so theuer verkaufen, als sie irgend -können; jedoch wird diese Verbindung immer nur auf einen Zeitraum -eingegangen; und können wir etwa nach dessen Abfluss sie entbehren, so -sollen sie wissen, dass wir uns sodann um sie durchaus nicht weiter -kümmern werden, und sie gehen können, wohin es ihnen gefällt. Im zweiten -Falle erhält der Staat an sie, und sie an den Staat alle Ansprüche, die -zwischen ihm und den bei uns gebildeten Eingebornen stattfinden. Um nun -in diesem letzteren Verhältnisse zugleich die persönliche Freiheit des -Individuums sicher zu stellen, zugleich eine rechtliche Gleichheit des -Individuums mit dem Staate, der bisher seinem Diener lebenslänglichen -Unterhalt zusichern, von ihm aber zu jeder Stunde sich den Dienst -aufkündigen lassen musste, hervorzubringen, und besonders, um dem -Gelehrtenstande zu grösserer Moralität und Ehrliebe in Dingen dieser Art -zu verhelfen, setze man den Anspruch auf lebenslange Versorgung, -verhältnissmässig nach dem Fache, als ^gleich einem gewissen bestimmten -Capital^, das der des vollkommenen Bürgerrechts Theilhaftige dem Staate -zurückzahle, wenn er dessen bisherige Dienste verlassen will. Ist er nun -dem auswärtigen Berufer dieser Summe werth, so mag derselbe sie -bezahlen, und er ist frei; aber es ist zu hoffen, dass dieser Fall nicht -sehr häufig eintreten, und auf diese Weise wir mit der Beseitigung so -mannigfacher Vocationen verschont bleiben werden. - - - §. 42. - -Es ist, in der Voraussetzung dieser Einrichtung, bei der Frage, wie -abgetretene Professoren zu versorgen seyen, nur von solchen die Rede, -denen das vollkommene Bürgerrecht angeboren, oder von ihnen angenommen -ist; indem diejenigen, welche dasselbe abgelehnt, nach ihrem Austritte -nicht nur nicht versorgt werden, sondern es sogar eine feste Maxime -unserer Politik seyn soll, dieselben sobald wie möglich entbehrlich zu -machen. - -Die bei uns erzogenen und beim Austritte aus den Studirenden des -^Meisterthums^ würdig befundenen Regularen haben ohnedies den ersten -Anspruch auf die ersten Aemter des Staats, und man könnte auch immerhin -den Lehrern, die das Institut beginnen werden, denselben Anspruch -ertheilen, den man ihren späteren Zöglingen nicht wird versagen können. -Dieser Anspruch und die Fähigkeit, dergleichen Aemter zu bekleiden, -werden dadurch ohne Zweifel nicht vermindert, dass der Mann durch einige -Jahre Lehramt es zu noch grösserer Gewandtheit in demjenigen -wissenschaftlichen Fache, dessen Anwendung im Leben das erledigte -Staatsamt fordert, und nebenbei zu grösserer Reife des Alters und der -Erfahrung gebracht hat; es wäre vielmehr zu wünschen, dass alle diesen -Weg gingen, und das Leben der ersten Bürger in der Regel in die drei -Epochen des lernenden, des lehrenden und des ausübenden -wissenschaftlichen Künstlers zerfiele. Weit entfernt daher, um die -Anstellung ausgetretener Lehrer verlegen zu seyn, müssten wir, wenn wir -auch sonst keines Corps der Lehrer bedürften, ein solches schon als -Pflanzschule und Repertorium höherer Geschäftsmänner errichten, und bei -eintretendem Bedürfnisse aus diesem Behälter zuweilen sogar den, der -lieber darin bliebe, herausheben. - -Dieses Bedürfniss austretender Lehrer für den Staat und den höheren -Geschäftskreis desselben noch abgerechnet, bedarf auch für sich selbst -als literarisches Institut solcher Männer. -- Es giebt sehr weit von der -Wurzel des wissenschaftlichen Systems abliegende, in ein sehr genaues -Detail eines Faches gehende Kenntnisse, welche in die allgemeine -Encyklopädie und den gewöhnlichen Kreis des Unterrichts an der -wissenschaftlichen Schule nicht eingreifen, und ohne deren Kenntniss -jemand ein sehr trefflicher Lehrer seyn kann. Doch kann das Bedürfniss -auch dieser Kenntniss für Lehrer und Lernende eintreten; es muss daher -das Mittel vorhanden seyn, sie irgendwo zu schöpfen. Dies seyen fürs -erste die ausgetretenen Lehrer. Vielleicht arbeiten sie ohnedies an -einem Werke, in welchem sie ihre individuelle Bildung in das allgemeine -Archiv des Buches niederlegen wollen, zu dem ihnen die Musse zu gönnen -ist. Nebenbei mögen auch Lehrer und Lernende sich bei ihnen Raths -erholen über das, worin sie vorzüglich stark sind; oder auch -vorkommenden Falles beide sie um einige Vorlesungen ersuchen, in Gottes -Namen über ein orientalisches Wurzelwort, oder die Naturgeschichte eines -einzelnen Mooses. Sie sind mit einem Worte Rath und Hülfe der jüngeren -bei eintretenden Nothfällen im Wissen sowohl als der Kunst. - -Indem sie nun doch nicht mehr eigentliche und ordentliche Lehrer an der -Universität, und ihre noch fortdauernden Leistungen nur frei begehrte -und frei gewährte Gaben sind, sind sie eine ^Akademie der Wissenschaft^, -im ^modernen^ (eigentlich französischen) Sinne dieses Wortes; und für -die Universitätsangelegenheiten der oben erwähnte ^Rath^ der ^Alten^. -Mit ihnen tritt bei dergleichen Berathschlagungen das Corps der -wirklichen Lehrer, als ^Rath der ausübenden Lehrer^ zusammen; daher sind -auch die letzteren natürliche Mitglieder der Akademie; und die gesammte -Akademie ist, in Beziehung auf die Universität, der ^Senat^ derselben, -nach den erwähnten beiden Haupttheilen in allen festzusetzenden -besonderen Klassen. - -Freie Mitglieder der Akademie bleiben auch die zu anderen Staatsämtern -beförderten ausgetretenen Lehrer, und sie sind befugt, und, inwiefern es -ihre anderen Geschäfte erlauben, ersucht an den Berathschlagungen -derselben, als Mitglieder des Rathes der Alten, Theil zu nehmen (und sie -werden gebeten werden, welche Decorationen auch sonst ihnen zu Theil -geworden seyn dürften, dennoch zuweilen auch unsere Uniform, welche -überhaupt jeder Akademiker trägt, mit ihren Personen zu beehren). - -In dieser Akademie Schooss bleibt ihnen auch immer, welche Schicksale -auch sonst auf ihrer politischen Laufbahn sie betroffen haben möchten, -der ehrenvolle Rückzug, und ist ihnen da ein sorgenfreies, geehrtes -Alter bereitet, indem der Charakter eines Akademikers ^character -indelebilis^ wird. - - - §. 43. - -Noch wäre, in derselben Rücksicht, um sichern Rath und Hülfe in jeder -literarischen Noth zu finden, eine andere Art von Akademikern, die sogar -niemals ordentliche Lehrer gewesen, anzustellen; ich meine jene -lebendigen Repertorien der Bücherwelt, und die, welche gross und einzig -sind in irgend einer seltenen Wisserei, obwohl sie es niemals zu einer -encyklopädischen Einheit der Ansicht ihres Faches, oder zu einer -lebendigen Kunst in demselben, gebracht haben, und darum als ordentliche -Lehrer für uns nicht taugen. Wir wollen sie nur dazu, dass unser -ordentlicher Lehrer diese lebendigen Bücher zuweilen nachschlage; die -Klarheit und Kunstmässigkeit wird er dem bei ihm geschöpften Stoffe für -die Mittheilung an seine Schüler schon selber geben. - -(So starb vor mehreren Jahren zu Jena ein gewisser B.[26], der mehrere -Hunderte von Sprachen zu wissen sich rühmte, und von dem andere, auch -nicht mit Unrecht, sagten, er besitze keine einzige. Dessenohnerachtet, -glaube ich, würde auch der Besitz eines solchen uns wünschenswürdig -seyn. Denn falls etwa, wie es denn in der That dergleichen Leute giebt, -jemand glaubte, das gesammte menschliche Sprachvermögen sey im Grunde -Eins, und die mancherlei besonderen Sprachen seyen nur, nach einem -gewissen Naturgesetze, ohne einige Einmischung der Willkür -fortschreitende weitere Bestimmungen und Ausbildungen jener Einen -Wurzel, und es lasse sich sowohl diese Wurzel, als jenes Naturgesetz -finden; und etwa einer unserer Akademiker an die Lösung dieser Aufgabe -ginge, so würde diesem aus anderen Gründen nicht füglich anzumuthen -seyn, dass er alle Sprachen der Welt wisse; es möchte sie aber neben ihm -und für seinen Gebrauch ein solcher B. wissen, der wiederum immer -unfähig seyn möchte, ein solches Problem zu denken und sein Wissen für -die Lösung desselben zu gebrauchen. -- So müssen wir denn den ganzen -vorhandenen historischen Schatz aller Wissenschaft bei uns -aufzuspeichern suchen, nicht um ihn todt liegen zu lassen, sondern um -ihn einst mit organisirendem Geiste zu bearbeiten. Ist dies geschehen, -dann wird es Zeit seyn, das ^caput mortuum^ wegzuschaffen; bis dahin -wollen wir nichts wegwerfen oder verschmähen.) - -[Fußnote 26: Büttner (?).] - -So ist, nachdem der Theologie der Alleinbesitz der orientalischen -Sprachkunde und der der Kirchengeschichte abgenommen worden, kaum zu -erwarten, dass beides, bis auf seinen letzten bekannten Detail, in den -gesammten encyklopädischen Unterricht der Philologie oder der Geschichte -an unserer Kunstschule werde aufgenommen werden; dass wir sonach eines -ordentlichen Lehrers der orientalischen Sprachen oder der -Kirchengeschichte kaum bedürfen werden. Dennoch müssen immerfort Männer -in unserer Mitte seyn, bei welchen jeder, der aus irgend einem Grunde -das Bedürfniss hat, über das Encyklopädische hinaus bis zu dem -äussersten Detail dieser Fächer fortzugehen, sein durch das blosse Buch -nicht also zu befriedigendes Bedürfniss zu befriedigen vermag. - -Uebrigens sind diese Anführungen nur als Beispiele zu verstehen. Eine -systematische Uebersicht der Summe unserer Bedürfnisse in dieser -Rücksicht, so wie die Angabe der bestimmten Männer, die wir zu diesem -Behuf für den Anfang mit uns zu vereinigen hätten, werden die -Berathschlagungen der oben erwähnten einzelnen Männer und Comités, -welche auch über diesen Theil unseres Plans zu instruiren wären, an die -Hand geben. - -Auch diese Art von Akademikern besitzt alle Rechte eines solchen, und -sitzt im ^Rathe der Alten^. - - - §. 44. - -Betreffend den Uebergang aus dem Corps der Lehrlinge in das der -Lehrenden oder praktisch Ausübenden: - -Der Regulare müsse am Ende seines Studirens documentiren, dass der Zweck -desselben bei ihm erreicht worden, sagten wir oben. Da nun der letzte -Zweck unserer Anstalt keinesweges die Mittheilung eines Wissens, sondern -die Entwicklung einer Kunst ist, der in einer Kunst Vollendete aber -Meister heisst, so würde jene Documentation darin bestehen, dass er sich -als Meister bewähre. - -Das Meisterstück würde am schicklichsten in einer zu liefernden -Probeschrift bestehen, nicht über ein Thema freier Wahl, sondern über -ein vom Lehrer seines Faches ihm gegebenes und ^darauf^ berechnetes, -dass daran sich zeigen müsse, ^ob der Lehrling die in seiner -individuellen Natur liegende grösste Schwierigkeit^, die dem Lehrer ja -wohlbekannt seyn muss, durch die kunstmässige Bildung seines Selbst -besiegt habe. (Wählt er selbst, so wählt er das, wozu er am meisten -Leichtigkeit und Lust hat; daran aber zeigt sich nicht der Triumph der -Kunst; der Lehrer soll ihm das aufgeben, was für seine Natur das -Schwerste ist, denn das Schwere mit Leichtigkeit thun, ist Sache des -Meisters.) Ueber diese seine eigene Schrift nun, und auf den Grund -derselben werde er, bis zur völligen Genüge des Lehrers, öffentlich -examinirt. - -Es sind zwei Fälle. Entweder wird in einem besonderen empirischen Fache -das Meisterthum begehrt. In diesem Falle giebt der Lehrer dieses Fachs -das Thema; die Prüfung aber, und das ^tentamen^ zerfällt in zwei Theile, -von denen, wie auch bei den früheren Beurtheilungen der Aufsätze der -Studenten, der Lehrer des Faches nach der Erkenntniss, und beim -Candidaten des Meisterthums insbesondere darnach forscht, ob er sie in -der Vollständigkeit und bis zu demjenigen Detail, bis zu welchem der -mündliche und Bücherunterricht an der Kunstschule fortgeht, gefasst -habe; die philosophische Klasse aber über die lebendige Klarheit dieser -Erkenntniss die Prüfung nach allen Seiten hinwendet und versucht. - -Oder der Candidat begehrte bloss in der Philosophie das Meisterthum: so -würde er in Absicht des Themas sowohl, als der Prüfung auf den ersten -Anblick lediglich der philosophischen Klasse anheimfallen, und die -Empirie an ihn keine Ansprüche haben. Da inzwischen die Philosophie gar -keinen eigentlichen Stoff hat, sondern nur das allen Stoff der -Wissenschaft und des Lebens in Klarheit und Besonnenheit auflösende -Mittel ist; und derjenige, der sich für einen grossen Philosophen -ausgäbe, dabei aber bekennte, dass er weder etwas Anderes gelernt, -vermittelst dessen, als eines Mittelgliedes, er seinen philosophischen -Geist ins Leben einzuführen vermöchte, noch auch seine Philosophie -unmittelbar von sich zu geben und sie anderen mitzutheilen verstände, -ohne Zweifel der Gesellschaft völlig unbrauchbar, und keinesweges ein -Künstler, sondern ein todtes Stück Gut seyn würde: so muss der, der sich -auf die Philosophie beschränkt, wenigstens sein Vermögen sie -mitzutheilen, und einen kunstmässigen Lehrer in derselben abzugeben, -documentiren. Und so kann keiner als Meister in der Philosophie -anerkannt werden, der sich nicht auch zugleich als ^Doctor^ derselben -bewährt hat. - -Nun ist es ferner gar nicht hinlänglich, dass er in dieser Fertigkeit -des Vortrages seiner Klasse genüge; er soll auch Nichtphilosophen, -dergleichen ja, wenn er das Lehramt einst im Ernste verwaltet, alle -seine Lehrlinge anfangs seyn werden, verständlich werden können; und so -fällt denn in dieser Rücksicht das Endurtheil von seiner eigenen Klasse -an die empirischen Klassen insgesammt, die es durch aus ihrer Mitte -ernannte Stellvertreter verwalten können. Hier also entscheidet -umgekehrt die philosophische Klasse über die Richtigkeit des Inhalts, -als Resultat der erlernten Kunst, die Gesetze des Denkens im -Philosophiren frei zu befolgen, die empirischen über die Gewandtheit und -Klarheit in dieser Kunst, die er durch den Vortrag darlegt. Mögen diese -immerhin über das Vorgetragene kein Urtheil haben; der Vortrag selbst -wenigstens muss ihnen als meistermässig einleuchten. -- Es werden darum -diejenigen, welche um das Meisterthum in der Philosophie nachzusuchen -gedenken, sich schon früher in dem Lehrerseminarium geübt haben, da der -philosophische Vortrag ohnedies der vollkommenste und das Vorbild alles -anderen Vortrages bleiben muss, und darüber an unserer Kunstschule alles -Ernstes zu halten ist. - -Dagegen kann der empirische Gelehrte, der seine Kenntnisse vielleicht -nur praktisch anzuwenden gedenkt, Meister seyn, ohne gerade Doctor seyn -zu können. Macht er auch auf das Letztere Anspruch, und begehrt er an -unserem Institute zu lehren, so muss er seine Fertigkeit darin noch -besonders darthun, und hat er hierüber beiden, sowohl der -philosophischen Klasse, als der seines Faches, Genüge zu leisten. - -Es lässt sich auch den Zugewandten das Recht, das Meisterthum in -Anspruch zu nehmen, nicht durchaus versagen. Da jedoch hierbei die, den -Lehrern auch von allen schwachen Seiten ihrer individuellen Natur oder -Erkenntniss weit besser bekannten, Regularen in Nachtheil kommen würden, -so wäre von den Zugewandten in diesem Falle, für Herstellung der -Gleichheit, zu fordern, dass sie wenigstens Ein Lehrjahr vor ihrer -Erhebung zu Meistern ihren Anspruch dem Lehrer des Faches, so wie dem -der Philosophie, bekannt machten, und dieses Jahr hindurch sich dem -allseitigen Studium dieser Lehrer blossstellten. Könnten nicht diese -beiden Lehrer am Ende des Jahres mit gutem Gewissen erklären, dass ihnen -diese jungen Männer für die Absicht hinlänglich erkundet seyen, so -müsste die Berathung über ihr Gesuch abermals ein Lehrjahr hinausgesetzt -werden, während dessen sie zu diesen beiden in demselben Verhältnisse -blieben, wie im ersten Jahre. Sie möchten auch an diese Lehrer für diese -eigentlich nicht im Kreise ihres Berufs liegende Mühe einen Ersatz -auszahlen, der in jedem Falle, ob sie nun des Meisterthums würdig -befunden wären oder nicht, verfiele. - -Erst durch die Erlangung des Meisterthums beweist der Regulare seine -würdige Benutzung des Instituts, und tritt ein in sein Recht des ersten -Anspruchs auf die ersten Würden des Staats. Ganz gleich lässt sich ihm -hierin nun einmal nicht setzen der Meister aus den Zugewandten, der uns -die nähere Bekanntschaft mit seinem moralischen Charakter und seiner -bisherigen sittlichen Aufführung versagt hat. Jedoch auch hierüber das -Beste hoffend, und da er denn doch auch der Kunst Meister ist, könnte -man ihm den ersten Anspruch da, wo kein Meister aus den Regularen sich -gemeldet, zugestehen. - -Den Regularen, die etwa in dem Gesuche des Meisterthums durchfielen, so -wie Zugewandten, die keinen Anspruch darauf machten, möchte man immerhin -den gewöhnlichen ^Doctor^grad ertheilen, und mögen die empirischen -Klassen über die dabei nöthigen Leistungen etwas festsetzen. Ein -gewöhnlicher und gemeiner Doctor nemlich ist derjenige, der nicht -zugleich auch, wie die früher oben angeführten, Meister ist; und es ist -in diesem Falle mit den beiden letzten Buchstaben nicht eigentlich -Ernst, indem wirklich Doctor zu seyn nur derjenige vermag, der Meister -ist, sondern es ist jenes Wort nur euphemistisch gesetzt, statt -^doctus^, einer der etwas erlernt hat. - -Die rechten heissen Meister schlechtweg, und kann man den Doctor -weglassen; wiewohl man auch, um den Unterschied noch schärfer zu -bezeichnen, die letzten Titular-Doctoren nennen könnte. Die -philosophische Klasse hat bei dergleichen Promotionen gar kein Geschäft; -denn in ihr selber giebt es nur Meister und Doctor in Vereinigung; um -die anderen Klassen aber bekümmert sie sich nur, wenn diese Anspruch auf -den Rang des Künstlers machen, dessen diese letzte Art der Doctoren sich -bescheidet. - -Aus ihnen werden im Staate die subalternen Aemter besetzt. (Man creirte -^magistros artium^, und in den neueren Zeiten, da der Magistertitel in -Verachtung gerathen, hat man nur noch den für vornehmer geachteten -Doctortitel führen mögen, da es doch offenbar weit mehr bedeutet ein -Meister zu seyn, denn ein Lehrer. Wir haben mit jenen ^magistris artium^ -gar nicht zu thun, da wir keinesweges ^Künste^ annehmen, und in -denselben etwa bis auf Sieben zählen, sondern nur Eine, die Kunst -schlechtweg, und diese zwar als unendlich, kennen; sondern unser Meister -ist ^artis magister^ schlechtweg, der Kunst Meister, und es ist zu -erwarten, dass die, die dieses Namens werth sind, sich seiner nicht -schämen werden. Und so mögen sie denn immer Meister, schlechtweg ohne -Beisatz und ohne das, auch nur verringernde, Herr, angeredet werden, und -sich schreiben: der Kunst Meister. - -Vor der Neuerung haben wir uns auch nicht zu fürchten, denn auch andere -Universitäten machen Neuerungen, wie die Jenaische, die anfing gar keine -^magistros artium^ mehr, sondern nur Doctoren der Philosophie, zu -creiren, oder die zu Landshut, die dermalen Doctoren der Aesthetik -creirt. - -Nun ist dieser ^gradus magistri^ dermalen nirgends vorhanden, und wir -können uns denselben nicht ertheilen lassen. Ohne Zweifel aber wird das -Meisterstück der die Kunstschule anfangenden Lehrer dann geliefert seyn, -wenn sie andere Künstler gebildet haben. Indem sie nun mit gutem -Gewissen diese für Meister erklären dürfen, erklären sie zugleich sich -selbst dafür; sie erhalten den Grad, indem sie ihn ertheilen, und können -ihn darum von da an auch führen.) - - - §. 45. - -In allen den erwähnten Aufsätzen, so wie in denen über das Meisterthum -und den damit zusammenhängenden ^tentaminibus^ wird die ^deutsche^ -Sprache gebraucht, keinesweges etwa die lateinische. Der in diesem oft -angeregten Streite dennoch niemals deutlich ausgesprochene entscheidende -Grund ist der: - -Lebendige Kunst kann ausgeübt und documentirt werden lediglich in einer -Sprache, die nicht schon durch sich den Kreis einengt, sondern in -welcher man ^neu^ und ^schöpferisch^ seyn darf, einer lebendigen, und in -welche, als unsere Muttersprache, unser eigenes Leben verwebt ist. Als -die Scholastiker in der lateinischen Sprache mit freiem und originellem -Denken sich regen wollten, mussten sie eben die Grenzen dieser Sprache -erweitern, wodurch es nun nicht mehr dieselbe Sprache blieb, und ihr -Latein eigentlich nicht Latein, sondern eine der mehreren im Mittelalter -entstehenden neulateinischen Sprachen wurde. - -Wir haben für diese freie Regung unsere vortreffliche deutsche Sprache: -das Latein studiren wir ausdrücklich als das abgeschlossene Resultat der -Sprachbildung eines untergegangenen Volkes, und wir müssen es darum in -dieser Abgeschlossenheit lassen. - -Der Philolog, eben weil er sein Geschäft in diesem fest abgeschlossenen -Kreise treibt, kann bei Interpretation der Klassiker sich der römischen, -und, wie in Gottes Namen zu wünschen wäre, auch der griechischen Sprache -bedienen; und es wäre den Zöglingen unseres Institutes anzumuthen, dass -sie schon beim Austritte aus der niederen Schule diese Fertigkeit, auch -lateinisch zu reden und sich zu unterreden, gelernt hätten. Sollte man -in gewissen Fällen, z. B. wo der Anspruch auf ein Schulamt ginge, nöthig -finden, dass auch der Candidat des Meisterthums die Fortdauer und noch -höhere Ausbildung dieser Fertigkeit zeigte, so könnte er dies thun, aber -nur an Gegenständen jenes historisch geschlossenen Cyklus; wo aber -ursprünglich schöpferisches Denken gezeigt werden soll, da wird die -schon fertige Phrasis bald für uns denken, bald unser Denken hemmen; und -darum bleibe bei diesem Geschäfte die todte Sprache ferne von uns. - - - §. 46. - -Wir gehen über zur Oekonomieverwaltung unseres Instituts. - -Es ist vor allem klar, dass ein zu ^fester Einheit^ organisirtes -Verwaltungscorps dieser Geschäfte eingesetzt werden müsse, dessen -höchste Mitglieder wenigstens aus dem Schoosse der Akademie selbst -seyen, etwa ausgetretene Lehrer, indem nur diesen die gebührende Liebe -sich zutrauen lässt, die übrigen aber diesen und der gesammten Akademie -verantwortlich sind. - -Um den Folgen aus der Veränderlichkeit des Geldwerthes für ewige Tage -vorzubeugen, wären die Einkünfte des Institutes nicht auf Geld, sondern -auf Naturalien festzusetzen, also, dass es z. B. zu einem bestimmten -Termine von einem bestimmten Bezahler so und so viel Scheffel Korn zu -ziehen hätte, die allerdings nicht in Natur, sondern in klingender Münze -abgeliefert würden; nicht jedoch nach einem für immer festgesetzten -Preise, sondern nach dem, den dieses Korn am Termine der Zahlung auf dem -Markte wirklich hätte. Ebenso hätte es nun auch an seine Besoldeten -terminlich so und so viel Scheffel Korn zu bezahlen. - - - §. 47. - -Die beiden Hauptquellen von Einkünften, auf die wir fürs erste zu -rechnen hätten, wären die Einkünfte des Kalenderstempels von der -Akademie, sodann die der eingegangenen Universität Halle, inwiefern -dieselben uns verbleiben, wozu noch die Verwaltung der ^Zahlstellen^ im -Corps der Regularen, und späterhin andere, tiefer unten zu erwähnende, -Hülfsquellen kommen würden. Nicht bloss darum, weil die Nation zahlt, -sondern aus noch weit tieferen Gründen, soll dieselbe innigst mit dieser -Angelegenheit verflochten werden, und unser Institut sehr deutlich als -ein Nationalinstitut dastehen. - -Wir werden dies auf folgende Weise erreichen. Da den eigentlichen -wesentlichen Theil unserer Anstalt, um dessenwillen alles Andere da ist, -das Corps der Regularen bildet, so werden die Stellen in diesem Corps -vertheilt auf die ^Kreise^ und ^Städte^ der Monarchie,[27] nach dem -Maassstabe, wie jeder, gezwungen oder freiwillig, beiträgt. ^Stellen^, -nicht in dem Sinne, dass nur der aus dem Kreise oder der Stadt Gebürtige -diese Stelle haben könne, sondern jeder, dem eine solche Stelle zukommt -und sie begehrt, erhält sie ohne Verzug; sondern also, dass zwischen dem -Besitzer der Stelle und dem Kreise oder der Stadt, dem sie zufällt, ein -Verhältniss entstehe, wie zwischen Clienten und Patron; dass der Erstere -glaube, so wie sein eigentlicher Geburtsort ihm zu dem natürlichen -Leben, so habe dieser Kreis oder diese Stadt ihm zu dem höheren -wissenschaftlichen Leben verholfen; dass die letztere an den Successen -dieses ihres Alumnus den Antheil von Ruhm nehme, den die griechischen -Städte an den aus ihnen stammenden Siegern in den olympischen -Wettkämpfen nahmen; endlich, dass der Erstere, wie hoch er auch jemals -emporsteige, dennoch zeitlebens zu dankbarem Gegendienste bei jeder -Gelegenheit bereit sey, und aus dem Clienten ein Patron werde. Mehrere -zarte sittliche Verhältnisse, die daher entspringen, abgerechnet, wird -sich auch ein Interesse und eine Achtung für Wissenschaft durch die -Nation als ein sie ehrenvoll auszeichnender Charakterzug verbreiten, der -wiederum die Quelle grosser Ereignisse werden kann. Stellen ferner, -nicht in dem Sinne, dass die Zahl derselben jemals geschlossen sey, -vielmehr soll jeder, der es werth ist und es begehrt, aufgenommen -werden; sondern dass die vorhandenen und besetzten nach diesem -bestimmten Maassstabe unter die Kreise u. s. w. vertheilt werden. Auch -dem ^deutschen^ Ausländer (wer von anderer Nation wäre, qualificirt sich -wegen Abgang der Sprache nicht zum Wechselleben mit uns) soll, wenn er -würdig ist, besonders wenn er beim Eintritte zugleich der Verpflichtung, -die das vollkommene Bürgerrecht (§. 40.) mit sich führt, sich -unterwürfe, die Aufnahme unter die Regularen nicht abgeschlagen werden. -Doch würde, nach dem Grundsatze, dass mit dem Auslande nur der -Repräsentant der Einheit des Staates zu verhandeln hätte, diese -Erlaubniss nur der König ertheilen können, und wären somit alle an -Ausländer gegebene Plätze ^königliche^, keinesweges aber -^Landes^-Stellen. Doch wäre der König zu ersuchen, diese Erlaubniss den -von dem Lehrercorps vorgeschlagenen nicht leicht, und nicht ohne höchst -bewegende Gründe zu versagen; indem, anderer Rücksichten zu schweigen, -hierdurch die preussische Nation recht laut ihre Anerkennung des -allgemeinen deutschen Bruderthumes documentirt, und auch dies in der -Zukunft wichtige Ereignisse nach sich ziehen kann. - -[Fußnote 27: Wie es z. B. mit den Stellen an den sächsischen -Fürstenschulen die Einrichtung ist; auch mit den weiterhin beschriebenen -Modificationen.] - - - §. 48. - -Nach Maassgabe, wie jeder Theil des Landes beiträgt, sollten auf ihn die -Stellen vertheilt werden, sagte ich. So möchte, ohne alle Rücksicht, ob -dadurch die Verwaltung vereinfacht werde oder nicht, indem weit höhere -Dinge (die wirkliche Beschäftigung der Nation mit diesem Gegenstande und -derselben Folgen) zu beabsichtigen sind, der bisherige Kalenderpacht -ganz aufgehoben werden, dagegen aber die Kreise und Städte sich selber -taxiren, wie viele Scheffel Korn für diesen Stempel sie zahlen wollten, -die sie hernach durch eigene Distribution der Kalender wieder -beitrieben; wobei ihnen vorbehalten bleiben müsste, die Stempelgebühr -nach Steigen oder Fallen der Kornpreise zu steigern oder zu verringern. -Nach dieser ihrer Quote am Beitrage zum Ganzen richtete sich ihr Antheil -an der Berechtigung auf Stellen. Falls nicht, was der Schreiber dieses -in seiner dermaligen Lage nicht erkunden kann, dadurch eine andere, -schon eingeführte Stempeltaxe aufgehoben würde, so könnte diese Einnahme -noch auf folgende Weise vermehrt werden: dass durch alle Theile der -Monarchie dasselbe Eine Maass und Gewicht eingeführt werde, was ohnedies -seit langem sehr zu wünschen war. Die Bestimmung eines solchen, und des -Mittels, es unwandelbar zu erhalten, ist ein natürlich einer Akademie -der Wissenschaften anheimfallendes Geschäft. Die Uebereinstimmung mit -diesem Grundmaasse und Gewicht wäre nun allen Maassen und Gewichten -durch einen Stempel zu attestiren, dessen Ertrag dem Institute zu gut -käme, und auf dieselbe Weise beigetrieben würde. - -Ebenso würde das, woraus der bisherige Fonds der Universität Halle -bestanden, auf Naturalien gesetzt, und denen, die es abzutragen schuldig -sind, als Quote ihrer Berechtigung zur Besetzung der Stellen -angerechnet. - - - §. 49. - -Da die bei uns gebildeten Regularen den ersten Anspruch auf die ersten -Stellen des Staates haben sollen, so würden, wenn noch andere -Universitäten ausser uns in der Monarchie bestehen sollten, dieselben -entweder auch sich zur Kunstschule, und zu diesem Behufe ein Corps von -Regularen in ihrer Mitte bilden müssen; oder sie würden als reine -Zugewandtheiten, in denen auch nicht einmal ein besserer Kern wirkte, zu -betrachten seyn, und derselben Zöglinge ebenso am Verdienste wie am -Rechte den unserigen nachstehen. Es ist zu befürchten, dass das erstere -ihnen nicht sonderlich gelingen werde, indem wir, die wir ohnedies im -Anfange nicht einmal auf Vollständigkeit für unseren Bedarf rechnen -können, ihnen ohne Zweifel weder im Inlande noch im Auslande etwas für -eine Kunstschule Taugliches übriglassen werden; dass sie sonach, bei dem -besten Bestreben, dennoch in die zweite höchst nachtheilige Lage kommen -würden. Und so dürfte denn vielleicht das in Anregung Gebrachte zugleich -die Veranlassung werden, um über eine tiefere, bisher mannigfaltig -verkannte Wahrheit die Augen zu öffnen. - -Das Bestreben, die Schule und Universität recht nahe am väterlichen -Hause zu haben, und in dem Kreise, in welchem man dumpf und bewusstlos -aufwuchs, ebenso dumpf fortzuwachsen und in ihm sein Leben hinzubringen, -ist unseres Erachtens zuvörderst entwürdigend für den Menschen; -- denn -dieser soll einmal herausgehoben werden aus allen den Gängelbändern, mit -denen die Familien-, Nachbar- und Landsmannsverhältnisse ihn immerfort -tragen und heben, und in einem Kreise von Fremden, denen er durchaus -nichts mehr gilt, als was er persönlich werth ist, ein neues und eigenes -Leben beginnen, und dieses Recht, das Leben einmal selbstständig von -vorn anzufangen, soll keinem geschmälert werden; -- sodann streitet es -insbesondere mit dem Charakter des wissenschaftlichen Mannes, dem -freier, über Zeit und Ort erhabener Ueberblick zukommt, den das Kleben -an der Scholle aber, das höchstens dem gewerbtreibenden Bürger zu -verzeihen, entehrt; endlich wird dadurch sogar die organische -Verwachsung aller zu Einem und demselben Bürgerthume gehindert, und -lediglich daher entstehen die Absonderungen einzelner Provinzen und -Städte vom grossen Ganzen des Staates; daher, dass z. B. der Ostpreusse -dem Brandenburger, der Thüringer dem Meissner, als etwas für sich -bedeuten wollend, gegenübertritt, und man sich nicht wundern muss, dass -z. B. der Baier dem Preussen gegenüber sich der gemeinsamen Deutschheit -nicht entsinnt, da ja sogar der Ostpreusse zuweilen des gemeinsamen -Preussens vergisst. Aus keinem in solcher Beschränktheit Aufgewachsenen -ist jemals ein tüchtiger Mensch oder ein umfassender Staatsmann -geworden. Wäre dieses Bestreben einmal in seiner wahren Natur erkannt, -und so eingesehen, dass dasselbe keinesweges geschont, sondern ohne -Barmherzigkeit weggeworfen werden müsse: so wäre auch kein Grund -mehr vorhanden, warum mehrere Universitäten in derselben -Staatseinheit bestehen sollten; es würde erhellen, dass der Ausdruck -»^Provincialuniversität^« einen Widerspruch enthalte, indem die -Universalität das Besondere aufhebt, und dass Ein Staat von Rechtswegen -auch nur Eine Universität haben sollte. Sollen und müssen einmal -diejenigen Bürger des gemeinsamen Staates, die nicht bestimmt sind, -aus der unbeweglichen Scholle den Nahrungsstoff zu ziehen, -durcheinandergerüttelt werden zu allseitiger Belebung: so ist dazu die -Universität der einzig schickliche Ort, und mögen sie von da an wiederum -nach allen Richtungen verbreitet werden, jeder, nicht dahin, wo er -geboren ist, sondern wohin er passt, damit wenigstens an dieser edleren -Klasse ein Geschlecht entstehe, das nichts weiter ist, denn Bürger, und -das auf der ganzen Oberfläche des Staates zu Hause ist. - -Nach diesen Principien müssten die anderen in der preussischen Monarchie -vorhandenen Universitäten eingehen, und die Fonds derselben zu unserer -Anstalt gezogen werden. Die in die neue Anstalt nicht herübergezogenen -Lehrer könnten ihre Gehalte fortziehen, oder auch nach Maassgabe ihrer -Brauchbarkeit anderwärts versorgt werden. (Einen Theil derselben würden -wir, als die §. 42. beschriebene Art von Mitgliedern des Rathes der -Alten, sogar nothwendig brauchen.) Diese herübergezogenen Fonds würden -auf die Provinzen der eingegangenen Universitäten, als Quoten ihrer -Berechtigung auf Stellen, vertheilt, zum Ersatze des verlorenen Rechtes -im Schoosse der Familie den gelehrten Hausbedarf an sich zu bringen. -Ueber unseren Plan gehörig verständiget, ist sogar zu hoffen, dass sie -sich diese Abänderung gern werden gefallen lassen. - -(Als Einwürfe dagegen erwähne ich zuvörderst einen, den man kaum für -möglich halten würde, wenn er nicht wirklich gemacht würde, den ^von der -weiten Reise^. Gerade die Möglichkeit, junge Menschen vorauszusetzen, -welche die Unbequemlichkeit eines Transportes scheuen, wie Bäume, oder -vor den Gefährlichkeiten einer Reise, z. B. von Königsberg nach Berlin, -sich fürchten, beweiset, wie nothwendig es seyn möge, dem Muthe mancher -in der Nation hierin ein wenig zu Hülfe zu kommen. Oder ist der -Kostenaufwand für ordinäre Post und Zehrung auf dieser kurzen Reise -ihnen so fürchterlich, so könnte man ja den sich berechtigt glaubenden -Provinzen aus den Fonds eine Reisestipendienkasse zugestehen, aus denen -sie für die gar zu Dürftigen diese kleine Ausgabe bezahlten. - -Sodann meint man: es könnte doch etwa einmal auf einer solchen -Universität ein besonderer und interessanter Geist und Ton entstehen, -den wir durch eine Aufhebung dieser Universität ganz unschuldig viele -Jahre vor seiner Geburt morden würden, und man befürchtet, dass wir der -Entwickelung der herrlichen Originalität innerhalb solcher kleinen -Beschränkungen Eintrag thun würden. Hierauf dienet zur Antwort: dass -zufolge der Zeit, in welcher die Wissenschaft steht, es in derselben -nicht mehr Legionen Geister, die jeder für sich ihr Wesen treiben, -sondern nur Einen, in seiner Einheit klar zu durchdringenden Geist -giebt, für dessen ewige allseitige Anfrischung gerade an unserem -Institute durch die sehr häufige Erneuerung des lehrenden Corps, und -durch den offen geführten edlen Wettstreit aller miteinander, vorzüglich -gesorgt ist; dass aber diese vorgebliche Originalität innerhalb localer -Beschränkung nicht Originalität, sondern vielmehr ^Caricatur^ sey, -welche, so wie den schlechten Geschmack, der an ihr sich labt, immermehr -verschwinden zu machen, auch ein Zweck unserer Anstalt ist. Es bliebe -nach Beseitigung dieser sich aussprechenden Einwürfe kein anderer übrig, -als das dunkle Gefühl des Strebens, doch ja nichts umkommen zu lassen, -indem allerhand, uns freilich nicht bekanntes Heil durch irgend eine -Zauberkraft daraus sich entwickeln könne, mit welchem, als selbst nicht -auf deutliche Begriffe zu Bringendem, man in der Region deutlicher -Begriffe nicht reden kann.) - - - §. 50. - -Die Stellen der Kanoniker an den Hochstiften waren ursprünglich für den -Unterricht eingesetzt, und die Einkünfte könnten diesem ersten Zwecke -füglich zurückgegeben werden. Auf die gleiche Weise ist der Streit gegen -die Ungläubigen, wozu die Johanniter-Maltheserritter gestiftet worden, -nicht mehr an der Tagesordnung, wohl aber der geistige Krieg gegen -Unwissenheit, Unverstand und alle die traurigen Folgen derselben; und -könnten so auch diese Güter diesem Zwecke gewidmet werden. Sie würden -auf dieselbe Weise, wie die früher erwähnten Einkünfte, als Recht auf -Stellen unter die Beitragenden vertheilt. - -Ich sage nicht, dass unser einiges Institut diese ohne Zweifel sehr -grossen Hülfsquellen verschlingen solle. Dieses Institut muss für sich -den Grundsatz der Verwaltung haben, dass ihm alles dasjenige, dessen es -für die Erreichung seiner Zwecke bedarf, unfehlbar werde, dass es aber -auch durchaus nichts begehre, dessen es nicht bedarf; noch kann es einen -anderen haben, ohne durch überflüssiges Geschlepp und Gepäck sich selbst -zur Last zu werden. Sodann wird zu bedenken seyn, dass auch der, -demnächst sogleich zu reformirenden niederen Schule ihr Antheil zukomme; -ferner, dass wenn es über kurz oder lang zu einer ernstlichen Reform der -Volkserziehung kommen sollte, auch für die Unterstützung dieses Zweckes -das Nöthige vorhanden seyn müsse. Wir wollen nur sagen, dass gerade die -gegenwärtige Zeit der Verlegenheit benutzt werden könne, um jene bisher -anders angewendete Güter für diesen grösseren Zweck des gesammten -Erziehungswesens in Beschlag zu nehmen, und dass es unter anderen auch -der Kunstschule freistehen müsste, von ihnen Gebrauch zu machen, falls -einmal ihre anderen Quellen nicht ausreichend befunden würden. Selbst -auf den Fall, dass zunächst, oder irgend ein andermal, der Staat für -eigene Zwecke dieser Einkünfte bedürfe, worüber tiefer unten: so würde -es immer ein freundlicheres Ansehen haben, wenn er sie zuerst für -diesen, als Zweck der Nation unmittelbar einleuchtenden Zweck der -Nationalerziehung in Beschlag genommen hätte. - - - §. 51. - -Wie in Absicht der regularen Stellen überhaupt der Grundsatz feststeht, -dass jedwedes Individuum, das zu einer solchen sich qualificirt, und sie -begehrt, sie haben müsse, so steht in Absicht ^der Zahlung^ der -Grundsatz fest, dass, wer zahlen könne, zahlen müsse, wer aber nicht -zahlen könne, dieselbe, ^inwiefern er nicht zahlen kann^, unweigerlich -frei erhalte. Nicht die Zahlung qualificirt, sondern die anderweitige -Leistung; und so soll auch der doppelt oder dreifach Zahlende dennoch, -als Ausländer, bei dem Könige, als Inländer, bei einem Kreise, eine -Stelle als freie Gunst nachsuchen, damit er wisse, dass es in unserer -Anstalt noch etwas giebt, das für Geld nicht zu haben ist, und soll der -etwanigen ökonomischen Rücksicht, dass man den Zahlung Anbietenden in -Absicht der Proben der Würdigkeit gelinder behandle, durchaus kein -Einfluss gestattet werden. Ebenso schliesst auch nicht das Unvermögen zu -zahlen aus, sondern das geistige Unvermögen. - -Die zu leistende Zahlung ist zu berechnen im Durchschnitte (am besten -auch nach Scheffeln Getreide) auf die eben erwähnten, dem Zöglinge in -Natur zu liefernden Bedürfnisse, auf Honorar an die Lehrer für -Unterricht und Prüfung bei Ertheilung des Meisterthums, auf Gebrauch der -öffentlichen literarischen Schätze u. s. w., und haben die Eltern oder -Vormünder des zahlenden Zöglings der Oekonomieverwaltung Caution zu -leisten auf die Zeit, für welche der Zögling in das Institut aufgenommen -wird, indem man ihn, um späterhin ausbleibender Zahlung willen, ja nicht -ausstossen könnte, dennoch aber die Verwaltung auf ihn als Zahler -rechnet. Die Form dieser Sicherstellung wird leicht sich finden lassen. -Und zwar werden alle jene in Rechnung kommende Gegenstände also -berechnet, wie sie dem Zöglinge zu stehen kommen würden, wenn er einen -Privathaushalt führte, keinesweges aber also, wie sie der alles im -Ganzen an sich bringenden Verwaltung zu stehen kommen: wie denn dies, da -dieser grosse Haushalt ohne Zutritt des Einzelnen als eine Einrichtung -des Staates besteht, ganz billig ist, und schon dadurch zu Deckung der -Freistellen ein Beträchtliches gewonnen werden kann. - -Es ist zu hoffen, dass unsere reichen Häuser, deren Glanz ja sonst bei -also getroffenen Einrichtungen in ihrer Nachkommenschaft erlöschen -würde, den Zutritt zu unseren Regularen fleissig nachsuchen, und dass -besonders unser Adel diese Gelegenheit mit Freuden ergreifen werde, um -zu zeigen, dass es nicht bloss die versagte Concurrenz war, die ihn bei -seinem bisherigen Range erhielt, sondern dass er auch bei eröffneter -freier Concurrenz mit dem Bürgerstande denselben zu behaupten vermöge. -Es könnte hierbei festgesetzt werden, dass die ^Grafen^ doppelte Zahlung -leisteten, wie dies in Absicht der Collegienhonorarien auch bisher also -gehalten worden; andere Adelige noch die Hälfte des ganzen Quantums -zuschössen. - -Freistellen müssen nicht nothwendig ^ganze^ Freistellen seyn, indem eine -Familie, die zwar nicht alle diese Kosten zu tragen vermöchte, doch -vielleicht einen Theil derselben tragen kann. Es kann also Viertel-, -Halbe-, Dreiviertelfreistellen geben, nach Maassgabe des Vermögens der -Familie. - -Doch sollen ganz Unvermögende auch ganz freie Station erhalten; und es -soll in Rücksicht dieser sogar eine Veranstaltung getroffen werden, -wodurch sie beim einstigen Austritte aus dem Collegium der Regularen, -wie dieser auch übrigens ausfallen möge, für die erste Zeit und bis zu -einiger Anstellung gedeckt seyen. - -Die Entscheidung über diese theilweisen oder ganzen Befreiungen fällt -der ökonomischen Verwaltung des Institutes zu, welchem zu diesem Behufe -die Eltern oder Vormünder des Zöglings genügende Einsicht in die -Vermögensumstände desselben zu geben haben. Es muss bei dieser Einsicht -Genauigkeit stattfinden, indem hierüber das Ehrgefühl der Nation selbst -geschärft werden soll, und so, wie Armuth keine Schande, das -Sicharmstellen und die Raubgier, welche den Ertrag milder Stiftungen -wirklich Unvermögenden wegzunehmen sucht, zur grossen Schande werden -sollen. Hinwiederum ist mild und freundlich dem wirklichen Unvermögen -das Gebührende zu erlassen, und es ist darum klar, dass diese Verwalter -für den Fortgang der Wissenschaften redlich interessirte, und -talentvolle Jünglinge, auch wenn sie arm sind, herzlich liebende Männer, -und also selbst ^Akademiker^, wo möglich ^ausgetretene Lehrer^ seyn -müssen. - -Welcher nun unter den Zöglingen seine Stelle ganz, oder theilweise frei -habe, braucht niemand zu wissen, ausser die Eltern oder Vormünder eines -solchen und die erwähnten Verwalter; indem dieses die beiden Theile -sind, welche die Abkunft geschlossen, und sind diese allerseits zur -Verschwiegenheit zu verpflichten. Denn obwohl Armuth fernerhin keine -Schande seyn soll, so soll doch so lange, bis es allgemein -dahingekommen, dem zahlenden Zöglinge auch die Versuchung erspart -werden, sich über den ihm bekannten Nichtzahler neben ihm zu erheben. -Alle sollen in solche Gleichheit gesetzt werden, dass dem Reichsten das -wenige, Anständigkeitshalber vielleicht nöthige Taschengeld von der -Verwaltung nicht reichlicher gereicht werde, als dem ganz freien Armen. -Nicht einmal der freigehaltene Zögling selbst braucht diesen Umstand zu -wissen; denn obwohl wir für das Daseyn der Anstalt überhaupt die -Dankbarkeit Aller, Zahler oder Nichtzahler, in Anspruch nehmen, so -wollen wir doch dafür, dass jedes Talent, auch ohne Aequivalent in -Gelde, bei uns Entwickelung findet, keinen besonderen Dank, indem wir -dies für Pflicht, so wie für den eigenen Vortheil des Vaterlandes -erkennen. Und so sind denn die an die Kreise zu vertheilenden Stellen -keinesweges Kost- oder Freistellen, sondern es sind Stellen überhaupt. -Jede mögliche Stelle kann auch Freistelle werden; nur weiss der Kreis -selber nicht, wie es sich damit verhält, sondern nimmt unbefangen -Antheil an den wissenschaftlichen Fortschritten seines Clienten, ohne zu -wissen, auf welche besondere ökonomischen Bedingungen er dieses ist. - - - §. 52. - -Indem der Ausfall, der durch diese ertheilten Befreiungen in der -Oekonomie des Regulats entsteht, aus der Gesammtheit der oben -verzeichneten Quellen bestritten werden muss, dieser Ausfall aber, -jenachdem das vorzüglichere Talent aus den reichen oder aus den -unbegüterten Klassen der Nation hervorgeht, sehr wandelbar und -veränderlich seyn dürfte: so ist klar, dass in diesem Haupttheile der -Ausgaben keine Fixirung stattfinde, dass der Verwaltung grosse -Hülfsmittel zur Disposition stehen müssen, dass dieselbe durchaus kein -Interesse hat, dieselben ohne Noth zu verschwenden, dass sie demnach die -etwanigen Ersparnisse getreulich den Händen der Regierung zurückliefern -wird, welche über die Wahrhaftigkeit des Resultates der geführten -Verwaltung durch eine, gleichfalls auf Stillschweigen zu verpflichtende -Behörde Einsicht nehmen kann; endlich, dass dieser ganze Theil der -Verwaltung dem übrigen Publicum ein dasselbe nicht angehendes und ihm -undurchdringliches Geheimniss bleibe. Das lehrende Corps ist es -eigentlich, das nach den gelieferten Aufsätzen oder der von der niederen -Schule gebrachten Tüchtigkeit, ohne alle Rücksicht oder Notiz von den -Vermögensumständen, das Regulat ertheilt: dies ist das Erste und -Wesentliche. In dieser Ertheilung können sie, nach dem aufgestellten -Grundsatze, dass durchaus kein vorzügliches Talent ausgeschlossen werden -solle, nicht beschränkt werden. Wie es mit dem also zum Regularen -unwiederbringlich Ernannten in ökonomischer Rücksicht gehalten werden -solle, ist die zweite ausserwesentliche Frage, deren Beantwortung der -Oekonomieverwaltung anheimfällt. Dieser verbietet Gerechtigkeitsgefühl -und Rücksicht auf Ehrliebe der Nation, Befreiung ohne Noth zu -begünstigen; die Natur der ganzen Einrichtung aber, sie der dargelegten -Noth zu versagen; und so kann auch diese auf keine Weise eingeschränkt -werden. - -Ebensowenig findet im zweiten Haupttheile der Ausgaben, der Besoldung -der Lehrer und anderer Akademiker, der Erhaltung oder neuen Anschaffung -von Literaturschätzen, und anderer den Fortgang der Wissenschaften -befördern sollender Einrichtungen, eine Fixirung statt. Denn obwohl sich -auch etwa ein Maximum des Gehaltes für einen einzigen festsetzen liesse, -so lässt sich doch durchaus nichts festsetzen über die Anzahl der zu -Besoldenden, von so höchst verschiedenen Arten und Klassen, sondern es -richtet sich diese, sowie die anderen angegebenen Veranlassungen von -Ausgaben, nach dem jedesmaligen Zustande der Wissenschaft, und ist -wandelbar wie dieser. Die Mitglieder der Anstalt können in diesen -Beurtheilungen nur das Heil der Wissenschaft und ihrer Anstalt als -höchstes Gesetz anerkennen, und sie sind diejenigen, denen gründliche -Durchschauung desselben, sowie herzliche Liebe dafür sich am -vorzüglichsten zutrauen lässt; auch verbietet die Erwägung dieses Heils -selbst ihnen ebenso unnöthige Verschwendung in allen den erwähnten -Zweigen, als schädliche und unwürdige Sucht zu sparen. Und so geht denn -auch für diesen Theil dasselbe Resultat hervor, das wir oben für den -ersten Theil aufstellten; es gilt dasselbe demnach fürs Ganze. - - - §. 53. - -In Absicht des Besoldungssystems möchte festgesetzt werden 1) ein -Gehalt, der dem Akademiker, als solchem, gereicht wird, und der dem des -vollkommenen Bürgerrechtes Theilhaftigen unter keiner Bedingung entzogen -werden kann. Da nicht so leicht jemand bloss Akademiker seyn wird, so -ist dieser Gehalt nur als ein Beitrag, keinesweges aber als das, woraus -der ganze anständige Unterhalt des Mannes zu bestreiten sey, zu -betrachten. 2) Das Mitglied des Rathes der Alten hat entweder ein -anderweitiges Staatsamt, oder eine von den mannigfaltigen ökonomischen -oder Aufseherstellen, die aus der Natur unseres Instituts hervorgehen, -wofür er besonders besoldet wird; auch wäre er für die Weisen, wie er -durch vorübergehende Vorlesungen oder andere Leistungen uns nützlich -wird, durch vorübergehende Remunerationen zu entschädigen. Arbeitet er -an einem gelehrten Werke, so könnte ihm auch für diesen Behuf die -Oekonomieverwaltung Unterstützung oder Vorschüsse leisten. 3) Der -ausübende Lehrer wird nach Maassgabe seiner Arbeit an Vorlesungen und -anderen Uebungen und Prüfungen besonders besoldet. Die Zugewandten -zahlen für alle diese Gegenstände, inwiefern sie an denselben Antheil -nehmen wollen, ein festzusetzendes Honorar, und zwar ^voraus^. Denn es -wird dadurch eines solchen Zugewandten, der sein vorausbezahltes Geld -nun auch wiederum abhören will, Fleiss und Regelmässigkeit sehr -befördert; und mögen wir ihm diese Art der Ermunterung gern gönnen. Der -Regulare ist hierin frei, und wird eben der Gehalt des Lehrers als sein -von der Verwaltung für ihn bezahlter Beitrag, der ja bei Zahlstellen -auch angerechnet wird, betrachtet. Dieses von den Zugewandten zu -ziehende Honorar ist jedoch dem Lehrer bei Fixirung seines Gehaltes -nicht eben in Rechnung zu bringen, sondern derselbe also zu setzen, als -ob er neben seinem Gehalte als Akademiker von diesem leben müsste; um -ihn von dem Beifalle dieser Zugewandten ganz unabhängig zu erhalten. - -Dasselbe Honorar von den Zugewandten haben auch die ausserordentlichen -Professoren zu beziehen. - -Eigentlich ist es die Akademie selbst, welche als unumschränkte -Oekonomieverwaltung (§. 52.) sich selbst aus ihrer Mitte besoldet. So -wie die anderen Stände nicht verlangen sollen, dass diese in -Anständigkeit des Auskommens ihnen nachstehen, so wird auch ihnen von -ihrer Seite gerade jenes nicht zu vermeidende Verhältniss die Pflicht -auflegen, vor den Augen der Nation nicht als unersättliche und -habsüchtige, sondern als edle und sich bescheidende Männer dazustehen; -und ist diese Denkart auf alle Weise in sie hineinzubringen. - - - §. 54. - -Für das erste Lehrjahr möchte es zweckmässig seyn, den encyklopädischen -Lehrern, sowie etwa den anderen nöthig befundenen Unterlehrern, wenn, -wie es grösstentheils der Fall seyn dürfte, sie schon ausserdem, als -Akademiker oder dergl., einen fixirten lebenslänglichen Gehalt haben, -eine besondere Remuneration für die Arbeiten dieses ersten Lehrjahres -zuzugestehen, und für die folgenden Lehrjahre sich ein weiteres Bedenken -vorzubehalten; unter anderen auch, damit man erst sähe, wie sich jedes -machte, und ob nicht indessen etwas Anderes sich findet, das sich noch -besser macht. In Bestimmung dieser Remuneration wäre, inwiefern nicht -etwa der Mann schon sonst ausreichend besoldet ist, und man in dieser -Rücksicht schon ohnedies einen Anspruch hat auf seine ganze Kraft, -billig als Maassstab unterzulegen, was in dieser Zeit durch -Schriftstellerei hätte erworben werden können. Denn obwohl das bisweilen -auch übliche Ablesen eines vor langen Jahren angefertigten Heftes etwas -höchst Bequemes ist, und kaum eine andere Kraft fordert, als die der -Lunge, so dürfte doch eine solche Verwaltung des Lehramts, wie wir sie -gefordert haben, und die unter anderen auch den grössten Theil der alten -Hefte unbrauchbar macht, alle Kraft und Zeit des Lehrers in Anspruch -nehmen; und wer diese Verhältnisse kennt, weiss, dass Collegienlesen auf -die gewöhnlichen Bedingungen für einen nicht ungewandten Schriftsteller -in ökonomischer Rücksicht ein Opfer ist, das zwar der wackere Mann gern -bringt, der auch wackere aber nicht ohne Noth fordert. - - - §. 55. - -Für dieses erste Jahr könnte nun der Universität vom Staate ein -öffentlicher Hörsaal eingegeben werden. Die Studirenden löseten gegen -ihr Honorar, etwa bei dem, um der Inscriptionen willen auch gleich -anfangs anzustellenden Justitiarius der Universität, ^Belege^ -(Zutrittskarten), nach welchen ihnen, durch einen gleichfalls -anzustellenden ^famulus communis^, auf eine zu Jena seit 1790 übliche, -dem Schreiber dieses wohlbekannte Weise, ihre Plätze im Auditorium -angewiesen werden. Da wir im ersten Jahre noch keine Regulare haben -(Novizen können wir haben, die aber doch immer nur als Zugewandte zu -betrachten sind), sonach diese etwa künftigen Regularen, denen -vielleicht auch künftig Freistellen gegeben werden, in der allgemeinen -Masse der Zugewandten noch unentdeckt liegen: so soll der Justitiarius, -nach einem ihm etwa anzugebenden Kanon, diese erwähnten Belege auch frei -geben können, worüber er sich hernach mit dem Lehrer, der das Collegium -liest, zu berechnen hat. Ebenso wäre ein Plan zu entwerfen, wie man -während dieses ersten Jahres unvermögende Studirende durch Stipendien, -Freitische und dergl. unterstützen könnte. Doch ist die Einführung des -gewöhnlichen Convictoren-, Stipendiaten-Examens und dergl., durch welche -der Unvermögende herausgehoben und bezeichnet wird, als mit unserm -allerersten Grundsatze über diesen Gegenstand streitend, auch im ersten -Jahre zu vermeiden. Sollte man nicht etwa späterhin über den Grundsatz -sich einverständigen, ^dass bei solchen, die da Regulare werden weder -könnten, noch wollten^ (wo bei Bejahung des letzten Falles die -einigermaassen frei zu haltenden wenigstens ^Novizen^ seyn müssten, und -es im Noviziate über diesen Punct eben also gehalten werden könnte, wie -oben (§. 51.) für das Regulat vorgeschlagen worden), und da die zu -subalternen Geschäften nöthigen Handwerksfertigkeiten weit sicherer und -schicklicher ausserhalb der Universität erlernt werden, ^das Studiren -ein blosser Luxus sey, der, wenn er ja statthaben solle, aus eigenen -Mitteln, keinesweges aber auf Kosten des Staates, bestritten werden -müsse^; sondern sollte man darauf bestehen, die milden Stiftungen der -über diese Dinge freilich nicht so scharf sehenden Vorwelt, auf die -bisherige Weise zu verwenden: so kann man freilich nichts dagegen haben, -dass dergleichen Beneficiaten unter den blossen Zugewandten auf alle -Weise bezeichnet werden, und, so Gott will, ihnen sogar eine metallene -Nummer an den Aermel geheftet werde, damit die Liebeswerke doch auch -recht in die Augen fallen! Nur soll man den nicht also behandeln, der -einmal ein Ehrenjüngling und Regularer werden könnte. - - - §. 56. - -Diese also zu einem organischen Ganzen verwachsene Akademie der -Wissenschaften, wissenschaftliche Kunstschule und Universität muss ein -Jahresfest haben, an welchem sie sich dem übrigen Publicum in ihrer -Existenz und Gesammtheit darstelle. Der natürlich sich ergebende Act -dieses Festes ist die Ablegung der Rechenschaft über ihre Verhandlungen -das ganze Jahr über; und es sollten hiebei zugegen seyn Repräsentanten -der Nation, gewählt aus den zu den Stellen Berechtigten, und des Königs, -beider, als der Behörde, der die Rechenschaft abgelegt wird. Zu diesem -Feste wäre der Geburtstag Friedrich Wilhelms des Dritten, als dessen -Stiftung jener Körper existiren wird, falls er jemals zur Existenz -kommt, unabänderlich und auf ewige Zeiten festzusetzen. - - - §. 57. - Corollarium. - -Die einzelnen Vorschläge dieses Entwurfes sind keineswegs unerhörte -Neuerungen; sondern sie sind, wie sich bei einem so viele Jahrhunderte -hindurch in so vielen Ländern bearbeiteten Gegenstande erwarten lässt, -insgesammt einzeln irgendwo wirklich dagewesen, und lassen sich bis -diesen Augenblick in mehreren Einrichtungen der Universitäten Tübingen, -Oxford, Cambridge, der sächsischen Fürstenschulen, in ihrem sehr guten, -das Gewöhnliche weit übertreffenden Erfolge, darlegen. Lediglich darin -könnte der gegenwärtige Entwurf auf Originalität Anspruch machen, dass -er alle diese einzelnen Einrichtungen durch einen klaren Begriff in -ihrer eigentlichen Absicht verstanden, sie aus diesem Begriffe heraus -wiederum vollständig abgeleitet, und sie so zu einem organischen Ganzen -verwebt habe; welches, wenn es sich also verhielte, demselben -keinesweges zum Tadel gereichen würde. - -Den Haupteinwurf betreffend, den derselbe zu befürchten hat, den der -Unausführbarkeit, muss in der Berathschlagung hierüber nur nicht die im -Verlaufe von allen Seiten hinlänglich charakterisirte, übrigens -ehrenwerthe und von uns herzlich geehrte Klasse gefragt werden, welche, -wenn nur sie allein in der Welt vorhanden wäre, mit ihrer Behauptung der -absoluten Unausführbarkeit recht behalten würde. Wir selbst geben zu, -dass im Anfange die Ausführung am allerunvollkommensten ausfallen werde, -glauben aber sicher rechnen zu dürfen, dass, wenn es überhaupt nur zu -einigem Anfange kommen könne, der Fortgang immer besser gerathen werde; -selbst aber auf den Fall, dass wir befürchten müssten, es werde sogar -nicht zu einem rechten Anfange kommen, müssten wir dennoch den Versuch -nicht unterlassen, indem im allerschlimmsten Falle wir doch nichts -Schlimmeres werden können, denn eine Universität nach hergebrachtem -deutschem Schlage. - -Die allgemeinen Merkmale der Gründlichkeit eines Planes, der sich nicht -bescheiden mag, ein blosser schöner Traum zu seyn, sondern der auf -wirkliche und alsbaldige Ausführung Anspruch macht, sind diese: dass er -zuvörderst nicht etwa die wirkliche Welt liegen lasse und für sich -seinen Weg fortzugehen begehre, sondern dass er durchaus auf sie -Rücksicht nehme, wiewohl allerdings nicht in der Voraussetzung, dass sie -bleiben solle, wie sie ist, sondern dass sie anders werden solle, und -dass im Fortgange nicht Er sich ihr, sondern Sie sich ihm bequeme; und -dass er, nach Maassgabe der Verwandtschaft, eingreife auch in die -übrigen Verhältnisse des Lebens, und wiederum von diesen getragen und -gehoben werde; sodann, dass er, einmal in Gang gebracht, nicht der immer -fortgesetzten neuen Anstösse seines Meisters bedürfe, sondern für sich -selbst fortgehe, und, so ers braucht, zu höherer Vollkommenheit sich -bilde. Nach diesen Merkmalen sonach ist jeder Entwurf zu prüfen, wenn -die Frage über seine Ausführbarkeit entschieden werden soll. - - - - - Dritter Abschnitt. - Von den Mitteln, durch welche unsere wissenschaftliche Anstalt - auf ein wissenschaftliches Universum Einfluss gewinnen solle. - - - §. 58. - -Das in unserer Kunstschule einmal begonnene wissenschaftliche Leben soll -nicht etwa in jeder künftigen Generation, sowie es schon da war, nur -sich ^wiederholen^, viel weniger noch soll es ungewiss herumtappen, und -so selbst Rückfällen ins Schlimmere ausgesetzt seyn; sondern es soll mit -sicherem Bewusstseyn und nach einer Regel zu höherer Vollkommenheit -fortschreiten. Damit dies möglich werde, muss die Schule die in einem -gewissen Zeitpuncte errungene Vollkommenheit irgendwo deutlich und -verständlich niederlegen; an welche also niedergelegte Stufe der -Vollkommenheit dieses Zeitpunctes das beginnende frische Leben sich -selber und seine Entwickelung anknüpfe. Am besten wird diese -Aufbewahrung geschehen vermittelst eines ^Buches^. - - - §. 59. - -Da aber das wirkliche, in unmittelbarer Ausübung befindliche Leben der -wissenschaftlichen Kunst fortschreitet von jeder errungenen Entwickelung -zu einer neuen, jede dieser Entwickelungen aber, als die feste Grundlage -der auf sie folgenden neuen, niedergelegt werden soll im Buche: so folgt -daraus, dass dieses Buch selbst ein fortschreitendes, ein ^periodisches^ -Werk seyn werde. Es sind ^Jahrbücher^ der Fortschritte der -wissenschaftlichen Kunst an der Kunstschule; welche Jahrbücher, wie ein -solcher Fortschritt erfolgt ist, ihn bestimmt bezeichnet niederlegen für -die nächste und alle folgende Zeit, und welche, wenn die -wissenschaftliche Kunst nicht unendlich wäre, einst nach Vollendung -derselben begründen würden eine ^Geschichte^ dieser -- sodann -vollendeten Kunst. - - - §. 60. - -Die Kunst schreitet fort auf zwiefache Weise: theils überhaupt, wie -alles Leben, dass sie eben lebendig bleibe, und niemals erstarre oder -versteine; theils dass dieses überhaupt also fort^gehende^ Leben auch -fort^schreite^ zu höherer Kraft und Entwickelung. Dies Letztere -geschieht wiederum auf doppelte Weise: nemlich zuerst in ihm selber und -intensive, in Absicht des ^Grades^, sodann nach aussen hin und -extensive, indem es immer mehr des ihm angemessenen Stoffes in sich -aufnimmt, und ihn mit sich ihn durchdringend organisirt, also in Absicht -der Ausdehnung. -- Todt ist ein wissenschaftlicher Stoff, so lange er -einzeln und ohne sichtbares Band mit einem Ganzen des Wissens dasteht, -und lediglich dem Gedächtnisse, in Hoffnung eines künftigen Gebrauches, -anheimgegeben wird. Belebt und organisirt wird er, wenn er mit einem -andern verknüpft, und so zu einem unentbehrlichen Theile eines -entdeckten grösseren Ganzen wird; und jetzt erst ist er der Kunst -anheimgefallen. Wird dieses schon entdeckte und in den Jahrbüchern -vorliegende Ganze mit einem klaren Begriffe durchdrungen (die Klarheit -ist aber ein ins Unendliche zu steigerndes), dass die Theile sich noch -enger an einander anschliessen und durch einander verwachsen: so hat die -Kunst intensiv gewonnen; greift der vorhandene Einheitsbegriff weiter, -und erfasst ein bis jetzt noch einzeln dastehendes Glied, so gewinnt sie -extensive. Beide Arten des Fortschrittes unterstützen sich -wechselseitig, und arbeiten einander vor. Die ^Erweiterung^ des -Begriffes macht seine ^Verklärung^, seine ^Verklärung^ seine -^Erweiterung^ leichter. - -In Absicht der zuerst erwähnten periodischen ^Anfrischung^ des -wissenschaftlichen Lebens aber, die an sich kein Fortschreiten ist weder -intensiv noch extensiv, verhält es sich also: -- Unabhängig in Absicht -der Materie von der besonnenen und kunstmässigen Entwickelung, und -gerade um so mehr, in je höherem Grade die letztere vorhanden ist, -schreitet das geistige Leben des Menschengeschlechtes durch sich selber, -wie nach einem unbewussten Naturgesetze fort. Die Sprache concentrirt, -die Phantasie erhöht sich, die Schnelligkeit des Fassungsvermögens -steigt, der Geschmack wird zarter; und so ^ersterben^ in einem späteren -Zeitalter Formen, die der wahrhafte Ausdruck des Lebens eines früheren -waren, und so muss oft das, dem in keiner Weise eine höhere innere -Vollkommenheit sich geben liesse, dennoch aus der erstorbenen äusseren -Form in die des dermaligen Menschengeschlechtes aufgenommen werden. (Wir -machen an folgendem Beispiele unseren Gedanken klarer. -- Selber die -Philosophie, als die reinste, stoffloseste Form, die auch im mündlichen -Vortrage immer also, als reines Entwickelungsmittel der Kunst des -Philosophirens, sich behandelt, geht dennoch in Beziehung auf stätigen -Fortschritt der Wissenschaft auf ^ein Buch^ aus, welches ^die -durchgeführte richtige Anwendung der Denkgesetze^, als festes und -stehendes Resultat, absetze. Fürs erste nun, was nicht unmittelbar -dasjenige ist, was wir sagen wollen, sondern wodurch wir uns -vorbereiten: -- wäre nun ein solches Buch vorhanden, so würde bis ans -Ende der Tage jedwedes Individuum, das ein Philosoph seyn wollte, -vielleicht jenes Buch als Leitfaden brauchend, dennoch jene Anwendung -der Denkgesetze ^selbst^ und in eigener ^Person^ durchführen müssen, und -von dieser Arbeit jenes Buch ihn auf keine Weise entbinden. Dagegen -hätte er davon folgenden Vortheil: führte sein Denken ihn auf ein -anderes Resultat, als in jenem Buche vorliegt, so müsste er entweder -deutlich und bestimmt nachweisen können, welcher Fehler in Anwendung der -Denkgesetze im Buche begangen worden, der dieses von dem seinigen -verschiedene Resultat hervorgebracht hätte; oder er wüsste, so lange er -dies nicht könnte, sicher, dass er mit seinem eigenen Denken noch nicht -im Klaren sey, er müsste annehmen, dass sein Resultat ebensowohl irrig -seyn könnte, als das im Buche vorliegende, und hätte kein Recht, seinen -Satz, der möglicherweise irrig seyn könnte, an die Stelle eines andern, -der freilich auch irrig seyn kann, in dem allgemeinen Buchwesen zu -setzen. Möchte er höchstens diesen seinen Satz, ausdrücklich als nicht -sattsam begründet, für die weitere Untersuchung eines künftigen klareren -Denkers aufbewahren. Und dies wäre denn in dem ersten, wie in dem -zweiten Falle der Erfolg des vorhandenen Buches für die Wissenschaft, -dort sichere Erweiterung, hier Verwahrung vor blindem Herumtappen und -dem Eigendünkel, der da will, dass seine unbewiesenen Behauptungen mehr -seyen, als anderer vielleicht bewiesene Behauptungen, indem er nur -unfähig ist, den Beweis zu fassen. Hiervon reden wir nun zunächst nicht, -sondern davon. Ob nun wohl auch jenes niedergelegte philosophische Buch -also beschaffen wäre, dass es weder in seinem Inhalte, noch im Grade der -Klarheit überhaupt eine Verbesserung erhalten könnte, so möchte es doch -immer einer ^Erfrischung^ durch das neue Leben der Zeit bedürfen.) - - - §. 61. - -Das bisher beschriebene gäbe nun das ^Kunstbuch^ der Schule. Nun zeigt -sich diese Kunst, und ihr Leben schreitet fort, in Organisation eines -Stoffes. Inwiefern dieser Stoff wirklich schon organisirt ist, ist er -aufgenommen in die Kunst und in derselben Buch, und es bedarf für ihn -keines besonderen Buches; inwiefern er aber noch nicht durchdrungen ist, -und er also die weitere Aufgabe für die Kunstschule enthält, muss diese -Aufgabe irgendwo in fester Gestalt niedergelegt seyn, und die Schule -bedarf, ausser ihrem Kunstbuche, auch eines ^Stoffbuches^. Dies ist nun -zum Theil schon vorhanden an dem ganzen vorliegenden Buchwesen, und muss -nur die Schule dieses ^kennen^. Die dahin gehörigen Einrichtungen sind -schon im vorigen Abschnitte angegeben, und es lässt in dieser Kenntniss -ein Fortschritt nur so sich denken, dass diese Kenntniss des vorhandenen -Buchwesens vervollständiget, und das allgemeine Repertorium desselben -besser geordnet und einer leichteren Uebersicht im Ganzen zugänglicher -gemacht werde, auf welchen Zweck auch unsere Schule in alle Wege -anzuweisen ist. Jenes auf diese Weise schon vorhandene grosse Stoffbuch -selber soll nun fortschreiten: zuvörderst, indem es seiner äusseren Form -nach erfrischt und erneuert wird, sodann, indem in Absicht des Inhaltes -es theils berichtigt und von den darin vorhandenen Fehlern gereinigt, -theils immerfort ergänzt und erweitert wird. Das Letzte geschieht durch -neue Entdeckungen auf dem Gebiete der Geschichte und der Naturkunde; -welche Entdeckungen immerhin bei ihrer ersten Erscheinung zur Aufnahme -in die Einheit sich nicht qualificiren mögen, dennoch aber, bis ein -Mehreres zu ihnen hinzukommt, aufbehalten werden müssen. Durch diese -neuen Entdeckungen verlängert sich wiederum das Stoffbuch nach der -Peripherie hin, das nach der Seite seines Centrums immer mehr verkürzt -und von dem Kunstbuche aufgenommen wird. - -Dieser Fortschritt, des Stoffbuches sowohl wie auch des Kunstbuches, -kann sich nun begeben entweder ^bei uns^, oder ^bei anderen^; wo wir im -letztern Falle die Ausbeute in unsere Schule und unser Buch aufzunehmen -haben, damit das gesammte Buch des Menschengeschlechtes und sein -wissenschaftlicher Fortschritt Einheit behalte. - -Zum Fortschritte dieses gesammten Buches gehören auch diejenigen -Bestrebungen, dasselbe zu verbessern, die nur noch Versuche und noch -nicht zu der Festigkeit gediehen sind, dass man sie in einem Buche -niederlegen könne. Auch diese Versuche, wenn sie bei anderen angestellt -werden, kennen zu lernen, wenn wir sie anstellen, uns dabei der -Beobachtung anderer nicht zu entziehen, müssen wir Anstalt treffen. - - - §. 62. - -Um über den Fortschritt der wissenschaftlichen Kunst, die im Kunstbuche -dargelegt werden soll, ganz verständlich zu werden, legen wir unsere -Gedanken dar an einem Beispiele. - -Wenn also z. B. mit der Universalgeschichte es dahin zu kommen bestimmt -wäre, dass man einsähe, sie sey nicht ein Zufälliges, das auch entbehrt -werden könne, sondern sie habe eine bestimmte, dem Menschengeschlechte -sich aufdringende Frage nach bestimmten gleichfalls im menschlichen -Geiste schon vorliegenden Frageartikeln zu beantworten, als etwa: wie -unser Geschlecht zu menschlicher Lebensweise, zu Gesetzlichkeit, zu -Weisheit, zur Religion, und worin noch etwa sonst die Ausbildung zum -wahren Menschen bestehen mag, sich allmählig erhoben habe, -- hier -einseitig, dann zurückfallend, um auch andere, bisher vernachlässigte -Bildungsweisen in sich aufzunehmen; -- und man über diese Fragen zu -einigen bestimmten und unveränderlichen Resultaten gekommen wäre: so -würde man sodann auch einsehen, dass die bisher abgesteckten Epochen -nach Entstehung oder Untergang grosser Reiche, nach Schlachten und -Friedensschlüssen, die Regententafeln u. dergl. nur provisorische -Hülfsmittel, berechnet auf eine Denkart, die nur durch die Erschütterung -des äusseren Sinnes berührt wird, gewesen seyen, um die Sphäre jener -besseren Ausbeute indessen zu erhalten; und man würde nur an jene, -inniger an das Interesse der menschlichen Wissbegier sich anschmiegenden -Epochen die Geschichte anknüpfen, welche nun allerdings auch jene ersten -weniger bedeutenden mit sich fortführen würden, damit das Gemälde sein -vollkommenes Leben bis auf den wirklichen Boden herab bekäme. Man würde -z. B. nicht mehr sagen: unter der Regierung des und des wurde der Pflug -erfunden, sondern umgekehrt: als der Pflug erfunden wurde, regierte der -und der, dessen Leben vielleicht auf die weiteren Begebenheiten des -Pfluges, auf welches letzteren Geschichte es hier doch allein ankommt, -Einfluss hatte. Die Kunst der Geschichte wäre dadurch ohne Zweifel -fortgeschritten, indem man nunmehro erst recht wüsste, wonach man in -derselben zu fragen, und worauf in ihr zu sehen habe; sie wäre mit einem -klaren Begriffe durchdrungen. - -Dadurch wäre auch die ganze Bearbeitung derselben an unserer Kunstschule -verändert. Vorher bestand ihre eigentliche Aufgabe darin, jenen klaren -Begriff und die festen Data, die eine Uebersicht der Begebenheiten nach -seiner Leitung giebt, ^zu finden^, und in diesem Finden bestand die -gemeinschaftliche Arbeit unserer Kunstschule. Jetzt ist dies da: es wird -abgesetzt im Buche, das unser Zögling selber lesen mag. Vorher musste er -ein nach anderen Epochen eingetheiltes Buch lesen, das ihm jetzt auch in -alle Wege nicht ganz erlassen werden kann, das aber ihm, der einen -Leitfaden von höherer Potenz hat, weit leichter haften wird, als seinem -früheren Vorgänger. Die unmittelbar zu treibende Kunst an unserer Schule -erhält in Beziehung auf die Geschichte eine andere Aufgabe; ohne Zweifel -die, jene Data weiter auszuarbeiten und zu verbinden, und so mehr des -bisher noch nicht durchdrungenen Stoffes der Facta durch den -Grundbegriff zu durchdringen. - -So in allen anderen Fächern. Die Kunst gräbt fortgehend sich tiefer in -bisher unsichtbare Welten; die in dem nunmehr ausgegrabenen Schachte -gewonnene Ausbeute legt sie im Kunstbuche nieder, als Ausgangspunct und -als Instrument ihres weiteren Verfahrens. - -Und so wäre denn 1) in unseren Jahrbüchern des Fortschrittes der Kunst -an unserer Schule, als Hauptbestandtheile und als Epoche machend, -niederzulegen die encyklopädischen Ansichten jedes unserer Lehrer von -seinem Fache; kurz, versteht sich, und im Grossen und Ganzen. Sollte -ihm, wie dies also zu erwarten, diese klare und ewig dauernde -Rechenschaft auch nicht während der Ausübung seines Lehramtes angemuthet -werden können, so kann sie dennoch nach dem Austritte ihm nicht füglich -erlassen werden, und hat er darauf schon während der Ausübung zu -rechnen. - -2) Da unsere Schüler auch Bücher lesen sollen, und wir ihnen überhaupt -nichts zu sagen gedenken, was ebenso gut im Buche steht, so gehört zu -jener encyklopädischen Rechenschaft eines Lehrers allerdings auch die -Angabe, welche Lectüre er vorschreibe. Diese Lectüre mag für den Anfang -in schon vorhandenen Büchern bestehen, und es wird in diesem Falle genug -seyn, diese zu citiren. - -Späterhin aber werden wir, theils um die allenfalls veraltete äussere -Form anzufrischen, theils aber und vorzüglich, wegen des durch den -Fortschritt der Kunst ganz veränderten Ausgangspunctes der von uns -wirklich zu ^treibenden^ Kunst, Lesebücher für unsere Zöglinge (ein -^corpus^ jedes einzelnen Faches, wie es bisher nur ein ^corpus juris^ -gab) eigens drucken lassen müssen. In Absicht des ersten -- des -Auffrischens -- wird zu beachten seyn, dass dies nicht von dem Ermessen -des Einzelnen abhängen könne, sondern mehrere die Tüchtigkeit eines -Einzelnen für diesen Behuf anerkennen müssen, indem nicht in jedem der -gesammte lebendige Zeitgeist sich ausspricht, und mancher versucht wird, -seinen individuellen Geist für jenen zu halten. In Absicht des zweiten -haben wir, sowie im Lehren, den Grundsatz, nicht zu sagen, was schon -gedruckt ist, im Schreiben den, nicht zum zweitenmale drucken zu lassen, -was einmal gedruckt ist. -- Wird einmal das Bedürfniss solcher eigenen -Lesebücher eintreten, so werden uns die Mittel nicht abgehen, demselben -abzuhelfen, und können wir recht füglich von denen, die bei uns Meister -oder Doctor zu werden verlangen, dergleichen Probestücke begehren. - -Wir erhielten an jenen encyklopädischen Rechenschaften, von denen jede -künftige die vorhergegangene entweder ^formaliter^, durch Klarheit und -Leichtigkeit, oder ^materialiter^, durch weitere Umfassung des Stoffes, -übertreffen müsste, -- oder sie könnte nicht aufgenommen werden, und -dies wäre ein Beweis, dass die Kunst dermalen bei uns stille stände -- -eine ^fortgehende und eng zusammenhängende Reihe^ von Fortschritten in -der Wissenschaft, welche der Nachwelt, die einen beträchtlichen Theil -derselben übersehen, und vielleicht das ^Gesetz^ dieses Fortschrittes -entdecken könnte, wiederum als Mittel weit höherer Fortschritte dienen -könnte. Wir erhielten an dem, mit jener und ihrem Gesetze gemäss -fortschreitenden ^Lesebuche^, das nicht gerade in den Context jener -Jahrbücher eingewoben seyn müsste, sondern selbstständig existiren -könnte, ein äusserliches Document und einen Exponenten der Jahrbücher. - -Dieses Lesebuch würde, sowie es von einer Seite durch Steigerung der -Gesichtspuncte anwüchse, von der anderen durch Auswerfung des sattsam -bearbeiteten Stoffes abnehmen. Wir machen dies deutlich an demselben -Beispiele der Geschichte. Wenn man durch Erfassung etwa des angegebenen -Standpunctes für diese -- die Geschichte -- vielleicht auch den Zweck -aufgeben wird, in derselben ^Psychologie^ oder ^Staatswissenschaft^ zu -lernen -- Zwecke, die man leicht für Vorspiegelungen halten dürfte, um -dem Philosophen gegenüber sich aus der Verlegenheit zu ziehen, einen -Zweck ihres Studiums deutlich anzugeben, -- begreifend, dass man diese -Zwecke weit wohlfeileren Kaufes mit der Philosophie erreichen könne; -dass aber die Regierungs^kunst^, die durchaus etwas Anderes ist, denn -die durch Philosophiren zu schöpfende Regierungs^wissenschaft^, eine -leichte und sich von selbst findende Zugabe des rechten Studiums der -Geschichte sey: -- wenn man, sage ich, diese Zwecke aufgeben wird, -alsdann wird man einer Menge Untersuchungen, die nur dem psychologischen -oder politischen Zwecke unter die Arme greifen sollen, sich gern -überheben. -- (So lange es, um über die Aechtheit eines gewissen -Documents urtheilen zu können, auf die Untersuchung, welchen Zuschnitt -der Bart eines gewissen Kaisers gehabt habe, ankommt, muss man in alle -Wege diese Untersuchung gründlich treiben. Sollte aber durch einstige -Vollendung dieser Untersuchung die Aechtheit oder Unächtheit des -Documents, gemeingültig für alle künftige Zeit, ausgemittelt seyn, so -mag man nun den Bart immer fahren lassen; ja dieses um so mehr, wenn -sogar an der Aechtheit oder Unächtheit des Documents selber uns nichts -mehr liegen sollte, indem, was dadurch entschieden werden soll, indess -anderwärtsher entschieden worden. Freilich müsste man zu diesem Behufe -auch darüber mit sich einig seyn, dass es in allen Fächern Gewissheit -und eine feste, unwidersprechliche Beweisführung gebe, und nicht etwa -gerade in das blinde Herumtappen, und in die Wiederholung desselben -Kreislaufes durch jegliche Generation, die Perfectibilität des -Menschengeschlechtes setzen.) - -So, wenn nun jemand durchaus kein anderes Mittel hat, um über den Werth -einer gewissen Meinung zu entscheiden, ausser daraus, dass sie die -Meinung eines gewissen alten Philosophen gewesen, dabei aber doch noch -immer Zweifel hegt, ob dieselbe nicht vielmehr die Folge der -Gesundheitsbeschaffenheit dieses Philosophen, als seiner Speculation -gewesen: so ist diesem die Frage über die Hypochondrie oder -Nichthypochondrie des Mannes allerdings höchst bedeutend; wer aber auf -anderem Wege über den in Frage gestellten Werth Bescheid hätte, der -könnte jenen Philosophen sammt seinem Gesundheitszustande ruhig an -seinen Ort gestellt seyn lassen. - - - §. 63. - -Neben diesem ersten und wesentlichen Theile der Jahrbücher, den -encyklopädischen Rechenschaften der Lehrer, giebt es noch einen zweiten, -zum ersten nothwendig gehörenden Theil, die Ausarbeitungen der Schüler. -Denn es soll ja nicht bloss die Kunst der gesammten Schule in -Bearbeitung des wissenschaftlichen Stoffes, es soll auch die besondere -Kunst der Lehrer gezeigt werden, selber Künstler aus dem ihnen gegebenen -Stoffe der Zöglinge zu bilden, und, so Gott will, der Fortgang auch -dieser Kunst. Ueber die Lehrmethode derselben wird schon ihre -encyklopädische Rechenschaft, auch ohne ausdrückliches Vermelden, die -nöthige Auskunft geben. Ueber so viele andere, in Worten auch nicht -füglich zu beschreibende Kunstmittel mögen sie schweigen, und dieselben -eben üben; aber ihr ^Werk^, den Künstler, der aus ihren Händen -hervorgeht, mögen sie vorzeigen. - -Im Anfange zwar, und in den ersten Jahren werden wir noch nichts dieser -Art vorzuweisen haben; einen sicheren Anfang aber müssen dennoch auch -die Jahrbücher sich setzen, indem es ausserdem wohl immer bei dem -Versprechen bleiben könnte. Dieser Anfang könnte erscheinen zu Anfang -des zweiten Lehrjahres, und er müsste enthalten: 1) die encyklopädischen -Ansichten der angestellten Lehrer jedes Faches, die sie ja ohne Zweifel -bei der Vorbereitung auf dieses ihnen grossentheils neue Collegium -schriftlich entworfen, und während des mündlichen Vortrages und der mit -den Lehrlingen angestellten Uebungen verbessert haben werden. 2) Die -Probeaufsätze der Studirenden, welche gebilligt, und deren Verfassern -die Befugniss, das Regulat nachzusuchen, gegeben worden. Sollte das -Letztere zu weitläufig ausfallen, so könnten aus den gelungenen nur die -gelungensten ausgewählt, der anderen aber nur im allgemeinen mit dem -gebührenden Lobe gedacht werden. - -(Der zweite Punct wäre zugleich die den Lehrern, die das Regulat zuerst -besetzen, allerdings nicht zu erlassende öffentliche Rechenschaft, dass -sie hierbei nach festen Grundsätzen und keinesweges willkürlich -verfahren; ingleichen die Weisung an Studirende und deren Eltern, was -bei künftigem Anspruche auf dasselbe Regulat von ihnen ^wenigstens^ -gefordert werden würde. Wenigstens; denn es könnte so kommen, dass das -erstemal, um denn doch überhaupt ein an Personal nicht gar zu schwaches -Regulat einzusetzen, nach ein wenig milderen Grundsätzen verfahren -werden müsste, denn späterhin.) - -Aus denselben Bestandtheilen, Nachträgen der Lehrer zu ihren -encyklopädischen Ansichten, und Probeaufsätzen neuer Candidaten des -Regulats würden die Jahrbücher auch zu Anfange des dritten, vierten etc. -Lehrjahres bestehen, so lange bis wir Aufsätze von solchen, die bei uns -das Meisterthum erhalten hätten, mittheilen und so die Aufsätze der -Schüler ungedruckt lassen könnten. Erst mit diesen ginge die eigentliche -Rechenschaftsablegung des Lehrers über seine Lehrkunst an. - -Hier auch hebt die eigentliche Rechenschaft der gesammten Kunstschule -über den Fortschritt des Lehrtalentes und der Künstlerbildung an ihr an. -Werden, noch abgerechnet die Steigerung des Begriffes selbst (wovon in -§. ^praeced.^), in der ^Form^ die Aufsätze der künftigen Meister klarer, -gewandter, freier, leichter, denn die der früheren, so steigt die Kunst; -das Gegentheil davon wäre ein Beweis, dass sie wenigstens in dieser -Rücksicht fiele, und die gesammte Akademie hätte zusammenzutreten und -Anstalten zu treffen, ^ne detrimenti quid capiat respublica^. - -Schon in den anderen mit den Lehrlingen anzustellenden Uebungen, recht -eigentlich aber, und auch andern sichtbar in diesen Jahrbüchern, kann -ein Lehrer sehen, ob ein anderes, jugendlicheres und gewandteres -Lehrertalent neben ihm aufkomme, und er hat sodann ohne Säumen -auszutreten, und diesem seinen Lehrstuhl zu überlassen. Der eigentliche -Vater dieses Studiums, und der fortdauernde Berather und Warner in -demselben bleibt er immerfort. - -Der hier entworfene Begriff solcher Jahrbücher wäre dem ersten -anhebenden Theile derselben in einer, das grosse Publicum befriedigenden -Deutlichkeit voranzusetzen, und hätten wir in dieser Einleitung uns auf -alle hier aufgestellten Grundsätze für uns und unsere Nachkommen, vor -Welt und Nachwelt, auf ewig zu verpflichten. - - - §. 64. - -Betreffend den Fortgang insbesondere des Stoffbuches durch uns, geht -dieser, wie sich versteht, auch bei uns, sowie in der übrigen Welt, -seinen Weg fort. Es wäre hierbei nur folgendes anzumerken. Zuvörderst -ist wohl von keinem unserer Akademiker zu erwarten, dass er, entweder um -das Daseyn seiner Person kund zu thun, oder um an den Ehrensold irgend -eines schlecht unterrichteten Buchhändlers zu kommen, Geschriebenes -schreibe, und compilirend aus zehn Büchern ein eilftes mache, und hätte, -falls dergleichen doch einem beikäme, die gesammte Akademie die -gemeinschaftliche Ehre zu retten, und die Schmach des Einzelnen von sich -abzuwehren. Sodann: dergleichen Vermehrungen des Stoffbuches von Seiten -unserer Akademiker müssten zunächst auf das gegenwärtige Bedürfniss -unserer Kunstschule gehen und bestimmt seyn, diesem abzuhelfen; und es -wäre den Arbeiten von dieser Beziehung der Vorzug vor anderen zu geben. -Im Falle eines solchen Bedürfnisses könnten wir auch Auswärtige zur -Mithülfe durch Aussetzung eines ^Preises^ auffordern; der Akademiker -selbst ist für den Preis zu hoch; dem Bedürfnisse der Familie -abzuhelfen, wenn er kann, ist ihm ohnedies Pflicht wie Freude, und sind -die vom Rathe der Alten recht eigentlich für dieses Geschäft, auch in -Absicht des Buchwesens, eingesetzt. - -Einen Theil des fortschreitenden Stoffbuches jedoch müssen wir als ein -nothwendiges Glied in unseren Plan aufnehmen, und die regelmässige -Fortsetzung desselben organisiren; ich meine die Niederlegung der an -unserer Akademie gemachten neuen Entdeckungen für Geschichte und -Naturwissenschaft, zu welcher letzteren auch das in der ärztlichen -Praxis Entdeckte, das einen wissenschaftlichen Aufschluss über die Natur -verspricht, gehört, und wir deswegen auch, ohnerachtet wir die ärztliche -Praxis ganz von uns auszuschliessen gedenken, für diesen letzteren Behuf -einen, oder etliche Männer unter unseren Akademikern haben müssen. Es -ist unsere Pflicht sowohl, als unser Vortheil, dass diese Entdeckungen, -sobald sie zu einer bestimmten schriftlichen Relation haltbar genug -geworden, nicht innerhalb unserer Gesellschaft bleiben, sondern auch das -auswärtige Publicum, das uns ja auch diesen neuen Stoff bearbeiten -helfen soll, Kunde davon erhalte. Es müssten drum angelegt werden -^Jahrbücher der Wissenschaftlichen Entdeckungen an unserer Akademie^. Ob -der Stoff so reich ausfalle, dass er einer selbstständigen periodischen -Schrift bedürfe, oder ob diese Jahrbücher mit dem tiefer unten zu -erwähnenden Werke, der Bibliothek der Akademie, vereinigt werden -sollten, mag entschieden werden, wenn es an die wirkliche Ausführung -geht. So viel ist klar, dass wir kein Bändchen der Fortsetzung solcher -Jahrbücher liefern können, wenn wir innerhalb der Zeit nichts Neues -entdeckt haben, dass sie somit keinesweges bestimmte Termine ihrer -Erscheinung halten können. - - - §. 65. - -Noch ein Hauptgegenstand der Beachtung unserer Akademie ist die -Benutzung des ausserhalb unser, und anderwärts fortschreitenden -^Stoff^-, sowie auch ^Kunstbuches^; und die Nutzbarmachung desselben für -diejenigen unserer Mitglieder, die wegen anderer Geschäfte nicht Zeit -haben aufs blosse Gerathewohl zu lesen (die ausübenden Lehrer und -Studirenden), von denjenigen aus uns, die diese Zeit haben (dem Rathe -der Alten). - -Es ist dazu erforderlich zuvörderst, dass man diesen Fortschritt, d. h. -die neu erschienenen Schriften historisch kenne. Für diesen Behuf -erscheint nun zu Leipzig der bekannte Messkatalog, als das Verzeichniss -ihrer zu Markte gebrachten Waare, dessen Besorgung, wie sich versteht, -eine Sache des Verkäufers der Waare ist. Es mochte gut seyn, dass sich -fertigere Federn fanden, welche diesen Messkatalog paraphrasirten; doch -war und blieb dies immer eine rein mercantilische Sache, zum Dienste des -Käufers und Verkäufers; und eine allgemeine Literaturzeitung kann -durchaus auf keinen höheren Werth Anspruch machen, als auf den eines -Journals des Luxus und der Moden. Dass diese subalternen Handarbeiter -durch schlecht unterrichtete Schmeichler sich überreden liessen, sie -verwalteten zugleich das Geschäft der Kritik, und dieses lasse sich eben -mit der durchaus mercantilischen Rücksicht, ^den ganzen Messkatalog -herunter zu recensiren^, vereinigen; dass, nachdem die Meinung einmal -entstanden, sogar solche, die da wohl fähig gewesen wären, das Amt der -Kritik zu verwalten, sich verleiten liessen, zuweilen ein treffenderes -Wort in jenen unwürdigen Context hineinzuwerfen, ist in unseren Tagen -eine der ergiebigsten Quellen des literarischen und anderen Verderbens -geworden, und es ist darüber auf Handlanger und Unternehmer solcher -Paraphrasen des Messkatalogs ein grösseres Maass von Spott gefallen, als -sie Kraft hatten, zu verdienen. Da die Liebhaberei unserer Leser noch -immer nach dergleichen Literaturzeitungen sich hinzuwenden scheint, und, -so viel dem Schreiber dieses bekannt ist, der eigentliche Grund ihrer -Verwerflichkeit selten rein ausgesprochen und ins Auge gefasst wird, so -sagen wir noch bestimmt, dass dieser unser Entwurf anmuthe, zu begreifen -folgendes: dass, wenn auch etwa überhaupt, was wir hier an seinen Ort -gestellt seyn lassen, die Zeit sich herausnehmen dürfe, die Zeit zu -kritisiren, diese Kritik wenigstens nicht an ^der Allheit der -erscheinenden Bücher^, sowie die einzelnen uns unter die Hände fallen, -geübt werden könne, indem ein solcher Vorsatz selbst einen absolut -unkritischen, unphilosophischen, der Einheit unempfänglichen, planlosen -Geist voraussetzt, und nur eine planlose und verworrene Geburt erzeugen -kann; sondern dass sie an ^ganzen Klassen und Arten von Büchern^, die -nach inneren Kriterien schon vorher unterschieden worden, geübt werden -müsse; dass jener Vorsatz, alles aus der Presse Hervorgegangene zu -recensiren, offenbar die Rücksicht auf gleiche Gerechtigkeit gegen alle -Verleger, als Waarenlieferanten, darthue, wie es denn auch die Verleger -sind, welche auf die Vollständigkeit der Literaturzeitungen am meisten -dringen, und über Vergewaltigung laut klagen, wenn einer ihrer Artikel -unangezeigt geblieben; dass demnach der mercantilische Zweck der -wesentliche, den Plan und das Grundgesetz solcher Unternehmungen -bestimmende, der kritische aber nur hinterher als Vorwand hinzugekommen -ist, und dass man sogar auch darüber sich niemals ernsthaft -berathschlagt, ob eine Vereinigung dieser beiden Zwecke auch wohl -möglich sey. - -Möge wenigstens von unserer Akademie eine solche Verwirrung, welche ihr -und der Kunstschule Wesen sogleich im Beginn zerstören würde, fern -bleiben! - -Uebrigens mag in Gottes Namen, und es wäre dieses sogar höchst rathsam, -in der Hauptstadt unserer Monarchie, neben dem Sitze der Akademie, auch -eine solche vollständige Paraphrase des Messkatalogs erscheinen; wäre es -auch nur darum, um die anderwärts erscheinenden aufgeblasenen -Zwitternaturen von unseren weniger unterrichteten Mitbürgern abzuhalten. -Es sey dies ein Privatunternehmen eines, etwa des akademischen -Buchhändlers. Die Sache ist Handarbeit, welcher der Leipziger -unparaphrasirte Messkatalog zur Basis diene. Der Referent versichert als -Augenzeuge, dass das Buch wirklich erschienen sey, und er es unter den -Augen gehabt habe; das sey sein Titel, so viel koste es, und hierauf -lässt er die Inhaltsanzeige und irgend eine Stelle aus dem Buche -abdrucken. Ueber die Wahl dieser Stellen, auch etwa über ganz -auszulassende Schriften, mag er die Akademie derjenigen Klassen, die -ohnedies aus anderen Gründen diese Bücher durchzulaufen haben, befragen -dürfen, und wäre diesen eine allgemeine Aufsicht und Censur dieses -Messcatalogus, jedem in seinem Fache, zu übertragen. -- Halte zu diesem -Behuf der Unternehmer sich einige Zugewandte, wiewohl auch ganz -unstudirte Kaufmannsbursche das Geschäft versehen könnten. - -Was dagegen der Akademie als solcher in Beziehung auf die auswärtige -Vermehrung des Buchwesens recht eigentlich zukommen würde, wäre -folgendes: - -1) Die Mitglieder des Rathes der Alten nehmen, jeder für sein Fach, die -durch die letzte Messe erfolgte Vermehrung des Buches für dieses Fach -vollständig in Augenschein, welches, wenn die Literatur der Deutschen -ihren bisherigen Charakter noch lange behält, grossentheils mit -Durchsicht der Inhaltsanzeigen, der Register, der Vorreden, und einigem -Durchblättern sich wird abthun lassen. Sollte in dieser Durchsicht dem -Einen etwas vor die Augen kommen, das nicht eigentlich zur Competenz -seines Faches gehörte, und hier sich nur in dasselbe verloren hätte, so -macht er den, in dessen Fach es eigentlich gehört, aufmerksam. - -2) Was nun in dieser dermaligen Vermehrung des Buches sich findet als -Fortschritt, d. i. als Verbesserung oder Erweiterung des Stoffbuches in -diesem Fache, oder auch als Erhöhung des Kunstbuches, nach dem oben -angegebenen Maassstabe einer solchen Erhöhung, wird niedergelegt in -einem anderen periodischen Werke, welches man ^Jahrbücher der -Fortschritte des Buchwesens^, oder auch die ^Bibliothek der Akademie^, -nennen könnte. Was blosse Wiederholung des schon Bekannten ist, wird mit -Stillschweigen übergangen. Rückfälle in schon widerlegte Irrthümer -mögen, falls nemlich zu befürchten wäre, dass ein Mitglied unserer -Akademie dadurch geirrt werden könnte, angezeigt werden. Da eine solche -Uebersicht ausgeht von der bisherigen Literatur des Faches, die ihre -feststehenden Abtheilungen schon haben wird, so kann sie recht füglich -an diese, als den Grundleitfaden sich halten, zeigend, wie jeder dieser -Theile bereichert worden sey, und so das Buch, wo diese Bereicherung -sich vorfindet, auf Veranlassung des Inhalts, keinesweges aber den -Inhalt auf Veranlassung des Buches, wie dies die Paraphrase des -Messkatalogs thut, anführen. - -Bücher, in denen gar nichts Neues steht, ohne dass sie doch auch als -eine Auffrischung des bisherigen Buchwesens in diesem Fache gelten -könnten, und die daher gar nicht existiren sollten, werden in dieser -Bibliothek ganz übergangen. Es würde ganz zweckmässig seyn, dass -dergleichen, nach Angabe dieser Referenten in der Bibliothek, die man -darüber zu befragen hätte, auch in dem Messkatalog übergangen würden, -damit, sowie wir selbst auf die blosse Buchmacherei Verzicht thun, wir -auch die Unterstützung der auswärtigen Buchfabriken durch den Ankauf -unserer weniger unterrichteten Mitbürger verhindern. Das Publicum wisse, -dass es desjenigen, das sogar unser Messkatalog übergeht, sicherlich -nicht bedarf. - -Diese Bibliothek ist ^unserer Akademie^ Bibliothek, und zunächst für -deren Gebrauch geschrieben. Mit dem ersterwähnten Durchwühlen des -ganzen, durch die Messe herbeigeführten Schuttes braucht keiner unserer -Lehrer oder unserer Schüler sich zu bemühen; selber der alte Akademiker -und Mitarbeiter an der Bibliothek braucht es nur mit dem, der auf seinen -Theil gefallen ist; die übrigen Theile haben andere für ihn übernommen. -Und so hat denn unser Akademiker nur diese Bibliothek zu lesen, und -findet in ihr die bestimmte Nachweisung, was er etwa noch ausserdem neu -Erschienenes zu lesen habe. Für ihn ist daher diese Bibliothek -allerdings ^Kritik^, Scheidung des zu Lesenden von dem nicht zu -Lesenden, des ganzen neuesten Buches. - -Will auch das auswärtige Publicum, und unter ihnen die Verfasser und -Verleger dieses gesammten neuesten Buches, diese Bibliothek, die -durchaus nicht ihnen zu Liebe geschrieben ist, dennoch lesen, so steht -ihnen dies ganz frei. Wollen sie ferner dieselbe als allgemeine und so -auch für sie geltende Kritik ansehen, so thun sie das auf ihre eigene -Verantwortung. Wir wenigstens uns auf die unsrigen beschränkend, haben -niemals einen solchen arroganten Anspruch gemacht, unsern Richterspruch -der ganzen Welt aufzudringen; dringt er sich ihnen aber etwa von selbst -in ihrem eigenen Bewusstseyn auf, so ist dies ein desto ehrenvolleres -Zeugniss für uns. Was daraus entstehen möge, so haben wir mit Verfassern -oder Verlegern nichts abzuthun, indem wir uns diesen niemals für etwas -verbunden haben. - -(Dass, weil wir nicht blind herumtappen, sondern nach einem festen Plane -einhergehen, wir gar bald zu grossem Ansehen gelangen werden und dass -dies mächtig zur Verbesserung des ganzen Literaturwesens wirken werde, -lässt sich voraussehen. Jedoch ist sogar diese grosse Folge nur eine -zufällige, die wir nicht beabsichtigen; denn zu bescheiden, das Heil der -ganzen Welt auf unsere Schultern laden zu wollen, denken wir zunächst -nur auf unser eigenes Heil.) - - - §. 66. - -Noch sind allein übrig die oben erwähnten Anstalten, wodurch wir von den -Bemühungen anderer wissenschaftlicher Körper, welche Bemühungen noch -nicht Festigkeit genug erhalten haben, um im Buche niedergelegt zu -werden, zeitig Notiz erhalten, und diese Körper in die Lage setzen, von -den gleichen Bemühungen bei uns Notiz zu nehmen. Es wäre in dieser -Rücksicht vorzuschlagen: 1) dass wir an allen bedeutenden Akademien und -Universitäten des deutschen Vaterlandes sowohl, als des Auslandes, uns -einen besonderen Freund und Repräsentanten erwählten aus den Mitgliedern -eines solchen Corps; gegenseitig diesen erlaubend und sie einladend, -dasselbe bei uns zu thun. Diese Repräsentanten wären ersucht, alles, was -an ihrem Orte von der eben erwähnten Art sich zutrüge, davon sie -glaubten, dass es die befreundete Akademie interessiren könnte, -derselben durch Correspondenz zu melden. 2) Damit wir jedoch, tiefer -denn diese fremden Berichte, die nur die erste Aufmerksamkeit erregen -sollen, und selbst dasjenige, was diese etwa mit Stillschweigen -übergehen, mit eigenen Augen zu sehen uns in den Stand setzen, sollen, -wo möglich ununterbrochen, junge Männer aus unserer Mitte zu ihnen -gesendet werden und bei ihnen einige Zeit sich aufhalten; die nach -erfolgter Rückkehr uns mündlichen Bericht abstatten, wie sie alles -befunden. Diese sind zu allernächst an unseren Repräsentanten adressirt, -der ihnen mit Rath und That an die Hand gehe. Es versteht sich, dass wir -dasselbe den verbündeten Gesellschaften zugestehen, und die ihrigen also -behandeln, wie wir wollen, dass die unsrigen von ihnen behandelt werden. -So wünschen wir ohne Zweifel, dass die unsrigen den unbeschränktesten -Zutritt zu allen wissenschaftlichen Uebungen der Auswärtigen erhalten, -und müssen drum diesen denselben Zutritt bei uns geben. Keinesweges aber -wünschen wir, dass den unsern bei diesen Besuchen etwa das Sehwerkzeug -des Auslandes untergeschoben werde, sondern dass sie sich ihres eigenen -Auges, sowie es bei uns gebildet worden, bedienen; wir sind darum -ebensowenig befugt, oder, falls wir unseren Augpunct für besser zu -halten berechtigt seyn sollten, verpflichtet, ihn unseren Gästen zu -leihen, sondern mögen sie das Vermögen zu sehen eben schon mitgebracht -haben. Der hierüber nöthigen Politik mögen sich sowohl unsere zu diesen -Gesandtschaften gebrauchten Mitbürger, als alle unsere Akademiker -befleissigen; und es haben z. B. die ersten nicht gerade nöthig, dem -Ausländer gegenüber laut über ihn zu denken, sondern sie mögen sich -berichten lassen, ihres Herzens wahre Gedanken aber, bis zu ihrer -Rückkehr in unsere Mitte, für sich behalten. - -Die zu diesen wissenschaftlichen Gesandtschaften am besten sich -qualificirenden Subjecte wären bei uns gezogene und gelungene Regulare, -und könnten sie damit sehr füglich die Zeit zwischen ihrem Austritte aus -dem Regulat und ihrem Eintritte in die Akademie ausfüllen. - -Vorzüglich würden zu diesen Geschäften gebraucht werden und, falls sie -nur gerade so gut wie andere sich dazu qualificirten, diesen sogar -vorgezogen werden müssen die Söhne aus der Universitätsstadt, und -besonders die unserer Akademiker; es versteht sich, wenn die -Hauptbedingung, dass sie gelungene Regulare wären, von ihnen erfüllt -wäre. Dieses zwar keinesweges als ein ^persönliches Vorrecht^, -dergleichen bei uns keine Geburt giebt, sondern vielmehr als -^Gleichstellung^ mit den übrigen, und ^Entschädigung^ dafür, dass sie -die Universitätsstadt an ihrem Geburtsorte finden, und im Grunde aus dem -Umkreise der Ihrigen zu einem völlig selbstständigen Leben noch niemals -herausgekommen sind, und so die hiermit verknüpften, oben erwähnten -Vortheile bisher verloren haben. - - - §. 67. - Corollarium. - -Unsere Akademie, an und für sich betrachtet, giebt in der von uns -angegebenen Ausführung das Bild eines vollkommenen Staates: redliches -Ineinandergreifen der verschiedensten Kräfte, die zu organischer Einheit -und Vollständigkeit verschmolzen sind, zur Beförderung eines gemeinsamen -Zweckes. An ihr sieht der wirkliche Staatskünstler immerfort dieselbe -Form gegenwärtig und vorhanden, welche er auch seinem Stoffe zu geben -strebt, und er gewöhnt an sie sein, von nun an durch nichts Anderes zu -befriedigendes Auge. - -Dieselbe Akademie stellt in ihrer Verbindung mit den übrigen, ausser ihr -vorhandenen wissenschaftlichen Körpern dar das Bild des vollendet -rechtlichen Staatenverhältnisses. Alle, in sich übrigens allein, -geschlossen und selbstständig bleibend, kämpfen aus aller ihrer Kraft um -denselben Preis, die Beförderung der Wissenschaft und der -wissenschaftlichen Kunst; aber ihr Wettkampf ist nothwendig redlich, und -keiner kann den errungenen Sieg verkennen oder schmälern, ohne sich -selbst der, allen gemeinschaftlichen und bei unendlicher Theilung -dennoch immer ganz bleibenden Ausbeute des Sieges zu berauben. Ihr -Wettkampf ist liebend; das beleidigte Selbstgefühl des Ueberwundenen -hebt sogleich sich wieder empor an der Freude über den gemeinsamen -Gewinn, und die augenblickliche Eifersucht geht schnell über in Dank an -den Förderer des gemeinen Wesens. - -Diese Form einer organischen Vereinigung der aus lauter verschiedenen -Individuen bestehenden Menschheit vermag in ihrer Sphäre die -Wissenschaft zu allererst, und dem Kreise der übrigen menschlichen -Angelegenheiten lange zuvorkommend, zu realisiren. Als einzelne Republik -darum, weil zuvörderst das Interesse, das in dieser Sphäre scheiden, -trennen und das zu Vereinigende voneinanderhalten könnte, hier bei -weitem nicht so dringend und gebieterisch herrscht, als das der -sinnlichen Selbsterhaltung, welches im Gebiete des Staates entzweiet und -sich befeindet; sodann weil selber das Element, das die Wissenschaft -bearbeitet, die Denkart veredelt und die Selbstsucht schmählich macht. -Als ein Verein von Republiken darum, weil alle genau wissen und -verstehen, was sie eigentlich wollen; dagegen die politischen -Entzweiungen der Völker und weltverheerende Kriege sich sehr oft auf die -verworrensten und finstersten unter allen möglichen Vorstellungen -gründen. In dieser früheren Realisirung der für alle menschlichen -Verhältnisse eben also angestrebten Form ist sie Weissagung, Bürge und -Unterpfand, dass auch das Uebrige einst also gestaltet seyn werde, der -strahlende Bogen des Bundes, der in lichten Höhen über den Häuptern der -bangen Völker sich wölbt. - -Aber selbst, indem sie noch verheisset, erfüllet sie schon und ist -gedrungen zu erfüllen. Die einzige Quelle aller menschlichen Schuld, wie -alles Uebels, ist die Verworrenheit derselben über den eigentlichen -Gegenstand ihres Wollens; ihr einiges Rettungsmittel daher Klarheit über -denselben Gegenstand; eine Klarheit, welche, da sie nicht uns fremd -bleibende Dinge erfasst, sondern die innerste Wurzel unseres Lebens, -unser Wollen ergreift, auch unmittelbar einfliesst in das Leben. Diese -Klarheit muss nun jeder wissenschaftliche Körper rund um sich herum, -schon um seines eigenen Interesse willen, wollen und aus aller Kraft -befördern; er muss daher, sowie er nur in sich selbst einige Consistenz -bekommen, unaufhaltsam fortfliessen zu Organisation einer Erziehung der -Nation, als seines eigenen Bodens, zu Klarheit und Geistesfreiheit, und -so die Erneuerung aller menschlichen Verhältnisse vorbereiten und -möglich machen; durch welche Erwähnung der Nationalerziehung wir wieder -am Schlusse unseres ersten Abschnittes niedergesetzt werden, und so den -bis ans Ende durchlaufenen Kreis schliessen. - - - - - Beilagen zum Universitätsplane. - - - (Ungedruckt.) - - - I. - Plan zu einem periodischen schriftstellerischen Werke an einer - deutschen Universität.[28] - -1) Soll ein solches Werk der Universität Ehre machen und zugleich den -steigenden Flor derselben befördern, so muss dasselbe auf dem Gipfel der -wissenschaftlichen Bildung der deutschen Nation anheben, und seine -Fortsetzung kann nichts Anderes seyn, als das fortlaufende Document des -ununterbrochenen Fortschreitens jener Bildung auf der vorausgesetzten -Universität. - -2) Es muss wirklich das Werk der Lehrer und Mitglieder dieser -Universität, und das Resultat des wissenschaftlichen Geistes und seiner -Leistungen auf derselben seyn, und das öffentliche Urtheil muss darüber -nicht in Zweifel bleiben können. Es ist daher nicht hinlänglich, dass -jenes Werk etwa nur in der Stadt, wo auch die Universität sich befindet, -gedruckt oder auch von Gelehrten, die zugleich Lehrer an derselben sind, -geschrieben werde: es muss die Rechenschaftsablegung enthalten über den -Geist und die Resultate ihres Treibens. Die Ehre, welche bei -Vernünftigen dadurch der Universität zu Theil würde, dürfte sonst -vielleicht der jenes Glockenziehers, der zu einer vortrefflichen Predigt -eingeläutet zu haben sich rühmte, nicht ungleich seyn: die Rechnung auf -das Vorurtheil der Unvernünftigen aber ist, wenn man sich auch -herablassen wollte, darauf Rücksicht zu nehmen, nicht sicher auf die -Dauer. - -[Fußnote 28: Geschrieben im Jahre 1805, mit Bezug auf die Universität -Erlangen. Vergl. Nachgelassene Werke Bd. III. S. 277. ff.] - -3) Der dadurch zu liefernde Beweis der Superiorität des -wissenschaftlichen Geistes auf der vorausgesetzten Universität muss -nicht ^indirect^ geführt werden, so dass man sich nur zeige, als fähig -die Schwächen oder auch die Vorzüge Anderer einzusehen, durch welche -unabhängig von uns die Wissenschaften bearbeitet werden; denn das ist -seinem Wesen nach untergeordnete und Schülerarbeit. - -(Dergleichen sind alle Recensiranstalten, Bibliotheken, -Literaturzeitungen, und wie sie Namen haben mögen. Sie tragen das -Gepräge ihrer Unselbstständigkeit und Inferiorität dadurch an sich, dass -sie für die Möglichkeit ihrer eigenen Existenz Bücher voraussetzen, und -gründen sich auf den Wahn des Zeitalters, dass die einzige und rechte -Bearbeitung der Wissenschaften die Buchmacherei sey. Entweder das Buch -wird herabgesetzt in der Recension: welche Ehre aber ist es für den -vorauszusetzenden Professor-Recensenten, dass er mehr ist, als der arme -Stümper, den er uns vorführt? Oder es wird erhoben: entweder der -Verfasser ist ein Fremder. Welche Ehre erwächst sodann durch sein gutes -Buch unserer Universität, als die sehr untergeordnete der Anerkennung -fremden Verdienstes? Oder er ist einer unser gelehrten Mitbürger: wer -wird uns recht glauben? - -In Deutschland waren diese Unternehmungen in neueren Zeiten gar nicht -für den Flor der Universitäten ersonnen, sondern bloss ein -mercantilisches Institut, das den Buchführern zum Absatz ihrer Waare -verhelfen sollte, zuerst selbst von einem Buchführer, sodann von einem -bekannten industriösen Schriftsteller, der einen dürftig besoldeten -Professor für seinen Plan gewonnen. Von ohngefähr und durch ganz andere -Ursachen -- die Lehrer, denen Jena vorzüglich seinen Ruf verdankt, sind -nie fleissige Recensenten, noch die Redactoren der Literaturzeitung je -vorzügliche Lehrer gewesen, -- gewann die verfallene Universität, an -deren Spitze das letzterwähnte Werk dieser Art gedruckt wurde, eine neue -Blüthe; und nun machte der grosse Haufen den gewöhnlichen Fehlschluss -vom Zugleichseyenden auf das Verhältniss von Ursache und Wirkung; -welcher Fehlschluss denn auch, da ihn der grosse Haufen gemacht, einige -Zeitlang gute Dienste geleistet hat. Dennoch fing Jena schon vorher an -zu verfallen, ehe es die Schützsche Literaturzeitung verlor, und jetzt -hilft es ihm nichts, dass es sogleich wieder eine andere errichtet hat, -welche unstreitig an innerem Werthe die alte bei weitem übertrifft. Auch -hat zu Leipzig, Erlangen u. s. w. durch den Abdruck von Recensionen, die -meist von Lehrern dieser Universitäten verfasst sind, wie in den -Göttinger Anzeigen, sich kein grösserer Flor dieser Universitäten -ergeben wollen, als wie sie ohne dergleichen Literaturzeitungen auch -besitzen würden. - -Ueberdies, falls wir uns auch auf das Alte und Mittelmässige bescheiden -wollten, ist sogar dies nicht einmal mehr uns zugänglich. Aus unseren -eigenen Mitteln, ohne fremde Beiträge, vermögen wir eine -Literaturzeitung nicht einmal auch nur zum Scheine anzufüllen: durch den -Conflict der alten und der neuen Jenaischen Literaturzeitung aber sind -alle Federn schon in Beschlag genommen, und es giebt gewiss keinen -Gelehrten von einigem Verdienste, welcher zu Arbeiten dieser Art sich -nicht für zu gut hält, der nicht bei einer dieser beiden, oder auch wohl -bei beiden in Diensten stehe. - -Ahmen wir lieber dies Bestreben in dem einzigen Puncte nach, dass wir, -so wie jene zu ihrer Zeit, etwas Neues unternehmen, wobei sie uns meines -Erachtens zugleich den Vortheil gelassen haben, dass das Rechte noch neu -ist.) - -4) Der zu führende Beweis muss ^direct^ geführt werden, -- sagten wir: -also, dass das periodische Werk der Universität den steten Fortschritt -der Wissenschaft und des wissenschaftlichen Geistes auf derselben, -unmittelbar und aus der ersten Hand darlege. Jenes Werk enthalte ganz -eigentlich, was die ältere Benennung: ^acta literaria Universitatis N. -N.^ ausdrückt. - -Den Fortschritt der ^Wissenschaft^ und des ^wissenschaftlichen Geistes^ -aus der ersten Hand, sagten wir ferner. Die Wissenschaft ist ja nicht -zunächst das Buch, noch lebt sie im Buche, sondern sie lebt in dem, was -im wirklichen Forschen, im Conflicte der Geister und im Vortrage sich -ergiebt. Dieses nun werde zum Buche und Buchstaben zunächst in jener -Relation. Die akademischen Lehrer sind ja als Lehrer angestellt, und -nichts verhindert, dass sie nicht auch überdies noch unter sich selber, -gleich einer Akademie, in geistigen Wechselverkehr treten; nicht aber -werden sie vom Staate dazu besoldet, dass sie in die weite Welt hinein -Bücher schreiben. Jene literarischen Acten der Universität würden nun -ihr gemeinschaftliches Buch, wenn sie von Amtswegen zu schreiben hätten, -und wohin Alles, was sie des Druckes für würdig achteten, zunächst -gehörte. - -(Es bliebe ihnen dabei unbenommen, auch noch auf eigene Hand Bücher zu -ediren. Vom ehrenvollen Falle tiefer unten. Als Buchfabricanten oder -Compilatoren aber im Dienste von betriebsamen Verlegern Sachen drucken -zu lassen, die nur die Masse des bedruckten Papieres, keinesweges aber -die Wissenschaft vermehren, ist ohnedies unter der Würde eines Lehrers -an einer solchen Universität, und wäre durchaus den sogenannten -Privatgelehrten zu überlassen.) - -Den ^Fortschritt^ der Wissenschaften sollten diese literarischen Acten -documentiren. Es gehörte daher in sie nur das ^Neue, Weiterbringende^, -keinesweges aber blosse Wiederholungen oder neue Aufstutzungen des -Alten, Bekannten. - -Die Wissenschaft kann fortschreiten, theils in der ^Materie^ durch neue -Entdeckungen und Ansichten, theils in der ^Form^ durch bessere -Lehrmethoden und immer begriffsmässige Beherrschung und Durchdringung -des Lehrstoffes. Alles dieser Art von den Lehrern Erfundene in allen -Zweigen der Wissenschaften, welche auf dieser Universität bearbeitet -werden, wäre in den Acten niederzulegen. - -Ausgezeichnete und den Standpunct des wissenschaftlichen Unterrichts an -der Universität durch den Erfolg bezeichnende Arbeiten der Zöglinge des -Instituts wären nicht auszuschliessen. Bringen sie auch die Wissenschaft -nicht weiter, so können sie doch einen bei Jünglingen nicht gewöhnlichen -Grad der wissenschaftlichen Ausbildung documentiren, und sollen es. -Keiner derselben müsste der gelehrten Würden der Universität theilhaftig -werden, welcher nicht einen, nach jenem Grundsatze wenigstens -^aufnehmbaren^ Beitrag zu den Acten geliefert hätte; wodurch die von -dieser Universität ertheilten Würden Achtung gewinnen würden vor denen -anderer Universitäten, wo dieser Maassstab nicht angelegt werden kann. - -Es würde solchen Acten nicht zum Vorwurfe gereichen, wenn selbst -widerstreitende Ansichten derselben Gegenstände von verschiedenen -Verfassern in ihnen nebeneinander ständen. Denn es kommt hierbei fürs -Erste nicht darauf an, ob die Ansichten wahr, sondern nur ob sie neu -sind, und ob man sich von ihnen versprechen kann, dass sie auch zu einer -neuen Wahrheit führen könnten. Ueber die Wahrheit soll erst die Zukunft -und die fortgesetzte Forschung entscheiden, und so kann selbst ein neuer -Irrthum ein Fortschritt auf einem wissenschaftlichen Gebiete werden, -wenn er auf eine neue Wahrheit leitet, welche allein ihn zu widerlegen -vermag. Aus demselben Grunde würde es dem Werke auch nicht zum Vorwurfe -gereichen, wenn etwa die Fortsetzung die früheren Lieferungen zum Theil -widerlegte; denn dadurch würde ja gerade der Fortschritt bewiesen. - -5) Zur Lieferung von Beiträgen wären die Lehrer nur insofern zu -verbinden: - -^a.^ dass sie ihre auf Erweiterung der Wissenschaften gerichteten -Bestrebungen, die so weit gereift sind, dass sie einer Berichterstattung -durch den Druck fähig geworden, zuerst den Acten anböten; - -^b.^ dass jeder Lehrer im Verlaufe seines Wirkens denn doch etwas -liefere und dadurch seine Berechtigung, an diesem Platze zu stehen, -darthäte. Späterhin, nach Einführung der Acten, könnte es -ausschliessende Bedingung der Berufung zu einer Stelle an dieser -Universität werden, dass man einen bedeutenden, im Geiste des Instituts -verfassten Beitrag geliefert hätte. Wer seinen fortschreitenden Geist -nicht schon bewährt hat, der taugt nicht zum Mitgliede einer -Gesellschaft, die lediglich für den Fortschritt der Wissenschaft -arbeitet. Keinesweges aber wären sie - -^c.^ also zu verbinden, dass sie binnen halbjähriger oder Jahresfrist so -viel Neues in ihrer Wissenschaft entdeckt haben müssten, dass der -zweckmässige Bericht darüber so und so viel gedruckte Bogen füllen -könne. Vielmehr liegt es in dem Begriffe solcher Acten, dass ihr -Erscheinen durchaus an keine bestimmten Zeiträume gebunden ist: sie -mögen fortgesetzt werden, sobald Stoff dazu sich gesammelt hat; -keinesweges aber soll ihre Erscheinung an das Kalenderdatum oder an die -Buchhändlermessen gebunden seyn. - -6) Unter den, keinesweges von den Beitragenden selbst, sondern von -Anderen, die sodann für diesen Fall eine Direction bildeten, zu -entscheidenden Fragen ist die erste: ob eine Ansicht oder eine -Verbesserung wirklich neu sey und der Wissenschaft einen Fortschritt -verspreche? (Was keinesweges gleichbedeutend mit der Frage ist: ob sie -wahr sey?) Die Beantwortung dieser Frage würde für jeden besonderen -Beitrag der Facultät (dem bestimmten Lehr- und Erkenntnissfache) des -Beitragenden anheimfallen. Diese hätte ihre verneinende Antwort mit -Gründen zu belegen und diese dem Beitragenden zu eigener reifer -Ueberlegung schriftlich mitzutheilen. Dies wäre die erste Instanz. Würde -er durch diese Gründe nicht überzeugt und zur Rücknahme bewogen, so -sollte es noch eine höhere Instanz für Entscheidung dieser Frage geben, -wofür in einem grossen Staate eine zweckmässig besetzte Akademie der -Wissenschaften in der Hauptstadt sich am besten qualificiren würde. Es -möchte im Falle der Billigung des Beitrags in dieser Instanz, im -öffentlichen Drucke bemerkt werden, dass die locale Facultät des -Beitragenden denselben verworfen, die Akademie der Wissenschaften aber -ihn gebilligt habe. Im Falle der Verwerfung auch in dieser Instanz hätte -die Akademie ihre Gründe dem Beitragenden gleichfalls schriftlich -mitzutheilen. Von dieser Instanz verworfen, könnte sein Aufsatz nun -freilich nicht in den Acten der Universität erscheinen; es müsste ihm -aber erlaubt bleiben, denselben nebst den angeführten Gründen der -Verwerfung in beiden Instanzen, auf eigene Verantwortung vor das -Publicum zu bringen, und die Mit- und Nachwelt zum Richter des erhobenen -Streites zu machen. Selbst seine Verhältnisse zur Universität und zu den -Acten derselben bei anderen, den Streitpunct nicht berührenden -Gegenständen müssten dadurch nicht gestört, vielmehr seine bürgerliche -und persönliche Sicherheit, sein öffentlicher guter Name, seine Schrift- -und Lehrfreiheit unter den besonderen Schutz des Staates genommen -werden; denn das gelehrte Publicum seines Staates in seiner sichtbaren -Repräsentation ist ihm gegenüber zur Partei geworden, und das Richteramt -zwischen ihnen ist einer höheren Instanz übergeben, welche zu ihrer Zeit -Ehre und Schande austheilen wird. Und insbesondere halte die öffentliche -Gewalt sich fern von der Möglichkeit der Berührung mit dieser Schande. - -Man sage nicht, dass durch dieses Hindurchgehen durch verschiedene -Instanzen Zeit verloren gehe. Der einem respectabelen Corps anderer -Gelehrten einzeln gegenüberstehende Gelehrte soll Veranlassung und Zeit -gewinnen, seine Sache reiflich zu überlegen; auch bedarf es bei wahrhaft -originalen Ansichten keiner Eile, etwa aus Furcht, dass etwa Andere sie -uns vorweg nehmen dürften. - -7) Eine zweite von einer Direction zu entscheidende Frage wird seyn über -die Form des Vortrages; denn auch der Vortrag eines solchen Werkes muss -mustermässig seyn und auf der Spitze der Kunst des Vortrages im -Zeitalter stehen. - -Zur Entscheidung darüber müsste ein bewährter und zwar philosophischer -Schriftsteller herbeigezogen werden, welcher mit dem ursprünglich -Beitragenden so lange den Aufsatz verbesserte, bis dieser seine Gedanken -durchaus als wiedergegeben anerkennte, und jener mit der Form zufrieden -wäre. Ohne die Approbation der Form durch diesen Schriftsteller, welcher -über diesen Punct ganz allein dem Curatorium und dem Publicum -verantwortlich wäre, dürfte kein Aufsatz in den Acten abgedruckt werden. - -8) Die Unterstützung, deren ein solches Werk von der Regierung bedürfte, -würde, falls nur das Personal der Lehrer richtig gewählt wäre, sich auf -den ersten Vorschuss zum Verlage, und auf die Direction der Verlags- und -Debitsgeschäfte, mit denen die Gelehrten durchaus nichts zu thun haben -müssten, ferner auf den Schutz derselben gegen Nachdruck überhaupt und -gegen Wiederabdruck einzelner Aufsätze, beschränken. Ein solches Werk -würde in kurzer Zeit eine Abnahme finden, die die Zurücknahme des -vorgeschossenen Capitals mit den Interessen erlaubte, die Kosten des -mercantilischen Geschäfts dabei deckte, und dennoch einen ansehnlichen -Ueberschuss zur Vertheilung an die Beitragenden übrig liesse. Dieser -Ueberschuss wäre, nach Abzug der Correctionsgebühren, welche bei jedem -besonderen Aufsatze nach Verhältniss der aufgewendeten Mühe besonders zu -bestimmen wären, nach der Bogenzahl der gelieferten Beiträge an die -Beitragenden gleich zu vertheilen, und ihnen und ihren Erben und -Erbnehmern, auf ewige Zeiten, so lange noch ein Exemplar des Bandes, in -welchem ihre Beiträge stehen, verkauft wird, als unantastbares Eigenthum -zuzusichern. Dass die Regierung diesen Gegenstand zu einer -Finanzoperation mache, wäre unter ihrer Würde. Wiederum lässt von der -anderen Seite von anständig besoldeten und an einer zahlreich besuchten -Universität, deren Studirende auf eine zweckmässige Weise angehalten -werden, die gebührenden Honorarien zu entrichten, arbeitenden Gelehrten -sich nicht erwarten, dass sie nach dem Schriftstellersolde eilen werden, -so wie der Bogen abgedruckt ist. Vielmehr würden sie das allmählige -Eingehen ihres Antheils ruhig abwarten; auch wohl dieses Nebeneinkommen -gern für die Ihrigen, die sie möglicherweise doch als unversorgte -Wittwen und Waisen hinterlassen könnten, stehen lassen. - - - Schlussanmerkung. - -1) Vor diesem Plane möchte mancher Bescheidene erschrecken und das Ziel -zu hoch gesteckt finden. Es ist dabei zu erwägen, dass, wie bei allen im -blossen Begriffe vorgezeichneten Plänen, also auch hier, die Ausführung -hinter dem Vorsatze zurückbleiben werde, und dass dieses ohne alles -unser Vorhaben sich schon von selbst findet. Es ist daher um so -nöthiger, sich sogleich den einzig rechten Zweck in seiner ganzen -Klarheit zu setzen, weil man sodann doch immer hoffen kann, mehr zu -erreichen, als wenn man sich gleich von vornherein vornimmt, mit dem -Mittelmässigen oder Falschen sich abfinden zu lassen. - -2) Besonders könnte bei Erwähnung des Neuen und des Erfindens nach -Inhalt oder nach Form gesagt werden: wenn nun aber auf der -vorausgesetzten Universität nichts Neues in beiderlei Richtung erfunden -wird? Ich antworte, dass jene Acten dadurch desto nöthiger werden, um -über die eigentliche Beschaffenheit des Gelehrtenpersonals an der -Universität aufzuklären. Sie können dem Curatorium derselben deutlich -einen Maassstab geben, an welcher Stelle es eigentlich fehle, und wo -nachgeholfen werden müsse. Ein solcher nicht mehr fortstrebender, weder -in Erweiterung des Inhaltes seiner Wissenschaft, noch in Bewältigung -ihres Stoffes zu geistigerer Form Neues leistender Gelehrter kann auch -nicht mehr zu den guten Universitätslehrern gezählt werden; er müsste -durch einen anderen ersetzt werden. Im Ganzen aber müsste einer -Universität, welche dergleichen Acten herausgäbe, kein einziges, im -gemeinsamen Vaterlande aufblühendes Talent entgehen, welches sie nicht -wenigstens für die Zeit seiner besten Blüthe sich aneignete. Ein -Curatorium könnte auch sodann besser beurtheilen und dem Zweifelnden -augenscheinlich nachweisen, welche Personen in den ehrwürdigen Rang der -Veteranen zu versetzen wären, die von nun an entweder bloss zur -Tradition des Erlernten oder zur Anwendung desselben im praktischen -Wirken zu gebrauchen, aus dem Umkreise des wachsenden Lebens aber zu -entfernen sind. Ueberhaupt hängt dieser Plan zusammen mit einem -grösseren Plane zur Errichtung einer wahrhaft deutschen -Nationaluniversität, durch welchen er, und welcher wiederum durch ihn, -erklärt und die Ausführung erleichtert würde. - - - II. - Rede von Fichte, als Decan der philosophischen Facultät, bei - Gelegenheit einer Ehrenpromotion an der Universität zu Berlin, - am 16. April 1811. - - Hochgeehrte Herren! - -Ich weiss nicht, ob es der Universität anständig seyn würde, sich zu -verwundern, dass sie in Berlin ist, so wie viele ausser ihr dermaassen -darüber erstaunt sind, dass sie um der Wunderbarkeit willen die Wahrheit -der Sache noch immer nicht recht glauben können. Einer Facultät -inzwischen, die nun gar allhier Doctoren creirt, wird diese Verwunderung -über sich selbst oft so aufgedrungen, dass es in der That sehr nöthig -wird, sich wohl zu besinnen, was man eigentlich thue, und, so man kann, -in sich selbst Fuss zu fassen, um ernsthafte Haltung zu gewinnen nach -Aussen. - -Erlauben Sie mir daher, dass, ehe wir zu dem angesetzten Promotionsact -gehen, ich diese nöthige Selbstbesinnung laut vor Ihnen vollziehe. - -Als im neueren Europa zuerst Universitäten entstanden, stellten sich -diese eine Aufgabe, welche ihnen keinesweges von der Gesellschaft oder -vom Staate, welche dafür blind waren, übertragen wurde, sondern die sie -allein erblickten und mit hochherziger Freiwilligkeit auf sich nahmen, --- die Aufgabe, den menschlichen Geist zu befreien und ihn nach allen -Richtungen hin und durch alle Mittel, die ihnen bekannt werden möchten, -zu bilden. Wem diese akademische Würden ertheilten, den erklärten sie -dadurch für tüchtig, an der Erreichung dieses Zweckes mitzuarbeiten und -nahmen ihn auf in ihren grossen, freien Bund. Von ihnen sind die -akademischen Würden aus Hand in Hand bis auf uns herabgekommen, und es -giebt Keinen unter den jetzt lebenden Graduirten, auf den sie nicht -durch eine stete Reihe der Ueberlieferung von jenem ersten Bunde aus -gekommen sey. - -Auch dauert das Bedürfniss eines solchen freien Bundes noch immer fort. -Uncultur und Barbarei umgiebt uns noch allenthalben; wie derselben -beizukommen sey, welcher Punct jedesmal in dem Fortgange der geistigen -Menschenbildung an die Tagesordnung komme, wer ein tauglicher Mitgehülfe -sey an dieser grossen Arbeit: dieses Alles zu bestimmen möchte wohl noch -immer der Staat ebenso unfähig seyn, als er es vor Jahrhunderten war, -und es möchte die Lösung dieser Fragen wohl noch immer anheimfallen -jenem grossen Bunde. Unser Staat, bei der Stellung unserer Universität -in die höchste Leichtigkeit versetzt, von allem Althergebrachten -abzugehen, und von Stimmungen umgeben, die nicht geneigt sind, irgend -eine Auszeichnung anzuerkennen, welche nicht unmittelbar vom Staate -herkommt, -- hat dennoch, zu seinem ewigen Ruhme, durch die trefflichen -Männer, die ihn hierin vertreten, jenen Grundsatz ausdrücklich -anerkannt, indem er die vorhergegangene feierliche Aufnahme in den -grossen europäischen Gelehrtenbund zur Bedingung der öffentlichen -Anstellung an der Universität gemacht hat, die freilich nur Er ertheilt. -Tiefer bekennt er sich daher auch zu dem Grundsatz, dass die neue -Universität ihm nicht bloss eine Pflanzschule seyn soll für künftige -Beamte, sondern eine freie Pflegerin in jeglicher Richtung und im -weitesten, von ihm ungeschmälerten Sinne. - -Die akademische Würde ist darum noch immer, was sie ursprünglich war: -feierliches Symbol der Aufnahme in den grossen Bund der Veredlung des -Menschengeschlechts durch wissenschaftliche Bildung; und wer sie -annimmt, übernimmt dadurch feierlich vor Gott und Menschen die -Verpflichtung, dieser Bestimmung allein sein Leben zu widmen, und alle -andern Zwecke desselben aufzugeben. - -Mag doch nun immer diese Würde oft an Unwürdige ertheilt worden seyn! -Der Unwürdige hat sie in der That nicht empfangen, sondern nur die -äussere Benennung. Es kann sie Keiner erhalten, der sie nicht schon -trägt in sich selbst. Der Promotionsact fügt bloss die äussere -Anerkennung hinzu: es kann aber Keiner anerkannt werden für das, was er -nicht ist. Auch wird der Würdige von dem, der selber würdig ist, -sicherlich anerkannt. Was der, der Ideen unfähige, Pöbel dazu sage, und -ob dieser unseren Grad auch ehre oder seiner zu spotten sich bestrebe, -darnach fragt der Eingeweihte nicht; denn dieser Pöbel ist für ihn -überhaupt nur da, als ein Gegenstand, der entpöbelt werden soll. Der -rechte Doctor, der von seiner akademischen Würde, von der Würde eines -geistigen Bildners der Menschheit innig durchdrungene, würde sich sogar -entehrt finden, wenn er auf einmal anfinge, dem Pöbel wohlzugefallen: er -würde in sich gehen und sich ernstlich prüfen, ob ihm nicht etwa eine -Leichtfertigkeit angeflogen sey. - -Dass es der Eine grosse, im neueren Europa zur Verbreitung der -Wissenschaften geschlossene Bund ist, welcher die akademischen Würden -ertheilt, spricht sich auch dadurch aus, dass jede dieser Würden in -ihrer Art nur Eine ist und dieselbige, die auch überall als die Eine und -selbige anerkannt wird. Die besonderen Universitäten und Facultäten sind -in dieser Beziehung nur Glieder und Bevollmächtigte des ganzen Bundes, -und übertragen die Würde in seinem Namen. Um dies deutlich auszusprechen -und den Promovirenden sogar zu nöthigen, nicht etwa den örtlichen Grad -des Doctors, sondern den Grad schlechthin zu ertheilen, haben die -Universitäten eine gemeinsame Form dieser Ertheilung verfügt und auch -die Sprache als die gemeinsame aller Gelehrten dabei gewählt, u. s. w. - - Joannes Friderice Guilelme Himly, - Joannes Alberte Eytelwein, - Sigismunde Friderice Hermbstaedt, - Auguste Ferdinande Bernhardi, - - ^etc. etc.^ - - ^creo, creatum renuncio, renunciatum proclamo, et publice - confirmo!^ - - - - - Vermischte Aufsätze. - - - - - A. - Beweis der Unrechtmässigkeit des Büchernachdrucks. - Ein Räsonnement und eine Parabel. - - - (Berliner Monatsschrift Bd. 21. S. 443-483.) - -Wer schlechte Gründe verdrängt, macht bessern Platz. So urtheilte -unlängst ein durch seinen Rang, und mehr noch durch seine Gerechtigkeit -ehrwürdiges Gericht; und so dachte der Verfasser des Aufsatzes: »Der -Bücherverlag in Betrachtung der Schriftsteller, der Verleger und des -Publicums, nochmals erwogen« im Deutschen Magaz., April 1791. Die -Unrechtmässigkeit des Büchernachdrucks schien nemlich Herrn Reimarus -durch die bis jetzt angeführten Gründe noch nicht erwiesen; und er -wollte durch eine scheinbare Vertheidigung desselben die Gelehrten -auffordern, auf bessere gegen denselben zu denken. Denn unmöglich konnte -es ihm dabei Ernst seyn; unmöglich konnte er wollen, dass die -Vertheidigung eines Verfahrens sich behaupte, gegen welches jeder -Wohldenkende einen inneren Abscheu fühlt. - -Seine Abhandlung theilt sich, der Natur der Sache gemäss, in die zwei -Fragen: über die ^Rechtmässigkeit^, und über die ^Nützlichkeit^ des -Büchernachdrucks. In Absicht der ersteren behauptet er: dass bis jetzt -noch kein, offenbar nur aus einem fortdauernden Eigenthume des Gelehrten -an seinem Buche abzuleitendes Recht desselben, oder seines -Stellvertreters, des rechtmässigen Verlegers, den Nachdruck zu -verhindern, nachgewiesen sey; woraus natürlich eine Befugniss zum -Nachdrucke folgen würde: mithin die Frage: ob der Nachdruck in -policirten Staaten zu dulden sey? nach ihrer Abweisung vom Richterstuhle -der vollkommenen Rechte, von der Beantwortung der weiteren Frage -abhängen würde: ob er nützlich sey? Herr Reimarus beantwortet diese -Frage bejahend, mithin auch die erste; schlägt jedoch zum Vortheile des -Verfassers und seines rechtmässigen Verlegers einige Einschränkungen der -allgemeinen Erlaubniss des Büchernachdruckes vor. - -Herr Reimarus -- denn wir gestehen, dass wir nicht nöthig gefunden -haben, die Verfasser, welche er für eben diese Meinung anführt, -nachzulesen, da wir natürlicherweise voraussetzen konnten, dass er ihre -Gründe benutzt, und dass die letzte Schrift dafür, die seinige, auch die -stärkste seyn werde, -- Herr Reimarus also hat nicht erwiesen, noch zu -erweisen gesucht, dass überhaupt kein dergleichen fortdauerndes -Eigenthum des Verfassers möglich sey; sondern nur gesagt, dass man bis -jetzt es noch nicht klar dargelegt habe, und einige Instanzen angeführt, -die seiner Meinung nach gegen die Allgemeinheit, und mithin auch -Vollkommenheit eines solchen vom Eigenthume abgeleiteten Rechts streiten -würden. Wir haben also gar nicht nöthig ihm Schritt vor Schritt zu -folgen, und uns auf seine Gründe einzulassen. Können wir nur ein -dergleichen fortdauerndes Eigenthum des Verfassers an seine Schrift -wirklich beweisen, so ist geschehen, was er verlangte, und er mag nun -seine Instanzen selbst mit demselben zu vereinigen suchen. Ferner haben -wir dann auch seinen Erweis der Nützlichkeit des Büchernachdrucks nicht -zu beantworten; denn es kömmt sodann darauf gar nicht mehr an, da nie -geschehen darf, was schlechthin unrecht ist; sey es so nützlich es -wolle. - -Die Schwierigkeit, welche man fand, ein fortdauerndes Eigenthum des -Verfassers an sein Buch zu beweisen, kam daher, weil wir gar nichts -ähnliches haben, und das, was demselben einigermaassen ähnlich zu seyn -scheint, wieder in Vielem sich gar sehr davon unterscheidet. Ebendaher -kömmt es, dass unser Beweis ein etwas spitzfindiges Ansehen bekommen -muss, welches wir aber so gut als möglich zu poliren suchen werden. Aber -der Leser lasse sich ihn dadurch nicht verdächtig werden; denn es wird -sehr leicht möglich seyn, ihn ^in concreto^ klarzumachen und zu -erhärten. -- Es sind nemlich eine Menge Maximen über diesen Gegenstand -im Umlaufe, welche jeder von der Sache Unterrichtete, Wohldenkende und -für das Gegentheil nicht Interessirte annimmt, anderer Verhalten in -Dingen der Art darnach beurtheilt, und das seinige selbst einrichtet. -Lassen sich diese alle leicht und natürlich auf unseren als Princip -aufgestellten Satz zurückführen, so ist dies gleichsam seine Probe; und -es wird dadurch klar, dass er der Grundsatz ist, welcher allen unseren -Urtheilen über diesen Gegenstand, obgleich dunkel und unentwickelt, zum -Grunde lag. - -Zuerst der Grundsatz: Wir behalten nothwendig das Eigenthum eines -Dinges, dessen Zueignung durch einen Anderen physisch unmöglich ist. Ein -Satz, der unmittelbar gewiss ist und keines weiteren Beweises bedarf. -Und jetzt die Frage: Giebt es etwas von der Art in einem Buche? - -Wir können an einem Buche zweierlei unterscheiden: das ^Körperliche^ -desselben, das bedruckte Papier; und sein ^Geistiges^. Das Eigenthum des -ersteren geht durch den Verkauf des Buches unwidersprechlich auf den -Käufer über. Er kann es lesen und es verleihen so oft er will, -wiederverkaufen an wen er will, und so theuer oder so wohlfeil er will -oder kann, es zerreissen, verbrennen: wer könnte darüber mit ihm -streiten? Da man jedoch ein Buch selten auch darum, am seltensten bloss -darum kauft, um mit seinem Papier und Drucke Staat zu machen, und damit -die Wände zu tapeziren: so muss man durch den Ankauf doch auch ein Recht -auf sein Geistiges zu überkommen meinen. Dieses Geistige ist nemlich -wieder einzutheilen: in das ^Materielle^, den Inhalt des Buches, die -Gedanken, die es vorträgt; und in die ^Form^ dieser Gedanken, die Art -wie, die Verbindung in welcher, die Wendungen und die Worte, mit denen -es sie vorträgt. Das erste wird durch die blosse Uebergabe des Buches an -uns offenbar noch nicht unser Eigenthum. Gedanken übergeben sich nicht -von Hand in Hand, werden nicht durch klingende Münze bezahlt, und nicht -dadurch unser, dass wir ein Buch, worin sie stehen, an uns nehmen, es -nach Hause tragen und in unserem Bücherschranke aufstellen. Um sie uns -zuzueignen, gehört noch eine Handlung dazu: wir müssen das Buch lesen, -seinen Inhalt, wofern er nur nicht ganz gemein ist, durchdenken, ihn von -mehreren Seiten ansehen, und so ihn in unsere eigene Ideenverbindung -aufnehmen. Da man indess, ohne das Buch zu besitzen, dies nicht konnte, -und um des blossen Papiers willen dasselbe nicht kaufte, so muss der -Ankauf desselben uns doch auch hierzu ein Recht geben: wir erkauften uns -nemlich dadurch die Möglichkeit, uns die Gedanken des Verfassers zu -eigen zu machen; diese Möglichkeit aber zur Wirklichkeit zu erheben, -dazu bedurfte es unserer eigenen Arbeit. -- So waren die Gedanken des -ersten Denkers dieses und der vergangenen Jahrhunderte, und -höchstwahrscheinlich eines der ersten aller künftigen, vor der -Bekanntmachung seiner merkwürdigen Werke, und noch eine geraume Zeit -nachher sein ausschliessendes Eigenthum; und kein Käufer bekam für das -Geld, welches er für die Kritik der reinen Vernunft hingab, ihren Geist. -Jetzt aber hat mancher hellsehende Mann sich denselben zugeeignet, und -das wahrlich nicht durch Ankauf des Buches, sondern durch fleissiges und -vernünftiges Studium desselben. Dieses Mitdenken ist denn auch, im -Vorbeigehen sey es gesagt, das einzig passende Aequivalent für -Geistesunterricht, sey er mündlich oder schriftlich. Der menschliche -Geist hat einen ihm angeborenen Hang, Uebereinstimmung mit seiner -Denkungsart hervorzubringen; und jeder Anschein der Befriedigung -desselben ist ihm die süsseste Belohnung aller angewandten Mühe. Wer -wollte lehren vor leeren Wänden, oder Bücher schreiben, die niemand -läse? Das, was für dergleichen Unterricht an Gelde entrichtet wird, für -Aequivalent anzusehen, wäre widersinnig. Es ist nur Ersatz dessen, was -der Lehrer denen geben muss, die während der Zeit, dass er für andere -denkt, für ihn jagen, fischen, säen und ernten. - -Was also fürs erste durch die Bekanntmachung eines Buches sicherlich -feilgeboten wird, ist ^das bedruckte Papier^, für jeden, der Geld hat es -zu bezahlen, oder einen Freund, es von ihm zu borgen; und der Inhalt -desselben, für jeden, der Kopf und Fleiss genug hat, sich desselben zu -bemächtigen. Das erstere hört durch den Verkauf unmittelbar auf, ein -Eigenthum des Verfassers (den wir hier noch immer als Verkäufer -betrachten können) zu seyn, und wird ausschliessendes des Käufers, weil -es nicht mehrere Herren haben kann; das letztere aber, dessen Eigenthum -vermöge seiner geistigen Natur Vielen gemein seyn kann, so, dass doch -jeder es ganz besitze, hört durch die Bekanntmachung eines Buches -freilich auf, ^ausschliessendes^ Eigenthum des ersten Herrn zu seyn -(wenn es dasselbe nur vorher war, wie dies mit manchem heurigen Buche -der Fall nicht ist), bleibt aber sein mit Vielen gemeinschaftliches -Eigenthum. -- Was aber schlechterdings nie jemand sich zueignen kann, -weil dies physisch unmöglich bleibt, ist die ^Form^ dieser Gedanken, die -Ideenverbindung, in der, und die Zeichen, mit denen sie vorgetragen -werden. - -Jeder hat seinen eigenen Ideengang, seine besondere Art, sich Begriffe -zu machen und sie untereinander zu verbinden: dies wird, als allgemein -anerkannt, und von jedem, der es versteht, sogleich anzuerkennend, von -uns vorausgesetzt, da wir hier keine empirische Seelenlehre schreiben. -Alles, was wir uns denken sollen, müssen wir uns nach der Analogie -unserer übrigen Denkart denken; und bloss durch dieses Verarbeiten -fremder Gedanken, nach der Analogie unserer Denkart, werden sie die -unsrigen: ohne dies sind sie etwas Fremdartiges in unserem Geiste, das -mit nichts zusammenhängt und auf nichts wirkt. Es ist unwahrscheinlicher -als das Unwahrscheinlichste, dass zwei Menschen über einen Gegenstand -völlig das Gleiche, in eben der Ideenreihe und unter eben den Bildern, -denken sollen, wenn sie nichts voneinander wissen, doch ist es nicht -absolut unmöglich; dass aber der eine, welchem die Gedanken erst durch -einen anderen gegeben werden müssen, sie in eben der Form in sein -Gedankensystem aufnehme, ist absolut unmöglich. Da nun reine Ideen ohne -sinnliche Bilder sich nicht einmal denken, vielweniger anderen -darstellen lassen, so muss freilich jeder Schriftsteller seinen Gedanken -eine gewisse Form geben, und kann ihnen keine andere geben als die -seinige, weil er keine andere hat; aber er kann durch die Bekanntmachung -seiner Gedanken gar nicht Willens seyn, auch diese ^Form^ gemein zu -machen: denn niemand kann seine Gedanken sich zueignen, ohne dadurch, -dass er ihre Form verändere. Die letztere also bleibt auf immer sein -ausschliessendes Eigenthum. - -Hieraus fliessen zwei Rechte der Schriftsteller: nemlich nicht bloss, -wie Herr R. will, das Recht zu verhindern, dass niemand ihm überhaupt -das Eigenthum dieser Form abspreche (zu fordern, dass jeder ihn für den -Verfasser des Buches anerkenne); sondern auch das Recht, zu verhindern, -dass niemand in sein ausschliessendes Eigenthum dieser Form Eingriffe -thue und sich des Besitzes derselben bemächtige. - -Doch ehe wir weitere Folgerungen aus diesen Prämissen ziehen, lasst sie -uns erst ihrer Probe unterwerfen! -- Noch bis jetzt haben die -Schriftsteller es nicht übel empfunden, dass wir ihre Schriften -verbrauchen, dass wir sie anderen zum Gebrauch mittheilen, dass wir -sogar Leihbibliotheken davon errichten, ungeachtet dies (denn wir sehen -sie hier noch immer als Verkäufer an) offenbar zu ihrem Schaden -gereichet; und wenn wir sie zerreissen oder verbrennen, so beleidigt -dies den Vernünftigen nur alsdann, wenn es wahrscheinlich in der Absicht -geschieht, ihm dadurch Verachtung zu bezeugen. Noch haben sie uns also -bis jetzt durchgängig das völlige Eigenthum des ^Körperlichen^ ihrer -Schriften zugestanden. -- Ebensowenig sind sie dadurch beleidigt worden, -wenn man, bei wissenschaftlichen Werken, sich ihre Grundsätze eigen -machte, sie aus verschiedenen Gesichtspuncten darstellte und auf -verschiedene Gegenstände anwendete; oder bei Werken des Geschmackes ihre -Manier, welches ganz etwas anderes ist als ihre Form, nachahmte. Sie -haben dadurch eingestanden, dass das ^Gedankeneigenthum^ auf andere -übergehen könne. - -Aber immer ist es allgemein für verächtlich angesehen worden, wörtlich -auszuschreiben, ohne den eigentlichen Verfasser zu nennen; und man hat -dergleichen Schriftsteller mit dem entehrenden Namen eines Plagiars -gebrandmarkt. Dass diese allgemeine Misbilligung nicht auf die -Geistesarmuth des Plagiars, sondern auf etwas in seiner Handlung -liegendes Unmoralisches gehe: ist daraus klar, weil wir im ersten Falle -ihn bloss bemitleiden, aber nicht verachten würden. Dass dieses -Unmoralische, und der Grund des Namens, den man ihm giebt, gar nicht -darin gesetzt werde, weil er durch den Verkauf eines Dinges, welches -Käufer schon besitzt, diesen um sein Geld bringt: ergiebt sich daraus, -dass unsere schlechte Meinung von ihm nicht um das Geringste gemildert -wird, wenn er ein höchstseltenes, etwa nur auf grossen Bibliotheken -vorzufindendes Buch ausgeschrieben hat. Dass endlich diese -Ungerechtigkeit nicht etwa darin bestehe, dass er, wie Herr R. meinen -könnte, dem Verfasser seine Autorschaft abspreche: folgt daraus, weil er -diese gar nicht läugnet, sondern sie nur ignorirt. Auch würde man sie -vergeblich darauf zurückführen, dass er dem Verfasser die rechtmässige -Ehre nicht erzeige, indem er ihn nicht nenne, wo er ihn hätte nennen -sollen: indem der Plagiar nicht weniger Plagiar genannt wird, wenn er -auch das Buch eines Anonymus ausgeschrieben hat. Wir können sicher jeden -ehrliebenden Mann fragen: ob er sich nicht in sich selbst schämen würde, -wenn er es sich nur als möglich dächte, dass er etwa eines unbekannten -verstorbenen Mannes Handschrift, oder ein Buch, dessen einziger Besitzer -er wäre, ausschreiben könnte? ... Diese Empfindungen können, nach allem -Gesagten, in nichts, als in dem Gedanken liegen: dass der Plagiar sich -eines Dinges bemächtiget, welches nicht sein ist. -- Warum denkt man nun -über den Gebrauch der ^eigenen Worte^ eines Schriftstellers ganz anders, -als über die Anwendung seiner ^Gedanken^? Im letzteren Falle bedienen -wir uns dessen, was unser mit ihm gemeinschaftliches Eigenthum seyn -kann, und beweisen, dass es dieses sey, dadurch, dass wir ihm unsere -Form geben; im ersten Falle bemächtigen wir uns seiner Form, welche -nicht unser, sondern sein ausschliessendes Eigenthum ist. - -Eine Ausnahme macht man mit den Citaten: nemlich nicht nur solchen, wo -von einem Verfasser bloss gesagt wird, dass er irgend etwas entdeckt, -erwiesen, dargestellt habe, wobei man sich weder seiner Form bemächtigt, -noch eigentlich seine Gedanken vorträgt, sondern auf sie nur weiter -fortbaut; sondern auch solchen, wo die eigenen Worte des Verfassers -angeführt werden. Im letzten Falle bemächtigt man sich wirklich der Form -des Verfassers, die man zwar nicht für die seinige ausgiebt, welches -jedoch hier nichts zur Sache thut. Diese Befugniss scheint sich auf -einen stillschweigenden Vertrag der Schriftsteller untereinander zu -gründen, einander gegenseitig mit Anführung der eigenen Worte zu -citiren; doch würde auch hier es niemand billigen, wenn ein anderer, -ohne sichtbares Bedürfniss, besonders grosse Stellen ausschriebe. Mit -nur halbem Rechte stehen unter den Ausnahmen die Blumenlesen, die -^Geiste (esprits)^, zu deren Verfertigung gemeinhin nicht viel Geist -gehört, und dergleichen kleine Diebereien, die niemand sehr bemerkt, -weil sie niemandem viel helfen, noch viel schaden. - -Kein Docent duldet es, dass jemand seine Vorlesungen abdrucken lasse; -noch nie aber hat einer etwas dagegen gehabt, wenn seine Zuhörer sich -seinen Geist und seine Grundsätze eigen zu machen gesucht, und sie -mündlich oder schriftlich weiter verbreitet haben. -- Worauf gründet -sich dieser Unterschied? Im letzten Falle tragen sie seine Gedanken vor, -die durch ihr eigenes Nachdenken, und die Aufnahme derselben in ihre -Ideenreihe, die ihrigen geworden sind; im ersteren bemächtigen sie sich -seiner Form, die nie ihr Eigenthum werden kann, kränken ihn also in -seinem vollkommenen Rechte. - -Und jetzt diese ^a priori^ erwiesenen und ^a posteriori^ durch die aus -ihnen mögliche Erklärbarkeit dessen, was in Sachen der Art für recht -gehalten wird, erprobten Grundsätze auf das Verhältniss des Verfassers -und des Verlegers angewandt! Was überträgt der Erstere an den Letzteren, -indem er ihm seine Handschrift übergiebt? ... Ein Eigenthum: etwa das -der ^Handschrift^? Aber die Gelehrten werden gestehen, dass diese -grösstentheils des Geldes nicht werth sey; und warum verzeihen sie es -sich denn nicht, mehrere von eben der Schrift an mehrere Verleger zu -verkaufen? Das Eigenthum der darin enthaltenen Gedanken: dies überträgt -sich nicht durch eine blosse Uebergabe; und selten würde dem Verleger -viel damit gedient seyn. -- Noch weniger das der ^Form^ dieser Gedanken: -denn diese ist und bleibt auf immer ausschliessendes Eigenthum des -Verfassers. -- Der Verleger bekommt also durch den Contract mit dem -Verfasser überhaupt kein Eigenthum, sondern unter gewissen Bedingungen -nur das Recht eines gewissen ^Niessbrauches^ des Eigenthums des -Verfassers, d. i. seiner Gedanken in ihre bestimmte Form eingekleidet. -Er darf, an wen er will und kann, verkaufen -- nicht die Gedanken des -Verfassers und ihre Form, sondern nur die durch den Druck derselben -hervorgebrachte ^Möglichkeit^, sich die ersteren zuzueignen. Er handelt -also allenthalben nicht in seinem Namen, sondern im Namen und aus -Auftrag des Verfassers. - -Auch diese Begriffe zeigen sich in allgemein angenommenen Maximen. Warum -wird selbst der rechtmässige Verleger allgemein getadelt, wenn er eine -grössere Anzahl Exemplare abdrucken lässt, als er mit dem Verfasser -verabredet hat? Das Recht des Verfassers, dies zu hindern, gründet sich -zwar auf einen Contract, der aber nicht über das Eigenthum, sondern den -Niessbrauch abgeschlossen ist. Der Verleger kann höchstens Eigenthümer -dieses Niessbrauchs heissen. -- Warum dann, wenn er eine zweite Auflage -besorgt, ohne Erlaubniss des Verfassers? Wie kann der Verfasser bei -einer zweiten Auflage, wenn er nichts Neues hinzusetzt noch umarbeitet, -von neuem Honorar vom Verleger für die blosse Erlaubniss der neuen -Auflage fordern? Wären diese Maximen nicht widersprechend, wenn man -annähme, dass das Buch ein Eigenthum des Verlegers würde, und nicht -beständiges Eigenthum des Verfassers bliebe, so dass der Verleger -fortdauernd nichts ist, als sein Stellvertreter? Wäre es nicht -widersprechend, dass das Publicum, wenn es, durch einen prächtigen Titel -getäuscht, ein Buch gekauft hat, in welchem es nichts, als das -Längstbekannte, aus den bekanntesten Büchern ärmlich zusammengestoppelt, -findet, an dem Verfasser des Buches Regress nimmt, und nicht an seinen -Verleger sich hält? Ein Recht, uns zu beklagen, haben wir allerdings; -wir wollten nicht bloss ein paar Alphabete gedrucktes Papier, wir -wollten zugleich die ^Möglichkeit^ erkaufen, uns über gewisse -Gegenstände zu belehren. Diese ward uns versprochen, und nicht gegeben. -Wir sind getäuscht, wir sind um unser Geld. Aber gaben wir dies nicht -dem Verleger? War er es nicht, der uns das leere Buch dagegen gab? Warum -halten wir uns nicht an ihn, als an den letzten Verkäufer, wie wir es -sonst bei jedem Kaufe thun? Was sündigte der arme Verfasser? ... So -müssten wir nothwendig denken, wenn wir den erstern nicht als blossen -Stellvertreter des letztern betrachteten, der bloss in jenes Namen mit -uns handelte, und, wenn wir betrogen wurden, in jenes Namen, auf jenes -Geheiss, und oft ohne selbst das geringste Arge daraus zu haben, uns -betrog. -- - -So verhalten sich Schriftsteller, Verleger und Publicum. Und wie verhält -sich zu ihnen der ^Nachdrucker^? Er bemächtigt sich -- nicht des -Eigenthums des Verfassers, nicht seiner Gedanken (das kann er -grösstentheils nicht; denn wenn er kein Ignorant wäre, so würde er eine -ehrlichere Handthierung treiben), nicht der Form derselben (das könnte -er nicht; auch wenn er kein Ignorant wäre); -- sondern des -^Niessbrauches^ seines Eigenthums. Er handelt im Namen des Verfassers, -ohne von ihm Aufträge zu haben, ohne mit ihm übereingekommen zu seyn, -und bemächtigt sich der Vortheile, die aus dieser Stellvertretung -entstehen; er maasset sich dadurch ein Recht an, das ihm nicht zusteht, -und stört den Verfasser in der Ausübung seines vollkommenen Rechtes. - -Ehe wir das endliche Resultat ziehen, müssen wir noch ausdrücklich -erinnern, dass die Frage gar nicht von dem ^Schaden^ ist, welchen der -Nachdrucker hierdurch dem Verfasser entweder unmittelbar, oder mittelbar -in der Person seines Stellvertreters zufüge. Man zeige, soviel man will, -dass dadurch weder dem Verfasser, noch dem Verleger ein Nachtheil -entstehe; dass es sogar der Vortheil des Schriftstellers sey, recht viel -nachgedruckt zu werden, dass dadurch sein Ruhm über alle Staaten -Deutschlands, von der Stapelstadt der Gelehrsamkeit bis in das -entfernteste Dörfchen der Provinz, und von der Studirstube des Gelehrten -bis in die Werkstätte des Handwerkers verbreitet werde: wird dadurch -^recht^, was einmal unrecht ist? Darf man jemandem wider seinen Willen -und sein Recht Gutes thun? Ein jeder hat die vollkommene Befugniss, -seinem Rechte nichts zu vergeben; sey es ihm auch so schädlich als es -wolle. Wann wird man doch ein Gefühl für die erhabene Idee des Rechts, -ohne alle Rücksicht auf Nutzen, bekommen? -- Man merke ferner, dass -dieses Recht des Verfassers, welches der Nachdrucker kränkt, sich nicht, -wie Herr Reimarus glaubt, auf einen vermeinten Contract desselben mit -dem Publicum und auf eine jesuitische Mentalreservation in demselben -gründet; sondern dass es sein natürliches, angebornes, unzuveräusserndes -Eigenthumsrecht ist. Dass man ein solches Recht nicht verletzt sehen -wolle, wird wohl ohne ausdrückliche Erinnerung vorausgesetzt; vielmehr -müsste man dann es sagen, wenn man auf die Ausübung desselben Verzicht -thun wollte. - -Dies alles als erwiesen vorausgesetzt, muss, wenn jeder ein Dieb ist, -der um Gewinnstes willen den Genuss des Eigenthums anderer an sich -reisst, der Nachdrucker ohne Zweifel einer seyn. Wenn ferner jeder -Diebstahl dadurch, dass er an Dingen geschieht, die ihrer Natur nach -nicht unter Verwahrung gehalten werden können, sträflicher wird, so ist -der des Nachdruckers, welcher an einer Sache verübt wird, die jedem -offenstehen muss, wie Luft und Aether, einer der sträflichsten. Wird er -es endlich dadurch noch mehr, an je edleren Dingen er geschieht, so ist -der an Dingen, die zur Geistescultur gehören, der allersträflichste: -daher man denn auch schon den Namen des Plagiats, der zuerst Diebstahl -an Menschen bedeutete, auf Bücherdiebereien übertragen hat. - -Und jetzt zu einigen Instanzen des Herrn Reimarus! »Wer es denn sey, der -den Niessbrauch des fortdauernden Eigenthums der Verfasser bei den alten -Autoren, der es bei Luthers Bibelübersetzung habe?« fragt derselbe. -- -Wenn der Eigenthümer einer Sache, und seine Erben und Erbnehmer -ausgestorben, oder nicht auszumitteln sind, so erbt die Gesellschaft. -Will diese ihr Recht aufgeben, und es gemein werden lassen; will es der -Eigenthümer selbst: -- wer kann es wehren? - -»Ob das auch ein Raub des Büchereigenthums seyn würde,« fragt Herr R. -weiter, »wenn jemand ein Buch einzeln oder in grösserer Anzahl -abschreiben und die Abschriften verkaufen wolle?« Da die Liebhaber, -welche ein Buch lieber in Handschrift, als gedruckt besitzen wollten, -selten seyn, mithin durch diese Vervielfältigung der Exemplare weder dem -Verfasser noch dem Verleger grosser Nachtheil entstehen möchte; da der -Gewinn bei dieser mühsamen Arbeit nicht gross, und der Verkaufswerth -wohl grösstentheils kümmerliche Bezahlung der angewandten Mühe seyn, -mithin die ungerechte Habsucht des Abschreibers weniger auffallen würde: -so möchten vielleicht der Erstere und der Zweite dazu schweigen. Sind -aber unsere eben ausgeführten Sätze erwiesen, so bleibt an sich jeder -Niessbrauch des Buches, sey er so wenig einträglich als er wolle, -ungerecht; und diejenigen, welche das Buch in Abschrift zu besitzen -wünschten, oder der Abschreiber, müssten darüber in Unterhandlung mit -dem Verfasser treten. -- Wenn die alten Schriftsteller über den -möglichen Niessbrauch der Autorschaft nicht nachgedacht hatten, oder, -weil sie sein nicht begehrten, das Abschreiben ihrer Bücher jedem -freistellten, dem es beliebte, und durch ihr Stillschweigen die -Einwilligung dazu gaben: so hatten sie das vollkommenste Recht, -- wie -jeder es hat -- ihr Recht aufzugeben; wenn sie aber gewollt hätten, so -hätten sie es ebensowohl geltend machen können, als die unsrigen: denn -was heute recht ist, war es ewig. - -Diese Grundsätze werden durch Anwendung auf Dinge, die man oft mit ihnen -verglichen und verwechselt hat, noch deutlicher werden. So hat man -^Producte der mechanischen Kunst^ mit Büchern, und das Nachmachen -derselben zum Nachtheil des Erfinders mit dem Nachdrucke verglichen; -- -wie passend oder unpassend, werden wir sogleich sehen. Auch ein solches -Werk hat etwas Körperliches: die Materie, aus der es verfertigt ist, -Stahl, Gold, Holz und dergleichen; und etwas Geistiges: den Begriff, der -ihm zum Grunde liegt (die Regel, nach der es verfertigt ist). Von diesem -Geistigen kann man nicht sagen, dass es eine dem Verfertiger -eigenthümliche Form habe, weil es selbst ein Begriff einer ^bestimmten^ -Form ist -- die Form der Materie, das Verhältniss ihrer einzelnen Theile -zur Hervorbringung des beabsichtigten Zwecks; -- welches folglich nur -auf einerlei Art, einem deutlich gedachten Begriffe gemäss, bestimmt -seyn kann. Hier ist es das Körperliche, welches, ^insofern es nicht -durch den Begriff bestimmt wird^, eine besondere Form annimmt, von -welcher die Nettigkeit, die Eleganz, die Schönheit des Kunstwerkes, -insofern sie nicht auf den hervorzubringenden Zweck bezogen wird, -abhängt: an welcher man z. B. die Arbeiten der Engländer, die Arbeiten -eines gewissen bestimmten Meisters, von jeder andern unterscheidet, ohne -eigentlich und deutlich angeben zu können, worin der Unterschied liege. -Diese Form des Körperlichen kann auch ein Buch haben, und durch sie wird -die Reinheit und Eleganz des Druckes bestimmt; in dieser Rücksicht ist -es Product der mechanischen Kunst, und gehört unter die nun leicht zu -entwickelnden Regeln derselben. - -Angenommen, was allgemein anzunehmen ist, dass durch den Verkauf einer -Sache dem Käufer das Eigenthum alles desjenigen übertragen werde, dessen -Zueignung physisch möglich ist: was wird durch den Verkauf eines solchen -Kunstwerkes dem Käufer übertragen? Jedem ohne Zweifel das Eigenthum des -materiellen Körperlichen, nebst der Möglichkeit, das Werk zu dem -verlangten Zwecke zu gebrauchen, wenn er will, ihn kennt und ihn dadurch -zu erreichen weiss. Die Möglichkeit, sich den dem Werke zu Grunde -liegenden Begriff (nemlich die Regel, nach der es verfertigt ist) -zuzueignen, ist nicht die Absicht des Verkaufs, und gemeinhin auch nicht -des Kaufs, wie bei einem Buche, wo dies offenbar die Absicht ist. Auch -wird sie durch den Verkauf nicht jedem, sondern bloss dem, der dazu die -nöthigen Kenntnisse hat, übergeben. Das Eigenthum dieses Begriffs aber -wird durch den Verkauf gar nicht übergeben; sondern zur Zueignung -desselben gehört noch die Handlung des Käufers, dass er das Werk -untersuche, es vielleicht zerlege, darüber nachdenke u. s. w. Aber -dennoch ist es nicht nur physisch möglich, sondern auch oft sehr leicht, -die Regel der Verfertigung des Werkes zu finden. Diesen Begriffen nun -seine Form zu geben, muss man selbst Künstler, und zwar Künstler in -dieser Kunst seyn. Die Form des ersten Verfertigers wird man dem -Körperlichen nie geben; aber es kommt darauf nicht an, der Unterschied -ist meistens ganz unbemerkbar, und oft wird der zweite Verfertiger ihm -eine weit schönere geben. Man kann folglich nicht nur das Eigenthum der -Materie, sondern unter gewissen Bedingungen auch das des Begriffs, nach -welchem sie bearbeitet ist, sich erwerben; und da man das Recht hat, -sein Eigenthum auf jede beliebige Art zu benutzen, so hat man ohne -Zweifel auch das, dies Kunstwerk nachzumachen. Allein, die Ausübung -dieses Rechtes ist nicht billig: es ist nicht billig, dass der Mann, -welcher Jahre lang Fleiss, Mühe und Kosten aufwendete, durch die erste -Bekanntmachung des Resultats seiner jahrelangen Arbeit, welches von der -Art, dass jeder desselben sich bemächtigen kann, der es siehet, um alle -Frucht dieser Arbeit gebracht werde. Da aber in Sachen des Gewinnstes -auf die Billigkeit anderer nicht sehr zu rechnen ist, so tritt der Staat -ins Mittel, und macht durch ein ausdrückliches Gesetz, genannt -^Privilegium^, dasjenige Rechtens, was vorher nur Sache der Billigkeit -war. Weil indess durch ein solches Gesetz das natürliche Recht anderer -allerdings eingeschränkt, und sie dessen beraubt werden, besonders -dadurch beraubt werden, dass man das, was von ihrem guten Willen abhing, -und ihnen ein Verdienst geben konnte, ihnen abnöthigt, und sie dadurch -wenigstens der Entdeckung dieses Verdienstes beraubt: so hebt der Staat -dieses Gesetz wieder auf, sobald seine Absicht, den ersten Erfinder zu -entschädigen, erreicht ist, und giebt den Menschen ihr angebornes und -durch Nachdenken und Studium behauptetes Recht wieder. - -Ein solches Privilegium geht also auf den Gebrauch des erworbenen -Begriffs; und nur dasjenige Bücherprivilegium würde mit ihm zu -vergleichen seyn, welches verböte, innerhalb zehn Jahren nichts über -^gewisse Materien^, als z. B. keine Metaphysik, keine Naturlehre, zu -schreiben. -- Verwechselte etwa Herr R., dessen Vorschläge bei -Bücherprivilegien eben dahin auslaufen, Bücher mit mechanischen -Kunstwerken, als ob zu ihrer Verfertigung nichts weiter gehöre, als etwa -ein Recept, ein Buch zu machen im Kopfe, und übrigens gelenke Finger, -Papier und Dinte? - -Das Recht des Käufers, das Gekaufte nachzumachen, geht, soweit die -physische Möglichkeit geht, es sich zuzueignen; und diese nimmt ab, je -mehr das Werk von der Form abhängt, welche wir uns nie eigen machen -können. Diese Gradation geht in unmerklichen Abstufungen von der -gemeinen Studirlampe bis zu Correggio's Nacht. Letztere hat nie um ein -Privilegium nachgesucht, und ist darum doch nicht nachgemacht worden. -Zwar Farben auftragen, Licht und Schatten, und ein Kind und eine junge -Frau malen, kann jeder Pinsler; aber es ist uns nicht darum, es ist uns -um die nicht zu beschreibende, aber zu fühlende Form des Vortrags zu -thun. -- Kupferstiche von Gemälden sind keine Nachdrücke: sie verändern -die Form. Sie liefern Kupferstiche, und keine Gemälde; und wem sie den -letzteren gleich gelten, dem bleibt es unbenommen. Auch Nachstechen -schon abgestochener Gemälde ist nicht Nachdruck; denn jeder giebt seinem -Stiche seine eigene Form. Nachdruck wäre nur das, wenn jemand sich der -Platte des Andern bemächtigte und sie abdruckte. - -Und nach dieser Unterscheidung nun die Frage: Was ist ein -Bücherprivilegium? Ein Privilegium überhaupt ist Ausnahme von einem -allgemein geltenden Gesetze der natürlichen oder der bürgerlichen -Gesetzgebung. Ueber Büchereigenthum ist bis jetzt kein bürgerliches -Gesetz vorhanden; also muss ein Bücherprivilegium eine Ausnahme von -einem Naturgesetze seyn sollen. Ein dergleichen Privilegium sagt, ein -gewisses Buch solle nicht nachgedruckt werden; es setzt mithin ein -Gesetz der Natur voraus, welches so lauten müsste: Jeder hat ein Recht, -jedes Buch nachzudrucken. -- Es ist also doch wahr, dass das -Nachdruckerrecht selbst von denen, in deren Hände die Menschheit alle -ihre Rechte zur Aufbewahrung überlieferte, von den Regenten, als ein -allgemein gültiges Naturrecht anerkannt werde? Doch wahr, dass selbst -die Gelehrten es dafür anerkennen; denn was kann die Bitte um ein -Privilegium anders heissen, als: Ich erkenne an, dass vom Tage der -Publication meines Werkes jeder, wer will, das unbezweifelte Recht hat, -sich das Eigenthum und jeden möglichen Nutzen desselben anzumaassen, -bitte aber um meines Vortheils willen, die Rechte der Menschheit -einzuschränken. -- Hat man sich je einen Freibrief gegen Strassenräuber -geben lassen? -- »Aber ein Bücherprivilegium ist kein Freibrief gegen -Strassenräuber; es ist eine Bedeckung von Husaren«, sagt man mir. Wenn -dies wahr wäre, wenn es in Ländern wahr seyn könnte, wo die -Strassenräuber nicht, wie in Arabien, ungebändigt in den Wäldern -herumstreifen, sondern zu jeder Stunde durch die obrigkeitliche Gewalt -abgelangt werden können: so ständen wir vor einer andern Untersuchung. - -Die Tr... nemlich, Sch..., die W... sind freilich Räuber; aber sie sind -privilegirte Räuber. Sie haben -- denn die Bemerkung, dass eins von -beiden, entweder das Privilegium, welches den Nachdruck verbietet, oder -das, welches ihn erlaubt, widersinnig seyn muss, wollen wir schenken -- -sie, sage ich, haben nicht die mindeste Schuld. Unbekannt mit dem, was -Recht oder Unrecht sey, weil es für sie zu tief lag, fragten sie die, -welche es wissen sollten. Man sagte es ihnen, und sie glaubten. Freilich -gefiel es dem englischen Kaufmanne nie wohl, wenn ein französischer -Kaper ihm sein Schiff und seine Waaren wegnahm. Er beklagte sich über -diese Ungerechtigkeit. »Das ist nicht Unrecht, das ist Kriegsrecht«, -sagte der Kaper, und zeigte ihm seinen Kaperschein vor; und während der -Engländer diesen untersuchte, um sich von der Rechtmässigkeit der -Behandlung, die er erfuhr, zu überzeugen, durchsuchte ihm jener die -Taschen, und er hatte darin recht. - -Aber, mit welchem Rechte nur überhaupt die Hummeln den Bienen den Krieg -ankündigen? ... Welcher Vertheidiger des Büchernachdrucks wird uns dies -erklären? -- »Es würde doch von einem Staate viel verlangt heissen, sagt -man, dass er befehlen solle, fremde theure Waare in sein Land -einzuführen.« Das würde allerdings viel verlangt heissen; aber die -Forderung, dass er sich dann, wann sie ihm zu theuer ist, ganz ohne sie -behelfen möge, wäre so unbillig eben nicht. Joseph II. hatte allerdings -das vollkommene Recht, die Einfuhr der holländischen Häringe in seine -Staaten zu verbieten: wer könnte ihm dies abstreiten? Aber hätte er -darum auch wohl das Recht gehabt -- da holländische Häringe sich nun -einmal nicht nachdrucken lassen -- Kaper auszusenden, welche den -Holländern aufpassen und ihnen ihre Häringe abnähmen? Und wenn diese -fremde theure Waare -- denn Bücher sind in diesem System freilich nicht -mehr und nicht weniger Waare, als Häringe und Käse -- überhaupt nicht -eingeführt werden soll, wovon soll man sie denn im Lande abdrucken? ... -Ei ja! wir werden uns wohl hüten, die Einfuhr fremder Bücher eher zu -verbieten, als bis wir sie erst nachgedruckt haben. - -»Es sey ja für den Vortheil des Verfassers völlig gleichgültig, ob in -einem Lande, wo die Einfuhr seiner rechtmässigen Ausgabe verboten sey, -ein Nachdruck verkauft werde oder nicht, da er aus diesem Lande einmal -keinen Gewinn ziehen könne«, sagt man auch noch. Und man hat recht, und -übrig recht, in einem Systeme, in welchem nichts unrecht ist, als das -was schadet. - -Ist jetzt Alles klärlich erwiesen, was erwiesen werden sollte: -- dass -der Verfasser ein fortdauerndes Eigenthum an sein Buch behalte, und das -vollkommene Recht habe, jeden zu verhindern, wider seinen Willen Nutzen -aus dem, was der Natur der Sache nach sein bleibt, zu ziehen; dass -mithin der Nachdruck eine offenbare, und zwar eine der sträflichsten -Ungerechtigkeiten sey, -- so ist bei Untersuchung seiner Zulässigkeit -davon gar nicht mehr die Frage, ob er nützlich sey; und wir können uns -gänzlich enthalten, sie zu beantworten. Weder Herr R. noch das Publicum -wird also etwas dagegen haben, wenn wir statt dieser Untersuchung eine -^Parabel^ erzählen. Was sie, da wir nach obiger Erinnerung mit Büchern -gar nichts Aehnliches haben, erläutern könne, was sie nach allem schon -Erwiesenen noch zu erläutern habe, wird jeder einsehen. - -Zur Zeit des Khalifen Harun al Raschid, der wegen seiner Weisheit in der -Tausend und Einen Nacht und sonst berühmt ist, lebte, oder könnte gelebt -haben, ein Mann, der wer weiss aus welchen Salzen und Kräutern einen -Extract verfertigte, der gegen alle Krankheiten, ja gegen den Tod selbst -helfen sollte. Ohne nun eben alle die Wirkungen zu haben, welche sein -Verfertiger von ihm rühmte, -- er war selbst ein wenig kränklich -- war -er doch immer eine treffliche Arznei. Um in seinen chemischen Arbeiten -durch nichts gestört zu werden, wollte er sich nicht selbst mit dem -Handel befassen, sondern gab ihn in die Hände eines Kaufmanns, der -allein im ganzen Lande damit handelte und einen beträchtlichen Gewinn -dadurch erwarb. Darüber wurden nun seine Mitbrüder, die übrigen -Arzneihändler, neidisch, und verschrien ihn und seinen Extract. Ganz -anders aber benahm sich dabei Einer unter ihnen. Dieser passte den -Leuten des Alleinhändlers auf, wenn sie das Arcanum vom Chemiker -brachten, nahm es ihnen ab, raubte es wohl gar aus dem Waarenlager -selbst; und das vermochte er, denn er war ein handfester Kerl. Er -vereinzelte es darauf auf allen Jahrmärkten, in allen Flecken und -Dörfern, und weil er es wohlfeil gab und den Leuten sehr einlobte, so -hatte er reissenden Abgang. Darüber erhob dann der Alleinhändler ein -Geschrei im ganzen Lande; und es fielen mitunter auch wohl Diebe, Räuber -und dergleichen Benennungen, die bei solchen Gelegenheiten zu fallen -pflegen und die dem Andern auch richtig überbracht wurden. Gern hätte -der Alleinhändler ihm wieder etwas abgenommen, aber jener hatte nichts, -das der Mühe des Nehmens werth war. Schon lange hatte er ihm -nachgestellt, um seiner habhaft zu werden; aber jener war schlauer als -er und entging allen seinen Schlingen. Endlich, wie denn das stete Glück -unvorsichtig macht, fiel er doch noch durch Unachtsamkeit in die Hände -seines Feindes, und ward von ihm vor den Khalifen geführt. Hier brachte -der Arzneihändler seine Klage gegen jenen an, die mit der Klage unserer -Buchhändler gegen die Nachdrucker ziemlich gleichlautend war. Jener, -ohne sich bange werden zu lassen, -- er hatte bei seinem -Marktschreiergewerbe seine Dreistigkeit vermehrt und eine gewisse -Beredsamkeit sich eigen gemacht -- führte seine Verteidigung -folgendermaassen: - -Glorwürdigster Nachfolger des Propheten! ich liebe nach Principien zu -verfahren. Der einzig richtige Maassstab der Güte unserer Handlungen ist -bekanntermaassen ihre Nützlichkeit. Je ausgebreitetere und je wichtigere -Vortheile eine Handlung stiftet, desto besser ist sie. Es giebt zwar -noch einige finstere Köpfe, die sich etwas erkünsteln, was sie, glaub -ich, Recht nennen: ein Hirngespinnst, das sich im Leben nicht realisiren -lässt; denn kann man nicht bei aller Rechtschaffenheit verhungern? Doch -fern sey es, dass dergleichen altfränkische Ideen die aufgeklärten -Zeiten von Eurer Majestät glorwürdiger Regierung entweihen sollten! -- -Wenn ich mithin beweise, dass mein Verfahren den ausgebreitetsten Nutzen -stiftet, so beweise ich dadurch ohne Zweifel, dass es lobenswürdig ist; -und dies ist so leicht zu erweisen. Dass meine Handlung von den -vortheilhaftesten Folgen für das Publicum sey, sollte man das erst -zeigen müssen? Ich verkaufe das Arcanum weit wohlfeiler, als der Kläger; -der gemeinste Mann wird also dadurch in den Stand gesetzt, es sich -anzuschaffen, was er bei dem hohen Preise des Alleinhändlers nicht kann; -ich nöthige es dem unaufgeklärten Haufen durch meine Betriebsamkeit und -durch alle Künste der Beredsamkeit auf, und brenne so von Eifer für das -Beste Anderer, dass ich sie fast zwinge, sich durch diese heilsame -Arznei gesund zu machen. Welch ein Verdienst um die leidende Menschheit! -Könnte ich doch Eurer Majestät das Aechzen der Leidenden, das Röcheln -der Sterbenden recht lebhaft malen, die durch die von mir gekaufte -Arznei gerettet worden sind! Wie vielen Kindern habe ich ihre Väter, die -bereits in den Händen des Todes waren, wieder zurückgegeben, ihnen -selbst aber die Möglichkeit, zu guten Staatsbürgern gebildet zu werden, -und einst wieder ihre Kinder, und vermittelst dieser ihre ganze -Nachkommenschaft zu guten Staatsbürgern zu bilden, dadurch erhalten! Man -berechne die Arbeiten, welche jeder, dem durch diese wunderthätige -Arznei einige Jahre zu seinem Leben hinzugesetzt werden, in diesen -Jahren noch zur Cultur des Landes verrichten kann; die noch grössere -Cultur desselben, die hierdurch wieder möglich wird, und so ins -Unendliche fort; berechne die Menge der Kinder, die er in diesen Jahren -noch zeugen kann, und die Kinder dieser Kinder: und ziehe das Resultat -der vergrösserten Volksmenge und Cultur, die dadurch erfolgt, und welche -schlechterdings nicht möglich war, wenn ich nicht dem Kläger seine -wohlthätigen Tropfen raubte. - -Es sagen zwar freilich verleumderische Zungen, dass das Arcanum -gemeinhin ein wenig verdorben bei mir gekauft worden; und wenn ich ihnen -auch -- ich liebe die Wahrheit -- sollte zugestehen müssen, dass an der -Sache etwas sey: so ist das wahrlich nicht meine Schuld. Ich würde -lieber, wenn ich könnte, ihm noch grössere Kraft geben, damit man es -allein bei mir kaufte, und mein Kläger alle seine Kunden verlöre; und -das bloss aus Liebe zum allgemeinen Besten. Aber wie sollte es mir bei -der beständigen Flucht, auf der ich vor meinem Gegner seyn muss, und bei -der Beschimpfung, die er meiner Handthierung anthut, und die mich -nöthigt, die lockersten Gesellen anzunehmen, möglich seyn, es mit der -gehörigen Sorgfalt aufzubewahren? Wenn nur einmal meinem Gewerbe völlige -Ehre und Sicherheit zugesprochen seyn wird, wie ich um der grossen -Nützlichkeit desselben hoffe, so werde ich dadurch zugleich in Stand -gesetzt werden, auf die Conservation desselben mehr Sorgfalt zu wenden. - -Ich werde angeklagt, dem Verfertiger des Arcanums, und dadurch mittelbar -dem Publicum zu schaden, weil Kläger, wenn ich in die Länge fortfahre, -ihm seine Tropfen wegzunehmen, nothwendig verarmen und ausser Stand -gesetzt werden müsse, den Chemiker weiter zu bezahlen, weshalb denn -dieser nothwendig die Arbeit werde einstellen müssen. -- Allein, da -kennt man den Mann nicht. Er wird sie darum nicht einstellen; denn es -ist einmal seine Liebhaberei, und er arbeitet ja so nur um der Ehre -willen. Im Gegentheil, je mehr ich seinem Unterhändler wegnehme, und je -weniger dieser ihm für die Arznei wird bezahlen können; desto mehr wird -er arbeiten müssen, um kümmerlich zu leben: desto mehr wird folglich -diese heilsame Arznei vervielfältiget werden. Und wird nicht sein Ruhm -durch mich in die entferntesten Dörfer verbreitet? posaune ich ihn nicht -mit lauter Stimme an jedem Jahrmarkte aus meiner Bude? steht nicht sein -Name auf allen meinen Büchsen und Gläsern mit grossen Buchstaben in -Golde? Ist ihm das nicht Ehre genug? braucht er dazu noch Brot? Er mag -von der Ehre leben! - -Endlich soll ich Klägern Nachtheil verursachen. -- Aber ich muss -gestehen, dass hier mich mein kaltes Blut verlässt. Ich muss Ihnen -sagen, mein Herr, dass Sie sich der Unbilligkeit dieser Anklage schämen -sollten. Haben Sie nicht schon genug durch Ihren Alleinhandel gewonnen? -Ach! dürfte ich doch den Verlust, den Sie zu haben vorgeben, mit Ihnen -theilen! Warum wollen Sie mir denn nicht erlauben, Ihnen zu stehlen, was -ich fortbringen kann? Warum wollen Sie mir denn nicht erlauben, eine -kleine Nachlese zu halten? Giebt es nicht noch jetzt, seitdem ich diese -reichlich halte, Leute genug, die entweder um der vermeinten grösseren -Güte Ihrer Arznei willen, die doch wenig betragen kann, oder aus einem -altfränkischen Vorurtheile für rechtmässigen Besitz, und vermeinter -Theilnahme an der Dieberei Anderer, lieber Ihre theure Waare kaufen, als -meine wohlfeile; -- als ob ich nicht auch, wenn man denn einmal von -Rechtmässigkeit reden will, dadurch das rechtmässige Eigenthum Ihrer -Waare erhielte, dass ich mir die Mühe gebe, sie zu stehlen? - -Vielmehr habe ich, wenn Sie kalt darüber nachdenken wollen, eben um Sie -selbst das grösste Verdienst. Sie kennen noch Ihren Chemiker nicht. -Schon längst dachte er, voll Neid über den Gewinn, den Sie durch sein -Arcanum machen, darauf, sich des Handels mit demselben selbst zu -bemächtigen. Er hat zwar seine Zeit weit nöthiger zur Verfertigung -desselben; er versteht zwar nichts vom Arzneihandel; er ist zwar bei -einigen Versuchen im Kleinen schon sehr übel angekommen: aber dennoch -- -glauben Sie mirs auf mein Wort -- er hätte Sie des Handels beraubt. Nur, -schlau wie er ist, merkte er meinen Anschlag auf Ihren Waarenkasten, und -wollte lieber Sie, als sich selbst bestehlen lassen. Wenn Sie also -überhaupt noch in einigem Besitze des Handels sind, so haben Sie es mir -zu verdanken. - -Dies sind die beträchtlichen Dienste, Glorwürdigster Nachfolger des -Propheten, die ich dem gläubigen Volke, die ich dem nützlichen -Verfertiger des Extracts, die ich dem Kläger selbst leiste. Und ich nun, -was habe ich dafür? Wenn man den geringen Preis, um den ich das Arcanum -verkaufe, gegen die Kosten, die ich auf desselben Conservation doch -wende, die Reisen, die ich mache, berechnen will; so wird man finden, -dass mir die Mühe, sie zu stehlen, sehr gering bezahlt wird, und dass -ich die Verleumdungen meines Gegners, die Schurken und Diebe, die er -gegen mich ausstösst, fast ganz umsonst hinnehmen, oder nur sehr niedrig -in Anschlag bringen muss. Durch diese Verunglimpfungen wird mir nun mein -ehrlicher Name, auf welchen die Menschen einen so grossen Werth setzen -sollen, jämmerlich abgeschnitten, so dass rechtliche Leute schon -anfangen, sich sehr zu bedenken, ob sie mir abkaufen wollen. Ich bin -also ein Märtyrer für das Beste der Welt; und wenn eine Handlung dadurch -gewinnt, dass man recht viel bei ihr aufopfert, so ist die meinige eine -der verdienstlichsten. Dies Verdienst möchte ich mir nun nicht gern -rauben lassen, wenn nicht durch die Ehrlosigkeit, die dadurch auf mein -Gewerbe fällt, der Fortgang desselben gehindert, und dem allgemeinen -Besten Abbruch gethan würde. Ich bitte demnach Eure Majestät -anzubefehlen, dass hinfüro jeder mein Gewerbe für ein ehrliches halte, -bei namhafter Strafe; und dass Kläger gehalten sey, mir nicht nur -Abbitte und Ehrenerklärung zu thun, und öffentlichen Dank für den -geleisteten Dienst abzustatten, sondern auch inskünftige sich von mir -bestehlen zu lassen, so viel ich will. - -So redete der Marktschreier. Wie würde Herr Reimarus, wie würde jeder -Gerechtigkeitsliebende hierbei geurtheilt haben? -- Ebenso urtheilte der -Khalif. Er liess den nützlichen Mann aufhängen. - - - - - B. - Zwei Predigten aus dem Jahre 1791. - - - Statt der Vorrede. - - Der Verfasser und sein Freund. - -D. V. Sie bringen die Handschrift zurück? Haben Sie sie durchgelesen? - -D. Fr. Ja. - -D. V. Und Ihr Urtheil? - -D. Fr. Sie haben Ihre Zeit nicht ganz übel angewendet. Es übt die Feder, -wenn man sich bemüht, etwas gründlicher, als gewöhnlich, und doch plan, -wie es für die Kanzel seyn soll, zu arbeiten; es macht unsere eigene -Erkenntniss lebendiger, wenn man sie überdies mit einiger Wärme -vorträgt. - -D. V. Ich verstehe. -- Und ein Exercitium hat seine Bestimmung erreicht, -wenn es unsere eigenen Kräfte geübt hat. Es gehört vor die Augen des -Lehrmeisters, oder des gutmüthigen Freundes, wenn man über die Jahre -hinaus ist, einen Lehrmeister zu haben; nicht vor das Publicum. - -D. Fr. Wenn Sie es so nehmen wollen! -- Doch erlauben Sie mir eine -Frage: auf welche Art der Leser rechnen Sie? - -D. V. Auf Leser aller Art, welche moralische und religiöse Wahrheit, und -das Nachdenken darüber lieben. - -D. Fr. -- Die das Nachdenken lieben, mithin dasselbe kennen, aus -Erfahrung kennen, die in einem Stande leben, der ihnen ehemals -Unterricht, jetzt Musse gewährt. -- Vielleicht finden diese etwas noch -Besseres zu lesen, als Ihre Predigten. - -D. V. Und warum sollten sie nicht auch in Ständen gelesen werden, die -auf einer tieferen Stufe der Cultur stehen, die ihnen weniger Quellen -eröffnet? -- Sie haben doch nicht vergessen, was ich Ihnen sagte, dass -der grösste Theil dieser Predigten in mancherlei Ländern, vor sehr -gemischten Zuhörern, nicht ohne merklichen Eindruck gehalten worden? - -D. Fr. Abgerechnet, dass Sie allenthalben Fremder und Gastprediger waren --- angenommen, dass Ihre Eigenliebe diesen merklichen Eindruck sich -nicht um eines Haares Breite grösser vorgestellt habe -- alles, was Sie -wollen, abgerechnet und angenommen: so wissen Sie doch gewiss, welch ein -Unterschied es ist, Predigten hören oder Predigten lesen. - -D. V. Aber es werden doch darum noch häufig Predigten gelesen, in -höheren und niederen Ständen. - -D. Fr. Welcher innere Unterschied zwischen jenen häufig gelesenen -Predigten und den Ihrigen sey, werden Ihnen die Recensenten sagen; auf -den Unterschied in den Personen übernehme ich es, Sie aufmerksam zu -machen. -- Gehen Sie hin, und werden der Lieblingsprediger des feineren -Publicums in einer volkreichen, Ton angebenden, von Fremden häufig -besuchten Stadt; dann sammeln Sie Ihre Predigten und setzen Ihren Namen -vor. Wird man sie auch nicht immer lesen, so wird man sie doch kaufen, -sauber binden und in seine Bücherschränke aufstellen. Aber -- anonyme -Predigten -- das ist unerhört! Oder wollen Sie Ihren unbekannten Namen -vorsetzen? - -D. V. Und wäre er berühmt, so würde ich desto mehr Anstand nehmen, ihn -zu nennen. Ich möchte die Aufmerksamkeit dem Inhalte verdanken, und -nicht dem Namen. - -D. Fr. Dem Inhalte? So hätten Sie entweder weniger gewöhnliche -Gegenstände behandeln, oder die behandelten gewöhnlichen von einer -gewöhnlichen Seite darstellen sollen! Sie haben der Sache beides, zu -wenig und zu viel, gethan. Wer Ihre Predigten verstehen, beurtheilen, -schätzen könnte, liest keine Predigten; und wer Predigten liest, -versteht die Ihrigen nicht. - -D. V. Wenn nicht etwa hier und da ein Prediger. - -D. Fr. -- Welche Predigten lesen, um entweder sie für die ihrigen zu -gebrauchen, oder sich darnach zu bilden. Sie gestehen mir wohl zu, dass -derjenige, der der Bildung fähig ist, bessere Muster findet. -- Wegen -des Gebrauchens -- wer Ihre Predigten desselben werth findet, macht -bessere; und wer keine besseren macht, hält die Ihrigen für schlecht und -völlig unbrauchbar. -- Noch habe ich Ihnen geschenkt, dass sich -dieselben sehr ungleich sind; gleichsam eine bunte Musterkarte der -Veränderung Ihres Systems seit zehn Jahren, oder länger. - -D. V. Nach allem also wäre Ihr Rath? - -D. Fr. Mein aufrichtiger Rath, dass Sie sie ruhen liessen, wo sie zum -Theil schon lange genug geruht zu haben scheinen. - -D. V. Sie haben mir die Sache nach Ihrer Art vorgestellt; ich zeige sie -Ihnen jetzt nach der meinigen. -- Gesetzt nun, ich hätte einen Versuch -machen wollen, Darstellungsarten, die bis jetzt nur für die Schule -gewöhnlich waren, auf die Kanzel zu bringen; und ich legte diese -Versuche darum dem Publicum vor, um zu erfahren, ob es der Mühe lohnte, -sie fortzusetzen? - -D. Fr. Aber so hätten Sie diesen Versuchen wenigstens die Predigtform -nehmen sollen, die doch einmal nicht die einladendste ist; und dann sind -noch einige Predigten beibehalten, die diese Entschuldigung nicht für -sich haben. - -D. V. Und wenn ich nun anderweitige, vielleicht persönliche Gründe -gehabt hätte, eben die Predigtform, und eben jene Predigten, auf die Sie -zielen, beizubehalten? - -D. Fr. Dann müsste freilich das gutwillige Publicum, das etwa noch -Predigten kauft, Ihre Ankündigung, dass Sie unter andern auch predigen, -mit seinem Gelde bezahlen. -- Und wie wollen Sie das, was Sie zu Ihrer -Entschuldigung mir jetzt gesagt haben, dem Publicum auf eine schickliche -Art sagen? - -D. V. Ich darf nur gerade unser Gespräch vordrucken lassen. - -D. Fr. Mit allem, was ich zum Nachtheile Ihrer Predigten gesagt habe? - -D. V. Mit allem. Dann bin ich wenigstens sicher, dass nichts Schlimmeres -über sie gesagt werden könne, als schon gesagt ist. - -D. Fr. Aber einen schöngeisterischen Dialog vor Predigten! Das ist -wieder unerhört. Sie sind nicht Rousseau, und schrieben keine Heloise. - -D. V. So muss ich denn auch schon diesen Uebelstand mit den übrigen -verantworten. - - - Ueber die Pflichten gegen Feinde. - - - Eingang. - -Die Auswege, die das menschliche Herz nimmt, m. th. Fr., um der Pflicht -auszuweichen, sind unzählbar, in ihren Wendungen verschieden, und nur -darin kommen sie überein, dass alle auf irgend eine Art die Strenge des -Gesetzes zu umgehen suchen. -- Man zieht die Pflicht zu seinen Neigungen -herab, wie wir einst an dieser Stelle an dem Beispiele der Ehrlichkeit -und der Menschenliebe zeigten: man übertreibt sie auch wohl im -Gegentheile zu einer Höhe, auf der sie der menschlichen Natur -widerstreitet, um nur, wenn einmal zugestanden ist, dass in der -erdichteten Vollkommenheit sie dem Menschen unmöglich sey, gar nichts -thun zu dürfen, sondern unter dem geräumigen, viel fassenden Mantel der -menschlichen Schwachheit seinen Mangel an gutem Willen verbergen zu -können. - -So ist es mit der durch das Christenthum gebotenen Pflicht der -Feindesliebe ergangen. Zu bequem, oder unfähig nachzudenken, was durch -diesen Ausdruck gefordert werden ^könne^, hat man das Wort in seiner -ersten scheinbarsten Bedeutung genommen, und nun, wie zu erwarten war, -die Ausübung dieser Pflicht unmöglich gefunden, weil es der menschlichen -Natur widerstreitet, sich über Beleidigungen zu freuen, wie über -Wohlthaten, und bei dem Anblicke des Feindes eben das Vergnügen zu -empfinden, wie bei dem des Freundes. -- Des ^Handelns^ überhoben, meinte -man sich nun durchs ^Reden^ hervorzuthun, und wollte sich gegen ein -Gebot, dem man den Gehorsam versagte, durch Lobeserhebungen abfinden. -Daher die prahlenden Lobpreisungen so vieler Christen über die -Erhabenheit ihrer Sittenlehre, als der einzigen, welche Feindesliebe -empfehle; so vieler Christen, welche noch wenig Neigung zeigen, ihr -Vaterland, ihre Freunde, ihre Wohlthäter zu lieben -- Lobpreisungen, -welche, wenn auch die Anempfehlung dieser Pflicht der christlichen -Sittenlehre ausschliessend eigen wäre, doch immer eine sehr zweideutige -Schmeichelei seyn würden. Viel verlangen ist keine so grosse Kunst, und -es gereicht keiner Sittenlehre zur Empfehlung, Dinge zu fordern, die der -menschlichen Natur widerstreiten. - -Wir, m. Br., wollen unsere vortreffliche Religion nicht so verfänglich -loben, sondern lieber mit Lernbegierde und Folgsamkeit ihre Vorschriften -anhören, und sie zu ihrer wahreren Ehre in unserem Leben darzustellen -suchen. In gegenwärtiger Stunde werden wir uns von den Pflichten gegen -Feinde unterrichten. - -^Text.^ Die gewöhnliche Epistel am ersten Advents-Sonntage, Röm. 12, v. -17-21. - - - Abhandlung. - -Das zwölfte Capitel des Briefes an die Römer, woraus unsere Epistel -genommen ist, enthält christliche Sittenlehren mancherlei Gehalts in -einer leichten Verbindung. Auf die Pflichten gegen Feinde wird der -Apostel zweimal gebracht: einmal durch ein Wortspiel[29] v. 14. ^Segnet, -die euch verfolgen^ u. s. w., einmal bei Gelegenheit der allgemeinen -Menschenliebe, v. 19. 20. 21. Wir wollen jetzo, ohne seinen Ausdrücken -genau zu folgen, im allgemeinen sehen, welche Pflichten gegen die Feinde -Gewissen und christliche Religion uns auflege. - -[Fußnote 29: Nemlich im Grundtexte: »Die Ausübung der Gastfreiheit -verfolget; die ^Euch^ verfolgen, segnet.«] - -Wenn man eine so grosse Menge von Menschen über eine so grosse Menge von -Feinden klagen hört, so sollte man glauben, der Hass der Widersacher sey -eines der grössten Erdenleiden, und die Pflichten gegen Feinde seyen -nicht nur an sich die schwersten, sondern auch ihre Ausübung sey von der -weitesten Ausdehnung. Es scheint also unserem Vorhaben nicht -unangemessen, zuvörderst zu untersuchen: ^Wen wir einen Feind zu nennen -berechtiget sind^, um zu finden, ob von der Summe dieses Leidens nicht -ebensowohl, wie von der Summe mancher anderen Leiden etwas abgehe, und -ob die Pflichten, die es uns auflegt, -- wenn sie auch so schwer seyn -sollten, als man glaubt -- in der Ausübung oft vorkommen. - -In der allgemeinsten Bedeutung nennen wir alle diejenigen unsere Feinde, -die an der Ausführung unserer Unternehmungen uns hinderlich sind. Dies -aber kann aus zweierlei Ursachen entstehen, nemlich, entweder weil -^unsere Unternehmungen^, oder weil ^wir selbst^ ihnen misfällig sind; -der dritte mögliche Fall, dass sie beiden abgeneigt seyen, gehört mit -unter die zwei ersten. -- - -Unser Vorhaben kann Anderen zuwider seyn, entweder weil es ungerecht -^ist^, oder weil es ihnen nur so ^scheint^. -- Im ^ersteren Falle^ also -wollen wir ungerecht seyn; wollen handeln, als ob die ganze Schöpfung -nur für uns, und ihre vernünftigen Bewohner nur zu Werkzeugen unserer -Einfälle da seyen: und wenn dann Einer sich unterfängt, zu glauben, dass -es noch etwas gebe, was er von uns nicht ertragen müsse -- Einer sich -nur in den Weg stellt, und unseren Anmaassungen Grenzen setzt: so -schreien wir über Verfolgung, und nennen jenen muthigen Vertheidiger des -Rechts unseren Feind. -- Und mit welchem Rechte? Wollen wir ihn bloss -^an sich^ seinem persönlichen Werthe nach betrachten, so nöthigt unser -Herz, sey es so verdorben es wolle, uns das Bekenntniss ab, dass ^der^ -Mann -- fordere es nun bloss die allgemeine Menschenpflicht, oder -fordere es überdies noch seine besondere Pflicht in der Gesellschaft von -ihm -- dass ^der^ Mann, der ohne Kummer um unseren Verdruss und unsere -Feindschaft sich der Ungerechtigkeit muthig entgegenstellt, und dem die -unvertheidigte Sache des heiligen Rechtes theurer ist, als unsere -Freundschaft, unendlich mehr werth ist, als wir, und dass wir nicht viel -Ehre haben, unsere Klagen über ihn laut werden zu lassen; -- oder wollen -wir ihn ^in Beziehung auf uns^ betrachten, so werden wir in dem Manne, -der uns die unvertilgbare Schande, und die blutige Reue, und das -unauslöschbare Andenken, und die nie endenden Folgen einer ungerechten -That erspart, und uns zwingt, besser und glückseliger zu seyn, als wir -wollten, unseren wahrsten Wohlthäter anerkennen müssen. Solche Gegner -also gehören gar nicht in die Zahl unserer Feinde. - -In ^dem zweiten Falle^ waren die Feinde der Jünger Jesu, und überhaupt -der ersten Christen, an welche die Ermahnungen des Apostels gerichtet -sind. Sie widersetzten sich dem Vorhaben der Apostel und ihrer Anhänger, -weil es ihnen ungerecht schien. -- Es war damals eben wie jetzt. Die -Juden, deren grösster Beweis für die Wahrheit ihrer Religionsgrundsätze -der war, dass ihre Väter und Grossväter auch so geglaubt, auch so -geopfert, auch mit den Formeln gebetet hatten, hassten, verfolgten, -tödteten, wenn sie konnten, die ersten Christen, weil sie eine -aufgeklärtere Gottesverehrung einführen wollten, welches jene für ein -sehr sträfliches Unternehmen hielten. -- So wurde das Vorhaben der -ersten Christen verkannt, und darum angefeindet, und so kann es auch das -unsrige werden, von welcher Natur es auch sey. -- Auch solche Gegner -können wir nicht mit Recht Feinde nennen; ihr Widerstand entsteht nicht -aus boshaften Absichten gegen unsere Personen; sie meinen für das Recht -zu kämpfen, und ihre Triebfeder wenigstens ist edel. Sollten wir uns -darüber erzürnen, dass wir erleuchteter sind, als sie? Diese Gegner -sinds, von denen der Apostel sagt: ^segnet sie^ -- wünscht ihnen von -ganzer Seele alles Gute, und besonders dasjenige Gute, dessen sie am -meisten bedürfen -- Erleuchtung. Wünscht sie ihnen nicht bloss, sondern -sucht werkthätig durch weise Belehrung und durch das, was kräftiger -wirkt als alle Belehrung, durch einen reinen Wandel ihre Begriffe zu -berichtigen. Führet einen guten Wandel unter den Heiden, auf dass die, -so von euch afterreden, als von Uebelthätern, eure guten Werke sehen und -euren Vater im Himmel preisen. - -Endlich kann Jemand, ohne unser persönlicher Feind zu seyn, unser -Widersacher auch bloss darum werden, weil wir seinem Eigennutzen im Wege -stehen, weil ^unsere^ Erniedrigung ^ihn^ heben soll. Wir finden uns -einmal auf seinem Wege, und er rennt uns nieder -- nicht etwa -- aus -besonderer Abneigung gegen uns; er hätte jeden anderen, der auf unserem -Platze gestanden hätte, auch niedergerannt. Er schreitet seinen Schritt -einher -- es kommt ein Wurm unter seine Füsse -- er zertritt ihn. Aber -warum musste auch der Wurm unter seinen Fuss kommen; er hätte ihm sonst -sein Leben wohl gönnen mögen. -- -- Ohne das Fürchterliche einer solchen -Sinnesart mildern zu wollen, dürfen wir doch sagen, dass auch ein -solcher Gegner nicht unser Feind zu nennen sey. Er ist freilich auch -nicht unser Freund: er ist Niemandes Freund, als der seiner eigenen -geliebten Person. Er ist freilich ein Feind des Rechts und der -Menschheit, und der unsrige, weil wir zu ihr gehören; aber er hasst doch -keinen weniger, als uns, und das, was uns trifft, ist nichts, als das -allgemeine Loos. Wir haben freilich nicht nur das Recht, sondern auch -die Pflicht ihn zu behandeln, wie jeden Feind der Gerechtigkeit; aber -wenn wir ihn mit persönlicher Erbitterung hassen wollten, so würden wir -selbst ungerecht und ihm ähnlich werden. - -Es ist also Niemand übrig, den wir mit Recht unseren Feind nennen -könnten, als derjenige, der eine persönliche Abneigung gegen uns hat, -und unser Vorhaben hindert, bloss darum, weil es das ^unsrige^ ist. -Solche Gegner eigentlich, und nur in einem gewissen Sinne die der beiden -letzteren Klassen, sind der Gegenstand der Pflichten gegen Feinde. - -Da nichts in der Welt ganz ohne Ursache geschieht, und folglich auch der -Hass unserer persönlichen Feinde nicht völlig ohne Grund seyn möchte, so -ist es hierbei die erste Regel der Sittenlehre, sich sorgfältig und -unparteiisch zu prüfen, ^ob^ man, und ^wodurch^ man Gelegenheit zu -dieser Abneigung gegeben habe. Die Menge der Freunde oder Feinde ist -zwar nie ein richtiger Maassstab zur Schätzung des sittlichen Charakters -eines Menschen; wenn aber so gar viele aus dem Haufen treten und sagen: -du habest sie gedrückt, so kannst du mit hoher Wahrscheinlichkeit -vermuthen, dass du eine harte Seite habest. Jede uns bekannt gewordene -Abneigung legt uns die Pflicht auf, uns sorgfältig zu prüfen, ob -wir vielleicht durch unsere Ungerechtigkeit, durch unsere -Unterdrückungssucht uns hassenswürdig gemacht haben; -- und dann wären -wir ja wahrlich nicht werth, unsere Augen gegen unsere Gegner -aufzuheben; -- oder ob wir vielleicht bei wirklich guten Absichten durch -unser unzweckmässiges Benehmen, durch eine rauhe, unfreundliche -Steifigkeit, durch einen Mangel der Schonung gegen Anderer Schwachheiten -ihnen einen Verdacht gegen den Baum beigebracht haben, der so herbe -Früchte trägt. Sollten wir in dieser Prüfung, bei der wir uns ja nicht -schmeicheln müssen, etwas von der Art finden, so bleibt uns nichts -übrig, als die Folgen unserer eigenen Unklugheit geduldig zu tragen, -hinzugehen und uns zu bessern. - -Finden wir aber an uns keine Schuld, so tritt unsere erste heiligste -Pflicht ein: die, dem Unrechte zu widerstehen, insoweit wir können, ohne -selbst ungerecht zu werden, und die Ordnung zu zerstören. -- Irret euch -nicht, m. Br.: alles sich gefallen zu lassen, alles gut zu heissen, -alles zu dulden, fordert kein Christenthum; und die Vernunft erklärt -dies für Unverstand und Mangel an wahrer Abneigung gegen das Böse, wenn -sie es bloss an sich -- und für Unterstützung und Verewigung der -Unordnung, wenn sie es in Rücksicht seiner Folgen für das Ganze -betrachtet. Wer das Böse an Anderen nicht hasst, der hasst es gewiss -auch nicht an sich selbst; und wer keiner Empfindlichkeit gegen -zugefügtes Unrecht fähig ist, ist ebensowenig der Dankbarkeit für -erzeugte Wohlthaten fähig. -- Zwar sagt Jesus: ^Ich sage euch, dass ihr -allerdings nicht^, überhaupt und in keinem Falle nicht, ^widerstreben -sollt dem Uebel^. ^Nimmt dir jemand den Rock, dem lass auch den Mantel^, -u. s. w. Aber es ist bei diesen und ähnlichen Stellen zu bemerken, dass -die Evangelisten uns nicht nur diejenigen Aussprüche Jesu, welche er als -Dolmetscher des Willens der Gottheit an die Menschen zu gültigen -Gesetzen für alle Zeiten und Völker aufstellte, sondern auch solche -Reden aufbehalten haben, in denen er als klügerer Freund, bloss seinen -Jüngern einen guten Rath für ihre besondere Lage giebt. Ob eine -Vorschrift zu der ersteren oder zu der letzteren Art gehöre, ist nur -daraus zu ersehen, ob sie durch unsere Vernunft, als ein -allgemeingültiges Gesetz bestätigt werde oder nicht. Die Jünger Jesu -würden vor jüdischen oder heidnischen Richterstühlen nicht nur keine -Genugthuung erlangt haben, sondern auch dadurch in ihrem ersten Berufe, -die christliche Religion zu predigen, gestört, und vielleicht weit eher, -als es für ihre Bestimmung seyn sollte, getödtet worden seyn. Ihnen -blieb also kein Mittel übrig, um sich ihren mühseligen Zustand -erträglicher zu machen, als alles geduldig zu ertragen, und durch die -höchste Sanftmuth ihre Feinde wenigstens zu einiger Schonung zu -erweichen. Späterhin, nachdem ganze christliche Gemeinen errichtet -waren, sagt schon Johannes: ^Sündigt dein Bruder an dir, so strafe ihn -alleine^; so verweise es ihm unter vier Augen; ^höret er dich nicht, so -sage es der Gemeine; höret er die Gemeine nicht, so halte ihn als einen -Zöllner und Sünder^. Für uns aber, die wir in ganzen christlichen -Staaten leben, tritt die allgemeingültige, durch die Vernunft bestätigte -Bemerkung Paulus in ihre volle Wirksamkeit ein: ^dass die Obrigkeit^, -als Stellvertreterin der ganzen Gesellschaft, ^das Schwert nicht umsonst -tragen, sondern dass sie des allvergeltenden Gottes Dienerin auf der -Erde, und eine Rächerin seyn müsse über jeden, der Uebeles thut^; dass -wir mithin, wenn dieser Satz nicht aufgehoben werden, und unseren -übrigen Pflichten nicht widersprechen soll, sie zur Ausübung dieser -Stellvertretung Gottes bei uns zugefügtem Unrechte auffordern müssen, -mit dem Zutrauen, dass sie stets bereit seyn werde, das unterdrückte -Recht zu rächen; ein Zutrauen, das sie, und Gott, dessen Bild sie ist, -ehrt. -- Eben daraus aber, dass wir unsere Sache ihr übertragen sollen, -folgt, dass wir uns nicht selbst rächen dürfen; sondern es lediglich -ihr, ^als ihre eigene Sache^ überlassen müssen. - -Diese Genugthuung aber werde gesucht ^mit^ und ^aus Liebe^. Nicht das -sey unser Zweck, dem Feinde wieder Böses zuzufügen, sondern bloss und -einzig das, das Böse in ihm, und durch das Beispiel seiner Bestrafung -auch in anderen kräftigst zu hindern. Wer irgend einer anderen Absicht -sich bewusst ist; wer in seinem Herzen den geringsten Zug von -Lieblosigkeit, die leiseste Freude über die gehoffte Bestrafung seines -Beleidigers aufspürt; wer nicht sogar Schmerz empfindet, dass seine -Pflicht ihn nöthigt, um desselben Bestrafung anzusuchen, verliert jenes -Recht gänzlich, weil er durch Bestrafung seines Widersachers die -Obrigkeit nicht zur Dienerin des Rechts, sondern zum Werkzeuge seiner -Rachsucht und seiner Feindseligkeit machen, und in ihr Gott, dessen Bild -sie ist, entweihen würde: -- durch welche Regel denn jene Erlaubniss -Genugthuung zu suchen, wieder genau in ihre gehörigen Grenzen -eingeschlossen wird. -- Man sey der Sache Feind, und der Person Freund. -Man arbeite, kämpfe, ringe, das Unrecht zu verhindern; aber man sey in -allen übrigen gerechten Dingen dem Gegner zu jedem Dienste und jeder -Aufopferung bereit. Man ringe darnach, ihm zu dienen: -- zwar nicht -ausgezeichnet vor allen anderen Menschen, und ebendarum, ^weil^ er der -Feind ist; eine Warnung, die nur für wenige seltene Menschen noth thut. --- Es giebt nemlich Menschen, die, mit einer Anlage zur Erhabenheit und -Stärke der Seele geboren, dieselbe durch harte Selbstkämpfe erhöht -haben, und aus diesem Kraftgefühl eben das Schwerste in ihren Pflichten -begierig an sich reissen, und die unter zweien ihrer Hülfe gleich -bedürfenden Gegenständen eben den Feind, und das eben um seiner -Beleidigungen willen gegen sie, vorziehen würden; bloss um das erhabene -Gefühl zu empfinden, die Bitterkeit in ihrer Seele besiegt zu haben. So -edel und erhaben diese Triebfeder auch ist, so verbietet doch eine reine -Sittenlehre, die Wahl der Gegenstände unserer Wohlthätigkeit dadurch -bestimmen zu lassen. -- Die einzige allgemeingeltende Regel der -Sittenlehre hierüber ist die: der Feind werde in völlige Gleichheit mit -allen bedürftigen Gegenständen gesetzt; der ^Feind^ werde ^im -Bedürfniss^ vergessen; unser hülfsbedürftiger, hungernder, unbekleideter -Feind sey nicht mehr Feind, sey bloss hülfsbedürftig, hungernd, -unbekleidet. Alle jene Ausdrücke von Verzeihung, von Versöhnlichkeit -gegen den Feind sagen viel zu wenig; wo wir helfen und dienen können, -müssen wir unserem Feinde nicht verzeihen; wir müssen keinen Feind -haben, wir müssen nur den Hülfsbedürftigen sehen. Jeder Dienst, der sich -auf etwas Anderes gründet, hat kein Verdienst. - -Die Liebenswürdigkeit solcher Gesinnungen brauche ich nicht erst zu -zeigen: aber den Einwurf befürchte ich von vielen, dass dies nur schöne -Gemälde seyen, die sich zwar gut darstellen und beschauen, aber nie ins -menschliche Leben einführen liessen; und dass man die Welt und das -menschliche Herz schlecht kenne, wenn man ihnen im Ernste so etwas -anmuthen wolle. Wenn es hierbei bloss aufs Widerlegen ankäme, so dürfte -ich nur das Beispiel Jesu, der im Angesichte des ungerechtesten und -schmerzhaftesten Todes für seine Verfolger betete; oder, wenn euch das -zu erhaben dünkte, das Beispiel seiner Jünger anführen, die gewiss -schwache Menschen waren, wie wir, und eben das thaten. Zweckmässiger -aber würde es seyn, die Mittel zu entwickeln, durch deren Gebrauch es -leicht, sehr leicht wird, so gegen seine Feinde zu handeln. Sie sind -- -sorgfältige Selbstprüfung und lebhafte Erkenntniss seiner eigenen -Schwachheiten, das daraus entstehende Gefühl der Gebrechlichkeit der -menschlichen Natur überhaupt, und besonders die Ueberzeugung, dass das -wenigste Böse in der Welt erweislich aus Bosheit, und bei weitem das -meiste aus Unverstand geschehe: eine Betrachtung, die vor jetzt die -Kürze der Zeit mir verbietet. - -Dies sind die allgemeinen Pflichten, die wir gegen unsern Feind, so wie -gegen alle Menschen haben. Es giebt aber noch eine besondere gegen den -ersteren, die: sie zu bessern und zu unseren Freunden zu machen; welche -gleichsam die Probe enthält, ob wir alle unsere übrige Pflichten gegen -sie redlich erfüllt haben. Haben wir alles weggeräumt, was dem Feinde -Veranlassung geben könnte, uns zu hassen; haben wir ihn stets mit Liebe -und Edelmuth behandelt, so kann es nicht fehlen, er wird endlich -- sey -es so spät, als es wolle -- er wird endlich gewiss unser Freund werden. -Und welch Vergnügen wird uns dann überströmen! - -Ich habe, theure Freunde, durch eine Schilderung der Ruhe und -Heiterkeit, und des wahrsten Selbstgenusses, den solche Gesinnungen -unserer Seele geben, ebensowenig, als durch eine Darstellung der -Bitterkeit und der unangenehmen Empfindungen, welche Hass und -Unduldsamkeit über unser Herz verbreiten, diese Betrachtung unterbrechen -wollen, um nicht durch Vorstellung eures eigenen Nutzens euch zur -Anerkennung eurer Pflicht zu bestechen zu scheinen. Jetzt aber, nach -vollendeter Untersuchung, erlaubt mir einige Fragen an euer Herz zu -legen. - -Ich will euch nicht fragen, ob ihr persönliche Feinde, -- solche Feinde -habt, denen alles zuwider ist, was von euch kommt, die alle eure -Unternehmungen zu hintertreiben suchen, die euer Unglück und euren -Untergang geschworen zu haben scheinen? Solche Feinde sind überhaupt -selten, und sind es besonders gegen eine stille, anspruchslose -Lebensart. Aber das lasst euch fragen, ob ihr nie beleidigt worden seyd? -und wer unter uns möchte wohl diese Frage mit Nein beantworten, da das -menschliche Herz überhaupt nur zu leicht beleidigt wird? Ich mag auch -nicht untersuchen, ob ihr euch nicht vielleicht durch eure eigene Schuld -diese Beleidigung zuzoget -- ihr sollt völlig recht, euer Beleidiger -völlig unrecht haben. Denkt euch jetzt einmal diese Beleidigung mit -allen ihren Umständen; denkt euch den Beleidiger gegenwärtig; oder -vielleicht ist er es, vielleicht ist er mit euch in diesem Gotteshause, -und ihr könnt ihn erblicken. - -Wie wird euch bei seinem Anblick zu Muthe? was wünscht ihr ihm? wenn ihr -ihm in diesem Augenblicke einen beträchtlichen Schaden zufügen könntet, -würdet ihrs thun? wenn ihr in diesem Augenblicke ihm einen sehr -wesentlichen Dienst erzeigen könntet, würdet ihr eilen? würdet ihrs -willig und mit Freuden thun, oder würde es euch einen grossen Kampf -kosten? würdet ihr vielleicht vorher eure Bitterkeit gegen ihn auslassen -müssen? - -Wie? ihr hättet Feindschaft mit euch in dieses Haus des Friedens -gebracht? indem ihr eure Stimmen mit den Stimmen eurer übrigen -Mitchristen zur Anbetung Gottes vereinigtet, hätte in einem der -geheimsten Winkel eures Herzens sich Abneigung gegen diejenigen -verborgen, die ihre Stimmen mit den eurigen vereinigten? unter den -Wünschen, die aus eurem Herzen zum Vater aller emporwallten, hätte sein -allsehendes Auge Wünsche für das Elend derer entdeckt, die seine Kinder -sind, wie ihr? Müsset ihr euch dann nicht vor Gott, dessen Auge wahrlich -in diesem Augenblicke das Innerste eurer Herzen durchschaut, schämen? - -Seyd ihr bei diesen Gesinnungen bisher glücklich gewesen? Habt ihr euch -nie der Schwachheit geschämt, eure Ruhe von gewissen Anblicken, gewissen -Erinnerungen abhangen lassen zu müssen? eure ganze Seele als einen -Schauplatz der niedrigsten Empfindungen erblicken zu müssen, sobald eure -Gedanken auf gewisse Begebenheiten eures Lebens fielen? - -Empfindet ihr diese Scham -- fühlt ihr diese Unannehmlichkeit eures -bisherigen Lebens -- o möchte es dann doch in dieser Stunde in allen -Seelen, in denen es bisher trübe war, helle werden; möchte doch allen -Freude aufgehen! Ihr könnt in diesem Augenblicke nicht hingehen zu eurem -Beleidiger, ihm nicht die Hand drücken, und ihn versichern, dass aller -Hass aus eurer Seele rein weggetilgt ist; -- dies ist nicht in eurer -Macht, aber euer Herz ist in eurer Macht. -- O möchten sie doch, diese -eure Herzen, in dieser Minute sich vereinigen, so wie ihr hier vereinigt -vor Gott sitzt; möchten sie doch in dieser Minute, Gott, und -alle seligen Geister, die uns hier umringen, zu Zeugen, den -unzertrennlichsten Bund des Friedens schliessen! - -Du aber, o Gott, der du wahrlich hier zugegen bist, und unser aller Herz -siehst -- sey unser Zeuge -- wir wollen uns lieben, und nie hassen, wir -wollen von nun an allen Hass und Bitterkeit aus unserer Seele tilgen. -Amen. - - - Ueber die Wahrheitsliebe. - - - Eingang. - -^A. Z.^ Das Wort ^Wahrheit^ wird in einer doppelten Bedeutung gebraucht, -und bezieht sich entweder auf die Erkenntnisse unseres Verstandes, oder -auf die Gesinnungen unseres Herzens. Wenn in Absicht unseres Verstandes -unsere Vorstellungen von den Dingen mit den Dingen an sich -übereinstimmen,[30] wenn z. B. dasjenige, was wir für ein Glück halten, -wirklich ein Glück, und dasjenige, was wir für ein Unglück halten, -wirklich ein Unglück ist, so ist Wahrheit in unserer ^Erkenntniss^, und -dieser Wahrheit Gegentheil heisst ^Irrthum^. -- Wenn in Absicht unseres -Herzens alle unsere Aeusserungen mit unseren inneren Gesinnungen -übereinkommen, so ist dies Wahrheit in der zweiten Bedeutung, welcher -wir ^Falschheit^ und ^Lüge^ entgegensetzen. Wenn man von Wahrhaftigkeit, -von der Pflicht sich der Wahrheit zu befleissigen u. s. w. redet, so -wird dies Wort in der letzteren Bedeutung gebraucht; denn Wahrheit in -der ersteren, oder die Richtigkeit unserer Vorstellungen von den Dingen -hängt von dem Maasse unserer Fähigkeiten und unserer Bildung, nicht aber -von unserem freien Willen ab, und lässt sich mithin weder durch -göttliche, noch durch menschliche Gesetze anbefehlen. - -Wer wissentlich falsch und ein Lügner ist, wird dadurch nicht nur ein -sehr schädlicher Gegenstand für die Gesellschaft, sondern auch ein sehr -schändlicher für sich selbst: denn wie niederträchtig feige muss sich -derjenige erscheinen, der sich nie getrauen darf, seines Herzens Meinung -zu entdecken, und der im Innern seines Herzens ohne Unterlass eine -Schande sieht, die er vor jedes Anderen Auge sorgfältig verbergen muss! -Diese Pein der Selbstverachtung, oft um eines sehr geringen Vortheils -willen, auf sich zu nehmen -- dazu, sollte man meinen, würden die -wenigsten Menschen Entschlossenheit genug haben; und es müsste mithin -der Falschheit und der Lügen weit weniger unter ihnen seyn, wenn sie -nicht meistentheils damit angefangen hätten, sich selbst zu betrügen, -ehe sie andere betrogen, wenn ihr Herz in der Falschheit gegen andere -sich nicht erst an ihnen selbst geübt, und dieser unselige Selbstbetrug -sie nicht gegen die Schande, Betrüger Anderer zu seyn, abgehärtet hätte. --- Ich habe jetzt, a. Z., ich habe die giftige Quelle genannt, aus -welcher unser ganzes sittliches Verderben herfliesst. Nur diese lasst -uns, wenigstens in uns selbst, zu verstopfen suchen. Hört mich deswegen -aufmerksam an, wenn ich heute von der Gemüthsverfassung, welche vor -jenem unseligen Selbstbetruge verwahrt -- wenn ich von ^Wahrheitsliebe^ -mit euch rede. - -[Fußnote 30: Man wird mir für die Kanzel diese Namenerklärung verzeihen, -und die Untersuchung, ob so etwas sich überhaupt nicht etwa widerspreche -und nichts gesagt sey, schenken. -- Wenigstens ist das hier Gesagte -nicht aus Unwissenheit gesagt.] - -Du aber, o Gott, lautere Quelle aller Wahrheit, erwärme mich heute mit -einem Strahle deines Lichtes, da ich zu deinem Ebenbilde von dem, was -dein Wesen ausmacht, und wodurch allein der Sterbliche dir ähnlich wird, -von Wahrheitsliebe, reden soll. Geuss Licht und Wärme über meinen -Vortrag, und Verstand über den Geist meiner Zuhörer herab, die sich mit -mir vereinigen Dich darum anzurufen, u. s. w. - -^Text.^ Das Evangelium am Sonntage Exaudi, besonders Joh. 15. v. 26. - - - Abhandlung. - -Die verlesenen Worte sind aus der Abschiedsrede Jesu an seine Jünger. -Jesus, der sorgfältige Führer derselben, sollte sie, eben im Begriffe -ihr für die Menschheit so wichtiges, für sie selbst so schwieriges -Lehramt anzutreten, noch überhäuft von Vorurtheilen des Verstandes, und -noch grosser Schwachheiten des Herzens fähig, verlassen. Um sie hierüber -zu beruhigen, versprach er ihnen einen anderen Tröster, oder richtiger -^Führer^, der ihre Vorurtheile ebenso berichtige, und sie vor -Schwachheiten ebenso sorgfältig warne, als er selbst es bisher gethan -hatte, den ^Geist der Wahrheit^. Ich lasse ununtersucht, was man in -diesen Worten etwa alles finden kann, wenn man recht begierig etwas -recht Wunderbares sucht. Ungekünstelt erklärt sagen sie das, was ein -zärtlicher Vater sagen würde, wenn er in der Todesstunde seine noch -nicht völlig ausgebildeten Kinder um sich her versammelte, und zu ihnen -spräche: Bisher habe ich eure Handlungen geleitet; jetzt muss ich euch -verlassen, und das ist gut für euch, damit ihr endlich euch selbst -regieren lernt.[31] Statt meiner verweise ich euch an einen erhabenern -Führer, ^an euer Gewissen^. Wie ihr bisher auf meine Warnungen horchtet, -ebenso horcht hinführo auf die Warnungen dieses; und wie bisher mein -Beifall euer höchstes Ziel war, ebenso sey es hinführo der Beifall eures -eigenen Herzens: und dass dieses euch nie täuschen werde, dafür bürgt -mir die ^Wahrheitsliebe^, die ich in euch bemerkt und gepflegt habe. -- -Jesus sagt, dass er ihnen diesen Wahrheitsgeist ^senden^ wolle, nicht -als ob sie etwa erst jetzt durch irgend ein Wunderwerk umgeschaffen die -Wahrheit würden lieben lernen, -- die Jünger Jesu, die an sich weder -besser unterrichtet, noch tugendhafter waren, als die übrigen Juden -ihrer Zeit, zeichneten sich eben durch Wahrheitsliebe, und bloss durch -sie von anderen aus, und wurden bloss um dieser willen Schüler Jesu -- -sondern, weil sie erst jetzt, nach dem Verluste ihres äusseren Führers, -dieses inneren Führers bedürfen würden. - -Wir alle, meine th. Fr., sind eben so, wie die Jünger Jesu, an unser -Gewissen gewiesen, und eben so nöthig, als Jene, bedürfen wir ^der -Wahrheitsliebe^, um seine Stimme zu hören. Es ist also der Mühe werth, -diese Wahrheitsliebe genauer kennen zu lernen. - -Die Wahrheitsliebe, ^von der wir hier und heute reden^, besteht kürzlich -darin: ^dass man sich in seiner Meinung von seiner eigenen Tugend nicht -betrügen wolle^. Dies nun scheint Anfangs widersprechend; denn es -scheint auf den ersten Anblick unmöglich, ^sich selbst^ zu hintergehen, -und hintergehen zu ^wollen^. - -[Fußnote 31: Joh. 16, 7.] - -Wenn man aber daran denkt, dass der menschliche Wille durch zwei sehr -verschiedene Haupttriebe in Bewegung gesetzt wird, deren einer ihn -antreibt, sich vor Beschädigungen seines Leibes und Lebens zu sichern, -und die Mittel aufzusuchen, dieses Leben unter so vielen angenehmen -Empfindungen hinzubringen, als möglich; -- ein Trieb, den wir -^Eigenliebe^ nennen, und den wir mit den Thieren des Feldes gemein -haben: -- deren zweiter aber ihn drängt, das Gute zu verehren und das -Laster zu verabscheuen; -- ein Trieb, der uns in den Rang höherer -Geister und zum Ebenbilde der Gottheit erhebt, und den wir das -^Gewissen^ nennen; -- -- Triebe, die so verschieden sind, dass daher -einige zwei Seelen im Menschen angenommen haben; eine Bemerkung, welche -allein es schon hinreichend erklärt, wie Jesus von dem verheissenen -Geiste der Wahrheit, als von etwas ^ausser den Jüngern^ reden konnte, so -wie auch schon ein Weiser einer anderen Nation das Gute und Edle, das er -that oder sagte, den Eingebungen eines höheren Geistes zugeschrieben -hatte: -- - -wenn man ferner bedenkt, dass diese beiden Antriebe, -- der der -Eigenliebe und der des Gewissens -- sich oft geradezu widerstreiten, -indem der erstere den Menschen antreibt, etwas als angenehm und nützlich -zu begehren, was der zweite als schändlich und ungerecht ihn zu -verabscheuen nöthigt: - -wenn man dieses beides bedenkt, so lässt sich sehr leicht einsehen, wie -der Mensch, dem die Tugend nicht lieb genug ist, um alles für sie -aufzuopfern, in dem Gedränge, in welches er bei diesem Widerstreite -geräth, und in der Wahl, entweder die Befriedigung seiner liebsten -Neigungen aufzugeben, oder sich selbst für einen ungerechten und -schändlichen Menschen zu halten, einen Ausweg suchen und ihn darin -finden werde, dass er sich überrede, sein Vergehen sey so gross noch -nicht, und er könne demohngeachtet doch noch ein guter Mensch seyn. - -Solche Menschen sind nicht einmal stark genug, um ganz Bösewichter zu -seyn, und begierig, die Lust des Lasters und die Freuden des guten -Gewissens mit einander zu vereinigen, betrügen sie sich selbst, oder die -schlechtere Seele in ihnen verfälscht die Aussagen der besseren. Der -trüglichen Vorspiegelungen, deren sie sich dazu bedienen, sind -unzählige. - -Jetzt überreden sie sich, andere ^Bewegungsgründe^ bei ihren Handlungen -gehabt zu haben, als sie wirklich hatten, und glauben es sich z. B. im -Ernste, dass Gerechtigkeits- und Pflichtliebe, oder Wohlthätigkeit sie -da geleitet habe, wo sie doch ihrer angeborenen Härte oder ihrer -Eitelkeit fröhnten. -- So waren die, von denen Jesus in unserem -Evangelium sagt (Cap. 16, 2): sie werden, indem sie euch tödten, Gott -einen Dienst damit zu thun meinen. -- Eigentlich war wohl beleidigter -Stolz und Rechthaberei dasjenige, was die verfolgungssüchtigen Juden, so -wie die Verfolger aller Zeiten und Völker, trieb, nicht aber die -Begierde, Gott einen Dienst zu thun. Das letztere banden sie sich wohl -nur so auf; denn es ist sehr zweifelhaft, ob sie, wenn ^sie^ an ihrer -Seite die Gemarterten, und ^ihre Gegner^ die Marterer gewesen wären, -unter den Qualen des schmerzlichsten Todes gerufen haben würden: o, was -für liebe fromme Leute sind doch unsere Mörder! Es ist wahr, dass uns -der Tod schwer, und die Qualen desselben schmerzhaft ankommen; aber sie -meinen es dabei doch so herzlich gut, und martern uns aus brennender -Andacht und sehr thätiger Menschenliebe zu Tode. - -Jetzt rechnen sie sich gewisse gute Handlungen, die sie darum thaten, -weil sie ihnen die wenigste Aufopferung kosteten, so hoch als möglich -an, und meinen damit alle ihre übrigen Vergehungen zu vergütigen. So -soll etwa ein schweres Almosen, mit langsamer widerstrebender Hand -dargereicht, für alle Ausbrüche unreiner Lüste, oder für eine Menge -schreiender Ungerechtigkeiten genugthun. - -Das ist Selbstbetrug in der ^Anwendung^ der Aussprüche unseres Gewissens -auf ^unsere Handlungen^; ein Betrug, der sich Keinem, dem es ein Ernst -ist, sich selbst recht kennen zu lernen, lange verbergen kann; denn aus -ihm entstehen die schreiendsten Widersprüche in den Grundsätzen, wonach -wir ^uns^, und in denen, wonach wir ^andere^ beurtheilen. Wir wollen -dann immer die Ausnahme von allen übrigen Menschen seyn, und was für -alle andere ungerecht ist, soll für uns erlaubt, was bei allen anderen -höchst zweideutig ist, soll bei uns schön und edel seyn. - -Da nun bei einem so groben Selbstbetruge unser Herz immer in der Gefahr -ist, auf seiner Falschheit ergriffen zu werden; da ferner gewisse -Handlungen nach allen möglichen Milderungen und Beschönigungen doch noch -immer ein sehr hässliches Aussehen behalten, so fällt der Mensch aus -diesem gefährlichen Selbstbetruge leicht in einen noch gefährlicheren: -er sucht sich nemlich des einzigen höchsten Gesetzes für seine -Handlungen, seines Gewissens, das ihm so lästig geworden ist, ganz zu -entledigen, und beruft sich, -- ein Jeder nach Maassgabe seines -Scharfsinnes -- auf ein anderes: der Schwache auf das Beispiel der -grösseren, oder der vom Schicksale begünstigteren Menge; der -Scharfsinnigere geradezu auf seine Neigung, die er statt des zum -Vorurtheile herabgewürdigten inneren Gefühls durch tausend -Spitzfindigkeiten als höchstes Gesetz für die freien Handlungen -vernünftiger Wesen aufzustellen sucht; endlich ganze Zeitalter -- o -unseligste Ausgeburt des menschlichen Verderbens! -- auf erdichtete oder -verfälschte Offenbarungen der Gottheit, die, unter der Gewährleistung -eben des Gottes, der seinen Willen unauslöschlich in unser Herz schrieb, -diesem in unser Herz geschriebenen Willen geradezu widersprechen und in -seinem Namen das Laster in Tugend verwandeln. -- Sehet da, m. Br., in -dem Verderben der Menschen, und in ihrer Begierde, dieses Verderben vor -sich selbst zu verbergen, die wahre Urquelle Jenes: »andere, die es doch -besser verstehen sollten, machen es eben so« -- das man so oft hört; -jener Gebäude von Sittenvorschriften, die jetzt feiner, jetzt gröber -unsere Neigung als höchstes Sittengesetz aufstellen, und nach denen -nichts unerlaubt ist, als wozu es uns an Kraft fehlt; jener -Religionsgrundsätze, die uns dort durch Tausender, hier durch Eines -fremdes Verdienst -- nicht etwa ^das Fehlende^ eigener Verdienste bei -dem möglichst thätigen guten Willen -- eine solche Hoffnung bietet die -Religion, und verstattet die Vernunft Jedem, der ihrer bedarf -- sondern -den gänzlichen Mangel an eigenem guten Willen ersetzen lehren, und uns -am Ende eines gemisbrauchten Lebens dort in eine Mönchskutte, und hier -an ein kaltes: Herr, ich glaube, verweisen! - -Dies sind die Wege, die das menschliche Herz nimmt, um sich der -Erkenntniss der Wahrheit zu entziehen. Um allen diesen Fallstricken, die -der schlauste Verführer, unser eigenes Ich, uns legt, zu entgehen, -bedarf es der ^Wahrheitsliebe: -- der entschiedenen vorherrschenden -Neigung, die Wahrheit _bloss um ihrer selbst willen_ -- sie falle für -uns auch aus, wie sie wolle -- anzuerkennen^. -- Diese Wahrheitsliebe, -oder mit Jesu zu reden, dieser Geist der Wahrheit treibt uns fürs erste, -unser Gewissen als den einzigen Richter über das, was recht oder unrecht -ist, und als das höchste Gesetz anzuerkennen, dem wir immer und ohne -Ausnahme zu gehorchen, schlechterdings schuldig sind. -- Die schönste -Uebersetzung des allgemeinen Ausspruchs dieses Gesetzes ist die, welche -Jesus gegeben hat: ^Was ihr nicht wollt, dass es euch die Leute thun, -das thut auch ihr ihnen nicht^, oder allgemeiner: ^was euch an anderen -ungerecht und schändlich vorkommt, das ists gewiss auch an euch; denn -ebendieselbe Stimme in euch, die es an andern verdammt, verdammt es auch -an euch^. - -Es ist also der erste und der Hauptgrundsatz der Wahrheitsliebe: ^nichts -sich für erlaubt zu halten, was man nicht allen anderen stets und immer -erlauben möchte^. -- Die Vernunftmässigkeit dieses Grundsatzes ist ^so^ -einleuchtend, und es ist ^so^ unvernünftig, zu glauben, dass ein -Einziger eine Ausnahme vom ganzen Menschengeschlechte und allen -vernünftigen Wesen machen solle; dass Ihm allein erlaubt seyn solle, was -er allen anderen nicht erlaubt, und für ihn allein gerecht und edel seyn -solle, was er an allen anderen ungerecht und schändlich findet: dass es -schwer wird, es zu glauben, dass der grösste Haufen der Menschen sein -eigenes geliebtes Ich in diesen Rang setze, und diesem Gedanken gemäss -handele. - -Diese Wahrheitsliebe treibt fürs zweite den, in welchem sie herrschend -geworden ist, ^sich nach den Vorschriften seines Gewissens unparteiisch -zu prüfen^. -- Es ist ihm nur um die Wahrheit zu thun; nur sie ist ihm -werth und willkommen; sie ist ihm weit theurer als Er sich selbst; laute -sie, wie sie wolle, wenn es nur Wahrheit ist. Er wird also, weit -entfernt nach Entschuldigungen und Beschönigungen zu haschen, vielmehr -sehr sorgfältig über sein betrügerisches Herz wachen. Er wird seine -Fehler nicht geringer, seine Tugenden nicht grösser machen wollen, als -sie sind. Er wird sich, wenn die Stimme der Wahrheit, -- das heiligste, -was er kennt -- ihn verurtheilt, dem Schmerze der Reue und dem Gefühle -der Scham vor sich selbst edelmüthig unterwerfen. - -Diese Wahrheitsliebe nun treibt unwiderstehlich zur Tugend. Anerkennt -man das Gewissen für sein höchstes Gesetz; prüft man sich unparteiisch -nach demselben, so wird man die Pein, sich selbst verachten zu müssen, -nicht länger ertragen, sich nicht entschliessen können, sich selbst für -ungerecht und böse zu halten, und -- es bleiben zu wollen. So ein -Zustand ist wider die menschliche Natur. Sich für verdorben halten, und -sich entschliessen, es zu bleiben, ist widernatürlich. - -Dieser Wahrheitsgeist zeugt, laut unseres Textes, von Jesu. Er überzeugt -Jeden, in dem er herrschend geworden, durch eigene Erfahrung, dass die -Sittenlehre Jesu die reinste Darstellung der Aussprüche unseres -Gewissens sey. ^So jemand will den Willen thun des, der mich gesandt -hat, der wird inne werden, ob diese Lehre von Gott sey, oder ob ich von -mir selber rede^, konnte er mit seinem vollen Rechte sagen. - -Doch hört noch, a. Z., die eigenen Worte dieses Jesus über -Wahrheitsliebe, damit ihr euch noch mehr überzeugt, dass ich euch jetzt -nicht etwa philosophische Untersuchungen, sondern reine Bibellehre -vorgetragen habe, die jeden Christen angeht. So sagt Jesus Joh. 3, -19-21. - -^Das ist das Gericht^, d. h. das ist der wesentliche Unterschied, der -zwei sehr verschiedene Arten von Menschen ihrer Denkungsart, und ihren -damit genau verbundenen Schicksalen nach unterscheidet, dass einige, -^obgleich das Licht in die Welt gekommen ist, die Finsterniss mehr -lieben, als das Licht^, d. h. dass sie, obgleich die Stimme der Wahrheit -laut genug in ihrem Gewissen redet, und sie auch von aussen aufmerksam -auf dieselbe gemacht werden, dennoch die Wahrheit nicht anerkennen -^wollen^, sie hassen und meiden, und nur den Betrug lieben, der ihnen -schmeichelt, ^da ihre Werke böse sind^. -- ^Wer Arges thut, hasset das -Licht^, oder die Wahrheit, ^und er kömmt nicht an das Licht^, er weicht -der Erkenntniss der Wahrheit sorgfältig aus, ^damit seine Werke nicht -gestraft werden^, damit er nicht von seiner Verdorbenheit überführt, und -vor sich selbst beschämt werde. -- -- Die von dieser Menschenklasse sehr -Verschiedenen sind diejenigen, ^welche die Wahrheit thun^, welche ihr -Gewissen für das höchste Gesetz ihres Verhaltens anerkennen, und fest -entschlossen sind, der Stimme desselben in allem zu gehorchen: -- ^diese -kommen an das Licht^, sie mögen sich gern in ihrer wahren Gestalt -erblicken, ^damit ihre Werke offenbar werden^, und sie dadurch sich -selbst kennen lernen, wie weit sie in der Tugend gekommen sind, und was -ihnen zu thun noch übrig ist. - -Dieser Geist der Wahrheit ^geht^, nach den Worten Jesu in unserem Texte, -^vom Vater aus^; er ist ein Geschenk der Gottheit, von welcher alle gute -Gaben kommen, und das Edelste, was sie der Menschheit gab. Aber Gott gab -dieses Geschenk nicht etwa nur einigen, und versagte es anderen, er gab -die Anlage dazu allen; gab sie gewiss auch Jedem, der hier gegenwärtig -ist. -- -- O, m. Br., warum kann ich nicht mit Jedem unter euch in die -geheime Geschichte seines Herzens zurückgehen; warum kann ich nicht -Jedem, Schritt vor Schritt, die Vorfälle aufzählen, bei denen die -bessere Seele in ihm lauter wurde? -- - -Denkt zurück an die innige Bewegung, mit der die meisten unter euch das -erste Mal beim Nachtmahle erschienen; an die Thränen der Rührung, mit -denen ihr damals vor den Augen Gottes und den Augen der Gemeine -angelobtet, der Stimme eures Gewissens stets zu gehorchen; an die -ernsthaften Vorsätze der Besserung, mit denen ihr diese Handlung oft -wiederholt habt; an die noch ernsthafteren Vorsätze, die ihr fasstet, -wenn Krankheit oder eine andere Noth euch veranlasste, einen Blick in -euer Innerstes zu thun; an den Schauder und das Herzklopfen, das auch -den Verdorbensten unter uns übermannte, wenn er eine Sünde thun wollte, -die ihm neu und grösser war, als seine vorhergehenden; an das Entsetzen, -das uns alle befällt, wenn wir von einer harten Ungerechtigkeit, von -einer grossen Schandthat hören -- alles das waren und sind Spuren dieser -besseren Seele in uns. - -Und nun ist es unsere Sache, uns zu prüfen, wie viel von dieser -ursprünglichen Wahrheitsliebe wir in uns übriggelassen haben. Und diese -Prüfung, m. Br., ist nicht schwer; auf der Stelle können wir unser Herz -auf dem Betruge ergreifen, wenn es uns betrügt. - -Der gemeinste Begriff, den selbst der unausgebildetste von seiner -Bestimmung hat, ist der, ^Gott zu gefallen und in den Himmel zu kommen^. -Wer ist unter uns, der das nicht hoffe? Worauf gründen wir nun diese -Hoffnung, -- nicht von ^Gottes^ Seite, davon ist hier nicht die Rede, -- -sondern von ^der unsrigen^, oder, was denken ^wir^ zu thun, um in den -Himmel zu kommen? Tröstet ihr euch etwa eures Kirchen- und eures -Nachtmahlsgehens -- oder wohl gar einer kalten Reue, die ihr einst auf -eurem Sterbebette empfinden wollt -- tröstet ihr euch irgend eines -Dinges, ausser der gewissenhaften Erfüllung aller eurer Pflichten, und -des ernstesten Entschlusses nichts zu thun, was ihr für unrecht haltet: -so hat euch bisher euer Herz betrogen, denn es hat euch an ein ander -Gesetz angewiesen, als an euer Gewissen. - -Ihr habt alle irgend ein Vorhaben; ihr habt vielleicht ohnlängst irgend -ein anderes ausgeführt. -- Könnt ihr im Ernste wünschen, dass jeder -eurer Nebenmenschen stets und immer so handle, dass er auch gegen euch -so handle, wie ihr gehandelt habt, oder zu handeln im Begriffe steht; -könnt ihr wünschen, in einer Welt zu leben, wo jeder so handelt? Solltet -ihr dieses nicht wünschen können, -- haltet ihr demohngeachtet eure -Handlung noch für gerecht und billig? Haltet ihr sie dafür, so seyd -versichert, dass euer Herz euch betrügt, und dass die Entschuldigungen, -die es euch darbietet, eitel Täuschungen sind. - -Es ist, wenn wir in dieser Prüfung unser Herz nicht ganz lauter befunden -haben sollten, nun unsere Sache, zu sehen, wie wir diese Wahrheitsliebe -in uns wieder herstellen wollen, -- wenn wir anders nicht länger jeden -Blick, den wir in unseren Busen werfen, mit Erröthen wieder -zurückreissen wollen; nicht länger von dem Auge des ehrlichen Mannes uns -gedrückt fühlen, und schüchtern suchen wollen, unser Herz vor ihm zu -verbergen, dass er nicht durch irgend eine Spalte desselben unsere -Schande entdecke; nicht länger dem Gedanken an Gott, den -Herzenskündiger, und an die Zukunft, mit Angst ausweichen wollen. - -Dazu giebt es nun leider kein Mittel, was nicht wenigstens einen Theil -dieser Wahrheitsliebe voraussetzte, die dadurch erst hervorgebracht -werden soll. Wer gar keine mehr hat, der ist ohne Rettung verloren; -treibt ihn in die Enge, soviel ihr wollt, -- er wird stets recht haben, -und nie wird es ihm an Entschuldigungen und Ausflüchten fehlen; er wird, -wie Jesus sagt, nicht glauben, und wenn die Todten auferständen, und ihm -die Wahrheit predigten; daher denn auch die Gottesgelehrten diesen -Zustand sehr passend das ^Gericht der Verstockung^ genannt haben. -- -Aber sollte es viele, sollte es überhaupt Menschen geben, die ^so^ tief -verfallen seyen? Auf das verdorbenste Herz geschehen zuweilen noch gute -Eindrücke; wenn ihnen ihr ganzer trauriger Zustand recht nach dem Leben -vor Augen gemalt wird; oder, wenn sie in ein grosses Unglück verfallen, -aus dem sie mit ihrer ganzen Kraft sich nicht retten können; oder wenn -sie das Schauspiel einer grossen Unthat erblicken, und sich gestehen -müssen, dass sie auf dem geraden Wege zu dem gleichen Verbrechen sind; -oder, welches das letzte und härteste Rettungsmittel in der Hand der -Vorsehung ist, -- wenn sie selbst in eine grosse Missethat fallen, über -die sie hinterher sich selbst entsetzen. - -Gott gebe, dass keiner in unserer Mitte sey, der solcher Mittel bedürfe; -er gebe, dass keiner, der ihrer bedarf, auch diese ungenützt lasse. -Amen. - - - - - C. - Ueber Geist und Buchstab in der Philosophie. In einer Reihe - von Briefen. 1794.[32] - - - (Phil. Journal 1798. Bd. IX. S. 199-232. S. 292-305.) - - - Erster Brief. - -Sie haben Ihre Erwartungen von der Philosophie noch nicht aufgegeben, -mein theurer Freund; Sie fahren fort, an unseren Bemühungen um dieselbe -Antheil zu nehmen, und füllen noch immer einen Theil Ihrer -Erholungsstunden mit philosophischer Lectüre. Aber, so schreiben Sie -mir, der Nachbar dürfte fast durch die Vorstellung einer neuen Gefahr -Sie beunruhigen. Ihn macht der Unterschied bedenklich, den ein oder zwei -neuere Schriftsteller zwischen Geist und Buchstaben in der Philosophie -überhaupt, und insbesondere einer gewissen Philosophie und gewisser -philosophischer Werke gemacht haben. Wo es hinauswolle, und was aus dem -unermüdetsten Studiren werden könne, wenn es dem ersten dem besten -erlaubt seyn solle, die mit saurer Mühe zusammengebrachten Kenntnisse im -ersten Andrange des Kraftgenies zu streichen: unter dem Vorwande, dass -dies doch nur der Buchstabe sey, und nicht der Geist? -- Der Nachbar -denkt auf Sicherheit, und Sie wünschen eine klare Einsicht in die -Beruhigungsgründe, die Sie schon jetzt dunkel fühlen. Sie haben bemerkt, -dass ich auch mit für diese Unterscheidung stimme, und verlangen von mir -eine gründliche und gemeinfassliche Auseinandersetzung: was Geist ^der^ -Philosophie, und Geist ^in^ der Philosophie heisse, und wie sich -derselbe vom Buchstaben, und vom blossen Buchstaben unterscheide. - -[Fußnote 32: Die folgenden drei Briefe, deren Fortsetzung in einem der -künftigen Hefte erscheinen wird, sind schon vor vier Jahren abgefasst -worden. -- Ich erinnere dies, um das Stillschweigen über neuere Vorfälle -und Aeusserungen, an die man durch diese Ueberschrift erinnert wird, zu -erklären. - - (Anm. des Verfassers.)] - -Ich hoffe, dass Sie durch die Forderung der Gründlichkeit mich nicht -über Vermögen verpflichten wollen: dass Sie durch dieselbe nicht mehr -andeuten, als dass ich nach bestem Wissen und Gewissen, soweit ich -selbst auf den Grund sehe, jenen Unterschied aus ihm ableite. Das würde -denn auch in der Kürze geschehen können, wenn ich alles, was die -unmittelbare Beantwortung Ihrer Frage voraussetzt, voraussetzen dürfte. -Da dies aber Ihre Rechnung nicht zu seyn scheint, indem Sie zugleich -Gemeinfasslichkeit fordern, so muss ich Sie einen längeren Weg führen, -von welchem ich wünsche, dass er Ihnen nie als ein Umweg erscheinen -möge. Sie sollen auf demselben langsam gehen, und zuweilen ruhen und -Aussicht nehmen; aber mit ein wenig Geduld hoffe ich Sie an das Ziel zu -bringen und ihre Besorgnisse zu heben. -- Was die Belehrung des Nachbars -anbelangt -- doch, die Erfahrung, die Sie dabei zu machen haben, kann -wenigstens für Sie selbst belehrend seyn. - -Ehe ich Ihnen deutlich machen kann, was ich unter Geist in der -Philosophie verstehe, müssen wir uns darüber vereinigen, was wir -überhaupt Geist nennen. - -Sie erinnern sich der Klagen, die Sie führten, als Sie ein gewisses, von -einigen hochgepriesenes Buch lasen. Sie konnten sich in dasselbe nicht -hineinlesen. Sie hatten es vor sich und Ihre Augen fest darauf geheftet; -aber Sie fanden, so oft Sie auf sich selbst reflectirten, sich weit von -dem Buche; jeder Ihrer Angriffe auf den Inhalt und den Gang desselben -gleitete ab, und so oft auch Sie den spröden Geist desselben ergriffen -zu haben glaubten, entschlüpfte er Ihnen unter den Händen. Sie hatten -nöthig, immer und immer wieder sich selbst zu erinnern, dass Sie dieses -Buch studiren wollten, es studiren müssten; und es bedurfte der oft -wiederholten Vorstellung des Nutzens und der Belehrung, die Sie daraus -erwarteten, um den fortdauernden Widerstand auszuhalten; bis Sie endlich -aus anderen Gründen überzeugt wurden, dass Sie es ebensowohl ungelesen -lassen könnten, und dass selbst die Ausbeute nur geringe und der -aufgewandten Mühe nicht werth seyn werde. -- Lag dabei die Schuld -lediglich an Ihnen, an Ihrem Mangel an Aufmerksamkeit, an dem -Nichtverhältnisse Ihres Talents gegen die Tiefe und Gründlichkeit jenes -Buches? Sie schienen das nicht zu glauben; die Stimmung, in der Sie sich -bei der Lectüre anderer, nicht minder gründlicher Schriften fanden, -erlaubte Ihnen, eine günstigere Meinung von sich zu fassen. Sie fühlten -von diesen sich angezogen und gefesselt; es bedurfte keiner Erinnerung -an Ihren Vorsatz, das Buch zu studiren, und an den Vortheil, den Sie -sich aus dem Studium desselben versprachen. Sie brauchten bei einer -Lectüre, die allein Ihren ganzen Geist ausfüllte, keinen Zweck -ausserhalb derselben aufzusuchen, und nur das kostete Ihnen Mühe, sich -davon loszureissen, wenn andere Geschäfte Sie abriefen. Sie waren -vielleicht mehrmals in einem ähnlichen Falle, wie eine gewisse -französische Frau. Die Stunde, da der Hofball eröffnet wurde, traf -dieselbe bei der Lectüre der neuen Heloise. Man meldete ihr, dass -angespannt sey; aber es war noch zu früh, nach Hofe zu fahren. Nach zwei -Stunden, da man sie wieder erinnerte, war es noch immer Zeit genug; und -zwei Stunden darauf fand sie es zu spät. Sie las die ganze Nacht durch, -und opferte für dieses Mal den Ball auf. - -So gehts mit Büchern, so geht es mit anderen Producten der Kunst sowohl, -als der Natur. Das eine lässt uns kalt und ohne Interesse, oder stösst -uns wohl gar zurück; ein anderes zieht uns an, ladet uns ein, bei seiner -Betrachtung zu verweilen und uns selbst in ihm zu vergessen. - -Diese Erfahrung ist um so merkwürdiger, da die Gründe, aus denen man sie -etwa auf den ersten Anblick dürfte erklären wollen, nicht auslangen. Der -weniger ernsthafte und oberflächliche Leser, der nur Vergnügen sucht, -und an den die Belehrung fast nur durch einen feinen Betrug unter der -Gestalt des ersten gelangen kann, mag im ganzen freilich lieber durch -Erzählungen unterhalten seyn, als mit dem Schriftsteller nachdenken und -forschen. Aber oft gelingt es der reichsten Erzählung, wo Begebenheiten -auf Begebenheiten folgen, die eine immer abenteuerlicher als die andere, -nicht, die Aufmerksamkeit des Lesers anzuziehen; und es giebt ihrer in -Menge, die, ohne alle Rücksicht auf Belehrung, lieber mit Voltaire -räsonniren, oder mit Lessing polemisiren, als die Begebenheiten der -schwedischen Gräfin sich erzählen lassen. Es scheint daher allerdings -der Mühe werth, und liegt vielleicht auf unserem Wege, zu untersuchen: -was es doch eigentlich seyn möge, das uns hier, es sey zu Frivolitäten -oder zu ernsthaften und wichtigen Untersuchungen, so mächtig hinzieht; -dort, so wichtig und nützlich auch der abgehandelte Gegenstand sey, so -unwiderstehlich zurückstösst? - -So viel ist klar, dass ein Werk der erstern Art unsern Sinn selbst für -seinen Gegenstand anregen, beleben, stärken möge; dass ein solches Werk -uns nicht bloss das Object unserer geistigen Beschäftigung, sondern -zugleich das Talent gebe, uns mit demselben zu beschäftigen, uns nicht -das Geschenk allein, sondern sogar die Hand darreiche, mit der wir es -ergreifen sollen; dass es das Schauspiel und die Zuschauer zugleich -erschaffe, und, wie die Lebenskraft im Weltall, mit demselben Hauche der -todten Materie Bewegung und Organisation, und der organisirten geistiges -Leben mittheile: da hingegen ein Product von der letztern Klasse gerade -denjenigen Sinn, dessen man zu seinem Genusse bedürfte, aufhält und -hemmt, und durch den fortdauernden Widerstand ermüdet und tödtet; so -dass der in jedem Augenblicke abgelaufene Mechanismus des Geistes durch -einen neuen Druck der Haupttriebfeder in ihm, der absoluten -Selbstthätigkeit, wieder hergestellt werden muss, um im nächsten -Augenblicke wieder unterbrochen zu werden. Im ersten Falle denkt unser -Verstand, oder dichtet unsere Einbildungskraft von selbst mit dem -Künstler zugleich, und sowie er es will, ohne dass wir ihr gebieten; die -gehörigen Begriffe, oder die beabsichtigten Gestalten bilden und ordnen -sich vor unserem geistigen Auge, ohne dass wir die Hand daran gelegt zu -haben glauben. Im zweiten Falle müssen wir immer über uns selbst wachen -und uns in strenger Aufsicht haben, stets das Gebot der Aufmerksamkeit -wiederholen und über seine Beobachtung halten. Wie wir unser geistiges -Auge wegwenden, entfleucht unsere Aufmerksamkeit vom Ziele, die -unbewachte Phantasie sucht wieder ihre gewohnte Bahn, oder auch der -Geist fällt in sein dumpfes Hinbrüten zurück. Mit einem Worte: Producte -der erstern Art scheinen eine belebende Kraft zu haben für den innern -Sinn, und insbesondere jedesmal für denjenigen besonderen Sinn, für den -ihre Auffassung gehört; Producte der letztern Art mögen Ordnung und -Gründlichkeit und Nutzbarkeit, sie mögen alles haben, was man will, jene -Kraft haben sie nicht. - -Wir nennen diese belebende Kraft an einem Kunstproducte Geist, den -Mangel derselben Geistlosigkeit, und stehen sonach gerade vor dem -Gegenstande, welchen wir zu untersuchen haben. - -Wie erhält ein menschliches Product jene belebende Kraft, und woher hat -der geistvolle Künstler das Geheimniss, sie ihm einzuhauchen? Mit -angenehmem Befremden entdecke ich bei Betrachtung seines Werkes Anlagen -und Talente in mir, die ich selbst nicht kannte. Hat er auf diese -Anlagen in mir die Wirkung seiner Kunst berechnet? Ohne Zweifel; denn -woher sonst dieser Erfolg? Aber wer hat ihm mein Inneres aufgedeckt, in -welchem ich selbst ein Fremdling war? Wenn er noch allenfalls durch hohe -Vorstellungen aus der Religion mich in überirdische Welten erhöbe, oder -durch die Schrecken des Weltgerichts erschütterte, oder durch die Leiden -der sanftduldenden Unschuld mir Thränen entlockte, möchte es seyn; -unerachtet es noch immer wunderbar bliebe, wie er es dahin bringt, dass -ich auf seine Dichtungen, die ich für nichts als Dichtungen halte, mich -nur einlasse und ihnen Empfindungen widme, die nur zu wahr sind. Aber -mit der gleichen Zuversicht schildert sein Griffel einen ländlichen -Tanz, wirft sein Pinsel eine Feldblume auf die Leinwand, und mein Herz -ist immer seine gewisse Beute. Wo liegt der unbegreifliche Zusammenhang -dieser Mittel mit jenem Zwecke, und durch welche Kunst hat er errathen, -was durch kein Nachdenken sich dürfte finden lassen? - - - Zweiter Brief. - -Sie nehmen die am Ende meines vorigen Briefes hingeworfene Frage auf, -und beantworten sie folgendermaassen: - -»Nirgends als in der Tiefe seiner eigenen Brust kann der geistvolle -Künstler aufgefunden haben, was meinen und Aller Augen verborgen in der -meinigen liegt. Er rechnet auf die Uebereinstimmung anderer mit ihm; und -rechnet richtig. Wir sehen, dass unter seinem Einflusse die Menge, wenn -sie nur ein wenig gebildet ist, wirklich in Eine Seele zusammenfliesst, -dass alle individuelle Unterschiede der Sinnesart verschwinden, dass die -gleiche Furcht, oder das gleiche Mitleid, oder das gleiche geistige -Vergnügen Aller Herzen hebt und bewegt. Er muss demnach, inwiefern er -Künstler ist, dasjenige, was allen gebildeten Seelen gemein ist, in sich -haben, und anstatt des individuellen Sinnes, der uns andere trennt und -unterscheidet, muss in der Stunde der Begeisterung gleichsam der -Universalsinn der gesammten Menschheit, und nur dieser, in ihm wohnen. --- Wir alle sind auf mannigfaltige Weise von einander verschieden; kein -Einzelner ist irgend einem andern Einzelnen, dem Geistescharakter so -wenig, als dem körperlichen nach, vollkommen gleich.« - -»Dennoch müssen wir alle, näher oder entfernter, nach Maassgabe der -Gleichförmigkeit oder der Verschiedenheit unserer Ausbildung, schon auf -der Oberfläche unseres Geistes, oder in seinen geheimeren Tiefen gewisse -Vereinigungspuncte haben; denn wir verstehen uns, wir können uns -einander mittheilen, und aller menschliche Umgang ist von Anbeginn an -nichts anderes gewesen, als ein ununterbrochener Wechselkampf aller -Einzelnen, jeden Einzelnen, mit dem sie im Gange des Lebens -Berührungspuncte bekamen, mit sich selbst übereinstimmig zu machen. Was -keinem so leicht, und keinem ganz gelingt, gelingt dem Künstler, indem -er das Ziel verändert, und es aufgiebt, seine Individualität in andern -darzustellen; vielmehr diese selbst aufopfert, und statt ihrer jene -Vereinigungspuncte, die in allen Einzelnen sich wiederfinden, zum -individuellen Charakter seines Geistes und seines Werkes macht. Daher -heisst das, was ihn begeistert, Genius, und hoher Genius: ein Wesen aus -einer höheren Sphäre, in welcher alle niedere und irdische Grenzlinien, -die den individuellen Charakter der Erdenmenschen bestimmen, nicht mehr -unterschieden werden und in einen leichten Nebel zusammenfliessen.« - -»Da die Mittel, deren er sich bedient, um jenen Gemeinsinn in uns -anzuregen und zu beschäftigen, und die Individualität, so lange er uns -unter seinem Einflusse hält, verstummen zu machen, -- da diese Mittel -und ihr nothwendiger Zusammenhang mit der Wirkung durch kein Nachdenken, -durch keine Beziehung auf ihren Zweck durch Begriffe, so leicht dürften -aufgefunden werden, wenigstens alle bisherigen Bemühungen, sie auf diese -Art aufzufinden, gescheitert sind: so kann er nur durch Erfahrung, durch -eigene innere Erfahrung an sich selbst, zur Kenntniss derselben gelangt -seyn. Er hat einst selbst empfunden, was er uns nachempfinden lässt, und -dieselben Gestalten, die er jetzt vor unser Auge hinzaubert, -- -ununtersucht, auf welchem Wege sie vor das seinige kamen, -- haben ihn -einst selbst in jene süsse Trunkenheit, in jenen holden Wahnsinn -eingewiegt, der uns alle bei seinem Gesange, oder vor seiner belebten -Leinwand, oder bei dem Tone seiner Flöte ergreift. Er ist wieder zur -kalten Besonnenheit gekommen, und stellt mit nüchterner Kunst dar, was -er in der Entzückung erblickte, um in seine Verirrung, deren geliebtes -Andenken ihn noch mit sanfter Rührung erfüllt, das ganze Geschlecht -hineinzuziehen, und die Schuld, welche die Einrichtung seiner Gattung -auf ihn lud, unter die ganze Gattung zu vertheilen. Wo gebildete -Menschen wohnen, wird bis an das Ende der Tage das Andenken seiner -längst erloschenen Begeisterung durch ihre Wiederholung gefeiert -werden.« - -So lösen Sie die vorgelegte Aufgabe; und ich glaube, Sie haben recht. -Aber erlauben Sie, dass wir gemeinschaftlich uns Ihre Meinung weiter -aufklären, sie in ihre feineren Bestandtheile zerlegen, sie aus ihren -Gründen entwickeln, um uns etwas Bestimmtes zu denken unter jenem -Universalsinne, den Sie Ihrer Erklärung zum Grunde legen; um klar -einzusehen, wie jener Eindruck entstehe, den sie auf diesen Sinn in der -Seele des Künstlers geschehen lassen; um zu begreifen, so gut es sich -begreifen lässt, warum sich derselbe so leicht und so allgemein -mittheile. - -Vollkommen unabhängig von aller äusseren Erfahrung, und ohne alles -fremde Hinzuthun soll der Künstler aus der Tiefe seines eigenen Gemüthes -entwickeln, was, Aller Augen verborgen, in der menschlichen Seele liegt; -er soll nur unter Anleitung seines Divinationsvermögens -Vereinigungspuncte für die gesammte Menschheit aufstellen, die sich in -keiner bisherigen Erfahrung als solche bewährt haben. Aber das einzige -Unabhängige und aller Bestimmung von aussen völlig Unfähige im Menschen -nennen wir den Trieb. Dieser, und dieser allein ist das höchste und -einzige Princip der Selbstthätigkeit in uns; er allein ist es, der uns -zu selbstständigen, beobachtenden und handelnden Wesen macht. -- So weit -der Einfluss der äusseren Dinge auf uns sich auch immer erstrecken möge, -so erstreckt er sicher sich doch nicht so weit, dass er dasjenige in uns -hervorbringe, was jene selbst nicht haben, und dass in ihrer Einwirkung -gerade das Gegentheil von demjenigen liege, was in ihnen selbst, als in -der Ursache, enthalten ist. Die Selbstthätigkeit im Menschen, die seinen -Charakter ausmacht, ihn von der gesammten Natur unterscheidet und -ausserhalb ihrer Grenzen setzt, muss sich auf etwas ihm Eigenthümliches -gründen; und dieses Eigenthümliche eben ist der Trieb. Durch seinen -Trieb ist der Mensch überhaupt Mensch, und von der grössern oder -geringern Kraft und Wirksamkeit des Triebes, des innern Lebens und -Strebens, hängt es ab, was für ein Mensch jeder ist. - -Lediglich durch den Trieb ist der Mensch vorstellendes Wesen. Könnten -wir ihm auch, wie einige Philosophen wollen, den Stoff seiner -Vorstellung durch die Objecte geben, die Bilder durch die Dinge von -allen Seiten her ihm zuströmen lassen: so bedürfte es doch immer der -Selbstthätigkeit, um dieselben aufzufassen und sie auszubilden zu einer -Vorstellung, dergleichen die leblosen Geschöpfe im Raume um uns herum, -denen die durch das ganze Weltall herumschweifenden Bilder so wohl als -uns zuströmen müssen, nicht besitzen. Es bedarf dieser Selbstthätigkeit, -um diese Vorstellungen nach willkürlichen Gesichtspuncten zu ordnen: -jetzt die äussere Gestalt einer Pflanze zu betrachten, um sie -wiederzuerkennen und von allen ähnlichen zu unterscheiden; jetzt den -Gesetzen nachzuspüren, nach denen die Natur diese Bildung bewirkt haben -mag; jetzt zu untersuchen, wie man jene Pflanze etwa zur Speise, oder -zur Kleidung, oder zur Arznei gebrauchen könne. Es bedarf der -Selbstthätigkeit, um unsere Erkenntniss von den Gegenständen -unaufhörlich zu steigern und zu erweitern; und lediglich durch sie wird -derselbe Stern für den Astronomen ein grosser, fester, in unermesslicher -Entfernung nach unverbrüchlichen Gesetzen sich bewegender Weltkörper, -der für den unbelehrten Naturmenschen immerfort ein Lämpchen bleibt, bei -dessen Scheine er sein Ackergeräth zusammensuche. - -Inwiefern der Trieb solchergestalt auf Erzeugung einer Erkenntniss -ausgeht, in welcher Rücksicht wir ihn auch um der Deutlichkeit und der -Kürze willen den Erkenntnisstrieb nennen können, gleichsam, als ob er -ein besonderer ^Grundtrieb^ wäre -- welches er doch nicht ist; sondern -er und alle besonderen Triebe und Kräfte, die wir noch so nennen -dürften, sind lediglich besondere Anwendungen der einzigen untheilbaren -Grundkraft im Menschen, und man hat sich sorgfältig zu hüten, -dergleichen Ausdrücke in dieser oder in irgend einer philosophischen -Schrift anders, als so zu deuten; -- der Erkenntnisstrieb demnach wird -in gewissem Maasse immer befriedigt; in jedem Menschen sind -Erkenntnisse, und ohne sie wäre er kein Mensch, sondern etwas anderes. -Dieser Trieb äussert also im allgemeinen sich durch seine Wirkung; von -dieser schliessen wir auf die Ursache im selbstthätigen Subject zurück, -und lediglich auf diese Weise gelangen wir sowohl zur Idee vom Daseyn -jenes Triebes, als zur Erkenntniss seiner Gesetze. - -Nicht immer befriedigt wird der Trieb, inwiefern er nicht auf blosse -Erkenntniss des Dinges, wie es ist, sondern auf Bestimmung, Veränderung -und Ausbildung desselben, wie es seyn sollte, ausgeht, und praktisch -heisst; dieses in engster Bedeutung, denn der Strenge nach ist aller -Trieb praktisch, da er zur Selbstthätigkeit treibt, und in diesem Sinne -gründet alles im Menschen sich auf den praktischen Trieb, da nichts in -ihm ist, ausser durch Selbstthätigkeit: -- oder, inwiefern er ausgeht -auf eine gewisse bestimmte Vorstellung, bloss um der Vorstellung willen, -keinesweges aber um eines Dinges willen, das ihr entspreche, oder auch -nur um der Erkenntniss dieses Dinges willen; welchen letzteren Trieb, da -er in seiner Allgemeinheit noch keinen Namen hat, wir vorläufig so -bezeichnen wollen, wie man bisher einen Zweig desselben bezeichnet hat, -und ihn den ästhetischen nennen. Es ist klar, dass man zur Kenntniss -dieser Triebe nicht auf dem gleichen Wege, wie zu der des -Erkenntnisstriebes, durch eine Folgerung von der Wirkung auf die -Ursache, gelangen könne; und es fragt sich demnach, wie man zu derselben -gelangt sey. Aber ehe wir diese Frage beantworten, lassen Sie uns die -soeben aufgestellten Triebe noch ein wenig schärfer unterscheiden. - -Der Erkenntnisstrieb zielt ab auf Erkenntniss, als solche, um der -Erkenntniss willen. Ueber das Wesen, die äusseren oder inneren -Beschaffenheiten des Dinges lässt er uns völlig uninteressirt; unter -seiner Leitung wollen wir nichts, als wissen, welches diese -Beschaffenheiten sind: wir wissen es und sind befriedigt. Auf seinem -Gebiete hat die Vorstellung keinen andern Werth und kein anderes -Verdienst, als das, dass sie der Sache vollkommen angemessen sey. Der -praktische Trieb geht auf die Beschaffenheit des Dinges selbst, um -seiner Beschaffenheit willen. Wir kennen dieselbe, wenn eine Anregung -jenes Triebes eintritt, nur zu wohl; aber wir sind mit ihr nicht -zufrieden: sie sollte anders und auf eine gewisse bestimmte Art anders -seyn. Im erstern Falle wird ein durch sich selbst und ohne alles unser -Zuthun vollständig bestimmtes Ding vorausgesetzt, und der Trieb geht -darauf, es mit diesen Bestimmungen, und schlechterdings mit keinen -andern, in unserem Geiste durch freie Selbstthätigkeit nachzubilden. Im -zweiten Falle liegt eine, nicht nur ihrem Daseyn, sondern auch ihrem -Inhalte nach durch freie Selbstthätigkeit erschaffene Vorstellung in der -Seele zum Grunde, und der Trieb geht darauf aus, ein ihr entsprechendes -Product in der Sinnenwelt hervorzubringen. In beiden Fällen geht der -Trieb weder auf die Vorstellung allein, noch auf das Ding allein, -sondern auf eine Harmonie zwischen beiden; nur dass im ersten Falle die -Vorstellung sich nach dem Dinge, und im zweiten das Ding sich nach der -Vorstellung richten soll. Ganz anders verhält es sich mit dem Triebe, -den wir soeben den ästhetischen nannten. Er zielt auf eine Vorstellung, -und auf eine bestimmte Vorstellung, lediglich um ihrer Bestimmung und um -ihrer Bestimmung als blosser Vorstellung willen. Auf dem Gebiete dieses -Triebes ist die Vorstellung ihr eigner Zweck: sie entlehnt ihren Werth -nicht von ihrer Uebereinstimmung mit dem Gegenstande, auf welchen -hierbei nicht gesehen wird, sondern sie hat ihn in sich selbst; es wird -nicht nach dem Abgebildeten, sondern nach der freien unabhängigen Form -des Bildes selbst gefragt. Ohne alle Wechselbestimmung mit einem Objecte -steht eine solche Vorstellung isolirt, als letztes Ziel des Triebes, da, -und wird auf kein Ding bezogen, nach welchem sie, oder welches nach ihr -sich richte. Wie der praktischen Bestimmung eine Vorstellung zum Grunde -liegt, die selbst ihrem Gehalte nach durch absolute Selbstthätigkeit -entworfen ist, so liegt der ästhetischen Bestimmung eine auf die gleiche -Weise entworfene Vorstellung zum Grunde; nur mit dem Unterschiede, dass -der letztern, nicht so wie der erstern, etwas Entsprechendes in der -Sinnenwelt gegeben werden soll. Wie der Erkenntnisstrieb eine -Vorstellung zu seinem letzten Ziele hat, und befriedigt ist, nachdem -diese gebildet worden, so der ästhetische; nur mit dem Unterschiede, -dass die Vorstellung der ersteren Art mit dem Dinge übereinkommen, die -der letztern Art mit gar nichts übereinkommen soll. -- Es ist möglich, -dass eine Darstellung des ästhetischen Bildes in der Sinnenwelt -gefordert werde; aber das geschieht nicht durch den ästhetischen Trieb, -dessen Geschäft mit der blossen Entwerfung des Bildes in der Seele -vollkommen geschlossen ist, sondern durch den praktischen, der dann aus -irgend einem Grunde in die Reihenfolge der Vorstellungen eingreift, und -einen möglichen äusserlichen und fremden Zweck jener Nachbildung in der -Wirklichkeit aufstellt. So kann es gleichfalls geschehen, dass die -Vorstellung eines wirklich vorhandenen Gegenstandes dem ästhetischen -Triebe vollkommen angemessen sey; nur bezieht sich die dann eintretende -Befriedigung dieses Triebes schlechterdings nicht auf die äussere -Wahrheit der Vorstellung; das entworfene Bild würde nicht minder -gefallen, wenn es leer wäre, und es gefällt nicht mehr, weil es -zufälligerweise zugleich Erkenntniss enthält. -- So musste es denn auch -seyn -- woran ich Sie hier nur im Vorbeigehen erinnere, und um mich noch -deutlicher zu machen, nicht aber um daraus vorläufig weiter zu folgern --- so musste es denn auch seyn, wenn beide unverträgliche Triebe, der, -die Dinge zu lassen, wie sie sind, und der, sie überall und ins -Unendliche hinaus umzuschaffen, sich vereinigen und einen einzigen -untheilbaren Menschen darstellen sollten, nach unserer gegenwärtigen -Ansicht der Sache; oder auch nach unserer obigen Weise sie anzusehen, -welche der Strenge nach die einzig richtige ist, -- wenn beide Triebe -Ein und ebenderselbe Trieb seyn, und nur die Bedingungen seiner -Aeusserung verschieden seyn sollten. Der Trieb konnte nicht auf die -Vorstellung des Dinges gehen, ohne überhaupt auf die Vorstellung um -ihrer selbst willen zu gehen, und ebenso unmöglich war ein Trieb, auf -das Ding selbst einzuwirken und es umzuarbeiten, nach einer Vorstellung, -die ausser aller Erfahrung, und über alle mögliche Erfahrung -hinausliegen sollte, wenn es nicht überhaupt Trieb und Vermögen gab, -unabhängig von der wirklichen Beschaffenheit der Dinge Vorstellungen zu -entwerfen. - -Wie mögen nun diese beiden zuletzt genannten Triebe sich äussern, wenn -der ästhetische Trieb gar nicht, der praktische wenigstens nicht immer -Handlungen hervorbringt, in denen sie der Beobachtung dargestellt -würden? Auch dann noch bleibt folgendes Mittel übrig, um ihnen auf die -Spur zu kommen. Da der Trieb, so wie sein Wirken im Menschen eintritt -und überwiegend wird, die gesammte Selbstthätigkeit desselben anregen -und aufreizen, und dieselbe auf etwas Bestimmtes, es sey nun ein Ding -ausser ihm, oder eine Vorstellung in ihm, gänzlich hinrichten soll: so -muss nothwendig die zufällige Harmonie des Gegebenen mit jener Richtung -des Selbstthätigen, in einem fühlenden Wesen, wie der Mensch doch wohl -seyn soll, sich durch ein überwiegendes Gefühl seiner selbst, seiner -Kraft und Ausbreitung, welches man ein Gefühl der Lust nennt; die -zufällige Disharmonie des Gegebenen mit jener Richtung sich durch ein -ebenso überwiegendes Gefühl seiner Ohnmacht und Einengung offenbaren, -welches letztere man ein Gefühl der Unlust nennt. So denken wir uns im -Magnete eine Kraft, und als Grund dieser Kraft einen Trieb, alles Eisen -anzuziehen, das in seine Wirkungssphäre kommt. Lassen wir ihn wirklich -ein Stück Eisen anziehen -- sein Trieb äussert sich, er ist befriedigt, -und geben wir dem Magnete das Gefühlsvermögen, so wird in ihm nothwendig -ein Gefühl dieser Befriedigung, d. i. ein Gefühl der Lust entstehen. -Lassen wir dagegen das Gewicht des Eisens seine Kraft überwiegen, so -bleibt darum in ihm noch immer der vorige Trieb; denn er würde dasselbe -Stück Eisen wirklich anziehen, wenn wir vom Gewichte desselben so viel -wegnähmen, als seine Kraft überwiegt; aber er wird nicht befriedigt; und -wenn wir dem Magnete das Gefühlsvermögen zuschreiben, so müsste er -nothwendig einen Widerstand, eine Einschränkung und Einengung seiner -Kraft, mit Einem Worte, Unlust empfinden. Dieses ist die einzige Quelle -aller Lust und Unlust. - -Beide Triebe, der praktische sowohl, als der ästhetische, äussern sich -auf diese Weise, nur mit Unterschied. Der praktische Trieb geht, wie -gesagt worden, auf einen Gegenstand ausser dem Menschen, dessen Daseyn, -inwiefern keine Handlung erfolgt, noch erfolgen kann, als unabhängig von -ihm betrachtet werden muss. Der freilich leere Begriff von diesem -Gegenstande ist in der Seele vorhanden. Es kommt demnach allerdings -etwas im Gemüthe vor, wodurch der Trieb für das Bewusstseyn ausgedrückt -und bezeichnet wird, nemlich der Begriff dessen, worauf er geht: die -Bestimmung des Triebes ist dadurch charakterisirt, sie kann gefühlt -werden, und wird gefühlt, und heisst in diesem Falle ein Begehren -- ein -Begehren, inwiefern die Bedingungen, unter denen der Gegenstand wirklich -werden kann, als nicht in unserer Gewalt stehend betrachtet werden. -Kommen sie in unsere Gewalt, und wir entschliessen uns zu der Mühe und -zu den Aufopferungen, die es uns etwa kosten wird, sie wirklich zu -machen, so erhebt sich das Begehren zum Wollen. -- Man kann hier vor dem -Daseyn des Gegenstandes vorherwissen, was Lust oder Unlust erregen -werde, denn nur das wirkliche Daseyn des Gegenstandes erregt ein solches -Gefühl; man kann daher die Bestimmung des praktischen Triebes von dem -Gegenstande, und mithin von der Befriedigung oder Nichtbefriedigung -desselben unterscheiden; der menschliche Geist bekommt gleichsam etwas -ihm Angehöriges, einen Ausdruck seines eigenen Handelns ausser sich, und -sieht mit Leichtigkeit in den Gegenständen, wie in einem Spiegel, seine -eigene Gestalt. Ganz anders verhält es sich mit dem ästhetischen Triebe. -Er geht auf nichts ausser dem Menschen, sondern auf etwas, das lediglich -in ihm selbst ist. Es ist keine Vorstellung von seinem Gegenstande vor -dem Gegenstande vorher möglich, denn sein Gegenstand ist selbst nur eine -Vorstellung. Die Bestimmung des Triebes wird also durch nichts -bezeichnet, als lediglich durch die Befriedigung oder Nichtbefriedigung. -Die erstere lässt von der letztern sich durch nichts unterscheiden, -sondern beide fallen zusammen. Das, was durch den ästhetischen Trieb in -uns ist, entdeckt sich durch kein Begehren, sondern lediglich durch ein -uns unerwartet überraschendes, in keinem begreiflichen Zusammenhange mit -den übrigen Verrichtungen unseres Gemüthes stehendes, sondern völlig -zweckloses und absichtloses Behagen oder Misbehagen. So gebe man dem -Magnete zu dem Triebe, ein bestimmtes, seine Kraft überwiegendes, Stück -Eisen anzuziehen, die Vorstellung dieses Eisens: so wird er ^begehren^, -dasselbe anzuziehen; und wenn er sich über seine Anziehungskraft auch -noch die Kraft zuschreiben kann, so viel, als sein Anziehungsvermögen -überwiegt, von dem Gewichte des Eisens hinwegzunehmen, und der Trieb, -jenes Eisen anzuziehen, stärker ist, als etwa seine Abneigung, die Last -desselben zu verringern: so wird er es anziehen ^wollen^.[45] Nehmen Sie -dem Magnete das Vermögen, sich das Eisen ausser sich, mithin auch sein -Anziehen dieses Eisens vorzustellen, und lassen ihm lediglich Trieb, -Kraft und Selbstgefühl: er wird, wenn die Schwere des Eisens seine Kraft -überwiegt, eine Unlust; wenn Sie die Last wegnehmen, und er, sich selbst -unbewusst, das Eisen selbst anzieht, eine Lust empfinden, die er sich -durch nichts erklären kann, die für ihn mit nichts zusammenhängt, und -die unserm ästhetischen Behagen oder Misbehagen völlig ähnlich ist -- -aber nicht aus dem gleichen Grunde entstanden. Aber, denken Sie sich, um -ein passendes Bild der ästhetischen Stimmung zu haben, die liebliche -Sängerin der Nacht; denken Sie sich, wie Sie es mit dem Dichter gar wohl -können, die Seele derselben als reinen Gesang, ihren Geist als ein -Streben, den vollkommensten Accord zu bilden, und ihre einzelnen Töne -als die Vorstellungen dieser Seele. Durch die ganze Tonleiter herauf und -herab treibt die Sängerin, ihr selbst unbewusst, die Richtung ihres -Geistes, und er entwickelt durch die mannigfaltigsten Accorde hindurch -allmählig sein ganzes Vermögen. Jeder neue Accord liegt auf der -Stufenleiter dieser Entwickelung, und stimmt mit dem Urtriebe der -Sängerin zusammen, den sie nicht kennt, weil wir ihr keine anderen -Vorstellungen als Töne gegeben haben, und dessen Zusammenhang mit dem -für sie zufälligen Accorde sie nicht beurtheilen kann; gerade so, wie -unserem Auge die Richtung des ästhetischen Triebes verborgen liegt, und -wie wir die -- ganz anderen Gesetzen zufolge sich in uns entwickelnden -Vorstellungen nicht mit derselben vergleichen können. Doch muss jene -Zusammenstimmung eine Lust in ihr erwecken, die ihr ganzes Wesen -ausfüllt, und deren Gründe sie sich auch schon darum nicht angeben -könnte. -- Aber ihr inneres und verborgenes Leben treibt sie weiter zum -folgenden Tone; die Entwickelung desselben ist also noch nicht -vollendet, dieser Accord drückt noch nicht ihr ganzes Wesen aus, und -jene Lust wird daher blitzschnell durch eine Unlust aufgefasst, welche -mit dem nächsten Tone sich in höhere Lust auflösen, aber wiederkehren, -und die Sängerin abermals weiter treiben wird. Ihr Leben schwebt hin auf -den sich drängenden Wellen des ästhetischen Gefühls, wie das -Künstlerleben jedes wahren Genies. - -So kommt der praktische Trieb gar leicht und auf mancherlei Weise in -seinen mannigfaltigen Bestimmungen zum Bewusstseyn, und es scheint sehr -möglich, ihn selbst von der inneren Erfahrung aus vollständig kennen zu -lernen und zu erschöpfen. In Absicht des ästhetischen Triebes zeigen -sich mehrere Schwierigkeiten, und es scheint kein Mittel zu seyn, um bis -zu ihm in die Tiefe unseres Geistes einzudringen, als dass man entweder -ohne alle Rücksicht auf ihn in der äusseren Erfahrung fortschreite, und -abwarte, ^ob^ er sich etwa, und ^wie^ er sich unter derselben zufällig -äussern werde, oder dass man auf gut Glück und blindlings sich seiner -Einbildungskraft überlasse, und erwarte, wie die mannigfaltigen -Ausgeburten derselben auf uns wirken werden. In beiden Fällen ist man -überdies noch in der Gefahr, eine Lust, die sich auf ein dunkles, -unentwickeltes, vielleicht völlig empirisches und individuelles -praktisches Bewusstseyn gründet, mit einem ästhetischen zu verwechseln. -Und so blieben wir denn immer in der Ungewissheit, ob es auch überhaupt -einen solchen Trieb gebe, wie wir den ästhetischen beschrieben haben, -oder ob nicht alles, was wir für Aeusserungen desselben halten, auf -einer feinen Täuschung beruhe; vor der wirklichen Erfahrung vorher -könnten wir nie mit Sicherheit ahnen, was gefallen werde, und die -Folgerung, dass das, was uns gefallen habe, allen gefallen müsse, bliebe -ganz grundlos. - -Bedenken Sie hierbei noch den Umstand, dass ästhetische Vorstellungen -zuvorderst nur in und vermittelst der Erfahrung, die auf Erkenntniss -ausgeht, sich entwickeln können, so sehen Sie eine neue Schwierigkeit; -von der anderen Seite aber eine Erleichterung, und die einzige, die den -Uebergang aus dem Gebiete der Erkenntniss in das Feld der ästhetischen -Gefühle öffnet. - -Sie sehen eine neue Schwierigkeit. -- Selbst die Erkenntniss wird -zunächst nicht um ihrer selbst willen, sondern für einen Zweck ausser -ihr gesucht. Auf der ersten Stufe der Bildung, des Individuums sowohl, -als der Gattung, überschreit der praktische Trieb, und zwar in seiner -niederen, auf die Erhaltung und das äussere Wohlseyn des animalischen -Lebens gehenden Aeusserung, alle übrigen Triebe; und so fängt denn auch -der Erkenntnisstrieb damit an, bei jenem zu dienen, um in diesem Dienste -sich zum Vermögen einer selbstständigen Subsistenz auszubilden. Mit der -Kargheit der Natur, oder mit dem Andringen unseres eigenen Geschlechtes -gegen uns im Kampfe, haben wir nicht Zeit, bei der Betrachtung der Dinge -um uns herum zu verweilen; emsig fassen wir die brauchbaren -Beschaffenheiten derselben auf, um Nutzen von ihnen zu ziehen, unter -unaufhörlicher Besorgniss der Nachtheile in der Ausübung, die uns eine -unrichtige Ansicht derselben zuziehen möchte; mit Hastigkeit eilen wir -fort von dieser erstürmten Erkenntniss zur Bearbeitung der Dinge, und -hüten uns sehr, einen Augenblick bei der Erwerbung des Mittels zu -verlieren, den wir zur unmittelbaren Erreichung des Zweckes anwenden -könnten. Das Menschengeschlecht muss erst zu einem gewissen äusseren -Wohlstande und zur Ruhe gekommen, die Stimme des Bedürfnisses von innen, -und der Krieg von aussen muss erst beschwichtigt und beigelegt seyn, ehe -dasselbe auch nur mit Kaltblütigkeit, ohne Absicht auf das gegenwärtige -Bedürfniss und selbst mit der Gefahr sich zu irren, beobachten, bei -seinen Betrachtungen verweilen, und unter dieser müssigen und liberalen -Betrachtung den ästhetischen Eindrücken sich hingeben kann. So fasst die -ruhige Fläche des Wassers das schöne Bild der Sonne; auf der bewegten -werden die mit reinem Lichte gezeichneten Umrisse desselben -untereinander geworfen und verschlungen in die gewaltsame Figur der -unsteten Wellen. - -Daher sind die Zeitalter und Länderstriche der Knechtschaft zugleich die -der Geschmacklosigkeit; und wenn es von der einen Seite nicht rathsam -ist, die Menschen, frei zu lassen, ehe ihr ästhetischer Sinn entwickelt -ist, so ist es von der anderen Seite unmöglich, diesen zu entwickeln, -ehe sie frei sind; und die Idee, durch ästhetische Erziehung die -Menschen zur Würdigkeit der Freiheit, und mit ihr zur Freiheit selbst zu -erheben, führt uns in einem Kreise herum, wenn wir nicht vorher ein -Mittel finden, in Einzelnen von der grossen Menge den Muth zu erwecken, -Niemandes Herren und Niemandes Knechte zu seyn. In einem solchen -Zeitalter hat der Unterdrückte zu thun, um unter dem Fusse des -Unterdrückers sich lebendig zu erhalten, die nothwendige Luft zu -schöpfen und nicht völlig zertreten zu werden, und der Unterdrücker, bei -den mannigfaltigen Krümmungen und Wendungen des ersteren im -Gleichgewichte zu bleiben und nicht umgeworfen zu werden; durch die -gezwungene und unbehülfliche Lage des letzteren vermehrt sich noch seine -Last und sein Druck; dadurch werden die Wendungen des ersteren nur noch -ängstlicher und gewagter, und der Druck des letzteren abermals -lastender, und so steigt durch eine sehr begreifliche Wechselwirkung das -Uebel in einer unseligen Progression; keiner von beiden behält Zeit, und -er wird sie immer weniger behalten, zu athmen, ruhig um sich zu sehen, -und seine Sinne dem schönen Einflusse der freundlichen Natur offen zu -lassen. Beide behalten lebenslänglich den Geschmack, den sie damals -annahmen, als noch nichts, denn ihre Windeln sie fesselte: den Geschmack -an greller, das stumpfe Auge gewaltsam reizender Farbe, und am Glanze -reicher Metalle; und der dürftige Handarbeiter eilt, dies dem einzigen -Vermögenden zu fertigen, um den kärglichen Lohn, dessen er zum Leben -bedarf, bald einzunehmen. So sank im römischen Reiche die Kunst mit der -Freiheit zu gleichen Schritten, bis sie unter Constantin dem -barbarischen Gepränge fröhnen lernte. So werden die Elephanten der -Kaiser von China mit schweren Goldstoffen bekleidet, und die Pferde der -Könige von Persien trinken aus gediegenem Golde. - -Nur nicht niederdrückender, aber widerlicher und beunruhigender für die -Kunst ist der Anblick, wenn unter freieren Himmelsstrichen und milderen -Gewalthabern diejenigen, welche in der Mitte zwischen beiden Enden -stehen, und denen alle Welt erlaubt, frei zu seyn, dieses letzten Restes -der Freiheit, welchen ein über die Menschheit waltender Genius als ein -Saatkorn für die Ernte künftiger Generationen in die Verfassung geworfen -zu haben scheint, sich nicht bedienen; sondern den der ewigen -Einförmigkeit müden Herrschern wider ihren Dank ihre Dienste aufdringen, -und sich grämen, dass ihre wunderlichen Verbeugungen und Adorationen -keiner zu Herzen nimmt, und dass es ihnen nicht gelingen will, denselben -eine politische Wichtigkeit zu geben, die sie an sich nicht haben. Dann -wiegt man mit haarscharfer Richtigkeit alle Art der Bildung gegen den -künftigen Dienst ab; fragt die harmlos lustwandelnde Speculation, ehe -sie uns über die Schwelle tritt, was sie mitbringe; durchsucht Romane -und Schauspiele nach ihrer schönen Moral; hat kein Arges daraus, -öffentlich zu bekennen, dass man eine Iphigenie, oder eine Epistel in -derselben Stimmung, unpoetisch finde; und würde muthmaasslich den Homer -einen schaalen Reimer nennen, wenn man ihm nicht um seines reinen -Griechischen willen verziehe. - -Aber gerade der angeführte Umstand, dass wir mit der Erfahrung unser -Leben anfangen müssen, eröffnet uns, wie oben gesagt worden, den einzig -möglichen Uebergang zum geistigen Leben. Sowie jene dringende Noth -gehoben ist, und nichts mehr uns treibt, den möglichen Geisteserwerb -gierig zusammenzuraffen, um ihn sogleich wieder für den nothwendigen -Gebrauch ausgeben zu können, erwacht der Trieb nach Erkenntniss um der -Erkenntniss willen. Wir fangen an, unser geistiges Auge auf den -Gegenständen hingleiten zu lassen, und erlauben ihm dabei zu verweilen; -wir betrachten sie von mehreren Seiten, ohne gerade auf einen möglichen -Gebrauch derselben zu rechnen; wir wagen die Gefahr einer zweifelhaften -Voraussetzung, um in Ruhe den richtigen Aufschluss abzuwarten. Es -bemächtigt sich unser der einzige Geiz, der edel ist, Geistesschätze zu -sammeln, bloss um sie zu haben, und uns an ihrem Anblicke zu ergötzen, -gesetzt auch, wir bedürften ihrer nicht zum Leben, oder sie wären nicht -mit dem Stempel ausgeprägt, welcher allein Cours hat; wir wagen es, bei -unserem Reichthume gleichgültiger gegen den möglichen Verlust, etwas -anzulegen an Versuche, die uns mislingen können. Wir haben den ersten -Schritt gethan, uns von der Thierheit in uns zu trennen. Es entsteht -Liberalität der Gesinnungen, -- die erste Stufe der Humanität. - -Unter dieser ruhigen und absichtslosen Betrachtung der Gegenstände, -indess unser Geist sicher ist und nicht über sich wacht, entwickelt sich -ohne alles unser Zuthun unser ästhetischer Sinn an dem Leitfaden der -Wirklichkeit. Aber nachdem der Pfad beider eine Strecke weit -zusammengegangen ist, reisst sich am Scheidewege wohl auch der erstere -los, und geht seinen Gang unabhängig und ungeleitet von der -Wirklichkeit. So ruhte oft Ihr Auge auf der Gegend an der Abendseite -Ihrer ländlichen Wohnung. Wenn Sie dieselbe, nicht um zu sehen, wie Sie -den nächtlichen Anfällen des Raubgesindels entfliehen könnten, sondern -ohne alle Absicht betrachteten, erkannten Sie nicht bloss die grüne -Saat, und hinter ihr die mancherlei Kleearten, und hinter diesen das -hohe Korn, und fassten in das Gedächtniss, was da wäre; sondern Ihre -Betrachtung verweilte mit Vergnügen auf dem frischen Grün des ersteren, -und verbreitete sich über die mannigfaltigen Blüthen des zweiten, und -gleitete sanft über die kräuselnden Wellen des dritten die Anhöhe hinan. -Es sollte, sagten Sie dann, dort auf der Höhe ein Dörfchen unter Bäumen -oder ein Hain liegen. Sie begehrten nicht in dem ersteren eine Wohnung -zu haben, oder in dem Schatten des letzteren zu wandern; und es würde -Ihnen gerade so viel gewesen seyn, wenn man, ohne dass Sie es eben -wüssten, durch ein optisches Kunststück Ihnen nur den Anschein dessen -hervorgebracht hätte, was Sie wünschten. Woher kam das? Ihr ästhetischer -Sinn war unter dem Anblicke der ersteren Gegenstände, indem ihn -dieselben unvermuthet befriedigten, schon geweckt worden; aber es -beleidigte ihn, dass diese Aussicht sich so plötzlich abreissen, und Ihr -Auge hinter der Anhöhe in den leeren Raum versinken sollte. Nach seiner -Forderung hätte sich die Ansicht in ein passendes Ende schliessen -sollen, um das angefangene schöne Ganze zu vollenden und abzurunden: und -Ihre bis jetzt an seiner Hand geleitete Einbildungskraft war vermögend, -diese Forderung desselben aufzufassen. - -Sehen Sie in diesem Beispiele eine kurze Geschichte der Entwickelung -unseres ganzen ästhetischen Vermögens. Während der ruhigen Betrachtung, -die nicht mehr auf die Erkenntniss dessen, was längst erkannt ist, -absieht, sondern die gleichsam noch einmal zum Ueberflusse an den -Gegenstand geht, -- entwickelt, unter der Ruhe der Wissbegierde und des -befriedigten Erkenntnisstriebes, in der unbeschäftigten Seele sich der -ästhetische Sinn. Der eine Gegenstand hat unsere Billigung ohne alles -Interesse, d. i. wir urtheilen alle, dass er so recht, und einer -gewissen Regel, der wir nicht weiter nachspüren, gemäss sey, ohne dass -wir darum gerade einen grösseren Werth auf ihn legen; ein anderer erhält -diese Billigung nicht, ohne dass wir gerade viel Mühe anwenden würden, -um ihn anders zu machen. Es scheint uns lediglich darum zu thun, zu -zeigen, dass wir einen gewissen Sinn gleichfalls besitzen, und dass wir -einer gewissen Kenntniss mächtig sind, die nichts weiter ist, denn -Kenntniss, und die zu nichts führen und zu nichts gebraucht werden soll. - -Dieses Vermögen heisst Geschmack; auch die Fertigkeit, richtig -und gemeingültig in dieser Rücksicht zu urtheilen, wird -vorzugsweise Geschmack genannt: und das Gegentheil desselben heisst -Geschmacklosigkeit. - -Von dieser noch an dem Faden der Wirklichkeit fortlaufenden Betrachtung, -wo es uns schon nicht mehr um die wirkliche Beschaffenheit der Dinge, -sondern um ihre Uebereinstimmung mit unserem Geiste zu thun ist, erhebt -sich denn bald die dadurch zur Freiheit erzogene Einbildungskraft zur -völligen Freiheit; einmal im Gebiete des ästhetischen Triebes angelangt, -bleibt sie in demselben, auch da, wo er von der Natur abweicht, und -stellt Gestalten dar, wie sie gar nicht sind, aber nach der Forderung -jenes Triebes seyn sollten: und dieses freie Schöpfungsvermögen heisst -Geist. Der Geschmack beurtheilt das Gegebene, der Geist erschafft. Der -Geschmack ist die Ergänzung der Liberalität, der Geist die des -Geschmackes. Man kann Geschmack haben ohne Geist, nicht aber Geist ohne -Geschmack. Durch den Geist wird die an sich in die Grenzen der Natur -eingeschlossene Sphäre des Geschmacks erweitert; seine Producte -erschaffen ihm durch Kunst neue Gegenstände, und entwickeln ihn weiter, -ohne ihn darum allemal zu sich emporzuheben. Seinen Geschmack bilden -kann jeder; ob aber jeder sich zur Geistigkeit erheben könne, ist -zweifelhaft. - -Das unendliche, unbeschränkte Ziel unseres Triebes heisst Idee, und -inwiefern ein Theil desselben in einem sinnlichen Bilde dargestellt -wird, heisst dasselbe ein Ideal. Der Geist ist demnach ein Vermögen der -Ideale. - -Der Geist lässt die Grenzen der Wirklichkeit hinter sich zurück, und in -seiner eigenthümlichen Sphäre giebt es keine Grenzen. Der Trieb, dem er -überlassen ist, geht ins Unendliche; durch ihn wird er fortgeführt von -Aussicht zu Aussicht, und wie er das Ziel erreicht hat, das er im -Gesichte hatte, eröffnen sich ihm neue Felder. Im reinen ungetrübten -Aether seines Geburtslandes giebt es keine anderen Schwingungen, als die -er selbst durch seinen Fittig erregt. - - - Dritter Brief.[46] - -Nur der Sinn für das Aesthetische ist es, der in unserem Innern uns den -ersten festen Standpunct giebt; das Genie kehrt darin ein, und deckt -durch die Kunst, die dasselbe begleitet, auch uns anderen die -verborgenen Tiefen desselben auf. Derselbe Sinn ist es auch, der -zugleich dem wohlerkannten und gebildeten Innern den lebendigen Ausdruck -giebt. - -Der Geist geht auf die Entwickelung eines Innern in dem Menschen, des -Triebes, und zwar eines Triebes, der ihn als Intelligenz über die ganze -Sinnenwelt erhebt, und von dem Einflusse derselben losreisst. Aber die -Sinnenwelt allein ist mannigfaltig, und nur inwiefern wir durch einen -uns schlechterdings unsichtbaren Berührungspunct mit derselben -zusammenhangen und ihren Einwirkungen offen stehen, sind wir als -Individuen verschieden; der Geist ist Einer, und was durch das Wesen der -Vernunft gesetzt ist, ist in allen vernünftigen Individuen dasselbe. Dem -einen mag diese Speise besser schmecken, dem anderen eine andere; der -eine mag diese, der andere jene Farbe vorzüglich lieben. Aber die -Wirkungen der Geistesproducte sind für alle Menschen, in allen -Zeitaltern, und unter allen Himmelsstrichen gemeingültig, wenn auch -nicht immer gemeingeltend. Für alle liegt auf der Stufenleiter ihrer -Geistesbildung ein Punct, auf welchen dieses Werk den beabsichtigten -Eindruck machen würde, und nothwendig machen müsste; wenn sie auch etwa -bis jetzt diesen Punct noch nicht erstiegen hätten, oder ihn, wegen der -niedrigen Stufe, auf der sie anheben, bei der Kürze des menschlichen -Lebens, diesseits des Grabes gar nicht ersteigen könnten. Was der -Begeisterte in seinem Busen findet, liegt in jeder menschlichen Brust, -und sein Sinn ist der Gemeinsinn des gesammten Geschlechts. - -Theils um diesen Sinn an anderen zu versuchen, theils um ihnen -mitzutheilen, was für ihn selbst so anziehend ist, kleidet das Genie die -Gestalten, die sich seinem geistigen Auge unverhüllt zeigten, in festere -Körper, und stellt sie so auf vor seinen Zeitgenossen. - -Um seinen Sinn zu ^versuchen^ zuvörderst: nicht, als ob er der -Beistimmung der Menge bedürfte, um in der Stunde der Begeisterung zu -glauben, was sich ihm durch ein unwiderstehliches Gefühl, -- so -unwiderstehlich als das seines Daseyns, -- offenbart; sondern um auf die -Stunde der Erkältung und des Zweifels sich seines Glaubens im voraus zu -versichern. Mein Werk ist aus der Fülle der menschlichen Natur -geschöpft, darum muss und soll es Allen gefallen, die derselben -theilhaftig sind, und wird unsterblich seyn wie sie: so schliesst er; -der geistlose Schreiber, der nicht die leiseste Ahnung seines hohen -Berufes hat, kehrt es um, und folgert: mein Product wird von der Menge -gelesen, es bereichert die Buchhändler, und die Recensenten wetteifern, -dasselbe zu lobpreisen, darum ist es vortrefflich: aber dennoch wird der -Glaube des ersteren an sich selbst den Beifall gebildeter Menschen, als -eine Zugabe, nicht verschmähen. So ist der Gläubige sicher, dass das -Auge der Fürsehung über ihm walte, und dass jenseits des Grabes ein -besseres Leben seiner warte; und in gewissen Stimmungen würde der -Widerspruch des gesammten Reichs der vernünftigen Wesen ihn nicht um -eines Haares Breite bewegen: denn sein Glaube kömmt ihm nicht von -aussen, sondern er hat ihn in seinem eigenen Herzen gefunden. Dennoch -fragt und forscht er sorgsam, ob andere dasselbe glauben, in dunklem -Vorgefühle banger Stunden, wo er einer sonst so gering geschätzten -Stütze, als die Beistimmung anderer ist, doch bedürfen könnte. So wird -das wahre Genie durch die kaltsinnige Aufnahme seiner Meisterwerke oder -durch den lautesten Tadel derselben nie aus seiner Fassung gebracht: er -ist seiner Sache sicher und gewiss des Geistes, der ohne sein Verdienst -in ihm wohnt; aber er will aus Achtung für denselben ihn auch von -anderen anerkannt und geehrt wissen. -- Es verhält sich so mit allem, -was wir bloss zufolge unseres Gefühls annehmen und nur glauben können. -Wenn alle Anwesende einstimmig versichern, dass ein Gegenstand, den wir -zu erblicken glauben, nicht vorhanden sey, so werden wir, wenn wir nur -ein wenig mit den Täuschungen unserer Sinne und unserer Einbildungskraft -bekannt sind, leicht irre, und fangen an, den Grund der Erscheinung in -uns selbst zu suchen. An unser inneres Gefühl glauben wir schon weit -fester; doch sehen wir auch dieses gern durch das Gefühl anderer -unterstützt. - -Um seine Stimmung ^mitzutheilen^. Es ist, wie Sie selbst angemerkt -haben, in allen Menschen der Trieb, andere um sich herum sich selbst so -ähnlich zu machen, als möglich, und sich selbst in ihnen, so vollkommen -als es gehen will, zu wiederholen; und dies um desto mehr, je mehr wir -zu diesem Wunsche durch eigene höhere Bildung berechtigt sind. Nur der -ungerechte Egoist will der einzige seiner Art seyn, und kann seines -Gleichen ausser sich nicht dulden; aber der edle Mensch möchte, dass -alle ihm glichen, und thut, so viel an ihm ist, um es dahin zu bringen. -So der begeisterte Liebling der Natur. Er möchte, dass aus allen Seelen -sein eigenes liebliches Bild ihm zurückstrahlte. Drum drückt er die -Stimmung seines Geistes ein in eine körperliche Gestalt. Was in der -Seele des Künstlers vorgeht, die mannigfaltigen Biegungen und -Schwingungen seines inneren Lebens und seiner selbstthätigen Kraft sind -nicht zu beschreiben; keine Sprache hat Worte dafür gefunden, und wenn -sie gefunden wären, so würde die gedrungene Fülle des Lebens in der -allmähligen, und zu einem einfachen Faden ausgedehnten Beschreibung -verhauchen. Leben wird nur in lebendigem Handeln dargestellt; und sowie -alle gesetzmässige Thätigkeit des menschlichen Geistes, so muss auch -diese freie Geschäftigkeit desselben einen Gegenstand bekommen, den sie -bearbeite, und in welchem durch die Weise ihres Verfahrens sie ihre -innere Natur verrathe. So besteht das Wesen, das Grundprincip des ^Tons^ -in den harmonischen Bebungen und Schwingungen der Saite, die im -luftleeren Raume nicht minder einander hervorbringen und bestimmen, ihre -innere Wirksamkeit erfüllen, und für die Saite selbst den Ton bilden -würden; aber nur in der umgebenden Luft bekommen dieselben einen -äusseren Wirkungskreis, drücken sich selbst in sie ein, und pflanzen -sich fort bis zum Ohre des entzückten Hörers, und lediglich aus jener -Vermählung wird der Ton geboren, der in unserer Seele wiederhallt. So -drückt der begeisterte Künstler die Stimmung seines Gemüthes aus in -einem beweglichen Körper, und die Bewegung, der Gang, der Fortfluss -seiner Gestalten ist der Ausdruck der inneren Schwingungen seiner Seele. -Diese Bewegung soll in uns die gleiche Stimmung hervorbringen, welche in -ihm war; er lieh der todten Masse seine Seele, dass diese sie auf uns -übertragen möchte; unser Geist ist das letzte Ziel seiner Kunst, und -jene Gestalten sind die Vermittler zwischen ihm und uns, wie die Luft es -ist zwischen unserem Ohre und der Saite. - -Diese innere Stimmung des Künstlers ist der Geist seines Products; und -die zufälligen Gestalten, in denen er sie ausdrückt, sind der Körper -oder der Buchstabe desselben. - -Hier ist es, wo das Bedürfniss der mechanischen Kunst eintritt. - -Wer die Dinge einer gewissen Stimmung gemäss bearbeiten will, der muss -es überhaupt verstehen, sie zu bearbeiten, und sie mit Leichtigkeit zu -bearbeiten, so dass kein Widerstand sichtbar sey, und dass die todte -Masse unter seinen Händen von selbst Bildung und Organisation angenommen -zu haben scheine. Sobald die Materie widerstrebt, und es der Anstrengung -bedarf, sie zu besiegen, ist die ästhetische Stimmung abgebrochen, und -es bleibt uns anderen nichts übrig, als der Anblick des Arbeiters, der -seinen Zweck zu erreichen strebt; ein nicht unwürdiger Anblick, den wir -aber nur hier nicht haben wollten. Man hat diese Leichtigkeit der -mechanischen Kunst sehr oft mit dem Geiste selbst verwechselt; und sie -ist allerdings die ausschliessende Bedingung seiner Aeusserung, und -jeder, der an das Werk geht, muss sie schon erworben haben; aber sie ist -nicht der Geist selbst. Durch sie allein wird nichts hervorgebracht, als -ein leeres Geklimper, -- ein Spiel, das auch nichts weiter ist, denn -Spiel, -- das nicht zu Ideen erhebt, und höchstens einen Muthwillen und -eine verschwendete Kraft ausdrückt, der man in der Stille eine bessere -Anwendung wünscht. Zwar wird der leichteste und muthwilligste -Pinselstrich des wahren Genies einen Anstrich von den Ideen haben; aber -der blosse Mechaniker wird durch seine höchste Kunst nie etwas anderes -hervorbringen, als ein mechanisches Werk, über dessen Bau man höchstens -sich wundern wird. - -So ist in den letzten Meisterwerken des begünstigten Lieblings der Natur -unter unserer Nation, -- im Tasso, in der Iphigenie, und in den -leichtesten Pinselstrichen desselben Künstlers seitdem, -- es ist in -ihnen, sage ich, nicht die so einfache Erzählung, nicht die ohne allen -Schwulst so sanft hingleitende Sprache, durch welche der gebildete Leser -so mächtig angezogen wird. Es ist nicht der Buchstabe, sondern der -Geist. Mit der gleichen Einfachheit der Fabel, der gleichen -Leichtigkeit, dem gleichen Adel der Sprache ist es möglich, ein sehr -schaales, sehr schmackloses, sehr unkräftiges Werk zu verfertigen. Die -Stimmung ist es, welche in diesen Werken herrscht: diese edelste Blüthe -der Humanität, welche durch die Natur nur einmal unter dem griechischen -Himmel hervorgetrieben und durch eins ihrer Wunder im Norden wiederholt -wurde. Es schmiegt sich an unsere Seele das lebendige Bild jener -geendigten Cultur, die den Angriffen des Schicksals nicht mehr mit -gewaltsamen Anstrengungen und Renkungen entgegengeht, und die eher -alles, als die reine Ebenheit ihres Charakters und die leichte Grazie in -den Bewegungen ihres Gemüths, verliert: jenes Beruhens in sich selbst -und auf sich selbst, das es nicht mehr bedarf, durch Anstrengung seine -Kraft aufzuregen und gegen den Widerstand anzustemmen, sondern das auf -seiner eigenen natürlichen Last sicher steht; jener Unbefangenheit des -Geistes, welche die Dinge, auch bei ihrem gewaltsamsten Andringen auf -uns, dennoch keiner anderen Schätzung würdigt, als der, die ihnen -gebührt, dass sie Gegenstände unserer Betrachtung sind, und welche auch -dann noch den gefälligen Formen derselben ein ästhetisches Vergnügen, -den Verzerrungen derselben ein leichtes Lächeln, wie Grazien lächeln, -abzugewinnen vermag; jener Vollendung der Menschheit, die sich von der -Sinnenwelt nicht losgerissen, sondern abgelöst fühlt, und die mit -gleicher Leichtigkeit derselben ohne Misvergnügen entbehren, oder ihrer -mit Freude auf ihre Weise geniessen kann. Wir finden uns mit Vergnügen -in eine Welt versetzt, in der allein eine solche Stimmung möglich ist, -unter eine Gesellschaft, deren Mitglieder alle gerecht und wohlwollend -sind, und deren Trennungen nicht durch bösen Willen verursacht, sondern -selbst nur Stürme des widrigen Schicksals sind; -- (denn -Ungerechtigkeiten freier Wesen können uns nie gleichgültig seyn, und -werden immer ernste Misbilligung, keinesweges aber das leichte Lächeln -erregen, wie die Verstösse der vernunftlosen Natur). Wir entdecken mit -befriedigter Selbstliebe unter dem Einflusse des Künstlers eine Fassung -in uns, die wir im Laufe des Lebens gewöhnlich nicht behalten; wir -fühlen uns höher gehoben und veredelt, und innige Liebe ist der Lohn des -Dichters, der uns so sanft schmeichelt, um uns zu bessern. - -Jeder hat den feinsten Sinn für diejenige Art der Ausbildung, der er -zunächst bedürfte, und mag in der Stunde der Täuschung am liebsten das -an sich finden, wovon eine leise Ahnung ihm sagt, dass es auf der -nächsten Stufe der Cultur liege, die er zu ersteigen hat. Ein -beträchtlicher Theil unseres Publicums ist noch nicht so weit, dass ihm -nichts mehr, als die Grazie in seinen Bewegungen, die Leichtigkeit und -Ungezwungenheit in seiner Kraftäusserung abgehe. Vielen fehlt es an der -Kraft selbst. Für diese sind Darstellungen, wie die, von welchen wir -redeten, unschmackhaft; sie verwechseln die durch die Fülle der Kraft -gehaltene Kraft, die sie nicht kennen, mit der Kraftlosigkeit, die sie -nur zu wohl kennen. Diese mögen im Bilde lieber die rohe, aber -kraftvolle Sitte unserer Urahnen sich angetäuscht sehen -- eine Art, die -so vorzüglich ist, als jede andere, wenn sie mit Geist behandelt wird -- -oder vergnügen sich wohl auch an den wunderlichen Renkungen in unsern -gewöhnlichen Ritterromanen, und an hochtönenden und vermessenen Reden. - -Dem Dichter, von dem ich rede, war es gegeben, zwei verschiedene Epochen -der menschlichen Cultur mit allen ihren Abstufungen auszumessen. Er nahm -sein Zeitalter bei der letzteren Stufe auf, um es bei der ersteren -niederzusetzen. Aber sein Genius überflog, wie es seyn musste, den -langsamen Gang desselben. Er bildete, wie jeder wahre Künstler soll, -sein Publicum selbst, arbeitete für die Nachwelt, und wenn unser -Geschlecht höher steigt, so ist es nicht ohne sein Zuthun. - -Jene beiden Zustände, der der ersten ursprünglichen Begeisterung, und -der der Darstellung derselben in körperlicher Hülle, sind in der Seele -des Künstlers nicht immer verschieden, obwohl sie durch den genauen -Forscher sorgfältig unterschieden werden müssen. Es giebt Künstler, die -ihre Begeisterung auffassen und festhalten, unter den Materialien um -sich herumsuchen, und das geschickteste für den Ausdruck wählen; die -unter der Arbeit sorgfältig über sich wachen; die zuerst den Geist -fassen, und dann den Erdkloss suchen, dem sie die lebendige Seele -einhauchen. Es giebt andere, in denen der Geist zugleich mit der -körperlichen Hülle geboren wird, und aus deren Seele zugleich das ganze -volle Leben sich losreisst. Die ersteren erzeugen die gebildetsten, -berechnetsten Producte, deren Theile alle das feinste Ebenmaass unter -sich und zum Ganzen halten: aber das feinere Auge kann in der -Zusammenfügung des Geistes und des Körpers hier und da die Hand des -Künstlers bemerken. In den Werken der letzteren sind Geist und Körper, -wie in der Werkstätte der Natur, innigst zusammengeflossen, und das -volle Leben geht bis in die äussersten Theile; aber wie an den Werken -der Natur entdeckt man hier und da kleine Auswüchse, deren Absicht man -nicht angeben kann, die man aber nicht wegnehmen könnte, ohne dem Ganzen -zu schaden. Von beiden Arten hat unsere Nation Meister. - -Gewisse höhere Stimmungen sind, wie soeben gesagt worden, nicht für -gemeine Augen, und lassen sich denselben nicht mittheilen; bei anderen, -die mittheilbar sind, ist wenigstens unsichtbar, woher es komme, dass -das Werk zu ihnen erhebe; und nicht sehr feine Beobachter sind daher -versucht, der Gestalt und dem Baue des Körpers die bewegende Kraft -zuzuschreiben, die nur der Geist hat. Die Verhältnisse dieses Körpers -und die Regeln, nach denen er gebildet ist, sind zu berechnen, zu lernen -und durch Kunst auszuüben, da, wie oben zugestanden worden, der Körper -des geistreichsten Werkes selbst nur durch Kunst hervorgebracht ist. Es -giebt mancherlei Ursachen, die den geistlosesten Menschen bewegen -können, auf diese Weise den mechanischen Theil eines geistvollen -Products nachzubilden; und da auch dieser sein Gutes hat, verlieren -manche Zuschauer nichts dabei. Solche Arbeiter sind Buchstäbler. -Derjenige, der ohne Geist selbst der mechanischen Kunst nicht mächtig -ist, heisst ein Stümper. -- Stelle Pygmalion seine beseelte Bildsäule -hin vor die Augen des jauchzenden Volkes; er soll ihr, -- da nichts uns -verhindert, die Fabel zu ergänzen, -- mit dem Leben zugleich den -geheimen Vorzug ertheilt haben, nur von geistvollen Augen als lebend -erblickt zu werden, für gemeine und stumpfe aber kalt und todt zu -bleiben. Kostet es nicht mehr, um berühmt zu werden? denkt, -- indess -das ganze Volk dem Künstler huldigt, ein Mann, der seinen Meissel auch -zu führen versteht, misst mit Cirkel und Lineal genau die Verhältnisse -der Bildsäule, geht hin, fertigt sein Werk, stellt es neben das Werk des -Künstlers, und es sind viele, die keinen Unterschied zwischen beiden -finden können. - -Die Regeln der Kunst, die sich in den Lehrbüchern finden, beziehen sich -meist auf das Mechanische der Kunst. Sie müssen im Geiste gedeutet -werden, und nicht nach dem Buchstaben. So lehren sie uns, wie wir die -Fabel erfinden, mittheilen, allmählig entwickeln sollen, und es thut dem -Künstler allerdings noth, dies zu verstehen. Versteht er aber auch -nichts weiter, als die Beobachtung dieser Regeln, so hat er am Ende eine -gute Fabel, die die Neugier reizt, unterhält, befriedigt; aber wir -forderten noch etwas mehr von ihm. Die Einheit der geistigen Stimmung, -die in seinem Werke herrscht, und die dem Gemüthe des Lesers mitgetheilt -werden soll, ist die Seele des Werkes; ist diese Stimmung angedeutet, -entwickelt, durchaus gehalten und siegend, dann ist das Werk vollendet, -ob die äussere Begebenheit für die leere Neugier geschlossen sey, oder -nicht; der Triumph dieser Stimmung über die mannigfaltigen Störungen -derselben ist die wahre Entwickelung, obschon der gedankenlose Leser, -der ein Mährchen hören wollte, frage, wie es nun weiter geworden sey. - -Sie rathen uns, zu täuschen; durch die Erzählung, meint der Buchstäbler, -bietet er alle seine Künste auf, um uns sein Mährchen für eine wirkliche -Begebenheit aufzubinden, und wenn alles mislingt, versichert er uns auf -sein Ehrenwort, dass er eine wahre Geschichte erzähle. Nun wohl, so -erzähle er, bis alle Gaffer sich wundern; aber er glaube nicht ein -Kunstwerk geliefert zu haben. Unsere Erhebung zu einer ganz anderen, uns -fremden Stimmung, in welcher wir unsere Individualität vergessen: -- das -ist die wahre Täuschung, und für diesen Endzweck reicht diejenige -Wahrheit der Geschichte, die er allein als Wahrheit kennt, nicht hin. In -dieser handeln Erdenmenschen, wie wir unter den gleichen Umständen -ungefähr auch handeln würden. - -Sie halten über reine Moral; und so thue denn wer kann und will das gute -Werk, uns wichtige moralische Lehren durch Erzählungen anschaulich und -eindringend zu machen. Er will uns dahin bringen, dass wir durch eigenen -freien Entschluss das Bessere wählen; er ist unseres Dankes werth, und -seine Bemühungen sind nicht allemal an uns verloren. Nur wisse er, was -er ist, und stelle sich nicht in eine ihm fremde Klasse. Der begeisterte -Künstler wendet sich gar nicht an unsere Freiheit, er rechnet auf -dieselbe so wenig, dass vielmehr sein Zauber erst anfängt, nachdem wir -sie aufgegeben haben. Er hebt durch seine Kunst uns ohne alles unser -Zuthun auf Augenblicke in eine höhere Sphäre. Wir werden um nichts -besser; aber die unangebauten Felder unseres Gemüths werden doch -geöffnet, und wenn wir einst aus anderen Gründen uns mit Freiheit -entschliessen, sie in Besitz zu nehmen, so finden wir die Hälfte des -Widerstandes gehoben, die Hälfte der Arbeit gethan.[33] - -[Fußnote 33: Die Fortsetzung ist nicht erschienen.] - - - - - D. - Von der Sprachfähigkeit und dem Ursprunge der Sprache. - - - (Philos. Journal Bd. I. S. 255-273, S. 287-326. 1795.) - -In einer Untersuchung über den Ursprung der Sprache darf man sich nicht -mit Hypothesen, nicht mit willkürlicher Aufstellung besonderer Umstände, -unter welchen etwa eine Sprache entstehen ^konnte^, behelfen; denn da -der Fälle, welche den Menschen bei Erfindung und Ausbildung der Sprache -leiten konnten, so mancherlei sind, dass sie keine Forschung ganz -erschöpfen kann: so würden wir auf diesem Wege ebensoviel halbwahre -Erklärungen des Problems erhalten, als Untersuchungen darüber angestellt -würden. Man darf sich daher nicht damit begnügen, zu zeigen, dass und -wie etwa eine Sprache erfunden werden ^konnte^: man muss aus der Natur -der menschlichen Vernunft die Nothwendigkeit dieser Erfindung ableiten; -man muss darthun, dass und wie die Sprache erfunden werden ^musste^. - -Man hüte sich insbesondere bei dieser Untersuchung, so wie bei jeder -anderen, das Resultat, das man etwa zu finden hofft, schon zum voraus im -Auge zu haben. Man denke sich in den Gesichtspunct der Menschen hinein, -welche noch überhaupt keine Sprache hatten, sondern sie erst erfinden -sollten; welche noch nicht wussten, wie die Sprache gebaut seyn müsse, -sondern die Regeln darüber erst aus sich selbst schöpfen mussten. Jedem, -der dem Ursprunge der Sprache nachforscht, muss die Sprache so gut als -nicht erfunden seyn: er muss sich denken, dass er sie erst durch seine -Untersuchung erfinden soll. - -Ferner hat man bei allen Untersuchungen über Entstehung der Sprache es -auch darin versehen, dass man zuviel auf willkürliche Verabredung baute; -dass man z. B. meinte: da ich ein Buch ^liber^, [Griechisch: biblion], -book u. s. w. nennen kann, so müssen die Nationen einig geworden seyn, -die eine, dieser bestimmte Gegenstand solle ^Buch^ -- die andere, er -solle ^liber^, u. s. w. heissen. Aber auf eine solche Uebereinkunft -dürfen wir wenig rechnen, da sie sich nur mit der grössten -Unwahrscheinlichkeit denken lässt, und wir müssen daher selbst den -Gebrauch der willkürlichen Zeichen aus den wesentlichen Anlagen der -menschlichen Natur ableiten. - -^Sprache^, im weitesten Sinne des Wortes, ist der ^Ausdruck unserer -Gedanken durch willkürliche Zeichen^. - -Durch ^Zeichen^, sage ich, also nicht durch Handlungen. -- Allerdings -offenbaren sich unsere Gedanken auch durch die Folgen, welche sie in der -Sinnenwelt haben: ich denke und handle nach den Resultaten dieses -Denkens. Ein vernünftiges Wesen kann aus diesen meinen Handlungen auf -das, was ich gedacht habe, schliessen. Dies heisst aber nicht ^Sprache^. -Bei allem, was ^Sprache^ heissen soll, wird schlechterdings nichts -weiter beabsichtigt, als die Bezeichnung des Gedankens; und die Sprache -hat ausser dieser Bezeichnung ganz und gar keinen Zweck. Bei einer -Handlung hingegen ist der Ausdruck des Gedankens nur zufällig, ist -durchaus nicht Zweck. Ich handle nicht, um anderen meine Gedanken zu -eröffnen; ich esse z. B. nicht, um anderen anzudeuten, dass ich Hunger -fühle. Jede Handlung ist selbst Zweck: ich handle, weil ich handeln -will. - -Ich habe mich bei der Erklärung der Sprache des Ausdruckes: -»^willkürliche Zeichen^« bedient. Darunter verstehe ich hier solche -Zeichen, welche ausdrücklich dazu bestimmt sind, diesen oder jenen -Begriff anzudeuten. Ob dieselben mit dem Bezeichneten natürliche -Aehnlichkeit haben, oder nicht, das ist hier völlig gleichgültig. Ich -mag zu dem anderen das Wort ^Fisch^ sagen -- ein Zeichen, das mit dem -Gegenstande, welchen es ausdrücken soll, gar keine Aehnlichkeit hat -- -oder ich mag ihm einen Fisch vorzeichnen; ein Zeichen, das mit dem -Bezeichneten allerdings Aehnlichkeit hat -- in beiden Fällen habe ich -keinen Zweck, als den, die Vorstellung eines bestimmten Gegenstandes bei -dem anderen zu veranlassen; -- folglich kommen beide Zeichen darin -überein, dass sie ^willkürlich^ sind. - -^Sprachfähigkeit^ ist das Vermögen, seine Gedanken willkürlich zu -bezeichnen. Ich drücke mich absichtlich so allgemein aus, damit man -nicht gleich an eine ^Sprache für das Gehör^ denke. Von der ^Ursprache^ -lässt sich gar nicht behaupten, dass sie bloss aus Tönen bestanden habe, -bloss Gehörsprache gewesen sey. Diese letztere kann erst weit später -entstanden seyn, und lässt sich nur unter Voraussetzung der Ursprache -und auf eine weit verwickeltere Art deduciren. - -Die Frage, die sich uns zunächst darbietet, ist folgende: ^Wie ist der -Mensch auf die Idee gekommen, seine Gedanken durch willkürliche Zeichen -anzudeuten?^ Diese enthält unter sich folgende zwei: 1) Was brachte den -Menschen überhaupt auf den Gedanken, eine Sprache zu erfinden? 2) In -welchen Naturgesetzen liegt der Grund, dass diese Idee gerade ^so^ und -nicht anders ausgeführt wurde? Lassen sich Gesetze auffinden, welche den -Menschen bei der Ausführung leiteten? - -Ich mache mich deutlicher. Die Sprache ist das Vermögen, seine Gedanken -^willkürlich^ zu bezeichnen. Sie setzt demnach eine Willkür voraus. -Unwillkürliche Erfindung, unwillkürlicher Gebrauch der Sprache enthält -einen inneren Widerspruch. Man hat sich zwar auf unwillkürliche Töne -beim Ausbruche der Freude, des Schmerzes u. s. w. berufen, und daraus -gar manches über Erfindung und Gesetze der Sprache ableiten wollen; aber -beides ist völlig verschieden. Unwillkürlicher Ausbruch der Empfindung -ist nicht ^Sprache^. - -Um die Willkür zur Erfindung einer Sprache zu bestimmen, wurde eine Idee -derselben vorausgesetzt. Daher die Frage: wie entwickelte sich in den -Menschen die Idee, ihre Gedanken sich gegenseitig durch Zeichen -mitzutheilen? - -Allein daraus, dass sie sich die Aufgabe aufstellten, eine Sprache zu -erfinden, folgt noch nicht, dass ihnen überhaupt, und durch welche -Mittel ihnen die Ausführung gelang. Daher die zweite schon angeführte -Frage: giebt es in der menschlichen Natur Mittel, welche man nothwendig -ergreifen musste, um die Idee einer Sprache zu realisiren? Kann man -diesen Mitteln nachspüren, und wie mussten sie gebraucht werden, wenn -durch sie der Zweck erreicht werden sollte? Fänden sich solche Mittel, -so liesse sich wohl eine Geschichte der Sprache ^a priori^ entwerfen. -Und sie finden sich allerdings. - -Zuvörderst: auf welchem Wege wurde die Idee von einer Sprache in dem -Menschen entwickelt? -- Es ist im Wesen des Menschen gegründet, dass er -sich die Naturkraft zu unterwerfen sucht. Die erste Aeusserung seiner -Kraft ist gerichtet auf die Natur, um sie für seine Zwecke zu bilden. -Selbst der roheste Mensch trifft irgend eine Vorkehrung für seine -Bequemlichkeit und seine Sicherheit; er gräbt sich Höhlen, bedeckt sich -mit Laub, und wenn er des Feuers etwa habhaft werden kann, zündet er -Holz an, um sich so gegen den Frost zu schützen. Er wird von allen -Seiten arbeiten, die feindselige Natur zu bezwingen, und wo er das nicht -kann, wird er sie scheuen. So fürchtet der Mensch den Donner, weil er -sich ausser Stande sieht, die Natur in dieser Aeusserung ihrer Kraft zu -beherrschen. Sollten wir Mittel finden, dieselbe auch hier zu bezwingen, -so würde sich jene Furcht bald verlieren. Der Mensch macht sich die -Thiere dienstbar, oder flieht sie, wenn er das erstere nicht vermag. So -war gewiss, ehe man die Kunst erfand, Pferde zu zähmen, dieses grosse -starke Thier dem Menschen ein Gegenstand des Schreckens: jetzt, da er es -sich unterworfen hat, fürchtet er es nicht mehr. - -In diesem Verhältnisse steht der Mensch mit der belebten und leblosen -^Natur^: er geht darauf aus, sie nach seinen Zwecken zu modificiren; -aber diese widerstrebt der Einwirkung, und nimmt oft genug sie gar nicht -an. Daher sind wir mit der Natur in stetem Kampfe, sind bald Sieger, -bald Besiegte, -- unterjochen oder fliehen. - -Wie verhält sich dagegen der Mensch ursprünglich gegen den ^Menschen -selbst^? Sollte wohl zwischen ihnen im rohen Naturzustande dasselbe -Verhältniss stattfinden, welches zwischen dem Menschen und der Natur -ist? Sollten sie wohl darauf ausgehen, sich selbst untereinander zu -unterjochen, oder, wenn sie sich dazu nicht Kraft genug zutrauen, -einander gegenseitig fliehen? - -Wir wollen annehmen, es wäre so: so würden gewiss nicht zwei Menschen -nebeneinander leben können; der Stärkere würde den Schwächeren -bezwingen, wenn dieser nicht flöhe, sobald er jenen erblickte. Würden -sie aber auf solche Art wohl jemals in Gesellschaft getreten, würde -durch sie die Erde bevölkert worden seyn? Ihr Verhältniss würde ganz so -gewesen seyn, wie es Hobbes im Naturstande schildert: Krieg aller gegen -alle. Und doch finden wir, dass die Menschen sich miteinander vertragen, -dass sie sich gegenseitig unterstützen, dass sie in gesellschaftlicher -Verbindung miteinander stehen. Der Grund dieser Erscheinung muss wohl in -dem Menschen selbst liegen: in dem ursprünglichen Wesen desselben muss -sich ein Princip aufzeigen lassen, welches ihn bestimmt, sich gegen -seinesgleichen anders zu betragen, als gegen die Natur. - -Ich weiss recht wohl, dass viele behaupten, die Menschen gingen von -Natur darauf aus, einander zu unterjochen. Was auch immer gegen diese -Behauptung sich einwenden lassen möge, so ist doch soviel gewiss: dass -sich aus der Erfahrung mancherlei scheinbare Gründe für dieselbe -auffinden lassen, und dass sie folglich der entgegengesetzten -Behauptung, wiefern diese auch nur als Erfahrungssatz aufgestellt würde, -in Rücksicht auf Gültigkeit gleichgesetzt werden könnte. Diese -entgegengesetzte Behauptung muss also eben darum, damit ihre Gültigkeit -entschieden sey, aus einem in der Natur des Menschen selbst liegenden -Principe abgeleitet werden. Wir wollen dieses Princip aufsuchen. - -Der Mensch geht darauf aus, die rohe oder thierische Natur nach seinen -Zwecken zu modificiren. Dieser Trieb muss untergeordnet seyn dem -höchsten Principe im Menschen, dem: sey immer einig mit dir selbst; nach -welchem Principe er in den allgemeinsten Aeusserungen seiner Kraft -beständig forthandelt, auch ohne sich desselben bewusst zu seyn. Der -Mensch sucht also -- nicht gerade aus einem deutlich gedachten, aber aus -einem durch sein ganzes Wesen verwebten, und dasselbe ohne alles -Hinzuthun seines freien Willens bestimmenden Princip -- die nicht -vernünftige Natur sich deswegen zu unterwerfen, damit alles mit seiner -Vernunft übereinstimme, weil nur unter dieser Bedingung er selbst mit -sich selbst übereinstimmen kann. Denn da er ein vorstellendes Wesen ist, -und in einer gewissen Rücksicht, die wir hier nicht zu bestimmen haben, -die Dinge vorstellen muss, wie sie sind: so geräth er dadurch, dass die -Dinge, die er vorstellt, mit seinem Triebe nicht übereinstimmen, in -einen Widerspruch mit sich selbst. Daher der Trieb, die Dinge so zu -bearbeiten, dass sie mit unseren Neigungen übereinstimmen, dass die -Wirklichkeit dem Ideale entspreche. Der Mensch geht nothwendig darauf -aus, alles, so gut er es weiss, ^vernunftmässig^ zu machen. - -Wenn er nun in diesen Versuchen auf einen Gegenstand stossen sollte, an -welchem sich die gesuchte Vernunftmässigkeit ohne seine Mitwirkung schon -äusserte, so wird er sich in Rücksicht auf diesen aller Bearbeitung wohl -enthalten, da er dasjenige, was einzig und allein durch sie -hervorgebracht werden soll, an dem entdeckten Gegenstande schon findet. -Er hat etwas gefunden, was mit ihm übereinstimmt; würde es nicht -ungereimt seyn, einen Gegenstand seinem Triebe entsprechend machen zu -wollen, der schon, ohne sein Zuthun, demselben entspricht? Das Gefundene -wird ihm ein Gegenstand des Wohlgefallens seyn: er wird sich freuen, ein -mit ihm gleichgestimmtes Wesen -- einen ^Menschen^ angetroffen zu haben. - -Aber woran soll er diese Vernunftmässigkeit des gefundenen -Gegenstandes erkennen? An nichts anderem, als woran er seine eigene -Vernunftmässigkeit erkennt -- am ^Handeln nach Zwecken^. -- Die blosse -Zweckmässigkeit des Handelns aber an sich allein würde zu einer solchen -Beurtheilung noch nicht hinreichen; sondern es bedarf noch der Idee des -Handelns nach veränderter Zweckmässigkeit, und zwar von einem Handeln, -das verändert ist nach unserer eigenen Zweckmässigkeit. Gesetzt, der -Naturmensch handle auf einen Gegenstand, der entweder nach gewissen -Regeln aufwächst, Früchte trägt u. s. w., oder einen, der nach einem -gewissen Instincte auf Nahrung ausgeht, schläft, erwacht u. s. w., und -den er deshalb als nach Zwecken handelnd beurtheilt. Sobald ein solcher -Gegenstand, auf den der Naturmensch seinen Zwecken gemäss gehandelt hat, -seinen Gang fortgeht, ohne nach Maassgabe jener Einwirkung eine -Veränderung in seinem Zwecke anzunehmen, so erkennt er ihn nicht für -vernünftig. Als zweckmässig und freihandelnd werde ich nur das Wesen -ansehen, das seinen Zweck, nachdem ich meinen Zweck auf dasselbe -anwende, auch ändert. Z. B., ich brauche Gewalt auf ein Wesen, und es -braucht sie auch, ich erzeige ihm eine Wohlthat, es erwiedert sie; so -ist immer Veränderung des Zweckes nach dem Zwecke, den ich für dasselbe -habe: mit anderen Worten, es ist eine ^Wechselwirkung^ zwischen mir und -diesem Wesen. Nur ein Wesen, das, nachdem ich meinen Zweck auf dasselbe -äusserte, den seinigen in Beziehung auf diese Aeusserung ändert, das z. -B. Gewalt braucht, wenn ich gegen dasselbe Gewalt brauche, das mir -wohlthut, wenn ich ihm wohlthue: nur ein solches Wesen kann ich als -vernünftig erkennen. Denn ich kann aus der Wechselwirkung, welche -zwischen ihm und mir eingetreten ist, schliessen, dass dasselbe eine -Vorstellung von meiner Handlungsweise gefasst, sie seinem eigenen Zwecke -angepasst habe, und nun nach dem Resultate dieser Vergleichung seinen -Handlungen durch Freiheit eine andere Richtung gebe. Hier zeigt sich -offenbar ein Wechsel zwischen Freiheit und Zweckmässigkeit, und an -diesem Wechsel erkennen wir die Vernunft. - -Der Mensch geht also nothwendig darauf aus, Vernunftmässigkeit ausser -sich zu finden; er hat einen Trieb dazu, der sich deutlich genug dadurch -offenbart, dass der Mensch sogar geneigt ist, leblosen Dingen Leben und -Vernunft zuzuschreiben. Beweise davon finden sich häufig genug in den -Mythologien und den Religionsmeinungen aller Völker u. s. w. Wie wir -gesehen haben, ist es der Trieb nach Uebereinstimmung mit sich selbst, -welcher den Menschen anleitet, Vernunftmässigkeit ausser sich -aufzusuchen. - -Eben dieser Trieb musste in dem Menschen, sobald er wirklich mit Wesen -seiner Art in Wechselwirkung getreten war, den Wunsch erzeugen, seine -Gedanken dem anderen, der sich mit ihm verbunden hatte, auf eine -bestimmte Weise andeuten, und dagegen von demselben eine deutliche -Mittheilung seiner Gedanken erhalten zu können. Denn ohne diese Auskunft -musste es sich häufig ereignen, dass der eine die Handlung des anderen -misverstand und auf eine Art erwiederte, die ganz gegen die Erwartung -des Handelnden war; ein Fall, der den Menschen in offenbaren Widerspruch -mit seinen Zwecken versetzte, und folglich geradezu gegen die -Uebereinstimmung mit sich selbst stritt, welche er bei der Aufsuchung -vernünftiger Wesen beabsichtigte. -- Ich meine es vielleicht mit jemand -gut, und will ihm mein Wohlwollen durch Handlungen zu erkennen geben. -Allein jener deutet diese Handlungen unrichtig und erwiedert sie durch -Feindseligkeiten. Ein solches Betragen muss nothwendig bei mir den -Gedanken veranlassen, dass der andere meine Absichten verkenne; und -diesem Gedanken muss bald der Wunsch folgen, ihm meine Gesinnungen auf -eine weniger zweideutige Art ankündigen zu können. - -So wie es mir mit anderen geht, so anderen mit mir. Wie leicht kann ich -die wohlmeinende Handlung eines anderen misverstehen und mit Undank -vergelten? So wie ich aber seine Absicht besser einsehe, so werde ich -wünschen mein Vergehen wieder gut zu machen, und um deswillen von seinen -Gedanken künftig besser unterrichtet zu seyn. -- Ich wünsche also, dass -der andere meine Absicht wissen möge, damit er mir nicht zuwiderhandle, -und aus gleichem Grunde wünsche ich, die Absichten des anderen zu -wissen. Daher die Aufgabe zur Erfindung gewisser Zeichen, wodurch wir -anderen unsere Gedanken mittheilen können. - -Bei diesen Zeichen wird indessen einzig und allein der ^Ausdruck^ -unserer Gedanken beabsichtiget. Wenn ich auf jemand erzürnt bin, so -zeigt sich ihm dieser Zorn allerdings durch feindliche Behandlung. Aber -da ist die Absicht bloss, meine Gedanken ^auszuführen^, nicht aber, ihm -ein ^Zeichen^ davon zu geben. Bei der Sprache aber ist lediglich die -^Bezeichnung^ Absicht, nicht als Ausdruck der Leidenschaft, sondern zum -Behufe einer gegenseitigen Wechselwirkung unserer Gedanken, ohne welche, -wie soeben bemerkt wurde, eine unserem Triebe angemessene Wechselwirkung -der Handlungen nicht bestehen kann. - -Durch die Verbindung mit Menschen wird also in uns die Idee geweckt, -unsere Gedanken einander durch willkürliche Zeichen anzudeuten -- mit -Einem Worte: ^die Idee der Sprache^. Demnach liegt in dem, in der Natur -des Menschen gegründeten Triebe, Vernunftmässigkeit ausser sich zu -finden, der besondere ^Trieb, eine Sprache zu realisiren^, und die -Nothwendigkeit, ihn zu befriedigen, tritt ein, wenn vernünftige Wesen -miteinander in Wechselwirkung treten. - -Wir denken uns bei der Sprache gewöhnlich nur ^Zeichen fürs Gehör^. Wie -es gekommen ist, dass wir uns mit unserer Sprache eben an diesen Sinn -wenden, wird in der Folge erklärt werden. ^Hier^ ist kein mögliches -Zeichen ausgeschlossen; so wie in der Ursprache sicher ebensowenig -irgend eins ausgeschlossen war.[34] - -Die Aufgabe zur Sprache ist jetzt vorhanden: wie soll ihr aber nun -Genüge geschehen? - -Die Natur offenbart sich uns besonders durch Gesicht und Gehör. Zwar -kündigt sie sich uns auch durch Gefühl, Geschmack und Geruch an: aber -die Eindrücke, welche wir auf diesen Wegen erhalten, sind theils nicht -lebhaft, theils nicht bestimmt genug, und wir lassen uns daher bei -äusseren Wahrnehmungen vorzüglich durch Gesicht und Gehör leiten, wenn -und wo uns der Gebrauch dieser Sinne nicht versagt ist. So wie die Natur -den Menschen etwas durch Gehör und Gesicht bezeichnete, gerade so -mussten sie es einander durch Freiheit bezeichnen. -- Man könnte -eine auf diese Grundregel aufgebaute Sprache die ^Ur-^ oder -^Hieroglyphensprache^ nennen. - -[Fußnote 34: Ich beweise hier nicht, dass der Mensch ohne Sprache nicht -denken, und ohne sie keine allgemeinen abstracten Begriffe haben könne. -Das kann er allerdings vermittelst der Bilder, die er durch die -Phantasie sich entwirft. Die Sprache ist meiner Ueberzeugung nach für -viel zu wichtig gehalten worden, wenn man geglaubt hat, dass ohne sie -überhaupt kein Vernunftgebrauch stattgefunden haben würde.] - -Die ersten Zeichen der Dinge waren, nach diesen Grundsätzen, hergenommen -von den Wirkungen der Natur: sie waren nichts weiter, als eine -Nachahmung derselben. Hier war die Mittheilung der Gedanken selbst -willkürlich, wie sie es bei jeder Sprache seyn muss, aber nicht die Art -dieser Mittheilung: es stand in meiner Willkür, ob ich dem anderen meine -Gedanken bezeichnen wollte, oder nicht; aber im Zeichen selbst war keine -Willkür. - -Diese Bezeichnung der Dinge durch die Nachahmung ihrer in die Sinne -fallenden Eigenschaften gab sich leicht. Der Löwe wurde z. B. durch die -Nachahmung seines Gebrülles, der Wind durch die Nachahmung seines -Sausens ausgedrückt. So wurden Gegenstände, die sich durch das Gehör -offenbaren, durch Töne ausgedrückt: andere, die sich durchs Gesicht -ankündigen, konnten im leichten Umriss etwa im Sande nachgebildet -werden. Z. B. Fische, Netze, mit einigen Gesticulationen und Winken -gegen das Ufer hin begleitet, waren für den, an welchen diese Zeichen -gerichtet waren, eine Aufforderung zum Fischen. - -Diese Sprache war leicht erfunden, und hinreichend, wenn etwa zwei -beisammen waren, um sich zu unterhalten, oder in der Nähe zusammen -arbeiteten. Jeder giebt auf des anderen Zeichen Acht: der eine ahmt -einen Ton nach, der andere auch; der eine zeichnet etwas mit dem Finger, -der andere auch. So verstehen sie einander: der eine weiss, was der -andere denkt, und dieser weiss, was jener will, dass er denken solle. -Man stelle sich aber vor, dass diese zwei für sich arbeiten und entfernt -von einander sind, z. B. auf der Jagd. Einer will dem anderen einen -Gedanken mittheilen, der sich nur durch ein Zeichen fürs Gesicht -ausdrücken lässt; aber zum Unglück richtet der andere seine Blicke nicht -auf ihn, oder kann seine Zeichen wegen der grossen Entfernung nicht -bestimmt erkennen. Hier ist die Unterredung unmöglich. - -Ferner: man denke sich mehrere, die um sich zu berathschlagen versammelt -sind. -- Dies wird bei rohen und uncultivirten Menschen, wie wir hier -sie uns denken, oft der Fall seyn, weil sie oft des gegenseitigen Rathes -bedürfen. -- Man erwäge, ob die angenommene Hieroglyphensprache für eine -so grosse Gesellschaft bequem seyn werde. Gesetzt, es sind ihrer zehn -beisammen; während einer redet und acht zuhören, fällt es dem zehnten -ein, auch etwas vorzutragen. Aber alle seine Zeichen werden nicht -beobachtet, weil die übrigen auf den ersten merken. Wie soll er es -anfangen, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen? - -Man erinnere sich einer Bemerkung, welche die tägliche Erfahrung -bestätigt. -- Das Gehör leitet unwillkürlich die Augen: man richtet sich -nach der Gegend, wo ein Schall herkam, selbst ohne sich mit Bewusstseyn -die Absicht zu denken, der Ursache dieses Schalles nachzuspüren; ja, man -hat oft Mühe, sich des Hinsehens zu erwehren. Da es der vorausgesetzten -Person in der Ursprache freisteht, sich sowohl fürs Gesicht, als fürs -Gehör auszudrücken, so wird er, unserer, nicht gerade deutlich -gedachten, aber dunkel gefühlten Bemerkung zufolge, auf den letzteren -Sinn zu wirken suchen, um die Gesellschaft fürs erste nur aufmerksam auf -sich zu machen, und mag vielleicht zuerst einen unarticulirten Ton, etwa -ein ^Hm!^ von sich geben. Jetzt werden die anderen ihre Blicke auf ihn -richten, und er kann durch Zeichen für das Gesicht mit ihnen sprechen. -Aber sie sind vielleicht in den Gedankenkreis desjenigen, der zuerst zu -ihnen sprach, und der jetzt unterbrochen ist, unwiderstehlich -hineingerissen, er allein interessirt sie, und sie wenden ihre Blicke -von dem Zehnten wieder hinweg. Dies wird demselben nicht gleichgültig -seyn. Er ist überzeugt, dass das, was er vortragen will, von der -grössten Bedeutung sey, -- und wird sich nicht so ruhig gefallen lassen, -dass seine Rede so wenig Eingang findet. Je stärker in ihm das Verlangen -ist, sich mitzutheilen, desto lebhafter muss er auch sein Unvermögen -fühlen, durch Zeichen fürs Gesicht der Versammlung seine Gedanken -bemerkbar zu machen: und dieses Unvermögen, verbunden mit der Erinnerung -an die Wirkung, welche der Laut, den er gleich anfangs von sich gab, auf -die Gesellschaft machte, muss nothwendig die Vorstellung in ihm -veranlassen, dass er die Gesellschaft nöthigen würde, auf seine ganze -Rede zu achten, wenn sein Vortrag aus blossen Gehörzeichen bestehen -würde. - -Noch mehr. Man verwandle die vorausgesetzte Gesellschaft in eine solche, -wo jeder reden will -- jeder wird wünschen, dass er die -Hieroglyphensprache, in welcher Zeichen fürs Gesicht mit Gehörzeichen -abwechseln, in eine blosse Gehörsprache umschaffen könnte, um mehr -Eingang und Aufmerksamkeit zu finden. Durch eine solche Auskunft würde -auch derjenige, der sich in dem zuerst angeführten Falle befand, in den -Stand gesetzt werden, dem anderen auch in der Entfernung, oder in der -Dunkelheit seine Gedanken anzuzeigen. - -Durch diese Mängel der Ursprache, dass sie die Aufmerksamkeit nicht -erregt, sondern sie schon voraussetzt, dass sie nur in der Nähe und am -Tage anwendbar ist, entstand nothwendig ^die Aufgabe, dieselbe in eine -blosse Gehörsprache zu verwandeln^. - -Wie soll nun aber diese Aufgabe gelöst werden? Wie soll der Mensch -Gegenstände, die sich durch den Ton nicht charakterisiren, durch Töne -bezeichnen? Der Hirt wird sein Vieh, und die Feinde desselben, den -Löwen, den Tiger, den Wolf, durch die Nachahmung ihrer Stimmen -bezeichnen. Aber wie soll er einen Fisch, Vegetabilien und andere -Gegenstände, welche uns die Natur nicht durch Töne ankündigt, fürs Gehör -bezeichnen? - -Dazu kommt noch, dass, so wie sich allmählig die Bedürfnisse der -Menschen vermehren, auch immer mehr Dinge in Gebrauch kommen, z. B. -Zelte, Netze und andere Werkzeuge, die, ihrer Natur nach, keinen Ton von -sich geben. Und doch soll auch für diese ein bezeichnender Laut gefunden -werden. - -Man beruft sich gewöhnlich, um die Erfindung solcher Bezeichnungen zu -erklären, auf Verabredung: man nimmt an, die Menschen, in einer Lage, -die ihnen eine Gehörsprache nothwendig machte, wären übereingekommen, -diesen Gegenstand ^Fisch^, jenen ^Netz^ zu nennen u. s. w. Allein dies -ist grundlos. Denn erstlich: wie sollte man auch nur auf den Einfall -gekommen seyn, Gegenstände durch willkürliche Töne bezeichnen zu wollen, -nachdem man sie bisher immerfort durch natürliche Zeichen ausgedrückt -hatte? Dann: wie kam es, dass derjenige, welcher die Töne vorschlug, sie -selbst nicht wieder vergass, oder noch mehr -- dass sie von der ganzen -Horde behalten wurden? Endlich: wie wäre es denkbar, dass eine Menge -ungebundener Menschen sich dem Ansehen eines Einzigen unbedingt -unterworfen -- dass sie einen Vorschlag, der sich auf nichts, als die -Willkür dieses Einzigen gründete, so willig angenommen hätten? - -Noch ist bei der ganzen Deduction der Sprache, und insbesondere bei der -gegenwärtigen Untersuchung, wohl zu merken, dass die verschiedenen -Momente der Erfindung und Modification einer Sprache nicht so schnell -auf einander gefolgt sind, als sie hier erzählt werden. Wer weiss, wie -viel tausend Jahre verflossen sind, ehe die Ursprache Sprache fürs Gehör -wurde? - -Ferner ist es durch die Erfahrung bestätigt, dass die Sprachen sich -immer ändern, immer neue Modificationen annehmen; dass aber diese -Veränderlichkeit nach Maassgabe der Cultur, welche eine bestimmte -Sprache hat, sich stärker oder schwächer äussert. Vorzüglich zeigt sich -durch Erfahrung, dass die Sprache sich am meisten bei einem Volk ändert, -das noch nicht schreibt, sondern bloss spricht; weil der ursprüngliche -Ton eines Zeichens, wenn er einmal verloren gegangen ist, nirgends -wieder aufgefunden werden kann. Wo aber geschrieben wird, da wird der -Ton festgehalten, und es lässt sich immer wieder bestimmen, wie ein Wort -ausgesprochen werden muss. Durch Erfindung der Buchstaben wurde also die -Sprache sehr befestigt. - -Eine lebende Sprache verändert sich demnach immer im umgekehrten -Verhältniss mit ihrer Cultur: je mehr Ausbildung sie erhalten hat, desto -weniger rückt sie vorwärts, je uncultivirter sie noch ist, desto mehr -modificirt sie sich; und sie verändert sich am stärksten, wenn ihre -Laute noch nicht durch Schriftzeichen festgehalten werden. Diese -Bemerkung brauchen wir, um uns zu erklären, wie die Ursprache sich in -Gehörsprache verwandelt hat. - -Nach diesen Vorerinnerungen kommen wir zur Beantwortung der Frage -selbst: wie liess sich ^Hieroglyphensprache^ in ^Gehörsprache^ -umschaffen? - -In der Ursprache mussten bald die Zeichen fürs Gehör, welche Nachahmung -natürlicher Töne waren, z. B. die Bezeichnung des Löwen, des Tigers u. -s. w., die durch das ihnen eigenthümliche Gebrüll ausgedrückt wurden, -merkliche Veränderungen leiden. Bei einem Volke, das -- wie von den -Stämmen der Wilden bekannt ist -- die Zusammenkünfte liebt, in -Gesellschaft arbeitet und schmaust u. s. w., wird es leicht dahin -kommen, dass Ein Mensch durch die Ueberlegenheit seines Geistes einen -Vorzug vor den übrigen behauptet, und, ohne durch Stimmen dazu erwählt -zu werden, den Heerführer im Kriege, und in ihren Versammlungen den -Sprecher vorstellt. Ein solcher Mensch, auf dessen Reden man vorzüglich -achtet, wird sich durch Gewohnheit eine Geläufigkeit im Sprechen -erwerben, und durch diese Geläufigkeit bald dahin kommen, dass er die -Dinge nur flüchtig bezeichnet, sich es nicht übel nimmt, den oder jenen -Ton im Reden zu überspringen. Man wird sich an diese Abweichung bald -gewöhnen, und diese flüchtigere Bezeichnung leicht verstehen lernen. -Allmählig wird er sich von der eigentlichen Nachahmung der natürlichen -Töne immer mehr entfernen, seine Bezeichnung wird nach und nach -flüchtiger, kürzer und leichter werden; so dass sich -- vielleicht nach -einem Zeitraum von einigen Jahrzehnden schon -- zwischen seiner -Bezeichnung eines Gegenstandes und dem natürlichen Ton, durch welchen -sich dieser dem Gehör ankündigt, kaum noch eine Aehnlichkeit wird -entdecken lassen. Die Anderen, die sich bemühen, diese leichteren -Gehörzeichen verstehen zu lernen, werden es bald bequemer finden, diese -Art zu sprechen, die sich durch ihre grössere Leichtigkeit empfiehlt, -auch nachzuahmen. - -Je weiter nun die Menschen in dieser von der Natur sich entfernenden -Bezeichnungsart fortgingen, desto lebhafter musste sich ihnen, selbst -bei der flüchtigsten Aufmerksamkeit auf sich selbst und ihre Art, sich -auszudrücken, die Bemerkung aufdringen, dass, da man Dinge fürs Gehör -auf eine andere Art, als sie von Natur tönen, ausdrücken könne, man -vielleicht auch Dinge, die an sich tonlos sind, durch einen Ton -bezeichnen könnte. -- Welchen Weg musste man nun einschlagen, um diesen -Gedanken zu realisiren? - -Wenn auch gewisse Dinge sich nicht ausdrücklich unserem Ohr ankündigen, -so kömmt ihnen doch zufälligerweise, unter besonderen Umständen, ein Ton -zu. Z. B. der ^Reif^ hat an sich keinen Ton, wenn man aber über -denselben weggeht, so entsteht ein gewisses charakteristisches Rauschen, -von welchem er leicht benannt werden konnte: der ^Wald^ tönt an sich -nicht, wohl aber, wenn man durchs Gesträuche geht, u. s. w. Oft konnte -auch ein Zufall, welcher sich ereignete, als gerade ein Mensch mit der -Betrachtung eines Gegenstandes sich beschäftigte, die Erfindung eines -Tons für denselben veranlassen. Z. B. jemand sah eine Blume, indem flog -eine Biene, welche Honig aus derselben gesaugt hatte, sumsend davon; er -sah beides noch nie, in seiner Phantasie vereinigte sich jetzt das -Sumsen mit dem Gedanken an die Blume, und diese Verbindung leitete ihn -sehr natürlich darauf, für die Blume und Biene eine Bezeichnung zu -finden. - -Auf diese Weise kam man darauf, Dinge nach gewissen, zufällig mit ihnen -verbundenen, oder auf sie bezogenen Tönen zu benennen. Man denke sich -nun den Trieb, eine Zeichensprache in Gehörsprache umzuschaffen, selbst -dann noch in fortdauernder Wirksamkeit, als schon die bekanntesten -Gegenstände -- diejenigen, die im Kreise der täglichen Beschäftigungen -des Menschen lagen, für das Ohr bezeichnet waren: so ist es sehr -begreiflich, wie man endlich darauf geleitet wurde, auch Töne zu -Bezeichnung eines Gegenstandes festzusetzen, zu welchen auch nicht -einmal ein zufälliger Laut Veranlassung gab. Um die Bedeutung eines -solchen Tones zu erklären, musste der Erfinder ihn durch andere schon -bekannte Töne erläutern, durch deren Zusammensetzung er selbst neue -Worte bilden konnte. So war es ihm leicht möglich, durch -Zusammenstellung mehrerer Töne, deren Gegenstände mit dem zu -bezeichnenden Objecte in gewisser Beziehung standen, seine Sprache mit -neuen Bezeichnungen zu ^bereichern^. - -Aber wer war es denn, der für die Erfindung und Ausbildung einer -Gehörsprache zu sorgen hatte? und wie konnte eine solche willkürliche -Bezeichnung, die von einem Individuum aufgestellt wurde und wozu in dem -Gegenstande entweder gar keine oder nur eine zufällige Veranlassung war, -als ein allgemeinverständlicher Ausdruck in Umlauf gebracht werden? Der -Natur der Sache nach musste dieses Geschäft vorzüglich dem Hausvater und -der Hausmutter einer Familie angehören, die bei ihren häuslichen -Geschäften oft Gelegenheit hatten, mancherlei neue Töne zu erfinden, -womit sie ihren Hausgenossen die Bearbeitung eines Gegenstandes in einem -Ausdrucke auftragen konnten, den sie anfänglich durch Vorzeigung des -Gegenstandes erklärten. Durch den häufigen Gebrauch wurden diese -Ausdrücke dem Vater und der Mutter selbst geläufiger. - -Allein, wenn auch der Hausvater sich durch die von ihm erfundenen -Bezeichnungen seiner Familie verständlich machte; wenn ihm auch z. B. -sein Sohn, wenn er eine ^Rose^ verlangt hatte, die Blume brachte, welche -er mit diesem Ausdruck meinte: wie sollte dies Wort in der ganzen Horde -gemeinbekannt werden? Warum sollte doch der zweite und dritte Nachbar -nicht die Freiheit gehabt haben, die ^Rose^ anders zu benennen? Mithin -liesse sich aus dem Vorgetragenen nur erklären, wie die ^Sprache der -Familie^ gebildet und erweitert wurde; nicht aber, wie die Sprache der -ganzen Horde sich entwickeln konnte. -- Dieser Einwurf lässt sich auf -folgende Art auflösen. - -Es wird unter uncultivirten Völkern immer wenige geben, welche Kopf und -Lust genug besitzen, sich mit Ausbildung der Sprache vorzüglich zu -beschäftigen. Daher werden diejenigen, welche Fähigkeit und Neigung zu -diesem mühsamen Geschäfte zeigen, schon dadurch bald über die Horde -grossen Einfluss gewinnen. Wenn nun dieselbigen Menschen ausser diesem -Verdienste auch noch andere Talente besitzen, die sie zur Besorgung der -öffentlichen Angelegenheiten ihres Volkes geschickt machen (und dies -lässt sich um so leichter annehmen, da die Menschen, wie wir sie hier -uns denken, noch nicht durch äussere Verhältnisse zu einer einseitigen -Bildung verleitet, leicht von mehreren Seiten zugleich sich auszeichnen -konnten): so werden sie bald an der Spitze der Horde stehen, und in -ihren Rathsversammlungen das Wort führen. Diese werden nun die -Bezeichnungen, die sie für die Bedürfnisse ihrer Familie erfunden -hatten, in die Volksversammlung bringen; man wird sie annehmen und -fortbrauchen. Auf diese Art wird sich die Erfindung eines Hausvaters -bald durch die ganze Horde verbreiten. - -Aber wie sollte man diese Ausdrücke immer verstehen und behalten? -- Man -muss sich nur nicht vorstellen, dass dies alles auf einmal und plötzlich -geschehen sey. Der Sprecher brachte nicht etwa ganze Reihen neuer Töne -vor, die er auf einmal zu behalten ausdrücklich aufgab; sondern die -Ausdrücke kamen im Fluss der Rede einzeln vor, und waren, wenn auch -nicht an sich, doch durch den Zusammenhang mit anderen bekannten Worten -verständlich. Aller Augen und Ohren sind auf den Redner gerichtet; man -merkt genau auf ihn, prägt sich das Gehörte sorgfältig ein, und -gebraucht die gelernten Zeichen nachher auch in seiner Familie. - -Bisher waren wir beschäftigt, zu zeigen, wie ^einzelne Gegenstände^ fürs -Gehör bezeichnet wurden. Mit mehreren Schwierigkeiten wird die uns nun -bevorstehende Untersuchung über Bezeichnung ^allgemeiner Begriffe^ -verbunden seyn. Es giebt in der Wirklichkeit keinen Gegenstand, der, -ausser dem Merkmale seines Geschlechts, nicht auch das Merkmal einer -besonderen Gattung dieses Geschlechts an sich trüge. Es giebt zum -Beispiel keinen Gegenstand, von welchem sich weiter nichts sagen liesse, -als dass er ein ^Baum^, und nicht zugleich, dass er etwa eine ^Birke^, -^Eiche^, ^Linde^ u. s. w. sey. Wie kam man demnach darauf, ^allgemeine -Begriffe^, z. B. den des Baumes, auszudrücken? - -Zu Bezeichnungen der ^Gattungsbegriffe^ gelangte man sehr leicht. Ein -Hausvater zeigte einem seiner Kinder eine Blume, die er ^Rose^ nannte. -Bald darauf schickt er es, ihm die Rose zu holen. Das Kind hatte mit -diesem Tone gewiss den Begriff jener bestimmten individuellen Blume -verbunden, welche ihm der Vater gezeigt hatte. Es findet aber die -bestimmte Blume nicht mehr, doch erblickt es daneben eine Blume von -gleicher Gestalt, welche dem Kinde nun auch Rose heisst. Es reisst sie -ab und bringt sie dem Vater, der die Blume als Rose anerkennt. So kommen -beide überein, dass der Schall Rose nicht bloss jenen einzelnen -Gegenstand auf jener bestimmten Stelle, sondern überhaupt alle Blumen -von derselben Gestalt, derselben Farbe, demselben Geruche bedeute. -- So -war vielleicht in der gleichen Zeitreihe mit dem ersten Versuche einer -Gehörsprache die Bezeichnung der Gattungsbegriffe möglich. -- Richtig -ist überhaupt, dass die Gattungsbegriffe sich eher entwickelten, als die -des Geschlechts, weil, um sich die letzteren zu denken, ein höherer Grad -von Abstraction erfordert wird. Folglich mussten auch wohl die -Bezeichnungen für jene früher entstanden seyn, als die Bezeichnungen für -die letzteren. Auch ist kein so dringendes Bedürfniss da, den -^Geschlechtsbegriff^ -- z. B. den des ^Baums^ zu bezeichnen, als etwa -die ^Gattungsbegriffe Birke, Eiche^ u. s. w. - -Diejenigen Namen von ^Gattungsbegriffen^, denen das Zeichen des -Geschlechtsbegriffs, zu welchem sie gehören, nicht angehängt ist, -sind gewiss früher erfunden worden, als die Namen ihrer -^Geschlechtsbegriffe^; hingegen, wo man den Ausdrucke eines -Gattungsbegriffs die Bezeichnung seines Geschlechts beigefügt findet, da -ist der erstere gewiss später erfunden worden. So sagt man nicht -Birken^baum^, Fichten^baum^, weil die Namen dieser Gattungen von Bäumen -früher waren, als die Bezeichnung des Geschlechts. Hingegen sagt man -Birn^baum^, Apfel^baum^, Nuss^baum^ u. s. w., weil hier der -Gattungsbegriff später zu unserer Kenntniss kam, als der seines -Geschlechts. Denn es ist bekannt, dass diese Gattungen von Bäumen in -Deutschland nicht einheimisch, sondern erst zu uns gebracht worden sind, -da schon die wilden Baumarten, und das Geschlecht selbst bezeichnet war. -Man nannte demnach die nun eingeführten fremden Bäume, ehe man einen -bestimmten Namen für sie wusste, mit dem Geschlechtsworte: ^Bäume^. Die -Frucht hatte indess schon vorher einen Namen, den man vielleicht durch -die Kaufleute erfahren hatte, und so entstand denn der Ausdruck: -Apfelbaum, Birnbaum u. s. w. - -Sehr abstracte Begriffe wurden erst ganz spät benannt, und die Zeichen -derselben sind öfters vorher Zeichen der Gattung gewesen. -- Einer der -allerabstractesten Begriffe ist der eines ^Dinges^; durch welches Wort -ein ^Seyendes überhaupt^ bezeichnet wird. Im Deutschen ist die Ableitung -dieses Wortes weniger verwickelt, als im Lateinischen, da das Wort ^Ens^ -in dieser Sprache nicht das Existiren, sondern den reinen Begriff des -Seyns ausdrückt. Im Deutschen hiess wohl anfänglich alles, was als -Werkzeug zu etwas gebraucht wird, ein ^Ding^. Dies sieht man bei Kindern -und ungebildeten Menschen, die anstatt des eigentlichen Ausdrucks (wenn -sie etwas entweder noch nicht kennen, oder sich dessen nicht sogleich -entsinnen können) z. B. für ^Feder^ sagen: ein ^Ding^, womit man -schreibt. -- Diese Bedeutung des Wortes ^Ding^ bestätigt sich dadurch, -dass es sehr nahe mit ^Düng^ und ^Dung^ zusammenhängt, und auch sonst -oft damit verwechselt wurde. Z. B. bei Luther kommt das Wort Ding häufig -als Endung eines Wortes vor; als, statt ^Deutung^ -- ^Deutding^ u. s. -w., und wenn man in den älteren Denkmälern unserer Sprache nachforschen -wollte, so würde man es noch öfter in dieser Gestalt finden. Nach und -nach schob man nun diesem Worte einen höheren Sinn unter, und so wurde -endlich aus der Bezeichnung eines Gattungsbegriffs, aus dem Ausdrucke -für ein Etwas, das zum Behuf eines anderen da ist, die Bezeichnung eines -der allgemeinsten Begriffe, die Bezeichnung eines ^Etwas überhaupt^. - -Noch mehr Schwierigkeit findet sich bei der Erklärung des Wortes ^seyn^. -^Seyn^ drückt den höchsten Charakter der Vernunft aus, und der Mensch -muss sehr ausgebildet seyn, um sich zu der reinen Vorstellung desselben -erheben zu können. Da wir indess die Worte: ^seyn^, ich ^bin^, du ^bist^ -u. s. w. auch in den Sprachen uncultivirter Völker antreffen, so kann es -wohl jene hohe, nur der schärfsten Abstraction zugängliche Idee nicht -seyn, was ursprünglich durch diese Zeichen ausgedrückt wurde. Sie -bezeichnen in jenen früheren Perioden einer Sprache -- was sie auch uns -in den meisten Fällen, wo wir uns ihrer bedienen, bedeuten -- das -^Dauernde^ im Gegensatz des ^Wandelbaren^, oder den ^sinnlichen Begriff -der Substanz^. Es versteht sich, dass ich dieses Wort hier in dem Sinne -nehme, in welchem man es vor der Wissenschaftslehre genommen hat, und -nehmen musste. Ich erkläre den Begriff der ^Substanz^ transscendental -nicht durch das ^Dauernde^, sondern durch ^synthetische Vereinigung -aller Accidenzen^. Die Dauer ist nur ein sinnliches Merkmal der -Substanz, welches man aus dem Zeitbegriff hineinträgt. Offenbar ist -nicht das Dauernde, sondern nur das Wandelbare Gegenstand unserer -Wahrnehmungen. Denn da jede äussere Vorstellung nur durch ein -Afficirtwerden entsteht, welches nur dadurch möglich ist, dass ein -Eindruck auf unser Gefühl geschieht, folglich eine Veränderung in uns -veranlasst wird: so ist klar, dass jeder Gegenstand, dessen wir uns -bewusst werden sollen, sich uns durch und in einer Veränderung -ankündigen müsse. Etwas Bleibendes ist demnach nicht wahrnehmbar; aber -wir müssen alle Verwandlung auf etwas Bleibendes beziehen -- auf ein -dauerndes Substrat, welches aber nur ein Product der Einbildungskraft -ist. Auf dieses Substrat wird nun das Wort ^seyn^ oder ^ist^ angewendet. -Keine Handlung unseres Geistes wäre ohne ein solches Substrat, und ohne -eine Bezeichnung für dasselbe keine Sprache möglich. Daher kömmt das -Wort ^seyn^ in einer Sprache vor, sobald sie nur anfängt, sich zu -entwickeln. Aber es kömmt unter keiner anderen Bedeutung vor, als dass -es das ^Dauernde^, welches allem Wechsel zum Grunde liegt, anzeigt. - -Eine andere noch schwierigere Untersuchung, welche wir anzustellen -haben, betrifft die Erfindung von Zeichen für ^geistige Begriffe^. Zuvor -muss der Begriff dagewesen seyn, ehe man eine Bezeichnung für ihn suchen -konnte. Wir wollen also zuerst versuchen, den Weg, auf welchem jene -Ideen sich entwickelten, ausfindig zu machen. - -So lange der Mensch, durch Nothdurft getrieben, nur um Befriedigung -sinnlicher Bedürfnisse bekümmert ist, wird er zum Nachdenken, und -insbesondere zur Entwickelung geistiger Begriffe keine Zeit haben. -Sobald aber die Sinnlichkeit bis zu einem gewissen Grade ausgebildet -ist, und der Mensch sich eine Geschicklichkeit erworben hat, sich seine -Bedürfnisse leicht zu verschaffen, wird er auch durch den der Seele -einwohnenden Trieb des Fortschreitens angeleitet werden, geistigen Ideen -nachzuforschen. Er wird gewohnt, eine sinnliche Erscheinung sich aus -einer anderen, und diese wieder aus einer dritten zu erklären. Wenn ihm -nun bei diesem Erklärungsgeschäft eine und dieselbe Erscheinung sehr oft -vorkommt, so wird er diese, als die letzte Ursache aller übrigen, -annehmen. Hier wird seine Forschung vielleicht eine Zeitlang befriedigt -stillestehen; aber bald wird er auch von der Erscheinung, welche ihm bis -jetzt letzte Ursache war, wieder den Grund aufsuchen, und so zuletzt aus -dem Sinnlichen zum Uebersinnlichen übergehen müssen. -- So ist nach und -nach das Urtheil entstanden: es ^ist^ eine Welt, mithin ^auch^ ein -Gott.[35] - -[Fußnote 35: Dieses Urtheil ist durch die kritische Philosophie -angefochten worden, als eine Täuschung. -- Aus dem Gesichtspuncte des -philosophischen Räsonnements können wir nicht sagen: es ^ist^ eine Welt. -Das, was ausser mir ist, kann ich bloss fühlen, und in dieser Rücksicht -nur ^glauben^. Dass Dinge ausser mir sind, ist also blosser -Glaubensartikel; und wie will man aus etwas, das bloss geglaubt werden -kann, etwas Erweisbares, einen demonstrativen Vernunftsatz machen? -- -Dieser Einwurf geht aber nur gegen den Philosophen, der -- anstatt, wie -er sollte, das Theoretische von dem Praktischen, das, was innerhalb der -Grenzen des Gefühls geglaubt wird, von dem was über diese Grenzen -hinaus, im Gebiete des Verstandes erkannt wird, scharf zu unterscheiden --- etwas bloss zu ^Glaubendes^ für etwas ^Erkennbares^ annimmt, und auf -dieses vermeintlich Erkennbare einen Beweis gründen will, der ^seinem -Gehalte nach^ für den Verstand gültig seyn soll. Dass Dinge ausser uns -sind, ^erkennen^ wir nicht; das Daseyn dieser Dinge wird uns nur ^durchs -Gefühl^ und im Gefühl gegeben, und ist also bloss Gegenstand des -^Glaubens^. Nun ist es wohl ein einleuchtender Widerspruch, aus einem -solchen ^Glauben^ die Existenz irgend eines Uebersinnlichen ^erweisen^, -aus etwas Geglaubtem auf ein Uebersinnliches einen Schluss machen zu -wollen, der für den Verstand, und nicht bloss für das Gefühl -überzeugende Kraft hätte. Ein solcher Schluss würde die Forderung -enthalten: entweder, dass der ^Verstand^, der, inwiefern er Verstand -ist, nur erkennen, und nur durch Erkanntes überzeugt werden kann, -^glauben^; oder, dass das ^Gefühl^, welches, als Gefühl, uns nur etwas -zum glauben geben kann, ^erkennen^ soll. -- Also aus dem bloss gefühlten -Daseyn der Dinge ausser uns können wir nicht erweisen, dass ein Gott -^sey^. - -Aber aus einem Gefühle lässt sich leicht ein anderes entwickeln: wir -können von einem Gefühle auf die Annehmbarkeit eines anderen, mithin von -dem Glauben an die Dinge ausser uns, auf die Glaubwürdigkeit des Daseyns -eines höchsten übersinnlichen Wesens schliessen. Diesen Schluss macht -der ^gemeine Menschenverstand^; und, da es ihm nicht obliegt, Gefühl und -Erkenntniss streng zu unterscheiden, er auch gar nicht vorgiebt, sie -unterschieden zu haben: so wäre es ein blosser Misverstand, wenn man -gegen das Urtheil des gemeinen Verstandes, »dass ein Gott ^sey^,« jenen -Einwurf der Kritik geltend machen wollte.] - -Hat sich aber der gemeine Verstand einmal zu der Idee einer -übersinnlichen Ursache der Welt erhoben, so entdeckt er von diesem hohen -Gesichtspuncte aus bald auch die übrigen geistigen Ideen: der ^Seele^, -^Unsterblichkeit^, u. s. w. - -So wie sich nun bei einem Menschen diese Ideen mehr und mehr aufklärten, -regte sich auch in ihm der Trieb, andere mit dem, was er erforscht -hatte, bekannt zu machen; denn nie ist der Trieb, sich mitzutheilen, -lebhafter, als bei neuen und erhabenen Gedanken. Es mussten also auch -Zeichen für jene Vorstellungen aufgefunden werden. Diese Zeichen finden -sich bei übersinnlichen Ideen aus einem in der Seele des Menschen -liegenden Grunde sehr leicht. Es giebt nemlich in uns eine Vereinigung -sinnlicher und geistiger Vorstellungen durch die Schemata, welche von -der Einbildungskraft hervorgebracht werden. Von diesen Schematen wurden -Bezeichnungen für geistige Begriffe entlehnt. Nemlich das Zeichen, das -der sinnliche Gegenstand, von welchem das Schema hergenommen wurde, in -der Sprache schon hatte, wurde auf den übersinnlichen Begriff selbst -übergetragen. Diesem Zeichen lag nun freilich eine Täuschung zum Grunde, -aber durch dieselbe Täuschung wurde es auch verstanden, weil bei dem -anderen, welchem der geistige Begriff mitgetheilt wurde, an dem gleichen -Schema auch der gleiche Gedanke hing. -- So muss, um ein recht -auffallendes Beispiel zu geben, die Seele, das Ich, als unkörperlich -gedacht werden, insofern es der Körperwelt entgegengesetzt ist. Wenn es -aber vorgestellt werden soll, so muss es ausser uns gesetzt, folglich -unter die Gesetze, nach welchen Gegenstände ausser uns vorgestellt -werden, unter die Formen der Sinnlichkeit gebracht, und mithin im Raume -vorgestellt werden. Hier ist ein offenbarer Widerstreit des Ich mit sich -selbst: die Vernunft will, dass das Ich als unkörperlich vorgestellt -werde, und die Einbildungskraft will, dass es nur als den Raum -erfüllend, als körperlich erscheine. Diesen Widerspruch sucht der -menschliche Geist dadurch zu heben, dass er etwas, als Substrat des Ich, -annimmt, das er allem, was er als grobkörperlich kennt, entgegensetzt. -Also wird der Mensch, wenn er noch gewohnt ist, Materialien zu seinen -Vorstellungen vorzüglich durch den Sinn des Gesichts zu erhalten, zu -einer Vorstellung des Ich einen solchen Stoff wählen, der nicht in die -Augen fällt, den er aber sonst wohl spürt, z. B. die ^Luft^, und wird -die Seele ^Spiritus^ nennen. - -Diese Art der Bezeichnung verfeinert sich nach Maassgabe der -Verfeinerung der Begriffe. Eine Philosophie, die alles aus Wasser -entstehen lässt, und folglich Wasser für das erste und feinste Element -hält, würde die Seele durch ^Wasser^ bezeichnen. Bei zunehmender -Verfeinerung der Begriffe wird sie durch Luft, ^anima^, ^spiritus^, -ausgedrückt; und bei noch höherer Cultur, wenn man schon von Aether -hört, wird man sie durch ^Aether^ bezeichnen. -- Auf diese Art werden -für geistige Begriffe Bezeichnungen gefunden. - -Die Uebertragung sinnlicher Zeichen auf übersinnliche Begriffe ist -indess Ursache einer Täuschung. Der Mensch wird nemlich durch diese -Bezeichnungsart leicht veranlasst, den geistigen Begriff, welcher auf -eine solche Weise ausgedrückt worden ist, mit dem sinnlichen -Gegenstande, von welchem das Zeichen entlehnt wird, zu verwechseln. Der -Geist wurde z. B. durch ein Wort bezeichnet, welches den ^Schatten^ -ausdrückt: sogleich denkt sich der ungebildete Mensch den Geist als -etwas, das aus Schatten bestehe. Daher der Glaube an Gespenster, und -vielleicht die ganze Mythologie von ^Schatten im Orcus^. - -Die Täuschung war aber unvermeidlich; man konnte jene Begriffe nicht -anders bezeichnen. Wer demnach seine Denkkraft noch nicht genug geübt -hatte, um dem gebildeten Geiste des Forschers, der zuerst jene geistigen -Ideen in sich entwickelte, in seinen schärferen Abstractionen folgen zu -können, der konnte auch unmöglich den Sinn fassen, in welchem jener die -bildlichen Ausdrücke verstand. Ein solcher glaubte also, es wäre bloss -von den sinnlichen Gegenständen, von welchen die vorgetragenen Zeichen -entlehnt waren, die Rede, und dachte sich also die geistigen Gegenstände -sehr materiell. -- Daher entsteht auch nicht aller Aberglaube durch -Betrügerei, sondern dadurch, dass geistige Ideen nicht anders, als durch -sinnliche Worte ausgedrückt werden konnten, und dass derjenige, der sich -nicht bis zum Bezeichneten erheben konnte, bei dem ersten rohen Zeichen -stehen blieb. - -Bisher beschäftigte sich unsere Untersuchung bloss mit der Frage: wie -kamen die Menschen darauf, einzelne Gegenstände durch in die Sinne -fallende Zeichen auszudrücken? Wir haben also bloss die Entstehung der -^Worte^ untersucht. Aber Worte allein machen noch keine Sprache aus. -Sprache besteht aus der Zusammenfügung mehrerer Worte zur Bezeichnung -eines bestimmten Sinnes. Auch erhalten die einzelnen Worte erst durch -diese Zusammenfügung, durch den Ort, welchen sie in der Verbindung mit -mehreren anderen einnehmen, völlige Verständlichkeit und Brauchbarkeit -zur Bezeichnung unserer Gedanken. Wenn ich zu jemand sage: ^Rose^ -- so -wird bei ihm nichts, als die blosse Vorstellung der Rose hervorgebracht -werden. Wenn ich ihm aber sage: ^bringe mir die Rose^; so weiss er -bestimmt, was ich gedacht habe, und was ich will, dass er thun soll. -- -Zu einer vollständigen Erklärung des Ursprungs der Sprache ist daher -auch erforderlich, die Entstehung jener Zusammenfügung mehrerer Worte, -d. h. der ^Grammatik^ zu zeigen. - -So irrig es ist, zu glauben, dass die willkürlichen Bezeichnungen der -Gegenstände durch eine besondere Uebereinkunft der miteinander -vereinigten Menschen gebildet worden seyen, so irrig ist es auch, -anzunehmen, dass Grammatik durch Verabredung entstanden sey. Eine -Verabredung zu einem solchen Zweck setzt einen Grad von Geistesbildung, -und insbesondere von Philosophie der Sprache voraus, der bei den -Menschen auf der Stufe der Cultur, auf der wir sie hier uns denken -müssen, gar nicht stattfinden konnte. -- Vielmehr muss die Ableitung der -Grammatik ebenfalls von einem, in dem Wesen des Menschen liegenden -Grunde, von der natürlichen Anlage zum Sprechen ausgehen, und zeigen, -wie diese Anlage durch das Bedürfniss geweckt, und nach und nach auf die -Erfindung der verschiedenen Arten der Wortfügung geleitet wurde. - -Die ersten Wörter waren gewiss ganze Sätze: sie fassten, vielleicht in -einer einzigen Sylbe, welche wiederholt werden konnte, ein Substantiv -und ein Zeitwort in sich. Z. B. die Nachahmung des Löwengebrülls deutete -der Horde an, es komme ein Löwe. -- Man hat behauptet: die ersten Worte -seyen ^Zeichen des Vergangenen^ gewesen. Dies lässt sich aber nicht wohl -annehmen: denn, wenn diese Worte das Geschehene hätten bezeichnen -sollen, so müssten vergangene und gegenwärtige Zeit schon genau von -einander abgesondert gewesen seyn, und zum Behuf dieser Unterscheidung -beide ein bestimmtes Zeichen gehabt haben. Die ersten Worte waren -vielmehr so unbestimmt als möglich; sie bezeichneten keine bestimmte -Zeit, sondern waren bloss ^aoristisch^: es wurde das Vergangene und -Gegenwärtige zugleich ausgedrückt. Z. B. ein Löwe will eine Horde -anfallen. Dies kündigt der, welcher es sieht, durch ein Geschrei an, und -drückt dadurch die ^vergangene^, ^gegenwärtige^ und ^zukünftige^ Zeit -zugleich aus; denn er zeigt dadurch an, dass er den Löwen gesehen habe, -dass er sie darauf aufmerksam machen, und ihnen die Folgen von dessen -Annäherung anzeigen wolle, damit sie sich zu gemeinschaftlicher -Vertheidigung rüsten können. - -Also die ersten Worte fassten in sich ein Substantiv und ein Zeitwort: -das Tempus war der Aorist, die Person ganz gewiss die dritte; denn die -Ursprache fängt an mit dem Erzählen, und der Ton der Erzählung redet in -der dritten Person. -- Die ersten Zeitwörter waren weder Activa, noch -Passiva, sondern Neutra. Denn das Neutrum bezeichnet einen Zustand, der -durch sich selbst bestimmt ist, der folglich auch, seiner Einfachheit -wegen, am frühesten zum Bewusstseyn und zur Bezeichnung kommen musste. - -Für alles das, was wir hier über die ursprüngliche Gestalt der -Zeitwörter sagen, können die Wurzelwörter der orientalischen Sprachen -zur Bestätigung dienen; diese sind Neutra, haben aoristische -Zeitbedeutung, und gehen von der dritten Person aus. - -Jedes Ding wurde in der Ursprache durch seine höchste Eigenthümlichkeit -ausgedrückt. Diese höchste Eigenthümlichkeit eines Gegenstandes bestand -wohl in demjenigen, wodurch sich dieser Gegenstand dem Bewusstseyn der -rohen Naturmenschen am lebhaftesten ankündigte. Dieses Auffallende an -einem Dinge konnte nun schon an sich ein Ton seyn, und dann ahmte man -denselben nach, um den Gegenstand, dem er angehörte, zu bezeichnen. Wenn -es sich aber ursprünglich einem anderen Sinne, als dem Gehör entdeckte, -so suchte man auf die oben beschriebene Art einen Ton, welcher mit jener -ausgezeichneten Eigenschaft in Beziehung stand, um auf diese Art -wenigstens mittelbar den Gegenstand durch seine Eigenthümlichkeit zu -bezeichnen. Nun sollten aber noch andere Eigenschaften, die einem -Gegenstande zukommen, auf Veranlassung der Umstände, auch ausgedrückt, -als demselben zugehörig dargestellt werden. So wurde der ^Löwe^ durch -Nachahmung seines Gebrülls angedeutet. Jetzt sollte ihm aber noch ein -anderes Prädicat zugeschrieben werden, welches ihm zufällig zukam. In -diesem Falle musste der Ton, welcher den Löwen bezeichnete, verbunden -werden mit einem anderen, durch welchen die zweite Eigenschaft -bezeichnet werden sollte. Z. B. es sollte ausgedrückt werden: ^der Löwe -schläft^: hier musste das Zeichen des Löwen mit dem des Schlafs (etwa -mit dem Tone des Schnarchens) zusammengesetzt werden; und dies hiess -denn: »der Löwe, der sonst brüllet, schläft.« -- Bei dieser -Zusammensetzung konnte aber nicht so lange auf dem Tone des Löwen in der -Aussprache verweilt werden, als sonst geschah, da man, unserer -Voraussetzung zufolge, durch den Ton des Löwen den ganzen Satz: ^der -Löwe kömmt^, ausgedrückt hatte, wo freilich der Ton, welcher hier den -ganzen mitzutheilenden Gedanken bezeichnete, gedehnt und mit Nachdruck -ausgesprochen werden musste. Allein wenn dieses Zeichen mit einem -anderen, auf welchem der Hauptsinn des ganzen vorzutragenden Satzes -liegt, und welches also auch in der Aussprache durch einen längeren und -stärkeren Ton unterschieden werden musste, verbunden werden sollte, so -musste jenes erste Zeichen kürzer und leichter ausgedrückt werden, so -dass es mit dem folgenden gleichsam in Ein Wort zusammenfloss. Auf diese -Art entsteht aus einem Zeitworte ein Particip, das durch öfteren -Gebrauch, vielleicht auch durch Hinzukunft einiger äusserer Zeichen sich -leicht in ein Substantiv verwandeln kann. Es gehört also zum -ursprünglichen Charakter des Substantivs, dass ein solches Wort kürzer -und zusammenfliessend mit dem folgenden Worte vorgetragen wurde. - -Daraus erhellt auch -- was man sonst ebenfalls aus einer besonderen -Verabredung erklären zu müssen glaubte -- wie man darauf kommen musste, -die Zeitwörter durch bestimmte Endsylben zu bezeichnen, und durch andere -Endungen, z. B. ^us^, ^os^ u. s. w., die Substantive zu charakterisiren. -Nach unserer Deduction musste ein Wort, welches als Substantiv gebraucht -werden sollte, den Satz eröffnen: und da das Wort, welches den Satz -schloss, durchgängig den stärksten Ton erhielt, weil es denjenigen -Begriff ausdrückte, auf dessen Mittheilung es hauptsächlich abgesehen -war; so musste, weil unsere Kehle bei mehreren zugleich vorzutragenden -Tönen nur Einen stärker aussprechen kann, nothwendig das Substantiv, als -das vorangehende Wort, leichter und mit dem folgenden zusammenfliessend -ausgedrückt werden; da hingegen das Zeitwort, welches, unserer Theorie -gemäss, immer das letzte Wort in einem Satze war, sich dadurch -auszeichnete, dass auf ihm der volle Ton ruhte. - -Wir gehen jetzt zu einer anderen Untersuchung fort, bei welcher uns, wie -bei allen folgenden über die verschiedenen Arten der Wortfügung, die -Aufschlüsse leiten werden, welche das soeben gefundene Resultat uns über -die Entstehungsart fast aller Formen der Wortverbindung giebt. In dem -vorher angeführten Falle sollte ein Gegenstand durch zwei Bestimmungen -bezeichnet werden. Gesetzt nun aber, ein Gegenstand soll mit drei oder -mehreren Bestimmungen zugleich ausgedrückt werden, es soll z. B. -angedeutet werden: der schlafende Löwe ruht aus, so muss hier nach der -von uns aufgestellten Regel der ^Löwe^, als der Hauptbegriff im ganzen -Satze, zuerst bezeichnet werden: hierauf folgt die nähere Bestimmung des -Löwen, nemlich, dass er ^schläft^: und zuletzt kömmt eine besondere -Bestimmung dieses Schlafs -- das ^Ausruhen^. In dieser Verbindung muss -demnach das Zeichen des Schlafs, welches in der vorher angeführten -Zusammensetzung als das Hauptwort einen starken und gedehnten Ton hatte, -abgekürzt, und zusammenfliessend mit dem Zeichen des Ausruhens, das hier -den Hauptsinn des ganzen Satzes enthält, auf dem folglich in der -Aussprache am längsten verweilt werden muss, vorgetragen werden. - -Man sieht ohne meine Erinnerung ein, dass in dieser Zusammensetzung die -Bezeichnung des ^Schlafs^, welche vorher ein ^Zeitwort^ war, auf -dieselbe Art, wie in dem vorher aufgestellten Satze die Bezeichnung des -Löwen, zu einem ^Particip^ geworden ist; woraus sich leicht, etwa durch -einige äussere Modificationen, ein Adjectiv bilden kann. -- So entstehen -^Participien^, ^Substantive^ und ^Adjective^. Aber man könnte fragen: -warum ist aus manchen Bezeichnungen ein ^Substantiv^, aus anderen ein -^Adjectiv^ entsprungen, da doch sowohl das eine, als das andere, sich -aus einem Zeitworte, und durch die Zusammensetzung desselben mit einem -anderen Zeitworte gebildet hat? -- Die Antwort darauf liegt sehr nahe. -Bei den ersten rohen Versuchen einer Wortfügung mochten nemlich Adjectiv -und Substantiv nicht so streng unterschieden seyn, als wir sie jetzt in -unseren Sprachen unterschieden finden: zumal, da die Verschiedenheit -beider Bezeichnungsarten nicht sowohl auf inneren Merkmalen, als auf dem -besonderen Gebrauche beruht, der von der einen und von der anderen -gemacht wird. ^Substantiv^ war der Natur der Sache nach dasjenige Wort, -welches den Hauptbegriff, oder das Subject eines Satzes bezeichnete: -^Adjectiv^ hingegen war jedes Wort, sobald es eine nähere Bestimmung des -Hauptbegriffes auszudrücken gebraucht wurde. Auf diese Art konnte -dasselbe Wort, wenn es in dem einen Satze das Subject der Rede, in dem -anderen nur ein Prädicat dieses Subjects ausdrückte, bald in -substantiver, bald in adjectiver Bedeutung vorkommen. -- Die -eigenthümliche Unterscheidung zwischen Substantiv und Adjectiv ist auch -wohl erst später hinzugekommen. Für uns sind sie nun, nachdem durch -gewisse äussere Merkzeichen der schwankende Unterschied zwischen beiden -fixirt ist, scharf von einander abgeschnitten; aber in der Ursprache -dürfen wir sie uns noch nicht ebenso von einander unterschieden denken. - -Aus dieser Gleichartigkeit ergiebt es sich auch, warum sich Substantiv -und Adjectiv fast immer in den Endungen gleichen. Da beide durch -Abkürzung des Stammwortes und durch Verkettung desselben mit einem -anderen stärker und gedehnter auszudrückenden Worte entstehen, so folgt, -dass sowohl das eine, als das andere mit einem Tone enden muss, der sich -leicht dem folgenden Worte anschliessen lässt: da hingegen die -Zeitwörter einen rauhen, harten Ton haben mussten, weil sie den Satz -schliessen, und ihm den Nachdruck geben mussten. In cultivirten Sprachen -werden freilich die Zeitwörter diesen rauhen Ton mehr oder weniger -verlieren, weil sie dann ebenso oft in der Mitte, als am Ende eines -Satzes vorkommen. Denn der gebildete Mensch begnügt sich nicht mit -Sätzen, wie sie hier aufgestellt sind: mit der einfachen -Zusammenstellung eines Substantivs, Adjectivs und Zeitworts. Sowie sich -sein Geist mehr und mehr mit Vorstellungen bereichert, wird auch durch -die mancherlei Bestimmungen, die er den vorgetragenen Begriffen als -Erläuterungen beifügt, die Zusammensetzung verwickelter, der schlichte -Satz zur Periode erweitert, und die ursprüngliche Wortfügung folglich -verändert. - -Durch diese Zusammenfügung mehrerer Worte bildete sich auch allmählig -ein eigenthümlicher Unterschied des Substantivs von dem Zeitwort, welche -ursprünglich ein gemeinschaftliches Stammwort ausmachten, das einen -Gegenstand und eine Handlung zugleich andeutete (wie nach dem oben -angeführten Beispiele der ursprüngliche Ton, der den ^Löwen^ -bezeichnete, zugleich auch die ^Ankunft^ des Löwen ausdrückte). In der -Verbindung mit anderen Worten, wo es nicht mehr den ganzen Gedanken -ausdrücken sollte, musste ein solches Wort nicht mit dem vollen Ton, -sondern leicht und fliessend ausgesprochen werden, weil ein anderes -Zeichen folgte, auf welches der Nachdruck gelegt werden musste. Durch -einen solchen leichteren und kürzeren Ton konnte sich das Substantiv in -der Folge überhaupt recht wohl von dem Zeitworte, von welchem es -abstammte, unterscheiden, ohne dass im Ganzen die Aehnlichkeit verloren -ging, welche selbst noch in unseren Sprachen zwischen Substantiv und -Zeitwort, wenn sie aus derselben Quelle entsprungen sind, stattfindet. - -Hier noch etwas über die Stellung der Worte, welche zusammengefügt -werden sollen. Wenn ausgedrückt werden soll: der Löwe schläft und ruht -aus; so wird zuerst der ursprüngliche Ton des ^Löwen^, hier in -^substantiver^ Bedeutung, d. h. nicht mit der ganzen Stärke des Tons als -Hauptwort, sondern kürzer abgebrochen mit dem folgenden Ton -zusammenfliessend, vorgetragen: zu diesem wird, als ein ^Adjectiv^, der -Ton des ^Schlafens^ hinzugefügt, und zuletzt kömmt das Zeitwort -^ausruhen^. Der ursprünglichen Wortfügung gemäss, gehört also dem -Substantiv der erste Platz. Wie kömmt es zu dieser Stelle? -- Der -Naturmensch hält sich im Vortrage seiner Gedanken genau an die Ordnung, -in welcher die Vorstellungen in der Seele auf einander folgen. Immer -kömmt aber im Denken das am wenigsten Bestimmte zuerst, und hierauf -folgen die näheren und noch näheren Bestimmungen. Folglich musste auch -in der Natursprache das für uns Unbestimmte, oder am wenigsten Bestimmte -zuerst gesetzt werden, und die näheren Bestimmungen erst nachfolgen. Nun -ist das ^Substantiv^ immer das Unbestimmteste: durch ein Adjectiv, das -hinzukömmt, wird es näher, und durch das Zeitwort endlich nach der -Absicht hinlänglich bestimmt. - -Dieser Ordnung zufolge steht also in der Ursprache das Adjectiv immer -nach dem Substantiv. Aber wir finden, dass diese Ordnung nach Maassgabe -der Cultur der Sprachen sich ändert. Sobald eine Sprache nicht mehr -bloss Natursprache ist und sich der Sprache der Vernunftcultur nähert, -wird in ihr das Adjectiv bald vor bald nach gesetzt. Bei Homer z. B. -finden wir meistens das Adjectiv nach dem Substantiv. In der -lateinischen Sprache stehen die Adjective schon häufig voran. In der -deutschen Sprache aber kann das Adjectiv niemals nach dem Substantiv -gesetzt werden. Im Französischen setzt man auch das Adjectiv mehr vor -als nach; wenn aber mehrere Adjective mit dem Substantiv verbunden -werden sollen, so lässt man immer jene auf das letztere folgen, z. B. -^un homme vertueux et bienfaisant^; welche Verbindungsart, um des -Nachdrucks willen, der auf jedes der Adjective gelegt werden kann, -allerdings einen entschiedenen Vorzug vor der deutschen hat. -- Wie kann -es in einer Sprache dahin kommen, dass das Adjectiv, jener Ordnung des -Denkens gerade entgegen, zuerst gesetzt wird? -- In dem Fortschritt der -Cultur einer Sprache müssen die Wörter nicht mehr als einzelne gedacht -werden, sondern mehrere zusammen machen Einen Begriff aus und werden als -Ein Begriff gedacht. So wird auch das Substantiv nicht mehr als -einzelner Begriff gedacht, der nachher durch Adjective bestimmt werden -solle, sondern er wird mit diesen sogleich zusammen gedacht als Ein -Begriff, und jene können ihm also auch vorhergehen. - -Eine andere Frage, die wir jetzt zu untersuchen haben, betrifft die -Entstehung des ^Activs^ und ^Passivs^. Die ersten Zeitwörter waren -^Neutra^. Aus dem ursprünglichen Neutrum lässt sich das ^Activ^ leicht -entwickeln. Das ^Neutrum^ bezeichnet, wie wir schon bemerkt haben, einen -^Zustand^, in welchem sich der Gegenstand der Rede befindet: bezieht man -nun diesen Zustand auf ein anderes Object, welches mit demselben in -Verbindung steht, so wird auch das Neutrum in ein ^Activ^ verwandelt. Z. -B. in dem Satze: ^der Löwe frisst^ -- drückt das Wort ^fressen^ einen -durch sich selbst völlig bestimmten Zustand des Löwen aus, und hat also -eine völlig neutrale Bedeutung. Sage ich aber: der ^Löwe frisst das -Schaaf^, so ist dieses Zeitwort ein ^Activ^: denn hier wird die durch -dasselbe dem Löwen zugeschriebene Handlung auf ihr Object bezogen. - -Aus eben diesem Beispiele erhellt auch, dass das Wort für den -Gegenstand, welcher mit der Handlung des Subjects in Verbindung gesetzt -werden soll, schon als ^Substantiv^ gebraucht seyn, und ein festes -Merkzeichen seiner substantiven Bedeutung haben musste, wenn die -erwähnte Wortfügung, und folglich auch die Verwandlung des Neutrums in -ein Activ zu Stande kommen sollte. Der ^Löwe^, welcher hier Subject des -Satzes ist, wird durch den gewöhnlichen Laut, der eine Nachahmung seines -Brüllens ist, ausgedrückt. Dieser Löwe ^frisst^. Auch dies kann durch -den eigentlichen Ausdruck bezeichnet werden. Aber wie soll ich nun das -^Schaaf^ ausdrücken? Wenn ich dieses auch durch seinen eigentlichen Ton -andeuten will, so kann dieser Ton, welcher zugleich das Zeitwort des -^Blökens^ ausdrückt, für dieses Zeitwort genommen werden, und dann -bedeutete der ganze Satz: ^der fressende Löwe blökt^. Nun haben wir zwar -weiter oben gesehen, dass das Substantiv sich von dem Zeitworte, von -welchem es abgeleitet wurde, durch den leichteren Ton, in welchem es -vorgetragen wurde, unterschied. Allein dieses Merkmal ist hier nicht -anwendbar, da das Substantiv hier nicht den Satz anfängt, sondern -beschliesst, und folglich nach unserer Theorie einen gedehnten und -starken Ton erhalten muss. Diesem möglichen Misverständnisse ist also -nicht eher abzuhelfen, als bis für das Wort, durch welches das Schaaf in -substantiver Bedeutung bezeichnet werden soll, ein bleibendes -Unterscheidungszeichen gefunden worden ist. Dies konnte aber auf die -oben angegebene Art leicht geschehen, indem die Abkürzung, mit welcher -ein solches Wort, wo es ein Substantiv ausdrückte, ausgesprochen wurde, -bald in einen fixen eigenthümlichen Laut verwandelt werden musste; wobei -sehr leicht auch noch ein Mittelton eingeschoben werden konnte, um -dasselbe mit dem darauf folgenden Worte leichter zu verbinden. Solche -Modificationen des ursprünglichen Tons wurden durch wiederholten -Gebrauch so mit dem Worte verwebt, dass sie zuletzt einen Bestandtheil -desselben ausmachten, und zu Merkzeichen der substantiven Bedeutung -eines Wortes dienten. Ehe aber dergleichen Bestimmungen vorhanden waren, -war der ganze Satz nicht auszudrücken, und eher war kein ^Activ^, -sondern alle Zeitwörter blieben, was sie ursprünglich waren -- ^Neutra^. - -Um die Entstehung des ^Passivs^ zu erklären, muss ein Bedürfniss -aufgezeigt werden, welches die Menschen zur Erfindung dieser -Sprachbestimmung leitete; denn, dass in der Ursprache irgend etwas ohne -Noth, bloss zur Verschönerung des Vortrags erfunden worden sey, lässt -sich nicht annehmen. Um diese möchte man sich wohl bei den ersten rohen -Versuchen einer Sprache nicht sehr bekümmert haben; da sagte man wohl -eher: ^man schmähet mich^, als -- ich werde geschmähet; der Löwe -zerreisst das Schaaf, als -- das Schaaf wird vom Löwen zerrissen. - -Ein solches Bedürfniss des Passivs tritt ein, wenn eine Handlung -vorkömmt, welche, nach unseren Einsichten, einen Urheber hat, den wir -aber auf keine Weise entdecken können. Sie muss ^erstlich^ einen Urheber -haben; denn hat sie keinen, oder können wir keinen annehmen, so drücken -wir uns durch das ^Impersonale^ aus -- wir sagen: ^es donnert, regnet^, -u. s. w. ^Zweitens^ muss der Urheber unbekannt seyn, und gar nicht -errathen werden können; denn, gesetzt der Wolf hätte ein Schaaf geraubt, -so wird der noch ungebildete Naturmensch, auch selbst wenn er nicht -Augenzeuge von dem Vorgange gewesen ist, doch nicht sagen: ^das Schaaf -ist mir geraubt worden^; sondern: ^der Wolf hat das Schaaf weggenommen^; -weil er schon aus Erfahrung weiss, dass dieser Schaafe raubt. Das -Bedürfniss des Passivs trat also erst dann ein, wenn eine Handlung da -war, bei der man ebenso klar sah, dass sie einen Urheber haben musste, -als man sich bewusst war, dass man diesen Urheber nicht errathen könne. -Ursprünglich wurde daher auch wohl das Passiv durch ein Zeichen -ausgedrückt, wodurch der Redende andeutete, dass ein Urheber da sey und -dass er ihn nicht kenne. Man hängte vielleicht den Worten, welche die -That selbst ausdrückten, den Satz an: ^ich weiss nicht, wer es gethan -hat^. Wenn nun diese Worte bei gleicher Gelegenheit mehrmals gebraucht -wurden, so musste es bald dahin kommen, dass sie geschwinder -ausgesprochen wurden, mit dem Zeitworte, welches die Handlung -bezeichnete, enger zusammenflossen, und zuletzt einen Bestandtheil -desselben ausmachten. Ob ein solcher Zusatz ursprünglich dem Zeitworte -vorgesetzt, oder angehängt wurde, lässt sich nicht bestimmen. Im Ganzen -aber folgt so viel, dass ursprünglich das ^Passiv^ wohl durch einen -kleinen Zusatz zum Zeitwort ausgedrückt wurde, welcher eigentlich das -Zeichen der Unbekanntheit des Urhebers war. - -Das ^Verbum medium^ bezeichnet eine Handlung, welche auf uns selbst -zurückgeht: es gründet sich auf höhere Abstraction, und kann daher in -einer Ursprache nicht wohl vorkommen. - -Die Entstehung des ^Numerus^ lässt sich auf folgende Art erklären. -- -Der ^Singular^ fand sich von selbst; er war der ursprüngliche Numerus; -die ersten Wörter wurden alle im Singular gebraucht. Nun sollte aber der -Horde eine Mehrheit angezeigt werden; es wollte z. B. einer sagen: es -kommen mehrere Löwen! wie sollte er das andeuten? Durch das natürliche -Bild einer Heerde: durch Dehnung und Wiederholung des Tons, und dadurch, -dass dieser Ton immer fortschallte. Um wie viel oder wenig man den Ton -dehnen, oder wie oft man ihn wiederholen sollte, um die mehrere Zahl -anzudeuten, war vermuthlich nicht bestimmt. Der ^Pluralis^ wurde demnach -durch Verlängerung des Wortes ausgedrückt. - -Der ^Pluralis^ war aber anfangs nur nöthig bei ^Zeitwörtern^, -keinesweges bei Substantiven und Adjectiven; denn es verstand sich von -selbst, dass auch sie, wenn sie von einem Zeitworte im Plural begleitet -wurden, in der mehreren Zahl zu nehmen waren. Der Numerus der -Substantive und Adjective ist daher in der Ursprache nicht zu suchen: er -ist keinesweges eine durch Nothwendigkeit geforderte Sprachbestimmung, -sondern eine Erfindung, welche das Streben nach Bestimmtheit und Eleganz -im künstlichen Vortrage nöthig machte. Aber bei Zeitwörtern war der -Plural unentbehrlich. - -Die ^verschiedenen Personen^ der ^Zeitwörter^ wurden ohne Zweifel in -folgender Ordnung gebildet. Diejenige ^Person^, welche zuerst in der -Sprache bezeichnet wurde, war gewiss die ^dritte^; denn urprünglich -wurde in keiner anderen, als in der dritten Person geredet. Man nannte -einen jeden bei seinem eigenthümlichen Namen: N. N. solle das thun! Die -folgende, welche zunächst der dritten ihre besondere Bezeichnung -erhielt, war die ^zweite Person^; weil man bei Verabredungen und -Verträgen bald das Bedürfniss fühlte, dem anderen zu sagen: das sollst -Du thun. Das ^Ich^, als die ^erste Person^, zeugt (besonders wo es an -der Endung des Zeitwortes selbst angehängt ist) von höherer -Vernunftcultur, und wurde also auch zuletzt bezeichnet. Bei Kindern -sehen wir, dass sie immer in der dritten Person von sich sprechen, und -sich, als das Subject, von welchem sie etwas sagen wollen, durch ihren -Namen ausdrücken, weil sie sich bis zum Begriff des Ich, bis zur -Absonderung des selben von allem ausser ihnen noch nicht erhoben haben. -^Ich^ drückt den höchsten Charakter der Vernunft aus. - -Wie eine ^dritte^, ^zweite^, und ^erste Person^ im ^Plural^ gebildet -werden konnte, ergiebt sich leicht, wenn der Plural schon vorhanden war. - -Die ^Tempora der Zeitwörter^ wurden wahrscheinlich auf folgende Art -erfunden. Die ersten Zeitwörter wurden bloss ^aoristisch^ gebraucht: aus -dem ^Aorist^ konnte leicht das ^Präsens^ gebildet werden, oder vielmehr --- man musste den Aorist bald selbst als Präsens verstehen, weil die -Bestimmungen bei rohen Nationen sich fast immer auf die gegenwärtige -Zeit beziehen. Mehr Mühe mochte wohl die Erfindung der Bezeichnungen für -vergangene und zukünftige Zeiten kosten. Als man zuerst das Bedürfniss -fühlte, ^Vergangenes^ und ^Zukünftiges^ auszudrücken, gab man wohl die -Zeit, in welcher etwas geschehen war, oder geschehen sollte, ganz genau -an; es wurde z. B. nicht gesagt: ^es hat sich zugetragen^, sondern: ^es -trägt sich vor so und so viel Tagen zu^; nicht: ^es wird sich ereignen^, -sondern ^es ereignet sich nach so viel Tagen^. Diese Art sich -auszudrücken, war dem noch ungebildeten Menschen sehr natürlich. -Vollkommene Präcision im Ausdrucke kündigt eine höhere Verstandescultur -an, als man den ersten Erfindern der Sprache zuschreiben kann. Der -ungebildete Mensch theilt nicht bloss das mit, was der andere von einer -Sache wissen soll, oder will, sondern auch was er selbst davon weiss. -Daher giebts in den uncultivirten Sprachen eine Menge überflüssiger -Bestimmungen, eine Menge Ausdrücke, die, der Verständlichkeit des Ganzen -unbeschadet, weggelassen werden könnten. So auch mit den Bestimmungen -der Zeit. Die Zeit, in welcher etwas vorgegangen war, oder kommen -sollte, wurde, so weit man ^zählen^ konnte, bestimmt hinzugesetzt. Wo -man aber auf einen Zeitraum stiess, welcher eine so genaue Bestimmung -nicht zuliess, da bediente man sich, wie uns noch einige Spuren in alten -Sprachen zeigen, der Worte: ^morgen^, ^gestern^ u. s. w., um die -^verflossene^ oder ^zukünftige^ Zeit unbestimmt auszudrücken. - -Aus dieser Bezeichnungsart mussten aber bald mehrere Misverständnisse -entstehen. Wie leicht konnte es Zwist verursachen, wenn der zweideutige -Ausdruck ^morgen^ für den besonderen Fall, in welchem er gebraucht -wurde, nicht gehörig bestimmt war? Z. B. es sagte einer zum andern: ich -gebe dir das morgen. Hier konnte morgen ebensowohl den nächstkünftigen, -als jeden anderen folgenden Tag bedeuten. Der andere legt es von dem -nächstkünftigen Tage aus, und kömmt, um die Sache abzuholen: jener -weigert sich aber, das Versprochene abzuliefern, weil er es nicht auf -morgen, sondern überhaupt auf die Zukunft zugesagt hätte. Durch Fälle -dieser Art konnten leicht Mishelligkeiten entstehen, an welchen sich das -Bedürfniss einer bestimmten Bezeichnung für Vergangenheit und Zukunft -deutlich offenbaren musste. Diesem Bedürfniss konnte vielleicht schon -dadurch abgeholfen werden, dass man solche allgemeine Worte, wie -^morgen^, ^gestern^ u. s. w., wenn sie die ^verflossene^ oder ^kommende^ -Zeit ^überhaupt^ ausdrücken sollten, mit dem Zeitwort zusammenfassender, -schneller und kürzer aussprach, und im Gegentheil dieselben Worte, wenn -sie bestimmt den ^zunächst vergangenen^ oder ^zukünftigen^ Tag -bezeichnen sollten, durch einen festen, längeren Ton ausdrückte. So -wurde zum Ausdrucke der vergangenen und zukünftigen Zeit ein Zusatz zum -Zeitworte gefunden, welcher nach und nach inniger mit demselben -zusammenfloss, und das ^Perfectum^ und ^Futurum^ in seiner jetzigen -Gestalt bildete. - -Es fragt sich noch: wie entstanden die verschiedenen ^Casus^? -- Der -^Nominativ^ und ^Accusativ^ sind wohl diejenigen, auf welche man am -frühesten kam. Man bedurfte sie auch bei der einfachsten Wortfügung, und -sie liessen sich auch leicht durch die Stelle, welche sie in einem Satze -bekommen mussten, charakterisiren. Das Subject einer Rede musste, als -der unbestimmteste Begriff, immer die erste Stelle in einem Satze -einnehmen. Bei jeder Wortfügung musste also ein Substantiv vorangehen; -darauf folgte das Zeitwort, der Ausdruck des Zustandes, in welchem sich -das Subject befand. Sollte nun dieses Zeitwort bezogen werden auf einen -Gegenstand, welcher mit der durch dasselbe bezeichneten Handlung des -Subjects in Verbindung stand, so musste dieses seinen Platz gleich -hinter dem Zeitworte erhalten. Dieser Anordnung der Worte gemäss muss -das Substantiv, da es das Subject des Satzes anzeigen, gleichsam -^nennen^ soll, im ^Nominativ^, das Object aber, welches auf die Handlung -des Subjects bezogen wird, im ^Accusativ^ stehen; folglich der Nominativ -den Satz anfangen, der Accusativ denselben beschliessen. -- Der -Accusativ musste mithin auch, weil kein Wort weiter auf ihn folgte, den -längsten und stärksten Ton haben, der Nominativ aber flüchtig -ausgesprochen und mit dem Zeitworte verflochten werden. Es musste sich -also bei einem und demselben Worte leicht unterscheiden lassen, ob es im -Nominativ, oder Accusativ stehe, indem in dem letzteren Falle entweder -eine Verlängerung, durch Zusetzung mehrerer Buchstaben oder Sylben, oder -doch eine Verstärkung des Tones stattfand. - -Der ^Genitiv^ wurde als nähere Bestimmung des Substantivs angehängt, und -ich glaube wohl, dass der Name, den er führt, den ursprünglichen -Gebrauch bezeichnet, welchen man von diesem Casus machte. Man bediente -sich seiner zur Bezeichnung der Abstammung eines Menschen, indem man -erst den Sohn, und dann den Vater nannte. Späterhin wendete man diese -Bestimmung auch auf das Besitzthum an, man sagte z. B. das Schaaf des -Marcus u. s. w. Der Genitiv hatte deshalb auch seine Stelle, durch die -er bezeichnet wurde, unmittelbar nach dem Substantiv, zu dessen näherer -Bestimmung er diente. Z. B. man wollte unter einer Horde einen -bezeichnen, der mit mehreren anderen einen gleichen Namen hatte; so -setzte man, um ihn nicht mit einem von diesen Anderen zu verwechseln, -den Namen seines Vaters hinzu, als: Marcus Caji, u. s. w. Da nun, nach -den Grundsätzen, welchen wir bei der Ableitung der Grammatik gefolgt -sind, jedes Wort, je weiter es in der Reihe der Zeichen zurückstand, -einen desto längeren und stärkeren Accent erhielt: so musste auch der -Genitiv einen längeren oder stärkeren Ton bekommen, als der Nominativ, -hinter welchem er seinen Platz hatte. - -Auch der ^Ablativ^ ist, wie der Genitiv, entstanden, um ein Wort näher -zu bestimmen, und drückte vielleicht anfangs das ^von einem Orte Nehmen^ -aus. Er ist mit dem Genitiv gewissermaassen gleichartig; beide drücken -die Beziehung mehrerer Nennwörter auf einander aus. Die Entstehung -dieser beiden Casus ist allerdings in der Ursprache zu suchen. Es war -unter rohen Völkern sehr nothwendig, dergleichen Beziehungen recht -verständlich auszudrücken. Wie leicht konnte man einem verdrüsslichen -Misverständnisse vorbeugen, wenn man, um einen Menschen desto genauer -kenntlich zu machen, den Namen seines Vaters zu dem seinigen hinzufügte; -sowie man auch in allen alten Geschichtschreibern zur näheren Bestimmung -des Sohnes den Namen des Vaters hinzugesetzt findet. - -Aber um alle die verschiedenen Beziehungen der Gegenstände auf einander -zu bezeichnen, ist weder der Genitiv noch der Ablativ hinreichend; es -bedarf also auch noch der ^Präpositionen^. Eine der gewöhnlichsten -solcher Beziehungen ist z. B. die ^Local^beziehung, als: das Haus ^im^ -Dorfe, u. s. w. Diese Beziehungen wurden ursprünglich wohl dadurch -ausgedrückt, dass man einen Buchstaben, eine Sylbe oder einen fast -unmerklichen Ton einem von den beiden Nennwörtern, welche auf einander -bezogen werden sollten, beifügte. Da dieser Zusatz, den man sich -übrigens als Präfix oder Affix denken kann, nicht geschrieben, sondern -ausgesprochen wurde, so liess sich auch nicht bestimmen, ob er einen -besonderen Ton ausmachte, sondern er floss in der Aussprache mit dem -Zeichen, welchem er vor- oder nachgesetzt wurde, zusammen. - -Der ^Dativ^ bezeichnet die Beziehung einer Handlung auf ein Drittes, auf -etwas ausser dem Subject und Object, auf welches die Handlung eigentlich -abzweckt. Z. B. ich gebe das Brot, ich nehme das Brot: hier fehlt -offenbar die Beziehung auf ein Drittes, um dessen willen die Handlung -vorgenommen, dem das Brot gegeben, oder genommen wird. Setze ich diese -Beziehung hinzu, sage ich z. B. ich gebe oder nehme das Brot dem Hunde, -so habe ich auch den ^Dativ^. Da der Gegenstand, mit welchem eigentlich -die Handlung vorgenommen wird, zur Bestimmung der Handlung unmittelbar -gehört, so muss auch der Accusativ, welcher dieses Verhältniss des -behandelten Gegenstandes zu der Handlung bezeichnet, unmittelbar nach -dem Zeitwort stehen; und der ^Dativ^, welcher den Gegenstand bezeichnet, -um dessenwillen die Handlung eigentlich geschieht, folgt jenem nach. Er -wird also den Satz schliessen, und folglich einen volleren Ton bekommen, -als der Accusativ selbst. - -So entstand ^Grammatik^ bloss durch das Bedürfniss der Sprache, und -durch die Fortschritte, welche die menschliche Vernunft nach und nach -machte. Denn selbst bei der einfachsten Mittheilung der Gedanken musste -sehr vieles durch Beziehung der Worte auf einander ausgedrückt werden, -und der natürliche, durch die Vernunft geleitete Gang der Sprache -brachte den Menschen, ohne dass Verabredung erforderlich gewesen wäre, -auf die Bestimmung der verschiedenen Arten jener Beziehung. - -Man könnte gegen diese Theorie einwenden, dass es verschiedene Sprachen -gebe, denen man ihre Entstehung nach den von uns vorgetragenen Regeln -nicht ansehe. So soll, unserer Darstellung gemäss, das Wurzelwort immer -ein Zeitwort seyn, und dieses Zeitwort soll ursprünglich in Einem Tone -mehrere Begriffe ausdrücken, soll ursprünglich in der dritten Person -vorgetragen werden, und aoristische Bedeutung haben. Nun zeigt sich in -der griechischen und lateinischen Sprache offenbar das Gegentheil. In -den Zeitwörtern derselben ist augenscheinlich nicht die dritte, sondern -die erste Person diejenige, aus welcher alle übrigen gebildet sind, ist -nicht der Aorist, sondern das Präsens die Wurzel. Woher also diese -Verschiedenheit, wenn unsere Theorie richtig ist? Nehmen wir auch an, -dass die genannten Sprachen keine Ursprachen gewesen sind, sondern sich -aus schon entstandenen gebildet haben; so müssen wir doch zugeben, dass -sie zuletzt aus solchen hervorgehen mussten, welche auf die hier -vorgetragene Art entstanden waren. Warum zeigt sich nun in ihnen auch -nicht die leichteste Spur von jener Ursprache? Denn, mag sich eine -Sprache noch so sehr cultiviren, mag eine gebildetere Grammatik noch so -viel Modificationen in sie hineintragen: so müssen sich doch in ihr noch -Ueberreste von dem ersten rohen Zuschnitte finden, z. B. aus der dritten -Person, und nicht aus der ersten, die Form der übrigen abgeleitet, und -der Aorist, nicht das Präsens das Wurzelwort seyn. - -Auf diesen Einwurf lässt sich folgendes antworten. Man sah sich bald -genöthigt, neue Worte zu erfinden, weil der menschliche Geist, bei -seinen Fortschritten zur Cultur, sich immer mit neuen Vorstellungen -bereicherte, und neue Bestimmungen in alte Begriffe hineintrug. Die -Worte, welche man zu Bezeichnung dieser Vorstellungen erfand, -- man -mochte nun dazu entweder ganz neue, in der Sprache bisher noch nicht -vorgekommene Töne, oder eine Verbindung mehrerer, schon bekannter Töne -gebrauchen, -- mussten auf jeden Fall das Gepräge der Bildung tragen, -welche der menschliche Geist in dem Zeitpunct jener erfundenen neuen -Bezeichnungen hatte. Nun geht der gebildete Mensch vom Ich aus, und -betrachtet alles aus dem Gesichtspuncte des Ich: er wird also auf dieser -Stufe der Cultur auch bei der Aufstellung eines neuen Zeitwortes von der -ersten Person ausgehen. Daher kann es nicht fehlen, dass ein neues Wort, -gebildet in Zeiten höherer Cultur, von den ursprünglichen Formen -derselben Sprache abweichen musste. Im Anfange wurden nun solche Worte -mit den alten, von welchen sie abstammten, zugleich gebraucht; aber bald -wurden jene allgemein und verdrängten die letzteren. Denn, sowie die -Nation in ihrer Cultur weiter vorrückte, musste sie nothwendig die -neueren Formen ihren Begriffen angemessener finden, und über dem -Gebrauche derselben die älteren bald vergessen. - -So wird selbst bei einem Volke, das von allen äusseren Einflüssen frei -bleibt, sich mit keinem anderen Volke vermischt, seinen Wohnplatz nie -verändert u. s. w., die rohe Natursprache nach und nach untergehen, und -an deren Stelle eine andere treten, die von jener auch nicht die -leichteste Spur an sich trägt. Man würde sich also irren, wenn man -glaubte, die Griechen, Römer und andere hätten nie eine Ursprache -gehabt, weil sich keine Ueberreste davon bei ihnen fänden. Jene Urtöne -sind nach und nach aus der Ursprache verschwunden, als sie sich durch -Zeichen ersetzt sahen, die dem cultivirten Geiste des Volkes besser -entsprachen. - -Eine eigene Erscheinung in den neueren Sprachen sind die Hülfswörter; -das: ^ich bin, werden u. s. w.^ Diese Bezeichnungen, wo sie sich in -einer Sprache finden, beweisen einen hohen Grad der Abstraction. Man -fand vermuthlich bald einen besonderen Nachdruck in der auszeichnenden -Endung des Perfectum und Futurum, wodurch die Sprache an Rundung gewann. -Aber immer ist es Zeichen einer noch höheren Cultur, wenn einzelne -Begriffe erfunden werden, um Einen Gedanken desto bestimmter -auszudrücken. Die Aufstellung dieser Bezeichnungen ist aber in einer -Sprache wenigstens nicht früher möglich, bis in ihr der Begriff des -Leidens oder das Passiv schon ausgedrückt ist. - - - - - E. - Ueber Belebung und Erhöhung des reinen Interesse für Wahrheit. - - - (Aus Schillers Horen Bd. I, St. I. 1795.) - -Vergebens erwartet man durch irgend ein glückliches Ohngefähr die -Wahrheit zu finden, wenn man sich nicht von einem lebhaften Interesse -begeistert fühlt, mit Verläugnung alles Andern ausser ihr, sie zu -suchen. Es ist demnach eine wichtige Frage für jeden, der die Würde der -Vernunft in sich behaupten will: was habe ich zu thun, um reines -Interesse für Wahrheit in mir zu erwecken, oder wenigstens dasselbe zu -erhalten, zu erhöhen und zu beleben? - -Wie jedes Interesse überhaupt, so gründet sich auch das Interesse für -Wahrheit auf einen ursprünglich in uns liegenden Trieb. Unter unseren -reinen Trieben aber ist auch ein Trieb nach Wahrheit. Niemand ^will^ -irren, und jeder Irrende hält seinen Irrthum für Wahrheit. Könnte man -ihm auf eine für ihn überzeugende Art darthun, dass er irre, so würde er -sogleich den Irrthum aufgeben, und statt desselben die entgegengesetzte -Wahrheit ergreifen. - -Kommt etwas hinzu, das sich auf diesen Trieb bezieht, entdeckt man in -unserm Fall eine Wahrheit als solche, oder erkennt einen Irrthum für -einen Irrthum, so entsteht nothwendig ein Gefühl des Beifalls für die -erstere, eine Abneigung gegen den letztern; und beides völlig unabhängig -von dem Inhalte und den Folgen jener Wahrheit und dieses Irrthums. Aus -wiederholten Gefühlen der gleichen Art entsteht ein Interesse für -Wahrheit überhaupt. Ein solches Interesse lässt sich daher nicht -^hervorbringen^; es gründet sich der Anlage nach auf das Wesen der -Vernunft, und wird seinen Aeusserungen nach in der Erfahrung durch die -Welt ausser uns ohne unser wissentliches Zuthun geweckt; aber man kann -dieses Interesse ^erhöhen^. - -Dies geschieht durch Freiheit, wie jede sittliche Handlung. Aber alle -Regeln für Anwendung der Freiheit setzen die Anwendung derselben schon -voraus; und man kann vernünftigerweise nur demjenigen zurufen: gebrauche -deine Freiheit, der dieselbe schon gebraucht hat. Dieser erste Act der -Freiheit, dieses Losreissen aus den Ketten der Nothwendigkeit geschieht, -ohne dass wir selbst wissen wie. So wenig wir uns des ersten Schrittes -in das Reich des Bewusstseyns überhaupt bewusst werden, ebensowenig -werden wir uns unseres Uebertrittes in das Reich der Moralität bewusst. -Irgend woher fällt ein Feuerfunke in unsere Seele, der vielleicht lange -in heimlichem Dunkel glüht. Er erhebt sich, er greift umher, er wird zur -Flamme, bis er endlich die ganze Seele entzündet. - -Jedes praktische Interesse im Menschen erhält und belebt sich selbst; -darin besteht sein Wesen. Jede Befriedigung verstärkt es, erneuert es, -hebt es mehr hervor im Bewusstseyn. Gefühl des erweiterten Bedürfnisses -ist der einzige Genuss für das endliche Wesen. Die Hauptvorschrift zu -Erhöhung jedes Interesse im Menschen, mithin auch des Interesse für -Wahrheit, heisst demnach: ^befriedige deinen Trieb^! woraus für den -gegenwärtigen Fall sich folgende zwei Regeln ergeben: entferne jedes -Interesse, das dem reinen Interesse für Wahrheit entgegen ist, und suche -jeden Genuss, der das reine Interesse für Wahrheit befördert! - -Man nehme keinen Anstoss an der sonst mit Recht verdächtigen Empfehlung -des Genusses. Dass durch den Genuss, und allein durch diesen jeder -Trieb, der in der vernünftigen Natur des Menschen gegründet ist, -ausgebildet werde, ist einmal wahr. Genuss, der sich bloss auf -Befriedigung der animalischen Sinnlichkeit gründet, verzehrt und -vernichtet sich in sich selbst, und von ihm ist hier nicht die Rede. -Geistiger Genuss, wie z. B. der ästhetische, erhöht sich durch sich -selbst. Es ist demnach ebenso wahr, dass die obenaufgestellte Regel die -einzige ist, die zur Erhöhung eines geistigen Interesse gegeben werden -kann. Die Beantwortung einer ganz anderen Frage: ob nemlich irgend ein -geistiger Genuss ganz unbedingt zu empfehlen sey? hängt ab von der -Beantwortung einer höheren Frage: ob der Trieb, auf den jener Genuss -sich bezieht, ins unbedingte zu erhöhen? und diese von der noch höheren: -ob dieser Trieb irgend einem andern unterzuordnen sey? So ist der -ästhetische Trieb im Menschen allerdings dem Triebe nach Wahrheit, und -dem höchsten aller Triebe, dem nach sittlicher Güte, unterzuordnen. Ob -der Trieb nach Wahrheit mit einem höheren Triebe in Streit kommen könne, -wird sich aus unserer Untersuchung von selbst ergeben. -- Irgend einen -Ausdruck aber zu vermeiden, weil er gemisbraucht worden, glaube ich -wenigstens hier nicht nöthig zu haben. - -Unser Interesse für Wahrheit soll ^rein^ seyn; die Wahrheit, bloss weil -sie Wahrheit ist, soll der letzte Endzweck alles unseres Lernens, -Denkens und Forschens seyn. - -Die Wahrheit an sich aber ist bloss ^formal^. Uebereinstimmung und -Zusammenhang in allem, was wir annehmen, ist Wahrheit, sowie Widerspruch -in unserem Denken Irrthum und Lüge ist. Alles im Menschen, mithin auch -seine Wahrheit, steht unter diesem höchsten Gesetze: sey stets einig mit -dir selbst! Heisst jenes Gesetz in der Anwendung auf unsere ^Handlungen^ -überhaupt: handle so, dass die Art deines Handelns, deinem besten Wissen -nach, ewiges Gesetz für alles dein Handeln seyn kann; so heisst -dasselbe, wenn es insbesondere auf unser ^Urtheilen^ angewendet wird: -urtheile so, dass du die Art deines jetzigen Urtheilens als ewiges -Gesetz für dein gesammtes Urtheilen denken könnest. Wie du -vernünftigerweise in allen Fällen kannst urtheilen wollen, so urtheile -in diesem bestimmten Falle. Mache nie eine Ausnahme in deiner -Folgerungsart. Alle Ausnahmen sind sicherlich Sophistereien. -- Darin -unterscheidet sich der Wahrheitsfreund vom Sophisten: Beider -Behauptungen an sich betrachtet kann vielleicht der erstere irren, und -der letztere recht haben; und dennoch ist der erstere ein -Wahrheitsfreund, auch wenn er irrt, und der letztere ein Sophist, auch -da, wo er die Wahrheit sagt, weil sie etwa zu seinem Zwecke dient. Aber -in den Aeusserungen des Wahrheitsfreundes ist nichts Widersprechendes, -er geht seinen geraden Gang fort, ohne sich weder rechts noch links zu -wenden; der Sophist ändert stets seinen Weg, und beschreibt seine krumme -Schlangenlinie, sowie der Punct sich verrückt, bei welchem er gern -ankommen möchte. Der erstere hat gar keinen Punct im Gesichte, sondern -zieht seine gerade Linie, welcher Punct auch immer hineinfallen möge. - -Diesem Interesse für Wahrheit um ihrer blossen ^Form^ willen ist gerade -entgegengesetzt alles Interesse für den ^bestimmten Inhalt^ der Sätze. -Einem solchen materiellen Interesse ist es nicht darum zu thun, ^wie^ -etwas gefunden sey, sondern nur was gefunden sey. - -Wir haben schon etwa einen Satz ehemals behauptet, vielleicht Beifall -damit gefunden und Ehre eingeerntet, und meinten es damals aufrichtig. -Damals war unsere Behauptung zwar nicht ^allgemeine^ Wahrheit, die sich -auf das Wesen der Vernunft, aber doch Wahrheit ^für uns^, die sich auf -unsere damalige individuelle Denk- und Empfindungsart gründete. Wir -irrten, aber wir täuschten nicht, weder uns noch andere. Seitdem haben -wir entweder selbst weiter geforscht, wir haben unsere individuelle -Denkart dem Ideale der allgemeinen und nothwendigen Denkart mehr -genähert, oder auch andere haben uns unseren Irrthum gezeigt. Derselbe -materielle Satz, der ehemals formale Wahrheit für uns war, ist uns -jetzt, aus dem nemlichen Grunde, aus dem er dieses war, formaler -Irrthum; und sind wir uns selbst treu, so werden wir ihn sogleich -aufgeben. Aber dann müssten wir erkennen, dass wir geirrt haben; -vielleicht dass ein anderer weiter gesehen habe, als wir. Ist unser -Interesse für Wahrheit nicht rein und nicht stark genug, so werden wir -gegen die auf uns eindringende Ueberzeugung uns vertheidigen, so lange -wir können; und nun ist es uns nicht mehr um die Form zu thun, sondern -um die Materie des Satzes; wir vertheidigen denselben, weil er der -unsrige ist, und weil ein eitler Ruhm uns mehr gilt, denn Wahrheit. - -Eine Meinung schmeichelt unserm Stolze, unseren Anmaassungen, unserer -Unterdrückungssucht. Man erschüttert sie mit den stärksten Gründen, -gegen die wir nichts aufbringen können. Werden wir uns überzeugen -lassen? Aber wir müssten dann entweder unsere gerechten Ansprüche -aufgeben, oder uns für wohlbedächtige und überlegte Ungerechte -anerkennen. Es ist zu erwarten, dass wir gegen die Ueberzeugung uns -verwahren werden, so lange wir können, und dass wir in allen -Schlupfwinkeln unseres Herzens nach Ausflüchten suchen werden, um ihr -auszuweichen. - -Ein zweites Hinderniss des reinen Interesse für Wahrheit ist die -Trägheit des Geistes, die Scheu vor der Mühe des Nachdenkens. Der Mensch -ist von Natur ein vorstellendes Wesen, aber er ist durch sie auch nichts -weiter. Die Natur bestimmt die Reihe seiner Vorstellungen, wie sie die -Verkettung seiner körperlichen Theile bestimmt. Sein Geist ist eine -Maschine, wie sein Körper; nur eine Maschine anderer Art, eine -vorstellende Maschine, bestimmt durch Einwirkung von aussen und durch -seine nothwendigen Naturgesetze von innen. Man kann viel wissen, viel -studiren, viel lesen, viel hören, und ist doch nichts weiter. Man lässt -durch Schriftsteller oder Redner sich bearbeiten, und sieht mit -behaglicher Ruhe zu, wie eine Vorstellung in uns mit der andern -abwechselt. Sowie die Weichlinge des Orients in ihren Bädern durch -besondere Künstler ihre Gelenke durchkneten lassen, so lassen diese -durch Künstler anderer Art ihren Geist durchkneten, und ihr Genuss ist -um weniges edler, als der Genuss jener. - -Diesem blinden Hange thätig widerstreben, eingreifen in den Mechanismus -der Ideenfolge, und ihr gebieten, ihr mit Freiheit eine Richtung geben -auf ein bestimmtes Ziel, und von dieser Richtung nicht abweichen, bis -das Ziel erreicht ist: das ist der rohen Natur zuwider, und kostet -Anstrengung und Verläugnung. - -Jedes unthätige Hingeben ist dem Interesse für Wahrheit geradezu -entgegen. Es wird dabei gar nicht auf Wahrheit oder Nichtwahrheit, -sondern lediglich auf die Ergötzung geachtet, die jener Wechsel der -Vorstellungen uns gewährt. Wir kommen dadurch auch nicht zur Wahrheit; -denn Wahrheit ist Einheit, und diese muss thätig und mit Freiheit -hervorgebracht werden, durch Anstrengung und eigene Kraftanwendung. -Gesetzt, man käme durch ein glückliches Ohngefähr auf diesem Wege -wirklich zu Vorstellungen, die an sich wahr wären, so wären sie es doch -nicht ^für uns^, denn wir hätten von der Wahrheit derselben uns nicht -durch eigenes Nachdenken überzeugt. - -Beide Unarten vereinigen sich in denjenigen, welche alle Untersuchung -fliehen, aus Furcht, dadurch in ihrer Ruhe und in ihrem Glauben gestört -zu werden. Was kann eines vernünftigen Wesens unwürdiger seyn, als eine -solche Ausrede? Entweder ist ihre Ruhe, ihr Glaube gegründet; und was -fürchten sie dann die Untersuchung? Die Güte ihrer Sache muss ja -nothwendig durch die hellste Beleuchtung gewinnen. -- Aber sie fürchten -vielleicht bloss unsere Trugschlüsse, unsere Ueberredungskünste? Wenn -sie unsere Folgerungen nicht gehört haben, noch hören wollen: woher -mögen sie doch wissen, dass es Trugschlüsse sind? Und setzen sie in -ihren Verstand nicht das Vertrauen, dass er allen falschen Schein, der -sich gegen ihre Ueberzeugung auflehnt, zerstreuen werde, da sie ihm doch -das ungleich grössere zutrauen, dass er die einzig mögliche reine -Wahrheit ohne sonderliches Nachdenken aufgefunden habe? -- Oder ihre -Ruhe, ihr Glaube ist grundlos; und also ist es ihnen überhaupt nicht -darum zu thun, ob er gegründet sey oder nicht, wenn sie nur nicht in -ihrer süssen Behaglichkeit gestört werden. Es liegt ihnen gar nicht an -der Wahrheit, sondern bloss an der Vergünstigung, dasjenige für wahr zu -halten, was sie bisher dafür gehalten haben; sey es um der Gewohnheit -willen, sey es, weil der Inhalt desselben ihrer Trägheit und -Verdorbenheit schmeichelt. Sie erhalten etwa dadurch die Hoffnung, ohne -alles ihr Zuthun, tugendhaft und glückselig, oder wohl gar ohne Tugend -glückselig zu werden, recht viel zu geniessen, ohne etwas zu thun; -andere für sich arbeiten zu lassen, wo sie Lust haben, träge und -verdorben zu seyn. - -Alles Interesse von der angezeigten Art ist unächt, und in Ausrottung -desselben besteht der erste Schritt zu Erhöhung des reinen Interesse für -Wahrheit. Der zweite ist: man überlasse sich jedem Genusse, den das -reine Interesse für Wahrheit gewährt. Die ^Wahrheit an sich selbst^, -wiefern sie bloss in der Harmonie alles unseres Denkens besteht, gewährt -Genuss, und einen reinen, edlen, hohen Genuss. - -Das ist eine gemeine Seele, der es gleichgültig ist, ob sie, so -geringfügig der Gegenstand auch seyn möge, irre, oder im Besitz der -Wahrheit sey. Es ist hierbei nemlich gar nicht um den Inhalt und um die -Folgen eines Satzes zu thun, sondern lediglich um Einheit und -Uebereinstimmung in dem gesammten System des menschlichen Geistes. Aber -der Mensch ^soll^ einig mit sich selbst seyn; er soll ein eigenes, für -sich bestehendes Ganzes bilden. Nur unter dieser Bedingung ist er -Mensch. Mithin ist das Bewusstseyn der völligen Uebereinstimmung mit uns -selbst in unserem Denken, oder doch des redlichen Strebens nach einer -solchen Uebereinstimmung, unmittelbares Bewusstseyn unserer behaupteten -Menschenwürde, und gewährt einen moralischen Genuss. - -Man bezeugt es sich durch jenes Streben, und durch die vermittelst -desselben hervorgebrachte Harmonie, dass man ein selbstständiges, von -allem, was nicht unser Selbst ist, unabhängiges Wesen bilde. Man wird -des erhabenen Gefühls theilhaftig: ich bin, was ich bin, weil ich es -habe seyn wollen. Ich hätte mich können forttreiben lassen durch die -Räder der Nothwendigkeit; ich hätte meine Ueberzeugung können bestimmen -lassen durch die Eindrücke, die ich von der Natur überhaupt erhielt, -durch den Hang meiner Leidenschaften und Neigungen, durch die Meinungen, -die mir meine Zeitgenossen beibringen wollten: aber ich habe nicht -gewollt. Ich habe mich losgerissen, ich habe durch eigene Thätigkeit -nach einer durch mich selbst bestimmten Richtung hin untersucht; ich -stehe jetzt auf diesem bestimmten Puncte, und ich bin durch mich selbst, -durch eigenen Entschluss und eigene Kraft darauf gekommen. -- Man wird -des erhabenen Gefühls theilhaftig: ich werde immer seyn, was ich jetzt -bin, weil ich es immer wollen werde. Der ^Inhalt^ meiner Ueberzeugungen -zwar wird durch fortgesetztes Nachforschen sich ändern, aber um ihn ist -es mir auch nicht zu thun. Die ^Form^ derselben wird sich nie ändern. -Ich werde nie der Sinnlichkeit, noch irgend einem Dinge, das ausser mir -ist, Einfluss auf die Bildung meiner Denkart verstatten; ich werde, so -weit mein Gesichtskreis sich erstreckt, immer einig mit mir selbst seyn, -weil ich es immer wollen werde. - -Diese strenge und scharfe Unterscheidung unseres reinen Selbst von -allem, was nicht wir selbst sind, ist der wahre Charakter der -Menschheit; die Stärke und der Umfang dieses Selbstgefühls ist bestimmt -durch den Grad unserer Humanität; dieser unsere ganze Würde und unsere -ganze Glückseligkeit. - -Mit dieser sichern Ueberzeugung, stets einig mit sich selbst zu seyn, -geht der entschiedene Freund der Wahrheit auf dem Wege der Untersuchung -ruhig fort; er geht muthig allem entgegen, was ihm auf demselben -aufstossen möchte. Es ist für denjenigen, der mit sich selbst noch nicht -recht eins geworden ist, was er denn eigentlich suche und wolle, -äusserst beängstigend, wenn er auf seinem Wege auf Sätze stösst, die -allen seinen bisherigen Meinungen, und den Meinungen seiner -Zeitgenossen, und der Vorwelt widersprechen; und gewiss ist diese -Aengstlichkeit eine der Hauptursachen, warum die Menschheit auf dem Wege -zur Wahrheit so langsame Fortschritte gemacht hat. Von ihr ist -derjenige, der die Wahrheit um ihrer selbst willen sucht, völlig frei. -Er blickt jeder noch so befremdenden Folgerung kühn in das Gesicht. Ob -sie ein befremdendes oder bekanntes Aussehen habe, ob sie seiner und -aller bisherigen Meinung widerspreche oder nicht, darnach war nicht die -Frage. Die Frage war: ob sie, seinem besten Wissen nach, mit den -Gesetzen des Denkens übereinstimme oder nicht, und das wird er -untersuchen. Wird sich finden, dass sie damit übereinstimme, so wird er -sie als heilige, ehrwürdige Wahrheit aufnehmen; wird sie nicht damit -übereinstimmen, so wird er sie als Irrthum verwerfen, nicht weil sie der -gemeinen Meinung, sondern weil sie seinem besten Wissen nach den -Gesetzen des Denkens widerspricht. Bis dahin ist er völlig gleichgültig -gegen sie; über ihren Inhalt hat er die Frage nicht erhoben; derselbe -ist ihm bekannt; ihre Form hat er noch zu untersuchen. - -Mit dieser kalten Ruhe und festen Entschlossenheit blickt er hinein in -das Gewühl der menschlichen Meinungen überhaupt und seiner eigenen -Einfälle und Zweifel. Es wirbelt und stürmt ^um ihn herum^, aber nicht -^in ihm^. Er selbst sieht aus seiner unerreichbaren Burg ruhig dem -Sturme zu. Er wird ihm zu seiner Zeit gebieten, und eine Welle nach der -anderen wird sich legen. -- Er will nur Harmonie mit sich selbst, und er -bringt sie hervor, so weit er bis jetzt gekommen ist. Dort ist noch -Verwirrung in seinen Meinungen; das ist nicht seine Schuld, denn bis -dahin hat er noch nicht kommen können. Er wird auch dahin kommen, und -dann wird jene Unordnung in die schönste Ordnung sich auflösen. -- Was -wäre denn wohl endlich das härteste, was ihm begegnen könnte? Gesetzt, -er fände, entweder weil die Schranken der endlichen Vernunft überhaupt, -welches unmöglich ist, oder weil die Schranken seines Individuums -solches mit sich bringen, als letztes Resultat seines Strebens nach -Wahrheit, dass es überhaupt gar keine Wahrheit und Gewissheit gebe. Er -würde auch diesem Schicksale, dem härtesten, das ihn treffen könnte, -sich unterwerfen; denn er ist zwar unglücklich, aber schuldlos; er ist -seines redlichen Forschens sich bewusst, und das ist statt alles Glücks, -dessen er nun noch theilhaftig werden kann. - -Ebenso ruhig -- wenn dieser Umstand der Erwähnung werth ist -- bleibt -der entschiedene Freund der Wahrheit darüber, was ^andere^ zunächst zu -seinen Ueberzeugungen sagen werden, wenn er in der Lage seyn sollte, sie -mittheilen zu müssen; und der Gelehrte ist immer in dieser Lage, da er -nicht bloss für sich selbst, sondern zugleich für andere forscht. Die -Frage ist ja gar nicht, ob wir mit anderen, sondern ob wir mit uns -selbst übereinstimmend denken. Ist das letztere, so können wir des -erstern ohne unser Zuthun, und ohne erst die Stimmen zu sammeln, bei -allen denen gewiss seyn, die mit sich selbst in Uebereinstimmung stehen; -denn das Wesen der Vernunft ist in allen vernünftigen Wesen Eins und -ebendasselbe. Wie ^andere^ denken, wissen wir nicht, und wir können -davon nicht ausgehen. Wie ^wir^ denken sollen, wenn wir vernünftig -denken wollen, können wir finden; und so, wie wir denken sollen, sollen -alle vernünftige Wesen denken. Alle Untersuchung muss von innen heraus, -nicht von aussen herein, geschehen. ^Ich^ soll nicht denken, wie -^andere^ denken; sondern wie ^ich^ denken soll, so, soll ich annehmen, -denken auch andere. -- Mit denen übereinstimmend zu seyn, die es mit -sich selbst nicht sind, wäre das wohl ein würdiges Ziel für ein -vernünftiges Wesen? - -Das Gefühl der für formale Wahrheit angewendeten ^Kraft^ gewährt einen -reinen, edlen, dauernden Genuss. - -Einen solchen Genuss kann uns überhaupt nur dasjenige gewähren, was -unser eigen ist, und was wir durch würdigen Gebrauch unserer Freiheit -uns selbst erworben haben. Was uns hingegen ohne unser Zuthun von aussen -gegeben worden ist, gewährt keinen reinen Selbstgenuss. Es ist nicht -unser, und es kann uns ebenso wieder genommen werden, wie es uns gegeben -wurde; wir geniessen an demselben nicht uns selbst, nicht unser eigenes -Verdienst und unsern eigenen Werth. So verhält es sich auch insbesondere -mit Geisteskraft. Das, was man guten Kopf, angebornes Talent, glückliche -Naturanlage nennt, ist gar kein Gegenstand eines vernünftigen -Selbstgenusses, denn es ist dabei gar kein eigenes Verdienst. Wenn ich -eine reizbarere, thätigere Organisation erhielt, wenn dieselbe gleich -bei meinem Eintritte ins Leben stärker und zweckmässiger afficirt wurde, -was habe ^ich^ dazu beigetragen? Habe ich jene Organisation entworfen, -unter mehreren sie ausgewählt und mir zugeeignet? Habe ich jene -Eindrücke, die mich bei meinem Eintritte ins Leben empfingen, berechnet -und geleitet? - -Meine Kraft ist ^mein^, lediglich inwiefern ich sie durch Freiheit -hervorgebracht habe; ich kann aber nichts in ihr hervorbringen, als ihre -Richtung; und in dieser besteht denn auch die wahre Geisteskraft. Blinde -Kraft ist keine Kraft, vielmehr Ohnmacht. Die Richtung aber gebe ich ihr -durch Freiheit, deren Regel ist, stets übereinstimmend mit sich selbst -zu wirken; vorher war sie eine fremde Kraft, Kraft der willenlosen und -zwecklosen Natur in mir. - -Diese Geisteskraft wird durch den Gebrauch verstärkt und erhöht; und -diese Erhöhung giebt Genuss, denn sie ist Verdienst. Sie gewährt das -erhebende Bewusstseyn: ich war Maschine, und konnte Maschine bleiben; -durch eigene Kraft, aus eigenem Antriebe habe ich mich zum -selbstständigen Wesen gemacht. Dass ich jetzt mit Leichtigkeit, frei, -nach meinem eigenen Zwecke fortschreite, verdanke ich mir selbst; dass -ich fest, frei und kühn an jede Untersuchung mich wagen darf, verdanke -ich mir selbst. Dieses Zutrauen auf mich, dieser Muth, mit welchem ich -unternehme, was ich zu unternehmen habe, diese Hoffnung des Erfolgs, mit -der ich an die Arbeit gehe, verdanke ich mir selbst. - -Durch diese Geisteskraft wird zugleich das moralische Vermögen gestärkt, -und sie ist selbst moralisch. Beide hängen innig zusammen, und wirken -gegenseitig auf einander. Wahrheitsliebe bereitet vor zur moralischen -Güte, und ist selbst schon an sich eine Art derselben. Dadurch, dass man -alle seine Neigungen, Lieblingsmeinungen, Rücksichten, alles, was ausser -uns ist, den Gesetzen des Denkens frei unterwirft, wird man gewöhnt, vor -der Idee des Gesetzes überhaupt sich niederzubeugen und zu verstummen; -und diese freie Unterwerfung ist selbst eine moralische Handlung. -Herrschende Sinnlichkeit schwächt in gleichem Grade das Interesse für -Wahrheit, wie für Sittlichkeit. Durch den Sieg, den das erstere über -dieselbe erkämpft, wird zugleich für die Tugend ein Sieg erfochten. -Freiheit des Geistes in ^Einer^ Rücksicht entfesselt in allen übrigen. -Wer alles, was ausser ihm liegt, in der Erforschung der Wahrheit -verachtet, der wird es auch in allem seinem Handeln überhaupt verachten -lernen. Entschlossenheit im Denken führt nothwendig zur moralischen Güte -und zur moralischen Stärke. - -Ich setze kein Wort hinzu, um die Würde dieser Denkart fühlbar zu -machen. Wer ihrer fähig ist, der fühlt sie durch die blosse -Beschreibung; wer sie nicht fühlt, dem wird sie ewig unbekannt bleiben. --- - - - - - F. - Aphorismen - über Erziehung aus dem Jahre 1804.[36] - - - 1. - -Einen Menschen erziehen heisst: ihm Gelegenheit geben, sich zum -vollkommenen Meister und Selbstherrscher seiner ^gesammten^ Kraft zu -machen. Der ^gesammten^ Kraft, sage ich; denn die Kraft des Menschen ist -Eine und ist ein zusammenhängendes Ganze. Sogleich in der Erziehung -einen abgesonderten Gebrauch dieser Kraft als Ziel ins Auge fassen, -- -den Zögling für seinen Stand erziehen, wie man dies wohl genannt hat, -würde nur überflüssig seyn, wenn es nicht verderblich wäre. Es verengt -die Kraft und macht sie zum Sklaven des angebildeten Standes, da sie -doch sein Herrscher seyn sollte. Der völlig und harmonisch ausgebildeten -Kraft kann man es überlassen, von welcher Seite her sie sich der Welt -und der Praxis in ihr nähern werde; oder: in allen Ständen kommt es -nicht darauf an, wozu man ^erzogen^ sey und was man ^gelernt^ habe, -sondern was man ^sey^? Wer überhaupt nur wirklich ^ist^, ein -vernünftiges und in jedem Augenblicke selbstthätiges Wesen, wird immer -mit Leichtigkeit sich zu dem ^machen^, was er in seiner Lage seyn soll. -Wer aber durch irgend eine äusserliche Einübung (Dressur) den leider -ermangelnden Thierinstinct ersetzt hat, der bleibt eben in dieser -Schranke befangen, die ihn wie eine zweite, ihm undurchdringliche Natur -umgiebt, und die Erziehung, der Unterricht hat ihn gerade beschränkt, -getödtet, statt ihn zu befreien und zum lebendigen Fortwachsen aus sich -selbst fähig zu machen. - -[Fußnote 36: Als Rechenschaftsablegung bei Gelegenheit eines damals -gefassten Planes geschrieben, einige Söhne ihm befreundeter Familien, -zur Erziehung mit dem eigenen, in sein Haus aufzunehmen. - - (Anmerk. des Herausgebers.)] - - - 2. - -Für Entwickelung der ^Geistes^kraft in diesem allgemeinsten Sinne haben -wir Neueren nichts Zweckmässigeres, als die Erlernung der alten -klassischen Sprachen. Ob man fürs Leben jemals dieser Sprachen bedürfen -werde, davon sey nicht die Frage: ja sogar davon werde abgesehen, ob es -dem aufkeimenden Geiste räthlicher sey, in der gepressten Luft der -modernen Denkart, oder in dem heiteren Wehen der Schriftsteller des -Alterthums zu athmen. Folgende Frage aber kann nicht geschenkt werden: -wie der Zögling über den Nebel nicht von ihm geschaffener und deshalb -nicht verstandener Worte, der nur den Geist, welcher ihm unbewusst in -der Sprache umherwankt, keinesweges aber seinen eigenen, in ihm -aufkommen lässt, -- über diesen Nebel, der den grössten Theil selbst der -angeblich gebildeten Menschen zeitlebens gefesselt hält, zur lebendigen -Anschauung der Sache selbst gelangen solle? - -Ich halte dafür, dass dies geschehen könne nur durch das Studium ^der^ -Sprachen, deren ganze ^Begriffsgestaltung^ von der Modernität völlig -abweicht und jeden, der es in dieser Region bis zum ^eigentlichen -Verstehen^ bringen soll -- was freilich mehr ist, als was der -gewöhnliche Unterricht in den alten Sprachen bezweckt und in der Regel -auch erreicht, der sich mit dem ungefähren Dolmetschen des Sinnes -begnügt, -- entschieden nöthiget, über alle Zeichen hinweg zu etwas -Höherem, als das Sprachzeichen ist, zu dem Begriffe der Sache sich zu -erheben: -- ein Studium, welches ebendarum durch die Erlernung keiner -neueren Sprache zu ersetzen ist, weil hierin mit nichtverstandenen -Phrasen, gegen andere gleichgeltende, nur anderstönende, welche -ebenfalls nicht verstanden werden, d. h. in denen niemals vom Ausdrucke -und Bilde zum Begriffe vorgedrungen wird, -- ein Tauschhandel getrieben -werden kann und getrieben wird. Daher nun die Nebelwelt -halbverstandener, nie bis auf ihren Kern untersuchter Vorstellungen, in -der das gewöhnliche Bewusstseyn, auch der sogenannten Gebildeten, lebt, -und die ihre Wahrheit sind, nach der zufälligen Gestaltung des sie -umgebenden Sprachgeistes und nach dem ebenso zufälligen Anfluge aus -ihren specielleren Umgebungen, wo also nirgends das Bewusstseyn mit dem -Realen und Wahren zu thun hat, sondern mit den Schattenbildern -desselben. - - - 3. - -Es liegt in der Sache, dass die ^Form^ des Unterrichtes und der Uebungen -auf den beschriebenen Zweck berechnet seyn muss; eine Form, mit welcher -ich aus alter Uebung im Unterrichte sehr bekannt zu seyn glaube. Eine -Nebenrücksicht hierbei wird die seyn, den grössten Theil der Zeit und -der Mühe, der in dem hergebrachten Unterrichte auf das Lateinische, eine -sehr nachstehende Tochter des Griechischen, gewidmet wird, der Mutter -selbst zuzuwenden, mit dem Griechischen, so viel dies möglich ist, -anzufangen, dies als Hauptsache zu nehmen und bis zu Stil- und sogar -Sprechübungen zu treiben, indem aus der für den geborenen Deutschen, -wegen der sehr nahen Verwandtschaft des Griechischen mit seiner -Muttersprache ohnedies leicht zu erlangenden Fertigkeit, eine Ansicht -von der Sprache überhaupt und so auch eine Vorbereitung auf das weit -ferner für uns liegende Lateinische erfolgt; welche auf umgekehrtem Wege -nicht so sicher zu erreichen wäre. - - - 4. - -Es versteht sich, dass über dieser Erlernung der alten Sprachen und der -Ansichten der alten Welt, der alten Geschichte, Geographie u. s. w., die -Kenntniss der umgebenden Welt nicht vergessen werde. Dies ist nun aber, -weil es das Umgebende betrifft, mehr durch Leben und möglichst zu -vermittelnde Anschauung, als durch todtes Studium und Ueberlieferung, -mehr durch unmittelbare Erfahrung und Conversation darüber, als durch -besondere Lehrstunden zu befördern. Ein lebendiger, durch seine tägliche -Arbeit an Verknüpfung und Ordnung gewöhnter Knabe wird nicht ermangeln, -von dem, was er erblickt, aufzusteigen zu dem, was er nicht erblickt, -und darnach, so wie nach dem Zusammenhange beider zu fragen, und er wird -Befriedigung erhalten, wenn diejenigen, die ihn umgeben, theils selber -die Sache wissen, theils so zu antworten verstehen, dass keine todte, -nur wiederholende Phrase, sondern eine lebendige Anschauung im Zöglinge -entstehe. - - - 5. - -Der innere Geist und Charakter dieser intellectuellen Erziehung, ohne -welchen alle äusserlichen Fertigkeiten und Kenntnisse keinen Werth -haben, ist der, dass der Zögling in der That und stets selbst arbeite, -Alles durch eigene Geisteskraft sich erwerbe, keinesweges aber nur -mechanisch etwas anlerne. Die Methode, leicht oder spielend zu lehren -und zu lernen, kann daher in einem vernunftgemässen Erziehungsplane -nicht eintreten, in welchem es gar nicht darauf ankommt, ^was^ da -erlernt sey, sondern was der Zögling geistig vermöge, und wie dies -Vermögen durch den Stoff des Unterrichtes entwickelt worden sey. - -Aus diesem Grunde wird das Studium der Mathematik, am geeignetsten nach -Euklides oder in dieser Methode, der zweite Hauptzweig des eigentlichen -Unterrichtes seyn. - - - 6. - -Dagegen im unmittelbaren Leben, durch ein von selbst sich darbietendes -oder künstlich herbeigeführtes Bedürfniss angeregt, sind die neueren -Sprachen zu erlernen. Diese Erlernung ist dem Knaben, der schon an den -alten Sprachen Kenntniss der Sprache überhaupt sich erworben, und Ohr -und Zunge an ihnen geübt hat, der ferner Lateinisch versteht, besonders -bei den Töchtern des Lateinischen sehr leicht, wenn dabei nur nicht auf -eine zu nichts dienende Virtuosität im blossen Sprechen ausgegangen -wird. - - - 7. - -Jenen auf Anschauung gegründeten Unterricht in den Anfangsgründen der -Geometrie und Arithmetik abgerechnet, ist ein eigentlich systematisches -und speculatives Studium der Wissenschaften, vor den Jahren der -anfangenden Reife, sogar nachtheilig. Früher werde nur reicher Stoff der -Erkenntniss herbeigeführt, die Phantasie gestärkt und frei und -selbstständig gemacht, der Verstand durch Uebung an den gesetzmässigen -Gang ^angewöhnt^, als ob dies gar nicht anders seyn könne. Erst in -dieser Richtigkeit des geistigen Blickes befestigt, möge er Ausflug -nehmen zur Erforschung und zum deutlichen Bewusstseyn seiner Gesetze, -denen er bisher, wie einem dunkeln Instincte, folgte. Mit Einem Worte: -Transscendentalismus jeder Art, selbst in seinen leisesten Andeutungen, -gehört nicht unter die Gegenstände der Erziehung. -- - - - 8. - -Der Körper ist so gut Ausdruck der ^gesammten^ menschlichen Kraft, als -es der Geist ist. Abgerechnet nun, dass ganz gegen die gewöhnliche -Meinung von der »Ungesundheit« des Fleisses und des ernsten Studiums, -frühe Geistesbildung, wenn sie nur nicht ein Brüten der Memorie über -todten, unverstandenen Phrasen, sondern ein Leben und Weben der -Phantasie seyn soll, schon durch sich selbst auch für den Körper der -wirksamste Lebensbalsam ist: -- dies abgerechnet, bleibt es noch -besonderer Zweck der Erziehung, den Zögling auch seines Körpers Meister -zu machen, also dass er diesen besitze, in keinem Sinne aber von ihm -besessen werde, -- auch nicht durch körperliche Stimmungen und -Aufregungen. - -Hierher gehört zuerst Entwicklung und Fixirung der Sinne; des Auges -durch (nicht mechanisches, sondern perspectivisches) Zeichnen; des Ohres -durch Uebung im harmonischen, einstimmigen und vielstimmigen Gesange, -und, sofern Talent vorhanden, auch im Erlernen eines musikalischen -Instrumentes: -- des allgemeinen Sinnes durch Gewöhnung an -ununterbrochene Aufmerksamkeit und absolutes Nichtdulden des -Zerstreutseyns. (Dieser Punct ist wichtiger als er scheint, und ich -getraue mir zu behaupten, dass man das Menschengeschlecht mit Einem -Streiche von allen seinen übrigen Gebrechen geheilt haben würde, wenn -man jeden von dem Zerstreutseyn geheilt, und ihn dahin gebracht hätte, -nur allemal seine ganze unzerstreute Aufmerksamkeit auf das zu richten, -was er jetzt treibt.) - -Täglicher Genuss der frischen Luft, harmonische Ausbildung des Körpers -durch gymnastische Uebungen, wie Tanzen, Ringen, Fechten, Reiten, -insgesammt auf den Zweck gerichtet, den Körper unter die Herrschaft des -Geistes zu bringen und ihn zugleich zum starken, ausdauernden Werkzeuge -desselben zu machen, verstehen sich von selber im Ganzen dieses -Erziehungsplanes. - - - 9. - -Eine ^positive^ moralische Erziehung, d. h. eine solche, die sich den -Zweck setze und ihn ausdrücklich ausspreche, den Zögling zur Tugend zu -bilden, giebt es nicht; vielmehr würde ein solches Verfahren den inneren -moralischen Sinn ertödten und gemüthlose Heuchler und Gleissner bilden. -In der eigenen schamhaften Stille des Gemüthes, ohne Geschwätz und -Selbstbespiegelung, muss die Sittlichkeit von selbst aufkeimen, und -allmählig höher erwachsen und sich verbreiten, so wie die äusseren -Beziehungen sich theils vermehren, theils dem Kinde klarer werden. So -muss es seyn, und so wird es ohne alles absichtliche Zuthun allenthalben -von selbst erfolgen, ^sofern nur lauter gute Beispiele den Zögling -umgeben und alles Schlechte, Gemeine und Niedrige fern von seinem Auge -gehalten wird.^ - -Ausser dieser verhütenden Sorgfalt hat der Erzieher nur noch Folgendes -zu thun: wenige, in sich selbst durchaus klare und leicht zu -beobachtende positive Gebote aufzustellen, über deren Befolgung, ohne -irgend eine Ausnahme und unverbrüchlich, gehalten werde. So wäre denn -irgend einmal mit Feierlichkeit das sittliche Gesetz anzukündigen: -schlechthin nicht zu lügen, nicht wissentlich und bedächtig gegen sein -Bewusstseyn zu reden oder zu handeln. Nach aller Erfahrung ergreift -dieses Gesetz mit einer wunderbaren Gewalt den Knaben, erhebt ihn, giebt -ihm eine innerliche Fassung, und wird ihm unaustilgbare Quelle der -inneren Rechtschaffenheit, die die Mutter aller Tugenden ist und Keinen, -der sie besitzt, ohne Rettung fallen lässt. - - - 10. - -Innere Religiosität des Gemüthes, das heisst: heilige Ahnung eines über -alle Sinnlichkeit Erhabenen, und Hinneigung zu ihm, findet bei innerer -Rechtschaffenheit des Gemüthes und zweckmässiger Geistesbildung, wie sie -eben beschrieben worden, sich ganz von selbst. Sie planmässig anlehren -zu wollen, würde abermals den inneren Sinn dafür ertödten und den -Heuchler bilden. -- Die Unterweisungen in der positiven Landesreligion -wird, wenn der Zögling in die Jahre kommt, an den Mysterien derselben -theilzunehmen, der Geistliche seiner Confession (welches diese sey, ist -unserer Erziehung völlig gleichgültig) besorgen, und unser -Erziehungsplan wird jeder positiven oder negativen Einmischung und jedes -Einflusses in diese Angelegenheit sich mit strenger Gewissenhaftigkeit -enthalten. - - - 11. - -Die äusseren Mittel zur Erreichung des angegebenen Zweckes werden -folgende seyn: - -Es wird ein Hauslehrer, oder falls eine grössere Anzahl von Zöglingen -sich fände, deren zwei gehalten. Die ausschliessenden Bedingungen, durch -die man sich bei der Wahl dieser Lehrer leiten lassen wird, werden darin -bestehen: zuvörderst, dass ihnen Pädagogik um ihrer selbst willen -Geistes- und Herzensangelegenheit sey, und sie daher eine solche Stelle -nicht als Mittel für einen fremden Zweck, sondern selbst als nächsten -Zweck suchen; -- sodann, dass, wenn sie auch nicht alles, sogar nur -weniges von dem, was sie lehren sollen, wissen, sie doch die -Geistesfreiheit und Uebung haben, immer mit Leichtigkeit es zu lernen, -so wie sie dessen bedürfen, und ebenso die zweckmässigste Methode, es zu -lehren, besitzen oder diese sich anzueignen vermögen. Diese Männer -werden, abwechselnd mit mir, unter täglich gegenseitiger Rücksprache und -Rechenschaftsablegung, lehren und die Zöglinge unter ^ununterbrochener^ -Aufsicht behalten. - - - 12. - -Fremde Kinder durchaus und ganz wie unser eigenes anzusehen und zu -behandeln, dazu müsste uns, selbst wenn es keine höheren Antriebe gäbe, -sogar die Klugheit und das Wohlwollen gegen unser eigenes Kind nöthigen, -indem das entgegengesetzte Benehmen gerade für es selbst die -nachtheiligsten Folgen haben würde. - - - - - G. - Bericht - über den Begriff der Wissenschaftslehre und die bisherigen - Schicksale derselben. - - - (Geschrieben im Jahre 1806.) - - - Erstes Capitel. - Ueber den Begriff der Wissenschaftslehre. - -Falls etwa der Erkenntniss der Wahrheit durch den Menschen dieses -Hinderniss im Wege stände, dass im natürlichen und kunstlosen Zustande -diese Erkenntniss sich selber, nach eigenen innern und verborgen -bleibenden Gesetzen gestaltete und bildete; diese ihre eigene Gestalt -der zu erkennenden Wahrheit, ohne unser Vermerken, mittheilte, und so in -der Erkenntniss sich selber in den Weg, und zwischen sich und die reine -Wahrheit in die Mitte träte: so würde es auf diese Weise nie zur -Wahrheit, und falls diese Selbstmodification der Erkenntniss wandelbar, -veränderlich, und in ihrer verschiedenen Gestaltung vom blinden -Ohngefähr abhängig seyn sollte, auch nie zu bleibender Einheit und -Gewissheit in der Erkenntniss kommen. Diesem Mangel und den nothwendigen -Folgen desselben könnte auf keine andere Weise abgeholfen werden, ausser -dadurch, dass jene inneren Selbstmodificationen der Erkenntniss aus -ihren Gesetzen vollständig erschöpft, und die Producte derselben von der -erkannten Wahrheit abgezogen würden; worauf, nach diesem Abzuge, die -reine Wahrheit übrigbleiben würde. - -So verhält es sich nun in der That; und dem zufolge würden, bis auf -Kant, alle Denker und Bearbeiter der Wissenschaft ohne Ausnahme durch -den verborgenen Strom jener inneren Verwandlungen der Erkenntniss -herumgezogen, und mit sich selber und andern in Widerstreit versetzt. -Kant war der erste, der diese Quelle aller Irrthümer und Widersprüche -glücklich entdeckte, und den Vorsatz fasste, auf die einzig -wissenschaftliche Weise, durch systematische Erschöpfung jener -Modificationen, und, wie er es nannte, durch Ausmessung des ganzen -Gebiets der Vernunft, sie zu verstopfen. Die Ausführung blieb jedoch -hinter dem Vorsatz zurück, indem die Vernunft oder das Wissen nicht in -seiner absoluten Einheit, sondern schon selbst in verschiedene Zweige -gespalten, als theoretische, als praktische, als urtheilende Vernunft, -der Untersuchung unterworfen; auch die Gesetze dieser einzelnen Zweige -mehr empirisch gesammelt, und durch Induction als Vernunftgesetze -erhärtet wurden, als dass eine wahre Deduction aus der Urquelle sie -erschöpft, und als das, was sie sind, sie dargelegt hätte. Bei diesem -Stande der Sachen ergriff die Wissenschaftslehre die durch jene -Kantische Entdeckung an die Menschheit gestellte Aufgabe; zeigend, was -der Wissenschaftsweg in seiner Einheit sey, sehr sicher wissend und -darauf rechnend, dass aus dieser Einheit heraus die besonderen Zweige -desselben sich von selbst ergeben, und aus ihr würden charakterisirt -werden können. - -Wir sind nicht gemeint zu läugnen, dass nicht von einigen jene -Wissenschaftslehre einigermaassen gefasst, und ihr Zweck nothdürftig -historisch ersehen worden sey, indem von mehreren gestanden worden, dass -durch jenes Werk die absolute Nichtigkeit aller Producte des -Grundgesetzes des Wissens, der Reflexion, dargethan sey. Nur machte man -aus dieser Entdeckung über das Resultat jener Philosophie den Schluss, -dass eben um dieses Resultates willen die Wissenschaftslehre nothwendig -falsch sey, indem eine Realität denn doch sey, diese Realität aber, weil -nemlich diejenigen, die also dachten, für ihre Person dieselbe nicht -anders zu erfassen vermochten, nur innerhalb des Gebiets des -Reflexionsgesetzes erfasst werden könne. Durch dieselbe Voraussetzung -machten sie nun die Wissenschaftslehre, dieselbe mit dem in ihrer Gewalt -einig befindlichen Organe fassend, wirklich falsch; indem sie, gar nicht -zweifelnd, dass ein objectives Seyn gesetzt werden müsste, und dass von -diesem allgemeinen Schicksal der Sterblichkeit auch die -Wissenschaftslehre nicht frei seyn werde, meinten, der Fehler dieser -Philosophie bestehe darin, dass sie ein subjectives-objectives Seyn, ein -wirkliches und concret bestehendes Ich, als das Ding an sich, -voraussetze; welchem Fehler sie für ihre Person nun dadurch abzuhelfen -vermeinten, dass sie statt dessen ein objectives-objectives Seyn, -welches sie mit dem Namen des Absoluten beehrten, voraussetzten. Zwar -hat man in Absicht der der Wissenschaftslehre angemutheten Voraussetzung -von Seiten derselben nicht ermangelt, wiederholt und in den -verschiedensten Wendungen zu protestiren; jene aber bleiben dabei, wie -sie denn auch nicht füglich anders können, dass sie besser wissen -müssten, was der Verfasser der Wissenschaftslehre eigentlich wolle, als -dieser selbst. In Absicht ihrer eigenen Verbesserung ist sonnenklar, und -es wird, falls jemals einige Besonnenheit an die Tagesordnung kommen -sollte, jedes Kind begreifen, dass dieses ihr Absolute nicht nur -objectiv ist, welches das erste Product der stehenden Reflexionsform, -sondern zugleich auch, als Absolutes, bestimmt ist durch seinen -Gegensatz eines Nicht-Absoluten, welche ganze Fünffachheit, noch -überdies mit der im Nicht-Absoluten liegenden ganzen Unendlichkeit, in -jener Operation mit dem Absoluten und ihrer Einbildungskraft durch -einander verwachsen liegt, und so ihr Absolutes überhaupt gar kein -möglicher Gedanke, sondern nur eine finstere Ausgeburt ihrer -schwärmenden Phantasie ist, um die Empirie, im Glauben an welche sie -fest eingewurzelt sind, zu erklären. - -Gegen Erinnerungen, wie die eben gemachte, meinen sie auf folgende Weise -sich in Sicherheit bringen zu können. Es hat nemlich die -Wissenschaftslehre, freilich nur fürs Erste, und als ein Hausmittel für -diejenigen, denen der Zustand der Besonnenheit noch nicht der natürliche -geworden ist, sondern in welchen er mit dem der Unbesonnenheit wechselt, -vorgeschlagen, dass sie bei dergleichen Producten der stehenden -Reflexionsform sich doch nur besinnen möchten, dass sie das Gedachte ja -denken. Jene, wohl wissend, dass, wenn sie auf diesen Vorschlag -eingehen, ihnen die geliebte Täuschung verschwinde, und das, was sie -gern als das Ansich sähen, als ein blosser Gedanke sich gar klar -manifestire, versichern, dass man an dieser Stelle sie nie zur Reflexion -bringen solle; und berichten, dass gerade durch die consequente -Durchführung jener Maxime die Wissenschaftslehre zu einem leeren -Reflectirsystem werde, und dadurch eben, wie es sich denn auch wirklich -also verhält, die ganze Reflexionsform in absolutes Nichts zerfalle, -indem das eben die jenem Systeme verborgengebliebene Kunst sey, an der -rechten Stelle die Augen zuzumachen und die Hand auf, um die Realität zu -ergreifen. Es entgeht ihnen hierbei gänzlich, dass, völlig unabhängig -von ihrem Reflectiren oder Nichtreflectiren auf ihren Denkact, derselbe -an sich bleibt, wie er ist, und wie er durch die Form der Beschränkung, -in der sie ihn vollziehen, nothwendig ausfällt; und dass es ein -schlechtes Mittel ist gegen die Blindheit, vor der Blindheit selber -wiederum die Augen zu verschliessen. So bleibt in dem angegebenen Falle -ihr Absolutes, von dem sie doch durchaus nicht anders denken können, als -dass es sey, immer ein Objectives, aus dem Schauen Hingeworfenes, und -demselben in ihm selber Entgegengesetztes, durch sich und in seinem -Wesen; ob sie nun den Gegensatz dazu, das Schauen, ausdrücklich -hinsetzen oder nicht: und sie haben, wenn sie nicht mehr denn dieses -Objectiviren vollzogen haben, nur das Seyn überhaupt, keinesweges aber, -wie sie vorgeben, das Absolute gedacht; oder wollen sie doch auch dieses -Letztere gedacht haben, so haben sie, innerhalb des Seyns überhaupt, -noch durch einen zweiten Gegensatz mit einem nicht absoluten Seyn, eine -weitere Bestimmung vollzogen, und ihr Absolutes ist ein besonderes Seyn, -innerhalb des allgemeinen, und ihr Denken ist auf eine bestimmte Weise -analytisch-synthetisch, weil nur durch ein solches Denken der Begriff, -den sie zu haben versichern, zu Stande kommt, sie mögen es nun erkennen -oder nicht. - -Dieses Alles ist ihnen nun seit dreizehn Jahren oft wiederholt und in -den mannigfaltigsten Wendungen gesagt worden, und sie haben es auch -recht wohl vernommen. Aber sie wollen es nicht weiter hören, und hoffen, -weil wir einige Jahre geschwiegen, und sie nach aller ihrer Lust ihr -Wesen haben treiben lassen, desselben auf immer erledigt, und in den -ungestörten Besitz der Weisheit, die ihnen gefällt, eingesetzt zu seyn. - -Jedoch fehlt gar viel daran, dass dieses ihr Nichtwollen so ganz ein -freies sey. Es gründet sich dasselbe vielmehr mit Nothwendigkeit auf die -Beschaffenheit ihrer geistigen Natur. Sie vermögen nicht zu thun, was -wir ihnen anmuthen, noch zu seyn, wie wir sie haben wollen. Wollen sie -bei diesem Stande der Dinge nicht alles Seyn aufgeben und in die völlige -Vernichtung fallen, so müssen sie sich auf das ihnen einzig mögliche -Seyn stützen, und dasselbe aus aller Kraft aufrecht zu erhalten suchen. - -Jenes, oben an einem Beispiele dargestellte analytisch-synthetische -Denken ist eine Function der Phantasie, und mischt mit den aus ihr -erzeugten Schemen die Realität zusammen; wir aber muthen ihnen das reine -und einfache Denken oder die Anschauung an, durch welches allein die -Realität, in ihrer Einheit und Reinheit, an sie gelangen könnte. Sie -sind des Letzteren durchaus unfähig, und sind darum allerdings -genöthigt, falls sie nicht lieber das Denken überhaupt aufgeben wollen, -sich der Herrschaft ihrer dunklen und verworrenen Phantasie zu -überlassen. Wie sie auch mit ihrem Geiste sich hin- und herbewegen -mögen, so werden sie nur auf andere Formen der Phantasie getrieben, aus -dieser überhaupt nie herauskommend. Die Form der Phantasie ist allemal -zerreissend das Eine: sie gehen nie anders, als mit schon zerrissenem -Geiste an die Sache, und es kann darum das Eine nie an sie gelangen, -weil sie selbst niemals das Eine sind. - -Darum verliert auch an ihnen alle Belehrung ihren Effect, weil dieselbe, -um an sie zu kommen, erst durch ihr Organ hindurchgehen muss; in diesem -Durchgange aber ihre eigene Form verliert, und die Form ihres Organs -annimmt. Wenn man z. B. mit ihnen vom Ich, als der Grundform alles -Wissens redet, so vermögen sie dieses Ich gar nicht anders an sich zu -bringen, denn als ein objectives, durch ein anderes ihm -entgegengesetztes objectives, bestimmtes Seyn, weil diese letztere Form -eben die Grundform der Einbildungskraft ist; es ist darum nothwendig, -dass sie die Wissenschaftslehre also verstehen, wie das deutsche -Publicum sie verstanden hat; und es ist eben dadurch klar, dass gar -keine Wissenschaftslehre an sie zu kommen vermag, sondern statt -derselben nur ein höchst verkehrtes System, welches sie durch die -entgegengesetzte Verkehrtheit berichtigen wollen. - -Das einfache Denken ist das innere Sehen; das Phantasiren dagegen ist -ein blindes Tappen, dessen Grund dem Tapper ewig verborgen bleibt. Die -Wissenschaftslehre war ein Gemälde, auf Licht und Augen berechnet, und -wurde in der Voraussetzung, dass dergleichen vorhanden wären, dem -Publicum vorgelegt. Man tappte einige Jahre herum auf dem Gemälde, und -es fanden sich einige, welche Höflichkeitshalber versicherten, dass sie -die angeblich abgezeichneten Gestalten unter dem Finger fühlten. Andere, -die mehr Muth hatten, bekannten, dass sie nichts fühlten; dadurch -verminderte sich denn auch die Schüchternheit und die falsche Scham der -Ersteren, und sie nahmen ihr Wort zurück. Es fand sich indessen Einer, -der der allgemeinen Noth sich annahm, und aus allerlei altem Abgange -einen Teig zusammenknetete, den er ihnen darbot. Seit der Zeit -befleissigt jeder, der Finger hat, sich des Befühlens, und es ist ein -öffentliches Dankfest darüber angesagt, dass das Absolute betastbar -geworden. - -Wo der eigentliche Punct des Streites, den die Wissenschaftslehre gegen -sie führt, wahrhaftig liege, weiss unter allen vorgeblich -philosophirenden deutschen Schriftstellern Keiner; ich sage mit Bedacht -Keiner, und gedenke hierüber dermalen keine Ausnahme zu gestatten. Dass -auch dieses System dafür halte, die Betastung sey der einzige innere -Sinn, und dass es auch ein blosses, nur etwas wunderbares und von dem -ihrigen verschiedenes Betasten sey, darüber regt nirgends sich einiger -Zweifel. Ferner halten sie dafür, der Streit sey über objective -Wahrheiten, und unser System läugne bloss einige Sätze, die sie -behaupten, und wolle dieses durch andere Sätze verdrängen; da doch -dieses System eine Bestreitung ihres gesammten geistigen Seyns und -Lebens in der Wurzel ist, und ihnen vor allen Dingen Klarheit anmuthet, -worauf es sich mit der Wahrheit ohne Weiteres auch geben werde. Nicht -darauf kommt es an, was ihr denket, würde die Wissenschaftslehre ihnen -sagen; denn euer gesammtes Denken ist schon nothwendig Irrthum, und es -ist sehr gleichgültig, ob ihr auf die eine Weise irret, oder auf die -andere; sondern darauf, was ihr innerlich und geistig seyd. Seyd das -Rechte, so werdet ihr auch das Rechte denken; lebet geistig das Eine, so -werdet ihr dasselbe auch anschauen. - -Nun aber ist das Erstere nicht ganz leicht, und wir haben keinen Grund, -anzunehmen, dass dermalen mehr Geneigtheit und Fähigkeit dazu sich unter -den Deutschen vorfinden werde, als ihrer seit dreizehn Jahren, oder wenn -wir Kant, von welchem, nur mit etwas grösserem Aufwande des eigenen -Scharfsinnes, dasselbe sich hätte lernen lassen, dazu nehmen, als seit -fünfundzwanzig Jahren sich dargelegt hat. Dennoch wollen wir die -neuerdings vom Publicum bei Seite gesetzte Sache wieder in Anregung -bringen; unbekümmert übrigens darum, ob auch diese Anregung in derselben -leeren Luft, in welcher seit geraumer Zeit alle Anregungen zum Besseren -fruchtlos verhallet sind, gleichfalls ohne Erfolg verhallen werde. - -Um vor allen Dingen den Stand der Einstimmigkeit, sowie des Streites der -Wissenschaftslehre mit dem Publicum festzustellen, und dadurch unseren -eigentlichen dermaligen Zweck zu bestimmen: - -Das Publicum will -- wir fügen uns vorläufig seiner Sprache, bis wir -tiefer unten dieselbe zerstören werden -- das Publicum will Realität, -dasselbe wollen auch wir; und wir sind sonach hierüber mit ihm einig. - -Die Wissenschaftslehre hat den Beweis geführt, dass die, in ihrer -absoluten Einheit erfasst werden könnende, und von ihr also erfasste -Reflexionsform keine Realität habe, sondern lediglich ein leeres Schema -sey, bildend aus sich selber heraus, durch ihre gleichfalls vollständig, -und aus Einem Principe zu erfassenden Zerspaltungen in sich selbst, ein -System von anderen ebenso leeren Schemen und Schatten; und sie ist -gesonnen, auf dieser Behauptung fest und unwandelbar zu bestehen. - -Das Publicum, welches sein geistiges Leben über diese Form nicht hinweg -zu versetzen, noch dieselbe von sich abzulösen, und sie frei anzuschauen -vermag, hat, eben ohne es selbst zu wissen, seine Realität nur in dieser -Form; da es nun aber doch Realität haben muss, so ist es geneigt, jenen -von der Wissenschaftslehre geführten Beweis für fehlerhaft zu halten, -weil ihm dadurch seine Realität, die es nicht umhin kann, für die einzig -mögliche zu halten, vernichtet wird. - -Wenn wir nun bei diesem Stande der Sachen einen Augenblick annehmen -wollen, dass diesem Publicum geholfen sey, und dass es uns zu verstehen -vermöge; so könnte das Erstere nur dadurch geschehen, dass man mit ihm -gemeinschaftlich und vor seinen Augen die Form, in der es befangen -bleibt, ablöste und ausschiede und neu zeigte, dass zwar seine Realität, -keinesweges aber alle Realität vernichtet sey, sondern dass im -Hintergrunde der Form, und nach ihrer Zerstörung erst die wahrhafte -Realität zum Vorschein komme. Dieses Letztere ist nun diejenige Aufgabe, -welche wir zu seiner Zeit durch eine neue und möglichst freie -Vollziehung der Wissenschaftslehre, in ihren ersten und tiefsten -Grundzügen zu lösen gedenken. - -So jemand will, so mag er eine solche Arbeit auch für die Erfüllung des -vor langem gegebenen Versprechens einer neuen Darstellung der -Wissenschaftslehre nehmen; welcher Erfüllung ich mich übrigens, weil mir -immer deutlicher geworden, dass die alte Darstellung der -Wissenschaftslehre gut und vorerst ausreichend sey, schon längst -entbunden hatte, und jetzt sie weiter hinausschiebe. Wie es mir aus den -öffentlichen Aeusserungen dieser Erwartung wahrscheinlich geworden, -hoffte man besonders, dass durch die neue Darstellung das Studium dieser -Wissenschaft bequemer werden sollte; welcher Hoffnung zu entsprechen ich -weder ehemals noch jetzt grosse Fähigkeit oder Geneigtheit in mir -verspüre. - -Da ich soeben die ehemalige Darstellung der Wissenschaftslehre für gut -und richtig erklärt habe, so versteht es sich, dass niemals eine andere -Lehre von mir zu erwarten ist, als die ehemals an das Publicum -gebrachte. Das Wesen der ehemals dargelegten Wissenschaftslehre bestand -in der Behauptung, dass die Ichform oder die absolute Reflexionsform der -Grund und die Wurzel alles Wissens sey, und dass lediglich aus ihr -heraus Alles, was jemals im Wissen vorkommen könne, sowie es in -demselben vorkomme, erfolge; und in der analytisch-synthetischen -Erschöpfung dieser Form aus dem Mittelpuncte einer Wechselwirkung der -absoluten Substantialität mit der absoluten Causalität; und diesen -Charakter wird der Leser in allen unseren jetzigen und künftigen -Erklärungen über Wissenschaftslehre unverändert wiederfinden. - - - Zur vorläufigen Erwägung. - -Wenn es nun etwa jemand zu der Einsicht gebracht hätte, dass das Seyn -- -ich muss, um die Rede anknüpfen zu können, von diesem Begriffe, den ich -demnächst zu zerstören gedenke, ausgehen -- dass das Seyn schlechthin -nur Eins, durchaus nicht Zwei, und ein in sich selber Geschlossenes und -Vollendetes, eine Identität, keinesweges aber eine Mancherleiheit seyn -könnte: so würde von einem solchen billigerweise zu fordern seyn, dass -er nach dieser Einsicht nun auch wirklich verführe, nicht aber zur -Stunde wiederum gegen sie handelte, dass er demnach, falls er etwa noch -überdies ein solches Seyn nicht problematisch an seinen Ort gestellt -seyn lassen, sondern positiv und bejahend dasselbe annehmen wollte, -dasselbe, treu seinem Grundsatze, eben nur ins positive Seyn selber oder -ins Leben setzen, und annehmen müsse, dass es eben nur unmittelbar -lebend, und im unmittelbaren Erleben und durchaus auf keine andere Weise -sich bewahrheiten könne. Wollte er nun etwa dieses Leben wiederum -absolut nennen, wie ihm, wenn er nur dadurch keinen Gegensatz, der ja -gegen die angenommene Einheit des Seyns streiten würde, aufstellen, -sondern nur soviel sagen wollte, dass dies das Eine in sich vollendete -Seyn sey, ausser welchem gar nichts Anderes seyn könne: so würde er -annehmen müssen, dass das Absolute nur in dem einzig möglichen innern -Leben von sich, aus sich, durch sich sey, und durchaus auf keine andere -Weise seyn könne, dass nur im unmittelbaren Leben das Absolute sey, und -ausser dem unmittelbaren Leben gar kein anderes Seyn es gebe, und alles -Seyn nur gelebt, nicht aber auf andere Weise vollzogen werden könne. -Könnte nun ein solcher auch wohl freilich sich nicht abläugnen, dass er -in dieser Operation das Leben doch nur dächte, und objectiv vor sich -hinstellte, so müsste sich derselbe nur recht verstehen, um sogleich -einzusehen, dass er dennoch nicht diesen ^Gedanken^ seines Lebens und -das ^Product^ seines Denkens meine, indem er ja das Leben aus sich und -von sich selbst, nicht aber aus seinen Gedanken heraus gedacht zu haben -vermeint, sonach an diesem Gedanken sein Denken ausdrücklich zerstört, -und durch den Inhalt dieses einzig möglichen wahren Gedankens das -Denken, als etwas für sich bedeuten wollend, völlig vernichtet würde. -Geradezu aber würde gegen die vorausgesetzte Einsicht gehandelt werden, -wenn jemand das Seyn, und da das Seyn durchaus das Absolute ist, das -Absolute, in ein nicht Einfaches, sondern Mannigfaltiges, und in ein -sichtbares Erzeugniss und Product eines Andern ausser ihm setzen wollte. -Dergleichen ist nun eben der Begriff des Seyns, von welchem wir die Rede -anhoben. Er ist nicht von sich, sondern aus dem Denken, und dieses Seyn -ist in sich selbst todt, wie dies auch nicht anders seyn kann, da sein -Schöpfer, das Denken, in sich selbst todt ist, und an dem einzigen -wahren Gedanken, dem des Lebens, sich also bewährt. Auch bewährt dieses -Seyn sich wirklich also todt im Gebrauche, indem es für sich selbst -nicht aus der Stelle rückt, und durch mündliche Wiederholbarkeit doch -ein Etwas aus ihm herauskommt, sondern erst durch einen zweiten Ansatz -des Denkens ihm Leben und Bewegung als ein zufälliges Prädicat ertheilt -wird. Alle diese, dem Seyn hinterher noch beigelegten Prädicate sind nun -nothwendig willkürliche Erdichtungen, indem, falls das Denken auf eine -glaubhafte Weise Bericht vom Leben abstatten sollte, das letztere selber -darin eintreten und unmittelbar von sich zeugen müsste; jenes Denken -eines Seyns aber gleich ursprünglich das Leben von sich ausgeschieden, -und ausser aller unmittelbaren Berührung mit ihm sich gesetzt hat, und -darum nicht berichten, sondern nur erdichten kann; an welchem letzteren -freilich die Möglichkeit noch besonders zu erklären ist. - -Würde nun etwa dennoch in einem gewissen Sinne, der noch näher zu -bestimmen seyn würde, angenommen, dass Wir, oder was dasselbe bedeutet, -dass Bewusstseyn sey: so wäre dieses, innerhalb der vorausgesetzten -Grundeinsicht, nur also zu begreifen, dass das Eine absolute Leben eben -das unsrige, und das unsrige das absolute Leben sey, indem es nicht zwei -Leben, sondern nur Ein Leben zu geben vermöge, und dass das Absolute -auch in uns eben nur unmittelbar lebend, und im Leben, und auf keine -andere Weise dazuseyn vermöge, indem es überhaupt auf keine andere Weise -dazuseyn vermag; und wiederum, dass nur in uns das Absolute lebt, -nachdem es überhaupt in uns lebt, es aber nicht zweimal zu leben vermag. -Inwiefern aber nun ferner angenommen wird, dass wir nicht bloss das Eine -Leben, sondern zugleich auch Wir oder Bewusstseyn sind, so würde -insofern das Eine Leben in die Form des Ich eintreten. Sollte sich, wie -wir aus guten Gründen vorläufig vermuthen, diese Ichform klar -durchdringen lassen, so würden wir einsehen, was an uns und unserem -Bewusstseyn lediglich aus jener Form erfolge, und was somit nicht -reines, sondern formirtes Leben sey; und vermöchten wir nun dieses von -unserem gesammten Leben abzuziehen, so würde erhellen, was an uns als -reines und absolutes Leben, was man gewöhnlich das ^Reale^ nennt, -übrigbliebe. Es würde eine Wissenschaftslehre, welche zugleich die -einzig mögliche ^Lebenslehre^ ist, entstehen. - -Was insbesondere das erste aufgestellte todte Seyn betrifft, so würde -erhellen, dass dieses durchaus nicht das Absolute, sondern dass es nur -das letzte Product des in uns in der Form des Ich eingetretenen wahrhaft -absoluten Lebens sey; das letzte, sage ich, also dasjenige, in welchem -in dieser Form das Leben abgeschlossen, erloschen und ausgestorben, -somit in ihm schlechthin gar keine Realität übriggeblieben ist. Es würde -einleuchten, dass eine wahrhaft lebendige Philosophie vom Leben -fortgehen müsse zum Seyn, und dass der Weg vom Seyn zum Leben völlig -verkehrt sey und ein in allen seinen Theilen irriges System erzeugen -müsse, und dass diejenigen, welche das Absolute als ein Seyn absetzen, -dasselbe rein aus sich ausgetilgt haben. Auch in der Wissenschaft kann -man das Absolute nicht ^ausser^ sich anschauen, welches ein reines -Hirngespinnst giebt, sondern man muss in eigener Person das Absolute -seyn und leben. - -Ich füge nur noch folgende zwei Bemerkungen hinzu. Zuvörderst, dass -durch diesen Satz alle Philosophie ohne Ausnahme, ausser der Kantischen -und der der Wissenschaftslehre, für völlig verkehrt und ungereimt -erklärt werde; und wir sprechen dieses bestimmt aus, indem wir niemals -irgend eine Ausnahme, welchen Namen sie auch haben möge, zu gestatten -gedenken. Sodann, so klar und so handgreiflich einleuchtend die gemachte -Bemerkung auch jedem ist, der sie eben versteht, so möchte es doch Leser -geben, die gar nicht leicht in dieselbe sich fänden. Der Grund ist der: -weil es einiger Anstrengung bedarf, um sich zur Vollziehung der -angemutheten Consequenz zu bringen, und dieselbe in seine freie und -besonnene Gewalt zu bekommen, zuwider dem natürlichen Hange im Menschen, -zum objectivirenden Denken, als dem leichtesten, und jedem ohne alle -Mühe und Besonnenheit sich anwerfenden zurückzukehren. Dennoch kann die -Vollziehung dieser Einsicht nicht erlassen werden, indem ausserdem es -beim blinden Tappen bleibt und kein Sehen erfolgt, und der ganze -Unterricht, aus Mangel eines tauglichen Organs der Aufnahme, seines -Zweckes verfehlt. - -Endlich, dass beim Leben angehoben werden müsse, und von diesem erst zum -Seyn fortgegangen werden könne, hat nur vorläufig verständlich gemacht -werden sollen, um den dermalen vorhandenen Grund alles Irrthums bei -Zeiten aus dem Wege zu bringen. Keinesweges aber haben wir uns dadurch -die Möglichkeit abschneiden wollen, falls es nothwendig werden sollte, -sogar über das Leben hinauszugehen, und auch dieses als nichts Einfaches -und Erstes, sondern als Product einer klar nachzuweisenden Synthesis, -nur ja nicht aus dem Seyn, darzustellen. Einer der nächsten Aufsätze -dieser Zeitschrift wird sich mit dieser Aufgabe beschäftigen. - - - Zweites Capitel. - Auskunft über die bisherigen Schicksale der - Wissenschaftslehre. - - - I. - Schilderung des bisherigen Zustandes unserer Literatur - überhaupt. - -Es ist hier keinesweges unsere Absicht, bloss wieder zu sagen, wie sich -das Publicum gegen die Wissenschaftslehre seit der Erscheinung derselben -verhalten, sondern dasselbe aus seinen Gründen zu erklären, worauf dann -derjenige, der das erstere nicht weiss, aus diesen Gründen selbst es ^a -priori^ ableiten, oder auch in den seit jener Zeit erschienenen -Schriften und Urtheilen es aufsuchen mag. Nur gründet ohne Zweifel -dieses alles sich auf den bisherigen und noch dermalen fortdauernden -Zustand der Literatur überhaupt; und es wird daher die begehrte Auskunft -auf die von uns gewählte Weise ohne Zweifel gegeben, wenn der erwähnte -Zustand gründlich geschildert wird. - -Welcher Schmerz übrigens und innige Wehmuth uns ergreife, indem wir aus -dem klaren Aether der tiefsten Betrachtung, in welchem wir am liebsten -uns aufhalten, herunterzusteigen haben in den Abgrund der -intellectuellen und moralischen Verkehrtheit in der Wirklichkeit, thut -nicht noth zu beschreiben. Wahrhaftig nicht unsere Neigung führt uns, -sondern eine tiefe Unlust begleitet uns zu diesem Geschäfte, welche zu -überwinden wir dennoch uns entschlossen haben, indem, so sicher wir auch -überzeugt seyn mögen, dass nichts besser werden wird, es dennoch unsere -Schuldigkeit ist, zu handeln, als ob es besser werden könnte, ganz -sicherlich aber es nicht besser werden kann, bevor nicht das Uebel in -seiner ganzen Grösse bekannt worden, und ein beträchtlicher Theil des -Publicums darüber in ein heilsames Erschrecken versetzt worden. Und wenn -es auch wahr seyn sollte, dass der jetzt ausgebildet lebenden Generation -durchaus nicht zu helfen sey, sondern diese, als unverbesserlich, -aufgegeben werden müsse: so bliebe es gleichwohl nothwendig, diejenige, -welche dermalen entsteht und sich bildet, abzuschrecken, dass sie nicht -in die Fusstapfen jener ersten trete, indem, wenn es wirklich besser -werden soll, die Besserung doch irgend einmal in der Zeit anheben muss, -nichts aber verhindert, dass wir wünschen, dass, inwiefern es möglich -ist, diese Zeit eben jetzt sey. - -Nur zwei allgemeine Bemerkungen habe ich vorauszuschicken. Die erste ist -die folgende: Ob das, was ich als den Charakter unseres gelehrten -Publicums angeben werde, durchaus und ohne alle Ausnahme, oder ob es nur -von der entschiedenen Majorität gelte, kann vorläufig an seinen Ort -gestellt bleiben; und ich will es denjenigen unter meinen -wissenschaftlichen Lesern, welche mit Wahrheit sich bewusst sind, dass -ihnen niemals, weder in Schriften, noch auf dem Katheder, oder in -mündlichen Unterhaltungen dergleichen Aeusserungen, wie wir anführen -werden, entfallen sind, von Herzen gönnen; indem es mir wenig Vergnügen -macht, mir die Zahl der Schuldigen recht gross zu denken. Gemeint sind -nur diejenigen, welche selber, jedoch vor einer Selbstprüfung, in der -sie sich nicht schmeicheln, sich getroffen fühlen. - -Sodann: die gewöhnliche, auch ehemals schon uns gegebene Antwort auf -dergleichen Vorwürfe ist die: man habe übertrieben, oder auch ganz und -gar die Unwahrheit gesagt, und sie seyen nicht also, wie wir sie -dargestellt hätten. Der hierbei ihnen selbst zwar grösstentheils -verborgen bleibende Grund ihrer Täuschung ist der, dass, da sie selber -in allen ihren Aeusserungen immer nur sagen, was gesagt worden, und vor -dem Worte vom Worte niemals zum Worte von der Sache zu kommen vermögen, -sie ebenfalls von uns glauben, wir wollten berichten, wie sie sprechen; -und da mag es denn oft wahr seyn, dass sie also, wie wir sie darstellen, -sich selber nicht aussprechen. Unser Vorsatz aber war und ist, zu sagen, -was sie innerlich und in der That wirklich sind und leben, welches -letztere unter andern auch recht gut an demjenigen dargelegt werden -kann, was sie seyen, dem jenes, ob sie es nun selber wissen oder nicht, -dennoch zur Quelle und Prämisse wirklich und nothwendig dient. Und wenn -es sich auch zuweilen zutrüge, dass sie, zur ausdrücklichen und -wörtlichen Erklärung über dieselben Verhältnisse kommend, das gerade -Gegentheil von dem, was sie nach unserer Behauptung wirklich sind, -sagten: so ist doch dieses letztere nicht der Ausdruck ihres wahren -Seyns, sondern nur ein auswendig Gelerntes, und eine am Markte -erhandelte Maske, mit welcher sie ihre natürliche Haut übel genug -verdecken; jenes aber, als Princip eines wirklichen Dafürhaltens im -Leben, ist ihr wahres innerliches Leben. - -Und nun zur Sache! Dass das Organ für die Speculation, durch welche -allein doch alles übrige Wissen begründet, geordnet und klar wird, und -ohne welche alle Beschäftigung mit den Wissenschaften nur ein blindes, -vom Ohngefähr mehr oder weniger begünstigtes Herumtappen bleibt, den -gegenwärtigen Bearbeitern der Wissenschaften gänzlich abgehe, haben wir -schon oben gesagt, und, falls jemand fähig seyn sollte, uns zu -verstehen, durch unsere eigene Speculation es gezeigt. Nun würde ein -Mangel, den unser Zeitalter mit der gesammten Vorwelt gemein hat, nicht -jenem allein zum besonderen Vorwurfe gemacht werden können, wenn nicht -der grosse Unterschied obwaltete, dass diese Vorwelt von wahrer -Speculation niemals etwas vernommen, jenem aber nunmehr seit -fünfundzwanzig Jahren, in einer ununterbrochenen Folge mannigfaltiger -Schriften zweier in ihrem äusseren Vortrag sehr verschiedener Autoren, -die Regeln der wirklichen Speculation, und die Ausübung derselben an -mancherlei Materien, vorgelegt worden sind. - -Aber was soll man sodann sagen, wenn in überschwänglicher Klarheit -erhellet, dass unter diesen vorgeblichen Bearbeitern der Wissenschaft -sogar der Begriff von der Wissenschaft selber, ihren blossen formalen -und äusseren Eigenschaften nach, nicht nur fast gänzlich verschwunden, -sondern dass sie auch innerlich vor diesem Begriffe erzittern, und jede -Anregung desselben leidenschaftlich anfeinden, und dass der einzige -Trost ihres Lebens die Hoffnung ist, dass es wohl niemals wirklich zur -Wissenschaft kommen werde, und der einzige Zweck ihrer Bestrebungen, zu -verhindern, dass es dazu komme? Müsste man nicht sodann urtheilen, dass -an die Stelle des unter uns ausgestorbenen gelehrten Publicums die -heftigsten Feinde aller Wissenschaft getreten, welche die Maske der -Gelehrsamkeit nur vorhalten, um unter deren Schutze die Wissenschaft nur -sicherer und sieghafter zu bestreiten? - -Die Wissenschaft, so gewiss sie Wissenschaft ist, hat eine absolute und -unveränderliche Evidenz in sich selber, vernichtend schlechthin alle -Möglichkeit des Gegentheils und allen Zweifel; und, da diese Evidenz nur -auf eine einzige unwandelbare und unveränderliche Weise möglich seyn -kann, die Wissenschaft hat ihre feste und unveränderliche äussere Form. -Dies gehört zum Wesen der Wissenschaft, als solcher; nur unter dieser -Bedingung ist sie Wissenschaft; und so ist auch allenthalben, wo es ein -wissenschaftliches Publicum gegeben hat, in demselben allgemein geglaubt -und angenommen worden. Wie aber mögen über diesen Punct unsere -vorgeblichen Gelehrten glauben und annehmen? Ich weiss nicht, wie viele -es unter ihnen geben dürfte, denen nicht von Zeit zu Zeit Aeusserungen, -wie die folgenden, entgangen seyen: es halte jemand sich für allein -weise und allein Philosoph; es wolle jemand die Wissenschaft aus Einem -Stücke haben; man müsse -- als ob es nemlich mehr als Einen Standpunct -für jede Wahrheit geben könne -- bei Widerlegung der Gegner sich auf -ihren Standpunct versetzen; man müsse es in der Untersuchung der -Wahrheit nicht so strenge nehmen, sondern leben und leben lassen; und -wie noch ins Unendliche fort die Wendungen lauten, in denen der -Wissenschaft angemuthet wird, auf ihren absoluten Grundcharakter -Verzicht zu thun: und dieses alles als gar nicht zu bezweifelnde Axiome, -mit einer kindlichen Unbefangenheit, und so durchaus ohne alle Ahnung -der eigenen Abgeschmacktheit, dass sie nicht nur sicher auf die -Beistimmung aller übrigen hoffen, sondern sogar fest überzeugt sind, der -wissenschaftliche Mann selber, den sie etwa des Anspruchs auf -Alleinweisheit bezüchtiget, hätte sich dessen erst nur nicht besonnen; -er werde auf ihre Erinnerung schon in sich gehen und sich schämen. Wenn -nun etwa auch dieselben Schriftsteller, ein andermal von dem Wesen der -Wissenschaft redend, sich ohngefähr ebenso darüber ausdrückten, wie wir -es oben thaten: soll man dies für ihren Ernst halten? Wie könnte man? -Dieses letztere sagen sie nur; das Gegentheil aber glauben sie wirklich, -indem sie ja darnach in wirklicher Beurtheilung vorliegender -Erscheinungen verfahren; wie denn auch einige zu dergleichen -Geständnissen mit rührender Naivität hinzusetzen: das sey zwar wahr ^in -abstracto^, keinesweges aber ^in concreto^; wodurch sie demnach klar -bekennen, dass sie jenen Begriff der Wissenschaft nur für einen leeren -Begriff des scherzhaften und spielenden Denkens halten, mit dem es -hoffentlich niemals werde Ernst werden. - -Das innere Wesen der Wissenschaft ist auf sich selbst gegründet, und -macht sich schlechthin durch sich selbst und aus sich selbst, ^so^, wie -es sich macht, absolut vernichtend alle Willkür; und es ist die -allererste Forderung an einen wissenschaftlichen Menschen, vor deren -Erfüllung niemals auch nur ein Funke von Wissen in seine Seele kommen -wird, dass alle Neigung in ihm vor dem heiligen Gesetze der Wahrheit -verstumme, und er für immer entschlossen sey, alles, was ihm als wahr -einleuchten werde, mit ruhiger Ergebung sich gefallen zu lassen. Sollen -wir glauben, entweder, dass sie diese Bedingung vollzogen hätten, oder -auch nur, dass sie es als einen möglichen Fall dächten, es werde jemand -diese Forderung an sie machen? -- solche, welche ernsthaft vor dem -gesammten Publicum uns benachrichtigen, dass unsere Wahrheit ihnen nicht -gefalle, und auseinandersetzen, wie ihnen bei derselben eigentlich zu -Muthe geworden, und beschreiben, wie diejenige Wahrheit aussehen müsse, -die ihnen gefallen solle, und uns ersuchen, sie also zu machen und -gelten zu lassen, und, wenn wir nicht wollen, sich ereifern und klagen, -dass wir ihnen das Herz aus dem Leibe reissen wollten; welches letztere -wir denn auch wirklich gerne thäten, wenn wir es vermöchten, bei eigenem -Unvermögen aber es der göttlichen Gnade überlassen. Oder sollten wir das -von denjenigen glauben, welche, noch unabhängig von dem Inhalte des -Vorgetragenen, sich beklagen, dass man nicht freundlich genug sie -belehre, dass man ihnen einen unsanften Ruck gegeben habe, der beinahe -die ruhige Stimmung ihres Gemüthes gestört hätte; dass wir uns bessern, -und ihnen künftig die Lehre und Arznei in die von ihnen geliebten -Süssigkeiten einkleiden möchten, widrigenfalls sie zu unserer -wohlverdienten Bestrafung nichts mehr von uns lernen würden? Soll man -viele Ausnahmen von dieser Denkart glauben, wenn man sieht, dass eine -neue Lehre fast mit keinen anderen Waffen bekämpft wird, als mit dieser -Abneigung und der Erregung derselben in den Gemüthern der Leser, auf -deren Sympathie und gleichmässigen Unverstand man sicher rechnet; -ingleichen des Affects der Verwunderung über die ungeheure Abweichung -der Lehre von der gemeinen Meinung, als ob jemand zuzugestehen dächte, -dass etwas wahr sey, weil es gemein ist? - -Die allererste, dem wissenschaftlichen Menschen anzumuthende Erkenntniss -ist die, dass die Wissenschaft nicht ein leeres Spiel oder Zeitvertreib, -nicht nur ein zum erhöhten Lebensgenusse dienender Luxus, sondern dass -sie ein dem Menschengeschlecht schlechthin Anzumuthendes, und die einzig -mögliche Quelle aller seiner weitern Fortentwickelung sey: dass die -Wahrheit ein Gut, und das höchste, alle anderen Güter in sich -enthaltende Gut, der Irrthum dagegen die Quelle aller Uebel, und dass er -Sünde und die Quelle aller anderen Sünden und Laster sey; und dass -derjenige, der die Wahrheit aufhält und den Irrthum verbreitet, die -allerschaudervollste Sünde am Menschengeschlechte begehe. Kann man diese -Erkenntniss denjenigen zutrauen, welche ihr ganzes Leben hindurch durch -alle ihre Worte und Werke die absoluteste Gleichgültigkeit gegen -Wahrheit und Irrthum zeigen; welche alle die Tage ihres Lebens -fortfahren zu lehren, ohne jemals etwas zu wissen; welche, ohne alle -Ueberzeugung, dass Wahrheit sey, was sie behaupten, dennoch fort -behaupten auf das gute Glück hin, dass sie es gleichwohl auch getroffen -haben könnten, und so, innerlich zu einer concreten Heuchelei und Lüge -geworden, lügend fortleben und von der Lüge essen, trinken und sich -kleiden? Ohne alle Ueberzeugung, sage ich: denn es ist ein himmlisch -klarer Satz, ganz allein durch sich der Menschheit den Besitz der -Wahrheit sichernd, und welcher, obwohl er die Verderbtheit jener -aufdeckt, und darum ein verhasster Gräuel ist in ihren Augen, dennoch -ihnen zu Liebe nicht kann aufgegeben werden; der Satz: dass die Evidenz -eine specifisch verschiedene innere und überzeugende Kraft bei sich -führe, welche niemals auf die Seite des Irrthums treten kann, dass -jederman unter allen Umständen seines Lebens wissen kann, ob das, was er -denke, mit dieser Kraft ihn ergreife oder nicht, dass daher jedweder, -von welchem hinterher sich findet, dass er geirrt habe, dennoch, obwohl -er gar füglich seinen Irrthum nicht eingesehen haben kann als Irrthum, -ihn doch auch sicher nicht als Wahrheit eingesehen hat, und dass er auch -hätte entdecken können, dass er ihn nicht als solche einsehe, wenn er -sich nur hätte besinnen wollen; dass er daher auf keine Weise der -Ueberführung zu entgehen vermag, dass er leichtfertig und ohne -wahrhaften Respect für die Wahrheit dahergefahren sey. - -Welches konnte die Quelle dieser strafbaren Gleichgültigkeit seyn? -Allein Trägheit, Leichtsinn, Egoismus, tiefe moralische Auflösung. Das -Leben reisst unaufhörlich uns heraus aus uns selber, und treibt uns -dahin oder dorthin, so wie es will, nach seinem Gutdünken sein Spiel mit -uns führend. Diesem Hange zuwider dennoch sich zusammenzunehmen, und -betrachtend sich zu halten, bis man vollendet, kostet Anstrengung, -Selbstverläugnung, Mühe, und diese thut wehe dem verzärtelten Fleische. -Es will schon etwas sagen, nur zuweilen sich zu besinnen: dass man es -aber in der Wissenschaft, zumal in der höchsten, in der Speculation, zu -etwas Bedeutendem bringe, dazu bedarf es einer bis zur absoluten -Freiheit geübten Kunst der Besinnung, und der erworbenen Unmöglichkeit, -jemals von dem Strome der blinden Einbildungskraft gefasst zu werden; -welches alles wiederum einen ganzen klaren, nüchternen und besonnenen -Lebenslauf erfordert. Wie hätte einen solchen die Kraftlosigkeit unserer -Tage ertragen können? - -Oder, selbst wenn sie gekonnt hätten, würden sie es auch nur gewollt -haben, und würden sie jene Besonnenheit, wenn ohne alle ihre Mühe sie -ihnen zu Theil würde, sich zur Ehre anrechnen oder zur Schmach? Ich -sage, zu der letztern; denn es ist schon lange her, dass der Wetteifer -mit jener Nation, von der wir jetzt für unsern guten Willen, ihr zu -gleichen, und für unser Unvermögen dazu grausam bestraft werden, uns den -Anschein deutschen Ernstes, Gründlichkeit und Fleisses verächtlich -gemacht, und uns bewogen hat, alle Beschäftigung mit den Wissenschaften -in ein Spiel zu verwandeln, und uns dem Strome unserer Einfälle, als dem -einzigen, was den Anschein jener so sehr beneideten Leichtigkeit uns -geben könne, zu überlassen. Um sicher zu seyn, dass wir nicht wie -Pedanten aussähen, haben wir uns bestrebt, literarische Gecken zu -werden, ohne dass es uns doch sonderlich gelungen. Ich möchte einmal, -besonders unter unseren jüngeren Gelehrten, die Umfrage halten, um zu -erfahren, wie viele darunter lieber dafür gelten möchten, dass sie die -Wahrheit durch Fleiss und Nachdenken gefunden, als dafür, dass sie ihnen -durch ihre glückliche Natur ohne alle ihre Mühe und Anstrengung von -selber gekommen; und die nicht lediglich durch den Titel eines Genies -sich geehrt, durch die Benennung aber eines fleissigen und besonnenen -Denkers sich als beschränkte und geistlose Köpfe, und als solche, für -welche die Natur doch auch gar nichts gethan, sich geschmähet finden -würden. Und so brachte denn dasselbe Hinfliessen und Hinträumen in aus -sich selbst erwachsenden Einfällen, welches der Bequemlichkeit zusagte, -zugleich auch Ehre; und so liessen wir es uns denn besser gefallen, als -den mühsamen und nicht ehrenden Ernst. - -Wenn denn nun jene, wie seit länger denn Einem Menschenalter in -unermesslicher Klarheit sich gezeigt hat, von der Wissenschaft so -durchaus nichts wussten, dass ihnen nicht einmal der Begriff derselben, -oder die allerersten Bedingungen, um zu ihr zu gelangen, bekannt waren; -warum konnten sie dennoch es durchaus nicht unterlassen, sich für -Gelehrte auszugeben und zu schreiben, zu lehren, zu urtheilen, als ob -sie die gründlichsten wären? Da die einzig möglichen Triebfedern, die -Liebe zur Wahrheit und zur Wissenschaft, von welchen beiden sie nie -einen Funken erblickt, sie nicht treiben konnten, so konnten die ihrigen -nur die äusseren Triebfedern seyn: die bekannten des Geltenwollens, der -Ruhmsucht und der anderen Emolumente, welche damit verknüpft zu seyn -pflegen. Von diesen werden sie denn auch also getrieben und begeistert, -dass sie die wirkliche Wissenschaft, von welcher sie den Verlust ihres -eigenen Ansehens sich richtig prophezeien, mehr fürchten und hassen, als -irgend etwas anderes, und dass ihnen kein Mittel zu schlecht ist, durch -dessen Anwendung sie hoffen, den Anbruch des Lichts, wenigstens noch so -lange als sie leben, aufzuhalten; im schamlosen Kampfe für eine -tausendfach verwirkte Existenz, der sie selber, wenn sie noch einen -Funken Ehrgefühl hätten, fluchen würden. - -Von diesem ihrem dumpfen Eigendünkel werden sie also geblendet und -besessen, dass er sie zu den lächerlichsten und unglaublichsten -Ungereimtheiten verleitet. Indess sie immerfort voraussetzen, dass -keiner ganz recht habe, und dass es nirgends eine sichere und -ausgemachte Wahrheit gebe, vergessen sie dennoch diesen, für alle -anderen ausser ihnen ohne Ausnahme gelten sollenden Grundsatz gänzlich, -sobald es ihre eigenen Personen sind, welche reden, indem sie immerfort -aus dem Principe disputiren, sie hätten ja die, ohne Zweifel zugleich -mit ihrem Munde ihnen angeborne wahre Wahrheit, und darum müsse der -Gegner, der ihnen widerspricht, nothwendig unrecht haben; gar nicht sich -besinnend, dass ja der andere ebenso schliessen könne, und das -Privilegium des blinden Eigendünkels für sich allein und ausschliesslich -begehrend. Ja, es ist sogar erlebt worden, und wird noch immerfort -erlebt, dass jemand einer Lehre durch die Versicherung, er könne sie -eben nicht verstehen, oder sie falle ihm so schwer, dass ihm Hören und -Sehen dabei vergehe, das Zeichen der Verwerfung aufgedrückt zu haben -geglaubt; mit kindischer Naivität bei der ganzen Welt dieselbe hohe -Meinung von ihm, die er selbst hegt, als ihr absolutes Axiom und -Prämisse aller ihrer Urtheile voraussetzend, und im Rausche seines -Eigendünkels gar nicht ahnend, wie ihm geantwortet werden müsse. - -Zunächst zwar ist diese Schilderung des literarischen Zustandes unserer -Tage entworfen, um daraus die bisherigen Schicksale der -Wissenschaftslehre zu erklären; die Zeit aber, in welcher ich dieselbe -abfasse, erwirbt mir vielleicht Verzeihung, wenn ich zugleich bemerke, -dass der politische Zustand unserer Tage, in welchem, wenn nicht durch -ein Wunder und auf einem natürlich nicht abzusehenden Wege uns Rettung -kommt, alle seit Jahrtausenden von der Menschheit errungene Cultur und -deren Producte zu Grunde gehen zu müssen scheinen, bis nach neuen -Jahrtausenden dermalen uns unbekannte Wilde und Barbaren denselben Weg -wieder von vorn beginnen, -- dass, sage ich, dieser politische Zustand -lediglich und allein aus dem Zustande unserer Literatur entsprungen ist. -Er ist herbeigeführt durch das allgemeine Unvermögen, irgend einen -Gegenstand fest anzufassen und zu halten, und ihn nach seinem wahren -Wesen zu durchdringen; und das Hülfsmittel dagegen ganz und ernst, und -nicht noch zugleich sein Gegentheil zu wollen, und mit eiserner -Consequenz, verläugnend alle Nebenzwecke, es durchzuführen. Bei wem aber -sollten diejenigen, welche über unser Schicksal entschieden haben, -Beispiele dieser Festigkeit holen, und wem dieselbe ablernen, wenn -diejenigen, in deren Schulen sie zuerst gebildet sind und bei denen sie -noch täglich, sey es auch nur für den Scherz, Unterhaltung suchen, ihnen -keinen anderen Anblick geben, als den der absoluten Zerflossenheit? Wo -eine Literatur ist, da sind es immerfort die Literatoren, welche ihr -Zeitalter bilden. Gehen nun diese über in Fäulniss, so muss neben ihnen -alles Uebrige nothwendig um so mehr verwesen. - -Um jedoch zu unserem eigentlichen Zwecke zurückzukehren: wie hätte man -denjenigen, mit denen noch über die ersten Buchstaben alles Unterrichts, -ob es wohl auch überhaupt Wissenschaft geben möge, zu streiten war, -glaublich machen können, dass es wohl eine Wissenschaft der Wissenschaft -selber geben möge; oder diejenigen, die überhaupt gar keiner Besinnung -fähig sind, und dessen sich rühmen, zur allerhöchsten und vollendeten -Besinnung heraufleiten können? Es war nichts Anderes zu erwarten, als -dasjenige, was erfolgt ist, dass sie die Worte und Formeln dieser -angetragenen Wissenschaft, zu dem, was sie allein wollen und begehren, -zu einigen Scherzen für die Belustigung ihrer Leser verarbeitet, und -wenn man dennoch ernsthaft geblieben, voll Eifer und Zornes auf uns -geschmähet haben. - -Nur noch zwei Bemerkungen zum Schlusse. Sollten die Getroffenen auch -über diese Schilderung sich erklären, so werden sie ohne Zweifel -wiederum sagen, wie sie immer sagen, man habe die Unwahrheit vorgegeben -und übertrieben. Nicht für sie, sondern für eine bessere Nachwelt, wenn -dergleichen möglich wäre, merke ich an, dass alles auf dem oben -angegebenen Axiome beruhe, dass jeder, von welchem sich hinterher -findet, dass er unrecht habe, gar wohl hätte wissen können, dass er -nicht überzeugt sey; dass er sonach auf keine Weise läugnen könne, er -habe leichtsinnig und unmoralisch gehandelt. Dass sie aber fast in allen -ihren eigenen Behauptungen unrecht haben, würde wenigstens eine bessere -Nachwelt, wenn sie nicht zu gut dafür gesorgt hätten, dass keine solche -entstehen könnte, klar begreifen. - -Sodann werden sie, wie sie gleichfalls immer zu sagen pflegen, wiederum -sagen: wir hätten nur unserer Leidenschaft Luft machen wollen, und -werden auch für diesen Erguss nicht ermangeln einen glaublichen Grund zu -finden, nemlich, weil sie uns ihren Beifall und ihr Lob nicht ertheilt -hätten. Nun haben wir ihnen schon zu verschiedenenmalen nicht verhehlt, -dass wir, so lange sie nemlich also sind, wie sie sind, sowohl sie -selber, als auch ihren Beifall von Herzen verachten; aber sie sind fest -überzeugt, dass es ganz und gar unmöglich sey, dass irgend ein Mensch -nicht diejenige achtungsvolle Meinung von ihnen habe, die sie selbst -über sich hegen, dass daher einer also lautenden Versicherung niemals -Glauben zuzustellen, sondern dass dieselbe allemal ein leeres Vorgeben -und eine Maske sey, um dadurch etwas Anderes zu bedecken. Sie würden uns -daher auch jetzt wieder nicht glauben, wenn wir auch jene Versicherung -wiederholen, und ihnen bemerklich machen wollten, dass man, um durch -seinen Beifall zu ehren, erst selber ehrwürdig seyn müsse, und dass wir -ihren Beifall mit Danke sodann annehmen würden, nachdem sie sich erst -den unsrigen erworben, dass wir aber bis dahin es für eine grosse -Schmach und für einen Beweis der eigenen Niederträchtigkeit halten -würden, wenn wir ihnen gefielen. - - - II. - Ein Beispiel insbesondere von dem philosophischen - Beurtheilungsvermögen des Zeitalters. - -Es möchte gerathen seyn, diese fast allgemeine Schlaffheit und -Geistlosigkeit des Zeitalters, noch insbesondere in Sachen der -Philosophie, an einem neuerlichen, noch fortdauernden frappanten -Beispiele darzulegen. Des Zeitalters, habe ich gesagt, im Allgemeinen; -denn ich will nicht, dass der Mann, dessen Namen unten genannt werde, -glaube, dass ich ihn für die Person meiner Gegensetzung würdige, oder -dass er mir selber als Repräsentant jener allgemeinen Seichtigkeit gut -genug sey, wodurch ich in der That übertrieben, und gegen die übrigen -ungerecht seyn würde. Nur dass ein im Ganzen dennoch unterrichteteres -Publicum durch ihn sich irre machen lassen konnte, ist es, was ihm die -Ehre erwirbt, hier namentlich aufgeführt zu werden. - -Es war nemlich durch die Kantischen und durch unsere Schriften doch -endlich dahingekommen, dass, obwohl die im Dogmatismus Aufgewachsenen -nicht bekehrt wurden, dennoch unter den später Gebildeten mehrere zu der -Ueberzeugung geführt worden waren, und auf derselben fest zu beruhen -schienen, dass die Realität keinesweges in die Dinge, sondern dass sie -in das Denken und seine Gesetze gesetzt werden müsse, obwohl keiner so -recht eigentlich wusste, wie das letztere zu bewerkstelligen seyn möge; -als es einem der verworrensten Köpfe, welche die Verwirrung unserer Tage -hervorgebracht, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, gelingen konnte, -durch das Gespenst eines Subjectivismus der Wissenschaftslehre, welches -lediglich in seinem grossen Unverstande sich erzeugt hatte, selbst diese -durch seine Autorität zu einem Irrthume zurückzubringen, welchen durch -sich selbst zu fassen sie doch zu verständig waren, und dieselben von -Kant und der Wissenschaftslehre zu Spinoza und Plato zurückzuscheuchen, -bloss weil durch die noch tiefere Unwissenheit, wovon eigentlich die -Rede sey, der Mann mit noch grösserem Muthe ausgerüstet wurde. Sie -wussten sich nicht weiter zu rathen, und forderten wiederholt und in -strafedrohenden Edicten den Verfasser der Wissenschaftslehre auf, zu -widerlegen, wenn er könne, wozu es weder Kants, noch der -Wissenschaftslehre bedurfte, sondern wovon schon seit Leibnitz nicht -mehr die Rede seyn konnte. Dass der Mann dadurch seine absolute Unkunde -von dem, was die Speculation sey und wolle, und seine natürliche -Unfähigkeit zum Speculiren, sowie die durch ihn Geirrten die -Unsicherheit ihrer Kunde gezeigt, leuchtet von selber ein und bedarf -nach den obigen Erinnerungen keines weiteren Beweises. Aber inwiefern -etwa die übrige dialektische Kunst, das schriftstellerische Talent, der -sophistische Witz und die Gewandtheit des Mannes den Getäuschten zu -einiger Entschuldigung gereiche, und was überhaupt dieser Mann an Geist -und Kunst vermöge und aufzuwenden habe, möchte eine belehrende -Erörterung abgeben. - -Wir wollen in dieser Erörterung, um mit der allerhöchsten Billigkeit zu -verfahren, uns weder an die früheren Schriften des Mannes, noch auch an -dessen sogenanntes Identitätssystem halten; obwohl dieses letztere so -bedeutend geschienen, dass wir von einem der stehenden literarischen -Tribunale namentlich aufgefordert wurden, dieses zu widerlegen oder -anzuerkennen. War denn nun in diesem Systeme, so wie es im zweiten Hefte -des zweiten Bandes der Zeitschrift für speculative Physik dargelegt ist, -über welche Darlegung wir nur im Vorbeigehen einige Worte sagen wollen, -der Irrthum so künstlich und so täuschend verarbeitet, dass man ohne -fremde Hülfe sich nicht füglich rathen konnte? - -Diese Darstellung hebt §. 1. an mit der Erklärung: »Ich nenne Vernunft -die absolute Vernunft oder die Vernunft, insofern sie als totale -Indifferenz des Subjectiven und Objectiven gedacht wird.« -- Dass nun -durch diesen Ausgangspunct der Mann gleich von vornherein die Vernunft -von sich selbst ausscheide, und Verzicht darauf thue, selber vernünftig -zu seyn, und sich ein einzigesmal zu besinnen, wie er es denn mache, um -zu allen den Behauptungen, die nachfolgen sollen, zu kommen; -- dieses -zu bemerken konnte dem Publicum, weil dadurch das bekanntermaassen -abgehende Organ der Speculation vorausgesetzt würde, nicht wohl -angemuthet werden. Dass aber die Eine und absolute Vernunft, ausser der -nichts seyn solle, nicht die Indifferenz des Subjectiven und Objectiven -seyn könne, ohne zugleich auch in derselben ungetheilten Wesenheit die -Differenz desselben zu seyn; dass hier sonach ausser der Einen -indifferenzirenden Vernunft noch eine zweite differenzirende im Sinne -behalten würde, welche sodann auch wohl in aller Stille gute Dienste -leisten dürfte; und dass dieser Fehler nicht etwa nur ein kleiner und -unbedeutender Verstoss, sondern von den wichtigsten Folgen seyn möchte, -hätte man gleichwohl, ohne alles Organ für Speculation, durch ein nur -nicht ganz flüchtiges Tappen greifen können. Dass sie nicht bemerkten, -dass durch diese Erklärung die Vernunft nun vollkommen bestimmt und in -sich abgeschlossen, d. i. todt sey, und ihr philosophischer Heros nun -zwar seinen ersten Satz nach Belieben werde wiederholen können, niemals -aber auf eine rechtliche und consequente Weise ein Mittel finden, um aus -ihm heraus zu einem zweiten zu kommen, wollen wir ihnen ebenso -grossmüthig erlassen. Dass sie aber, als er nun wirklich nach seiner -Weise anfängt, den Todten wieder zu erwecken, und in den folgenden §§. -die Prädicate des Nichts und der Allheit, der Einheit und Gleichheit mit -sich selber u. s. w., an diese seine Vernunft hält, und sie -glücklicherweise in dieselbe hineindemonstrirt, sich nicht ein wenig -gewundert, wie denn fürs erste nur er selber ^zu diesen Prädicaten^ -gelange, noch ihn darüber befragt; indem ja, wenn durch die erste -Erklärung das Wesen der Vernunft wirklich erschöpft wäre, diese -Prädicate selber erst, durch eine Analyse jener Erklärung, aus der -Vernunft, als in ihr nothwendig begründet, abgeleitet werden mussten, -keinesweges aber, Gott weiss woher geschöpft, durch blinde Willkür davon -gehalten werden dürften; dass die Leser nicht hier das Leben und Regen -jener §. 1. im Sinne behaltenen differenzirenden Vernunft in der Person -ihres Autors selber fühlten; ja dass ihnen nicht einmal die materiale -Willkür desselben in der beliebigen Folge der Prädicate, die er der -Vernunft anzudemonstriren beliebt, auffiel, ist ein wenig schwerer zu -verzeihen. - -Was aber soll man erst sodann sagen, wenn man diese Andemonstrirungen -selber ansieht, und die Widersprüche, Erschleichungen und -Ungereimtheiten entdeckt, durch welche eine ungebildete und verworrene -Phantasie den Verfasser blind hinüberreisst, und wenn man sieht, dass im -consequenten Verfahren aus seinem ersten Satze allenthalben das gerade -Gegentheil seiner Behauptung erfolgt, und dennoch erlebt, dass diese -Misgeburt von System anders, als mit allgemeinem und unauslöschlichem -Gelächter empfangen wird? - -So lautet z. B. §. 2.: »^Ausser der Vernunft ist nichts, und in ihr ist -Alles.^ Wird die Vernunft so gedacht, wie wir es (§. 1.) gefordert -haben, so wird man auch unmittelbar inne, dass ausser ihr nichts seyn -könne. Denn man setze, es sey etwas ausser ihr, so ist es entweder für -sie selbst ausser ihr« -- So? ^für sie selbst^? Davon, dass ^für^ die -Vernunft etwas seyn könne, haben wir ja in §. 1. kein Wörtlein -vernommen, sondern es schiebt sich hier in aller Stille, und ohne dass -wir wissen, woher sie komme, diese Voraussetzung zum Behufe des Beweises -ein, und der Verfasser selber hat die Vernunft nicht gedacht, wie er §. -1. gefordert hatte, sondern verleitet unmittelbar, indem er es dem Leser -einschärft, ihn zum Gegentheile dieses Gedankens. Aber der Leser wird es -wohl nicht merken, und so kann ihm der Beweis wohl gelingen. Er gelingt -ihm, wie folgt: »es ist entweder für sie selbst ausser ihr; sie ist also -das Subjective, welches wider die Voraussetzung ist; oder es ist nicht -für sie selbst ausser ihr, so verhält sie sich zu jenem Ausserihr, wie -Objectives zu Objectivem, sie ist also objectiv, allein dieses ist -abermals wider die Voraussetzung.« Im Vorbeigehen: die zweite Hälfte des -Beweises ist ohne allen Sinn und Verstand, wie der Leser selber finden -mag, wenn er will, indem wir dabei uns nicht aufhalten wollen. - -Der richtige und ohne Erschleichung vollzogene §. 2. zu einem solchen §. -1. über dem Prädicate des Nichts, ist der folgende: ^In der Vernunft und -für die Vernunft ist schlechthin nichts.^ Wird die Vernunft so gedacht, -wie wir es §. 1. gefordert haben, so wird man unmittelbar inne, dass -weder in noch für die Vernunft etwas seyn könne. Denn setze, es solle -etwas in oder für die Vernunft seyn, so könnte dieses nur dadurch -geschehen, dass und insoweit die Vernunft selber es wäre; und zwar -könnte dieses Etwas nur das subjective seyn, oder das objective, oder -beides, indem wir ausser diesem in unserem §. 1. nichts vorfinden. Aber -dass die Vernunft das subjective sey, oder das objective, oder beides, -widerspricht schlechthin der Voraussetzung, dass sie nur sey die -Indifferenz beider. - -Freilich wird in diesem Beweise vorausgesetzt, dass ja der Beweisführer -während desselben sich nicht besinne, dass in demselben allerdings die -Vernunft für ihn sey, und gesetzt sey; dass daher die eigene factische -Möglichkeit des Beweises dasselbe voraussetze, wovon die Unmöglichkeit -in ihm erwiesen wird; und zwar wird dieses mit Recht vorausgesetzt, -indem das Gegentheil in einem Systeme, das lediglich durch -Nichtbesinnung möglich ist, gegen die allererste Verabredung streiten -würde. - -So lautet der Anfang von §. 3.: »^Die Vernunft ist schlechthin Eine, und -schlechthin sich selbst gleich^, denn wäre nicht jenes, so müsste es von -dem Seyn der Vernunft noch einen anderen Grund geben« -- (Hier schiebt -sich demnach, zum Behuf des zweiten Beweises die zweite Voraussetzung -ein, dass jedes Seyn einen Grund haben müsse? Woher wissen wir denn das? -Woher überhaupt plötzlich die Kategorie des Grundes, noch dazu zum Behuf -des Beweises der (formellen) Einheit der Vernunft? Grund ist eine weit -speciellere Kategorie, erst eintretend in der Sphäre endlicher -Bedingungen und Folgen.) -- der Beweis geht fort -- »noch einen anderen -Grund geben, als sich selbst: denn sie selbst enthält nur den Grund, -dass sie selbst ist, nicht aber, dass eine andere Vernunft sey.« So? -woher wissen wir denn wiederum dieses? Liegt das auch in §. 1. oder in -§. 2.? Doch erlassen wir ihm die Frage nach dem Woher! lassen wir seine -Anwendung des Satzes vom Grunde, und die unbewiesene Behauptung, dass -die Vernunft nur der Grund ihrer selbst sey, stehen; was würde denn nun -mit alle dem der Satz beweisen? Warum könnte denn nicht doch die -Vernunft innerlich und in sich selbst, eben als Vernunft, qualitativ -Eins bleiben, wenn es auch einen Grund ihres formalen Daseyns ausser ihr -selber gäbe? Nur das Seyn wäre sodann nicht Eins, und die Vernunft wäre -nicht alles Seyn, und Eins mit dem Seyn. Die Einheit des Seyns daher, -keinesweges aber die der Vernunft, wäre bewiesen, wenn dieser doppelt -und dreifach falsche Beweis etwas beweisen könnte; aber unser Verfasser -setzt hinzu: ^die Vernunft ist also Eine^, seinen eigenen Beweis nicht -einmal verstehend. - -Der richtige §. 3. über dem Prädicate der Einheit und Sichgleichheit zu -einem solchen §. 1. und 2. wäre der folgende: ^die Vernunft ist -schlechthin weder Eines, noch sich selbst gleich.^ Denn setzet, dass sie -das seyn solle, so könnte sie, da ausser ihr gar nichts ist, dasselbe -nur in und für sich selbst seyn. Nun ist es (§. 2.) überhaupt unmöglich, -dass in ihr oder für sie überhaupt etwas sey, daher kann in ihr oder für -sie auch nicht Einheit und Sichselbstgleichheit seyn, daher kann -überhaupt nicht Einheit und Sichselbstgleichheit seyn, und eben darum -auch nicht die der Vernunft seyn. -- Freilich wird auch hier -vorausgesetzt, dass ja niemand sich besinne, wie er selber doch wirklich -und in der That in diesem Beweise Einheit und Gleichheit setze, wodurch -derselbe Widerspruch zwischen dem Thun und Sagen, den wir schon bei dem -vorigen Beweise nachwiesen, einträte, und der ganze Scherz in Nichts -zerginge. - -Nach dieser Weise geht es nun fort durch das ganze Scriptum, und keine -der folgenden Demonstrationen ist anderer Natur, als die eben geprüften. -Der Erfolg aber aller dieser Anstalten ist der, dass, auf eine durchaus -nur erdichtete Weise, und durch absolute Aufhebung des Satzes, von -welchem ausgegangen wurde, die specifische Verschiedenheit der -mancherlei wirklichen Dinge erklärt wird aus der Verschiedenheit des -quantitativen Verhältnisses des Subjectiven und Objectiven in ihnen. -Dass diese Erklärung völlig willkürlich und eine leere Hypothese sey, -leuchtet unmittelbar ein; denn wie könnte irgend jemand auf sie kommen, -der nicht schon als bekannt und ausgemacht voraussetzte, dass es -specifisch verschiedene Dinge gebe, und der sich nicht in den Kopf -gesetzt hätte, diese Verschiedenheit, es möchte nun Gott lieb oder leid -seyn, zu erklären. Dass sie aber dem ersten Grundsatze widerspricht und -ihn aufhebt, leuchtet also ein: Ist die Vernunft die absolute -Indifferenz des Subjectiven und Objectiven, und giebt es gar kein -anderes Seyn, ausser dem der Vernunft, so kann in keinem Seyn diese -Indifferenz aufgehoben werden, und eine quantitative Differenz an die -Stelle treten. - -Inzwischen, wie schon oben gesagt, ich will auch nicht nach dieser -verjährten, und wenn auch nicht von dem naturphilosophischen Publicum -erkannten, dennoch vielleicht von ihrem Urheber schon bereuten Sünde ihn -richten,[37] sondern meine Untersuchung seines Geistes und Talentes auf -eine andere Schrift, die er selbst für so heilig hält, dass er durch -das: »Rühre nicht Bock, denn es brennt,« die Profanen an der Schwelle -zurückweiset, und welche wirklich auch nach meinem Erachten die beste, -d. h. die noch am wenigsten stümperhafte unter den zahlreichen Producten -seiner Feder ist; auf seine Schrift: ^Religion und Philosophie^ betitelt -(Tübingen, bei Cotta, 1804.), bauen. - -[Fußnote 37: Durch diese, übrigens ihre guten factischen Gründe für sich -habende Vermuthung haben wir indessen, wie hinterher sich gefunden, ihm -zu viel Ehre erwiesen. Es ist uns nemlich seit Abfassung jener Stelle -das erste Heft der Jahrbücher der Medicin etc. in die Hände gefallen, wo -(S. 9.) die soeben berührte Darstellung, und besonders »die allgemeinen -Gründe, wie sie §. 1 bis 50. aufgestellt seyen,« noch immer als bewährt -gepriesen und citirt werden. »Selbst dasjenige, was mehr noch aus -Divination, als aus bewusster Erkenntniss entsprungen gewesen, habe sich --- zum Wunder! -- bewährt.« Seine Divinationen also hat der Mann als -Philosopheme drucken lassen, und sagt es selber, ohne ein Arges daraus -zu haben? Welche Begriffe mag er von Philosophie haben und von -Schriftstellerei überhaupt? Das Wunder inzwischen jener gerühmten -Bewährung kann man irgendwo von uns sehr natürlich erklärt finden. -Uebrigens ist in diesen Jahrbüchern die dogmatische Verstocktheit, das -ohnmächtige Pochen auf die Unbesonnenheit, die trotzige Versicherung, -dass diese eben das Rechte sey, und das grobe Misverstehen des -Idealismus so arg, als jemals, und es ist Schonung, dass wir die -gewählte Prüfung stehen lassen, und unseren Maassstab nicht an dieses -neueste Product legen, das den sichtbaren Verfall seines Urhebers in -jeder geistigen Kraft bezeugt.] - -Der bei weitem grösste Theil dieser Schrift hat es gar kein Hehl, dass -nur frei und frank hinphantasirt werde, ohne dass man sich auch nur die -Miene des Denkens oder der Untersuchung gäbe: es wird versichert, -betheuert, behauptet, entschieden, ohne dass auch nur ein Schatten eines -Beweises dazwischen eintritt. Alles also Beschaffene spricht schon durch -sich selbst sich sein Urtheil, und wir können es übergehen. Wir wenden -uns daher sogleich zur hervorstechendsten Stelle des ganzen Buches, die -den Anschein des Denkens wirklich an sich nimmt, und über die dermalen -höchsten Principien dieses Philosophen Auskunft zu geben verspricht, -indem wir, wie schon oben gesagt, immer ungerügt lassen den Grundirrthum -des Objectivirens, und bloss zusehen, mit welcher Fähigkeit und -Gewandtheit man sogar im Irrthume sich bewege. - -Von S. 18. an wird eine Ableitung der endlichen Dinge aus dem Absoluten -und eine Darstellung des Verhältnisses zu ihm angekündigt, mit welcher -es denn auch S. 21. also zum Schlage kommt: - -»So gewiss jenes schlechthin einfache Wesen der intellectuellen -Anschauung« (mit dem Worte: ^Wesen^ meint er das ^Object^ der erwähnten -Anschauung; er hat aber seinen guten, uns sehr wohlbekannten Grund, -dieses letztere Wort hier ja nicht in den Mund zu nehmen, indem dieses -ihn in schlimme Verlegenheiten mit der Wissenschaftslehre bringen -könnte) -- »so gewiss dieses Wesen Absolutheit ist: so gewiss kann ihm -kein Seyn zukommen, als das durch seinen Begriff (denn wäre dieses -nicht, so müsste es durch etwas anderes ausser sich bestimmt seyn, was -unmöglich ist).« - -Halten wir gleich hier den schwellenden Strom dieses Beweises an, indem -wir über einiges darin nicht ganz so leicht hinwegkommen können, als -sein Urheber. Ich verstehe deutlich: wäre es nicht durch sich bestimmt, -so wäre es durch ein anderes bestimmt, nemlich, wenn es überhaupt -^durch^ etwas bestimmt seyn müsste, wofür der Beweis keinen Grund -angiebt, sondern es nur eben hindichtet. Ich sehe, dass dieser Beweis -sein Absolutes, das erst Eins seyn sollte, in zweie, in ein bestimmendes -und in ein bestimmtes zerreisst, und so mit einer inneren und materialen -Disjunction (die ursprüngliche und formale, dass es Hingeschautes ist -aus einem Schauen, wird unserem Versprechen gemäss erlassen), über die -er keine Rechenschaft giebt, anhebt; welches der erste Act der blinden -Willkür ist. Sehe ich dieses Verfahren tiefer an, so finde ich, dass der -bekannte Begriff vom Absoluten, dass es sey von sich, aus sich, durch -sich, hier vollzogen werde, welcher, als blosser Begriff, äussere -Charakteristik und Schema des Absoluten, und blosse Beschreibung seiner -Form im Gegensatze mit der Form des Nichtabsoluten, das da nicht ist von -sich selbst, keinesweges in dasselbe selber uns hineinzuführen vermag, -sondern dasselbe unserem Blicke auf ewig verschliesst; welches nicht zu -bemerken die zweite Blindheit ist. Ich sehe ferner, dass der Ausdruck: -das sey unmöglich, wie er dasteht, eine Unmöglichkeit lediglich des -Denkens ausdrücke, dessen reale Bedeutung vor allen Dingen -hätte gesichert werden müssen; welches die dritte sehr grobe -Unterlassungssünde ist. Wenn ich übrigens dieses alles hingehen, und mir -das Absolute in seiner Zweifachheit als bestimmendes und bestimmtes -gefallen lasse, so sehe ich noch immer nicht ein, warum es in seiner -ersten Qualität, als bestimmendes, gerade ein Begriff seyn solle, wie -mir gleichfalls ohne irgend eine Anführung des Grundes angemuthet wird; -welches sonach die vierte blinde Willkür wäre. Ich sehe inzwischen sehr -wohl ein, warum also verfahren werden musste; indem es nemlich auf -andere Weise nicht zu der begehrten Schlussfolge: »das Absolute ist also -überhaupt nicht ^real^, sondern an sich selbst nur ^ideal^,« kommen -könnte. - -Ich will nicht nur gefällig seyn, sondern sogar ein Uebriges thun; ich -will wirklich denken, was der Beweis von mir verlangt, und so nachholen, -was sein Urheber versäumt hat; indem dieser, wie tiefer unten sich -zeigen wird, das Begehrte in der That nicht gedacht, sondern nur leere -Worte gemacht hat; welches, falls der besprochene Beweis uns gelingt, -die fünfte Blindheit seyn würde. - -»Es kann dem Absoluten kein Seyn zukommen, ausser ^durch seinen -Begriff^.« Wenn ich das letztere in vollem Ernste und wirklich, und -nicht etwa bloss faselnd, so dass es wahr seyn solle, und doch wieder -auch nicht wahr, denke, so denke ich, dass das Absolute einen Begriff -von sich selber, eine Anschauung seiner selber, ein schematisches Seyn -ausser seinem Seyn, -- denn also ist ein Begriff zu denken -- habe, und -zwar von sich, als einem ^also^ bestimmten und beschränkten Seyn, wie es -sich begreift. Ich sehe nunmehro klar ein, was dem Beweisführer selber, -der nicht wirklich dachte, sondern nur faselte, bloss dunkel vorschweben -konnte, dass auf diese Weise das Absolute in sich selbst durchaus nur -ideal seyn könne; indem ich ja so consequent seyn werde, das Absolute -selbst, und diesen seinen Begriff von sich selbst, durchaus für Eins und -dasselbe zu halten, und ihm kein anderes formales oder materiales Seyn, -und keinen anderen Sitz und Mittelpunct dieses letzteren zuschreiben -werde, ausser eben in seinem Begriffe von sich selber unmittelbar und -ganz. Das Absolute wird nun wieder Eins, ein zugleich bestimmendes und -bestimmtes in der formalen Einheit des Begriffes, und die andere Hälfte -der realen Bestimmtheit, welche ohne Zweifel nur als Hülfslinie des -Beweises erst angelegt war, fällt hinweg. Zwar bekomme ich statt dieser -Zweiheit in mein Absolutes die von der Form des Begriffes, in welcher -Form nun das Absolute aufgeht, unabtrennbare Fünffachheit; aber das ist -nun einmal unvermeidlich, und ich thue wohl, in das Unvermeidliche mich -zu ergeben. Dass ich mich ja nicht besinne, dass zuletzt doch ich selber -es sey, der jenen Begriff von einem Begriffe des Absoluten von sich -selbst habe, und dass ich denselben auf das Zureden dieses stattlichen -Beweises, mit sehr bewusster Willkür gebildet habe, -- wodurch ich zwar -in das leere Reflectirsystem fallen, aber die Sache ein verwickelteres -Ansehen erhalten würde, -- versteht sich, indem dies gegen die Abrede -laufen würde. - -So weit im Reinen, lasset uns das Weitere vernehmen! »Aber gleich ewig -mit dem schlechthin Idealen ist die ewige Form.« Gleich ewig? Wir -erfahren sonach nebenbei und im Vorbeigehen, dass das schlechthin Ideale -unter anderm auch ewig ist. Woher mag uns diese Kunde kommen, und was -mag das heissen, ewig seyn? Seyen wir jedoch diesmal ausser Sorgen; der -Verfasser will uns hier nichts aufbinden oder erschleichen; er denkt das -Gesagte in der That nicht, und denkt diesmal gar nichts; er hat sich das -Wort »ewig« nur stark angewöhnt, und es entfährt ihm hier unwillkürlich; -denn wenn er daran gedacht hätte, dass er es vorbrächte, so hätte er -zugleich auch gedacht, was es doch bedeuten möge; welches somit die -sechste und die siebente Blindheit auf Einen Schlag ist. - -Gleich ewig ist also die ewige Form? Dies versteht sich eigentlich von -selbst; denn wir haben ja schon oben gesehen, dass das Absolute, als -durchaus nichts anderes, denn sein Begriff von sich selbst, in dieser -Form des Begriffes aufgehe, welche Form somit ebenso absolut ist, als -dasselbe selber, da sie es ja selber ist, und die, wenn das Wort »ewig« -eine Bedeutung haben sollte, und das Absolute ewig wäre, auch ebenso -ewig seyn würde, als dieses. Meint denn nun der Verfasser ^diese^ Form, -oder meint er eine andere? Er meint eine andere; denn dass er schon an -dem Begriffe des Absoluten von sich selber eine recht tüchtige und -haltbare und sogar fünffache Form habe, ist ihm verborgen geblieben, -woraus eben hervorgeht, dass er das oben dem Leser angemuthete Denken -selbst nicht vollzogen, und so der oben versprochene Beweis -nachgeliefert ist. Dass er aber noch eine zweite Form begehrt, kommt -daher, weil er irrigerweise meint, vermittelst der ersten, selbst wenn -er sie sich klar mache, lasse sich nichts aus dem Absoluten heraus -ableiten, welches letztere doch sein eigentlicher Zweck ist. -Irrigerweise meint er das, sagte ich; wenigstens wäre uns für unsere -Person gar nicht bange, wenn wir einen solchen Begriff des Absoluten von -sich selber unter die Hände bekämen, dass wir nicht daraus mit leichter -Mühe Erde und Himmel, und alle ihr Heer sollten ableiten können. Wir -haben ja in diesem Begriffe das ganze qualitative Seyn des Absoluten, -welches es anschaut; dies wird doch wohl ohne Zweifel ein ergiebiges -Mannigfaltige uns liefern. Wir dürfen von nun an nur die Augen und Hände -aufthun, und uns geben lassen, was da ist; und haben nun für jedes Ding, -das uns vorkommen mag, die immer fertige und stets sich gleich bleibende -Antwort: das ist auch ein Qualitatives im Absoluten, und dieses -gleichfalls, und dieses, und so ins Unendliche fort. Die einzige noch -übrige Schwierigkeit wäre nur die, begreiflich zu machen, wie wir andern -zur Mitwissenschaft vom Seyn des Absoluten, und zur Theilnahme an seinem -Begriffe von sich selber gelangten; aber da unwidersprechlich erhellet, -dass die innere Grundform des Begriffes des Absoluten von sich selbst -die Ichform ist, so könnte ja wohl gerade durch diese Form jedwedes Ich -an dem Absoluten Theil haben, und in dasselbe versinken; zu welcher -kühneren Lösung der Aufgabe dieser Schriftsteller nur zu blöde und zu -verzagt ist, und das Absolute, soweit als irgend möglich, sich vom Leibe -hält. Aus diesem Grunde bleibt die erste Form unbenutzt, und es muss ihm -eine zweite herbeigeschafft werden, in welche, als weniger vornehm, er -mit einem kleineren Maasse von Unbescheidenheit seine Person -hineinzuschieben hofft. - -Es ist also eine Form des Absoluten; und diese ist gleich ewig mit ihm; --- so haben wir vernommen, ein Schatten eines Beweises aber erscheint -nicht. Woher weiss denn der Verfasser, was er behauptet? und wie mag er -wohl dazu kommen, eine solche Form anzunehmen? das werden wir ohne -Zweifel am besten erfahren, wenn wir sehen, wozu er sie braucht und -gebraucht. Aber er gebraucht sie bald darauf, um vermittelst derselben -die Realität aus dem Absoluten zu erklären. Sein Bedürfniss demnach, -diese Erklärung zu liefern, ist der wahre Schöpfer, und der wahre -verschwiegen gebliebene Beweisgrund des Seyns einer solchen Form. - -Und so haben wir denn schon hier den Begriff dieses Mannes von -Philosophie, und sein ganzes Verfahren, in unermesslicher Evidenz vor -uns liegen. Die Realität ist eben an sich; darüber wird gar kein Zweifel -rege, und dieses ist der wahre Grundpfeiler seines Systems. Diese kann -und muss erklärt werden; und es ist das Geschäft der Philosophie, diese -Erklärung zu liefern. Auch hierüber, als den zweiten Grundsatz dieses -Systems, wird ebensowenig ein Zweifel rege. Zum Behufe dieser Erklärung -muss nun eine ewige Form, und zum Behufe der Füllung dieser Form ein -Absolutes angenommen werden, welches der dritte Theil und die wirkliche -Vollziehung dieses Systemes ist. Der Ausgangspunct desselben ist daher -der allerblindeste und stockgläubigste Empirismus, und ein Absolutes -wird lediglich der Welt zu Liebe angenommen. Dies ist die wahre Meinung -des Mannes vom Absoluten, denn also gebraucht er es; und wenn er ein -andermal zur Abwechslung von unmittelbarer Erkenntniss und Anschauung -des Absoluten redet, so ist dies leere Prahlerei und purer Scherz, indem -er gar nicht aus dieser Prämisse, sondern aus der entgegengesetzten -wirklich urtheilt und philosophirt. Höchstens mag an dem Ersteren, wie -wir grossmüthig voraussetzen wollen, so viel wahr seyn, dass er die -Nothwendigkeit einer unmittelbaren Erkenntniss, falls es jemals zu einer -mittelbaren kommen sollte, überhaupt einsieht, ohne dass er sie doch an -sich zu bringen weiss, noch auf seinem Wege jemals sie an sich bringen -wird. Uebrigens ist dieses Nichtverstehen seiner eigenen wahren Meinung -und Nichtbemerken seines blinden Empirismus und seines Erklärens durch -eine willkürlich gesetzte Hypothese, die radicale Blindheit des Mannes, -und von den hier geprüften die achte an der Zahl. - -Lassen wir inzwischen uns weitere Auskunft geben über diese ewige Form! --- »Nicht das schlechthin Ideale steht unter dieser Form, denn es ist -^selbst^ ausser aller Form, so gewiss es absolut ist.« Ausser aller -Form; es ist somit das oben über desselben Begriff von sich selbst -Gesagte, wenige Zeilen darauf, nachdem es gesagt worden, zurückgenommen, -ohne dass es gemerkt wird, welches die neunte Blindheit wäre. Aber sehen -wir doch näher hin, was der Mann eigentlich schwatzt. Das »selbst« ist -auch im Urtext beschwabachert, und es thut wohl noth, wiewohl auch von -der anderen Seite es ihm Verdruss bringen dürfte. Ich frage: ist es denn -dasselbe Eine Absolute, von welchem oben geredet worden, das da seyn -soll in der ewigen Form? Es muss wohl; denn sonst hätten wir ein zweites -Absolutes, und wären mit dem ersten ganz vergebens bemüht worden, und es -wäre ein Fehler, dass man uns nicht gleich von vornherein vor die rechte -Schmiede des ergiebigen und erklecklichen Absoluten geführt hätte. Also -ist es doch das Absolute selbst, das in der Form ist. Nun aber soll es -doch wiederum nicht ^selbst^ in der Form seyn. Also ein Selbst, das -zugleich auch Nichtselbst, eine Identität, die zugleich auch -Nichtidentität ist? Giebt es kein Mittel, diesen Unsinn klar in die -Augen springen zu lassen? Ich hoffe, Folgendes soll Dienste leisten. Ich -frage: ist denn das Absolute in jenem Sichformiren ganz und ungetheilt -dabei? oder ist es nicht ganz und ungetheilt dabei? Ist das Erste, so -ist es ganz und in ungetheilter Wesenheit in der Form, und es ist -nirgends und auf keine andere Weise, ausser in der Form. Unser Philosoph -will nicht, dass es so sey, weil ihm um seine eigene selbstständige -Individualität, welche sodann in das Absolute versänke, bange ist. Nach -ihm ist also das Letztere; ist aber dies, so theilt in dieser Formirung -das Absolute sich in zwei absolute Hälften, mit deren einer es selbst -ausser aller Form bleibt, mit deren anderer aber es selbst ist in der -Form. Wird dies unser Philosoph zugeben wollen? Ich hoffe das -Gegentheil; inzwischen hat er es dennoch gesagt, ohne selbst zu wissen, -was er redet, welches die zehnte hier obwaltende Blindheit ist. - -Ich werde es müde, und vielleicht eben also der Leser, dem Manne noch -ferner Schritt vor Schritt zu folgen, und ihm seine Verworrenheiten -vorzuzählen; und breche gerade hier um so lieber ab, da sogleich die -zwei folgenden Zeilen so dicken und zähen Unsinn enthalten, dass gar -manches Wort erfordert würde, ihn fliessend zu machen. Ich setze nur -noch den Schluss dieser Erörterung über die ewige Form her. »Diese Form -ist, dass das schlechthin Ideale, unmittelbar als solches, ohne also aus -seiner Identität herauszugehen, auch als ein Reales sey.« Was mag real -heissen? Nun, denkt der Mann, das weiss ja wohl jedes Kind, und macht -sich keine Mühe mit der Bestimmung seines Begriffes. Wir aber möchten -doch gleichwohl gerne wissen, welchen Sinn er mit diesem Begriffe zu -verbinden hätte, und müssen es schon selber aus dem Zusammenhange -aufsuchen. Real ist dem Verfasser der Gegensatz zum Idealen; das Ideale -aber ist ihm, theils nach seinen ausdrücklichen Worten, theils zufolge -der höheren Klarheit, welche wir denselben durch die wirkliche -Vollziehung des angemutheten Denkens gegeben haben, dasjenige, was -keines anderen Seyns bedürftig oder fähig ist, ausser im Begriffe: das -Reale muss daher seyn ein Seyn, das keines anderen Seyns fähig ist, als -nur des ausser dem Begriffe, die absolute Bewusstlosigkeit. - -So, sage ich, müsste nach unserem Philosophen das Reale gedacht werden, -obwohl derselbe bei anderen Gelegenheiten wiederum sehr entfernt ist, es -also zu denken; denn S. 23. »tritt die Form ^der Bestimmtheit^ des -Realen durch das Ideale als ^Wissen^ ein in die Seele.« Wir hatten oben -nur die Sichformirung des Idealen vermittelst und in der Form zum -Realen, das unmittelbare Verschmelzen der Idealität in Realität (J X R): -woher kommt uns denn jetzt diese neue Form höherer Abstraction ^einer -Bestimmtheit^ des Realen durch das Ideale, welche wechselseitig seyn -muss, und der blossen Realität zugleich den Grund ihres Soseyns -hinzufügt - - F - (J X R), - -und noch obenein eine ^Seele^, in welcher diese Form der Form eintritt? -Es scheint ja, dass an diesem Systeme der würtembergische Katechismus -wohl ebenso viel Antheil habe, als die Speculation. - -Mit der wirklichen Ableitung endlicher Dinge aus dem Absoluten gelingt -es ihm nun, zu Ende von mancher Noth und Plackerei, die er sich bis -dahin anthut, S. 29. unverhoffterweise folgendermaassen: »Das Absolute -würde in dem Realen nicht wahrhaft objectiv, theilte es ihm nicht die -Macht mit, gleich ihm, seine Idealität in Realität umzuwandeln und sie -in besonderen Formen zu objectiviren.« Nun, da ist ja mit Einemmale -alles gewonnen, und die Aufgabe aller Speculation in unermesslicher -Klarheit und Leichtigkeit, zu allgemeinem Vergnügen und Bequemlichkeit, -gelöst! Dass wir andern alle das Reale, in welchem das Absolute wahrhaft -objectiv geworden, seyen, leidet keinen Zweifel; die Macht, unsere -Idealität in Realität umzuwandeln, und sie in besondern Formen zu -objectiviren, geht zufolge dieser Versicherung uns auch nicht ab; und so -wird denn wohl die Welt nichts anderes seyn, als die Ausübung jener -unserer Macht. Thun wir von nun an nur unsere Sinne, oder, in der -Terminologie unseres Weltweisen, die uns mitgetheilte Macht, unsere -Idealität in Realität umzuwandeln, auf, so werden wir ja hören und -sehen, wie jene Macht in besonderen Formen sich objectivire; und so sind -wir denn, freilich auf einem etwas mühsamen und holprigen Umwege, gerade -bei demjenigen angekommen, wozu ich schon oben geglaubt, dass der -Begriff des Absoluten von sich selber dienen könne. Was von nun an uns -auch vorkommen könne, wir werden jedesmal zu sagen wissen, es sey dies -eine Aeusserung der Macht, unsere Idealität in Realität umzuwandeln, -durch welche Macht das Absolute in uns objectiv geworden. - -Leider werden wir in den freudigen Empfindungen, die wir hierüber -gefasst haben möchten, schon S. 34. durch die unerwarteten und -merkwürdigen Worte gestört: »Mit Einem Worte, vom Absoluten zum -Wirklichen giebt es keinen stätigen Uebergang, der Ursprung der -Sinnenwelt« (man bemerke, dass dieses Wort hier gleichbedeutend ist mit -dem Wirklichen) »ist nur als ein vollkommenes Abbrechen von der -Absolutheit, durch einen Sprung denkbar.« »Der Grund der endlichen Dinge --- so beschliesst die S. 18. uns verheissene Auskunft über die Abkunft -der endlichen Dinge aus dem Absoluten -- »der Grund der endlichen Dinge -kann nicht in einer ^Mittheilung^ von Realität an sie, oder an ihr -Substrat, welche Mittheilung vom Absoluten ausgegangen wäre, er kann nur -in einer ^Entfernung^, in einem ^Abfall^ vom Absoluten liegen. Diese -ebenso klare und einfache, als erhabene Lehre« (So? es scheint, der -Geschmack ist mancherlei) »ist auch -- die wahrhaft Platonische. -- Nur -durch den Abfall vom Urbilde lässt Plato die Seele von ihrer ersten -Seligkeit herabsinken.« -- »Es war ein Gegenstand der geheimeren Lehre -in den griechischen Mysterien, auf welche auch Plato nicht undeutlich -hinweiset.« - -Nun, wenn Plato und die griechischen Mysterien das annahmen, so werden -wir andern wohl Respect haben, und es uns gleichfalls gefallen lassen -müssen; sollte es sich auch finden, dass in der ganzen Lehre durchaus -kein Sinn und Verstand sey, und dass das Angemuthete niemals im -wirklichen Denken vollzogen, sondern nur gesagt werden könne. - -Wir haben grossen Verdacht, dass das Letztere sich finden werde. Denn -was soll doch dasjenige seyn, das da abfällt vom Absoluten? Es sind nur -zwei Fälle möglich: entweder nemlich ist es das Absolute selbst, in -welchem Falle dieses von sich selbst abfallen, d. h. sich in sich selber -und durch sich selber vernichten müsste, welches absurd ist; oder es ist -nicht das Absolute selbst; so ist es von, aus, durch sich selber, und -wir haben der Absoluten zwei an der Zahl, was abermals absurd ist. Es -geht nicht, dass man sage, das Absolute habe jenes andere gemacht, und -es gut gemacht, und es sey nur nachher abgefallen: denn sodann müsste -das in ihm liegende Vermögen, abzufallen, ihm entweder das Absolute -ertheilt haben, in welchem Falle in der Ertheilung dieses Vermögens das -Absolute in der That von sich abgefallen wäre, welches die erste -Absurdität ist; oder es müsste dieses Vermögen von und aus sich selber -haben, wodurch es wenigstens in Absicht dieses Vermögens absolut würde, -welches die zweite Absurdität ist. - -Jedoch, wenn wir dieses Alles dem Verfasser übersehen wollten, wie passt -denn diese Aeusserung zu allen seinen früheren Operationen? Ich bitte, -ist denn das Absolute wirklich und in der That vorhanden, oder ist es -nicht wirklich vorhanden? Ist denn an dem Objectivwerden dieses -Absoluten in einer Macht, seine Idealität in Realität umzuwandeln, und -sie wiederum in verschiedenen Formen zu objectiviren, ein wahres Wort, -oder ist daran kein wahres Wort? Ist das Erstere, so ist ja die -Wirklichkeit allerdings erklärt, und der stätige Uebergang vom Absoluten -zum Wirklichen ist gefunden. Wird aber das Letztere angenommen, wie -dadurch, dass die Unerklärbarkeit des Wirklichen aus dem Absoluten -behauptet wird, allerdings geschieht, so wird ja alles früher Gesagte -für unwahr erklärt und zurückgenommen, und es wird alle, sowohl wahre, -als die hier herrschende vermeinte Speculation aufgehoben. Warum liess -denn der Verfasser dennoch seinen Anfang stehen, nachdem er ein solches -Ende gewonnen hatte? - -Haben wir ihn vielleicht nur nicht recht verstanden? Abgeleitet habe er -nun wirklich und in der That etwas, lässt er sich vernehmen, aber dieses -sey denn doch nur die pure Idee; und jenes uns so erfreuliche -Objectiviren seiner Idealität in verschiedenen Formen mag wohl auch nur -das blosse leidige Handeln, keinesweges aber, wie wir hofften, zugleich -auch die ursprünglichen Weltvorstellungen bedeuten? Ich bitte, ist denn -die Idee nicht wirklich, und kann sie denn nicht wirklich werden, und -ist sie denn nicht in der ersten Hälfte des Buches, in der stattlichen -Ableitung unseres Herrn Verfassers in der That wirklich geworden? Ja, -wer vor Demuth zu einer solchen Annahme kommen könnte! Das ist Alles -wohl gut, sagt der Mann, aber das ist doch nicht das rechte Wirkliche, -nicht das wirklich Wirkliche; dafür lasse ich lediglich und allein die -materielle Sinnenwelt gelten. Ist ihm denn aber im Laufe seines -philosophischen Lebens niemals die Behauptung zu Ohren gekommen, dass -eine Sinnenwelt überhaupt nur im Sinne, der Sinn aber nur in der Idee, -als Sphäre des selbstständigen Lebens der Idee, wirklich da sey? Will er -nun dieses nicht zugeben, wie er es denn allerdings nicht will; wie -bringt er denn zuvörderst seinen Begriff von der Wirklichkeit zu Stande? -Offenbar nur durch den Gegensatz mit der Idee; ein Seyn der Materie, -durchaus unabhängig von der Idee, und da doch ohne Zweifel ausser der -Idee und der Materie es nicht noch ein drittes wird geben sollen, -unabhängig von irgend etwas Anderem, also ein wahres Ansich und -innerliches Absolutes, das zweite an der Zahl, wenn es nemlich sein -Ernst ist, dass es zugleich auch eine absolute Idee gebe. Und so ist -denn bei diesem philosophischen Heros, wo es Ernst wird, nichts mehr zu -finden, als der alte und wohlbekannte Scherz eines materialistischen -Dualismus. Nicht Wissenschaftslehre, nicht Kant, sondern du, heiliger -Leibnitz, bitte für ihn! Ferner, wie gedächte sich denn wohl der Mann -bei dieser Denkart gegen diejenigen, welche auf der Einheit des -Absoluten, und auf der Idee, als der einzig möglichen Realität -beständen, zu schützen? Er wird niemals eine andere Weise finden, als -diejenige, deren er sich wirklich bedient, dass er, als ein zweiter -Friedrich Nicolai, sich auf das Zeugniss seiner Sinne, und auf den -gesunden Menschenverstand berufe, und hoch betheure, die materiellen -Gegenstände müssten aber doch seyn, denn er sehe sie ja, und höre sie, -und keiner soll ihn jemals eines anderen bereden. Und so fällt denn an -dieser Stelle dem Manne die Maske der Speculation, die er auch sonst -locker genug trägt, völlig ab, und es tritt hervor die natürliche Haut -des rohesten, stockgläubigsten Empirismus, wie denn sich über das -Ansichseyn der Materie auch nicht einmal ein Verdacht regt. - -Da man unserm Publicum alles ausdrücklich sagen muss, und fast niemals -darauf rechnen kann, dass es selber folgern oder annehmen werde, dass -jemand wirklich wolle und zugebe, was aus seinen Sätzen folgt: so merke -ich hier noch ausdrücklich an, dass alle Naturphilosophie auf diese -Stockgläubigkeit, dieses Entsetzen und Erschrecken vor der Materie, und -diese Scheu, selber lebendig, und nicht als ein blosses Naturproduct da -zu seyn, sich gründe, und dass diese denen, die ihnen widersprechen, -niemals eine andere Antwort werden geben können, als dass es ihnen am -Gefühle fehlen müsse. Nun ist, da wir ebensowohl leben, denn sie, ohne -Zweifel zu erwarten, dass wir ebensowohl hören und sehen mögen, denn -sie; nur dass wir diesen Erscheinungen der Sinne nicht unmittelbar und -ohne Weiteres Glauben beimessen, sondern sie mit dem Begriffe -durchdringen, und in ihrer Bedeutung, als dem wahrhaft Realen an ihnen, -sie verstehen. Woran es uns daher, ihnen gegenüber, in der That fehlt, -das ist ihr blinder Aberglaube, und wenn sie unter ihrem Gefühle diesen -verstehen, so haben sie ganz recht mit ihrem Verdachte, dass irgend -etwas, das sie besitzen, uns abgehen möge. Möge ihnen doch nie ein Licht -darüber aufgehen, welche Thoren sie geworden sind, da sie sich für Weise -hielten. - -Um zurückzukehren zu unserem Philosophen: ein so über alle Maassen -ungeschickter und stümperhafter Sophist, wie wir es ihm nachgewiesen -haben, ist also der Mann, dem es gelungen ist, die Philosophen dieses -Zeitalters irre zu machen. - -Inzwischen dürfte es eine Ungerechtigkeit sowohl gegen mich selber, als -gegen den genannten Mann involviren, wenn ich hiermit dieses Capitel -beschlösse. Gegen mich selber, indem ich nicht will, dass gewisse -Gegner, über die er sich beklagt, und die er besonders in den Gegenden -seines jetzigen Aufenthalts gefunden, glauben sollen, dass ich mich -ihnen beigesellt habe; gegen ihn, indem, da es eine Zeit gegeben, da ich -weniger geringschätzig über ihn geurtheilt, und da bekannt ist, dass wir -beide ehemals in persönlichen Beziehungen gestanden, jemand glauben -möchte, dass er noch auf andere Weise, denn als Philosoph, mir -verwerflich geworden. Was zuerst meine früheren, weniger -geringschätzigen Urtheile betrifft, so gebe ich dabei zu bedenken, dass -damals, als ich diese fällte, der Mann schon um seiner Jugend willen der -philosophischen Reife und Klarheit durchaus unfähig war, und ich daher -diese an ihm loben weder wollte noch konnte; dass ich aber hoffte, er -werde fleissig seyn, und nicht zweifelte, dass durch Fleiss ihm etwas -gelingen könnte, und dass es allein diese Hoffnungen waren, welche ich -aussprach. Wie ich über die im wirklichen Besitze des Mannes -befindlichen philosophischen Kenntnisse von jeher geurtheilt, kann -gleich im ersten Jahrgange des von mir mit herausgegebenen Journals eine -meiner Noten zu einer Abhandlung desselben, in welcher die ersten Spuren -des Irrthums, der sich nun gar stattlich zu einer Naturphilosophie -herausgebildet, zum Vorschein kamen, noch bis heute klärlich beurkunden. -Jene meine guten Hoffnungen von ihm hat er nun keinesweges erfüllt, -sondern durch unverständige Schmeichler früh sich verderben lassen, und -seit dieser Zeit keines anderen Dinges sich beflissen, denn des -Hochmuths und des Eigendünkels, und durchaus den Rang ablaufen wollen -demjenigen, welchen auch nur zu verstehen er gleichwohl fortdauernd -unfähig geblieben. - -Um von denen seiner Gegner, denen ich nicht gleichen mag, mich -auszuscheiden: -- Dass, wenn des Mannes System consequent verfolgt wird, -kein Gott übrig bleibe, denn die Natur, und keine Moralität, ausser die -der Naturerscheinungen, sehe ich klar ein; aber man muss dasjenige, was -die Menschen bloss sagen, ebensowenig ihnen zum Nachtheil anrechnen, als -diese Erörterung gemeint gewesen ist, es ihnen zum Vortheile gelten zu -lassen. Die Worte sind überhaupt nichts, und nur das Leben will etwas -bedeuten. Was nun die innere Religion des Mannes anbetrifft, so -bescheide ich mich hierüber von Rechtswegen alles Urtheils, und halte -dafür, dass dieses auch dem übrigen Publicum ebenso sehr gezieme. Was -die Moralität anbetrifft, dürfte es nicht unschicklich seyn, folgenden -Umstandes bei dieser Gelegenheit zu erwähnen. - -Es scheint geglaubt worden zu seyn, und ich finde noch vor kurzer Zeit -in einem öffentlichen Blatte diese Insinuation wiederholt, dass der -Genannte zu denen gehöre, welche bei meinem Abgange von Jena ein -gewisses mir gegebenes Wort nicht erfüllt hätten. Ich halte es für -angemessen, bei der gegenwärtigen Gelegenheit dieser Meinung förmlich zu -widersprechen. Ich stand mit ihm keinesweges auf dem Fusse, dass ich -über zu fassende bedeutende Entschliessungen mich vor der That mit ihm -berathen hätte; was ihm mitgetheilt worden, ist ihm erst nach der That -mitgetheilt worden; wie ich denn auch einem anderen meiner Freunde und -Collegen, auf welchen, als Mitherausgeber des philosophischen Journals, -gleichfalls einiger Verdacht gefallen, erst nach der That mich eröffnet. -Derjenige Mann, der durch seinen ungesuchten Eintritt meinen unbedingten -Entschluss, auf einen gewissen Fall meine Lehrstelle an der Universität -Jena niederzulegen, den ich ohne ihn einfach und natürlich würde -ausgeführt haben, in einen Versuch, zu capituliren, verwandelte, der -einen gewissen ersten Brief, welcher ohne seine Dazwischenkunft nicht -wäre geschrieben worden, mit mir verabredete und billigte; und als der -Erfolg ausfiel, wie er ausfiel, mir einen zweiten, dessen ich bei meinem -schon vorher gefassten festen Entschlusse nicht bedurfte, sondern der -nur ihn decken sollte, abquälte und abpresste, und so auf eine ganz -richtige, anständige und gebührliche Entschliessung von mir, die ich -noch jetzt, nach Verlauf von acht Jahren, durchaus billige, und in -derselben Lage heute wiederholen würde, den Anschein von Schwäche und -Zweideutigkeit brachte, war ein anderer, und es war nur Einer, nicht -mehrere; daher man auch meine übrigen Jenaischen Freunde und Collegen -mit jenem Argwohn verschonen wolle. Inzwischen zürne ich auch diesem -Einen so wenig, dass ich vielmehr gleich nach der That nur mich selber -verurtheilt habe, indem der Stärke, die mit der nur einen Augenblick -aufflammenden Schwäche gemeinsame Sache macht, ohne vorherzusehen, dass -der augenblickliche Muth nicht fortdauern werde, ganz recht geschieht, -wenn sie verlassen wird; und ich habe mit mir selbst mich ausgesöhnt -lediglich durch die erworbene Sicherheit, dass mir dieses nicht zum -zweiten Male begegnen wird.[38] - -Dies sey denn hiermit gesagt und abgethan; indem wir hoffen, dass die -verworrene Leidenschaftlichkeit jener Tage nunmehr sich gesetzt habe, -und man begreife, dass keinem Menschen in der Welt, ausser etwa den -Weimarischen Finanzen, welche uns andere nichts angehen, daran liegen -könne, ob dieser oder jener Mann Professor zu Jena sey, oder nicht, und -ob Jena eine blühende, oder eine verlassene, oder auch gar keine -Universität habe. - -[Fußnote 38: Zur Aufhellung der oben im Texte befindlichen Stelle ist -Fichte's Lebensbeschreibung (I. S. 366. II. S. 300.) zu vergleichen. H. -E. G. Paulus, der hier gemeint war, hat indess gegen jede solche -Beziehung zu Fichte in den »Skizzen aus meiner Bildungs- und -Lebensgeschichte« (Heidelberg, 1839. S. 168-170) protestirt, woraus eine -Reihe von Verhandlungen zwischen ihm und dem Unterzeichneten sich -ergeben hat, deren Erwähnung hier nicht umgangen werden kann, indem auch -sie vorübergehend lebhafte Aufmerksamkeit erregten. Da jedenfalls beide -Männer auch in dieser Beziehung mit einander vor die Nachwelt treten, so -bleibt nichts übrig, um den Leser zu einem selbstständigen Urtheile in -dieser Angelegenheit zu veranlassen, als ihn ausser dem schon -Angeführten auf die weiteren Actenstücke zu verweisen. Man vergleiche: -»Paulus und Fichte; über einen berichtigenden Zusatz zu J. G. Fichte's -Lebensbeschreibung, als Anfrage oder Gegenberichtigung von J. H. Fichte« -im ^Freihafen^ 1840. Zweites Heft S. 176-229; »Beleuchtung des -Verhältnisses, welches zwischen Professor Fichte dem Vater und Dr. -Paulus bei dem Atheismusstreit des Ersteren stattfand« in ^Paulus neuem -Sophronizon^, I. Mittheilung 1841 S. 80-134; endlich: »Offenes Schreiben -an Herrn Dr. Paulus in Bezug auf dessen Beleuchtung etc. von J. H. -Fichte« in dessen ^Zeitschrift für Philosophie^, Bd. VII. S. 151-155. - - (Anmerkung des Herausgebers.)] - -Uebrigens ist auch das, was der Mann durch seine Speculation sucht und -anstrebt, keinesweges etwas Schlechtes und Gemeines, sondern es ist das -Höchste, dessen der Mensch theilhaftig werden kann; die Erkenntniss der -Einheit alles Seyns mit dem göttlichen Seyn. Seine Absicht ist daher -aller Ehren werth. Ebendasselbe will ja auch ich, und leiste es; er aber -redet nur daran herum, und vermag es nicht zur Wirklichkeit zu bringen, -tritt in den Weg denen, die es können, und macht irre andere, die ohne -ihn vielleicht hören und verstehen würden; und dieses ist es, was ihm -meinen Tadel zuzieht. Er hasset und fliehet die Besonnenheit, in welcher -allein das Heilmittel vom Irrthume liegt, mit gutem Bedachte, indem er -sie nur für leere Klarheit hält, und macht so die Unbesonnenheit zur -ausdrücklichen Grundmaxime alles Realismus, erwartend von einer blinden -Natur die Heilung. Dies ist nun absolute Unphilosophie und -Antiphilosophie, und so lange er auf dieser Maxime beharrt, ist Alles, -was er vorbringt, ohne Ausnahme nothwendig falsch, irrig und thöricht, -und es vermag kein Funke von Speculation in seine Seele zu kommen. Und -so werfe ich ihn denn, indem ich den Menschen an ihm in allem seinem -möglichen Werthe lasse, als Philosophen ganz und unbedingt weg; und als -Künstler erkenne ich ihn für einen der grössten Stümper unter allen, die -jemals mit Worten gespielt haben. - -Was hier insbesondere ihm nachgewiesen worden, leidet, als gegründet -lediglich auf die blosse allgemeine Logik, durchaus keinen Widerspruch, -Ausrede oder Ausflucht, und es kann dagegen nichts vorgebracht werden, -ausser etwa, man habe in den Einheitspunct eben nicht recht hineinkommen -können, man meine ja doch das Rechte, und habe recht in der Sache, wenn -auch die Form mangelhaft geblieben sey, welches Alles, als selber -absolute Antiphilosophie, schon ehe es vorgebracht worden, abgewiesen -ist. Sollten seine Mitstreiter, im Schmerze, ihren Vorfechter also -abgefertigt zu sehen, etwas vorbringen wollen, so werde ich antworten, -oder auch nicht, wie es mir gefallen wird, indem ich hierüber zu nichts -verbunden seyn will. Mit dem genannten Manne selber rede ich, da wir -durchaus von contradictorisch entgegengesetzten Maximen ausgehen, -niemals, wie ich denn auch hier nicht mit ihm, sondern mit seinem -Publicum geredet habe. - - - - - Recensionen. - - - - - A. - Giessen, bei Heyer: Skeptische Betrachtungen über die Freiheit - des Willens mit Hinsicht auf die neuesten Theorien über - dieselbe, von Leonhard Creuzer. 1793. XVI. Vorrede (von Herrn - Prof. Schmid). 252. 8. - - - (Jenaer Allgem. Literatur-Zeitung, 1793. No. 303.) - -Wie es von jeher ergangen ist, ergeht es noch immer. Das dogmatische -Verkennen der Grenzen der Vernunft erregte die Angriffe der Skeptiker -auf dieses Vermögen selbst, und nöthigte dasselbe, sich einer Kritik zu -unterwerfen. - -Sowie diese Grenzen von neuem überschritten werden, regt sich von neuem -der Widerspruch der Skeptiker, und nöthigt, -- zum Glück nicht, eine -neue Kritik zu unternehmen, aber -- an die Resultate der ehemals -unternommenen wieder zu erinnern. Herrn Creuzers freilich nur -uneigentlich sogenannter Skepticismus -- denn er nimmt mit der -Kantischen Schule das Daseyn eines Sittengesetzes im Menschen als -Thatsache des Bewusstseyns an -- hat die Theorien über Freiheit zum -Gegenstande; das Resultat seiner Untersuchungen ist, dass keine der -bisherigen den Streit zwischen dem Interesse der praktischen Vernunft -und dem der theoretischen befriedigend löse; und ihr lobenswürdiger -Zweck, zu Erfindung einer neuen und genugthuendern die Veranlassung zu -geben. Ohne von der ganzen Schrift, welche theils über einen unrichtigen -Grundriss aufgeführt worden (eine Behauptung, die sich nur durch -Vorlegung des einzig richtigen darthun liesse, welches die Grenzen einer -Recension überschreitet), daher nicht mit der strengsten Ordnung -geschrieben ist, jetzt sich wiederholt, jetzt Dinge in ihren Plan -aufnimmt, die nicht hineingehören, z. B. die Widerlegung des -Spinozistischen Pantheismus, des Egoismus u. dergl. m.; theils gegen die -vor-Kantischen Freiheitstheorien nichts gesagt, was nicht schon ehemals -gesagt worden, -- ohne von ihr einen Auszug zu geben, möchte Rec. die -Untersuchung nur auf denjenigen Punct lenken, der wenigstens für die -Darstellung der Wissenschaft wahren Gewinn verspricht. -- Es ist von -mehreren Freunden der kritischen Philosophie erinnert, und von Reinhold -einleuchtend gezeigt worden, dass man zwischen ^derjenigen^ Aeusserung -der absoluten Selbstthätigkeit, durch welche die Vernunft praktisch ist -und sich selbst ein Gesetz giebt, und ^derjenigen^, durch welche der -Mensch sich (in dieser Function seinen ^Willen^) bestimmt, diesem -Gesetze zu gehorchen oder nicht, sorgfältig zu unterscheiden habe. Dass -Hr. Creuzer diese Unterscheidung bald zu beobachten scheint, bald wieder -vernachlässigt und mithin in ihrer ganzen Bestimmtheit sie sicher nicht -gedacht hat, wollen wir nicht rügen. Aber er nimmt die durch Reinhold, -Heydenreich, und zuletzt durch Kant selbst gegebene, im Wesentlichen -einstimmige Definition der Freiheit des Willens, dass dieselbe ein -Vermögen sey, durch absolute Selbstthätigkeit sich zum Gehorsam oder -Ungehorsam gegen das Sittengesetz, mithin zu contradictorisch -entgegengesetzten Handlungen zu bestimmen, als gegen das Gesetz des -logischen Grundes streitend, in Anspruch. Reinhold -- (denn da es Rec. -weniger um die Bestimmung des Verdienstes des Schriftstellers, als um -die Bestimmung des bis jetzt fortdauernden Werthes seiner Schrift zu -thun ist; so trägt er kein Bedenken, sich auf ein Buch zu beziehen, von -welchem ihm, da er den deutschen Mercur nicht bei der Hand hat, -unbekannt ist, ob Hr. Creuzer bei Abfassung des seinigen den Inhalt -desselben habe benutzen können, oder nicht) -- Reinhold also hat diesen -möglichen Einwurf (S. 282 ff. 2. Bd. der Briefe über die Kantische -Philosophie) zwar schon im voraus gründlich widerlegt, aber nach Rec. -Ueberzeugung, die er mit voller Hochachtung gegen den grossen -Selbstdenker gesteht, den Grund des Misverständnisses weder gezeigt, -noch gehoben. »Das logische Gesetz des zureichenden Grundes,« sagt -Reinhold, »fordert keinesweges für alles, was ^da ist^, eine von diesem -Daseyn verschiedene Ursache« -- -- »sondern nur, dass nichts ohne Grund -^gedacht^ werde. Die Vernunft hat aber einen sehr reellen Grund, die -Freiheit als eine absolute Ursache zu denken« -- und tiefer unten -- -»als ein ^Grundvermögen^, das sich als ein solches von keinem Anderen -ableiten, und daher auch aus keinem Anderen begreifen und erklären -lässt.« Rec. ist mit dieser Erklärung vollkommen einverstanden; nur -scheint ihm der Fehler darin zu liegen, dass man durch anderweitige -Merkmale verleitet wird, dieses Vermögen nicht als ein Grundvermögen zu -denken. -- Es ist nemlich zu unterscheiden zwischen dem ^Bestimmen^, als -freier Handlung des intelligiblen Ich, und dem ^Bestimmtseyn^, als -erscheinendem Zustande des empirischen Ich. - -Die oben zuerst genannte Aeusserung der absoluten Selbstthätigkeit des -menschlichen Geistes erscheint in einer Thatsache: in dem Bestimmtseyn -des ^oberen Begehrungsvermögens,^ welches freilich mit dem Willen nicht -verwechselt, aber ebensowenig in einer Theorie desselben übergangen -werden muss; die Selbstthätigkeit giebt diesem Vermögen seine -^bestimmte,^ und ^nur auf Eine Art bestimmbare Form,^ welche als -Sittengesetz erscheint. Die von jener zu unterscheidende Aeusserung der -absoluten Selbstthätigkeit im ^Bestimmen^ des ^Willens^ erscheint nicht, -und kann nicht erscheinen, weil der Wille ursprünglich ^formlos^ ist; -sie wird bloss als Postulat des durch jene Form des ursprünglichen -Begehrungsvermögens dem Bewusstseyn gegebenen Sittengesetzes angenommen, -und ist demnach nicht Gegenstand des Wissens, sondern des Glaubens. Die -^Neigung^ (^propensio^ überhaupt) als ^Bestimmtseyn^ des (oberen oder -niederen) ^Begehrungsvermögens^ erscheint; aber nicht das Erheben -derselben zum wirklichen ^Wollen.^ Der Wille in der Erscheinung ist nie -^bestimmend,^ sondern ^immer bestimmt,^ die Bestimmung ist schon -geschehen; wäre sie nicht geschehen, so erschiene er nicht als ^Wille,^ -sondern als ^Neigung.^ Die scheinbare Empfindung des Selbstbestimmens -ist keine Empfindung, sondern eine unvermerkte Folgerung aus der -Nichtempfindung der bestimmenden Kraft. Insofern der Wille sich -»selbstbestimmend« ist, ist er gar kein Sinnen-, sondern ein -übersinnliches Vermögen. Aber das ^Bestimmtseyn^ des Willens erscheint, -und nun entsteht die Frage: ist jenes für die Möglichkeit der Zurechnung -als Vernunftpostulat anzunehmendes Selbstbestimmen zu einer gewissen -Befriedigung oder Nichtbefriedigung, ^Ursache^ der ^Erscheinung^ des -Bestimmtseyns zu derselben Befriedigung oder Nichtbefriedigung? -Beantwortet man diese Frage mit Ja, wie sie Reinhold (S. 284 der -angeführten Briefe) wirklich beantwortet (»aus ihren ^Wirkungen,^ durch -welche sie unter den ^Thatsachen^ des Bewusstseyns vorkommt, ist mir die -Freiheit (des Willens) völlig begreiflich u. s. w.«); so zieht man ein -Intelligibles in die Reihe der ^Naturursachen^ herab, und verleitet -dadurch, es auch in die Reihe der Naturwirkungen zu versetzen; ein -Intelligibles anzunehmen, das kein Intelligibles sey. Wenn man sagt: -»wer sich zur Frage berechtigt glaubt, aus welchem ^Grunde^ die -^Freiheit^ sich zu ^A^ und nicht vielmehr zu Nicht-A bestimmt habe, -beweist durch einen Cirkel die Nichtigkeit der Freiheit aus ihrer schon -vorausgesetzten Nichtigkeit, und wenn er sich recht versteht, aus der -Nichtigkeit eines Willens überhaupt:« -- so ist dies freilich sehr wahr -erinnert; aber durch die Annahme, dass die Freiheit wenigstens Ursache -in der Sinnenwelt seyn könne, hat man ihn unvermerkt in diesen Cirkel -hineingezogen. Nur durch die Rückkehr zu dem, was Rec. der wahre Geist -der kritischen Philosophie scheint, ist die Quelle dieses -Misverständnisses zu verstopfen. Nemlich -- auf das ^Bestimmen^ der -absoluten Selbstthätigkeit durch sich selbst (zum Wollen) kann der Satz -des zureichenden Grundes gar nicht angewendet werden; denn das ist Eine, -und eine einfache, und eine völlig isolirte Handlung; das Bestimmen -selbst ist zugleich das Bestimmtwerden, und das Bestimmende das -Bestimmtwerdende. Für das ^Bestimmtseyn^ als Erscheinung muss nach dem -Gesetze der Naturcausalität ein wirklicher Realgrund in einer -vorhergegangenen Erscheinung angenommen werden. Dass aber das -Bestimmtseyn durch die Causalität der Natur, und das Bestimmen durch -Freiheit ^übereinstimme,^ welches zum Behuf einer ^moralischen -Weltordnung^ gleichfalls anzunehmen ist; davon lässt sich der Grund -weder in der Natur, welche keine Causalität auf die Freiheit, noch in -der Freiheit, welche keine Causalität in der Natur hat, sondern nur in -einem höheren Gesetze, welches beide unter sich fasse und vereinige, -annehmen: -- gleichsam in einer vorherbestimmten Harmonie der -Bestimmungen durch Freiheit mit denen durchs Naturgesetz. (Vergl. Kant, -über eine neue Entdeckung, nach der alle neue Kritik der reinen Vernunft -durch eine ältere entbehrlich gemacht werden soll, S. 122 ff.) Nicht -darin, wie ein von dem Gesetze der Naturcausalität unabhängiges »Ding an -sich« sich selbst bestimmen könne, noch darin, dass eine Erscheinung in -der Sinnenwelt nothwendig ihren Grund in einer vorhergegangenen -Erscheinung haben müsse, sondern darin, wie beide gegenseitig von -einander völlig unabhängige Gegenstände zusammenstimmen können, liegt -das Unbegreifliche: das aber lässt sich begreifen, warum wirs nicht -begreifen können, weil wir nemlich keine Einsicht in das Gesetz haben, -das beides verbindet. -- Dass übrigens dies Kants wahre Meinung sey, und -dass die in mehrern Stellen seiner Schriften vorkommende Aeusserung, -dass die Freiheit eine Causalität in der Sinnenwelt haben müsse, nur ein -vorläufig, und bis zur näheren Bestimmung aufgestellter Satz sey, -scheint Rec. daraus zu erhellen, dass er zwischen einem empirischen und -einem intelligiblen Charakter des Menschen unterscheidet; dass er -behauptet, Niemand könne den wahren Grad seiner eigenen Moralität (als -welcher sich auf seinen unerkennbaren intelligiblen Charakter gründet) -wissen; dass er die Zweckmässigkeit als Princip der, beide -Gesetzgebungen verknüpfenden, reflectirenden Urtheilskraft aufstellt -(als welche Zweckmässigkeit sich nur durch eine höhere, dritte -Gesetzgebung möglich denken lässt). Vorzüglich aber scheint eben dieses -in seiner Schrift vom radicalen Bösen (jetzt dem ersten Stücke der -^Religion innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft^) aus seinem -Beweise für die Annehmbarkeit eines absolut freien Willens ^aus der -Nothwendigkeit der Zurechnung,^ und aus seiner Berufung auf ^einen -unerforschlichen höheren Beistand^ (der nicht etwa unseren -intelligiblen, bloss durch absolute Selbstthätigkeit zu bestimmenden -Charakter statt unserer bestimme, sondern unsern erscheinenden -empirischen mit jenen übereinstimmend mache, welches nur kraft jener -höheren Gesetzgebung geschehen kann) hervorzugehen. Jene Beweisart und -diese Berufung sind so innig mit dem Geiste der kritischen Philosophie -verwebt, dass man wirklich sehr wenig mit ihm bekannt seyn muss, um in -dieser Philosophie dieselben so abenteuerlich, so wider den gesunden -Menschenverstand streitend, und so lächerlich zu finden, als Herr -Creuzer sie findet. Es würde ein Leichtes seyn, ihm zu zeigen, dass er -selbst zufolge der Prämissen, die er mit der Kantischen Schule annimmt, -auch diese Sätze nothwendig annehmen müsse. - -Von Untersuchung dieser Theorie geht Herr Creuzer zur Prüfung des allen -Lesern der A. L. Z. sattsam bekannten Schmidschen intelligiblen -Fatalismus über. So sehr diese Theorie, von der speculativen Seite -angesehen, ihn befriediget, so klar und einleuchtend thut er dar, dass -sie alle Moralität völlig aufhebe. Rec. ist über den zweiten Punct -völlig mit ihm einverstanden, und das, was Hr. Prof. Schmid selbst in -der Vorrede zu diesem Buche zu seiner Vertheidigung hierüber sagt, hat -ihm wenigstens noch ärger, als die Anklage geschienen. Zurechnung, -Schuld und Verdienst fällt bei dieser Theorie, nach Hrn. Schmids eigenem -Geständnisse, weg; nun wäre es an ihm, zu zeigen, wie man sich dabei -noch ein für ^jede^ Handlung, die nach dem Gesetze beurtheilt wird, -^gültiges Gesetz^ denken könne. Die Moralität, welche übrig bleiben -soll, ist eben diejenige, welche in den ehemaligen Glückseligkeits- und -Vollkommenheitstheorien übrig blieb: gut seyn ist ein Glück, und böse -seyn ein Unglück. Ueber den ersteren Punct hören wir Hrn. Schmid selbst. -»Man kann den undenkbaren Gedanken, den Nichtgedanken (einer -Nothwendigkeit, die nicht Nothwendigkeit ist, eines unbeschränkten -Vermögens, das nicht alles vermag, eines Unvermögens, das doch das -völligste Vermögen ist, eines nothwendigen Grundes, der nicht nothwendig -begründet, eines Individualdinges, das sich wie ein abgezogenes -Allgemeinding verhält, also bestimmt und auch unbestimmt ist, endlich -einer Unabhängigkeit, die aus einer doppelten Abhängigkeit hervorgeht« -[passt denn diese Charakteristik auch auf die Reinholdsche Definition -der Freiheit des Willens, oder etwa nur auf diejenige, welche praktische -Vernunft und Willen verwechselt?]), »der doch für einen Hauptgedanken -gelten soll, von einer Stelle der Theorie an einen anderen Platz -hinbringen; man kann ihn aus der Sinnenwelt in die Welt der Noumenen -verpflanzen; man kann gewissen anstössigen, und wegen ihrer Bestimmtheit -ein wenig unbequemen Formeln aus dem Wege gehen, und bequemere (ich -meine lenksamere, unbestimmtere) dafür gebrauchen; man kann endlich neue -Vermögen der Willkür erdichten, sie aus ihrer Naturverbindung -herausreissen, und so als isolirte Unbestimmtheiten aufstellen« (ganz -eigentlich das, wenn man die Ausdrücke nicht ganz genau nimmt, hat Rec. -hier gethan, und fragt: ob man das Daseyn eines allgemeingültigen -Sittengesetzes anerkennen und consequent seyn, und dennoch das auch -nicht thun könne?) -- -- »aber der Widerspruch selbst bleibt, was er -war; der Verstand kann nicht denken wider die Gesetze der Möglichkeit -alles Denkens.« Und jetzt entscheide das Publicum, ob hier noch ein -Widerspruch, oder ob blosse Unbegreiflichkeit vorhanden sey? -- -Uebrigens glaubt Rec., dass die Philosophie sich von Hrn. Creuzer, -sobald in seine ausgebreitete und mannigfaltige Belesenheit mehr -Ordnung, und in seine Geistesthätigkeit mehr Reife gekommen seyn werde, -viel Gutes zu versprechen habe. -- - - - - - B. - Gotha, bei Ettinger: Ueber die sittliche Güte aus - uninteressirtem Wohlwollen, von Friedrich Heinrich Gebhard. - 1792. 290 S. 8. mit Dedic. und Vorber. - - - (Jenaer Allgem. Literatur-Zeitung 1793. N. 304.) - -Rec. nahm dieses Buch nicht ohne grosse Erwartung zur Hand, da es ihm -die Auflösung einer Schwierigkeit zu versprechen schien, die er noch -nirgends befriedigend gelöst fand, und von deren Auflösung, wenigstens -seiner Ueberzeugung nach, darum nicht minder die Allgemeingültigkeit des -Kantschen Moralprincips abhängt; und er war höchst unzufrieden mit sich -selbst, dass er bei den Ausdrücken des Verfassers sich so selten etwas -Bestimmtes denken konnte, bis ihm endlich durch die Stelle S. 84.: »Das -moralische Gefühl besteht in einer Billigung oder ^Misbilligung^ einer -^Wirkung^ der ^praktischen Vernunft;^ denn sonst wäre ja nichts da, was -gebilligt oder misbilligt werden könnte. Also ist es kein sittliches -Gefühl, was uns zur uninteressirten Thätigkeit treibt, sondern jenes -wird erst von dieser (der prakt. Vernunft) und von dem Bewusstseyn -derselben erzeugt;« -- auf einmal völlig einleuchtend wurde, wie weit -der Verf. selbst vom bestimmten Denken über seinen Gegenstand noch -entfernt seyn müsse. Ein Aufsatz im Braunschweiger Journal (Juni 1791), -der das von Smith als Moralprincip aufgestellte reine oder -uninteressirte Wohlwollen gegen das Kantische Princip in Schutz nahm, -war die Veranlassung der ersten drei Abschnitte dieser Schrift. Der -erste Abschnitt vertheidigt Kant gegen die Beschuldigung des -Journalisten, dass er nicht definirt habe, ^was^ sittlich gut sey, durch -die Vorlegung der Kantischen Definition: es sey dasjenige, was man -zufolge des mit Nothwendigkeit gebietenden praktischen Vernunftgesetzes -^solle;^ und entwickelt überhaupt das Kantische Moralprincip. Hat etwa -der Journalist eine Realdefinition begehrt (denn sollten ihm wohl jene -Nominaldefinitionen unbekannt geblieben seyn? --); so hätte ihm Hr. -Gebhard befriedigender geantwortet, wenn er ihm gezeigt hätte, ^dass^ -und ^warum^ das ^Materiale^ eines bloss ^formalen^ Imperativs sich nicht -vorlegen lasse, und dass er mithin in seiner Forderung schon -voraussetze, was er durch sie erweisen wolle. Neues hat Rec. unter einem -unerschöpflichen Wortreichthume in diesem Abschnitte nichts gefunden, -als das, dass der Verf. die allgemeingeltenden Vorschriften des -Sittengesetzes nicht für bloss negativ (für Einschränkungen der den -Willen bestimmenden Anmaassung des sinnlichen Triebes), sondern für -positiv hält; dass es z. B. nach ihm Pflicht ist, nicht -- nie eine -Unwahrheit zu sagen, sondern die Wahrheit immer, und in jedem Falle -gerade herauszusagen. Der zweite Abschnitt untersucht, ob das reine -Wohlwollen Princip der Moral seyn könne. Dass eine solche Untersuchung -nicht aus bestrittenen Kantischen Prämissen, sondern aus solchen, die -sein Gegner mit ihm gemeinschaftlich annimmt, geführt werden müsse, -scheint der Verf., nach einer Stelle zu urtheilen, gefühlt zu haben; ob -er diesem Gefühle gefolgt sey, wird sich zeigen. »Ein reines Wohlwollen -sey ein uninteressirtes. Interesse sey rein oder pathologisch. Das -letztere entstehe aus dem sinnlichen Triebe, und könne hier nicht -gemeint seyn. Das erstere sey das durch die Gesetzgebung der praktischen -Vernunft erzeugte, und könne ebensowenig gemeint seyn; denn sonst wäre -ja dieses System mit dem Kantischen nicht im Widerspruche.« -- Dawider -kann nun der Gegner die gegründete Einwendung machen: er nehme -allerdings mit Kant eine uneigennützige (nicht auf Befriedigung des -sinnlichen Triebes ausgehende) Neigung an; sein Wohlwollen gründe -sich ebensowenig auf ein Interesse, als das Kantische obere -Begehrungsvermögen; aber es bringe, ebenso wie dieses, eines hervor: nur -leite er dieses zugestandene Gefühl keinesweges von einer absoluten -Selbstthätigkeit des menschlichen Geistes ab, sondern halte es für einen -Grundtrieb des Gemüths, der sich von keinem höheren Vermögen ableiten, -noch daraus erklären lasse. Um zu zeigen, dass ein solches -uninteressirtes Wohlwollen, wie er dem Gegner andichtet, überhaupt nicht -möglich sey, verwechselt der Verf. kurz darauf ^Interesse,^ geistiges -Wohlgefallen an der blossen Vorstellung von dem Daseyn eines -Gegenstandes, mit ^Vergnügen,^ Lust an dem durch Empfindung als wirklich -gegebenen Gegenstande: »wenn der Gegenstand unseres wohlwollenden -Triebes realisirt würde, so würden wir nicht ermangeln, ein wirkliches -Vergnügen zu empfinden, mithin sey unser Wohlwollen doch (pathologisch) -interessirt.« Empfindet denn, kann ihn hier der Gegner fragen, der durch -das praktische Vernunftgesetz Bestimmte kein Vergnügen, wenn er den -Gegenstand seiner Willensbestimmung als realisirt empfindet? »Aber,« -lässt er bald darauf den Gegner richtig antworten, »die Vorstellung -dieses Vergnügens soll nur nicht der bestimmende Grund des Willens -seyn.« Aber was denn? die Vernunft? so ist der Gegner ein Kantianer. Der -Trieb selbst? Das kann Hr. Gebhard nicht einsehen. Von einem Dritten, -das den Willen bestimmen könnte, einer absoluten Selbstthätigkeit, ist -im ganzen Buche nicht die Rede. - -Nach diesen Vorübungen setzt endlich Hr. Gebhard den wahren Streitpunct -sehr richtig so fest: Soll man der Vernunft oder dem reinen Wohlwollen -das Primat zuerkennen? Hier entspinnt sich zuerst eine ermüdende -langweilige Erörterung, dass die Vernunft, »wenn man sie auch etwa für -die bloss theoretische Vernunft anerkennen wolle« (?), doch über die -Anwendbarkeit des Princips des Wohlwollens auf bestimmt gegebene Fälle -Richterin seyn müsse. Rec. sollte meinen, das wäre überhaupt nicht die -Vernunft (das Vermögen ^ursprünglicher^ Gesetze), sondern die -Urtheilskraft, die im Systeme seines Gegners hierunter das durch jenes -wohlwollende Gefühl aufgestellte Gesetz (welches der Verstand in eine -logische Formel zu bringen hätte) subsumiren würde; und dann -- muss -denn nicht dieselbe Urtheilskraft auf dieselbe Art auch unter das -praktische Vernunftgesetz subsumiren? Und nun endlich kömmt der Verf. zu -dem, was er den Beweis nennt, dass der Vernunft, und zwar der -praktischen Vernunft, das Primat über das reine Wohlwollen zukomme. -»Warum kann man denn den Werth oder Unwerth des uninteressirten -Wohlwollens nicht ebensogut, wie tausend andere Fragen, unentschieden -lassen?« (Ist sein Gegner consequent, so läugnet er ihm die Befugniss zu -einer solchen Frage geradezu ab: ist ihm der Werth dieses Wohlwollens -absolut derjenige, nach welchem jeder andere Werth beurtheilt, welcher -selbst aber nach keinem andern beurtheilt wird.) -- »Entschieden ^muss^ -werden, weil es hier auf Handeln und auf fehlerlose Richtigkeit des -Handelns ankömmt. Nothwendigkeit des Handelns, verbunden mit dieser -Regelmässigkeit desselben, ist aber hier noch nicht Sache des -Wohlwollens; denn hierüber ist eben erst die Frage; sondern der -Vernunft, und zwar nicht der theoretischen, sondern der praktischen.« - -Versteht Rec. diese Worte, so sagen sie so viel: das Wohlwollen kann -nicht absolut erstes Gesetz des Handelns seyn; ich will hier einmal nach -einem höheren Grunde fragen; mithin giebt es einen solchen höheren -Grund: diesen höheren Grund will ich Vernunft, und zwar nicht -theoretische, sondern praktische Vernunft nennen; mithin -- u. s. f. -»Und so ist denn,« fährt Hr. Gebhard in Schwabacher Schrift fort, »die -Subordination des uninteressirten Wohlwollens unter die praktische -Vernunft klar erwiesen?« -- Ja wohl, wenn schon vorher angenommen war, -dass die Vernunft auch praktisch seyn könne, und auch wirklich sey. - -Und was heisst denn Vernunft überhaupt; und wie ist denn insbesondere -die praktische von der theoretischen unterschieden? Rec. hat im ganzen -Buche vergebens nach einer Spur gesucht, woraus hervorginge, dass der -Verf. auch nur eine leise Ahnung habe, was Vernunft überhaupt, und was -praktische Vernunft in der kritischen Philosophie bedeute; vielmehr hat -er dieses Wort bald für Verstand, bald für Urtheilskraft, bald für -Willen, und endlich gar für sittliches Gefühl, kurz fast für alles -gebraucht gefunden, was dem Verf. unter die Feder kam. -- »Das Princip -des uninteressirten Wohlwollens sey unbestimmt. Uninteressirt sey ein -unbestimmter Begriff.« ^Uninteressirt,^ wie es oben erklärt worden, ist -ein negativer Begriff, aber kein unbestimmter; er erhält seine -Bestimmung in der Erfahrung von dem ihm entgegengesetzten ^interessirt^ -(durch sinnlichen Trieb zur Neigung bestimmt). - -»Wohlwollen beziehe sich auf Glückseligkeit, und werde durch die -Unbestimmbarkeit dieses Begriffs auch unbestimmbar.« Theoretisch wohl, -aber nicht als Princip der Willensbestimmung, wenn diesem nicht die -hervorzubringende, sondern bloss die rein zu berichtigende -Glückseligkeit als Zweck aufgestellt wird. Ein Wille, der Glückseligkeit -ausser sich wirklich machte, wäre in diesem Systeme legal; einer, dessen -Triebfeder nur lediglich die Vorstellung dieses Zweckes gewesen wäre, -wäre moralisch. Hr. Gebhard macht die Bestreitung dieses Systems sich -noch ferner bequem, indem er die Unterscheidung der eigenen von der -fremden Glückseligkeit in das Princip aufnimmt, und es nun, wie -natürlich, bei der Anwendung in Widerstreit mit sich selbst gerathen -lässt. Aber ein consequenter Vertheidiger desselben wird den Grund -dieser Unterscheidung bloss in der interessirten sinnlichen Neigung -aufsuchen, und für das uninteressirte Wohlwollen Glückseligkeit -überhaupt, ohne Rücksicht auf das Subject derselben, zum Objecte -aufstellen. »Dies Princip sey ferner unverständlich. Ein Princip müsse -vernünftig gedacht, besonnen seyn.« Das heisst entweder: es muss für die -Wissenschaft sich in einer bestimmten Formel aufstellen lassen (und -warum liesse sich denn das Bestrittene nicht in der Formel aufstellen: -die Hervorbringung der, deinem besten Wissen nach, möglichst grössten -Summe der Glückseligkeit in der empfindenden Welt sey höchster Endzweck -deiner freien Handlungen?), oder: es muss in dieser bestimmten Formel -dem Bewusstseyn beim Bestimmen des Willens vorschweben; und der Verf. -besteht besonders auf dem letzteren. Aber warum könnte es denn in jener -Formel das nicht, wenn es müsste? oder warum müsste es denn? Wird denn -nicht auch das praktische Vernunftgesetz dem Bewusstseyn bloss durch ein -Gefühl gegeben; und ist denn keine Handlung rein moralisch, die sich -bloss auf dieses Gefühl, und nicht auf eine klare, deutliche und -vollständige Kenntniss des kategorischen Imperativs gründet? »Der -Uebergang eines Gefühls in Handlungen lasse sich nicht begreifen.« Wie -mag sich der Verf. doch den Uebergang des auf die praktische Vernunft -sich gründenden sittlichen Gefühls in Handlungen begreiflich machen? - -Hoffentlich haben sowohl Hr. Gebhard, als die Leser an diesen Beweisen -der völligen Unfähigkeit dieses Kantianers zur Lösung der aufgeworfenen -Streitfrage genug; und überheben Rec. des langweiligen Geschäfts, den -Auszug aus einer solchen Schrift fortzusetzen. - -Dass der Trieb des Wohlwollens, wenn er bei seiner Anwendung auf -bestimmte Fälle von der Vorstellung der Glückseligkeit geleitet werden -soll, welche erst durch Sinnenempfindung gegeben werden müsste, und in -welchem Falle die Formel: was du ^willst^, dass man dir erzeige u. s. -f., soviel heissen würde, als: was du durch den sinnlichen Trieb -begehrest, was dir angenehm seyn würde, das sollst du u. s. f., nicht -Princip der Moral seyn könne, lässt sich schon aus dem Bewusstseyn -darthun, vermöge dessen wir manches für moralisch nothwendig anerkennen -müssen, das uns doch als die Quelle des höchsten und allgemeinsten -Elendes erscheint. Aber diese Beziehung auf Glückseligkeit, durch das -handelnde Subject selbst, ist etwas dem Systeme zufälliges. Die -Hauptfrage ist die: ob jenes Gefühl des schlechthin Rechten (nicht eines -Glückseligkeit beabsichtigenden Wohlwollens), dessen Daseyn im -Bewusstseyn der Gegner in seiner ganzen Ausdehnung zugestehen kann, von -etwas Höherem, und zwar von einer praktischen Vernunft, abzuleiten sey, -oder nicht? Gegen den, der dieses läugnet, kann man sich weder auf eine -Thatsache berufen; -- denn was wirklich Thatsache ist, das gesteht er -zu, und dass die Vernunft praktisch sey, und durch dieses ihr Vermögen -jenes Gefühl bewirke, ist nicht Thatsache: -- noch auf das Gefühl einer -moralischen Nothwendigkeit (jenes ^Sollen^), das damit vereinigt ist; -denn dies entsteht auch im Kantischen Systeme aus der Bestimmung des -oberen Begehrungsvermögens, als oberen, zur Neigung: -- noch auf einen -in diesem Systeme stattfindenden Mangel eines Unterscheidungsgrundes -zwischen dem sittlichen und widersittlichen Triebe; denn der -Vertheidiger desselben kann nur den Grundsatz aufstellen: was sich als -allgemein, stets, immer und auf jeden Fall, gültige Maxime für das -Subject ohne Widerspruch denken lässt, ist Wirkung des sittlichen -Triebes, und was sich, in dieser Allgemeinheit (für das Subject) -gedacht, widerspricht, das widerspricht dem Sittlichen; -- denn wenn -jenes Gefühl ursprünglich und einfach seyn soll, so kann es sich nicht -selbst widersprechen (vom nichtsittlichen, dem animalischen Instincte, -ist es freilich nicht zu unterscheiden, aber es soll auch in diesem -System nicht davon unterschieden werden; seine Befriedigung ist hier -selbst Pflicht): -- noch endlich darauf, dass in demselben jeder Grund, -eine Freiheit des Willens anzunehmen, wegfalle; denn wenn eine solche -Freiheit keine Thatsache des Bewusstseyns, sondern ein blosses Postulat -des als Wirkung der praktischen Vernunft angenommenen Sittengesetzes -ist; so behilft ein System, das ihrer nicht bedarf, sich gern ohne -dieselbe; das sittliche Gefühl wirkt unwiderstehlich, wo kein Hinderniss -seiner Wirkung vorhanden ist. Die eigentliche Moralität wäre freilich -vernichtet, und wir wären wieder an die Kette der Naturnothwendigkeit -angefesselt, aber die Thatsachen unseres Bewusstseyns wären -doch befriedigend und mit höchster Consequenz erklärt, alle -Unbegreiflichkeiten des Kantischen Systems gehoben, und jene Moralität -eine erweisbare Täuschung. Um jene Triebfeder des schlechthin Rechten -mit der übrigen Natur in Zusammenhang zu bringen, und den öfteren -Widerstreit derselben mit dem ebenso natürlichen Glückseligkeitstriebe -aufzuheben, würden wir auf die Hypothese getrieben: dass jene Triebfeder -eine Veranstaltung der Natur sey, um die uns unbekannte Glückseligkeit -auch ohne unser Wissen durch uns hervorzubringen, und dass das -Rechtthun, wenn auch nicht in unserem gegenwärtigen, oder überhaupt in -dem unsrigen, dennoch in irgend einem Verstande letztes Mittel zum -höchsten Endzwecke der Natur, der Glückseligkeit, sey. Der wesentliche -Unterschied eines solchen Systems vom Kantischen wäre der, dass in jenem -das sittliche Gefühl zwar auch Wirkung der Vernunft (als Vermögen -ursprünglicher Gesetze) wäre, aber der ^theoretischen^; dass mithin -dieses Gesetz durch den Mechanismus unseres Geistes ^bedingt^, und auf -alle Fälle, worauf es anwendbar wäre, mit ^Nothwendigkeit^ angewendet -würde (die Erscheinung der Unabhängigkeit von ihm, welche allein es von -den übrigen Gesetzen der theoretischen Vernunft unterscheiden, und das -bei Anwendung jener Gesetze vorhandene Gefühl des Müssens in ein Gefühl -des Sollens verwandeln würde, entstände daher, dass die Hindernisse der -Anwendung desselben auf Fälle, worauf es anwendbar schiene, nicht -ebenso, wie bei jenen, zu unserem deutlichen Bewusstseyn gelangten): in -diesem aber dasselbe Wirkung einer Vernunft wäre, welche in dieser -Function unter keiner andern Bedingung stände, als unter der -Bedingung ihres eigenen Wesens (der absoluten Einheit und mithin -Gleichförmigkeit), einer praktischen Vernunft. - -Dieses letztere nun lässt sich weder für eine Thatsache ausgeben, noch -irgend einer Thatsache zufolge postuliren, sondern es muss bewiesen -werden. Es muss bewiesen werden, ^dass^ die Vernunft praktisch sey. Ein -solcher Beweis, der zugleich gar leicht Fundament ^alles^ -philosophischen Wissens (der Materie nach) seyn könnte, müsste ungefähr -so geführt werden: der Mensch wird dem Bewusstseyn als Einheit (als Ich) -gegeben; diese Thatsache ist nur unter Voraussetzung eines schlechthin -Unbedingten in ihm zu erklären; mithin muss ein schlechthin Unbedingtes -im Menschen angenommen werden. Ein solches schlechthin Unbedingtes aber -ist eine praktische Vernunft: -- und nun erst dürfte mit Sicherheit -jenes, allerdings in einer Thatsache gegebene sittliche Gefühl als -Wirkung dieser erwiesenen praktischen Vernunft angenommen werden. - -Der vierte Abschnitt: »ob das höchste Princip der reinen praktischen -Vernunft sich mit dem der Glückseligkeit verbinden lasse,« -- ist -gerichtet gegen Hrn. Rapps Abhandlung ^über die Untauglichkeit des -Princips der allgemeinen und eigenen Glückseligkeit zum Grundgesetze der -Sittlichkeit^, Jena, bei Mauke, 1791. Hr. Rapp habe anfangs das -Kantische Moralprincip in seiner völligen Reinheit aufgestellt, aber am -Ende seiner Schrift sich zu einem Synkretismus der reinen Vernunft- und -der Glückseligkeitstheorie hingeneigt. Gleich den ersten Satz, den der -Verf. Hrn. Rapps Satze: der sittliche gute Wille sey zwar das höchste -Gut, aber deshalb doch nicht der ganze letzte Zweck des Menschen -- -entgegengestellt: der sittliche Wille sey nicht nur das Absolutgute, -sondern auch das höchste, und zwar das ganze höchste Gut -- könnte man -ihm gelten lassen, wenn er unter dem sittlichen Willen nur wirklich den -sittlichen ^Willen^ verstände. Da er aber auch hier, wie immer, die -praktische Vernunft mit dem eigentlichen Willen verwechselt, so ist -klar, dass ihn niemand verstehen kann, weil er selbst sich nicht -verstanden hat. - -Der bescheidene Verf. bittet in der Vorrede nicht um Nachsicht, sondern -um eine wohlthätig aufklärende Zurechtweisung, und nach allem scheint es -ihm mit dieser Bitte ein Ernst zu seyn. Rec. kann ihm hier bloss den -Rath geben, noch eine geraume Zeit über Kants und anderer grosser -Selbstdenker Schriften nachzudenken, und wenn er dann ja die Resultate -seines Nachdenkens mittheilen, und gelesen seyn will, sich einer -grösseren Präcision, und besonders der Einfachheit, in seinem Ausdrucke -zu befleissigen. Es ist unangenehm, da, wo man bestimmte Erklärungen -erwartet, auf Kräuseleien zu stossen, wie folgende: »Es giebt Charaktere -(^sic^) und Handlungen, deren Erhabenheit und Grösse wie ein ewig -flammender Strahl von den Zeiten des grauen Alterthums bis zur jüngsten -Menschenwelt herableuchtet.« Bruchstücke aus dergleichen Chrien in -zierlicher Schreibart schiebt der Verf. ein, wo es sich nur irgend thun -lässt. - - - - - C. - Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf von Immanuel - Kant. Königsberg, bei Nicolovius. 1795. 104 S. 8. - - - (Philos. Journal Bd. IV. S. 81-92. 1796.) - -Der Name des grossen Verfassers, das Interesse für die gegenwärtigen und -nächstkünftigen politischen Ereignisse, die Parteilichkeit für oder -wider gewisse Beurtheilungen derselben, die Begierde zu wissen, wie -dieser grosse Mann sie ansehen möge, und wer weiss, welche Gründe noch --- haben ohne Zweifel diese Schrift schon längst in die Hände aller, die -die Lectüre lieben, gebracht, und unsere Anzeige käme für die meisten -Leser dieses Journals wohl zu spät, wenn sie dieselben erst mit ihrer -Existenz bekannt machen wollte. Aber gerade diese Beziehung derselben -auf das Interesse des Tages, die Leichtigkeit und Annehmlichkeit des -Vortrags, und die anspruchslose Weise, mit welcher die in ihr -vorgetragenen erhabenen, allumfassenden Ideen hingelegt werden, dürfte -mehrere verleiten, derselben nicht die Wichtigkeit beizumessen, die sie -unseres Erachtens hat, und die Hauptidee derselben für nicht viel mehr -anzusehen, als für einen frommen Wunsch, einen unmaassgeblichen -Vorschlag, einen schönen Traum, der allenfalls dazu dienen möge, -menschenfreundliche Gemüther einige Augenblicke angenehm zu unterhalten. -Es sey uns erlaubt, auf die entgegengesetzte Meinung aufmerksam zu -machen, dass diese Hauptidee doch wohl noch etwas mehr seyn möge; dass -sich vielleicht von ihr ebenso streng, als von anderen ursprünglichen -Anlagen erweisen lasse, dass sie im Wesen der Vernunft liege, dass die -Vernunft schlechthin ihre Realisation fordere, und dass sie sonach auch -unter die zwar aufzuhaltenden, aber nicht zu vernichtenden Zwecke der -Natur gehöre. Auch sey es uns erlaubt, anzumerken, dass diese Schrift, -wenn auch nicht durchgängig die Gründe, doch zum wenigsten die Resultate -der Kantischen Rechtsphilosophie vollständig enthält, und sonach auch in -wissenschaftlicher Rücksicht äusserst wichtig ist. - -^Erster Abschnitt.^ Präliminarartikel zum ewigen Frieden unter Staaten. -1) »Es solle kein Friedensschluss für einen solchen gelten, der mit dem -geheimen Vorbehalt des Stoffes zu einem künftigen Kriege gemacht -worden;« in welchem der schon bekannte oder unbekannte Grund eines -künftigen Krieges nicht zugleich mit aufgehoben werde. Ausserdem wäre -kein Friede, sondern nur ein Waffenstillstand geschlossen, sagt Kant. Es -liegt im Begriff des ^Friedens.^ Durch ihn versetzen sich, glaubt Rec., -die Contrahirenden, so gewiss sie contrahiren, überhaupt in ein -rechtliches Verhältniss gegeneinander, und vertragen sich nicht nur über -das bis jetzt streitige, sondern über alle Rechte, die zur Zeit des -Friedensschlusses ein jeder sich zuschreibt. Wogegen nicht ausdrücklich -Einspruch geschieht (wodurch aber der Friede aufgehoben würde), das -gestehen die Parteien einander stillschweigend zu. - -2) »Es solle kein für sich bestehender Staat (klein oder gross, das -gelte hier gleichviel) von einem anderen Staate durch Erbung, Tausch, -Kauf oder Schenkung erworben werden können;« -- weil es, so wie die -Verdingung der Truppen eines Staates an den anderen, überhaupt gegen den -Staatsvertrag laufe; wie ^an sich^ klar ist: -- in Beziehung auf den -beabzweckten ewigen Frieden; weil dies eine nothwendige Quelle vieler -Kriege gewesen sey, und fortdauernd seyn werde. - -3) »Stehende Heere sollen mit der Zeit ganz aufhören« -- weil sie -beständig mit Krieg drohen, und die Errichtung, Vermehrung, Erhaltung -derselben oft selbst eine Ursache des Krieges werde. - -4) »Es sollen keine Staatsschulden in Beziehung auf äussere Staatshändel -gemacht werden;« -- als ^Erleichterungsmittel der Kriege^ zu verbieten, -wie die stehenden Heere, -- auch um des möglichen und zu seiner Zeit -unvermeidlichen Staatsbanquerots willen. - -5) »Kein Staat solle sich in die Verfassung und Regierung eines anderen -Staates gewaltthätig einmischen;« -- nicht etwa unter dem Vorwande des -Skandals. Es sey allemal ^scandalum acceptum,^ und die fremde -Einmischung selbst ein grosses Skandal. - -6) »Es solle sich kein Staat im Kriege mit einem anderen -Feindseligkeiten erlauben, welche das wechselseitige Zutrauen im -künftigen Frieden unmöglich machen müssen: als da sind, ^Anstellung der -Meuchelmörder, Giftmischer, Brechung der Capitulation, Anstiftung des -Verrathes^ in dem bekriegten Staate« u. s. w. -- weil dadurch der Friede -unmöglich, und ein ^bellum internecinum^ herbeigeführt würde. - -Beiläufig wird aufmerksam gemacht auf den Begriff einer ^lex -permissiva.^ Sie ist nur möglich dadurch, dass das Gesetz auf gewisse -Fälle nicht gehe, -- woraus man, wie Rec. glaubt, hätte ersehen mögen, -dass das Sittengesetz, dieser ^kategorische^ Imperativ, ^nicht^ die -Quelle des Naturrechts seyn könne, da er ohne Ausnahme und unbedingt -gebietet: das letztere aber nur ^Rechte^ giebt, deren man sich bedienen -kann, oder auch nicht. Es ist hier nicht der Ort, sich weiter darüber -auszulassen. - -^Zweiter Abschnitt,^ welcher die Definitivartikel zum ewigen Frieden -unter Staaten enthält. -- Alles ist aufgebaut auf die Sätze, die Kant -schon ehemals aufgestellt, die nicht geringen Anstoss erregt haben, und -deren Prämissen auch hier nicht weiter als durch Winke angedeutet sind: -»^Alle Menschen, die aufeinander wechselseitig einfliessen können, -müssen zu irgend einer bürgerlichen Verfassung gehören.^« »Jeder hat das -Recht, den anderen, den er dazu aufgefordert hat, feindlich zu -behandeln; auch ohne dass derselbe ihn vorher beleidigt.« Es sey dem -Rec. -- der, bei seinen Untersuchungen über das Naturrecht, aus -Principien, die von den bis jetzt bekannten Kantischen unabhängig sind, -auf diese und auf die tiefer unten folgenden Kantischen Resultate -gekommen, und den Beweis derselben gefunden, auch sie öffentlich -vorgetragen hat, ehe dieses Buch in seine Hände gekommen, -- erlaubt, -einige Worte hinzuzusetzen, um vorläufig die Befremdung, die bei der -herrschenden Denkart diese Sätze erregen müssen, ein wenig zu mildern. - -Nur inwiefern Menschen in Beziehung aufeinander gedacht werden, kann von -Rechten die Rede seyn, und ausser einer solchen Beziehung, die sich aber -dem Mechanism des menschlichen Geistes zufolge von selbst und unvermerkt -findet, weil die Menschen gar nicht isolirt seyn können, und kein Mensch -möglich ist, wenn nicht mehrere bei einander sind, ist ein Recht nichts. -Wie können freie Wesen, als solche, bei einander bestehen? ist die -oberste Rechtsfrage; und die Antwort darauf: wenn jeder seine Freiheit -so beschränkt, dass neben ihr die der anderen auch bestehen kann. Die -Gültigkeit dieses Gesetzes ist sonach bedingt durch den Begriff einer -Gemeinschaft freier Wesen; sie fällt weg, wo diese nicht möglich ist, -sie fällt weg gegen jeden, der in eine solche Gemeinschaft nicht passt, -und es passt keiner hinein, der sich diesem Gesetze nicht unterwirft. -Ein solcher hat mithin gar keine Rechte, er ist rechtlos. -- So lange -Menschen nebeneinander leben, ohne anders, als vermittelst der -gegenseitigen Erkenntniss aufeinander einzufliessen, ist es von beiden -problematisch, ob sie jenem Gesetze sich im Herzen unterwerfen, oder -nicht. Da jeder von dem anderen ebensowohl das letztere annehmen kann, -als das erstere, so kann er vor demselben nie sicher seyn; auch schon -darum nicht, weil der andere ebensowenig weiss, ob er sich dem Gesetze -unterwerfe, und demzufolge Rechte habe, oder rechtlos sey. Es muss jedem -Angelegenheit seyn, dem anderen seine Anerkenntniss des Rechtsgesetzes -zu erklären, sich von seiner Seite die seinige von ihm zusichern, und, -da keiner dem anderen vertrauen kann, sie sich von ihm ^garantiren^ zu -lassen; welches lediglich durch die Vereinigung mit einem gemeinen Wesen -möglich ist, in welchem jeder durch Zwang verhindert wird, das Recht zu -verletzen. Wer diesen Vorschlag nicht annimmt, erklärt dadurch, dass er -dem Rechtsgesetze sich nicht unterwerfe, und wird völlig rechtlos. - -»Alle rechtliche Verfassung ist sonach (nach Kant), in Absicht der -Personen, die darin stehen: 1) die nach dem ^Staatsbürgerrechte^ der -Menschen in einem Volke (^jus civitatis^); 2) nach dem ^Völkerrechte^ -der Staaten im Verhältniss gegeneinander (^jus gentium^); 3) die nach -dem ^Weltbürgerrechte^, sofern Menschen und Staaten, in äusserem -aufeinander einfliessendem Verhältnisse stehend, als Bürger eines -allgemeinen Menschenstaates anzusehen sind (^jus cosmopoliticum^).« - -Es giebt sonach, wie jeder daraus leicht folgern kann, nach Kants Lehre -gar kein eigentliches Naturrecht, kein rechtliches Verhältniss der -Menschen, ausser unter einem positiven Gesetze und einer Obrigkeit; und -der Stand im Staate ist der einzige wahre Naturstand des Menschen: -- -alles Behauptungen, die sich unwidersprechlich darthun lassen, wenn man -den Rechtsbegriff richtig deducirt. - -^Erster Definitivartikel. »Die bürgerliche Verfassung in jedem Staate -soll republikanisch seyn.^« -- Diese Verfassung sey die einzig -rechtliche an sich, dem Staatsbürgerrechte nach, und führe den ewigen -Frieden herbei, der durch das Völkerrecht gefordert werde: indem nicht -zu erwarten sey, dass die Bürger über sich selbst die Drangsale des -Krieges beschliessen werden, die ein Monarch, ohne für sich das -geringste dabei zu verlieren, so leicht über sie beschliesst. Die -^Republik^ sey von der ^Demokratie^ wohl zu unterscheiden. Die letztere -sey diejenige Verfassung, in welcher das Volk in eigener Person die -executive Gewalt ausübt, mithin immer Richter in seiner eigenen Sache -ist, welches eine offenbar unrechtmässige Regierungsform sey: der -Republikanism diejenige, in welcher die legislative und executive Macht -getrennt (ob nun die letztere an Eine Person, oder an mehrere -übertragen), mithin das Repräsentationssystem eingeführt sey. - -Dem Rec. hat diese vorgeschlagene Trennung der legislativen von der -executiven Macht immer nicht bestimmt genug, wenigstens manchen -Misdeutungen ausgesetzt, geschienen. Er glaubt, dass diejenige Macht, -die der executiven entgegenzusetzen ist, einer näheren Bestimmung fähig -sey. Er hat, wenn es ihm erlaubt ist, seine Darstellung der Kantischen -hinzuzufügen, die Sache so gefunden -- das höchste Rechtsgesetz ist -durch die reine Vernunft gegeben: jeder beschränke seine Freiheit so, -dass neben ihm alle übrigen auch frei seyn können. ^Wie weit^ eines -jeden Freiheit gehen solle, d. h. über das Eigenthum im allerweitesten -Sinne des Wortes, müssen die Contrahirenden sich vergleichen. Das Gesetz -ist nur ^formal, dass^ jeder seine Freiheit beschränken soll, aber nicht -^material, wie weit^ sie jeder beschränken solle. Hierüber müssen sie -sich vereinigen. Aber dass überhaupt jeder darüber etwas declarire, -fordert das Gesetz. Die höchste Formel für alle möglichen Strafgesetze -ist durch reine Vernunft gleichfalls gegeben: jeder muss von seiner -Freiheit gerade so viel wagen, als er die des anderen zu beeinträchtigen -versucht ist. Die Menge der Menschen, die sich im Staate vereinigen, der -Bezirk, den sie einnehmen, und die Nahrungszweige, die sie bearbeiten, -giebt also immer das positive Gesetz für den Staat, den sie errichten; -und jeder kann ihnen ihr bestimmtes positives Gesetz aufstellen, dem man -nur jene Data giebt. Alle, so wie sie in diesen bestimmten Staat treten -wollen, sind verbunden, dieses bestimmte Gesetz anzuerkennen, und es -bedarf da keiner Sammlung der Stimmen. Jeder hat nur zu sagen: ich will -in diesen Staat treten; und er sagt damit alles. Die Gemeine darf das -Zwangsrecht nicht unmittelbar durch sich selbst ausüben, denn sie würde -dadurch Richter in ihrer eigenen Sache, welches nie erlaubt ist. Sie -muss sonach die Ausübung desselben, es sey einem Einzelnen oder einem -ganzen Corps, übertragen, und wird durch diese Absonderung erst ^Volk^ -(^plebs^). Dieses gewalthabende Corps kann zu nichts verbunden werden, -als nur schlechtweg was Rechtens ist in Ausübung zu bringen. Dafür ist -es ^verantwortlich^, und die allgemeinen und besonderen Anwendungen der -Regel des Rechts auf bestimmte Fälle bleiben ihm sonach billigerweise -überlassen. Es ist inappellabel; alle Privatpersonen sind ihm ohne -Einschränkung unterworfen, und jede Widersetzlichkeit gegen dasselbe ist -Rebellion. Wie es das Recht verwalte, darüber ist nur das Volk Richter, -und es muss das Urtheil hierüber sich schlechthin vorbehalten. Aber so -lange jenes Corps im Besitze seiner Gewalt ist, giebt es kein Volk, -sondern nur einen Haufen von Unterthanen; und kein einzelner kann sagen: -das Volk soll sich als Volk erklären, ohne sich der Rebellion schuldig -zu machen, und die executive Gewalt wird das nie sagen; das Volk könnte -nur sich selbst constituiren, aber es kann sich nicht constituiren, wenn -es nicht ist. Es müsste sonach der executiven Gewalt ein anderer -Magistrat, ein ^Ephorat^, an die Seite gesetzt werden, der -- sie nicht -^richtete^, -- aber, wo er Freiheit und Recht in Gefahr glaubte, immer -auf seine eigene Verantwortung, ^das Volk zum Gericht über sie beriefe^. - -^Zweiter Definitivartikel.^ »Das Völkerrecht solle auf einem -^Föderalism^ freier Staaten gegründet seyn.« -- Es giebt kein -Völkerrecht zum Kriege. Recht ist Friede. Der Krieg ist überhaupt kein -rechtlicher Zustand, wäre dieser zu erhalten, so wäre kein Krieg. -- Wir -begnügen uns auch nur mit Winken dies anzuzeigen, wie Kant. Es hat wohl -nie eine ungereimtere Zusammensetzung gegeben, als die eines -^Kriegsrechts^. - -Es könne für Staaten, um in Beziehung aufeinander aus dem gesetzlosen -Zustande des Krieges herauszugehen, kein anderes Mittel geben, als -dasselbe, welches es für einzelne giebt: dass sie sich, so wie diese zu -einem Bürgerstaate, sie zu einem Völkerstaate vereinigen, in welchem -ihre Streitigkeiten untereinander nach positiven Gesetzen entschieden -werden. -- Dies ist allerdings die Entscheidung der reinen Vernunft, und -der von Kant vorgeschlagene Völkerbund zur Erhaltung des Friedens ist -lediglich ein Mittelzustand, durch welchen die Menschheit zu jenem -grossen Ziele wohl dürfte hindurchgehen müssen; so wie ohne Zweifel die -Staaten auch erst durch Schutzbündnisse einzelner Personen unter sich -entstanden sind. - -^Dritter Definitivartikel.^ »Das ^Weltbürgerrecht^ solle auf Bedingungen -der allgemeinen ^Hospitalität^ eingeschränkt seyn;« -- d. h. auf das -Recht jedes Menschen, um seiner blossen Ankunft willen auf dem Boden -eines anderen Staates, nicht feindselig behandelt zu werden; wozu nach -den Grundsätzen des blossen Staatsrechts der Staat allerdings das -vollkommenste Recht hätte. - -^Zusatz. Von der Garantie des ewigen Friedens.^ -- Wenn sich nun gleich -zeigen lässt (wie es sich zeigen lässt), dass die Idee des ewigen -Friedens, als Aufgabe, in der reinen Vernunft liege: wer steht uns denn -dafür, dass sie mehr als ein blosser Begriff werden, dass sie in der -Sinnenwelt werde realisirt werden? Die Natur selbst, antwortet Kant, -durch die nach ihrem Mechanism geordnete Verbindung der Dinge. Nach den -drei Arten des rechtlichen Verhältnisses hatte die Natur dreierlei -Zwecke sich vorzusetzen. - -^Zuvörderst^, nach dem Postulate des Staatsbürgerrechts, den: die -Einzelnen zur Vereinigung in Staaten zu treiben. Würde auch nicht die -innere Mishelligkeit, so würde doch der Krieg von aussen, der -gleichfalls in dem Plane der Natur lag, die Menschen genöthiget haben, -ihre Macht zu vereinigen. Dass die Form dieser Vereinigung der allein -recht- und vernunftmässigen sich immer mehr nähere, dafür ist durch das -allgemeindrückende der Ungerechtigkeit und Gewaltthätigkeit gesorgt, so -dass die Menschen endlich durch ihren eigenen Vortheil werden gezwungen -werden, zu thun, was Rechtens ist. - -^Dann^, nach dem Postulate eines Völkerrechts, den: die Völker -voneinander abzusondern, welches durch die Verschiedenheit der Sprachen -und Religionen befördert wurde, wodurch zwar anfangs der Krieg erzeugt, -endlich aber doch durch das entstandene Gleichgewicht ein beständiger -Friede hervorgebracht werden muss; wozu ^drittens^ der Handelsgeist, der -auf den Eigennutz eine Sicherheit gründet, die das Weltbürgerrecht -schwerlich hervorgebracht haben würde, beiträgt. - -Es sey dem Rec. erlaubt, zur Erläuterung hinzuzusetzen, wie er selbst -die Sache ansieht. -- Die allgemeine Unsicherheit, welche jede -rechtswidrige Constitution mit sich führt, ist allerdings so drückend, -dass man glauben sollte, die Menschen müssten schon längst durch ihren -eigenen Vortheil, welcher allein die Triebfeder zur Errichtung einer -rechtmässigen Staatsverfassung seyn kann, bewogen worden seyn, eine -solche zu errichten. Dies ist bisher nicht geschehen; die Vortheile der -Unordnung müssen sonach noch immer die der Ordnung im allgemeinen -überwiegen; ein beträchtlicher Theil der Menschen muss bei der -allgemeinen Unordnung noch immer mehr gewinnen als verlieren, und -denjenigen, die nur verlieren, muss doch noch die Hoffnung übrig seyn, -auch zu gewinnen. So ist es. Unsere Staaten sind für Staaten insgesammt -noch jung, die verschiedenen Stände und Familien haben sich im -Verhältniss aufeinander noch wenig befestigt, und es bleibt allen die -Hoffnung, durch Beraubung der anderen sich zu bereichern; die Güter in -unseren Staaten sind noch bei weitem nicht alle benutzt und vertheilt, -und es giebt noch so vieles zu begehren und zu occupiren, und endlich, -wenn auch zu Hause alles aufgezehrt seyn sollte, eröffnet die -Unterdrückung fremder Völker und Welttheile im Handel eine stets -fliessende, ergiebige Hülfsquelle. So lange es so bleibt, ist die -Ungerechtigkeit bei weitem nicht drückend genug, als dass man auf die -allgemeine Abschaffung derselben sollte rechnen können. Aber sobald der -Mehrheit die sichere Erhaltung dessen, was sie hat, lieber wird, als der -unsichere Erwerb dessen, was andere besitzen, tritt die recht- und -vernunftmässige Constitution ein. Auf jenen Punct nun muss es endlich in -unseren Staaten kommen. Durch das fortgesetzte Drängen der Stände und -der Familien untereinander müssen sie endlich in ein Gleichgewicht des -Besitzes kommen, bei welchem jeder sich erträglich befindet. Durch die -steigende Bevölkerung und Cultur aller Nahrungszweige müssen endlich die -Reichthümer der Staaten entdeckt und vertheilt werden; durch die Cultur -fremder Völker und Welttheile müssen doch diese endlich auch auf den -Punct gelangen, wo sie sich nicht mehr im Handel bevortheilen, und in -die Sklaverei wegführen lassen, so dass der letzte Preis der Raubsucht -gleichfalls verschwinde. Zwei neue Phänomene in der Weltgeschichte -bürgen für die Erreichung dieses Zweckes: der auf der anderen Hemisphäre -errichtete blühende nordamericanische Freistaat, von welchem aus sich -nothwendig Aufklärung und Freiheit über die bis jetzt unterdrückten -Welttheile verbreiten muss; und die grosse europäische Staatenrepublik, -welche dem Einbruche barbarischer Völker in die Werkstätte der Cultur -einen Damm setzt, den es in der alten Welt nicht gab, dadurch den -Staaten ihre Fortdauer, und eben dadurch den Einzelnen das nur mit der -Zeit zu erringende Gleichgewicht in denselben garantirt. So lässt sich -sicher erwarten, dass doch endlich ein Volk das theoretisch so leicht zu -lösende Problem der einzig rechtmässigen Staatsverfassung in der -Realität aufstellen, und durch den Anblick ihres Glückes andere Völker -zur Nachahmung reizen werde. Auf diese Weise ist der Gang der Natur zur -Hervorbringung einer guten Staatsverfassung angelegt: sobald aber diese -realisirt ist, erfolgt unter den nach diesen Grundsätzen eingerichteten -Staaten das Verhältniss des Völkerrechts, der ewige Friede von selbst, -weil sie bei dem Kriege nur verlieren können; dahingegen vor Erreichung -des ersten Zweckes an die Erreichung des zweiten nicht zu denken ist, -indem ein Staat, der in seinem Innern ungerecht ist, nothwendig auf -Beraubung der Nachbarn ausgehen muss, um seinen ausgesogenen alten -Bürgern einige Erholung zu geben, und neue Hülfsquellen zu eröffnen. - -Der Anhang ^über die Mishelligkeit zwischen der Moral und der Politik, -in Beziehung auf den ewigen Frieden^, enthält eine Menge treffend -gesagter Wahrheiten, deren reifliche Beherzigung jeder, dem Wahrheit und -Geradheit am Herzen liegt, wünschen muss. - - - - - Poesien - und - metrische Uebersetzungen. - - - (Meist ungedruckt.) - - - - - A. - Das Thal der Liebenden. - Eine Novelle.[39] - - -In der anmuthigsten Gegend der Veltelin, ohnweit der Grenze von Italien, -liegt ein kleines Thal, das Thal der Liebenden genannt. Haine von -Lorbeeren und Pomeranzen und Citronen, die ohne Pflege wachsen, erfüllen -es, und duften Sommer und Winter die angenehmsten Gerüche: in der Mitte -desselben ist ein kleines Myrtenwäldchen, und im Myrtenwäldchen ein -grosser Grabhügel, von immer blühenden Rosen umgeben. Vom hohen waldigen -Gebirge bedeckt, von Felsen eingezäunt, erblickt es selten das Auge -eines Sterblichen, verirrt dahin sich selten der Fuss des Wanderers. Nur -wenige sind hineingekommen. Ein geistiges Wehen, wie Küsse eines Engels, -fühlten sie an ihren Wangen; eine sanfte Wehmuth erfüllte ihre Seele; -unvermerkt enttröpfelten ihren Augen Thränen, und das war ihnen so süss! -Die Bilder ihrer verstorbenen Freunde oder Geliebten gingen vor ihrer -Seele vorüber, und Ahnungen von Wiedersehen, Vorgefühle des ewigen -Lebens erfüllten sie, wenn sie auf dem Grabeshügel im Myrtenwäldchen -fünf Flämmchen blinken sahen, Symbole wiedervereinigter Treue nach dem -Tode. Einst drang ein Landvogt auf der Jagd einem verwundeten Rehe nach, -das hieher seine Zuflucht genommen hatte, in das Thal ein. Bangigkeit -und Angst überfiel ihn, kalter Schweiss rollte über seine Stirn herab, -er musste den geweihten Boden verlassen. - -[Fußnote 39: Geschrieben zu Zürich im Jahre 1786 oder 1787. -- Man -vergleiche die Vorrede S. XVI.] - -In diese Gegenden hatte sich vor Jahrhunderten, erzählen die Hirten, ein -junger Ritter verirrt. Im hohen Walde verloren, ermattet und hungrig, -erblickte er durch die Nacht hin von ferne ein Feuer. Es waren Hirten, -die bei ihrem Vieh wachten. Sie theilten willig mit ihm ihre geringe -Kost, und er wärmte sich an ihrem Feuer. -- »Wie es dort wieder im -Gebüsch heult!« sagte der eine, der jetzt eben zu ihnen hinzukam; »wie -der Geist des armen Einsiedlers wieder winselt und ächzt! weiss Gott, -die Haut schauert mir allemal, wenn ich da vorbeigehe.« -- »Mir auch, -sagte der andere, ich mache lieber einen Umweg von einer Stunde. Und es -war doch ein so guter frommer Mann, der Einsiedler: betete so fleissig, -grüsste jedes Kind so freundlich, und wies zurechte und half. Weisst du -noch, wie er mir den kranken Fuss heilte, den ich mir beim Herabstürzen -von jenem Felsen zerquetscht hatte?« -- »Und wie er mir meine verirrten -Lämmer wiederbrachte? Ach! wie wird es erst unser einem einmal gehen? -Komm, wir wollen ein Vaterunser für seine arme Seele beten.« - -Wehmuth und Mitleiden erfüllten den Ritter. -- »Kommt, führet mich an -den Ort.« Sie führten ihn hin. Es war eine trübe Nacht; der Wind sausete -durch den Busch dem Ritter entgegen; es winselte und ächzte dumpf im -Gebüsch. -- »Wer du auch seyest, unglückliche Seele, die im Fegefeuer -leidet; können Gaben oder Seelenmessen, oder das Gebet irgend eines -Sterblichen deine Qualen lindern, so entdecke dich mir: meine Seele -liebt und bedauert dich,« sagte der Ritter, und plötzlich stieg unter -dem Hügel eine Gestalt hervor. Ein langer Bart wallte ihm herab bis auf -den Gürtel; sein Auge war eingefallen und erloschen, seine Wange -abgewelkt, nagender Kummer war über sein Gesicht verbreitet; aber durch -die dicke Wolke des Grams, die auf ihm lag, blickte ein einziger -schwacher Zug von Ruhe und entfernter Hoffnung hindurch. Sein Anblick -erfüllte die Seele mit Mitleid, aber nicht mit Grauen. - -»Jüngling,« so redete der Geist, »schaudere nicht vor mir zurück! Noch -sind es nicht zehn Jahre, so war ich ein Ritter, jung und feurig, und -mannhaft wie du -- solltest du nie den Namen Rinaldo gehört haben? -- -und ach! wie glücklich! Nicht umsonst vielleicht führte dich das -Schicksal zu meiner Gruft, die noch nie ein Sterblicher so in der Nähe -betrat. Höre die Geschichte meiner Leiden, und beklage mich.« - -»In meinen ersten Jünglingsjahren, jeder Tropfen Bluts in mir Feuer, und -jede Nerve Kraft, kam ich an den Hof nach Paris. In jedem Turnier war -der Preis für mich. Ich gefiel; die Ritter verleumdeten mich, und die -Damen sprachen nur unter sich allein von mir. Einer der schönsten Tage -meines Lebens war der Vermählungstag der Königstochter. Aus allen -Ländern der Franken hatte die Krone der Ritter sich versammelt zum -feierlichen Turnier. Wir kämpften drei Tage, und ich war Sieger. Die -neidischen Blicke der Ritter und das laute Zujauchzen des Volkes von den -Schranken her, beides war mir gleich festlich. Im Taumel der Freude sah -ich rund um mich her, um alle Blicke des Beifalls einzusaugen, und sahe -in der ersten Reihe in den Schranken ein Fräulein; ihr trübes -schwimmendes Auge zur Erde gesenkt, ihr Haupt nach einer Seite geneigt, -wie eine Lilie vor der Sonnenhitze sich herabbeugt; Ernst und tiefes -Nachdenken in ihren sanften schwärmerischen Zügen. Kein fröhliches -Händeklatschen, kein Lächeln, kein verlorener Seitenblick auf mich; -- -sie allein unter den Tausenden, die sie umgaben, kalt und ernsthaft! -- -Ich ward tief herabgeschleudert. -- Warum verachtet sie dich? eben sie, -die vollkommenste unter den Mädchen?« - -»Ein Tanz beschloss den Tag. Alle drängten sich zu dem Sieger, stolz an -seiner Seite die Reihen durchzuwallen, seine Blicke aufzufangen, und er -suchte die in einem Winkel verborgene Verächterin. Sie flog mir -entgegen, -- und auf einmal, wie aufgehalten, schien sich ihr unwilliger -Fuss zu sträuben. Schüchtern und verscheucht tanzte sie; riss sich los, -entfernte sich, tanzte mit andern, und feuriger. Sie verachtet dich, -tönte es im Innersten meiner Seele, aber warum? -- Ich hätte mich selbst -verachten mögen. -- Jetzt empörte sich beleidigter Stolz, sie zu meiden; -jetzt sprach Liebe und Neugier, sie zu suchen. Ich schwur mir -tausendmal, sie nie wieder zu sehen, und ging den ersten Morgen an einen -Ort, wo ich sie zu finden hoffte. Sie war heiter bei meiner Ankunft; -ihre Stirn umwölkte sich, sobald sie mich sah. So war sie immer.« - -»Ich beschloss, Paris zu verlassen, und sie nie wieder zu sehen. Ich -beurlaubte mich vom Hofe. Schon war ich die Stufen herabgestiegen, als -die Zofe mir ein Blatt folgenden Inhalts in die Hand drückte: »»Dank -euch, edler Ritter, dass ihr Paris verlasset, und durch eure Entfernung -einer Unglücklichen die Ruhe wiedergebt, die eure Gegenwart ihr raubte: -ein Geständniss, das während derselben keine irdische Macht mir würde -entrissen haben. Würdiget Eures Andenkens, Eurer Thränen, Eures Gebets -die unglückliche Maria.«« - -»Wonnegefühl engte meine Brust, ich musste ihr Luft machen. Ich eilte -auf den Flügeln der Liebe zu ihr. Ich fand sie nicht; -- Unmuth ergriff -mich. Die Falsche, sie lockt mich an, und stösst mich wieder zurück! -- -Ich konnte nach meinem Abschiede vom Hofe nicht mehr öffentlich -erscheinen; stellte mich krank, um einen Vorwand für mein längeres -Bleiben zu haben; und wards vor Liebe und Schmerz. Verlangen nach ihr -gab mir das Leben wieder. Ich ging, und überraschte sie in einer -einsamen Laube. Sie sass über einer Stickerei, in Trübsinn versunken. -Noch ehe sie mich erblickte, lag ich zu ihren Füssen. -- »»Verlasst -mich, grossmüthiger Ritter, rief sie: verlasst die Gegend, in der ich -lebe. O das unselige Geständniss! warum musste es sich doch aus diesem -Herzen heraufdrängen, das bei Euch nur einer flüchtigen Neigung zu -begegnen fürchtete!«« Ich besänftigte sie. Bebend hörte sie meine -Schwüre, auf ewig der ihrige zu seyn; bebend empfing sie meine heissen -Küsse. Ein trauriges Vorgefühl schien ihre Seele zu durchschauern.« - -»Ihr Herz war offener; es kämpfte noch, aber es unterlag allmählig dem -Gefühle der Liebe. Ich sah sie öfters in dieser Laube. Ein feindlicher -Dämon gab mir ein, es gehöre unter die Trophäen eines Ritters, die -Unschuld zu morden. Es war die Moral, die bei festlichen Gelagen oft an -der Tafel meines Vaters ertönt hatte. -- In süsse Schwärmereien -versunken, überraschte uns einst die schönste Sommernacht in unserer -lieben Laube. Ich bestürmte ihre Tugend, und ich merkte mit jeder Minute -ihren Widerstand schwächer werden. Schon glaubte ich gesiegt zu haben, -als sie in Thränen zerfliessend meine Füsse umschlang. -- »Mann mit der -stärkeren Seele, schluchzte sie, schone die schwächere weibliche. Siehe, -ich bin in deiner Gewalt; du kannst der Schwachen, die jetzt ihr Leben -für dich verbluten würde, das rauben, was ihr mehr ist als das Leben; -aber schone der Armen, sey grossmüthig und thu' es nicht.« -- Kalter -Schauer überfiel mich; die Tugend fing an, in mein Herz zurückzukehren; -aber -- »besiegst du sie jetzo nicht, so entfernt sie dich nun auf immer -von sich« -- flüsterte der feindliche Dämon, und -- er siegte.« - -»Ich verliess sie in Thränen gebadet. In meiner Wohnung traf ich Boten -von meinem Vater: er erwarte seinen Tod; ich solle eilen, ihn noch -lebendig zu finden. -- Ich verliess Paris sogleich, ohne sie sehen, ohne -ihr ein Lebewohl sagen zu können. Mein Herz zog mich gewaltig zurück: -aber der Zug ward schwächer, als neue, unerwartete Eindrücke mich -bestürmten. Mein Vater starb in meinen Armen. Das Bild eines sterbenden -geliebten Vaters, neue Sorgen, andere Gegenstände, alles vereinigte -sich, das Andenken an Marien in meiner Seele zurückzudrängen. Eine -dumpfe, theilnahmlose Trauer hielt lange meine Seele umfangen. Da sah -ich Laura, das Meisterwerk des Schöpfers, und mit dem ersten Blicke -waren unsere Seelen Eins. Heilige Bande verknüpften uns; wir tranken die -Seligkeit der Liebe in vollen Zügen.« - -»Innige Liebe liebt keine Zuschauer: wir verliessen das Geräusch der -Stadt, um in der einsamsten Gegend am Fusse der Alpen unseren Himmel -aufzuschlagen. Wir durchirrten Arm in Arm die paradiesischen Fluren. Sie -ging einst allein aus, um eine Gegend hinter einem angenehmen Hügel, der -immer das Ziel unserer Wanderungen gewesen war, zu sehen. Ich war durch -einen Zufall zu Hause geblieben. Ihre Zurückkunft verzog sich. Ich -lauschte an der Laube, die ich ihr unterdessen an ihrem Lieblingsplatze -bereitet hatte, um sie bei ihrer Rückkunft angenehm zu überraschen. Bei -jedem Rauschen eines Blattes, jedem leisen Fusstritte glaubte ich sie zu -hören. Es kam ein Bote von ihr. Zitternd eröffnete ich das Blatt, das er -mir gab, und las folgende Worte: »»Wie könnte ich Rinaldo'n besitzen, -indess Maria verlassen weint? Rührt dich ihr Elend nicht, so lass die -Bitten der Laura -- ach deiner Laura! -- dich rühren, an ihr tief -verwundetes, noch immer nur für dich schlagendes Herz zurückzukehren. -Vergiss Lauren und störe die Ruhe nicht, der ich entgegeneile. Gehe -ostwärts von deiner Wohnung, nach dem Hügel zu, den wir heute früh von -der Morgensonne so schön vergoldet sahen, wo ein früher geliebtes Weib -und eine süsse Tochter, ganz das Ebenbild Rinaldo's, auf deine -Umarmungen warten.«« - -»Der Schlag war fürchterlich. Nach geraumer Zeit erst erhielt ich meine -Besonnenheit wieder. Die Scham hielt mich ab, Marien aufzusuchen: Laura -war mir durch ihre Grossmuth doppelt theuer geworden. Ich wandte Alles -an, sie wieder zu finden; kein Kloster, keine Einsiedelei, keine einsame -Gegend wurde undurchsucht gelassen: ich durchstreifte selbst als Pilger -die halbe Erde: ich hoffte sie durch meine Bitten zu erweichen; aber -vergebens, ich fand sie nicht. Ich kam endlich in dieses Thal, lebte als -Eremit in demselben, errichtete meiner Laura, die ich für längst todt -hielt, ein Grab, betete und weinte auf ihrem Hügel, und starb auf ihm.« - -»Wenn der Geist die irdischen Fesseln verlassen, und von aller -Zumischung der Sinnlichkeit frei ist, sieht er alles in einem anderen -Lichte. Taumel dieser Sinnlichkeit berauschte mich, im Leben Marien zu -vergessen; jetzt fühlte ich ihre Schmerzen, die Schmerzen Laurens und -die Schmerzen der Armen, die unter Thränen geboren, dem Elende geweiht, -nie den Vaternamen gestammelt hat; die vielleicht bestimmt ist, eine -Beute des Elendes oder des Lasters zu werden. Ich leide alle Qualen, die -ich diesen verursacht habe, im Fegefeuer, das die Reue eben gebiert und -das stete Gedächtniss der unabänderlichen Vergangenheit, -- bis Laura -und Maria glücklich sind, bis ich mein Kind an dem Arme eines Mannes -sehe, der nur sie liebt. Ach! wird meine Qual wohl je aufhören? -- Aber -ich fühle das Wehen der Morgenluft. Nicht umsonst vielleicht führte dich -das Schicksal an meine Gruft. Lerne die Unschuld verehren, und rührt -dich das Elend der Seele des armen Rinaldo, so bete für mich, und -wallfahrte zum heiligen Grabe.« -- Hiermit verschwand der Geist. - -Schauder ergriff Don Alfonso; so hiess der junge Ritter. Er kniete -nieder, und legte auf Rinaldo's Grabe das heilige Gelübde ab, nicht zu -ruhen, bis er etwas zur Befreiung der armen Seele beigetragen, und die -Unschuld immer zu verehren. Die Hirten versichern, dass er dieses -Gelübde nie gebrochen. - -Durch seinen natürlichen Hang zur Andacht sowohl, als durch die -Empfindungen, die an der Gruft Rinaldo's sich seiner bemächtigt hatten, -begeistert, trat er die Reise nach dem heiligen Grabe an. Er besuchte -alle die Oerter, wo der Weltheiland gelitten. Als er einst, sich selbst -und die Welt um sich vergessend, auf dem heiligen Grabe in warmer -Andacht kniete, und für die Seele des armen Rinaldo betete, überfiel ein -Haufen sarazenischer Räuber Jerusalem, und führte ihn gefangen weg. Man -brachte ihn unter die Sklaven des Emir von Medina. - -Je mehr seine Gestalt die Herzen der Heiden für ihn eingenommen hatte, -desto heftiger wurden sie durch seine standhafte Weigerung, die Lehre -ihres Propheten anzunehmen, erbittert. Er wurde mit den niedrigsten der -Sklaven gebraucht, in den Gärten des Emir zu graben. Die Härte der -ungewohnten Arbeit, die Strenge, mit der er behandelt wurde, und das -brennende Klima verzehrten seine Kräfte. Er fiel an einem Abende, zur -Zeit, da die Gärten geschlossen und die Arbeiter herausgelassen wurden, -ohnmächtig nieder, und erwartete das Ende seiner Leiden. Niemand -bemerkte den Vorfall. - -Eine süsse klagende Stimme, die in einem Zimmer des Serail, das an die -Gärten stiess, in französischer Sprache ein Lied an die Jungfrau Maria -sang, und durch öfteres Weinen und Schluchzen sich unterbrach, brachte -ihn wieder zum Bewusstseyn. -- »O holde Mutter! seufzte die Stimme, wo -bist du, um die Blume welken zu sehen, die du so zärtlich pflegtest? -theure Cölestina! die du jedes Gefühl der Tugend in mir wecktest, wo -bist du, um den letzten Trost in meine Seele zu giessen, und dies -brechende Auge zu schliessen?« Sie schloss mit einem rührenden Gebete an -die heilige Jungfrau, worin sie mit schwärmerischer Andacht ihren -Entschluss entdeckte, sich den Dolch in das Herz zu stossen, ehe sie -sich der Wollust des Emir aufopfere, die ihr diese Nacht drohe; und sie -bat, ihr für diese That entweder Gnade bei Gott zu erflehen, oder ihr -Hülfe zu senden. - -»Sie hat sie dir gesendet;« rief der Ritter, dem fremdes Elend die -Kräfte wiedergab, die sein eigenes ihm genommen hatte, -- »hier ist mein -Arm, und wenn tausende in Waffen gegen mich ständen, so rettete er -dich!« -- »Eiserne Riegel und Gitter verwahren mich, edler Fremdling, -ein Heer von Wächtern lauert auf mich. Dein Arm ist zu schwach, mich zu -retten. Habe Dank für dein Mitleiden, habe Dank, dass ich nicht -unbedauert sterben werde; und bist du ein Franke und ein Christ, wie -deine Sprache zu zeigen scheint, so bete für die Seele der armen Marie.« - -Er ergriff zwei Baumleitern, und band sie zusammen, um das Zimmer -Mariens zu ersteigen. - -Indessen war von dem Aufseher der Sklaven seine Abwesenheit bemerkt -worden. Der erste Verdacht fiel auf den Garten. Man ging hinein, und -traf ihn mitten in seiner Unternehmung. Die Absicht derselben war nicht -zweideutig. Es wurde sogleich dem Emir gemeldet. Sein Zorn war grimmig; -er bestimmte den nächsten Morgen zu seiner Hinrichtung. - -In jeder anderen Lage wäre vielleicht der Tod dem Alfonso willkommen -gewesen, er hätte ihn nur als seinen Retter aus einer Sklaverei -betrachtet, die ihm ebenso erniedrigend als hart schien; und hätte ihn -gern gegen ein thatenloses Leben umgetauscht: aber jetzt kränkte das -Schicksal der armen Marie, die er nicht retten konnte, ihn mehr, als -sein eigenes, und auch jener Wunsch, vor seinem Ende noch etwas zur -Befreiung der Seele Rinaldo's beizutragen, wurde lauter, je mehr er sich -demselben zu nähern glaubte. Er ging, mehr unerschrocken als freudig, -seinem Tode entgegen. - -Die Werkzeuge seiner Hinrichtung waren bereitet. Im Hofe des Serail war -ein Scheiterhaufen errichtet. Der Pöbel strömte dem Schauspiele zu, und -der Emir erschien mit seiner neuesten Favorite, Alzire, auf einem -Balkon, um die Hinrichtung mit anzusehen. - -Er kam eben von dem ersten Genusse ihrer höchsten Gunst, und sein Feuer -war dadurch gegen sie nicht erkaltet. Er war ihr ergebener, als er es -seit langer Zeit einem Weibe gewesen war, und hatte ihr versprochen, ihr -die erste Bitte, die sie an ihn thun würde, sie betreffe, was sie wolle, -uneingeschränkt zu gewähren. War es ein geheimes Wohlwollen, das das -Herz der Alzire bei Alfonso's Anblick plötzlich zu ihm neigte; oder -konnte sie die That, dem Emir diejenige rauben zu wollen, von der allein -sie ihren Sturz befürchten durfte, nicht sehr strafbar finden; oder war -es eine unmittelbare Wirkung der Vorsehung, die Alfonso'n erhalten -wollte: Alzire bat um sein Leben. Unwillig, aber ehrliebend genug, um -sein Wort nicht zu brechen, und zu schwach, um Alzirens Bitte -widerstehen zu können, gab der Emir sogleich Befehl, den Alfonso über -die Grenze zu bringen. - -Der Ritter, untröstlicher, diejenige ihrem Schicksal zu überlassen, die -er so gern mit Verlust seines Lebens gerettet hätte, als erfreut über -die unvermuthete Rettung seines Lebens, durchirrte die rauhen Wüsten -Arabiens. Wurzeln, die er sparsam fand, waren seine einzige Nahrung, und -der heisse Sand brannte seine Füsse, und trocknete seine Kräfte aus. In -der vierten Nacht, indess der Sturm ihn umheulte, und die Wolken den -Schimmer des letzten Sterns vor seinem Auge verdeckten, arbeitete er -sich mühsam durch verwachsene Büsche hindurch; und eben waren seine -letzten Kräfte im Schwinden, als er aus einer Felsenkluft ein mattes -Licht schimmern sah. Hoffnung belebte die Kraft, die ihm noch übrig war: -er erreichte die Grotte. - -Ein Weib, weiss gekleidet, von schlankem Wuchse, trat ihm entgegen. Die -ehemalige Schönheit der Jugend schien auf ihrem Gesichte einer -erhabenern Schönheit Platz gemacht zu haben. Die geistigste Andacht -flammte in ihrem grossen, zum Himmel emporgewöhnten Auge, und -verbreitete sich über ihr ganzes Gesicht. Nichts liess in ihr die -Sterbliche errathen, als die sanfte Wehmuth, von der alle diese Züge -gemildert waren, und welche die Spur ehemaliger Leiden verwischt zu -haben schien. Sehr verzeihbar war also der Irrthum des Ritters. -- -»Heilige Jungfrau, redete er sie an, und sank auf seine Kniee; -wunderthätige Helferin! -- wer bin ich, dass du mich würdigest, den -Himmel zu verlassen, um mich zu retten?« -- »O steh auf! rief ihm jene -zu, und entweihe nicht den Namen der Heiligen. Ich bin eine Sterbliche, -wie du; glücklich, wenn die Mutter Gottes sich meiner bedienen will, dir -zu helfen! Aber welches Schicksal treibt dich in diese unzugängliche -Wüste, wo ich seit vielen Jahren keinen Wanderer erblickte? Kann ich und -womit kann ich dir dienen?« - -Die Entkräftung des Ritters erlaubte ihm nicht, auf die erste dieser -Fragen zu antworten; aber sie nöthigte ihn, es auf die andere zu -thun.[40] Er bat sie um einen Trunk Wasser und um etwas Speise. - -Sie ging und schöpfte ihm aus der Quelle, die hart an ihrer Grotte aus -dem Felsen rieselte, und brachte milde Früchte, die sie selbst gezogen -hatte. -- »Erquickt euch, Fremdling; sagte sie zu ihm, mit dem wenigen, -was ich euch geben kann; und nehmet dann dieses Lager ein. Ich werde -schon auch einen Platz finden. Wer wollte sich durch eine falsche -Anständigkeit abhalten lassen, die Pflichten der Menschlichkeit zu -erfüllen, wenn es nicht gegen unser eigenes Geschlecht ist?« - -Der Ritter war durch alles, was er sah und hörte, wie betäubt. Erst -nachdem er von seiner Entkräftung sich ein wenig erholt, und einer -ruhigen Besinnung mächtig war, fing die Neugierde und Verwunderung an, -an die Stelle dieser Betäubung zu treten; aber seine Unbekannte, die -allein sie hätte befriedigen können, war verschwunden. Wunderbare -Ahnungen strömten durch seine Seele; noch konnte er sich nicht -überreden, ein sterbliches Weib gesehen zu haben: aber bald wurden alle -seine Zweifel durch einen festen Schlaf gefesselt. - -Das Erste, was seine Sinne traf, als er wieder erwachte, war die Melodie -des Liedes, das die arme Maria gesungen hatte. Es war ihm, als ob ein -Traum ihn wieder in die Gärten des Emir versetzte; er brauchte Zeit, um -sich zu überzeugen, er wache; er horchte und horchte genauer; der Gesang -kam vom Eingange der Grotte her. Die Unbekannte sass an der Morgensonne, -und sang mit der rührendsten Stimme jenes Lied. Seine ganze Seele -lauschte auf ihren Gesang: wie wär' es ihm möglich gewesen, sich selbst -durch Muthmaassungen und Untersuchungen zu unterbrechen! -- Das Lied -schloss und die Stimme schwieg. Eben war er im Begriff, sich seinem -Erstaunen und seiner Begierde, sich diese Begebenheiten alle zu -erklären, von neuem zu überlassen, als ein anderer Vorfall seine -Betrachtungen unterbrach. - -[Fußnote 40: »Voltairisch!« (Randglosse des Verfassers.)] - -»Bist du es wirklich, meine Tochter?« sagte die Unbekannte zu einem -jungen Frauenzimmer, das sich sprachlos und schluchzend in ihre Arme -warf, und ihr weinendes Gesicht an ihrem Busen verbarg; -- »schenkt die -heilige Jungfrau die als todt Beweinte mir wieder? -- Ja, du bist es, -ich fühls an dem starken Schlagen deines Herzens gegen das meinige, an -deinem freudigen Zittern in meinen Armen. Wer, als meine holde Maria, -könnte mich so lieben? Aber, sieh mich an; lass mich dies so lang -entbehrte Antlitz wieder sehen; lass michs auch in deinen Augen, in -allen den wohlbekannten Zügen deines Gesichts lesen, dass du es bist, -die mich so liebt. -- So sollte ich denn auch diese Freude noch auf der -Erde haben, dich wieder zu sehen; sollte noch nicht von allem Irdischen -mein Herz losreissen! Ich hatte auch diesen Wunsch daraus vertilgt, dich -wieder zu haben; das ward mir schwer. -- Heiliger Gott, und du, -gnadenvolle Mutter desselben, diese Belohnung meiner Leiden wagte ich -nicht zu hoffen. Ich dankte dir für den Seelenfrieden und die -Heiterkeit, die du mir gabst, meinen letzten und härtesten Verlust zu -ertragen. Aber jetzt hilf mir die Freude tragen, dass sie mein Herz -nicht von dir abziehe; und -- sieh auf mich herab, -- wenn du mir die -Holde wieder nehmen willst, oder wenn ich sie nicht mehr rein und nur -dir treu wiedergefunden hätte: hier bin ich, -- ich ergebe mich in -deinen Willen! -- Und jetzt, liebe Tochter, erzähle mir: wo warst du -seit jenem traurigen Tage, der dich von mir trennte, und was trennte -dich von mir?« - -»Du warst, seitdem meine gute erste Mutter gestorben war, gütige -Cölestina!« -- hörte der Ritter jene Stimme sagen, die er schon in den -Gärten zu Medina gehört hatte, -- »nicht mehr immer so ganz heiter, als -du es vorher warest. Ich bemerkte zuweilen, dass, wenn du mich an dein -Herz drücktest, du plötzlich dich abwandtest, und dann kam es mir vor, -als ob du eine Thräne unterdrücktest. Du gingest dann hinaus auf meiner -Mutter Grab, und betetest, und bliebst oft lange; und wenn du -zurückkamst, war so ein Glanz und so eine Heiterkeit in deinem Gesichte, -und du warst so sanft und so feierlich froh, und mir war so wehmüthig -wohl an deiner Seite, dass mich dünkte, du seyest auf dem Grabe verklärt -worden, und seyest nicht mehr meine Mutter Cölestina, sondern ein -heiliger Engel. -- Doch vernimm das Schicksal, das mich von dir getrennt -hat. Einst an einem Morgen -- du ruhtest noch -- war ich ausgegangen, -Blumen zu suchen, und meiner Mutter Grab damit zu schmücken. Ich hatte -mich wohl zu weit entfernt, denn plötzlich erschienen die Räuber der -Wüste, die mich mit Gewalt fortschleppten, und als ich schrie, damit du -mir helfen solltest, mir den Mund verstopften. Sie hörten nicht auf mein -Weinen noch Bitten, sondern brachten mich durch lange Wüsteneien in eine -Stadt. Die Stadt hiess Medina, wie ich nachher erfuhr. Hier bedeckten -sie mein Angesicht mit einem Schleier, bis sie mich zu einem reichen -Manne brachten, der den Räubern Geld gab, und mich seinen Weibern -übergab.« - -»Heilige Mutter Gottes! was waren dies für Weiber! Schön waren sie; -einige dünkten mich noch schöner, als du, meine Mutter; aber doch sah -ich sie nicht gern, und es war mir nie recht wohl, wenn sie mir ins -Gesicht sahen. Man sah es nicht, ob sie mich liebten, oder ob sie sich -untereinander liebten. Sie liebten mich wohl auch nicht? -- Wenn ich -redete, so lachten sie. Ich musste ihre Sprache lernen; und ich lernte -sie so gerne und so fleissig, damit ich mit ihnen reden könnte, und -damit sie meine Freundinnen würden. -- Kaum lernte ich sie verstehen, so -hörte ich, dass sie nichts vom Weltheilande und von seiner Mutter -wussten; und als ich ihnen davon sagen wollte, und ihnen erzählen, wie -gütig und huldreich sie wären, verlachten sie mich abermals, und redeten -dagegen viel von einem grossen Propheten, der wohl ein falscher Prophet -seyn muss, weil du mir nichts von ihm gesagt hast. -- Endlich kam einst -jener reiche Mann wieder, der den Männern, die mich geraubt hatten, Geld -gegeben hatte, und verlangte, ich sollte ihn lieben; und das konnte ich -doch nicht: denn er sah so wild und grausam, und wusste ebensowenig vom -Weltheilande, als seine Weiber, und that allerhand Dinge mit mir, die -wohl schändlich seyn müssen, weil er sie that, und weil er so verstört -dazu aussah. Ich stiess ihn zurück: die Mutter Gottes gab mir eine -Kraft, die ich nie gefühlt hatte, dass ich Schwache dem starken Manne -Widerstand leisten konnte. Ich weinte bitterlich; da ward der Mann sehr -zornig, und sagte mir mit wildem Gesichte: er würde diese Nacht -wiederkommen, und da würde mich nichts vor ihm retten.« - -»Mir war sehr eng ums Herz. Ich betete inbrünstig zur Mutter Gottes, -mich zu erleuchten, was ich thun sollte; und wie ich feuriger betete, -wurde ich immer muthiger. Es war, als ob eine geheime Stimme mir ins -Herz flüsterte, es sey schändlich und sehr schändlich, was dieser Mann -mit mir thun wolle, und ich müsse eher sterben, ehe ich es ertrüge. Ich -wusste, dass eine meiner Gespielinnen ein Werkzeug hatte, -- sie nannte -es einen Dolch -- wovon sie mir einst sagte, man könne jemand damit -tödten. Damit kann man ja wohl auch sich selbst tödten, dachte ich. -- -Sage mir, liebste Mutter, that ich unrecht, dass ich es ihr heimlich -wegnahm? Sie konnte es ja dann immer wieder haben, glaubte ich.« -- -»Erzähle weiter,« sagte Cölestina. -- »Der Entschluss mich zu tödten, -ehe ich mich der Gewaltthätigkeit des Mannes überliesse, wurde nun immer -fester in mir; und nachdem ich ihn der heiligen Jungfrau vorgetragen -hatte, wurde mir innerlich wohl dabei, und ich glaubte gewiss, dass sie -mir für diese That Gnade bei Gott erflehen werde; als plötzlich jemand -unter dem Fenster rief: er wolle mich retten, und einige Leitern -zusammenband, wie ich hörte. Gleich darauf aber vernahm ich, dass er -ergriffen und unter tausend Verwünschungen weggeführt wurde. War es ein -Sterblicher, -- er musste es ja wohl seyn, weil er sich ergreifen und -fortführen liess, und mich nicht retten konnte, -- wie wird es dem Armen -ergangen seyn, der um meinetwillen sich in diese Gefahr stürzte! Wie er -ergriffen wurde, verschwand meine Ruhe. Sein Schicksal hat seitdem mir -mehr Kummer gemacht, als das meinige.« - -»Er ist gerettet« -- rufte der Ritter, der jetzt erst es wagte, Theil an -der Unterredung zu nehmen, weil er sich unter alten Bekannten zu seyn -dünkte; -- »und hatte seit jener Nacht den ersten angenehmen Augenblick, -da er auch dich gerettet sah.« - -Maria warf einen schüchternen, aber dankbaren Blick auf den Ritter, um -sich -- schien es -- von der Wahrheit dessen zu überzeugen, was er -sagte: und Alfonso erblickte ein Gesicht, auf welchem alle Reize der -aufblühenden Jugend sich vereinigten, den reinsten Abdruck ihres -unschuldigen Herzens darzustellen. - -Cölestina reichte ihm die Hand: »Seyd mir nochmals willkommen, edler -Fremdling! -- aber erzähle weiter, du meine Tochter.« - -»Wunderbare Hülfe ward mir gesandt: erzählte sie; ich blieb diese Nacht -über unbeunruhigt.« -- »Ja, sagte der Ritter, denn der Emir hat sie bei -einer anderen neu angekommenen Schönen des Serail zugebracht, die ihn -mit dem ersten Blicke gefesselt hatte, und die ihm weniger -Schwierigkeiten entgegenstellte.« -- »Ich fühlte mich sogar nach einigen -Stunden so ruhig, dass ein sanfter Schlaf auf mich herabsank. Ich wurde -am Morgen durch ein Getümmel im Hofe des Serail aufgeweckt.« -- »Es war -das Volk, das sich versammelte, mich verbrennen zu sehen;« sagte der -Ritter. -- »Euch verbrennen wollte man? und der Todesgefahr, die Ihr -ausgestanden, sollte ich meine Rettung verdanken? Doch, Gott Lob, dass -Ihr gerettet seyd! -- das Getümmel nahm ab; es entstand eine lange, -fürchterliche, erwartende Stille« -- »Alzire, so hiess die neue Favorite -des Emir, sagte der Ritter, bat um mein Leben. Der Emir begnadigte mich, -und liess mich sogleich über die Grenze bringen; daher entstand -wahrscheinlich diese Stille.« -- »Jetzt erhob sich ein Gemurmel, fuhr -Maria fort; nun ward es lauter; nun brausete es, wie das tobende Meer. --- Wie? dem Hunde von Franken das Leben schenken? Er soll nicht -verbrannt werden? Wir sind vergebens hieher geladen worden? Leidet es -nicht! schienen einige Stimmen, die das Getümmel überschrien, zu sagen. -Der Aufruhr verbreitete sich über die ganze Stadt: alles lief zu den -Waffen. Die Wachen verliessen die Thüren des Serail, und stürzten sich -bewaffnet gegen das Volk. -- War es ein unsichtbares Wesen, das mir den -Entschluss eingab, mich jetzt durch die Flucht zu retten? ich fand alle -Zugänge unbesetzt; ich drängte mich durch das Volk, das nichts sahe, als -die Gegenstände seiner Rache. Ich kam -- ob ich mich noch dunkel des -ehemaligen Weges erinnerte, oder ob unsichtbar Engel mich leiteten, -- -ich kam durch die lange Wüste wieder zu deiner Grotte, theuerste Mutter; -bin wieder dein, um mich nimmer von dir zu trennen.« - -»Gott sey gelobt, dass ich dich wieder habe, meine Tochter, sagte -Cölestina, und dass ich dich so wieder habe, wie ich dich verlor. Und er -sey gelobet, dass er auch Euch erhielt, edler Fremdling! und Euch hieher -brachte, dass ich Euch für den Antheil danken kann, den Ihr an dieser -Unschuldigen nahmt.« - -»Schon lange scheint eine Frage auf Eurer Lippe zu schweben, und es ist -billig, dass ich Eure Neugier befriedige, insoweit ich darf. Ich bin ein -Weib, welches einst in der Welt sehr glücklich war. Aber vielleicht -hatte ich mein Herz zu sehr in diesem Erdenglück verloren: Gott entzog -es mir, um mir zu zeigen, dass nur Er es sey, in welchem man -befriedigende und dauerhafte Glückseligkeit finde. -- Ich trennte mich -von der Welt und von dem, der in ihr mein Abgott war. In der Stunde der -Begeisterung, da ich dieses Opfer, das Tugend und Ehre und mein eigenes -wahres Wohl heischte, begann, schien es mir so leicht, und nachdem es -geschehen war, wollte mein Herz brechen. Ich suchte Trost und Ruhe an -den heiligen Oertern, wo uns allen die Seligkeit erworben wurde. Da traf -ich die Gesellin meiner Leiden, mit diesem ihrem Kinde. Ich hatte sie -durch mein Elend glücklich machen wollen. Auf die Art, wie ich es mir -gedacht hatte, sollte es nicht seyn. Wir sollten beide durch längeres -Leiden zu einer reineren Glückseligkeit eingehen.« - -»Wir waren beide für die Welt, und sie für uns, auf immer verloren. In -der heiligen Stadt und in ihrer Nähe waren wir kaum den sarazenischen -Räubern entgangen. Wir beschlossen, uns in diese Wüsten, durch welche -Gott einst sein auserwähltes Volk führte, zu begeben, und kamen in die -Nähe des Gebirges, das Ihr hier vor Euch erblickt. Es ist das Gebirge -Sinai.« -- - -»Gott hatte uns den Platz unserer Ruhe schon bereitet. Wir fanden hier -diese Grotte, und dort das Gärtchen; zwar damals verwildert, aber durch -eine geringe Arbeit war es wieder in Stand gesetzt. Vielleicht dass -ohnlängst hier ein frommer Einsiedler sein Gott geweihtes Leben -beschlossen hatte.« - -»Hier haben wir geweint und gelitten. -- So lange noch eine geliebte -Freundin gleiche Leiden mit mir litt, wurden die meinigen mir leichter. -Ich stärkte meine Kräfte, um ihren Kummer tragen zu helfen, und vergass -des meinigen, um Trost in ihre Seele zu giessen, und fand ihn dadurch -selbst. Aber sie schlummerte bald in eine bessere Ruhe hinüber, und -liess mich allein. Ich segnete ihr Geschick; aber -- du hattest es wohl -gesehen, meine Tochter, -- das meinige ward mir schwerer. Nur die -Zärtlichkeit gegen dich, und deine kindliche Liebe zu mir, holdes Kind, -hielten mich aufrecht. Aber du konntest meine Leiden nicht mit mir -fühlen.« - -»Noch hing mein Herz an etwas Irdischem; es hing an dir. Du musstest mir -genommen werden. Musste durch so rauhe Wege Gott mich zu meinem Heile -führen? -- Nichts war mir nun übrig, als Er. Nur in sein Herz konnte ich -meine Empfindungen ausgiessen; nur von ihm Gegenliebe erwarten. O, hätte -ich es doch eher gewusst, welchen süssen Frieden dies über mein Herz -ausgiesset, wie völlig dies eine Seele befriedigt! -- welch eine Menge -von Leiden hätte ich mir ersparen können!« - -»Aber verzeiht, guter Fremdling! dass ich so flüchtig über die näheren -Umstände meiner Geschichte hinwegeilen musste. Es ist nicht Mistrauen. -Wer so lange, als ich, sich nur mit Gott unterhalten hat, kennt dieses -nicht; und in ein Antlitz, wie das Eurige, setzt es niemand. -- Ich habe -Ruhe gefunden: aber noch lebt vielleicht Einer, der mir einst nur zu -theuer war. Kann ich ihm den Seelenfrieden nicht geben, wenn er ihn noch -nicht errungen hat, so will ich ihm doch denselben auch nicht nehmen, -wenn er ihn etwa errungen hätte. Ihr kehrt in die Welt zurück, und seyd, -wenn mich nicht Alles täuscht, von eben dem Stande und aus eben den -Ländern, in denen er lebte. Ihr könntet ihn antreffen; ihn vielleicht -antreffen, ohne ihn zu kennen. Gutherzigkeit oder ein von ohngefähr -entfahrendes Wort könnte alle die Kämpfe in seiner Seele erneuern, die -er vielleicht längst ausgekämpft hat.« - -»Ich muss freilich wieder von Euch weg, und in die Welt zurück: sagte -der Ritter; aber Verehrung gegen Euch wird mich allenthalben begleiten, -und Euer Wille wird immer mein Gesetz seyn.« Er sagte das Erstere so, -als ob ihn dieser Entschluss etwas koste. - -Die Lage, in der er Marien in den Gärten von Medina zuerst gefunden, -hatte so etwas Romantisches; Mitleiden und Theilnehmung an ihrem -Schicksale hatten sich sogleich seines ganzen Herzens bemächtigt. Seine -Phantasie hatte nicht gezögert, sie, die er nur gehört, nie gesehen -hatte, in einen Körper zu kleiden; sie hatte ihn freigebig mit allen -Reizen, die ihrer Silberstimme angemessen wären, ausgeschmückt. Er sah -sie jetzt; und sie war weit über das Bild erhaben, das er sich von ihr -gemacht hatte. Die blühende Wange, das sanfte Auge, das weiche, wallende -Haar konnte er seinem Bilde geben; aber nicht jenen lebendigen Ausdruck -der Unschuld, der Treue, der kindlichen Zärtlichkeit, weil es ihm dazu -am Urbilde fehlte. Er sah sie jetzt, und sah sie in aller Freude des -Wiedersehens an den Busen derjenigen, die ihr das Theuerste auf der Welt -war, hingegossen; sah, wie sie in stummen Gefühlen an ihren Augen hing, -gleichsam um alle die geliebten Züge wieder zu spähen, und die alte -Vertraulichkeit mit ihnen zu erneuern. War es ein Wunder, dass seine -Seele von eben den Gefühlen ergriffen wurde, deren reizendsten Abdruck -er vor sich sah, und dass er sie mit der zu theilen wünschte, die ihm -zuerst das schönste Bild derselben darstellte? - -Maria hatte den Unbekannten, der sich für sie in Lebensgefahr stürzte, -bedauert, und, wie sie gewissenhaft war, sich den Vorwurf gemacht, die -Ursache seines Todes zu seyn. Diese Empfindung allein hatte die Freude -über ihre Errettung getrübt. Hier fand sie ihn unvermuthet wieder, an -dem Orte, der ihr der liebste auf der Erde war. Nun erst getraute sie -sich, sich ganz dem Gefühle, dass sie ihrer Pflegemutter wiedergegeben -sey, zu überlassen; und es ist möglich, dass die Freude über seine -Gegenwart unvermerkt einigen Antheil an dem stärkeren Ausdrucke ihrer -Zärtlichkeit gegen ihre Pflegemutter hatte; und dass sie, ohne es zu -wissen, einen Theil dessen, was sie bloss für Cölestinen zu empfinden -glaubte, für Alfonso empfand. - -»Aber, kann ich, darf ich zurückkehren -- fuhr der Ritter fort -- ohne -Trost für die Seele des armen Rinaldo gefunden zu haben? Ich hoffte doch -gewiss am heiligen Grabe --« - -»Rinaldo? fiel Cölestina ihm in die Rede. Wer ist dieser Rinaldo? was -wisst Ihr von ihm?« - -Alfonso erzählte, was er von seinem geängsteten Geiste selbst an seiner -Gruft gehört hatte; erzählte die Bedingungen, unter welchen seine Qualen -enden sollten; Cölestina hörte seine Erzählung mit stummer Betrübniss, -und Maria mit Thränen an. - -»O möchten sie enden, die Qualen der unglücklichen Seele! und vielleicht -sind sie schon grösstentheils geendet, sagte Cölestina. Maria hat ihre -Leiden längst beschlossen; sie war die Freundin, die mir hier starb; sie -ruht unter jenem Hügel. Das ist ihre und Rinaldo's Tochter. -- Ich habe -aufgehört zu leiden. Ich habe die Wege der Vorsehung erkannt; sie waren -nichts als Güte. -- Ich bin Laura: Maria wollte mich nicht anders als -Cölestina nennen; drum habt Ihr mich hier so nennen hören.« - -»Und die letzte Bedingung seiner Erlösung -- sagte Alfonso -- möchte -doch auch sie erfüllt werden! -- Ja, edle würdige Frau, ich darf es Euch -sagen; -- ich habe nie geliebt; aber seitdem ich die Stimme dieses -holden Geschöpfes gehört, seitdem ich sie hier an Eurem Herzen gesehen -habe, -- entweder ich weiss nicht, was Liebe ist, oder ich liebe sie -über Alles. Lasst mich -- o, Ihr seyd ja auch ihre Mutter, lasst mich -sie an meinem Arme an die Gruft ihres Vaters führen; der Anblick wird -den Geist erlösen.« - -Maria verbarg ihr Gesicht an Laurens Busen. Ihr Herz schlug stärker. - -»Fremdling, sagte Laura -- nehmt nicht etwa eine flüchtige Rührung, ein -mattes Wohlbehagen, einige sich unwillkürlich Euch aufdringende Wünsche -sogleich für Liebe. -- Ihr habt nie geliebt, sagt Ihr; -- Euer Herz ist -unerfahren und leicht zu bewegen. Ihr habt dieses Kind im Leiden -gesehen, und habt gewünscht, habt Euch bemüht, sie zu retten. Ihr seyd -durch den Antheil, den Ihr an ihr nahmt, in Gefahr gekommen. Das kettet -edle Seelen an den Gegenstand ihrer Grossmuth: aber diese Anhänglichkeit -ist noch nicht Liebe. Ihr habt sie hier in allen Rührungen der -zärtlichen Tochter gesehen; das hat sich Euch mitgetheilt. Uebereilet -Euch nicht, edler Fremdling.« - -»Grossmüthige Frau, versetzte der Ritter, was ich fühle, fühl' ich so -wahr und so stark, dass ich für die ewige Dauer desselben gut bin. Es -ist wie mit Flammenschrift in mein Herz geschrieben, dass diese Mein -seyn muss, dass sie Mir bestimmt ist, und dass ohne sie es kein Glück -mehr auf der Erde für mich giebt.« - -»Ich glaube Euch, edler Mann, sagte Laura: Ihr scheint wahr und gut; ich -glaube, dass Ihr mich nicht täuschen wollt: aber weder ich, noch selbst -Ihr könnt wissen, ob Ihr nicht vielleicht Euch selbst täuschet. Erwartet -es, bis Eure Empfindungen sich Euch selbst aufklären und entwickeln; und -kommt Ihr dann, und sagt noch eben das, so ist sie Euer.« - -»Verzeiht, edle Frau, versetzte der Ritter: wie könnte ich in dem, was -ich so innig und so warm fühle, mich täuschen? Täusche ich mich -vielleicht auch, wenn ich mein Daseyn empfinde? -- Aber, ich soll -warten, soll Euch verlassen, in Länder gehen, die weite Meere von Euch -trennen? Wie werde ich das ertragen?« - -»Ihr sollt nicht allein gehen, sagte Laura. Dunkle Ahnung einer höheren -Glückseligkeit, ein geheimes Verlangen, auf dem Grabe Rinaldo's zu seyn, -durchströmt meine Seele. Ihr werdet mich und diese dahin begleiten, und -dann -- wenn Ihr dann noch so denkt, ist diese Euer.« - -Sie hatten keine langen Zubereitungen zur Abreise zu machen. Es waren -noch einige Juwelen von denen, die Maria bei ihrer Abreise aus Paris mit -sich genommen hatte, vorhanden. -- »Hätte ich glauben können, dass ihr -noch einst einen Werth für mich haben würdet?« sagte Laura, als sie sie -zu sich nahm. - -Sie zogen unbeschädigt durch Arabien und Palästina, und setzten sich zu -Damaskus auf ein Schiff. Ein günstiger Wind leitete sie; sie landeten -bald an der europäischen Küste. - -In einer angenehmen Sommernacht kamen sie zu Rinaldo's Grabe. Ein -sanfter Wind säuselte: Rosenduft erfüllte die Lüfte. Ruhe und Heiterkeit -im Gesichte, glänzend und verklärt entstieg der Geist seiner Gruft. - -»Sey mir gesegnet, Alfonso! sagte er; du hast dein heiliges Gelübde -gehalten. Du bist seiner werth, meine Tochter. In heiligeren Gefilden -sehen wir uns wieder. -- Deine unglückliche Mutter hat ihre Leiden -beschlossen; ihr Leib ruht weit von dem meinigen, aber ihr Geist ist bei -mir: und du, meine Laura, wirst sie bald beschliessen.« - -Der Geist verschwand. Laura sank in süsser Wehmuth auf das Grab, und -schlummerte in ein besseres Leben hinüber. - -Sanfte Trauer erfüllte Mariens und Alfonso's Seele. Die Klagen über den -Verlust der Glückseligen wurden ihnen süss. - -Sie lebten in diesen Gegenden das Leben der Zärtlichkeit und der Liebe. -Jeder Unglückliche segnete ihr Haus; es war Zuflucht jedes Hülfslosen. - -Am fünfzigsten Gedächtnisstage ihrer Vermählung, nachdem sie schon die -Kinder ihrer Enkel zu ihren Füssen hatten spielen sehen, sassen sie in -stummer Zärtlichkeit auf der Gruft, und das Andenken der Begebenheiten -ihres Lebens ging vor ihrer Seele vorüber. Ein sanfter Schauer überfiel -sie, sie umarmten sich, und ihre Seelen gingen vereint in das Vaterland -der Liebe. - -Die Hirten fanden sie erstarrt auf dem Grabe liegen, und begruben sie -nebeneinander, da, wo sie lagen. Rosenstöcke und Vergissmeinnicht und -Tausendschön entsprossten dem Boden um das Grab herum und blühten. -Ahnungen von Wiedersehen der Freunde erfüllten die Seelen der Hirten. -Ihren Augen enttröpfelten Thränen. Sie gingen, und als sie hinter sich -sahen, sahen sie fünf Flämmchen auf dem Grabe blinken. Hinter ihnen -schloss sich das Thal. Sie hatten den Weg dahin nicht wieder gefunden. -Sie nannten es das Thal der Liebenden. - - - - - B. - Kleinere Gedichte. - - - Idylle. - - (Musenalmanach von A. W. Schlegel und L. Tieck, Tübingen 1802, S. - 170.) - - Was regst du, mein Wein, in dem Fass dich? - »Es brachten die Lüfte mir Kunde - Von der Inbrunst meines Erzeugers, - Das regte das Inn're mir auf!« - - »Ich möchte die Bande zersprengen, - Die von ihm ferne mich halten, - Und zerfliessen und in den Düften - Zusammenströmen mit ihm!« - - So bringen heimliche Stimmen - Der Geister Psychen die Kunde - Von der unendlichen Liebe - Im Unendlichen, ihrem Erzeuger; - - Und es dehnet sich ihr das Herz aus - In unbeschreiblicher Wehmuth, - In unaussprechlicher Sehnsucht, - Bis die irdische Hülle zerreisst. - - - Sonette. - - - 1. - - Wenn dir das inn're Götterwort wird spruchlos, - Verblasset auch die äussere Verspürung, - Was dich umgiebt, verlieret die Verzierung, - Was von dir ausgeht, wird nur schnöd' und ruchlos. - - Die Blüthe deines Lebens steht geruchlos, - Was andre leitet, das wird dir Verführung; - Denn du bist ausserhalb des Alls Berührung, - Darum wird dir der äuss're Laut auch spruchlos. - - Das innen Todte glänze noch so scheinsam, - Doch treibt dich fort zu ungemess'ner Wehmuth, - Die unaufhaltsam schon dich griff, die Brandung. -- - - Drum bleib' ich in mir selber still und einsam - Und pflege fort mit kindergleicher Demuth - Das Unterpfand der einst'gen frohen Landung. - - - 2. - - Was meinem Auge diese Kraft gegeben, - Dass alle Misgestalt ihm ist zerronnen, - Dass ihm die Nächte werden heitre Sonnen, - Unordnung Ordnung, und Verwesung Leben? - - Was durch der Zeit, des Raums verworr'nes Weben - Mich sicher leitet hin zum ew'gen Bronnen - Des Schönen, Wahren, Guten und der Wonnen, - Und drin vernichtend eintaucht all' mein Streben? -- - - Das ist's. Seit in Urania's Aug', die tiefe - Sich selber klare, blaue, stille, reine - Lichtflamm', ich selber still hineingesehen; - - Seitdem ruht dieses Aug' mir in der Tiefe - Und ^ist^ in meinem Seyn, -- das ewig Eine, - ^Lebt^ mir im Leben, ^sieht^ in meinem Sehen. - - - 3. - - Nichts ist denn Gott, und Gott ist nichts denn Leben; - Du weissest, ich mit dir weiss im Verein; - Doch wie vermöchte Wissen dazuseyn, - Wenn es nicht Wissen wär' von Gottes Leben! - - »Wie gern' ach! wollt' ich diesem hin mich geben, - Allein wo find' ich's? Fliesst es irgend ein - In's Wissen, so verwandelt's sich in Schein, - Mit ihm vermischt, mit seiner Hüll' umgeben.« - - Gar klar die Hülle sich vor dir erhebet, - Dein Ich ist sie; es sterbe, was vernichtbar, - Und fortan lebt nur Gott in deinem Streben. - - Durchschaue, was dies Streben überlebet, - So wird die Hülle dir als Hülle sichtbar, - Und unverschleiert siehst du göttlich' Leben! - - - Vorbereitung zur gemeinschaftlichen Andacht. - - Die Gemeine. - - Müde von des Lebens Leiden, - Müder von des Lebens Freuden, - Flüchten wir in eure Stille, - Ob uns hier Erquickung quille. - Frohseyn ist uns nie gelungen, - Wie wir eifrig auch gerungen, - Und wir sind des Treibens müde, - Suchen Ruhe, wünschen Friede. - - Die Pfleger. - - Kommt Belad'ne zur Erquickung, - Kommt Erschöpfte zur Entzückung! - Neue Stärke soll die Matten - Ueberschwänglich überschatten; - Nur dass draussen ihr versenken - Wollet euer Thun und Denken, - Abthun euer altes Streben, - Sterben ab dem eig'nen Leben. - - Die Gemeine. - - Und was habt ihr uns zu geben, - Zum Ersatz für unser Leben? - - Die Pfleger. - - Solch' ein Leben, das gegründet - In sich selber, nimmer schwindet, - Nimmer wandelt, selbst sich gnüget. - Dieses hier euch offen lieget. - Aber nur von euch geschieden - Geht ihr ein in seinen Frieden! - - - Dem 15. März 1810.[41] - - Du edler Keim, der aus der kalten Erde - Sich unaufhaltsam in das Lichtreich drängte, - Du sinn'ge Blume, die, die Sonne fühlend, - Mit allen Regungen nach ihr sich wandte: - - Wir streben beide, doch in anderm Sinne - Jedwedes, liebend nach demselben Ziele, - Und mehr als andres, eint uns dieses Streben, - Und weiht mich dir mit inniger Ergebung. - - Nimm diese Früchte, die dasselbe Streben, - Auf dir verschwistertem Stamme hat getrieben! - Vielleicht, dass auch aus uns'rer Lieb' ein Zweig entsteht, - Der einstens zeug' von unsrer höhern Liebe. - - - Philomele. - - Meine Stimme von Staub spricht dich gefällig an? - Aber möchtest du erst hören der Sphären Klang! - Ich zwar sing' in dem Chore gezwungen und gerne. Das Ganze - Fasset allein der sinnige Mensch. - - Jenseit des Aethers ström' eine Quelle - Des Tones, der Schönheit, -- diese sind Eins, -- - Also lehrete mich mein Meister, - Selber er tonlos, doch schlägt er den Tact! - -[Fußnote 41: Der Gattin zum Geburtstage, mit dem Geschenke von -Klopstocks Werken, des Oheims derselben.] - - - Prolog zur »Vesta.«[42] - - (Ungedruckt.) - - Die Herausgeber, ein Pränumerant. - - Die Herausgeber. - - Euer Edlen sind, hören wir, ein braver Mann, - Nehmen sich auch der leidenden Menschheit an; - So kommen wir denn von gleichem Triebe - Beseelt und bitten Sie um die Liebe, - Dass Sie doch möchten pränumeriren - Ein Thaler quartaliter auf ein Journal: - Wir werden's Vesta nennen zumal, - Womit wir nächstens die Welt wollen zieren. - - Der Pränumerant. - - Ihr Journal und die Menschheit in Leiden, - Wie hängen denn zusammen die beiden? - - Die Herausgeber. - - Die Armen sollen haben ohne Verdruss - Von unserm Gewinne den Ueberschuss! - - Der Pränumerant. - - Ich verstehe! -- Doch nach welchem Plan oder Geist - Werden Sie denn schreiben allermeist? - Nach welchem wählen die Genossen? - - Die Herausgeber. - - Nach keinem: -- »Keiner ist ausgeschlossen, - Und jeder Freund der Wahrheit, Anmuth und Kraft - Ist uns willkommen« -- sofern er uns was schafft! - - Der Pränumerant. - - Ich verstehe ganz: -- ein Allerlei - Von Sauer und Süss mit Façon dabei! - Die Herren, so denk' ich mir's, jucket der Kitzel - Gedruckt zu sehen ihre Papierschnitzel. - Kein Verleger mag sie; für eigenes Geld - Sich drucken zu lassen ihnen auch nicht gefällt. - Da muss die Noth helfen aus der Noth: - Nun können sie eher, ohne zu werden roth, - Antragen auf Pränumeration, - Und den Willigen wünschen ein Gotteslohn! - Wer auch ihres Schreibsels nicht begehrt, - Denkt, es sey den Armen ein Almosen beschert. - Kann's leiden, dass man das Heft mir bringt; - Niemand ist ja, der's zu lesen zwingt. - Indess stehen die Herrn schon schwarz auf weiss, - Mehr wollten sie nicht und sie haben ihren Preis. - Drum genug, ihr Herrn! Hier ist mein Thaler, - Wünsch' Ihnen recht viele und reichliche Zahler, - Damit Ihre geistige Armuth und Noth - Den leiblich Armen schaff' ein Stück Brot! - -[Fußnote 42: Zeitschrift, erschienen zu Königsberg 1807.] - - Die Herausgeber. - - So muss man es durchaus nicht anseh'n, - Obwohl wir selber, wie uns gescheh'n - Nicht recht zu wissen gern bekennen. - Wir wollen für hohe Zwecke entbrennen, - Eingreifen gewaltig in's Rad der Zeit, - Dem Bedürfniss, dem Niemand Hülfe beut, - Auch keiner als wir es kennt, reichen die Hand! - - Der Pränumerant. - - Ei sieh, Ihr seyd wohl gar auch arrogant? - - Die Herausgeber. - - Das wollen wir hoffen; -- dies gilt bei den Leuten, - Succurs und Beifall sich zu bereiten! - Drum darf auch die Zeitschrift sich nicht schämen, - Irgend ein Erhab'nes zum Vorwand zu nehmen. - »Wer für den Staat auch nicht die Waffen trägt, - Der ist durch heil'ge Bürgerpflicht bewegt, - Dass er ableite des Volkes Aufmerksamkeit - Von dem die Kriege begleitenden Leid, - Damit er dessen Blicke wende - Von dem unvermeidlichen Kriegselende.« - - Der Pränumerant. - - Elend nur sieht und er nur sieht das Elend, - Wer selber elend ist im Innersten; - Denn seiner Leere, seines tiefen Grams, - Seiner Zerrüttung Bild steigt aus dem Herzen - In's Aug' empor und lagert ihm sich hin - Ueber der Dinge breite Oberfläche; - Sie geben stets ihm nur ihn selbst zurück! - So auch wer in sich klar und mit sich Eins ist, - Er bleibt gewiss der ew'gen Harmonie - Im trüben, wildverschlungenen Gewirre - Ird'scher Erscheinung; und ihm leuchtet hell - Im Jammer selbst die immer nahe Hülfe! -- -- - - Ein Herausgeber (ihm nachsehend). - - Der Mensch ist ein seltsam Kunstproduct, - Vorweltlich, in alt ogygischem Stil! - - Der andere. - - Sey ruhig, Herr Bruder, wir sind ja gedruckt; - Das Andre bedeutet uns nicht so viel! - Und wo wär' Etwas von eigenem Werth, - Wogegen sich nicht die Misgunst kehrt? - - Beide. - - Das ist der plausibelste Trost in der Welt, - Dass man stets sich selber am Besten gefällt! - - - Am 18. Januar 1812.[43] - - Ehrwürd'ge deutsche christliche Gesellschaft, - Edle, biedere Tischgenossenschaft! - Indem ich, als bestellt zum Sprechen, - Zum erstenmale das Schweigen will brechen, - Bitt' ich, dass man es günstig verspüre, - Wenn ich im Knittelvers haranguire; - Denn eingefasst von Rindfleisch und Braten - Dürfte die Prosa zu vornehm gerathen! - - * * * * * - - Zuvörderst sollt' ich mit zierlichen Worten, - Wie es gebräuchlich aller Orten, - Mit Bezeugung schuldiger Devotion - Ihnen danken für die Decoration, - Die Sie durch dieses Amt mir verlieh'n. - Doch: danke durch Thaten, spricht deutscher Sinn! - - Wie hoch ich es schätze im Herzensgrunde, - Mit Ihnen zu bleiben im freundlichen Bunde, - Und allen Ihren Wunsch und Willen - Auch meinerseits gern mag erfüllen: - Beweise, dass mit Herzlichkeit - Ich Ihrem Wunsche mich geweiht; - Beweise, wie ich die Geschäfte, - So lang's verstatten meine Kräfte - Und meine sonst besetzte Zeit, - Werd' immer führen mit Heiterkeit. - Was Sie an Gelde mir werden geben, - Das werd' ich sorgfältig aufheben - Und treulich bewahren und verwalten. - Auch über die Gesetze will ich halten, - Ohn' alles Anseh'n der Person. - Zeigt gute Laune sich oder Liederton, - Will ich, so gut ich kann, mitsingen. - Auch die Gesundheiten will ich ausbringen; - Und erscheint einst der festliche Pokal, - Geziert mit dem Juden Simson zumal, - So werd' ich um weitere Vorschrift bitten, - Und diese sey nie überschritten. - -[Fußnote 43: Ueber die Veranlassung zu dieser Rede in Versen hat ihr -Einsender uns zugleich Folgendes mitgetheilt: »A. v. Arnim hatte in -Berlin eine christlich deutsche Gesellschaft errichtet, deren Vorsitz -Fichte an jenem Tage übernahm. Bei dieser Veranlassung hielt er einen -Vortrag in Knittelversen, welcher damals ungemein ansprach und auch, wie -ich bestimmt weiss, noch jetzt in Ehren gehalten wird. Da ich das -Tagblatt besitze, worin dieser Vortrag aufgeschrieben ist, so macht es -mir ein grosses Vergnügen, Ihnen denselben mittheilen zu können.«] - - * * * * * - - Im Uebrigen kann ich von meinem Sprechen - In voraus eben nicht viel versprechen. - Zum Beispiel: Witzig zu seyn aus heiler Haut - Ist ein Talent, nicht Jedem anvertraut; - So selten fast als reine Vernunft, ist reiner Witz, - Und beide, denk' ich, sind gleich viel nütz'. - Wer witzig ist, ist's über Was und nebenbei, - Denn Witz ist ja nicht Gold, noch Silber, noch Zinn, noch Blei, - Sondern von Allem nur die Façon! - - So Jemand den Witz recht wollte pflegen und nähren, - Der müsst' ihm nur reichlichen Stoff gewähren - Durch tolle Streich' und Narrheiten viel, - Und nur ihn treiben lassen sein Spiel, - Und ja sich hüten, was übel zu nehmen. - Zu dem Ersten wird die ehrbare Gesellschaft sich nie bequemen; - So muss sie denn eben ohne Witz vorlieb nehmen! - - Zudem sind die bisherigen Stoffe verbraucht; - Nicht Jude, nicht Philister mehr taugt, - Um an ihnen zu finden ein Körn'chen Spass, - Das nicht schon einigemale dawas! -- - Auch will es in der That was bedeuten, - Ueber dergleichen zu spotten vor Leuten, - Dass der Spott nicht auf uns selbst sitzen bleibe. - Den Juden schiebt man sich wohl noch vom Leibe, - Man ist nicht beschnitten; -- ^ergo^ ist man keiner. - Mit dem Philister ist die Sache schon feiner. - Streng genommen, Keiner sich durchschaut, - So lang er steckt in der sündigen Haut, - In Unschuld Keiner soll waschen die Hände, - Wie Keiner selig ist vor seinem Ende! - Ob wir durchaus nicht Philister waren, - Werden wir im ewigen Leben erfahren. - Doch es giebt auch für sterbliche Augen - Kennzeichen, die zur Prüfung taugen, - Dass man sich orientiren kann. - Das Eine geb' ich im Gleichniss an. - - Es geschieht wohl, dass Einer träume, er wache, - Und sich's versichre, und glaublich mache, - Und ist doch gerade dies sein Traum! - Wer wirklich wacht, kurzum der wacht, - Und ist nicht weiter auf's Wachen bedacht. - So, wer in der That nicht Philister ist, - Der denket dessen zu keiner Frist; - Ohne seinen Dank und Willen, und schlechtweg er's nicht ist. - Wer aber sich's hin und her beweist - Und Gott am Morgen und Abend preist, - Dass er nicht ist, wie andre Leut, - Ist vom Philisterthum nicht weit; - Ja ihm sitzt die Philisterei - Gerade im Denken, dass er's nicht sey! - - Da dieses sich so weit erstreckt - Und bringen kann gar schlimmen Ruhm, - So bleibt vor mir wohl ungeneckt - So Juden- wie Philisterthum! - - * * * * * - - Doch reinige sich der Gedanke, - Der über Niedrem schwebte, - Um mit dem Höhern ganz sich auszufüllen! - Füllet die Gläser! -- - Es lebe die Krone, - Sie steig' auf in der alten Pracht, - Ausgerüstet mit der alten Kraft, - Umgeben von der alten Treue! - - - - - C. - Uebersetzungen aus dem Portugiesischen, Spanischen und - Italiänischen. - - - Aus Camoens' Lusiade.[44] - - - Gesang 3, Stanze 118. - - Alfonso kehrt, nach dieses Sieges Glücke, - Hinwieder zu des Tajo schönem Becken; - Dass auch der Fried' ihn mit den Kränzen schmücke, - Womit die Schlachten ihn so reich bedecken: - O welch erbarmungswürdiges Geschicke, - Das Todte könnt aus ihren Gräbern wecken, - Trifft da die arme, zarte Dulderin, - Die erst getödtet ward, dann Königin! - - Allein durch dich, durch dein allmächtig Sehnen, - O reine Lieb', erstarb der Zeiten Zierde, - Als dürftest du sie deine Feindin wähnen, - Die treue, der dein schönster Lohn gebührte. - Wohl sagt man, Amor, dass durch bittre Thränen - Gestillt nicht werde deine grimme Gierde; - Soll Menschenblut nun strömen vom Altare - Zur süssen Augenweide dir, Barbare? - -[Fußnote 44: Zuerst abgedruckt im »Pantheon, Zeitschrift für -Wissenschaft und Kunst, von Büsching und Kannegiesser. Berlin, 1810.« I. -Bd. 1. Heft. Seite 1-8.] - - Man sah dir hold der Jahre Lenz verfliessen, - In jene Seelenruh warst du versenket, - Ignes, und in den Wahn, den blinden, süssen, - Den keinem noch auf lang das Glück geschenket, - In des Mondego angenehmen Wiesen, - Den deiner schönen Augen Born getränket, - Den Bergen lehrend, und der Flur den lieben - Namen, der tief dir in die Brust geschrieben. - - Auch deines Prinzen Regungen vergalten - Dein Sehnen wohl mit seelenvollem Danken; - Dein Bild sie fest vor seinen Augen halten, - Wenn er verbannt aus deiner Blicke Schranken: - Des Nachts ihn täuschen süsse Traumgestalten, - Des Tags entrücken ihn zu dir Gedanken, - Und was er sinnt, und was er sieht im Innern, - Ist alles nur Ein wonnevoll Erinnern. - - So vieler Fürstentöchter, schöner Frauen - Bewerben hat bei ihm das Ziel verfehlet; - Wie denn auf andres pflegt herabzuschauen - Wess Herz die Eine, traute, hat erwählet. - Der alte Vater blickt mit stillem Grauen - Auf die Verirrung dieser Lieb', ihn quälet - Des Volkes Murren und das Widerstreben - Des Sohns, sich in der Ehe Band zu geben. - - Und so beschliesst er denn in argem Muthe - Ignes dem süssen Lichte zu entrücken. - Es könne nur in frech vergoss'nem Blute, - So meint er, solcher Liebe Brand ersticken. - War's Wahnsinn, der ihn trieb, sein Schwert, das gute, - Das Schrecken sende nur der Feinde Blicken, - Vor dem der Mauren Wuth gemusst erbeben, - Gegen ein zartes Fräulein zu erheben? - - Zu ihm, dess Herz wohl möchte sich versöhnen, - Wird sie geschleppt von wilden Ungeheuern, - Und es gelingt den mordbegier'gen Tönen - Des Pöbels, seinen Zorn neu anzufeuern. - Sie aber -- flehend und mit bangem Stöhnen, - Erpresst von Mitleid bloss mit ihrem Theuern - Und mit den Kindern, die sie unterm Herzen - Ihm trug, die mehr denn eigner Tod sie schmerzen; - - Die Augen hebend zu des Himmels Milde - Aus denen eine grosse Zähre rollte, - (Die Augen, denn die Hände hielt der wilde - Mordknecht, der sie in Fesseln schlagen wollte) - Dann nieder auf der Kinder zarte Bilde - Sie senkend, die sie jetzt verlassen sollte - Verwaiset, einsam, ohne Schutz und Rather -- - Spricht also an den grausamen Grossvater: - - Wenn wilde Thiere, deren Sinn zum Hassen - Natur bestimmt, und Eis um sie geschlagen, - Der Wüste Vögel, die, um Raub zu fassen - Und anders nicht, den Flug in Wolken wagen, - Mit kleinen Kindern, die sie seh'n verlassen, - Solch zärtlich Mitleid und Erbarmen tragen, - Wie man an Ninus Mutter hat geschauet, - Und an den Brüdern, welche Rom erbauet; - - So trag auch du, dess Herz durchströmt vom warmen - Menschlichen Blute schlägt (falls es zu nennen - Menschlich, den Tod zu geben einer Armen, - Bloss weil ihr Herz in Liebe musst' entbrennen), - Trage mit diesen Kleinen das Erbarmen, - Das man in meinem Urtheil muss verkennen. - Mög' ihre Noth Mitleid in dir erregen, - Da meine Unschuld dich nicht kann bewegen! - - Und wie du wusstest einst mit Schwert und Feuer - Den Tod zu senden in der Mauren Reihen, - Sey jetzt vom Tode gnädiglich Befreier - Der Schwachen, die du keiner Schuld kannst zeihen. - Falls aber Unschuld büssen soll so theuer, - Verweis auf ewig mich in Wüsteneien, - In Libyens Gluth, in Scythiens kalte Schauer, - Wo ich mein Leben enden mög' in Trauer. - - Lass mich, wo alle Schrecken sich erheben, - Hin in der Löwen und der Tiger Erbe, - Dass ich, was Menschenherz nicht mochte geben, - Erbarmen dort und Mitleid mir erwerbe. - Dort will ich pflegen, innig hingegeben - In's Angedenken dess, für den ich sterbe, - Der nachgelass'nen Pfänder theure Gabe, - Zu der leidvollen Mutter einziger Labe. - - Der König sinnt schon drauf, sie zu befreien, - Ob ihrer Worte, die ihn tief bewegen; - Das störr'ge Volk nur will ihr nicht verzeihen, - Noch ihre Sterne, die nicht brachten Segen. - Die, welche glauben, dass die That Gedeihen - Dem Reiche bringe, ziehen scharfe Degen, - Gegen ein Fräulein. Herz, schwarz und bitter, - Ihr zeiget euch als Henker, nicht als Ritter! - - Wie gegen Priams Tochter, Polyxene, - Aus der der Mutter letzte Freuden quellen, - Damit Achilles Schatten sich versöhne, - Man Pyrrhus sahe sich gerüstet stellen; - Sie aber ihre jungfräuliche Schöne -- - Die Augen, welche wohl die Trüb' erhellen, - Hin auf die Mutter, die vor Schmerzen wüthet, - Gerichtet, -- zum Sühnopfer willig bietet: - - So gegen Sie, die Wüthenden; die Auen, - Aus denen Liebe sieht mit hellen Blicken, - In jedes Auge, das sie mag erschauen, - Sanftheit und Milde strahlend und Entzücken, - Und ihre süssen Blumen, die getrauen - Sie sich mit Blutesströmen zu ersticken, - Grimmig erbos't die Schwerter drein versenkend, - Der Rache, die herannaht, nicht gedenkend. - - O hohe Sonne, hat dein Strahl genommen - Von des Entsetzens That wohl Blick und Kunde? - Ist er nicht auch denselben Tag verglommen, - Wie in Thyestes Gastmahls Gräuelstunde? - Ihr hohlen Thäler, die ihr da vernommen - Das letzte Wort aus dem erblassten Munde, - Noch lange hallte fort in euerm Laute - Der Name Pedro, den sie euch vertraute. - - Wie einer Blume, so in Zier getauchet, - Dass sie der Schmuck war auf den blüh'nden Heiden, - Wenn sie gebrochen und zum Kranz verbrauchet, - Der rohen Hand Betastung musst' erleiden, - Der Schmelz vergeht, der süsse Duft verhauchet: - So ist das Fräulein nach dem bittern Scheiden; - Der Lippen Ros' erblasset, es entschweben - Die lichten Farben mit dem süssen Leben. - - Der That zum ewigen Andenken kehren - Mondego's Töchter, die sie lange klagen, - In einen Quell die da geweinten Zähren, - Und geben ihm den Namen, den er tragen - Auf alle Zeiten soll: noch jetzo nähren - Wo Ignes lebt und liebt in ihren Tagen, - Von einem Quelle sich der Blumen Triebe, - Dess Wasser Zähren sind, der Name: Liebe. - - - Aus dem Spanischen. - - - Madrigal. - - Ihr Augen, hell und reine, - Da eure süssen Blicke preist die Menge, - Warum, wenn ihr mich anschaut, blickt ihr strenge? - Wenn ihr, je mehr voll Hulden, - So mehr die Welt erfreut mit heitrem Scheine, - Warum blickt ihr mit Zorn auf mich alleine? - Ihr Augen, hell und reine, - Erscheint mir nur, sey's auch mit solchem Scheine! - - - Aus Cervantes. - - - Amadis von Gallia an Don Quixote de la Mancha. - - Du, der nachahmtest jenes Thränenleben, - Das auf des Armuthfelsens schroffer Kante - Ich führte, da Verschmähung mich verbannte - Von Freuden, mich der Busse zu ergeben; - - Du, dem vom Auge Fluthen man sah beben, - Dass ihm der Salztrank schier das Herz abbrannte, - Dem, als ihn Silber, Kupfer, Zinn schon nannte, - Die Erd' auf Erde dürft'ges Mahl gegeben: - - Sey sicher, dass in alle Ewigkeiten, - Mindstens so lang', als in der vierten Sphäre - Der feuerrothe Phöbus treibt die Pferde, - - Den Preis der Tapfern keiner dir bestreiten, - Dein Vaterland vor allen seyn das hehre, - Dein weiser Meister einzig bleiben werde! - - - Don Belianis von Gräcia an denselben. - - Mehr als ein Ritter auf dem Erdenrunde - Thät ich in Handeln, Sprechen, Stechen, Hauen, - Ob meiner Thatkraft all' erfasst' ein Grauen, - All' Unbill rächend, die mir kam zur Kunde. - - Ich gab Grossthaten Fama's ew'gem Munde, - Ich war galant, ich war beliebt bei Frauen; - Wie Zwerglein thät ich alle Riesen schauen, - Zu Kampf und Streit bereit in jeder Stunde. - - Fortuna lag zu meinem Fuss geschmieget, - Das Glück stand meiner Weisheit treu ergeben, - Wie eine gute Magd, stets zu Gebote. - - Ob nun mein Ruhm des Monds Horn überflieget, - Ob auch noch nichts mir hat getrübt das Leben, - Neid' ich doch dich, du grosser Held Quixote! - - - Petrarca's Sonnet 36. - - Sie tritt mir vor's Gemüth -- vielmehr ist drinne, - Dass Lethe nicht vermag sie wegzuheben, -- - Wie sie von ihres Sterns Strahlen umgeben, - Im Lenz des Lebens trat mir vor die Sinne; - - Dass ersten Blickes ich ein Bild gewinne - Von ihr, so sittig, still und gottergeben, - Dass ich, »sie ist's,« mir sage, »ist am Leben,« - Und Frag' an sie und hold Gespräch beginne. - - Bald giebt sie Antwort, schweigt auch wohl, dann siehe, - Wie man halb wacht im Traum, der Irrthum webte, - Sag ich meinem Gemüth: Du bist im Fehle; - - Tausend, dreihundert, acht und vierzig, frühe - Ein Uhr, den sechsten des Aprils, entschwebte - Dem süssen Leibe ja die sel'ge Seele. - - - Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin. - - - - - - - - - - Nachtrag zum ersten Bande. - - -S. 95 Zeile 5 von oben ist nach den Worten: »denn er ist gleich dem -Satze X,« als Note unter dem Texte aus der 2. Auflage der -Wissenschaftslehre folgender Zusatz hinzuzufügen: - -»D. h. ganz populär ausgedrückt: Ich, das in der Stelle des Prädicats A -setzende, ^dem^ zufolge, ^dass es in der des Subjects gesetzt wurde^, -weiss nothwendig von meinem Subjectsetzen, also von mir selbst, schaue -wiederum mich selbst an, bin mir dasselbe.« (Anmerk. * * zur 2. -Ausgabe.) - -Zu bemerken ist noch, dass die S. 91, 95 und 98 hinzugefügten Zusätze -der 2. Ausgabe ^nur^ in der zweiten »verbesserten« Ausgabe, Jena und -Leipzig bei Gabler 1802, nicht in der bei Cotta erschienenen -»unveränderten,« sich finden. - - - - - Druckfehler im siebenten Bande. - - - S. 520, Z. 2 v. u. statt jener Zeitalter l. jenes Zeitalters. - - 527, - 6 v. o. - erfolge l. erfolgte. - - - - - Nachtrag. - - - (Aus dem in ^Friedr. Schiller's Nachlass^ nach bereits beendetem - Abdrucke dieses Bandes aufgefundenen Originaltexte der - Abhandlung.) - - - - - Zur Abhandlung: »Geist und Buchstab« S. 284. Z. 7. nach dem - Worte: - ^wollen^. - - -[Fußnote 45: Durch diesen Wink soll nicht etwa dem ^intelligibeln -Fatalismus^ das Wort geredet werden. Zwar wird der Wille allemal durch -die für das Subject in seiner gegenwärtigen Stimmung überwiegenden -Gründe bestimmt; aber dass ^diese^ Gründe überwiegen und nicht die -entgegengesetzten, und dass das Subject gerade in dieser Stimmung ist -und in keiner anderen, davon liegt der Grund in der absoluten -Selbstthätigkeit. Diese ist es, welche das entscheidende Uebergewicht in -die Wagschale legt durch freie Reflexion und Abstraction in dem -absoluten Anfange eines jeden innern Lebensactes, der von da aus durch -die mannigfaltigen Geschäfte des menschlichen Geistes hindurch -nothwendigen Gesetzen folgt. Der Trieb treibt den Menschen nicht -unwiderstehlich, wie etwa die Elasticität materieller Körper; denn es -ist ein Trieb, gerichtet an ein selbstständiges Wesen. Es bedarf der -Reflexion auf seine Richtung; diese Reflexion ist der Anfangspunct des -fortgehenden steten Fadens, und von dem Grunde, ob überhaupt reflectirt -wird oder nicht, und davon, wie reflectirt wird, ob auf die vollständige -Anregung oder nur auf einen Theil derselben, hängt es ab, wie die -Willensbestimmung ausfalle. Also: der Wille ist nicht frei, aber ^der -Mensch ist frei^. Alle seine Vermögen hängen innigst zusammen, und -greifen bei dem Handeln gesetzmässig in einander ein; und nur daraus, -dass man für wirklich zersplittert hielt, was nur willkürlich und zum -Behufe der Speculation zertheilt wurde, entstanden Theorien, die -entweder dem natürlichen Gefühle oder dem Räsonnement, oder richtiger -beiden zugleich widersprechen. Nicht bloss -- so hart diese Behauptung -auch Manchem vorkommen mag -- nicht bloss die Willensbestimmung des -empirischen Individuums, sondern sein gesammter innerer Charakter, seine -Vorstellungs- und Begehrungsweise, woran er Vergnügen oder Misvergnügen -finde sogar, hängt von eines Jeden Selbstthätigkeit ab. Man übertrug die -durch das Selbstgefühl angekündigte Freiheit zuerst auf den Willen, weil -dieser jeden innern Lebensact abschliesst und vollendet, und weil -derselbe von ihm aus sogleich in die Aussenwelt übergeht, mithin auf -diesem Grenzpuncte zuerst die Verschiedenheit des freien Subjects und -des gebundenen Objects bemerkt wurde. Aber gerade darum, weil er die -angeführte Stelle in der Reihe der Geistesgeschäfte einnimmt, ist der -Wille am wenigsten frei, denn er ist durch das mehrste Vorhergehende -bestimmt. Mit dem Willen fängt der Mensch einen neuen Zustand in der -Sinnenwelt an; man folgerte, dass er mit demselben Willen auch den -nothwendig vorauszusetzenden neuen Zustand in sich selbst anfinge; aber -diese Folgerung ist unrichtig, und sie war zugleich unwahrscheinlich. ---] - - - - - Dritter Brief. (S. 291.) Anfang. - - -[Fußnote 46: Dem Nachbar, dem Sie meinen vorigen Brief mitgetheilt -haben, ist in dem ganzen Zusammenhange desselben nur dasjenige -aufgefallen -- melden Sie mir, -- was ich über die Hindernisse sagte, -welche der Mangel an äusserer Freiheit der ästhetischen Bildung in den -Weg stellte; er hat geeilt, die Anwendung davon auf sein Zeitalter und -sein Vaterland zu machen, und wer weiss welche gefährliche Einflössungen -in meinen Worten gefunden. Ich will mich nun seiner Besorgnisse wegen -noch deutlicher erklären. - -In den von Germanen abstammenden Verfassungen Europens -- in den -slawischen weit weniger; aber bin ich denn verbunden, auch auf diese -Rücksicht zu nehmen, oder wenn ich in Deutschland schreibe, zu sorgen, -dass meine Ausdrücke nicht gegen den Kaiser von Marokko oder den Dei von -Algier verstossen? -- in den germanischen Verfassungen also hat es sich -so gefügt, dass von Zeit zu Zeit Einzelne von den Unterdrückten unter -der Last sich aufrichteten, Einzelne aus den unterdrückenden Ständen, -durch Zufall oder durch freie Wahl, ihr Gewicht verloren oder aufgaben, -und beide in einen glücklichen Mittelstand zusammenflossen; dadurch das -Loos der Unterdrückten erleichterten, indem sie ihnen den Raum weiter -machten, und auch die Sorgen der Unterdrücker mässigten, indem die Zahl -derer, die sie zu bewachen hatten, sich verminderte. Hierdurch wurde -denn auch die sonst unvermeidliche Progression der Sklaverei verhindert -und die Sachen konnten vermittelst des entstandenen Spielraums mehr in -der gleichen Lage bleiben, wie sie es denn auch, einzelne Zwischenzeiten -abgerechnet, denen aber bald günstigere folgten, in der That geblieben -sind. Aus jenem Mittelstande nun muss und wird sich alles Heil -entwickeln, das noch über die Menschheit kommen soll. Jeder, den das -Glück in diesen schönen Stand setzte, kehre daher nur sein Auge in sich -selbst, ehe er es nach aussen wendet; er mache sich selbst frei, ehe er -Andere befreien wolle; er erhebe sich zu der Denkart, die auf ihr selber -ruhend, ihr selbst getreu und in sich ganz gerundet, über zeitliche -Zwecke und irdische Befürchtungen sich erhebt, und nun lasse er den -lebendigen Ausdruck dieser Denkart in Wort und Wandel auf seine -Zeitgenossen wirken, wie er kann; und überlasse es der allmächtigen -Natur, vor der Jahrtausende sind wie ein Tag, die Saat, die er streut, -zu entwickeln und zu reifen. Wer diesen Geist nicht hat, der will weder -sich, noch Andere befreien, sondern er will die Gewalthaber stürzen, um -selbst an ihre Stelle zu treten, sey's auch unter der Form der Freiheit; -er will nur die Gestalt der Knechtschaft verändern, -- er drohe nun -offenbar den Tyrannen, oder er krieche an ihren Stufen, um einen Theil -ihrer Gewalt zu erschmeicheln, die er zu ertrotzen nicht den Muth hat, -und die er kühner durch den Erfolg ganz begehren wird. Ein solcher ist -fern von der wahren Freiheit; denn er hat sich noch nicht von sich -selbst befreit. Dies ist meine ganze Meinung, und ich mag wohl, dass sie -der Nachbar wisse. -- - -In unserem Innern, in welchem wir, wie soeben gefordert wurde, -einheimisch seyn müssen, wenn eine unserer Wirkungen nach aussen einen -Werth haben soll, giebt der Sinn für das Aesthetische uns den ersten -festen Standpunct. Das Genie kehrt darin ein, u. s. w.] - - - - - Liste der Unterzeichner - auf - Fichte's sämmtliche Werke. - - - Aachen. - - Herr Buchhändler _J. A. Mayer_ 1 - für: Herrn Regierungsrath _Ritz_. - - Aarau. - - Löbl. _Sauerländer_sche Sortiments-Buchhandlung 3 - für: Herrn _E. Dorer-Egloff_ in Baden in der Schweiz - -- _J. Correvon_, officier féderal du Génie in - Iverdun. - Bibliothèque cantonale in Lausanne. - - Altena. - - Herr Buchhändler _P. A. Santz_ 1 - - Altenburg. - - Löbl. _Schnuphase_sche Buchhandlung 1 - - Altona. - - Herr Buchhändler _G. Blatt_ 1 - - Amsterdam. - - Herr Buchhändler _C. G. Sülpke_ 1 - für: Herrn _R. E. Bischofsheim_. - - Arnsberg. - - Herr Buchhändler _A. L. Ritter_ 1 - für: Herrn Ober-Landesgerichts-Referendar _Kaupisch_. - - Aschaffenburg. - - Herr Buchhändler _Th. Pergay_ 1 - - Augsburg. - - Herr Buchhändler _Kollmann_ 1 - für: Herrn Königl. Studienlehrer _J. K. E. Oppenrieder_. - - Basel. - - Löbl. _Schweighauser_sche Buchhandlung 2 - für: Oeffentliche Bibliothek. - Herrn Dr. _Joh. Gihr_ in Liestal. - - Herr Buchhändler _J. G. Neukirch_ 1 - für: Herrn Dr. _Drechsler_. - - Bautzen. - - Herr Buchhändler _Aug. Weller_ 1 - für: Herrn Canonicus Dr. _Prihonski_. - - Berlin. - - Herr Buchhändler _Adolf u. Comp._ 1 - - Löbl. _Amelang_'sche Buchhandlung 2 - für: Herrn Dr. _R. Haym_. - -- Commerzien-Rath _Westphal_. - - Herr Buchhändler _W. Besser_ 5 - für: Herrn Dr. _Ribbentropp_. - -- -- _Schrader_ in Brandenburg. - -- -- _Dalmer_ in Halle. - -- Geh. Rath Dr. _Bunsen_ in London. - -- Dr. _Thaulow_ in Kiel. - - Herr Buchhändler _Alex. Dunker_ 7 - für: Herrn Baron von _Richthofen_. - -- Obristlieutenant von _Willisen_, Flügel-Adjutant - des Königs. - -- Geschichts- und Portraitmaler _Mila_. - -- _Türrschmidt_. - -- Professor Dr. _Röstell_. - -- v. d. _Lage_, Director des Pädagogiums in - Charlottenburg. - -- Ungenannt. - - Löbl. _Enslin_'sche Sortiments-Buchhandlung 4 - für: die Bibliothek des Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums. - Herrn Kammergerichts-Referendar _Haack_. - -- Stadtschulrath _Schulze_. - -- Prediger Dr. _Schütze_ in Lissabon. - - Löbl. _Hirschwald_'sche Buchhandlung 1 - für: K. St. Wladimirsuniversität in Kiew. - - Herr Buchhändler _A. H. W. Logier_ 1 - für: Herrn Privatdocent Dr. _F. A. Märcker_. - - Herr Buchhändler _E. S. Mittler_ 1 - für: Herrn Postsecretär _Kaumann_. - - Löbl. _Nicolai_'sche Buchhandlung 3 - - Löbl. _Oehmigke_'sche Buchhandlung 2 - für: Herrn Director der höh. Stadtschule _Zinnow_. - -- Graf _v. Grabowski_ auf Rodawnitz. - - Herr Buchhändler _E. H. Schröder_ 8 - für: Herrn Dr. _E. Meyen_. - -- Dr. _Glaser_, Privatdocent. - -- Graf _R. Raczynski_. - -- _Reichenow_ in Charlottenburg. - -- Assessor von _Mörner_. - -- von _Neumann_. - -- von _Kudrefzef_. - -- _Reinbott_, Lehrer am Diesterwegschen Semin. - - Herr Buchhändler _Jul. Springer_ 6 - für: Herrn Prediger _Hoyer_ in Fürstenau. - -- Baron _v. Holtzendorf-Vietmannsdorf_. - -- _Fuss_. - -- _Siegmund_. - -- Dr. _Voigtländer_. - -- Assessor _Witte_. - - Herren Buchhändler _Veit u. Comp._ 7 - für: Herrn Professor Dr. _H. G. Hotho_. - -- Geheimrath _Varnhagen von Ense_. - -- Ober-Appellationsgerichts-Rath _Meyer_. - -- _J. Lehmann_, Redacteur. - -- Baumeister _W. Hoffmann_. - -- Geheimerath Professor Dr. _Böckh_. - -- Prediger Dr. _Sachs_. - - Bern. - - Herren Buchhändler _Huber u. Comp._ 1 - für: Herrn Privatdocent Dr. _Ris_. - - Bielefeld. - - Herren Buchhändler _Velhagen u. Klasing_ 3 - für: Herrn Gymnasiallehrer Dr. _Stahlberg_ in Herford. - -- Conrector _Wortmann_. - -- Pastor _Smidt_. - - Bonn. - - Herr Buchhändler _Ad. Marcus_ 9 - für: Die Königl. Universitäts-Bibliothek. - Bibliotheque de l'université de Louvain. - Herrn Director Dr. _Kortegarn_ in Bonn. - -- Professor Dr. _Lassen_. - -- Ober-Consistorial-Rath Professor Dr. _Nitzsch_. - -- Privatdocent Dr. _Clemens_. - -- -- -- _Volkmuth_. - -- _Erskine_. - -- Buchhändler _Marcus_. - - Herr Buchhändler _E. Weber_ 1 - für: Herrn Professor Dr. _Mendelssohn_. - - Brandenburg. - - Herr Buchhändler _J. J. Wiesike_ 2 - für: Die Gymnasial-Bibliothek. - Herrn Collaborator _Döhler_. - - Braunschweig. - - Herr Buchhändler _Ed. Leibrock_ 1 - für: Herrn Dr. _Hanne_. - - Bremen. - - Herr Buchhändler _A. D. Geisler_ 1 - - Herr Buchhändler _J. G. Heyse_ 1 - - Breslau. - - Herr Buchhändler _F. Aderholz_ 2 - - Herren Buchhändler _Grass, Barth u. Comp._ 1 - - Herr Buchhändler _Gosohorsky_ 2 - für: Herrn Rector _Jordan_ in Trebnitz. - -- Professor _Braniss_ in Breslau. - - Herren Buchhändler _Jos. Max u. Comp._ 4 - für: Herrn Divisionsprediger Dr. _Rhode_. - -- Medicinalrath Dr. _Ebers_. - -- Professor Dr. _Röpell_. - -- Buchhändler _Sowade_ in Pless. - - Herr Buchhändler _Ferd. Hirt_ 1 - - Brieg. - - Herr Buchhändler _Ziegler_ 1 - für: Herrn _Const. v. Ziegler-Knyphausen_, Lieutenant - im 22. Infant. Regiment. - - Bromberg. - - Herr Buchhändler _E. S. Mittler_ 2 - für: Herrn Prediger _Gessel_ in Thorn. - Ungenannt. - - Brünn. - - Löbl. _C. Winiker_'sche Buchhandlung 1 - - Brüssel. - - Herr Buchhändler _C. Muquardt_ 2 - für: Herrn Professor _Tandel_ in Lüttich. - La Bibliothèque _Royale_. - - Cammin. - - Herren Buchhändler _Domine u. Comp._ 1 - für: Herrn Dr. _Puchstein_. - - Carlsruhe. - - Löbl. _Braun_'sche Hof-Buchhandlung 1 - für: das Museum in Carlsruhe. - - Herr Buchhändler _Georg Holtzmann_ 1 - für: Herrn Lehrer _Herrmann_ in Ettlingen. - - Cassel. - - Herr Buchhändler _J. J. Bohné_ 1 - für: die Kurfürstl. Landesbibliothek. - - Cöln. - - Herren Buchhändler _J. u. W. Boisserée_ 2 - - Herr Buchhändler _E. Welter_ 1 - - Cöslin. - - Herr Buchhändler _C. G. Hendess_ 1 - für: die Gymnasialbibliothek. - - Constanz. - - Herr Buchhändler _W. Meck_ 1 - für: Herrn Professor _F. A. Kreuz_ am Lyceum. - - Darmstadt. - - Herr Buchhändler _G. Jonghaus_ 1 - für: die Grossherzogl. Hessische Hofbibliothek. - - Dessau. - - Herr Buchhändler _J. Fritsche_ 2 - - Dorpat. - - Löbl. _Franz Kluge_'sche Buchhandlung 1 - - Dresden. - - Löbl. _Arnold_'sche Buchhandlung 1 - - Herr Buchhändler _H. M. Gottschalk_ 1 - - Düsseldorf. - - Löbl. _Schaub_'sche Buchhandlung 1 - für: die Landesbibliothek. - - Elberfeld. - - Herren Buchhändler _J. Löwenstein u. Comp._ 1 - für: die Landesbibliothek. - - Elbing. - - Herr Buchhändler _Fr. L. Levin_ 1 - für: Herrn Director Dr. _Herzberg_. - - Flensburg. - - Herr Buchhändler _J. C. Korte-Jessen_ 2 - für: Herrn Oberlandesgerichts-Advocat _Fr. Johannsen_. - -- Buchhändler _Korte-Jessen_. - - Frankfurt a. M. - - Löbl. _Jäger_'sche Buchhandlung 3 - für: Herrn _W. H. Ackermann_, Lehrer a. d. Musterschule. - -- _W. C. Cartwright_ Esqu. in London. - Ungenannt. - - Herr Buchhändler _C. Jügel_ 1 - für: Herrn Dr. _F. A. Balling_, Brunnenarzt in Kissingen. - - Herr Buchhändler _J. D. Sauerländer_ 1 - für: die Stadtbibliothek. - - Löbl. _Varrentrapp_'sche Sortiments-Buchhandlung 1 - für: Herrn Justiz- und Domänenrath Dr. _Oelschläger_ - in Regensburg. - - Freiburg im Breisgau. - - Herren Buchhändler _Lippe u. Comp._ 1 - für: Herrn Pfarrverweser _Lump_ in Riegel. - - Genf. - - Herr Buchhändler _J. Kessmann_ 1 - - Giessen. - - Herr Buchhändler _G. F. Heyer Sohn_ 3 - für: die Universitätsbibliothek. - Herrn Stud. _Liebknecht_. - das Predigerseminar in Friedberg. - - Herr Buchhändler _J. Ricker_ 1 - für: Herrn Dr. _M. Carrière_. - - Glatz. - - Herr Buchhändler _E. L. Prager_ 1 - für: Herrn _Rostock_, Prinzl. Oberamtmann in Seitenberg. - - Glogau. - - Herr Buchhändler _C. Flemming_ 1 - für: die Lehrerbibliothek des kathol. Gymnasiums. - - Görlitz. - - Herr Buchhändler _G. Köhler_ 3 - für: Herrn Geh. Justizrath _Blumenthal_ in Friedersdorf - bei Greifenberg. - die Oberlausitzsche Gesellschaft der Wissenschaften. - - Göttingen. - - Herr Buchhändler _Deuerlich_ 3 - für: Herrn Hofrath Professor Dr. _Ritter_. - -- Professor Dr. _Götze_. - -- Professor Dr. _Dunker_. - - Löbl. _Dietrich_'sche Buchhandlung 1 - - Herren Buchhändler _Vandenhoeck u. Ruprecht_ 1 - für: Herrn Cand. d. Theol. _Petersen_ in Hannover. - - Gotha. - - Herr Buchhändler _Carl Glaeser_ 1 - für: die Herzogl. öffentliche Bibliothek. - - Greifswald. - - Herr Buchhändler _Otte_ 3 - für: Herrn Professor Dr. _Semisch_. - -- Professor Dr. _Boström_ in Upsala. - Ungenannt. - - Halberstadt. - - Herr Buchhändler _F. A. Helm_ 1 - - Halle. - - Herr Buchhändler _Anton_ 1 - für: Herrn. Professor Dr. _Ulrici_. - - Herr Buchhändler _Lippert u. Schmidt_ 4 - für: Herrn Professor Dr. _Schaller_. - -- Privatdocent Dr. _Weissenborn_. - -- Stud. phil. _Seifart_. - -- Dr. _Dalmer_. - - Herr Buchhändler _Rich. Mühlmann_ 2 - - Herren Buchhändler _C. H. Schwetschke u. Sohn_ 5 - - Hamburg. - - Herren Buchhändler _F. H. Nestler u. Melle_ 4 - für: die Hamburgische Stadtbibliothek. - _Osmond de Beauvoir Priaulx_ (Oxford et Cambridge - Clubb). - Sir _William Hamilton_ in _Edinburg_. - Ungenannt. - - Herren Buchhändler _Perthes, Besser u. Mauke_ 2 - für: Herrn Professor Dr. _Ullrich_. - Ungenannt. - - Hamm. - - Herr Buchhändler _C. Wickenkamp_ 1 - für: die Bibliothek des Gymnasiums. - - Hannover. - - Löbl. _Hahn_'sche Hofbuchhandlung 1 - für: die _Hahn_'sche Hofbuchhandlung. - - Löbl. _Helwing_'sche Hofbuchhandlung 2 - für: die Bibliothek der Ständeversammlung. - Herrn Advocat _Ebhardt_. - - Heidelberg. - - Herr Buchhändler _E. Mohr_ 1 - für: Herrn Kirchenrath _Rothe_. - - Herr Buchhändler _K. Winter_ 2 - für: die Grossherzogl. Hofbibliothek in Carlsruhe. - Herrn Pfarrer _Sturm_ in Buch am Ahorn. - - Jena. - - Herr Buchhändler _Fr. Frommann_ 3 - für: die Grossherzogl. Hofbibliothek in Weimar. - Ihre Durchlaucht die Prinzessin _Caroline_ von - Schaumburg-Lippe in Rudolstadt 2 Exempl. - - Kiel. - - Löbl. Akademische Buchhandlung 1 - für: Herrn Candidat _Sierck_. - - Löbl. _Schwers_'sche Buchhandlung 1 - für: Herrn Professor Dr. _Chalybaeus_. - - Königsberg. - - Löbl. _Bornträger_'sche Buchhandlung 9 - für: die Königl. akadem. Handbibliothek. - die Königl. Bibliothek. - die Bibliothek des Lyceum Hosianum in Braunsberg. - Herrn Candidat _Böttcher_ in Koewe. - -- Professor Dr. _Rosenkranz_. - -- _von Stomczewski_. - für: Herrn _Sydow_. - -- Conrector _Suck_ in Wehlau. - -- Professor Dr. _K. Lehrs_. - - Herren Buchhändler _Graefe u. Unzer_ 3 - für: Herrn Consistorialrath Dr. _Lehnerdt_. - -- Divisionsprediger Dr. _Toop_. - das Collegium Fredericianum. - - Herr Buchhändler _E. H. Mangelsdorf_ 1 - für: Herrn Subrector _G. W. A. Wechsler_. - - Kopenhagen. - - Herr Buchhändler _Eibe_ 1 - - Löbl. _Gyldendal_'sche Buchhandlung 3 - für: die Grosse Königl. Bibliothek. - die Akademie in Soröe. - Herrn _Feilberg_ und _Landmark_, Buchhändler in - Christiania. - - Herr Buchhändler _Andr. Fr. Höst_ 2 - für: Herrn Mag. Dr. _Cronholm_ in Malmö 2 Exempl. - - Herr Buchhändler _H. C. Klein_ 2 - für: Herrn _G. Plaug_, Cand. phil. - die theologische Bibliothek. - - Herr Buchhändler _C. A. Reitzel_ 4 - - Krakau. - - Herr Buchhändler _D. E. Friedlein_ 1 - für: Herrn _Goleberski_, Anwalt beim Tribunal. - - Landshut. - - Löbl. _Krüll_'sche Univ. Buchhandlung 1 - für: Herrn Appellationsgerichts-Accessist _v. Hessling_. - - Langensalza. - - Herr Buchhändler _Körner_ 1 - für: Herrn Conrector Dr. _Karl Schramm_. - - Leipzig. - - Herr Buchhändler _F. A. Brockhaus_ 2 - - Löbl. _Dyk_'sche Buchhandlung 1 - - Herr Buchhändler _C. L. Fritzsche_ 1 - für: Herrn Professor Dr. _Niedner_. - - Löbl _J. C. Hinrichs_'sche Buchhandlung 2 - für: die Stadtbibliothek. - Ungenannt. - - Herr Buchhändler _K. Fr. Köhler_ 4 - für: Herrn Hofrath _Otto_ in Dorpat. - die Universitätsbibliothek daselbst - Ungenannt. - - Herr Buchhändler _Jul. Klinkhardt_ 1 - - Herr Buchhändler _C. H. Reclam_ sen. 2 - für: Herrn Ober-Landesgerichts-Assessor _Lobedan_ in - Naumburg. - -- Gymnasiallehrer _Passow_ in Meiningen. - - Herren Buchhändler Gebr. _Reichenbach_ 1 - für: Herrn Dr. _C. Rössler_. - - Herr Buchhändler _Ludw. Schreck_ 1 - für: Herrn _W. Nemeth_, Buchhändler in Kronstadt. - - Herr Buchhändler _Leop. Voss_ 2 - für: Herrn Professor Dr. _Drobisch_. - die Universitätsbibliothek. - - Lemberg. - - Herr Buchhändler _Joh. Millikowsky_ 2 - für: Herrn Domvicar _Mich. Formanyos_. - die _Ossolinski_'sche Bibliothek. - - Liegnitz. - - Herr Buchhändler _C. E. Reisner_ 1 - für: Herrn Diaconus _Peters_. - - Lintz. - - Herren Buchhändler _Fr. Eurich u. Sohn_ 1 - für: die Stiftsbibliothek in Kremsmünster. - - London. - - Herren Buchhändler _A. Asher u. Comp._ 13 - - Herren Buchhändler _Williams u. Norgate_ 13 - - Lübeck. - - Löbl. _von Rohden_'sche Buchhandlung 1 - - Luxemburg. - - Herr Buchhändler _G. Michaelis_ 1 - für: Herrn Pastor _Drischel_. - - Magdeburg. - - Herr Buchhändler _W. Heinrichshofen_ 1 - für: Herrn Rector _Bracker_ in Hundisburg. - - Löbl. _Rubach_'sche Buchhandlung 2 - für: Herrn Criminaldirector, Oberlandesger. Rath _Fritze_. - die Stadtbibliothek. - - Mailand. - - Herr Buchhändler _Joh. Meiners u. Sohn_ 2 - - Herren Buchhändler _Tendler u. Schaefer_ 2 - für: Herrn _Marchese Gozzani_ St. Georges in Turin. - -- Abbate _Don Raimondi_ in Mailand. - - Marburg. - - Löbl. _Bayrhoffer_'sche Universitätsbuchhandlung 3 - für: die Kurfürstl. Universitätsbibliothek. - Herrn Professor Dr. _Bayrhoffer_. - -- -- -- _Franz Vorländer_. - - Herr Buchhändler _N. G. Elwert_ 1 - - Marienwerder. - - Herr Buchhändler _Alb. Baumann_ 3 - für: Herrn Oberlandesgerichts-Rath _Scherres_. - die Bibliothek der Königl. Regierung. - die Bibliothek des Königl. Gymnasiums. - - Herr Buchhändler _E. Levysohn_ 1 - für: Herrn Referendar _Döring_. - - Meiningen. - - Herr Buchhändler _W. Blum_ 1 - - Löbl. _Kesselring_'sche Hofbuchhandlung 1 - für: die Herzogl. öffentliche Bibliothek. - - Mitau. - - Herr Buchhändler _G. A. Reyher_ 1 - für: Herrn Professor Dr. _Strümpell_ in Dorpat. - - München. - - Löbl. _Literarisch-artistische Anstalt_ 2 - - Herr Buchhändler _Georg Franz_ 1 - für: die Bibliothek des Oberconsistoriums. - - Löbl. _Palm_'sche Hofbuchhandlung 1 - für: die Königl. Hof- u. Staatsbibliothek. - - Münster. - - Löbl. _Wundermann_'sche Buchhandlung 1 - für: Herrn Regimentsarzt Dr. _Rudolph_. - - Löbl. _Theissing_'sche Buchhandlung 1 - - Neisse. - - Herr Buchhändler _F. Burckhardt_ 1 - für: Herrn Graf _von Reichenbach_ auf Waltdorf. - - Nordhausen. - - Herr Buchhändler _Büchting_ 1 - - Herr Buchhändler _F. Förstemann_ 1 - für: Herrn _M. L. von Eberstein_. - - Nürnberg. - - Herr Buchhändler _J. A. Stein_ 1 - für: die Gymnasialbibliothek. - - Oldenburg. - - Löbl. _Schulze_'sche Buchhandlung 1 - für: die Grossherzogl. Oldenburgische Bibliothek. - - Paris. - - Herr Buchhändler _A. Frank_ 2 - - Herren Buchhändler _Degetau u. Comp._ 1 - für: Herrn _Rehfeld_. - - Herr Buchhändler _Klincksieck_ 6 - für: Herrn _Georg Herwegh_. - la Bibliothèque Royale. - Herrn _Victor Cousin_, Pair de France. - -- _Ad. Lafont de Ladebas_. - -- _Lerminier_. - -- _Verny_. - - Pesth. - - Herr Buchhändler _Gust. Emich_ 1 - für: Herrn _Stancsics Mihaly_. - - Herr Buchhändler _C. Geibel_ 1 - - Herr Buchhändler _C. A. Hartleben u. Altenburger_ 3 - für: Herrn Professor _August v. Széchy_. - -- Director _Cyrill von Horváth_ in Szegedin. - -- K. K. Kämmerer Graf _v. Zichy_ in Láng. - - Herr Buchhändler _Gust. Heckenast_ 1 - für: Herrn K. K. Major _Bein_. - - Herren Buchhändler _Kilian u. Comp._ 2 - für: die K. K. Universitätsbibliothek. - Herrn _Marton_. - - Herr Buchhändler _Kilian_ sen. u. _Weber_ 3 - für: Herrn _Bartholomäus von Fischer_, Profess. der - Moral und Theologie. - -- _Jos. von Urmenyi_, Königl. Rath und Obergespann. - -- _von Adamowics_. - - Petersburg. - - Herren Buchhändler _Eggers u. Comp._ 2 - für: Herrn wirkl. Staatsrath _v. Kranichfeld_. - Ungenannt. - - Posen. - - Herr Buchhändler _E. S. Mittler_ 4 - für: Herrn Regierungs-Assessor _Duncker_. - -- -- -- _Edler_. - -- -- -- _Besser_. - -- Consistorialrath _Kissling_. - - Herren Buchhändler Gebr. _Scherk_ 1 - - Herr Buchhändler _Zupaíski_ 1 - - Potsdam. - - Herr Buchhändler _Ferd. Riegel_ 1 - für: Herrn Braueigner _Müller_. - - Löbl. _Stuhr_'sche Buchhandlung 1 - - Prag. - - Herren Buchhändler _Borrosch u. André_ 1 - für: Herrn Professor Dr. _Exner_. - - Herr Buchhändler _Ehrlich_ 2 - für: Herrn Candidat der Medicin _Springer_. - -- Dr. _Smetana_. - - Herren Buchhändler _Kronberger u. Rziwnatz_ 2 - für: Herrn Professor Dr. _Bolzano_. - Ungenannt. - - Presburg. - - Herr Buchhändler _C. Fr. Wigand_ 1 - - Quedlinburg. - - Löbl. _Ernst_'sche Buchhandlung 1 - für: Herrn Geheimerath _Hertel_. - - Reichenbach. - - Herr Buchhändler _Fr. George_ 1 - für: Herrn Candidat _Peinert_ in Olbersdorf. - - Riga. - - Herr Buchhändler _J. Deubner_ 2 - für: Herrn Pastor Dr. _Martin Berkholz_. - -- Bürgermeister Ritter _v. Timm_, Magnificenz. - - Herr Buchhändler _N. Kymmel_ 1 - - Rostock. - - Herr Buchhändler _F. L. Schmidtchen_ 2 - für: Herrn Professor Dr. _Schmidt_. - Ungenannt. - - Löbl. _Stiller_'sche Hofbuchhandlung 1 - für: die Grossherzogl. Universitätsbibliothek. - - Schaffhausen. - - Löbl. _Hurter_'sche Buchhandlung 1 - für: Herrn Decan _Benker_ in Diessenhofen. - - Schwäbisch-Hall. - - Herr Buchhändler _Nitschke_ 1 - - Schweidnitz. - - Herr Buchhändler _C. F. Weigmann_ 2 - - Solothurn. - - Herr Buchhändler _L. Jent_ 1 - für: die Professorenbibliothek. - - Speyer. - - Löbl. _F. C. Neidhard_'sche Buchhandlung 1 - für: die Bibliothek des K. Gymnasiums. - - Stettin. - - Herr Buchhändler _L. Saunier_ 1 - für: die Bibliothek des Königl. Gymnasiums. - - St. Gallen. - - Herr Buchhändler _C. P. Scheitlin_ 1 - für: die Stiftsbibliothek. - - Stockholm. - - Herr Buchhändler _F. Bonnier_ 3 - - Strasburg. - - Herren Buchhändler _Treuttel u. Würtz_ 2 - für: die Bibliothek des protestantischen Seminars. - Herrn _Colany_, Candidat der Theologie. - - Herr Buchhändler _Levrault_ 1 - für: Herrn Professor _Willm_. - - Stuttgart. - - Herren Buchhändler _Beck u. Fränkel_ 1 - - Herr Buchhändler _Fr. H. Köhler_ 1 - für: Herrn Diaconus _Kornbeck_ in Marbach. - - Löbl. _J. B. Metzler_'sche Buchhandlung 1 - für: Herrn _Alexander Simon_. - - Herr Buchhändler _Paul Neff_ 2 - für: Herrn Rechtsconsulent Dr. _Steudel_. - die Königl. Handbibliothek. - - Herr Buchhändler _Rommelsbacher_ 1 - für: die Königl. öffentl. Bibliothek. - - Thorn. - - Löbl. _E. Lambeck_'sche Buchhandlung 1 - - Trier. - - Löbl. _Lintz_'sche Buchhandlung 2 - für: Herrn Ober-Amtmann _Sulz_. - -- Dr. _Montigny_, Lehrer am Gymnasium. - - Tübingen. - - Herr Buchhändler _L. F. Fues_ 8 - für: die K. Universitätsbibliothek. - die K. Seminarbibliothek. - Herrn Professor Dr. _Reiff_. - -- Stud. theol. _Jaeger_ } - -- -- -- _Schuster_ } - -- -- -- _Schnitzer_ } im Stift. - -- -- -- _Fricker_ } - -- -- -- _Koestlin_ } - - Löbl. _Zu Guttenberg_'sche Sortimentsbuchhandlung 1 - für: Herrn Pfarrer _Zotz_ in Ahldorf. - - Ulm. - - Löbl. _Stettin_'sche Sortimentsbuchhandlung 1 - für: Herrn Rechtsconsulent Dr. _Göritz_. - - Utrecht. - - Herren Buchhändler _Kemink u. Sohn_ 2 - - Wien. - - Löbl. _Fr. Beck_'sche Univ. Buchhandlung 1 - - Herren Buchhändler _Braumüller u. Seidel_ 16 - - Herren Buchhändler _C. Gerold u. Sohn_ 6 - - Herr Buchhändler _J. G. Heubner_ 1 - für: Herrn Abt _Altmann_ zu Goettweil. - - Löbl. _Jasper_'sche Buchhandlung 1 - - Herren Buchhändler _Kaulfuss Ww., Prandel u. Comp._ 2 - - Herren Buchhändler _Mörschner's Ww. u. Bianchi_ 2 - - Herr Buchhändler _P. Rohrmann_ 3 - für: die K. K. Hofbibliothek. - die K. K. Universitätsbibliothek. - Herrn Dr. _Dworzak_. - - Herren Buchhändler _Schaumburg u. Comp._ 2 - für: Herrn Baron _Nicolaus Mattencloit_. - - Löbl. Fr. _Volke_'sche Buchhandlung 1 - für: Herrn Hofrath _v. Witteczek_. - - Herr Buchhändler _J. B. Wallishauser_ 1 - für: Herrn Baron _v. Locella_. - - Herren Buchhändler _Wimmer, Schmidt u. Leo_ 3 - für: Herrn Dr. med. _Lederer_. - -- Edler _von Hasner_. - Ungenannt. - - Wiesbaden. - - Löbl. _Friedrich_'sche Buchhandlung 1 - für: die Herzogl. Nassauische öffentl. Landesbibliothek. - - Herr Buchhändler _C. W. Kreidel_ 1 - für: Herrn Collaborator _Seyberth_ in Weilburg. - - Wittenberg. - - Löbl. _Zimmermann_'sche Buchhandlung 1 - für: die Bibliothek des Gymnasiums. - - Würzburg. - - Löbl. _Stahel_'sche Buchhandlung 1 - für: Herrn Rector Professor Dr. _Franz Hoffmann_. - - Herr Buchhändler _Ludw. Stabel_ 1 - für: Herrn Rechtspraktikant Dr. _Reder_. - - Züllichau. - - Herr Buchhändler _H. Sporleder_ 1 - für: die Bibliothek der Realschule in Meseritz. - - Zürich. - - Herren Buchhändler _Meyer u. Zeller_ 2 - für: Herrn Dr. _Mager_. - -- Professor Dr. _Bobrich_. - - Herren Buchhändler _Orell, Füssli u. Comp._ 2 - - Herr Buchhändler _Fr. Schulthess_ 2 - für: Herrn Regierungsrath _Hotz_ in Balchrist. - -- Vicar _Fries_. - - - - Johann Gottlieb Fichte's - - - von seinem Sohne herausgegebene sämmtliche Werke liegen nun - vollständig in acht Bänden dem Publicum vor. Der Umfang des - Ganzen beträgt gegen 300 Bogen und den Preis von 15 Thalern - lassen wir vorläufig fortbestehen. - - Die Abtheilungen der Gesammtwerke werden auch besonders verkauft, - und zwar: - - 1) Erste Abtheilung. Zur theoretischen Philosophie. Thlr. 5. - Band I. und II. - 2) Zweite Abtheilung. A. Zur Rechts- und Sittenlehre. Thlr. 5. - Band III. und IV. - 3) Zweite Abtheilung. B. Religionsphilosophische Thlr. 2 1/3. - Schriften. Band V. - 4) Dritte Abtheilung. Populär-philosophische Schriften. Thlr. 6. - Band VI., VII. und VIII. - - Einer ganz besondern Verbreitung fähig sind namentlich die - _Zweite Abtheilung_ B. (3) und die _Dritte_ (4), welche in die - politische und religiöse Bewegung der Gegenwart so unmittelbar - eingreifen, dass kein denkender Beobachter der Zeit sie ungelesen - lassen darf. In den genannten Abtheilungen ist _Fichte_ weniger - speculativer Philosoph als begeisterter Volksredner, der nächst - Luther und Lessing das kräftigste Deutsch geschrieben hat. Diese - vier Bände wird Niemand entbehren können, _der die deutschen - Classiker in seiner Bibliothek vereinigen will_. - - - Die zweite Abtheilung B. enthält: - - Aphorismen über Religion und Deismus, aus dem Jahre 1790. - - Versuch einer Kritik aller Offenbarung, 1792. - - Ueber den Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung, - 1798. - - Appellation an das Publicum gegen die Anklage des Atheismus, 1799. - - Gerichtliche Verantwortung gegen die Anklage des Atheismus, 1799. - - Rückerinnerungen, Antworten, Fragen. (Ungedruckt, aus dem Anfange - 1799). - - Aus einem Privatschreiben, im Jänner 1800. - - Die Anweisung zum seligen Leben, oder auch die Religionslehre, 1806. - - - Die dritte Abtheilung enthält: - - Zurückforderung der Denkfreiheit von den Fürsten Europens, die sie - bisher unterdrückten, 1793. - - Beiträge zur Berichtigung der Urtheile des Publicums über die - französische Revolution, 1793. - - Einige Vorlesungen über die Bestimmung des Gelehrten, 1794. - - Ueber das Wesen des Gelehrten, und seine Erscheinungen im Gebiete - der Freiheit, 1805. - - Ueber die einzig mögliche Störung der akademischen Freiheit, 1812. - - Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters, 1804. - - Reden an die deutsche Nation, 1808. - - Anhang zu den Reden an die deutsche Nation, geschrieben im Jahre - 1806. (Ungedruckt). - - Politische Fragmente aus den Jahren 1807 und 1813. (Ungedruckt). - A. Bruchstücke aus einem unvollendeten politischen Werke vom - Jahre 1806-7. - 1) Episode über unser Zeitalter. - 2) Die Republik der Deutschen. - B. Aus dem Entwurfe einer politischen Schrift im Jahre 1813. - C. Excurse zur Staatslehre, 1813. - 1) Ueber Errichtung des Vernunftreiches. - 2) Ueber Zufall, Loos, Wunder. - 3) Ueber die Ehe, den Gegensatz von altem und neuen Staate - und Religion u. s. w. - - Nicolai's Leben und sonderbare Meinungen, 1801. - - Deducirter Plan einer zu Berlin zu errichtenden höheren Lehranstalt, - 1807. - Beilagen zum Universitätsplane (Ungedruckt): - a. Plan zu einem periodischen schriftstellerischen Werke an - einer deutschen Universität, 1805. - b. Rede bei einer Ehrenpromotion an der Universität zu - Berlin, am 16. April 1811. - - Vermischte Aufsätze: - A. Beweis der Unrechtmässigkeit des Büchernachdruckes, ein - Räsonnement und eine Parabel, 1791. - B. Zwei Predigten aus dem Jahre 1791 (Ungedruckt). - C. Ueber Geist und Buchstab in der Philosophie, 1794. - D. Von der Sprachfähigkeit und dem Ursprunge der Sprache, 1795. - E. Ueber Belebung und Erhöhung des Interesse an Wahrheit, 1795. - F. Aphorismen über Erziehung, 1804 (Ungedruckt). - G. Bericht über die Wissenschaftslehre und die bisherigen - Schicksale derselben, 1806 (Ungedruckt). - - Recensionen von: - A. Creuzers skeptischen Betrachtungen über die Freiheit des - Willens, 1793. - B. Gebhard über sittliche Güte, 1793. - C. Kant zum ewigen Frieden, 1796. - - Poesien und metrische Uebersetzungen: - A. Das Thal der Liebenden, Novelle, 1786 (Ungedruckt). - B. Kleinere Gedichte, (meist ungedruckt). - C. Uebersetzungen aus dem Portugiesischen, Spanischen und - Italiänischen, (meist ungedruckt). - - Veit & Comp. - - - - -Anmerkungen zur Transkription - - -Die »Liste der Unterzeichner auf Fichte's sämmtliche Werke« wurde vom -Anfang an das Ende des Buches verschoben. - -Hervorhebungen, die im Original g e s p e r r t sind, wurden mit -Unterstrichen wie _hier_ gekennzeichnet. Textstellen, die im Original -kursiv gesetzt sind, wurden ^so^ markiert. - -Die variierende Schreibweise des Originales wurde weitgehend -beibehalten. Lediglich offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert -wie hier aufgeführt (vorher/nachher): - - [S. 1020]: - ... ihm -- sein Geschichtschreiber sagt dies an seiner Urne mit ... - ... ihm -- sein Geschichtsschreiber sagt dies an seiner Urne mit ... - - [S. 1039]: - ... nicht eine ansgemachte Wahrheit unter allen alten - Schriftstellern ... - ... nicht eine ausgemachte Wahrheit unter allen alten - Schriftstellern ... - - [S. 1064]: - ... Resensionen herumblättern will, wird auf die oben angeführten - Aeusserungen ... - ... Recensionen herumblättern will, wird auf die oben angeführten - Aeusserungen ... - - [S. 1076]: - ... Oder hat etwa das deutsche Publicum bisjetzt in allem ... - ... Oder hat etwa das deutsche Publicum bis jetzt in allem ... - - [S. 1105]: - ... noch auschaulicher zu machen: -- Der Stoff, welchen der - Meister ... - ... noch anschaulicher zu machen: -- Der Stoff, welchen der - Meister ... - - [S. 1124]: - ... sich verleiten, dem Widerspuche zu widersprechen, so müsste ... - ... sich verleiten, dem Widerspruche zu widersprechen, so müsste ... - - [S. 1141]: - ... als den üblichen Fleiss uud Berufstreue gerechnet werden; - indem ... - ... als den üblichen Fleiss und Berufstreue gerechnet werden; - indem ... - - [S. 1144]: - ... wie späterhin die Regularen es sollen, zu einem - geinschaftlichen ... - ... wie späterhin die Regularen es sollen, zu einem - gemeinschaftlichen ... - - [S. 1151]: - ... oder Relegation, oder dess etwas stattfinde. Durch die ... - ... oder Relegation, oder dass etwas stattfinde. Durch die ... - - [S. 1163]: - ... möchten auch an diese Lehrer für diese eigenlich nicht im ... - ... möchten auch an diese Lehrer für diese eigentlich nicht im ... - - [S. 1241]: - ... noch zeugen kann, und die Kiuder dieser Kinder: und ziehe ... - ... noch zeugen kann, und die Kinder dieser Kinder: und ziehe ... - - [S. 1241]: - ... Es sagen zwar freilich verleumderiche Zungen, dass das ... - ... Es sagen zwar freilich verleumderische Zungen, dass das ... - - [S. 1277]: - ... Erfahrung als solche bewährt haben. Aber das einige - Unabhängige ... - ... Erfahrung als solche bewährt haben. Aber das einzige - Unabhängige ... - - [S. 1317]: - ... gelernten Zeichen nachher auch in seiner Famile. ... - ... gelernten Zeichen nachher auch in seiner Familie. ... - - [S. 1331]: - ... mehrere zusammen machen Einen Begriff aus und werpen ... - ... mehrere zusammen machen Einen Begriff aus und werden ... - - [S. 1348]: - ... so gerinfügig der Gegenstand auch seyn möge, irre, oder im ... - ... so geringfügig der Gegenstand auch seyn möge, irre, oder im ... - - [S. 1352]: - ... fest, frei und kühn au jede Untersuchung mich wagen darf, ... - ... fest, frei und kühn an jede Untersuchung mich wagen darf, ... - - [S. 1457]: - ... einer höheren Giückseligkeit, ein geheimes Verlangen, auf dem ... - ... einer höheren Glückseligkeit, ein geheimes Verlangen, auf dem ... - - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Sämmtliche Werke 8: Vermischte -Schriften und Aufsätze, by Johann Gottlieb Fichte - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK SÄMMTLICHE WERKE 8: *** - -***** This file should be named 51359-8.txt or 51359-8.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/1/3/5/51359/ - -Produced by Karl Eichwalder, Jens Sadowski, and the Online -Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net This -book was produced from scanned images of public domain -material from the Google Books project. - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. 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It -exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations -from people in all walks of life. - -Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's -goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg-tm and future -generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see -Sections 3 and 4 and the Foundation information page at -www.gutenberg.org - - - -Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation - -The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit -501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the -state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal -Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification -number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by -U.S. federal laws and your state's laws. - -The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the -mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its -volunteers and employees are scattered throughout numerous -locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt -Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to -date contact information can be found at the Foundation's web site and -official page at www.gutenberg.org/contact - -For additional contact information: - - Dr. Gregory B. Newby - Chief Executive and Director - gbnewby@pglaf.org - -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. - -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. Compliance requirements are not uniform and it takes a -considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up -with these requirements. We do not solicit donations in locations -where we have not received written confirmation of compliance. To SEND -DONATIONS or determine the status of compliance for any particular -state visit www.gutenberg.org/donate - -While we cannot and do not solicit contributions from states where we -have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition -against accepting unsolicited donations from donors in such states who -approach us with offers to donate. - -International donations are gratefully accepted, but we cannot make -any statements concerning tax treatment of donations received from -outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff. - -Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation -methods and addresses. 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Thus, we do not -necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper -edition. - -Most people start at our Web site which has the main PG search -facility: www.gutenberg.org - -This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. - diff --git a/old/51359-8.zip b/old/51359-8.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index 61bdebc..0000000 --- a/old/51359-8.zip +++ /dev/null diff --git a/old/51359-h.zip b/old/51359-h.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index 9971978..0000000 --- a/old/51359-h.zip +++ /dev/null diff --git a/old/51359-h/51359-h.htm b/old/51359-h/51359-h.htm deleted file mode 100644 index e60e37d..0000000 --- a/old/51359-h/51359-h.htm +++ /dev/null @@ -1,25525 +0,0 @@ -<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Strict//EN" -"http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-strict.dtd"> -<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" lang="de" xml:lang="de"> -<head> -<meta http-equiv="Content-Type" content="text/html;charset=iso-8859-1" /> -<title>The Project Gutenberg eBook of Sämmtliche Werke 8: Vermischte Schriften und Aufsätze, by Johann Gottlieb Fichte</title> - <link rel="coverpage" href="images/cover-page.jpg" /> - <!-- TITLE="Sämmtliche Werke 8: Vermischte Schriften und Aufsätze" --> - <!-- AUTHOR="Johann Gottlieb Fichte" --> - <!-- EDITOR="J. 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You may copy it, give it away or re-use it under the terms of -the Project Gutenberg License included with this eBook or online at -www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - -Title: Sämmtliche Werke 8: Vermischte Schriften und Aufsätze - Nicolai's Leben und sonderbare Meinungen / Deducirter Plan - einer zu Berlin zu errichtenden höheren Lehranstalt / - Beweis der Unrechtmässigkeit des Büchernachdrucks und - andere Aufsätze / Recensionen / Poesien und metrische - Uebersetzungen - -Author: Johann Gottlieb Fichte - -Editor: Immanuel Hermann Fichte - -Release Date: March 5, 2016 [EBook #51359] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK SÄMMTLICHE WERKE 8: *** - - - - -Produced by Karl Eichwalder, Jens Sadowski, and the Online -Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net This -book was produced from scanned images of public domain -material from the Google Books project. - - - - - - -</pre> - - -<div class="titlematter"> -<h1 class="title"> -<span class="line1">Johann Gottlieb Fichte’s</span><br /> -<span class="line2">sämmtliche Werke.</span> -</h1> - -<p class="tb"> -——— -</p> - -<p class="edt"> -<span class="line1">Herausgegeben</span><br /> -<span class="line2">von</span><br /> -<span class="line3">I. H. FICHTE.</span> -</p> - -<p class="tb"> -——— -</p> - -<p class="vol"> -<span class="line1">Achter Band.</span> -</p> - -<hr /> - -<p class="pub"> -<span class="line1">Berlin, 1846.</span><br /> -<span class="line2">Verlag von Veit und Comp.</span> -</p> - -</div> - -<div class="titlematter"> -<p class="title"> -<span class="line1">Johann Gottlieb Fichte’s</span><br /> -<span class="line2">sämmtliche Werke.</span> -</p> - -<p class="tb"> -——— -</p> - -<p class="edt"> -<span class="line1">Herausgegeben</span><br /> -<span class="line2">von</span><br /> -<span class="line3">I. H. FICHTE.</span> -</p> - -<p class="tb"> -——— -</p> - -<p class="dep"> -<span class="line1">Dritte Abtheilung.</span><br /> -<span class="line2">Populärphilosophische Schriften.</span> -</p> - -<p class="vol"> -<span class="line1">Dritter Band:</span><br /> -<span class="line2">Vermischte Schriften und Aufsätze.</span> -</p> - -<hr /> - -<p class="pub"> -<span class="line1">Berlin, 1846.</span><br /> -<span class="line2">Verlag von Veit und Comp.</span> -</p> - -</div> - -<h2 class="l2s part" id="part-1"> -<a id="page-III" class="pagenum" title="III"></a> -<span class="line1">Inhaltsanzeige</span><br /> -<span class="line2">des achten Bandes.</span> -</h2> - -<div class="table"> -<table class="toc1" summary="Table-1"> -<tbody> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2"> </td> - <td class="col3">Seite</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">1)</td> - <td class="col2">Nicolai’s Leben und sonderbare Meinungen, 1801</td> - <td class="col3"><a href="#page-3">3</a>-<a href="#page-93">93</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">2)</td> - <td class="col2">Deducirter Plan einer zu Berlin zu errichtenden höheren Lehranstalt, 1807</td> - <td class="col3"><a href="#page-97">97</a>-<a href="#page-204">204</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Beilagen zum Universitätsplane (ungedruckt):</td> - <td class="col3"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">a. Plan zu einem periodischen schriftstellerischen Werke an einer deutschen Universität, 1805</td> - <td class="col3"><a href="#page-207">207</a>-<a href="#page-216">216</a></td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">b. Rede bei einer Ehrenpromotion an der Universität zu Berlin, am 16. April 1811</td> - <td class="col3"><a href="#page-216">216</a>-<a href="#page-219">219</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">3)</td> - <td class="col2">Vermischte Aufsätze:</td> - <td class="col3"> </td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">A. Beweis der Unrechtmässigkeit des Büchernachdrucks, ein Räsonnement und eine Parabel, 1791</td> - <td class="col3"><a href="#page-223">223</a>-<a href="#page-244">244</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">B. Zwei Predigten aus dem Jahre 1791 (ungedruckt)</td> - <td class="col3"><a href="#page-245">245</a>-<a href="#page-269">269</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">C. Ueber Geist und Buchstab in der Philosophie, 1794</td> - <td class="col3"><a href="#page-270">270</a>-<a href="#page-300">300</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">D. Von der Sprachfähigkeit und dem Ursprunge der Sprache, 1795</td> - <td class="col3"><a href="#page-301">301</a>-<a href="#page-341">341</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">E. Ueber Belebung und Erhöhung des Interesse an Wahrheit, 1795</td> - <td class="col3"><a href="#page-342">342</a>-<a href="#page-352">352</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">F. Aphorismen über Erziehung, 1804 (ungedruckt)</td> - <td class="col3"><a href="#page-353">353</a>-<a href="#page-360">360</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">G. Bericht über die Wissenschaftslehre und die bisherigen Schicksale derselben, 1806 (ungedruckt)</td> - <td class="col3"><a href="#page-361">361</a>-<a href="#page-407">407</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">4)</td> - <td class="col2">Recensionen:</td> - <td class="col3"> </td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">A. Von Creuzers skeptischen Betrachtungen über die Freiheit des Willens, 1793</td> - <td class="col3"><a href="#page-411">411</a>-<a href="#page-417">417</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">B. Von Gebhard über sittliche Güte, 1793</td> - <td class="col3"><a href="#page-418">418</a>-<a href="#page-426">426</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">C. Von Kant zum ewigen Frieden, 1796</td> - <td class="col3"><a href="#page-427">427</a>-<a href="#page-436">436</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">5)</td> - <td class="col2">Poesien und metrische Uebersetzungen:</td> - <td class="col3"> </td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">A. Das Thal der Liebenden, Novelle, 1786 (ungedruckt)</td> - <td class="col3"><a href="#page-439">439</a>-<a href="#page-459">459</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">B. Kleinere Gedichte (meist ungedruckt)</td> - <td class="col3"><a href="#page-460">460</a>-<a href="#page-471">471</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">C. Uebersetzungen aus dem Portugiesischen, Spanischen und Italiänischen (meist ungedruckt)</td> - <td class="col3"><a href="#page-472">472</a>-<a href="#page-479">479</a></td> - </tr> -</tbody> -</table> -</div> - -<h2 class="part" id="part-2"> -<a id="page-V" class="pagenum" title="V"></a> -<span class="line1">Vorrede des Herausgebers.</span> -</h2> - -<p class="first"> -<span class="firstchar">D</span>er vorliegende achte Band der Werke enthält Alles, was -von gedruckten und von ungedruckten Aufsätzen vermischten -Inhaltes der Aufbewahrung werthgehalten wurde, und -was im dritten Theile der „Nachgelassenen Werke“ noch -nicht erschienen ist. Diese beiden Bände stehen daher in -nächster ergänzender Beziehung zueinander. -</p> - -<p> -Die Schrift, welche hier die Reihe eröffnet: „Nicolai’s -Leben und sonderbare Meinungen“ (1801), wird bei ihrem -Wiedererscheinen, da ihr Gegenstand unserer unmittelbaren -Erinnerung und unserem parteinehmenden Interesse entrückt -ist, wohl so heiter und so objectiv aufgenommen werden, -als sie ursprünglich entworfen ward. Gleichwie wir aus -den Selbstbekenntnissen des Dichters wissen, dass er sich -mit dem ihm Feindlichen am Sichersten versöhnt habe, indem -er es zum Gegenstande poetischer Darstellung machte: -so ist es die ächte, überwindende und abschliessende Polemik -des Denkers, wenn er das Gegnerische aus seinem -Principe begreift und in der unwillkürlichen Consequenz seiner -Verkehrtheit erschöpfend darlegt. Als Beispiel dieses -<a id="page-VI" class="pagenum" title="VI"></a> -Humors der Gründlichkeit wird das kleine Werk eine eigenthümliche -Stelle behaupten neben den wenigen polemischen -Musterstücken unserer Literatur. Das dreizehnte oder Schlusscapitel -aus demselben: „Von den letzten Thaten, dem Tode -und der wunderbaren Wiederbelebung unseres Helden,“ -(Bd. VIII. S. 89 ff.) welches der ursprüngliche Abdruck nur -bruchstückweise enthält (S. 128 ff.), ist zwar im Manuscripte -noch vollständig vorhanden; doch bleibt es, aristophanischer -Derbheiten voll, auch jetzt kaum mitzutheilen. -</p> - -<p> -Der „Universitätsplan“ gehört in jene Reihe von Entwürfen -zur Umgestaltung der gesammten Nationalbildung, -von denen wir in der Vorrede zum siebenten Bande Bericht -erstattet. Er schrieb ihn auf Anregung des damaligen -preussischen Cabinetsraths Beyme, der in Betreff desselben -„sein ganzes Vertrauen auf ihn setzte“ und bei dem Entwurfe -selbst ihn davon lossprach, „an das Alte und Ueberlieferte -sich zu binden“ (Worte aus einem ungedruckten -Briefe des Letzteren). -</p> - -<p> -So entstand jener Plan auf einer völlig neuen Grundlage -des Begriffes einer Universität, und war ebenso auf -ein neues Ziel gerichtet. In ersterer Beziehung wurde geltend -gemacht, dass die Universität weit weniger Lehranstalt -seyn solle, als Bildungsschule des freien Verstandesgebrauches: -leitender Grundsatz sey, durchaus nichts mündlich zu -lehren, was auch im Drucke vorliege und auf diese Weise -weit besser und sicherer an den Zögling gebracht werden -könne; vielmehr solle der akademische Unterricht nur in -dem ununterbrochenen und innigen Wechselverkehr zwischen -Lehrer und Lernenden bestehen, in Modificationen, welche -der Plan ausführlich darlegt, um eben dadurch zur „Kunstschule -des wissenschaftlichen Verstandesgebrauches“ sich -<a id="page-VII" class="pagenum" title="VII"></a> -zu erheben. Als Ziel aber wurde gezeigt, dass dem Zöglinge -dieser Kunstschule nach dem Eigenthümlichen seines -Talentes und nach dem Ergebnisse seines Fleisses und seiner -Ausbildung, auch die sichere Aussicht auf die höchsten -Staatsämter eröffnet werde, ohne dass dabei, wie bisher, -dem Stande oder sonstigen zufälligen Unterschieden der geringste -Einfluss bleibe, damit der auch von daher neu umgestalteten -Staatsverwaltung (auf Preussen wurde nemlich dabei -zuerst gerechnet) die höchste Blüthe der Wissenschaft -und des Talentes zu steter Erfrischung und Selbsterneuerung -immerfort zu Gute komme. -</p> - -<p> -Es ist leicht erklärbar, nachdem zugleich die oberste -Leitung der Universitätsangelegenheiten in andere Hände gekommen -war, warum unter den damaligen Umständen, die -guten Theiles noch jetzt fortdauern, ein solcher Plan, sowohl -in seinem Ausgangspuncte, als in seiner letzten Absicht, unausführbar -befunden werden musste. Berlin wurde eine -Hochschule, wie jede andere auch; und was ihr höheren -Glanz verlieh, war nicht das Vollkommene oder Rationellere -ihrer ursprünglichen Organisation, sondern der Ruf einzelner -Lehrer, die verschwenderische Fülle der Lehrmittel, welche -sie darbot, endlich das äussere Ansehen, das ihre eigenthümliche -Stellung in der Nähe der obersten Regierungsgewalten -ihr verlieh. -</p> - -<p> -Dies Verhältniss erzeugte jedoch im weiteren Verlaufe -eine andere, also noch nie dagewesene Erscheinung. Man -sah vor Augen, wie mächtig der Einfluss der Wissenschaft -sey auf die geistigen Bewegungen der Zeit, und so empfahl -es sich als höchste Maxime der Staatsklugheit, eine Universität -vor allen Dingen zur Bildungsanstalt künftiger Beamten zu -stempeln, und den Geist derselben den jedesmal herrschenden -<a id="page-VIII" class="pagenum" title="VIII"></a> -Wünschen und Absichten der Regierung anzupassen. Hätte -man bedacht, was eigentlich in diesem Grundsatze liegt, -und könnte es gelingen, consequent ihn durchzuführen, so -würde ans Licht kommen, dass er in Wahrheit nichts Geringeres -fordert, als jeden Keim der Zukunft der jedesmaligen -Gegenwart aufzuopfern und so den Stillstand zu verewigen! -</p> - -<p> -Wird nun irgend einmal unter den Gegenständen, welche -in unserem Vaterlande einer nothwendigen Umgestaltung -entgegengehen, die Reihe auch an unsere Universitäten kommen; -wird man sich sodann die Frage zur klaren Entscheidung -bringen müssen, ob sie auch künftig bloss Pflanzschulen -für Beamte seyn sollen, oder wirklich und ungeschmälert -freie Pflegerinnen der Wissenschaft, von denen der erste -Antrieb zu jedem Weiterschreiten im Staate selber ausgehen -müsse: so wird man gewiss auf denselben höchsten Grundsatz -und wenigstens auf ähnliche Einrichtungen zurückkommen -müssen, wie sie in Fichte’s Universitätsplane vorgeschlagen -sind, und dieser näheren oder ferneren Zukunft mag dann -eine erneuerte Erwägung desselben vorbehalten bleiben. — -</p> - -<p> -Von den nun folgenden „vermischten Aufsätzen“ schien -uns jeder beachtenswerth in verschiedener Beziehung, als -Zeugniss von den Interessen, welchen sich Fichte’s Geist zu -verschiedenen Zeiten zugewandt. Ehe er ganz von der Kantschen -Philosophie dahingenommen wurde, war es sein höchstes -Ziel, sich zum Kanzelredner zu bilden: was er darin -erstrebte und für das Rechte hielt, mögen die abgedruckten -Predigten zeigen, zusammengehalten mit der schon früher, -im dritten Bande der „Nachgelassenen Werke“ (S. 209.), -mitgetheilten. Alle drei scheinen uns nicht ohne urkundliche -<a id="page-IX" class="pagenum" title="IX"></a> -Kraft und Eigenthümlichkeit, den künftigen wissenschaftlich-popularen -Redner ankündigend. -</p> - -<p> -Von den weiteren Abhandlungen müssen wir „die Briefe -über Geist und Buchstab in der Philosophie“ (1794, ursprünglich -für Schillers Horen bestimmt) auszeichnen. Sie -stammen aus der ersten, frischesten Zeit der Erfindung seines -Systemes, und geben zugleich am Ausführlichsten von -seinen ästhetischen Principien Kunde. Der ästhetische Trieb -wird darin als das Mittlere zwischen dem Erkenntniss- und -dem praktischen Triebe bezeichnet, als das Ideelle, die Vernunft, -aber in Form der Natur, der <em class="italic">Unmittelbarkeit</em> des Bewusstseyns, -wodurch der ästhetische Sinn, beiden Welten -angehörend, beide eben vermitteln kann, weil Vernunft und -Natur in ihm auf ursprüngliche Weise als Eins gesetzt sind. -So hätte, diesem unmittelbarsten Entwurfe seines Systemes -nach, die Aesthetik die dritte vermittelnde Disciplin zwischen -den beiden Theilen der Wissenschaftslehre, dem theoretischen -und dem praktischen, seyn sollen, — eine Auffassung, welcher -indess keine weitere Folge gegeben worden ist, wiewohl sie -auch in Fichte’s Sittenlehre (Bd. IV. S. 353.) noch dem Begriffe -des Schönen und der Kunst zu Grunde gelegt wird, -indem er das Princip derselben dort also bezeichnet: „dass -die schöne Kunst den <em class="italic">transscendentalen Gesichtspunct</em>“ (den -der Vernunft) „zum gemeinen“ (unmittelbaren) „mache.“ -Wir finden in dieser Bestimmung keinen wesentlichen Unterschied -von der in den späteren Systemen, das Schöne sey -die Idee in sinnlicher Unmittelbarkeit, vielmehr dasselbe, wiewohl -noch unausgeführt und in unbestimmtem Umrisse. Nur -dies hinderte bei Fichte die fruchtbare Entfaltung dieses Gedankens, -dass ihm das eigentlich nächste und unmittelbarste -Gebiet dieses Sinnlichwerdens der Idee, die Natur, fortwährend -<a id="page-X" class="pagenum" title="X"></a> -<em class="italic">blosse</em> Sinnenwelt, ein schematisches, der Idee untheilhaftes -Bewusstseyn blieb. Er konnte kein <em class="italic">Naturschönes</em> anerkennen, -und <em class="italic">deshalb</em> musste er auf die Frage, wo die Welt -des schönen Geistes sey, antworten: „Innerlich in der Menschheit, -<em class="italic">und sonst nirgends</em>“ (S. 354.). Diese Ausschliesslichkeit -gegen die Natur tritt nun in jener Abhandlung noch -nicht hervor: das neue Princip sucht noch das Reich der -Wahrheit sich zu gewinnen, ohne genau die Grenzen abzustecken -oder Etwas von sich auszuschliessen, und solche -ursprünglichen Urtheile müssen immer für die bezeichnendsten -und dem eigentlichen Sinne des Principes gemässesten -gehalten werden.<a class="fnote" href="#footnote-1" id="fnote-1">[1]</a> Vielleicht auch eines Kunsturtheils wegen -kann der Aufsatz für merkwürdig gelten. In jener Zeit, -als ganz andere Dichter das Publicum beherrschten, verkündete -er, als einer der frühesten, die Grösse des Goetheschen -Dichtergeistes, nicht in seinen damals allein etwa beliebten -Jugendwerken, sondern in seinen späteren Dichtungen, -indem es ihnen gelungen sey, gerade durch Mässigung -der höchsten Kraft, die in sich harmonische Schönheit darzustellen. — -</p> - -<p> -Die Abhandlung: „über Sprachfähigkeit und Ursprung -der Sprache“ wird auf den ersten Anblick vielleicht merkwürdig -erscheinen durch das befremdliche Resultat, auf -<a id="page-XI" class="pagenum" title="XI"></a> -welches sie hinausgeht. Entschieden ist wenigstens, dass -Fichte späterhin die Sprache nicht bloss mehr für freies Erzeugniss -einer schon ausgebildeten Vernunftthätigkeit hielt, -wiewohl zuzugeben ist, dass er die volle Bedeutung der -Sprache überhaupt zur Verwirklichung des Vernunftbewusstseyns -im <em class="italic">Einzelsubjecte</em>, in keiner von seinen wissenschaftlichen -Darstellungen vollständig gewürdigt hat. -</p> - -<p> -Dennoch war der Grund von diesem Allem, wie eben -aus jener Abhandlung deutlich erhellt, ein tiefer und ächt -idealistischer. Die Vernunft ist das Ursprünglichste, Selbstständigste, -Unabhängigste im Menschen; sie bedarf zu ihrer -Wirklichkeit nicht, sich an Tonbildern zu befestigen, die sie -vielmehr — (so sah man überhaupt damals dies Verhältniss -an) — nur in zufällig willkürlicher Gestaltung aus sich hervorbringt. -Statt sprechend, kann sie sich daher auch in der stolzen -Innerlichkeit des Schweigens genügen. Deshalb behauptete er, -dass man die Tonsprache für viel zu wichtig gehalten habe, -wenn geglaubt worden sey, dass ohne sie kein Vernunftgebrauch -habe stattfinden können. So war er auch bei anderer -Gelegenheit auf die Frage: ob man nur in Worten zu -denken vermöge, geneigt, darauf mit Nein zu antworten, wo -jedoch die genauere Selbstbeobachtung ihn im Stiche lässt. -</p> - -<p> -Es sey daher gestattet auf den gegenwärtigen Standpunct -dieser Frage einen Blick zu werfen, um das Verhältniss -jener Abhandlung zur philosophischen Sprachwissenschaft -der Gegenwart bestimmter festzustellen. Seit W. von -Humboldts Untersuchungen über diesen Gegenstand steht -fest, dass von der Vorstellung, die auch Fichte hier vertritt, -die Tonsprache sey erst ein Product des Bedürfnisses bei -schon erwachter Vernunftthätigkeit gewesen, völlig abgesehen -<a id="page-XII" class="pagenum" title="XII"></a> -werden müsse. Das tonbildende Vermögen, so zeigte -Humboldt, ist ein durchaus ursprüngliches, vom Seyn des -Menschen unabtrennliches, mit unwillkürlicher Kraft, aber in -tiefer Gesetzlichkeit, sich Luft machend: — was er nun an -einer vergleichenden Physiologie und Semiotik der Laute -weiter durchführt und mit grossem Reichthume der Beobachtung -im Einzelnen begründet. Bis so weit nun, als Humboldt -hierin führt, und von dieser Seite, ist der Grund und -Ursprung der Sprachbildung aufgedeckt; aber die eigentliche -Mitte des Problems ist damit noch nicht erreicht worden. -Dies zum Bewusstseyn zu bringen, ist Fichte’s Abhandlung -geeignet, die zugleich noch eine andere, von jener unabtrennliche -Frage anregt, die Frage über das Verhältniss der -Zeichen- zur Tonsprache. -</p> - -<p> -Die erstere macht er zur <em class="italic">Ursprache</em>, und fügt hinzu, -dass sich diese vielleicht erst nach Jahrtausenden in Gehörsprache -verwandelt habe, weil für Ausbildung der letzteren -schon eine wirkliche Thätigkeit der Vernunft vorauszusetzen -sey, wie er dies im weiteren Verlaufe der Abhandlung an -der Erzeugung der grammatischen Formen ausführlich nachweist. -Dies ist ein bedeutender Wink, der nur weiter auszubilden -wäre, und auch der dabei geforderte Zeitverlauf -ist ein wichtiges, wohl zu beachtendes Moment. -</p> - -<p> -Zunächst jedoch muss es als ungerechtfertigt erscheinen, -Zeichen- und Tonsprache in ihrem unmittelbaren Ursprunge -überhaupt von einander zu trennen, und diese später entstehen -zu lassen. Unstreitig treten beide ursprünglich <em class="italic">mit</em> einander -hervor, und gehen sogar noch immer, wie wir täglich -bei lebhaft Sprechenden bemerken können, sich ergänzend -und unterstützend nebeneinander her; ja bei Armuth der -<a id="page-XIII" class="pagenum" title="XIII"></a> -Tonsprache (wie im Chinesischen), oder bei dem Mangel -derselben (wie in Taubstummheit), kann die Zeichensprache -durch Reflexion und Absicht ebenso zur articulirten gesteigert -werden, wie jene. Dennoch hat Fichte recht: nur allmählig, -im Zeitverlaufe, wird die Tonsprache zum gegliederten -Sprachorganismus, indem die bewusstwerdende Vernunft, -das Denken, immer reicher in sie sich einbildet. -</p> - -<p> -Hier sind wir nun, dem unmittelbaren Anscheine nach, -in einen Cirkel gerathen, zu dessen Vermeidung Fichte eben -seine Hypothese von dem allmähligen Uebergange der Zeichen- -in Tonsprache ersann. Ohne Vernunftgebrauch keine -Sprache; aber wie vermag umgekehrt die Vernunft sich auszubilden, -wenn sie nicht eine Sprache vorfindet, als das gefügige -Element ihrer eigenen Verwirklichung? Was ist hier -das Erste, was das Letzte? Fichte hat, seinem Principe gemäss, -der Vernunft den Primat gegeben, und was schon -seine nächsten Vorgänger behaupteten, in der Abhandlung -mit neuen, in ihrer Begrenzung schwer zu widerlegenden -Gründen durchgeführt: die Sprache kann nur allmählig entwickelt -seyn durch die steigende Vernunftthätigkeit. Die -entgegengesetzte Ansicht (Bonalds, Franz Baders, Fr. Schlegels -u. A.) legt den Nachdruck auf die andere Seite: die -Sprache kann dem Menschen nur verliehen seyn, weil erst -durch sie vermittelt die eigene Vernunft ihm objectiv, er -ihrer bewusst wird. Am Sprechen lernt der Mensch erst zu -denken; — was nicht minder richtig und unstreitig bleibt. -Humboldt endlich hat die natürliche Grundlage hervorgehoben, -aus deren unmittelbarer, aber tief gesetzmässiger Wirksamkeit -alle Lautsprache hervorgeht, das ursprünglich tonbildende -Vermögen des Menschen. Und so kann jetzt abschliessend -<a id="page-XIV" class="pagenum" title="XIV"></a> -ausgesprochen werden, dass zwischen jenen beiden -Gegensätzen gar kein Widerstreit obwaltet, dass beide -Geltung haben, aber in gegenseitig sich beschränkendem -Sinne, der jedem daher seine scharfbegrenzte Wahrheit giebt. -Die Sprache ist ebenso „eingeboren,“ — <em class="italic">Ursprache</em>, äusserlich -bedingt durch das tonbildende Vermögen des Menschen, -innerlich durch die Immanenz der Vernunft im Menschengeiste -— als sie zu ihrer Ausbildung und Gliederung doch -des steten Fortwirkens jener beiden Factoren bedarf. Es -ist derselbe Process, nur energischer und reicher, der sich -auch in den schon gebildeten Sprachen fortwährend entdecken -lässt, indem die Denkweise eines Zeitalters unwillkürlich -in den Veränderungen der Sprache sich abbildet, sie -erweiternd oder verengend, vergeistigend oder entgeistend. -Ebenso scheint von hier aus die Frage nach der Einheit -und Verwandtschaft aller Sprachen von selbst sich zu -lösen. Jene „Ursprache“ ist als vollendete und für sich bestehende, -nicht geredet worden bei irgend einem Volke oder -in einer bestimmten Zeit: sie wird noch immer geredet und -spricht sich hinein in alle individuellen Sprachen, deren grössere -oder geringere Verwandtschaft von daher stammt; denn -sie ist nur jene im tonbildenden Vermögen liegende Gesetzmässigkeit -alles Sprechens. — -</p> - -<p> -Das philosophische Fragment endlich, „Bericht über den -Begriff der Wissenschaftslehre und die bisherigen Schicksale -derselben“ (1806), dessen erster Abschnitt bereits in den -„Nachgelassenen Werken“ erschienen war, glaubten wir -jetzt, trotz seines polemischen Inhaltes, in seiner Vollständigkeit -nicht mehr zurückhalten zu dürfen, indem es als Actenstück -in der Geschichte des Fichteschen und Schellingschen -<a id="page-XV" class="pagenum" title="XV"></a> -Systemes eine wesentliche Stelle einnimmt. Wenn -es aber überhaupt mitgetheilt wurde, so musste dies in ungeschmälerter -Ursprünglichkeit geschehen. Was dagegen zu -erinnern wäre, verschwindet grossentheils vor der Betrachtung, -dass hierbei die Erneuerung alter Kämpfe nicht zu besorgen -steht: beide Systeme in ihrer damaligen Gestalt gehören -der Geschichte an, und sind uns zu parteilosem Urtheile -schon in eine so bedeutende Ferne gerückt, dass der -Kundige, nach der einen wie der anderen Seite hin des -Rechten nicht verfehlen oder aus anderen Quellen es leicht -sich aneignen kann. -</p> - -<p class="tb"> -——— -</p> - -<p class="noindent"> -Unter den wiederabgedruckten Recensionen machen wir -namentlich auf die beiden letzten aufmerksam. Die eine -(von Gebhards Schrift über sittliche Güte, 1793) stellt an -ihrem Schlusse, hier am Frühesten und zum Erstenmale, das -neue Princip auf, mit welchem Fichte über Kants Idealismus -hinausging. Es wird in der Wendung ausgedrückt: die praktische -Vernunft habe nicht bloss, wie bei Kant, den Primat -über die theoretische, sondern das Praktische, die That, sey -als die Eine Grundbestimmung aller Vernunft und als Fundament -alles <em class="italic">Wissens</em> zu bezeichnen. — Ebenso ist die kurze -Recension von Kants Schrift „zum ewigen Frieden“ (1796), -gedankenreich und bedeutend: sie enthält in gedrängter Darstellung -das Unterscheidende der eigenen Rechtslehre von -der Kantischen, und kann so zur Ergänzung des dritten Bandes -der Werke und unserer Vorrede desselben dienen. Aber -sie erhebt sich auch zu weiteren Fragen über die Zukunft -<a id="page-XVI" class="pagenum" title="XVI"></a> -der Geschichte; und hier werden Ansichten über die nothwendige -Fortbildung der Gegenwart zum wahren Staate angedeutet, -welche schon im Keime die Ideen seiner späteren -Staatslehre zeigen. -</p> - -<p class="tb"> -——— -</p> - -<p class="noindent"> -In Betreff der am Schlusse des Bandes mitgetheilten -poetischen Versuche sind wir nicht frei von der Besorgniss, -dass mancher Leser einen anderen Maassstab des Urtheiles -zu ihnen hinzubringe, als hier zulässig wäre. Nicht eigentlich -als dichterische Erzeugnisse sind sie aufzufassen, — ob -überhaupt nemlich poetische Productivität zum Talente des -Denkers sich gesellen könne, welcher in der bildlosen Reine -des Begriffes und in der Virtuosität der Abstraction waltet, -ist durchaus zu bezweifeln, — sondern um das Bild von -Fichte’s Charakter nach einer Seite hin zu vollenden, die in -diesen Werken bisher am Wenigsten hervortreten konnte; -— wir meinen die gesammte Gemüthsweise, welche in solchen -Productionen am Unverkennbarsten sich darstellt, und -die in ihm allezeit ebenso entschieden zur Einheit ausgeprägt -war, wie seine wissenschaftliche Denkart, ja in dieser -nur ihr übereinstimmendes Gegenbild fand. Jene nun, -der tief religiöse Ernst, das kraftvolle Erfassen des Lebens -auch in seinen äusseren und scheinbar gleichgültigen Spitzen, -aus diesem höchsten Mittelpuncte, ist der gemeinsame Faden, -der sich auch durch seine Poesien zieht, selbst bis in den -Humor hinein; darum schienen sie uns charakteristisch und -aufbehaltenswerth, und so möge auch die Aufnahme seines -ältesten poetischen Versuches (einer „Novelle“ aus dem -<a id="page-XVII" class="pagenum" title="XVII"></a> -Jahre 1786, überhaupt des Frühesten, was im Nachlasse übriggeblieben -ist) erklärt und gerechtfertigt seyn. Vielleicht -verdient sie als literarische Merkwürdigkeit selbst einige Beachtung, -wenn man sie mit dem damals herrschenden Geiste -in solchen Erzählungen vergleichen will. -</p> - -<p> -Von hier aus können wir zugleich auf seine ästhetischen -Neigungen noch einen Blick werfen. Wie er in der -neueren Poesie dem objectiven Werthe nach Goethe unbedingt -am Höchsten stellte und unter seinen Werken, gegen -die gewöhnliche, auch bis jetzt noch geltende Annahme, -seine „natürliche Tochter,“ könnte aus seinem Briefwechsel -bekannt seyn (Leben und Briefwechsel, Bd. II. S. 326 ff.). -Dennoch war er auch der Romantik, namentlich der religiösen, -bis in ihre Nebenabsenker mit Vorliebe zugethan, während -ihm Jean Pauls Gefühlsweichheit ebenso, wie sein geschraubter -Humor, ungeniessbar blieb. In Novalis, besonders -seinen geistlichen Liedern, sah er neue Quellen ächter, -tieferfrischender Poesie seinem Zeitalter geöffnet, und Tiecks -„heilige Genoveva“ erregte bei ihrem ersten Erscheinen ein -so nachhaltiges Interesse in ihm, dass er diese Gattung romantisch -religiöser Dramen selbst zur Darstellung philosophischer -Ideen glaubte erheben zu können. Es ist noch -von ihm der ausführliche Entwurf eines romantischen Trauerspiels: -„der Tod des heiligen Bonifacius“ vorhanden, in welchem -er den Sieg der Idee eben dadurch, dass sie äusserlich -sich opfert und in sinnlicher Gegenwart untergeht, zu -schildern gedachte. — In späteren Jahren endlich, als ihn -das Studium des Italiänischen, Spanischen und Portugiesischen -beschäftigte, war es besonders Dante, der ihn mächtig -ergriff und zu dessen Betrachtung er mit immer neuem -<a id="page-XVIII" class="pagenum" title="XVIII"></a> -Interesse zurückkehrte. Von seinem <em class="italic">Purgatorio</em> ist eine -zum Theil metrische Uebersetzung mit Commentar im Nachlasse -vorhanden (wovon ein Fragment in der Zeitschrift: -„Vesta, Königsberg 1807“ abgedruckt ist). Die anderen -grossen Dichter jener Nationen, Petrarca, Cervantes, Calderon, -Camoens schlossen sich in diesen Studien an, und -von vielen Uebersetzungsversuchen aus ihren Werken haben -wir einige zum Abdruck ausgewählt, welche uns die -nach Wahl eigenthümlichsten, nach Ausführung gelungensten -schienen. -</p> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-1" id="footnote-1">[1]</a> Bekanntlich hat Solger im Erwin (I. S. 77.) Fichte’s ästhetisches -Princip einer Kritik unterworfen; ebenso ist es neuerdings von Th. W. -Danzel charakterisirt worden in einer sehr beachtenswerthen Abhandlung: -„über den gegenwärtigen Zustand der Philosophie der -Kunst“ (in des Herausgebers Zeitschrift für Philosophie etc. Bd. XIV. -S. 165 ff.). Das Obenangedeutete und Fichte’s hier wiederabgedruckte -Abhandlung mögen dafür zur Ergänzung und Berichtigung dienen. -</p> - -<h2 class="l1s part" id="part-3"> -<a id="page-1" class="pagenum" title="1"></a> -<span class="line1">Friedrich Nicolai’s</span><br /> -<span class="line2">Leben und sonderbare Meinungen.</span> -</h2> - -<p class="subt"> -Ein Beitrag zur Literargeschichte des vergangenen und zur -Pädagogik des angehenden Jahrhunderts. -</p> - -<p class="aut1"> -<span class="line1">Von</span><br /> -<span class="line2">Johann Gottlieb Fichte.</span> -</p> - -<p class="edt1"> -<span class="line1">Herausgegeben</span><br /> -<span class="line2">von</span><br /> -<span class="line3">A. W. Schlegel.</span> -</p> - -<p class="edn"> -<em class="gesperrt">Erste Ausgabe</em>: Tübingen, in der J. G. Cottaschen Buchhandlung. -1801. -</p> - -<h3 class="pbb chapter" id="chapter-3-1"> -<a id="page-3" class="pagenum" title="3"></a> -<span class="line1">Vorrede des Herausgebers.</span> -</h3> - -<p class="first"> -<span class="firstchar">D</span>er Verfasser dieser Schrift hatte anfänglich die Absicht, sie -unter seinen Augen dem Drucke zu übergeben. Da hiebei -zufällige Hindernisse eintraten, und der nächste Zweck derselben -durch die Unterhaltung, welche er bei ihrer Abfassung -gefunden und seinen Freunden durch die Mittheilung verschafft -hatte, eigentlich schon erreicht war, so wollte er von keiner -weiteren Bemühung damit etwas wissen und zog seine Hand -gänzlich von ihr ab. Das Manuscript kam in dem Kreise seiner -Freunde auch an mich; ich bin durch keine Bevorwortung des -Verfassers bei dem Gebrauche, den ich etwa davon möchte -machen wollen, eingeschränkt, und so gestehe ich, dass ich -mir ein Gewissen daraus machen würde, diese bündige und -erschöpfende Charakteristik eines in seiner Art merkwürdigen -Individuums dem Publicum vorzuenthalten. Der Würde Fichte’s -wäre es vielleicht angemessener, sein bisheriges verachtendes -Stillschweigen auch jetzt nicht zu brechen: allein da er einmal -die gutgelaunte Grossmuth gehabt hat, so viel Worte und Federzüge -an Nicolai zu wenden, so muthe ich ihm auf meine -Gefahr auch die zweite zu, die Welt seine ausgeübte Herablassung -erfahren zu lassen. Was Nicolai betrifft, so weiss ich -wohl, dass ich ihm durch die Herausgabe dieser Schrift die -grösste Wohlthat erweise. Was könnte ihm, der seine hauptsächlichen -Gegner nicht einmal dahin bringen kann, seine -weitläufigen Streitschriften zu lesen, geschweige denn zu beantworten, -der ihnen höchstens nur einige hingeworfene Sarkasmen -<a id="page-4" class="pagenum" title="4"></a> -abgelockt, glorreicheres begegnen, als dass Fichte auf -ihn, als auf ein wirklich existirendes Wesen, sich förmlich -einlässt, ihn aus Principien construirt, und ihn wo möglich sich -selbst begreiflich macht? Der Tag, wo diese Schrift erscheint, -ist unstreitig der ruhmbekrönteste seines langen Lebens, und -man könnte besorgen, er werde bei seinem ohnehin schon -schwachen Alter ein solches Uebermaass von Freude und Herrlichkeit -nicht überleben. Verdient hat er es ganz und gar nicht -um mich, dass ich ihm ein solches Fest bereite, da er mir die -Schmach angethan, mich in früheren Schriften ordentlich zu -loben, und noch in den letzten mir Kenntnisse und Talente zuzugestehen. -Indessen die Lesung der folgenden Schrift hat -mich in die darin herrschende grossmüthige Stimmung versetzt, -und wenn er sich diese Anmaassung nicht wieder zu Schulden -kommen lassen will, so sey das bisherige vergeben und vergessen. -</p> - -<h3 class="chapter" id="chapter-3-2"> -<span class="line1">Einleitung.</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Ich habe zu Friedrich Nicolai’s zahllosen Schmähungen und -Verdrehungen meiner Schriften stillgeschwiegen, so lange es -lediglich die Schriften traf; indem ich in demjenigen Theile des -Publicums, wenn es einen solchen noch giebt, in welchem Nicolai -über literarische Angelegenheiten eine Stimme hat, keine -zu haben begehre. Nunmehro hat Nicolai auch meine persönliche -Ehre angegriffen; — denn dass er der Verfasser sey von -der in der neuen deutschen Bibliothek, 56. B. 1. St. zu Ende des -zweiten und zu Anfange des dritten Heftes befindlichen Anzeige, -in welcher jene Angriffe geschehen, leidet keinen Zweifel und -bedarf keines Beweises. Selbst auf den unerwarteten Fall, dass -Nicolai seine Autorschaft abläugnete, werde ich diesen Beweis -<a id="page-5" class="pagenum" title="5"></a> -<a id="pagehdr-5" class="orig-page" title="1"></a> -nicht führen; denn es ist jedem, der die lebenden Schriftsteller -kennt, unmittelbar klar, dass nur Einer, nur Friedrich Nicolai, -dies schreiben konnte. — Ich bin es zwar nicht dem Herrn -Nicolai, der die gegen mich vorgebrachten Beschuldigungen -entweder selbst nicht glaubt, oder durch den Leichtsinn, mit -welchem er sie vorbringt, auf alle persönliche Achtung Verzicht -thut, — wohl aber dem Publicum, welches dieselben ganz -oder halb glauben dürfte, schuldig, mich vor ihm zu stellen -und mich zu verantworten. — -</p> - -<p> -Nachdem es nun Nicolai endlich erzwungen, dass ich noch -während seines Lebens von ihm spreche, so führe ich hiebei -zugleich, früher als ich gerechnet hatte, einen alten Vorsatz aus. -Nemlich ich scheue mich nicht zu gestehen, dass, seitdem -ich die mich umgebende Welt kenne und selbst eine Meinung -habe, nichts mir verhasster und verächtlicher gewesen ist, als -die elende Behandlung der Wissenschaften, da man allerlei <em class="italic">Facta</em> -und Meinungen, wie sie uns unter die Hände kommen, zusammenrafft, -ohne irgend einen Zusammenhang oder einen Zweck, -ausser dem, sie zusammenzuraffen und über sie hin und her -zu schwatzen; da man über alles für und wider disputirt, ohne -sich für irgend etwas zu interessiren, oder es ergründen auch -nur zu wollen, und in allen menschlichen Kenntnissen nichts -erblickt, als den Stoff für ein müssiges Geplauder, dessen Haupterforderniss -dies ist, dass es ebenso verständlich sey am Putztische, -als auf dem Katheder; jene schaale Wisserei und Stümperei, -Eklekticismus genannt, die ehemals beinahe allgemein -waren, und auch gegenwärtig noch sehr häufig angetroffen -werden. — Ausser eignen Arbeiten und Untersuchungen, die -für einen ernsthaften Zweck unternommen, und mit einem bessern -Geiste geführt würden, und die immer das Gegenmittel gegen -jenen verderblichen Hang bleiben müssen, schien mir auch noch -ein zweites Gegenmittel sehr zweckmässig zu seyn: die lebendige -Darstellung der unausbleiblichen Folgen jener Behandlung der -Wissenschaft zur absoluten Ertödtung alles Sinnes für Wahrheit, -Ernst und Gründlichkeit, und zur radicalen Verkehrung und Zerrüttung -des Geistes. Das vollendetste Beispiel einer solchen radicalen -Geisteszerrüttung und Verrückung in unserm Zeitalter war mir, -<a id="page-6" class="pagenum" title="6"></a> -<a id="pagehdr-6" class="orig-page" title="3"></a> -seitdem ich ihn gekannt habe — ich lernte ihn in dem Streite -zwischen Mendelssohn und Jacobi kennen — Friedrich Nicolai. -Sein Bild wollte ich, wenn er seine verkehrte Laufbahn geschlossen -haben würde, welches er freilich nur mit seinem -Tode thun wird, allen studirenden Jünglingen, in denen ein -Hang seyn könnte, seine Bahn zu betreten, und allen, die auf -die Bildung dieser Jünglinge Einfluss hätten, zum warnenden -Beispiele hinstellen. -</p> - -<p> -Diesen alten Vorsatz werde ich gleich bei der gegenwärtigen -Gelegenheit ausführen; und dadurch einem Geschäfte, an -welches ich, wenn es für eine blosse Vertheidigung meiner -selbst gegen Nicolai angesehen würde, nicht ohne tiefe Beschämung -gehen könnte, eine liberalere und allgemeinere Richtung -zu geben suchen. Nicolai selbst, wenn darnach gefragt werden -könnte, kann dies nicht übelnehmen. Er hat Zeit seines Lebens -die grössten und verdientesten Männer der Nation auf -eine Weise behandelt, dass er selbst, wenn er nur fähig wäre -einen Augenblick lang andern dieselben Rechte gegen sich zuzuschreiben, -die er sich gegen andere zuschreibt, es ganz billig -finden müsste, dass man eine Rücksicht, die er nie gekannt -hat, auch gegen ihn nicht beobachtet, keine Notiz davon nimmt, -dass er noch unter den Lebendigen existirt, und ohne Bedenken -eine Untersuchung, die ihn zum blossen Thema macht, -unter seinen Augen anstellt. -</p> - -<p> -Zwar sehe ich bei diesem Unternehmen den Tadel zweier -durchaus entgegengesetzter Parteien voraus. Zuvörderst den -Tadel derjenigen, welche über Kunst und Wissenschaft im Wesentlichen -mit mir gleich denken. Ihnen ist, so viel ich habe -bemerken können, Nicolai ein so unbedeutender und verächtlicher -Gegenstand, dass man in ihren Augen nur sich selbst -herabsetzt, wenn man ihn einer Erwähnung und Beachtung -würdigt. Sie haben vollkommen recht, und ich bin -ganz ihrer Meinung, wenn von Nicolai als von einer Person -geredet werden sollte. Als Object aber, als vollendete Darstellung -einer absoluten Geistesverkehrtheit ist er, meines -Erachtens, dem Literarhistoriker und Pädagogen wichtig, und -so interessant, als dem Psychologen ein origineller Narr, oder -<a id="page-7" class="pagenum" title="7"></a> -<a id="pagehdr-7" class="orig-page" title="4"></a> -dem Physiologen eine seltene Misgeburt nur immer seyn kann. -Ich bekenne, dass es meine Schuld seyn würde, wenn ich dieses -Interesse für meinen Gegenstand nicht zu erregen vermöchte. -</p> - -<p> -Sodann habe ich mich auf den Tadel der gutmüthigen -Mittelmässigkeit gefasst zu halten, welche, seit die Urtheile der -grössten deutschen Männer, eines Kant, Goethe, Schiller, über -jenen Gegenstand in das Publicum gekommen, aus mehrern -Winkeln der Literatur uns erinnern, denn doch auch die bedeutenden -Verdienste des Mannes nicht zu vergessen. Ich -werde tiefer unten meine Ueberzeugung, dass Nicolai für seine -Person sein ganzes Leben hindurch nie etwas Kluges, sondern -eitel Verkehrtes und Thörichtes angefangen habe, und dass auf -ihm nicht das mindeste Verdienst, sondern eitel Schuld ruhe, -weder verläugnen, noch sie zu begründen vergessen. Dass jene -Stimmführer der Mittelmässigkeit wirklich zu wissen wähnen, -was sie von jenen Verdiensten sagen, will ich glauben. Nicolai -und sein Anhang haben es ja über ein Vierteljahrhundert lang -genugsam wiederholt, dass Nicolai Verdienste habe, so dass -endlich in dem Gedächtnisse jener wohl hangengeblieben seyn -mag, dass so etwas gesagt worden. Sollten sie dieselbe Behauptung -auch bei der gegenwärtigen Veranlassung wiederholen -wollen, so ersuche ich sie, nur diesmal nicht so, wie sie -immer zu thun pflegen, bloss ins unbestimmte hin zu versichern, -sondern mir eines jener Verdienste namentlich anzugeben; mir -irgend ein richtiges, treffendes Urtheil, das Nicolai gefällt, irgend -eine gründliche Abhandlung, die er über etwas, das des Wissens -werth ist, geschrieben, nachzuweisen, damit ich sie auch -kennen lerne. Ich ersuche jene Stimmführer bei dieser Gelegenheit, -sich zugleich vor sich selbst die Frage zu beantworten, -welche Geisteskraft, oder welches Talent sie denn etwa Herrn -Nicolai in einem vorzüglichen Grade zuschreiben möchten, ob -Phantasie, oder Witz, oder Scharfsinn, oder Tiefsinn, oder, ich -sage nicht eine vorzügliche, sondern auch nur richtige Schreibart; -ob sie irgend etwas Eigenthümliches an ihm finden, als -ein unversiegbares Geschwätz und die Kunstfertigkeit, alles, was -ihm unter die Hände kommt, zu verdrehen; ich ersuche sie, -diese Frage zuvörderst sich selbst, und sodann auch mir zu -<a id="page-8" class="pagenum" title="8"></a> -<a id="pagehdr-8" class="orig-page" title="6"></a> -beantworten. Da ich sehr wohl wusste, dass sie keins von -beiden befriedigend leisten würden, so mögen sie mir immer -verzeihen, dass ich so gethan, als ob sie gar nichts sagen würden, -und als ob sie überhaupt nicht vorhanden wären. -</p> - -<p> -Wir gehen an unser Vorhaben. -</p> - -<p> -Sollen das Leben und die sonderbaren Meinungen unsers -Helden nicht rhapsodisch, so wie jedes uns in den Wurf kommt, -oder chronologisch, sondern systematisch, in einer festen Charakterschilderung -dargestellt werden: so müssen wir ein Grundprincip -dieses Charakters nachweisen, aus welchem, und aus -welchem allein, alle Phänomene in dem Leben unsers Helden -sich befriedigend erklären lassen. Es kommt hierbei nicht auf -Häufung der Phänomene an. Ein einziges, das sich durchaus -nicht erklären lässt, ausser aus dem vorausgesetzten Princip, -beweist so gut, wie tausende, dass dieses Princip und kein anderes -dem zu erklärenden Leben zum Grunde gelegen habe. -</p> - -<p> -Jedem nur festen und ausgebildeten Charakter liegt ein -solches Princip der Einheit zum Grunde; und der Unterschied -dabei ist nur der: ob der Besitzer dieses Charakters wisse, -dass dies sein Princip sey, oder ob er es nicht wisse. Ist der -Charakter mit Freiheit und Bewusstseyn nach jenem Grundsatze -gebildet, so ist dieser Grundsatz freilich dem Besitzer des Charakters -bekannt; ist er ihm durch das Ungefähr, durch Natur -und Schicksal angebildet, so ist ihm dieses Princip nicht bekannt. -Unser Held befand sich in dem letztern Falle; es ist daher -gar nicht zu glauben, dass ihm der Grundsatz alles seines -Denkens und Handelns je bekannt geworden. -</p> - -<p> -Wir haben nach allem Gesagten zuvörderst das Grundprincip -von unsers Helden intellectuellem Charakter (denn von diesem -allein soll hier die Rede seyn) aufzustellen, und von gewissen -Phänomenen zu zeigen, dass sie durchaus nur aus -jenem Princip erschöpfend und vollkommen hinreichend zu erklären -sind. Auf diesem Puncte der absoluten Unmöglichkeit -jeder andern Erklärung beruht die Richtigkeit unserer Angabe -des Princips; wir ersuchen daher unsere Leser, darauf vorzüglich -ihre Aufmerksamkeit zu richten. Wir werden sodann noch -einige originelle Grundzüge des Charakters unsers Helden, die -<a id="page-9" class="pagenum" title="9"></a> -<a id="pagehdr-9" class="orig-page" title="7"></a> -sich nur aus jenem Princip erklären lassen, anführen, sie mit -ihren Phänomenen belegen, und so den Beweis der Richtigkeit -unsers Grundprincips vollenden. -</p> - -<p> -Wir werden in dieser ganzen Schilderung unsern Helden -betrachten als einen todten Mann, und von ihm reden, wie -von einer Person aus der vergangenen Zeit. Dies ist jeder -Charakterschilderung eigen. Der Grund, warum anderwärts -man den Charakter eines Mannes während seines noch fortdauernden -Lebens nicht zu schildern vermag, — weil nemlich die -Reihe der Erscheinungen noch nicht geschlossen und es nie -sicher ist, dass nicht neue Phänomene eintreten, die auf ein -anderes Princip der Erklärung führen dürften, auch man nicht -wissen kann, ob nicht etwa die Person noch durch Freiheit -ihre Maximen ändern werde — fällt bei Nicolai ganz weg. Es -wird sich hoffentlich in der folgenden Schilderung zeigen, dass -das Princip seiner Denkweise die Unabänderlichkeit unmittelbar -in sich selbst enthält. Unser Held ist befestigt, er kann -sich nicht mehr ändern oder geändert werden; ist auch die -Reihe der Phänomene seines Lebens nicht beschlossen, so ist -es doch der Charakter. Der Verfasser dieser Beschreibung ist -dessen so innig überzeugt, dass er sehr gern allen seinen Anspruch -auf Menschenkenntniss aufgeben will, wenn sich finden -sollte, dass Friedrich Nicolai vor seinem Ende noch irgend einen -der ihm hier als charakteristisch beigelegten Grundzüge -und Handelsweisen abänderte. -</p> - -<h3 class="l2si chapter" id="chapter-3-3"> -<a id="page-10" class="pagenum" title="10"></a> -<a id="pagehdr-10" class="orig-page" title="9"></a> -<span class="line1">Erstes Capitel.</span><br /> -<span class="line2">Höchster Grundsatz, von welchem alle Geistesoperationen unsers Helden ausgegangen sind.</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Unser Held war seit seinen reifen Jahren der festen Meinung, -dass alles mögliche menschliche Wissen in seinem Gemüthe -umfasst, erschöpft und aufbewahrt sey, dass sein Urtheil -über die Ansicht, die Behandlung, den Inhalt und den Werth -aller Wissenschaft untrüglich und unfehlbar sey, und dem Urtheile -aller andern vernünftigen Wesen zur Richtschnur und -zum Kriterium ihrer eignen Vernünftigkeit dienen müsse; mit -Einem Worte, dass er alles, was in irgend einem Fache richtig -und nützlich sey, gedacht habe, und alles dasjenige unrichtig -und unnütz sey, was er nicht gedacht hätte, oder nicht denken -würde. -</p> - -<p> -Diese Meinung setzte ihn nicht nur vor sich selbst über -alle Zweifel, alle spätere Untersuchung und alle Besorgniss hinweg, -dass er sich doch etwa über dieses oder jenes im Irrthume -befinden möchte; sondern er war noch überdies von -allen andern Menschen ebenso fest überzeugt, und muthete es -ihnen an, dass sie über alle Zweifel hinausseyn müssten, sobald -sie nur recht wüssten, wie er selbst eine Sache fände. -Alle seine Widerlegungen gingen von dem Hauptsatze aus: ich -bin anderer Meinung; daher er denn zu diesem Hauptgrunde -noch andre Nebengründe hinzuzufügen gewöhnlich unterliess. -Die Gegner, glaubte er, könnten schon daraus sattsam ersehen, -dass sie unrecht hätten. Bei allen Verweisen und Züchtigungen, -die er in seinen spätern Jahren an das ausser der Art schlagende -Zeitalter ergehen zu lassen genöthigt wurde, hob er nur -immer davon an, dass er zeigte, man habe nicht nach seinem -Rathe gehandelt; dies allein, glaubte er, würde sie schon dahin -bringen, dass sie sich schämten und in sich gingen. -</p> - -<p> -<a id="page-11" class="pagenum" title="11"></a> -<a id="pagehdr-11" class="orig-page" title="10"></a> -In dieser Voraussetzung liess er sich denn auch durch keinen -noch so sonderbaren Vorfall, der sich etwa ereignen mochte, -irre machen. Sogar wenn ihm, wie dies in seinem spätern -Alter häufig begegnete, von allen Seiten her einmüthig zugerufen -wurde: er werde wohl selbst eines Urtheils über gewisse -Dinge sich bescheiden, oder auch — er sey ein geborner Dummkopf, -ein Salbader, ein alter Geck, und was man noch alles -für Freiheiten sich mit ihm herausnahm, mochte er doch immer -lieber voraussetzen, man sage dies bloss aus Schalkheit, -und um sich für die empfangenen Züchtigungen zu rächen, als -dass er irgend einem Menschen die Verkehrtheit zugetraut hätte, -dass er fähig wäre, in allem Ernste und im Herzen einen Nicolai -nicht anzuerkennen. -</p> - -<p> -Diese Meinung von ihm selbst war ihm nach und nach so -zur fixen Idee geworden, hatte sich so mit seinem Selbst verwebt -und war selbst zu seinem innersten eigensten Selbst geworden, -dass man keine Spur hat, er habe dieselbe je deutlich -in sich wahrgenommen und sie zum bestimmten Bewusstseyn -erhoben. Er räsonnirte, urtheilte, richtete <em class="italic">von ihr aus</em>, als seinem -einzig möglichen Standpuncte, niemals <em class="italic">über sie</em>. Er starb -daher alt und lebenssatt, ohne je mit seinem Denken, auch nur -in sich selbst zu Ende gekommen zu seyn. -</p> - -<h3 class="l2si chapter" id="chapter-3-4"> -<span class="line1">Zweites Capitel.</span><br /> -<span class="line2">Wie unser Held zu diesem sonderbaren höchsten Grundsatze gekommen seyn möge.</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Gleiche Ursachen bringen allenthalben die gleichen Wirkungen -hervor. Nun haben die ausser unserm Helden selbst -liegenden Umstände, welche unsers Erachtens die beschriebene -<a id="page-12" class="pagenum" title="12"></a> -<a id="pagehdr-12" class="orig-page" title="11"></a> -sonderbare Meinung in ihm erzeugt, sich auch bei andern Menschen -gefunden, und haben auch bei ihnen in einem gewissen -Grade denselben Erfolg gehabt. Aber so unerschütterlich auf -jenem Princip beharrt, so allumfassend und so consequent durchgeführt -hat es, so viel uns bekannt ist, keiner, ausser unserm -Helden; und dies eben ist es, was ihm die Ehre erwirbt, als -Muster seiner Gattung aufgestellt und der Nachwelt überliefert -zu werden. Es muss sonach bei ihm, zu jenen anzuführenden -äussern Umständen der Entwickelung jenes Princips, noch eine -vorzügliche innere Empfänglichkeit seiner Natur dafür hinzugekommen -seyn. Zum grössten Glücke für die Menschheit hat -unser Held selbst — denn warum sollte ich nicht ebensowohl -wie Klopstock, in seiner Zueignungsschrift vor Herrmanns Schlacht, -als schon geschehen ankündigen, was geschehen wird, und weit -sicherer geschehen wird, als das durch Klopstock Verkündigte -geschehen konnte — er selbst hat, nachdem im Jahre 1803 -sein letzter Feind, der transscendentale Idealismus, ausgetilgt, -und die A. D. B. wiederum gehörig in den Gang gebracht war<a class="fnote" href="#footnote-2" id="fnote-2">[2]</a>, -seine glorreich errungene Musse dazu angewendet, die Geschichte -seiner Bildung bis in seine Knaben- und Kindesjahre, -und bis zu seiner Wiege zurückzuführen; hat diese Krone seiner -Werke vollendet, und dann seinen Geist dem Himmel wiedergegeben. -In den ersten drei Bänden dieses klassischen -Werks können die Leser sich unterrichten, wie der erste Schrei -des Neugebornen die Schriftstellerwelt erschütterte und alle -Sünder in ihr erbeben machte, und wie schon seine Windeln -von dem attischen Salze dufteten, das er seitdem in unsterblichen -Worten ausgehaucht und angesetzt hat, so dass alle Umstehenden -sich verwunderten, und sprachen: was will aus dem -Kindlein werden? In den folgenden Bänden können sie finden, -wie er, seitdem er sich seiner erinnern kann — und er kann -sich seiner seit den frühesten Jahren erinnern — durch seine -lebhafte Phantasie, einen Trieb zu lernen und eine Fassungskraft, -weit über alle Kinder seiner Gesellschaft und seines Alters -in sich verspürt, so dass er von seinen Eltern und seinen -Lehrern als ein wahres Wunderkind ausgerufen worden. Aber -wir überlassen den Lesern, dieses in der ausführlichen und -<a id="page-13" class="pagenum" title="13"></a> -<a id="pagehdr-13" class="orig-page" title="13"></a> -grazienvollen Beschreibung des Helden selbst nachzulesen, und -schränken uns, sowohl hier als ins künftige, auf dasjenige ein, -was der berühmte Verfasser übergeht, und was wir nur aus -andern Denkmälern jenes Zeitalters schöpfen können. -</p> - -<p> -Ich will hier nicht untersuchen, ob es nothwendig sey, dass -der Uebergang der Schriftstellerei einer Nation aus der gelehrten -in die lebende Sprache eine Epoche des Verfalls der wahren -gründlichen Gelehrsamkeit bei sich führe. Bei den Deutschen -wenigstens war dies der Erfolg. Man bildete sich etwas -ein darauf, endlich deutsch schreiben gelernt zu haben; man -wollte, dass es auch für Deutsch anerkannt würde, und bemühte -sich daher, über alle Gegenstände so zu schreiben, dass -denn auch in der That nichts weiter zum Verstehen gehöre, -als die Kenntniss der deutschen Sprache. Der Vortrag wurde -die Hauptsache, das Vorzutragende mochte sich bequemen; was -sich nicht so sagen liess, dass die halbschlummernde Schöne -an ihrem Putztische es auch verstände, wurde eben nicht gesagt; -— und da man nur um sagen zu können lernte, auch nicht -weiter gelernt, — späterhin verachtet, als elende Spitzfindigkeit -und Pedanterie: kurz, das elende Popularisiren kam an die -Tagesordnung und von nun an wurde Popularität der Maassstab -des Wahren, des Nützlichen und des Wissenswürdigen. In diese -Epoche fiel unsers Helden erste Bildung. Er wollte schon früh -etwas bedeuten, und dünkte sich schon früh etwas zu bedeuten; -ohne alle klassische Gelehrsamkeit, wie er damals war, -und trotz des Anscheins derselben, mit dem er späterhin sich -behängte, immer blieb, musste dieser Dünkel bei ihm um so -verderblicher werden. Zu seinem Unglücke kam er in die Bekanntschaft -zweier Männer, deren erster ohne Zweifel weit -mehr Ernst und Reinheit der Gesinnung hatte, als Nicolai; aber -dieselbe Beschränktheit des Geistes, der Einsicht und des Zwecks. -— Hatte wohl im Grunde einer von diesen beiden anfangs eine -höhere Tendenz, als die, dieses und jenes Aberglaubens ihrer -Kirchen sich zu erwehren, ihre Confessionen so vernünftig zu -machen, als sie selbst wären, und, wenn das Glück gut wäre, -sich eine natürliche Religion zu bauen, bei der sie jener Confessionen -ganz entbehren könnten; nur dass es der Andere auch -<a id="page-14" class="pagenum" title="14"></a> -<a id="pagehdr-14" class="orig-page" title="14"></a> -hierin ernstlicher und herzlicher meinte, als unser Held? — -Der zweite dieser Männer, in deren Bekanntschaft unser Held -kam, war ein allumfassender, lebendiger, rastloser Geist, und -ein Charakter, für das Wahre, Rechte und Gute gebildet; nur -dass er damals in der Unendlichkeit seines Wesens noch nichts -Bestimmtes zu ergreifen und festzuhalten vermochte. Unser Held, -der damals noch nicht alle Fähigkeit verloren hatte, eine Superiorität -ausser sich anzuerkennen, anerkannte die dieses gewaltigen -Geistes; aber nachdem er sich mit Mühe und Noth -einiges Vermögen erworben hatte, mitzutreiben, womit dieser -noch nicht fixirte Geist sein Spiel trieb, hielt er dieses Spielwerk -für das Höchste, und sich selbst für jenes Geistes gleichen. -</p> - -<p> -Mit diesem Augenblicke war er vollendet und fiel. Er ist -seitdem nicht weiter gekommen, und nicht zur Besinnung. Später -hat er sich noch für einen weit höhern Geist gehalten als -jenen, den er nun für ein, gutem Rathe nicht folgendes, überspanntes -Genie ausgab. -</p> - -<p> -Unser Held hatte, mit jenen vereinigt, einen kritischen -Kreuzzug gethan; entscheidend gegen einige schlechte Reimer, -in andern Fächern, z. B. dem der Philosophie, nicht ganz so -glorreich. Sein grosser Mitkämpfer wurde allmählig inne, dass -dies ein schlechtes Geschäft sey, und dass er es nicht in der -besten Gesellschaft treibe. Er zog sich zurück, und unser Held -beschloss nunmehro, die Sache in das Weitere zu treiben, und -sich selbst, sich allein, zum Mittelpuncte der deutschen Literatur -und Kunst zu constituiren. Die allgemeine deutsche Bibliothek -entstand, schon an sich ein widersinniges Unternehmen, -verderblich durch die Art, wie es ausgeführt wurde, am allerverderblichsten -für den Urheber selbst. -</p> - -<p> -Unser Held mag von dem sehr richtigen Vordersatze ausgegangen -seyn: der Redacteur eines die ganze Literatur und -Kunst umfassenden periodischen Werks muss selbst die ganze -Literatur und Kunst umfassen; muss, und zwar in jedem besonderen -Fache, höher stehen und alles besser wissen, als irgend -einer seiner Zeitgenossen. Er muss in jedem Fache die -grössten Meister, zu Beurtheilung derer, die unter ihnen sind, -wählen, sie zu finden, sie sich zu verbinden wissen; er muss -<a id="page-15" class="pagenum" title="15"></a> -<a id="pagehdr-15" class="orig-page" title="16"></a> -aber sogar diese grössten Meister der Fächer übersehen, um -ihre eingesendeten Beurtheilungen zu prüfen und ersehen zu -können, ob sie mit dem gewohnten Fleisse und Gründlichkeit -bearbeitet sind, ob nicht etwa diese Männer sinken, ob nicht -jüngere grössere neben ihnen aufkommen. -</p> - -<p> -Anstatt nun von diesem richtigen Vordersatze aus weiter -so zu folgern: Ich wenigstens habe diese notwendigen Erfordernisse -nicht an mir, und von mir wird jene Idee einer allgemeinen -deutschen Bibliothek wohl unausgeführt bleiben; -schloss er umgekehrt: da ich nun jene Idee ausführen will, -so muss ich annehmen und mich betragen, als ob ich alle jene Erfordernisse -an mir hätte; als ob ich ein allumfassender Polyhistor -und der geistreichste und geschmackvollste Mann meines -Zeitalters und aller vergangenen und künftigen Zeitalter wäre. -Ich muss Untrüglichkeit mir kräftigst zueignen. Da ein Ausführer -jener Idee die grössten Männer aller Fächer erkennen, wählen -und mit sich verbinden muss, so muss ich den Satz umkehren -und annehmen, dass diejenigen, die ich erkennen, wählen -und mit mir verbinden werde, die grössten Männer in ihren -Fächern sind. -</p> - -<p> -Es ist schwer auszumachen, ob unser Held schon damals -im ganzen Ernste von sich selbst geglaubt, was er von nun an -freilich gegen alle Welt behaupten und unerschütterlich voraussetzen -musste. Das Wahrscheinlichste ist, dass es ihm ergangen, -wie allen, die in die Lage kommen, unaufhörlich eine Aussage -zu wiederholen, von der sie selbst nicht recht überzeugt -sind. Am Ende glauben sie selbst an ihre Wahrheit. Für möglich -konnte Nicolai jene Voraussetzung von sich immer halten; -er fand nirgends ausser sich eine höhere Weisheit, als die seinige, -indem er nur die seinige begriff, derjenigen Seelenkraft -aber, die da Ahnung eines Höhern heisst, von jeher gänzlich -ermangelte. Auf die Wirklichkeit dieser Voraussetzung hätte er -damals vielleicht noch nicht geschworen. Aber seitdem er die -Redaction seiner Bibliothek ergriff, musste er alle Stunden seines -Lebens jene Meinung voraussetzen, sie behaupten, jeden -Zweifel dagegen kräftigst niederschlagen, und kam von dieser -Arbeit nie zur ruhigen Besinnung; so dass es durchaus begreiflich -<a id="page-16" class="pagenum" title="16"></a> -<a id="pagehdr-16" class="orig-page" title="17"></a> -wird, wie dieser Glaube diese langen Jahre hindurch sich -ihm fest einverleiben und mit ihm zusammenwachsen musste. -</p> - -<p> -Das Unternehmen jener Bibliothek ergriff das Zeitalter. -Die leichte Weisheit und die wohlfeile Gelehrsamkeit, welche -durch das grosse Werk herbeigeführt, und schnell von einem -Ende Deutschlands bis zum andern verbreitet wurden, fand -Beifall. Der geringste unter den Lesern glaubte sich selbst zu -lesen; gerade so hatte er die Sache sich auch von jeher gedacht, -und nur nicht den Muth gehabt, es sich laut zu gestehen. -Die Unmündigen erhielten die Sprache, und das gefiel -ihnen. Unser Held sahe diese grosse Revolution, deren Stifter, -die schnelle allgemeine Erleuchtung, deren Urheber er war. -Warum hätte nicht der Glaube andrer an sein Werk seinen eignen -Glauben an sich bestärken sollen? -</p> - -<p> -Schriftsteller, denen an dem Beifalle des grossen Volks gelegen -war, versammelten sich um den Ausspender dieses Beifalls, -gaben ihm Beiträge, liessen sich von ihm berathen und -erziehen, und schmeichelten auf jede Weise seiner Eitelkeit<a class="fnote" href="#footnote-3" id="fnote-3">[3]</a>. -Man glaubt leicht, was man wünscht; Nicolai nahm in aller Unbefangenheit -alles für baare Münze, und ihm fiel nicht bei, dass -diese Lobeserhebungen vielleicht nur dem Redacteur der allgemeinen -deutschen Bibliothek, keinesweges aber seinen persönlichen -Verdiensten gelten möchten. Jene Männer waren seinem -Princip nach ohnehin, als Mitarbeiter an der Bibliothek, die ersten -Köpfe der Nation. Er fand sich sonach von den ersten -Männern der Nation gelobt, anerkannt, zu ihrem Meister erhoben. -Wer konnte es ihm verargen, dass er ihnen glaubte? -</p> - -<p> -Und so verschmolz allmählig in seiner Seele der Begriff -von deutscher Literatur und Kunst mit dem Begriffe seiner -Bibliothek; diese mit dem Begriffe von ihm selbst. Die Bibliothek -wurde ihm zum Mittelpuncte des deutschen Geistes, er -selbst zur innersten Seele dieses Mittelpuncts. An den Recensionen -dieser Bibliothek mussten alle literarische und artistische -Bestrebungen der Nation, und hinwiederum an seiner Einsicht — diese -Recensionen sich orientiren. Ausser jener Bibliothek -war ihm jetzt und zu ewigen Zeiten kein Heil und keine Wahrheit -für die Wissenschaft; und für die Bibliothek selbst kein -<a id="page-17" class="pagenum" title="17"></a> -<a id="pagehdr-17" class="orig-page" title="19"></a> -Heil und keine Wahrheit ausser ihm. Jene war seine Welt, -und er die Seele dieser Welt; was er erblickte, erblickte er -durch jene hindurch, jene aber erblickte er durch sich hindurch. -In dieser beruhigenden Stimmung lebte er und starb -im frohen Glauben an die Unsterblichkeit seines Werks. -</p> - -<h4 class="l1i subchap" id="subchap-3-4-1"> -<span class="line1">Anmerkungen.</span> -</h4> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-2" id="footnote-2">[2]</a> Mit dem im Texte erwähnten Jahre 1803 verhält es sich so: -Nicolai hatte im 11. Bande seiner Reisebeschreibung vorher verkündigt, dass -Fichte und alle seine Schriften im Jahre 1840 rein vergessen seyn würden. -Er wurde hierüber, wie über so manches andere, in gewissen <em class="italic">Briefen über -die Guckkastenphilosophie des ewigen Juden</em> verspottet. In dem Aerger -hierüber decretirte und enuncirte er, — in der Schrift gegen die Xenien, -wo ich nicht irre, — es solle nunmehr mit Fichte nicht einmal bis zum -Jahre 1840 Frist haben, sondern schon Anno 1804 solle er vergessen seyn. Das Jahr -1800 ist verflossen, das 1801 angebrochen; das fatale Jahr der Vorhersagung tritt -näher, und noch zeigen sich keine Spuren, dass die Weissagung anfange in -Erfüllung zu gehen. Dies fiel unserem Helden bei Abfassung der im Eingange -erwähnten Anzeige aufs Gewissen; er fand nun doch, „dass <em class="italic">andere</em> -Gelehrte wohl etwa glauben möchten, hinter den Spitzfindigkeiten der neuen -Philosophie u. s. w. stecke etwas, dass <em class="italic">er</em> aber sagen könne, dass es durchaus -eine Nullität sey, und dass i. J. 1803 sich darüber mehr werde reden -lassen.“ Freilich, wenn i. J. 1804 diese Philosophie rein vergessen seyn -sollte, so müsste wenigstens i. J. 1803 die Nullität derselben dargethan -werden. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-3" id="footnote-3">[3]</a> Damit ja niemand in Zweifel stelle, ob deutsche Gelehrte sich so -weit herabgelassen, unserm Helden zu schmeicheln, hat er selbst, in seiner -Schrift gegen die Xenien, bezeugt: „ihm sey von jeher sehr geschmeichelt -worden.“ -</p> - -<h3 class="l2si chapter" id="chapter-3-5"> -<a id="page-18" class="pagenum" title="18"></a> -<a id="pagehdr-18" class="orig-page" title="20"></a> -<span class="line1">Drittes Capitel.</span><br /> -<span class="line2">Wie im allgemeinen dieser höchste Grundsatz im Leben unsers Helden sich geäussert habe.</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Theils nach den öffentlichen Handlungen und Aeusserungen -unsers Helden, theils nach mehreren Anekdoten von ihm, die -zu seiner Zeit im allgemeinen Umlaufe waren, schrieb er sich -selbst ausschliessend die Fähigkeit zu, alle Gegenstände des -menschlichen Wissens mustermässig zu bearbeiten. Er pflegte, -so oft in seiner Gegenwart das Gespräch auf irgend einen solchen -Gegenstand fiel, nur das zu beklagen, dass seine übrigen -Geschäfte ihm nicht Zeit liessen, ein Muster der Behandlung -desselben zu liefern. Alles, zu dessen Bearbeitung er ohnerachtet -dieser überhäuften Geschäfte denn doch noch Zeit fand, -bearbeitete er auch wirklich mustermässig. So war seine Topographie -von Berlin das Muster, wornach alle Arbeiten dieser -Art gemacht werden sollten, und er ergriff jede Gelegenheit, -sie als solches zu empfehlen; keinesweges, wie er hinzuzusetzen -pflegte, aus Eigenlob, sondern weil sich die Sache wirklich so -verhielt<a class="fnote" href="#footnote-4" id="fnote-4">[4]</a>. Wozu er nicht Zeit fand, mochten seine Zeitgenossen -bearbeiten. Dass sie ihr Muster nie erreichen, dass sie nie -es so machen würden, wie unser Held es gemacht hätte, wenn -er nur die Zeit dazu gefunden, das verstand sich. Aber sie -hatten ja ihn bei sich; und er ertheilte gern Rath, wenn man -ihn bescheiden darum ersuchte. -</p> - -<p> -Diesen Rath sollten sie lehrbegierig und folgsam annehmen, -fortarbeiten und sich bestreben, seine Idee immer besser zu -treffen. Sie sollten ja nur die Zeit zur Ausführung hergeben, -die ihm mangelte; den Geist und die Uebersicht wollte er hergeben. -So würden sie immer höher steigen, und ihm, ihrem -Muster, stets näher kommen. Auf diese Weise hatte er in der -Schule seiner Bibliothek und seines handschriftlichen Rathes die -<a id="page-19" class="pagenum" title="19"></a> -<a id="pagehdr-19" class="orig-page" title="22"></a> -grössten Schriftsteller der Nation gebildet: einen Lessing, der -nur leider in seinen spätern Jahren umschlug, rechthaberisch -und unfolgsam wurde, und dafür zur wohlverdienten Strafe in -Zweifel an der Gründlichkeit der bibliothekarischen Aufklärung -und an der Evidenz der Mendelssohnschen Demonstrationen -verfiel; einen Mendelssohn; einen Justus Möser, und so viele -noch Lebende, deren Bescheidenheit mir verbietet, sie zu nennen: -— hat er nicht Schriftsteller allein, sondern durch die vortrefflichen -Bildnisse deutscher Gelehrten vor der Bibliothek und -der Berliner Monatsschrift in seinem Verlage, welche, wie ich -als Augenzeuge betheuren kann, in Berlin noch immer regelmässig -ausgegeben wird — hat er dadurch auch junge bildende -Künstler herangezogen, ermuntert und unterstützt. Die Bildung -ging von ihm aus, als ihrem Centrum, und verbreitete sich regelmässig -umher. -</p> - -<p> -Dieser gesetzte, geordnete, gemässigte Gang wurde nun -durch einige excentrische Köpfe gestört. In der Kunst erschien -Goethe, Schiller, in der Philosophie Jacobi, Kant, die transscendentalen -Idealisten. Was hätte an ihnen daran seyn können? -— Hatten sie sich denn erst in der A. D. B. unter Nicolai’s -Aufsicht im Schreiben geübt? Oder hatten sie ihm ihre Pläne -vor der Ausführung vorher vorgelegt, und mit ihm darüber -correspondirt, wie Lessing in seiner guten Zeit, und Mendelssohn, -und alle die, welche Meisterwerke geliefert haben? Keins -von diesen allen hatten sie gethan; sie hatten ein so böses Gewissen -gehabt, dass sie ihm ihre Arbeiten nicht einmal zum -Verlage angeboten; die letzte Gelegenheit, bei der sie hätten -erfahren können, wie sie mit denselben daran wären, und was -sie darüber zu urtheilen hätten. -</p> - -<p> -Dass an ihren vermeinten Kunstwerken und Entdeckungen -durchaus nichts seyn konnte, war sonach ohne weitere Untersuchung -und Prüfung, mit der man nur die ohnedies so beschränkte -Zeit verloren haben würde, unmittelbar klar; und -man konnte ohne weiteres mit den Waffen des Lächerlichen, -welche unser Held zu führen glaubte, wie kein andrer, dagegen -vorschreiten. So entstanden Freuden Werthers, die witzige Schrift -gegen die Xenien, der dicke Mann, Sempronius Gundibert, die -<a id="page-20" class="pagenum" title="20"></a> -<a id="pagehdr-20" class="orig-page" title="23"></a> -spasshaften Theile der Reisebeschreibung; und was weiss ich, -was noch alles entstand. -</p> - -<p> -Zwar liess sich einigen jener excentrischen Subjecte und -Querköpfe nicht alles Talent und alle Kenntniss ganz absprechen, -nur verhinderte sie ihre eigenliebige Meinung, dass sie -ausser dem Umkreise der richtigen Schule für sich allein fortkommen -könnten, daran, diesem Talente die wahre Richtung -zu geben. Man musste suchen, diese etwanigen Gaben doch -noch nützlich zu machen und sie der deutschen Literatur, d. i. -dem Umkreise der allgemeinen deutschen Bibliothek, wiederzugeben. -Unser Held fand sich sonach in der Nothwendigkeit, -jene Menschen scharf zu züchtigen, ob sie nicht etwa in sich -gehen und den rechten Weg einschlagen möchten. Man sah es -ihm — sein <a id="corr-1"></a>Geschichtsschreiber sagt dies an seiner Urne mit -der vollsten Ueberzeugung — man sah es ihm an, dass nie -persönlicher Hass oder Feindschaft, sondern immer der redlichste -Eifer für die Literatur ihn trieb; dass er mit einer Art -von Wehmuth an das Amtsgeschäft einer solennen und ausführlichen -Ausstäupung ging (mit kleinen beiläufigen Hieben -nahm er freilich es etwas leichter); man bemerkte, wie ein geheimes -väterliches Wohlwollen gegen die Bestraften selbst seinem -Feuereifer für die Literatur eine gewisse rührende Milde beimischte, -und wie er schon ein Vorgefühl von dem Danke hatte, -den ihm die Gezüchtigten selbst, wenn sie einst zu Verstande -kämen, bringen würden. Er war daher nicht leicht zu bewegen, -alle Hoffnung an einem Menschen aufzugeben, und er -wusste geschickt diese Hoffnung zu zeigen, um dem Sünder -nicht allen Muth zur Besserung zu benehmen. -</p> - -<p> -Traf es sich nun, dass einer wirklich sich besserte, so war -die Milde rührend, mit der er ihn wieder zu Gnaden annahm. -So gab es in diesen Tagen einen gewissen höchst perfectibeln -Krug, welcher freilich in der allgemeinen Achtserklärung gegen -die philosophischen Querköpfe mitbegriffen war. Dieser -ging in sich und gab unserm Helden eine Aehrenlese von den -Feldern anderer Philosophen zum Verlage, worüber er vermuthlich -auch Nicolai’s Rath eingezogen; — denn den pflegte dieser -keinem, der bei ihm verlegen liess, vorzuenthalten. Dafür segnete -<a id="page-21" class="pagenum" title="21"></a> -<a id="pagehdr-21" class="orig-page" title="24"></a> -auch Gott diesen Krug, dass ihm auf eignem Boden eine -Rechtslehre erwuchs, die einem philosophischen Recensenten -an der allgemeinen deutschen Bibliothek wie aus der Seele geschrieben -ist<a class="fnote" href="#footnote-5" id="fnote-5">[5]</a>. Jederman war damals der Meinung, dass -wenn der junge Mann nur so fortführe, er es mit der Zeit -wohl selbst bis zum ordentlichen Recensenten an der allgemeinen -deutschen Bibliothek unter Nicolai’s eigener Redaction bringen -könnte. -</p> - -<h4 class="l1i subchap" id="subchap-3-5-1"> -<span class="line1">Anmerkungen.</span> -</h4> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-4" id="footnote-4">[4]</a> M. s. z. B. den 6ten Band der Nicolai’schen Reisen. S. 337 ff. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-5" id="footnote-5">[5]</a> M. s. in demselben Hefte der N. D. B., in welchem die Eingangs -erwähnte Anzeige sich befindet (56. B. St. 1. Heft 2.), kurz vor derselben -die Recension des Krugschen Buches. -</p> - -<h3 class="l2si chapter" id="chapter-3-6"> -<span class="line1">Viertes Capitel.</span><br /> -<span class="line2">Worauf es, zufolge dieses höchsten Grundsatzes, unserm Helden bei allen seinen Disputen angekommen sey.</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -So oft unser Held im Begriff war, seinen Mund öffentlich -aufzuthun, um dem Zeitalter einen Rath zu geben, oder eine -Thorheit zu misbilligen und zu züchtigen, so trieb ihn seine -liebenswürdige Bescheidenheit immer an, zuvörderst sich zu -entschuldigen, dass er gerade die Sache zur Sprache bringe, -dass er sie jetzt, in diesem Zeitpuncte, bei dieser Veranlassung -zur Sprache bringe. Hierüber gab er immer seine guten Gründe -an. Dass er aber die Sache, wovon die Rede war, verstehe, -und dass er die Wahrheit, die pure lautere Wahrheit sagen -könne, darüber gab er nie einen Beweis, indem es ihm gar -<a id="page-22" class="pagenum" title="22"></a> -<a id="pagehdr-22" class="orig-page" title="26"></a> -nicht beikam, dass über diesen Punct irgend ein Leser oder -Gegner den mindesten Zweifel hegen würde. -</p> - -<p> -So hub er, als er im 11. Bande seiner Reisebeschreibung -von Tübingen aus auf die Horen, und von diesen aus auf die -neue Philosophie schmälen wollte, damit an, dass er beklagte: -es scheine nun einmal sein Beruf, dem Zeitalter unangenehme -Wahrheiten zu sagen; und fuhr dann fort und sagte seine unangenehme -Wahrheit; und alle Leser waren überzeugt und alle -Gegner beschämt. Entweder hatten die letzten bisher, mit dem -eignen guten Bewusstseyn, dass sie unrecht hatten, ihr Wesen -getrieben, lediglich um etwas Neues, in der allgemeinen deutschen -Bibliothek Unerhörtes anzubringen und Aufsehen zu erregen, -und Nicolai wollte dies nun offenbaren; oder, wenn sie -wirklich geglaubt hatten, recht zu haben, so sollten sie jetzt -aus Nicolai’s Versicherung, dass er ihnen die wahrste Wahrheit -sage, vernehmen, dass sie denn also doch unrecht hätten. -</p> - -<p> -So sagt man, dass er allen mündlich geäusserten Vorstellungen -und Bedenklichkeiten seiner Freunde, besonders wegen -seiner spätern philosophischen Streitigkeiten, immer so zu begegnen -gepflegt habe: man müsse überall mit der Sprache gerade -herausgehn und die Wahrheit sagen. Ob sie gefalle oder -nicht, ob man sich dadurch Feinde mache oder nicht, darnach -könne nicht gefragt werden. Wenn die entgegengesetzte Maxime -gelten solle, so hätten auch die Literaturbriefe nicht geschrieben -werden müssen. So war er auf ewig gegen die Vermuthung -befestigt und gesichert, dass irgend jemand glauben -könne, er habe in der Sache selbst unrecht, und hielt jene -Warnungen für nichts weiter, als für die zärtlichen Besorgnisse -seiner schüchternen Freunde, durch die sie ihn verleiten wollten, -aus Sorgfalt für seine persönliche Ruhe die Sache der -Wahrheit zu verläugnen. -</p> - -<h3 class="l2si chapter" id="chapter-3-7"> -<a id="page-23" class="pagenum" title="23"></a> -<a id="pagehdr-23" class="orig-page" title="27"></a> -<span class="line1">Fünftes Capitel.</span><br /> -<span class="line2">Wirkliche Disputirmethode unsers Helden, aus diesem höchsten Grundsatze.</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Kam es nun wirklich zum Dispute, so machte unser Held -es sich zum einzigen Augenmerk, die Wahrheit des Factums zu -constatiren und dem Gegner den Ausweg des Abläugnens seiner -That oder seiner Aeusserung abzuschneiden. Hierbei verfuhr -er mit seiner gewöhnlichen Sorgfalt und Genauigkeit. Hatte -er nur diesen Punct erst ins Reine gebracht, so schritt er ohne -weiteres zum Endurtheile; denn er konnte den Glauben an den -gesunden Menschenverstand seiner Gegner nie so weit aufgeben, -um anzunehmen, dass sie der Thaten oder Aeusserungen, -die sie aus seinem Munde wieder hören müssten, und von denen -sie leicht abnehmen könnten, dass er sie misbillige, nicht -sogleich sich innigst schämen, die Unrichtigkeit derselben einsehen -und sie bereuen sollten. -</p> - -<p> -So kam in jenen Tagen zu Jena eine gewisse auch allgemeine -Literaturzeitung heraus, welche sogleich in ihr Nichts -verschwand, nachdem unser Held die Zügel der allgemeinen -deutschen Bibliothek mit starken Händen wieder ergriffen hatte, -und jener Zeitung die, bei Gelegenheit des Schellingschen und -Schlegelschen Streits mit ihr zu Tage gekommene Abhängigkeit -vorrückte. Dieser Zeitung sagte er in der oben angeführten -unsterblichen Besitzergreifungsacte<a class="fnote" href="#footnote-6" id="fnote-6">[6]</a>, zwar mit grossmüthigem -Bedauern, dass dieses ihr Factum gewesen, jedoch übrigens -kurz, fest und entschlossen, auf den Kopf zu, dass sie Kant gelobt -hätte, und Reinhold gelobt hätte, er fügte jedesmal in -Schwabacher hinzu, <em class="italic">dass dies nicht zu läugnen wäre</em>. Freilich -hatte jene Zeitung gehofft und geglaubt, dass kein Mensch als -Nicolai jenen Verstoss entdeckt habe, und dass dieser es nicht -weitersagen werde. -</p> - -<p> -<a id="page-24" class="pagenum" title="24"></a> -<a id="pagehdr-24" class="orig-page" title="28"></a> -So muss in jenen Tagen ein gewisser Fichte, von dem seit -dem Jahre 1804 alle Nachrichten verschwinden, sein Wesen getrieben -haben. Diesem führt unser Held in derselben klassischen -Acte mehrere seiner höchststräflichen Aeusserungen kurz -und gut zu Gemüthe; dass z. B. dieser Fichte, und noch dazu -vom Anfange an, und noch dazu ganz laut gesagt habe, kein -einziger von Kants zahlreichen Nachfolgern habe verstanden, -wovon eigentlich die Rede sey, — ausser er, Fichte, wie sich -verstehe, setzt unser Held dazu. (Wenn dieser Fichte nur die -gemeinste Logik hatte, so versteht sich dies freilich; wie hätte -er urtheilen können, dass alle übrigen es nicht verständen, -wenn er nicht selbst es zu verstehen geglaubt hätte?) Um allen -Zweifel über die Sträflichkeit und Absurdität dieser Aeusserungen -zu heben, versichert er, <em class="italic">es seyen dies wirklich Fichte’s -eigne Worte</em>, und citirt allenthalben Buch und Seite; und in -einigen Blättern, welche dem allgemeinen Austilgungskriege gegen -Fichte vom Jahre 1803 entgangen, findet sich auch wirklich, -dass diese Citationen richtig sind. -</p> - -<p> -Unser Held war ein unbarmherziger Gegner. Wie muss -es den armen Fichte niedergedrückt haben, durch Nicolai an -den Tag gebracht zu sehen, was von ihm zum Drucke befördert -sey. -</p> - -<h4 class="l1i subchap" id="subchap-3-7-1"> -<span class="line1">Anmerkung.</span> -</h4> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-6" id="footnote-6">[6]</a> Wir nennen die oft erwähnte Anzeige eine Besitzergreifungsacte; -denn lasst uns nur in einer Note, die mancher Leser vielleicht auch nicht -liest, bekennen, dass alle die getroffenen Anstalten nicht lediglich um der -Herren Schelling, W. und F. Schlegel, Tieck, Fichte, und wie die Gezüchtigten -noch alle heissen, unternommen sind; dass diese nur das Mittel sind zum -höhern Zwecke, und die gegen sie aufgestellten Truppen nur dazu dienen, -den Punct des eigentlichen Angriffs zu verdecken. Dieser geht, dass wir -es nur zu unsrer eigenen Demüthigung gerade heraussagen, eigentlich — -<em class="italic">gegen die Jenaische Literaturzeitung</em>. -</p> - -<p class="footnote2"> -Nicht von den anzuzeigenden Schriften — eigentlich den zwischen -Schelling, A. W. Schlegel und der A. L. Z. gewechselten Streitschriften — -nein, vom unsterblichen Stifter der A. D. B. hebt die Rede an, wie dieser -zuerst die Idee gefasst, zur Verhütung aller Einseitigkeit und Parteilichkeit (!) -Mitarbeiter aus allen deutschen Ländern und Provinzen einzuladen. S. 145. -lässt sich zwar nicht läugnen, dass <em class="italic">auch die Redactoren der A. L. Z. dieser -Idee gefolgt</em>. S. 150 aber sind bei ihr gerade die unangenehmen -Fälle eingetreten, „<em class="italic">welche der Stifter der A. D. B. eben durch die Einladung -von Mitarbeitern aus allen deutschen Ländern und Provinzen — -vom Anfange an — so vorsichtig zu vermeiden wusste</em>.“ Es bekamen -nemlich <em class="italic">nun</em> — wie denn <em class="italic">nun</em>? folgten denn nun die Redactoren der <em class="italic">A. L. Z.</em> -nicht mehr der Idee des unsterblichen Stifters der A. D. B.? Ei, was -weiss ichs: kurz — „es bekamen <em class="italic">nun</em> durch die individuelle Lage der Redactoren -der <em class="italic">A. L. Z.</em> gegen Mitarbeiter, die mit ihnen in zu naher Verbindung -an Einem Orte lebten, und gegen deren Freunde, persönliche Rücksichten -einen merklichen Einfluss auf das Werk, welcher demselben sicher -nicht vortheilhaft war, und — <em class="italic">bei unparteiischen Lesern <em class="gesperrt">das Vertrauen -zu demselben sicher verminderte</em></em>.“ — In der ganzen Anzeige kann -man weiter ersehen, wie eben durch jene Streitschriften der <em class="italic">A. L. Z.</em> und -ihrer Gegner, „die freilich keinem von beiden Theilen vortheilhaft sind“ und -deren <em class="italic">deswegen</em>, „gegen die sonstige Gewohnheit der D. B., in anderen gelehrten -Zeitschriften erhobene Streitigkeiten aufzunehmen und fortzuführen,“ -allerdings erwähnt werden musste — wie, sage ich, durch jene Streitschriften -so recht an den Tag gekommen, dass die Schlegel und Schelling in die -<em class="italic">L. Z.</em> Einfluss gehabt, dass diese von ihnen <em class="italic">abgehangen</em>. Nun kann der -scharfsinnige Leser selbst ermessen, welch’ ein erbärmlicher Wicht die <em class="italic">L. Z.</em> -seyn möge, da sie von so erbärmlichen Wichten, deren und ihrer Freunde -Personalien eben deswegen hier wieder in frisches und geschärftes Gedächtniss -gebracht werden mussten, abgehangen; — diese <em class="italic">L. Z.</em>, von der sich ohnedies -nicht läugnen lässt, dass sie Kant gelobt, und Reinhold gelobt. -</p> - -<p class="footnote2"> -Dagegen kann jeder Leser wissen, dass die D. B. der neuen und -neusten Philosophie von jeher im Wege gestanden; die unartigen Schleifwege, -auf denen sich doch einmal ein gutes Wörtchen über sie in diese B. eingeschlichen, -sind nun auch entdeckt und, besonders seit Nicolai wieder das -Regiment führt, sicherlich verhauen. Es ist der Bescheidenheit, die alles -Selbstlob verschmäht, angemessen, dieses anonym in den letzten Heften der -bei Bohn herauskommenden neuen B. zu der Zeit, da die ersten Bände der -wieder alt gewordenen B. bei Nicolai erscheinen, und das Vertrauen der Leser -zur <em class="italic">A. L. Z.</em> durch den Schellingschen Streit in frischer Verminderung -begriffen ist, gehörig auseinanderzusetzen, damit die Leser wissen, wohin -sie sich nun mit ihrem Vertrauen zu wenden haben. -</p> - -<p class="footnote2"> -Jene Anzeige ist sonach, ihrer wahren Bestimmung nach, eine Besitzergreifungsacte -des alten Vertrauens für die alte Bibliothek, von dessen Verminderung -der alte Herausgeber doch einige Spur haben muss. -</p> - -<p class="footnote2"> -Wir wünschen sehr, dass der scharfsinnige und scharftreffende Herr -Hofrath Schütz diese wahre Tendenz jener Anzeige ja nicht merke, sondern -sie unbefangen als eine blosse Ausstäupung dieser Schlegel, dieses Schellings, -dieses Fichte hinunterschlucke; auch, dass nicht etwa diese unsere -Note ihm zu Gesichte komme: denn sonst — möchten wir nicht an Herrn -Nicolai’s Stelle seyn. Auch dürfte sodann vielleicht uns selbst unser Eifer -für die Ehre und den Flor jenes grossen literarischen Instituts nicht zum -Besten bekommen. -</p> - -<h3 class="l2si chapter" id="chapter-3-8"> -<a id="page-26" class="pagenum" title="26"></a> -<a id="pagehdr-26" class="orig-page" title="31"></a> -<span class="line1">Sechstes Capitel.</span><br /> -<span class="line2">Eine der allersonderbarsten Meinungen unsers Helden, zufolge jenes höchsten Grundsatzes.</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Mag der Grund in einer ursprünglichen Unfähigkeit der -Natur unsers Helden, oder in einer frühern Verbildung desselben -gelegen haben, kurz, es war unter seinen grössten Verehrern -und wärmsten Freunden darüber nur Eine Stimme, dass -er für die Philosophie ganz untauglich sey. Sein Geist war ein -dürrer Chronikengeist. Nie vermochte er sich über die Erfahrung, -und zwar über die Erfahrung im allerniedrigsten Sinne -des Worts, über das blosse Aneinanderknüpfen von Sinneseindrücken -und den Erzählungen davon hinweg, bis zum Begriffe -eines allgemeinen Gesetzes, nach dem jene Erscheinungen -erfolgten, oder erfolgen sollten, als dem <em class="italic">Materiale</em> aller -Philosophie, zu erheben. Doch was rede ich von dem Begriffe -eines Gesetzes? Nicht einmal zu dem Begriffe eines Vordersatzes -wusste er sich zu erheben; wie hätte er sonach jemals -die leiseste Ahnung, auch nur von dem <em class="italic">Formalen</em> der Philosophie, -von dem Zusammenhange der Gedanken in einer philosophischen -Untersuchung, von dem Werthe und der Bestimmung, -die sie von der Stelle erhalten, da sie stehen, von einem -organischen Ganzen des Denkens, haben können? Jeden -möglichen Gedanken, den er äusserte, trug er vor als unmittelbar -gewiss, und durch sich selbst klar; ob, weil er ihn -sagte, oder durch die Art, wie er ihn sagte, lassen wir an -seinen Ort gestellt. Diese alle gleich unmittelbar gewissen Gedanken -<a id="page-27" class="pagenum" title="27"></a> -<a id="pagehdr-27" class="orig-page" title="33"></a> -setzte er nun zusammen, wie sie ihm unter die Hände -kamen, jeden möglichen an jeden andern möglichen, und so verwandelte -sich ihm alles menschliche Denken in einen grossen -Sandhaufen, in welchem jedes Körnchen für sich besteht, und -alle durcheinander geworfen werden können, ohne dass in dem -Einzelnen etwas verändert wird. Wir werden tiefer unten Belege -dieses Verfahrens anführen. -</p> - -<p> -Nun ist zwar demjenigen, der zu einer gewissen Sache absolut -unfähig ist, nicht füglich anzumuthen, dass er diese seine Unfähigkeit -erkenne; denn gerade dasselbe, was ihn zur Sache -unfähig macht, macht ihn auch unfähig, seine Fähigkeit zur -Sache zu beurtheilen. Aber bei gewöhnlichen Menschen wird -durch ein dunkles Gefühl ersetzt, was ihnen an klarem Urtheil -abgeht. So ist es in Absicht des Faches, wovon wir hier sprechen, -nichts Seltenes, Personen, wenn sie nur nicht als Professoren -der Metaphysik, oder als philosophische Recensenten -an der A. D. B. ihr Brot verdienen müssen, gestehen zu hören, -dass Metaphysik ihr wahres Kreuz sey, dass es ihnen damit -noch nie recht habe gelingen wollen, oder wenn sie mehr Eigendünkel -haben, dass dies leere Spitzfindigkeiten seyen, mit -denen sie sich den Kopf zerbrechen, — nur nicht möchten. — -Ferner hat ja jeder Mensch irgend einen vertrautern Bekannten -oder Freund; und Nicolai hatte deren so viele unter seinen -Zeitgenossen, die sich doch auch ein Urtheil über Philosophie -zuschrieben. Sollte denn niemals einer von diesen unserm -Helden mit aller Bescheidenheit zu verstehen gegeben haben, -dass er zwar in andern Geschäften des menschlichen Scharfsinns, -in der Fähigkeit, die feinsten Machinationen der Jesuiten -zu wittern, den seltensten Zuschnitt eines Predigerüberschlags -oder einer Perrücke auszuspüren, seines Gleichen nicht habe; -dass er aber in der eigentlich sogenannten höhern Philosophie -nicht dieselbe Stärke besitze? Setzte nicht Kant, dem unser -Held doch auch nicht allen Scharfsinn absprach, zutrauungsvoll -von ihm voraus, er werde wohl selbst eines Urtheils über Gegenstände -der höhern Speculation sich bescheiden? -</p> - -<p> -Was that unser Held? Leistete er etwa, durch jenes dunkle -Gefühl gewarnt, gleich von vornherein Verzicht auf dieses ihm -<a id="page-28" class="pagenum" title="28"></a> -<a id="pagehdr-28" class="orig-page" title="34"></a> -durch seine Natur verschlossene Fach, oder achtete er auf -jene Warnungen, und gab späterhin seine Theilnahme an demselben -auf? -</p> - -<p> -Wie konnte er? Gehört denn nicht die Philosophie zum -Umfange der menschlichen Kenntnisse, und ist sie nicht von -jeher von allen Besitzern dieser Kenntnisse sogar an die Spitze -derselben gestellt worden? Hatte nicht die Bibliothek von jeher -auch das Fach der Philosophie umfasst? War es denn -möglich, dass jemand Redacteur dieser Bibliothek, sonach die -Seele derselben, sonach die Seele aller Geistesbildung wäre, -der nicht eben darum der erste untrüglichste und allumfassendste -aller Philosophen sey? Das Höchste, was er aus Herablassung -gegen den alten Mann, den Kant, thun konnte, war, -dass er einen historischen Bericht über seine philosophische -Bildung abstattete. Aber gerade das, dass man fähig gewesen -war, jenen Zweifel über unsers Helden Fähigkeit zu erheben, -zeigte am deutlichsten den tiefen Verfall und die schreckliche -Verwilderung in diesem Fache, und machte es ihm zur dringendsten -Pflicht, von nun an alle seine Kräfte der Wiederherstellung -desselben zu widmen. -</p> - -<p> -Auch hier, so wie allenthalben ging unser Held von dem -Princip aus: ich, Friedrich Nicolai, bin anderer Meinung als ihr; -und daraus könnt ihr ersehen, dass ihr unrecht habt. Er hat -diesen höchsten Grundsatz seines speculativen Systems mehrere -Male in bestimmten Worten ausgesprochen, ohnerachtet er -sonst mehr für den rhapsodischen als für den systematischen -Gang war. Es gehört zur Geschichte des Helden, wenigstens -einige jener Aussprüche anzuführen. -</p> - -<p> -Jacobi hatte geäussert, und durch eine mit Lessing gehabte -Unterredung belegt, dass der letztere in der höhern Speculation -den Spinozischen Principien zugethan gewesen. Jene Aeusserung -Jacobi’s musste — so wollten es die Freunde und — Ehrenretter -des Verstorbenen — nicht wahr seyn; Lessing musste -von den gesunden und moderaten Begriffen eines Nicolai und -Mendelssohn nicht abgewichen seyn. Auch unser Held brachte -seinen Beweis gegen Jacobi an. Und was für einen Beweis -brachte er an? — <em class="italic">Er, Nicolai, könne am gewissesten sagen, -<a id="page-29" class="pagenum" title="29"></a> -<a id="pagehdr-29" class="orig-page" title="36"></a> -dass Jacobi Lessing sicherlich misverstanden hätte, indem er -sagen könne, dass — <em class="gesperrt">Er selbst mit Lessing über jene -Materie disserirt hätte</em></em><a class="fnote" href="#footnote-7" id="fnote-7">[7]</a>. Freilich war Jacobi nun hinlänglich -beschämt. Welcher Leser hätte nach einem solchen -Zeugnisse noch ein Wort von ihm angehört; und was hätte -er auch vorbringen können, ohne vor sich <em class="italic">selbst</em> bis in die innerste -Seele zu erröthen? — Auf dieselbe Weise fürchtete er -in der erwähnten berühmten Acte, dass freilich wohl <em class="italic">andere</em> -Gelehrte glauben möchten, hinter den spitzfindigen Grübeleien -der Ichphilosophie und der daraus gefolgerten speculativen Physik -und Poetik stecke vielleicht etwas Wichtiges verborgen. <em class="italic">Er</em> -aber, <em class="italic">Er Nicolai</em> wusste sehr wohl und verkündigte laut, dass die -Nullität jener Philosophie nur immer deutlicher erhellen werde, -und dass man im Jahre 1803 darüber mehr würde sprechen -können<a class="fnote" href="#footnote-8" id="fnote-8">[8]</a>. -</p> - -<p> -Aus diesem hier und da deutlich ausgesprochenen Princip -führte nun unser Held unverrückt sein Richteramt in der Philosophie; -auch da, wo er jenes Princip nicht deutlich aussprach. -Alle seine Beweise beruhten allein darauf. Er hatte, seiner <em class="italic">Bildung</em> -zufolge, einst gleichfalls Philosophie studirt, die philosophische -Wahrheit ausgemessen, umfasst und in sich aufgenommen. Was -damit übereinstimmte, — war freilich nie so stark, so durchgeführt, -so trefflich gesagt, als er es gesagt haben würde, wenn -er nur Zeit dazu gehabt hätte, aber da er diese nun einmal -nicht hatte — mochte es doch existiren! Was damit nicht -übereinstimmte, bei jener allgemeinen Ausmessung des philosophischen -Gebiets von Nicolai nicht mit ermessen war, — Jacobi’s, -Kants, der transscendentalen Idealisten Philosopheme — -welche Frage, ob sie falsch seyen? Wie konnten sie anders? -— indem ja, wenn sie wahr wären, Nicolai sie schon ehedem, -eh’ von allen diesen Menschen etwas gehört wurde, gefunden -haben müsste. Falsch waren sie, das verstand sich, und unser -Held musste, seinem beständigen Kriegsplane nach, ohne weiteres -mit den Waffen des Lächerlichen dagegen vorschreiten. -</p> - -<p> -Kant war, als er mit seinem Systeme hervortrat, schon bejahrt, -und dieses Verdienst blieb in den reifern Jahren unsers -Helden nie ohne Wirkung auf ihn. Auch mochte vielleicht jener -<a id="page-30" class="pagenum" title="30"></a> -<a id="pagehdr-30" class="orig-page" title="37"></a> -Philosoph, der bekanntlich sehr verschiedene Stufen der Bildung -durchgegangen war, auf einer der frühern dieser Stufen einigen -Wohlgefallen an der Aufklärerei der Bibliothekare gefunden und -geäussert haben. Kant war daher ein übrigens (inwiefern er -Nicolai’s Grundprincip anzuerkennen schien) vernünftiger und -gelehrter Mann, an welchem es umsomehr zu bewundern -war, dass er Sätze als wahr behaupten könne, die Nicolai nicht -aufgefunden. Die Streiche des Lächerlichen konnten ihm freilich -nicht geschenkt, sondern mussten vielmehr, gerade weil -er ein übrigens vernünftiger Mann war, von dem noch am ersten -Besserung sich hoffen liess, wo möglich geschärft werden. -</p> - -<p> -Jacobi, als er als Schriftsteller auftrat, eben so die transscendentalen -Idealisten, waren jünger als Nicolai; und in Rücksicht -des jungen Anwuchses hatte unser Held die Maxime, sie -scharf zu züchtigen, damit er in reiferen Jahren Ehre und Freude -an ihnen erlebe. Daher war Jacobi einer jener mittelmässigen -Köpfe, die alles drucken lassen, was sie etwa im Discurs gehört -haben, oder vielmehr halb gehört haben, um sich ein Ansehn -zu geben, ein Mann, der seine Materie nie recht durchdacht -hatte, der nicht einmal schreiben konnte<a class="fnote" href="#footnote-9" id="fnote-9">[9]</a>. Die transscendentalen -Idealisten waren Querköpfe, und wer weiss was -sie noch alles waren. -</p> - -<p> -Und so benahm unserm Helden bis an sein Ende niemand -die selige Ueberzeugung, dass im Umrütteln des oben erwähnten -Sandhaufens das wahre Philosophiren bestehe; dass dies -keiner besser könne, als er; und dass er sonach nicht nur der -erste Philosoph aller Zeiten, sondern zugleich auch der gewaltigste -philosophische Streiter sey. Die in seinen letzten Jahren -häufiger an ihn ergehenden Zurufe, dass er in diesem Fache -gar nichts verstehe, und hierüber am wenigsten eine Stimme -habe, dienten ihm zum äussern, seiner innern Ueberzeugung -freilich entbehrlichen Beweise, dass jene seine Meinung, von -seiner philosophischen Superiorität, von jederman im Herzen -anerkannt werde. Denn, sagte er bei sich selbst, wenn sie -hoffen könnten, gegen meine Gründe etwas auszurichten, so -würden sie ja diese zu entkräften suchen. Aber, da der blosse -Anblick dieser Gründe sie zur Verzweiflung bringt (welches -<a id="page-31" class="pagenum" title="31"></a> -<a id="pagehdr-31" class="orig-page" title="39"></a> -sich auch allerdings also verhielt): so bleibt ihnen nichts übrig, -als einen Machtspruch zu thun, und zu sagen: ich verstehe -nichts von der Sache. Dies aber beweist mir, dass sie wohl -einsehen, ich allein verstehe die Sache. -</p> - -<h4 class="l1i subchap" id="subchap-3-8-1"> -<span class="line1">Anmerkungen.</span> -</h4> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-7" id="footnote-7">[7]</a> M. s. <em class="italic">Jacobi wider Mendelssohns Beschuldigungen etc.</em> (Leipzig -bei Goeschen 1786, eine Schrift, deren Inhalt noch immer zur Tagesordnung -gehört) S. 99., wo Jacobi die A. D. B. 65. B. 2. St. S. 630. citirt. — -Eben daselbst sind die Beschuldigungen nachgewiesen, dass Jacobi nicht -schreiben könne, seiner Materie nie mächtig sey, u. s. w. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-8" id="footnote-8">[8]</a> M. s. S. 167 der oft angeführten Anzeige in der N. D. B. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-9" id="footnote-9">[9]</a> In dem von ihm selbst herausgegebenen Lessingschen Briefwechsel -mit Ramler, Eschenburg, Ihm (bei Ihm 1794) sagt Nicolai in der Vorrede, -nachdem er beklagt, dass Mendelssohn Lessings Charakteristik nicht herausgegeben, -— woran bekanntermaassen diesen Freunden Lessings zufolge -Jacobi’s Notiz über Lessings wahres speculatives System ihn verhindert haben -sollte: „dies ist nicht der erste Schaden, den die in Deutschland so -übliche Anekdotenjägerei“ — oder vielmehr Klatscherei (gab es in Deutschland -wohl je eine ärgere Klatsche, als der Verfasser der bekannten Reisen?) -„angerichtet hat, <em class="italic">da</em> jeder mittelmässige Kopf, was er etwa im Discurse -hört, — oder halb hört, <em class="italic">gleich</em> drucken lässt — um (Nicolai’s bekannte -pragmatische Methode) sich ein Ansehen zu geben.“ Jacobi eben sollte nur -halb gehört haben; er war es, durch dessen Druckenlassen die allein heilbringende -Philosophie so aufgebracht war. Er war dieser Eine unter den -mittelmässigen Köpfen. -</p> - -<p class="footnote2"> -Armer Wicht, ahnete dir denn gar nicht von den Versuchungen des -Teufels, als du diese Stelle niederschriebst? Hattest du denn gar keinen -Freund, der dir in die Ohren geraunt hätte, dass wenn die Geisteskraft dieses -mittelmässigen Kopfes, Friedrich Heinrich Jacobi, unter zehnmalzehnmal -zehn Nicolai zu gleichen Theilen vertheilt würde, jeder dieser Nicolai seinen -Kopf doch noch mit weit mehr Ehre durch die Welt tragen würde, als du, -allererbärmlichster Friedrich Nicolai? -</p> - -<p class="tb"> -——— -</p> - -<p class="footnote2"> -Und hiebei denn für mehrere Stellen dieser Schrift folgende Bemerkung. -Ohnerachtet zwischen Jacobi und mir sich merkliche Differenzen erhoben -haben, deren Hauptgrund ich darin finde, dass Jacobi über sehr wesentliche -Puncte mich nicht genug verstanden, oder, wenn der Fehler an meinem -Ausdrucke liegt, diese Puncte nicht in den Zusammenhang hineindenkt, aus -welchem sie in meinem Denken hervorgehen, und in welchen ich sie sobald -als möglich für alle Denker deutlich hineinsetzen werde — vielleicht -auch mit darin, dass Jacobi in seinem Kriege gegen den Nicolaismus sich -gewöhnt hat, bei jedem seiner Gegner wenigstens eine kleine Portion dieses -Nicolaismus, d. i. der leeren zwecklosen Denkerei, vorauszusetzen; — ferner, -wie Jacobi über mich und meine Unternehmungen auch je sich äussern, -und ich nöthig finden möchte, diesen Aeusserungen zu begegnen; endlich, -wenn es sich auch zutragen sollte, dass Jacobi nach dem allgemeinen -menschlichen Schicksale späterhin durch Altersschwäche herabsänke, es selbst -nicht bemerkte, keinen Freund hätte, der ihn warnte, und so vor dem Publicum -seinem ehemaligen Selbst unähnlich erschiene: so soll mich doch -dieses alles nicht abhalten, ihn für das Vergangene für einen der ersten -Männer seines Zeitalters, für eines der wenigen Glieder in der Ueberlieferungskette -der wahren Gründlichkeit, laut anzuerkennen: und dies nicht, um -irgend jemandes Neigung mir zu erhalten, sondern weil es sich so gebührt. -Hochachtung vor Männern gründet sich nicht auf zufällige Beziehungen, sondern -auf Erkenntniss ihrer Verdienste; und es giebt des Achtungswürdigen -wahrlich nicht so viel, dass man Ursache hätte, selbst dieses noch um kleiner -Verstösse, oder wohl gar aus persönlichen Gründen, herabzusetzen. -Ich erinnere dieses einmal für immer für diesen und ähnliche Fälle zur -Vermeidung alles Anstosses und Misverständnisses, in unserm Zeitalter der -Parteien. Es giebt nur Eine Partei, die man zu ergreifen hat, die für das -Talent und die Gründlichkeit, und gegen die Dummheit und die Bosheit; von -dieser Partei zu seyn, hat der Verfasser immer gewünscht. -</p> - -<h3 class="l2si chapter" id="chapter-3-9"> -<a id="page-32" class="pagenum" title="32"></a> -<a id="pagehdr-32" class="orig-page" title="40"></a> -<span class="line1">Siebentes Capitel.</span><br /> -<span class="line2">Eine andere fast noch unglaublichere Meinung unsers Helden von sich selbst, zufolge jenes höchsten Grundsatzes.</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Ein anderes, beinahe unerklärliches Misgeschick unsers Helden -war dies, dass, obgleich er allein mehr Papier beschrieben, -als ein Dutzend seiner schreibseligsten Zeitgenossen, er doch -bis an sein Ende nicht schreiben lernte. Man fand keine Zeile -bei ihm, in welcher nicht ein oder ein paar unrecht angewendete -Wörter und einige überflüssige vorgekommen wären. Am -<a id="page-33" class="pagenum" title="33"></a> -<a id="pagehdr-33" class="orig-page" title="42"></a> -deutlichsten konnte man dies sehen, wenn man etwa das Unglück -hatte, einiges aus seinen Druckschriften abschreiben zu -müssen. Der Verfasser dieser seiner Geschichte sieht mit -Schrecken vorher, dass tiefer unten diese Nothwendigkeit ohnedies -ihn treffen werde. Er könnte es über das Herz bringen, -grausamen Lesern, die ihm wohl gar anmuthen dürften, auch -hier besondere Belege für seine Behauptung beizubringen, dafür -anzuwünschen, dass sie selbst ein paar Seiten von Nicolai -abschreiben müssten. -</p> - -<p> -Das Ganze seines Vortrages aber war so beschaffen: Es -lag ihm stets innig am Herzen, dass seine Leser ihn doch ganz -vernehmen und recht verstehen möchten. Es kam ihm daher, -so wie er den ersten Perioden geendet hatte, immer so vor, -als ob er noch was vergessen und noch nicht deutlich genug -geredet hatte. Er fing sonach in einem zweiten wieder von -vorn an, um zu sehen, ob ihm nicht im Reden das Vergessene -beifallen, und ob es ihm mit der Deutlichkeit diesmal nicht noch -besser gelingen möchte. Da es ihm nun aber mit dem zweiten Perioden -eben so ergangen seyn könnte, wie bei dem erstern, so -musste er nun freilich in einem dritten, und nach Endigung dieses -in einem vierten wiederum von vorn anfangen, und so immerfort. -So rang er rastlos nach immer höherer Deutlichkeit und Vollständigkeit; -und wenn er endlich doch einmal aufhörte, wie -er denn wirklich zuletzt noch immer aufgehört hat, so geschah -dies lediglich darum, weil seine übrigen wichtigen Geschäfte -ihn abriefen und ihm die nöthige Zeit zur vollkommenen Ausführung -seines Themas nicht verstatteten. -</p> - -<p> -Dabei hatte er eine grosse Liebhaberei zum Witze, und -seinen Geist schon früh bei den geistreichen Engländern, -den Shaftsbury, Buttler, Smollet, den Verfassern des John Bunkel -u. a. in die Nahrung gethan. Dennoch behielten bis in sein -goldenstes Zeitalter, — das der Gundiberte und der witzigen -Theile von den Reisen — seine Spässe eine gewisse dicke -Zähheit, Plattheit und Gemeinheit. — Da man in Nicolai’s Witze -den grössten Theil des polemischen Witzes seines Zeitalters -zugleich mit charakterisirt, so dürfte vielleicht eine kurze Classification -dieses Witzes hier nicht an der unrechten Stelle stehen. -</p> - -<p> -<a id="page-34" class="pagenum" title="34"></a> -<a id="pagehdr-34" class="orig-page" title="43"></a> -Wir theilen diesen Witz trichotomisch ein, und finden -an ihm eine vollständige Synthesis. Die erstere Art ist der -<em class="italic">repetirende</em> Witz; wenn am Markte einer aus dem Pöbel vor -dem ganzen herumstehenden Haufen einer Hökerin sagt: du bist -eine Diebin; und diese sich zu dem Haufen wendet und schreit: -„Ich bin eine Diebin; sagt er:“ <em class="italic">Absolute Thesis des Witzes.</em> -Mit dieser Art pflegte unser Held seinen Widersachern die tiefsten -Wunden zu schlagen; und die Schule der transscendentalen -Philosophen soll allein daran sich zu Tode geblutet haben. -— Die zweite Art des Witzes ist die <em class="italic">der einfachen Retorsion</em>; -wenn jener sein Wort: „du bist eine Diebin“ wiederholt, -und die Hökerin ihm nun antwortet: „nein du, du bist ein Dieb:“ -<em class="italic">Antithesis des Witzes.</em> Auch diese Art wusste unser Held vortrefflich -zu handhaben, und bediente sich derselben häufig. -Endlich, die dritte Sorte ist die <em class="italic">der spöttischen Retorsion</em>; -wenn unser Mann sein Wort nochmals wiederholt, und die Hökerin -ihm antwortet: „ja du wärst mir der Rechte, dass du -mir das sagen solltest, du sähst mir so aus, du hättest es auf -dem Leibe:“ <em class="italic">Synthesis des Witzes.</em> Man muss es unserm Helden -zum Ruhme nachsagen, dass er dieser letzten beissenden -Sorte, ohnerachtet er auch sie sehr geschickt zu behandeln verstand, -sich doch nur selten, und nur gegen sehr eingewurzelte -Schäden bediente. Dies war der Umfang seiner Schalkheit, -und andere Sorten haben in seinen zahlreichen Schriften sich -nicht gefunden. -</p> - -<p> -So war es mit Nicolai’s Talent zur Schriftstellerei nach der -Wahrheit beschaffen. -</p> - -<p> -Was glaubte nun er selbst über dieses Talent? — Lasset -uns auch hier billig seyn. Wenn ein alter, misgeschaffener, -von Gicht und Podagra zerrissener Faun, der in einem vorüberfliessenden -Bache seine Gestalt erblickte, dieselbe männlich anständig -und ehrwürdig fände: wer würde es ihm so sehr verdenken? -Gehören doch die Augen, durch welche er sieht, auch -zu ihm selbst. Wenn aber derselbe die krampfhaften Zuckungen -der Gicht in seinem behaarten Gesichte für ein Lächeln -der himmlischen Venus, und das Schlottern seiner verdorrten -Schenkel und die Bebungen seiner spitzigen Bocksfüsse für die -<a id="page-35" class="pagenum" title="35"></a> -<a id="pagehdr-35" class="orig-page" title="45"></a> -Tanzübung einer Grazie ansähe: so würde dies doch zu sehr -das Mittelmaass der einem Faun allenfalls zu verstattenden Eigenliebe -überschreiten. -</p> - -<p> -Es erging unserm Helden nicht viel besser als diesem Faune. -Dass er sich für einen Richter und Meister über Sachen des -Stils gehalten, beweisen theils der Tadel, den er so oft gegen -anderer Schreibart ergehen lassen, wenn er z. B. Jacobi, ohne -Zweifel einem der besten Stilisten seines Zeitalters, vorrückte: -er könne nicht schreiben; theils die Liebkosungen, die er von Zeit -zu Zeit ganz unverhohlen seinem eignen Vortrage machte, indem -er sagte: die blossen Büchergelehrten wüssten gar nicht, wie -man dem Publicum etwas vortragen müsse; er aber, ein Mann, -der in der Welt gelebt, wisse es, und darauf Proben von dieser -Fertigkeit gab<a class="fnote" href="#footnote-10" id="fnote-10">[10]</a>. Für welchen satirischen Kopf und durchtriebenen -Schalk er sich gehalten, ist daraus zu ersehen, dass -er die Horazisch-Shaftsburysche Maxime, durch das Lächerliche -die Thorheit an den Tag zu bringen, zu der seinigen gemacht, -und bis an sein Ende geglaubt, dass er der geborne und bestellte -Verfolger aller Thorheit durch jene Waffen des Lächerlichen -sey. Diese Meinung, da sie durchaus ohne alle äussere -Veranlassung und von aller Wahrscheinlichkeit entblösst war, -konnte durch nichts Anderes entstanden und befestigt seyn, -ausser durch die Begriffe, welche unser Held von seinen Talenten -überhaupt hatte. -</p> - -<h4 class="l1i subchap" id="subchap-3-9-1"> -<span class="line1">Anmerkung.</span> -</h4> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-10" id="footnote-10">[10]</a> In sehr vielen Stellen der Nicolaischen Reisebeschreibung. -</p> - -<h3 class="l2si chapter" id="chapter-3-10"> -<a id="page-36" class="pagenum" title="36"></a> -<a id="pagehdr-36" class="orig-page" title="46"></a> -<span class="line1">Achtes Capitel.</span><br /> -<span class="line2">Sonderbare Begriffe unsers Helden über seine und seiner Gegner gegenseitige Rechte, aus jenem höchsten Grundsatze.</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Da, wie gesagt, unser Held voraussetzte, dass er nie anders -als recht haben könnte, und dass alle Welt gleichfalls, -wenigstens im Herzen, derselben Ueberzeugung wäre, dass er -nie unrecht haben könnte: so begegnete es ihm nicht selten, dass -er seinem Gegner gerade dasselbe ernstlich verwies, was er -selbst immer that, und vielleicht in demselben Augenblicke -that, da er es jenem verwies. Sie sollten nemlich denken: ja -dem Nicolai ist das wohl erlaubt, denn der hat recht; uns -aber ist es nicht erlaubt, denn wir haben ja unrecht. -</p> - -<p> -So, nachdem er in der berühmten Acte mit grossmüthigem -Bedauern gemeldet, dass es das Schicksal der Jenaischen allgemeinen -Literatur geworden, Kant zu loben, und Reinhold: -sagt er einige Seiten später ohne Bedauern, vielmehr mit Ruhme, -dass seine allgemeine Literatur der neuen und neuesten Philosophie -stets im Wege gewesen<a class="fnote" href="#footnote-11" id="fnote-11">[11]</a>. Man sollte meinen, Parteilichkeit -<em class="italic">für</em> und Parteilichkeit <em class="italic">wider</em> sey doch immer beides -Parteilichkeit, und eine der andern werth. — Ja, aber die neue -und neueste Philosophie ist ja falsch, denn sonst könnte die -alte Nicolaische nicht wahr seyn; und es ist sonach allerdings -ruhmwürdig, der ersten im Wege zu stehen, und sehr tadelnswürdig, -sie zu loben. -</p> - -<p> -In derselben Acte beschuldigte er die Herren Schelling, A. W. -Schlegel, Fichte, dass sie günstige Beurtheilungen ihrer -Schriften in die Jenaische Allgemeinheit zu bringen, ja, dass -der letztere sogar die bibliothekarische Allgemeinheit sich geneigt -zu machen gesucht habe. Wenn sich dies auch nun so -verhalten hätte (mikrologische Geschichtsforscher jener Zeiten, -die ihren Fleiss sogar über die Lebensumstände jener nun vergessenen -<a id="page-37" class="pagenum" title="37"></a> -<a id="pagehdr-37" class="orig-page" title="47"></a> -Schriftsteller verbreiten, versichern einstimmig, diese -hätten die Wahrheit jener Beschuldigung beständig abgeläugnet), -wenn es sich nun auch so verhalten hätte, hätte es ihnen denn -Nicolai so sehr verdenken sollen, der sich rühmt, in seiner Bibliothek -nur ungünstige Recensionen jener Philosophie, die eben -darum seiner eigenen günstig sind, zuzulassen; und von welchem -es in jenen Tagen bekannt war, dass er auch der Jenaischen -allgemeinen Literatur dasselbe Princip angemuthet, und -einem der Statthalter jener Literatur derb den Kopf dafür gewaschen, -dass man ein paar Schriften von Fichte durch Reinhold -habe recensiren lassen, und nicht vielmehr durch einen -Mann, — „der die Blössen jener Fichteschen Philosophie so -recht an den Tag gebracht hätte?“ — Aber, war es denn jenen -Männern noch nicht gesagt worden, dass sie unrecht hätten, -von Nicolai selbst gesagt worden? War es nicht eine -Schande, dass sie das Gift ihrer verworfenen Meinungen, mit -dem sie für ihre Person leider angesteckt waren, nun auch -durch die geheiligten Quellen der öffentlichen Literaturen in -das Publicum zu bringen suchten, anstatt in die Einsamkeit -sich zurückzuziehen und sich selbst heilen zu lassen? -</p> - -<p> -Dem Fichte besonders wird in jener Acte ein schweres -Sündenregister zu Gemüthe geführt<a class="fnote" href="#footnote-11">[11]</a>. „Er habe sich in Jena -auf Reinholds Stuhl gesetzt“ (man hat mehrere Erklärungen der -Antiquitätenkenner von dieser wichtigen Stelle, keine aber befriedigt -uns, und wir müssen daher sie, die sehr leicht das -grösste Verbrechen jenes Mannes enthalten mag, als unverständlich -übergehen); „er habe gewusst, diesen so ungemein verehrten -Lehrer bei den Studenten in Jena in kurzer Zeit fast -in Vergessenheit zu bringen.“ Unser Held hat nicht hinzugesetzt, -welcher Mittel sich hierbei der Mann bedient; auf jeden Fall -aber sollte man hieraus beinahe schliessen, dass es demselben -nicht an allem Lehrertalente gefehlt haben müsse. Dies ist -doch wohl nicht sein Vergehen? — Vielleicht nur der üble Gebrauch, -den er von jenem Talente machte? Aber der Reinhold, -den er in Vergessenheit brachte, war ja, nach den Nachrichten -der besten Geschichtschreiber, selbst ein Kantianer, und weit -davon entfernt, in den Umkreis der allein wahren Bibliothek -<a id="page-38" class="pagenum" title="38"></a> -<a id="pagehdr-38" class="orig-page" title="48"></a> -zu gehören. Diesen in Vergessenheit gebracht zu haben, kann -Fichte’s Vergehen nicht seyn. — Lesen wir weiter. „<em class="italic">Nun</em>“ -(hier mildert der grossmüthige Mann ganz offenbar die Schuld -des Angeklagten. Nach den besten Nachrichten hatte Fichte -nicht erst, nachdem es ihm bei den Studenten gelungen war, -Reinhold in Vergessenheit zu bringen, sondern sogar schon -vor seiner Ankunft in Jena eine Schrift verfasst und dem Drucke -übergeben, in welcher er geradezu die Kantische Philosophie -für unvollendet erklärt, von den Reinholdschen Bemühungen -bloss schonend gesprochen, und seinen Vorsatz, die Sache zu -vollenden, bestimmt angekündigt.) — „<em class="italic">nun</em> habe es jenem Manne -ein Leichtes geschienen, auch Kant von dem hohen Stuhle, der -ihm als dem <em class="italic">ersten Philosophen Deutschlands</em> gesetzt worden, -herunterzustossen.“ Unser Held sprach nie und spricht auch -hier nicht mit Billigung davon, dass Kant dieser hohe Stuhl gesetzt -worden. Es war das unablässige Bestreben aller literarischen -Thätigkeit seiner letzten Tage, ihn von diesem Stuhle -herunterzustossen. Sonach wären ja Nicolai und Fichte einiger -gewesen, als man glaubt, und der erstere hätte den -letztern nimmermehr darüber tadeln können, dass er mit ihm -für Einen Zweck arbeite. Lesen wir also weiter — „<em class="italic">und sich -selbst darauf zu setzen</em>.“ Ja so, dies wollte Fichte, und hierin -liegt sein Verbrechen! Dass er Reinhold in Vergessenheit -brachte, war brav: dass er Kant vom hohen Stuhle herunterzustossen -suchte, verdienstlich. Nur hätte er von da an in -die Gemeine der Bibliothek, wo der wahre hohe Stuhl mit dem -wahren ersten Philosophen Deutschlands schon längst besetzt -war, selbst zurückkehren und die Seinigen dahin leiten sollen. -Dann hätte man ihm seinen akademischen Beifall wohl gönnen -mögen; er wäre vor seinen verderblichen Irrthümern bewahrt -geblieben, hätte Reinholds Stuhl behalten bis an sein Ende, -und sein Name lebte noch jetzt unter den andern berühmten -Namen der Bibliothekare. -</p> - -<p> -In derselben Acte, und sonst noch an mehreren Orten, -verweist Nicolai Schelling und Fichte die Unanständigkeit sehr -ernstlich, dass ihnen zuweilen ihren Gegnern gegenüber so ein -Wort von Halbköpfigkeit entschlüpft sey. Zwar war dieses, so -<a id="page-39" class="pagenum" title="39"></a> -<a id="pagehdr-39" class="orig-page" title="50"></a> -viel man weiss, immer nur geschehen, wenn sie im Allgemeinen -sprachen, und nie gegen bestimmte genannte Personen. -Zwar hatten diese Schriftsteller seit Jahren ein System dem Publicum -vorgelegt, das seinen Grundtheilen nach vollendet und -vollständig bewiesen und begründet war. Warum man nun -auf dasselbe sich nicht ernstlich einlasse, darüber hatten sie bis -zu jener Epoche noch das erste vernünftige Wort aus dem Publicum -zu vernehmen. Keiner ihrer Gegner verstand sie, und -alles schwatzte, und muthete ihnen an, zehnmal abgewiesene -Misverständnisse zum eilftenmale abzuweisen. Es wäre ihnen -vielleicht zu verzeihen gewesen, wenn ihnen im Unwillen zuweilen -etwas Menschliches begegnete. Nicolai hatte sie unter -ihrem Namen, und mit ihnen zugleich noch eine Menge anderer -genannter Männer in öffentlichen Schriften Querköpfe genannt, -und noch mancherlei andere Schimpfworte ihnen angeworfen. -Man hätte denken sollen, eine Zusammensetzung mit Kopf sey -der andern werth, und die Benennung des Halbkopfs, der ja -wohl noch wachsen kann, sey immer milder, als die eines völlig -in die Quere gedrehten Kopfes; und Nicolai hätte sonach -recht gut gleiches mit gleichem aufgehen lassen können. -</p> - -<p> -Aber wie können wir uns auch nur einfallen lassen, hier -eine Gleichheit des Verhältnisses zu setzen? Hatte nicht zuvörderst -Nicolai recht, und die Wahrheit auf seiner Seite? und -war es an ihm zu tadeln, wenn im hohen Eifer für die Wahrheit -ihm auch wohl ein derbes Scheltwort entfuhr? Vertheidigten -die Gegner nicht den Irrthum, und war ihnen dies nicht -etwa gesagt? Jemanden auch noch dazu zu schimpfen, weil -er unsern Irrthum nicht gegen die Wahrheit vertauschen will: -welche Verkehrtheit und Impertinenz! War nicht ferner Nicolai -ein alter Mann, und jene Schriftsteller junge Leute; und ist es -nicht eine <a id="corr-2"></a>ausgemachte Wahrheit unter allen alten Schriftstellern -des Nicolaischen Kreises, dass die Alten auf die Jungen schimpfen -dürfen, so viel sie wollen, diese aber nicht wiederschimpfen, -sondern sich ziehen lassen müssen? Respect für das Alter! -heisst es in dieser Schule; sogar wenn der alte Mann ein alter -Narr ist. — War Nicolai nicht der angestellte Altmeister aller -Schriftsteller, und war es nicht sein ausdrücklicher besonderer -<a id="page-40" class="pagenum" title="40"></a> -<a id="pagehdr-40" class="orig-page" title="51"></a> -Beruf, die Jugend durch jedes Mittel zum Guten zu ziehen; und -konnten nicht auch harte Scheltworte unter diese Mittel gehören? -Und diese Jugend, statt sich weisen zu lassen, schimpfte -wieder. Welche Insubordination! Kurz, wenn Nicolai schimpfte, -so that er es immer am rechten Orte, zu rechter Zeit, und -schimpfte mit Grazie. Wenn andere schimpften, so war es gemein -und pöbelhaft. Nicolai allein verstand zu schimpfen, und -darum musste man es ihm allein überlassen. -</p> - -<h4 class="l1i subchap" id="subchap-3-10-1"> -<span class="line1">Anmerkung.</span> -</h4> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-11" id="footnote-11">[11]</a> M. s. S. 147 der angeführten Anzeige in der N. D. B. -</p> - -<h3 class="l2si chapter" id="chapter-3-11"> -<span class="line1">Neuntes Capitel.</span><br /> -<span class="line2">Wie unser Held, zufolge seines höchsten Grundsatzes, sich zu nehmen gepflegt, wenn derselbe angefochten worden.</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -So fest und unerschütterlich unsers Helden Meinung war, -dass ihn jederman für den ersten Menschen des Zeitalters anerkenne, -so beharrlich war, wie jeder andere bemerken musste, -sein Misgeschick, dass man ihn nicht einmal so recht im Mittelschlage -mit wollte gelten lassen. So beliebt auch sehr bald -seine Bibliothek wurde, so wusste man doch im grössern Publicum -nicht viel anderes darüber, als dass er sie eben drucken -liesse. Man hielt ihn höchstens für einen industriösen Buchhändler, -und für einen Dilettanten in der Wissenschaft, der, -weil viele Bücher durch seine Hände gingen, glaubte, wie eben -jeder andere Buchhändler auch, über Bücher mitsprechen zu -können. Für einen unstudirten Buchhändler, meinte man, möchten -seine Räsonnements noch so hingehen. Er hat es in seinen -<a id="page-41" class="pagenum" title="41"></a> -<a id="pagehdr-41" class="orig-page" title="53"></a> -alten Tagen dem Publicum oft genug in die Ohren rufen -müssen, dass er sich wirklich und in der That nicht für einen -blossen unstudirten Buchhändler, sondern in allem Ernste für -einen wirklichen und wahren Gelehrten gehalten. Dennoch hat -er es in keinem Zeitpuncte seines Lebens im Publicum zu derjenigen -Reputation gebracht, welche in seinem Zeitalter jeder -Gelehrte sich erwarb, der nur ungefähr ein Jahrzehend hindurch -fleissig und anhaltend Bücher schrieb. -</p> - -<p> -Dies war wohl zum Theil Misgeschick, zum Theil aber auch -eigene Schuld. Hätte er, nachdem er den Verstoss des Publicums -merkte, nur mit seiner Emphase in der Welt verbreitet, -dass er die Bibliothek nicht nur drucke, dass er auch an ihr -recensire, ja, dass er sie redigire; hätte er sich vor aller eigenen -Schreiberei unter seinem Namen sorgfältig gehütet: so würde -er bald in dasselbe Ansehen gekommen seyn, welches so mancher -andere höchst mittelmässige Redacteur berühmter gelehrter -Zeitschriften geniesst, der der eigenen Autorschaft sorgfältiger -aus dem Wege geht; und wir, sein Geschichtschreiber, wären -der Hinzufügung des gegenwärtigen Capitels überhoben. Unser -Held aber schrieb Bücher, dicke Bücher, unter eignem Namen, -und dadurch verdarb er alles. -</p> - -<p> -Sein Sebaldus zwar hätte hingehen mögen. Dieser war -dem Zeitalter seiner Erscheinung so angemessen, dass man ihn -der Fähigkeit unsers Helden sogar nicht zutrauen wollte. Es -sind wohl nicht viel unter meinen Lesern, denen ein zu jener -Zeit ziemlich allgemein verbreitetes Gerücht nicht zu Ohren gekommen -seyn sollte: Nicolai sey gar nicht der Verfasser des -Sebaldus, er habe sich unrechtmässigerweise dafür ausgegeben; -der wahre Verfasser, ein immer Geld bedürfender Gelehrter, -bediene sich dieses Nicolaischen Plagiats, um durch die -Drohung, es bekannt zu machen, in jedem Bedürfnisse Geld -von ihm zu erpressen. — Wir haben dieses Gerücht nicht angeführt, -als ob wir selbst ihm Glauben zustellten; jenes Werk -trägt zu unverkennbar das Gepräge der Nicolaischen Feder; sondern -um zu zeigen, wie das Publicum von jeher über unsern -Helden gedacht. -</p> - -<p> -Es folgte John Bunkel. Diesen hatte unser Held, seiner -<a id="page-42" class="pagenum" title="42"></a> -<a id="pagehdr-42" class="orig-page" title="54"></a> -eigenen Versicherung nach, nicht selbst gemacht, sondern übersetzt. -Aber das Buch fiel auf als schlecht; und darum stritt -man ihm hier die Autorschaft auf, die man dort ihm abstritt; -er sollte und musste mit aller Gewalt nicht der blosse Uebersetzer, -sondern der Urheber selbst seyn. Und als man nun -nicht länger läugnen konnte, dass er es übersetzt habe, war er -darum um nichts gebessert. Der Verfasser der durchaus originellen, -leider nicht sehr bekannt gewordenen <em class="italic">Geschichte einiger -Esel</em> fing schon damals an, treffliche Beiträge zur Geschichte -unsers Helden zu liefern. -</p> - -<p> -Jetzt trat unser Held seine Reisen an. Sein Weg führte -den Berliner, der bisher zwischen dem protestantischen Berlin -und dem protestantischen Leipzig und seiner Buchhändlermesse -sein Wesen getrieben hatte, durch katholische Provinzen. Da -sahe er Crucifixe an den Strassen, Heiligenbilder, Amulete, -Votivtafeln; hörte, dass gewisse Heilige die Schutzpatrone gegen -gewisse Landplagen oder Krankheiten wären; hörte, -dass ein wohlmeinender Katholik, da seine Religion ihm allein -seligmachend ist, jeden Menschen in den Schooss derselben -zu bringen suchen müsse u. s. w. — Dergleichen hatte er in -Berlin und Leipzig nicht gesehen; hatte er ja von andern, die -es gesehen hatten, etwas der Art erzählen gehört, so hatte er -es für Aufschneiderei und für schlechten Spass gehalten; denn -wie könnte doch irgendwo etwas anders seyn, als zu Berlin -oder zu Leipzig; wie in aller Welt könnte man doch ein katholischer -Katholik seyn? Jetzt sah er es mit seinen Augen, und -rief athemlos durch das heilige römische Reich: hörts, Deutsche -hörts, das Unglück — die Entdeckung meines Scharfsinns; es -giebt, o es giebt Katholiken, die da katholisch sind — und damit -man es ihm doch ja glauben möchte, brachte er alle Bilder -und Gebetzettel aus allen Gegenden zu Hauf, und gab sie in -den Kauf obenein. -</p> - -<p> -Nicht lange nachher begegnete ihm ein Verdruss mit seiner -Bibliothek. Sie sollte — welches, dass ich es im Vorbeigehen -sage, nur zu wahr, offenbar und klar ist — sie sollte ein der -<em class="italic">Religion</em> gefährliches Werk seyn. Das war ihm zu hoch. Athmete -doch dieses Werk seinem besten Wissen nach durchaus das, -<a id="page-43" class="pagenum" title="43"></a> -<a id="pagehdr-43" class="orig-page" title="55"></a> -was er den reinsten Protestantismus nannte. Nur dem nunmehro -seit seinen Reisen an den Tag gekommenen Antiprotestantismus, -nur der <em class="italic">katholischen</em> Religion konnte es gefährlich -seyn. Beide Visionen vermengten sich in seinem schwachen -Kopfe, und dazu mischte sich noch eine dritte, die allein schon -fähig gewesen wäre, ihn zu verwirren, die der geheimen Orden, -der Gold- und Rosenkreuzerei. Nun konnten die Gegner seiner -Bibliothek nichts Anderes seyn, als Kryptokatholiken, welche -durch geheime Orden und andere Machinationen die Protestanten -in den Schooss der römischen Kirche zurückzuführen suchten, -und denen er durch seine Bibliothek und durch die wichtigen -Entdeckungen seiner Reisen im Wege stand: und es musste -von nun an alles von solchen Machinationen wimmeln. Noch -im Jahre 1800 erzählte Nicolai in der Vorrede zum ersten Stück -der von ihm wieder herausgegebenen Bibliothek sehr ernsthaft -das alte Mährchen, und verrieth in aller Unbefangenheit den -wahren Grund, der ihn auf diese Vision gebracht, die Anfechtungen -nemlich, welche er und seine Bibliothek von einem Minister -und einigen geistlichen Räthen unter der vorigen Regierung -erdulden müssen. Jene vorgeblichen Verbreiter des Katholicismus -thaten unserem Helden nur nicht die Liebe an, dass -sie selbst katholisch geworden wären, geschweige, dass sie andere -bedeutende Personen dazu gemacht hätten. Diejenigen, -welche vielleicht anfangs durch das heftige Geschrei mit fortgerissen -wurden, mussten sich denn doch nun, nachdem von allem -Prophezeiten nichts erfolgte, und sie kälter wurden, erinnern, -dass sie ja alles, was Nicolai ihnen erzählt, schon vorher auch -gewusst und gesehen hätten, und dass beinahe alle Welt es gewusst -und gesehen hätte, sie mussten sich wundern, dass es -unserm Helden allein vorbehalten gewesen, diese Sachen so -bedeutend zu nehmen, und so scharfsinnige Schlüsse daraus zu -entwickeln, sich fragen, warum sie denn nicht selbst auch von -denselben Prämissen aus auf dieselben Entdeckungen gekommen, -und das Ganze konnte sich nur durch ein lautes und allgemeines -Gelächter über unsern Helden beschliessen. -</p> - -<p> -Noch stand ihm eine andere traurige Epoche seines Lebens -bevor: seine Feldzüge gegen die neuere Philosophie. Zwar -<a id="page-44" class="pagenum" title="44"></a> -<a id="pagehdr-44" class="orig-page" title="57"></a> -waren seine Einwendungen gegen diese Philosophie, — etwa, -dass ja die Erscheinung der Sinnenwelt so gar nicht vor Blutigeln -weiche, vor denen doch sonst jede Erscheinung verschwinde, -oder dass, wenn alles, was da ist, das Ich selbst -sey, ein Mensch, der eine wilde Schweinskeule ässe, sich selbst -ässe, — diese Einwendungen waren sämmtlich von der Art, -dass jeder Knecht und jede Magd im römischen Reiche, die sie -vernahmen, finden mussten, sie hätten dieselben wohl auch vorbringen -können. Aber dadurch, dass unser Held sie ihnen so -vor dem Munde wegnahm, empfahl er sich schlecht ihrer Zuneigung. -Ueberdies hörten sie auch nicht, dass man jene Philosophen -von Obrigkeitswegen in die Tollhäuser gebracht, welches -doch, wenn ihre Behauptungen durch jene Einwendungen -getroffen würden, nothwendig hätte geschehen müssen. Sie -blieben also immer geneigter, anzunehmen, dass jene Sätze -wohl noch einen andern Sinn haben dürften, den Nicolai nur -nicht verstände, oder hämischerweise verdrehe; und so that -selbst bei den gemeinsten Lesern diese Art der Polemik der -Ehre unsers Helden weit grössern Abbruch, als der Ehre jener -Philosophen. -</p> - -<p> -Diese zusammenhängende Reihe von Unglücksfällen musste -nothwendig unsern Helden, der nie einen befestigten Credit besessen, -immer verächtlicher und lächerlicher machen. Er kam -in seinen letzten Tagen nach dem Jahre 1803 so herab, dass -jeder Muthwillige, der gerade keinen spasshaftern Zeitvertreib -hatte, den alten Steinbock zu Berlin neckte und am Barte zupfte, -um sich an seinen Capriolen zu belustigen. -</p> - -<p> -Wie benahm sich nun unser Held dabei? Ging ihm denn -noch kein Licht darüber auf, dass das Zeitalter ihn nicht für -seinen ersten Mann hielte? Keinesweges. Gegen diese Ahnung -hatte er schon früher sich befestigt gezeigt. -</p> - -<p> -War es irgend möglich zu hoffen, dass man eine gegen ihn -ergangene Schmähung überhört habe, so pflegte er derselben -lieber gar nicht zu erwähnen, sondern sie mit grossmüthigem -Stillschweigen zu übergehen. So hatten allerdings mehrere aus -der Schule der transscendentalen Idealisten ihn oft etwas respectwidrig -behandelt. Fichte hatte das einzige Mal, da er seiner -<a id="page-45" class="pagenum" title="45"></a> -<a id="pagehdr-45" class="orig-page" title="58"></a> -erwähnt, ihn als die <em class="italic">seufzende Creatur</em> charakterisirt; Schelling -hatte ihn einmal <em class="italic">einen alten Californier</em>, und ein andermal <em class="italic">einen -alten Geck</em> gescholten; Niethammer hatte gar die — zwar -ungegründete, und tiefer unten zu widerlegende Hypothese geäussert: -Nicolai sey nun wirklich übergeschnappt, und er sey -der Gott Vater zu Bedlam, der gegen seinen Nachbar Jesus -Christus, — etwa den Ritter Zimmermann, die Zähne fletsche. -Dennoch hat Nicolai, so oft er auch hinterher veranlasst worden, -diesen Männern ihr übriges Unrecht hart zu verweisen, -dieser ihm selbst widerfahrenen Beleidigungen nie auch nur -erwähnen mögen. Er hat vielmehr immer standhaft vorausgesetzt, -dass jene Männer seiner Weisungen allerdings achteten, -und lehrbegierig darauf hörten, und durch dieselben schon noch -zur Besinnung gebracht werden würden. Tieck hatte ihn beinahe -in allen seinen Schriften auf eine sehr empfindliche Weise -durch wahren, tief eingreifenden Witz angezapft; besonders aber -erschien im ersten Hefte seines poetischen Journals ein alter -Mann, der unserm Helden wie aus den Augen geschnitten war; -auch stellte im jüngsten Gerichte desselben Hefts Nicolai namentlich -sich in einer höchst possirlichen Gestalt dar. Dadurch -wurde unser Held so wenig beleidigt, dass er Kaltblütigkeit genug -beibehielt, in eigner Person jenes Heft zu recensiren<a class="fnote" href="#footnote-12" id="fnote-12">[12]</a>. -Zwar konnte er es nicht verbergen, dass die beiden Aufsätze, -in denen er angegriffen war, nichts taugten; war aber schonend -genug, den eigentlichen faulen Fleck in denselben nur -ganz leise, wie wir unten sehen werden, zu berühren. -</p> - -<p> -War aber der Verstoss in zu grosser und guter Gesellschaft -gemacht, und liess sich nicht annehmen, dass er auf die Erde -gefallen sey, so wusste unser Held immer gut nachzuweisen, -warum die Gegner so sprechen müssten, wie sie sprachen. -Es fand sich immer, dass er sie schon früher angegriffen, und -ihre Eigenliebe gekränkt habe, dass sie nur dafür sich rächen -wollten, und deswegen Dinge vorbrächten, denen ihre wahre -Herzensmeinung widerspräche. So war in den bekannten Xenien -der Spass mit unserm Nicolai wirklich weit gegangen, -auch liess sich die Kunde davon nicht gut abläugnen. Unser -Held aber zeigte, dass die Verfasser jene Gedichte nur deswegen -<a id="page-46" class="pagenum" title="46"></a> -<a id="pagehdr-46" class="orig-page" title="60"></a> -publicirt hätten, um die tiefen Wunden, die er ihnen durch -den 11. Band seiner Reisen geschlagen, zu rächen. „Freilich -höre niemand gern die Wahrheiten, die er ihnen dort sage, es -sey ihnen eben nicht zu verdenken, dass sie sich rächten, so -gut sie vermöchten.“ Uebrigens wusste er, dass sie ihn im -Herzen doch verehrten, ihn für einen Meister anerkannten, und -gewaltige Furcht vor ihm hatten<a class="fnote" href="#footnote-13" id="fnote-13">[13]</a>. -</p> - -<p> -So sagte er von den transscendentalen Idealisten, dass sie -die D. B. zu verachten nur affectirten<a class="fnote" href="#footnote-14" id="fnote-14">[14]</a>. Freilich waren sie -eine rohe, ungeschlachte Rotte, jene Idealisten, die für manches -Geachtete wenig Achtung bezeigten. Aber die Bibliothek, dieses -grösste Werk unsers Helden, wirklich und in der That nicht -zu achten — diese Verkehrtheit konnte selbst ihnen Nicolai -nicht zutrauen. Nein, sie stellten sich nur so, sie affectirten -nur Nichtachtung, weil ihnen die Trauben des schmackhaften -Lobes jener Bibliothek zu hoch hingen. -</p> - -<p> -So setzte er bei der oben erwähnten Recension des Tieckschen -Journals hinzu: „Tieck äussere da sein Misfallen an einigen -Personen, denen er selbst und seine Verse wohl auch nicht -gefallen haben möchten.“ — Mochte doch diese Stelle denjenigen, -die dieses Journal nicht gelesen hatten, dunkel bleiben. -Was sollte doch er selbst durch seine Bibliothek das leider erhobene -Skandal weiter verbreiten? Waren aber welche unter -den Lesern, die jenes Journal gesehen hatten, so konnten diese -nur glauben, Nicolai möchte Herrn Tieck früher etwas zu Leide -gethan haben, dieser habe dafür sein Müthchen an ihm kühlen -wollen; nicht, als ob er im Herzen nicht voller Achtung und -Respect für ihn sey, sondern lediglich aus dem boshaften Grunde, -sich an ihm zu rächen. -</p> - -<p> -Auf diese Weise entging unser Held dem, was in jedem -andern Falle sicher zu erwarten gewesen wäre, dem sichtbar -erscheinenden und im bürgerlichen Leben sich äussernden Wahnsinne. -Mit dem Ritter Zimmermann, welchem Nicolai seine Eitelkeit -nicht verzeihen konnte, ohnerachtet er selbst daran einen -grössern Antheil hatte, und mit demselben Wohlgefallen -von seinem Schachspielen mit dem Minister Wöllner, und von -der witzigen Abfertigung, die er ihm gegeben, erzählte, als jener -<a id="page-47" class="pagenum" title="47"></a> -<a id="pagehdr-47" class="orig-page" title="61"></a> -von seinen Unterredungen mit Friedrich dem Zweiten erzählt -hatte — mit dem armen Ritter endete es traurig, und -auch dem unglücklichen Wetzel bekam seine Göttlichkeit übel. -Es glaubten deswegen viele, dass es auch mit unserm Helden -auf dieselbe Weise enden würde; und der oben angeführte Gelehrte -glaubte sogar einstmals, dass dieser Fall wirklich eingetreten -sey. Diesen Männern entging nur folgendes, dass man, -um wahnsinnig werden zu können, doch noch irgend einen -wahren und richtigen Gedanken unaustilgbar in sich haben -muss, welcher mit den ebenso fest eingewurzelten unrichtigen -und falschen in einen nie zu entscheidenden Widerstreit geräth, -und dadurch das Phänomen der Geistesverwirrung erzeugt. -Totale und radicale Verkehrtheit aber, mit welcher auch nicht -Ein richtiger Gedanke verbunden ist, stimmt mit sich selbst -innig zusammen, und macht das Verfahren ebenso fest und -unerschütterlich und gleichmässig, als die Wahrheit. Ein solcher -ist in seinem Ideenkreise beschlossen, und kein Gott würde -einen Gedanken in denselben hineinbringen, der nicht darein -passte. — Hierzu kommt, dass besonders diejenige Art der Verrücktheit, -welche aus Eigendünkel entsteht, und in welcher die -Menschen sich für ganz etwas Anderes halten, als sie sind, eigentlich -nur durch den Widerspruch anderer erhitzt, erbittert, -und zu den wilden Aeusserungen, in die sie öfters ausbricht, -bewogen wird. Bete man nur jenen Gott Vater zu Bedlam, -und seinen Sohn Jesus Christus gläubig an; lasse man sie nur -ruhig bei der Meinung, dass sie die Welt regieren und alle Tage -das Wetter machen, und sie werden sehr sanfte wohlthätige -Gottheiten bleiben. Nur der Widerspruch reizt sie. Gegen -diese Reizung war unser Gott Vater durch ein in seiner Narrheit -selbst liegendes Mittel gesichert: er glaubte nie, dass der -Widerspruch ernstlich gemeint sey. Die Schnippchen, die man -gegen seinen papiernen Olymp heraufschlug, hielt er für eigen -gestaltete Dämpfe des Weihrauchs. Handelten die Sterblichen -unter ihm nicht nach seinem Sinne, so griff er zu etwas, das -er treuherzig für seinen Donnerkeil hielt, schleuderte es, und -war nun fest überzeugt, dass alles um ihn herum zerschmettert -und vernichtet wäre. -</p> - -<p> -<a id="page-48" class="pagenum" title="48"></a> -<a id="pagehdr-48" class="orig-page" title="63"></a> -Ein Narr war er freilich; denn es ist ohne Zweifel ebenso -närrisch, wenn ein einfältiger unstudirter Buchhändler, der nie -eines systematischen Unterrichts genossen, und nie die entfernteste -Idee davon gehabt, was eine Wissenschaft sey, sich für -den ersten aller Gelehrten, ein geborner stumpfer Kopf, der es -nie dahin bringen können, auch nur einen Perioden sprachrichtig -und logisch zu schreiben, sich für einen Mann von allgemeinem -und ausserordentlichem Talent, und ein ausgemachter -Berliner Badaud<a class="fnote" href="#footnote-15" id="fnote-15">[15]</a> und ungezogener tölpelhafter Schwätzer -sich für einen grossen Weltkenner und Weltmann hält: als es -närrisch ist, wenn ein armer Schuhflicker sich für den König -von Jerusalem ansieht. Aber in dieser Verrücktheit blieb er -sich so unerschütterlich gleich und alles sein Handeln, Glauben -und Denken stimmte mit ihr, und unter sich so wohl überein, -dass, wenn man bloss seine Aeusserungen unter einander -verglich, und mit der ungeheuren Falschheit der ersten Voraussetzung -nicht bekannt war, man bis an sein Ende nicht die -geringste Spur einer Verstandesverwirrung an ihm entdecken -konnte. -</p> - -<h4 class="l1i subchap" id="subchap-3-11-1"> -<span class="line1">Anmerkungen.</span> -</h4> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-12" id="footnote-12">[12]</a> M. s. 3. Heft. 1. St. 56. B. der neuen deutschen Bibliothek. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-13" id="footnote-13">[13]</a> M. s. Nicolai’s Schrift gegen die Xenien. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-14" id="footnote-14">[14]</a> M. s. das 2. Heft des oben angeführten Stücks der N. D. B. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-15" id="footnote-15">[15]</a> Wir erklären uns über diese Benennung in der 4ten Beilage. -</p> - -<h3 class="l2si chapter" id="chapter-3-12"> -<a id="page-49" class="pagenum" title="49"></a> -<a id="pagehdr-49" class="orig-page" title="64"></a> -<span class="line1">Zehntes Capitel.</span><br /> -<span class="line2">Ein Grundzug des Geistescharakters unsers Helden, der aus jenem höchsten Grundsatze natürlich folgte.</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Wer bei aller Geistesthätigkeit keinen andern Zweck hat, -als den, sich geltend zu machen und sein Uebergewicht zu zeigen, -weil er ein solches Uebergewicht zu haben vermeint, der -verliert sehr bald durchaus allen Sinn für jeden möglichen andern -Zweck der Geistesthätigkeit. Ihm ist alles Forschen und -Nachdenken lediglich Mittel zum Disputiren, keinesweges aber -zur Auffindung einer bleibenden Wahrheit, die allem weitern -Disput ein Ende mache. Eine solche Wahrheit, die da nun -wahr sey und bleibe, ist ihm ein Greuel, er hasst sie und wüthet -gegen ihre Idee; denn wenn sie gefunden würde, so müsste -ja auch er sich ihr unterwerfen und dürfte nichts gegen sie -sagen. -</p> - -<p> -Dieser Hass gegen alle positive bleibende Wahrheit musste -also ein Grundzug unsers Helden seyn, der von dem nun sattsam -beschriebenen Princip ausging. Gab er ja eine für sich -bestehende und bleibende Wahrheit zu, so war es die der Anekdote; -und sogar das ist zweifelhaft, ob er auch diese zugab. -In allem, was über diesen Standpunct hinauslag, und ganz besonders -in philosophischen und religiösen Materien, erblickte -er nichts weiter, als einen Gegenstand des Disputs, wo jede -Meinung so viel werth wäre, als jede andere, und der überall -keinen Gebrauch hätte, als den, den Scharfsinn zu üben. Seine -Maxime war: man müsse jedem, was über dergleichen Gegenstände -zuletzt vorgebracht wäre, widersprechen, damit es nicht -etwa dabei sein Bewenden behielte, und die einzige wahre Bestimmung -des menschlichen Geistes, der Disput, ins Stocken -geriethe. -</p> - -<p> -Darum waren <em class="italic">Protestantismus</em>, <em class="italic">Denkfreiheit</em>, <em class="italic">Freiheit des -<a id="page-50" class="pagenum" title="50"></a> -<a id="pagehdr-50" class="orig-page" title="65"></a> -Urtheils</em> seine beständigen Stichworte. Sein <em class="italic">Protestantismus</em> -nemlich war die Protestation gegen alle Wahrheit, die da Wahrheit -bleiben wollte; gegen alles Uebersinnliche und alle Religion, -die durch Glauben dem Dispute ein Ende machte. Nach -ihm war das eben der Zweck der Kirchenverbesserung, jeden -Laien in den Stand zu setzen, über religiöse Gegenstände ins -unbedingte hin und her zu disputiren, wie ein allgemeiner Bibliothekar, -keinesweges aber irgend etwas gläubig zu ergreifen -und in diesem Glauben zu handeln. Ihm war alle Religion nur -Bildungsmittel des Kopfs zum unversiegbaren Geschwätz, keinesweges -aber Sache des Herzens und des Wandels. Seine -<em class="italic">Denkfreiheit</em> war die Befreiung von allem <em class="italic">Gedachten</em>; die Ungezähmtheit -des leeren Denkens, ohne Inhalt und Ziel. <em class="italic">Freiheit -des Urtheils</em> war ihm die Berechtigung für jeden Stümper und -Ignoranten, über alles sein Urtheil abzugeben, er mochte etwas -davon verstehen oder nicht, und was er vorbrachte, mochte -gehauen seyn oder gestochen. So fragt er in jener berühmten -Acte Schelling, der sich über die Aufnahme zweier ungeschickten -Recensionen einer seiner naturphilosophischen Schriften in -die Jenaische gelehrte Zeitung beschwerte: „ob denn der Mann -gar keinen Begriff von der Freiheit des Urtheils der Gelehrten -habe?“ Wohl mochte Schelling und alle seines Gleichen keinen -Begriff haben von der Unverschämtheit, mit welcher jeder Stümper -in Dinge hineintappte, von denen er recht wohl wusste, -dass er sie nie gelernt hätte, und jeder Esel seinen Mund zur -Antwort öffnete, ohne gefragt zu seyn. -</p> - -<p> -Und so brachte Nicolai sein Leben hin, gegen Papismus, -ebenso wie gegen Kriticismus und Idealismus zu disputiren; -denn gegen beides disputirte er aus demselben Grunde, — als -gegen eine fremde Autorität, die sich den Menschen aufdringen -wollte, zum Nachtheil der unbegrenzten Disputirfreiheit, genannt -Protestantismus, und seiner eigenen wohlerworbenen Autorität. Mit -der eklektischen Philosophie hatte er sich wohl vertragen können; -diese hatte auch sein protestantisches Princip, über alles hin -und her zu meinen, nichts aber zu ergründen und auszumachen. -Die neuere Philosophie aber wollte ergründen und ausmachen -und entscheiden; es war ihr Ernst, das Zeitalter zum Redestehen -<a id="page-51" class="pagenum" title="51"></a> -<a id="pagehdr-51" class="orig-page" title="67"></a> -und zur Entscheidung zwischen Ja oder Nein zu bringen, und -dass es dabei sein Bewenden habe. Diese Anmuthung erschien -unserem Helden als eine sträfliche Anmaassung. Dass jemand -in allem Ernste an eine für sich bestehende Wahrheit glauben -und überzeugt seyn könne, derselben auf die Spur gekommen -zu seyn, setzte er nur nicht voraus. Diese Verkehrtheit selbst -seinem verhasstesten Gegner zuzutrauen, war er doch zu grossmüthig. -Er sahe sonach in den Sätzen jener Philosophen nichts -als Meinungen, ihrem eigenen guten Bewusstseyn nach nur -Meinungen, die nicht besser seyn wollen dürften, als andere -Meinungen; und in dem Ernste und dem entscheidenden Tone, -mit dem sie dieselben vortrugen, nichts, als die Bemühung, dem -Publicum zu imponiren. Drum schrie er über Autorität. Für -den, der keine Kraft hat, selbstständig aus sich Wahrheit zu -erzeugen, giebt es auch wirklich nirgend etwas Anderes als -Autorität. -</p> - -<h3 class="l2si chapter" id="chapter-3-13"> -<span class="line1">Eilftes Capitel.</span><br /> -<span class="line2">Ein paar andere Grundzüge, welche aus dem ersten Grundzuge und höchsten Grundsatze unseres Helden erfolgt sind.</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Wer die Rede des anderen hört, oder seine Schrift liest, -lediglich um etwas daran auszusetzen und ihm zu widersprechen, -und dem es, da er gar nichts Anderes zu thun hat, leid -thun würde, jenen noch einen Augenblick fortreden zu lassen, -nachdem er Gelegenheit zum Widerspruche gefunden, ergreift -immer die nächste Gelegenheit. Diese aber kann jeder, dem -es nur ernstlich um das Widersprechen zu thun ist, immer auf -der Oberfläche finden. Da es ihm nun nur darum zu thun ist, so -hat er nie ein Bedürfniss, über diese Oberfläche hinauszugehen; -<a id="page-52" class="pagenum" title="52"></a> -<a id="pagehdr-52" class="orig-page" title="68"></a> -es wird ihm habituell, nie über sie hinauszugehen, und so entsteht -in ihm und verwächst mit seinem Selbst das Phänomen <em class="italic">der -absoluten Oberflächlichkeit und totalen Seichtigkeit</em>. Dies war das -Schicksal unseres Helden. Es war schlechterdings unmöglich, -bei irgend einem Gegenstande ihn auch nur um eine Linie unter -die Oberfläche in das Innere zu bringen. -</p> - -<p> -Die absolute Oberfläche ist das nackte abgerissene Factum, -als solches. Daher war der Kreis, in welchen das Nicolaische -Vermögen gebannt blieb, der der Anekdote und der Curiosität. -Es war ihm Herzensfreude, wenn die Untersuchung sich dahin -lenkte. Welch ein Fest für ihn, als Friedrich der zweite starb, -und Anekdoten in Fülle über ihn erschienen! Da war er in -seinem Felde; da gab es zu widerlegen, zu berichtigen, zu ergänzen. -</p> - -<p> -Das blosse Wissen der geringfügigsten Anekdote war ihm -Zweck an sich: durch dergleichen Wisserei erfüllte er, seiner -Meinung nach, den Zweck des menschlichen Daseyns, und stillte -sein unendliches Sehnen nach Wahrheit. Je seltener diese Wisserei -war, desto lieber war sie ihm, denn dann konnte er am -meisten damit prahlen; und diese Seltenheit der Wisserei war -die einzige Art der Gründlichkeit, die er kannte. Daher sein -Hang nach Curiositäten, nach Predigerüberschlägen, Perrücken -und Haartouren, den leichtesten Angelhaken; — und wer möchte -die Kleinigkeiten alle aufzählen, mit denen er seinen Forschungsgeist -nährte. — Dass er die entfernteste Ahnung gehabt, wozu -die genaue Erforschung dieser einzelnen an sich geringfügig erscheinenden -Dinge im <em class="italic">Ganzen</em> gebraucht werden könnte; — -dass dieser Anekdotengeist sich je auch nur zum dunkelsten -Begriffe von Geschichte erhoben habe, davon findet in seinen -Schriften sich nicht die geringste Spur. -</p> - -<p> -Vor dieses ihm allein sichtbare Forum der Anekdote zog -er nun alles andere, was ihm unter die Hände kam, und selbst -die Philosophie. Die seinige, bei der es, ihm zufolge, eben sein -Bewenden haben sollte, war selbst nichts Anderes, als eine -Sammlung von Anekdoten über die Sprüche und Meinungen -ehemaliger Philosophen. Und so widerlegte er denn auch die -Speculation anderer durch Anekdoten, wahre oder erfundene -<a id="page-53" class="pagenum" title="53"></a> -<a id="pagehdr-53" class="orig-page" title="70"></a> -Geschichte; und ein Sempronius Gundibert schlug eine Kritik -der reinen Vernunft. Gegen den kategorischen Imperativ erinnerte -er, und erinnerte wieder, dass es nach demselben im -Leben nicht herginge, und glaubte bis an sein Ende, jenem Imperativ -dadurch den Garaus gemacht zu haben. -</p> - -<p> -Dies ist die absolute Seichtigkeit, welche man die <em class="italic">materiale</em> -nennen könnte. Ebenso innig mit unserem Helden verwachsen, -und aus demselben Grundzuge hervorgegangen, war eine zweite, -die wir die Seichtigkeit <em class="italic">in der Form</em> nennen wollen. -</p> - -<p> -Wem es nur darum zu thun ist, den anderen in die Rede -zu fallen, und mit seinem Widerspruche schnell anzukommen, -dem ist jeder Gedanke, der ihm zuerst in den Sinn kommt, -recht. In welchem Zusammenhange des Denkens der Andere -seine Meinung vortrage, <em class="italic">woraus</em> er sie beweise, und <em class="italic">was</em> er -hinwiederum aus ihr erweisen wolle, wie sie daher durch dieses -Vorhergehende und Nachfolgende bestimmt, und dieser Bestimmung -nach eigentlich zu verstehen sey, — dies zu bedenken, -hat er nicht Zeit; und wenn er überhaupt nur hört, und -von jeher nur gehört hat, um zu widersprechen, kommt er nie -zu dem Begriffe von einem solchen Zusammenhange. Ihm hängt -absolut alles Denkbare unmittelbar zusammen, weil man mit -jedem jedem widersprechen kann; und es entsteht ihm das -schon oben beschriebene System des aus unmittelbar gewissen -Körpern bestehenden grossen Sandhaufens; denn dieses ist das -tauglichste zum eilfertigen Widerspruche. -</p> - -<p> -So war es unserem Helden ein Leichtes, dem Princip des -transscendentalen Idealismus ein halbes Dutzend Blutigel, eine -Schweinskeule, eine <em class="italic">chaise percée</em> in den Weg zu werfen, sowie -eins dieser Dinge ihm zuerst unter die Hände kam; ohne abzuwarten, -wie es etwa jenes System machen würde, um den -Blutigeln und den Schweinskeulen auszuweichen. Bei ihm entstand -durchaus kein Zweifel, ob diese Einwürfe auch wohl passen möchten. -Warum sollten sie denn nicht passen? Hatte er sie doch -angepasst. -</p> - -<p> -Aus dieser absoluten Seichtigkeit entsteht nun schon an -und für sich <em class="italic">Schiefheit</em> für alles, was da höher liegt, als die -<a id="page-54" class="pagenum" title="54"></a> -<a id="pagehdr-54" class="orig-page" title="71"></a> -blosse Anekdote, oder durch seinen Zusammenhang bestimmt -wird. — -</p> - -<p> -Aber zu dieser aus der Seichtigkeit natürlich erfolgenden -Schiefheit hatte Nicolai noch eine andere durch Kunst sich erworben, -und durch Uebung sich angebildet und zur zweiten -Natur gemacht. Damit verhielt es sich so. Wer den anderen -bloss darum anhört, um ihm zu widersprechen, dem ist es immer -Hauptaugenmerk, die Dinge nicht in dem Lichte zu sehen, -in welchem der andere sie zeigen will, denn dann dürfte er -einig mit ihm seyn, sondern in dem, in welchem der andere -sie nicht zeigen will; sonach alles zu verdrehen, aus seiner -natürlichen Lage zu richten und auf den Kopf zu stellen. Wer -dieses Handwerk eine Zeitlang treibt, dessen Sehorgane wird -durch die beständige schiefe Richtung, die man ihm giebt, diese -Richtung endlich natürlich: sein Auge wird zum Schalke. Er -will nicht mehr verdrehen und schief sehen; es stellt sich ihm -schon von selbst alles verkehrt, verdreht und auf dem Kopfe -stehend dar. So war es unserem Helden ergangen, und daher -entstanden die zusammengesetzten Schiefheiten, die Schiefheiten -der Schiefen von den Schiefen, die sich in allen seinen -Ansichten befanden. Die einfache und ihm natürliche: dass er -die Dinge aus ihrem Standpuncte und dem Zusammenhange des -Denkens riss; die zweite künstliche: dass er, sogar in dieser -Lage, sie noch ein oder einige Male verrückte. Es lässt sich -ihm nachweisen, dass er z. B. in seinen philosophischen Streiten -weit plausiblere Dinge gegen die angegriffenen Systeme -hätte vorbringen können, wenn er, wie andere seiner Zeitgenossen, -sich mit dem ersten einfachen, jedem unphilosophischen -Kopfe natürlichen und jedem anderen unphilosophischen Kopfe -leicht mitzutheilenden Misverständnisse hätte begnügen wollen. -Aber das war ihm zu einfach, zu wenig originell; es musste -mannigfaltiger und künstlicher verdreht werden; und so arbeitete -er oft selbst seinem Zwecke entgegen. — Es gereicht vielleicht -zur Ergötzung des Lesers, diese Grundschiefheit unseres -Helden in einem Beispiele dargestellt zu sehen. Wir wählen -das erste, das uns unter die Hände fällt. -</p> - -<p> -Nicolai unternimmt in jener berühmten Acte, das Fichtesche -<a id="page-55" class="pagenum" title="55"></a> -<a id="pagehdr-55" class="orig-page" title="72"></a> -System aus seinen Gründen zu prüfen und zu widerlegen. Wie -mag er zuvörderst wohl bei der historischen Aufstellung des -Inhalts dieses Systems zu Werke gegangen seyn? Nun, ohne -Zweifel hat er eine speculative Schrift jenes Schriftstellers, in -der dieser die Principien seiner Philosophie am deutlichsten -vorzutragen behauptet, — etwa die ersten §§. der Grundlage der -Wissenschaftslehre, oder das erste Capitel einer neuen Darstellung -dieser Wissenschaft im philosophischen Journale, angeführt -und einen wörtlichen Auszug davon seiner Prüfung zu Grunde -gelegt? — Falsch gerathen! Aus abgerissenen Sätzen sehr vieler -Schriften jenes Schriftstellers hat er seinen Bericht zusammengeflickt. -— Nun so wird er bei dieser Arbeit sich doch -wenigstens auf eigentlich strenge scientifische Schriften des -Mannes eingeschränkt haben? — Wiederum falsch gerathen. -Dann bliebe es ja bei der einfachen Schiefheit. — Oder hat er -die angeführten Stellen aus populären Schriften des Verfassers -herausgerissen? — Nun das wäre allerdings etwas; aber doch -noch nicht genug für unseren Helden. Aus populären und -scientifischen Schriften, aus abgerissenen Phrasen der Appellation, -der Wissenschaftslehre, der Bestimmung des Menschen, des -Naturrechts des Verfassers, im buntesten Gemisch nebeneinandergestellt, -hat er seinen Bericht zusammengeflickt; und hat -so wenig Ahnung, dass jemand gegen dieses Verfahren etwas -haben könne, dass er höchst pünktlich über historische Wahrheit -zu wachen glaubt, indem er bei jedem Citat hinzusetzt: es -seyen Fichte’s eigene Worte, und die Seitenzahl angiebt. -</p> - -<p> -Und wie geht es mit der Prüfung und Widerlegung des -Systems? — Wir wollen unsere Leser nicht vergeblich mit -Rathen auf die Folter spannen; indem wir sehr wohl wissen, -dass schlechthin keiner, und sey er der wiedererwachte Oedipus, -fähig ist zu errathen, wie es damit geht. Wer möchte auf -den Grad der Schiefheit rathen, dass unser Held in einem -Athemzuge die Wahrheit und Richtigkeit des Systems durchaus -anerkennt, und in demselben Athemzuge sie wieder abläugnet? -Und doch hat es sich wirklich also begeben. Er lässt sich vernehmen: -— „Das Ich ist Subject und Object zugleich; nun -dies ist richtig und giebt eine gute Beschreibung des Bewusstseyns.“ -<a id="page-56" class="pagenum" title="56"></a> -<a id="pagehdr-56" class="orig-page" title="74"></a> -— So? wenn dies richtig ist, so richtig ist, als F. es -nahm, als ein absolut identischer Satz, so dass man ihn auch -umkehren könne: Identität des Subjects und Objects = dem -Ich, oder auf die gewöhnlichere Weise ausgedrückt, das Ich ist -durchaus nichts anderes, als Identität des Subjects und Objects: -so ist das ganze System richtig, denn dieses System besteht -durchaus in nichts anderem, als in einer vollständigen Analyse -des zugestandenen Satzes. -</p> - -<p> -Wie fängt es denn nun Nicolai an, um in demselben Athemzuge -wieder zurückzunehmen, was er hier zugesteht? Auch -hier sind wir sicher, dass kein Leser auf das räth, was sich -wirklich zuträgt. Es trägt sich nemlich nichts geringeres zu, -als dies, dass Nicolai den <em class="italic">eigentlichen Inhalt</em> dieser Philosophie, -in dessen vollständigem und durchgeführtem Beweise eben jenes -System bestand, für eine der <em class="italic">Prämissen</em> dieses Systems, und -zwar für eine willkürlich und ohne allen Beweis vorgebrachte -Prämisse ansieht; das Gebäude selbst für die Kelle, womit das -Gebäude gemauert worden, die Erde für die Schildkröte, von -welcher die Erde getragen wird. Denn so lässt er sich vernehmen: -</p> - -<p class="block"> -„<em class="italic">der Satz, dass das Ich die Intelligenz, und die Intelligenz -das Ich sey, sey lediglich eine willkürliche Terminologie: -es werde nichts für den Beweis dieses Satzes vorgebracht, -auf welchen doch der ganze transscendentale -Idealismus sich gründe</em>“ — -</p> - -<p class="noindent"> -schreibe: <em class="italic">sich gründe</em>. — Damit ja kein Zweifel übrig bleibe, -wie dies zu nehmen sey, setzt er tiefer unten hinzu: <em class="italic">man (nemlich -Nicolai) wende gegen jenen Satz ein: mein Ich ist nicht -blosse Intelligenz, sondern Vernunft, Sinnlichkeit, Denkkraft, -körperliche Kraft gehört dazu</em>, schreibe: <em class="italic">gehört dazu</em>. -</p> - -<p> -Also: die lediglich auf eine willkürliche Terminologie sich -gründende, durch nichts bewiesene Prämisse des Fichteschen -Idealismus ist der Satz: Ich, <em class="italic">oder</em> Intelligenz, <em class="italic">oder</em> Vernunft, -Sinnlichkeit, Denkkraft, körperliche Kraft sind durchaus identisch. -— Diesem Satze stellt Nicolai als unmittelbar gewissen -Satz entgegen: <em class="italic">Mein Ich ist freilich unter anderen auch Intelligenz</em> -(denn indem er sagt, dass es nicht <em class="italic">blosse</em> Intelligenz sey, -<a id="page-57" class="pagenum" title="57"></a> -<a id="pagehdr-57" class="orig-page" title="75"></a> -sagt er ohne Zweifel, dass es diese doch auch mit sey); aber -es gehören noch ausser der <em class="italic">Intelligenz</em> mit dazu, <em class="italic">Vernunft</em>, -<em class="italic">Sinnlichkeit</em>, <em class="italic">Denkkraft</em>, <em class="italic">körperliche Kraft</em>. — Durch diese Gegensetzung -nun hebt er jene Fichtesche Prämisse auf, und sprengt, -da ganz allein auf diese sich der ganze transscendentale Idealismus -gründet, diesen zugleich mit in die Luft; denn <em class="italic">cessante -fundamento cessat fundatum</em>. -</p> - -<p> -Es ist zu beklagen, dass Nicolai nicht unmittelbar darauf, -als er diese Widerlegung zu Ende gebracht hatte, aufgehenkt -worden, damit er im Bewusstseyn dieses glorreichen Arguments -seine speculative Laufbahn beschlossen hätte, und die Nachkommen -hierbei seiner gedenken möchten. Zuvörderst ist sehr -merkwürdig, dass in jenem Gegensatze, ausser und neben der -<em class="italic">Intelligenz</em>, auch noch <em class="italic">Vernunft</em>, <em class="italic">Denkkraft</em>, <em class="italic">Sinnlichkeit</em> (denn -die körperliche Kraft können wir ihm hier erlassen) aufgezählt -wird. Hätte Nicolai seinen Fleiss auf eine Beschreibung der -preussischen Armee gerichtet, so würde er bemerkt haben, dass -der König ausser seiner Armee auch noch Infanterie gehalten -hätte, und Husaren und Pfeifer. -</p> - -<p> -Ferner stellt Nicolai, wie er immer thut, seinen Gegensatz -so hin, als ob sich die Wahrheit desselben von selbst verstände. -Also er führt ihn als eine Thatsache des unmittelbaren Bewusstseyns. -Hatte denn Nicolai gar keinen philosophischen Freund — -er selbst freilich konnte dies nicht wissen, ohnerachtet er sich -zum Richter in Sachen der Philosophie aufwarf — der ihm gesagt -hätte, dass es wohl etwa Thatsache genannt werden könne, -dass man in einem bestimmten Falle vernehme, denke, empfinde, -sinnlich wirke, dass aber Vernunft in Bausch und Bogen, und -die Sinnlichkeit, und die Denk- oder körperliche Kraft, <em class="italic">als Kraft</em>, -für Thatsachen des Bewusstseyns auszugeben, in jenem Zeitalter -nur noch einem durchaus unkritischen Ignoranten zu verzeihen -war? -</p> - -<p> -Endlich war der Satz, dass das Ich, inwiefern es Subject-Object -sey, die Intelligenz selbst, also Vernunft, Denkkraft, Willensvermögen, -sinnliche Anschauung, physische Kraft sey, so -wenig eine Prämisse jenes Systems, dass er vielmehr das System -selbst war; und dieses in seinem ganzen Umfange nichts -<a id="page-58" class="pagenum" title="58"></a> -<a id="pagehdr-58" class="orig-page" title="77"></a> -anderes zu thun hatte, als zu zeigen, dass alle jene Erscheinungen -im Gemüthe nichts wären, denn die verschieden gebrochene -und sich zu einander verhaltende Subject-Objectivität -selbst. Auf diese Beweise und Ableitungen musste sich ein -Gegner dieses Systems einlassen, und sie zu entkräften, oder -Lücken und Mängel in ihnen zu entdecken suchen. Statt dessen -zu widersprechen, wie unser Held es that, war gerade so, -als ob ein Physiker aufgetreten wäre, und gesagt hätte: mir -ist es ausgemacht, dass alle mögliche Farben nichts sind, als -verschiedene Brechungen des Einen farblosen Lichtstrahls; und -Euch anderen will ich dieses durch eine Reihe von Experimenten -beweisen, indem ich durch bestimmte Brechungen -desselben farblosen Lichtstrahls alle andere Farben vor euren -eigenen Augen entstehen lasse; und einer aus dem Pöbel, ohne -nach seinen Experimenten nur zu sehen, die Zunge herausgesteckt, -dem Physiker Esel gebohrt, und geschrien hätte: der -Narr denkt, alle Kühe sind weiss, er weiss noch nicht, dass es -auch schwarze und gefleckte Kühe giebt. So wurde beim Hindurchgehen -durch das Sehorgan unseres Helden alles schief, -verzerrt und gar wunderlich. Es ist ihm während seines Lebens -sehr häufig vorgeworfen worden, dass er alles, was -er unter die Hände bekäme, hämischerweise verdrehe, und -schmutzigerweise besudle. Wir nehmen ihn gegen diese Beschuldigung -in Schutz. Es war sehr wahr, dass aus seinen -Händen alles beschmutzt und verdreht herausging; aber es war -nicht wahr, dass er es beschmutzen und verdrehen wollte. Es -ward ihm nur so durch die Eigenschaft seiner Natur. Wer -möchte ein Stinkthier beschuldigen, dass es boshafterweise -alles, was es zu sich nehme, in Gestank, — oder die Natter, -dass sie es in Gift verwandle. Diese Thiere sind daran sehr -unschuldig; sie folgen nur ihrer Natur. Ebenso unser Held, der -nun einmal zum literarischen Stinkthiere und der Natter des -achtzehnten Jahrhunderts bestimmt war, verbreitete Stank um -sich, und spritzte Gift, nicht aus Bosheit, sondern lediglich -durch seine Bestimmung getrieben. -</p> - -<h3 class="l2si chapter" id="chapter-3-14"> -<a id="page-59" class="pagenum" title="59"></a> -<a id="pagehdr-59" class="orig-page" title="78"></a> -<span class="line1">Zwölftes Capitel.</span><br /> -<span class="line2">Wie es zugegangen, dass unser Held unter allen diesen Umständen dennoch einigen Einfluss auf sein Zeitalter gehabt.</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Wir würden ein grosses Mistrauen in die Penetration unseres -Lesers setzen, wenn wir nöthig fänden, nach allem Gesagten -hinzuzusetzen, dass wir Friedrich Nicolai für den einfältigsten -Menschen seines Zeitalters halten, und nicht glauben, dass -irgend etwas recht Menschliches an ihm gewesen, ausser der -Sprache. -</p> - -<p> -Dass er nun von dieser seiner grossen Geistesgebrechlichkeit -selbst durchaus nichts gespürt, und mit der Meinung aus -der Welt gegangen, er, der allereinfältigste, sey gerade der -allerklügste, ist kein Wunder; denn diese Meinung von sich -selbst, und diese totale Unerschütterlichkeit durch irgend ein -fremdes Urtheil, folgte aus seiner extremen Dummheit selbst, -und er hätte um ein gutes Theil weniger dumm seyn können, -ehe er begriffen hätte, dass er dumm sey. -</p> - -<p> -Aber er hat auf seine Zeitgenossen gewirkt, und ist, zwar -nicht öffentlich anerkannt, aber wie der unparteiische Forscher -gestehen wird, wirklich und in der That, der Urheber eines -grossen Theils des Meinungssystems gewesen, welches in seinem -Zeitalter die Mittelmässigkeit zu dem ihrigen gemacht hatte. -Wir geben wohl etwa in einer Beilage nähere Nachweisung -über dieses Meinungssystem<a class="fnote" href="#footnote-16" id="fnote-16">[16]</a>. -</p> - -<p> -Wie in aller Welt ging es nun zu, dass diesmal die Armuth -ihr Eigenthum beim Bettel, die Einfalt ihre Weisheit bei -der Dummheit, die Schielenden ihre Einsichten beim Stockblinden -holten, da sie doch dieses alles auf eigenem Boden, und -durch ihre eigenen Augen weit besser hätten erzeugen können? -</p> - -<p> -Den Menschenkenner kann dies sonderbare Phänomen nicht -befremden, wenn er nur weiss, dass unser Held bei seiner -<a id="page-60" class="pagenum" title="60"></a> -<a id="pagehdr-60" class="orig-page" title="79"></a> -extremen Dummheit zugleich einer der rührigsten und der allerunverschämteste -unter seinen Zeitgenossen war. Er trug kein -Bedenken, alles, was ihm durch den Kopf ging, sogleich auf -allen Dächern zu predigen, und es unaufhörlich an allen Ecken -den Leuten in die Ohren zu rufen; und liess sich schlechthin -durch nichts irre machen oder aus der Rede bringen. Das -Volk, das nicht selbst arbeiten mag, und dem von allen Seelenkräften -beinahe nur das Gedächtniss zu Theil geworden, konnte -nicht umhin, jene Weisheit sich endlich zu merken. Sie hatten -nun längst vergessen, von wem sie dieses alles zuerst gehört -hätten, sie erinnerten sich nur noch dunkel, dass sie es einmal -gewusst, und glaubten nach und nach, sie hätten es selbst -entdeckt und wahr befunden. Es fiel ihnen in den Gemeinschatz -der ausgemachten Wahrheiten und Thatsachen: und es -war allerdings Thatsache, dass sie es oft genug gehört hatten. -Und so ward unser Held der Urheber eines grossen Theils der -Denkart seines Zeitalters, ohne dass eben jemand ihm sonderlich -dafür dankte, noch wusste, woher diese Denkart eigentlich -wäre. Er aber wusste es; und die schreiende Unerkenntlichkeit -der Zeitgenossen, um die er sich doch so sehr verdient -gemacht, mag sehr viel zu der üblen Laune seines höheren -Alters beigetragen haben. -</p> - -<p> -Es ist kein Zweifel, dass auch ein Hund, wenn man ihm -nur das Vermögen der Sprache und Schrift beibringen könnte, -und die Nicolaische Unverschämtheit und das Nicolaische Lebensalter -ihm garantiren könnte, mit demselben Erfolge arbeiten -würde, als unser Held. Möchte man sich immer anfangs -an seiner Hundenatur stossen, wie man sich eben auch an die -Nicolainatur unseres Helden stiess. Wenn er sich nur nicht -irre und schüchtern machen liesse, dieser Hund, wenn er nur -das Gesagte immer wieder sagte und fest dabei bliebe, und -unermüdet schrie und schriebe, er habe doch recht, und alle -Andern hätten unrecht; wenn er sich wohl gar noch durch den -Gedanken begeistern liesse, und sich damit brüstete, dass er -schon als ein blosser unstudirter Hund dies einsähe, wie Nicolai -sich auch immer damit gebrüstet, dass er als ein unstudirter -Bürgersmann alles dies wisse: so wäre uns gar nicht -<a id="page-61" class="pagenum" title="61"></a> -<a id="pagehdr-61" class="orig-page" title="81"></a> -bange, dass nicht dieser Hund sich einen sehr verbreiteten -Einfluss verschaffen sollte. Seine Theorien würden das Zeitalter -ergreifen, ohne dass man sich eben erinnerte, dass sie -von unserem Hunde herkämen; es würde eine Aesthetik entstehen, -nach welcher jeder Spitz die Schönheit einer Emilia -Galotti kunstmässig zerlegen, und die Fehler in Herrmann und -Dorothea so fertig nachweisen könnte, als es jetzt nur Gottfried -Merkel vermag; und die Bibel würde endlich von allem -noch übrigen Aberglauben gereinigt und so ausgelegt werden, -wie ein aufgeklärter Pudel sie verständig finden, und wie er -selbst sie geschrieben haben könnte. -</p> - -<h4 class="l1i subchap" id="subchap-3-14-1"> -<span class="line1">Anmerkung.</span> -</h4> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-16" id="footnote-16">[16]</a> Der Leser kann die in der dritten Beilage gelieferte Charakteristik des -Geistes der deutschen Bibliothek zugleich für eine solche Nachweisung nehmen. -</p> - -<h3 class="l2s chapter" id="chapter-3-15"> -<span class="line1">Erste Beilage.</span><br /> -<span class="line2">(Zur Einleitung.)</span> -</h3> - -<p class="center"> -<em class="italic">Angriffe Nicolai’s auf die persönliche Ehre und den Charakter des Verfassers enthalten die folgenden Stellen:</em> -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-3-15-1"> -<span class="line1">1.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Nachdem Nicolai die Herren Schelling und Schlegel beschuldigt, -dass sie günstige Beurtheilungen ihrer Schriften in -die Jenaische Literaturzeitung zu bringen gesucht, fährt er (S. -159. der oben angeführten Anzeige) so fort: „Es ist der Schule -der Ich-Philosophen schon länger“ (dem Zusammenhange nach -<em class="italic">früher</em>, ehe die obengenannten gethan, dessen Nicolai sie beschuldigt, -und ehe sie zu dieser Schule zu rechnen gewesen) -<a id="page-62" class="pagenum" title="62"></a> -<a id="pagehdr-62" class="orig-page" title="82"></a> -„eigen gewesen, dass sie, wenn es nicht anders zu beschaffen -war“ (welch ekelhaftes Geschäft, dergleichen Schreiberei abschreiben -zu müssen!), „für ihren transscendentalen Idealismus -Anpreisung zu <em class="italic">erschleichen</em> suchte. Sie affectirten zwar bei -aller Gelegenheit, die allgemeine deutsche Bibliothek zu verachten, -<em class="italic">aber arbeiteten nicht wenig unter der Hand</em>, sie sich geneigt -zu machen (1). Sie versuchten Mitarbeiter anzubieten, -welche eben Herrn Fichte’s Schule verlassen hatten, und da -dieses nicht ging, so (2) suchten sie durch einen Mitarbeiter -der allgemeinen deutschen Bibliothek, der gar nicht im philosophischen -Fache arbeitete, <em class="italic">unverlangt</em> solche Recensionen einzuschicken, -wie sie ihren Absichten dienten, die, wie allenfalls -durch gewisse Kennzeichen zu zeigen wäre, aus <em class="italic">Jena</em> kamen. -Die damalige Direction der neuen deutschen Bibliothek war auf -solchen <em class="italic">unartigen Schleifweg</em> nicht gleich aufmerksam genug -u. s. w. (3). Man sahe nun also wirklich in der neuen deutschen -Bibliothek XVIII. B. S. 355. eine solche heimlich eingeschwärzte -Recension von Fichte’s Grundriss der gesammten -Wissenschaftslehre, in welcher ein in die allgemeine deutsche -Bibliothek sich unverlangt eingeschlichener Fichtianer schlau so -anhebt“ u. s. w. -</p> - -<p> -Wer sind denn diese <em class="italic">Sie</em> aus der ichphilosophischen <em class="italic">Schule</em> -(der verständige Leser verzeiht mir wohl, dass ich, sowohl hier -als im folgenden, um der Kürze willen, die Ausdrücke dieses -Schulmeisters beibehalte, der allenthalben nur Schulen erblickt, -so innig auch mir diese Ausdrücke zuwider sind), wer sind, -sage ich, diese Sie, die <em class="italic">früher</em> noch, als Schelling an dieser -Art des Philosophirens öffentlich Theil nahm, <em class="italic">früher</em>, als jene -Recension des Fichteschen Grundrisses eingeschwärzt wurde, — -der erste Streich, nach Herrn Nicolai, der ihnen gelang, — -offenbar <em class="italic">um ein beträchtliches früher</em>, denn durch die vorhergegangenen -vereitelten Machinationen müssen sie doch auch -Zeit verloren haben — welche, sage ich, zu dieser Zeit das -thaten, dessen Nicolai sie unter (1) und (2) beschuldigt; diese -<em class="italic">Sie</em> von der Ichschule, die damals die allgemeine deutsche Bibliothek -zu verachten affectirten, — ohne Zweifel <em class="italic">öffentlich</em>, da -ihre entgegengesetzten Bestrebungen <em class="italic">unter der Hand</em> geschahen, -<a id="page-63" class="pagenum" title="63"></a> -<a id="pagehdr-63" class="orig-page" title="84"></a> -in <em class="italic">öffentlichen Schriften</em> also (wie könnte auch sonst Nicolai -um jene Affectationen wissen?), diese Sie also, die schon damals -in öffentlichen Schriften sich als Ichphilosophen zeigten? Wer -können sie seyn, diese Sie? Weiss Nicolai aus diesem Zeitalter -irgend einen Schriftsteller mir zu nennen, der sich für das -System der Wissenschaftslehre erklärt hätte, ausser mir selbst? -Kann er aus jenem Zeitpuncte irgend jemand zu seiner Ichschule -rechnen, ausser mir und meinen Zuhörern, deren keiner -Schriftsteller war, und die wohl nur durch mich literarische -Connexionen hätten erhalten können? -</p> - -<p> -Will etwa Nicolai insinuiren, dass ich an der Spitze der -vorgegebenen geheimen Machinationen gestanden, oder wenigstens -an ihnen Theil genommen? Das muss er wohl wollen; -denn seine Beschuldigung muss doch irgend jemanden treffen -sollen; sie muss doch einen von den früher genannten und angegriffenen -Männern treffen sollen, und da sie die anderen, den -Herrn Prof. Schelling, die beiden Schlegel, Herrn Tieck nicht -treffen soll, indem das Factum in eine frühere Zeit gesetzt wird, -— sie muss den einzigen, welcher noch übrig bleibt, sie muss -<em class="italic">mich</em> treffen sollen. Auf mich wird sie auch jeder Leser, der -die Stelle in ihrem Zusammenhange liest, beziehen. Dies musste -Nicolai vorhersehen; und da er es vorhersah, und doch redete, -wie er geredet hat, musste er beabsichtigen, dass es geschehen -möchte. Oder, wollte er nicht, dass jene Beschuldigung auf -mich bezogen würde, wollte er nur überhaupt in das blaue -Feld hin, so dass kein bestimmter Mensch getroffen würde, beschuldigen, -so musste er ausdrücklich erklären, dass er mich -nicht meine, dass er keinen Grund habe zu glauben, dass ich -für meine Person an jenem Getreibe Theil genommen, von demselben -gewusst habe und dergleichen. -</p> - -<p> -Dies hat Nicolai nicht gethan; er hat sonach gewollt, dass -die Beschuldigung auf mich bezogen werde. -</p> - -<p> -Das Betragen, dessen er mich beschuldigt, ist Nicolai’s eigenem -guten Bewusstseyn, Vortrage und Sinne nach, ein höchst -verächtliches und nichtswürdiges Betragen; er will, dass die -Leser es ebenso ansehen, und bedient sich der Ausdrücke, die -es als ein solches beschreiben. Er redet von <em class="italic">Erschleichungen</em>, -<a id="page-64" class="pagenum" title="64"></a> -<a id="pagehdr-64" class="orig-page" title="85"></a> -<em class="italic">unartigen Schleifwegen, heimlichem Einschwärzen</em>, von Versuchen, -<em class="italic">unter der Hand sich geneigt zu machen, was man öffentlich -zu verachten affectirt</em>. -</p> - -<p> -Dasselbe Betragen ist nach meinen Begriffen und nach den -Begriffen aller Leser, deren Achtung Werth für mich hat, noch -unendlich nichtswürdiger, verächtlicher — und dümmer dazu, -als Nicolai verstehen und begreifen kann. Denn ich und alle -die, mit welchen und auf welche zu wirken ich wünschen -kann, haben überhaupt gar wenig Respect für die gewöhnlichen -gelehrten Zeitungen, ihre Urtheile, und das Urtheil derer, -die auf jene Urtheile etwas geben. -</p> - -<p> -Was aber insbesondere die allgemeine deutsche Bibliothek -anbelangt, ob sie in Bohns oder in Nicolai’s Verlage herauskomme, -so affectire ich nicht dieselbe zu verachten, sondern -ich verachte sie wirklich und im ganzen Ernste, wegen ihrer -allgemeinen Tendenz, und in dem besonderen Fache, in welchem -ich mir ein Urtheil zuschreiben darf, in dem der Philosophie.<a class="fnote" href="#footnote-17" id="fnote-17">[17]</a> -</p> - -<p> -<a id="page-65" class="pagenum" title="65"></a> -<a id="pagehdr-65" class="orig-page" title="87"></a> -Dieselbe Verachtung habe ich ohne Ausnahme bei allen -angetroffen, deren Gesinnungen über diesen Punct ich zu erfahren -Gelegenheit hatte. Und nun will Nicolai, dass man von -mir glaube, ich habe dieses Blatt, dessen Verächtlichkeit unter -die gemeingeltenden Dinge gehört, mir geneigt zu machen -gesucht. -</p> - -<p> -Ein solches Betragen wäre, sagte ich unter anderen, auch -dümmer, als Nicolai begreifen kann. In der Gegend, in welcher -ich damals mich aufhielt und in dem noch südlicheren -Deutschlande ist die Verachtung gegen die allgemeine deutsche -Bibliothek, selbst bei den gemeinsten Lesern, sogar zum Vorurtheile -geworden; sieht man sie ja noch an, so thut man es -in den Stunden der Verdauung, um sich an den wunderlichen -Wendungen und Renkungen der Trivialität und Nullität, die es -selbst zu merken anfängt, dass sie Nullität ist, zu belustigen. -Wer in jenen Gegenden lebt, hält ein Lob in dieser Bibliothek -für eine schlechte Empfehlung. Auf dieses Blatt giebt man -nur noch in einigen finsteren Provinzen Deutschlands etwas, -wo man im Ganzen noch auf der Stufe der Bildung steht, auf -der wir vor 40 Jahren standen, und noch aus dem Grundtexte -berichtet zu seyn wünscht, ob in einer Stelle des neuen -Testaments vom Teufel wirklich die Rede sey, oder nicht, oder -gegen die Furcht vor dem Umsturze der theuren protestantischen -Denkfreiheit durch die Machinationen der Jesuiten Beruhigung -sucht. -</p> - -<p> -<a id="page-66" class="pagenum" title="66"></a> -<a id="pagehdr-66" class="orig-page" title="88"></a> -Also das Betragen, dessen Nicolai mich beschuldigt, ist -nichtswürdig, verächtlich, dumm. Er führt nichts an, um seine -Beschuldigung zu beweisen. Ich kann einen nicht geführten -Beweis nicht widerlegen. — Da ich im Ernste nicht wieder -zu Nicolai zurückkommen mag, so muss ich mich begnügen, -ehrliebende Leser zu versichern, dass die ganze Beschuldigung -rein erdichtet ist, dass ich nie in freundschaftlichem Umgange -oder Verbindung mit irgend einem Menschen gestanden, der -mir als Mitarbeiter an der allgemeinen deutschen Bibliothek -oder als zusammenhängend mit der Redaction derselben bekannt -gewesen, dass ich um die Urtheile in der allgemeinen -deutschen Bibliothek mich nie bekümmert, und nie das Geringste -gethan habe, um auf dieselben einen Einfluss zu erhalten. — -</p> - -<p> -Der Verweis, den ich dem damaligen Verleger derselben, -Herrn Bohn, zu geben genöthigt wurde, wegen der Imbecillität, -mit welcher er Pasquille auf mich im Intelligenzblatte jener -Zeitschrift abdrucken liess, und als ich hierüber Nachfrage anstellte, -nicht wusste, wovon die Rede war, war doch ohne -Zweifel keine Gunstbewerbung. -</p> - -<p> -Es ist jetzt an den Lesern, die meiner Versicherung nicht -glauben, Nicolai zum öffentlichen Beweise seiner Beschuldigung -anzuhalten. Ich weiss sicher, dass er nichts als Erdichtungen -und Lügen wird vorbringen können, und diese werden -hoffentlich von der Art seyn, dass man, ohne vor dem Publicum -sich mit ihm abzugeben, ihn vor dem bürgerlichen Gerichtshofe -belangen, und diesem das Urtheil übergeben könne. -</p> - -<p> -Jedoch, ist es denn nicht Factum, was Nicolai Nr. 3 anführt, -dass eine, wie Nicolai meint, lobpreisende Recension -meiner Grundlage der Wissenschaftslehre in der neuen deutschen -Bibliothek abgedruckt worden? Für Nr. 1 und 2 hat Nicolai vielleicht -gar keine Beweise; er hat es vielleicht aus Nr. 3 durch -seine bekannte Conjecturalkritik nur gefolgert, und kein Bedenken -getragen, seine Folgerungen als historische Thatsachen -hinzustellen. -</p> - -<p> -Welche Folgerungen! Weil eine Anzeige, die meine Gedanken -nur nicht sogleich weggeworfen haben will, sondern -<a id="page-67" class="pagenum" title="67"></a> -<a id="pagehdr-67" class="orig-page" title="89"></a> -sie einem weiteren Nachdenken empfiehlt, in die neue deutsche -Bibliothek, deren Grundmaxime es ist, alles Neue ohne -weiteres wegzuwerfen, sich verläuft; muss sie von einem ausgemachten -Fichtianer seyn, muss sie in Jena verfertigt seyn, -muss ich an der Einsendung derselben Theil haben, muss ich -schon seit langem ähnliche Versuche vergebens gemacht haben? -</p> - -<p> -Wäre denn nicht auch etwa <em class="italic">der</em> Fall möglich, dass jene -Anzeige von einem Gelehrten herkäme, der <em class="italic">nicht</em> zu Jena lebte, -der mich nie persönlich gekannt, und bis diese Stunde mich -nicht persönlich kennt, der kein Interesse für mich haben -konnte, als das, welches ihm die angezeigte Schrift einflösste, -und von dessen Existenz sogar ich erst durch die Existenz jener -Anzeige unterrichtet wurde? Wäre es nicht möglich, dass -dieser Gelehrte diese Anzeige ohne alle Bestellung irgend eines -Redacteurs, lediglich aus Interesse für die Sache, und in der -gutmüthigen Meinung, dass dieser durch eine Recension nachgeholfen -werden könnte, abgefasst, und sie zuerst an eine andere -wirklich gangbare gelehrte Zeitschrift eingesendet; dass -sie von da aus, etwa weil man sie, wofür auch Nicolai sie erkannt -haben will, für einen blossen trockenen Auszug gehalten, -zurückgesendet worden, und nun erst — Nicolai mag wissen -auf welchem Wege, ich weiss es nicht — an die N. D. B. -gekommen, bloss damit sie nicht vergebens geschrieben wäre; -dass ich von diesem letztern Schicksale jener Anzeige durchaus -nichts vorher gewusst oder erfahren, und mit einer ähnlichen -Befremdung, als Nicolai, sie in dem angeführten Hefte -der N. D. B. abgedruckt gefunden? Wäre dieser Fall nicht -ebenso möglich? Aber warum soll ich es nicht gerade heraussagen: -durch ein Ungefähr bin ich hierin besser unterrichtet, -als der sonst immer so wohl unterrichtete Nicolai; — der -als möglich vorausgesetzte Fall ist wirklich; gerade so, wie ich -es oben angegeben, hat es sich zugetragen. Nicolai will wissen, -dass jene Anzeige durch einen Mitarbeiter an der A. D. B., -der gar nicht im philosophischen Fache arbeitete, der ihm sonach -sehr wohl bekannt seyn muss, eingesandt worden; und -hierin weiss er mehr, als ich. Er hatte sonach einen festen -Punct, um seine sorgfältigen und wichtigen Untersuchungen -<a id="page-68" class="pagenum" title="68"></a> -<a id="pagehdr-68" class="orig-page" title="91"></a> -anzuknüpfen. Hätte er doch, er, der auf manchem Blatte<a class="fnote" href="#footnote-18" id="fnote-18">[18]</a> -seinen Lesern erzählt, wie weit herum er correspondire, um -gründlichen Bericht abstatten zu können, wo die leichtesten -Angelhaken verfertigt würden, — hätte er doch auch hier ein -paar Briefe sich nicht gereuen lassen! Oder ist er vielleicht -auch über diesen Gegenstand besser unterrichtet, als er sichs -will abmerken lassen, und diente es nur nicht in seinen Kram, -zu verrathen, dass die von ihm wieder aufgenommene A. D. B. -fürlieb genommen, was eine andere gelehrte Zeitschrift abgewiesen, -und auf mein eigenes Anrathen abgewiesen hatte? -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-3-15-2"> -<span class="line1">2.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Ich komme zu Nicolai’s zweitem ehrenrührigen Angriffe. -Er beschuldigt mich (S. 176), ich habe, in Beziehung auf einen -Gegner, „<em class="italic">der mir gezeigt habe, was offenbar aus meinen Sätzen -folge</em>,“ von Schurkerei und Büberei gesprochen. -</p> - -<p> -Ich weiss nicht, ob Nicolai selbst begreift, wessen er dadurch -mich beschuldigt, und ich zweifle, dass er es begreift. -Er wirft diese Schmähung zusammen, und bringt sie in Einem -Athemzuge vor mit einer anderen Anklage, mit der, dass ich -von gewissen Gegnern als von Halbköpfen gesprochen. Dünkt -ihm etwa dieses letztere und jenes erstere so ohngefähr gleich? -</p> - -<p> -Dünke ihm, was da wolle, es kommt nicht darauf an, was -Er von mir glaubt, sondern darauf, was er andere von mir -glauben machen will. In den Augen desjenigen Theils des Publicums, -an dessen Achtung mir etwas liegt, und in meinen -eigenen Augen, ist dieses letztere und jenes erstere nicht -gleich. -</p> - -<p> -Einen literarischen Angriff durch einen Angriff auf die -persönliche moralische Ehre des Gegners erwiedern, und die -Anführung von Gründen Schurkerei und Büberei nennen, ist -nach meinem Urtheile, und wie ich hoffe nach dem Urtheile -<a id="page-69" class="pagenum" title="69"></a> -<a id="pagehdr-69" class="orig-page" title="92"></a> -aller verständigen und ehrliebenden Männer, nur das Betragen -eines wüthenden Narren, oder tückischen und hämischen Wahrheitsfeindes -und Bösewichts. -</p> - -<p> -Hätte der Gegner nur wirklich aus <em class="italic">meinen</em> Sätzen gefolgert, -gesetzt auch, er hätte diese Sätze falsch verstanden, oder -er hätte unrichtig aus ihnen gefolgert, und ich hätte ihm das -Misverständniss oder die Fehlschlüsse handgreiflich darthun -können, so hätte ich ihm allerdings Unverstand, Inconsequenz -und dergleichen Verstandesgebrechen vorrücken, aber ich hätte -nimmermehr von Schurkerei und Büberei sprechen dürfen, so -lange noch die mindeste Möglichkeit übrig gewesen, anzunehmen, -dass er ehrlicherweise <em class="italic">selbst glaube</em>, was er behauptet. -</p> - -<p> -Wie verhält sich denn nun die Sache? Zum Glücke lässt -in diesem Handel das Factum, worauf Nicolai seine Beschuldigung -baut, sich zu Tage liefern. Er giebt die Stelle richtig -an (Philos. Journal v. J. 1798, Heft 8, S. 386.<a class="fnote" href="#footnote-19" id="fnote-19">[19]</a> —) Hier ist -sie im Zusammenhange. -</p> - -<p> -Ich sage S. 385 oben im Texte: „ich habe die lügenhaften -Verdrehungen, die z. B. Hr. Heusinger mit dem Gesagten vornimmt, -weder verdient, noch veranlasst;“ und setze in einer -Note hinzu: „Ich sage (S. 10 meines Aufsatzes über den Grund -unseres Glaubens an eine moralische Weltregierung, im 1. Hefte -des Phil. Journals desselben Jahrganges), um die nothwendige -Consequenz beider Gedanken auszudrücken: Ich muss, wenn ich -nicht mein eigenes Wesen verläugnen will, die Ausführung jenes -Zwecks (der Moralität) mir vorsetzen; — habe diesen Satz -zu analysiren, wiederhole ihn daher auf der folgenden Seite -<em class="italic">verkürzt</em> mit Hinweglassung der Merkmale, die keiner Analyse -bedürfen, so: ich muss schlechthin den Zweck der Moralität -mir vorsetzen, <em class="italic">heisst</em>: u. s. w. — Die Rede ist sonach gleich -der folgenden: In einem rechtwinkligen Triangel ist das Quadrat -der Hypotenuse gleich dem Quadrate der beiden Katheten. -In <em class="italic">einem Triangel</em> ist das Quadrat der Hypotenuse etc. -<a id="page-70" class="pagenum" title="70"></a> -<a id="pagehdr-70" class="orig-page" title="94"></a> -<em class="italic">heisst</em>: u. s. w. — Hr. Heusinger aber<a class="fnote" href="#footnote-20" id="fnote-20">[20]</a> hält sich an den letzten -Ausdruck des Satzes, als den <em class="italic">directen</em>, erklärt meine ganze -Theorie aus diesem unbedingt gesetzten <em class="italic">Muss</em>, um mich eines -Fatalismus zu bezüchtigen (da doch jedem, der nur eine Sylbe -von mir gelesen, bekannt seyn muss, dass auf die Freiheit des -Willens mein ganzes Denken aufgebaut ist), und es recht klar -darzulegen, wie nach mir die moralische Ordnung <em class="italic">sich selbst -mache</em>, und wie ich mit meinem guten Bewusstseyn ein offenbarer -Atheist sey. — Im gemeinen Leben nennt jeder Ehrliebende -ein solches Benehmen Schurkerei, Büberei, Lüge. Wie -soll man es in der Literatur nennen?“ — Dies ists, was ich -geschrieben hatte. Ich bitte den verständigen und ehrliebenden -Leser sich folgende Fragen zu beantworten: -</p> - -<p> -1) Heisst das, <em class="italic">aus meinen Sätzen folgern</em>, wie Nicolai es -nennt, wenn man mir einen <em class="italic">bedingten Satz</em> in einen <em class="italic">unbedingten</em> -verwandelt, um mir eine Meinung anzudichten, von welcher -jeder, der in der neuen philosophischen Literatur bewandert -ist, wissen muss, und Hr. Heusinger sicher wusste, dass -ich mich von jeher auf das stärkste gegen sie erklärt habe? -Es ist also nicht von <em class="italic">Folgerungen</em>, es ist von <em class="italic">Verdrehungen -und Erdichtungen</em> die Rede. -</p> - -<p> -2) Kann man umhin, anzunehmen, dass diese Verdrehung -nicht aus Irrthum, sondern mit gutem Wissen und Bedacht -gemacht worden, wenn der Verfasser seinen Zweck, eine dem -Gegner gemachte Beschuldigung (die des Atheismus) als gegründet -zu erweisen, gleich von vornherein angiebt, und wenn -dieser Zweck <em class="italic">nur durch dieses Mittel</em> zu erreichen ist? -</p> - -<p> -3) Wie würde man ein ähnliches Benehmen im bürgerlichen -Leben nennen? Wenn ich z. B. im Gespräche gesagt -hätte: wenn Nicolai nicht ein grundschiefer und zerrütteter -Kopf ist, so ist er ein hämischer Bösewicht: und Nicolai hätte -mehr zu bedeuten, als er hat, und es ginge einer zu ihm, und -erzählte ihm, ich, Fichte, habe gesagt, er, Nicolai, sey ein hämischer -Bösewicht; und dieser Erzähler thäte es in der laut -<a id="page-71" class="pagenum" title="71"></a> -<a id="pagehdr-71" class="orig-page" title="95"></a> -zugestandenen Absicht, einer Anklage, durch welche ein unauslöschliches -Brandmal auf meinen Charakter gebracht werden -sollte, und durch deren Erfolg ich aus meiner Laufbahn -geworfen worden, die öffentliche Beistimmung zu verschaffen: -würde man dieses Benehmen anders bezeichnen können, ausser -durch die Benennung der Lüge, der Schurkerei und -Büberei? -</p> - -<p> -4) Ist die Anfrage: im bürgerlichen Leben nennt man dies -Schurkerei, Büberei, Lüge, wie soll man es in der Literatur -nennen? — gleich <em class="italic">dem</em> Satze: man soll es in der Literatur -ebenso nennen, und ich will es hiermit also genannt haben? -Zwar bin ich, damit nicht etwa jemand glaube, dass ich mich -zurückziehen wolle, ich bin allerdings der Ueberzeugung, dass -man es auch in der Literatur so nennen solle, wenn es nur -über literarische Rechtlichkeit eine ebenso befestigte und verbreitete -allgemeine Meinung gäbe, wie über bürgerliche Ehre. -Ich bin allerdings der Ueberzeugung, und scheue mich nicht, -es laut zu erklären, dass dieser Herr Heusinger sehr nichtswürdig -gehandelt hat. -</p> - -<p> -5) Nicolai’s Betragen, der, wenn er nicht von so immensem -Gedächtnisse ist, dass er darin sogar die Seitenzahlen unseres -philosophischen Journals gegenwärtig hat, die oben angeführte -Stelle, welche er richtig citirt, aufgeschlagen und vor Augen -haben musste, und dennoch fähig war niederzuschreiben: ich -habe darüber, dass <em class="italic">ein Gegner mir gezeigt, was aus meinen -Sätzen folge</em>, von Schurkerei und Büberei gesprochen, — dieses -Betragen Nicolai’s zu beurtheilen und zu benennen, überlasse -ich ganz allein dem ehrliebenden Leser. -</p> - -<p> -Soviel über diese ehrenrührigen Angriffe Nicolai’s, die auf -erdichtete Thatsachen sich gründen. Was er (S. 154 u. S. 177) -über mein Benehmen bei der Niederlegung meines Lehramtes -an der Universität Jena urtheilt, übergehe ich mit Stillschweigen, -indem er hierin wenigstens nicht offenbar falsche Thatsachen -erdichtet, obgleich er mir Empfindungen und Gesinnungen -zuschreibt, welche nie die meinigen waren. Das Urtheil -eines Nicolai ist mir zu unbedeutend und zu verächtlich, als -dass ich mich dagegen vertheidigen oder annehmen sollte, dass -<a id="page-72" class="pagenum" title="72"></a> -<a id="pagehdr-72" class="orig-page" title="96"></a> -irgend jemand, an dessen Achtung mir liegen könnte, dieses -Urtheil theilte. Es dürfte vielleicht, ausser dem, was über jene -Sache bekannt worden, noch andere Umstände geben, die da -unbekannt geblieben, und welche mein Betragen dabei in ein -anderes Licht stellen würden, als dasjenige ist, in welchem Nicolai -zweckmässig findet, dieses Betragen erscheinen zu lassen; -aber Nicolai gerade ist der letzte, der über diese Dinge -mich zur Rede bringen soll. -</p> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-17" id="footnote-17">[17]</a> Und wie könnte ich anders, als sie verachten, von der Seite ihres -Geistes versteht sich, diese Recensenten, denen nicht einmal der Nicolaische -Kunsttrieb zu Theil wurde, miszuverstehen, zu verdrehen, und sodann sich -das Ansehen zu geben, als ob sie widerlegten; sondern die sich geradezu -hinstellen, bekennen und bejammern, wie der Schulknabe, der seine Lection -aufsagen soll, und sie nicht gelernt hat, dass sie das Vorgebrachte denn doch -gar nicht verstehen und klar kriegen könnten; dass philosophische Schriften -denn doch zum allerwenigsten so deutlich seyn sollten, dass sie <em class="italic">von Philosophen</em> -(sie sind wohl auch welche, diese Recensenten? ein Philosoph ist -wohl ein Mensch, der im philosophischen Fache an der A. D. B. recensirt?), -dass sie, sage ich, von Philosophen verstanden werden könnten; die denn -doch bei alle dem ihre Abneigung gegen das, was sie nicht zu verstehen -bekennen, nicht bergen können, und zuletzt mit dem Troste für ihren Redacteur, -ihre Leser und sich selbst, abtreten, dass noch zeitig genug die -Zeit kommen werde, da diese verzweifelte neueste Philosophie widerlegt seyn -werde; diese Recensenten, mit deren Belesenheit es so beschaffen ist, dass -sie aus Citaten Druckfehler abdrucken lassen, und sich hinterher über den -sonderbaren Ausdruck verwundern. So lässt neulich einer aus Heydenreichs -Vesta unbefangen folgenden Satz als den meinigen abdrucken: „Das eheliche Verhältniss -ist die von der Natur geforderte <em class="italic">Masse</em> (<em class="italic">Weise</em> steht in meinem Texte, -m. s. mein Naturrecht Bd. III. 316. [2. Th. 174]) des erwachsenen Menschen von -beiden Geschlechtern zu existiren.“ Allerdings eine sonderbare Art sich auszudrücken, -ruft der Recensent in einer Parenthese aus. -</p> - -<p class="footnote2"> -Jeder, der in den neuesten Stücken der N. D. B. unter den philosophischen -<a id="corr-3"></a>Recensionen herumblättern will, wird auf die oben angeführten Aeusserungen -stossen. -</p> - -<p class="footnote2"> -Nun wird zwar Nicolai, der bei der Wiederübernehmung der Herausgabe -jener Bibliothek die bisherigen Recensenten beizubehalten verspricht -(auch nimmermehr andere bekommen würde), versichern, dass jene Recensenten -unter die ersten deutschen Schriftsteller gehörten, wie er dies von -dem Recensenten der Schellingschen Weltseele in der Jenaischen Literaturzeitung -versichert, und wohl gar so grossmüthig seyn, sich in meine Seele, -ebenso wie in Schellings zu schämen, dass ich von diesen Männern spreche, -wie von einfältigen Schulknaben; wie ich denn auch allerdings thue. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-18" id="footnote-18">[18]</a> S. die Vorrede zum XI. Theile seiner Reisebeschreibung. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-19" id="footnote-19">[19]</a> Sämmtliche Werke Bd. V. S. 394. — Die im Folgenden erwähnte -Note ist dort weggelassen worden, als längst vergessenen polemischen Beziehungen -angehörig. (Anmerk. des Herausgebers.) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-20" id="footnote-20">[20]</a> In seiner Schrift: über das idealistisch-atheistische System des Herrn -Prof. Fichte. -</p> - -<h3 class="l2s chapter" id="chapter-3-16"> -<span class="line1">Zweite Beilage.</span><br /> -<span class="line2">(Zum zweiten Capitel.)</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Gegen die Schilderung Mendelssohns im Texte, dass er -ein Mann von dem besten Willen, aber von eingeschränkten -Einsichten und Zwecken gewesen sey, wird ohne Zweifel niemand -etwas einwenden, der diesen Mann aus seinen Schriften -und öffentlichen Verhandlungen, aus dem Lessingschen Briefwechsel, -und etwa auch aus mündlichen Erzählungen kennt; — -wenn nemlich der Beurtheiler nicht etwa selbst von eingeschränkten -Einsichten und Zwecken ist. Mit Beurtheilern der -Art aber wollen wir hier nicht die Zeit verlieren. -</p> - -<p> -Dass Lessing — wir beziehen uns hier allenthalben auf -die früheren Schriften desselben und die von seinem Bruder -herausgegebene Lebensbeschreibung und Briefwechsel, und -wünschten, dass der Leser, der ein Urtheil in dieser Sache -begehrt, damit sehr bekannt wäre, — dass, sage ich, Lessing -in seiner frühen Jugend sich in einer unbestimmten literarischen -Thätigkeit herumgeworfen, dass alles ihm recht war, was nur -seinen Geist beschäftigte und übte, und dass er hierbei zuweilen -auf unrechte Bahnen gekommen, wird kein Verständiger -läugnen. Die eigentliche Epoche der Bestimmung und Befestigung -<a id="page-73" class="pagenum" title="73"></a> -<a id="pagehdr-73" class="orig-page" title="98"></a> -seines Geistes scheint in seinen Aufenthalt in Breslau zu -fallen, während dessen dieser Geist, ohne literarische Richtung -nach aussen, unter durchaus heterogenen Amtsgeschäften, die -bei ihm nur auf der Oberfläche hingleiteten, sich auf sich -selbst besann, und in sich selbst Wurzel schlug. Von da an -wurde ein rastloses Hinstreben nach der Tiefe und dem Bleibenden -in allem menschlichen Wissen an ihm sichtbar; und -eine der deutlichsten Erscheinungen dieser Veränderung war -eine sich durchaus nicht verbergende Verachtung gegen Nicolai’s -Person, und ganzes Werk und Wesen, indess er die gutmüthige -Beschränktheit Mendelssohns fortdauernd mit schonendem -Stillschweigen trug. -</p> - -<p> -Schon früher hatte er unserem Helden die Verweise seiner -Unwissenheit, Ungeschicktheit und Suffisance nicht erlassen. -(M. s. S. 98 ff. u. S. 109 ff. des von Nicolai selbst edirten -Briefwechsels.) Von jetzt an correspondirte er mit ihm nur -noch über Verlagsangelegenheiten, um ihm Aufträge zu geben, -z. B. dass er ihm Schuhe überschicken solle, und um Neuigkeiten -von der Buchhändlermesse durch ihn zu erhalten. Sein -Vertrauen hatte Nicolai so wenig, dass Lessing unverhohlen -über einen gewissen Plan ihm schrieb: den könne er ihm nicht -mittheilen, der müsse unter <em class="italic">den Freunden</em> (Klopstock, Bode -u. a.) bleiben; ohnerachtet er freilich fürchtete, dass ihm beim -Herumgehen um das Thor zu Leipzig ein Wink darüber entschlüpft -seyn möchte (S. 177 des angeführten Briefwechsels); -seine literarische Unterstützung und Billigung der Unternehmungen -so wenig, dass Lessing nie eine Recension in die D. B. -verfertigt, so sehr auch Nicolai suchte, ihm dergleichen abzuschmeicheln -(S. 147), und sich genöthigt fand, dies öffentlich -zu erklären (S. 255), und dass er nicht dazu zu bringen war, -ihm Beiträge aus der Wolfenbüttelschen Bibliothek für seine -(Nicolai’s) Volkslieder zu senden, „indem doch der ganze Spass -nur auf Verwechselung des Pöbels mit dem Volke hinauslaufe“ -(S. 393). Man sehe dagegen, mit welcher Dienstfertigkeit und -innigen Achtung derselbe Mann Conrad Arnold Schmid -(29. Theil der Lessingschen Schriften) und den fleissigen, biederen -Reiske (28. Theil) behandelte. Einen Zug in einer Nicolaischen -<a id="page-74" class="pagenum" title="74"></a> -<a id="pagehdr-74" class="orig-page" title="99"></a> -Recension nannte Lessing, kurz und gut, sowie er -es wirklich war, ihm unter die Augen <em class="italic">hämisch</em> (S. 213 d. a. -Briefwechsels). Nicht nur Nicolai’s Person, sein ganzes Werk -und Wesen verachtete er. So war ihm die Aufklärerei und -der Neologismus in der Theologie, wie er in der D. B. getrieben -wurde, ein wahrer Gräuel, und er drückte unter vier -Augen sich oft kräftig darüber aus. So schreibt er seinem -Bruder (30. Theil S. 286): „was ist sie anders, unsere neumodische -Theologie gegen die Orthodoxie, als Mistjauche gegen -unreines Wasser?“ Und auf der folgenden Seite: „Flickwerk -von Stümpern und Halbphilosophen ist das Religionssystem, -welches man jetzt (wo anders als in der D. B.?) an die Stelle -des alten setzen will, und mit weit mehr Einfluss auf Vernunft -und Philosophie, als sich das alte anmaasst.“ -</p> - -<p> -Wielands Pläsanterie über den Bunkel findet er so gerecht -als lustig (29. Theil S. 495). Was er daselbst noch weiter -hinzusetzt, — ohnerachtet es auf eine unseres Erachtens -sehr unrichtige Voraussetzung sich gründet, — um Nicolai zu -entschuldigen, zeigt doch wenigstens an, zu welcherlei Handwerk -Lessing diesen Mann allenfalls noch tauglich gefunden: -„zu Verbreitung — <em class="italic">solcher</em> Ideen, die für ein gewisses Publicum, -das doch auch mit diese Stufe besteigen müsse, wenn -es weiter kommen solle, ihren Werth hätten, durch — <em class="italic">so -einen Roman</em>.“ -</p> - -<p> -Und Nicolai, der sich mit Lessings Freundschaft brüstete, -der die Ehre des Todten gegen den Vorwurf vertheidigte, dass -er — kein so seichter Kopf gewesen sey, als ein Nicolai, hat -die Stirn, seinen Briefwechsel mit Lessing, aus dem wir oben -Auszüge geliefert, selbst herauszugeben? Warum nicht? Er -hat lange Noten dazu gemacht, in denen er sich herausredet, -Lessing für einen wunderlichen Kopf, für einen übellaunigen -Brummer, für ein überspanntes Genie ausgiebt, und seine ihm -(dem Nicolai) selbst ungelegenen Meinungen aus der leidigen -Paradoxie und Disputirsucht erklärt. -</p> - -<p> -Heiliger Schatten, vergieb uns, dass wir in demselben Zusammenhange -von dir redeten und von ihm. Wenn auch keine -deiner Behauptungen, wie du sie in Worte fasstest, die Probe -<a id="page-75" class="pagenum" title="75"></a> -<a id="pagehdr-75" class="orig-page" title="101"></a> -halten, keines deiner Werke bestehen sollte, so bleibe doch -dein Geist des Eindringens in das innere Mark der Wissenschaft, -deine Ahnung einer Wahrheit, die da Wahrheit bleibt, -dein tiefer inniger Sinn, deine Freimüthigkeit, dein feuriger -Hass gegen alle Oberflächlichkeit und leichtfertige Absprecherei -unvertilgbar unter deiner Nation! -</p> - -<h3 class="l2s chapter" id="chapter-3-17"> -<span class="line1">Dritte Beilage.</span><br /> -<span class="line2">(Zum zweiten Capitel.)</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Ich nenne die deutsche Bibliothek <em class="italic">ein an sich widersinniges -Unternehmen</em>. Dies ist unter einer Nation, die in ihrer -eigenen Sprache schreibt, ihre eigene Literatur und einen sehr -verbreiteten Buchhandel hat, und viel liest, der Strenge nach -<em class="italic">jedes allgemeine Recensionswerk</em>. -</p> - -<p> -Es ist zu beklagen, dass ich daran ein Paradoxon sage; -denn dies ist jede einem jedem gerade vor den Füssen liegende -Wahrheit jedem verkünstelten Zeitalter. Könnte ich nur -einige Augenblicke auf unbefangene Leser rechnen, so würde -ich sie bitten, folgendes mit mir zu überlegen. -</p> - -<p> -Der Leser will doch ohne Zweifel ein richtiges Urtheil -über die Producte der Kunst und der Wissenschaft, auf das -er sich auch verlassen könne. Wer kann denn nun, und wer -soll diese Urtheile fällen? Doch wohl die ersten Meister in jedem -Fache der Kunst und der Wissenschaft? -</p> - -<p> -Wenn nun zuvörderst der einige grösste Meister in einem -Fache — denn es ist doch wohl nicht anzunehmen, dass die -Grossen wie Pilze aus der Erde wachsen — etwas schriebe, -wer soll denn diesem sein Urtheil fällen? Wer soll gegenwärtig -in der Kunst über Goethe, wer sollte zu seiner Zeit in der -Philosophie über Leibnitz, wer sollte, als Kant mit seiner Kritik -<a id="page-76" class="pagenum" title="76"></a> -<a id="pagehdr-76" class="orig-page" title="102"></a> -der reinen Vernunft hervortrat, über Kant urtheilen? Ueber -den letzten etwa die Garve, die Eberharde? Nun, sie haben -es gethan, und es ist darnach. Diesen Fall aber abgerechnet: -sollten denn die grössten Meister die Geneigtheit haben, dieses -Richteramt über die Schriften zu übernehmen; sollten sie nicht -etwas Besseres thun können, das dem gemeinen Wesen -noch erspriesslicher sey? — Der Lebenslauf jedes wahrhaften -Künstlers oder wissenschaftlichen Kopfs ist eine fortgehende -Entwickelung seiner eigenen Originalität. Seine Kunst oder -seine Wissenschaft erlernt, und auf den Punct sich erhoben, -wo das Zeitalter stand, hat er; das versteht sich, und dies -ist nun vorbei. Er geht <em class="italic">seinen</em> Gang, entwickelt sich selbst -in eigenen Schriften, die er bei der vorausgesetzten Ausbreitung -des Buchhandels leicht ins Publicum bringen kann; von -den Arbeiten anderer nimmt er Notiz, nur inwiefern sie gerade -seinen Gang berühren, und ihm im oder am Wege liegen, -und er wird ohne Zweifel in seinen eigenen Werken die nöthige -Rücksicht darauf nehmen. Sollte er sich wohl in diesem -Kreise unterbrechen lassen, um sich alle Wochen in einen ganz -anderen Kreis eines ihm zur Recension zugesandten Buches -zu versetzen? Es ist nicht wahrscheinlich. -</p> - -<p> -Oder hat etwa das deutsche Publicum <a id="corr-4"></a>bis jetzt in allem -Ernste geglaubt, dass es zwei Klassen grosser Gelehrten habe: -die eine, deren Namen es kennt, und die die Bücher schreiben; -und die zweite, wohl ebenso bedeutende, deren Namen -es nicht kennt, und die die Recensionen schreiben? -</p> - -<p> -Wer selbst ein Buch schreiben kann, der schreibt ein Buch -und keine Recension, und für die Recensionen bleiben <em class="italic">in der -Regel</em> nur diejenigen übrig, die kein Buch schreiben können: -hinter ihrem Zeitalter zurückgebliebene <em class="italic">Invaliden</em>, deren Bücher -keinen Absatz, und also keinen Verleger finden, und -<em class="italic">Schüler</em>, die zwar ein Aufsätzchen in Grösse einer Recension -zusammenbringen, aber nicht den Plan eines Buchs entwerfen -können. Dafür, meine Leser, dafür ist die Anonymität der -Recensenten. Das Publicum würde ein schönes Schauspiel erhalten, -wenn die Redactoren der recensirenden Institute plötzlich -genöthigt würden, die Verfasser aller seit 5 Jahren erschienenen -<a id="page-77" class="pagenum" title="77"></a> -<a id="pagehdr-77" class="orig-page" title="104"></a> -Recensionen zu nennen. — <em class="italic">In der Regel</em> ist es so, habe -ich gesagt: denn es ist möglich, dass ein wirklicher Schriftsteller -etwas in seinen gegenwärtigen Gedankenkreis Fallendes -beurtheile, und da er gerade kein Buch unter der Feder hat, -in welches diese Beurtheilung passe, sie vorläufig in einem recensirenden -Blatte abdrucken lasse. Auf dergleichen Beiträge -aber rechnet ganz gewiss kein Redacteur, der seinen Messkatalog -herunterrecensiren lassen, und sein Blatt alle Tage voll -haben muss: er muss bestellte, pünctliche Arbeiter haben. Oder -es dürfte sich, <em class="italic">da das leidige Vorurtheil für Recensionen einmal -in der Welt ist, und vor der Hand wohl nicht leicht auszurotten -seyn dürfte</em>, eine Gesellschaft von Männern, die allerdings -selbst Meisterwerke liefern könnten, verbinden, sich selbst -zu verläugnen, und auf dem Wege des Recensirens in das Zeitalter -einzugreifen. Die Redaction der Erlanger Literaturzeitung -leistet in einer neuerlichen Ankündigung Versprechungen dieser -Art, und zeigt, dass sie durchaus wisse, worauf es dabei -ankomme; so dass sich billigerweise annehmen lässt, sie sey -im Besitze des Mittels, diese Versprechungen zu halten, und -gründe sich auf eine solche patriotische Verbindung; auch berechtigt -der Anfang zu immer grösseren Hoffnungen auf die -Zukunft. Diese Zeitung würde sodann eine höchst seltene und -höchst ehrenvolle Ausnahme von dem obigen allgemeinen Urtheile -machen. -</p> - -<p> -Ein <em class="italic">Invalid</em> also, oder ein <em class="italic">Schüler</em> wird in den <em class="italic">8 oder 14 -Tagen</em>, da er das Buch flüchtig durchläuft, und recensirt, sich -über den Autor erheben, der <em class="italic">Jahre lang</em>, oder vielmehr, da -jede seiner Arbeiten doch immer Resultat seines ganzen Lebenslaufes -ist, <em class="italic">sein ganzes Leben</em> an diese Materie ausschliessend -verwendete? Es ist nicht wahrscheinlich. -</p> - -<p> -Der <em class="italic">Invalid</em> — mit ihnen sind diejenigen literarischen Institute, -die auf Reputation halten, am meisten besetzt, damit -sie im Falle der Noth sich mit einem Namen decken können, -der vor 20 Jahren galt — der Invalid wird das Zeitalter, in -welchem er etwas bedeutete, in seinen Recensionen zurückzuführen -suchen, und alles neue verurtheilen, weil es neu ist. -Der <em class="italic">Schüler</em> wird, wenn er noch am unbefangensten ist, auf -<a id="page-78" class="pagenum" title="78"></a> -<a id="pagehdr-78" class="orig-page" title="105"></a> -seinem Richterstuhle herumtappen, und vor den Lesern, die ein -Urtheil von ihm erwarten, zu begreifen suchen, worüber er -richtet. Seine Recension wird eine seiner Schulübungen -werden.<a class="fnote" href="#footnote-21" id="fnote-21">[21]</a> -</p> - -<p> -<a id="page-79" class="pagenum" title="79"></a> -<a id="pagehdr-79" class="orig-page" title="106"></a> -Und welche verächtliche Leidenschaften werden durch -diese ganze Verfassung erregt und genährt! Welcher Eigendünkel -bei guten Jünglingen, welche grösstentheils dergleichen Einrichtungen -<a id="page-80" class="pagenum" title="80"></a> -<a id="pagehdr-80" class="orig-page" title="108"></a> -wirklich für das halten, was sie seyn müssten, wenn -sie überhaupt seyn sollten! Der Wahl tappender und schielender -Redactoren vertrauend, glauben sie vom Tage ihrer Einladung -zur Mitgliedschaft einer berühmten Recensentengilde -wirklich die Fähigkeiten zu besitzen, die sie in ihrer Unbefangenheit -den Recensenten zuschreiben, zürnen auf ihre redlichen -Lehrer, welche vielleicht diese Fähigkeiten in ihnen noch nicht -bemerken wollten, und ergreifen die Gelegenheit, diesen ihre -Uebermacht fühlbar werden zu lassen!<a class="fnote" href="#footnote-22" id="fnote-22">[22]</a> Welche schöne Aussichten -für Literaten aller Art, ihre gelehrte Eifersucht, ihren -Neid, ihre Rachsucht gegen jeden, der ihnen irgendwo im Wege -gestanden, zu befriedigen, ohne dass jemand wisse, woher die -Streiche kommen! Jeder Gedrückte tröstet sich in aller Stille -damit: ei, ich will ihm schon einmal in einer Recension eins -versetzen; und er hält Wort. — Welches Schauspiel würde das -Publicum auch in dieser Rücksicht erhalten, wenn die Redactoren -plötzlich genöthigt würden, die Verfasser der bisher erschienenen -Recensionen anzugeben; und die recensirten oder -gelegentlich angezapften Schriftsteller hierauf anfingen, Particularia -und Personalia zu erzählen! -</p> - -<p> -Welch ein ganz eigener Ton, der besonders in den Verantwortungen -angefochtener Redactoren und noch stärker in -den Antworten der durch die Anonymität gedeckten Recensenten -<a id="page-81" class="pagenum" title="81"></a> -<a id="pagehdr-81" class="orig-page" title="110"></a> -auf Antikritiken, in seiner ganzen Originalität erscheint! -Da stösst ein Mann, der im Grunde weder witzig noch hitzig -ist, und es sehr gut weiss, dass er unrecht hat, sich bei jedem -Athemzuge in die Rippen, um die Langmüthigkeit seiner Natur -zum Zorne, zur Grobheit, zur Pöbelhaftigkeit zu reizen; jener -lediglich, um sein Blatt beim Publicum, dieser, um sich beim -Redacteur, der allein ihn kennt, in Respect zu erhalten. „Ei, -die verstehns; die wissen recht einem jeden eins zu versetzen,“ -soll der Lesepöbel denken. -</p> - -<p> -Welch ein abenteuerliches System von Begriffen und Meinungen, -das aus dieser Einrichtung hervorgegangen ist! Zuvörderst -der Begriff einer <em class="italic">Kritik</em>, die ausserhalb der Meister und -der Meisterschaft und von ihnen abgesondert wohnen soll! Eine -Partei, die die Werke liefert, ohne Kritik; eine andere Partei, -die die Kritik besitzt, und sie über die Werke anderer hingiesst, -ohne selbst Werke hervorzubringen. Dann der Begriff -von einer <em class="italic">Urtheilsfreiheit der Gelehrten</em>: d. h. dass es jedem, -der einige Perioden deutsch zu schreiben vermag, erlaubt seyn -müsse, über alles Geschriebene in den Tag hineinzuschreiben, -ob er davon etwas gelernt habe, oder nicht, und dass über -sein Geschwätz kein anderer lachen dürfe. Dann die Meinung, -dass jedes erscheinende Buch ein <em class="italic">corpus delicti</em> sey, das sogleich -vor den Richterstuhl gezogen werden müsse; dass die -Bücher eigentlich nur darum geschrieben würden, um recensirt -zu werden; und dass die Recensenten weit vornehmere Wesen -seyen, als die Schriftsteller; dass nur schlechte Schriftsteller -sich gegen die — Kritik, verstehe die Recensenten, auflehnen, -gute aber sich ihr demüthig unterwerfen und sich bessern. — -Armes Publicum, dass du dir dergleichen Dinge aufbinden lassen! -Wisse, dass jedes Werk, das da werth war zu erscheinen, -sogleich bei seiner Erscheinung gar keinen Richter finden -kann; es soll sich erst sein Publicum erziehen, und einen Richterstuhl -für sich bilden; es ist eine Lection an dich, gutes Publicum, -und kein <em class="italic">corpus delicti</em>. Spinoza hat über ein Jahrhundert -gelegen, ehe ein treffendes Wort über ihn gesagt wurde; -über Leibnitz ist vielleicht das erste treffende Wort noch zu -erwarten, über Kant ganz gewiss. Findet ein Buch sogleich bei -<a id="page-82" class="pagenum" title="82"></a> -<a id="pagehdr-82" class="orig-page" title="111"></a> -seiner Erscheinung seinen competenten Richter, so ist dies der -treffendste Beweis, dass dieses Buch ebensowohl auch ungeschrieben -hätte bleiben können. -</p> - -<p> -So mit den <em class="italic">allgemeinen</em> Recensionsanstalten, die auf Universalität -der Wissenschaft und auf Mitarbeiter aus allen Provinzen -des deutschen Vaterlandes Anspruch machen. Ein wenig -unschuldiger sind die kleinen Particular-Recensionsfabriken. -Mit diesen will man entweder den Ort, wo sie erscheinen, ehren, -und beweisen, dass derselbe auch Gelehrte habe, die ein -Wort mitsprechen können. Unseres Erachtens ein sehr mislicher -Beweis; es wäre dem Orte mehr Ehre, er hätte viele -Gelehrte, die etwas besseres zu thun hätten, als zu recensiren. -Oder dergleichen kleine Zeitungen enthalten die Ausreden -der vornehmen Herren Professoren an die gelehrten Mitbürger, -denen durch alle Mühe, die man sich darum giebt, -doch das Lesen auswärtiger Schriftsteller sich nicht ganz verkümmern -lässt, warum sie von ihren Kathedern herab nicht -ebenso belehrt werden, als es in dieser eingeführten literarischen -Contrebande geschieht; auch kräftige Anpreisungen der -eigenen Producte dieser vornehmen Professoren. Solche Recensionen -zeichnen sich durch die Formeln aus: „Rec. trug -dies immer so vor;“ oder: „was der Verfasser da sagt, ist -zwar wahr, doch aber sind wir auch der Ueberzeugung, dass -auch die entgegengesetzte Ansicht, welche der Rec. immer gegeben -hat, richtig ist;“ oder: „wie kann der Mann nur das -rühmen, wovon wir immer gesagt haben, dass es nichts tauge; -so er etwas rühmen will, so rühme er unsere Apodiktik.“ Das -unsterbliche Muster in dieser Art werden immer die Gelehrtenanzeigen -der Göttingischen Universität bleiben, deren Lehrer -sehr oft mit auswärtigen Schriftstellern in Collision kommen -mögen. Sie sind lediglich auf die gelehrten Mitbürger berechnet; -und wer sie für mehr hält, auf dessen Kopf falle der -Schade! -</p> - -<p> -Aber es ist doch so bequem für das grössere Publicum, -und selbst für die wirklichen Gelehrten, beim Durchblättern -einer einzigen Zeitschrift zu erfahren, was in jedem Fache Neues -erschienen, welches der Inhalt desselben sey, und nun zu beurtheilen, -<a id="page-83" class="pagenum" title="83"></a> -<a id="pagehdr-83" class="orig-page" title="113"></a> -ob sie das Buch sich selbst anzuschaffen haben, oder -ob sie es entbehren können. — -</p> - -<p> -Ohne Zweifel; und dieser Vortheil soll beibehalten werden; -nur die unbefugte Richterei und Urtheilerei soll wegfallen. -</p> - -<p> -Wie man Petersilie, Pilze und Bücklinge auf den Strassen -ausruft, ebenso sollen auch die Bücher ausgerufen werden; -nicht durch die ersten Erzeuger, wie sich versteht, sondern -durch die Verkäufer, die Buchhändler. Das Verfahren hierbei -ist durch die Natur der Sache bestimmt und ist sehr einfach. -Vereinigen sich die deutschen Buchhändler, und übertragen einem -aus ihrer Mitte, ebenso wie sie ehemals der Weidmannschen -Buchhandlung die Herausgabe des Messkatalogs überliessen, -die Herausgabe eines ausführlichen Messkatalogs; — oder -sey dabei auch durchaus freie Concurrenz. Dieser Messkatalog -enthalte den Titel des Buches, die Verlagshandlung, den Ladenpreis, -einen verhältnissmässigen Auszug des Inhalts, — wo es -hingehört, Proben der Schreibart. Um dergleichen Anzeigen -zu verfertigen, bedarf es nur einiger Commis, die da lesen können -und schreiben, höchstens auf einer lateinischen Schule bis -in Secunda gekommen sind. Man hat ja überdies in einer jeden -wohl eingerichteten Druckerei einen Corrector, der ein Literatus -ist; dieser sey der Redacteur des Blattes; ihm gebe -man mit dem Correcturbogen zugleich das angezeigte Buch mit -ein, damit er urtheilen könne, ob der Auszug richtig und zweckmässig -ist. Es mag ihm auch verstattet werden, sich als Herausgeber -auf dem Titelblatte zu nennen. — -</p> - -<p> -Alles eigenen Urtheils enthalten diese Commis und dieser -Corrector sich gänzlich; oder wollen sie ja etwas von ihrem -Eigenen hinzuthun, so loben sie <em class="italic">alle</em> Bücher, die sie anzeigen, -aus gleich vollen Backen. Sie schreiben im Namen der sämmtlichen -Verleger, und es ist sehr natürlich und sehr unschuldig, -dass ein Verkäufer seine Waare lobt. Wer dadurch getäuscht -wird, der schreibe es lediglich seiner eigenen Unerfahrenheit -zu. Mehrere Buchhändler, welche die Fertigkeiten der beschriebenen -Commis in sich vereinigen, haben dies schon recht gut -angefangen, und es könnte den Verfassern solcher Anzeigen, -wie wir sie meinen, keinesweges an Mustern fehlen. -</p> - -<p> -<a id="page-84" class="pagenum" title="84"></a> -<a id="pagehdr-84" class="orig-page" title="115"></a> -<em class="italic">Zweitens</em> habe ich gesagt, die allgemeine deutsche Bibliothek -sey verderblich geworden — durch die Art ihrer Ausführung. -Jene Bibliothek wurde nemlich, wie wir jedem, der -nicht selbst zu den Seichten gehört, zu finden anmuthen — sie -wurde der Mittelpunct der Seichtigkeit, der Popularität, des leeren -Geschwätzes. Eine Philosophie, die hinüber und herüberschwatzte, -ohne Regel und feste Bahn, eine Theologie, deren -Hauptzweck war, die Bibel so vernünftig zu machen, als diese -seichten philosophischen Schwätzer selbst waren, eine Kunstkritik, -die auf nichts sah, als auf die Wahrscheinlichkeit der -Fabel, und die moralische Erbaulichkeit, eine Gelehrsamkeit, -die im Zusammenschleppen seltener Raritäten auf einen confusen -Haufen bestand, eine flache breite Schreiberei: dies war -von jeher der Geist dieses Werkes. Dieser Geist hat der Cultur -der Wissenschaften in unserem Vaterlande unendlich geschadet; -er lebt noch und fährt noch fort zu schaden. — Man -irrt sich sehr über den eigentlichen Zweck derer, die Nicolai -und seinem Anhange so sehr zuwider sind. Sie wollen nicht -gerade diese oder jene Philosophie herrschend machen. Nur -den Geist der Seichtigkeit und Popularität möchten sie durch -den Geist wahrer Gründlichkeit und Wissenschaftlichkeit verdrängen; -— durch den Geist, der durch die Lessinge, die Jacobi, -die Kante, aus der besseren alten Welt durch die Zeit -der Ueberschwemmung hindurch in die neue Welt herüber gerettet -worden. Sodann mag auch über Philosophie, Aesthetik, -Naturlehre etwas ausgemacht werden. -</p> - -<p> -Dass, wie ich <em class="italic">drittens</em> gesagt habe, dieses Unternehmen -der Bibliothek keinem verderblicher gewesen, als dem Urheber -selbst, ist in dieser Schrift zur Genüge erwiesen. -</p> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-21" id="footnote-21">[21]</a> Ein Beispiel aus tausenden, um es dem Leser recht vor die Augen -zu stellen, in welche Verlegenheiten heutzutage ein ehrlicher Redacteur kommen -kann, und wie kläglich sich dieselben oftmals behelfen müssen! -</p> - -<p class="footnote2"> -Die Jenasche Literaturzeitung fand sich genöthiget, noch ein Ergänzungsblatt, -gleichsam einen Beiwagen zu der immer zu stark besetzten ordinären -Landkutsche, anzulegen. Es wurde ausdrücklich und namentlich angekündigt, -dass dieses Ergänzungsblatt unter anderen auch einen Bericht über die durch -die Fichteschen Religionslehren entstandenen Bewegungen enthalten würde. -Jeder Leser musste glauben, dass dieser Bericht ein vorzügliches Meisterwerk, -und ein wahres Bravourstück des Recensionswesens seyn würde, von dessen -Vortrefflichkeit er auf das Ganze schliessen könnte, da es ihm schon im voraus -so bedeutend angekündigt wurde; und höchstwahrscheinlich hatte der -Herr Hofrath Schütz wirklich auf ein solches Meisterstück Bestellung gemacht -und erwartete täglich die Ankunft desselben. Und was hat er erhalten! -</p> - -<p class="footnote2"> -Zwar so lange der Recensent Gefahr ahnt und deswegen auf seiner Hut -ist, zieht er sich listig genug aus dem Handel. Statt irgend eine Eigenthümlichkeit -der angefochtenen Lehre anzugeben, sagt er nur kurz: was im Forbergschen -Aufsatze richtig sey, sey Kantisch, und auch Fichte’s Lehre sey -Kantisch, ausser dass der letztere diese Lehre an seine Wissenschaftslehre -anzuknüpfen suche. Nun thue ihm einer etwas! Fragt ihr, was denn nun -richtig sey in diesen Aufsätzen, so ist die Antwort: das Kantische; und fragt -ihr wiederum, was denn das Kantische sey, so ist die Antwort: dasjenige -was richtig ist. -</p> - -<p class="footnote2"> -Dagegen aber fällt ihn sein Unglück da an, wo er keine Gefahr weiter -ahnet. Von der Substanz, meint er, habe noch kein Philosoph einen bestimmten -Begriff aufgestellt. — Welcher Philosoph weiss nicht, dass seit Locke -eine sehr bestimmte Nominalerklärung der Substanz vorhanden ist: die, dass -sie sey <em class="italic">der Träger der Accidenzen</em>? Auch würde der Recensent gerade -in dieser Wissenschaftslehre, von welcher er zu sagen weiss, dass Fichte sein -Religionssystem daran anzuknüpfen suche, eine, wie wir glauben, sehr bestimmte -Real- und genetische Erklärung der Substanz gefunden haben; dass -sie nemlich sey <em class="italic">die</em> (allein im Denken geschiedenen) <em class="italic">Accidenzen selbst, in -sinnlicher Anschauung zusammen- und als Eins aufgefasst</em>, wenn er diese -Wissenschaftslehre jemals durchblättert hätte: und er hätte sodann den Lesern -der <em class="italic">A. L. Z.</em> berichten können, warum Gott, der in sinnlicher Anschauung -nicht vorkomme, das Prädicat der Substanz sich nicht beilegen lasse; welches -den Lesern zu grosser Erbauung, und der Literaturzeitung zu grossem Ruhme -gereicht haben würde. Von diesem allen hat er nichts gethan und nichts -gewusst. Man sieht, die Philosophie ist dieses Recensenten Fach nicht. -</p> - -<p class="footnote2"> -Nun, was ist er denn also, und welches ist sein Fach? -</p> - -<p class="footnote2"> -Er fürchtet, Fichte möge sich im Ausdrucke vergriffen haben, und geht -daran herum, ihm denselben zu verbessern. Man sieht, dass er gewohnt ist, -<em class="italic">exercitia stili</em> zu corrigiren. Ein Sprachmeister ist er. -</p> - -<p class="footnote2"> -Und was für ein Sprachmeister! — Fichte hat gesagt, dass man Gott -das Prädicat der Substanz nicht beilegen könne, und fährt darauf fort: „es -ist erlaubt, dieses aufrichtig zu sagen, und das Schulgeschwätz niederzuschlagen, -damit die Religion des freudigen Rechtthuns <em class="italic">sich erhebe</em>.“ Unser Sprachmeister -nimmt von diesem letzteren Ausdrucke die Gelegenheit, Fichte dem -Verfasser des <em class="italic">Schreibens eines Vaters etc.</em>, welcher Verfasser Forberg und -Fichte zuerst öffentlich des Atheismus bezüchtigt, — so ungefähr gleichzustellen -(denn dieser Sprachmeister hat zugleich ein sehr gutes Gemüth gegen -Fichte, und zeigt es in diesem einzigen Blatte, das die Langweiligkeit des -Ganzen uns zugelassen hat, durchzulaufen, auch noch an anderen Stellen), -indem auch Fichte, nur freilich etwas feiner, in der Speculation anders Denkende -ohne weiteres der Irreligiosität beschuldige, und hier insinuire, dass -der Begriff von Gott als Substanz erst niedergeschlagen werden müsse, ehe -die wahre Religion stattfinde. Ihm sind sonach <em class="italic">sich erheben</em> (über Hindernisse -und Zweifel) und <em class="italic">entstehen</em> Synonyme. -</p> - -<p class="footnote2"> -Forbergs Benehmen, das er höher oben als petulant, und der Wichtigkeit -der Sache nicht angemessen beschreibt, nennt er tiefer unten, um doch -auch seine Kenntniss des Französischen zu zeigen, <em class="italic">niaiserie</em>. Er mag wohl -dieses Wort in seinem Dictionnäre durch <em class="italic">läppisches Wesen</em> übersetzt finden, -und es seinen Schülern immer so übersetzt haben, ohne einen Unterschied -zu bemerken zwischen einem <em class="italic">unschicklichen</em> Betragen aus Muthwillen (dessen -er ohne Zweifel Forberg beschuldigen will) und einem <em class="italic">ungeschickten</em> -und täppischen aus Unbeholfenheit, dessen weder er noch irgend jemand -Forberg beschuldigen wird, und welches allein doch durch das Wort <em class="italic">niaiserie</em> -bezeichnet wird. (<em class="italic">Niais</em>, höchst wahrscheinlich von <em class="italic">nidus</em>, eigentlich, -ein junger Vogel, der, noch ehe er fliegen konnte, aus dem Neste genommen -worden und dessen Flug daher unbeholfen bleibt.) -</p> - -<p class="footnote2"> -Der Recensent ist sonach ein verdorbener, heruntergekommener Sprachmeister, -der bei dieser Unwissenheit freilich seine Kunden verlieren musste, -und nun durch Recensionen an der Literaturzeitung sich seinen Unterhalt zu -erwerben sucht. -</p> - -<p class="footnote2"> -Kein Mensch, und am allerwenigsten der Verfasser, wird glauben, dass -ein so berühmter Philolog, als der Herr Hofrath Schütz, diese argen Verstösse -nicht bemerkt habe. Aber was konnte er machen? Der Abgang des -Beiwagens war angekündigt, die Stunde war da, und kein anderes Gut vorhanden. -Er musste eben aufladen, was er hatte. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-22" id="footnote-22">[22]</a> Der Verfasser kann zwar nicht ganz in der beschriebenen, aber doch -in einer ähnlichen Weise aus eigener Erfahrung sprechen. Nachdem er ein -— von ihm selbst schon damals dafür erkanntes — schlechtes Buch geschrieben -hatte, dafür in einer berühmten Zeitung mächtig gelobt, und gleich -darauf zur Mitarbeit an dieser Zeitung eingeladen wurde — ei, dachte er, -gehört dazu nichts weiter? und hatte einige Freude, und wurde auch wirklich, -so lange er selbst in seiner Wissenschaft noch keinen festen Standpunct -hatte, zum Ritter an ein paar jungen Schriftstellern, die noch weniger feststanden -als er selbst. Seitdem er diesen Standpunct gefunden und bessere -Schriften schreiben zu können glaubte, hat er jene Mitgliedschaft aufgegeben. -Er kann nicht dafür stehen, dass er nicht einst, wenn er etwa durch Altersschwäche -herunterkommen sollte, wieder zu derselben greifen werde, und -will für diesen Fall jener berühmten Zeitung, und ihrem berühmten Redacteur, -welche ohne Zweifel dann noch fortdauern werden, sich hiermit schon -im voraus zu gutem Andenken und zu brüderlicher Schonung empfohlen -haben. — -</p> - -<h3 class="l2s chapter" id="chapter-3-18"> -<a id="page-85" class="pagenum" title="85"></a> -<a id="pagehdr-85" class="orig-page" title="116"></a> -<span class="line1">Vierte Beilage.</span><br /> -<span class="line2">(Zum neunten Capitel.)</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Das im Texte erwähnte Geschwätz über Katholicismus und -Kryptokatholicismus ist ein trauriger Beweis, was dem guten -deutschen Volke jeder Schwätzer anmuthen kann, wenn er nur -kräftig schreit. Möchte es doch auch ein abschreckender Beweis -für die Zukunft seyn! -</p> - -<p> -Nicolai war und ist eigentlich seines Zeichens ein ausgemachter -Berliner <em class="italic">Badaud</em>, so sehr er sich auch für einen Weltkenner -hält. Es gehört eben mit zum Charakter eines <em class="italic">Badaud</em>, -dass er sich für einen Weltkenner halte. Ein <em class="italic">Berliner Badaud</em>, -habe ich gesagt; nicht, als ob man nicht ebensowohl ein Wiener, -oder Pariser, oder auch ein Golitzer und Kohlgartenscher -<em class="italic">Badaud</em> seyn könnte, oder als ob die Berliner mehr Hang hätten, -es zu seyn, als die Bewohner anderer grossen Städte, sondern -weil <em class="italic">der Badaud</em>, von welchem ich hier rede, nun einmal -aus Berlin ist. Ein <em class="italic">Badaud</em> ist nemlich ein Mensch, der, um -ganz populär davon zu sprechen, nie hinter seinem Backofen -hervorgekommen ist, daher sich einbildet, es müsse allenthalben -in der Welt so aussehen, wie hinter seinem Backofen, und, -wenn er doch einmal hervorkommt, alles, was er erblickt, maulaufsperrend -bewundert. Mein Dictionnäre übersetzt dieses -Wort durch <em class="italic">Maulaffe</em>. Nicolai’s ganze Reise ist die Reise eines -solchen Maulaffen. Alles, von den heiligen Bildern an bis zu -den geflochtenen Zöpfen der Tübinger Mädchen begafft er voll -Verwunderung. Und lediglich aus dieser bewundernden Gafferei -des Berliner <em class="italic">Badaud</em> entstand das Geschrei über Katholicismus, -und hinterher, da seine Bibliothek angefochten wurde, -über Kryptokatholicismus. -</p> - -<p> -Was hat man denn durch alles dieses Geschrei der Welt -entdeckt, das nicht jeder, der weitergekommen als Nicolai, oder -der auch nur die Geschichte und einige Reisebeschreibungen -gelesen, oder einige Fremde gesprochen, schon vorher auch -<a id="page-86" class="pagenum" title="86"></a> -<a id="pagehdr-86" class="orig-page" title="117"></a> -gewusst hätte? „Es sey mit der Aufklärung (es war immer -nur von der Nicolaischen negativen Aufklärung, der Befreiung -von diesem oder jenem Aberglauben, die Rede) der Katholiken -noch gar nicht so weit gekommen, als etwa gutmüthige Protestanten -glauben dürften.“ Ei, wer waren denn diese gutmüthigen -Protestanten? Doch wohl nur Nicolai und seine Bibliothekare, -welche <em class="italic">ihr</em> Licht in jene Länder verbreitet zu haben -hofften. „Es werde in den katholischen Ländern durch die -Mönche noch immer der alte Aberglauben aufrechterhalten, -auch wohl noch neuer hinzugebracht.“ Wer hatte es denn je -anders gewusst oder gesagt? „Der Papst nehme seine Behauptungen -in der Regel nie zurück; er rechne auch die protestantischen -Länder gewissermaassen noch immer unter seinen -Sprengel, und suche sie besonders durch Bekehrungen in den -deutschen fürstlichen Familien in den Schooss der Kirche zurückzuführen.“ -Wer hat denn die Geschichte gelesen und dies -nicht gewusst; wer hat aber auch nicht gewusst, dass in Absicht -der Unterthanen dies nichts fruchtet, und sie sich ihre -Religionsprivilegien nur noch fester versichern lassen? Woher -denn nun jetzt auf einmal der Lärm, nachdem Friedrich Nicolai -auf Reisen ging? War denn alles dies etwas Neues, erst jetzt -Entdecktes? Ich könnte nicht sagen; ausser etwa für Nicolai -und seines Gleichen. Oder wurden etwa jetzt jene Bemühungen -kräftiger und glücklicher? Keinesweges, vielmehr geschah -ihnen gerade in diesem Zeitpuncte durch die Unternehmungen -Kaiser Josephs des Zweiten grosser Abbruch. -</p> - -<p> -Ja; aber die eifrige Verbreitung der geheimen Orden, die -Ceremonien in denselben, das Räuchern, Salben, Händeauflegen! -Sind dies nicht offenbar katholische Ceremonien? Sieht -man da nicht — so nemlich connectirt Nicolai — offenbar die -Tendenz der Katholiken, die Protestanten an ihre kirchlichen -Gebräuche zu gewöhnen, und dadurch u. s. w.? — Jedes Zeitalter -hat sein besonderes Steckenpferd. Das des abgelaufenen -Jahrhunderts waren geheime Ordensverbindungen. Es ist aus -tausend Gründen begreiflich, dass höhere Grade entstanden, -und dass diese durch besondere Ceremonien ausgezeichnet -wurden. Warum sollen diese Ceremonien denn gerade katholisch -<a id="page-87" class="pagenum" title="87"></a> -<a id="pagehdr-87" class="orig-page" title="119"></a> -seyn; warum nicht ebensowohl jüdisch und heidnisch? -denn von daher sind sie erst in die christliche Kirche gekommen. -Kurz, sie sind aus dem Alterthume. — Hätte Nicolai -diesen Lärm erhoben, als der Baron Hund, der in Frankreich -wirklich katholisch geworden, sein Tempelherrnsystem einführte, -als Stark mit seinem allerdings sonderbaren Klerikate auftrat, -so hätte die Sache einigen Anschein für sich gehabt. Aber zu -<em class="italic">der</em> Zeit ihn zu erheben, da er ihn erhob, so lange nach dem -Mittagsessen mit seinem Senfe zu kommen! Zeige er doch aus -diesen Zeiten Ein Beispiel, dass jemand in geheimen Orden zur -katholischen Religion gebracht worden! -</p> - -<p> -Nicolai ist zwar stets bereit, jedem Gelehrten, der ihm in -dieser Sache widerspricht, zu antworten: auf der Studirstube -freilich erfahre man so etwas nicht, und durch Schlüsse <em class="italic">a priori</em> -lasse es sich nicht herausbringen: das erführen nur Weltleute -seiner Art; denn für einen solchen hält er sich, weil er über -Wien und München nach Zürich gereist, und mit dem Minister -von Wöllner Schach gespielt. Der Verfasser dieses hat über -acht Jahre in Ländern, wo Protestanten und Katholiken vermischt -sind, gelebt, und ist in ihnen gereist: in der Lausitz, -im südlichen Deutschlande, in der Schweiz, in Polen, in Westpreussen. -Er ist diese Länder nicht durchflogen, um sie in -der Eile zu beschreiben, zu lauern und, wie es Leuten dieser -Art geht, zu sehen und sich aufbinden zu lassen, was man gern -sehen und hören will; er hat in ihnen gelebt, Geschäfte gehabt, -und selbst mitgehandelt, wo man ohne Zweifel besser -sieht, als wenn man nur durchreiset; hat Umgang gehabt mit -Leuten von allerlei Confessionen und Meinungen, und glaubt -seine Augen eben auch offen gehabt zu haben, ob er gleich -keine seiner Beobachtungen so neu und so interessant gefunden, -um sie dem Publicum vorzulegen. Das Sichtbare, was -Nicolai gesehen, hat er eben auch gesehen; aber er hat keine -Veranlassung gefunden, darauf die Schlüsse zu bauen, die Nicolai -aufbaut. Ebenso ist er mit dem Innern der geheimen Orden -vielleicht so gut bekannt, als Nicolai, vielleicht besser. Er -würde nie darauf gefallen seyn, ihnen die Wichtigkeit und die -Tendenz zuzuschreiben, die Nicolai ihnen zuschreibt. -</p> - -<p> -<a id="page-88" class="pagenum" title="88"></a> -<a id="pagehdr-88" class="orig-page" title="120"></a> -Halte doch Nicolai sich nicht so sehr auf über den Abt -Barruel! Die Jacobinerriecherei ist das ächte Gegenstück zur -Jesuitenriecherei, und Barruel ist in der erstern ganz dasselbe, -was Nicolai in der zweiten war. -</p> - -<h3 class="l2s chapter" id="chapter-3-19"> -<span class="line1">Fünfte Beilage.</span><br /> -<span class="line2">(Zum neunten Capitel.)</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Die A. d. B. war allerdings ein der Religiosität der Nation -höchst schädliches Unternehmen. Religiosität ist Tiefe des Sinns, -und geht aus ihr hervor; die ganze Tendenz jenes Unternehmens -geht auf Oberflächlichkeit; Religion deutet auf das übersinnliche -höhere Leben; der ganze Zweck jenes Unternehmens -ist unmittelbare Brauchbarkeit und Nützlichkeit für das Gröbste -dieses Lebens. Die von dieser Clique haben die Religionsaufklärung -und einen Volkslehrer sattsam gelobt, wenn sie erzählt -haben, dass die Bauern weniger Processe führen, sich seltener -betrinken, und die Stallfütterung eingeführt haben. -</p> - -<p> -Doch was soll ich hier noch viel Worte über diesen Gegenstand -machen? Jene <em class="italic">Appellation an das Publicum</em> etc., die -Nicolai auch so zuwider ist, und von der er glaubt, dass sie -nur im Zorne geschrieben seyn könne (der arme Mann!), redet, -indem sie von wahren Gottesläugnern, Götzendienern, Dienern -eines bösen Weltgeistes spricht, ganz eigentlich von Nicolai und -denen, die ihm gleichen. Wem diese nicht bewiesen hat, was -hier zu beweisen wäre, für den ist jeder andere Beweis verloren. -</p> - -<h3 class="b1a chapter" id="chapter-3-20"> -<a id="page-89" class="pagenum" title="89"></a> -<a id="pagehdr-89" class="orig-page" title="123"></a> -<span class="line1">Noch eine Beilage</span><br /> -<span class="line2">oder</span><br /> -<span class="line3">Dreizehntes Capitel.</span><br /> -<span class="line4">Von den letzten Thaten, dem Tode und der wunderbaren Wiederbelebung unsers Helden.</span> -</h3> - -<p class="noindent"> -Die Betriebsamkeit gewisser Buchhändler ging in jenen Tagen -so weit, dass sie, nachdem beim Nachdrucken nicht genug -mehr zu gewinnen war, die Kunst erfanden, Vordrucke zu veranstalten. -Auf diese Weise erschien noch bei Nicolai’s Lebzeiten -ein unrechtmässiger Vordruck der gegenwärtigen Lebensbeschreibung -unsers Helden, die wir jetzt in der ersten, einzig -rechtmässigen Ausgabe den rechtlichen und gewissenhaften Lesern -mitgetheilt haben. -</p> - -<p> -Nicolai verwendete gegen diese also erschienene Lebensbeschreibung -seine ganze polemische Taktik. Zuerst versuchte -er, dieselbe zu ignoriren, und an der Erziehung Fichte’s und -seiner Genossen so unbefangen, wie bisher, fortzuarbeiten. Als -dieses sich nicht thun liess, griff er zum Fache des Erhabenen, -verbreitete selbst die Schrift durch seinen Buchhandel, erklärte -öffentlich, dass der Spass so übel nicht sey, und dass er selbst -bei mehreren Stellen gelacht habe; — nur hätte, fügte er hinzu, -der Autor sich kürzer fassen sollen. Hierauf begab er sich -mitten in das Gründliche und Ausführliche hinein; erzählte, -zur Widerlegung des Vorgebens, dass er nie eines gelehrten -Unterrichts genossen, seine ganze Jugendgeschichte, wie er erst -die Buchstaben kennen gelernt, darauf buchstabiren, dann lesen, -sodann schreiben; wiederholte alle Lectionen, die er von -Jugend auf erhalten, vollständig, legte zum Beweise seiner -Wahrhaftigkeit seine Schreibebücher, in einem saubern Holzschnitte -nachgestochen, und abgedruckt, und alle seine <em class="italic">exercitia -stili</em> bei. Dies gab 4 Alphabete; Format und Druck, wie -in den Beilagen zu seinen Reisen. Er setzte hierauf sein wahres -<a id="page-90" class="pagenum" title="90"></a> -<a id="pagehdr-90" class="orig-page" title="124"></a> -Verhältniss mit Lessing durch ausführlichere und deutlichere -Noten zu dem schon gedruckten Briefwechsel, und durch die -Erzählung aller „Discurse,“ die er in seinem Leben mit jenem -geführt, auseinander; ebenso bewies er durch die vollständige -und ausführliche Aufführung aller Discurse, die er mit Moses -Mendelssohn geführt, dass derselbe keinesweges ein Mann von -eingeschränkten Begriffen und Zwecken gewesen. Dies gab -abermals 4 Alphabete, in besagtem Format und Druck. Er erzählte -ferner alle die Gedanken, die er so bei sich geführt, als -er mit der Stiftung der allgemeinen deutschen Bibliothek umgegangen; -erzählte die pragmatische Geschichte jeder in dieser -Bibliothek befindlichen Recension, so wie jeder seiner eignen -Schriften; brachte, um zu beweisen, wie er ehedessen geschätzt -worden sey, alle Briefe der Gelehrten an ihn bei; bewies nochmals, -noch einleuchtender als ehemals, die für den Kryptokatholicismus -beigebrachten Facta; zählte, um zu zeigen, dass er -kein Badaud und Tölpel, sondern ein Mann von Welt und Lebensart -sey, alle königliche und fürstliche Personen, Minister, -Generale, Gesandte u. s. w. auf, die er in seinem Leben gesehen, -und mit ihnen gesprochen, erzählte, was er mit ihnen -gesprochen, bei ihnen gegessen und getrunken, welche witzige -Einfälle er gehabt, legte alle die Schachpartien vor, die er in -seinem Leben mit hohen Personen gespielt: — und wir müssten -die Geduld haben, die er hatte, oder die Inhaltsanzeige seines -Werks nachdrucken lassen, um vollständig zu verzeichnen, was -er alles beibrachte. Das Ganze belief sich auf 16 Alphabete, -in besagtem Format und Druck, und war um einen äusserst civilen -Preis in seiner Handlung zu haben. Kein Mensch las oder -kaufte diese 16 Alphabete. -</p> - -<p> -Unser Held stutzte; aber bescheiden, wie er immer gewesen, -sahe er bald ein, wo der Fehler läge, und war aufrichtig genug -gegen sich selbst, sich denselben zu gestehen. Er fand, -dass er noch nicht deutlich, ausführlich, kräftig, lebhaft und -witzig genug geschrieben habe. Er verfasste daher 32 Alphabete -in demselben Format, um auf die ersten 16 aufmerksam -zu machen; erläuterte, ergänzte, verstärkte, und brachte noch -weit mehr Spässe an. Diese 32 Alphabete waren um einen -<a id="page-91" class="pagenum" title="91"></a> -<a id="pagehdr-91" class="orig-page" title="125"></a> -noch civilern Preis in seiner Buchhandlung zu haben; aber kein -Mensch kaufte oder las diese 32 Alphabete, ebensowenig, als -die sechszehn. -</p> - -<p> -„<em class="italic">Noch</em> nicht deutlich genug! sagte er bei sich selbst. Das -sind die fatalen Geschäfte, die einem alle Zeit rauben. Aber ich -will mich endlich frei machen.“ So übergab er seine Handlung -und die Redaction seiner geliebten allgemeinen Bibliothek in -treue Verwaltung, zog auf das Land, schloss sich ein, und dictirte -unablässig Tag und Nacht fort einem Dutzend Schreibern. -Aber auch die nunmehrige Deutlichkeit und Vollständigkeit genügte -ihm nicht, und sein Stündlein überfiel ihn, ehe er vollendet -hatte und mit sich selbst zufrieden war.<a class="fnote" href="#footnote-23" id="fnote-23">[23]</a> -</p> - -<p> -Sein alter Freund hatte die Besorgung der Verlassenschaft -übernommen. Gern hätte er den schriftstellerischen Nachlass -des Vollendeten durch den Druck der Welt mitgetheilt; aber -es fand sich, dass das Unternehmen einiger Tausende von starken -Bänden die Kräfte des Zeitalters übersteige, er beschloss -daher auf einem ganz andern Wege diesen kostbaren Nachlass -<a id="page-92" class="pagenum" title="92"></a> -<a id="pagehdr-92" class="orig-page" title="127"></a> -aufzulösen, den Geist desselben zu entbinden und in das Universum -hineinströmen zu lassen. -</p> - -<p> -Es wurde auf seinen Befehl unter freiem Himmel folgendes -Denkmal errichtet. Man gab den hinterlassenen Handschriften -die Form eines ruhenden Kolossen, dessen äussere -Gestalt und Bildung dem Seligen so nahe kam, als möglich. -Zur Unterlage diente ihm die allgemeine deutsche Bibliothek, -zum Kopfkissen die alte und neue Berliner Monatsschrift, die -Backenseiten waren durch die neuern Hefte der Jenaischen Literaturzeitung -unterstützt. Der alte Freund hatte von allen -Parteien einige zur Einweihung des Denkmals eingeladen, damit -sie unter der Beschattung desselben sich brüderlich vereinigen -möchten. Da standen, durch das gemeinschaftliche Leid -endlich verträglich gemacht, und insgesammt Ein Herz und -Eine Seele, Reinhard und Zöllner, Gedike, die beiden Schlegel, -Biester, Tieck, Jacobi, der Hofrath Schütz, Reinhold, die Jesuiten, -die Bibliothekare, und die Grossen alle. -</p> - -<p> -Durch eine wunderbare Fügung hatten Fichte und Schelling, -die unter den Eingeladenen sich befanden, und mit den -Rücken an das papierne Denkmal sich angelehnt hatten, sich -gerade,<a class="fnote" href="#footnote-24" id="fnote-24">[24]</a> „jener mit Hasenbraten, dieser mit einer wilden -Schweinskeule <em class="italic">allzuvoll gestopft</em>, — wie denn dies dem ernsthaftesten -Philosophen unvermerkt begegnen kann — und der -eine konnte nun schlechterdings nicht, er mochte sich anstrengen, -wie er wollte, an der Bestimmung des Menschen, noch -der andere an der Deduction der Kategorien der Physik weiter -fortarbeiten, sondern sie mussten endlich die Feder wegwerfen -und zum Rhabarber greifen.“ — — — — -</p> - -<p class="tb"> -——— -</p> - -<p class="noindent"> -O, nie genug zu beweinender Schade! Gerade von dieser -Stelle an, wo man nun das Interessanteste erwartet, ist unsre -Handschrift so zerfressen, dass wir mit aller Conjecturalkritik -<a id="page-93" class="pagenum" title="93"></a> -<a id="pagehdr-93" class="orig-page" title="129"></a> -keinen Sinn herausbringen können, und uns durchaus ausser -Stand befinden, anzugeben, was es mit der in der Aufschrift -gemeldeten Wiederbelebung unsers Helden für eine Bewandtniss -gehabt, durch welches wunderbare Mittel sie erfolgt, und -ob es der eigentliche wahre fleischliche Leib desselben, oder -der beschriebne papierne gewesen, in welchen die Seele zurückgekehrt. -So viel wird uns aus einigen übriggebliebenen -Sylben wahrscheinlich, dass alle die genannten, und noch mehrere -an dem Wunder Antheil gehabt; und nach manchen ganz unleserlichen -Seiten bringen wir gegen das Ende der Schrift noch -folgendes heraus: -</p> - -<p> -— „vordere Mund, den der Freund so inbrünstig küsste. — -Indessen dehnten und reckten sich die zwei fest umschlungenen -Heroen aus über das ganze Land, die Umrisse ihrer Glieder -verschwanden, so wie sie selbst, und es blieb an ihrer -Stelle nur eine lieblich dämmernde Aufklärung übrig. Alle -Umste“ — — -</p> - -<p> -Von da an ist das Manuscript wieder völlig zerfressen und -unleserlich. -</p> - -<p> -Es wäre gewiss eine interessante Untersuchung anzustellen, -wie dieses kostbare Ueberbleibsel des Alterthums in einen solchen -Zustand gekommen, und wir muntern alle unsere jungen -Kritikbeflissenen auf, an dieser Untersuchung ihre Kräfte zu -üben. Zwar behauptet ein grosser Gelehrter, dessen wir mit -hoher Ehrerbietung erwähnen, dass diese Handschrift von den -berühmten Blutigeln, welche Friedrich Nicolai von aller Geisteserscheinung -auf immer geheilt, so zerfressen worden: eine -höchst scharfsinnige Muthmaassung. Jederman aber sieht ein, -dass dieselbe ungereimt ist; denn die Blutigel fressen kein Papier. -</p> - -<p> -Indessen gebe ich dem Leser mein Wort, dass ich dieses -Capitel aus Handschriften sicher wiederherstellen, und es zu -seiner Zeit durch den Druck bekannt machen werde. Ich schlage -dafür den Weg der Pränumeration ein. Liebhaber haben die -Güte sich im Comptoir der Allgemeinen Literaturzeitung zu -melden. -</p> - -<p class="sign"> -Der erste wahre Autor dieser Lebensbeschreibung<br /> -im Jahre 1840. -</p> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-23" id="footnote-23">[23]</a> Es findet sich hier ein Dissensus der Geschichtschreiber. Einige -sagen, dass auch das gegenwärtige dreizehnte Capitel in dem erwähnten -diebischen Vordrucke mit abgedruckt gewesen, Nicolai daher unmöglich habe -thun können, wovon ihm vorhergesagt worden, dass er es thun werde. Er -habe bloss kurz gesagt: der zukünftige Verfasser dieser vorgedruckten Schrift -müsse sehr eitel und einbildisch seyn, um zu glauben, dass man gegen -seine leidenschaftliche und schmutzige Broschüre sich ernsthaft vertheidigen -werde; so etwas übergehe ein Ehrenmann, wie er sey, mit stillschweigender -Verachtung. — Die 48 Alphabete, das unablässige Dictiren und der Tod, -welches alles an sich wohl guten Grund habe, habe sich auf eine andere -Veranlassung begeben. Ein anderer Theil der Geschichtschreiber berichtet, -dass entweder das gegenwärtige dreizehnte Capitel nicht mit vorgedruckt -worden, oder dass Nicolai doch gethan, was er nicht lassen können, unerachtet -man es ihm vorausgesagt, und dass alles sich durchaus so zugetragen -habe, wie wir es oben erzählen. Hieraus ersieht sonach der geliebte -Leser, dass das letztere die allein wahre und richtige Meinung ist; und wir -wollen keinem rathen, das Gegentheil anzunehmen, widrigenfalls es ihm in -der nächsten Recension, die wir verfertigen, übel ergehen soll. -</p> - -<p class="sign footnote2"> -Der erste einzig wahre Verfasser dieser Lebensbeschreibung<br /> -im Jahre 1840 — zugleich Recensent an der<br /> -weltberühmten allgemeinen Literaturzeitung. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-24" id="footnote-24">[24]</a> Das Folgende sind Herrn Nicolai’s eigne Worte, S. 174. f. der angeführten -Anzeige; und selbst diese Citation geschieht in Nicolai’s eignen -Worten. -</p> - -<h3 class="pbb chapter" id="chapter-3-21"> -<a id="page-94" class="pagenum" title="94"></a> -<span class="line1">Inhalt</span> -</h3> - -<div class="table"> -<table class="toc2" summary="Table-2"> -<tbody> - <tr> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Seite</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><em class="gesperrt">Einleitung</em></td> - <td class="col2"><a href="#page-4">4</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><em class="gesperrt">Erstes Capitel.</em> Höchster Grundsatz, von welchem alle Geistesoperationen unsers Helden ausgegangen sind</td> - <td class="col2"><a href="#page-10">10</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><em class="gesperrt">Zweites Capitel.</em> Wie unser Held zu diesem sonderbaren höchsten Grundsatze gekommen seyn möge</td> - <td class="col2"><a href="#page-11">11</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><em class="gesperrt">Drittes Capitel.</em> Wie im allgemeinen dieser höchste Grundsatz im Leben unsers Helden sich geäussert habe</td> - <td class="col2"><a href="#page-18">18</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><em class="gesperrt">Viertes Capitel.</em> Worauf es, zufolge dieses höchsten Grundsatzes, unserm Helden bei allen seinen Disputen angekommen sey</td> - <td class="col2"><a href="#page-21">21</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><em class="gesperrt">Fünftes Capitel.</em> Wirkliche Disputirmethode unsers Helden, aus diesem höchsten Grundsatze</td> - <td class="col2"><a href="#page-23">23</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><em class="gesperrt">Sechstes Capitel.</em> Eine der allersonderbarsten Meinungen unsers Helden, zufolge jenes höchsten Grundsatzes</td> - <td class="col2"><a href="#page-26">26</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><em class="gesperrt">Siebentes Capitel.</em> Eine andere fast noch unglaublichere Meinung unsers Helden von sich selbst, zufolge jenes höchsten Grundsatzes</td> - <td class="col2"><a href="#page-32">32</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><em class="gesperrt">Achtes Capitel.</em> Sonderbare Begriffe unsers Helden über seine und seiner Gegner gegenseitige Rechte, aus jenem höchsten Grundsatze</td> - <td class="col2"><a href="#page-36">36</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><em class="gesperrt">Neuntes Capitel.</em> Wie unser Held, zufolge seines höchsten Grundsatzes, sich zu nehmen gepflegt, wenn derselbe angefochten worden</td> - <td class="col2"><a href="#page-40">40</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><em class="gesperrt">Zehntes Capitel.</em> Ein Grundzug des Geistescharakters unsers Helden, der aus jenem höchsten Grundsatze natürlich folgte</td> - <td class="col2"><a href="#page-49">49</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><em class="gesperrt">Eilftes Capitel.</em> Ein paar andere Grundzüge, welche aus dem ersten Grundzuge und höchsten Grundsatze unsers Helden erfolgt sind</td> - <td class="col2"><a href="#page-51">51</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><em class="gesperrt">Zwölftes Capitel.</em> Wie es zugegangen, dass unser Held unter allen diesen Umständen dennoch einigen Einfluss auf sein Zeitalter gehabt</td> - <td class="col2"><a href="#page-59">59</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><em class="gesperrt">Beilagen</em></td> - <td class="col2"><a href="#page-61">61</a></td> - </tr> -</tbody> -</table> -</div> - -<h2 class="l2s part" id="part-4"> -<a id="page-95" class="pagenum" title="95"></a> -<span class="line1">Deducirter Plan</span><br /> -<span class="line2">einer</span><br /> -<span class="line3">zu Berlin zu errichtenden höheren Lehranstalt.</span> -</h2> - -<p class="aut2"> -<span class="line1">Geschrieben im Jahre 1807</span><br /> -<span class="line2">von</span><br /> -<span class="line3">Johann Gottlieb Fichte.</span> -</p> - -<p class="edn"> -<em class="gesperrt">Erste Ausgabe</em>: Stuttgart und Tübingen, in der Cottaschen -Buchhandlung. 1817. -</p> - -<p class="pbb tit"> -<a id="page-97" class="pagenum" title="97"></a> -<span class="line1">Deducirter Plan</span><br /> -<span class="line2">einer zu Berlin zu errichtenden höheren Lehranstalt, die in gehöriger Verbindung mit einer Akademie der Wissenschaften stehe.</span> -</p> - -<h3 class="l2si chapter" id="chapter-4-1"> -<span class="line1">Erster Abschnitt.</span><br /> -<span class="line2">Begriff einer durch die Zeitbedürfnisse geforderten höheren Lehranstalt überhaupt.</span> -</h3> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-1-1"> -<span class="line1">§. 1.</span> -</h4> - -<p class="first"> -<span class="firstchar">A</span>ls die Universitäten zuerst entstanden, war das wissenschaftliche -Gebäude der neueren Welt grossentheils noch erst -zu errichten. <em class="italic">Bücher</em> gab es überhaupt nicht viel; die <em class="italic">wenigen</em>, -die es gab, waren selten, und schwer zu erhalten; und wer -etwas Neues mitzutheilen hatte, kam zunächst in Versuchung, -es auf dem schwierigeren Wege der Schriftstellerei zu thun. -So wurde die <em class="italic">mündliche Fortpflanzung</em> das allgemein brauchbarste -Mittel zu der Erbauung, der Aufrechterhaltung und der -Bereicherung des wissenschaftlichen Gebäudes, und die Universitäten -wurden der Ersatz der nicht vorhandenen oder seltenen -Bücher. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-1-2"> -<span class="line1">§. 2.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Auch nachdem durch Erfindung der Buchdruckerkunst die -Bücher höchst gemein worden, und die Ausbreitung des Buchhandels -<a id="page-98" class="pagenum" title="98"></a> -<a id="pagehdr-98" class="orig-page" title="4"></a> -jedwedem es sogar weit leichter gemacht hat, durch -Schriften sich mitzutheilen, als durch mündliche Lehrvorträge; -nachdem es keinen Zweig der Wissenschaft mehr giebt, über -welchen nicht sogar ein Ueberfluss von Büchern vorhanden -sey, hält man dennoch noch immer sich für verbunden, durch -Universitäten dieses gesammte Buchwesen der Welt <em class="italic">noch einmal -zu setzen</em>, und ebendasselbe, was schon <em class="italic">gedruckt</em> vor -jedermans Augen liegt, auch noch durch Professoren <em class="italic">recitiren</em> -zu lassen. Da auf diese Weise dasselbe Eine in zwei verschiedenen -Formen vorhanden ist, so ermangelt die Trägheit nicht, -sowohl den <em class="italic">mündlichen</em> Unterricht zu versäumen, indem sie ja -dasselbe irgend einmal auch aus dem Buche werde lernen können, -als den durch <em class="italic">Bücher</em> zu vernachlässigen, indem sie dasselbige -ja auch <em class="italic">hören</em> könne, wodurch es denn dahin gekommen, -dass, wenige Ausnahmen abgerechnet, gar nichts mehr -gelernt worden, als was durch das Ohngefähr auf einem der -beiden Wege an uns hängen geblieben, sonach überhaupt nichts -im Ganzen, sondern nur abgerissene Bruchstücke; zuletzt hat -es sich zugetragen, dass die Wissenschaft, — als etwas nach -Belieben immerfort auf die leichteste Weise an sich zu bringendes, -bei der Menge der Halbgelehrten, die auf diese Weise entstanden, -in tiefe Verachtung gerathen. Nun ist von den genannten -zwei Mitteln der Belehrung das eigene Studiren der -Bücher sogar das vorzüglichere, indem das Buch der frei zu -richtenden Aufmerksamkeit Stand hält, und das, wobei diese -sich zerstreute, noch einmal <em class="italic">gelesen</em>, das aber, was man nicht -sogleich versteht, bis zum erfolgten Verständnisse hin und her -überlegt werden, auch die Lectüre nach Belieben fortgesetzt -werden kann, so lange man Kraft fühlt, oder abgebrochen werden, -wo diese uns verlässt; dagegen in der Regel der Professor -seine Stunde lang seinen Spruch fortredet, ohne zu achten, ob -irgend jemand ihm folge, ihn abbricht, da wo die Stunde -schlägt, und ihn nicht eher wieder anknüpft, als bis abermals -seine Stunde geschlagen. Es wird durch diese Lage des Schülers, -in der es ihm unmöglich ist, in den Fluss der Rede seines -Lehrers auf irgend eine Weise einzugreifen und ihn nach seinem -Bedürfnisse zum Stehen zu bringen, das leidende Hingeben -<a id="page-99" class="pagenum" title="99"></a> -<a id="pagehdr-99" class="orig-page" title="5"></a> -als Regel eingeführt, der Trieb der eigenen Thätigkeit vernichtet, -und so dem Jünglinge sogar die Möglichkeit genommen, -des zweiten Mittels der Belehrung, der Bücher, mit freithätiger -Aufmerksamkeit sich zu bedienen. Und so sind wir denn, um -von der Kostspieligkeit dieser Einrichtung für das gemeine und -das Privatwesen, und von der dadurch bewirkten Verwilderung -der Sitten hier zu schweigen, durch die Beibehaltung des <em class="italic">Nothmittels</em>, -nachdem die Noth längst aufgehoben, auch noch für -den Gebrauch des <em class="italic">wahren und besseren Mittels</em> verdorben -worden. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-1-3"> -<span class="line1">§. 3.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Um nicht ungerecht, zugleich auch oberflächlich zu seyn, -müssen wir jedoch hinzusetzen, dass die neueren Universitäten -<em class="italic">mehr</em> oder <em class="italic">weniger</em> ausser dieser blossen <em class="italic">Wiederholung</em> des -vorhandenen Buchinhalts noch einen anderen edleren Bestandtheil -gehabt haben, nemlich das Princip der Verbesserung dieses -Buchinhalts. Es gab selbstthätige Geister, welche in irgend -einem Fache des Wissens durch den ihnen wohlbekannten -Bücherinhalt nicht befriedigt wurden, ohne doch das Befriedigende -hierin sogleich bei der Hand zu haben, und es in -einem neuen und besseren Buche, als die bisherigen waren, -niederlegen zu können. Diese theilten ihr Ringen nach dem -Vollkommneren vorläufig mündlich mit, um entweder in dieser -Wechselwirkung mit anderen in sich selber bis zu dem beabsichtigten -Buche klar zu werden, oder, falls auch sie selbst in -diesem Streben von geistiger Kraft oder dem Leben verlassen -würden, Stellvertreter hinter sich zu lassen, welche das beabsichtigte -Buch, oder auch statt desselben, und aus diesen Prämissen, -ein noch besseres hinstellten. Aber selbst in Absicht -dieses Bestandtheiles lässt sich nicht läugnen, dass er von jeher -der bei weitem kleinere auf allen Universitäten gewesen, dass -keine Verwaltung ein Mittel in den Händen gehabt, auch nur -überhaupt den Besitz eines solchen Bestandtheiles sich zu garantiren, -oder auch nur deutlich zu wissen, ob sie ihn habe, -oder nicht, und dass selbst dieser kleine Bestandtheil, wenn er -durch gutes Glück irgendwo vorhanden gewesen, selten mit -<a id="page-100" class="pagenum" title="100"></a> -<a id="pagehdr-100" class="orig-page" title="7"></a> -einiger klaren Erkenntniss seines Strebens und der Regeln, nach -denen er zu verfahren hätte, gewirkt und gewaltet. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-1-4"> -<span class="line1">§. 4.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Eine solche zunächst überflüssige, sodann in ihren Folgen -auch schädliche Wiederholung desselben, was in einer anderen -Form weit besser da ist, soll nun gar nicht existiren; es müssten -daher die Universitäten, wenn sie nichts Anderes zu seyn -vermöchten, sofort abgeschafft, und die Lehrbedürftigen an das -Studium der vorhandenen Schriften gewiesen werden. Auch -könnte es diesen Instituten zu keinem Schutze gereichen, dass -sie den soeben berührten edleren Bestandtheil für sich anführten, -indem in keinem bestimmten Falle (auf keiner gegebenen -Universität) dieser edlere Theil Rechenschaft von sich zu geben, -noch sein Daseyn zu beweisen, noch die Fortdauer desselben -zu garantiren vermag; und sogar, wenn dies nicht so wäre, -doch immer der schlechtere Theil, die blosse Wiederholung des -Buchwesens, weggeworfen werden müsste. Sowie Alles, was -auf das Recht der Existenz Anspruch macht, <em class="italic">seyn</em> und <em class="italic">leisten</em> -muss, was <em class="italic">nichts</em> ausser ihm zu seyn und zu leisten vermag, -zugleich sein Beharren in diesem seinem Wesen, und seine unvergängliche -Fortdauer verbürgend: so muss dies auch die Universität, -oder wie wir vorläufig im antiken Sinne des Wortes -sagen wollen, die <em class="italic">Akademie</em>, oder sie muss vergehen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-1-5"> -<span class="line1">§. 5.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Was, im Sinne dieser höheren Anforderung an ihre Existenz, -die Akademie seyn könne, und, falls sie seyn soll, seyn müsse, -geht sogleich hervor, wenn man die Beziehung der Wissenschaft -auf das wirkliche Leben betrachtet. -</p> - -<p> -Man studirt ja nicht, um lebenslänglich und stets dem Examen -bereit das Erlernte in Worten wieder von sich zu geben, -sondern um dasselbe auf die vorkommenden Fälle des Lebens -anzuwenden, und so es in <em class="italic">Werke</em> zu verwandeln; es nicht bloss -zu wiederholen, sondern etwas Anderes daraus und damit zu -machen: es ist demnach auch hier letzter Zweck keinesweges -das Wissen, sondern vielmehr die Kunst, das Wissen zu gebrauchen. -<a id="page-101" class="pagenum" title="101"></a> -<a id="pagehdr-101" class="orig-page" title="8"></a> -Nun setzt diese Kunst der Anwendung der Wissenschaft -im Leben noch andere der Akademie fremde Bestandtheile -voraus, Kenntniss des Lebens nemlich und Uebung der -Beurtheilungsfähigkeit der Fälle der Anwendung, und es ist -demnach von ihr zunächst nicht die Rede. Wohl aber gehört -hierher die Frage, auf welche Weise man denn die Wissenschaft -selbst so zum freien und auf unendliche Weise zu gestaltenden -Eigenthume und Werkzeuge erhalte, dass eine fertige Anwendung -derselben auf das, freilich auf anderem Wege zu erkennende, -Leben möglich werde? -</p> - -<p> -Offenbar geschieht dies nur dadurch, dass man jene Wissenschaft -gleich anfangs mit klarem und freiem Bewusstseyn -erhalte. Man verstehe uns also. Es macht sich vieles von -selbst in unserem Geiste, und legt sich demselben gleichsam -an durch einen blinden und uns selber verborgen bleibenden -Mechanismus. Was also entstanden, ist nicht mit klarem und -freiem Bewusstseyn durchdrungen, es ist auch nicht unser sicheres -und stets wieder herbeizurufendes Eigenthum, sondern es -kommt wieder oder verschwindet nach den Gesetzen desselben -verborgenen Mechanismus, nach welchem es sich erst in uns -anlegte. Was wir hingegen mit dem Bewusstseyn, <em class="italic">dass</em> wir -es thätig erlernen, und dem Bewusstseyn der <em class="italic">Regeln</em> dieser -erlernenden Thätigkeit, auffassen: das wird, zufolge dieser eigenen -Thätigkeit und des Bewusstseyns ihrer Regeln, ein eigenthümlicher -Bestandtheil unserer Persönlichkeit, und unseres frei -und beliebig zu entwickelnden Lebens. -</p> - -<p> -Die freie Thätigkeit des Auffassens heisst Verstand. Bei -dem zuerst erwähnten mechanischen Erlernen wird der Verstand -gar nicht angewendet, sondern es waltet allein die blinde -Natur. Wenn jene Thätigkeit des Verstandes und die bestimmten -Weisen, wie dieselbe verfährt, um etwas aufzufassen, <em class="italic">wiederum -zu klarem Bewusstseyn erhoben</em> werden, so wird dadurch -entstehen eine besonnene Kunst des Verstandesgebrauches -im Erlernen. Eine kunstmässige Entwickelung jenes Bewusstseyns -der Weise des Erlernens — im Erlernen irgend -eines Gegebenen — würde somit, unbeschadet des jetzt aufgegebenen -Lernens, zunächst nicht auf das Lernen, sondern auf -<a id="page-102" class="pagenum" title="102"></a> -<a id="pagehdr-102" class="orig-page" title="10"></a> -die Bildung des Vermögens zum Lernen ausgehen. Unbeschadet -des jetzt aufgegebenen Lernens, habe ich gesagt, vielmehr -zu seinem grossen Vortheile; denn man weiss gründlich und -unvergesslich nur das, wovon man weiss, wie man dazu gelangt -ist. Sodann wird, indem nicht bloss das zuerst Gegebene -gelernt, sondern an ihm zugleich die Kunst des Erlernens überhaupt -gelernt und geübt wird, die <em class="italic">Fertigkeit</em> entwickelt, ins -Unendliche fort nach Belieben leicht und sicher alles Andere -zu lernen; und es entstehen <em class="italic">Künstler</em> im Lernen. Endlich wird -dadurch alles Erlernte oder zu Erlernende ein sicheres Eigenthum -des Menschen, womit er nach Belieben schalten könne, -und es ist somit die erste und ausschliessende Bedingung des -praktischen Kunstgebrauches der Wissenschaft im Leben herbeigeführt -und erfüllet. Eine Anstalt, in welcher mit Besonnenheit -und nach Regeln das beschriebene Bewusstseyn entwickelt, -und die dabei beabsichtigte Kunst geübt würde, wäre, -was folgende Benennung ausspricht: <em class="italic">eine Schule der Kunst des -wissenschaftlichen Verstandesgebrauches</em>. -</p> - -<p> -Ohnerachtet auf den bisherigen Universitäten von ohngefähr -zuweilen geistreiche Männer aufgetreten, die im Geiste des -obigen Begriffes in einem besonderen Fache des Wissens Schüler -gezogen, so hat doch sehr viel gefehlt, dass die Realisirung -dieses Begriffes im Allgemeinen mit Sicherheit, Festigkeit und -nach unfehlbaren Gesetzen auch nur deutlich gedacht und vorgeschlagen, -geschweige denn, dass sie irgendwo ausgeführt -worden. Dadurch aber ist die Erhaltung und Steigerung der -wissenschaftlichen Bildung im Menschengeschlechte dem guten -Glücke und blinden Zufalle preisgegeben gewesen, aus dessen -Händen sie unter die Aufsicht des klaren Bewusstseyns lediglich -durch die Darstellung des erwähnten Begriffes gebracht -werden könnte. Und so ist es die Ausführung dieses Begriffes, -die in Beziehung auf das wissenschaftliche Wesen in dem Abfluss -der Zeit dermalen an der Tagesordnung ist, und die sogar -in ihrer Existenz angegriffene Akademie würde wohlthun, diese -Ausführung zu übernehmen, da das, was sie bis jetzt gewesen, -gar nicht länger das Recht hat, dazuseyn. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-1-6"> -<a id="page-103" class="pagenum" title="103"></a> -<a id="pagehdr-103" class="orig-page" title="11"></a> -<span class="line1">§. 6.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Aber sogar dieses Anspruches alleinigen und ausschliessenden -Besitz wird etwas Anderes der Akademie streitig machen, -die niedere Gelehrtenschule nemlich. Diese, vielleicht selbst -erst bei dieser Gelegenheit über ihr wahres Wesen klar geworden, -wird anführen, dass sie, bis auf die Zeiten der neueren -verseichtenden Pädagogik, weit besser und vorzüglicher -eine solche Kunstschule des wissenschaftlichen Verstandesgebrauches -gewesen, denn irgend eine Universität. Somit wird -die Akademie zuvörderst mit dieser niederen Gelehrtenschule -eine Grenzberichtigung treffen müssen. -</p> - -<p> -Diese Grenzberichtigung wird ohne Zweifel zur Zufriedenheit -beider Theile dahin zu Stande kommen, dass der niederen -Schule die Kunstübung des allgemeinen Instrumentes aller Verständigung, -der Sprache, und von dem wissenschaftlichen Gebäude -das allgemeine Gerüst und Geripp des vorhandenen -Stoffes, ohne Kritik, anheimfalle; dagegen die höhere Gelehrtenschule -die Kunst der Kritik, des Sichtens des Wahren vom -Falschen, des Nützlichen vom Unnützen, und das Unterordnen -des minder Wichtigen unter das Wichtige, zum ausschliessenden -Eigenthum erhalte; somit die erste: Kunstschule des wissenschaftlichen -Verstandesgebrauches, als blossen Auffassungsvermögens -oder Gedächtnisses, die letzte: Kunstschule des Verstandesgebrauches, -als Beurtheilungsvermögens, würde. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-1-7"> -<span class="line1">§. 7.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Kunstfertigkeit kann nur also gebildet werden, dass der -Lehrling nach einem bestimmten Plane des Lehrers unter desselben -Augen selber arbeite, und die Kunst, in der er Meister -werden soll, auf ihren verschiedenen Stufen von ihren ersten -Anfängen an bis zur Meisterschaft, ohne Ueberspringen regelmässig -fortschreitend, ausübe. Bei unserer Aufgabe ist es die -Kunst wissenschaftlichen Verstandesgebrauches, welche geübt -werden soll. Der Lehrer giebt nur den Stoff und regt an die -Thätigkeit; diesen Stoff bearbeite der Lehrling selbst; der Lehrer -muss aber in der Lage bleiben, zusehen zu können, ob und -<a id="page-104" class="pagenum" title="104"></a> -<a id="pagehdr-104" class="orig-page" title="13"></a> -wie der Lehrling diesen Stoff bearbeite, damit er aus dieser -Art der Bearbeitung ermesse, auf welcher Stufe der Fertigkeit -jener stehe, und auf diese den neuen Stoff, den er geben wird, -berechnen könne. -</p> - -<p> -Nicht bloss der Lehrer, sondern auch der Schüler muss -fortdauernd sich äussern und mittheilen, so dass ihr gegenseitiges -Lehrverhältniss werde eine fortlaufende Unterredung, in -welcher jedes Wort des Lehrers sey Beantwortung einer durch -das unmittelbar Vorhergegangene aufgeworfenen Frage des Lehrlings, -und Vorlegung einer neuen Frage des Lehrers an diesen, -die er durch seine nächstfolgende Aeusserung beantworte; und -so der Lehrer seine Rede nicht richte an ein ihm völlig unbekanntes -Subject, sondern an ein solches, das sich ihm immerfort -bis zur völligen Durchschauung enthüllt; dass er wahrnehme -dessen unmittelbares Bedürfniss, verweilend und in anderen -und wieder anderen Formen sich aussprechend, wo der -Lehrling ihn nicht gefasst hat, ohne Verzug zum nächsten Gliede -schreitend, wenn dieser ihn gefasst hat; wodurch denn der -wissenschaftliche Unterricht aus der Form einfach fortfliessender -Rede, die er im Buchwesen auch hat, sich verwandelt in -die dialogische Form, und eine wahrhafte Akademie im Sinne -der Sokratischen Schule, an welche zu erinnern wir gerade -dieses Wortes uns bedienen wollten, errichtet werde. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-1-8"> -<span class="line1">§. 8.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Der Lehrer muss ein ihm immer bekannt bleibendes festes -und bestimmtes Subject im Auge behalten, sagten wir. Falls -nun, wie zu erwarten, dieses Subject nicht zugleich auch aus -Einem Individuum, sondern aus mehreren bestände, so müssen, -da das Subject des Lehrers Eins und ein bestimmtes seyn muss, -diese Individuen selber zu einer geistigen Einheit und zu einem -bestimmten organischen Lehrlingskörper zusammenschmelzen. -Sie müssen darum auch unter sich in fortgesetzter Mittheilung -und in einem wissenschaftlichen Wechselleben verbleiben, in -welchem jeder allen die Wissenschaft von derjenigen Seite zeige, -von welcher er, als Individuum, sie erfasst, der leichtere Kopf -<a id="page-105" class="pagenum" title="105"></a> -<a id="pagehdr-105" class="orig-page" title="14"></a> -dem schwerfälligeren etwas von seiner Schnelligkeit, und der -letzte dem ersten etwas von seiner ruhigen Schwerkraft abtrete. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-1-9"> -<span class="line1">§. 9.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Um unsern Grundbegriff durch weitere Auseinandersetzung -noch <a id="corr-5"></a>anschaulicher zu machen: — Der Stoff, welchen der Meister -dem Zöglinge seiner Kunst giebt, sind theils seine eigenen -Lehrvorträge, theils gedruckte Bücher, deren geordnetes und -kunstmässiges Studium er ihm aufgiebt; indem in Absicht -des letzteren es ja ein Haupttheil der wissenschaftlichen Kunst -ist, durch den Gebrauch von Büchern sich belehren zu können, -und es sonach eine Anführung auch zu dieser Kunst geben -muss; sodann aber auf einer solchen Akademie der bei weitem -grösste Theil des wissenschaftlichen Stoffes aus Büchern -wird erlernt werden müssen, wie dies an seinem Orte sich finden -wird. -</p> - -<p> -Die Weisen aber, wie der Meister seinem Lehrlinge sich -enthüllt, sind folgende: -</p> - -<p> -<em class="italic">Examina</em>, nicht jedoch im Geiste des Wissens, sondern in -dem der Kunst. In diesem letztern Geiste ist jede Frage des -Examinators, wodurch das Wiedergeben dessen, was der Lehrling -gehört oder gelesen hat, als Antwort begehrt wird, ungeschickt -und zweckwidrig. Vielmehr muss die Frage das Erlernte -zur Prämisse machen, und eine Anwendung dieser Prämisse -in irgend einer Folgerung als Antwort begehren. -</p> - -<p> -<em class="italic">Conversatoria</em>, in denen der Lehrling fragt, und der Meister -zurückfragt über die Frage, und so ein expresser Sokratischer -Dialog entstehe, innerhalb des unsichtbar immer fortgehenden -Dialogs des ganzen akademischen Lebens. -</p> - -<p> -<em class="italic">Durch schriftliche Ausarbeitungen zu lösende <em class="gesperrt">Aufgaben</em> -an den Lehrling</em>, immer im Geiste der Kunst, und also, dass -nicht das Gelernte wiedergegeben, sondern etwas Anderes damit -und daraus gemacht werden solle, also, dass erhelle, ob und -inwieweit der Lehrling jenes zu seinem Eigenthum und zu -seinem Werkzeuge für allerlei Gebrauch bekommen habe. Der -natürliche Erfinder solcher Aufgaben ist zwar der Meister; es -soll aber auch der geübtere Lehrling aufgefordert werden, dergleichen -<a id="page-106" class="pagenum" title="106"></a> -<a id="pagehdr-106" class="orig-page" title="16"></a> -sich auszusinnen, und sie für sich oder für andere -in Vorschlag zu bringen. — Es wird durch diese schriftlichen -Ausarbeitungen zugleich die Kunst des schriftlichen Vortrages -eines wissenschaftlichen Stoffes geübt, und es soll darum der -Meister in der Beurtheilung auch über die Ordnung, die -Bestimmtheit und die sinnliche Klarheit der Darstellung sich -äussern.<a class="fnote" href="#footnote-25" id="fnote-25">[25]</a> -</p> - -<h4 class="l2si subchap" id="subchap-4-1-10"> -<span class="line1">§. 10.</span><br /> -<span class="line2">Vom Lehrlinge einer solchen Anstalt.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Die äussern Bedingungen, wodurch derselbe theils zu Stande -kommt, theils in seinem Zustande verharrt, sind die folgenden: -</p> - -<p> -1) <em class="italic">Gehörige Vorbereitung auf der niederen Gelehrtenschule -für die höhere.</em> Welche Leistungen für die Bildung des Kopfs -zur Wissenschaft der niederen Schule anzumuthen sind, haben -wir schon oben (§. 6.) ersehen. Dies muss nun, wenn die -höhere Schule mit sicherm Schritt einhergehen soll, von der -niedern nicht wie bisher, wie gutes Glück und Ohngefähr es -geben, sondern nach einem festen Plane, und so, dass man -<a id="page-107" class="pagenum" title="107"></a> -<a id="pagehdr-107" class="orig-page" title="17"></a> -immer wisse, was gelungen sey und was nicht, geschehen. Die -Verbesserung der höheren Lehranstalten setzt sonach die der -niedern nothwendig voraus, wiewohl wiederum auch umgekehrt -eine gründliche Verbesserung der letzten nur durch die Verbesserung -der ersten, und indem auf ihnen die Lehrer der niedern -Schule die ihnen jetzt grossentheils abgehende Kunst des -Lehrens erlernen, möglich wird; dass daher schon hier erhellet, -dass wir nicht mit Einem Schlage das Vollkommene werden hinstellen -können, sondern uns demselben nur allmählig und in -mancherlei Vorschritten werden annähern müssen. -</p> - -<p> -Zur Verbreitung höherer Klarheit über unsern Grundbegriff -füge ich hier noch folgendes hinzu. Dass der für ein wissenschaftliches -Leben bestimmte Jüngling zuvörderst mit dem allgemeinen -Sprachschatze der wissenschaftlichen Welt, als dem -Werkzeuge, vermittelst dessen allein er, so zu verstehen, wie -sich verständlich zu machen vermag, vertraut werden müsse, -ist unmittelbar klar. Diese positive Kenntniss der Sprache aber, -so unentbehrlich sie auch ist, erscheint als leichte Zugabe, -wenn wir bedenken, dass besonders durch Erlernung der Sprachen -einer andern Welt, welche die Merkmale ganz anders zu -Wortbegriffen gestaltet, der Jüngling über den Mechanismus, -womit die angeborne moderne Sprache, gleichsam als ob es -nicht anders seyn könnte, ihn fesselt, unvermerkt hinweggehoben, -und im leichten Spiele zur Freiheit der Begriffebildung -angeführt wird; ferner, dass beim Interpretiren der Schriftsteller -er an dem leichtesten und schon fertig ihm hingelegten -Stoffe lernt, seine Betrachtung willkürlich zu bewegen, dahin -und dorthin zu richten für einen ihm bekannten Zweck, und -nicht eher abzulassen in dieser Arbeit, als bis der Zweck erreicht -dastehe. Es wird nun, um dieses Verhältnisses willen -der <em class="italic">niedern</em> Kunst des wissenschaftlichen Verstandesgebrauches -zu der <em class="italic">höhern</em>, nothwendig seyn, dass die Schule in ihrem -Sprachunterrichte also verfahre, dass nicht bloss der erste Zweck -der historischen Sprachkenntniss, sondern zugleich auch der -letzte der Verstandesbildung an ihr sicher, allgemein und für -klare Documentation ausreichend erfüllt werde; dass z. B. der -Schüler auf jeder Stufe des Unterrichts verstehen lerne, was -<a id="page-108" class="pagenum" title="108"></a> -<a id="pagehdr-108" class="orig-page" title="18"></a> -er verstehen soll, vollkommen und bis zum Ende, und wissen -lerne, <em class="italic">ob</em> er also verstanden, und den Beweis davon führen -lerne; keinesweges aber, wie es bisher so oft geschehen, hierüber -vom guten Glücke abhänge, und im Dunkeln tappe, indem -sehr oft sein Lehrer selbst keinen rechten Begriff vom Verstehen -überhaupt hat, und gar nicht weiss, welche Fragen alle -müssen beantwortet werden können, wenn man sagen will, -man habe z. B. eine Stelle eines Autors verstanden. -</p> - -<p> -Betreffend das Grundgerüst des vorhandenen wissenschaftlichen -Stoffes, als das zweite Stück der nöthigen Vorbereitung, die -der Schule zukommt, mache ich durch folgende Wendung mich -klarer. Man hat wohl, um den Forderungen einer solchen geistigen -Kunstbildung, wie sie auch in diesem Aufsatze gemacht -werden, auszuweichen, die Bemerkung gemacht: eine solche -besonnene Ausbildung der Geistesvermögen sey wohl bei den -alten klassischen Völkern möglich gewesen, weil das sehr beschränkte -Feld der positiven Kenntnisse, die sie zu erlernen -gehabt, ihnen Zeit genug übriggelassen hätte; dagegen unsere -Zeit und Vermögen durch das unermessliche Gebiet des zu Erlernenden -gänzlich aufgezehrt werde, und für keine anderen -Zwecke uns ein Theil derselben übrigbleibe. Als ob nicht -vielmehr gerade darum, weil wir mit ihm weit mehr zu leisten -haben, eine kunstmässige Ausbildung des Vermögens um so -nöthiger würde, und wir nicht um so mehr auf Fertigkeit und -Gewandtheit im Lernen bedacht seyn müssten, da wir eine so -grosse Aufgabe des Lernens vor uns haben. In der That kommt -jenes Erschrecken vor der Unermesslichkeit unsers wissenschaftlichen -Stoffes daher, dass man ihn ohne einen ordnenden -Geist und ohne eine mit Besonnenheit geübte Gedächtnisskunst, -deren Hauptmittel jener ordnende Geist ist, erfasset; -vielmehr blind sich hineinstürzt in das Chaos, und ohne Leitfaden -in das Labyrinth, und so im Herumirren bei jedem Schritte -Zeit verliert; also, dass die wenigen, welche in diesem ungeheuren -Oceane, vom Versinken gerettet, noch oben schwimmen, -beim Rückblicke auf ihren Weg erschrecken vor der eigenen -Arbeit und dem gehabten Glücke, und, die noch immer vorhandenen -Lücken in ihrem Wissen entdeckend, glauben, es -<a id="page-109" class="pagenum" title="109"></a> -<a id="pagehdr-109" class="orig-page" title="19"></a> -habe ihnen nichts weiter gemangelt, denn <em class="italic">Zeit</em>, — da doch -die ordnende Kunst, die sie nicht kennen, indem sie keinen -Schritt vergebens thut, die Zeit ins Unendliche vervielfältigt -und eine kurze Spanne von Menschenleben ausdehnt zu einer -Ewigkeit. Wenn schon die erste Schule für den Anfänger -nicht länger das fähige Gedächtniss des einen Knaben für einen -glücklichen Zufall, das langsamere eines andern für ein -unabwendbares Naturunglück halten, sondern lernen wird, das -Gedächtniss sowohl überhaupt, als in seinen besonderen, für besondere -Zweige passenden, Fertigkeiten kunstmässig zu entwickeln -und zu bilden; wenn sie diesem Gedächtnisse erst ein -ganz ins Kurze und Kleine gezogenes, aber lebendiges und klares -Bild des Ganzen eines bestimmten wissenschaftlichen Stoffes -(z. B. für die Geschichte ein allgemeines Bild der Umwandlungen -im Menschengeschlechte durch die Hauptbegebenheiten -der herrschenden Völker, neben einem Bilde von der -allgemeinen Gestalt der Oberfläche des Erdbodens, als dem -Schauplatze jener Umwandlungen 1) hingeben, und unaustilgbar -fest in die innere Anschauung einprägen wird; sodann diese -Bilder Tag für Tag wieder hervorrufen lassen, und sie allmählig, -aber verhältnissmässig nach allen ihren Theilen, nach -einer gewissen Regel der nothwendigen Folge der <em class="italic">Gesichtspuncte</em>, -und so, dass kein einzelner zum Schaden der übrigen -ungebührlich anwachse, vergrössern wird: so wird jenes Entsetzen -vor der Unermesslichkeit gänzlich verschwinden, und -die also gebildeten Köpfe werden leicht und sicher alles, was -ihnen vorkommt, auf jene mit ihrer Persönlichkeit verwachsenen -Grundbilder, jedes an seiner Stelle auftragen, nicht auf -ein unbekanntes Weltmeer versprengt, sondern in ihrer väterlichen -Wohnung die ihnen wohlbekannten Kammern mit Schätzen -ausfüllend, die sie nach jedesmaligem Bedürfnisse wieder da -hinwegnehmen können, wo sie dieselben vorher hingestellt. -</p> - -<p> -Somit fällt die Vorbereitung, welche der Lehrling einer höhern -Kunstschule auf der niedern erhalten haben muss, die -Rechenschaft, die er vor der Aufnahme von seiner Tüchtigkeit -zu geben hat, und die Vollkommenheit, bis zu welcher die -niedere Schule verbessert werden muss, zu folgenden zwei -<a id="page-110" class="pagenum" title="110"></a> -<a id="pagehdr-110" class="orig-page" title="21"></a> -Stücken zusammen. Zuvörderst muss der Adspirant eine seinen -Fähigkeiten angemessene, ihm vorgelegte Stelle eines Autors -in gegebener Zeit gründlich verstehen lernen, und den -Beweis führen können, dass er sie recht verstehe, indem sie -gar nicht anders verstanden werden könne. Sodann muss er -zeigen, dass er ein allgemeines Bild des gesammten wissenschaftlichen -Stoffes, erhoben und bereichert bis zu derjenigen -Potenz des Gesichtspunctes, an welche die höhere Schule ihren -Unterricht anknüpft, in freier Gewalt und zu beliebigem Gebrauche -als sein Eigenthum besitze. -</p> - -<p> -2) <em class="italic">Aufgehen seines gesammten Lebens in seinem Zwecke, -darum Absonderung desselben von aller andern Lebensweise, -und vollkommene Isolirung.</em> Der Sohn eines Bürgers, welcher -ein bürgerliches Gewerbe treibt, besucht vielleicht auch des -Tages mehrere Stunden eine gute Bürgerschule, worin mancherlei -gelehrt wird, das die gelehrte Schule gleichfalls vorträgt. -Dennoch ist die Schule nicht der Sitz seines wahren, eigentlichen -Lebens, und er ist nicht daselbst zu Hause, sondern sein -wahres Leben ist sein Familienleben, und der Beistand, den er -seinen Eltern in ihrem Gewerbe leistet; die Schule aber ist -Nebensache und blosses Mittel für den bessern Fortgang des -bürgerlichen Gewerbes, als den eigentlichen Zweck. Dem Gelehrten -aber muss die Wissenschaft nicht Mittel für irgend einen -Zweck, sondern sie muss ihm selbst Zweck werden; er -wird einst, als vollendeter Gelehrter, in welcher Weise er auch -künftig seine wissenschaftliche Bildung im Leben anwende, in -jedem Falle allein in der Idee die Wurzel seines Lebens haben, -und nur von ihr aus die Wirklichkeit erblicken, und nach ihr -sie gestalten und fügen, keinesweges aber zugeben, dass die -Idee nach der Wirklichkeit sich füge; und er kann nicht zu -früh in dieses sein eigenthümliches Element sich hineinleben -und das widerwärtige Element abstossen. -</p> - -<p> -Es ist eine bekannte Bemerkung, dass bisher auf Universitäten, -die in einer kleinern Stadt errichtet waren, bei einigem -Talente der Lehrer, sehr leicht ein allgemeiner wissenschaftlicher -Geist und Ton unter den Studirenden sich erzeugt habe, -was in grössern Städten selten oder niemals also gelungen. -<a id="page-111" class="pagenum" title="111"></a> -<a id="pagehdr-111" class="orig-page" title="23"></a> -Sollten wir davon den Grund angeben, so würden wir sagen, -dass es deswegen also erfolge, weil in dem ersten Falle die -Studirenden auf den Umgang unter sich selber, und den Stoff, -den dieser zu gewähren vermag, eingeschränkt werden; dagegen -sie im zweiten Falle immerfort verfliessen in die allgemeine -Masse des Bürgerthums, und zerstreut werden über den gesammten -Stoff, den dieses liefert, und so das Studiren ihnen -niemals zum eigentlichen Leben, ausser welchem man ein anderes -gar nicht an sich zu bringen vermag, sondern wo es -noch am besten ist, zu einer Berufspflicht wird. Jener bekannte -Einwurf gegen grosse Universitätsstädte, dass in ihnen -die Studirenden von einem Hörsaale zum andern weit zu gehen -hätten, möchte sonach nicht der tiefste seyn, den man vorbringen -könnte, und er möchte sich eher beseitigen lassen, als das -höhere Uebel der Verschmelzung des studirenden Theiles des -gemeinen Wesens mit der allgemeinen Masse des gewerbtreibenden -oder dumpfgeniessenden Bürgerthumes; indem, ganz -davon abgesehen, dass bei einem solchen nur als Nebensache -getriebenen Studiren wenig oder nichts gelernt wird, auf diese -Weise die ganze Welt verbürgern, und eine über die Wirklichkeit -hinausliegende Ansicht der Wirklichkeit, bei welcher allein -die Menschheit Heilung finden kann gegen jedes ihrer Uebel, -ausgetilgt werden würde in dem Menschengeschlechte; und -mehr als jemals würde hierauf Rücksicht zu nehmen seyn in -einem solchen Zeitalter, welches in dringendem Verdachte einer -beinahe allgemeinen Verbürgerung steht. -</p> - -<p> -3) <em class="italic">Sicherung vor jeder Sorge um das Aeussere, vermittelst -einer angemessenen Unterhaltung fürs Gegenwärtige, und Garantie -einer gehörigen Versorgung in der Zukunft.</em> Dass das -Detail der kleinen Sorgfältigkeiten um die täglichen Bedürfnisse -des Lebens zum Studiren nicht passt; dass Nahrungssorgen den -Geist niederdrücken; Nebenarbeiten ums Brot die Thätigkeit -zerstreuen, und die Wissenschaft als einen Broterwerb hinstellen; -Zurücksetzung von Begüterten Dürftigkeits halber, oder -die Demuth, der man sich unterzieht, um jener Zurücksetzung -auszuweichen, den Charakter herabwürdigen: dieses alles ist, -wenn auch nicht allenthalben sattsam erwogen, denn doch -<a id="page-112" class="pagenum" title="112"></a> -<a id="pagehdr-112" class="orig-page" title="25"></a> -ziemlich allgemein zugestanden. Aber man kann von demselben -Gegenstande auch noch eine tiefere Ansicht nehmen. Es -wird nemlich ohnedies gar bald sehr klar die Nothwendigkeit -sich zeigen, dass im Staate, und besonders bei den höheren -Dienern desselben, recht fest einwurzele die Denkart, nach welcher -man nicht der Gesellschaft dienen will, um leben zu können, -sondern leben mag, allein um der Gesellschaft dienen zu -können, und in welcher man durch kein Erbarmen mit dem -eigenen, oder irgend eines Anderen, Lebensgenusse bewegt -wird, zu thun, zu rathen, oder, wo man hindern könnte, zuzulassen, -was nicht auch gänzlich ohne diese Rücksicht durch -sich selber sich gebührt; aber es kann diese Denkart Wurzel -fassen nur in einem durch das Leben in der Wissenschaft veredelten -Geiste. Mächtig aber wird dieser Veredelung und dieser -Unabhängigkeit von der erwähnten Rücksicht vorgearbeitet -werden, wenn die künftigen Gelehrten, aus deren Mitte ja -wohl die Staatsämter werden besetzt werden, von früher Jugend -an gewöhnt werden, die Bedürfnisse des Lebens nicht -als Beweggrund irgend einer Thätigkeit, sondern als etwas, das -für sich selbst seinen eigenen Weg geht, anzusehen, indem es -ihnen, sogar ohne Rücksicht auf ihren gegenwärtigen zweckmässigen -Fleiss, der aus der Liebe zur Sache hervorgehen soll, -zugesichert ist. -</p> - -<h4 class="l2si subchap" id="subchap-4-1-11"> -<span class="line1">§. 11.</span><br /> -<span class="line2">Wie muss der Lehrer an einer solchen Anstalt beschaffen seyn, und ausgestattet?</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Zuvörderst, wie sich von selbst versteht, indem keiner -lehren kann, was er selbst nicht weiss, muss er sich im Besitze -der Wissenschaft befinden, und zwar auf die oben angegebene -Weise, als freier Künstler, so dass er sie zu jedem gegebenen -Zwecke anzuwenden und in jede mögliche Gestalt -hinüberzubilden vermöge. Aber auch diese Kunstfertigkeit muss -ihn nicht etwa mechanisch leiten, und bloss als natürliches Talent -und Gabe ihm beiwohnen, sondern er muss auch sie wiederum -mit klarem Bewusstseyn durchdrungen haben, bis zur -Erkenntniss im Allgemeinen sowohl, als in den besonderen individuellen -<a id="page-113" class="pagenum" title="113"></a> -<a id="pagehdr-113" class="orig-page" title="26"></a> -Bestimmungen, die sie bei Einzelnen annimmt, indem -er ja jeden Schüler dieser Kunst soll beobachten, beurtheilen -und leiten können. -</p> - -<p> -Aber sogar dieses klare Bewusstseyn und dieses Auffassen -der wissenschaftlichen Kunst, als eines organischen Ganzen, -reicht ihm noch nicht hin, denn auch dieses könnte, wie alles -blosse Wissen, todt seyn, höchstens bis zur historischen Niederlegung -in einem Buche ausgebildet. Er bedarf noch überdies -für die wirkliche Ausübung der Fertigkeit, jeden Augenblick -diejenige Regel, die hier Anwendung findet, hervorzurufen, -und der Kunst, das Mittel ihrer Anwendung auf der Stelle zu -finden. Zu diesem hohen Grade der Klarheit und Freiheit -muss die wissenschaftliche Kunst sich in ihm gesteigert haben. -Sein Wesen ist die Kunst, den wissenschaftlichen Künstler selber -zu bilden, welche Kunst eine Wissenschaft der wissenschaftlichen -Kunst auf ihrer ersten Stufe voraussetzt, für deren -Möglichkeit wiederum der eigene Besitz dieser Kunst auf der -ersten Stufe vorausgesetzt wird; in dieser Vereinigung und -Folge sonach besteht das Wesen eines Lehrers an einer Kunstschule -des wissenschaftlichen Verstandesgebrauchs. -</p> - -<p> -Das Princip, durch welches die wissenschaftliche Kunst -zu dieser Höhe sich steigert, ist die Liebe zur Kunst. -</p> - -<p> -Dieselbe Liebe ist es auch, die die wirklich entstandene Kunst -der Künstlerbildung immerfort von neuem beleben, und in jedem -besonderen Falle sie anregen und sie auf das Rechte leiten -muss. Sie ist, wie alle Liebe, göttlichen Ursprungs und -genialischer Natur, und erzeugt sich frei aus sich selber; für -sie ist die übrige wissenschaftliche Kunstbildung ein sicher zu -berechnendes Product, sie selbst aber, die Kunst dieser Kunstbildung, -lässt sich nicht jederman anmuthen, noch lässt sie -selbst da, wo sie war, sich erhalten, falls ihr freier Geniusflügel -sich hinwegwendet. -</p> - -<p> -Diese Liebe jedoch pflanzt auf eine unsichtbare Weise sich -fort, und regt unbegreiflich den Umkreis an. Nichts gewährt -höheres Vergnügen, als das Gefühl der Freiheit und zweckmässigen -Regsamkeit des Geistes, und des Wachsthums dieser -Freiheit, und so entsteht das liebevollste und freudenvollste -<a id="page-114" class="pagenum" title="114"></a> -<a id="pagehdr-114" class="orig-page" title="28"></a> -Leben des Lehrlings in diesen Uebungen, und in dem Stoffe -derselben. -</p> - -<p> -Diese Liebe für die Kunst ist in Beziehung auf andere <em class="italic">achtend</em>, -und richtet vom Lehrer, als dem eigentlichen Focus, ausgegangen -mit dieser Achtung aus dem Individuum heraus sich -auf die anderen, welche gemeinschaftlich mit ihm diese Kunst -treiben, und zieht jeden hin zu allen übrigen, wodurch die -§. 8 geforderte wechselseitige Mittheilung Aller, und die Verschmelzung -der Einzelnen zu einem lernenden organischen -Ganzen, wie es gerade nur aus diesen lernenden Individuen -sich bilden kann, entstehet, deren Möglichkeit noch zu erklären -war. -</p> - -<p> -(Ein geistiges Zusammenleben, das <em class="italic">zunächst</em> der schnelleren, -fruchtbareren und in den Formen sehr vielseitigen Geistesentwickelung, -<em class="italic">später</em> im bürgerlichen Leben der Entstehung -eines Corps von Geschäftsleuten dient, in welchem nicht, wie -bisher, der eigentliche Gelehrte, der dem Geschäftsmanne für -einen Quer- und verrückenden Kopf gilt, diesem meist mit Recht -den stumpfen Kopf und den empirischen Stümper zurückgiebt, -— sondern, die einander frühzeitig durchaus kennen und achten -gelernt haben, und die von einer Allen gleichbekannten -und unter ihnen gar nicht streitigen Basis in allen ihren Berathungen -ausgehen.) -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-1-12"> -<span class="line1">§. 12.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Diese Kunst der wissenschaftlichen Künstlerbildung, falls -sie etwa in irgend einem Zeitalter zum deutlichen Bewusstseyn -hervorbrechen und zu irgend einem Grade der Ausübung gedeihen -sollte, muss, in Absicht ihrer Fortdauer und ihres Erwachsens -zu höherer Vollkommenheit, keinesweges dem blinden -Ohngefähr überlassen werden; sondern es muss, und dieses -am schicklichsten an der schon bestehenden Kunstschule -selbst, eine feste Einrichtung getroffen werden, dieselbe mit -Besonnenheit und nach einer festen Regel zu erhalten, und zu -höherer Vollkommenheit zu bilden; wodurch diese Kunstschule, -so wie jedes mit wahrhaftem Leben existirende Wesen soll, -ihre ewige Fortdauer verbürgen würde. -</p> - -<p> -<a id="page-115" class="pagenum" title="115"></a> -<a id="pagehdr-115" class="orig-page" title="29"></a> -Sie ist, wie oben gesagt, selbst der höchste Grad der -wissenschaftlichen Kunst, erfordernd die höchste Liebe und die -höchste Fertigkeit und Geistesgewandtheit. Es ist darum klar, -dass sie nicht allen angemuthet werden könne, wie man denn -auch nur weniger, die sie ausüben, bedarf; aber sie muss allen -angeboten und mit ihnen der Versuch gemacht werden, -damit man sicher sey, dass nirgends dieses seltene Talent, aus -Mangel an Kunde seiner, ungebraucht verloren gehe. -</p> - -<p> -Für diesen Zweck wäre demnach der Lehrling, doch ohne -Ueberspringen und nach erlangter hinlänglicher Gewandtheit in -den niederen Graden der Kunst, zur Ausübung aller der oben -erwähnten Geschäfte des Lehrers anzuhalten, unter Aufsicht -und mit der Beurtheilung des eigentlichen Lehrers, so wie der -anderen, in demselben Grade befindlichen Lehrlinge. So denselben -Weg zurücklegend unter der Leitung des schon geübten -Lehrers, und vertraut gemacht mit dessen Kunstgriffen, welchen -Weg der Lehrer selbst, von keinem geholfen und im -Dunkeln tappend, gehen musste, wird dieser Lehrling es ohne -Zweifel noch viel weiter bringen in geübter und klarer Kunst, -denn sein Lehrer, und einst selber nach demselben Gesetze -eine noch geübtere und klarere Generation hinterlassen. -</p> - -<p> -(Es geht hieraus hervor, dass eine solche Pflanzschule wissenschaftlicher -Künstler überhaupt, nach den verschiedenen -Graden dieser Kunst, auf ihrer höchsten Spitze ein Professor-Seminarium -seyn würde, und also genannt werden könnte. -Man hat homiletische Uebungen gehabt, um zur Kunst des Vortrages -für das Volk, man hat Schullehrer-Seminaria gehabt, -um den Vortrag für die niedere Schule zu bilden; an eine -besondere Uebung oder Prüfung in der Kunst des akademischen -Vortrages aber hat unseres Wissens niemand gedacht, -gleich als ob es sich von selbst verstände, dass man, was man -nur wisse, auch werde sagen können: zum schlagenden Beweise, -dass man mit deutlichem Bewusstseyn, so weit dieses -in dieser Region gedrungen, mit der Universität durchaus nichts -mehr beabsichtigt, als dem gedruckten Buchwesen noch ein -zweites redendes Buchwesen an die Seite zu setzen; wodurch -<a id="page-116" class="pagenum" title="116"></a> -<a id="pagehdr-116" class="orig-page" title="31"></a> -unsere Rede wieder in ihren Ausgangspunct hineinfällt, zum -Beweise, dass sie ihren Kreis durchlaufen hat. -</p> - -<h4 class="l2si subchap" id="subchap-4-1-13"> -<span class="line1">§. 13.</span><br /> -<span class="line2">Corollarium.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Der bis hierher entwickelte Begriff, selbst angesehen in -einem wissenschaftlichen Ganzen, giebt der Kunst der Menschenbildung -oder der Pädagogik den Gipfel, dessen sie bisher -ermangelte. Ein anderer Mann hat in unserem Zeitalter die -ebenfalls vorher ermangelnde Wurzel derselben Pädagogik gefunden. -Jener Gipfel macht möglich die höchste und letzte -Schule der wissenschaftlichen Kunst; diese Wurzel macht möglich -die erste und allgemeine Schule des Volks, das letzte Wort -nicht für Pöbel genommen, sondern für die Nation. Der mittlere -Stamm der Pädagogik ist die niedere Gelehrtenschule. -</p> - -<p> -Aber der Gipfel ruht fest nur auf dem Stamme, und dieser -zieht seinen Lebenssaft nur aus der Wurzel; alle insgesammt -haben nur an-, in- und durcheinander Leben und versicherte -Dauer. Ebenso verhält es sich auch mit der höheren -und der niederen Gelehrtenschule, und mit der Volksschule. -Wir unseres Ortes, die wir die erstere beabsichtigen, gehen, -so gut wir es unter diesen Umständen vermögen, aus unserem -besonderen und abgeschnittenen Mittelpuncte aus, unseren Weg -fort, nur auf die niedere Gelehrtenschule, mit der wir allernächst -zusammenhängen, und ohne deren Beihülfe wir nicht füglich -auch nur einen Anfang machen können, die nöthige Rücksicht -nehmend. Ebenso geht ihres Orts, und unser, die wir nur -selbst erst unser eigenes Daseyn suchen, unserer Hülfe und -unseres leitenden Lichtes entbehrend, die allgemeine Pädagogik -ihren Weg fort, so gut sie es vermag. Aber arbeiten wir nur -redlich fort, jeder an seinem Ende: wir werden mit der Zeit -zusammenkommen, und insgesammt in einander eingreifen; -denn jedweder Theil, der nur in sich selber etwas Rechtes -ist, ist Theil zu einem grösseren ewigen Ganzen, das in der -Erscheinung nur aus der Zusammenfügung der einzelnen Theile -zusammentritt. Da aber, wo wir zusammenkommen werden, -wird der armen, jetzt in ihrer ganzen Hülfslosigkeit dastehenden -<a id="page-117" class="pagenum" title="117"></a> -<a id="pagehdr-117" class="orig-page" title="32"></a> -Menschheit Hülfe und Rettung bereit seyn; denn diese Rettung -hängt lediglich davon ab, dass die Menschenbildung im -Grossen und Ganzen aus den Händen des blinden Ohngefährs -unter das leuchtende Auge einer besonnenen Kunst komme. -</p> - -<p> -Diese Einsicht und das Bewusstseyn, dass uns ein grosser -Moment gegeben ist, der, ungenutzt verstrichen, nicht leicht -wiederkehrt, bringe heiligen Ernst und Andacht in unsere Berathungen. -</p> - -<h4 class="l1i subchap" id="subchap-4-1-14"> -<span class="line1">Anmerkung.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Da man oft unerwartet auf Verkennung jenes höchsten -Grundsatzes alles unseres Lebens und Treibens stösst, so ist -es vielleicht nicht überflüssig, hierüber noch einige Worte hinzuzufügen. -</p> - -<p> -Ein blindes Geschick hat die menschlichen Angelegenheiten -erträglich, und obgleich langsam, dennoch zu einiger Verbesserung -des ganzen Zustandes geleitet, so lange in diese -Dunkelheit das gute und böse Princip in der Menschheit gemeinschaftlich -und mit einander verwachsen eingehüllt war. -Diese Lage der Dinge hat sich verändert, durch diese Veränderung -ist eben ein durchaus neues Zeitalter, gegen dessen -Anerkenntniss man sich noch so häufig sträubt, und es sind -durchaus neue Aufgaben an die Zeit entstanden. Das böse -Princip hat nemlich aus jener Mischung sich entbunden zum -Lichte; es ist sich selbst vollkommen klar geworden, und schreitet -frei und besonnen und ohne alle Scheu und Scham vorwärts. -Klarheit siegt allemal über die Dunkelheit; und so wird -denn das böse Princip ohne Zweifel Sieger bleiben so lange, -bis auch das gute sich zur Klarheit und besonnenen Kunst -erhebt. -</p> - -<p> -In allen menschlichen Verhältnissen, besonders aber in -der Menschenbildung, ist das Alte und Hergebrachte das Dunkele; -eine Region, die mit dem klaren Begriffe zu durchdringen -und mit besonnener Kunst zu bearbeiten man Verzicht -leistet, und aus welcher herab man den Segen Gottes ohne -sein eigenes Zuthun erwartet. Setzt man in diesem Glaubenssysteme -jenem göttlichen Segen etwa noch eine menschliche -<a id="page-118" class="pagenum" title="118"></a> -<a id="pagehdr-118" class="orig-page" title="34"></a> -Direction und Oberaufsicht an die Seite, so ist das eine blosse -Inconsequenz. Das Alte ist ja jedermänniglich bekannt, diesem -soll gefolgt werden, es giebt darum keine Pläne auszudenken; -der Erfolg kommt von oben herab, und keine menschliche -Klugheit kann hier etwas ausrichten; es giebt darum auch nichts -zu leiten, und die Oberaufsicht ist ein völlig überflüssiges Glied. -Nur in dem Falle, dass Behauptungen, wie die unsrige, von -freier und besonnener Kunst sich vernehmen liessen und einen -Einfluss begehrten, erhielte sie eine Bestimmung, die, der Neuerung -sich kräftig zu widersetzen, und festzuhalten über dem -alten hergebrachten Dunkel. -</p> - -<p> -Es ist nicht zu hören, wenn die Sicherheit dieses alten -und ausgetretenen Weges gepriesen, dagegen das Unsichere -und Gewagte aller Neuerungen gefürchtet wird. Bleibt man -beim Alten, so wird der Erfolg schlecht seyn, darauf kann -man sich verlassen; denn es kann, nachdem die Welt einmal -ist, wie sie ist, aus dem Dunkeln nichts Anderes mehr hervorgehen, -denn Böses. Hofft man etwa dabei das zu gewinnen, -dass man sich sagen könne, man habe das Böse wenigstens -nicht durch sein thätiges Handeln herbeigeführt, es sey -eben von selbst gekommen, und man würde nichts dagegen -gehabt haben, wenn statt dessen das Gute gekommen wäre? -Man muss leicht zu trösten seyn, wenn man damit sich beruhigt. -Und warum sollte es denn ein so grosses Wagstück -seyn, nach einem klaren und festen Begriffe einherzugehen? -Wagen wird man allein in den beiden Fällen, wenn man entweder -seines Begriffes nicht Meister ist, oder nicht schon im -voraus entschlossen, sein Alles an die Ausführung desselben -zu setzen. Aber nichts nöthigt uns, uns in einem dieser beiden -Fälle zu befinden. -</p> - -<p> -Am wenigsten würden wir den Grundbegriff von einer -Universität gelten lassen, dass dieselbe sey keinesweges eine Erziehungsanstalt, -deren unfehlbaren Erfolg man soviel möglich -sichern müsse, sondern eine im Grunde überflüssige und nur -als freie Gabe zu betrachtende Bildungsanstalt, die jeder, der -in der Lage sey, mit Freiheit gebrauchen könne, wie er eben -<a id="page-119" class="pagenum" title="119"></a> -<a id="pagehdr-119" class="orig-page" title="35"></a> -wolle. Giebt es solche Anstalten, als da etwa wäre das Werkmeistersche -Museum u. dergl., so können dieselben nur seyn -für weise Männer und gemachte Bürger, die in Absicht einer -persönlichen Bestimmung und eines festen Berufes mit dem -Staate sich schon abgefunden haben, keinesweges für Jünglinge, -die einen Beruf noch suchen. Auch hat bisher der Staat, — -und dies ist auch ein Altes und Wohlhergebrachtes, bei welchem -es ohne Zweifel sein Bewenden wird haben müssen, — -es hat der Staat allerdings auf die Universitäten gerechnet, als -eine nothwendige und bisher durch nichts Anderes ersetzte -Erziehungsanstalt eines Standes, an dem ihm viel gelegen ist: -und es wäre zu erwarten, was erfolgen würde, wenn nur drei -Jahre hintereinander es der Freiheit aller Studirenden gefiele, -die Universität nicht auf die rechte Weise zu benutzen. Oder -soll man voraussetzen, dass es mitten in unseren gebildeten -Staaten noch einen Haufen von Menschen gebe, deren angeborenes -Privilegium dies ist, dass kein Mensch Anspruch auf ihre -Kräfte und die Bildung derselben habe, und denen es freistehen -muss, ob sie zu etwas oder zu nichts taugen wollen, weil -sie ausserdem zu leben haben? Soll für diese vielleicht jene -freie und auf gar nichts rechnende Bildungsanstalt angelegt -werden, damit sie, wenn sie wollen, hier die Mittel erwerben, -ihr einstiges müssiges Leben mit weniger Langeweile hinzubringen? -Alles zugegeben, möchten wenigstens diese Klassen -selbst für die Befriedigung dieses ihres Bedürfnisses sorgen; -aber dem Staate liessen die Kosten einer solchen Anstalt sich -keinesweges aufbürden. -</p> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-25" id="footnote-25">[25]</a> Es dürfte vielleicht nicht überflüssig seyn, der Erwähnung solcher -Aufgaben noch ausdrücklich die Bemerkung hinzuzufügen, dass nicht bloss -in dem apriorischen Theile der Wissenschaft, sondern auch in ganz empirischen -Scienzen solche, die Selbstthätigkeit des Auffassens erkundende, Aufgaben -möglich seyen. In der Philologie, der Theologie u. s. w. ist ja wohlbekannt, -dass diese Fächer der eignen Combinationsgabe und Conjecturalkritik -ein fast unermessliches Feld darbieten, wobei, gesetzt auch die Ausbeute -wäre nicht von Bedeutung, dennoch die Selbstthätigkeit des Geistes -geübt und documentirt wird. Aber auch der Lehrer der Universalgeschichte -könnte, meines Erachtens, ein nicht wirklich eingetretenes Ereigniss fingiren, -mit der Aufgabe an sein Auditorium, zu zeigen, was bei diesem oder diesem -von ihnen erlernten Zustande der Welt daraus am wahrscheinlichsten erfolgt -seyn würde; oder der des römischen Rechts irgend einen Fall, mit der -Aufgabe an sein Auditorium, das aus dem Ganzen der römischen Gesetzgebung -hervorgehende, und in dasselbe organisch einpassende Gesetz für diesen -Fall anzugeben. Es würde aus dem Versuche der Lösung dieser Aufgaben -ohne Zweifel klar hervorgehen, zuvörderst, ob seine Zuhörer die Geschichte -oder das römische Recht wirklich wüssten, sodann, ob und inwieweit -sie diese Scienzen in ihrem Geiste durchdrungen, oder dieselben nur -mechanisch auswendig gelernt hätten. -</p> - -<h3 class="l2si chapter" id="chapter-4-2"> -<a id="page-120" class="pagenum" title="120"></a> -<a id="pagehdr-120" class="orig-page" title="36"></a> -<span class="line1">Zweiter Abschnitt.</span><br /> -<span class="line2">Wie unter den gegebenen Bedingungen der Zeit und des Orts der aufgegebene Begriff realisirt werden könne.</span> -</h3> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-1"> -<span class="line1">§. 14.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Soll unsere Lehranstalt keinesweges etwa eine in sich -selbst abgeschlossene Welt bilden, sondern soll sie eingreifen -in die wirklich vorhandene Welt, und soll sie insbesondere -das gelehrte Erziehungswesen dieser Welt umbilden, so muss -sie sich anschliessen an dasselbe, so wie es ist und sie dasselbe -vorfindet. Dieses muss ihr erster Standpunct seyn; dies -der von ihr anzueignende und durch sie zu organisirende Stoff; -sie aber das geistige Ferment dieses Stoffes. Sie muss sich -erzeugen und sich fortbilden innerhalb einer gewöhnlichen Universität, -weil wir dies nicht vermeiden können, so lange bis -die letztere in die erste aufgehend gänzlich verschwinde: keinesweges -aber müssen wir von dem Gedanken ausgehen, dass -wir eine ganz gewöhnliche Universität und nichts weiter bilden -wollen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-2"> -<span class="line1">§. 15.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Diese nothwendige Stätigkeit des Fortgangs in der Zeit sogar -abgerechnet, vermögen wir in dieses Vorhabens Ausführung -um so weniger anders, denn also zu verfahren, da die -freie <em class="italic">Kunst der besonderen Wissenschaft sowohl überhaupt, -als in ihren einzelnen Fächern</em> dermalen noch gar nicht also -vorhanden ist, dass sie sicher und nach einer Regel aufbehalten -und fortgepflanzt werden könnte; sondern diese freie Kunst -der <em class="italic">besonderen</em> Wissenschaft erst selber in der schon vorhandenen -Kunstschule zu deutlichem Bewusstseyn und zu geübter -Fertigkeit erhoben werden, und so die Kunstschule einem ihrer -<a id="page-121" class="pagenum" title="121"></a> -<a id="pagehdr-121" class="orig-page" title="37"></a> -wesentlichen Theile nach sich selber erst erschaffen muss. So -nun nicht wenigstens der Ausgangspunct dieser Kunst in der -Wissenschaft überhaupt, und unabhängig von dem Vorhandenseyn -der Schule, irgendwo und irgendwann zu existiren vermöchte, -so würde es niemals zu einer solchen Kunstschule, -ja sogar nicht zu dem Gedanken und der Aufgabe derselben -kommen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-3"> -<span class="line1">§. 16.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Mit diesem Ausgangspuncte der wissenschaftlichen Kunst -verhält es sich nun also. Kunst wird (§. 4) dadurch erzeugt, -dass man deutlich versteht, <em class="italic">was</em> man und <em class="italic">wie</em> man es macht. -Die besondere Wissenschaft aber ist in allen ihren einzelnen -Fächern ein besonderes Machen und Verfahren mit dem Geistesvermögen; -und man hat dies von jeher anerkannt, wenn -man z. B. vom historischen Genie, Tact und Sinne, oder von -Beobachtungsgabe u. dergl., als von besonderen, ihren eigenthümlichen -Charakter tragenden Talenten gesprochen. Nun ist -ein solches Talent allemal Naturgabe, und da es ein besonderes -Talent ist, so ist der Besitzer desselben eine besondere -und auf diesen Standpunct beschränkte Natur, die nicht wiederum -über diesen Punct sich erheben, ihn frei anschauen, -ihn mit dem Begriffe durchdringen und so aus der blossen -Naturgabe eine freie Kunst machen könnte. Und so würde -denn die besondere Wissenschaft entweder gar nicht getrieben -werden können, weil es an Talent fehlte, oder, wo sie getrieben -würde, könnte es, eben weil dazu Talent, das eben nur -Talent sey, gehört, niemals zu einer besonnenen Kunst derselben -kommen. So ist es denn auch wirklich. Der Geist jeder -besonderen Wissenschaft ist ein beschränkter und beschränkender -Geist, der zwar in sich selber lebt und treibet, und -köstliche Früchte gewährt, der aber weder sich selbst, noch -andere Geister ausser ihm zu verstehen vermag. Sollte es nun -doch zu einer solchen Kunst in der besonderen Wissenschaft -kommen, so müsste dieselbe, unabhängig von ihrer Ausübung, -und noch ehe sie getrieben würde, verstanden, d. i. die Art -<a id="page-122" class="pagenum" title="122"></a> -<a id="pagehdr-122" class="orig-page" title="38"></a> -und Weise der geistigen Thätigkeit, deren es dazu bedarf, erkannt -werden, und so der allgemeine <em class="italic">Begriff</em> ihrer Kunst der <em class="italic">Ausübung</em> -dieser Kunst selbst vorhergehen können. Nun ist dasjenige, -was die <em class="italic">gesammte</em> geistige Thätigkeit, mithin auch alle -besonderen und weiter bestimmten Aeusserungen derselben -wissenschaftlich erfasst, die Philosophie: von philosophischer -Kunstbildung aus müsste sonach den besonderen Wissenschaften -ihre Kunst gegeben, und das, was in ihnen bisher blosse, -vom guten Glücke abhängende Naturgabe war, zu besonnenem -Können und Treiben erhoben werden; der Geist der Philosophie -wäre derjenige, welcher zuerst sich selbst, und sodann -in sich selber alle anderen Geister verstände; der Künstler in -einer besonderen Wissenschaft müsste vor allen Dingen ein -philosophischer Künstler werden, und seine besondere Kunst -wäre lediglich eine weitere Bestimmung und einzelne Anwendung -seiner allgemeinen philosophischen Kunst. -</p> - -<p> -(Dies dunkel fühlend hat man, wenigstens bis auf die letzten -durch und durch verworrenen und seichten Zeiten, geglaubt, -dass alle höhere wissenschaftliche Bildung von der Philosophie -ausgehen, und dass auf Universitäten die philosophischen -Vorlesungen von Allen und zuerst gehört werden müssten. -Ferner hat man in den besonderen Wissenschaften z. B. -von philosophischen Juristen oder Geschichtsforschern oder -Aerzten gesprochen, und man wird finden, dass von denen, -welche sich selber verstanden, immer diejenigen mit dieser -Benennung bezeichnet wurden, die mit der grössten Fertigkeit -und Gewandtheit ihre Wissenschaft vielseitig anzuwenden wussten, -sonach die <em class="italic">Künstler</em> in der Wissenschaft. Denn diejenigen, -welche <em class="italic">a priori</em> phantasirten, wo es galt Facta beizubringen, -sind ebenso, wie diejenigen, die sich auf die wirkliche Beschaffenheit -der Dinge beriefen, wo das apriorische Ideal dargestellt -werden sollte, von den Verständigen mit der gebührenden -Verachtung angesehen worden.) -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-4"> -<span class="line1">§. 17.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Die erste und ausschliessende Bedingung der Möglichkeit, -eine wissenschaftliche Kunstschule zu errichten, würde demnach -<a id="page-123" class="pagenum" title="123"></a> -<a id="pagehdr-123" class="orig-page" title="39"></a> -diese seyn, dass man einen Lehrer fände, der da fähig -wäre, das Philosophiren selber als eine Kunst zu treiben, und -der es verstände, eine Anzahl seiner Schüler zu einer bedeutenden -Fertigkeit in dieser Kunst zu erheben, mit welcher nun -einige dieser wiederum den ihnen anderwärts herzugebenden -positiven Stoff der besonderen Wissenschaften durchdrängen, -und sich auch in diesen zu Künstlern bildeten; von welchen -letzteren wiederum diejenigen, die es zu dem Grade der Klarheit -dieser Kunst gebracht hätten, dass sie selbst Künstler zu -bilden vermöchten, ihre Kunst fortpflanzten. Nachdem dieses -Letztere über das ganze Gebiet der Wissenschaften möglich -geworden, in einer solchen Ausdehnung, dass man auf die -sichere Fortpflanzung der gesammten wissenschaftlichen Kunst -bis ans Ende der Tage rechnen könnte: alsdann stände die -beabsichtigte wissenschaftliche Kunstschule da, und wäre errichtet. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-5"> -<span class="line1">§. 18.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Dieser philosophische Künstler muss, beim Beginnen der -Anstalt, ein einziger seyn, ausser welchem durchaus kein anderer -auf die Entwickelung des Lehrlings zum Philosophiren -Einfluss habe. Wer dagegen einwenden wollte, dass es, um -die Jünglinge vor Einseitigkeit und blindem Glauben an Einen -Lehrer zu verwahren, auf einer höheren Lehranstalt vielmehr -eine Mannigfaltigkeit der Ansichten und Systeme, und eben -darum der Lehrer geben müsse, würde dadurch verrathen, -dass er weder von der Philosophie überhaupt, noch vom Philosophiren, -als einer Kunst, einen Begriff habe. Denn obwohl, -falls es Gewissheit giebt und dieselbe dem Menschen erreichbar -ist (wer über diesen Punct sich noch in Zweifel befände, -der wäre nicht ausgestattet, um mit uns über die Einrichtung -eines <em class="italic">wissenschaftlichen</em> Instituts zu berathschlagen), der Lehrer, -den wir suchen, selber in sich seiner Sache gewiss seyn -und ein System haben muss, indem im entgegengesetzten Falle -er mit seinem Philosophiren nicht zu Ende gekommen wäre, -mithin die ganze Kunst des Philosophirens nicht einmal selber -ausgeübt hätte und so durchaus unfähig wäre, dieselbe in -<a id="page-124" class="pagenum" title="124"></a> -<a id="pagehdr-124" class="orig-page" title="41"></a> -ihrem ganzen Umfange mit Bewusstseyn zu durchdringen, und -sie anderen mitzutheilen, und wir uns daher in der Wahl der -Person vergriffen hätten — obwohl, sage ich, dies also ist, so -wird er dennoch in seinem Bestreben, selbstthätige, die Gewissheit -in sich selbst erzeugende und das System selbst erfindende -Künstler zu bilden, nicht von seinem Systeme, noch -überhaupt von irgend einer positiven Behauptung <em class="italic">ausgehen</em>; -sondern nur ihr systematisches Denken anregen, freilich in der -sehr natürlichen Voraussetzung, dass sie am Ende desselben -bei demselben Resultate ankommen werden, bei dem auch er -angekommen, und dass, wenn sie bei einem anderen ankommen, -irgendwo in der Ausübung der Kunst ein Fehler begangen -worden. Wäre irgend ein anderer neben ihm, der ihm -widerspräche, so müsste dieser etwas <em class="italic">behaupten</em>; liesse er -sich verleiten, dem <a id="corr-6"></a>Widerspruche zu widersprechen, so müsste -nun auch er behaupten, und es entstände Polemik. Wo aber -Polemik ist, da ist Thesis, und wo Thesis ist, da wird nicht -mehr thätig philosophirt, sondern es wird nur das Resultat des, -so Gott will, vorher ausgeübten thätigen Philosophirens historisch -erzählt; somit hebt die Polemik das Wesen einer philosophischen -Kunstschule gänzlich auf, und es ist ihr darum aller -Eingang in diese abzuschneiden. — -</p> - -<p> -(Dieselbe Unbekanntschaft mit dem Wesen der Philosophie -würde verrathen eine andere Bemerkung, die folgende: es -müsse auf einer solchen Anstalt die Vollständigkeit der sogenannten -philosophischen Wissenschaften beabsichtigt werden, -und dies, da sie einem Einzigen nicht wohl anzumuthen sey, -werde eine Mehrheit der Lehrer der Philosophie verlangen. -Denn wenn nur wirklich der philosophische Geist und die -Kunst des Philosophirens entwickelt ist, so wird ganz von -selbst diese sich über die gesammte Sphäre des Philosophirens -ausbreiten, und diese in Besitz nehmen; sollte aber für andere, -an welchen das Streben, sie in diese Kunst einzuweihen, mislingt, -die wir aber dennoch, aus Mangel besserer Subjecte, in -den bürgerlichen Geschäften anstellen und brauchen müssten, -irgend ein historisch zu erlernender <em class="italic">philosophischer Katechismus</em>, -als Rechtslehre, Moral u. dergl. nöthig seyn, so wird ja -<a id="page-125" class="pagenum" title="125"></a> -<a id="pagehdr-125" class="orig-page" title="42"></a> -wohl dieser in gedruckten Büchern irgendwo vorliegen, an deren -eigenes Studium auch hier, so wie in den anderen Fächern, -dergleichen Subjecte vom Lehrer der Philosophie hingewiesen, -und erforderlichenfalles darüber examinirt würden.) -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-6"> -<span class="line1">§. 19.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Mit diesem also entwickelten philosophischen Geiste, als -der reinen Form des Wissens, <em class="italic">müsste nun der gesammte wissenschaftliche -Stoff in seiner organischen Einheit</em> auf der höheren -Lehranstalt aufgefasst und durchdrungen werden, also dass -man genau wüsste, was zu ihm gehöre oder nicht, und so die -strenge Grenze zwischen Wissenschaft und Nichtwissenschaft -gezogen würde; dass man ferner das organische Eingreifen der -Theile dieses Stoffes ineinander, und das gegenseitige Verhältniss -derselben unter sich allseitig verstände, damit man daraus -ermessen könnte, ob dieser Stoff am Lehrinstitute vollständig -bearbeitet werde, oder nicht; in welcher <em class="italic">Folge</em> oder <em class="italic">Gleichzeitigkeit</em> -am vortheilhaftesten diese einzelnen Theile zu bearbeiten -seyen; bis zu welcher Potenz die <em class="italic">niedere</em> Schule denselben -zu erheben, und wo eigentlich die höhere einzugreifen habe; -ferner, bis zu welcher Potenz auch auf der letzteren <em class="italic">alle</em>, die -auf den Titel eines wissenschaftlichen Künstlers Anspruch machen -wollten, ihn auszubilden hätten, und wie viel dagegen der -<em class="italic">besonderen</em> Ausbildung für ein <em class="italic">bestimmtes praktisches</em> Fach anheimfiele -und vorbehalten bleiben müsse. Dies gäbe eine philosophische -Encyklopädie der gesammten Wissenschaft, als stehendes -Regulativ für die Bearbeitung aller besonderen Wissenschaften. -</p> - -<p> -(Wenn auch allenfalls die Philosophie schon jetzt fähig seyn -sollte, zu einer solchen encyklopädischen Ansicht der gesammten -Wissenschaft in ihrer organischen Einheit einige Auskunft -zu geben, so ist doch die übrige wissenschaftliche Welt viel -zu abgeneigt, der Philosophie die Gesetzgebung, die sie dadurch -in Anspruch nähme, zuzugestehen, oder dieselbe in dergleichen -Aeusserungen auch nur nothdürftig zu begreifen, als dass sich -hiervon einiger Erfolg sollte erwarten lassen. Auch müssten, -da es hier nicht um theoretische Behauptung einiger Sätze, -<a id="page-126" class="pagenum" title="126"></a> -<a id="pagehdr-126" class="orig-page" title="44"></a> -sondern um Einführung einer Kunst zu thun ist, erst eine beträchtliche -Anzahl von Männern gebildet werden, die da fähig -wären, eine solche Encyklopädie nicht bloss zu verstehen und -wahr zu finden, sondern auch nach den Regeln derselben die -besonderen Fächer der Wissenschaft wirklich zu bearbeiten; -dass es daher am schicklichsten seyn wird, hierüber sich vorläufig -gar nicht auszusprechen, sondern jene Encyklopädie durch -das wechselseitige Eingreifen der Philosophie und der philosophisch -kunstmässigen Bearbeitung der nun eben vorhandenen -besonderen Fächer der Wissenschaft, allmählig von selber erwachsen -zu lassen; dass mithin in Absicht dieses ihr sehr wesentlichen -Bestandtheiles die Kunstschule sich selbst innerhalb -ihrer selbst erschaffen müsste.) -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-7"> -<span class="line1">§. 20.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Beim Anfange und so lange, bis es dahin gekommen, müssen -wir uns begnügen, die vorliegenden Fächer ohne organischen -Einheitspunct bloss historisch aufzufassen, nur dasjenige, -wovon wir schon bei dem gegenwärtigen Grade der allgemeinen -philosophischen Bildung darthun können, dass es dem wissenschaftlichen -Verstandesgebrauche entweder geradezu widerspreche, -oder nicht zu demselben gehöre, von uns ausscheidend, -das Uebrige aufnehmend, und es in seiner Würde und -an seinem Platze bis zur besseren allgemeinen Verständigung -stehen lassend; ferner in diesen Fächern die am meisten <em class="italic">philosophischen</em>, -d. i. die mit der grössten Freiheit, Kunstmässigkeit -und Selbstständigkeit in denselben verfahrenden unter den -Zeitgenossen, zu Lehrern uns anzueignen; endlich, diese zu der -am meisten philosophischen, d. i. zu der, Selbstthätigkeit und -Klarheit am sichersten entwickelnden, Mittheilung ihres Faches -anzuhalten und sie darauf zu verpflichten. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-8"> -<span class="line1">§. 21.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Ueber den ersten Punct, betreffend die Ausscheidung, werden -wir demnächst beim Durchgehen der vorhandenen wissenschaftlichen -Fächer uns erklären. Ueber den zweiten merke -ich hier im allgemeinen nur das an, dass wir den Vortheil haben, -<a id="page-127" class="pagenum" title="127"></a> -<a id="pagehdr-127" class="orig-page" title="45"></a> -in einigen der Hauptfächer diejenigen, welche als die freisten -und selbstthätigsten allgemein anerkannt sind, schon jetzt -die unserigen zu nennen, und dass, falls nicht etwa einige für -die Herablassung und für das Wechselleben mit ihren Schülern, -das dieser Plan ihnen anmuthet, sich zu vornehm dünken, wir -hoffen dürfen, sie für unseren Zweck zu gewinnen, und dass -in anderen Fächern, in denen wir nicht mit derselben Zuversichtlichkeit -dasselbe rühmen können, der Unterschied zwischen -den Zeitgenossen in Absicht des angegebenen Gesichtspunctes -überhaupt nicht sehr gross ist, und wir darum hoffen dürfen, -ohne grosse Schwierigkeit die nothwendigen Stellen so gut zu -besetzen, als sie unter den gegenwärtigen Umständen überhaupt -besetzt werden können; dass es aber ausschliessende Bedingung -sey, dass dieselben schon vor ihrer Berufung und Anstellung -sowohl über unseren Hauptplan, als über den dritten Punct -in Absicht des zu wählenden Vortrages unterrichtet, und aufrichtig -mit uns einverstanden seyen. In Absicht dieses dritten -Punctes endlich, stellen wir als eine Folge aus allem Bisherigen -fest, dass — die oben erwähnten Examina, Conversatorien und -Aufgaben, als die erste charakteristische Eigenheit unserer Methode, -deren Anwendung im besonderen Falle am gehörigen -Orte näher wird beschrieben werden, noch abgerechnet, — alle -mündliche Mittheilung über ein besonderes Fach ausgehen müsse -von der <em class="italic">Encyklopädie</em> dieses Faches, und dass dieses die allererste -Vorlesung jedes bei uns anzustellenden Lehrers seyn und -von jedem Schüler zu allererst gehört werden müsse. Denn -die bis zur höchsten Klarheit gesteigerten einzelnen Encyklopädien -der besonderen Fächer, besonders wenn sie alle zusammen -den Lehrern und Zöglingen der Anstalt bekannt sind, -sind das zunächst in die von der Philosophie ausgehen sollende -<em class="italic">allgemeine Encyklopädie</em> (§. 19. am Schlusse) eingreifende Glied, -arbeiten derselben mächtig vor, und werden der letzteren, -wenn sie entstehen wird, die vollkommene Verständlichkeit ertheilen -müssen, indem auch sie selber umgekehrt von ihr neue -Festigkeit und Klarheit erhalten werden. Sodann ist Einheit -und Ansicht der Sache aus Einem Gesichtspuncte heraus der -Charakter der Philosophie und der freien Kunstmässigkeit, die -<a id="page-128" class="pagenum" title="128"></a> -<a id="pagehdr-128" class="orig-page" title="47"></a> -wir anstreben; dagegen unverbundene Mannigfaltigkeit und -mit nichts zusammenhängende Einzelheit der Charakter der Unphilosophie, -der Verworrenheit und der Unbehülflichkeit, welche -wir eben aus der ganzen Welt austilgen möchten, und sie -darum nicht in uns selbst aufnehmen müssen. Endlich, wenn -auch dieses alles nicht so wäre, können wir aus Mangelhaftigkeit -der niederen Schule zu Anfange bei unseren Schülern -nicht auf ein solches schon fertiges Gerüst des gesammten wissenschaftlichen -Stoffes, wie es oben (§. 10.) beschrieben worden, -rechnen, und müssen zu allererst diesen Mangel in unseren -besonderen Encyklopädien ersetzen. Die Hauptgesichtspuncte -einer solchen auf eine wissenschaftliche Kunstschule -berechneten Encyklopädie sind die folgenden: <em class="italic">dass sie zuvörderst -die eigentliche charakteristische Unterscheidung des Verstandesgebrauches</em> -in diesem Fache, und die besonderen Kunstgriffe -oder Vorsichtsregeln in ihm mit aller dem Lehrer selbst -beiwohnenden Klarheit angebe, und sie mit Beispielen belege -(und so eben z. B. das <em class="italic">historische Talent</em>, oder die <em class="italic">Beobachtungsgabe</em> -mit dem Begriffe durchdringe); dass sie die Theile -dieser Wissenschaft vollständig und umfassend vorlege, und -zeige, auf welche besondere Weise jeder, und in welcher Zeitfolge -sie studirt werden müssen; endlich, dass sie die für den Zweck -des Lehrlings nöthige Literaturkenntniss des Faches gebe, und -ihn berathe, <em class="italic">was</em>, und in <em class="italic">welcher Ordnung</em> und etwa mit welchen -Vorsichtsmaassregeln, er zu lesen habe. Besonders in -der letzten Rücksicht ist der Lehrer dem Lehrlinge ein allgemeines -Register und Repertorium des <em class="italic">gesammten Buchwesens</em> -in diesem Fache, inwieweit dasselbe dem Lehrlinge nöthig ist, -schuldig; welches nun der Lehrling selber, nach der ihm gegebenen -Anleitung, zu lesen, keinesweges aber vom Lehrer zu -erwarten hat, dass auch dieser es ihm noch einmal recitire. -Gehört nun ferner, wie wir hoffen, der Lehrer zu dem oben -erwähnten edleren Bestandtheile der bisherigen Universitäten, -dass er mit dem gesammten Buchwesen seines Faches nicht -allerdings zufrieden und fähig sey, dasselbe hier und da zu -verbessern, so zeige er in seiner Encyklopädie diese fehlerhaften -Stellen des grossen Buches an, und lege dar seinen Plan, -<a id="page-129" class="pagenum" title="129"></a> -<a id="pagehdr-129" class="orig-page" title="48"></a> -wie er in besonderen Vorlesungen diese fehlerhaften Stellen -verbessern wolle, und in welcher Ordnung diese besonderen -Vorlesungen, die insgesammt auf der festen Unterlage seiner -Encyklopädie ruhen, und auf ihr geordnet sind, zu hören seyen. -Ist dessen so viel, dass er es allein nicht bestreiten kann, so -wähle er sich einen Unterlehrer, der verbunden ist, in seinem -Plane zu arbeiten. Nur sage er nicht, was im Buche auch -steht, sondern nur das, was in keinem Buche steht. (Als Beispiel: -dass in den Schüler der niederen Schule sehr früh ein -Inbegriff der Universalgeschichte hineingebildet werden müsse, -versteht sich, und ist oben gesagt; wozu aber, ausser der Anweisung, -wie man die gesammte Menschengeschichte zu <em class="italic">verstehen</em> -habe, welche wohl am schicklichsten dem Philosophen anheimfallen -dürfte, auf der höheren Schule ein Cursus der Universalgeschichte -solle, bekenne ich nicht zu begreifen; dagegen -aber würde ich es für sehr schicklich und alles Dankes werth -halten, wenn ein Professor der Geschichte ein Collegium ankündigte -über besondere Data aus der Weltgeschichte, <em class="italic">die keiner -vor ihm so richtig gewusst habe, wie er</em>, und er mit diesem -Versprechen Wort hielte.) -</p> - -<p> -(Wir setzen der Erwähnung dieser von vielen so sehr angefeindeten -Encyklopädien, zur Vorbauung möglichen Misverständnisses, -noch folgendes hinzu. Mit derselben vollkommenen -Ueberzeugung, mit welcher wir zugeben, dass das Bestreben, -bei solchen allgemeinen Uebersichten und Resultaten <em class="italic">stehenzubleiben</em>, -von Seichtigkeit, Trägheit und Sucht nach wohlfeilem -Glanze zeuge, und diese Schlechtigkeiten befördere, sehen wir -zugleich auch ein, dass das Widerstreben, <em class="italic">von ihnen auszugehen</em>, -den Lehrling ohne Steuerruder und Compass in den verworrenen -Ocean stürze, dass, obwohl einige sich rühmen hierbei -ohne Ertrinken davongekommen zu seyn, man darum doch -nicht das Recht habe, jederman derselben Gefahr auszusetzen, -dass selbst die Geretteten gesunder seyn würden, wenn sie -der Gefahr sich nicht ausgesetzt hätten; und dass die Quellen -dieses Widerstrebens keinesweges aus einer besseren Einsicht, -sondern dass sie grösstentheils aus dem persönlichen Unvermögen -hervorgehen, solche encyklopädische Rechenschaft über -<a id="page-130" class="pagenum" title="130"></a> -<a id="pagehdr-130" class="orig-page" title="50"></a> -das eigene Fach zu geben, indem diese, nur gross im Einzelnen, -niemals zur Ansicht eines Ganzen sich erhoben haben. -Wer nun eine solche Encyklopädie seines Faches geben nicht -könnte oder nicht wollte, der wäre für uns nicht bloss unbrauchbar, -sondern sogar verderblich, indem durch seine Wirksamkeit -der Geist unseres Institutes sogleich im Beginne getödtet -würde.) -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-9"> -<span class="line1">§. 22.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Wir gehen an die historische Auffassung des auf den bisherigen -Universitäten vorliegenden Stoffes, und schicken folgende -zwei allgemeine Bemerkungen voraus. Eine Schule des -wissenschaftlichen Verstandesgebrauches setzt voraus, dass verstanden -und bis in seinen letzten Grund durchdrungen werden -könne, was sie sich aufgiebt; sonach wäre ein solches, das den -Verstandesgebrauch sich verbittet, und sich als ein unbegreifliches -Geheimniss gleich von vornherein aufstellt, durch das -Wesen derselben von ihr ausgeschlossen. Wollte also etwa -die Theologie noch fernerhin auf einem Gotte bestehen, der -etwas wollte ohne allen Grund; welches Willens Inhalt kein -Mensch durch sich selber begreifen, sondern Gott selbst unmittelbar -durch besondere Abgesandte ihm mittheilen müsste; -dass eine solche Mittheilung geschehen sey, und das Resultat -derselben in gewissen heiligen Büchern, die übrigens in einer -sehr dunklen Sprache geschrieben sind, vorliege, von deren -richtigem Verständnisse die Seligkeit des Menschen abhange: -so könnte wenigstens eine Schule des Verstandesgebrauches -sich mit ihr nicht befassen. Nur wenn sie diesen Anspruch -auf ihr allein bekannte Geheimnisse und Zaubermittel durch -eine unumwundene Erklärung aufgiebt, laut bekennend, dass -der Wille Gottes ohne alle besondere Offenbarung erkannt werden -könne, und dass jene Bücher durchaus nicht <em class="italic">Erkenntnissquelle</em>, -sondern nur <em class="italic">Vehiculum des Volksunterrichtes</em> seyen, -welche, ganz unabhängig von dem, was die Verfasser etwa -wirklich gesagt haben, beim wirklichen Gebrauche also erklärt -werden müssen, wie die Verfasser hätten sagen sollen; welches -letztere, wie sie hätten sagen sollen, darum schon vor -<a id="page-131" class="pagenum" title="131"></a> -<a id="pagehdr-131" class="orig-page" title="51"></a> -ihrer Erklärung anderwärtsher bekannt seyn müsse: nur unter -dieser Bedingung kann der Stoff, den sie bisher besessen hat, -von unserer Anstalt aufgenommen und jener Voraussetzung gemäss -bearbeitet werden. Ferner haben mehrere bisher auf -den Universitäten bearbeitete Fächer (als die soeben erwähnte -Theologie, die Jurisprudenz, die Medicin) einen Theil, der nicht -zur wissenschaftlichen Kunst, sondern zu der sehr verschiedenen -praktischen Kunst der Anwendung im Leben gehört. Es -gereicht sowohl einestheils zum Vortheile dieser praktischen -Kunst, die am besten in unmittelbarer und ernstlich gemeinter -Ausübung unter dem Auge des schon geübten Meisters erlernt -wird, als anderentheils zum Vortheile der wissenschaftlichen -Kunst selbst, welche zu möglichster Reinheit sich abzusondern -und in sich selbst sich zu concentriren hat: dass jener Theil -von unserer Kunstschule abgesondert, und in Beziehung auf -ihn andere für sich bestehende Einrichtungen gemacht werden. -Was inzwischen auch in dieser Rücksicht von der wissenschaftlichen -Kunstschule zu beobachten sey, werden wir bei Erwähnung -der einzelnen Fälle beibringen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-10"> -<span class="line1">§. 23.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Nächst der Philosophie macht die <em class="italic">Philologie</em>, als das allgemeine -Kunstmittel aller Verständigung, mit Recht den meisten -Anspruch auf Universalität. Ob auch wohl überhaupt <em class="italic">für das -gesammte studirende Publicum</em> auf der höheren Schule es eines -philologischen Unterrichtes bedürfen, oder vielmehr dieser -schon auf der niederen Schule beendigt seyn solle, ob insbesondere -für diejenigen, <em class="italic">die sich zu Schullehrern</em> bestimmen, und -für die es allerdings einer weiteren Anführung bedarf, die dahingehörigen -Anstalten nicht schicklicher mit den niederen Schulen -selbst vereinigt werden würden: — die Beantwortung dieser -Frage können wir für jetzt <em class="italic">dem</em> Zeitalter, da die allgemeine -Encyklopädie geltend gemacht seyn, und die niedere Schule -seyn wird, was sie soll, anheimgeben, und vorläufig es beim -Alten lassen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-11"> -<a id="page-132" class="pagenum" title="132"></a> -<a id="pagehdr-132" class="orig-page" title="52"></a> -<span class="line1">§. 24.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Von der <em class="italic">Mathematik</em> sollte unseres Erachtens der reine -Theil bis zu einer gewissen Potenz schon auf der niederen -Schule vollkommen abgethan seyn; und es wäre hierdurch das, -was oben über das Pensum dieser Schule gesagt worden, zu -ergänzen. Da auch hierauf im Anfange nicht zu rechnen ist, -so wäre vorläufig ein auf diesen gegenwärtigen Zustand der -niederen Schule berechneter Plan des mathematischen Studiums -zu entwerfen. — -</p> - -<p> -Auf allen Fall ist mein Vorschlag, dass ein <em class="italic">Comité</em> aus unseren -tüchtigsten Mathematikern ernannt, diesen unser Plan im -Ganzen vorgelegt, und ihnen aufgegeben würde, die Beziehung -ihrer Wissenschaft auf denselben zu ermessen, und demzufolge -durch allgemeine Uebereinkunft <em class="italic">Einen</em> aus ihrer Mitte zu ernennen, -oder auch einen Fremden zur Vocation vorzuschlagen, dem -die Encyklopädie, der Plan und die Direction dieses ganzen -Studiums übertragen würde. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-12"> -<span class="line1">§. 25.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Die gesammte Geschichte theilt sich in die Geschichte der -<em class="italic">fliessenden</em> Erscheinung, und in die der <em class="italic">dauernden</em>. Die erste -ist die vorzüglich also genannte Geschichte oder Historie, mit -ihren Hülfswissenschaften; die zweite die Naturgeschichte, — -welche ihren theoretischen Theil hat, die Naturlehre. -</p> - -<p> -In der ersten ist der zu berufende Ober- und encyklopädische -Lehrer über unseren Grundplan zu verständigen; worüber -er vorläufig mit uns einig seyn muss. -</p> - -<p> -Das ausgedehnte Fach der <em class="italic">Naturwissenschaft</em> betreffend, -welche durchaus als ein organisches Ganze behandelt werden -muss, kann ich nur ein <em class="italic">Comité</em>, so wie oben bei der Mathematik, -in Vorschlag bringen, das aus seiner Mitte, oder auch -einen Fremden rufend, den Encyklopädisten, Entwerfer des Lehrplans, -und Director des ganzen Studiums erwähle, und falls es -so nöthig befunden würde, nach seinem Plane den Vortrag desselben, -auch hier mit der beständigen Rücksicht, dass nicht -mündlich mitgetheilt werde, was so gut oder besser sich aus -<a id="page-133" class="pagenum" title="133"></a> -<a id="pagehdr-133" class="orig-page" title="54"></a> -dem Buche lernen lässt, <em class="italic">unter sich vertheile</em>. Das Haupterforderniss -eines solchen Planes ist Vollständigkeit und organische -Ganzheit der Encyklopädie. Zugleich hat sie für ihr Fach sich -mit der niederen Schule über die Grenze zu berichtigen, und -dieser die Potenz, die sie hervorbringen soll, als ihr künftiges -Pensum aufzugeben, welches auch für die oben erwähnten, sowie -für alle folgenden Fächer gilt, und hier einmal für immer -erinnert wird. Bloss die Philosophie verbittet die directe Vorbereitung -der niederen Schule, und ist nur ausschliessend eine -Kunst der höheren. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-13"> -<span class="line1">§. 26.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Die drei sogenannten höheren Facultäten würden schon -früher wohlgethan haben, wenn sie sich, in Absicht ihres wahren -Wesens, in dem ganzen Zusammenhange des Wissens deutlich -erkannt, und sich darum nicht, pochend auf ihre praktische -Unentbehrlichkeit und ihre Gültigkeit beim Haufen, als ein abgesondertes -und vornehmeres Wesen hingestellt, sondern lieber -jenem Zusammenhange sich untergeordnet und mit schuldiger -Demuth ihre Abhängigkeit erkannt hätten; indem sie nemlich -verachteten, wurden sie verachtet, und die Studirenden anderer -Fächer nahmen keine Notiz von dem, was jene ausschliessend -für sich zu besitzen begehrten, wodurch sowohl ihrem -Studium, als der Wissenschaft im Grossen und Ganzen sehr -geschadet wurde. Wir werden auf Belege dieser Angabe stossen. -Eine wissenschaftliche Kunstschule muthet ihnen sogleich -bei ihrem Eintritte in ihren Umkreis diese Bescheidenheit zu. -</p> - -<p> -Der wissenschaftliche Stoff der <em class="italic">Jurisprudenz</em> ist ein Capitel -aus der Geschichte; sogar nur ein Fragment dieses Capitels, -wie sie bisher behandelt worden. Sie sollte seyn <em class="italic">eine Geschichte -der Ausbildung und Fortgestaltung des Rechtsbegriffes -unter den Menschen</em>, welcher <em class="italic">Rechtsbegriff</em> selber, unabhängig -von dieser Geschichte, und als <em class="italic">Herrscher</em>, keinesweges als -<em class="italic">Diener</em>, schon vorher durch Philosophiren gefunden seyn müsste. -In ihrer gewöhnlichen ersten, lediglich praktischen Absicht, — -nur <em class="italic">Richter</em>, welches ein untergeordnetes Geschäft ist, zu bilden, -wird sie Geschichte jener Ausbildung in dem Lande, in -<a id="page-134" class="pagenum" title="134"></a> -<a id="pagehdr-134" class="orig-page" title="55"></a> -welchem wir leben, und wenn es hoch geht, unter den Römern, -und so Fragment; aber ihr letzter praktischer Zweck ist -der, den <em class="italic">Gesetzgeber</em> zu bilden; und für diesen Behuf möchte -ihr wohl das ganze Capitel rathsam seyn; denn obwohl, was -überhaupt Gesetz seyn solle, schlechthin <em class="italic">a priori</em> erkannt wird, -so dürfte doch die Kunst, die besondere Gestalt dieses Gesetzes -für jede gegebene Zeit zu finden und es ihr anzuschmiegen, der -Erfahrung der gesammten bekannten Zeit in demselben Geschäfte -bedürfen. Richteramt sowohl als Gesetzgebung sind -praktische Anwendung <em class="italic">der Geschichte</em>; und so hat die Jurisprudenz -zu ihrer ersten Encyklopädie die Encyklopädie der Geschichte, -indem dieses der Boden ist, auf welchem sie und der -wissenschaftliche Verstandesgebrauch in ihr ruhet, und die Ausübung -derselben in ihrer höchsten Potenz eigentlich die Kunst -ist, eine Geschichte, und zwar eine erfreulichere, als die bisherige, -hervorzubringen. Die Anführung aber zur praktischen -Anwendung im Leben fällt ganz ausser den Umkreis der Schule, -und wären hierin die Schüler an die ausübenden Collegia zu -verweisen, unter deren Augen, aber auf die <em class="italic">Verantwortung</em> der -Beamten, denen sie anvertraut worden, sie für die künftige Geschäftsführung -sich vorbereiteten. Ich schlage daher für dieses -Fach ein <em class="italic">Comité</em> vor, in welchem aber der oben beschriebene -Encyklopädist der Geschichte Sitz, und für seinen Antheil entscheidende -Stimme hätte. Dieses hätte einen besonderen Encyklopädisten -für die <em class="italic">Theile</em> und die Literatur des beschriebenen -Capitels anzustellen, den Studienplan vorzuzeichnen, und die -Anstalten für praktische Bildung unabhängig von der wissenschaftlichen -Kunstschule zu organisiren. Ich hoffe, dass bei entschiedener -Durchführung des Satzes, nicht mündlich zu lehren, -was im Buche steht, der Lectionskatalog dieser Facultät kürzer -werden wird, als er bisher war; wiewohl durch unsere Grundsätze -des zu Erlernenden mehr geworden ist. -</p> - -<p> -Die <em class="italic">Heilkunde</em> ruht auf dem zweiten Theile des positiv zu -Erlernenden, der <em class="italic">Naturwissenschaft</em>; jedoch erlaubt ihr gegenwärtiger -Zustand den Zweifel, in welchem auch der Schreiber -dieses sich zu befinden gern bekennt, ob aus jener unstreitig -wissenschaftlichen Basis in der wirklichen Heilkunde auch nur -<a id="page-135" class="pagenum" title="135"></a> -<a id="pagehdr-135" class="orig-page" title="57"></a> -ein einziger <em class="italic">positiver Schluss</em> zu machen, und somit, ob diese -Basis <em class="italic">Leiterin</em> sey in der Ausübung, wie in der Jurisprudenz -dies offenbar der Fall ist, oder ob nur gewissen allgemeinen -Resultaten jener Basis bloss nicht <em class="italic">widersprochen werden dürfe</em> -durch die Ausübung; jene daher (die Wissenschaft) für diese -(die Ausübung) nur <em class="italic">negatives Regulativ</em> und <em class="italic">Correctiv</em> wäre? -Sollte, wie wir befürchten, das Letzte der Fall seyn, und wie -wir gleichfalls befürchten, immerfort bleiben müssen, so gäbe -es von der Wissenschaft in irgend einem ihrer Zweige zu der -ausübenden Heilkunde gar keinen stätigen positiven Uebergang, -sondern die letztere hätte ihren eigenthümlichen Boden in einer -<em class="italic">besonderen</em>, niemals auf <em class="italic">positive Principien zurückzuführenden -Beobachtung</em>; sie wäre somit von der wissenschaftlichen Schule, -welche alle Zweige der Naturwissenschaft bis zu Anatomie, Botanik -u. dergl. ohne alle Rücksicht auf Heilkunde, und als jedem -wissenschaftlich gebildeten Menschen überhaupt durchaus anzumuthende -Kenntnisse, sorgfältig triebe, abzusondern, und in -einem für sich bestehenden Institute, rein und ohne wissenschaftliche -Beimischung, die als in der Schule erlernt vorausgesetzt -wird, von der <em class="italic">materia medica</em> z. B. an, die ja nichts ist, -als die Anwendung der ärztlichen Empirie auf die Botanik und -dergl., zu treiben. Welche unermesslichen Vortheile eine solche -Verselbstständigung der Naturwissenschaft, die bisher häufig nur -als Magd der Heilkunde betrachtet und bearbeitet wurde, und -an ihrem Theile auch der Heilkunde, dadurch aber dem ganzen -wissenschaftlichen Gemeinwesen bringen würde, leuchtet wohl -von selbst ein. Es wäre daher aus Sachkundigen ein Comité -zu Beantwortung der oben aufgeworfenen Frage und zu Organisirung -derjenigen Anstalten, welche das Resultat dieser Beantwortung -erforderte, zu ernennen. Dass ein solches selbstständiges -Institut der Heilkunde den ihm anheimgefallenen Stoff -nach einem festen, auf seine Encyklopädie begründeten Plane, -nach der Maxime, nicht zu lehren, was im Buche schon steht, -behandelte, wäre auch ihm zu wünschen, und es würde sich von -selbst verstehen. -</p> - -<p> -Nun aber, welches ja nicht aus der Acht zu lassen, haben -auch die wichtigsten Resultate der fortgesetzten ärztlichen Beobachtung, -<a id="page-136" class="pagenum" title="136"></a> -<a id="pagehdr-136" class="orig-page" title="58"></a> -deren wirkliche Vollziehung ihr allein überlassen wird, -als ein Theil der gesammten Naturbeobachtung, Einfluss auf den -Fortgang der ganzen Naturwissenschaft, und so muss auch die -wissenschaftliche Schule sie keinesweges verschmähen, sondern -sich in den Stand setzen, fortdauernd von ihr Notiz zu haben -und bei ihr zu lernen. Jedoch wird die Ausbeute davon niemals -sofort und auf der Stelle eingreifen in das Ganze, und so in -den encyklopädischen Unterricht gehören; es wird drum eine -andere, an ihrem Orte anzugebende Maassregel getroffen werden -müssen, dieselbe aufzunehmen, und sie bis zur Eintragung -in die Encyklopädie aufzubewahren. -</p> - -<p> -Dass die <em class="italic">Theologie</em>, falls sie nicht den ehemals laut gemachten -und auch neuerlich nie förmlich zurückgenommenen Anspruch -auf ein Geheimniss feierlich aufgeben wollte, in eine -Schule der Wissenschaft nicht aufgenommen werden könne, ist -schon oben gezeigt. Giebt sie ihn auf, so bequemt sie sich -dadurch zugleich zu der bisher auch nicht so recht zugegebenen -Trennung ihres praktischen Theiles von ihrem wissenschaftlichen. -</p> - -<p> -Um zuvörderst den ersten abzuhandeln: der Volkslehrer, -den sie bisher zu bilden sich vorsetzte, ist in seinem Wesen -der Vermittler zwischen dem höheren, dem wissenschaftlich ausgebildeten -Stande (denn einen anderen höheren Stand giebt es -nicht, und was nicht wissenschaftlich ausgebildet ist, ist Volk), -und dem niederen, oder dem Volke. Zunächst zwar, und dies -mit vollem Rechte, knüpft er sein Bildungsgeschäft an die Wurzel -und das Allgemeinste aller höheren menschlichen Bildung, -an die Religion an; aber nicht bloss diese, sondern alles, was -von der höheren Bildung an das Volk zu bringen und seinem -Zustande anzupassen ist, soll er immerfort demselben zuführen. -</p> - -<p> -Nichts verhindert, dass er nicht noch neben diesem Berufe -ein die Wissenschaft selbst in ihrer Wurzel selbstthätig bearbeitender -und sie weiter bringender Gelehrter sey, wenn er -<em class="italic">will</em> und <em class="italic">kann</em>; aber es ist ihm für diesen Beruf nicht nothwendig, -und drum ihm nicht anzumuthen. Es ist für ihn hinlänglich, -dass er überhaupt die Kunst besitze, wissenschaftliche -Gegenstände zu <em class="italic">verstehen</em> und sich über sie <em class="italic">verständlich zu -<a id="page-137" class="pagenum" title="137"></a> -<a id="pagehdr-137" class="orig-page" title="60"></a> -machen</em>, die er ja schon in der niederen Schule, welche er auf -alle Fälle durchzumachen hat, gelernt haben wird; ferner von -dem gesammten wissenschaftlichen Umfange die allgemeinsten -Resultate, und das Vermögen, erforderlichen Falles durch Nachlesen -sich weiter zu belehren, worin ihm die an der wissenschaftlichen -Schule eingeführten Encyklopädien den Unterricht -und die nöthigen Literaturkenntnisse geben. Die nöthige Anführung -zum Philosophiren hat er beim Philosophen zu holen. -Für sein nächstes Geschäft der religiösen Volksbildung hat er -zu allererst sein Religionssystem in der Schule des Philosophen -zu bilden. Für das Anknüpfen seines Unterrichtes an die biblischen -Bücher wird es vollkommen hinreichen, dass ein Buch -geschrieben und ihm in die Hände gegeben werde, in welchem -aus diesen Büchern der Inhalt ächter Religion und Moral entwickelt -werde, wobei nun weder die Verfasser dieses Buches, -noch der dadurch zur Bibel<em class="italic">anwendung</em> anzuleitende künftige -Volkslehrer sehr bekümmert zu seyn brauchen über die Frage, -ob die biblischen Schriftsteller es wirklich also gemeint haben, -wie sie dieselben erklären; das Volk aber vor dieser, durchaus -nicht in seinen Gesichtskreis gehörigen Frage sorgfältig zu bewahren -ist. Der Volkslehrer hat darum durchaus nicht nöthig, -die biblischen Schriftsteller nach <em class="italic">ihrem wahren, von ihnen beabsichtigten -Sinne</em> zu verstehen; wie denn ohne Zweifel auch bisher, -ohngeachtet es beabsichtiget und häufig vorgegeben worden, -weder bei ihm, noch auch oft bei seinem Professor in der -Exegese, dies der Fall gewesen; und wir somit nicht einmal -eine Neuerung, sondern nur das Geständniss der wahren Beschaffenheit -der Sache, und das besonnene Aufgeben eines unnöthigen -und vergeblichen Strebens begehren. Ueber <em class="italic">Pastoralklugheit</em>, -d. i. über seine eigentliche Bestimmung als Volkslehrer -im Ganzen eines Menschengeschlechts, und die Kunstmittel, dieselbe -zu erfüllen, wird er ohne Zweifel auch beim Philosophen -einige Auskunft finden können. Sein eigenthümlich ihm anzumuthender -Charakter, die <em class="italic">Kunst</em> der <em class="italic">Popularität</em>, und die Uebungen -derselben durch katechetische, homiletische, auch <em class="italic">Umgangsinstitute</em> -mit Gliedern aus dem Volke, sind der wissenschaftlichen -Schule, welche den scientifischen Vortrag beabsichtigt, -<a id="page-138" class="pagenum" title="138"></a> -<a id="pagehdr-138" class="orig-page" title="61"></a> -entgegengesetzt, drum von ihm abzusondern, und am -schicklichsten den ausübenden Volkslehrern, wie bei den Juristen, -zu übertragen. Das eigentliche Genie für den künftigen -Volkslehrer ist ein frommes, Menschen und besonders das Volk -liebendes Herz; hierauf wäre bei der Zulassung zu diesem Berufe -hauptsächlich zu sehen, und besonders bei Besetzung der -Consistorien, als etwa der künftigen Schulen solcher Lehrer, -würde weit mehr auf diese Eigenschaften, als auf andere glänzende -Talente oder auf ausgebreitete Kenntnisse Rücksicht genommen -werden müssen. -</p> - -<p> -Der wissenschaftliche Nachlass dieser, als einer priesterlichen -Vermittlerin zwischen Gott und den Menschen mit Tode -abgegangenen Theologie an die wissenschaftliche Schule würde -durch eine solche Veränderung seine ganze bisherige Natur -ausziehen und eine neue anlegen. Es hat derselbe zwei Theile: -ein von der Philologie abgerissenes Stück, und ein Capitel aus -der Geschichte. Die morgenländischen Sprachen, zu denen der -den Theologen bis jetzt fast ausschliessend überlassene hebräische -Dialekt einen leichten und schicklichen Eingang darbietet, -machen einen sehr wesentlichen Theil der Sprachentwickelung -des menschlichen Geschlechts aus, und sind bei einer -einst zu hoffenden organischen Uebersicht derselben ja nicht -auszulassen; die hellenistische Form nun vollends der griechischen -biblischen Schriftsteller gehört zur Kenntniss der griechischen -Sprache im Ganzen, welche Sprache ja auf unseren -Schulen getrieben wird. Beide erhalten gegen den aufgegebenen -höchst zweideutigen Anspruch, heilige Sprachen zu seyn, -den weit bedeutenderen, dass sie menschliche Sprachen sind, -zurück, und fallen der niederen Schule, die sich ja der Trägheit -schämen wird, die beschränkte hebräische Sprache nicht -allgemein bearbeiten zu können, da sie die sehr reiche griechische -Sprache mit Glück bearbeitet, wiederum anheim. Ferner -sind die biblischen Schriftsteller ja höchst bedeutende Formen -der Entwickelung des menschlichen Geistes, deren wahrer -Werth bloss darum nicht beachtet worden, weil ein erdichteter -falscher alle Aufmerksamkeit der einen Partei anzog, und den -Hass und die unbedingte Nichtbeachtung der anderen Partei -<a id="page-139" class="pagenum" title="139"></a> -<a id="pagehdr-139" class="orig-page" title="63"></a> -erregte. Von nun an, <em class="italic">sine ira et studio</em> in dieser Sache urtheilend, -werden wir es ebenso belehrend und ergötzend finden, -den Jesaias zu lesen, als den Aeschylos, und den Johannes als -den Plato, und es wird uns mit dem richtigen Wortverständnisse -derselben, <em class="italic">welches das gelehrte Studium allerdings anstreben -wird</em>, weit besser gelingen, wenn auch die ersten ebensowohl -als die zweiten zuweilen auch <em class="italic">unrecht</em> haben dürften, -als vorher, da sie immer, und für die besondere Ansicht jedes -neuen Exegeten, recht haben sollten, welches ohne mancherlei -Zwang und ohne nie endenden Streit nicht zu bewerkstelligen -war. Diese Exegese wird redlich seyn, auch redlich gestehen, -was sie nicht versteht, dagegen die vom theologischen Principe -ausgehende höchst unredlich war; (das oben Vorgeschlagene -aber gleichfalls keine unredliche Exegese ist, da es überhaupt -nicht Exegese ist, noch sich dafür giebt, indem eine solche -eine gelehrte Aufgabe ist, die durchaus vor das Volk nicht -gehört). -</p> - -<p> -Das Capitel aus der Historie, wovon die bisherige Theologie -einen Haupttheil sich fast ausschliessend zugeeignet, ist die -<em class="italic">Geschichte der Entwickelung der religiösen Begriffe unter den -Menschen</em>. Es geht aus dem gebrauchten Ausdrucke hervor, -dass die Aufgabe umfassender ist, als die Theologie sie genommen, -indem auch über die Religionsbegriffe der sogenannten -Heiden Auskunft gegeben werden müsste, und dass die wissenschaftliche -Schule sie in dieser Ausdehnung nehmen wird. Mit -diesen zu ihr gehörigen und sie erklärenden Bestandtheilen -versehen, ferner ohne alles Interesse für irgend ein Resultat, -und mit redlicher Wahrheitsliebe bearbeitet, wird auch die -eigentliche Kirchengeschichte eine ganz andere Gestalt gewinnen, -und man wird der Lösung mehrerer Probleme (z. B. über die -wahren Verfasser mancher biblischen Schriften, über die ächten -oder unächten Theile derselben, die Geschichte des Kanon, -u. s. w.), die dem Unbefangenen noch immer nicht gründlich -gelöst zu seyn scheinen könnten, näher kommen, oder auch -genau finden und bekennen, was in dieser Region sich ausmitteln -lasse, und was nicht. Es wäre, wie sich versteht, dieser -Theil der Geschichte dem Encyklopädisten der gesammten Geschichte, -<a id="page-140" class="pagenum" title="140"></a> -<a id="pagehdr-140" class="orig-page" title="64"></a> -zur Verflechtung in seinen Studienplan, anheimzugeben. — -</p> - -<p> -Zur Entscheidung über die oben vorgelegte Hauptfrage, und -falls die Antwort darauf befriedigend ausfiele, zur Entwerfung -eines festen Planes und Errichtung eines besonderen Institutes -zur Bildung künftiger Volkslehrer wäre ein aus sachverständigen -und guten Theologen und Predigern bestehendes Comité -niederzusetzen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-14"> -<span class="line1">§. 27.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Diesen zu beauftragenden einzelnen Männern und Comités -wäre, ausser den schon angeführten Geschäften, auch noch folgendes -aufzugeben, dass sie vollständig untersuchten, was an -gelehrtem Apparate für jedes Fach (Bücher, Kunst- und Naturaliensammlungen, -physikalische Instrumente, und dergl.) vorhanden -sey, welche Notwendigkeiten dagegen uns abgingen -und angeschafft werden müssten; für vollständige Kataloge und -Repertorien dieser Schätze sorgten; und in ihre Studienpläne -den zweckmässigen, folgegemässen Gebrauch derselben aufnähmen. -Falls die beauftragten einzelnen Männer neben ihrem -ersten Geschäfte zu diesem nicht Zeit fänden, so wären sie -zu ersuchen, einen anderen tüchtigen Mann für dasselbe zu -ernennen. -</p> - -<p> -In diesem Geschäfte hätten sie von einer Seite sich sorgfältig -zu hüten, dass sie, etwa um nichts umkommen zu lassen, -oder aus Streben nach äusserem Glanze und Rivalität -mit anderen gelehrten Anstalten, durch Beibehaltung überflüssiger -Dinge der Reinheit und Einfachheit unserer Anstalt Abbruch -thäten; sowie von der anderen Seite nichts zu sparen -am wirklich Nöthigen. Was den äusseren Glanz betrifft, so -wird uns dieser, falls wir nur das innere Wesen redlich ausbilden, -von selbst zufallen; die bedachte Beachtung desselben -aber, und die Nachahmung anderer, von denen wir nicht Beispiele -annehmen, sondern sie ihnen geben wollen, würde uns -wiederum in die Verworrenheit hineinwerfen, welche ja von uns -abzuhalten unser erstes Bestreben seyn muss. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-15"> -<a id="page-141" class="pagenum" title="141"></a> -<a id="pagehdr-141" class="orig-page" title="66"></a> -<span class="line1">§. 28.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Durch die allseitige Lösung der aufgestellten Aufgaben wäre -nun fürs erste zu Stande gebracht das <em class="italic">lehrende Subject</em> der -wissenschaftlichen Kunstschule. Wir könnten mit den encyklopädischen -Vorlesungen eine, fürs erste in ihren übrigen Bestimmungen -<em class="italic">ganz gewöhnliche Universität</em> eröffnen. Es wären jedoch -diese gesammten Vorlesungen, in denen, immer nach dem -Ermessen des Lehrers, der fortfliessende Vortrag mit Examinibus -und Conversatorien, deren Besuchung jedem Studirenden -<em class="italic">freistände</em>, keiner aber dazu <em class="italic">verbunden</em> wäre, abwechselte, über -das erste Unterrichtsjahr also zu vertheilen, dass die Studenten, -und wenn sie es wollten, auch die Lehrer, diese Vorlesungen -alle hören könnten, dennoch aber den ersteren zum -aufgegebenen Bücherlesen und zur Ausarbeitung der Aufsätze, -— von welchem demnächst, — den letzteren zu Beurtheilung -dieser Aufsätze Zeit übrig bliebe. Es möchte in dieser Zeitberechnung -bei beiden Theilen in Gottes Namen auf noch mehr -als den üblichen Fleiss <a id="corr-7"></a>und Berufstreue gerechnet werden; indem -diese Eigenschaften ohnedies an unserer Schule an die Tagesordnung -kommen sollen, und drum nicht zu früh eingeführt -werden können. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-16"> -<span class="line1">§. 29.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -<em class="italic">Während</em> dieser encyklopädischen Vorlesungen des ersten -Lehrjahres stellen der philosophische Lehrer sowohl, als die -übrigen encyklopädischen eine <em class="italic">Aufgabe</em> an ihr Auditorium, in -dem oben sattsam charakterisirten Geiste; so dass das aus dem -mündlichen Vortrage oder dem Buche Erlernte nicht bloss wiedergegeben, -sondern dass es zur Prämisse gemacht werde, damit -sich zeige, ob der Jüngling es zu seinem freien Eigenthume -erhalten habe, und als anhebender Künstler etwas Anderes -daraus zu gestalten vermöge. Diese Aufgabe bearbeitet jeder -Studirende, der da will, in einem Aufsatze, den er zu einem -bestimmten Termine vor Beendigung des Lehrjahres, mit einem -versiegelten Zettel, der den Namen des Verfassers enthalte, bei -<a id="page-142" class="pagenum" title="142"></a> -<a id="pagehdr-142" class="orig-page" title="67"></a> -dem aufgebenden Lehrer einsendet. Der Lehrer prüft diese -Aufsätze und hebt die vorzüglichsten heraus. -</p> - -<p> -In dieser Beurtheilung der Aufsätze ist bei rein philosophischem -Inhalte der Lehrer der Philosophie unbeschränkt: zur -Krönung anderer aber, die einen positiv wissenschaftlichen Stoff -haben, müssen der encyklopädische Lehrer des Faches und -der Philosoph (später, wenn wir eine solche haben werden, die -philosophische Klasse) sich vereinigen, der <em class="italic">erstere</em> entscheidend -über die Richtigkeit und die auf dieser Stufe des Unterrichts -anzumuthende Tiefe und Vollständigkeit der historischen Erkenntniss, -der zweite über den philosophischen und Künstlergeist, mit -welchem jener Stoff verarbeitet worden. Ein von <em class="italic">Einem</em> dieser -beiden verworfener Aufsatz bleibt verworfen, obschon der andere -Theil ihn billigte. Die Nothwendigkeit dieser Mitwirkung -der philosophischen Klasse liegt im Wesen einer Kunstschule: -die Mitwirkung des historischen Wissens aber soll uns dagegen -verwahren, dass nicht in empirischen Fächern <em class="italic">a priori</em> phantasirt -werde, statt gründlicher Gelehrsamkeit. -</p> - -<p> -Am <em class="italic">Schlusse</em> des ersten Lehrjahres wird das Resultat der -also vollzogenen Beurtheilung der eingegebenen Aufsätze, und -die Namen derer, deren Ausarbeitungen gebilligt sind, bekannt -gemacht; und es treten von ihnen diejenigen, <em class="italic">welche wollen</em>, -zusammen, als der erste Anfang eines <em class="italic">lernenden Subjects</em>, in -höherem und vorzüglicherem Sinne, an unserer wissenschaftlichen -Kunstschule. Welche wollen, sagte ich; denn obwohl die -Ausfertigung eines Aufsatzes, und die Unterwerfung desselben -unter die Beurtheilung des lehrenden Corps, diesen Willen -vorauszusetzen scheint: so können mit dem ersten doch auch -mancherlei andere Zwecke beabsichtigt werden, von denen zu -seiner Zeit; alle Studirenden an unserer Universität können auch -für diese Zwecke berechtiget werden; und es muss darum jedem, -der sogar beitreten <em class="italic">dürfte</em>, überlassen werden, ob er <em class="italic">will</em>. -Inzwischen wird die Fortsetzung unseres Entwurfes ohne Zweifel -die sichere Vermuthung begründen, dass jeder wollen werde, -der da dürfe. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-17"> -<a id="page-143" class="pagenum" title="143"></a> -<a id="pagehdr-143" class="orig-page" title="68"></a> -<span class="line1">§. 30.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Sie treten zusammen zu einer einzigen grossen Haushaltung, -zu gemeinschaftlicher Wohnung und Kost, unter einer angemessenen -liberalen Aufsicht. Ihre Bedürfnisse ohne alle Ausnahme, -nicht ausgeschlossen Bücher, Kleider, Schreibmaterialien u. s. f. -werden ihnen von der Oekonomieverwaltung in Natur gereicht, -und sie haben, die Verwaltung eines mässigen Taschengeldes -abgerechnet, wofür ein Maximum festgesetzt werden könnte, -während ihrer Studienjahre mit keinem anderen ökonomischen -Geschäfte zu thun. (Der Grund dieser Einrichtung ist schon -oben angegeben worden; und auf die Einwendung, dass junge -Leute auf der Universität zugleich das Haushalten mitlernen -müssten, ist zu erwiedern, dass, falls dieselben bei uns das Ehrgefühl, -die Gewissenhaftigkeit und die intellectuelle Bildung erhalten, -die wir anstreben, es sich mit dem künftigen Haushalten -von selbst finden werde; erhalten sie aber bei dem Grade der -Sorgfalt, den wir anwenden werden, dieselbe nicht, so ist gar -kein Schaden dabei, dass sie auch äusserlich verderben, und -mag dies immer je eher je lieber geschehen.) Inwiefern aber -diese Verpflegung <em class="italic">ihnen frei auf Kosten des Staates</em>, oder auf -ihre eigenen Kosten gereicht werden solle, davon behalten wir -uns vor, tiefer unten zu sprechen; und wollen wir mit dem -Gesagten keinesweges unbedingt das Erste gesagt haben. -</p> - -<p> -Mit diesem also zu Stande gebrachten Stamme tritt nun -das lehrende Corps in das oben beschriebene innige Wechselleben. -Sie werden fortdauernd erforscht und in ihrem Geistesgange -beobachtet, sie haben den ersten Zutritt zu den Examinibus, -Conversatorien, dem Umgange und der Berathung der -Lehrer, und stehen in der Benutzung der vorhandenen literarischen -Hülfsmittel jedem Anderen vor; auf ihre nächsten unmittelbaren -und wohlbekannten Bedürfnisse rechnet immerfort -der gesammte mündliche Vortrag der Kunstschule. Im Falle der -würdigen Benutzung dieser Schule, die durch eine tiefer unten -zu beschreibende Prüfung documentirt wird, stehen sie bei Besetzung -der höchsten Aemter des Staates allen Anderen vor -(und tragen den von Gottes Gnaden durch ein vorzügliches Talent -<a id="page-144" class="pagenum" title="144"></a> -<a id="pagehdr-144" class="orig-page" title="70"></a> -ihnen geschenkten, und durch würdige Ausbildung jenes -ersteren verdienten Adel). -</p> - -<p> -Immerhin mögen neben ihnen andere Studirende an den -vorhandenen Bildungsmitteln der Anstalt, welche recht eigentlich -doch nur für jene sind, nach allem ihren Vermögen theilnehmen, -und in freier Bildung jenen den Rang abzulaufen suchen, -welches, falls es ihnen gelänge, auch nicht unanerkannt -bleiben soll. Diese wachsen gewissermaassen wild, wie im -Walde; jene sind eine sorgfältig gepflegte Baumschule, welche -in alle Wege doch auch seyn soll, und aus welcher sogar dem -Walde manches edlere Saamenkorn zufliegen wird. Jene sind -<em class="italic">regulares</em>, und es wird wohl auch eine anständige deutsche -Benennung für sie sich finden lassen; diese sind <em class="italic">irregulares</em>, -blosse <em class="italic">Socii</em> und <em class="italic">Zugewandte</em>; und dies wären die beiden -Hauptklassen, in die unser studirendes Publicum zerfiele. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-18"> -<span class="line1">§. 31.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Es würde auch fernerhin nach jedem abgelaufenen Lehrjahre -denen, die bis jetzt noch unter den Zugewandten sich -befänden, freistehen, durch gelungene Ausarbeitungen (indem -gegen das Ende jedes Lehrjahres Aufgaben für dergleichen gegeben -werden) ihre Aufnahme unter die Regularen nachzusuchen. -Ausserdem würden diejenigen der jungen Inländer, -welche vorzügliches Talent und Progressen von der niederen -Schule zu documentiren vermöchten (über deren Grad und die -Art der Beweisführung später etwas Festes bestimmt werden -kann), gleich bei ihrem Eintritte auf die Universität ein Recht -haben auf einen Platz unter den Regularen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-19"> -<span class="line1">§. 32.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Es wäre zu veranlassen, dass gleich bei der Eröffnung der Universität, -da es noch keine Regulare giebt, diejenigen, welche die Aufnahme -unter sie durch Ausarbeitungen zu suchen gedächten, ebenso -wie späterhin die Regularen es sollen, zu einem <a id="corr-8"></a>gemeinschaftlichen -Haushalt zusammenträten. Diese, obwohl unter besonderer Aufsicht -des Lehrinstituts stehend, wäre dennoch keine eigentliche -öffentliche, sondern eine Privatanstalt, und die Mitglieder lebten -<a id="page-145" class="pagenum" title="145"></a> -<a id="pagehdr-145" class="orig-page" title="71"></a> -nicht, wie es mit den Regularen unter gewissen Bedingungen -wohl der Fall seyn kann, auf Kosten des Staates, sondern auf -die eigenen, die jedoch, ganz wie bei den Regularen, gemeinschaftlich -verwaltet würden. Es könnte auch denjenigen unter -diesen Vereinigten, welche beim Anfange des zweiten Lehrjahres -nicht unter die Regularen aufgenommen, und so aus dieser -ersten Verbindung in eine neue hinübergenommen würden, -nicht verwehrt werden, in dieser ihrer ersten Verbindung fortzuleben, -indem sie zufolge des vorhergehenden §. beim Anfange -des künftigen Lehrjahres glücklicher seyn können, und so <em class="italic">Candidaten</em> -der <em class="italic">Regel</em> zu bleiben. Es könnten zu ihnen hinzutreten, -um denselben Anspruch zu bezeichnen, andere, die bisher -unter den Zugewandten sich befanden, desgleichen die von der -niederen Schule Kommenden, die nicht schon von daher das -Recht, unmittelbar unter die Regularen zu treten, mitbringen. -Diese machen nun eine dritte Klasse der bei uns Studirenden, -ein Verbindungsglied zwischen den Regularen und den Zugewandten: -<em class="italic">Novizen</em>. Sie sind schon durch die Natur der Sache, -indem die Lehrer wissen, dass vorzüglich aus ihrer Mitte beim -Anfange des neuen Lehrjahres sie das Collegium der Regularen -zu ergänzen haben werden, der besonderen Beachtung derselben -empfohlen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-20"> -<span class="line1">§. 33.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Damit nun nicht etwa die Zugewandten, — denn von den -Novizen, die ihren Anspruch auf die Regel durch ihr Zusammenleben -bekennen, ist dies nicht zu befürchten — um der -grösseren Licenz willen, jemals versucht werden, sich für vornehmer -zu halten, denn die Regularen, soll der Vorzug der -letzteren sogar äusserlich anschaubar gemacht werden durch -eine <em class="italic">Uniform</em>, die kein Anderer zu tragen berechtigt sey, denn -sie und ihre ordentlichen Lehrer. Damit dieser Rock gleich -anfangs die rechte Bedeutung erhalte, sollen sogleich von Eröffnung -der Universität an die ordentlichen Lehrer diese Uniform -gewöhnlich tragen, also dass im ersten Lehrjahre nur sie, -und diejenigen, die in demselben Verhältnisse mit ihnen zur -Universität stehen, damit bekleidet seyen; später, nach Ernennung -<a id="page-146" class="pagenum" title="146"></a> -<a id="pagehdr-146" class="orig-page" title="73"></a> -des ersten Collegiums von Regularen, sie auf diese fortgehe, -und so ferner bei allen folgenden Ergänzungen des letzteren. — -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-21"> -<span class="line1">§. 34.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Diese Einrichtung soll zugleich die äussere sittliche Bildung -unserer Zöglinge unterstützen, und die Achtung derselben bei -dem übrigen Publicum befördern und sicherstellen. Gründliches -und geistreiches Treiben der Wissenschaft veredelt ohnedies -ganz von sich selbst; überdies wird für die Entwickelung -der Ehrliebe und des Gefühls für das Erhabene, als das eigentliche -Vehiculum der sittlichen Bildung des Jünglings, durch Beispiel -und Lehre gesorgt werden; die Ordnung aber kommt -durch die getroffene Einrichtung von selber in seinen Lebenslauf: -und so ist für die innere Bildung gesorgt. -</p> - -<p> -Die äussere wird, bei entwickelter Ehrliebe, der Gedanke -unterstützen, dass sein Rock ihn bezeichne, und dass dieses -Kleid nicht im Müssiggange auf den Strassen sich herumtreiben, -oder wohl gar an gemeinen Orten und bei Zusammenläufen -sichtbar werden, sondern dass es, als Mitglied der Gesellschaft, -nur in Ehrenhäusern erscheinen dürfe. Was aber Ehrenhäuser -sind, wird man ihm sagen, und auf alle Weise die Erlaubniss, -in solchen Häusern ihn zu empfehlen, zu verdienen suchen. -(Z. B. mag immerhin beim jetzigen Zustande der Dinge unter -gewissen Umständen ein ehrliebender Jüngling, der in ein Duell -verflochten worden, Entschuldigung verdienen, so soll doch -unser Zögling durchaus keine finden <em class="italic">darüber</em>, dass er sich erst -unter Pöbel, von welcher Geburt derselbe auch übrigens seyn -möge, begeben, wo dergleichen möglich war. Dahin werde der -<em class="italic">point d’honneur</em> des ganzen Corps gerichtet. Feige übrigens -sollen sie nicht werden.) -</p> - -<p> -Nach aussen hin ist gegen die Hauptquelle der Verachtung -im Leben, Unordnung im Haushalt und Schuldenmachen, unser -Zögling gesichert. Dass bei Excessen, deren Urheber unbekannt -bleiben sollten, nicht auch unschuldig, wie dies in den Universitätsstädten -wohl zu geschehen pflegt, dies Corps als der stets -vorauszusetzende allgemeine Sünder aufgestellt werde, dagegen -<a id="page-147" class="pagenum" title="147"></a> -<a id="pagehdr-147" class="orig-page" title="74"></a> -werden die Lehrer sich durch die Vorstellung schützen: Habt -ihr unsern Ehrenrock bei dem Excesse gesehen? Habt ihr dies -nun nicht, so verleumdet nicht unsere Zöglinge, denn diese gehen -nie aus, ausser in diesem Rocke: und sie (diese Lehrer) -werden überhaupt alles Ernstes auf die Ehre ihrer Zöglinge -und auf alle die Einrichtungen halten, die ihnen möglich machen, -dies mit ihrer eigenen Ehre zu thun. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-22"> -<span class="line1">§. 35.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Die <em class="italic">Zugewandten</em> stehen, da sie weder eigentliche Mitglieder -unserer Anstalt, noch eigentliche angesessene Bürger -sind, unter der allgemeinen Polizei, und es muss diese, ohne -alle Mitwirkung von Seiten der Anstalt, und ganz auf ihre eigene -Verantwortung, die Einrichtungen, wodurch den übrigen -Bürgern die gehörige Garantie in Hinsicht dieser Fremden geleistet -werde, treffen. Nicht anders würde es sich mit den -Novizen verhalten; welche jedoch, da sie eine Einheit bilden, -und ein sichtbares Band dieser Einheit an ihrer ökonomischen -Verwaltung haben, eine tüchtigere Garantie zu geben, auch -durch diesen ihren Repräsentanten in Unterhandlung mit der -Polizei zu treten vermögen, und so, in Absicht der Individuen, -einer liberaleren Gesetzgebung unterworfen werden können, -als die ersteren. Nun aber steht die Lehranstalt mit diesen -beiden Klassen noch in einem engeren Verhältnisse, denn die -übrigen Bürger, und es ist der allgemeinen Polizei völlig fremd, -dasjenige, was aus diesem engeren Verhältnisse hervorgeht, zu -ordnen. Demnach fielen die dahin gehörigen Anordnungen dem -Institute, als dem einen und vorzüglichsten Theilnehmer des -abzuschliessenden Contractes anheim. — Diese Klassen haben -zu allen von der Schule getroffenen Lehranstalten den Zutritt; -da aber ferner die Schule weder um ihre wissenschaftlichen -Fortschritte, noch um ihre Aufführung sich im mindesten bekümmert, -so beschränkt sich ihr Recht an diese lediglich auf -den Punct, <em class="italic">sich gegen die Verletzungen, welche aus der Ertheilung -dieses Zutrittes entstehen könnten</em> (denn gegen andere -Verletzungen schützt auch sie die allgemeine Polizei), <em class="italic">zu schützen</em>. -</p> - -<p> -Dergleichen Verletzungen würden seyn: Störung der Ruhe -<a id="page-148" class="pagenum" title="148"></a> -<a id="pagehdr-148" class="orig-page" title="76"></a> -und Ordnung in den Lehrübungen, zu denen sie den Zutritt -erhalten; Verletzung der Achtung, die das Verhältniss des Lernenden -zum Lehrer, oder der Zugewandten zu denen, um deren -willen die Anstalt eigentlich da ist, erfordert; endlich könnten, -bei dem bekannten Eigendünkel und der verkehrten Reizbarkeit -der gewöhnlichen Studirenden, aus dem, Dingen der -ersten und zweiten Art entgegengesetzten Widerstande der Lehrer -andere gröblichere Beleidigungen und Angriffe erfolgen, -welche, als erfolgt lediglich aus dem verstatteten Zutritte, nicht -nach allgemeinen polizeilichen Grundsätzen, sondern nach strengeren -beurtheilt werden müssten. -</p> - -<p> -Es müsste demzufolge zwischen der Lehranstalt und jedem -Individuum der Contract, durch den das letztere das Recht des -Zutrittes erhält und sich auf die Bedingungen, unter denen es -dasselbe erhält, verpflichtet, durch einen ausdrücklichen Act -abgemacht werden. Dieser Act ist die <em class="italic">Inscription</em>; die Bedingungen -aber sind die <em class="italic">Gesetzgebung</em> für den Zugewandten, welche, -da das übrige Verhältniss desselben zu anderen Bürgern -eine Sache der Polizei ist, durchaus nur sein Verhältniss zur -Lehranstalt, <em class="italic">als solcher</em>, zu bestimmen hat. Die Novizen können, -aus dem schon der Polizei gegenüber angegebenen Grunde, -auch in dieser Beziehung unter eine mildere Gesetzgebung gesetzt -werden. -</p> - -<p> -Der Act der Inscription und Verpflichtung auf die Gesetze -ist ein juridischer, und wird drum am schicklichsten, sowie die -unten zu bezeichnenden Justizgeschäfte einem besonders zu ernennenden -<em class="italic">Justitiarius</em> der Lehranstalt anheimfallen. -</p> - -<p> -Da die Anstalt in gar kein anderes Verhältniss mit den Zugewandten -eingeht, als auf die Erlaubniss des Zutrittes, so bleibt -ihr auch kein anderes Zwangsmittel übrig, als die Zurücknahme -dieser Erlaubniss. Dieses kann geschehen im <em class="italic">Besonderen</em> oder -im <em class="italic">Allgemeinen</em>. In Absicht des ersteren muss es jedem einzelnen -Lehrer, auf seine eigene Verantwortung vor seinem Gewissen, -freistehen, einen Zugewandten, dessen Unruhe und -Zerstreutheit ihn oder sein Auditorium stört, oder der ihn oder -seine mit ihm enger verbundenen Schüler beleidigt hat, den -Zutritt zu seinen Lehrübungen für eine gewisse Zeit, oder auch -<a id="page-149" class="pagenum" title="149"></a> -<a id="pagehdr-149" class="orig-page" title="77"></a> -auf immer, zu untersagen; und das ganze lehrende Corps muss -ihn hiebei, durch die Verwarnung vor grösserem Uebel, auf -seine blosse Anzeige unterstützen. Das zweite erklärt sich selbst; -und sind die Fälle, — unter die der, dass jemand der Verweisung -eines einzelnen Lehrers aus seinem Auditorium nicht Folge -geleistet hätte, mit gehört, — durch das Gesetz festzustellen. -Sollte, bei Verborgenheit der Urheber beleidigender Attentate, -etwas erst ausgemittelt werden müssen, so fällt diese Untersuchung -dem Justitiarius der Universität anheim, vor dessen Gericht -sich der Inscribirte, bei Strafe der Relegation <em class="italic">in contumaciam</em>, -zu stellen hat. Bisherige Universitäten, z. B. die Nutritoren -der Jenaischen Universität und derselben Senat, haben angenommen, -dass es in solchen Fällen für die Verurtheilung keinesweges -des strengen juridischen Beweises bedürfe, sondern dass -ein dringender Verdacht dazu hinreiche; indem ja nicht irgend -eine Strafe zugefügt, sondern nur eine frei ertheilte Erlaubniss -wiederum zurückgenommen werde, weil deren Fortdauer gefährlich -scheine; und der Verfasser dieses ist der Meinung, dass -diese recht haben, und dass auch wir denselben Grundsatz -aufzunehmen hätten. Der Justitiarius ist in dieser Qualität, als -Verwalter des Rechtes des Institutes, sich selbst zu schützen, -demselben verantwortlich. -</p> - -<p> -Mit der Zurücknehmung der Inscription ist, theils um die -Mitglieder der Universität gegen den ferneren Ueberlauf und -die Rache der Entlassenen zu sichern, theils, weil ein solcher -gar keinen Grund mehr aufweisen kann, seinen Aufenthalt an -diesem Orte fortzusetzen, die Verweisung aus der Universitätsstadt -und ihrer nächsten Nachbarschaft, oder die <em class="italic">Relegation</em> -natürlich verknüpft. Die Pflicht, über diese zu halten, fällt der -Polizei, die in dieser Rücksicht gar nicht Richter oder Revisor -des Urtheils, sondern lediglich Executor des schon gesprochenen -Urtheils ist, anheim; und müsste gegen diese, falls sie ihre -Pflicht lässig betriebe, die Universität als Kläger auftreten. -</p> - -<p> -(Sollte in dieser Ansicht einige Richtigkeit seyn, so würde -daraus auch erhellen, wie die bisherige Justizverwaltung auf -Universitäten, bald in der Voraussetzung, dass die Universität -nicht mehr dürfe, als eine Erlaubniss zurücknehmen, die sie -<a id="page-150" class="pagenum" title="150"></a> -<a id="pagehdr-150" class="orig-page" title="79"></a> -selbst gegeben, bald, indem sie zugleich das ihr fremde Geschäft -der Polizei und der Civiljustiz ausüben sollte, endlich, -indem ihr auch ein Gefühl ihrer Vater- und Erzieherpflichten -entstand, geschwankt, und bald zu viel, bald zu wenig gethan -habe. Hier ist durch die Trennung zwei sehr verschiedener -Klassen von Studirenden der Widerspruch gelöst; und durch -die anheimgegebene Freiheit, zu welcher Klasse jemand gehören -wolle, das persönliche Recht behauptet.) -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-23"> -<span class="line1">§. 36.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -In Absicht der Verknüpfung der Relegation mit der Zurücknahme -der Inscription, die bei Fremden ganz unbedenklich ist, -dürfte in dem Falle, da die zu Relegirenden ihren elterlichen -Wohnplatz in der Universitätsstadt hätten, billig das Bedenken -eintreten, ob die Universität, sowie sie ohne Zweifel das Recht -hat, diese aus ihren Hörsälen zu verweisen, auch das Recht -habe, sie aus ihrem väterlichen Hause zu vertreiben. Da inzwischen, -falls man ihr dieses Recht absprechen müsste, sie -gegen diese durchaus nicht weniger gefährlichen Jünglinge ohne -eine besondere Einrichtung nicht gesichert werden könnte, so -wäre als eine solche besondere Einrichtung vorzuschlagen: -1) dass Söhne aus der Universitätsstadt, falls sie nicht etwa -schon als Mitglieder einer niederen Schule das gute Zeugniss -dieser ihrer Lehrer für sich hätten, sich einige Zeit vor der Inscription -zu derselben anmelden müssten, und von da an beobachtet -würden, und dass man ihnen, falls diese Beobachtung -Bedenklichkeit gegen sie einflösste, die Inscription verweigern -könne. 2) Dass ihre Eltern eine namhafte Summe als Caution -für sie stellten, deren erste Hälfte im Falle der Zurücknahme -der Inscription, statt der Relegationsstrafe, mit der sie dermalen -verschont blieben, verfiele; dass aber, falls sie hinführo von -neuem sich einiger Excesse gegen die Lehranstalt schuldig machten, -auch die andere Hälfte verfiele, und sie dennoch relegirt -würden. Sollten Eltern diese Caution stellen nicht können oder -wollen, so müssen sie sich es eben gefallen lassen, dass auch -ihre Söhne im Falle der Verschuldung relegirt werden; sowie -bisher zuweilen sogar Professoren sich haben gefallen lassen -<a id="page-151" class="pagenum" title="151"></a> -<a id="pagehdr-151" class="orig-page" title="80"></a> -müssen, dass ihren unfertigen Söhnen dieses begegnet; indem -es gänzlich in dem freien Vermögen aller Studenten in der Welt -beruhet, diejenigen Handlungen, welche Relegation nach sich -ziehen, und deren Katalog bei uns, die wir der Polizei und dem -Civilgerichte überlassen würden, was ihres Amtes ist, gar nicht -gross seyn würde, zu unterlassen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-24"> -<span class="line1">§. 37.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Die Regularen werden vom Staate und seinem Organe, der -allgemeinen Polizei (denn mit der Civiljustiz könnte wohl die -Oekonomieverwaltung derselben, keinesweges aber ein Einzelner -von ihnen zu thun bekommen), betrachtet als ein Familienganzes, -das als solches für seine Mitglieder einsteht. Wäre von -den letzteren gesündigt, so ist freilich das Ganze zur Verantwortung -und Strafe zu ziehen; dagegen bleibt die Bestrafung -des einzelnen Mitgliedes der Familie selbst überlassen und wird -im Schoosse derselben vollzogen, und ist väterlich und brüderlich, -und soll dienen als Erziehungs-, keinesweges aber als -schreckendes Mittel. Nur wenn ein Individuum vom Körper abgesondert -und ausgestossen werden müsste, könnte es wieder -als Einzelner dastehen, und dem Forum, für welches es sodann -gehörte, anheimfallen. -</p> - -<p> -Es erhellt, dass ohne vorhergegangene Degradation und -Ausstossung keine der bisher aufgestellten gesetzlichen Verfügungen -auf die Regularen passen, und dass für sie weder Justitiarius -oder Relegation, oder <a id="corr-9"></a>dass etwas stattfinde. Durch die -blosse Ausstossung könnten sie doch nicht weniger werden, als -das, was sie ohne Einverleibung in das Corps der Regularen -gewesen seyn würden, <em class="italic">Zugewandte</em>, und erst als solche müssten -sie von neuem sich vergehen, um der Polizei oder dem Justitiarius, -welchem sie ja von nun an erst anheimfallen, verantwortlich -zu werden. Dass die Fälle, in denen ein Familienganzes -seine Mitglieder nicht vertreten kann, z. B. Criminalfälle, -ausgenommen sind, dass aber auch sodann die Degradation -der Auslieferung an den Richter vorhergehen müsse, ist unmittelbar -klar. -</p> - -<p> -Die Regularen hätten sonach zuvörderst für sich eine Regel -<a id="page-152" class="pagenum" title="152"></a> -<a id="pagehdr-152" class="orig-page" title="82"></a> -zu finden, nach der die Möglichkeit solcher Fälle so gut als aufgehoben, -und überhaupt alle Vorkehrungen so getroffen würden, -dass die Polizei keine Gelegenheit fände, von ihnen Notiz zu -nehmen: sodann ein Ephorat und Gericht zu errichten, das über -die Ausübung dieser Regel hielte. Ohne dies würde in dem -Hause, in welchem sie beisammen wohnten, ein alter ehrwürdiger -Gelehrter, der selbst einst mit Ruhm und Verdienst Lehrer -am Institut gewesen wäre, als der unmittelbarste Hausvater -der Familie, mit ihnen wohnen und leben. (Sollte späterhin die -Gesellschaft also anwachsen, dass sie in mehrere Häuser vertheilt -werden müsste, so müsste diese nicht etwa durch die Benennung -verschiedener Collegia getrennt, sondern das Einheitsband -müsste durch die Gemeinschaftlichkeit Eines Hausvaters -und durch andere Mittel auch äusserlich sichtbar bleiben.) -Dieser wäre der natürliche Präsident dieses Familiengerichts. Ferner -sind natürliche Beisitzer desselben alle ordentlichen Lehrer -an der Anstalt, indem ja deren eigene Ehre von der Ehre ihres -Zöglings abhängt; und könnten dieselben, zur Sparung ihrer -Zeit, <em class="italic">abwechselnd</em> in demselben sitzen. Endlich wären, damit -ein wahrhaftes Familien- und Brudergericht entstände, aus den -Regularen selbst, nach einer leicht zu findenden Regel, Beisitzer -zu ernennen. Deren richterliche Verwaltung trüge nun den -oben angegebenen Grundcharakter, die Verhandlungen aber und -Richtersprüche derselben blieben durchaus im Schoosse dieses -Corps; hierüber anderen etwas mitzutheilen, würde betrachtet -als eine Ehrlosigkeit, die unmittelbar die Ausstossung nach sich -ziehen müsste. -</p> - -<p> -Eine ähnliche Einrichtung können die Novizen, falls sie eine -Verwaltung finden, deren Garantie die Polizei annehmen will, -treffen. Nur haben sie keinen Anspruch auf den Beisitz der -ordentlichen Lehrer in ihrem Familiengerichte; es kann ihnen -aber erlaubt werden, ausserordentliche Professoren, von denen -zu seiner Zeit, oder auch andere brave Gelehrte, zu diesem Beisitze -einzuladen. Ueberhaupt, so ähnlich auch das Noviziat -jetzt oder künftig dem Collegium der Regularen werden möchte, -so bleibt doch immer der Hauptunterschied, dass das letztere -unter öffentlicher Autorität und Garantie steht, das erste aber -<a id="page-153" class="pagenum" title="153"></a> -<a id="pagehdr-153" class="orig-page" title="83"></a> -ein mit Privatfreiheit zu Stande gebrachtes Institut ist, dessen -Mitglieder von Rechtswegen keinen grösseren Anspruch haben, -denn die Zugewandten, und die die Begünstigungen, welche -Polizei und Universität ihnen etwa geben, nur anzusehen haben -als ein freies Geschenk, das ihnen auch wieder entzogen -werden kann. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-25"> -<span class="line1">§. 38.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Durch das Bisherige ist nun auch die Entstehung des <em class="italic">lernenden -Subjectes</em> in seinen verschiedenen Abstufungen, und wie -dasselbe immerfort ergänzt und erneuert werden solle, beschrieben. -Wir können nunmehro auch an eine weitere Bestimmung -des schon oben im Allgemeinen aufgestellten lehrenden Subjectes -gehen. -</p> - -<p> -Auf den bisherigen Universitäten war es Doctoren und -ausserordentlichen Professoren erlaubt, sich im Lesen zu versuchen -und zu erwarten, ob ein Publicum sich um sie herum -versammeln werde. Haben dieselben schon auf einer anderen -Universität das Recht, Vorlesungen zu halten, gehabt, so können -auch wir es ihnen erlauben. Im entgegengesetzten Falle mögen -sie das anderwärts Gebräuchliche auch bei uns leisten. Die -eigentlichen Lehrer für die Regularen und die, so es zu werden -streben, sind freilich die encyklopädischen Lehrer, die ja auch -die entscheidenden Aufgaben geben, sowie die von diesen etwa -eingesetzten Lehrer des Theils eines Faches, welche, obwohl -Unterlehrer, dennoch <em class="italic">ordentliche</em> Lehrer sind. Für diese, die -wir immer insgesammt <em class="italic">ausserordentliche</em> Professoren nennen -könnten, blieben demnach die Zugewandten übrig, an denen -sie sich versuchen könnten. Dennoch sollen auch nicht nur -Regulare, und zwar die geübtesten und befestigtsten, von dem -encyklopädischen Lehrer des Faches zur Besuchung ihrer Vorlesungen -ernannt werden, sondern auch dieser Lehrer selbst -und andere Lehrer befugt seyn, denselben insoweit beizuwohnen, -bis sie einen bestimmten Begriff von den Kenntnissen und -dem Lehrertalent des Mannes sich erworben. -</p> - -<p> -Die erste Erlaubniss zu lesen geht nur auf Ein Lehrjahr. -Nach Verfluss desselben muss abermals um dieselbe eingekommen -<a id="page-154" class="pagenum" title="154"></a> -<a id="pagehdr-154" class="orig-page" title="85"></a> -werden, und es kann diese nach Befinden der Umstände -erneuert oder verweigert werden; oder auch der zweckmässig -befundene Lehrer kann als ordentlicher Unterlehrer oder auch -als Encyklopädist, wenn der vorherige abgehen will, ernannt -werden. -</p> - -<p> -Die Entscheidung über beide Gegenstände hängt, wie bei -Beurtheilung der Aufsätze, ab von der Klasse des Faches, so -wie von der philosophischen Klasse, wo die erstere über die -Gründlichkeit der empirischen Erkenntniss, die zweite über die -philosophische Freiheit und Klarheit entscheidet. Auch hier -müssen für ein bejahendes Urtheil beide Stimmen sich vereinigen, -indem jede Klasse erst unter sich und für sich einig -seyn muss, und ihre Stimme hier nur für eine gezählt wird. -Da jedoch, so wie das Alter beschuldigt wird, jeder Neuerung -zuweilen sich feindselig zu zeigen, ebenso die kräftigere Jugend -von Eifersucht gegen fremdes Verdienst nicht immer ganz -frei zu sprechen ist, so müsste bei einem die Erlaubniss zu -lesen, oder die Anstellung eines Lehrers betreffenden Falle -fürs erste jede besondere Klasse (die hier requirirte empirische, -so wie die philosophische) zuvörderst in sich selber in zwei -Theile getheilt werden, den <em class="italic">Rath der Alten</em>, und den <em class="italic">der ausübenden -Lehrer</em>, und nur wenn diese beiden Theile Nein sagten, -hätte die Klasse Nein gesagt, dagegen auch das einseitige -Ja des einen Rathes zum Ja der Klasse würde. Dadurch würde -hervorgebracht, dass weder die Neuerungsfurcht des einen, noch -die Eifersucht des anderen Theiles den Fortschritt zum Besseren -hindern könnte, und diesen beiden Dingen an einander -selber ein wirksames Gegengewicht gegeben; wo aber beide -Theile Nein sagten, da würde wohl ohne Zweifel das Nein die -richtige Antwort seyn. -</p> - -<p> -(Uebrigens wird eine solche Eintheilung unseres gelehrten -Corps in einen Senat der Alten und der Lehrer zu seiner -Zeit aus dem Wesen des Ganzen, ganz ohne Rücksicht auf -das soeben erwähnte besondere Bedürfniss, sich sehr natürlich -ergeben.) -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-26"> -<a id="page-155" class="pagenum" title="155"></a> -<a id="pagehdr-155" class="orig-page" title="86"></a> -<span class="line1">§. 39.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Eine Auswahl der Regularen in jedem Fache wird beim -Fortgange der Anstalt, als ein Professorseminarium, ohnedies -unter der Aufsicht der ordentlichen Lehrer zu den Geschäften -des Lehrers angehalten werden. Diesen könnte, wenn sie aus -der Klasse der Studirenden herausgetreten und zu <em class="italic">Meistern</em> -ernannt worden, das Recht zu lesen auf dieselbe Weise ertheilt -werden, so wie aus ihnen die Lehrstellen nach derselben Regel -sehr leicht besetzt werden. Doch würden uns immerfort -auf jeder Stufe unserer Vollendung zu uns kommende fremde -Lehrer, auf die §. <em class="italic">praeced.</em> erwähnte Weise, willkommen seyn, -und wir dadurch gegen jede Einseitigkeit des Tones uns zu -verwahren suchen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-27"> -<span class="line1">§. 40.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Die Verwaltung des Lehramtes, besonders nach unseren -Grundsätzen, erfordert jugendliche Kraft und Gewandtheit. Nun -ist wenigen die Fortdauer dieser jugendlichen Frischheit bis in -ein höheres Alter hinein zugesichert; auch fällt die Neigung -der meisten originellen Bearbeiter der Wissenschaft in reiferen -Jahren dahin, ihre Bildung in einer festen und vollendeten Gestalt -niederzulegen in das Archiv des allgemeinen Buchwesens, -und es ist sehr zu wünschen, dass dies geschehe, und ihnen -die Zeit und Ruhe dazu zu gönnen. Wir müssen darum nicht -anders rechnen, als dass wir die Lehrer an unserer Anstalt -nur auf eine bestimmte Zeit beibehalten wollen. Alle diejenigen, -mit denen das Institut zuerst beginnt, werden sich bald -nach der ehrenvoll verdienten Ruhe sehnen, und gern den Zeitpunct -ergreifen, da unter ihnen ein jüngeres Talent sich gebildet -hat, das ihren Platz würdig besetze. Alle während des -Fortganges des Instituts neu angestellte Lehrer sind nur auf -einen bestimmten Zeitraum (etwa für die Periode, innerhalb -welcher das studirende Publicum sich zu erneuern pflegt) anzunehmen, -nach dessen Ablaufe beide Theile, die Universität -und der Lehrer, auf die §. 38 beschriebene Weise, den Contract -erneuern oder auch aufheben können. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-28"> -<a id="page-156" class="pagenum" title="156"></a> -<a id="pagehdr-156" class="orig-page" title="87"></a> -<span class="line1">§. 41.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Um im ökonomischen Theile solcher Verhandlungen dem -bisher oft stattgefundenen anstössigen Markten zwischen Regierungen -und Gelehrten, indem die ersteren zuweilen von der -Verlegenheit eines wackeren Mannes Vortheil zu ziehen suchten, -um seine Kraft und sein Talent wohlfeilen Kaufes an sich -zu bringen, die letzteren zuweilen auch mit dem Gehörigen -sich nicht begnügen mochten, und ihre übertriebenen Forderungen -durch theils mit List an sich gebrachte auswärtige Vocationen -unterstützen, in der Zukunft und für unser Lehrinstitut -vorzubauen, mache ich folgenden Vorschlag: -</p> - -<p> -Entweder sind diese Lehrer Inländer, und auf unserem -Institute, wohl gar als Regulare, wie zu erwarten, gebildet, -so hat das Vaterland ohnedies den ersten Anspruch auf ihre -Kräfte, so wie <em class="italic">sie</em> Anspruch auf die Fürsorge desselben, in jedem -Falle und ihr ganzes Leben hindurch, haben; oder sie -sind Fremde, welche bei uns auch ihre Bildung nicht erhalten -haben. Im letzten Falle fordere man von ihnen, dass sie, beim -Eingehen irgend eines Verhältnisses mit uns, oder bei der Erneuerung -eines solchen, sich erklären, ob sie ihr Fremdenrecht -beibehalten, oder ob sie das völlige Bürgerrecht haben (sich -<em class="italic">nostrificiren</em> lassen) wollen. Im ersten Falle müssen wir uns -freilich gefallen lassen, dass, falls sie uns unentbehrlich sind, -sie sich uns so theuer verkaufen, als sie irgend können; jedoch -wird diese Verbindung immer nur auf einen Zeitraum -eingegangen; und können wir etwa nach dessen Abfluss sie -entbehren, so sollen sie wissen, dass wir uns sodann um sie -durchaus nicht weiter kümmern werden, und sie gehen können, -wohin es ihnen gefällt. Im zweiten Falle erhält der Staat -an sie, und sie an den Staat alle Ansprüche, die zwischen ihm -und den bei uns gebildeten Eingebornen stattfinden. Um nun -in diesem letzteren Verhältnisse zugleich die persönliche Freiheit -des Individuums sicher zu stellen, zugleich eine rechtliche -Gleichheit des Individuums mit dem Staate, der bisher seinem -Diener lebenslänglichen Unterhalt zusichern, von ihm aber zu -jeder Stunde sich den Dienst aufkündigen lassen musste, hervorzubringen, -<a id="page-157" class="pagenum" title="157"></a> -<a id="pagehdr-157" class="orig-page" title="89"></a> -und besonders, um dem Gelehrtenstande zu grösserer -Moralität und Ehrliebe in Dingen dieser Art zu verhelfen, -setze man den Anspruch auf lebenslange Versorgung, verhältnissmässig -nach dem Fache, als <em class="italic">gleich einem gewissen bestimmten -Capital</em>, das der des vollkommenen Bürgerrechts Theilhaftige -dem Staate zurückzahle, wenn er dessen bisherige Dienste -verlassen will. Ist er nun dem auswärtigen Berufer dieser -Summe werth, so mag derselbe sie bezahlen, und er ist frei; -aber es ist zu hoffen, dass dieser Fall nicht sehr häufig eintreten, -und auf diese Weise wir mit der Beseitigung so mannigfacher -Vocationen verschont bleiben werden. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-29"> -<span class="line1">§. 42.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Es ist, in der Voraussetzung dieser Einrichtung, bei der -Frage, wie abgetretene Professoren zu versorgen seyen, nur -von solchen die Rede, denen das vollkommene Bürgerrecht angeboren, -oder von ihnen angenommen ist; indem diejenigen, -welche dasselbe abgelehnt, nach ihrem Austritte nicht nur nicht -versorgt werden, sondern es sogar eine feste Maxime unserer -Politik seyn soll, dieselben sobald wie möglich entbehrlich zu -machen. -</p> - -<p> -Die bei uns erzogenen und beim Austritte aus den Studirenden -des <em class="italic">Meisterthums</em> würdig befundenen Regularen haben -ohnedies den ersten Anspruch auf die ersten Aemter des Staats, -und man könnte auch immerhin den Lehrern, die das Institut -beginnen werden, denselben Anspruch ertheilen, den man -ihren späteren Zöglingen nicht wird versagen können. Dieser -Anspruch und die Fähigkeit, dergleichen Aemter zu bekleiden, -werden dadurch ohne Zweifel nicht vermindert, dass der Mann -durch einige Jahre Lehramt es zu noch grösserer Gewandtheit -in demjenigen wissenschaftlichen Fache, dessen Anwendung -im Leben das erledigte Staatsamt fordert, und nebenbei zu -grösserer Reife des Alters und der Erfahrung gebracht hat; es -wäre vielmehr zu wünschen, dass alle diesen Weg gingen, -und das Leben der ersten Bürger in der Regel in die drei -Epochen des lernenden, des lehrenden und des ausübenden -wissenschaftlichen Künstlers zerfiele. Weit entfernt daher, um -<a id="page-158" class="pagenum" title="158"></a> -<a id="pagehdr-158" class="orig-page" title="90"></a> -die Anstellung ausgetretener Lehrer verlegen zu seyn, müssten -wir, wenn wir auch sonst keines Corps der Lehrer bedürften, -ein solches schon als Pflanzschule und Repertorium höherer -Geschäftsmänner errichten, und bei eintretendem Bedürfnisse -aus diesem Behälter zuweilen sogar den, der lieber darin -bliebe, herausheben. -</p> - -<p> -Dieses Bedürfniss austretender Lehrer für den Staat und -den höheren Geschäftskreis desselben noch abgerechnet, bedarf -auch für sich selbst als literarisches Institut solcher Männer. -— Es giebt sehr weit von der Wurzel des wissenschaftlichen -Systems abliegende, in ein sehr genaues Detail eines -Faches gehende Kenntnisse, welche in die allgemeine Encyklopädie -und den gewöhnlichen Kreis des Unterrichts an der -wissenschaftlichen Schule nicht eingreifen, und ohne deren -Kenntniss jemand ein sehr trefflicher Lehrer seyn kann. Doch -kann das Bedürfniss auch dieser Kenntniss für Lehrer und Lernende -eintreten; es muss daher das Mittel vorhanden seyn, -sie irgendwo zu schöpfen. Dies seyen fürs erste die ausgetretenen -Lehrer. Vielleicht arbeiten sie ohnedies an einem -Werke, in welchem sie ihre individuelle Bildung in das allgemeine -Archiv des Buches niederlegen wollen, zu dem ihnen -die Musse zu gönnen ist. Nebenbei mögen auch Lehrer und -Lernende sich bei ihnen Raths erholen über das, worin sie -vorzüglich stark sind; oder auch vorkommenden Falles beide -sie um einige Vorlesungen ersuchen, in Gottes Namen über ein -orientalisches Wurzelwort, oder die Naturgeschichte eines einzelnen -Mooses. Sie sind mit einem Worte Rath und Hülfe der -jüngeren bei eintretenden Nothfällen im Wissen sowohl als -der Kunst. -</p> - -<p> -Indem sie nun doch nicht mehr eigentliche und ordentliche -Lehrer an der Universität, und ihre noch fortdauernden -Leistungen nur frei begehrte und frei gewährte Gaben sind, -sind sie eine <em class="italic">Akademie der Wissenschaft</em>, im <em class="italic">modernen</em> (eigentlich -französischen) Sinne dieses Wortes; und für die Universitätsangelegenheiten -der oben erwähnte <em class="italic">Rath</em> der <em class="italic">Alten</em>. Mit -ihnen tritt bei dergleichen Berathschlagungen das Corps der -wirklichen Lehrer, als <em class="italic">Rath der ausübenden Lehrer</em> zusammen; -<a id="page-159" class="pagenum" title="159"></a> -<a id="pagehdr-159" class="orig-page" title="92"></a> -daher sind auch die letzteren natürliche Mitglieder der Akademie; -und die gesammte Akademie ist, in Beziehung auf die -Universität, der <em class="italic">Senat</em> derselben, nach den erwähnten beiden -Haupttheilen in allen festzusetzenden besonderen Klassen. -</p> - -<p> -Freie Mitglieder der Akademie bleiben auch die zu anderen Staatsämtern -beförderten ausgetretenen Lehrer, und sie -sind befugt, und, inwiefern es ihre anderen Geschäfte erlauben, -ersucht an den Berathschlagungen derselben, als Mitglieder -des Rathes der Alten, Theil zu nehmen (und sie werden -gebeten werden, welche Decorationen auch sonst ihnen zu Theil -geworden seyn dürften, dennoch zuweilen auch unsere Uniform, -welche überhaupt jeder Akademiker trägt, mit ihren Personen -zu beehren). -</p> - -<p> -In dieser Akademie Schooss bleibt ihnen auch immer, welche -Schicksale auch sonst auf ihrer politischen Laufbahn sie -betroffen haben möchten, der ehrenvolle Rückzug, und ist ihnen -da ein sorgenfreies, geehrtes Alter bereitet, indem der Charakter -eines Akademikers <em class="italic">character indelebilis</em> wird. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-30"> -<span class="line1">§. 43.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Noch wäre, in derselben Rücksicht, um sichern Rath und -Hülfe in jeder literarischen Noth zu finden, eine andere Art -von Akademikern, die sogar niemals ordentliche Lehrer gewesen, -anzustellen; ich meine jene lebendigen Repertorien der -Bücherwelt, und die, welche gross und einzig sind in irgend -einer seltenen Wisserei, obwohl sie es niemals zu einer encyklopädischen -Einheit der Ansicht ihres Faches, oder zu einer -lebendigen Kunst in demselben, gebracht haben, und darum -als ordentliche Lehrer für uns nicht taugen. Wir wollen sie -nur dazu, dass unser ordentlicher Lehrer diese lebendigen Bücher -zuweilen nachschlage; die Klarheit und Kunstmässigkeit -wird er dem bei ihm geschöpften Stoffe für die Mittheilung an -seine Schüler schon selber geben. -</p> - -<p> -(So starb vor mehreren Jahren zu Jena ein gewisser B.<a class="fnote" href="#footnote-26" id="fnote-26">[26]</a>, -der mehrere Hunderte von Sprachen zu wissen sich rühmte, -<a id="page-160" class="pagenum" title="160"></a> -<a id="pagehdr-160" class="orig-page" title="93"></a> -und von dem andere, auch nicht mit Unrecht, sagten, er besitze -keine einzige. Dessenohnerachtet, glaube ich, würde -auch der Besitz eines solchen uns wünschenswürdig seyn. -Denn falls etwa, wie es denn in der That dergleichen Leute -giebt, jemand glaubte, das gesammte menschliche Sprachvermögen -sey im Grunde Eins, und die mancherlei besonderen -Sprachen seyen nur, nach einem gewissen Naturgesetze, ohne -einige Einmischung der Willkür fortschreitende weitere Bestimmungen -und Ausbildungen jener Einen Wurzel, und es lasse -sich sowohl diese Wurzel, als jenes Naturgesetz finden; und -etwa einer unserer Akademiker an die Lösung dieser Aufgabe -ginge, so würde diesem aus anderen Gründen nicht füglich -anzumuthen seyn, dass er alle Sprachen der Welt wisse; es -möchte sie aber neben ihm und für seinen Gebrauch ein solcher -B. wissen, der wiederum immer unfähig seyn möchte, -ein solches Problem zu denken und sein Wissen für die Lösung -desselben zu gebrauchen. — So müssen wir denn den -ganzen vorhandenen historischen Schatz aller Wissenschaft bei -uns aufzuspeichern suchen, nicht um ihn todt liegen zu lassen, -sondern um ihn einst mit organisirendem Geiste zu bearbeiten. -Ist dies geschehen, dann wird es Zeit seyn, das <em class="italic">caput mortuum</em> -wegzuschaffen; bis dahin wollen wir nichts wegwerfen oder -verschmähen.) -</p> - -<p> -So ist, nachdem der Theologie der Alleinbesitz der orientalischen -Sprachkunde und der der Kirchengeschichte abgenommen -worden, kaum zu erwarten, dass beides, bis auf seinen -letzten bekannten Detail, in den gesammten encyklopädischen -Unterricht der Philologie oder der Geschichte an unserer -Kunstschule werde aufgenommen werden; dass wir sonach -eines ordentlichen Lehrers der orientalischen Sprachen oder -der Kirchengeschichte kaum bedürfen werden. Dennoch müssen -immerfort Männer in unserer Mitte seyn, bei welchen jeder, -der aus irgend einem Grunde das Bedürfniss hat, über -das Encyklopädische hinaus bis zu dem äussersten Detail dieser -Fächer fortzugehen, sein durch das blosse Buch nicht also -zu befriedigendes Bedürfniss zu befriedigen vermag. -</p> - -<p> -Uebrigens sind diese Anführungen nur als Beispiele zu -<a id="page-161" class="pagenum" title="161"></a> -<a id="pagehdr-161" class="orig-page" title="94"></a> -verstehen. Eine systematische Uebersicht der Summe unserer -Bedürfnisse in dieser Rücksicht, so wie die Angabe der bestimmten -Männer, die wir zu diesem Behuf für den Anfang -mit uns zu vereinigen hätten, werden die Berathschlagungen -der oben erwähnten einzelnen Männer und Comités, welche -auch über diesen Theil unseres Plans zu instruiren wären, an -die Hand geben. -</p> - -<p> -Auch diese Art von Akademikern besitzt alle Rechte eines -solchen, und sitzt im <em class="italic">Rathe der Alten</em>. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-31"> -<span class="line1">§. 44.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Betreffend den Uebergang aus dem Corps der Lehrlinge -in das der Lehrenden oder praktisch Ausübenden: -</p> - -<p> -Der Regulare müsse am Ende seines Studirens documentiren, -dass der Zweck desselben bei ihm erreicht worden, sagten -wir oben. Da nun der letzte Zweck unserer Anstalt keinesweges -die Mittheilung eines Wissens, sondern die Entwicklung -einer Kunst ist, der in einer Kunst Vollendete aber Meister -heisst, so würde jene Documentation darin bestehen, dass -er sich als Meister bewähre. -</p> - -<p> -Das Meisterstück würde am schicklichsten in einer zu liefernden -Probeschrift bestehen, nicht über ein Thema freier -Wahl, sondern über ein vom Lehrer seines Faches ihm gegebenes -und <em class="italic">darauf</em> berechnetes, dass daran sich zeigen müsse, -<em class="italic">ob der Lehrling die in seiner individuellen Natur liegende -grösste Schwierigkeit</em>, die dem Lehrer ja wohlbekannt seyn -muss, durch die kunstmässige Bildung seines Selbst besiegt -habe. (Wählt er selbst, so wählt er das, wozu er am meisten -Leichtigkeit und Lust hat; daran aber zeigt sich nicht der -Triumph der Kunst; der Lehrer soll ihm das aufgeben, was -für seine Natur das Schwerste ist, denn das Schwere mit -Leichtigkeit thun, ist Sache des Meisters.) Ueber diese seine -eigene Schrift nun, und auf den Grund derselben werde er, bis -zur völligen Genüge des Lehrers, öffentlich examinirt. -</p> - -<p> -Es sind zwei Fälle. Entweder wird in einem besonderen -empirischen Fache das Meisterthum begehrt. In diesem Falle -giebt der Lehrer dieses Fachs das Thema; die Prüfung aber, -<a id="page-162" class="pagenum" title="162"></a> -<a id="pagehdr-162" class="orig-page" title="96"></a> -und das <em class="italic">tentamen</em> zerfällt in zwei Theile, von denen, wie auch -bei den früheren Beurtheilungen der Aufsätze der Studenten, -der Lehrer des Faches nach der Erkenntniss, und beim Candidaten -des Meisterthums insbesondere darnach forscht, ob er -sie in der Vollständigkeit und bis zu demjenigen Detail, bis zu -welchem der mündliche und Bücherunterricht an der Kunstschule -fortgeht, gefasst habe; die philosophische Klasse aber -über die lebendige Klarheit dieser Erkenntniss die Prüfung nach -allen Seiten hinwendet und versucht. -</p> - -<p> -Oder der Candidat begehrte bloss in der Philosophie das -Meisterthum: so würde er in Absicht des Themas sowohl, -als der Prüfung auf den ersten Anblick lediglich der philosophischen -Klasse anheimfallen, und die Empirie an ihn keine -Ansprüche haben. Da inzwischen die Philosophie gar keinen -eigentlichen Stoff hat, sondern nur das allen Stoff der Wissenschaft -und des Lebens in Klarheit und Besonnenheit auflösende -Mittel ist; und derjenige, der sich für einen grossen Philosophen -ausgäbe, dabei aber bekennte, dass er weder etwas Anderes -gelernt, vermittelst dessen, als eines Mittelgliedes, er -seinen philosophischen Geist ins Leben einzuführen vermöchte, -noch auch seine Philosophie unmittelbar von sich zu geben und -sie anderen mitzutheilen verstände, ohne Zweifel der Gesellschaft -völlig unbrauchbar, und keinesweges ein Künstler, sondern -ein todtes Stück Gut seyn würde: so muss der, der sich -auf die Philosophie beschränkt, wenigstens sein Vermögen sie -mitzutheilen, und einen kunstmässigen Lehrer in derselben -abzugeben, documentiren. Und so kann keiner als Meister in -der Philosophie anerkannt werden, der sich nicht auch zugleich -als <em class="italic">Doctor</em> derselben bewährt hat. -</p> - -<p> -Nun ist es ferner gar nicht hinlänglich, dass er in dieser -Fertigkeit des Vortrages seiner Klasse genüge; er soll auch -Nichtphilosophen, dergleichen ja, wenn er das Lehramt einst -im Ernste verwaltet, alle seine Lehrlinge anfangs seyn werden, -verständlich werden können; und so fällt denn in dieser Rücksicht -das Endurtheil von seiner eigenen Klasse an die empirischen -Klassen insgesammt, die es durch aus ihrer Mitte ernannte -Stellvertreter verwalten können. Hier also entscheidet -<a id="page-163" class="pagenum" title="163"></a> -<a id="pagehdr-163" class="orig-page" title="97"></a> -umgekehrt die philosophische Klasse über die Richtigkeit des -Inhalts, als Resultat der erlernten Kunst, die Gesetze des Denkens -im Philosophiren frei zu befolgen, die empirischen über -die Gewandtheit und Klarheit in dieser Kunst, die er durch den -Vortrag darlegt. Mögen diese immerhin über das Vorgetragene -kein Urtheil haben; der Vortrag selbst wenigstens muss ihnen -als meistermässig einleuchten. — Es werden darum diejenigen, -welche um das Meisterthum in der Philosophie nachzusuchen -gedenken, sich schon früher in dem Lehrerseminarium geübt -haben, da der philosophische Vortrag ohnedies der vollkommenste -und das Vorbild alles anderen Vortrages bleiben muss, -und darüber an unserer Kunstschule alles Ernstes zu halten -ist. -</p> - -<p> -Dagegen kann der empirische Gelehrte, der seine Kenntnisse -vielleicht nur praktisch anzuwenden gedenkt, Meister -seyn, ohne gerade Doctor seyn zu können. Macht er auch -auf das Letztere Anspruch, und begehrt er an unserem Institute -zu lehren, so muss er seine Fertigkeit darin noch besonders -darthun, und hat er hierüber beiden, sowohl der philosophischen -Klasse, als der seines Faches, Genüge zu leisten. -</p> - -<p> -Es lässt sich auch den Zugewandten das Recht, das Meisterthum -in Anspruch zu nehmen, nicht durchaus versagen. -Da jedoch hierbei die, den Lehrern auch von allen schwachen -Seiten ihrer individuellen Natur oder Erkenntniss weit besser -bekannten, Regularen in Nachtheil kommen würden, so wäre -von den Zugewandten in diesem Falle, für Herstellung der -Gleichheit, zu fordern, dass sie wenigstens Ein Lehrjahr vor -ihrer Erhebung zu Meistern ihren Anspruch dem Lehrer des -Faches, so wie dem der Philosophie, bekannt machten, und -dieses Jahr hindurch sich dem allseitigen Studium dieser Lehrer -blossstellten. Könnten nicht diese beiden Lehrer am Ende -des Jahres mit gutem Gewissen erklären, dass ihnen diese jungen -Männer für die Absicht hinlänglich erkundet seyen, so -müsste die Berathung über ihr Gesuch abermals ein Lehrjahr -hinausgesetzt werden, während dessen sie zu diesen beiden -in demselben Verhältnisse blieben, wie im ersten Jahre. Sie -möchten auch an diese Lehrer für diese <a id="corr-10"></a>eigentlich nicht im -<a id="page-164" class="pagenum" title="164"></a> -<a id="pagehdr-164" class="orig-page" title="99"></a> -Kreise ihres Berufs liegende Mühe einen Ersatz auszahlen, der -in jedem Falle, ob sie nun des Meisterthums würdig befunden -wären oder nicht, verfiele. -</p> - -<p> -Erst durch die Erlangung des Meisterthums beweist der -Regulare seine würdige Benutzung des Instituts, und tritt ein -in sein Recht des ersten Anspruchs auf die ersten Würden -des Staats. Ganz gleich lässt sich ihm hierin nun einmal nicht -setzen der Meister aus den Zugewandten, der uns die nähere -Bekanntschaft mit seinem moralischen Charakter und seiner -bisherigen sittlichen Aufführung versagt hat. Jedoch auch hierüber -das Beste hoffend, und da er denn doch auch der Kunst -Meister ist, könnte man ihm den ersten Anspruch da, wo kein -Meister aus den Regularen sich gemeldet, zugestehen. -</p> - -<p> -Den Regularen, die etwa in dem Gesuche des Meisterthums -durchfielen, so wie Zugewandten, die keinen Anspruch darauf -machten, möchte man immerhin den gewöhnlichen <em class="italic">Doctor</em>grad -ertheilen, und mögen die empirischen Klassen über die dabei -nöthigen Leistungen etwas festsetzen. Ein gewöhnlicher und -gemeiner Doctor nemlich ist derjenige, der nicht zugleich auch, -wie die früher oben angeführten, Meister ist; und es ist in -diesem Falle mit den beiden letzten Buchstaben nicht eigentlich -Ernst, indem wirklich Doctor zu seyn nur derjenige vermag, -der Meister ist, sondern es ist jenes Wort nur euphemistisch -gesetzt, statt <em class="italic">doctus</em>, einer der etwas erlernt hat. -</p> - -<p> -Die rechten heissen Meister schlechtweg, und kann man -den Doctor weglassen; wiewohl man auch, um den Unterschied -noch schärfer zu bezeichnen, die letzten Titular-Doctoren nennen -könnte. Die philosophische Klasse hat bei dergleichen -Promotionen gar kein Geschäft; denn in ihr selber giebt es -nur Meister und Doctor in Vereinigung; um die anderen Klassen -aber bekümmert sie sich nur, wenn diese Anspruch auf -den Rang des Künstlers machen, dessen diese letzte Art der -Doctoren sich bescheidet. -</p> - -<p> -Aus ihnen werden im Staate die subalternen Aemter besetzt. -(Man creirte <em class="italic">magistros artium</em>, und in den neueren Zeiten, -da der Magistertitel in Verachtung gerathen, hat man nur -noch den für vornehmer geachteten Doctortitel führen mögen, -<a id="page-165" class="pagenum" title="165"></a> -<a id="pagehdr-165" class="orig-page" title="100"></a> -da es doch offenbar weit mehr bedeutet ein Meister zu seyn, -denn ein Lehrer. Wir haben mit jenen <em class="italic">magistris artium</em> gar -nicht zu thun, da wir keinesweges <em class="italic">Künste</em> annehmen, und in -denselben etwa bis auf Sieben zählen, sondern nur Eine, die -Kunst schlechtweg, und diese zwar als unendlich, kennen; -sondern unser Meister ist <em class="italic">artis magister</em> schlechtweg, der Kunst -Meister, und es ist zu erwarten, dass die, die dieses Namens -werth sind, sich seiner nicht schämen werden. Und so mögen -sie denn immer Meister, schlechtweg ohne Beisatz und ohne -das, auch nur verringernde, Herr, angeredet werden, und sich -schreiben: der Kunst Meister. -</p> - -<p> -Vor der Neuerung haben wir uns auch nicht zu fürchten, -denn auch andere Universitäten machen Neuerungen, wie die -Jenaische, die anfing gar keine <em class="italic">magistros artium</em> mehr, sondern -nur Doctoren der Philosophie, zu creiren, oder die zu -Landshut, die dermalen Doctoren der Aesthetik creirt. -</p> - -<p> -Nun ist dieser <em class="italic">gradus magistri</em> dermalen nirgends vorhanden, -und wir können uns denselben nicht ertheilen lassen. -Ohne Zweifel aber wird das Meisterstück der die Kunstschule -anfangenden Lehrer dann geliefert seyn, wenn sie andere Künstler -gebildet haben. Indem sie nun mit gutem Gewissen diese -für Meister erklären dürfen, erklären sie zugleich sich selbst -dafür; sie erhalten den Grad, indem sie ihn ertheilen, und -können ihn darum von da an auch führen.) -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-32"> -<span class="line1">§. 45.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -In allen den erwähnten Aufsätzen, so wie in denen über -das Meisterthum und den damit zusammenhängenden <em class="italic">tentaminibus</em> -wird die <em class="italic">deutsche</em> Sprache gebraucht, keinesweges etwa -die lateinische. Der in diesem oft angeregten Streite dennoch -niemals deutlich ausgesprochene entscheidende Grund -ist der: -</p> - -<p> -Lebendige Kunst kann ausgeübt und documentirt werden -lediglich in einer Sprache, die nicht schon durch sich den -Kreis einengt, sondern in welcher man <em class="italic">neu</em> und <em class="italic">schöpferisch</em> -seyn darf, einer lebendigen, und in welche, als unsere Muttersprache, -unser eigenes Leben verwebt ist. Als die Scholastiker -<a id="page-166" class="pagenum" title="166"></a> -<a id="pagehdr-166" class="orig-page" title="102"></a> -in der lateinischen Sprache mit freiem und originellem Denken -sich regen wollten, mussten sie eben die Grenzen dieser -Sprache erweitern, wodurch es nun nicht mehr dieselbe Sprache -blieb, und ihr Latein eigentlich nicht Latein, sondern eine der -mehreren im Mittelalter entstehenden neulateinischen Sprachen -wurde. -</p> - -<p> -Wir haben für diese freie Regung unsere vortreffliche deutsche -Sprache: das Latein studiren wir ausdrücklich als das -abgeschlossene Resultat der Sprachbildung eines untergegangenen -Volkes, und wir müssen es darum in dieser Abgeschlossenheit -lassen. -</p> - -<p> -Der Philolog, eben weil er sein Geschäft in diesem fest abgeschlossenen -Kreise treibt, kann bei Interpretation der Klassiker -sich der römischen, und, wie in Gottes Namen zu wünschen -wäre, auch der griechischen Sprache bedienen; und es -wäre den Zöglingen unseres Institutes anzumuthen, dass sie -schon beim Austritte aus der niederen Schule diese Fertigkeit, -auch lateinisch zu reden und sich zu unterreden, gelernt hätten. -Sollte man in gewissen Fällen, z. B. wo der Anspruch -auf ein Schulamt ginge, nöthig finden, dass auch der Candidat -des Meisterthums die Fortdauer und noch höhere Ausbildung -dieser Fertigkeit zeigte, so könnte er dies thun, aber nur an -Gegenständen jenes historisch geschlossenen Cyklus; wo aber -ursprünglich schöpferisches Denken gezeigt werden soll, da -wird die schon fertige Phrasis bald für uns denken, bald unser -Denken hemmen; und darum bleibe bei diesem Geschäfte die -todte Sprache ferne von uns. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-33"> -<span class="line1">§. 46.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Wir gehen über zur Oekonomieverwaltung unseres Instituts. -</p> - -<p> -Es ist vor allem klar, dass ein zu <em class="italic">fester Einheit</em> organisirtes -Verwaltungscorps dieser Geschäfte eingesetzt werden müsse, -dessen höchste Mitglieder wenigstens aus dem Schoosse der -Akademie selbst seyen, etwa ausgetretene Lehrer, indem nur -diesen die gebührende Liebe sich zutrauen lässt, die übrigen -aber diesen und der gesammten Akademie verantwortlich sind. -</p> - -<p> -Um den Folgen aus der Veränderlichkeit des Geldwerthes -<a id="page-167" class="pagenum" title="167"></a> -<a id="pagehdr-167" class="orig-page" title="103"></a> -für ewige Tage vorzubeugen, wären die Einkünfte des Institutes -nicht auf Geld, sondern auf Naturalien festzusetzen, also, -dass es z. B. zu einem bestimmten Termine von einem bestimmten -Bezahler so und so viel Scheffel Korn zu ziehen hätte, die -allerdings nicht in Natur, sondern in klingender Münze abgeliefert -würden; nicht jedoch nach einem für immer festgesetzten -Preise, sondern nach dem, den dieses Korn am Termine -der Zahlung auf dem Markte wirklich hätte. Ebenso hätte es -nun auch an seine Besoldeten terminlich so und so viel Scheffel -Korn zu bezahlen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-34"> -<span class="line1">§. 47.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Die beiden Hauptquellen von Einkünften, auf die wir fürs -erste zu rechnen hätten, wären die Einkünfte des Kalenderstempels -von der Akademie, sodann die der eingegangenen -Universität Halle, inwiefern dieselben uns verbleiben, wozu noch -die Verwaltung der <em class="italic">Zahlstellen</em> im Corps der Regularen, und -späterhin andere, tiefer unten zu erwähnende, Hülfsquellen kommen -würden. Nicht bloss darum, weil die Nation zahlt, sondern -aus noch weit tieferen Gründen, soll dieselbe innigst mit -dieser Angelegenheit verflochten werden, und unser Institut -sehr deutlich als ein Nationalinstitut dastehen. -</p> - -<p> -Wir werden dies auf folgende Weise erreichen. Da den -eigentlichen wesentlichen Theil unserer Anstalt, um dessenwillen -alles Andere da ist, das Corps der Regularen bildet, so -werden die Stellen in diesem Corps vertheilt auf die <em class="italic">Kreise</em> -und <em class="italic">Städte</em> der Monarchie,<a class="fnote" href="#footnote-27" id="fnote-27">[27]</a> nach dem Maassstabe, wie jeder, -gezwungen oder freiwillig, beiträgt. <em class="italic">Stellen</em>, nicht in dem Sinne, -dass nur der aus dem Kreise oder der Stadt Gebürtige diese -Stelle haben könne, sondern jeder, dem eine solche Stelle zukommt -und sie begehrt, erhält sie ohne Verzug; sondern also, -dass zwischen dem Besitzer der Stelle und dem Kreise oder -der Stadt, dem sie zufällt, ein Verhältniss entstehe, wie zwischen -Clienten und Patron; dass der Erstere glaube, so wie -<a id="page-168" class="pagenum" title="168"></a> -<a id="pagehdr-168" class="orig-page" title="105"></a> -sein eigentlicher Geburtsort ihm zu dem natürlichen Leben, so -habe dieser Kreis oder diese Stadt ihm zu dem höheren wissenschaftlichen -Leben verholfen; dass die letztere an den Successen -dieses ihres Alumnus den Antheil von Ruhm nehme, -den die griechischen Städte an den aus ihnen stammenden Siegern -in den olympischen Wettkämpfen nahmen; endlich, dass -der Erstere, wie hoch er auch jemals emporsteige, dennoch -zeitlebens zu dankbarem Gegendienste bei jeder Gelegenheit -bereit sey, und aus dem Clienten ein Patron werde. Mehrere -zarte sittliche Verhältnisse, die daher entspringen, abgerechnet, -wird sich auch ein Interesse und eine Achtung für Wissenschaft -durch die Nation als ein sie ehrenvoll auszeichnender -Charakterzug verbreiten, der wiederum die Quelle grosser Ereignisse -werden kann. Stellen ferner, nicht in dem Sinne, dass -die Zahl derselben jemals geschlossen sey, vielmehr soll jeder, -der es werth ist und es begehrt, aufgenommen werden; sondern -dass die vorhandenen und besetzten nach diesem bestimmten -Maassstabe unter die Kreise u. s. w. vertheilt werden. -Auch dem <em class="italic">deutschen</em> Ausländer (wer von anderer Nation -wäre, qualificirt sich wegen Abgang der Sprache nicht zum -Wechselleben mit uns) soll, wenn er würdig ist, besonders -wenn er beim Eintritte zugleich der Verpflichtung, die das vollkommene -Bürgerrecht (§. 40.) mit sich führt, sich unterwürfe, -die Aufnahme unter die Regularen nicht abgeschlagen werden. -Doch würde, nach dem Grundsatze, dass mit dem Auslande -nur der Repräsentant der Einheit des Staates zu verhandeln -hätte, diese Erlaubniss nur der König ertheilen können, und -wären somit alle an Ausländer gegebene Plätze <em class="italic">königliche</em>, keinesweges -aber <em class="italic">Landes</em>-Stellen. Doch wäre der König zu ersuchen, -diese Erlaubniss den von dem Lehrercorps vorgeschlagenen -nicht leicht, und nicht ohne höchst bewegende Gründe zu -versagen; indem, anderer Rücksichten zu schweigen, hierdurch -die preussische Nation recht laut ihre Anerkennung des allgemeinen -deutschen Bruderthumes documentirt, und auch dies -in der Zukunft wichtige Ereignisse nach sich ziehen kann. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-35"> -<a id="page-169" class="pagenum" title="169"></a> -<a id="pagehdr-169" class="orig-page" title="106"></a> -<span class="line1">§. 48.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Nach Maassgabe, wie jeder Theil des Landes beiträgt, sollten -auf ihn die Stellen vertheilt werden, sagte ich. So möchte, -ohne alle Rücksicht, ob dadurch die Verwaltung vereinfacht -werde oder nicht, indem weit höhere Dinge (die wirkliche Beschäftigung -der Nation mit diesem Gegenstande und derselben -Folgen) zu beabsichtigen sind, der bisherige Kalenderpacht ganz -aufgehoben werden, dagegen aber die Kreise und Städte sich -selber taxiren, wie viele Scheffel Korn für diesen Stempel sie -zahlen wollten, die sie hernach durch eigene Distribution der -Kalender wieder beitrieben; wobei ihnen vorbehalten bleiben -müsste, die Stempelgebühr nach Steigen oder Fallen der Kornpreise -zu steigern oder zu verringern. Nach dieser ihrer Quote -am Beitrage zum Ganzen richtete sich ihr Antheil an der Berechtigung -auf Stellen. Falls nicht, was der Schreiber dieses -in seiner dermaligen Lage nicht erkunden kann, dadurch eine -andere, schon eingeführte Stempeltaxe aufgehoben würde, so -könnte diese Einnahme noch auf folgende Weise vermehrt werden: -dass durch alle Theile der Monarchie dasselbe Eine Maass -und Gewicht eingeführt werde, was ohnedies seit langem sehr -zu wünschen war. Die Bestimmung eines solchen, und des -Mittels, es unwandelbar zu erhalten, ist ein natürlich einer Akademie -der Wissenschaften anheimfallendes Geschäft. Die Uebereinstimmung -mit diesem Grundmaasse und Gewicht wäre nun -allen Maassen und Gewichten durch einen Stempel zu attestiren, -dessen Ertrag dem Institute zu gut käme, und auf dieselbe -Weise beigetrieben würde. -</p> - -<p> -Ebenso würde das, woraus der bisherige Fonds der Universität -Halle bestanden, auf Naturalien gesetzt, und denen, die -es abzutragen schuldig sind, als Quote ihrer Berechtigung zur -Besetzung der Stellen angerechnet. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-36"> -<span class="line1">§. 49.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Da die bei uns gebildeten Regularen den ersten Anspruch -auf die ersten Stellen des Staates haben sollen, so würden, -wenn noch andere Universitäten ausser uns in der Monarchie -<a id="page-170" class="pagenum" title="170"></a> -<a id="pagehdr-170" class="orig-page" title="108"></a> -bestehen sollten, dieselben entweder auch sich zur Kunstschule, -und zu diesem Behufe ein Corps von Regularen in ihrer Mitte -bilden müssen; oder sie würden als reine Zugewandtheiten, in -denen auch nicht einmal ein besserer Kern wirkte, zu betrachten -seyn, und derselben Zöglinge ebenso am Verdienste wie -am Rechte den unserigen nachstehen. Es ist zu befürchten, -dass das erstere ihnen nicht sonderlich gelingen werde, indem -wir, die wir ohnedies im Anfange nicht einmal auf Vollständigkeit -für unseren Bedarf rechnen können, ihnen ohne Zweifel -weder im Inlande noch im Auslande etwas für eine Kunstschule -Taugliches übriglassen werden; dass sie sonach, bei -dem besten Bestreben, dennoch in die zweite höchst nachtheilige -Lage kommen würden. Und so dürfte denn vielleicht das -in Anregung Gebrachte zugleich die Veranlassung werden, um -über eine tiefere, bisher mannigfaltig verkannte Wahrheit die -Augen zu öffnen. -</p> - -<p> -Das Bestreben, die Schule und Universität recht nahe am -väterlichen Hause zu haben, und in dem Kreise, in welchem -man dumpf und bewusstlos aufwuchs, ebenso dumpf fortzuwachsen -und in ihm sein Leben hinzubringen, ist unseres Erachtens -zuvörderst entwürdigend für den Menschen; — denn -dieser soll einmal herausgehoben werden aus allen den Gängelbändern, -mit denen die Familien-, Nachbar- und Landsmannsverhältnisse -ihn immerfort tragen und heben, und in einem -Kreise von Fremden, denen er durchaus nichts mehr gilt, als -was er persönlich werth ist, ein neues und eigenes Leben beginnen, -und dieses Recht, das Leben einmal selbstständig von -vorn anzufangen, soll keinem geschmälert werden; — sodann -streitet es insbesondere mit dem Charakter des wissenschaftlichen -Mannes, dem freier, über Zeit und Ort erhabener Ueberblick -zukommt, den das Kleben an der Scholle aber, das höchstens -dem gewerbtreibenden Bürger zu verzeihen, entehrt; endlich -wird dadurch sogar die organische Verwachsung aller zu -Einem und demselben Bürgerthume gehindert, und lediglich daher -entstehen die Absonderungen einzelner Provinzen und Städte -vom grossen Ganzen des Staates; daher, dass z. B. der Ostpreusse -dem Brandenburger, der Thüringer dem Meissner, als -<a id="page-171" class="pagenum" title="171"></a> -<a id="pagehdr-171" class="orig-page" title="109"></a> -etwas für sich bedeuten wollend, gegenübertritt, und man sich -nicht wundern muss, dass z. B. der Baier dem Preussen gegenüber -sich der gemeinsamen Deutschheit nicht entsinnt, da -ja sogar der Ostpreusse zuweilen des gemeinsamen Preussens -vergisst. Aus keinem in solcher Beschränktheit Aufgewachsenen -ist jemals ein tüchtiger Mensch oder ein umfassender Staatsmann -geworden. Wäre dieses Bestreben einmal in seiner wahren -Natur erkannt, und so eingesehen, dass dasselbe keinesweges -geschont, sondern ohne Barmherzigkeit weggeworfen -werden müsse: so wäre auch kein Grund mehr vorhanden, -warum mehrere Universitäten in derselben Staatseinheit bestehen -sollten; es würde erhellen, dass der Ausdruck „<em class="italic">Provincialuniversität</em>“ -einen Widerspruch enthalte, indem die Universalität -das Besondere aufhebt, und dass Ein Staat von Rechtswegen -auch nur Eine Universität haben sollte. Sollen und müssen -einmal diejenigen Bürger des gemeinsamen Staates, die -nicht bestimmt sind, aus der unbeweglichen Scholle den Nahrungsstoff -zu ziehen, durcheinandergerüttelt werden zu allseitiger -Belebung: so ist dazu die Universität der einzig schickliche -Ort, und mögen sie von da an wiederum nach allen Richtungen -verbreitet werden, jeder, nicht dahin, wo er geboren -ist, sondern wohin er passt, damit wenigstens an dieser edleren -Klasse ein Geschlecht entstehe, das nichts weiter ist, denn Bürger, -und das auf der ganzen Oberfläche des Staates zu Hause ist. -</p> - -<p> -Nach diesen Principien müssten die anderen in der preussischen -Monarchie vorhandenen Universitäten eingehen, und -die Fonds derselben zu unserer Anstalt gezogen werden. Die -in die neue Anstalt nicht herübergezogenen Lehrer könnten -ihre Gehalte fortziehen, oder auch nach Maassgabe ihrer Brauchbarkeit -anderwärts versorgt werden. (Einen Theil derselben -würden wir, als die §. 42. beschriebene Art von Mitgliedern -des Rathes der Alten, sogar nothwendig brauchen.) Diese herübergezogenen -Fonds würden auf die Provinzen der eingegangenen -Universitäten, als Quoten ihrer Berechtigung auf Stellen, -vertheilt, zum Ersatze des verlorenen Rechtes im Schoosse der -Familie den gelehrten Hausbedarf an sich zu bringen. Ueber -<a id="page-172" class="pagenum" title="172"></a> -<a id="pagehdr-172" class="orig-page" title="111"></a> -unseren Plan gehörig verständiget, ist sogar zu hoffen, dass sie -sich diese Abänderung gern werden gefallen lassen. -</p> - -<p> -(Als Einwürfe dagegen erwähne ich zuvörderst einen, den -man kaum für möglich halten würde, wenn er nicht wirklich -gemacht würde, den <em class="italic">von der weiten Reise</em>. Gerade die Möglichkeit, -junge Menschen vorauszusetzen, welche die Unbequemlichkeit -eines Transportes scheuen, wie Bäume, oder vor den -Gefährlichkeiten einer Reise, z. B. von Königsberg nach Berlin, -sich fürchten, beweiset, wie nothwendig es seyn möge, dem -Muthe mancher in der Nation hierin ein wenig zu Hülfe zu -kommen. Oder ist der Kostenaufwand für ordinäre Post und -Zehrung auf dieser kurzen Reise ihnen so fürchterlich, so könnte -man ja den sich berechtigt glaubenden Provinzen aus den Fonds -eine Reisestipendienkasse zugestehen, aus denen sie für die -gar zu Dürftigen diese kleine Ausgabe bezahlten. -</p> - -<p> -Sodann meint man: es könnte doch etwa einmal auf einer -solchen Universität ein besonderer und interessanter Geist und -Ton entstehen, den wir durch eine Aufhebung dieser Universität -ganz unschuldig viele Jahre vor seiner Geburt morden würden, -und man befürchtet, dass wir der Entwickelung der herrlichen -Originalität innerhalb solcher kleinen Beschränkungen -Eintrag thun würden. Hierauf dienet zur Antwort: dass zufolge -der Zeit, in welcher die Wissenschaft steht, es in derselben -nicht mehr Legionen Geister, die jeder für sich ihr Wesen treiben, -sondern nur Einen, in seiner Einheit klar zu durchdringenden -Geist giebt, für dessen ewige allseitige Anfrischung -gerade an unserem Institute durch die sehr häufige Erneuerung -des lehrenden Corps, und durch den offen geführten -edlen Wettstreit aller miteinander, vorzüglich gesorgt ist; -dass aber diese vorgebliche Originalität innerhalb localer Beschränkung -nicht Originalität, sondern vielmehr <em class="italic">Caricatur</em> sey, -welche, so wie den schlechten Geschmack, der an ihr sich -labt, immermehr verschwinden zu machen, auch ein Zweck unserer -Anstalt ist. Es bliebe nach Beseitigung dieser sich aussprechenden -Einwürfe kein anderer übrig, als das dunkle Gefühl -des Strebens, doch ja nichts umkommen zu lassen, indem -allerhand, uns freilich nicht bekanntes Heil durch irgend eine -<a id="page-173" class="pagenum" title="173"></a> -<a id="pagehdr-173" class="orig-page" title="112"></a> -Zauberkraft daraus sich entwickeln könne, mit welchem, als -selbst nicht auf deutliche Begriffe zu Bringendem, man in der -Region deutlicher Begriffe nicht reden kann.) -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-37"> -<span class="line1">§. 50.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Die Stellen der Kanoniker an den Hochstiften waren ursprünglich -für den Unterricht eingesetzt, und die Einkünfte könnten -diesem ersten Zwecke füglich zurückgegeben werden. Auf -die gleiche Weise ist der Streit gegen die Ungläubigen, wozu -die Johanniter-Maltheserritter gestiftet worden, nicht mehr an -der Tagesordnung, wohl aber der geistige Krieg gegen Unwissenheit, -Unverstand und alle die traurigen Folgen derselben; -und könnten so auch diese Güter diesem Zwecke gewidmet -werden. Sie würden auf dieselbe Weise, wie die früher erwähnten -Einkünfte, als Recht auf Stellen unter die Beitragenden -vertheilt. -</p> - -<p> -Ich sage nicht, dass unser einiges Institut diese ohne Zweifel -sehr grossen Hülfsquellen verschlingen solle. Dieses Institut -muss für sich den Grundsatz der Verwaltung haben, dass ihm -alles dasjenige, dessen es für die Erreichung seiner Zwecke -bedarf, unfehlbar werde, dass es aber auch durchaus nichts -begehre, dessen es nicht bedarf; noch kann es einen anderen -haben, ohne durch überflüssiges Geschlepp und Gepäck sich -selbst zur Last zu werden. Sodann wird zu bedenken seyn, -dass auch der, demnächst sogleich zu reformirenden niederen -Schule ihr Antheil zukomme; ferner, dass wenn es über kurz -oder lang zu einer ernstlichen Reform der Volkserziehung kommen -sollte, auch für die Unterstützung dieses Zweckes das Nöthige -vorhanden seyn müsse. Wir wollen nur sagen, dass gerade -die gegenwärtige Zeit der Verlegenheit benutzt werden -könne, um jene bisher anders angewendete Güter für diesen -grösseren Zweck des gesammten Erziehungswesens in Beschlag -zu nehmen, und dass es unter anderen auch der Kunstschule -freistehen müsste, von ihnen Gebrauch zu machen, falls einmal -ihre anderen Quellen nicht ausreichend befunden würden. -Selbst auf den Fall, dass zunächst, oder irgend ein andermal, -der Staat für eigene Zwecke dieser Einkünfte bedürfe, worüber -<a id="page-174" class="pagenum" title="174"></a> -<a id="pagehdr-174" class="orig-page" title="114"></a> -tiefer unten: so würde es immer ein freundlicheres Ansehen -haben, wenn er sie zuerst für diesen, als Zweck der Nation -unmittelbar einleuchtenden Zweck der Nationalerziehung in Beschlag -genommen hätte. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-38"> -<span class="line1">§. 51.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Wie in Absicht der regularen Stellen überhaupt der Grundsatz -feststeht, dass jedwedes Individuum, das zu einer solchen -sich qualificirt, und sie begehrt, sie haben müsse, so steht in -Absicht <em class="italic">der Zahlung</em> der Grundsatz fest, dass, wer zahlen -könne, zahlen müsse, wer aber nicht zahlen könne, dieselbe, -<em class="italic">inwiefern er nicht zahlen kann</em>, unweigerlich frei erhalte. Nicht -die Zahlung qualificirt, sondern die anderweitige Leistung; und -so soll auch der doppelt oder dreifach Zahlende dennoch, als -Ausländer, bei dem Könige, als Inländer, bei einem Kreise, eine -Stelle als freie Gunst nachsuchen, damit er wisse, dass es in -unserer Anstalt noch etwas giebt, das für Geld nicht zu haben -ist, und soll der etwanigen ökonomischen Rücksicht, dass man -den Zahlung Anbietenden in Absicht der Proben der Würdigkeit -gelinder behandle, durchaus kein Einfluss gestattet werden. -Ebenso schliesst auch nicht das Unvermögen zu zahlen -aus, sondern das geistige Unvermögen. -</p> - -<p> -Die zu leistende Zahlung ist zu berechnen im Durchschnitte -(am besten auch nach Scheffeln Getreide) auf die eben erwähnten, -dem Zöglinge in Natur zu liefernden Bedürfnisse, auf Honorar -an die Lehrer für Unterricht und Prüfung bei Ertheilung -des Meisterthums, auf Gebrauch der öffentlichen literarischen -Schätze u. s. w., und haben die Eltern oder Vormünder des -zahlenden Zöglings der Oekonomieverwaltung Caution zu leisten -auf die Zeit, für welche der Zögling in das Institut aufgenommen -wird, indem man ihn, um späterhin ausbleibender Zahlung -willen, ja nicht ausstossen könnte, dennoch aber die Verwaltung -auf ihn als Zahler rechnet. Die Form dieser Sicherstellung -wird leicht sich finden lassen. Und zwar werden alle -jene in Rechnung kommende Gegenstände also berechnet, wie -sie dem Zöglinge zu stehen kommen würden, wenn er einen -Privathaushalt führte, keinesweges aber also, wie sie der alles -<a id="page-175" class="pagenum" title="175"></a> -<a id="pagehdr-175" class="orig-page" title="115"></a> -im Ganzen an sich bringenden Verwaltung zu stehen kommen: -wie denn dies, da dieser grosse Haushalt ohne Zutritt des Einzelnen -als eine Einrichtung des Staates besteht, ganz billig ist, -und schon dadurch zu Deckung der Freistellen ein Beträchtliches -gewonnen werden kann. -</p> - -<p> -Es ist zu hoffen, dass unsere reichen Häuser, deren Glanz -ja sonst bei also getroffenen Einrichtungen in ihrer Nachkommenschaft -erlöschen würde, den Zutritt zu unseren Regularen -fleissig nachsuchen, und dass besonders unser Adel diese Gelegenheit -mit Freuden ergreifen werde, um zu zeigen, dass es -nicht bloss die versagte Concurrenz war, die ihn bei seinem -bisherigen Range erhielt, sondern dass er auch bei eröffneter -freier Concurrenz mit dem Bürgerstande denselben zu behaupten -vermöge. Es könnte hierbei festgesetzt werden, dass die -<em class="italic">Grafen</em> doppelte Zahlung leisteten, wie dies in Absicht der Collegienhonorarien -auch bisher also gehalten worden; andere -Adelige noch die Hälfte des ganzen Quantums zuschössen. -</p> - -<p> -Freistellen müssen nicht nothwendig <em class="italic">ganze</em> Freistellen seyn, -indem eine Familie, die zwar nicht alle diese Kosten zu tragen -vermöchte, doch vielleicht einen Theil derselben tragen kann. -Es kann also Viertel-, Halbe-, Dreiviertelfreistellen geben, nach -Maassgabe des Vermögens der Familie. -</p> - -<p> -Doch sollen ganz Unvermögende auch ganz freie Station -erhalten; und es soll in Rücksicht dieser sogar eine Veranstaltung -getroffen werden, wodurch sie beim einstigen Austritte -aus dem Collegium der Regularen, wie dieser auch übrigens -ausfallen möge, für die erste Zeit und bis zu einiger Anstellung -gedeckt seyen. -</p> - -<p> -Die Entscheidung über diese theilweisen oder ganzen Befreiungen -fällt der ökonomischen Verwaltung des Institutes zu, -welchem zu diesem Behufe die Eltern oder Vormünder des Zöglings -genügende Einsicht in die Vermögensumstände desselben -zu geben haben. Es muss bei dieser Einsicht Genauigkeit stattfinden, -indem hierüber das Ehrgefühl der Nation selbst geschärft -werden soll, und so, wie Armuth keine Schande, das -Sicharmstellen und die Raubgier, welche den Ertrag milder Stiftungen -wirklich Unvermögenden wegzunehmen sucht, zur grossen -<a id="page-176" class="pagenum" title="176"></a> -<a id="pagehdr-176" class="orig-page" title="117"></a> -Schande werden sollen. Hinwiederum ist mild und freundlich -dem wirklichen Unvermögen das Gebührende zu erlassen, -und es ist darum klar, dass diese Verwalter für den Fortgang -der Wissenschaften redlich interessirte, und talentvolle Jünglinge, -auch wenn sie arm sind, herzlich liebende Männer, und -also selbst <em class="italic">Akademiker</em>, wo möglich <em class="italic">ausgetretene Lehrer</em> seyn -müssen. -</p> - -<p> -Welcher nun unter den Zöglingen seine Stelle ganz, oder -theilweise frei habe, braucht niemand zu wissen, ausser die -Eltern oder Vormünder eines solchen und die erwähnten Verwalter; -indem dieses die beiden Theile sind, welche die Abkunft -geschlossen, und sind diese allerseits zur Verschwiegenheit -zu verpflichten. Denn obwohl Armuth fernerhin keine -Schande seyn soll, so soll doch so lange, bis es allgemein dahingekommen, -dem zahlenden Zöglinge auch die Versuchung -erspart werden, sich über den ihm bekannten Nichtzahler neben -ihm zu erheben. Alle sollen in solche Gleichheit gesetzt -werden, dass dem Reichsten das wenige, Anständigkeitshalber -vielleicht nöthige Taschengeld von der Verwaltung nicht reichlicher -gereicht werde, als dem ganz freien Armen. Nicht einmal -der freigehaltene Zögling selbst braucht diesen Umstand -zu wissen; denn obwohl wir für das Daseyn der Anstalt überhaupt -die Dankbarkeit Aller, Zahler oder Nichtzahler, in Anspruch -nehmen, so wollen wir doch dafür, dass jedes Talent, -auch ohne Aequivalent in Gelde, bei uns Entwickelung findet, -keinen besonderen Dank, indem wir dies für Pflicht, so wie für -den eigenen Vortheil des Vaterlandes erkennen. Und so sind -denn die an die Kreise zu vertheilenden Stellen keinesweges -Kost- oder Freistellen, sondern es sind Stellen überhaupt. Jede -mögliche Stelle kann auch Freistelle werden; nur weiss der -Kreis selber nicht, wie es sich damit verhält, sondern nimmt -unbefangen Antheil an den wissenschaftlichen Fortschritten seines -Clienten, ohne zu wissen, auf welche besondere ökonomischen -Bedingungen er dieses ist. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-39"> -<a id="page-177" class="pagenum" title="177"></a> -<a id="pagehdr-177" class="orig-page" title="118"></a> -<span class="line1">§. 52.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Indem der Ausfall, der durch diese ertheilten Befreiungen -in der Oekonomie des Regulats entsteht, aus der Gesammtheit -der oben verzeichneten Quellen bestritten werden muss, dieser -Ausfall aber, jenachdem das vorzüglichere Talent aus den reichen -oder aus den unbegüterten Klassen der Nation hervorgeht, -sehr wandelbar und veränderlich seyn dürfte: so ist klar, dass -in diesem Haupttheile der Ausgaben keine Fixirung stattfinde, -dass der Verwaltung grosse Hülfsmittel zur Disposition stehen -müssen, dass dieselbe durchaus kein Interesse hat, dieselben -ohne Noth zu verschwenden, dass sie demnach die etwanigen -Ersparnisse getreulich den Händen der Regierung zurückliefern -wird, welche über die Wahrhaftigkeit des Resultates der geführten -Verwaltung durch eine, gleichfalls auf Stillschweigen zu -verpflichtende Behörde Einsicht nehmen kann; endlich, dass -dieser ganze Theil der Verwaltung dem übrigen Publicum ein -dasselbe nicht angehendes und ihm undurchdringliches Geheimniss -bleibe. Das lehrende Corps ist es eigentlich, das nach -den gelieferten Aufsätzen oder der von der niederen Schule -gebrachten Tüchtigkeit, ohne alle Rücksicht oder Notiz von den -Vermögensumständen, das Regulat ertheilt: dies ist das Erste -und Wesentliche. In dieser Ertheilung können sie, nach dem -aufgestellten Grundsatze, dass durchaus kein vorzügliches Talent -ausgeschlossen werden solle, nicht beschränkt werden. -Wie es mit dem also zum Regularen unwiederbringlich Ernannten -in ökonomischer Rücksicht gehalten werden solle, ist die -zweite ausserwesentliche Frage, deren Beantwortung der Oekonomieverwaltung -anheimfällt. Dieser verbietet Gerechtigkeitsgefühl -und Rücksicht auf Ehrliebe der Nation, Befreiung ohne -Noth zu begünstigen; die Natur der ganzen Einrichtung aber, -sie der dargelegten Noth zu versagen; und so kann auch diese -auf keine Weise eingeschränkt werden. -</p> - -<p> -Ebensowenig findet im zweiten Haupttheile der Ausgaben, -der Besoldung der Lehrer und anderer Akademiker, der Erhaltung -oder neuen Anschaffung von Literaturschätzen, und anderer -den Fortgang der Wissenschaften befördern sollender Einrichtungen, -<a id="page-178" class="pagenum" title="178"></a> -<a id="pagehdr-178" class="orig-page" title="119"></a> -eine Fixirung statt. Denn obwohl sich auch etwa -ein Maximum des Gehaltes für einen einzigen festsetzen liesse, -so lässt sich doch durchaus nichts festsetzen über die Anzahl -der zu Besoldenden, von so höchst verschiedenen Arten und -Klassen, sondern es richtet sich diese, sowie die anderen angegebenen -Veranlassungen von Ausgaben, nach dem jedesmaligen -Zustande der Wissenschaft, und ist wandelbar wie dieser. -Die Mitglieder der Anstalt können in diesen Beurtheilungen nur -das Heil der Wissenschaft und ihrer Anstalt als höchstes Gesetz -anerkennen, und sie sind diejenigen, denen gründliche Durchschauung -desselben, sowie herzliche Liebe dafür sich am vorzüglichsten -zutrauen lässt; auch verbietet die Erwägung dieses -Heils selbst ihnen ebenso unnöthige Verschwendung in allen -den erwähnten Zweigen, als schädliche und unwürdige Sucht -zu sparen. Und so geht denn auch für diesen Theil dasselbe -Resultat hervor, das wir oben für den ersten Theil aufstellten; -es gilt dasselbe demnach fürs Ganze. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-40"> -<span class="line1">§. 53.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -In Absicht des Besoldungssystems möchte festgesetzt werden -1) ein Gehalt, der dem Akademiker, als solchem, gereicht -wird, und der dem des vollkommenen Bürgerrechtes Theilhaftigen -unter keiner Bedingung entzogen werden kann. Da nicht -so leicht jemand bloss Akademiker seyn wird, so ist dieser -Gehalt nur als ein Beitrag, keinesweges aber als das, woraus -der ganze anständige Unterhalt des Mannes zu bestreiten sey, -zu betrachten. 2) Das Mitglied des Rathes der Alten hat entweder -ein anderweitiges Staatsamt, oder eine von den mannigfaltigen -ökonomischen oder Aufseherstellen, die aus der Natur -unseres Instituts hervorgehen, wofür er besonders besoldet wird; -auch wäre er für die Weisen, wie er durch vorübergehende -Vorlesungen oder andere Leistungen uns nützlich wird, durch -vorübergehende Remunerationen zu entschädigen. Arbeitet er -an einem gelehrten Werke, so könnte ihm auch für diesen Behuf -die Oekonomieverwaltung Unterstützung oder Vorschüsse -leisten. 3) Der ausübende Lehrer wird nach Maassgabe seiner -Arbeit an Vorlesungen und anderen Uebungen und Prüfungen -<a id="page-179" class="pagenum" title="179"></a> -<a id="pagehdr-179" class="orig-page" title="121"></a> -besonders besoldet. Die Zugewandten zahlen für alle diese Gegenstände, -inwiefern sie an denselben Antheil nehmen wollen, -ein festzusetzendes Honorar, und zwar <em class="italic">voraus</em>. Denn es wird -dadurch eines solchen Zugewandten, der sein vorausbezahltes -Geld nun auch wiederum abhören will, Fleiss und Regelmässigkeit -sehr befördert; und mögen wir ihm diese Art der Ermunterung -gern gönnen. Der Regulare ist hierin frei, und wird eben -der Gehalt des Lehrers als sein von der Verwaltung für ihn -bezahlter Beitrag, der ja bei Zahlstellen auch angerechnet wird, -betrachtet. Dieses von den Zugewandten zu ziehende Honorar -ist jedoch dem Lehrer bei Fixirung seines Gehaltes nicht eben -in Rechnung zu bringen, sondern derselbe also zu setzen, als -ob er neben seinem Gehalte als Akademiker von diesem leben -müsste; um ihn von dem Beifalle dieser Zugewandten ganz unabhängig -zu erhalten. -</p> - -<p> -Dasselbe Honorar von den Zugewandten haben auch die -ausserordentlichen Professoren zu beziehen. -</p> - -<p> -Eigentlich ist es die Akademie selbst, welche als unumschränkte -Oekonomieverwaltung (§. 52.) sich selbst aus ihrer -Mitte besoldet. So wie die anderen Stände nicht verlangen sollen, -dass diese in Anständigkeit des Auskommens ihnen nachstehen, -so wird auch ihnen von ihrer Seite gerade jenes nicht -zu vermeidende Verhältniss die Pflicht auflegen, vor den Augen -der Nation nicht als unersättliche und habsüchtige, sondern als -edle und sich bescheidende Männer dazustehen; und ist diese -Denkart auf alle Weise in sie hineinzubringen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-41"> -<span class="line1">§. 54.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Für das erste Lehrjahr möchte es zweckmässig seyn, den -encyklopädischen Lehrern, sowie etwa den anderen nöthig befundenen -Unterlehrern, wenn, wie es grösstentheils der Fall -seyn dürfte, sie schon ausserdem, als Akademiker oder dergl., -einen fixirten lebenslänglichen Gehalt haben, eine besondere -Remuneration für die Arbeiten dieses ersten Lehrjahres zuzugestehen, -und für die folgenden Lehrjahre sich ein weiteres Bedenken -vorzubehalten; unter anderen auch, damit man erst -sähe, wie sich jedes machte, und ob nicht indessen etwas Anderes -<a id="page-180" class="pagenum" title="180"></a> -<a id="pagehdr-180" class="orig-page" title="122"></a> -sich findet, das sich noch besser macht. In Bestimmung -dieser Remuneration wäre, inwiefern nicht etwa der Mann schon -sonst ausreichend besoldet ist, und man in dieser Rücksicht -schon ohnedies einen Anspruch hat auf seine ganze Kraft, billig -als Maassstab unterzulegen, was in dieser Zeit durch Schriftstellerei -hätte erworben werden können. Denn obwohl das -bisweilen auch übliche Ablesen eines vor langen Jahren angefertigten -Heftes etwas höchst Bequemes ist, und kaum eine andere -Kraft fordert, als die der Lunge, so dürfte doch eine solche -Verwaltung des Lehramts, wie wir sie gefordert haben, und -die unter anderen auch den grössten Theil der alten Hefte unbrauchbar -macht, alle Kraft und Zeit des Lehrers in Anspruch nehmen; -und wer diese Verhältnisse kennt, weiss, dass Collegienlesen -auf die gewöhnlichen Bedingungen für einen nicht ungewandten -Schriftsteller in ökonomischer Rücksicht ein Opfer ist, -das zwar der wackere Mann gern bringt, der auch wackere -aber nicht ohne Noth fordert. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-42"> -<span class="line1">§. 55.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Für dieses erste Jahr könnte nun der Universität vom Staate -ein öffentlicher Hörsaal eingegeben werden. Die Studirenden -löseten gegen ihr Honorar, etwa bei dem, um der Inscriptionen -willen auch gleich anfangs anzustellenden Justitiarius der Universität, -<em class="italic">Belege</em> (Zutrittskarten), nach welchen ihnen, durch -einen gleichfalls anzustellenden <em class="italic">famulus communis</em>, auf eine zu -Jena seit 1790 übliche, dem Schreiber dieses wohlbekannte -Weise, ihre Plätze im Auditorium angewiesen werden. Da wir -im ersten Jahre noch keine Regulare haben (Novizen können -wir haben, die aber doch immer nur als Zugewandte zu betrachten -sind), sonach diese etwa künftigen Regularen, denen -vielleicht auch künftig Freistellen gegeben werden, in der allgemeinen -Masse der Zugewandten noch unentdeckt liegen: so -soll der Justitiarius, nach einem ihm etwa anzugebenden Kanon, -diese erwähnten Belege auch frei geben können, worüber er -sich hernach mit dem Lehrer, der das Collegium liest, zu berechnen -hat. Ebenso wäre ein Plan zu entwerfen, wie man -während dieses ersten Jahres unvermögende Studirende durch -<a id="page-181" class="pagenum" title="181"></a> -<a id="pagehdr-181" class="orig-page" title="124"></a> -Stipendien, Freitische und dergl. unterstützen könnte. Doch ist -die Einführung des gewöhnlichen Convictoren-, Stipendiaten-Examens -und dergl., durch welche der Unvermögende herausgehoben -und bezeichnet wird, als mit unserm allerersten Grundsatze -über diesen Gegenstand streitend, auch im ersten Jahre -zu vermeiden. Sollte man nicht etwa späterhin über den -Grundsatz sich einverständigen, <em class="italic">dass bei solchen, die da Regulare -werden weder könnten, noch wollten</em> (wo bei Bejahung -des letzten Falles die einigermaassen frei zu haltenden wenigstens -<em class="italic">Novizen</em> seyn müssten, und es im Noviziate über diesen -Punct eben also gehalten werden könnte, wie oben (§. 51.) für -das Regulat vorgeschlagen worden), und da die zu subalternen -Geschäften nöthigen Handwerksfertigkeiten weit sicherer und -schicklicher ausserhalb der Universität erlernt werden, <em class="italic">das Studiren -ein blosser Luxus sey, der, wenn er ja statthaben solle, -aus eigenen Mitteln, keinesweges aber auf Kosten des Staates, -bestritten werden müsse</em>; sondern sollte man darauf bestehen, -die milden Stiftungen der über diese Dinge freilich nicht so -scharf sehenden Vorwelt, auf die bisherige Weise zu verwenden: -so kann man freilich nichts dagegen haben, dass dergleichen -Beneficiaten unter den blossen Zugewandten auf alle Weise -bezeichnet werden, und, so Gott will, ihnen sogar eine metallene -Nummer an den Aermel geheftet werde, damit die Liebeswerke -doch auch recht in die Augen fallen! Nur soll man den -nicht also behandeln, der einmal ein Ehrenjüngling und Regularer -werden könnte. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-2-43"> -<span class="line1">§. 56.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Diese also zu einem organischen Ganzen verwachsene Akademie -der Wissenschaften, wissenschaftliche Kunstschule und -Universität muss ein Jahresfest haben, an welchem sie sich dem -übrigen Publicum in ihrer Existenz und Gesammtheit darstelle. -Der natürlich sich ergebende Act dieses Festes ist die Ablegung -der Rechenschaft über ihre Verhandlungen das ganze Jahr über; -und es sollten hiebei zugegen seyn Repräsentanten der Nation, -gewählt aus den zu den Stellen Berechtigten, und des Königs, -beider, als der Behörde, der die Rechenschaft abgelegt wird. -<a id="page-182" class="pagenum" title="182"></a> -<a id="pagehdr-182" class="orig-page" title="125"></a> -Zu diesem Feste wäre der Geburtstag Friedrich Wilhelms des -Dritten, als dessen Stiftung jener Körper existiren wird, falls er -jemals zur Existenz kommt, unabänderlich und auf ewige Zeiten -festzusetzen. -</p> - -<h4 class="l2si subchap" id="subchap-4-2-44"> -<span class="line1">§. 57.</span><br /> -<span class="line2">Corollarium.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Die einzelnen Vorschläge dieses Entwurfes sind keineswegs -unerhörte Neuerungen; sondern sie sind, wie sich bei einem so -viele Jahrhunderte hindurch in so vielen Ländern bearbeiteten -Gegenstande erwarten lässt, insgesammt einzeln irgendwo wirklich -dagewesen, und lassen sich bis diesen Augenblick in mehreren -Einrichtungen der Universitäten Tübingen, Oxford, Cambridge, -der sächsischen Fürstenschulen, in ihrem sehr guten, -das Gewöhnliche weit übertreffenden Erfolge, darlegen. Lediglich -darin könnte der gegenwärtige Entwurf auf Originalität Anspruch -machen, dass er alle diese einzelnen Einrichtungen durch -einen klaren Begriff in ihrer eigentlichen Absicht verstanden, -sie aus diesem Begriffe heraus wiederum vollständig abgeleitet, -und sie so zu einem organischen Ganzen verwebt habe; welches, -wenn es sich also verhielte, demselben keinesweges zum -Tadel gereichen würde. -</p> - -<p> -Den Haupteinwurf betreffend, den derselbe zu befürchten -hat, den der Unausführbarkeit, muss in der Berathschlagung hierüber -nur nicht die im Verlaufe von allen Seiten hinlänglich charakterisirte, -übrigens ehrenwerthe und von uns herzlich geehrte -Klasse gefragt werden, welche, wenn nur sie allein in der Welt -vorhanden wäre, mit ihrer Behauptung der absoluten Unausführbarkeit -recht behalten würde. Wir selbst geben zu, dass im -Anfange die Ausführung am allerunvollkommensten ausfallen -werde, glauben aber sicher rechnen zu dürfen, dass, wenn es -überhaupt nur zu einigem Anfange kommen könne, der Fortgang -immer besser gerathen werde; selbst aber auf den Fall, -dass wir befürchten müssten, es werde sogar nicht zu einem -rechten Anfange kommen, müssten wir dennoch den Versuch -nicht unterlassen, indem im allerschlimmsten Falle wir doch -<a id="page-183" class="pagenum" title="183"></a> -<a id="pagehdr-183" class="orig-page" title="127"></a> -nichts Schlimmeres werden können, denn eine Universität nach -hergebrachtem deutschem Schlage. -</p> - -<p> -Die allgemeinen Merkmale der Gründlichkeit eines Planes, -der sich nicht bescheiden mag, ein blosser schöner Traum zu -seyn, sondern der auf wirkliche und alsbaldige Ausführung Anspruch -macht, sind diese: dass er zuvörderst nicht etwa die -wirkliche Welt liegen lasse und für sich seinen Weg fortzugehen -begehre, sondern dass er durchaus auf sie Rücksicht nehme, -wiewohl allerdings nicht in der Voraussetzung, dass sie bleiben -solle, wie sie ist, sondern dass sie anders werden solle, und -dass im Fortgange nicht Er sich ihr, sondern Sie sich ihm bequeme; -und dass er, nach Maassgabe der Verwandtschaft, eingreife -auch in die übrigen Verhältnisse des Lebens, und wiederum -von diesen getragen und gehoben werde; sodann, dass -er, einmal in Gang gebracht, nicht der immer fortgesetzten -neuen Anstösse seines Meisters bedürfe, sondern für sich selbst -fortgehe, und, so ers braucht, zu höherer Vollkommenheit sich -bilde. Nach diesen Merkmalen sonach ist jeder Entwurf zu -prüfen, wenn die Frage über seine Ausführbarkeit entschieden -werden soll. -</p> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-26" id="footnote-26">[26]</a> Büttner (?). -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-27" id="footnote-27">[27]</a> Wie es z. B. mit den Stellen an den sächsischen Fürstenschulen die -Einrichtung ist; auch mit den weiterhin beschriebenen Modificationen. -</p> - -<h3 class="l2si chapter" id="chapter-4-3"> -<span class="line1">Dritter Abschnitt.</span><br /> -<span class="line2">Von den Mitteln, durch welche unsere wissenschaftliche Anstalt auf ein wissenschaftliches Universum Einfluss gewinnen solle.</span> -</h3> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-3-1"> -<span class="line1">§. 58.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Das in unserer Kunstschule einmal begonnene wissenschaftliche -Leben soll nicht etwa in jeder künftigen Generation, sowie -es schon da war, nur sich <em class="italic">wiederholen</em>, viel weniger noch -<a id="page-184" class="pagenum" title="184"></a> -<a id="pagehdr-184" class="orig-page" title="128"></a> -soll es ungewiss herumtappen, und so selbst Rückfällen ins -Schlimmere ausgesetzt seyn; sondern es soll mit sicherem Bewusstseyn -und nach einer Regel zu höherer Vollkommenheit -fortschreiten. Damit dies möglich werde, muss die Schule die -in einem gewissen Zeitpuncte errungene Vollkommenheit irgendwo -deutlich und verständlich niederlegen; an welche also niedergelegte -Stufe der Vollkommenheit dieses Zeitpunctes das beginnende -frische Leben sich selber und seine Entwickelung -anknüpfe. Am besten wird diese Aufbewahrung geschehen -vermittelst eines <em class="italic">Buches</em>. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-3-2"> -<span class="line1">§. 59.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Da aber das wirkliche, in unmittelbarer Ausübung befindliche -Leben der wissenschaftlichen Kunst fortschreitet von jeder -errungenen Entwickelung zu einer neuen, jede dieser Entwickelungen -aber, als die feste Grundlage der auf sie folgenden neuen, -niedergelegt werden soll im Buche: so folgt daraus, dass dieses -Buch selbst ein fortschreitendes, ein <em class="italic">periodisches</em> Werk seyn -werde. Es sind <em class="italic">Jahrbücher</em> der Fortschritte der wissenschaftlichen -Kunst an der Kunstschule; welche Jahrbücher, wie ein -solcher Fortschritt erfolgt ist, ihn bestimmt bezeichnet niederlegen -für die nächste und alle folgende Zeit, und welche, wenn -die wissenschaftliche Kunst nicht unendlich wäre, einst nach -Vollendung derselben begründen würden eine <em class="italic">Geschichte</em> dieser -— sodann vollendeten Kunst. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-3-3"> -<span class="line1">§. 60.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Die Kunst schreitet fort auf zwiefache Weise: theils überhaupt, -wie alles Leben, dass sie eben lebendig bleibe, und niemals -erstarre oder versteine; theils dass dieses überhaupt also -fort<em class="italic">gehende</em> Leben auch fort<em class="italic">schreite</em> zu höherer Kraft und Entwickelung. -Dies Letztere geschieht wiederum auf doppelte -Weise: nemlich zuerst in ihm selber und intensive, in Absicht -des <em class="italic">Grades</em>, sodann nach aussen hin und extensive, indem es -immer mehr des ihm angemessenen Stoffes in sich aufnimmt, -und ihn mit sich ihn durchdringend organisirt, also in Absicht -der Ausdehnung. — Todt ist ein wissenschaftlicher Stoff, so -<a id="page-185" class="pagenum" title="185"></a> -<a id="pagehdr-185" class="orig-page" title="130"></a> -lange er einzeln und ohne sichtbares Band mit einem Ganzen -des Wissens dasteht, und lediglich dem Gedächtnisse, in Hoffnung -eines künftigen Gebrauches, anheimgegeben wird. Belebt -und organisirt wird er, wenn er mit einem andern verknüpft, -und so zu einem unentbehrlichen Theile eines entdeckten grösseren -Ganzen wird; und jetzt erst ist er der Kunst anheimgefallen. -Wird dieses schon entdeckte und in den Jahrbüchern -vorliegende Ganze mit einem klaren Begriffe durchdrungen (die -Klarheit ist aber ein ins Unendliche zu steigerndes), dass die -Theile sich noch enger an einander anschliessen und durch -einander verwachsen: so hat die Kunst intensiv gewonnen; -greift der vorhandene Einheitsbegriff weiter, und erfasst ein bis -jetzt noch einzeln dastehendes Glied, so gewinnt sie extensive. -Beide Arten des Fortschrittes unterstützen sich wechselseitig, -und arbeiten einander vor. Die <em class="italic">Erweiterung</em> des Begriffes -macht seine <em class="italic">Verklärung</em>, seine <em class="italic">Verklärung</em> seine <em class="italic">Erweiterung</em> -leichter. -</p> - -<p> -In Absicht der zuerst erwähnten periodischen <em class="italic">Anfrischung</em> -des wissenschaftlichen Lebens aber, die an sich kein Fortschreiten -ist weder intensiv noch extensiv, verhält es sich also: — -Unabhängig in Absicht der Materie von der besonnenen und -kunstmässigen Entwickelung, und gerade um so mehr, in je -höherem Grade die letztere vorhanden ist, schreitet das geistige -Leben des Menschengeschlechtes durch sich selber, wie nach -einem unbewussten Naturgesetze fort. Die Sprache concentrirt, -die Phantasie erhöht sich, die Schnelligkeit des Fassungsvermögens -steigt, der Geschmack wird zarter; und so <em class="italic">ersterben</em> in -einem späteren Zeitalter Formen, die der wahrhafte Ausdruck -des Lebens eines früheren waren, und so muss oft das, dem -in keiner Weise eine höhere innere Vollkommenheit sich geben -liesse, dennoch aus der erstorbenen äusseren Form in die des -dermaligen Menschengeschlechtes aufgenommen werden. (Wir -machen an folgendem Beispiele unseren Gedanken klarer. — -Selber die Philosophie, als die reinste, stoffloseste Form, die -auch im mündlichen Vortrage immer also, als reines Entwickelungsmittel -der Kunst des Philosophirens, sich behandelt, geht -dennoch in Beziehung auf stätigen Fortschritt der Wissenschaft -<a id="page-186" class="pagenum" title="186"></a> -<a id="pagehdr-186" class="orig-page" title="131"></a> -auf <em class="italic">ein Buch</em> aus, welches <em class="italic">die durchgeführte richtige Anwendung -der Denkgesetze</em>, als festes und stehendes Resultat, absetze. -Fürs erste nun, was nicht unmittelbar dasjenige ist, was -wir sagen wollen, sondern wodurch wir uns vorbereiten: — -wäre nun ein solches Buch vorhanden, so würde bis ans Ende -der Tage jedwedes Individuum, das ein Philosoph seyn wollte, -vielleicht jenes Buch als Leitfaden brauchend, dennoch jene Anwendung -der Denkgesetze <em class="italic">selbst</em> und in eigener <em class="italic">Person</em> durchführen -müssen, und von dieser Arbeit jenes Buch ihn auf keine -Weise entbinden. Dagegen hätte er davon folgenden Vortheil: -führte sein Denken ihn auf ein anderes Resultat, als in jenem -Buche vorliegt, so müsste er entweder deutlich und bestimmt -nachweisen können, welcher Fehler in Anwendung der Denkgesetze -im Buche begangen worden, der dieses von dem seinigen -verschiedene Resultat hervorgebracht hätte; oder er wüsste, -so lange er dies nicht könnte, sicher, dass er mit seinem eigenen -Denken noch nicht im Klaren sey, er müsste annehmen, -dass sein Resultat ebensowohl irrig seyn könnte, als das im -Buche vorliegende, und hätte kein Recht, seinen Satz, der möglicherweise -irrig seyn könnte, an die Stelle eines andern, der -freilich auch irrig seyn kann, in dem allgemeinen Buchwesen -zu setzen. Möchte er höchstens diesen seinen Satz, ausdrücklich -als nicht sattsam begründet, für die weitere Untersuchung -eines künftigen klareren Denkers aufbewahren. Und dies wäre -denn in dem ersten, wie in dem zweiten Falle der Erfolg des -vorhandenen Buches für die Wissenschaft, dort sichere Erweiterung, -hier Verwahrung vor blindem Herumtappen und dem -Eigendünkel, der da will, dass seine unbewiesenen Behauptungen -mehr seyen, als anderer vielleicht bewiesene Behauptungen, -indem er nur unfähig ist, den Beweis zu fassen. Hiervon -reden wir nun zunächst nicht, sondern davon. Ob nun wohl -auch jenes niedergelegte philosophische Buch also beschaffen -wäre, dass es weder in seinem Inhalte, noch im Grade der -Klarheit überhaupt eine Verbesserung erhalten könnte, so möchte -es doch immer einer <em class="italic">Erfrischung</em> durch das neue Leben der -Zeit bedürfen.) -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-3-4"> -<a id="page-187" class="pagenum" title="187"></a> -<a id="pagehdr-187" class="orig-page" title="132"></a> -<span class="line1">§. 61.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Das bisher beschriebene gäbe nun das <em class="italic">Kunstbuch</em> der -Schule. Nun zeigt sich diese Kunst, und ihr Leben schreitet -fort, in Organisation eines Stoffes. Inwiefern dieser Stoff wirklich -schon organisirt ist, ist er aufgenommen in die Kunst und -in derselben Buch, und es bedarf für ihn keines besonderen -Buches; inwiefern er aber noch nicht durchdrungen ist, und er -also die weitere Aufgabe für die Kunstschule enthält, muss -diese Aufgabe irgendwo in fester Gestalt niedergelegt seyn, und -die Schule bedarf, ausser ihrem Kunstbuche, auch eines <em class="italic">Stoffbuches</em>. -Dies ist nun zum Theil schon vorhanden an dem ganzen -vorliegenden Buchwesen, und muss nur die Schule dieses -<em class="italic">kennen</em>. Die dahin gehörigen Einrichtungen sind schon im vorigen -Abschnitte angegeben, und es lässt in dieser Kenntniss -ein Fortschritt nur so sich denken, dass diese Kenntniss des -vorhandenen Buchwesens vervollständiget, und das allgemeine -Repertorium desselben besser geordnet und einer leichteren -Uebersicht im Ganzen zugänglicher gemacht werde, auf welchen -Zweck auch unsere Schule in alle Wege anzuweisen ist. Jenes -auf diese Weise schon vorhandene grosse Stoffbuch selber soll -nun fortschreiten: zuvörderst, indem es seiner äusseren Form -nach erfrischt und erneuert wird, sodann, indem in Absicht -des Inhaltes es theils berichtigt und von den darin vorhandenen -Fehlern gereinigt, theils immerfort ergänzt und erweitert wird. -Das Letzte geschieht durch neue Entdeckungen auf dem Gebiete -der Geschichte und der Naturkunde; welche Entdeckungen immerhin -bei ihrer ersten Erscheinung zur Aufnahme in die Einheit -sich nicht qualificiren mögen, dennoch aber, bis ein Mehreres -zu ihnen hinzukommt, aufbehalten werden müssen. Durch -diese neuen Entdeckungen verlängert sich wiederum das Stoffbuch -nach der Peripherie hin, das nach der Seite seines Centrums -immer mehr verkürzt und von dem Kunstbuche aufgenommen -wird. -</p> - -<p> -Dieser Fortschritt, des Stoffbuches sowohl wie auch des -Kunstbuches, kann sich nun begeben entweder <em class="italic">bei uns</em>, oder -<em class="italic">bei anderen</em>; wo wir im letztern Falle die Ausbeute in unsere -<a id="page-188" class="pagenum" title="188"></a> -<a id="pagehdr-188" class="orig-page" title="134"></a> -Schule und unser Buch aufzunehmen haben, damit das gesammte -Buch des Menschengeschlechtes und sein wissenschaftlicher Fortschritt -Einheit behalte. -</p> - -<p> -Zum Fortschritte dieses gesammten Buches gehören auch -diejenigen Bestrebungen, dasselbe zu verbessern, die nur noch -Versuche und noch nicht zu der Festigkeit gediehen sind, dass -man sie in einem Buche niederlegen könne. Auch diese Versuche, -wenn sie bei anderen angestellt werden, kennen zu lernen, -wenn wir sie anstellen, uns dabei der Beobachtung anderer -nicht zu entziehen, müssen wir Anstalt treffen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-3-5"> -<span class="line1">§. 62.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Um über den Fortschritt der wissenschaftlichen Kunst, die -im Kunstbuche dargelegt werden soll, ganz verständlich zu werden, -legen wir unsere Gedanken dar an einem Beispiele. -</p> - -<p> -Wenn also z. B. mit der Universalgeschichte es dahin zu -kommen bestimmt wäre, dass man einsähe, sie sey nicht ein -Zufälliges, das auch entbehrt werden könne, sondern sie habe -eine bestimmte, dem Menschengeschlechte sich aufdringende -Frage nach bestimmten gleichfalls im menschlichen Geiste schon -vorliegenden Frageartikeln zu beantworten, als etwa: wie unser -Geschlecht zu menschlicher Lebensweise, zu Gesetzlichkeit, zu -Weisheit, zur Religion, und worin noch etwa sonst die Ausbildung -zum wahren Menschen bestehen mag, sich allmählig erhoben -habe, — hier einseitig, dann zurückfallend, um auch andere, -bisher vernachlässigte Bildungsweisen in sich aufzunehmen; -— und man über diese Fragen zu einigen bestimmten -und unveränderlichen Resultaten gekommen wäre: so würde -man sodann auch einsehen, dass die bisher abgesteckten Epochen -nach Entstehung oder Untergang grosser Reiche, nach -Schlachten und Friedensschlüssen, die Regententafeln u. dergl. -nur provisorische Hülfsmittel, berechnet auf eine Denkart, die -nur durch die Erschütterung des äusseren Sinnes berührt wird, -gewesen seyen, um die Sphäre jener besseren Ausbeute indessen -zu erhalten; und man würde nur an jene, inniger an das -Interesse der menschlichen Wissbegier sich anschmiegenden -Epochen die Geschichte anknüpfen, welche nun allerdings auch -<a id="page-189" class="pagenum" title="189"></a> -<a id="pagehdr-189" class="orig-page" title="135"></a> -jene ersten weniger bedeutenden mit sich fortführen würden, -damit das Gemälde sein vollkommenes Leben bis auf den wirklichen -Boden herab bekäme. Man würde z. B. nicht mehr sagen: -unter der Regierung des und des wurde der Pflug erfunden, -sondern umgekehrt: als der Pflug erfunden wurde, regierte -der und der, dessen Leben vielleicht auf die weiteren Begebenheiten -des Pfluges, auf welches letzteren Geschichte es hier -doch allein ankommt, Einfluss hatte. Die Kunst der Geschichte -wäre dadurch ohne Zweifel fortgeschritten, indem man nunmehro -erst recht wüsste, wonach man in derselben zu fragen, -und worauf in ihr zu sehen habe; sie wäre mit einem klaren -Begriffe durchdrungen. -</p> - -<p> -Dadurch wäre auch die ganze Bearbeitung derselben an -unserer Kunstschule verändert. Vorher bestand ihre eigentliche -Aufgabe darin, jenen klaren Begriff und die festen Data, -die eine Uebersicht der Begebenheiten nach seiner Leitung -giebt, <em class="italic">zu finden</em>, und in diesem Finden bestand die gemeinschaftliche -Arbeit unserer Kunstschule. Jetzt ist dies da: es -wird abgesetzt im Buche, das unser Zögling selber lesen mag. -Vorher musste er ein nach anderen Epochen eingetheiltes Buch -lesen, das ihm jetzt auch in alle Wege nicht ganz erlassen -werden kann, das aber ihm, der einen Leitfaden von höherer -Potenz hat, weit leichter haften wird, als seinem früheren Vorgänger. -Die unmittelbar zu treibende Kunst an unserer Schule -erhält in Beziehung auf die Geschichte eine andere Aufgabe; -ohne Zweifel die, jene Data weiter auszuarbeiten und zu verbinden, -und so mehr des bisher noch nicht durchdrungenen -Stoffes der Facta durch den Grundbegriff zu durchdringen. -</p> - -<p> -So in allen anderen Fächern. Die Kunst gräbt fortgehend -sich tiefer in bisher unsichtbare Welten; die in dem nunmehr -ausgegrabenen Schachte gewonnene Ausbeute legt sie im Kunstbuche -nieder, als Ausgangspunct und als Instrument ihres weiteren -Verfahrens. -</p> - -<p> -Und so wäre denn 1) in unseren Jahrbüchern des Fortschrittes -der Kunst an unserer Schule, als Hauptbestandtheile -und als Epoche machend, niederzulegen die encyklopädischen -Ansichten jedes unserer Lehrer von seinem Fache; kurz, versteht -<a id="page-190" class="pagenum" title="190"></a> -<a id="pagehdr-190" class="orig-page" title="137"></a> -sich, und im Grossen und Ganzen. Sollte ihm, wie dies -also zu erwarten, diese klare und ewig dauernde Rechenschaft -auch nicht während der Ausübung seines Lehramtes angemuthet -werden können, so kann sie dennoch nach dem Austritte -ihm nicht füglich erlassen werden, und hat er darauf schon -während der Ausübung zu rechnen. -</p> - -<p> -2) Da unsere Schüler auch Bücher lesen sollen, und wir -ihnen überhaupt nichts zu sagen gedenken, was ebenso gut -im Buche steht, so gehört zu jener encyklopädischen Rechenschaft -eines Lehrers allerdings auch die Angabe, welche Lectüre -er vorschreibe. Diese Lectüre mag für den Anfang in -schon vorhandenen Büchern bestehen, und es wird in diesem -Falle genug seyn, diese zu citiren. -</p> - -<p> -Späterhin aber werden wir, theils um die allenfalls veraltete -äussere Form anzufrischen, theils aber und vorzüglich, -wegen des durch den Fortschritt der Kunst ganz veränderten -Ausgangspunctes der von uns wirklich zu <em class="italic">treibenden</em> Kunst, -Lesebücher für unsere Zöglinge (ein <em class="italic">corpus</em> jedes einzelnen -Faches, wie es bisher nur ein <em class="italic">corpus juris</em> gab) eigens drucken -lassen müssen. In Absicht des ersten — des Auffrischens — -wird zu beachten seyn, dass dies nicht von dem Ermessen -des Einzelnen abhängen könne, sondern mehrere die Tüchtigkeit -eines Einzelnen für diesen Behuf anerkennen müssen, indem -nicht in jedem der gesammte lebendige Zeitgeist sich ausspricht, -und mancher versucht wird, seinen individuellen Geist -für jenen zu halten. In Absicht des zweiten haben wir, sowie -im Lehren, den Grundsatz, nicht zu sagen, was schon gedruckt -ist, im Schreiben den, nicht zum zweitenmale drucken zu lassen, -was einmal gedruckt ist. — Wird einmal das Bedürfniss -solcher eigenen Lesebücher eintreten, so werden uns die Mittel -nicht abgehen, demselben abzuhelfen, und können wir recht -füglich von denen, die bei uns Meister oder Doctor zu werden -verlangen, dergleichen Probestücke begehren. -</p> - -<p> -Wir erhielten an jenen encyklopädischen Rechenschaften, -von denen jede künftige die vorhergegangene entweder <em class="italic">formaliter</em>, -durch Klarheit und Leichtigkeit, oder <em class="italic">materialiter</em>, durch -weitere Umfassung des Stoffes, übertreffen müsste, — oder sie -<a id="page-191" class="pagenum" title="191"></a> -<a id="pagehdr-191" class="orig-page" title="138"></a> -könnte nicht aufgenommen werden, und dies wäre ein Beweis, -dass die Kunst dermalen bei uns stille stände — eine <em class="italic">fortgehende -und eng zusammenhängende Reihe</em> von Fortschritten in -der Wissenschaft, welche der Nachwelt, die einen beträchtlichen -Theil derselben übersehen, und vielleicht das <em class="italic">Gesetz</em> dieses -Fortschrittes entdecken könnte, wiederum als Mittel weit -höherer Fortschritte dienen könnte. Wir erhielten an dem, -mit jener und ihrem Gesetze gemäss fortschreitenden <em class="italic">Lesebuche</em>, -das nicht gerade in den Context jener Jahrbücher eingewoben -seyn müsste, sondern selbstständig existiren könnte, ein äusserliches -Document und einen Exponenten der Jahrbücher. -</p> - -<p> -Dieses Lesebuch würde, sowie es von einer Seite durch -Steigerung der Gesichtspuncte anwüchse, von der anderen -durch Auswerfung des sattsam bearbeiteten Stoffes abnehmen. -Wir machen dies deutlich an demselben Beispiele der Geschichte. -Wenn man durch Erfassung etwa des angegebenen -Standpunctes für diese — die Geschichte — vielleicht auch -den Zweck aufgeben wird, in derselben <em class="italic">Psychologie</em> oder -<em class="italic">Staatswissenschaft</em> zu lernen — Zwecke, die man leicht für -Vorspiegelungen halten dürfte, um dem Philosophen gegenüber -sich aus der Verlegenheit zu ziehen, einen Zweck ihres Studiums -deutlich anzugeben, — begreifend, dass man diese Zwecke -weit wohlfeileren Kaufes mit der Philosophie erreichen könne; -dass aber die Regierungs<em class="italic">kunst</em>, die durchaus etwas Anderes -ist, denn die durch Philosophiren zu schöpfende Regierungs<em class="italic">wissenschaft</em>, -eine leichte und sich von selbst findende Zugabe -des rechten Studiums der Geschichte sey: — wenn man, sage -ich, diese Zwecke aufgeben wird, alsdann wird man einer -Menge Untersuchungen, die nur dem psychologischen oder politischen -Zwecke unter die Arme greifen sollen, sich gern -überheben. — (So lange es, um über die Aechtheit eines gewissen -Documents urtheilen zu können, auf die Untersuchung, -welchen Zuschnitt der Bart eines gewissen Kaisers gehabt habe, -ankommt, muss man in alle Wege diese Untersuchung gründlich -treiben. Sollte aber durch einstige Vollendung dieser Untersuchung -die Aechtheit oder Unächtheit des Documents, gemeingültig -für alle künftige Zeit, ausgemittelt seyn, so mag man -<a id="page-192" class="pagenum" title="192"></a> -<a id="pagehdr-192" class="orig-page" title="140"></a> -nun den Bart immer fahren lassen; ja dieses um so mehr, -wenn sogar an der Aechtheit oder Unächtheit des Documents -selber uns nichts mehr liegen sollte, indem, was dadurch entschieden -werden soll, indess anderwärtsher entschieden worden. -Freilich müsste man zu diesem Behufe auch darüber mit -sich einig seyn, dass es in allen Fächern Gewissheit und eine -feste, unwidersprechliche Beweisführung gebe, und nicht etwa -gerade in das blinde Herumtappen, und in die Wiederholung -desselben Kreislaufes durch jegliche Generation, die Perfectibilität -des Menschengeschlechtes setzen.) -</p> - -<p> -So, wenn nun jemand durchaus kein anderes Mittel hat, -um über den Werth einer gewissen Meinung zu entscheiden, -ausser daraus, dass sie die Meinung eines gewissen alten Philosophen -gewesen, dabei aber doch noch immer Zweifel hegt, -ob dieselbe nicht vielmehr die Folge der Gesundheitsbeschaffenheit -dieses Philosophen, als seiner Speculation gewesen: so -ist diesem die Frage über die Hypochondrie oder Nichthypochondrie -des Mannes allerdings höchst bedeutend; wer aber -auf anderem Wege über den in Frage gestellten Werth Bescheid -hätte, der könnte jenen Philosophen sammt seinem Gesundheitszustande -ruhig an seinen Ort gestellt seyn lassen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-3-6"> -<span class="line1">§. 63.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Neben diesem ersten und wesentlichen Theile der Jahrbücher, -den encyklopädischen Rechenschaften der Lehrer, giebt -es noch einen zweiten, zum ersten nothwendig gehörenden -Theil, die Ausarbeitungen der Schüler. Denn es soll ja nicht -bloss die Kunst der gesammten Schule in Bearbeitung des wissenschaftlichen -Stoffes, es soll auch die besondere Kunst der -Lehrer gezeigt werden, selber Künstler aus dem ihnen gegebenen -Stoffe der Zöglinge zu bilden, und, so Gott will, der Fortgang -auch dieser Kunst. Ueber die Lehrmethode derselben -wird schon ihre encyklopädische Rechenschaft, auch ohne ausdrückliches -Vermelden, die nöthige Auskunft geben. Ueber so -viele andere, in Worten auch nicht füglich zu beschreibende -Kunstmittel mögen sie schweigen, und dieselben eben üben; -<a id="page-193" class="pagenum" title="193"></a> -<a id="pagehdr-193" class="orig-page" title="141"></a> -aber ihr <em class="italic">Werk</em>, den Künstler, der aus ihren Händen hervorgeht, -mögen sie vorzeigen. -</p> - -<p> -Im Anfange zwar, und in den ersten Jahren werden wir -noch nichts dieser Art vorzuweisen haben; einen sicheren Anfang -aber müssen dennoch auch die Jahrbücher sich setzen, -indem es ausserdem wohl immer bei dem Versprechen bleiben -könnte. Dieser Anfang könnte erscheinen zu Anfang des zweiten -Lehrjahres, und er müsste enthalten: 1) die encyklopädischen -Ansichten der angestellten Lehrer jedes Faches, die sie -ja ohne Zweifel bei der Vorbereitung auf dieses ihnen grossentheils -neue Collegium schriftlich entworfen, und während des -mündlichen Vortrages und der mit den Lehrlingen angestellten -Uebungen verbessert haben werden. 2) Die Probeaufsätze der -Studirenden, welche gebilligt, und deren Verfassern die Befugniss, -das Regulat nachzusuchen, gegeben worden. Sollte -das Letztere zu weitläufig ausfallen, so könnten aus den gelungenen -nur die gelungensten ausgewählt, der anderen aber -nur im allgemeinen mit dem gebührenden Lobe gedacht -werden. -</p> - -<p> -(Der zweite Punct wäre zugleich die den Lehrern, die das -Regulat zuerst besetzen, allerdings nicht zu erlassende öffentliche -Rechenschaft, dass sie hierbei nach festen Grundsätzen -und keinesweges willkürlich verfahren; ingleichen die Weisung -an Studirende und deren Eltern, was bei künftigem Anspruche -auf dasselbe Regulat von ihnen <em class="italic">wenigstens</em> gefordert werden -würde. Wenigstens; denn es könnte so kommen, dass das -erstemal, um denn doch überhaupt ein an Personal nicht gar -zu schwaches Regulat einzusetzen, nach ein wenig milderen -Grundsätzen verfahren werden müsste, denn späterhin.) -</p> - -<p> -Aus denselben Bestandtheilen, Nachträgen der Lehrer zu -ihren encyklopädischen Ansichten, und Probeaufsätzen neuer -Candidaten des Regulats würden die Jahrbücher auch zu Anfange -des dritten, vierten etc. Lehrjahres bestehen, so lange -bis wir Aufsätze von solchen, die bei uns das Meisterthum erhalten -hätten, mittheilen und so die Aufsätze der Schüler ungedruckt -lassen könnten. Erst mit diesen ginge die eigentliche -Rechenschaftsablegung des Lehrers über seine Lehrkunst an. -</p> - -<p> -<a id="page-194" class="pagenum" title="194"></a> -<a id="pagehdr-194" class="orig-page" title="143"></a> -Hier auch hebt die eigentliche Rechenschaft der gesammten -Kunstschule über den Fortschritt des Lehrtalentes und der -Künstlerbildung an ihr an. Werden, noch abgerechnet die Steigerung -des Begriffes selbst (wovon in §. <em class="italic">praeced.</em>), in der <em class="italic">Form</em> -die Aufsätze der künftigen Meister klarer, gewandter, freier, -leichter, denn die der früheren, so steigt die Kunst; das Gegentheil -davon wäre ein Beweis, dass sie wenigstens in dieser -Rücksicht fiele, und die gesammte Akademie hätte zusammenzutreten -und Anstalten zu treffen, <em class="italic">ne detrimenti quid capiat -respublica</em>. -</p> - -<p> -Schon in den anderen mit den Lehrlingen anzustellenden -Uebungen, recht eigentlich aber, und auch andern sichtbar in -diesen Jahrbüchern, kann ein Lehrer sehen, ob ein anderes, -jugendlicheres und gewandteres Lehrertalent neben ihm aufkomme, -und er hat sodann ohne Säumen auszutreten, und diesem -seinen Lehrstuhl zu überlassen. Der eigentliche Vater dieses -Studiums, und der fortdauernde Berather und Warner in -demselben bleibt er immerfort. -</p> - -<p> -Der hier entworfene Begriff solcher Jahrbücher wäre dem -ersten anhebenden Theile derselben in einer, das grosse -Publicum befriedigenden Deutlichkeit voranzusetzen, und hätten -wir in dieser Einleitung uns auf alle hier aufgestellten Grundsätze -für uns und unsere Nachkommen, vor Welt und Nachwelt, -auf ewig zu verpflichten. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-3-7"> -<span class="line1">§. 64.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Betreffend den Fortgang insbesondere des Stoffbuches durch -uns, geht dieser, wie sich versteht, auch bei uns, sowie in der -übrigen Welt, seinen Weg fort. Es wäre hierbei nur folgendes -anzumerken. Zuvörderst ist wohl von keinem unserer Akademiker -zu erwarten, dass er, entweder um das Daseyn seiner -Person kund zu thun, oder um an den Ehrensold irgend eines -schlecht unterrichteten Buchhändlers zu kommen, Geschriebenes -schreibe, und compilirend aus zehn Büchern ein eilftes mache, -und hätte, falls dergleichen doch einem beikäme, die gesammte -Akademie die gemeinschaftliche Ehre zu retten, und die Schmach -des Einzelnen von sich abzuwehren. Sodann: dergleichen Vermehrungen -<a id="page-195" class="pagenum" title="195"></a> -<a id="pagehdr-195" class="orig-page" title="144"></a> -des Stoffbuches von Seiten unserer Akademiker -müssten zunächst auf das gegenwärtige Bedürfniss unserer -Kunstschule gehen und bestimmt seyn, diesem abzuhelfen; und -es wäre den Arbeiten von dieser Beziehung der Vorzug vor -anderen zu geben. Im Falle eines solchen Bedürfnisses könnten -wir auch Auswärtige zur Mithülfe durch Aussetzung eines -<em class="italic">Preises</em> auffordern; der Akademiker selbst ist für den Preis zu -hoch; dem Bedürfnisse der Familie abzuhelfen, wenn er kann, -ist ihm ohnedies Pflicht wie Freude, und sind die vom Rathe -der Alten recht eigentlich für dieses Geschäft, auch in Absicht -des Buchwesens, eingesetzt. -</p> - -<p> -Einen Theil des fortschreitenden Stoffbuches jedoch müssen -wir als ein nothwendiges Glied in unseren Plan aufnehmen, -und die regelmässige Fortsetzung desselben organisiren; ich -meine die Niederlegung der an unserer Akademie gemachten -neuen Entdeckungen für Geschichte und Naturwissenschaft, zu -welcher letzteren auch das in der ärztlichen Praxis Entdeckte, -das einen wissenschaftlichen Aufschluss über die Natur verspricht, -gehört, und wir deswegen auch, ohnerachtet wir die -ärztliche Praxis ganz von uns auszuschliessen gedenken, für diesen -letzteren Behuf einen, oder etliche Männer unter unseren -Akademikern haben müssen. Es ist unsere Pflicht sowohl, als -unser Vortheil, dass diese Entdeckungen, sobald sie zu einer -bestimmten schriftlichen Relation haltbar genug geworden, nicht -innerhalb unserer Gesellschaft bleiben, sondern auch das auswärtige -Publicum, das uns ja auch diesen neuen Stoff bearbeiten -helfen soll, Kunde davon erhalte. Es müssten drum angelegt -werden <em class="italic">Jahrbücher der Wissenschaftlichen Entdeckungen -an unserer Akademie</em>. Ob der Stoff so reich ausfalle, dass er -einer selbstständigen periodischen Schrift bedürfe, oder ob diese -Jahrbücher mit dem tiefer unten zu erwähnenden Werke, der -Bibliothek der Akademie, vereinigt werden sollten, mag entschieden -werden, wenn es an die wirkliche Ausführung geht. -So viel ist klar, dass wir kein Bändchen der Fortsetzung solcher -Jahrbücher liefern können, wenn wir innerhalb der Zeit -nichts Neues entdeckt haben, dass sie somit keinesweges bestimmte -Termine ihrer Erscheinung halten können. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-3-8"> -<a id="page-196" class="pagenum" title="196"></a> -<a id="pagehdr-196" class="orig-page" title="146"></a> -<span class="line1">§. 65.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Noch ein Hauptgegenstand der Beachtung unserer Akademie -ist die Benutzung des ausserhalb unser, und anderwärts -fortschreitenden <em class="italic">Stoff</em>-, sowie auch <em class="italic">Kunstbuches</em>; und die Nutzbarmachung -desselben für diejenigen unserer Mitglieder, die -wegen anderer Geschäfte nicht Zeit haben aufs blosse Gerathewohl -zu lesen (die ausübenden Lehrer und Studirenden), von -denjenigen aus uns, die diese Zeit haben (dem Rathe der -Alten). -</p> - -<p> -Es ist dazu erforderlich zuvörderst, dass man diesen Fortschritt, -d. h. die neu erschienenen Schriften historisch kenne. -Für diesen Behuf erscheint nun zu Leipzig der bekannte Messkatalog, -als das Verzeichniss ihrer zu Markte gebrachten Waare, -dessen Besorgung, wie sich versteht, eine Sache des Verkäufers -der Waare ist. Es mochte gut seyn, dass sich fertigere Federn -fanden, welche diesen Messkatalog paraphrasirten; doch war -und blieb dies immer eine rein mercantilische Sache, zum -Dienste des Käufers und Verkäufers; und eine allgemeine Literaturzeitung -kann durchaus auf keinen höheren Werth Anspruch -machen, als auf den eines Journals des Luxus und der Moden. -Dass diese subalternen Handarbeiter durch schlecht unterrichtete -Schmeichler sich überreden liessen, sie verwalteten zugleich -das Geschäft der Kritik, und dieses lasse sich eben mit -der durchaus mercantilischen Rücksicht, <em class="italic">den ganzen Messkatalog -herunter zu recensiren</em>, vereinigen; dass, nachdem die Meinung -einmal entstanden, sogar solche, die da wohl fähig gewesen -wären, das Amt der Kritik zu verwalten, sich verleiten -liessen, zuweilen ein treffenderes Wort in jenen unwürdigen -Context hineinzuwerfen, ist in unseren Tagen eine der ergiebigsten -Quellen des literarischen und anderen Verderbens geworden, -und es ist darüber auf Handlanger und Unternehmer -solcher Paraphrasen des Messkatalogs ein grösseres Maass von -Spott gefallen, als sie Kraft hatten, zu verdienen. Da die Liebhaberei -unserer Leser noch immer nach dergleichen Literaturzeitungen -sich hinzuwenden scheint, und, so viel dem Schreiber -dieses bekannt ist, der eigentliche Grund ihrer Verwerflichkeit -<a id="page-197" class="pagenum" title="197"></a> -<a id="pagehdr-197" class="orig-page" title="147"></a> -selten rein ausgesprochen und ins Auge gefasst wird, so sagen -wir noch bestimmt, dass dieser unser Entwurf anmuthe, zu begreifen -folgendes: dass, wenn auch etwa überhaupt, was wir -hier an seinen Ort gestellt seyn lassen, die Zeit sich herausnehmen -dürfe, die Zeit zu kritisiren, diese Kritik wenigstens -nicht an <em class="italic">der Allheit der erscheinenden Bücher</em>, sowie die einzelnen -uns unter die Hände fallen, geübt werden könne, indem -ein solcher Vorsatz selbst einen absolut unkritischen, unphilosophischen, -der Einheit unempfänglichen, planlosen Geist voraussetzt, -und nur eine planlose und verworrene Geburt erzeugen -kann; sondern dass sie an <em class="italic">ganzen Klassen und Arten von -Büchern</em>, die nach inneren Kriterien schon vorher unterschieden -worden, geübt werden müsse; dass jener Vorsatz, alles aus der -Presse Hervorgegangene zu recensiren, offenbar die Rücksicht -auf gleiche Gerechtigkeit gegen alle Verleger, als Waarenlieferanten, -darthue, wie es denn auch die Verleger sind, welche -auf die Vollständigkeit der Literaturzeitungen am meisten dringen, -und über Vergewaltigung laut klagen, wenn einer ihrer -Artikel unangezeigt geblieben; dass demnach der mercantilische -Zweck der wesentliche, den Plan und das Grundgesetz solcher -Unternehmungen bestimmende, der kritische aber nur hinterher -als Vorwand hinzugekommen ist, und dass man sogar auch -darüber sich niemals ernsthaft berathschlagt, ob eine Vereinigung -dieser beiden Zwecke auch wohl möglich sey. -</p> - -<p> -Möge wenigstens von unserer Akademie eine solche Verwirrung, -welche ihr und der Kunstschule Wesen sogleich im -Beginn zerstören würde, fern bleiben! -</p> - -<p> -Uebrigens mag in Gottes Namen, und es wäre dieses sogar -höchst rathsam, in der Hauptstadt unserer Monarchie, neben -dem Sitze der Akademie, auch eine solche vollständige Paraphrase -des Messkatalogs erscheinen; wäre es auch nur darum, -um die anderwärts erscheinenden aufgeblasenen Zwitternaturen -von unseren weniger unterrichteten Mitbürgern abzuhalten. Es -sey dies ein Privatunternehmen eines, etwa des akademischen -Buchhändlers. Die Sache ist Handarbeit, welcher der Leipziger -unparaphrasirte Messkatalog zur Basis diene. Der Referent versichert -als Augenzeuge, dass das Buch wirklich erschienen sey, -<a id="page-198" class="pagenum" title="198"></a> -<a id="pagehdr-198" class="orig-page" title="149"></a> -und er es unter den Augen gehabt habe; das sey sein Titel, so -viel koste es, und hierauf lässt er die Inhaltsanzeige und irgend -eine Stelle aus dem Buche abdrucken. Ueber die Wahl dieser -Stellen, auch etwa über ganz auszulassende Schriften, mag er -die Akademie derjenigen Klassen, die ohnedies aus anderen -Gründen diese Bücher durchzulaufen haben, befragen dürfen, -und wäre diesen eine allgemeine Aufsicht und Censur dieses -Messcatalogus, jedem in seinem Fache, zu übertragen. — Halte -zu diesem Behuf der Unternehmer sich einige Zugewandte, wiewohl -auch ganz unstudirte Kaufmannsbursche das Geschäft versehen -könnten. -</p> - -<p> -Was dagegen der Akademie als solcher in Beziehung auf -die auswärtige Vermehrung des Buchwesens recht eigentlich -zukommen würde, wäre folgendes: -</p> - -<p> -1) Die Mitglieder des Rathes der Alten nehmen, jeder für -sein Fach, die durch die letzte Messe erfolgte Vermehrung des -Buches für dieses Fach vollständig in Augenschein, welches, -wenn die Literatur der Deutschen ihren bisherigen Charakter -noch lange behält, grossentheils mit Durchsicht der Inhaltsanzeigen, -der Register, der Vorreden, und einigem Durchblättern -sich wird abthun lassen. Sollte in dieser Durchsicht dem Einen -etwas vor die Augen kommen, das nicht eigentlich zur Competenz -seines Faches gehörte, und hier sich nur in dasselbe -verloren hätte, so macht er den, in dessen Fach es eigentlich -gehört, aufmerksam. -</p> - -<p> -2) Was nun in dieser dermaligen Vermehrung des Buches -sich findet als Fortschritt, d. i. als Verbesserung oder Erweiterung -des Stoffbuches in diesem Fache, oder auch als Erhöhung -des Kunstbuches, nach dem oben angegebenen Maassstabe -einer solchen Erhöhung, wird niedergelegt in einem anderen -periodischen Werke, welches man <em class="italic">Jahrbücher der Fortschritte -des Buchwesens</em>, oder auch die <em class="italic">Bibliothek der Akademie</em>, nennen -könnte. Was blosse Wiederholung des schon Bekannten -ist, wird mit Stillschweigen übergangen. Rückfälle in schon -widerlegte Irrthümer mögen, falls nemlich zu befürchten wäre, -dass ein Mitglied unserer Akademie dadurch geirrt werden -<a id="page-199" class="pagenum" title="199"></a> -<a id="pagehdr-199" class="orig-page" title="150"></a> -könnte, angezeigt werden. Da eine solche Uebersicht ausgeht -von der bisherigen Literatur des Faches, die ihre feststehenden -Abtheilungen schon haben wird, so kann sie recht füglich an -diese, als den Grundleitfaden sich halten, zeigend, wie jeder -dieser Theile bereichert worden sey, und so das Buch, wo -diese Bereicherung sich vorfindet, auf Veranlassung des Inhalts, -keinesweges aber den Inhalt auf Veranlassung des Buches, wie -dies die Paraphrase des Messkatalogs thut, anführen. -</p> - -<p> -Bücher, in denen gar nichts Neues steht, ohne dass sie -doch auch als eine Auffrischung des bisherigen Buchwesens in -diesem Fache gelten könnten, und die daher gar nicht existiren -sollten, werden in dieser Bibliothek ganz übergangen. Es -würde ganz zweckmässig seyn, dass dergleichen, nach Angabe -dieser Referenten in der Bibliothek, die man darüber zu -befragen hätte, auch in dem Messkatalog übergangen würden, -damit, sowie wir selbst auf die blosse Buchmacherei Verzicht -thun, wir auch die Unterstützung der auswärtigen Buchfabriken -durch den Ankauf unserer weniger unterrichteten Mitbürger -verhindern. Das Publicum wisse, dass es desjenigen, das sogar -unser Messkatalog übergeht, sicherlich nicht bedarf. -</p> - -<p> -Diese Bibliothek ist <em class="italic">unserer Akademie</em> Bibliothek, und zunächst -für deren Gebrauch geschrieben. Mit dem ersterwähnten -Durchwühlen des ganzen, durch die Messe herbeigeführten -Schuttes braucht keiner unserer Lehrer oder unserer Schüler -sich zu bemühen; selber der alte Akademiker und Mitarbeiter -an der Bibliothek braucht es nur mit dem, der auf seinen Theil -gefallen ist; die übrigen Theile haben andere für ihn übernommen. -Und so hat denn unser Akademiker nur diese Bibliothek -zu lesen, und findet in ihr die bestimmte Nachweisung, was er -etwa noch ausserdem neu Erschienenes zu lesen habe. Für -ihn ist daher diese Bibliothek allerdings <em class="italic">Kritik</em>, Scheidung des -zu Lesenden von dem nicht zu Lesenden, des ganzen neuesten -Buches. -</p> - -<p> -Will auch das auswärtige Publicum, und unter ihnen die -Verfasser und Verleger dieses gesammten neuesten Buches, -diese Bibliothek, die durchaus nicht ihnen zu Liebe geschrieben -<a id="page-200" class="pagenum" title="200"></a> -<a id="pagehdr-200" class="orig-page" title="152"></a> -ist, dennoch lesen, so steht ihnen dies ganz frei. Wollen sie -ferner dieselbe als allgemeine und so auch für sie geltende -Kritik ansehen, so thun sie das auf ihre eigene Verantwortung. -Wir wenigstens uns auf die unsrigen beschränkend, haben niemals -einen solchen arroganten Anspruch gemacht, unsern Richterspruch -der ganzen Welt aufzudringen; dringt er sich ihnen -aber etwa von selbst in ihrem eigenen Bewusstseyn auf, so ist -dies ein desto ehrenvolleres Zeugniss für uns. Was daraus entstehen -möge, so haben wir mit Verfassern oder Verlegern nichts -abzuthun, indem wir uns diesen niemals für etwas verbunden -haben. -</p> - -<p> -(Dass, weil wir nicht blind herumtappen, sondern nach -einem festen Plane einhergehen, wir gar bald zu grossem Ansehen -gelangen werden und dass dies mächtig zur Verbesserung -des ganzen Literaturwesens wirken werde, lässt sich voraussehen. -Jedoch ist sogar diese grosse Folge nur eine zufällige, -die wir nicht beabsichtigen; denn zu bescheiden, das Heil -der ganzen Welt auf unsere Schultern laden zu wollen, denken -wir zunächst nur auf unser eigenes Heil.) -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-3-9"> -<span class="line1">§. 66.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Noch sind allein übrig die oben erwähnten Anstalten, wodurch -wir von den Bemühungen anderer wissenschaftlicher -Körper, welche Bemühungen noch nicht Festigkeit genug erhalten -haben, um im Buche niedergelegt zu werden, zeitig Notiz -erhalten, und diese Körper in die Lage setzen, von den gleichen -Bemühungen bei uns Notiz zu nehmen. Es wäre in dieser -Rücksicht vorzuschlagen: 1) dass wir an allen bedeutenden -Akademien und Universitäten des deutschen Vaterlandes sowohl, -als des Auslandes, uns einen besonderen Freund und Repräsentanten -erwählten aus den Mitgliedern eines solchen Corps; gegenseitig -diesen erlaubend und sie einladend, dasselbe bei uns -zu thun. Diese Repräsentanten wären ersucht, alles, was an -ihrem Orte von der eben erwähnten Art sich zutrüge, davon -sie glaubten, dass es die befreundete Akademie interessiren -könnte, derselben durch Correspondenz zu melden. 2) Damit -<a id="page-201" class="pagenum" title="201"></a> -<a id="pagehdr-201" class="orig-page" title="153"></a> -wir jedoch, tiefer denn diese fremden Berichte, die nur die -erste Aufmerksamkeit erregen sollen, und selbst dasjenige, was -diese etwa mit Stillschweigen übergehen, mit eigenen Augen -zu sehen uns in den Stand setzen, sollen, wo möglich ununterbrochen, -junge Männer aus unserer Mitte zu ihnen gesendet -werden und bei ihnen einige Zeit sich aufhalten; die nach erfolgter -Rückkehr uns mündlichen Bericht abstatten, wie sie alles -befunden. Diese sind zu allernächst an unseren Repräsentanten -adressirt, der ihnen mit Rath und That an die Hand gehe. Es -versteht sich, dass wir dasselbe den verbündeten Gesellschaften -zugestehen, und die ihrigen also behandeln, wie wir wollen, -dass die unsrigen von ihnen behandelt werden. So wünschen -wir ohne Zweifel, dass die unsrigen den unbeschränktesten -Zutritt zu allen wissenschaftlichen Uebungen der Auswärtigen -erhalten, und müssen drum diesen denselben Zutritt bei -uns geben. Keinesweges aber wünschen wir, dass den unsern -bei diesen Besuchen etwa das Sehwerkzeug des Auslandes untergeschoben -werde, sondern dass sie sich ihres eigenen Auges, -sowie es bei uns gebildet worden, bedienen; wir sind darum -ebensowenig befugt, oder, falls wir unseren Augpunct für besser -zu halten berechtigt seyn sollten, verpflichtet, ihn unseren -Gästen zu leihen, sondern mögen sie das Vermögen zu sehen -eben schon mitgebracht haben. Der hierüber nöthigen Politik -mögen sich sowohl unsere zu diesen Gesandtschaften gebrauchten -Mitbürger, als alle unsere Akademiker befleissigen; und es -haben z. B. die ersten nicht gerade nöthig, dem Ausländer gegenüber -laut über ihn zu denken, sondern sie mögen sich berichten -lassen, ihres Herzens wahre Gedanken aber, bis zu -ihrer Rückkehr in unsere Mitte, für sich behalten. -</p> - -<p> -Die zu diesen wissenschaftlichen Gesandtschaften am besten -sich qualificirenden Subjecte wären bei uns gezogene und gelungene -Regulare, und könnten sie damit sehr füglich die Zeit -zwischen ihrem Austritte aus dem Regulat und ihrem Eintritte -in die Akademie ausfüllen. -</p> - -<p> -Vorzüglich würden zu diesen Geschäften gebraucht werden -und, falls sie nur gerade so gut wie andere sich dazu qualificirten, -<a id="page-202" class="pagenum" title="202"></a> -<a id="pagehdr-202" class="orig-page" title="155"></a> -diesen sogar vorgezogen werden müssen die Söhne aus der -Universitätsstadt, und besonders die unserer Akademiker; es -versteht sich, wenn die Hauptbedingung, dass sie gelungene -Regulare wären, von ihnen erfüllt wäre. Dieses zwar keinesweges -als ein <em class="italic">persönliches Vorrecht</em>, dergleichen bei uns keine -Geburt giebt, sondern vielmehr als <em class="italic">Gleichstellung</em> mit den übrigen, -und <em class="italic">Entschädigung</em> dafür, dass sie die Universitätsstadt an -ihrem Geburtsorte finden, und im Grunde aus dem Umkreise -der Ihrigen zu einem völlig selbstständigen Leben noch niemals -herausgekommen sind, und so die hiermit verknüpften, -oben erwähnten Vortheile bisher verloren haben. -</p> - -<h4 class="l2si subchap" id="subchap-4-3-10"> -<span class="line1">§. 67.</span><br /> -<span class="line2">Corollarium.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Unsere Akademie, an und für sich betrachtet, giebt in der -von uns angegebenen Ausführung das Bild eines vollkommenen -Staates: redliches Ineinandergreifen der verschiedensten Kräfte, -die zu organischer Einheit und Vollständigkeit verschmolzen -sind, zur Beförderung eines gemeinsamen Zweckes. An ihr -sieht der wirkliche Staatskünstler immerfort dieselbe Form gegenwärtig -und vorhanden, welche er auch seinem Stoffe zu -geben strebt, und er gewöhnt an sie sein, von nun an durch -nichts Anderes zu befriedigendes Auge. -</p> - -<p> -Dieselbe Akademie stellt in ihrer Verbindung mit den übrigen, -ausser ihr vorhandenen wissenschaftlichen Körpern dar -das Bild des vollendet rechtlichen Staatenverhältnisses. Alle, in -sich übrigens allein, geschlossen und selbstständig bleibend, -kämpfen aus aller ihrer Kraft um denselben Preis, die Beförderung -der Wissenschaft und der wissenschaftlichen Kunst; aber -ihr Wettkampf ist nothwendig redlich, und keiner kann den -errungenen Sieg verkennen oder schmälern, ohne sich selbst -der, allen gemeinschaftlichen und bei unendlicher Theilung -dennoch immer ganz bleibenden Ausbeute des Sieges zu berauben. -Ihr Wettkampf ist liebend; das beleidigte Selbstgefühl -des Ueberwundenen hebt sogleich sich wieder empor an der -<a id="page-203" class="pagenum" title="203"></a> -<a id="pagehdr-203" class="orig-page" title="156"></a> -Freude über den gemeinsamen Gewinn, und die augenblickliche -Eifersucht geht schnell über in Dank an den Förderer des gemeinen -Wesens. -</p> - -<p> -Diese Form einer organischen Vereinigung der aus lauter -verschiedenen Individuen bestehenden Menschheit vermag in -ihrer Sphäre die Wissenschaft zu allererst, und dem Kreise der -übrigen menschlichen Angelegenheiten lange zuvorkommend, zu -realisiren. Als einzelne Republik darum, weil zuvörderst das -Interesse, das in dieser Sphäre scheiden, trennen und das zu -Vereinigende voneinanderhalten könnte, hier bei weitem nicht -so dringend und gebieterisch herrscht, als das der sinnlichen -Selbsterhaltung, welches im Gebiete des Staates entzweiet -und sich befeindet; sodann weil selber das Element, das die -Wissenschaft bearbeitet, die Denkart veredelt und die Selbstsucht -schmählich macht. Als ein Verein von Republiken darum, -weil alle genau wissen und verstehen, was sie eigentlich wollen; -dagegen die politischen Entzweiungen der Völker und weltverheerende -Kriege sich sehr oft auf die verworrensten und -finstersten unter allen möglichen Vorstellungen gründen. In -dieser früheren Realisirung der für alle menschlichen Verhältnisse -eben also angestrebten Form ist sie Weissagung, Bürge -und Unterpfand, dass auch das Uebrige einst also gestaltet -seyn werde, der strahlende Bogen des Bundes, der in lichten -Höhen über den Häuptern der bangen Völker sich wölbt. -</p> - -<p> -Aber selbst, indem sie noch verheisset, erfüllet sie schon -und ist gedrungen zu erfüllen. Die einzige Quelle aller menschlichen -Schuld, wie alles Uebels, ist die Verworrenheit derselben -über den eigentlichen Gegenstand ihres Wollens; ihr einiges -Rettungsmittel daher Klarheit über denselben Gegenstand; -eine Klarheit, welche, da sie nicht uns fremd bleibende Dinge -erfasst, sondern die innerste Wurzel unseres Lebens, unser -Wollen ergreift, auch unmittelbar einfliesst in das Leben. Diese -Klarheit muss nun jeder wissenschaftliche Körper rund um sich -herum, schon um seines eigenen Interesse willen, wollen und -aus aller Kraft befördern; er muss daher, sowie er nur in sich -selbst einige Consistenz bekommen, unaufhaltsam fortfliessen zu -<a id="page-204" class="pagenum" title="204"></a> -<a id="pagehdr-204" class="orig-page" title="158"></a> -Organisation einer Erziehung der Nation, als seines eigenen -Bodens, zu Klarheit und Geistesfreiheit, und so die Erneuerung -aller menschlichen Verhältnisse vorbereiten und möglich machen; -durch welche Erwähnung der Nationalerziehung wir wieder am -Schlusse unseres ersten Abschnittes niedergesetzt werden, und -so den bis ans Ende durchlaufenen Kreis schliessen. -</p> - -<h3 class="l2s chapter" id="chapter-4-4"> -<a id="page-205" class="pagenum" title="205"></a> -<span class="line1">Beilagen zum Universitätsplane.</span> -</h3> - -<p class="src"> -(Ungedruckt.) -</p> - -<h4 class="pbb subchap" id="subchap-4-4-1"> -<a id="page-207" class="pagenum" title="207"></a> -<span class="line1">I.</span><br /> -<span class="line2">Plan zu einem periodischen schriftstellerischen Werke an einer deutschen Universität.<a class="fnote" href="#footnote-28" id="fnote-28">[28]</a></span> -</h4> - -<p class="noindent"> -1) Soll ein solches Werk der Universität Ehre machen und -zugleich den steigenden Flor derselben befördern, so muss -dasselbe auf dem Gipfel der wissenschaftlichen Bildung der -deutschen Nation anheben, und seine Fortsetzung kann nichts -Anderes seyn, als das fortlaufende Document des ununterbrochenen -Fortschreitens jener Bildung auf der vorausgesetzten -Universität. -</p> - -<p> -2) Es muss wirklich das Werk der Lehrer und Mitglieder -dieser Universität, und das Resultat des wissenschaftlichen Geistes -und seiner Leistungen auf derselben seyn, und das öffentliche -Urtheil muss darüber nicht in Zweifel bleiben können. -Es ist daher nicht hinlänglich, dass jenes Werk etwa nur in -der Stadt, wo auch die Universität sich befindet, gedruckt oder -auch von Gelehrten, die zugleich Lehrer an derselben sind, -geschrieben werde: es muss die Rechenschaftsablegung enthalten -über den Geist und die Resultate ihres Treibens. Die -Ehre, welche bei Vernünftigen dadurch der Universität zu Theil -<a id="page-208" class="pagenum" title="208"></a> -würde, dürfte sonst vielleicht der jenes Glockenziehers, der zu -einer vortrefflichen Predigt eingeläutet zu haben sich rühmte, -nicht ungleich seyn: die Rechnung auf das Vorurtheil der Unvernünftigen -aber ist, wenn man sich auch herablassen wollte, -darauf Rücksicht zu nehmen, nicht sicher auf die Dauer. -</p> - -<p> -3) Der dadurch zu liefernde Beweis der Superiorität des -wissenschaftlichen Geistes auf der vorausgesetzten Universität -muss nicht <em class="italic">indirect</em> geführt werden, so dass man sich nur -zeige, als fähig die Schwächen oder auch die Vorzüge Anderer -einzusehen, durch welche unabhängig von uns die -Wissenschaften bearbeitet werden; denn das ist seinem Wesen -nach untergeordnete und Schülerarbeit. -</p> - -<p> -(Dergleichen sind alle Recensiranstalten, Bibliotheken, Literaturzeitungen, -und wie sie Namen haben mögen. Sie tragen -das Gepräge ihrer Unselbstständigkeit und Inferiorität dadurch -an sich, dass sie für die Möglichkeit ihrer eigenen Existenz -Bücher voraussetzen, und gründen sich auf den Wahn des -Zeitalters, dass die einzige und rechte Bearbeitung der Wissenschaften -die Buchmacherei sey. Entweder das Buch wird herabgesetzt -in der Recension: welche Ehre aber ist es für den -vorauszusetzenden Professor-Recensenten, dass er mehr ist, als -der arme Stümper, den er uns vorführt? Oder es wird erhoben: -entweder der Verfasser ist ein Fremder. Welche Ehre -erwächst sodann durch sein gutes Buch unserer Universität, -als die sehr untergeordnete der Anerkennung fremden Verdienstes? -Oder er ist einer unser gelehrten Mitbürger: wer -wird uns recht glauben? -</p> - -<p> -In Deutschland waren diese Unternehmungen in neueren -Zeiten gar nicht für den Flor der Universitäten ersonnen, sondern -bloss ein mercantilisches Institut, das den Buchführern -zum Absatz ihrer Waare verhelfen sollte, zuerst selbst von -einem Buchführer, sodann von einem bekannten industriösen -Schriftsteller, der einen dürftig besoldeten Professor für seinen -Plan gewonnen. Von ohngefähr und durch ganz andere Ursachen -— die Lehrer, denen Jena vorzüglich seinen Ruf verdankt, -sind nie fleissige Recensenten, noch die Redactoren der -Literaturzeitung je vorzügliche Lehrer gewesen, — gewann die -<a id="page-209" class="pagenum" title="209"></a> -verfallene Universität, an deren Spitze das letzterwähnte Werk -dieser Art gedruckt wurde, eine neue Blüthe; und nun machte -der grosse Haufen den gewöhnlichen Fehlschluss vom Zugleichseyenden -auf das Verhältniss von Ursache und Wirkung; welcher -Fehlschluss denn auch, da ihn der grosse Haufen gemacht, -einige Zeitlang gute Dienste geleistet hat. Dennoch fing Jena -schon vorher an zu verfallen, ehe es die Schützsche Literaturzeitung -verlor, und jetzt hilft es ihm nichts, dass es sogleich -wieder eine andere errichtet hat, welche unstreitig an innerem -Werthe die alte bei weitem übertrifft. Auch hat zu Leipzig, -Erlangen u. s. w. durch den Abdruck von Recensionen, die -meist von Lehrern dieser Universitäten verfasst sind, wie in -den Göttinger Anzeigen, sich kein grösserer Flor dieser Universitäten -ergeben wollen, als wie sie ohne dergleichen Literaturzeitungen -auch besitzen würden. -</p> - -<p> -Ueberdies, falls wir uns auch auf das Alte und Mittelmässige -bescheiden wollten, ist sogar dies nicht einmal mehr uns -zugänglich. Aus unseren eigenen Mitteln, ohne fremde Beiträge, -vermögen wir eine Literaturzeitung nicht einmal auch nur zum -Scheine anzufüllen: durch den Conflict der alten und der neuen -Jenaischen Literaturzeitung aber sind alle Federn schon in Beschlag -genommen, und es giebt gewiss keinen Gelehrten von -einigem Verdienste, welcher zu Arbeiten dieser Art sich nicht -für zu gut hält, der nicht bei einer dieser beiden, oder auch -wohl bei beiden in Diensten stehe. -</p> - -<p> -Ahmen wir lieber dies Bestreben in dem einzigen Puncte -nach, dass wir, so wie jene zu ihrer Zeit, etwas Neues unternehmen, -wobei sie uns meines Erachtens zugleich den Vortheil -gelassen haben, dass das Rechte noch neu ist.) -</p> - -<p> -4) Der zu führende Beweis muss <em class="italic">direct</em> geführt werden, — -sagten wir: also, dass das periodische Werk der Universität -den steten Fortschritt der Wissenschaft und des wissenschaftlichen -Geistes auf derselben, unmittelbar und aus der ersten -Hand darlege. Jenes Werk enthalte ganz eigentlich, was die -ältere Benennung: <em class="italic">acta literaria Universitatis N. N.</em> ausdrückt. -</p> - -<p> -Den Fortschritt der <em class="italic">Wissenschaft</em> und des <em class="italic">wissenschaftlichen -<a id="page-210" class="pagenum" title="210"></a> -Geistes</em> aus der ersten Hand, sagten wir ferner. Die -Wissenschaft ist ja nicht zunächst das Buch, noch lebt sie im -Buche, sondern sie lebt in dem, was im wirklichen Forschen, -im Conflicte der Geister und im Vortrage sich ergiebt. Dieses -nun werde zum Buche und Buchstaben zunächst in jener Relation. -Die akademischen Lehrer sind ja als Lehrer angestellt, -und nichts verhindert, dass sie nicht auch überdies noch unter -sich selber, gleich einer Akademie, in geistigen Wechselverkehr -treten; nicht aber werden sie vom Staate dazu besoldet, -dass sie in die weite Welt hinein Bücher schreiben. -Jene literarischen Acten der Universität würden nun ihr gemeinschaftliches -Buch, wenn sie von Amtswegen zu schreiben -hätten, und wohin Alles, was sie des Druckes für würdig -achteten, zunächst gehörte. -</p> - -<p> -(Es bliebe ihnen dabei unbenommen, auch noch auf eigene -Hand Bücher zu ediren. Vom ehrenvollen Falle tiefer unten. -Als Buchfabricanten oder Compilatoren aber im Dienste von -betriebsamen Verlegern Sachen drucken zu lassen, die nur die -Masse des bedruckten Papieres, keinesweges aber die Wissenschaft -vermehren, ist ohnedies unter der Würde eines Lehrers -an einer solchen Universität, und wäre durchaus den sogenannten -Privatgelehrten zu überlassen.) -</p> - -<p> -Den <em class="italic">Fortschritt</em> der Wissenschaften sollten diese literarischen -Acten documentiren. Es gehörte daher in sie nur das -<em class="italic">Neue, Weiterbringende</em>, keinesweges aber blosse Wiederholungen -oder neue Aufstutzungen des Alten, Bekannten. -</p> - -<p> -Die Wissenschaft kann fortschreiten, theils in der <em class="italic">Materie</em> -durch neue Entdeckungen und Ansichten, theils in der <em class="italic">Form</em> -durch bessere Lehrmethoden und immer begriffsmässige Beherrschung -und Durchdringung des Lehrstoffes. Alles dieser -Art von den Lehrern Erfundene in allen Zweigen der Wissenschaften, -welche auf dieser Universität bearbeitet werden, wäre -in den Acten niederzulegen. -</p> - -<p> -Ausgezeichnete und den Standpunct des wissenschaftlichen -Unterrichts an der Universität durch den Erfolg bezeichnende -Arbeiten der Zöglinge des Instituts wären nicht auszuschliessen. -Bringen sie auch die Wissenschaft nicht weiter, so können sie -<a id="page-211" class="pagenum" title="211"></a> -doch einen bei Jünglingen nicht gewöhnlichen Grad der wissenschaftlichen -Ausbildung documentiren, und sollen es. Keiner -derselben müsste der gelehrten Würden der Universität theilhaftig -werden, welcher nicht einen, nach jenem Grundsatze -wenigstens <em class="italic">aufnehmbaren</em> Beitrag zu den Acten geliefert hätte; -wodurch die von dieser Universität ertheilten Würden Achtung -gewinnen würden vor denen anderer Universitäten, wo dieser -Maassstab nicht angelegt werden kann. -</p> - -<p> -Es würde solchen Acten nicht zum Vorwurfe gereichen, -wenn selbst widerstreitende Ansichten derselben Gegenstände -von verschiedenen Verfassern in ihnen nebeneinander ständen. -Denn es kommt hierbei fürs Erste nicht darauf an, ob die Ansichten -wahr, sondern nur ob sie neu sind, und ob man sich -von ihnen versprechen kann, dass sie auch zu einer neuen -Wahrheit führen könnten. Ueber die Wahrheit soll erst die -Zukunft und die fortgesetzte Forschung entscheiden, und so -kann selbst ein neuer Irrthum ein Fortschritt auf einem wissenschaftlichen -Gebiete werden, wenn er auf eine neue Wahrheit -leitet, welche allein ihn zu widerlegen vermag. Aus demselben -Grunde würde es dem Werke auch nicht zum Vorwurfe -gereichen, wenn etwa die Fortsetzung die früheren Lieferungen -zum Theil widerlegte; denn dadurch würde ja gerade -der Fortschritt bewiesen. -</p> - -<p> -5) Zur Lieferung von Beiträgen wären die Lehrer nur insofern -zu verbinden: -</p> - -<p> -<em class="italic">a.</em> dass sie ihre auf Erweiterung der Wissenschaften gerichteten -Bestrebungen, die so weit gereift sind, dass sie einer -Berichterstattung durch den Druck fähig geworden, zuerst den -Acten anböten; -</p> - -<p> -<em class="italic">b.</em> dass jeder Lehrer im Verlaufe seines Wirkens denn -doch etwas liefere und dadurch seine Berechtigung, an diesem -Platze zu stehen, darthäte. Späterhin, nach Einführung der -Acten, könnte es ausschliessende Bedingung der Berufung zu -einer Stelle an dieser Universität werden, dass man einen bedeutenden, -im Geiste des Instituts verfassten Beitrag geliefert -hätte. Wer seinen fortschreitenden Geist nicht schon bewährt -hat, der taugt nicht zum Mitgliede einer Gesellschaft, die lediglich -<a id="page-212" class="pagenum" title="212"></a> -für den Fortschritt der Wissenschaft arbeitet. Keinesweges -aber wären sie -</p> - -<p> -<em class="italic">c.</em> also zu verbinden, dass sie binnen halbjähriger oder -Jahresfrist so viel Neues in ihrer Wissenschaft entdeckt haben -müssten, dass der zweckmässige Bericht darüber so und so -viel gedruckte Bogen füllen könne. Vielmehr liegt es in dem -Begriffe solcher Acten, dass ihr Erscheinen durchaus an keine -bestimmten Zeiträume gebunden ist: sie mögen fortgesetzt werden, -sobald Stoff dazu sich gesammelt hat; keinesweges aber -soll ihre Erscheinung an das Kalenderdatum oder an die Buchhändlermessen -gebunden seyn. -</p> - -<p> -6) Unter den, keinesweges von den Beitragenden selbst, -sondern von Anderen, die sodann für diesen Fall eine Direction -bildeten, zu entscheidenden Fragen ist die erste: ob eine -Ansicht oder eine Verbesserung wirklich neu sey und der -Wissenschaft einen Fortschritt verspreche? (Was keinesweges -gleichbedeutend mit der Frage ist: ob sie wahr sey?) Die Beantwortung -dieser Frage würde für jeden besonderen Beitrag -der Facultät (dem bestimmten Lehr- und Erkenntnissfache) des -Beitragenden anheimfallen. Diese hätte ihre verneinende Antwort -mit Gründen zu belegen und diese dem Beitragenden zu -eigener reifer Ueberlegung schriftlich mitzutheilen. Dies wäre -die erste Instanz. Würde er durch diese Gründe nicht überzeugt -und zur Rücknahme bewogen, so sollte es noch eine -höhere Instanz für Entscheidung dieser Frage geben, wofür in -einem grossen Staate eine zweckmässig besetzte Akademie der -Wissenschaften in der Hauptstadt sich am besten qualificiren -würde. Es möchte im Falle der Billigung des Beitrags in dieser -Instanz, im öffentlichen Drucke bemerkt werden, dass die -locale Facultät des Beitragenden denselben verworfen, die Akademie -der Wissenschaften aber ihn gebilligt habe. Im Falle der -Verwerfung auch in dieser Instanz hätte die Akademie ihre -Gründe dem Beitragenden gleichfalls schriftlich mitzutheilen. -Von dieser Instanz verworfen, könnte sein Aufsatz nun freilich -nicht in den Acten der Universität erscheinen; es müsste ihm -aber erlaubt bleiben, denselben nebst den angeführten Gründen -<a id="page-213" class="pagenum" title="213"></a> -der Verwerfung in beiden Instanzen, auf eigene Verantwortung -vor das Publicum zu bringen, und die Mit- und Nachwelt zum -Richter des erhobenen Streites zu machen. Selbst seine Verhältnisse -zur Universität und zu den Acten derselben bei anderen, -den Streitpunct nicht berührenden Gegenständen müssten -dadurch nicht gestört, vielmehr seine bürgerliche und persönliche -Sicherheit, sein öffentlicher guter Name, seine Schrift- und -Lehrfreiheit unter den besonderen Schutz des Staates -genommen werden; denn das gelehrte Publicum seines Staates -in seiner sichtbaren Repräsentation ist ihm gegenüber zur Partei -geworden, und das Richteramt zwischen ihnen ist einer -höheren Instanz übergeben, welche zu ihrer Zeit Ehre und -Schande austheilen wird. Und insbesondere halte die öffentliche -Gewalt sich fern von der Möglichkeit der Berührung mit -dieser Schande. -</p> - -<p> -Man sage nicht, dass durch dieses Hindurchgehen durch -verschiedene Instanzen Zeit verloren gehe. Der einem respectabelen -Corps anderer Gelehrten einzeln gegenüberstehende -Gelehrte soll Veranlassung und Zeit gewinnen, seine Sache -reiflich zu überlegen; auch bedarf es bei wahrhaft originalen -Ansichten keiner Eile, etwa aus Furcht, dass etwa Andere sie -uns vorweg nehmen dürften. -</p> - -<p> -7) Eine zweite von einer Direction zu entscheidende Frage -wird seyn über die Form des Vortrages; denn auch der Vortrag -eines solchen Werkes muss mustermässig seyn und auf -der Spitze der Kunst des Vortrages im Zeitalter stehen. -</p> - -<p> -Zur Entscheidung darüber müsste ein bewährter und zwar -philosophischer Schriftsteller herbeigezogen werden, welcher -mit dem ursprünglich Beitragenden so lange den Aufsatz verbesserte, -bis dieser seine Gedanken durchaus als wiedergegeben -anerkennte, und jener mit der Form zufrieden wäre. Ohne -die Approbation der Form durch diesen Schriftsteller, welcher -über diesen Punct ganz allein dem Curatorium und dem Publicum -verantwortlich wäre, dürfte kein Aufsatz in den Acten -abgedruckt werden. -</p> - -<p> -8) Die Unterstützung, deren ein solches Werk von der Regierung -<a id="page-214" class="pagenum" title="214"></a> -bedürfte, würde, falls nur das Personal der Lehrer -richtig gewählt wäre, sich auf den ersten Vorschuss zum Verlage, -und auf die Direction der Verlags- und Debitsgeschäfte, -mit denen die Gelehrten durchaus nichts zu thun haben müssten, -ferner auf den Schutz derselben gegen Nachdruck überhaupt -und gegen Wiederabdruck einzelner Aufsätze, beschränken. -Ein solches Werk würde in kurzer Zeit eine Abnahme -finden, die die Zurücknahme des vorgeschossenen Capitals mit -den Interessen erlaubte, die Kosten des mercantilischen Geschäfts -dabei deckte, und dennoch einen ansehnlichen Ueberschuss -zur Vertheilung an die Beitragenden übrig liesse. Dieser -Ueberschuss wäre, nach Abzug der Correctionsgebühren, -welche bei jedem besonderen Aufsatze nach Verhältniss der -aufgewendeten Mühe besonders zu bestimmen wären, nach der -Bogenzahl der gelieferten Beiträge an die Beitragenden gleich -zu vertheilen, und ihnen und ihren Erben und Erbnehmern, -auf ewige Zeiten, so lange noch ein Exemplar des Bandes, in -welchem ihre Beiträge stehen, verkauft wird, als unantastbares -Eigenthum zuzusichern. Dass die Regierung diesen Gegenstand -zu einer Finanzoperation mache, wäre unter ihrer Würde. Wiederum -lässt von der anderen Seite von anständig besoldeten -und an einer zahlreich besuchten Universität, deren Studirende -auf eine zweckmässige Weise angehalten werden, die -gebührenden Honorarien zu entrichten, arbeitenden Gelehrten -sich nicht erwarten, dass sie nach dem Schriftstellersolde eilen -werden, so wie der Bogen abgedruckt ist. Vielmehr würden -sie das allmählige Eingehen ihres Antheils ruhig abwarten; -auch wohl dieses Nebeneinkommen gern für die Ihrigen, die -sie möglicherweise doch als unversorgte Wittwen und Waisen -hinterlassen könnten, stehen lassen. -</p> - -<h5 class="ssc l1i"> -<a id="page-215" class="pagenum" title="215"></a> -<span class="line1">Schlussanmerkung.</span> -</h5> - -<p class="noindent"> -1) Vor diesem Plane möchte mancher Bescheidene erschrecken -und das Ziel zu hoch gesteckt finden. Es ist dabei -zu erwägen, dass, wie bei allen im blossen Begriffe vorgezeichneten -Plänen, also auch hier, die Ausführung hinter dem Vorsatze -zurückbleiben werde, und dass dieses ohne alles unser -Vorhaben sich schon von selbst findet. Es ist daher um so -nöthiger, sich sogleich den einzig rechten Zweck in seiner ganzen -Klarheit zu setzen, weil man sodann doch immer hoffen -kann, mehr zu erreichen, als wenn man sich gleich von vornherein -vornimmt, mit dem Mittelmässigen oder Falschen sich -abfinden zu lassen. -</p> - -<p> -2) Besonders könnte bei Erwähnung des Neuen und des -Erfindens nach Inhalt oder nach Form gesagt werden: wenn -nun aber auf der vorausgesetzten Universität nichts Neues in -beiderlei Richtung erfunden wird? Ich antworte, dass jene -Acten dadurch desto nöthiger werden, um über die eigentliche -Beschaffenheit des Gelehrtenpersonals an der Universität -aufzuklären. Sie können dem Curatorium derselben deutlich -einen Maassstab geben, an welcher Stelle es eigentlich fehle, -und wo nachgeholfen werden müsse. Ein solcher nicht mehr -fortstrebender, weder in Erweiterung des Inhaltes seiner Wissenschaft, -noch in Bewältigung ihres Stoffes zu geistigerer -Form Neues leistender Gelehrter kann auch nicht mehr zu den -guten Universitätslehrern gezählt werden; er müsste durch -einen anderen ersetzt werden. Im Ganzen aber müsste einer -Universität, welche dergleichen Acten herausgäbe, kein einziges, -im gemeinsamen Vaterlande aufblühendes Talent entgehen, -welches sie nicht wenigstens für die Zeit seiner besten Blüthe -sich aneignete. Ein Curatorium könnte auch sodann besser -beurtheilen und dem Zweifelnden augenscheinlich nachweisen, -welche Personen in den ehrwürdigen Rang der Veteranen zu -versetzen wären, die von nun an entweder bloss zur Tradition -des Erlernten oder zur Anwendung desselben im praktischen -<a id="page-216" class="pagenum" title="216"></a> -Wirken zu gebrauchen, aus dem Umkreise des wachsenden Lebens -aber zu entfernen sind. Ueberhaupt hängt dieser Plan -zusammen mit einem grösseren Plane zur Errichtung einer -wahrhaft deutschen Nationaluniversität, durch welchen er, und -welcher wiederum durch ihn, erklärt und die Ausführung erleichtert -würde. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-4-4-2"> -<span class="line1">II.</span><br /> -<span class="line2">Rede von Fichte, als Decan der philosophischen Facultät, bei Gelegenheit einer Ehrenpromotion an der Universität zu Berlin, am 16. April 1811.</span> -</h4> - -<p class="adr"> -Hochgeehrte Herren! -</p> - -<p class="noindent"> -Ich weiss nicht, ob es der Universität anständig seyn -würde, sich zu verwundern, dass sie in Berlin ist, so wie -viele ausser ihr dermaassen darüber erstaunt sind, dass sie um -der Wunderbarkeit willen die Wahrheit der Sache noch immer -nicht recht glauben können. Einer Facultät inzwischen, -die nun gar allhier Doctoren creirt, wird diese Verwunderung -über sich selbst oft so aufgedrungen, dass es in der That sehr -nöthig wird, sich wohl zu besinnen, was man eigentlich thue, -und, so man kann, in sich selbst Fuss zu fassen, um ernsthafte -Haltung zu gewinnen nach Aussen. -</p> - -<p> -Erlauben Sie mir daher, dass, ehe wir zu dem angesetzten -Promotionsact gehen, ich diese nöthige Selbstbesinnung laut vor -Ihnen vollziehe. -</p> - -<p> -Als im neueren Europa zuerst Universitäten entstanden, -stellten sich diese eine Aufgabe, welche ihnen keinesweges -von der Gesellschaft oder vom Staate, welche dafür blind waren, -übertragen wurde, sondern die sie allein erblickten und -<a id="page-217" class="pagenum" title="217"></a> -mit hochherziger Freiwilligkeit auf sich nahmen, — die Aufgabe, -den menschlichen Geist zu befreien und ihn nach allen -Richtungen hin und durch alle Mittel, die ihnen bekannt werden -möchten, zu bilden. Wem diese akademische Würden -ertheilten, den erklärten sie dadurch für tüchtig, an der Erreichung -dieses Zweckes mitzuarbeiten und nahmen ihn auf -in ihren grossen, freien Bund. Von ihnen sind die akademischen -Würden aus Hand in Hand bis auf uns herabgekommen, -und es giebt Keinen unter den jetzt lebenden Graduirten, auf -den sie nicht durch eine stete Reihe der Ueberlieferung von -jenem ersten Bunde aus gekommen sey. -</p> - -<p> -Auch dauert das Bedürfniss eines solchen freien Bundes -noch immer fort. Uncultur und Barbarei umgiebt uns noch -allenthalben; wie derselben beizukommen sey, welcher Punct -jedesmal in dem Fortgange der geistigen Menschenbildung an -die Tagesordnung komme, wer ein tauglicher Mitgehülfe sey -an dieser grossen Arbeit: dieses Alles zu bestimmen möchte -wohl noch immer der Staat ebenso unfähig seyn, als er es -vor Jahrhunderten war, und es möchte die Lösung dieser Fragen -wohl noch immer anheimfallen jenem grossen Bunde. Unser -Staat, bei der Stellung unserer Universität in die höchste -Leichtigkeit versetzt, von allem Althergebrachten abzugehen, -und von Stimmungen umgeben, die nicht geneigt sind, irgend -eine Auszeichnung anzuerkennen, welche nicht unmittelbar -vom Staate herkommt, — hat dennoch, zu seinem ewigen -Ruhme, durch die trefflichen Männer, die ihn hierin vertreten, -jenen Grundsatz ausdrücklich anerkannt, indem er die vorhergegangene -feierliche Aufnahme in den grossen europäischen -Gelehrtenbund zur Bedingung der öffentlichen Anstellung an -der Universität gemacht hat, die freilich nur Er ertheilt. -Tiefer bekennt er sich daher auch zu dem Grundsatz, dass -die neue Universität ihm nicht bloss eine Pflanzschule seyn -soll für künftige Beamte, sondern eine freie Pflegerin in jeglicher -Richtung und im weitesten, von ihm ungeschmälerten -Sinne. -</p> - -<p> -Die akademische Würde ist darum noch immer, was sie -<a id="page-218" class="pagenum" title="218"></a> -ursprünglich war: feierliches Symbol der Aufnahme in den -grossen Bund der Veredlung des Menschengeschlechts durch -wissenschaftliche Bildung; und wer sie annimmt, übernimmt -dadurch feierlich vor Gott und Menschen die Verpflichtung, -dieser Bestimmung allein sein Leben zu widmen, und alle andern -Zwecke desselben aufzugeben. -</p> - -<p> -Mag doch nun immer diese Würde oft an Unwürdige ertheilt -worden seyn! Der Unwürdige hat sie in der That nicht empfangen, -sondern nur die äussere Benennung. Es kann sie -Keiner erhalten, der sie nicht schon trägt in sich selbst. Der -Promotionsact fügt bloss die äussere Anerkennung hinzu: es -kann aber Keiner anerkannt werden für das, was er nicht ist. -Auch wird der Würdige von dem, der selber würdig ist, sicherlich -anerkannt. Was der, der Ideen unfähige, Pöbel dazu -sage, und ob dieser unseren Grad auch ehre oder seiner zu spotten -sich bestrebe, darnach fragt der Eingeweihte nicht; denn dieser -Pöbel ist für ihn überhaupt nur da, als ein Gegenstand, -der entpöbelt werden soll. Der rechte Doctor, der von seiner -akademischen Würde, von der Würde eines geistigen Bildners -der Menschheit innig durchdrungene, würde sich sogar entehrt -finden, wenn er auf einmal anfinge, dem Pöbel wohlzugefallen: -er würde in sich gehen und sich ernstlich prüfen, ob ihm -nicht etwa eine Leichtfertigkeit angeflogen sey. -</p> - -<p> -Dass es der Eine grosse, im neueren Europa zur Verbreitung -der Wissenschaften geschlossene Bund ist, welcher die -akademischen Würden ertheilt, spricht sich auch dadurch aus, -dass jede dieser Würden in ihrer Art nur Eine ist und dieselbige, -die auch überall als die Eine und selbige anerkannt -wird. Die besonderen Universitäten und Facultäten sind in -dieser Beziehung nur Glieder und Bevollmächtigte des ganzen -Bundes, und übertragen die Würde in seinem Namen. Um -dies deutlich auszusprechen und den Promovirenden sogar zu -nöthigen, nicht etwa den örtlichen Grad des Doctors, sondern -den Grad schlechthin zu ertheilen, haben die Universitäten -eine gemeinsame Form dieser Ertheilung verfügt und auch -<a id="page-219" class="pagenum" title="219"></a> -die Sprache als die gemeinsame aller Gelehrten dabei gewählt, -u. s. w. -</p> - -<div class="table"> -<table class="names" summary="Table-3"> -<tbody> - <tr> - <td class="col1">Joannes</td> - <td class="col2">Friderice</td> - <td class="col3">Guilelme</td> - <td class="col4">Himly,</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Joannes</td> - <td class="col2">Alberte</td> - <td class="col3"> </td> - <td class="col4">Eytelwein,</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Sigismunde</td> - <td class="col2">Friderice</td> - <td class="col3"> </td> - <td class="col4">Hermbstaedt,</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Auguste</td> - <td class="col2">Ferdinande</td> - <td class="col3"> </td> - <td class="col4">Bernhardi,</td> - </tr> -</tbody> -</table> -</div> - -<p class="center"> -<em class="italic">etc. etc.</em> -</p> - -<p class="center"> -<em class="italic">creo, creatum renuncio, renunciatum proclamo, et publice -confirmo!</em> -</p> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-28" id="footnote-28">[28]</a> Geschrieben im Jahre 1805, mit Bezug auf die Universität Erlangen. -Vergl. Nachgelassene Werke Bd. III. S. 277. ff. -</p> - -<h2 class="part" id="part-5"> -<a id="page-221" class="pagenum" title="221"></a> -<span class="line1">Vermischte Aufsätze.</span> -</h2> - -<h3 class="l3s pbb chapter" id="chapter-5-1"> -<a id="page-223" class="pagenum" title="223"></a> -<span class="line1">A.</span><br /> -<span class="line2">Beweis der Unrechtmässigkeit des Büchernachdrucks.</span><br /> -<span class="line3">Ein Räsonnement und eine Parabel.</span> -</h3> - -<p class="src"> -(Berliner Monatsschrift Bd. 21. S. 443-483.) -</p> - -<p class="first"> -<span class="firstchar">W</span>er schlechte Gründe verdrängt, macht bessern Platz. So -urtheilte unlängst ein durch seinen Rang, und mehr noch durch -seine Gerechtigkeit ehrwürdiges Gericht; und so dachte der Verfasser -des Aufsatzes: „Der Bücherverlag in Betrachtung der Schriftsteller, -der Verleger und des Publicums, nochmals erwogen“ im -Deutschen Magaz., April 1791. Die Unrechtmässigkeit des Büchernachdrucks -schien nemlich Herrn Reimarus durch die bis jetzt -angeführten Gründe noch nicht erwiesen; und er wollte durch -eine scheinbare Vertheidigung desselben die Gelehrten auffordern, -auf bessere gegen denselben zu denken. Denn unmöglich -konnte es ihm dabei Ernst seyn; unmöglich konnte er wollen, -dass die Vertheidigung eines Verfahrens sich behaupte, gegen -welches jeder Wohldenkende einen inneren Abscheu fühlt. -</p> - -<p> -Seine Abhandlung theilt sich, der Natur der Sache gemäss, -in die zwei Fragen: über die <em class="italic">Rechtmässigkeit</em>, und über die -<em class="italic">Nützlichkeit</em> des Büchernachdrucks. In Absicht der ersteren -behauptet er: dass bis jetzt noch kein, offenbar nur aus einem -fortdauernden Eigenthume des Gelehrten an seinem Buche abzuleitendes -Recht desselben, oder seines Stellvertreters, des -rechtmässigen Verlegers, den Nachdruck zu verhindern, nachgewiesen -<a id="page-224" class="pagenum" title="224"></a> -sey; woraus natürlich eine Befugniss zum Nachdrucke -folgen würde: mithin die Frage: ob der Nachdruck in policirten -Staaten zu dulden sey? nach ihrer Abweisung vom Richterstuhle -der vollkommenen Rechte, von der Beantwortung der -weiteren Frage abhängen würde: ob er nützlich sey? Herr -Reimarus beantwortet diese Frage bejahend, mithin auch die -erste; schlägt jedoch zum Vortheile des Verfassers und seines -rechtmässigen Verlegers einige Einschränkungen der allgemeinen -Erlaubniss des Büchernachdruckes vor. -</p> - -<p> -Herr Reimarus — denn wir gestehen, dass wir nicht nöthig -gefunden haben, die Verfasser, welche er für eben diese Meinung -anführt, nachzulesen, da wir natürlicherweise voraussetzen -konnten, dass er ihre Gründe benutzt, und dass die letzte -Schrift dafür, die seinige, auch die stärkste seyn werde, — -Herr Reimarus also hat nicht erwiesen, noch zu erweisen gesucht, -dass überhaupt kein dergleichen fortdauerndes Eigenthum -des Verfassers möglich sey; sondern nur gesagt, dass -man bis jetzt es noch nicht klar dargelegt habe, und einige -Instanzen angeführt, die seiner Meinung nach gegen die Allgemeinheit, -und mithin auch Vollkommenheit eines solchen vom -Eigenthume abgeleiteten Rechts streiten würden. Wir haben -also gar nicht nöthig ihm Schritt vor Schritt zu folgen, und -uns auf seine Gründe einzulassen. Können wir nur ein dergleichen -fortdauerndes Eigenthum des Verfassers an seine Schrift -wirklich beweisen, so ist geschehen, was er verlangte, und er -mag nun seine Instanzen selbst mit demselben zu vereinigen -suchen. Ferner haben wir dann auch seinen Erweis der Nützlichkeit -des Büchernachdrucks nicht zu beantworten; denn es -kömmt sodann darauf gar nicht mehr an, da nie geschehen -darf, was schlechthin unrecht ist; sey es so nützlich es wolle. -</p> - -<p> -Die Schwierigkeit, welche man fand, ein fortdauerndes Eigenthum -des Verfassers an sein Buch zu beweisen, kam daher, -weil wir gar nichts ähnliches haben, und das, was demselben -einigermaassen ähnlich zu seyn scheint, wieder in Vielem sich -gar sehr davon unterscheidet. Ebendaher kömmt es, dass unser -Beweis ein etwas spitzfindiges Ansehen bekommen muss, -welches wir aber so gut als möglich zu poliren suchen werden. -<a id="page-225" class="pagenum" title="225"></a> -Aber der Leser lasse sich ihn dadurch nicht verdächtig -werden; denn es wird sehr leicht möglich seyn, ihn <em class="italic">in concreto</em> -klarzumachen und zu erhärten. — Es sind nemlich eine -Menge Maximen über diesen Gegenstand im Umlaufe, welche -jeder von der Sache Unterrichtete, Wohldenkende und für das -Gegentheil nicht Interessirte annimmt, anderer Verhalten in -Dingen der Art darnach beurtheilt, und das seinige selbst einrichtet. -Lassen sich diese alle leicht und natürlich auf unseren -als Princip aufgestellten Satz zurückführen, so ist dies gleichsam -seine Probe; und es wird dadurch klar, dass er der Grundsatz -ist, welcher allen unseren Urtheilen über diesen Gegenstand, -obgleich dunkel und unentwickelt, zum Grunde lag. -</p> - -<p> -Zuerst der Grundsatz: Wir behalten nothwendig das Eigenthum -eines Dinges, dessen Zueignung durch einen Anderen -physisch unmöglich ist. Ein Satz, der unmittelbar gewiss ist -und keines weiteren Beweises bedarf. Und jetzt die Frage: -Giebt es etwas von der Art in einem Buche? -</p> - -<p> -Wir können an einem Buche zweierlei unterscheiden: das -<em class="italic">Körperliche</em> desselben, das bedruckte Papier; und sein <em class="italic">Geistiges</em>. -Das Eigenthum des ersteren geht durch den Verkauf des -Buches unwidersprechlich auf den Käufer über. Er kann es -lesen und es verleihen so oft er will, wiederverkaufen an wen -er will, und so theuer oder so wohlfeil er will oder kann, es -zerreissen, verbrennen: wer könnte darüber mit ihm streiten? -Da man jedoch ein Buch selten auch darum, am seltensten bloss -darum kauft, um mit seinem Papier und Drucke Staat zu machen, -und damit die Wände zu tapeziren: so muss man durch -den Ankauf doch auch ein Recht auf sein Geistiges zu überkommen -meinen. Dieses Geistige ist nemlich wieder einzutheilen: -in das <em class="italic">Materielle</em>, den Inhalt des Buches, die Gedanken, -die es vorträgt; und in die <em class="italic">Form</em> dieser Gedanken, die Art wie, -die Verbindung in welcher, die Wendungen und die Worte, -mit denen es sie vorträgt. Das erste wird durch die blosse -Uebergabe des Buches an uns offenbar noch nicht unser Eigenthum. -Gedanken übergeben sich nicht von Hand in Hand, -werden nicht durch klingende Münze bezahlt, und nicht dadurch -unser, dass wir ein Buch, worin sie stehen, an uns nehmen, -<a id="page-226" class="pagenum" title="226"></a> -es nach Hause tragen und in unserem Bücherschranke -aufstellen. Um sie uns zuzueignen, gehört noch eine Handlung -dazu: wir müssen das Buch lesen, seinen Inhalt, wofern er -nur nicht ganz gemein ist, durchdenken, ihn von mehreren Seiten -ansehen, und so ihn in unsere eigene Ideenverbindung aufnehmen. -Da man indess, ohne das Buch zu besitzen, dies nicht -konnte, und um des blossen Papiers willen dasselbe nicht kaufte, -so muss der Ankauf desselben uns doch auch hierzu ein Recht -geben: wir erkauften uns nemlich dadurch die Möglichkeit, uns -die Gedanken des Verfassers zu eigen zu machen; diese Möglichkeit -aber zur Wirklichkeit zu erheben, dazu bedurfte es -unserer eigenen Arbeit. — So waren die Gedanken des ersten -Denkers dieses und der vergangenen Jahrhunderte, und höchstwahrscheinlich -eines der ersten aller künftigen, vor der Bekanntmachung -seiner merkwürdigen Werke, und noch eine geraume -Zeit nachher sein ausschliessendes Eigenthum; und kein -Käufer bekam für das Geld, welches er für die Kritik der reinen -Vernunft hingab, ihren Geist. Jetzt aber hat mancher hellsehende -Mann sich denselben zugeeignet, und das wahrlich -nicht durch Ankauf des Buches, sondern durch fleissiges und -vernünftiges Studium desselben. Dieses Mitdenken ist denn -auch, im Vorbeigehen sey es gesagt, das einzig passende Aequivalent -für Geistesunterricht, sey er mündlich oder schriftlich. -Der menschliche Geist hat einen ihm angeborenen Hang, Uebereinstimmung -mit seiner Denkungsart hervorzubringen; und jeder -Anschein der Befriedigung desselben ist ihm die süsseste -Belohnung aller angewandten Mühe. Wer wollte lehren vor -leeren Wänden, oder Bücher schreiben, die niemand läse? Das, -was für dergleichen Unterricht an Gelde entrichtet wird, für -Aequivalent anzusehen, wäre widersinnig. Es ist nur Ersatz -dessen, was der Lehrer denen geben muss, die während der -Zeit, dass er für andere denkt, für ihn jagen, fischen, säen -und ernten. -</p> - -<p> -Was also fürs erste durch die Bekanntmachung eines Buches -sicherlich feilgeboten wird, ist <em class="italic">das bedruckte Papier</em>, für -jeden, der Geld hat es zu bezahlen, oder einen Freund, es von -ihm zu borgen; und der Inhalt desselben, für jeden, der Kopf -<a id="page-227" class="pagenum" title="227"></a> -und Fleiss genug hat, sich desselben zu bemächtigen. Das erstere -hört durch den Verkauf unmittelbar auf, ein Eigenthum -des Verfassers (den wir hier noch immer als Verkäufer betrachten -können) zu seyn, und wird ausschliessendes des Käufers, -weil es nicht mehrere Herren haben kann; das letztere -aber, dessen Eigenthum vermöge seiner geistigen Natur Vielen -gemein seyn kann, so, dass doch jeder es ganz besitze, hört -durch die Bekanntmachung eines Buches freilich auf, <em class="italic">ausschliessendes</em> -Eigenthum des ersten Herrn zu seyn (wenn es dasselbe -nur vorher war, wie dies mit manchem heurigen Buche der -Fall nicht ist), bleibt aber sein mit Vielen gemeinschaftliches -Eigenthum. — Was aber schlechterdings nie jemand sich zueignen -kann, weil dies physisch unmöglich bleibt, ist die <em class="italic">Form</em> -dieser Gedanken, die Ideenverbindung, in der, und die Zeichen, -mit denen sie vorgetragen werden. -</p> - -<p> -Jeder hat seinen eigenen Ideengang, seine besondere Art, -sich Begriffe zu machen und sie untereinander zu verbinden: -dies wird, als allgemein anerkannt, und von jedem, der es versteht, -sogleich anzuerkennend, von uns vorausgesetzt, da wir -hier keine empirische Seelenlehre schreiben. Alles, was wir -uns denken sollen, müssen wir uns nach der Analogie unserer -übrigen Denkart denken; und bloss durch dieses Verarbeiten -fremder Gedanken, nach der Analogie unserer Denkart, werden -sie die unsrigen: ohne dies sind sie etwas Fremdartiges in -unserem Geiste, das mit nichts zusammenhängt und auf nichts -wirkt. Es ist unwahrscheinlicher als das Unwahrscheinlichste, -dass zwei Menschen über einen Gegenstand völlig das Gleiche, -in eben der Ideenreihe und unter eben den Bildern, denken -sollen, wenn sie nichts voneinander wissen, doch ist es nicht -absolut unmöglich; dass aber der eine, welchem die Gedanken -erst durch einen anderen gegeben werden müssen, sie in eben -der Form in sein Gedankensystem aufnehme, ist absolut unmöglich. -Da nun reine Ideen ohne sinnliche Bilder sich nicht -einmal denken, vielweniger anderen darstellen lassen, so muss -freilich jeder Schriftsteller seinen Gedanken eine gewisse Form -geben, und kann ihnen keine andere geben als die seinige, weil -er keine andere hat; aber er kann durch die Bekanntmachung -<a id="page-228" class="pagenum" title="228"></a> -seiner Gedanken gar nicht Willens seyn, auch diese <em class="italic">Form</em> gemein -zu machen: denn niemand kann seine Gedanken sich zueignen, -ohne dadurch, dass er ihre Form verändere. Die letztere -also bleibt auf immer sein ausschliessendes Eigenthum. -</p> - -<p> -Hieraus fliessen zwei Rechte der Schriftsteller: nemlich -nicht bloss, wie Herr R. will, das Recht zu verhindern, dass -niemand ihm überhaupt das Eigenthum dieser Form abspreche -(zu fordern, dass jeder ihn für den Verfasser des Buches anerkenne); -sondern auch das Recht, zu verhindern, dass niemand -in sein ausschliessendes Eigenthum dieser Form Eingriffe -thue und sich des Besitzes derselben bemächtige. -</p> - -<p> -Doch ehe wir weitere Folgerungen aus diesen Prämissen -ziehen, lasst sie uns erst ihrer Probe unterwerfen! — Noch bis -jetzt haben die Schriftsteller es nicht übel empfunden, dass wir -ihre Schriften verbrauchen, dass wir sie anderen zum Gebrauch -mittheilen, dass wir sogar Leihbibliotheken davon errichten, ungeachtet -dies (denn wir sehen sie hier noch immer als Verkäufer -an) offenbar zu ihrem Schaden gereichet; und wenn -wir sie zerreissen oder verbrennen, so beleidigt dies den Vernünftigen -nur alsdann, wenn es wahrscheinlich in der Absicht -geschieht, ihm dadurch Verachtung zu bezeugen. Noch haben -sie uns also bis jetzt durchgängig das völlige Eigenthum des -<em class="italic">Körperlichen</em> ihrer Schriften zugestanden. — Ebensowenig sind -sie dadurch beleidigt worden, wenn man, bei wissenschaftlichen -Werken, sich ihre Grundsätze eigen machte, sie aus verschiedenen -Gesichtspuncten darstellte und auf verschiedene Gegenstände -anwendete; oder bei Werken des Geschmackes ihre -Manier, welches ganz etwas anderes ist als ihre Form, nachahmte. -Sie haben dadurch eingestanden, dass das <em class="italic">Gedankeneigenthum</em> -auf andere übergehen könne. -</p> - -<p> -Aber immer ist es allgemein für verächtlich angesehen worden, -wörtlich auszuschreiben, ohne den eigentlichen Verfasser -zu nennen; und man hat dergleichen Schriftsteller mit dem entehrenden -Namen eines Plagiars gebrandmarkt. Dass diese allgemeine -Misbilligung nicht auf die Geistesarmuth des Plagiars, -sondern auf etwas in seiner Handlung liegendes Unmoralisches -gehe: ist daraus klar, weil wir im ersten Falle ihn bloss bemitleiden, -<a id="page-229" class="pagenum" title="229"></a> -aber nicht verachten würden. Dass dieses Unmoralische, -und der Grund des Namens, den man ihm giebt, gar -nicht darin gesetzt werde, weil er durch den Verkauf eines -Dinges, welches Käufer schon besitzt, diesen um sein Geld -bringt: ergiebt sich daraus, dass unsere schlechte Meinung von -ihm nicht um das Geringste gemildert wird, wenn er ein höchstseltenes, -etwa nur auf grossen Bibliotheken vorzufindendes Buch -ausgeschrieben hat. Dass endlich diese Ungerechtigkeit nicht -etwa darin bestehe, dass er, wie Herr R. meinen könnte, dem -Verfasser seine Autorschaft abspreche: folgt daraus, weil er -diese gar nicht läugnet, sondern sie nur ignorirt. Auch würde -man sie vergeblich darauf zurückführen, dass er dem Verfasser -die rechtmässige Ehre nicht erzeige, indem er ihn nicht nenne, -wo er ihn hätte nennen sollen: indem der Plagiar nicht weniger -Plagiar genannt wird, wenn er auch das Buch eines Anonymus -ausgeschrieben hat. Wir können sicher jeden ehrliebenden -Mann fragen: ob er sich nicht in sich selbst schämen -würde, wenn er es sich nur als möglich dächte, dass er etwa -eines unbekannten verstorbenen Mannes Handschrift, oder ein -Buch, dessen einziger Besitzer er wäre, ausschreiben könnte? ... -Diese Empfindungen können, nach allem Gesagten, in nichts, -als in dem Gedanken liegen: dass der Plagiar sich eines Dinges -bemächtiget, welches nicht sein ist. — Warum denkt man -nun über den Gebrauch der <em class="italic">eigenen Worte</em> eines Schriftstellers -ganz anders, als über die Anwendung seiner <em class="italic">Gedanken</em>? Im -letzteren Falle bedienen wir uns dessen, was unser mit ihm -gemeinschaftliches Eigenthum seyn kann, und beweisen, dass -es dieses sey, dadurch, dass wir ihm unsere Form geben; im -ersten Falle bemächtigen wir uns seiner Form, welche nicht -unser, sondern sein ausschliessendes Eigenthum ist. -</p> - -<p> -Eine Ausnahme macht man mit den Citaten: nemlich nicht -nur solchen, wo von einem Verfasser bloss gesagt wird, dass -er irgend etwas entdeckt, erwiesen, dargestellt habe, wobei -man sich weder seiner Form bemächtigt, noch eigentlich seine -Gedanken vorträgt, sondern auf sie nur weiter fortbaut; sondern -auch solchen, wo die eigenen Worte des Verfassers angeführt -werden. Im letzten Falle bemächtigt man sich wirklich -<a id="page-230" class="pagenum" title="230"></a> -der Form des Verfassers, die man zwar nicht für die seinige -ausgiebt, welches jedoch hier nichts zur Sache thut. Diese -Befugniss scheint sich auf einen stillschweigenden Vertrag der -Schriftsteller untereinander zu gründen, einander gegenseitig -mit Anführung der eigenen Worte zu citiren; doch würde auch -hier es niemand billigen, wenn ein anderer, ohne sichtbares -Bedürfniss, besonders grosse Stellen ausschriebe. Mit nur halbem -Rechte stehen unter den Ausnahmen die Blumenlesen, die -<em class="italic">Geiste (esprits)</em>, zu deren Verfertigung gemeinhin nicht viel -Geist gehört, und dergleichen kleine Diebereien, die niemand -sehr bemerkt, weil sie niemandem viel helfen, noch viel schaden. -</p> - -<p> -Kein Docent duldet es, dass jemand seine Vorlesungen abdrucken -lasse; noch nie aber hat einer etwas dagegen gehabt, -wenn seine Zuhörer sich seinen Geist und seine Grundsätze -eigen zu machen gesucht, und sie mündlich oder schriftlich -weiter verbreitet haben. — Worauf gründet sich dieser Unterschied? -Im letzten Falle tragen sie seine Gedanken vor, die -durch ihr eigenes Nachdenken, und die Aufnahme derselben -in ihre Ideenreihe, die ihrigen geworden sind; im ersteren bemächtigen -sie sich seiner Form, die nie ihr Eigenthum werden -kann, kränken ihn also in seinem vollkommenen Rechte. -</p> - -<p> -Und jetzt diese <em class="italic">a priori</em> erwiesenen und <em class="italic">a posteriori</em> durch -die aus ihnen mögliche Erklärbarkeit dessen, was in Sachen -der Art für recht gehalten wird, erprobten Grundsätze auf das -Verhältniss des Verfassers und des Verlegers angewandt! Was -überträgt der Erstere an den Letzteren, indem er ihm seine -Handschrift übergiebt? ... Ein Eigenthum: etwa das der -<em class="italic">Handschrift</em>? Aber die Gelehrten werden gestehen, dass diese -grösstentheils des Geldes nicht werth sey; und warum verzeihen -sie es sich denn nicht, mehrere von eben der Schrift an -mehrere Verleger zu verkaufen? Das Eigenthum der darin enthaltenen -Gedanken: dies überträgt sich nicht durch eine blosse -Uebergabe; und selten würde dem Verleger viel damit gedient -seyn. — Noch weniger das der <em class="italic">Form</em> dieser Gedanken: denn -diese ist und bleibt auf immer ausschliessendes Eigenthum des -Verfassers. — Der Verleger bekommt also durch den Contract -mit dem Verfasser überhaupt kein Eigenthum, sondern unter -<a id="page-231" class="pagenum" title="231"></a> -gewissen Bedingungen nur das Recht eines gewissen <em class="italic">Niessbrauches</em> -des Eigenthums des Verfassers, d. i. seiner Gedanken -in ihre bestimmte Form eingekleidet. Er darf, an wen er will -und kann, verkaufen — nicht die Gedanken des Verfassers und -ihre Form, sondern nur die durch den Druck derselben hervorgebrachte -<em class="italic">Möglichkeit</em>, sich die ersteren zuzueignen. Er -handelt also allenthalben nicht in seinem Namen, sondern im -Namen und aus Auftrag des Verfassers. -</p> - -<p> -Auch diese Begriffe zeigen sich in allgemein angenommenen -Maximen. Warum wird selbst der rechtmässige Verleger -allgemein getadelt, wenn er eine grössere Anzahl Exemplare -abdrucken lässt, als er mit dem Verfasser verabredet hat? Das -Recht des Verfassers, dies zu hindern, gründet sich zwar auf -einen Contract, der aber nicht über das Eigenthum, sondern -den Niessbrauch abgeschlossen ist. Der Verleger kann höchstens -Eigenthümer dieses Niessbrauchs heissen. — Warum dann, -wenn er eine zweite Auflage besorgt, ohne Erlaubniss des Verfassers? -Wie kann der Verfasser bei einer zweiten Auflage, -wenn er nichts Neues hinzusetzt noch umarbeitet, von neuem -Honorar vom Verleger für die blosse Erlaubniss der neuen Auflage -fordern? Wären diese Maximen nicht widersprechend, -wenn man annähme, dass das Buch ein Eigenthum des Verlegers -würde, und nicht beständiges Eigenthum des Verfassers -bliebe, so dass der Verleger fortdauernd nichts ist, als sein -Stellvertreter? Wäre es nicht widersprechend, dass das Publicum, -wenn es, durch einen prächtigen Titel getäuscht, ein Buch -gekauft hat, in welchem es nichts, als das Längstbekannte, aus -den bekanntesten Büchern ärmlich zusammengestoppelt, findet, -an dem Verfasser des Buches Regress nimmt, und nicht an seinen -Verleger sich hält? Ein Recht, uns zu beklagen, haben -wir allerdings; wir wollten nicht bloss ein paar Alphabete gedrucktes -Papier, wir wollten zugleich die <em class="italic">Möglichkeit</em> erkaufen, -uns über gewisse Gegenstände zu belehren. Diese ward uns -versprochen, und nicht gegeben. Wir sind getäuscht, wir sind -um unser Geld. Aber gaben wir dies nicht dem Verleger? -War er es nicht, der uns das leere Buch dagegen gab? Warum -halten wir uns nicht an ihn, als an den letzten Verkäufer, wie -<a id="page-232" class="pagenum" title="232"></a> -wir es sonst bei jedem Kaufe thun? Was sündigte der arme -Verfasser? ... So müssten wir nothwendig denken, wenn -wir den erstern nicht als blossen Stellvertreter des letztern -betrachteten, der bloss in jenes Namen mit uns handelte, und, -wenn wir betrogen wurden, in jenes Namen, auf jenes Geheiss, -und oft ohne selbst das geringste Arge daraus zu haben, uns -betrog. — -</p> - -<p> -So verhalten sich Schriftsteller, Verleger und Publicum. -Und wie verhält sich zu ihnen der <em class="italic">Nachdrucker</em>? Er bemächtigt -sich — nicht des Eigenthums des Verfassers, nicht seiner -Gedanken (das kann er grösstentheils nicht; denn wenn er kein -Ignorant wäre, so würde er eine ehrlichere Handthierung treiben), -nicht der Form derselben (das könnte er nicht; auch -wenn er kein Ignorant wäre); — sondern des <em class="italic">Niessbrauches</em> -seines Eigenthums. Er handelt im Namen des Verfassers, ohne -von ihm Aufträge zu haben, ohne mit ihm übereingekommen -zu seyn, und bemächtigt sich der Vortheile, die aus dieser Stellvertretung -entstehen; er maasset sich dadurch ein Recht an, -das ihm nicht zusteht, und stört den Verfasser in der Ausübung -seines vollkommenen Rechtes. -</p> - -<p> -Ehe wir das endliche Resultat ziehen, müssen wir noch -ausdrücklich erinnern, dass die Frage gar nicht von dem <em class="italic">Schaden</em> -ist, welchen der Nachdrucker hierdurch dem Verfasser entweder -unmittelbar, oder mittelbar in der Person seines Stellvertreters -zufüge. Man zeige, soviel man will, dass dadurch -weder dem Verfasser, noch dem Verleger ein Nachtheil entstehe; -dass es sogar der Vortheil des Schriftstellers sey, recht -viel nachgedruckt zu werden, dass dadurch sein Ruhm über -alle Staaten Deutschlands, von der Stapelstadt der Gelehrsamkeit -bis in das entfernteste Dörfchen der Provinz, und von der -Studirstube des Gelehrten bis in die Werkstätte des Handwerkers -verbreitet werde: wird dadurch <em class="italic">recht</em>, was einmal unrecht -ist? Darf man jemandem wider seinen Willen und sein -Recht Gutes thun? Ein jeder hat die vollkommene Befugniss, -seinem Rechte nichts zu vergeben; sey es ihm auch so schädlich -als es wolle. Wann wird man doch ein Gefühl für die erhabene -Idee des Rechts, ohne alle Rücksicht auf Nutzen, bekommen? -<a id="page-233" class="pagenum" title="233"></a> -— Man merke ferner, dass dieses Recht des Verfassers, -welches der Nachdrucker kränkt, sich nicht, wie Herr -Reimarus glaubt, auf einen vermeinten Contract desselben mit -dem Publicum und auf eine jesuitische Mentalreservation in -demselben gründet; sondern dass es sein natürliches, angebornes, -unzuveräusserndes Eigenthumsrecht ist. Dass man ein solches -Recht nicht verletzt sehen wolle, wird wohl ohne ausdrückliche -Erinnerung vorausgesetzt; vielmehr müsste man dann -es sagen, wenn man auf die Ausübung desselben Verzicht thun -wollte. -</p> - -<p> -Dies alles als erwiesen vorausgesetzt, muss, wenn jeder -ein Dieb ist, der um Gewinnstes willen den Genuss des Eigenthums -anderer an sich reisst, der Nachdrucker ohne Zweifel -einer seyn. Wenn ferner jeder Diebstahl dadurch, dass er an -Dingen geschieht, die ihrer Natur nach nicht unter Verwahrung -gehalten werden können, sträflicher wird, so ist der des Nachdruckers, -welcher an einer Sache verübt wird, die jedem offenstehen -muss, wie Luft und Aether, einer der sträflichsten. Wird -er es endlich dadurch noch mehr, an je edleren Dingen er geschieht, -so ist der an Dingen, die zur Geistescultur gehören, -der allersträflichste: daher man denn auch schon den Namen -des Plagiats, der zuerst Diebstahl an Menschen bedeutete, auf -Bücherdiebereien übertragen hat. -</p> - -<p> -Und jetzt zu einigen Instanzen des Herrn Reimarus! „Wer -es denn sey, der den Niessbrauch des fortdauernden Eigenthums -der Verfasser bei den alten Autoren, der es bei Luthers Bibelübersetzung -habe?“ fragt derselbe. — Wenn der Eigenthümer -einer Sache, und seine Erben und Erbnehmer ausgestorben, -oder nicht auszumitteln sind, so erbt die Gesellschaft. Will -diese ihr Recht aufgeben, und es gemein werden lassen; will -es der Eigenthümer selbst: — wer kann es wehren? -</p> - -<p> -„Ob das auch ein Raub des Büchereigenthums seyn würde,“ -fragt Herr R. weiter, „wenn jemand ein Buch einzeln oder in -grösserer Anzahl abschreiben und die Abschriften verkaufen -wolle?“ Da die Liebhaber, welche ein Buch lieber in Handschrift, -als gedruckt besitzen wollten, selten seyn, mithin durch -diese Vervielfältigung der Exemplare weder dem Verfasser noch -<a id="page-234" class="pagenum" title="234"></a> -dem Verleger grosser Nachtheil entstehen möchte; da der Gewinn -bei dieser mühsamen Arbeit nicht gross, und der Verkaufswerth -wohl grösstentheils kümmerliche Bezahlung der angewandten -Mühe seyn, mithin die ungerechte Habsucht des -Abschreibers weniger auffallen würde: so möchten vielleicht -der Erstere und der Zweite dazu schweigen. Sind aber unsere -eben ausgeführten Sätze erwiesen, so bleibt an sich jeder Niessbrauch -des Buches, sey er so wenig einträglich als er wolle, -ungerecht; und diejenigen, welche das Buch in Abschrift zu besitzen -wünschten, oder der Abschreiber, müssten darüber in -Unterhandlung mit dem Verfasser treten. — Wenn die alten -Schriftsteller über den möglichen Niessbrauch der Autorschaft -nicht nachgedacht hatten, oder, weil sie sein nicht begehrten, -das Abschreiben ihrer Bücher jedem freistellten, dem es beliebte, -und durch ihr Stillschweigen die Einwilligung dazu gaben: -so hatten sie das vollkommenste Recht, — wie jeder es -hat — ihr Recht aufzugeben; wenn sie aber gewollt hätten, so -hätten sie es ebensowohl geltend machen können, als die unsrigen: -denn was heute recht ist, war es ewig. -</p> - -<p> -Diese Grundsätze werden durch Anwendung auf Dinge, -die man oft mit ihnen verglichen und verwechselt hat, noch -deutlicher werden. So hat man <em class="italic">Producte der mechanischen -Kunst</em> mit Büchern, und das Nachmachen derselben zum Nachtheil -des Erfinders mit dem Nachdrucke verglichen; — wie -passend oder unpassend, werden wir sogleich sehen. Auch -ein solches Werk hat etwas Körperliches: die Materie, aus der -es verfertigt ist, Stahl, Gold, Holz und dergleichen; und etwas -Geistiges: den Begriff, der ihm zum Grunde liegt (die Regel, -nach der es verfertigt ist). Von diesem Geistigen kann man -nicht sagen, dass es eine dem Verfertiger eigenthümliche Form -habe, weil es selbst ein Begriff einer <em class="italic">bestimmten</em> Form ist — -die Form der Materie, das Verhältniss ihrer einzelnen Theile -zur Hervorbringung des beabsichtigten Zwecks; — welches -folglich nur auf einerlei Art, einem deutlich gedachten Begriffe -gemäss, bestimmt seyn kann. Hier ist es das Körperliche, welches, -<em class="italic">insofern es nicht durch den Begriff bestimmt wird</em>, eine -besondere Form annimmt, von welcher die Nettigkeit, die Eleganz, -<a id="page-235" class="pagenum" title="235"></a> -die Schönheit des Kunstwerkes, insofern sie nicht auf -den hervorzubringenden Zweck bezogen wird, abhängt: an -welcher man z. B. die Arbeiten der Engländer, die Arbeiten eines -gewissen bestimmten Meisters, von jeder andern unterscheidet, -ohne eigentlich und deutlich angeben zu können, worin der -Unterschied liege. Diese Form des Körperlichen kann auch ein -Buch haben, und durch sie wird die Reinheit und Eleganz des -Druckes bestimmt; in dieser Rücksicht ist es Product der mechanischen -Kunst, und gehört unter die nun leicht zu entwickelnden -Regeln derselben. -</p> - -<p> -Angenommen, was allgemein anzunehmen ist, dass durch -den Verkauf einer Sache dem Käufer das Eigenthum alles desjenigen -übertragen werde, dessen Zueignung physisch möglich -ist: was wird durch den Verkauf eines solchen Kunstwerkes -dem Käufer übertragen? Jedem ohne Zweifel das Eigenthum -des materiellen Körperlichen, nebst der Möglichkeit, das Werk -zu dem verlangten Zwecke zu gebrauchen, wenn er will, ihn -kennt und ihn dadurch zu erreichen weiss. Die Möglichkeit, -sich den dem Werke zu Grunde liegenden Begriff (nemlich -die Regel, nach der es verfertigt ist) zuzueignen, ist nicht die -Absicht des Verkaufs, und gemeinhin auch nicht des Kaufs, -wie bei einem Buche, wo dies offenbar die Absicht ist. Auch -wird sie durch den Verkauf nicht jedem, sondern bloss dem, -der dazu die nöthigen Kenntnisse hat, übergeben. Das Eigenthum -dieses Begriffs aber wird durch den Verkauf gar nicht -übergeben; sondern zur Zueignung desselben gehört noch die -Handlung des Käufers, dass er das Werk untersuche, es vielleicht -zerlege, darüber nachdenke u. s. w. Aber dennoch ist -es nicht nur physisch möglich, sondern auch oft sehr leicht, -die Regel der Verfertigung des Werkes zu finden. Diesen Begriffen -nun seine Form zu geben, muss man selbst Künstler, -und zwar Künstler in dieser Kunst seyn. Die Form des ersten -Verfertigers wird man dem Körperlichen nie geben; aber -es kommt darauf nicht an, der Unterschied ist meistens ganz -unbemerkbar, und oft wird der zweite Verfertiger ihm eine -weit schönere geben. Man kann folglich nicht nur das Eigenthum -der Materie, sondern unter gewissen Bedingungen auch -<a id="page-236" class="pagenum" title="236"></a> -das des Begriffs, nach welchem sie bearbeitet ist, sich erwerben; -und da man das Recht hat, sein Eigenthum auf jede beliebige -Art zu benutzen, so hat man ohne Zweifel auch das, -dies Kunstwerk nachzumachen. Allein, die Ausübung dieses -Rechtes ist nicht billig: es ist nicht billig, dass der Mann, welcher -Jahre lang Fleiss, Mühe und Kosten aufwendete, durch -die erste Bekanntmachung des Resultats seiner jahrelangen -Arbeit, welches von der Art, dass jeder desselben sich bemächtigen -kann, der es siehet, um alle Frucht dieser Arbeit -gebracht werde. Da aber in Sachen des Gewinnstes auf die -Billigkeit anderer nicht sehr zu rechnen ist, so tritt der Staat -ins Mittel, und macht durch ein ausdrückliches Gesetz, genannt -<em class="italic">Privilegium</em>, dasjenige Rechtens, was vorher nur Sache der -Billigkeit war. Weil indess durch ein solches Gesetz das natürliche -Recht anderer allerdings eingeschränkt, und sie dessen -beraubt werden, besonders dadurch beraubt werden, dass man -das, was von ihrem guten Willen abhing, und ihnen ein Verdienst -geben konnte, ihnen abnöthigt, und sie dadurch wenigstens -der Entdeckung dieses Verdienstes beraubt: so hebt der -Staat dieses Gesetz wieder auf, sobald seine Absicht, den ersten -Erfinder zu entschädigen, erreicht ist, und giebt den Menschen -ihr angebornes und durch Nachdenken und Studium behauptetes -Recht wieder. -</p> - -<p> -Ein solches Privilegium geht also auf den Gebrauch des -erworbenen Begriffs; und nur dasjenige Bücherprivilegium -würde mit ihm zu vergleichen seyn, welches verböte, innerhalb -zehn Jahren nichts über <em class="italic">gewisse Materien</em>, als z. B. keine -Metaphysik, keine Naturlehre, zu schreiben. — Verwechselte -etwa Herr R., dessen Vorschläge bei Bücherprivilegien eben -dahin auslaufen, Bücher mit mechanischen Kunstwerken, als -ob zu ihrer Verfertigung nichts weiter gehöre, als etwa ein -Recept, ein Buch zu machen im Kopfe, und übrigens gelenke -Finger, Papier und Dinte? -</p> - -<p> -Das Recht des Käufers, das Gekaufte nachzumachen, geht, -soweit die physische Möglichkeit geht, es sich zuzueignen; -und diese nimmt ab, je mehr das Werk von der Form abhängt, -welche wir uns nie eigen machen können. Diese Gradation -<a id="page-237" class="pagenum" title="237"></a> -geht in unmerklichen Abstufungen von der gemeinen Studirlampe -bis zu Correggio’s Nacht. Letztere hat nie um ein Privilegium -nachgesucht, und ist darum doch nicht nachgemacht -worden. Zwar Farben auftragen, Licht und Schatten, und ein -Kind und eine junge Frau malen, kann jeder Pinsler; aber es -ist uns nicht darum, es ist uns um die nicht zu beschreibende, -aber zu fühlende Form des Vortrags zu thun. — Kupferstiche -von Gemälden sind keine Nachdrücke: sie verändern die Form. -Sie liefern Kupferstiche, und keine Gemälde; und wem sie -den letzteren gleich gelten, dem bleibt es unbenommen. Auch -Nachstechen schon abgestochener Gemälde ist nicht Nachdruck; -denn jeder giebt seinem Stiche seine eigene Form. Nachdruck -wäre nur das, wenn jemand sich der Platte des Andern bemächtigte -und sie abdruckte. -</p> - -<p> -Und nach dieser Unterscheidung nun die Frage: Was ist -ein Bücherprivilegium? Ein Privilegium überhaupt ist Ausnahme -von einem allgemein geltenden Gesetze der natürlichen oder -der bürgerlichen Gesetzgebung. Ueber Büchereigenthum ist -bis jetzt kein bürgerliches Gesetz vorhanden; also muss ein -Bücherprivilegium eine Ausnahme von einem Naturgesetze seyn -sollen. Ein dergleichen Privilegium sagt, ein gewisses Buch -solle nicht nachgedruckt werden; es setzt mithin ein Gesetz -der Natur voraus, welches so lauten müsste: Jeder hat ein -Recht, jedes Buch nachzudrucken. — Es ist also doch wahr, -dass das Nachdruckerrecht selbst von denen, in deren Hände -die Menschheit alle ihre Rechte zur Aufbewahrung überlieferte, -von den Regenten, als ein allgemein gültiges Naturrecht anerkannt -werde? Doch wahr, dass selbst die Gelehrten es dafür -anerkennen; denn was kann die Bitte um ein Privilegium anders -heissen, als: Ich erkenne an, dass vom Tage der Publication -meines Werkes jeder, wer will, das unbezweifelte Recht -hat, sich das Eigenthum und jeden möglichen Nutzen desselben -anzumaassen, bitte aber um meines Vortheils willen, die -Rechte der Menschheit einzuschränken. — Hat man sich je -einen Freibrief gegen Strassenräuber geben lassen? — „Aber -ein Bücherprivilegium ist kein Freibrief gegen Strassenräuber; -es ist eine Bedeckung von Husaren“, sagt man mir. Wenn dies -<a id="page-238" class="pagenum" title="238"></a> -wahr wäre, wenn es in Ländern wahr seyn könnte, wo die -Strassenräuber nicht, wie in Arabien, ungebändigt in den Wäldern -herumstreifen, sondern zu jeder Stunde durch die obrigkeitliche -Gewalt abgelangt werden können: so ständen wir vor -einer andern Untersuchung. -</p> - -<p> -Die Tr... nemlich, Sch..., die W... sind freilich Räuber; -aber sie sind privilegirte Räuber. Sie haben — denn die Bemerkung, -dass eins von beiden, entweder das Privilegium, -welches den Nachdruck verbietet, oder das, welches ihn erlaubt, -widersinnig seyn muss, wollen wir schenken — sie, sage -ich, haben nicht die mindeste Schuld. Unbekannt mit dem, -was Recht oder Unrecht sey, weil es für sie zu tief lag, fragten -sie die, welche es wissen sollten. Man sagte es ihnen, -und sie glaubten. Freilich gefiel es dem englischen Kaufmanne -nie wohl, wenn ein französischer Kaper ihm sein Schiff und -seine Waaren wegnahm. Er beklagte sich über diese Ungerechtigkeit. -„Das ist nicht Unrecht, das ist Kriegsrecht“, sagte -der Kaper, und zeigte ihm seinen Kaperschein vor; und während -der Engländer diesen untersuchte, um sich von der Rechtmässigkeit -der Behandlung, die er erfuhr, zu überzeugen, durchsuchte -ihm jener die Taschen, und er hatte darin recht. -</p> - -<p> -Aber, mit welchem Rechte nur überhaupt die Hummeln -den Bienen den Krieg ankündigen? ... Welcher Vertheidiger -des Büchernachdrucks wird uns dies erklären? — „Es würde -doch von einem Staate viel verlangt heissen, sagt man, dass -er befehlen solle, fremde theure Waare in sein Land einzuführen.“ -Das würde allerdings viel verlangt heissen; aber die -Forderung, dass er sich dann, wann sie ihm zu theuer ist, -ganz ohne sie behelfen möge, wäre so unbillig eben nicht. -Joseph II. hatte allerdings das vollkommene Recht, die Einfuhr -der holländischen Häringe in seine Staaten zu verbieten: wer -könnte ihm dies abstreiten? Aber hätte er darum auch wohl -das Recht gehabt — da holländische Häringe sich nun einmal -nicht nachdrucken lassen — Kaper auszusenden, welche den -Holländern aufpassen und ihnen ihre Häringe abnähmen? Und -wenn diese fremde theure Waare — denn Bücher sind in diesem -System freilich nicht mehr und nicht weniger Waare, als Häringe -<a id="page-239" class="pagenum" title="239"></a> -und Käse — überhaupt nicht eingeführt werden soll, wovon -soll man sie denn im Lande abdrucken? ... Ei ja! wir werden -uns wohl hüten, die Einfuhr fremder Bücher eher zu verbieten, -als bis wir sie erst nachgedruckt haben. -</p> - -<p> -„Es sey ja für den Vortheil des Verfassers völlig gleichgültig, -ob in einem Lande, wo die Einfuhr seiner rechtmässigen -Ausgabe verboten sey, ein Nachdruck verkauft werde oder -nicht, da er aus diesem Lande einmal keinen Gewinn ziehen -könne“, sagt man auch noch. Und man hat recht, und übrig -recht, in einem Systeme, in welchem nichts unrecht ist, als -das was schadet. -</p> - -<p> -Ist jetzt Alles klärlich erwiesen, was erwiesen werden -sollte: — dass der Verfasser ein fortdauerndes Eigenthum an -sein Buch behalte, und das vollkommene Recht habe, jeden zu -verhindern, wider seinen Willen Nutzen aus dem, was der -Natur der Sache nach sein bleibt, zu ziehen; dass mithin der -Nachdruck eine offenbare, und zwar eine der sträflichsten Ungerechtigkeiten -sey, — so ist bei Untersuchung seiner Zulässigkeit -davon gar nicht mehr die Frage, ob er nützlich sey; -und wir können uns gänzlich enthalten, sie zu beantworten. -Weder Herr R. noch das Publicum wird also etwas dagegen -haben, wenn wir statt dieser Untersuchung eine <em class="italic">Parabel</em> erzählen. -Was sie, da wir nach obiger Erinnerung mit Büchern -gar nichts Aehnliches haben, erläutern könne, was sie nach -allem schon Erwiesenen noch zu erläutern habe, wird jeder -einsehen. -</p> - -<p> -Zur Zeit des Khalifen Harun al Raschid, der wegen seiner -Weisheit in der Tausend und Einen Nacht und sonst berühmt -ist, lebte, oder könnte gelebt haben, ein Mann, der wer weiss -aus welchen Salzen und Kräutern einen Extract verfertigte, -der gegen alle Krankheiten, ja gegen den Tod selbst helfen -sollte. Ohne nun eben alle die Wirkungen zu haben, welche -sein Verfertiger von ihm rühmte, — er war selbst ein wenig -kränklich — war er doch immer eine treffliche Arznei. Um -in seinen chemischen Arbeiten durch nichts gestört zu werden, -wollte er sich nicht selbst mit dem Handel befassen, sondern -gab ihn in die Hände eines Kaufmanns, der allein im -<a id="page-240" class="pagenum" title="240"></a> -ganzen Lande damit handelte und einen beträchtlichen Gewinn -dadurch erwarb. Darüber wurden nun seine Mitbrüder, die -übrigen Arzneihändler, neidisch, und verschrien ihn und seinen -Extract. Ganz anders aber benahm sich dabei Einer unter -ihnen. Dieser passte den Leuten des Alleinhändlers auf, -wenn sie das Arcanum vom Chemiker brachten, nahm es ihnen -ab, raubte es wohl gar aus dem Waarenlager selbst; und -das vermochte er, denn er war ein handfester Kerl. Er vereinzelte -es darauf auf allen Jahrmärkten, in allen Flecken und -Dörfern, und weil er es wohlfeil gab und den Leuten sehr -einlobte, so hatte er reissenden Abgang. Darüber erhob dann -der Alleinhändler ein Geschrei im ganzen Lande; und es fielen -mitunter auch wohl Diebe, Räuber und dergleichen Benennungen, -die bei solchen Gelegenheiten zu fallen pflegen und die -dem Andern auch richtig überbracht wurden. Gern hätte der -Alleinhändler ihm wieder etwas abgenommen, aber jener hatte -nichts, das der Mühe des Nehmens werth war. Schon lange -hatte er ihm nachgestellt, um seiner habhaft zu werden; aber -jener war schlauer als er und entging allen seinen Schlingen. -Endlich, wie denn das stete Glück unvorsichtig macht, fiel er -doch noch durch Unachtsamkeit in die Hände seines Feindes, -und ward von ihm vor den Khalifen geführt. Hier brachte -der Arzneihändler seine Klage gegen jenen an, die mit der -Klage unserer Buchhändler gegen die Nachdrucker ziemlich -gleichlautend war. Jener, ohne sich bange werden zu lassen, -— er hatte bei seinem Marktschreiergewerbe seine Dreistigkeit -vermehrt und eine gewisse Beredsamkeit sich eigen gemacht -— führte seine Verteidigung folgendermaassen: -</p> - -<p> -Glorwürdigster Nachfolger des Propheten! ich liebe nach -Principien zu verfahren. Der einzig richtige Maassstab der -Güte unserer Handlungen ist bekanntermaassen ihre Nützlichkeit. -Je ausgebreitetere und je wichtigere Vortheile eine Handlung -stiftet, desto besser ist sie. Es giebt zwar noch einige -finstere Köpfe, die sich etwas erkünsteln, was sie, glaub ich, -Recht nennen: ein Hirngespinnst, das sich im Leben nicht realisiren -lässt; denn kann man nicht bei aller Rechtschaffenheit -verhungern? Doch fern sey es, dass dergleichen altfränkische -<a id="page-241" class="pagenum" title="241"></a> -Ideen die aufgeklärten Zeiten von Eurer Majestät glorwürdiger -Regierung entweihen sollten! — Wenn ich mithin beweise, dass -mein Verfahren den ausgebreitetsten Nutzen stiftet, so beweise -ich dadurch ohne Zweifel, dass es lobenswürdig ist; und dies -ist so leicht zu erweisen. Dass meine Handlung von den vortheilhaftesten -Folgen für das Publicum sey, sollte man das erst -zeigen müssen? Ich verkaufe das Arcanum weit wohlfeiler, als -der Kläger; der gemeinste Mann wird also dadurch in den -Stand gesetzt, es sich anzuschaffen, was er bei dem hohen -Preise des Alleinhändlers nicht kann; ich nöthige es dem unaufgeklärten -Haufen durch meine Betriebsamkeit und durch alle -Künste der Beredsamkeit auf, und brenne so von Eifer für das -Beste Anderer, dass ich sie fast zwinge, sich durch diese heilsame -Arznei gesund zu machen. Welch ein Verdienst um die -leidende Menschheit! Könnte ich doch Eurer Majestät das Aechzen -der Leidenden, das Röcheln der Sterbenden recht lebhaft -malen, die durch die von mir gekaufte Arznei gerettet worden -sind! Wie vielen Kindern habe ich ihre Väter, die bereits in -den Händen des Todes waren, wieder zurückgegeben, ihnen -selbst aber die Möglichkeit, zu guten Staatsbürgern gebildet zu -werden, und einst wieder ihre Kinder, und vermittelst dieser -ihre ganze Nachkommenschaft zu guten Staatsbürgern zu bilden, -dadurch erhalten! Man berechne die Arbeiten, welche jeder, -dem durch diese wunderthätige Arznei einige Jahre zu seinem -Leben hinzugesetzt werden, in diesen Jahren noch zur Cultur -des Landes verrichten kann; die noch grössere Cultur desselben, -die hierdurch wieder möglich wird, und so ins Unendliche -fort; berechne die Menge der Kinder, die er in diesen Jahren -noch zeugen kann, und die <a id="corr-11"></a>Kinder dieser Kinder: und ziehe -das Resultat der vergrösserten Volksmenge und Cultur, die dadurch -erfolgt, und welche schlechterdings nicht möglich war, -wenn ich nicht dem Kläger seine wohlthätigen Tropfen raubte. -</p> - -<p> -Es sagen zwar freilich <a id="corr-12"></a>verleumderische Zungen, dass das -Arcanum gemeinhin ein wenig verdorben bei mir gekauft worden; -und wenn ich ihnen auch — ich liebe die Wahrheit — -sollte zugestehen müssen, dass an der Sache etwas sey: so ist -das wahrlich nicht meine Schuld. Ich würde lieber, wenn ich -<a id="page-242" class="pagenum" title="242"></a> -könnte, ihm noch grössere Kraft geben, damit man es allein -bei mir kaufte, und mein Kläger alle seine Kunden verlöre; -und das bloss aus Liebe zum allgemeinen Besten. Aber wie -sollte es mir bei der beständigen Flucht, auf der ich vor meinem -Gegner seyn muss, und bei der Beschimpfung, die er meiner -Handthierung anthut, und die mich nöthigt, die lockersten -Gesellen anzunehmen, möglich seyn, es mit der gehörigen Sorgfalt -aufzubewahren? Wenn nur einmal meinem Gewerbe völlige -Ehre und Sicherheit zugesprochen seyn wird, wie ich um der -grossen Nützlichkeit desselben hoffe, so werde ich dadurch zugleich -in Stand gesetzt werden, auf die Conservation desselben -mehr Sorgfalt zu wenden. -</p> - -<p> -Ich werde angeklagt, dem Verfertiger des Arcanums, und -dadurch mittelbar dem Publicum zu schaden, weil Kläger, wenn -ich in die Länge fortfahre, ihm seine Tropfen wegzunehmen, -nothwendig verarmen und ausser Stand gesetzt werden müsse, -den Chemiker weiter zu bezahlen, weshalb denn dieser nothwendig -die Arbeit werde einstellen müssen. — Allein, da kennt -man den Mann nicht. Er wird sie darum nicht einstellen; -denn es ist einmal seine Liebhaberei, und er arbeitet ja so nur -um der Ehre willen. Im Gegentheil, je mehr ich seinem Unterhändler -wegnehme, und je weniger dieser ihm für die Arznei -wird bezahlen können; desto mehr wird er arbeiten müssen, -um kümmerlich zu leben: desto mehr wird folglich diese -heilsame Arznei vervielfältiget werden. Und wird nicht sein -Ruhm durch mich in die entferntesten Dörfer verbreitet? posaune -ich ihn nicht mit lauter Stimme an jedem Jahrmarkte -aus meiner Bude? steht nicht sein Name auf allen meinen -Büchsen und Gläsern mit grossen Buchstaben in Golde? Ist -ihm das nicht Ehre genug? braucht er dazu noch Brot? Er mag -von der Ehre leben! -</p> - -<p> -Endlich soll ich Klägern Nachtheil verursachen. — Aber ich -muss gestehen, dass hier mich mein kaltes Blut verlässt. Ich -muss Ihnen sagen, mein Herr, dass Sie sich der Unbilligkeit -dieser Anklage schämen sollten. Haben Sie nicht schon genug -durch Ihren Alleinhandel gewonnen? Ach! dürfte ich doch den -Verlust, den Sie zu haben vorgeben, mit Ihnen theilen! Warum -<a id="page-243" class="pagenum" title="243"></a> -wollen Sie mir denn nicht erlauben, Ihnen zu stehlen, was ich -fortbringen kann? Warum wollen Sie mir denn nicht erlauben, -eine kleine Nachlese zu halten? Giebt es nicht noch jetzt, seitdem -ich diese reichlich halte, Leute genug, die entweder um -der vermeinten grösseren Güte Ihrer Arznei willen, die doch -wenig betragen kann, oder aus einem altfränkischen Vorurtheile -für rechtmässigen Besitz, und vermeinter Theilnahme an der -Dieberei Anderer, lieber Ihre theure Waare kaufen, als meine -wohlfeile; — als ob ich nicht auch, wenn man denn einmal von -Rechtmässigkeit reden will, dadurch das rechtmässige Eigenthum -Ihrer Waare erhielte, dass ich mir die Mühe gebe, sie zu -stehlen? -</p> - -<p> -Vielmehr habe ich, wenn Sie kalt darüber nachdenken -wollen, eben um Sie selbst das grösste Verdienst. Sie kennen -noch Ihren Chemiker nicht. Schon längst dachte er, voll Neid -über den Gewinn, den Sie durch sein Arcanum machen, darauf, -sich des Handels mit demselben selbst zu bemächtigen. Er -hat zwar seine Zeit weit nöthiger zur Verfertigung desselben; -er versteht zwar nichts vom Arzneihandel; er ist zwar bei einigen -Versuchen im Kleinen schon sehr übel angekommen: aber -dennoch — glauben Sie mirs auf mein Wort — er hätte Sie -des Handels beraubt. Nur, schlau wie er ist, merkte er meinen -Anschlag auf Ihren Waarenkasten, und wollte lieber Sie, -als sich selbst bestehlen lassen. Wenn Sie also überhaupt noch -in einigem Besitze des Handels sind, so haben Sie es mir zu -verdanken. -</p> - -<p> -Dies sind die beträchtlichen Dienste, Glorwürdigster Nachfolger -des Propheten, die ich dem gläubigen Volke, die ich dem -nützlichen Verfertiger des Extracts, die ich dem Kläger selbst -leiste. Und ich nun, was habe ich dafür? Wenn man den geringen -Preis, um den ich das Arcanum verkaufe, gegen die -Kosten, die ich auf desselben Conservation doch wende, die -Reisen, die ich mache, berechnen will; so wird man finden, -dass mir die Mühe, sie zu stehlen, sehr gering bezahlt wird, -und dass ich die Verleumdungen meines Gegners, die Schurken -und Diebe, die er gegen mich ausstösst, fast ganz umsonst -hinnehmen, oder nur sehr niedrig in Anschlag bringen muss. -<a id="page-244" class="pagenum" title="244"></a> -Durch diese Verunglimpfungen wird mir nun mein ehrlicher -Name, auf welchen die Menschen einen so grossen Werth setzen -sollen, jämmerlich abgeschnitten, so dass rechtliche Leute schon -anfangen, sich sehr zu bedenken, ob sie mir abkaufen wollen. -Ich bin also ein Märtyrer für das Beste der Welt; und wenn -eine Handlung dadurch gewinnt, dass man recht viel bei ihr -aufopfert, so ist die meinige eine der verdienstlichsten. Dies -Verdienst möchte ich mir nun nicht gern rauben lassen, wenn -nicht durch die Ehrlosigkeit, die dadurch auf mein Gewerbe -fällt, der Fortgang desselben gehindert, und dem allgemeinen -Besten Abbruch gethan würde. Ich bitte demnach Eure Majestät -anzubefehlen, dass hinfüro jeder mein Gewerbe für ein -ehrliches halte, bei namhafter Strafe; und dass Kläger gehalten -sey, mir nicht nur Abbitte und Ehrenerklärung zu thun, und -öffentlichen Dank für den geleisteten Dienst abzustatten, sondern -auch inskünftige sich von mir bestehlen zu lassen, so -viel ich will. -</p> - -<p> -So redete der Marktschreier. Wie würde Herr Reimarus, -wie würde jeder Gerechtigkeitsliebende hierbei geurtheilt haben? -— Ebenso urtheilte der Khalif. Er liess den nützlichen -Mann aufhängen. -</p> - -<h3 class="l3s pbb chapter" id="chapter-5-2"> -<a id="page-245" class="pagenum" title="245"></a> -<span class="line1">B.</span><br /> -<span class="line2">Zwei Predigten aus dem Jahre 1791.</span> -</h3> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-2-1"> -<span class="line1">Statt der Vorrede.</span> -</h4> - -<p class="dp"> -Der Verfasser und sein Freund. -</p> - -<p class="noindent"> -<span class="c">D. V.</span> Sie bringen die Handschrift zurück? Haben Sie sie -durchgelesen? -</p> - -<p> -<span class="c">D. Fr.</span> Ja. -</p> - -<p> -<span class="c">D. V.</span> Und Ihr Urtheil? -</p> - -<p> -<span class="c">D. Fr.</span> Sie haben Ihre Zeit nicht ganz übel angewendet. -Es übt die Feder, wenn man sich bemüht, etwas gründlicher, -als gewöhnlich, und doch plan, wie es für die Kanzel seyn -soll, zu arbeiten; es macht unsere eigene Erkenntniss lebendiger, -wenn man sie überdies mit einiger Wärme vorträgt. -</p> - -<p> -<span class="c">D. V.</span> Ich verstehe. — Und ein Exercitium hat seine Bestimmung -erreicht, wenn es unsere eigenen Kräfte geübt hat. -Es gehört vor die Augen des Lehrmeisters, oder des gutmüthigen -Freundes, wenn man über die Jahre hinaus ist, einen Lehrmeister -zu haben; nicht vor das Publicum. -</p> - -<p> -<span class="c">D. Fr.</span> Wenn Sie es so nehmen wollen! — Doch erlauben -Sie mir eine Frage: auf welche Art der Leser rechnen Sie? -</p> - -<p> -<span class="c">D. V.</span> Auf Leser aller Art, welche moralische und religiöse -Wahrheit, und das Nachdenken darüber lieben. -</p> - -<p> -<span class="c">D. Fr.</span> — Die das Nachdenken lieben, mithin dasselbe kennen, -aus Erfahrung kennen, die in einem Stande leben, der -ihnen ehemals Unterricht, jetzt Musse gewährt. — Vielleicht -<a id="page-246" class="pagenum" title="246"></a> -finden diese etwas noch Besseres zu lesen, als Ihre Predigten. -</p> - -<p> -<span class="c">D. V.</span> Und warum sollten sie nicht auch in Ständen gelesen -werden, die auf einer tieferen Stufe der Cultur stehen, -die ihnen weniger Quellen eröffnet? — Sie haben doch nicht -vergessen, was ich Ihnen sagte, dass der grösste Theil dieser -Predigten in mancherlei Ländern, vor sehr gemischten Zuhörern, -nicht ohne merklichen Eindruck gehalten worden? -</p> - -<p> -<span class="c">D. Fr.</span> Abgerechnet, dass Sie allenthalben Fremder und -Gastprediger waren — angenommen, dass Ihre Eigenliebe diesen -merklichen Eindruck sich nicht um eines Haares Breite grösser -vorgestellt habe — alles, was Sie wollen, abgerechnet und -angenommen: so wissen Sie doch gewiss, welch ein Unterschied -es ist, Predigten hören oder Predigten lesen. -</p> - -<p> -<span class="c">D. V.</span> Aber es werden doch darum noch häufig Predigten -gelesen, in höheren und niederen Ständen. -</p> - -<p> -<span class="c">D. Fr.</span> Welcher innere Unterschied zwischen jenen häufig -gelesenen Predigten und den Ihrigen sey, werden Ihnen die -Recensenten sagen; auf den Unterschied in den Personen übernehme -ich es, Sie aufmerksam zu machen. — Gehen Sie hin, -und werden der Lieblingsprediger des feineren Publicums in -einer volkreichen, Ton angebenden, von Fremden häufig besuchten -Stadt; dann sammeln Sie Ihre Predigten und setzen -Ihren Namen vor. Wird man sie auch nicht immer lesen, so -wird man sie doch kaufen, sauber binden und in seine Bücherschränke -aufstellen. Aber — anonyme Predigten — das -ist unerhört! Oder wollen Sie Ihren unbekannten Namen vorsetzen? -</p> - -<p> -<span class="c">D. V.</span> Und wäre er berühmt, so würde ich desto mehr -Anstand nehmen, ihn zu nennen. Ich möchte die Aufmerksamkeit -dem Inhalte verdanken, und nicht dem Namen. -</p> - -<p> -<span class="c">D. Fr.</span> Dem Inhalte? So hätten Sie entweder weniger gewöhnliche -Gegenstände behandeln, oder die behandelten gewöhnlichen -von einer gewöhnlichen Seite darstellen sollen! Sie -haben der Sache beides, zu wenig und zu viel, gethan. Wer -Ihre Predigten verstehen, beurtheilen, schätzen könnte, liest -<a id="page-247" class="pagenum" title="247"></a> -keine Predigten; und wer Predigten liest, versteht die Ihrigen -nicht. -</p> - -<p> -<span class="c">D. V.</span> Wenn nicht etwa hier und da ein Prediger. -</p> - -<p> -<span class="c">D. Fr.</span> — Welche Predigten lesen, um entweder sie für -die ihrigen zu gebrauchen, oder sich darnach zu bilden. Sie -gestehen mir wohl zu, dass derjenige, der der Bildung fähig -ist, bessere Muster findet. — Wegen des Gebrauchens — wer Ihre -Predigten desselben werth findet, macht bessere; und wer keine -besseren macht, hält die Ihrigen für schlecht und völlig unbrauchbar. -— Noch habe ich Ihnen geschenkt, dass sich dieselben -sehr ungleich sind; gleichsam eine bunte Musterkarte -der Veränderung Ihres Systems seit zehn Jahren, oder länger. -</p> - -<p> -<span class="c">D. V.</span> Nach allem also wäre Ihr Rath? -</p> - -<p> -<span class="c">D. Fr.</span> Mein aufrichtiger Rath, dass Sie sie ruhen liessen, -wo sie zum Theil schon lange genug geruht zu haben scheinen. -</p> - -<p> -<span class="c">D. V.</span> Sie haben mir die Sache nach Ihrer Art vorgestellt; -ich zeige sie Ihnen jetzt nach der meinigen. — Gesetzt nun, -ich hätte einen Versuch machen wollen, Darstellungsarten, die -bis jetzt nur für die Schule gewöhnlich waren, auf die Kanzel -zu bringen; und ich legte diese Versuche darum dem Publicum -vor, um zu erfahren, ob es der Mühe lohnte, sie fortzusetzen? -</p> - -<p> -<span class="c">D. Fr.</span> Aber so hätten Sie diesen Versuchen wenigstens -die Predigtform nehmen sollen, die doch einmal nicht die einladendste -ist; und dann sind noch einige Predigten beibehalten, -die diese Entschuldigung nicht für sich haben. -</p> - -<p> -<span class="c">D. V.</span> Und wenn ich nun anderweitige, vielleicht persönliche -Gründe gehabt hätte, eben die Predigtform, und eben jene -Predigten, auf die Sie zielen, beizubehalten? -</p> - -<p> -<span class="c">D. Fr.</span> Dann müsste freilich das gutwillige Publicum, das -etwa noch Predigten kauft, Ihre Ankündigung, dass Sie unter -andern auch predigen, mit seinem Gelde bezahlen. — Und wie -wollen Sie das, was Sie zu Ihrer Entschuldigung mir jetzt gesagt -haben, dem Publicum auf eine schickliche Art sagen? -</p> - -<p> -<span class="c">D. V.</span> Ich darf nur gerade unser Gespräch vordrucken -lassen. -</p> - -<p> -<a id="page-248" class="pagenum" title="248"></a> -<span class="c">D. Fr.</span> Mit allem, was ich zum Nachtheile Ihrer Predigten -gesagt habe? -</p> - -<p> -<span class="c">D. V.</span> Mit allem. Dann bin ich wenigstens sicher, dass -nichts Schlimmeres über sie gesagt werden könne, als schon -gesagt ist. -</p> - -<p> -<span class="c">D. Fr.</span> Aber einen schöngeisterischen Dialog vor Predigten! -Das ist wieder unerhört. Sie sind nicht Rousseau, und -schrieben keine Heloise. -</p> - -<p> -<span class="c">D. V.</span> So muss ich denn auch schon diesen Uebelstand -mit den übrigen verantworten. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-2-2"> -<span class="line1">Ueber die Pflichten gegen Feinde.</span> -</h4> - -<h5 class="ssc l1i"> -<span class="line1">Eingang.</span> -</h5> - -<p class="noindent"> -Die Auswege, die das menschliche Herz nimmt, m. th. Fr., -um der Pflicht auszuweichen, sind unzählbar, in ihren Wendungen -verschieden, und nur darin kommen sie überein, dass alle auf -irgend eine Art die Strenge des Gesetzes zu umgehen suchen. -— Man zieht die Pflicht zu seinen Neigungen herab, wie wir -einst an dieser Stelle an dem Beispiele der Ehrlichkeit und der -Menschenliebe zeigten: man übertreibt sie auch wohl im Gegentheile -zu einer Höhe, auf der sie der menschlichen Natur widerstreitet, -um nur, wenn einmal zugestanden ist, dass in der -erdichteten Vollkommenheit sie dem Menschen unmöglich sey, -gar nichts thun zu dürfen, sondern unter dem geräumigen, viel -fassenden Mantel der menschlichen Schwachheit seinen Mangel -an gutem Willen verbergen zu können. -</p> - -<p> -So ist es mit der durch das Christenthum gebotenen Pflicht -der Feindesliebe ergangen. Zu bequem, oder unfähig nachzudenken, -was durch diesen Ausdruck gefordert werden <em class="italic">könne</em>, -<a id="page-249" class="pagenum" title="249"></a> -hat man das Wort in seiner ersten scheinbarsten Bedeutung genommen, -und nun, wie zu erwarten war, die Ausübung dieser -Pflicht unmöglich gefunden, weil es der menschlichen Natur -widerstreitet, sich über Beleidigungen zu freuen, wie über Wohlthaten, -und bei dem Anblicke des Feindes eben das Vergnügen -zu empfinden, wie bei dem des Freundes. — Des <em class="italic">Handelns</em> -überhoben, meinte man sich nun durchs <em class="italic">Reden</em> hervorzuthun, -und wollte sich gegen ein Gebot, dem man den Gehorsam versagte, -durch Lobeserhebungen abfinden. Daher die prahlenden -Lobpreisungen so vieler Christen über die Erhabenheit ihrer -Sittenlehre, als der einzigen, welche Feindesliebe empfehle; so -vieler Christen, welche noch wenig Neigung zeigen, ihr Vaterland, -ihre Freunde, ihre Wohlthäter zu lieben — Lobpreisungen, -welche, wenn auch die Anempfehlung dieser Pflicht der -christlichen Sittenlehre ausschliessend eigen wäre, doch immer -eine sehr zweideutige Schmeichelei seyn würden. Viel verlangen -ist keine so grosse Kunst, und es gereicht keiner Sittenlehre -zur Empfehlung, Dinge zu fordern, die der menschlichen -Natur widerstreiten. -</p> - -<p> -Wir, m. Br., wollen unsere vortreffliche Religion nicht so -verfänglich loben, sondern lieber mit Lernbegierde und Folgsamkeit -ihre Vorschriften anhören, und sie zu ihrer wahreren -Ehre in unserem Leben darzustellen suchen. In gegenwärtiger -Stunde werden wir uns von den Pflichten gegen Feinde unterrichten. -</p> - -<p> -<em class="italic">Text.</em> Die gewöhnliche Epistel am ersten Advents-Sonntage, -Röm. 12, v. 17-21. -</p> - -<h5 class="ssc l1i"> -<span class="line1">Abhandlung.</span> -</h5> - -<p class="noindent"> -Das zwölfte Capitel des Briefes an die Römer, woraus unsere -Epistel genommen ist, enthält christliche Sittenlehren mancherlei -Gehalts in einer leichten Verbindung. Auf die Pflichten -gegen Feinde wird der Apostel zweimal gebracht: einmal durch -ein Wortspiel<a class="fnote" href="#footnote-29" id="fnote-29">[29]</a> v. 14. <em class="italic">Segnet, die euch verfolgen</em> u. s. w., einmal -<a id="page-250" class="pagenum" title="250"></a> -bei Gelegenheit der allgemeinen Menschenliebe, v. 19. 20. 21. -Wir wollen jetzo, ohne seinen Ausdrücken genau zu folgen, im -allgemeinen sehen, welche Pflichten gegen die Feinde Gewissen -und christliche Religion uns auflege. -</p> - -<p> -Wenn man eine so grosse Menge von Menschen über eine -so grosse Menge von Feinden klagen hört, so sollte man glauben, -der Hass der Widersacher sey eines der grössten Erdenleiden, -und die Pflichten gegen Feinde seyen nicht nur an sich -die schwersten, sondern auch ihre Ausübung sey von der weitesten -Ausdehnung. Es scheint also unserem Vorhaben nicht -unangemessen, zuvörderst zu untersuchen: <em class="italic">Wen wir einen -Feind zu nennen berechtiget sind</em>, um zu finden, ob von der -Summe dieses Leidens nicht ebensowohl, wie von der Summe -mancher anderen Leiden etwas abgehe, und ob die Pflichten, -die es uns auflegt, — wenn sie auch so schwer seyn sollten, -als man glaubt — in der Ausübung oft vorkommen. -</p> - -<p> -In der allgemeinsten Bedeutung nennen wir alle diejenigen -unsere Feinde, die an der Ausführung unserer Unternehmungen -uns hinderlich sind. Dies aber kann aus zweierlei Ursachen -entstehen, nemlich, entweder weil <em class="italic">unsere Unternehmungen</em>, oder -weil <em class="italic">wir selbst</em> ihnen misfällig sind; der dritte mögliche Fall, dass -sie beiden abgeneigt seyen, gehört mit unter die zwei ersten. — -</p> - -<p> -Unser Vorhaben kann Anderen zuwider seyn, entweder -weil es ungerecht <em class="italic">ist</em>, oder weil es ihnen nur so <em class="italic">scheint</em>. — -Im <em class="italic">ersteren Falle</em> also wollen wir ungerecht seyn; wollen handeln, -als ob die ganze Schöpfung nur für uns, und ihre vernünftigen -Bewohner nur zu Werkzeugen unserer Einfälle da -seyen: und wenn dann Einer sich unterfängt, zu glauben, dass -es noch etwas gebe, was er von uns nicht ertragen müsse — -Einer sich nur in den Weg stellt, und unseren Anmaassungen -Grenzen setzt: so schreien wir über Verfolgung, und nennen -jenen muthigen Vertheidiger des Rechts unseren Feind. — Und -mit welchem Rechte? Wollen wir ihn bloss <em class="italic">an sich</em> seinem persönlichen -Werthe nach betrachten, so nöthigt unser Herz, sey -es so verdorben es wolle, uns das Bekenntniss ab, dass <em class="italic">der</em> -Mann — fordere es nun bloss die allgemeine Menschenpflicht, -oder fordere es überdies noch seine besondere Pflicht in der -<a id="page-251" class="pagenum" title="251"></a> -Gesellschaft von ihm — dass <em class="italic">der</em> Mann, der ohne Kummer um -unseren Verdruss und unsere Feindschaft sich der Ungerechtigkeit -muthig entgegenstellt, und dem die unvertheidigte Sache -des heiligen Rechtes theurer ist, als unsere Freundschaft, unendlich -mehr werth ist, als wir, und dass wir nicht viel Ehre -haben, unsere Klagen über ihn laut werden zu lassen; — oder -wollen wir ihn <em class="italic">in Beziehung auf uns</em> betrachten, so werden -wir in dem Manne, der uns die unvertilgbare Schande, und die -blutige Reue, und das unauslöschbare Andenken, und die nie -endenden Folgen einer ungerechten That erspart, und uns -zwingt, besser und glückseliger zu seyn, als wir wollten, unseren -wahrsten Wohlthäter anerkennen müssen. Solche Gegner -also gehören gar nicht in die Zahl unserer Feinde. -</p> - -<p> -In <em class="italic">dem zweiten Falle</em> waren die Feinde der Jünger Jesu, -und überhaupt der ersten Christen, an welche die Ermahnungen -des Apostels gerichtet sind. Sie widersetzten sich dem -Vorhaben der Apostel und ihrer Anhänger, weil es ihnen ungerecht -schien. — Es war damals eben wie jetzt. Die Juden, -deren grösster Beweis für die Wahrheit ihrer Religionsgrundsätze -der war, dass ihre Väter und Grossväter auch so geglaubt, -auch so geopfert, auch mit den Formeln gebetet hatten, -hassten, verfolgten, tödteten, wenn sie konnten, die ersten -Christen, weil sie eine aufgeklärtere Gottesverehrung einführen -wollten, welches jene für ein sehr sträfliches Unternehmen hielten. -— So wurde das Vorhaben der ersten Christen verkannt, -und darum angefeindet, und so kann es auch das unsrige werden, -von welcher Natur es auch sey. — Auch solche Gegner -können wir nicht mit Recht Feinde nennen; ihr Widerstand entsteht -nicht aus boshaften Absichten gegen unsere Personen; sie -meinen für das Recht zu kämpfen, und ihre Triebfeder wenigstens -ist edel. Sollten wir uns darüber erzürnen, dass wir erleuchteter -sind, als sie? Diese Gegner sinds, von denen der -Apostel sagt: <em class="italic">segnet sie</em> — wünscht ihnen von ganzer Seele -alles Gute, und besonders dasjenige Gute, dessen sie am meisten -bedürfen — Erleuchtung. Wünscht sie ihnen nicht bloss, sondern -sucht werkthätig durch weise Belehrung und durch das, -was kräftiger wirkt als alle Belehrung, durch einen reinen -<a id="page-252" class="pagenum" title="252"></a> -Wandel ihre Begriffe zu berichtigen. Führet einen guten Wandel -unter den Heiden, auf dass die, so von euch afterreden, -als von Uebelthätern, eure guten Werke sehen und euren Vater -im Himmel preisen. -</p> - -<p> -Endlich kann Jemand, ohne unser persönlicher Feind zu -seyn, unser Widersacher auch bloss darum werden, weil wir -seinem Eigennutzen im Wege stehen, weil <em class="italic">unsere</em> Erniedrigung -<em class="italic">ihn</em> heben soll. Wir finden uns einmal auf seinem Wege, und -er rennt uns nieder — nicht etwa — aus besonderer Abneigung -gegen uns; er hätte jeden anderen, der auf unserem Platze -gestanden hätte, auch niedergerannt. Er schreitet seinen Schritt -einher — es kommt ein Wurm unter seine Füsse — er zertritt -ihn. Aber warum musste auch der Wurm unter seinen Fuss -kommen; er hätte ihm sonst sein Leben wohl gönnen mögen. -— — Ohne das Fürchterliche einer solchen Sinnesart mildern -zu wollen, dürfen wir doch sagen, dass auch ein solcher Gegner -nicht unser Feind zu nennen sey. Er ist freilich auch nicht -unser Freund: er ist Niemandes Freund, als der seiner eigenen -geliebten Person. Er ist freilich ein Feind des Rechts und der -Menschheit, und der unsrige, weil wir zu ihr gehören; aber er -hasst doch keinen weniger, als uns, und das, was uns trifft, -ist nichts, als das allgemeine Loos. Wir haben freilich nicht -nur das Recht, sondern auch die Pflicht ihn zu behandeln, wie -jeden Feind der Gerechtigkeit; aber wenn wir ihn mit persönlicher -Erbitterung hassen wollten, so würden wir selbst ungerecht -und ihm ähnlich werden. -</p> - -<p> -Es ist also Niemand übrig, den wir mit Recht unseren Feind -nennen könnten, als derjenige, der eine persönliche Abneigung gegen -uns hat, und unser Vorhaben hindert, bloss darum, weil es das -<em class="italic">unsrige</em> ist. Solche Gegner eigentlich, und nur in einem gewissen -Sinne die der beiden letzteren Klassen, sind der Gegenstand -der Pflichten gegen Feinde. -</p> - -<p> -Da nichts in der Welt ganz ohne Ursache geschieht, und -folglich auch der Hass unserer persönlichen Feinde nicht völlig -ohne Grund seyn möchte, so ist es hierbei die erste Regel der -Sittenlehre, sich sorgfältig und unparteiisch zu prüfen, <em class="italic">ob</em> man, -und <em class="italic">wodurch</em> man Gelegenheit zu dieser Abneigung gegeben -<a id="page-253" class="pagenum" title="253"></a> -habe. Die Menge der Freunde oder Feinde ist zwar nie ein -richtiger Maassstab zur Schätzung des sittlichen Charakters eines -Menschen; wenn aber so gar viele aus dem Haufen treten und -sagen: du habest sie gedrückt, so kannst du mit hoher Wahrscheinlichkeit -vermuthen, dass du eine harte Seite habest. Jede -uns bekannt gewordene Abneigung legt uns die Pflicht auf, uns -sorgfältig zu prüfen, ob wir vielleicht durch unsere Ungerechtigkeit, -durch unsere Unterdrückungssucht uns hassenswürdig -gemacht haben; — und dann wären wir ja wahrlich nicht -werth, unsere Augen gegen unsere Gegner aufzuheben; — -oder ob wir vielleicht bei wirklich guten Absichten durch unser -unzweckmässiges Benehmen, durch eine rauhe, unfreundliche Steifigkeit, -durch einen Mangel der Schonung gegen Anderer Schwachheiten -ihnen einen Verdacht gegen den Baum beigebracht haben, -der so herbe Früchte trägt. Sollten wir in dieser Prüfung, bei -der wir uns ja nicht schmeicheln müssen, etwas von der Art -finden, so bleibt uns nichts übrig, als die Folgen unserer eigenen -Unklugheit geduldig zu tragen, hinzugehen und uns zu -bessern. -</p> - -<p> -Finden wir aber an uns keine Schuld, so tritt unsere erste -heiligste Pflicht ein: die, dem Unrechte zu widerstehen, insoweit -wir können, ohne selbst ungerecht zu werden, und die Ordnung -zu zerstören. — Irret euch nicht, m. Br.: alles sich gefallen -zu lassen, alles gut zu heissen, alles zu dulden, fordert kein -Christenthum; und die Vernunft erklärt dies für Unverstand und -Mangel an wahrer Abneigung gegen das Böse, wenn sie es -bloss an sich — und für Unterstützung und Verewigung der -Unordnung, wenn sie es in Rücksicht seiner Folgen für das -Ganze betrachtet. Wer das Böse an Anderen nicht hasst, der -hasst es gewiss auch nicht an sich selbst; und wer keiner -Empfindlichkeit gegen zugefügtes Unrecht fähig ist, ist ebensowenig -der Dankbarkeit für erzeugte Wohlthaten fähig. — Zwar -sagt Jesus: <em class="italic">Ich sage euch, dass ihr allerdings nicht</em>, überhaupt -und in keinem Falle nicht, <em class="italic">widerstreben sollt dem Uebel</em>. -<em class="italic">Nimmt dir jemand den Rock, dem lass auch den Mantel</em>, u. s. w. -Aber es ist bei diesen und ähnlichen Stellen zu bemerken, dass -die Evangelisten uns nicht nur diejenigen Aussprüche Jesu, -<a id="page-254" class="pagenum" title="254"></a> -welche er als Dolmetscher des Willens der Gottheit an die -Menschen zu gültigen Gesetzen für alle Zeiten und Völker aufstellte, -sondern auch solche Reden aufbehalten haben, in denen -er als klügerer Freund, bloss seinen Jüngern einen guten Rath -für ihre besondere Lage giebt. Ob eine Vorschrift zu der ersteren -oder zu der letzteren Art gehöre, ist nur daraus zu ersehen, -ob sie durch unsere Vernunft, als ein allgemeingültiges Gesetz -bestätigt werde oder nicht. Die Jünger Jesu würden vor -jüdischen oder heidnischen Richterstühlen nicht nur keine Genugthuung -erlangt haben, sondern auch dadurch in ihrem ersten -Berufe, die christliche Religion zu predigen, gestört, und -vielleicht weit eher, als es für ihre Bestimmung seyn sollte, getödtet -worden seyn. Ihnen blieb also kein Mittel übrig, um -sich ihren mühseligen Zustand erträglicher zu machen, als alles -geduldig zu ertragen, und durch die höchste Sanftmuth ihre -Feinde wenigstens zu einiger Schonung zu erweichen. Späterhin, -nachdem ganze christliche Gemeinen errichtet waren, sagt -schon Johannes: <em class="italic">Sündigt dein Bruder an dir, so strafe ihn -alleine</em>; so verweise es ihm unter vier Augen; <em class="italic">höret er dich -nicht, so sage es der Gemeine; höret er die Gemeine nicht, so -halte ihn als einen Zöllner und Sünder</em>. Für uns aber, die -wir in ganzen christlichen Staaten leben, tritt die allgemeingültige, -durch die Vernunft bestätigte Bemerkung Paulus in ihre -volle Wirksamkeit ein: <em class="italic">dass die Obrigkeit</em>, als Stellvertreterin -der ganzen Gesellschaft, <em class="italic">das Schwert nicht umsonst tragen, -sondern dass sie des allvergeltenden Gottes Dienerin auf der -Erde, und eine Rächerin seyn müsse über jeden, der Uebeles -thut</em>; dass wir mithin, wenn dieser Satz nicht aufgehoben werden, -und unseren übrigen Pflichten nicht widersprechen soll, -sie zur Ausübung dieser Stellvertretung Gottes bei uns zugefügtem -Unrechte auffordern müssen, mit dem Zutrauen, dass sie stets -bereit seyn werde, das unterdrückte Recht zu rächen; ein Zutrauen, -das sie, und Gott, dessen Bild sie ist, ehrt. — Eben -daraus aber, dass wir unsere Sache ihr übertragen sollen, folgt, -dass wir uns nicht selbst rächen dürfen; sondern es lediglich -ihr, <em class="italic">als ihre eigene Sache</em> überlassen müssen. -</p> - -<p> -Diese Genugthuung aber werde gesucht <em class="italic">mit</em> und <em class="italic">aus Liebe</em>. -<a id="page-255" class="pagenum" title="255"></a> -Nicht das sey unser Zweck, dem Feinde wieder Böses zuzufügen, -sondern bloss und einzig das, das Böse in ihm, und durch -das Beispiel seiner Bestrafung auch in anderen kräftigst zu -hindern. Wer irgend einer anderen Absicht sich bewusst ist; -wer in seinem Herzen den geringsten Zug von Lieblosigkeit, die -leiseste Freude über die gehoffte Bestrafung seines Beleidigers -aufspürt; wer nicht sogar Schmerz empfindet, dass seine Pflicht -ihn nöthigt, um desselben Bestrafung anzusuchen, verliert jenes -Recht gänzlich, weil er durch Bestrafung seines Widersachers -die Obrigkeit nicht zur Dienerin des Rechts, sondern zum Werkzeuge -seiner Rachsucht und seiner Feindseligkeit machen, und in -ihr Gott, dessen Bild sie ist, entweihen würde: — durch welche -Regel denn jene Erlaubniss Genugthuung zu suchen, wieder genau -in ihre gehörigen Grenzen eingeschlossen wird. — Man sey -der Sache Feind, und der Person Freund. Man arbeite, kämpfe, -ringe, das Unrecht zu verhindern; aber man sey in allen übrigen -gerechten Dingen dem Gegner zu jedem Dienste und jeder -Aufopferung bereit. Man ringe darnach, ihm zu dienen: — -zwar nicht ausgezeichnet vor allen anderen Menschen, und ebendarum, -<em class="italic">weil</em> er der Feind ist; eine Warnung, die nur für wenige -seltene Menschen noth thut. — Es giebt nemlich Menschen, die, -mit einer Anlage zur Erhabenheit und Stärke der Seele geboren, -dieselbe durch harte Selbstkämpfe erhöht haben, und aus diesem -Kraftgefühl eben das Schwerste in ihren Pflichten begierig -an sich reissen, und die unter zweien ihrer Hülfe gleich bedürfenden -Gegenständen eben den Feind, und das eben um seiner -Beleidigungen willen gegen sie, vorziehen würden; bloss um -das erhabene Gefühl zu empfinden, die Bitterkeit in ihrer Seele -besiegt zu haben. So edel und erhaben diese Triebfeder auch -ist, so verbietet doch eine reine Sittenlehre, die Wahl der Gegenstände -unserer Wohlthätigkeit dadurch bestimmen zu lassen. -— Die einzige allgemeingeltende Regel der Sittenlehre hierüber -ist die: der Feind werde in völlige Gleichheit mit allen bedürftigen -Gegenständen gesetzt; der <em class="italic">Feind</em> werde <em class="italic">im Bedürfniss</em> -vergessen; unser hülfsbedürftiger, hungernder, unbekleideter -Feind sey nicht mehr Feind, sey bloss hülfsbedürftig, hungernd, -unbekleidet. Alle jene Ausdrücke von Verzeihung, von Versöhnlichkeit -<a id="page-256" class="pagenum" title="256"></a> -gegen den Feind sagen viel zu wenig; wo wir helfen -und dienen können, müssen wir unserem Feinde nicht verzeihen; -wir müssen keinen Feind haben, wir müssen nur den -Hülfsbedürftigen sehen. Jeder Dienst, der sich auf etwas Anderes -gründet, hat kein Verdienst. -</p> - -<p> -Die Liebenswürdigkeit solcher Gesinnungen brauche ich -nicht erst zu zeigen: aber den Einwurf befürchte ich von vielen, -dass dies nur schöne Gemälde seyen, die sich zwar gut -darstellen und beschauen, aber nie ins menschliche Leben einführen -liessen; und dass man die Welt und das menschliche -Herz schlecht kenne, wenn man ihnen im Ernste so etwas anmuthen -wolle. Wenn es hierbei bloss aufs Widerlegen ankäme, -so dürfte ich nur das Beispiel Jesu, der im Angesichte -des ungerechtesten und schmerzhaftesten Todes für seine Verfolger -betete; oder, wenn euch das zu erhaben dünkte, das -Beispiel seiner Jünger anführen, die gewiss schwache Menschen -waren, wie wir, und eben das thaten. Zweckmässiger aber -würde es seyn, die Mittel zu entwickeln, durch deren Gebrauch -es leicht, sehr leicht wird, so gegen seine Feinde zu handeln. -Sie sind — sorgfältige Selbstprüfung und lebhafte Erkenntniss -seiner eigenen Schwachheiten, das daraus entstehende Gefühl -der Gebrechlichkeit der menschlichen Natur überhaupt, und -besonders die Ueberzeugung, dass das wenigste Böse in der -Welt erweislich aus Bosheit, und bei weitem das meiste aus -Unverstand geschehe: eine Betrachtung, die vor jetzt die Kürze -der Zeit mir verbietet. -</p> - -<p> -Dies sind die allgemeinen Pflichten, die wir gegen unsern -Feind, so wie gegen alle Menschen haben. Es giebt aber noch -eine besondere gegen den ersteren, die: sie zu bessern und -zu unseren Freunden zu machen; welche gleichsam die Probe -enthält, ob wir alle unsere übrige Pflichten gegen sie redlich -erfüllt haben. Haben wir alles weggeräumt, was dem Feinde -Veranlassung geben könnte, uns zu hassen; haben wir ihn -stets mit Liebe und Edelmuth behandelt, so kann es nicht fehlen, -er wird endlich — sey es so spät, als es wolle — er wird -endlich gewiss unser Freund werden. Und welch Vergnügen -wird uns dann überströmen! -</p> - -<p> -<a id="page-257" class="pagenum" title="257"></a> -Ich habe, theure Freunde, durch eine Schilderung der Ruhe -und Heiterkeit, und des wahrsten Selbstgenusses, den solche -Gesinnungen unserer Seele geben, ebensowenig, als durch eine -Darstellung der Bitterkeit und der unangenehmen Empfindungen, -welche Hass und Unduldsamkeit über unser Herz verbreiten, -diese Betrachtung unterbrechen wollen, um nicht durch -Vorstellung eures eigenen Nutzens euch zur Anerkennung eurer -Pflicht zu bestechen zu scheinen. Jetzt aber, nach vollendeter -Untersuchung, erlaubt mir einige Fragen an euer Herz -zu legen. -</p> - -<p> -Ich will euch nicht fragen, ob ihr persönliche Feinde, — -solche Feinde habt, denen alles zuwider ist, was von euch -kommt, die alle eure Unternehmungen zu hintertreiben suchen, -die euer Unglück und euren Untergang geschworen zu haben -scheinen? Solche Feinde sind überhaupt selten, und sind es -besonders gegen eine stille, anspruchslose Lebensart. Aber -das lasst euch fragen, ob ihr nie beleidigt worden seyd? und -wer unter uns möchte wohl diese Frage mit Nein beantworten, -da das menschliche Herz überhaupt nur zu leicht beleidigt -wird? Ich mag auch nicht untersuchen, ob ihr euch nicht vielleicht -durch eure eigene Schuld diese Beleidigung zuzoget — -ihr sollt völlig recht, euer Beleidiger völlig unrecht haben. -Denkt euch jetzt einmal diese Beleidigung mit allen ihren Umständen; -denkt euch den Beleidiger gegenwärtig; oder vielleicht -ist er es, vielleicht ist er mit euch in diesem Gotteshause, und -ihr könnt ihn erblicken. -</p> - -<p> -Wie wird euch bei seinem Anblick zu Muthe? was wünscht -ihr ihm? wenn ihr ihm in diesem Augenblicke einen beträchtlichen -Schaden zufügen könntet, würdet ihrs thun? wenn ihr -in diesem Augenblicke ihm einen sehr wesentlichen Dienst erzeigen -könntet, würdet ihr eilen? würdet ihrs willig und mit -Freuden thun, oder würde es euch einen grossen Kampf kosten? -würdet ihr vielleicht vorher eure Bitterkeit gegen ihn -auslassen müssen? -</p> - -<p> -Wie? ihr hättet Feindschaft mit euch in dieses Haus des -Friedens gebracht? indem ihr eure Stimmen mit den Stimmen -eurer übrigen Mitchristen zur Anbetung Gottes vereinigtet, hätte -<a id="page-258" class="pagenum" title="258"></a> -in einem der geheimsten Winkel eures Herzens sich Abneigung -gegen diejenigen verborgen, die ihre Stimmen mit den eurigen -vereinigten? unter den Wünschen, die aus eurem Herzen zum -Vater aller emporwallten, hätte sein allsehendes Auge Wünsche -für das Elend derer entdeckt, die seine Kinder sind, wie ihr? -Müsset ihr euch dann nicht vor Gott, dessen Auge wahrlich -in diesem Augenblicke das Innerste eurer Herzen durchschaut, -schämen? -</p> - -<p> -Seyd ihr bei diesen Gesinnungen bisher glücklich gewesen? -Habt ihr euch nie der Schwachheit geschämt, eure Ruhe -von gewissen Anblicken, gewissen Erinnerungen abhangen -lassen zu müssen? eure ganze Seele als einen Schauplatz der -niedrigsten Empfindungen erblicken zu müssen, sobald eure -Gedanken auf gewisse Begebenheiten eures Lebens fielen? -</p> - -<p> -Empfindet ihr diese Scham — fühlt ihr diese Unannehmlichkeit -eures bisherigen Lebens — o möchte es dann doch -in dieser Stunde in allen Seelen, in denen es bisher trübe -war, helle werden; möchte doch allen Freude aufgehen! Ihr -könnt in diesem Augenblicke nicht hingehen zu eurem Beleidiger, -ihm nicht die Hand drücken, und ihn versichern, dass -aller Hass aus eurer Seele rein weggetilgt ist; — dies ist nicht -in eurer Macht, aber euer Herz ist in eurer Macht. — O möchten -sie doch, diese eure Herzen, in dieser Minute sich vereinigen, -so wie ihr hier vereinigt vor Gott sitzt; möchten sie -doch in dieser Minute, Gott, und alle seligen Geister, die uns -hier umringen, zu Zeugen, den unzertrennlichsten Bund des -Friedens schliessen! -</p> - -<p> -Du aber, o Gott, der du wahrlich hier zugegen bist, und -unser aller Herz siehst — sey unser Zeuge — wir wollen uns -lieben, und nie hassen, wir wollen von nun an allen Hass und -Bitterkeit aus unserer Seele tilgen. Amen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-2-3"> -<a id="page-259" class="pagenum" title="259"></a> -<span class="line1">Ueber die Wahrheitsliebe.</span> -</h4> - -<h5 class="ssc l1i"> -<span class="line1">Eingang.</span> -</h5> - -<p class="noindent"> -<em class="italic">A. Z.</em> Das Wort <em class="italic">Wahrheit</em> wird in einer doppelten Bedeutung -gebraucht, und bezieht sich entweder auf die Erkenntnisse -unseres Verstandes, oder auf die Gesinnungen unseres -Herzens. Wenn in Absicht unseres Verstandes unsere Vorstellungen -von den Dingen mit den Dingen an sich übereinstimmen,<a class="fnote" href="#footnote-30" id="fnote-30">[30]</a> -wenn z. B. dasjenige, was wir für ein Glück halten, -wirklich ein Glück, und dasjenige, was wir für ein Unglück -halten, wirklich ein Unglück ist, so ist Wahrheit in unserer -<em class="italic">Erkenntniss</em>, und dieser Wahrheit Gegentheil heisst <em class="italic">Irrthum</em>. — -Wenn in Absicht unseres Herzens alle unsere Aeusserungen -mit unseren inneren Gesinnungen übereinkommen, so ist dies -Wahrheit in der zweiten Bedeutung, welcher wir <em class="italic">Falschheit</em> -und <em class="italic">Lüge</em> entgegensetzen. Wenn man von Wahrhaftigkeit, von -der Pflicht sich der Wahrheit zu befleissigen u. s. w. redet, -so wird dies Wort in der letzteren Bedeutung gebraucht; denn -Wahrheit in der ersteren, oder die Richtigkeit unserer Vorstellungen -von den Dingen hängt von dem Maasse unserer Fähigkeiten -und unserer Bildung, nicht aber von unserem freien -Willen ab, und lässt sich mithin weder durch göttliche, noch -durch menschliche Gesetze anbefehlen. -</p> - -<p> -Wer wissentlich falsch und ein Lügner ist, wird dadurch -nicht nur ein sehr schädlicher Gegenstand für die Gesellschaft, -sondern auch ein sehr schändlicher für sich selbst: denn wie -niederträchtig feige muss sich derjenige erscheinen, der sich -nie getrauen darf, seines Herzens Meinung zu entdecken, und -<a id="page-260" class="pagenum" title="260"></a> -der im Innern seines Herzens ohne Unterlass eine Schande -sieht, die er vor jedes Anderen Auge sorgfältig verbergen -muss! Diese Pein der Selbstverachtung, oft um eines sehr -geringen Vortheils willen, auf sich zu nehmen — dazu, sollte -man meinen, würden die wenigsten Menschen Entschlossenheit -genug haben; und es müsste mithin der Falschheit und der -Lügen weit weniger unter ihnen seyn, wenn sie nicht meistentheils -damit angefangen hätten, sich selbst zu betrügen, ehe sie -andere betrogen, wenn ihr Herz in der Falschheit gegen andere -sich nicht erst an ihnen selbst geübt, und dieser unselige -Selbstbetrug sie nicht gegen die Schande, Betrüger Anderer -zu seyn, abgehärtet hätte. — Ich habe jetzt, a. Z., ich habe -die giftige Quelle genannt, aus welcher unser ganzes sittliches -Verderben herfliesst. Nur diese lasst uns, wenigstens in uns -selbst, zu verstopfen suchen. Hört mich deswegen aufmerksam -an, wenn ich heute von der Gemüthsverfassung, welche vor -jenem unseligen Selbstbetruge verwahrt — wenn ich von <em class="italic">Wahrheitsliebe</em> -mit euch rede. -</p> - -<p> -Du aber, o Gott, lautere Quelle aller Wahrheit, erwärme -mich heute mit einem Strahle deines Lichtes, da ich zu deinem -Ebenbilde von dem, was dein Wesen ausmacht, und wodurch -allein der Sterbliche dir ähnlich wird, von Wahrheitsliebe, reden -soll. Geuss Licht und Wärme über meinen Vortrag, und -Verstand über den Geist meiner Zuhörer herab, die sich mit -mir vereinigen Dich darum anzurufen, u. s. w. -</p> - -<p> -<em class="italic">Text.</em> Das Evangelium am Sonntage Exaudi, besonders -Joh. 15. v. 26. -</p> - -<h5 class="ssc l1i"> -<span class="line1">Abhandlung.</span> -</h5> - -<p class="noindent"> -Die verlesenen Worte sind aus der Abschiedsrede Jesu an -seine Jünger. Jesus, der sorgfältige Führer derselben, sollte -sie, eben im Begriffe ihr für die Menschheit so wichtiges, für -sie selbst so schwieriges Lehramt anzutreten, noch überhäuft -von Vorurtheilen des Verstandes, und noch grosser Schwachheiten -des Herzens fähig, verlassen. Um sie hierüber zu beruhigen, -versprach er ihnen einen anderen Tröster, oder richtiger -<em class="italic">Führer</em>, der ihre Vorurtheile ebenso berichtige, und sie -<a id="page-261" class="pagenum" title="261"></a> -vor Schwachheiten ebenso sorgfältig warne, als er selbst es -bisher gethan hatte, den <em class="italic">Geist der Wahrheit</em>. Ich lasse ununtersucht, -was man in diesen Worten etwa alles finden kann, -wenn man recht begierig etwas recht Wunderbares sucht. -Ungekünstelt erklärt sagen sie das, was ein zärtlicher Vater -sagen würde, wenn er in der Todesstunde seine noch nicht -völlig ausgebildeten Kinder um sich her versammelte, und zu -ihnen spräche: Bisher habe ich eure Handlungen geleitet; jetzt -muss ich euch verlassen, und das ist gut für euch, damit ihr -endlich euch selbst regieren lernt.<a class="fnote" href="#footnote-31" id="fnote-31">[31]</a> Statt meiner verweise -ich euch an einen erhabenern Führer, <em class="italic">an euer Gewissen</em>. Wie -ihr bisher auf meine Warnungen horchtet, ebenso horcht hinführo -auf die Warnungen dieses; und wie bisher mein Beifall -euer höchstes Ziel war, ebenso sey es hinführo der Beifall -eures eigenen Herzens: und dass dieses euch nie täuschen -werde, dafür bürgt mir die <em class="italic">Wahrheitsliebe</em>, die ich in euch bemerkt -und gepflegt habe. — Jesus sagt, dass er ihnen diesen Wahrheitsgeist -<em class="italic">senden</em> wolle, nicht als ob sie etwa erst jetzt durch irgend -ein Wunderwerk umgeschaffen die Wahrheit würden lieben -lernen, — die Jünger Jesu, die an sich weder besser unterrichtet, -noch tugendhafter waren, als die übrigen Juden -ihrer Zeit, zeichneten sich eben durch Wahrheitsliebe, und bloss -durch sie von anderen aus, und wurden bloss um dieser willen -Schüler Jesu — sondern, weil sie erst jetzt, nach dem -Verluste ihres äusseren Führers, dieses inneren Führers bedürfen -würden. -</p> - -<p> -Wir alle, meine th. Fr., sind eben so, wie die Jünger -Jesu, an unser Gewissen gewiesen, und eben so nöthig, als -Jene, bedürfen wir <em class="italic">der Wahrheitsliebe</em>, um seine Stimme zu -hören. Es ist also der Mühe werth, diese Wahrheitsliebe genauer -kennen zu lernen. -</p> - -<p> -Die Wahrheitsliebe, <em class="italic">von der wir hier und heute reden</em>, besteht -kürzlich darin: <em class="italic">dass man sich in seiner Meinung von seiner -eigenen Tugend nicht betrügen wolle</em>. Dies nun scheint -Anfangs widersprechend; denn es scheint auf den ersten Anblick -<a id="page-262" class="pagenum" title="262"></a> -unmöglich, <em class="italic">sich selbst</em> zu hintergehen, und hintergehen -zu <em class="italic">wollen</em>. -</p> - -<p> -Wenn man aber daran denkt, dass der menschliche Wille -durch zwei sehr verschiedene Haupttriebe in Bewegung gesetzt -wird, deren einer ihn antreibt, sich vor Beschädigungen seines -Leibes und Lebens zu sichern, und die Mittel aufzusuchen, dieses -Leben unter so vielen angenehmen Empfindungen hinzubringen, -als möglich; — ein Trieb, den wir <em class="italic">Eigenliebe</em> nennen, -und den wir mit den Thieren des Feldes gemein haben: — -deren zweiter aber ihn drängt, das Gute zu verehren und das -Laster zu verabscheuen; — ein Trieb, der uns in den Rang -höherer Geister und zum Ebenbilde der Gottheit erhebt, und -den wir das <em class="italic">Gewissen</em> nennen; — — Triebe, die so verschieden -sind, dass daher einige zwei Seelen im Menschen angenommen -haben; eine Bemerkung, welche allein es schon hinreichend -erklärt, wie Jesus von dem verheissenen Geiste der -Wahrheit, als von etwas <em class="italic">ausser den Jüngern</em> reden konnte, so -wie auch schon ein Weiser einer anderen Nation das Gute und -Edle, das er that oder sagte, den Eingebungen eines höheren -Geistes zugeschrieben hatte: — -</p> - -<p> -wenn man ferner bedenkt, dass diese beiden Antriebe, — -der der Eigenliebe und der des Gewissens — sich oft geradezu -widerstreiten, indem der erstere den Menschen antreibt, -etwas als angenehm und nützlich zu begehren, was der -zweite als schändlich und ungerecht ihn zu verabscheuen -nöthigt: -</p> - -<p> -wenn man dieses beides bedenkt, so lässt sich sehr leicht -einsehen, wie der Mensch, dem die Tugend nicht lieb genug -ist, um alles für sie aufzuopfern, in dem Gedränge, in welches -er bei diesem Widerstreite geräth, und in der Wahl, entweder -die Befriedigung seiner liebsten Neigungen aufzugeben, oder -sich selbst für einen ungerechten und schändlichen Menschen -zu halten, einen Ausweg suchen und ihn darin finden werde, -dass er sich überrede, sein Vergehen sey so gross noch -nicht, und er könne demohngeachtet doch noch ein guter -Mensch seyn. -</p> - -<p> -Solche Menschen sind nicht einmal stark genug, um ganz -<a id="page-263" class="pagenum" title="263"></a> -Bösewichter zu seyn, und begierig, die Lust des Lasters und -die Freuden des guten Gewissens mit einander zu vereinigen, -betrügen sie sich selbst, oder die schlechtere Seele in ihnen -verfälscht die Aussagen der besseren. Der trüglichen Vorspiegelungen, -deren sie sich dazu bedienen, sind unzählige. -</p> - -<p> -Jetzt überreden sie sich, andere <em class="italic">Bewegungsgründe</em> bei ihren -Handlungen gehabt zu haben, als sie wirklich hatten, und glauben -es sich z. B. im Ernste, dass Gerechtigkeits- und Pflichtliebe, -oder Wohlthätigkeit sie da geleitet habe, wo sie doch ihrer angeborenen -Härte oder ihrer Eitelkeit fröhnten. — So waren die, -von denen Jesus in unserem Evangelium sagt (Cap. 16, 2): sie -werden, indem sie euch tödten, Gott einen Dienst damit zu -thun meinen. — Eigentlich war wohl beleidigter Stolz und Rechthaberei -dasjenige, was die verfolgungssüchtigen Juden, so wie -die Verfolger aller Zeiten und Völker, trieb, nicht aber die Begierde, -Gott einen Dienst zu thun. Das letztere banden sie -sich wohl nur so auf; denn es ist sehr zweifelhaft, ob sie, -wenn <em class="italic">sie</em> an ihrer Seite die Gemarterten, und <em class="italic">ihre Gegner</em> die -Marterer gewesen wären, unter den Qualen des schmerzlichsten -Todes gerufen haben würden: o, was für liebe fromme -Leute sind doch unsere Mörder! Es ist wahr, dass uns der -Tod schwer, und die Qualen desselben schmerzhaft ankommen; -aber sie meinen es dabei doch so herzlich gut, und martern -uns aus brennender Andacht und sehr thätiger Menschenliebe -zu Tode. -</p> - -<p> -Jetzt rechnen sie sich gewisse gute Handlungen, die sie -darum thaten, weil sie ihnen die wenigste Aufopferung kosteten, -so hoch als möglich an, und meinen damit alle ihre übrigen -Vergehungen zu vergütigen. So soll etwa ein schweres -Almosen, mit langsamer widerstrebender Hand dargereicht, für -alle Ausbrüche unreiner Lüste, oder für eine Menge schreiender -Ungerechtigkeiten genugthun. -</p> - -<p> -Das ist Selbstbetrug in der <em class="italic">Anwendung</em> der Aussprüche -unseres Gewissens auf <em class="italic">unsere Handlungen</em>; ein Betrug, der -sich Keinem, dem es ein Ernst ist, sich selbst recht kennen -zu lernen, lange verbergen kann; denn aus ihm entstehen die -schreiendsten Widersprüche in den Grundsätzen, wonach wir -<a id="page-264" class="pagenum" title="264"></a> -<em class="italic">uns</em>, und in denen, wonach wir <em class="italic">andere</em> beurtheilen. Wir wollen -dann immer die Ausnahme von allen übrigen Menschen -seyn, und was für alle andere ungerecht ist, soll für uns erlaubt, -was bei allen anderen höchst zweideutig ist, soll bei -uns schön und edel seyn. -</p> - -<p> -Da nun bei einem so groben Selbstbetruge unser Herz -immer in der Gefahr ist, auf seiner Falschheit ergriffen zu werden; -da ferner gewisse Handlungen nach allen möglichen Milderungen -und Beschönigungen doch noch immer ein sehr hässliches -Aussehen behalten, so fällt der Mensch aus diesem gefährlichen -Selbstbetruge leicht in einen noch gefährlicheren: -er sucht sich nemlich des einzigen höchsten Gesetzes für seine -Handlungen, seines Gewissens, das ihm so lästig geworden ist, -ganz zu entledigen, und beruft sich, — ein Jeder nach Maassgabe -seines Scharfsinnes — auf ein anderes: der Schwache -auf das Beispiel der grösseren, oder der vom Schicksale begünstigteren -Menge; der Scharfsinnigere geradezu auf seine -Neigung, die er statt des zum Vorurtheile herabgewürdigten -inneren Gefühls durch tausend Spitzfindigkeiten als höchstes -Gesetz für die freien Handlungen vernünftiger Wesen aufzustellen -sucht; endlich ganze Zeitalter — o unseligste Ausgeburt -des menschlichen Verderbens! — auf erdichtete oder verfälschte -Offenbarungen der Gottheit, die, unter der Gewährleistung -eben des Gottes, der seinen Willen unauslöschlich in -unser Herz schrieb, diesem in unser Herz geschriebenen Willen -geradezu widersprechen und in seinem Namen das Laster in -Tugend verwandeln. — Sehet da, m. Br., in dem Verderben -der Menschen, und in ihrer Begierde, dieses Verderben vor -sich selbst zu verbergen, die wahre Urquelle Jenes: „andere, -die es doch besser verstehen sollten, machen es eben so“ — -das man so oft hört; jener Gebäude von Sittenvorschriften, die -jetzt feiner, jetzt gröber unsere Neigung als höchstes Sittengesetz -aufstellen, und nach denen nichts unerlaubt ist, als wozu -es uns an Kraft fehlt; jener Religionsgrundsätze, die uns dort -durch Tausender, hier durch Eines fremdes Verdienst — nicht -etwa <em class="italic">das Fehlende</em> eigener Verdienste bei dem möglichst thätigen -guten Willen — eine solche Hoffnung bietet die Religion, -<a id="page-265" class="pagenum" title="265"></a> -und verstattet die Vernunft Jedem, der ihrer bedarf — sondern -den gänzlichen Mangel an eigenem guten Willen ersetzen -lehren, und uns am Ende eines gemisbrauchten Lebens dort -in eine Mönchskutte, und hier an ein kaltes: Herr, ich glaube, -verweisen! -</p> - -<p> -Dies sind die Wege, die das menschliche Herz nimmt, um -sich der Erkenntniss der Wahrheit zu entziehen. Um allen -diesen Fallstricken, die der schlauste Verführer, unser eigenes -Ich, uns legt, zu entgehen, bedarf es der <em class="italic">Wahrheitsliebe: — der -entschiedenen vorherrschenden Neigung, die Wahrheit <em class="gesperrt">bloss -um ihrer selbst willen</em> — sie falle für uns auch aus, wie -sie wolle — anzuerkennen</em>. — Diese Wahrheitsliebe, oder mit -Jesu zu reden, dieser Geist der Wahrheit treibt uns fürs erste, -unser Gewissen als den einzigen Richter über das, was recht -oder unrecht ist, und als das höchste Gesetz anzuerkennen, -dem wir immer und ohne Ausnahme zu gehorchen, schlechterdings -schuldig sind. — Die schönste Uebersetzung des allgemeinen -Ausspruchs dieses Gesetzes ist die, welche Jesus gegeben -hat: <em class="italic">Was ihr nicht wollt, dass es euch die Leute thun, -das thut auch ihr ihnen nicht</em>, oder allgemeiner: <em class="italic">was euch an -anderen ungerecht und schändlich vorkommt, das ists gewiss -auch an euch; denn ebendieselbe Stimme in euch, die es an andern -verdammt, verdammt es auch an euch</em>. -</p> - -<p> -Es ist also der erste und der Hauptgrundsatz der Wahrheitsliebe: -<em class="italic">nichts sich für erlaubt zu halten, was man nicht -allen anderen stets und immer erlauben möchte</em>. — Die Vernunftmässigkeit -dieses Grundsatzes ist <em class="italic">so</em> einleuchtend, und es -ist <em class="italic">so</em> unvernünftig, zu glauben, dass ein Einziger eine Ausnahme -vom ganzen Menschengeschlechte und allen vernünftigen -Wesen machen solle; dass Ihm allein erlaubt seyn solle, -was er allen anderen nicht erlaubt, und für ihn allein gerecht -und edel seyn solle, was er an allen anderen ungerecht und -schändlich findet: dass es schwer wird, es zu glauben, dass -der grösste Haufen der Menschen sein eigenes geliebtes Ich in -diesen Rang setze, und diesem Gedanken gemäss handele. -</p> - -<p> -Diese Wahrheitsliebe treibt fürs zweite den, in welchem -sie herrschend geworden ist, <em class="italic">sich nach den Vorschriften seines -<a id="page-266" class="pagenum" title="266"></a> -Gewissens unparteiisch zu prüfen</em>. — Es ist ihm nur um die -Wahrheit zu thun; nur sie ist ihm werth und willkommen; sie -ist ihm weit theurer als Er sich selbst; laute sie, wie sie wolle, -wenn es nur Wahrheit ist. Er wird also, weit entfernt nach -Entschuldigungen und Beschönigungen zu haschen, vielmehr -sehr sorgfältig über sein betrügerisches Herz wachen. Er wird -seine Fehler nicht geringer, seine Tugenden nicht grösser machen -wollen, als sie sind. Er wird sich, wenn die Stimme der -Wahrheit, — das heiligste, was er kennt — ihn verurtheilt, dem -Schmerze der Reue und dem Gefühle der Scham vor sich selbst -edelmüthig unterwerfen. -</p> - -<p> -Diese Wahrheitsliebe nun treibt unwiderstehlich zur Tugend. -Anerkennt man das Gewissen für sein höchstes Gesetz; -prüft man sich unparteiisch nach demselben, so wird man die -Pein, sich selbst verachten zu müssen, nicht länger ertragen, -sich nicht entschliessen können, sich selbst für ungerecht und -böse zu halten, und — es bleiben zu wollen. So ein Zustand -ist wider die menschliche Natur. Sich für verdorben halten, -und sich entschliessen, es zu bleiben, ist widernatürlich. -</p> - -<p> -Dieser Wahrheitsgeist zeugt, laut unseres Textes, von Jesu. -Er überzeugt Jeden, in dem er herrschend geworden, durch -eigene Erfahrung, dass die Sittenlehre Jesu die reinste Darstellung -der Aussprüche unseres Gewissens sey. <em class="italic">So jemand -will den Willen thun des, der mich gesandt hat, der wird inne -werden, ob diese Lehre von Gott sey, oder ob ich von mir -selber rede</em>, konnte er mit seinem vollen Rechte sagen. -</p> - -<p> -Doch hört noch, a. Z., die eigenen Worte dieses Jesus -über Wahrheitsliebe, damit ihr euch noch mehr überzeugt, -dass ich euch jetzt nicht etwa philosophische Untersuchungen, -sondern reine Bibellehre vorgetragen habe, die jeden Christen -angeht. So sagt Jesus Joh. 3, 19-21. -</p> - -<p> -<em class="italic">Das ist das Gericht</em>, d. h. das ist der wesentliche Unterschied, -der zwei sehr verschiedene Arten von Menschen ihrer -Denkungsart, und ihren damit genau verbundenen Schicksalen -nach unterscheidet, dass einige, <em class="italic">obgleich das Licht in -die Welt gekommen ist, die Finsterniss mehr lieben, als das -Licht</em>, d. h. dass sie, obgleich die Stimme der Wahrheit laut -<a id="page-267" class="pagenum" title="267"></a> -genug in ihrem Gewissen redet, und sie auch von aussen aufmerksam -auf dieselbe gemacht werden, dennoch die Wahrheit -nicht anerkennen <em class="italic">wollen</em>, sie hassen und meiden, und nur -den Betrug lieben, der ihnen schmeichelt, <em class="italic">da ihre Werke -böse sind</em>. — <em class="italic">Wer Arges thut, hasset das Licht</em>, oder die -Wahrheit, <em class="italic">und er kömmt nicht an das Licht</em>, er weicht -der Erkenntniss der Wahrheit sorgfältig aus, <em class="italic">damit seine Werke -nicht gestraft werden</em>, damit er nicht von seiner Verdorbenheit -überführt, und vor sich selbst beschämt werde. — — Die von -dieser Menschenklasse sehr Verschiedenen sind diejenigen, <em class="italic">welche -die Wahrheit thun</em>, welche ihr Gewissen für das höchste -Gesetz ihres Verhaltens anerkennen, und fest entschlossen sind, -der Stimme desselben in allem zu gehorchen: — <em class="italic">diese kommen -an das Licht</em>, sie mögen sich gern in ihrer wahren Gestalt erblicken, -<em class="italic">damit ihre Werke offenbar werden</em>, und sie dadurch -sich selbst kennen lernen, wie weit sie in der Tugend gekommen -sind, und was ihnen zu thun noch übrig ist. -</p> - -<p> -Dieser Geist der Wahrheit <em class="italic">geht</em>, nach den Worten Jesu in -unserem Texte, <em class="italic">vom Vater aus</em>; er ist ein Geschenk der Gottheit, -von welcher alle gute Gaben kommen, und das Edelste, -was sie der Menschheit gab. Aber Gott gab dieses Geschenk -nicht etwa nur einigen, und versagte es anderen, er gab die -Anlage dazu allen; gab sie gewiss auch Jedem, der hier gegenwärtig -ist. — — O, m. Br., warum kann ich nicht mit Jedem -unter euch in die geheime Geschichte seines Herzens -zurückgehen; warum kann ich nicht Jedem, Schritt vor Schritt, -die Vorfälle aufzählen, bei denen die bessere Seele in ihm -lauter wurde? — -</p> - -<p> -Denkt zurück an die innige Bewegung, mit der die meisten -unter euch das erste Mal beim Nachtmahle erschienen; an die -Thränen der Rührung, mit denen ihr damals vor den Augen -Gottes und den Augen der Gemeine angelobtet, der Stimme -eures Gewissens stets zu gehorchen; an die ernsthaften Vorsätze -der Besserung, mit denen ihr diese Handlung oft wiederholt -habt; an die noch ernsthafteren Vorsätze, die ihr fasstet, -wenn Krankheit oder eine andere Noth euch veranlasste, einen -Blick in euer Innerstes zu thun; an den Schauder und das -<a id="page-268" class="pagenum" title="268"></a> -Herzklopfen, das auch den Verdorbensten unter uns übermannte, -wenn er eine Sünde thun wollte, die ihm neu und -grösser war, als seine vorhergehenden; an das Entsetzen, das -uns alle befällt, wenn wir von einer harten Ungerechtigkeit, -von einer grossen Schandthat hören — alles das waren und -sind Spuren dieser besseren Seele in uns. -</p> - -<p> -Und nun ist es unsere Sache, uns zu prüfen, wie viel von -dieser ursprünglichen Wahrheitsliebe wir in uns übriggelassen -haben. Und diese Prüfung, m. Br., ist nicht schwer; auf der -Stelle können wir unser Herz auf dem Betruge ergreifen, wenn -es uns betrügt. -</p> - -<p> -Der gemeinste Begriff, den selbst der unausgebildetste von -seiner Bestimmung hat, ist der, <em class="italic">Gott zu gefallen und in den -Himmel zu kommen</em>. Wer ist unter uns, der das nicht hoffe? -Worauf gründen wir nun diese Hoffnung, — nicht von <em class="italic">Gottes</em> -Seite, davon ist hier nicht die Rede, — sondern von <em class="italic">der unsrigen</em>, -oder, was denken <em class="italic">wir</em> zu thun, um in den Himmel zu -kommen? Tröstet ihr euch etwa eures Kirchen- und eures -Nachtmahlsgehens — oder wohl gar einer kalten Reue, die -ihr einst auf eurem Sterbebette empfinden wollt — tröstet ihr -euch irgend eines Dinges, ausser der gewissenhaften Erfüllung -aller eurer Pflichten, und des ernstesten Entschlusses nichts zu -thun, was ihr für unrecht haltet: so hat euch bisher euer Herz -betrogen, denn es hat euch an ein ander Gesetz angewiesen, -als an euer Gewissen. -</p> - -<p> -Ihr habt alle irgend ein Vorhaben; ihr habt vielleicht ohnlängst -irgend ein anderes ausgeführt. — Könnt ihr im Ernste -wünschen, dass jeder eurer Nebenmenschen stets und immer -so handle, dass er auch gegen euch so handle, wie ihr gehandelt -habt, oder zu handeln im Begriffe steht; könnt ihr wünschen, -in einer Welt zu leben, wo jeder so handelt? Solltet -ihr dieses nicht wünschen können, — haltet ihr demohngeachtet -eure Handlung noch für gerecht und billig? Haltet ihr sie -dafür, so seyd versichert, dass euer Herz euch betrügt, und -dass die Entschuldigungen, die es euch darbietet, eitel Täuschungen -sind. -</p> - -<p> -Es ist, wenn wir in dieser Prüfung unser Herz nicht ganz -<a id="page-269" class="pagenum" title="269"></a> -lauter befunden haben sollten, nun unsere Sache, zu sehen, -wie wir diese Wahrheitsliebe in uns wieder herstellen wollen, -— wenn wir anders nicht länger jeden Blick, den wir in unseren -Busen werfen, mit Erröthen wieder zurückreissen wollen; -nicht länger von dem Auge des ehrlichen Mannes uns -gedrückt fühlen, und schüchtern suchen wollen, unser Herz -vor ihm zu verbergen, dass er nicht durch irgend eine Spalte -desselben unsere Schande entdecke; nicht länger dem Gedanken -an Gott, den Herzenskündiger, und an die Zukunft, mit -Angst ausweichen wollen. -</p> - -<p> -Dazu giebt es nun leider kein Mittel, was nicht wenigstens -einen Theil dieser Wahrheitsliebe voraussetzte, die dadurch -erst hervorgebracht werden soll. Wer gar keine mehr hat, -der ist ohne Rettung verloren; treibt ihn in die Enge, soviel -ihr wollt, — er wird stets recht haben, und nie wird es ihm -an Entschuldigungen und Ausflüchten fehlen; er wird, wie Jesus -sagt, nicht glauben, und wenn die Todten auferständen, -und ihm die Wahrheit predigten; daher denn auch die Gottesgelehrten -diesen Zustand sehr passend das <em class="italic">Gericht der Verstockung</em> -genannt haben. — Aber sollte es viele, sollte es überhaupt -Menschen geben, die <em class="italic">so</em> tief verfallen seyen? Auf das -verdorbenste Herz geschehen zuweilen noch gute Eindrücke; -wenn ihnen ihr ganzer trauriger Zustand recht nach dem Leben -vor Augen gemalt wird; oder, wenn sie in ein grosses -Unglück verfallen, aus dem sie mit ihrer ganzen Kraft sich -nicht retten können; oder wenn sie das Schauspiel einer grossen -Unthat erblicken, und sich gestehen müssen, dass sie auf -dem geraden Wege zu dem gleichen Verbrechen sind; oder, -welches das letzte und härteste Rettungsmittel in der Hand der -Vorsehung ist, — wenn sie selbst in eine grosse Missethat fallen, -über die sie hinterher sich selbst entsetzen. -</p> - -<p> -Gott gebe, dass keiner in unserer Mitte sey, der solcher -Mittel bedürfe; er gebe, dass keiner, der ihrer bedarf, auch -diese ungenützt lasse. Amen. -</p> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-29" id="footnote-29">[29]</a> Nemlich im Grundtexte: „Die Ausübung der Gastfreiheit verfolget; -die <em class="italic">Euch</em> verfolgen, segnet.“ -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-30" id="footnote-30">[30]</a> Man wird mir für die Kanzel diese Namenerklärung verzeihen, und -die Untersuchung, ob so etwas sich überhaupt nicht etwa widerspreche und -nichts gesagt sey, schenken. — Wenigstens ist das hier Gesagte nicht aus -Unwissenheit gesagt. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-31" id="footnote-31">[31]</a> Joh. 16, 7. -</p> - -<h3 class="l3s pbb chapter" id="chapter-5-3"> -<a id="page-270" class="pagenum" title="270"></a> -<span class="line1">C.</span><br /> -<span class="line2">Ueber Geist und Buchstab in der Philosophie. In einer Reihe von Briefen. 1794.<a class="fnote" href="#footnote-32" id="fnote-32">[32]</a></span> -</h3> - -<p class="src"> -(Phil. Journal 1798. Bd. IX. S. 199-232. S. 292-305.) -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-3-1"> -<span class="line1">Erster Brief.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Sie haben Ihre Erwartungen von der Philosophie noch nicht -aufgegeben, mein theurer Freund; Sie fahren fort, an unseren -Bemühungen um dieselbe Antheil zu nehmen, und füllen noch -immer einen Theil Ihrer Erholungsstunden mit philosophischer -Lectüre. Aber, so schreiben Sie mir, der Nachbar dürfte fast -durch die Vorstellung einer neuen Gefahr Sie beunruhigen. -Ihn macht der Unterschied bedenklich, den ein oder zwei -neuere Schriftsteller zwischen Geist und Buchstaben in der -Philosophie überhaupt, und insbesondere einer gewissen Philosophie -und gewisser philosophischer Werke gemacht haben. -Wo es hinauswolle, und was aus dem unermüdetsten Studiren -werden könne, wenn es dem ersten dem besten erlaubt seyn -solle, die mit saurer Mühe zusammengebrachten Kenntnisse im -<a id="page-271" class="pagenum" title="271"></a> -<a id="pagehdr-271" class="orig-page" title="200"></a> -ersten Andrange des Kraftgenies zu streichen: unter dem Vorwande, -dass dies doch nur der Buchstabe sey, und nicht der -Geist? — Der Nachbar denkt auf Sicherheit, und Sie wünschen -eine klare Einsicht in die Beruhigungsgründe, die Sie schon -jetzt dunkel fühlen. Sie haben bemerkt, dass ich auch mit für -diese Unterscheidung stimme, und verlangen von mir eine -gründliche und gemeinfassliche Auseinandersetzung: was Geist -<em class="italic">der</em> Philosophie, und Geist <em class="italic">in</em> der Philosophie heisse, und wie -sich derselbe vom Buchstaben, und vom blossen Buchstaben -unterscheide. -</p> - -<p> -Ich hoffe, dass Sie durch die Forderung der Gründlichkeit -mich nicht über Vermögen verpflichten wollen: dass Sie durch -dieselbe nicht mehr andeuten, als dass ich nach bestem Wissen -und Gewissen, soweit ich selbst auf den Grund sehe, jenen -Unterschied aus ihm ableite. Das würde denn auch in -der Kürze geschehen können, wenn ich alles, was die unmittelbare -Beantwortung Ihrer Frage voraussetzt, voraussetzen -dürfte. Da dies aber Ihre Rechnung nicht zu seyn scheint, indem -Sie zugleich Gemeinfasslichkeit fordern, so muss ich Sie -einen längeren Weg führen, von welchem ich wünsche, dass -er Ihnen nie als ein Umweg erscheinen möge. Sie sollen auf -demselben langsam gehen, und zuweilen ruhen und Aussicht -nehmen; aber mit ein wenig Geduld hoffe ich Sie an das Ziel -zu bringen und ihre Besorgnisse zu heben. — Was die Belehrung -des Nachbars anbelangt — doch, die Erfahrung, die Sie -dabei zu machen haben, kann wenigstens für Sie selbst belehrend -seyn. -</p> - -<p> -Ehe ich Ihnen deutlich machen kann, was ich unter Geist -in der Philosophie verstehe, müssen wir uns darüber vereinigen, -was wir überhaupt Geist nennen. -</p> - -<p> -Sie erinnern sich der Klagen, die Sie führten, als Sie ein -gewisses, von einigen hochgepriesenes Buch lasen. Sie konnten -sich in dasselbe nicht hineinlesen. Sie hatten es vor sich -und Ihre Augen fest darauf geheftet; aber Sie fanden, so oft -Sie auf sich selbst reflectirten, sich weit von dem Buche; jeder -Ihrer Angriffe auf den Inhalt und den Gang desselben gleitete -ab, und so oft auch Sie den spröden Geist desselben ergriffen -<a id="page-272" class="pagenum" title="272"></a> -<a id="pagehdr-272" class="orig-page" title="201"></a> -zu haben glaubten, entschlüpfte er Ihnen unter den Händen. -Sie hatten nöthig, immer und immer wieder sich selbst zu erinnern, -dass Sie dieses Buch studiren wollten, es studiren -müssten; und es bedurfte der oft wiederholten Vorstellung des -Nutzens und der Belehrung, die Sie daraus erwarteten, um -den fortdauernden Widerstand auszuhalten; bis Sie endlich -aus anderen Gründen überzeugt wurden, dass Sie es ebensowohl -ungelesen lassen könnten, und dass selbst die Ausbeute -nur geringe und der aufgewandten Mühe nicht werth seyn -werde. — Lag dabei die Schuld lediglich an Ihnen, an Ihrem -Mangel an Aufmerksamkeit, an dem Nichtverhältnisse Ihres Talents -gegen die Tiefe und Gründlichkeit jenes Buches? Sie -schienen das nicht zu glauben; die Stimmung, in der Sie sich -bei der Lectüre anderer, nicht minder gründlicher Schriften -fanden, erlaubte Ihnen, eine günstigere Meinung von sich zu -fassen. Sie fühlten von diesen sich angezogen und gefesselt; -es bedurfte keiner Erinnerung an Ihren Vorsatz, das Buch zu -studiren, und an den Vortheil, den Sie sich aus dem Studium -desselben versprachen. Sie brauchten bei einer Lectüre, die allein -Ihren ganzen Geist ausfüllte, keinen Zweck ausserhalb derselben -aufzusuchen, und nur das kostete Ihnen Mühe, sich davon loszureissen, -wenn andere Geschäfte Sie abriefen. Sie waren vielleicht -mehrmals in einem ähnlichen Falle, wie eine gewisse französische -Frau. Die Stunde, da der Hofball eröffnet wurde, traf -dieselbe bei der Lectüre der neuen Heloise. Man meldete ihr, -dass angespannt sey; aber es war noch zu früh, nach Hofe zu -fahren. Nach zwei Stunden, da man sie wieder erinnerte, war -es noch immer Zeit genug; und zwei Stunden darauf fand sie -es zu spät. Sie las die ganze Nacht durch, und opferte für -dieses Mal den Ball auf. -</p> - -<p> -So gehts mit Büchern, so geht es mit anderen Producten -der Kunst sowohl, als der Natur. Das eine lässt uns kalt und -ohne Interesse, oder stösst uns wohl gar zurück; ein anderes -zieht uns an, ladet uns ein, bei seiner Betrachtung zu verweilen -und uns selbst in ihm zu vergessen. -</p> - -<p> -Diese Erfahrung ist um so merkwürdiger, da die Gründe, -aus denen man sie etwa auf den ersten Anblick dürfte erklären -<a id="page-273" class="pagenum" title="273"></a> -<a id="pagehdr-273" class="orig-page" title="203"></a> -wollen, nicht auslangen. Der weniger ernsthafte und oberflächliche -Leser, der nur Vergnügen sucht, und an den die Belehrung -fast nur durch einen feinen Betrug unter der Gestalt -des ersten gelangen kann, mag im ganzen freilich lieber durch -Erzählungen unterhalten seyn, als mit dem Schriftsteller nachdenken -und forschen. Aber oft gelingt es der reichsten Erzählung, -wo Begebenheiten auf Begebenheiten folgen, die eine -immer abenteuerlicher als die andere, nicht, die Aufmerksamkeit -des Lesers anzuziehen; und es giebt ihrer in Menge, die, -ohne alle Rücksicht auf Belehrung, lieber mit Voltaire räsonniren, -oder mit Lessing polemisiren, als die Begebenheiten der -schwedischen Gräfin sich erzählen lassen. Es scheint daher -allerdings der Mühe werth, und liegt vielleicht auf unserem -Wege, zu untersuchen: was es doch eigentlich seyn möge, das -uns hier, es sey zu Frivolitäten oder zu ernsthaften und wichtigen -Untersuchungen, so mächtig hinzieht; dort, so wichtig -und nützlich auch der abgehandelte Gegenstand sey, so unwiderstehlich -zurückstösst? -</p> - -<p> -So viel ist klar, dass ein Werk der erstern Art unsern Sinn -selbst für seinen Gegenstand anregen, beleben, stärken möge; -dass ein solches Werk uns nicht bloss das Object unserer geistigen -Beschäftigung, sondern zugleich das Talent gebe, uns -mit demselben zu beschäftigen, uns nicht das Geschenk allein, -sondern sogar die Hand darreiche, mit der wir es ergreifen -sollen; dass es das Schauspiel und die Zuschauer zugleich erschaffe, -und, wie die Lebenskraft im Weltall, mit demselben -Hauche der todten Materie Bewegung und Organisation, und -der organisirten geistiges Leben mittheile: da hingegen ein Product -von der letztern Klasse gerade denjenigen Sinn, dessen -man zu seinem Genusse bedürfte, aufhält und hemmt, und -durch den fortdauernden Widerstand ermüdet und tödtet; so -dass der in jedem Augenblicke abgelaufene Mechanismus des -Geistes durch einen neuen Druck der Haupttriebfeder in ihm, -der absoluten Selbstthätigkeit, wieder hergestellt werden muss, -um im nächsten Augenblicke wieder unterbrochen zu werden. -Im ersten Falle denkt unser Verstand, oder dichtet unsere Einbildungskraft -von selbst mit dem Künstler zugleich, und sowie -<a id="page-274" class="pagenum" title="274"></a> -<a id="pagehdr-274" class="orig-page" title="205"></a> -er es will, ohne dass wir ihr gebieten; die gehörigen Begriffe, -oder die beabsichtigten Gestalten bilden und ordnen sich vor -unserem geistigen Auge, ohne dass wir die Hand daran gelegt -zu haben glauben. Im zweiten Falle müssen wir immer über -uns selbst wachen und uns in strenger Aufsicht haben, stets -das Gebot der Aufmerksamkeit wiederholen und über seine -Beobachtung halten. Wie wir unser geistiges Auge wegwenden, -entfleucht unsere Aufmerksamkeit vom Ziele, die unbewachte -Phantasie sucht wieder ihre gewohnte Bahn, oder auch -der Geist fällt in sein dumpfes Hinbrüten zurück. Mit einem -Worte: Producte der erstern Art scheinen eine belebende Kraft -zu haben für den innern Sinn, und insbesondere jedesmal für -denjenigen besonderen Sinn, für den ihre Auffassung gehört; -Producte der letztern Art mögen Ordnung und Gründlichkeit -und Nutzbarkeit, sie mögen alles haben, was man will, jene -Kraft haben sie nicht. -</p> - -<p> -Wir nennen diese belebende Kraft an einem Kunstproducte -Geist, den Mangel derselben Geistlosigkeit, und stehen sonach -gerade vor dem Gegenstande, welchen wir zu untersuchen -haben. -</p> - -<p> -Wie erhält ein menschliches Product jene belebende Kraft, -und woher hat der geistvolle Künstler das Geheimniss, sie ihm -einzuhauchen? Mit angenehmem Befremden entdecke ich bei -Betrachtung seines Werkes Anlagen und Talente in mir, die -ich selbst nicht kannte. Hat er auf diese Anlagen in mir die -Wirkung seiner Kunst berechnet? Ohne Zweifel; denn woher -sonst dieser Erfolg? Aber wer hat ihm mein Inneres aufgedeckt, -in welchem ich selbst ein Fremdling war? Wenn er -noch allenfalls durch hohe Vorstellungen aus der Religion mich -in überirdische Welten erhöbe, oder durch die Schrecken des -Weltgerichts erschütterte, oder durch die Leiden der sanftduldenden -Unschuld mir Thränen entlockte, möchte es seyn; unerachtet -es noch immer wunderbar bliebe, wie er es dahin -bringt, dass ich auf seine Dichtungen, die ich für nichts als -Dichtungen halte, mich nur einlasse und ihnen Empfindungen -widme, die nur zu wahr sind. Aber mit der gleichen Zuversicht -schildert sein Griffel einen ländlichen Tanz, wirft sein -<a id="page-275" class="pagenum" title="275"></a> -<a id="pagehdr-275" class="orig-page" title="206"></a> -Pinsel eine Feldblume auf die Leinwand, und mein Herz ist -immer seine gewisse Beute. Wo liegt der unbegreifliche Zusammenhang -dieser Mittel mit jenem Zwecke, und durch welche -Kunst hat er errathen, was durch kein Nachdenken sich -dürfte finden lassen? -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-3-2"> -<span class="line1">Zweiter Brief.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Sie nehmen die am Ende meines vorigen Briefes hingeworfene -Frage auf, und beantworten sie folgendermaassen: -</p> - -<p> -„Nirgends als in der Tiefe seiner eigenen Brust kann der -geistvolle Künstler aufgefunden haben, was meinen und Aller -Augen verborgen in der meinigen liegt. Er rechnet auf die -Uebereinstimmung anderer mit ihm; und rechnet richtig. Wir -sehen, dass unter seinem Einflusse die Menge, wenn sie nur -ein wenig gebildet ist, wirklich in Eine Seele zusammenfliesst, -dass alle individuelle Unterschiede der Sinnesart verschwinden, -dass die gleiche Furcht, oder das gleiche Mitleid, oder das -gleiche geistige Vergnügen Aller Herzen hebt und bewegt. Er -muss demnach, inwiefern er Künstler ist, dasjenige, was allen -gebildeten Seelen gemein ist, in sich haben, und anstatt des -individuellen Sinnes, der uns andere trennt und unterscheidet, -muss in der Stunde der Begeisterung gleichsam der Universalsinn -der gesammten Menschheit, und nur dieser, in ihm wohnen. -— Wir alle sind auf mannigfaltige Weise von einander -verschieden; kein Einzelner ist irgend einem andern Einzelnen, -dem Geistescharakter so wenig, als dem körperlichen nach, -vollkommen gleich.“ -</p> - -<p> -„Dennoch müssen wir alle, näher oder entfernter, nach -Maassgabe der Gleichförmigkeit oder der Verschiedenheit unserer -Ausbildung, schon auf der Oberfläche unseres Geistes, -oder in seinen geheimeren Tiefen gewisse Vereinigungspuncte -<a id="page-276" class="pagenum" title="276"></a> -<a id="pagehdr-276" class="orig-page" title="208"></a> -haben; denn wir verstehen uns, wir können uns einander mittheilen, -und aller menschliche Umgang ist von Anbeginn an -nichts anderes gewesen, als ein ununterbrochener Wechselkampf -aller Einzelnen, jeden Einzelnen, mit dem sie im Gange -des Lebens Berührungspuncte bekamen, mit sich selbst übereinstimmig -zu machen. Was keinem so leicht, und keinem -ganz gelingt, gelingt dem Künstler, indem er das Ziel verändert, -und es aufgiebt, seine Individualität in andern darzustellen; -vielmehr diese selbst aufopfert, und statt ihrer jene Vereinigungspuncte, -die in allen Einzelnen sich wiederfinden, zum -individuellen Charakter seines Geistes und seines Werkes macht. -Daher heisst das, was ihn begeistert, Genius, und hoher Genius: -ein Wesen aus einer höheren Sphäre, in welcher alle -niedere und irdische Grenzlinien, die den individuellen Charakter -der Erdenmenschen bestimmen, nicht mehr unterschieden -werden und in einen leichten Nebel zusammenfliessen.“ -</p> - -<p> -„Da die Mittel, deren er sich bedient, um jenen Gemeinsinn -in uns anzuregen und zu beschäftigen, und die Individualität, -so lange er uns unter seinem Einflusse hält, verstummen -zu machen, — da diese Mittel und ihr nothwendiger Zusammenhang -mit der Wirkung durch kein Nachdenken, durch keine -Beziehung auf ihren Zweck durch Begriffe, so leicht dürften -aufgefunden werden, wenigstens alle bisherigen Bemühungen, -sie auf diese Art aufzufinden, gescheitert sind: so kann er nur -durch Erfahrung, durch eigene innere Erfahrung an sich selbst, -zur Kenntniss derselben gelangt seyn. Er hat einst selbst empfunden, -was er uns nachempfinden lässt, und dieselben Gestalten, -die er jetzt vor unser Auge hinzaubert, — ununtersucht, -auf welchem Wege sie vor das seinige kamen, — haben -ihn einst selbst in jene süsse Trunkenheit, in jenen holden -Wahnsinn eingewiegt, der uns alle bei seinem Gesange, oder -vor seiner belebten Leinwand, oder bei dem Tone seiner Flöte -ergreift. Er ist wieder zur kalten Besonnenheit gekommen, und -stellt mit nüchterner Kunst dar, was er in der Entzückung erblickte, -um in seine Verirrung, deren geliebtes Andenken ihn -noch mit sanfter Rührung erfüllt, das ganze Geschlecht hineinzuziehen, -und die Schuld, welche die Einrichtung seiner Gattung -<a id="page-277" class="pagenum" title="277"></a> -<a id="pagehdr-277" class="orig-page" title="209"></a> -auf ihn lud, unter die ganze Gattung zu vertheilen. Wo -gebildete Menschen wohnen, wird bis an das Ende der Tage -das Andenken seiner längst erloschenen Begeisterung durch -ihre Wiederholung gefeiert werden.“ -</p> - -<p> -So lösen Sie die vorgelegte Aufgabe; und ich glaube, Sie -haben recht. Aber erlauben Sie, dass wir gemeinschaftlich -uns Ihre Meinung weiter aufklären, sie in ihre feineren Bestandtheile -zerlegen, sie aus ihren Gründen entwickeln, um uns -etwas Bestimmtes zu denken unter jenem Universalsinne, den -Sie Ihrer Erklärung zum Grunde legen; um klar einzusehen, -wie jener Eindruck entstehe, den sie auf diesen Sinn in der -Seele des Künstlers geschehen lassen; um zu begreifen, so -gut es sich begreifen lässt, warum sich derselbe so leicht und -so allgemein mittheile. -</p> - -<p> -Vollkommen unabhängig von aller äusseren Erfahrung, und -ohne alles fremde Hinzuthun soll der Künstler aus der Tiefe -seines eigenen Gemüthes entwickeln, was, Aller Augen verborgen, -in der menschlichen Seele liegt; er soll nur unter Anleitung -seines Divinationsvermögens Vereinigungspuncte für die -gesammte Menschheit aufstellen, die sich in keiner bisherigen -Erfahrung als solche bewährt haben. Aber das <a id="corr-13"></a>einzige Unabhängige -und aller Bestimmung von aussen völlig Unfähige im -Menschen nennen wir den Trieb. Dieser, und dieser allein ist -das höchste und einzige Princip der Selbstthätigkeit in uns; -er allein ist es, der uns zu selbstständigen, beobachtenden und -handelnden Wesen macht. — So weit der Einfluss der äusseren -Dinge auf uns sich auch immer erstrecken möge, so erstreckt -er sicher sich doch nicht so weit, dass er dasjenige in uns -hervorbringe, was jene selbst nicht haben, und dass in ihrer -Einwirkung gerade das Gegentheil von demjenigen liege, was -in ihnen selbst, als in der Ursache, enthalten ist. Die Selbstthätigkeit -im Menschen, die seinen Charakter ausmacht, ihn von -der gesammten Natur unterscheidet und ausserhalb ihrer Grenzen -setzt, muss sich auf etwas ihm Eigenthümliches gründen; -und dieses Eigenthümliche eben ist der Trieb. Durch seinen -Trieb ist der Mensch überhaupt Mensch, und von der grössern -oder geringern Kraft und Wirksamkeit des Triebes, des innern -<a id="page-278" class="pagenum" title="278"></a> -<a id="pagehdr-278" class="orig-page" title="211"></a> -Lebens und Strebens, hängt es ab, was für ein Mensch -jeder ist. -</p> - -<p> -Lediglich durch den Trieb ist der Mensch vorstellendes -Wesen. Könnten wir ihm auch, wie einige Philosophen wollen, -den Stoff seiner Vorstellung durch die Objecte geben, die -Bilder durch die Dinge von allen Seiten her ihm zuströmen -lassen: so bedürfte es doch immer der Selbstthätigkeit, um dieselben -aufzufassen und sie auszubilden zu einer Vorstellung, -dergleichen die leblosen Geschöpfe im Raume um uns herum, -denen die durch das ganze Weltall herumschweifenden Bilder -so wohl als uns zuströmen müssen, nicht besitzen. Es bedarf -dieser Selbstthätigkeit, um diese Vorstellungen nach willkürlichen -Gesichtspuncten zu ordnen: jetzt die äussere Gestalt -einer Pflanze zu betrachten, um sie wiederzuerkennen und -von allen ähnlichen zu unterscheiden; jetzt den Gesetzen nachzuspüren, -nach denen die Natur diese Bildung bewirkt haben -mag; jetzt zu untersuchen, wie man jene Pflanze etwa zur -Speise, oder zur Kleidung, oder zur Arznei gebrauchen könne. -Es bedarf der Selbstthätigkeit, um unsere Erkenntniss von den -Gegenständen unaufhörlich zu steigern und zu erweitern; und -lediglich durch sie wird derselbe Stern für den Astronomen ein -grosser, fester, in unermesslicher Entfernung nach unverbrüchlichen -Gesetzen sich bewegender Weltkörper, der für den unbelehrten -Naturmenschen immerfort ein Lämpchen bleibt, bei -dessen Scheine er sein Ackergeräth zusammensuche. -</p> - -<p> -Inwiefern der Trieb solchergestalt auf Erzeugung einer Erkenntniss -ausgeht, in welcher Rücksicht wir ihn auch um der -Deutlichkeit und der Kürze willen den Erkenntnisstrieb nennen -können, gleichsam, als ob er ein besonderer <em class="italic">Grundtrieb</em> wäre -— welches er doch nicht ist; sondern er und alle besonderen -Triebe und Kräfte, die wir noch so nennen dürften, sind lediglich -besondere Anwendungen der einzigen untheilbaren Grundkraft -im Menschen, und man hat sich sorgfältig zu hüten, dergleichen -Ausdrücke in dieser oder in irgend einer philosophischen -Schrift anders, als so zu deuten; — der Erkenntnisstrieb -demnach wird in gewissem Maasse immer befriedigt; in -jedem Menschen sind Erkenntnisse, und ohne sie wäre er kein -<a id="page-279" class="pagenum" title="279"></a> -<a id="pagehdr-279" class="orig-page" title="212"></a> -Mensch, sondern etwas anderes. Dieser Trieb äussert also im -allgemeinen sich durch seine Wirkung; von dieser schliessen -wir auf die Ursache im selbstthätigen Subject zurück, und lediglich -auf diese Weise gelangen wir sowohl zur Idee vom -Daseyn jenes Triebes, als zur Erkenntniss seiner Gesetze. -</p> - -<p> -Nicht immer befriedigt wird der Trieb, inwiefern er nicht -auf blosse Erkenntniss des Dinges, wie es ist, sondern auf Bestimmung, -Veränderung und Ausbildung desselben, wie es seyn -sollte, ausgeht, und praktisch heisst; dieses in engster Bedeutung, -denn der Strenge nach ist aller Trieb praktisch, da er -zur Selbstthätigkeit treibt, und in diesem Sinne gründet alles -im Menschen sich auf den praktischen Trieb, da nichts in ihm -ist, ausser durch Selbstthätigkeit: — oder, inwiefern er ausgeht -auf eine gewisse bestimmte Vorstellung, bloss um der -Vorstellung willen, keinesweges aber um eines Dinges willen, -das ihr entspreche, oder auch nur um der Erkenntniss dieses -Dinges willen; welchen letzteren Trieb, da er in seiner Allgemeinheit -noch keinen Namen hat, wir vorläufig so bezeichnen -wollen, wie man bisher einen Zweig desselben bezeichnet hat, -und ihn den ästhetischen nennen. Es ist klar, dass man zur -Kenntniss dieser Triebe nicht auf dem gleichen Wege, wie zu -der des Erkenntnisstriebes, durch eine Folgerung von der Wirkung -auf die Ursache, gelangen könne; und es fragt sich demnach, -wie man zu derselben gelangt sey. Aber ehe wir diese -Frage beantworten, lassen Sie uns die soeben aufgestellten -Triebe noch ein wenig schärfer unterscheiden. -</p> - -<p> -Der Erkenntnisstrieb zielt ab auf Erkenntniss, als solche, -um der Erkenntniss willen. Ueber das Wesen, die äusseren -oder inneren Beschaffenheiten des Dinges lässt er uns völlig -uninteressirt; unter seiner Leitung wollen wir nichts, als wissen, -welches diese Beschaffenheiten sind: wir wissen es und -sind befriedigt. Auf seinem Gebiete hat die Vorstellung keinen -andern Werth und kein anderes Verdienst, als das, dass -sie der Sache vollkommen angemessen sey. Der praktische -Trieb geht auf die Beschaffenheit des Dinges selbst, um seiner -Beschaffenheit willen. Wir kennen dieselbe, wenn eine Anregung -jenes Triebes eintritt, nur zu wohl; aber wir sind mit -<a id="page-280" class="pagenum" title="280"></a> -<a id="pagehdr-280" class="orig-page" title="214"></a> -ihr nicht zufrieden: sie sollte anders und auf eine gewisse bestimmte -Art anders seyn. Im erstern Falle wird ein durch -sich selbst und ohne alles unser Zuthun vollständig bestimmtes -Ding vorausgesetzt, und der Trieb geht darauf, es mit diesen -Bestimmungen, und schlechterdings mit keinen andern, in unserem -Geiste durch freie Selbstthätigkeit nachzubilden. Im -zweiten Falle liegt eine, nicht nur ihrem Daseyn, sondern auch -ihrem Inhalte nach durch freie Selbstthätigkeit erschaffene Vorstellung -in der Seele zum Grunde, und der Trieb geht darauf -aus, ein ihr entsprechendes Product in der Sinnenwelt hervorzubringen. -In beiden Fällen geht der Trieb weder auf die Vorstellung -allein, noch auf das Ding allein, sondern auf eine Harmonie -zwischen beiden; nur dass im ersten Falle die Vorstellung -sich nach dem Dinge, und im zweiten das Ding sich nach -der Vorstellung richten soll. Ganz anders verhält es sich mit -dem Triebe, den wir soeben den ästhetischen nannten. Er -zielt auf eine Vorstellung, und auf eine bestimmte Vorstellung, -lediglich um ihrer Bestimmung und um ihrer Bestimmung als -blosser Vorstellung willen. Auf dem Gebiete dieses Triebes -ist die Vorstellung ihr eigner Zweck: sie entlehnt ihren Werth -nicht von ihrer Uebereinstimmung mit dem Gegenstande, auf -welchen hierbei nicht gesehen wird, sondern sie hat ihn in -sich selbst; es wird nicht nach dem Abgebildeten, sondern -nach der freien unabhängigen Form des Bildes selbst gefragt. -Ohne alle Wechselbestimmung mit einem Objecte steht eine -solche Vorstellung isolirt, als letztes Ziel des Triebes, da, und -wird auf kein Ding bezogen, nach welchem sie, oder welches -nach ihr sich richte. Wie der praktischen Bestimmung eine -Vorstellung zum Grunde liegt, die selbst ihrem Gehalte nach -durch absolute Selbstthätigkeit entworfen ist, so liegt der ästhetischen -Bestimmung eine auf die gleiche Weise entworfene Vorstellung -zum Grunde; nur mit dem Unterschiede, dass der letztern, -nicht so wie der erstern, etwas Entsprechendes in der -Sinnenwelt gegeben werden soll. Wie der Erkenntnisstrieb -eine Vorstellung zu seinem letzten Ziele hat, und befriedigt ist, -nachdem diese gebildet worden, so der ästhetische; nur mit -dem Unterschiede, dass die Vorstellung der ersteren Art mit -<a id="page-281" class="pagenum" title="281"></a> -<a id="pagehdr-281" class="orig-page" title="216"></a> -dem Dinge übereinkommen, die der letztern Art mit gar nichts -übereinkommen soll. — Es ist möglich, dass eine Darstellung -des ästhetischen Bildes in der Sinnenwelt gefordert werde; -aber das geschieht nicht durch den ästhetischen Trieb, dessen -Geschäft mit der blossen Entwerfung des Bildes in der Seele -vollkommen geschlossen ist, sondern durch den praktischen, -der dann aus irgend einem Grunde in die Reihenfolge der Vorstellungen -eingreift, und einen möglichen äusserlichen und -fremden Zweck jener Nachbildung in der Wirklichkeit aufstellt. -So kann es gleichfalls geschehen, dass die Vorstellung eines -wirklich vorhandenen Gegenstandes dem ästhetischen Triebe -vollkommen angemessen sey; nur bezieht sich die dann eintretende -Befriedigung dieses Triebes schlechterdings nicht auf -die äussere Wahrheit der Vorstellung; das entworfene Bild -würde nicht minder gefallen, wenn es leer wäre, und es gefällt -nicht mehr, weil es zufälligerweise zugleich Erkenntniss -enthält. — So musste es denn auch seyn — woran ich Sie -hier nur im Vorbeigehen erinnere, und um mich noch deutlicher -zu machen, nicht aber um daraus vorläufig weiter zu -folgern — so musste es denn auch seyn, wenn beide unverträgliche -Triebe, der, die Dinge zu lassen, wie sie sind, und -der, sie überall und ins Unendliche hinaus umzuschaffen, sich -vereinigen und einen einzigen untheilbaren Menschen darstellen -sollten, nach unserer gegenwärtigen Ansicht der Sache; -oder auch nach unserer obigen Weise sie anzusehen, welche -der Strenge nach die einzig richtige ist, — wenn beide Triebe -Ein und ebenderselbe Trieb seyn, und nur die Bedingungen seiner -Aeusserung verschieden seyn sollten. Der Trieb konnte nicht -auf die Vorstellung des Dinges gehen, ohne überhaupt auf die -Vorstellung um ihrer selbst willen zu gehen, und ebenso unmöglich -war ein Trieb, auf das Ding selbst einzuwirken und -es umzuarbeiten, nach einer Vorstellung, die ausser aller Erfahrung, -und über alle mögliche Erfahrung hinausliegen sollte, -wenn es nicht überhaupt Trieb und Vermögen gab, unabhängig -von der wirklichen Beschaffenheit der Dinge Vorstellungen -zu entwerfen. -</p> - -<p> -Wie mögen nun diese beiden zuletzt genannten Triebe -<a id="page-282" class="pagenum" title="282"></a> -<a id="pagehdr-282" class="orig-page" title="217"></a> -sich äussern, wenn der ästhetische Trieb gar nicht, der praktische -wenigstens nicht immer Handlungen hervorbringt, in denen -sie der Beobachtung dargestellt würden? Auch dann noch -bleibt folgendes Mittel übrig, um ihnen auf die Spur zu kommen. -Da der Trieb, so wie sein Wirken im Menschen eintritt -und überwiegend wird, die gesammte Selbstthätigkeit desselben -anregen und aufreizen, und dieselbe auf etwas Bestimmtes, -es sey nun ein Ding ausser ihm, oder eine Vorstellung in -ihm, gänzlich hinrichten soll: so muss nothwendig die zufällige -Harmonie des Gegebenen mit jener Richtung des Selbstthätigen, -in einem fühlenden Wesen, wie der Mensch doch wohl -seyn soll, sich durch ein überwiegendes Gefühl seiner selbst, -seiner Kraft und Ausbreitung, welches man ein Gefühl der -Lust nennt; die zufällige Disharmonie des Gegebenen mit jener -Richtung sich durch ein ebenso überwiegendes Gefühl seiner -Ohnmacht und Einengung offenbaren, welches letztere man ein -Gefühl der Unlust nennt. So denken wir uns im Magnete eine -Kraft, und als Grund dieser Kraft einen Trieb, alles Eisen anzuziehen, -das in seine Wirkungssphäre kommt. Lassen wir -ihn wirklich ein Stück Eisen anziehen — sein Trieb äussert -sich, er ist befriedigt, und geben wir dem Magnete das Gefühlsvermögen, -so wird in ihm nothwendig ein Gefühl dieser Befriedigung, -d. i. ein Gefühl der Lust entstehen. Lassen wir -dagegen das Gewicht des Eisens seine Kraft überwiegen, so -bleibt darum in ihm noch immer der vorige Trieb; denn er -würde dasselbe Stück Eisen wirklich anziehen, wenn wir vom -Gewichte desselben so viel wegnähmen, als seine Kraft überwiegt; -aber er wird nicht befriedigt; und wenn wir dem Magnete -das Gefühlsvermögen zuschreiben, so müsste er nothwendig -einen Widerstand, eine Einschränkung und Einengung seiner -Kraft, mit Einem Worte, Unlust empfinden. Dieses ist die -einzige Quelle aller Lust und Unlust. -</p> - -<p> -Beide Triebe, der praktische sowohl, als der ästhetische, -äussern sich auf diese Weise, nur mit Unterschied. Der praktische -Trieb geht, wie gesagt worden, auf einen Gegenstand -ausser dem Menschen, dessen Daseyn, inwiefern keine Handlung -erfolgt, noch erfolgen kann, als unabhängig von ihm betrachtet -<a id="page-283" class="pagenum" title="283"></a> -<a id="pagehdr-283" class="orig-page" title="219"></a> -werden muss. Der freilich leere Begriff von diesem -Gegenstande ist in der Seele vorhanden. Es kommt demnach -allerdings etwas im Gemüthe vor, wodurch der Trieb für das -Bewusstseyn ausgedrückt und bezeichnet wird, nemlich der -Begriff dessen, worauf er geht: die Bestimmung des Triebes -ist dadurch charakterisirt, sie kann gefühlt werden, und wird -gefühlt, und heisst in diesem Falle ein Begehren — ein Begehren, -inwiefern die Bedingungen, unter denen der Gegenstand -wirklich werden kann, als nicht in unserer Gewalt stehend betrachtet -werden. Kommen sie in unsere Gewalt, und wir entschliessen -uns zu der Mühe und zu den Aufopferungen, die es -uns etwa kosten wird, sie wirklich zu machen, so erhebt sich -das Begehren zum Wollen. — Man kann hier vor dem Daseyn -des Gegenstandes vorherwissen, was Lust oder Unlust erregen -werde, denn nur das wirkliche Daseyn des Gegenstandes erregt -ein solches Gefühl; man kann daher die Bestimmung des -praktischen Triebes von dem Gegenstande, und mithin von der -Befriedigung oder Nichtbefriedigung desselben unterscheiden; -der menschliche Geist bekommt gleichsam etwas ihm Angehöriges, -einen Ausdruck seines eigenen Handelns ausser sich, -und sieht mit Leichtigkeit in den Gegenständen, wie in einem -Spiegel, seine eigene Gestalt. Ganz anders verhält es sich mit -dem ästhetischen Triebe. Er geht auf nichts ausser dem Menschen, -sondern auf etwas, das lediglich in ihm selbst ist. Es -ist keine Vorstellung von seinem Gegenstande vor dem Gegenstande -vorher möglich, denn sein Gegenstand ist selbst nur -eine Vorstellung. Die Bestimmung des Triebes wird also durch -nichts bezeichnet, als lediglich durch die Befriedigung oder -Nichtbefriedigung. Die erstere lässt von der letztern sich durch -nichts unterscheiden, sondern beide fallen zusammen. Das, -was durch den ästhetischen Trieb in uns ist, entdeckt sich -durch kein Begehren, sondern lediglich durch ein uns unerwartet -überraschendes, in keinem begreiflichen Zusammenhange -mit den übrigen Verrichtungen unseres Gemüthes stehendes, -sondern völlig zweckloses und absichtloses Behagen oder Misbehagen. -So gebe man dem Magnete zu dem Triebe, ein bestimmtes, -seine Kraft überwiegendes, Stück Eisen anzuziehen, -<a id="page-284" class="pagenum" title="284"></a> -<a id="pagehdr-284" class="orig-page" title="220"></a> -die Vorstellung dieses Eisens: so wird er <em class="italic">begehren</em>, dasselbe -anzuziehen; und wenn er sich über seine Anziehungskraft auch -noch die Kraft zuschreiben kann, so viel, als sein Anziehungsvermögen -überwiegt, von dem Gewichte des Eisens hinwegzunehmen, -und der Trieb, jenes Eisen anzuziehen, stärker ist, -als etwa seine Abneigung, die Last desselben zu verringern: -so wird er es anziehen <a id="wollen"></a><em class="italic">wollen</em>.<a class="fnote" href="#footnote-45" id="fnote-45">[45]</a> Nehmen Sie dem Magnete das -Vermögen, sich das Eisen ausser sich, mithin auch sein Anziehen -dieses Eisens vorzustellen, und lassen ihm lediglich -Trieb, Kraft und Selbstgefühl: er wird, wenn die Schwere des -Eisens seine Kraft überwiegt, eine Unlust; wenn Sie die Last -wegnehmen, und er, sich selbst unbewusst, das Eisen selbst -anzieht, eine Lust empfinden, die er sich durch nichts erklären -kann, die für ihn mit nichts zusammenhängt, und die unserm -ästhetischen Behagen oder Misbehagen völlig ähnlich ist — -aber nicht aus dem gleichen Grunde entstanden. Aber, denken -Sie sich, um ein passendes Bild der ästhetischen Stimmung -zu haben, die liebliche Sängerin der Nacht; denken Sie sich, -wie Sie es mit dem Dichter gar wohl können, die Seele derselben -als reinen Gesang, ihren Geist als ein Streben, den vollkommensten -Accord zu bilden, und ihre einzelnen Töne als -die Vorstellungen dieser Seele. Durch die ganze Tonleiter herauf -und herab treibt die Sängerin, ihr selbst unbewusst, die -Richtung ihres Geistes, und er entwickelt durch die mannigfaltigsten -Accorde hindurch allmählig sein ganzes Vermögen. -Jeder neue Accord liegt auf der Stufenleiter dieser Entwickelung, -und stimmt mit dem Urtriebe der Sängerin zusammen, -den sie nicht kennt, weil wir ihr keine anderen Vorstellungen -als Töne gegeben haben, und dessen Zusammenhang mit dem -für sie zufälligen Accorde sie nicht beurtheilen kann; gerade -so, wie unserem Auge die Richtung des ästhetischen Triebes -verborgen liegt, und wie wir die — ganz anderen Gesetzen -zufolge sich in uns entwickelnden Vorstellungen nicht mit derselben -vergleichen können. Doch muss jene Zusammenstimmung -eine Lust in ihr erwecken, die ihr ganzes Wesen ausfüllt, -und deren Gründe sie sich auch schon darum nicht angeben -könnte. — Aber ihr inneres und verborgenes Leben -<a id="page-285" class="pagenum" title="285"></a> -<a id="pagehdr-285" class="orig-page" title="222"></a> -treibt sie weiter zum folgenden Tone; die Entwickelung desselben -ist also noch nicht vollendet, dieser Accord drückt noch -nicht ihr ganzes Wesen aus, und jene Lust wird daher blitzschnell -durch eine Unlust aufgefasst, welche mit dem nächsten -Tone sich in höhere Lust auflösen, aber wiederkehren, und die -Sängerin abermals weiter treiben wird. Ihr Leben schwebt -hin auf den sich drängenden Wellen des ästhetischen Gefühls, -wie das Künstlerleben jedes wahren Genies. -</p> - -<p> -So kommt der praktische Trieb gar leicht und auf mancherlei -Weise in seinen mannigfaltigen Bestimmungen zum Bewusstseyn, -und es scheint sehr möglich, ihn selbst von der -inneren Erfahrung aus vollständig kennen zu lernen und zu erschöpfen. -In Absicht des ästhetischen Triebes zeigen sich mehrere -Schwierigkeiten, und es scheint kein Mittel zu seyn, um -bis zu ihm in die Tiefe unseres Geistes einzudringen, als dass -man entweder ohne alle Rücksicht auf ihn in der äusseren Erfahrung -fortschreite, und abwarte, <em class="italic">ob</em> er sich etwa, und <em class="italic">wie</em> er -sich unter derselben zufällig äussern werde, oder dass man auf -gut Glück und blindlings sich seiner Einbildungskraft überlasse, -und erwarte, wie die mannigfaltigen Ausgeburten derselben -auf uns wirken werden. In beiden Fällen ist man überdies -noch in der Gefahr, eine Lust, die sich auf ein dunkles, unentwickeltes, -vielleicht völlig empirisches und individuelles praktisches -Bewusstseyn gründet, mit einem ästhetischen zu verwechseln. -Und so blieben wir denn immer in der Ungewissheit, -ob es auch überhaupt einen solchen Trieb gebe, wie wir -den ästhetischen beschrieben haben, oder ob nicht alles, was -wir für Aeusserungen desselben halten, auf einer feinen -Täuschung beruhe; vor der wirklichen Erfahrung vorher könnten -wir nie mit Sicherheit ahnen, was gefallen werde, und die -Folgerung, dass das, was uns gefallen habe, allen gefallen müsse, -bliebe ganz grundlos. -</p> - -<p> -Bedenken Sie hierbei noch den Umstand, dass ästhetische -Vorstellungen zuvorderst nur in und vermittelst der Erfahrung, -die auf Erkenntniss ausgeht, sich entwickeln können, so sehen -Sie eine neue Schwierigkeit; von der anderen Seite aber eine -Erleichterung, und die einzige, die den Uebergang aus dem -<a id="page-286" class="pagenum" title="286"></a> -<a id="pagehdr-286" class="orig-page" title="223"></a> -Gebiete der Erkenntniss in das Feld der ästhetischen Gefühle -öffnet. -</p> - -<p> -Sie sehen eine neue Schwierigkeit. — Selbst die Erkenntniss -wird zunächst nicht um ihrer selbst willen, sondern für -einen Zweck ausser ihr gesucht. Auf der ersten Stufe der Bildung, -des Individuums sowohl, als der Gattung, überschreit der -praktische Trieb, und zwar in seiner niederen, auf die Erhaltung -und das äussere Wohlseyn des animalischen Lebens gehenden -Aeusserung, alle übrigen Triebe; und so fängt denn auch -der Erkenntnisstrieb damit an, bei jenem zu dienen, um in diesem -Dienste sich zum Vermögen einer selbstständigen Subsistenz -auszubilden. Mit der Kargheit der Natur, oder mit dem Andringen -unseres eigenen Geschlechtes gegen uns im Kampfe, -haben wir nicht Zeit, bei der Betrachtung der Dinge um uns -herum zu verweilen; emsig fassen wir die brauchbaren Beschaffenheiten -derselben auf, um Nutzen von ihnen zu ziehen, -unter unaufhörlicher Besorgniss der Nachtheile in der Ausübung, -die uns eine unrichtige Ansicht derselben zuziehen möchte; mit -Hastigkeit eilen wir fort von dieser erstürmten Erkenntniss zur -Bearbeitung der Dinge, und hüten uns sehr, einen Augenblick -bei der Erwerbung des Mittels zu verlieren, den wir zur unmittelbaren -Erreichung des Zweckes anwenden könnten. Das Menschengeschlecht -muss erst zu einem gewissen äusseren Wohlstande -und zur Ruhe gekommen, die Stimme des Bedürfnisses -von innen, und der Krieg von aussen muss erst beschwichtigt -und beigelegt seyn, ehe dasselbe auch nur mit Kaltblütigkeit, -ohne Absicht auf das gegenwärtige Bedürfniss und selbst mit -der Gefahr sich zu irren, beobachten, bei seinen Betrachtungen -verweilen, und unter dieser müssigen und liberalen Betrachtung -den ästhetischen Eindrücken sich hingeben kann. So fasst die -ruhige Fläche des Wassers das schöne Bild der Sonne; auf der -bewegten werden die mit reinem Lichte gezeichneten Umrisse -desselben untereinander geworfen und verschlungen in die gewaltsame -Figur der unsteten Wellen. -</p> - -<p> -Daher sind die Zeitalter und Länderstriche der Knechtschaft -zugleich die der Geschmacklosigkeit; und wenn es von der -einen Seite nicht rathsam ist, die Menschen, frei zu lassen, ehe -<a id="page-287" class="pagenum" title="287"></a> -<a id="pagehdr-287" class="orig-page" title="225"></a> -ihr ästhetischer Sinn entwickelt ist, so ist es von der anderen -Seite unmöglich, diesen zu entwickeln, ehe sie frei sind; und -die Idee, durch ästhetische Erziehung die Menschen zur Würdigkeit -der Freiheit, und mit ihr zur Freiheit selbst zu erheben, -führt uns in einem Kreise herum, wenn wir nicht vorher ein -Mittel finden, in Einzelnen von der grossen Menge den Muth zu -erwecken, Niemandes Herren und Niemandes Knechte zu seyn. -In einem solchen Zeitalter hat der Unterdrückte zu thun, um -unter dem Fusse des Unterdrückers sich lebendig zu erhalten, -die nothwendige Luft zu schöpfen und nicht völlig zertreten zu -werden, und der Unterdrücker, bei den mannigfaltigen Krümmungen -und Wendungen des ersteren im Gleichgewichte zu -bleiben und nicht umgeworfen zu werden; durch die gezwungene -und unbehülfliche Lage des letzteren vermehrt sich noch -seine Last und sein Druck; dadurch werden die Wendungen -des ersteren nur noch ängstlicher und gewagter, und der Druck -des letzteren abermals lastender, und so steigt durch eine sehr -begreifliche Wechselwirkung das Uebel in einer unseligen Progression; -keiner von beiden behält Zeit, und er wird sie immer -weniger behalten, zu athmen, ruhig um sich zu sehen, und -seine Sinne dem schönen Einflusse der freundlichen Natur offen -zu lassen. Beide behalten lebenslänglich den Geschmack, den -sie damals annahmen, als noch nichts, denn ihre Windeln sie -fesselte: den Geschmack an greller, das stumpfe Auge gewaltsam -reizender Farbe, und am Glanze reicher Metalle; und der -dürftige Handarbeiter eilt, dies dem einzigen Vermögenden zu -fertigen, um den kärglichen Lohn, dessen er zum Leben bedarf, -bald einzunehmen. So sank im römischen Reiche die -Kunst mit der Freiheit zu gleichen Schritten, bis sie unter Constantin -dem barbarischen Gepränge fröhnen lernte. So werden -die Elephanten der Kaiser von China mit schweren Goldstoffen -bekleidet, und die Pferde der Könige von Persien trinken aus -gediegenem Golde. -</p> - -<p> -Nur nicht niederdrückender, aber widerlicher und beunruhigender -für die Kunst ist der Anblick, wenn unter freieren -Himmelsstrichen und milderen Gewalthabern diejenigen, welche -in der Mitte zwischen beiden Enden stehen, und denen alle -<a id="page-288" class="pagenum" title="288"></a> -<a id="pagehdr-288" class="orig-page" title="226"></a> -Welt erlaubt, frei zu seyn, dieses letzten Restes der Freiheit, -welchen ein über die Menschheit waltender Genius als ein Saatkorn -für die Ernte künftiger Generationen in die Verfassung -geworfen zu haben scheint, sich nicht bedienen; sondern den -der ewigen Einförmigkeit müden Herrschern wider ihren Dank -ihre Dienste aufdringen, und sich grämen, dass ihre wunderlichen -Verbeugungen und Adorationen keiner zu Herzen nimmt, -und dass es ihnen nicht gelingen will, denselben eine politische -Wichtigkeit zu geben, die sie an sich nicht haben. Dann wiegt -man mit haarscharfer Richtigkeit alle Art der Bildung gegen den -künftigen Dienst ab; fragt die harmlos lustwandelnde Speculation, -ehe sie uns über die Schwelle tritt, was sie mitbringe; -durchsucht Romane und Schauspiele nach ihrer schönen Moral; -hat kein Arges daraus, öffentlich zu bekennen, dass man eine -Iphigenie, oder eine Epistel in derselben Stimmung, unpoetisch -finde; und würde muthmaasslich den Homer einen schaalen Reimer -nennen, wenn man ihm nicht um seines reinen Griechischen -willen verziehe. -</p> - -<p> -Aber gerade der angeführte Umstand, dass wir mit der -Erfahrung unser Leben anfangen müssen, eröffnet uns, wie -oben gesagt worden, den einzig möglichen Uebergang zum geistigen -Leben. Sowie jene dringende Noth gehoben ist, und -nichts mehr uns treibt, den möglichen Geisteserwerb gierig zusammenzuraffen, -um ihn sogleich wieder für den nothwendigen -Gebrauch ausgeben zu können, erwacht der Trieb nach Erkenntniss -um der Erkenntniss willen. Wir fangen an, unser -geistiges Auge auf den Gegenständen hingleiten zu lassen, und -erlauben ihm dabei zu verweilen; wir betrachten sie von mehreren -Seiten, ohne gerade auf einen möglichen Gebrauch derselben -zu rechnen; wir wagen die Gefahr einer zweifelhaften -Voraussetzung, um in Ruhe den richtigen Aufschluss abzuwarten. -Es bemächtigt sich unser der einzige Geiz, der edel ist, -Geistesschätze zu sammeln, bloss um sie zu haben, und uns an -ihrem Anblicke zu ergötzen, gesetzt auch, wir bedürften ihrer -nicht zum Leben, oder sie wären nicht mit dem Stempel ausgeprägt, -welcher allein Cours hat; wir wagen es, bei unserem -Reichthume gleichgültiger gegen den möglichen Verlust, etwas -<a id="page-289" class="pagenum" title="289"></a> -<a id="pagehdr-289" class="orig-page" title="228"></a> -anzulegen an Versuche, die uns mislingen können. Wir haben -den ersten Schritt gethan, uns von der Thierheit in uns zu -trennen. Es entsteht Liberalität der Gesinnungen, — die erste -Stufe der Humanität. -</p> - -<p> -Unter dieser ruhigen und absichtslosen Betrachtung der -Gegenstände, indess unser Geist sicher ist und nicht über sich -wacht, entwickelt sich ohne alles unser Zuthun unser ästhetischer -Sinn an dem Leitfaden der Wirklichkeit. Aber nachdem -der Pfad beider eine Strecke weit zusammengegangen ist, -reisst sich am Scheidewege wohl auch der erstere los, und -geht seinen Gang unabhängig und ungeleitet von der Wirklichkeit. -So ruhte oft Ihr Auge auf der Gegend an der Abendseite -Ihrer ländlichen Wohnung. Wenn Sie dieselbe, nicht um zu -sehen, wie Sie den nächtlichen Anfällen des Raubgesindels entfliehen -könnten, sondern ohne alle Absicht betrachteten, erkannten -Sie nicht bloss die grüne Saat, und hinter ihr die mancherlei -Kleearten, und hinter diesen das hohe Korn, und fassten in -das Gedächtniss, was da wäre; sondern Ihre Betrachtung verweilte -mit Vergnügen auf dem frischen Grün des ersteren, und -verbreitete sich über die mannigfaltigen Blüthen des zweiten, -und gleitete sanft über die kräuselnden Wellen des dritten die -Anhöhe hinan. Es sollte, sagten Sie dann, dort auf der Höhe -ein Dörfchen unter Bäumen oder ein Hain liegen. Sie begehrten -nicht in dem ersteren eine Wohnung zu haben, oder in -dem Schatten des letzteren zu wandern; und es würde Ihnen -gerade so viel gewesen seyn, wenn man, ohne dass Sie es -eben wüssten, durch ein optisches Kunststück Ihnen nur den -Anschein dessen hervorgebracht hätte, was Sie wünschten. -Woher kam das? Ihr ästhetischer Sinn war unter dem Anblicke -der ersteren Gegenstände, indem ihn dieselben unvermuthet -befriedigten, schon geweckt worden; aber es beleidigte ihn, -dass diese Aussicht sich so plötzlich abreissen, und Ihr Auge -hinter der Anhöhe in den leeren Raum versinken sollte. Nach -seiner Forderung hätte sich die Ansicht in ein passendes Ende -schliessen sollen, um das angefangene schöne Ganze zu vollenden -und abzurunden: und Ihre bis jetzt an seiner Hand geleitete -<a id="page-290" class="pagenum" title="290"></a> -<a id="pagehdr-290" class="orig-page" title="230"></a> -Einbildungskraft war vermögend, diese Forderung desselben -aufzufassen. -</p> - -<p> -Sehen Sie in diesem Beispiele eine kurze Geschichte der -Entwickelung unseres ganzen ästhetischen Vermögens. Während -der ruhigen Betrachtung, die nicht mehr auf die Erkenntniss -dessen, was längst erkannt ist, absieht, sondern die gleichsam -noch einmal zum Ueberflusse an den Gegenstand geht, — entwickelt, -unter der Ruhe der Wissbegierde und des befriedigten -Erkenntnisstriebes, in der unbeschäftigten Seele sich der ästhetische -Sinn. Der eine Gegenstand hat unsere Billigung ohne -alles Interesse, d. i. wir urtheilen alle, dass er so recht, und -einer gewissen Regel, der wir nicht weiter nachspüren, gemäss -sey, ohne dass wir darum gerade einen grösseren Werth auf -ihn legen; ein anderer erhält diese Billigung nicht, ohne dass -wir gerade viel Mühe anwenden würden, um ihn anders zu -machen. Es scheint uns lediglich darum zu thun, zu zeigen, -dass wir einen gewissen Sinn gleichfalls besitzen, und dass wir -einer gewissen Kenntniss mächtig sind, die nichts weiter ist, -denn Kenntniss, und die zu nichts führen und zu nichts gebraucht -werden soll. -</p> - -<p> -Dieses Vermögen heisst Geschmack; auch die Fertigkeit, -richtig und gemeingültig in dieser Rücksicht zu urtheilen, wird -vorzugsweise Geschmack genannt: und das Gegentheil desselben -heisst Geschmacklosigkeit. -</p> - -<p> -Von dieser noch an dem Faden der Wirklichkeit fortlaufenden -Betrachtung, wo es uns schon nicht mehr um die wirkliche -Beschaffenheit der Dinge, sondern um ihre Uebereinstimmung -mit unserem Geiste zu thun ist, erhebt sich denn bald die dadurch -zur Freiheit erzogene Einbildungskraft zur völligen Freiheit; -einmal im Gebiete des ästhetischen Triebes angelangt, -bleibt sie in demselben, auch da, wo er von der Natur abweicht, -und stellt Gestalten dar, wie sie gar nicht sind, aber -nach der Forderung jenes Triebes seyn sollten: und dieses freie -Schöpfungsvermögen heisst Geist. Der Geschmack beurtheilt -das Gegebene, der Geist erschafft. Der Geschmack ist die Ergänzung -der Liberalität, der Geist die des Geschmackes. Man -kann Geschmack haben ohne Geist, nicht aber Geist ohne Geschmack. -<a id="page-291" class="pagenum" title="291"></a> -<a id="pagehdr-291" class="orig-page" title="231"></a> -Durch den Geist wird die an sich in die Grenzen -der Natur eingeschlossene Sphäre des Geschmacks erweitert; -seine Producte erschaffen ihm durch Kunst neue Gegenstände, -und entwickeln ihn weiter, ohne ihn darum allemal zu sich -emporzuheben. Seinen Geschmack bilden kann jeder; ob aber -jeder sich zur Geistigkeit erheben könne, ist zweifelhaft. -</p> - -<p> -Das unendliche, unbeschränkte Ziel unseres Triebes heisst -Idee, und inwiefern ein Theil desselben in einem sinnlichen -Bilde dargestellt wird, heisst dasselbe ein Ideal. Der Geist ist -demnach ein Vermögen der Ideale. -</p> - -<p> -Der Geist lässt die Grenzen der Wirklichkeit hinter sich -zurück, und in seiner eigenthümlichen Sphäre giebt es keine -Grenzen. Der Trieb, dem er überlassen ist, geht ins Unendliche; -durch ihn wird er fortgeführt von Aussicht zu Aussicht, -und wie er das Ziel erreicht hat, das er im Gesichte hatte, eröffnen -sich ihm neue Felder. Im reinen ungetrübten Aether seines -Geburtslandes giebt es keine anderen Schwingungen, als -die er selbst durch seinen Fittig erregt. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-3-3"> -<span class="line1">Dritter Brief.<a class="fnote" href="#footnote-46" id="fnote-46">[46]</a></span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Nur der Sinn für das Aesthetische ist es, der in unserem -Innern uns den ersten festen Standpunct giebt; das Genie kehrt -darin ein, und deckt durch die Kunst, die dasselbe begleitet, -auch uns anderen die verborgenen Tiefen desselben auf. Derselbe -Sinn ist es auch, der zugleich dem wohlerkannten und -gebildeten Innern den lebendigen Ausdruck giebt. -</p> - -<p> -Der Geist geht auf die Entwickelung eines Innern in dem -Menschen, des Triebes, und zwar eines Triebes, der ihn als Intelligenz -über die ganze Sinnenwelt erhebt, und von dem Einflusse -derselben losreisst. Aber die Sinnenwelt allein ist mannigfaltig, -<a id="page-292" class="pagenum" title="292"></a> -<a id="pagehdr-292" class="orig-page" title="292"></a> -und nur inwiefern wir durch einen uns schlechterdings -unsichtbaren Berührungspunct mit derselben zusammenhangen -und ihren Einwirkungen offen stehen, sind wir als -Individuen verschieden; der Geist ist Einer, und was durch -das Wesen der Vernunft gesetzt ist, ist in allen vernünftigen -Individuen dasselbe. Dem einen mag diese Speise besser -schmecken, dem anderen eine andere; der eine mag diese, der -andere jene Farbe vorzüglich lieben. Aber die Wirkungen der -Geistesproducte sind für alle Menschen, in allen Zeitaltern, und -unter allen Himmelsstrichen gemeingültig, wenn auch nicht immer -gemeingeltend. Für alle liegt auf der Stufenleiter ihrer -Geistesbildung ein Punct, auf welchen dieses Werk den beabsichtigten -Eindruck machen würde, und nothwendig machen -müsste; wenn sie auch etwa bis jetzt diesen Punct noch nicht -erstiegen hätten, oder ihn, wegen der niedrigen Stufe, auf der -sie anheben, bei der Kürze des menschlichen Lebens, diesseits -des Grabes gar nicht ersteigen könnten. Was der Begeisterte -in seinem Busen findet, liegt in jeder menschlichen Brust, und -sein Sinn ist der Gemeinsinn des gesammten Geschlechts. -</p> - -<p> -Theils um diesen Sinn an anderen zu versuchen, theils um -ihnen mitzutheilen, was für ihn selbst so anziehend ist, kleidet -das Genie die Gestalten, die sich seinem geistigen Auge unverhüllt -zeigten, in festere Körper, und stellt sie so auf vor seinen -Zeitgenossen. -</p> - -<p> -Um seinen Sinn zu <em class="italic">versuchen</em> zuvörderst: nicht, als ob er -der Beistimmung der Menge bedürfte, um in der Stunde der -Begeisterung zu glauben, was sich ihm durch ein unwiderstehliches -Gefühl, — so unwiderstehlich als das seines Daseyns, — -offenbart; sondern um auf die Stunde der Erkältung und des -Zweifels sich seines Glaubens im voraus zu versichern. Mein -Werk ist aus der Fülle der menschlichen Natur geschöpft, darum -muss und soll es Allen gefallen, die derselben theilhaftig sind, -und wird unsterblich seyn wie sie: so schliesst er; der geistlose -Schreiber, der nicht die leiseste Ahnung seines hohen Berufes -hat, kehrt es um, und folgert: mein Product wird von -der Menge gelesen, es bereichert die Buchhändler, und die Recensenten -wetteifern, dasselbe zu lobpreisen, darum ist es vortrefflich: -<a id="page-293" class="pagenum" title="293"></a> -<a id="pagehdr-293" class="orig-page" title="293"></a> -aber dennoch wird der Glaube des ersteren an sich -selbst den Beifall gebildeter Menschen, als eine Zugabe, nicht -verschmähen. So ist der Gläubige sicher, dass das Auge der -Fürsehung über ihm walte, und dass jenseits des Grabes ein -besseres Leben seiner warte; und in gewissen Stimmungen -würde der Widerspruch des gesammten Reichs der vernünftigen -Wesen ihn nicht um eines Haares Breite bewegen: denn -sein Glaube kömmt ihm nicht von aussen, sondern er hat ihn -in seinem eigenen Herzen gefunden. Dennoch fragt und forscht -er sorgsam, ob andere dasselbe glauben, in dunklem Vorgefühle -banger Stunden, wo er einer sonst so gering geschätzten -Stütze, als die Beistimmung anderer ist, doch bedürfen könnte. -So wird das wahre Genie durch die kaltsinnige Aufnahme seiner -Meisterwerke oder durch den lautesten Tadel derselben nie aus -seiner Fassung gebracht: er ist seiner Sache sicher und gewiss -des Geistes, der ohne sein Verdienst in ihm wohnt; aber er -will aus Achtung für denselben ihn auch von anderen anerkannt -und geehrt wissen. — Es verhält sich so mit allem, was -wir bloss zufolge unseres Gefühls annehmen und nur glauben -können. Wenn alle Anwesende einstimmig versichern, dass ein -Gegenstand, den wir zu erblicken glauben, nicht vorhanden sey, -so werden wir, wenn wir nur ein wenig mit den Täuschungen -unserer Sinne und unserer Einbildungskraft bekannt sind, leicht -irre, und fangen an, den Grund der Erscheinung in uns selbst -zu suchen. An unser inneres Gefühl glauben wir schon weit -fester; doch sehen wir auch dieses gern durch das Gefühl anderer -unterstützt. -</p> - -<p> -Um seine Stimmung <em class="italic">mitzutheilen</em>. Es ist, wie Sie selbst -angemerkt haben, in allen Menschen der Trieb, andere um sich -herum sich selbst so ähnlich zu machen, als möglich, und sich -selbst in ihnen, so vollkommen als es gehen will, zu wiederholen; -und dies um desto mehr, je mehr wir zu diesem Wunsche -durch eigene höhere Bildung berechtigt sind. Nur der ungerechte -Egoist will der einzige seiner Art seyn, und kann seines -Gleichen ausser sich nicht dulden; aber der edle Mensch möchte, -dass alle ihm glichen, und thut, so viel an ihm ist, um es dahin -zu bringen. So der begeisterte Liebling der Natur. Er -<a id="page-294" class="pagenum" title="294"></a> -<a id="pagehdr-294" class="orig-page" title="295"></a> -möchte, dass aus allen Seelen sein eigenes liebliches Bild ihm -zurückstrahlte. Drum drückt er die Stimmung seines Geistes -ein in eine körperliche Gestalt. Was in der Seele des Künstlers -vorgeht, die mannigfaltigen Biegungen und Schwingungen -seines inneren Lebens und seiner selbstthätigen Kraft sind nicht -zu beschreiben; keine Sprache hat Worte dafür gefunden, und -wenn sie gefunden wären, so würde die gedrungene Fülle des -Lebens in der allmähligen, und zu einem einfachen Faden ausgedehnten -Beschreibung verhauchen. Leben wird nur in lebendigem -Handeln dargestellt; und sowie alle gesetzmässige Thätigkeit -des menschlichen Geistes, so muss auch diese freie Geschäftigkeit -desselben einen Gegenstand bekommen, den sie -bearbeite, und in welchem durch die Weise ihres Verfahrens -sie ihre innere Natur verrathe. So besteht das Wesen, das -Grundprincip des <em class="italic">Tons</em> in den harmonischen Bebungen und -Schwingungen der Saite, die im luftleeren Raume nicht minder -einander hervorbringen und bestimmen, ihre innere Wirksamkeit -erfüllen, und für die Saite selbst den Ton bilden würden; -aber nur in der umgebenden Luft bekommen dieselben einen -äusseren Wirkungskreis, drücken sich selbst in sie ein, und -pflanzen sich fort bis zum Ohre des entzückten Hörers, und -lediglich aus jener Vermählung wird der Ton geboren, der in -unserer Seele wiederhallt. So drückt der begeisterte Künstler -die Stimmung seines Gemüthes aus in einem beweglichen Körper, -und die Bewegung, der Gang, der Fortfluss seiner Gestalten -ist der Ausdruck der inneren Schwingungen seiner Seele. -Diese Bewegung soll in uns die gleiche Stimmung hervorbringen, -welche in ihm war; er lieh der todten Masse seine Seele, -dass diese sie auf uns übertragen möchte; unser Geist ist das -letzte Ziel seiner Kunst, und jene Gestalten sind die Vermittler -zwischen ihm und uns, wie die Luft es ist zwischen unserem -Ohre und der Saite. -</p> - -<p> -Diese innere Stimmung des Künstlers ist der Geist seines -Products; und die zufälligen Gestalten, in denen er sie ausdrückt, -sind der Körper oder der Buchstabe desselben. -</p> - -<p> -Hier ist es, wo das Bedürfniss der mechanischen Kunst -eintritt. -</p> - -<p> -<a id="page-295" class="pagenum" title="295"></a> -<a id="pagehdr-295" class="orig-page" title="296"></a> -Wer die Dinge einer gewissen Stimmung gemäss bearbeiten -will, der muss es überhaupt verstehen, sie zu bearbeiten, und -sie mit Leichtigkeit zu bearbeiten, so dass kein Widerstand -sichtbar sey, und dass die todte Masse unter seinen Händen -von selbst Bildung und Organisation angenommen zu haben -scheine. Sobald die Materie widerstrebt, und es der Anstrengung -bedarf, sie zu besiegen, ist die ästhetische Stimmung abgebrochen, -und es bleibt uns anderen nichts übrig, als der Anblick -des Arbeiters, der seinen Zweck zu erreichen strebt; ein -nicht unwürdiger Anblick, den wir aber nur hier nicht haben -wollten. Man hat diese Leichtigkeit der mechanischen Kunst -sehr oft mit dem Geiste selbst verwechselt; und sie ist allerdings -die ausschliessende Bedingung seiner Aeusserung, und -jeder, der an das Werk geht, muss sie schon erworben haben; -aber sie ist nicht der Geist selbst. Durch sie allein wird nichts -hervorgebracht, als ein leeres Geklimper, — ein Spiel, das auch -nichts weiter ist, denn Spiel, — das nicht zu Ideen erhebt, und -höchstens einen Muthwillen und eine verschwendete Kraft ausdrückt, -der man in der Stille eine bessere Anwendung wünscht. -Zwar wird der leichteste und muthwilligste Pinselstrich des -wahren Genies einen Anstrich von den Ideen haben; aber der -blosse Mechaniker wird durch seine höchste Kunst nie etwas -anderes hervorbringen, als ein mechanisches Werk, über dessen -Bau man höchstens sich wundern wird. -</p> - -<p> -So ist in den letzten Meisterwerken des begünstigten Lieblings -der Natur unter unserer Nation, — im Tasso, in der Iphigenie, -und in den leichtesten Pinselstrichen desselben Künstlers -seitdem, — es ist in ihnen, sage ich, nicht die so einfache Erzählung, -nicht die ohne allen Schwulst so sanft hingleitende -Sprache, durch welche der gebildete Leser so mächtig angezogen -wird. Es ist nicht der Buchstabe, sondern der Geist. Mit -der gleichen Einfachheit der Fabel, der gleichen Leichtigkeit, -dem gleichen Adel der Sprache ist es möglich, ein sehr schaales, -sehr schmackloses, sehr unkräftiges Werk zu verfertigen. -Die Stimmung ist es, welche in diesen Werken herrscht: diese -edelste Blüthe der Humanität, welche durch die Natur nur einmal -unter dem griechischen Himmel hervorgetrieben und durch -<a id="page-296" class="pagenum" title="296"></a> -<a id="pagehdr-296" class="orig-page" title="298"></a> -eins ihrer Wunder im Norden wiederholt wurde. Es schmiegt -sich an unsere Seele das lebendige Bild jener geendigten Cultur, -die den Angriffen des Schicksals nicht mehr mit gewaltsamen -Anstrengungen und Renkungen entgegengeht, und die eher alles, -als die reine Ebenheit ihres Charakters und die leichte Grazie in -den Bewegungen ihres Gemüths, verliert: jenes Beruhens in -sich selbst und auf sich selbst, das es nicht mehr bedarf, -durch Anstrengung seine Kraft aufzuregen und gegen den Widerstand -anzustemmen, sondern das auf seiner eigenen natürlichen -Last sicher steht; jener Unbefangenheit des Geistes, -welche die Dinge, auch bei ihrem gewaltsamsten Andringen auf -uns, dennoch keiner anderen Schätzung würdigt, als der, die -ihnen gebührt, dass sie Gegenstände unserer Betrachtung sind, -und welche auch dann noch den gefälligen Formen derselben -ein ästhetisches Vergnügen, den Verzerrungen derselben ein -leichtes Lächeln, wie Grazien lächeln, abzugewinnen vermag; -jener Vollendung der Menschheit, die sich von der Sinnenwelt -nicht losgerissen, sondern abgelöst fühlt, und die mit gleicher -Leichtigkeit derselben ohne Misvergnügen entbehren, oder ihrer -mit Freude auf ihre Weise geniessen kann. Wir finden -uns mit Vergnügen in eine Welt versetzt, in der allein eine -solche Stimmung möglich ist, unter eine Gesellschaft, deren -Mitglieder alle gerecht und wohlwollend sind, und deren Trennungen -nicht durch bösen Willen verursacht, sondern selbst -nur Stürme des widrigen Schicksals sind; — (denn Ungerechtigkeiten -freier Wesen können uns nie gleichgültig seyn, und -werden immer ernste Misbilligung, keinesweges aber das leichte -Lächeln erregen, wie die Verstösse der vernunftlosen Natur). -Wir entdecken mit befriedigter Selbstliebe unter dem Einflusse -des Künstlers eine Fassung in uns, die wir im Laufe des Lebens -gewöhnlich nicht behalten; wir fühlen uns höher gehoben -und veredelt, und innige Liebe ist der Lohn des Dichters, der -uns so sanft schmeichelt, um uns zu bessern. -</p> - -<p> -Jeder hat den feinsten Sinn für diejenige Art der Ausbildung, -der er zunächst bedürfte, und mag in der Stunde der -Täuschung am liebsten das an sich finden, wovon eine leise -Ahnung ihm sagt, dass es auf der nächsten Stufe der Cultur -<a id="page-297" class="pagenum" title="297"></a> -<a id="pagehdr-297" class="orig-page" title="300"></a> -liege, die er zu ersteigen hat. Ein beträchtlicher Theil unseres -Publicums ist noch nicht so weit, dass ihm nichts mehr, als -die Grazie in seinen Bewegungen, die Leichtigkeit und Ungezwungenheit -in seiner Kraftäusserung abgehe. Vielen fehlt es -an der Kraft selbst. Für diese sind Darstellungen, wie die, von -welchen wir redeten, unschmackhaft; sie verwechseln die durch -die Fülle der Kraft gehaltene Kraft, die sie nicht kennen, mit -der Kraftlosigkeit, die sie nur zu wohl kennen. Diese mögen -im Bilde lieber die rohe, aber kraftvolle Sitte unserer Urahnen -sich angetäuscht sehen — eine Art, die so vorzüglich ist, als -jede andere, wenn sie mit Geist behandelt wird — oder vergnügen -sich wohl auch an den wunderlichen Renkungen in unsern -gewöhnlichen Ritterromanen, und an hochtönenden und -vermessenen Reden. -</p> - -<p> -Dem Dichter, von dem ich rede, war es gegeben, zwei -verschiedene Epochen der menschlichen Cultur mit allen ihren -Abstufungen auszumessen. Er nahm sein Zeitalter bei der letzteren -Stufe auf, um es bei der ersteren niederzusetzen. Aber -sein Genius überflog, wie es seyn musste, den langsamen Gang -desselben. Er bildete, wie jeder wahre Künstler soll, sein Publicum -selbst, arbeitete für die Nachwelt, und wenn unser Geschlecht -höher steigt, so ist es nicht ohne sein Zuthun. -</p> - -<p> -Jene beiden Zustände, der der ersten ursprünglichen Begeisterung, -und der der Darstellung derselben in körperlicher -Hülle, sind in der Seele des Künstlers nicht immer verschieden, -obwohl sie durch den genauen Forscher sorgfältig unterschieden -werden müssen. Es giebt Künstler, die ihre Begeisterung -auffassen und festhalten, unter den Materialien um sich herumsuchen, -und das geschickteste für den Ausdruck wählen; die -unter der Arbeit sorgfältig über sich wachen; die zuerst den -Geist fassen, und dann den Erdkloss suchen, dem sie die lebendige -Seele einhauchen. Es giebt andere, in denen der Geist -zugleich mit der körperlichen Hülle geboren wird, und aus deren -Seele zugleich das ganze volle Leben sich losreisst. Die -ersteren erzeugen die gebildetsten, berechnetsten Producte, deren -Theile alle das feinste Ebenmaass unter sich und zum Ganzen -halten: aber das feinere Auge kann in der Zusammenfügung -<a id="page-298" class="pagenum" title="298"></a> -<a id="pagehdr-298" class="orig-page" title="301"></a> -des Geistes und des Körpers hier und da die Hand des -Künstlers bemerken. In den Werken der letzteren sind Geist -und Körper, wie in der Werkstätte der Natur, innigst zusammengeflossen, -und das volle Leben geht bis in die äussersten -Theile; aber wie an den Werken der Natur entdeckt man hier -und da kleine Auswüchse, deren Absicht man nicht angeben -kann, die man aber nicht wegnehmen könnte, ohne dem Ganzen -zu schaden. Von beiden Arten hat unsere Nation Meister. -</p> - -<p> -Gewisse höhere Stimmungen sind, wie soeben gesagt worden, -nicht für gemeine Augen, und lassen sich denselben nicht -mittheilen; bei anderen, die mittheilbar sind, ist wenigstens unsichtbar, -woher es komme, dass das Werk zu ihnen erhebe; -und nicht sehr feine Beobachter sind daher versucht, der Gestalt -und dem Baue des Körpers die bewegende Kraft zuzuschreiben, -die nur der Geist hat. Die Verhältnisse dieses Körpers -und die Regeln, nach denen er gebildet ist, sind zu berechnen, -zu lernen und durch Kunst auszuüben, da, wie oben -zugestanden worden, der Körper des geistreichsten Werkes -selbst nur durch Kunst hervorgebracht ist. Es giebt mancherlei -Ursachen, die den geistlosesten Menschen bewegen können, auf -diese Weise den mechanischen Theil eines geistvollen Products -nachzubilden; und da auch dieser sein Gutes hat, verlieren -manche Zuschauer nichts dabei. Solche Arbeiter sind Buchstäbler. -Derjenige, der ohne Geist selbst der mechanischen -Kunst nicht mächtig ist, heisst ein Stümper. — Stelle Pygmalion -seine beseelte Bildsäule hin vor die Augen des jauchzenden -Volkes; er soll ihr, — da nichts uns verhindert, die Fabel -zu ergänzen, — mit dem Leben zugleich den geheimen Vorzug -ertheilt haben, nur von geistvollen Augen als lebend erblickt -zu werden, für gemeine und stumpfe aber kalt und todt zu -bleiben. Kostet es nicht mehr, um berühmt zu werden? denkt, -— indess das ganze Volk dem Künstler huldigt, ein Mann, der -seinen Meissel auch zu führen versteht, misst mit Cirkel und -Lineal genau die Verhältnisse der Bildsäule, geht hin, fertigt -sein Werk, stellt es neben das Werk des Künstlers, und es -sind viele, die keinen Unterschied zwischen beiden finden -können. -</p> - -<p> -<a id="page-299" class="pagenum" title="299"></a> -<a id="pagehdr-299" class="orig-page" title="303"></a> -Die Regeln der Kunst, die sich in den Lehrbüchern finden, -beziehen sich meist auf das Mechanische der Kunst. Sie müssen -im Geiste gedeutet werden, und nicht nach dem Buchstaben. -So lehren sie uns, wie wir die Fabel erfinden, mittheilen, -allmählig entwickeln sollen, und es thut dem Künstler allerdings -noth, dies zu verstehen. Versteht er aber auch nichts -weiter, als die Beobachtung dieser Regeln, so hat er am Ende -eine gute Fabel, die die Neugier reizt, unterhält, befriedigt; -aber wir forderten noch etwas mehr von ihm. Die Einheit der -geistigen Stimmung, die in seinem Werke herrscht, und die dem -Gemüthe des Lesers mitgetheilt werden soll, ist die Seele des -Werkes; ist diese Stimmung angedeutet, entwickelt, durchaus -gehalten und siegend, dann ist das Werk vollendet, ob die -äussere Begebenheit für die leere Neugier geschlossen sey, oder -nicht; der Triumph dieser Stimmung über die mannigfaltigen -Störungen derselben ist die wahre Entwickelung, obschon der -gedankenlose Leser, der ein Mährchen hören wollte, frage, wie -es nun weiter geworden sey. -</p> - -<p> -Sie rathen uns, zu täuschen; durch die Erzählung, meint -der Buchstäbler, bietet er alle seine Künste auf, um uns sein Mährchen -für eine wirkliche Begebenheit aufzubinden, und wenn -alles mislingt, versichert er uns auf sein Ehrenwort, dass er -eine wahre Geschichte erzähle. Nun wohl, so erzähle er, bis -alle Gaffer sich wundern; aber er glaube nicht ein Kunstwerk -geliefert zu haben. Unsere Erhebung zu einer ganz anderen, -uns fremden Stimmung, in welcher wir unsere Individualität -vergessen: — das ist die wahre Täuschung, und für diesen -Endzweck reicht diejenige Wahrheit der Geschichte, die er -allein als Wahrheit kennt, nicht hin. In dieser handeln Erdenmenschen, -wie wir unter den gleichen Umständen ungefähr -auch handeln würden. -</p> - -<p> -Sie halten über reine Moral; und so thue denn wer kann -und will das gute Werk, uns wichtige moralische Lehren durch -Erzählungen anschaulich und eindringend zu machen. Er will -uns dahin bringen, dass wir durch eigenen freien Entschluss -das Bessere wählen; er ist unseres Dankes werth, und seine -Bemühungen sind nicht allemal an uns verloren. Nur wisse er, -<a id="page-300" class="pagenum" title="300"></a> -<a id="pagehdr-300" class="orig-page" title="304"></a> -was er ist, und stelle sich nicht in eine ihm fremde Klasse. -Der begeisterte Künstler wendet sich gar nicht an unsere Freiheit, -er rechnet auf dieselbe so wenig, dass vielmehr sein -Zauber erst anfängt, nachdem wir sie aufgegeben haben. Er -hebt durch seine Kunst uns ohne alles unser Zuthun auf Augenblicke -in eine höhere Sphäre. Wir werden um nichts besser; -aber die unangebauten Felder unseres Gemüths werden -doch geöffnet, und wenn wir einst aus anderen Gründen uns -mit Freiheit entschliessen, sie in Besitz zu nehmen, so finden -wir die Hälfte des Widerstandes gehoben, die Hälfte der Arbeit -gethan.<a class="fnote" href="#footnote-33" id="fnote-33">[33]</a> -</p> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-32" id="footnote-32">[32]</a> Die folgenden drei Briefe, deren Fortsetzung in einem der künftigen -Hefte erscheinen wird, sind schon vor vier Jahren abgefasst worden. — Ich -erinnere dies, um das Stillschweigen über neuere Vorfälle und Aeusserungen, -an die man durch diese Ueberschrift erinnert wird, zu erklären. -</p> - -<p class="sign footnote2"> -(Anm. des Verfassers.) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-33" id="footnote-33">[33]</a> Die Fortsetzung ist nicht erschienen. -</p> - -<h3 class="l3s pbb chapter" id="chapter-5-4"> -<a id="page-301" class="pagenum" title="301"></a> -<span class="line1">D.</span><br /> -<span class="line2">Von der Sprachfähigkeit und dem Ursprunge der Sprache.</span> -</h3> - -<p class="src"> -(Philos. Journal Bd. I. S. 255-273, S. 287-326. 1795.) -</p> - -<p class="noindent"> -In einer Untersuchung über den Ursprung der Sprache darf -man sich nicht mit Hypothesen, nicht mit willkürlicher Aufstellung -besonderer Umstände, unter welchen etwa eine Sprache -entstehen <em class="italic">konnte</em>, behelfen; denn da der Fälle, welche den -Menschen bei Erfindung und Ausbildung der Sprache leiten -konnten, so mancherlei sind, dass sie keine Forschung ganz -erschöpfen kann: so würden wir auf diesem Wege ebensoviel -halbwahre Erklärungen des Problems erhalten, als Untersuchungen -darüber angestellt würden. Man darf sich daher nicht damit -begnügen, zu zeigen, dass und wie etwa eine Sprache erfunden -werden <em class="italic">konnte</em>: man muss aus der Natur der menschlichen -Vernunft die Nothwendigkeit dieser Erfindung ableiten; -man muss darthun, dass und wie die Sprache erfunden werden -<em class="italic">musste</em>. -</p> - -<p> -Man hüte sich insbesondere bei dieser Untersuchung, so -wie bei jeder anderen, das Resultat, das man etwa zu finden -hofft, schon zum voraus im Auge zu haben. Man denke sich -in den Gesichtspunct der Menschen hinein, welche noch überhaupt -keine Sprache hatten, sondern sie erst erfinden sollten; -welche noch nicht wussten, wie die Sprache gebaut seyn müsse, -<a id="page-302" class="pagenum" title="302"></a> -<a id="pagehdr-302" class="orig-page" title="256"></a> -sondern die Regeln darüber erst aus sich selbst schöpfen mussten. -Jedem, der dem Ursprunge der Sprache nachforscht, muss -die Sprache so gut als nicht erfunden seyn: er muss sich denken, -dass er sie erst durch seine Untersuchung erfinden soll. -</p> - -<p> -Ferner hat man bei allen Untersuchungen über Entstehung -der Sprache es auch darin versehen, dass man zuviel auf willkürliche -Verabredung baute; dass man z. B. meinte: da ich -ein Buch <em class="italic">liber</em>, <span class="greek">βίβλιον</span>, book u. s. w. nennen kann, so müssen -die Nationen einig geworden seyn, die eine, dieser bestimmte -Gegenstand solle <em class="italic">Buch</em> — die andere, er solle <em class="italic">liber</em>, -u. s. w. heissen. Aber auf eine solche Uebereinkunft dürfen -wir wenig rechnen, da sie sich nur mit der grössten Unwahrscheinlichkeit -denken lässt, und wir müssen daher selbst den -Gebrauch der willkürlichen Zeichen aus den wesentlichen Anlagen -der menschlichen Natur ableiten. -</p> - -<p> -<em class="italic">Sprache</em>, im weitesten Sinne des Wortes, ist der <em class="italic">Ausdruck -unserer Gedanken durch willkürliche Zeichen</em>. -</p> - -<p> -Durch <em class="italic">Zeichen</em>, sage ich, also nicht durch Handlungen. — -Allerdings offenbaren sich unsere Gedanken auch durch die -Folgen, welche sie in der Sinnenwelt haben: ich denke und -handle nach den Resultaten dieses Denkens. Ein vernünftiges -Wesen kann aus diesen meinen Handlungen auf das, was ich -gedacht habe, schliessen. Dies heisst aber nicht <em class="italic">Sprache</em>. Bei -allem, was <em class="italic">Sprache</em> heissen soll, wird schlechterdings nichts -weiter beabsichtigt, als die Bezeichnung des Gedankens; und -die Sprache hat ausser dieser Bezeichnung ganz und gar keinen -Zweck. Bei einer Handlung hingegen ist der Ausdruck -des Gedankens nur zufällig, ist durchaus nicht Zweck. Ich -handle nicht, um anderen meine Gedanken zu eröffnen; ich -esse z. B. nicht, um anderen anzudeuten, dass ich Hunger fühle. -Jede Handlung ist selbst Zweck: ich handle, weil ich handeln -will. -</p> - -<p> -Ich habe mich bei der Erklärung der Sprache des Ausdruckes: -„<em class="italic">willkürliche Zeichen</em>“ bedient. Darunter verstehe -ich hier solche Zeichen, welche ausdrücklich dazu bestimmt -sind, diesen oder jenen Begriff anzudeuten. Ob dieselben mit -dem Bezeichneten natürliche Aehnlichkeit haben, oder nicht, -<a id="page-303" class="pagenum" title="303"></a> -<a id="pagehdr-303" class="orig-page" title="257"></a> -das ist hier völlig gleichgültig. Ich mag zu dem anderen das -Wort <em class="italic">Fisch</em> sagen — ein Zeichen, das mit dem Gegenstande, -welchen es ausdrücken soll, gar keine Aehnlichkeit hat — oder -ich mag ihm einen Fisch vorzeichnen; ein Zeichen, das mit dem -Bezeichneten allerdings Aehnlichkeit hat — in beiden Fällen -habe ich keinen Zweck, als den, die Vorstellung eines bestimmten -Gegenstandes bei dem anderen zu veranlassen; — folglich -kommen beide Zeichen darin überein, dass sie <em class="italic">willkürlich</em> sind. -</p> - -<p> -<em class="italic">Sprachfähigkeit</em> ist das Vermögen, seine Gedanken willkürlich -zu bezeichnen. Ich drücke mich absichtlich so allgemein -aus, damit man nicht gleich an eine <em class="italic">Sprache für das Gehör</em> -denke. Von der <em class="italic">Ursprache</em> lässt sich gar nicht behaupten, dass -sie bloss aus Tönen bestanden habe, bloss Gehörsprache gewesen -sey. Diese letztere kann erst weit später entstanden -seyn, und lässt sich nur unter Voraussetzung der Ursprache -und auf eine weit verwickeltere Art deduciren. -</p> - -<p> -Die Frage, die sich uns zunächst darbietet, ist folgende: -<em class="italic">Wie ist der Mensch auf die Idee gekommen, seine Gedanken -durch willkürliche Zeichen anzudeuten?</em> Diese enthält unter -sich folgende zwei: 1) Was brachte den Menschen überhaupt -auf den Gedanken, eine Sprache zu erfinden? 2) In welchen -Naturgesetzen liegt der Grund, dass diese Idee gerade <em class="italic">so</em> und -nicht anders ausgeführt wurde? Lassen sich Gesetze auffinden, -welche den Menschen bei der Ausführung leiteten? -</p> - -<p> -Ich mache mich deutlicher. Die Sprache ist das Vermögen, -seine Gedanken <em class="italic">willkürlich</em> zu bezeichnen. Sie setzt demnach -eine Willkür voraus. Unwillkürliche Erfindung, unwillkürlicher -Gebrauch der Sprache enthält einen inneren Widerspruch. -Man hat sich zwar auf unwillkürliche Töne beim Ausbruche -der Freude, des Schmerzes u. s. w. berufen, und daraus -gar manches über Erfindung und Gesetze der Sprache ableiten -wollen; aber beides ist völlig verschieden. Unwillkürlicher Ausbruch -der Empfindung ist nicht <em class="italic">Sprache</em>. -</p> - -<p> -Um die Willkür zur Erfindung einer Sprache zu bestimmen, -wurde eine Idee derselben vorausgesetzt. Daher die Frage: -wie entwickelte sich in den Menschen die Idee, ihre Gedanken -sich gegenseitig durch Zeichen mitzutheilen? -</p> - -<p> -<a id="page-304" class="pagenum" title="304"></a> -<a id="pagehdr-304" class="orig-page" title="259"></a> -Allein daraus, dass sie sich die Aufgabe aufstellten, eine -Sprache zu erfinden, folgt noch nicht, dass ihnen überhaupt, -und durch welche Mittel ihnen die Ausführung gelang. Daher -die zweite schon angeführte Frage: giebt es in der menschlichen -Natur Mittel, welche man nothwendig ergreifen musste, -um die Idee einer Sprache zu realisiren? Kann man diesen -Mitteln nachspüren, und wie mussten sie gebraucht werden, -wenn durch sie der Zweck erreicht werden sollte? Fänden -sich solche Mittel, so liesse sich wohl eine Geschichte der Sprache -<em class="italic">a priori</em> entwerfen. Und sie finden sich allerdings. -</p> - -<p> -Zuvörderst: auf welchem Wege wurde die Idee von einer -Sprache in dem Menschen entwickelt? — Es ist im Wesen des -Menschen gegründet, dass er sich die Naturkraft zu unterwerfen -sucht. Die erste Aeusserung seiner Kraft ist gerichtet auf -die Natur, um sie für seine Zwecke zu bilden. Selbst der roheste -Mensch trifft irgend eine Vorkehrung für seine Bequemlichkeit -und seine Sicherheit; er gräbt sich Höhlen, bedeckt -sich mit Laub, und wenn er des Feuers etwa habhaft werden -kann, zündet er Holz an, um sich so gegen den Frost zu schützen. -Er wird von allen Seiten arbeiten, die feindselige Natur -zu bezwingen, und wo er das nicht kann, wird er sie scheuen. -So fürchtet der Mensch den Donner, weil er sich ausser Stande -sieht, die Natur in dieser Aeusserung ihrer Kraft zu beherrschen. -Sollten wir Mittel finden, dieselbe auch hier zu bezwingen, -so würde sich jene Furcht bald verlieren. Der Mensch -macht sich die Thiere dienstbar, oder flieht sie, wenn er das -erstere nicht vermag. So war gewiss, ehe man die Kunst erfand, -Pferde zu zähmen, dieses grosse starke Thier dem Menschen -ein Gegenstand des Schreckens: jetzt, da er es sich unterworfen -hat, fürchtet er es nicht mehr. -</p> - -<p> -In diesem Verhältnisse steht der Mensch mit der belebten -und leblosen <em class="italic">Natur</em>: er geht darauf aus, sie nach seinen Zwecken -zu modificiren; aber diese widerstrebt der Einwirkung, -und nimmt oft genug sie gar nicht an. Daher sind wir mit -der Natur in stetem Kampfe, sind bald Sieger, bald Besiegte, — -unterjochen oder fliehen. -</p> - -<p> -Wie verhält sich dagegen der Mensch ursprünglich gegen -<a id="page-305" class="pagenum" title="305"></a> -<a id="pagehdr-305" class="orig-page" title="260"></a> -den <em class="italic">Menschen selbst</em>? Sollte wohl zwischen ihnen im rohen -Naturzustande dasselbe Verhältniss stattfinden, welches zwischen -dem Menschen und der Natur ist? Sollten sie wohl darauf -ausgehen, sich selbst untereinander zu unterjochen, oder, -wenn sie sich dazu nicht Kraft genug zutrauen, einander gegenseitig -fliehen? -</p> - -<p> -Wir wollen annehmen, es wäre so: so würden gewiss -nicht zwei Menschen nebeneinander leben können; der Stärkere -würde den Schwächeren bezwingen, wenn dieser nicht -flöhe, sobald er jenen erblickte. Würden sie aber auf solche -Art wohl jemals in Gesellschaft getreten, würde durch sie die -Erde bevölkert worden seyn? Ihr Verhältniss würde ganz so -gewesen seyn, wie es Hobbes im Naturstande schildert: Krieg -aller gegen alle. Und doch finden wir, dass die Menschen -sich miteinander vertragen, dass sie sich gegenseitig unterstützen, -dass sie in gesellschaftlicher Verbindung miteinander -stehen. Der Grund dieser Erscheinung muss wohl in dem -Menschen selbst liegen: in dem ursprünglichen Wesen desselben -muss sich ein Princip aufzeigen lassen, welches ihn bestimmt, -sich gegen seinesgleichen anders zu betragen, als gegen -die Natur. -</p> - -<p> -Ich weiss recht wohl, dass viele behaupten, die Menschen -gingen von Natur darauf aus, einander zu unterjochen. Was -auch immer gegen diese Behauptung sich einwenden lassen -möge, so ist doch soviel gewiss: dass sich aus der Erfahrung -mancherlei scheinbare Gründe für dieselbe auffinden lassen, -und dass sie folglich der entgegengesetzten Behauptung, wiefern -diese auch nur als Erfahrungssatz aufgestellt würde, in -Rücksicht auf Gültigkeit gleichgesetzt werden könnte. Diese -entgegengesetzte Behauptung muss also eben darum, damit ihre -Gültigkeit entschieden sey, aus einem in der Natur des Menschen -selbst liegenden Principe abgeleitet werden. Wir wollen -dieses Princip aufsuchen. -</p> - -<p> -Der Mensch geht darauf aus, die rohe oder thierische Natur -nach seinen Zwecken zu modificiren. Dieser Trieb muss -untergeordnet seyn dem höchsten Principe im Menschen, dem: -sey immer einig mit dir selbst; nach welchem Principe er in -<a id="page-306" class="pagenum" title="306"></a> -<a id="pagehdr-306" class="orig-page" title="262"></a> -den allgemeinsten Aeusserungen seiner Kraft beständig forthandelt, -auch ohne sich desselben bewusst zu seyn. Der Mensch -sucht also — nicht gerade aus einem deutlich gedachten, aber -aus einem durch sein ganzes Wesen verwebten, und dasselbe -ohne alles Hinzuthun seines freien Willens bestimmenden Princip -— die nicht vernünftige Natur sich deswegen zu unterwerfen, -damit alles mit seiner Vernunft übereinstimme, weil nur -unter dieser Bedingung er selbst mit sich selbst übereinstimmen -kann. Denn da er ein vorstellendes Wesen ist, und in -einer gewissen Rücksicht, die wir hier nicht zu bestimmen haben, -die Dinge vorstellen muss, wie sie sind: so geräth er dadurch, -dass die Dinge, die er vorstellt, mit seinem Triebe nicht -übereinstimmen, in einen Widerspruch mit sich selbst. Daher -der Trieb, die Dinge so zu bearbeiten, dass sie mit unseren -Neigungen übereinstimmen, dass die Wirklichkeit dem Ideale -entspreche. Der Mensch geht nothwendig darauf aus, alles, so -gut er es weiss, <em class="italic">vernunftmässig</em> zu machen. -</p> - -<p> -Wenn er nun in diesen Versuchen auf einen Gegenstand -stossen sollte, an welchem sich die gesuchte Vernunftmässigkeit -ohne seine Mitwirkung schon äusserte, so wird er sich in -Rücksicht auf diesen aller Bearbeitung wohl enthalten, da er -dasjenige, was einzig und allein durch sie hervorgebracht werden -soll, an dem entdeckten Gegenstande schon findet. Er hat -etwas gefunden, was mit ihm übereinstimmt; würde es nicht -ungereimt seyn, einen Gegenstand seinem Triebe entsprechend -machen zu wollen, der schon, ohne sein Zuthun, demselben -entspricht? Das Gefundene wird ihm ein Gegenstand des Wohlgefallens -seyn: er wird sich freuen, ein mit ihm gleichgestimmtes -Wesen — einen <em class="italic">Menschen</em> angetroffen zu haben. -</p> - -<p> -Aber woran soll er diese Vernunftmässigkeit des gefundenen -Gegenstandes erkennen? An nichts anderem, als woran -er seine eigene Vernunftmässigkeit erkennt — am <em class="italic">Handeln nach -Zwecken</em>. — Die blosse Zweckmässigkeit des Handelns aber an -sich allein würde zu einer solchen Beurtheilung noch nicht hinreichen; -sondern es bedarf noch der Idee des Handelns nach -veränderter Zweckmässigkeit, und zwar von einem Handeln, -das verändert ist nach unserer eigenen Zweckmässigkeit. Gesetzt, -<a id="page-307" class="pagenum" title="307"></a> -<a id="pagehdr-307" class="orig-page" title="263"></a> -der Naturmensch handle auf einen Gegenstand, der entweder -nach gewissen Regeln aufwächst, Früchte trägt u. s. w., -oder einen, der nach einem gewissen Instincte auf Nahrung -ausgeht, schläft, erwacht u. s. w., und den er deshalb als nach -Zwecken handelnd beurtheilt. Sobald ein solcher Gegenstand, -auf den der Naturmensch seinen Zwecken gemäss gehandelt -hat, seinen Gang fortgeht, ohne nach Maassgabe jener Einwirkung -eine Veränderung in seinem Zwecke anzunehmen, so erkennt -er ihn nicht für vernünftig. Als zweckmässig und freihandelnd -werde ich nur das Wesen ansehen, das seinen Zweck, -nachdem ich meinen Zweck auf dasselbe anwende, auch ändert. -Z. B., ich brauche Gewalt auf ein Wesen, und es braucht -sie auch, ich erzeige ihm eine Wohlthat, es erwiedert sie; so -ist immer Veränderung des Zweckes nach dem Zwecke, den -ich für dasselbe habe: mit anderen Worten, es ist eine <em class="italic">Wechselwirkung</em> -zwischen mir und diesem Wesen. Nur ein Wesen, -das, nachdem ich meinen Zweck auf dasselbe äusserte, den -seinigen in Beziehung auf diese Aeusserung ändert, das z. B. -Gewalt braucht, wenn ich gegen dasselbe Gewalt brauche, das -mir wohlthut, wenn ich ihm wohlthue: nur ein solches Wesen -kann ich als vernünftig erkennen. Denn ich kann aus der -Wechselwirkung, welche zwischen ihm und mir eingetreten ist, -schliessen, dass dasselbe eine Vorstellung von meiner Handlungsweise -gefasst, sie seinem eigenen Zwecke angepasst habe, -und nun nach dem Resultate dieser Vergleichung seinen Handlungen -durch Freiheit eine andere Richtung gebe. Hier zeigt -sich offenbar ein Wechsel zwischen Freiheit und Zweckmässigkeit, -und an diesem Wechsel erkennen wir die Vernunft. -</p> - -<p> -Der Mensch geht also nothwendig darauf aus, Vernunftmässigkeit -ausser sich zu finden; er hat einen Trieb dazu, der -sich deutlich genug dadurch offenbart, dass der Mensch sogar -geneigt ist, leblosen Dingen Leben und Vernunft zuzuschreiben. -Beweise davon finden sich häufig genug in den Mythologien -und den Religionsmeinungen aller Völker u. s. w. Wie wir gesehen -haben, ist es der Trieb nach Uebereinstimmung mit sich -selbst, welcher den Menschen anleitet, Vernunftmässigkeit ausser -sich aufzusuchen. -</p> - -<p> -<a id="page-308" class="pagenum" title="308"></a> -<a id="pagehdr-308" class="orig-page" title="264"></a> -Eben dieser Trieb musste in dem Menschen, sobald er -wirklich mit Wesen seiner Art in Wechselwirkung getreten -war, den Wunsch erzeugen, seine Gedanken dem anderen, der -sich mit ihm verbunden hatte, auf eine bestimmte Weise andeuten, -und dagegen von demselben eine deutliche Mittheilung -seiner Gedanken erhalten zu können. Denn ohne diese Auskunft -musste es sich häufig ereignen, dass der eine die Handlung -des anderen misverstand und auf eine Art erwiederte, die -ganz gegen die Erwartung des Handelnden war; ein Fall, der -den Menschen in offenbaren Widerspruch mit seinen Zwecken -versetzte, und folglich geradezu gegen die Uebereinstimmung -mit sich selbst stritt, welche er bei der Aufsuchung vernünftiger -Wesen beabsichtigte. — Ich meine es vielleicht mit jemand -gut, und will ihm mein Wohlwollen durch Handlungen zu erkennen -geben. Allein jener deutet diese Handlungen unrichtig -und erwiedert sie durch Feindseligkeiten. Ein solches Betragen -muss nothwendig bei mir den Gedanken veranlassen, dass -der andere meine Absichten verkenne; und diesem Gedanken -muss bald der Wunsch folgen, ihm meine Gesinnungen auf -eine weniger zweideutige Art ankündigen zu können. -</p> - -<p> -So wie es mir mit anderen geht, so anderen mit mir. Wie -leicht kann ich die wohlmeinende Handlung eines anderen misverstehen -und mit Undank vergelten? So wie ich aber seine -Absicht besser einsehe, so werde ich wünschen mein Vergehen -wieder gut zu machen, und um deswillen von seinen Gedanken -künftig besser unterrichtet zu seyn. — Ich wünsche also, dass -der andere meine Absicht wissen möge, damit er mir nicht zuwiderhandle, -und aus gleichem Grunde wünsche ich, die Absichten -des anderen zu wissen. Daher die Aufgabe zur Erfindung -gewisser Zeichen, wodurch wir anderen unsere Gedanken -mittheilen können. -</p> - -<p> -Bei diesen Zeichen wird indessen einzig und allein der -<em class="italic">Ausdruck</em> unserer Gedanken beabsichtiget. Wenn ich auf jemand -erzürnt bin, so zeigt sich ihm dieser Zorn allerdings -durch feindliche Behandlung. Aber da ist die Absicht bloss, -meine Gedanken <em class="italic">auszuführen</em>, nicht aber, ihm ein <em class="italic">Zeichen</em> davon -zu geben. Bei der Sprache aber ist lediglich die <em class="italic">Bezeichnung</em> -<a id="page-309" class="pagenum" title="309"></a> -<a id="pagehdr-309" class="orig-page" title="266"></a> -Absicht, nicht als Ausdruck der Leidenschaft, sondern -zum Behufe einer gegenseitigen Wechselwirkung unserer Gedanken, -ohne welche, wie soeben bemerkt wurde, eine unserem -Triebe angemessene Wechselwirkung der Handlungen nicht -bestehen kann. -</p> - -<p> -Durch die Verbindung mit Menschen wird also in uns die -Idee geweckt, unsere Gedanken einander durch willkürliche -Zeichen anzudeuten — mit Einem Worte: <em class="italic">die Idee der Sprache</em>. -Demnach liegt in dem, in der Natur des Menschen gegründeten -Triebe, Vernunftmässigkeit ausser sich zu finden, der besondere -<em class="italic">Trieb, eine Sprache zu realisiren</em>, und die Nothwendigkeit, -ihn zu befriedigen, tritt ein, wenn vernünftige Wesen -miteinander in Wechselwirkung treten. -</p> - -<p> -Wir denken uns bei der Sprache gewöhnlich nur <em class="italic">Zeichen -fürs Gehör</em>. Wie es gekommen ist, dass wir uns mit unserer -Sprache eben an diesen Sinn wenden, wird in der Folge erklärt -werden. <em class="italic">Hier</em> ist kein mögliches Zeichen ausgeschlossen; -so wie in der Ursprache sicher ebensowenig irgend eins ausgeschlossen -war.<a class="fnote" href="#footnote-34" id="fnote-34">[34]</a> -</p> - -<p> -Die Aufgabe zur Sprache ist jetzt vorhanden: wie soll ihr -aber nun Genüge geschehen? -</p> - -<p> -Die Natur offenbart sich uns besonders durch Gesicht und -Gehör. Zwar kündigt sie sich uns auch durch Gefühl, Geschmack -und Geruch an: aber die Eindrücke, welche wir auf -diesen Wegen erhalten, sind theils nicht lebhaft, theils nicht -bestimmt genug, und wir lassen uns daher bei äusseren Wahrnehmungen -vorzüglich durch Gesicht und Gehör leiten, wenn -und wo uns der Gebrauch dieser Sinne nicht versagt ist. So -wie die Natur den Menschen etwas durch Gehör und Gesicht -bezeichnete, gerade so mussten sie es einander durch Freiheit -<a id="page-310" class="pagenum" title="310"></a> -<a id="pagehdr-310" class="orig-page" title="267"></a> -bezeichnen. — Man könnte eine auf diese Grundregel aufgebaute -Sprache die <em class="italic">Ur-</em> oder <em class="italic">Hieroglyphensprache</em> nennen. -</p> - -<p> -Die ersten Zeichen der Dinge waren, nach diesen Grundsätzen, -hergenommen von den Wirkungen der Natur: sie waren -nichts weiter, als eine Nachahmung derselben. Hier war -die Mittheilung der Gedanken selbst willkürlich, wie sie es bei -jeder Sprache seyn muss, aber nicht die Art dieser Mittheilung: -es stand in meiner Willkür, ob ich dem anderen meine -Gedanken bezeichnen wollte, oder nicht; aber im Zeichen selbst -war keine Willkür. -</p> - -<p> -Diese Bezeichnung der Dinge durch die Nachahmung ihrer -in die Sinne fallenden Eigenschaften gab sich leicht. Der Löwe -wurde z. B. durch die Nachahmung seines Gebrülles, der Wind -durch die Nachahmung seines Sausens ausgedrückt. So wurden -Gegenstände, die sich durch das Gehör offenbaren, durch -Töne ausgedrückt: andere, die sich durchs Gesicht ankündigen, -konnten im leichten Umriss etwa im Sande nachgebildet werden. -Z. B. Fische, Netze, mit einigen Gesticulationen und Winken -gegen das Ufer hin begleitet, waren für den, an welchen -diese Zeichen gerichtet waren, eine Aufforderung zum Fischen. -</p> - -<p> -Diese Sprache war leicht erfunden, und hinreichend, wenn -etwa zwei beisammen waren, um sich zu unterhalten, oder in -der Nähe zusammen arbeiteten. Jeder giebt auf des anderen -Zeichen Acht: der eine ahmt einen Ton nach, der andere auch; -der eine zeichnet etwas mit dem Finger, der andere auch. So -verstehen sie einander: der eine weiss, was der andere denkt, -und dieser weiss, was jener will, dass er denken solle. Man -stelle sich aber vor, dass diese zwei für sich arbeiten und entfernt -von einander sind, z. B. auf der Jagd. Einer will dem -anderen einen Gedanken mittheilen, der sich nur durch ein -Zeichen fürs Gesicht ausdrücken lässt; aber zum Unglück richtet -der andere seine Blicke nicht auf ihn, oder kann seine Zeichen -wegen der grossen Entfernung nicht bestimmt erkennen. -Hier ist die Unterredung unmöglich. -</p> - -<p> -Ferner: man denke sich mehrere, die um sich zu berathschlagen -versammelt sind. — Dies wird bei rohen und uncultivirten -Menschen, wie wir hier sie uns denken, oft der Fall -<a id="page-311" class="pagenum" title="311"></a> -<a id="pagehdr-311" class="orig-page" title="269"></a> -seyn, weil sie oft des gegenseitigen Rathes bedürfen. — Man -erwäge, ob die angenommene Hieroglyphensprache für eine so -grosse Gesellschaft bequem seyn werde. Gesetzt, es sind ihrer -zehn beisammen; während einer redet und acht zuhören, fällt -es dem zehnten ein, auch etwas vorzutragen. Aber alle seine -Zeichen werden nicht beobachtet, weil die übrigen auf den ersten -merken. Wie soll er es anfangen, um sich Aufmerksamkeit -zu verschaffen? -</p> - -<p> -Man erinnere sich einer Bemerkung, welche die tägliche -Erfahrung bestätigt. — Das Gehör leitet unwillkürlich die Augen: -man richtet sich nach der Gegend, wo ein Schall herkam, -selbst ohne sich mit Bewusstseyn die Absicht zu denken, der -Ursache dieses Schalles nachzuspüren; ja, man hat oft Mühe, -sich des Hinsehens zu erwehren. Da es der vorausgesetzten -Person in der Ursprache freisteht, sich sowohl fürs Gesicht, als -fürs Gehör auszudrücken, so wird er, unserer, nicht gerade -deutlich gedachten, aber dunkel gefühlten Bemerkung zufolge, -auf den letzteren Sinn zu wirken suchen, um die Gesellschaft -fürs erste nur aufmerksam auf sich zu machen, und mag vielleicht -zuerst einen unarticulirten Ton, etwa ein <em class="italic">Hm!</em> von sich -geben. Jetzt werden die anderen ihre Blicke auf ihn richten, -und er kann durch Zeichen für das Gesicht mit ihnen sprechen. -Aber sie sind vielleicht in den Gedankenkreis desjenigen, -der zuerst zu ihnen sprach, und der jetzt unterbrochen -ist, unwiderstehlich hineingerissen, er allein interessirt sie, und -sie wenden ihre Blicke von dem Zehnten wieder hinweg. Dies -wird demselben nicht gleichgültig seyn. Er ist überzeugt, dass -das, was er vortragen will, von der grössten Bedeutung sey, -— und wird sich nicht so ruhig gefallen lassen, dass seine -Rede so wenig Eingang findet. Je stärker in ihm das Verlangen -ist, sich mitzutheilen, desto lebhafter muss er auch sein -Unvermögen fühlen, durch Zeichen fürs Gesicht der Versammlung -seine Gedanken bemerkbar zu machen: und dieses Unvermögen, -verbunden mit der Erinnerung an die Wirkung, -welche der Laut, den er gleich anfangs von sich gab, auf die -Gesellschaft machte, muss nothwendig die Vorstellung in ihm -veranlassen, dass er die Gesellschaft nöthigen würde, auf seine -<a id="page-312" class="pagenum" title="312"></a> -<a id="pagehdr-312" class="orig-page" title="270"></a> -ganze Rede zu achten, wenn sein Vortrag aus blossen Gehörzeichen -bestehen würde. -</p> - -<p> -Noch mehr. Man verwandle die vorausgesetzte Gesellschaft -in eine solche, wo jeder reden will — jeder wird wünschen, -dass er die Hieroglyphensprache, in welcher Zeichen -fürs Gesicht mit Gehörzeichen abwechseln, in eine blosse Gehörsprache -umschaffen könnte, um mehr Eingang und Aufmerksamkeit -zu finden. Durch eine solche Auskunft würde auch -derjenige, der sich in dem zuerst angeführten Falle befand, in -den Stand gesetzt werden, dem anderen auch in der Entfernung, -oder in der Dunkelheit seine Gedanken anzuzeigen. -</p> - -<p> -Durch diese Mängel der Ursprache, dass sie die Aufmerksamkeit -nicht erregt, sondern sie schon voraussetzt, dass sie -nur in der Nähe und am Tage anwendbar ist, entstand nothwendig -<em class="italic">die Aufgabe, dieselbe in eine blosse Gehörsprache zu -verwandeln</em>. -</p> - -<p> -Wie soll nun aber diese Aufgabe gelöst werden? Wie -soll der Mensch Gegenstände, die sich durch den Ton nicht -charakterisiren, durch Töne bezeichnen? Der Hirt wird sein -Vieh, und die Feinde desselben, den Löwen, den Tiger, den -Wolf, durch die Nachahmung ihrer Stimmen bezeichnen. Aber -wie soll er einen Fisch, Vegetabilien und andere Gegenstände, -welche uns die Natur nicht durch Töne ankündigt, fürs Gehör -bezeichnen? -</p> - -<p> -Dazu kommt noch, dass, so wie sich allmählig die Bedürfnisse -der Menschen vermehren, auch immer mehr Dinge in Gebrauch -kommen, z. B. Zelte, Netze und andere Werkzeuge, die, -ihrer Natur nach, keinen Ton von sich geben. Und doch soll -auch für diese ein bezeichnender Laut gefunden werden. -</p> - -<p> -Man beruft sich gewöhnlich, um die Erfindung solcher Bezeichnungen -zu erklären, auf Verabredung: man nimmt an, die -Menschen, in einer Lage, die ihnen eine Gehörsprache nothwendig -machte, wären übereingekommen, diesen Gegenstand -<em class="italic">Fisch</em>, jenen <em class="italic">Netz</em> zu nennen u. s. w. Allein dies ist grundlos. -Denn erstlich: wie sollte man auch nur auf den Einfall gekommen -seyn, Gegenstände durch willkürliche Töne bezeichnen zu -wollen, nachdem man sie bisher immerfort durch natürliche -<a id="page-313" class="pagenum" title="313"></a> -<a id="pagehdr-313" class="orig-page" title="272"></a> -Zeichen ausgedrückt hatte? Dann: wie kam es, dass derjenige, -welcher die Töne vorschlug, sie selbst nicht wieder vergass, -oder noch mehr — dass sie von der ganzen Horde behalten -wurden? Endlich: wie wäre es denkbar, dass eine -Menge ungebundener Menschen sich dem Ansehen eines Einzigen -unbedingt unterworfen — dass sie einen Vorschlag, der -sich auf nichts, als die Willkür dieses Einzigen gründete, so -willig angenommen hätten? -</p> - -<p> -Noch ist bei der ganzen Deduction der Sprache, und insbesondere -bei der gegenwärtigen Untersuchung, wohl zu merken, -dass die verschiedenen Momente der Erfindung und Modification -einer Sprache nicht so schnell auf einander gefolgt -sind, als sie hier erzählt werden. Wer weiss, wie viel tausend -Jahre verflossen sind, ehe die Ursprache Sprache fürs -Gehör wurde? -</p> - -<p> -Ferner ist es durch die Erfahrung bestätigt, dass die Sprachen -sich immer ändern, immer neue Modificationen annehmen; -dass aber diese Veränderlichkeit nach Maassgabe der Cultur, -welche eine bestimmte Sprache hat, sich stärker oder schwächer -äussert. Vorzüglich zeigt sich durch Erfahrung, dass die -Sprache sich am meisten bei einem Volk ändert, das noch -nicht schreibt, sondern bloss spricht; weil der ursprüngliche -Ton eines Zeichens, wenn er einmal verloren gegangen ist, -nirgends wieder aufgefunden werden kann. Wo aber geschrieben -wird, da wird der Ton festgehalten, und es lässt -sich immer wieder bestimmen, wie ein Wort ausgesprochen -werden muss. Durch Erfindung der Buchstaben wurde also -die Sprache sehr befestigt. -</p> - -<p> -Eine lebende Sprache verändert sich demnach immer im -umgekehrten Verhältniss mit ihrer Cultur: je mehr Ausbildung -sie erhalten hat, desto weniger rückt sie vorwärts, je uncultivirter -sie noch ist, desto mehr modificirt sie sich; und sie verändert -sich am stärksten, wenn ihre Laute noch nicht durch -Schriftzeichen festgehalten werden. Diese Bemerkung brauchen -wir, um uns zu erklären, wie die Ursprache sich in Gehörsprache -verwandelt hat. -</p> - -<p> -Nach diesen Vorerinnerungen kommen wir zur Beantwortung -<a id="page-314" class="pagenum" title="314"></a> -<a id="pagehdr-314" class="orig-page" title="287"></a> -der Frage selbst: wie liess sich <em class="italic">Hieroglyphensprache</em> in -<em class="italic">Gehörsprache</em> umschaffen? -</p> - -<p> -In der Ursprache mussten bald die Zeichen fürs Gehör, -welche Nachahmung natürlicher Töne waren, z. B. die Bezeichnung -des Löwen, des Tigers u. s. w., die durch das ihnen -eigenthümliche Gebrüll ausgedrückt wurden, merkliche Veränderungen -leiden. Bei einem Volke, das — wie von den Stämmen -der Wilden bekannt ist — die Zusammenkünfte liebt, in -Gesellschaft arbeitet und schmaust u. s. w., wird es leicht dahin -kommen, dass Ein Mensch durch die Ueberlegenheit seines -Geistes einen Vorzug vor den übrigen behauptet, und, ohne -durch Stimmen dazu erwählt zu werden, den Heerführer im -Kriege, und in ihren Versammlungen den Sprecher vorstellt. -Ein solcher Mensch, auf dessen Reden man vorzüglich achtet, -wird sich durch Gewohnheit eine Geläufigkeit im Sprechen erwerben, -und durch diese Geläufigkeit bald dahin kommen, -dass er die Dinge nur flüchtig bezeichnet, sich es nicht übel -nimmt, den oder jenen Ton im Reden zu überspringen. Man -wird sich an diese Abweichung bald gewöhnen, und diese -flüchtigere Bezeichnung leicht verstehen lernen. Allmählig wird -er sich von der eigentlichen Nachahmung der natürlichen Töne -immer mehr entfernen, seine Bezeichnung wird nach und nach -flüchtiger, kürzer und leichter werden; so dass sich — vielleicht -nach einem Zeitraum von einigen Jahrzehnden schon — zwischen -seiner Bezeichnung eines Gegenstandes und dem natürlichen -Ton, durch welchen sich dieser dem Gehör ankündigt, -kaum noch eine Aehnlichkeit wird entdecken lassen. Die Anderen, -die sich bemühen, diese leichteren Gehörzeichen verstehen -zu lernen, werden es bald bequemer finden, diese Art -zu sprechen, die sich durch ihre grössere Leichtigkeit empfiehlt, -auch nachzuahmen. -</p> - -<p> -Je weiter nun die Menschen in dieser von der Natur sich -entfernenden Bezeichnungsart fortgingen, desto lebhafter musste -sich ihnen, selbst bei der flüchtigsten Aufmerksamkeit auf sich -selbst und ihre Art, sich auszudrücken, die Bemerkung aufdringen, -dass, da man Dinge fürs Gehör auf eine andere Art, -als sie von Natur tönen, ausdrücken könne, man vielleicht auch -<a id="page-315" class="pagenum" title="315"></a> -<a id="pagehdr-315" class="orig-page" title="288"></a> -Dinge, die an sich tonlos sind, durch einen Ton bezeichnen -könnte. — Welchen Weg musste man nun einschlagen, um -diesen Gedanken zu realisiren? -</p> - -<p> -Wenn auch gewisse Dinge sich nicht ausdrücklich unserem -Ohr ankündigen, so kömmt ihnen doch zufälligerweise, unter -besonderen Umständen, ein Ton zu. Z. B. der <em class="italic">Reif</em> hat an sich -keinen Ton, wenn man aber über denselben weggeht, so entsteht -ein gewisses charakteristisches Rauschen, von welchem -er leicht benannt werden konnte: der <em class="italic">Wald</em> tönt an sich nicht, -wohl aber, wenn man durchs Gesträuche geht, u. s. w. Oft -konnte auch ein Zufall, welcher sich ereignete, als gerade ein -Mensch mit der Betrachtung eines Gegenstandes sich beschäftigte, -die Erfindung eines Tons für denselben veranlassen. Z. B. -jemand sah eine Blume, indem flog eine Biene, welche Honig -aus derselben gesaugt hatte, sumsend davon; er sah beides -noch nie, in seiner Phantasie vereinigte sich jetzt das Sumsen -mit dem Gedanken an die Blume, und diese Verbindung leitete -ihn sehr natürlich darauf, für die Blume und Biene eine Bezeichnung -zu finden. -</p> - -<p> -Auf diese Weise kam man darauf, Dinge nach gewissen, -zufällig mit ihnen verbundenen, oder auf sie bezogenen Tönen -zu benennen. Man denke sich nun den Trieb, eine Zeichensprache -in Gehörsprache umzuschaffen, selbst dann noch in -fortdauernder Wirksamkeit, als schon die bekanntesten Gegenstände -— diejenigen, die im Kreise der täglichen Beschäftigungen -des Menschen lagen, für das Ohr bezeichnet waren: so ist -es sehr begreiflich, wie man endlich darauf geleitet wurde, auch -Töne zu Bezeichnung eines Gegenstandes festzusetzen, zu welchen -auch nicht einmal ein zufälliger Laut Veranlassung gab. -Um die Bedeutung eines solchen Tones zu erklären, musste der -Erfinder ihn durch andere schon bekannte Töne erläutern, -durch deren Zusammensetzung er selbst neue Worte bilden -konnte. So war es ihm leicht möglich, durch Zusammenstellung -mehrerer Töne, deren Gegenstände mit dem zu bezeichnenden -Objecte in gewisser Beziehung standen, seine Sprache mit neuen -Bezeichnungen zu <em class="italic">bereichern</em>. -</p> - -<p> -Aber wer war es denn, der für die Erfindung und Ausbildung -<a id="page-316" class="pagenum" title="316"></a> -<a id="pagehdr-316" class="orig-page" title="290"></a> -einer Gehörsprache zu sorgen hatte? und wie konnte -eine solche willkürliche Bezeichnung, die von einem Individuum -aufgestellt wurde und wozu in dem Gegenstande entweder gar -keine oder nur eine zufällige Veranlassung war, als ein allgemeinverständlicher -Ausdruck in Umlauf gebracht werden? Der -Natur der Sache nach musste dieses Geschäft vorzüglich dem -Hausvater und der Hausmutter einer Familie angehören, die -bei ihren häuslichen Geschäften oft Gelegenheit hatten, mancherlei -neue Töne zu erfinden, womit sie ihren Hausgenossen -die Bearbeitung eines Gegenstandes in einem Ausdrucke auftragen -konnten, den sie anfänglich durch Vorzeigung des Gegenstandes -erklärten. Durch den häufigen Gebrauch wurden -diese Ausdrücke dem Vater und der Mutter selbst geläufiger. -</p> - -<p> -Allein, wenn auch der Hausvater sich durch die von ihm -erfundenen Bezeichnungen seiner Familie verständlich machte; -wenn ihm auch z. B. sein Sohn, wenn er eine <em class="italic">Rose</em> verlangt -hatte, die Blume brachte, welche er mit diesem Ausdruck -meinte: wie sollte dies Wort in der ganzen Horde gemeinbekannt -werden? Warum sollte doch der zweite und dritte -Nachbar nicht die Freiheit gehabt haben, die <em class="italic">Rose</em> anders zu -benennen? Mithin liesse sich aus dem Vorgetragenen nur erklären, -wie die <em class="italic">Sprache der Familie</em> gebildet und erweitert -wurde; nicht aber, wie die Sprache der ganzen Horde sich -entwickeln konnte. — Dieser Einwurf lässt sich auf folgende -Art auflösen. -</p> - -<p> -Es wird unter uncultivirten Völkern immer wenige geben, -welche Kopf und Lust genug besitzen, sich mit Ausbildung der -Sprache vorzüglich zu beschäftigen. Daher werden diejenigen, -welche Fähigkeit und Neigung zu diesem mühsamen Geschäfte -zeigen, schon dadurch bald über die Horde grossen Einfluss -gewinnen. Wenn nun dieselbigen Menschen ausser diesem -Verdienste auch noch andere Talente besitzen, die sie zur Besorgung -der öffentlichen Angelegenheiten ihres Volkes geschickt -machen (und dies lässt sich um so leichter annehmen, da die -Menschen, wie wir sie hier uns denken, noch nicht durch -äussere Verhältnisse zu einer einseitigen Bildung verleitet, leicht -von mehreren Seiten zugleich sich auszeichnen konnten): so -<a id="page-317" class="pagenum" title="317"></a> -<a id="pagehdr-317" class="orig-page" title="291"></a> -werden sie bald an der Spitze der Horde stehen, und in ihren -Rathsversammlungen das Wort führen. Diese werden nun -die Bezeichnungen, die sie für die Bedürfnisse ihrer Familie -erfunden hatten, in die Volksversammlung bringen; man wird -sie annehmen und fortbrauchen. Auf diese Art wird sich -die Erfindung eines Hausvaters bald durch die ganze Horde -verbreiten. -</p> - -<p> -Aber wie sollte man diese Ausdrücke immer verstehen -und behalten? — Man muss sich nur nicht vorstellen, dass -dies alles auf einmal und plötzlich geschehen sey. Der Sprecher -brachte nicht etwa ganze Reihen neuer Töne vor, die er -auf einmal zu behalten ausdrücklich aufgab; sondern die Ausdrücke -kamen im Fluss der Rede einzeln vor, und waren, -wenn auch nicht an sich, doch durch den Zusammenhang mit -anderen bekannten Worten verständlich. Aller Augen und -Ohren sind auf den Redner gerichtet; man merkt genau auf -ihn, prägt sich das Gehörte sorgfältig ein, und gebraucht die -gelernten Zeichen nachher auch in seiner <a id="corr-14"></a>Familie. -</p> - -<p> -Bisher waren wir beschäftigt, zu zeigen, wie <em class="italic">einzelne Gegenstände</em> -fürs Gehör bezeichnet wurden. Mit mehreren Schwierigkeiten -wird die uns nun bevorstehende Untersuchung über -Bezeichnung <em class="italic">allgemeiner Begriffe</em> verbunden seyn. Es giebt in -der Wirklichkeit keinen Gegenstand, der, ausser dem Merkmale -seines Geschlechts, nicht auch das Merkmal einer besonderen -Gattung dieses Geschlechts an sich trüge. Es giebt zum -Beispiel keinen Gegenstand, von welchem sich weiter nichts -sagen liesse, als dass er ein <em class="italic">Baum</em>, und nicht zugleich, dass -er etwa eine <em class="italic">Birke</em>, <em class="italic">Eiche</em>, <em class="italic">Linde</em> u. s. w. sey. Wie kam man -demnach darauf, <em class="italic">allgemeine Begriffe</em>, z. B. den des Baumes, -auszudrücken? -</p> - -<p> -Zu Bezeichnungen der <em class="italic">Gattungsbegriffe</em> gelangte man sehr -leicht. Ein Hausvater zeigte einem seiner Kinder eine Blume, -die er <em class="italic">Rose</em> nannte. Bald darauf schickt er es, ihm die Rose -zu holen. Das Kind hatte mit diesem Tone gewiss den Begriff -jener bestimmten individuellen Blume verbunden, welche ihm -der Vater gezeigt hatte. Es findet aber die bestimmte Blume -nicht mehr, doch erblickt es daneben eine Blume von gleicher -<a id="page-318" class="pagenum" title="318"></a> -<a id="pagehdr-318" class="orig-page" title="293"></a> -Gestalt, welche dem Kinde nun auch Rose heisst. Es reisst -sie ab und bringt sie dem Vater, der die Blume als Rose anerkennt. -So kommen beide überein, dass der Schall Rose -nicht bloss jenen einzelnen Gegenstand auf jener bestimmten -Stelle, sondern überhaupt alle Blumen von derselben Gestalt, -derselben Farbe, demselben Geruche bedeute. — So war vielleicht -in der gleichen Zeitreihe mit dem ersten Versuche einer -Gehörsprache die Bezeichnung der Gattungsbegriffe möglich. — -Richtig ist überhaupt, dass die Gattungsbegriffe sich eher entwickelten, -als die des Geschlechts, weil, um sich die letzteren -zu denken, ein höherer Grad von Abstraction erfordert wird. -Folglich mussten auch wohl die Bezeichnungen für jene früher -entstanden seyn, als die Bezeichnungen für die letzteren. Auch -ist kein so dringendes Bedürfniss da, den <em class="italic">Geschlechtsbegriff</em> — -z. B. den des <em class="italic">Baums</em> zu bezeichnen, als etwa die <em class="italic">Gattungsbegriffe -Birke, Eiche</em> u. s. w. -</p> - -<p> -Diejenigen Namen von <em class="italic">Gattungsbegriffen</em>, denen das Zeichen -des Geschlechtsbegriffs, zu welchem sie gehören, nicht -angehängt ist, sind gewiss früher erfunden worden, als die -Namen ihrer <em class="italic">Geschlechtsbegriffe</em>; hingegen, wo man den Ausdrucke -eines Gattungsbegriffs die Bezeichnung seines Geschlechts -beigefügt findet, da ist der erstere gewiss später erfunden worden. -So sagt man nicht Birken<em class="italic">baum</em>, Fichten<em class="italic">baum</em>, weil die -Namen dieser Gattungen von Bäumen früher waren, als die -Bezeichnung des Geschlechts. Hingegen sagt man Birn<em class="italic">baum</em>, -Apfel<em class="italic">baum</em>, Nuss<em class="italic">baum</em> u. s. w., weil hier der Gattungsbegriff -später zu unserer Kenntniss kam, als der seines Geschlechts. -Denn es ist bekannt, dass diese Gattungen von Bäumen in -Deutschland nicht einheimisch, sondern erst zu uns gebracht -worden sind, da schon die wilden Baumarten, und das Geschlecht -selbst bezeichnet war. Man nannte demnach die nun -eingeführten fremden Bäume, ehe man einen bestimmten Namen -für sie wusste, mit dem Geschlechtsworte: <em class="italic">Bäume</em>. Die -Frucht hatte indess schon vorher einen Namen, den man vielleicht -durch die Kaufleute erfahren hatte, und so entstand denn -der Ausdruck: Apfelbaum, Birnbaum u. s. w. -</p> - -<p> -<a id="page-319" class="pagenum" title="319"></a> -<a id="pagehdr-319" class="orig-page" title="294"></a> -Sehr abstracte Begriffe wurden erst ganz spät benannt, -und die Zeichen derselben sind öfters vorher Zeichen der Gattung -gewesen. — Einer der allerabstractesten Begriffe ist der -eines <em class="italic">Dinges</em>; durch welches Wort ein <em class="italic">Seyendes überhaupt</em> bezeichnet -wird. Im Deutschen ist die Ableitung dieses Wortes -weniger verwickelt, als im Lateinischen, da das Wort <em class="italic">Ens</em> in -dieser Sprache nicht das Existiren, sondern den reinen Begriff -des Seyns ausdrückt. Im Deutschen hiess wohl anfänglich alles, -was als Werkzeug zu etwas gebraucht wird, ein <em class="italic">Ding</em>. -Dies sieht man bei Kindern und ungebildeten Menschen, die -anstatt des eigentlichen Ausdrucks (wenn sie etwas entweder -noch nicht kennen, oder sich dessen nicht sogleich entsinnen -können) z. B. für <em class="italic">Feder</em> sagen: ein <em class="italic">Ding</em>, womit man schreibt. -— Diese Bedeutung des Wortes <em class="italic">Ding</em> bestätigt sich dadurch, -dass es sehr nahe mit <em class="italic">Düng</em> und <em class="italic">Dung</em> zusammenhängt, und -auch sonst oft damit verwechselt wurde. Z. B. bei Luther -kommt das Wort Ding häufig als Endung eines Wortes vor; -als, statt <em class="italic">Deutung</em> — <em class="italic">Deutding</em> u. s. w., und wenn man in den -älteren Denkmälern unserer Sprache nachforschen wollte, so -würde man es noch öfter in dieser Gestalt finden. Nach und -nach schob man nun diesem Worte einen höheren Sinn unter, -und so wurde endlich aus der Bezeichnung eines Gattungsbegriffs, -aus dem Ausdrucke für ein Etwas, das zum Behuf eines -anderen da ist, die Bezeichnung eines der allgemeinsten Begriffe, -die Bezeichnung eines <em class="italic">Etwas überhaupt</em>. -</p> - -<p> -Noch mehr Schwierigkeit findet sich bei der Erklärung -des Wortes <em class="italic">seyn</em>. <em class="italic">Seyn</em> drückt den höchsten Charakter der -Vernunft aus, und der Mensch muss sehr ausgebildet seyn, um -sich zu der reinen Vorstellung desselben erheben zu können. -Da wir indess die Worte: <em class="italic">seyn</em>, ich <em class="italic">bin</em>, du <em class="italic">bist</em> u. s. w. auch -in den Sprachen uncultivirter Völker antreffen, so kann es -wohl jene hohe, nur der schärfsten Abstraction zugängliche -Idee nicht seyn, was ursprünglich durch diese Zeichen ausgedrückt -wurde. Sie bezeichnen in jenen früheren Perioden -einer Sprache — was sie auch uns in den meisten Fällen, wo -wir uns ihrer bedienen, bedeuten — das <em class="italic">Dauernde</em> im Gegensatz -des <em class="italic">Wandelbaren</em>, oder den <em class="italic">sinnlichen Begriff der Substanz</em>. -<a id="page-320" class="pagenum" title="320"></a> -<a id="pagehdr-320" class="orig-page" title="295"></a> -Es versteht sich, dass ich dieses Wort hier in dem -Sinne nehme, in welchem man es vor der Wissenschaftslehre -genommen hat, und nehmen musste. Ich erkläre den Begriff -der <em class="italic">Substanz</em> transscendental nicht durch das <em class="italic">Dauernde</em>, sondern -durch <em class="italic">synthetische Vereinigung aller Accidenzen</em>. Die -Dauer ist nur ein sinnliches Merkmal der Substanz, welches -man aus dem Zeitbegriff hineinträgt. Offenbar ist nicht das -Dauernde, sondern nur das Wandelbare Gegenstand unserer -Wahrnehmungen. Denn da jede äussere Vorstellung nur durch -ein Afficirtwerden entsteht, welches nur dadurch möglich ist, -dass ein Eindruck auf unser Gefühl geschieht, folglich eine -Veränderung in uns veranlasst wird: so ist klar, dass jeder -Gegenstand, dessen wir uns bewusst werden sollen, sich uns -durch und in einer Veränderung ankündigen müsse. Etwas -Bleibendes ist demnach nicht wahrnehmbar; aber wir müssen -alle Verwandlung auf etwas Bleibendes beziehen — auf ein -dauerndes Substrat, welches aber nur ein Product der Einbildungskraft -ist. Auf dieses Substrat wird nun das Wort <em class="italic">seyn</em> -oder <em class="italic">ist</em> angewendet. Keine Handlung unseres Geistes wäre -ohne ein solches Substrat, und ohne eine Bezeichnung für dasselbe -keine Sprache möglich. Daher kömmt das Wort <em class="italic">seyn</em> -in einer Sprache vor, sobald sie nur anfängt, sich zu entwickeln. -Aber es kömmt unter keiner anderen Bedeutung vor, -als dass es das <em class="italic">Dauernde</em>, welches allem Wechsel zum Grunde -liegt, anzeigt. -</p> - -<p> -Eine andere noch schwierigere Untersuchung, welche wir -anzustellen haben, betrifft die Erfindung von Zeichen für <em class="italic">geistige -Begriffe</em>. Zuvor muss der Begriff dagewesen seyn, ehe -man eine Bezeichnung für ihn suchen konnte. Wir wollen also -zuerst versuchen, den Weg, auf welchem jene Ideen sich entwickelten, -ausfindig zu machen. -</p> - -<p> -So lange der Mensch, durch Nothdurft getrieben, nur um -Befriedigung sinnlicher Bedürfnisse bekümmert ist, wird er zum -Nachdenken, und insbesondere zur Entwickelung geistiger Begriffe -keine Zeit haben. Sobald aber die Sinnlichkeit bis zu -einem gewissen Grade ausgebildet ist, und der Mensch sich -eine Geschicklichkeit erworben hat, sich seine Bedürfnisse leicht -<a id="page-321" class="pagenum" title="321"></a> -<a id="pagehdr-321" class="orig-page" title="297"></a> -zu verschaffen, wird er auch durch den der Seele einwohnenden -Trieb des Fortschreitens angeleitet werden, geistigen Ideen -nachzuforschen. Er wird gewohnt, eine sinnliche Erscheinung -sich aus einer anderen, und diese wieder aus einer dritten zu -erklären. Wenn ihm nun bei diesem Erklärungsgeschäft eine -und dieselbe Erscheinung sehr oft vorkommt, so wird er diese, -als die letzte Ursache aller übrigen, annehmen. Hier wird -seine Forschung vielleicht eine Zeitlang befriedigt stillestehen; -aber bald wird er auch von der Erscheinung, welche ihm bis jetzt -letzte Ursache war, wieder den Grund aufsuchen, und so -zuletzt aus dem Sinnlichen zum Uebersinnlichen übergehen -müssen. — So ist nach und nach das Urtheil entstanden: es -<em class="italic">ist</em> eine Welt, mithin <em class="italic">auch</em> ein Gott.<a class="fnote" href="#footnote-35" id="fnote-35">[35]</a> -</p> - -<p> -<a id="page-322" class="pagenum" title="322"></a> -<a id="pagehdr-322" class="orig-page" title="298"></a> -Hat sich aber der gemeine Verstand einmal zu der Idee -einer übersinnlichen Ursache der Welt erhoben, so entdeckt er -von diesem hohen Gesichtspuncte aus bald auch die übrigen -geistigen Ideen: der <em class="italic">Seele</em>, <em class="italic">Unsterblichkeit</em>, u. s. w. -</p> - -<p> -So wie sich nun bei einem Menschen diese Ideen mehr -und mehr aufklärten, regte sich auch in ihm der Trieb, andere -mit dem, was er erforscht hatte, bekannt zu machen; denn nie -ist der Trieb, sich mitzutheilen, lebhafter, als bei neuen und -erhabenen Gedanken. Es mussten also auch Zeichen für jene -Vorstellungen aufgefunden werden. Diese Zeichen finden sich -bei übersinnlichen Ideen aus einem in der Seele des Menschen -liegenden Grunde sehr leicht. Es giebt nemlich in uns eine -Vereinigung sinnlicher und geistiger Vorstellungen durch die -Schemata, welche von der Einbildungskraft hervorgebracht -werden. Von diesen Schematen wurden Bezeichnungen für -geistige Begriffe entlehnt. Nemlich das Zeichen, das der sinnliche -Gegenstand, von welchem das Schema hergenommen -wurde, in der Sprache schon hatte, wurde auf den übersinnlichen -Begriff selbst übergetragen. Diesem Zeichen lag nun -freilich eine Täuschung zum Grunde, aber durch dieselbe Täuschung -wurde es auch verstanden, weil bei dem anderen, welchem -der geistige Begriff mitgetheilt wurde, an dem gleichen -Schema auch der gleiche Gedanke hing. — So muss, um ein -recht auffallendes Beispiel zu geben, die Seele, das Ich, als -unkörperlich gedacht werden, insofern es der Körperwelt entgegengesetzt -ist. Wenn es aber vorgestellt werden soll, so -muss es ausser uns gesetzt, folglich unter die Gesetze, nach -welchen Gegenstände ausser uns vorgestellt werden, unter die -Formen der Sinnlichkeit gebracht, und mithin im Raume vorgestellt -werden. Hier ist ein offenbarer Widerstreit des Ich -<a id="page-323" class="pagenum" title="323"></a> -<a id="pagehdr-323" class="orig-page" title="300"></a> -mit sich selbst: die Vernunft will, dass das Ich als unkörperlich -vorgestellt werde, und die Einbildungskraft will, dass es -nur als den Raum erfüllend, als körperlich erscheine. Diesen -Widerspruch sucht der menschliche Geist dadurch zu heben, -dass er etwas, als Substrat des Ich, annimmt, das er allem, -was er als grobkörperlich kennt, entgegensetzt. Also wird der -Mensch, wenn er noch gewohnt ist, Materialien zu seinen Vorstellungen -vorzüglich durch den Sinn des Gesichts zu erhalten, -zu einer Vorstellung des Ich einen solchen Stoff wählen, der -nicht in die Augen fällt, den er aber sonst wohl spürt, z. B. -die <em class="italic">Luft</em>, und wird die Seele <em class="italic">Spiritus</em> nennen. -</p> - -<p> -Diese Art der Bezeichnung verfeinert sich nach Maassgabe -der Verfeinerung der Begriffe. Eine Philosophie, die alles aus -Wasser entstehen lässt, und folglich Wasser für das erste und -feinste Element hält, würde die Seele durch <em class="italic">Wasser</em> bezeichnen. -Bei zunehmender Verfeinerung der Begriffe wird sie durch -Luft, <em class="italic">anima</em>, <em class="italic">spiritus</em>, ausgedrückt; und bei noch höherer Cultur, -wenn man schon von Aether hört, wird man sie durch -<em class="italic">Aether</em> bezeichnen. — Auf diese Art werden für geistige Begriffe -Bezeichnungen gefunden. -</p> - -<p> -Die Uebertragung sinnlicher Zeichen auf übersinnliche Begriffe -ist indess Ursache einer Täuschung. Der Mensch wird -nemlich durch diese Bezeichnungsart leicht veranlasst, den geistigen -Begriff, welcher auf eine solche Weise ausgedrückt worden -ist, mit dem sinnlichen Gegenstande, von welchem das -Zeichen entlehnt wird, zu verwechseln. Der Geist wurde z. B. -durch ein Wort bezeichnet, welches den <em class="italic">Schatten</em> ausdrückt: -sogleich denkt sich der ungebildete Mensch den Geist als etwas, -das aus Schatten bestehe. Daher der Glaube an Gespenster, -und vielleicht die ganze Mythologie von <em class="italic">Schatten -im Orcus</em>. -</p> - -<p> -Die Täuschung war aber unvermeidlich; man konnte jene -Begriffe nicht anders bezeichnen. Wer demnach seine Denkkraft -noch nicht genug geübt hatte, um dem gebildeten Geiste -des Forschers, der zuerst jene geistigen Ideen in sich entwickelte, -in seinen schärferen Abstractionen folgen zu können, -der konnte auch unmöglich den Sinn fassen, in welchem jener -<a id="page-324" class="pagenum" title="324"></a> -<a id="pagehdr-324" class="orig-page" title="301"></a> -die bildlichen Ausdrücke verstand. Ein solcher glaubte also, -es wäre bloss von den sinnlichen Gegenständen, von welchen -die vorgetragenen Zeichen entlehnt waren, die Rede, und dachte -sich also die geistigen Gegenstände sehr materiell. — Daher -entsteht auch nicht aller Aberglaube durch Betrügerei, sondern -dadurch, dass geistige Ideen nicht anders, als durch sinnliche -Worte ausgedrückt werden konnten, und dass derjenige, der -sich nicht bis zum Bezeichneten erheben konnte, bei dem ersten -rohen Zeichen stehen blieb. -</p> - -<p> -Bisher beschäftigte sich unsere Untersuchung bloss mit der -Frage: wie kamen die Menschen darauf, einzelne Gegenstände -durch in die Sinne fallende Zeichen auszudrücken? Wir haben -also bloss die Entstehung der <em class="italic">Worte</em> untersucht. Aber Worte -allein machen noch keine Sprache aus. Sprache besteht aus -der Zusammenfügung mehrerer Worte zur Bezeichnung eines -bestimmten Sinnes. Auch erhalten die einzelnen Worte erst -durch diese Zusammenfügung, durch den Ort, welchen sie in -der Verbindung mit mehreren anderen einnehmen, völlige Verständlichkeit -und Brauchbarkeit zur Bezeichnung unserer Gedanken. -Wenn ich zu jemand sage: <em class="italic">Rose</em> — so wird bei ihm -nichts, als die blosse Vorstellung der Rose hervorgebracht werden. -Wenn ich ihm aber sage: <em class="italic">bringe mir die Rose</em>; so weiss -er bestimmt, was ich gedacht habe, und was ich will, dass -er thun soll. — Zu einer vollständigen Erklärung des Ursprungs -der Sprache ist daher auch erforderlich, die Entstehung -jener Zusammenfügung mehrerer Worte, d. h. der <em class="italic">Grammatik</em> -zu zeigen. -</p> - -<p> -So irrig es ist, zu glauben, dass die willkürlichen Bezeichnungen -der Gegenstände durch eine besondere Uebereinkunft -der miteinander vereinigten Menschen gebildet worden seyen, -so irrig ist es auch, anzunehmen, dass Grammatik durch Verabredung -entstanden sey. Eine Verabredung zu einem solchen -Zweck setzt einen Grad von Geistesbildung, und insbesondere -von Philosophie der Sprache voraus, der bei den Menschen auf -der Stufe der Cultur, auf der wir sie hier uns denken müssen, -gar nicht stattfinden konnte. — Vielmehr muss die Ableitung -der Grammatik ebenfalls von einem, in dem Wesen des Menschen -<a id="page-325" class="pagenum" title="325"></a> -<a id="pagehdr-325" class="orig-page" title="303"></a> -liegenden Grunde, von der natürlichen Anlage zum Sprechen -ausgehen, und zeigen, wie diese Anlage durch das Bedürfniss -geweckt, und nach und nach auf die Erfindung der -verschiedenen Arten der Wortfügung geleitet wurde. -</p> - -<p> -Die ersten Wörter waren gewiss ganze Sätze: sie fassten, -vielleicht in einer einzigen Sylbe, welche wiederholt werden -konnte, ein Substantiv und ein Zeitwort in sich. Z. B. die Nachahmung -des Löwengebrülls deutete der Horde an, es komme -ein Löwe. — Man hat behauptet: die ersten Worte seyen <em class="italic">Zeichen -des Vergangenen</em> gewesen. Dies lässt sich aber nicht -wohl annehmen: denn, wenn diese Worte das Geschehene hätten -bezeichnen sollen, so müssten vergangene und gegenwärtige -Zeit schon genau von einander abgesondert gewesen seyn, -und zum Behuf dieser Unterscheidung beide ein bestimmtes -Zeichen gehabt haben. Die ersten Worte waren vielmehr so -unbestimmt als möglich; sie bezeichneten keine bestimmte Zeit, -sondern waren bloss <em class="italic">aoristisch</em>: es wurde das Vergangene -und Gegenwärtige zugleich ausgedrückt. Z. B. ein Löwe will -eine Horde anfallen. Dies kündigt der, welcher es sieht, durch -ein Geschrei an, und drückt dadurch die <em class="italic">vergangene</em>, <em class="italic">gegenwärtige</em> -und <em class="italic">zukünftige</em> Zeit zugleich aus; denn er zeigt dadurch -an, dass er den Löwen gesehen habe, dass er sie darauf -aufmerksam machen, und ihnen die Folgen von dessen Annäherung -anzeigen wolle, damit sie sich zu gemeinschaftlicher -Vertheidigung rüsten können. -</p> - -<p> -Also die ersten Worte fassten in sich ein Substantiv und -ein Zeitwort: das Tempus war der Aorist, die Person ganz gewiss -die dritte; denn die Ursprache fängt an mit dem Erzählen, -und der Ton der Erzählung redet in der dritten Person. — -Die ersten Zeitwörter waren weder Activa, noch Passiva, sondern -Neutra. Denn das Neutrum bezeichnet einen Zustand, -der durch sich selbst bestimmt ist, der folglich auch, seiner -Einfachheit wegen, am frühesten zum Bewusstseyn und zur Bezeichnung -kommen musste. -</p> - -<p> -Für alles das, was wir hier über die ursprüngliche Gestalt -der Zeitwörter sagen, können die Wurzelwörter der orientalischen -Sprachen zur Bestätigung dienen; diese sind Neutra, -<a id="page-326" class="pagenum" title="326"></a> -<a id="pagehdr-326" class="orig-page" title="304"></a> -haben aoristische Zeitbedeutung, und gehen von der dritten -Person aus. -</p> - -<p> -Jedes Ding wurde in der Ursprache durch seine höchste -Eigenthümlichkeit ausgedrückt. Diese höchste Eigenthümlichkeit -eines Gegenstandes bestand wohl in demjenigen, wodurch sich -dieser Gegenstand dem Bewusstseyn der rohen Naturmenschen -am lebhaftesten ankündigte. Dieses Auffallende an einem Dinge -konnte nun schon an sich ein Ton seyn, und dann ahmte man -denselben nach, um den Gegenstand, dem er angehörte, zu -bezeichnen. Wenn es sich aber ursprünglich einem anderen -Sinne, als dem Gehör entdeckte, so suchte man auf die oben -beschriebene Art einen Ton, welcher mit jener ausgezeichneten -Eigenschaft in Beziehung stand, um auf diese Art wenigstens -mittelbar den Gegenstand durch seine Eigenthümlichkeit -zu bezeichnen. Nun sollten aber noch andere Eigenschaften, -die einem Gegenstande zukommen, auf Veranlassung der Umstände, -auch ausgedrückt, als demselben zugehörig dargestellt -werden. So wurde der <em class="italic">Löwe</em> durch Nachahmung seines Gebrülls -angedeutet. Jetzt sollte ihm aber noch ein anderes Prädicat -zugeschrieben werden, welches ihm zufällig zukam. In -diesem Falle musste der Ton, welcher den Löwen bezeichnete, -verbunden werden mit einem anderen, durch welchen die zweite -Eigenschaft bezeichnet werden sollte. Z. B. es sollte ausgedrückt -werden: <em class="italic">der Löwe schläft</em>: hier musste das Zeichen des Löwen -mit dem des Schlafs (etwa mit dem Tone des Schnarchens) -zusammengesetzt werden; und dies hiess denn: „der Löwe, -der sonst brüllet, schläft.“ — Bei dieser Zusammensetzung -konnte aber nicht so lange auf dem Tone des Löwen in der -Aussprache verweilt werden, als sonst geschah, da man, unserer -Voraussetzung zufolge, durch den Ton des Löwen den -ganzen Satz: <em class="italic">der Löwe kömmt</em>, ausgedrückt hatte, wo freilich -der Ton, welcher hier den ganzen mitzutheilenden Gedanken -bezeichnete, gedehnt und mit Nachdruck ausgesprochen werden -musste. Allein wenn dieses Zeichen mit einem anderen, -auf welchem der Hauptsinn des ganzen vorzutragenden Satzes -liegt, und welches also auch in der Aussprache durch einen -längeren und stärkeren Ton unterschieden werden musste, -<a id="page-327" class="pagenum" title="327"></a> -<a id="pagehdr-327" class="orig-page" title="305"></a> -verbunden werden sollte, so musste jenes erste Zeichen kürzer -und leichter ausgedrückt werden, so dass es mit dem folgenden -gleichsam in Ein Wort zusammenfloss. Auf diese Art -entsteht aus einem Zeitworte ein Particip, das durch öfteren -Gebrauch, vielleicht auch durch Hinzukunft einiger äusserer -Zeichen sich leicht in ein Substantiv verwandeln kann. Es gehört -also zum ursprünglichen Charakter des Substantivs, dass -ein solches Wort kürzer und zusammenfliessend mit dem folgenden -Worte vorgetragen wurde. -</p> - -<p> -Daraus erhellt auch — was man sonst ebenfalls aus einer -besonderen Verabredung erklären zu müssen glaubte — wie -man darauf kommen musste, die Zeitwörter durch bestimmte -Endsylben zu bezeichnen, und durch andere Endungen, z. B. -<em class="italic">us</em>, <em class="italic">os</em> u. s. w., die Substantive zu charakterisiren. Nach unserer -Deduction musste ein Wort, welches als Substantiv gebraucht -werden sollte, den Satz eröffnen: und da das Wort, -welches den Satz schloss, durchgängig den stärksten Ton erhielt, -weil es denjenigen Begriff ausdrückte, auf dessen Mittheilung -es hauptsächlich abgesehen war; so musste, weil unsere -Kehle bei mehreren zugleich vorzutragenden Tönen nur Einen -stärker aussprechen kann, nothwendig das Substantiv, als das -vorangehende Wort, leichter und mit dem folgenden zusammenfliessend -ausgedrückt werden; da hingegen das Zeitwort, welches, -unserer Theorie gemäss, immer das letzte Wort in einem -Satze war, sich dadurch auszeichnete, dass auf ihm der volle -Ton ruhte. -</p> - -<p> -Wir gehen jetzt zu einer anderen Untersuchung fort, bei -welcher uns, wie bei allen folgenden über die verschiedenen -Arten der Wortfügung, die Aufschlüsse leiten werden, welche -das soeben gefundene Resultat uns über die Entstehungsart fast -aller Formen der Wortverbindung giebt. In dem vorher angeführten -Falle sollte ein Gegenstand durch zwei Bestimmungen -bezeichnet werden. Gesetzt nun aber, ein Gegenstand soll mit -drei oder mehreren Bestimmungen zugleich ausgedrückt werden, -es soll z. B. angedeutet werden: der schlafende Löwe ruht -aus, so muss hier nach der von uns aufgestellten Regel der -<em class="italic">Löwe</em>, als der Hauptbegriff im ganzen Satze, zuerst bezeichnet -<a id="page-328" class="pagenum" title="328"></a> -<a id="pagehdr-328" class="orig-page" title="307"></a> -werden: hierauf folgt die nähere Bestimmung des Löwen, nemlich, -dass er <em class="italic">schläft</em>: und zuletzt kömmt eine besondere Bestimmung -dieses Schlafs — das <em class="italic">Ausruhen</em>. In dieser Verbindung -muss demnach das Zeichen des Schlafs, welches in der vorher -angeführten Zusammensetzung als das Hauptwort einen starken -und gedehnten Ton hatte, abgekürzt, und zusammenfliessend -mit dem Zeichen des Ausruhens, das hier den Hauptsinn des -ganzen Satzes enthält, auf dem folglich in der Aussprache am -längsten verweilt werden muss, vorgetragen werden. -</p> - -<p> -Man sieht ohne meine Erinnerung ein, dass in dieser Zusammensetzung -die Bezeichnung des <em class="italic">Schlafs</em>, welche vorher ein -<em class="italic">Zeitwort</em> war, auf dieselbe Art, wie in dem vorher aufgestellten -Satze die Bezeichnung des Löwen, zu einem <em class="italic">Particip</em> geworden -ist; woraus sich leicht, etwa durch einige äussere Modificationen, -ein Adjectiv bilden kann. — So entstehen <em class="italic">Participien</em>, -<em class="italic">Substantive</em> und <em class="italic">Adjective</em>. Aber man könnte fragen: -warum ist aus manchen Bezeichnungen ein <em class="italic">Substantiv</em>, aus anderen -ein <em class="italic">Adjectiv</em> entsprungen, da doch sowohl das eine, als -das andere, sich aus einem Zeitworte, und durch die Zusammensetzung -desselben mit einem anderen Zeitworte gebildet -hat? — Die Antwort darauf liegt sehr nahe. Bei den ersten -rohen Versuchen einer Wortfügung mochten nemlich Adjectiv -und Substantiv nicht so streng unterschieden seyn, als wir sie -jetzt in unseren Sprachen unterschieden finden: zumal, da die -Verschiedenheit beider Bezeichnungsarten nicht sowohl auf inneren -Merkmalen, als auf dem besonderen Gebrauche beruht, -der von der einen und von der anderen gemacht wird. <em class="italic">Substantiv</em> -war der Natur der Sache nach dasjenige Wort, welches -den Hauptbegriff, oder das Subject eines Satzes bezeichnete: -<em class="italic">Adjectiv</em> hingegen war jedes Wort, sobald es eine nähere Bestimmung -des Hauptbegriffes auszudrücken gebraucht wurde. -Auf diese Art konnte dasselbe Wort, wenn es in dem einen -Satze das Subject der Rede, in dem anderen nur ein Prädicat -dieses Subjects ausdrückte, bald in substantiver, bald in adjectiver -Bedeutung vorkommen. — Die eigenthümliche Unterscheidung -zwischen Substantiv und Adjectiv ist auch wohl erst später -hinzugekommen. Für uns sind sie nun, nachdem durch -<a id="page-329" class="pagenum" title="329"></a> -<a id="pagehdr-329" class="orig-page" title="308"></a> -gewisse äussere Merkzeichen der schwankende Unterschied -zwischen beiden fixirt ist, scharf von einander abgeschnitten; -aber in der Ursprache dürfen wir sie uns noch nicht ebenso -von einander unterschieden denken. -</p> - -<p> -Aus dieser Gleichartigkeit ergiebt es sich auch, warum sich -Substantiv und Adjectiv fast immer in den Endungen gleichen. -Da beide durch Abkürzung des Stammwortes und durch Verkettung -desselben mit einem anderen stärker und gedehnter -auszudrückenden Worte entstehen, so folgt, dass sowohl das -eine, als das andere mit einem Tone enden muss, der sich -leicht dem folgenden Worte anschliessen lässt: da hingegen die -Zeitwörter einen rauhen, harten Ton haben mussten, weil sie -den Satz schliessen, und ihm den Nachdruck geben mussten. -In cultivirten Sprachen werden freilich die Zeitwörter diesen -rauhen Ton mehr oder weniger verlieren, weil sie dann ebenso -oft in der Mitte, als am Ende eines Satzes vorkommen. Denn -der gebildete Mensch begnügt sich nicht mit Sätzen, wie sie -hier aufgestellt sind: mit der einfachen Zusammenstellung eines -Substantivs, Adjectivs und Zeitworts. Sowie sich sein Geist -mehr und mehr mit Vorstellungen bereichert, wird auch durch -die mancherlei Bestimmungen, die er den vorgetragenen Begriffen -als Erläuterungen beifügt, die Zusammensetzung verwickelter, -der schlichte Satz zur Periode erweitert, und die ursprüngliche -Wortfügung folglich verändert. -</p> - -<p> -Durch diese Zusammenfügung mehrerer Worte bildete sich -auch allmählig ein eigenthümlicher Unterschied des Substantivs -von dem Zeitwort, welche ursprünglich ein gemeinschaftliches -Stammwort ausmachten, das einen Gegenstand und eine Handlung -zugleich andeutete (wie nach dem oben angeführten Beispiele -der ursprüngliche Ton, der den <em class="italic">Löwen</em> bezeichnete, zugleich -auch die <em class="italic">Ankunft</em> des Löwen ausdrückte). In der Verbindung -mit anderen Worten, wo es nicht mehr den ganzen -Gedanken ausdrücken sollte, musste ein solches Wort nicht mit -dem vollen Ton, sondern leicht und fliessend ausgesprochen -werden, weil ein anderes Zeichen folgte, auf welches der Nachdruck -gelegt werden musste. Durch einen solchen leichteren -und kürzeren Ton konnte sich das Substantiv in der Folge -<a id="page-330" class="pagenum" title="330"></a> -<a id="pagehdr-330" class="orig-page" title="310"></a> -überhaupt recht wohl von dem Zeitworte, von welchem es abstammte, -unterscheiden, ohne dass im Ganzen die Aehnlichkeit -verloren ging, welche selbst noch in unseren Sprachen zwischen -Substantiv und Zeitwort, wenn sie aus derselben Quelle entsprungen -sind, stattfindet. -</p> - -<p> -Hier noch etwas über die Stellung der Worte, welche zusammengefügt -werden sollen. Wenn ausgedrückt werden soll: -der Löwe schläft und ruht aus; so wird zuerst der ursprüngliche -Ton des <em class="italic">Löwen</em>, hier in <em class="italic">substantiver</em> Bedeutung, d. h. -nicht mit der ganzen Stärke des Tons als Hauptwort, sondern -kürzer abgebrochen mit dem folgenden Ton zusammenfliessend, -vorgetragen: zu diesem wird, als ein <em class="italic">Adjectiv</em>, der Ton des -<em class="italic">Schlafens</em> hinzugefügt, und zuletzt kömmt das Zeitwort <em class="italic">ausruhen</em>. -Der ursprünglichen Wortfügung gemäss, gehört also dem Substantiv -der erste Platz. Wie kömmt es zu dieser Stelle? — -Der Naturmensch hält sich im Vortrage seiner Gedanken genau -an die Ordnung, in welcher die Vorstellungen in der Seele auf -einander folgen. Immer kömmt aber im Denken das am wenigsten -Bestimmte zuerst, und hierauf folgen die näheren und -noch näheren Bestimmungen. Folglich musste auch in der Natursprache -das für uns Unbestimmte, oder am wenigsten Bestimmte -zuerst gesetzt werden, und die näheren Bestimmungen -erst nachfolgen. Nun ist das <em class="italic">Substantiv</em> immer das Unbestimmteste: -durch ein Adjectiv, das hinzukömmt, wird es näher, -und durch das Zeitwort endlich nach der Absicht hinlänglich -bestimmt. -</p> - -<p> -Dieser Ordnung zufolge steht also in der Ursprache das -Adjectiv immer nach dem Substantiv. Aber wir finden, dass -diese Ordnung nach Maassgabe der Cultur der Sprachen sich -ändert. Sobald eine Sprache nicht mehr bloss Natursprache -ist und sich der Sprache der Vernunftcultur nähert, wird in ihr -das Adjectiv bald vor bald nach gesetzt. Bei Homer z. B. finden -wir meistens das Adjectiv nach dem Substantiv. In der -lateinischen Sprache stehen die Adjective schon häufig voran. -In der deutschen Sprache aber kann das Adjectiv niemals nach -dem Substantiv gesetzt werden. Im Französischen setzt man -auch das Adjectiv mehr vor als nach; wenn aber mehrere Adjective -<a id="page-331" class="pagenum" title="331"></a> -<a id="pagehdr-331" class="orig-page" title="311"></a> -mit dem Substantiv verbunden werden sollen, so lässt -man immer jene auf das letztere folgen, z. B. <em class="italic">un homme vertueux -et bienfaisant</em>; welche Verbindungsart, um des Nachdrucks -willen, der auf jedes der Adjective gelegt werden kann, -allerdings einen entschiedenen Vorzug vor der deutschen hat. -— Wie kann es in einer Sprache dahin kommen, dass das Adjectiv, -jener Ordnung des Denkens gerade entgegen, zuerst gesetzt -wird? — In dem Fortschritt der Cultur einer Sprache müssen -die Wörter nicht mehr als einzelne gedacht werden, sondern -mehrere zusammen machen Einen Begriff aus und <a id="corr-15"></a>werden -als Ein Begriff gedacht. So wird auch das Substantiv nicht -mehr als einzelner Begriff gedacht, der nachher durch Adjective -bestimmt werden solle, sondern er wird mit diesen sogleich -zusammen gedacht als Ein Begriff, und jene können ihm -also auch vorhergehen. -</p> - -<p> -Eine andere Frage, die wir jetzt zu untersuchen haben, betrifft -die Entstehung des <em class="italic">Activs</em> und <em class="italic">Passivs</em>. Die ersten Zeitwörter -waren <em class="italic">Neutra</em>. Aus dem ursprünglichen Neutrum lässt -sich das <em class="italic">Activ</em> leicht entwickeln. Das <em class="italic">Neutrum</em> bezeichnet, wie -wir schon bemerkt haben, einen <em class="italic">Zustand</em>, in welchem sich der -Gegenstand der Rede befindet: bezieht man nun diesen Zustand -auf ein anderes Object, welches mit demselben in Verbindung -steht, so wird auch das Neutrum in ein <em class="italic">Activ</em> verwandelt. -Z. B. in dem Satze: <em class="italic">der Löwe frisst</em> — drückt das -Wort <em class="italic">fressen</em> einen durch sich selbst völlig bestimmten Zustand -des Löwen aus, und hat also eine völlig neutrale Bedeutung. -Sage ich aber: der <em class="italic">Löwe frisst das Schaaf</em>, so ist dieses Zeitwort -ein <em class="italic">Activ</em>: denn hier wird die durch dasselbe dem Löwen -zugeschriebene Handlung auf ihr Object bezogen. -</p> - -<p> -Aus eben diesem Beispiele erhellt auch, dass das Wort für -den Gegenstand, welcher mit der Handlung des Subjects in -Verbindung gesetzt werden soll, schon als <em class="italic">Substantiv</em> gebraucht -seyn, und ein festes Merkzeichen seiner substantiven Bedeutung -haben musste, wenn die erwähnte Wortfügung, und folglich -auch die Verwandlung des Neutrums in ein Activ zu Stande -kommen sollte. Der <em class="italic">Löwe</em>, welcher hier Subject des Satzes ist, -wird durch den gewöhnlichen Laut, der eine Nachahmung seines -<a id="page-332" class="pagenum" title="332"></a> -<a id="pagehdr-332" class="orig-page" title="312"></a> -Brüllens ist, ausgedrückt. Dieser Löwe <em class="italic">frisst</em>. Auch dies -kann durch den eigentlichen Ausdruck bezeichnet werden. Aber -wie soll ich nun das <em class="italic">Schaaf</em> ausdrücken? Wenn ich dieses -auch durch seinen eigentlichen Ton andeuten will, so kann dieser -Ton, welcher zugleich das Zeitwort des <em class="italic">Blökens</em> ausdrückt, -für dieses Zeitwort genommen werden, und dann bedeutete der -ganze Satz: <em class="italic">der fressende Löwe blökt</em>. Nun haben wir zwar -weiter oben gesehen, dass das Substantiv sich von dem Zeitworte, -von welchem es abgeleitet wurde, durch den leichteren -Ton, in welchem es vorgetragen wurde, unterschied. Allein -dieses Merkmal ist hier nicht anwendbar, da das Substantiv -hier nicht den Satz anfängt, sondern beschliesst, und folglich -nach unserer Theorie einen gedehnten und starken Ton erhalten -muss. Diesem möglichen Misverständnisse ist also nicht -eher abzuhelfen, als bis für das Wort, durch welches das -Schaaf in substantiver Bedeutung bezeichnet werden soll, ein -bleibendes Unterscheidungszeichen gefunden worden ist. Dies -konnte aber auf die oben angegebene Art leicht geschehen, indem -die Abkürzung, mit welcher ein solches Wort, wo es ein -Substantiv ausdrückte, ausgesprochen wurde, bald in einen -fixen eigenthümlichen Laut verwandelt werden musste; wobei -sehr leicht auch noch ein Mittelton eingeschoben werden konnte, -um dasselbe mit dem darauf folgenden Worte leichter zu verbinden. -Solche Modificationen des ursprünglichen Tons wurden -durch wiederholten Gebrauch so mit dem Worte verwebt, dass -sie zuletzt einen Bestandtheil desselben ausmachten, und zu -Merkzeichen der substantiven Bedeutung eines Wortes dienten. -Ehe aber dergleichen Bestimmungen vorhanden waren, war der -ganze Satz nicht auszudrücken, und eher war kein <em class="italic">Activ</em>, sondern -alle Zeitwörter blieben, was sie ursprünglich waren — -<em class="italic">Neutra</em>. -</p> - -<p> -Um die Entstehung des <em class="italic">Passivs</em> zu erklären, muss ein Bedürfniss -aufgezeigt werden, welches die Menschen zur Erfindung -dieser Sprachbestimmung leitete; denn, dass in der Ursprache -irgend etwas ohne Noth, bloss zur Verschönerung des -Vortrags erfunden worden sey, lässt sich nicht annehmen. Um -diese möchte man sich wohl bei den ersten rohen Versuchen -<a id="page-333" class="pagenum" title="333"></a> -<a id="pagehdr-333" class="orig-page" title="314"></a> -einer Sprache nicht sehr bekümmert haben; da sagte man -wohl eher: <em class="italic">man schmähet mich</em>, als — ich werde geschmähet; -der Löwe zerreisst das Schaaf, als — das Schaaf wird vom -Löwen zerrissen. -</p> - -<p> -Ein solches Bedürfniss des Passivs tritt ein, wenn eine -Handlung vorkömmt, welche, nach unseren Einsichten, einen -Urheber hat, den wir aber auf keine Weise entdecken können. -Sie muss <em class="italic">erstlich</em> einen Urheber haben; denn hat sie keinen, -oder können wir keinen annehmen, so drücken wir uns durch -das <em class="italic">Impersonale</em> aus — wir sagen: <em class="italic">es donnert, regnet</em>, u. s. w. -<em class="italic">Zweitens</em> muss der Urheber unbekannt seyn, und gar nicht errathen -werden können; denn, gesetzt der Wolf hätte ein Schaaf -geraubt, so wird der noch ungebildete Naturmensch, auch selbst -wenn er nicht Augenzeuge von dem Vorgange gewesen ist, doch -nicht sagen: <em class="italic">das Schaaf ist mir geraubt worden</em>; sondern: <em class="italic">der -Wolf hat das Schaaf weggenommen</em>; weil er schon aus Erfahrung -weiss, dass dieser Schaafe raubt. Das Bedürfniss des -Passivs trat also erst dann ein, wenn eine Handlung da war, -bei der man ebenso klar sah, dass sie einen Urheber haben -musste, als man sich bewusst war, dass man diesen Urheber -nicht errathen könne. Ursprünglich wurde daher auch wohl -das Passiv durch ein Zeichen ausgedrückt, wodurch der Redende -andeutete, dass ein Urheber da sey und dass er ihn -nicht kenne. Man hängte vielleicht den Worten, welche die -That selbst ausdrückten, den Satz an: <em class="italic">ich weiss nicht, wer es -gethan hat</em>. Wenn nun diese Worte bei gleicher Gelegenheit -mehrmals gebraucht wurden, so musste es bald dahin kommen, -dass sie geschwinder ausgesprochen wurden, mit dem Zeitworte, -welches die Handlung bezeichnete, enger zusammenflossen, -und zuletzt einen Bestandtheil desselben ausmachten. -Ob ein solcher Zusatz ursprünglich dem Zeitworte vorgesetzt, -oder angehängt wurde, lässt sich nicht bestimmen. Im Ganzen -aber folgt so viel, dass ursprünglich das <em class="italic">Passiv</em> wohl durch einen -kleinen Zusatz zum Zeitwort ausgedrückt wurde, welcher eigentlich -das Zeichen der Unbekanntheit des Urhebers war. -</p> - -<p> -Das <em class="italic">Verbum medium</em> bezeichnet eine Handlung, welche auf -<a id="page-334" class="pagenum" title="334"></a> -<a id="pagehdr-334" class="orig-page" title="315"></a> -uns selbst zurückgeht: es gründet sich auf höhere Abstraction, -und kann daher in einer Ursprache nicht wohl vorkommen. -</p> - -<p> -Die Entstehung des <em class="italic">Numerus</em> lässt sich auf folgende Art -erklären. — Der <em class="italic">Singular</em> fand sich von selbst; er war der ursprüngliche -Numerus; die ersten Wörter wurden alle im Singular -gebraucht. Nun sollte aber der Horde eine Mehrheit angezeigt -werden; es wollte z. B. einer sagen: es kommen mehrere -Löwen! wie sollte er das andeuten? Durch das natürliche -Bild einer Heerde: durch Dehnung und Wiederholung des Tons, -und dadurch, dass dieser Ton immer fortschallte. Um wie viel -oder wenig man den Ton dehnen, oder wie oft man ihn wiederholen -sollte, um die mehrere Zahl anzudeuten, war vermuthlich -nicht bestimmt. Der <em class="italic">Pluralis</em> wurde demnach durch Verlängerung -des Wortes ausgedrückt. -</p> - -<p> -Der <em class="italic">Pluralis</em> war aber anfangs nur nöthig bei <em class="italic">Zeitwörtern</em>, -keinesweges bei Substantiven und Adjectiven; denn es -verstand sich von selbst, dass auch sie, wenn sie von einem -Zeitworte im Plural begleitet wurden, in der mehreren Zahl -zu nehmen waren. Der Numerus der Substantive und Adjective -ist daher in der Ursprache nicht zu suchen: er ist keinesweges -eine durch Nothwendigkeit geforderte Sprachbestimmung, -sondern eine Erfindung, welche das Streben nach Bestimmtheit -und Eleganz im künstlichen Vortrage nöthig machte. -Aber bei Zeitwörtern war der Plural unentbehrlich. -</p> - -<p> -Die <em class="italic">verschiedenen Personen</em> der <em class="italic">Zeitwörter</em> wurden ohne -Zweifel in folgender Ordnung gebildet. Diejenige <em class="italic">Person</em>, welche -zuerst in der Sprache bezeichnet wurde, war gewiss die <em class="italic">dritte</em>; -denn urprünglich wurde in keiner anderen, als in der dritten -Person geredet. Man nannte einen jeden bei seinem eigenthümlichen -Namen: N. N. solle das thun! Die folgende, welche -zunächst der dritten ihre besondere Bezeichnung erhielt, war -die <em class="italic">zweite Person</em>; weil man bei Verabredungen und Verträgen -bald das Bedürfniss fühlte, dem anderen zu sagen: das sollst -Du thun. Das <em class="italic">Ich</em>, als die <em class="italic">erste Person</em>, zeugt (besonders wo -es an der Endung des Zeitwortes selbst angehängt ist) von -höherer Vernunftcultur, und wurde also auch zuletzt bezeichnet. -Bei Kindern sehen wir, dass sie immer in der dritten -<a id="page-335" class="pagenum" title="335"></a> -<a id="pagehdr-335" class="orig-page" title="317"></a> -Person von sich sprechen, und sich, als das Subject, von welchem -sie etwas sagen wollen, durch ihren Namen ausdrücken, -weil sie sich bis zum Begriff des Ich, bis zur Absonderung des -selben von allem ausser ihnen noch nicht erhoben haben. <em class="italic">Ich</em> -drückt den höchsten Charakter der Vernunft aus. -</p> - -<p> -Wie eine <em class="italic">dritte</em>, <em class="italic">zweite</em>, und <em class="italic">erste Person</em> im <em class="italic">Plural</em> gebildet -werden konnte, ergiebt sich leicht, wenn der Plural schon -vorhanden war. -</p> - -<p> -Die <em class="italic">Tempora der Zeitwörter</em> wurden wahrscheinlich auf -folgende Art erfunden. Die ersten Zeitwörter wurden bloss -<em class="italic">aoristisch</em> gebraucht: aus dem <em class="italic">Aorist</em> konnte leicht das <em class="italic">Präsens</em> -gebildet werden, oder vielmehr — man musste den Aorist -bald selbst als Präsens verstehen, weil die Bestimmungen bei -rohen Nationen sich fast immer auf die gegenwärtige Zeit beziehen. -Mehr Mühe mochte wohl die Erfindung der Bezeichnungen -für vergangene und zukünftige Zeiten kosten. Als man -zuerst das Bedürfniss fühlte, <em class="italic">Vergangenes</em> und <em class="italic">Zukünftiges</em> auszudrücken, -gab man wohl die Zeit, in welcher etwas geschehen -war, oder geschehen sollte, ganz genau an; es wurde z. B. -nicht gesagt: <em class="italic">es hat sich zugetragen</em>, sondern: <em class="italic">es trägt sich -vor so und so viel Tagen zu</em>; nicht: <em class="italic">es wird sich ereignen</em>, -sondern <em class="italic">es ereignet sich nach so viel Tagen</em>. Diese Art -sich auszudrücken, war dem noch ungebildeten Menschen sehr -natürlich. Vollkommene Präcision im Ausdrucke kündigt eine -höhere Verstandescultur an, als man den ersten Erfindern der -Sprache zuschreiben kann. Der ungebildete Mensch theilt nicht -bloss das mit, was der andere von einer Sache wissen soll, -oder will, sondern auch was er selbst davon weiss. Daher -giebts in den uncultivirten Sprachen eine Menge überflüssiger -Bestimmungen, eine Menge Ausdrücke, die, der Verständlichkeit -des Ganzen unbeschadet, weggelassen werden könnten. So -auch mit den Bestimmungen der Zeit. Die Zeit, in welcher -etwas vorgegangen war, oder kommen sollte, wurde, so weit -man <em class="italic">zählen</em> konnte, bestimmt hinzugesetzt. Wo man aber auf -einen Zeitraum stiess, welcher eine so genaue Bestimmung nicht -zuliess, da bediente man sich, wie uns noch einige Spuren in -<a id="page-336" class="pagenum" title="336"></a> -<a id="pagehdr-336" class="orig-page" title="318"></a> -alten Sprachen zeigen, der Worte: <em class="italic">morgen</em>, <em class="italic">gestern</em> u. s. w., um -die <em class="italic">verflossene</em> oder <em class="italic">zukünftige</em> Zeit unbestimmt auszudrücken. -</p> - -<p> -Aus dieser Bezeichnungsart mussten aber bald mehrere -Misverständnisse entstehen. Wie leicht konnte es Zwist verursachen, -wenn der zweideutige Ausdruck <em class="italic">morgen</em> für den besonderen -Fall, in welchem er gebraucht wurde, nicht gehörig -bestimmt war? Z. B. es sagte einer zum andern: ich gebe dir -das morgen. Hier konnte morgen ebensowohl den nächstkünftigen, -als jeden anderen folgenden Tag bedeuten. Der andere -legt es von dem nächstkünftigen Tage aus, und kömmt, um die -Sache abzuholen: jener weigert sich aber, das Versprochene -abzuliefern, weil er es nicht auf morgen, sondern überhaupt -auf die Zukunft zugesagt hätte. Durch Fälle dieser Art konnten -leicht Mishelligkeiten entstehen, an welchen sich das Bedürfniss -einer bestimmten Bezeichnung für Vergangenheit und -Zukunft deutlich offenbaren musste. Diesem Bedürfniss konnte -vielleicht schon dadurch abgeholfen werden, dass man solche -allgemeine Worte, wie <em class="italic">morgen</em>, <em class="italic">gestern</em> u. s. w., wenn sie die -<em class="italic">verflossene</em> oder <em class="italic">kommende</em> Zeit <em class="italic">überhaupt</em> ausdrücken sollten, -mit dem Zeitwort zusammenfassender, schneller und kürzer -aussprach, und im Gegentheil dieselben Worte, wenn sie bestimmt -den <em class="italic">zunächst vergangenen</em> oder <em class="italic">zukünftigen</em> Tag bezeichnen -sollten, durch einen festen, längeren Ton ausdrückte. -So wurde zum Ausdrucke der vergangenen und zukünftigen -Zeit ein Zusatz zum Zeitworte gefunden, welcher nach und nach -inniger mit demselben zusammenfloss, und das <em class="italic">Perfectum</em> und -<em class="italic">Futurum</em> in seiner jetzigen Gestalt bildete. -</p> - -<p> -Es fragt sich noch: wie entstanden die verschiedenen <em class="italic">Casus</em>? -— Der <em class="italic">Nominativ</em> und <em class="italic">Accusativ</em> sind wohl diejenigen, -auf welche man am frühesten kam. Man bedurfte sie auch -bei der einfachsten Wortfügung, und sie liessen sich auch leicht -durch die Stelle, welche sie in einem Satze bekommen mussten, -charakterisiren. Das Subject einer Rede musste, als der -unbestimmteste Begriff, immer die erste Stelle in einem Satze -einnehmen. Bei jeder Wortfügung musste also ein Substantiv -vorangehen; darauf folgte das Zeitwort, der Ausdruck des Zustandes, -in welchem sich das Subject befand. Sollte nun dieses -<a id="page-337" class="pagenum" title="337"></a> -<a id="pagehdr-337" class="orig-page" title="320"></a> -Zeitwort bezogen werden auf einen Gegenstand, welcher mit -der durch dasselbe bezeichneten Handlung des Subjects in Verbindung -stand, so musste dieses seinen Platz gleich hinter dem -Zeitworte erhalten. Dieser Anordnung der Worte gemäss muss -das Substantiv, da es das Subject des Satzes anzeigen, gleichsam -<em class="italic">nennen</em> soll, im <em class="italic">Nominativ</em>, das Object aber, welches auf -die Handlung des Subjects bezogen wird, im <em class="italic">Accusativ</em> stehen; -folglich der Nominativ den Satz anfangen, der Accusativ denselben -beschliessen. — Der Accusativ musste mithin auch, weil -kein Wort weiter auf ihn folgte, den längsten und stärksten -Ton haben, der Nominativ aber flüchtig ausgesprochen und mit -dem Zeitworte verflochten werden. Es musste sich also bei -einem und demselben Worte leicht unterscheiden lassen, ob es -im Nominativ, oder Accusativ stehe, indem in dem letzteren -Falle entweder eine Verlängerung, durch Zusetzung mehrerer -Buchstaben oder Sylben, oder doch eine Verstärkung des Tones -stattfand. -</p> - -<p> -Der <em class="italic">Genitiv</em> wurde als nähere Bestimmung des Substantivs -angehängt, und ich glaube wohl, dass der Name, den er -führt, den ursprünglichen Gebrauch bezeichnet, welchen man -von diesem Casus machte. Man bediente sich seiner zur Bezeichnung -der Abstammung eines Menschen, indem man erst -den Sohn, und dann den Vater nannte. Späterhin wendete -man diese Bestimmung auch auf das Besitzthum an, man sagte -z. B. das Schaaf des Marcus u. s. w. Der Genitiv hatte deshalb -auch seine Stelle, durch die er bezeichnet wurde, unmittelbar -nach dem Substantiv, zu dessen näherer Bestimmung er -diente. Z. B. man wollte unter einer Horde einen bezeichnen, -der mit mehreren anderen einen gleichen Namen hatte; so -setzte man, um ihn nicht mit einem von diesen Anderen zu -verwechseln, den Namen seines Vaters hinzu, als: Marcus Caji, -u. s. w. Da nun, nach den Grundsätzen, welchen wir bei der -Ableitung der Grammatik gefolgt sind, jedes Wort, je weiter -es in der Reihe der Zeichen zurückstand, einen desto längeren -und stärkeren Accent erhielt: so musste auch der Genitiv einen -längeren oder stärkeren Ton bekommen, als der Nominativ, hinter -welchem er seinen Platz hatte. -</p> - -<p> -<a id="page-338" class="pagenum" title="338"></a> -<a id="pagehdr-338" class="orig-page" title="321"></a> -Auch der <em class="italic">Ablativ</em> ist, wie der Genitiv, entstanden, um ein -Wort näher zu bestimmen, und drückte vielleicht anfangs das -<em class="italic">von einem Orte Nehmen</em> aus. Er ist mit dem Genitiv gewissermaassen -gleichartig; beide drücken die Beziehung mehrerer -Nennwörter auf einander aus. Die Entstehung dieser beiden -Casus ist allerdings in der Ursprache zu suchen. Es war unter -rohen Völkern sehr nothwendig, dergleichen Beziehungen -recht verständlich auszudrücken. Wie leicht konnte man einem -verdrüsslichen Misverständnisse vorbeugen, wenn man, um -einen Menschen desto genauer kenntlich zu machen, den Namen -seines Vaters zu dem seinigen hinzufügte; sowie man auch -in allen alten Geschichtschreibern zur näheren Bestimmung des -Sohnes den Namen des Vaters hinzugesetzt findet. -</p> - -<p> -Aber um alle die verschiedenen Beziehungen der Gegenstände -auf einander zu bezeichnen, ist weder der Genitiv noch -der Ablativ hinreichend; es bedarf also auch noch der <em class="italic">Präpositionen</em>. -Eine der gewöhnlichsten solcher Beziehungen ist z. B. -die <em class="italic">Local</em>beziehung, als: das Haus <em class="italic">im</em> Dorfe, u. s. w. Diese -Beziehungen wurden ursprünglich wohl dadurch ausgedrückt, -dass man einen Buchstaben, eine Sylbe oder einen fast unmerklichen -Ton einem von den beiden Nennwörtern, welche -auf einander bezogen werden sollten, beifügte. Da dieser Zusatz, -den man sich übrigens als Präfix oder Affix denken kann, -nicht geschrieben, sondern ausgesprochen wurde, so liess sich -auch nicht bestimmen, ob er einen besonderen Ton ausmachte, -sondern er floss in der Aussprache mit dem Zeichen, welchem -er vor- oder nachgesetzt wurde, zusammen. -</p> - -<p> -Der <em class="italic">Dativ</em> bezeichnet die Beziehung einer Handlung auf -ein Drittes, auf etwas ausser dem Subject und Object, auf welches -die Handlung eigentlich abzweckt. Z. B. ich gebe das -Brot, ich nehme das Brot: hier fehlt offenbar die Beziehung -auf ein Drittes, um dessen willen die Handlung vorgenommen, -dem das Brot gegeben, oder genommen wird. Setze ich diese -Beziehung hinzu, sage ich z. B. ich gebe oder nehme das Brot -dem Hunde, so habe ich auch den <em class="italic">Dativ</em>. Da der Gegenstand, -mit welchem eigentlich die Handlung vorgenommen wird, zur -Bestimmung der Handlung unmittelbar gehört, so muss auch -<a id="page-339" class="pagenum" title="339"></a> -<a id="pagehdr-339" class="orig-page" title="323"></a> -der Accusativ, welcher dieses Verhältniss des behandelten Gegenstandes -zu der Handlung bezeichnet, unmittelbar nach dem -Zeitwort stehen; und der <em class="italic">Dativ</em>, welcher den Gegenstand bezeichnet, -um dessenwillen die Handlung eigentlich geschieht, -folgt jenem nach. Er wird also den Satz schliessen, und folglich -einen volleren Ton bekommen, als der Accusativ selbst. -</p> - -<p> -So entstand <em class="italic">Grammatik</em> bloss durch das Bedürfniss der -Sprache, und durch die Fortschritte, welche die menschliche -Vernunft nach und nach machte. Denn selbst bei der einfachsten -Mittheilung der Gedanken musste sehr vieles durch -Beziehung der Worte auf einander ausgedrückt werden, und -der natürliche, durch die Vernunft geleitete Gang der Sprache -brachte den Menschen, ohne dass Verabredung erforderlich gewesen -wäre, auf die Bestimmung der verschiedenen Arten jener -Beziehung. -</p> - -<p> -Man könnte gegen diese Theorie einwenden, dass es verschiedene -Sprachen gebe, denen man ihre Entstehung nach -den von uns vorgetragenen Regeln nicht ansehe. So soll, unserer -Darstellung gemäss, das Wurzelwort immer ein Zeitwort -seyn, und dieses Zeitwort soll ursprünglich in Einem Tone -mehrere Begriffe ausdrücken, soll ursprünglich in der dritten -Person vorgetragen werden, und aoristische Bedeutung haben. -Nun zeigt sich in der griechischen und lateinischen Sprache -offenbar das Gegentheil. In den Zeitwörtern derselben ist -augenscheinlich nicht die dritte, sondern die erste Person diejenige, -aus welcher alle übrigen gebildet sind, ist nicht der -Aorist, sondern das Präsens die Wurzel. Woher also diese -Verschiedenheit, wenn unsere Theorie richtig ist? Nehmen wir -auch an, dass die genannten Sprachen keine Ursprachen gewesen -sind, sondern sich aus schon entstandenen gebildet haben; -so müssen wir doch zugeben, dass sie zuletzt aus solchen hervorgehen -mussten, welche auf die hier vorgetragene Art entstanden -waren. Warum zeigt sich nun in ihnen auch nicht die -leichteste Spur von jener Ursprache? Denn, mag sich eine -Sprache noch so sehr cultiviren, mag eine gebildetere Grammatik -noch so viel Modificationen in sie hineintragen: so müssen -sich doch in ihr noch Ueberreste von dem ersten rohen Zuschnitte -<a id="page-340" class="pagenum" title="340"></a> -<a id="pagehdr-340" class="orig-page" title="324"></a> -finden, z. B. aus der dritten Person, und nicht aus der -ersten, die Form der übrigen abgeleitet, und der Aorist, nicht -das Präsens das Wurzelwort seyn. -</p> - -<p> -Auf diesen Einwurf lässt sich folgendes antworten. Man sah -sich bald genöthigt, neue Worte zu erfinden, weil der menschliche -Geist, bei seinen Fortschritten zur Cultur, sich immer mit -neuen Vorstellungen bereicherte, und neue Bestimmungen in -alte Begriffe hineintrug. Die Worte, welche man zu Bezeichnung -dieser Vorstellungen erfand, — man mochte nun dazu entweder -ganz neue, in der Sprache bisher noch nicht vorgekommene -Töne, oder eine Verbindung mehrerer, schon bekannter -Töne gebrauchen, — mussten auf jeden Fall das Gepräge der -Bildung tragen, welche der menschliche Geist in dem Zeitpunct -jener erfundenen neuen Bezeichnungen hatte. Nun geht der -gebildete Mensch vom Ich aus, und betrachtet alles aus dem -Gesichtspuncte des Ich: er wird also auf dieser Stufe der Cultur -auch bei der Aufstellung eines neuen Zeitwortes von der -ersten Person ausgehen. Daher kann es nicht fehlen, dass ein -neues Wort, gebildet in Zeiten höherer Cultur, von den ursprünglichen -Formen derselben Sprache abweichen musste. Im -Anfange wurden nun solche Worte mit den alten, von welchen -sie abstammten, zugleich gebraucht; aber bald wurden jene -allgemein und verdrängten die letzteren. Denn, sowie die Nation -in ihrer Cultur weiter vorrückte, musste sie nothwendig -die neueren Formen ihren Begriffen angemessener finden, und -über dem Gebrauche derselben die älteren bald vergessen. -</p> - -<p> -So wird selbst bei einem Volke, das von allen äusseren -Einflüssen frei bleibt, sich mit keinem anderen Volke vermischt, -seinen Wohnplatz nie verändert u. s. w., die rohe Natursprache -nach und nach untergehen, und an deren Stelle eine andere -treten, die von jener auch nicht die leichteste Spur an sich -trägt. Man würde sich also irren, wenn man glaubte, die -Griechen, Römer und andere hätten nie eine Ursprache gehabt, -weil sich keine Ueberreste davon bei ihnen fänden. Jene Urtöne -sind nach und nach aus der Ursprache verschwunden, als -sie sich durch Zeichen ersetzt sahen, die dem cultivirten Geiste -des Volkes besser entsprachen. -</p> - -<p> -<a id="page-341" class="pagenum" title="341"></a> -<a id="pagehdr-341" class="orig-page" title="325"></a> -Eine eigene Erscheinung in den neueren Sprachen sind die -Hülfswörter; das: <em class="italic">ich bin, werden u. s. w.</em> Diese Bezeichnungen, -wo sie sich in einer Sprache finden, beweisen einen hohen -Grad der Abstraction. Man fand vermuthlich bald einen -besonderen Nachdruck in der auszeichnenden Endung des Perfectum -und Futurum, wodurch die Sprache an Rundung gewann. -Aber immer ist es Zeichen einer noch höheren Cultur, -wenn einzelne Begriffe erfunden werden, um Einen Gedanken -desto bestimmter auszudrücken. Die Aufstellung dieser Bezeichnungen -ist aber in einer Sprache wenigstens nicht früher -möglich, bis in ihr der Begriff des Leidens oder das Passiv -schon ausgedrückt ist. -</p> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-34" id="footnote-34">[34]</a> Ich beweise hier nicht, dass der Mensch ohne Sprache nicht denken, -und ohne sie keine allgemeinen abstracten Begriffe haben könne. Das kann -er allerdings vermittelst der Bilder, die er durch die Phantasie sich entwirft. -Die Sprache ist meiner Ueberzeugung nach für viel zu wichtig gehalten worden, -wenn man geglaubt hat, dass ohne sie überhaupt kein Vernunftgebrauch -stattgefunden haben würde. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-35" id="footnote-35">[35]</a> Dieses Urtheil ist durch die kritische Philosophie angefochten worden, -als eine Täuschung. — Aus dem Gesichtspuncte des philosophischen Räsonnements -können wir nicht sagen: es <em class="italic">ist</em> eine Welt. Das, was ausser mir -ist, kann ich bloss fühlen, und in dieser Rücksicht nur <em class="italic">glauben</em>. Dass Dinge -ausser mir sind, ist also blosser Glaubensartikel; und wie will man aus etwas, -das bloss geglaubt werden kann, etwas Erweisbares, einen demonstrativen -Vernunftsatz machen? — Dieser Einwurf geht aber nur gegen den -Philosophen, der — anstatt, wie er sollte, das Theoretische von dem Praktischen, -das, was innerhalb der Grenzen des Gefühls geglaubt wird, von dem -was über diese Grenzen hinaus, im Gebiete des Verstandes erkannt wird, -scharf zu unterscheiden — etwas bloss zu <em class="italic">Glaubendes</em> für etwas <em class="italic">Erkennbares</em> -annimmt, und auf dieses vermeintlich Erkennbare einen Beweis gründen -will, der <em class="italic">seinem Gehalte nach</em> für den Verstand gültig seyn soll. Dass -Dinge ausser uns sind, <em class="italic">erkennen</em> wir nicht; das Daseyn dieser Dinge wird -uns nur <em class="italic">durchs Gefühl</em> und im Gefühl gegeben, und ist also bloss Gegenstand -des <em class="italic">Glaubens</em>. Nun ist es wohl ein einleuchtender Widerspruch, aus -einem solchen <em class="italic">Glauben</em> die Existenz irgend eines Uebersinnlichen <em class="italic">erweisen</em>, -aus etwas Geglaubtem auf ein Uebersinnliches einen Schluss machen zu wollen, -der für den Verstand, und nicht bloss für das Gefühl überzeugende Kraft -hätte. Ein solcher Schluss würde die Forderung enthalten: entweder, dass -der <em class="italic">Verstand</em>, der, inwiefern er Verstand ist, nur erkennen, und nur durch -Erkanntes überzeugt werden kann, <em class="italic">glauben</em>; oder, dass das <em class="italic">Gefühl</em>, welches, -als Gefühl, uns nur etwas zum glauben geben kann, <em class="italic">erkennen</em> soll. — Also -aus dem bloss gefühlten Daseyn der Dinge ausser uns können wir nicht erweisen, -dass ein Gott <em class="italic">sey</em>. -</p> - -<p class="footnote2"> -Aber aus einem Gefühle lässt sich leicht ein anderes entwickeln: wir -können von einem Gefühle auf die Annehmbarkeit eines anderen, mithin von -dem Glauben an die Dinge ausser uns, auf die Glaubwürdigkeit des Daseyns -eines höchsten übersinnlichen Wesens schliessen. Diesen Schluss -macht der <em class="italic">gemeine Menschenverstand</em>; und, da es ihm nicht obliegt, Gefühl -und Erkenntniss streng zu unterscheiden, er auch gar nicht vorgiebt, sie unterschieden -zu haben: so wäre es ein blosser Misverstand, wenn man gegen -das Urtheil des gemeinen Verstandes, „dass ein Gott <em class="italic">sey</em>,“ jenen Einwurf der -Kritik geltend machen wollte. -</p> - -<h3 class="l3s pbb chapter" id="chapter-5-5"> -<a id="page-342" class="pagenum" title="342"></a> -<span class="line1">E.</span><br /> -<span class="line2">Ueber Belebung und Erhöhung des reinen Interesse für Wahrheit.</span> -</h3> - -<p class="src"> -(Aus Schillers Horen Bd. I, St. I. 1795.) -</p> - -<p class="noindent"> -Vergebens erwartet man durch irgend ein glückliches Ohngefähr -die Wahrheit zu finden, wenn man sich nicht von einem -lebhaften Interesse begeistert fühlt, mit Verläugnung alles Andern -ausser ihr, sie zu suchen. Es ist demnach eine wichtige -Frage für jeden, der die Würde der Vernunft in sich behaupten -will: was habe ich zu thun, um reines Interesse für Wahrheit -in mir zu erwecken, oder wenigstens dasselbe zu erhalten, -zu erhöhen und zu beleben? -</p> - -<p> -Wie jedes Interesse überhaupt, so gründet sich auch das -Interesse für Wahrheit auf einen ursprünglich in uns liegenden -Trieb. Unter unseren reinen Trieben aber ist auch ein Trieb -nach Wahrheit. Niemand <em class="italic">will</em> irren, und jeder Irrende hält -seinen Irrthum für Wahrheit. Könnte man ihm auf eine für -ihn überzeugende Art darthun, dass er irre, so würde er sogleich -den Irrthum aufgeben, und statt desselben die entgegengesetzte -Wahrheit ergreifen. -</p> - -<p> -Kommt etwas hinzu, das sich auf diesen Trieb bezieht, -entdeckt man in unserm Fall eine Wahrheit als solche, oder -erkennt einen Irrthum für einen Irrthum, so entsteht nothwendig -<a id="page-343" class="pagenum" title="343"></a> -ein Gefühl des Beifalls für die erstere, eine Abneigung gegen -den letztern; und beides völlig unabhängig von dem Inhalte -und den Folgen jener Wahrheit und dieses Irrthums. Aus -wiederholten Gefühlen der gleichen Art entsteht ein Interesse -für Wahrheit überhaupt. Ein solches Interesse lässt sich daher -nicht <em class="italic">hervorbringen</em>; es gründet sich der Anlage nach auf -das Wesen der Vernunft, und wird seinen Aeusserungen nach -in der Erfahrung durch die Welt ausser uns ohne unser wissentliches -Zuthun geweckt; aber man kann dieses Interesse -<em class="italic">erhöhen</em>. -</p> - -<p> -Dies geschieht durch Freiheit, wie jede sittliche Handlung. -Aber alle Regeln für Anwendung der Freiheit setzen die Anwendung -derselben schon voraus; und man kann vernünftigerweise -nur demjenigen zurufen: gebrauche deine Freiheit, der -dieselbe schon gebraucht hat. Dieser erste Act der Freiheit, -dieses Losreissen aus den Ketten der Nothwendigkeit geschieht, -ohne dass wir selbst wissen wie. So wenig wir uns des ersten -Schrittes in das Reich des Bewusstseyns überhaupt bewusst -werden, ebensowenig werden wir uns unseres Uebertrittes -in das Reich der Moralität bewusst. Irgend woher fällt -ein Feuerfunke in unsere Seele, der vielleicht lange in heimlichem -Dunkel glüht. Er erhebt sich, er greift umher, er wird -zur Flamme, bis er endlich die ganze Seele entzündet. -</p> - -<p> -Jedes praktische Interesse im Menschen erhält und belebt -sich selbst; darin besteht sein Wesen. Jede Befriedigung verstärkt -es, erneuert es, hebt es mehr hervor im Bewusstseyn. -Gefühl des erweiterten Bedürfnisses ist der einzige Genuss für -das endliche Wesen. Die Hauptvorschrift zu Erhöhung jedes -Interesse im Menschen, mithin auch des Interesse für Wahrheit, -heisst demnach: <em class="italic">befriedige deinen Trieb</em>! woraus für den -gegenwärtigen Fall sich folgende zwei Regeln ergeben: entferne -jedes Interesse, das dem reinen Interesse für Wahrheit entgegen -ist, und suche jeden Genuss, der das reine Interesse für -Wahrheit befördert! -</p> - -<p> -Man nehme keinen Anstoss an der sonst mit Recht verdächtigen -Empfehlung des Genusses. Dass durch den Genuss, -und allein durch diesen jeder Trieb, der in der vernünftigen -<a id="page-344" class="pagenum" title="344"></a> -Natur des Menschen gegründet ist, ausgebildet werde, ist einmal -wahr. Genuss, der sich bloss auf Befriedigung der animalischen -Sinnlichkeit gründet, verzehrt und vernichtet sich in -sich selbst, und von ihm ist hier nicht die Rede. Geistiger -Genuss, wie z. B. der ästhetische, erhöht sich durch sich -selbst. Es ist demnach ebenso wahr, dass die obenaufgestellte -Regel die einzige ist, die zur Erhöhung eines geistigen Interesse -gegeben werden kann. Die Beantwortung einer ganz anderen -Frage: ob nemlich irgend ein geistiger Genuss ganz unbedingt -zu empfehlen sey? hängt ab von der Beantwortung einer höheren -Frage: ob der Trieb, auf den jener Genuss sich bezieht, -ins unbedingte zu erhöhen? und diese von der noch höheren: -ob dieser Trieb irgend einem andern unterzuordnen sey? So -ist der ästhetische Trieb im Menschen allerdings dem Triebe -nach Wahrheit, und dem höchsten aller Triebe, dem nach sittlicher -Güte, unterzuordnen. Ob der Trieb nach Wahrheit mit -einem höheren Triebe in Streit kommen könne, wird sich aus -unserer Untersuchung von selbst ergeben. — Irgend einen Ausdruck -aber zu vermeiden, weil er gemisbraucht worden, glaube -ich wenigstens hier nicht nöthig zu haben. -</p> - -<p> -Unser Interesse für Wahrheit soll <em class="italic">rein</em> seyn; die Wahrheit, -bloss weil sie Wahrheit ist, soll der letzte Endzweck alles unseres -Lernens, Denkens und Forschens seyn. -</p> - -<p> -Die Wahrheit an sich aber ist bloss <em class="italic">formal</em>. Uebereinstimmung -und Zusammenhang in allem, was wir annehmen, ist -Wahrheit, sowie Widerspruch in unserem Denken Irrthum und -Lüge ist. Alles im Menschen, mithin auch seine Wahrheit, -steht unter diesem höchsten Gesetze: sey stets einig mit dir -selbst! Heisst jenes Gesetz in der Anwendung auf unsere -<em class="italic">Handlungen</em> überhaupt: handle so, dass die Art deines Handelns, -deinem besten Wissen nach, ewiges Gesetz für alles -dein Handeln seyn kann; so heisst dasselbe, wenn es insbesondere -auf unser <em class="italic">Urtheilen</em> angewendet wird: urtheile so, -dass du die Art deines jetzigen Urtheilens als ewiges Gesetz -für dein gesammtes Urtheilen denken könnest. Wie du vernünftigerweise -in allen Fällen kannst urtheilen wollen, so urtheile -in diesem bestimmten Falle. Mache nie eine Ausnahme -<a id="page-345" class="pagenum" title="345"></a> -in deiner Folgerungsart. Alle Ausnahmen sind sicherlich Sophistereien. -— Darin unterscheidet sich der Wahrheitsfreund -vom Sophisten: Beider Behauptungen an sich betrachtet kann -vielleicht der erstere irren, und der letztere recht haben; und -dennoch ist der erstere ein Wahrheitsfreund, auch wenn er -irrt, und der letztere ein Sophist, auch da, wo er die Wahrheit -sagt, weil sie etwa zu seinem Zwecke dient. Aber in den -Aeusserungen des Wahrheitsfreundes ist nichts Widersprechendes, -er geht seinen geraden Gang fort, ohne sich weder rechts -noch links zu wenden; der Sophist ändert stets seinen Weg, -und beschreibt seine krumme Schlangenlinie, sowie der Punct -sich verrückt, bei welchem er gern ankommen möchte. Der -erstere hat gar keinen Punct im Gesichte, sondern zieht seine -gerade Linie, welcher Punct auch immer hineinfallen möge. -</p> - -<p> -Diesem Interesse für Wahrheit um ihrer blossen <em class="italic">Form</em> willen -ist gerade entgegengesetzt alles Interesse für den <em class="italic">bestimmten -Inhalt</em> der Sätze. Einem solchen materiellen Interesse ist -es nicht darum zu thun, <em class="italic">wie</em> etwas gefunden sey, sondern nur -was gefunden sey. -</p> - -<p> -Wir haben schon etwa einen Satz ehemals behauptet, vielleicht -Beifall damit gefunden und Ehre eingeerntet, und meinten -es damals aufrichtig. Damals war unsere Behauptung zwar -nicht <em class="italic">allgemeine</em> Wahrheit, die sich auf das Wesen der Vernunft, -aber doch Wahrheit <em class="italic">für uns</em>, die sich auf unsere damalige individuelle -Denk- und Empfindungsart gründete. Wir irrten, aber -wir täuschten nicht, weder uns noch andere. Seitdem haben -wir entweder selbst weiter geforscht, wir haben unsere individuelle -Denkart dem Ideale der allgemeinen und nothwendigen Denkart -mehr genähert, oder auch andere haben uns unseren Irrthum -gezeigt. Derselbe materielle Satz, der ehemals formale Wahrheit -für uns war, ist uns jetzt, aus dem nemlichen Grunde, aus -dem er dieses war, formaler Irrthum; und sind wir uns selbst -treu, so werden wir ihn sogleich aufgeben. Aber dann müssten -wir erkennen, dass wir geirrt haben; vielleicht dass ein -anderer weiter gesehen habe, als wir. Ist unser Interesse für -Wahrheit nicht rein und nicht stark genug, so werden wir gegen -die auf uns eindringende Ueberzeugung uns vertheidigen, -<a id="page-346" class="pagenum" title="346"></a> -so lange wir können; und nun ist es uns nicht mehr um die -Form zu thun, sondern um die Materie des Satzes; wir vertheidigen -denselben, weil er der unsrige ist, und weil ein eitler -Ruhm uns mehr gilt, denn Wahrheit. -</p> - -<p> -Eine Meinung schmeichelt unserm Stolze, unseren Anmaassungen, -unserer Unterdrückungssucht. Man erschüttert sie mit -den stärksten Gründen, gegen die wir nichts aufbringen können. -Werden wir uns überzeugen lassen? Aber wir müssten -dann entweder unsere gerechten Ansprüche aufgeben, oder uns -für wohlbedächtige und überlegte Ungerechte anerkennen. Es -ist zu erwarten, dass wir gegen die Ueberzeugung uns verwahren -werden, so lange wir können, und dass wir in allen Schlupfwinkeln -unseres Herzens nach Ausflüchten suchen werden, um -ihr auszuweichen. -</p> - -<p> -Ein zweites Hinderniss des reinen Interesse für Wahrheit -ist die Trägheit des Geistes, die Scheu vor der Mühe des Nachdenkens. -Der Mensch ist von Natur ein vorstellendes Wesen, -aber er ist durch sie auch nichts weiter. Die Natur bestimmt -die Reihe seiner Vorstellungen, wie sie die Verkettung seiner -körperlichen Theile bestimmt. Sein Geist ist eine Maschine, wie -sein Körper; nur eine Maschine anderer Art, eine vorstellende -Maschine, bestimmt durch Einwirkung von aussen und durch -seine nothwendigen Naturgesetze von innen. Man kann viel -wissen, viel studiren, viel lesen, viel hören, und ist doch nichts -weiter. Man lässt durch Schriftsteller oder Redner sich bearbeiten, -und sieht mit behaglicher Ruhe zu, wie eine Vorstellung -in uns mit der andern abwechselt. Sowie die Weichlinge des -Orients in ihren Bädern durch besondere Künstler ihre Gelenke -durchkneten lassen, so lassen diese durch Künstler anderer Art -ihren Geist durchkneten, und ihr Genuss ist um weniges edler, -als der Genuss jener. -</p> - -<p> -Diesem blinden Hange thätig widerstreben, eingreifen in -den Mechanismus der Ideenfolge, und ihr gebieten, ihr mit Freiheit -eine Richtung geben auf ein bestimmtes Ziel, und von dieser -Richtung nicht abweichen, bis das Ziel erreicht ist: das ist -der rohen Natur zuwider, und kostet Anstrengung und Verläugnung. -</p> - -<p> -<a id="page-347" class="pagenum" title="347"></a> -Jedes unthätige Hingeben ist dem Interesse für Wahrheit -geradezu entgegen. Es wird dabei gar nicht auf Wahrheit oder -Nichtwahrheit, sondern lediglich auf die Ergötzung geachtet, die -jener Wechsel der Vorstellungen uns gewährt. Wir kommen -dadurch auch nicht zur Wahrheit; denn Wahrheit ist Einheit, -und diese muss thätig und mit Freiheit hervorgebracht werden, -durch Anstrengung und eigene Kraftanwendung. Gesetzt, man -käme durch ein glückliches Ohngefähr auf diesem Wege wirklich -zu Vorstellungen, die an sich wahr wären, so wären sie -es doch nicht <em class="italic">für uns</em>, denn wir hätten von der Wahrheit derselben -uns nicht durch eigenes Nachdenken überzeugt. -</p> - -<p> -Beide Unarten vereinigen sich in denjenigen, welche alle -Untersuchung fliehen, aus Furcht, dadurch in ihrer Ruhe und in -ihrem Glauben gestört zu werden. Was kann eines vernünftigen -Wesens unwürdiger seyn, als eine solche Ausrede? Entweder -ist ihre Ruhe, ihr Glaube gegründet; und was fürchten -sie dann die Untersuchung? Die Güte ihrer Sache muss ja -nothwendig durch die hellste Beleuchtung gewinnen. — Aber -sie fürchten vielleicht bloss unsere Trugschlüsse, unsere Ueberredungskünste? -Wenn sie unsere Folgerungen nicht gehört haben, -noch hören wollen: woher mögen sie doch wissen, dass -es Trugschlüsse sind? Und setzen sie in ihren Verstand nicht -das Vertrauen, dass er allen falschen Schein, der sich gegen -ihre Ueberzeugung auflehnt, zerstreuen werde, da sie ihm doch -das ungleich grössere zutrauen, dass er die einzig mögliche -reine Wahrheit ohne sonderliches Nachdenken aufgefunden -habe? — Oder ihre Ruhe, ihr Glaube ist grundlos; und also ist -es ihnen überhaupt nicht darum zu thun, ob er gegründet sey -oder nicht, wenn sie nur nicht in ihrer süssen Behaglichkeit -gestört werden. Es liegt ihnen gar nicht an der Wahrheit, sondern -bloss an der Vergünstigung, dasjenige für wahr zu halten, -was sie bisher dafür gehalten haben; sey es um der Gewohnheit -willen, sey es, weil der Inhalt desselben ihrer Trägheit und -Verdorbenheit schmeichelt. Sie erhalten etwa dadurch die Hoffnung, -ohne alles ihr Zuthun, tugendhaft und glückselig, oder -wohl gar ohne Tugend glückselig zu werden, recht viel zu geniessen, -<a id="page-348" class="pagenum" title="348"></a> -ohne etwas zu thun; andere für sich arbeiten zu lassen, -wo sie Lust haben, träge und verdorben zu seyn. -</p> - -<p> -Alles Interesse von der angezeigten Art ist unächt, und in -Ausrottung desselben besteht der erste Schritt zu Erhöhung des -reinen Interesse für Wahrheit. Der zweite ist: man überlasse -sich jedem Genusse, den das reine Interesse für Wahrheit gewährt. -Die <em class="italic">Wahrheit an sich selbst</em>, wiefern sie bloss in der -Harmonie alles unseres Denkens besteht, gewährt Genuss, und -einen reinen, edlen, hohen Genuss. -</p> - -<p> -Das ist eine gemeine Seele, der es gleichgültig ist, ob sie, -so <a id="corr-16"></a>geringfügig der Gegenstand auch seyn möge, irre, oder im -Besitz der Wahrheit sey. Es ist hierbei nemlich gar nicht um -den Inhalt und um die Folgen eines Satzes zu thun, sondern -lediglich um Einheit und Uebereinstimmung in dem gesammten -System des menschlichen Geistes. Aber der Mensch <em class="italic">soll</em> einig -mit sich selbst seyn; er soll ein eigenes, für sich bestehendes -Ganzes bilden. Nur unter dieser Bedingung ist er Mensch. Mithin -ist das Bewusstseyn der völligen Uebereinstimmung mit uns -selbst in unserem Denken, oder doch des redlichen Strebens -nach einer solchen Uebereinstimmung, unmittelbares Bewusstseyn -unserer behaupteten Menschenwürde, und gewährt einen -moralischen Genuss. -</p> - -<p> -Man bezeugt es sich durch jenes Streben, und durch die -vermittelst desselben hervorgebrachte Harmonie, dass man ein -selbstständiges, von allem, was nicht unser Selbst ist, unabhängiges -Wesen bilde. Man wird des erhabenen Gefühls theilhaftig: -ich bin, was ich bin, weil ich es habe seyn wollen. Ich -hätte mich können forttreiben lassen durch die Räder der Nothwendigkeit; -ich hätte meine Ueberzeugung können bestimmen lassen -durch die Eindrücke, die ich von der Natur überhaupt erhielt, -durch den Hang meiner Leidenschaften und Neigungen, durch -die Meinungen, die mir meine Zeitgenossen beibringen wollten: -aber ich habe nicht gewollt. Ich habe mich losgerissen, -ich habe durch eigene Thätigkeit nach einer durch mich selbst -bestimmten Richtung hin untersucht; ich stehe jetzt auf diesem -bestimmten Puncte, und ich bin durch mich selbst, durch eigenen -<a id="page-349" class="pagenum" title="349"></a> -Entschluss und eigene Kraft darauf gekommen. — Man -wird des erhabenen Gefühls theilhaftig: ich werde immer seyn, -was ich jetzt bin, weil ich es immer wollen werde. Der <em class="italic">Inhalt</em> -meiner Ueberzeugungen zwar wird durch fortgesetztes -Nachforschen sich ändern, aber um ihn ist es mir auch nicht -zu thun. Die <em class="italic">Form</em> derselben wird sich nie ändern. Ich werde -nie der Sinnlichkeit, noch irgend einem Dinge, das ausser mir -ist, Einfluss auf die Bildung meiner Denkart verstatten; ich -werde, so weit mein Gesichtskreis sich erstreckt, immer einig -mit mir selbst seyn, weil ich es immer wollen werde. -</p> - -<p> -Diese strenge und scharfe Unterscheidung unseres reinen -Selbst von allem, was nicht wir selbst sind, ist der wahre Charakter -der Menschheit; die Stärke und der Umfang dieses Selbstgefühls -ist bestimmt durch den Grad unserer Humanität; dieser -unsere ganze Würde und unsere ganze Glückseligkeit. -</p> - -<p> -Mit dieser sichern Ueberzeugung, stets einig mit sich selbst -zu seyn, geht der entschiedene Freund der Wahrheit auf dem -Wege der Untersuchung ruhig fort; er geht muthig allem entgegen, -was ihm auf demselben aufstossen möchte. Es ist für -denjenigen, der mit sich selbst noch nicht recht eins geworden -ist, was er denn eigentlich suche und wolle, äusserst beängstigend, -wenn er auf seinem Wege auf Sätze stösst, die allen seinen -bisherigen Meinungen, und den Meinungen seiner Zeitgenossen, -und der Vorwelt widersprechen; und gewiss ist diese -Aengstlichkeit eine der Hauptursachen, warum die Menschheit -auf dem Wege zur Wahrheit so langsame Fortschritte gemacht -hat. Von ihr ist derjenige, der die Wahrheit um ihrer selbst -willen sucht, völlig frei. Er blickt jeder noch so befremdenden -Folgerung kühn in das Gesicht. Ob sie ein befremdendes oder -bekanntes Aussehen habe, ob sie seiner und aller bisherigen -Meinung widerspreche oder nicht, darnach war nicht die Frage. -Die Frage war: ob sie, seinem besten Wissen nach, mit den -Gesetzen des Denkens übereinstimme oder nicht, und das wird -er untersuchen. Wird sich finden, dass sie damit übereinstimme, -so wird er sie als heilige, ehrwürdige Wahrheit aufnehmen; -wird sie nicht damit übereinstimmen, so wird er sie -als Irrthum verwerfen, nicht weil sie der gemeinen Meinung, -<a id="page-350" class="pagenum" title="350"></a> -sondern weil sie seinem besten Wissen nach den Gesetzen des -Denkens widerspricht. Bis dahin ist er völlig gleichgültig gegen -sie; über ihren Inhalt hat er die Frage nicht erhoben; derselbe -ist ihm bekannt; ihre Form hat er noch zu untersuchen. -</p> - -<p> -Mit dieser kalten Ruhe und festen Entschlossenheit blickt -er hinein in das Gewühl der menschlichen Meinungen überhaupt -und seiner eigenen Einfälle und Zweifel. Es wirbelt und stürmt -<em class="italic">um ihn herum</em>, aber nicht <em class="italic">in ihm</em>. Er selbst sieht aus seiner -unerreichbaren Burg ruhig dem Sturme zu. Er wird ihm zu -seiner Zeit gebieten, und eine Welle nach der anderen wird -sich legen. — Er will nur Harmonie mit sich selbst, und er -bringt sie hervor, so weit er bis jetzt gekommen ist. Dort ist -noch Verwirrung in seinen Meinungen; das ist nicht seine -Schuld, denn bis dahin hat er noch nicht kommen können. -Er wird auch dahin kommen, und dann wird jene Unordnung -in die schönste Ordnung sich auflösen. — Was wäre denn wohl -endlich das härteste, was ihm begegnen könnte? Gesetzt, er -fände, entweder weil die Schranken der endlichen Vernunft -überhaupt, welches unmöglich ist, oder weil die Schranken seines -Individuums solches mit sich bringen, als letztes Resultat -seines Strebens nach Wahrheit, dass es überhaupt gar keine -Wahrheit und Gewissheit gebe. Er würde auch diesem Schicksale, -dem härtesten, das ihn treffen könnte, sich unterwerfen; -denn er ist zwar unglücklich, aber schuldlos; er ist seines redlichen -Forschens sich bewusst, und das ist statt alles Glücks, -dessen er nun noch theilhaftig werden kann. -</p> - -<p> -Ebenso ruhig — wenn dieser Umstand der Erwähnung -werth ist — bleibt der entschiedene Freund der Wahrheit darüber, -was <em class="italic">andere</em> zunächst zu seinen Ueberzeugungen sagen -werden, wenn er in der Lage seyn sollte, sie mittheilen zu -müssen; und der Gelehrte ist immer in dieser Lage, da er -nicht bloss für sich selbst, sondern zugleich für andere forscht. -Die Frage ist ja gar nicht, ob wir mit anderen, sondern ob -wir mit uns selbst übereinstimmend denken. Ist das letztere, -so können wir des erstern ohne unser Zuthun, und ohne erst -die Stimmen zu sammeln, bei allen denen gewiss seyn, die -mit sich selbst in Uebereinstimmung stehen; denn das Wesen -<a id="page-351" class="pagenum" title="351"></a> -der Vernunft ist in allen vernünftigen Wesen Eins und ebendasselbe. -Wie <em class="italic">andere</em> denken, wissen wir nicht, und wir können -davon nicht ausgehen. Wie <em class="italic">wir</em> denken sollen, wenn wir -vernünftig denken wollen, können wir finden; und so, wie wir -denken sollen, sollen alle vernünftige Wesen denken. Alle Untersuchung -muss von innen heraus, nicht von aussen herein, -geschehen. <em class="italic">Ich</em> soll nicht denken, wie <em class="italic">andere</em> denken; sondern -wie <em class="italic">ich</em> denken soll, so, soll ich annehmen, denken auch andere. -— Mit denen übereinstimmend zu seyn, die es mit sich -selbst nicht sind, wäre das wohl ein würdiges Ziel für ein vernünftiges -Wesen? -</p> - -<p> -Das Gefühl der für formale Wahrheit angewendeten <em class="italic">Kraft</em> -gewährt einen reinen, edlen, dauernden Genuss. -</p> - -<p> -Einen solchen Genuss kann uns überhaupt nur dasjenige -gewähren, was unser eigen ist, und was wir durch würdigen -Gebrauch unserer Freiheit uns selbst erworben haben. Was -uns hingegen ohne unser Zuthun von aussen gegeben worden -ist, gewährt keinen reinen Selbstgenuss. Es ist nicht unser, -und es kann uns ebenso wieder genommen werden, wie es -uns gegeben wurde; wir geniessen an demselben nicht uns -selbst, nicht unser eigenes Verdienst und unsern eigenen Werth. -So verhält es sich auch insbesondere mit Geisteskraft. Das, -was man guten Kopf, angebornes Talent, glückliche Naturanlage -nennt, ist gar kein Gegenstand eines vernünftigen Selbstgenusses, -denn es ist dabei gar kein eigenes Verdienst. Wenn ich -eine reizbarere, thätigere Organisation erhielt, wenn dieselbe -gleich bei meinem Eintritte ins Leben stärker und zweckmässiger -afficirt wurde, was habe <em class="italic">ich</em> dazu beigetragen? Habe ich -jene Organisation entworfen, unter mehreren sie ausgewählt -und mir zugeeignet? Habe ich jene Eindrücke, die mich bei -meinem Eintritte ins Leben empfingen, berechnet und geleitet? -</p> - -<p> -Meine Kraft ist <em class="italic">mein</em>, lediglich inwiefern ich sie durch Freiheit -hervorgebracht habe; ich kann aber nichts in ihr hervorbringen, -als ihre Richtung; und in dieser besteht denn auch -die wahre Geisteskraft. Blinde Kraft ist keine Kraft, vielmehr -Ohnmacht. Die Richtung aber gebe ich ihr durch Freiheit, deren -Regel ist, stets übereinstimmend mit sich selbst zu wirken; -<a id="page-352" class="pagenum" title="352"></a> -vorher war sie eine fremde Kraft, Kraft der willenlosen und -zwecklosen Natur in mir. -</p> - -<p> -Diese Geisteskraft wird durch den Gebrauch verstärkt und -erhöht; und diese Erhöhung giebt Genuss, denn sie ist Verdienst. -Sie gewährt das erhebende Bewusstseyn: ich war Maschine, -und konnte Maschine bleiben; durch eigene Kraft, aus -eigenem Antriebe habe ich mich zum selbstständigen Wesen -gemacht. Dass ich jetzt mit Leichtigkeit, frei, nach meinem eigenen -Zwecke fortschreite, verdanke ich mir selbst; dass ich -fest, frei und kühn <a id="corr-17"></a>an jede Untersuchung mich wagen darf, -verdanke ich mir selbst. Dieses Zutrauen auf mich, dieser Muth, -mit welchem ich unternehme, was ich zu unternehmen habe, -diese Hoffnung des Erfolgs, mit der ich an die Arbeit gehe, -verdanke ich mir selbst. -</p> - -<p> -Durch diese Geisteskraft wird zugleich das moralische Vermögen -gestärkt, und sie ist selbst moralisch. Beide hängen innig -zusammen, und wirken gegenseitig auf einander. Wahrheitsliebe -bereitet vor zur moralischen Güte, und ist selbst schon -an sich eine Art derselben. Dadurch, dass man alle seine Neigungen, -Lieblingsmeinungen, Rücksichten, alles, was ausser uns -ist, den Gesetzen des Denkens frei unterwirft, wird man gewöhnt, -vor der Idee des Gesetzes überhaupt sich niederzubeugen -und zu verstummen; und diese freie Unterwerfung ist selbst -eine moralische Handlung. Herrschende Sinnlichkeit schwächt -in gleichem Grade das Interesse für Wahrheit, wie für Sittlichkeit. -Durch den Sieg, den das erstere über dieselbe erkämpft, -wird zugleich für die Tugend ein Sieg erfochten. Freiheit des -Geistes in <em class="italic">Einer</em> Rücksicht entfesselt in allen übrigen. Wer alles, -was ausser ihm liegt, in der Erforschung der Wahrheit verachtet, -der wird es auch in allem seinem Handeln überhaupt verachten -lernen. Entschlossenheit im Denken führt nothwendig -zur moralischen Güte und zur moralischen Stärke. -</p> - -<p> -Ich setze kein Wort hinzu, um die Würde dieser Denkart -fühlbar zu machen. Wer ihrer fähig ist, der fühlt sie durch die -blosse Beschreibung; wer sie nicht fühlt, dem wird sie ewig -unbekannt bleiben. — -</p> - -<h3 class="l3s pbb chapter" id="chapter-5-6"> -<a id="page-353" class="pagenum" title="353"></a> -<span class="line1">F.</span><br /> -<span class="line2">Aphorismen</span><br /> -<span class="line3">über Erziehung aus dem Jahre 1804.<a class="fnote" href="#footnote-36" id="fnote-36">[36]</a></span> -</h3> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-6-1"> -<span class="line1">1.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Einen Menschen erziehen heisst: ihm Gelegenheit geben, -sich zum vollkommenen Meister und Selbstherrscher seiner <em class="italic">gesammten</em> -Kraft zu machen. Der <em class="italic">gesammten</em> Kraft, sage ich; denn -die Kraft des Menschen ist Eine und ist ein zusammenhängendes -Ganze. Sogleich in der Erziehung einen abgesonderten Gebrauch -dieser Kraft als Ziel ins Auge fassen, — den Zögling -für seinen Stand erziehen, wie man dies wohl genannt hat, -würde nur überflüssig seyn, wenn es nicht verderblich wäre. -Es verengt die Kraft und macht sie zum Sklaven des angebildeten -Standes, da sie doch sein Herrscher seyn sollte. Der -völlig und harmonisch ausgebildeten Kraft kann man es überlassen, -von welcher Seite her sie sich der Welt und der Praxis -in ihr nähern werde; oder: in allen Ständen kommt es -nicht darauf an, wozu man <em class="italic">erzogen</em> sey und was man <em class="italic">gelernt</em> -habe, sondern was man <em class="italic">sey</em>? Wer überhaupt nur wirklich <em class="italic">ist</em>, -ein vernünftiges und in jedem Augenblicke selbstthätiges Wesen, -wird immer mit Leichtigkeit sich zu dem <em class="italic">machen</em>, was er -in seiner Lage seyn soll. Wer aber durch irgend eine äusserliche -Einübung (Dressur) den leider ermangelnden Thierinstinct -<a id="page-354" class="pagenum" title="354"></a> -ersetzt hat, der bleibt eben in dieser Schranke befangen, die -ihn wie eine zweite, ihm undurchdringliche Natur umgiebt, und -die Erziehung, der Unterricht hat ihn gerade beschränkt, getödtet, -statt ihn zu befreien und zum lebendigen Fortwachsen -aus sich selbst fähig zu machen. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-6-2"> -<span class="line1">2.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Für Entwickelung der <em class="italic">Geistes</em>kraft in diesem allgemeinsten -Sinne haben wir Neueren nichts Zweckmässigeres, als die Erlernung -der alten klassischen Sprachen. Ob man fürs Leben -jemals dieser Sprachen bedürfen werde, davon sey nicht die -Frage: ja sogar davon werde abgesehen, ob es dem aufkeimenden -Geiste räthlicher sey, in der gepressten Luft der modernen -Denkart, oder in dem heiteren Wehen der Schriftsteller des -Alterthums zu athmen. Folgende Frage aber kann nicht geschenkt -werden: wie der Zögling über den Nebel nicht von -ihm geschaffener und deshalb nicht verstandener Worte, der -nur den Geist, welcher ihm unbewusst in der Sprache umherwankt, -keinesweges aber seinen eigenen, in ihm aufkommen -lässt, — über diesen Nebel, der den grössten Theil selbst der -angeblich gebildeten Menschen zeitlebens gefesselt hält, zur lebendigen -Anschauung der Sache selbst gelangen solle? -</p> - -<p> -Ich halte dafür, dass dies geschehen könne nur durch das -Studium <em class="italic">der</em> Sprachen, deren ganze <em class="italic">Begriffsgestaltung</em> von der -Modernität völlig abweicht und jeden, der es in dieser Region -bis zum <em class="italic">eigentlichen Verstehen</em> bringen soll — was freilich mehr -ist, als was der gewöhnliche Unterricht in den alten Sprachen -bezweckt und in der Regel auch erreicht, der sich mit dem -ungefähren Dolmetschen des Sinnes begnügt, — entschieden -nöthiget, über alle Zeichen hinweg zu etwas Höherem, als das -Sprachzeichen ist, zu dem Begriffe der Sache sich zu erheben: -— ein Studium, welches ebendarum durch die Erlernung keiner -neueren Sprache zu ersetzen ist, weil hierin mit nichtverstandenen -Phrasen, gegen andere gleichgeltende, nur anderstönende, -welche ebenfalls nicht verstanden werden, d. h. in -denen niemals vom Ausdrucke und Bilde zum Begriffe vorgedrungen -wird, — ein Tauschhandel getrieben werden kann und -<a id="page-355" class="pagenum" title="355"></a> -getrieben wird. Daher nun die Nebelwelt halbverstandener, -nie bis auf ihren Kern untersuchter Vorstellungen, in der das -gewöhnliche Bewusstseyn, auch der sogenannten Gebildeten, -lebt, und die ihre Wahrheit sind, nach der zufälligen Gestaltung -des sie umgebenden Sprachgeistes und nach dem ebenso zufälligen -Anfluge aus ihren specielleren Umgebungen, wo also -nirgends das Bewusstseyn mit dem Realen und Wahren zu thun -hat, sondern mit den Schattenbildern desselben. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-6-3"> -<span class="line1">3.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Es liegt in der Sache, dass die <em class="italic">Form</em> des Unterrichtes und -der Uebungen auf den beschriebenen Zweck berechnet seyn -muss; eine Form, mit welcher ich aus alter Uebung im Unterrichte -sehr bekannt zu seyn glaube. Eine Nebenrücksicht hierbei -wird die seyn, den grössten Theil der Zeit und der Mühe, -der in dem hergebrachten Unterrichte auf das Lateinische, eine -sehr nachstehende Tochter des Griechischen, gewidmet wird, -der Mutter selbst zuzuwenden, mit dem Griechischen, so viel -dies möglich ist, anzufangen, dies als Hauptsache zu nehmen -und bis zu Stil- und sogar Sprechübungen zu treiben, indem -aus der für den geborenen Deutschen, wegen der sehr nahen -Verwandtschaft des Griechischen mit seiner Muttersprache ohnedies -leicht zu erlangenden Fertigkeit, eine Ansicht von der -Sprache überhaupt und so auch eine Vorbereitung auf das -weit ferner für uns liegende Lateinische erfolgt; welche auf -umgekehrtem Wege nicht so sicher zu erreichen wäre. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-6-4"> -<span class="line1">4.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Es versteht sich, dass über dieser Erlernung der alten -Sprachen und der Ansichten der alten Welt, der alten Geschichte, -Geographie u. s. w., die Kenntniss der umgebenden -Welt nicht vergessen werde. Dies ist nun aber, weil es das -Umgebende betrifft, mehr durch Leben und möglichst zu vermittelnde -Anschauung, als durch todtes Studium und Ueberlieferung, -mehr durch unmittelbare Erfahrung und Conversation -darüber, als durch besondere Lehrstunden zu befördern. Ein -lebendiger, durch seine tägliche Arbeit an Verknüpfung und -<a id="page-356" class="pagenum" title="356"></a> -Ordnung gewöhnter Knabe wird nicht ermangeln, von dem, -was er erblickt, aufzusteigen zu dem, was er nicht erblickt, -und darnach, so wie nach dem Zusammenhange beider zu fragen, -und er wird Befriedigung erhalten, wenn diejenigen, die -ihn umgeben, theils selber die Sache wissen, theils so zu antworten -verstehen, dass keine todte, nur wiederholende Phrase, -sondern eine lebendige Anschauung im Zöglinge entstehe. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-6-5"> -<span class="line1">5.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Der innere Geist und Charakter dieser intellectuellen Erziehung, -ohne welchen alle äusserlichen Fertigkeiten und Kenntnisse -keinen Werth haben, ist der, dass der Zögling in der -That und stets selbst arbeite, Alles durch eigene Geisteskraft -sich erwerbe, keinesweges aber nur mechanisch etwas anlerne. -Die Methode, leicht oder spielend zu lehren und zu lernen, -kann daher in einem vernunftgemässen Erziehungsplane nicht -eintreten, in welchem es gar nicht darauf ankommt, <em class="italic">was</em> da -erlernt sey, sondern was der Zögling geistig vermöge, und wie -dies Vermögen durch den Stoff des Unterrichtes entwickelt -worden sey. -</p> - -<p> -Aus diesem Grunde wird das Studium der Mathematik, am -geeignetsten nach Euklides oder in dieser Methode, der zweite -Hauptzweig des eigentlichen Unterrichtes seyn. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-6-6"> -<span class="line1">6.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Dagegen im unmittelbaren Leben, durch ein von selbst sich -darbietendes oder künstlich herbeigeführtes Bedürfniss angeregt, -sind die neueren Sprachen zu erlernen. Diese Erlernung -ist dem Knaben, der schon an den alten Sprachen Kenntniss -der Sprache überhaupt sich erworben, und Ohr und Zunge an -ihnen geübt hat, der ferner Lateinisch versteht, besonders bei -den Töchtern des Lateinischen sehr leicht, wenn dabei nur -nicht auf eine zu nichts dienende Virtuosität im blossen Sprechen -ausgegangen wird. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-6-7"> -<a id="page-357" class="pagenum" title="357"></a> -<span class="line1">7.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Jenen auf Anschauung gegründeten Unterricht in den Anfangsgründen -der Geometrie und Arithmetik abgerechnet, ist -ein eigentlich systematisches und speculatives Studium der Wissenschaften, -vor den Jahren der anfangenden Reife, sogar nachtheilig. -Früher werde nur reicher Stoff der Erkenntniss herbeigeführt, -die Phantasie gestärkt und frei und selbstständig -gemacht, der Verstand durch Uebung an den gesetzmässigen -Gang <em class="italic">angewöhnt</em>, als ob dies gar nicht anders seyn könne. Erst -in dieser Richtigkeit des geistigen Blickes befestigt, möge er -Ausflug nehmen zur Erforschung und zum deutlichen Bewusstseyn -seiner Gesetze, denen er bisher, wie einem dunkeln Instincte, -folgte. Mit Einem Worte: Transscendentalismus jeder -Art, selbst in seinen leisesten Andeutungen, gehört nicht unter -die Gegenstände der Erziehung. — -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-6-8"> -<span class="line1">8.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Der Körper ist so gut Ausdruck der <em class="italic">gesammten</em> menschlichen -Kraft, als es der Geist ist. Abgerechnet nun, dass ganz -gegen die gewöhnliche Meinung von der „Ungesundheit“ des -Fleisses und des ernsten Studiums, frühe Geistesbildung, wenn -sie nur nicht ein Brüten der Memorie über todten, unverstandenen -Phrasen, sondern ein Leben und Weben der Phantasie -seyn soll, schon durch sich selbst auch für den Körper der -wirksamste Lebensbalsam ist: — dies abgerechnet, bleibt es -noch besonderer Zweck der Erziehung, den Zögling auch seines -Körpers Meister zu machen, also dass er diesen besitze, -in keinem Sinne aber von ihm besessen werde, — auch nicht -durch körperliche Stimmungen und Aufregungen. -</p> - -<p> -Hierher gehört zuerst Entwicklung und Fixirung der Sinne; -des Auges durch (nicht mechanisches, sondern perspectivisches) -Zeichnen; des Ohres durch Uebung im harmonischen, einstimmigen -und vielstimmigen Gesange, und, sofern Talent vorhanden, -auch im Erlernen eines musikalischen Instrumentes: — -des allgemeinen Sinnes durch Gewöhnung an ununterbrochene -Aufmerksamkeit und absolutes Nichtdulden des Zerstreutseyns. -<a id="page-358" class="pagenum" title="358"></a> -(Dieser Punct ist wichtiger als er scheint, und ich getraue mir -zu behaupten, dass man das Menschengeschlecht mit Einem -Streiche von allen seinen übrigen Gebrechen geheilt haben -würde, wenn man jeden von dem Zerstreutseyn geheilt, und -ihn dahin gebracht hätte, nur allemal seine ganze unzerstreute -Aufmerksamkeit auf das zu richten, was er jetzt treibt.) -</p> - -<p> -Täglicher Genuss der frischen Luft, harmonische Ausbildung -des Körpers durch gymnastische Uebungen, wie Tanzen, -Ringen, Fechten, Reiten, insgesammt auf den Zweck gerichtet, -den Körper unter die Herrschaft des Geistes zu bringen und -ihn zugleich zum starken, ausdauernden Werkzeuge desselben -zu machen, verstehen sich von selber im Ganzen dieses Erziehungsplanes. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-6-9"> -<span class="line1">9.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Eine <em class="italic">positive</em> moralische Erziehung, d. h. eine solche, die -sich den Zweck setze und ihn ausdrücklich ausspreche, den -Zögling zur Tugend zu bilden, giebt es nicht; vielmehr würde -ein solches Verfahren den inneren moralischen Sinn ertödten -und gemüthlose Heuchler und Gleissner bilden. In der eigenen -schamhaften Stille des Gemüthes, ohne Geschwätz und Selbstbespiegelung, -muss die Sittlichkeit von selbst aufkeimen, und -allmählig höher erwachsen und sich verbreiten, so wie die äusseren -Beziehungen sich theils vermehren, theils dem Kinde klarer -werden. So muss es seyn, und so wird es ohne alles absichtliche -Zuthun allenthalben von selbst erfolgen, <em class="italic">sofern nur -lauter gute Beispiele den Zögling umgeben und alles Schlechte, -Gemeine und Niedrige fern von seinem Auge gehalten wird.</em> -</p> - -<p> -Ausser dieser verhütenden Sorgfalt hat der Erzieher nur -noch Folgendes zu thun: wenige, in sich selbst durchaus klare -und leicht zu beobachtende positive Gebote aufzustellen, über -deren Befolgung, ohne irgend eine Ausnahme und unverbrüchlich, -gehalten werde. So wäre denn irgend einmal mit Feierlichkeit -das sittliche Gesetz anzukündigen: schlechthin nicht zu -lügen, nicht wissentlich und bedächtig gegen sein Bewusstseyn -zu reden oder zu handeln. Nach aller Erfahrung ergreift dieses -Gesetz mit einer wunderbaren Gewalt den Knaben, erhebt -<a id="page-359" class="pagenum" title="359"></a> -ihn, giebt ihm eine innerliche Fassung, und wird ihm unaustilgbare -Quelle der inneren Rechtschaffenheit, die die Mutter -aller Tugenden ist und Keinen, der sie besitzt, ohne Rettung -fallen lässt. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-6-10"> -<span class="line1">10.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Innere Religiosität des Gemüthes, das heisst: heilige Ahnung -eines über alle Sinnlichkeit Erhabenen, und Hinneigung -zu ihm, findet bei innerer Rechtschaffenheit des Gemüthes und -zweckmässiger Geistesbildung, wie sie eben beschrieben worden, -sich ganz von selbst. Sie planmässig anlehren zu wollen, -würde abermals den inneren Sinn dafür ertödten und den -Heuchler bilden. — Die Unterweisungen in der positiven Landesreligion -wird, wenn der Zögling in die Jahre kommt, an -den Mysterien derselben theilzunehmen, der Geistliche seiner -Confession (welches diese sey, ist unserer Erziehung völlig -gleichgültig) besorgen, und unser Erziehungsplan wird jeder -positiven oder negativen Einmischung und jedes Einflusses in -diese Angelegenheit sich mit strenger Gewissenhaftigkeit enthalten. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-6-11"> -<span class="line1">11.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Die äusseren Mittel zur Erreichung des angegebenen Zweckes -werden folgende seyn: -</p> - -<p> -Es wird ein Hauslehrer, oder falls eine grössere Anzahl -von Zöglingen sich fände, deren zwei gehalten. Die ausschliessenden -Bedingungen, durch die man sich bei der Wahl dieser -Lehrer leiten lassen wird, werden darin bestehen: zuvörderst, -dass ihnen Pädagogik um ihrer selbst willen Geistes- und Herzensangelegenheit -sey, und sie daher eine solche Stelle nicht -als Mittel für einen fremden Zweck, sondern selbst als nächsten -Zweck suchen; — sodann, dass, wenn sie auch nicht alles, -sogar nur weniges von dem, was sie lehren sollen, wissen, -sie doch die Geistesfreiheit und Uebung haben, immer mit Leichtigkeit -es zu lernen, so wie sie dessen bedürfen, und ebenso -die zweckmässigste Methode, es zu lehren, besitzen oder diese -sich anzueignen vermögen. Diese Männer werden, abwechselnd -<a id="page-360" class="pagenum" title="360"></a> -mit mir, unter täglich gegenseitiger Rücksprache und Rechenschaftsablegung, -lehren und die Zöglinge unter <em class="italic">ununterbrochener</em> -Aufsicht behalten. -</p> - -<h4 class="subchap" id="subchap-5-6-12"> -<span class="line1">12.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Fremde Kinder durchaus und ganz wie unser eigenes anzusehen -und zu behandeln, dazu müsste uns, selbst wenn es -keine höheren Antriebe gäbe, sogar die Klugheit und das Wohlwollen -gegen unser eigenes Kind nöthigen, indem das entgegengesetzte -Benehmen gerade für es selbst die nachtheiligsten -Folgen haben würde. -</p> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-36" id="footnote-36">[36]</a> Als Rechenschaftsablegung bei Gelegenheit eines damals gefassten Planes -geschrieben, einige Söhne ihm befreundeter Familien, zur Erziehung mit -dem eigenen, in sein Haus aufzunehmen. -</p> - -<p class="sign footnote2"> -(Anmerk. des Herausgebers.) -</p> - -<h3 class="pbb chapter" id="chapter-5-7"> -<a id="page-361" class="pagenum" title="361"></a> -<span class="line1">G.</span><br /> -<span class="line2">Bericht</span><br /> -<span class="line3">über den Begriff der Wissenschaftslehre und die bisherigen Schicksale derselben.</span> -</h3> - -<p class="src"> -(Geschrieben im Jahre 1806.) -</p> - -<h4 class="l2i subchap" id="subchap-5-7-1"> -<span class="line1">Erstes Capitel.</span><br /> -<span class="line2">Ueber den Begriff der Wissenschaftslehre.</span> -</h4> - -<p class="noindent"> -Falls etwa der Erkenntniss der Wahrheit durch den Menschen -dieses Hinderniss im Wege stände, dass im natürlichen -und kunstlosen Zustande diese Erkenntniss sich selber, nach -eigenen innern und verborgen bleibenden Gesetzen gestaltete -und bildete; diese ihre eigene Gestalt der zu erkennenden -Wahrheit, ohne unser Vermerken, mittheilte, und so in der -Erkenntniss sich selber in den Weg, und zwischen sich und -die reine Wahrheit in die Mitte träte: so würde es auf diese -Weise nie zur Wahrheit, und falls diese Selbstmodification der -Erkenntniss wandelbar, veränderlich, und in ihrer verschiedenen -Gestaltung vom blinden Ohngefähr abhängig seyn sollte, auch -nie zu bleibender Einheit und Gewissheit in der Erkenntniss -kommen. Diesem Mangel und den nothwendigen Folgen desselben -könnte auf keine andere Weise abgeholfen werden, -ausser dadurch, dass jene inneren Selbstmodificationen der -Erkenntniss aus ihren Gesetzen vollständig erschöpft, und die -<a id="page-362" class="pagenum" title="362"></a> -Producte derselben von der erkannten Wahrheit abgezogen -würden; worauf, nach diesem Abzuge, die reine Wahrheit -übrigbleiben würde. -</p> - -<p> -So verhält es sich nun in der That; und dem zufolge würden, -bis auf Kant, alle Denker und Bearbeiter der Wissenschaft -ohne Ausnahme durch den verborgenen Strom jener inneren -Verwandlungen der Erkenntniss herumgezogen, und mit sich -selber und andern in Widerstreit versetzt. Kant war der erste, -der diese Quelle aller Irrthümer und Widersprüche glücklich -entdeckte, und den Vorsatz fasste, auf die einzig wissenschaftliche -Weise, durch systematische Erschöpfung jener Modificationen, -und, wie er es nannte, durch Ausmessung des ganzen -Gebiets der Vernunft, sie zu verstopfen. Die Ausführung blieb -jedoch hinter dem Vorsatz zurück, indem die Vernunft oder -das Wissen nicht in seiner absoluten Einheit, sondern schon -selbst in verschiedene Zweige gespalten, als theoretische, als -praktische, als urtheilende Vernunft, der Untersuchung unterworfen; -auch die Gesetze dieser einzelnen Zweige mehr empirisch -gesammelt, und durch Induction als Vernunftgesetze -erhärtet wurden, als dass eine wahre Deduction aus der Urquelle -sie erschöpft, und als das, was sie sind, sie dargelegt -hätte. Bei diesem Stande der Sachen ergriff die Wissenschaftslehre -die durch jene Kantische Entdeckung an die Menschheit -gestellte Aufgabe; zeigend, was der Wissenschaftsweg in seiner -Einheit sey, sehr sicher wissend und darauf rechnend, -dass aus dieser Einheit heraus die besonderen Zweige desselben -sich von selbst ergeben, und aus ihr würden charakterisirt -werden können. -</p> - -<p> -Wir sind nicht gemeint zu läugnen, dass nicht von einigen -jene Wissenschaftslehre einigermaassen gefasst, und ihr -Zweck nothdürftig historisch ersehen worden sey, indem von -mehreren gestanden worden, dass durch jenes Werk die absolute -Nichtigkeit aller Producte des Grundgesetzes des Wissens, -der Reflexion, dargethan sey. Nur machte man aus dieser -Entdeckung über das Resultat jener Philosophie den Schluss, -dass eben um dieses Resultates willen die Wissenschaftslehre -nothwendig falsch sey, indem eine Realität denn doch sey, -<a id="page-363" class="pagenum" title="363"></a> -diese Realität aber, weil nemlich diejenigen, die also dachten, -für ihre Person dieselbe nicht anders zu erfassen vermochten, -nur innerhalb des Gebiets des Reflexionsgesetzes erfasst werden -könne. Durch dieselbe Voraussetzung machten sie nun -die Wissenschaftslehre, dieselbe mit dem in ihrer Gewalt einig -befindlichen Organe fassend, wirklich falsch; indem sie, gar nicht -zweifelnd, dass ein objectives Seyn gesetzt werden müsste, -und dass von diesem allgemeinen Schicksal der Sterblichkeit -auch die Wissenschaftslehre nicht frei seyn werde, meinten, -der Fehler dieser Philosophie bestehe darin, dass sie ein subjectives-objectives -Seyn, ein wirkliches und concret bestehendes -Ich, als das Ding an sich, voraussetze; welchem Fehler sie -für ihre Person nun dadurch abzuhelfen vermeinten, dass sie -statt dessen ein objectives-objectives Seyn, welches sie mit -dem Namen des Absoluten beehrten, voraussetzten. Zwar hat -man in Absicht der der Wissenschaftslehre angemutheten Voraussetzung -von Seiten derselben nicht ermangelt, wiederholt -und in den verschiedensten Wendungen zu protestiren; jene -aber bleiben dabei, wie sie denn auch nicht füglich anders -können, dass sie besser wissen müssten, was der Verfasser -der Wissenschaftslehre eigentlich wolle, als dieser selbst. In -Absicht ihrer eigenen Verbesserung ist sonnenklar, und es -wird, falls jemals einige Besonnenheit an die Tagesordnung -kommen sollte, jedes Kind begreifen, dass dieses ihr Absolute -nicht nur objectiv ist, welches das erste Product der stehenden -Reflexionsform, sondern zugleich auch, als Absolutes, -bestimmt ist durch seinen Gegensatz eines Nicht-Absoluten, -welche ganze Fünffachheit, noch überdies mit der im Nicht-Absoluten -liegenden ganzen Unendlichkeit, in jener Operation -mit dem Absoluten und ihrer Einbildungskraft durch einander -verwachsen liegt, und so ihr Absolutes überhaupt gar kein -möglicher Gedanke, sondern nur eine finstere Ausgeburt ihrer -schwärmenden Phantasie ist, um die Empirie, im Glauben an -welche sie fest eingewurzelt sind, zu erklären. -</p> - -<p> -Gegen Erinnerungen, wie die eben gemachte, meinen sie -auf folgende Weise sich in Sicherheit bringen zu können. Es -hat nemlich die Wissenschaftslehre, freilich nur fürs Erste, und -<a id="page-364" class="pagenum" title="364"></a> -als ein Hausmittel für diejenigen, denen der Zustand der Besonnenheit -noch nicht der natürliche geworden ist, sondern in -welchen er mit dem der Unbesonnenheit wechselt, vorgeschlagen, -dass sie bei dergleichen Producten der stehenden Reflexionsform -sich doch nur besinnen möchten, dass sie das -Gedachte ja denken. Jene, wohl wissend, dass, wenn sie auf -diesen Vorschlag eingehen, ihnen die geliebte Täuschung verschwinde, -und das, was sie gern als das Ansich sähen, als -ein blosser Gedanke sich gar klar manifestire, versichern, dass -man an dieser Stelle sie nie zur Reflexion bringen solle; und -berichten, dass gerade durch die consequente Durchführung -jener Maxime die Wissenschaftslehre zu einem leeren Reflectirsystem -werde, und dadurch eben, wie es sich denn auch wirklich -also verhält, die ganze Reflexionsform in absolutes Nichts -zerfalle, indem das eben die jenem Systeme verborgengebliebene -Kunst sey, an der rechten Stelle die Augen zuzumachen -und die Hand auf, um die Realität zu ergreifen. Es entgeht -ihnen hierbei gänzlich, dass, völlig unabhängig von ihrem Reflectiren -oder Nichtreflectiren auf ihren Denkact, derselbe an -sich bleibt, wie er ist, und wie er durch die Form der Beschränkung, -in der sie ihn vollziehen, nothwendig ausfällt; und -dass es ein schlechtes Mittel ist gegen die Blindheit, vor der -Blindheit selber wiederum die Augen zu verschliessen. So -bleibt in dem angegebenen Falle ihr Absolutes, von dem sie -doch durchaus nicht anders denken können, als dass es sey, -immer ein Objectives, aus dem Schauen Hingeworfenes, und -demselben in ihm selber Entgegengesetztes, durch sich und in -seinem Wesen; ob sie nun den Gegensatz dazu, das Schauen, -ausdrücklich hinsetzen oder nicht: und sie haben, wenn sie -nicht mehr denn dieses Objectiviren vollzogen haben, nur das -Seyn überhaupt, keinesweges aber, wie sie vorgeben, das Absolute -gedacht; oder wollen sie doch auch dieses Letztere gedacht -haben, so haben sie, innerhalb des Seyns überhaupt, -noch durch einen zweiten Gegensatz mit einem nicht absoluten -Seyn, eine weitere Bestimmung vollzogen, und ihr Absolutes -ist ein besonderes Seyn, innerhalb des allgemeinen, und ihr -Denken ist auf eine bestimmte Weise analytisch-synthetisch, -<a id="page-365" class="pagenum" title="365"></a> -weil nur durch ein solches Denken der Begriff, den sie zu -haben versichern, zu Stande kommt, sie mögen es nun erkennen -oder nicht. -</p> - -<p> -Dieses Alles ist ihnen nun seit dreizehn Jahren oft wiederholt -und in den mannigfaltigsten Wendungen gesagt worden, -und sie haben es auch recht wohl vernommen. Aber sie wollen -es nicht weiter hören, und hoffen, weil wir einige Jahre -geschwiegen, und sie nach aller ihrer Lust ihr Wesen haben -treiben lassen, desselben auf immer erledigt, und in den ungestörten -Besitz der Weisheit, die ihnen gefällt, eingesetzt -zu seyn. -</p> - -<p> -Jedoch fehlt gar viel daran, dass dieses ihr Nichtwollen -so ganz ein freies sey. Es gründet sich dasselbe vielmehr mit -Nothwendigkeit auf die Beschaffenheit ihrer geistigen Natur. -Sie vermögen nicht zu thun, was wir ihnen anmuthen, noch -zu seyn, wie wir sie haben wollen. Wollen sie bei diesem -Stande der Dinge nicht alles Seyn aufgeben und in die völlige -Vernichtung fallen, so müssen sie sich auf das ihnen einzig -mögliche Seyn stützen, und dasselbe aus aller Kraft aufrecht -zu erhalten suchen. -</p> - -<p> -Jenes, oben an einem Beispiele dargestellte analytisch-synthetische -Denken ist eine Function der Phantasie, und mischt -mit den aus ihr erzeugten Schemen die Realität zusammen; -wir aber muthen ihnen das reine und einfache Denken oder -die Anschauung an, durch welches allein die Realität, in ihrer -Einheit und Reinheit, an sie gelangen könnte. Sie sind des -Letzteren durchaus unfähig, und sind darum allerdings genöthigt, -falls sie nicht lieber das Denken überhaupt aufgeben -wollen, sich der Herrschaft ihrer dunklen und verworrenen -Phantasie zu überlassen. Wie sie auch mit ihrem Geiste sich -hin- und herbewegen mögen, so werden sie nur auf andere -Formen der Phantasie getrieben, aus dieser überhaupt nie herauskommend. -Die Form der Phantasie ist allemal zerreissend -das Eine: sie gehen nie anders, als mit schon zerrissenem -Geiste an die Sache, und es kann darum das Eine nie an sie -gelangen, weil sie selbst niemals das Eine sind. -</p> - -<p> -Darum verliert auch an ihnen alle Belehrung ihren Effect, -<a id="page-366" class="pagenum" title="366"></a> -weil dieselbe, um an sie zu kommen, erst durch ihr Organ -hindurchgehen muss; in diesem Durchgange aber ihre eigene -Form verliert, und die Form ihres Organs annimmt. Wenn -man z. B. mit ihnen vom Ich, als der Grundform alles Wissens -redet, so vermögen sie dieses Ich gar nicht anders an -sich zu bringen, denn als ein objectives, durch ein anderes -ihm entgegengesetztes objectives, bestimmtes Seyn, weil diese -letztere Form eben die Grundform der Einbildungskraft ist; es -ist darum nothwendig, dass sie die Wissenschaftslehre also -verstehen, wie das deutsche Publicum sie verstanden hat; und -es ist eben dadurch klar, dass gar keine Wissenschaftslehre an -sie zu kommen vermag, sondern statt derselben nur ein höchst -verkehrtes System, welches sie durch die entgegengesetzte Verkehrtheit -berichtigen wollen. -</p> - -<p> -Das einfache Denken ist das innere Sehen; das Phantasiren -dagegen ist ein blindes Tappen, dessen Grund dem Tapper -ewig verborgen bleibt. Die Wissenschaftslehre war ein -Gemälde, auf Licht und Augen berechnet, und wurde in der -Voraussetzung, dass dergleichen vorhanden wären, dem Publicum -vorgelegt. Man tappte einige Jahre herum auf dem Gemälde, -und es fanden sich einige, welche Höflichkeitshalber -versicherten, dass sie die angeblich abgezeichneten Gestalten -unter dem Finger fühlten. Andere, die mehr Muth hatten, bekannten, -dass sie nichts fühlten; dadurch verminderte sich -denn auch die Schüchternheit und die falsche Scham der Ersteren, -und sie nahmen ihr Wort zurück. Es fand sich indessen -Einer, der der allgemeinen Noth sich annahm, und aus -allerlei altem Abgange einen Teig zusammenknetete, den er -ihnen darbot. Seit der Zeit befleissigt jeder, der Finger hat, -sich des Befühlens, und es ist ein öffentliches Dankfest darüber -angesagt, dass das Absolute betastbar geworden. -</p> - -<p> -Wo der eigentliche Punct des Streites, den die Wissenschaftslehre -gegen sie führt, wahrhaftig liege, weiss unter allen -vorgeblich philosophirenden deutschen Schriftstellern Keiner; -ich sage mit Bedacht Keiner, und gedenke hierüber dermalen -keine Ausnahme zu gestatten. Dass auch dieses System -dafür halte, die Betastung sey der einzige innere Sinn, und -<a id="page-367" class="pagenum" title="367"></a> -dass es auch ein blosses, nur etwas wunderbares und von -dem ihrigen verschiedenes Betasten sey, darüber regt nirgends -sich einiger Zweifel. Ferner halten sie dafür, der Streit sey -über objective Wahrheiten, und unser System läugne bloss -einige Sätze, die sie behaupten, und wolle dieses durch andere -Sätze verdrängen; da doch dieses System eine Bestreitung -ihres gesammten geistigen Seyns und Lebens in der -Wurzel ist, und ihnen vor allen Dingen Klarheit anmuthet, -worauf es sich mit der Wahrheit ohne Weiteres auch geben -werde. Nicht darauf kommt es an, was ihr denket, würde die -Wissenschaftslehre ihnen sagen; denn euer gesammtes Denken -ist schon nothwendig Irrthum, und es ist sehr gleichgültig, ob -ihr auf die eine Weise irret, oder auf die andere; sondern -darauf, was ihr innerlich und geistig seyd. Seyd das Rechte, -so werdet ihr auch das Rechte denken; lebet geistig das Eine, -so werdet ihr dasselbe auch anschauen. -</p> - -<p> -Nun aber ist das Erstere nicht ganz leicht, und wir haben -keinen Grund, anzunehmen, dass dermalen mehr Geneigtheit -und Fähigkeit dazu sich unter den Deutschen vorfinden werde, -als ihrer seit dreizehn Jahren, oder wenn wir Kant, von welchem, -nur mit etwas grösserem Aufwande des eigenen Scharfsinnes, -dasselbe sich hätte lernen lassen, dazu nehmen, als -seit fünfundzwanzig Jahren sich dargelegt hat. Dennoch wollen -wir die neuerdings vom Publicum bei Seite gesetzte Sache -wieder in Anregung bringen; unbekümmert übrigens darum, -ob auch diese Anregung in derselben leeren Luft, in welcher -seit geraumer Zeit alle Anregungen zum Besseren fruchtlos -verhallet sind, gleichfalls ohne Erfolg verhallen werde. -</p> - -<p> -Um vor allen Dingen den Stand der Einstimmigkeit, sowie -des Streites der Wissenschaftslehre mit dem Publicum festzustellen, -und dadurch unseren eigentlichen dermaligen Zweck -zu bestimmen: -</p> - -<p> -Das Publicum will — wir fügen uns vorläufig seiner Sprache, -bis wir tiefer unten dieselbe zerstören werden — das -Publicum will Realität, dasselbe wollen auch wir; und wir sind -sonach hierüber mit ihm einig. -</p> - -<p> -Die Wissenschaftslehre hat den Beweis geführt, dass die, -<a id="page-368" class="pagenum" title="368"></a> -in ihrer absoluten Einheit erfasst werden könnende, und von -ihr also erfasste Reflexionsform keine Realität habe, sondern -lediglich ein leeres Schema sey, bildend aus sich selber heraus, -durch ihre gleichfalls vollständig, und aus Einem Principe -zu erfassenden Zerspaltungen in sich selbst, ein System von -anderen ebenso leeren Schemen und Schatten; und sie ist gesonnen, -auf dieser Behauptung fest und unwandelbar zu -bestehen. -</p> - -<p> -Das Publicum, welches sein geistiges Leben über diese -Form nicht hinweg zu versetzen, noch dieselbe von sich abzulösen, -und sie frei anzuschauen vermag, hat, eben ohne es -selbst zu wissen, seine Realität nur in dieser Form; da es nun -aber doch Realität haben muss, so ist es geneigt, jenen von -der Wissenschaftslehre geführten Beweis für fehlerhaft zu halten, -weil ihm dadurch seine Realität, die es nicht umhin -kann, für die einzig mögliche zu halten, vernichtet wird. -</p> - -<p> -Wenn wir nun bei diesem Stande der Sachen einen Augenblick -annehmen wollen, dass diesem Publicum geholfen sey, -und dass es uns zu verstehen vermöge; so könnte das Erstere -nur dadurch geschehen, dass man mit ihm gemeinschaftlich -und vor seinen Augen die Form, in der es befangen bleibt, -ablöste und ausschiede und neu zeigte, dass zwar seine Realität, -keinesweges aber alle Realität vernichtet sey, sondern dass im -Hintergrunde der Form, und nach ihrer Zerstörung erst die -wahrhafte Realität zum Vorschein komme. Dieses Letztere ist -nun diejenige Aufgabe, welche wir zu seiner Zeit durch eine -neue und möglichst freie Vollziehung der Wissenschaftslehre, in -ihren ersten und tiefsten Grundzügen zu lösen gedenken. -</p> - -<p> -So jemand will, so mag er eine solche Arbeit auch für -die Erfüllung des vor langem gegebenen Versprechens einer -neuen Darstellung der Wissenschaftslehre nehmen; welcher Erfüllung -ich mich übrigens, weil mir immer deutlicher geworden, -dass die alte Darstellung der Wissenschaftslehre gut und -vorerst ausreichend sey, schon längst entbunden hatte, und -jetzt sie weiter hinausschiebe. Wie es mir aus den öffentlichen -Aeusserungen dieser Erwartung wahrscheinlich geworden, -<a id="page-369" class="pagenum" title="369"></a> -hoffte man besonders, dass durch die neue Darstellung das Studium -dieser Wissenschaft bequemer werden sollte; welcher Hoffnung -zu entsprechen ich weder ehemals noch jetzt grosse Fähigkeit -oder Geneigtheit in mir verspüre. -</p> - -<p> -Da ich soeben die ehemalige Darstellung der Wissenschaftslehre -für gut und richtig erklärt habe, so versteht es sich, dass -niemals eine andere Lehre von mir zu erwarten ist, als die -ehemals an das Publicum gebrachte. Das Wesen der ehemals -dargelegten Wissenschaftslehre bestand in der Behauptung, dass -die Ichform oder die absolute Reflexionsform der Grund und -die Wurzel alles Wissens sey, und dass lediglich aus ihr heraus -Alles, was jemals im Wissen vorkommen könne, sowie es -in demselben vorkomme, erfolge; und in der analytisch-synthetischen -Erschöpfung dieser Form aus dem Mittelpuncte einer -Wechselwirkung der absoluten Substantialität mit der absoluten -Causalität; und diesen Charakter wird der Leser in allen unseren -jetzigen und künftigen Erklärungen über Wissenschaftslehre -unverändert wiederfinden. -</p> - -<h5 class="ssc l1i"> -<span class="line1">Zur vorläufigen Erwägung.</span> -</h5> - -<p class="noindent"> -Wenn es nun etwa jemand zu der Einsicht gebracht hätte, -dass das Seyn — ich muss, um die Rede anknüpfen zu können, -von diesem Begriffe, den ich demnächst zu zerstören gedenke, -ausgehen — dass das Seyn schlechthin nur Eins, durchaus -nicht Zwei, und ein in sich selber Geschlossenes und Vollendetes, -eine Identität, keinesweges aber eine Mancherleiheit -seyn könnte: so würde von einem solchen billigerweise zu fordern -seyn, dass er nach dieser Einsicht nun auch wirklich verführe, -nicht aber zur Stunde wiederum gegen sie handelte, dass -er demnach, falls er etwa noch überdies ein solches Seyn nicht -problematisch an seinen Ort gestellt seyn lassen, sondern positiv -und bejahend dasselbe annehmen wollte, dasselbe, treu -seinem Grundsatze, eben nur ins positive Seyn selber oder ins -Leben setzen, und annehmen müsse, dass es eben nur unmittelbar -<a id="page-370" class="pagenum" title="370"></a> -lebend, und im unmittelbaren Erleben und durchaus auf -keine andere Weise sich bewahrheiten könne. Wollte er nun -etwa dieses Leben wiederum absolut nennen, wie ihm, wenn -er nur dadurch keinen Gegensatz, der ja gegen die angenommene -Einheit des Seyns streiten würde, aufstellen, sondern nur -soviel sagen wollte, dass dies das Eine in sich vollendete Seyn -sey, ausser welchem gar nichts Anderes seyn könne: so würde -er annehmen müssen, dass das Absolute nur in dem einzig -möglichen innern Leben von sich, aus sich, durch sich sey, und -durchaus auf keine andere Weise seyn könne, dass nur im unmittelbaren -Leben das Absolute sey, und ausser dem unmittelbaren -Leben gar kein anderes Seyn es gebe, und alles Seyn -nur gelebt, nicht aber auf andere Weise vollzogen werden könne. -Könnte nun ein solcher auch wohl freilich sich nicht abläugnen, -dass er in dieser Operation das Leben doch nur dächte, und -objectiv vor sich hinstellte, so müsste sich derselbe nur recht -verstehen, um sogleich einzusehen, dass er dennoch nicht diesen -<em class="italic">Gedanken</em> seines Lebens und das <em class="italic">Product</em> seines Denkens -meine, indem er ja das Leben aus sich und von sich selbst, -nicht aber aus seinen Gedanken heraus gedacht zu haben vermeint, -sonach an diesem Gedanken sein Denken ausdrücklich -zerstört, und durch den Inhalt dieses einzig möglichen wahren -Gedankens das Denken, als etwas für sich bedeuten wollend, -völlig vernichtet würde. Geradezu aber würde gegen die vorausgesetzte -Einsicht gehandelt werden, wenn jemand das Seyn, -und da das Seyn durchaus das Absolute ist, das Absolute, in -ein nicht Einfaches, sondern Mannigfaltiges, und in ein sichtbares -Erzeugniss und Product eines Andern ausser ihm setzen -wollte. Dergleichen ist nun eben der Begriff des Seyns, von -welchem wir die Rede anhoben. Er ist nicht von sich, sondern -aus dem Denken, und dieses Seyn ist in sich selbst todt, wie -dies auch nicht anders seyn kann, da sein Schöpfer, das Denken, -in sich selbst todt ist, und an dem einzigen wahren Gedanken, -dem des Lebens, sich also bewährt. Auch bewährt -dieses Seyn sich wirklich also todt im Gebrauche, indem es -für sich selbst nicht aus der Stelle rückt, und durch mündliche -Wiederholbarkeit doch ein Etwas aus ihm herauskommt, sondern -<a id="page-371" class="pagenum" title="371"></a> -erst durch einen zweiten Ansatz des Denkens ihm Leben -und Bewegung als ein zufälliges Prädicat ertheilt wird. Alle -diese, dem Seyn hinterher noch beigelegten Prädicate sind nun -nothwendig willkürliche Erdichtungen, indem, falls das Denken -auf eine glaubhafte Weise Bericht vom Leben abstatten sollte, -das letztere selber darin eintreten und unmittelbar von sich -zeugen müsste; jenes Denken eines Seyns aber gleich ursprünglich -das Leben von sich ausgeschieden, und ausser aller unmittelbaren -Berührung mit ihm sich gesetzt hat, und darum nicht -berichten, sondern nur erdichten kann; an welchem letzteren -freilich die Möglichkeit noch besonders zu erklären ist. -</p> - -<p> -Würde nun etwa dennoch in einem gewissen Sinne, der -noch näher zu bestimmen seyn würde, angenommen, dass Wir, -oder was dasselbe bedeutet, dass Bewusstseyn sey: so wäre -dieses, innerhalb der vorausgesetzten Grundeinsicht, nur also -zu begreifen, dass das Eine absolute Leben eben das unsrige, -und das unsrige das absolute Leben sey, indem es nicht zwei -Leben, sondern nur Ein Leben zu geben vermöge, und dass -das Absolute auch in uns eben nur unmittelbar lebend, und im -Leben, und auf keine andere Weise dazuseyn vermöge, indem -es überhaupt auf keine andere Weise dazuseyn vermag; und -wiederum, dass nur in uns das Absolute lebt, nachdem es überhaupt -in uns lebt, es aber nicht zweimal zu leben vermag. Inwiefern -aber nun ferner angenommen wird, dass wir nicht bloss -das Eine Leben, sondern zugleich auch Wir oder Bewusstseyn -sind, so würde insofern das Eine Leben in die Form des Ich -eintreten. Sollte sich, wie wir aus guten Gründen vorläufig -vermuthen, diese Ichform klar durchdringen lassen, so würden -wir einsehen, was an uns und unserem Bewusstseyn lediglich -aus jener Form erfolge, und was somit nicht reines, sondern -formirtes Leben sey; und vermöchten wir nun dieses von unserem -gesammten Leben abzuziehen, so würde erhellen, was -an uns als reines und absolutes Leben, was man gewöhnlich -das <em class="italic">Reale</em> nennt, übrigbliebe. Es würde eine Wissenschaftslehre, -welche zugleich die einzig mögliche <em class="italic">Lebenslehre</em> ist, entstehen. -</p> - -<p> -Was insbesondere das erste aufgestellte todte Seyn betrifft, -<a id="page-372" class="pagenum" title="372"></a> -so würde erhellen, dass dieses durchaus nicht das Absolute, -sondern dass es nur das letzte Product des in uns in der Form -des Ich eingetretenen wahrhaft absoluten Lebens sey; das letzte, -sage ich, also dasjenige, in welchem in dieser Form das Leben -abgeschlossen, erloschen und ausgestorben, somit in ihm schlechthin -gar keine Realität übriggeblieben ist. Es würde einleuchten, -dass eine wahrhaft lebendige Philosophie vom Leben fortgehen -müsse zum Seyn, und dass der Weg vom Seyn zum Leben -völlig verkehrt sey und ein in allen seinen Theilen irriges -System erzeugen müsse, und dass diejenigen, welche das Absolute -als ein Seyn absetzen, dasselbe rein aus sich ausgetilgt -haben. Auch in der Wissenschaft kann man das Absolute nicht -<em class="italic">ausser</em> sich anschauen, welches ein reines Hirngespinnst giebt, -sondern man muss in eigener Person das Absolute seyn und -leben. -</p> - -<p> -Ich füge nur noch folgende zwei Bemerkungen hinzu. Zuvörderst, -dass durch diesen Satz alle Philosophie ohne Ausnahme, -ausser der Kantischen und der der Wissenschaftslehre, -für völlig verkehrt und ungereimt erklärt werde; und wir sprechen -dieses bestimmt aus, indem wir niemals irgend eine Ausnahme, -welchen Namen sie auch haben möge, zu gestatten gedenken. -Sodann, so klar und so handgreiflich einleuchtend die -gemachte Bemerkung auch jedem ist, der sie eben versteht, -so möchte es doch Leser geben, die gar nicht leicht in dieselbe -sich fänden. Der Grund ist der: weil es einiger Anstrengung -bedarf, um sich zur Vollziehung der angemutheten Consequenz zu -bringen, und dieselbe in seine freie und besonnene Gewalt zu -bekommen, zuwider dem natürlichen Hange im Menschen, zum -objectivirenden Denken, als dem leichtesten, und jedem ohne -alle Mühe und Besonnenheit sich anwerfenden zurückzukehren. -Dennoch kann die Vollziehung dieser Einsicht nicht erlassen -werden, indem ausserdem es beim blinden Tappen bleibt und -kein Sehen erfolgt, und der ganze Unterricht, aus Mangel eines -tauglichen Organs der Aufnahme, seines Zweckes verfehlt. -</p> - -<p> -Endlich, dass beim Leben angehoben werden müsse, und -von diesem erst zum Seyn fortgegangen werden könne, hat -nur vorläufig verständlich gemacht werden sollen, um den dermalen -<a id="page-373" class="pagenum" title="373"></a> -vorhandenen Grund alles Irrthums bei Zeiten aus dem -Wege zu bringen. Keinesweges aber haben wir uns dadurch -die Möglichkeit abschneiden wollen, falls es nothwendig werden -sollte, sogar über das Leben hinauszugehen, und auch dieses -als nichts Einfaches und Erstes, sondern als Product einer klar -nachzuweisenden Synthesis, nur ja nicht aus dem Seyn, darzustellen. -Einer der nächsten Aufsätze dieser Zeitschrift wird -sich mit dieser Aufgabe beschäftigen. -</p> - -<h4 class="l2i subchap" id="subchap-5-7-2"> -<span class="line1">Zweites Capitel.</span><br /> -<span class="line2">Auskunft über die bisherigen Schicksale der Wissenschaftslehre.</span> -</h4> - -<h5 class="ssc l2i"> -<span class="line1">I.</span><br /> -<span class="line2">Schilderung des bisherigen Zustandes unserer Literatur überhaupt.</span> -</h5> - -<p class="noindent"> -Es ist hier keinesweges unsere Absicht, bloss wieder zu -sagen, wie sich das Publicum gegen die Wissenschaftslehre seit -der Erscheinung derselben verhalten, sondern dasselbe aus seinen -Gründen zu erklären, worauf dann derjenige, der das erstere -nicht weiss, aus diesen Gründen selbst es <em class="italic">a priori</em> ableiten, -oder auch in den seit jener Zeit erschienenen Schriften -und Urtheilen es aufsuchen mag. Nur gründet ohne Zweifel -dieses alles sich auf den bisherigen und noch dermalen fortdauernden -Zustand der Literatur überhaupt; und es wird daher -die begehrte Auskunft auf die von uns gewählte Weise ohne -Zweifel gegeben, wenn der erwähnte Zustand gründlich geschildert -wird. -</p> - -<p> -Welcher Schmerz übrigens und innige Wehmuth uns ergreife, -indem wir aus dem klaren Aether der tiefsten Betrachtung, -<a id="page-374" class="pagenum" title="374"></a> -in welchem wir am liebsten uns aufhalten, herunterzusteigen -haben in den Abgrund der intellectuellen und moralischen -Verkehrtheit in der Wirklichkeit, thut nicht noth zu -beschreiben. Wahrhaftig nicht unsere Neigung führt uns, sondern -eine tiefe Unlust begleitet uns zu diesem Geschäfte, welche -zu überwinden wir dennoch uns entschlossen haben, indem, -so sicher wir auch überzeugt seyn mögen, dass nichts -besser werden wird, es dennoch unsere Schuldigkeit ist, zu -handeln, als ob es besser werden könnte, ganz sicherlich aber -es nicht besser werden kann, bevor nicht das Uebel in seiner -ganzen Grösse bekannt worden, und ein beträchtlicher Theil -des Publicums darüber in ein heilsames Erschrecken versetzt worden. -Und wenn es auch wahr seyn sollte, dass der jetzt ausgebildet -lebenden Generation durchaus nicht zu helfen sey, sondern -diese, als unverbesserlich, aufgegeben werden müsse: so -bliebe es gleichwohl nothwendig, diejenige, welche dermalen -entsteht und sich bildet, abzuschrecken, dass sie nicht in die -Fusstapfen jener ersten trete, indem, wenn es wirklich besser -werden soll, die Besserung doch irgend einmal in der Zeit anheben -muss, nichts aber verhindert, dass wir wünschen, dass, -inwiefern es möglich ist, diese Zeit eben jetzt sey. -</p> - -<p> -Nur zwei allgemeine Bemerkungen habe ich vorauszuschicken. -Die erste ist die folgende: Ob das, was ich als den -Charakter unseres gelehrten Publicums angeben werde, durchaus -und ohne alle Ausnahme, oder ob es nur von der entschiedenen -Majorität gelte, kann vorläufig an seinen Ort gestellt bleiben; -und ich will es denjenigen unter meinen wissenschaftlichen -Lesern, welche mit Wahrheit sich bewusst sind, dass ihnen -niemals, weder in Schriften, noch auf dem Katheder, oder in -mündlichen Unterhaltungen dergleichen Aeusserungen, wie wir -anführen werden, entfallen sind, von Herzen gönnen; indem es -mir wenig Vergnügen macht, mir die Zahl der Schuldigen recht -gross zu denken. Gemeint sind nur diejenigen, welche selber, -jedoch vor einer Selbstprüfung, in der sie sich nicht schmeicheln, -sich getroffen fühlen. -</p> - -<p> -Sodann: die gewöhnliche, auch ehemals schon uns gegebene -Antwort auf dergleichen Vorwürfe ist die: man habe übertrieben, -<a id="page-375" class="pagenum" title="375"></a> -oder auch ganz und gar die Unwahrheit gesagt, und -sie seyen nicht also, wie wir sie dargestellt hätten. Der hierbei -ihnen selbst zwar grösstentheils verborgen bleibende Grund -ihrer Täuschung ist der, dass, da sie selber in allen ihren Aeusserungen -immer nur sagen, was gesagt worden, und vor dem -Worte vom Worte niemals zum Worte von der Sache zu kommen -vermögen, sie ebenfalls von uns glauben, wir wollten berichten, -wie sie sprechen; und da mag es denn oft wahr seyn, -dass sie also, wie wir sie darstellen, sich selber nicht aussprechen. -Unser Vorsatz aber war und ist, zu sagen, was sie innerlich -und in der That wirklich sind und leben, welches letztere -unter andern auch recht gut an demjenigen dargelegt werden -kann, was sie seyen, dem jenes, ob sie es nun selber -wissen oder nicht, dennoch zur Quelle und Prämisse wirklich -und nothwendig dient. Und wenn es sich auch zuweilen zutrüge, -dass sie, zur ausdrücklichen und wörtlichen Erklärung -über dieselben Verhältnisse kommend, das gerade Gegentheil -von dem, was sie nach unserer Behauptung wirklich sind, sagten: -so ist doch dieses letztere nicht der Ausdruck ihres wahren -Seyns, sondern nur ein auswendig Gelerntes, und eine am -Markte erhandelte Maske, mit welcher sie ihre natürliche Haut -übel genug verdecken; jenes aber, als Princip eines wirklichen -Dafürhaltens im Leben, ist ihr wahres innerliches Leben. -</p> - -<p> -Und nun zur Sache! Dass das Organ für die Speculation, -durch welche allein doch alles übrige Wissen begründet, geordnet -und klar wird, und ohne welche alle Beschäftigung mit den -Wissenschaften nur ein blindes, vom Ohngefähr mehr oder weniger -begünstigtes Herumtappen bleibt, den gegenwärtigen Bearbeitern -der Wissenschaften gänzlich abgehe, haben wir schon -oben gesagt, und, falls jemand fähig seyn sollte, uns zu verstehen, -durch unsere eigene Speculation es gezeigt. Nun würde -ein Mangel, den unser Zeitalter mit der gesammten Vorwelt gemein -hat, nicht jenem allein zum besonderen Vorwurfe gemacht -werden können, wenn nicht der grosse Unterschied obwaltete, -dass diese Vorwelt von wahrer Speculation niemals etwas vernommen, -jenem aber nunmehr seit fünfundzwanzig Jahren, in -einer ununterbrochenen Folge mannigfaltiger Schriften zweier in -<a id="page-376" class="pagenum" title="376"></a> -ihrem äusseren Vortrag sehr verschiedener Autoren, die Regeln -der wirklichen Speculation, und die Ausübung derselben an -mancherlei Materien, vorgelegt worden sind. -</p> - -<p> -Aber was soll man sodann sagen, wenn in überschwänglicher -Klarheit erhellet, dass unter diesen vorgeblichen Bearbeitern -der Wissenschaft sogar der Begriff von der Wissenschaft -selber, ihren blossen formalen und äusseren Eigenschaften nach, -nicht nur fast gänzlich verschwunden, sondern dass sie auch -innerlich vor diesem Begriffe erzittern, und jede Anregung desselben -leidenschaftlich anfeinden, und dass der einzige Trost -ihres Lebens die Hoffnung ist, dass es wohl niemals wirklich -zur Wissenschaft kommen werde, und der einzige Zweck ihrer -Bestrebungen, zu verhindern, dass es dazu komme? Müsste -man nicht sodann urtheilen, dass an die Stelle des unter uns -ausgestorbenen gelehrten Publicums die heftigsten Feinde aller -Wissenschaft getreten, welche die Maske der Gelehrsamkeit nur -vorhalten, um unter deren Schutze die Wissenschaft nur sicherer -und sieghafter zu bestreiten? -</p> - -<p> -Die Wissenschaft, so gewiss sie Wissenschaft ist, hat eine -absolute und unveränderliche Evidenz in sich selber, vernichtend -schlechthin alle Möglichkeit des Gegentheils und allen Zweifel; -und, da diese Evidenz nur auf eine einzige unwandelbare -und unveränderliche Weise möglich seyn kann, die Wissenschaft -hat ihre feste und unveränderliche äussere Form. Dies gehört -zum Wesen der Wissenschaft, als solcher; nur unter dieser Bedingung -ist sie Wissenschaft; und so ist auch allenthalben, wo -es ein wissenschaftliches Publicum gegeben hat, in demselben -allgemein geglaubt und angenommen worden. Wie aber mögen -über diesen Punct unsere vorgeblichen Gelehrten glauben und -annehmen? Ich weiss nicht, wie viele es unter ihnen geben -dürfte, denen nicht von Zeit zu Zeit Aeusserungen, wie die folgenden, -entgangen seyen: es halte jemand sich für allein weise -und allein Philosoph; es wolle jemand die Wissenschaft aus Einem -Stücke haben; man müsse — als ob es nemlich mehr als -Einen Standpunct für jede Wahrheit geben könne — bei Widerlegung -der Gegner sich auf ihren Standpunct versetzen; man -müsse es in der Untersuchung der Wahrheit nicht so strenge -<a id="page-377" class="pagenum" title="377"></a> -nehmen, sondern leben und leben lassen; und wie noch ins -Unendliche fort die Wendungen lauten, in denen der Wissenschaft -angemuthet wird, auf ihren absoluten Grundcharakter -Verzicht zu thun: und dieses alles als gar nicht zu bezweifelnde -Axiome, mit einer kindlichen Unbefangenheit, und so durchaus -ohne alle Ahnung der eigenen Abgeschmacktheit, dass sie -nicht nur sicher auf die Beistimmung aller übrigen hoffen, sondern -sogar fest überzeugt sind, der wissenschaftliche Mann selber, -den sie etwa des Anspruchs auf Alleinweisheit bezüchtiget, -hätte sich dessen erst nur nicht besonnen; er werde auf ihre -Erinnerung schon in sich gehen und sich schämen. Wenn nun -etwa auch dieselben Schriftsteller, ein andermal von dem Wesen -der Wissenschaft redend, sich ohngefähr ebenso darüber -ausdrückten, wie wir es oben thaten: soll man dies für ihren -Ernst halten? Wie könnte man? Dieses letztere sagen sie nur; -das Gegentheil aber glauben sie wirklich, indem sie ja darnach -in wirklicher Beurtheilung vorliegender Erscheinungen verfahren; -wie denn auch einige zu dergleichen Geständnissen mit rührender -Naivität hinzusetzen: das sey zwar wahr <em class="italic">in abstracto</em>, keinesweges -aber <em class="italic">in concreto</em>; wodurch sie demnach klar bekennen, -dass sie jenen Begriff der Wissenschaft nur für einen leeren -Begriff des scherzhaften und spielenden Denkens halten, mit -dem es hoffentlich niemals werde Ernst werden. -</p> - -<p> -Das innere Wesen der Wissenschaft ist auf sich selbst gegründet, -und macht sich schlechthin durch sich selbst und aus -sich selbst, <em class="italic">so</em>, wie es sich macht, absolut vernichtend alle Willkür; -und es ist die allererste Forderung an einen wissenschaftlichen -Menschen, vor deren Erfüllung niemals auch nur ein -Funke von Wissen in seine Seele kommen wird, dass alle Neigung -in ihm vor dem heiligen Gesetze der Wahrheit verstumme, -und er für immer entschlossen sey, alles, was ihm als wahr -einleuchten werde, mit ruhiger Ergebung sich gefallen zu lassen. -Sollen wir glauben, entweder, dass sie diese Bedingung vollzogen -hätten, oder auch nur, dass sie es als einen möglichen Fall -dächten, es werde jemand diese Forderung an sie machen? — -solche, welche ernsthaft vor dem gesammten Publicum uns benachrichtigen, -dass unsere Wahrheit ihnen nicht gefalle, und -<a id="page-378" class="pagenum" title="378"></a> -auseinandersetzen, wie ihnen bei derselben eigentlich zu Muthe -geworden, und beschreiben, wie diejenige Wahrheit aussehen -müsse, die ihnen gefallen solle, und uns ersuchen, sie also zu -machen und gelten zu lassen, und, wenn wir nicht wollen, sich -ereifern und klagen, dass wir ihnen das Herz aus dem Leibe -reissen wollten; welches letztere wir denn auch wirklich gerne -thäten, wenn wir es vermöchten, bei eigenem Unvermögen aber -es der göttlichen Gnade überlassen. Oder sollten wir das von -denjenigen glauben, welche, noch unabhängig von dem Inhalte -des Vorgetragenen, sich beklagen, dass man nicht freundlich -genug sie belehre, dass man ihnen einen unsanften Ruck gegeben -habe, der beinahe die ruhige Stimmung ihres Gemüthes -gestört hätte; dass wir uns bessern, und ihnen künftig die Lehre -und Arznei in die von ihnen geliebten Süssigkeiten einkleiden -möchten, widrigenfalls sie zu unserer wohlverdienten Bestrafung -nichts mehr von uns lernen würden? Soll man viele Ausnahmen -von dieser Denkart glauben, wenn man sieht, dass eine -neue Lehre fast mit keinen anderen Waffen bekämpft wird, als -mit dieser Abneigung und der Erregung derselben in den Gemüthern -der Leser, auf deren Sympathie und gleichmässigen -Unverstand man sicher rechnet; ingleichen des Affects der Verwunderung -über die ungeheure Abweichung der Lehre von der -gemeinen Meinung, als ob jemand zuzugestehen dächte, dass -etwas wahr sey, weil es gemein ist? -</p> - -<p> -Die allererste, dem wissenschaftlichen Menschen anzumuthende -Erkenntniss ist die, dass die Wissenschaft nicht ein leeres -Spiel oder Zeitvertreib, nicht nur ein zum erhöhten Lebensgenusse -dienender Luxus, sondern dass sie ein dem Menschengeschlecht -schlechthin Anzumuthendes, und die einzig mögliche -Quelle aller seiner weitern Fortentwickelung sey: dass die -Wahrheit ein Gut, und das höchste, alle anderen Güter in sich -enthaltende Gut, der Irrthum dagegen die Quelle aller Uebel, -und dass er Sünde und die Quelle aller anderen Sünden und -Laster sey; und dass derjenige, der die Wahrheit aufhält und -den Irrthum verbreitet, die allerschaudervollste Sünde am Menschengeschlechte -begehe. Kann man diese Erkenntniss denjenigen -zutrauen, welche ihr ganzes Leben hindurch durch alle -<a id="page-379" class="pagenum" title="379"></a> -ihre Worte und Werke die absoluteste Gleichgültigkeit gegen -Wahrheit und Irrthum zeigen; welche alle die Tage ihres Lebens -fortfahren zu lehren, ohne jemals etwas zu wissen; welche, -ohne alle Ueberzeugung, dass Wahrheit sey, was sie behaupten, -dennoch fort behaupten auf das gute Glück hin, dass -sie es gleichwohl auch getroffen haben könnten, und so, innerlich -zu einer concreten Heuchelei und Lüge geworden, lügend -fortleben und von der Lüge essen, trinken und sich kleiden? -Ohne alle Ueberzeugung, sage ich: denn es ist ein himmlisch -klarer Satz, ganz allein durch sich der Menschheit den Besitz -der Wahrheit sichernd, und welcher, obwohl er die Verderbtheit -jener aufdeckt, und darum ein verhasster Gräuel ist in -ihren Augen, dennoch ihnen zu Liebe nicht kann aufgegeben -werden; der Satz: dass die Evidenz eine specifisch verschiedene -innere und überzeugende Kraft bei sich führe, welche -niemals auf die Seite des Irrthums treten kann, dass jederman -unter allen Umständen seines Lebens wissen kann, ob das, was -er denke, mit dieser Kraft ihn ergreife oder nicht, dass daher -jedweder, von welchem hinterher sich findet, dass er geirrt -habe, dennoch, obwohl er gar füglich seinen Irrthum nicht eingesehen -haben kann als Irrthum, ihn doch auch sicher nicht -als Wahrheit eingesehen hat, und dass er auch hätte entdecken -können, dass er ihn nicht als solche einsehe, wenn er sich -nur hätte besinnen wollen; dass er daher auf keine Weise der -Ueberführung zu entgehen vermag, dass er leichtfertig und ohne -wahrhaften Respect für die Wahrheit dahergefahren sey. -</p> - -<p> -Welches konnte die Quelle dieser strafbaren Gleichgültigkeit -seyn? Allein Trägheit, Leichtsinn, Egoismus, tiefe moralische -Auflösung. Das Leben reisst unaufhörlich uns heraus aus -uns selber, und treibt uns dahin oder dorthin, so wie es will, -nach seinem Gutdünken sein Spiel mit uns führend. Diesem -Hange zuwider dennoch sich zusammenzunehmen, und betrachtend -sich zu halten, bis man vollendet, kostet Anstrengung, -Selbstverläugnung, Mühe, und diese thut wehe dem verzärtelten -Fleische. Es will schon etwas sagen, nur zuweilen sich -zu besinnen: dass man es aber in der Wissenschaft, zumal in -der höchsten, in der Speculation, zu etwas Bedeutendem bringe, -<a id="page-380" class="pagenum" title="380"></a> -dazu bedarf es einer bis zur absoluten Freiheit geübten Kunst -der Besinnung, und der erworbenen Unmöglichkeit, jemals von -dem Strome der blinden Einbildungskraft gefasst zu werden; -welches alles wiederum einen ganzen klaren, nüchternen und -besonnenen Lebenslauf erfordert. Wie hätte einen solchen die -Kraftlosigkeit unserer Tage ertragen können? -</p> - -<p> -Oder, selbst wenn sie gekonnt hätten, würden sie es auch -nur gewollt haben, und würden sie jene Besonnenheit, wenn -ohne alle ihre Mühe sie ihnen zu Theil würde, sich zur Ehre -anrechnen oder zur Schmach? Ich sage, zu der letztern; denn -es ist schon lange her, dass der Wetteifer mit jener Nation, -von der wir jetzt für unsern guten Willen, ihr zu gleichen, -und für unser Unvermögen dazu grausam bestraft werden, uns -den Anschein deutschen Ernstes, Gründlichkeit und Fleisses -verächtlich gemacht, und uns bewogen hat, alle Beschäftigung -mit den Wissenschaften in ein Spiel zu verwandeln, und uns -dem Strome unserer Einfälle, als dem einzigen, was den Anschein -jener so sehr beneideten Leichtigkeit uns geben könne, -zu überlassen. Um sicher zu seyn, dass wir nicht wie Pedanten -aussähen, haben wir uns bestrebt, literarische Gecken zu -werden, ohne dass es uns doch sonderlich gelungen. Ich -möchte einmal, besonders unter unseren jüngeren Gelehrten, -die Umfrage halten, um zu erfahren, wie viele darunter lieber -dafür gelten möchten, dass sie die Wahrheit durch Fleiss und -Nachdenken gefunden, als dafür, dass sie ihnen durch ihre -glückliche Natur ohne alle ihre Mühe und Anstrengung von selber -gekommen; und die nicht lediglich durch den Titel eines -Genies sich geehrt, durch die Benennung aber eines fleissigen -und besonnenen Denkers sich als beschränkte und geistlose -Köpfe, und als solche, für welche die Natur doch auch gar -nichts gethan, sich geschmähet finden würden. Und so brachte -denn dasselbe Hinfliessen und Hinträumen in aus sich selbst -erwachsenden Einfällen, welches der Bequemlichkeit zusagte, -zugleich auch Ehre; und so liessen wir es uns denn besser -gefallen, als den mühsamen und nicht ehrenden Ernst. -</p> - -<p> -Wenn denn nun jene, wie seit länger denn Einem Menschenalter -in unermesslicher Klarheit sich gezeigt hat, von der Wissenschaft -<a id="page-381" class="pagenum" title="381"></a> -so durchaus nichts wussten, dass ihnen nicht einmal -der Begriff derselben, oder die allerersten Bedingungen, um zu -ihr zu gelangen, bekannt waren; warum konnten sie dennoch -es durchaus nicht unterlassen, sich für Gelehrte auszugeben -und zu schreiben, zu lehren, zu urtheilen, als ob sie die gründlichsten -wären? Da die einzig möglichen Triebfedern, die Liebe -zur Wahrheit und zur Wissenschaft, von welchen beiden sie -nie einen Funken erblickt, sie nicht treiben konnten, so konnten -die ihrigen nur die äusseren Triebfedern seyn: die bekannten -des Geltenwollens, der Ruhmsucht und der anderen Emolumente, -welche damit verknüpft zu seyn pflegen. Von diesen -werden sie denn auch also getrieben und begeistert, dass sie -die wirkliche Wissenschaft, von welcher sie den Verlust ihres -eigenen Ansehens sich richtig prophezeien, mehr fürchten und -hassen, als irgend etwas anderes, und dass ihnen kein Mittel -zu schlecht ist, durch dessen Anwendung sie hoffen, den Anbruch -des Lichts, wenigstens noch so lange als sie leben, aufzuhalten; -im schamlosen Kampfe für eine tausendfach verwirkte -Existenz, der sie selber, wenn sie noch einen Funken Ehrgefühl -hätten, fluchen würden. -</p> - -<p> -Von diesem ihrem dumpfen Eigendünkel werden sie also -geblendet und besessen, dass er sie zu den lächerlichsten und -unglaublichsten Ungereimtheiten verleitet. Indess sie immerfort -voraussetzen, dass keiner ganz recht habe, und dass es -nirgends eine sichere und ausgemachte Wahrheit gebe, vergessen -sie dennoch diesen, für alle anderen ausser ihnen ohne -Ausnahme gelten sollenden Grundsatz gänzlich, sobald es ihre -eigenen Personen sind, welche reden, indem sie immerfort aus -dem Principe disputiren, sie hätten ja die, ohne Zweifel zugleich -mit ihrem Munde ihnen angeborne wahre Wahrheit, und -darum müsse der Gegner, der ihnen widerspricht, nothwendig -unrecht haben; gar nicht sich besinnend, dass ja der andere -ebenso schliessen könne, und das Privilegium des blinden Eigendünkels -für sich allein und ausschliesslich begehrend. Ja, -es ist sogar erlebt worden, und wird noch immerfort erlebt, -dass jemand einer Lehre durch die Versicherung, er könne -sie eben nicht verstehen, oder sie falle ihm so schwer, dass -<a id="page-382" class="pagenum" title="382"></a> -ihm Hören und Sehen dabei vergehe, das Zeichen der Verwerfung -aufgedrückt zu haben geglaubt; mit kindischer Naivität -bei der ganzen Welt dieselbe hohe Meinung von ihm, die er -selbst hegt, als ihr absolutes Axiom und Prämisse aller ihrer -Urtheile voraussetzend, und im Rausche seines Eigendünkels -gar nicht ahnend, wie ihm geantwortet werden müsse. -</p> - -<p> -Zunächst zwar ist diese Schilderung des literarischen Zustandes -unserer Tage entworfen, um daraus die bisherigen -Schicksale der Wissenschaftslehre zu erklären; die Zeit aber, -in welcher ich dieselbe abfasse, erwirbt mir vielleicht Verzeihung, -wenn ich zugleich bemerke, dass der politische Zustand -unserer Tage, in welchem, wenn nicht durch ein Wunder und -auf einem natürlich nicht abzusehenden Wege uns Rettung -kommt, alle seit Jahrtausenden von der Menschheit errungene -Cultur und deren Producte zu Grunde gehen zu müssen scheinen, -bis nach neuen Jahrtausenden dermalen uns unbekannte -Wilde und Barbaren denselben Weg wieder von vorn beginnen, -— dass, sage ich, dieser politische Zustand lediglich und -allein aus dem Zustande unserer Literatur entsprungen ist. Er -ist herbeigeführt durch das allgemeine Unvermögen, irgend einen -Gegenstand fest anzufassen und zu halten, und ihn nach seinem -wahren Wesen zu durchdringen; und das Hülfsmittel dagegen -ganz und ernst, und nicht noch zugleich sein Gegentheil -zu wollen, und mit eiserner Consequenz, verläugnend alle Nebenzwecke, -es durchzuführen. Bei wem aber sollten diejenigen, -welche über unser Schicksal entschieden haben, Beispiele -dieser Festigkeit holen, und wem dieselbe ablernen, wenn diejenigen, -in deren Schulen sie zuerst gebildet sind und bei denen -sie noch täglich, sey es auch nur für den Scherz, Unterhaltung -suchen, ihnen keinen anderen Anblick geben, als den -der absoluten Zerflossenheit? Wo eine Literatur ist, da sind -es immerfort die Literatoren, welche ihr Zeitalter bilden. Gehen -nun diese über in Fäulniss, so muss neben ihnen alles -Uebrige nothwendig um so mehr verwesen. -</p> - -<p> -Um jedoch zu unserem eigentlichen Zwecke zurückzukehren: -wie hätte man denjenigen, mit denen noch über die ersten -Buchstaben alles Unterrichts, ob es wohl auch überhaupt -<a id="page-383" class="pagenum" title="383"></a> -Wissenschaft geben möge, zu streiten war, glaublich machen -können, dass es wohl eine Wissenschaft der Wissenschaft selber -geben möge; oder diejenigen, die überhaupt gar keiner Besinnung -fähig sind, und dessen sich rühmen, zur allerhöchsten -und vollendeten Besinnung heraufleiten können? Es war nichts -Anderes zu erwarten, als dasjenige, was erfolgt ist, dass sie -die Worte und Formeln dieser angetragenen Wissenschaft, zu -dem, was sie allein wollen und begehren, zu einigen Scherzen -für die Belustigung ihrer Leser verarbeitet, und wenn man dennoch -ernsthaft geblieben, voll Eifer und Zornes auf uns geschmähet -haben. -</p> - -<p> -Nur noch zwei Bemerkungen zum Schlusse. Sollten die -Getroffenen auch über diese Schilderung sich erklären, so werden -sie ohne Zweifel wiederum sagen, wie sie immer sagen, -man habe die Unwahrheit vorgegeben und übertrieben. Nicht -für sie, sondern für eine bessere Nachwelt, wenn dergleichen -möglich wäre, merke ich an, dass alles auf dem oben angegebenen -Axiome beruhe, dass jeder, von welchem sich hinterher -findet, dass er unrecht habe, gar wohl hätte wissen können, -dass er nicht überzeugt sey; dass er sonach auf keine Weise -läugnen könne, er habe leichtsinnig und unmoralisch gehandelt. -Dass sie aber fast in allen ihren eigenen Behauptungen unrecht -haben, würde wenigstens eine bessere Nachwelt, wenn sie -nicht zu gut dafür gesorgt hätten, dass keine solche entstehen -könnte, klar begreifen. -</p> - -<p> -Sodann werden sie, wie sie gleichfalls immer zu sagen -pflegen, wiederum sagen: wir hätten nur unserer Leidenschaft -Luft machen wollen, und werden auch für diesen Erguss nicht -ermangeln einen glaublichen Grund zu finden, nemlich, weil -sie uns ihren Beifall und ihr Lob nicht ertheilt hätten. Nun -haben wir ihnen schon zu verschiedenenmalen nicht verhehlt, -dass wir, so lange sie nemlich also sind, wie sie sind, sowohl -sie selber, als auch ihren Beifall von Herzen verachten; aber -sie sind fest überzeugt, dass es ganz und gar unmöglich sey, -dass irgend ein Mensch nicht diejenige achtungsvolle Meinung -von ihnen habe, die sie selbst über sich hegen, dass daher -einer also lautenden Versicherung niemals Glauben zuzustellen, -<a id="page-384" class="pagenum" title="384"></a> -sondern dass dieselbe allemal ein leeres Vorgeben und eine -Maske sey, um dadurch etwas Anderes zu bedecken. Sie würden -uns daher auch jetzt wieder nicht glauben, wenn wir auch -jene Versicherung wiederholen, und ihnen bemerklich machen -wollten, dass man, um durch seinen Beifall zu ehren, erst selber -ehrwürdig seyn müsse, und dass wir ihren Beifall mit Danke -sodann annehmen würden, nachdem sie sich erst den unsrigen -erworben, dass wir aber bis dahin es für eine grosse Schmach -und für einen Beweis der eigenen Niederträchtigkeit halten würden, -wenn wir ihnen gefielen. -</p> - -<h5 class="ssc l2i"> -<span class="line1">II.</span><br /> -<span class="line2">Ein Beispiel insbesondere von dem philosophischen Beurtheilungsvermögen des Zeitalters.</span> -</h5> - -<p class="noindent"> -Es möchte gerathen seyn, diese fast allgemeine Schlaffheit -und Geistlosigkeit des Zeitalters, noch insbesondere in Sachen -der Philosophie, an einem neuerlichen, noch fortdauernden frappanten -Beispiele darzulegen. Des Zeitalters, habe ich gesagt, -im Allgemeinen; denn ich will nicht, dass der Mann, dessen -Namen unten genannt werde, glaube, dass ich ihn für die Person -meiner Gegensetzung würdige, oder dass er mir selber als -Repräsentant jener allgemeinen Seichtigkeit gut genug sey, wodurch -ich in der That übertrieben, und gegen die übrigen ungerecht -seyn würde. Nur dass ein im Ganzen dennoch unterrichteteres -Publicum durch ihn sich irre machen lassen konnte, -ist es, was ihm die Ehre erwirbt, hier namentlich aufgeführt -zu werden. -</p> - -<p> -Es war nemlich durch die Kantischen und durch unsere -Schriften doch endlich dahingekommen, dass, obwohl die im -Dogmatismus Aufgewachsenen nicht bekehrt wurden, dennoch -unter den später Gebildeten mehrere zu der Ueberzeugung geführt -worden waren, und auf derselben fest zu beruhen schienen, -<a id="page-385" class="pagenum" title="385"></a> -dass die Realität keinesweges in die Dinge, sondern dass -sie in das Denken und seine Gesetze gesetzt werden müsse, -obwohl keiner so recht eigentlich wusste, wie das letztere zu -bewerkstelligen seyn möge; als es einem der verworrensten -Köpfe, welche die Verwirrung unserer Tage hervorgebracht, -Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, gelingen konnte, durch das -Gespenst eines Subjectivismus der Wissenschaftslehre, welches -lediglich in seinem grossen Unverstande sich erzeugt hatte, -selbst diese durch seine Autorität zu einem Irrthume zurückzubringen, -welchen durch sich selbst zu fassen sie doch zu -verständig waren, und dieselben von Kant und der Wissenschaftslehre -zu Spinoza und Plato zurückzuscheuchen, bloss -weil durch die noch tiefere Unwissenheit, wovon eigentlich die -Rede sey, der Mann mit noch grösserem Muthe ausgerüstet -wurde. Sie wussten sich nicht weiter zu rathen, und forderten -wiederholt und in strafedrohenden Edicten den Verfasser -der Wissenschaftslehre auf, zu widerlegen, wenn er könne, -wozu es weder Kants, noch der Wissenschaftslehre bedurfte, -sondern wovon schon seit Leibnitz nicht mehr die Rede seyn -konnte. Dass der Mann dadurch seine absolute Unkunde von -dem, was die Speculation sey und wolle, und seine natürliche -Unfähigkeit zum Speculiren, sowie die durch ihn Geirrten die -Unsicherheit ihrer Kunde gezeigt, leuchtet von selber ein und -bedarf nach den obigen Erinnerungen keines weiteren Beweises. -Aber inwiefern etwa die übrige dialektische Kunst, das -schriftstellerische Talent, der sophistische Witz und die Gewandtheit -des Mannes den Getäuschten zu einiger Entschuldigung -gereiche, und was überhaupt dieser Mann an Geist und -Kunst vermöge und aufzuwenden habe, möchte eine belehrende -Erörterung abgeben. -</p> - -<p> -Wir wollen in dieser Erörterung, um mit der allerhöchsten -Billigkeit zu verfahren, uns weder an die früheren Schriften -des Mannes, noch auch an dessen sogenanntes Identitätssystem -halten; obwohl dieses letztere so bedeutend geschienen, dass -wir von einem der stehenden literarischen Tribunale namentlich -aufgefordert wurden, dieses zu widerlegen oder anzuerkennen. -War denn nun in diesem Systeme, so wie es im zweiten Hefte -<a id="page-386" class="pagenum" title="386"></a> -des zweiten Bandes der Zeitschrift für speculative Physik dargelegt -ist, über welche Darlegung wir nur im Vorbeigehen einige -Worte sagen wollen, der Irrthum so künstlich und so -täuschend verarbeitet, dass man ohne fremde Hülfe sich nicht -füglich rathen konnte? -</p> - -<p> -Diese Darstellung hebt §. 1. an mit der Erklärung: „Ich -nenne Vernunft die absolute Vernunft oder die Vernunft, insofern -sie als totale Indifferenz des Subjectiven und Objectiven -gedacht wird.“ — Dass nun durch diesen Ausgangspunct der -Mann gleich von vornherein die Vernunft von sich selbst ausscheide, -und Verzicht darauf thue, selber vernünftig zu seyn, -und sich ein einzigesmal zu besinnen, wie er es denn mache, -um zu allen den Behauptungen, die nachfolgen sollen, zu kommen; -— dieses zu bemerken konnte dem Publicum, weil dadurch -das bekanntermaassen abgehende Organ der Speculation -vorausgesetzt würde, nicht wohl angemuthet werden. Dass -aber die Eine und absolute Vernunft, ausser der nichts seyn -solle, nicht die Indifferenz des Subjectiven und Objectiven seyn -könne, ohne zugleich auch in derselben ungetheilten Wesenheit -die Differenz desselben zu seyn; dass hier sonach ausser der -Einen indifferenzirenden Vernunft noch eine zweite differenzirende -im Sinne behalten würde, welche sodann auch wohl in -aller Stille gute Dienste leisten dürfte; und dass dieser Fehler -nicht etwa nur ein kleiner und unbedeutender Verstoss, sondern -von den wichtigsten Folgen seyn möchte, hätte man gleichwohl, -ohne alles Organ für Speculation, durch ein nur nicht -ganz flüchtiges Tappen greifen können. Dass sie nicht bemerkten, -dass durch diese Erklärung die Vernunft nun vollkommen -bestimmt und in sich abgeschlossen, d. i. todt sey, und ihr -philosophischer Heros nun zwar seinen ersten Satz nach Belieben -werde wiederholen können, niemals aber auf eine rechtliche -und consequente Weise ein Mittel finden, um aus ihm -heraus zu einem zweiten zu kommen, wollen wir ihnen ebenso -grossmüthig erlassen. Dass sie aber, als er nun wirklich nach -seiner Weise anfängt, den Todten wieder zu erwecken, und -in den folgenden §§. die Prädicate des Nichts und der Allheit, -der Einheit und Gleichheit mit sich selber u. s. w., an diese -<a id="page-387" class="pagenum" title="387"></a> -seine Vernunft hält, und sie glücklicherweise in dieselbe hineindemonstrirt, -sich nicht ein wenig gewundert, wie denn fürs -erste nur er selber <em class="italic">zu diesen Prädicaten</em> gelange, noch ihn darüber -befragt; indem ja, wenn durch die erste Erklärung das -Wesen der Vernunft wirklich erschöpft wäre, diese Prädicate -selber erst, durch eine Analyse jener Erklärung, aus der Vernunft, -als in ihr nothwendig begründet, abgeleitet werden mussten, -keinesweges aber, Gott weiss woher geschöpft, durch -blinde Willkür davon gehalten werden dürften; dass die Leser -nicht hier das Leben und Regen jener §. 1. im Sinne behaltenen -differenzirenden Vernunft in der Person ihres Autors -selber fühlten; ja dass ihnen nicht einmal die materiale Willkür -desselben in der beliebigen Folge der Prädicate, die er -der Vernunft anzudemonstriren beliebt, auffiel, ist ein wenig -schwerer zu verzeihen. -</p> - -<p> -Was aber soll man erst sodann sagen, wenn man diese -Andemonstrirungen selber ansieht, und die Widersprüche, Erschleichungen -und Ungereimtheiten entdeckt, durch welche -eine ungebildete und verworrene Phantasie den Verfasser blind -hinüberreisst, und wenn man sieht, dass im consequenten Verfahren -aus seinem ersten Satze allenthalben das gerade Gegentheil -seiner Behauptung erfolgt, und dennoch erlebt, dass diese -Misgeburt von System anders, als mit allgemeinem und unauslöschlichem -Gelächter empfangen wird? -</p> - -<p> -So lautet z. B. §. 2.: „<em class="italic">Ausser der Vernunft ist nichts, und -in ihr ist Alles.</em> Wird die Vernunft so gedacht, wie wir es -(§. 1.) gefordert haben, so wird man auch unmittelbar inne, -dass ausser ihr nichts seyn könne. Denn man setze, es sey -etwas ausser ihr, so ist es entweder für sie selbst ausser ihr“ -— So? <em class="italic">für sie selbst</em>? Davon, dass <em class="italic">für</em> die Vernunft etwas -seyn könne, haben wir ja in §. 1. kein Wörtlein vernommen, -sondern es schiebt sich hier in aller Stille, und ohne dass wir -wissen, woher sie komme, diese Voraussetzung zum Behufe des -Beweises ein, und der Verfasser selber hat die Vernunft nicht -gedacht, wie er §. 1. gefordert hatte, sondern verleitet unmittelbar, -indem er es dem Leser einschärft, ihn zum Gegentheile -dieses Gedankens. Aber der Leser wird es wohl nicht merken, -<a id="page-388" class="pagenum" title="388"></a> -und so kann ihm der Beweis wohl gelingen. Er gelingt -ihm, wie folgt: „es ist entweder für sie selbst ausser ihr; sie -ist also das Subjective, welches wider die Voraussetzung ist; -oder es ist nicht für sie selbst ausser ihr, so verhält sie sich -zu jenem Ausserihr, wie Objectives zu Objectivem, sie ist also -objectiv, allein dieses ist abermals wider die Voraussetzung.“ -Im Vorbeigehen: die zweite Hälfte des Beweises ist ohne allen -Sinn und Verstand, wie der Leser selber finden mag, wenn er -will, indem wir dabei uns nicht aufhalten wollen. -</p> - -<p> -Der richtige und ohne Erschleichung vollzogene §. 2. zu -einem solchen §. 1. über dem Prädicate des Nichts, ist der folgende: -<em class="italic">In der Vernunft und für die Vernunft ist schlechthin -nichts.</em> Wird die Vernunft so gedacht, wie wir es §. 1. gefordert -haben, so wird man unmittelbar inne, dass weder in noch -für die Vernunft etwas seyn könne. Denn setze, es solle etwas -in oder für die Vernunft seyn, so könnte dieses nur dadurch -geschehen, dass und insoweit die Vernunft selber es wäre; und -zwar könnte dieses Etwas nur das subjective seyn, oder das -objective, oder beides, indem wir ausser diesem in unserem -§. 1. nichts vorfinden. Aber dass die Vernunft das subjective -sey, oder das objective, oder beides, widerspricht schlechthin -der Voraussetzung, dass sie nur sey die Indifferenz beider. -</p> - -<p> -Freilich wird in diesem Beweise vorausgesetzt, dass ja der -Beweisführer während desselben sich nicht besinne, dass in -demselben allerdings die Vernunft für ihn sey, und gesetzt sey; -dass daher die eigene factische Möglichkeit des Beweises dasselbe -voraussetze, wovon die Unmöglichkeit in ihm erwiesen -wird; und zwar wird dieses mit Recht vorausgesetzt, indem -das Gegentheil in einem Systeme, das lediglich durch Nichtbesinnung -möglich ist, gegen die allererste Verabredung streiten -würde. -</p> - -<p> -So lautet der Anfang von §. 3.: „<em class="italic">Die Vernunft ist schlechthin -Eine, und schlechthin sich selbst gleich</em>, denn wäre nicht jenes, -so müsste es von dem Seyn der Vernunft noch einen anderen -Grund geben“ — (Hier schiebt sich demnach, zum Behuf des -zweiten Beweises die zweite Voraussetzung ein, dass jedes -Seyn einen Grund haben müsse? Woher wissen wir denn das? -<a id="page-389" class="pagenum" title="389"></a> -Woher überhaupt plötzlich die Kategorie des Grundes, noch -dazu zum Behuf des Beweises der (formellen) Einheit der Vernunft? -Grund ist eine weit speciellere Kategorie, erst eintretend -in der Sphäre endlicher Bedingungen und Folgen.) — -der Beweis geht fort — „noch einen anderen Grund geben, -als sich selbst: denn sie selbst enthält nur den Grund, dass -sie selbst ist, nicht aber, dass eine andere Vernunft sey.“ So? -woher wissen wir denn wiederum dieses? Liegt das auch in -§. 1. oder in §. 2.? Doch erlassen wir ihm die Frage nach -dem Woher! lassen wir seine Anwendung des Satzes vom -Grunde, und die unbewiesene Behauptung, dass die Vernunft -nur der Grund ihrer selbst sey, stehen; was würde denn nun -mit alle dem der Satz beweisen? Warum könnte denn nicht -doch die Vernunft innerlich und in sich selbst, eben als Vernunft, -qualitativ Eins bleiben, wenn es auch einen Grund ihres -formalen Daseyns ausser ihr selber gäbe? Nur das Seyn -wäre sodann nicht Eins, und die Vernunft wäre nicht alles -Seyn, und Eins mit dem Seyn. Die Einheit des Seyns daher, -keinesweges aber die der Vernunft, wäre bewiesen, wenn dieser -doppelt und dreifach falsche Beweis etwas beweisen könnte; -aber unser Verfasser setzt hinzu: <em class="italic">die Vernunft ist also Eine</em>, -seinen eigenen Beweis nicht einmal verstehend. -</p> - -<p> -Der richtige §. 3. über dem Prädicate der Einheit und Sichgleichheit -zu einem solchen §. 1. und 2. wäre der folgende: -<em class="italic">die Vernunft ist schlechthin weder Eines, noch sich selbst gleich.</em> -Denn setzet, dass sie das seyn solle, so könnte sie, da ausser -ihr gar nichts ist, dasselbe nur in und für sich selbst seyn. -Nun ist es (§. 2.) überhaupt unmöglich, dass in ihr oder für -sie überhaupt etwas sey, daher kann in ihr oder für sie auch -nicht Einheit und Sichselbstgleichheit seyn, daher kann überhaupt -nicht Einheit und Sichselbstgleichheit seyn, und eben -darum auch nicht die der Vernunft seyn. — Freilich wird auch -hier vorausgesetzt, dass ja niemand sich besinne, wie er selber -doch wirklich und in der That in diesem Beweise Einheit und -Gleichheit setze, wodurch derselbe Widerspruch zwischen dem -Thun und Sagen, den wir schon bei dem vorigen Beweise nachwiesen, -einträte, und der ganze Scherz in Nichts zerginge. -</p> - -<p> -<a id="page-390" class="pagenum" title="390"></a> -Nach dieser Weise geht es nun fort durch das ganze Scriptum, -und keine der folgenden Demonstrationen ist anderer Natur, -als die eben geprüften. Der Erfolg aber aller dieser Anstalten -ist der, dass, auf eine durchaus nur erdichtete Weise, -und durch absolute Aufhebung des Satzes, von welchem ausgegangen -wurde, die specifische Verschiedenheit der mancherlei -wirklichen Dinge erklärt wird aus der Verschiedenheit des -quantitativen Verhältnisses des Subjectiven und Objectiven in -ihnen. Dass diese Erklärung völlig willkürlich und eine leere -Hypothese sey, leuchtet unmittelbar ein; denn wie könnte irgend -jemand auf sie kommen, der nicht schon als bekannt und -ausgemacht voraussetzte, dass es specifisch verschiedene Dinge -gebe, und der sich nicht in den Kopf gesetzt hätte, diese Verschiedenheit, -es möchte nun Gott lieb oder leid seyn, zu erklären. -Dass sie aber dem ersten Grundsatze widerspricht und -ihn aufhebt, leuchtet also ein: Ist die Vernunft die absolute -Indifferenz des Subjectiven und Objectiven, und giebt es gar -kein anderes Seyn, ausser dem der Vernunft, so kann in keinem -Seyn diese Indifferenz aufgehoben werden, und eine quantitative -Differenz an die Stelle treten. -</p> - -<p> -Inzwischen, wie schon oben gesagt, ich will auch nicht -nach dieser verjährten, und wenn auch nicht von dem naturphilosophischen -Publicum erkannten, dennoch vielleicht von -ihrem Urheber schon bereuten Sünde ihn richten,<a class="fnote" href="#footnote-37" id="fnote-37">[37]</a> sondern -<a id="page-391" class="pagenum" title="391"></a> -meine Untersuchung seines Geistes und Talentes auf eine andere -Schrift, die er selbst für so heilig hält, dass er durch das: -„Rühre nicht Bock, denn es brennt,“ die Profanen an der -Schwelle zurückweiset, und welche wirklich auch nach meinem -Erachten die beste, d. h. die noch am wenigsten stümperhafte -unter den zahlreichen Producten seiner Feder ist; auf seine -Schrift: <em class="italic">Religion und Philosophie</em> betitelt (Tübingen, bei Cotta, -1804.), bauen. -</p> - -<p> -Der bei weitem grösste Theil dieser Schrift hat es gar kein -Hehl, dass nur frei und frank hinphantasirt werde, ohne dass -man sich auch nur die Miene des Denkens oder der Untersuchung -gäbe: es wird versichert, betheuert, behauptet, entschieden, -ohne dass auch nur ein Schatten eines Beweises dazwischen -eintritt. Alles also Beschaffene spricht schon durch sich -selbst sich sein Urtheil, und wir können es übergehen. Wir -wenden uns daher sogleich zur hervorstechendsten Stelle des -ganzen Buches, die den Anschein des Denkens wirklich an -sich nimmt, und über die dermalen höchsten Principien dieses -Philosophen Auskunft zu geben verspricht, indem wir, wie schon -oben gesagt, immer ungerügt lassen den Grundirrthum des Objectivirens, -und bloss zusehen, mit welcher Fähigkeit und Gewandtheit -man sogar im Irrthume sich bewege. -</p> - -<p> -Von S. 18. an wird eine Ableitung der endlichen Dinge -aus dem Absoluten und eine Darstellung des Verhältnisses zu -ihm angekündigt, mit welcher es denn auch S. 21. also zum -Schlage kommt: -</p> - -<p> -„So gewiss jenes schlechthin einfache Wesen der intellectuellen -Anschauung“ (mit dem Worte: <em class="italic">Wesen</em> meint er das <em class="italic">Object</em> -der erwähnten Anschauung; er hat aber seinen guten, uns -sehr wohlbekannten Grund, dieses letztere Wort hier ja nicht -in den Mund zu nehmen, indem dieses ihn in schlimme Verlegenheiten -mit der Wissenschaftslehre bringen könnte) — „so -<a id="page-392" class="pagenum" title="392"></a> -gewiss dieses Wesen Absolutheit ist: so gewiss kann ihm kein -Seyn zukommen, als das durch seinen Begriff (denn wäre dieses -nicht, so müsste es durch etwas anderes ausser sich bestimmt -seyn, was unmöglich ist).“ -</p> - -<p> -Halten wir gleich hier den schwellenden Strom dieses Beweises -an, indem wir über einiges darin nicht ganz so leicht -hinwegkommen können, als sein Urheber. Ich verstehe deutlich: -wäre es nicht durch sich bestimmt, so wäre es durch ein -anderes bestimmt, nemlich, wenn es überhaupt <em class="italic">durch</em> etwas -bestimmt seyn müsste, wofür der Beweis keinen Grund angiebt, -sondern es nur eben hindichtet. Ich sehe, dass dieser -Beweis sein Absolutes, das erst Eins seyn sollte, in zweie, in -ein bestimmendes und in ein bestimmtes zerreisst, und so mit -einer inneren und materialen Disjunction (die ursprüngliche und -formale, dass es Hingeschautes ist aus einem Schauen, wird -unserem Versprechen gemäss erlassen), über die er keine Rechenschaft -giebt, anhebt; welches der erste Act der blinden -Willkür ist. Sehe ich dieses Verfahren tiefer an, so finde ich, -dass der bekannte Begriff vom Absoluten, dass es sey von sich, -aus sich, durch sich, hier vollzogen werde, welcher, als blosser -Begriff, äussere Charakteristik und Schema des Absoluten, -und blosse Beschreibung seiner Form im Gegensatze mit der -Form des Nichtabsoluten, das da nicht ist von sich selbst, keinesweges -in dasselbe selber uns hineinzuführen vermag, sondern -dasselbe unserem Blicke auf ewig verschliesst; welches -nicht zu bemerken die zweite Blindheit ist. Ich sehe ferner, -dass der Ausdruck: das sey unmöglich, wie er dasteht, eine -Unmöglichkeit lediglich des Denkens ausdrücke, dessen reale -Bedeutung vor allen Dingen hätte gesichert werden müssen; -welches die dritte sehr grobe Unterlassungssünde ist. Wenn -ich übrigens dieses alles hingehen, und mir das Absolute in -seiner Zweifachheit als bestimmendes und bestimmtes gefallen -lasse, so sehe ich noch immer nicht ein, warum es in seiner -ersten Qualität, als bestimmendes, gerade ein Begriff seyn solle, -wie mir gleichfalls ohne irgend eine Anführung des Grundes -angemuthet wird; welches sonach die vierte blinde Willkür -wäre. Ich sehe inzwischen sehr wohl ein, warum also verfahren -<a id="page-393" class="pagenum" title="393"></a> -werden musste; indem es nemlich auf andere Weise nicht -zu der begehrten Schlussfolge: „das Absolute ist also überhaupt -nicht <em class="italic">real</em>, sondern an sich selbst nur <em class="italic">ideal</em>,“ kommen könnte. -</p> - -<p> -Ich will nicht nur gefällig seyn, sondern sogar ein Uebriges -thun; ich will wirklich denken, was der Beweis von mir -verlangt, und so nachholen, was sein Urheber versäumt hat; -indem dieser, wie tiefer unten sich zeigen wird, das Begehrte -in der That nicht gedacht, sondern nur leere Worte gemacht -hat; welches, falls der besprochene Beweis uns gelingt, die -fünfte Blindheit seyn würde. -</p> - -<p> -„Es kann dem Absoluten kein Seyn zukommen, ausser -<em class="italic">durch seinen Begriff</em>.“ Wenn ich das letztere in vollem Ernste -und wirklich, und nicht etwa bloss faselnd, so dass es wahr -seyn solle, und doch wieder auch nicht wahr, denke, so denke -ich, dass das Absolute einen Begriff von sich selber, eine Anschauung -seiner selber, ein schematisches Seyn ausser seinem -Seyn, — denn also ist ein Begriff zu denken — habe, und -zwar von sich, als einem <em class="italic">also</em> bestimmten und beschränkten -Seyn, wie es sich begreift. Ich sehe nunmehro klar ein, was -dem Beweisführer selber, der nicht wirklich dachte, sondern -nur faselte, bloss dunkel vorschweben konnte, dass auf diese -Weise das Absolute in sich selbst durchaus nur ideal seyn -könne; indem ich ja so consequent seyn werde, das Absolute -selbst, und diesen seinen Begriff von sich selbst, durchaus für -Eins und dasselbe zu halten, und ihm kein anderes formales -oder materiales Seyn, und keinen anderen Sitz und Mittelpunct -dieses letzteren zuschreiben werde, ausser eben in seinem Begriffe -von sich selber unmittelbar und ganz. Das Absolute wird -nun wieder Eins, ein zugleich bestimmendes und bestimmtes -in der formalen Einheit des Begriffes, und die andere Hälfte der -realen Bestimmtheit, welche ohne Zweifel nur als Hülfslinie des -Beweises erst angelegt war, fällt hinweg. Zwar bekomme ich -statt dieser Zweiheit in mein Absolutes die von der Form des -Begriffes, in welcher Form nun das Absolute aufgeht, unabtrennbare -Fünffachheit; aber das ist nun einmal unvermeidlich, -und ich thue wohl, in das Unvermeidliche mich zu ergeben. -Dass ich mich ja nicht besinne, dass zuletzt doch ich selber es -<a id="page-394" class="pagenum" title="394"></a> -sey, der jenen Begriff von einem Begriffe des Absoluten von -sich selbst habe, und dass ich denselben auf das Zureden dieses -stattlichen Beweises, mit sehr bewusster Willkür gebildet -habe, — wodurch ich zwar in das leere Reflectirsystem fallen, -aber die Sache ein verwickelteres Ansehen erhalten würde, — -versteht sich, indem dies gegen die Abrede laufen würde. -</p> - -<p> -So weit im Reinen, lasset uns das Weitere vernehmen! -„Aber gleich ewig mit dem schlechthin Idealen ist die ewige -Form.“ Gleich ewig? Wir erfahren sonach nebenbei und im -Vorbeigehen, dass das schlechthin Ideale unter anderm auch -ewig ist. Woher mag uns diese Kunde kommen, und was mag -das heissen, ewig seyn? Seyen wir jedoch diesmal ausser Sorgen; -der Verfasser will uns hier nichts aufbinden oder erschleichen; -er denkt das Gesagte in der That nicht, und denkt diesmal -gar nichts; er hat sich das Wort „ewig“ nur stark angewöhnt, -und es entfährt ihm hier unwillkürlich; denn wenn er -daran gedacht hätte, dass er es vorbrächte, so hätte er zugleich -auch gedacht, was es doch bedeuten möge; welches somit -die sechste und die siebente Blindheit auf Einen Schlag ist. -</p> - -<p> -Gleich ewig ist also die ewige Form? Dies versteht sich -eigentlich von selbst; denn wir haben ja schon oben gesehen, -dass das Absolute, als durchaus nichts anderes, denn sein Begriff -von sich selbst, in dieser Form des Begriffes aufgehe, -welche Form somit ebenso absolut ist, als dasselbe selber, da -sie es ja selber ist, und die, wenn das Wort „ewig“ eine Bedeutung -haben sollte, und das Absolute ewig wäre, auch ebenso -ewig seyn würde, als dieses. Meint denn nun der Verfasser -<em class="italic">diese</em> Form, oder meint er eine andere? Er meint eine andere; -denn dass er schon an dem Begriffe des Absoluten von sich -selber eine recht tüchtige und haltbare und sogar fünffache -Form habe, ist ihm verborgen geblieben, woraus eben hervorgeht, -dass er das oben dem Leser angemuthete Denken selbst -nicht vollzogen, und so der oben versprochene Beweis nachgeliefert -ist. Dass er aber noch eine zweite Form begehrt, -kommt daher, weil er irrigerweise meint, vermittelst der ersten, -selbst wenn er sie sich klar mache, lasse sich nichts aus dem -Absoluten heraus ableiten, welches letztere doch sein eigentlicher -<a id="page-395" class="pagenum" title="395"></a> -Zweck ist. Irrigerweise meint er das, sagte ich; wenigstens -wäre uns für unsere Person gar nicht bange, wenn wir einen -solchen Begriff des Absoluten von sich selber unter die Hände -bekämen, dass wir nicht daraus mit leichter Mühe Erde und -Himmel, und alle ihr Heer sollten ableiten können. Wir haben -ja in diesem Begriffe das ganze qualitative Seyn des Absoluten, -welches es anschaut; dies wird doch wohl ohne Zweifel ein -ergiebiges Mannigfaltige uns liefern. Wir dürfen von nun an -nur die Augen und Hände aufthun, und uns geben lassen, was -da ist; und haben nun für jedes Ding, das uns vorkommen -mag, die immer fertige und stets sich gleich bleibende Antwort: -das ist auch ein Qualitatives im Absoluten, und dieses -gleichfalls, und dieses, und so ins Unendliche fort. Die einzige -noch übrige Schwierigkeit wäre nur die, begreiflich zu machen, -wie wir andern zur Mitwissenschaft vom Seyn des Absoluten, und -zur Theilnahme an seinem Begriffe von sich selber gelangten; -aber da unwidersprechlich erhellet, dass die innere Grundform -des Begriffes des Absoluten von sich selbst die Ichform ist, so -könnte ja wohl gerade durch diese Form jedwedes Ich an dem -Absoluten Theil haben, und in dasselbe versinken; zu welcher -kühneren Lösung der Aufgabe dieser Schriftsteller nur zu blöde -und zu verzagt ist, und das Absolute, soweit als irgend möglich, -sich vom Leibe hält. Aus diesem Grunde bleibt die erste -Form unbenutzt, und es muss ihm eine zweite herbeigeschafft -werden, in welche, als weniger vornehm, er mit einem kleineren -Maasse von Unbescheidenheit seine Person hineinzuschieben -hofft. -</p> - -<p> -Es ist also eine Form des Absoluten; und diese ist gleich -ewig mit ihm; — so haben wir vernommen, ein Schatten eines -Beweises aber erscheint nicht. Woher weiss denn der Verfasser, -was er behauptet? und wie mag er wohl dazu kommen, -eine solche Form anzunehmen? das werden wir ohne Zweifel -am besten erfahren, wenn wir sehen, wozu er sie braucht und -gebraucht. Aber er gebraucht sie bald darauf, um vermittelst -derselben die Realität aus dem Absoluten zu erklären. Sein -Bedürfniss demnach, diese Erklärung zu liefern, ist der wahre -<a id="page-396" class="pagenum" title="396"></a> -Schöpfer, und der wahre verschwiegen gebliebene Beweisgrund -des Seyns einer solchen Form. -</p> - -<p> -Und so haben wir denn schon hier den Begriff dieses -Mannes von Philosophie, und sein ganzes Verfahren, in unermesslicher -Evidenz vor uns liegen. Die Realität ist eben an -sich; darüber wird gar kein Zweifel rege, und dieses ist der -wahre Grundpfeiler seines Systems. Diese kann und muss erklärt -werden; und es ist das Geschäft der Philosophie, diese -Erklärung zu liefern. Auch hierüber, als den zweiten Grundsatz -dieses Systems, wird ebensowenig ein Zweifel rege. Zum -Behufe dieser Erklärung muss nun eine ewige Form, und zum -Behufe der Füllung dieser Form ein Absolutes angenommen -werden, welches der dritte Theil und die wirkliche Vollziehung -dieses Systemes ist. Der Ausgangspunct desselben ist daher -der allerblindeste und stockgläubigste Empirismus, und ein Absolutes -wird lediglich der Welt zu Liebe angenommen. Dies -ist die wahre Meinung des Mannes vom Absoluten, denn also -gebraucht er es; und wenn er ein andermal zur Abwechslung -von unmittelbarer Erkenntniss und Anschauung des Absoluten -redet, so ist dies leere Prahlerei und purer Scherz, indem er -gar nicht aus dieser Prämisse, sondern aus der entgegengesetzten -wirklich urtheilt und philosophirt. Höchstens mag an dem -Ersteren, wie wir grossmüthig voraussetzen wollen, so viel -wahr seyn, dass er die Nothwendigkeit einer unmittelbaren -Erkenntniss, falls es jemals zu einer mittelbaren kommen sollte, -überhaupt einsieht, ohne dass er sie doch an sich zu bringen -weiss, noch auf seinem Wege jemals sie an sich bringen wird. -Uebrigens ist dieses Nichtverstehen seiner eigenen wahren Meinung -und Nichtbemerken seines blinden Empirismus und seines -Erklärens durch eine willkürlich gesetzte Hypothese, die radicale -Blindheit des Mannes, und von den hier geprüften die -achte an der Zahl. -</p> - -<p> -Lassen wir inzwischen uns weitere Auskunft geben über -diese ewige Form! — „Nicht das schlechthin Ideale steht unter -dieser Form, denn es ist <em class="italic">selbst</em> ausser aller Form, so gewiss -es absolut ist.“ Ausser aller Form; es ist somit das oben über -desselben Begriff von sich selbst Gesagte, wenige Zeilen darauf, -<a id="page-397" class="pagenum" title="397"></a> -nachdem es gesagt worden, zurückgenommen, ohne dass es -gemerkt wird, welches die neunte Blindheit wäre. Aber sehen -wir doch näher hin, was der Mann eigentlich schwatzt. Das -„selbst“ ist auch im Urtext beschwabachert, und es thut wohl -noth, wiewohl auch von der anderen Seite es ihm Verdruss -bringen dürfte. Ich frage: ist es denn dasselbe Eine Absolute, -von welchem oben geredet worden, das da seyn soll in der -ewigen Form? Es muss wohl; denn sonst hätten wir ein -zweites Absolutes, und wären mit dem ersten ganz vergebens -bemüht worden, und es wäre ein Fehler, dass man uns nicht -gleich von vornherein vor die rechte Schmiede des ergiebigen -und erklecklichen Absoluten geführt hätte. Also ist es -doch das Absolute selbst, das in der Form ist. Nun aber soll -es doch wiederum nicht <em class="italic">selbst</em> in der Form seyn. Also ein -Selbst, das zugleich auch Nichtselbst, eine Identität, die zugleich -auch Nichtidentität ist? Giebt es kein Mittel, diesen Unsinn -klar in die Augen springen zu lassen? Ich hoffe, Folgendes soll -Dienste leisten. Ich frage: ist denn das Absolute in jenem -Sichformiren ganz und ungetheilt dabei? oder ist es nicht ganz -und ungetheilt dabei? Ist das Erste, so ist es ganz und in ungetheilter -Wesenheit in der Form, und es ist nirgends und auf -keine andere Weise, ausser in der Form. Unser Philosoph will -nicht, dass es so sey, weil ihm um seine eigene selbstständige -Individualität, welche sodann in das Absolute versänke, bange -ist. Nach ihm ist also das Letztere; ist aber dies, so theilt in -dieser Formirung das Absolute sich in zwei absolute Hälften, -mit deren einer es selbst ausser aller Form bleibt, mit deren -anderer aber es selbst ist in der Form. Wird dies unser Philosoph -zugeben wollen? Ich hoffe das Gegentheil; inzwischen -hat er es dennoch gesagt, ohne selbst zu wissen, was er redet, -welches die zehnte hier obwaltende Blindheit ist. -</p> - -<p> -Ich werde es müde, und vielleicht eben also der Leser, -dem Manne noch ferner Schritt vor Schritt zu folgen, und ihm -seine Verworrenheiten vorzuzählen; und breche gerade hier um -so lieber ab, da sogleich die zwei folgenden Zeilen so dicken -und zähen Unsinn enthalten, dass gar manches Wort erfordert -würde, ihn fliessend zu machen. Ich setze nur noch den -<a id="page-398" class="pagenum" title="398"></a> -Schluss dieser Erörterung über die ewige Form her. „Diese -Form ist, dass das schlechthin Ideale, unmittelbar als solches, -ohne also aus seiner Identität herauszugehen, auch als ein Reales -sey.“ Was mag real heissen? Nun, denkt der Mann, das -weiss ja wohl jedes Kind, und macht sich keine Mühe mit der -Bestimmung seines Begriffes. Wir aber möchten doch gleichwohl -gerne wissen, welchen Sinn er mit diesem Begriffe zu -verbinden hätte, und müssen es schon selber aus dem Zusammenhange -aufsuchen. Real ist dem Verfasser der Gegensatz -zum Idealen; das Ideale aber ist ihm, theils nach seinen ausdrücklichen -Worten, theils zufolge der höheren Klarheit, welche -wir denselben durch die wirkliche Vollziehung des angemutheten -Denkens gegeben haben, dasjenige, was keines anderen -Seyns bedürftig oder fähig ist, ausser im Begriffe: das -Reale muss daher seyn ein Seyn, das keines anderen Seyns -fähig ist, als nur des ausser dem Begriffe, die absolute Bewusstlosigkeit. -</p> - -<p> -So, sage ich, müsste nach unserem Philosophen das Reale -gedacht werden, obwohl derselbe bei anderen Gelegenheiten -wiederum sehr entfernt ist, es also zu denken; denn S. 23. -„tritt die Form <em class="italic">der Bestimmtheit</em> des Realen durch das Ideale -als <em class="italic">Wissen</em> ein in die Seele.“ Wir hatten oben nur die Sichformirung -des Idealen vermittelst und in der Form zum Realen, -das unmittelbare Verschmelzen der Idealität in Realität (J X R): -woher kommt uns denn jetzt diese neue Form höherer Abstraction -<em class="italic">einer Bestimmtheit</em> des Realen durch das Ideale, welche -wechselseitig seyn muss, und der blossen Realität zugleich den -Grund ihres Soseyns hinzufügt -(J <span class="fx"><span class="fx-top">F</span><span class="fx-bottom">X</span></span> R), -und noch obenein -eine <em class="italic">Seele</em>, in welcher diese Form der Form eintritt? Es scheint -ja, dass an diesem Systeme der würtembergische Katechismus -wohl ebenso viel Antheil habe, als die Speculation. -</p> - -<p> -Mit der wirklichen Ableitung endlicher Dinge aus dem Absoluten -gelingt es ihm nun, zu Ende von mancher Noth und -Plackerei, die er sich bis dahin anthut, S. 29. unverhoffterweise -folgendermaassen: „Das Absolute würde in dem Realen nicht -wahrhaft objectiv, theilte es ihm nicht die Macht mit, gleich -ihm, seine Idealität in Realität umzuwandeln und sie in besonderen -<a id="page-399" class="pagenum" title="399"></a> -Formen zu objectiviren.“ Nun, da ist ja mit Einemmale -alles gewonnen, und die Aufgabe aller Speculation in unermesslicher -Klarheit und Leichtigkeit, zu allgemeinem Vergnügen und -Bequemlichkeit, gelöst! Dass wir andern alle das Reale, in welchem -das Absolute wahrhaft objectiv geworden, seyen, leidet -keinen Zweifel; die Macht, unsere Idealität in Realität umzuwandeln, -und sie in besondern Formen zu objectiviren, geht zufolge -dieser Versicherung uns auch nicht ab; und so wird denn -wohl die Welt nichts anderes seyn, als die Ausübung jener -unserer Macht. Thun wir von nun an nur unsere Sinne, oder, -in der Terminologie unseres Weltweisen, die uns mitgetheilte -Macht, unsere Idealität in Realität umzuwandeln, auf, so werden -wir ja hören und sehen, wie jene Macht in besonderen Formen -sich objectivire; und so sind wir denn, freilich auf einem etwas -mühsamen und holprigen Umwege, gerade bei demjenigen angekommen, -wozu ich schon oben geglaubt, dass der Begriff des -Absoluten von sich selber dienen könne. Was von nun an uns -auch vorkommen könne, wir werden jedesmal zu sagen wissen, -es sey dies eine Aeusserung der Macht, unsere Idealität in Realität -umzuwandeln, durch welche Macht das Absolute in uns -objectiv geworden. -</p> - -<p> -Leider werden wir in den freudigen Empfindungen, die -wir hierüber gefasst haben möchten, schon S. 34. durch die -unerwarteten und merkwürdigen Worte gestört: „Mit Einem -Worte, vom Absoluten zum Wirklichen giebt es keinen stätigen -Uebergang, der Ursprung der Sinnenwelt“ (man bemerke, dass -dieses Wort hier gleichbedeutend ist mit dem Wirklichen) „ist -nur als ein vollkommenes Abbrechen von der Absolutheit, durch -einen Sprung denkbar.“ „Der Grund der endlichen Dinge — -so beschliesst die S. 18. uns verheissene Auskunft über die -Abkunft der endlichen Dinge aus dem Absoluten — „der Grund -der endlichen Dinge kann nicht in einer <em class="italic">Mittheilung</em> von Realität -an sie, oder an ihr Substrat, welche Mittheilung vom Absoluten -ausgegangen wäre, er kann nur in einer <em class="italic">Entfernung</em>, in -einem <em class="italic">Abfall</em> vom Absoluten liegen. Diese ebenso klare und -einfache, als erhabene Lehre“ (So? es scheint, der Geschmack -ist mancherlei) „ist auch — die wahrhaft Platonische. — Nur -<a id="page-400" class="pagenum" title="400"></a> -durch den Abfall vom Urbilde lässt Plato die Seele von ihrer -ersten Seligkeit herabsinken.“ — „Es war ein Gegenstand der -geheimeren Lehre in den griechischen Mysterien, auf welche -auch Plato nicht undeutlich hinweiset.“ -</p> - -<p> -Nun, wenn Plato und die griechischen Mysterien das annahmen, -so werden wir andern wohl Respect haben, und es -uns gleichfalls gefallen lassen müssen; sollte es sich auch finden, -dass in der ganzen Lehre durchaus kein Sinn und Verstand -sey, und dass das Angemuthete niemals im wirklichen -Denken vollzogen, sondern nur gesagt werden könne. -</p> - -<p> -Wir haben grossen Verdacht, dass das Letztere sich finden -werde. Denn was soll doch dasjenige seyn, das da abfällt vom -Absoluten? Es sind nur zwei Fälle möglich: entweder nemlich -ist es das Absolute selbst, in welchem Falle dieses von sich -selbst abfallen, d. h. sich in sich selber und durch sich selber -vernichten müsste, welches absurd ist; oder es ist nicht das -Absolute selbst; so ist es von, aus, durch sich selber, und wir -haben der Absoluten zwei an der Zahl, was abermals absurd -ist. Es geht nicht, dass man sage, das Absolute habe jenes -andere gemacht, und es gut gemacht, und es sey nur nachher -abgefallen: denn sodann müsste das in ihm liegende Vermögen, -abzufallen, ihm entweder das Absolute ertheilt haben, in welchem -Falle in der Ertheilung dieses Vermögens das Absolute -in der That von sich abgefallen wäre, welches die erste Absurdität -ist; oder es müsste dieses Vermögen von und aus sich -selber haben, wodurch es wenigstens in Absicht dieses Vermögens -absolut würde, welches die zweite Absurdität ist. -</p> - -<p> -Jedoch, wenn wir dieses Alles dem Verfasser übersehen -wollten, wie passt denn diese Aeusserung zu allen seinen früheren -Operationen? Ich bitte, ist denn das Absolute wirklich -und in der That vorhanden, oder ist es nicht wirklich vorhanden? -Ist denn an dem Objectivwerden dieses Absoluten in einer -Macht, seine Idealität in Realität umzuwandeln, und sie wiederum -in verschiedenen Formen zu objectiviren, ein wahres Wort, -oder ist daran kein wahres Wort? Ist das Erstere, so ist ja die -Wirklichkeit allerdings erklärt, und der stätige Uebergang vom -Absoluten zum Wirklichen ist gefunden. Wird aber das Letztere -<a id="page-401" class="pagenum" title="401"></a> -angenommen, wie dadurch, dass die Unerklärbarkeit des -Wirklichen aus dem Absoluten behauptet wird, allerdings geschieht, -so wird ja alles früher Gesagte für unwahr erklärt und -zurückgenommen, und es wird alle, sowohl wahre, als die hier -herrschende vermeinte Speculation aufgehoben. Warum liess -denn der Verfasser dennoch seinen Anfang stehen, nachdem er -ein solches Ende gewonnen hatte? -</p> - -<p> -Haben wir ihn vielleicht nur nicht recht verstanden? Abgeleitet -habe er nun wirklich und in der That etwas, lässt er -sich vernehmen, aber dieses sey denn doch nur die pure Idee; -und jenes uns so erfreuliche Objectiviren seiner Idealität in verschiedenen -Formen mag wohl auch nur das blosse leidige Handeln, -keinesweges aber, wie wir hofften, zugleich auch die ursprünglichen -Weltvorstellungen bedeuten? Ich bitte, ist denn -die Idee nicht wirklich, und kann sie denn nicht wirklich werden, -und ist sie denn nicht in der ersten Hälfte des Buches, -in der stattlichen Ableitung unseres Herrn Verfassers in der -That wirklich geworden? Ja, wer vor Demuth zu einer solchen -Annahme kommen könnte! Das ist Alles wohl gut, sagt der -Mann, aber das ist doch nicht das rechte Wirkliche, nicht das -wirklich Wirkliche; dafür lasse ich lediglich und allein die materielle -Sinnenwelt gelten. Ist ihm denn aber im Laufe seines -philosophischen Lebens niemals die Behauptung zu Ohren gekommen, -dass eine Sinnenwelt überhaupt nur im Sinne, der -Sinn aber nur in der Idee, als Sphäre des selbstständigen Lebens -der Idee, wirklich da sey? Will er nun dieses nicht zugeben, -wie er es denn allerdings nicht will; wie bringt er denn -zuvörderst seinen Begriff von der Wirklichkeit zu Stande? Offenbar -nur durch den Gegensatz mit der Idee; ein Seyn der Materie, -durchaus unabhängig von der Idee, und da doch ohne -Zweifel ausser der Idee und der Materie es nicht noch ein drittes -wird geben sollen, unabhängig von irgend etwas Anderem, -also ein wahres Ansich und innerliches Absolutes, das zweite -an der Zahl, wenn es nemlich sein Ernst ist, dass es zugleich -auch eine absolute Idee gebe. Und so ist denn bei diesem -philosophischen Heros, wo es Ernst wird, nichts mehr zu finden, -als der alte und wohlbekannte Scherz eines materialistischen -<a id="page-402" class="pagenum" title="402"></a> -Dualismus. Nicht Wissenschaftslehre, nicht Kant, sondern -du, heiliger Leibnitz, bitte für ihn! Ferner, wie gedächte sich -denn wohl der Mann bei dieser Denkart gegen diejenigen, welche -auf der Einheit des Absoluten, und auf der Idee, als der einzig -möglichen Realität beständen, zu schützen? Er wird niemals -eine andere Weise finden, als diejenige, deren er sich wirklich -bedient, dass er, als ein zweiter Friedrich Nicolai, sich auf das -Zeugniss seiner Sinne, und auf den gesunden Menschenverstand -berufe, und hoch betheure, die materiellen Gegenstände müssten -aber doch seyn, denn er sehe sie ja, und höre sie, und -keiner soll ihn jemals eines anderen bereden. Und so fällt denn -an dieser Stelle dem Manne die Maske der Speculation, die er -auch sonst locker genug trägt, völlig ab, und es tritt hervor -die natürliche Haut des rohesten, stockgläubigsten Empirismus, -wie denn sich über das Ansichseyn der Materie auch nicht einmal -ein Verdacht regt. -</p> - -<p> -Da man unserm Publicum alles ausdrücklich sagen muss, -und fast niemals darauf rechnen kann, dass es selber folgern -oder annehmen werde, dass jemand wirklich wolle und zugebe, -was aus seinen Sätzen folgt: so merke ich hier noch ausdrücklich -an, dass alle Naturphilosophie auf diese Stockgläubigkeit, -dieses Entsetzen und Erschrecken vor der Materie, und diese -Scheu, selber lebendig, und nicht als ein blosses Naturproduct -da zu seyn, sich gründe, und dass diese denen, die ihnen widersprechen, -niemals eine andere Antwort werden geben können, -als dass es ihnen am Gefühle fehlen müsse. Nun ist, da -wir ebensowohl leben, denn sie, ohne Zweifel zu erwarten, -dass wir ebensowohl hören und sehen mögen, denn sie; nur -dass wir diesen Erscheinungen der Sinne nicht unmittelbar und -ohne Weiteres Glauben beimessen, sondern sie mit dem Begriffe -durchdringen, und in ihrer Bedeutung, als dem wahrhaft -Realen an ihnen, sie verstehen. Woran es uns daher, ihnen -gegenüber, in der That fehlt, das ist ihr blinder Aberglaube, -und wenn sie unter ihrem Gefühle diesen verstehen, so haben -sie ganz recht mit ihrem Verdachte, dass irgend etwas, das sie -besitzen, uns abgehen möge. Möge ihnen doch nie ein Licht -<a id="page-403" class="pagenum" title="403"></a> -darüber aufgehen, welche Thoren sie geworden sind, da sie -sich für Weise hielten. -</p> - -<p> -Um zurückzukehren zu unserem Philosophen: ein so über -alle Maassen ungeschickter und stümperhafter Sophist, wie wir -es ihm nachgewiesen haben, ist also der Mann, dem es gelungen -ist, die Philosophen dieses Zeitalters irre zu machen. -</p> - -<p> -Inzwischen dürfte es eine Ungerechtigkeit sowohl gegen -mich selber, als gegen den genannten Mann involviren, wenn -ich hiermit dieses Capitel beschlösse. Gegen mich selber, indem -ich nicht will, dass gewisse Gegner, über die er sich beklagt, -und die er besonders in den Gegenden seines jetzigen -Aufenthalts gefunden, glauben sollen, dass ich mich ihnen beigesellt -habe; gegen ihn, indem, da es eine Zeit gegeben, da -ich weniger geringschätzig über ihn geurtheilt, und da bekannt -ist, dass wir beide ehemals in persönlichen Beziehungen gestanden, -jemand glauben möchte, dass er noch auf andere Weise, -denn als Philosoph, mir verwerflich geworden. Was zuerst -meine früheren, weniger geringschätzigen Urtheile betrifft, so -gebe ich dabei zu bedenken, dass damals, als ich diese fällte, -der Mann schon um seiner Jugend willen der philosophischen -Reife und Klarheit durchaus unfähig war, und ich daher diese -an ihm loben weder wollte noch konnte; dass ich aber hoffte, -er werde fleissig seyn, und nicht zweifelte, dass durch Fleiss -ihm etwas gelingen könnte, und dass es allein diese Hoffnungen -waren, welche ich aussprach. Wie ich über die im wirklichen -Besitze des Mannes befindlichen philosophischen Kenntnisse -von jeher geurtheilt, kann gleich im ersten Jahrgange des -von mir mit herausgegebenen Journals eine meiner Noten zu -einer Abhandlung desselben, in welcher die ersten Spuren des -Irrthums, der sich nun gar stattlich zu einer Naturphilosophie -herausgebildet, zum Vorschein kamen, noch bis heute klärlich -beurkunden. Jene meine guten Hoffnungen von ihm hat er nun -keinesweges erfüllt, sondern durch unverständige Schmeichler -früh sich verderben lassen, und seit dieser Zeit keines anderen -Dinges sich beflissen, denn des Hochmuths und des Eigendünkels, -und durchaus den Rang ablaufen wollen demjenigen, welchen -<a id="page-404" class="pagenum" title="404"></a> -auch nur zu verstehen er gleichwohl fortdauernd unfähig -geblieben. -</p> - -<p> -Um von denen seiner Gegner, denen ich nicht gleichen -mag, mich auszuscheiden: — Dass, wenn des Mannes System -consequent verfolgt wird, kein Gott übrig bleibe, denn die Natur, -und keine Moralität, ausser die der Naturerscheinungen, -sehe ich klar ein; aber man muss dasjenige, was die Menschen -bloss sagen, ebensowenig ihnen zum Nachtheil anrechnen, als -diese Erörterung gemeint gewesen ist, es ihnen zum Vortheile -gelten zu lassen. Die Worte sind überhaupt nichts, und nur -das Leben will etwas bedeuten. Was nun die innere Religion -des Mannes anbetrifft, so bescheide ich mich hierüber von -Rechtswegen alles Urtheils, und halte dafür, dass dieses auch -dem übrigen Publicum ebenso sehr gezieme. Was die Moralität -anbetrifft, dürfte es nicht unschicklich seyn, folgenden Umstandes -bei dieser Gelegenheit zu erwähnen. -</p> - -<p> -Es scheint geglaubt worden zu seyn, und ich finde noch -vor kurzer Zeit in einem öffentlichen Blatte diese Insinuation -wiederholt, dass der Genannte zu denen gehöre, welche bei -meinem Abgange von Jena ein gewisses mir gegebenes Wort -nicht erfüllt hätten. Ich halte es für angemessen, bei der gegenwärtigen -Gelegenheit dieser Meinung förmlich zu widersprechen. -Ich stand mit ihm keinesweges auf dem Fusse, dass ich -über zu fassende bedeutende Entschliessungen mich vor der -That mit ihm berathen hätte; was ihm mitgetheilt worden, ist -ihm erst nach der That mitgetheilt worden; wie ich denn auch -einem anderen meiner Freunde und Collegen, auf welchen, als -Mitherausgeber des philosophischen Journals, gleichfalls einiger -Verdacht gefallen, erst nach der That mich eröffnet. Derjenige -Mann, der durch seinen ungesuchten Eintritt meinen unbedingten -Entschluss, auf einen gewissen Fall meine Lehrstelle an der -Universität Jena niederzulegen, den ich ohne ihn einfach und -natürlich würde ausgeführt haben, in einen Versuch, zu capituliren, -verwandelte, der einen gewissen ersten Brief, welcher -ohne seine Dazwischenkunft nicht wäre geschrieben worden, -mit mir verabredete und billigte; und als der Erfolg ausfiel, -wie er ausfiel, mir einen zweiten, dessen ich bei meinem schon -<a id="page-405" class="pagenum" title="405"></a> -vorher gefassten festen Entschlusse nicht bedurfte, sondern der -nur ihn decken sollte, abquälte und abpresste, und so auf eine -ganz richtige, anständige und gebührliche Entschliessung von -mir, die ich noch jetzt, nach Verlauf von acht Jahren, durchaus -billige, und in derselben Lage heute wiederholen würde, den -Anschein von Schwäche und Zweideutigkeit brachte, war ein -anderer, und es war nur Einer, nicht mehrere; daher man -auch meine übrigen Jenaischen Freunde und Collegen mit jenem -Argwohn verschonen wolle. Inzwischen zürne ich auch -diesem Einen so wenig, dass ich vielmehr gleich nach der That -nur mich selber verurtheilt habe, indem der Stärke, die mit -der nur einen Augenblick aufflammenden Schwäche gemeinsame -Sache macht, ohne vorherzusehen, dass der augenblickliche -Muth nicht fortdauern werde, ganz recht geschieht, wenn -sie verlassen wird; und ich habe mit mir selbst mich ausgesöhnt -lediglich durch die erworbene Sicherheit, dass mir dieses -nicht zum zweiten Male begegnen wird.<a class="fnote" href="#footnote-38" id="fnote-38">[38]</a> -</p> - -<p> -Dies sey denn hiermit gesagt und abgethan; indem wir -hoffen, dass die verworrene Leidenschaftlichkeit jener Tage nunmehr -<a id="page-406" class="pagenum" title="406"></a> -sich gesetzt habe, und man begreife, dass keinem Menschen -in der Welt, ausser etwa den Weimarischen Finanzen, -welche uns andere nichts angehen, daran liegen könne, ob dieser -oder jener Mann Professor zu Jena sey, oder nicht, und ob -Jena eine blühende, oder eine verlassene, oder auch gar keine -Universität habe. -</p> - -<p> -Uebrigens ist auch das, was der Mann durch seine Speculation -sucht und anstrebt, keinesweges etwas Schlechtes und -Gemeines, sondern es ist das Höchste, dessen der Mensch theilhaftig -werden kann; die Erkenntniss der Einheit alles Seyns -mit dem göttlichen Seyn. Seine Absicht ist daher aller Ehren -werth. Ebendasselbe will ja auch ich, und leiste es; er aber -redet nur daran herum, und vermag es nicht zur Wirklichkeit -zu bringen, tritt in den Weg denen, die es können, und macht -irre andere, die ohne ihn vielleicht hören und verstehen würden; -und dieses ist es, was ihm meinen Tadel zuzieht. Er -hasset und fliehet die Besonnenheit, in welcher allein das Heilmittel -vom Irrthume liegt, mit gutem Bedachte, indem er sie -nur für leere Klarheit hält, und macht so die Unbesonnenheit -zur ausdrücklichen Grundmaxime alles Realismus, erwartend -von einer blinden Natur die Heilung. Dies ist nun absolute Unphilosophie -und Antiphilosophie, und so lange er auf dieser -Maxime beharrt, ist Alles, was er vorbringt, ohne Ausnahme -nothwendig falsch, irrig und thöricht, und es vermag kein Funke -von Speculation in seine Seele zu kommen. Und so werfe ich -ihn denn, indem ich den Menschen an ihm in allem seinem -möglichen Werthe lasse, als Philosophen ganz und unbedingt -weg; und als Künstler erkenne ich ihn für einen der grössten -Stümper unter allen, die jemals mit Worten gespielt haben. -</p> - -<p> -Was hier insbesondere ihm nachgewiesen worden, leidet, -als gegründet lediglich auf die blosse allgemeine Logik, durchaus -keinen Widerspruch, Ausrede oder Ausflucht, und es kann -dagegen nichts vorgebracht werden, ausser etwa, man habe in -den Einheitspunct eben nicht recht hineinkommen können, man -meine ja doch das Rechte, und habe recht in der Sache, wenn -auch die Form mangelhaft geblieben sey, welches Alles, als -selber absolute Antiphilosophie, schon ehe es vorgebracht worden, -<a id="page-407" class="pagenum" title="407"></a> -abgewiesen ist. Sollten seine Mitstreiter, im Schmerze, -ihren Vorfechter also abgefertigt zu sehen, etwas vorbringen -wollen, so werde ich antworten, oder auch nicht, wie es mir -gefallen wird, indem ich hierüber zu nichts verbunden seyn will. -Mit dem genannten Manne selber rede ich, da wir durchaus -von contradictorisch entgegengesetzten Maximen ausgehen, niemals, -wie ich denn auch hier nicht mit ihm, sondern mit seinem -Publicum geredet habe. -</p> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-37" id="footnote-37">[37]</a> Durch diese, übrigens ihre guten factischen Gründe für sich habende -Vermuthung haben wir indessen, wie hinterher sich gefunden, ihm zu viel -Ehre erwiesen. Es ist uns nemlich seit Abfassung jener Stelle das erste Heft -der Jahrbücher der Medicin etc. in die Hände gefallen, wo (S. 9.) die soeben -berührte Darstellung, und besonders „die allgemeinen Gründe, wie sie §. 1 -bis 50. aufgestellt seyen,“ noch immer als bewährt gepriesen und citirt werden. -„Selbst dasjenige, was mehr noch aus Divination, als aus bewusster -Erkenntniss entsprungen gewesen, habe sich — zum Wunder! — bewährt.“ -Seine Divinationen also hat der Mann als Philosopheme drucken lassen, und -sagt es selber, ohne ein Arges daraus zu haben? Welche Begriffe mag er -von Philosophie haben und von Schriftstellerei überhaupt? Das Wunder inzwischen -jener gerühmten Bewährung kann man irgendwo von uns sehr natürlich -erklärt finden. Uebrigens ist in diesen Jahrbüchern die dogmatische -Verstocktheit, das ohnmächtige Pochen auf die Unbesonnenheit, die trotzige -Versicherung, dass diese eben das Rechte sey, und das grobe Misverstehen -des Idealismus so arg, als jemals, und es ist Schonung, dass wir die gewählte -Prüfung stehen lassen, und unseren Maassstab nicht an dieses neueste Product -legen, das den sichtbaren Verfall seines Urhebers in jeder geistigen Kraft -bezeugt. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-38" id="footnote-38">[38]</a> Zur Aufhellung der oben im Texte befindlichen Stelle ist Fichte’s -Lebensbeschreibung (I. S. 366. II. S. 300.) zu vergleichen. H. E. G. Paulus, -der hier gemeint war, hat indess gegen jede solche Beziehung zu Fichte -in den „Skizzen aus meiner Bildungs- und Lebensgeschichte“ (Heidelberg, -1839. S. 168-170) protestirt, woraus eine Reihe von Verhandlungen zwischen -ihm und dem Unterzeichneten sich ergeben hat, deren Erwähnung hier -nicht umgangen werden kann, indem auch sie vorübergehend lebhafte Aufmerksamkeit -erregten. Da jedenfalls beide Männer auch in dieser Beziehung -mit einander vor die Nachwelt treten, so bleibt nichts übrig, um den Leser -zu einem selbstständigen Urtheile in dieser Angelegenheit zu veranlassen, -als ihn ausser dem schon Angeführten auf die weiteren Actenstücke zu verweisen. -Man vergleiche: „Paulus und Fichte; über einen berichtigenden -Zusatz zu J. G. Fichte’s Lebensbeschreibung, als Anfrage oder Gegenberichtigung -von J. H. Fichte“ im <em class="italic">Freihafen</em> 1840. Zweites Heft S. 176-229; -„Beleuchtung des Verhältnisses, welches zwischen Professor Fichte dem Vater -und Dr. Paulus bei dem Atheismusstreit des Ersteren stattfand“ in <em class="italic">Paulus -neuem Sophronizon</em>, I. Mittheilung 1841 S. 80-134; endlich: „Offenes Schreiben -an Herrn Dr. Paulus in Bezug auf dessen Beleuchtung etc. von J. H. Fichte“ -in dessen <em class="italic">Zeitschrift für Philosophie</em>, Bd. VII. S. 151-155. -</p> - -<p class="sign footnote2"> -(Anmerkung des Herausgebers.) -</p> - -<h2 class="part" id="part-6"> -<a id="page-409" class="pagenum" title="409"></a> -<span class="line1">Recensionen.</span> -</h2> - -<h3 class="l2si pbb chapter" id="chapter-6-1"> -<a id="page-411" class="pagenum" title="411"></a> -<span class="line1">A.</span><br /> -<span class="line2">Giessen, bei Heyer: Skeptische Betrachtungen über die Freiheit des Willens mit Hinsicht auf die neuesten Theorien über dieselbe, von Leonhard Creuzer. 1793. XVI. Vorrede (von Herrn Prof. Schmid). 252. 8.</span> -</h3> - -<p class="src"> -(Jenaer Allgem. Literatur-Zeitung, 1793. No. 303.) -</p> - -<p class="first"> -<span class="firstchar">W</span>ie es von jeher ergangen ist, ergeht es noch immer. Das -dogmatische Verkennen der Grenzen der Vernunft erregte die -Angriffe der Skeptiker auf dieses Vermögen selbst, und nöthigte -dasselbe, sich einer Kritik zu unterwerfen. -</p> - -<p> -Sowie diese Grenzen von neuem überschritten werden, -regt sich von neuem der Widerspruch der Skeptiker, und nöthigt, -— zum Glück nicht, eine neue Kritik zu unternehmen, -aber — an die Resultate der ehemals unternommenen wieder -zu erinnern. Herrn Creuzers freilich nur uneigentlich sogenannter -Skepticismus — denn er nimmt mit der Kantischen -Schule das Daseyn eines Sittengesetzes im Menschen als Thatsache -des Bewusstseyns an — hat die Theorien über Freiheit -zum Gegenstande; das Resultat seiner Untersuchungen ist, dass -keine der bisherigen den Streit zwischen dem Interesse der -praktischen Vernunft und dem der theoretischen befriedigend -löse; und ihr lobenswürdiger Zweck, zu Erfindung einer neuen -und genugthuendern die Veranlassung zu geben. Ohne von -der ganzen Schrift, welche theils über einen unrichtigen Grundriss -aufgeführt worden (eine Behauptung, die sich nur durch -<a id="page-412" class="pagenum" title="412"></a> -Vorlegung des einzig richtigen darthun liesse, welches die Grenzen -einer Recension überschreitet), daher nicht mit der strengsten -Ordnung geschrieben ist, jetzt sich wiederholt, jetzt Dinge -in ihren Plan aufnimmt, die nicht hineingehören, z. B. die Widerlegung -des Spinozistischen Pantheismus, des Egoismus u. dergl. m.; -theils gegen die vor-Kantischen Freiheitstheorien -nichts gesagt, was nicht schon ehemals gesagt worden, — -ohne von ihr einen Auszug zu geben, möchte Rec. die Untersuchung -nur auf denjenigen Punct lenken, der wenigstens für -die Darstellung der Wissenschaft wahren Gewinn verspricht. -— Es ist von mehreren Freunden der kritischen Philosophie -erinnert, und von Reinhold einleuchtend gezeigt worden, dass -man zwischen <em class="italic">derjenigen</em> Aeusserung der absoluten Selbstthätigkeit, -durch welche die Vernunft praktisch ist und sich selbst -ein Gesetz giebt, und <em class="italic">derjenigen</em>, durch welche der Mensch -sich (in dieser Function seinen <em class="italic">Willen</em>) bestimmt, diesem Gesetze -zu gehorchen oder nicht, sorgfältig zu unterscheiden -habe. Dass Hr. Creuzer diese Unterscheidung bald zu beobachten -scheint, bald wieder vernachlässigt und mithin in ihrer -ganzen Bestimmtheit sie sicher nicht gedacht hat, wollen wir -nicht rügen. Aber er nimmt die durch Reinhold, Heydenreich, -und zuletzt durch Kant selbst gegebene, im Wesentlichen einstimmige -Definition der Freiheit des Willens, dass dieselbe ein -Vermögen sey, durch absolute Selbstthätigkeit sich zum Gehorsam -oder Ungehorsam gegen das Sittengesetz, mithin zu contradictorisch -entgegengesetzten Handlungen zu bestimmen, als -gegen das Gesetz des logischen Grundes streitend, in Anspruch. -Reinhold — (denn da es Rec. weniger um die Bestimmung -des Verdienstes des Schriftstellers, als um die Bestimmung des -bis jetzt fortdauernden Werthes seiner Schrift zu thun ist; so -trägt er kein Bedenken, sich auf ein Buch zu beziehen, von -welchem ihm, da er den deutschen Mercur nicht bei der Hand -hat, unbekannt ist, ob Hr. Creuzer bei Abfassung des seinigen -den Inhalt desselben habe benutzen können, oder nicht) — -Reinhold also hat diesen möglichen Einwurf (S. 282 ff. 2. Bd. -der Briefe über die Kantische Philosophie) zwar schon im voraus -gründlich widerlegt, aber nach Rec. Ueberzeugung, die er -<a id="page-413" class="pagenum" title="413"></a> -mit voller Hochachtung gegen den grossen Selbstdenker gesteht, -den Grund des Misverständnisses weder gezeigt, noch -gehoben. „Das logische Gesetz des zureichenden Grundes,“ -sagt Reinhold, „fordert keinesweges für alles, was <em class="italic">da ist</em>, eine -von diesem Daseyn verschiedene Ursache“ — — „sondern nur, -dass nichts ohne Grund <em class="italic">gedacht</em> werde. Die Vernunft hat aber -einen sehr reellen Grund, die Freiheit als eine absolute Ursache -zu denken“ — und tiefer unten — „als ein <em class="italic">Grundvermögen</em>, -das sich als ein solches von keinem Anderen ableiten, und daher -auch aus keinem Anderen begreifen und erklären lässt.“ -Rec. ist mit dieser Erklärung vollkommen einverstanden; nur -scheint ihm der Fehler darin zu liegen, dass man durch anderweitige -Merkmale verleitet wird, dieses Vermögen nicht als -ein Grundvermögen zu denken. — Es ist nemlich zu unterscheiden -zwischen dem <em class="italic">Bestimmen</em>, als freier Handlung des -intelligiblen Ich, und dem <em class="italic">Bestimmtseyn</em>, als erscheinendem -Zustande des empirischen Ich. -</p> - -<p> -Die oben zuerst genannte Aeusserung der absoluten Selbstthätigkeit -des menschlichen Geistes erscheint in einer Thatsache: -in dem Bestimmtseyn des <em class="italic">oberen Begehrungsvermögens,</em> welches -freilich mit dem Willen nicht verwechselt, aber ebensowenig -in einer Theorie desselben übergangen werden muss; -die Selbstthätigkeit giebt diesem Vermögen seine <em class="italic">bestimmte,</em> -und <em class="italic">nur auf Eine Art bestimmbare Form,</em> welche als Sittengesetz -erscheint. Die von jener zu unterscheidende Aeusserung der -absoluten Selbstthätigkeit im <em class="italic">Bestimmen</em> des <em class="italic">Willens</em> erscheint nicht, -und kann nicht erscheinen, weil der Wille ursprünglich <em class="italic">formlos</em> -ist; sie wird bloss als Postulat des durch jene Form des -ursprünglichen Begehrungsvermögens dem Bewusstseyn gegebenen -Sittengesetzes angenommen, und ist demnach nicht Gegenstand -des Wissens, sondern des Glaubens. Die <em class="italic">Neigung</em> -(<em class="italic">propensio</em> überhaupt) als <em class="italic">Bestimmtseyn</em> des (oberen oder niederen) -<em class="italic">Begehrungsvermögens</em> erscheint; aber nicht das Erheben -derselben zum wirklichen <em class="italic">Wollen.</em> Der Wille in der Erscheinung -ist nie <em class="italic">bestimmend,</em> sondern <em class="italic">immer bestimmt,</em> die Bestimmung -ist schon geschehen; wäre sie nicht geschehen, so erschiene -er nicht als <em class="italic">Wille,</em> sondern als <em class="italic">Neigung.</em> Die scheinbare -<a id="page-414" class="pagenum" title="414"></a> -Empfindung des Selbstbestimmens ist keine Empfindung, -sondern eine unvermerkte Folgerung aus der Nichtempfindung -der bestimmenden Kraft. Insofern der Wille sich „selbstbestimmend“ -ist, ist er gar kein Sinnen-, sondern ein übersinnliches -Vermögen. Aber das <em class="italic">Bestimmtseyn</em> des Willens erscheint, -und nun entsteht die Frage: ist jenes für die Möglichkeit der -Zurechnung als Vernunftpostulat anzunehmendes Selbstbestimmen -zu einer gewissen Befriedigung oder Nichtbefriedigung, -<em class="italic">Ursache</em> der <em class="italic">Erscheinung</em> des Bestimmtseyns zu derselben Befriedigung -oder Nichtbefriedigung? Beantwortet man diese Frage -mit Ja, wie sie Reinhold (S. 284 der angeführten Briefe) wirklich -beantwortet („aus ihren <em class="italic">Wirkungen,</em> durch welche sie -unter den <em class="italic">Thatsachen</em> des Bewusstseyns vorkommt, ist mir die -Freiheit (des Willens) völlig begreiflich u. s. w.“); so zieht man -ein Intelligibles in die Reihe der <em class="italic">Naturursachen</em> herab, und -verleitet dadurch, es auch in die Reihe der Naturwirkungen -zu versetzen; ein Intelligibles anzunehmen, das kein Intelligibles -sey. Wenn man sagt: „wer sich zur Frage berechtigt -glaubt, aus welchem <em class="italic">Grunde</em> die <em class="italic">Freiheit</em> sich zu <em class="italic">A</em> und nicht -vielmehr zu Nicht-A bestimmt habe, beweist durch einen Cirkel -die Nichtigkeit der Freiheit aus ihrer schon vorausgesetzten -Nichtigkeit, und wenn er sich recht versteht, aus der Nichtigkeit -eines Willens überhaupt:“ — so ist dies freilich sehr wahr -erinnert; aber durch die Annahme, dass die Freiheit wenigstens -Ursache in der Sinnenwelt seyn könne, hat man ihn unvermerkt -in diesen Cirkel hineingezogen. Nur durch die Rückkehr -zu dem, was Rec. der wahre Geist der kritischen Philosophie -scheint, ist die Quelle dieses Misverständnisses zu -verstopfen. Nemlich — auf das <em class="italic">Bestimmen</em> der absoluten -Selbstthätigkeit durch sich selbst (zum Wollen) kann der Satz -des zureichenden Grundes gar nicht angewendet werden; denn -das ist Eine, und eine einfache, und eine völlig isolirte Handlung; -das Bestimmen selbst ist zugleich das Bestimmtwerden, -und das Bestimmende das Bestimmtwerdende. Für das <em class="italic">Bestimmtseyn</em> -als Erscheinung muss nach dem Gesetze der Naturcausalität -ein wirklicher Realgrund in einer vorhergegangenen -Erscheinung angenommen werden. Dass aber das Bestimmtseyn -<a id="page-415" class="pagenum" title="415"></a> -durch die Causalität der Natur, und das Bestimmen durch Freiheit -<em class="italic">übereinstimme,</em> welches zum Behuf einer <em class="italic">moralischen -Weltordnung</em> gleichfalls anzunehmen ist; davon lässt sich der -Grund weder in der Natur, welche keine Causalität auf die -Freiheit, noch in der Freiheit, welche keine Causalität in der -Natur hat, sondern nur in einem höheren Gesetze, welches -beide unter sich fasse und vereinige, annehmen: — gleichsam -in einer vorherbestimmten Harmonie der Bestimmungen durch -Freiheit mit denen durchs Naturgesetz. (Vergl. Kant, über -eine neue Entdeckung, nach der alle neue Kritik der reinen -Vernunft durch eine ältere entbehrlich gemacht werden soll, -S. 122 ff.) Nicht darin, wie ein von dem Gesetze der Naturcausalität -unabhängiges „Ding an sich“ sich selbst bestimmen -könne, noch darin, dass eine Erscheinung in der Sinnenwelt -nothwendig ihren Grund in einer vorhergegangenen Erscheinung -haben müsse, sondern darin, wie beide gegenseitig von -einander völlig unabhängige Gegenstände zusammenstimmen -können, liegt das Unbegreifliche: das aber lässt sich begreifen, -warum wirs nicht begreifen können, weil wir nemlich -keine Einsicht in das Gesetz haben, das beides verbindet. — -Dass übrigens dies Kants wahre Meinung sey, und dass die -in mehrern Stellen seiner Schriften vorkommende Aeusserung, -dass die Freiheit eine Causalität in der Sinnenwelt haben müsse, -nur ein vorläufig, und bis zur näheren Bestimmung aufgestellter -Satz sey, scheint Rec. daraus zu erhellen, dass er zwischen -einem empirischen und einem intelligiblen Charakter des -Menschen unterscheidet; dass er behauptet, Niemand könne -den wahren Grad seiner eigenen Moralität (als welcher sich -auf seinen unerkennbaren intelligiblen Charakter gründet) wissen; -dass er die Zweckmässigkeit als Princip der, beide Gesetzgebungen -verknüpfenden, reflectirenden Urtheilskraft aufstellt -(als welche Zweckmässigkeit sich nur durch eine höhere, -dritte Gesetzgebung möglich denken lässt). Vorzüglich aber -scheint eben dieses in seiner Schrift vom radicalen Bösen -(jetzt dem ersten Stücke der <em class="italic">Religion innerhalb der Grenzen -der blossen Vernunft</em>) aus seinem Beweise für die Annehmbarkeit -eines absolut freien Willens <em class="italic">aus der Nothwendigkeit der -<a id="page-416" class="pagenum" title="416"></a> -Zurechnung,</em> und aus seiner Berufung auf <em class="italic">einen unerforschlichen -höheren Beistand</em> (der nicht etwa unseren intelligiblen, -bloss durch absolute Selbstthätigkeit zu bestimmenden Charakter -statt unserer bestimme, sondern unsern erscheinenden empirischen -mit jenen übereinstimmend mache, welches nur kraft -jener höheren Gesetzgebung geschehen kann) hervorzugehen. -Jene Beweisart und diese Berufung sind so innig mit dem -Geiste der kritischen Philosophie verwebt, dass man wirklich -sehr wenig mit ihm bekannt seyn muss, um in dieser Philosophie -dieselben so abenteuerlich, so wider den gesunden -Menschenverstand streitend, und so lächerlich zu finden, als -Herr Creuzer sie findet. Es würde ein Leichtes seyn, ihm zu -zeigen, dass er selbst zufolge der Prämissen, die er mit der -Kantischen Schule annimmt, auch diese Sätze nothwendig annehmen -müsse. -</p> - -<p> -Von Untersuchung dieser Theorie geht Herr Creuzer zur -Prüfung des allen Lesern der A. L. Z. sattsam bekannten -Schmidschen intelligiblen Fatalismus über. So sehr diese -Theorie, von der speculativen Seite angesehen, ihn befriediget, -so klar und einleuchtend thut er dar, dass sie alle Moralität -völlig aufhebe. Rec. ist über den zweiten Punct völlig mit ihm -einverstanden, und das, was Hr. Prof. Schmid selbst in der -Vorrede zu diesem Buche zu seiner Vertheidigung hierüber -sagt, hat ihm wenigstens noch ärger, als die Anklage geschienen. -Zurechnung, Schuld und Verdienst fällt bei dieser Theorie, -nach Hrn. Schmids eigenem Geständnisse, weg; nun wäre -es an ihm, zu zeigen, wie man sich dabei noch ein für <em class="italic">jede</em> -Handlung, die nach dem Gesetze beurtheilt wird, <em class="italic">gültiges Gesetz</em> -denken könne. Die Moralität, welche übrig bleiben soll, -ist eben diejenige, welche in den ehemaligen Glückseligkeits- und -Vollkommenheitstheorien übrig blieb: gut seyn ist ein Glück, -und böse seyn ein Unglück. Ueber den ersteren Punct hören -wir Hrn. Schmid selbst. „Man kann den undenkbaren Gedanken, -den Nichtgedanken (einer Nothwendigkeit, die nicht Nothwendigkeit -ist, eines unbeschränkten Vermögens, das nicht alles -vermag, eines Unvermögens, das doch das völligste Vermögen -ist, eines nothwendigen Grundes, der nicht nothwendig -<a id="page-417" class="pagenum" title="417"></a> -begründet, eines Individualdinges, das sich wie ein abgezogenes -Allgemeinding verhält, also bestimmt und auch unbestimmt ist, -endlich einer Unabhängigkeit, die aus einer doppelten Abhängigkeit -hervorgeht“ [passt denn diese Charakteristik auch auf -die Reinholdsche Definition der Freiheit des Willens, oder etwa -nur auf diejenige, welche praktische Vernunft und Willen verwechselt?]), -„der doch für einen Hauptgedanken gelten soll, -von einer Stelle der Theorie an einen anderen Platz hinbringen; -man kann ihn aus der Sinnenwelt in die Welt der Noumenen -verpflanzen; man kann gewissen anstössigen, und wegen -ihrer Bestimmtheit ein wenig unbequemen Formeln aus -dem Wege gehen, und bequemere (ich meine lenksamere, unbestimmtere) -dafür gebrauchen; man kann endlich neue Vermögen -der Willkür erdichten, sie aus ihrer Naturverbindung -herausreissen, und so als isolirte Unbestimmtheiten aufstellen“ -(ganz eigentlich das, wenn man die Ausdrücke nicht ganz genau -nimmt, hat Rec. hier gethan, und fragt: ob man das Daseyn -eines allgemeingültigen Sittengesetzes anerkennen und consequent -seyn, und dennoch das auch nicht thun könne?) — — -„aber der Widerspruch selbst bleibt, was er war; der Verstand -kann nicht denken wider die Gesetze der Möglichkeit alles Denkens.“ -Und jetzt entscheide das Publicum, ob hier noch ein -Widerspruch, oder ob blosse Unbegreiflichkeit vorhanden sey? -— Uebrigens glaubt Rec., dass die Philosophie sich von Hrn. -Creuzer, sobald in seine ausgebreitete und mannigfaltige Belesenheit -mehr Ordnung, und in seine Geistesthätigkeit mehr Reife -gekommen seyn werde, viel Gutes zu versprechen habe. — -</p> - -<h3 class="l2si pbb chapter" id="chapter-6-2"> -<a id="page-418" class="pagenum" title="418"></a> -<span class="line1">B.</span><br /> -<span class="line2">Gotha, bei Ettinger: Ueber die sittliche Güte aus uninteressirtem Wohlwollen, von Friedrich Heinrich Gebhard. 1792. 290 S. 8. mit Dedic. und Vorber.</span> -</h3> - -<p class="src"> -(Jenaer Allgem. Literatur-Zeitung 1793. N. 304.) -</p> - -<p class="noindent"> -Rec. nahm dieses Buch nicht ohne grosse Erwartung zur -Hand, da es ihm die Auflösung einer Schwierigkeit zu versprechen -schien, die er noch nirgends befriedigend gelöst fand, -und von deren Auflösung, wenigstens seiner Ueberzeugung -nach, darum nicht minder die Allgemeingültigkeit des Kantschen -Moralprincips abhängt; und er war höchst unzufrieden -mit sich selbst, dass er bei den Ausdrücken des Verfassers -sich so selten etwas Bestimmtes denken konnte, bis ihm endlich -durch die Stelle S. 84.: „Das moralische Gefühl besteht in -einer Billigung oder <em class="italic">Misbilligung</em> einer <em class="italic">Wirkung</em> der <em class="italic">praktischen -Vernunft;</em> denn sonst wäre ja nichts da, was gebilligt oder -misbilligt werden könnte. Also ist es kein sittliches Gefühl, -was uns zur uninteressirten Thätigkeit treibt, sondern jenes -wird erst von dieser (der prakt. Vernunft) und von dem Bewusstseyn -derselben erzeugt;“ — auf einmal völlig einleuchtend -wurde, wie weit der Verf. selbst vom bestimmten Denken über -seinen Gegenstand noch entfernt seyn müsse. Ein Aufsatz im -Braunschweiger Journal (Juni 1791), der das von Smith als -Moralprincip aufgestellte reine oder uninteressirte Wohlwollen -<a id="page-419" class="pagenum" title="419"></a> -gegen das Kantische Princip in Schutz nahm, war die Veranlassung -der ersten drei Abschnitte dieser Schrift. Der erste -Abschnitt vertheidigt Kant gegen die Beschuldigung des Journalisten, -dass er nicht definirt habe, <em class="italic">was</em> sittlich gut sey, durch -die Vorlegung der Kantischen Definition: es sey dasjenige, was -man zufolge des mit Nothwendigkeit gebietenden praktischen -Vernunftgesetzes <em class="italic">solle;</em> und entwickelt überhaupt das Kantische -Moralprincip. Hat etwa der Journalist eine Realdefinition begehrt -(denn sollten ihm wohl jene Nominaldefinitionen unbekannt -geblieben seyn? —); so hätte ihm Hr. Gebhard befriedigender -geantwortet, wenn er ihm gezeigt hätte, <em class="italic">dass</em> und -<em class="italic">warum</em> das <em class="italic">Materiale</em> eines bloss <em class="italic">formalen</em> Imperativs sich nicht -vorlegen lasse, und dass er mithin in seiner Forderung schon -voraussetze, was er durch sie erweisen wolle. Neues hat Rec. -unter einem unerschöpflichen Wortreichthume in diesem Abschnitte -nichts gefunden, als das, dass der Verf. die allgemeingeltenden -Vorschriften des Sittengesetzes nicht für bloss negativ -(für Einschränkungen der den Willen bestimmenden Anmaassung -des sinnlichen Triebes), sondern für positiv hält; dass -es z. B. nach ihm Pflicht ist, nicht — nie eine Unwahrheit zu -sagen, sondern die Wahrheit immer, und in jedem Falle gerade -herauszusagen. Der zweite Abschnitt untersucht, ob das reine -Wohlwollen Princip der Moral seyn könne. Dass eine solche -Untersuchung nicht aus bestrittenen Kantischen Prämissen, sondern -aus solchen, die sein Gegner mit ihm gemeinschaftlich -annimmt, geführt werden müsse, scheint der Verf., nach einer -Stelle zu urtheilen, gefühlt zu haben; ob er diesem Gefühle -gefolgt sey, wird sich zeigen. „Ein reines Wohlwollen sey ein -uninteressirtes. Interesse sey rein oder pathologisch. Das letztere -entstehe aus dem sinnlichen Triebe, und könne hier nicht -gemeint seyn. Das erstere sey das durch die Gesetzgebung -der praktischen Vernunft erzeugte, und könne ebensowenig -gemeint seyn; denn sonst wäre ja dieses System mit dem Kantischen -nicht im Widerspruche.“ — Dawider kann nun der -Gegner die gegründete Einwendung machen: er nehme allerdings -mit Kant eine uneigennützige (nicht auf Befriedigung des -sinnlichen Triebes ausgehende) Neigung an; sein Wohlwollen -<a id="page-420" class="pagenum" title="420"></a> -gründe sich ebensowenig auf ein Interesse, als das Kantische -obere Begehrungsvermögen; aber es bringe, ebenso wie dieses, -eines hervor: nur leite er dieses zugestandene Gefühl keinesweges -von einer absoluten Selbstthätigkeit des menschlichen -Geistes ab, sondern halte es für einen Grundtrieb des Gemüths, -der sich von keinem höheren Vermögen ableiten, noch daraus erklären -lasse. Um zu zeigen, dass ein solches uninteressirtes Wohlwollen, -wie er dem Gegner andichtet, überhaupt nicht möglich -sey, verwechselt der Verf. kurz darauf <em class="italic">Interesse,</em> geistiges -Wohlgefallen an der blossen Vorstellung von dem Daseyn eines -Gegenstandes, mit <em class="italic">Vergnügen,</em> Lust an dem durch Empfindung -als wirklich gegebenen Gegenstande: „wenn der Gegenstand -unseres wohlwollenden Triebes realisirt würde, so würden -wir nicht ermangeln, ein wirkliches Vergnügen zu empfinden, -mithin sey unser Wohlwollen doch (pathologisch) interessirt.“ -Empfindet denn, kann ihn hier der Gegner fragen, der durch -das praktische Vernunftgesetz Bestimmte kein Vergnügen, wenn -er den Gegenstand seiner Willensbestimmung als realisirt empfindet? -„Aber,“ lässt er bald darauf den Gegner richtig antworten, -„die Vorstellung dieses Vergnügens soll nur nicht der -bestimmende Grund des Willens seyn.“ Aber was denn? die -Vernunft? so ist der Gegner ein Kantianer. Der Trieb selbst? -Das kann Hr. Gebhard nicht einsehen. Von einem Dritten, das -den Willen bestimmen könnte, einer absoluten Selbstthätigkeit, -ist im ganzen Buche nicht die Rede. -</p> - -<p> -Nach diesen Vorübungen setzt endlich Hr. Gebhard den -wahren Streitpunct sehr richtig so fest: Soll man der Vernunft -oder dem reinen Wohlwollen das Primat zuerkennen? Hier -entspinnt sich zuerst eine ermüdende langweilige Erörterung, -dass die Vernunft, „wenn man sie auch etwa für die bloss -theoretische Vernunft anerkennen wolle“ (?), doch über die -Anwendbarkeit des Princips des Wohlwollens auf bestimmt -gegebene Fälle Richterin seyn müsse. Rec. sollte meinen, das -wäre überhaupt nicht die Vernunft (das Vermögen <em class="italic">ursprünglicher</em> -Gesetze), sondern die Urtheilskraft, die im Systeme seines -Gegners hierunter das durch jenes wohlwollende Gefühl -aufgestellte Gesetz (welches der Verstand in eine logische Formel -<a id="page-421" class="pagenum" title="421"></a> -zu bringen hätte) subsumiren würde; und dann — muss -denn nicht dieselbe Urtheilskraft auf dieselbe Art auch unter -das praktische Vernunftgesetz subsumiren? Und nun endlich -kömmt der Verf. zu dem, was er den Beweis nennt, dass der -Vernunft, und zwar der praktischen Vernunft, das Primat über -das reine Wohlwollen zukomme. „Warum kann man denn -den Werth oder Unwerth des uninteressirten Wohlwollens nicht -ebensogut, wie tausend andere Fragen, unentschieden lassen?“ -(Ist sein Gegner consequent, so läugnet er ihm die Befugniss -zu einer solchen Frage geradezu ab: ist ihm der Werth dieses -Wohlwollens absolut derjenige, nach welchem jeder andere -Werth beurtheilt, welcher selbst aber nach keinem andern beurtheilt -wird.) — „Entschieden <em class="italic">muss</em> werden, weil es hier auf -Handeln und auf fehlerlose Richtigkeit des Handelns ankömmt. -Nothwendigkeit des Handelns, verbunden mit dieser Regelmässigkeit -desselben, ist aber hier noch nicht Sache des Wohlwollens; -denn hierüber ist eben erst die Frage; sondern der -Vernunft, und zwar nicht der theoretischen, sondern der -praktischen.“ -</p> - -<p> -Versteht Rec. diese Worte, so sagen sie so viel: das Wohlwollen -kann nicht absolut erstes Gesetz des Handelns seyn; -ich will hier einmal nach einem höheren Grunde fragen; mithin -giebt es einen solchen höheren Grund: diesen höheren -Grund will ich Vernunft, und zwar nicht theoretische, sondern -praktische Vernunft nennen; mithin — u. s. f. „Und so ist -denn,“ fährt Hr. Gebhard in Schwabacher Schrift fort, „die -Subordination des uninteressirten Wohlwollens unter die praktische -Vernunft klar erwiesen?“ — Ja wohl, wenn schon vorher -angenommen war, dass die Vernunft auch praktisch seyn -könne, und auch wirklich sey. -</p> - -<p> -Und was heisst denn Vernunft überhaupt; und wie ist -denn insbesondere die praktische von der theoretischen unterschieden? -Rec. hat im ganzen Buche vergebens nach einer -Spur gesucht, woraus hervorginge, dass der Verf. auch nur -eine leise Ahnung habe, was Vernunft überhaupt, und was -praktische Vernunft in der kritischen Philosophie bedeute; vielmehr -hat er dieses Wort bald für Verstand, bald für Urtheilskraft, -<a id="page-422" class="pagenum" title="422"></a> -bald für Willen, und endlich gar für sittliches Gefühl, kurz -fast für alles gebraucht gefunden, was dem Verf. unter die Feder -kam. — „Das Princip des uninteressirten Wohlwollens sey unbestimmt. -Uninteressirt sey ein unbestimmter Begriff.“ <em class="italic">Uninteressirt,</em> -wie es oben erklärt worden, ist ein negativer Begriff, -aber kein unbestimmter; er erhält seine Bestimmung in -der Erfahrung von dem ihm entgegengesetzten <em class="italic">interessirt</em> (durch -sinnlichen Trieb zur Neigung bestimmt). -</p> - -<p> -„Wohlwollen beziehe sich auf Glückseligkeit, und werde -durch die Unbestimmbarkeit dieses Begriffs auch unbestimmbar.“ -Theoretisch wohl, aber nicht als Princip der Willensbestimmung, -wenn diesem nicht die hervorzubringende, sondern bloss die -rein zu berichtigende Glückseligkeit als Zweck aufgestellt wird. -Ein Wille, der Glückseligkeit ausser sich wirklich machte, wäre in -diesem Systeme legal; einer, dessen Triebfeder nur lediglich die -Vorstellung dieses Zweckes gewesen wäre, wäre moralisch. -Hr. Gebhard macht die Bestreitung dieses Systems sich noch -ferner bequem, indem er die Unterscheidung der eigenen von -der fremden Glückseligkeit in das Princip aufnimmt, und es -nun, wie natürlich, bei der Anwendung in Widerstreit mit sich -selbst gerathen lässt. Aber ein consequenter Vertheidiger desselben -wird den Grund dieser Unterscheidung bloss in der -interessirten sinnlichen Neigung aufsuchen, und für das uninteressirte -Wohlwollen Glückseligkeit überhaupt, ohne Rücksicht -auf das Subject derselben, zum Objecte aufstellen. „Dies -Princip sey ferner unverständlich. Ein Princip müsse vernünftig -gedacht, besonnen seyn.“ Das heisst entweder: es muss -für die Wissenschaft sich in einer bestimmten Formel aufstellen -lassen (und warum liesse sich denn das Bestrittene nicht -in der Formel aufstellen: die Hervorbringung der, deinem besten -Wissen nach, möglichst grössten Summe der Glückseligkeit -in der empfindenden Welt sey höchster Endzweck deiner freien -Handlungen?), oder: es muss in dieser bestimmten Formel dem -Bewusstseyn beim Bestimmen des Willens vorschweben; und -der Verf. besteht besonders auf dem letzteren. Aber warum -könnte es denn in jener Formel das nicht, wenn es müsste? -oder warum müsste es denn? Wird denn nicht auch das praktische -<a id="page-423" class="pagenum" title="423"></a> -Vernunftgesetz dem Bewusstseyn bloss durch ein Gefühl -gegeben; und ist denn keine Handlung rein moralisch, die -sich bloss auf dieses Gefühl, und nicht auf eine klare, deutliche -und vollständige Kenntniss des kategorischen Imperativs -gründet? „Der Uebergang eines Gefühls in Handlungen lasse -sich nicht begreifen.“ Wie mag sich der Verf. doch den Uebergang -des auf die praktische Vernunft sich gründenden sittlichen -Gefühls in Handlungen begreiflich machen? -</p> - -<p> -Hoffentlich haben sowohl Hr. Gebhard, als die Leser an -diesen Beweisen der völligen Unfähigkeit dieses Kantianers zur -Lösung der aufgeworfenen Streitfrage genug; und überheben -Rec. des langweiligen Geschäfts, den Auszug aus einer solchen -Schrift fortzusetzen. -</p> - -<p> -Dass der Trieb des Wohlwollens, wenn er bei seiner Anwendung -auf bestimmte Fälle von der Vorstellung der Glückseligkeit -geleitet werden soll, welche erst durch Sinnenempfindung -gegeben werden müsste, und in welchem Falle die Formel: -was du <em class="italic">willst</em>, dass man dir erzeige u. s. f., soviel heissen -würde, als: was du durch den sinnlichen Trieb begehrest, was -dir angenehm seyn würde, das sollst du u. s. f., nicht Princip -der Moral seyn könne, lässt sich schon aus dem Bewusstseyn -darthun, vermöge dessen wir manches für moralisch nothwendig -anerkennen müssen, das uns doch als die Quelle des höchsten -und allgemeinsten Elendes erscheint. Aber diese Beziehung -auf Glückseligkeit, durch das handelnde Subject selbst, -ist etwas dem Systeme zufälliges. Die Hauptfrage ist die: ob -jenes Gefühl des schlechthin Rechten (nicht eines Glückseligkeit -beabsichtigenden Wohlwollens), dessen Daseyn im Bewusstseyn -der Gegner in seiner ganzen Ausdehnung zugestehen kann, -von etwas Höherem, und zwar von einer praktischen Vernunft, -abzuleiten sey, oder nicht? Gegen den, der dieses läugnet, -kann man sich weder auf eine Thatsache berufen; — denn -was wirklich Thatsache ist, das gesteht er zu, und dass die -Vernunft praktisch sey, und durch dieses ihr Vermögen jenes -Gefühl bewirke, ist nicht Thatsache: — noch auf das Gefühl -einer moralischen Nothwendigkeit (jenes <em class="italic">Sollen</em>), das damit -vereinigt ist; denn dies entsteht auch im Kantischen Systeme -<a id="page-424" class="pagenum" title="424"></a> -aus der Bestimmung des oberen Begehrungsvermögens, als -oberen, zur Neigung: — noch auf einen in diesem Systeme -stattfindenden Mangel eines Unterscheidungsgrundes zwischen -dem sittlichen und widersittlichen Triebe; denn der Vertheidiger -desselben kann nur den Grundsatz aufstellen: was sich -als allgemein, stets, immer und auf jeden Fall, gültige Maxime -für das Subject ohne Widerspruch denken lässt, ist Wirkung -des sittlichen Triebes, und was sich, in dieser Allgemeinheit -(für das Subject) gedacht, widerspricht, das widerspricht dem -Sittlichen; — denn wenn jenes Gefühl ursprünglich und einfach -seyn soll, so kann es sich nicht selbst widersprechen -(vom nichtsittlichen, dem animalischen Instincte, ist es freilich -nicht zu unterscheiden, aber es soll auch in diesem System -nicht davon unterschieden werden; seine Befriedigung ist hier -selbst Pflicht): — noch endlich darauf, dass in demselben jeder -Grund, eine Freiheit des Willens anzunehmen, wegfalle; -denn wenn eine solche Freiheit keine Thatsache des Bewusstseyns, -sondern ein blosses Postulat des als Wirkung der praktischen -Vernunft angenommenen Sittengesetzes ist; so behilft -ein System, das ihrer nicht bedarf, sich gern ohne dieselbe; -das sittliche Gefühl wirkt unwiderstehlich, wo kein Hinderniss -seiner Wirkung vorhanden ist. Die eigentliche Moralität wäre -freilich vernichtet, und wir wären wieder an die Kette der -Naturnothwendigkeit angefesselt, aber die Thatsachen unseres -Bewusstseyns wären doch befriedigend und mit höchster Consequenz -erklärt, alle Unbegreiflichkeiten des Kantischen Systems -gehoben, und jene Moralität eine erweisbare Täuschung. Um -jene Triebfeder des schlechthin Rechten mit der übrigen Natur -in Zusammenhang zu bringen, und den öfteren Widerstreit derselben -mit dem ebenso natürlichen Glückseligkeitstriebe aufzuheben, -würden wir auf die Hypothese getrieben: dass jene -Triebfeder eine Veranstaltung der Natur sey, um die uns unbekannte -Glückseligkeit auch ohne unser Wissen durch uns -hervorzubringen, und dass das Rechtthun, wenn auch nicht in -unserem gegenwärtigen, oder überhaupt in dem unsrigen, dennoch -in irgend einem Verstande letztes Mittel zum höchsten -Endzwecke der Natur, der Glückseligkeit, sey. Der wesentliche -<a id="page-425" class="pagenum" title="425"></a> -Unterschied eines solchen Systems vom Kantischen wäre -der, dass in jenem das sittliche Gefühl zwar auch Wirkung der -Vernunft (als Vermögen ursprünglicher Gesetze) wäre, aber -der <em class="italic">theoretischen</em>; dass mithin dieses Gesetz durch den Mechanismus -unseres Geistes <em class="italic">bedingt</em>, und auf alle Fälle, worauf es -anwendbar wäre, mit <em class="italic">Nothwendigkeit</em> angewendet würde (die -Erscheinung der Unabhängigkeit von ihm, welche allein es von -den übrigen Gesetzen der theoretischen Vernunft unterscheiden, -und das bei Anwendung jener Gesetze vorhandene Gefühl -des Müssens in ein Gefühl des Sollens verwandeln würde, -entstände daher, dass die Hindernisse der Anwendung desselben -auf Fälle, worauf es anwendbar schiene, nicht ebenso, -wie bei jenen, zu unserem deutlichen Bewusstseyn gelangten): -in diesem aber dasselbe Wirkung einer Vernunft wäre, welche -in dieser Function unter keiner andern Bedingung stände, als -unter der Bedingung ihres eigenen Wesens (der absoluten Einheit -und mithin Gleichförmigkeit), einer praktischen Vernunft. -</p> - -<p> -Dieses letztere nun lässt sich weder für eine Thatsache -ausgeben, noch irgend einer Thatsache zufolge postuliren, -sondern es muss bewiesen werden. Es muss bewiesen werden, -<em class="italic">dass</em> die Vernunft praktisch sey. Ein solcher Beweis, der -zugleich gar leicht Fundament <em class="italic">alles</em> philosophischen Wissens -(der Materie nach) seyn könnte, müsste ungefähr so geführt -werden: der Mensch wird dem Bewusstseyn als Einheit (als -Ich) gegeben; diese Thatsache ist nur unter Voraussetzung -eines schlechthin Unbedingten in ihm zu erklären; mithin muss -ein schlechthin Unbedingtes im Menschen angenommen werden. -Ein solches schlechthin Unbedingtes aber ist eine praktische -Vernunft: — und nun erst dürfte mit Sicherheit jenes, allerdings -in einer Thatsache gegebene sittliche Gefühl als Wirkung -dieser erwiesenen praktischen Vernunft angenommen werden. -</p> - -<p> -Der vierte Abschnitt: „ob das höchste Princip der reinen -praktischen Vernunft sich mit dem der Glückseligkeit verbinden -lasse,“ — ist gerichtet gegen Hrn. Rapps Abhandlung -<em class="italic">über die Untauglichkeit des Princips der allgemeinen und eigenen -Glückseligkeit zum Grundgesetze der Sittlichkeit</em>, Jena, bei -Mauke, 1791. Hr. Rapp habe anfangs das Kantische Moralprincip -<a id="page-426" class="pagenum" title="426"></a> -in seiner völligen Reinheit aufgestellt, aber am Ende seiner -Schrift sich zu einem Synkretismus der reinen Vernunft- und -der Glückseligkeitstheorie hingeneigt. Gleich den ersten Satz, -den der Verf. Hrn. Rapps Satze: der sittliche gute Wille sey -zwar das höchste Gut, aber deshalb doch nicht der ganze letzte -Zweck des Menschen — entgegengestellt: der sittliche Wille -sey nicht nur das Absolutgute, sondern auch das höchste, und -zwar das ganze höchste Gut — könnte man ihm gelten lassen, -wenn er unter dem sittlichen Willen nur wirklich den sittlichen -<em class="italic">Willen</em> verstände. Da er aber auch hier, wie immer, die praktische -Vernunft mit dem eigentlichen Willen verwechselt, so -ist klar, dass ihn niemand verstehen kann, weil er selbst sich -nicht verstanden hat. -</p> - -<p> -Der bescheidene Verf. bittet in der Vorrede nicht um Nachsicht, -sondern um eine wohlthätig aufklärende Zurechtweisung, -und nach allem scheint es ihm mit dieser Bitte ein Ernst zu -seyn. Rec. kann ihm hier bloss den Rath geben, noch eine -geraume Zeit über Kants und anderer grosser Selbstdenker -Schriften nachzudenken, und wenn er dann ja die Resultate -seines Nachdenkens mittheilen, und gelesen seyn will, sich einer -grösseren Präcision, und besonders der Einfachheit, in seinem -Ausdrucke zu befleissigen. Es ist unangenehm, da, wo man -bestimmte Erklärungen erwartet, auf Kräuseleien zu stossen, -wie folgende: „Es giebt Charaktere (<em class="italic">sic</em>) und Handlungen, deren -Erhabenheit und Grösse wie ein ewig flammender Strahl -von den Zeiten des grauen Alterthums bis zur jüngsten Menschenwelt -herableuchtet.“ Bruchstücke aus dergleichen Chrien -in zierlicher Schreibart schiebt der Verf. ein, wo es sich nur -irgend thun lässt. -</p> - -<h3 class="l2si pbb chapter" id="chapter-6-3"> -<a id="page-427" class="pagenum" title="427"></a> -<span class="line1">C.</span><br /> -<span class="line2">Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf von Immanuel Kant. Königsberg, bei Nicolovius. 1795. 104 S. 8.</span> -</h3> - -<p class="src"> -(Philos. Journal Bd. IV. S. 81-92. 1796.) -</p> - -<p class="noindent"> -Der Name des grossen Verfassers, das Interesse für die -gegenwärtigen und nächstkünftigen politischen Ereignisse, die -Parteilichkeit für oder wider gewisse Beurtheilungen derselben, -die Begierde zu wissen, wie dieser grosse Mann sie ansehen -möge, und wer weiss, welche Gründe noch — haben ohne -Zweifel diese Schrift schon längst in die Hände aller, die die -Lectüre lieben, gebracht, und unsere Anzeige käme für die meisten -Leser dieses Journals wohl zu spät, wenn sie dieselben -erst mit ihrer Existenz bekannt machen wollte. Aber gerade -diese Beziehung derselben auf das Interesse des Tages, die -Leichtigkeit und Annehmlichkeit des Vortrags, und die anspruchslose -Weise, mit welcher die in ihr vorgetragenen erhabenen, -allumfassenden Ideen hingelegt werden, dürfte mehrere -verleiten, derselben nicht die Wichtigkeit beizumessen, die sie -unseres Erachtens hat, und die Hauptidee derselben für nicht -viel mehr anzusehen, als für einen frommen Wunsch, einen unmaassgeblichen -Vorschlag, einen schönen Traum, der allenfalls -dazu dienen möge, menschenfreundliche Gemüther einige Augenblicke -angenehm zu unterhalten. Es sey uns erlaubt, auf -die entgegengesetzte Meinung aufmerksam zu machen, dass -diese Hauptidee doch wohl noch etwas mehr seyn möge; dass -sich vielleicht von ihr ebenso streng, als von anderen ursprünglichen -<a id="page-428" class="pagenum" title="428"></a> -<a id="pagehdr-428" class="orig-page" title="82"></a> -Anlagen erweisen lasse, dass sie im Wesen der Vernunft -liege, dass die Vernunft schlechthin ihre Realisation fordere, -und dass sie sonach auch unter die zwar aufzuhaltenden, aber -nicht zu vernichtenden Zwecke der Natur gehöre. Auch sey -es uns erlaubt, anzumerken, dass diese Schrift, wenn auch -nicht durchgängig die Gründe, doch zum wenigsten die Resultate -der Kantischen Rechtsphilosophie vollständig enthält, und -sonach auch in wissenschaftlicher Rücksicht äusserst wichtig ist. -</p> - -<p> -<em class="italic">Erster Abschnitt.</em> Präliminarartikel zum ewigen Frieden -unter Staaten. 1) „Es solle kein Friedensschluss für einen solchen -gelten, der mit dem geheimen Vorbehalt des Stoffes zu -einem künftigen Kriege gemacht worden;“ in welchem der -schon bekannte oder unbekannte Grund eines künftigen Krieges -nicht zugleich mit aufgehoben werde. Ausserdem wäre -kein Friede, sondern nur ein Waffenstillstand geschlossen, sagt -Kant. Es liegt im Begriff des <em class="italic">Friedens.</em> Durch ihn versetzen -sich, glaubt Rec., die Contrahirenden, so gewiss sie contrahiren, -überhaupt in ein rechtliches Verhältniss gegeneinander, und -vertragen sich nicht nur über das bis jetzt streitige, sondern -über alle Rechte, die zur Zeit des Friedensschlusses ein jeder -sich zuschreibt. Wogegen nicht ausdrücklich Einspruch geschieht -(wodurch aber der Friede aufgehoben würde), das gestehen -die Parteien einander stillschweigend zu. -</p> - -<p> -2) „Es solle kein für sich bestehender Staat (klein oder -gross, das gelte hier gleichviel) von einem anderen Staate durch -Erbung, Tausch, Kauf oder Schenkung erworben werden können;“ -— weil es, so wie die Verdingung der Truppen eines -Staates an den anderen, überhaupt gegen den Staatsvertrag -laufe; wie <em class="italic">an sich</em> klar ist: — in Beziehung auf den beabzweckten -ewigen Frieden; weil dies eine nothwendige Quelle vieler -Kriege gewesen sey, und fortdauernd seyn werde. -</p> - -<p> -3) „Stehende Heere sollen mit der Zeit ganz aufhören“ — -weil sie beständig mit Krieg drohen, und die Errichtung, Vermehrung, -Erhaltung derselben oft selbst eine Ursache des Krieges -werde. -</p> - -<p> -4) „Es sollen keine Staatsschulden in Beziehung auf äussere -Staatshändel gemacht werden;“ — als <em class="italic">Erleichterungsmittel -<a id="page-429" class="pagenum" title="429"></a> -<a id="pagehdr-429" class="orig-page" title="83"></a> -der Kriege</em> zu verbieten, wie die stehenden Heere, — auch -um des möglichen und zu seiner Zeit unvermeidlichen Staatsbanquerots -willen. -</p> - -<p> -5) „Kein Staat solle sich in die Verfassung und Regierung -eines anderen Staates gewaltthätig einmischen;“ — nicht etwa -unter dem Vorwande des Skandals. Es sey allemal <em class="italic">scandalum -acceptum,</em> und die fremde Einmischung selbst ein grosses -Skandal. -</p> - -<p> -6) „Es solle sich kein Staat im Kriege mit einem anderen -Feindseligkeiten erlauben, welche das wechselseitige Zutrauen -im künftigen Frieden unmöglich machen müssen: als da sind, -<em class="italic">Anstellung der Meuchelmörder, Giftmischer, Brechung der Capitulation, -Anstiftung des Verrathes</em> in dem bekriegten Staate“ -u. s. w. — weil dadurch der Friede unmöglich, und ein <em class="italic">bellum -internecinum</em> herbeigeführt würde. -</p> - -<p> -Beiläufig wird aufmerksam gemacht auf den Begriff einer -<em class="italic">lex permissiva.</em> Sie ist nur möglich dadurch, dass das Gesetz -auf gewisse Fälle nicht gehe, — woraus man, wie Rec. glaubt, -hätte ersehen mögen, dass das Sittengesetz, dieser <em class="italic">kategorische</em> -Imperativ, <em class="italic">nicht</em> die Quelle des Naturrechts seyn könne, da er -ohne Ausnahme und unbedingt gebietet: das letztere aber nur -<em class="italic">Rechte</em> giebt, deren man sich bedienen kann, oder auch nicht. -Es ist hier nicht der Ort, sich weiter darüber auszulassen. -</p> - -<p> -<em class="italic">Zweiter Abschnitt,</em> welcher die Definitivartikel zum ewigen -Frieden unter Staaten enthält. — Alles ist aufgebaut auf die -Sätze, die Kant schon ehemals aufgestellt, die nicht geringen -Anstoss erregt haben, und deren Prämissen auch hier nicht -weiter als durch Winke angedeutet sind: „<em class="italic">Alle Menschen, die -aufeinander wechselseitig einfliessen können, müssen zu irgend -einer bürgerlichen Verfassung gehören.</em>“ „Jeder hat das Recht, -den anderen, den er dazu aufgefordert hat, feindlich zu behandeln; -auch ohne dass derselbe ihn vorher beleidigt.“ Es sey -dem Rec. — der, bei seinen Untersuchungen über das Naturrecht, -aus Principien, die von den bis jetzt bekannten Kantischen -unabhängig sind, auf diese und auf die tiefer unten folgenden -Kantischen Resultate gekommen, und den Beweis derselben -gefunden, auch sie öffentlich vorgetragen hat, ehe dieses -<a id="page-430" class="pagenum" title="430"></a> -<a id="pagehdr-430" class="orig-page" title="84"></a> -Buch in seine Hände gekommen, — erlaubt, einige Worte -hinzuzusetzen, um vorläufig die Befremdung, die bei der herrschenden -Denkart diese Sätze erregen müssen, ein wenig zu -mildern. -</p> - -<p> -Nur inwiefern Menschen in Beziehung aufeinander gedacht -werden, kann von Rechten die Rede seyn, und ausser einer -solchen Beziehung, die sich aber dem Mechanism des menschlichen -Geistes zufolge von selbst und unvermerkt findet, weil -die Menschen gar nicht isolirt seyn können, und kein Mensch -möglich ist, wenn nicht mehrere bei einander sind, ist ein Recht -nichts. Wie können freie Wesen, als solche, bei einander bestehen? -ist die oberste Rechtsfrage; und die Antwort darauf: -wenn jeder seine Freiheit so beschränkt, dass neben ihr die -der anderen auch bestehen kann. Die Gültigkeit dieses Gesetzes -ist sonach bedingt durch den Begriff einer Gemeinschaft -freier Wesen; sie fällt weg, wo diese nicht möglich ist, sie fällt -weg gegen jeden, der in eine solche Gemeinschaft nicht passt, -und es passt keiner hinein, der sich diesem Gesetze nicht unterwirft. -Ein solcher hat mithin gar keine Rechte, er ist rechtlos. -— So lange Menschen nebeneinander leben, ohne anders, -als vermittelst der gegenseitigen Erkenntniss aufeinander einzufliessen, -ist es von beiden problematisch, ob sie jenem Gesetze -sich im Herzen unterwerfen, oder nicht. Da jeder von -dem anderen ebensowohl das letztere annehmen kann, als das -erstere, so kann er vor demselben nie sicher seyn; auch schon -darum nicht, weil der andere ebensowenig weiss, ob er sich -dem Gesetze unterwerfe, und demzufolge Rechte habe, oder -rechtlos sey. Es muss jedem Angelegenheit seyn, dem anderen -seine Anerkenntniss des Rechtsgesetzes zu erklären, sich -von seiner Seite die seinige von ihm zusichern, und, da keiner -dem anderen vertrauen kann, sie sich von ihm <em class="italic">garantiren</em> zu -lassen; welches lediglich durch die Vereinigung mit einem gemeinen -Wesen möglich ist, in welchem jeder durch Zwang verhindert -wird, das Recht zu verletzen. Wer diesen Vorschlag -nicht annimmt, erklärt dadurch, dass er dem Rechtsgesetze sich -nicht unterwerfe, und wird völlig rechtlos. -</p> - -<p> -„Alle rechtliche Verfassung ist sonach (nach Kant), in Absicht -<a id="page-431" class="pagenum" title="431"></a> -<a id="pagehdr-431" class="orig-page" title="85"></a> -der Personen, die darin stehen: 1) die nach dem <em class="italic">Staatsbürgerrechte</em> -der Menschen in einem Volke (<em class="italic">jus civitatis</em>); 2) -nach dem <em class="italic">Völkerrechte</em> der Staaten im Verhältniss gegeneinander -(<em class="italic">jus gentium</em>); 3) die nach dem <em class="italic">Weltbürgerrechte</em>, sofern -Menschen und Staaten, in äusserem aufeinander einfliessendem -Verhältnisse stehend, als Bürger eines allgemeinen Menschenstaates -anzusehen sind (<em class="italic">jus cosmopoliticum</em>).“ -</p> - -<p> -Es giebt sonach, wie jeder daraus leicht folgern kann, nach -Kants Lehre gar kein eigentliches Naturrecht, kein rechtliches -Verhältniss der Menschen, ausser unter einem positiven Gesetze -und einer Obrigkeit; und der Stand im Staate ist der -einzige wahre Naturstand des Menschen: — alles Behauptungen, -die sich unwidersprechlich darthun lassen, wenn man den -Rechtsbegriff richtig deducirt. -</p> - -<p> -<em class="italic">Erster Definitivartikel. „Die bürgerliche Verfassung in -jedem Staate soll republikanisch seyn.</em>“ — Diese Verfassung sey -die einzig rechtliche an sich, dem Staatsbürgerrechte nach, und -führe den ewigen Frieden herbei, der durch das Völkerrecht -gefordert werde: indem nicht zu erwarten sey, dass die Bürger -über sich selbst die Drangsale des Krieges beschliessen -werden, die ein Monarch, ohne für sich das geringste dabei zu -verlieren, so leicht über sie beschliesst. Die <em class="italic">Republik</em> sey von -der <em class="italic">Demokratie</em> wohl zu unterscheiden. Die letztere sey diejenige -Verfassung, in welcher das Volk in eigener Person die -executive Gewalt ausübt, mithin immer Richter in seiner eigenen -Sache ist, welches eine offenbar unrechtmässige Regierungsform -sey: der Republikanism diejenige, in welcher die legislative -und executive Macht getrennt (ob nun die letztere an Eine -Person, oder an mehrere übertragen), mithin das Repräsentationssystem -eingeführt sey. -</p> - -<p> -Dem Rec. hat diese vorgeschlagene Trennung der legislativen -von der executiven Macht immer nicht bestimmt genug, -wenigstens manchen Misdeutungen ausgesetzt, geschienen. Er -glaubt, dass diejenige Macht, die der executiven entgegenzusetzen -ist, einer näheren Bestimmung fähig sey. Er hat, wenn -es ihm erlaubt ist, seine Darstellung der Kantischen hinzuzufügen, -die Sache so gefunden — das höchste Rechtsgesetz ist -<a id="page-432" class="pagenum" title="432"></a> -<a id="pagehdr-432" class="orig-page" title="87"></a> -durch die reine Vernunft gegeben: jeder beschränke seine Freiheit -so, dass neben ihm alle übrigen auch frei seyn können. -<em class="italic">Wie weit</em> eines jeden Freiheit gehen solle, d. h. über das Eigenthum -im allerweitesten Sinne des Wortes, müssen die Contrahirenden -sich vergleichen. Das Gesetz ist nur <em class="italic">formal, dass</em> -jeder seine Freiheit beschränken soll, aber nicht <em class="italic">material, wie -weit</em> sie jeder beschränken solle. Hierüber müssen sie sich -vereinigen. Aber dass überhaupt jeder darüber etwas declarire, -fordert das Gesetz. Die höchste Formel für alle möglichen -Strafgesetze ist durch reine Vernunft gleichfalls gegeben: jeder -muss von seiner Freiheit gerade so viel wagen, als er die des -anderen zu beeinträchtigen versucht ist. Die Menge der Menschen, -die sich im Staate vereinigen, der Bezirk, den sie einnehmen, -und die Nahrungszweige, die sie bearbeiten, giebt also -immer das positive Gesetz für den Staat, den sie errichten; -und jeder kann ihnen ihr bestimmtes positives Gesetz aufstellen, -dem man nur jene Data giebt. Alle, so wie sie in diesen -bestimmten Staat treten wollen, sind verbunden, dieses bestimmte -Gesetz anzuerkennen, und es bedarf da keiner Sammlung -der Stimmen. Jeder hat nur zu sagen: ich will in diesen -Staat treten; und er sagt damit alles. Die Gemeine darf das -Zwangsrecht nicht unmittelbar durch sich selbst ausüben, denn -sie würde dadurch Richter in ihrer eigenen Sache, welches -nie erlaubt ist. Sie muss sonach die Ausübung desselben, es -sey einem Einzelnen oder einem ganzen Corps, übertragen, und -wird durch diese Absonderung erst <em class="italic">Volk</em> (<em class="italic">plebs</em>). Dieses gewalthabende -Corps kann zu nichts verbunden werden, als nur -schlechtweg was Rechtens ist in Ausübung zu bringen. Dafür -ist es <em class="italic">verantwortlich</em>, und die allgemeinen und besonderen Anwendungen -der Regel des Rechts auf bestimmte Fälle bleiben -ihm sonach billigerweise überlassen. Es ist inappellabel; alle -Privatpersonen sind ihm ohne Einschränkung unterworfen, und -jede Widersetzlichkeit gegen dasselbe ist Rebellion. Wie es -das Recht verwalte, darüber ist nur das Volk Richter, und es -muss das Urtheil hierüber sich schlechthin vorbehalten. Aber -so lange jenes Corps im Besitze seiner Gewalt ist, giebt es -kein Volk, sondern nur einen Haufen von Unterthanen; und -<a id="page-433" class="pagenum" title="433"></a> -<a id="pagehdr-433" class="orig-page" title="88"></a> -kein einzelner kann sagen: das Volk soll sich als Volk erklären, -ohne sich der Rebellion schuldig zu machen, und die executive -Gewalt wird das nie sagen; das Volk könnte nur sich -selbst constituiren, aber es kann sich nicht constituiren, wenn -es nicht ist. Es müsste sonach der executiven Gewalt ein anderer -Magistrat, ein <em class="italic">Ephorat</em>, an die Seite gesetzt werden, der -— sie nicht <em class="italic">richtete</em>, — aber, wo er Freiheit und Recht in Gefahr -glaubte, immer auf seine eigene Verantwortung, <em class="italic">das Volk -zum Gericht über sie beriefe</em>. -</p> - -<p> -<em class="italic">Zweiter Definitivartikel.</em> „Das Völkerrecht solle auf einem -<em class="italic">Föderalism</em> freier Staaten gegründet seyn.“ — Es giebt kein -Völkerrecht zum Kriege. Recht ist Friede. Der Krieg ist überhaupt -kein rechtlicher Zustand, wäre dieser zu erhalten, so -wäre kein Krieg. — Wir begnügen uns auch nur mit Winken -dies anzuzeigen, wie Kant. Es hat wohl nie eine ungereimtere -Zusammensetzung gegeben, als die eines <em class="italic">Kriegsrechts</em>. -</p> - -<p> -Es könne für Staaten, um in Beziehung aufeinander aus -dem gesetzlosen Zustande des Krieges herauszugehen, kein anderes -Mittel geben, als dasselbe, welches es für einzelne giebt: -dass sie sich, so wie diese zu einem Bürgerstaate, sie zu einem -Völkerstaate vereinigen, in welchem ihre Streitigkeiten untereinander -nach positiven Gesetzen entschieden werden. — Dies -ist allerdings die Entscheidung der reinen Vernunft, und der -von Kant vorgeschlagene Völkerbund zur Erhaltung des Friedens -ist lediglich ein Mittelzustand, durch welchen die Menschheit -zu jenem grossen Ziele wohl dürfte hindurchgehen müssen; -so wie ohne Zweifel die Staaten auch erst durch Schutzbündnisse -einzelner Personen unter sich entstanden sind. -</p> - -<p> -<em class="italic">Dritter Definitivartikel.</em> „Das <em class="italic">Weltbürgerrecht</em> solle auf -Bedingungen der allgemeinen <em class="italic">Hospitalität</em> eingeschränkt seyn;“ -— d. h. auf das Recht jedes Menschen, um seiner blossen Ankunft -willen auf dem Boden eines anderen Staates, nicht feindselig -behandelt zu werden; wozu nach den Grundsätzen des -blossen Staatsrechts der Staat allerdings das vollkommenste -Recht hätte. -</p> - -<p> -<em class="italic">Zusatz. Von der Garantie des ewigen Friedens.</em> — Wenn -sich nun gleich zeigen lässt (wie es sich zeigen lässt), dass -<a id="page-434" class="pagenum" title="434"></a> -<a id="pagehdr-434" class="orig-page" title="89"></a> -die Idee des ewigen Friedens, als Aufgabe, in der reinen Vernunft -liege: wer steht uns denn dafür, dass sie mehr als ein -blosser Begriff werden, dass sie in der Sinnenwelt werde realisirt -werden? Die Natur selbst, antwortet Kant, durch die -nach ihrem Mechanism geordnete Verbindung der Dinge. Nach -den drei Arten des rechtlichen Verhältnisses hatte die Natur -dreierlei Zwecke sich vorzusetzen. -</p> - -<p> -<em class="italic">Zuvörderst</em>, nach dem Postulate des Staatsbürgerrechts, -den: die Einzelnen zur Vereinigung in Staaten zu treiben. -Würde auch nicht die innere Mishelligkeit, so würde doch der -Krieg von aussen, der gleichfalls in dem Plane der Natur lag, -die Menschen genöthiget haben, ihre Macht zu vereinigen. Dass -die Form dieser Vereinigung der allein recht- und vernunftmässigen -sich immer mehr nähere, dafür ist durch das allgemeindrückende -der Ungerechtigkeit und Gewaltthätigkeit gesorgt, -so dass die Menschen endlich durch ihren eigenen Vortheil -werden gezwungen werden, zu thun, was Rechtens ist. -</p> - -<p> -<em class="italic">Dann</em>, nach dem Postulate eines Völkerrechts, den: die -Völker voneinander abzusondern, welches durch die Verschiedenheit -der Sprachen und Religionen befördert wurde, wodurch -zwar anfangs der Krieg erzeugt, endlich aber doch durch das -entstandene Gleichgewicht ein beständiger Friede hervorgebracht -werden muss; wozu <em class="italic">drittens</em> der Handelsgeist, der auf -den Eigennutz eine Sicherheit gründet, die das Weltbürgerrecht -schwerlich hervorgebracht haben würde, beiträgt. -</p> - -<p> -Es sey dem Rec. erlaubt, zur Erläuterung hinzuzusetzen, -wie er selbst die Sache ansieht. — Die allgemeine Unsicherheit, -welche jede rechtswidrige Constitution mit sich führt, ist allerdings -so drückend, dass man glauben sollte, die Menschen müssten -schon längst durch ihren eigenen Vortheil, welcher allein -die Triebfeder zur Errichtung einer rechtmässigen Staatsverfassung -seyn kann, bewogen worden seyn, eine solche zu errichten. -Dies ist bisher nicht geschehen; die Vortheile der Unordnung -müssen sonach noch immer die der Ordnung im allgemeinen -überwiegen; ein beträchtlicher Theil der Menschen -muss bei der allgemeinen Unordnung noch immer mehr gewinnen -als verlieren, und denjenigen, die nur verlieren, muss -<a id="page-435" class="pagenum" title="435"></a> -<a id="pagehdr-435" class="orig-page" title="91"></a> -doch noch die Hoffnung übrig seyn, auch zu gewinnen. So -ist es. Unsere Staaten sind für Staaten insgesammt noch jung, -die verschiedenen Stände und Familien haben sich im Verhältniss -aufeinander noch wenig befestigt, und es bleibt allen die -Hoffnung, durch Beraubung der anderen sich zu bereichern; -die Güter in unseren Staaten sind noch bei weitem nicht alle -benutzt und vertheilt, und es giebt noch so vieles zu begehren -und zu occupiren, und endlich, wenn auch zu Hause alles -aufgezehrt seyn sollte, eröffnet die Unterdrückung fremder Völker -und Welttheile im Handel eine stets fliessende, ergiebige -Hülfsquelle. So lange es so bleibt, ist die Ungerechtigkeit bei -weitem nicht drückend genug, als dass man auf die allgemeine -Abschaffung derselben sollte rechnen können. Aber sobald der -Mehrheit die sichere Erhaltung dessen, was sie hat, lieber wird, -als der unsichere Erwerb dessen, was andere besitzen, tritt -die recht- und vernunftmässige Constitution ein. Auf jenen -Punct nun muss es endlich in unseren Staaten kommen. Durch -das fortgesetzte Drängen der Stände und der Familien untereinander -müssen sie endlich in ein Gleichgewicht des Besitzes -kommen, bei welchem jeder sich erträglich befindet. Durch -die steigende Bevölkerung und Cultur aller Nahrungszweige -müssen endlich die Reichthümer der Staaten entdeckt und vertheilt -werden; durch die Cultur fremder Völker und Welttheile -müssen doch diese endlich auch auf den Punct gelangen, wo -sie sich nicht mehr im Handel bevortheilen, und in die Sklaverei -wegführen lassen, so dass der letzte Preis der Raubsucht -gleichfalls verschwinde. Zwei neue Phänomene in der Weltgeschichte -bürgen für die Erreichung dieses Zweckes: der auf -der anderen Hemisphäre errichtete blühende nordamericanische -Freistaat, von welchem aus sich nothwendig Aufklärung und -Freiheit über die bis jetzt unterdrückten Welttheile verbreiten -muss; und die grosse europäische Staatenrepublik, welche dem -Einbruche barbarischer Völker in die Werkstätte der Cultur -einen Damm setzt, den es in der alten Welt nicht gab, dadurch -den Staaten ihre Fortdauer, und eben dadurch den Einzelnen -das nur mit der Zeit zu erringende Gleichgewicht in denselben -garantirt. So lässt sich sicher erwarten, dass doch endlich ein -<a id="page-436" class="pagenum" title="436"></a> -<a id="pagehdr-436" class="orig-page" title="92"></a> -Volk das theoretisch so leicht zu lösende Problem der einzig -rechtmässigen Staatsverfassung in der Realität aufstellen, und -durch den Anblick ihres Glückes andere Völker zur Nachahmung -reizen werde. Auf diese Weise ist der Gang der Natur -zur Hervorbringung einer guten Staatsverfassung angelegt: sobald -aber diese realisirt ist, erfolgt unter den nach diesen -Grundsätzen eingerichteten Staaten das Verhältniss des Völkerrechts, -der ewige Friede von selbst, weil sie bei dem Kriege -nur verlieren können; dahingegen vor Erreichung des ersten -Zweckes an die Erreichung des zweiten nicht zu denken ist, -indem ein Staat, der in seinem Innern ungerecht ist, nothwendig -auf Beraubung der Nachbarn ausgehen muss, um seinen -ausgesogenen alten Bürgern einige Erholung zu geben, und -neue Hülfsquellen zu eröffnen. -</p> - -<p> -Der Anhang <em class="italic">über die Mishelligkeit zwischen der Moral und -der Politik, in Beziehung auf den ewigen Frieden</em>, enthält eine -Menge treffend gesagter Wahrheiten, deren reifliche Beherzigung -jeder, dem Wahrheit und Geradheit am Herzen liegt, wünschen -muss. -</p> - -<h2 class="l2s part" id="part-7"> -<a id="page-437" class="pagenum" title="437"></a> -<span class="line1">Poesien</span><br /> -<span class="line2">und</span><br /> -<span class="line3">metrische Uebersetzungen.</span> -</h2> - -<p class="center"> -(Meist ungedruckt.) -</p> - -<h3 class="l3s pbb chapter" id="chapter-7-1"> -<a id="page-439" class="pagenum" title="439"></a> -<span class="line1">A.</span><br /> -<span class="line2">Das Thal der Liebenden.</span><br /> -<span class="line3">Eine Novelle.<a class="fnote" href="#footnote-39" id="fnote-39">[39]</a></span> -</h3> - -<p class="first"> -<span class="firstchar">I</span>n der anmuthigsten Gegend der Veltelin, ohnweit der -Grenze von Italien, liegt ein kleines Thal, das Thal der Liebenden -genannt. Haine von Lorbeeren und Pomeranzen und Citronen, -die ohne Pflege wachsen, erfüllen es, und duften Sommer -und Winter die angenehmsten Gerüche: in der Mitte desselben -ist ein kleines Myrtenwäldchen, und im Myrtenwäldchen ein -grosser Grabhügel, von immer blühenden Rosen umgeben. Vom -hohen waldigen Gebirge bedeckt, von Felsen eingezäunt, erblickt -es selten das Auge eines Sterblichen, verirrt dahin sich -selten der Fuss des Wanderers. Nur wenige sind hineingekommen. -Ein geistiges Wehen, wie Küsse eines Engels, fühlten sie -an ihren Wangen; eine sanfte Wehmuth erfüllte ihre Seele; unvermerkt -enttröpfelten ihren Augen Thränen, und das war ihnen so -süss! Die Bilder ihrer verstorbenen Freunde oder Geliebten -gingen vor ihrer Seele vorüber, und Ahnungen von Wiedersehen, -Vorgefühle des ewigen Lebens erfüllten sie, wenn sie -auf dem Grabeshügel im Myrtenwäldchen fünf Flämmchen blinken -sahen, Symbole wiedervereinigter Treue nach dem Tode. -Einst drang ein Landvogt auf der Jagd einem verwundeten -Rehe nach, das hieher seine Zuflucht genommen hatte, in das -<a id="page-440" class="pagenum" title="440"></a> -Thal ein. Bangigkeit und Angst überfiel ihn, kalter Schweiss -rollte über seine Stirn herab, er musste den geweihten Boden -verlassen. -</p> - -<p> -In diese Gegenden hatte sich vor Jahrhunderten, erzählen -die Hirten, ein junger Ritter verirrt. Im hohen Walde verloren, -ermattet und hungrig, erblickte er durch die Nacht hin von -ferne ein Feuer. Es waren Hirten, die bei ihrem Vieh wachten. -Sie theilten willig mit ihm ihre geringe Kost, und er wärmte -sich an ihrem Feuer. — „Wie es dort wieder im Gebüsch -heult!“ sagte der eine, der jetzt eben zu ihnen hinzukam; „wie -der Geist des armen Einsiedlers wieder winselt und ächzt! -weiss Gott, die Haut schauert mir allemal, wenn ich da vorbeigehe.“ -— „Mir auch, sagte der andere, ich mache lieber -einen Umweg von einer Stunde. Und es war doch ein so guter -frommer Mann, der Einsiedler: betete so fleissig, grüsste jedes -Kind so freundlich, und wies zurechte und half. Weisst du -noch, wie er mir den kranken Fuss heilte, den ich mir beim -Herabstürzen von jenem Felsen zerquetscht hatte?“ — „Und -wie er mir meine verirrten Lämmer wiederbrachte? Ach! wie -wird es erst unser einem einmal gehen? Komm, wir wollen -ein Vaterunser für seine arme Seele beten.“ -</p> - -<p> -Wehmuth und Mitleiden erfüllten den Ritter. — „Kommt, -führet mich an den Ort.“ Sie führten ihn hin. Es war eine -trübe Nacht; der Wind sausete durch den Busch dem Ritter -entgegen; es winselte und ächzte dumpf im Gebüsch. — „Wer -du auch seyest, unglückliche Seele, die im Fegefeuer leidet; -können Gaben oder Seelenmessen, oder das Gebet irgend eines -Sterblichen deine Qualen lindern, so entdecke dich mir: meine -Seele liebt und bedauert dich,“ sagte der Ritter, und plötzlich -stieg unter dem Hügel eine Gestalt hervor. Ein langer Bart -wallte ihm herab bis auf den Gürtel; sein Auge war eingefallen -und erloschen, seine Wange abgewelkt, nagender Kummer -war über sein Gesicht verbreitet; aber durch die dicke Wolke -des Grams, die auf ihm lag, blickte ein einziger schwacher Zug -von Ruhe und entfernter Hoffnung hindurch. Sein Anblick erfüllte -die Seele mit Mitleid, aber nicht mit Grauen. -</p> - -<p> -„Jüngling,“ so redete der Geist, „schaudere nicht vor mir -<a id="page-441" class="pagenum" title="441"></a> -zurück! Noch sind es nicht zehn Jahre, so war ich ein Ritter, -jung und feurig, und mannhaft wie du — solltest du nie den -Namen Rinaldo gehört haben? — und ach! wie glücklich! Nicht -umsonst vielleicht führte dich das Schicksal zu meiner Gruft, -die noch nie ein Sterblicher so in der Nähe betrat. Höre die -Geschichte meiner Leiden, und beklage mich.“ -</p> - -<p> -„In meinen ersten Jünglingsjahren, jeder Tropfen Bluts in -mir Feuer, und jede Nerve Kraft, kam ich an den Hof nach -Paris. In jedem Turnier war der Preis für mich. Ich gefiel; -die Ritter verleumdeten mich, und die Damen sprachen nur unter -sich allein von mir. Einer der schönsten Tage meines Lebens -war der Vermählungstag der Königstochter. Aus allen -Ländern der Franken hatte die Krone der Ritter sich versammelt -zum feierlichen Turnier. Wir kämpften drei Tage, und ich -war Sieger. Die neidischen Blicke der Ritter und das laute Zujauchzen -des Volkes von den Schranken her, beides war mir -gleich festlich. Im Taumel der Freude sah ich rund um mich -her, um alle Blicke des Beifalls einzusaugen, und sahe in der -ersten Reihe in den Schranken ein Fräulein; ihr trübes schwimmendes -Auge zur Erde gesenkt, ihr Haupt nach einer Seite geneigt, -wie eine Lilie vor der Sonnenhitze sich herabbeugt; Ernst -und tiefes Nachdenken in ihren sanften schwärmerischen Zügen. -Kein fröhliches Händeklatschen, kein Lächeln, kein verlorener -Seitenblick auf mich; — sie allein unter den Tausenden, die -sie umgaben, kalt und ernsthaft! — Ich ward tief herabgeschleudert. -— Warum verachtet sie dich? eben sie, die vollkommenste -unter den Mädchen?“ -</p> - -<p> -„Ein Tanz beschloss den Tag. Alle drängten sich zu dem -Sieger, stolz an seiner Seite die Reihen durchzuwallen, seine -Blicke aufzufangen, und er suchte die in einem Winkel verborgene -Verächterin. Sie flog mir entgegen, — und auf einmal, -wie aufgehalten, schien sich ihr unwilliger Fuss zu sträuben. -Schüchtern und verscheucht tanzte sie; riss sich los, entfernte -sich, tanzte mit andern, und feuriger. Sie verachtet dich, tönte -es im Innersten meiner Seele, aber warum? — Ich hätte mich -selbst verachten mögen. — Jetzt empörte sich beleidigter Stolz, -sie zu meiden; jetzt sprach Liebe und Neugier, sie zu suchen. -<a id="page-442" class="pagenum" title="442"></a> -Ich schwur mir tausendmal, sie nie wieder zu sehen, und ging -den ersten Morgen an einen Ort, wo ich sie zu finden hoffte. -Sie war heiter bei meiner Ankunft; ihre Stirn umwölkte sich, -sobald sie mich sah. So war sie immer.“ -</p> - -<p> -„Ich beschloss, Paris zu verlassen, und sie nie wieder zu -sehen. Ich beurlaubte mich vom Hofe. Schon war ich die -Stufen herabgestiegen, als die Zofe mir ein Blatt folgenden Inhalts -in die Hand drückte: „„Dank euch, edler Ritter, dass ihr -Paris verlasset, und durch eure Entfernung einer Unglücklichen -die Ruhe wiedergebt, die eure Gegenwart ihr raubte: ein Geständniss, -das während derselben keine irdische Macht mir -würde entrissen haben. Würdiget Eures Andenkens, Eurer Thränen, -Eures Gebets die unglückliche Maria.““ -</p> - -<p> -„Wonnegefühl engte meine Brust, ich musste ihr Luft machen. -Ich eilte auf den Flügeln der Liebe zu ihr. Ich fand sie nicht; -— Unmuth ergriff mich. Die Falsche, sie lockt mich an, und -stösst mich wieder zurück! — Ich konnte nach meinem Abschiede -vom Hofe nicht mehr öffentlich erscheinen; stellte mich -krank, um einen Vorwand für mein längeres Bleiben zu haben; -und wards vor Liebe und Schmerz. Verlangen nach ihr gab -mir das Leben wieder. Ich ging, und überraschte sie in einer -einsamen Laube. Sie sass über einer Stickerei, in Trübsinn -versunken. Noch ehe sie mich erblickte, lag ich zu ihren -Füssen. — „„Verlasst mich, grossmüthiger Ritter, rief sie: verlasst -die Gegend, in der ich lebe. O das unselige Geständniss! -warum musste es sich doch aus diesem Herzen heraufdrängen, -das bei Euch nur einer flüchtigen Neigung zu begegnen fürchtete!““ -Ich besänftigte sie. Bebend hörte sie meine Schwüre, -auf ewig der ihrige zu seyn; bebend empfing sie meine heissen -Küsse. Ein trauriges Vorgefühl schien ihre Seele zu durchschauern.“ -</p> - -<p> -„Ihr Herz war offener; es kämpfte noch, aber es unterlag -allmählig dem Gefühle der Liebe. Ich sah sie öfters in dieser -Laube. Ein feindlicher Dämon gab mir ein, es gehöre unter -die Trophäen eines Ritters, die Unschuld zu morden. Es war -die Moral, die bei festlichen Gelagen oft an der Tafel meines -Vaters ertönt hatte. — In süsse Schwärmereien versunken, -<a id="page-443" class="pagenum" title="443"></a> -überraschte uns einst die schönste Sommernacht in unserer lieben -Laube. Ich bestürmte ihre Tugend, und ich merkte mit -jeder Minute ihren Widerstand schwächer werden. Schon glaubte -ich gesiegt zu haben, als sie in Thränen zerfliessend meine -Füsse umschlang. — „Mann mit der stärkeren Seele, schluchzte -sie, schone die schwächere weibliche. Siehe, ich bin in deiner -Gewalt; du kannst der Schwachen, die jetzt ihr Leben für dich -verbluten würde, das rauben, was ihr mehr ist als das Leben; -aber schone der Armen, sey grossmüthig und thu’ es nicht.“ — -Kalter Schauer überfiel mich; die Tugend fing an, in mein Herz -zurückzukehren; aber — „besiegst du sie jetzo nicht, so entfernt -sie dich nun auf immer von sich“ — flüsterte der feindliche -Dämon, und — er siegte.“ -</p> - -<p> -„Ich verliess sie in Thränen gebadet. In meiner Wohnung -traf ich Boten von meinem Vater: er erwarte seinen Tod; ich -solle eilen, ihn noch lebendig zu finden. — Ich verliess Paris -sogleich, ohne sie sehen, ohne ihr ein Lebewohl sagen zu können. -Mein Herz zog mich gewaltig zurück: aber der Zug ward -schwächer, als neue, unerwartete Eindrücke mich bestürmten. -Mein Vater starb in meinen Armen. Das Bild eines sterbenden -geliebten Vaters, neue Sorgen, andere Gegenstände, alles vereinigte -sich, das Andenken an Marien in meiner Seele zurückzudrängen. -Eine dumpfe, theilnahmlose Trauer hielt lange meine -Seele umfangen. Da sah ich Laura, das Meisterwerk des -Schöpfers, und mit dem ersten Blicke waren unsere Seelen -Eins. Heilige Bande verknüpften uns; wir tranken die Seligkeit -der Liebe in vollen Zügen.“ -</p> - -<p> -„Innige Liebe liebt keine Zuschauer: wir verliessen das Geräusch -der Stadt, um in der einsamsten Gegend am Fusse der -Alpen unseren Himmel aufzuschlagen. Wir durchirrten Arm in -Arm die paradiesischen Fluren. Sie ging einst allein aus, um -eine Gegend hinter einem angenehmen Hügel, der immer das -Ziel unserer Wanderungen gewesen war, zu sehen. Ich war -durch einen Zufall zu Hause geblieben. Ihre Zurückkunft verzog -sich. Ich lauschte an der Laube, die ich ihr unterdessen -an ihrem Lieblingsplatze bereitet hatte, um sie bei ihrer Rückkunft -angenehm zu überraschen. Bei jedem Rauschen eines -<a id="page-444" class="pagenum" title="444"></a> -Blattes, jedem leisen Fusstritte glaubte ich sie zu hören. Es -kam ein Bote von ihr. Zitternd eröffnete ich das Blatt, das er -mir gab, und las folgende Worte: „„Wie könnte ich Rinaldo’n -besitzen, indess Maria verlassen weint? Rührt dich ihr Elend -nicht, so lass die Bitten der Laura — ach deiner Laura! — dich -rühren, an ihr tief verwundetes, noch immer nur für dich schlagendes -Herz zurückzukehren. Vergiss Lauren und störe die -Ruhe nicht, der ich entgegeneile. Gehe ostwärts von deiner -Wohnung, nach dem Hügel zu, den wir heute früh von der -Morgensonne so schön vergoldet sahen, wo ein früher geliebtes -Weib und eine süsse Tochter, ganz das Ebenbild Rinaldo’s, auf -deine Umarmungen warten.““ -</p> - -<p> -„Der Schlag war fürchterlich. Nach geraumer Zeit erst erhielt -ich meine Besonnenheit wieder. Die Scham hielt mich -ab, Marien aufzusuchen: Laura war mir durch ihre Grossmuth -doppelt theuer geworden. Ich wandte Alles an, sie wieder zu -finden; kein Kloster, keine Einsiedelei, keine einsame Gegend -wurde undurchsucht gelassen: ich durchstreifte selbst als Pilger -die halbe Erde: ich hoffte sie durch meine Bitten zu erweichen; -aber vergebens, ich fand sie nicht. Ich kam endlich -in dieses Thal, lebte als Eremit in demselben, errichtete meiner -Laura, die ich für längst todt hielt, ein Grab, betete und weinte -auf ihrem Hügel, und starb auf ihm.“ -</p> - -<p> -„Wenn der Geist die irdischen Fesseln verlassen, und von -aller Zumischung der Sinnlichkeit frei ist, sieht er alles in einem -anderen Lichte. Taumel dieser Sinnlichkeit berauschte mich, -im Leben Marien zu vergessen; jetzt fühlte ich ihre Schmerzen, -die Schmerzen Laurens und die Schmerzen der Armen, die unter -Thränen geboren, dem Elende geweiht, nie den Vaternamen -gestammelt hat; die vielleicht bestimmt ist, eine Beute des Elendes -oder des Lasters zu werden. Ich leide alle Qualen, die ich -diesen verursacht habe, im Fegefeuer, das die Reue eben gebiert -und das stete Gedächtniss der unabänderlichen Vergangenheit, -— bis Laura und Maria glücklich sind, bis ich mein Kind -an dem Arme eines Mannes sehe, der nur sie liebt. Ach! wird -meine Qual wohl je aufhören? — Aber ich fühle das Wehen der -Morgenluft. Nicht umsonst vielleicht führte dich das Schicksal -<a id="page-445" class="pagenum" title="445"></a> -an meine Gruft. Lerne die Unschuld verehren, und rührt dich -das Elend der Seele des armen Rinaldo, so bete für mich, und -wallfahrte zum heiligen Grabe.“ — Hiermit verschwand der Geist. -</p> - -<p> -Schauder ergriff Don Alfonso; so hiess der junge Ritter. -Er kniete nieder, und legte auf Rinaldo’s Grabe das heilige Gelübde -ab, nicht zu ruhen, bis er etwas zur Befreiung der armen -Seele beigetragen, und die Unschuld immer zu verehren. -Die Hirten versichern, dass er dieses Gelübde nie gebrochen. -</p> - -<p> -Durch seinen natürlichen Hang zur Andacht sowohl, als -durch die Empfindungen, die an der Gruft Rinaldo’s sich seiner -bemächtigt hatten, begeistert, trat er die Reise nach dem heiligen -Grabe an. Er besuchte alle die Oerter, wo der Weltheiland -gelitten. Als er einst, sich selbst und die Welt um sich -vergessend, auf dem heiligen Grabe in warmer Andacht kniete, -und für die Seele des armen Rinaldo betete, überfiel ein Haufen -sarazenischer Räuber Jerusalem, und führte ihn gefangen -weg. Man brachte ihn unter die Sklaven des Emir von Medina. -</p> - -<p> -Je mehr seine Gestalt die Herzen der Heiden für ihn eingenommen -hatte, desto heftiger wurden sie durch seine standhafte -Weigerung, die Lehre ihres Propheten anzunehmen, erbittert. -Er wurde mit den niedrigsten der Sklaven gebraucht, in -den Gärten des Emir zu graben. Die Härte der ungewohnten -Arbeit, die Strenge, mit der er behandelt wurde, und das brennende -Klima verzehrten seine Kräfte. Er fiel an einem Abende, -zur Zeit, da die Gärten geschlossen und die Arbeiter herausgelassen -wurden, ohnmächtig nieder, und erwartete das Ende -seiner Leiden. Niemand bemerkte den Vorfall. -</p> - -<p> -Eine süsse klagende Stimme, die in einem Zimmer des Serail, -das an die Gärten stiess, in französischer Sprache ein Lied -an die Jungfrau Maria sang, und durch öfteres Weinen und -Schluchzen sich unterbrach, brachte ihn wieder zum Bewusstseyn. -— „O holde Mutter! seufzte die Stimme, wo bist du, um -die Blume welken zu sehen, die du so zärtlich pflegtest? theure -Cölestina! die du jedes Gefühl der Tugend in mir wecktest, wo -bist du, um den letzten Trost in meine Seele zu giessen, und -dies brechende Auge zu schliessen?“ Sie schloss mit einem -rührenden Gebete an die heilige Jungfrau, worin sie mit schwärmerischer -<a id="page-446" class="pagenum" title="446"></a> -Andacht ihren Entschluss entdeckte, sich den Dolch -in das Herz zu stossen, ehe sie sich der Wollust des Emir aufopfere, -die ihr diese Nacht drohe; und sie bat, ihr für diese -That entweder Gnade bei Gott zu erflehen, oder ihr Hülfe zu -senden. -</p> - -<p> -„Sie hat sie dir gesendet;“ rief der Ritter, dem fremdes -Elend die Kräfte wiedergab, die sein eigenes ihm genommen -hatte, — „hier ist mein Arm, und wenn tausende in Waffen -gegen mich ständen, so rettete er dich!“ — „Eiserne Riegel -und Gitter verwahren mich, edler Fremdling, ein Heer von -Wächtern lauert auf mich. Dein Arm ist zu schwach, mich zu -retten. Habe Dank für dein Mitleiden, habe Dank, dass ich -nicht unbedauert sterben werde; und bist du ein Franke und -ein Christ, wie deine Sprache zu zeigen scheint, so bete für -die Seele der armen Marie.“ -</p> - -<p> -Er ergriff zwei Baumleitern, und band sie zusammen, um -das Zimmer Mariens zu ersteigen. -</p> - -<p> -Indessen war von dem Aufseher der Sklaven seine Abwesenheit -bemerkt worden. Der erste Verdacht fiel auf den Garten. -Man ging hinein, und traf ihn mitten in seiner Unternehmung. -Die Absicht derselben war nicht zweideutig. Es wurde -sogleich dem Emir gemeldet. Sein Zorn war grimmig; er bestimmte -den nächsten Morgen zu seiner Hinrichtung. -</p> - -<p> -In jeder anderen Lage wäre vielleicht der Tod dem Alfonso -willkommen gewesen, er hätte ihn nur als seinen Retter -aus einer Sklaverei betrachtet, die ihm ebenso erniedrigend als -hart schien; und hätte ihn gern gegen ein thatenloses Leben -umgetauscht: aber jetzt kränkte das Schicksal der armen Marie, -die er nicht retten konnte, ihn mehr, als sein eigenes, und -auch jener Wunsch, vor seinem Ende noch etwas zur Befreiung -der Seele Rinaldo’s beizutragen, wurde lauter, je mehr er sich -demselben zu nähern glaubte. Er ging, mehr unerschrocken -als freudig, seinem Tode entgegen. -</p> - -<p> -Die Werkzeuge seiner Hinrichtung waren bereitet. Im Hofe -des Serail war ein Scheiterhaufen errichtet. Der Pöbel strömte -dem Schauspiele zu, und der Emir erschien mit seiner neuesten -<a id="page-447" class="pagenum" title="447"></a> -Favorite, Alzire, auf einem Balkon, um die Hinrichtung mit anzusehen. -</p> - -<p> -Er kam eben von dem ersten Genusse ihrer höchsten -Gunst, und sein Feuer war dadurch gegen sie nicht erkaltet. -Er war ihr ergebener, als er es seit langer Zeit einem Weibe -gewesen war, und hatte ihr versprochen, ihr die erste Bitte, -die sie an ihn thun würde, sie betreffe, was sie wolle, uneingeschränkt -zu gewähren. War es ein geheimes Wohlwollen, -das das Herz der Alzire bei Alfonso’s Anblick plötzlich zu ihm -neigte; oder konnte sie die That, dem Emir diejenige rauben -zu wollen, von der allein sie ihren Sturz befürchten durfte, -nicht sehr strafbar finden; oder war es eine unmittelbare Wirkung -der Vorsehung, die Alfonso’n erhalten wollte: Alzire bat -um sein Leben. Unwillig, aber ehrliebend genug, um sein Wort -nicht zu brechen, und zu schwach, um Alzirens Bitte widerstehen -zu können, gab der Emir sogleich Befehl, den Alfonso -über die Grenze zu bringen. -</p> - -<p> -Der Ritter, untröstlicher, diejenige ihrem Schicksal zu überlassen, -die er so gern mit Verlust seines Lebens gerettet hätte, -als erfreut über die unvermuthete Rettung seines Lebens, durchirrte -die rauhen Wüsten Arabiens. Wurzeln, die er sparsam -fand, waren seine einzige Nahrung, und der heisse Sand brannte -seine Füsse, und trocknete seine Kräfte aus. In der vierten -Nacht, indess der Sturm ihn umheulte, und die Wolken den -Schimmer des letzten Sterns vor seinem Auge verdeckten, arbeitete -er sich mühsam durch verwachsene Büsche hindurch; -und eben waren seine letzten Kräfte im Schwinden, als er aus -einer Felsenkluft ein mattes Licht schimmern sah. Hoffnung -belebte die Kraft, die ihm noch übrig war: er erreichte die -Grotte. -</p> - -<p> -Ein Weib, weiss gekleidet, von schlankem Wuchse, trat ihm -entgegen. Die ehemalige Schönheit der Jugend schien auf ihrem -Gesichte einer erhabenern Schönheit Platz gemacht zu haben. -Die geistigste Andacht flammte in ihrem grossen, zum Himmel -emporgewöhnten Auge, und verbreitete sich über ihr ganzes -Gesicht. Nichts liess in ihr die Sterbliche errathen, als die -sanfte Wehmuth, von der alle diese Züge gemildert waren, und -<a id="page-448" class="pagenum" title="448"></a> -welche die Spur ehemaliger Leiden verwischt zu haben schien. -Sehr verzeihbar war also der Irrthum des Ritters. — „Heilige -Jungfrau, redete er sie an, und sank auf seine Kniee; wunderthätige -Helferin! — wer bin ich, dass du mich würdigest, -den Himmel zu verlassen, um mich zu retten?“ — „O steh -auf! rief ihm jene zu, und entweihe nicht den Namen der Heiligen. -Ich bin eine Sterbliche, wie du; glücklich, wenn die -Mutter Gottes sich meiner bedienen will, dir zu helfen! Aber -welches Schicksal treibt dich in diese unzugängliche Wüste, wo -ich seit vielen Jahren keinen Wanderer erblickte? Kann ich und -womit kann ich dir dienen?“ -</p> - -<p> -Die Entkräftung des Ritters erlaubte ihm nicht, auf die -erste dieser Fragen zu antworten; aber sie nöthigte ihn, es auf -die andere zu thun.<a class="fnote" href="#footnote-40" id="fnote-40">[40]</a> Er bat sie um einen Trunk Wasser und -um etwas Speise. -</p> - -<p> -Sie ging und schöpfte ihm aus der Quelle, die hart an -ihrer Grotte aus dem Felsen rieselte, und brachte milde Früchte, -die sie selbst gezogen hatte. — „Erquickt euch, Fremdling; -sagte sie zu ihm, mit dem wenigen, was ich euch geben kann; -und nehmet dann dieses Lager ein. Ich werde schon auch -einen Platz finden. Wer wollte sich durch eine falsche Anständigkeit -abhalten lassen, die Pflichten der Menschlichkeit zu erfüllen, -wenn es nicht gegen unser eigenes Geschlecht ist?“ -</p> - -<p> -Der Ritter war durch alles, was er sah und hörte, wie -betäubt. Erst nachdem er von seiner Entkräftung sich ein wenig -erholt, und einer ruhigen Besinnung mächtig war, fing die -Neugierde und Verwunderung an, an die Stelle dieser Betäubung -zu treten; aber seine Unbekannte, die allein sie hätte befriedigen -können, war verschwunden. Wunderbare Ahnungen strömten -durch seine Seele; noch konnte er sich nicht überreden, -ein sterbliches Weib gesehen zu haben: aber bald wurden alle -seine Zweifel durch einen festen Schlaf gefesselt. -</p> - -<p> -Das Erste, was seine Sinne traf, als er wieder erwachte, -war die Melodie des Liedes, das die arme Maria gesungen hatte. -Es war ihm, als ob ein Traum ihn wieder in die Gärten des -<a id="page-449" class="pagenum" title="449"></a> -Emir versetzte; er brauchte Zeit, um sich zu überzeugen, er -wache; er horchte und horchte genauer; der Gesang kam vom -Eingange der Grotte her. Die Unbekannte sass an der Morgensonne, -und sang mit der rührendsten Stimme jenes Lied. -Seine ganze Seele lauschte auf ihren Gesang: wie wär’ es ihm -möglich gewesen, sich selbst durch Muthmaassungen und Untersuchungen -zu unterbrechen! — Das Lied schloss und die Stimme -schwieg. Eben war er im Begriff, sich seinem Erstaunen und -seiner Begierde, sich diese Begebenheiten alle zu erklären, von -neuem zu überlassen, als ein anderer Vorfall seine Betrachtungen -unterbrach. -</p> - -<p> -„Bist du es wirklich, meine Tochter?“ sagte die Unbekannte -zu einem jungen Frauenzimmer, das sich sprachlos und schluchzend -in ihre Arme warf, und ihr weinendes Gesicht an ihrem -Busen verbarg; — „schenkt die heilige Jungfrau die als todt -Beweinte mir wieder? — Ja, du bist es, ich fühls an dem starken -Schlagen deines Herzens gegen das meinige, an deinem -freudigen Zittern in meinen Armen. Wer, als meine holde -Maria, könnte mich so lieben? Aber, sieh mich an; lass mich -dies so lang entbehrte Antlitz wieder sehen; lass michs auch in -deinen Augen, in allen den wohlbekannten Zügen deines Gesichts -lesen, dass du es bist, die mich so liebt. — So sollte ich denn -auch diese Freude noch auf der Erde haben, dich wieder zu -sehen; sollte noch nicht von allem Irdischen mein Herz losreissen! -Ich hatte auch diesen Wunsch daraus vertilgt, dich wieder -zu haben; das ward mir schwer. — Heiliger Gott, und du, gnadenvolle -Mutter desselben, diese Belohnung meiner Leiden wagte -ich nicht zu hoffen. Ich dankte dir für den Seelenfrieden und -die Heiterkeit, die du mir gabst, meinen letzten und härtesten -Verlust zu ertragen. Aber jetzt hilf mir die Freude tragen, dass -sie mein Herz nicht von dir abziehe; und — sieh auf mich -herab, — wenn du mir die Holde wieder nehmen willst, oder -wenn ich sie nicht mehr rein und nur dir treu wiedergefunden -hätte: hier bin ich, — ich ergebe mich in deinen Willen! — -Und jetzt, liebe Tochter, erzähle mir: wo warst du seit jenem -traurigen Tage, der dich von mir trennte, und was trennte dich -von mir?“ -</p> - -<p> -<a id="page-450" class="pagenum" title="450"></a> -„Du warst, seitdem meine gute erste Mutter gestorben war, -gütige Cölestina!“ — hörte der Ritter jene Stimme sagen, die er -schon in den Gärten zu Medina gehört hatte, — „nicht mehr -immer so ganz heiter, als du es vorher warest. Ich bemerkte -zuweilen, dass, wenn du mich an dein Herz drücktest, du plötzlich -dich abwandtest, und dann kam es mir vor, als ob du -eine Thräne unterdrücktest. Du gingest dann hinaus auf meiner -Mutter Grab, und betetest, und bliebst oft lange; und wenn -du zurückkamst, war so ein Glanz und so eine Heiterkeit in -deinem Gesichte, und du warst so sanft und so feierlich froh, -und mir war so wehmüthig wohl an deiner Seite, dass mich -dünkte, du seyest auf dem Grabe verklärt worden, und seyest -nicht mehr meine Mutter Cölestina, sondern ein heiliger Engel. -— Doch vernimm das Schicksal, das mich von dir getrennt hat. -Einst an einem Morgen — du ruhtest noch — war ich ausgegangen, -Blumen zu suchen, und meiner Mutter Grab damit zu -schmücken. Ich hatte mich wohl zu weit entfernt, denn plötzlich -erschienen die Räuber der Wüste, die mich mit Gewalt -fortschleppten, und als ich schrie, damit du mir helfen solltest, -mir den Mund verstopften. Sie hörten nicht auf mein Weinen -noch Bitten, sondern brachten mich durch lange Wüsteneien in -eine Stadt. Die Stadt hiess Medina, wie ich nachher erfuhr. -Hier bedeckten sie mein Angesicht mit einem Schleier, bis sie -mich zu einem reichen Manne brachten, der den Räubern Geld -gab, und mich seinen Weibern übergab.“ -</p> - -<p> -„Heilige Mutter Gottes! was waren dies für Weiber! Schön -waren sie; einige dünkten mich noch schöner, als du, meine -Mutter; aber doch sah ich sie nicht gern, und es war mir nie -recht wohl, wenn sie mir ins Gesicht sahen. Man sah es nicht, -ob sie mich liebten, oder ob sie sich untereinander liebten. Sie -liebten mich wohl auch nicht? — Wenn ich redete, so lachten -sie. Ich musste ihre Sprache lernen; und ich lernte sie so -gerne und so fleissig, damit ich mit ihnen reden könnte, und -damit sie meine Freundinnen würden. — Kaum lernte ich sie -verstehen, so hörte ich, dass sie nichts vom Weltheilande und von -seiner Mutter wussten; und als ich ihnen davon sagen wollte, -und ihnen erzählen, wie gütig und huldreich sie wären, verlachten -<a id="page-451" class="pagenum" title="451"></a> -sie mich abermals, und redeten dagegen viel von einem -grossen Propheten, der wohl ein falscher Prophet seyn muss, -weil du mir nichts von ihm gesagt hast. — Endlich kam einst -jener reiche Mann wieder, der den Männern, die mich geraubt -hatten, Geld gegeben hatte, und verlangte, ich sollte ihn lieben; -und das konnte ich doch nicht: denn er sah so wild und grausam, -und wusste ebensowenig vom Weltheilande, als seine -Weiber, und that allerhand Dinge mit mir, die wohl schändlich -seyn müssen, weil er sie that, und weil er so verstört dazu -aussah. Ich stiess ihn zurück: die Mutter Gottes gab mir eine -Kraft, die ich nie gefühlt hatte, dass ich Schwache dem starken -Manne Widerstand leisten konnte. Ich weinte bitterlich; da -ward der Mann sehr zornig, und sagte mir mit wildem Gesichte: -er würde diese Nacht wiederkommen, und da würde -mich nichts vor ihm retten.“ -</p> - -<p> -„Mir war sehr eng ums Herz. Ich betete inbrünstig zur -Mutter Gottes, mich zu erleuchten, was ich thun sollte; und wie -ich feuriger betete, wurde ich immer muthiger. Es war, als -ob eine geheime Stimme mir ins Herz flüsterte, es sey schändlich -und sehr schändlich, was dieser Mann mit mir thun wolle, -und ich müsse eher sterben, ehe ich es ertrüge. Ich wusste, -dass eine meiner Gespielinnen ein Werkzeug hatte, — sie nannte -es einen Dolch — wovon sie mir einst sagte, man könne jemand -damit tödten. Damit kann man ja wohl auch sich selbst -tödten, dachte ich. — Sage mir, liebste Mutter, that ich unrecht, -dass ich es ihr heimlich wegnahm? Sie konnte es ja -dann immer wieder haben, glaubte ich.“ — „Erzähle weiter,“ -sagte Cölestina. — „Der Entschluss mich zu tödten, ehe ich -mich der Gewaltthätigkeit des Mannes überliesse, wurde nun -immer fester in mir; und nachdem ich ihn der heiligen Jungfrau -vorgetragen hatte, wurde mir innerlich wohl dabei, und -ich glaubte gewiss, dass sie mir für diese That Gnade bei -Gott erflehen werde; als plötzlich jemand unter dem Fenster -rief: er wolle mich retten, und einige Leitern zusammenband, -wie ich hörte. Gleich darauf aber vernahm ich, dass er ergriffen -und unter tausend Verwünschungen weggeführt wurde. -War es ein Sterblicher, — er musste es ja wohl seyn, weil er -<a id="page-452" class="pagenum" title="452"></a> -sich ergreifen und fortführen liess, und mich nicht retten konnte, -— wie wird es dem Armen ergangen seyn, der um meinetwillen -sich in diese Gefahr stürzte! Wie er ergriffen wurde, -verschwand meine Ruhe. Sein Schicksal hat seitdem mir mehr -Kummer gemacht, als das meinige.“ -</p> - -<p> -„Er ist gerettet“ — rufte der Ritter, der jetzt erst es wagte, -Theil an der Unterredung zu nehmen, weil er sich unter alten -Bekannten zu seyn dünkte; — „und hatte seit jener Nacht den -ersten angenehmen Augenblick, da er auch dich gerettet sah.“ -</p> - -<p> -Maria warf einen schüchternen, aber dankbaren Blick auf -den Ritter, um sich — schien es — von der Wahrheit dessen -zu überzeugen, was er sagte: und Alfonso erblickte ein Gesicht, -auf welchem alle Reize der aufblühenden Jugend sich vereinigten, -den reinsten Abdruck ihres unschuldigen Herzens darzustellen. -</p> - -<p> -Cölestina reichte ihm die Hand: „Seyd mir nochmals willkommen, -edler Fremdling! — aber erzähle weiter, du meine -Tochter.“ -</p> - -<p> -„Wunderbare Hülfe ward mir gesandt: erzählte sie; ich -blieb diese Nacht über unbeunruhigt.“ — „Ja, sagte der Ritter, -denn der Emir hat sie bei einer anderen neu angekommenen -Schönen des Serail zugebracht, die ihn mit dem ersten Blicke -gefesselt hatte, und die ihm weniger Schwierigkeiten entgegenstellte.“ -— „Ich fühlte mich sogar nach einigen Stunden so -ruhig, dass ein sanfter Schlaf auf mich herabsank. Ich wurde -am Morgen durch ein Getümmel im Hofe des Serail aufgeweckt.“ -— „Es war das Volk, das sich versammelte, mich verbrennen -zu sehen;“ sagte der Ritter. — „Euch verbrennen wollte man? -und der Todesgefahr, die Ihr ausgestanden, sollte ich meine -Rettung verdanken? Doch, Gott Lob, dass Ihr gerettet seyd! — -das Getümmel nahm ab; es entstand eine lange, fürchterliche, -erwartende Stille“ — „Alzire, so hiess die neue Favorite des -Emir, sagte der Ritter, bat um mein Leben. Der Emir begnadigte -mich, und liess mich sogleich über die Grenze bringen; -daher entstand wahrscheinlich diese Stille.“ — „Jetzt erhob sich -ein Gemurmel, fuhr Maria fort; nun ward es lauter; nun brausete -es, wie das tobende Meer. — Wie? dem Hunde von Franken -<a id="page-453" class="pagenum" title="453"></a> -das Leben schenken? Er soll nicht verbrannt werden? -Wir sind vergebens hieher geladen worden? Leidet es nicht! -schienen einige Stimmen, die das Getümmel überschrien, zu -sagen. Der Aufruhr verbreitete sich über die ganze Stadt: -alles lief zu den Waffen. Die Wachen verliessen die Thüren -des Serail, und stürzten sich bewaffnet gegen das Volk. — -War es ein unsichtbares Wesen, das mir den Entschluss eingab, -mich jetzt durch die Flucht zu retten? ich fand alle Zugänge -unbesetzt; ich drängte mich durch das Volk, das nichts -sahe, als die Gegenstände seiner Rache. Ich kam — ob ich -mich noch dunkel des ehemaligen Weges erinnerte, oder ob -unsichtbar Engel mich leiteten, — ich kam durch die lange -Wüste wieder zu deiner Grotte, theuerste Mutter; bin wieder -dein, um mich nimmer von dir zu trennen.“ -</p> - -<p> -„Gott sey gelobt, dass ich dich wieder habe, meine Tochter, -sagte Cölestina, und dass ich dich so wieder habe, wie ich -dich verlor. Und er sey gelobet, dass er auch Euch erhielt, -edler Fremdling! und Euch hieher brachte, dass ich Euch für -den Antheil danken kann, den Ihr an dieser Unschuldigen -nahmt.“ -</p> - -<p> -„Schon lange scheint eine Frage auf Eurer Lippe zu schweben, -und es ist billig, dass ich Eure Neugier befriedige, insoweit -ich darf. Ich bin ein Weib, welches einst in der Welt -sehr glücklich war. Aber vielleicht hatte ich mein Herz zu -sehr in diesem Erdenglück verloren: Gott entzog es mir, um -mir zu zeigen, dass nur Er es sey, in welchem man befriedigende -und dauerhafte Glückseligkeit finde. — Ich trennte mich -von der Welt und von dem, der in ihr mein Abgott war. In -der Stunde der Begeisterung, da ich dieses Opfer, das Tugend -und Ehre und mein eigenes wahres Wohl heischte, begann, -schien es mir so leicht, und nachdem es geschehen war, wollte -mein Herz brechen. Ich suchte Trost und Ruhe an den heiligen -Oertern, wo uns allen die Seligkeit erworben wurde. -Da traf ich die Gesellin meiner Leiden, mit diesem ihrem Kinde. -Ich hatte sie durch mein Elend glücklich machen wollen. Auf -die Art, wie ich es mir gedacht hatte, sollte es nicht seyn. -<a id="page-454" class="pagenum" title="454"></a> -Wir sollten beide durch längeres Leiden zu einer reineren -Glückseligkeit eingehen.“ -</p> - -<p> -„Wir waren beide für die Welt, und sie für uns, auf immer -verloren. In der heiligen Stadt und in ihrer Nähe waren wir -kaum den sarazenischen Räubern entgangen. Wir beschlossen, -uns in diese Wüsten, durch welche Gott einst sein auserwähltes -Volk führte, zu begeben, und kamen in die Nähe des Gebirges, -das Ihr hier vor Euch erblickt. Es ist das Gebirge -Sinai.“ — -</p> - -<p> -„Gott hatte uns den Platz unserer Ruhe schon bereitet. -Wir fanden hier diese Grotte, und dort das Gärtchen; zwar -damals verwildert, aber durch eine geringe Arbeit war es wieder -in Stand gesetzt. Vielleicht dass ohnlängst hier ein frommer -Einsiedler sein Gott geweihtes Leben beschlossen hatte.“ -</p> - -<p> -„Hier haben wir geweint und gelitten. — So lange noch -eine geliebte Freundin gleiche Leiden mit mir litt, wurden die -meinigen mir leichter. Ich stärkte meine Kräfte, um ihren -Kummer tragen zu helfen, und vergass des meinigen, um Trost -in ihre Seele zu giessen, und fand ihn dadurch selbst. Aber -sie schlummerte bald in eine bessere Ruhe hinüber, und liess -mich allein. Ich segnete ihr Geschick; aber — du hattest es -wohl gesehen, meine Tochter, — das meinige ward mir schwerer. -Nur die Zärtlichkeit gegen dich, und deine kindliche Liebe -zu mir, holdes Kind, hielten mich aufrecht. Aber du konntest -meine Leiden nicht mit mir fühlen.“ -</p> - -<p> -„Noch hing mein Herz an etwas Irdischem; es hing an -dir. Du musstest mir genommen werden. Musste durch so -rauhe Wege Gott mich zu meinem Heile führen? — Nichts -war mir nun übrig, als Er. Nur in sein Herz konnte ich meine -Empfindungen ausgiessen; nur von ihm Gegenliebe erwarten. -O, hätte ich es doch eher gewusst, welchen süssen Frieden -dies über mein Herz ausgiesset, wie völlig dies eine Seele befriedigt! -— welch eine Menge von Leiden hätte ich mir ersparen -können!“ -</p> - -<p> -„Aber verzeiht, guter Fremdling! dass ich so flüchtig über -die näheren Umstände meiner Geschichte hinwegeilen musste. -Es ist nicht Mistrauen. Wer so lange, als ich, sich nur mit -<a id="page-455" class="pagenum" title="455"></a> -Gott unterhalten hat, kennt dieses nicht; und in ein Antlitz, -wie das Eurige, setzt es niemand. — Ich habe Ruhe gefunden: -aber noch lebt vielleicht Einer, der mir einst nur zu theuer -war. Kann ich ihm den Seelenfrieden nicht geben, wenn er -ihn noch nicht errungen hat, so will ich ihm doch denselben -auch nicht nehmen, wenn er ihn etwa errungen hätte. Ihr -kehrt in die Welt zurück, und seyd, wenn mich nicht Alles -täuscht, von eben dem Stande und aus eben den Ländern, in -denen er lebte. Ihr könntet ihn antreffen; ihn vielleicht antreffen, -ohne ihn zu kennen. Gutherzigkeit oder ein von ohngefähr -entfahrendes Wort könnte alle die Kämpfe in seiner -Seele erneuern, die er vielleicht längst ausgekämpft hat.“ -</p> - -<p> -„Ich muss freilich wieder von Euch weg, und in die Welt -zurück: sagte der Ritter; aber Verehrung gegen Euch wird -mich allenthalben begleiten, und Euer Wille wird immer mein -Gesetz seyn.“ Er sagte das Erstere so, als ob ihn dieser Entschluss -etwas koste. -</p> - -<p> -Die Lage, in der er Marien in den Gärten von Medina -zuerst gefunden, hatte so etwas Romantisches; Mitleiden und -Theilnehmung an ihrem Schicksale hatten sich sogleich seines -ganzen Herzens bemächtigt. Seine Phantasie hatte nicht gezögert, -sie, die er nur gehört, nie gesehen hatte, in einen -Körper zu kleiden; sie hatte ihn freigebig mit allen Reizen, die -ihrer Silberstimme angemessen wären, ausgeschmückt. Er sah -sie jetzt; und sie war weit über das Bild erhaben, das er sich -von ihr gemacht hatte. Die blühende Wange, das sanfte Auge, -das weiche, wallende Haar konnte er seinem Bilde geben; -aber nicht jenen lebendigen Ausdruck der Unschuld, der Treue, -der kindlichen Zärtlichkeit, weil es ihm dazu am Urbilde fehlte. Er -sah sie jetzt, und sah sie in aller Freude des Wiedersehens -an den Busen derjenigen, die ihr das Theuerste auf der Welt -war, hingegossen; sah, wie sie in stummen Gefühlen an ihren -Augen hing, gleichsam um alle die geliebten Züge wieder zu -spähen, und die alte Vertraulichkeit mit ihnen zu erneuern. -War es ein Wunder, dass seine Seele von eben den Gefühlen -ergriffen wurde, deren reizendsten Abdruck er vor sich sah, -<a id="page-456" class="pagenum" title="456"></a> -und dass er sie mit der zu theilen wünschte, die ihm zuerst -das schönste Bild derselben darstellte? -</p> - -<p> -Maria hatte den Unbekannten, der sich für sie in Lebensgefahr -stürzte, bedauert, und, wie sie gewissenhaft war, sich -den Vorwurf gemacht, die Ursache seines Todes zu seyn. Diese -Empfindung allein hatte die Freude über ihre Errettung getrübt. -Hier fand sie ihn unvermuthet wieder, an dem Orte, -der ihr der liebste auf der Erde war. Nun erst getraute sie -sich, sich ganz dem Gefühle, dass sie ihrer Pflegemutter wiedergegeben -sey, zu überlassen; und es ist möglich, dass die -Freude über seine Gegenwart unvermerkt einigen Antheil an -dem stärkeren Ausdrucke ihrer Zärtlichkeit gegen ihre Pflegemutter -hatte; und dass sie, ohne es zu wissen, einen Theil -dessen, was sie bloss für Cölestinen zu empfinden glaubte, für -Alfonso empfand. -</p> - -<p> -„Aber, kann ich, darf ich zurückkehren — fuhr der Ritter -fort — ohne Trost für die Seele des armen Rinaldo gefunden -zu haben? Ich hoffte doch gewiss am heiligen Grabe —“ -</p> - -<p> -„Rinaldo? fiel Cölestina ihm in die Rede. Wer ist dieser -Rinaldo? was wisst Ihr von ihm?“ -</p> - -<p> -Alfonso erzählte, was er von seinem geängsteten Geiste -selbst an seiner Gruft gehört hatte; erzählte die Bedingungen, -unter welchen seine Qualen enden sollten; Cölestina hörte seine -Erzählung mit stummer Betrübniss, und Maria mit Thränen an. -</p> - -<p> -„O möchten sie enden, die Qualen der unglücklichen Seele! -und vielleicht sind sie schon grösstentheils geendet, sagte Cölestina. -Maria hat ihre Leiden längst beschlossen; sie war die -Freundin, die mir hier starb; sie ruht unter jenem Hügel. Das -ist ihre und Rinaldo’s Tochter. — Ich habe aufgehört zu leiden. -Ich habe die Wege der Vorsehung erkannt; sie waren nichts -als Güte. — Ich bin Laura: Maria wollte mich nicht anders als -Cölestina nennen; drum habt Ihr mich hier so nennen hören.“ -</p> - -<p> -„Und die letzte Bedingung seiner Erlösung — sagte Alfonso -— möchte doch auch sie erfüllt werden! — Ja, edle würdige -Frau, ich darf es Euch sagen; — ich habe nie geliebt; -aber seitdem ich die Stimme dieses holden Geschöpfes gehört, -seitdem ich sie hier an Eurem Herzen gesehen habe, — entweder -<a id="page-457" class="pagenum" title="457"></a> -ich weiss nicht, was Liebe ist, oder ich liebe sie über -Alles. Lasst mich — o, Ihr seyd ja auch ihre Mutter, lasst -mich sie an meinem Arme an die Gruft ihres Vaters führen; -der Anblick wird den Geist erlösen.“ -</p> - -<p> -Maria verbarg ihr Gesicht an Laurens Busen. Ihr Herz -schlug stärker. -</p> - -<p> -„Fremdling, sagte Laura — nehmt nicht etwa eine flüchtige -Rührung, ein mattes Wohlbehagen, einige sich unwillkürlich -Euch aufdringende Wünsche sogleich für Liebe. — Ihr habt -nie geliebt, sagt Ihr; — Euer Herz ist unerfahren und leicht zu -bewegen. Ihr habt dieses Kind im Leiden gesehen, und habt -gewünscht, habt Euch bemüht, sie zu retten. Ihr seyd durch -den Antheil, den Ihr an ihr nahmt, in Gefahr gekommen. Das -kettet edle Seelen an den Gegenstand ihrer Grossmuth: aber -diese Anhänglichkeit ist noch nicht Liebe. Ihr habt sie hier in -allen Rührungen der zärtlichen Tochter gesehen; das hat sich -Euch mitgetheilt. Uebereilet Euch nicht, edler Fremdling.“ -</p> - -<p> -„Grossmüthige Frau, versetzte der Ritter, was ich fühle, -fühl’ ich so wahr und so stark, dass ich für die ewige Dauer -desselben gut bin. Es ist wie mit Flammenschrift in mein Herz -geschrieben, dass diese Mein seyn muss, dass sie Mir bestimmt -ist, und dass ohne sie es kein Glück mehr auf der Erde für -mich giebt.“ -</p> - -<p> -„Ich glaube Euch, edler Mann, sagte Laura: Ihr scheint -wahr und gut; ich glaube, dass Ihr mich nicht täuschen wollt: -aber weder ich, noch selbst Ihr könnt wissen, ob Ihr nicht -vielleicht Euch selbst täuschet. Erwartet es, bis Eure Empfindungen -sich Euch selbst aufklären und entwickeln; und kommt -Ihr dann, und sagt noch eben das, so ist sie Euer.“ -</p> - -<p> -„Verzeiht, edle Frau, versetzte der Ritter: wie könnte ich -in dem, was ich so innig und so warm fühle, mich täuschen? -Täusche ich mich vielleicht auch, wenn ich mein Daseyn empfinde? -— Aber, ich soll warten, soll Euch verlassen, in Länder -gehen, die weite Meere von Euch trennen? Wie werde ich -das ertragen?“ -</p> - -<p> -„Ihr sollt nicht allein gehen, sagte Laura. Dunkle Ahnung -einer höheren <a id="corr-19"></a>Glückseligkeit, ein geheimes Verlangen, auf dem -<a id="page-458" class="pagenum" title="458"></a> -Grabe Rinaldo’s zu seyn, durchströmt meine Seele. Ihr werdet -mich und diese dahin begleiten, und dann — wenn Ihr dann -noch so denkt, ist diese Euer.“ -</p> - -<p> -Sie hatten keine langen Zubereitungen zur Abreise zu -machen. Es waren noch einige Juwelen von denen, die Maria -bei ihrer Abreise aus Paris mit sich genommen hatte, vorhanden. -— „Hätte ich glauben können, dass ihr noch einst einen -Werth für mich haben würdet?“ sagte Laura, als sie sie zu -sich nahm. -</p> - -<p> -Sie zogen unbeschädigt durch Arabien und Palästina, und -setzten sich zu Damaskus auf ein Schiff. Ein günstiger Wind -leitete sie; sie landeten bald an der europäischen Küste. -</p> - -<p> -In einer angenehmen Sommernacht kamen sie zu Rinaldo’s -Grabe. Ein sanfter Wind säuselte: Rosenduft erfüllte die Lüfte. -Ruhe und Heiterkeit im Gesichte, glänzend und verklärt entstieg -der Geist seiner Gruft. -</p> - -<p> -„Sey mir gesegnet, Alfonso! sagte er; du hast dein heiliges -Gelübde gehalten. Du bist seiner werth, meine Tochter. In -heiligeren Gefilden sehen wir uns wieder. — Deine unglückliche -Mutter hat ihre Leiden beschlossen; ihr Leib ruht weit von -dem meinigen, aber ihr Geist ist bei mir: und du, meine Laura, -wirst sie bald beschliessen.“ -</p> - -<p> -Der Geist verschwand. Laura sank in süsser Wehmuth auf -das Grab, und schlummerte in ein besseres Leben hinüber. -</p> - -<p> -Sanfte Trauer erfüllte Mariens und Alfonso’s Seele. Die -Klagen über den Verlust der Glückseligen wurden ihnen süss. -</p> - -<p> -Sie lebten in diesen Gegenden das Leben der Zärtlichkeit -und der Liebe. Jeder Unglückliche segnete ihr Haus; es war -Zuflucht jedes Hülfslosen. -</p> - -<p> -Am fünfzigsten Gedächtnisstage ihrer Vermählung, nachdem -sie schon die Kinder ihrer Enkel zu ihren Füssen hatten spielen -sehen, sassen sie in stummer Zärtlichkeit auf der Gruft, und -das Andenken der Begebenheiten ihres Lebens ging vor ihrer -Seele vorüber. Ein sanfter Schauer überfiel sie, sie umarmten -sich, und ihre Seelen gingen vereint in das Vaterland der Liebe. -</p> - -<p> -Die Hirten fanden sie erstarrt auf dem Grabe liegen, und -begruben sie nebeneinander, da, wo sie lagen. Rosenstöcke -<a id="page-459" class="pagenum" title="459"></a> -und Vergissmeinnicht und Tausendschön entsprossten dem Boden -um das Grab herum und blühten. Ahnungen von Wiedersehen -der Freunde erfüllten die Seelen der Hirten. Ihren -Augen enttröpfelten Thränen. Sie gingen, und als sie hinter -sich sahen, sahen sie fünf Flämmchen auf dem Grabe blinken. -Hinter ihnen schloss sich das Thal. Sie hatten den Weg dahin -nicht wieder gefunden. Sie nannten es das Thal der Liebenden. -</p> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-39" id="footnote-39">[39]</a> Geschrieben zu Zürich im Jahre 1786 oder 1787. — Man vergleiche -die Vorrede S. XVI. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-40" id="footnote-40">[40]</a> „Voltairisch!“ (Randglosse des Verfassers.) -</p> - -<h3 class="l3s pbb chapter" id="chapter-7-2"> -<a id="page-460" class="pagenum" title="460"></a> -<span class="line1">B.</span><br /> -<span class="line2">Kleinere Gedichte.</span> -</h3> - -<h4 class="subchap" id="subchap-7-2-1"> -<span class="line1">Idylle.</span> -</h4> - -<p class="src"> -(Musenalmanach von A. W. Schlegel und L. Tieck, Tübingen 1802, -S. 170.) -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Was regst du, mein Wein, in dem Fass dich?</p> - <p class="verse">„Es brachten die Lüfte mir Kunde</p> - <p class="verse">Von der Inbrunst meines Erzeugers,</p> - <p class="verse">Das regte das Inn’re mir auf!“</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">„Ich möchte die Bande zersprengen,</p> - <p class="verse">Die von ihm ferne mich halten,</p> - <p class="verse">Und zerfliessen und in den Düften</p> - <p class="verse">Zusammenströmen mit ihm!“</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">So bringen heimliche Stimmen</p> - <p class="verse">Der Geister Psychen die Kunde</p> - <p class="verse">Von der unendlichen Liebe</p> - <p class="verse">Im Unendlichen, ihrem Erzeuger;</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Und es dehnet sich ihr das Herz aus</p> - <p class="verse">In unbeschreiblicher Wehmuth,</p> - <p class="verse">In unaussprechlicher Sehnsucht,</p> - <p class="verse">Bis die irdische Hülle zerreisst.</p> - </div> - </div> -</div> - -<h4 class="subchap" id="subchap-7-2-2"> -<a id="page-461" class="pagenum" title="461"></a> -<span class="line1">Sonette.</span> -</h4> - -<h5 class="ssc"> -<span class="line1">1.</span> -</h5> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Wenn dir das inn’re Götterwort wird spruchlos,</p> - <p class="verse">Verblasset auch die äussere Verspürung,</p> - <p class="verse">Was dich umgiebt, verlieret die Verzierung,</p> - <p class="verse">Was von dir ausgeht, wird nur schnöd’ und ruchlos.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Die Blüthe deines Lebens steht geruchlos,</p> - <p class="verse">Was andre leitet, das wird dir Verführung;</p> - <p class="verse">Denn du bist ausserhalb des Alls Berührung,</p> - <p class="verse">Darum wird dir der äuss’re Laut auch spruchlos.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Das innen Todte glänze noch so scheinsam,</p> - <p class="verse">Doch treibt dich fort zu ungemess’ner Wehmuth,</p> - <p class="verse">Die unaufhaltsam schon dich griff, die Brandung. —</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Drum bleib’ ich in mir selber still und einsam</p> - <p class="verse">Und pflege fort mit kindergleicher Demuth</p> - <p class="verse">Das Unterpfand der einst’gen frohen Landung.</p> - </div> - </div> -</div> - -<h5 class="ssc"> -<span class="line1">2.</span> -</h5> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Was meinem Auge diese Kraft gegeben,</p> - <p class="verse">Dass alle Misgestalt ihm ist zerronnen,</p> - <p class="verse">Dass ihm die Nächte werden heitre Sonnen,</p> - <p class="verse">Unordnung Ordnung, und Verwesung Leben?</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Was durch der Zeit, des Raums verworr’nes Weben</p> - <p class="verse">Mich sicher leitet hin zum ew’gen Bronnen</p> - <p class="verse">Des Schönen, Wahren, Guten und der Wonnen,</p> - <p class="verse">Und drin vernichtend eintaucht all’ mein Streben? —</p> - </div> - <div class="stanza"> -<a id="page-462" class="pagenum" title="462"></a> - <p class="verse2">Das ist’s. Seit in Urania’s Aug’, die tiefe</p> - <p class="verse">Sich selber klare, blaue, stille, reine</p> - <p class="verse">Lichtflamm’, ich selber still hineingesehen;</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Seitdem ruht dieses Aug’ mir in der Tiefe</p> - <p class="verse">Und <em class="italic">ist</em> in meinem Seyn, — das ewig Eine,</p> - <p class="verse"><em class="italic">Lebt</em> mir im Leben, <em class="italic">sieht</em> in meinem Sehen.</p> - </div> - </div> -</div> - -<h5 class="ssc"> -<span class="line1">3.</span> -</h5> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Nichts ist denn Gott, und Gott ist nichts denn Leben;</p> - <p class="verse">Du weissest, ich mit dir weiss im Verein;</p> - <p class="verse">Doch wie vermöchte Wissen dazuseyn,</p> - <p class="verse">Wenn es nicht Wissen wär’ von Gottes Leben!</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">„Wie gern’ ach! wollt’ ich diesem hin mich geben,</p> - <p class="verse">Allein wo find’ ich’s? Fliesst es irgend ein</p> - <p class="verse">In’s Wissen, so verwandelt’s sich in Schein,</p> - <p class="verse">Mit ihm vermischt, mit seiner Hüll’ umgeben.“</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Gar klar die Hülle sich vor dir erhebet,</p> - <p class="verse">Dein Ich ist sie; es sterbe, was vernichtbar,</p> - <p class="verse">Und fortan lebt nur Gott in deinem Streben.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Durchschaue, was dies Streben überlebet,</p> - <p class="verse">So wird die Hülle dir als Hülle sichtbar,</p> - <p class="verse">Und unverschleiert siehst du göttlich’ Leben!</p> - </div> - </div> -</div> - -<h4 class="subchap" id="subchap-7-2-3"> -<a id="page-463" class="pagenum" title="463"></a> -<span class="line1">Vorbereitung zur gemeinschaftlichen Andacht.</span> -</h4> - -<p class="c"> -Die Gemeine. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Müde von des Lebens Leiden,</p> - <p class="verse">Müder von des Lebens Freuden,</p> - <p class="verse">Flüchten wir in eure Stille,</p> - <p class="verse">Ob uns hier Erquickung quille.</p> - <p class="verse">Frohseyn ist uns nie gelungen,</p> - <p class="verse">Wie wir eifrig auch gerungen,</p> - <p class="verse">Und wir sind des Treibens müde,</p> - <p class="verse">Suchen Ruhe, wünschen Friede.</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="c"> -Die Pfleger. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Kommt Belad’ne zur Erquickung,</p> - <p class="verse">Kommt Erschöpfte zur Entzückung!</p> - <p class="verse">Neue Stärke soll die Matten</p> - <p class="verse">Ueberschwänglich überschatten;</p> - <p class="verse">Nur dass draussen ihr versenken</p> - <p class="verse">Wollet euer Thun und Denken,</p> - <p class="verse">Abthun euer altes Streben,</p> - <p class="verse">Sterben ab dem eig’nen Leben.</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="c"> -Die Gemeine. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Und was habt ihr uns zu geben,</p> - <p class="verse">Zum Ersatz für unser Leben?</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="c"> -Die Pfleger. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Solch’ ein Leben, das gegründet</p> - <p class="verse">In sich selber, nimmer schwindet,</p> - <p class="verse">Nimmer wandelt, selbst sich gnüget.</p> - <p class="verse">Dieses hier euch offen lieget.</p> - <p class="verse">Aber nur von euch geschieden</p> - <p class="verse">Geht ihr ein in seinen Frieden!</p> - </div> - </div> -</div> - -<h4 class="subchap" id="subchap-7-2-4"> -<a id="page-464" class="pagenum" title="464"></a> -<span class="line1">Dem 15. März 1810.<a class="fnote" href="#footnote-41" id="fnote-41">[41]</a></span> -</h4> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Du edler Keim, der aus der kalten Erde</p> - <p class="verse">Sich unaufhaltsam in das Lichtreich drängte,</p> - <p class="verse">Du sinn’ge Blume, die, die Sonne fühlend,</p> - <p class="verse">Mit allen Regungen nach ihr sich wandte:</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Wir streben beide, doch in anderm Sinne</p> - <p class="verse">Jedwedes, liebend nach demselben Ziele,</p> - <p class="verse">Und mehr als andres, eint uns dieses Streben,</p> - <p class="verse">Und weiht mich dir mit inniger Ergebung.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Nimm diese Früchte, die dasselbe Streben,</p> - <p class="verse">Auf dir verschwistertem Stamme hat getrieben!</p> - <p class="verse">Vielleicht, dass auch aus uns’rer Lieb’ ein Zweig entsteht,</p> - <p class="verse">Der einstens zeug’ von unsrer höhern Liebe.</p> - </div> - </div> -</div> - -<h4 class="subchap" id="subchap-7-2-5"> -<span class="line1">Philomele.</span> -</h4> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Meine Stimme von Staub spricht dich gefällig an?</p> - <p class="verse">Aber möchtest du erst hören der Sphären Klang!</p> - <p class="verse2">Ich zwar sing’ in dem Chore gezwungen und gerne. Das Ganze</p> - <p class="verse2">Fasset allein der sinnige Mensch.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Jenseit des Aethers ström’ eine Quelle</p> - <p class="verse">Des Tones, der Schönheit, — diese sind Eins, —</p> - <p class="verse2">Also lehrete mich mein Meister,</p> - <p class="verse2">Selber er tonlos, doch schlägt er den Tact!</p> - </div> - </div> -</div> - -<h4 class="subchap" id="subchap-7-2-6"> -<a id="page-465" class="pagenum" title="465"></a> -<span class="line1">Prolog zur „Vesta.“<a class="fnote" href="#footnote-42" id="fnote-42">[42]</a></span> -</h4> - -<p class="src"> -(Ungedruckt.) -</p> - -<p class="dp"> -Die Herausgeber, ein Pränumerant. -</p> - -<p class="c"> -Die Herausgeber. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Euer Edlen sind, hören wir, ein braver Mann,</p> - <p class="verse">Nehmen sich auch der leidenden Menschheit an;</p> - <p class="verse">So kommen wir denn von gleichem Triebe</p> - <p class="verse">Beseelt und bitten Sie um die Liebe,</p> - <p class="verse">Dass Sie doch möchten pränumeriren</p> - <p class="verse">Ein Thaler quartaliter auf ein Journal:</p> - <p class="verse">Wir werden’s Vesta nennen zumal,</p> - <p class="verse">Womit wir nächstens die Welt wollen zieren.</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="c"> -Der Pränumerant. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Ihr Journal und die Menschheit in Leiden,</p> - <p class="verse">Wie hängen denn zusammen die beiden?</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="c"> -Die Herausgeber. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Die Armen sollen haben ohne Verdruss</p> - <p class="verse">Von unserm Gewinne den Ueberschuss!</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="c"> -Der Pränumerant. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Ich verstehe! — Doch nach welchem Plan oder Geist</p> - <p class="verse">Werden Sie denn schreiben allermeist?</p> - <p class="verse">Nach welchem wählen die Genossen?</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="c"> -Die Herausgeber. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Nach keinem: — „Keiner ist ausgeschlossen,</p> - <p class="verse">Und jeder Freund der Wahrheit, Anmuth und Kraft</p> - <p class="verse">Ist uns willkommen“ — sofern er uns was schafft!</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="c"> -Der Pränumerant. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Ich verstehe ganz: — ein Allerlei</p> - <p class="verse">Von Sauer und Süss mit Façon dabei!</p> - <p class="verse">Die Herren, so denk’ ich mir’s, jucket der Kitzel</p> - <p class="verse">Gedruckt zu sehen ihre Papierschnitzel.</p> -<a id="page-466" class="pagenum" title="466"></a> - <p class="verse">Kein Verleger mag sie; für eigenes Geld</p> - <p class="verse">Sich drucken zu lassen ihnen auch nicht gefällt.</p> - <p class="verse">Da muss die Noth helfen aus der Noth:</p> - <p class="verse">Nun können sie eher, ohne zu werden roth,</p> - <p class="verse">Antragen auf Pränumeration,</p> - <p class="verse">Und den Willigen wünschen ein Gotteslohn!</p> - <p class="verse">Wer auch ihres Schreibsels nicht begehrt,</p> - <p class="verse">Denkt, es sey den Armen ein Almosen beschert.</p> - <p class="verse">Kann’s leiden, dass man das Heft mir bringt;</p> - <p class="verse">Niemand ist ja, der’s zu lesen zwingt.</p> - <p class="verse">Indess stehen die Herrn schon schwarz auf weiss,</p> - <p class="verse">Mehr wollten sie nicht und sie haben ihren Preis.</p> - <p class="verse">Drum genug, ihr Herrn! Hier ist mein Thaler,</p> - <p class="verse">Wünsch’ Ihnen recht viele und reichliche Zahler,</p> - <p class="verse">Damit Ihre geistige Armuth und Noth</p> - <p class="verse">Den leiblich Armen schaff’ ein Stück Brot!</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="c"> -Die Herausgeber. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">So muss man es durchaus nicht anseh’n,</p> - <p class="verse">Obwohl wir selber, wie uns gescheh’n</p> - <p class="verse">Nicht recht zu wissen gern bekennen.</p> - <p class="verse">Wir wollen für hohe Zwecke entbrennen,</p> - <p class="verse">Eingreifen gewaltig in’s Rad der Zeit,</p> - <p class="verse">Dem Bedürfniss, dem Niemand Hülfe beut,</p> - <p class="verse">Auch keiner als wir es kennt, reichen die Hand!</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="c"> -Der Pränumerant. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Ei sieh, Ihr seyd wohl gar auch arrogant?</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="c"> -Die Herausgeber. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Das wollen wir hoffen; — dies gilt bei den Leuten,</p> - <p class="verse">Succurs und Beifall sich zu bereiten!</p> - <p class="verse">Drum darf auch die Zeitschrift sich nicht schämen,</p> - <p class="verse">Irgend ein Erhab’nes zum Vorwand zu nehmen.</p> - <p class="verse2">„Wer für den Staat auch nicht die Waffen trägt,</p> - <p class="verse2">Der ist durch heil’ge Bürgerpflicht bewegt,</p> - <p class="verse2">Dass er ableite des Volkes Aufmerksamkeit</p> - <p class="verse2">Von dem die Kriege begleitenden Leid,</p> - <p class="verse2">Damit er dessen Blicke wende</p> - <p class="verse2">Von dem unvermeidlichen Kriegselende.“</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="c"> -<a id="page-467" class="pagenum" title="467"></a> -Der Pränumerant. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Elend nur sieht und er nur sieht das Elend,</p> - <p class="verse">Wer selber elend ist im Innersten;</p> - <p class="verse">Denn seiner Leere, seines tiefen Grams,</p> - <p class="verse">Seiner Zerrüttung Bild steigt aus dem Herzen</p> - <p class="verse">In’s Aug’ empor und lagert ihm sich hin</p> - <p class="verse">Ueber der Dinge breite Oberfläche;</p> - <p class="verse">Sie geben stets ihm nur ihn selbst zurück!</p> - <p class="verse">So auch wer in sich klar und mit sich Eins ist,</p> - <p class="verse">Er bleibt gewiss der ew’gen Harmonie</p> - <p class="verse">Im trüben, wildverschlungenen Gewirre</p> - <p class="verse">Ird’scher Erscheinung; und ihm leuchtet hell</p> - <p class="verse">Im Jammer selbst die immer nahe Hülfe! — —</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="c"> -Ein Herausgeber (ihm nachsehend). -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Der Mensch ist ein seltsam Kunstproduct,</p> - <p class="verse">Vorweltlich, in alt ogygischem Stil!</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="c"> -Der andere. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Sey ruhig, Herr Bruder, wir sind ja gedruckt;</p> - <p class="verse">Das Andre bedeutet uns nicht so viel!</p> - <p class="verse">Und wo wär’ Etwas von eigenem Werth,</p> - <p class="verse">Wogegen sich nicht die Misgunst kehrt?</p> - </div> - </div> -</div> - -<p class="c"> -Beide. -</p> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Das ist der plausibelste Trost in der Welt,</p> - <p class="verse">Dass man stets sich selber am Besten gefällt!</p> - </div> - </div> -</div> - -<h4 class="subchap" id="subchap-7-2-7"> -<a id="page-468" class="pagenum" title="468"></a> -<span class="line1">Am 18. Januar 1812.<a class="fnote" href="#footnote-43" id="fnote-43">[43]</a></span> -</h4> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Ehrwürd’ge deutsche christliche Gesellschaft,</p> - <p class="verse">Edle, biedere Tischgenossenschaft!</p> - <p class="verse">Indem ich, als bestellt zum Sprechen,</p> - <p class="verse">Zum erstenmale das Schweigen will brechen,</p> - <p class="verse">Bitt’ ich, dass man es günstig verspüre,</p> - <p class="verse">Wenn ich im Knittelvers haranguire;</p> - <p class="verse">Denn eingefasst von Rindfleisch und Braten</p> - <p class="verse">Dürfte die Prosa zu vornehm gerathen!</p> - </div> -<p class="tb"> -——— -</p> - - <div class="stanza"> - <p class="verse">Zuvörderst sollt’ ich mit zierlichen Worten,</p> - <p class="verse">Wie es gebräuchlich aller Orten,</p> - <p class="verse">Mit Bezeugung schuldiger Devotion</p> - <p class="verse">Ihnen danken für die Decoration,</p> - <p class="verse">Die Sie durch dieses Amt mir verlieh’n.</p> - <p class="verse">Doch: danke durch Thaten, spricht deutscher Sinn!</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Wie hoch ich es schätze im Herzensgrunde,</p> - <p class="verse">Mit Ihnen zu bleiben im freundlichen Bunde,</p> - <p class="verse">Und allen Ihren Wunsch und Willen</p> - <p class="verse">Auch meinerseits gern mag erfüllen:</p> - <p class="verse">Beweise, dass mit Herzlichkeit</p> - <p class="verse">Ich Ihrem Wunsche mich geweiht;</p> -<a id="page-469" class="pagenum" title="469"></a> - <p class="verse">Beweise, wie ich die Geschäfte,</p> - <p class="verse">So lang’s verstatten meine Kräfte</p> - <p class="verse">Und meine sonst besetzte Zeit,</p> - <p class="verse">Werd’ immer führen mit Heiterkeit.</p> - <p class="verse">Was Sie an Gelde mir werden geben,</p> - <p class="verse">Das werd’ ich sorgfältig aufheben</p> - <p class="verse">Und treulich bewahren und verwalten.</p> - <p class="verse">Auch über die Gesetze will ich halten,</p> - <p class="verse">Ohn’ alles Anseh’n der Person.</p> - <p class="verse">Zeigt gute Laune sich oder Liederton,</p> - <p class="verse">Will ich, so gut ich kann, mitsingen.</p> - <p class="verse">Auch die Gesundheiten will ich ausbringen;</p> - <p class="verse">Und erscheint einst der festliche Pokal,</p> - <p class="verse">Geziert mit dem Juden Simson zumal,</p> - <p class="verse">So werd’ ich um weitere Vorschrift bitten,</p> - <p class="verse">Und diese sey nie überschritten.</p> - </div> -<p class="tb"> -——— -</p> - - <div class="stanza"> - <p class="verse">Im Uebrigen kann ich von meinem Sprechen</p> - <p class="verse">In voraus eben nicht viel versprechen.</p> - <p class="verse">Zum Beispiel: Witzig zu seyn aus heiler Haut</p> - <p class="verse">Ist ein Talent, nicht Jedem anvertraut;</p> - <p class="verse">So selten fast als reine Vernunft, ist reiner Witz,</p> - <p class="verse">Und beide, denk’ ich, sind gleich viel nütz’.</p> - <p class="verse">Wer witzig ist, ist’s über Was und nebenbei,</p> - <p class="verse">Denn Witz ist ja nicht Gold, noch Silber, noch Zinn, noch Blei,</p> - <p class="verse">Sondern von Allem nur die Façon!</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">So Jemand den Witz recht wollte pflegen und nähren,</p> - <p class="verse">Der müsst’ ihm nur reichlichen Stoff gewähren</p> - <p class="verse">Durch tolle Streich’ und Narrheiten viel,</p> - <p class="verse">Und nur ihn treiben lassen sein Spiel,</p> - <p class="verse">Und ja sich hüten, was übel zu nehmen.</p> - <p class="verse">Zu dem Ersten wird die ehrbare Gesellschaft sich nie bequemen;</p> - <p class="verse">So muss sie denn eben ohne Witz vorlieb nehmen!</p> - </div> - <div class="stanza"> -<a id="page-470" class="pagenum" title="470"></a> - <p class="verse2">Zudem sind die bisherigen Stoffe verbraucht;</p> - <p class="verse">Nicht Jude, nicht Philister mehr taugt,</p> - <p class="verse">Um an ihnen zu finden ein Körn’chen Spass,</p> - <p class="verse">Das nicht schon einigemale dawas! —</p> - <p class="verse">Auch will es in der That was bedeuten,</p> - <p class="verse">Ueber dergleichen zu spotten vor Leuten,</p> - <p class="verse">Dass der Spott nicht auf uns selbst sitzen bleibe.</p> - <p class="verse">Den Juden schiebt man sich wohl noch vom Leibe,</p> - <p class="verse">Man ist nicht beschnitten; — <em class="italic">ergo</em> ist man keiner.</p> - <p class="verse">Mit dem Philister ist die Sache schon feiner.</p> - <p class="verse">Streng genommen, Keiner sich durchschaut,</p> - <p class="verse">So lang er steckt in der sündigen Haut,</p> - <p class="verse">In Unschuld Keiner soll waschen die Hände,</p> - <p class="verse">Wie Keiner selig ist vor seinem Ende!</p> - <p class="verse">Ob wir durchaus nicht Philister waren,</p> - <p class="verse">Werden wir im ewigen Leben erfahren.</p> - <p class="verse">Doch es giebt auch für sterbliche Augen</p> - <p class="verse">Kennzeichen, die zur Prüfung taugen,</p> - <p class="verse">Dass man sich orientiren kann.</p> - <p class="verse">Das Eine geb’ ich im Gleichniss an.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Es geschieht wohl, dass Einer träume, er wache,</p> - <p class="verse">Und sich’s versichre, und glaublich mache,</p> - <p class="verse">Und ist doch gerade dies sein Traum!</p> - <p class="verse">Wer wirklich wacht, kurzum der wacht,</p> - <p class="verse">Und ist nicht weiter auf’s Wachen bedacht.</p> - <p class="verse">So, wer in der That nicht Philister ist,</p> - <p class="verse">Der denket dessen zu keiner Frist;</p> - <p class="verse">Ohne seinen Dank und Willen, und schlechtweg er’s nicht ist.</p> - <p class="verse">Wer aber sich’s hin und her beweist</p> - <p class="verse">Und Gott am Morgen und Abend preist,</p> - <p class="verse">Dass er nicht ist, wie andre Leut,</p> - <p class="verse">Ist vom Philisterthum nicht weit;</p> - <p class="verse">Ja ihm sitzt die Philisterei</p> - <p class="verse">Gerade im Denken, dass er’s nicht sey!</p> - </div> - <div class="stanza"> -<a id="page-471" class="pagenum" title="471"></a> - <p class="verse2">Da dieses sich so weit erstreckt</p> - <p class="verse">Und bringen kann gar schlimmen Ruhm,</p> - <p class="verse">So bleibt vor mir wohl ungeneckt</p> - <p class="verse">So Juden- wie Philisterthum!</p> - </div> -<p class="tb"> -——— -</p> - - <div class="stanza"> - <p class="verse">Doch reinige sich der Gedanke,</p> - <p class="verse">Der über Niedrem schwebte,</p> - <p class="verse">Um mit dem Höhern ganz sich auszufüllen!</p> - <p class="verse">Füllet die Gläser! —</p> - <p class="verse">Es lebe die Krone,</p> - <p class="verse">Sie steig’ auf in der alten Pracht,</p> - <p class="verse">Ausgerüstet mit der alten Kraft,</p> - <p class="verse">Umgeben von der alten Treue!</p> - </div> - </div> -</div> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-41" id="footnote-41">[41]</a> Der Gattin zum Geburtstage, mit dem Geschenke von Klopstocks -Werken, des Oheims derselben. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-42" id="footnote-42">[42]</a> Zeitschrift, erschienen zu Königsberg 1807. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-43" id="footnote-43">[43]</a> Ueber die Veranlassung zu dieser Rede in Versen hat ihr Einsender -uns zugleich Folgendes mitgetheilt: „A. v. Arnim hatte in Berlin eine christlich -deutsche Gesellschaft errichtet, deren Vorsitz Fichte an jenem Tage übernahm. -Bei dieser Veranlassung hielt er einen Vortrag in Knittelversen, welcher -damals ungemein ansprach und auch, wie ich bestimmt weiss, noch -jetzt in Ehren gehalten wird. Da ich das Tagblatt besitze, worin dieser Vortrag -aufgeschrieben ist, so macht es mir ein grosses Vergnügen, Ihnen denselben -mittheilen zu können.“ -</p> - -<h3 class="l3s pbb chapter" id="chapter-7-3"> -<a id="page-472" class="pagenum" title="472"></a> -<span class="line1">C.</span><br /> -<span class="line2">Uebersetzungen aus dem Portugiesischen, Spanischen und Italiänischen.</span> -</h3> - -<h4 class="subchap" id="subchap-7-3-1"> -<span class="line1">Aus Camoens’ Lusiade.<a class="fnote" href="#footnote-44" id="fnote-44">[44]</a></span> -</h4> - -<h5 class="ssc l1i"> -<span class="line1">Gesang 3, Stanze 118.</span> -</h5> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Alfonso kehrt, nach dieses Sieges Glücke,</p> - <p class="verse">Hinwieder zu des Tajo schönem Becken;</p> - <p class="verse">Dass auch der Fried’ ihn mit den Kränzen schmücke,</p> - <p class="verse">Womit die Schlachten ihn so reich bedecken:</p> - <p class="verse">O welch erbarmungswürdiges Geschicke,</p> - <p class="verse">Das Todte könnt aus ihren Gräbern wecken,</p> - <p class="verse">Trifft da die arme, zarte Dulderin,</p> - <p class="verse">Die erst getödtet ward, dann Königin!</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Allein durch dich, durch dein allmächtig Sehnen,</p> - <p class="verse">O reine Lieb’, erstarb der Zeiten Zierde,</p> - <p class="verse">Als dürftest du sie deine Feindin wähnen,</p> - <p class="verse">Die treue, der dein schönster Lohn gebührte.</p> - <p class="verse">Wohl sagt man, Amor, dass durch bittre Thränen</p> - <p class="verse">Gestillt nicht werde deine grimme Gierde;</p> - <p class="verse">Soll Menschenblut nun strömen vom Altare</p> - <p class="verse">Zur süssen Augenweide dir, Barbare?</p> - </div> - <div class="stanza"> -<a id="page-473" class="pagenum" title="473"></a> - <p class="verse">Man sah dir hold der Jahre Lenz verfliessen,</p> - <p class="verse">In jene Seelenruh warst du versenket,</p> - <p class="verse">Ignes, und in den Wahn, den blinden, süssen,</p> - <p class="verse">Den keinem noch auf lang das Glück geschenket,</p> - <p class="verse">In des Mondego angenehmen Wiesen,</p> - <p class="verse">Den deiner schönen Augen Born getränket,</p> - <p class="verse">Den Bergen lehrend, und der Flur den lieben</p> - <p class="verse">Namen, der tief dir in die Brust geschrieben.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Auch deines Prinzen Regungen vergalten</p> - <p class="verse">Dein Sehnen wohl mit seelenvollem Danken;</p> - <p class="verse">Dein Bild sie fest vor seinen Augen halten,</p> - <p class="verse">Wenn er verbannt aus deiner Blicke Schranken:</p> - <p class="verse">Des Nachts ihn täuschen süsse Traumgestalten,</p> - <p class="verse">Des Tags entrücken ihn zu dir Gedanken,</p> - <p class="verse">Und was er sinnt, und was er sieht im Innern,</p> - <p class="verse">Ist alles nur Ein wonnevoll Erinnern.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">So vieler Fürstentöchter, schöner Frauen</p> - <p class="verse">Bewerben hat bei ihm das Ziel verfehlet;</p> - <p class="verse">Wie denn auf andres pflegt herabzuschauen</p> - <p class="verse">Wess Herz die Eine, traute, hat erwählet.</p> - <p class="verse">Der alte Vater blickt mit stillem Grauen</p> - <p class="verse">Auf die Verirrung dieser Lieb’, ihn quälet</p> - <p class="verse">Des Volkes Murren und das Widerstreben</p> - <p class="verse">Des Sohns, sich in der Ehe Band zu geben.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Und so beschliesst er denn in argem Muthe</p> - <p class="verse">Ignes dem süssen Lichte zu entrücken.</p> - <p class="verse">Es könne nur in frech vergoss’nem Blute,</p> - <p class="verse">So meint er, solcher Liebe Brand ersticken.</p> - <p class="verse">War’s Wahnsinn, der ihn trieb, sein Schwert, das gute,</p> - <p class="verse">Das Schrecken sende nur der Feinde Blicken,</p> - <p class="verse">Vor dem der Mauren Wuth gemusst erbeben,</p> - <p class="verse">Gegen ein zartes Fräulein zu erheben?</p> - </div> - <div class="stanza"> -<a id="page-474" class="pagenum" title="474"></a> - <p class="verse">Zu ihm, dess Herz wohl möchte sich versöhnen,</p> - <p class="verse">Wird sie geschleppt von wilden Ungeheuern,</p> - <p class="verse">Und es gelingt den mordbegier’gen Tönen</p> - <p class="verse">Des Pöbels, seinen Zorn neu anzufeuern.</p> - <p class="verse">Sie aber — flehend und mit bangem Stöhnen,</p> - <p class="verse">Erpresst von Mitleid bloss mit ihrem Theuern</p> - <p class="verse">Und mit den Kindern, die sie unterm Herzen</p> - <p class="verse">Ihm trug, die mehr denn eigner Tod sie schmerzen;</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Die Augen hebend zu des Himmels Milde</p> - <p class="verse">Aus denen eine grosse Zähre rollte,</p> - <p class="verse">(Die Augen, denn die Hände hielt der wilde</p> - <p class="verse">Mordknecht, der sie in Fesseln schlagen wollte)</p> - <p class="verse">Dann nieder auf der Kinder zarte Bilde</p> - <p class="verse">Sie senkend, die sie jetzt verlassen sollte</p> - <p class="verse">Verwaiset, einsam, ohne Schutz und Rather —</p> - <p class="verse">Spricht also an den grausamen Grossvater:</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Wenn wilde Thiere, deren Sinn zum Hassen</p> - <p class="verse">Natur bestimmt, und Eis um sie geschlagen,</p> - <p class="verse">Der Wüste Vögel, die, um Raub zu fassen</p> - <p class="verse">Und anders nicht, den Flug in Wolken wagen,</p> - <p class="verse">Mit kleinen Kindern, die sie seh’n verlassen,</p> - <p class="verse">Solch zärtlich Mitleid und Erbarmen tragen,</p> - <p class="verse">Wie man an Ninus Mutter hat geschauet,</p> - <p class="verse">Und an den Brüdern, welche Rom erbauet;</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">So trag auch du, dess Herz durchströmt vom warmen</p> - <p class="verse">Menschlichen Blute schlägt (falls es zu nennen</p> - <p class="verse">Menschlich, den Tod zu geben einer Armen,</p> - <p class="verse">Bloss weil ihr Herz in Liebe musst’ entbrennen),</p> - <p class="verse">Trage mit diesen Kleinen das Erbarmen,</p> - <p class="verse">Das man in meinem Urtheil muss verkennen.</p> - <p class="verse">Mög’ ihre Noth Mitleid in dir erregen,</p> - <p class="verse">Da meine Unschuld dich nicht kann bewegen!</p> - </div> - <div class="stanza"> -<a id="page-475" class="pagenum" title="475"></a> - <p class="verse">Und wie du wusstest einst mit Schwert und Feuer</p> - <p class="verse">Den Tod zu senden in der Mauren Reihen,</p> - <p class="verse">Sey jetzt vom Tode gnädiglich Befreier</p> - <p class="verse">Der Schwachen, die du keiner Schuld kannst zeihen.</p> - <p class="verse">Falls aber Unschuld büssen soll so theuer,</p> - <p class="verse">Verweis auf ewig mich in Wüsteneien,</p> - <p class="verse">In Libyens Gluth, in Scythiens kalte Schauer,</p> - <p class="verse">Wo ich mein Leben enden mög’ in Trauer.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Lass mich, wo alle Schrecken sich erheben,</p> - <p class="verse">Hin in der Löwen und der Tiger Erbe,</p> - <p class="verse">Dass ich, was Menschenherz nicht mochte geben,</p> - <p class="verse">Erbarmen dort und Mitleid mir erwerbe.</p> - <p class="verse">Dort will ich pflegen, innig hingegeben</p> - <p class="verse">In’s Angedenken dess, für den ich sterbe,</p> - <p class="verse">Der nachgelass’nen Pfänder theure Gabe,</p> - <p class="verse">Zu der leidvollen Mutter einziger Labe.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Der König sinnt schon drauf, sie zu befreien,</p> - <p class="verse">Ob ihrer Worte, die ihn tief bewegen;</p> - <p class="verse">Das störr’ge Volk nur will ihr nicht verzeihen,</p> - <p class="verse">Noch ihre Sterne, die nicht brachten Segen.</p> - <p class="verse">Die, welche glauben, dass die That Gedeihen</p> - <p class="verse">Dem Reiche bringe, ziehen scharfe Degen,</p> - <p class="verse">Gegen ein Fräulein. Herz, schwarz und bitter,</p> - <p class="verse">Ihr zeiget euch als Henker, nicht als Ritter!</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Wie gegen Priams Tochter, Polyxene,</p> - <p class="verse">Aus der der Mutter letzte Freuden quellen,</p> - <p class="verse">Damit Achilles Schatten sich versöhne,</p> - <p class="verse">Man Pyrrhus sahe sich gerüstet stellen;</p> - <p class="verse">Sie aber ihre jungfräuliche Schöne —</p> - <p class="verse">Die Augen, welche wohl die Trüb’ erhellen,</p> - <p class="verse">Hin auf die Mutter, die vor Schmerzen wüthet,</p> - <p class="verse">Gerichtet, — zum Sühnopfer willig bietet:</p> - </div> - <div class="stanza"> -<a id="page-476" class="pagenum" title="476"></a> - <p class="verse">So gegen Sie, die Wüthenden; die Auen,</p> - <p class="verse">Aus denen Liebe sieht mit hellen Blicken,</p> - <p class="verse">In jedes Auge, das sie mag erschauen,</p> - <p class="verse">Sanftheit und Milde strahlend und Entzücken,</p> - <p class="verse">Und ihre süssen Blumen, die getrauen</p> - <p class="verse">Sie sich mit Blutesströmen zu ersticken,</p> - <p class="verse">Grimmig erbos’t die Schwerter drein versenkend,</p> - <p class="verse">Der Rache, die herannaht, nicht gedenkend.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">O hohe Sonne, hat dein Strahl genommen</p> - <p class="verse">Von des Entsetzens That wohl Blick und Kunde?</p> - <p class="verse">Ist er nicht auch denselben Tag verglommen,</p> - <p class="verse">Wie in Thyestes Gastmahls Gräuelstunde?</p> - <p class="verse">Ihr hohlen Thäler, die ihr da vernommen</p> - <p class="verse">Das letzte Wort aus dem erblassten Munde,</p> - <p class="verse">Noch lange hallte fort in euerm Laute</p> - <p class="verse">Der Name Pedro, den sie euch vertraute.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Wie einer Blume, so in Zier getauchet,</p> - <p class="verse">Dass sie der Schmuck war auf den blüh’nden Heiden,</p> - <p class="verse">Wenn sie gebrochen und zum Kranz verbrauchet,</p> - <p class="verse">Der rohen Hand Betastung musst’ erleiden,</p> - <p class="verse">Der Schmelz vergeht, der süsse Duft verhauchet:</p> - <p class="verse">So ist das Fräulein nach dem bittern Scheiden;</p> - <p class="verse">Der Lippen Ros’ erblasset, es entschweben</p> - <p class="verse">Die lichten Farben mit dem süssen Leben.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Der That zum ewigen Andenken kehren</p> - <p class="verse">Mondego’s Töchter, die sie lange klagen,</p> - <p class="verse">In einen Quell die da geweinten Zähren,</p> - <p class="verse">Und geben ihm den Namen, den er tragen</p> - <p class="verse">Auf alle Zeiten soll: noch jetzo nähren</p> - <p class="verse">Wo Ignes lebt und liebt in ihren Tagen,</p> - <p class="verse">Von einem Quelle sich der Blumen Triebe,</p> - <p class="verse">Dess Wasser Zähren sind, der Name: Liebe.</p> - </div> - </div> -</div> - -<h4 class="subchap" id="subchap-7-3-2"> -<a id="page-477" class="pagenum" title="477"></a> -<span class="line1">Aus dem Spanischen.</span> -</h4> - -<h5 class="ssc l1i"> -<span class="line1">Madrigal.</span> -</h5> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse">Ihr Augen, hell und reine,</p> - <p class="verse">Da eure süssen Blicke preist die Menge,</p> - <p class="verse">Warum, wenn ihr mich anschaut, blickt ihr strenge?</p> - <p class="verse">Wenn ihr, je mehr voll Hulden,</p> - <p class="verse">So mehr die Welt erfreut mit heitrem Scheine,</p> - <p class="verse">Warum blickt ihr mit Zorn auf mich alleine?</p> - <p class="verse">Ihr Augen, hell und reine,</p> - <p class="verse">Erscheint mir nur, sey’s auch mit solchem Scheine!</p> - </div> - </div> -</div> - -<h4 class="subchap" id="subchap-7-3-3"> -<span class="line1">Aus Cervantes.</span> -</h4> - -<h5 class="ssc l1i"> -<span class="line1">Amadis von Gallia an Don Quixote de la Mancha.</span> -</h5> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Du, der nachahmtest jenes Thränenleben,</p> - <p class="verse">Das auf des Armuthfelsens schroffer Kante</p> - <p class="verse">Ich führte, da Verschmähung mich verbannte</p> - <p class="verse">Von Freuden, mich der Busse zu ergeben;</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Du, dem vom Auge Fluthen man sah beben,</p> - <p class="verse">Dass ihm der Salztrank schier das Herz abbrannte,</p> - <p class="verse">Dem, als ihn Silber, Kupfer, Zinn schon nannte,</p> - <p class="verse">Die Erd’ auf Erde dürft’ges Mahl gegeben:</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Sey sicher, dass in alle Ewigkeiten,</p> - <p class="verse">Mindstens so lang’, als in der vierten Sphäre</p> - <p class="verse">Der feuerrothe Phöbus treibt die Pferde,</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Den Preis der Tapfern keiner dir bestreiten,</p> - <p class="verse">Dein Vaterland vor allen seyn das hehre,</p> - <p class="verse">Dein weiser Meister einzig bleiben werde!</p> - </div> - </div> -</div> - -<h5 class="ssc l1i"> -<a id="page-478" class="pagenum" title="478"></a> -<span class="line1">Don Belianis von Gräcia an denselben.</span> -</h5> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Mehr als ein Ritter auf dem Erdenrunde</p> - <p class="verse">Thät ich in Handeln, Sprechen, Stechen, Hauen,</p> - <p class="verse">Ob meiner Thatkraft all’ erfasst’ ein Grauen,</p> - <p class="verse">All’ Unbill rächend, die mir kam zur Kunde.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Ich gab Grossthaten Fama’s ew’gem Munde,</p> - <p class="verse">Ich war galant, ich war beliebt bei Frauen;</p> - <p class="verse">Wie Zwerglein thät ich alle Riesen schauen,</p> - <p class="verse">Zu Kampf und Streit bereit in jeder Stunde.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Fortuna lag zu meinem Fuss geschmieget,</p> - <p class="verse">Das Glück stand meiner Weisheit treu ergeben,</p> - <p class="verse">Wie eine gute Magd, stets zu Gebote.</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Ob nun mein Ruhm des Monds Horn überflieget,</p> - <p class="verse">Ob auch noch nichts mir hat getrübt das Leben,</p> - <p class="verse">Neid’ ich doch dich, du grosser Held Quixote!</p> - </div> - </div> -</div> - -<h4 class="subchap" id="subchap-7-3-4"> -<span class="line1">Petrarca’s Sonnet 36.</span> -</h4> - -<div class="poem-container"> - <div class="poem"> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Sie tritt mir vor’s Gemüth — vielmehr ist drinne,</p> - <p class="verse">Dass Lethe nicht vermag sie wegzuheben, —</p> - <p class="verse">Wie sie von ihres Sterns Strahlen umgeben,</p> - <p class="verse">Im Lenz des Lebens trat mir vor die Sinne;</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Dass ersten Blickes ich ein Bild gewinne</p> - <p class="verse">Von ihr, so sittig, still und gottergeben,</p> - <p class="verse">Dass ich, „sie ist’s,“ mir sage, „ist am Leben,“</p> - <p class="verse">Und Frag’ an sie und hold Gespräch beginne.</p> - </div> - <div class="stanza"> -<a id="page-479" class="pagenum" title="479"></a> - <p class="verse2">Bald giebt sie Antwort, schweigt auch wohl, dann siehe,</p> - <p class="verse">Wie man halb wacht im Traum, der Irrthum webte,</p> - <p class="verse">Sag ich meinem Gemüth: Du bist im Fehle;</p> - </div> - <div class="stanza"> - <p class="verse2">Tausend, dreihundert, acht und vierzig, frühe</p> - <p class="verse">Ein Uhr, den sechsten des Aprils, entschwebte</p> - <p class="verse">Dem süssen Leibe ja die sel’ge Seele.</p> - </div> - </div> -</div> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-44" id="footnote-44">[44]</a> Zuerst abgedruckt im „Pantheon, Zeitschrift für Wissenschaft und -Kunst, von Büsching und Kannegiesser. Berlin, 1810.“ I. Bd. 1. Heft. -Seite 1-8. -</p> - -<p class="printer"> -Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin. -</p> - -<h2 class="part" id="part-8" title="Nachträge zu früheren Bänden"> -<a id="page-480" class="pagenum" title="480"></a> -<span class="line1"> </span> -</h2> - -<h3 class="chapter" id="chapter-8-1"> -<span class="line1">Nachtrag zum ersten Bande.</span> -</h3> - -<div class="smaller"> -<p> -S. 95 Zeile 5 von oben ist nach den Worten: „denn er ist gleich -dem Satze X,“ als Note unter dem Texte aus der 2. Auflage der -Wissenschaftslehre folgender Zusatz hinzuzufügen: -</p> - -<p> -„D. h. ganz populär ausgedrückt: Ich, das in der Stelle des Prädicats -A setzende, <em class="italic">dem</em> zufolge, <em class="italic">dass es in der des Subjects gesetzt wurde</em>, weiss -nothwendig von meinem Subjectsetzen, also von mir selbst, schaue wiederum -mich selbst an, bin mir dasselbe.“ (Anmerk. * * zur 2. Ausgabe.) -</p> - -<p> -Zu bemerken ist noch, dass die S. 91, 95 und 98 hinzugefügten -Zusätze der 2. Ausgabe <em class="italic">nur</em> in der zweiten „verbesserten“ Ausgabe, -Jena und Leipzig bei Gabler 1802, nicht in der bei Cotta erschienenen -„unveränderten,“ sich finden. -</p> - -</div> - -<h3 class="chapter" id="chapter-8-2"> -<span class="line1">Druckfehler im siebenten Bande.</span> -</h3> - -<div class="smaller"> -<table class="table480" summary="Table-4"> -<tbody> - <tr> - <td class="col1">S.</td> - <td class="col2">520,</td> - <td class="col3">Z.</td> - <td class="col4">2 v. u.</td> - <td class="col5">statt</td> - <td class="col6">jener Zeitalter l. jenes Zeitalters.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">-</td> - <td class="col2">527,</td> - <td class="col3">-</td> - <td class="col4">6 v. o.</td> - <td class="col5">-</td> - <td class="col6">erfolge l. erfolgte.</td> - </tr> -</tbody> -</table> -</div> - -<h2 class="part" id="part-9"> -<a id="page-481" class="pagenum" title="481"></a> -<span class="line1">Nachtrag.</span> -</h2> - -<p class="src"> -(Aus dem in <em class="italic">Friedr. Schiller’s Nachlass</em> nach bereits beendetem -Abdrucke dieses Bandes aufgefundenen Originaltexte -der Abhandlung.) -</p> - -<h3 class="smaller chapter" id="chapter-9-1"> -<span class="line1">Zur Abhandlung: „Geist und Buchstab“ <a href="#wollen">S. 284. Z. 7.</a> nach dem Worte:</span><br /> -<span class="line2"><em class="italic">wollen</em>.</span> -</h3> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-45" id="footnote-45">[45]</a> Durch diesen Wink soll nicht etwa dem <em class="italic">intelligibeln Fatalismus</em> das -Wort geredet werden. Zwar wird der Wille allemal durch die für das Subject -in seiner gegenwärtigen Stimmung überwiegenden Gründe bestimmt; -aber dass <em class="italic">diese</em> Gründe überwiegen und nicht die entgegengesetzten, und -dass das Subject gerade in dieser Stimmung ist und in keiner anderen, davon -liegt der Grund in der absoluten Selbstthätigkeit. Diese ist es, welche -das entscheidende Uebergewicht in die Wagschale legt durch freie Reflexion -und Abstraction in dem absoluten Anfange eines jeden innern Lebensactes, -der von da aus durch die mannigfaltigen Geschäfte des menschlichen Geistes -hindurch nothwendigen Gesetzen folgt. Der Trieb treibt den Menschen -nicht unwiderstehlich, wie etwa die Elasticität materieller Körper; denn es -ist ein Trieb, gerichtet an ein selbstständiges Wesen. Es bedarf der Reflexion -auf seine Richtung; diese Reflexion ist der Anfangspunct des fortgehenden -steten Fadens, und von dem Grunde, ob überhaupt reflectirt wird oder nicht, -und davon, wie reflectirt wird, ob auf die vollständige Anregung oder nur -auf einen Theil derselben, hängt es ab, wie die Willensbestimmung ausfalle. -Also: der Wille ist nicht frei, aber <em class="italic">der Mensch ist frei</em>. Alle seine Vermögen -hängen innigst zusammen, und greifen bei dem Handeln gesetzmässig -in einander ein; und nur daraus, dass man für wirklich zersplittert hielt, -was nur willkürlich und zum Behufe der Speculation zertheilt wurde, entstanden -Theorien, die entweder dem natürlichen Gefühle oder dem Räsonnement, -oder richtiger beiden zugleich widersprechen. Nicht bloss — so hart -diese Behauptung auch Manchem vorkommen mag — nicht bloss die Willensbestimmung -des empirischen Individuums, sondern sein gesammter innerer -Charakter, seine Vorstellungs- und Begehrungsweise, woran er Vergnügen -oder Misvergnügen finde sogar, hängt von eines Jeden Selbstthätigkeit ab. -Man übertrug die durch das Selbstgefühl angekündigte Freiheit zuerst auf -den Willen, weil dieser jeden innern Lebensact abschliesst und vollendet, -und weil derselbe von ihm aus sogleich in die Aussenwelt übergeht, mithin -auf diesem Grenzpuncte zuerst die Verschiedenheit des freien Subjects und -des gebundenen Objects bemerkt wurde. Aber gerade darum, weil er die -angeführte Stelle in der Reihe der Geistesgeschäfte einnimmt, ist der Wille -am wenigsten frei, denn er ist durch das mehrste Vorhergehende bestimmt. -Mit dem Willen fängt der Mensch einen neuen Zustand in der Sinnenwelt -an; man folgerte, dass er mit demselben Willen auch den nothwendig vorauszusetzenden -neuen Zustand in sich selbst anfinge; aber diese Folgerung -ist unrichtig, und sie war zugleich unwahrscheinlich. — -</p> - -<h3 class="smaller chapter" id="chapter-9-2"> -<a id="page-482" class="pagenum" title="482"></a> -<span class="line1">Dritter Brief. (<a href="#page-291">S. 291.</a>) Anfang.</span> -</h3> - - - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-46" id="footnote-46">[46]</a> Dem Nachbar, dem Sie meinen vorigen Brief mitgetheilt haben, ist in -dem ganzen Zusammenhange desselben nur dasjenige aufgefallen — melden -Sie mir, — was ich über die Hindernisse sagte, welche der Mangel an äusserer -Freiheit der ästhetischen Bildung in den Weg stellte; er hat geeilt, die -Anwendung davon auf sein Zeitalter und sein Vaterland zu machen, und wer -weiss welche gefährliche Einflössungen in meinen Worten gefunden. Ich -will mich nun seiner Besorgnisse wegen noch deutlicher erklären. -</p> - -<p class="footnote2"> -In den von Germanen abstammenden Verfassungen Europens — in den -slawischen weit weniger; aber bin ich denn verbunden, auch auf diese Rücksicht -zu nehmen, oder wenn ich in Deutschland schreibe, zu sorgen, dass -meine Ausdrücke nicht gegen den Kaiser von Marokko oder den Dei von -Algier verstossen? — in den germanischen Verfassungen also hat es sich so -gefügt, dass von Zeit zu Zeit Einzelne von den Unterdrückten unter der Last -sich aufrichteten, Einzelne aus den unterdrückenden Ständen, durch Zufall -oder durch freie Wahl, ihr Gewicht verloren oder aufgaben, und beide in -einen glücklichen Mittelstand zusammenflossen; dadurch das Loos der Unterdrückten -erleichterten, indem sie ihnen den Raum weiter machten, und auch -die Sorgen der Unterdrücker mässigten, indem die Zahl derer, die sie zu bewachen -hatten, sich verminderte. Hierdurch wurde denn auch die sonst unvermeidliche -Progression der Sklaverei verhindert und die Sachen konnten -vermittelst des entstandenen Spielraums mehr in der gleichen Lage bleiben, -wie sie es denn auch, einzelne Zwischenzeiten abgerechnet, denen aber -bald günstigere folgten, in der That geblieben sind. Aus jenem Mittelstande -nun muss und wird sich alles Heil entwickeln, das noch über die Menschheit -kommen soll. Jeder, den das Glück in diesen schönen Stand setzte, -kehre daher nur sein Auge in sich selbst, ehe er es nach aussen wendet; -er mache sich selbst frei, ehe er Andere befreien wolle; er erhebe sich zu -der Denkart, die auf ihr selber ruhend, ihr selbst getreu und in sich ganz -gerundet, über zeitliche Zwecke und irdische Befürchtungen sich erhebt, und -nun lasse er den lebendigen Ausdruck dieser Denkart in Wort und Wandel -auf seine Zeitgenossen wirken, wie er kann; und überlasse es der allmächtigen -Natur, vor der Jahrtausende sind wie ein Tag, die Saat, die er streut, -zu entwickeln und zu reifen. Wer diesen Geist nicht hat, der will weder -sich, noch Andere befreien, sondern er will die Gewalthaber stürzen, um -selbst an ihre Stelle zu treten, sey’s auch unter der Form der Freiheit; er -will nur die Gestalt der Knechtschaft verändern, — er drohe nun offenbar -den Tyrannen, oder er krieche an ihren Stufen, um einen Theil ihrer Gewalt -zu erschmeicheln, die er zu ertrotzen nicht den Muth hat, und die er kühner -durch den Erfolg ganz begehren wird. Ein solcher ist fern von der -wahren Freiheit; denn er hat sich noch nicht von sich selbst befreit. Dies -ist meine ganze Meinung, und ich mag wohl, dass sie der Nachbar wisse. — -</p> - -<p class="footnote2"> -In unserem Innern, in welchem wir, wie soeben gefordert wurde, einheimisch -seyn müssen, wenn eine unserer Wirkungen nach aussen einen -Werth haben soll, giebt der Sinn für das Aesthetische uns den ersten festen -Standpunct. Das Genie kehrt darin ein, u. s. w. -</p> - -<h2 class="l2s part" id="part-10"> -<span class="line1">Liste der Unterzeichner</span><br /> -<span class="line2">auf</span><br /> -<span class="line3">Fichte’s sämmtliche Werke.</span> -</h2> - - -<div class="subscribers"> -<table class="subscribers" summary="Subscribers"> -<tbody> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Aachen.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>J. A. Mayer</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Regierungsrath <em>Ritz</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Aarau.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Sauerländer</em>sche Sortiments-Buchhandlung</td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>E. Dorer-Egloff</em> in Baden in der Schweiz</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3"><em>J. Correvon</em>, officier féderal du Génie in Iverdun.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">Bibliothèque cantonale in Lausanne.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Altena.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>P. A. Santz</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Altenburg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Schnuphase</em>sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Altona.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>G. Blatt</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Amsterdam.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. G. Sülpke</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>R. E. Bischofsheim</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Arnsberg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>A. L. Ritter</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Ober-Landesgerichts-Referendar <em>Kaupisch</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Aschaffenburg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Th. Pergay</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Augsburg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Kollmann</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Königl. Studienlehrer <em>J. K. E. Oppenrieder</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Basel.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Schweighauser</em>sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">Oeffentliche Bibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Dr. <em>Joh. Gihr</em> in Liestal.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>J. G. Neukirch</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Dr. <em>Drechsler</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Bautzen.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Aug. Weller</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Canonicus Dr. <em>Prihonski</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Berlin.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Adolf u. Comp.</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Amelang</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Dr. <em>R. Haym</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Commerzien-Rath <em>Westphal</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>W. Besser</em></td> - <td class="col4">5</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Dr. <em>Ribbentropp</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">— <em>Schrader</em> in Brandenburg.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">— <em>Dalmer</em> in Halle.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Geh. Rath Dr. <em>Bunsen</em> in London.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Dr. <em>Thaulow</em> in Kiel.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Alex. Dunker</em></td> - <td class="col4">7</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Baron von <em>Richthofen</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Obristlieutenant von <em>Willisen</em>, Flügel-Adjutant des Königs.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Geschichts- und Portraitmaler <em>Mila</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3"><em>Türrschmidt</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Röstell</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">v. d. <em>Lage</em>, Director des Pädagogiums in Charlottenburg.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Ungenannt.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Enslin</em>’sche Sortiments-Buchhandlung</td> - <td class="col4">4</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Bibliothek des Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Kammergerichts-Referendar <em>Haack</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Stadtschulrath <em>Schulze</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Prediger Dr. <em>Schütze</em> in Lissabon.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Hirschwald</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">K. St. Wladimirsuniversität in Kiew.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>A. H. W. Logier</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Privatdocent Dr. <em>F. A. Märcker</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>E. S. Mittler</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Postsecretär <em>Kaumann</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Nicolai</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Oehmigke</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Director der höh. Stadtschule <em>Zinnow</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Graf <em>v. Grabowski</em> auf Rodawnitz.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>E. H. Schröder</em></td> - <td class="col4">8</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Dr. <em>E. Meyen</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Dr. <em>Glaser</em>, Privatdocent.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Graf <em>R. Raczynski</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3"><em>Reichenow</em> in Charlottenburg.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Assessor von <em>Mörner</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">von <em>Neumann</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">von <em>Kudrefzef</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3"><em>Reinbott</em>, Lehrer am Diesterwegschen Semin.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Jul. Springer</em></td> - <td class="col4">6</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Prediger <em>Hoyer</em> in Fürstenau.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Baron <em>v. Holtzendorf-Vietmannsdorf</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3"><em>Fuss</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3"><em>Siegmund</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Dr. <em>Voigtländer</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Assessor <em>Witte</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Veit u. Comp.</em></td> - <td class="col4">7</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>H. G. Hotho</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Geheimrath <em>Varnhagen von Ense</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Ober-Appellationsgerichts-Rath <em>Meyer</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3"><em>J. Lehmann</em>, Redacteur.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Baumeister <em>W. Hoffmann</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Geheimerath Professor Dr. <em>Böckh</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Prediger Dr. <em>Sachs</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Bern.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Huber u. Comp.</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Privatdocent Dr. <em>Ris</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Bielefeld.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Velhagen u. Klasing</em></td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Gymnasiallehrer Dr. <em>Stahlberg</em> in Herford.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Conrector <em>Wortmann</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Pastor <em>Smidt</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Bonn.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Ad. Marcus</em></td> - <td class="col4">9</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">Die Königl. Universitäts-Bibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">Bibliotheque de l’université de Louvain.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Director Dr. <em>Kortegarn</em> in Bonn.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Lassen</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Ober-Consistorial-Rath Professor Dr. <em>Nitzsch</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Privatdocent Dr. <em>Clemens</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">— — <em>Volkmuth</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3"><em>Erskine</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Buchhändler <em>Marcus</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>E. Weber</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Mendelssohn</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Brandenburg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>J. J. Wiesike</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">Die Gymnasial-Bibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Collaborator <em>Döhler</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Braunschweig.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Ed. Leibrock</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Dr. <em>Hanne</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Bremen.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>A. D. Geisler</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>J. G. Heyse</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Breslau.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>F. Aderholz</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Grass, Barth u. Comp.</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Gosohorsky</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Rector <em>Jordan</em> in Trebnitz.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Professor <em>Braniss</em> in Breslau.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Jos. Max u. Comp.</em></td> - <td class="col4">4</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Divisionsprediger Dr. <em>Rhode</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Medicinalrath Dr. <em>Ebers</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Röpell</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Buchhändler <em>Sowade</em> in Pless.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Ferd. Hirt</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Brieg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Ziegler</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>Const. v. Ziegler-Knyphausen</em>, Lieutenant im 22. Infant. Regiment.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Bromberg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>E. S. Mittler</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Prediger <em>Gessel</em> in Thorn.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">Ungenannt.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Brünn.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>C. Winiker</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Brüssel.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. Muquardt</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor <em>Tandel</em> in Lüttich.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">La Bibliothèque <em>Royale</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Cammin.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Domine u. Comp.</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Dr. <em>Puchstein</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Carlsruhe.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Braun</em>’sche Hof-Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">das Museum in Carlsruhe.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Georg Holtzmann</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Lehrer <em>Herrmann</em> in Ettlingen.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Cassel.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>J. J. Bohné</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Kurfürstl. Landesbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Cöln.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>J. u. W. Boisserée</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>E. Welter</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Cöslin.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. G. Hendess</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Gymnasialbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Constanz.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>W. Meck</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor <em>F. A. Kreuz</em> am Lyceum.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Darmstadt.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>G. Jonghaus</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Grossherzogl. Hessische Hofbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Dessau.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>J. Fritsche</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Dorpat.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Franz Kluge</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Dresden.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Arnold</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>H. M. Gottschalk</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Düsseldorf.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Schaub</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Landesbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Elberfeld.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>J. Löwenstein u. Comp.</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Landesbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Elbing.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Fr. L. Levin</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Director Dr. <em>Herzberg</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Flensburg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>J. C. Korte-Jessen</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Oberlandesgerichts-Advocat <em>Fr. Johannsen</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Buchhändler <em>Korte-Jessen</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Frankfurt a. M.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Jäger</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>W. H. Ackermann</em>, Lehrer a. d. Musterschule.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3"><em>W. C. Cartwright</em> Esqu. in London.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">Ungenannt.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. Jügel</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Dr. <em>F. A. Balling</em>, Brunnenarzt in Kissingen.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>J. D. Sauerländer</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Stadtbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Varrentrapp</em>’sche Sortiments-Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Justiz- und Domänenrath Dr. <em>Oelschläger</em> in Regensburg.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Freiburg im Breisgau.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Lippe u. Comp.</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Pfarrverweser <em>Lump</em> in Riegel.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Genf.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>J. Kessmann</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Giessen.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>G. F. Heyer Sohn</em></td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Universitätsbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Stud. <em>Liebknecht</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">das Predigerseminar in Friedberg.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>J. Ricker</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Dr. <em>M. Carrière</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Glatz.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>E. L. Prager</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>Rostock</em>, Prinzl. Oberamtmann in Seitenberg.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Glogau.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. Flemming</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Lehrerbibliothek des kathol. Gymnasiums.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Görlitz.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>G. Köhler</em></td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Geh. Justizrath <em>Blumenthal</em> in Friedersdorf bei Greifenberg.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">die Oberlausitzsche Gesellschaft der Wissenschaften.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Göttingen.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Deuerlich</em></td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Hofrath Professor Dr. <em>Ritter</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Götze</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Dunker</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Dietrich</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Vandenhoeck u. Ruprecht</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Cand. d. Theol. <em>Petersen</em> in Hannover.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Gotha.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Carl Glaeser</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Herzogl. öffentliche Bibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Greifswald.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Otte</em></td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Semisch</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Boström</em> in Upsala.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">Ungenannt.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Halberstadt.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>F. A. Helm</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Halle.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Anton</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">Herrn. Professor Dr. <em>Ulrici</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Lippert u. Schmidt</em></td> - <td class="col4">4</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Schaller</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Privatdocent Dr. <em>Weissenborn</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Stud. phil. <em>Seifart</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Dr. <em>Dalmer</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Rich. Mühlmann</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>C. H. Schwetschke u. Sohn</em></td> - <td class="col4">5</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Hamburg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>F. H. Nestler u. Melle</em></td> - <td class="col4">4</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Hamburgische Stadtbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2"><em>Osmond de Beauvoir Priaulx</em> (Oxford et Cambridge Clubb).</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">Sir <em>William Hamilton</em> in <em>Edinburg</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">Ungenannt.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Perthes, Besser u. Mauke</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Ullrich</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">Ungenannt.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Hamm.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. Wickenkamp</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Bibliothek des Gymnasiums.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Hannover.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Hahn</em>’sche Hofbuchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die <em>Hahn</em>’sche Hofbuchhandlung.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Helwing</em>’sche Hofbuchhandlung</td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Bibliothek der Ständeversammlung.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Advocat <em>Ebhardt</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Heidelberg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>E. Mohr</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Kirchenrath <em>Rothe</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>K. Winter</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Grossherzogl. Hofbibliothek in Carlsruhe.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Pfarrer <em>Sturm</em> in Buch am Ahorn.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Jena.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Fr. Frommann</em></td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Grossherzogl. Hofbibliothek in Weimar.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">Ihre Durchlaucht die Prinzessin <em>Caroline</em> von Schaumburg-Lippe in Rudolstadt 2 Exempl.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Kiel.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. Akademische Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Candidat <em>Sierck</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Schwers</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Chalybaeus</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Königsberg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Bornträger</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">9</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Königl. akadem. Handbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">die Königl. Bibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">die Bibliothek des Lyceum Hosianum in Braunsberg.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Candidat <em>Böttcher</em> in Koewe.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Rosenkranz</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3"><em>von Stomczewski</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>Sydow</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Conrector <em>Suck</em> in Wehlau.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>K. Lehrs</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Graefe u. Unzer</em></td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Consistorialrath Dr. <em>Lehnerdt</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Divisionsprediger Dr. <em>Toop</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">das Collegium Fredericianum.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>E. H. Mangelsdorf</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Subrector <em>G. W. A. Wechsler</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Kopenhagen.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Eibe</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Gyldendal</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Grosse Königl. Bibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">die Akademie in Soröe.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>Feilberg</em> und <em>Landmark</em>, Buchhändler in Christiania.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Andr. Fr. Höst</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Mag. Dr. <em>Cronholm</em> in Malmö 2 Exempl.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>H. C. Klein</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>G. Plaug</em>, Cand. phil.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">die theologische Bibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. A. Reitzel</em></td> - <td class="col4">4</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Krakau.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>D. E. Friedlein</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>Goleberski</em>, Anwalt beim Tribunal.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Landshut.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Krüll</em>’sche Univ. Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Appellationsgerichts-Accessist <em>v. Hessling</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Langensalza.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Körner</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Conrector Dr. <em>Karl Schramm</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Leipzig.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>F. A. Brockhaus</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Dyk</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. L. Fritzsche</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Niedner</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl <em>J. C. Hinrichs</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Stadtbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">Ungenannt.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>K. Fr. Köhler</em></td> - <td class="col4">4</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Hofrath <em>Otto</em> in Dorpat.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">die Universitätsbibliothek daselbst</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">Ungenannt.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Jul. Klinkhardt</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. H. Reclam</em> sen.</td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Ober-Landesgerichts-Assessor <em>Lobedan</em> in Naumburg.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Gymnasiallehrer <em>Passow</em> in Meiningen.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler Gebr. <em>Reichenbach</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Dr. <em>C. Rössler</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Ludw. Schreck</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>W. Nemeth</em>, Buchhändler in Kronstadt.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Leop. Voss</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Drobisch</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">die Universitätsbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Lemberg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Joh. Millikowsky</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Domvicar <em>Mich. Formanyos</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">die <em>Ossolinski</em>’sche Bibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Liegnitz.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. E. Reisner</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Diaconus <em>Peters</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Lintz.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Fr. Eurich u. Sohn</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Stiftsbibliothek in Kremsmünster.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">London.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>A. Asher u. Comp.</em></td> - <td class="col4">13</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Williams u. Norgate</em></td> - <td class="col4">13</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Lübeck.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>von Rohden</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Luxemburg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>G. Michaelis</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Pastor <em>Drischel</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Magdeburg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>W. Heinrichshofen</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Rector <em>Bracker</em> in Hundisburg.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Rubach</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Criminaldirector, Oberlandesger. Rath <em>Fritze</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">die Stadtbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Mailand.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Joh. Meiners u. Sohn</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Tendler u. Schaefer</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>Marchese Gozzani</em> St. Georges in Turin.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Abbate <em>Don Raimondi</em> in Mailand.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Marburg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Bayrhoffer</em>’sche Universitätsbuchhandlung</td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Kurfürstl. Universitätsbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Bayrhoffer</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">— — <em>Franz Vorländer</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>N. G. Elwert</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Marienwerder.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Alb. Baumann</em></td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Oberlandesgerichts-Rath <em>Scherres</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">die Bibliothek der Königl. Regierung.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">die Bibliothek des Königl. Gymnasiums.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>E. Levysohn</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Referendar <em>Döring</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Meiningen.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>W. Blum</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Kesselring</em>’sche Hofbuchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Herzogl. öffentliche Bibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Mitau.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>G. A. Reyher</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Strümpell</em> in Dorpat.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">München.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Literarisch-artistische Anstalt</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Georg Franz</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Bibliothek des Oberconsistoriums.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Palm</em>’sche Hofbuchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Königl. Hof- u. Staatsbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Münster.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Wundermann</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Regimentsarzt Dr. <em>Rudolph</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Theissing</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Neisse.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>F. Burckhardt</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Graf <em>von Reichenbach</em> auf Waltdorf.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Nordhausen.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Büchting</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>F. Förstemann</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>M. L. von Eberstein</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Nürnberg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>J. A. Stein</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Gymnasialbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Oldenburg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Schulze</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Grossherzogl. Oldenburgische Bibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Paris.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>A. Frank</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Degetau u. Comp.</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>Rehfeld</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Klincksieck</em></td> - <td class="col4">6</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>Georg Herwegh</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">la Bibliothèque Royale.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>Victor Cousin</em>, Pair de France.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3"><em>Ad. Lafont de Ladebas</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3"><em>Lerminier</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3"><em>Verny</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Pesth.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Gust. Emich</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>Stancsics Mihaly</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. Geibel</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. A. Hartleben u. Altenburger</em></td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor <em>August v. Széchy</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Director <em>Cyrill von Horváth</em> in Szegedin.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">K. K. Kämmerer Graf <em>v. Zichy</em> in Láng.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Gust. Heckenast</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">K. K. Major <em>Bein</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Kilian u. Comp.</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die K. K. Universitätsbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>Marton</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Kilian</em> sen. u. <em>Weber</em></td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>Bartholomäus von Fischer</em>, Profess. der Moral und Theologie.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3"><em>Jos. von Urmenyi</em>, Königl. Rath und Obergespann.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3"><em>von Adamowics</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Petersburg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Eggers u. Comp.</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">wirkl. Staatsrath <em>v. Kranichfeld</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">Ungenannt.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Posen.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>E. S. Mittler</em></td> - <td class="col4">4</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Regierungs-Assessor <em>Duncker</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">— — <em>Edler</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">— — <em>Besser</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Consistorialrath <em>Kissling</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler Gebr. <em>Scherk</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Zupaíski</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Potsdam.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Ferd. Riegel</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Braueigner <em>Müller</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Stuhr</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Prag.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Borrosch u. André</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Exner</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Ehrlich</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Candidat der Medicin <em>Springer</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Dr. <em>Smetana</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Kronberger u. Rziwnatz</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Bolzano</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">Ungenannt.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Presburg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. Fr. Wigand</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Quedlinburg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Ernst</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Geheimerath <em>Hertel</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Reichenbach.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Fr. George</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Candidat <em>Peinert</em> in Olbersdorf.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Riga.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>J. Deubner</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Pastor Dr. <em>Martin Berkholz</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Bürgermeister Ritter <em>v. Timm</em>, Magnificenz.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>N. Kymmel</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Rostock.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>F. L. Schmidtchen</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Schmidt</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">Ungenannt.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Stiller</em>’sche Hofbuchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Grossherzogl. Universitätsbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Schaffhausen.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Hurter</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Decan <em>Benker</em> in Diessenhofen.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Schwäbisch-Hall.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Nitschke</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Schweidnitz.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. F. Weigmann</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Solothurn.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>L. Jent</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Professorenbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Speyer.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>F. C. Neidhard</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Bibliothek des K. Gymnasiums.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Stettin.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>L. Saunier</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Bibliothek des Königl. Gymnasiums.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">St. Gallen.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. P. Scheitlin</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Stiftsbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Stockholm.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>F. Bonnier</em></td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Strasburg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Treuttel u. Würtz</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Bibliothek des protestantischen Seminars.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>Colany</em>, Candidat der Theologie.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Levrault</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor <em>Willm</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Stuttgart.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Beck u. Fränkel</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Fr. H. Köhler</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Diaconus <em>Kornbeck</em> in Marbach.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>J. B. Metzler</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3"><em>Alexander Simon</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Paul Neff</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Rechtsconsulent Dr. <em>Steudel</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">die Königl. Handbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Rommelsbacher</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Königl. öffentl. Bibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Thorn.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>E. Lambeck</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Trier.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Lintz</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Ober-Amtmann <em>Sulz</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Dr. <em>Montigny</em>, Lehrer am Gymnasium.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Tübingen.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>L. F. Fues</em></td> - <td class="col4">8</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die K. Universitätsbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">die K. Seminarbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Reiff</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i5"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Stud. theol. <em>Jaeger</em>, im Stift</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i5"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">— — <em>Schuster</em>, im Stift.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i5"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">— — <em>Schnitzer</em>, im Stift.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i5"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">— — <em>Fricker</em>, im Stift.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i5"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">— — <em>Koestlin</em>, im Stift.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Zu Guttenberg</em>’sche Sortimentsbuchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Pfarrer <em>Zotz</em> in Ahldorf.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Ulm.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Stettin</em>’sche Sortimentsbuchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Rechtsconsulent Dr. <em>Göritz</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Utrecht.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Kemink u. Sohn</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Wien.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Fr. Beck</em>’sche Univ. Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Braumüller u. Seidel</em></td> - <td class="col4">16</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>C. Gerold u. Sohn</em></td> - <td class="col4">6</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>J. G. Heubner</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Abt <em>Altmann</em> zu Goettweil.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Jasper</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Kaulfuss Ww., Prandel u. Comp.</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Mörschner’s Ww. u. Bianchi</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>P. Rohrmann</em></td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die K. K. Hofbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">die K. K. Universitätsbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Dr. <em>Dworzak</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Schaumburg u. Comp.</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Baron <em>Nicolaus Mattencloit</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. Fr. <em>Volke</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Hofrath <em>v. Witteczek</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>J. B. Wallishauser</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Baron <em>v. Locella</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Wimmer, Schmidt u. Leo</em></td> - <td class="col4">3</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Dr. med. <em>Lederer</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Edler <em>von Hasner</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i4"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2" colspan="2">Ungenannt.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Wiesbaden.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Friedrich</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Herzogl. Nassauische öffentl. Landesbibliothek.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>C. W. Kreidel</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Collaborator <em>Seyberth</em> in Weilburg.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Wittenberg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Zimmermann</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Bibliothek des Gymnasiums.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Würzburg.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Löbl. <em>Stahel</em>’sche Buchhandlung</td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Rector Professor Dr. <em>Franz Hoffmann</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Ludw. Stabel</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Rechtspraktikant Dr. <em>Reder</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Züllichau.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>H. Sporleder</em></td> - <td class="col4">1</td> - </tr> - <tr class="i2"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2" colspan="2">die Bibliothek der Realschule in Meseritz.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="c"> - <td class="col1" colspan="4">Zürich.</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Meyer u. Zeller</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Dr. <em>Mager</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Professor Dr. <em>Bobrich</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herren Buchhändler <em>Orell, Füssli u. Comp.</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="l"> - <td class="col1" colspan="3">Herr Buchhändler <em>Fr. Schulthess</em></td> - <td class="col4">2</td> - </tr> - <tr class="i"> - <td class="col1">für:</td> - <td class="col2">Herrn</td> - <td class="col3">Regierungsrath <em>Hotz</em> in Balchrist.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> - <tr class="i3"> - <td class="col1"> </td> - <td class="col2">—</td> - <td class="col3">Vicar <em>Fries</em>.</td> - <td class="col4"> </td> - </tr> -</tbody> -</table> -</div> - -<p class="vspace6"> - -</p> - -<div class="ads"> -<p class="hdr1"> -Johann Gottlieb Fichte’s -</p> - -<p class="noindent"> -von seinem Sohne herausgegebene sämmtliche Werke liegen -nun vollständig in <b>acht Bänden</b> dem Publicum vor. Der Umfang -des Ganzen beträgt gegen 300 Bogen und den <b>Preis -von 15 Thalern</b> lassen wir vorläufig fortbestehen. -</p> - -<p class="tb"> -——— -</p> - -<p class="noindent"> -Die Abtheilungen der Gesammtwerke werden auch besonders -verkauft, und zwar: -</p> - -<table class="prices" summary="Table-5"> -<tbody> - <tr> - <td class="col1"><b>1) Erste Abtheilung.</b> Zur theoretischen Philosophie. Band I. und II.</td> - <td class="col2">Thlr. 5.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><b>2) Zweite Abtheilung. A.</b> Zur Rechts- und Sittenlehre. Band III. und IV.</td> - <td class="col2">Thlr. 5.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><b>3) Zweite Abtheilung. B.</b> Religionsphilosophische Schriften. Band V.</td> - <td class="col2">Thlr. 2⅓.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1"><b>4) Dritte Abtheilung.</b> Populär-philosophische Schriften. Band VI., VII. und VIII.</td> - <td class="col2">Thlr. 6.</td> - </tr> -</tbody> -</table> -<p class="tb"> -——— -</p> - -<p class="noindent"> -Einer ganz besondern Verbreitung fähig sind namentlich -die <em class="gesperrt">Zweite Abtheilung</em> B. (3) und die <em class="gesperrt">Dritte</em> (4), welche -in die politische und religiöse Bewegung der Gegenwart so -unmittelbar eingreifen, dass kein denkender Beobachter der -Zeit sie ungelesen lassen darf. In den genannten Abtheilungen -ist <em class="gesperrt">Fichte</em> weniger speculativer Philosoph als begeisterter -Volksredner, der nächst Luther und Lessing das kräftigste -Deutsch geschrieben hat. Diese vier Bände wird Niemand -entbehren können, <em class="gesperrt">der die deutschen Classiker -in seiner Bibliothek vereinigen will</em>. -</p> - -<p class="hdr2"> -Die zweite Abtheilung B. enthält: -</p> - - <div class="abt23"> -<p> -Aphorismen über Religion und Deismus, aus dem Jahre 1790. -</p> - -<p> -Versuch einer Kritik aller Offenbarung, 1792. -</p> - -<p> -Ueber den Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung, -1798. -</p> - -<p> -Appellation an das Publicum gegen die Anklage des Atheismus, 1799. -</p> - -<p> -Gerichtliche Verantwortung gegen die Anklage des Atheismus, 1799. -</p> - -<p> -Rückerinnerungen, Antworten, Fragen. (Ungedruckt, aus dem Anfange -1799). -</p> - -<p> -Aus einem Privatschreiben, im Jänner 1800. -</p> - -<p> -Die Anweisung zum seligen Leben, oder auch die Religionslehre, 1806. -</p> - - </div> -<p class="hdr2"> -Die dritte Abtheilung enthält: -</p> - - <div class="abt23"> -<p> -Zurückforderung der Denkfreiheit von den Fürsten Europens, die sie -bisher unterdrückten, 1793. -</p> - -<p> -Beiträge zur Berichtigung der Urtheile des Publicums über die französische -Revolution, 1793. -</p> - -<p> -Einige Vorlesungen über die Bestimmung des Gelehrten, 1794. -</p> - -<p> -Ueber das Wesen des Gelehrten, und seine Erscheinungen im Gebiete -der Freiheit, 1805. -</p> - -<p> -Ueber die einzig mögliche Störung der akademischen Freiheit, 1812. -</p> - -<p> -Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters, 1804. -</p> - -<p> -Reden an die deutsche Nation, 1808. -</p> - -<p> -Anhang zu den Reden an die deutsche Nation, geschrieben im Jahre 1806. (Ungedruckt). -</p> - -<p> -Politische Fragmente aus den Jahren 1807 und 1813. (Ungedruckt). -</p> - -<p class="i1"> -A. Bruchstücke aus einem unvollendeten politischen Werke vom Jahre 1806-7. -</p> - -<p class="i2"> -1) Episode über unser Zeitalter. -</p> - -<p class="i2"> -2) Die Republik der Deutschen. -</p> - -<p class="i1"> -B. Aus dem Entwurfe einer politischen Schrift im Jahre 1814. -</p> - -<p class="i1"> -C. Excurse zur Staatslehre, 1813. -</p> - -<p class="i2"> -1) Ueber Errichtung des Vernunftreiches. -</p> - -<p class="i2"> -2) Ueber Zufall, Loos, Wunder. -</p> - -<p class="i2"> -3) Ueber die Ehe, den Gegensatz von altem und neuen Staate und Religion u. s. w. -</p> - -<p> -Nicolai’s Leben und sonderbare Meinungen, 1801. -</p> - -<p> -Deducirter Plan einer zu Berlin zu errichtenden höheren Lehranstalt, 1807. -</p> - -<p class="i2"> -Beilagen zum Universitätsplane (Ungedruckt): -</p> - -<p class="i3"> -a. Plan zu einem periodischen schriftstellerischen Werke an einer deutschen Universität, 1805. -</p> - -<p class="i3"> -b. Rede bei einer Ehrenpromotion an der Universität zu Berlin, am 16. April 1811. -</p> - -<p> -Vermischte Aufsätze: -</p> - -<p class="i1"> -A. Beweis der Unrechtmässigkeit des Büchernachdruckes, ein Räsonnement und eine Parabel, 1791. -</p> - -<p class="i1"> -B. Zwei Predigten aus dem Jahre 1791 (Ungedruckt). -</p> - -<p class="i1"> -C. Ueber Geist und Buchstab in der Philosophie, 1794. -</p> - -<p class="i1"> -D. Von der Sprachfähigkeit und dem Ursprunge der Sprache, 1795. -</p> - -<p class="i1"> -E. Ueber Belebung und Erhöhung des Interesse an Wahrheit, 1795. -</p> - -<p class="i1"> -F. Aphorismen über Erziehung, 1804 (Ungedruckt). -</p> - -<p class="i1"> -G. Bericht über die Wissenschaftslehre und die bisherigen Schicksale derselben, 1806 (Ungedruckt). -</p> - -<p> -Recensionen von: -</p> - -<p class="i1"> -A. Creuzers skeptischen Betrachtungen über die Freiheit des Willens, 1793. -</p> - -<p class="i1"> -B. Gebhard über sittliche Güte, 1793. -</p> - -<p class="i1"> -C. Kant zum ewigen Frieden, 1796. -</p> - -<p> -Poesien und metrische Uebersetzungen: -</p> - -<p class="i1"> -A. Das Thal der Liebenden, Novelle, 1786 (Ungedruckt). -</p> - -<p class="i1"> -B. Kleinere Gedichte, (meist ungedruckt). -</p> - -<p class="i1"> -C. Uebersetzungen aus dem Portugiesischen, Spanischen und Italiänischen, (meist ungedruckt). -</p> - - </div> -<p class="sign"> -<b>Veit & Comp.</b> -</p> - -</div> - - -<div class="trnote"> -<p id="trnote" class="part"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p> - -<p> -Fußnoten wurden am Ende der jeweiligen Kapitel gesammelt. -</p> - -<p class="html-only"> -Die Seitennummern der Vorlage werden am rechten Rand gezeigt. Für einen Teil der -Texte weist die Vorlage auch die Seitennummern der jeweiligen Originalpublikationen -aus. Diese werden am linken Rand gezeigt. -</p> - -<p> -Die »Liste der Unterzeichner auf Fichte's sämmtliche Werke« wurde vom -Anfang an das Ende des Buches verschoben. -</p> - -<p class="handheld-only">Im Original -g e s p e r r t -hervorgehobener Text wurde in einem <em class="gesperrt">anderen Schriftstil</em> markiert. -</p> - -<p> -Die variierende Schreibweise des Originales wurde weitgehend -beibehalten. Lediglich offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert -wie hier aufgeführt (vorher/nachher): -</p> - -<ul> - -<li> -... ihm — sein <span class="underline">Geschichtschreiber</span> sagt dies an seiner Urne mit ...<br /> -... ihm — sein <a href="#corr-1"><span class="underline">Geschichtsschreiber</span></a> sagt dies an seiner Urne mit ...<br /> -</li> - -<li> -... nicht eine <span class="underline">ansgemachte</span> Wahrheit unter allen alten Schriftstellern ...<br /> -... nicht eine <a href="#corr-2"><span class="underline">ausgemachte</span></a> Wahrheit unter allen alten Schriftstellern ...<br /> -</li> - -<li> -... <span class="underline">Resensionen</span> herumblättern will, wird auf die oben angeführten Aeusserungen ...<br /> -... <a href="#corr-3"><span class="underline">Recensionen</span></a> herumblättern will, wird auf die oben angeführten Aeusserungen ...<br /> -</li> - -<li> -... Oder hat etwa das deutsche Publicum <span class="underline">bisjetzt</span> in allem ...<br /> -... Oder hat etwa das deutsche Publicum <a href="#corr-4"><span class="underline">bis jetzt</span></a> in allem ...<br /> -</li> - -<li> -... noch <span class="underline">auschaulicher</span> zu machen: — Der Stoff, welchen der Meister ...<br /> -... noch <a href="#corr-5"><span class="underline">anschaulicher</span></a> zu machen: — Der Stoff, welchen der Meister ...<br /> -</li> - -<li> -... sich verleiten, dem <span class="underline">Widerspuche</span> zu widersprechen, so müsste ...<br /> -... sich verleiten, dem <a href="#corr-6"><span class="underline">Widerspruche</span></a> zu widersprechen, so müsste ...<br /> -</li> - -<li> -... als den üblichen Fleiss <span class="underline">uud</span> Berufstreue gerechnet werden; indem ...<br /> -... als den üblichen Fleiss <a href="#corr-7"><span class="underline">und</span></a> Berufstreue gerechnet werden; indem ...<br /> -</li> - -<li> -... wie späterhin die Regularen es sollen, zu einem <span class="underline">geinschaftlichen</span> ...<br /> -... wie späterhin die Regularen es sollen, zu einem <a href="#corr-8"><span class="underline">gemeinschaftlichen</span></a> ...<br /> -</li> - -<li> -... oder Relegation, oder <span class="underline">dess</span> etwas stattfinde. Durch die ...<br /> -... oder Relegation, oder <a href="#corr-9"><span class="underline">dass</span></a> etwas stattfinde. Durch die ...<br /> -</li> - -<li> -... möchten auch an diese Lehrer für diese <span class="underline">eigenlich</span> nicht im ...<br /> -... möchten auch an diese Lehrer für diese <a href="#corr-10"><span class="underline">eigentlich</span></a> nicht im ...<br /> -</li> - -<li> -... noch zeugen kann, und die <span class="underline">Kiuder</span> dieser Kinder: und ziehe ...<br /> -... noch zeugen kann, und die <a href="#corr-11"><span class="underline">Kinder</span></a> dieser Kinder: und ziehe ...<br /> -</li> - -<li> -... Es sagen zwar freilich <span class="underline">verleumderiche</span> Zungen, dass das ...<br /> -... Es sagen zwar freilich <a href="#corr-12"><span class="underline">verleumderische</span></a> Zungen, dass das ...<br /> -</li> - -<li> -... Erfahrung als solche bewährt haben. Aber das <span class="underline">einige</span> Unabhängige ...<br /> -... Erfahrung als solche bewährt haben. Aber das <a href="#corr-13"><span class="underline">einzige</span></a> Unabhängige ...<br /> -</li> - -<li> -... gelernten Zeichen nachher auch in seiner <span class="underline">Famile</span>. ...<br /> -... gelernten Zeichen nachher auch in seiner <a href="#corr-14"><span class="underline">Familie</span></a>. ...<br /> -</li> - -<li> -... mehrere zusammen machen Einen Begriff aus und <span class="underline">werpen</span> ...<br /> -... mehrere zusammen machen Einen Begriff aus und <a href="#corr-15"><span class="underline">werden</span></a> ...<br /> -</li> - -<li> -... so <span class="underline">gerinfügig</span> der Gegenstand auch seyn möge, irre, oder im ...<br /> -... so <a href="#corr-16"><span class="underline">geringfügig</span></a> der Gegenstand auch seyn möge, irre, oder im ...<br /> -</li> - -<li> -... fest, frei und kühn <span class="underline">au</span> jede Untersuchung mich wagen darf, ...<br /> -... fest, frei und kühn <a href="#corr-17"><span class="underline">an</span></a> jede Untersuchung mich wagen darf, ...<br /> -</li> - -<li> -... einer höheren <span class="underline">Giückseligkeit</span>, ein geheimes Verlangen, auf dem ...<br /> -... einer höheren <a href="#corr-19"><span class="underline">Glückseligkeit</span></a>, ein geheimes Verlangen, auf dem ...<br /> -</li> -</ul> -</div> - - - - - - - - - -<pre> - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Sämmtliche Werke 8: Vermischte -Schriften und Aufsätze, by Johann Gottlieb Fichte - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK SÄMMTLICHE WERKE 8: *** - -***** This file should be named 51359-h.htm or 51359-h.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/1/3/5/51359/ - -Produced by Karl Eichwalder, Jens Sadowski, and the Online -Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net This -book was produced from scanned images of public domain -material from the Google Books project. - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. 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Redistribution is subject to the -trademark license, especially commercial redistribution. - -START: FULL LICENSE - -THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK - -To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase "Project -Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full -Project Gutenberg-tm License available with this file or online at -www.gutenberg.org/license. - -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project -Gutenberg-tm electronic works - -1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. 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You may convert to and distribute this work in any binary, -compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including -any word processing or hypertext form. However, if you provide access -to or distribute copies of a Project Gutenberg-tm work in a format -other than "Plain Vanilla ASCII" or other format used in the official -version posted on the official Project Gutenberg-tm web site -(www.gutenberg.org), you must, at no additional cost, fee or expense -to the user, provide a copy, a means of exporting a copy, or a means -of obtaining a copy upon request, of the work in its original "Plain -Vanilla ASCII" or other form. Any alternate format must include the -full Project Gutenberg-tm License as specified in paragraph 1.E.1. - -1.E.7. Do not charge a fee for access to, viewing, displaying, -performing, copying or distributing any Project Gutenberg-tm works -unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9. - -1.E.8. 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