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-The Project Gutenberg EBook of Der Kollektivismus und die soziale Monarchie, by
-Joseph von Neupauer
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
-other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
-whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
-the Project Gutenberg License included with this eBook or online at
-www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have
-to check the laws of the country where you are located before using this ebook.
-
-
-
-Title: Der Kollektivismus und die soziale Monarchie
-
-Author: Joseph von Neupauer
-
-Release Date: May 21, 2016 [EBook #52117]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: ISO-8859-1
-
-*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER KOLLEKTIVISMUS ***
-
-
-
-
-Produced by Jana Srna, Franz L Kuhlmann, Norbert H. Langkau
-and the Online Distributed Proofreading Team at
-http://www.pgdp.net
-
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- | zwischen Million und Tausend durch Punkt und Komma ersetzt, so zum |
- | Beispiel 20-25,000 statt 20-25 000 und 1.900,000 statt 1 900 000. |
- | |
- | Im Inhaltsverzeichnis wird auf Kapitel VIII, Abschnitt 4. d) auf |
- | den Punkt "2. Poesie und schöne Literatur" auf S. 77 verwiesen. Im |
- | Original fehlt diese Überschrift. |
- | |
- | In Kapitel VI, Abschnitt 8. e) ist die Verteilung des fortlaufenden|
- | Textes und der Tabellen geringfügig verändert, indem wenige |
- | Textzeilen zwischen einem Seitenkopf oder -fuß und Tabelle der |
- | vorhergehenden oder folgenden Seite zugeordnet sind. |
- | |
- | Zeichensetzung und typographische Fehler wurden stillschweigend |
- | korrigiert |
- +--------------------------------------------------------------------+
-
-[Illustration:
-
- It is better to fight for the
- good, than to rail at the ill.
- Neupauer]
-
-
-
-
- Der Kollektivismus und
- die soziale Monarchie
-
-
-
-
- Dr. Joseph R. v. Neupauer
-
- Der Kollektivismus und
- die soziale Monarchie
-
-
-
-
- =Motto:=
-
- Nach Sidney Whitman sagte Bismarck
- einmal: Wenn ich die Gestalt wählen könnte,
- in der ich noch einmal leben möchte, weiß
- ich nicht, ob ich nicht ganz gerne eine
- Ameise sein würde. Jede Ameise muß
- arbeiten, ein nützliches Leben führen, jede
- Ameise ist fleißig. Da gibt es vollkommene
- Subordination, Disziplin und Ordnung. Sie
- sind glücklich, denn sie arbeiten.
-
- [Illustration]
-
- Dresden 1909 -- Richard Lincke
-
-
-
-
- =Alle Rechte vorbehalten.=
-
- Unbefugter Nachdruck wird gerichtlich verfolgt.
-
- _Copyright 1909 by E. Pierson's Verlag._
-
- Druck von E. Pierson's Verlag (Richard Lincke), Dresden.
-
-
-
-
-Inhaltsverzeichnis.
-
-
- Seite
-
- =Einleitung= IX
-
- I. Die kollektivistische Gesellschaftsordnung in ihren
- allgemeinsten Umrissen und die Rechtsgrundsätze, nach
- welchen sie ins Leben einzuführen und nach ihrer
- Einführung die Verwaltung zu führen sein wird 1
-
- II. Das kollektivistische Rechtssubjekt 16
-
- III. Die Verfassung eines kollektivistischen Staates 20
-
- 1. Allgemeines 20
-
- 2. Das souveräne Volk 21
-
- 3. Das Stimm- und Wahlrecht. Form der Ausübung 24
-
- 4. Wahlen 28
-
- 5. Das Objekt der Volksbeschlüsse 30
-
- 6. Die Erhaltung der Staatseinheit 32
-
- IV. Die Monarchie und der Adel 34
-
- V. Die Beamtenorganisation 41
-
- 1. Der Verwaltungsorganismus. Detailverwaltungsämter 41
-
- 2. Der ärztliche Dienst 50
-
- 3. a) Der Erziehungs- und Unterrichtsdienst 58
-
- b) Höherer Unterricht 61
-
- c) Die Akademie 64
-
- VI. Dauernde Einrichtungen und Verwaltungsbehelfe 67
-
- 1. Die Wohnungsansiedelungen 67
-
- a) Urgemeinden oder Dörfer 67
-
- b) Die Bezirksvororte 70
-
- c) Die städtischen Ansiedlungen 71
-
- 2. Die Verteilung der Bevölkerung 73
-
- 3. Die Evidenthaltung der Bevölkerung 77
-
- 4. Die Kommunikationen 78
-
- a) Eisenbahnen, Schiffahrt 78
-
- 1. Ihre Benützung für allgemeine Zwecke 79
-
- 2. Ihre Benützung für Zwecke des Einzelnen 81
-
- b) Automobile 84
-
- 5. Telegraph und Telephon 85
-
- a) Ihre Einrichtung und Benützung für allgemeine
- Zwecke 85
-
- b) Ihre Benützung für die Zwecke des Einzelnen 88
-
- 6. Die Post 89
-
- 7. Tagesblätter der Verwaltung 91
-
- 8. Die Verrechnung und Statistik 94
-
- a) Ihre Aufgabe 94
-
- b) Die Bevölkerungsstatistik 95
-
- c) Die Güter- und Verkehrsstatistik 96
-
- d) Zustandekommen und Einrichtung der Verrechnung und
- Statistik 98
-
- e) Beispiele von statistischen Tabellen 100
-
- VII. Der Kollektivismus und die Erhaltung, Vermehrung und
- natürliche Veredlung des Volkes 126
-
- 1. Die Bevölkerungspolitik 126
-
- 2. Ehe, Familie, Elternrecht, Wahlmütter, Anteil des
- Staates an der Erziehung 136
-
- 3. Geschlechtliche Sittlichkeit. Freie Liebe 146
-
- 4. Die Frauenkurie 155
-
- 5. Die Erziehung 158
-
- a) Pflichten des Staates der Jugend gegenüber 158
-
- b) Erziehungsorgane 161
-
- c) Die physische Erziehung 166
-
- d) Intellektuelle Erziehung 169
-
- e) Der Unterricht im vorschulpflichtigen Alter 171
-
- f) Der Elementarunterricht. In Österreich der
- Unterricht in einer zweiten Sprache des Reiches 172
-
- g) Fachschulen niederer Ordnung und für fremde
- Sprachen 175
-
- h) Andere Anstalten zur Volkserziehung. 1.-13. 176
-
- i) Ethische Erziehung. 1.-10. 183
-
- 6. Die Rechtspflege 191
-
- VIII. Der Kollektivismus und der allgemeine Fortschritt 194
-
- 1. Fortbildung 194
-
- 2. Das Vereinswesen 196
-
- 3. Die Sammlungen 202
-
- 4. Zeitschriften, Bücher, Bibliotheken 203
-
- a) Die Presse für Staats- und allgemeine
- Angelegenheiten 204
-
- b) Die Fachpresse 207
-
- c) Die Unterhaltungspresse und schöne Literatur 208
-
- d) Bücher 209
-
- 1. Die wissenschaftliche Literatur 209
-
- 2. Poesie und schöne Literatur 211
-
- e) Bibliotheken 215
-
- 5. Die Verteilung der Konsumtibilien 217
-
- 6. Die Forschung 221
-
- 7. Die Kunst 221
-
- a) Schöpferische Kunst 222
-
- b) Kunstreproduktion 224
-
- c) Das Kunstgewerbe 224
-
- 8. Die technische Erfindung 225
-
- 9. Die Anerkennung der Verdienste höheren Grades im
- Kollektivstaate 231
-
- a) Das Arbeitsleitungsrecht 233
-
- b) Ehrenvorzüge 234
-
- c) Das Vorrecht der Wahl 235
-
- d) Vorzüge in Beziehung auf die Wohnung 236
-
- e) Vorzüge in Beziehung auf Kleidung 237
-
- f) Vorzüge in Beziehung auf Nahrung 237
-
- g) Das Vorrecht in Beziehung auf einen eigenen
- Hausstand 238
-
- h) Vorrechte in Beziehung auf Geselligkeit 239
-
- i) Vorrechte in Beziehung auf Konzerte, Theater 240
-
- k) Reisen im In- und Auslande 240
-
- l) Das Vorrecht in Beziehung auf die in VIII, 5,
- geschilderten Verteilungen 240
-
- m) Das Vorrecht der Arbeitsfreiheit 240
-
- n) Das Vorrecht der freien Wahl des Domizils 241
-
- o) Andere berufsmäßige Vorrechte 242
-
- p) Das Vorrecht, Pferde, Wagen und Automobile zu
- halten 242
-
- 10. Religion, Kultus, Festlichkeiten 247
-
- 11. Die Wettbewerbungen, Glücksspiele 254
-
- 12. Nachweis der Ökonomie der in diesem Werke
- vorgeschlagenen Organisation des Verteilungs-,
- Sanitäts- und Unterrichtsdienstes 255
-
- IX. Darstellung der Befriedigung der wichtigsten
- Bedürfnisse des Volkes im Kollektivstaat 262
-
- 1. Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses 262
-
- 2. Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses 273
-
- 3. Bekleidung 275
-
- 4. Die sonstigen Bedürfnisse außer Wohnung, Nahrung
- und Kleidung 276
-
- X. Die Sachproduktion im Kollektivstaate 278
-
- 1. Die Kultur der Zerealien 281
-
- 2. Der Futterbau 283
-
- 3. Die Viehzucht 284
-
- 4. Kleinvieh und Geflügelzucht 288
-
- 5. Wasserwirtschaft 289
-
- XI. Die Verteilung im Kollektivstaate 292
-
- 1. Die Verteilung der Arbeit 292
-
- a) Der Arbeitstag 293
-
- b) Sonntag, Feiertage, Ferien 296
-
- c) Arbeitsbefreiung 297
-
- d) Arbeitszuweisung 298
-
- 2. Die Verteilung der Güter 301
-
- XII. Die Beziehungen des Kollektivstaates zum Auslande 303
-
- 1. Der Güteraustausch 303
-
- 2. Der Reiseverkehr 305
-
- 3. Die Aus- und Einwanderung 307
-
- 4. Politische Beziehungen und Landesverteidigung 311
-
- XIII. Vorteile und Nachteile des Kollektivismus 317
-
- XIV. Umwandlung der Staaten zur Einführung der
- kollektivistischen Gesellschaftsordnung 333
-
-
-
-
-Einleitung.
-
-
-In einer Rede des österreichischen Ministerpräsidenten Baron Beck im
-österreichischen Herrenhause vom 24. Juli 1907 sagt derselbe:
-
-»Damit hat sich eines der wichtigsten Staatsprobleme auf die
-Tagesordnung gestellt. Dieses Problem ist: ein richtiges Gleichgewicht
-herzustellen zwischen dem erwachten Selbstbewußtsein breiter
-Volksschichten und den unerläßlichen Forderungen, die im Interesse
-kraftvoller Durchführung des Staatswillens und der sicheren Erreichung
-der Staatszwecke erhoben werden müssen. Das sind die zwei Pole,
-zwischen denen sich das öffentliche Leben bewegt und zwischen denen
-die Ausgleichung gefunden werden muß. Soll die Monarchie ihrer
-geschichtlichen Stellung gerecht werden, dann muß sie unter ihre
-Aufgaben an oberster Stelle die soziale Fürsorge für die breiten
-Schichten der Bevölkerung aufnehmen. Ich für meinen Teil glaube,
-daß ein gesunder sozialer Fortschritt und die ruhige Entwickelung zu
-einem wahrhaft modernen Staat, =der seinem Wesen nach Wirtschaftsstaat
-und soziale Fürsorgeanstalt sein muß, nicht nur neben einer starken
-monarchischen Gewalt, sondern gerade mit ihr und durch sie möglich
-ist=.
-
-Ich begrüße es, daß unserem alten, ehrwürdigen Staatsgebilde die
-Aufgabe geworden ist, den hervorragenden Beruf der Monarchie für die
-modernen sozialen Aufgaben darzutun. Mit Zuversicht in die Zukunft
-blickend, dürfen wir die neue Bahn betreten in der festen Überzeugung,
-daß unser geliebtes Vaterland nicht nur den gewaltigen Problemen der
-Neuzeit sich gewachsen zeigen, sondern gerade an diesen gesteigerten
-Aufgaben wieder seine unverwüstliche, ewig blühende Lebenskraft
-erweisen wird. Für diese Aufgaben erbitte ich mir die Autorität des
-hohen Hauses und da ich mich mit ihm eins weiß in dem Gedanken an eine
-machtvolle Monarchie, so hoffe ich, daß meiner Bitte die Erfüllung
-nicht versagt bleiben wird.«
-
-Nicht irre machen darf uns, daß der ehemalige Ministerpräsident Baron
-Beck so große Ideen angekündet, dann aber nicht das Geringste getan
-hat, um die Verwirklichung dieser Ideen vorzubereiten und um den Staat
-in einen »wahrhaft modernen Staat«, in einen »Wirtschaftsstaat«, in
-eine »soziale Fürsorgeanstalt« umzugestalten. Denn die österreichischen
-Staatsmänner vermögen gar wenig. Da aber Österreich auf keine Weise
-zur Ruhe kommen kann, so lange es sich in den ausgefahrenen Geleisen
-der Individualwirtschaft fortbewegt, können wir mit Sicherheit darauf
-rechnen, daß die österreichische Staatskunst sich doch eines Tages
-dieses Ideals bemächtigen wird.
-
-Diese Worte zeigen, daß die österreichische Regierung der Monarchie und
-insbesondere den Habsburgern die Sendung vindiziert, neue staatliche
-Grundlagen zu schaffen und Aufgaben zu lösen, die ohne Staatsomnipotenz
-nicht gelöst werden können.
-
-Diese Ideen sind in belletristischer Form bereits in meinem Romane
-»Österreich im Jahre 2020« zum Ausdrucke gekommen und in diesem Werke
-werden sie philosophisch, volkswirtschaftlich und staatspolitisch
-dargelegt. Die Intelligenz muß sich derselben bemächtigen, weil sie nur
-durch Mitarbeit an der bevorstehenden Umgestaltung sicherstellen kann,
-daß diese Umgestaltung auch den höheren Interessen, der Kunst, der
-Forschung und dem technischen Fortschritte zugute kommen wird, während
-die sozialdemokratische Partei, in dogmatische Irrtümer verrannt, uns
-der sozialen Revolution und damit der Anarchie entgegentreibt und,
-wenngleich gegen ihren Willen, die ganze Kultur in Frage stellt.
-
-
-
-
-I.
-
-Die kollektivistische Gesellschaftsordnung in ihren allgemeinsten
-Umrissen und die Rechtsgrundsätze, nach welchen sie ins Leben
-einzuführen und nach ihrer Einführung die Verwaltung zu führen sein
-wird.
-
-
-Ich bin bei meinen Untersuchungen des sozialen Problems folgenden
-Weg gegangen. Ich habe mir vorgestellt, daß der Staat wirtschaftlich
-allmächtig geworden sei. Er sei Alleineigentümer allen Besitzes, er
-allein =kann= Arbeit geben, er allein produziert und wird Eigentümer
-der durch Arbeit erzeugten Güter, von ihm allein kann man Güter, also
-vor allem den Unterhalt, aber auch alles andere, was wir brauchen,
-erlangen, und nun stellte ich mir vor, wie er die vorhandenen
-Arbeitskräfte verteilen, was er produzieren und wie er über die von
-der Natur freiwillig gebotenen und die durch Arbeit erzeugten Güter
-verfügen würde. Ich betrachtete den Umsatz von Arbeitskräften und
-Gütern =so=, wie er sich bei gänzlicher Aufhebung des Privateigentums
-und der Geldwirtschaft, also bei ausnahmsloser Naturalwirtschaft
-gestalten müßte, und indem ich dieses Prinzip auf die ganze Produktion
-und auf die ganze Güterverteilung anwendete, mußte offenbar jeder
-Übelstand, der damit verbunden wäre, und jede Undurchführbarkeit
-einer Anwendung des Prinzips auf irgend einen Teil der Produktion
-oder Verteilung an den Tag kommen. Da der Staat zunächst Eigentümer
-aller Güter wird und die Einzelnen nur von ihm etwas erlangen können,
-mußte die Frage immer zur Untersuchung kommen, in welchen Fällen der
-Staat das Eigentum zu gunsten des Einzelnen aufgeben müsse, damit der
-Verteilungszweck erreicht werden kann und es ergab sich, daß nur dann
-das Staatseigentum aufgegeben werden muß, wenn die Güter dem Einzelnen
-zum Verbrauche für seine Person überlassen werden müssen. Das ist bei
-der Nahrung unzweifelhaft der Fall, niemals aber beim Verbrauche für
-die Zwecke der Gütererzeugung, welche ja der Staat für seine eigene
-Rechnung betreibt, wodurch sich also Güter der einen Art in Güter der
-andern Art verwandeln, wobei aber darum doch die einen und die anderen
-Staatseigentum bleiben.
-
-Würde man Teile der Produktion den Einzelnen für ihre persönlichen
-Zwecke überlassen, wie beim Verkochen von Nahrungsmitteln im
-Familienhaushalte, so würde eine Eigentumsübertragung zu diesem Ende
-stattfinden müssen. Allein ich nahm als die Regel an, daß der Staat
-auch die Speisenbereitung für Rechnung der Gesamtheit betreibt und
-daß also erst beim Verzehren der gekochten Speisen das Staatseigentum
-aufgegeben werden muß. Ausnahmen zugunsten Einzelner kommen vorläufig
-nicht in Betracht.
-
-Gegenstände, die nicht durch Verbrauch sondern durch Benützung dem
-Einzelnen dienstbar gemacht werden, wie Kleider, Wäsche, Mobilien,
-Bücher, Instrumente, bedürfen keiner Eigentumsübertragung, um in
-=diese= Art der Konsumtion überzugehen und so wurde zunächst der
-Grundsatz aufrecht erhalten, daß diese Gegenstände Staatseigentum
-bleiben, also der Reihe nach mehreren Personen zum Gebrauche dienen
-können, und, wenn sie unbrauchbar werden, wieder Material für die
-Staatsproduktion liefern. Damit ist die =dauernde= Gebrauchszuweisung
-immerhin vereinbar.
-
-Doch zeigt sich da, daß es Fälle gibt, in welchen der Einzelne bei
-Gebrauchsgütern, ja selbst bei Produktionsmitteln das Recht haben
-muß, nach seinem Gutdünken damit zu verfahren, weil er sonst in seiner
-Freiheit zu sehr beschränkt wäre und weil sonst der Verteilungszweck,
-die Wohlfahrt Aller, nicht erreicht würde. So ist es mir offenbar
-nicht erlaubt, ein Stück Papier zu beschreiben, oder mit Zeichnungen
-zu bedecken, welches fremdes Eigentum ist. Man könnte also keinen
-Brief schreiben und viele andere persönliche Zwecke nicht erreichen,
-wenn man immer nur über das verfügen dürfte, was man zu seiner
-Ernährung verzehrt. Daraus folgt nun, daß eine gewisse Menge von sehr
-mannigfaltigen Gütern zur Verteilung unter die Bevölkerung zu dem
-Ende gelangen muß, damit der Einzelne damit machen kann, was er für
-gut hält. Doch soll der Staat auch an diesen Stoffen und den daraus
-hergestellten Dingen eine Art von Obereigentum behalten, damit keine
-dem Staatswohl zuwiderlaufenden Zwecke verfolgt werden können und
-damit der Staat in die Lage kommen soll, höhere Zwecke des Gemeinwesens
-auch mit diesen Gütern zu verfolgen, wenn ein Anlaß vorliegt. So soll
-er auf Briefe, die von einer historisch berühmten Persönlichkeit
-herrühren, eine Art von Vorrecht haben, desgleichen auf Bilder,
-Statuen, Manuskripte, die von einem Einzelnen nicht berufsmäßig,
-also für Rechnung des Staates, sondern im freien Schaffen gemalt,
-modelliert und verfaßt worden sind, insofern es im Gesamtinteresse
-liegt, daß selbe erhalten, verwahrt und Allen zugänglich gemacht werden
-können, was immerhin nicht ausschließt, daß das Privat=gebrauchs=recht
-auf eine oder mehrere Generationen unbeschadet jenes Obereigentums
-geduldet werden kann. Nur das Recht der Zerstörung könnte der
-Staat verwehren, wenn ein wirklicher Wert geschaffen wurde und die
-Staatsverwaltung das Obereigentum geltend zu machen erklärt hat. Auch
-ist es unzweifelhaft, daß auf dem oben bezeichneten Wege auch Stoffe
-zur Verteilung gelangen werden, welche man außerberuflich zu chemischen
-Versuchen verwendet. Würden aber Gifte oder Explosivstoffe auf diese
-Art hergestellt werden und ein schädlicher Gebrauch zu besorgen sein,
-so muß dem Staate das Recht der Konfiskation der verteilten Stoffe
-und der daraus hergestellten Produkte auf Grund seines Obereigentums
-zustehen. Für die zur Verteilung gelangenden Stoffe, Mal- und Zeichen-
-oder Schreibrequisiten, Gespinnste, Gewebe, Holz, Metalle, gesammelte
-Naturprodukte, auch selbstgesammelte, schlage ich den Ausdruck
-Konsumtibilien vor, weil den damit Beteiligten der Verbrauch freisteht,
-obschon das Staatseigentum nie erlischt. Von dieser Verteilung wird in
-VIII, 5, ausführlicher gesprochen.
-
-Diese Art des Staatseigentums und beziehungsweise Staatsobereigentums
-bietet eine große Menge von Vorteilen. Der Eigentümer einer Sache
-ist in einem solchen Staate nie zweifelhaft und darum ist Diebstahl
-und Veruntreuung, außer zum persönlichen Verbrauche in ganz kleinen
-Mengen, unmöglich. Der ganze Handelsumsatz -- nämlich durch Kauf und
-Verkauf -- ist überflüssig und dadurch werden viele hunderttausende,
-ja Millionen von Arbeitskräften für wichtigere Zwecke frei. Die
-Benützung materieller Mittel zu verbrecherischen Zwecken wird
-außerordentlich erschwert, wenn sie gleich nicht ganz unmöglich gemacht
-werden kann. Endlich trifft jeder Zufall den Eigentümer, daher dieser
-Grundsatz des ausnahmslosen Staatseigentums als Versicherung für den
-Gebrauchsberechtigten wirkt, ein zufälliger Gewinn aber immer der
-Gesamtheit zustatten kommt.
-
-Es wird sehr genau gezeigt werden, daß keine Art von wünschenswerter
-Verteilung für Gebrauchs- und Verbrauchszwecke durch diese Grundsätze
-erschwert oder vereitelt wird, vielmehr ist alles viel beweglicher,
-jeder nicht gemeinschädliche Privatzweck viel leichter erreichbar
-als dort, wo jeder Gebrauch oder Verbrauch eine Erwerbung und
-Eigentumsübertragung voraussetzt.
-
-Eine besondere Sorgfalt wurde der Untersuchung der Frage gewidmet, wie
-die Rechnungslegung und die Sicherstellung der gesetzmäßigen Gebarung
-mit dem Staatseigentum und dem Staatseinkommen durchzuführen wäre und
-es ist dieser Gegenstand in einem besonderen Kapitel erörtert worden.
-Mit dem Geldverkehre hört auch die Geldverrechnung auf und es vertritt
-die statistische Tabelle die Stelle unserer heutigen Kassenjournale.
-Doch ist eine tägliche Statistik, wie sie von mir vorgeschlagen und in
-VI, 8, e, exemplifiziert wird, nicht =nur= Statistik, also Feststellung
-wirtschaftlicher Werte bei Ablauf einer längeren Periode, sondern
-zugleich Ermittlung der kleinsten Bewegungsstufen. Sie verhält sich
-zur heutigen Statistik wie das Journal zur Bilanz. Es wurde geprüft,
-ob die Statistik aller schnell verbrauchten Güter, wie Milchprodukte,
-Eier und das Fleisch geschlachteter Tiere, durch statistische Tabellen,
-und zwar im Zusammenhange mit einer Statistik der Verteilung der
-Bevölkerung dergestalt durch den Druck veröffentlicht werden könnte,
-daß alle Produktion und Verbrauch dieser Güter =täglich allgemein
-bekannt gemacht wird= und zwar in einem solchen Zusammenhange mit
-dem Nachweise des Verpflegstandes einer jeden Gemeinde und eines
-jeden Quartiers, daß jeder Volksgenosse sich über die Rechtmäßigkeit
-dieser Verteilung jederzeit orientieren kann. Doch hat eine genaue
-Prüfung, die ich mir jederzeit habe angelegen sein lassen, ergeben,
-daß eine solche =tägliche= Veröffentlichung in einem Maße, daß jeder
-Volksgenosse die Verteilung selbst prüfen kann, wahrscheinlich doch
-einen zu großen Papierverbrauch zur Folge hätte. Man kann nämlich
-ziemlich genau statistisch feststellen, wieviel das Volk pro Kopf und
-Jahr im Ganzen an Papier verbraucht und wieviel davon durch solche
-Veröffentlichungen verbraucht würde. Da zeigt sich nun, daß eine solche
-Veröffentlichung in jenem Ausmaße, wie es wünschenswert erschiene,
-vielleicht eine allzu große Belastung des Papierbudgets ergeben
-könnte, daher zwar vorgeschlagen wird, daß für die Verwaltung und die
-Bevölkerung eines jeden Bezirkes die statistischen Ausweise dieser
-Art täglich abgeschlossen und schriftlich zur Prüfung aufgelegt werden
-sollen, daß aber, wenn eine tägliche Veröffentlichung dieser Statistik
-des Papierverbrauches wegen sich als untunlich erweisen sollte, nur die
-Kreis-, Provinz- und Reichsstatistik täglich, die Bezirksstatistik aber
-nur von Woche zu Woche allgemein und durch den Druck veröffentlicht
-werden sollen. Das Nähere hierüber enthalten die Abschnitte VI, 7 und 8
-über das Zeitungswesen und die Statistik.
-
-Zum Zwecke der Beurteilung der Administration und des Arbeitsaufwandes
-für Verwaltung, Erziehung, Volksunterricht und das Sanitätswesen
-wurde angenommen, daß die Landgemeinden auf einen Bevölkerungsstand
-von beiläufig tausend Köpfen gebracht, größere Gemeinden und Städte
-aber in Quartiere von einer Bevölkerungszahl von beiläufig tausend
-Köpfen geteilt werden sollen. Diese Verteilung der Bevölkerung und die
-Verringerung der eigentlichen städtischen Bevölkerung auf höchstens
-2-3% der Gesamtbevölkerung ist von unermeßlichen Vorteilen für die
-Hygiene, die Landwirtschaft, die Verwaltung, die Volkserziehung,
-den Volksunterricht und die Ökonomie. Und daraus ergibt sich nun
-auch eine sehr genaue Übersicht, wieviele Personen in jenen Berufen
-anzustellen sein werden und wie groß die Arbeitslast für die einzelnen
-Angestellten sein wird. Nun ist zwar der angenommene Bevölkerungsstand
-der Gemeinden und Quartiere keineswegs pedantisch festzuhalten, und
-er wird auch innerhalb gewisser Grenzen schwanken, allein es wird
-sich ergeben, daß der Verwaltung vielerlei Auswege zu Gebote stehen,
-um eine sehr empfindliche Verschiebung hintanzuhalten. Die Aufhebung
-des Privateigentums, welches den Domizilwechsel sehr erschwert, der
-gemeinsame Staatsbetrieb und die leichtere Versetzbarkeit der nicht
-produktiven Bevölkerung, dann die Notwendigkeit, in einem Staate
-von 45 Millionen Bewohnern (ich nehme die Verhältnisse Österreichs
-zur Grundlage) alljährlich dem Volkszuwachse entsprechend mindestens
-200-300 Ortsgemeinden neu aufzubauen, werden immer eine Ausgleichung
-des Bevölkerungsstandes der einzelnen Gemeinden und Quartiere
-ermöglichen, wo es für die Verwaltung =ein Bedürfnis= ist.
-
-Die Notwendigkeit, alle Wohnungsansiedelungen nach und nach für die
-Zwecke der Kollektivwirtschaft umzubauen, muß ins Auge gefaßt werden
-und es ist davon in VI, 2, die Rede. Die Versorgung eines großen
-Bruchteiles der Bevölkerung, welcher heute verkümmert und bei uns mehr
-in Ställen haust, als in menschlichen Wohnungen, mit Wohnhäusern, die
-Anpassung der Landwirtschaft an den Kollektivbetrieb, die Assanierung
-vieler vernachlässigter Gemeinden, macht ohnehin viele Neubauten
-notwendig und, da die Umwandlung unserer Gesellschaftsordnung auch
-nur nach und nach erfolgen und die Übergangsperiode auf 40-100 Jahre
-veranschlagt werden kann, so ist der notwendige Bauaufwand wohl
-zu bestreiten, besonders da viele verwendbare Baumaterialien und
-Baubestandteile beim Abbruche der alten Bauten gewonnen werden. Hat
-Nordamerika in weniger als hundert Jahren Wohnungen für 70 Millionen
-Menschen bei rasch steigender Volkszahl und ohne Abbruchmaterialien
-schaffen können, so muß ein Staat von 45 Millionen bei verhältnismäßig
-stationärem Bevölkerungsstande den Bauaufwand für die notwendige
-Umgestaltung in ein bis zwei Generationen aufzubringen vermögen. Der
-Bauaufwand wird im kollektivistischen Staate dann aufzubringen sein,
-wenn die Verwaltung ohne Vernachlässigung anderer Produktionszweige
-so viele Prozente der verfügbaren Arbeitskräfte im Bauwesen verwenden
-kann, als zur Bewältigung der festgesetzten Bauarbeiten innerhalb der
-angenommenen Umgestaltungsperiode erforderlich sind.
-
-Die Forderung, daß der Staat zum Kollektivismus übergehe, wird
-nicht aus Gefühlsduselei und Mitleid, aus Gerechtigkeitsgründen,
-aufgestellt, =sondern aus volkswirtschaftlichen und staatspolitischen
-Erwägungen und im Interesse der Kultur und des Fortschrittes=. Es
-wird nur die Aufopferung eingebildeter Interessen gefordert und ich
-erwarte sie nicht von der Güte der Einzelnen. Der Staat soll nur
-die wirtschaftliche Macht schonungslos gebrauchen, die er bereits
-besitzt, und er wird ohne Rechtsbruch zur Omnipotenz gelangen. Die
-Rechtskontinuität muß gewahrt, die revolutionäre Umgestaltung muß
-verhindert, jede Gewalt ohne Schwäche unterdrückt werden, aber Aufgabe
-der Regierungen ist es, die hier angegebenen Ziele anzustreben. Die
-Staatsmänner, welche diesen Zielen zustreben, werden sich ebenso sicher
-finden, wie es nicht fehlen konnte, daß sich Staatsmänner fanden, die,
-den Fürsten zum Trotze, die Einheit der deutschen Nation herbeiführten.
-
-Wer dieses Buch liest, wird sich überzeugen, daß unsere
-Gesellschaftsordnung eine Maschine mit einem lächerlich hohen
-Reibungskoeffizienten ist.
-
-Die Rechtsgrundsätze, von welchen ich für die =Umgestaltung= ausgehe,
-sind folgende:
-
-Die Besitzenden, welche durch Mißbrauch ihres wirtschaftlichen
-Übergewichtes Reichtümer angesammelt und die Besitzlosigkeit der
-Massen herbeigeführt haben, können sich nicht darüber beschweren,
-wenn der Staat seinerseits ihnen gegenüber sein wirtschaftliches
-Übergewicht zur Geltung bringt und sie so expropriert, wie sie andere
-expropriert haben. Ihr wirtschaftliches Übergewicht konnten sie
-niemals erlangen, ohne Gesetze, welche die Staatsgewalt zu gunsten
-des freien Vermögenserwerbes[1], zum Schutze des Privateigentumes
-und zur Begründung eines Erbrechtes erlassen hat. Diese Gesetze zu
-ändern, ist der Staat jederzeit berechtigt und dadurch kann der Prozeß
-der Verstaatlichung des Besitzes beschleunigt werden. Wenn damit
-nur stufenweise und langsam vorgegangen wird, so hat das nicht darin
-seinen Grund, daß in einer sofortigen Einziehung des Besitzes gegen
-zeitlich beschränkte Renten eine Rechtsverletzung läge, sondern daß es
-nicht im Interesse des Staatswohles gelegen wäre, den Umbildungsprozeß
-zu übereilen. Jede Art von Besteuerung bildet eine Verkürzung von
-Privatinteressen und Privatbesitzrechten. Im öffentlichen Interesse
-wurde das Besteuerungsrecht doch seit Jahrtausenden geübt und
-die progressive Einkommensteuer, welche man längst für statthaft
-erkannt hat, zeigt einen der vielen Wege, welche zur Erreichung des
-angestrebten Zieles, die wirtschaftliche Macht des Staates auf Kosten
-der Besitzenden zu erweitern, führen können.
-
- [1] Plato fordert die Beschränkung des freien Vermögenserwerbes
- als eine erste Forderung der sozialen Wohlfahrt. Aber auch
- viele Gesetze, welche die Beherrschten in Griechenland und
- in Rom ertrotzten, waren auf Beschränkung des Rechtes des
- Bodenerwerbs, auf Neuverteilung des mobilen Besitzes, auf
- Schuldentilgung gerichtet und Julius Cäsar erließ durch
- ein Gesetz den ärmeren Bürgern die Miete, welche sie für
- ihre Wohnungen den Hausbesitzern schuldeten.
-
-Das sind die Rechtsgrundsätze, welche für die Umwandlung der
-sozialen Zustände maßgebend sind. Diese Umwandlung ist kein Bruch
-mit der Vergangenheit, sondern eine Entwickelung und Fortbildung der
-bestehenden Zustände. Sie führt auch nicht im eigentlichen Sinne zur
-=Aufhebung= des Privateigentums, wohl aber zu dessen =Aufsaugung=
-zugunsten des wirtschaftlich Stärksten, des Staates und zur Erreichung
-der höchsten ethischen Ziele und der Erfolg dieser Aufsaugung ist die
-Zurückgewinnung eines verhältnismäßigen Anteiles am Volksvermögen für
-jedes einzelne Mitglied der Gesellschaft.
-
-Die Rechtsgrundsätze für die kommende Zeit der Staatsomnipotenz,
-welche der Verteilung von Arbeit und Gütern zugrunde liegen, sind
-folgende: Wer Mitglied der staatlichen Gesellschaft werden und bleiben
-will, und für die der staatlichen Erziehungsgewalt unterworfene
-Jugend wird das vorausgesetzt, muß die Grundlagen dieser Gesellschaft
-anerkennen und sich ihnen unterordnen. Wer aufhören will, dieser
-Gesellschaft anzugehören, muß entweder auswandern, oder seinen Anteil
-am staatlichen Gesamtbesitze absondern. Letzteres kann er nicht
-wünschen, weil er neben einem so mächtigen wirtschaftlichen Körper
-eine Sonderexistenz umsoweniger führen kann, als er von Jugend auf
-an das Wohlleben des Kollektivismus gewöhnt ist. Eine Frage wäre, ob
-man Auswanderern eine ihrem Anteil am Gesamtvermögen entsprechende
-Summe hinauszahlen solle. Das Maß dieser Abfertigung könnte nach
-Altersstufen und Berufskategorien in einen Tarif gebracht werden.
-Diese Auseinandersetzung würde aber gesetzlich geregelt und ein
-privatrechtlicher Anspruch niemals anerkannt werden. Die Hinauszahlung
-einer Summe an =Auswanderer= wäre kein Bruch mit dem Prinzipe der
-Naturalwirtschaft, die nur auf dem Territorium des Kollektivstaates,
-nicht für seinen Verkehr mit auswärtigen Staaten gilt. Die Geldmittel
-erwirbt der Kollektivstaat durch den Warenhandel mit Staaten, welche
-Geldwirtschaft haben und durch den Fremdenverkehr mit Angehörigen
-solcher Staaten. Wird es in Zukunft solche Staaten überhaupt nicht
-mehr geben oder mit solchen kein auf Erwerb gerichteter Verkehr mehr
-unterhalten, so könnte eine Abfertigung von Auswanderern nie anders,
-als durch Zuweisung beweglicher Sachen erfolgen.
-
-Unter solchen Umständen, welche sowohl die Absonderung in
-vermögensrechtlicher Beziehung als die Auswanderung mit Anspruch auf
-Abfertigung ermöglichen, kann von einer Vergewaltigung oder unbilligen
-Abhängigkeit, wie sie heute der Besitzlose zu tragen hat, niemals die
-Rede sein.
-
-Für jene, die Staatsbürger sind und bleiben wollen, gelten folgende
-Verteilungsgrundsätze:
-
-Da der verhältnismäßige Anteil des Einzelnen am Gesamtvermögen ohne
-Arbeit zur Deckung des Lebensunterhaltes weitaus ungenügend ist, ist
-jeder zur Arbeit verpflichtet, um zur Deckung des Gesamtaufwandes
-beizutragen. An die Stelle der Steuerpflicht tritt im Kollektivstaat
-die Arbeitspflicht. Die Erfüllung dieser Arbeitspflicht wird erzwungen,
-wie der Militärdienst. Das Ausmaß der Minimalarbeitsschuldigkeit, sagen
-wir achtstündige Arbeit an 300 Tagen im Jahre, und die Verteilung
-der verschiedenen Arbeiten nach den Kräften und der Befähigung der
-Arbeitsfähigen erfolgt nach dem Gesamtwillen. Der Einzelne wird, da er
-nicht Eigentümer der Produktionsmittel, insbesondere der Naturquellen
-ist, auch nicht Eigentümer der durch seine Arbeit hervorgebrachten
-Güter. Diese fallen dem Staate zu, der sie zum Verbrauche,
-beziehungsweise zum Gebrauche unter die Mitglieder der Gesellschaft
-verteilt. Auch diese Verteilung erfolgt nach dem Gesamtwillen. Alle
-Glieder der Gesellschaft haben zunächst, ob sie arbeiten können oder
-nicht können, auch wenn sie von der Arbeit befreit sind, ein Recht auf
-naturalwirtschaftliche Befriedigung aller ihrer Bedürfnisse nach dem
-durch den Gesamtwillen festgesetzten Maßstabe. Ebenso werden alle jene
-Kategorien von Arbeiten festgesetzt, welche der Staat von jedermann zu
-beanspruchen berechtigt ist und jene, welche ein Sonderübereinkommen
-zwischen dem Staat und den Arbeitern voraussetzen, sei es, daß die
-Gefahren und Belästigungen einer Arbeit Anspruch auf Begünstigungen
-gewähren, oder daß sich nicht jeder zu einem Berufe eignet. Im ersten
-Falle werden den Berufen solche Begünstigungen eingeräumt, daß sich
-eine genügende Anzahl von Freiwilligen meldet, im zweiten Falle setzt
-der Staat die Bedingungen fest, unter welchen man die Zulassung zu
-einem bestimmten Berufe erlangen kann, so z. B. Prüfungen, längere
-erfolgreiche Vorbereitung oder Befähigungsnachweis.
-
-Von der staatlich geregelten Arbeit befreit sind folgende Kategorien
-von Volksgenossen:
-
-1. =Die Arbeitsunfähigen.= Arbeitsunfähig sind die Kinder, die Kranken
-und die Gebrechlichen aller Altersstufen. Diese Arbeitsbefreiung
-ist aber eine begrenzte, denn der Kollektivstaat wird Viele
-in seiner großen Organisation verwenden können, die in unserer
-Gesellschaftsordnung wegen Gebrechen keine Arbeit finden.
-
-2. =Die Pensionierten.= Von der staatlich geregelten Arbeit befreit
-sind nach dem vom Gesamtwillen festgesetzten Maßstab alle jene,
-welche in ihrem Beruf die vorgeschriebene Altersgrenze erreicht haben,
-wenngleich sie noch arbeitsfähig sind.
-
-3. Auch =durch Geburt oder Verdienst= kann die Befreiung von jeder
-staatlich geregelten Arbeit erlangt werden. Nach besonderen Gesetzen
-können hervorragende Verdienste um das Volk auch vor Erreichung der
-Altersgrenze mit Befreiung von aller staatlich geregelten Arbeit
-belohnt werden. Das gilt insbesondere von sehr erfolgreichen Dichtern,
-Künstlern, Forschern und Erfindern. Die Einräumung dieser Befreiung
-erfolgt in der Regel durch die Staatsverwaltung, aber die Gesetze
-können auch anders darüber verfügen und nach einem gewissen Turnus den
-Gemeinden, oder Bezirken oder Kreisen die Befugnis einräumen, solche
-Begünstigungen von Zeit zu Zeit je einer Person zu erteilen.
-
-Wer von Geburt aus von jeder geregelten Arbeit befreit ist, wird
-gleichfalls durch die Gesetze bestimmt. Diese Begünstigung kann
-durch die Gesetze eingeräumt werden den Mitgliedern einer Dynastie,
-den Mitgliedern einer Anzahl von adeligen Familien, den Personen,
-welche zur Beschleunigung des Umwandlungsprozesses ihr Vermögen von
-einer gewissen Ausdehnung vor der Zeit abgetreten haben und ihren
-Nachkommen. Die Gesetze können bestimmen, daß die durch Geburt
-erworbene Arbeitsbefreiung an gewisse Beschränkungen gebunden ist und
-daß sie nur einer beschränkten Anzahl von Nachkommen zustatten kommt,
-sodaß z. B., wenn die Familienmitglieder der Dynastie über eine gewisse
-Anzahl anwachsen, den überzähligen Mitgliedern diese Begünstigung
-entzogen wird, sowie, daß nur jene Nachkommen der dynastischen Familie
-diese Begünstigung genießen können, die einer monogamen Ehe zwischen
-besonders geeigenschafteten Personen entspringen und dergl.
-
-Die Monarchie ist mit dem Kollektivismus durchaus vereinbar,
-vorausgesetzt, daß auch die Dynastie dem allgemeinen Gesetze der
-Eigentumslosigkeit und der Naturalwirtschaft unterworfen ist und daß
-ihre verfassungsmäßige Stellung der Volkssouveränität keinen Abbruch
-tut.
-
-Die Aufrechterhaltung der Monarchie wird sich insbesondere dort
-empfehlen, wo sie zur Aufrechterhaltung der staatlichen Einheit
-notwendig erscheint. Damit im Zusammenhange kann auch der Fortbestand
-einer Anzahl hochadeliger Familien entsprechend erscheinen, besonders
-dann, wenn die Dynastie und jene Familien, welchen die Adelsqualität
-zuerkannt wird, den Übergang in die neue Ordnung begünstigen, Staat
-und Volk zu repräsentieren geeignet und sie den sozialen Frieden
-zu schirmen bereit sind. Die ihnen zukommenden sozialen Funktionen
-werden verfassungsgemäß zu ordnen sein. Die Gesetze können auch da
-verhindern, daß die dem hohen Adel angehörigen Personen eine gewisse
-Anzahl entweder in den einzelnen Familien oder im Ganzen übersteigen,
-wenn sie bestimmen, daß die über diese Zahl geborenen Nachkommen der
-Adelsvorzüge nicht teilhaftig werden. Daß der Dynastie und dem Hochadel
-in einem Kollektivstaate ästhetische Aufgaben und eine soziale Stellung
-eingeräumt werden können, welche im Interesse des gesamten Volkes
-liegen und weder seiner Wohlfahrt noch seiner Freiheit abträglich
-werden können, glaube ich in meinem Roman »Österreich im Jahre 2020«
-klar gezeigt zu haben.
-
-Was die Personen und die Nachkommen jener Personen anbelangt, die nach
-obigen Grundsätzen sich die Arbeitsbefreiung und demnach auch einen
-prozentualen Anteil an Gütern und Genüssen für sich und ihre Nachkommen
-gewissermaßen erkaufen, so wird diese wohl nur für eine gewisse Zahl
-von Generationen bewilligt werden und dann erlöschen. Ihre Stellung
-und die der monarchischen Familie und der Familien des Hochadels zum
-Volke wäre eine verschiedene. Die letztgedachten Familien hätten eine
-soziale Funktion zu erfüllen, die Nachkommen der Geldaristokraten aber
-nicht, ihre Freiheit wäre absoluter. Darum würde diese Freiheit immer
-unerträglicher werden, während die Ausnahmsstellung jener Familien,
-wenn sie ihren Aufgaben gewachsen sind, immer mehr gerechtfertigt
-scheinen wird.
-
-Der Rechtsgrundsatz der Festsetzung eines sehr hoch gegriffenen (etwa
-90%igen) Versorgungsminimums für alle, auch die Arbeitsunfähigen,
-rechtfertigt sich aus einem Versicherungsbedürfnisse der
-Arbeitsfähigen, welche den Verlust ihrer Arbeitsfähigkeit jederzeit
-zu fürchten haben. Die Opfer, die sie aus dem Ertrage ihrer Arbeit für
-Arbeitsunfähige zu bringen haben, dienen also als Versicherungsprämie.
-Aus demselben Grundsatze ist die Versorgung der Kinder und Alten
-gerechtfertigt, denn die Arbeitsfähigen haben Ersatz zu leisten für
-den eigenen Unterhalt und Erziehung in der Jugend durch die Tragung des
-Versorgungs- und Erziehungsaufwandes für die nachwachsende Generation
-und in der Versorgung der Alten leisten sie die Prämie für die eigene
-Altersversorgung. Zur Versorgung der heranwachsenden Jugend haben nicht
-nur die Eltern, sondern gleichermaßen die Kinderlosen beizutragen,
-weil auch diese von der heranwachsenden Generation Altersversorgung
-beanspruchen werden. Noch mehr Grund haben die Massen zur Entlohnung
-der Hochverdienten, da sie die Früchte ihrer Leistungen genießen.
-=Darum ist aber auch von einer Ausbeutung der Starken durch die
-Schwachen keine Rede.=
-
-Trotz des sehr hoch gegriffenen Versorgungsminimums ist die Verteilung
-so einzurichten, daß ein prozentuell zu bestimmender Teil des
-Jahresproduktes und der persönlichen Dienstleistungen zur Entlohnung
-höherer Verdienste, auch gemeiner Art, verwendet wird. Das wird am
-besten in der Form der Schaffung von Dienstkategorien geschehen,
-in welche man im Beförderungswege einrücken kann. Da keine anderen
-Verdienste anerkannt werden, als solche, die dem gesamten Volke zum
-Vorteil gereichen, so hat jeder Einzelne ein egoistisches Interesse, zu
-dieser Entlohnung beizutragen. Es ist demnach auch keine Rede von einer
-mechanischen Gleichheit zwischen allen Gliedern der Gesellschaft und
-diese gehört auch nicht zum Wesen des Kollektivismus und zwar gerade
-aus dem Grunde, weil die geplante Vermögensverwaltung das Wohl =Aller=
-zu verwirklichen hat.
-
-Der Kollektivismus beschränkt sich nicht auf die Produktion und
-Verteilung von Sachgütern, sondern er hat auch die Aufgabe, alle
-Arten persönlicher Dienstleistungen sicher zu stellen und die
-Sachgüterproduzenten und jene, die persönliche Dienste zu leisten
-haben, in ein richtiges gegenseitiges Verhältnis zu bringen.
-
-Da jeder Einzelne von allen Berufsklassen Vorteile empfängt, wenn
-ihm das auch oft nicht zum Bewußtsein kommt, so ist er auch allen
-verpflichtet und den Austausch von Gütern und Dienstleistungen in einem
-richtigen Verhältnisse zu ordnen, ist eine Hauptaufgabe der staatlichen
-Verteilung. Das richtige Maß der Verteilung festzustellen dient als
-Hauptgrundlage die ununterbrochene Ermittelung der Sterblichkeit in den
-verschiedenen Berufsklassen.
-
-Da der Staat alle Kinder versorgt, steht ihm auch das Recht zu, auf
-Ehe und Kindererzeugung gesetzgeberischen Einfluß zu üben und die
-Fortpflanzung degenerierter und krankhafter Individuen zu unterdrücken.
-Das wird in jenem Ausmaße zu geschehen haben, welches einer mäßigen
-Vermehrung der Bevölkerung nicht im Wege steht.
-
-Es ist hier kein Grundsatz aufgestellt, der richtig angewendet nicht
-im Interesse eines jeden einzelnen Mitgliedes der Gesellschaft läge.
-Da alle Güter an den Staat abgeliefert und alle Güter von ihm verteilt
-werden und nirgends die vermeintliche Äquivalenz im Austausche zwischen
-den Einzelnen, sondern allgemeine Verteilungsgrundsätze für den
-Gütertausch maßgebend sind, entsteht eine enorme Vereinfachung der
-Umsatz=arbeit=, wie insbesondere bei der Betrachtung der Funktionen der
-Verteilungsbeamten und bei der Erörterung der statistischen Verrechnung
-zur Evidenz gebracht werden wird. (Siehe V. 1, _Alinea_ »Dieser Beamte«
-und VI. 8.)
-
-Das Schlagwort Utopie hat hier keine Berechtigung. Insofern es sich
-um Zustände handelt, die nirgends und niemals waren, ist zwar, was ich
-fordere, ein Nirgendwo, allein das gilt von allem, was die Entwicklung
-bringt. Seit noch nicht hundert Jahren haben wir Eisenbahnen,
-Telegraphen, elektrische Wunderwerke, die niemals vorher waren. Darum
-wurde das Alles doch verwirklicht. Wer aber dergleichen hundert Jahre
-vorher versprochen hätte, wäre ein Utopist gewesen, weil er nicht
-wissen konnte, welche damals noch geheimen Kräfte die Erde birgt und
-wie sie den Menschen dienstbar gemacht werden können. Allein was ich
-verspreche, ist lediglich vom Willen der Menschen abhängig. Es setzt
-keine neuen Wunder der Erfindung voraus, und rechnet auf nichts, was
-nicht durchführbar wäre und es handelt sich nur um die Frage, ob wir
-Grund haben, die Ausführung alles dessen, was ich empfehle, zu wollen
-und ob es möglich sein wird, die widerstrebenden Elemente, welche heute
-allerdings die Macht in der Hand haben, zu überwinden. Diese Frage wird
-dort beleuchtet werden, wo die Wege besprochen werden, die in das neue
-Land führen.
-
-Die großen Verbrechen unserer Zeit, die politische Zersetzung, die sich
-überall, am stärksten in Österreich, bemerkbar macht, die furchtbaren
-Hilfsmittel, welche staatsfeindliche Elemente zur Verfügung haben, ich
-erinnere nur an die Zerstörungen in Salonichi im April 1903, beweisen,
-daß neue Organisationen notwendig sind, will man die heutige Kultur
-beschützen. So werden die Gedanken der Staatsmänner auf das gebracht
-werden, was in dem von mir angedeuteten Sinne liegt.
-
-Zuerst folgt eine Besprechung der Verfassung und der Regierungsform,
-der dauernden Einrichtungen mit Inbegriff der Populationsgesetze,
-der Volkserziehung und des Volksunterrichtes, dann aller Zweige der
-Verteilung der Arbeit, Güter und persönlichen Dienstleistungen. Sohin
-erst sollen Vorteile und Nachteile des Kollektivismus erörtert werden
-und zuletzt werden die schon jetzt erkennbaren Mittel vorgeschlagen,
-welche die Umwandlung der Zustände bezwecken.
-
-Die umständliche Erörterung der dem Kollektivismus angepaßten
-Organisation ist darum erforderlich, weil man sich klar werden muß,
-ob ein so großer Wirtschaftskomplex rationell verwaltet werden kann.
-Ist der Kollektivismus ausführbar und welche Umgestaltungen müssen
-vorausgehen?
-
-
-
-
-II.
-
-Das kollektivistische Rechtssubjekt.
-
-
-Nicht leicht gibt es auf irgend einem Gebiete des menschlichen
-Lebens so viel Unklarheit, wie auf dem Gebiete des Sozialismus. Die
-Sozialisten wollen offenbar Produktion und Verteilung andere Grundlagen
-geben, aber bestimmte Formen hat die Vorstellung von der zukünftigen
-Gesellschaftsordnung nicht angenommen. Besonders ist der Begriff der
-»Gesellschaft«, den man mit dem Begriffe »Staat« in Gegensatz setzt,
-etwas ganz Nebelhaftes. Eine bestimmte Gestaltung hat die Gesellschaft
-nur in den Köpfen der Freiländer angenommen. Sie fordern die Fortdauer
-des Staates und sagen, der Staat müsse alle Produktionsmittel in seine
-Gewalt bringen, Eigentümer aller Produktionsmittel werden, er dürfe
-aber nicht selbst produzieren, sondern müsse die Produktionsmittel
-den frei gebildeten Assoziationen zur Bewirtschaftung überlassen. Nur
-für einige Produktionszweige gestatten die Freiländer die staatliche
-Produktion und das Charakteristische der Freilandstheorie ist der
-freie Anschluß eines jeden Individuums an eine oder mehrere der
-bestehenden Genossenschaften. Solche Ideen haben auch manche Anhänger
-des Anarchismus und manche sozialdemokratischen Theoretiker scheinen
-auch an eine genossenschaftliche Organisation der Bewirtschaftung der
-Produktionsmittel zu denken. Andere wieder scheinen sich die Kommune
-oder Ortsgemeinde als souveräne wirtschaftliche Einheit zu denken.
-Menger[2] geht von der Anschauung aus, die Vertreter der Ersetzung des
-Staates durch die Gesellschaft meinten, daß alle Arbeitsorganisationen
-aus Verträgen hervorgehen, und daß also die Gesetze durch Verträge
-ersetzt werden sollen.
-
- [2] »Menger, Neue Staatslehre« pag. 226. Er spricht zwar
- an dieser Stelle nur von den Anarchisten, aber es ist
- klar, daß das von allen Wirtschaftsformen gilt, welche
- genossenschaftliche Organisation zur Grundlage haben.
-
-Dieser Ruf, der Staat solle durch die Gesellschaft ersetzt werden,
-beruht auf einem Grundirrtum der Sozialisten. Sie wollen dadurch
-die Freiheit allen Gliedern des Volkes sichern. Allein solange es
-ein Staatsterritorium, das heißt ein begrenztes Gebiet, auf dem
-sich das wirtschaftliche Leben abspielt, gibt, gibt es einen Staat.
-Der Staat hat Grenzen, er hat heimatsberechtigte Bewohner, er hat
-eine Gesetzgebung, welche sich auf das Staatsgebiet und dessen
-Bewohner erstreckt und dann ist der Staat in der Regel unabhängig
-von allen äußeren Mächten. Obgleich für eine sehr ferne Zukunft
-die Möglichkeit eines Allerweltskommunismus nicht geleugnet werden
-soll, kann zunächst an nichts anderes gedacht werden, als an eine
-Veränderung der Gesellschaftsordnung und der Eigentumsordnung auf dem
-Gebiete eines oder mehrerer Staaten und darum ist die Erhaltung der
-Staaten im Interesse des sozialistischen Ideals und der vernünftige
-Sozialist bekämpft die vom Staate unabhängige wirtschaftliche Macht,
-nicht den Staat, der dazu berufen ist, in Zukunft den Sozialismus zu
-verwirklichen und die sozialistische Wirtschaft zu betreiben.
-
-Die unklaren Köpfe, die über Sozialismus reden und schreiben, wollen
-den Staat abschaffen, weil sie sehen, daß die Gesetze nicht für Alle,
-sondern nur für die herrschenden Klassen gemacht sind. Darum glauben
-viele, die Anarchisten, daß die Abschaffung der Gesetze genüge, um der
-Ungerechtigkeit ein Ende zu machen. Die Gesetze sollen nun allerdings
-nicht im Interesse der herrschenden Klassen und Individuen gemacht
-werden, aber auch die Freiheit Aller hat die Herrschaft von Gesetzen,
-wenn auch anderer Gesetze zur Voraussetzung. Absolute Freiheit Aller,
-Anarchismus, ist schon wirtschaftlich unmöglich.
-
-Bebel und andere Sozialisten meinen, der Staat sei bloß im Interesse
-des Privateigentums geschaffen worden und habe nur ihm zu dienen, daher
-er gegenstandslos sei, sobald das Privateigentum aufhöre. Allein der
-Staat hat schon lange aufgehört, =nur= dem Privateigentum zu dienen.
-Er ist auch schon zu einem Viertel kollektivistisch und hat auch die
-Geschäfte der kollektivistischen Einrichtungen zu besorgen. Gar nichts
-steht dem im Wege, durch den Staat selbst Alles in Gemeineigentum zu
-verwandeln. Schon Aristoteles sagt, es sei eine falsche Auffassung
-vom Staat, daß er keinen anderen Beruf habe, als die Privatrechte zu
-beschützen und selbst Napoleon sagte: _Les lois ont pour but le bonheur
-de touts._ Andere wieder glauben, die künftige Gesellschaftsordnung
-könne nur international zur Herrschaft gelangen und das sei der Grund,
-weshalb der Staat, eben weil er ein begrenztes Gebiet hat, verschwinden
-müsse. Diese Anschauung ist aber falsch. Daß der internationale Verkehr
-auch zwischen Staaten verschiedener Gesellschaftsordnung möglich ist,
-wird in diesem Werke nachzuweisen sein. Ebenso gewiß ist, daß auch zwei
-Staaten der gleichen Gesellschaftsordnung, zwei Kollektivstaaten, sich
-verschiedene Wirtschaftsziele setzen können. Darum unterliegt es keinem
-Zweifel, daß mit der kollektivistischen Gesellschaftsform die Trennung
-der Völker in mehrere Staaten nicht nur nicht unvereinbar, sondern
-für die nächste Zeit sogar unvermeidlich ist. Müßten alle Völker
-der Erde, oder alle Völker eines Kontinentes, oder selbst nur alle
-Individuen auf einem Staatsgebiete gleichzeitig zur kollektivistischen
-Gesellschaftsordnung übergehen, so wäre dieser Übergang für alle Zeiten
-unmöglich, weil die Änderung der Gesellschaftsordnung sich dann nicht
-evolutionistisch vollzöge.
-
-Ich spreche demnach von Kollektivstaaten, vom Übergange einzelner
-Staaten aus der heutigen Gesellschaftsordnung in die kollektivistische
-Gesellschaftsordnung und werde dabei insbesondere das österreichische
-Staatsgebiet und dessen besondere Verhältnisse ins Auge fassen. Daß ich
-zunächst an Österreich denke, hat nicht nur seinen Grund darin, daß
-ich Österreicher bin und das Gute zuerst für mein Vaterland wünsche,
-noch darin, daß ich mit österreichischen Verhältnissen besser vertraut
-bin, als mit denen anderer Länder und Völker, sondern ich wende das
-kollektivistische Staatsideal deshalb zuerst auf Österreich an, weil
-ich glaube, daß Österreich und die habsburgische Dynastie nur durch
-den Kollektivstaat vor dem Untergange gerettet werden können, daß also
-der Selbsterhaltungstrieb, der dem österreichischen Staatsgebilde
-innewohnt, mit Notwendigkeit den Gedanken reifen muß, gewissermaßen
-_in extremis_ dieses letzte Heilmittel zu versuchen. Die Krankheit
-Österreichs wurzelt im Privateigentum, um welches sich in letzter
-Auflösung alle politischen Kämpfe drehen.
-
-Meines Erachtens ist die politische Zersetzung Österreichs als
-Bankerott der herrschenden Klassen in Österreich aufzufassen, diese
-Klassen müssen als Gegner der Dynastie, als Gegner des Staatsganzen,
-aber vor Allem als Gegner des produktiven Volkes erkannt werden. Sie
-sind das zwar in allen Ländern,[3] aber nirgends sind sie in ihrer
-gemeinschädlichen Tätigkeit so weit vorgeschritten als in Österreich
-und nirgends halten sie sich so sehr gegenseitig das Gleichgewicht,
-nirgends ist ihre Politik so festgefahren, wie bei uns, nirgends
-ist ihre Gemeinschädlichkeit so für Jedermann evident. Der Kampf der
-politischen Parteien frißt am Mark des Staates, führt zur Frechheit
-gegen den Träger der Krone, bedroht die Dynastie und =zugleich=
-schädigt er Bürger, Bauern und Proletarier durch Unterbindung der
-Produktion, =daher Österreich nur gerettet werden kann durch eine
-Allianz der Krone mit den beherrschten Klassen gegen die herrschenden
-Klassen=, welche ihrer politischen Macht beraubt werden müssen, was
-natürlich zur Untergrabung der wirtschaftlichen Macht dieser Klassen
-führen muß.[4]
-
- [3] In einer zu Provincetown am 20. August 1907 gehaltenen Rede
- sagte Präsident Roosevelt: Es muß entschieden werden, wer
- unsere freie Regierung beherrschen soll, das Volk oder ein
- paar rücksichtslose Männer, =deren Reichtum sie besonders
- gefährlich macht=.
-
- [4] Diese Anschauungen waren längst im Manuskripte dieses
- Werkes niedergelegt, als im Jahre 1906 sich die Allianz
- zwischen Kaiser Franz Josef und der Masse des Volkes
- vollzog.
-
-
-
-
-III.
-
-Die Verfassung eines kollektivistischen Staates.
-
-
-1. Allgemeines.
-
-Das natürliche Ziel der Entwickelung der Gesellschaft ist die
-Volkssouveränität, von welcher man heute nur theoretisch spricht.
-Sobald das Privateigentum und der Reichtum, also das wirtschaftliche
-Übergewicht, Einzelner unterdrückt ist, gibt es keine Macht
-mehr, welche sich dem Volke gegenüber behaupten könnte. Mit der
-Volkssouveränität ist aber die Monarchie recht wohl vereinbar. Sie
-würde bedeuten, daß die oberste Leitung der Staatsgeschäfte, wie sie
-heute dem Staatsoberhaupte in den Kulturstaaten, seien diese Monarchien
-oder Republiken, zusteht, einer Familie erblich übertragen ist und
-vom Oberhaupt dieser Familie ohne persönliche Verantwortlichkeit
-ausgeübt wird. Selbstverständlich wird die Regierungsgewalt des
-Staatsoberhauptes in einem Kollektivstaate eine wesentlich andere
-sein, als in einem Staate unserer Gesellschaftsordnung und auch das
-Staatsoberhaupt wird, wie jeder andere Volksgenosse, mehr Freiheit zu
-nützen, aber viel weniger Freiheit zu schaden haben, als heute.
-
-Vereinbar mit der Volkssouveränität ist die Monarchie dann, wenn die
-monarchische Gewalt namens des Volkes ausgeübt, von ihm abhängig
-erklärt wird und wenn das Volk das Recht hat, die Monarchie
-abzuschaffen, den Monarchen abzusetzen, die Successionsordnung
-abzuändern. Es ist höchst wahrscheinlich, daß sich die Monarchie, wo
-sie heute besteht, wenigstens für eine Reihe von Generationen auch in
-der neuen Gesellschaftsordnung dann erhalten wird, wenn die Dynastie
-der Umwandlung der Gesellschaftsordnung Vorschub geleistet hat. Die
-Befugnisse des Monarchen werden nach mancher Richtung sehr beschränkt
-sein und die Hauptaufgabe des Monarchen wird nicht sein Anteil an
-der Gesetzgebung und Verwaltung, sondern die soziale Repräsentation
-des Volkes und Staates sein. Der Monarch wird die Personifikation des
-Volkes und Staates darstellen und diese Stellung wird vorzüglich zum
-Ausdrucke kommen bei großen Festlichkeiten und bei den obersten und
-prächtigsten geselligen Vereinigungen, deren Mittelpunkt regelmäßig
-der Monarch sein wird. Er und seine Familie werden eine oberste
-Stellung einnehmen und damit er imstande sein soll, die umfassenden
-repräsentativen Aufgaben zu lösen, welche der Monarchie gestellt
-sind, wird zu prüfen sein, ob nicht eine kleine Zahl adeliger Familien
-fortbestehen soll, die den Monarchen dabei unterstützen. Der Monarch,
-seine Familie und der Adel, wenn ein solcher forterhalten wird, können
-ebensowenig Privateigentum haben, wie irgend ein anderer Volksgenosse
-und den Aufwand der Hofhaltung bestreiten sie aus den ihnen vom Volke
-jährlich naturalwirtschaftlich angewiesenen Mitteln an Arbeitskräften
-und Naturalien. Über diese Hofhaltung wird in IV, Näheres gesagt
-werden.
-
-
-2. Das souveräne Volk.
-
-Die bloße Erklärung, das Volk sei souverän, ist ohne allen Wert.
-Man muß erst wissen, wer das Volk ist, da doch mindestens Säuglinge
-keinen Anteil an der Souveränität haben können und man sich über
-die Grenzen des Alters der Unselbständigkeit erst einigen muß. Auch
-braucht jede Vereinigung von Menschen, die gemeinsame Zwecke verfolgen
-soll, bestimmte Organisationsformen, die umso schwieriger zustande
-kommen, je zahlreicher die Glieder einer solchen sind. Verfassungen
-müssen daher immer oktroyiert werden und zwar entweder von einem
-Monarchen, oder einer provisorischen Regierung, einem Diktator
-oder einer konstitutionellen Versammlung. Darum kann hier dieser
-Gegenstand nur theoretisch besprochen werden und die Verwirklichung
-der Volkssouveränität wird einen Teil der Umgestaltungsarbeiten bilden,
-welche die neue Gesellschaftsordnung herbeiführen sollen.
-
-Vor allem entsteht die Frage, wer bei der Fassung von Volksbeschlüssen
-eine Stimme haben soll, und es scheint für den Zukunftsstaat
-das Natürlichste, das Stimmrecht jedem männlichen und weiblichen
-Volksgenossen einzuräumen, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, wenn
-die Gesetze bestimmen, daß mit dem vollendeten 18. Lebensjahre die
-Erziehungsgewalt der Familie und des Staates beendet und der junge
-Mensch, sei es Mann oder Weib, selbständig ist. Bezüglich der Jugend,
-welche dieses Alter noch nicht erreicht hat, könnten verschiedene
-Grundsätze angenommen werden, sie könnte 1. ganz unvertreten bleiben,
-2. ihre Vertretung könnte dem Monarchen oder sonstigem Staatsoberhaupte
-eingeräumt werden, endlich 3. könnte man sie in die Hände der Eltern,
-vielleicht nur der Mutter oder Wahlmutter legen. Dann hätten diese
-Personen für sie die Stimme abzugeben. Pluralstimme.
-
-1. Die unselbständige Jugend könnte ganz unvertreten bleiben, weil
-sie, noch ohne genügende Arbeitsleistung, dem Staate zur Last fällt
-und weil sie, der Natur der Sache nach nicht jene Reife des Urteils
-besitzt, die zur Ausübung des Stimmrechtes erforderlich ist. Nehme
-man auch an, daß viele schon in einem früheren Lebensalter als mit 18
-Jahren verstandesreif sind, so müßte doch jedenfalls für den Beginn der
-Selbständigkeit und des Stimmrechtes eine natürliche, leicht erkennbare
-Grenze gezogen werden. Die Beschränkung der Erziehung auf das Alter
-unter 18 Jahren wird in VII, 5, a, begründet werden.
-
-2. Wenn aber auch eine selbständige Ausübung des Stimmrechtes vor
-vollendetem 18. Lebensjahre nicht zugestanden werden könnte, so käme
-noch immer eine stellvertretende Ausübung des Stimmrechtes zur Wahrung
-der Interessen der Jugend in Frage und eine solche könnte in zwei
-Formen zur Einführung gelangen. Den modernen Monarchen hat man in der
-Regel als den Vertreter aller jener Volksschichten zu betrachten,
-welche in der Gesetzgebung nicht vertreten sind. Darum könnte
-auch im Kollektivstaate diese Vertretung der Jugend dem Monarchen
-oder dem sonstigen Staatsoberhaupte eingeräumt werden. Beträgt die
-erziehungsbedürftige Jugend 40% der Bevölkerung und setzt man sie der
-Bedeutung nach dem 10. Teile des Gesamtvolkes gleich, so könnte man
-dem Monarchen oder Staatsoberhaupte zur Geltendmachung der Interessen
-der Jugend gewisse, jener Bedeutung angemessene Vertretungsrechte
-einräumen. Es wäre nicht zu empfehlen, ihm ein effektives Stimmrecht,
-etwa in der Form einzuräumen, daß er bei Volksabstimmungen ein Zehntel
-aller Stimmen abgeben könnte, weil eine solche Macht in einer einzigen
-Hand vereiniget gefährlich wäre. Wohl aber könnte zur Geltendmachung
-dieser Interessen ein beschränktes Vetorecht eingeräumt werden, etwa
-so, daß ein Beschluß auf beschränkte Zeit sistiert werden könnte, oder
-daß dem Monarchen ein Vetorecht dann zustände, wenn die Majorität nicht
-mehr als fünf Neuntel aller Stimmen oder aller abgegebenen Stimmen
-betrüge.
-
-3. Den Müttern oder Wahlmüttern, siehe darüber VII, 2, könnte,
-wie gesagt, auch die Abgabe einer Stimme für ihre Kinder nach Art
-der Pluralvoten unserer Zeit eingeräumt werden. Nachdem den Frauen
-aber ohnehin schon die Hälfte aller Stimmen, ja bei den heutigen
-Bevölkerungszahlen der männlichen und der weiblichen Bevölkerung,
-erheblich mehr als die Hälfte aller Stimmen gebührt, so würden solche
-Pluralvoten der Mütter, wenn sie für alle Abstimmungen zugestanden
-würden, zu einer gefährlichen Überstimmung der männlichen Bevölkerung
-führen. Man könnte sich aber wohl denken, daß ein proportional
-berechneter Teil des Volkseinkommens für die Jugend ausgeschieden würde
-und wenn es sich nur um Verteilungsbeschlüsse in Beziehung auf diesen
-Anteil am Volkseinkommen handelte, wäre ein solches Übergewicht der
-Frauenstimmen ganz unbedenklich. Vielleicht würde ein so mächtiger
-Einfluß, der vorwiegend doch nur den verheirateten Frauen zustatten
-käme, etwas dazu beitragen, um die Eheflucht, die nach VII, 3, zu
-fürchten wäre, einzudämmen und den verheirateten Frauen den Kindersegen
-erwünscht scheinen zu lassen.
-
-Da aber die ganze Bevölkerung, auch die Männer und die unverheirateten
-Personen, ein großes Interesse daran haben, daß die neue Generation
-aufgezogen und zu einem tüchtigen Geschlechte herangebildet werde,
-scheint ein Bedürfnis, die Jugend als solche besonders vertreten
-zu sehen, nicht gerade evident zu sein und nachdem in allen Dingen,
-insbesondere auch in Verfassungsfragen die größte Einfachheit erwünscht
-ist, dürfte man von allen solche Künsteleien absehen.
-
-Auch den Männern könnte die Verfassung ein Übergewicht über
-die Frauen verschaffen, wenn das Pluralvotum den Vätern statt
-den Müttern zugestanden würde. Doch scheint es für die künftige
-Gesellschaftsordnung so natürlich, daß die väterliche Gewalt durch eine
-mütterliche Gewalt ersetzt werde, wie in VII, 2, gezeigt wird, daß ein
-solcher Vorschlag kaum begründet erscheinen könnte.
-
-
-3. Das Stimm- und Wahlrecht. Form der Ausübung.
-
-Das souveräne Volk kann so wenig durch Verfassungsformen gebunden
-werden, wie früher der absolute Monarch durch Gesetze oder selbst
-durch seinen eigenen Willen dauernd in seiner Freiheit beschränkt
-werden konnte. Das Volk wird demnach nicht verpflichtet werden können,
-Abgeordnete zu wählen und ihnen die gesetzgebende Gewalt zu übertragen.
-Die Regel wird die Volksabstimmung sein, welche allerdings auch darauf
-gerichtet sein kann, für einen bestimmten Fall oder für eine bestimmte
-Zeit Vertreter zu wählen, welche als Vollmachtsträger zu betrachten
-sind. So könnten auch zur Vorberatung der jährlichen Beschlüsse über
-Produktion und Verteilung, oder neuer Gesetze Deputierte gewählt werden
-mit Vorbehalt der Volksabstimmung zur Ratifizierung ihres Operates.
-
-Im Kollektivstaate ist die Trennung der gesetzgebenden und der
-ausübenden Gewalt viel notwendiger, als im heutigen Staate, wo die
-Gegenstände der staatlichen Kompetenz viel weniger ausgedehnt sind,
-und wo die gesetzgebenden Körper nur über dasjenige entscheiden, was
-die Besitzenden ihnen überlassen. Im Kollektivstaate würde das Volk
-die ganze Zeit mit gesetzgeberischen und Verwaltungsakten zubringen
-müssen, wenn es der Verwaltung keine ausübende Gewalt einräumen wollte.
-Aber nicht die Notwendigkeit oder das Verlangen, die Volkssouveränität
-zu beschränken, sondern die Macht der Tatsachen zwingt dazu, der
-Verwaltung ausgedehnte Befugnisse einzuräumen. Das Volk schreibt
-nur allgemeine Grundsätze vor, deren Anwendung der Staatsverwaltung
-übertragen ist. In Betreff des Volkshaushaltes bestimmt das Volk nur,
-=was= und in welcher Ausdehnung es produziert werden soll und nach
-welchen =Grundsätzen= die Verteilung von Arbeit und Gütern erfolgt.
-Die Durchführung der Beschlüsse ist die Aufgabe der Staatsverwaltung.
-Wie die mit diesen Geschäften betrauten Personen bestellt werden,
-ist selbst wieder Gegenstand der Gesetzgebung und davon wird in V, 1,
-gehandelt.
-
-Wenn ein Analogon der heutigen Budgetierung im Kollektivstaate
-fortbestünde, so würden jährlich Beschlüsse gefaßt über den
-Staatshaushalt in dem Sinne, daß für das kommende Jahr bestimmt würde,
-was und in welcher Ausdehnung es produziert und wie die Güter verteilt
-werden sollen. Man kann sich aber auch recht wohl denken, daß man von
-solchen jährlichen Festsetzungen der ganzen Staatswirtschaft absehen
-und ohne Festsetzung von Terminen oder Zeitabschnitten nach Bedarf
-Beschlüsse über Abänderung der Produktion und Verteilung fassen würde.
-Ein einzelner Verteilungsbeschluß wird in einer Note zu VIII, 4, zur
-Anschauung gebracht, wo es sich um die Verteilung von Druckpapier zu
-verschiedenen Zwecken handelt.
-
-Außer den Beschlüssen über den Volkshaushalt gibt es noch andere
-Gegenstände der Gesetzgebung. So über Beschränkungen der Einzelnen auch
-in anderen Dingen als in Beziehung auf Arbeit und Güter. Besonders
-sind Gegenstand der Gesetzgebung die Ehe, das Recht der Zeugung, die
-Erziehung und das Familienrecht, der außereheliche Geschlechtsverkehr,
-das Strafrecht, die Disziplin und auch sonst alles, was das Volk in den
-Kreis seiner Gesetzgebung ziehen will.
-
-Auch für diese Gesetzgebungsgegenstände kann der Staatsverwaltung
-ein sehr weitgehendes Verordnungsrecht eingeräumt werden, aber
-selbstverständlich mit dem Rechte des Widerrufes durch Volksbeschlüsse
-und der Einschränkung in Beziehung auf eine Reihe von bestimmten
-Gegenständen.
-
-Da die Volksabstimmung nur mit »Ja« oder »Nein« erfolgen kann, ist es
-notwendig, Vorlagen zu machen, auf welche sich die Volksabstimmung
-bezieht. Diese Vorlagen einzubringen, ist die Aufgabe der
-Staatsverwaltung. Das Volk kann aber nicht darauf beschränkt werden,
-bloß über das abzustimmen, was die Staatsverwaltung vorschlägt,
-weil das einer Konfiskation der Volkssouveränität zugunsten der
-Staatsverwaltung gleichkäme. Es muß also ein genau definiertes Recht
-der Einbringung von freien Anträgen oder von Abänderungsanträgen
-eingeräumt werden. Beschränkt muß dieses Recht der Einzelnen werden,
-weil sonst die Abstimmungen ins ungemessene gingen. Demgemäß wird
-einmal nicht bloß der Staatsverwaltung, wie auch dem Volksbeamtentum,
-wovon in V, 1, die Rede ist, die Pflicht, beziehungsweise das
-Recht übertragen werden, Gesetzesvorschläge und Abänderungsanträge
-einzubringen, sondern auch eine gewisse Anzahl von Kreisen, Bezirken
-oder Gemeinden, welche sich auf Abänderung eines Gesetzes- oder
-Abänderungsvorschlages einigen, wird dieses Recht zustehen. Hat also
-die Staatsverwaltung ihre Vorlagen für den Jahreshaushalt oder ein
-Gesetz veröffentlicht, so kann jeder beantragen, daß diese oder jene
-von der Staatsverwaltung in Antrag gebrachte oder bisher nach den
-Gesetzen geübte Produktion oder Verteilung eingeschränkt oder erweitert
-werde, zur Abstimmung kann ein solcher Antrag aber nur gelangen, wenn
-entweder die Staatsverwaltung, oder das Volksbeamtentum, oder etwa zwei
-Kreise oder tausend Gemeinden dem Antrage beitreten. Da alle solche
-Anträge veröffentlicht werden, so steht es nämlich jeder Gemeinde zu,
-darüber probeweise abzustimmen und den Antrag, wie man sich heute
-ausdrücken würde, zu unterstützen, und wird ein Antrag genügend
-unterstützt, so wird darüber allgemein abzustimmen sein. Wie leicht
-ein Gemeindebeschluß zustande kommt, wird weiter unten, _Alinea_ »Die
-Gemeinden sind«, gezeigt werden.
-
-Die Vorlagen der Staatsverwaltung werden vom Ministerium beraten und
-beschlossen. Die untergeordnete Beamtenschaft hat das Recht, über
-eine Anfrage der Regierung oder aus eigenem Entschlusse Anträge zu
-stellen, über welche das Ministerium zu beraten hat, die aber auch,
-wenn sie nicht als Regierungsanträge eingebracht werden, jeder Beamte
-und jede Beamtenkorporation einzubringen berechtigt ist, insofern sie
-die erforderliche Unterstützung finden. Hat das Volk Beschlüsse gefaßt,
-wonach bestimmte Entscheidungen über Fragen des Volkshaushaltes oder
-der Gesetzgebung nicht im ganzen Staat einheitlich geregelt werden,
-sondern nur mit Gültigkeit innerhalb einer Provinz, eines Kreises
-oder für einen Bezirk oder eine Gemeinde beschlossen werden sollen,
-so hat die Bevölkerung jenes Gebietes darüber zu entscheiden, für
-welche das Gesetz oder die Maßregel Gültigkeit haben soll. Doch muß
-ein allgemeiner Volksbeschluß immer die Kraft haben, solche Gesetze
-oder Volksbeschlüsse kleinerer Gebiete aufzuheben, weil sonst der Staat
-nach und nach in Gemeinden zerfiele und der Besitz des gesamten Volkes
-zum Gemeindebesitze gemacht werden könnte. Dadurch würde man sich dem
-Individualismus wieder nähern.
-
-Die Verfassung wird bestimmen, wie lange vor dem Tage einer
-Abstimmung Vorlagen der Regierung veröffentlicht werden müssen. Die
-Veröffentlichung von Vorlagen für eine allgemeine Abstimmung geschieht
-durch das Reichsblatt. Kann eine Provinz oder ein Kreis für deren
-Gebiet ein Spezialgesetz beschließen, so geschieht die Veröffentlichung
-der Vorlage durch das Provinzblatt beziehungsweise das Kreisblatt. Der
-Kundmachung der Vorlagen wird der Tag der Abstimmung beizufügen sein.
-Die Vorlagen werden der Gegenstand der Erörterung in den Blättern sein
-und Für und Wider in dem der Staatsverwaltung und dem den Volksorganen
-vorbehaltenen Teile der Blätter, siehe VI, 7, _Alinea_: »Die genannten
-amtlichen Blätter«, besprochen werden. Gemeinden und Bezirke können
-Redner beauftragen, die Vorlage zu prüfen und in den Versammlungen der
-Gemeinde oder des Bezirkes darüber zu referieren. In den Gemeinden
-können die Versammlungen täglich abgehalten werden, für den ganzen
-Bezirk aber an jedem Sonntage. Die stimmfähigen Mitglieder der Gemeinde
-werden sich in Sektionen teilen, in welchen alle Vorlagen beraten
-werden, damit jeder Stimmberechtigte auch an der Beratung teilnehmen
-und in engerem Kreise zu Worte kommen kann. Probeabstimmungen
-werden der endgültigen Abstimmung vorhergehen und das Ergebnis der
-Probeabstimmung wird zu veröffentlichen sein.
-
-Die Gemeinden sind als verfassungsmäßige Körperschaft in Permanenz.
-Bei jeder Mahlzeit kann jeder, dem es beliebt, beantragen, zu einer
-bestimmten Stunde abends zusammenzutreten, um einen Gegenstand
-zu beraten und darüber und mit Beschränkung der Wirksamkeit auf
-die Gemeinde, soweit allgemeine Beschlüsse nicht im Wege stehen,
-zu beschließen, oder Gegenstände allgemeiner Geltung zu beraten
-und Probeabstimmungen einzuleiten. Auf solche Art werden auch
-selbständige Anträge oder Abänderungsanträge der Gemeinden zu stande
-kommen, welche, um die Unterstützung anderer Gemeinden zu erlangen,
-durch das Kreisblatt oder Provinzblatt zu veröffentlichen sind.
-Für autonome Gemeindebeschlüsse wird ein Quorum festgesetzt werden,
-für Finalabstimmungen des Reiches wird man darauf halten, daß jeder
-Stimmberechtigte seine Stimme abgibt und die Stimmenthaltung wird als
-Pflichtverletzung betrachtet werden. Das Stimmrecht kann an jedem
-Aufenthaltsorte innerhalb des Reiches, nicht bloß am Wohnorte des
-Abstimmenden, ausgeübt werden, wenn es sich um Reichsabstimmungen
-handelt. Durch Festsetzung der Abstimmung auf eine genau bestimmte
-Zeit wird die Abgabe von Doppelvoten unmöglich gemacht. Gegen die
-Abgabe von Stimmen durch Unbefugte schützt die Legitimationskarte,
-ohne welche Niemand sich außerhalb des Bezirkes aufhalten kann. An
-Abstimmungen und Wahlen für ein begrenztes Wirksamkeitsgebiet werden
-nur stimmberechtigte Angehörige jenes Gebietes und wenn sie sich,
-obschon außerhalb ihrer Gemeinde, doch innerhalb jenes Gebietes, für
-welche Abstimmung oder Wahl wirksam ist, aufhalten, teilnehmen können.
-
-
-4. Die Wahlen.
-
-Das Wahlrecht kann nach besonderem Volksbeschlusse ausgeübt werden, um
-Abgeordnete mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten mit oder ohne
-Vorbehalt der Ratifikation zu betrauen. Es kann solchen Abgeordneten
-die Beschlußfassung über größere Arbeiten übertragen werden, welche
-vorgeschlagen wurden; über Monumental-, Eisenbahn- und Kanal-Straßen-
-oder Brückenbauten, deren Zweckmäßigkeit nur von Personen beurteilt
-werden kann, welche die Vorlagen eingehend prüfen.
-
-Das Wahlrecht kann ferner ausgeübt werden, um Beamte für die Führung
-der Geschäfte zu ernennen. In einem anderen Abschnitte, V, 1, wird
-erörtert werden, weshalb sich die Bestellung der Verwaltungsbeamten,
-Unterrichtspersonen und Ärzte durch Volkswahlen nicht empfiehlt, daß es
-aber zweckmäßig erscheint, den staatlich bestellten Verwaltungsbeamten
-zur Mitarbeit und zur Wahrnehmung der Rechte der Einzelnen vom Volke
-gewählte Überwachungsorgane, »Volksbeamte«, beizugeben. Diese Wahl hat
-das Volk, nämlich die stimmberechtigte Bevölkerung des Gebietes, für
-das die Wahl Geltung hat, zu vollziehen. Die Volksbeamten wird man aber
-nicht nur den Beamten untersten Ranges, sondern auch den übergeordneten
-Beamten und den Ministern an die Seite stellen müssen, vielleicht
-auch als Mitberater des Monarchen und der Hofämter bestellen, und da
-entsteht die Frage, ob es zweckmäßig ist, auch die Volksbeamten höherer
-Ordnung durch das Volk wählen zu lassen. Innerhalb der Gemeinden und
-innerhalb des Bezirkes wird es viele Personen geben, welche allen
-Gemeindegenossen und allen Bezirksgenossen sehr genau persönlich
-bekannt sind und darum kann die Wahl von Volksbeamten für die Gemeinden
-und Bezirke durch das Volk ohne Zweifel gutgeheißen werden. Allein ein
-Kreis hat schon eine so große Ausdehnung, daß die Wahl nicht leicht auf
-Jemand fallen könnte, der der Mehrzahl der Stimmberechtigten bekannt
-wäre. Es könnte also die Wahl der Volksbeamten höherer Ordnung den
-Volksbeamten selbst überlassen werden, wenn anzunehmen ist, daß sie
-durch die Geschäftsführung und infolge der Zusammenkünfte eine genauere
-Kenntnis der Männer erlangen, welche ihrem Berufe angehören und sich
-für einen höheren Rang eignen. Dieses Wahlrecht wäre immer nur ein
-stellvertretendes.
-
-Daß die Gemeinden für die eigenen, die Allgemeinheit nicht berührenden
-autonomen Angelegenheiten geschäftsführende Vertreter wählen werden,
-ist nicht wahrscheinlich, weil es geringe Schwierigkeiten macht, zu
-einer Vollversammlung zusammenzutreten, und eines der stimmführenden
-Mitglieder jeweilig zur Leitung der Verhandlung zu bestimmen. Doch
-setzt das die Gemeindeeinrichtungen voraus, welche in diesem Werke
-zur Grundlage genommen sind, nämlich mit Gemeindehaushalt statt des
-Familienhaushaltes und mit eng zentralisierten Wohnbauten.
-
-Alle durch Wahl bestellten Vertreter und Organe des Volkes wird
-das Volk auch wieder abzurufen berechtigt sein. So oft ein darauf
-bezüglicher Antrag eingebracht wird, wird er sofort in Verhandlung
-gezogen und nur Beschlußfassungen dieser Art, an welchen sich das
-ganze Volk oder ganze Provinzen oder Kreise beteiligen müssen, werden
-einen in den Zeitungen veröffentlichten Antrag voraussetzen, der die
-Zustimmung weiterer Kreise hat. Bestünden keine solchen Beschränkungen,
-so würde das Volk durch zahllose Abstimmungen belästigt werden.
-
-Wahlen werden daher am besten auf unbestimmte Zeit, bis zur Abberufung
-vollzogen werden und eine im vorhinein bestimmte Dauer der Mandate ist
-in einem Staate mit Volkssouveränität nicht zu empfehlen. Der Zwang,
-einem Gewählten das Mandat vor Ablauf einer gesetzlich bestimmten
-Periode nicht zu entziehen, nach deren Ablauf aber neuerlich zu einer
-Wahl zu schreiten, ist eine Einschränkung der Souveränität.[5]
-
- [5] Die hier vorgeschlagenen ultrademokratischen Einrichtungen
- werden nicht von allem Anfang an in Geltung sein, sondern
- den Abschluß der Verfassungsentwicklung bilden. Es
- werden schon feste bewährte Grundlagen des Kollektivismus
- bestehen, die Umwandlung des Staates beendet sein und jene
- Erziehung sich eingelebt haben, wie in VII, 5 geschildert
- ist, ehe die so weitgehende demokratische Verfassung
- möglich sein wird.
-
-
-5. Das Objekt der Volksbeschlüsse.
-
-Was das Verfassungsleben im Kollektivstaate anbelangt, so ist
-leicht einzusehen, daß die organisatorischen Arbeiten während der
-Umgestaltungsperiode sehr mannigfaltig und schwierig wären, daß
-aber, wenn einmal das richtige Gleichgewicht gefunden ist, die
-gesetzgeberischen Aufgaben, wenngleich der Volkswille für jede
-Produktion und jede Verteilung maßgebend ist, viel einfacher sind als
-heute, dafür allerdings von weit größerer Tragweite. Die Unterschiede
-des Berufes, der Klassen und des Besitzes zwischen den Bürgern der
-heutigen Staaten schaffen eine ungeheuere Menge von Verwickelungen,
-eine Menge höchst schädlicher Reibungsflächen, welche im Kollektivstaat
-entfallen. Man denke nur an die Zollgesetzgebung und an die
-Handelsverträge, welche wir von Zeit zu Zeit schließen müssen und deren
-Zustandekommen deshalb so schwierig ist, weil jede einzelne Bestimmung
-dieser Gesetze und Verträge für viele Tausende ein Vorteil, dafür für
-viele Tausende ein Schaden ist. Meist werden ganze Gewerbe zugrunde
-gerichtet, andere zur Blüte gebracht und es ist ganz unmöglich, die
-Folgen einer Änderung in den Zöllen und Handelsverträgen für das
-Ganze und für die Einzelnen zu berechnen. Hat man doch in Österreich
-durch ein Menschenalter Ausfuhrprämien für den Zucker bewilligt, und
-als diese durch die Brüsseler Konvention beseitigt wurden, wurde der
-Zucker in Österreich für die Konsumenten um 10% billiger und außerdem
-stieg die Zuckerausfuhr beträchtlich. Im Kollektivstaat gehen die
-Volksbeschlüsse für den internationalen Güteraustausch dahin, die
-Staatsverwaltung zum Verkaufe oder Austausche der ihr namhaft gemachten
-Überschüsse an Gütern der einen Art an das Ausland und zum Einkauf und
-Eintausch anderer Güter vom Auslande zu ermächtigen und die Verwaltung
-hat nur darauf zu sehen, die günstigsten Bedingungen zu erzielen. Aller
-Schaden und Vorteil des internationalen Güteraustausches verteilt sich
-verhältnismäßig auf Alle und nicht ein einziges Gewerbe, nicht ein
-einziger Beruf, insofern man darunter die Angehörigen dieser Berufe
-und ihre Einzelinteressen versteht, kann darunter leiden, niemand sich
-daran bereichern, niemand dadurch ruiniert werden, so daß auch hier die
-Totalversicherung, als welche sich der Kollektivismus darstellt, sich
-automatisch vollzieht.
-
-Eine rasche Entscheidung solcher Fragen, wie über Aus- und Einfuhr,
-oder über Produktion und Verteilung, oder über Ehe, Zeugung,
-Familienrechte usw., kann aber nur dann im Kollektivstaate erwartet
-werden, wenn das Volk sich damit begnügt, der Staatsverwaltung
-grundsätzliche Direktiven zu erteilen, allgemeine Weisungen,
-und dazu wird das Volk von selbst gedrängt werden. Man lese die
-Gefechtsdispositionen eines Feldherrn und man wird erkennen, daß die
-schwerwiegendsten Entscheidungen in wenige Worte zusammengefaßt werden
-müssen, welche dem Untergebenen einen weiten Spielraum der Initiative
-überlassen. Im Kollektivstaate kann es mit den Volksbeschlüssen auch
-nicht anders gehalten werden. Um das aber in seiner Durchführbarkeit
-zu erkennen, ist es notwendig, die Einfachheit der Verteilung und der
-öffentlichen Rechnungslegung zu erfassen, welche im Abschnitte über
-die Statistik VI, 8, dargelegt werden wird. Auch bedarf diese Art der
-Verwaltung einen wohlgefügten und gutgeschulten Beamtenkörper. Würde
-man, was ich für durchaus fehlerhaft hielte, die Verwaltungsbeamten
-wählen, so würde sich eine solche Abhängigkeit der Beamten von den
-Wählern geltend machen, daß es niemals das allgemeine Wohl wäre,
-das die Beamten im Auge hätten und wegen des häufigen Wechsels und
-der mangelnden Schulung wäre auch zu besorgen, daß gewählte Beamte
-sich nicht zu helfen wüßten und aus Mangel an Erfahrung Fehler auf
-Fehler machen, insbesondere, daß sie nicht organisch zusammen wirken
-würden. Der Beamtenberuf setzt, wie jeder andere Beruf, eine bestimmte
-Vorbildung, Schulung und Erfahrung voraus, weshalb in V, 1, die
-Ergänzung des Beamtenkörpers nicht durch Wahl, sondern durch Ernennung
-vorgeschlagen wird.
-
-
-6. Die Erhaltung der Staatseinheit.
-
-Es entsteht die Frage, wie dem Übel vorgebeugt werden soll, daß die
-Staaten wieder zerfallen und fort und fort sich in kleinere Teile
-auflösen. Gegen den Willen der Gesamtheit würde sich eine im Innern des
-Staatsgebietes gelegenen Gemeinde oder ein solcher Bezirk nicht leicht
-von dem größeren Körper lostrennen können. Der Gütertausch ist ein so
-starkes Bedürfnis, daß die Gemeinden kein Interesse haben können, sich
-loszusagen. Eine solche Gemeinde würde sofort boykottiert werden und
-käme in einigen Tagen in große Verlegenheiten, ohne einen erdenklichen
-Vorteil dagegen zu erlangen. Auch würde der Grundsatz des ausnahmslosen
-Staatseigentumes den Staat berechtigen, das ganze mobile Eigentum aus
-einer solchen Gemeinde wegzuschaffen und diese könnte es auf keine
-Weise sich ersetzen. Es gilt dies nicht nur von Städten, die auf
-den Bezug von Nahrungsmitteln aus dem flachen Lande angewiesen sind,
-sondern auch von den kleinsten Gemeinden. Aber an der Grenze gelegene
-Gemeinden könnten leicht ein Interesse haben, sich von dem Staate
-loszusagen und sich dem Nachbarstaat, falls er ein Kollektivstaat wäre,
-anzuschließen. Geht man von der Anschauung aus, und hätte sich diese
-vollkommen eingelebt, daß aller Besitz Eigentum des ganzen Volkes
-sei, so würde sich eine solche Sezession als eine Rechtsverletzung
-darstellen, die freilich deshalb von sehr geringem Belang wäre,
-weil eine solche Lostrennung zugleich eine Verzichtleistung auf den
-Mitbesitz der außerhalb der Gemeinde befindlichen Güter und auf alle
-persönlichen Ansprüche der Gemeindemitglieder gegen den Staat (z. B.
-auf Altersversorgung) mit sich brächte. Auch könnte ohne Mitwirkung der
-Nachbarstaaten eine solche Lostrennung niemals stattfinden und selbst
-mit ihrer Zustimmung nur dann, wenn es Kollektivstaaten sind, und
-dagegen würde man sich wohl durch internationale Verträge schützen.
-
-Es wäre aber sonderbar, wenn solche Fragen mit Gewalt entschieden
-würden und man wird nur darauf hoffen müssen, daß ein organisches
-Ganzes eine große Anziehungskraft auf alle Teile ausüben müsse und
-daher ist anzunehmen, daß, wo es an einer solchen Anziehungskraft
-fehlt, ein Gebrechen an der Gerechtigkeit und an der zweckmäßigen
-Verwaltung vorliegen muß. Plato nennt ein Gemeinwesen, in dem eine
-wahre Solidarität besteht, ein königliches Geflecht und ein solches
-zusammenzuweben, muß jeder Staatsmann als seine Aufgabe betrachten.
-Auch setzte die Sezession voraus, daß der Nachbarstaat das neue Glied
-als gleichberechtigten Bestandteil aufzunehmen einwilligte, und es ist
-nicht anzunehmen, daß das so leicht geschehen wird, weil zwischen den
-Bürgern verschiedener Staaten sich immer Verschiedenheiten herausbilden
-werden, welche den bestehenden Zusammenhang verstärken, neue
-Angliederungen erschweren. Im Einvernehmen mit den beteiligten Staaten
-würde sich aber auch eine solche Veränderung schmerzlos vollziehen,
-vorausgesetzt, daß beide beteiligten Staaten die kollektivistische
-Gesellschaftsordnung angenommen haben. Ist der Nachbarstaat noch
-nicht zum Kollektivismus übergegangen, so ist eine solche Sezession
-wohl undenkbar, weil die Mitglieder der Grenzgemeinde in dem neuen
-Verbande ihre Rechnung nicht finden könnten, der Nachbarstaat aber
-das kollektivistische Ferment fürchten würde, welches die neuen Bürger
-einschleppen müßten.
-
-
-
-
-IV.
-
-Die Monarchie und der Adel.
-
-
-Ist ein Volk nüchtern und sein Sinn nur auf das Nützliche gerichtet,
-so wird ihm die Monarchie im Kollektivstaate etwas sehr Überflüssiges
-erscheinen, ist ein Volk aber prachtliebend und von sehr reicher
-Phantasie, so wird ihm die Hofhaltung eines Monarchen, die glänzende
-Repräsentation nach außen und der stärkere Aufwand für das Schöne und
-Kostbare willkommen sein. Im kollektivistischen Staate ist eine Gefahr
-für die Volksfreiheit mit der Institution der Monarchie und des Adels
-nicht verbunden. Der Monarch besorgt die ihm durch die Verfassung und
-den Volkswillen übertragenen Geschäfte als Mandatar und besitzt keine
-Autorität als jene, die ihm das Volk auf jeweiligen Widerruf überträgt.
-Er ist nicht König von Gottesgnaden, sondern von Volkes Gnaden. Er ist
-ebenso eigentumslos, wie ein anderer Volksgenosse, aber er hat einen
-zwar genau umschriebenen, aber immerhin ausgedehnten Wirkungskreis, ist
-unverantwortlich und für seine Person dem Gesetze nicht unterworfen.
-
-Er ist das oberste Organ des Volkes und arbeitet mit Ministern, die
-die Verantwortlichkeit für seine Regierungshandlungen tragen, er
-ernennt die Minister und die obersten Beamten, es mag ihm das Recht
-eingeräumt werden, zu begnadigen und gewisse Ehrenvorzüge zu verleihen,
-er vertritt das Reich nach außen, empfängt die angesehensten Gäste des
-Volkes und ist -- doch immer ohne für seine Person zur Verantwortung
-gezogen werden zu können oder einem Tadel unterworfen zu sein --
-schuldig, die ihm vom Volke anvertrauten Mittel zur Verherrlichung
-des Volkes zu verwenden und zu diesem Ende Kunst und Forschung zu
-fördern. Seine großen Mittel dienen vorzüglich zur Pflege der edelsten
-Geselligkeit, an welcher das =gesamte Volk= Anteil zu nehmen berechtigt
-ist.[6] Seine Gehilfen für gesellige Veranstaltungen sind die
-Mitglieder des hohen Adels wenn ein solcher noch fortbesteht. Wie immer
-auch seine Befugnisse in militärischen und auswärtigen Angelegenheiten
-festgesetzt werden, so ist es doch seine Aufgabe, nicht nur den
-Frieden zu erhalten, sondern auch auf Schaffung solcher internationaler
-Einrichtungen hinzuwirken, die das stehende Heer und die Kriegsmarine
-entbehrlich machen können. Diese Verteidigungsanstalten werden
-übrigens ganz überflüssig werden, sobald der Kollektivismus sich über
-ganz Europa ausgedehnt haben wird, denn auch der Krieg ist nur eine
-Krankheit unserer Gesellschaftsordnung.
-
- [6] Anfänge zu allen zukünftigen Gestaltungen, die auf den
- Kollektivismus hinauslaufen, können schon heute beobachtet
- werden. In Österreich werden die Abgeordneten, wenn
- sie auch Bauern oder Arbeiter sind, zu den Hoffesten
- herangezogen, was noch vor 50 Jahren unmöglich schien und
- in Dänemark soll es Hofsitte sein, zu jeder Hoftafel einen
- Gewerbsmann zu laden.
-
-Die dem Monarchen für seine Person, seine Familie und allenfalls den
-hohen Adel und für die Erfüllung all seiner Aufgaben eingeräumten
-Mittel wird das Volk bestimmen. Man setze den Fall, daß das Volk
-hierfür den hundertsten Teil des Besitzes und des Volkseinkommens
-widmet, so mag es die Schlösser, Burgen und Wohnbauten, die Parke
-und Anlagen, vielleicht auch einen bestimmten Teil des Gebietes der
-Hauptstadt, dann Juwelen, Stoffe, Hausrat, Tiere und Kostbarkeiten
-bezeichnen, welche, jedoch mit Vorbehalt des dem Staate oder Volke
-zustehenden Eigentumsrechtes, der Hofhaltung gewidmet sind und welche
-die Monarchie zu erhalten, zu pflegen, beziehungsweise zu vollenden
-hat. Es werden ihr außerdem Arbeitskräfte und ein Teil der jährlich
-geschaffenen Güter zugewiesen. Von den Arbeitskräften werden dem Hofe
-insbesondere Hausgenossen, Handwerker, Künstler, Gelehrte, Forscher
-und Erziehungs- und Unterrichtspersonen zugewiesen. Bezüglich der
-Auswahl der Personen und Sachen wird sich der Hof mit der Regierung
-und den obersten Volksbeamten zu verständigen haben. Als Rechtssubjekt
-steht der Monarch hierin dem Volke nicht gegenüber, es ist nur von
-anvertrauten, auf Widerruf gewidmeten Sachen die Rede, wie ja auch
-heute die Zivilliste immer nur auf ein einziges Jahr bewilligt wird.
-Der Monarch ist nur Verwalter.
-
-Die Hausgenossen, welche für die Bedienung der Gäste, für Küche und
-Keller, für Gebäude, Stallungen und Tiere, und für die Verwaltung der
-mobilen und immobilen Güter der dynastischen Familie und des Adels zu
-sorgen haben, werden nicht den dienenden Personen der heutigen Zeit zu
-vergleichen sein, sondern als Familienglieder behandelt werden. Die
-schönsten Mädchen und jungen Männer werden ausgewählt werden, damit
-sie auch durch ihre persönlichen Vorzüge die Schönheit der Hofhaltung
-erhöhen. Den Mädchen und Jünglingen dieser Art wird es obliegen,
-bei Tisch und den Abendunterhaltungen die Glieder der Dynastie und
-der Adelsfamilien und deren Gäste zu bedienen, sie werden aber, wenn
-sie dienstlos sind, selbst auch Gäste des Hofes sein, wie in unseren
-Familien jüngere Schwestern und Brüder den Gästen aufwarten und mit
-ihnen trotzdem auf gleichem Fuße verkehren. Auch aus den Reihen der
-Alten mögen manche dem Hofe zugewiesen werden, wenn sie es wünschen
-und sie werden nur zu bequemen Dienstleistungen verwendet werden,
-die sie gerne freiwillig übernehmen. So wird ihnen die Überwachung
-der Kostbarkeiten übertragen und sie werden dafür sorgen, daß alles,
-was aus der Schatzkammer entlehnt wird, wieder an seinen Platz kommt.
-Auch die Wagenlenker, Pferdewärter, Jäger, Türsteher und Boten werden
-nur wie Familienmitglieder behandelt werden dürfen, auch können sie
-nicht gezwungen werden, gegen ihren Wunsch in diesen Stellungen
-zu dienen. Die Natur dieser Beziehungen gehört zur Ästhetik der
-Gesellschaftsordnung und diese Ästhetik ist wieder ein wesentlicher
-Vorzug der künftigen Gesellschaftsordnung.
-
-Hof und Adel haben in den Repräsentationspalästen und -Schlössern
-Empfang zu halten und für eine angemessene Verteilung der Einladungen
-zu sorgen, von welchen Niemand ganz ausgeschlossen werden soll. Außer
-den bevorzugten Gästen, den Künstlern, Gelehrten, Forschern, Erfindern,
-den angesehensten Besuchern aus dem Auslande, den hohen Beamten,
-schönsten Frauen usw. werden alle Volksgenossen, welche in die Nähe des
-Hofes kommen, heranzuziehen sein und so werden auch hier alle Glieder
-des Volkes mitinteressiert werden, wie an Kunst und Forschung. In den
-Sommermonaten wird das Hofleben sich vorzüglich in den Schlössern und
-Burgen entfalten, im Winter in der Residenz, aber die Hofbaulichkeiten
-werden das ganze Jahr in Benutzung stehen, um soviel als möglich Freude
-zu schaffen.
-
-So wie jedes Dorf, so wird auch die Hauptstadt nach und nach
-niedergerissen und nach einem grandiosen Plane neu aufgebaut werden.
-Darum wird ein neuer Stadtplan für die Reichshauptstadt (vielleicht in
-Österreich für zwei Reichshauptstädte) zu entwerfen sein, aber nicht
-für eine Bevölkerung von Millionen, sondern höchstens zur Aufnahme
-von etwa 400,000 Menschen, die Reisenden inbegriffen. Diese Neubauten
-werden aber verschoben werden, bis die Masse des Volkes reichlich mit
-Wohnungen versorgt ist, denn allem anderen geht die Aufgabe vor, die
-Sünden der Vergangenheit zu tilgen.
-
-Dem Volke gebührt ein entsprechender Einfluß auf die Erziehung der
-Jugend in der kaiserlichen Familie und den adeligen Familien. Wie
-derselbe geltend zu machen sei, bestimmen die Gesetze. Diese Familien
-müssen im Bewußtsein erhalten werden, daß sie dem Volke zu dienen
-berufen seien und niemals den Dienst in Herrschaft verwandeln dürfen.
-Die Erziehung muß eine vorzugsweise ästhetische sein, weil es der
-Beruf dieser Familien ist, das Schöne zu pflegen. Die Kenntnis der
-lebenden Sprachen besonders der größeren Kulturvölker und der im
-Reiche verbreiteten Idiome ist in in diesen Familien einheimisch zu
-machen, weil sie berufen sind, das heimatliche Volk den fremden Völkern
-gegenüber zu repräsentieren und den nationalen Frieden im Lande zu
-erhalten.
-
-Die Mitglieder des Adels unterstehen den allgemeinen Strafgerichten,
-die Mitglieder der dynastischen Familie mögen der Strafgewalt
-des Monarchen unterstehen, aber unter der Bedingung, daß die
-Straferkenntnisse und deren Vollzug veröffentlicht werden und daß über
-die Mitschuldigen die ordentlichen Gerichte erkennen.
-
-Zu den wichtigsten Angelegenheiten gehört die Ehe in diesen Familien
-und das Familienleben Jener, die man bisher die Großen zu nennen
-gewöhnt war. Der Gebrauch in den souveränen Familien, ihre Glieder nur
-mit den Angehörigen anderer souveräner Familien zu verheiraten, ist
-verwerflich, weil er zur Verwandtschaftsehe und zur Dekadenz führt.[7]
-Auch soll sie die Ehe nicht an auswärtige Familien knüpfen. Es scheint
-daher das Zweckmäßigste zu sein, daß die Mitglieder der Familie
-des Monarchen sich mit Angehörigen der Familien des einheimischen
-Adels ehelich verbinden und daß diese ihre anderweitigen Ehen mit
-Volksgenossen der anderen Schichten schließen, um so einen gesunden
-Blutumlauf im sozialen Körper herbeizuführen. Der Krone wäre das
-Recht einzuräumen, gegen unvernünftige Ehen in diesen Familien Verbot
-einzulegen. Die Vernünftigkeit dieser Ehen ist vom Standpunkte der
-wahrscheinlichen Fortpflanzungserwartungen zu beurteilen. Handelt es
-sich um Ehen, die nach der vom Volke genehmigten Ehegesetzgebung,
-VII, 2, überhaupt unstatthaft sind, so können sie überhaupt nicht
-geschlossen werden, sind sie aber deshalb nicht zu billigen, weil
-sie nicht nach der Richtung nützlich erscheinen, das Geschlecht vom
-biologischen Gesichtspunkte zu veredeln, so würde die Versagung der
-Ehegenehmigung seitens des Monarchen die Wirkung haben, daß die
-eheschließenden Teile, welche dem Willen der Krone entgegen sich
-verbinden, und ihre Nachkommen von der dynastischen Familie und den
-adeligen Familien ausgeschlossen werden. Die Frauen folgen den Männern,
-das heißt, die nichtadeligen Frauen werden durch die regelmäßige
-Verbindung mit Adeligen in die Adelsfamilie, die weiblichen Glieder des
-Adels durch ihre Ehe mit Männern aus dem Volke in die Volksschichten
-aufgenommen. Dadurch wird einerseits eine fortgesetzte Auffrischung
-des adeligen Blutes sichergestellt, andererseits die Krone und der
-Adel an dem Wohle des Volkes auch durch verwandtschaftliche Bande
-interessiert. So dürfte es gelingen, den Kastengeist zu unterdrücken
-und die Eigentumslosigkeit der monarchischen Familie und des Adels
-verknüpfen sie auch sonst mit dem Volkswohle. Es würde so jenes
-königliche Geflecht geschaffen, das Plato vorschwebte. Übrigens wird
-hier, wenngleich die Vermählung der Adeligen mit Töchtern des Volkes
-beantragt wird, der Rassenfrage nicht vorgegriffen, da auch im Volke
-die Urrassen nicht ganz erloschen sind und, wenn z. B. die blonde
-Rasse als die vom vorwiegend ästhetischen Gesichtspunkte edlere sich
-bewährte, deren Bevorzugung für diese Ehen umsoweniger Bedenken erregen
-könnte, als der Individualismus, die Erbkrankheit der blonden Rasse, in
-einem solchen Staate nicht zu fürchten ist.
-
- [7] Die Rassenfanatiker empfehlen zuweilen für solche
- Familien sogenannte krasse Inzucht, nämlich ganz nahe
- Verwandtschaftsehen. Allein sie führt zur Verblödung und
- diese Anschauung beruht auf einer grundfalschen Anschauung
- über den Wert der Rassen. Man beruft sich auf die
- Erfahrungen der Tierzüchter, aber auch sie müssen meistens
- in der 3. oder 4. Generation von diesem System Abstand
- nehmen.
-
-Die Zahl der adeligen Familien müßte eine sehr geringe sein und dürfte
-wohl auch in einem großen Reiche 200 nicht überschreiten. Dem Adel
-wären alle Stellungen in der Verwaltung oder den allgemeinen Berufen
-vorenthalten, weil von ihren Mitgliedern praktische Einsicht nicht
-vorauszusetzen ist und, weil sie sonst danach streben würden, höhere
-Rangstufen zu erklimmen, ohne sich darum verdient zu machen. Bei
-Volksabstimmungen und Wahlen mögen sie ihre Stimme abgeben, welche aber
-nicht mehr gilt, als die eines anderen Volksgenossen.
-
-Wenn in vielen Beziehungen die Einrichtungen, welche hier für die
-Familien des Monarchen und des Adels vorgeschlagen werden, jenen gerade
-entgegengesetzt sind, welche heute bestehen, und noch vielmehr jenen,
-welche in früheren Jahrhunderten bestanden, so ist das eine Folge
-davon, daß im Kollektivstaate es das Volk ist, welches Herr im Lande
-ist, und es ist in Übereinstimmung mit der Evolution, die wir in den
-sozialen Verhältnissen der letzten 200 Jahre beobachten können.
-
-Die geschlechtlichen Beziehungen der Glieder der kaiserlichen
-Familie und des Adels außerhalb der Ehe werden vom Gesichtspunkte
-der allgemeinen Grundsätze der Sexualethik zu beurteilen sein. Daß
-wir wirklich einer Periode so großen Rigorismus entgegengehen, wie
-viele meinen, ist doch zu bezweifeln, aber abgesehen von allgemeinen
-Gesetzen sexualethischer Natur wird man darauf sehen, daß die Stellung
-jener Familien nicht dazu mißbraucht werde, um Liebesgunst zu erringen
-und daß sich keine Tochter des Volkes ohne Liebe wegwirft an jenen,
-der ihr eine bevorzugte Stellung bei Hof und reichlichere Genüsse
-bietet. Darum wird der Volkswille jedes Mädchen oder Frau in ihre
-Heimatsgemeinde zurückrufen können, die sich in diesem Sinne vergeht
-und die Prinzen oder Grafen, welche an Maitressenwirtschaft denken,
-werden zu befürchten haben, die bevorzugte Stellung zu verlieren, deren
-sie sich unwürdig machen. Daß aber von der Ehe ausgeschlossene Glieder
-des Volkes, der dynastischen Familie und des Adels, von verächtlichen
-Nebenabsichten abgesehen, die Freuden der Liebe nicht wie alle anderen
-sollten genießen dürfen, wäre wohl kaum gerechtfertigt und davon
-handelt der Abschnitt VII, 3.
-
-
-
-
-V. Die Beamtenorganisation.
-
-
-1. Der Verwaltungsorganismus.
-
-Was ist die Aufgabe des sozialen Staates? In letzter Instanz ist es die
-Verteilung von Arbeit und Genuß. Die Grundsätze und Ziele bestimmt das
-Volk, aber die Verwirklichung dieser Grundsätze und Ziele liegt einem
-Organe des Volkes, der Regierung und ihren Beamten ob und zwar nach dem
-Prinzipe der Arbeitsteilung, welche jede menschliche Leistung besonders
-dafür geschulten Personen überträgt, die nur ein und dieselbe Arbeit zu
-besorgen haben.
-
-In allen Zweigen der menschlichen Arbeit, wozu auch die der
-Verwaltungsbeamten gehört, findet man eine hierarchische Gliederung,
-deren unterste Ausläufer am meisten auf einfache Handgriffe angewiesen
-sind und gewissermaßen die kleinste Spalte der Gesamtleistung
-besorgen. Über diesen sind jene, die diese Teilleistungen verbinden
-und Höhere, die sie zu einem Ganzen vereinigen, während noch höhere
-Organe die Leistungen vergleichen, die Tätigkeiten überwachen und Pläne
-entwerfen, bis endlich die Oberleitung des Ganzen in den Händen eines
-Einzigen oder eines obersten beratenden Körpers vereinigt ist. Diese
-Organisation ist vergleichbar dem Nervensystem im tierischen Körper.
-
-Aber so wie in jedem einzelnen Berufe alle Teilnehmer zu einer
-Einheit zusammengefaßt sind und in viele Stufen zerfallen, in welchen
-die Angehörigen des Berufes vom Einzelnen zu immer Allgemeinerem
-aufsteigen und in welchen auch die Träger der einzelnen Stellen
-der Autorität und dem Ansehen nach abgestuft sind, so sind auch
-die einzelnen Berufe untereinander hierarchisch gegliedert und im
-Ansehen und der Autorität abgestuft. Da kommt man nun zur Einsicht,
-daß ein eigener Verwaltungsdienst eingerichtet werden muß, welcher
-die Hauptaufgabe des Staates, die Verteilung von Arbeit und Genuß
-in letzter Instanz zu lösen hat. Diese Aufgabe ist die oberste,
-zusammenfassendste und es ist niemand im Staate, der nicht von dieser
-Körperschaft abhinge, während sie nur vom Volke abhängt. Denn es
-handelt sich darum, das Gesamtleben des Volkes in eine wirkliche
-Einheit zusammenzufassen, wie das Herz mit dem ganzen Apparate von
-Arterien und Venen das Blut bis in die äußersten Körperteile treibt
-und von dort wieder zurückerhält, um es wieder in die Arterien zu
-treiben. Die spezielle Aufgabe des Verwaltungsbeamten setzt nicht die
-Einseitigkeit eines Fachmenschen voraus, sondern einen Überblick über
-das Ganze, die Aufeinanderbeziehung aller Teile, die Bewertung aller
-Leistungen und aller Güter, die ununterbrochene Evidenthaltung aller
-wirtschaftlichen Faktoren und aller Produkte. Der Verwaltungskörper hat
-auch alljährlich (?) dem Volke einen Vorschlag über den Volkshaushalt
-und Gesetzesvorlagen zu machen, welche die Gegenstände seines Berufes
-betreffen. Dieser Volkshaushalt hat aber mit Geldsummen nichts zu tun,
-sondern mit Arbeitskräften und materiellen Gütern, welche in Anspruch
-genommen werden, um gewisse Mengen von Gütern herzustellen oder gewisse
-Dienste zu leisten.
-
-Jemehr jemand zum Fachmann herangebildet und geeignet ist, umsoweniger
-meistens taugt er zu allgemeinen Aufgaben zusammenfassender
-Natur; universelle Köpfe, das heißt philosophische Talente, die
-auch philosophisch geschult sind, werden dem Verwaltungsdienste
-zuzuweisen sein und da sie alles zu vergleichen, alles abzuwägen
-und jeden an seine Stelle zu bringen haben, wird ihnen auch überall
-innerhalb ihrer streng territorial abgegrenzten Kompetenz jeder
-dienstlich untergeordnet sein. Dienstliche Unterordnung braucht aber
-Kameradschaftlichkeit außer Dienst nicht auszuschließen.
-
-Doch muß ich bemerken, daß ich glaube, es könne der Verwaltungsbeamte
-außer der obersten allgemeinen Leitung seines Gebietes auch die
-oberste Leitung für einzelne Produktionszweige eines weiteren
-Sprengels besorgen, wenn er außer der allgemeinen Schulung für
-den Verwaltungsdienst auch Fachkenntnisse für ein besonderes
-Produktionsgebiet erworben hätte. Der eigentliche Verwaltungsdienst
-beansprucht nämlich schwerlich die ganze Zeit des Verwaltungsbeamten,
-denn, wenn sich die Verteilungsgrundsätze einmal eingelebt haben
-und es sich nur um Überwachung und Verbesserung handelt, wird die im
-bloßen Verwaltungsdienste zu leistende Arbeit selbst für einen einzigen
-Beamten in einer Gemeinde von tausend Köpfen nicht erheblich sein. Und
-doch ersetzt dieser eine Beamte die Tätigkeit der Richter, politischen
-und Finanzbeamten, und überdies die der Kaufleute und wenn irgendwelche
-richterlichen Geschäfte, insbesondere eine Strafjustiz noch fortdauern
-müßten, so würden keine eigentlichen Strafbehörden eingesetzt,
-sondern eine Art von Volksjustiz geübt werden, wie die Schöffen und
-Geschworenen und zwar ohne fachjuristische Leitung.
-
-Um also die erforderliche Einheit in die Verwaltung zu bringen, wird
-der Verwaltungsbeamte niedersten Ranges Vorstand einer Gemeinde und
-ihres Territoriums oder eines städtischen Quartiers werden und zwar
-derart, daß alle Menschen und Sachen auf diesem Territorium ihm
-unterstehen und ihm die oberste Leitung aller Arbeit und die oberste
-Verteilung aller Genüsse und Güter auf diesem Gebiete zusteht.
-In jeder Ansiedlung und in jedem städtischen Quartier regiert ein
-solcher Beamter. Die weitere Gliederung des Verwaltungsdienstes baut
-sich nun so auf, daß etwa 20 Gemeinden unter einem Bezirksbeamten,
-etwa 20 Bezirke unter einem Kreisbeamten, etwa 10 Kreise unter einem
-Provinzialbeamten stehen und die Provinzialbeamten der Zentralregierung
-direkt untergeordnet sind.
-
-Es ist sorgfältig zu erwägen, welche Verteilungsgeschäfte den
-Verwaltungsbeamten innerhalb ihrer örtlichen Kompetenz =persönlich=
-zuzuweisen und welche von ihren Organen unter ihrer Oberleitung und
-=Mitverantwortung= zu besorgen sind.
-
-Daß nun diese Verteilungsgeschäfte keineswegs eine ganze Tagesarbeit
-eines Beamten in Anspruch nehmen, ist leicht zu zeigen, wenn man die
-Zahl von 1000 Köpfen als Grundlage der Berechnung annimmt. Es ist im
-Auge zu behalten, daß der Beamte nach den natürlichen Verhältnissen
-des Kollektivismus mit allen Gliedern seiner Gemeinde lebt, jeden
-persönlich kennt, auch zahlreiche Interessen mit ihnen gemein hat.
-
-Dieser Beamte hat auf Grund der Berichte des Arztes und nach anderen
-Daten die Geburten, Trauungen und Sterbefälle in Evidenz zu halten,
-allerdings mit der genauesten Angabe der näheren Umstände. So
-sollen Geburten und Sterbefälle mit Angabe von Stunde, Minute und
-Sekunde verzeichnet werden, soweit sie bekannt sind oder in Fällen
-unvorhergesehener Ereignisse abgeschätzt werden können. Alle Geburten
-und Sterbefälle zusammen werden 30-36 im Jahre kaum übersteigen und
-wenn sie selbst die doppelte Zahl erreichen, fiele nur ein solches
-Ereignis in =fünf= Tagen. Die Verfügungen über die dienstlichen
-Veränderungen innerhalb der Gemeinde und die an den Bezirksbeamten
-zu erstattenden Anträge in Fällen einer Versetzung außerhalb der
-Gemeinde oder der Besetzung einer Stelle durch gemeindefremde
-Personen stehen dem Verwaltungsbeamten zu, aber wenn jeder Einzelne
-10 solche Veränderungen, Versetzungen und Beförderungen in seinem
-Leben zu erwarten hätte, eine Ziffer, die ohnehin hoch gegriffen
-ist, so würden bei 550 in regelmäßigen Arbeitsalter stehenden
-Gemeindegenossen im Jahre 120 solche Veränderungen vorfallen oder
-10 im Monate. Beurlaubungen kämen täglich zwei zur Behandlung.
-Disziplinäre und friedensrichterliche Erkenntnisse höchstens zwei
-oder drei in der Woche. Außerdem hat der Beamte von Zeit zu Zeit jede
-Betriebsstelle, Fabrik, Schule, Spital usw. zu inspizieren und dafür
-zu sorgen, daß täglich der erforderliche Güteraustausch zwischen
-Gemeinde und Bezirk richtig abgewickelt wird. Dabei sind aber immer
-andere mitverantwortliche Personen beteiligt und die Beispiele im
-Abschnitte über die Statistik VI, 8, e, insbesondere die Tabelle über
-Milchproduktion und Verteilung zeigen klar, daß es sich da immer um
-beinahe automatisch sich vollziehende Bewegungen handelt, die dem
-Beamten mehr Aufsicht, als Arbeit zur Aufgabe machen.
-
-Die Angaben über die tägliche Arbeitsleistung des Einzelnen und über
-den Verbrauch der Gemeinde im Tage empfängt der Beamte von den unteren
-Organen und er wird für deren Richtigkeit und genaue Buchung zu sorgen
-haben, wobei die Summierung und die Ermittelung von Verhältniszahlen,
-sofern sie von der vorgesetzten Behörde gefordert werden, von Lehrern,
-hauswirtschaftlichen Personen, Schulkindern, hauptsächlich aber
-auch vom Volksbeamten, der ja auch als Gehilfe gedacht wird, unter
-gegenseitiger Kontrolle besorgt werden können.
-
-Alle diese Arbeit ist, soweit sie der Gemeindebeamte persönlich leisten
-muß, gering.
-
-In einem Staate von 45 Millionen Einwohnern würde der ganze
-Verwaltungsbeamtenstab mit Inbegriff der hierarchisch übergeordneten
-Beamten 50-60,000 Köpfe und wenn, nach den unten entwickelten
-Vorschlägen, neben jedem Staatsbeamten ein gewählter Volksbeamter
-als Gehilfe und Kontrollorgan säße, 100-120,000 Köpfe betragen,
-nur ein kleiner Bruchteil des Handelspersonals, das eine gleich
-zahlreiche Bevölkerung heute beschäftigt. Der Beamte hätte überdies
-den regelmäßigen Versammlungen der Beamten des Bezirks unter dem
-Vorsitze des Bezirksbeamten beizuwohnen und einen geselligen Verkehr
-mit den Gemeindegenossen einerseits und am Sitze des Bezirks- und
-des Kreisbeamten mit Gleichgestellten und höher gestellten Personen
-andererseits zu unterhalten.
-
-Man merke, daß die statistische Arbeit, wenn sie gehörig veröffentlicht
-wird, das Volk in die Lage setzt, Fortschritt und Rückschritt auf
-allen Gebieten der Produktion und Verteilung zu verfolgen und daß diese
-Arbeit es möglich macht, die Krankheits- und Sterbestatistik von Tag
-zu Tag mit Genauigkeit festzustellen, und das Durchschnittsalter auf
-Minuten zu ermitteln und wie das gemacht wird, wird in dem Abschnitte
-über Statistik VI, 8, genau aufgezeigt werden.
-
-Freilich hat der Verwaltungsbeamte auch eine Verteilungsarbeit
-zu besorgen bezüglich der Instrumente und Apparate, welche zum
-Inventar seines Bezirkes gehören und bezüglich der Benützung der
-Gesellschaftsräume zu besonderen Zwecken. So kann es vorkommen, daß
-die Benutzung der musikalischen Instrumente von so vielen Personen
-beansprucht wird, daß der Vorrat nicht reicht, oder daß sich viele
-Gesellschaften in der Gemeinde bilden, welche Räume für ihre Übungen
-und Verhandlungen beanspruchen und daß die Gesellschaften sich
-wechselseitig im Wege stehen. Ordnung zu schaffen, ist Aufgabe des
-Verwaltungsbeamten.
-
-Mit Rücksicht auf diese Natur des Verwaltungsdienstes, die zwar ein
-scharfes Auge und richtiges Urteil voraussetzt, aber wenig Arbeit
-verursacht, scheint es nun, daß dem Beamten außer dieser leitenden
-Tätigkeit noch irgend welche andere Arbeit aufgebürdet werden
-sollte und darum scheint es zweckmäßig, daß mit der Ausbildung im
-Verwaltungsdienste auch anderer Fachunterricht verbunden werden sollte,
-damit jeder der Gemeindeverwaltungsbeamten noch einen Produktionszweig
-für den ganzen Bezirk solle überwachen können. Das gilt besonders für
-solche Aufgaben, die ihrer Natur nach zusammenfassend für größere
-Territorien zu lösen sind, so Straßen- und Wasserbau, Forstwesen,
-Kulturtechnik, die Abfassung von landwirtschaftlichen Betriebs- und
-Anbauplänen, chemische Untersuchungen und dergl., wobei dann die
-Gemeindebeamten immer mit dem fachtechnisch gebildeten Kollegen in
-Fühlung zu stehen hätten. Ist bei der Anstellung von Verwaltungsbeamten
-auf dieses Bedürfnis Rücksicht genommen, so bildet das Beamtenkollegium
-eines Bezirkes eine Körperschaft, deren Mitglieder über die
-mannigfaltigsten Fachkenntnisse verfügen.
-
-Das sind Ideen, die sich bei der Untersuchung unseres Problemes
-von selbst aufdrängen, aber es wird erst die Erfahrung während der
-Umwandlung unserer Gesellschaftsordnung lehren, ob eine so beschaffene
-Organisation die beste ist. Sie wird nur dann gut sein, wenn der
-unterste Beamte, der eigentlich das wichtigste Glied der Organisation
-ist, nicht überbürdet, aber so beschäftigt ist, daß er sich mit
-allen Zweigen der Produktion und Verteilung auf seinem Gebiete
-vertraut machen und dort alles, soweit als die Einheitlichkeit des
-Dienstes es erfordert, durch seine Hand gehen muß. Übrigens muß ihm
-das Recht zustehen, sich seine Organe zu wählen, und jedem Einzelnen
-Hilfeleistungen aufzutragen, zu welchen er befähigt ist und welche
-mit seinem eigenen Berufe vereinbar sind, oder zu welchen er sich
-freiwillig erbietet. Die Vereinigung der ganzen Verteilungsarbeit
-in =einer= leitenden Hand löst alle Kompetenzkonflikte, welche die
-heute übliche Trennung der Ressorts mit sich bringt, die im Betriebe
-der Kollektivwirtschaft wenig Sinn hätte. Übrigens vertreten die dem
-Verwaltungsbeamten untergebenen Organe die einander gegenüberstehenden
-sachlichen und persönlichen Interessen.
-
-Die Belastung der Beamten im gleichen Range wird so ziemlich gleich
-sein, wenn die Glieder einer Gemeinde, oder eines Quartiers der
-Zahl nach nicht sehr verschieden sind. Aber die Verwaltungsbeamten
-der Quartiere in den Städten dürften etwas weniger belastet sein,
-weil sie ein kleineres Gebiet haben und weil in den Städten weniger
-Produktion ist. Darum eignen sich diese Posten, die auch sonst größere
-Annehmlichkeiten bieten, als Ruheposten für ältere, verdiente Beamte.
-
-Ich bemerke noch, daß ich nicht für die Wahl der Verwaltungsbeamten
-durch das Volk bin, weil das zu einer gefährlichen Dezentralisation
-führen müßte, und dadurch einerseits das Parteiwesen wieder
-großgezogen, andererseits eine Desorganisation in der Wirtschaft
-herbeigeführt würde. Es würde dann überall nach verschiedenen
-Grundsätzen produziert und damit ein großer Teil der Vorteile des
-Gesamtbetriebes aufs Spiel gesetzt werden. Auch wären die Angaben
-der Verwaltungsbeamten über die Produktionsergebnisse, welche die
-Hauptgrundlage der Verteilung bilden, nicht mehr verläßlich, wenn
-die Beamten von der Gemeinde gewählt würden. Der Grundgedanke des
-Kollektivismus ist die Zentralisation, die Wahl der Beamten aber
-hätte immer eine dezentralisierende Tendenz. Es ist auch besser, das
-Staatsinteresse den Staatsbeamten, das Interesse der Gemeinde und des
-Einzelnen immer dem Volksbeamten anzuvertrauen und so einen möglichst
-genauen Gleichgewichtszustand herbeizuführen, wobei aber immer noch
-im Zweifel das Staatsinteresse überwiegen müßte, daher auch nur der
-Staatsbeamte eine =entscheidende= Stimme hätte, der Volksbeamte nur zu
-hören wäre, zu beaufsichtigen hätte und bei den vorgesetzten Behörden
-Einspruch oder Berufung einlegen könnte. Diese Verwaltungsbeamten
-wären also wie heute durch die Zentralstelle zu ernennen und so ist es
-ja auch mit dem Unterrichtspersonale, den Ärzten und den technischen
-Beamten und Vorständen.
-
-Um nun jedem Einzelnen aus den kleinen Volksgruppen der Gemeinde,
-des Bezirkes, Kreises usw. den größten Schutz zu verleihen, scheint
-es mir, wie schon gesagt, zweckmäßig, daß das Volk in diesen Gruppen
-je einen Volksbeamten wählen sollte, der vom Gemeindebeamten bis zum
-Minister dem Verwaltungsbeamten beigegeben werden soll, der in allen
-mechanischen Arbeiten Gehilfe des Verwaltungsbeamten wäre und dem
-Staatsinteresse gegenüber das Teil- und Einzelinteresse wahrzunehmen
-hätte. Nicht =er=, sondern der Staatsbeamte hätte zu dezernieren, der
-Volksbeamte aber müßte immer vorher gehört werden und er könnte an den
-Bezirksbeamten berufen oder vielleicht auch in wichtigen Fällen eine
-Sistierung der angefochtenen Entscheidung erwirken. Durch Vermittelung
-des Fernsprechers, der alle Ämter verbindet, kann das in wenigen
-Minuten geschehen.
-
-Diese Volksbeamten würden von der Gemeinde und dem Bezirke durch das
-Votum aller stimmberechtigten Volksgenossen gewählt und es scheint,
-daß es vernünftiger wäre, auf unbestimmte Zeit zu wählen als auf eine
-bestimmte Zeit, wie der Amerikaner sagt, _during good behaviour_. Die
-periodischen Wahlen haben gar keinen vernünftigen Sinn. Eine Neuwahl
-wird stattfinden, so oft sie begehrt wird und sobald ein anderer
-Volksbeamter für eine Stelle gewählt ist, hat der frühere abzutreten.
-
-Sehr zweckmäßig wäre es auch, den Kreis- und
-Provinzialverwaltungsbeamten, sowie auch den Ministern einen solchen
-Vertreter des Volkes mit gleicher Kompetenz beizugeben und selbst dem
-Monarchen würde es die Geschäfte erleichtern, wenn er einen solchen
-Vertrauensmann des Volkes, oder in Österreich etwa Vertrauensmänner
-aller Nationalitäten an der Seite hätte, die er hören könnte, aber
-es scheint nicht zweckmäßig, daß diese höheren Organe durch das Volk
-unmittelbar gewählt werden, weil die wählbaren Personen in diesen
-großen Sprengeln nicht so allgemein bekannt sind, daß das Volk selbst
-wählen könnte. Besser würde es sich empfehlen, daß die Volksbeamten des
-Kreises den dem Kreisbeamten beizugebenden Volksbeamten und so weiter
-die Volksbeamten der ganzen Provinz der ganzen Nation oder des ganzen
-Reiches diese höheren Organe des Volkswillens wählen würden.
-
-Dies ist die wünschenswerte Organisation des Verwaltungsdienstes
-und es scheint nicht notwendig zu erwähnen, daß die Kreis- und
-Provinzialbeamten und die Minister eine Reihe von geringeren Beamten
-als Mitarbeiter haben müßten.
-
-~Detailverwaltungsämter.~ Zur unmittelbaren Leitung von
-Produktionszweigen und Fabriken werden in jeder Gemeinde oder Quartier
-nach Art unserer Verwalter und Direktoren Leute, erforderlichen Falles
-von höherer Ausbildung und dann auch von angemessen höherem Range, zu
-bestellen sein, welchen die erforderlichen Hilfsorgane zur Seite zu
-stellen sind und welche dem Verwaltungsbeamten untergeordnet sind.
-So wird für die Futterwirtschaft, die Viehzucht, eine industrielle
-Anstalt und für die gesamte Hauswirtschaft ein oberster Leiter in jeder
-Gemeinde, für manche andere Betriebe, so die Forstwirtschaft, wo sie
-einen größeren Umfang hat, für einen etwaigen Bergbau, den Hochbau,
-Straßen- und Wasserbauten in jedem Bezirke ein Produktionsleiter
-oder Direktor anzustellen sein, welche Personen wieder höheren Ämtern
-ihres Faches unterzuordnen sind. Sie haben die Arbeits-, Materials-
-und Produktionsstatistik für ihren Produktionszweig herzustellen,
-die rechtzeitige Anschaffung aller Maschinen, Werkzeuge und Stoffe,
-die Einstellung und Ausbildung der Arbeitskräfte, die Einrichtung
-und Instandhaltung der Gebäude und sonstigen baulichen Anlagen,
-die zweckmäßige Verteilung der verschiedenen Arbeiten unter ihre
-Arbeiter, dann die Beförderung der geeigneten Personen zu besorgen
-und Anträge wegen Verbesserung der Produktion zu stellen. Besonders
-jene Statistik, die den organischen Einrichtungen zufolge nicht
-täglich abzuschließen und zu veröffentlichen ist, ist von ihnen für
-ihren Betrieb doch so viel als möglich täglich zu journalisieren,
-so beim Empfange von Stoffen, bei der Hinausgabe von Stoffen und
-anderen Verbrauchsartikeln an den einzelnen Arbeiter, bei der Abgabe
-der Produkte von einer Werkstätte zur anderen, von einem Arbeiter an
-den anderen und schließlich bei der Ablieferung fertiger Erzeugnisse
-an die Magazine und aus den Magazinen an die Frächter und alle diese
-Verrechnungsarbeiten, wofür in jeder Betriebsstätte Instruktionen
-bestehen, sind von den untergeordneten Organen gegenzuzeichnen, vom
-Verwaltungsbeamten zu überwachen und zu revidieren. Da doch alles, was
-durch die Produktionsverwaltungen an andere Verwaltungen abgegeben
-wird, von diesen wieder in Empfang zu stellen ist, und so doppelte
-Buchungen geschehen, so ist eine genaue Verrechnung sichergestellt
-und es ist auch der Gesamterfolg einer Betriebsanstalt leicht zu
-beurteilen, da ein Vergleich mit Betrieben gleicher Art ergibt, ob
-für eine bestimmte Gesamtleistung mehr als anderwärts an Material
-oder Arbeit verrechnet wurde, wie auch die Verwendung aller Stoffe,
-Werkzeuge, Halbfabrikate und Erzeugnisse immer feststellbar sein muß.
-
-Bei absoluter Naturalwirtschaft kann in den Betrieben nicht leicht ein
-Unterschleif vorkommen. Kassegebarung gibt es nicht, falsche Buchungen
-sind der Gegenbuchungen wegen nicht wohl möglich, würden aber auch
-keinen ersichtlichen Zweck haben und wer Material oder Fabrikate
-defraudieren wollte, fände keinen Frächter und Abnehmer, hätte viele
-Mitwisser, daher die sichere Entdeckung zu fürchten und so wäre nur
-ein rechtswidriger Verbrauch von Dingen, die man unmittelbar verzehren
-kann, von Milch, Eiern, Obst zu fürchten und auch das könnte nicht
-lange verborgen bleiben, keinesfalls aber könnte sich jemand daran
-bereichern.
-
-Alle Arten von Betrieben haben ihre hierarchisch abgestuften
-Oberleitungen, deren Zentralorgane wieder Fachorgane der
-Ministerien bilden. Von der Verwaltung der Hauswirtschaft und der
-Bekleidungsindustrie wird noch im Abschnitte IX, besonders zu sprechen
-sein, weil sie von unmittelbarem Interesse für die Einzelnen sind.
-
-
-2. Der ärztliche Dienst.
-
-Der ärztliche Dienst im Kollektivstaate hat die Aufgabe, für alles zu
-sorgen, was zur Verlängerung des Lebens eines jeden Einzelnen dienen
-kann. Die Heilung von Krankheiten kommt weniger in Betracht, als die
-Verhütung von Krankheiten und die Sammlung aller jener Erfahrungen,
-welche der Vervollkommnung des Sanitätswesens förderlich sein können.
-Die Aufgabe, Krankheiten zu verhüten, bedingt auch, daß der Arzt
-auf die Gestattung von Ehen, die Propagation und die Berufswahl als
-Fachmann Einfluß nimmt.
-
-Es ist unbedingt notwendig, in jeder Gemeinde und jedem städtischen
-Quartier einen Arzt anzustellen, dem innerhalb des Gemeindegebietes
-für alles zu sorgen obliegt, was in die Kompetenz des Sanitätsdienstes
-fällt. Ich halte es aber auch für notwendig, daß ein weiblicher
-Arzt dem Gemeindearzte beigegeben werde. Es scheint der Natur der
-Sache zu entsprechen, daß der weibliche Arzt dem als Sanitätsbeamten
-fungierenden männlichen Arzte untergeordnet werde. Hat der weibliche
-Arzt im eigentlich ärztlichen Berufe mit Einschluß der Öffnung
-der weiblichen Leichen zu wenig Beschäftigung, um die Arbeitszeit
-auszufüllen, so ist der Ärztin Heilmittelbereitung (Apotheke), Leitung
-der Krankenpflege, Mitwirkung bei Aufstellung der Sanitätsstatistik
-zuzuweisen, bis ihre Arbeitskraft genügend ausgenützt ist. Die Ärztin
-muß genau denselben ärztlichen Unterricht, wenngleich vorzüglich
-gynäkologischer und vorwiegend frauen-physiologischer und weiblich
-anatomischer Art und etwa von weiblichen Professoren empfangen, wie
-der Arzt und es ist übrigens die Meinung, daß der Arzt der Ärztin
-übergeordnet sein solle, nichts weniger als ein Dogma; erweist sich das
-Gegenteil als zweckmäßiger, so ist bald abgeholfen.
-
-Die Fürsorge für den Einzelnen bringt es mit sich, daß schon während
-der Schwangerschaft der Frau alles vorgekehrt werde, was vom ärztlichen
-Standpunkte im Interesse nicht nur der Mutter, sondern auch der Frucht
-notwendig erscheint. Der Arzt wird also dafür zu sorgen haben, daß der
-Schwangeren und Wöchnerin keine Berufsgeschäfte aufgebürdet werden,
-die nachteilige Folgen für Mutter und Kind haben könnten und er wird
-auch sonst seinen Einfluß geltend machen, daß die Lebensweise der
-schwangeren Frau zweckentsprechend geregelt werde. Lebt sie mit ihrem
-Manne etwa außerhalb einer Gemeinde in einem einzelnen Gehöfte oder auf
-einer Alpe, so wird der Arzt darauf dringen, daß sie in die Gemeinde
-übersiedelt. Dem Ehemanne wird er jede Schonung der Frau auferlegen,
-die ihrem Zustande entspricht. Nötigenfalls wird er auch bei der Geburt
-die Hilfe leisten, welche zu leisten die Ärztin nicht vermag.
-
-Nach der Geburt wird der Arzt, wenn ich vom Arzte spreche, so setze
-ich immer eine zweckmäßige Arbeitsteilung zwischen dem Arzte und der
-Ärztin voraus, die richtige Pflege des Neugeborenen überwachen und
-das um so sorgfältiger, je unerfahrener die Mutter ist. Er wird das
-Kind anfangs häufiger sehen müssen, als später und dafür sorgen, daß
-alle jene Beobachtungen regelmäßig gemacht und notiert werden, die
-für die Wissenschaft und Statistik sowohl, als auch direkt für den
-individuellen Pflegezweck dienlich erscheinen. Er wird ferner mitwirken
-bei der physischen Erziehung und im Vereine mit dem Pädagogen bei
-der intellektuellen und moralischen Erziehung, er wird sowohl beim
-Eintritte in die Schule, als bei der Zuweisung zu einem bestimmten
-Berufe seine Stimme erheben gegen alles, was das Leben des jungen
-Menschen gefährden könnte. Auch liegt ihm die Begutachtung ob, ob die
-jungen Leute sich für die Fortpflanzung eignen oder nicht, insoferne
-die Gesetze gestatten, zur Fortpflanzung ungeeigneten Individuen die
-Ehe zu versagen. VII, 1, _Alinea_: »Bei dem heutigen«. Seine Aufgabe
-wird es sein, auch anscheinend ganz gesunde Menschen in bestimmten
-Intervallen nach der ihm vorgeschriebenen Methode zu untersuchen und
-alles schriftlich zu fixieren, was in späteren Jahren zu wissen von
-Wichtigkeit sein mag, oder die wissenschaftlichen Interessen fördern
-kann. In Krankheitsfällen hat der Lokalarzt zu ordinieren und sich
-auch dann an der Diagnostizierung und Behandlung zu beteiligen, wenn
-etwa auf Wunsch des Kranken oder seiner Angehörigen ein anderer als
-der =kompetente= Arzt die eigentliche Behandlung leitet. Kranke,
-die das Bett hüten müssen, werden am Besten in gemeinsamen oder nahe
-der Wohnung des Arztes gelegenen Gemächern untergebracht werden, um
-dem Arzte ein häufiges Erscheinen am Krankenbette zu ermöglichen.
-Die Wartung der Kranken, an der sich unterstützend auch Angehörige
-beteiligen können, erfolgt unter Oberleitung des Arztes durch geeignete
--- wahrscheinlich weibliche -- Personen, die einen =Beruf= daraus
-machen. In Fällen, welche besondere Erfahrungen voraussetzen oder eine
-Operation erforderlich machen, wird der Arzt durch Vermittlung des
-Bezirksarztes schleunigst für Beiziehung eines Spezialarztes und, wo
-Ansteckung zu besorgen ist, für Separierung, und zwar nötigenfalls
-durch Unterbringung in besonderen Spitälern, die nach Bedarf zu
-errichten sind, sorgen. Alle Leichen hat er zu sezieren und er wird
-alles das durch Beschreibung, Photographieren und durch Präparate
-fixieren, was für die Wissenschaft, vielleicht auch für die ärztliche
-Behandlung der Nachkommen und für die Vererbung von Bedeutung sein
-kann. Für jeden Bewohner seines Bezirkes wird er einen Akt anlegen, in
-dem alles notiert wird, was für eine spätere Behandlung von Interesse
-ist und dieser Akt wird im Falle eines Domizilwechsels an jenen Arzt
-übersendet werden, in dessen Kompetenz die fernere Behandlung übergeht.
-
-Die Aufgabe des Arztes ist auch, die Sanitätsstatistik nach den
-erteilten Vorschriften zusammenzustellen und er wird verpflichtet sein,
-regelmäßig mit seinen Fachgenossen im Bezirke zu gemeinsamen Beratungen
-zusammenzukommen. Er untersteht in allgemeiner disziplinärer Hinsicht
-dem Verwaltungsbeamten, in Ausübung seines Amtes aber untersteht er
-auch der fachwissenschaftlichen Kontrolle des Bezirksarztes, durch
-den ihm auch die Aufträge der Regierung und der wissenschaftlichen
-Institute zukommen.
-
-Durch Vorträge im Versammlungslokale der Gemeinden wird der Arzt alles
-zu verbreiten suchen, was der Einzelne selbst für seine Gesundheit tun
-soll. Er hat alles zu prüfen, was zur Assanierung der Ansiedlung zu
-geschehen hat, Abhilfe zu fordern, wo es not tut und die Ausführung der
-beschlossenen Maßregeln zu überwachen. Die Mitwirkung eines anderen
-Arztes aus einer benachbarten Gemeinde oder Quartier wird, wie schon
-angedeutet, der Kranke oder seine Familie beantragen können. Außerdem
-hat der Bezirksarzt persönlich oder durch ärztliche Inspektionsbeamte
-die Gemeindeärzte zu überwachen. Die höheren Sanitätsbehörden haben
-dafür zu sorgen, daß das notwendige Material für Spitalszwecke,
-Diagnostizierung von Krankheiten, an Heilmitteln und Apparaten für
-alle Fälle überall ausreichend vorhanden sei und das Material ebenso
-wie das Personal an Spezialärzten zweckmäßig über das ganze Reich
-verteilt werde, um tunlichst rasche Hilfe zu ermöglichen. Jeder
-zur Heilung von Krankheiten und vollkommenen Wiederherstellung der
-Kranken erforderliche Aufwand ist ohne Ansehen der Person auf Kosten
-der Gesamtheit zu machen und sofern bestimmte ärztliche Personen
-Reisen zu dem Kranken zu machen haben, ist ihnen das schnellste
-Beförderungsmittel und auf den Eisenbahnen ein Separatzug zur Verfügung
-zu stellen.
-
-Die Gemeinden werden aber auch für den klinischen Unterricht und die
-Anatomie das erforderliche Material an Kranken, Leichen und Präparaten
-beizustellen haben. Jeder Arzt erhält alle erforderlichen Fachblätter
-zugestellt und hat bemerkenswerte Krankheitsfälle und Heilerfolge
-genau zu beschreiben und den Fachblättern einen Bericht zuzusenden.
-Auch die jedem Arzte unentbehrliche Bibliothek für alles, was das
-Sanitätswesen betrifft, ebenso die Sanitätsstatistik aller auswärtiger
-Staaten findet er am Bezirksorte. Es ist zu bemerken, daß die gesamte
-Bevölkerung an den Gedanken gewöhnt werden muß, daß jede Leiche
-geöffnet und wissenschaftlich durchforscht werden muß. Wenn religiöse
-Vorurteile dagegen sprechen, so müssen sie bekämpft werden. Denn im
-Kollektivstaate gibt es keine Leichen degradierter Auswürflinge,
-welchen man die Sezierung gewissermaßen strafweise zufügt und so
-würden, wenn solche Vorurteile fortbeständen, die Anatomiesäle gar kein
-Material haben.
-
-Die ununterbrochene Arbeit des gesamten Sanitätspersonales ist
-darauf zu wenden, mit Benützung des statistischen Materiales
-die Schädlichkeiten aller Berufe dergestalt zu ermitteln, daß,
-insofern sie nicht unterdrückt werden können, durch Anpassung der
-Verteilungsgrundsätze ausreichender Ersatz geboten werde. Wie das
-geschehen kann, ist in XI, d, entwickelt worden. Der Sanitätsdienst hat
-dabei mitzuwirken.
-
-Allgemeiner Grundsatz ist, daß jedes zur Welt gekommene menschliche
-Wesen Anspruch auf alle jene Fürsorge hat, die ihm angeborener oder
-erworbener Gebrechen wegen zur Erlangung eines gewissen Grades von
-Lebensglück nötig ist.[8] In Nordamerika allein sind erfolgreiche
-Versuche gemacht worden, jene Unglücklichen zum geistigen Verkehre mit
-den Mitmenschen zu erwecken, die schon in früher Jugend Gesicht =und=
-Gehör verloren haben. Ist es notwendig, daß eine oder mehrere Personen
-ihr ganzes Leben in den Dienst einer solchen besonderen Aufgabe
-stellen, so hat der Staat diese Personen zu bestellen und überdies
-so viel als möglich die Bevölkerung zu ermuntern, daß sie freiwillig
-ihre Tätigkeit diesem Zwecke widme, wodurch sich die Last auf viele
-verteilen wird.
-
- [8] Das widerspricht scheinbar den Ideen Nietzsches und
- Darwins, aber statt ihrer brutalen Ideen lehre ich, das
- Aussterben der Schwächeren im Wege der Unterdrückung
- der Fortpflanzung erblich Belasteter herbeizuführen.
- Der Staat darf seine Absicht nicht darauf richten,
- Schwächlinge zu Grunde gehen zu lassen, sondern hat durch
- fortgesetzte Wirksamkeit zu verhüten, daß degeneriertes
- Menschenmaterial gezeugt wird. Der Grundsatz,
- Unbrauchbares zu Grunde gehen zu lassen, würde zu dem
- Grundsatze führen, den die alten Germanen beobachteten,
- die Alten, die nicht mehr arbeiten konnten, zu töten
- oder im Walde hilflos auszusetzen. Diesem Grundsatze
- zufolge müßten auch ganz normale Menschen, die verunglückt
- sind, dem gänzlichen Untergange preisgegeben werden.
- Jeder Mensch ist gleichmäßig daran interessiert, daß
- dieser Grundsatz nicht zur Geltung kommt. Das Leben
- =hoffnungslos= Leidender =gegen ihren Willen= zu erhalten,
- ist darum noch keine evidente soziale Pflicht. Nietzsche
- hat das Törichte seiner Lehre am eigenen Leibe erfahren,
- nach dieser Lehre hätte man ihn töten, statt an die
- Irrenanstalt abgeben müssen.
-
-Zu den Aufgaben der Ärzte, die sie im Einvernehmen mit den Pädagogen
-zu lösen haben, gehört auch die Ermittlung der Vererbungsgesetze nicht
-nur in Beziehung auf normale physische Konstitution, sondern auch
-auf ethische und intellektuelle Anlagen und auf Geschicklichkeiten.
-Dementsprechend werden sie die zur Fortpflanzung bestimmten Personen
-auswählen und auch für die zweckmäßige Paarung Gesetze zu ermitteln
-trachten. In wieferne der Staat schwächliche oder erblich belastete
-Individuen von der Fortpflanzung auszuschließen und auf die Gattenwahl
-Einfluß zu nehmen berechtigt ist, wird in VII, 1, besprochen. Zunächst
-handelt es sich um Aufklärung und Rat; Gesetze und Gewalt können erst
-dann in Betracht gezogen werden, wenn das Volk zur Überzeugung ihrer
-Notwendigkeit und Gerechtigkeit gelangt ist.
-
-Als Hilfsorgane der Ärzte werden Zahnärzte, zugleich Zahntechniker,
-zu bestellen sein, welche die Gebisse aller Bewohner eines Bezirkes
-regelmäßig zu untersuchen und die erforderlichen Operationen teils
-selbständig, teils unter Aufsicht des Arztes vorzunehmen haben. Es
-handelt sich aber nicht bloß um Verhütung des Verlustes und der
-Krankheit der Zähne und eventuell ihren Ersatz, sondern auch die
-Vererbung guter Zähne kommt in Betracht, weil ein gutes Gebiß der
-schönste Schmuck des Menschen und gewiß auch ein Zeichen einer guten
-Konstitution ist. Eine Statistik der vorhandenen und der fehlenden
-gesunden und kranken Zähne und der verschiedenen Zahnleiden wäre sehr
-interessant und könnte leicht beschafft werden.
-
-Der Arzt untersteht in fachwissenschaftlicher Hinsicht dem
-Bezirksarzte, dieser dem Provinzialarzte und dieser dem Chefarzte des
-Reiches. In den höheren Instanzen werden selbstverständlich zahlreiche
-Körperschaften dem Chefarzte beigeordnet sein. Die Hierarchie dient
-dazu, um verdienten Ärzten eine Beförderung zu eröffnen und um eine
-Organisation zu schaffen, durch welche die sanitären Beobachtungen
-auf Grund der Statistik und der Berichte der ausübenden Ärzte zur
-Sammlung und Verarbeitung gelangen. Instruktionen werden erlassen
-werden, inwieferne der Gemeindearzt seinen Vorgesetzten über jeden
-einzelnen Krankheitsfall durch Bulletin auf dem Laufenden zu erhalten
-hat. Diese Berichterstattung kann so eingerichtet werden, daß der
-Bezirksarzt daraus sofort erkennen kann, ob Zweifel an der Richtigkeit
-der Diagnose oder der Behandlung bestehen, in welchem Falle er
-selbst zur Überprüfung schreiten, oder einen anderen Arzt seines
-Bezirkes damit beauftragen kann. Diese Überwachung der Gemeindeärzte
-erstreckt sich auch auf Gutachten über Krankheitsurlaube, den Besuch
-von Thermen, Berufseignung oder Fortpflanzungstauglichkeit, dann auf
-Spitalsverwaltung und sanitäre Anstalten.
-
-Spezialärzte verschiedener Fächer werden zu bestellen und über das
-Land zweckmäßig zu verteilen sein. Vorzüglich kommt da das Fach
-der Operateure in Betracht. Wahrscheinlich wird sich auch das Fach
-der operativen Heilkunde in viele Zweige spalten. Weiter wird es
-Fachärzte für die Erkrankungen einzelner Organe, wie heute, für
-Infektionskrankheiten, gewisse Arten von Diagnosen, chemische
-Untersuchungen und besondere Heilverfahren, wie Kaltwasser,
-Elektrizität, Pneumatik, Massage, Belichtung, Heißluftbehandlung usw.
-geben. Die Sanitätsverwaltung wird verfügen, inwieferne sich solche
-Ärzte an Ort und Stelle zu begeben haben, oder die Kranken zum Arzte
-geschickt oder in Sanatorien aufgenommen werden sollen und insbesondere
-wie weit die Kompetenz des Gemeindearztes in weniger bedeutenden oder
-besonders dringenden Spezialfällen geht. Die Sanitätsverwaltung hat
-auch die Einrichtung von Kurorten und die Verfügung der Aufnahme der
-einzelnen Kranken in dieselben über sich.
-
-Was die Unterbringung von Kranken und die Krankenpflege anbelangt, so
-wird man eigentliche Spitäler tunlichst vermeiden. Nur insoferne die
-Isolierung von Kranken geboten erscheint, oder wo es der klinische
-Unterricht erfordert, wird man eigentliche Krankenhäuser errichten.
-
-In einem Staate von 45 Millionen Einwohnern erfordert der ärztliche
-Dienst nach obigen Grundsätzen mit Inbegriff der Spezialisten und der
-übergeordneten Organe etwa 60 Tausend Ärzte und ebensoviele weibliche
-Ärzte, somit 120 Tausend Personen. In Österreich ist gegenwärtig die
-Zahl der wissenschaftlich gebildeten Ärzte sehr gering, somit ist
-eine große Vermehrung erforderlich. Auch das Wartepersonal, welches in
-Österreich gegenwärtig nicht zahlreich ist, wird sehr vermehrt werden
-müssen. Die Untersuchung, welche Berufe im Sozialstaate ganz entfallen,
-oder geringere Arbeitskräfte beanspruchen, wird in VIII, 11, folgen und
-daraus sich ergeben, wie der höhere Arbeitsaufwand in manchen Berufen,
-somit auch im ärztlichen und Wärterberuf hereingebracht werden wird.
-
-Für die Verhinderung der Einschleppung von Kontagien oder ansteckenden
-Krankheiten, insbesondere auch von Geschlechtskrankheiten, kann in
-einem so stramm organisierten Staate leicht gesorgt werden. Personen,
-welche nicht aus einem ebenso gut verwalteten Gebiete kommen, können
-beim Überschreiten der Grenzen einer ärztlichen Untersuchung unterzogen
-werden. =Der Warenverkehr über die Grenze kann jederzeit auf längere
-Zeit gänzlich abgesperrt werden=, weil der Staat immer für Vorräte
-solcher Waren sorgen wird, für die man auf das Ausland angewiesen ist.
-
-Prüft man diese Organisation des ärztlichen Dienstes, so gewinnt man
-die Überzeugung, daß damit alles für den Einzelnen und die Gesamtheit
-erreicht werden kann, was man heute für notwendig erkennt, aber in
-der individualistischen Gesellschaftsordnung undurchführbar ist. Die
-Ärzte drängen sich in den großen Städten zusammen, in den ländlichen
-Gemeinden fehlt es oft an aller Hilfe für Kranke und Verunglückte und
-jedenfalls an den Anstalten, die für besondere Fälle notwendig sind.
-
-Nun aber alle anderen Dienste, die ein so eingerichteter ärztlicher
-Körper dem Einzelnen und der Gesamtheit und der Wissenschaft leisten
-könnte.
-
-Der Arzt wird bei obiger Organisation nicht gerufen, er sucht
-diejenigen, für deren Gesundheit er verantwortlich ist, auf. Er ist
-ihnen Freund, Berater für das Leben und ersetzt ihnen auch Priester
-und Beichtvater. Er fördert die wahre Moral in viel höherem Maße, als
-es heute die Kirche vermag. Keinerlei entstehendes Leiden, erbliche
-Belastung, Disqualifikation zu bestimmten Berufen, zur Zeugung oder
-für die Ertragung der Schwangerschaft und Entbindung kann dem Arzte
-oder seiner Gehilfin entgehen. Sie können die Weitervererbung von
-Krankheiten und deren Übertragung auf kommende Generationen verhindern.
-Nur im Kollektivstaate kann man Lues, Tuberkulose und Alkoholismus
-unterdrücken oder in der ersten Zeit wenigstens für Dritte völlig
-unschädlich machen. Jeder Arzt ist zugleich Anthropologe und im Dienst
-der anthropologischen Forschung. In seinem Berufe liegt es nicht nur,
-die Degeneration des Volkes zu verhindern, sondern von Generation
-zu Generation ein immer herrlicheres Geschlecht heranzubilden. Das
-alles ist zum Teile allerdings von der Menge der anzustellenden Ärzte,
-ebensosehr aber von der Verteilung der Ärzte und der Verteilung der
-Bevölkerung und von der Organisation des Dienstes abhängig. Nicht nur
-diese Verteilung, sondern auch die Anstellung der erforderlichen Anzahl
-von Ärzten ist ohne Kollektivismus nicht denkbar.
-
-Noch sei bemerkt, daß in Deutschland bei den Krankenkassen statistisch
-ermittelt wurde, daß auf ein Kassenmitglied im Durchschnitt 6
-Krankheitstage im Jahre kommen. Obwohl bei den hygienisch vorzüglichen
-Einrichtungen des Kollektivstaates und bei der Verminderung aller
-Berufsschädlichkeiten und anderer günstiger Umstände wegen der
-Krankenstand beträchtlich sinken müßte, wäre selbst nach diesem
-Verhältnisse der Durchschnitt in einer Gemeinde von Tausend Köpfen
-nicht mehr als etwa 6000 Krankheitstage im Jahre. Das gibt einen
-Tagesdurchschnitt von 16-18 Kranken, zu deren Behandlung zwei Ärzte
-zur Verfügung ständen. Es blieben also dem ärztlichen Personale
-viele Stunden des Tages für andere Aufgaben als die Behandlung der
-Kranken übrig, für Überwachung der Kinderpflege, für Untersuchungen
-der Gesunden, Beeinflussung der Lebensweise, Statistik und andere
-Amtsgeschäfte, wissenschaftliche Beobachtungen und Gutachten. Da
-in jeder Wohnansiedlung eine besondere Abteilung für Krankenzimmer
-einzurichten wäre, und immerhin einige von den Kranken ambulant, andere
-in ihren Wohngemächern behandelt würden, so wären etwa 16 Krankenzimmer
-unbedingt ausreichend für Spitalzwecke.
-
-
-3. a) Der Erziehungs- und Volksschul-Unterrichtsdienst.
-
-Das Erziehungs- und Unterrichtswesen der Gemeinde und des Quartiers
-untersteht einem Pädagogen. Er wird selbst am Unterricht sich
-beteiligen, vorzüglich aber die Oberaufsicht jener Geschäfte führen,
-die das Erziehungs- und Unterrichtswesen betreffen. Er stellt
-die Erziehungs- und Unterrichtsstatistik zusammen, hat für die
-Beobachtung der Gesetze und eventuell deren Ergänzung zu sorgen,
-in den Disziplinarfällen des ihm untergeordneten Personals dem
-Verwaltungsbeamten Vortrag zu halten und den leitenden Einfluß auf die
-gesamte geistige Bewegung in der Gemeinde (dem Quartier) zu nehmen.
-
-Außer ihm werden in jeder Gemeinde (Quartier) mit volksschulpflichtigen
-Kindern sieben oder acht Fachlehrer für die acht oberen Klassen
-bestellt werden und der Unterricht in den ersten vier Klassen wird
-vier Personen des weiblichen Erziehungspersonales überlassen werden
-können. Der Pädagoge und die Lehrer werden sich verdient machen, wenn
-sie sich ab und zu an den Vorträgen beteiligen, die vor der gesamten
-Gemeinde über die Fortschritte in den einzelnen Wissenszweigen
-nach Art der _university extension_ gehalten werden sollen, wobei
-übrigens auch auf Gelehrte, Forscher, Akademiker, höhere Lehrpersonen
-und Erfinder gerechnet werden wird und wobei tunlichst viele
-Demonstrationen vorgeführt werden sollen. Da man annehmen kann, daß
-die Volksschullehrer der acht oberen Klassen in wissenschaftlicher
-Beziehung auf der Höhe unserer heutigen Mittelschulprofessoren stehen
-werden, kann der populärwissenschaftliche Vortrag an mindestens einem
-Tage in der Woche für jede Urgemeinde gewiß sichergestellt werden.
-
-Sind besondere Klassen für Mädchen eingerichtet, so werden für
-selbe weibliche Fachkräfte zu bestellen sein. Für die Überwachung
-des Erziehungs- und Schuldienstes werden im Bezirke, Kreise, der
-Provinz höhere Lehrpersonen, Einzelne oder Kollegien, zu bestellen
-sein, welche den Geschäftsgang zwischen den untersten Organen und der
-Zentralverwaltung zu vermitteln haben.
-
-Wir wissen, welches Interesse unsere Universitäten für die
-psychologischen Versuchsanstalten in neuerer Zeit gezeigt haben. Sie
-werden nützliche Vorarbeiten leisten, welche dem künftigen Erziehungs-
-und Verwaltungsdienste zustatten kommen werden. Doch wird man sich
-dann mit vereinzelten Beobachtungen nicht begnügen, sondern soviel
-als möglich Beobachtungen an jedem einzelnen Individuum machen und die
-einzelnen Personen zu Selbstbeobachtungen heranbilden.
-
-Die Unterrichtspersonen werden 4 oder 5 Lehrstunden im Tage geben
-können, nachdem die Zahl der Schüler 25 in einer Klasse nicht
-übersteigen soll und demnach auch die Revision der Aufgabenhefte
-weniger Arbeit macht.[9] Die Ferien werden wohl etwas kürzer bemessen
-werden als heute.
-
- [9] Da in einer Gemeinde von 1000 Köpfen nicht mehr als 240
- Kinder und junge Leute von 6-18 Jahren wohnen und eine
- beträchtliche Abweichung von dieser Durchschnittsziffer
- nach VI, 2, leicht vermieden werden kann, diese Anzahl von
- Schülern sich aber auf zwölf Jahrgänge verteilt, davon die
- oberen Klassen nicht stärker, sondern schwächer besetzt
- sind, ist die Maximalzahl von 25 unüberschreitbar. Dem
- Lehrer arbeiten auch jene begabten Schüler in die Hand,
- welchen die Korrepetition überlassen werden kann.
-
-Der Volksunterricht ohne Spezialschulen und höhere Unterrichtsanstalten
-wird in einem Staate von 45 Millionen für die acht höheren Jahrgänge
-360,000 Personen in Anspruch nehmen, nämlich 8 Lehrpersonen für 1000
-Bewohner. Vom untergeordneten Erziehungspersonale ist in VII, b, die
-Rede. Es haben sich die Lehrkräfte an der Erziehung selbstverständlich
-mit zu beteiligen und besonders die Oberaufsicht im Verein mit den
-Pädagogen zu besorgen. Es werden ferner auch die Lehrkräfte vorzüglich
-zu Hilfsarbeiten für die Verwaltungsbeamten herangezogen werden und
-die statistischen Kalkulationsarbeiten besorgen oder, sofern die Menge
-dieser Arbeiten so groß wäre, daß Schulkinder zu deren Bewältigung
-herangezogen werden müßten, diese Arbeiten organisieren und leiten.
-
-Außerdem erwartet man von den Lehrpersonen nicht nur, daß sie
-sich in den Fortschritten ihrer wissenschaftlichen Fächer auf dem
-Laufenden erhalten, zu welchem Ende ihnen die Verwaltung entsprechende
-Wochenschriften zusenden und mindestens in den Bezirksvororten
-vollständige Sammlungen der wissenschaftlichen Behelfe einrichten
-und fortlaufend ergänzen wird, sondern es wird auch vorausgesetzt,
-daß sie sich an der Forschung beteiligen, in welcher Richtung
-durch Vermittelung der Akademie eine gewisse Art von Organisierung
-stattfinden könnte, daß nämlich jedem gewisse Forschungsprobleme
-zugewiesen würden.
-
-Auch den Lehrpersonen würden regelmäßige Zusammenkünfte am
-Bezirksvororte und den Vertretern der einzelnen Fächer am Kreisvororte
-zur Pflicht gemacht.
-
-Zeigt es sich, daß die Frauen für den Betrieb der Wissenschaften
-als Schüler, Lehrer und Forscher eine der der Männer ebenbürtige
-Veranlagung haben, so wird es sich empfehlen, ihnen die Hälfte aller
-Lehrkanzeln offen zu halten.
-
-
-b) Höherer Unterricht.
-
-Zur Pflege der eigentlichen Wissenschaft und Kunst und der Technik
-in allen ihren Zweigen dienen die Hochschulen, welche in der
-Reichshauptstadt vereiniget werden.
-
-Die Gründe dieser Konzentrierung sind folgende: Da die Reichshauptstadt
-in einem monarchischen Staate, wir haben hier Österreich im Auge,
-das eine habsburgische Monarchie bleiben oder zerfallen muß, der
-regelmäßige Wohnsitz der Familien des höchsten Adels ist, so entwickelt
-sich naturgemäß dort die höchste Blüte geselligen Lebens, also jene
-Atmosphäre, in welcher, wenn sie der richtige Geist erfüllt, das
-geistige Leben die meisten Anregungen empfängt. So wohl angebracht
-der Individualismus auf dem Gebiete der Forschung und der Kunst ist,
-so hat sich auch für dieses Gebiet des menschlichen Schaffens die
-Organisation zum Teile bewährt, wie die organisierte Kooperation der
-Sternwarten sich längst als förderlich erwiesen hat. Gerade jene großen
-Geister, die an der Spitze der geistigen Bewegung wirken, bedürfen
-auch ihrerseits der mannigfaltigsten Anregungen, sind dafür am meisten
-empfänglich und verbreiten auch wieder die mannigfaltigsten Anregungen,
-die gerade bei den hervorragendsten Männern und Frauen ihres Kreises am
-befruchtendsten wirken. Es hat also kaum einen Zweck, diese Personen
-zu trennen und in eine größere Anzahl von Orten zu zerstreuen, sie
-werden sich am wohlsten fühlen in einer großen Zentrale, welche alles
-umfaßt, was groß und herrlich ist, an Geist, schöpferischer Kraft und
-andererseits wieder an Schönheit und äußeren Vorzügen. Damit ist nur
-gesagt, daß ein solcher Mittelpunkt des geistigen Lebens gegeben sein
-wird, nicht daß die geistigen Größen dorthin gebannt werden müssen, da
-sie, sofern sie ihr Beruf daran nicht hindert, sich auch in die Stille
-der Einsamkeit zurückziehen mögen. Der Staat könnte einem Virchow auch
-auf jeder Alpe ein wissenschaftliches Institut ersten Ranges einrichten
-und ihm einen Stab von Hilfsarbeitern beigeben. Aber das sind
-jedenfalls Ausnahmsfälle und es wird schwerlich ein Rufer im Streit der
-Wissenschaft ein solches Bedürfnis empfinden.
-
-Diese Schicht der Bevölkerung bedarf für ihre Wirksamkeit eines
-unermeßlichen Schatzes an Gütern, Sammlungen, Bibliotheken,
-Maschinen, Stoffen und Instrumenten, ein Schatz, der in seiner ganzen
-Vollständigkeit nur an einem Orte vereinigt sein kann, dort aber Allen
-zugänglich sein wird, die seiner bedürfen.
-
-Es gibt im kollektivistischen Staate keinen Grund, der eine
-Dezentralisation dieser Anstalten wünschenswert machen würde. Im
-kollektivistischen Staate sind Provinzen, Kreise, Bezirke keine
-sogenannten historischen Individualitäten, sondern ihre Hauptorte
-Knotenpunkte für Administration, Reiseverkehr, Umsatz von Gütern und
-diese Städte haben keinen Grund, auf die Reichshauptstadt eifersüchtig
-zu sein. Denn in diesen Städten gibt es keine Eigentümer von Häusern
-und Grundstücken, die, auf die Erhöhung des Wertes ihres Besitzes
-bedacht, einen Anlaß hätten, die Errichtung einer Anstalt innerhalb
-des Weichbildes ihrer Stadt zu verlangen, ein Begehren, das sich
-in der heutigen Gesellschaftsordnung als politischer Faktor geltend
-macht. In unserer Gesellschaftsordnung macht sich der Besitz immer zum
-Schaden des Gemeinwohles geltend. So wie die Unbewohnbarkeit der Dörfer
-für Menschen, die eine höhere Kultur beanspruchen, demnach auch die
-ungesunde Verteilung der Bevölkerung auf die einzelnen Ortschaften,
-so ist auch wieder die Dezentralisation, wo sie nicht am Platze ist,
-lediglich eine Folge unserer Gesellschaftsordnung und demnach können
-die Erfahrungen unserer Tage keinen Beweis dafür liefern, daß die
-Verlegung der Universitäten in kleinere Städte irgendwie von Vorteil
-ist. Übrigens wird es von der politischen Geschichte, die Österreich
-bis zum Übergange zum Kollektivismus durchzumachen haben wird,
-abhängen, ob eine gleichberechtigte Metropole für Ungarn in Budapest
-aufrecht zu erhalten sein wird.
-
-Die heutige Gestaltung der Universitäten wird in einer vernünftigen
-staatlichen Einrichtung kaum noch mehr einen Bestand haben
-können, ja es scheint, als hätten sie sich auch für die heutige
-Gesellschaftsordnung überlebt. Das Überwiegen der theologischen
-und juristischen Studien, obwohl diese beiden Fakultäten nichts
-als Abrichtungsanstalten für den praktischen Dienst der Kirche und
-der heutigen Staatsverwaltung sind und sie als wissenschaftliche
-Forschungszentren gar keinen Wert haben, ist ebenso unnatürlich,
-wie das Zusammenpferchen mannigfaltiger und unendlich reicher
-wissenschaftlicher Disziplinen in einer einzigen philosophischen
-Fakultät und der Ausschluß der Technik, Bodenkultur und
-Forstwirtschaft, dann der Kunst aus dem Bereiche der Universitäten,
-wonach viele ebenbürtige Gebiete geistigen Schaffens an der
-Universität gar nicht vertreten, viele kümmerlich vertreten, dafür
-aber die rückständigen Disziplinen in den Vordergrund geschoben
-sind. Brutanstalten des Aberglaubens stehen wahrem Wissen nicht nur
-gleichberechtigt an der Seite, sondern sie überwuchern und dominieren,
-und so wird Vieles an den künftigen Universitäten zu hohem Ansehen
-gelangen und als gleichwertiger Teil einer wahren _universitas
-scientiarium et artium_ am Hochschulleben teilnehmen, während Vieles
-nach und nach absterben wird, was vor 800 Jahren in Bologna oder Padua,
-oder in Paris eine hervorragende Rolle spielte. Es verdienten diese
-Wissenschaften schon heute keinen hervorragenden Platz mehr, und sie
-werden im Kollektivstaat nur kulturgeschichtlich in Betracht kommen.
-
-Die Universität wird als Forschungsanstalt im organischen Verbande mit
-der Akademie stehen und über unermeßliche Mittel für Forschungszwecke
-verfügen. Da der gesamte Verwaltungs-, Sanitäts- und Unterrichtsdienst
-mit wissenschaftlich gebildeten Personen besetzt sein soll, wird
-ein jährlicher Ersatz von 20,000 Abiturienten der Hochschulen
-erforderlich sein und es werden demnach an 100,000 Universitätshörer
-die Hochschule frequentieren, zu deren Ausbildung eine Anzahl von
-etwa 10,000 Professoren erforderlich sein wird, welche in einem Staat,
-wie Österreich in den verschiedenen Landessprachen zu dozieren haben
-werden.
-
-Die staatliche Organisation verträgt im allgemeinen keine
-Überproduktion auf irgend einem Gebiete. Man wird daher den
-Hochschulunterricht in jedem Fache auf eine gewisse, nicht allzu
-eng bemessene Zahl von Hörern beschränken und wird wenigstens für
-einen bestimmten Teil von Lehrfächern vorschreiben, welche Kollegien
-die Studierenden zur Ausbildung für einen bestimmten Beruf zu hören
-und welche Seminare sie zu besuchen haben werden. Da der Staat die
-Absolventen auch zu versorgen und auch Jene zu erhalten hat, die keine
-wissenschaftliche Tauglichkeit erlangen, wird der Staat nicht nur
-die Berufung an die Universität auf jene beschränken, welche sich am
-besten dafür eignen, sondern es wird auch zu den Obliegenheiten der
-Professoren und ihrer Assistenten gehören, sich von den Fortschritten
-der Hörer in ihren Studien zu überzeugen, wozu eben die Seminare die
-Gelegenheit bieten.
-
-Als stimmfähigen Bürgern des Reiches, eine Eigenschaft, die man
-wahrscheinlich mit dem zurückgelegten achtzehnten Jahre, also
-vor Eintritt in die Universitätsstudien, erlangen wird, wird den
-Studierenden Anteil an den öffentlichen Angelegenheiten natürlich
-freistehen, ja Pflicht sein, aber die politische Demonstration, wie sie
-in unserer Zeit betrieben wird, wird man der studierenden Jugend ganz
-verwehren. An den geselligen Vereinigungen sollen sich die Lehrkräfte
-tunlichst beteiligen. Renitente Hörer wird man heimschicken und zu
-Sense und Sichel greifen lassen.
-
-Auch am höheren gesellschaftlichen Leben werden die Studierenden
-Anteil nehmen und sie werden daher Einladungen zu Hof und von Seite des
-Hochadels erhalten und ebenso werden ihnen die Bildungsanstalten offen
-stehen, welche dem ästhetischen Bedürfnisse entgegenkommen; Theater und
-musikalische Veranstaltungen u. dergl.
-
-Der Wechsel der Unterrichtsfächer und des wissenschaftlichen Berufes,
-für den sich die Hörer ausbilden, wird zu gestatten sein, wenn es
-sich nicht bloß um eine Laune handelt und dabei wird es nicht darauf
-ankommen, ob die Studienzeit verlängert wird.
-
-Mädchen werden als gleichberechtigte Hörer zu den Universitätsstudien
-zugelassen werden, nach Maßgabe jedoch des Bedarfes für jene
-wissenschaftlichen Berufe, die den Frauen eröffnet werden.
-
-
-c. Die Akademie.
-
-Es wurde bereits hervorgehoben, daß die Akademie als oberste
-Vereinigung aller Jener, die auf dem Gebiete des geistigen
-Vermögens über alle hervorragen, in einem organischen Verband
-mit der Zentralhochschule stehen soll. Der Akademiker bekleidet
-den höchsten Rang im Staate, wird in der Regel aus der Reihe der
-Hochschulprofessoren hervorgehen, entweder durch die Wahl der Akademie
-selbst, mit oder ohne Bestätigung des Monarchen, seinen Platz einnehmen
-oder von der Unterrichtsverwaltung ernannt werden, er wird unabsetzbar
-sein und die größten Ehrenvorzüge und materiellen Vorteile, immer mit
-Ausschluß jeden Eigentums, genießen. Inwiefern seine Familie an jenen
-Vorteilen, so lange er lebt, teilnimmt, wird zu erwägen sein. Wenn
-zu den materiellen Vorteilen auch ein reicher Hausstand, ausgedehnte
-Wohnungs- und Repräsentationsräume gehören, werden Frau und Töchter
-allerdings die oberste Leitung des Hauswesens und der Hausgenossen über
-sich haben können, aber im allgemeinen ist der Grundsatz zu beobachten,
-daß Verdienste nicht vererbbar sind und der Lohn sich auf denjenigen
-zu beschränken hat, der sich verdient gemacht hat. Es gibt nur einen
-Erben, den Staat, und so erbt er auch die Verdienste.
-
-Der Akademiker kann auch zugleich Professor sein, jedenfalls werden
-ihm alle wissenschaftlichen Institute seines Faches für seine eigenen
-Forschungsarbeiten und die seiner Hilfsarbeiter zu Gebote stehen
-und, so wie die Zahl der Akademiker eine unbeschränkte ist, da mit
-der Ausdehnung und fortgesetzten Spaltung und Differenzierung der
-verschiedenen Wissenschaften sich immer neue Lücken auftun werden, die
-man auszufüllen genötigt sein wird, so wird sich auch die Akademie nach
-den jeweiligen Bedürfnissen in Sektionen und Unterabteilungen gliedern,
-welche gesonderte und Einzelberatungen möglich machen. Die Aufgabe
-der Akademie wird es sein, jeweilig die wichtigsten Forschungs- und
-Kunstziele für die nächste Zeit festzustellen und bekannt zu machen.
-
-Die Akademie wird nicht nur Forscher, sondern auch Techniker und
-Künstler jeder Art, welche einen alle überwiegenden Rang erklommen
-haben, als gleichberechtigte Mitglieder aufnehmen und sich nicht auf
-jene wissenschaftlichen Zweige beschränken, die heutzutage in den
-Akademien vertreten sind.
-
-Der naturwissenschaftlichen und astronomischen Forschungen wegen wird
-sich das Reich nicht mit dem vaterländischen Boden allein begnügen
-können, sondern wissenschaftliche Stationen in allen Teilen der Erde
-zu errichten trachten, welche unter der obersten Leitung der Akademie
-stehen. So wird der Kollektivismus auf allen Gebieten einen Fortschritt
-entfesseln, welcher alles übertrifft, was bisher bekannt war und für
-dessen Befruchtung die heutige Gesellschaftsordnung die Mittel nicht
-schaffen kann.
-
-Noch sei erwähnt, daß das weibliche Geschlecht von den Lehrkanzeln
-der Hochschulen und von den curulischen Stühlen der Akademie
-keineswegs ausgeschlossen sein wird, vielmehr die Lehrkanzeln für
-Frauenkrankheiten und das weibliche Geschlechtsleben mit Inbegriff der
-anatomischen, pathologischen und physiologischen Hilfsinstitute der
-Gynäkologie geradezu den Frauen als Forschern, Lehrern und Schülern
-reserviert sein werden.
-
-Die Fachabteilungen der Akademie werden auch der Verwaltung Anfragen
-zu beantworten und Anträge und Gutachten zu erstatten haben. Sie werden
-auch literarische Arbeiten begutachten.
-
-
-
-
-VI.
-
-Dauernde Einrichtungen und Verwaltungsbehelfe.
-
-
-1. Die Wohnungsansiedelungen.
-
-Die heutigen Wohnungsansiedelungen sind für den kollektivistischen
-Staat ziemlich ungeeignet und nur weil eine völlige Umgestaltung
-innerhalb kurzer Zeit unmöglich ist, wird man sich anfangs mit
-den vorhandenen Wohnbauten und Ortschaften behelfen müssen. Im
-nachfolgenden werden die Wohnungsansiedelungen verschiedener Ordnung
-besprochen, wie sie mit Rücksicht auf Produktion, Verwaltung,
-Erziehung, Unterricht, Geselligkeit, die Bedürfnisse des Einzelnen und
-der Gesamtheit im Kollektivstaate einzurichten wären.
-
-Insbesondere wird man Wohnungsansiedelungen irgend welcher Art nicht
-in solchen Gegenden dulden oder errichten, wo erfahrungsmäßig größere
-Gefahren von Elementarereignissen drohen, Lawinen, Eruptionen von
-Vulkanen, Erdbeben, Überschwemmungen usw.
-
-
-a) Urgemeinden und Dörfer.
-
-Die Gemeinden niederster Ordnung, welche man bisher Dörfer oder Weiler
-nannte, wollen wir die Urgemeinden nennen. Sie sollen die gesamte
-produktive Bevölkerung beherbergen, nicht nur die der Urproduktion
-sich widmende, wesentlich bäuerliche Bevölkerung, sondern auch die
-gesamte Industrie- und gewerbliche Bevölkerung wird ausschließlich
-in diesen Urgemeinden und den Bezirksvororten, welche schon um eine
-Stufe höherer Ordnung sind, angesiedelt und dadurch dem Übelstande
-abgeholfen, daß der Bildungs- und Kulturstand der Bauern und der
-Industriebevölkerung ein wesentlich verschiedener ist. Die Dorfbewohner
-können unter den heutigen Verhältnissen nur eine sehr unvollkommene
-Schulbildung erlangen, während die in den Städten angesiedelte
-industrielle und gewerbliche Bevölkerung in den städtischen Volks-
-und Bürgerschulen eine viel höhere Ausbildung erlangen kann. Auch
-die Weltanschauung dieser beiden Bevölkerungsschichten ist heute eine
-wesentlich verschiedene. In den Dörfern hat Klerus und Religion eine
-viel größere Bedeutung als in der Industriebevölkerung der Städte. Und
-wenn diese beiden Volksschichten in den Urgemeinden und Bezirksvororten
-angesiedelt und die Städte nur einer ausgewählten Bevölkerung
-höherer wissenschaftlicher Ausbildung, dann den Hochschulen und dem
-Reiseverkehr vorbehalten werden sollen, so soll das nicht geschehen,
-um die Ausbildung der Industriebevölkerung zu verkümmern, sondern
-vielmehr um sie beträchtlich über das heutige Niveau hinauszuheben,
-aber die heutige bäuerliche oder Dorfbevölkerung ihr in der Ausbildung
-vollkommen gleichzustellen.
-
-Aber nicht nur dieses wesentlich soziale Bedürfnis soll durch
-die hier vorgeschlagene Ausdehnung der Urgemeinden und die damit
-zusammenhängende Verteilung der Bevölkerung befriediget werden, auch
-zahlreiche wirtschaftliche Vorteile hängen damit zusammen und die
-Ermöglichung einer, das ganze Volk umfassenden staatlichen Erziehung,
-ein intensiverer Landbau, eine größere Frachtökonomie und vieles andere
-ist davon abhängig. Auch eine wirkliche Assanierung der ländlichen
-=und= der städtischen Ansiedlungen ist anders, als wie die Ansiedlungen
-hier gedacht sind, kaum möglich.
-
-Durch diese Verteilung der Bevölkerung und die Einrichtung der
-Urgemeinden, welchen im Wesentlichen die nächst höhere Stufe der
-Wohnungsansiedelungen, die Bezirksvororte, beizuzählen sind, soll
-die Besiedelung der Urgemeinden auf rund 1000 Köpfe gebracht werden,
-welche höchstens 240 Kinder im schulpflichtigen Alter, das für den
-kollektivistischen Staat vom 6. bis zum 18. Jahre, also zwölf Jahre
-dauern soll, enthalten wird. Das gibt eine entsprechende Anzahl von
-durchschnittlich 20 Schulkindern in jedem der Schuljahrgänge und
-ermöglicht einen außerordentlich vollkommenen Volksschulunterricht,
-welchem entsprechend der Unterrichtsdienst, wie in V, 3, a,
-dargestellt, organisiert sein soll.
-
-Alle Altersstufen sind in einer solchen Urgemeinde genügend besetzt,
-die Geselligkeit wird eine reichhaltige sein und, hält man sich an eine
-solche Maximalzahl von 1000 Köpfen, so kann man die Urgemeinden nach
-einem gewissen Schema erbauen, hat nicht nötig der Volksvermehrung
-wegen die bestehenden Ansiedlungen zu erweitern, sondern wird für
-sie immer wieder neue Urgemeinden erbauen. Ein solches Schema für die
-Urgemeinden, wie es in seinen Hauptzügen nachfolgend geschildert wird,
-steht doch einer großen Mannigfaltigkeit und Individualisierung der
-einzelnen Urgemeinden, insbesondere in der Architektur, der dekorativen
-Ausschmückung und in der Benützung der Terrainverhältnisse nicht im
-Wege.
-
-Wie der Bevölkerungsstand der Urgemeinden, nicht pedantisch aber
-innerhalb gewisser, durch die Verwaltungsinteressen gezogener Grenzen,
-konstant erhalten werden kann, ist in VI, 2, genau angegeben.
-
-In der Urgemeinde wird es sich empfehlen, die eigentliche
-Wohnungsansiedlung von den Wirtschaftsgebäuden und Betriebsstätten
-zu trennen, besonders weil die Stallungen einen schlechten Geruch
-verbreiten und sich dort Ungeziefer und Insekten aufhalten, welche
-lästig werden. Auch andere Betriebsstätten verderben die Luft, daher
-es am besten wäre, wenn sie von der eigentlichen Wohnungsansiedlung
-durch einen breiten Streifen dichten Waldes getrennt wären. Die
-Landstraße (oder Eisenbahn, Kanal usw.) wird an den Wirtschaftsgebäuden
-und Betriebsstätten vorbeiführen und zwischen ihnen und der
-Wohnungsansiedlung eine Zweigstraße, vielleicht mit einer Geleisanlage,
-hergestellt werden.
-
-Die Mitte der eigentlichen Wohnungsansiedlung wird ein großer Bau
--- den ich Gemeindepalast nennen will -- einnehmen, in welchem
-sich Küchen, Wäscherei, Keller, gewisse Arten von Bädern, dann die
-Versammlungssäle für die gemeinsamen Mahlzeiten und Geselligkeit,
-Schulzimmer, Amtsräume und Bibliothek befinden. In vier großen
-Gebäuden, welche den Gemeindepalast umgeben, könnten je 256, zusammen
-1024 Schlafzellen (richtiger Wohnungseinheiten für die Nachtruhe)
-erbaut werden, nämlich in 4 Gebäuden, jedes mit 4 Flügeln, die
-von einer Zentralstiege aus zugänglich sind, und in jedem der
-vier Stockwerke, einem Hochparterre, 1., 2. und 3. Stock, je 16
-Wohnungseinheiten, 8 zu beiden Seiten des Kommunikationsganges,
-enthalten. Diese Wohnungseinheiten würden nach Wunsch der Ortsinsassen
-in Wohnzellen zum Alleinbewohnen, oder größere und kleinere
-gemeinschaftliche Schlafgemächer, oder auch Familienwohnungen
-abgeteilt. Zwischen diesen fünf großen Gebäuden wären Gärten anzulegen,
-Freibäder und Eislaufplätze einzurichten und Verbindungen durch
-gedeckte Gänge herzustellen. Für gewisse Arten von Bädern wäre in jedem
-Stockwerke der Schlafhäuser Vorsorge zu treffen. Um die Fäkalien jeden
-Tag entfernen zu können, wird es sich empfehlen, die Abortgruben durch
-unterirdische Gänge zu verbinden und diese an einer entsprechenden
-Stelle ins Freie münden zu lassen. Nach bestimmten Typen wäre für
-Beheizung, Beleuchtung, Ventilation, gesundes Wasser, Spaziergänge
-usw. vorzusorgen. In manchen Beziehungen können auch Verschiedenheiten
-in den Gemeinden zugestanden werden, daher es sich empfehlen würde,
-jeder Gemeinde ein bestimmtes Maß von Aufwand, ausgedrückt in Material
-und Arbeit, zu dem Zwecke einzuräumen, um Gemeindeanstalten nach
-dem Wunsche der Ortsbewohner zu errichten, welche ihnen besondere
-Annehmlichkeiten bieten und eine Individualisierung der Ansiedlungen
-ermöglichen sollen. Man könnte an Wintergärten, Volieren, Glashäuser,
-Aussichtstürme, Parkwege denken. In diesen Urgemeinden, mit Einschluß
-der Bezirksvororte, von welchen sofort die Rede sein wird, sollen
-95-98% der Bevölkerung angesiedelt sein, ja mehr noch, da in den
-städtischen Ansiedlungen der größere Teil der Besiedelung die Reisenden
-sind, wovon wieder die meisten beurlaubte Bewohner der Urgemeinde sein
-werden.
-
-Der allgemeine Charakter der Urgemeinden wäre also: Besiedelung
-nicht nur durch jene Bevölkerung, die wir heute die bäuerliche
-nennen und durch die Arbeiter der Urproduktion, sondern auch durch
-die Industrie- und gewerbliche Bevölkerung und eine große Zahl
-wissenschaftlich gebildeter Personen, Trennung der Wirtschaftsgebäude
-und Betriebsstätten von der eigentlichen Wohnungsansiedlung, in dieser
-Trennung der Schlafhäuser vom Gemeindepalaste und Einrichtung der
-Bauten für eine Gesamthauswirtschaft, welche gemeinsame Speisebereitung
-und die Zentralisierung aller heute familienweise betriebenen
-hauswirtschaftlichen Arbeiten ermöglicht.
-
-
-b) Die Bezirksvororte.
-
-Nach einem bestimmten Verhältnisse und teilweise dem Charakter des
-Landes angemessen wären nach Art der heutigen Märkte Ortschaften, die
-zu den Urgemeinden gehören, zu Bezirksvororten zu erweitern und sie
-werden etwa zwei Gemeindepaläste und sechs Schlafhäuser enthalten
-und Raum für 1500 Bewohner bieten. Hier werden Verwaltungsbeamte,
-Ärzte und Unterrichtspersonen von höherem Range ihren Sitz haben,
-etwa eine Fachlehranstalt für Gewerbe, Landbau, Gartenbau, Bergbau
-oder für Musik, bildende Kunst, Kunstgewerbe errichtet, eine größere
-Fabrik betrieben, größere Magazine eingerichtet und schon für
-Fremdenbeherbergung gesorgt, da die Reisenden, welche das Land zu Fuß
-durchziehen, oder sich eines Fahrrades oder Reitpferdes bedienen, nur
-in sehr geringer Zahl in den Urgemeinden Unterkunft finden können.
-Auch eine große Zahl von arbeitsbefreiten Alten, XI, 1, e, wird in
-den Bezirksvororten Platz finden. Hier werden größere Bücherbestände
-und Sammlungen untergebracht, Versammlungen der Verwaltungsbeamten,
-Ärzte und Lehrpersonen, dann Volksversammlungen des ganzen Bezirkes
-abgehalten und kleine Bühnen eingerichtet für Vorstellungen fliegender
-Truppen oder von Dilettanten und für größere Konzertaufführungen.
-
-Wo es ökonomische Verhältnisse gebieterisch fordern, daß viele Tausende
-von Arbeitern an einem Orte vereiniget werden, um in Bergwerken oder
-großen Fabriken zu arbeiten, wird man das vorstehende Schema der
-Ansiedlungen verlassen müssen. Aber das wird so viel als möglich zu
-vermeiden sein.
-
-
-c) Die städtischen Ansiedlungen.
-
-Hierher gehören nur die Kreisstädte, etwa hundert für einen Staat wie
-Österreich, die Provinzialstädte, etwa 10-15 für einen solchen Staat,
-und die Reichshauptstadt. Doch sollen, die Reisenden eingeschlossen,
-die Kreisstädte nur je 4000 Personen, die Provinzstädte je 15-20,000
-Personen, die Reichshauptstadt nur 400,000 Personen beherbergen
-können. Die stabile Bevölkerung werden nur die höheren Behörden und
-Unterrichtsanstalten mit einem kleinen Stabe von Handwerkern und
-hauswirtschaftlichen Arbeitern (Köchinnen, Wäscherinnen, Stubenmädchen
-u. dergl.) bilden und in der Reichshauptstadt außer der kaiserlichen
-Familie und dem hohen Adel, wenn ein solcher fortbesteht, die Beamten
-der Zentralbehörden, die Akademiker, Universitätsprofessoren und
-Hochschüler bleibend wohnen.
-
-Die städtischen Ansiedlungen sollen in Quartiere zerlegt werden,
-deren jedes tausend Personen beherbergen und verpflegen kann. Ein
-solches Quartier untersteht der Leitung eines Verwaltungsbeamten
-untersten Ranges und verfügt über dasselbe ärztliche Personal, wie
-eine Urgemeinde. Ob aber auch das Erziehungs- und Unterrichtspersonal
-für ein Quartier aufgestellt wird, wie für eine Urgemeinde, hängt
-von Umständen ab. Es mag eines der Quartiere einer Kreisstadt eine
-Volksschule haben für die Kinder der wenigen dauernd angesiedelten
-Familien. Aber Quartiere, welche nur Studenten oder Reisende aufnehmen,
-brauchen keine Volksschule. Ähnliche Verhältnisse werden für die
-Provinzialstädte und die Reichshauptstadt gelten. Eine ganze Reihe
-von Quartieren solcher Städte brauchen keine Volksschulen und kein
-Volkserziehungspersonal.
-
-Die Urgemeinden eines Bezirkes würden mit dem Bezirksvororte und
-dieser mit der Kreisstadt durch Telephone verbunden, welche von
-den Amtslokalitäten direkt zu den Amtslokalitäten gingen; weiterhin
-würde eine telephonische und eine telegraphische Verbindung von den
-Kreisstädten zu den Provinzstädten und von hier zur Reichshauptstadt
-führen.
-
-Diese Verteilung der Ansiedlungen und ihre hier vorgeschlagene
-Einrichtung muß man sich vor Augen halten, um die sonstigen organischen
-Einrichtungen, wie sie im nachfolgenden entworfen sind, zu verstehen,
-wobei kein einziger Vorschlag als etwas Unabänderliches oder das Beste
-gedacht ist, aber die Orientierung bieten soll, welche Vorteile die
-Zentralisation von Produktion und Verteilung und die Naturalwirtschaft
-der individualistischen Gesellschaftsordnung gegenüber für Ökonomie,
-Kultur und die höchsten Gesellschaftszwecke haben würde.
-
-Während im Kollektivismus das allgemeine Interesse immer den
-Vorrang hat und der Individualismus nur geduldet wird, wo er sich
-als nützlich erweist, also nicht in wirtschaftlichen Dingen, ist in
-unserer Gesellschaftsordnung der Staat von den Individuen abhängig,
-welche sich im Besitze der politischen Macht befinden. In unserer
-Gesellschaftsordnung ist der Staat nur geduldet und er wird von den
-herrschenden Parteien für ihre Zwecke ausgebeutet. Der Kollektivismus
-macht dem ein Ende.
-
-Je genauer und ausschließlicher die gesamten Wohnungseinrichtungen den
-hier geschilderten kollektivistischen Charakter an sich tragen werden,
-um so schwieriger werden sie es machen, wieder zum Individualismus
-zurückzukehren, daher revolutionäre Angriffe, weil gegenstandslos,
-nicht mehr zu fürchten sind.
-
-
-2. Die Verteilung der Bevölkerung.
-
-Nach den in VI, 1, a, entwickelten Grundsätzen wären die Urgemeinden
-für je 1000 Bewohner einzurichten und die eigentlich städtische
-Bevölkerung in den Kreisstädten, Provinzialstädten und der
-Reichshauptstadt würde selbst in einem großen Reiche weniger als eine
-Million betragen. Ein großer Teil der städtischen Quartiere würde zur
-Beherbergung von Reisenden dienen. Wenn in unserer Zeit es zahlreiche
-Städte mit einer Bevölkerung von mehr als 100,000 Bewohnern gibt
-und die Reichshauptstädte Millionen von Bewohnern zählen, so ist das
-eine offenbare Krankheit, welche im innigsten Zusammenhange mit der
-Gesellschaftsordnung steht.
-
-Die sanitären Übelstände der Riesenstädte sind schon oft erörtert
-worden, aber hier werden die sozialen und volkswirtschaftlichen
-Vorteile einer anderen Verteilung der Bevölkerung zur Sprache kommen.
-
-Im allgemeinen hätte jeder Volksgenosse das Recht, im Lande zu wohnen,
-ohne eigentlich ein Heimatsrecht in einer bestimmten Gemeinde zu haben.
-Als Grundsatz hätte zwar zu gelten, daß jeder in der Gemeinde dauernd
-bleibe, wo er geboren wurde, aber davon würde eine Reihe von Ausnahmen
-gemacht werden. Zunächst würde sich ein solches Recht, im Geburtsorte
-dauernd zu wohnen, nicht auf die städtischen Quartiere erstrecken, in
-welche nur ausgewählte Personen zur Ausübung eines bestimmten Berufes
-oder Einzelne ohne Beruf zur Belohnung ihrer persönlichen Verdienste
-aufgenommen würden, wodurch aber ihre Ehegenossen und Kinder kein
-eigenes Recht erlangen würden, vielmehr einer Urgemeinde zugeschrieben
-blieben. Bis zu einem gewissen Alter würden die Kinder von ihrer
-Heimatszugehörigkeit abgesehen, den Eltern in ihren Wohnsitz zu folgen
-haben und ebenso in der Regel die Frau dem Manne. Letztere Regel könnte
-eine Ausnahme erleiden, wenn die Frau eine hervorragende Stellung
-einnehmen würde, wodurch sie an einen bestimmten Ort gebunden ist,
-während der Mann eine untergeordnete Stellung einnähme, für welche das
-Domizil weniger entscheidend wäre. Eine Veränderung des Domizils wäre
-teils mit Einwilligung der Staatsverwaltung gestattet, teils mit dem
-Wechsel des Berufes oder einer Anstellung von selbst gegeben.
-
-Besonders liberal würde die Veränderung des Wohnsitzes jenen
-zugestanden werden, die von der geregelten Arbeit befreit sind, sei
-es wegen Erreichung der Altersgrenze, oder erblich, oder als Lohn für
-hervorragende Dienste, oder weil ihnen vom Staate die Ausübung eines
-Berufes gestattet wäre, der naturgemäß an einen bestimmten Wohnsitz
-nicht gebunden ist. Siehe VIII, 9, n.
-
-Da die Wohnstätten gleicher Art nicht so vollständig gleiche
-Annehmlichkeiten bieten,[10] daß es jemand ganz gleichgültig sein
-könnte, in welcher Gemeinde oder in welchem Quartier er wohnt,
-und da auch die Nachbarschaft von Freunden, Verwandten oder von
-gleichstrebigen Personen den Wunsch, da oder dort zu wohnen, bestimmen
-kann, wird innerhalb der Grenzen der Verwaltungsinteressen die freie
-Wahl des Wohnortes als Lohn bewilligt, die unerwünschte Versetzung
-als Strafe verhängt werden, wie es auch heute mit Offizieren und
-Staatsbeamten gehalten wird. Dabei wird aber auch das Mitinteresse der
-Familienmitglieder in Betracht kommen. Verwaltungsinteressen können in
-Frage kommen, welche aus der Verteilung der Betriebsstätten oder aus
-der Stellung eines Individuums im Amte oder an einer Betriebsstätte
-hergeleitet werden. Ein qualifizierter Arbeiter einer bestimmten Art
-von Fabriken wird immer nur in einer Fabrik gleicher Art Verwendung
-finden können, und vorausgesetzt, daß dort eine Stelle für ihn frei
-wird. Das Verwaltungsinteresse kann auch bedingen, daß jemand von
-einem Orte wegversetzt wird, der übervölkert ist, oder nach einem Ort
-versetzt wird, der neu erbaut wird, oder entvölkert ist, oder wo eine
-freie Stelle besetzt werden muß.
-
- [10] Hier wird schon eine Frage der Verteilung von Genüssen
- besprochen.
-
-Ob es im Interesse der Produktion gelegen sein wird, auch in Zukunft
-vereinzelte Wohnstätten außerhalb der geschlossenen Ortschaften, z. B.
-auf einer Alpe anzulegen, wird die Erfahrung lehren. Auch hier wird die
-Versetzung an solche einsame Gehöfte als Lohn oder als Strafe zu gelten
-haben. Eine Familie aber, welcher erziehungs- und schulpflichtige
-Kinder angehören, wird nur in geschlossenen Ortschaften wohnen können.
-Ein junges Ehepaar wird vielleicht recht gern die Honigwochen auf einer
-Alpe oder in einem einsamen Gehöfte verbringen.
-
-Im Interesse der gleichmäßigen Verteilung der Bevölkerung auf
-die Gemeinden und im Interesse einer gleichmäßigen Besetzung
-der Schulklassen wird es liegen, zeitweilig kleine, unmerkliche
-Verschiebungen der Bevölkerung vorzunehmen, wobei vor allem die
-Zustimmung der Beteiligten entscheidend sein wird. Da aber vielen
-Menschen der Veränderungstrieb angeboren ist, so wird dies ohne
-große Reibung möglich sein. Wenn auch die Gewöhnung an eine bestimmte
-Gegend und Gemeinde, an Freunde und Verwandte die meisten Bewohner
-einer Gemeinde fesseln wird, so wird sich bei einigen auch ein
-entgegengesetztes Bestreben geltend machen und dieses kann benützt
-werden, um eine unmerkliche Verschiebung von einer Gemeinde zur
-Nachbargemeinde und so fort vorzunehmen, damit die Verteilung der
-Bevölkerung tunlichst konstant erhalten bleibe. Dabei werden am meisten
-Personen in Frage kommen, die einem geeigneten Berufe angehören,
-landwirtschaftliche Arbeiter und Fabrikarbeiter.[11]
-
- [11] Hier wird es klar, welche enormen Vorteile die Aufhebung
- des Privateigentums bietet, da das Eigentum an Häusern und
- Grundstücken auch eine sehr erwünschte Beweglichkeit der
- Einzelnen verhindert.
-
-Da bei einer Bevölkerung von 45 Millionen und einem Jahreszuwachse
-der Bevölkerung von 5 vom Tausend die Bevölkerung in Österreich
-jährlich im ganzen um 200,000 bis 250,000 Köpfe zunimmt, so wird es
-sich empfehlen die Urgemeinden jährlich um 2-300 zu vermehren und so
-viele Urgemeinden jährlich neu aufzubauen, welche zur Aufnahme des zu
-erwartenden nächsten Jahreszuwachses erforderlich sind. Es ist das
-bei konstanten Verhältnissen leicht auf Jahre hinaus zu berechnen.
-Ob die Staatsverwaltung darüber und über die Verlegung gewisser
-Betriebsstätten nach der neuen Gemeinde und über die Zuweisung
-von Grund und Boden, Nutztieren usw. an dieselben, selbständig zu
-entscheiden haben wird, oder ob darüber Volksbeschlüsse einzuholen
-sind, wird die Verfassung oder der jeweilige Volkswille bestimmen. Auch
-die Besiedlung der Gemeinden wird Gelegenheit geben, eine Verschiebung
-der Bevölkerung in der oben angedeuteten Richtung vorzunehmen, da
-es die Natur der Sache mit sich bringt, daß die Bewohner der neuen
-Urgemeinden vorzüglich aus übervölkerten Gemeinden genommen werden.
-
-Da durchschnittlich in jedem Kreise jährlich 2-3 neue Urgemeinden
-aufgebaut werden, dürfte die Entscheidung, welche Familien und
-Einzelpersonen dahin übersiedeln sollen, den Kreisbehörden überlassen
-werden, nur insofern jemand aus anderen Kreisen oder Provinzen dahin
-verpflanzt werden soll, wird die Verfügung von der Provinzialbehörde
-oder den Zentralstellen zu erlassen sein. Da anzunehmen ist, daß diese
-Urgemeinden von Jahr zu Jahr reicher ausgestattet werden, weil das dem
-Fortschritte der Erfindungen entspricht, muß man vermuten, daß sich
-immer mehr Personen zur Übersiedlung anmelden, als neue Wohnstellen
-frei werden und die administrativen Interessen werden bei der Auswahl
-unter den Bewerbern den Ausschlag geben.
-
-Im Ganzen gibt es also Hilfsmittel genug, um eine im großen und ganzen
-den staatlichen Interessen entsprechende Verteilung der Bevölkerung
-aufrecht zu erhalten. Eine absolute Freizügigkeit kann natürlich
-nicht zugestanden werden, schon deshalb nicht, weil der Staat
-Alleineigentümer aller Wohnbauten ist, also niemand ohne Erlaubnis des
-Staates sich irgendwo niederlassen kann. Aber praktisch wird die freie
-Beweglichkeit von Ort zu Ort viel größer sein, als in den heutigen
-Verhältnissen.
-
-Wenn, allen Vorsichten bei der Anlage zum Trotze, durch Brände,
-Erdbeben, Bergrutschungen und andere Elementarschäden dieser Art
-Wohnungen zerstört werden, werden die obdachlosen Bewohner sofort in
-anderen Häusern, erforderlichenfalls in anderen Gemeinden untergebracht
-werden nach dem Grundsatze, daß alle Güter für alle Volksgenossen
-bestimmt sind. In unserer Gesellschaftsordnung ist das mit der größten
-Schwierigkeit verbunden.
-
-
-3. Die Evidenthaltung der Bevölkerung.
-
-Die Wohngemeinde eines Kollektivisten ist in der Regel auch seine
-Aufenthaltsgemeinde, wobei aber die tunlichst freie Bewegung
-innerhalb des ganzen Bezirkes gestattet werden soll, sodaß nicht
-nur am Sonntag der freie Verkehr im ganzen Bezirke wird stattfinden
-können, sondern auch den Erwachsenen freigestellt werden kann, das
-Abendmahl gegen rechtzeitige Meldung in einer anderen Gemeinde des
-Bezirks einzunehmen oder selbst dort die Nacht zu verbringen, wenn nur
-die Arbeit nicht versäumt wird. Außerdem aber kann ein Kollektivist
-auch sonst dauernd oder vorübergehend den Aufenthalt außerhalb der
-Wohngemeinde und des Wohnbezirkes nehmen. So dauernd ein noch in
-der Erziehung stehendes Kind oder ein junger Mensch, wenn er fern
-von seiner Familie in eine Unterrichtsanstalt aufgenommen wird,
-in welchem Falle seine Mutter oder Wahlmutter eine Pflegemutter zu
-bestellen hat, die nebst dem Erziehungspersonal die Aufsicht führt,
-und Erwachsene können durch ihren Beruf genötigt werden, auf längere
-Zeit außerhalb des Wohnbezirkes Aufenthalt zu nehmen, so Bedienstete
-der Verkehrsanstalten, oder bei einem Bau Beschäftigte, Abgeordnete,
-III, 3, _1. Alinea_ oder auch Arbeitsbefreite, welche auswärts Besuche
-machen. Vorübergehend ist der auswärtige Aufenthalt der Reisenden,
-sei es, daß sie beurlaubt sind, oder daß Arbeitsbefreite eine Reise
-unternehmen, ohne ihren Wohnsitz aufzugeben.
-
-In der Wohngemeinde und im Wohnbezirke soll jedermann sobald als
-möglich mit der ganzen Bevölkerung bekannt gemacht werden, wenn er
-seine Wohngemeinde wechselt. Er ist schon vorher vom Verwaltungsbeamten
-der verlassenen Gemeinde (Quartier) dem Verwaltungsbeamten der
-neuen Wohngemeinde (Quartier) angemeldet und es ist ihm Herberge
-und Verpflegung bereits bereitet. Er muß sich zunächst dem
-Verwaltungsbeamten, dem Arzt und dem Haushaltungsvorstand und wenn
-er in Arbeit steht, dem Arbeitsvorstande, vorstellen und sich dann
-mit dem Aufsichtspersonale des Schlafhauses bekannt machen, wo ihm
-sein Zimmer angewiesen wird. Man wird darauf halten, daß er bei
-der ersten gemeinsamen Mahlzeit von einer kleinen Tribüne aus die
-neue Wohngemeinde (Quartier) begrüßt und Namen, Beruf und frühere
-Wohngemeinde bekannt gibt. Näher wird er sofort mit den Tischgenossen
-bekannt. Am nächsten Sonntag soll er sich mit der Beamtenschaft
-des Bezirksortes und nach und nach mit der Bevölkerung der anderen
-Gemeinden des Wohnbezirkes bekannt machen. Gehört der Neuangekommene
-der Beamtenschaft an, so wird er sich auch im Kreisorte beim
-Abendempfang des Kreisbeamten diesem vorstellen und soviel als möglich
-mit anderen Personen von Stellung persönlich bekannt machen, soweit er
-noch fremd ist.
-
-Wer sich außerhalb des Wohnbezirkes begibt, sei es, daß er beurlaubt
-ist und reist, oder sonst dauernd oder vorübergehend Aufenthalt nimmt,
-hat seine Legitimationskarte, eventuell Reisebewilligung mitzubringen.
-Die Legitimationskarte enthält die Photographie des Trägers, Namen,
-Beruf und Wohngemeinde, zur Identifizierung die anthropometrischen Maße
-und eventuell geheime Mitteilungen, so über ansteckende Krankheiten,
-Verlust des Stimm- und Wahlrechtes, besondere Diätanweisungen u.
-dergl. Es soll sich kein Unberufener einer fremden Legitimationsurkunde
-bedienen können.
-
-Einheimische Reisende sollen angehalten werden, die
-Aufenthaltsgemeinde, wo sie übernachten, täglich mittels Postkarte dem
-Verwaltungsbeamten der Wohngemeinde bekannt zu geben. Legitimationen
-der Ausländer werden in XII, 2, _Alinea_: »Es wird« besprochen.
-
-Es soll kein Einheimischer verloren gehen, kein Ausländer sich
-einschleichen können. So kann man sich vor auswärtigen Verbrechern
-schützen und gegen diesen Vorteil haben die Annehmlichkeiten der
-Anonymität keine Bedeutung.
-
-
-4. Die Kommunikationen.
-
-
-a) Eisenbahnen, Schiffahrt.
-
-Der heutige Staat wird dem Kollektivstaat auf dem Gebiete des
-Eisenbahnbaues nicht viel zu tun übrig lassen. Selbst Kleinbahnen zu
-bauen wird dieser kaum einen Anlaß haben. Vielleicht wird es sich eher
-um fliegende Bahnen handeln, welche in bestimmten Fällen von Vorteil
-sein mögen. So beim Aufbau ganzer Ortschaften, bei der Abholzung
-ganzer Waldstrecken usw. Dagegen wird es immer an den Einrichtungen der
-bestehenden Eisenbahnen, an ihrer Ausrüstung und der Ausnützung etwas
-zu verbessern und zu ergänzen geben.
-
-
-1. Ihre Benützung für allgemeine Zwecke.
-
-Für allgemeine Zwecke dient der Personentransport der Eisenbahnen
-beinahe gar nicht, der Gütertransport aber kommt wieder beinahe
-ausschließlich für die Zwecke der Gesamtheit in Betracht. Es kann
-sein, daß der Personen- und der Gütertransport zeitlich getrennt
-werden, daß nämlich Lastzüge nur zur Nachtzeit, Personenzüge nur
-zur Tageszeit verkehren, wie vormals in der Schweiz. Das würde nicht
-ausschließen, daß jeder Personenzug auch eine geringe Menge von Gütern,
-das Reisegepäck ungerechnet, und daß der Lastzug auch eine kleine
-Anzahl von Personen mit befördert, letztere besonders, wenn sie in
-Amtsgeschäften reisen.
-
-Was den Gütertransport anbelangt, so wird er beinahe nur
-Massentransport sein und es werden beinahe nur ganze Wagenladungen,
-oft ganze Züge von einer Betriebsstätte zur anderen oder an eine oder
-mehrere nahe gelegene Abladestellen abgehen. Eine Papierfabrik, eine
-Weberei, eine Gießerei, eine Holzwarenerzeugungsstätte wird immer
-trachten, nur ganze Wagen zu verladen, oder nur für einen bestimmten
-Ort Güter zu verfrachten. Eigene Züge werden die wenigen kleinen
-Sendungen aufnehmen, welche in verschiedenen Orten abzuladen sind.
-Besonders wichtig ist die rasche Beförderung der Zeitungen VI, 7.
-Diese kann durch eigene Blitzzüge geschehen, welche in keiner Station
-anhalten. In diesem Falle werden die an den Stationen abzuladenden
-Zeitungspakete entweder ausgeworfen, oder auf bewegliche Behälter, die
-der Zug streckenweise mitnimmt, abgeladen. Das Auswerfen von Sendungen
-ist auch heute im Gebrauche, aber nur, wo die Eisenbahnverwaltung an
-ihre eigenen Organe versendet. Ebenso kann es mit kleinen Sendungen
-gehalten werden, die ausnahmsweise eine besonders dringende Beförderung
-notwendig machen. Solche Blitzzüge würden selbst nach den heutigen
-Einrichtungen der Dampfeisenbahnen in Österreich den Transport vom
-Mittelpunkt des Reiches bis an die entfernteste Grenze in 6-8 Stunden
-bewerkstelligen können, so daß Zeitungen, die um Mitternacht von der
-Reichshauptstadt abgeschickt werden, zwischen 8 und 10 Uhr morgens in
-allen, auch von der Eisenbahn entfernten Urgemeinden eintreffen können.
-
-Die Beförderung der Transporte wird also viel ökonomischer und rascher
-sein als heute. Aber auch der Betrieb der Eisenbahnen im Kollektivstaat
-ergibt eine große Menge von Ersparnissen. Absender und Empfänger ist
-immer derselbe, Staatsorgane senden Güter an Staatsorgane und auch wo
-es sich um Einzelne handelt, sind die Staatsorgane ihre Mandatare.
-Kassen und Kontrolle entfallen, Verrechnungen und Ersätze werden
-erspart und das Begleitungspersonal könnte gewiß sehr vermindert
-werden, wenn nicht die übertriebene Ausnützung des Personals in
-der heutigen Gesellschaftsordnung einer humaneren Behandlung der
-geringeren Eisenbahnbediensteten Platz machen und aus diesem Grunde
-eine Vermehrung des Personals nach anderer Richtung wieder stattfinden
-müßte.
-
-Dabei kommt nun weiters in Betracht, daß im Kollektivstaat, wenn
-obige Vorschläge für die Verteilung der Bevölkerung angenommen werden,
-die Gütertransporte der Eisenbahnen im Verhältnisse zur Gesamtmenge
-der Produkte vermindert werden. Es wird ein viel größerer Bruchteil
-der Produkte am Produktionsort oder in dessen Nähe konsumiert und im
-letzteren Falle der Transport mit Pferden betrieben und auch die Pferde
-verfrachten wieder mit geringerem Aufwand an Zugkraft und geringerer
-Begleitung.
-
-Inwiefern die Straßengüterfrachten durch Automobile statt der Pferde
-werden befördert werden, ist eine bloße Frage der ökonomischen
-Berechnung, wofür der Staatsverwaltung alle entscheidenden Daten
-vorliegen. Dabei wird in Betracht kommen, ob nicht die Pferdezucht zu
-anderen Zwecken und nicht bloß für den Transport, volkswirtschaftliches
-und militärisches Bedürfnis sein wird, wobei sich vielleicht ergeben
-wird, daß ein bestimmter Pferdestand unbedingt erhalten werden muß,
-dessen Ausnützung für Transportzwecke aus diesem Grunde ökonomischer
-ist, als ein Automobiltransport, der vielleicht dann ökonomischer wäre,
-wenn man die Pferde ganz eingehen lassen könnte. Der Kollektivismus
-hat in vielen Einzelheiten eine ökonomische Berechnung, die für unsere
-Verhältnisse nicht zutreffend wäre.
-
-
-2. Ihre Benützung für die Zwecke des Einzelnen.
-
-Hier kommt vorwiegend der Personentransport in Betracht.
-Geschäftsreisen werden im Kollektivstaate nur wenige und nur als
-Dienstreisen vorkommen. In unseren Verhältnissen sind es Agenten,
-Kaufleute, Marktfahrer, Anwälte, Zeugen und Streitparteien, welche die
-Waggons füllen. Mit dem Wegfallen des Handels und der Verminderung der
-Streitigkeiten wird das anders. Im Kollektivstaat ist es das Vergnügen
-und die Belehrung, welchen die Bahnen als Personentransportanstalten
-dienstbar sind. Man wird für Österreich annehmen können, daß es zur
-Zeit der Errichtung des Kollektivstaates mehr als 6000 deutsche Meilen
-Vollbahnen und ebensoviel Kleinbahnen haben wird, deren Erweiterung
-sich für die geänderten Verhältnisse kaum als wünschenswert erweisen
-wird, wenn auch die Verteilung der Bevölkerung in Zukunft eine andere
-sein wird. Diese geänderte Verteilung wird übrigens die Wirkung haben,
-daß die Personenzüge eine gleichmäßigere und nicht eine so schwankende
-Besetzung haben werden. Denn wo ungeheure Bevölkerungszentren mit
-kleinsten Orten abwechseln, bemerkt man ein plötzliches Gedränge, das
-mit völliger Entlastung abwechselt.
-
-Es ist sehr fraglich, ob der Kollektivstaat etwaige Lücken, welche sich
-in den Eisenbahnen vorfinden mögen, ergänzen, und nicht lieber andere
-Beförderungsarten einschieben wird. Die Beförderungsmengen sind im
-Kollektivstaat viel konstanter als heute, und sie sind viel leichter
-und vollständiger zu ermitteln, daher die ökonomische Berechtigung
-neuer Bahnen mit absoluter Sicherheit im vorhinein festzustellen sein
-wird.
-
-Eher als eine Vermehrung der Vollbahnen wird für die Reisen innerhalb
-der Bezirke und von den Urgemeinden zur Bahn das Fahrrad, dann das
-Automobil, unter Umständen der Automobilomnibus, und für die gebirgigen
-Gegenden die elektrische Kleinbahn in Betracht kommen.
-
-Wenn im Kollektivstaate Eisenbahnen oder neue Straßen oder ähnliche
-große Anstalten ausgeführt werden, ist der Arbeitsaufwand viel geringer
-als heute. Aller Besitz ist in =einer= Hand und es entfallen alle
-jene Geschäfte die notwendig sind, um die Geldmittel zu beschaffen,
-Arbeitsleute anzuwerben, Grund und Boden anzukaufen und die vielen
-Schwierigkeiten zu beheben, die entgegenstehende Privatinteressen
-verursachen.
-
-Die Volksbeschlüsse, welche sich auf den Bau neuer Eisenbahnen, Kanäle
-und anderer solcher Kommunikationen beziehen, werden wahrscheinlich zu
-jenen gehören, welche nach III, 3, _Alinea_ »Das souveräne Volk« Anlaß
-geben, ausnahmsweise Abgeordnete zu wählen, obwohl auch solche Fragen
-in der Schweiz heute schon durch das Referendum entschieden werden,
-wenigstens insofern es sich um den Ankauf solcher Unternehmungen für
-den Staat handelt, wobei wir allerdings in Betracht ziehen müssen, daß
-ein fertiges, seit langem betriebenes Unternehmen leichter vom Volke
-beurteilt werden kann, als ein Projekt für die Neuschöpfung solcher
-gewaltigen Unternehmungen. Die Volksbeschlüsse aber, welche sich auf
-den für den Personentransport bestimmten =Betrieb= der Eisenbahnen
-und wohl auch anderer großen Kommunikationsanstalten beziehen, werden
-in der Art erfolgen, daß der Staatsverwaltung vorgeschrieben wird,
-wie viele Personenzüge regelmäßig jede Strecke zu befahren haben
-und unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaße Sonderzüge
-einzuleiten sind. Auch die Geschwindigkeiten der Züge und die Zahl
-der bei den einzelnen Zügen einzustellenden Personenwagen werden durch
-Volksbeschlüsse vorgeschrieben werden. Dem entsprechend wird dann die
-Verwaltung alles einzuleiten haben, was dieser Verkehr bedingt. Ist die
-Gesamtlänge der Eisenbahnen z. B. für Österreich-Ungarn 12,000 deutsche
-Meilen, welche viermal, zweimal hin und zweimal zurück mit je soviel
-Sitzplätzen zu befahren sind, so ergibt das 48,000 Zugsmeilen täglich,
-wodurch die Produktionsmenge festgestellt erscheint.
-
-Andererseits würden für die Verteilung der Plätze auf den Zügen
-allgemeine Normen erlassen.
-
-Der Staatsverwaltung Vorschriften wegen des Betriebes der Transporte
-zu machen, wird weder notwendig noch zweckmäßig sein, weil die
-Transportbewegung von Produktion und Konsumtion (im weiteren Sinne,
-wonach auch Bezug von Sachen zur Benützung als Konsum gerechnet
-wird) abhängt und es sich nur um Ökonomie in der =Disposition=
-über die Güterverfrachtung handelt. Das ist nun offenbar
-Verwaltungssache und diese Dispositionen hängen auch von Umständen
-ab, die nicht vorauszubestimmen sind, so von Ernteergebnissen
-und von Elementarereignissen. Der Gütertransport ist übrigens
-ein integrierender Bestandteil des Produktionsbetriebes, weil
-die Produktion erst beendet ist, wenn die Güter am Verbrauchs-
-beziehungsweise am Benützungsorte angelangt sind. Daher geht jeder
-Warentransport für Rechnung des ganzen Volkes, nicht für Rechnung des
-Konsumenten, während heute die größere Entfernung vom Erzeugungsorte
-größere Kosten für den Konsumenten verursacht. Hierin liegt
-einerseits eine Versicherung des Einzelnen gegen den Zufall, der
-in der Ortsansässigkeit begründet ist, andererseits aber der große
-wirtschaftliche Nutzen, der in der Ersparung einer großen und wichtigen
-Arbeit für Spekulation, Verträge und Verrechnung begründet ist, wie
-auch andererseits die Verfrachtung ausschließlich für Rechnung des
-Staates allen Aufwand an Arbeit für Frachtversicherung entbehrlich
-macht. Übrigens werden diese volkswirtschaftlichen Vorteile des
-Kollektivismus zum größten Teile dort in Anschlag kommen, wo die Kosten
-der heutigen Gesellschaftsordnung an Handelsarbeit erörtert werden.[12]
-
- [12] Was die Lage des Domizils heute für Wirkungen hat,
- empfinden die Beamten und Offiziere, die an manchem Orte
- um 20-30 Prozent teurer leben, als am andern, daher das
- durch Teuerungsbeiträge ausgeglichen wird. So gewährt
- der Staat =seinen= Organen heute in etwas roher Art
- das, was er als Kollektivstaat =allen= gewähren muß.
- Die Preisdifferenz zwischen verschiedenen Provinzen
- Österreichs in den Jahren 1830-1880, allerdings =vor=
- Entwickelung des Eisenbahnwesens, beträgt beispielsweise
- für Roggen 1832 2.11, gegen 4.33, 1833 1.65, gegen 5.16,
- 1845 3.02, gegen 6.24, 1848 3.76, gegen 7.50, 1879 3.98,
- gegen 8.80, und für Gerste 1830 1.51, gegen 5.50, 1839
- 2.28, gegen 5.79, 1848 2.85, gegen 6.27, 1880 4.37, gegen
- 9.36, also von 1 : 2 bis 1 : 3. Wie einfach löst der
- Kollektivstaat diese Frage und zugleich erspart er die
- Arbeit in den Administrationen.
-
-So wie die Eisenbahnen, werden auch die Kanäle und die Schiffahrt
-auf Seen und Meeren für Rechnung des Staates und vorzüglich zur
-Frachtenbeförderung betrieben werden. Aber alle diese Kommunikationen
-dienen auch zur Personenbeförderung und zwar für Inländer mit Ausschluß
-der Geldwirtschaft. Daher werden die Anweisungen auf Beförderung von
-Reisenden nicht von den Verwaltungsämtern der Kommunikationsanstalten,
-sondern von den Verwaltungsbeamten des Domizils des Reisenden
-ausgefertigt. Der beurlaubte Arbeiter, der in eine andere Gemeinde
-versetzte Arbeiter erhält die erforderliche Anweisung auf Beförderung
-von seinem Verwaltungsbeamten. Fremde erhalten sie von den
-Verwaltungsbeamten der Einbruchstationen; Pensionisten gleichfalls
-von dem Verwaltungsbeamten des Domizils. Die Bewohner von Ortschaften,
-die an der Bahn, oder an Kanälen, Seen oder Meeresufern gelegen sind,
-können für beschränkte Entfernungen Anweisungen auf Beförderung für
-jeden Tag oder gewisse Wochentage erhalten, insofern dadurch der Dienst
-nicht gefährdet wird, und diese Anweisungen ersetzen die heutigen
-Abonnements. Das kann für Zusammenkünfte mit Verwandten und Freunden
-oder Versammlungen von größtem Interesse sein.
-
-Wer auf solche Anweisungen Anspruch hat, bestimmen die
-Verteilungsgesetze. Ebenso bestimmen sie, wem Pferd und Wagen zu
-überlassen ist. Wahrscheinlich wird man eine Anzahl von Wagen, dann
-auch Reittiere, den Beamten, Ärzten und Lehrpersonen in jeder Gemeinde
-und Quartier nicht nur für Dienstfahrten, sondern auch für Lustfahrten
-und als Reitgelegenheit zuweisen. In größerem Maße wird man natürlich
-in den Städten Reitpferde und Wagen aufstellen.
-
-
-b) Automobile.
-
-Ob solche zum Transport von Waren und zum Massentransport von Personen
-zur Verwendung gelangen, wird ein Gegenstand ökonomischer Berechnung
-sein. Es ist wahrscheinlich, daß für größere Städte, die aber weniger
-besiedelt sind, als heute, das Automobil als allgemeines Verkehrsmittel
-gute Dienste leisten könnte. Als Sport wird das Volk die Automobilfahrt
-schwerlich betreiben können. Was den Aufwand für Automobile anbelangt,
-so würden die dynastische Familie und der Adel denselben aus den
-ihnen angewiesenen Mitteln bestreiten können und ebenso werden die
-Verteilungsgesetze bestimmen, welchen Personen, die die höchsten
-Stellen erklommen haben, Akademikern, Künstlern, Erfindern usw.
-Automobile und die Betriebsmittel zur Verfügung zu stellen sind. Allein
-die Gefährdung von Personen und Sachen durch diesen Sport wird man
-nicht dulden.
-
-Was den Transport und nicht nur den Transport auf den Eisenbahnen
-und mit Maschinenbetrieb, sondern auch den Transport mit Zugtieren
-anbelangt, so ist er im Kollektivstaat schon deshalb viel
-ökonomischer, weil er durchaus Massentransport ist. Die Versorgung der
-Produktionsstätten, die nicht an einer Eisenbahn liegen, mit Material
-wird auch nicht in geringen Mengen, sondern auch nach Tunlichkeit
-in Wagenladungen erfolgen. So braucht eine Schuhmacherwerkstätte
-viele Hunderte von Zentnern Leder, die Bekleidungsindustrie und
-Wäschefabrikation viele Tausende von Metern Stoff in einem Jahre, wobei
-übrigens zu bemerken ist, daß höchstwahrscheinlich Stoffe und Leder
-schon in den Webereien und Gerbereien zugeschnitten, auch Holz im Walde
-nahezu fertig bearbeitet werden wird, was bei der Massenfabrikation im
-Kollektivstaate das natürlichste ist.[13]
-
- [13] Aus Pohlmanns »Geschichte des antiken Kommunismus
- und Sozialismus«, II. Seite, 165, ersehen wir, daß
- schon im griechischen Altertum die Arbeitsteilung
- soweit vorgeschritten war, daß es ein besonderes
- Zuschneidegewerbe gab und wie es scheint, nicht bloß für
- Schuhwerk, sondern auch für Kleider.
-
-Die enge Zentralisation der Pferdetransporte ergibt auch bei diesen
-eine große Ersparnis an Begleitpersonen.
-
-
-5. Telegraph und Telephon.
-
-Beide Einrichtungen haben allgemeinen und privaten Zwecken zu dienen
-und, da die ersteren die wichtigeren sind, ist bei der Anlage beider
-vor allem den Bedürfnissen der Verwaltung Rechnung zu tragen.
-
-
-a) Ihre Einrichtung und Benützung für allgemeine Zwecke.
-
-Telegraph und Telephon haben sich der staatlichen Organisation
-anzuschließen, daher sie die Reichshauptstadt mit allen
-Provinzialstädten, diese mit den Kreisstädten, die Kreisstädte mit
-den Bezirksorten und die Bezirksorte mit den Urgemeinden zu verbinden
-haben. Bei den Verbindungen auf größere Entfernungen hat der Telegraph,
-in den kleineren Verzweigungen das Telephon, die größere Bedeutung.
-Inwiefern in den Gemeinden wieder eine Verzweigung des Telephons
-einzurichten wäre, ist eine Frage der Ökonomie. Selbstverständlich
-ist eine solche Verzweigung in den städtischen Gemeinden, aber auch
-in den Urgemeinden wird eine Abzweigung vom Gemeindepalast nach den
-Wirtschaftsgebäuden, vielleicht auch nach verschiedenen Teilen des
-Gemeindepalastes und nach den Schlafhäusern sich empfehlen. Ebenso
-könnte man an fliegende Leitungen nach einzelnen Arbeitsstellen denken,
-so nach den Feldern, Wiesen, und Wäldern, wenn die Entfernung dafür
-spricht, daß dadurch ökonomische Vorteile erzielt werden.
-
-Die Verzweigung des Telephons bis in die Gemeinden erfordert keinen
-Aufwand, der größer wäre, als man schon heute macht, denn es würden
-dadurch im Ganzen nur 50-60,000 Sprechstellen für einen Staat mit
-45 Millionen Einwohnern bedingt. Für die Verwaltung hat eine solche
-Verzweigung, vorzüglich des Telephons, die allergrößte Bedeutung,
-da sich diese Bedeutung für alle größeren Produktionsstätten längst
-erwiesen hat und jede Urgemeinde eine Produktionsstätte im großen
-Maßstabe ist. Alle Mitteilungen öffentlicher Natur werden so in
-kürzester Zeit allgemein verbreitet und es würde im Falle einer
-Kriegserklärung möglich sein, innerhalb einer Stunde das ganze Volk
-aufzurufen.[14]
-
- [14] Die Fernsprechleitung zur Verbindung aller Gemeinden
- mit den Bezirksvororten, dieser mit den Kreisstädten,
- der Kreisorte mit den Provinzialorten und dieser mit der
- Zentrale würde in Österreich-Ungarn zirka 50,000 Kilometer
- Leitungsdrähte und 60,000 Sprechstellen erfordern.
- Deutschland aber hatte schon 1899 195,000 Sprechstellen,
- aber allerdings viel geringere Leitungslänge.
-
-Jedes Verwaltungsamt würde in die unmittelbarste Verbindung mit
-jenen Kommunikationen gebracht. Besonders die Verwaltungsbeamten
-für Urgemeinden, Bezirke und Kreise würden das Telephon entweder in
-ihrem Arbeitszimmer, oder in einem ganz nahe gelegenen Raume haben,
-und keiner Hilfskräfte bedürfen, um untereinander zu verkehren. Da
-im Bezirksorte und den Kreisstädten oft Verbindungen des Telephons
-herzustellen sein werden, wird eine Bedienung des Telephons zu diesem
-Ende allerdings notwendig sein, aber man wird darum keine Beamten
-anstellen, sondern den Dienst durch das hauswirtschaftliche Personal
-versehen lassen. Besonders würde sich dazu jener Mann oder jene Frau
-eignen, welche im Bibliotheksaale ohnehin zu schaffen hat und in diesem
-Falle würde auch dort die Telephonzentrale ihren Platz haben. Es gibt
-auch noch andere Dienstleistungen, die an einen bestimmten Raum im
-Gemeindepalaste gebunden sind. So würde die Besorgung und Verwaltung
-der Vorräte an Kleidern und Wäsche und Konsumtibilien, VIII, 5, eine
-Frau den ganzen Tag über beschäftigen und an einen bestimmten Raum
-binden, wohin die Telephonzentrale verlegt werden könnte. Es ist zu
-beachten, daß sowohl die Bezirkszentrale als die Kreiszentrale, wenn
-keine Doppelleitungen bestehen, nur je zirka zwanzig Sprechstellen zu
-bedienen hat.
-
-Eine ökonomische Frage ist die, ob sich nebst den oben geschilderten
-Verzweigungen der elektrischen Leitungen auch Transversalleitungen
-empfehlen, so daß man von einer Gemeinde auch mit Umgehung der
-Kreiszentrale mit Gemeinden anderer Kreise oder selbst anderer
-Provinzen in Verbindung treten könnte. Wesentlich ist die Organisation
-der Verwaltung so gedacht, daß die hierarchische Ordnung nicht umgangen
-werden und der Verwaltungsbeamte nur mit seinem Bezirksvorsteher,
-der Bezirksvorsteher nur mit seinem Kreisvorsteher verkehren soll.
-Aber eine Umgehung dieser Vorschrift wird sich durch den Mangel an
-Transversalleitungen nicht verhindern lassen. Für den Privatverkehr
-aber wären Transversalleitungen sehr wünschenswert, damit die Sperrung
-der wenigen Linien nicht zu oft eintreten und zu lange dauern soll.
-
-Für die Kreis- und Provinzialstädte, welche nur 5,000 und 20,000
-Bewohner und Fremde im Maximum beherbergen sollen,[15] wäre je
-eine Telephonzentrale und ihre Bedienung durch Angehörige des
-hauswirtschaftlichen Personalstandes für die Lokalgespräche vollkommen
-ausreichend und es wären der geringen Leitungslänge wegen vier- und
-fünffache Verbindungen der einzelnen Quartiere mit der Zentrale ohne
-erheblichen Aufwand herzustellen. Was aber die Reichshauptstadt
-mit einem Stande von 400,000 Köpfen an Bewohnern und Fremden
-anbelangt, so wäre vielleicht die Anlage von Zwischenzentralen
-zu empfehlen. Die Natur der Sache wird es mit sich bringen, daß
-auch in der Reichshauptstadt je zwanzig Quartiere zu einem Bezirke
-vereinigt und der ganzen Stadt ein Kreisbeamter vorgesetzt werde.
-Die Quartiere werden der Urgemeinde sehr ähnlich eingerichtet sein
-und einen von Schlafhäusern umgebenen Palast für Geselligkeiten und
-Mahlzeiten enthalten, in welchem der Quartierverwaltungsbeamte die
-Verwaltungsgeschäfte besorgt. So hätten auch die Bezirksbeamten und der
-Kreisbeamte in der Hauptstadt ihre besonderen Paläste für Verwaltungs-
-und Repräsentationszwecke und die Telephonzentralen wären in den,
-den Verwaltungskanzleien zunächstgelegenen Räumen dieser Paläste
-unterzubringen. Da diese Beamten höchst wahrscheinlich Kanzleidiener
-und Hilfsbeamte zur Verfügung hätten, so wäre für die Herstellung von
-Verbindungen der einzelnen Sprechstellen kaum ein besonderes Personal
-anzustellen.
-
- [15] Uns erscheinen heute solche Normierungen sonderbar,
- da aber der Staat es ist, der Eigentümer von Grund und
- Boden und von allen Häusern ist und Jeden mit Wohnung zu
- versorgen hat, ist er in der Lage, die Bewohnerzahl aller
- Ortschaften zu normieren und er kann damit sehr wichtige
- Zwecke verfolgen.
-
-Es scheint, daß nur der telegraphische Korrespondenzdienst der
-Kreisämter, Provinzämter und der Zentralverwaltung die Anstellung
-von eigentlichen Telegraphenbeamten, welche ausschließlich für den
-telegraphischen Depeschendienst angestellt werden, notwendig machen
-würde, und so dürfte auch das Bedienungspersonal für Telephone
-und Telegraphen außerordentlich vermindert werden können, bei viel
-intensiverer Ausnützung dieser Anstalten sowohl für Verwaltung, als für
-Privatgespräche und Privatdepeschen.
-
-Die Verwaltungsgeschäfte werden bei kollektivistischer Organisation
-der Produktion und Verteilung viel einfacher und doch viel rascher
-und wirksamer abgewickelt, als die Verwaltungsgeschäfte der
-Privatunternehmer und Kaufleute. Vielleicht wird dem Leser das
-überzeugend dargetan durch den Abschnitt VI, 8, über die Statistik,
-welche die Grundlage für die Verfügungen der Verwaltungsbeamten bietet.
-Freilich werden allabendlich stattliche und enorm viele Zahlenreihen
-durch die elektrische Kommunikation von Amt zu Amt befördert, aber
-diese Telegramme ersetzen auch eine Unzahl von Telegrammen, welche
-heute die Kaufleute austauschen müssen.
-
-
-b) Ihre Benützung für die Zwecke der Einzelnen.
-
-Wenn auch die amtlichen Gespräche den Vorrang vor Privatgesprächen
-haben, so dient doch der telephonische und telegraphische Verkehr auch
-für die Gespräche und Mitteilungen der Einzelnen. Schon bei einer
-Einschränkung der telephonischen Verbindungen auf ihre Fortsetzung
-bis in den Gemeindepalast, somit bei der Einschränkung des Telephons
-auf etwa 60,000 Sprechstellen für einen Staat wie Österreich ist doch
-=jeder= Staatsbürger des Reichs mit =jedem= anderen Reichsgenossen
-telephonisch verbunden, wenn er sich nur in den Gemeindepalast bemüht
-und eine Zeit wählt, wo wahrscheinlich auch der Angesprochene im
-Gemeindepalaste seiner Urgemeinde sich aufhält, oder einer seiner
-Gemeindegenossen ihm die Botschaft zu bringen übernimmt. Letzteres
-wird vielleicht die Regel sein. Naturgemäß wird das Privatgespräch
-mit Bewohnern desselben Bezirkes die Regel sein, seltener werden
-Privatgespräche mit anderen Bezirken desselben Reiches und sehr selten
-solche auf größere Entfernungen sein. Es wird wohl auch die Wichtigkeit
-der Mitteilung entscheidend sein und es genügt wohl, daß für besondere
-Fälle jeder mit jedem telephonisch verbunden werden kann. Verbindungen
-mit dem Auslande sind auch möglich und das Vorrecht auf Benutzung des
-Telephons auf größere Entfernungen ist eine Verteilungsfrage.
-
-Es werden auch Sammelgespräche vorkommen. So kann eine Person zu einer
-Zeit, wo das Telephon für dienstliche Zwecke nicht beansprucht wird,
-Mitteilungen und Fragen für zehn oder zwanzig Gemeindegenossen an zehn
-oder zwanzig Angehörige einer bestimmten Gemeinde richten, welche dort
-wieder von einer einzigen Person für viele übernommen werden. So kann
-das Telephon für Privatzwecke stärker ausgenützt werden.
-
-Dem Zwecke dieser Untersuchungen entsprechend wird hier keinerlei
-Fortschritt in den heute bekannten Einrichtungen des elektrischen
-Verkehrs vorausgesetzt, nicht einmal die Einführung des Ferndruckers,
-der schon heute in Berlin in Verwendung steht, noch das Verfahren für
-beschleunigtes Telegraphieren von Viragh & Pollack, noch die drahtlose
-Telegraphie, die übrigens schwerlich je für eine Massenbenutzung
-brauchbar sein wird. Es handelt sich nur um organisatorische Fragen und
-darauf bezügliche Anregungen sind hier oben gegeben worden.
-
-
-6. Die Post.
-
-Sie wird auch zunächst der Verwaltung zu dienen haben und im Felleisen
-alles befördern, was von Amt zu Amt geht. Über diesen Gegenstand ist
-nichts weiter zu sagen, als daß die Post keine Geldsendungen befördert
-und für den Privatverkehr auch keine sogenannten eingeschriebenen
-Briefe oder Pakete. Sollte man doch etwas Ähnliches in Ausnahmefällen
-zulassen, so würden eingeschriebene Privatbriefe in die amtliche
-Korrespondenz aufgenommen und die Aufgabe vom Verwaltungsbeamten
-bestätigt werden. So könnten auch Wertsendungen, die nach dem, was
-über die Konsumtibilien in VIII, 5, gesagt wird, auch zwischen Privaten
-denkbar, aber jedenfalls sehr selten wären, befördert werden. Es wird
-nichts verschlagen, wenn solche Privatsendungen einen halben Tag länger
-als heute unterwegs sind, denn viel wichtiger, als die Beschleunigung
-von Privatsendungen dieser Art ist die Ersparnis im Aufwande für die
-Post, von der sofort die Rede sein wird.
-
-Es bedarf nämlich im Kollektivstaate keiner besonderen Postämter mehr;
-der Briefkasten nimmt die abgehenden Briefe auf und die ankommenden
-kann man sich in der Gemeindekanzlei beheben oder bei den Mahlzeiten
-durch eine Frau des hauswirtschaftlichen Personals verteilen lassen.
-Die Briefkästen können mit Abteilungen versehen sein, wodurch schon
-der Absender eine erste Sortierung nach den Hauptrichtungen, die
-die Eisenbahnbeförderung einschließt, vornimmt. Dabei handelt es
-sich meist nur um zwei Richtungen der den nächsten Eisenbahnort
-durchfahrenden Eisenbahn, selten um drei oder vier Richtungen und ist
-einmal der Brief so in den richtigen Weg geleitet, so ist die weitere
-Instradierung vom Zugsbegleitungspersonale zu besorgen, wobei eine
-zweckmäßige Adressierung diese Arbeit sehr erleichtert. Man könnte vom
-Absender verlangen, daß er die Adressen mit Angaben versieht, die dem
-Zugbegleitungs- und Frachtpersonale die Instradierung erleichtern.
-
-Nur in der Reichshauptstadt und den Provinzorten wird ein eigenes
-Postdienstpersonal anzustellen sein, um die Briefpost so rasch als
-möglich, etwa von Stunde zu Stunde, zuzustellen und die nach auswärts
-gehende Post zu sortieren.
-
-Selbstverständlich ist die Post unentgeltlich und es kann jeder
-Bewohner des Reiches -- auch jeder Fremde -- Briefe und Karten
-aufgeben, so viel ihm beliebt. Beschränkt ist er nur insofern, als
-er nur eine bestimmte Menge von Papier, Kouverts und Briefkarten zur
-Verfügung hat, welche nach VIII, 5, als Konsumtibilien verteilt werden.
-Man wird daher sparen, um das Jahr über mit seinem Vorrate auszukommen,
-man wird aber auch von solchen Gemeindegenossen, die einen Überschuß
-haben, leicht Papier und Kuverts überlassen erhalten, wenn man alles
-verbraucht hat.
-
-Man wird übrigens nur eine kleine Ecke der Adreßseite einer Karte
-oder eines Kuverts mit der Adresse beschreiben und kann den Rest
-für Korrespondenz benützen, da alle heute bestehenden Beschränkungen
-entfallen können. Es muß nur erkenntlich sein, daß das Schriftstück als
-Postsendung zu behandeln ist. Poststempel sind ganz unnötig.
-
-Ein ganzer Pack Zeitungen, welcher auf der Adreßschleife die Zahlen
-einer Gemeinde trägt, kommt in die betreffende Gemeinde und wird dort
-den Lesern zur Verfügung gestellt und es entfallen auch hier wieder
-eine große Menge von Adressen und die Adressenregister. Es ist nicht
-uninteressant, daß die Post in einem Staat wie Österreich bei ganz
-ungenügender Entlohnung ihrer niederen Organe einen Aufwand von beinahe
-180 Millionen Kronen im Jahre macht und daß der damit ausgedrückte
-Aufwand im Kollektivstaat beinahe ganz in Ersparung gebracht wird
-durch die Vereinfachung in der Verteilung, durch die Beseitigung der
-Geldwirtschaft, der Wertsendungen an Einzelne und durch Ausnutzung der
-Arbeitskräfte in der Hauswirtschaft und Zugsbegleitung. Es zeigt sich
-hierin der ökonomische Wert der durch den Kollektivismus bedingten und
-ermöglichten Organisation.
-
-
-7. Tagesblätter der Verwaltung.
-
-Wenn auch das Zeitungswesen, soweit es den Vereinszwecken, der
-Unterhaltung, der Kunst und Wissenschaft zu dienen hat, an einem
-anderen Orte zu behandeln ist, so muß doch hier noch das Zeitungswesen
-besprochen werden, insofern es der Verwaltung, der Statistik und
-der Erörterung der öffentlichen Angelegenheiten zu dienen hat, weil
-das zum Verständnisse des Verwaltungsapparates erforderlich ist. In
-seiner Gesamtheit zerfällt das Zeitungswesen a) in die periodischen
-Veröffentlichungen der Staatsverwaltung, die öffentliche Erörterung
-der Gesetzesvorlagen und Wahlvorschläge und in die statistischen
-Publikationen, welcher Teil des Zeitungswesens hier besprochen wird,
-und b) in die der Vereinspublikationen, der schönen Literatur, der
-Kunst und Wissenschaft gewidmeten Zeitungsorgane, die in VIII, 4, a, b,
-und c, behandelt werden.
-
-Die Tagesblätter der Verwaltung zerfallen in die Bezirks-, Kreis-
-und Provinzialblätter und das Reichsblatt. Sie erscheinen täglich und
-enthalten -- wenn es ökonomisch ausführbar ist -- tägliche, monatliche
-und jährliche statistische Ausweise, worüber im folgenden Abschnitte
-VIII, das Nähere enthalten ist. Man würde insbesondere von den
-statistischen Ausweisen auf diese Art nicht nur die Reichssummarien,
-sondern auch die Provinzial-, Kreis- und Bezirkssummarien, welch
-letztere sich aus den statistischen Ausweisen der Urgemeinden aufbauen,
-veröffentlichen und die Richtigkeit der Ausweise der Urgemeinden
-können nicht nur die Verwaltungsbeamten einerseits der Urgemeinden,
-andererseits der Bezirke und alle ihre Hilfsorgane nachprüfen, sondern
-auch jeder Bewohner der betreffenden Urgemeinde und jeder Besucher aus
-anderen Gemeinden. =Hier werden die offiziellen Blätter nur nebenher
-besprochen, Ausführliches ist in= VIII, 4, a, =enthalten=.
-
-Man kann sich gerade von der Ökonomie der Druckindustrie besonders der
-Papierproduktion, welche für die Beurteilung, ob die hier erwähnten
-Publikationen in dem Maße veröffentlicht werden können, wie ich
-verspreche, entscheidend ist, eine ziemlich genaue Vorstellung machen,
-da man eine verläßliche Statistik der Papierproduktion besitzt. Man
-schätzt den heutigen Verbrauch von Papier in Österreich auf 3-1/2 bis
-4 Kilo pro Kopf und Jahr, das macht 10 Gramm pro Kopf und Tag. Demnach
-entfallen auf eine Gemeinde von 1000 Köpfen 10 Kilo Papiererzeugnisse
-für den Tag, wovon man die Hälfte auf Druckpapier rechnen kann. Doch
-ist schon heute der Verbrauch in Nordamerika doppelt so groß wie in
-Österreich, man berechnet ihn auf 8 Kilo Papiererzeugnisse für den
-Kopf, und es würde sich die Ökonomie der Papierproduktion ebenso,
-wie die des Verbrauches im Kollektivstaat günstiger stellen. Was
-die Erzeugung anbelangt, so gestattet der Kollektivismus eine viel
-vollkommenere und raschere Sammlung aller jener Abfälle, die als Lumpen
-zur Papiererzeugung verwendet werden und ebenso die vollständige und
-rasche Sammlung der Papierabfälle, wovon heute der größte Teil gänzlich
-verwüstet wird. Und was die Ökonomie des Verbrauches anbelangt, so ist
-in Betracht zu ziehen, daß eine Unmasse von Packpapier und Enveloppen
-in der geschilderten Kollektivwirtschaft dadurch in Ersparung gebracht
-würde, daß die Güter nicht an die einzelnen Familien, sondern an die
-Urgemeinden geliefert werden. Da man heute auf Papier und dergleichen
-im Handel verbrauchte Papierprodukte, allerdings mit Inbegriff
-von Tapeten, 15 Vierzigstel der Papierprodukte dem Gewichte nach
-rechnet, so wird im Kollektivstaate ein großer Teil davon erspart und
-verhältnismäßig mehr Druckpapier erzeugt werden können.
-
-Die Verteilung der erwähnten Tagesblätter würde in der Weise
-erfolgen, daß eine =allgemeine= Verlautbarung der Publikationen der
-Bezirksblätter nur in den Gemeinden des Bezirkes und der Publikation
-der Kreisblätter nur in den Gemeinden des Kreises u. s. f. stattfinden,
-eine Verlautbarung, welche wohl nicht mehr voraussetzte, als daß zehn
-Exemplare eines solchen Blattes in jeder Urgemeinde der betreffenden
-Zirkumskription durch eine Woche öffentlich aufliegen. Doch würde man
-in jeder Kreis- und Provinzstadt und in der Reichshauptstadt je ein
-oder zwei Exemplare =aller= Bezirks-, Kreis- und Provinzialblätter in
-einer bestimmten Bibliothek öffentlich auslegen, damit jene, die sich
-darum interessieren, dort alles finden können, was veröffentlicht wird.
-Da übrigens neun Zehntel der aufgelegten Exemplare nach einer Woche
-wieder in die Papiermühlen wandern, könnten sie vorher noch Vereinen
-oder einzelnen Personen zur Einsicht zugemittelt werden, die sich
-entweder um die Kontrolle der Staatsverwaltung verdient machen, oder
-die wissenschaftliche Zwecke verfolgen und diese Publikationen als
-Quellen benützen wollen.
-
-Das Provinz- und Reichsblatt braucht wohl nur in je 5 Exemplaren den
-Urgemeinden zugesandt zu werden.
-
-Die genannten amtlichen Blätter würden außer den statistischen
-Nachweisen noch andere Verlautbarungen bringen, so neue Verordnungen,
-Erledigungen, Besetzungen, Erörterung von Fragen allgemeiner Natur,
-dann insbesondere die Bekanntgabe und Erörterung von Wahlvorschlägen
-und Vorschläge für neue Gesetze. Die Wahlen gingen die Staatsverwaltung
-nichts an, aber die Erörterung der Fragen des öffentlichen Wohles
-und neuer Gesetzes-Vorschläge sollte zwischen den Verwaltungs- und
-den Volksbeamten und eventuell den von ihnen bestellten Redakteuren
-polemisch geführt werden, dergestalt, daß Erstere alle Gründe
-der Staatsverwaltung für ihre Vorschläge und zwar mit beständiger
-Hinweisung auf das allgemein bekannte ungeheure statistische Material
-dem Volke mitteilen, und daß die aus dem Volke laut werdenden Stimmen
-von der Organisation der Volksbeamten und ihren Redakteuren verwertet
-und von ihnen nötigenfalls die Gründe der Staatsverwaltung bekämpft
-werden. Das wird bei der hohen Bildung und Urteilsfähigkeit des Volkes
-mit viel weniger Worten und viel eindringlicher geschehen können, als
-heute in den Parlamenten.
-
-
-8. Die Verrechnung und Statistik.
-
-
-a) Ihre Aufgabe.
-
-Die Statistik im Sozialstaate dient nicht nur für wissenschaftliche und
-Verwaltungszwecke, sondern auch der nicht nur der Staatsverwaltung,
-sondern auch =dem gesamten Volke und jedem Einzelnen zustehenden
-Kontrolle der Verteilung=, nämlich, ob den Gesetzen gemäß verwaltet
-wurde. Sie umfaßt alle Veränderungen, die mit Personen und Sachen
-vor sich gehen und zerfällt in eine tägliche, eine wöchentliche,
-monatsweise und Jahresstatistik. Welche Veränderungen täglich
-zu erheben und zu fixieren sind, wird von den Volksbeschlüssen
-abhängen, man kann aber schon jetzt als Grundsatz aufstellen, daß
-die Bevölkerungsstatistik, die Statistik über die Arbeitsverteilung
-in ihren Hauptgruppen, der Verbrauch gewisser Nahrungsmittel, der
-Güterverkehr zwischen Staat, Provinzen, Kreisen, Bezirken und Gemeinden
-täglich zu erheben, amtlich zu prüfen und zu veröffentlichen ist.
-Im Gegensatze dazu wird die Statistik über das Inventar und die
-Wohnungsbauten und über die Wirtschafts- und Industriebauten nur einmal
-im Jahre aufzustellen und zu veröffentlichen sein. Doch ist hier
-nur von dem Bestand an Wirtschafts-, Industrie- und Wohnbauten und
-ihren Bestandteilen selbst, nicht von der Arbeitsverteilung und dem
-Güterverkehre für die Zwecke der Bauerhaltung und Bauherstellung die
-Rede, welche in kürzeren Intervallen statistisch zu bearbeiten sind.
-Wöchentlich oder monatlich mögen Sanitäts- und Schulstatistik u. dergl.
-zu veröffentlichen sein.
-
-Bezüglich der Statistik sind die städtischen Quartiere den Urgemeinden
-als unterste Einheiten gleichzuhalten. Als Zeitabschnitt für die
-Statistik ist die geeignetste Stunde am Tage, z. B. 6 Uhr abends, zu
-bestimmen.
-
-
-b) Die Bevölkerungsstatistik.
-
-Die Bevölkerungsstatistik umfaßt das genaue Alter einer jeden Person
-und alle wichtigen persönlichen Verhältnisse und die Verteilung der
-Bevölkerung auf die einzelnen Wohnungsansiedelungen. Die Feststellung
-des Alters soll womöglich bis auf Minute und Sekunde erfolgen. Insofern
-in einzelnen Fällen bei Geburts- und Sterbefällen die erforderliche
-Genauigkeit der Zeitangabe untunlich ist, sind Schätzungen vorzunehmen,
-welche im Gesetzes- oder Verordnungswege vorzuschreiben sind. Anfang
-und Ende eines Menschenlebens am Geburts- und Sterbetage kann in
-wenigen Fällen und innerhalb sehr enger Grenzen zweifelhaft sein.
-Der Alterszuwachs der in den Gemeinden und Quartieren versorgten
-Personen ist aber leicht in Evidenz zu halten, da dem Gesamtalter
-dieser Personen nur täglich so viele Lebenstage zuzurechnen sind, als
-der Gemeinde oder dem Quartiere Personen angehören. Dagegen wird bei
-Geburts- oder Sterbefällen nur die entsprechende Anzahl von Stunden,
-Minuten und Sekunden hinzugerechnet. Entdeckte Irrtümer z. B. bei der
-Auffindung der Leiche eines Vermißten werden in der Statistik jeweilig
-als Zuwachs oder Abfall eingestellt. Diese Genauigkeit der Feststellung
-betrifft aber nur die Beschreibung der einzelnen Individuen; für die
-zu veröffentlichende Statistik wird weiter unten eine Vereinfachung
-vorgeschlagen.
-
-Der Verwaltungsbeamte hat mit dieser Statistik, wenn sie täglich
-gemacht wird, nur wenig zu tun, da in der Woche kaum =eine= Veränderung
-durch Geburt oder Sterbefall unter tausend Menschen eintritt.
-
-Die Bevölkerungsstatistik hat ferner zum Gegenstande: Berufszuweisung,
-Beurlaubung, Domizilsveränderung, Berufsänderung, Abwesenheit von
-Gemeindegliedern, Anwesenheit Fremder, Anthropologie, Unterricht,
-Erziehungsergebnisse, Arbeitsbefreiung, Arbeitsverteilung, z. B. in
-der Landwirtschaft, und nicht alle Teile dieser Statistik erfordern
-eine tägliche Veröffentlichung. Es kann auch für gewisse Betriebe,
-abgesehen von der allgemeinen Ziffer der täglich darin beschäftigten
-Personen eine wöchentliche oder monatliche statistische Feststellung
-der Arbeitsverteilung innerhalb des Betriebes stattfinden, um z. B.
-im Glasfabriksbetriebe oder in Maschinenfabriken den veränderlichen
-Arbeitsaufwand für verschiedene Produkte, oder Bestandteile eines
-Produktes zu ermitteln. Demnach können auch für solche Betriebe
-Betriebsstatistiken in bestimmten Perioden veröffentlicht werden.
-
-
-c) Die Güter- und Verkehrsstatistik.
-
-Die Güter- und Verkehrsstatistik hat festzustellen Produktion und
-Verbrauch der Güter und wie die Güter örtlich verteilt und welche
-Veränderung mit ihrer Verteilung im Laufe des Tages vorgegangen
-sind. Das gilt besonders von Gütern, die, wie Fleisch, Eier, Milch,
-einem baldigen Verderben ausgesetzt wären, daher rasch verbraucht
-werden. Vorrat, Zuwachs und Abfall der Verbrauchsgüter (nicht aber der
-Gebrauchsgüter) sind täglich zu ermitteln und die Statistik behördlich
-zu prüfen.[16] Dasselbe gilt vom Güterverkehr von einer Gemeinde in die
-andere, so von Holz, Cerealien, Leder, Tuch, Werkzeugen, Maschinen,
-Mobilien, dann auch von anderen, als den oben bezeichneten Arten von
-Lebensmitteln, als Mehl, Gewürzen usw. Da aller Verkehr im Großen
-ausgeführt wird, werden die großen Fabriken täglich ganze Wagen-
-und Lastzugsladungen an die Bezirksvororte versenden, von wo die
-Verteilung an die Urgemeinden erfolgt. Es können aber auch mehrere
-an der Bahn gelegene Gemeinden als Ablade- und Lagerstellen bestimmt
-werden, wenn dadurch der Verteilungstransport vereinfacht werden kann.
-Die Disposition darüber bliebe aber dem Bezirksbeamten vorbehalten
-und es würde zunächst die Bezirksgemeinde damit, wie der Kaufmann
-sagt, belastet. Ob die Abschreibung in der Gemeinde der absendenden
-Fabrik erfolgt am Tage der Versendung oder erst beim Eintreffen in
-der Gemeinde, welche empfängt, oder ob eine Belastung und Entlastung
-der Transportanstalten für die Dauer der Fahrt zu geschehen hat, ist
-eine Frage der Zweckmäßigkeit, worüber die Erfahrung entscheiden
-wird. Im allgemeinen wird man Großmagazinage soviel als möglich
-vermeiden und alle Vorräte so rasch als möglich in die Verbrauchsorte
-abzustoßen suchen. So werden die ganzen Auflagen neuer Werke der
-Literatur sofort in die Bibliotheken verteilt. Die Güterstatistik hat
-also täglich festzustellen, in welchen Gemeinden oder Quartieren die
-Urstoffe, Halbfabrikate und die zum Verbrauche bestimmten Ganzprodukte
-sich befinden. Der Vorstand der Gemeinde oder Quartier, das ist der
-Verwaltungsbeamte untersten Ranges, hat wieder in Evidenz zu halten,
-wer =in der Gemeinde= die Verantwortung für die einzelnen Werte
-hat, und auch da wird ein unter Umständen in der Gemeindeverrechnung
-festzustellender Verkehr stattfinden, z. B. vom Viehzuchtbetriebe an
-die Fleischhauerei, von dieser an die Küchen- oder Hausverwaltung.
-Diese nur innerhalb der einzelnen Gemeinden vollzogenen Verschiebungen
-werden aber bei Gütern in der Regel nicht veröffentlicht, weil
-sie nur zur Orientierung der Gemeindeglieder dienen, welchen alle
-Gemeindeausweise zur Einsicht offen stehen müssen und die gedruckten
-oder sonst veröffentlichten statistischen Ausweise nur für die
-wechselseitige Verrechnung zwischen Gemeinden, Bezirken, Kreisen,
-Provinzen und dem Staate bestimmt sind.
-
- [16] Es wird sich zeigen, daß die Güterstatistik ein
- vortrefflicher Ersatz der heutigen Geldverrechnung,
- angepaßt der Naturalwirtschaft, ist.
-
-Es wird also zu unterscheiden sein, ob die in einer Gemeinde
-befindlichen Güter schon definitiv der Gemeindeverwaltung zum eigenen
-Verbrauche zugewiesen sind, oder ob sich in der Gemeinde Güter
-befinden, welche sie noch dem Bezirke zu verrechnen hat. Im ersteren
-Falle sind sie in der Statistik des Bezirkes nicht mehr zu buchen,
-sondern es ist darüber nur den Gemeindegliedern Rechnung zu legen, im
-anderen Falle sind die Güter so lange gewissermaßen als anvertrautes,
-dem Staate zu verrechnendes Vermögen zu führen, bis die Zuweisung für
-die Gemeindezwecke erfolgt.
-
-
-d) Zustandekommen und Einrichtung der Verrechnung und Statistik.
-
-Die nachfolgende Untersuchung soll dartun, daß die Vollständigkeit der
-Rechnungslegung auch in der Naturalwirtschaft gesichert werden kann
-und wie sie in Absicht auf diesen Zweck eingerichtet werden muß, wie
-die Kontrolle nicht nur der unteren Organe durch die höheren Organe
-der Staatsverwaltung, sondern auch der Staatsverwaltung durch die
-Öffentlichkeit ermöglicht wird und zwar in täglichen Zeitabschnitten,
-wo die Güter rasch verzehrt werden, also sich der späteren Feststellung
-entziehen würden, und weiteres dartun, daß die dadurch bedingte Arbeit
-von der Verwaltung leicht geleistet werden kann.
-
-Dem Verwaltungsbeamten der Gemeinde beziehungsweise des Quartiers
-haben die verschiedenen Abteilungsvorstände die für die statistische
-Verrechnung erforderlichen Angaben in der vorgeschriebenen
-Form schriftlich zu machen und die von allen Produktions- und
-Verteilungsstellen einlaufenden und gesammelten Daten hat der Beamte
-oder eine von ihm dazu bestimmte Person zur bestimmten Zeit dem
-Bezirksbeamten, wo es der raschen Veröffentlichung wegen dringend ist,
-durch den Telegraphen oder das Telephon, sonst schriftlich bekannt zu
-geben und dieser hat die Hauptsummen der unterstehenden Gemeinden und
-Quartiere samt den daraus ermittelten Hauptsummen des Bezirkes auf
-dieselbe Art dem Kreisbeamten mitzuteilen, der wieder die Hauptsummen
-der Bezirke als Einzelposten und die daraus ermittelten Hauptsummen
-des Kreises dem Provinzbeamten zu übermitteln hat, der wieder Kreis-
-und Provinzsummarien an die Zentralregierung weitergibt. Die täglich
-aufzustellende Gemeinde- und Bezirksstatistik ist dann zunächst vom
-Bezirks- und in Stichproben auch vom Kreisbeamten persönlich oder
-erforderlichenfalles durch Vertrauenspersonen an Ort und Stelle zu
-überprüfen.
-
-Hieraus ergibt sich, daß Überschüsse und Abgänge, die eine Ausgleichung
-und Güterbewegung notwendig machen, nicht nur dem Gemeindebeamten,
-sondern auch den Bezirks- und Kreisbeamten =täglich= bekannt werden und
-daß Provinzialverwaltung und Zentralregierung sich auch über Abgänge
-und Überschüsse in Kreisen und Provinzen täglich orientieren, aus den
-ihnen zugehenden Bezirksausweisen aber auch die Vorräte bis in jedes
-Quartier und in jede Gemeinde verfolgen können. Die Provinz- und die
-Zentralverwaltung hat immer eine Detailaufstellung der Verteilung der
-Bevölkerung und der Güter vor sich und dem entsprechend verfügt jeder
-Verwaltungsbeamte innerhalb seiner Kompetenz die für den nächsten Tag
-erforderlichen Veränderungen. Zunächst wird jeder Abgang, den man ja
-auf Wochen vorhersehen kann, und zwar tunlichst mit Ausnützung von
-Hin- und Rückfracht, aus den Überschüssen im Bezirke gedeckt und der
-Kreisbeamte hat nur eine Änderung zu verfügen, wenn die Vorräte im
-ganzen Bezirke nicht ausreichen. Allein es kann sich als zweckmäßig
-erweisen, daß auch vor Erschöpfung der Gesamtvorräte des Bezirkes ein
-Abgang aus einem Nachbarbezirke oder Nachbarkreise gedeckt wird, sei
-es, daß der Transport dadurch weniger belastet wird, oder daß andere
-Rücksichten dafür sprechen. Darüber haben sich die Verwaltungsbeamten
-zu verständigen.
-
-Das Volk ist in der Lage, die Zweckmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der
-Verteilungsarbeit aus den veröffentlichten Ausweisen Tag für Tag und
-Woche für Woche zu ermitteln und auch festzustellen, ob alle Summen
-richtig übertragen und in Hauptsummen zusammengezogen wurden. Das wird
-am besten geschehen, wenn sich vorzugsweise die Arbeitsbefreiten,
-also die Alten, dieser Arbeit annehmen und sich nach einer zwischen
-ihnen angenommenen Ordnung in die Aufgabe teilen, so daß einer die
-richtige Aufnahme der Gemeindestatistik in die Bezirksstatistik, ein
-anderer die Richtigkeit der Gemeindestatistik, andere die richtige
-Summierung im Kreis-, Provinz- und Reichsblatte prüfen, wieder ein
-anderer Stichproben über die Richtigkeit in anderen Kreisen und
-Provinzen machen wird. Da in einem Staate wie Österreich mindestens
-ein und eine halbe Million männlicher und weiblicher Personen zu den
-Alten gerechnet werden müssen, ist die Last dieser Kontrolle eine
-sehr geringe, wenn man sie vernünftig aufteilt. In VIII, 2, ist auch
-von der Schaffung eines Vereins für die Zwecke dieser Kontrolle die
-Rede. Es ist aber ganz offenbar, daß, wollte man nach Art unserer
-Jahresrechnungen nur jährlich eine Gesamtabrechnung verfassen und
-wenigen zur Prüfung übergeben, von einer wirksamen Kontrolle keine Rede
-wäre. Diese fortlaufenden Ermittlungen und Veröffentlichungen sind für
-die Verwaltung unentbehrlich, für die Wissenschaft von unermeßlichem
-Werte und geben dem Volke Gelegenheit, eine Mitkontrolle zu üben.
-
-Die Bevölkerungsstatistik ist wesentlich auch die Grundlage für die
-Vervollkommnung der Verteilung. Die Gerechtigkeit der Verteilung, XI,
-wird dann am vollkommensten sein, wenn jeder die gleiche Hoffnung
-hat, das höchste Alter zu erreichen. Ein Beruf, der eine größere
-Sterblichkeit zu tragen hat, als ein anderer, ist zu stark belastet.
-Es muß ihm durch Erleichterung der Arbeit oder größeren Aufwand zur
-Beseitigung der Schädlichkeiten eine Begünstigung geboten werden. Die
-Bevölkerung selbst und der Beamtenkörper werden sich ununterbrochen
-die Erfahrungen zu nutze machen, welche sich aus der Verarbeitung des
-statistischen Materials ergeben.
-
-Die Bevölkerungs- und Sanitätsstatistik wird insbesondere der
-Verwaltung als Wegweiser dienen, wo Gebrechen vorliegen, welche Abhilfe
-erfordern. Ein größerer Krankenstand oder größere Sterblichkeit sind
-sofort erkennbar und zwar nicht nur für den zunächst verantwortlichen
-Beamten, sondern auch für die höheren Organe der Staatsverwaltung,
-freilich für die höheren Behörden weniger, weil sie ihre Aufmerksamkeit
-zunächst den höheren Summarien zuzuwenden haben, in welchen sich eine
-sehr große Sterblichkeit in der einen oder anderen Gemeinde leicht im
-Durchschnitt verlieren kann. Man wird übrigens auch den Kreisämtern,
-welchen die Verhältnisse aller ihrer Gemeinden bekannt sein müssen,
-zur Pflicht machen, gewisse Überschreitungen des mittleren Kranken-
-und Todesfallstandes unter Namhaftmachung der betreffenden Gemeinden
-der vorgesetzten Behörde besonders anzuzeigen, damit sie ihrer
-Aufmerksamkeit nicht entgehen können. Den genauen Sachverhalt entnimmt
-dann selbst die Zentralbehörde dem betreffenden Bezirksblatte. So
-wird die Aufmerksamkeit der Behörden immer in kürzester Frist dorthin
-gelenkt, wo Abhilfe am dringendsten ist.
-
-
-e) Beispiele der statistischen Tabellen.
-
-Es folgen nun hier einige Beispiele der täglich festzustellenden und
-den Bezirks- und Kreisbeamten vorzulegenden, wenn möglich auch täglich
-zu veröffentlichenden Statistiken, wobei bemerkt wird, daß für die
-Altersangaben der Menschen der Geburtstag als ein ganzer Tag gerechnet,
-der Todestag aber =nicht= gerechnet wird.
-
-Bei der Ermittlung des durchschnittlichen Lebensalters in der Gemeinde
-werden Ortsabwesende mitgerechnet, aber Fremde nicht gerechnet.
-Dafür werden bei Ermittlung des Verpflegstandes wieder die Fremden
-mitgerechnet und die Ortsabwesenden nicht gerechnet. Es ist wohl
-möglich, daß man bald von dieser allzupeinlichen Genauigkeit Umgang
-nehmen wird, wenn das Vertrauen in die staatliche Organisation sich
-einmal eingelebt hat, aber so lange man das Bedürfnis fühlt, den
-Beamten auf die Finger zu sehen, wird man wissen wollen, wie der
-Verpflegstand, welcher auf den Aufwand von Nahrungsmitteln Einfluß hat,
-von Tag zu Tag hin und her schwankt. Obwohl es nun dabei nicht bloß auf
-die Zahl der Personen ankommen wird, sondern auch auf Alterskategorien,
-Geschlecht, Krankenstand und möglicherweise auch auf Rangstufen,
-insofern zu den den verdienten Personen einzuräumenden Vorzügen auch
-die Anweisung verfeinerter und seltener Speisen und Getränke gehören
-wird, so wird man das einer Ausgleichung zwischen Gemeinden und
-zwischen Bezirken, vielleicht auch zwischen Kreisen überlassen und nur
-in längeren Intervallen etwas darüber veröffentlichen. (Siehe Seite
-102.)
-
-Eine vollkommen gleichartige Tabelle stellt den Personenstand der
-Mädchen im ersten Lebensjahre für den Bezirk dar. Die erste Kolonne
-in _A 1_ gibt die Ordnungszahl der Gemeinde an. Die 2. und 3.
-Kolonne bringt die Zahl der Knaben im ersten Lebensjahre und die
-Zahl ihrer Lebenstage am Vortage des Rechnungstages. Dabei ist, wie
-oben erwähnt, der Geburtstag zwar als voller Tag gerechnet, aber
-es wird der Todestag dafür =nicht= gerechnet. Es wird sich das im
-Durchschnitte aller Geborenen und Gestorbenen ziemlich ausgleichen.
-Für die Veröffentlichung ist diese unbedeutende Ungenauigkeit offenbar
-belanglos und sie könnte übrigens auch von Zeit zu Zeit, wenigstens
-für das Reichssummarium, durch eine besondere Rektifikationstabelle
-ausgeglichen werden. Denn für wissenschaftliche Zwecke und, um alles
-so genau als möglich festzustellen, wird es sich empfehlen, Geburts-
-und Todeszeit in jedem Falle auf Minute und Sekunde zu notieren. Allein
-zuweilen, obwohl in seltenen Fällen, wird das unmöglich sein.
-
- Bevölkerungsstatistik des Bezirkes 8, 7, 19. vom 10. Juli 2001
- A 1. Knaben bis einschließlich ein Jahr.
-
- =====================================================================
- | Am Vortage | Zuwachs | Abfall | Am Schluß des
- Ordnungs-| | | | Verrechnungs-
- zahl der | | Tage am | | Tage am | | Tage am | tages
- Gemeinde |Zahl| Vortage |Zahl| Vortage |Zahl| Vortage | Zahl | Tage
- ---------+----+---------+----+---------+----+---------+------+-------
- | | | | | | | |
- 1 | 9 | 1485 | 1 | 0 | -- | -- | 10 | 1495
- 2 | 10 | 1822 | -- | -- | -- | -- | 10 | 1832
- 3 | 7 | 1370 | 2 | 403 | -- | -- | 9 | 1782
- 4 | 8 | 1511 | -- | -- | -- | -- | 8 | 1519
- 5 | 9 | 1288 | -- | -- | -- | -- | 9 | 1297
- 6 | 11 | 1911 | -- | -- | -- | -- | 11 | 1922
- 7 | 10 | 1799 | -- | -- | -- | -- | 10 | 1809
- 8 | 8 | 1489 | -- | -- | -- | -- | 8 | 1497
- 9 | 9 | 1255 | -- | -- | -- | -- | 9 | 1264
- 10 | 7 | 1304 | 1 | 352 | -- | -- | 8 | 1664
- 11 | 9 | 1377 | -- | -- | -- | -- | 9 | 1386
- 12 | 8 | 1389 | -- | -- | -- | -- | 8 | 1397
- 13 | 11 | 1917 | -- | -- | 3 | 755 | 8 | 1170
- 14 | 10 | 1785 | -- | -- |1-A-| 365 | 9 | 1429
- 15 | 11 | 1889 | -- | -- |1-B-| 312 | 10 | 1587
- 16 | 9 | 1412 | -- | -- | -- | -- | 9 | 1421
- 17 | 8 | 1203 | -- | -- | -- | -- | 8 | 1211
- 18 | 10 | 1706 | -- | -- | -- | -- | 10 | 1716
- 19 | 9 | 1376 | -- | -- | -- | -- | 9 | 1385
- 20 | 9 | 1354 | -- | -- | -- | -- | 9 | 1363
- | | | | | | | |
- ---------+----+---------+----+---------+----+---------+------+-------
- Summa |182 | 30642 | 4 | 755 | 5 | 1432 | 181 |30146
-
- _A_ Der in der Gemeinde 14 in Abfall gebrachte Knabe wurde am
- Vortage ein Jahr alt und ist daher am Verrechnungstage in die
- Tabelle A 2. übertragen worden.
-
- _B_ Der in der 15. Gemeinde abgeschriebene Knabe wurde in den
- Bezirk 8, 7, 20 versetzt.
-
-Eine Frau kann von der Geburt überrascht werden und ein Reisender
-kann an einem einsamen Orte sterben; auch im Auslande, wo genaue
-Feststellungen überhaupt nicht gemacht werden, kann ein Geburts- oder
-Sterbefall von Reichsangehörigen vorkommen. Ist eine Person im Inlande
-unbeobachtet gestorben, so wird sich jedenfalls der Tag feststellen
-lassen, weil ermittelt werden kann, wo und wann sie zuletzt gesehen
-wurde. Werden Geburts- und Sterbefälle erst nach längerer Zeit bekannt,
-so wird nach tunlichster Feststellung des genauen Zeitpunktes eine
-nachträgliche Richtigstellung der Statistik erfolgen.
-
-Zu bemerken ist, daß in der Gemeinde die Bevölkerungsstatistik nur zur
-Zählung der Gemeindeglieder gemacht wird. Stirbt ein Gemeindeglied in
-einer fremden Gemeinde, so wird die Verwaltung dieser Gemeinde es der
-Heimatsgemeinde telegraphisch melden, damit die Statistik vollständig
-sei. Stirbt in der Gemeinde ein Fremder, so erscheint das nicht in
-ihrer Bevölkerungsstatistik. Die Zugehörigkeit ist, wie in VI, 3,
-gezeigt, niemals zweifelhaft, weil jedermann in seiner bisherigen
-Heimatsgemeinde so lange geführt wird, bis die Abschreibung hier und
-zugleich die Zuschreibung in der neuen Heimatsgemeinde geschieht. Eine
-spezielle Konstatierung der Sterbefälle Fremder kann in besonderen
-Ausweisen immerhin auch für die Aufenthaltsgemeinden erfolgen.
-
-In der 4. und 5. Kolonne weist jede Gemeinde den Zuwachs -- hier an
-erstjährigen Knaben -- aus und in der obigen Tabelle liegt in der
-Gemeinde 1 ein Zuwachs durch Geburt vor. Das am Verrechnungstage
-neugeborene Kind wird in der 5. Kolonne nach den oben entwickelten
-Grundsätzen für den Vortag mit 0 Tagen angeführt. Es ist ferner aus
-diesem Beispiel ersichtlich, daß weiters in der 4. und 5. Kolonne für
-die 3. und 10. Gemeinde ein Zuwachs von 3 Knaben, beziehungsweise 2
-und 1 Knaben ausgewiesen erscheint, welche aus der Gemeinde 13 stammen
-und in jenen Gemeinden bleibend aufgenommen wurden. Die Abschreibungen
-kommen in den Kolonnen 6 und 7 nach Zahl und Alter am Vortage vor und
-Kolonnen 8 und 9 geben Zahl und Alter sämtlicher Gemeindegenossen
-dieses Alters in jeder einzelnen Gemeinde und im ganzen Bezirke am
-Schluß des Verrechnungstages an. Da in 9 dem Alter vom Vortage für
-jeden Kopf ein Lebenstag zugerechnet ist, weil Kolonne 3 nur die
-Alterstage des Vortages angibt, daher so viele Tage, als Kolonne 8 als
-Bevölkerungsstand angibt, in Kolonne 9 zugerechnet werden, so erscheint
-auch das neugeborene Kind am Schlusse des Verrechnungstages mit einem
-Lebenstage angegeben, was dem Grundsatze, der hierfür aufgestellt
-wurde, entspricht.
-
-In den Kolonnen 6 und 7 ist in den Gemeinden 14 und 16 noch je ein
-Knabe abgeschrieben, wovon ersterer am Vortage 365 Tage zählte, also
--- da es kein Schaltjahr war -- das erste Lebensjahr vollendete.
-Deshalb mußte er am Verrechnungstage in die Tabelle der Knaben des
-höheren Alters übertragen werden, wie wir im nächstfolgenden Beispiele
-sehen werden. Hier ist eine Fußnote der Tabelle angefügt, woraus
-dies zu entnehmen ist. Für einen Sachkundigen wäre diese Note nicht
-erforderlich, da die Zahl der Alterstage, das Jahr vom 10. Juli
-2000 bis 10. Juli 2001 enthält keinen Schalttag, und der Vergleich
-der Tabellen _A 1_ und _A 2_ vollkommen klar machen, was die Note
-besagt. In der 15. Gemeinde liegt der Fall vor, daß ein erstjähriger
-Knabe in Abfall gebracht ist, der in keiner Gemeinde des Bezirkes als
-Zuwachs erscheint, daher er entweder gestorben, oder in eine Gemeinde
-eines anderen Bezirkes aufgenommen worden wäre, was in einer Fußnote
-der Tabelle anzufügen sein wird. Diese Fußnote wird immer notwendig
-sein, weil sonst nicht ersichtlich wäre, ob die Abschreibung wegen
-Todesfalles oder Auswanderung aus dem Bezirke erfolgte, noch wohin der
-Knabe versetzt wurde.
-
-Vergleicht man die Kolonnen 3 und 9, so bemerkt man, daß die Zahl der
-Alterstage am Schlusse des Verrechnungstages auch in jenen Gemeinden
-größer angegeben ist, in welchen die Zahl der erstjährigen Knaben
-gleich geblieben ist. So waren am Vortage in der 2. Gemeinde 10 Knaben
-mit 1822 Alterstagen verzeichnet, welche gemäß der in der Kolonne 8
-angeführten Gesamtzahl in der 9. Kolonne mit 1832 Alterstagen angegeben
-erscheinen. Da nämlich jeder Knabe um einen Tag älter wurde, ist die
-Gesamtzahl der Tage um 10 Tage gewachsen und so erscheint auch der in
-der 1. Gemeinde Geborene in der 9. Kolonne mit einem Tage angerechnet,
-wogegen für einen Gestorbenen ein Zuwachs nicht mehr berechnet würde,
-weil er in der 8. Kolonne nicht mehr gezählt erscheint. Abgesehen
-von dieser Lebenstagezuschreibung aus der Zahl in Kolonne 8 wird die
-Gesamtzahl der Lebenstage durch die Zahl der Lebenstage der in Zuwachs
-oder Abfall gekommenen Individuen beeinflußt, die in der in die Kolonne
-9 aufgenommene Zahl entweder zugeschrieben oder abgeschrieben werden.
-
-Aus dem Bezirkssummarium unter dem Striche der Tabelle ersieht man die
-Bewegung im ganzen Bezirke. Vergleicht man die Zahl der Abgeschriebenen
-und der Zugeschriebenen, so muß die sich dabei ergebende Differenz auch
-in den Summen der Kolonnen 2 und 8 zum Ausdrucke kommen. Rechnet man
-in der Summe der Tage zur Summe der Lebenstage am Vortage die Summe der
-Lebenstage der Zugewachsenen und den Tageszuwachs der Alterstage, hier
-für den ganzen Bezirk 181 Tage, und rechnet man davon ab die Lebenstage
-der Abgeschriebenen, so gelangt man zu den Einzelziffern und zur Summe
-der 9. Kolonne und die Übereinstimmung der Additionen in der vertikalen
-und horizontalen Summierung ist zugleich eine Probe für die Richtigkeit
-der Summen in den einzelnen Gemeinden.
-
-Es ist zwar diese Tabelle nur ein Teil der täglichen Statistik und
-das Ganze beträgt etwa das dreißig- oder fünfzigfache, allein wie
-gering die =ganze= Arbeit ist, ist ganz evident. Jeder der zwanzig
-Verwaltungsbeamten der Gemeinden eines Bezirkes hat nur eine Zeile
-dieser Tabelle zu liefern und selbst diese Zeile hat der Sanitätsbeamte
-zu bearbeiten, wie die später zu erwähnenden Tabellen der Milchgebarung
-von den Vorständen des betreffenden Produktionszweiges einzuliefern
-sind. Der Verwaltungsbeamte, der überdies wahrscheinlich die
-Hilfe eines Volksbeamten nach V, 1, _Alinea_: »Um aber jeden« zu
-beanspruchen hat, hat nur die richtige Berechnung zu prüfen und in
-die Bevölkerungstabellen etwa Zu- und Abschreibungen durch Wanderung
-einzutragen, weil diese, über welche ja dem Verwaltungsbeamten das
-unmittelbare Verfügungsrecht zusteht, nicht in die Kompetenz eines
-Fachvorstandes fällt. Nimmt man an, daß genau um 6 Uhr abends die
-tägliche Statistik abgeschlossen wird, so muß spätestens 30 Minuten
-später jede schriftliche Feststellung der statistischen Daten in den
-einzelnen Gemeinden abgeschlossen sein und sie wird dann telegraphisch
-oder telephonisch dem Bezirksbeamten bekannt gegeben. Dieser kann die
-Richtigkeit der Angaben später prüfen oder prüfen lassen oder sich mit
-Stichproben begnügen. Seine weitere Arbeit aber besteht für jetzt nur
-darin, daß er für die Summierung der Posten sorgt, die Schlußziffern,
-welche in der obigen Tabelle 25 Ziffern umfaßt, überprüft und die
-Tabelle zum Drucke vorbereitet. Nun ist aber das Bezirksblatt bis
-auf die fehlenden Ziffern schon gesetzt und zwar, es ist nicht nur
-der sonstige Inhalt schon gesetzt, vieles vielleicht schon gedruckt,
-sondern es sind auch der Kopf und die drei ersten Kolonnen der Tabelle
-schon gesetzt und es sind nur die Ziffern der fünf folgenden zu setzen,
-daher man sagen kann, daß das Bezirksblatt im Laufe des nächstfolgenden
-Vormittags, hier im Laufe des Vormittags des 11. Juli 2001, schon
-verschickt werden kann.
-
-Aus den beim Kreisbeamten einlaufenden Bezirksblättern stellt dieser
-dann die Kreistabellen zusammen und so wird das Kreisblatt mit den
-Kreistabellen für den 10. Juli am 12. Juli vormittags gedruckt und
-versendet, das Provinzblatt mit der Provinztabelle für den 10. Juli am
-13. Juli vormittags gedruckt und versendet und das Reichsblatt mit den
-Reichstabellen für den 10. Juli am 14. Juli vormittags gedruckt und
-versendet.[17]
-
- [17] Ich dachte einmal daran, durch telephonische Mitteilung
- der Ziffern an den Kreisbeamten und von diesem
- telegraphisch an den Provinzbeamten und weiter an die
- Zentralbehörde zu ermöglichen, daß auch diese Tabellen für
- den 10. schon am 11. gedruckt versendet werden, allein das
- würde eine ungeheure Belastung der Telegraphenämter mit
- sich bringen und es wäre kein großes Interesse, das dazu
- zwänge, denn die Bezirksstatistik ist schon eine alles
- umfassende Statistik, welche in den Kreis-, Provinz- und
- Reichsblättern nur verarbeitet wird und es ist frühzeitig
- genug, wenn deren Tabellen in den folgenden Tagen versandt
- werden und darum können sie auf Grund der gedruckten
- Bezirkstabellen vom 10. bearbeitet werden.
-
-Es ist nun aber noch der besondere Nachweis zu liefern, daß die
-ganze Verrechnungs- und statistische Arbeit in jeder ihrer Stufen
-in verhältnismäßig kurzer Zeit hergestellt werden kann, was für
-Bezirke, Kreis, Provinz und Reich wegen der Arbeit, welche die
-Summierung erfordert, bei dem stetig anschwellenden Material viel
-schwieriger ist, als in den Gemeinden, wo keine größeren Summierungen
-stattfinden. Müßten nun die Verwaltungsbeamten der Bezirke, Kreise,
-der Provinzen und der Zentralstellen die mechanische Rechnungsarbeit
-selbst leisten oder hätten sie nur die Unterstützung der ihnen
-beigegebenen Volksbeamten, so könnte diese Arbeit allerdings in
-wenigen Stunden des nächstfolgenden Vormittags nicht bewältigt werden.
-Allein es wurde schon in V, 3, a, _Alinea_: »Die Unterrichtspersonen«,
-bemerkt, daß die Schuljugend jeder Gemeinde zu gewissen Arbeiten
-herangezogen werden kann und dazu eignen sich besonders die einfachen,
-mechanischen Rechnungsarbeiten. Nachdem sich in jeder Urgemeinde und
-im Bezirksvororte eine Schule mit einem Schülerstande von je etwa 240
-Köpfen, in städtischen Ansiedlungen ist diese Zahl natürlich größer,
-befindet, wovon mindestens 200 im Rechnen vollkommen sicher sein
-müssen, so ist die erforderliche Rechnungsarbeit in den Bezirks-,
-Kreis- und Provinzstädten und in der Reichshauptstadt, die lediglich
-in der Laterierung einer stattlichen Anzahl von Ziffernreihen besteht,
-durch die Schuljugend leicht zu besorgen. Man teilt sie in 6 oder
-7 Serien von 30 oder 25 Schülern, deren jede an einem Wochentage
-Dienst hat und verteilt unter sie die aus den Gemeinden einlaufenden
-Telegramme und die Exemplare der Blätter, aus welchen die Tabellen
-zusammengestellt werden müssen, woraus jeder Schüler zwei oder drei
-Tabellen wie die oben aufgeführte zusammenstellt und dann die Summen
-zieht, wobei sich dann die Schüler gegenseitig kontrollieren. Wo
-sich Differenzen ergeben, sind diese sofort zu beheben und so ist
-nun die Arbeit in 20-30 Minuten leicht zu bewältigen. Mit einiger
-Gewandtheit ist die Tabelle _A_ in fünf Minuten zu bearbeiten und
-durch die Summierung, beziehungsweise Subtraktion der Summe in den
-Kolonnen 2-8 und Vergleichung des Ergebnisses mit der Summe in Kolonne
-9 die Selbstkontrolle zu besorgen. Davon kann sich der Leser selbst
-überzeugen.
-
-Hier ist übrigens der Gebrauch von Rechenmaschinen und anderen
-Erleichterungen gar nicht in Betracht gezogen, die bei den Kreis-,
-Provinz- und Reichsämtern sicher in Anwendung kommen werden.
-
-Diese Verwendung der Volksschüler bei einer sehr wichtigen, aber
-mechanischen Arbeit wäre auch von großem erziehlichem Werte. Man
-würde die geistigen Kräfte der jungen Leute kennen lernen, denn die
-Schnelligkeit und Sicherheit in der dauernden Bewältigung solcher
-mechanischen Arbeiten bildet einen Maßstab zur Feststellung einer
-sehr wertvollen Anlage. Der junge Mensch fühlt sich überdies als ein
-Glied der Organisation, er lernt früh den Amtseifer kennen, er lernt
-den Wert und die Leistungen des Beamtenapparates schätzen, er fühlt,
-daß er einen wichtigen Platz ausfüllt, daß er pünktlich am Arbeitsorte
-erscheinen muß, und er wird auch nach und nach mit dem Sinne und der
-Wichtigkeit dieser Arbeit vertraut. Dabei wird sich sofort der Eifer
-zeigen, der durch Arbeiten geweckt wird, die in größerer Gesellschaft
-geleistet werden. Der zeitweilige Ausschluß von der Mitarbeit könnte
-als Strafe besonders dann verhängt werden, wenn ein Fehler nachträglich
-aufgedeckt oder eine Verzögerung der Arbeiten verschuldet wird.
-
-Es ist noch zu bemerken, daß die vorgesetzten Beamten die Angaben
-der Verwaltungsbeamten der Urgemeinden und städtischen Quartiere
-über die Produktion keineswegs so auf Treu und Glauben hinzunehmen,
-sondern sie zum Teile nachträglich zu prüfen haben. Die Urgemeinden
-und Quartiere haben nämlich nicht nur statistische Tabellen für die
-Veröffentlichung zu liefern, sondern auch Bücher zu führen, welche
-genaue und individuelle Angaben über den ganzen Personalstand und auch
-über Tiere, Vorräte, Maschinen, Werkzeuge usw. enthalten, wie auch
-die Gebarung der Hausverwaltung zum Gegenstande haben. Diese Bücher
-enthalten von jedem Menschen genaue Angaben der Geburtszeit und aller
-Arten von Veränderungen, die mit ihm vor sich gehen. So werden auch
-bei Tieren Abkunft, Unterscheidungsmerkmale, Rasse und Namen, bei Kühen
-Belegung, Zeit des Trockenstehens, die Zeit des Kälberns, des Säugens,
-ferner die Schwankungen im Gewichtsstande, Milchertrag, Krankheiten
-usw. eingetragen, vom Bezirks- und Kreisbeamten gleichförmige Bücher zu
-führen und sie über alles, was Gegenstand der Eintragung ist, auf dem
-Laufenden zu erhalten sein. Aus diesen Büchern werden die vorgesetzten
-Beamten genau, beziehungsweise wenigstens schätzungsweise entnehmen
-können, ob die Angaben der statistischen Tabellen, z. B. über den
-Milchertrag, richtig sind.
-
-Um aber Irrungen in der Wiedergabe der statistischen Daten zu
-verhindern, werden alle nötigen Vorsichten beobachtet werden. Der
-Empfänger telegraphischer oder telephonischer Angaben wird sie
-zurücktelephonieren, damit ein etwaiger Irrtum berichtigt werde.
-Die Selbstkontrolle der statistischen Tabellen -- in Horizontal-
-und Vertikalreihen -- wird gleichfalls auf etwaige Irrungen
-führen. Außerdem wird man Vorsorge treffen, daß alle Rechnungen
-und Ermittelungen schon in den Urgemeinden und Quartieren doppelt
-gemacht werden. Auch sind alle bloßen Verschiebungen von Personen oder
-Sachen nicht bloß vom übergebenden Teile anzugeben, sondern auch vom
-empfangenden Teile zu bestätigen.
-
-Dieser Gegenstand wurde aus dem Grunde so umständlich dargestellt,
-weil die Frage von der größten Tragweite ist, ob es möglich ist,
-Jedem Einblick in die Verteilung zu gewähren, deren erste Grundlage ja
-die Bevölkerungsstatistik und die Statistik der rasch dem Verbrauche
-zugeführten Nahrungsmittel ist. Die später folgenden Tabellen über die
-Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte und über den Verpflegstand
-der einzelnen Gemeinden, welche mit dem Bevölkerungsstande nicht
-übereinstimmt, und noch andere Erörterungen werden überzeugend dartun,
-daß die Administration eines solchen Staates sehr einfach und unendlich
-erfolgreich ist.
-
-Man kann hier auch die Überzeugung schöpfen, daß die Tagesstatistik,
-wenn man selbst annimmt, daß sie aus 50 Tabellen gleicher Art besteht,
-keinen allzugroßen Raum der in VI, 7, geschilderten Blätter einnehmen
-wird, nur etwa 4 große Folioseiten. Die Natur der Sache bringt es mit
-sich, daß die äußerste Ökonomie im Raume angestrebt wird.
-
-Außer der oben exemplifizierten Tabelle über die erstjährigen Knaben
-werden noch Tabellen aufgestellt werden 2. für die Knaben, welche mehr
-als 1 Jahr, aber nicht mehr als 6 Jahre alt sind, ferner 3. für die
-Knaben, welche mehr als 6 Jahre, aber nicht mehr als 18 Jahre alt, also
-schulpflichtig sind, dann 4. die arbeitspflichtigen Männer, endlich
-5. für die von der geregelten Arbeit befreiten Männer. Endlich werden
-6. von den arbeitspflichtigen Männern jene ausgewiesen, welche derzeit
-vorübergehend von der Arbeit befreit sind, so Kranke und Beurlaubte. Da
-jede dieser Tabellen auch für den weiblichen Teil der Bevölkerung zu
-machen ist, so gibt das zwölf Tabellen für die Bevölkerungsstatistik
-und dazu noch eine oder zwei alle Tabellen zusammenziehende
-Gesamttabellen.
-
-Es folgt nun die Tabelle für die Knaben, welche älter als 1 Jahr, aber
-nicht älter als 6 Jahre, also noch nicht schulpflichtig sind.
-
- Bevölkerungsstatistik des Bezirkes 8, 7, 19, vom 10. Juli 2001.
- A 2. Knaben über 1 Jahr bis einschließlich 6 Jahre.
-
- =====================================================================
- Ordnungs-| Vom Vortage | Zuwachs | Abfall |Am Tagesschlusse
- zahl der | | Alters-| |Alters-| |Alters-| | Alters-
- Gemeinde |Köpfe| tage |Köpfe| tage |Köpfe| tage | Köpfe| tage
- ---------+-----+--------+-----+-------+-----+-------+------+---------
- 1 | 65 | 78000 | | | | | 65 | 78065
- 2 | 66 | 78015 | | |1-A- | 1190 | 65 | 76890
- 3 | 59 | 77233 |5-B- | 6124 | | | 64 | 83421
- 4 | 68 | 79001 | | | | | 68 | 79069
- 5 | 70 | 80236 | | | | | 70 | 80306
- 6 | 69 | 79012 | | | 2 | 2405 | 67 | 76674
- 7 | 63 | 77230 | | | | | 63 | 77293
- 8 | 64 | 76819 | | | | | 64 | 76883
- 9 | 67 | 77344 | | | | | 67 | 77411
- 10 | 59 | 72561 | | | | | 59 | 72620
- 11 | 62 | 77344 | | | | | 62 | 77406
- 12 | 60 | 72304 | | | | | 60 | 72364
- 13 | 68 | 79105 | | | | | 68 | 79173
- 14 | 66 | 78158 |1-C- | 365 | | | 67 | 78590
- 15 | 67 | 78556 | | | | | 67 | 78623
- 16 | 69 | 81137 | | | 1 | 1213 | 68 | 79992
- 17 | 71 | 83115 | | | 2 | 2506 | 69 | 80678
- 18 | 62 | 77722 | | |2-D- | 1865 | 60 | 75917
- 19 | 65 | 77204 | | | | | 65 | 77269
- 20 | 68 | 80123 | | | | | 68 | 80191
- ---------+-----+--------+-----+-------+-----+-------+------+---------
- |1308 |1560219 | 6 | 6489 | 8 | 9179 | 1306 | 1558835
-
- -A- Zugeschrieben dem Bezirke 8, 7, 20.
-
- -B- Zugewandert aus den Gemeinden 6, 16 und 17.
-
- -C- Aus der Tabelle A 1. übertragen.
-
- -D- Zugeschrieben dem Bezirke 8, 7, 20.
-
-Es erscheint nicht notwendig die Nachweisungen der höheren Altersstufen
-und des weiblichen Geschlechtes zu exemplifizieren und es folgen noch
-Beispiele der Molkereistatistik und der Verpflegstandsausweise.
-
-So wie die Einwohner dürften auch die wichtigsten Tiere fortlaufend
-gezählt werden, besonders Rinder und Pferde, dann aber auch Schweine
-und Schafe; es wird aber genügen, wenn der Stand nach Gemeinden,
-Bezirken, Kreisen und Provinzen alle Wochen einmal veröffentlicht wird.
-Dabei dürfte es sich empfehlen, Jungvieh, Nutztiere und männliche und
-weibliche Tiere zu sondern. Es dürfte sich empfehlen auch von Woche
-zu Woche das Gewicht der Rinder, Schweine und Schafe festzustellen
-und statistisch zu veröffentlichen. Davon zu unterscheiden ist die
-Ermittlung und Verlautbarung des Gewichtes der geschlachteten Tiere an
-Fleisch, Fett, Blut, Knochen und Fellen.
-
-Es entsteht nun die Frage, ob Bienenstöcke, Geflügel, Gemüse und Obst
-nicht aus dem Staatseigentum ausgeschieden und zu Gemeindeeigentum
-erklärt werden sollten, weil eine Verrechnung dem Staate gegenüber
-eine allzu umständliche Sache wäre. Es könnte das so geschehen,
-daß den Gemeinden eine gewisse Menge von Futter, eine gewisse
-Anzahl von Arbeitskräften, Bodenflächen und baulichen Anlagen für
-diese Produktionszweige zugewiesen würden, wogegen die Gemeinden
-die Ergebnisse dieser Produktion nicht zu verrechnen hätten. Es
-ist wohl kaum zu bezweifeln, daß die staatliche Kontrolle dieser
-Art von Produktion und die Verteilung dieser Produkte durch die
-Staatsverwaltung zu umständlich und zeitraubend wäre. Es blieben dann
-der Ertrag von Honig, Wachs, Eiern, Fleisch, Geflügel und Federn, an
-Gemüsen und Obst den Gemeinden zur freien Verfügung und in diesem
-Falle könnte auch entweder den Städten der Betrieb einer eigenen
-Geflügelzucht, Gemüse und Obstproduktion in verhältnismäßigem Umfange
-ermöglicht, oder den Dorfgemeinden die Lieferung von Eiern, Geflügel,
-Gemüse und Obst wie eine Art von Giebigkeit an die Städte auferlegt
-werden. Denn der Bedarf an diesen Produkten kann regelmäßig durch
-die Gemeinden selbst gedeckt werden und ein Gütertausch scheint
-nicht notwendig zu sein.[18] Es würde sich aus dieser Einrichtung
-eine Entlastung der staatlichen Verwaltung und Statistik ergeben
-ohne die geringste Gefahr für die Gesellschaftsordnung. Doch hätte
-der Staat immer das Recht auch solche Produktionen zurückzunehmen
-und ausschließlich oder neben den Gemeinden für Staatsrechnung zu
-betreiben, so wenn die Obstproduktion im Großen betrieben wird und
-nicht bloß zur Versorgung der Gemeinde mit ihrem Bedarf.
-
- [18] Übrigens ist ein solcher Güteraustausch durch Vermittlung
- der Staatsverwaltung recht wohl möglich. So könnte eine
- Gemeinde oder ein Bezirk des Südens 100 Meterzentner
- Feigen an eine Gemeinde oder Bezirk Böhmens liefern
- in Tausch gegen 100 Meterzentner Zwetschen. Die
- Staatsverwaltung stellt den Transport und besorgt, wenn
- nicht Bevollmächtigte aufgestellt werden, Übernahme und
- Ablieferung.
-
-Was die Versorgung der Gemeinden mit Kalb-, Schweine- und
-Schaffleisch anbelangt, so wird eine Großschlächterei wie für die
-Rindviehschlachtung sich für diese Tiere kaum empfehlen. Durch die
-Bezirksverwaltung würden den Gemeinden die zu schlachtenden Tiere nach
-dem Lebendgewichte und den Verpflegständen zur Schlachtung und zum
-Verbrauche des Fleisches zugewiesen und die Gemeinden hätten nur die
-Häute und gewisse Knochen, dann die Wolle der Schafe, abzuliefern. Zur
-Versorgung der Städte mit dieser Art von Fleisch würde durch Abfuhr
-von Kleinvieh oder von Fleisch geschlachteten Kleinviehs an selbe
-gesorgt werden. Je nach der Verteilungsart wäre auch die Statistik
-einzurichten.
-
-Die tägliche Feststellung der Verteilung des Fleisches des Großviehes
-wäre von der größten Wichtigkeit, weil es rasch verbraucht wird und
-Art und Gewicht nach längerer Zeit nicht mehr ermittelt werden könnte.
-Dasselbe gilt von der Milch und den Milchprodukten und darum soll ein
-Beispiel der statistischen Erhebung der Produktion und des Verbrauches
-von Milch und Milchprodukten hier vorgeführt werden.
-
-Die Rindviehschlächterei könnte für einen ganzen Bezirk in einer
-einzigen Gemeinde betrieben werden. Vor der Schlachtung wäre das
-Lebendgewicht der Tiere zu ermitteln. Die Statistik hätte ferner das
-Ergebnis jeder einzelnen Schlachtung in Gewichtsmengen von Fleisch,
-Fett, Herz, Nieren, Leber, Gehirn, Gedärmen, Blut, Knochen und Haut,
-und den gänzlich wertlosen Nebenprodukten darzustellen. Fleischer
-behaupten, daß bei vollständiger Ermittelung des Gewichtes aller dieser
-Teile Lebendgewicht und Schlachtgewicht sich bis auf eine geringe
-Differenz gleichstellen müsse, und diese Differenz erkläre sich nur aus
-verspritztem Blute.
-
- Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte
- im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001.
-
- =======================================================================
- || | | | |
- ~Gemeinde~ || ~1~ | ~2~ | ~3~ | ~4~ |
- =========================++==========+==========+==========+==========+
- | || | | | | | | | |
- Milch 1.| Ermolken || 1305| 6| 805|--| 1436| 7| 1509|10|
- | || | | | | | | | |
- 2.| Zu- u. Abf. || + 213| 8| - 70|62| - 714|10| - 705|37|
- | || | | | | | | | |
- 3.| Deren || | | | | | | | |
- | Verbr. i. G. || 803|--| 734|38| 721|97| 803|73|
- | || | | | | | | | |
- 4.| Buttererz. || 31|72| -- |--| -- |--| -- |--|
- | || | | | | | | | |
- 5.| Käseerz. || 80|78| -- |--| -- |--| -- |--|
- | || | | | | | | | |
- 6.| Abfall || 603|64| -- |--| -- |--| -- |--|
- | || | | | | | | | |
- 7.| Dessen || | | | | | | | |
- | Zu- u. Abf. || - 219|44| + 379|--| + 380|--| + 385|--|
- | || | | | | | | | |
- Butter 8.| Dessen || | | | | | | | |
- | Zu- u. Abf. || - 11|92| + 18|11| + 17|88| + 19|90|
- | || | | | | | | | |
- 9.| Verbrauch || | | | | | | | |
- | i. d. Gem. || 19|80| 18|11| 17|88| 19|90|
- | || | | | | | | | |
- Käse 10.| Vorrat || | | | | | | | |
- | am 9. 7. || 15677|--| -- |--| -- |--| -- |--|
- | || | | | | | | | |
- 11.| Summa || | | | | | | | |
- | aus 5, 10 || 15757|78| -- |--| -- |--| -- |--|
- | || | | | | | | | |
- 12.| Verpflegs- || | | | | | | | |
- | stand || 1100|--| 1006|--| 989|--| 1101|--|
-
- Verpflegstandsstatistik im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001.
- ==============================================================
- ~Ordnungszahl || | | | | |
- der Gemeinde~ || ~1~ | ~2~ | ~3~ | ~4~ | ~5~ | ~6~
- ===================++=======+======+======+======+======+=====
- Bevölkerungsstand || 1003 | 999 | 1010 | 1020 | 1005 | 1007
- Abwesend || 23 | 19 | 21 | 20 | 25 | 25
- Fremd || 120 | 26 | -- | 101 | 72 | 13
- Verpflegungsstand || 1100 | 1006 | 989 | 1101 | 1052 | 995
-
- Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm
- Butter pro Kopf.
-
-Das vorstehende ist die naturalwirtschaftliche Abrechnung über eine
-Tagesproduktion und den Verbrauch eines Wertes von 4016
-
-Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte
- im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001.
-
- =================================================================+
- | | | | | |
- ~5~ | ~6~ | ~7~ | ~8~ | ~9~ | ~10~ |
- =======+==+=======+==+=======+==+=======+==+=======+==+=======+==+
- | | | | | | | | | | | |
- 1307|12| 1601| 3| 703|14| 1632| 5| 1105| 4| 1206| 8|
- | | | | | | | | | | | |
- + 2151|69| - 874|68| + 72|85| - 884|53| - 323|94| - 400|16|
- | | | | | | | | | | | |
- 767|96| 726|35| 775|99| 747|52| 781|10| 805|92|
- | | | | | | | | | | | |
- 121| 8| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--|
- | | | | | | | | | | | |
- 308|49| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--|
- | | | | | | | | | | | |
- 2261|28| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--|
- | | | | | | | | | | | |
- - 1877|--| + 387|--| + 384|--| + 383|--| + 385|--| + 385|--|
- | | | | | | | | | | | |
- - 102|10| + 17|91| + 19|13| + 18|43| + 19|26| + 19|87|
- | | | | | | | | | | | |
- 18|98| 17|91| 19|13| 18|43| 19|26| 19|87|
- | | | | | | | | | | | |
- 63007|--| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--|
- | | | | | | | | | | | |
- 63315|49| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--|
- | | | | | | | | | | | |
- 1052|--| 995|--| 1063|--| 1024|--| 1070|--| 1104|--|
-
- Verpflegstandsstatistik im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001.
- =============================================================+
- | | | | | | | | |
- ~7~ | ~8~ | ~9~ | ~10~ | ~11~ | ~12~ | ~13~ | ~14~ | ~15~ |
- =====+======+======+======+======+======+======+======+======+
- 1011 | 1007 | 1009 | 1001 | 1013 | 1015 | 1004 | 1008 | 1580 |
- 27 | 25 | 29 | 18 | 24 | 25 | 26 | 23 | 35 |
- 79 | 42 | 90 | 121 | 87 | 51 | 34 | 30 | 57 |
- 1063 | 1024 | 1070 | 1104 | 1076 | 1041 | 1012 | 1015 | 1002 |
-
- Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm
- Butter pro Kopf.
-
-Kronen nach der gegenwärtigen Verrechnung in den Molkereien in der Nähe
-von Innsbruck, welche den Bauern 16 Heller pro Liter
-
- Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte
- im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001.
- ================================================================
- | | | | | |
- ~11~ | ~12~ | ~13~ | ~14~ | ~15~ | ~16~ |
- =====+==+=======+==+=======+==+=======+==+=======+==+=======+==+
- | | | | | | | | | | | |
- 1305| 2| 1145| 4| 1620| 3| 907|12| 1436| 5| 1527| 6|
- | | | | | | | | | | | |
- 519|54| + 2056|72| - 881|27| - 166|17| - 266|59| + 1488|76|
- | | | | | | | | | | | |
- 785|48| 759|93| 738|76| 740|95| 1169|46| 745|33|
- | | | | | | | | | | | |
- -- |--| 109|88| -- |--| -- |--| -- |--| 101|55|
- | | | | | | | | | | | |
- -- |--| 290|12| -- |--| -- |--| -- |--| 275|45|
- | | | | | | | | | | | |
- -- |--| 2041|83| -- |--| -- |--| -- |--| 1893|49|
- | | | | | | | | | | | |
- + 385|--| - 1650|63| + 381|--| + 381|--| + 420|19| - 1520|--|
- | | | | | | | | | | | |
- + 19|53| - 91|14| + 18|22| + 18|27| + 29|84| - 83|17|
- | | | | | | | | | | | |
- 19|53| 18|74| 18|22| 18|27| 28|84| 18|38|
- | | | | | | | | | | | |
- -- |--| 54402|--| -- |--| -- |--| -- |--| 50301|--|
- | | | | | | | | | | | |
- -- |--| 54692|12| -- |--| -- |--| -- |--| 50576|45|
- | | | | | | | | | | | |
- 1076|--| 1041|--| 1012| | 1015|--| 1602|--| 1021|--|
-
- Verpflegstandsstatistik im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001.
- ==========================================
- | | | | ||
- ~16~ | ~17~ | ~18~ | ~19~ | ~20~ || Summe
- =====+======+======+======+======++=======
- 1001 | 1003 | 1009 | 1003 | 1002 || 20710
- 27 | 29 | 25 | 27 | 28 || 501
- 47 | 36 | 28 | 130 | 28 || 1192
- 1021 | 1010 | 1012 | 1106 | 1002 || 21401
-
- Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm
- Butter pro Kopf.
-
-abgelieferter Milch bezahlen. Diese Tagesproduktion entspricht
-der Anzahl der im Bezirke eingestellten Kühe, welche unter dem
-Durchschnitte
-
- Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte
- im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001.
- =====================================================================
- | | | || Summe oder | Verkehr |
- ~17~ | ~18~ | ~19~ | ~20~ || Differenz | nach außen |
- =====+==+=======+==+=======+==+=======+==++=========+==+=========+==+
- | | | | | | | || | | | |
- 1231| 8| 1306|15| 1108|17| 906|17|| 25101|58| -- |--|
- | | | | | | | || | | | |
- - 493|78| + 493|78| - 300|79| - 174|73|| - 300|29| + 300|29|
- | | | | | | | || | | | |
- 737|30| 738|76| 807|38| 731|46|| 15622|73| -- |--|
- | | | | | | | || | | | |
- -- |--| 47|75| -- |--| -- |--|| 411|98| -- |--|
- | | | | | | | || | | | |
- -- |--| 127|34| -- |--| -- |--|| 1082|18| -- |--|
- | | | | | | | || | | | |
- -- |--| 886| 8| -- |--| -- |--|| 7686|32| -- |--|
- | | | | | | | || | | | |
- + 382|--|- 503|12| + 387|--| + 381|--|| -- |--| -- |--|
- | | | | | | | || | | | |
- + 18|18|- 29|53| + 19|91| + 18| 4|| -- |--| + 26|38|
- | | | | | | | || | | | |
- 18|18| 18|22| 19|91| 18| 4|| 385|60| -- |--|
- | | | | | | | || | | | |
- -- |--| 22503|--| -- |--| -- |--|| 205890|--| -- |--|
- | | | | | | | || | | | |
- -- |--| 22630|34| -- |--| -- |--|| 206972|18| -- |--|
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- 1010|--| 1012|--| 1106|--| 1002|--|| 21401|--| -- |--|
-
- Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm
- Butter pro Kopf.
-
-mit 3550 Stück angenommen wurde. Nach einem mäßigen Durchschnittsertrag
-von 7,5 Liter pro Kuh würden diese Kühe 26632 Liter geben und es sind
-also um 1500 Liter Milch weniger angenommen, als zu erwarten wäre.
-Danach kann man den Wert der Tagesproduktion in 2000 Bezirken auf
-8 Millionen Kronen täglich oder nahezu 3 Milliarden Kronen im Jahr
-veranschlagen und mit diesen kleinen Tabellen wird ein so großer Wert
-nach Produktionsmenge und Verteilung verrechnet.[19]
-
- [19] In Deutschland rechnet man den Wert der Milchproduktion
- ohne Butter und Käse und zum offenbar zu geringen
- Preise von 9 Pfennig pro Liter auf 1700 Millionen Mark
- gegen 986 Millionen Mark Roheisen und 1170 Millionen
- Mark Kohlenproduktion, es ist also die Milch offenbar
- der wertvollste Produktionsgegenstand und dadurch die
- Wahl der Milch zur Exemplifikation der Produktions- und
- Güterverteilungsstatistik gerechtfertigt.
-
-Freilich ist der Wert dieses Produktes in der Nähe der Städte auch für
-den Bauer etwas höher, als im Gesamtdurchschnitt, aber bei den heutigen
-Verhältnissen sind noch erhebliche Handelsunkosten und Transportkosten
-für die städtische Verproviantierung hinzuzurechnen.
-
-Die Käse- und Butterproduktion ist meinen Erkundigungen zufolge
-erheblich zu hoch angenommen, was aber, weil für unsere Zwecke
-unwesentlich, eine Neuberechnung der Tabelle nicht notwendig gemacht
-hat. Noch ist zu bemerken, daß die ganze Magermilch wohl kaum auf
-Käse verarbeitet würde, wie da angenommen ist, auch sind an 1000
-Liter Buttermilch, die hier entfallen dürften, als Getränk nicht ganz
-wertlos, hier aber als Abfall eingestellt.[20]
-
- [20] Die Buttererzeugung ist um 56 Kilo, die Käseerzeugung um
- 506 Kilo zu hoch angegeben.
-
-Die Käseverteilung dürfte nur monatlich erfolgen und auch nur
-monatlich verrechnet werden, daher sie in die vorstehende Tabelle nicht
-eingetragen wurde. Am Ende der Horizontalkolonne 8 ist eingetragen,
-daß 26,38 Kilo Butter aus dem Bezirke ausgingen und zufolge
-Horizontalkolonne 9 wurden im Bezirk 385,60 Kilo Butter verbraucht,
-welche Summen zusammen die Menge der laut Horizontalkolonne 2 an diesem
-Tage erzeugten Butter ergeben.
-
-Es wird in den vorstehenden statistischen Tabellen angenommen,
-daß die Gemeinde 15 die Bezirksgemeinde ist, welche einen höheren
-Bevölkerungs- und Verpflegstand und daher einen höheren Verbrauch
-an Milch hat. Als Regel könnte gelten, daß der Quotient an Milch und
-Butter und etwa auch an Käse und Fleisch, für längere Zeit bestimmt
-würde, sodaß die Verwaltung der Molkerei und eventuell auch der
-Fleischerei zum Verbrauche in den Gemeinden täglich das aus dem
-bestimmten Verpflegstande der Gemeinde sich ergebende Quantum an die
-Hausverwaltungen abzugeben hätte. Da am Schlusse der Verpflegstand
-eingesetzt ist, für dessen Ausweisung übrigens eine besondere, unten
-angefügte, aber eigentlich zu den Bevölkerungstabellen gehörige Tabelle
-dient, so kann jedermann berechnen, ob die in den Horizontalkolonnen
-3 und 9 erfolgte Zuweisung von Milch und Butter, eventuell nach einer
-anderen Tabelle auch die Zuweisung von Fleisch, dem Verpflegstande
-genau entspricht. Es ist nur für Milch, Butter und Fleisch eine
-tägliche Ausweisung notwendig, dagegen braucht sich die Verteilung
-von Käse in nichts von anderen Verteilungen, wie von Mehl, Zucker,
-Gewürzen, Feuerungs- und Beleuchtungsstoffen usw. zu unterscheiden,
-welche in ungleichen Intervallen und größeren Posten je nach der
-Frachtgelegenheit geschehen könnte.
-
-Zur Erklärung der Tabelle über die Milchprodukte dient folgendes:
-Die erste und zweite Horizontalkolonne weist aus, wieviel Milch die
-Produktion der einzelnen Gemeinden nach Empfang von Milch aus anderen
-Gemeinden, beziehungsweise nach Abfuhr von Milch an andere Gemeinden
-erübrigt. In 15 Gemeinden bleibt nur die Menge zurück, welche an
-die Hausverwaltung abgegeben wird, weil diese Gemeinden -- der
-Annahme zufolge -- keine Molkereien haben. Die Menge, welche an die
-Hausverwaltung abgegeben wird, wird in Horizontalkolonne 3 ausgewiesen
-und was in den Gemeinden 1, 5, 12, 16 und 18 nach Abrechnung des
-Verbrauches erübrigt, wird zu Butter und Käse verarbeitet und die
-Horizontalkolonnen 4, 5 und 6 weisen das Produktionsergebnis aus. Der
-Abfall wird nicht, wie hier aufgeführt ist, einen genauen Ausgleich der
-vorausgegangenen Ziffern ergeben, das umsoweniger, als Milch und Abfall
-in Litern, Butter und Käse in Kilo angesetzt sind, allein mit Rücksicht
-auf den geringen Wert des nach der Verkäsung verbleibenden, nur als
-Futter verwendbaren Produktes wird diese Art der Verrechnung sich am
-meisten empfehlen und als bekannt angenommen werden, daß ein Hektoliter
-Abfall um so viel Prozente von der ausgewiesenen Menge differiert.
-Milch und Butter wird jedenfalls täglich vollkommen aufgeteilt und
-es ist daher niemals ein Rest vom Vortage auszuweisen. Wenn in den
-einzelnen Hausverwaltungen Reste von einem Tag auf den andern bleiben,
-so kommt das in der staatlichen Verrechnung nicht zum Ausdruck. Anders
-bei Käse, der erst nach längerer Ablagerung in Verwendung genommen
-wird. Hier muß Empfang vom Vortage und verbleibender Vorrat nach jeder
-Verteilung ausgewiesen werden.
-
-Zweifelhaft ist, ob der bloße Verpflegstand nach Köpfen für diese
-Verteilungen maßgebend ist. Die verhältnismäßige Anzahl der Kinder und
-Kranken und die Anwesenheit in der Verteilung bevorzugter Personen kann
-auf die Verteilung von Einfluß sein. Dann müßte für die Verteilung
-eine andere Grundlage als die bloße Kopfzahl der zu verpflegenden
-Personen angenommen werden, wie ja auch der Umstand von Einfluß ist,
-wenn die Fremden sich nur kurz an einem Orte aufhalten und etwa nur
-eine einzige Mahlzeit einnehmen. Aber da solche genauen Konstatierungen
-sehr verwickelte Nachweisungen voraussetzen und bei einem Verpflegstand
-von 1000-1100 Köpfen kleine Differenzen nicht empfindlich sind,
-wird man sich darüber hinaussetzen und bloß bestimmen, in welcher
-Gemeinde ein Fremder für den Verpflegstand zu rechnen sei, der
-unter Tags von einer Gemeinde in die andere übersiedelt. Man wird
-kleinliche Konstatierungen lieber vermeiden. Sollte das Volk aber
-die größte Genauigkeit fordern, so läge in den nicht veröffentlichten
-Aufstellungen der Hausverwaltungen der Gemeinden das Material für die
-genauesten Konstatierungen vor und man könnte dann von Woche zu Woche
-Ausgleichungen machen, die der Bezirksbeamte zu verfügen hätte. Da aber
-diese Ausgleichungen nur eine Art von Virement innerhalb der einzelnen
-Gemeinde von Tag zu Tag, dann erst von Gemeinde zu Gemeinde und von
-Bezirk zu Bezirk zur Folge hätte, und nur sehr große Schwankungen, die
-wohl sehr selten vorkommen würden, auch Ausgleichungen zwischen den
-Kreisen erforderlich machen würden, so wird davon in den öffentlichen
-Rechnungen und in der betreffenden Statistik nur in letzteren
-Ausnahmefällen Notiz zu nehmen sein.
-
-In der 2. 7. und 8. Horizontalkolonne ist Zu- und Abfuhr zwischen
-den Gemeinden dargestellt und um die Zeilen nicht zu vermehren, sind
-die Zeichen + und - eingeführt. Es ist nun zu bemerken, daß, wenn die
-Gemeinden eines Bezirkes nur unter sich eine Güterbewegung haben, aber
-weder von fremden Bezirken empfangen noch an fremde Bezirke abgeben, in
-der Bezirksstatistik Zu- und Abfuhr sich ausgleichen müssen. Das ist
-in der 7. Horizontalkolonne der Fall. In der 22. Vertikalkolonne wird
-die Güterbewegung nach oder von auswärtigen Bezirken ausgewiesen und
-weil Zu- und Abfuhr auf einer Zeile stehen, mit + und - unterschieden.
-So wird es auch dann gehalten werden, wenn eine andere Gemeinde als
-die Bezirksgemeinde direkt mit auswärtigen Gemeinden tauscht. Jeder
-Güterverkehr zwischen zwei Gemeinden desselben Bezirks muß in jeder von
-dieser entweder als Zufuhr oder als Abfuhr zur Buchung gelangen, ganz
-nach Art der doppelten Buchhaltung. Ihre Übereinstimmung bietet dem
-Bezirksbeamten eine Sicherheit, daß diese Angaben der Gemeinden richtig
-sind. Würde der Ausgleich fehlen und der Ausgleich auch nicht im
-Verkehr mit anderen Bezirken liegen, so wäre das ein Beweis, daß eine
-Irrung vorliegt, welche der Bezirksbeamte durch telephonische Anfrage
-aufklären wird, ehe man zur Drucklegung der Verrechnung schreitet. Bei
-einer unmittelbaren Lieferung an eine auswärtige Gemeinde, kann der
-Bezirksbeamte bei dieser direkt anfragen oder es ist in anderer Form
-für dessen Orientierung zu sorgen.[21]
-
- [21] Ein Statistiker von heute mag für unglaublich halten,
- daß diese statistischen Arbeiten bewältigt werden
- können, allein es arbeiten daran im Kollektivstaate
- viele hunderttausende von Personen mit und sie sind keine
- volkswirtschaftliche Last, weil dafür alle Geldverrechnung
- aufhört, an der heute jede Hausfrau und Köchin, jeder
- Schuster, Schneider, Kaufmann mitarbeiten muß.
-
-Aus den Vertikalkolonnen 21 und 22 ist ersichtlich, daß im Bezirk um
-300 Liter 79 Zentiliter mehr Vollmilch und um 26 Kilo 38 Deka mehr
-Butter abgeführt, als zugeführt wurde. Die Kreistabelle wird zeigen,
-wohin selbe gelangten. Das wird der Beitrag des Bezirks zur Versorgung
-der großen Städte sein.
-
-Die Richtigkeit der Angaben, welche nur einseitig erfolgen, nämlich
-der Produktionsmenge, muß kontrolliert werden. Es liegen dem
-Bezirksbeamten genaue Ausweise vor, woraus sich die Richtigkeit jener
-Angaben wenigstens mit ziemlicher Genauigkeit erschließen läßt, wie
-aus dem obigen Absatze, _Alinea_: »Es ist noch zu bemerken«, Seite
-109 zu entnehmen ist. So ersieht der Bezirksbeamte aus dem genauen
-Viehstandsverzeichnisse alles, was zur Beurteilung der Richtigkeit
-der Angaben über den Milchertrag erforderlich ist, wann jede einzelne
-Kuh aufgenommen und wann sie gekalbt hat, seit wann sie trocken
-steht usw. Er kann ab und zu selbst kontrollieren oder abwechselnd
-diese oder jene Person damit beauftragen. Auch haben schon dem
-Gemeindeverwaltungsbeamten die einzelnen Verwaltungszweige von mehreren
-Personen unterfertigte schriftliche Angaben einzuliefern. Es ist
-ersichtlich, daß bei der Naturalwirtschaft nicht der Beamte es ist,
-der sich einer Hinterziehung schuldig machen könnte, sondern nur die
-ihm unterstehenden Organe und auch das ist in Betracht zu ziehen, daß
-der aus etwaigen Unregelmäßigkeiten entstehende Schaden nicht einzelne
-Personen, sondern den Staat benachteiligt, daß sich der Schaden auf
-alle verteilt, was als Versicherung wirkt. Bedenklich wäre nur, wenn
-ganze Gemeinden als solche falsche Angaben machten, um sich eine
-günstigere Verteilung zu sichern. Denn wenn das zu besorgen wäre,
-so würde bald eine allgemeine Demoralisation einreißen und andere
-Gemeinden würden sich selbst Recht zu verschaffen suchen durch gleiche
-Unlauterkeit. Allein es scheint das nicht wohl möglich, es müßte
-immer eine Verschwörung einer großen Anzahl von Personen vorausgehen,
-der Staatsbeamte müßte im Einverständnis sein und es wird nicht
-leicht eine Gemeinde geben, in der nicht Fremde weilen, die ja auch
-das Recht haben, Konstatierungen vorzunehmen, was aus der Natur des
-Kollektivismus hervorgeht, da alles für alle geerntet wird.
-
-Die Hausverwaltung hat dann wieder für ihre Gebarung eine genaue
-Rechnung zu führen, welche nicht durch den Druck veröffentlicht wird,
-weil sie nur die Gemeindegenossen angeht. Wenn bei der Verteilung von
-Fleisch an die Gemeinden, nicht im Gewichte, aber in der Qualität eine
-Benachteiligung von Gemeinde zu Gemeinde stattfände, so wäre das durch
-Vermittlung des Bezirksbeamten von Zeit zu Zeit auszugleichen.
-
-Noch sei bemerkt, daß bei Entwerfung obiger statistischer Tabelle über
-die Milchprodukte angenommen wurde, daß nicht jede Gemeinde ihre eigene
-Molkerei zur Verarbeitung der Milch hat. Ob das ökonomischer ist,
-als das Prinzip, diese Arbeit in jeder Gemeinde besorgen zu lassen,
-wird die Erfahrung lehren. Es ist anzunehmen, daß jede Urgemeinde
-einen Viehstand hat, durch den ihr Bedarf an Milch nicht nur voll
-gedeckt, sondern auch ein beträchtlicher Überschuß zur Butter- und
-Käseerzeugung erübrigt wird. Nach der Annahme in obiger Tabelle würde
-aus der Zentralisierung der Milchverarbeitung in wenigen Gemeinden eine
-Transportbewegung von mehr als 120 Meterzentnern täglich, allerdings
-nur auf eine durchschnittliche Entfernung von weniger als eine Stunde
-entstehen. Diese würde sich sehr beträchtlich, vielleicht auf weniger
-als 20 Meterzentner vermindern, wenn die Gemeinden nur Überschüsse
-von Käse, Butter und Abfall, ausnahmsweise zur Städteversorgung
-auch von Milch, austauschen und jede Gemeinde die Verarbeitung der
-Milch auch selbst betreiben würde. Es ist nicht die Aufgabe dieser
-Untersuchungen, diese Frage zu lösen, sondern nur zu zeigen, daß in
-der kollektivistischen Wirtschaft jede ökonomische Aufgabe auf das
-vollkommenste und rascheste gelöst werden kann.
-
-Bei den in diesem Abschnitte entwickelten Vorschlägen wird von der
-Statistik das Äußerste an Genauigkeit vor ihrer Veröffentlichung die
-größte Schnelligkeit und Allgemeinheit gefordert und es wurde gezeigt,
-daß diesen Anforderungen mit spielender Leichtigkeit entsprochen
-werden kann. Sich über die Verteilung von Produkten, die ihrer
-Natur nach sofort konsumiert werden müssen, so rasch als möglich
-zu orientieren, ist für den Kollektivismus offenbar ein Bedürfnis.
-Niemand würde es aber für möglich halten, daß das ohne erheblichen
-Arbeitsaufwand an einem dem Verrechnungstage nächstfolgenden Tage =und
-zwar zur Orientierung eines jeden Einzelnen= möglich sein wird, wenn
-ich mir nicht die Mühe genommen hätte, diese Arbeit zu unternehmen.
-Das durfte aber nicht bloß in allgemeinen Sätzen behandelt werden,
-sondern erforderte eine anschauliche Darstellung, die jeden Zweifel
-ausschließt. In abstrakten Sätzen ist schon Unsinn genug gegen und für
-den Kollektivismus geschrieben worden, daß ich mich davon ferne halte.
-
-Freilich wirken bei der Verrechnung auch die Art der Verteilung
-der Bevölkerung, die Beamtenorganisation, und die Ersetzung des
-Familienhaushaltes durch den Gemeindehaushalt mit, aber diese
-Einrichtungen entsprechen so sehr zugleich dem Fortschritte im
-Volksunterrichte, in der Volkserziehung, im geselligen Leben und nach
-vielen anderen Richtungen, daß die hier erörterten Vorteile keineswegs
-erkauft werden durch irgend welche Übelstände anderer Art, =sondern
-die Organisation ist gleich fruchtbar für alle Arten von Produktion
-und Verteilung=, ganz insbesondere zwar für die idealsten Interessen,
-aber, wie gezeigt werden wird, auch in hohem Maße für die materiellen
-Interessen.
-
-Für die hauptstädtischen Verteilungen wäre die Statistik noch
-viel einfacher. Die Reichshauptstadt würde einen Bevölkerungs- und
-Verpflegstand haben, der dem eines Kreises vergleichbar wäre. Für
-Milchprodukte wäre die Hauptstadt eine Konsum-, nicht aber, oder
-jedenfalls nur im geringsten Maße auch eine Produktionsstätte, für
-Fleisch eine Produktionsstätte nur dann, wenn Mastanstalten und dem
-entsprechend auch Schlachthäuser in die Hauptstadt verlegt würden.
-Zu untersuchen, ob das ökonomisch wäre, ist nicht Aufgabe dieser
-Arbeit und wahrscheinlich würden verläßliche Beobachtungen über die
-ökonomischen Vorteile und Nachteile erst im Kollektivstaate möglich
-sein.
-
-Die ökonomische Statistik der Hauptstadt würde, abgesehen eventuell
-von der Auseinandersetzung mit dem Hofhaushalte nach dem Kapitel IV,
-wenn die Monarchie fortbestände, in einem Kreisblatte veröffentlicht
-werden, da die Reichshauptstadt ihres Umfanges wegen einen eigenen
-Kreis zu bilden hätte. Die Bevölkerungs- und Verpflegstandsstatistik
-dieses Kreises wäre allerdings einigermaßen kompliziert, wegen des
-beständigen Wechsels der Fremden und des Verpflegstandes. Dagegen
-hätte diese Statistik wenig mit der Güterproduktion zu schaffen, da die
-Reichshauptstadt ihren Bedarf an Gütern größtenteils vom flachen Lande
-bezöge und nur Finalproduktion betreiben würde.
-
-Für den Hofhaushalt wäre eine besondere Statistik aufzustellen. Diese
-hätte zunächst auszuweisen, daß der Hofhaushalt nicht mehr an Gütern
-vom Gesamthaushalt bezieht, als das Volk bewilligt hat. Außerdem wäre
-auch eine innere Verwaltungsrechnung aufzustellen und in angemessenen
-Formen zu veröffentlichen, nachdem auch diese Gebarung das Volk ebenso
-angeht wie jede andere, und weil nicht das Privatinteresse der Familien
-des Monarchen und des Adels, sondern das allgemeine Volksinteresse
-allein für diese Gebarung maßgebend sein darf.
-
-Was den Verbrauch anderer Güter für die Ernährung anbelangt, welche
-nicht wie Fleisch, Milch, Eier u. dergl. dem raschen Verderben
-unterliegen, insbesondere den Verbrauch von Mehl und den verschiedenen
-Gewürzen, so werden diese Güter auch den einzelnen Gemeinden und
-Quartieren im Verhältnisse zum Verpflegstande zuzuweisen sein, ähnlich
-wie es oben bezüglich der Zuweisung von Milch gezeigt wurde. Allein es
-wird sich da nicht um tägliche Zuweisungen handeln, es wird genügen,
-wenn die Zuweisung reichlich für einen Monat im vorhinein erfolgt und
-die Monatsstatistik den Verbrauch nach Maßgabe des Verpflegstandes
-feststellt und den Überschuß ausweist, wonach dann eine neuerliche
-Zuweisung zur Deckung des Monatsbedarfs zu erfolgen hätte.
-
-Ebenso wäre es mit den Heiz- und Beleuchtungsstoffen zu halten. Für den
-Verbrauch dieser Stoffe wäre der Verpflegstand wohl nicht maßgebend.
-Insoweit Heiz- und Beleuchtungsstoffe in den Betriebsstätten verbraucht
-werden, kommen sie nicht als Aufwand für die Einzelnen, sondern als
-Aufwand in der Produktion in Betracht. Insofern es sich aber um den
-Aufwand zur Beheizung und Beleuchtung der Schlafhäuser und der dem
-geselligen Leben gewidmeten Räume handelt, würden für die Verteilung
-der Rauminhalt und das Klima maßgebend sein. Auch hier wird ein
-statistischer Monatsausweis vollkommen genügen.
-
-Was die Wohnbauten und die Nutzbauten für landwirtschaftliche und
-industrielle Zwecke anbelangt, so werden sie getrennt auszuweisen
-sein. Für die Bauten genügt eine Jahresstatistik. Diese wird für
-die Wohnbauten insbesondere den Rauminhalt der Schlafstuben, der
-Kommunikationen, Treppenhäuser, Aborte und Bodenräume, dann der dem
-geselligen Leben, der Schule und dem Amte gewidmeten Räume ausweisen.
-Dieser statistische Ausweis hat zunächst nach Gemeinden und Quartieren
-zu erfolgen, woraus die Bezirkssummarien, Kreis-, Provinz- und
-Reichssummarien zu bilden sind. Das Verhältnis der Bevölkerungsziffer
-und der Wohnbautenstatistik wird ergeben, ob überall gleichmäßig für
-das Wohnbedürfnis gesorgt ist und worin die Vorteile der nach den
-Verteilungsgesetzen bevorzugten Personen bestehen. Dabei wird aber auch
-der Aufwand für die Ausstattung der Wohn- und Gesellschaftsräume in
-Betracht kommen. Dieser Aufwand findet seinen Ausdruck in der Anzahl
-der aufgewendeten Arbeitstage, jede Art von Arbeit reduziert auf
-einen gemeinen Arbeitstag, und in der Menge und Art der aufgewendeten
-Materialien. Aber auch für die Bauerhaltung und die Instandhaltung
-der Ausstattung wird ein statistischer Jahresausweis zu liefern sein.
-Analog ist der Bestand, die Neuerrichtung und die Instandhaltung der
-Nutzbauten statistisch nachzuweisen.
-
-Ebenso ist es mit dem Inventar zu halten. Es ist zu trennen das
-Inventar für die Wohn- und Gesellschaftsräume vom Inventar an
-Werkzeugen und Maschinen für den Betrieb der Urproduktion und der
-Industrie. Das Kücheninventar gehört ebenso wie das Kellerinventar
-zu dem Inventar der ersten Kategorie. Auch bezüglich des Inventars
-handelt es sich um den Bestand vom Vorjahr, um Neuanschaffungen, um
-Erhaltungsaufwand und um Abschreibungen.
-
-Noch eine dritte Art von Inventar wird man aufzustellen haben, nämlich
-von Gegenständen, die für die Zwecke der Kunst und Wissenschaft
-dienen. Dahin gehören Bücher und den Büchern verwandte Gegenstände,
-wie Atlanten, Sammlungen von Käfern u. dergl. Dann Medikamente und
-andere Bedürfnisse des ärztlichen Dienstes, Instrumente und Apparate
-und die örtliche Verteilung aller dieser Sachen. Für die Zwecke des
-Sanitäts- und Unterrichtsdienstes und der Kunst und Wissenschaft werden
-auch Verbrauchsgüter gewidmet werden müssen, worüber eine besondere
-Nachweisung zu liefern sein wird. Was musikalische Instrumente und
-sonstige Behelfe für diese Kunstübung anbelangt, so könnte wohl
-die Nachfrage größer sein, als mit dem Vorrat zu befriedigen wäre.
-Darum soll für diese Verteilung die Mitwirkung der Vereine, VIII, 2,
-_Alinea:_ »Sehr zu fördern« mitbestimmend sein.
-
-Am Schlusse des Jahres wird eine eigentliche Statistik aufgestellt
-werden, umfassend die Bevölkerung, den Gesamtbesitz an unbeweglichen
-und beweglichen Sachen, die Gesamtproduktion, den Gesamtverbrauch
-im Laufe des Jahres und den Gesamtvorrat an verbrauchbaren Gütern,
-welcher auf das kommende Jahr zu übertragen ist. Diese Statistik aber
-baut sich auf aus der Statistik der Gemeinden, Bezirke, Kreise und
-Provinzen, welche im Reichssummarium zusammengefaßt werden. Ebenso wird
-es mit der Bevölkerungsstatistik, der Sanitäts- und Erziehungs- und
-Unterrichtsstatistik zu halten sein.
-
-
-
-
-VII.
-
-Der Kollektivismus und die Erhaltung, Vermehrung und Veredlung des
-Volkes.
-
-
-1. Die Bevölkerungspolitik.
-
-Der Kollektivstaat hat nicht nur die Aufgabe der Produktion und
-Verteilung der Sachgüter und der persönlichen Dienstleistungen im
-weitesten Sinne des Wortes, sondern er hat, da unser größtes Gut
-die Mitmenschen sind, besonders auch Einfluß auf die Propagation und
-Veredlung des Volkes zu nehmen.
-
-Dem Lande gehört jeder an, der von seinen im Lande heimatsberechtigten
-Bewohnern gezeugt wurde. Wie sonst die Staatsbürgerschaft erworben wird
-und wie sie verloren geht, bestimmen die Gesetze, auch, inwiefern von
-Inländern mit Ausländern erzeugten Kinder als Inländer zu betrachten
-sind. Es scheint der Natur der Sache zu entsprechen, daß die Kinder der
-Staatsbürgerschaft der Mutter folgen. _Mater certa, pater incertus._
-
-Die Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts beweist, daß ein Steigen
-der heimatsberechtigten Bevölkerung innerhalb gewisser Grenzen
-erträglich ist. Dagegen ist nicht zu bezweifeln, daß eine allzu rasche
-Vermehrung der Bevölkerung von Übel wäre, weil die Pflege, Ernährung
-und der Unterricht einer allzu zahlreichen Nachkommenschaft eine zu
-große Anzahl von Arbeitskräften in Anspruch nehmen würde und demgemäß
-auch die Wohnungsbauten zu rasch vermehrt werden müßten. Auch beweist
-die Erfahrung, daß kein Volk der Erde sich in dem Maße vermehrt, als
-nach der Zeugungskraft der Menschen möglich wäre.
-
-Ein Geburtenüberschuß von eins vom Hundert im Jahre würde schon in
-siebzig Jahren zur Verdoppelung der Bevölkerung führen, und das müßte
-schon in zwei- bis dreihundert Jahren eine Übervölkerung zur Folge
-haben. Die Meinung, daß dem durch Auswanderung leicht abgeholfen werden
-könnte, wäre falsch, weil man, insofern für die Zeugung nur das Recht
-des Einzelnen, nicht das öffentliche Interesse in Betracht kommt, nicht
-leicht ein Gesetz aufstellen könnte, =wer= auszuwandern hat, und es
-auch, sobald die Überproduktion von Menschen in Europa allgemein würde,
-unmöglich wäre, den Transport des Überschusses in überseeische Länder
-zu bewältigen. Auch bringt es die Natur der Sache mit sich und lehrt
-die Erfahrung, daß durch die Auswanderung die besseren und tüchtigeren,
-insbesondere die arbeitsfähigeren Elemente außer Land geführt werden,
-während die kinderreichen Familien zurückbleiben. Bei allgemeiner
-Übervölkerung müßten sich die benachbarten Völker wechselseitig
-gefährlich werden, da es viel näher liegt, den Nachbarn den Boden
-streitig zu machen, als den Menschenexport im Großen zu betreiben.
-
-Trotzdem könnte man im =Kollektivstaat= an eine solche zwangsweise
-Expatriierung denken und jene, die die bevölkerungspolitischen Gesetze
-nicht beobachten, des Staatsbürgerrechtes berauben und gewaltsam außer
-Landes schaffen, zu welchem Ende man Kolonien in unbewohnten oder
-schwachbevölkerten, aber fruchtbaren überseeischen Ländern errichten
-oder sonst einen Ausweg, wovon später die Rede sein wird, finden müßte.
-Das setzt aber eben voraus, daß man zwischen legitimen, den heimischen
-bevölkerungspolitischen Gesetzen entsprechenden, und illegitimen
-Zeugungen unterscheide, daß man also doch bevölkerungspolitische
-Gesetze erließe und die Expatriierung als Strafe verhängte. Dann aber
-ist die Zeugung kein gleiches Recht für alle mehr.
-
-Es ist ein großer Irrtum, wenn man die tatsächliche Zahl der
-Geburten in unserer heutigen Gesellschaftsordnung für das Ergebnis
-der natürlichen Fruchtbarkeit der Menschen hält. Die Zahl der
-Geburten wäre aber eine viel größere, wenn die Menschen sich in der
-Propagation lediglich von den Gesetzen der Natur beherrschen ließen.
-Die mannigfaltigsten Lebensgrundsätze, die mehr oder weniger mit der
-Sittlichkeit vereinbar sind, nehmen Einfluß auf die Verminderung der
-Zeugungen. Scheinbar einwandfrei ist die Enthaltsamkeit jungfräulicher
-Frauenspersonen, welche sich der Ehe enthalten oder keine entsprechende
-Ehe einzugehen Gelegenheit finden. Es ist aber immer noch die Frage,
-ob diese Enthaltsamkeit nicht große Übel im Gefolge hat. Die nicht
-befriedigte Natur fällt oft dafür weit größeren Verirrungen anheim.
-Wir wissen, daß Unzucht mit geschlechtsunreifen Kindern, mit Tieren
-und andere Verirrungen sehr häufig vorkommen und wahrscheinlich viel
-häufiger, als beobachtet wird. Noch viel größer als der Einfluß der
-völligen geschlechtlichen Enthaltsamkeit ist der Einfluß der oft als
-unsittlich verworfenen Maßnahmen, welche auf Unfruchtbarkeit der
-Umarmungen abzielen oder die Frucht zu beseitigen berechnet sind.
-Die abscheulichste Ursache der Verminderung der Geburten ist die
-Prostitution.
-
-Bekanntlich ist die Geburtenziffer in Tirol eine auffallend niedere,
-und in diesem Lande kann man folgendes beobachten. Unter den Bauern
-findet man häufig, daß die Mädchen das Alter von 45 Jahren und darüber
-erreicht haben, ehe sie zur Heirat schreiten, und oft verzögert sich
-die wirkliche Eheschließung bei Bräuten in diesem vorgeschrittenen
-Alter noch um ein oder zwei Jahre, so daß die Absicht, von welcher
-sie geleitet werden, unverkennbar ist. Es scheint, daß diese Ehen
-widerlicher sind als manche andere Verirrung ähnlicher Art.
-
-So viel ist gewiß, daß für die Menschen zwingende Verhältnisse
-vorliegen müssen, die eine natürliche Vermehrung als unheilvoll
-erscheinen lassen, wenn sie zu so mannigfaltigen und oft
-auch abscheulichen Mitteln greifen, die natürliche Vermehrung
-einzuschränken. Es ist gewiß, daß die mit der Kultur vereinbare
-Regelung der Volksvermehrung das schwierigste Problem ist, das
-den Menschen gestellt ist, und man kann nur wünschen, daß es im
-Kollektivstaat eine richtige Lösung finde, wenn auch vielleicht erst
-nach Generationen.
-
-Man muß annehmen, daß unter 100 Menschen mindestens 20 Frauenspersonen
-leben, die sich im zeugungsfähigen Alter befinden. Sinkt trotzdem die
-Zahl der Geburten bei allen Völkern unter fünf vom Hundert, bei vielen
-bis auf nahezu zwei vom Hundert im Jahre, so kann man sich vorstellen,
-welchem Zwange der Verhältnisse die Menschen ausgesetzt sein müssen.
-Und selbst rohe Völker verhalten sich der Propagation gegenüber
-nicht anders als die Kulturvölker. So hat der spanische Reisende
-Azarra bei wilden Völkern in Südamerika Gewohnheiten konstatiert, die
-offenbar darauf berechnet waren, Totgeburten herbeizuführen und die
-Kindersterblichkeit zu vermehren. Die klassischen Völker haben die
-Aussetzung neugeborener Kinder für erlaubt gehalten, sie scheint auch
-bei Juden vorgekommen zu sein, ebenso bei den Germanen. Was die Juden
-anbelangt, ist die Aussetzung des Moses ein klassisches Beispiel.
-
-Der Geburtenüberschuß, welcher für die Propagation entscheidend
-ist, hängt nicht allein von der Zahl der Geburten ab, sondern vom
-Verhältnisse der Geburten zu den Todesfällen, und wird in einem
-Lande die Versorgung des ganzen Volkes durch den Kollektivstaat
-nach den Grundsätzen geleistet, welche hier entwickelt worden, so
-muß man annehmen, daß die Todesfälle auf viel weniger als 1,5 vom
-Hundert im Jahre herabgingen, weil ein so niederer Prozentsatz der
-Sterbefälle schon heute in vielen sanitär gut eingerichteten Städten
-beobachtet wird. Nimmt man nun an, daß die Sterbefälle auf 1,2 vom
-Hundert im Jahre herabgingen, so wäre die wünschenswerte Maximalzahl
-der Geburten auf 17 bis 20 vom Tausend im Jahre zu veranschlagen.
-Eine Geburtenziffer von wenig über 2 Prozent wird auch heute schon
-tatsächlich in Frankreich, Tirol und manchen Staaten von Nordamerika
-beobachtet, obwohl gerade in Nordamerika Platz genug wäre, sich im
-Lande auszubreiten. Es wird demnach im Kollektivstaat Gegenstand
-der jeweiligen Volksbeschlüsse sein, die Grundsätze für die
-Bevölkerungspolitik festzusetzen, die Verhältniszahl der Geburten zu
-normieren und der Staatsverwaltung die Maßregeln vorzuschreiben, durch
-welche auf die Einhaltung dieser Verhältniszahl hingewirkt werden soll.
-
-Vorausgesetzt, daß solche Gesetze und Maßregeln für zulässig erachtet
-werden, entsteht die Frage, wem die Zeugung verwehrt werden soll
-und wie diesen Gesetzen Achtung zu verschaffen ist. Dabei wird die
-weibliche Bevölkerung zuerst in Betracht kommen, weil es nur darauf
-ankommt, wie die Frauen, nicht wie die Männer sich zu diesen Gesetzen
-verhalten. Nach dem, was wir in VII, 3, über die freie Liebe entwickeln
-werden, ist übrigens kaum zu erwarten, daß sich jemand den staatlichen
-Vorschriften wegen der Ehe und Zeugung nicht fügen wird, und es wäre
-eher zu besorgen, daß eine Eheflucht einrisse, die ihrerseits dem
-Staate gefährlich werden müßte, daher man daran wird denken müssen,
-die Ehe den dazu Berufenen wünschenswert zu machen. Doch wollen wir
-zunächst prüfen, wie der Übervölkerungsgefahr vorgebeugt werden könnte.
-
-Man könnte die Einschränkung der Zeugungen nach zwei verschiedenen
-Richtungen normieren. Entweder würde man zwar jeder Frauensperson die
-Zeugung gestatten, aber nur bis zu einer bestimmten Anzahl von Kindern,
-also für etwa zwei Kinder, oder man würde eine größere Anzahl von
-Frauenspersonen von der Zeugung ganz ausschließen, den anderen aber
-die Zeugung von Kindern ohne jede Einschränkung freigeben. In beiden
-Fällen würden jene Geburten, welche im Widerspruche mit den Gesetzen
-stattfänden, als illegitim anzusehen sein.
-
-Bei dem heutigen Stande der Dinge wäre der zweite Weg der bessere. Er
-würde uns die Möglichkeit bieten, die gesündesten Frauen und, wenn
-die Ehe beibehalten würde, die gesündesten Männer auszuwählen und
-ihnen die Propagation freizugeben, diese aber den anderen ganz zu
-verwehren.[22] Da die Gestattung der Zeugung noch nicht bedingen würde,
-daß von der Erlaubnis Gebrauch gemacht und welcher Erfolg erzielt
-wird, so müßte durch ununterbrochen fortgesetzte Beobachtung des
-Verhältnisses der Geburten zu den Todesfällen festgestellt werden, ob
-die Verehelichungsbewilligungen vermehrt oder vermindert werden sollen.
-Auch dazu würden die Bevölkerungstabellen dienen, die in VI, 8, e,
-angeführt worden sind.
-
- [22] Nach einem Berichte der »Politisch anthropologischen
- Revue« III S. 398 hat ein russischer Großgrundbesitzer
- eine Züchtung besonders schöner Menschen mit großem
- Erfolge versucht, indem er unter seine Arbeiter nur schöne
- Menschen aufnahm und die Ehen der Schönsten unter ihnen
- begünstigte. So kamen 40 besonders viel versprechende
- Paare zustande, von welchen schon 100 außerordentlich
- schöne Kinder gezeugt wurden, unter welchen wieder die
- erste Ehe geschlossen wurde zwischen einem reizenden
- Mädchen und einem Antinous von einem Jüngling.
-
-Man könnte nun dagegen sagen, daß niemand das Recht habe, jemand das
-Zeugen von Kindern zu verwehren. Es scheint aber, daß man mit diesem
-Rechtsgrundsatze den Kollektivismus unmöglich machen würde. Darum hat
-auch der Liberalismus, dem der Kollektivismus verhaßt war, jenes Recht
-der freien Selbstbestimmung in der Liebe und Ehe verbunden mit dem
-sozialen Gesetze, daß niemand als die Erzeuger für die Kinder, welche
-geboren werden, zu sorgen habe, vertreten, und diese Grundsätze konnten
-nur die Folge haben, daß die Übervölkerung zwar keine allgemeine,
-wohl aber eine Plage für die einzelnen Familien wurde. Man tröstete
-sich damit, daß jeder schlafe, wie er sich bettet. Allein es waren ja
-nicht bloß die Eltern, die die Lasten der allzu zahlreichen Geburten
-zu tragen hatten, vielmehr die erzeugten Kinder selbst und mittelbar
-doch auch die Gesellschaft, welche keineswegs unberührt bleibt von
-dem Elend und der Verkümmerung eines großen Teiles der Mitbürger
-und von der Verwahrlosung der Jugend. Darum gerät die Gesellschaft
-auch wieder mit sich selbst in Widerspruch, denn es werden Werke der
-Mildtätigkeit eingeleitet, um dem Elende, das die Gesetze verschuldet
-haben, abzuhelfen, und so schwankt man hin und her und macht wieder
-teilweise gut, was der Theorie nach nur die Eltern, aber nicht die
-Gesellschaft angeht. Allein wirklich interessiert sind weder die Eltern
-noch die Gesellschaft, sondern vor allem jene, die gezeugt werden und
-von der Erde, auf die man sie pflanzt, doch nicht Besitz ergreifen
-dürfen und, wenn sie ihren Platz auf Erden fordern, grausam bestraft
-werden. Sie sind nicht im Unrecht, wenn sie ihren Eltern und der
-Gesellschaft fluchen, denn so rechtlos, wie der Besitzlose, ist kein
-Tier. Die Besitzlosigkeit ist die ärgste Sklaverei, und wenn man den
-Enterbten zuruft, »so arbeitet doch«, ein Ruf, den am frechsten jene
-erschallen lassen, die nicht arbeiten und welche aus der Zwangslage der
-Besitzlosen wucherischen Gewinn ziehen, so vergißt man doch, daß das
-Leben nicht mit der Arbeitstüchtigkeit beginnt, daß der Ärmste auch
-zur Arbeitstüchtigkeit und zur Arbeitsfreude nicht erzogen wird und
-daß die Arbeit auch nur für jenen ist, der Arbeitsgelegenheit hat. Das
-ist ja eigentlich der Sinn der Armut, daß der Arme von dem =Rechte=, zu
-arbeiten, ausgeschlossen ist und daß er, was zweifellos ein angeborenes
-Recht ist, den Boden zu bebauen und sich von seinen Früchten zu
-ernähren, als Recht nicht geltend machen darf, weil man ihn einen
-Dieb nennt und als solchen bestraft, wenn er nach den von der Erde
-freiwillig hervorgebrachten Früchten greift oder er sich anmaßt, die
-Früchte in Anspruch zu nehmen, die er selbst der Erde abgewinnt. Bei
-solchen Umständen und bei solchen Rechten der Gesellschaft gegenüber
-hat der Überschüssige offenbar das Recht, ihr zuzurufen: »Ihr habt uns
-nicht zeugen lassen dürfen!«
-
-Es wird übrigens in der künftigen Gesellschaft das gesellschaftliche
-Recht, die Zeugung zu beschränken, um so weniger bezweifelt werden,
-als dem Kollektivstaate durch die Zeugung von Kindern Verpflichtungen
-auferlegt werden, nämlich die Kinder zu erhalten und zu erziehen.
-Denn wenn der Staat allein über alle Früchte verfügt und alles
-Nationaleinkommen verteilt, von wem könnten die Kinder Versorgung und
-Erziehung beanspruchen, als eben vom Staate?
-
-Und auch in der heutigen Gesellschaftsordnung anerkennt man ein
-Recht des Staates, die Erzeugung von Kindern zu erschweren oder zu
-begünstigen. Das Recht steht dem Staate ohne Zweifel zu, wenn er auch
-nach den Grundsätzen des Liberalismus gegenwärtig davon keinen Gebrauch
-macht. Es hat bis in die neuste Zeit hinein Gesetze gegeben, welche
-die Ehe erschweren, oder, im Falle eines Rückganges der Bevölkerung,
-sie begünstigen. Ebenso maßen sich in vielen Gegenden, wo das
-Zweikindersystem volkstümlich ist, die älteren Kinder das Recht an, den
-Eltern bittere Vorwürfe zu machen oder sie dem Spotte preiszugeben,
-wenn sie von weiterer Zeugung nicht abstehen. Ein Interessenkonflikt
-innerhalb der Familie liegt zweifellos vor und wenn es uns verletzt,
-den Streit ausbrechen zu sehen, so ist es doch sicherlich eine
-natürliche Quelle der häßlichsten Familienstreitigkeiten, oft der
-Anlaß zu Verbrechen und Mordtaten, sobald die Zeugung über eine
-gewisse Grenze hinaus fortgesetzt wird, oder verwitwete Personen, die
-schon erwachsene Kinder haben und noch zeugungsfähig sind, zu einer
-zweiten Ehe schreiten. Man kann es wohl in Zweifel ziehen, ob einer oft
-lächerlicher Begierde wegen der Anteil älterer Kinder am Erdenglücke so
-ganz mit Recht geschmälert werden darf, besonders dann, wenn es sich um
-das Schicksal erwerbsunfähiger Kinder handelt. Und wie häßlich ist es,
-wenn solche Fragen zwischen sich nahestehenden Verwandten aufgeworfen
-werden. Jedenfalls ist es besser, wenn sie, wie im Kollektivstaate, nur
-zwischen den Einzelnen und dem Staate zum Austrage kommen, da es hier
-nur vernünftige Grundsätze sein können, nach welchen sie ausgetragen
-werden.
-
-In wieferne der Staat in einer kollektivistischen Gesellschaftsordnung
-berechtigt ist, die Freiheit der Volksgenossen in der Propagation
-einzuschränken, mag unerörtert bleiben. Denn abstrakte Rechtsgrundsätze
-haben die Menschen niemals geleitet. Vergleichen wir aber die
-heutigen Zustände mit jenen, welche im Kollektivstaate in Beziehung
-auf die Zeugung zur Geltung kommen mögen, so erscheinen uns letztere
-vernünftiger, gerechter und mit dem Wohlwollen vereinbarer.
-
-Wer =heute= von Besitzlosen gezeugt wird, ist ausgeschlossen von jedem
-Mitbesitz, auf den doch jeder ein unveräußerliches Recht hat, der in
-die Welt gesetzt wird.
-
-Denken wir uns nun, in der ~künftigen~ kollektivistischen
-Gesellschaftsordnung würde gegen den Willen des Staates ein Kind
-erzeugt, so würde der Staat zwar solche Kinder nicht den legitimen
-Kindern gleichstellen und ihnen gegenüber die Versorgungspflicht
-nicht übernehmen, die er den mit seiner Zustimmung gezeugten Kindern
-gegenüber übernimmt, er würde sie aber nicht zur Besitzlosigkeit
-verdammen. =Er würde ihnen und ihren Erzeugern nur die Rechte der
-Mitgliedschaft am Kollektivbesitze vorenthalten, er würde sie aber
-nicht von allem Besitze ausschließen.= Er könnte die Eltern und die von
-ihnen unrechtmäßigerweise gezeugten Kinder auf einer dazu bestimmten
-Insel aussetzen, auf eine Kolonie verpflanzen, wo dem Staate eine
-Versorgungspflicht nicht obliegt, oder eine solche Familie nur von
-den Rechten am kollektiven Mitbesitze ausschließen. =Nicht eines
-jeden Anteiles an der Mutter Erde würden sie beraubt, nur aus der
-kollektivistischen Vergesellschaftung würden sie ausgeschlossen.=
-Diese Vergesellschaftung wird nur begründet für jene, welche sich
-den staatlichen Gesetzen unterwerfen und insbesondere jenen Gesetzen,
-welche die Propagation zum Gegenstande haben.
-
-Wir haben im Abschnitte I, _Alinea_: »Die Rechtsgrundsätze für die
-kommende Zeit« bereits darauf hingewiesen, daß die kollektivistische
-Gesellschaftsregel niemand aufgezwungen werden soll, daß es jedem
-freigestellt bleibe, =seinen Anteil am Gesamtbesitze abzusondern=, aus
-der kollektivistischen Gesellschaft auszutreten und eine Abfertigung
-in beweglichen und unbeweglichen Sachen zu verlangen. Das, was jenen,
-die sich den Gesetzen unterwerfen, als Recht zugestanden wird, wird den
-Kontravenienten gegen die Propagationsgesetze als Strafe auferlegt,
-~sie werden aber nicht zur Besitzlosigkeit verdammt~. So verstanden
-kann das Verbot, Kinder zu zeugen, offenbar nicht als ungerecht
-verurteilt werden. Der Kollektivismus ist im wahren Sinne des Wortes
-ein _Contrat social_, weil er fort und fort auf der Zustimmung aller
-Teilnehmer beruht.
-
-Die Ausscheidung, welche jedem Erwachsenen freigestellt, den Sündern
-gegen die Propagationsgesetze aber strafweise auferlegt würde, würde
-bedeuten, daß einer solchen Familie ein Gebiet im Staate selbst mit
-einem Anteil an Gebäuden und beweglichen Sachen von einem solchen
-Werte als Privateigentum angewiesen würde, der beiläufig ihren Anteil
-am Kollektivvermögen ausmacht, aber mit Ausschluß von allen weiteren
-Vorteilen, die der Bürger aus dem Kollektivismus zieht. Sie erhielten
-Privateigentum in einem Ausmaße, das dem gesellschaftlichen Anteile
-entspricht, der ihnen zukommt, aber nicht mehr und sie könnten nun
-nach ihrem Belieben Kinder zeugen, so viele sie wollten, aber auf
-ihre Rechnung und Gefahr. In einem Punkte wären sie besser daran,
-als der Besitzlose von heute, in einem anderen Punkte schlimmer,
-aber nur dann schlimmer, wenn der Staat im Austausche von Gütern
-mit ihnen hart verführe. Denken wir, es wäre ein Gärtner und seine
-Geliebte, die geboren hat, oder Frau, die er ohne staatliche Erlaubnis
-geheiratet hat. Der Staat =könnte= ihn beim Güteraustausch, den
-der Ausgeschlossene nicht entbehren könnte, hart behandeln, so wie
-heute der Besitzende den Arbeiter bewuchert. Es wäre aber gar nicht
-notwendig, daß man seine Arbeitskraft wucherisch ausnutze, man könnte
-ihm für seine Arbeitsprodukte das volle Äquivalent geben, er würde
-nur die ohne Zustimmung der Gesellschaft erzeugten Kinder, seien es,
-so viele es immer wären, selbst zu erziehen und zu erhalten haben.
-Wenn er auch in keinem Stücke verkürzt würde, er würde diese Art von
-Ausschluß aus den Vorteilen des kollektivistischen Lebens doch gewiß
-hart empfinden. Die praktischen Grundsätze für eine solche Absonderung
-wollen wir nicht näher erörtern.
-
-Zu den gesetzlichen Folgen der Nichtbeachtung der Populationsgesetze
-könnte auch die zwangsweise Verbannung in Kolonien gerechnet werden,
-die noch nach den Grundsätzen der alten Gesellschaftsordnung verwaltet
-werden. Man könnte aber auch einem Gesetzesübertreter ein Patrimonium
-in barem Gelde geben und ihn mit der Sündigen in einen fremden Staat,
-der ihn aufnehmen will, einzuwandern zwingen. Er könnte nun wählen, was
-von alledem ihm das mindest Beschwerliche erschiene. Schwerlich würde
-irgend ein Bürger eines Kollektivstaates eine dieser Lagen verbunden
-mit der vollen Freiheit der Zeugung dem Anspruche auf die Rechte
-eines Kollektivbürgers unter Verzichtleistung auf das Zeugungsrecht
-vorziehen. Jedenfalls würden doch er und seine Kinder weit weniger
-Grund haben, sich zu beschweren, als der Arme von heute, der von
-allzureichem Kindersegen bedrückt ist und die Kinder, die sich an den
-armen Erzeuger halten müssen.
-
-Aus Vorstehendem kann man nun schon ableiten, welche Gesetze gegen
-gesellschaftswidrige Zeugungen in Betracht kommen könnten. Gewiß hat
-der Staat kein Recht, jene, die keine gesunde Nachkommenschaft erwarten
-können, gegen ihren Willen der Zeugungskraft zu berauben,[23] noch die
-von ihnen gezeugten Kinder zu töten, noch gegen den Willen der Mutter
-eine Totgeburt herbeizuführen, noch die Kinder auszusetzen, ein Recht,
-das sich die Griechen und Römer gegen ihre eigenen Kinder anmaßten.
-Aber eine der oben erwähnten Beraubungen von den gesellschaftlichen
-Rechten, unter welchen dem Betroffenen die Wahl freistünde, müßte
-dem Kollektivstaate eingeräumt werden, wenn Jemand Kinder zeugt, ohne
-die Einwilligung des Staates vorher erwirkt zu haben, sei es, daß die
-Zeugung zu früh, in allzu jugendlichem Alter der Eltern, oder zu spät,
-in einem Alter, in dem die Zeugung nicht mehr gestattet wird, erfolgt,
-oder daß die Zeugenden wegen vererblicher Krankheiten oder Gebrechen
-von dem Rechte der Zeugung ausgeschlossen werden. =Den größten Vorteil
-für die Sicherstellung der gesellschaftlichen Interessen in den die
-Propagation betreffenden Einrichtungen erwarte ich von der Frauenkurie,
-von der in= VII, 4, =die Rede ist, da die Frauen vom Urteil ihrer
-Geschlechtsgenossen sehr abhängig sind und sich in der Frauenkurie bald
-eine öffentliche Meinung bilden wird.=
-
- [23] Wir können nicht wissen, welche Wandlungen die
- Anschauungen der Völker im Zukunftsstaate durchmachen
- werden und ob sie der Anregung in Matthäus 19, 12. nicht
- doch Folge geben werden, wenn die Erfahrungen dafür
- sprechen. Doch hätte das nur auf weibliche Kinder von
- besonders schlechten Anlagen, z. B. Kretins, Anwendung.
-
-
-2. Ehe, Familie, Elternrecht, Wahlmütter, Anteil des Staates an der
-Erziehung.
-
-Man hat die Frage der Liebe von der Frage der Zeugung zu trennen.
-Man kann die Liebesfreuden genießen, ohne zu zeugen, und in einer
-unglücklichen Ehe kann man ohne Zweifel zeugen, ohne Liebesfreuden zu
-genießen. Vielen Frauen ist die eheliche Umarmung eine Qual und eine
-Schande. Wir wollen zunächst untersuchen, wie sich der Kollektivstaat
-zur Zeugung zu verhalten hätte.
-
-Sein Interesse geböte offenbar, daß die tüchtigsten Frauen, gesund,
-kräftig, schön und frohgemut, mit den tüchtigsten Männern gleicher
-Vollkommenheit Kinder zeugten und zwar in einer Anzahl, welche eine
-angemessene, nicht zu rasche Vermehrung der Bevölkerung von 5-10
-vom Tausend im Jahre herbeiführen würde. Mit dem Zurückgehen der
-Sterblichkeit müßte das Zurückgehen der Geburten Schritt halten.
-Die Erfahrung würde darüber belehren, ob die Zeugung in der Ehe und
-beschränkt auf die Ehe, unter strenger Beobachtung der ehelichen
-Zeugung, besser den gesellschaftlichen Zwecken entspräche, oder ob
-die fallweise Verbindung zwischen zwei Personen, die sich jeweilig
-zur Zeugung vereinigen, und demnach wechselnd von einer Zeugung zur
-anderen, wie die Erfahrungen und die Neigungen der Frau ihre Wahl
-beeinflussen mögen, vorzuziehen sei. Von vorn herein hat man keinen
-Grund, der Ehe allein unbedingt den Vorzug zu geben, weil in allem jene
-Erfahrungen entscheiden müssen, welche erst der Kollektivstaat machen
-wird. Kärnten in Österreich ist, so viel ich weiß, das einzige Land,
-welches beinahe ebenso viele uneheliche als eheliche Geburten hat und
-eines scheint gewiß zu sein, daß der Menschenschlag in Kärnten kräftig
-und schön ist, wie auch die Statistik zu beweisen scheint, daß die
-sozialen Verhältnisse dort um nichts schlechter sind, als in Ländern,
-wo die unehelichen Geburten nur 10, ja nur 5 vom Hundert der Geburten
-betragen. Setzen wir den Fall, daß die Ehe nicht als die edlere und
-in Beziehung auf die Zeugung einer veredelten Nachkommenschaft nicht
-als die für die Gesellschaft nützlichere Form des Liebeslebens erkannt
-würde, so könnte sie im Kollektivstaate aufgegeben oder dem Belieben
-der Einzelnen freigegeben werden. Denn die Beschränkung der Zeugung
-auf die Ehe ist heute nur deshalb von Vorteil, weil die Ehe den
-Kindern in unseren Verhältnissen eine größere Sicherheit der Erziehung
-und Versorgung gewährt, als die außereheliche Zeugung. Schon das
-ununterbrochene Zusammenleben der Eheleute und ihrer Kinder ist heute
-von großem Einfluß auf das Wohl der Kinder, abgesehen davon, daß die
-uneheliche Mutter weder in hinreichendem Maße die Versorgung leisten,
-noch in Beziehung auf das Erwerbsleben, welches nach den Grundlagen
-unserer heutigen Zustände mehr in die Kompetenz des Vaters gehört,
-die Interessen ihrer unehelichen Kinder so gut wahrnehmen, wie der
-Vater für die ehelichen Kinder sorgen kann. Allein gerade dort, wo die
-unehelichen Geburten beinahe vorwiegen, in Kärnten,[24] hat sich auch
-in diesem Belange die außereheliche Zeugung mit dem Versorgungs- und
-Erziehungsbedürfnisse ins Gleichgewicht gesetzt, indem dort der Bauer
-recht gern Dirnen in den Dienst nehmen soll, so hat man mir mitgeteilt,
-welche ein oder zwei uneheliche Kinder mit ins Haus bringen. Diese
-fremden Kinder werden dann vom Bauer in der Hausgemeinschaft aufgezogen
-und zur Arbeit verwendet, so weit es tunlich ist.
-
- [24] Der Prozentsatz der unehelichen Geburten ist in Kärnten
- seit 1890 nicht unerheblich herabgegangen, übersteigt aber
- immer noch 40 Prozent.
-
-Da nun, wie wir sehen werden, die Natur der Dinge es mit sich bringt,
-daß im Kollektivstaat der Staat die Kinder, soweit durch die Zeugung
-seine Gesetze nicht verletzt werden, versorgt, die Mutter allein für
-die Familienerziehung vorzugsweise in Betracht kommt und ihre Stelle
-nötigenfalls von einer Wahlmutter vertreten werden soll, besteht ein
-Bedürfnis, die Zeugung auf die Ehe zu beschränken, gewiß nicht in dem
-Maße, wie heute, auch in der kollektivistischen Gesellschaft.
-
-Und doch wäre die Aufgebung der Ehe für die erste Zeit der neuen
-Gesellschaftsordnung nicht zu empfehlen. Einerseits weil man sich
-hüten muß, so altehrwürdige Einrichtungen voreilig abzuschaffen,
-wodurch man der neuen Ordnung nur Feinde schaffen könnte. Dann aber
-auch, weil diese Einrichtung der neuen Ordnung wichtige Dienste
-leisten kann. Beschränkt man nämlich das Recht der Zeugung auf die
-verheirateten Personen, so kann der Staat die Auswahl gesunder Männer
-und Frauen für die Zeugung leichter sichern, als in einer Verfassung
-ohne Ehe. Der Staat kann dann Einfluß nehmen auf eine vernünftige
-Gattenwahl, die aber unter allen befähigten Männern der Frau freistehen
-muß. Ohne Beeinträchtigung dieser Freiheit können die staatlichen
-Organe immerhin einen mäßigen Einfluß auf diese Wahl ausüben, wenn
-die Zeugung auf die Ehe beschränkt wird. Auch darauf kann der Staat
-unter dieser Voraussetzung Einfluß nehmen, daß die Zeugung durch noch
-allzu jugendliche Personen oder, selbst in der Ehe, über eine gewisse
-Altersgrenze hinaus, welche ein günstiges Zeugungsergebnis nicht mehr
-erwarten läßt, verhindert werde.
-
-Aus diesen Gründen wird zunächst die Fortdauer der unlöslichen oder
-schwer löslichen Ehe und die Unterdrückung der unehelichen Geburten
-sich empfehlen. Es wird aber ununterbrochen darüber zu beraten
-und zu verhandeln und es werden mit besonderer Rücksicht darauf
-Untersuchungen anzustellen sein, ob der Kollektivismus eine Änderung
-der geschlechtlichen Verhältnisse wünschenswert macht. Daß er sich
-mit jeder Form des Liebeslebens leichter verträgt, als die heutige
-Gesellschaftsordnung, ist gewiß.
-
-Zunächst können wir, wie gesagt, nur zu dem Ergebnisse kommen, daß
-der Kollektivstaat unter vorläufiger Aufrechterhaltung der Ehe und
-mit tunlichster Unterdrückung der unehelichen Geburten, oder auch,
-wenn die Ehe jedermann freigestellt wird, =nicht aber in der Ehe die
-Zeugung=, mit tunlichster Unterdrückung jener Zeugungen, welche den
-Populationsgesetzen zuwiderlaufen, eine entsprechende Einschränkung
-der Zeugungen unter Bevorzugung jener Zeugungspersonen, von welchen die
-gesündesten, kräftigsten, schönsten und begabtesten Kinder zu erhoffen
-sind, herbeizuführen haben wird.
-
-Was die Ehe anbelangt, so wird der Staat nur jene Ehen als gültig
-anerkennen, die mit seiner Einwilligung und unter Mitwirkung der damit
-betrauten staatlichen Organe geschlossen werden. Da aber eine Auswahl
-der zur Zeugung, beziehungsweise zur Ehe berufenen Personen stattfinden
-soll, werden nicht nur die Kinder mit Rücksicht auf die später
-aufzuwerfende Frage, ob sie zur Ehe zugelassen werden sollen, häufig
-zu untersuchen sein, sondern auch die Beobachtungen an ihren Eltern
-und die noch weiter zurückgehenden Beobachtungen an den Voreltern
-und die Sektionsergebnisse, so hoch hinauf, als sie vorliegen und
-vernünftigerweise noch in Betracht kommen können, in Berücksichtigung
-gezogen werden müssen und es wird sich vielleicht sehr empfehlen,
-durch irgend eine Feierlichkeit oder sonst auf eine Art, die zur Ehe
-Berufenen schon im frühen Alter als zur Ehe prädestinierte junge Leute
-zu proklamieren, um nicht nur ihre Phantasie auf den künftigen Beruf zu
-lenken, sondern auch bei den anderen die Resignation sich zu einer Zeit
-einwurzeln zu lassen, wo das Geschlechtsleben noch keine Bedeutung hat.
-
-Die Folge der Annahme dieser Grundsätze wird es sein, daß man auf
-mancherlei Art die wechselseitige Aufmerksamkeit solcher junger
-Männer und Mädchen erregen wird, die nach ärztlichem Gutachten nicht
-nur im allgemeinen zur Ehe geeignet, sondern auch wechselseitig ganz
-besonders für einander zu passen scheinen. Natürlich könnte man nicht
-daran denken, nach den brutalen Vorschlägen Platos die eigensinnig
-festgesetzten Paare wie die Haustiere zusammenzugeben, allein man wird
-guttun, eine voreilige Wahl möglichst zu verhindern und zur geeigneten
-Zeit, nämlich wenn Mädchen und junge Männer nach den Beobachtungen der
-Ärzte (beziehungsweise der Ärztin) den Grad der vollendetsten Reife
-erlangt haben, zu veranstalten, daß sie sich ungezwungen sehen können.
-Ob die Veranstaltung von Tanzfesten für solche junge Leute das beste
-Mittel wäre, vernünftige Wahlen herbeizuführen, mag die Erfahrung
-lehren. Man sollte meinen, es wäre vernünftiger, daß das Mädchen den
-Bräutigam wählt, als umgekehrt, da man voraussetzen muß, daß das Weib
-den echten Sexualinstinkt sicherer besitzt, als der Mann, eben weil
-es das Weib ist, das empfängt. Daß heute der Mann wählt, ist nur die
-Folge der Herrschaft der Männer über die Frauen, welche schon jetzt
-als eine Unnatur empfunden wird, und welche im Kollektivstaate gar
-keinen Sinn mehr hätte, da nicht der Ehemann, sondern der Staat die
-Frau und die Kinder versorgt. Übrigens wird, wenn der Staat die Kinder
-ernährt und die Eltern versorgt, das Mädchen, wenn auch der Antrag
-des jungen Mannes abgewartet wird, von dem Zwange befreit sein, einen
-unwillkommenen Antrag aus Versorgungsrücksichten anzunehmen.
-
-Was nun die Ehebewilligung anbelangt, so können auch andere, als durch
-die Gesundheit bedingte Einschränkungen und selbst Erweiterungen
-ins Auge gefaßt werden. Nationalgemischte Ehen können an die
-Bedingung geknüpft werden, daß sich die Brautleute vorher über das
-Ansiedlungsgebiet einigen und daß der nach seiner Nationalität diesem
-Gebiete nicht angehörige Teil sich verpflichtet, die Kinder in der
-diesem Gebiete angehörigen Sprache zu erziehen.
-
-Wir haben in unseren Verhältnissen ein Analogon. Die katholische
-Kirche erlaubt ihren Angehörigen die Ehe mit Angehörigen anderer
-Konfessionen nur gegen einen Revers, daß alle Kinder dieser Ehe im
-katholischen Glauben erzogen werden. Allerdings kann die Erfüllung
-dieser Verpflichtung, da sie keinen staatlichen Schutz genießt, nicht
-erzwungen werden, während die vorhin erwähnte Verpflichtung durch
-das dem Staate vorbehaltene Miterziehungsrecht und die Volksschule
-garantiert ist. Was aber die nationalen Interessen anbelangt, so
-liegt eine Gefahr vor, die wir uns nicht verhehlen dürfen. Daß
-nämlich aus nationalem Chauvinismus die Zahl der Ehebewilligungen zum
-Gegenstand des Kampfes gemacht würde. Freilich könnte auch da ein
-Verteilungsgesetz gedacht werden, wonach die Aufrechterhaltung der
-numerischen Verhältnisse der Nationalitäten der Verwaltung zur Pflicht
-gemacht werde.
-
-Noch wichtiger wäre folgender Fall der Erweiterung der
-Ehebewilligungen, nämlich die Ausdehnung auf solche, die in
-gesundheitlicher Beziehung nicht ganz entsprechen, wenn sie nämlich
-einem schwerer belasteten Beruf angehören und sich verpflichten,
-die Kinder in diesem Berufe zu erziehen und ihm zu widmen, eine
-Verpflichtung, die dann ihre Ergänzung fände in den Gesetzen über die
-Verteilung der Arbeit. Selbstverständlich würde diese durch Erbschaft
-überkommene Belastung der Erhebung in bevorzugte Berufe dann nicht im
-Wege stehen, wenn die Bedingungen erfüllt sind.
-
-Es ist hier der Ort, einiges über die angeborenen Anlagen der Menschen,
-spricht man doch von geborenen Verbrechern, und über die Vererbung
-innerhalb der menschlichen Rasse zu sagen. Die Anschauung, daß es
-geborene Verbrecher gebe, teile ich nicht. Es mag gewisse angeborene
-Eigenschaften geben, welche es dem damit behafteten Individuum schwerer
-machen, sich den Gesetzen und den gegebenen Umständen anzupassen, aber
-ein angeborener Hang zu =bestimmten= Verbrechen ist nicht erweislich.
-Die Eigenschaften der Menschen bestimmen ihre Handlungen nicht allein,
-sondern nur im Zusammenwirken mit den Umständen und Verhältnissen im
-allgemeinen und mit einzelnen Vorkommnissen im besonderen. Bismarck
-hätte nie eine zur Einigung Deutschlands führende Handlung gesetzt,
-wenn er nicht in den preußischen Staatsdienst berufen worden wäre,
-den er nicht gesucht hat. Mancher Selbstmörder hätte nie einen
-Selbstmord begangen, wenn nicht etwa die Betrachtung einer Waffe
-eine Ideenassoziation ausgelöst hätte, die zu Selbstmordgedanken
-führte. Jeder Mensch birgt eine Welt der verschiedensten, sich oft
-widersprechenden Anlagen und Neigungen und welche davon ins Spiel
-kommen, hängt von der Geschichte des Individuums und sehr häufig von
-unberechenbaren Zufällen ab. Der große Vorzug des Kollektivismus, der
-zur Staatsomnipotenz führt, ist es, daß er die nützlichen Anregungen,
-Anregungen, sich der Gesamtheit nützlich zu erweisen, außerordentlich
-vermehrt, die gegenteiligen Anregungen nicht nur an und für sich
-vermindert, sondern auch, sofern sie potentiell im Gesellschaftsleben
-noch vorhanden sind, durch Anregungen sozialer Natur verdrängt.[25]
-
- [25] Ich war vor etwa dreißig Jahren allein in meiner Kanzlei,
- als ein Mann bei mir eintrat, der Tränen in den Augen
- hatte und vor Bewegung kein Wort sprechen konnte. Er
- überreichte mir einen Zettel, worauf stand, daß er
- soeben aus einer Strafanstalt komme, wo er ein Jahr wegen
- Veruntreuung abzubüßen hatte. Er suche einen Erwerb. Ich
- ließ ihn Platz nehmen und Schriften kopieren und da er
- brauchbar war, gab ich ihm zunächst ein Tagegeld, später
- einen Monatlohn und niemand erfuhr etwas von seinem
- Vorleben. Bald fand er auf Grund meines Zeugnisses über
- seine Verwendung in meiner Kanzlei einen Posten in einem
- Handlungshause und dann als Korrespondent in einer Bank.
- Er hat nie Anlaß zu einer Klage gegeben. Eine ähnliche
- Erfahrung machte ich mit einem anderen Beamten meiner
- Kanzlei, dessen Vorbestrafung mir erst nach seinem
- Austritte bekannt wurde.
-
-Allein angeborene gute Eigenschaften -- abgesehen von deren
-erziehlichen Entwickelung -- sind selbstverständlich im Interesse der
-Gesellschaft gelegen, weil auch der wohlerzogene Mensch mehr leistet,
-wenn er über gute Anlagen verfügt. So hat also die Gesellschaft ein
-Interesse daran, daß nur gut veranlagte Individuen geboren werden. Doch
-ist auf Beeinflussung der Zeugungsprodukte durch das Zusammenwählen
-der Eltern von Gesellschaftswegen nicht viel zu geben, wenigstens
-nach dem heutigen Stande der uns zu Gebote stehenden Kenntnisse. Nur
-das fortgesetzte Ausschalten der schlecht veranlagten Individuen von
-der Zeugung scheint etwas für die Veredlung der menschlichen Rasse
-zu versprechen, nicht aber die positive Auswahl der zu paarenden
-Individuen. Jedes Kind erbt einen Teil der Eigenschaften des Vaters und
-einen Teil der Eigenschaften der Mutter und in welcher Proportion, auf
-welchem Gebiete der physischen und psychischen Anlagen diese Vererbung
-erfolgt, ist, derzeit wenigstens nicht bestimmbar. Die Vereinigung
-des väterlichen und mütterlichen Naturells in den Kindern verhält
-sich, wie die Legierungen verschiedener Metalle oder die chemischen
-Verbindungen von Stoffen in verschiedenen Proportionen. Verbindungen
-von Kupfer und Zink in verschiedenen prozentuellen Verhältnissen geben
-Produkte, welche keineswegs im gleichen prozentuellen Verhältnisse
-die Eigenschaften der verbundenen Metalle zeigen. Aber während wir
-bestimmen können, wie viele Teile der Metalle wir zusammengeben, können
-wir nicht beherrschen, wie viele und welche Teile des väterlichen und
-mütterlichen Naturells auf die Kinder übertragen werden. Darum kann
-das Kind eines schönen Vaters und einer schönen Mutter grundhäßlich
-sein und es scheint darum, wenigstens heute, am meisten von einer
-Paarungswahl erhofft werden zu können, welche durch den Sexualinstinkt
-des Weibes bestimmt wird.[26]
-
- [26] Auf der Jahresversammlung des deutschen Vereins für
- Volkshygiene in München sprach sich Professor M.
- Gruber-München dahin aus, daß der Kampf ums Dasein unter
- den Menschen nicht immer rasseveredelnd wirke, daher er
- sagte, wir könnten, indem wir die äußeren Hindernisse
- einer gesunden körperlichen und geistigen Entwicklung
- beseitigen =und den Kampf ums Dasein durch eine
- vernunftgemäße Zuchtwahl ersetzen, ungeheure Fortschritte=
- anbahnen. Ganz im Sinne dieser Mahnung soll der sanitäre
- Dienst im Zukunftsstaate wirken.
-
-Auf das Eheleben der jungen Eheleute werden die Ärzte belehrend und
-aufklärend Einfluß zu nehmen suchen. Die Ärztin wird die junge Frau
-in den ersten Monaten auf das Beste beraten. Der junge Mann wird
-sich mehr beherrschen müssen als heute, die Frau wird sich auch dem
-geliebten Manne entziehen dürfen, wenn immer es ihr Wohl und das Wohl
-der Frucht ihrer Liebe erfordert. Wenn man die Lehren des Alphons von
-Liguori über die Pflichten der Frau kennt, so wird man sagen müssen,
-daß das Eheleben der Zukunft gerade das Widerspiel von dem sein wird,
-welches jener Moralist vorschreibt. Die Ärztin wird vielleicht durch
-ihren männlichen Kollegen auch auf den jungen Ehemann einwirken,
-wenn die Umstände es erfordern und die Ehe wird gewiß an Schönheit
-und Vernünftigkeit gewinnen, das Los der Frauen sich viel günstiger
-gestalten als es heute ist. Auch hierin muß man einen Fortschritt
-begünstigen und man kann nicht von allem Anfange an vom Kollektivismus
-das Vollkommenste erwarten. Die Kohabitation der Eheleute wird
-ein Privilegium bilden, es ist aber nicht ausgemacht, daß diese
-Kohabitation in bestimmten Perioden der Schwangerschaft nicht wird
-aufzuheben sein.[27]
-
- [27] Ein Wiener Professor der Anatomie hielt im Februar 1902
- in Wien einen öffentlichen Vortrag über die physische
- Veredlung des Menschen und stellte so ziemlich dieselben
- Forderungen auf, wie sie hier aufgestellt werden, aber er
- machte sich keine Gedanken darüber, daß diese Forderungen
- in unserer Gesellschaftsordnung nicht erfüllt werden
- können. Er ist für Aufrechterhaltung der Ehe, Schonung
- der schwangeren Frau bis zur Entbindung, Beseitigung
- des Mieders während der Schwangerschaft, gewiß sehr
- bescheiden, Vermeidung heftiger Bewegungen während
- dieser Epoche mit Inbegriff des Reitens und Schwimmens,
- Schaffung eigener Stätten, wo arme Frauen gebären können.
- Er ist gegen die Auswahl der Paare durch behördlichen
- Einfluß, aber, wie es scheint, für den Ausschluß aller
- schwächlichen und kränklichen Zeugungspersonen. Um
- alles das allgemein durchzuführen, braucht man den
- Kollektivismus und eine gesellschaftliche Macht über die
- Einzelnen, die nur der Kollektivismus bieten kann.
-
-Die Lösung der Ehe wird zu ermöglichen, aber wahrscheinlich nicht zu
-begünstigen sein. Wenn sich heute schon Stimmen dafür erheben, die
-Ehe überhaupt nur auf Zeit und etwa für einen einzelnen Zeugungsakt
-zuzulassen, so kann davon zunächst gewiß nicht die Rede sein. Später
-mag man vielleicht zur Überzeugung gelangen, daß eine Scheidung,
-vorzüglich auf Verlangen der Frau, etwa nach der ersten Geburt, sehr
-leicht soll gestattet werden. Allein zunächst muß das System der
-Scheidung und eventuellen Trennung wie bei Akatholiken unter manchen
-Erschwerungen als das Vernünftigste gelten. Von der Frau ist die
-eheliche Treue auf das Strengste zu fordern und zwar nicht so sehr als
-ein Recht des Gatten als der staatlichen Interessen wegen, damit nicht
-unter dem Deckmantel der Ehe die Zeugung durch solche Männer ermöglicht
-werde, die von der Zeugung ausgeschlossen wurden.
-
-Die Ehe wird beiden Teilen einige Beschränkungen auferlegen, die
-Unvermählten erspart sind. Daher ist manche Kompensation zu gewähren.
-Trauungsfeierlichkeiten, vielleicht größere Wohnungsbequemlichkeiten,
-gewisse Begünstigungen in den Honigwochen, vielleicht, aber doch nicht
-wahrscheinlich, Hochzeitsreisen, eher aber Urlaub für die erste Zeit
-der Ehe mit ruhigem Dahinleben an einem stillen Orte, der das engste
-und vertraulichste Zusammenleben in schöner Umgebung gestattet, mag
-einen Ausgleich gewähren für längeres Zuwarten, die Gebundenheit der
-Ehe und vor allem der jungen Frau für die Last der Schwangerschaft
-und Geburt. Ist die Auswahl zur Ehe eine besonders strenge, so wird
-man von einer verheirateten Frau mehrere Kinder erwarten, etwa vier.
-Wenn gleich die Erfüllung dieser Erwartung den Frauen gegenüber
-nicht erzwungen werden kann, da der Vorschlag Platos, dies in der
-Form auszuführen, daß man die zur Begattung bestimmten Paare am
-bestimmten Tage in die Tempel führt und in Gegenwart von Priestern
-zur Zeugung anhält, als brutal und absurd verworfen werden muß, so ist
-doch anzunehmen, daß es dem Einflusse der Frauenkurie, VII, 4, deren
-Hauptaufgabe es wäre, dafür zu sorgen, daß Frauen und Mädchen sich den
-gesellschaftlichen Bedürfnissen unterordnen, und dem Einflusse des
-weiblichen Arztes gelingen wird, den Widerstand jener verheirateten
-Frauen zu besiegen, welche den Liebesfreuden huldigen, aber nicht
-zeugen wollen, ein Gedanke, der in einer Gesellschaft wohl keimen
-kann, in welcher den von der Ehe ausgeschlossenen Mädchen nach den im
-Abschnitt VII, 3, entwickelten Vorschlägen, dieser Ausweg freigestellt
-wird. Es bedarf offenbar eines wohlorganisierten staatlichen
-Einflusses, um den einen das Zeugen zu verwehren und den anderen als
-Pflicht darzustellen. Theoretisch werden alle anerkennen, daß wegen des
-offenbaren sozialen Interesses die untauglichen Personen die Zeugung
-meiden, die tauglichen aber ihr nicht aus dem Wege gehen sollen. Aber
-der Einzelne wird nicht immer gelten lassen wollen, daß das Gesetz
-auf ihn Anwendung habe, schon deshalb, weil die Sachverständigen
-sehr oft fehlgreifen werden und Jene, welchen sie die Ehe gestatten,
-Krüppel oder Idioten zeugen und illegitime Geburten gesunden Kindern
-das Leben geben werden. Und aus diesem Grunde muß man auf die
-Mitwirkung der oben erwähnten Faktoren bauen.[28] Heute bleiben diese
-offenbaren gesellschaftlichen Interessen unberücksichtigt, insofern
-nicht vielleicht in einzelnen Fällen der priesterliche Einfluß sich
-=vorteilhaft= geltend macht.
-
- [28] Ich machte in meinem Roman »Österreich im Jahre 2020«
- Seite 318, 319, 332 und 333 einen Versuch, den Einfluß der
- Frauen in einem Falle dieser Art zu schildern.
-
-Die katholische Moral stimmt mit unseren Anschauungen nicht überein.
-Nach Alphons von Liguori soll sich die verheiratete Frau den Begierden
-ihres Mannes jederzeit opfern, selbst während einer Krankheit, und den
-maßlosesten Forderungen soll sie sich wie eine Sklavin hingeben. Die
-Wahrscheinlichkeit, einem siechen Geschöpfe das Leben zu geben, ist
-kein Grund, der Enthaltsamkeit rechtfertigen würde, denn Alles ist
-Gottes Wille.
-
-Für die künftige Gesellschaftsordnung kann man sich übrigens recht
-wohl denken, daß nach einer Reihe von Jahren und nach der Geburt einer
-gewissen Anzahl von Kindern der eheliche Zwang aufhört und auch das
-Zusammenwohnen ein Ende nimmt. Unter gewissen Umständen wird man dann
-auch auf Gattentreue keinen Wert mehr legen, immer vorausgesetzt, daß
-keine Kinder mehr gezeugt werden.
-
-Zu den Freuden der Ehe gehört auch das Zusammenleben mit den Kindern
-in den Stunden, die nicht der Arbeit gewidmet sind. An die Stelle der
-väterlichen Gewalt soll die mütterliche Gewalt treten, doch soll der
-Vater trachten, sich einen Einfluß auf die Entscheidungen der Mutter
-zu sichern und zwar durch Liebe und Weisheit. Im Falle der Scheidung
-oder Trennung folgen die Kinder der Mutter, insofern nicht der in VII,
-5, b, erwähnte Fall des Verlustes der mütterlichen Rechte eintritt und
-eine Wahlmutter die Stelle der natürlichen Mutter einnimmt. Der Staat
-wird die Autorität der Mutter den Kindern gegenüber wahren und ein
-darauf berechnetes Zusammengehen der staatlichen Erziehungsorgane mit
-der Mutter fordern. Da im Falle der Verwaisung von Kindern, wie auch
-im Falle des Verlustes des mütterlichen Erziehungsrechtes für einen
-Ersatz durch Bestellung einer Wahlmutter gesorgt werden soll, wird
-der natürlichen Mutter das Recht zuzugestehen sein, für den Fall ihres
-Todes oder für den Fall ihrer Abwesenheit die Frau zu wählen, welche,
-wenn sie den Auftrag annimmt, zeitlich oder dauernd ihre Stelle als
-Wahlmutter zu vertreten hat.
-
-Aber weder Frau noch Mädchen darf gezwungen werden, die Stelle
-einer Wahlmutter überhaupt oder einem bestimmten Kinde gegenüber zu
-übernehmen. Näheres über diesen Gegenstand enthält der Abschnitt VII,
-5, b, _Alinea_: »In der Regel wird man.«
-
-Daß der Staat einen Anteil an der Erziehung zu nehmen hat, ist eine
-selbstverständliche Sache und es ist dem der Abschnitt VII, 5, a, über
-die Erziehung gewidmet.
-
-
-3. Geschlechtliche Sittlichkeit. -- Freie Liebe.
-
-Die Forderung der geschlechtlichen Enthaltsamkeit außer der Ehe wird
-heute den Mädchen aus zwei Gründen mit größter Strenge auferlegt.
-Der erste Grund ist eben der, daß man einer Übervölkerung vorbeugen
-will, die am ehesten dadurch hintangehalten wird, daß die Männer
-die Freuden der Liebe infolge der Enthaltsamkeit der unverheirateten
-Frauenspersonen nur in der Ehe genießen können, welche dem Ehemanne
-die Erhaltung der von seiner Frau geborenen Kinder auferlegt, daher er
-die Ehe solange meidet, solange er nicht wirtschaftlich in der Lage
-ist, für die Familie zu sorgen. Alle diese Gesetze und Einrichtungen
-erschweren die Zeugung in dem Maße, als es die Gesellschaft
-braucht. Der zweite Grund für jene Forderung der Frauenehre ist die
-Oberherrschaft der Männer über die Frauen und die Anforderung, welche
-demnach erstere stellen, daß die Braut dem Gatten unberührt in die
-Arme geführt werde, obgleich den Mädchen ein gleicher Anspruch nicht
-zuerkannt wird. Zu den Einrichtungen, welche die Geburten vermindern,
-gehört auch die Prostitution, wodurch die Triebe der unverheirateten
-Männer im ausgiebigsten Maße durch verhältnismäßig wenige der Schande
-preisgegebene Frauenspersonen befriediget werden sollen und zwar
-ohne Wahrscheinlichkeit der Zeugung, welche diese Frauen zu umgehen
-wissen und der sie aus geschäftlichem Interesse entgehen wollen. Diese
-Zustände sind im höchsten Grade verächtlich, nicht deshalb, weil
-die Begattung außerhalb der Ehe stattfindet, sondern weil sie rein
-mechanisch, ohne gemütliche Neigung, ja ohne alle Achtung des Mannes
-vor dem Weibe, das er umarmt, mit der tiefsten Erniedrigung des Weibes
-vor sich geht, wenngleich manche Ehen in dieser Hinsicht sich von der
-Prostitution kaum unterscheiden.
-
-Wir sehen, daß in unserer Zeit die sinnlichen Begierden in sehr hohem
-Grade die Mehrheit der Männer und Frauen beherrschen und es scheint,
-daß diese Vergeudung von Kräften im Geschlechtsleben der Tiere ganz
-unbekannt ist. Dagegen ist es allerdings zweifellos, daß es auch in
-unserer Zeit viele Männer und Frauen gibt, die sehr leicht enthaltsam
-leben könnten, aber man muß annehmen daß sie eine geringe Minderheit
-bilden.
-
-Es kann nun sein, daß diese hochgradige Sinnlichkeit entweder eine
-Folge des Kulturbedürfnisses der Einschränkung der Geburten oder eine
-Folge der durch die Gesellschaftsordnung bedingten Zustände ist. Wir
-sehen bei allen Tieren, daß sie die Liebesakte einstellen, sobald der
-Zeugungszweck erreicht ist. Dafür aber vermehren sich alle Tiere ohne
-irgendwelche Grenzen und sie drängen zur Überproduktion, die nur durch
-wechselseitige Ausrottung unterdrückt wird. Die Menschen beschränken
-die Umarmungen nicht auf die Zeugungsakte und zwar in der Ehe so
-wenig, als außer der Ehe. Da nun der Kollektivstaat die Zeugungen auch
-beschränken müßte, so wird dieser Grund eines vielleicht unnatürlichen
-Kultus der Geschlechtsliebe nicht wegfallen. Diese Beschränkung ist
-ein offenbares Bedürfnis der Kultur und Kultur ist ja auch nicht
-wirklich natürlich, wenn auch nicht naturwidrig. Sie kann nur dann
-als vernünftig gelten, wenn sie eine Vervollkommnung der Natur in
-sich schließt und das setzt voraus, daß die Kultur den Naturzweck der
-Selbsthaltung besser erreicht, als die ursprüngliche Natur, wenn sie
-also ein längeres Leben verspricht.
-
-Die heutige Gesellschaftsordnung ist auch insofern schuld an jener
-wahrscheinlich schädlichen Übertreibung des Liebesgenusses, als sie
-Gelegenheit zu großer Bereicherung Einzelner gibt, welche naturgemäß
-ein bloßes Genußleben führen und nur daran denken, neue Freuden zu
-ersinnen, während andere durch ihre Armut veranlaßt werden, dieser
-Genußsucht zu dienen und sie noch anzustacheln, um aus dem Reichtum
-anderer Vorteil zu ziehen. Es sind das Maitressen, Prostituierte
-und Kupplerinnen. Es ist zu vermuten, daß der Kollektivismus durch
-verhältnismäßige Verteilung der Arbeit und der Güter sowie durch
-größere Förderung der edleren Genüsse des Lebens zu einer Herabsetzung
-des ausschweifenden Geschlechtstriebes führen werde. Große und leicht
-erregbare erotische Sinnlichkeit wird man bald als eine Krankheit
-erkennen, die wie jede andere Krankheit durch die Ärzte zu bekämpfen
-sein wird. Nach ihren Erfahrungen wird man die Erweckung der
-Sinnlichkeit zu vermindern trachten, und sobald man die Sinnlichkeit
-nicht als sündhaft, sondern als krankhaft zu bekämpfen unternehmen
-wird, wird es auch von selbst gegeben sein, daß die jungen Leute
-aufhören, aus ihren Begierden ein Geheimnis zu machen. Dabei wird
-sich aber die Bestellung von weiblichen Ärzten als besonders wohltätig
-erweisen, weil die Mädchen und Frauen solche Bekenntnisse einem Manne
-weder ablegen mögen noch sollen.[29]
-
- [29] In Tirol wird sich nicht leicht ein Bauernmädchen oder
- Bauernbursche der Beichte entziehen, aber zahllos sind
- die mir bekannt gewordenen Äußerungen von Bauernburschen
- und Mädchen der Landbevölkerung, daß man geschlechtliche
- Sünden nicht zu beichten brauche, weil sie natürlich
- seien. Nach dem, was ich selbst aus dem Munde der Leute
- vernahm, ist mir alles glaubwürdig, was andere drüber
- berichten. Adolph Pichler, aus Tagebüchern 1850-1899,
- Seite 311.
-
-In welchem Maße nun Enthaltsamkeit sittlich geboten ist, kann nur
-auf Grund jener allgemeinen Beobachtungen beurteilt werden, die
-nur im Kollektivstaat möglich sind und welche die Hauptaufgabe
-der Sanitätspersonen bilden. Wenn in einem Volke eine naturgemäße
-Befriedigung des Geschlechtstriebes und eine naturgemäße Herabsetzung
-der erotischen Begierden allgemein verbreitet wird, so muß sich
-die Richtigkeit der Grundsätze, nach denen man verfährt, in einer
-größeren Langlebigkeit zu erkennen geben, und =einzig und allein der
-Einfluß einer gewissen Lebensweise auf die Verlängerung des Lebens
-ist der Maßstab ihrer sittlichen Berechtigung=. Im einzelnen Falle
-aber wird sich der Arzt schon aus gewissen Erscheinungen, die Zeiten
-der Ausschweifung oder der Enthaltsamkeit nachfolgen, ein Bild machen
-können, was zerstörend und was förderlich wirkt. Die sichersten
-Merkmale für die ärztliche Beobachtung werden psychische Erscheinungen
-sein, Herabsetzung bestimmter geistiger Kräfte, insbesondere
-Gedächtnisschwäche, Arbeitsunlust und anderes werden darauf deuten,
-daß der Natur Schädliches zugemutet wurde. Allein naturwidrige
-Enthaltsamkeit wird nicht minder schädlich wirken, wenn auch vielleicht
-andere Wirkungen hervorbringen.
-
-Aufgabe der Ärzte wird es sein, nach Maßgabe ihrer Erfahrungen auch
-jene Erziehungsgrundsätze festzustellen, welche im allgemeinen oder
-individuell zur Hebung der Sexualethik führen können, wobei ich unter
-Sexualethik keineswegs sexuelle Enthaltsamkeit allein verstehe, sondern
-auch innerhalb der natürlichen Grenzen vernünftige Hingabe an die
-Genüsse des Liebeslebens. Diesen kommt ja nicht nur ein Wert für das
-Individuum zu, sondern die Liebe zwischen Mann und Weib ist der Anfang
-und die Quelle aller sozialen Ethik, weil die auf =wechselseitige=
-Befriedigung gerichtete Liebesbegierde vor allen anderen Freuden das
-Zusammensein der Menschen fordert und fördert. Darum müssen wir es als
-zweifelhaft betrachten, ob, wenn die Zeugung beschränkt werden muß, die
-Einschränkung des Liebesgenusses auf die Zeugungsakte vom Standpunkte
-des gesellschaftlichen Interesses erwünscht wäre.
-
-Die Lösung der eben erwähnten Aufgabe der Ärzte wird aber durch die
-Mitwirkung der Lehr- und Erziehungspersonen ohne Zweifel gefördert
-werden, da die Erfahrung auf dem Gebiete der psychologischen Tatsachen
-in die Kompetenz allerdings des Arztes, aber auch in die Kompetenz
-der Lehrer und Erzieher fällt. Während nämlich die Fachkompetenz der
-Ärzte sich darauf beschränkt, zu erkennen, welche Lebensgrundsätze der
-Erreichung des Naturzweckes, nämlich ein hohes Alter sicherzustellen,
-förderlich sind, welche ihm schaden, ist es der Erzieher, dessen
-Aufgabe es ist, zu ermitteln, wie der Mensch zur Annahme dieser
-Lebensgrundsätze und dazu bestimmt werden kann, ihnen gemäß zu leben.
-
-Für diese Organe der Gesellschaft würde zunächst in Frage kommen,
-inwiefern die zu frühe oder zu starke Erregung der geschlechtlichen
-Phantasie für die Sexualethik schädlich zu wirken geeignet ist. Diese
-Frage beschäftigte in den letzten Jahren den deutschen Reichstag. Eine
-allzu starke Erregung der Phantasie junger Leute kann die Folge des
-Betrachtens von Statuen oder Bildern sein, welche die nackten Menschen
-darstellen. Dabei kommt aber wesentlich in Betracht, daß infolge der
-Notwendigkeit der Bekleidung und der auf Schamhaftigkeit gerichteten
-Sitten ein solcher Anblick des Gegensatzes wegen viel stärker wirkt
-und unter gegebenen Umständen wirken kann, als er wirken könnte,
-wenn die Menschen sich, wie in heißen Klimaten, von Jugend auf an den
-Anblick unbekleideter Menschen gewöhnen würden. So ziemlich allgemein
-ist übrigens die Meinung, daß der Anblick von Statuen des nackten
-menschlichen Körpers viel weniger die Phantasie beeinflußt, als der
-Anblick von Gemälden, die denselben Gegenstand behandeln. Dabei ist von
-Belang die Farbe des Materials, sei es Stein, Bronze oder Holz, dann
-auch, daß Statuen in der Regel einzelne Menschen darstellen, auf den
-Bildern aber zumeist mehrere Menschen, auch verschiedenen Geschlechtes,
-zur Darstellung kommen. Zu bemerken ist, daß im kollektivistischen
-Staat infolge der alle Bewohner umfassenden Organisation eine
-Möglichkeit besteht, die Jugend bis zu einem gewissen Alter von jedem
-Anblicke von Bildwerken und Schaustellungen gewisser Art unbedingt
-fernzuhalten, was in unserer individualistischen Gesellschaftsordnung
-nicht möglich ist.
-
-Es scheint ferner, daß mit Rücksicht auf die Einwirkungen auf die
-Jugend auch den Erwachsenen gewisse Beschränkungen auferlegt werden
-können. So wird ihnen der Genuß der Liebesfreuden nur verstattet sein,
-wo sie des Alleinseins versichert sind und nicht beobachtet werden
-können. Man wird Liebesleuten auch andere Vertraulichkeiten, das
-Küssen, Berühren, dort verwehren, wo es dritte gewahr werden können.
-Diese Beschränkungen dienen aber auch anderen gesellschaftlichen
-Zwecken. Der Anblick verliebten Gebarens hat für den Unbeteiligten
-etwas Anwiderndes, somit ist es rücksichtslos gegen andere, sie
-zu Zeugen selbst der geringeren Liebesfreuden zu machen. Wird sich
-aber der Liebende bewußt, daß dem so sei, so muß ihn die Gegenwart
-anderer stören, wenn er gesellschaftlich normal empfindet. Die
-Liebesfreuden werden durch die Einschränkung nach Zeit und Ort auch
-naturgemäß erhöht, daher auch die Liebenden von jenen Einschränkungen
-einen Vorteil haben. Endlich führt die schrankenlose Hingabe an die
-Liebesfreuden zur Trivialisierung oder zu krankhafter Ausschweifung.
-
-Es unterliegt also keinem Zweifel, daß der Kollektivismus vom Staate
-nicht nur Produktion und Verteilung materieller Güter fordert, sondern
-auch eine dem Gesamtinteresse förderliche Regelung des Liebeslebens
-und der Propagation der Rasse. Die heutige Jugend neigt nun zwar zu
-einer anderen Meinung und erwartet vom Sozialismus Aufhebung aller
-Schranken des Liebeslebens, auch in der Ehe. Auch viele Frauen huldigen
-dieser Anschauung, zum mindesten solche, die zu den Schriftstellerinnen
-zählen. Man glaubt sich dadurch der Natur zu nähern. Allein die
-ursprüngliche Natur des Menschen war die Kulturlosigkeit, und zu dieser
-wollen wir ja nicht zurückkehren. Nur das müssen wir verwerfen, was
-mit der Herrschaft der Wenigen zusammenhängt; ist durch Herstellung
-der wahren Volksherrschaft diese Herrschaft Weniger abgeschüttelt,
-dann wird der Einzelne sich den Interessen der Gesamtheit unterwerfen
-müssen.
-
-Nun entsteht die Frage, ob die freie Liebe zu dulden sein wird.
-
-Unter freier Liebe verstehen wir Anteil an den naturgemäßen Freuden der
-Liebe zwischen Personen verschiedenen Geschlechtes, die nicht durch
-die Ehe verbunden sind. Daß die außereheliche Liebe aus religiösen
-Gründen verwerflich sei, Gott beleidige und im Jenseits gestraft werde,
-ist eine Anschauung, die Wenige teilen, und diese Wenigen haben kein
-Recht, anderen Gesetze vorzuschreiben oder sie zu kränken. Die Strenge
-der Grundsätze der katholischen Kirche in ihren Lehren über diesen
-Gegenstand ist in einem sonderbaren Widerspruche mit den tatsächlichen
-Verhältnissen in den katholischen Ländern von heute, welche durch 1200
-Jahre vor dem Trienterkonzil noch viel schlimmer waren als heute. Und
-die heutige Kirche ist sehr nachsichtig mit den vielen Konkubinariern
-in der Priesterschaft, die in Kärnten, in Niederösterreich und in den
-slavischen Ländern einen sehr großen Prozentsatz betragen sollen. Hier
-kommt ja noch dazu die Eidbrüchigkeit und das Sakrilegium, welches nach
-den Lehren der katholischen Kirche mit diesen Priestersünden verbunden
-ist. Und da der Kanzler Gerson auf dem Konstanzer Konzil schon mahnte,
-man solle Nachsicht üben mit den pflichtvergessenen Priestern, da
-sonst nach den Erfahrungen von Jahrhunderten noch weit größere Übel zu
-erwarten sind, so läßt es auch die Kirche von heute nicht an Nachsicht
-fehlen, denn es ist mir in meinem Leben nur ein einziger Fall zu
-Ohren gekommen, daß ein solcher Priester von der geistlichen Autorität
-amoviert worden wäre, und das erst, nachdem bei einem gerichtlichen
-Falle die Verderbtheit dieses Priesters erörtert und allgemein
-bekannt geworden ist. Die Beschuldigung ging nicht nur auf einfaches
-Konkubinat, sondern auch auf Ehebruch und Blutschande.
-
-Ist nun aber nach den in VII, 2, entwickelten Grundsätzen die Ehe
-eingeführt als ein zweckmäßiges Mittel, die Propagation im öffentlichen
-Interesse zu regeln, so ergibt sich daraus, daß die freie Liebe nur
-insofern geduldet werden kann, als sie unfruchtbar bleibt, und wir
-wissen, daß das nur von dem Willen der Liebenden abhängig ist. Dieser
-Art von Verbindungen das Unästhetische, Gesundheitswidrige und die
-Unsicherheit zu benehmen, wird die Aufgabe einer fortschrittlichen
-Entwicklung sein, aber wohl kaum je in vollkommen befriedigender Weise
-erreicht werden. Die Frauen in Indien, welche sehr kinderscheu sein
-sollen, sollen diesen Zweck ohne mechanische Hilfsmittel zu erreichen
-wissen. Jedenfalls sollte das von der Frau allein abhängen und der Mann
-weder Einfluß darauf nehmen können, noch darum wissen.[30]
-
- [30] Diese Vorsichtsmaßregeln werden zumeist verworfen, und
- Adolph Pichler »Aus Tagebüchern« 1850-1899, Seite 310
- nennt sie geradezu ekelhaft, was auch Schäffle dagegen
- einwendete. Diese Kritik ist aber in Anbetracht der
- unermeßlichen Interessen, die damit zusammenhängen, u.
- z. im Kollektivstaat öffentliche Interessen, keineswegs
- ausschlaggebend, und da wäre Duldsamkeit viel berechtigter
- als dem Konkubinat der Priester gegenüber. Dasselbe
- könnte man ja auch vom regelmäßigen Zeugungsakt sagen. Er
- setzt auf beiden Seiten Unterdrückung der Schamhaftigkeit
- voraus und in diesem Opfer, aus Liebe gebracht, liegt
- gerade der Zauber der Liebe. Daß die Unterdrückung der
- Fruchtbarkeit der Umarmungen allein den Vorwurf der
- Ekelhaftigkeit verdient und daß sie, wie Pichler meint,
- die wechselseitige Achtung untergrabe und der Treue
- Eintrag tue, ist ein offenbarer Irrtum; wäre aber auch
- in den Verhältnissen, die ich hier im Auge habe, nicht
- entscheidend. Ja, wenn der Ehemann nicht viel genügsamer
- wird, als er heute ist, wird -- ausnahmsweise oder
- vorübergehend -- auch in der Ehe die Unterdrückung der
- Fruchtbarkeit der Umarmungen wegen Schwäche, Krankheit
- oder besonderer Gefährlichkeit der Entbindung sich
- rechtfertigen lassen.
-
-Wird dem staatlichen Zwecke nicht zuwidergehandelt, so hat die
-Staatsverwaltung keinen Anlaß, die freie Liebe zu erschweren oder
-zu unterdrücken und sie wird alle, die von dieser Freiheit Gebrauch
-machen, gegen Verunglimpfung in Schutz nehmen. Damit ist aber nicht
-gesagt, daß das Konkubinat zu dulden wäre. Auch will ich hier noch
-bemerken, daß mir von ärztlicher Seite vorgeschlagen wurde, auch den
-von der Zeugung Ausgeschlossenen die Ehe, welche aber unfruchtbar
-bleiben müßte, zu gestatten. Ich bezweifle, daß das unseren Zwecken
-besser entsprechen würde, als was ich vorschlage.
-
-Dagegen werden widernatürliche Geschlechtssünden Gegenstand der
-Bestrafung sein. Sie beleidigen zumeist, so insbesondere beim
-Geschlechtsverkehr mit Tieren, den Adel der menschlichen Natur und
-nachdem dieser ein gemeinsamer Schatz aller Menschen ist, muß jede
-Widernatürlichkeit als gesellschaftswidrig gelten.
-
-Es könnte die Frage aufgeworfen werden, ob den unverheirateten
-Frauenspersonen nicht die Abtreibung der Leibesfrucht unter gewissen
-Einschränkungen zu gestatten wäre.[31] Es werden dabei zahlreiche
-Rücksichten in Betracht kommen, deren Gewicht man heute kaum zu
-beurteilen vermag. Würde sie gestattet, so wäre man gewiß, daß manche
-schlimme Tat dadurch verhindert und daß sie in der der Gesundheit am
-wenigsten abträglichen Form und unter ärztlichem Beistande erfolgen
-würde. Streng würden andere Handlungen bestraft, welche auf Beseitigung
-der bereits lebenden Frucht gerichtet wären. Es scheint übrigens
-nicht wohl möglich, daß solche Handlungen verheimlicht werden können,
-wenn die Einrichtungen beständen, welche hier zur Feststellung
-gekommen sind. Es wäre dann unmöglich, daß eine Schwangerschaft dem
-kompetenten Arzte ein Geheimnis bliebe, oder daß sich die Schwangere
-vor der Entbindung der Aufmerksamkeit des Arztes entzöge. Schon die
-Unterdrückung der Geschlechtskrankheiten macht es wünschenswert, daß
-der Einzelne sich auch im geheimsten Gebiete des Lebens der ärztlichen
-Beobachtung nicht soll unbedingt entziehen dürfen. Das wird am besten
-dadurch erreicht, daß schon von frühester Jugend an jeder daran gewöhnt
-wird, sich regelmäßig der Untersuchung eines Arztes seines Geschlechts
-zu unterwerfen. Diese Untersuchungen werden sich zur Zeit der
-Geschlechtsreife auch auf die Feststellung geschlechtlicher Unordnungen
-und Krankheiten erstrecken und in je früherem Alter die jungen Menschen
-daran gewöhnt werden, um so weniger anstößig und beleidigend wird die
-Untersuchung ihnen erscheinen.
-
- [31] Thomas von Aquin, der einen Kommentar zu den Büchern über
- Politik von Aristoteles geschrieben hat, worin er zwar die
- Anschauungen =dieses= Philosophen mitteilt, aber offenbar
- in allem billigt, sagt im Band XXI der Ausgabe Parma Seite
- 600 u. f. daß, wo die Gesetze die Tötung der überzähligen
- Kinder dulden, es besser sei, zu abortieren, welches das
- geringere Übel wäre. Auch manche vernünftige Anschauungen
- Aristoteles über das Alter, in dem man zeugen soll,
- führt der Äquinate an und er scheint zu billigen, daß man
- verkrüppelte Kinder nicht aufziehen solle.
-
-Es ist klar, daß hier Fragen als Probleme behandelt werden, die man
-längst entschieden glaubt. Allein der Grundgedanke des Verfassers,
-=sittlich ist jenes Leben, das dem Menschen die Erreichung des höchsten
-Alters am wahrscheinlichsten macht=, führt zu der Überzeugung, daß der
-Zusammenhang zwischen unseren Handlungen und jenem Ziele nur in einer
-Gesellschaftsordnung festgestellt werden kann, welche, was nach diesem
-Grundsatze das Richtige ist, mit der größten Verläßlichkeit zu erkennen
-möglich macht. Daß das nur vom Kollektivismus erwartet werden kann,
-lehrt unsere Untersuchung auf Schritt und Tritt.
-
-Der sittliche Skeptizismus hat seine Berechtigung nicht darin, daß es
-an einem Maßstabe der Sittlichkeit mangelt, sondern darin, daß unsere
-gesellschaftlichen Zustände eine Verwirrung mit sich bringen, welche es
-unmöglich macht, die Anwendung des leitenden sittlichen Grundsatzes,
-=lebe jenes Leben, das dir die größte Sicherheit bietet, das höchste
-Alter zu erreichen=, auf die einzelnen Lebensfragen zu finden.
-
-
-4. Die Frauenkurie.
-
-Die Frauen haben Interessen, an welchen die Männer keinen Teil haben.
-Das Geschlechtsleben der Frauen ist so geartet, daß die Liebe ihnen
-Gefahren, Lasten und Schäden bringt, die den Männern fremd sind.
-Es entstehen daraus Bedürfnisse, die die Frauen allein angehen, auf
-einem Gebiete, worauf ihnen allein Erfahrungen zu sammeln möglich ist
-und in welches den Männern Einblick zu gewähren keinen Zweck hätte,
-den Frauen aber höchst peinlich wäre. Wie sie in gewissen Fällen nur
-den Rat und die Hilfe eines weiblichen Arztes annehmen mögen, wenn
-es an kompetenten Frauen nicht mangelt, so werden sie auch nur mit
-Frauen ihre Erfahrungen über die geheimsten Seiten des Liebeslebens
-austauschen und sich beraten wollen. Darum muß ihnen Gelegenheit
-gegeben werden, Versammlungen abzuhalten, die den Männern verschlossen
-bleiben, geheime Korrespondenzen zu führen und Zeitschriften für Frauen
-herauszugeben, welche den Männern ein Geheimnis bleiben müssen.
-
-Man könnte diesen Verband der Frauen und Mädchen »Frauenkurie« nennen
-und demselben korporative Rechte einräumen. Die Verfassung könnte
-ihnen das Recht einräumen, über gewisse Gegenstände als besonderer
-gesetzgebender Körper abzustimmen. Die Kurie würde sich in Lokalgruppen
-und diese in Sektionen abteilen und durch Delegierte würden die
-Lokalgruppen, Kreis- und Provinzialausschüsse bilden und einen
-Zentralausschuß für das ganze Reich einsetzen. So wären die Frauen auch
-in der Lage, einen entscheidenden Einfluß auf die Sexualmoral zu üben.
-Die weiblichen Ärzte würden so auch ein Selbstbeobachtungsmaterial
-von unermeßlichem Umfange gewinnen und es würden die Zwecke einer
-vernunftgemäßen und eingeschränkten Fortpflanzung durch die Frauen
-ebenso gefördert werden, wie das allgemeine Verhältnis zwischen
-Männern und Frauen veredelte Formen annehmen. Eine Zurücksetzung und
-Unterdrückung der Frauen wäre dann nicht mehr zu besorgen.
-
-Wenn die Frauen dahin gelangen würden, die Fortpflanzung bloß durch
-den Willen und die Phantasie vollkommen zu beherrschen, was nicht
-ganz ausgeschlossen ist, dann würde die Geschlechtsliebe erst eine
-Quelle wahrer Lebensfreude werden. Nur der Austausch vertraulicher
-Mitteilungen über alle im Liebesleben gemachten Erfahrungen zwischen
-Frauen und Mädchen kann zu einer solchen Beherrschung der Fortpflanzung
-führen und der entscheidende Teil ist sicherlich das Weib und nicht der
-Mann.
-
-Man darf nicht gelten lassen, daß der =Mann= das Recht habe, zu sagen,
-ich will Kinder haben, wodurch das Weib zum unfreien Werkzeug gemacht
-wird, wohl aber hat das Weib das Recht, sich zu entscheiden, ob es
-Kinder gebären will, oder nicht.
-
-Die Erfahrung beweist uns heute, daß die Kinder ein und derselben Ehe
-in Gestalt, Größe, im Verhältnisse der Glieder, in den Eigenschaften
-des Gemütes und der Intelligenz so weit von einander abweichen, daß
-man gar nicht an eine gemeinsame Abstammung glauben sollte. Die große
-Verschiedenheit erklärt sich zweifellos daraus, daß die Eigenschaften
-der Eltern und Voreltern in dem verschiedensten Verhältnisse auf die
-Kinder übergehen. Wie erklärt sich aber die verschiedene Mischung
-ererbter Eigenschaften in jedem einzelnen Zeugungsfalle? Dafür fehlt
-noch jede Einsicht. Ein Wiener Arzt glaubte eine Methode erfunden zu
-haben, wie man auf das Geschlecht der Nachkommen einwirken und mit
-ziemlicher Sicherheit bewirken könne, daß Knaben oder daß Mädchen
-geboren werden. Er behauptet, es hänge das von der Ernährung der
-Mutter während der Schwangerschaft ab. Die Theorie dieses Arztes
-ist allerdings verworfen worden, aber darum ist es doch nicht
-ausgeschlossen, daß eine sehr große Zahl von Erfahrungen, welche
-systematisch gesammelt und verglichen würden, es den Frauen möglich
-machen könnte, dahin zu wirken, daß gewisse üble Eigenschaften des
-einen oder des andern Elternteils auf die Kinder nicht übergehen,
-daß mehr die Eigenschaften der Mutter oder jene des Vaters erhalten
-blieben, wie es ja, wie schon erwähnt, auch sehr wünschenswert wäre,
-wenn die Empfängnis vom Willen der Frau allein abhängig wäre.
-
-Formen wir doch alles nach unseren Bedürfnissen, weshalb soll es nicht
-auch auf diesem Gebiete gelingen, unsere Zwecke zu erreichen? Aber
-wenn auch diese Bestrebungen erfolglos blieben, von Vorteil wäre es
-gewiß, wenn die Frauen alles, was sie allein oder doch näher als die
-Männer angeht, nach ihren besonderen Bedürfnissen gestalten könnten
-und dazu würde ein solcher Verband unter den Frauen sicherlich dienen
-können. Auch sonst wird man nicht die Rechnung ohne den Wirt machen,
-wenn man darauf rechnet, daß die Frauenkurie den richtigen Instinkt
-für alle gesellschaftlichen Interessen an der Propagation haben und
-fortentwickeln wird und daß sie einen mächtigen Einfluß dem Einzelnen
-gegenüber mit Erfolg geltend machen wird, wie am Schlusse von VII, 1,
-ausgesprochen wurde.
-
-Was die Frage anbelangt, welche Berufe den Frauen verschlossen bleiben
-sollen, so kann man nur sagen, es sollen zu jedem Berufe die dazu
-Tauglichsten ausgewählt werden, seien es Männer oder Frauen. Die
-Meinung, daß es den Frauen an geistigen Kräften und Energie fehle,
-ist ganz falsch. Was nur den begabtesten Männern erreichbar ist, ist
-natürlich nur den begabtesten Frauen erreichbar und der Versuch, sie
-von irgend einem Berufe unter dem Vorwande auszuschließen, daß Frauen
-weniger begabt seien als Männer, ist ein ganz ungerechtfertigter Kampf
-um ein Privilegium, das mit dem Wohl des Ganzen nicht vereinbar ist und
-dem Fortschritte nur hinderlich sein kann.
-
-Die Meinung, die weiblichen Glieder der Gesellschaft sollen nur der
-Familie leben, hat für oberflächliche Menschen etwas sehr Bestechendes,
-aber sie ist schon heute nicht begründet, wo doch die Familie viel
-umfassendere Aufgaben hat, als im Sozialstaate. Zunächst gibt es
-zahlreiche Frauenspersonen, die sich nicht verehelichen können, und,
-wenn sie kränklich sind, nicht verehelichen sollten. Es kann also jener
-Grundsatz schon reichlich für ein Drittel der Frauenspersonen keine
-Anwendung haben. Zum Teil nun mögen solche zwar als dienende Personen
-in eine Familie eintreten, aber es besteht sicher kein Grund, des
-Familienberufes wegen alle Frauen von höheren Studien auszuschließen,
-wie es ja andererseits auch nur einem kleinen Bruchteile der Männer
-bestimmt ist, sich für einen gelehrten Beruf vorzubereiten.
-
-Ferner gilt jener Grundsatz auch heute nicht für die bäuerlichen
-Kreise, in welchen die weiblichen Glieder und insbesondere auch die
-Ehefrauen, wenn auch nicht in allen, doch in den meisten Arbeiten der
-Männer mitwirken. Ebensowenig können die Frauen der Arbeiter sich vom
-Erwerbe außer dem Hause ganz freimachen, weil die Erhaltung der Familie
-davon abhängt. Endlich führt die Beschränkung der Frauen auf ihren
-Beruf in der Familie zu einer höchst ungleichen Belastung der Frauen
-und zur ungleichen Ausnützung ihrer Kräfte. Frauen, die keine Kinder
-haben und oft ihren Mann den Tag über nicht zu Hause sehen, führen ein
-ödes, beinahe nutzloses Leben, andere sollen für zehn und zwölf Kinder
-sorgen und Kranke pflegen und können sich schon aus diesem Grunde nicht
-schonen, wenn sie ein Kind unter dem Herzen tragen.
-
-Wie pharisäisch die Mahnung unserer Gelehrten ist, man solle den Frauen
-den Beruf in der Familie erhalten, geht daraus hervor, daß man bei
-jedem größeren Bau hochschwangere Frauen sehen kann, die mit Ziegeln
-und Mörtel belastet die Gerüste auf und ab klettern müssen, was aber
-jene Gelehrten geduldig mit ansehen und wogegen sie keine Bücher
-schreiben, wohl aber dagegen, daß sie statt des Familienberufes einen
-=gelehrten= Beruf wählen.
-
-Im Sozialstaate werden alle Zufälle tunlichst ausgeglichen und darum
-wird eine ungleiche Belastung der Frauen nicht in erheblichem Maße
-vorkommen. Es entfällt die wirtschaftliche Familientätigkeit, wenn
-die gemeindeweise Hauswirtschaft eingeführt wird. Auch die staatliche
-Anteilnahme an Unterricht und Erziehung entlastet die Frauen von
-einem großen Teil ihrer heutigen Berufsarbeit und da auch in der
-Hauswirtschaft die Arbeitsteilung durchgeführt werden wird, ist im
-Sozialstaate noch weniger als heute davon die Rede, daß die Tätigkeit
-der Frauen, oder gar die der unverehelichten weiblichen Glieder der
-Gesellschaft auf die Familie beschränkt werden müßten. Die Familie wäre
-eine Blutgemeinschaft, aber keine wirtschaftliche Einheit mehr.
-
-
-5. Die Erziehung.
-
-
-a) Pflichten des Staates der Jugend gegenüber.
-
-Dem Kollektivstaate liegt, da er alle Bedürfnisse zu befriedigen hat,
-wenn er sich in den Besitz aller Mittel setzt, ob, für die Erziehung
-aller Kinder zu sorgen. Wie vieles der Staat auch heute als Rechtsstaat
-zu leisten hätte und in Wirklichkeit vernachlässigt und welchen Schaden
-er dadurch der Kultur und dem Fortschritte, der ganzen Menschheit,
-zufügt, entnimmt man den neuesten Erfahrungen über das Elend der
-Jugend. Nicht nur die empörendste Grausamkeit haben zahlreiche Kinder
-zu erdulden, sie sind nicht allein physischem Verkümmern ausgesetzt,
-sondern sie werden der sittlichen Verderbnis in die Arme geführt, zu
-unbrauchbaren Gliedern der menschlichen Gesellschaft, ja zu Feinden
-ihrer Mitmenschen herangezogen und der Staat sieht zu, ohne sie gegen
-solchen verderblichen Einfluß zu schützen, obwohl die Gesetze ein
-Recht der Kinder auf Versorgung und Erziehung normieren und es Sache
-des Staates ist, dieses Recht zu verwirklichen und Einrichtungen
-zu treffen, welche den bestehenden Rechtsanspruch geltend zu machen
-ermöglichen.
-
-In Wien wurde eine Mutter, die ihr Kind systematisch zu Tode quälte,
-als Mörderin hingerichtet, aber durch viele Jahre hat sich niemand
-darum gekümmert, was in dieser Familie vorgeht und hätten die Behörden
-davon erfahren, so wären sie in Verlegenheit gewesen, abzuhelfen. Denn
-man hat jene Anstalten nicht, die man braucht, um die Kinder aus der
-Gewalt solcher Eltern zu befreien. Wie das im preußischen Landrechte
-anerkannte Recht auf Arbeit, ist auch das im österreichischen
-bürgerlichen Gesetzbuche anerkannte Recht auf Erziehung ein leeres
-Wort.
-
-Die Zeitungen berichten, daß in England Mitte der achtziger Jahre
-eine »_National Society for the Prevention of Cruelty to children_«
-gegründet worden sei, welche sich die Aufgabe setzte, diesem Übel
-des Kinderelends zu steuern. In 15 Jahren wurden auf Betreiben dieser
-Gesellschaft, welche ein Gebiet umfaßt, das von 22 Millionen Menschen
-bewohnt wird, 6500 Elternpaare gerichtlich verurteilt, auf 1108 Jahre
-Gefängnis erkannt, 2023 Pfund Geldbußen eingetrieben. Es haben 109
-364 Kinder die Wohltaten des Schutzes dieser Gesellschaft erfahren und
-auf Betreiben dieser letzteren sind Gesetze erlassen worden, die das
-Übel mildern. Die Grausamkeit vieler Eltern wird als grauenerregend
-geschildert und man fand, daß ihnen jedes Werkzeug willkommen war,
-womit sie den Kindern Schmerzen verursachen konnten.
-
-Obwohl sicher nur die gröbsten Versündigungen der Eltern gegen ihre
-Kinder ins Auge gefaßt werden konnten, ermittelte die Gesellschaft:
-
- 25 437 Kinder, die grausam mißhandelt wurden,
- 62 887 Kinder, die verkümmert und halb verhungert waren,
- 712 seien ganz zu Grunde gegangen,
- 12 663 zum Betteln angehalten,
- 4 460 Mädchen zum Opfer widernatürlicher Wollust gemacht und
- 3 205 Kinder durch harte und gefährliche Arbeit im Wachstum
- geschädigt, durch Mißhandlungen verstümmelt, verrenkt, an
- Seiltänzer und Akrobaten verkauft worden,
- -------
- 109 364 in allem.
-
-Bis 1885 wurde in solchen Fällen gar nichts vorgekehrt, der Staat
-überließ diese hilfreiche Tätigkeit einer Privatgesellschaft,
-erst durch sie erfuhr er diese Übelstände. Und wenn solche Kinder
-heranwuchsen, wurden sie Gegenstand des Abscheus und der Verachtung,
-während es die Autoritäten sind, welche Abscheu und Verachtung
-verdienen, weil sie trotz eines unermeßlichen Aufwandes für
-staatliche Zwecke gar nichts davon aufwendeten, einem solchen Elende
-zu steuern und solcher Schädigung der wichtigsten staatlichen und
-Gesellschaftsinteressen abzuhelfen.
-
-Die Statistik der von dieser Gesellschaft ermittelten Fälle von
-Pflichtwidrigkeit der Eltern ergab, daß Armut, Mangel an Bildung der
-Eltern und eigenes Verschulden der Kinder =ohne allen Einfluß= auf
-diese tyrannische und verbrecherische Pflichtwidrigkeit war. Sie kommt
-in allen Schichten der Bevölkerung vor und pflanzt sich wahrscheinlich
-von den Eltern auf die Kinder und Kindeskinder fort.
-
-Wir wollen nun untersuchen, was der Staat nach dem heutigen Stande
-der Kultur zu tun schuldig wäre, und im Falle der Einrichtung einer
-kollektivistischen Gesellschaftsordnung zu tun vermöchte, um nicht nur
-solchem Kinderelende vorzubeugen, sondern um die Menschen auf eine nie
-geahnte Höhe der Vollkommenheit des Einzelnen und der Gesellschaft zu
-erheben.
-
-Daß der Kollektivismus die Aufgabe, aber auch die Macht hätte, sich
-eines allzureichen Anwachsens der Bevölkerung zu erwehren, und daß die
-Mittel vorhanden wären, diese Aufgabe des Staates zu erfüllen, wurde
-in VII, 1, gezeigt, hier soll nur der Einfluß erörtert werden, den der
-kollektivistische Staat auf die Erziehung zu nehmen hätte.
-
-Der Vorschlag, den Plato macht und der bei vielen sozialistisch
-gesinnten Arbeitern Anklang gefunden haben soll, daß die Kinder von
-den Eltern zu trennen seien und in eigenen staatlichen Anstalten
-erzogen werden sollen, ist zu verwerfen, weil er das Kind mit dem Bade
-verschüttet und nicht nur pflichtvergessene Eltern trifft, sondern
-auch das Gute unterdrückt, das die Familienerziehung sehr häufig hat.
-Auch bringt er den Staat um Leistungen, welche gute Eltern freudig
-ohne Gegenleistung der Kindererziehung widmen. Der Staat soll nun von
-der Geburt der Kinder an sich an der Erziehung mit beteiligen, die
-Eltern unterweisen, belehren und überwachen, sie für die Erziehung
-verantwortlich machen und für Ersatz sorgen, wenn die Eltern
-pflichtvergessen, untüchtig, durch Arbeit oder Krankheit verhindert
-sind oder den Kindern durch den Tod geraubt werden. Einen wichtigen
-Einfluß muß der Kollektivstaat ohnehin durch die ihm obliegende
-Versorgung der Kinder mit Wohnung, Kleidung, Nahrung und Unterricht
-ausüben und so handelt es sich immer nur um einen verhältnismäßig nicht
-sehr großen Aufwand, der überdies auch der Erziehung der Eltern selbst
-zu Gute kommt, da sie, als Organe des Staates veredelnd auf die Kinder
-einwirkend, auch selbst an dieser Veredelung teilnehmen, denn sie
-werden gezwungen sein, jene Forderungen im Leben selbst zu erfüllen,
-deren Erfüllung sie von den Kindern fordern müssen! Sie können ja doch
-nur beispielgebend wirken.
-
-
-b) Erziehungsorgane.
-
-Für die Zeit, in welcher die Eltern der Arbeit obliegen, sich also von
-den Kindern entfernen müssen oder ihnen die notwendige Aufmerksamkeit
-nicht widmen können, hat der Staat Kinderpflegerinnen und Erzieherinnen
-zu bestellen, während die Kinder der breitesten Schichten der
-Bevölkerung in dieser Zeit heute sich selbst überlassen werden müssen
-und verwahrlost bleiben, zumeist ohne Verschulden der Eltern infolge
-sozialer Übelstände, die der Kollektivismus ja eben zu heilen berufen
-ist. Wenn aber jener Teil der Erziehung, der auch im Kollektivismus
-unter normalen Umständen den Eltern selbst überlassen bleibt, von
-ihnen nicht besorgt wird oder werden kann, soll der Staat für einen
-Ersatz, für Pflegeeltern, zunächst wohl für eine Pflegemutter sorgen,
-welche den Kindern jene Obsorge zu Teil werden läßt, die sie sonst
-von den Eltern zu erwarten hätten. Die Untersuchung wünschenswerter
-Verhältnisse der Propagation ergibt, daß eine sehr große Anzahl der
-Frauen sich der Ehe und Kindererzeugung werden enthalten müssen,
-darum aber doch zur Kindererziehung im besten Sinne des Wortes
-tauglich sein mögen. Besonders diese sollen zum Ersatze der Eltern
-herangezogen werden und die Erfahrung beweist, daß solche Pflegemütter
-ganz vortrefflich geeignet sein können, die Erziehung zu leiten, daß
-sie nach kurzer Angewöhnung, besonders wenn ihnen sehr junge Kinder
-anvertraut werden, wahre Mutterliebe empfinden, und daß ihnen das
-Übernehmen der Mutterpflichten besonders dann willkommen sein wird,
-wenn der Staat für die materiellen Kosten der Versorgung aufkommt
-und solche Lasten mit der Pflegemutterschaft nicht verbunden sind. Es
-sind aber auch andere Frauen zur Übernahme dieser Aufgabe geeignet,
-so ältere Frauen, welche keine eigenen Kinder mehr zu erziehen haben,
-besonders die Großmütter der betreffenden Kinder, kinderlose Ehepaare,
-Eltern, die nur ein einziges Kind haben, dem sie gern einen Gespielen
-an die Seite geben möchten, auch junge kinderlose Witwen, welche sich
-nicht wieder verehelichen wollen, und es unterliegt keinem Zweifel,
-daß dem Staate eine große Auswahl freiwilliger Kräfte zur Verfügung
-stünden, die ganz hervorragend geeignet wären, die häusliche Erziehung
-zu leiten.
-
-Die Eltern aber sollen die Erziehung nicht =allein= leiten, der Staat
-soll durch seine Organe mitwirken, wodurch diese in die Kenntnis
-aller Irrtümer und Nachlässigkeiten der Eltern kommen müssen. Es ist
-in V, 2, _Alinea_: »Nach der Geburt,« gezeigt worden, daß der Arzt
-schon den Neugeborenen seine Aufmerksamkeit zu widmen hat, und auch
-der Pädagoge, welcher für die geistige Vervollkommnung der ganzen
-Gemeinde verantwortlich ist, wird die Eltern schon bei den ersten
-Zeichen der beginnenden Seelentätigkeit zu beraten haben, wie die
-Intelligenz zu fördern, Untugenden vorzubeugen, ethische Vollkommenheit
-früh zu wecken ist. Viele Eltern wissen, welches Ziel sie anzustreben
-haben, es fehlt ihnen aber Geduld und Kenntnis der Kinderseele und
-sie wissen sich nicht zu benehmen, wenn mehrere Kinder derselben
-Familie eine verschiedene Behandlung fordern. Daß es möglich ist,
-selbst begangene Fehler gut zu machen und wieder einzulenken, wenn
-man falsche Wege eingeschlagen hat, hat die obengedachte Gesellschaft
-in England erfahren. Es ist vorgekommen, daß pflichtvergessene Eltern
-zu längerer Gefangenschaft verurteilt und mittlerweile ihre Kinder in
-gute Pflege und Erziehung genommen wurden und daß die Eltern, als sie
-ihre nun wohlaussehenden und fröhlichen Kinder wiedersahen, wirkliche
-Elternliebe erwachen fühlten und ein normales Verhältnis zu den Kindern
-hergestellt wurde. Um so sicherer werden geringere Verirrungen ohne
-Schaden bleiben, wenn sie frühzeitig entdeckt und abgestellt werden.
-
-In der Regel wird man die Mutter als die wichtigste Person in der
-Erziehung anzusehen haben und die Kinder in Allem an sie weisen
-müssen. Ihr wird die Verhängung größerer Strafen, die Zuerkennung von
-Belohnungen, die Erfüllung kleiner Bitten vorzubehalten sein und die
-staatliche Erziehung sich so wenig als möglich zwischen Mutter und
-Kind drängen dürfen, zum mindesten erkennbar für die Kinder. Darum
-wird auch der Abnahme der Erziehung eine öftere Verwarnung und Beratung
-der Mutter vorangehen und dazu nur gegriffen werden, wenn es unbedingt
-notwendig und ein vorteilhafter Ersatz möglich ist.
-
-In einem solchen Falle wird die Verwaltung zu prüfen haben, ob das
-Kind in eine andere Gemeinde zu versetzen sei, um einen verderblichen
-Einfluß der Mutter zu verhindern, wogegen wieder in Betracht kommt,
-das die Konstanz der Verhältnisse, die Fortsetzung des Zusammenseins
-mit Kindern, mit welchen jene aufgewachsen sind, die Fortdauer der
-sonstigen Erziehungsumstände, die Einwirkung der bisherigen Lehrer und
-Erzieherinnen, sich als wünschenswert erweisen und daß die gänzliche
-und dauernde Trennung von Mutter und Kind auch dadurch, wenn es
-notwendig, gesichert werden kann, daß die Mutter, beziehungsweise die
-Eltern in einen entfernteren Ort versetzt werden, was bei drei Vierteln
-der Bevölkerung gar keine Schwierigkeiten bietet.
-
-Da die Eltern den größten Teil des Tages aber der Arbeit widmen müssen,
-sollen die Kinder in dieser Zeit den Kinderpflegerinnen überlassen
-werden, welche mit ihnen spielen, sie spazieren führen, ihnen Märchen
-erzählen, Rätsel aufgeben, sie auf die Schönheiten der Natur, die
-Nützlichkeit der Pflanzen und Tiere aufmerksam machen, sie Gedichte
-memorieren lehren und auf das intensivste erzieherischen Einfluß üben
-und sie scharf überwachen sollen. Damit gemeinsame Spiele und allerhand
-Übungen der Geschicklichkeit, der Tugend, sowie der Intelligenz zu
-verbinden, frühzeitig gesellige Vollkommenheit zu entwickeln, ist
-eine Hauptaufgabe der Pflegerinnen, wobei der Grundsatz zu beobachten
-ist, die Kinder den ganzen Tag über soviel als möglich im Freien und
-in gesunder Bewegung zu halten. Eine Pflegerin wird für 20 solcher
-Kinder ausreichen und es wird zu prüfen sein, inwiefern die beiden
-Geschlechter und die verschiedenen Jahrgänge getrennt, oder vereint zu
-führen seien, wobei die Pflegerinnen auch darauf zu achten haben, die
-intelligenteren und besseren Kinder der älteren Jahrgänge selbst wieder
-als Erziehungsorgane zu gebrauchen, sie alles das versuchen zu lassen,
-was ihnen selbst obliegt, sie die Jüngeren zurechtweisen, belehren,
-ihnen erklären und erzählen zu lassen, wodurch wieder nützliche Talente
-entdeckt und gefördert werden können. Mit dem Schulunterricht soll so
-eine spielende und daher weniger ermüdende Unterweisung und Ausbildung
-verbunden, früh aber jede Art von Tätigkeitstrieb entwickelt werden.
-
-Insbesondere auch wirkliche Arbeiten soll man von den Kindern von früh
-auf in steigendem Maße und als Vorbereitung für die späteren Aufgaben
-fordern. Zu diesen gehört das Sammeln von Beeren, Schwämmen, Früchten
-aller Art, das Auslesen genießbarer Dinge, Enthülsen von Früchten,
-Dienstleistungen in der Küche, im Hauswesen, bei Tische, weibliche
-Handarbeiten aller Art, das Verrichten von Botengängen, das Auflesen
-von Kartoffeln, das Jäten der Felder und tausend andere Dinge soll
-man von Kindern fordern, welche den Geist und Körper nicht ermüden,
-sondern anregen und früh das Gefühl erwecken, daß man nützlich ist.
-Berichten die statistischen Ausweise, wie viele Zentner von Beeren,
-Schwämmen, Kartoffeln, Äpfeln und Birnen die Kinder im ganzen Reiche
-gesammelt, wie viele nützliche Dinge sie geschaffen haben, so wird früh
-der soziale Instinkt geweckt, daß der Mensch auf der Welt ist, um dem
-Mitmenschen nützlich zu sein. Mit steigendem Alter muß immer größere
-Beharrlichkeit und Selbstüberwindung, mehr Mut und Opferwilligkeit
-gefordert werden und nützliche Arbeit ist die beste Erziehung.[32]
-
- [32] Es werden in Österreich alljährlich viele Hunderte von
- Millionen für Kinderspielzeug vergeudet und die Eltern
- spielen dabei eine recht alberne Rolle. Spielende Arbeit
- macht diesen Aufwand unnötig.
-
-Begabten Kindern, die schon mehr erwachsen sind, sind auch in dieser
-Hinsicht immer schwierigere Aufgaben zu stellen. So wie die besten
-Schüler älterer Jahrgänge die jüngeren überhören, ihnen vieles
-erklären, ihre Aufgabenhefte einer ersten Durchsicht unterziehen
-sollen, um so ihren Beruf zum Unterrichte zu erweisen und selbstlehrend
-zu lernen, so sollen sie auch dem Beamten, den Lehrern, der
-Bibliothekarin mit Hilfsleistungen an die Hand gehen, statistische
-Tabellen berechnen, Schriften kopieren, Bücher ordnen und dergleichen
-mehr. Kinder müssen immer beschäftigt, immer angeregt, in allem
-Geringsten, nicht verletzend und ungeduldig aber fördernd getadelt
-werden, nichts Unvollkommenes, so gering es auch sei, darf man ungerügt
-hingehen lassen und darum müssen sie immer sich unter Aufsicht wissen.
-
-Schon beim ersten Erwachen der Intelligenz und bei den ersten Worten,
-hat man auf richtige Aussprache und richtigen Gebrauch eines jeden
-Wortes zu dringen, nicht ein einziges Mal darf man ungerügt hingehen
-lassen, daß sie l für r sagen, Wörter falsch anwenden, Satzverbindungen
-verfehlen, es genügt, das Richtige statt des Verkehrten zu setzen
-und man braucht sich dabei nicht lange aufzuhalten. Welche Summe von
-Erziehungstätigkeit kann eine solche Kinderpflegerin leisten! Für ihre
-Ausbildung werden besondere Unterrichtsanstalten eingerichtet werden
-und man wird für eine Gemeinde von 1000 Köpfen etwa 20-25 solche
-Pflegerinnen bestellen müssen. Dieser scheinbar große Arbeitsaufwand
-wird leicht hereingebracht durch unermeßliche Arbeitsersparnis anderer
-Art, die der Kollektivismus ermöglicht.
-
-Den Pädagogen und den Lehrern wird die Überwachung und oberste Leitung
-des Erziehungsdienstes obliegen. Hier will ich bemerken, daß ich
-das erziehungsbedürftige Alter bis zum vollendeten 18. Lebensjahre
-ausgedehnt wissen möchte. So lange soll auch das unselbständige Alter
-dauern. Es ist die Frage, ob der Entgang der Arbeit zu ertragen wäre,
-der dadurch entsteht, daß der Volksunterricht erst mit diesem Alter
-eingestellt wird, da bei uns die Masse der Jugend mit 14 Jahren, ja
-unter den Bauern in Österreich mit 12 Jahren vom Unterricht befreit
-und zur Arbeit herangezogen wird. Allein die Organisation der Arbeit
-dürfte eine solche Ausdehnung des Volksunterrichts möglich machen.
-Mehr möchte ich aber nicht vorzuschlagen wagen. Daß die jungen Leute
-vom vollendeten 18. Lebensjahre an aber ganz selbständig sein sollen,
-kann für kollektivistische Staaten wohl empfohlen werden. Denn
-geschäftskundig braucht der Kollektivbürger nicht zu sein und da er vom
-19. Lebensjahre ganz zur Arbeit herangezogen wird, die Arbeit aber die
-einzige Steuer ist, die der Kollektivbürger zu entrichten hat, so soll
-er auch von diesem Alter an stimmfähig und der Erziehungsgewalt nicht
-mehr unterworfen sein.
-
-Wenn in den folgenden Zeilen die Erziehung im Kollektivstaat besonders
-eingehend behandelt wird, so veranlassen mich dazu verschiedene
-Rücksichten. Zunächst muß die Erziehung der Gesellschaftsordnung
-angepaßt werden und man wird in meiner Darstellung finden, daß überall
-darauf Rücksicht genommen wird, die Jugend in diesem Sinne zu erziehen.
-Dann gewinnt der Staat durch den Kollektivismus so unermeßliche
-Mittel, daß ihm viel höhere Erziehungsaufgaben gestellt werden
-können, als heute dem Einzelnen, wobei gleichfalls jene Vorzüge in der
-Erziehung zutage treten, die die Großproduktion für die Sachproduktion
-gewährt. Endlich wird man überall fühlen, welche Erleichterung einer
-vernünftigen Erziehung und selbst dem Unterrichte die Unterdrückung der
-Großstädte bietet.
-
-
-c) Die physische Erziehung.
-
-Diese fällt zumeist mit der Versorgung zusammen, die der Staat zu
-leisten und wobei er sich nach den durch den Sanitätsdienst gemachten
-Erfahrungen zu richten hat.
-
-In unserer Gesellschaftsordnung erleiden viele Hunderttausende
-von Kindern einen dauernden Schaden durch die Unvernunft, die
-Unwissenheit und auch durch die Armut der Eltern. In einem Bezirke
-Niederösterreichs bemerkte der Arzt, der sich dort niederließ, daß
-die meisten Kinder der Bauern rachitisch waren. Er gab die Schuld nur
-der unzweckmäßigen Nahrung. Man entwöhnt die Kinder zu früh der reinen
-Milchnahrung und füttert sie mit einem Mehlbrei, der der Ansicht des
-Arztes zufolge diese schädliche Wirkung hervorbrachte. In Steiermark
-richten die Bauern ihre Kinder mit einem Mohnköpfeabsud, den sie
-ihnen verabreichen, um sie einzuschläfern, oder durch Anstopfen mit
-Sterz zu Grunde, ohne daß sie jemand über das Verderbliche ihrer
-Einschläferungspraxis oder Ernährungsmethode aufklärte. Dort soll es
-dahin kommen, daß die Kinder auf diese Weise geradezu verblödet werden.
-Bis in die neueste Zeit kümmerte sich niemand darum und man ließ dem
-Übel freien Lauf. Daß auch aus verbrecherischer Absicht gleiches Unheil
-herbeigeführt wird, daß selbst in den gebildeten Klassen den Kindern
-im frühesten Alter Bier und Wein gereicht wird, der Vater seinen
-3-jährigen Sohn zum Frühschoppen mitnimmt und sich nicht wenig darauf zu
-Gute tut, daß der kleine Kerl trinkt wie ein Bürstenbinder, ist ebenso
-außer Zweifel, wie daß oft der leichtsinnige Vater das vertrinkt, was
-er zum Unterhalt von Frau und Kind nötig hätte. Dagegen leistet der
-Kollektivismus unbedingten Schutz. Erst in Zukunft wird übrigens die
-medizinische Wissenschaft die Gesetze einer richtigen Ernährung der
-Kinder genauer erkennen und darauf hinarbeiten, daß die Mütter wieder
-den Kindern die Brust reichen können, wie es die Natur fordert, und
-daß andererseits alles aus der Ernährung ausgeschieden wird, was im
-Geringsten von schädlichen Folgen sein kann, Alles gereicht, was die
-Jugend braucht, und daß jene genaue Regelmäßigkeit in der Ernährung
-beobachtet wird, die am heilsamsten ist und eine richtige Verwertung
-der Nahrung sichert. Wie jede zu geringe Ernährung, so ist auch die
-Überfütterung verderblich und die Ärzte behaupten in neuerer Zeit
-sogar, daß die Rindsuppe den Kindern schädlich sei, die man bisher
-nicht früh genug reichen zu können glaubte.
-
-Nur der Kollektivismus ermöglicht es, =allgemeine Erfahrungen zu
-machen und selbe allgemein auszunützen=. Was man in der heutigen
-Gesellschaftsordnung nicht in zwanzig Jahren allgemein durchsetzen
-könnte, kann der Kollektivstaat in kürzester Frist einführen. Freilich
-soll man mit Neuerungen auch nicht voreilig sein, und solange etwas
-zweifelhaft ist, wird man die Zustimmung der Eltern, auf die der
-Arzt übrigens belehrend einwirken wird, nicht umgehen dürfen. Die
-Zukunft wird aber auch erst eine Aufklärung darüber bieten, ob nicht
-bloß Alkohol, sondern auch Kaffee, Tee, vielleicht sogar bis zu einem
-gewissen Grade Fleischnahrung zu vermeiden ist, ganz gewiß aber wird
-man auf Unterdrückung des Tabakgenusses bedacht sein, der nur schädlich
-wirken kann und überdies einen sehr großen Aufwand verursacht. Man
-kann für ein Land wie Österreich-Ungarn die Ersparung von mehr als
-der Arbeit von 200,000 Menschen durch den Wegfall des Tabakgenusses
-erwarten, wenn man auch das in Rechnung bringt, was zum Ankauf von
-Tabak ins Ausland geht und noch ungerechnet die mit dem Tabakgenusse
-verbundenen Nebenauslagen für Zündhölzchen, Pfeifen, Zigarrenspitzen,
-Zigarrentaschen und dergleichen. Auch hier wird der Kollektivstaat
-bei den Kindern den Anfang machen und wenig Wert darauf legen, die
-Erwachsenen von üblen Gewohnheiten zu heilen.
-
-Ebenso wie in der Nahrung, wird der Staat auch in der Versorgung
-mit Kleidung, Wohnung, Wärme, Luft, gutem Trinkwasser, in der
-Versorgung mit Bädern und sonstigen Reinigungsmitteln der Jugend das
-Vollkommenste bieten und erziehlich dahin wirken, daß den Kindern
-auch alles angewöhnt wird, was sie zu ihrem eignen Nutzen sich
-angewöhnen sollen. Was die Zahnpflege anbelangt, ist an anderem Ort
-schon das Erforderliche bemerkt, VII, 2, _Alinea_: »Als Hilfsorgane«.
-Zur physischen Erziehung gehört auch die Gewöhnung an frische Luft,
-ausreichende Bewegung im Freien, ausdauernde Bewegung auf Spaziergängen
-und Fußreisen, Höhenbesteigung, Schlittschuhlaufen, Bewegungsspiele,
-Turnen, Schwimmen, vielleicht auch Reiten, und auch darüber wird an
-anderem Ort mehreres zu sagen sein. Der Staat wird auch darauf dringen,
-daß die Jugend innerhalb vernünftiger Grenzen abgehärtet werde, und
-die Grenzen wird die Erfahrung ziehen lehren, nachdem es sich nur darum
-handelt, gegen solche Gefahren zu stählen, die man nach dem jeweiligen
-Stande der Kultur zu bestehen haben mag.
-
-Was die Kleidung der Kinder anbelangt, so soll sie die
-Bewegungsfreiheit und die Ventilation nicht hemmen, den Hals im
-Winter und Sommer frei lassen, jederzeit rein gehalten werden, den
-ästhetischen Sinn zufrieden stellen, ohne die Eitelkeit und Putzsucht
-zu entwickeln, die Mädchen sollen vom Mieder befreit und demonstriert
-werden, daß schöne und gesunde Menschen keinen Kleiderluxus zu treiben
-nötig haben. Die Wohn- und Schulräume müssen ausreichend ventiliert
-sein und niemals überheizt werden, und der leichteren Aufsicht und
-des geselligen Zusammenlebens wegen soll die Jugend einige größere
-Versammlungsräume zur Verfügung haben. Ob Kinder der älteren Jahrgänge,
-etwa über das zehnte Jahr hinaus, bei den Eltern wohnen sollen und
-ihnen nicht vielleicht gemeinsame Schlafräume anzuweisen wären,
-welche eine scharfe Überwachung durch das Erziehungspersonal möglich
-machen, sei der Erwägung empfohlen. Man hat schon bei der Anlage der
-Wohnansiedlungen darauf Rücksicht zu nehmen.
-
-Daß auch für Kinder im ersten Lebensalter und bis zur erlangten
-Sicherheit im Gehen für einen Teil des Tages gemeinsame Kinderstuben
-einzurichten, wenngleich auch sie regelmäßig mehrere Stunden ins Freie
-zu fahren sind, daß also das Beispiel der Krippen und für später auch
-die Spielschule allgemein nachzuahmen sein wird, ist gewiß. Solange die
-Mütter ihre Kinder säugen, werden sie unter Aufsicht einer Vorsteherin
-in diesen Räumen den Dienst haben, was sie nicht hindern wird, nebenbei
-weibliche Handarbeiten und allerlei Wäscheausbesserungsarbeiten
-zu besorgen, also produktive Arbeit zu leisten. So wird der
-Jugend durch den Staat gesichert werden, was ihr in der heutigen
-Gesellschaftsordnung beinahe immer fehlt.
-
-
-d) Intellektuelle Erziehung.
-
-Dem Staate obliegt auch die Überwachung und teilweise direkte Leitung
-einer intellektuellen Erziehung. Sobald Kinder anfangen Aufmerksamkeit
-zu zeigen, ist alles zu tun, um dieser Aufmerksamkeit entgegenzukommen
-und so den Geist zu entwickeln. Es ist eine merkwürdige Tatsache, daß
-das Kind viel hilfloser und geistig untätiger auf die Welt kommt,
-als das Tier. Das Kalb ist, kaum zur Welt gekommen, auf den Beinen
-und geht der Mutterkuh zu, es wendet den Kopf nach jedem Besucher
-und zeigt dieselbe Aufmerksamkeit wie ein erwachsenes Rind. Es kommt
-fertiger auf die Welt als das Menschenkind, das kaum in einem Alter
-von vier Monaten das neugeborene Kalb in geistiger Beziehung einholt.
-So fordert die Natur von der Mutter eine viel größere Sorgfalt für
-das Kind, als das junge Tier von den Eltern beansprucht. Daß es von
-sehr verderblichen Folgen sein muß, wenn die Kinder von den Eltern
-der Arbeit und des Erwerbes wegen in der Wohnung allein gelassen
-werden müssen und oft den ganzen Tag über jene Anregungen entbehren,
-welche wir unseren Kindern bieten, ist leicht einzusehen. Was an
-der Entwicklung des Seelenlebens und an Anregung im ersten Jahre und
-besonders in den Jahren der Entwicklung der Sprache versäumt wird, ist
-nie wieder gut zu machen. Arzt und Pädagoge haben die Eltern und das
-Erziehungspersonal zu belehren und zu überwachen. Daß man darin auch
-zu viel und Unnötiges tun kann, daß man Kinder auch nicht aufregen,
-nervös machen, erschrecken, sie nicht zu früh ins helle Tageslicht
-schauen lassen darf, in der allerersten Zeit für genügenden Schlaf
-zu sorgen hat, daß man ihnen später keine Schauergeschichten oder
-Gespenstermärchen erzählen, insbesondere nichts Übernatürliches oder
-Abergläubisches in die jugendliche Seele impfen darf, ist gewiß, und
-eine Kinderseele, welche nur irgend etwas Törichtes gläubig aufgenommen
-hat, ist intellektuell für immer verdorben. Ebenso ist auch die
-Heranbildung von Wunderkindern nichts weniger als rationell. =Das
-Erziehungsziel muß sein, die heranwachsenden jungen Leute beiderlei
-Geschlechts zur größten Tüchtigkeit in jenem Berufe heranzubilden, wozu
-jeder die größte Befähigung hat und in jedem die mannigfaltigste und
-stärkste Genußfähigkeit besonders auf jenen Gebieten zu entwickeln,
-auf welchen die Genüsse am meisten vom materiellen Aufwande unabhängig
-sind. Die Berufsausbildung soll den Menschen in den Stand setzen,
-der menschlichen Gesellschaft das Beste, was er vermag, zu geben,
-die Entwicklung der Genußfähigkeit soll ihn in den Stand setzen,
-für das Gegebene reichlich und von allen Seiten zu empfangen. Die
-Mannigfaltigkeit der Gabe, zu genießen, macht jeden seinen Mitmenschen
-tributär, sie interessiert ihn an dem, was die Gesellschaft auch den
-anderen bietet.=
-
-
-e) Der Unterricht im vorschulpflichtigen Alter.
-
-Daß man dem Unterricht nicht allzusehr vorgreifen soll, ist wohl kaum
-zu bezweifeln. Aber trotzdem wird es sich empfehlen, wenn Kindern
-frühzeitig ein genügender Wortschatz beigebracht, sie im richtigen
-Aussprechen und Gebrauche der Worte, später der Satzfügungen, nicht
-theoretisch, wohl aber praktisch unterwiesen und zu einer gewählten
-und artigen Sprache und einem auch den Gebildetsten angemessenen
-Dialekte, einer reinen, der Schriftsprache entsprechenden Redeweise
-angehalten werden. Es hat gar keinen Sinn, daß die Kinder der Bauern
-und Arbeiter sich in der Sprache von den Kindern der sogenannten
-höheren Stände unterscheiden, und man findet in manchen Teilen von
-Norddeutschland Bauernkinder, die ein ganz tadelloses, reines Deutsch
-ohne verdorbenen oder landschaftlichen Dialekt sprechen. Man kann darum
-doch in der Schule und neben dem reinen Schriftdeutsch, besonders für
-heimische Poesie, einen Dialekt auch einüben, und der schwäbische und
-der steierische Dialekt eignen sich vortrefflich zur Lokalfärbung
-poetischer Produkte. Aber die reinste Schriftsprache kann und soll
-jedem Kinde beigebracht werden, so schwer es auch auf dem Lande mit
-der Familienerziehung vereinbart werden kann. Bei Aufstellung eines
-pädagogischen Stabes, wie er auch sonst aus erziehlichen Gründen
-unentbehrlich ist, ist das gewiß erreichbar. Ist sich das Kind bewußt,
-daß es den Dialekt nur =neben= der reinen Schriftsprache -- wobei nur
-die allerschönste Aussprache zu dulden ist -- sprechen dürfe, so wird
-es letztere nie verlernen und in Schule und Gesellschaft ungezwungen
-und ganz natürlich gebrauchen. Dazu ist Übung und ein streng richtiges
-Vorlesen von Jugendschriften notwendig.
-
-Auch logische Schnitzer darf man Kindern nie hingehen lassen.
-Dreijährige Kinder sind in der Handhabung der Logik oft sicherer und
-schlagfertiger als große Leute, welche sich oft erst auf eine logische
-Formel besinnen müssen.
-
-Früh müssen Kinder auf die mehrfache Bedeutung der Wörter, auf
-Synonyme und auf die Bildersprache aufmerksam gemacht werden, ohne daß
-ein methodischer Unterricht erlaubt wäre. Es ist ihnen ein Reichtum
-von Wörtern und Bezeichnungen, von Pflanzen- und Tiernamen in jenem
-frühen Alter zuzuführen, wo der Geist rasch erfaßt und behält. Kinder
-müssen viel reden hören und viel zu sprechen veranlaßt werden, es
-ist fehlerhaft, ihnen immer in die Rede zu fallen, sie zum Schweigen
-anzuhalten und zu entmutigen.
-
-
-f) Der Elementarunterricht, in Österreich der Unterricht in einer
-zweiten Sprache des Reiches.
-
-Der Elementarunterricht soll mit dem vollendeten sechsten Lebensjahre
-beginnen und bis zum vollendeten achtzehnten Lebensjahre dauern. Er
-umfaßt die gründliche Kenntnis der Muttersprache, und in Österreich
-vielleicht auch einer zweiten Sprache in Wort und Schrift, mit
-Inbegriff einer tadellosen Rechtschreibung und der Gewandtheit im
-Ausdruck und Stil, die Grundzüge der Vaterlandskunde, Geographie,
-Erdkunde und Geschichte, der exakten Wissenschaften, Naturkunde,
-Chemie und Physik in allen Verzweigungen. Religion wird nur einen
-geringen Platz im Lehrplane einnehmen. So wohl auch Ethik, welche
-nicht theoretisch zu lehren, sondern praktisch anzuerziehen ist
-und welche bereits in Fleisch und Blut übergegangen sein muß, ehe
-der Unterricht erteilt werden könnte. Es ist ja dasselbe mit der
-Logik. Dagegen soll in den höheren Jahrgängen etwas über Philosophie
-und Geisteswissenschaften, dann Volkswirtschaft, den Mädchen
-über Physiologie, Hygiene und das Geschlechtsleben des Weibes
-beigebracht werden. Zeichnen, Modellieren und Gesang werden nicht
-zu vernachlässigen sein. Sehr wichtig ist es, alle Schulen mit
-Lehrmitteln auszustatten. Beim Unterricht in der Muttersprache und
-dem schriftlichen Aufsatz und bei anderen schriftlichen Schulaufgaben
-soll, wie oben erwähnt, auch eine Verwendung der begabteren Schüler
-der nächsthöheren Klasse zur Korrepetition und zur ersten Durchsicht
-der Hefte stattfinden, teils um diese selbst zu fördern, teils um den
-Lehrern die Aufgabe zu erleichtern. Diese werden, wie schon erwähnt,
-schon deshalb weniger belastet sein, weil ein Jahrgang der Volksschule
-kaum jemals mehr als 25 Schüler zählen wird.
-
-Inwiefern es wünschenswert sein mag, in den Schulen vom 10. Jahre
-aufwärts die Geschlechter zu trennen, wird die Erfahrung lehren. In
-diesem Falle wird es sich mehr empfehlen, einerseits die Mädchen,
-andererseits die Knaben zum Unterrichte in die Nachbargemeinden wandern
-zu lassen, als Doppelschulen in jeder Gemeinde zu errichten. Diese
-Wanderungen sind in sehr gebirgigen Gegenden heute mit nicht geringen
-Übelständen verbunden, wo die Gemeinden sehr zerstreut sind und die
-Schulkinder von entfernten Gehöften in die Schule wandern müssen, oft
-auf gefährlichen Wegen. Im Zukunftsstaat handelt es sich aber nur um
-die Wanderung halber Klassen unter Aufsicht und auf vortrefflichen,
-gefahrlosen Wegen. Es ist auch das ein Teil der dem Kollektivstaate
-obliegenden Fürsorge, daß er dort, wo es notwendig ist, auf Kosten
-des ganzen Volkes Abhilfe gegen lokale Übelstände trifft. Verhält er
-also die Schuljugend zu solchen Wanderungen an gefährlichen Orten,
-so wird er sichere und gangbare Wege herstellen, die in der heutigen
-Gesellschaftsordnung manche Gemeinde nicht herzustellen vermag, weil
-sie zu arm ist, und wohl auch deshalb, weil es sich dabei zumeist nur
-um das Interesse einer einzelnen Familie handelt. Der Kollektivstaat
-hilft ebenso der Armut einer Gemeinde, wie der Armut des Einzelnen ab.
-
-Was das Bewohnen einzelner Gehöfte anbelangt, so ist davon in V, 2,
-_Alinea_: »Die Fürsorge für«, die Rede. Wo solche vorkommen, werden
-in selben Familien, welchen schulpflichtige Kinder angehören, nicht
-wohnen, weil das unzweckmäßig wäre und keine Familie durch Eigentum
-an die Scholle gebunden ist. Es gibt in jeder Gemeinde Unverheiratete
-und Kinderlose genug, um solche Gehöfte mit Bewohnern zu besetzen,
-welche sich leichter, vielleicht auch gerne von der großen Gemeinde,
-zum mindesten zeitweilig, trennen oder etwa strafweise dazu verhalten
-werden.
-
-Was nun den Personalstand der Volksschulen anbelangt, so scheint es,
-daß die vier ersten Klassen dem Unterrichte von Frauen und Mädchen
-anvertraut werden könnten, die dem Erziehungspersonale angehören.
-Die acht oberen Klassen wären mit Lehrern und Lehrerinnen, einen für
-jede Klasse gerechnet, zu besetzen, welche die Ausbildung unserer
-Mittelschulprofessoren für bestimmte Fächer besäßen. Einer von ihnen
-würde als Pädagoge die Oberleitung haben und das ganze Erziehungs- und
-Bildungswesen einer Gemeinde leiten. Er müßte jedem, der sich selbst
-weiterbilden oder seinen Kindern durch eigene Bemühung eine höhere
-Bildung vermitteln will, mit Rat und Tat beistehen können, und er würde
-dafür zu sorgen haben, denjenigen Bedürfnissen zu genügen, welche aus
-einer besonderen geistigen Richtung einer Gemeinde entspringen. Denn
-daß sich solche Richtungen herausbilden werden, ist mit Gewißheit
-anzunehmen, weil der Kollektivismus die Gelegenheit dazu bietet,
-Teilnehmer bestimmter Spezialrichtungen in besonderen Gemeinden zu
-vereinigen. So Anhänger eines bestimmten Sportes, einer bestimmten
-Richtung der naturwissenschaftlichen oder historischen Forschung, einer
-bestimmten Kunst. Denken wir nur an Orchestermusik.
-
-Wir sehen hier, daß ein so geartetes Volksschulwesen für einen Staat
-mit 45,000 Gemeinden 180,000 Lehrerinnen geringerer Ausbildung, die
-dem Erziehungspersonal angehören, und 360,000 Lehrer oder Lehrerinnen
-mit Hochschulbildung erfordert. Dem Lehrpersonal, das auch an der
-wissenschaftlichen Erforschung pädagogisch wichtiger Tatsachen und
-an der Schulstatistik teilzunehmen, vielleicht dem Verwaltungsbeamten
-Hilfsarbeiten zu leisten hat, sich immer auf der Höhe der Wissenschaft
-halten und sich auch an der allgemeinen Fortbildung der ganzen
-Bevölkerung beteiligen muß, sind alle wünschenswerten Fachorgane und
-neuen wissenschaftlichen Werke vom Staate beizustellen.
-
-Die Eigenart Österreichs scheint es zu bedingen, daß in diesem Lande
-die lebenden Sprachen mehr gepflegt werden als anderwärts und dieser
-Staat kann gerade dadurch auf die höchste Stufe der Kultur gehoben
-werden. Österreich braucht die Doppelsprachigkeit und liefert den
-Beweis, daß es kaum eine nennenswerte Belastung der geistigen Kräfte
-ist, wenn auch den Massen die Erlernung zweier lebender Sprachen
-auferlegt wird. In Österreich sind Arbeiter, Dienstleute, selbst
-Bauern, die zwei österreichische Idiome gut sprechen, gar nichts
-seltenes und sie zählen nach Hunderttausenden, vielleicht nach
-Millionen. Da sie diese Sprachenkenntnis erwerben, ohne vom Staate
-die geringste Unterstützung zu genießen, so muß man annehmen, daß ein
-darauf eingerichteter Volksschulunterricht die Doppelsprachigkeit zu
-einer allgemein verbreiteten Eigentümlichkeit machen könnte. Daraus
-würde sich ohne Zweifel eine nationale Eigentümlichkeit entwickeln,
-die ganz eminent kulturförderlich sein und die Intelligenz wesentlich
-erhöhen müßte. In diesem Falle würde man es durchzusetzen trachten,
-daß jeder Nichtdeutsche als zweite Sprache die deutsche erlernt,
-und umgekehrt jeder Deutsche eine der anderen Sprachen des Reiches
-sich zu eigen macht. Der Friede im Lande scheint das zu bedingen und
-inwieferne dadurch die Intelligenz erhöht würde, müßte die Erfahrung
-lehren. Um das zu erreichen, müßten sich die Eltern entschließen,
-ihre Kinder in bestimmten Altersepochen aus dem Hause zu entlassen und
-einer entfernten Gemeinde und in dieser bestimmten Personen zur Pflege
-und Erziehung zu überlassen. Das wäre übrigens an sich vielleicht ein
-Vorteil für die Erziehung, wenn eine besonders gute Wahl getroffen
-wird. Das System, welches in Österreich gerade von der bäuerlichen
-Bevölkerung früher ziemlich begünstigt wurde, nennt man dort den
-»Wechsel«, weil es meistens durch Kindertausch zwischen zwei Familien
-in Ausführung gebracht wurde. In neuerer Zeit soll es weniger Anwendung
-finden, weil die Regierungen es nicht begünstigt haben und die
-nationalen Heißsporne es zu unterdrücken suchen.
-
-Hier verweise ich übrigens auch auf VII, 2, _Alinea_: »Was nun die
-Ehebewilligung usw.«
-
-
-g) Fachschulen niederer Ordnung und für fremde Sprachen.
-
-Außer den Elementarschulen und den Hochschulen, in welch' letztere die
-vorzüglichsten Schüler der Elementarschulen entweder unmittelbar oder
-nach Absolvierung einer Vorbereitungsschule übertreten können, braucht
-man Fachschulen der verschiedensten Art, welche auf Bezirksorte und
-Kreisstädte zu verteilen wären. Es würden dort die tüchtigsten Arbeiter
-in der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und den Gewerben für leitende
-Stellen ausgebildet werden, abgesehen davon, daß ihnen vielleicht auch
-Gelegenheit zu Informationsreisen im Auslande geboten würde. Weitere
-Fachschulen werden für Musik, bildende Künste, Dichtkunst und das
-Schauspiel errichtet und ebenso für auswärtige Sprachen.
-
-
-h) Andere Anstalten der Volkserziehung.
-
-Der Jugenderziehung wird nicht nur das Erziehungspersonal und der
-Elementarunterricht zu widmen sein, sondern es wird auch an anderen
-Anstalten, die zur Entwickelung von körperlichen und geistigen Anlagen
-dienen, nicht fehlen dürfen.
-
-
-1. Schwimmen.
-
-Vor allem wird man die Kinder so früh als möglich zum Schwimmen
-anhalten und von den für diesen Zweck in jeder Gemeinde und jedem
-städtischen Quartier zu errichtenden Schwimm- und anderen Badeanstalten
-ist in IX, 1, _Alinea_: »Eine solche Gemeinde« die Rede.
-
-
-2. Schlittschuhlaufen.
-
-Dasselbe gilt vom Schlittschuhlaufen, wozu gleichfalls überall
-Gelegenheit geboten werden soll.
-
-
-3. Reiten.
-
-Minder allgemein wird das Reiten gelehrt werden, weil die Anzahl der
-Reitpferde, die der Staat halten kann, kaum dafür ausreichen könnte.
-Nach dem für solche Fälle geltenden Verteilungsgrundsatz wird das
-Reiten nur jenen gelehrt und gestattet werden, welche dazu am meisten
-Geschicklichkeit an den Tag legen. So lange der Krieg nicht ganz aus
-der Welt geschafft werden kann, wird das Reiten immer eine wichtige
-Stelle unter den zu pflegenden Geschicklichkeiten einnehmen, weil die
-Kavallerie immer mehr an Wichtigkeit gewinnt.
-
-
-4. Turnen.
-
-Die Wichtigkeit des Turnens für die Zwecke der Jugenderziehung ist
-längst anerkannt. Es wird also in keiner Gemeinde an dem vollständigen
-Geräte fehlen dürfen.
-
-
-5. Radfahren.
-
-Ob das anstrengende Radfahren sich als nützlich für die Jugend
-erweisen wird, wird wohl erst zu erproben sein. So weit es förderlich
-ist, wird auch diese Kunst der Jugend beigebracht werden müssen. Von
-jeder Art Geräte zu Sportzwecken und anderer Art gilt, daß es zum
-gemeinschaftlichen Gebrauch aller dient, die davon Gebrauch machen
-können, daher ein Verteilungsgrundsatz aufgestellt werden muß, wie
-sich die Benützer in den Gebrauch zu teilen haben. Ist das Geräte
-verhältnismäßig auf die Gemeinden und Quartiere aufgeteilt, so kann
-es den letzteren überlassen werden, sich diesfalls selbst Gesetze zu
-geben.
-
-
-6. Bewegungsspiele und Kindersport.
-
-Daß neben dem Turnen und Schlittschuhlaufen auch Bewegungsspiele aller
-Art gepflegt werden sollen, versteht sich von selbst und man wird immer
-neue erfinden. Wahrscheinlich werden es die nützlichsten sein, welche
-am meisten geübt werden und sich auch am längsten erhalten, für den
-Rudersport ist nicht überall Gelegenheit.
-
-
-7. Verstandes- und Gesellschaftsspiele.
-
-Eine große Bedeutung haben die Verstandes- und Gesellschaftsspiele.
-Dabei kann der Jugend auch die Anregung zu Spielen in größerem Umfange
-gegeben werden, zum Besuch- und Konversationsspiel, Kriegsspiel und
-Parlamentspiel und manche Spiele von heute können ersetzt werden durch
-Anteil an wirklicher Arbeit, statt der Puppen werden die Mädchen kleine
-Kinder pflegen helfen, statt des Küchespielens an der Speisebereitung
-teilnehmen.
-
-
-8. Reisen der Jugend.
-
-Zu den wichtigsten Bildungsmitteln gehört das Reisen. Schon in
-frühester Jugend können Ausflüge auf ein oder zwei Meilen Entfernung
-unternommen werden und wenn so zwei oder drei Gemeinden eine gleiche
-Anzahl von Köpfen sich zuschicken, so werden diese Kinder eben in
-Nachbargemeinden ihre Mahlzeiten einnehmen, ohne die Wirtschaften
-irgendwie zu belasten und der ganze damit verbundene Aufwand wird in
-der Abnützung des Schuhwerks bestehen. Dabei werden die Kinder andere
-Personen kennen lernen, Werkstätten und Fabriken sehen, die ihnen noch
-nicht bekannt waren, Bergwerke kennen, landschaftliche Schönheiten
-genießen lernen, irgendwelche Merkwürdigkeiten sehen und die jungen
-Leute sollen, ehe sie in die Schule kommen, im ganzen Bezirke
-zuhause sein, Wege und Stege, die Wasserläufe und Gebirge kennen und
-alle Ortschaften nennen können zur Vorbereitung ihrer später immer
-ausgedehnteren Ortskenntnis. In späteren Jahrgängen soll sich die
-genaueste Ortskenntnis auf die ganze Provinz erstrecken und als Lohn
-für hervorragende Verdienste kann sich die Erlaubnis darstellen,
-entfernte Städte zu besuchen oder Gebirge in anderen Provinzen zu
-besteigen, wobei gleichfalls jeder Aufwand für die Volkswirtschaft
-vermieden wird, wenn die jungen Leute die ohnehin leeren Plätze auf
-den Eisenbahnen, in den Wohnhäusern fremder Gemeinden, an ihren Tischen
-einnehmen und es wird gar nicht notwendig sein, ihnen eine Begleitung
-mitzugeben, da sie unter Aufsicht des Eisenbahnpersonals und der
-Mitreisenden, dann des Unterrichtspersonals der besuchten Städte und
-Gemeinden stehen.
-
-Das kann der Jugend zu statten kommen durch zwölf Jahre an schulfreien
-Tagen und in den Ferien, also an etwa 100 Tagen im Jahre und die
-Ferialreisen können mit einer großartigen Zirkulation der Jugend von
-Kreis zu Kreis, von Provinz zu Provinz verbunden werden, wobei sie
-zahllose höchst bildende Anregungen empfangen wird, welche minimale
-oder gar keine Kosten verursachen. Die begabtesten Volksschüler der
-höheren Jahrgänge werden gegen Ende der Schulzeit ihr ganzes Vaterland
-gesehen haben und die Geographie ihres Reiches, das ja auch ihr Besitz
-ist, nicht nur aus den Büchern, sondern aus der Anschauung kennen und
-es wird ihnen zur Aufgabe gestellt werden, überall dem Zusammenhang der
-Wasserläufe und der großen Gebirgszüge ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden.
-
-
-9. Touristik der Jugend.
-
-Daß viele der Ferienreisen zu Fuß zurückgelegt werden müssen, wobei
-man besondere Ausdauer und Schnelligkeit vielleicht zum Gegenstand
-einer Preiszuerkennung machen wird, da sich ja Zeitpunkt des Abganges
-und der Ankunft durch amtliche Bestätigungen der Verwaltungsorgane
-leicht kontrollieren läßt, ist selbstverständlich. Dabei soll aber
-auch die nicht weniger kühne Bergbesteigung mit zu den Freuden und
-Übungen der Schuljugend gerechnet werden. Die Natur der Aufgaben
-des Kollektivstaates bringt es mit sich, daß alle Gebirge für die
-Touristik aufgeschlossen werden, was der Staat nicht leistet, werden
-die Nachbargemeinden aus eigenen Kräften besorgen. Auch da kann ein
-Wettbewerb nach demselben Grundsatze ermöglicht werden für jene,
-welche innerhalb eines Jahres am meisten hohe Berge besteigen und
-dabei die größte Kühnheit und Ausdauer an den Tag legen. Doch soll
-man hierin vernünftige Grenzen einhalten und tollkühne Unternehmungen
-eher unterdrücken, als fördern. Alle Jugendfreuden sollen zur
-Veredelung der Menschenrasse dienen und jeder soll einen Schatz froher
-Jugenderinnerungen angesammelt haben, ehe er in die Periode der Arbeit
-eintritt, in der er dem Staate rückerstattet, was er empfangen hat
-und das Kapital ansammelt, aus welchem ihm eine gleich frohe Zeit des
-hohen Alters gewährt wird, das er in Rüstigkeit verbringen und genießen
-soll, vielleicht wieder im Anschlusse an jene Jugend, die mittlerweile
-herangewachsen ist.
-
-
-10. Lektüre, Unterhaltungslektüre und Lektüre zur fachlichen Ausbildung.
-
-Ein wichtiges Förderungsmittel der Jugend ist die Lektüre, welche
-ihr zwar mit Auswahl, aber reichlich zur Verfügung gestellt wird.
-Literatur und Bibliothekswesen werden an anderem Orte, VIII, 4,
-erörtert werden. Der Staat ist ja auch die großartigste Leihbibliothek,
-die man sich denken kann, und jedes Buch der in- und ausländischen
-Literatur von einigem Wert ist in einem kollektivistischen Staate
-=jedem= zugänglich, nicht bloß in Städten, sondern in jedem Dorfe
-und Einödhofe und selbst auf den Alpen. Bücher zirkulieren wie die
-Menschen in einem ununterbrochenen Strome. Bloße Unterhaltungslektüre
-soll besonders zum Gegenstande des Vorlesens in größeren Versammlungen
-junger Leute gemacht und dann eine kritische Besprechung daran
-geknüpft werden. Dadurch wird der Vortrag und die Zungenfertigkeit
-geübt, Zeit erspart und die weiteste Verbreitung der besten Werke
-sichergestellt. Wenn die Unterrichtspersonen, die besonderes Urteil
-in der schönen Literatur haben, eine kritische Besprechung einleiten
-und die Kunst, mit Verständnis zu lesen, lehren, so wird dieser Genuß
-wieder außerordentlich fruchtbringend und förderlich wirken, wie es
-keinem Zweifel unterliegt, daß uns die hohe Kultur unsrer Zeit es
-möglich macht, durch den Genuß Arbeit zu schaffen und in der Arbeit zu
-genießen, so daß das ganze Leben mit Lebensfreuden ausgefüllt werden
-kann.
-
-Allein viele jungen Leute werden sich mit Lektüre nicht nur im
-gewöhnlichen Wortverstande unterhalten, sondern irgend einen Zweig des
-Wissens neben dem allgemeinen Unterrichte zu einem Lieblingsstudium
-machen und die Lehrpersonen werden Jedem, der solche Privatstudien
-betreibt, die Quellen nachweisen und zugänglich machen, aus welchen
-er fortschreitende Belehrung schöpfen kann. Bemerkt man einen Erfolg,
-so wird man seinem Wissensdrang immer intensivere Nahrung zuführen,
-ihm Sammlungen, Zeichnungen und andere Darstellungen, Instrumente und
-Apparate, selbst Chemikalien und andere Stoffe zugänglich machen,
-so daß jene, die man zur Aufnahme in die Hochschulen empfiehlt,
-schon langjährige Studien betrieben, wissenschaftliche Aufsätze
-geliefert, Forschungen verfolgt und für die Zwecke der Hochschulen
-Beobachtungen angestellt und Naturprodukte gesammelt und auf diese Art
-den Beweis geliefert haben müssen, daß sie unter allen Altersgenossen
-die hervorragendste Eignung für die wissenschaftliche oder eine
-künstlerische Laufbahn besitzen. Dabei wird man Konzentrierung und
-Spezialisierung verlangen und in irgend einem kleinen Zweiglein
-des Wissens oder Könnens das Eindringen bis in die tiefsten Falten
-des Studiums, die Kenntnis einer Pflanzenfamilie bis in alle ihre
-Spielarten, einer Raupe in allen Abarten, ihre Lebensbedingungen,
-Anatomie und Physiologie und Umwandlungsbedingungen fordern. Alle
-Wanderungen, Reisen und Bemühungen dieser Anwärter auf eine höhere
-Laufbahn werden immer ein und demselben Ziele dienstbar zu machen sein;
-etwas Neues zu erforschen, etwas neu darzustellen, eine vollständige
-Sammlung zustande zu bringen, einen mechanischen Gegenstand von
-offenbarer Nützlichkeit zu erfinden, ein neues chemisches Präparat,
-eine neue Anwendungsart oder -Form der elektrischen Kräfte zu
-entdecken, wird man sich beeilen, ehe man das 18. Lebensjahr vollendet,
-um unter der großen Zahl von Berufenen auserwählt zu werden und den
-Ruf an die Universität zu erlangen, an welche nicht die Söhne reicher
-Bürger, hoher Beamter, des alten Adels oder der Professoren, sondern
-nur jene berufen werden, die schon in diesem noch jungen Alter ihren
-Beruf erwiesen haben werden.
-
-
-11. Handfertigkeitsunterricht und Haushaltungskunde.
-
-Daß Handfertigkeitsunterricht mit dem Schulunterrichte zu verbinden
-ist, ist längst dargetan und dazu ist in einer kollektivistischen
-Gemeinde die beste Gelegenheit geboten. Es wird ohnehin in jeder
-Gemeinde eine mit allen Werkzeugen und einfacheren Apparaten
-ausgerüstete, mit Wasserkraft, Dampf oder Elektrizität betriebene
-mechanische Werkstätte zu finden sein, wo man die dringenden
-Ausbesserungen geringerer Art von Werkzeugen, Apparaten,
-Maschinen und Hausgeräten besorgen kann und dort wird man den
-Handfertigkeitsunterricht erteilen, um jene herauszufinden, welche sich
-für die Industrie und Technik eignen, während die weniger Tauglichen
-sich der Landwirtschaft, den geringeren industriellen Arbeiten und
-dem Bergbau widmen müssen. Ebenso werden die Mädchen praktischen
-und auch theoretischen Unterricht für weibliche Handarbeiten,
-Haushaltungsarbeiten, Küche, Viehzucht und Gartenkultur empfangen. Man
-macht jetzt eben überall Versuche, solchen Unterricht auch auf dem
-Lande einzubürgern, aber es fehlt zumeist an Geld und somit auch an
-Lehrkräften. So werden alle jene begabteren Kinder ermittelt werden,
-die man in die landwirtschaftlichen, gewerblichen, forstlichen oder
-Haushaltungsfachschulen aufnehmen und dann als Vorarbeiter, Werkführer,
-Haushaltungsvorsteherinnen, Köchinnen usw. oder für das Erziehungs-
-und niedere Lehrfach ausbilden wird. Auch für Zeichnen, Modellieren
-oder Musik hervorragend befähigte Kinder werden in Vorbereitungsschulen
-aufgenommen, vielleicht noch in den Jahren der Volksschulpflicht
-und müssen sie deshalb an einen Bezirks- oder Kreisvorort versetzt
-werden, so werden ihre Eltern entweder auch versetzt oder sie werden
-von diesen an dort domizilierende Freunde oder Verwandte verwiesen,
-welche die Stelle der Eltern vertreten. Die Mitbeschäftigung an
-den wirklichen Arbeiten in Feld und Stall, Küche und Hauswesen,
-Kinderwartung und Krankenpflege wird der beste Handfertigkeits- und
-Haushaltungsunterricht sein oder wenigstens als Vorbereitung der
-Tüchtigsten für Fachschulen dienen.
-
-
-12. Vereine und Selbstzucht der Jugend.
-
-Die Erfahrung wird erweisen, ob der Jugend die Bildung von Vereinen
-und die, wenigstens versuchsweise, Übernahme der Selbstzucht
-gestattet werden soll. Man sagt, man habe in Amerika mit einer Art von
-Jugendrepublik sehr gute Erfahrungen gemacht, in welche verwahrloste
-Kinder aufgenommen und der Zucht ihrer schon gebesserten Altersgenossen
-überlassen und so geheilt und für die Gesellschaft brauchbar gemacht
-wurden. Die Behandlung der jugendlichen Übeltäter soll eine sehr harte
-gewesen sein, aber gute Früchte getragen haben. Bewähren sich solche
-Versuche, so mögen sie fortgesetzt werden, andernfalls sind die Vereine
-aufzulösen, die Selbstzucht wieder einzustellen und die unmittelbare
-Wirksamkeit der Erziehungs- und Lehrpersonen und der Mütter wieder
-herzustellen. Von der Förderung des Vereinswesens ist in VIII, 2,
-die Rede, und es wird in der Regel keinem Bedenken unterliegen, auch
-der Jugend den Beitritt zu den Vereinen der Erwachsenen, wenn auch
-vielleicht ohne Stimmrecht, zu gestatten. Nur dürfen sie dadurch vom
-Unterricht nicht abgelenkt werden.
-
-
-13. Sicherstellung einer gleichmäßigen Jugenderziehung.
-
-Da es wünschenswert ist, daß das ganze Volk ohne Ausnahme einen
-gleichmäßigen Elementarunterricht und Erziehung empfange, ohne irgend
-eine Bevorzugung oder Zurücksetzung, soweit nicht die Eltern durch
-ihre eigene Bemühung, Unterrichts- und Erziehungsarbeit ihre Kinder
-mehr fördern, und nachdem es den Anschein hat, als ob die Kinder der
-Personen, die in den Städten und der Hauptstadt angesiedelt sind, einen
-Vorzug genössen oder zu anderen Vergnügungen Gelegenheit hätten und vom
-Landleben ihrerseits ausgeschlossen wären, so ist es von Belang, hier
-einige Worte darüber zu sagen.
-
-Jene Eltern in den Städten, die erziehungspflichtige Kinder haben,
-werden am besten ihre Wohnungen an der Peripherie angewiesen erhalten,
-wo die Städte ans Freie stoßen und mit den nächstgelegenen Dörfern
-zusammengrenzen. Erziehungs- und Lehrpersonen werden dieselben sein
-wie in den Dörfern, Lehrmittel ebenfalls, das Zusammenkommen dieser
-Kinder mit den Dorfkindern, die Spaziergänge und Ausflüge in der freien
-Landschaft, die Berührung mit den landwirtschaftlichen Anstalten wird
-ihnen gleichfalls geboten werden, so daß sie keine andere Erziehung
-empfangen als die anderen Kinder.
-
-Eine Ausnahme bilden vielleicht die Kinder der monarchischen Familie
-und des hohen Adels, welchen man die Erziehung im Hause und mehr
-abgeschlossen von der übrigen Bevölkerung wird sichern wollen. Es
-scheint das zum Teil nicht unbegründet, weil dieser Teil der Jugend
-eine viel mannigfaltigere Ausbildung in einheimischen und fremden
-Sprachen empfangen soll, die manche Änderung in der Erziehung und im
-Lehrplane nötig machen könnte. Auch wird bei ihnen das Hauptgewicht
-auf gesellige Talente zu legen sein. Aber trotzdem wird man erwägen, ob
-nicht auch solche Kinder ihren Unterricht und die Erziehung wenigstens
-bis zum 12. Jahre mit den anderen Kindern auf dem Lande empfangen
-sollten.
-
-
-i) Ethische Erziehung.
-
-Obwohl die ethische Erziehung von der physischen und intellektuellen
-nicht zu trennen ist, so soll darüber doch noch einiges besonders
-bemerkt werden. Den hier entwickelten Gesichtspunkten gemäß wird eben
-auch die materielle Versorgung der Kinder und ihre intellektuelle
-Erziehung einzurichten sein.
-
-
-1. Mäßigkeit.
-
-Diese ist mit der streng geregelten Versorgung bereits zum Gegenstande
-der Erziehung gemacht. Die Nahrung darf nie übermäßig zugeführt
-werden, gieriges und hastiges Essen ist zu verhindern, Alkohol und
-manches andere auszuschließen. Auch in anderen Dingen ist Mäßigkeit
-und etwas Abhärtung anzugewöhnen. Kinder sollen in allem mit Geduld
-warten, bis sie an die Reihe kommen, Arbeit, Lernen und Spiel sollen
-entsprechend abwechseln und ein rasches Übergehen von dem einen zum
-andern, die sofortige Hingabe an das jetzt Vorliegende eingeübt werden.
-Das Verlangen nach Dingen, die ihnen nicht ohnehin geboten werden, ist
-zu unterdrücken, nichts darf man sich abtrotzen lassen; will man ab
-und zu besonderen Wünschen Gehör geben, so sind Tage und Stunden zu
-bestimmen, wo sie vorgebracht werden und im Falle der Ablehnung wäre
-die Wiederholung oder Eigensinn strafbar. Was das Essen anbelangt, so
-kann man Kinder beobachten, die im frühsten Alter über die Sättigung
-nicht hinausgehen und einen Rest übrig lassen, wenn ihnen gleich nicht
-allzuviel vorgesetzt worden ist. Verweichlichung im Nachtlager, der
-Kleidung, planloses Herumlungern oder untätiges Ausruhen darf man nicht
-dulden.
-
-
-2. Schamhaftigkeit, geschlechtliche Moral.
-
-Schamhaftigkeit ist von der allerfrühesten Jugend an zu pflegen.
-Mienen und Gebärden, Reden sind auf das sorgfältigste zu überwachen,
-die Phantasie nie auf Dinge zu richten, die kennen zu lernen nicht
-an der Zeit ist. Dann aber ist es wahrscheinlich, die Erfahrung wird
-das lehren, besser, der Neugierde zuvorzukommen und in ernsten Worten
-die geschlechtlichen Fragen wie andere Gegenstände des Unterrichtes
-darzulegen und die notwendigen Selbstbeschränkungen zu erklären.
-Unter welchen Umständen der junge Mensch zur Besiegung unzeitiger
-Triebe sich dem Arzte anvertrauen soll, wäre beizeiten zu lehren,
-und vor den Folgen der Ausschweifungen zu warnen. Die Frage, wie das
-Geschlechtsleben überhaupt einzurichten wäre, läßt sich heute nicht
-ermessen, und davon war in VII, 3, die Rede. Danach wird sich aber die
-Erziehung der Jugend in Beziehung auf geschlechtliche Dinge zu richten
-haben.
-
-
-3. Reinlichkeit und Körperpflege.
-
-Auch Reinlichkeit und Körperpflege ist von der frühesten Jugend an
-einzuimpfen. Alle dazu erforderlichen Behelfe müssen vorhanden sein,
-der Gebrauch der Bäder in reichlichem Maße ununterbrochen gefordert
-werden. Zähne, Haare, Nägel müssen auf das sorgfältigste gepflegt, die
-Kleidung reingehalten werden, auch darf man es nicht hingehen lassen,
-daß junge Leute sich unordentlich gekleidet blicken lassen.
-
-
-4. Ordnung und Pünktlichkeit.
-
-Auch auf strengste Ordnung muß man sehen. Die jungen Leute müssen
-verhalten werden, alles in Ordnung zu bringen, ehe sie den Waschtisch,
-das Spiel, die Lernstube verlassen. Der Erzieher braucht nicht
-ungeduldig zu werden, man führe nur den Übeltäter sofort zurück und
-lasse nicht ab, bis Ordnung gemacht ist, und der junge Mensch wird
-bald seine Fehler ablegen. Ebenso ist Pünktlichkeit in der Erfüllung
-aller Aufgaben, auch wo sie nur durch das Spiel bedingt sind,
-unnachsichtlich zu erzwingen. Kein Zögern oder Widerstreben ist zu
-dulden. Daß Anordnungen sofort und ohne Zaudern zu erfüllen sind, muß
-so selbstverständlich sein, daß gar kein Widerstand aufkommt. Man darf
-sich auch durch passiven Widerstand nie, nicht ein einziges Mal irre
-machen lassen, sobald etwas angeordnet ist, und im übrigen lasse man
-Freiheit walten, wo sie unschädlich ist. Pünktlichkeit ist auch dann zu
-fordern, wenn etwas freiwillig übernommen wurde.
-
-
-5. Wahrhaftigkeit
-
-muß gleichfalls gefordert werden. Ganze, volle, rückhaltslose
-Wahrhaftigkeit. Noch schlimmer als die Unwahrheit ist die hinterlistige
-Zweideutigkeit, die Verdrehung der Wahrheit durch Einseitigkeit. Wer
-von dem einen das Gute, von dem andern das Schlechte verschweigt,
-dagegen den ersteren tadelt, den anderen lobt, ist ein Lügner. Man
-nennt das Parteilichkeit, es ist aber Lüge und soll strenger geahndet
-werden als die einfache Unwahrheit. Diese Wahrhaftigkeit hat sich auch
-auf das Bekenntnis eigenen Verschuldens und auf die Anzeige fremden
-Verschuldens zu erstrecken. Inwiefern die letztere nur über Befragen
-der berufenen Personen oder auf eigenen Antrieb zu geschehen hat, wird
-durch Vorschriften zu regeln sein.
-
-In der heutigen Gesellschaftsordnung gilt die Denunziation als
-diffamierend. Das bezieht sich aber nur auf Denunziationen zum
-Nachteil der eigenen Partei und Gesellschaftsklasse und zum Vorteile
-einer mißliebigen politischen Gewalt, oder fremder Parteien und
-Gesellschaftsklassen. Da im Sozialstaate die volle Souveränität beim
-Volke, nicht in den Händen eines Tyrannen ist, da ferner die Strafen
-selten und außerordentlich milde sind, und alle Strafen auch das Wohl
-des Bestraften bezwecken, kann im Kollektivstaat ein Recht, eigenes
-oder fremdes Verschulden zu verheimlichen, nicht anerkannt werden.
-Übrigens können anfangs Ausnahmen für schwerere Fälle von Delikten
-gemacht werden, insofern Verwandte näheren Grades zur Anzeige zu
-bringen wären. Auch Geheimnisse des Liebeslebens sind als berechtigt
-anzusehen. Mit wahrheitsgemäßer Informierung der =kompetenten= Personen
-hat aber Splitterrichterei nichts gemein.
-
-
-6. Freimut.
-
-Mit der Wahrhaftigkeit hängt der Freimut zusammen, es soll niemand
-seine Anschauungen über Dinge, welche im engeren oder weiteren
-Sinne das Allgemeine betreffen, absichtlich verbergen, sondern bei
-schicklichem Anlasse ohne Aufdringlichkeit bekannt geben. Tadelsucht
-ist übrigens zu unterdrücken. Nur jenem gegenüber, der sich im Irrtum
-befindet und fehlt oder an Fehlern krankt, ist freimütiger Tadel
-ohne Kränkung oder Herausforderung und ohne unnötige Bloßstellung
-vor anderen nicht nur gestattet, sondern, wo es nützlich scheint,
-sittlich geboten. Der Tadel unheilbarer oder geringfügiger Gebrechen,
-Splitterrichterei, absichtliche Herabsetzung anderer und offenbare
-Ungerechtigkeit sind zu unterdrücken.
-
-
-7. Höflichkeit und Nachgiebigkeit.
-
-Höflichkeit gehört zu den wichtigsten Tugenden der Jugend im
-Kollektivstaat.[33] Sie muß allgemein gegen jedermann geübt werden,
-etwas entgegenkommender gegen Vorgesetzte, Ältere, und gegen das
-weibliche Geschlecht. Sie umfaßt Dienstbereitwilligkeit, Gruß,
-Ersuchen, Dank, aufmerksames Entgegennehmen von Aufträgen, Ersuchen
-oder Mitteilungen, freimütiges aber höfliches Ablehnen unerfüllbarer
-oder ungerechtfertigter Zumutungen, Vermeidung der Unterbrechung der
-Rede anderer und Bereitwilligkeit, andere zum Worte kommen zu lassen.
-Die Höflichkeit macht sich in Reden, Mienen, Gebärden, in Zeichen der
-Zustimmung und des Beifalls, in der Anerkennung anderer, in Blicken, im
-Ausweichen bei der Begegnung, in der Sorgfalt um andere geltend.
-
- [33] Schon vor 2500 Jahren war die Volksschule in China
- allgemein eingeführt und sehr vollkommen. Kein Dorf war
- ohne Volksschule, und der Unterricht der mit dem achten
- Jahre in selbe eintretenden Kinder umfaßte folgende
- Übungen: Das Begießen von Blumen, das Auskehren der
- Wohnräume, die Gebräuche der Welt, Zeremonien, Musik,
- Pfeilwerfen, Wagenlenken, Schreiben und Rechnen. Aber
- auch Höflichkeit wurde gelehrt, die Kinder sollten rasch
- und bescheiden antworten, mit Anstand eintreten und
- hinausgehen, Gäste höflich empfangen und hinausgeleiten.
- Diesen Unterricht empfing der Sohn des Kaisers wie der
- des Bauern, und so ist der Chinese heute noch höflich.
- Der seit mehreren hundert Jahren eingetretene Stillstand
- in der Kulturentwicklung Chinas ist der Herrschaft der
- barbarischen Mandschu zur Last zu schreiben, und die
- Volksschule ist verfallen.
-
-Mit der Höflichkeit ist auch gegeben, daß man niemand beleidigt,
-niemand verdächtigt oder anderen Nebenabsichten unterschiebt, daß
-man zartfühlend allem ausweicht, was andere beschämen oder kränken
-könnte, oder an Herzeleid, vergangenes Verschulden erinnert oder
-lächerlich erscheinen läßt. Gegen die Beleidigungen und Verdächtigungen
-dritter soll man nur maßvolle Abwehr für genügend erachten und
-sich überhaupt nie in Wortwechsel einlassen oder nach Feststellung
-einer Meinungsverschiedenheit schreiend, verletzend oder hartnäckig
-behaupten, was, solange man eine Meinung nicht zurückzieht, ohnehin
-als festgehalten zu betrachten ist. Irrtümer soll man sich beeilen
-einzugestehen und aus einem Meinungsstreit immer mit Gleichmut und ohne
-Unfreundlichkeit hervorgehen. Kränkungen muß man sich beeilen gut zu
-machen, sie anderen leicht und von Herzen vergeben und niemand auch nur
-eine Stunde lang etwas nachtragen. Das soll man auch jederzeit deutlich
-zu erkennen geben.
-
-
-8. Lebensart, Essen, Bewegungen, Konversation, Tanzen.
-
-Lebensart muß den Kindern von frühester Jugend an angewöhnt
-und förmlich eingeübt werden. Dazu gehört nebst Höflichkeit und
-Bescheidenheit auch die Körperhaltung. Die Lebensart erfordert ein
-passendes Benehmen in allen Lagen des Lebens, ein Gefühl für das,
-was anderen gebührt, ein richtiges Benehmen bei Tische und in der
-Konversation, mit einem Worte Schicklichkeitsgefühl, vor allem den
-Frauen gegenüber. Wahrscheinlich wird man auch in Zukunft den Tanz
-pflegen und die jungen Leute darin unterrichten.
-
-Die Konversation ist in unserer Zeit verwildert. Die Gegensätze sind
-so scharf, daß viele gar nicht miteinander verkehren wollen, andere
-über gewisse Themen keine Gedanken friedlich austauschen können. Die
-Erziehung im Kollektivstaat wird darauf gerichtet sein, zu lehren, daß
-man geduldig hören, niemand unterbrechen, entgegenstehende Ansichten
-mit wenigen Worten zu erkennen geben soll, daß niemand das Gespräch an
-sich reißen, niemand sich ganz davon ausschließen darf, und das ist in
-der Erziehung praktisch zu üben. Der Gebrauch unserer Frauen, mit der
-Konversation allerhand Handarbeiten zu verbinden, ist zu loben.
-
-
-9. Hilfsbereitschaft.
-
-Die Haupttugend, zu welcher der junge Mensch erzogen werden soll, ist
-Hilfsbereitschaft, der Wille, jedem in Gefahren und Leiden beizustehen,
-wo die staatliche Fürsorge fehlt oder zu spät käme. Ein Teil des
-Unterrichts wird der Kenntnis und Übung solcher Hilfe gewidmet sein,
-welche man zu leisten am wahrscheinlichsten wird in die Lage kommen. Es
-handelt sich nicht nur um den guten Willen, sondern um das Geschick und
-das Urteil, wie in vorkommenden Fällen zu helfen sei. Die Bedürftigkeit
-der Mitmenschen in jener vernünftigen Ordnung ist viel geringer als in
-der heutigen Ordnung der Dinge, darum werden es viel geringere Übel
-sein, welche uns veranlassen werden, anderen beizuspringen, zumeist
-solche, die heute kaum beachtet werden.
-
-
-10. Pflichtgefühl.
-
-Die wichtigste Tugend ist die gewissenhafte Erfüllung aller Pflichten
-gegen den Staat und die Gesellschaft. Sie fordert völlige Hingabe an
-den Beruf, gewissenhafte Schonung des gesellschaftlichen Eigentums
-und tunlichste Verhinderung jeder Beschädigung der gesellschaftlichen
-Interessen. Die Gewissenhaftigkeit wird auch bei Wahlen und
-Abstimmungen geübt werden müssen, bei welchen nicht Privatinteressen,
-sondern das öffentliche Wohl allein entscheiden soll. Die Geschichte
-unserer Tage wird reichliches Material bieten zum Beweise der
-Verächtlichkeit und Schädlichkeit des Parteitreibens.
-
-In allen vorbezeichneten Richtungen wird die =ganze= Jugend erzogen und
-zur Selbsterziehung und wechselseitigen Erziehung angehalten werden.
-
-Die Frage, welcher Zwangsmittel sich die Erziehung bedienen dürfe,
-kann auch nur die Zukunft beantworten. Die gelindesten Zwangsmittel
-sind die besten und nur, insofern mildere Strafen versagen, kann man
-zu härteren übergehen. Ununterbrochene Einwirkung, Beaufsichtigung und
-Beharrlichkeit sind die besten Erziehungsmittel. Der erfahrene Erzieher
-wird nach allgemeinen Grundsätzen verfahren und doch der Eigenart des
-Einzelnen gerecht werden.
-
-Die eingehende Erörterung des Erziehungswesens war deshalb geboten,
-weil sie klar ergibt, daß der Kollektivismus durch seine Organisation
-vieles ermöglicht, was der Individualismus zu leisten nicht vermag. Die
-hier geschilderten Erziehungsaufgaben sind besonders darauf gerichtet,
-=alle= für das kollektive Leben geeignet zu machen.
-
-Die »Neue, freie Presse« vom 20. September 1903 Seite 17 beschreibt die
-»Gemeinsame Erziehung von Mädchen und Knaben im Landeserziehungsheim«
-wie folgt.
-
-»Ein eigenes Heim auf dem Lande vereinigt Schüler und Lehrer zu einem
-freien und kräftigen, gesunden und frohen Leben. Die Einfachheit
-ländlicher Verhältnisse erhellt den Geist des Kindes und macht ihn
-aufnahmefähig für alles Große und Schöne. Doch wird die erreichbare
-Nähe einer großen Stadt mit ihren mannigfachen Bildungsstätten ein
-wünschenswerter Vorteil sein. Das Leben auf dem Lande bietet auch
-die Freiheit der Bewegung -- Spiel, Laufen, Turnen, Wandern -- und
-die Arbeit im Garten, im Haushalte, in der Werkstätte, die den Körper
-stärkt und stählt. Das Bewußtsein der körperlichen Tüchtigkeit und der
-rege Wetteifer, wie ihn das Leben in der Gemeinschaft erzeugt, gibt
-gesundes Selbstvertrauen, gibt Ausdauer, Entschlossenheit und Mut.
-Und dieses Zusammenleben wird alle sozialen Tugenden natürlich und
-ohne Zwang um so leichter entstehen lassen, als zu dieser Gemeinschaft
-auch Lehrer gehören mit ihrer ganzen Persönlichkeit und in vertrautem
-Verkehr, als Kameraden und Freunde, darum als Leiter und Berater des
-jugendlichen Lebens.
-
-Welche Vorteile sich aus diesem Zusammenleben für den Unterricht
-ergeben, ist offenbar. Daß auf Grund des persönlichen Verhältnisses
-eine Disziplin ohne Strenge und Rauhigkeit möglich ist, ist ein
-selbstverständliches Ergebnis des Gesamtgeistes, der Unterricht ist ein
-Teil des gesamten Lebens. Die Klassen sind sehr klein und ermöglichen
-das Eingehen auf die Eigenart des Einzelnen. Der Lehrer kennt genau den
-Vorstellungskreis seines Schülers und die Eindrücke, die ihn bewegen.
-So bieten sich ihm mannigfache Anknüpfungspunkte, die den Unterricht in
-steter Beziehung mit dem Leben erhalten.«
-
-So ein Organ des wirtschaftlichen Individualismus. Ihm ist eine
-Erziehung ein Ideal, welche doch gerade in unserer Gesellschaftsordnung
-unmöglich ist. Und wie viel tiefer kann man das Problem erfassen im
-Kollektivismus, wo das System allgemein durchgeführt wird und selbst
-wieder nur einen Teil des gesamten Organismus bildet, in welchem alle
-Teile aufeinander berechnet sind.
-
-Hätte der Staat immer so, wie es hier gefordert wird, seine
-Verpflichtungen gegen die Jugend erfüllt, =so wäre die Kaiserin
-Elisabeth nicht ermordet worden=, denn Luchenie war ein _outcast_,
-von frühester Jugend an hilflos, ohne Familie, Erziehung, genügenden
-Unterricht, auf den Umgang mit Elenden und Feinden der Gesellschaft
-angewiesen. Feinde der Gesellschaft! Ist nicht die Gesellschaft eine
-Feindin jener Armen? Tut denn =sie= ihre Pflicht? Hören wir.
-
-Im August 1902 wurde über eine Verhandlung gegen eine einarmige
-Einbrecherin berichtet. Franziska Machelek war das Kind armer Eltern
-und vom 7. Jahre an verwaist. Vom Knochenfraß befallen, mit 21 Wunden
-am Rücken kam sie in ein Spital, wurde aber von da, =weil sie unheilbar
-war=, entlassen und heimgeschickt. Die Gemeinde wies sie fort und der
-Bürgermeister sagte. »Du mußt betteln«. Sie kam in eine Schule, aber
-nach 6 Wochen wurde sie krank und wohnte -- wie eine Aussätzige -- in
-einem verfallenen und unbewohnten Hause, und niemand kam zu ihr, =denn
-sie hatte eine ansteckende Krankheit=. Sie bettelte, aber sie stahl
-dann auch und wurde eingesperrt. »Das war ein Glück für mich, wenn
-ich im Arrest war, war ich froh.« Dreizehnjährig kam sie wieder in
-ein Spital und da =wurde ihr der linke Arm abgenommen= und erst mit 28
-Jahren wurde sie gesund und lebte dann einige Zeit bei einer Tante, bis
-diese starb. Jetzt war sie wieder angewiesen zu betteln und zu stehlen.
-In der Strafanstalt erwarb sie etwas mit Sticken. Da sie einarmig war,
-mußte sie die Nadel mit dem Munde herausziehen und so stickte sie,
-=bis ihr der Mund geschwollen war=. Auf =diese= Art erwarb sie sich
-im Zuchthause einen Überverdienst von 5 fl 25 Kr. Als ihre Strafzeit
-um war, gab ihr die Strafanstalt von jenen 5 fl 25 Kr. nur 25 Kr.
-auf die Hand und ließ sie vom Schubführer nach Hause befördern. Dort
-angekommen, sagte der Bürgermeister, =die Strafanstalt habe für sie 5
-fl eingesandt, damit seien die Schubkosten bezahlt=. Bald darauf wurde
-die Einarmige verführt und =als sie ein Kind gebar=, verlassen.
-
-Sollte eine solche Gesellschaft keine Feinde haben?
-
-Gibt es denn Pflichten gegen eine Gesellschaft, die keine Pflichten
-gegen uns hat?
-
-
-6. Die Rechtspflege.
-
-Eine Ziviljustiz im heutigen Sinne des Wortes gibt es im
-Kollektivstaate nicht. Da es weder Privateigentum, noch Vertrag
-zwischen Individuen, noch Erbrecht gibt, so entfällt auch jede Art von
-Rechten, die einen Anlaß zu Rechtsstreitigkeiten geben könnten.
-
-Dagegen wird es allerdings eine Strafjustiz geben, die in der Regel
-disziplinarisch gehandhabt werden wird. Geringere Kontraventionen gegen
-die Gesetze, Beschädigungen des Staatseigentums oder des Lebens und der
-Gesundheit der Mitmenschen, werden je nach dem Grade der Beschädigung
-und der Entstehung aus Nachlässigkeit, Mutwille oder Bosheit entweder
-disziplinariter vom Verwaltungsbeamten, an den der Erziehung noch
-unterworfenen Personen vom Erziehungspersonale, geahndet, oder einer
-gerichtlichen Bestrafung unterzogen werden. Die Grenzen der dem
-Verwaltungsbeamten und dem Erziehungspersonale zustehenden Strafgewalt
-werden ziemlich eng gezogen werden. Es wird sich dabei nur um Verweise
-unter vier Augen oder vor größerer oder geringerer Öffentlichkeit, um
-Entziehung von Genüssen und um Strafarbeiten handeln. So kann einem
-Straffälligen der Urlaub eines oder mehrerer Jahre, oder ein Teil
-der gesetzlichen Arbeitsbefreiung nach Ableistung der regelmäßigen
-Arbeitsjahre, oder das Recht, die Arbeitsgemeinde am Sonntag zu
-verlassen, die Reisefreiheit, das Recht, an den öffentlichen Mahlzeiten
-und Festlichkeiten teilzunehmen, entzogen werden. Körperliche Strafen
-können bei jugendlichen Personen Anwendung finden, wenn alle sonstigen
-Erziehungsmittel versagen. Bei Erwachsenen können Gefängnis- oder
-Todesstrafe nur dann verhängt werden, wenn es sich um sehr schwere, aus
-Roheit und Grausamkeit hervorgegangene Verbrechen handelt. Mißbrauch
-der Amtsgewalt wird meistens durch Verlust der Amtsstellung und
-Einreihung unter die Arbeiter einfachster Art geahndet werden, wenn es
-sich um große und böswillige Vergehen handelt.
-
-Schwerere Strafen werden nicht von ständigen Gerichten, die
-aus rechtsgelehrten Richtern zusammengesetzt sind, sondern von
-Volksgenossen, welchen vielleicht die Verwaltungsbeamten präsidieren
-werden, verhängt werden. Die Zahl der verbrecherischen Delikte wird
-sehr beträchtlich abnehmen und mit der Vereinfachung der rechtlichen
-Beziehungen unter den Menschen, werden auch die Delikte einfacher, ihr
-Tatbestand leichter festzustellen und die Anwendung der Gesetze von
-Fachkenntnissen weniger abhängig werden.
-
-Statt der heutigen Gefängnisse würde es sich empfehlen, Strafgemeinden
-einzurichten, in welchen die Arbeitslast größer, die Genüsse vermindert
-und eine harte Disziplin eingeführt würde. Die Todesstrafe würde wohl
-sobald als möglich abgeschafft werden. Denn so harte Strafen sind nur
-in unserer Gesellschaftsordnung erforderlich, um von verbrecherischen
-Handlungen abzuschrecken, zu welchen unsere Gesellschaftsordnung viel
-mehr Gelegenheit und Anregung bietet, als der Kollektivismus, der den
-unrechtmäßigen Erwerb erschwert, den rechtmäßigen Erwerb erleichtert
-und den Lohn erhöht.
-
-Hier sei noch besonders darauf verwiesen, daß die strafbaren Handlungen
-bald auf ein Zehntel oder Zwanzigstel herabgehen werden. Unter den
-Motiven zu strafbaren Handlungen werden fortbestehen: Sinnlichkeit,
-Liebe, Eifersucht, Zorn, aber auch diese Motive werden weniger
-schwer wiegen, weil die sorgfältige Erziehung die Sitten mildert und
-weil die ganze Einrichtung der Gesellschaft darauf gerichtet ist,
-der menschlichen Seele einen anderen Inhalt zu geben. Verbrechen
-aus Habsucht werden nicht vorkommen, weil es unmöglich sein wird,
-diesen Hang durch verbrecherische Handlungen zu befriedigen. Die
-Naturalwirtschaft und das ausnahmslose Staatseigentum machen das
-unmöglich. Das Geld ist das beste Werkzeug der Diebe. Sachen trägt man
-nicht davon, könnte man das aber auch, man könnte sie nicht verbergen,
-nicht verwerten, nicht genießen, ja man wäre der Entdeckung beinahe
-sicher. Eben deshalb wären auch politische Verbrechen ohne Reiz.
-Denn, mag man auch Blut vergießen und Bomben werfen, Schätze dadurch
-erwerben kann man doch nicht, wenn man das Prinzip des unveräußerlichen
-Staatseigentums nicht aufgibt. So werden strafbare Handlungen selten
-werden.
-
-
-
-
-VIII.
-
-Der Kollektivismus und der allgemeine Fortschritt.
-
-
-1. Die Fortbildung.
-
-Wenn auch der regelmäßige Volksunterricht mit dem vollendeten
-achtzehnten Lebensjahre abschließt, so wird damit die erziehliche und
-belehrende Beeinflußung der Staatsbürger nicht eingestellt werden.
-
-Zunächst werden diesem Zwecke die Vorträge dienen, die regelmäßig
-von Zeit zu Zeit in den Abendstunden werden abgehalten werden und von
-welchen bereits in V, 3, a, _Alinea_: »Außer ihm« die Rede war. Die
-Auswahl der Gegenstände und die Auswahl der Personen zu treffen, die zu
-Vorträgen werden eingeladen werden, wird Sache des Pädagogen sein, der
-sich mit den Ärzten und Unterrichtspersonen zu beraten und die Wünsche,
-die im Schoße der Gemeinde laut werden, in Erwägung zu ziehen haben
-wird. Die Richtung, welche die geistige Entwicklung jeder Gemeinde
-nehmen wird, wird dafür maßgebend sein. Ebenso werden bedenkliche
-Neigungen, welche überhand zu nehmen drohen, auf diesem Wege zu
-bekämpfen sein.
-
-Vorträge dieser Art, analog den heutigen populären Vorlesungen der
-Universitätsprofessoren, aber in jeder Gemeinde und in jedem Quartier,
-und viel eingehender und im Anschlusse an den Schulunterricht, werden
-vor allem die Pädagogen und Fachlehrer zu halten haben, besonders zu
-dem Ende, um die Erwachsenen mit jenen Fortschritten bekannt zu machen,
-welche die Gegenstände des Volksunterrichtes seit dessen Abschlusse
-gemacht haben, wodurch ja auch das Erlernte immer wieder eingeprägt
-wird. Das wird es ja auch den Eltern erleichtern, mit der Schule Hand
-in Hand zu gehen.
-
-Auch die Ärzte werden sich an diesen Vorträgen beteiligen und alles
-bekämpfen, was dem sanitären Fortschritte und der Veredelung des
-Menschentums gefährlich werden könnte.
-
-Insofern es sich um technische und wissenschaftliche Erfindungen
-handelt, wird man es nicht an Demonstrationen und an Berichten über
-praktische Einführungen und deren Erfolg fehlen lassen, um die gesamte
-Bevölkerung an der Verbreitung der Erfindungen zu interessieren.
-
-Dabei wird man es aber nicht bewenden lassen, sondern auch Personen von
-hohem wissenschaftlichen Range zu Vorlesungen einladen, um das Wissen
-nach ein und der anderen Richtung, wie dies in den besonderen geistigen
-Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung liegt, zu vertiefen, besonders
-dann, wenn die Bevölkerung an der Erforschung gewisser historischer
-Fragen oder gewisser Gebiete der Naturschätze einen besonderen Anteil
-nimmt und diese Vorträge neue Impulse zur Mitarbeit bieten können.
-
-Immer sind die Rückwirkungen hervorzuheben, die die neuen Forschungen,
-Erfindungen und Entdeckungen auf die Verlängerung, Verschönerung und
-Bereicherung des Lebens nehmen können und auch der wirtschaftliche Wert
-der Erfindungen darzulegen.
-
-Ferner werden künstlerische Vorführungen in Gesang, Musik, Deklamation,
-die nicht geradezu ein Theater voraussetzen, in jeder Gemeinde
-stattfinden, um die Sitten zu veredeln und an das Schöne zu gewöhnen.
-So auch wird man Wanderausstellungen von Bildern und plastischen Werken
-veranstalten und Vorträge über ihren ästhetischen Wert damit verbinden.
-Die Zahl der zu diesen Darbietungen und Belehrungen befähigten
-Personen wird so groß sein, daß es keine Schwierigkeiten bieten wird,
-allwöchentlich einen Abend solchen edleren Vergnügungen zu widmen.
-
-Einen erziehlichen Einfluß werden auch die Reisen bieten, welche jedem
-ermöglicht werden sollen. In XI, 1, b, _Alinea_: »Nimmt man nun«,
-wird der Vorschlag gemacht, jedem Arbeiter einen jährlichen Urlaub
-von 14 Tagen zu erteilen und in dieser Zeit soll es dem Beurlaubten
-freistehen, die heimatliche Gemeinde zu verlassen und Reisen
-innerhalb des Staatsgebietes zu unternehmen. Diese Reisen sollen einen
-ununterbrochenen Verkehr mit allen Reichsgenossen ermöglichen und
-Belehrungen aller Art vermitteln und diese Reisen, welche zu Fuß, auf
-dem Fahrrad und mit den Eisenbahnen und Schiffen unternommen werden,
-werden viel dazu beitragen, alle Bewohner des Reiches in jenen engen
-Verband zu bringen, den Plato ein »Königliches Geflecht« nennt. Alles
-Mißtrauen, aller Neid, alle Mißgunst werden ertötet werden, wenn man
-sieht, wie auch andere schaffen und daß auch andere, insoferne sie
-nicht verdienter um das Volk sind, nichts genießen, was man nicht
-selbst hat oder haben kann. Auch diese Reisen wirken fortbildend.
-
-
-2. Das Vereinswesen.
-
-Das Vereinswesen hat der Staat zu fördern, so weit es sich um
-Vereinszwecke handelt, die im öffentlichen Interesse gelegen sind
-und insoferne diese Vereine eine materielle Unterstützung brauchen.
-Die Vereinsmitglieder haben dem Vereinszwecke ihre freie Zeit zu
-widmen und die Erfüllung ihrer Arbeitsverpflichtung dem Staate
-gegenüber unvermindert einzuhalten. In Anbetracht der Wichtigkeit
-der Vereinszwecke kann es sich darum handeln, den Vereinen solche
-materielle Mittel zuzuwenden, welche die Vereinsmitglieder nicht
-schaffen können. In einem beschränkten Maße können sie allerdings auch
-die materiellen Mittel aufbringen, insofern es sich nur darum handelt,
-einen Teil der zur Verteilung gelangenden Konsumtibilien beizutragen.
-
-Die staatliche Förderung wird verschiedenes umfassen. Die Regierung
-wird, spontan oder auf Antrag die Statuten entwerfen und die
-Bedingungen feststellen, unter welchen sie ihre Unterstützung zusagt,
-sie wird die Werbung von Mitgliedern erleichtern durch Ankündigungen in
-den Blättern und durch Versendung von Prospekten an die Gemeinden, sie
-wird unter der Bedingung einer lebhaften Beteiligung von Mitgliedern
-Behelfe bereitstellen, so Noten und Instrumente für musikalische
-Vereine, Chemikalien und Apparate für Vereine zur Förderung der Chemie,
-Instrumente und Apparate für Beobachtungen in der Meteorologie,
-Astronomie und für biologische Untersuchungen, zur Herstellung von
-Präparaten u. dergl., sie wird den Sportvereinen Boote, Automobile,
-Pferde, Hunde zur Verfügung stellen und Prämien zur Aneiferung
-der Mitglieder bewilligen, dem literarischen Vereine nach Maßgabe
-seiner Bedeutung vielleicht eine Druckerei einrichten, Werke aus dem
-Auslande besorgen; für Zusammenkünfte können Reisebewilligungen und
-Urlaub koncediert werden und unter Umständen können sogar Gebäude
-aufgeführt werden, um besonders wichtigen Vereinen die Erreichung
-des Vereinszweckes zu erleichtern, oder den Eifer der Mitglieder
-anzuspornen. Es sei nun gestattet, einige besonders wichtige
-Vereinszwecke zu erwähnen.
-
-Außer dem in VI, 8, d, Bemerkten dient ein Reichsverein für
-=Rechnungskontrolle=, =Statistik= und =Volkswirtschaft=. Die
-Verrechnung der gesamten Verteilung der Arbeit und der Produkte
-erfolgt nach VI, 8, durch regelmäßig publizierte statistische Ausweise.
-Obwohl nun dieselben jedermann zugänglich und in öffentlichen Blättern
-enthalten sind, ist doch anzunehmen, daß diese Publizität nicht genügen
-wird, um eine genaue Kontrolle durch das Volk sicherzustellen. Das
-Material ist so massenhaft, daß man annehmen kann, es werde sich
-schließlich niemand um die Verrechnung kümmern, als die berufenen
-Organe der Staatsverwaltung, wobei allerdings die niederen Ämter von
-den höheren, aber auch letztere von den niederen überwacht werden.
-
-Um eine sichere und intensive Kontrolle durch das Volk zu veranlassen,
-wird das Zustandekommen eines Vereins erwünscht sein, welcher aus
-vielen tausenden von Mitgliedern bestehen müßte, die sich nach
-einem von ihnen angenommenen Plane in die Arbeit der Überprüfung zu
-teilen und die Zusammenstellungen nachzurechnen, sowie die ersten
-Aufstellungen mit den in den Gemeinden aufliegenden Originalrechnungen
-zu vergleichen hätten. Es wird dann nicht leicht ein Irrtum oder gar
-eine Falschbuchung übersehen werden, besonders, wenn für die Entdeckung
-von Irrtümern oder Fälschungen Prämien ausgeworfen würden, welche die
-Staatsverwaltung dem Vereine zu bewilligen hätte.
-
-Im Zusammenhang damit hätte der Verein die Aufgabe, die Zweckmäßigkeit
-der statistischen Tabellen zu prüfen und auf neue Kombinationen
-und Methoden der Aufstellung und Summierung zu dringen. Die
-statistischen Tabellen sollen nämlich auch über die Richtigkeit der
-Verteilungsgesetze Aufschluß geben. Es ist denkbar, daß die Tabellen,
-richtig zusammengestellt, dartun können, ob die Ärzte, die Lehrer, die
-Grubenarbeiter mit Rücksicht auf den Rechtsgrundsatz der Verteilung,
-XI, 1, d, _Alinea_: »Der oberste Verteilungsgrundsatz« begünstigt
-oder zurückgesetzt sind. Obwohl jede einzelne Gruppe ein Interesse
-hat, nachzurechnen und ihre Interessen wahrzunehmen, würde sich doch
-jener Verein besonders dazu eignen. Es wird sich dabei besonders
-darum handeln, in den Gruppen neue Teilungen oder Zusammenordnungen
-vorzunehmen. Wenn alle Grubenarbeiter bezüglich der Sterblichkeit
-zusammengeworfen sind und nach der Gesamtsterblichkeit bei der
-Verteilung der Arbeit und der Genüsse nach demselben Maßstabe behandelt
-werden, so kann es sich als notwendig erweisen, die Kohlengräber
-auszuscheiden, wonach sich herausstellen kann, daß sie ungünstiger
-gestellt sind, als die anderen Grubenarbeiter, diese aber besser,
-als andere Berufe. Das zu entdecken und klar zu legen, wäre eine
-Aufgabe eines solchen Vereins. Dabei ist aber im Auge zu behalten,
-daß eine all zu kleinliche Spaltung der Arbeitergruppen deshalb nicht
-zweckmäßig ist, weil die statistische Tabelle nur als Material für
-Massenbeobachtungen einen Wert hat.
-
-Dadurch nun, daß der Verein in letzterer Hinsicht sich nützlich
-erweist, fördert er zugleich die Volkswirtschaft, weil die
-Zweckmäßigkeit der Volkswirtschaft mit der Gerechtigkeit der Verteilung
-zusammenfällt. Die Begünstigung einer Gruppe ist eine Vergeudung im
-Verbrauche und die Zurücksetzung einer Gruppe beeinträchtigt deren
-produktiven Wert.
-
-Von großer Wichtigkeit werden ferner =literarische Vereine= sein,
-weshalb auf diesem Gebiete die Gründung von Vereinen sehr wünschenswert
-sein wird. Selbe werden sich national und nach Gegenständen gliedern.
-
-Es hat zwar die Staatsverwaltung zunächst die Aufgabe, welche heute
-die Verleger haben, nämlich die literarischen Produkte, welche sie
-für geeignet hält, zu veröffentlichen. Die Verleger treten heute
-als Unternehmer zwischen die Schriftsteller und die Leser für die
-literarischen Erzeugnisse. Bei dem großen Umfange von kaufmännischer
-Arbeit, die der Verleger zu bewältigen hat, kann er nur wenig Zeit
-der Prüfung von Manuskripten widmen und in keinem Fall kann er ein
-hervorragendes kritisches Verständnis für den Wert der ihm angebotenen
-Werke haben. Er ist demnach gezwungen, das Gutachten von Kritikern
-einzuholen. Der Verleger hat aber auch ein anderes Mittel, um
-gewinnbringende Geschäfte zu machen, wenngleich er die Manuskripte
-nicht zu beurteilen vermag. Er hält sich an Namen, sei es, daß der
-Schriftsteller schon bekannt ist und man darauf rechnen kann, daß
-seine Werke gesucht werden, oder daß der Verfasser ein Professor ist,
-der viele Zuhörer hat, daher man auf einen Absatz bei seinen Schülern
-hoffen kann. So bietet das Verlegerwesen, so unentbehrlich es in
-unserer Gesellschaftsordnung ist, weder eine Gewähr, daß alle guten
-Werke gedruckt, noch daß recht erbärmliche Arbeiten zurückgewiesen
-werden, da ja der Kolportageroman am ehesten Gewinn verspricht.
-Freilich wird der angesehene deutsche Verleger es verschmähen, diese
-Schundliteratur zu pflegen, aber sie findet doch ihre Verleger und
-darum wirkt das Verlegerwesen eher schädlich als veredelnd. Der
-rücksichtslose Spekulant wird beinahe sicher vermögend, während der
-ehrenvolle Verleger, der sich der Literatur verpflichtet hält, oft
-große Verluste erleidet. Die Ursache der großen Kosten der Bücher ist,
-daß die Bücher, welche Absatz finden, auch die Verluste hereinbringen
-müssen, welche der Verleger ohne sein Verschulden an anderen Werken
-erleidet.
-
-Trotzdem nun das Verlegerwesen, wie überhaupt das Unternehmerwesen,
-eine sehr mangelhafte Einrichtung ist, so schrickt doch jeder
-Schriftsteller vor dem Gedanken zurück, daß der Staat der alleinige
-Verleger werden soll. Man glaubt, daß es nur Protektionskindern
-gelingen wird, das Erscheinen ihrer Werke zu erleben und das ist ein
-Hauptgrund, weshalb die Schriftsteller den Sozialstaat perhorreszieren.
-
-Das hat nun auch einigen Grund. Würde nur die Staatsverwaltung darüber
-entscheiden können, ob ein Werk gedruckt werden soll, so würde das
-Verlagswesen nicht viel gewinnen.
-
-Die Gesamtheit der Einrichtungen, welche den Schriftstellern im
-Sozialstaat eine Gewähr bieten, daß ihnen mit mehr Wahrscheinlichkeit
-als heute Gerechtigkeit widerfahren wird, wird in VIII, 4, d, 2,
-_Alinea_: »Der Anlaß« dargestellt, allein für die schöne Literatur
-werden die literarischen Vereine und für die wissenschaftliche
-Literatur die zahlreichen wissenschaftlichen Fachvereine an der
-Sichtung der Manuskripte sich beteiligen. Wenn die Manuskripte, die
-den Vereinen entweder von den Schriftstellern direkt eingesendet
-oder ihnen als einer Art Beirat von der Staatsverwaltung oder anderen
-verlagsberechtigten Körperschaften (VIII, ebenda) zugewiesen werden,
-unter die Vereinsmitglieder zur Prüfung verteilt und von ihnen
-darüber in Versammlungen referiert wird, so kann man annehmen, daß
-manches brauchbare Werk gerettet wird, das heute von einem Verleger
-zum anderen wandert. Allein man kann diese Vereine nicht bloß mit der
-Begutachtung betrauen, man kann ihnen auch das Verlagsrecht für eine
-gewisse Anzahl von Werken einräumen, nicht in dem Sinne, daß sie einen
-Unternehmergewinn erzielen, was der Natur der Gesellschaftsordnung,
-aber auch der Natur des Vereinswesens widerstreben würde, wohl aber
-in dem Sinne, daß sie die besten jener Werke in den staatlichen
-Druckereien zum Drucke zu befördern oder in ihrer eigenen Druckerei
-drucken zu lassen berechtigt werden, welche ihrem Rat entgegen
-zurückgewiesen wurden.
-
-Die literarischen Vereine werden sich wahrscheinlich auch bemühen,
-der schönen Literatur eine bestimmte Richtung zu geben, sie werden
-den Schriftstellern vielleicht Winke geben können, wie die Werke zu
-verbessern seien und sie werden Vorleseabende veranstalten, um auch
-solche Manuskripte bekannt zu machen, die von Bedeutung erscheinen,
-obwohl sie nicht zum Drucke gelangen konnten.
-
-Auch in einer anderen Richtung werden diese Vereine sich nützlich
-machen, wenn sie eine genügende Anzahl von Mitgliedern haben. Sie
-werden die Auslandsliteratur kennen lernen und Einfluß darauf nehmen,
-welche Werke in größerer Zahl vom Auslande angeschafft oder von welchen
-Übersetzungen veranstaltet werden sollen, denn wenn auch selbst dafür
-Verwaltungsorgane bestellt werden müssen, so wird es doch einer großen
-Zahl freiwilliger Kräfte bedürfen, um nur einen erheblichen Teil der
-Auslandsliteratur durchzuprüfen.
-
-Daß also literarische Vereine ganz außerordentliches durch Begutachtung
-von Werken, durch Ermunterung zum Schaffen und Genießen und durch
-Beeinflussung der Richtung leisten können, welche die Literatur von
-Zeit zu Zeit einschlägt, ist nicht zu bezweifeln. Ebenso ist gewiß, daß
-der Staat sehr viel zur Förderung solcher Vereine tun kann und daß das
-Volk der Staatsverwaltung zu diesem Ende nach Maßgabe der Nützlichkeit
-solcher Vereine die erforderlichen Mittel bewilligen wird.
-
-Außer diesen beiden Gattungen von Vereinen, den literarischen Vereinen
-und dem Verein zur Prüfung der statistischen Ausweise, werden für
-alle Zweige der Naturwissenschaft, der Produktion, der Geschichte,
-des Spiels und Sports, für Erforschung und Fortbildung der Sprache
-und für alle Arten von Künsten, vor allem die Musik und die bildenden
-Künste, Vereine zu schaffen sein, welchen gleichfalls ein Einfluß,
-analog demjenigen, einzuräumen sein wird, welchen man den literarischen
-Vereinen nach obigen Erörterungen einräumen wird.
-
-Der Vereine für Musik und Kunst wird man sich besonders als Beirat für
-die Verwaltung bedienen bei streitigen Fragen der Verteilung, ob man
-diesen oder jenen in eine Fachschule aufnehmen soll, wem man Behelfe
-(Farben, Musikinstrumente oder Noten) zur Verfügung stellen, welche
-Werke man zur Ausführung bringen soll.
-
-Hier wäre noch der =Vereinstätigkeit im Bibliothekswesen= zu gedenken.
-Auch im Bibliothekswesen wird sich freiwillige Kooperation nützlich
-machen. Der Staatsverwaltung obliegt es zwar, für die Vermehrung,
-Verteilung, Ordnung, den Schutz und die Versendung der Bücher Sorge
-zu tragen, je mehr freiwillige Mitarbeiter sie aber findet, um so
-vollkommener wird das alles geleistet werden. Man wird besonders die
-Studierenden der Hochschulen heranzuziehen trachten, um in recht kurzer
-Zeit Neuaufstellungen durchzuführen, Kataloge zu ergänzen und andere
-Arbeiten für Bibliothekszwecke durchzuführen.
-
-Eine besondere Aufgabe der staatlichen Bibliotheksverwaltung
-wird es aber sein, jedem für seinen besonderen Zweck die
-Literatur nachzuweisen. Da wird nun diese Aufgabe gründlicher
-und mehr ins Einzelne gehend gelöst werden, wenn sich an
-diesen Literaturnachweisungen auch die Vereine beteiligen. Ein
-Privatunternehmen dieser Art, welches solche Nachweisungen gegen
-Entgelt lieferte, bald aber einging, ist vor Jahren in Berlin gegründet
-worden.
-
-
-3. Die Sammlungen.
-
-Die Sammlungen von Kunst- und Naturprodukten, welche heute nur zum
-Teil öffentliches Gut, zum größten Teile aber Privateigentum sind,
-haben heute schon einen sehr großen Umfang erreicht, werden aber im
-Kollektivstaat ins Unermeßliche anwachsen und ins Kollektiveigentum
-übergehen. Diesen Sammlungen gehören zwar auch die Bibliotheken an,
-von welchen aber hier nicht die Rede ist, weil sie anderen Zwecken
-zu dienen haben, als die Sammlungen von Gegenständen, welche Objekt
-der Betrachtung sind und meistens nur in einem oder wenigstens nur in
-wenigen Exemplaren vorhanden sind.
-
-Im Kollektivstaat ist es Aufgabe der Verwaltung, die Sammlungen so
-aufzustellen, daß sie ihrem Zwecke am Besten dienen. Der Sammler
-von heute hütet seine Schätze und verbirgt sie zumeist vor seinen
-Mitmenschen und nur wenige adelige Häuser haben sich verpflichtet
-gehalten, einige solche Sammlungen, besonders Bildersammlungen, dem
-Publikum zugänglich zu machen. Der Kollektivstaat wird alle Sammlungen
-so aufzustellen haben, daß sie allen, vorzüglich aber jenen leicht
-zugänglich gemacht werden, welche ihrer für ihre Studien bedürfen. Da
-nun in Zukunft alle Bauten umgestaltet werden müssen, wird man darauf
-bedacht sein, ein System anzunehmen, nach welchem die Sammlungen zu
-verteilen sein werden, wie ja auch die Weltausstellungen nach vorher
-angenommenen Plänen eingerichtet werden, damit Gleiches und Gleiches
-vereiniget, Verwandtes nebeneinander geordnet werde.
-
-Es wird nun weder möglich noch zweckmäßig sein, alle Sammlungen an
-einem Orte, etwa in der Hauptstadt, oder überhaupt in den städtischen
-Ansiedlungen, die nicht allzusehr ausgedehnt werden sollen, zu
-vereinigen und so scheint folgender Vorschlag als der annehmbarste.
-
-In der Hauptstadt sollen Sammlungen aller Art aber nur in
-hervorragenden Typen aufgestellt werden. Ein kunsthistorisches Museum
-sollte Kunstprodukte aller Art aus allen Zeiten und erzeugt von
-allen Völkern der Erde zur Anschauung bringen, aber es können in der
-Zentralsammlung der Hauptstadt für jede Schule, jede Periode, jedes
-Volk nur einige wenige hervorragende Werke aufgestellt werden. Ebenso
-wird es mit der hauptstädtischen Sammlung technischer Erzeugnisse und
-der Naturprodukte zu halten sein.
-
-Ins einzelne gehende Sammlungen sollen aber dann nach Gebieten
-systematisch aufgeteilt werden, so daß, wenn jemand alle Sammlungen
-bis in ihre kleinsten Verzweigungen besichtigen wollte, er das ganze
-Reich bereisen müßte. Es würden also einige Provinzen vollständige
-Bildersammlungen, und Sammlungen anderer Kunstwerke, andere
-vollständige Sammlungen der Werkzeuge, Apparate und Maschinen, oder
-kunstgewerblicher Erzeugnisse, andere Pflanzen, wieder andere der Tiere
-beherbergen und das Alles würde auch auf Bezirks- und Urgemeinden
-aufgeteilt werden. Dazu kommen dann die Präparate der Biologen und
-Embryologen und Histologen, welche dereinst einen solchen Schatz
-bilden werden, daß man am Sitze der Universität gewiß nur Typen zur
-Vergleichung aufstellen kann, wer aber alle vorhandenen Präparate
-kennen lernen will, sich die Mühe wird nehmen müssen, irgend einen
-Teil des Reiches zu bereisen, wo er, von Ort zu Ort wandernd, alles was
-jeweilig vorhanden ist, finden wird und zwar nicht nur die Präparate,
-sondern die gesamte darauf bezügliche Literatur und die Mikroskope und
-sonstigen Apparate, ohne welche die Sammlung von Sachkundigen nicht
-benützt werden könnte.
-
-Diese Sammlungen werden von Jahr zu Jahr bereichert werden und nur in
-dieser Anordnung und Verteilung werden sie den größten Nutzen schaffen.
-Das ganze Reich wird eine vollständige Weltausstellung sein. Übrigens
-wird in der Metropole eine permanente Weltausstellung der neuesten
-Erzeugnisse des Menschengeistes errichtet werden, welche im jährlichen
-Wechsel immer das Neueste zur Anschauung bringen wird und nach Ablauf
-des Jahres werden die Ausstellungsobjekte in die stabilen Sammlungen
-wandern.
-
-
-4. Zeitschriften, Bücher, Bibliotheken.
-
-Dem Zeitungswesen muß man eine eingehende Betrachtung widmen, weil das
-Zeitungswesen auch in der künftigen Gesellschaftsordnung eine wichtige
-Rolle spielen wird und weil es einiges Nachdenken kostet, sich die
-Befriedigung jener Bedürfnisse im künftigen Staate klar zu machen, die
-heute durch die Zeitungspresse befriedigt werden. Dabei wird vor allem
-die Preßfreiheit in Betracht kommen, für welche man sich einen Platz
-in einer Gesellschaftsordnung nicht leicht denken kann, in welcher der
-Staat alleiniger Produzent ist. Es soll gar nicht darauf verwiesen
-werden, daß die politische Partei in der künftigen Verfassung keine
-Rolle spielen soll. Es wird vielmehr zu zeigen sein, daß im sozialen
-Staate Interessengegensätze und Opposition mit voller Freiheit zu Worte
-kommen können und außerdem ist zu zeigen, was die künftige Zeitung zu
-leisten haben und wie sie zu verbreiten sein wird.
-
-Es wird also zu unterscheiden sein: a) die Presse für Staats- und
-allgemeine Angelegenheiten, b) die Fachpresse, 1. für Wissenschaft,
-2. für Kunst und 3. für Technik und c) die Presse für Unterhaltung und
-schöne Literatur.
-
-
-a) Die Presse für Staats- und allgemeine Angelegenheiten.
-
-Hier wird es sich besonders darum handeln, der Opposition und den
-Interessengegensätzen eine Gelegenheit zu bieten, sich geltend zu
-machen und davon wird auch die Rede sein, doch sollen vorher in großen
-Zügen die Aufgaben, die Einrichtung und die Verbreitung dieser Presse
-geschildert werden.
-
-Diese Presse wird sich gliedern in das Reichs-, Provinz-, Kreis- und
-Bezirksblatt. Während das Reichsblatt, das in Österreich in einer
-großen Zahl von Landessprachen zu erscheinen hätte, an jede Gemeinde
-zu senden ist, ist das Provinz-, Kreis- und Bezirksblatt hauptsächlich
-nur für die Gemeinden bestimmt, welche in der betreffenden Provinz, dem
-betreffenden Kreise oder Bezirke liegen. Allein trotzdem diese Blätter
-ein allgemeines Interesse nur für einen Teil der Gemeinden haben, so
-müssen sie doch in einer beschränkten Anzahl von Exemplaren überall
-hindringen. Es wird genügen, wenn nur wenigstens in jeder Kreisstadt
-mindestens einige Exemplare auch der fremden Blätter aufliegen.
-Sämtliche Provinz-, Kreis- und Bezirksblätter müßten also wenigstens in
-jeder Kreisstadt zu finden und von dort leihweise zu beziehen sein.
-
-Ebenso ist es einleuchtend, daß ein größeres Bedürfnis besteht, das
-heimische Bezirksblatt und das heimische Kreisblatt als das Provinz-
-und Reichsblatt zu lesen und daß demnach die Gemeinden und Quartiere
-eine größere Anzahl von Exemplaren des einheimischen Kreis- und
-Bezirksblattes beanspruchen werden. Nachdem aber unter 1000 Einwohnern
-überhaupt nur etwa 600 eigenberechtigte Personen zu rechnen sind, davon
-auch nur ein Teil die Blätter lesen will und Wert darauf legen wird,
-sie am Tage des Erscheinens zu lesen, die meisten aber es sich genügen
-lassen, sie einmal in der Woche zu durchfliegen, so kann man schätzen,
-daß es genügt, wenn jede Gemeinde und Quartier je 10 Exemplare des
-heimischen Kreis- und Bezirksblattes und je 5 Exemplare des Provinz-
-und Reichsblattes erhält, die eine Woche lang im Lesesaal aufliegen.
-
-Nur ein Exemplar aller Blätter wird in jeder Gemeinde und Quartier,
-vielleicht nur eines im Bezirke, dauernd aufbewahrt und gebunden. Die
-Sammlung der übrigen Exemplare zur Wiederverwertung des Papierstoffes
-wird sich im Kollektivstaat mit einer Sicherheit und Vollständigkeit
-vollziehen, welche in unseren anarchischen Zuständen nicht denkbar
-wäre.
-
-Demnach wird die Versorgung =aller= Bewohner mit dieser Art von
-Blättern im Kollektivstaat schwerlich einen größeren in Arbeit
-ausgedrückten Aufwand verursachen, als heute die Versorgung einiger
-hunderttausend Zeitungsleser.
-
-Man erspart aber auch unendlich viel an journalistischer
-Administrationsarbeit, weil diese im Kollektivstaat in nichts anderem
-besteht, als im Abzählen der Exemplare und deren Ausfolgung an das
-Zugbegleitungspersonal und die Frächter. Der damit betraute Schaffner
-hat nach einem ihm vorliegenden Schema in jeder Station in der er
-anhält oder die er durchfliegt, nur eine gewisse Anzahl Exemplare
-auszufolgen. Nicht einmal eine einzige Adresse zu schreiben ist
-notwendig.
-
-Nachdem nun ersichtlich ist, daß die Versorgung der gesamten
-Bevölkerung mit diesen Blättern gar keine Schwierigkeiten macht,
-handelt es sich darum, zu erörtern, was in denselben Aufnahme zu finden
-hat.
-
-Den wichtigsten Inhalt bildet die Statistik der Bevölkerungs-, Güter-
-und Arbeitsbewegung, soweit sie nach VI, 8, täglich fixiert wird und
-in Beilagen auch jene, die wöchentlich oder monatlich fixiert wird.
-Letztere kann in 6, beziehungsweise 25 Tagespublikationen aufgeteilt
-werden, welche verschiedene Gebiete der Statistik umfassen und der
-Bevölkerung successive geliefert werden. Diese Blätter bringen weiter
-die Kundmachung der Verordnungen und Gesetze, Personalveränderungen,
-Ausschreibung von Stellen, welche an Bewerber zu vergeben sind,
-Geburts-, Trauungs- und Todesanzeigen, dann Nekrologe und die
-Verleihung von Auszeichnungen, endlich gewisse Vereinsnachrichten.
-
-Weiter nun sind diese Blätter der Erörterung von Gesetzes- und
-Verfassungsvorschlägen und der Kritik der Verwaltung gewidmet. Hierin
-hat diese Presse die heutige Parteipresse zu ersetzen. Darum erscheint
-es notwendig, für jedes solche Blatt außer dem staatlich bestellten
-Schriftleiter auch einen oder mehrere Schriftleiter zu bestellen, die
-von der Bevölkerung nach einem zu bestimmenden Modus zu wählen sind
-und es muß ihnen ein bestimmter Raum des Blattes für ihre eigenen
-Erörterungen, wie auch für die Reproduktion jener Meinungsäußerungen
-eingeräumt werden, welche den einlaufenden Briefen zu entnehmen sind.
-Besteht noch irgend etwas den heutigen Parteien Verwandtes fort, so
-kann man sich recht gut denken, daß bei den Blättern höherer Ordnung
-fünf bis zehn solche Redakteure, die zu wählen sind, angestellt
-werden. Es ist evident, daß es zur Aufklärung viel mehr dient, wenn
-die verschiedensten Richtungen in ein und demselben Blatte vertreten
-sind, als wenn man verschiedene Anschauungen in verschiedenen Blättern
-aufsuchen muß. Auch ermöglicht diese Einrichtung, daß Rede und
-Gegenrede, Kritik und Gegenkritik gleichzeitig erscheinen.
-
-Bezüglich der Verteilung des Benützungsrechtes der Zeitungen und des
-Rechtes, seine Anschauungen in diesen Blättern zu veröffentlichen, wird
-das Erforderliche in VIII, 9, c, gesagt.
-
-Der der Statistik einzuräumende Teil eines solchen Blattes wird sehr
-umfangreich sein, am geringsten im Bezirksblatte, am ausgedehntesten
-im Reichsblatte. Denn im ganzen Reiche ist Produktion, dann
-Verteilung von Gütern und Arbeit viel mannigfaltiger, als in den
-einzelnen Bezirken. Es ist wohl nicht notwendig zu sagen, und geht
-aus VI, 8, hervor, daß das Bezirksblatt an statistischen Daten die
-Ortssummarien als Einzelposten und als Ergebnis das Bezirkssummarium,
-das Kreisblatt die Bezirkssummarien als Einzelposten und das
-Ergebnis als Kreissummarium bringen wird u. s. f., daß aber die
-Gesamtpublikation alle =statistischen= Einzelaufnahmen bringen wird
-mit Ausnahme der Einzelposten in den Gemeinden und Quartieren. Allein
-die Originalaufnahmen und Detailrechnungen der Gemeinden und Quartiere
-werden immerhin in vier oder fünf Exemplaren ausgefertigt, wovon eins
-im Gemeindepalast ausgehängt wird, während je ein Exemplar dem Bezirks-
-und dem Kreisbeamten zugestellt wird und so scheint eine genügende
-Kontrolle auch für Gemeinden und Quartiere gesichert zu sein.
-
-In besonders erregten Zeiten, wo die Bevölkerung sich über
-Zeitungsberichte auf das Schnellste unterrichten will, so bei Wahlen,
-verfassungsmäßigen Beschlüssen, in Kriegsfällen, bei wichtigen
-Ereignissen im Leben hervorragender Personen, wird sich die Gemeinde im
-Bibliothekssaale versammeln und sich die Berichte vorlesen lassen.
-
-
-b) Die Fachpresse.
-
-Diese umfaßt alle Zweige der Wissenschaft, Kunst und Technik. Es
-werden demnach sicherlich sehr zahlreiche Blätter dieser Art, und
-wahrscheinlich als Wochen- oder Monatsschriften erscheinen. Die
-Herausgabe erfolgt von staatswegen von den betreffenden staatlichen
-Anstalten, aber es kann auch Vereinen das Recht der Herausgabe von
-Fachblättern eingeräumt und ihnen zu diesem Ende alles Erforderliche
-zur Verfügung gestellt werden. Die staatlichen Verteilungsgrundsätze
-bestimmen, wieviel Papier, Satz, Druckarbeit und welche Verteilung
-der Blätter an Einzelne und Gemeinden ihnen zugestanden wird. So
-zum Beispiel 16 Oktavdruckseiten in wöchentlicher Auflage von 2100
-Exemplaren, wovon 2000 für jeden Bezirk und 100 als Freiexemplare
-für bestimmte, vom Vereine zu bezeichnende Personen zu rechnen wären.
-Bestehen in irgend einem Zweige der Wissenschaft, Kunst und Technik
-verschiedene Richtungen, zum Beispiel Theorien medizinischer Schulen,
-Neuerungen in der Malerei usw., so wäre denselben das Wort zu erteilen,
-analog den Andeutungen, welche darüber in dem Abschnitte VIII, 4, a,
-über die Presse für Staats- und allgemeine Angelegenheiten gemacht
-werden. Man könnte die Aufsätze, welche aufgenommen werden, vor der
-Veröffentlichung im Bürstenabzug einem Gegner des Verfassers, einem
-oppositionellen Vereine, einem Schriftsteller oder Künstler, gegen
-den sich die Kritik ausspricht, zusenden, damit entgegenstehende
-Anschauungen oder eine kurze Verteidigung in Fußnoten zur Geltung
-gebracht, oder eine Antikritik vorbereitet werden könne.
-
-Was die Fachpresse auf technischem Gebiete anbelangt, so spalten
-sich die Fächer auch in sehr viele Zweige. Nicht nur die Technik
-im engeren Sinne, die Landwirtschaft, Forstkultur, Bergbau und
-die großen Industrien brauchen diese Presse, sondern nach den
-heutigen Erfahrungen wird man eine Fachpresse für jedes Gewerbe, für
-Gerberei, Textilindustrie, Keramik- und Brauindustrie ebenso, wie für
-Kleidermacher, Schuhmacher, Tischler und Gelbgießer schaffen müssen und
-es wird sich überall ebenso um die eigentliche Technik der Herstellung,
-wie um schöne Formen handeln, daher die meisten gewerblichen
-Fachblätter ihre Illustrationen ebenso haben werden, wie heute, nur
-viel reichlicher und eine allgemeinere Verbreitung.
-
-
-c) Die Unterhaltungspresse und schöne Literatur.
-
-Sie wird nicht wie heute die Zeitungen Romane und Novellen
-in Abschnitten bringen, weil diese Schöpfungen Gegenstand der
-Veröffentlichung in Buchform bilden und der heutige Gebrauch nicht den
-Bedürfnissen der Leser, sondern der Zeitungsunternehmer entspricht.
-Allein kleine Aufsätze, Gelegenheitsgedichte, Anekdoten, witzige
-und satirische Produkte kleinen Umfangs, Kritiken, Reiseberichte und
-dergleichen werden wohl ihr Unterkommen in periodischen, wahrscheinlich
-illustrierten Blättern finden, welche entweder allen Gemeinden, oder
-allen Bezirken zugemittelt werden. In einem vielsprachigen Lande wird
-jede Nationalität ihre schöne Literatur haben. Wie die Annahme von
-Beiträgen zur Veröffentlichung erfolgen wird, ist eine Verteilungsfrage
-und es ist darum immer neben den staatlichen Blättern auch besonders
-in diesem für die allgemeine Volksbildung so wichtigen Zweige der
-Literatur, wozu auch populärwissenschaftliche Nachrichten gehören,
-größeren und verdienteren Vereinen ein begrenztes Publikationsrecht
-nach den oben VIII, 4, b, bei der Fachpresse erörterten Grundsätzen
-einzuräumen. Sind doch gespielte Schachpartien und Schachprobleme
-gewiß auch in Zukunft Gegenstand der literarischen Verbreitung und
-Besprechung.
-
-
-d) Bücher.
-
-Außer der periodischen Presse wird der Staat auch für jene Literatur zu
-sorgen haben, welche in Buchform erscheint.
-
-
-1. Die wissenschaftliche Literatur.
-
-Sie zu schaffen, wird zunächst die Aufgabe der Gelehrten und Forscher
-sein. Für alle Zweige der Wissenschaft wird sich von Zeit zu Zeit das
-Bedürfnis herausstellen, Neubearbeitungen der besten der bestehenden
-Werke oder ganz neue Darstellungen herauszugeben. Die Neubearbeitungen
-sollen Irrtümer berichtigen und alles, was neu entdeckt wurde, bringen,
-auch erforderlichenfalls das System oder die Darstellung verbessern.
-
-Erbieten sich mehrere qualifizierte Fachmänner, die zu den
-Unterrichtspersonen gehören, zu einer solchen Arbeit, so können
-mehrere Bearbeitungen angenommen, oder etwa nach Einholung des
-Gutachtens der Akademie oder irgend einer anerkannten Autorität,
-der Universität oder eines Vereins eine Wahl getroffen werden. Zum
-Zwecke der Verfassung solcher Werke können den Autoren Urlaub erteilt,
-Behelfe herbeigeschafft und Reisekosten bewilligt werden, wenn es der
-Gegenstand erfordert. Melden sich keine geeigneten Personen, so kann
-man solche aussuchen und sich mit ihnen über die Bedingungen einigen,
-unter welchen sie sich der Aufgabe unterziehen und dem Staate das
-geistige Eigentum überlassen wollen. Immer, auch wenn man staatlich
-angestellte Fachmänner zur Verfügung hat, wird man auch Bearbeitern,
-die nicht dem Kreise der offiziellen Organe angehören, Gehör schenken,
-und ihnen staatliche Unterstützung gewähren, wenn sie entweder einen
-neuen Plan der Bearbeitung, ein neues System, die Bearbeitung eines
-Abschnittes vorlegen, wodurch eine hervorragende Befähigung dargetan
-wird, oder ein fertiges Manuskript bereits vorliegt, das der Annahme
-würdig befunden wird. In allen Fällen, wo der Staat einen Autor zur
-Verfassung gewinnt, befindet er sich in derselben Lage, in der er sich
-heute befindet, wenn er einen Monumentalbau, ein Denkmal oder sonst
-etwas Großes schaffen will und wenn der Staat für die Zustandebringung
-einer solchen Arbeit Opfer bringt, wird er das vollendete Werk, wenn
-es nicht entspricht, ablehnen und er wird sich auch vorher von dem
-Fortgange der Arbeit überzeugen können. Es muß ihm auch das Recht
-zuerkannt werden, Änderungen oder Umarbeitungen zu fordern, oder als
-Herausgeber in Fußnoten einen gegnerischen Standpunkt zu vertreten.
-Jedenfalls wird dem Drucke eine sorgfältige Revision durch zwei
-oder drei Fachmänner, besonders solche, die einen wissenschaftlich
-entgegengesetzten Standpunkt einnehmen, vorhergehen, deren Gutachten
-entweder zur unbedingten Annahme oder Verwerfung oder zur Umarbeitung
-führen wird.
-
-Reicht ein Schriftsteller ein fertiges in den Mußestunden verfaßtes
-Manuskript ein, so wird eine gleich sorgfältige Überprüfung
-eingeleitet. Die Staatsverwaltung wird, wenn sie das Werk annimmt,
-eine angemessene Anzahl von Exemplaren drucken und an die Bibliotheken
-verteilen, kann aber auch dem Verfasser eine Anzahl von Exemplaren
-zugestehen, welche nach den in VIII, 4, d, 2, _Alinea_: »Der Anlaß«,
-entwickelten Grundsätzen an die vom Verfasser namhaft gemachten
-Personen verschickt werden. Eine besondere Belohnung nicht in Geld,
-sondern nach VIII, 9, wird die Verwaltung entweder innerhalb ihrer
-Vollmachten zuerkennen oder einem Volksbeschlusse vorbehalten.
-
-Um aber die Schaffung der neuen wissenschaftlichen Literatur nicht
-von der Staatsverwaltung allein abhängig zu machen, gibt es eine Menge
-Wege. Besteht die Monarchie fort, so liegt in der Anweisung der Mittel
-für die Hofhaltung auch die Ermöglichung der Herausgabe von Werken
-für Rechnung dieser Mittel. Es kann weiters eine Dezentralisation
-des Verlagsrechtes in der Weise angeordnet werden, daß ein Teil des
-Verlagsrechtes den Provinzial- und Kreisbeamten überlassen wird, was
-besonders auf historische und nationale Werke Anwendung haben dürfte.
-Es könnte auch das Verlagsrecht, das Recht Bücher drucken zu lassen
-und zu diesem Ende die staatlichen Druckereien in Anspruch zu nehmen,
-in einem gewissen Umfange der Bevölkerung der Kreise dergestalt
-eingeräumt werden, daß die gesamte Bevölkerung eines Kreises über die
-Annahme der ihr angebotenen Werke abzustimmen hätte. Wenn dieses Recht
-der Bevölkerung je eines Kreises für ein oder mehrere Werke etwa im
-Gesamtumfange von 20 Bogen und 1000 Exemplaren alljährlich zustände, so
-würden jährlich 100-200 Werke geschaffen werden können, die nicht von
-der Staatsverwaltung ausgewählt würden. Endlich kann ein beschränktes
-Verlagsrecht auch jedem Vereine eingeräumt werden, wenn er viele
-Mitglieder zählt und er einiges Ansehen genießt und wenn er eine für
-diesen Zweck geeignete Organisation besitzt.
-
-
-2. Poesie und schöne Literatur.
-
-Ähnlich, wie mit wissenschaftlichen Werken, wird es auch mit Werken
-der Poesie und der schönen Literatur gehalten werden, nur ist hier
-eine Monopolisierung des Verlagsrechtes seitens der Staatsverwaltung
-noch weniger zweckmäßig, wie bei der Herausgabe der wissenschaftlichen
-Werke.
-
-Der Anlaß zur Verfassung eines Buches kann also von der
-Staatsverwaltung oder einem anderen von der Verfassung dazu
-berechtigten Subjekte, oder er kann vom Verfasser ausgehen. Das
-Verlagsrecht, das Recht ein Werk zu veröffentlichen, kann der
-Staatsverwaltung, es kann aber auch der Zivilliste des Hofes, einer
-Kreis- oder Provinzialverwaltung, dem Volksbeamtentum, einer Fraktion
-der Bevölkerung oder einem Vereine zustehen und wem das Verlagsrecht
-zusteht, der kann innerhalb der seinem Verlagsrechte gezogenen
-Grenzen auch die Auflage und die Ausstattung sowie die Verwendung
-einer gewissen Anzahl von Exemplaren bestimmen. Das Eigentum an
-den gedruckten Exemplaren steht zwar dem Staate zu, bezüglich der
-Freiexemplare aber begnügt er sich mit dem Obereigentum im Sinne des
-Abschnittes VIII, 5, _Alinea_: »Da die Erzeugnisse«[34], während den
-Empfängern das freie Verfügungsrecht mit den sonst dafür geltenden
-Beschränkungen zusteht.[35] Die Verfassung solcher Werke ist in
-der Regel freie Betätigung des Autors, sie kann aber auch zu den
-berufsmäßigen Pflichten von Lehrpersonen gehören. Sind Dichter von
-jeder geregelten Arbeit losgezählt worden, um ihnen das freie Schaffen
-in größerem Maße zu ermöglichen, so kann dies mit der Einschränkung
-geschehen, daß die Arbeitsbefreiung wieder entzogen werden kann,
-wenn sie zu schaffen aufhören oder sonst die Erwartungen, die man in
-sie setzt, nicht rechtfertigen. Ist die Verfassung Berufspflicht des
-Autors gewesen, so hat er in der Regel keinen Anspruch auf besondere
-Entlohnung. Wer ein Werk aus freien Stücken verfaßt hat, wird in der
-Regel keinen Lohn vorausbedingen, sondern abwarten, welchen Beifall
-das Werk findet. Nach Maßgabe des Erfolges kann der Lohn in früherer
-Arbeitsbefreiung und Zuerkennung eines Ranges bestehen, mit welchem
-höhere Genüsse verbunden sind. Die Zuerkennung steht entweder der
-Staatsverwaltung, oder einer Fraktion des Volkes und auch der Dynastie
-zu, wenn damit nur über die der Dynastie zugewiesenen Mittel verfügt
-wird, sie kann aber auch Volksbeschlüssen vorbehalten werden.
-
- [34] Freiexemplare können auch Ausländern zugesandt werden,
- in welchem Falle, wenn sie noch einem Staate mit
- Privateigentum angehören, sie dadurch Privateigentum an
- diesen Exemplaren erwerben, wie ja auch sonst in solchen
- Ländern Privateigentum an Produkten des Kollektivstaates
- erworben werden kann. Es wird nur zweckmäßig sein, solche
- Gegenstände, deren Eigentum der Kollektivstaat aufgibt,
- mit einer Bestätigung zu versehen.
-
- [35] Ein Bücherwurm verwarf meine Pläne, weil dem Leser
- verwehrt wäre, Randbemerkungen in die Bücher zu schreiben.
- Wenngleich da von einer Absonderlichkeit eines Sonderlings
- die Rede ist, so sei doch bemerkt, daß das Verbot, Bücher
- zu beschädigen und mit Anmerkungen zu besudeln, das
- ja auch jede Leihbibliothek in Erinnerung bringt, zwar
- allgemein gelten würde, daß aber davon doch mancherlei
- Ausnahmen zu machen wären, so insbesondere gegenüber von
- Besitzern von Freiexemplaren oder von Gelehrten und durch
- Anmerkungen bedeutender Männer könnte ein Exemplar an Wert
- sehr gewinnen.
-
-Es ist recht wohl denkbar, daß der Staatsverwaltung für alle im Lande
-erscheinenden Werke ein ästhetisches Zensurrecht eingeräumt wird, wenn
-eine Gefahr der Verwilderung, der Verbreitung von Geschmacklosigkeiten
-oder Aberglauben oder die Verwirrung des Urteils oder der Sprache
-zu besorgen ist. Aber in solchen Fällen bliebe immer das Recht
-der Berufung an den Volkswillen offen und das Volk würde gewiß das
-Zensurrecht der Staatsverwaltung aufheben, wenn davon ein engherziger,
-oder gar ein politischer Gebrauch gemacht würde. Das Zensurrecht
-würde aber nicht so geübt werden, daß die Veröffentlichung -- soweit
-sie nicht lediglich vom Gutdünken der Staatsverwaltung abhinge --
-unterdrückt würde, sondern die Staatsverwaltung übt =im Einvernehmen
-mit dem Autor= eine Redaktion, oder spricht in Anmerkungen einen
-motivierten Tadel aus, was hinreichen dürfte, der Gefahr vorzubeugen,
-die man befürchtet.
-
-Es ist ersichtlich, daß trotz Naturalwirtschaft eine jährliche
-Budgetierung der Mittel, wie für alles andere, auch für die Presse
-denkbar ist. Der Staatsverwaltung wird alljährlich im vorhinein die
-Zahl der Setzer und der Drucker, sowie der Arbeiter für Schriftguß
-und die Verteilung dieser Arbeitskräfte für die verschiedenen
-Satz- und Druckarbeiten vorgeschrieben, ebenso die Verwendung
-der Papiererzeugnisse für die verschiedenen Bedürfnisse normiert:
-nämlich für Schulzwecke, für Kanzleizwecke, zur Verteilung unter die
-Bevölkerung, zu technischen Zwecken, zur Verpackung, endlich zum Druck
-und allenfalls zum Verkaufe an das Ausland. Das Druckpapier wird nun
-aufgeteilt für die verschiedenen, in diesem Abschnitte besprochenen
-Produkte. Ebenso werden Volksbeschlüsse gefaßt über die Verteilung des
-Verlagsrechtes, nämlich des Rechtes, zu bestimmen, welche Manuskripte
-zum Druck angenommen und in welchem Umfange sie gedruckt werden sollen
-und so wird für diesen Zweig der Produktion alles verfassungsmäßig
-festgesetzt, genau nach Analogie der verfassungsmäßigen Bewilligung
-der Geldmittel für bestimmte öffentliche Zwecke. Nur erfolgt die
-Bewilligung nicht in Geldsummen, sondern in Arbeitskräften und
-Stoffen[36] und was hier vom Druck gesagt wird, gibt auch Aufschluß
-über andere naturalwirtschaftliche Budgetierungen.
-
- [36] Man rechnet in Österreich den Verbrauch von Druckpapier,
- die Hälfte des Gesamtverbrauches an Papierprodukten, auf 2
- Kilo pro Kopf und Jahr, somit bei 45 Millionen Einwohnern
- auf 900,000 Meterzentner und da der Druckbogen zirka
- 15 Gramm wiegt, ist der Gesamtverbrauch pro Jahr rund
- 6000 Millionen Bogen Druckpapier. Weist man davon je 600
- Millionen Bogen dem Reichsblatte, den Provinzblättern, den
- Kreisblättern und den Bezirksblättern, zusammen also 2400
- Millionen Bogen zu, wobei z. B. vom Reichsblatte 300,000
- Exemplare à 5 Bogen täglich erscheinen, so blieben noch
- 1800 Millionen Bogen für Fachblätter und 1800 Millionen
- Bogen für Bücherdruck, wonach man den Jahreszuwachs an
- Bänden für die Bibliotheken berechnen kann. Innerhalb
- des obigen Rahmens würden sich also die Volksbeschlüsse
- bezüglich der Ausdehnung der Produktion, der Einrichtung
- der Amtsblätter und des Verlagsrechtes bewegen. Ebenso
- müßte der Aufwand von Satz verteilt werden, wahrscheinlich
- nach Arbeitstagen der Setzer.
-
-In einem vielsprachigen Lande wie Österreich wird es sich auch darum
-handeln, das Ausmaß des für jedes Idiom bewilligten Verlagsaufwandes
-festzusetzen. Erfolgt dieser nach der Kopfzahl, so wird man annehmen
-können, daß jede Nationalität für ihre Literatur aus eigenen Mitteln
-sorgt, weil auch der Arbeitsertrag nach der Kopfzahl zu berechnen
-ist. Welchen Werken einer Nationalität die Ehre der Übersetzung in
-andere Sprachen zuzuerkennen ist, wird von jenen Faktoren abhängen,
-welchen nach obigen Grundzügen ein Verlagsrecht überhaupt zusteht. Man
-kann sich recht wohl denken, daß für einen Teil des Verlags auch nach
-Nationen abgestimmt wird, in welchem Falle jedem Eigenberechtigten das
-Recht zustände, sich zu einer Nationalität zu bekennen. Doch wird in
-diesem Falle das Stimmrecht immer nur in einer Nation ausgeübt werden
-können.
-
-Was die Größe der Auflagen anbelangt, so wird man gewisse Stufen
-festsetzen. Werke von der allgemeinsten Bedeutung in der Wissenschaft
-wird man in einer solchen Auflage veröffentlichen, daß für jede
-Gemeinde des Reiches oder jede Gemeinde einer bestimmten Sprache ein
-Exemplar bestimmt wird und ein gewisser Überschuß für besondere Zwecke,
-besonders für den internationalen Büchertausch verfügbar bleibt.
-Jedes Werk wird mindestens in einer solchen Auflage gedruckt, daß
-jede Bezirksbibliothek der betreffenden Nationalität beteilt werden
-kann. Was eine solche Verbreitung nicht verdient, mag ungedruckt
-bleiben. Der internationale Büchertausch mit Ländern der =alten=
-Gesellschaftsordnung wird durch Kauf und Verkauf erfolgen. Mit
-Kollektivstaaten wird man einen Büchertausch einleiten, wie ihn heute
-Zeitungen und Museen üben, nur in viel größerem Umfange, da man selten
-auf weniger als 150 Exemplare eines ausländischen Werkes von Interesse
-rechnen wird, um wenigstens alle Kreisbibliotheken zu beteiligen.
-Dabei wird man nichts weniger als kleinlich vorgehen und nur nach
-der Zahl von Bänden, oder selbst nach Papiergewicht handeln, weil die
-Herstellung eines gewissen Überschusses von Exemplaren für das Ausland
-tatsächlich nicht viel mehr als eine Papierfrage ist.
-
-Länder gleicher Sprache und Gesellschaftsordnung können auch
-Vereinbarungen nach Fächern treffen, z. B. daß sie sich in die
-Bearbeitung und Veröffentlichung gewisser Abschnitte der Geschichte
-teilen, in welchem Falle die Auflagen wachsen und der Arbeitsaufwand
-verringert würde.
-
-Es ist ersichtlich, daß in diesem Abschnitte auch die wesentlichen
-Grundlagen der Ausführung und Vervielfältigung von Kunstwerken der
-bildenden Kunst angedeutet sind, von welchen der Abschnitt VIII, 7,
-handelt.
-
-
-e) Bibliotheken.
-
-Auch hier soll vor allem der Bedürfnisse der kleinsten Gemeinden
-gedacht werden, da es sich von selbst versteht, daß in den Städten auch
-die Bibliotheken viel großartiger eingerichtet werden, als das heute
-der Fall ist.
-
-Jede kleinste Gemeinde, Urgemeinde und jedes städtische Quartier,
-wird ohne Zweifel einen Gemeindepalast haben, dessen oberster
-Aufbau einen geräumigen Saal bildet, welcher als Versammlungs-
-und Lesesaal dient, in welchem dann auch die Bücherei und solche
-Sammlungen aufgestellt werden, die nach VIII, 3, in die kleinsten
-Gemeinden aufgeteilt werden. Wenn auch die Wände eines solchen Saales
-genügen, um eine Hausbibliothek von 50-60,000 Bänden aufzustellen,
-so wird die Bücherei im Beginn doch sehr dürftig sein, erst wenn
-die Wissenschaften für die Zwecke des Kollektivismus, der sich die
-allgemeinste Verbreitung des Wissens zur Aufgabe macht, neu bearbeitet
-sein werden, wird die Bücherei der Gemeinden und Quartiere auf viele
-tausende Bände anwachsen. Sie sollen vollständige Bearbeitungen aller
-Wissenschaften, die nationalen Klassiker und einen reichen Vorrat von
-Unterhaltungslektüre, ferner enzyklopädische Werke, Wörterbücher und
-Grammatiken aller europäischen und der wichtigsten alten Sprachen,
-andere Nachschlagewerke und besonders einen vollständigen Katalog
-des gesamten Bücherschatzes des Reiches mit Angabe der Aufstellung
-enthalten und außerdem Atlasse, Kartenwerke und Stiche als Hilfswerke
-für sämtliche Wissenschaften. Außerdem wird alljährlich je ein Exemplar
-der in den Gemeinden aufliegenden Zeitungen gebunden und in den
-Gemeinde-Bibliotheken aufgestellt, wenn man nicht finden sollte, daß
-es genügt, ein Exemplar in der Bezirksbibliothek für den ganzen Bezirk
-aufzustellen, und es wird der Jahreszuwachs für jede kleinste Gemeinde
-und Quartier ohne Zweifel auf mehr als 1000 Bände sich belaufen und
-selbst nach Einführung einer jährlichen Ausmusterung der veralteten
-Werke, welche aber niemals zur völligen Ausrottung führen darf, werden
-auch die kleinsten Büchereien nach 100 und 200 Jahren mit Büchern
-überfüllt und selbst in den Dachräumen Bücherdepositorien eingerichtet
-sein.
-
-Monographien, besonders solche, welche auf die Heimat bezug haben,
-werden in der Bezirksbibliothek zu finden sein samt gebundenen
-Exemplaren jener Fachzeitschriften und Illustrationswerke älterer
-Jahrgänge, die in die kleinsten Gemeindebibliotheken nicht aufgenommen
-wurden, und so wird man nur Spezialwerke, seltene und veraltete Werke
-und insbesondere die Auslandswerke aus den Kreisbibliotheken und
-aus den Zentralbibliotheken der Reichshauptstadt zu entlehnen haben,
-wobei das allerliberalste Versendungssystem zu gelten hat, freilich
-mit Bevorzugung jener Leser, die in Kunst und Wissenschaft eine
-hervorragende Stellung einnehmen oder sonst ein berufliches Interesse
-haben.
-
-Jeder Bibliotheksaal ist zugleich Lesesaal, aber an größeren
-Bibliotheken wird es sich empfehlen, für Gelehrte und Forscher
-Arbeitszellen einzurichten, in welchen sie sich für ihre Zwecke
-vorübergehend eine Büchersammlung zusammenstellen können, welche sie
-für ihre Arbeit zur Hand haben wollen.
-
-Die Verfassung eines vollständigen Katalogs aller in den Bibliotheken
-des Staates vorhandenen Werke und Manuskripte ist zwar eine
-Riesenarbeit, und ein solcher Katalog wäre ein bändereiches Werk.
-Allein soll die ganze Bücherei wirklich jedem leicht zugänglich sein,
-eine nur billige Forderung, da jeder Reichsgenosse Miteigentümer
-aller Bücher ist, so muß ein solcher Katalog in jeder Gemeinde- oder
-mindestens in jeder Bezirksbibliothek zur Aufstellung gelangen.
-
-Für die Katalogisierung und Aufstellung von Büchern in den Bibliotheken
-wird sich ohnehin bald ein internationales System herausbilden,
-weil dergleichen auf Kongressen von Bibliothekarbeamten schon oft
-vorgeschlagen wurde. Man hat auch vorgeschlagen, es solle in Zukunft
-bei jedem Werke, das neu verlegt wird, ein Katalogzettel, ähnlich wie
-das Titelblatt, mitgedruckt werden. Das wird sich, wenn einmal ein
-festes und allgemeines Katalogisierungssystem angenommen sein wird,
-auch für heute, mehr noch für Kollektivstaaten empfehlen und es könnte
-dieser Katalogzettel auf einem Blatte in drei Exemplaren mitgedruckt
-werden, um ihn nach Autornamen, Realschlagworten und anderen Merkmalen
-in der Bibliothek alphabetisch einzuordnen.
-
-Übrigens sind die Gelehrten und Forscher, die Bibliotheksbeamten und
-Unterrichtspersonen innerhalb bescheidener Grenzen schuldig, jedem
-durch Literaturnachweise behilflich zu sein und wenn sie sich in diese
-Arbeit zweckmäßig teilen und zu diesem Ende organisieren, werden sie
-ohne allzugroße Belastung der Bevölkerung sehr nützen können.
-
-In der Gemeindebibliothek wird eine Frau, die zum Stande des
-hauswirtschaftlichen Personals gehört, Ordnung zu halten,
-erforderlichen Falles Bücher auszufolgen, die Benützung zu überwachen,
-Zettelkataloge zu ergänzen, Entlehnungen zu verbuchen, leihweise
-eingesendete Werke zu übernehmen und nach gemachtem Gebrauche wieder
-zurückzusenden haben und es wird ihre Arbeitszeit auch zu anderen
-damit vereinbarten Dienstleistungen auszunützen sein. In den größeren
-Bibliotheken werden zahlreiche Bibliotheksbeamte und Diener beiderlei
-Geschlechts Verwendung finden.
-
-
-5. Die Verteilung der Konsumtibilien.
-
-Ich habe im I. Abschnitte im 4. _Alinea_: »Doch zeigt sich« bereits
-darauf verwiesen, daß es nicht vernünftig wäre, alle freie Tätigkeit zu
-unterbinden, was dann eintreten würde, wenn der Staat alles Eigentum
-an Sachen, die zu produktiven Zwecken verbraucht werden, festhalten
-wollte. Es wurde darauf verwiesen, daß man dann keine Briefe schreiben,
-keine Zeichnung entwerfen könnte und es würde auch niemand, als der vom
-Staate dazu Beauftragte, ein Manuskript verfassen können. Daraus müßte
-also eine unerträgliche Unfreiheit entstehen und es wäre auch kein
-so großer Fortschritt denkbar, wenn man alle freie und schöpferische
-Tätigkeit der Menschen dergestalt unterbinden wollte.
-
-Dem soll nun mit Aufrechterhaltung der Hauptgrundsätze des
-Kollektivismus dadurch abgeholfen werden, daß der Staat Stoffe aller
-Art zu produktiven Zwecken unter die Bevölkerung verteilt und den
-Einzelnen die Verarbeitung in den freien Stunden überläßt, jedoch mit
-Vorbehalt des staatlichen Obereigentums an den Stoffen sowohl, als
-an den Erzeugnissen. Dieses Obereigentum wäre aber nur aus wichtigen
-Gründen geltend zu machen, um einen gefährlichen Mißbrauch zu verhüten
-und um ein allgemeines Interesse zu wahren. So, wenn es gälte,
-Kunstwerke von dauerndem Werte für den Staat zu retten oder Briefe und
-Manuskripte dauernd zu erhalten, die einen offenbaren Wert haben. Es
-soll also verhindert werden können, daß etwa ein Chemiker Gifte oder
-Explosivstoffe zu einem verbrecherischen Zwecke herstelle, oder daß man
-aus einem Stück Eisen Waffen schmiede, um sie gegen die Gesellschaft zu
-brauchen und ebenso soll der Staat das Recht haben, nach dem Hingange
-eines bedeutenden Mannes Reliquien für den Staat in Anspruch zu nehmen,
-seien es Briefe, oder Manuskripte, oder Kunstwerke, denn der Staat
-ist der alleinige Erbe aller Güter. Doch soll von diesem Obereigentum
-ein bescheidener Gebrauch gemacht werden und es sollen Verwandte in
-einem temporären Besitze nicht gestört werden. So würden die Kinder
-Göthes im Besitze der Briefe des Verstorbenen geblieben sein, aber dem
-Staate gegenüber für die Verwahrung verantwortlich, dem -- ausgenommen
-in Fällen, welche Diskretion erheischen -- Abschriften zu überlassen
-wären. Erst in der 3. oder 4. Generation würde der Staat solche
-Gegenstände in eigene Verwahrung nehmen und die Nachkommen auf jenen
-Mitgenuß beschränken, den jeder Volksgenosse hat.
-
-Ich bin der Meinung, daß man diese für die allgemeine Verteilung
-bestimmten Stoffe Konsumtibilien nennen könnte, weil sie nicht nur zum
-freien Gebrauche, sondern zum freien Verbrauche dienen sollen. Allein
-man müßte dann den Verbrauch in der freien Produktion vom Verbrauche
-zum Lebensunterhalte (im weitesten Sinne auch für persönliche
-Reinigungszwecke usw.) unterscheiden, denn letztere werden ohne
-Vorbehalt des staatlichen Obereigentums zugewiesen. Der Verbrauch, von
-dem hier die Rede ist, ist ein produktiver, eine Umgestaltung, wie sie
-in der Produktion vorkommt, aber nach freiem Ermessen der Individuen
-und nicht staatlich geregelt. Nur in diesem Sinne ist der Ausdruck
-»Konsumtibilien« gemeint.
-
-Gegenstand dieser Verteilung können alle Arten von Stoffen sein. Vor
-allem Zeichen- und Schreibrequisiten samt allen Arten von Papieren
-und Papiererzeugnissen, dann Farben, Gespinnste, Gewebe, Bänder
-und dergleichen, ferner alle Arten von Holz, Metallen, Chemikalien,
-Pflanzen und Sämereien. Da alle diese Stoffe Staatseigentum sind,
-bestimmt der Staat, wie viel davon zur Verteilung gelangt. Sie werden
-ferner an die Einzelnen oder mindestens an die Gemeinden verteilt,
-also in geringeren Mengen, vor allem zur Ermöglichung einer freien
-Tätigkeit der Einzelnen. Auf diese Art z. B. werden Briefpapier,
-Kuverts und Korrespondenzkarten verteilt, die Frauen können so
-Stoffe und Gespinnste für Herstellung ihres Tandes erhalten. Da die
-Bedürfnisse sehr verschieden sind, werden alljährlich von den Einzelnen
-bei der Gemeindeverwaltung Anmeldungen erfolgen und reduziert auf
-den Verteilungsquotienten werden den Anmeldungen entsprechend die
-Stoffe geliefert, welche beansprucht werden. Im allgemeinen soll
-zwar eine Verteilung an die Individuen erfolgen. Mit Vorwissen der
-Staatsverwaltung können aber auch größere Quantitäten zur gemeinsamen
-Verarbeitung an Vereinigungen von Individuen erfolgen, wenn es
-evident ist, daß kein gemeingefährliches Unternehmen beabsichtigt
-ist, und größere Mengen werden auch an Vereine geliefert. Wegen
-Unterdrückung einer gemeinschädlichen Verwendung wird der Vorbehalt des
-Obereigentums des Staates an den verteilten Stoffen und an den daraus
-hergestellten Produkten vorgeschlagen. Hier ist nur von der Verteilung
-jenes Minimums die Rede, auf das jeder Anspruch hat. Bevorzugten
-und Hochverdienten, dann solchen Personen, welchen der Staat die
-Ausübung eines freien Berufs einräumt, wie Malern und Bildhauern,
-können im allgemeinen oder von Stoffen für ihren Beruf größere Mengen
-bis zum 10, 20 oder 100fachen des Verteilungsquotienten, VIII, 9, l,
-zugewiesen werden, immer mit der Einschränkung, die der Staatszweck
-erfordert. Die Verteilung soll nämlich dem Fortschritte dienen, also
-der Erfindungsgabe eine Betätigung ermöglichen, aber nicht etwa zu
-einer Winkelproduktion führen, da die ausnahmslose Staatsproduktion
-und das ausnahmslose Staatseigentum, hier reduziert auf den Begriff des
-Obereigentums, nicht beeinträchtigt werden darf.
-
-Welche Stoffe und in welchem Gesamtausmaße sie verteilt werden können,
-ist Gegenstand der jährlichen Volksbeschlüsse.
-
-Da die Erzeugnisse dieser freien Tätigkeit noch immer im Obereigentum
-des Staates stehen, ist eine eigenmächtige Außerlandesschaffung seitens
-der Erzeuger nicht statthaft, allein mit Erlaubnis der Staatsverwaltung
-können die Erzeuger dieser Produkte sie als Geschenk an Ausländer
-veräußern. Es wäre nur zu wünschen, daß das in einer unzweifelhaften
-Form erkennbar gemacht werden könnte. So wird in der Note zu VIII, 4,
-d, 2, darauf verwiesen, daß auf Verlangen der Verfasser literarischer
-Werke Freiexemplare davon an Ausländer gesandt werden können. Da sollte
-nun auf den Freiexemplaren ersichtlich gemacht werden, daß sie mit
-Einwilligung der Staatsverwaltung auf Wunsch des Verfassers dem zu
-benennenden Empfänger ins Eigentum übertragen werden.
-
-Von diesen Konsumtibilien wird das Meiste vertrödelt werden, wie
-das ja auch heute der Fall ist. Aber so wird auch vieles Originelle
-hervorgebracht werden, was dann wieder Gegenstand der regelmäßigen
-Produktion wird. Nur um etwas Neues zu produzieren, brauchen wir
-Schaffensfreiheit, denn zur =Reproduktion= von Gegenständen, die der
-Begabte erfunden hat, ist organisierte Arbeit nicht nur brauchbar,
-sondern ökonomischer als die freie Tätigkeit. Die Organisation der
-Arbeit darf aber nicht so weit gehen, daß dadurch alle erfinderische
-Initiative unterdrückt würde und wie das mit der ausschließlichen
-staatlichen Produktion vereinbar ist, ist in diesem Abschnitte
-dargestellt worden.
-
-Innerhalb der engen Grenzen einer Gemeinde oder eines Quartiers ist
-eine Kontrolle zur Verhütung von Unfug leicht ausführbar. Sollte aber
-jemand sich eines Mißbrauches schuldig machen, so hätte er zu besorgen,
-daß er von solchen Verteilungen in Zukunft ausgeschlossen würde. Da im
-Kollektivstaate diese Verteilungen so eingerichtet werden sollen, daß
-jedermann beteiligt wird, werden die Anteile des Einzelnen ziemlich
-klein ausfallen. Das wird dann zur Folge haben, daß man mit diesen
-Dingen haushält und sich vor Verwüstungen hütet. Darauf muß übrigens
-auch die Erziehung gerichtet sein.
-
-Um eine gleichmäßige Verteilung zu sichern, obschon jeder Einzelne
-andere Dinge in Anspruch nehmen kann, wird es sich empfehlen, für alle
-zur Verteilung gelangenden Stoffe einen Vergleichswert zu ermitteln.
-
-
-6. Die Forschung.
-
-Die Voraussetzung jedes Fortschrittes ist die Forschung und der Staat
-hat sie zu begünstigen. Zunächst ist es Aufgabe aller wissenschaftlich
-gebildeten Organe, sich der Forschung zu widmen, besonders aller
-Unterrichtspersonen. Den Lehrkräften an der Universität ist ebenso
-wie den Akademikern alles zu bieten, was sie zur Forschung brauchen.
-Die Bereitwilligkeit wird ebenso groß sein, wie heute, die Mittel aber
-werden viel reichlicher zu Gebote stehen. Ärzte und Pädagogen werden
-die ihnen vorgeschriebenen Beobachtungen zu sammeln haben und so werden
-sie sich der Forschung dienstbar machen. Außerdem wird der Staat
-durch Gründung wissenschaftlicher Vereine und durch Ermunterung der
-ganzen Bevölkerung zur Beteiligung an Forschungsarbeiten die Forschung
-fördern. Auch die Verteilung von Stoffen, wovon im vorhergehenden
-Abschnitte die Rede war, wird vielen Gelegenheit bieten, Entdeckungen
-zu machen und Personen, die Interesse und Geschick an den Tag legen,
-werden unterwiesen werden, wie Forschungen angestellt werden und man
-wird ihnen soweit als tunlich Apparate und Instrumente zur Verfügung
-stellen.
-
-
-7. Die Kunst.
-
-Aufgabe des Kollektivstaates ist es, jede Art von Kunst zu pflegen und
-zu fördern, dazu selbst Anregungen zu geben und gegebene Anregungen
-willig aufzunehmen. Es sind zu unterscheiden: a) schöpferische Kunst,
-b) Kunstreproduktion und c) Kunstgewerbe.
-
-
-a) Die schöpferische Kunst
-
-verträgt am wenigsten eine Beeinflussung, wenngleich die höhere
-Architektur sich eine solche immer auch hat gefallen lassen. Für
-Monumentalbauten und Denkmäler, aber auch für Dramen hat man wiederholt
-bestimmte Aufgaben gestellt und zu Preisbewerbungen aufgefordert, und
-den Preisbewerbern wurden mehr oder weniger beengende Vorschriften
-gemacht, ihnen ein Rahmen vorgezeichnet, an den sie sich zu halten
-hatten, und manches angeordnet, was in der Regel nur von der freien
-Wahl des Künstlers abhängt. Im allgemeinen aber gehört das Kunstwerk
-zu jenen freien Schöpfungen, die den Individualismus zur Voraussetzung
-haben.
-
-Der Staat nun fördert die schöpferische Kunst durch Spezialunterricht,
-durch Ausstellungen und Vorführung von Werken der Kunst, wodurch die
-Phantasie begabter Menschen befruchtet und angeregt, sie zur Entdeckung
-ihrer Gaben hingeleitet werden. Die Kunst wird gefördert durch die den
-Unterrichtspersonen gestellte Aufgabe, begabte Leute zu ermuntern und
-zur staatlichen Förderung vorzuschlagen. Sie wird ferner gefördert
-dadurch, daß den Begabtesten durch vermehrte Zugänglichmachung von
-Ausstellungen und Aufführungen, durch Beurlaubungen zum Zwecke höherer
-Ausbildung und durch Reisebewilligungen noch besondere Anregungen
-geboten werden. Die Beurlaubungen werden zunächst zeitlich begrenzt
-sein und nur in dem Maße ausgedehnt werden, als Begabung, Schaffenslust
-und schöpferische Anlagen klarer hervortreten. Sie kann aber bis zur
-dauernden Befreiung von jeder geregelten Arbeit ausgedehnt werden.
-
-Eine weitere Förderung erfährt der Dichter und Musiker durch
-Drucklegung beziehungsweise Aufführung seiner Werke. Die bildenden
-Künstler brauchen zur Ausübung ihrer Kunst vielerlei Stoffe und
-Geräte, welche gleichfalls der Staat zu liefern haben wird, soweit die
-Verteilungen allgemeiner Art nach VIII, 9, e, nicht hinreichen.
-
-Endlich ist es der Lohn, der für =ausgezeichnete= Leistungen bewilligt
-wird, der die Kunst fördert. Über die Art, wie hervorragende Dienste
-belohnt werden, siehe VIII, 9. In all dem aber wird sich der Staat
-hüten, das Urteil über künstlerische Leistungen zu monopolisieren, und
-es mag hier auf das verwiesen werden, was in VIII, 4, d, 1, _Alinea_:
-»Um aber die«, gesagt worden ist.
-
-Zu den edelsten Künsten müssen wir die Plastik und die Architektur
-rechnen, erstere insbesondere deshalb, weil sie die Phantasie mit
-allem befruchtet, was zur Veredlung der menschlichen Rasse dienen
-kann. Die Architekten werden besonders in den Städten Meisterwerke
-schaffen und der Staat dafür einen beträchtlichen Aufwand machen.
-Die Bildhauerkunst bedarf gar wenig Stoff; etwas Ton genügt, um ein
-Meisterwerk hervorzubringen, aber auch zur Ausführung plastischer Werke
-in edleren Stoffen kann ein sehr weitgehender Aufwand gemacht werden.
-Vom einfachen Tonprodukt bis zum kostbaren Marmor- und Bronzewerk gibt
-es viele Abstufungen materieller Kostbarkeit. Die edelsten Werke der
-Plastik nun wird die Staatsverwaltung oder sonst eine hierzu berufene
-Körperschaft oder eine Fraktion des Volkes in kostbarster Ausführung
-herstellen lassen.
-
-Gerade bei plastischen Werken ist eine mehrfache Reproduktion in mehr
-oder weniger kostbarer Ausführung möglich, und ehe viele Dezennien
-des Kollektivismus ins Land gegangen sein werden, wird nicht nur
-die Reichshauptstadt mit dem Rom des 4. Jahrhunderts, das ein Volk
-in Marmor beherbergte, wetteifern, sondern zahlreiche Nachbildungen
-werden in die kleinsten Ortschaften und die Wohnungen der Geringsten
-dringen, um jeden an das Schöne zu erinnern und den ästhetischen Sinn
-zu wecken, der nach und nach alles umgestalten und auf die =völlige
-Verdrängung alles Häßlichen= hinarbeiten soll. Ist doch die heutige
-Gesellschaftsordnung das Häßlichste von allem!
-
-Soll dereinst ein Geschlecht von Halbgöttern die Erde bewohnen, so wird
-die Kunst der Bildhauer nicht am wenigsten dazu beitragen.
-
-Die Reichshauptstadt soll dann ein großer Tempel werden, gemischt aus
-prachtvollen Bauten, Statuen, Hainen und Gartenanlagen, in welchen eine
-Fülle von Wasser sprudelt und in welchen jede Bodenerhebung benutzt
-ist, um den Reichtum der Formen zu vermehren. Nicht jenes sonderbare
-Gemisch von Protzentum und Elend wird man finden, das in unseren
-Großstädten einen widerlichen Eindruck macht, noch werden sich die
-Häuser aneinanderdrängen und von staubigen Straßen begleitet werden.
-Geleisanlagen und elektrische Fuhrwerke werden es möglich machen,
-auch die größten Verkehrsadern mit Vegetation zu schmücken, in die
-nur Kieswege für die Fußgänger eingelegt sind. Und jeder Raum soll zur
-Aufnahme von Skulpturen benutzt werden.
-
-Nicht nur die Statue, sondern auch das Basrelief und die Medaille
-werden ihre Pflege finden und in großer Anzahl vervielfältigt werden.
-Auch Gemälde und Stiche sollen nicht bloß in großen Sammlungen
-zu finden sein, sondern in die kleinsten Orte dringen, und die
-herrlichsten Zeichnungen nicht nur die Bücher schmücken, sondern
-Briefpapiere, Umschläge und das zu Umhüllungen bestimmte Papier
-bedecken. Für das Rohe und Gemeine soll kein Platz übrig bleiben und
-alle Materie in Verkörperung des Schönen aufgebraucht werden.
-
-Besondere Unterstützung wird der Staat der musikalischen Komposition
-und der Pflege der Musik zuteil werden lassen, welche zu fördern er
-gleichermaßen die größten Mittel hat.
-
-
-b) Kunstreproduktion.
-
-Abgesehen von der Reproduktion der Werke der bildenden Künste in
-Abgüssen und Stichen wird der Staat die Aufführung von Werken der
-Musik und Dichtkunst vor großen Versammlungen zu veranstalten haben,
-und alle großen Säle werden dazu dienen. Besondere Schulen werden für
-die Ausbildung der darstellenden Künstler errichtet werden, und diese
-werden sich dann berufsmäßig der Ausübung ihrer Kunst widmen, eine
-besondere Gattung der geregelten Arbeit, wenn auch edlerer Art.
-
-
-c) Das Kunstgewerbe.
-
-Das Gewerbe zu veredeln ist eine der wichtigsten Aufgaben des
-Kollektivstaates, und so wird er auch das Kunstgewerbe pflegen durch
-Schulen, Ausstellungen, Prämiierungen und Aufträge. Doch wird es
-in monarchischen Staaten insbesondere die Dynastie sein, welche
-dem Kunstgewerbe Anregungen geben und Aufträge zuwenden wird. Es
-handelt sich dabei hauptsächlich um die Ausschmückung von Bauten
-höherer Ordnung und insofern es Mobilien betrifft, um die Wohnungen
-der Bevorzugten, insofern es Stoffe angeht, um die Huldigung an die
-weibliche Schönheit.
-
-
-8. Die technische Erfindung.
-
-Im 19. Jahrhundert hat sich das Genie der Menschen vorzüglich
-der technischen Erfindung zugewendet, welche die Entdeckungen der
-Wissenschaft der Wohlfahrt der Menschen dienstbar macht. Es war lange
-ein Gerede der Gelehrten, die Wissenschaft sei sich selbst genug,
-und es handle sich für sie nur um das Wissen, nicht darum, daß die
-Wissenschaft den Menschen irgend einen Nutzen schaffe. Daran ist nur
-so viel wahr, daß der Forscher sich nicht von irgend einem bestimmten
-Nützlichkeitsziele leiten lassen muß, daß er sich nicht damit zu
-rechtfertigen braucht, daß seine Forschung diesen oder jenen Nutzen
-schaffen werde. Niemand konnte wissen, was die Elektrizität einmal
-leisten werde, als man zuerst bemerkte, daß das geriebene Siegellack
-ein Stückchen Papier anzieht. Niemand konnte ahnen, wohin die Chemie
-gelangen werde, und wenn man den Forschern jener Zeit verwehrt hätte,
-ihre Zeit diesen Wissenschaften zu widmen, so wäre das sehr verkehrt
-gewesen. Aber der Wissenstrieb wird doch von der Erwartung geleitet,
-daß alles Wissen sich den Menschen auch nützlich machen wird.
-
-Erst im neunzehnten Jahrhundert hat man sich Mühe gegeben, die
-Ergebnisse der Wissenschaften in der Technik zu verwerten, und ohne die
-Arbeit der Forscher hätten die Techniker nicht erfinden können. Diese
-Erfindungen aber haben wieder unermeßliche Reichtümer geschaffen, wovon
-ein Teil wieder der Forschung geopfert wurde.
-
-Die Erfindung ist im letzten Jahrhundert vorzüglich durch die
-Erfinderpatente gefördert worden, welche dem Erfinder oder wenigstens
-seinem Förderer, dem Kapitalisten, einen großen Nutzen versprachen.
-Viele erfolgreiche Erfinder hätten ihre Zeit dem Nachdenken nicht
-gewidmet, wenn ihnen die Patente keinen Vorteil gesichert hätten, gewiß
-aber hätte kein Kapitalist die Mittel zu den Versuchen geboten, wenn
-es keine Privilegien gegeben hätte. Es wird nun zu untersuchen sein,
-wie im Kollektivstaat die technische Erfindung zu ermöglichen und zu
-belohnen sei.
-
-Der Kollektivstaat hätte es zwar nicht nötig, technische Erfindungen
-im Lande zu unterstützen, um am technischen Fortschritt teilzunehmen.
-Ja er wird schon darum allen Staaten der alten Gesellschaftsordnung im
-technischen Fortschritt voraneilen, weil er eben seiner Organisation
-wegen die im Auslande gemachten Erfindungen viel rascher einführen
-und viel intensiver ausnützen kann, als jene. Ob er nun ausländische
-Erfinder belohnt oder nicht, immer wird der Kollektivstaat auch von
-ausländischen Erfindungen mehr Nutzen ziehen, als das Ursprungsland.
-Auch die Belohnung der ausländischen Erfinder würde ihm kaum große
-Opfer auferlegen, weil er dem Erfinder eine Pauschalabfertigung ein-
-für allemal bieten würde und solche Abfertigungen immer niedriger
-bemessen werden als die Vorteile, die sich der Erfinder erst in
-langjährigem Kampfe durch den Absatz erobern muß. Dabei soll gar nicht
-in Betracht kommen, daß der auswärtige Erfinder nicht die Macht hätte,
-dem Staate die Einführung der Erfindung, soweit es sich nicht um
-eine Erfindung handelt, deren Wesenheit geheim gehalten werden kann,
-zu verwehren. Der Kollektivstaat soll sich dieses Vorteiles nicht
-bedienen. Er macht ja ohnehin den Gewinn, welchen im anderen Falle der
-Kapitalist macht, da er im Lande das ganze Kapital besitzt, überdies
-immer für einen gesicherten Absatz produziert.
-
-Allein der Kollektivstaat wird auch die Erfindung im Innern fördern,
-weil es der Ehrgeiz des modernen Staates ist, daß das Land sich in
-allem hervortue, und weil er den erfinderischen Köpfen im Lande es
-schuldig ist, daß er ihnen die Versuche ermöglicht und einen Vorteil
-sichert, der im Verhältnisse zu ihrem Einsatz an geistiger Arbeit und
-zu dem von ihnen geschaffenen öffentlichen Nutzen steht.
-
-So wird der Kollektivstaat jedem einheimischen (gewiß auch dem
-ausländischen) Erfinder, der eine Idee verfolgt, die auf Erfolg hoffen
-läßt, und der erfinderische Begabung an den Tag legt, die Mittel
-an die Hand geben, um Versuche zu machen, und hierin wird der Staat
-leisten, was heute der Kapitalist leistet. Er wird den Erfinder an
-eine Produktionsanstalt weisen, welche über das Erforderliche verfügt,
-und wird die Idee prüfen lassen. Handelt es sich um etwas, was bereits
-erfolglos versucht wurde, so wird man den Erfinder auf die gemachten
-Erfahrungen verweisen, unsinnige Projekte, wie die Herstellung des
-Perpetuum mobile, verwerfen und im übrigen erwägen, ob alte Ideen
-mit neuen originellen Mitteln angestrebt werden, oder neue fruchtbare
-Gedanken gefunden wurden. Gelingt eine Erfindung unter Beihilfe der
-Staatsverwaltung, so erwirbt der Staat das geistige Eigentum, weil es
-im Kollektivstaat kein Privateigentum gibt, weil ohne die materielle
-Unterstützung des Staates die Erfindung nicht hätte durchgeführt
-werden können, und weil von der Erfindung im Staate kein Gebrauch
-gemacht werben könnte, wenn der Staat sie nicht einführte, da er
-allein im Besitze der dazu erforderlichen materiellen Mittel ist.
-Dagegen würde der Staat dem Erfinder zu Dank verpflichtet sein, da er
-aus der Erfindung großen Nutzen zieht, und darum würde der Staat dem
-Erfinder eine Entlohnung zubilligen, die im Verhältnisse zu dessen
-Verdienst steht, und in welcher Form das geschehen kann, ohne das
-kollektivistische Prinzip zu verletzen, wird im Abschnitte VIII, 9,
-dargestellt werden.
-
-Da nun dem Staate das geistige Eigentum an der Erfindung zufällt, so
-erlangt er auch das Recht in den Staaten, welche noch Geldwirtschaft
-und Privateigentum haben, ein Patent in Anspruch zu nehmen,
-und wenn auswärtige Staaten dem Schwierigkeiten entgegensetzen
-würden, weil im Kollektivstaat kein Patentschutz gewährt wird, so
-könnte der Kollektivstaat einen Vertrag mit einem solchen Staate
-dahin abschließen, daß er auf das Recht verzichtet, Erfindungen,
-die im anderen Staate Patentschutz genießen, ohne Erwerbung des
-Lizenzrechtes vom Patentinhaber einzuführen, wogegen der andere
-Staat sich verpflichtete, dem Kollektivstaate Patente unter denselben
-Bedingungen zu gewähren, wie einem Privaten. In dieser Form könnte im
-Kollektivstaat etwas den Privilegienpatenten Analoges, angepaßt dem
-Wesen des Kollektivismus, geschaffen werden.
-
-Wenn nun aber ein Staatsbürger bei der Bearbeitung einer Erfindung
-entweder gar keine Unterstützung des Staates notwendig hätte, da
-er entweder gar keiner materiellen Mittel bedürfte oder die nach
-Absatz VIII, 5, zur Verteilung gelangenden Konsumtibilien ihm für
-seine Erfindungszwecke genügten, oder er durch Freunde und Genossen
-aus diesen Mitteln in den Stand gesetzt wurde, seine Erfindung zu
-vervollkommnen, so wäre doch der Grundsatz zu rechtfertigen, daß der
-Staat das geistige Eigentum in Anspruch nähme. Denn er behält sich bei
-Verteilung von Konsumtibilien das Obereigentum bevor und das Recht,
-den mit solchen Mitteln geschaffenen Nutzen für sich zu begehren. Denn
-die Verteilung der Konsumtibilien ist ja eben =deshalb= produktiv,
-weil das meiste zwar vertrödelt, in einigen Fällen aber doch nützliche
-Dinge geschaffen werden, auf die der Staat Anspruch machen kann. Und
-haben die Konsumtibilien dabei überhaupt gar nicht mitgewirkt, ist
-wirklich nur der geniale Gedanke hinreichend gewesen, um sofort und
-ohne den Umweg kostspieliger Versuche Nutzen zu schaffen, so ist es
-doch der Staat, der den Erfinder in der Jugend versorgt, erzogen,
-unterrichtet, ihm alle erdenklichen Anregungen vermittelt hat, auf
-die Gefahr hin, einen Krüppel durch viele Dezennien versorgen zu
-müssen, und hat der Staat jede Gefahr eines Menschenlebens auf sich
-genommen, so hat er offenbar Anspruch auf Anteil an dem Gewinne, den
-die menschliche Gesellschaft aus den Schöpfungen eines Menschen ziehen
-kann. Auch ist der erfinderische Gedanke nur ein letztes Glied in der
-Kette von unermeßlicher geistiger Arbeit vergangener Geschlechter. So
-wären ja die Maschinen unserer Zeit nicht denkbar, wenn nicht zahllose
-Erfindungen in vergangenen Jahrhunderten gemacht worden wären, die die
-Gewinnung und Verarbeitung von Eisen und Stahl ermöglichten. Der Erbe
-aller dieser geistigen Schätze, welche unsere Kultur ausmachen, ist für
-das Staatsgebiet der Kollektivstaat, und darum ist der Anteil an dem
-neuen Gute, den der Erfinder hat, doch immer nur ein winziger.
-
-Würde der Kollektivstaat das geistige Eigentum an den Erfindungen
-nicht in Anspruch zu nehmen oder wenigstens durch Anweisung von
-Vorteilen zu expropriieren berechtigt sein, so könnten neben
-ihm wirtschaftliche Mächte im Staate selbst entstehen, die die
-kollektivistische Gesellschaftsordnung in Frage stellen, und wenn diese
-Gesellschaftsordnung ein so großes Gut ist, wie ich dafür halte, so muß
-der Staat sie gegen jedes Privatinteresse verteidigen können.
-
-Wollte aber der Erfinder sich diesen Gesetzen nicht fügen und lieber
-auswandern, um im Auslande jene pekuniären Vorteile zu erwerben, die
-dem Erfinder in so reichem Maße zufallen können, so wäre das zwar
-ein Beweis von Undankbarkeit, man könnte aber die Auswanderung nicht
-hindern, würde den Erfinder aber dann als Ausländer betrachten, dem man
-die Rückkehr in die Heimat verwehren kann.
-
-Es entsteht noch die Frage, ob dem Erfinder, wenn der Staat
-ausländische Patente nicht erwerben kann, oder nicht erwerben
-will, gestattet werden könnte, für sich ausländische Patente und so
-Privateigentum im Auslande zu erwerben. Dem steht offenbar nichts
-im Wege, weil der Kollektivbesitz des Staates dadurch nicht berührt
-wird. Das Geld, das der Erfinder im Auslande erwirbt, hat im Inlande
-keinen Wert, er kann damit auch nichts von alledem erwerben, was der
-Kollektivstaat besitzt. Weshalb aber soll der Kollektivbürger nicht im
-Auslande auch Privateigentum haben und dort Güter und Häuser besitzen,
-Gelder anlegen und Gewerbe betreiben? Im Inlande müßte er für das, was
-er bezieht, Arbeit leisten, oder er müßte, wie jeder im Kollektivstaate
-reisende Fremde dafür aus den im Auslande gewonnenen Mitteln Ersatz in
-Geld leisten und er wäre dann ganz im Verhältnisse eines Ausländers
-nur mit Vorbehalt seines Heimatsrechtes, wenn er desselben nicht
-verlustig erklärt wird. Man muß aber erwarten, daß die Vaterlandsliebe
-des Kollektivbürgers groß genug sein wird, ihn zu bestimmen, in dem
-ursprünglichen Verhältnisse zum Staate zu bleiben und sich mit jener
-Form des Lohnes zu begnügen, den der Kollektivstaat bietet und der im
-größten Ausmaße ein voller Ersatz für alles Einkommen sein muß, das man
-aus dem unermeßlichsten Vermögen zu ziehen vermöchte.
-
-Anfangs werden viele auswandern, wenn sie große Vermögen erwerben
-können. Aber ist damit der Verzicht auf die Staatsbürgerschaft
-verbunden, so werden viele solcher Abenteurer im Auslande verkommen und
-sie werden anderen ein warnendes Beispiel geben.
-
-Wie sich zwei Kollektivstaaten mit einander über Erfindungen verstehen,
-die im Bereiche des einen gemacht werden und wovon der andere Gebrauch
-machen will, wird von Abmachungen zwischen ihnen abhängen. Es ist aber
-anzunehmen, daß sie sich wechselseitig freie und kostenlose Einführung
-gestatten, weil dabei bald der eine bald der andere Staat im Vorteil
-sein wird und es nicht dafür steht, diesen Vorteil festzustellen und
-auszugleichen.
-
-Diese internationalen Beziehungen werden hier erörtert, weil das
-Erfinderwesen am ehesten eine Möglichkeit eröffnet, auch im Auslande
-große und plötzliche Erfolge zu erringen. Allein jeder sehr bedeutende
-Mann wird sich die Fähigkeit zutrauen, auch in einem Staate anderer
-Gesellschaftsordnung sein Fortkommen zu finden. Und so mag auch
-der Forscher und Künstler oder das Verwaltungstalent sich die Frage
-vorlegen, ob er nicht größeren Lohn für seine Leistungen fände, wenn
-er in ein Land der alten Gesellschaftsordnung übersiedelte. Er würde
-zwar unangenehm berührt werden vom geschäftlichen Leben im Geldlande,
-von dem Schacher um alles, von den Gefahren für Eigentum, Leben und
-Gesundheit, von dem Elende, das ihn abstößt, von den vielen Beispielen,
-daß auch die Tüchtigsten nach kurzem Glücke versinken und in Schande
-untergehen. Allein wir können nicht leugnen, daß an die Tüchtigsten die
-Versuchung herantreten muß, das beschränkte Leben im Kollektivstaate
-aufzugeben und daß gerade die Krüppel und Kranken hübsch zu Hause
-bleiben werden.
-
-Allein daran ist doch nicht zu denken, daß alle Tüchtigen auswandern,
-nur etwa einige besonders geniale Menschen können daran denken und die
-Mittel, die Verpflichtungen gegen die Versicherten einzuhalten, werden
-dadurch nicht beeinträchtigt. Und was die Schöpfungen dieser Großen
-anbelangt, so sind sie zumeist von der Art, daß sie allen Ländern
-nützen und es sind wesentlich internationale Werte, welche diese
-Menschen schaffen. Der Kollektivstaat wird an dem größeren Nutzen, den
-solche Menschen schaffen, immer auch einen Anteil erlangen und er wird
-so viele hervorragende Talente heranbilden, daß es ganz unmöglich wäre,
-ihnen allen im Auslande Stellen zu schaffen. Und selbst solche, die
-auf geschäftliche Vorteile im Auslande mit Sicherheit rechnen könnten,
-werden doch durch Liebe zum Vaterlande, durch verwandtschaftliche
-Verbindungen und durch Gewohnheit im Lande festgehalten werden.
-Gewöhnt, überall sich zu Hause zu fühlen, überall Zutritt zu haben,
-an allem mitinteressiert zu sein, wird dem Kollektivisten das
-Leben im Geldstaate verwunderlich erscheinen. Gebannt in seine vier
-Mauern, fremd unter Fremden, von allen beneidet und angefeindet,
-von Intriguen verfolgt, wird sich jeder wieder nach Hause sehnen
-und die Auswanderungslust wird gewiß nicht sehr um sich greifen. Wer
-Nachkommen hat, wird sich auch wohl bedenken, sie all' den Gefahren
-auszusetzen, denen sie im Auslande begegnen. Er hat zu besorgen, daß
-sie allem Laster verfallen, in schlechte Gesellschaft geraten, geheime
-Krankheiten erben und ein Leben ohne Arbeit suchen, ein Leben, das ihm
-verächtlich scheinen muß.
-
-Es ist jetzt an der Zeit zu prüfen, was der Kollektivstaat den
-Tüchtigsten seiner Bürger zu bieten hat und daraus wird sich ergeben,
-daß sie keinen Grund haben, hinauszustreben.
-
-
-9. Die Anerkennung der Verdienste höheren Grades im Kollektivstaate.
-
-Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, daß der Kollektivismus eine
-mechanisch gleiche Verteilung der Genüsse zur Folge haben müsse.
-Das ist durchaus nicht richtig. Man kann nur eine verhältnismäßige
-Gleichheit fordern. Nun behauptet man zwar, diese bestehe ja ohnehin
-schon in unserer Gesellschaftsordnung, da der Begabte, Fleißige und
-Leistungsfähige immer im Staate vorwärts komme. Diese Anschauung ist
-aber grundfalsch.
-
-Zunächst ist der Erbe eines Vermögens von jener Regel ausgenommen.
-Er genießt nicht nur ohne hervorragende Verdienste weit mehr als
-ein Minister, sondern sogar ohne jede Arbeit, _fructus consumere
-=natus=_. Aber auch unter jenen, die arbeiten und nur Lohn empfangen,
-erhält nicht jener einen Vorzug, der größere Verdienste um das Volk
-hat, sondern jener, der größere Verdienste um die Erbgesessenen sich
-erwirbt. Da aber diese Drohnen sind, welche ohne Arbeit genießen, so
-sind Verdienste um solche Leute im =volkswirtschaftlichen= Sinne ganz
-wertlos.
-
-Zwei Ärzte von gleicher Geschicklichkeit werden geholt, zwei
-Verunglückten das gebrochene Bein einzurichten. Beide machen sich um
-ihren Patienten gleich verdient, brauchen dieselben Kenntnisse, legen
-dieselbe Mühe, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit an den Tag. Der eine
-wird mit 10 Mark, der andere mit 1000 Mark belohnt. Wäre bei gleicher
-Begabung, Fleiß und Leistung der Lohn, den die heutige Gesellschaft
-bezahlt, gleich, so müßten beide Ärzte den gleichen Lohn empfangen.
-Warum erhält der eine Arzt den hundertfachen Lohn von jenem, den sein
-ebenso verdienter Kollege erhält? Weil er Hausarzt eines Börsenjobbers
-ist, der andere ein Kassenarzt. Es ist also eine Lüge, wenn man sagt,
-unsere Gesellschaftsordnung entlohnt nach Verhältnis des Verdienstes.
-
-Man fordert in der heutigen Gesellschaftsordnung Parteinahme,
-Parteinahme gegen die Armen, für die Kirche, für den Adel, für die
-reichen Bürger, für eine einflußreiche Partei; wer nur an das Volk
-denkt, wird selbst verfehmt, ob er Talent hat, oder nicht.
-
-Es ist also unwahr, daß in unserer Gesellschaftsordnung die Güter nach
-Verdienst und Begabung verteilt werden. Auf alle Fälle kann es sich
-nur um Verdienste um die herrschenden Klassen handeln und auch da wird
-der Knecht eines Wucherers, Arbeitsschinders, Hochstaplers immer noch
-besser fahren, als selbst derjenige, der einem ächten Aristokraten oder
-gewissenhaften Monarchen seine Dienste weiht, wie wir im Falle Humbert
-und in vielen anderen Fällen erlebt haben. Selbst redliche Leute
-verdienen, wenn auch im guten Glauben, am leichtesten, wenn sie das
-Wohlgefallen verbrecherischer Naturen erwerben und wenn sie, obgleich
-unbewußt, den abscheulichsten Betrügereien Vorschub leisten.
-
-Wir wollen nur auf jene Erfahrungen hinweisen, die man in den
-letzten Dezennien gemacht hat, auf den Panamaschwindel, auf zahllose
-Eisenbahnschwindeleien, auf die Trebertrocknungsaktiengesellschaften,
-auf Jauner, Jellineck, Drozd, Alberti, auf Börsenschwindeleien, in
-welchen viele Milliarden von unlauteren Menschen eingesackt wurden
-und an allen diesen betrügerisch erworbenen Vermögen bereicherten
-sich indirekt ganze Scharen von Gelehrten, Anwälten, Verwaltern,
-Ärzten, Baumeistern, Malern, Architekten, Bildhauern, Juwelieren und
-Kleidermachern um die Wette mit Lustdirnen, mit welchen man erstere
-auf ein und dieselbe Stufe stellen müßte, denn sie waren ebenso
-käuflich.[37]
-
- [37] Es sei mir erlaubt, hier auf einen Satz zu verweisen, den
- wir in Adolph Pichlers »Aus Tagebüchern 1850-1899« finden.
- »Wenn man berechnen könnte, wie viele Menschen wissentlich
- oder unwissentlich vom Betruge anderer leben!«
-
-Aber wir brauchen, um die Ungerechtigkeit und die ökonomische
-Verkehrtheit der Verteilungen in unserer Gesellschaftsordnung zu
-kennzeichnen, gar nicht auf solche angeblich anormale, in Wirklichkeit
-doch für diese Gesellschaftsordnung normale Verhältnisse hinzuweisen.
-Denken wir nur an den gemeinen Taglohn, der in Böhmen, Mähren und
-Galizien, und insbesondere in Italien 30, 50 bis 70 Heller, in
-Steiermark, Kärnten, Krain und Tirol, wo Bauernwirtschaft vorherrscht,
-von 1 Krone 50 Heller bis 3 Kronen, in Nordamerika 3 Kronen bis
-6 Kronen beträgt, wobei allerdings der arme Pole, bis zum Skelett
-abgemagert, etwa um ein Drittel weniger als ein Tiroler Bauernknecht,
-dieser aber nicht viel weniger als ein nordamerikanischer Knecht
-leistet, worin sich aber wieder nur die soziale und ökonomische
-Verderblichkeit unserer heutigen Gesellschaftsordnung erweist, denn der
-Pole erhält nicht weniger Lohn, weil er weniger arbeitet, sondern er
-kann nicht viel leisten, weil er verelendet ist.
-
-Die Meinung nun, daß Lohn und Entgelt im Kollektivstaate mechanisch
-gleich sein müsse, ist offenbar irrig, aber die große Verdienstlichkeit
-der Individuen wird nach keinem anderen Maßstabe bemessen werden, als
-nach dem Verhältnisse des Nutzens, den eines Menschen Leistungen für
-das gesamte Volk haben. Davon wird auch dort keine Ausnahme zu machen
-sein, wo noch die Monarchie und etwa eine Anzahl adeliger Familien
-fortbestehen werden, weil Monarch und Adel nur des Volkes wegen, nicht
-aber wegen ihrer persönlichen Interessen fortbestehen dürfen.
-
-Die Vorteile, welche für größere Verdienste und für größere
-Nützlichkeit bewilligt werden können, sind verschiedener Art und sollen
-hier der Gattung nach zur Erörterung kommen, ihre Verteilung und ihr
-Gesamtmaß wird von den Volksbeschlüssen abhängen.
-
-
-a) Das Arbeitsleitungsrecht.
-
-Es ist natürlich, daß der Tüchtigere damit betraut wird, die Arbeit
-der minder Tüchtigen zu leiten und diese Leitung, welche im Interesse
-des Volkes zu handhaben ist, ist ein Vorrecht, welches an und für sich
-schon als ein Teil des Lohnes für größere Leistung in Betracht kommt.
-Bei den gemeinsten Arbeiten des Feldbauers und in der Fabrik wird man
-einer Organisation bedürfen, welche Abstufung des Leitungsrechtes
-einzelner Personen voraussetzt. Dieses Leitungsrecht wird den
-Tüchtigeren und Verdienteren übertragen, sei es, daß dabei Körperkraft
-und Ausdauer, oder Aufmerksamkeit, Umsicht und Geschicklichkeit, oder
-Selbstverleugnung mehr in Anschlag zu bringen sein wird. Daß nun
-eine Person zur Arbeitsleitung in irgend einem Grade berufen wird,
-wird immer als Lohn in Betracht kommen. So wird der Tüchtigere als
-Vorarbeiter (Oberknecht, Partieführer, Werkführer), Abteilungsleiter,
-technischer Verwaltungsbeamter in den verschiedensten Abstufungen
-ein von Stufe zu Stufe ausgedehnteres Verwaltungsrecht haben und
-schon in diesem Amte als solchem eine Anerkennung seiner größeren
-Verdienstlichkeit mit finden. Das Verwaltungsbefugnis bringt das Recht
-der Arbeitszuteilung, der Begutachtung der Leistungen und innerhalb
-gewisser Grenzen auch das Recht Begünstigungen zuzuerkennen, mit sich.
-Das Leitungsrecht erstreckt sich in den untersten Stufen auf wenige
-Untergebene und befreit den damit Betrauten nicht von den gemeinen
-Arbeiten, wird aber beim Verwaltungsbeamten höherer Ordnung zu einer
-Verteilungsarbeit mit immer wachsender Zahl der Untergebenen, welche
-auch nach Hunderttausenden und Millionen zählen können. Für die zur
-Verwaltung Berufenen ist mit einem solchen Amte das Gefühl größerer
-Verantwortung, mit der erfolgreichen Lösung der Aufgabe das Gefühl der
-edelsten Befriedigung verbunden.
-
-
-b) Ehrenvorzüge.
-
-Das Recht innerhalb genau umschriebener Grenzen von Untergebenen
-Gehorsam beanspruchen zu können, ist ein Vorzug, den der Tüchtigere an
-sich zu schätzen weiß. Darum wird es sich aber doch auch empfehlen,
-jedem Vorgesetzten, in verschiedenen Abstufungen zur Verwaltung
-Berechtigten (oben a), Ehrenvorzüge einzuräumen, weil es sonst auch an
-Gehorsam fehlen wird. Der erste Ehrenvorzug niederster Art wird das
-Recht in sich schließen, den Gruß und Vortritt in Anspruch zu nehmen
-und ein unterscheidendes Merkmal in der Kleidung zu tragen, welches die
-Rangstufe auch dem Fremden anzeigt, wobei man aber nicht an Pfauenfeder
-und Roßschweif zu denken hat. Es soll möglichst einfach, aber weithin
-erkennbar sein. Es ist auch nicht einzusehen, weshalb ein solcher
-Staat auf Ehrenzeichen anderer Art, analog den Orden unserer Tage ganz
-verzichten sollte. Das Lächerliche unserer Orden liegt nicht im Wesen
-des Ehrenzeichens, sondern in der Art der Verdienste, welche damit
-belohnt werden.
-
-Ehrenvorzüge höherer Art können in einem gewissen Zeremoniell ihre
-Bestimmung finden. Die Päpste haben in den ältesten Zeiten nach
-allgemeiner Anerkennung ihres Primates Forderungen zeremonieller Art
-gestellt, welche als Ehrenvorzüge zu betrachten sind. Sie erschienen
-allerdings verwerflich, weil auch der beste Papst keine Verdienste um
-Volk und Menschheit hatte und weil auch Mörder, Betrüger und Diebe,
-deren sich viele unter den Päpsten fanden, auf dieselben Ehrenvorzüge
-Anspruch erhoben und sie auch heute noch zugestanden erhalten würden,
-wenn ein solcher Verbrecher wieder, wie im Mittelalter und in der
-ersten Hälfte der neueren Zeit, zur Papstwürde gelangte. Wenn nun auch
-von Kniebeugungen und solchen mit der Menschenwürde ganz unvereinbaren
-Ehrenbezeigungen und von lächerlichen Titulaturen keine Rede sein
-dürfte, so wird es sich doch empfehlen, gewisse Höflichkeitsbezeigungen
-der Untergebenen ihren Vorgesetzten gegenüber sowohl individuell, wie
-auch korporativ einzuführen. Ich möchte nur erwähnen den Empfang bei
-Antritt eines Amtes, bei der Rückkehr nach längerer Abwesenheit, bei
-der Jahreswende, nach zehnjähriger oder mehrjähriger Amtsführung und
-für ganz besondere Verdienste, wenn auch außerhalb der reinen amtlichen
-Tätigkeit, bei Todesfällen Trauerfeierlichkeiten besonderer Art,
-Nekrologe und selbst die Stiftung von Anniversarien, wovon aber die
-feierlichsten durch Volksbeschluß zuerkannt werden sollen.
-
-Ehrenvorzüge, die einen Aufwand verursachen, muß das Volk entweder
-im einzelnen oder im allgemeinen genehmigen, im allgemeinen durch
-Erteilung einer Vollmacht an die Verwaltung.
-
-
-c) Das Vorrecht der Wahl.
-
-Zu den Vorzügen, welche den Verdienten eingeräumt werden können, gehört
-das Vorrecht der Wahl und des Zuvorkommens. Schon in den kleinsten
-Verteilungen wird sich Gelegenheit bieten, es geltend zu machen. So
-sehr auch die Stuben in den Schlafhäusern sich gleichen mögen, werden
-sie doch einen verschiedenen Wert haben, Nachbarschaft, Aussicht,
-Schatten- und Sonnenlage werden darauf Einfluß haben, aber auch sonst
-wird sich mit der Zeit eine Verschiedenheit herausbilden, die nicht
-beabsichtiget war. Zimmerschmuck, Mobiliar und anderes werden dazu
-beitragen. So ist es mit Stoffen für die Kleidung und vielem anderen.
-Wer nun einen Vorrang hat, wird andern gegenüber wählen können.
-Ebenso den Platz bei Tisch zu wählen wird sich als ein schätzenswertes
-Vorrecht erweisen. Inwiefern der Besitz, dieses Wort nicht im Sinne von
-vermutetem Eigentum gebraucht, stärker ist, als das Wahlrecht, wird die
-Verteilungsnorm bestimmen. Bei Versetzungen wird auch dieses Wahlrecht
-der Verdienteren entscheiden. Ebenso wird, wenn Verwaltungsinteressen
-nicht im Wege stehen, es das Vorrecht des Verdienteren sein, sich die
-Zeit zu wählen für den Antritt des jährlichen Urlaubs, die Wahl der
-Reiserichtung, der Theaterstücke und dergleichen zu beanspruchen. Auch
-das Recht Zeitungen früher zur Hand zu nehmen, neu erschienene Bücher
-früher zu lesen usw. gehört hierher und das Vorrecht, seine Ansicht in
-öffentlichen Blättern geltend zu machen, wenn nicht alle gehört werden
-können. Auch dieses Wahlrecht wird es wünschenswert erscheinen lassen,
-auf der Stufenleiter der Verdienten vorwärts zu kommen. Und hier ist
-noch immer von keinem =Aufwande= für die Belohnung größerer Dienste die
-Rede.
-
-
-d) Vorzüge in Beziehung auf die Wohnung.
-
-Wenn diese Vorzüge auch nicht beträchtlich sein werden, so wird man
-doch den Personen von höherem Beamtenrang eine Wohnung einräumen,
-welche mehr Behagen und ästhetischen Genuß bietet, wenngleich
-zu bedenken ist, daß an diesen Vorzügen auch die Familienglieder
-teilnehmen, welche sich darum nicht verdient gemacht haben. Jedenfalls
-wird schon in den untersten Gemeinden dem Verwaltungsbeamten, dem
-Arzte, Pädagogen und den Lehrern eine Amtswohnung zuzumessen sein, die
-sich vorteilhaft von den Wohnungen der Feld- und Industriearbeiter
-unterscheidet, sowohl was den Raum als was die Ausschmückung und
-das Mobiliar anbelangt. Der Verwaltungsbeamte soll auch besondere
-Empfangsräume haben, wie ihm auch Einladungen zu erlassen die
-Gelegenheit geboten werden soll. Dieser Vorzug in der Wohnung steigert
-sich sehr erheblich durch alle Stufen der Hierarchie, und nicht nur für
-Verwaltungsbeamte, sondern auch für andere Kategorien hervorragender
-Männer und Frauen, Ärzte, Gelehrte, Künstler, Erfinder, welchen auch
-der Vorzug zufallen wird, in Wohnansiedlungen höherer Art oder in
-der Residenz bleibend zu wohnen. Auch da handelt es sich kaum um
-einen großen Aufwand, weil am meisten wohl die Zuweisung von bereits
-bestehenden Prachtwohnungen und Mobilien in Betracht kommen wird,
-welche ihrer Natur nach nicht unter alle verteilt werden =können=.
-
-
-e) Vorzüge in Beziehung auf Kleidung.
-
-Auch in Beziehung auf Kleidung kann man den Verdienten große Vorzüge
-einräumen. Das gilt besonders von Männern, denn bei Frauen und Mädchen
-wird man vielleicht Jugend und strahlende Schönheit für Verdienst
-müssen gelten lassen, wo die Verteilung von Kleiderstoffen und Zier
-in Frage kommt. Ein größerer Aufwand wird gewiß gemacht werden für
-Bekleidung derjenigen, die sich hervortun, als der Geringere wird
-beanspruchen können. Besondere Pracht der Festgewänder wird man
-den Hervorragendsten, den höchsten Staatsbeamten, Akademikern und
-Professoren und Jenen, die durch Erfindung in Kunst, Wissenschaft und
-Technik ihnen gleich geworden sind, zugestehen, wobei aber wohl mehr
-an die Tracht eines Dogen von Venedig als an eine Uniform unserer
-Tage wird zu denken sein. Es wird niemand daran Anstoß nehmen, wenn
-die Verteilungsgesetze bestimmen, daß die Kleider der männlichen
-Bevölkerung aus Loden, die der Verwaltungsbeamten, Ärzte und Lehrer
-aus feinstem Kammgarn zu machen seien und das wäre eine Ungleichheit,
-die mit dem heutigen Unterschiede zwischen arm und reich gar keine
-Ähnlichkeit hätte.
-
-
-f) Vorzüge in Beziehung auf Nahrung.
-
-Die trivialste Gier ist Genäschigkeit und Sucht nach Trüffeln und
-Austern und Bordeau. So lange die Menschen aber danach jagen, wird
-man auch Gelehrte wie Fettgänse zu stopfen nicht anstehen. Es wird
-aber die Zeit wohl kommen, wo man sich dieses Vorzuges schämen wird.
-Wünschen muß man, daß der Geschmack sich ändere und daß Jedermann,
-auch der berühmte Künstler nur ißt und trinkt, was ihm bekommt und das
-kann nichts anderes sein, als was auch dem Feldarbeiter bekommt. Dazu
-gehören schwere Weine gewiß nicht und Austern auch nicht. Doch braucht
-man im ersten Jahrhundert der neuen Zeit sich daran nicht zu stoßen,
-wenn es Leute gibt, die ihren Lohn in Tokaier und Kaviar ausbezahlt
-erhalten wollen, wenn sie ihn nur nicht in Barem verlangen. Die Frage,
-ob geistige Arbeit mehr Fleischnahrung als körperliche Arbeit und
-den Genuß von Spirituosen und anderer Stimulantien bedinge, soll hier
-nicht gelöst werden. Man hört auch ganz entgegengesetzte Urteile und
-fordert Askese für diejenigen, welche der größten geistigen Anstrengung
-gewachsen sein sollen. Die staatlichen Verteilungsgrundsätze werden
-Niemand versagen, was sein Beruf erfordert.
-
-
-g) Das Vorrecht in Beziehung auf einen eigenen Hausstand.
-
-Wenn die allgemeine Regel gilt, daß in Gemeinde und Quartier Jedermann
-für den Staat arbeitet, auch die Ehefrau und die Mädchen in der
-Familie, so wird man es zu den größten Vorrechten für hervorragende
-Personen, zu welchen auch die Erfinder gehören, rechnen, einen eigenen
-Hausstand zu halten, den man sich unter Umständen auch wandernd denken
-kann, von Stadt zu Stadt und von Schloß zu Schloß. Dabei allerdings
-sollen die in der Familie heranwachsenden Kinder nicht daran gewöhnt
-werden, sich für Kinder besserer Leute zu halten. Es wird dafür zu
-sorgen sein, daß der Glanz, in dem der Vater lebt, nicht auch die
-Kinder bestrahlt, welche sich Verdienste erst erwerben müssen und
-eine solche Unterscheidung der Familienglieder wird sich sehr leicht
-durchführen lassen. Auf die Begünstigung des besonderen Hausstandes
-dürfen aber nur Wenige, einige Tausende, aber nicht Hunderttausende
-Anspruch machen und man wird bald bemerken, daß das Verlangen
-danach ausstirbt und daß die absolute Freiheit des Kollektivismus
-mehr Bestechendes hat, als die Sorge für einen Hausstand und viele
-Gäste, die man in monarchischen Staaten recht gerne dem Hofe und dem
-berufsmäßig dafür bestimmten Adel wird überlassen wollen. Man wird
-lieber ein überall gern gesehener Gast sein, denn als Gastgeber --
-besonders als Gastgeber auf Staatskosten -- geknechtet sein und auch
-auf das Vorrecht des eigenen Hausstandes wird man nach und nach weniger
-Gewicht legen.
-
-
-h) Vorrechte in Beziehung auf Geselligkeit.
-
-Dieses Vorrecht hängt mit dem oben besprochenen zusammen, insofern
-man unter Geselligkeit das Vorrecht versteht, ein geselliges Haus zu
-führen, wozu ja auch der Staat den Größten, sagen wir einem Akademiker
-oder Minister, die Mittel bieten kann. Viel wichtiger als dieses
-Recht wird das so mannigfaltig abgestufte Recht sein, an geselligen
-Vereinigungen als Gast Anteil zu nehmen. Dieses Recht kann in Städten
-und in der Residenz in einem viel größeren Umfange genossen werden,
-als in den kleinen Orten, wo die überwiegende Masse des Volkes und die
-unteren Organe der Staatsverwaltung wohnen. Wenngleich jeder Bergknappe
-und Weber das Recht haben muß, überall Zutritt zu finden, um seinem
-Könige die Hand zu drücken (das _shake-hands_ im Weißen Hause) und
-dem Treiben in den Sälen der Hochadeligen anzuwohnen, so wird ihm das
-nicht oft zuteil werden können, da sich zeigen wird, daß er nur 3 oder
-4 Mal im Leben nach der Hauptstadt kommen kann und seine 14tägigen
-Urlaube ihm noch andere Vergnügungen bieten müssen, als bloß den
-Besuch großer Gesellschaften. Anders ist die Lage der bedeutendsten
-Männer und Frauen, die in der Residenz und den größten Städten wohnen
-und welche dort heimisch werden, wo jene nur selten den Fuß hinsetzen
-können. Und man darf wohl sagen, daß Schönheit, Grazie und Geist den
-Frauen ebenso Bedeutung verleihen kann, wie Kunst und Wissenschaft den
-Männern. Denn wer könnte sich einen in Licht erstrahlenden Saal denken,
-in dem das weibliche Element nur durch bleiche Schriftstellerinnen
-oder kurzsichtige Mikroskopforscherinnen vertreten und das
-weiblich-ästhetische Element nur geduldet wäre? Aber darum wird man
-doch nirgends das degradierte Weib, die Pompadour oder Dubarry finden,
-denn Schönheit wird keine »Kupplerin« sein. Immerhin ist es offenbar
-daß besonders hervorragende Verdienste auf den Wohnsitz bestimmenden
-Einfluß haben werden, womit schon an und für sich Vieles gegeben ist,
-was als sozialer Vorzug wird gelten müssen.
-
-
-i) Vorrechte in Beziehung auf Konzerte, Theater und andere
-Schaustellungen.
-
-Auch nach dieser Richtung werden die Genüsse nicht gleich
-verteilt sein, wie sich wohl von selbst versteht. Wir können uns
-ein Bild machen von der Verteilung der Anteilnahme an den
-Wettspielen als Zuseher. Vor allem werden Personen, die sich selbst
-schon auf dem Gebiete der Wettspiele hervorgetan haben, wenngleich
-sie nicht zum Mitbewerb zugelassen werden können, weil Größere
-da sind, als Zuschauer geladen werden und demnach Urlaub und
-Reisebewilligung erhalten. Dann werden Experten, welche den
-Sieg zuzuerkennen berufen sind, eingeladen werden. Endlich wird
-man Anmeldungen der Höchstverdienten entgegennehmen und sie
-nach Maßgabe der verfügbaren Plätze beteiligen. Noch mehr gilt
-die ungleiche Verteilung für
-
-
-k) Reisen im In- und Auslande.
-
-Im größten Umfange werden diese nur den Verdientesten und außerdem
-allerdings auch für Lehrzwecke zugestanden werden. Über Auslandsreisen
-ist nun Mehreres in XII, 2, zu finden.
-
-
-l) Das Vorrecht in Beziehung auf die in VIII, 5, geschilderten
-Verteilungen
-
-zum Behufe freien Schaffens. Man könnte nach Maßgabe der Rangstufen
-doppelte, zehnfache und hundertfache Portionen nach Menge und Wert
-zuerkennen, aber unter der Bedingung der eigenen Verwendung. Nehmen
-wir an, daß in der Regel auf jeden Erwachsenen 12 Briefe und 25
-Korrespondenzkarten fallen, so wird man hochgestellten Künstlern und
-Gelehrten selbe nach Tausenden und in kostbarer Ausstattung zuteilen.
-Dieses Recht, in größerem Umfange mit Konsumtibilien beteilt zu werden,
-hat für bildende Künstler, Schauspieler, Sänger, Gelehrte oder Erfinder
-einen hohen Wert.
-
-
-m) Das Vorrecht der Arbeitsfreiheit.
-
-Diese wird zwar jedem nach Erreichung eines gewissen Alters eingeräumt
-werden. Man mag die Zurücklegung des 65. Lebensjahres als Grenze des
-Arbeitszwanges für alle Volksgenossen zum Mindesten annehmen. Freilich
-wollen das Arbeiter, wenn sie befragt werden, nicht gelten lassen und
-selbst Bauern wollen eine Arbeitspflicht für den kollektivistischen
-Betrieb über 60 Jahre hinaus nicht gutheißen und französische Bergleute
-wollen mit 50 Jahren schon in den Genuß einer Pension von 2 Francs
-treten. Doch wird die Erkenntnis, wie groß die Zahl dieser Pensionäre
-wäre, wohl bestimmend sein, für eine Mäßigung dieser Ansprüche. Schon
-die Altersbefreiung im Alter vom vollendeten 65. Jahre wird für jede
-Gemeinde von 1000 Köpfen 40-50 Arbeitsbefreite ergeben, die Kinder und
-Kranken ungerechnet. Dagegen hindert gar nichts, besonders verdienten
-Personen, also Wenigen, gewiß auch jenen, die sich einem sehr
-gefährlichen und abschreckenden Berufe widmen, die Arbeitsbefreiung
-schon mit 50 Jahren, ja in frühester Jugend, wenn sie eine epochale
-Erfindung gemacht haben, zuzugestehen. So mag es auch mit Beamten,
-Ärzten und Professoren gehalten werden, welchen man schwerlich mehr als
-30-35 Dienstjahre zumuten wird.
-
-
-n) Das Vorrecht der freien Wahl des Domizils.
-
-Dieses Recht steht zwar in einem eingeschränkten Maße jedem
-Arbeitsbefreiten zu. Denn nur mit der geregelten Arbeit ist ein
-Domizilszwang verbunden und auch für solche, die noch arbeitspflichtig
-sind, kann nach der Natur ihres Berufes, so Dichtern, Malern,
-Bildhauern, Wahl des Domizils gestattet werden. In dieser Freiheit
-aber können zahllose Abstufungen nach dem Grade der Verdienste
-gemacht werden. Während der arbeitsbefreite Fabrikarbeiter oder
-Bergknappe vielleicht auf Gemeinden untersten Ranges, mindestens auf
-Bezirksvororte beschränkt sein wird und ihm ein Domizilwechsel etwa nur
-einmal im Jahre zugestanden werden kann, er in größeren Städten sich
-ohne Zweifel nur niederlassen kann, wenn er sich zu mäßigen Diensten,
-etwa einmal in der Woche, versteht, so zur Reinigung von Straßen und
-Wegen, Briefbotendiensten, Aufsicht in Sammlungen und Ausstellungen,
-wird es den Verdientesten freistehen, nicht nur täglich das Domizil
-zu verändern, sondern auch überallhin sich von Gehilfen, Möbeln,
-Büchern, Instrumenten und anderen Erfordernissen ihres freigewählten
-Berufes begleiten zu lassen, wären auch ganze Waggons zur Beförderung
-notwendig, und sie mögen so reisen, wie heute nur Monarchen oder
-Staatsmänner reisen. Ihnen natürlich steht jede Stadt des Reiches und
-jedes Dorf gleichermaßen offen und der mit diesen Domizilsveränderungen
-verbundene Aufwand wird nicht ins Gewicht fallen, da es nur Wenige
-sind, die darauf Anspruch haben.
-
-
-o) Andere berufsmäßige Vorrechte.
-
-Es ist selbstverständlich, daß neuerschienene Werke vor allem den
-Fachgelehrten und Fachschriftstellern, neue Poesien den Dichtern,
-neuentdeckte Stoffe den Forschern und Technikern, Fachschriften den
-Fachleuten, künstlerische Vorführungen den Künstlern zu Gebote stehen
-müssen und daß Andere, wenn das Verlangen aller nicht befriedigt werden
-kann, warten müssen. Auch hieraus ergeben sich Privilegien, welche
-heute zumeist erkauft werden müssen, deren Befriedigung also nur durch
-Einräumung eines größeren Gehaltes ermöglicht werden kann. Insoferne
-aber heute Einrichtungen bestehen, wodurch gewissen Kategorien von
-Beamten unentgeltliche Genüsse zugewendet werden, ist ja nur eine
-kollektivistische Einrichtung in unserer privatwirtschaftlichen
-Welt vorweg eingeführt. So bewilliget man höheren Eisenbahnbeamten
-Freikarten für unbeschränkte Reisen in ganz Europa mit Ausnahme von
-Rußland. Das ist ein Stück Kollektivismus und Naturalwirtschaft.
-
-
-p) Das Vorrecht, Pferde und Wagen und Automobile zu halten,
-
-kann mit mehr oder weniger Aufwand als Lohn eingeräumt werden.
-Jedenfalls wird in jeder Gemeinde der Beamtenschaft gestattet werden,
-drei oder vier Wagen zu halten.
-
-Das alles beweist, daß die Naturalwirtschaft nicht nur kein Hindernis
-bildet, alle Verdienste um Volk und Staat in munifizentester Art zu
-belohnen, sondern, daß dem Staat dazu auch unermeßliche Hilfsquellen zu
-Gebote stehen.
-
-Es entsteht die Frage, ob diese Ungleichheit der Verteilung nicht
-besondere Verrechnungsschwierigkeiten bilden könnte. Um sich darüber
-ein Urteil zu bilden, wäre VI, 8, über Statistik nachzulesen.
-Zunächst ist zu berücksichtigen, daß viele oben erwähnte Vorrechte
-der Verdienten, so a, b, c, g, h, i, überhaupt nicht Gegenstand
-der statistischen Nachweisungen sind, andere wohl einmal nur im
-Jahre zur Verrechnung gelangen, so d, e, k, l, m. Diese Verrechnung
-wird nachzuweisen haben, wie viele Bruchteile der Gesamtproduktion
-zu solchen Begünstigungen verwendet wurden und daß damit die
-Verteilungsgrundsätze nicht verletzt wurden. Was aber die Begünstigung
-in Beziehung auf Nahrung f anbelangt, so wird wohl auch ein Ausweg
-zu finden sein, um die Verrechnung zu erleichtern. Es könnte der
-Verwaltung eine gewisse Menge von Gütern verschiedener Art, von
-besonderen Nahrungsmitteln und Getränken zugewiesen und auf die
-Gemeinden und Quartiere und zwar mit Bevorzugung der Provinzstädte und
-der Hauptstadt aufgeteilt werden, worüber sich die Verwaltungsbeamten
-nur untereinander und einmal im Jahre mit den Begünstigten zu
-verrechnen hätten. Wird die bewilligte Menge nicht überschritten, so
-werden die Nichtbegünstigten von der Verteilung nicht berührt. Ebenso
-ist es ja auch mit der Verrechnung mit Hof und Adel zu halten.
-
-Die Frage, ob das souveräne Volk denn in solche Begünstigungen
-einwilligen wird, kann wohl bejaht werden. Zunächst ist zu bedenken,
-daß eine lange Periode der Umgestaltung der Alleinherrschaft des
-Kollektivismus vorausgehen muß, und daß während dieser Periode die
-Volkssouveränität noch nicht in Wirksamkeit treten kann. Ist die
-Zeit dazu gekommen, die Volkssouveränität mit dem ausgedehntesten
-Stimmrechte einzuführen, so werden sich die Verteilungsgrundsätze,
-welche eine Begünstigung zulassen, bereits eingelebt haben und da sich
-junge Leute meist mit der Hoffnung tragen, im Leben vorwärts zu kommen,
-werden sie wenigstens einer solchen Ungleichheit der Verteilung nicht
-entgegen sein. Hat man dabei aber die größte Ökonomie walten lassen,
-so wird sich jeder berechnen, wie wenig die Lage der Nichtbegünstigten
-dadurch gewinnen würde, wenn man alle Begünstigungen aufheben wollte.
-Weiter muß diese Begünstigung in der Verteilung lediglich in Absicht
-auf das öffentliche Wohl eingerichtet werden und darf den diesem
-Zwecke entsprechenden Aufwand nicht überschreiten und darin muß auch
-die Gewähr liegen, daß der gesunde Volksinstinkt diese Verteilung
-billigen wird. Wirkliche Verdienste imponieren immer den Massen und sie
-begreifen sehr wohl, daß die Begabten durch diese Begünstigungen nur
-angeeifert werden sollen, dem =Volke= mit größtem Eifer und Redlichkeit
-zu dienen. Bei der Entlohnung von Erfindern kann sich das Volk ja auch
-leicht berechnen, daß der Nutzen für das Volk immer weit größer ist,
-als die Vorteile, welche man den Erfindern einräumt.
-
-Was das System anbelangt, nach welchem die Vorrechte der Verdienten
-zuzumessen sind, so wird zunächst vom Volke, wenn es im Besitze der
-souveränen Gewalt sein wird, in den Verteilungsgesetzen bestimmt
-werden, welche Art von Vorrechten eingeräumt werden darf und welche
-Mittel dazu ausgeworfen werden, das heißt in welchem Ausmaße im
-Verhältnis zur Gesamtarbeitsmenge die Arbeitsbefreiung im Ganzen
-gerechnet als Lohn eingeräumt werden darf und nach welchem Quotienten
-der Gesamtgüter allen Begünstigten zusammen bei der Verteilung mehr,
-als den Nichtbegünstigten zugemessen werden darf. Auch wird bestimmt
-werden, auf welche Güter und sonstige Genüsse das Recht, Begünstigungen
-zu gewähren, Anwendung hat. Das wird in derselben Art geschehen,
-wie sich das Volk mit dem Hof und Adel in Beziehung auf die ihnen
-zu bewilligenden Mittel auseinandersetzt. Was Wohnräumlichkeiten
-anbelangt, so werden die Wohnungen und die Gebäude bezeichnet,
-welche für beständig oder regelmäßig diesem Zwecke gewidmet werden
-sollen und an großartigen Bauten in den Städten, an Schlössern und
-Villen hat die frühere Gesellschaft dem Kollektivstaat ebenso wie an
-Kunstwerken Mobilien und Juwelen so unermeßliche Schätze hinterlassen,
-daß man sagen kann, die Begünstigung in der Beteiligung mit solchen
-Gütern, die ja nur zum Gebrauch dienen, geschieht nicht auf Kosten
-der gegenwärtigen Generation, sondern auf die längst dahingegangener
-Geschlechter von Ausgebeuteten, welchen man, was sie erlitten haben,
-nicht mehr gut machen kann. Was Nahrungsmittel und Getränke, von
-welchen man das allerdings nicht sagen kann, anbelangt, so können
-bestimmte Weine, das Wild, oder sonst welche Arten von Gütern, z. B.
-bestimmte kostbare Obstsorten, wenn deren allgemeine Verteilung ohnehin
-keinen Sinn hätte, wie die allgemeine Verteilung des Tokaiers, den
-Begünstigten, oder gewisse Kategorien von Begünstigten ausschließlich
-vorbehalten werden. Dasselbe könnte von dem Rechte zu jagen, gelten.
-Was nun die Plätze bei Schaustellungen, auf den Eisenbahnen, den
-Zutritt bei den Festen des Hofes und Adels und in den Schlössern
-anbelangt, so werden sie den Begünstigten verhältnismäßig ausgeworfen,
-sagen wir, der zehnte Teil werde dieser Bestimmung gewidmet. Bezüglich
-der Kleidung kann man ähnlich verfahren und einen Quotienten der dafür
-gewidmeten Stoffe und Arbeit von der streng gleichmäßigen Verteilung
-ausnehmen. Hieraus ergibt sich dann das, was der Nordamerikaner
-_appropriation_, die Widmung nennt, nur erfolgt sie nicht in Geld,
-sondern in Naturalien.
-
-Das Volk wird dann in den Verteilungsgesetzen auch bestimmen, wem
-die Zuerkennung der Vorzüge zusteht. Für die regelmäßigen Posten
-im Staatsdienste, für Beamte, Ärzte, Lehr- und Erziehungspersonen,
-höhere Techniker und Industriedirektoren wird der Grundsatz
-unserer Beamtenhierarchie angenommen werden. Man wird Kategorien
-schaffen, welche einander übergeordnet sind. Wie bereits in V,
-1, _Alinea_: »Ich bemerke noch« erwähnt wurde, wird es am besten
-sein, der Staatsverwaltung die Beförderung innerhalb dieser Ämter
-zu überlassen, jene ausgenommen, die, wie die Volksbeamtenstellen,
-durch Wahl besetzt werden, womit gleichfalls genau definierte
-Vorteile verbunden sein werden. Die unterste Stufe der Begünstigten
-wird die der Werkführer (Partieführer der Vorarbeiten) die nächste
-Stufe die der geringeren Abteilungsleiter, etwa für Hauswirtschaft,
-Milchwirtschaft, Kleinviehzucht und dergleichen sein, welchen das
-unterste Erziehungspersonal gleichgestellt werden mag. Sohin würden
-die untersten Stufen der Verwaltungsbeamten, Ärzte und Lehrpersonen
-folgen, während die Bezirks-, Kreis- und Provinzialfunktionäre, dann
-eine bestimmte Reihe von Organen der Zentralverwaltung, endlich die
-Minister, die fünf höheren Stufen bilden werden. Wohin nun höhere
-Techniker und Fabrikdirektoren, Gelehrte, Forscher, Künstler und
-Erfinder eingereiht werden, wird zu erwägen sein, ebenso, ob obige
-Stufen in Unterabteilungen zu gliedern seien. Für alle so gebildeten
-Kategorien wird das Ausmaß der mit der Stellung verbundenen Vorteile
-festgesetzt werden. Da Künstler und Erfinder, zum Teile auch
-Forscher, die nicht dem Lehrkörper angehören, nicht Mitglieder dieser
-Organisation sind, so wird es auch der Verwaltung, oder wer sonst zur
-Ernennung berufen ist, zugestanden werden, solchen Personen einen Rang
-gleicher Art, wie er für diese Organisation bestimmt ist, zu verleihen,
-z. B. den 4. 5. Rang oder selbst der Vorrang vor den Ministern.
-Alles das möglichst sparsam einzurichten, gerade nur so, daß etwas
-Ehrgeiz und viel Amtseifer geweckt wird, ist zum Grundsatz zu machen,
-wobei immer dem Volke gewisse Befugnisse vorbehalten werden mögen,
-zum Beispiel, Personen der freien Berufe, Erfindern, Künstlern und
-Forschern einen höheren Rang zu verleihen.[38] Auch da kann den Kreisen
-oder Bezirken das Recht eingeräumt werden in gewissen Perioden eine
-oder zwei Stellen außerhalb der Organisation zu verleihen.
-
- [38] Man hat in Österreich in neuerer Zeit den Gebrauch
- eingeführt, den Beamten, die besonders verdient sind
- und die man doch in ihren Posten belassen will, einen
- höheren Rang und Bezüge zu gewähren, als mit ihren Posten
- regelmäßig verbunden ist. Das wird wohl nachzuahmen sein.
-
-Es ist somit keinem Zweifel unterworfen, daß der Kollektivismus und die
-Naturalwirtschaft gar kein Hindernis bilden, alle jene Mannigfaltigkeit
-unserer Zustände nachzuahmen, die dem Volke und dem Fortschritte
-nützlich sein mag. Dagegen hängt es niemals vom Einzelnen ab, sich
-Vorteile zuzueignen, welche ihm nicht gebühren, wozu in unserer
-Gesellschaftsordnung der Geldwirtschaft wegen Gewalt, Diebstahl,
-Betrug, Veruntreuung und politischer oder wirtschaftlicher Schwindel
-Gelegenheit bieten, durch welche man alles leichter erreichen kann, als
-durch Verdienste um das Volk und den Staat. Als politischen Schwindel
-betrachte ich auch jene Wohldienerei gegen Souveräne und Machthaber,
-durch welche man in früheren Zeiten große Güter erlangen konnte, und
-welche für Verdienste um den Staat ausgegeben wurden, in Wirklichkeit
-Versündigungen am Volke genannt werden sollte. Plato sagt mit Beziehung
-auf die herrschende Gesellschaftsordnung, daß man durch Recht mit
-Unrecht größere Vorteile erlangen könne, als durch Gerechtigkeit
-allein. Der Kollektivismus gewährt nur Vorteile für gerechte Ansprüche.
-
-Ich will nun gelegentlich hier noch erwähnen, daß die gesetzlich
-normierten Vorrechte zwar budgetmäßig im Gesamtausmaße begrenzt sein
-müssen, soweit sie nämlich die Verteilung berühren, daß es aber gar
-keinem Anstande unterliegt, der Bewegungsfreiheit der Verwaltung
-und den Begünstigten allerhand Spielraum einzuräumen. Es können die
-Begünstigten untereinander gewisse Tauschgeschäfte machen, welche
-die Verwaltung zur Kenntnis nimmt und bei der Vornahme der Verteilung
-berücksichtigt. So kann ein eitler Mensch auf Reisen und Theater oder
-auf Wohnungsvorteile Verzicht leisten, wenn ihm großer Kleiderluxus
-eingeräumt wird und umgekehrt. Wenn die Gesamtziffern nicht verrückt
-werden, hat das Volk keinerlei Interesse, sich in solche Abweichungen
-von der Verteilung einzumengen. Der in Geld bezahlte Lohn kann auf das
-verschiedenste verausgabt, oder auch erspart werden. Letzteres soll
-der Kollektivstaat nicht zulassen, das heißt, das nicht in Anspruch
-genommene für die Gesamtheit verwerten, aber die Naturalwirtschaft
-bietet im Kollektivstaat, wo nur =ein= Produzent, der Staat, Genüsse
-bieten kann, kein Hindernis, den Begünstigten die Wahl einzuräumen,
-welche Genüsse er in Anspruch nehmen mag. Das wird nur eine
-vergleichende Bewertung der Genüsse voraussetzen. Diejenigen, von
-welchen in I, _Alinea_: »Was die Personen und« die Rede ist, werden
-auch einen prozentuell höheren Aufwand als die Masse der Bevölkerung
-verursachen, aber auch zur Auseinandersetzung dieser Personen mit dem
-Volke wird ein prozentueller Maßstab insgesamt in Anschlag kommen. Es
-werden in diese Kategorie nur wenige Menschen fallen, da die kleinen
-Besitzer in ihrem Anteil am Gesamtvermögen reichlichen Ersatz finden.
-
-
-10. Religion, Kultus, Festlichkeiten.
-
-Zu den wesentlichsten Grundlagen der Gesittung rechnet man die
-Religion. Man ging von jeher von der Anschauung aus, daß ein Volk
-ohne Religion nicht regiert werden könne, daß das Volk eine Religion
-verlange und ein Bedürfnis nach religiösen Vorstellungen und
-Feierlichkeiten habe, und die größten Monarchen haben die Religion
-beschützt und der Macht der Kirche Vorschub geleistet. So hat Karl
-der Große nicht nur die Sachsen mit Feuer und Schwert der katholischen
-Kirche unterworfen, sondern dem Fastengebot staatlichen Schutz gewährt
-und jeden Fastenbrecher mit schweren Strafen, ja in gewissen Fällen mit
-dem Feuertode bedroht. Er ging ohne Zweifel von der Meinung aus, die
-königliche Gewalt werde immer stärker sein als die kirchliche Gewalt,
-und so sah er ohne Argwohn zu, wie die Kirche durch Lehre, Kultus
-und Strafe das Volk unterjochte, denn er sah in der Kirche nur ein
-Werkzeug des Kaisers. Damit bereitete Karl die Schmach des Kaisertums
-vor, das in immer größere Abhängigkeit vom Papsttum verfiel. Auch die
-Hohenstaufen gingen von derselben Anschauung aus. Friedrich Barbarossa
-lieferte Arnold von Bresnia dem Feuertode aus und hieß es gut, daß
-Lucius III. den Bannstrahl gegen die Ketzer schleuderte, indem er den
-Glaubensrichtern den staatlichen Beistand versprach. Friedrich II.
-erließ 1224 ein Gesetz, worin er die Ketzer mit dem Feuertode bedrohte
-und die Errichtung von Ketzergerichten anordnete. Dadurch wurde die
-Macht des Papsttums so erhöht, daß es die Hohenstaufen erniedrigen und
-vertilgen konnte.
-
-Es war immer ein verfehlter Herrscherinstinkt, welcher die Monarchen
-bestimmte, der Religion ihre Unterstützung zu leihen, und darum ist
-es zweifellos, daß die Religion nur als ein Mittel, die Herrschaft der
-Tyrannen zu befestigen, angesehen und aus diesem Grunde verbreitet und
-staatlich beschützt wurde.
-
-In einer vollkommen demokratischen Gesellschaft hängt die Gesittung
-keineswegs von der Aufrechterhaltung der Religion ab, und ebensowenig
-bedarf man ihrer zum Schutze der Autorität, die man ja dem Volke nicht
-aufdrängen will. Doch wird der Kultus so lange aufrecht erhalten werden
-müssen, als er dem ästhetischen Sinne des Volkes ein Bedürfnis ist.
-Übrigens wird der Staat, sobald er den Wert des Kollektivismus erkannt,
-zu den Grundsätzen der nordamerikanischen Staaten übergehen, die jede
-konfessionelle Lehre aus den Schulen ausschließen. Aber auch den Eltern
-wird man solche konfessionelle Lehren in der Familienerziehung nicht
-gestatten, die mit der staatlichen Erziehung und dem Unterrichte im
-Widerspruch stünden.
-
-Die Zeit wird kommen, wo man von den Dienern der Kirche ebenso wie
-von jedem Anderen Anteil an der geregelten Arbeit fordern wird, da die
-freie Zeit reicht, religiöse Übungen und Kultusfeste zu halten.
-
-Aber auch vom religiösen Kultus abgesehen, besteht ein Bedürfnis nach
-Unterbrechung des Alltagslebens durch Festlichkeiten im engeren und
-weiteren Kreise. Die Gesetzgebung stellt die allgemeinen Grundsätze
-auf, welche Feierlichkeiten und Festlichkeiten zu veranstalten sind,
-welcher Aufwand dabei stattfinden soll, wem die Anteilnahme dabei zu
-gestatten ist. Die Ausführung dieser Gesetze steht der Staatsverwaltung
-zu. Die Anlässe können individuelle und allgemeine sein.
-
-=Die Geburt.= Die Geburt eines Kindes, zum mindesten die legitime
-Geburt eines Kindes, VII, 2, ist ein natürlicher Anlaß zur
-Veranstaltung einer Feierlichkeit. Sie wird stattfinden, sobald
-die Mutter daran Anteil nehmen kann, also etwa vier Wochen nach der
-Entbindung. Die Festlichkeit wird darin bestehen, daß dem Neugeborenen
-ein Name gegeben wird, entweder nach der Wahl der Mutter allein
-oder nach der Wahl beider Eltern oder, falls die natürliche Mutter
-schon vorher gestorben ist, nach der Wahl der Wahlmutter, VII, 5,
-b. Es wird dabei Sorge zu tragen sein, daß die Familiennamen genau
-unterschieden werden, innerhalb der Familien aber kein Personenname
-gewählt wird, der von einem anderen noch lebenden Mitgliede derselben
-Familie getragen wird. Es wird der Natur der Sache entsprechen, daß der
-Verwaltungsbeamte oder sein Delegierter zur Feierlichkeit erscheint,
-den gewählten Namen, der in die Standesregister eingetragen wird,
-proklamiert, eine Ansprache hält und den neuen Bürger in den Schutz des
-Staates mit allen jenen Rechten übernimmt, die ihm kraft der Verfassung
-zustehen. Namens des Neugebornen mag die Mutter oder Wahlmutter die
-Versicherung geben, daß derselbe sich dem Staate dankbar erweisen und
-ein nützliches Glied der Gesellschaft zu werden sich bemühen wird. Es
-wäre das eine Nachahmung der Aufnahme der Neugebornen durch die Taufe
-in die Kirche. Aber der Staat wird sein besseres Recht auf die Jugend
-sich nicht nehmen lassen. Daran wird sich eine Festtafel schließen,
-an welcher außer dem Verwaltungsbeamten und einigen Verwandten eine
-Zahl von geladenen Gästen teilnehmen mögen. Der Aufwand wird nun darin
-bestehen, daß den Teilnehmern kostbarere Gerichte und Getränke als
-täglich geboten werden. Nachdem die Zahl der Geburten im kommenden
-Jahre mit ziemlicher Genauigkeit vorausberechnet werden kann, wird der
-Gesamtaufwand leicht vorauszubestimmen sein. Er wird nach dem Prinzip
-der Naturalwirtschaft bestimmt werden, ausgedrückt in einer für das
-ganze Reich festgesetzten Menge von Wein, Bier und anderen Getränken,
-insofern der Alkohol noch nicht aus der Volkswirtschaft verdrängt
-ist, und von ausgewählten Gerichten, nämlich Wild, Fischen, Fleisch,
-Geflügel usw.
-
-Die Staatsverwaltung hat dann den genehmigten Aufwand auf die
-Provinzen, Kreise und Bezirke aufzuteilen, und die Verwaltungsbeamten
-haben die Bestimmungen für die einzelnen Fälle innerhalb der ihnen von
-der Verfassung gezogenen Grenzen zu treffen.
-
-Für die Verteilung kann die Gesetzgebung auch noch weiters gewisse
-Vorschriften machen, so daß eine gewisse Abstufung vorgeschrieben wird
-für Geburtsfestlichkeiten in den Familien von Lehrern, Ärzten, Beamten
-und aufwärts bis zu den höchstgestellten Personen, Unterschiede, die
-auf die Zahl der Gäste und die Menge und Kostbarkeit der Speisen und
-Getränke und den anderen Aufwand Bezug haben. Die Verteilung nach
-diesem Grundsatze für die einzelnen Fälle liegt der Staatsverwaltung
-ob.
-
-=Aufnahme in die Schule.= Ob auch diese mit einer Festlichkeit
-verbunden werden soll und welcher Aufwand dafür gestattet wird, hängt
-gleichfalls von der Gesetzgebung ab. Doch scheint es, daß die Zahl der
-Festlichkeiten zu sehr vermehrt würde, wenn auch dieser Anlaß gefeiert
-würde. Da die Gesamtmittel gegeben sind, wird der Aufwand im einzelnen
-Falle um so geringer sein müssen, je mehr Festlichkeiten veranstaltet
-werden.
-
-=Aufnahme unter die volljährigen und eigenberechtigten Bürger.= Mit
-Eintritt des Bürgers in das 19. Lebensjahr wird ein Lebensabschnitt
-bezeichnet, der gleichfalls Anlaß zu einer Festlichkeit bietet. Es
-wird eine Ansprache des Verwaltungsbeamten oder seines Delegierten und
-eine Antwort des Gefeierten am Platze sein und sich daran gleichfalls
-eine Festtafel schließen. Bezüglich des besonderen Aufwandes und
-dessen Abstufung gilt dasselbe, wie oben; vielleicht wird die Höhe des
-Aufwands schon nicht mehr von den Verdiensten der Eltern, sondern von
-dem Charakter und den bisherigen Verdiensten des Gefeierten abhängig
-sein.
-
-=Vermählung.= Auch die Vermählung eines Bürgers ist ein Anlaß zur
-Feier einer Festlichkeit, und dafür gelten dieselben Bestimmungen,
-wie für die vorhin erwähnten Feste. Das Gesetz bestimmt die zur
-Gültigkeit der Ehe erforderlichen Förmlichkeiten. Die Trauung wird
-wohl vom Verwaltungsbeamten zu vollziehen sein, der eine entsprechende
-Rede halten mag. Auch zu dieser Funktion kann er Vollmacht zu
-erteilen berechtigt werden. Der Aufwand wird etwas größer sein für
-die Vermählungsfeierlichkeiten, als für andere Privatfeste. Auch
-die Abstufung mag sich innerhalb weiter gesteckter Grenzen bewegen.
-Es kann sich an die Festtafel ein Tanzfest anschließen, es kann der
-Bezirksvorort, der Kreisvorort oder der Provinzvorort zu diesen
-Feierlichkeiten als Festort bestimmt und ein gewisser Aufwand an
-Reisen, Beurlaubungen, Festkleidern, Aufzügen genehmigt und den
-Neuvermählten eine Zeit der Befreiung von jeder Arbeit und dergleichen
-bewilligt werden. Diese reicheren Feierlichkeiten und sonstigen
-Annehmlichkeiten sollen denjenigen, die die Pflichten und Sorgen der
-Ehe auf sich nehmen, ein Äquivalent bieten.
-
-Insofern nicht allen Gliedern der Gesellschaft die Ehe bewilligt wird,
-wird die Versagung der Geburtsfeierlichkeiten für die illegitimen
-Geburten einen Teil jener Übel bilden, welche der Staat verhängt, um
-illegitime Geburten zu verhindern.
-
-=Der Geburtstag der Alten=, die das neunzigste oder fünfundneunzigste
-Jahr erreicht haben, wäre ein sehr geeigneter Anlaß für Festlichkeiten.
-Man hätte allen Grund, die Volksgenossen, welche ein besonders hohes
-Alter erreicht haben, zu ehren.
-
-=Bestattungsfeierlichkeiten.= Daß die Bestattung der Verstorbenen den
-Anlaß zu gewissen Feierlichkeiten bietet, ist offenbar. Auch die Trauer
-soll einen ästhetischen Ausdruck finden. Ob die Toten begraben oder
-verbrannt werden, kann Gegenstand der Gesetzgebung sein oder der freien
-Verfügung der Einzelnen oder den Hinterbliebenen überlassen werden. Daß
-den Verstorbenen von allen Bewohnern der Gemeinde oder des Quartiers
-und außerdem von Verwandten und Freunden das Geleite zur Ruhestätte
-gegeben wird, ist vorauszusetzen. Insofern aber auch ortsfremden
-Personen dazu Urlaub und Reise bewilligt werden sollen, ist Sache der
-Verteilungsbeschlüsse. Zur Bestattung hervorragender Personen, die
-das Volk besonders ehrt, werden die Bezirke und Kreise Abordnungen
-entsenden, welchen der Staat Urlaub und Reise zu bewilligen hat. Auch
-hierin und in Hinsicht auf den Trauerpomp wird eine Abstufung in sehr
-weit gesteckten Grenzen gutzuheißen sein. Die Totenmahle sollten außer
-Übung kommen, weil sie nicht zur Trauerstimmung passen. Eher würde
-sich empfehlen, den nahestehenden Personen, insbesondere der Witwe oder
-Mutter Urlaub zu gewähren und ihnen das Fernbleiben von den gemeinsamen
-Mahlzeiten, eine Reise oder sonst etwas zu gestatten, was dem Gemüte
-Trost gewähren kann. Jeder damit verbundene Aufwand, nämlich Urlaub,
-Reisen u. dergl., bedarf der Genehmigung durch die Verteilungsgesetze.
-
-Der Tod besonders verdienter Menschen kann Anlaß zu besonderen
-Feierlichkeiten geben, so daß der Leichnam nach einem größeren Orte
-gebracht oder in mehreren Orten Trauerfeierlichkeiten gehalten werden,
-daß hervorragende Redner Gedächtnisreden halten, zum Gedächtnisse
-selbst eigne Werke herausgegeben und in allen Bibliotheken aufgestellt
-werden, daß man Denkmäler setzt oder Gedächtnistage für jedes
-Jahr, jedes Dezennium oder Jahrhundert stiftet. Auch hier wird die
-Verteilung nach den vom Volke genehmigten Grundsätzen in der Regel
-durch die Staatsverwaltung vorgenommen, es können aber auch bei ganz
-ungewöhnlichen Verdiensten der Verstorbenen besondere Volksbeschlüsse
-eingeholt werden.
-
-=Besondere Anlässe zur Feier von Individuen.= Solche besondere Anlässe
-können sein, der Amtsantritt von Lehrern, Ärzten, Beamten nach ihrem
-Range, sowie die Jahresfeier oder der Gedenktag nach 10, 25 Jahren,
-hierher gehören auch die Abiturientenfeiern und ihre Gedenktage für die
-Studierenden höherer Schulen.
-
-=Anlässe allgemeiner Natur.= Solche Anlässe sind die Gründung von neuen
-Gemeinden, Gebäuden und größerer Anstalten und die Gedenktage daran,
-die Erlassung gewisser Gesetze usw. Ebenso eignen sich Frühjahrsanfang,
-Sonnenwende und Ernte zur Veranstaltung von Festlichkeiten, so auch
-Weihnacht und Ostern. Dabei kann der Aufwand naturgemäß bei ganz
-besonderen Anlässen viel weiter gesteigert werden als unter den
-heutigen Verhältnissen, nachdem der Reichtum und dessen Konzentrierung
-weit über das hinausgeht, was in der heutigen Gesellschaftsordnung zu
-erreichen möglich ist. Die Ansammlung von Menschen, Gefährten, Pferden
-und anderen Tieren und die Vereinigung von Künstlern und Künstlerinnen
-aller Art in Theatern und Arenen kann eine Ausdehnung annehmen, für die
-uns heute jeder Maßstab fehlt. Der Staat braucht sich zu diesem Zweck
-nichts zusammenzubetteln, da alle Güter im Staate und alle Personen ihm
-zur Verfügung stehen. Er ordnet nur an, daß ein bestimmtes Festprogramm
-durchgeführt werden soll und wer daran Anteil nehmen kann, nämlich
-nach Kategorien und anderen allgemeinen Kennzeichen. Gegen solche
-Feierlichkeiten kann das Herrlichste, was selbst Rom unter den Kaisern
-gesehen hat, nicht in Betracht kommen.
-
-Zu mehr oder weniger großartigen Feierlichkeiten können die
-Wettbewerbungen in allerlei Geschicklichkeiten und Kunstaufführungen
-Anlaß geben, und diese Wettbewerbungen werden bezirksweise, unter
-den Preisgekrönten der Bezirke nach Provinzen oder für das Reich
-veranstaltet werden.
-
-So wie aber großartige Festlichkeiten aus allgemeinen Mitteln
-veranstaltet werden können, ist es auch denkbar, daß der Aufwand von
-einzelnen bestritten wird. Wenn jeder Bewohner des Staates für einen
-solchen bestimmten Zweck eine Stunde seiner Muße und einen Teil der
-auf ihn entfallenden Konsumtibilien widmet und an der Herstellung
-herrlicher, dem Feste gewidmeten Gegenstände, nach einem vorher
-angenommenen Plane im organischen Verbande mit anderen mitarbeitet,
-so kann etwas Staunenerregendes geschaffen werden. Die Verfassung
-und der Druck von Werken, die Schaffung von Kunstwerken aus kostbarem
-Material, der Bau von Häusern und deren Ausstattung und Einrichtung
-kann solchergestalt zustande kommen. So zur Feier des siebzigsten
-Geburtstages eines Virchow oder Röntgen.
-
-Die allgemeinen Feierlichkeiten zeichnen sich dadurch aus, daß niemand
-prinzipiell und gänzlich davon ausgeschlossen ist, wenn auch nur wenige
-berechtigt sein mögen, ganz nach Belieben an =allen= Feierlichkeiten
-teilzunehmen. Es gibt keine Unglücklichen -- es wäre denn jemand, der
-harte Strafe verdient hätte -- der nur mit Neid sehen könnte, wenn
-andere genießen, was er selbst ganz und gar entbehren muß. Heute ist
-die Freude der einen der Kummer und die Entbehrung, ja der Hungertod
-anderer. Das ist dem Kollektivismus fremd, der nur Zufriedene machen
-will. Und die Abstufung in den Genüssen soll ihren Grund immer nur im
-öffentlichen Interesse haben, so daß auch der an den Festlichkeiten
-nicht Beteiligte einen indirekten Anteil an den Freuden anderer hat.
-Die Bevorzugung der wenigen soll immer nur der Lohn von Diensten sein,
-die allen geleistet wurden.
-
-Diese Festlichkeiten werden zur Veredlung des Volkes viel beitragen,
-und sie werden höchstwahrscheinlich ein vortrefflicher Ersatz für
-die in Verfall geratenden religiösen Kulte sein. Denn während der
-religiöse Kult eine Gottheit verherrlicht, =werden die Festlichkeiten
-des Kollektivstaats das Menschentum verherrlichen=. Sie werden dazu
-anregen, dem wahrhaft Großen, den großen Geistern nachzustreben und in
-ihnen die Menschheit zu verehren, aus der sie hervorgegangen.
-
-
-11. Die Wettbewerbungen, Glücksspiele.
-
-Die olympischen Spiele der Griechen haben vielleicht das meiste zur
-Entwicklung der griechischen Kultur beigetragen, und es würde zu den
-Aufgaben des Kollektivstaates gehören, etwas Ähnliches ins Leben
-zu rufen, nur viel großartiger, mannigfaltiger und in rascherer
-Aufeinanderfolge. Die heutigen Großstaaten umfassen eine viel
-zahlreichere Bevölkerung, sie sind viel reicher und der allgemeine
-Fortschritt entwickelt sich viel rascher. Es würden auch die
-Wettspiele und andere Wettbewerbungen spezialisiert und nicht, wie die
-olympischen Spiele, geistige und körperliche Übungen zusammenfassen.
-Auch würden sie nicht auf =einen= Ort beschränkt, sondern Bewerber,
-Schiedsrichter und Schaulustige in den verschiedensten Städten des
-Reiches versammeln. Die meisten Wettspiele würden allen Nationalitäten
-des Reiches gemeinsam eröffnet werden, Poesie und Drama aber wohl
-national geschieden. Endlich würden diese Wettbewerbungen abgestuft und
-zuerst nach Kreisen, und für die Sieger in den einzelnen Kreisen die
-Wettbewerbungen im ganzen Reiche veranstaltet.
-
-Der Preis, um den man sich bewerben würde, wäre nicht nur der Ruhm
-des Sieges, sondern es könnten auch Prämien der verschiedensten Art
-zuerkannt werden, zumeist bestehend im lebenslänglichen Gebrauche
-gewisser kostbarer Güter. So die edelsten Pferde zu reiten für den
-Sieger in der Reitkunst, die besten und berühmtesten Geigen zu spielen
-für den Sieger im Violinspiel u. a. Die Sieger würden wieder auf Kosten
-des Staates zu auswärtigen Veranstaltungen gleicher Art entsendet
-werden, wie man auch die berühmtesten Ausländer einladen würde, an
-unseren Wettbewerbungen teilzunehmen.
-
-Hier wäre noch zu bemerken, inwiefern man das Glücksspiel dulden
-könnte, wenn die Spielwut nicht ganz erlöschen würde, obgleich der Sinn
-des Kollektivismus ist, dem Zufall keinen Einfluß mehr zu gestatten.
-Da der Staat alle Güter verwaltet, kann ohne seine Zustimmung nichts
-mehr aufs Spiel gesetzt werden. Doch könnte man der Spielwut immerhin
-kleine Zugeständnisse machen. Weshalb sollte man nicht, solange
-noch Bier gebraut wird, einen Krug Bier ausspielen, oder gewisse
-Reiseberechtigungen dem Sieger im Kartenspiel oder Domino oder Schach
-überlassen dürfen? Das Schachspiel könnte sogar in die Reihe jener
-Künste aufgenommen werden, die von Staats wegen zu fördern und für
-welche Wettbewerbungen im größten Maßstab eröffnet werden sollten. Auch
-ist der Sieg im Schachspiel nicht vom Zufall abhängig, daher es auf
-staatliche Förderung Anspruch hat.
-
-
-12. Nachweis der Ökonomie der in diesem Werk vorgeschlagenen
-Organisation des Verteilungs-, Sanitäts- und Unterrichtsdienstes.
-
-Um zu beurteilen, ob der Kollektivstaat alles das für die Veredelung
-des Volkes, für Sanität, Erziehung und Unterricht leisten könnte, was
-in diesem Werke versprochen wird, ist es vor allem notwendig, daß man
-prüft, ob es richtig ist, daß die Verteilung im Kollektivstaat mit so
-geringem Arbeitsaufwand besorgt werden kann, wie hier behauptet wird.
-Ich glaube, daß der Abschnitt VI, 8, über die Statistik, das ziemlich
-klar macht. Wenn man nun aus unserer heutigen Statistik ermittelt, wie
-viele Menschen heute mit dem Umsatze der Güter zu tun haben, so kann
-man die Ersparnis an Arbeitskräften für den Güterumsatz ermitteln und
-zeigen, daß dadurch viel mehr Personen für Sanität und Unterricht frei
-werden, als der Staat braucht, um die von mir geforderten Leistungen zu
-bestreiten.
-
-Es gibt verschiedene Berufe und soziale Schichten, in welchen die
-Einführung des Kollektivismus mit Aufhebung des Handels und der
-Geldwirtschaft eine Veränderung herbeiführen muß, indem manche Berufe,
-so insbesondere der Handelsberuf und der durch den Handel verursachte
-Arbeitsaufwand erlöschen, andere Berufe neu organisiert werden und
-neue Funktionen übernehmen, daher die dafür gewidmeten Arbeitskräfte
-vermehrt werden müssen. Andererseits werden auch neue Kategorien von
-Arbeitsbefreiten geschaffen, die der Staat zu erhalten hat, wogegen
-die heutige Gesellschaft die Besitzenden ohne Arbeitsgegenleistung
-erhalten muß, welche, wenigstens der Mehrzahl nach, in der künftigen
-Gesellschaftsordnung in einen der dann bestehenden Berufe eintreten
-müssen.
-
-Was die Verschiebungen in den Berufen anbelangt, so handelt es sich
-vorzüglich um den Handel, den öffentlichen Dienst, den Unterricht und
-den Sanitätsdienst; was die Verschiebungen in den arbeitsbefreiten
-(unproduktiven) Gesellschaftsschichten anbelangt, so handelt es sich
-vorzüglich um eine menschenwürdige Altersversorgung in der künftigen
-Gesellschaftsordnung einerseits und um Ausgedingler, Haus- und
-Rentenbesitzer, Pensionäre und Almosenempfänger, Pfründner und andere
-unproduktive Personen in der heutigen Gesellschaftsordnung. Von der
-Altersversorgung wird in XI, 1, c, die Rede sein.
-
-Die Ermittlung der oben erwähnten Berufe wird nach den Volkszählungen
-des Jahres 1900 in Österreich und Ungarn gemacht und es werden die
-beiderseitigen Ziffern zusammengezogen, wobei die Ziffern für Ungarn
-in manchen Punkten schätzungsweise mit der Hälfte der für Österreich
-gültigen Ziffern eingestellt werden, weil die ungarische Statistik
-manches, was in Österreich gesondert nachgewiesen wird, zusammenfaßt
-und diese Veranschlagung jedenfalls der Wahrheit so nahe kommt, als man
-für diese Arbeit braucht.
-
-Der Handel beschäftigte in beiden Reichsteilen, Österreich und Ungarn,
-
- zusammen 665 949 Pers.
- der öffentliche Dienst XXVI, 1 u. 2 des 98 260 "
- Volkszählungsoperates
- der Unterricht XXVI, 3 " 141 681 "
- der h. Sanitätsdienst XXVI, 4 " 18 812 "
- der n. Sanitätsdienst XXVI, 5 " 26 625 "
- Advokaten und Notariat XXVI, 8 " 21 439 "
- -------------
- in Summa 972 766 Pers.
-
-Es handelt sich hier um einen Bevölkerungsstand von rund 45 Millionen
-oder, nach der von mir angenommenen Verteilung der Bevölkerung um 45,000
-Gemeinden und Quartiere von durchschnittlich 1000 Bewohnern.
-
-Hierbei sind Post- und Telegraphenbetrieb, obwohl dabei große
-Ersparnisse an Arbeit wahrscheinlich sind, dann einige kleine
-Nebenberufe des Handels und selbstverständlich der Transport nicht in
-Rechnung gestellt.
-
-Da nun in der künftigen Gesellschaftsordnung die Verteilung im
-Großbetriebe von den Verwaltungsbeamten besorgt wird, welche den
-Handelsstand entbehrlich machen, so beansprucht der Kollektivstaat für
-jede Gemeinde und Quartier einen Verwaltungsbeamten, dem eventuell ein
-Volksbeamter beigegeben wird, das macht für
-
- 45,000 Gemeinden und Quartiere 90 000 Personen
- mit einem Zuschlage von 18 000 "
- für übergeordnete Beamte und Zentralstellen, es
- beansprucht ferner der Unterrichtsdienst je 8
- Volksschullehrer für 45,000 Gemeinden und Quartiere 360 000 "
- mit einem Zuschlage von 180 000-A- "
- für übergeordnete Organe des Unterrichts, der
- Zentralstelle, der Hochschulen, Universität und
- Akademie, ferner zwei Ärzte, einen männlichen und
- einen weiblichen für je eine Gemeinde oder Quartier 90 000 "
- mit einem Zuschlage von 18 000 "
- für übergeordnete Organe des Sanitätsdienstes,
- die Zentralstelle und Spezialärzte
- -----------------
- in Summa 756 000 Personen
-
-oder rund um 220,000 Personen weniger als oben für das Jahr 1900 in
-Österreich-Ungarn ausgewiesen wurde. Das ist wesentlich die Folge
-davon, daß durch die Pauschalversorgung der Bevölkerung und den Umsatz
-von Gemeinde zu Gemeinde, statt von Individuum zu Individuum, sowie
-durch Naturalwirtschaft und durch Vereinheitlichung des Umsatzes in der
-Hand des Staates dieselben ökonomischen Vorteile erzielt werden, wie
-durch das Clearingsystem.
-
- -A- Hierbei ist auch die Vermehrung der Hochschulstudierenden
- in Anschlag gebracht.
-
-Freilich wird das niedere Sanitätspersonal, dann das Erziehungspersonal
-und der Unterricht in den vier ersten Volksschulklassen zu Lasten
-des Haushaltungspersonals gerechnet, allein auch heute beteiligt sich
-die Familie an der Krankenpflege, der Erziehung und dem Unterrichte
-und es wird das in Zukunft mit weit größerem Erfolge geschehen,
-weil die Bildung der weiblichen Bevölkerung im Kollektivstaate eine
-weit größere ist. Außerdem wird erwartet, daß die Zentralisation der
-hauswirtschaftlichen Arbeiten eine Ersparnis an Arbeitskräften mit sich
-bringen wird, wodurch der Mehraufwand an Erziehungs- und Krankenpflege
-wettgemacht werden dürfte.
-
-Eine Vergleichung zeigt also, daß die Verteilung (der Gütertausch),
-der Unterricht und das Sanitätswesen zusammengenommen eine geringere
-Belastung der Volkswirtschaft beanspruchen wird, als in der heutigen
-Gesellschaftsordnung, obgleich der Kollektivismus in allen diesen
-Zweigen der Volkswirtschaft mindestens dreimal mehr leistet, als
-die heutige Gesellschaft. Das gilt nicht nur vom Unterrichts- und
-Sanitätsdienst, sondern auch von der Güter- und Arbeitsverteilung,
-welche zugleich -- =ohne Verwaltungskosten= -- die beste Versicherung
-für alle ökonomischen Wechselfälle des Lebens bietet. Nicht
-nur wird der Sanitätsdienst die Aufgabe haben, den allgemeinen
-Gesundheitszustand zu heben, sondern auch auf die Verteilung der
-Arbeit, die Berufswahl und die Erteilung der Ehebewilligung und im
-weiteren auf die psychische und physische Veredelung des Volkes Einfluß
-zu nehmen.
-
-Die heutige Güterteilung wirkt zugleich indirekt als Zwang zur Arbeit.
-Diese Art des Zwanges wird aber im Kollektivismus durch direkten Zwang
-ersetzt, wie er beim Militärdienst geübt wird.
-
-Mit dem Hinwegfalle der Arbeits=kräfte=, welche heute im Handel
-verbraucht werden, welche Ersparung allein als Handelsunkosten
-veranschlagt wurden, wird in Zukunft auch ein großer sachlicher
-Aufwand in Ersparung gebracht, den der Handel verursacht, ein Aufwand
-für Geschäftsräume, für Lagerräume, für Annoncen und Reisen, mit
-einem Worte alles, was in den Betriebsrechnungen der Kaufleute außer
-dem Salär an Spesen verrechnet wird. Ferner gehört zum Aufwande
-für die Verteilung durch Kauf und Verkauf auch mancherlei Arbeit
-der selbständigen Unternehmer, nämlich der Bauern und Gewerbsleute
--- in Österreich mehr als 4 Millionen Personen -- welche in der
-Berufsstatistik nicht als Handelsarbeit ausgewiesen wird, so das
-Marktfahren, die Gänge zu Behörden und Anwälten, das Handeln und
-Schachern beim Verkauf von Kälbern und Schweinen, beim Ankauf von
-Saatgut, beim Verkauf von Kartoffeln, Ackerfrüchten und Milchprodukten,
-von Eiern, beim Ankauf von Werkzeugen und beim Anwerben von
-Dienstleuten.
-
-Ferner sind noch viele Gewerbe in unserer heutigen Gesellschaftsordnung
-mindestens zur Hälfte als Handelsgewerbe zu rechnen und zwar:
-Fleischer, Selcher, Bäcker, Zuckerbäcker, Kaffeesieder, Ausschänker,
-Gasthöfe und Wirte. Von den in diesen Gewerben Tätigen wurden 1900 in
-Österreich-Ungarn 317 731 gezählt und zwar mit Ausschluß der Arbeiter
-in den vier ersten Gewerben, daher reichlich die Hälfte, nämlich 159,000
-auf Verteilungsarbeit (in den Gast- und Kaffeehäusern Bedienung) zu
-rechnen sind.
-
-Mit dem Handel entfällt auch die Handelsarbeit der Kundschaft, welche
-statistisch nicht ausgewiesen werden kann. Da die Kundschaft zum
-Kaufmann geht, der sie erwartet,[39] die Kundschaft auch im Laden die
-Abfertigung abwarten muß, kann man wohl annehmen, daß der Zeitverlust
-und Arbeitsaufwand der Kundschaft im Handel ein und einhalbmal soviel
-beträgt, wie der Arbeitsaufwand der im Handelsberufe tätigen Personen
-oder die Jahresarbeit von
-
- 998 924 Personen
- dazu Tätige im Handelsberufe 665 949 "
- ------------------
- Gesamthandelsarbeit 1 664 883 Personen
-
-nahezu 1,7 Millionen Menschen von 45.000,000 Einwohnern.
-
- [39] Das gilt nur nicht vom Hausierhandel, der aber nur den
- 24. Teil der im Handelsberufe beschäftigten Personen in
- Anspruch nimmt.
-
-So wie der Geldhandel eine vielfach vollkommenere Güterumsatzform
-ist, als der Tauschhandel, zwischen einzelnen Personen, so ist der
-Güterumsatz im Kollektivstaat vielmal vollkommener und ökonomischer
-als der Geldhandel. Ebenso ist der Familienhaushalt eine durchaus
-rückständige Wirtschaftsform für das Volk. Er ermangelt aller Vorteile
-des Großbetriebes, dessen Vorzüge in den vorstehenden Berechnungen zum
-Ausdruck kommen. Wenn man die Familie als Einheit für die Wirtschaft
-betrachtet, so findet heute der Austausch zwischen 6 bis 8 Millionen
-solcher Einheiten in Österreich-Ungarn statt, während diese Einheiten
-im Kollektivstaate auf 45,000 vermindert würden. Aber abgesehen von der
-Arbeitsverminderung, welche das zur Folge hat, ist ja unser Gütertausch
-auch die Quelle so zahlreicher Zufälle, die das menschliche Leben zu
-einem tollen Spiel machen.
-
-In Vorstehendem ist der Nachweis erbracht worden, daß die Ersetzung
-des Privateigentums durch Kollektiveigentum, die direkte Verteilung
-der Güter an Stelle der Verteilung durch Kauf und Verkauf, somit
-die absolute Naturalwirtschaft an Stelle der Geldherrschaft, eine so
-außerordentliche Vereinfachung des Güterumsatzes zur Folge hat, daß
-die dadurch bedingte Arbeitsersparnis hinreicht, Unermeßliches für
-die Vervollkommnung der Rasse und die Erziehung und Unterricht, für
-Kunst und Wissenschaft zu tun. Außerdem bewirkt der Kollektivismus
-eine Totalversicherung jedes einzelnen Individuums, er macht alle
-jene Verbrechen unmöglich, deren Triebfeder der Eigennutz ist und
-er begründet eine Ära des inneren Friedens und bereitet damit den
-internationalen Frieden vor.
-
-Unerledigt bleibt die Frage, ob die Volkswirtschaft die Arbeit von
-vier Jahrgängen, vom 14. bis zum 18. Lebensjahre entbehren kann, um
-den Unterricht bis zum vollendeten 18. Lebensjahre auszudehnen. Es
-ist zwar nicht zu bezweifeln, daß zu frühe körperliche Anstrengung
-den Arbeitswert der Menschen für das ganze Leben herabsetzt und daß
-eine intensivere geistige Ausbildung den künftigen Arbeitswert der
-Individuen erhöht, aber einen ziffernmäßigen Nachweis, daß diese
-Einrichtung ohne Schaden für die Gesamtproduktion verwirklicht
-werden kann, ist nicht zu erbringen. Man wird darum auch nicht von
-allem Anfang die ganze Jugend bis zum vollendeten 18. Lebensjahre in
-der Schule halten und von der physischen Arbeit befreien, sondern
-nur die intelligentesten Schüler des 8. Schuljahres in die vier
-letzten Jahrgänge aufsteigen lassen, die minderbefähigten aber
-zur Arbeit einstellen, wobei man aber dafür sorgen wird, ihnen nur
-die leichtesten Arbeiten zuzuweisen, welche der Entwicklung nicht
-hinderlich sind. In einer gut organisierten zentralisierten Produktion
-können übrigens viele Kräfte zur Arbeit verwendet werden, welche
-heute brach liegen müssen, und darum wird es möglich sein, auch schon
-zweijährige Kinder zu gewissen Arbeiten zu verwenden, welche Kraft
-und Geschicklichkeit nur steigern. So gehe ich von der Meinung aus,
-daß Erziehung und Unterricht nicht darunter leiden würden, wenn die
-Kinder und jungen Leute schon vom dritten Jahr an 2-3 Stunden des
-Tages produktiv beschäftigt würden und auch dadurch würde ein Teil
-des Arbeitsverlustes hereingebracht werden, der mit der Ausdehnung des
-Volksschulunterrichtes auf zwölf Jahre verbunden wäre.
-
-
-
-
-IX.
-
-Die Befriedigung der wichtigsten Bedürfnisse des Volkes im
-Kollektivstaate.
-
-
-1. Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses.
-
-Wie hätte der Kollektivstaat die Wohnungsbauten einzurichten und für
-das Wohnungsbedürfnis des Volkes zu sorgen?
-
-Ich bespreche hier nur das Bedürfnis des Volkes, der Masse, nicht
-derjenigen, die durch höhere Verdienste Ansprüche auf Bevorzugung
-haben. Ich spreche von dem Bedürfnisse des geringsten Arbeiters und der
-Arbeitsunfähigen, vom Wohnungsminimum in den Urgemeinden.
-
-Ich befürworte vor allen die völlige Trennung der Wirtschafts- und
-Industriebauten von den eigentlichen Wohnbauten, es sollen nicht
-nur mit den einzelnen Wohnungen, von Küchen und von den Räumen für
-die Wäsche und andere hauswirtschaftliche Arbeiten abgesehen, keine
-Werkstätten in unmittelbarer Verbindung stehen, sondern auch in der
-unmittelbaren Nähe der Wohnungsansiedlungen soll es weder Werkstätten,
-noch Stallungen, Scheunen oder Fabriken geben und ich halte es nicht
-für nötig, dafür Gründe anzuführen. Die Wohnungsansiedlung soll nur
-der Ruhe, dem Genusse und der Geselligkeit dienen und auch danach
-eingerichtet sein.
-
-Doch ist vor allem eine Frage zu lösen, soll das Küchenwesen und
-die hauswirtschaftliche Arbeit zentralisiert, oder nach Familien
-eingerichtet sein? Ich bin für ersteres und zwar aus folgenden Gründen.
-Die Großwirtschaft ist auch hier außerordentlich ökonomisch und sie
-ist nirgends so ökonomisch, als gerade in der Hauswirtschaft. Die
-Hauswirtschaft mit der Speisenbereitung, Wäsche, Beheizung, Reinhaltung
-und Lüftung der Wohnungen und der Ausbesserung von Kleidern, Wäsche und
-Utensilien, dann Kinder- und Krankenpflege und häuslichen Erziehung
-beansprucht reichlich ein Fünftel der ganzen nationalen Arbeit. Es
-handelt sich also um einen Produktionszweig, der in Österreich-Ungarn
-etwa 4,5 Millionen Menschen beschäftigt. Die Zentralisierung dieser
-Arbeiten nach Gemeinden von beiläufig 1000 Köpfen gestattet bei
-besserer Herstellung dieser Arbeiten eine Ersparnis von reichlich 1-1,5
-Millionen Arbeitskräften, welche der Erziehung und dem Unterrichte
-zu statten käme und unsere Frauen vor Überbürdung schützen würde.
-Die durch Zentralisierung der hauswirtschaftlichen Arbeiten erzielte
-Ökonomie hat in Kopenhagen zur Errichtung von Einküchenhäusern geführt,
-welche Küche und Bedienung für 25 Familien liefern, aber nicht für
-gemeinsame Speisesäle eingerichtet sind. Diese Absonderung der Familien
-vermindert zwar den ökonomischen Erfolg, ist aber beim beständigen
-Wechsel in der heutigen Gesellschaftsordnung ebenso notwendig, wie
-sie in der kollektivistischen Gemeinde unökonomisch, und den sozialen
-Zwecken hinderlich wäre.
-
-Dagegen nun steht die vermeintliche Forderung des Gemütes und die
-Voraussetzung, daß nur liebende Frauen das alles mit gewissenhafter
-Aufopferung und so besorgen, daß die Familienglieder befriedigt werden.
-Nun meine ich zwar, daß die Familie ihre abgeschlossene Wohnung
-braucht, wo sie ungestört die wahren Freuden des Familienlebens
-genießen kann, daß aber mehr die gesellige Vereinigung der Eltern
-mit den Kindern, als die persönliche Bemühung der Hausfrau mit allen
-Einzelheiten der Familienwirtschaft das Familienglück ausmacht und
-daß vielmehr gerade die Belastung der Hausfrau mit so vielerlei
-Geschäften, welchen allen sie unmöglich gleichmäßig gewachsen sein
-kann, die Quelle zahlreicher Mißhelligkeiten ist, und daß gerade
-deshalb so wenig wahres Familienglück angetroffen wird. Am ehesten
-noch allerdings bei Arbeitern, wo diese Geschäfte niemals gut besorgt
-werden, noch gut besorgt werden können; bei ihnen nur, weil elende
-Menschen nach jedem Strohhalm von Glück haschen und gemeinsames Leid
-die Menschen verträglich macht. Wo nur etwas Wohlhabenheit ist, werden
-ohnehin fremde Hilfskräfte gedungen, ohne dadurch das Familienglück
-immer zu gefährden. Und auch bei zentralisierter Wirtschaft ist ja die
-Familienmutter in der Lage, fehlendes zu ergänzen und auf Erfüllung
-der dem Staate obliegenden Verpflichtungen zu dringen und so sich ihrer
-Kinder anzunehmen, für sie besorgt zu sein.
-
-Ein weiterer Grund, der für Gemeindewirtschaft spricht, ist die
-Forderung einer über die Grenzen der Familie erweiterten Geselligkeit,
-die dort vernünftig gepflegt werden kann, während sie heute gerade
-auf Kosten der Kinder geht. Wir finden, daß zumeist der Hausvater ins
-Wirtshaus, die Hausfrau auf Besuch geht, ja auch das Dienstmädchen
-mit dem Liebhaber läuft und die Kinder, die man nicht mitnehmen
-kann, entweder eingesperrt werden oder auf der Gasse tausend Gefahren
-ausgesetzt sind.
-
-Diesen Übelständen und den Rechtsverletzungen des Mannes der Frau und
-der Eltern den Kindern gegenüber kann der kollektivistische Staat ein
-Ende bereiten, aber nur dann, wenn er es vermag, die Familienglieder
-nötigenfalls auch zu trennen und ihnen gesonderte Unterkunft zu
-verschaffen, in gewöhnlichen Zeiten aber die Eltern, wenn sie abwesend
-sein müssen, zu ersetzen. Das wird durch die Zentralstation der
-Wohnungen in großen Gebäuden sehr erleichtert, würde aber durch das
-Villensystem erschwert werden. In diesen zentralisierten Ansiedlungen
-ergibt sich zwischen allen Gliedern der Gemeinde, den Männern, den
-Frauen und den Kindern, eine umfassende Geselligkeit, welche den
-Frieden fördert, die Anschauungen bereichert, die Intelligenz erhöht.
-
-Doch soll auf diesem Gebiete kein Doktrinarismus aufkommen und da
-man mit dem Kollektivismus nur im kleinen beginnen kann, wird das
-Experiment uns belehren, ob der gemeindeweise Haushalt den Bedürfnissen
-der Menschen mehr entspricht und so wird die Erfahrung den Ausschlag
-geben.
-
-Nehmen wir an, die Entscheidung wäre für den gemeindeweisen
-Hauswirtschaftsbetrieb gefallen, so wäre für folgende Bedürfnisse
-zu sorgen. Jedem muß es möglich sein, sich abzuschließen, oder sich
-anderen im engeren Kreise anzuschließen oder endlich der Geselligkeit
-im Großen zu erfreuen. Es muß also jedem, der es wünscht, ein
-genügender, abgesonderter Schlaf- und Wohnraum zugewiesen werden, es
-muß aber auch die Gelegenheit geboten sein, mehrere Schlafräume zu
-einem Ganzen zu gemeinschaftlicher Benutzung zu vereinen und außer
-diesen Schlafräumen muß es große Säle und kleinere Säle geben, in
-welchen sich die ganze Gemeinde und kleinere Gesellschaften versammeln
-können. Die Mahlzeiten sollen die Glieder der Gemeinde so viel als
-möglich gemeinsam einnehmen, es soll aber auch gestattet sein, sich
-das Essen auf seine Stube bringen zu lassen, damit die Gemeinsamkeit
-nicht zur Last wird. Anfangs werden sich aus diesem Zusammenleben
-vielleicht manche ärgerliche Streitigkeiten ergeben, aber je weiter
-die Volkserziehung schreitet, je mehr sich die Staatsangehörigen in
-die Verhältnisse einleben und wenn einmal die Zeiten kommen, wo die
-überwiegende Mehrzahl der Gemeindegenossen von Jugend auf zusammen
-aufgewachsen ist, endlich, wenn es der kollektivistische Charakter
-des Staates ermöglicht, störende Elemente, die sich in einer Gemeinde
-nicht einzufügen vermögen, in andere Gemeinden zu versetzen, wird
-ein herzliches Einvernehmen der Bewohner einer Gemeinde gewiß
-sich entwickeln. Man denke an die kameradschaftliche Gesinnung
-der Mannschaft eines Regiments, der Offiziere einer Garnison und
-daran, daß man im ältesten Griechenland so hohen Wert auf gemeinsame
-Mahlzeiten legte. Doch wird hier vieles abhängen von dem Takt und der
-Menschenkenntnis der Verwaltungsbeamten.
-
-Diesen Grundsätzen würde nun ein Bau entsprechen, der nach VI, 1, a,
-wie unten beschrieben eingerichtet wäre.
-
-Der Mittelbau, ein Oblongum von etwa 1600 Quadratmeter Baufläche, würde
-als Gemeindepalast dienen, im Untergeschoß Küche, Keller, Wäscherei,
-geschlossene Bäder, Turnsaal und Spielräume, im Hochparterre einen
-den ganzen Raum umfassenden Speisesaal, im oberen Stockwerke den
-Bibliotheks- und Versammlungssaal, das Amtszimmer, die Schulzimmer,
-Spielsäle und Vorratsräume enthalten. Im Bibliothekssaale könnten
-auch Sonntags religiöse Feierlichkeiten abgehalten werden, wenn das
-Vorurteil unterdrückt sein wird, daß solche Feierlichkeiten nur in
-geweihten Räumen stattfinden dürfen. Dieser Bau würde von einem Garten
-umschlossen, an den vier Wohnbauten in Kreuzform mit Erdgeschoß und
-drei Stockwerken grenzen würden. Jedes dieser vier Häuser würde 256
-Wohnungseinheiten enthalten und nach Bedarf in einfenstrige Stuben
-und größere, gemeinsame Gemächer eingeteilt werden. Diese 1024
-Wohnungseinheiten wären ausreichend für Beherbergung von 1000 ständigen
-oder vorübergehenden Bewohnern, für Kranken- und Fremdenzimmer und für
-Einräumung größerer Wohnungen für die Verwaltungsbeamten, Ärzte und
-Lehrer und einige sonstige bevorzugte Gemeindeglieder. Dabei ist zu
-beachten, daß die erstjährigen Kinder wohl kein eigenes Schlafzimmer
-zugewiesen erhielten, daß auch einige Erwachsene, welche einem
-Turnus nach mit Schmutzarbeiten befaßt wären, aus dem Gemeindeleben
-auszuscheiden hätten und im Wirtschaftsgebäude zu schlafen hätten,
-wodurch Räume in den Schlafgebäuden frei würden.
-
-Eine solche Gemeinde besäße Bäder jeder Art, im Freien, im Souterrain
-und in allen Stockwerken, so daß für Reinlichkeit und Gesundheit auf
-das beste gesorgt wäre.
-
-Wollte man familienweise für die Wohnung sorgen, mit den beliebten
-»Familienhäusern«, so wäre das nicht nur ungesellig, sondern man müßte
-etwa zweihundert solcher Häuschen bauen. Und wollte man drei oder
-vier Familien zusammensperren, also bloß 50 Häuser für 1000 Bewohner
-bauen, so wären Kosten und Übelstände immer noch groß, und der Vorteil
-bestünde nur darin, daß man sich der Zentralisation genähert hätte.
-Die Familienhäuser würden ein weit größeres Baukapital und einen vier-
-bis fünffach größeren Raum erfordern, eine Menge Straßen und Wege
-beanspruchen und einen weit umfassenderen Dienst für Beseitigung der
-Fäkalien und Straßenreinigung notwendig machen, und man kann sagen, daß
-durch Annahme dieses Systems der Aufwand für Wohnungsbauten mindestens
-um ein Drittel erhöht würde[40], bei gleicher Bequemlichkeit.
-Vorteile und Nachteile gegeneinander gehalten, wird der überwiegende
-Vorteil auf Seite entsprechend zentralisierter Wohnungsansiedlungen
-sein. Zudem erschwert die Zerstreuung der Gemeindeinsassen die
-Aufsicht[41], die Verteilung, die Unterdrückung des Vagabundenwesens
-und die Evidenthaltung der Bevölkerung und ihrer Verteilung, die
-nach VI, 8, eine wesentliche Grundlage einer vollkommenen Versorgung
-aller Volksgenossen bildet. Es würde von allem, was ich mir vom
-Kollektivismus verspreche, kaum etwas realisiert werden können, wenn
-man das Villensystem annähme.[42]
-
- [40] Die Familienhäuser bieten auch den Nachteil, daß sie sich
- den wechselnden Bedürfnissen der Familien nicht anpassen
- können. Eine Familie kann kinderlos bleiben oder rasch
- sich vermehren, dann wieder rasch abnehmen. In einem
- kollektivistischen Schlafhause ist es möglich, sich dem
- jederzeit anzupassen.
-
- [41] Wenn ich von Aufsicht rede, die anarchistisch veranlagte
- Arbeiter nicht dulden wollen, so bemerke ich nur, daß
- Kinder den Eltern und Frauen den Männern viel mehr
- preisgegeben sind, wenn sie in abgesonderten Häusern
- wohnen, und daß gerade der Kollektivbürger ein Interesse
- daran hat, daß sich niemand der Arbeit entzieht und
- niemand sich aneignet, was ihm nicht gebührt. Übrigens ist
- der Kollektivismus der Gegensatz des Anarchismus.
-
- [42] Man hat im Interesse der Arbeiter in England der
- Wohnungsfrage die Aufmerksamkeit zugewendet und in Port
- Sunlight bei Liverpool und in Ansiedlungen bei Birmingham
- Musterhäuser nach dem System der Wohnungshäuser erbaut,
- die vermietet werden. Man rühmt besonders Port Sunlight
- und behauptet, daß dort die Sterblichkeit auf 9/1000
- (!) gesunken sei. Das wird wohl noch andere Gründe als
- bloß das verbesserte Wohnungswesen haben. Doch sind das
- Privatunternehmungen, sie vermehren nur die Städte und
- erschweren die Einrichtung für den kollektivistischen
- Betrieb.
-
-Um die Ansiedlung recht wohnlich zu machen, würde man die Gebäude durch
-gedeckte Gänge und Veranden verbinden und, wenn möglich, schattige Wege
-in den nahen Wald führen.
-
-Da drei Viertel der Fenster der Wohnstuben ins Freie führen, das letzte
-Viertel aber nach den Gärten sähe, welche zwischen den Wohnhäusern und
-dem Gemeindepalaste liegen, so wäre genügend für gute Luft gesorgt.
-Ganz besondere Rücksicht wäre auf Vermeidung der Gefährdung der
-Bevölkerung durch Elementarereignisse zu nehmen. Wo Überschwemmungen,
-Vulkaneruptionen, Lawinen oder Erdbeben zu fürchten sind, sind keine
-Wohnungsansiedlungen anzulegen und die etwa vorhandenen abzutragen.
-Gegen Feuer hat man nicht nur alle Löschgeräte bereit zu halten,
-sondern auch alle Hilfsmittel zur Flüchtung der Bewohner aus allen
-Teilen der bewohnten Gebäude. Es wird sich empfehlen, von Zeit zu
-Zeit Übungen für die Flüchtung der Insassen aus brennenden Gebäuden zu
-veranstalten.
-
-Die Vermeidung der Anlage von Wohnbauten an Orten, welche
-erfahrungsgemäß sehr gefährdet sind, ist im Kollektivstaate sehr leicht
-ausführbar; in unserer Gesellschaftsordnung werden sich immer einzelne
-in der Zwangslage befinden, sich an solchen Orten anzusiedeln, weil der
-andere Boden besetzt ist. Der Kollektivismus kann also auch nach dieser
-Richtung einem Bedürfnisse der allgemeinen Wohlfahrt besser genügen,
-als unsere Gesellschaftsordnung. Laibach, St. Pierre und andere
-Beispiele lehren, wie auch gegen solche Schrecknisse der Kollektivismus
-allein abhelfen kann. Es hätte die Bevölkerung von Martinique gerettet
-werden können, wenn Amerika kollektivistisch organisiert wäre.
-
-Innerhalb gewisser Grenzen wird der Staat in jeder Gemeinde für
-Ästhetik und Annehmlichkeiten im Wohnwesen sorgen. Allein über diese
-Grenzen hinaus wird es den Gemeindemitgliedern überlassen bleiben,
-größere Annehmlichkeiten zu schaffen. Die jährlich zur Verteilung
-gelangenden Konsumtibilien, VIII, 5, und die freie Zeit der Bewohner
-können dazu verwendet werden, um Wege und Aussichtswarten anzulegen,
-die Wohnräume zu schmücken, die Gartenanlagen zu zieren u. dergl.,
-und nur insofern dadurch Flächen dem Anbau entzogen würden, wird die
-Zustimmung der Staatsverwaltung erforderlich sein. Ja, wenn sich unter
-den Gemeindegenossen wirkliche Künstler befinden, kann sich eine kleine
-Gemeinde im Laufe von Dezennien in ein kleines Athen verwandeln, der
-große Saal mit herrlichen Bildwerken und Gemälden geschmückt werden,
-die Eingangspforten mit Bronzen und Holzplastik ausgestattet, die
-Außenwände der Gebäude mit architektonischem Schmucke verkleidet, das
-Hausinventar veredelt werden, und so ist es möglich, daß die Gemeinden
-sich individualisieren und eine Art von Gemeindeeigentum geschaffen
-wird. Dadurch kann sich eine Gemeinde auch Anspruch auf Privilegien
-erwerben, so daß ihr ein Einspruchsrecht eingeräumt wird gegen Aufnahme
-neuer Gemeindegenossen, welche des Vorzuges, solche Herrlichkeiten zu
-genießen, unwürdig erscheinen.
-
-Für die Ausstattung der Wohnräume und des Gemeindepalastes, soweit
-sie vom Staate bestritten wird, wird ein allgemeines System anzunehmen
-sein, um bei tunlichster Mannigfaltigkeit eine gleichmäßige Verteilung
-des staatlichen Aufwandes zu sichern. Bei der Neuanlage von Gemeinden
-nach VI, 2, _Alinea_: »Da bei einer Bevölkerung«, kann den künftigen
-Bewohnern, insofern sie bekannt sind, eine gewisse Wahl eingeräumt
-werden, vorausgesetzt, daß die zugestandene Menge an Material und
-Arbeit nicht überschritten wird. So mögen die einen den Wunsch
-haben, daß große Glashäuser angelegt werden, andere wünschen, einen
-Wintergarten zu besitzen oder ein großes Atelier für Photographie,
-selbst eine kleine Sternwarte oder eine ausgedehnte Telephonanlage im
-Innern der Gemeinde zur Verbindung aller Räume zu erlangen. Was hier
-vom Wohnungsschmucke gesagt wurde, hat auch Anwendung auf das Mobiliar
-der Wohnhäuser und des Gemeindepalastes und alles, was zum Betriebe
-der Hauswirtschaft erforderlich ist. Auch im Mobiliar ist in einem
-Kollektivstaate eine viel größere Mannigfaltigkeit als in unseren
-Verhältnissen möglich, weil selbst bei der Annahme vieler Tausender von
-Formen doch jedes Erzeugnis zum Massenartikel wird. Nur Luxusformen
-bleiben von der Verallgemeinerung ausgeschlossen und bevorzugten
-Ortschaften und bevorzugten Bevölkerungsschichten[43] vorbehalten.
-
- [43] Wenn von Bevölkerungsschichten die Rede ist, so sind
- darunter weder Stände noch Klassen verstanden, weil es
- sich weder um erbliche noch um eigenmächtig erkämpfte
- Vorteile handelt, sie vielmehr im einzelnen nach dem
- Volkswillen einzelnen Personen zugestanden werden und sie
- in jedem Augenblick auf dem Volkswillen beruhen, der sie
- jederzeit entziehen kann.
-
-Diese zentralisierten Wohnansiedlungen entsprechen am besten dem
-Charakter des Kollektivismus. Die Lage der großen Mehrzahl des Volkes
-ist von der Art, daß die Familien das häusliche Glück nur während
-weniger Stunden genießen können, Arbeit und Beruf halten die Eltern den
-größten Teil des Tages hindurch von den Kindern fern, bis auch diese
-wieder, durch ihren Beruf in Anspruch genommen, das Haus verlassen
-müssen oder wenigstens nur für wenige Stunden dahin zurückkehren.
-Selbst wo die Mutter den Tag über zu Hause bleiben kann, wird sie von
-vielerlei Geschäften in Anspruch genommen, und sie kann den Kindern
-eine ununterbrochene Aufmerksamkeit nicht zuwenden. Das Ideal des
-Familienlebens, das man den Arbeitern so verlockend darstellt, damit
-sie dessen Verlust durch den Sozialismus für ein großes Unglück
-halten sollen, besteht nicht. Sie müssen ihre Kinder in die Krippen,
-Spielschulen und Schulen senden und sich so auch heute von ihnen
-trennen. Aber diese Anstalten gewähren nur einen ungenügenden Ersatz
-der häuslichen Erziehung, weil sie oft weit entlegen und die den
-Kindern gewidmeten Stunden beschränkt sind. Auch spielen in allen
-solchen Dingen die Entfernungen eine große Rolle. In großen Städten
-sind selbst Familien des höheren Mittelstandes in Verlegenheit, wenn
-zwei oder drei Kinder in verschiedene Schulen geschickt werden müssen.
-In einer zentralisierten Gemeinde können die Kinder auf dem kurzen Wege
-zur Schule im Gemeindepalast vom Fenster der Wohnung aus überwacht oder
-von den Erziehungspersonen abgeholt und geleitet werden.
-
-Da unser Erziehungswesen viele Mängel hat, die von Plato aufgestellte
-Forderung, alle Kinder von den Eltern zu trennen, ebenso absurd ist,
-wie es verwerflich wäre, verwahrloste, verwaiste oder mißhandelte
-Kinder nicht zu schützen, so sind in VII, 2, und 5, a und b jene
-Grundsätze dargestellt, welche eine Verbindung der Familienerziehung
-mit der staatlichen Erziehung ermöglichen und im Kollektivstaat leicht
-durchzuführen sind. Diesem Bedürfnisse, den Eltern für die Zeit ihrer
-berufsmäßigen Arbeit die Sorge für die Kinder abzunehmen und einen
-Erziehungseinfluß von Staats wegen auszuüben, entspricht der hier
-dargestellte Charakter der Ansiedlungen.
-
-Derselbe ermöglicht ferner die arbeitsteilige Besorgung
-der hauswirtschaftlichen Geschäfte, die Zentralisierung der
-Speisenbereitung und die ausgiebigste Ausnützung aller Räumlichkeiten.
-Er erleichtert demnach auch die Verwaltung und jene Überwachung der
-Bevölkerung, welche alle Vagabundage unmöglich macht. In dieser
-Ansiedlung können gemeinsame Beratungen und Abstimmungen leicht
-vorgenommen werden, und ohne die Absonderung unmöglich zu machen, wird
-doch der staatliche Einfluß dahin geltend gemacht, die Geselligkeit im
-weitesten Sinne zu fördern, welche das erreichen soll, was Plato für
-die höchste Aufgabe der Staatskunst erklärt, alle Teile des Volkes wie
-in ein »königliches Geflecht« zu vereinigen.
-
-Die vielfach gegliederten, zum Teil allen Bewohnern und Fremden
-zugänglichen, zum Teil nach Bedarf und in einem Turnus einzelnen
-Schichten, Geschlechtern und Altersstufen geöffneten Räume lassen jede
-einzelne Ansiedlung als eine der großen Toynbeehalls erscheinen, welche
-wegen des zwanglosen Zusammenkommens der Arbeiterfamilien mit den
-Gebildeten sich in England und Amerika so besonders kulturförderlich
-erwiesen haben und als Fortsetzung des Volksunterrichtes
-anzusehen sind. So werden auch die in allen Gemeinden periodisch
-veranstalteten Vorträge populär wissenschaftlicher Art die Zwecke
-der _university-extension_ im umfassendsten Maßstabe anstreben und in
-weit vollkommener Art das leisten, was die Bemühungen der Gebildeten
-in den Landgemeinden Dänemarks bereits heute leisten. Aber auch der
-Besuch dieser Vorträge würde viel schwächer sein, wenn jede Familie ihr
-abgesondertes Wohnhaus hätte.
-
-=Reinigung, Beheizung, Ventilation, Beleuchtung.= Auch für viele
-hauswirtschaftliche Arbeiten und hygienische Anstalten ist die
-Zentralisierung der Wohnbauten sehr förderlich. Das gilt nicht nur
-für die Speisenbereitung, sondern auch für die Reinigung der Wäsche,
-der Kleider, der Wohnungen und des Mobiliars. Der Vakuum Cleaner, der
-jede Art von Reinigung von Staub und Bakterien auf das gründlichste
-besorgt, kann nicht für kleine Familien angeschafft werden, wohl aber
-für eine Ansiedlung, wie sie hier geschildert wird. Dadurch wird die
-Wohltat einer vollkommenen Reinigung der Zimmer, Betten, Kleider, Möbel
-und Teppiche auch dem Geringsten gesichert. Wenn die Wohnungsbauten
-danach eingerichtet sind, kann die Versorgung mit gut gereinigter,
-entsprechend angefeuchteter warmer oder abgekühlter Luft durch in der
-Tiefe angelegte Heizvorrichtungen oder in den Dachräumen untergebrachte
-Kühlanlagen mit geringen Kosten besorgt werden, vorausgesetzt, daß die
-Wohnungsbauten nicht zerstreut, sondern zentralisiert erbaut werden und
-schon die ursprüngliche Bauanlage dafür eingerichtet ist.
-
-Was die größeren Ansiedlungen anbelangt, so ist folgendes zu bemerken.
-
-Schon die Anlage eines Bezirksvorortes wird sich einigermaßen von der
-der Urgemeinden unterscheiden. Denn es wird dort nicht nur ein größerer
-Stab von Beamten, Lehrern und Ärzten unterzubringen sein, sondern auch
-irgend eine Schule höherer Ordnung, ein ausgedehnterer gewerblicher
-Betrieb, eine größere Zentralbibliothek für den ganzen Bezirk, eine
-größere Sammlung, eine Druckerei zur Herausgabe des Bezirksblattes, und
-es soll sich die Möglichkeit bieten, wenigstens einen namhaften Teil
-der stimmberechtigten Bevölkerung des ganzen Bezirkes von beiläufig
-12,000 Personen in einem großen Saale zu versammeln. Auch eine Bühne
-einfacherer Art für kleinere Produktionen und Dilettantenvorstellungen
-wird man im Bezirksvororte errichten wollen. Endlich wird zwar der
-größte Teil der arbeitsbefreiten Bevölkerung aus den Arbeiterschichten
-in den Urgemeinden unterzubringen sein, aber die arbeitsbefreiten
-Alten werden doch nach den Bezirksvororten streben, weil dort mehr
-Geselligkeit, geistige Anregung und Gelegenheit zu freiem Schaffen
-zu finden ist. Trotzdem wird man trachten, den Bevölkerungsstand
-eines Bezirksvorortes nicht über 1500 Köpfe anwachsen zu lassen und
-in sinngemäßer Anpassung der Grundanlage einer Gemeinde unterster
-Ordnung wird man also etwa sechs Wohnhäuser und zwei Paläste
-anordnen. Jedenfalls werden in den Bezirksvorort Anstalten für solche
-Heilmethoden verlegt werden, die größere bauliche Anlagen voraussetzen,
-sowie auch Isolierspitäler, wenn sie in so großer Zahl nötig sein
-sollten. Schon die Bezirksvororte werden als Knotenpunkte nicht nur
-des Güterumsatzes, sondern auch des Reiseverkehrs dienen, welchem in
-ausgedehnterem Maße die Kreisstädte dienen.
-
-In den Kreisstädten werden die Kreisbehörden ihren Sitz haben,
-Fremdenhäuser erbaut werden, Prachttheater erstehen und ausgedehnte
-Bibliotheken, Sammlungen, Luxusbäder, dann Speziallehranstalten
-eingerichtet und solche Industrien betrieben werden, die eine größere
-Arbeiterzahl bedingen. Doch soll man auch diese Städte nicht über 4000
-oder 5000 Bewohner, die Reisenden inbegriffen, anwachsen lassen, weil
-die Bevölkerung nur so weit in einzelnen Orten angehäuft werden soll,
-als es durch bestimmte volkswirtschaftliche Zwecke unbedingt geboten
-erscheint. Für einen Staat von 45 Millionen Einwohnern, wie Österreich,
-werden 2000 bis 2200 Bezirksvororte und 100 bis 120 Kreisstädte
-genügen, welche in 10 bis 20 Provinzen verteilt werden. Städte höherer
-Ordnung sind dann die Provinzstädte und die Reichshauptstadt.
-
-Die Provinzstädte würden in Österreich besonders national unterschieden
-werden und je eine das geistige Leben einer Nationalität ausschließlich
-zum Ausdruck bringen, auch die nationalen Bücherschätze in größter
-Vollständigkeit beherbergen. Auch die nationale Kunst, Musik und
-das nationale Schauspiel wird da gepflegt werden, wenngleich auch
-Theater in den Provinzstädten errichtet werden, an welchen in
-einer weitverbreiteten Sprache gespielt wird. Doch soll auch eine
-Provinzstadt nicht für mehr als etwa 20,000 Bewohner, die Reisenden
-mit inbegriffen, eingerichtet werden, nachdem nur eine ausgewählte
-Bevölkerung, zumeist von höherer Bildung und ein wechselndes
-Reisepublikum dort beherbergt werden.
-
-Auch in den Kreis- und Provinzstädten wird der Typus der Urgemeinde
-mit Wohnhäusern und einem gemeinsamen Palaste für je 1000 Bewohner
-zur Geltung kommen und diese Städte werden sich aus einer größeren
-Zahl solcher Quartiere zusammensetzen. Daneben aber werden große
-Hotels für Reisende und hervorragende Inländer errichtet werden,
-welche vom allgemeinen Wohnungscharakter abweichen und eine große
-Pracht an Wohnräumen und Mobiliar zeigen sollen. In diesen Hotels wird
-auch die Verpflegung der Insassen, seien es Reisende oder ständige
-Bewohner, eine kostbarere sein. Die Verwaltung auch dieser Häuser wird
-übrigens den Verwaltungsbeamten der Quartiere untergeben sein, die den
-Hauptstock der Bewohner beherbergen.
-
-Diese Quartiere werden auch die Masse der Bevölkerung der
-Reichshauptstadt aufnehmen. Für Hof und Adel und die geringe Anzahl
-sehr bevorzugter Personen werden prächtige Wohnungen in den von Alters
-her bestehenden Palästen genug vorhanden sein. Doch sollen auch diese
-Paläste in den Verwaltungsbezirk eines Quartiers einbezogen werden.
-
-Auch die Reichshauptstadt wird eines gänzlichen Umbaues bedürfen, doch
-wird vorher für die Masse der Bevölkerung vorgesorgt werden müssen,
-weil ein Überfluß von Wohnungen in den großen Städten vorhanden ist
-und dort die Bauten bei weitem nicht so sehr dem kollektivistischen
-Betriebe unangemessen sind, wie in den Dörfern.
-
-
-2. Die Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses.
-
-Die Verwendung der nach den Verteilungsgrundsätzen auf die Gemeinden
-entfallenden Nahrungsmittel zur Speisebereitung wird Sache der
-Vorsteherin der Küche sein. Es dürfte sich empfehlen, die Wahl dieser
-Vorsteherin den Gemeindemitgliedern zu überlassen. Ohne Zweifel wird
-man Kochschulen errichten, um eine größere Anzahl von Kochkünstlerinnen
-heranzubilden. Der Arzt wird sein Augenmerk darauf richten, daß nur
-vollkommen unverdorbene Materialien in der Küche in Verwendung genommen
-werden. Auch sonst hat er auf Beobachtung aller Rücksichten auf die
-Hygiene zu dringen und alle Aufmerksamkeit darauf zu richten, daß die
-Kost genügend, aber nicht übermäßig sei. Die Ernährungswissenschaft ist
-noch sehr unentwickelt und wird im Kollektivstaat große Fortschritte
-machen.
-
-Mancherlei wird der Beschlußfassung der Gemeinde vorbehalten werden.
-So die Speisestunden und die Verteilung der Nahrung auf die einzelnen
-Mahlzeiten. Ebenso die Abwechslung der Gerichte und die Reihenfolge,
-sowie inwieferne an Sonntagen oder an gewissen Festtagen reichlichere
-Mahlzeiten geboten werden sollen. Ist die Menge der verbrauchten
-Nahrungsmittel im Durchschnitt den Verteilungsgrundsätzen entsprechend,
-so wird der Staat kein Interesse haben, den Gemeinden in diesen Dingen
-Vorschriften zu machen. Nur wird die Einteilung der Stunden für die
-Mahlzeiten dem Fortgange der Arbeit nicht hinderlich sein dürfen. Die
-Einzelnen werden ziemlich freie Hand haben in der Wahl der Gerichte und
-es wird darin mehr Freiheit herrschen, als heute in der Familie.
-
-Wenn die Ernährungswissenschaft sehr ausgebildet sein wird, wird man
-in der Nahrung auf Alter, Geschlecht, Beruf und auf den jeweiligen
-Kräfteverbrauch Rücksicht nehmen und die Nahrungsvorschriften zu
-individualisieren suchen.
-
-Bei der hier angenommenen Organisation der Gesellschaft wird die
-Staatsverwaltung Einfluß genug gewinnen, um auf Vermeidung des Alkohol-
-und Tabakgenusses hinzuwirken und wenigstens die heranwachsende Jugend
-davor zu bewahren. Auch der Verwaltungsbeamte wird dafür zu sorgen
-haben, daß in der Küche die größte Reinlichkeit beobachtet und keine
-verdorbenen Nahrungsmittel verkocht werden.
-
-Die französische Kriegsverwaltung hat für die Mannschaft ein Kochbuch
-verfassen lassen und dadurch Hygiene, Reinlichkeit, ökonomische
-Verwertung der Materialien und tunlichste Rücksicht auf den
-Wohlgeschmack zu fördern gesucht.
-
-
-3. Die Bekleidung.
-
-Die ganze Bevölkerung ist mit Arbeitskleidern, Gesellschaftskleidern
-und Festkleidern zu versorgen. Der Aufwand wird ein abgestufter
-sein nach Kategorien. Die Massenproduktion wird einer gewissen
-Mannigfaltigkeit nicht im Wege stehen. Bei den Stoffen wird das in
-VIII, 9, e, erwähnte Wahlrecht zur Geltung kommen. In jedem Bezirke
-oder wenigstens in jedem Kreise werden Produktionsanstalten errichtet
-werden, welche für Wäsche, Kleider, Hüte und Beschuhung zu sorgen haben
-und die fabrikmäßig hergestellten Erzeugnisse jedem Einzelnen anpassen
-sollen. Da der Staat für so viele Millionen von Individuen zu sorgen
-hat, kann die fabrikmäßige Erzeugung mit größter Berücksichtigung der
-individuellen Körperverhältnisse vereinbart werden.
-
-Die abgetragenen Kleider fallen wieder der staatlichen Produktion zu,
-welche das Brauchbare wieder verwendet und die gänzlich abgenützten
-Stoffe einer Umarbeitung, die Hadern der Papierbereitung zuführt.
-Gesellschafts- und Festkleider werden in gewissen Zeitintervallen
-geliefert, so daß die tunlichste Schonung der Kleider im Interesse des
-Trägers liegt. Die Arbeitskleider sollen besonders dem Berufe angepaßt
-sein und vollkommen Schutz gegen Hitze, Kälte, Feuchtigkeit und die
-mit der Arbeit verbundenen Gefahren bieten. Man wird darauf halten,
-daß jeder nach beendeter Arbeit sich vollkommen reinigt und badet
-und dann die Gesellschaftskleider anlegt. Insofern jemand dauernd mit
-Schmutzarbeiten zu tun hätte, oder durch die Art der Arbeit, der er
-sich widmet, gehindert wäre, sich jeden Tag vollkommen zu reinigen,
-würde er wohl für diese Zeit aus dem geselligen Leben ausscheiden.
-
-Die Statistik der Stoffeproduktion gibt einen genauen Maßstab für die
-Grenzen des Verbrauches. Wer unter sonst gleichen Umständen kostbarere
-Stoffe wählt, wird die Kleider entsprechend länger tragen müssen.
-In der Bekleidung wird ein weiter Spielraum gezogen werden zwischen
-dem einfachsten Arbeiter der Rohproduktion und den Höchstverdienten.
-Letzteren werden die kostbarsten Stoffe und die sorgfältigste
-Arbeit zugestanden und man mag ihnen auch zugestehen, daß sie die
-Gesellschaftskleider nach einem halben Jahre, einem Monate, ja einer
-Woche gegen neue Kleider vertauschen.
-
-Den Frauen wird man erlauben können, sich die Gesellschaftskleider
-nach ihrem individuellen Geschmacke aufzuputzen. Sie werden bei der
-Verteilung der Konsumtibilien, VIII, 5, besonders auf solche Gespinnste
-und Stoffe reflektieren, welche ihnen gestatten, etwas für Putz zu
-tun. Ob man der hervorragenden Frauenschönheit gewissermaßen von
-Staatswegen wird huldigen dürfen durch Zuweisung besonders prächtigem
-Kleidungsstoffe, ist eine ebenso heikle Frage wie die, ob es statthaft
-ist, hervorragend schöne Mädchen und Frauen in größerem Maße an
-Festlichkeiten und geselligen Vereinigungen höherer Art teilnehmen zu
-lassen. Es ist anzunehmen, daß Frauenschönheit einen Anspruch geben
-wird, eine Stellung in den städtischen Ansiedlungen zu erhalten und so
-mag dem ästhetischen Bedürfnisse, schöne Frauen in den Vordergrund zu
-schieben, Genüge geschehen.
-
-Hier mag eingeschaltet werden, daß die Juwelen und sonstiger kostbarer
-Frauenschmuck ebenso Kollektiveigentum sein müssen, wie alles andere.
-Dieser Schmuck wird in Schatzkammern verwahrt und bald diesen, bald
-jenen Hals zieren. Bei Hochzeiten, imposanten Festlichkeiten höherer
-Ordnung werden die Frauen und Mädchen, welche daran teilnehmen,
-nicht bloß nach anderen sozialen Rücksichten gewählt als heute,
-sondern insbesondere auch nach körperlichen Vorzügen und bei solcher
-Gelegenheit werden die Schönsten nach künstlerischen Rücksichten
-gekleidet und geschmückt und es wird der kostbare, seit tausenden
-von Jahren aufgespeicherte Schmuck eher den Hals einer schönen
-Volksschullehrerin, als einer häßlichen Gräfin zieren.
-
-
-4. Die sonstigen Bedürfnisse, außer Wohnung, Nahrung und Kleidung.
-
-Wie es damit gehalten wird, ist aus obigen Schilderungen zu entnehmen.
-Von Erziehung und Unterricht, Krankenpflege und ärztlicher Hilfe
-war in V, 2, und 3, c und VII, 5, die Rede; um jedermann Reisen zu
-ermöglichen, sollen nach XI, 1, b _Alinea_: »Nimmt man nur« jährliche
-Urlaube erteilt werden und die Reiselegitimation würde die Anweisung
-auf die gewählten und bewilligten Beförderungsstrecken enthalten. Man
-könnte 100 Eisenbahnmeilen im Jahre als Minimum verteilen und etwa in
-der Form anweisen: Innsbruck -- Salzburg -- Salzburg -- Innsbruck --
-Innsbruck -- Bludenz -- Bludenz -- Innsbruck. Die Reisebewilligung
-würde mitinbegreifen freie Station in allen Urgemeinden und
-Bezirksgemeinden des namhaft gemachten und in der Reiselegitimation zu
-limitierenden Reisegebietes, in den Städten und der Reichshauptstadt
-nur, wenn sie ausdrücklich namhaft gemacht sind. Analog wäre die
-Verteilung der Benützung anderer Reisegelegenheiten einzurichten und
-die Benützung unbesetzter Velocipedes wäre jedermann frei. Der Besuch
-von Theatern und Konzerten usw. würde das Recht voraussetzen, sich in
-der betreffenden Stadt aufzuhalten. Andere Erlustigungen würden nur
-die reichliche Verteilung der Behelfe voraussetzen. Das Lesebedürfnis
-wird durch Verleihung befriediget, wobei bei Neuerscheinungen der
-höhere Rang Anspruch auf frühere Zuweisung begründen würde. Auch
-die Gestattung des Domizilwechsels würde einem Bedürfnisse der
-Arbeitsbefreiten entgegenkommen, wobei aber die Wahl des Aufenthaltes
-in Städten einzuschränken wäre. Besonders bei dem Domizilwechsel sind
-die Arbeitsbefreiten der höheren Berufe zu bevorzugen. Man könnte
-den Arbeitsbefreiten des niedersten Berufes den Domizilwechsel in
-Urgemeinden und Bezirksgemeinden ein oder zweimal im Jahre, denen der
-höchsten Berufe ohne Beschränkung der Zahl und der Orte einräumen.
-
-Die Einräumung von Auslandsreisen, XII, 2, wäre wohl nur für
-Bevorzugte oder zu Ausbildungszwecken tunlich. Im Verkehr mit ähnlich
-organisierten Nachbarstaaten würde ein Austausch von Reisebewilligungen
-vertragsmäßig geregelt.
-
-
-
-
-X.
-
-Die Sachproduktion im Kollektivstaat.
-
-
-Von den Zweigen der Sachproduktion soll hier nur die Landwirtschaft
-besprochen werden, weil in derselben der Kleinbetrieb heute noch
-vorwiegt und weil die kollektivistische Organisation der Produktion
-gerade auf die Landwirtschaft am meisten umgestaltend wirkt. Es ist
-nicht nur die Produktionsweise, welche dabei in Betracht kommt, sondern
-auch die örtliche Verteilung der Bevölkerung.
-
-Es ist ein Gebrechen unserer Zeit, daß man, auf den internationalen
-Gütertausch rechnend, sich nicht den Kopf darüber zerbricht, ob die
-heimische Landwirtschaft soviel Nahrungsmittel zu erzeugen vermag, als
-zur Erhaltung der heimischen Bevölkerung notwendig ist. Ein Land, das
-der Zufuhren von Nahrungsmitteln aus Rußland und Amerika bedarf, um
-seine Bewohner zu ernähren, kann einmal bittere Erfahrungen machen.
-Die russische Bevölkerung vermehrt sich in solchem Maße, daß sie bald
-auf eine Ausfuhr von Nahrungsmitteln wird verzichten müssen und auch
-Nordamerika, dessen Bevölkerung sich in 100 Jahren verfünfzehnfacht
-hat, wird in wenigen Dezennien den Export von Nahrungsmitteln
-einschränken müssen. Ja, die Nahrungsmittel sind ein so unentbehrliches
-Produkt, daß die Länder, welche im Überflusse produzieren, sich bald
-dahin einigen werden, sie mit einem Ausfuhrzolle zu belegen.
-
-Bekannt ist, daß die bäuerlichen Arbeiter immer mehr nach den
-Städten gravitieren, daß die gewerbliche Bevölkerung sich immer mehr
-vermehrt und die bäuerliche abnimmt. Daß das auf die Ausdehnung
-der Lebensmittelproduktion von Einfluß sein muß, ist auf der Hand
-liegend. Der Kollektivstaat kann diesem Übel abhelfen und meine
-organisatorischen Vorschläge sind darauf berechnet.
-
-In der Landwirtschaft macht sich die von mir vorgeschlagene Verteilung
-der Bevölkerung, die nur im kollektivistischen Staate durchgeführt
-werden kann, nach zwei Richtungen nützlich. Da nämlich, sobald die
-Verteilung der Bevölkerung über das Land nach den Bedürfnissen des
-öffentlichen Wohles, des Volkswohles, stattfindet, ein viel größerer
-Prozentsatz der Bevölkerung in den ackerbautreibenden Landgemeinden
-angesiedelt wird, wird den landwirtschaftlichen Flächen beinahe alles
-wiedererstattet, was ihnen in der menschlichen Nahrung entzogen wird.
-Die der Landwirtschaft wieder zugeführten menschlichen Fäkalien werden
-um die Hälfte mehr betragen als heute, wo ein großer Teil durch die
-Schwemmkanäle der großen Städte in die Flüsse abgeleitet wird.
-
-Aus der für den Kollektivstaat brauchbaren Verteilung der Bevölkerung
-wird aber noch ein anderer ausschlaggebender Vorteil für die
-Landwirtschaft entspringen. Nachdem die Industriebevölkerung, die
-heute zum überwiegenden Teile in den Städten wohnt, im Kollektivstaate
-beinahe ausnahmslos in den Dörfern angesiedelt wird, sind zur Zeit
-der Ernte und in anderen Perioden, wo die Landwirtschaft plötzlich
-vieler Hände bedarf, viel mehr Arbeitskräfte zur Verfügung, als heute.
-Die Industriebevölkerung kann in dringenden Fällen aufgeboten werden,
-der landwirtschaftlichen Bevölkerung ihre Unterstützung zu gewähren
-und ebenso werden die landwirtschaftlichen Arbeiter im Winter der
-Industriebevölkerung zu Hilfe kommen können.
-
-In der Landwirtschaft ist es von der größten Wichtigkeit, daß jede
-Arbeit genau zur richtigen Zeit vor sich geht. Man darf nicht zu früh
-noch zu spät säen, pflanzen und ernten und oft hängt die Rettung der
-Feldfrüchte davon ab, ob eine Arbeit einen Tag früher oder später
-vorgenommen wird. In katholischen Ländern machen die vielen Feiertage
-und die strenge Beobachtung der Sonntagsruhe oft Schaden, wenn schon
-die katholische Geistlichkeit im Interesse der Landwirtschaft manche
-Konzession macht.
-
-Der Kollektivismus gestattet in dieser Hinsicht eine größere Anpassung
-der Arbeit nach Zeit und Umständen. Wenn in den benachbarten Gemeinden
-A, B und C die Höhenlage so verschieden ist, daß die Zeit der Reife
-von Gemeinde zu Gemeinde um 3 bis 4 Tage variiert, so ist in Betracht
-zu ziehen, ob es sich nicht empfiehlt, die Arbeitskräfte je zweier
-Gemeinden mit denen der dritten zu vereinigen, wenn in dieser allein
-der günstige Zeitpunkt für die Ernte gekommen ist. Dabei wird man
-aber auch die dadurch bedingte Wanderung der Arbeiter als ökonomischen
-Verlust in Rechnung zu stellen haben, insofern sie größere Wegestrecken
-zur Arbeitsstelle zurücklegen müssen.
-
-Es entsteht die Frage, ob die Staatsverwaltung in der Lage sein
-wird, eine intensive, gleichmäßige und rationelle Bearbeitung des
-Bodens zu erzielen, wenn das Eigentumsinteresse der Bauern wegfällt,
-das umsomehr, nachdem der Großgrundbesitz mit der Ausnützung der
-Arbeitskräfte keineswegs die besten Erfahrungen macht, kleinere
-Grundbesitzer aber, die nicht der bäuerlichen Bevölkerung angehören, in
-der Regel gar keinen Ertrag zu erzielen vermögen, ihre Arbeiter wenig
-leisten, viel verzehren und sie auch wohl bestehlen. Der Kollektivismus
-ist aber mit solcher Bewirtschaftung nicht zu vergleichen. Ein
-Spekulant, der ohne Kenntnis der Landwirtschaft ein Gut erwirbt und
-selbst bewirtschaftet, selbst nicht mitarbeitet, die Morgenstunden
-verschläft, und in allem von einem Knechte abhängig ist, der umso
-besser fährt, je mehr der Eigentümer Schaden leidet, wird natürlich
-schlimme Erfahrungen machen und die Arbeitskräfte nicht so ausnützen
-können, wie sie im Kollektivstaat ausgenützt werden können und sollen.
-Auch wird ein solcher Gutsbesitzer unzufrieden sein, wenn ihm das
-Gut keine entsprechende Verzinsung des Kapitals abwirft, das in der
-Regel unverhältnismäßig hoch ist, weil unsere Gutspreise viel zu hoch
-sind. Solche Güter wechseln auch den Eigentümer sehr oft und auf einen
-unkundigen Besitzer kommt zumeist ein anderer, der ebenso wenig von der
-Verwaltung versteht.
-
-Die Verwaltung im Kollektivstaat ist eine stabile, es liegen die
-Erfahrungen früherer Jahre vor, man weiß, was man den Arbeitern zumuten
-kann, der Verwaltungsbeamte und seine Organe müssen schon vom frühen
-Morgen Dienst machen, wenn die Arbeiten beginnen und so wird es nicht
-fehlen, daß eine richtige Bearbeitung erzielt wird, wobei auch in
-Anschlag zu bringen ist, daß zur unrechtmäßigen Zueignung der Früchte
-in der zukünftigen Ordnung weder eine Gelegenheit noch eine Versuchung
-vorliegt.
-
-
-1. Die Kultur der Zerealien.
-
-Sie wird einen eigenen Zweig der landwirtschaftlichen Produktion
-bilden und der Verwaltungsbeamte wird daher einen dazu geeigneten
-landwirtschaftlichen Arbeiter mit dessen Oberleitung betrauen. Der
-Leiter wird Abteilungsführer bestellen, die ihn unterstützen. Für den
-Anbau der verschiedenen Feldfrüchte im Staate wird die Eignung des
-Bodens und der durch die Verteilung bedingte Transport der Erzeugnisse
-vom Erzeugungsorte zur Verkaufsstelle in Betracht kommen. Es mag
-sein, daß bestimmte Gebiete in Ungarn sich so zum Weizenbau eignen,
-daß man in Österreich auf mehr und gehaltreicheren Weizen rechnen
-kann, wenn er nur in Ungarn angebaut wird. Das bedingt aber wieder
-die Notwendigkeit, den Weizen oder das Weizenmehl von dort nach
-allen anderen Teilen des Reiches zu verfrachten, insoferne es nicht
-ökonomischer erscheint, den Weizen zum Teil über die westlichen Grenzen
-nach dem Auslande zu liefern und eine gleiche Menge aus Rumänien und
-Südrußland einzuführen. Dabei wird aber die Verwaltung noch eine Frage
-zu prüfen haben, ob nämlich eine völlige Vereinigung der Kultur einer
-Frucht auf einem engbegrenzten Gebiete nicht eine größere Gefahr einer
-totalen Mißernte bringt, als die Verteilung des Anbaues auf das ganze
-Reich, wenngleich mit geringerer Rücksicht auf die Vorzüge des Bodens.
-Die oben erwähnten merkantilen Vorteile werden beim Anbau schwerlich in
-Rechnung gezogen werden können, weil zur Anbauzeit die wahrscheinlichen
-Ernteergebnisse noch nicht übersehen werden können, welche einen
-internationalen Ausgleich mit verschiedenen Auslandsstaaten zur
-Folge haben müssen. Eher wird man trachten, sich vom Auslandshandel
-unabhängig zu machen und dabei wird eine rationelle Einlagerung der
-verschiedenen Körnerfrüchte von Vorteil sein. Diese Einlagerung ist
-tunlichst zu dezentralisieren, ganz im Gegensatze zur heutigen Methode,
-Zentrallagerhäuser anzulegen. In alledem ist ersichtlich, daß eine
-zentralisierte Wirtschaft viel unabhängiger von Zufällen ist, alle
-maßgebenden Verhältnisse besser übersehen und die Arbeitskräfte mit
-weit größerer Bewegungsfreiheit dorthin lenken kann, wo der dringendste
-Bedarf danach ist.
-
-Der Gesamtplan für den Anbau der Zerealien wird alljährlich auf
-folgende Art zustande kommen. Jeder Verwaltungsbeamte in den
-Landgemeinden wird mit Rücksicht auf frühere Erfahrungen, auf
-die Bodenbeschaffenheit, die Fruchtfolge und die wahrscheinlichen
-Witterungsverhältnisse angeben, welche Flächen für den Anbau überhaupt
-und zum Anbau der einzelnen Fruchtgattungen zur Verfügung stehen und
-welches der wahrscheinliche Ernteertrag sein mag. Da auf manchen
-Flächen zweierlei Fruchtgattungen angebaut werden können, wird er
-entsprechende Alternativvorschläge machen, aber das Gutachten dahin
-abgeben, welche Fruchtgattungen auf diesen Lagen das beste Erträgnis
-versprechen, und dieses Gutachten wird er genau begründen und mit den
-statistischen Ausweisen belegen. Dabei können auch die meteorologischen
-Beobachtungen einer Reihe früherer Jahre von Belang sein. Diese
-Vorschläge der einzelnen Gemeindeverwaltungsbeamten werden in einer
-Kommission, die der Bezirksbeamte einberuft, überprüft und aus den ihm
-vorliegenden Vorschlägen setzt der Letztere seine Alternativvorschläge
-für den ganzen Bezirk, der Kreisbeamte für den ganzen Kreis, der
-Provinzbeamte für die ganze Provinz zusammen und nachdem selbe bei
-der Zentralregierung eingelangt sind, erfolgt von dort die definitive
-Aufteilung des Anbaues der Zerealien. Dabei mögen auch die restlichen
-Vorräte der verschiedenen Fruchtarten in Betracht kommen.
-
-Die Kreis- und Provinzbeamten werden schwerlich so, wie die
-Bezirksbeamten eine Überprüfung der Vorschläge vornehmen können,
-während der Bezirksbeamte wohl so mit den Lokalverhältnissen und den
-sachverständigen Personen vertraut ist, daß ihm ein Urteil zugetraut
-werden kann. Die Zentralverwaltung teilt den Anbau der einzelnen
-Fruchtgattungen auf die Provinzen, die Provinzialverwaltung auf die
-Kreise, die Kreisverwaltung auf die Bezirke, der Bezirksbeamte auf die
-Gemeinden auf.
-
-Selbstverständlich wird die Staatsverwaltung bedacht sein, den
-Bodenertrag durch künstliche Düngung zu erhöhen. Auch für Ersatz
-der menschlichen Arbeit in der Landwirtschaft durch Maschinen
-wird nach Tunlichkeit zu sorgen sein, wenn auch die wichtigsten
-landwirtschaftlichen Maschinen nur in den ebenen Landstrichen
-Verwendung finden. Die Arbeitsersparnis durch Maschinen kommt im
-Kollektivstaat nicht einer Arbeiter- oder Unternehmergruppe, sondern
-dem ganzen Volke zugute, daher jeder gleichmäßig daran interessiert
-ist, daß die Maschinen überhaupt und daß sie vorzugsweise dort zur
-Anwendung kommen, wo der Erfolg am größten ist.
-
-Es ist klar, daß beim Betriebe der Landwirtschaft alle Ergebnisse
-der Wissenschaft ausgenützt werden müssen, aber man darf darum
-die Erfahrungen der Ungelehrten nicht gering anschlagen. Es ist
-noch nicht erwiesen, daß der heutige Großbetrieb dem bäuerlichen
-landwirtschaftlichen Betrieb, was die Ausbeute anbelangt, überlegen
-ist, obgleich dort in der Regel nach theoretischen Prinzipien
-verfahren wird. Die finanziellen Erfolge der heutigen Ökonomen
-kommen für uns deshalb nicht in Betracht, weil sie meist auf Kosten
-des Menschenmaterials erzielt werden. Der landwirtschaftliche
-Arbeiter im bäuerlichen Dienste ist viel besser gehalten als der
-im herrschaftlichen Dienste angestellte Knecht. Dafür versumpft der
-Letztere.
-
-
-2. Der Futterbau.
-
-Dem Futterbau ist die größte Sorgfalt zuzuwenden, weil die Vermehrung
-des Viehstandes davon abhängt und diese für die Volksernährung von
-hervorragender Bedeutung ist. Auch für diesen Zweig des Landbaus wird
-aus den Reihen der landwirtschaftlichen Arbeiter in jeder Gemeinde ein
-Leiter bestellt werden. Es liegen aus Nordamerika Nachrichten vor über
-die Erfindung der Züchtung von Mikroben, welche die Fruchtbarkeit des
-Klees und verwandter Pflanzen außerordentlich erhöhen sollen. Diese
-Erfindung müßte man so schnell als möglich einführen.
-
-
-3. Die Viehzucht.
-
-Dieser Zweig der Landwirtschaft ist besonders wichtig und wird die
-Bestellung mehrerer Produktionsleiter in jeder Gemeinde bedingen. Für
-die Wartung der Tiere wird im Vergleiche zum bäuerlichen Betriebe
-einesteils zwar eine Ersparnis an Arbeit durch die Anlage von
-Zentralstallungen erzielt werden, andererseits aber durch allgemeine
-Einführung des Achtstundentags und durch Bestellung einer Stallwache
-für die Nachtzeit ein erhöhter Aufwand an Arbeitskräften stattfinden,
-da in unserem bäuerlichen Betriebe die mit der Wartung des Rindviehes
-betrauten Personen das ganze Jahr hindurch einen acht Stunden weit
-übersteigenden Dienst haben. Andererseits scheint eine völlige
-Zentralisation der Stallungen in den Gemeinden auch eine größere
-Gefahr für Seuchen zu bedingen, daher man schon bei der Anlage von
-Stallungen zu erwägen hat, was vorteilhafter ist, die Anlage mehrerer
-Stallungen, oder deren Vereinigung in einem Bau. Vielleicht genügt
-es, die Stallungen durch mehrere Scheidewände in isolierte Abteilungen
-zu zerlegen oder eine gut abgemauerte Abteilung zu errichten, welche
-vorkommendenfalls als Kontumazstall zu dienen hat, eine Vorsicht, die
-der Bauer nicht beobachten kann. Im Falle von Viehseuchen wird auch
-das Wartepersonal der kranken Tiere vollkommen zu isolieren sein,
-was auch nur im Kollektivstaat ausführbar ist. Sind nun die in der
-Viehzucht verwendeten Arbeitskräfte gründlich in der Erkennung der
-Krankheitssymptome der ansteckenden Viehkrankheiten unterrichtet,
-und ist eine nächtliche Stallwache eingeführt, so scheint der
-Kollektivismus ganz besondere Vorteile für die Unterdrückung der
-Viehseuchen zu bieten. Dabei kommt ja auch in Betracht, daß alle jene
-Gefahren für die Verschleppung von Viehseuchen hinwegfallen, welche
-durch den Marktauftrieb herbeigeführt werden. Endlich kann man sich
-im Kollektivstaat bei Ausbruch von Viehseuchen viel leichter zur
-Keulung auch bloß verdächtiger Tiere entschließen, als in unseren
-Verhältnissen, wo den Schaden der Einzelne zu tragen hat, oder die
-Entschädigung im öffentlichen Interesse zwar zugesagt, voller Ersatz
-aber immerhin zweifelhaft ist und dessen Erlangung Zeitverlust
-verursacht.
-
-Für die Reinhaltung und rationelle Wartung der Tiere, besonders der
-Rinder, kann im Großbetriebe viel mehr geschehen, als im bäuerlichen
-Betriebe. Auch die Aufzucht der Tiere wird im Großbetriebe viel
-erfolgreicher sein.
-
-Die Pferdezucht wird vielleicht eingeschränkt werden. Der maschinelle
-Transport und der Maschinenbetrieb in der Landwirtschaft wird,
-wenn er sich als ökonomisch erweist, vermehrt werden, und auch die
-Ausnützung der Pferde im Transport gewinnt durch die Zentralisation
-sehr erheblich. Gerade jener Transport, welcher heute vorzugsweise mit
-Pferden betrieben wird, der Transport von Landwirtschaftsprodukten
-aus den Dörfern nach den Städten, wird im Kollektivstaat, wenn
-die Bevölkerung nur im geringen Maß in Städten angesiedelt wird,
-bedeutend eingeschränkt werden, und es ist wahrscheinlich, daß in
-einem Bezirke von 20,000 Einwohnern der ganze regelmäßige Transport
-zwischen den Gemeinden und dem Bezirksort und zurück durch zehn Paar
-Pferde und eine Reserve von etwa ebensoviel Pferden sehr leicht wird
-bestritten werden können, und Ausnahmen werden vorübergehend nur
-dort vorkommen, wo größere Bauten durchzuführen sind. Was durch das
-Sammeln von Transporten an Ökonomie gewonnen werden kann, zeigen die
-Frachtbegünstigungen, welche die Eisenbahnen für Massentransporte
-bewilligen. Das System der Sammeltransporte ist aber für den Bauer
-nicht durchführbar, und darum braucht eine Dorfschaft für den
-Frachtentransport heute viel mehr Zugtiere, als nach Verhältnis der
-zu bewältigenden Lasten notwendig wäre. Auch Frächter braucht der
-Transport im Kollektivbetriebe viel weniger, wobei man für heute
-auch annehmen kann, daß mancher Bauer wenig danach frägt, ob er seine
-Fahrten nach der Stadt einschränken könnte, wenn er sich das Vergnügen
-einer Stadtfahrt machen will.
-
-Eine beträchtliche Ersparung bringt im Kollektivstaat das Wegfallen
-der Märkte, insbesondere der Viehmärkte, mit sich. Da kein Kauf und
-Verkauf von Nutztieren im Inlandsverkehr stattfindet, erspart man alle
-damit verbundene Arbeit. Nur ein Teil der Umsatzarbeit im Viehhandel
-kommt als Handelsberufsarbeit in der Statistik in Rechnung, insofern
-nämlich Kaufleute und Agenten sich bloß mit dem Kaufe und Verkaufe von
-Tieren befassen. Wo aber der Bauer an Bauern verkauft oder von ihnen
-kauft, ist nicht von Handel als Beruf die Rede. Die Viehmärkte kommen
-auch nicht bloß als Zeitverlust in Betracht, welchen der Auftrieb der
-Tiere, das Schachern und der Heimweg verursachen, sondern es entsteht
-durch die Viehmärkte auch ein Verlust an Milch und Fleischgewicht,
-der im Umfange eines großen Reiches sehr viel beträgt. Es ist nicht
-uninteressant, sich mit den Kniffen vertraut zu machen, deren sich die
-Bauern bedienen, um sich wechselseitig zu hintergehen. So werden die
-Kühe am Tage vor dem Markte, auf welchen sie aufgetrieben werden, nicht
-ausgemolken, damit sie mit strotzendem Euter zum Verkauf kommen sollen.
-
-Selbstverständlich muß auch im Kollektivstaat ein Austausch von
-Tieren zwischen den Ortschaften stattfinden, sie wechseln aber nur den
-Standort, nicht den Eigentümer, daher es nur einer Verwaltungsverfügung
-bedarf. Dabei entsteht allerdings auch ein Teil der mit den Märkten
-verbundenen Arbeit und Verlust am Werte der Tiere. Da es sich aber
-nur um die wirklich notwendige Veränderung und um die kürzesten Wege
-handelt, wird doch ein sehr großer Teil des Aufwandes, den unsere
-Märkte verursachen, erspart. Viele Bauern bringen die Tiere, die sie
-viele Stunden weit auf den Markt getrieben haben, wieder zurück, um
-sie dann an einen Nachbar in der Heimatsgemeinde oder sonst in der
-Nähe zu verkaufen. Für den Austausch der Tiere im Kollektivstaat ist
-auch nur der Abtrieb nach dem Bestimmungsort erforderlich, während
-auf dem Markte das Feilschen und Besichtigen von Tieren den ganzen
-Tag kostet. Kann man im Kollektivstaat die in andere Stallungen zu
-versetzenden Tiere an die täglich im Bezirk kursierenden Frachtwagen
-binden, so erspart man auch die Begleitung, und ist ein Austausch
-zwischen sehr entfernten Orten erforderlich, so hat die Verwaltung je
-nach der Zweckmäßigkeit die Wahl, die Tiere den ganzen Weg zurücklegen
-zu lassen, oder bloß eine Verschiebung von Gemeinde zu Gemeinde
-einzuleiten.
-
-Ein Beispiel mag den Aufwand, den die Viehmärkte verursachen, deutlich
-machen.
-
-In Ungarn und Kroatien wurden im Jahre 1900 in 72 Ortschaften 313
-Viehmärkte abgehalten und
-
- aufgetrieben verkauft %
- Hornvieh 1.147,361 452,761 40
- Pferde 402,193 131,557 32
- Schafe 428,589 208,606 48
- Schweine 263,923 115,029 44
- ------------------------------------
- in Summa: 2.242,066 907,953 40
-
-Es wurden also 1.335,000 Stück Vieh auf den Markt aufgetrieben und
-unverkauft zurückgebracht. Da im Kollektivstaat nur die wirklich in
-andere Ställe zu versetzenden Tiere abgetrieben werden, =so wären alle
-diese Tiere in ihren Ställen geblieben, und die= 907,000 =verkauften
-Stücke wären nur von Stall zu Stall, nicht aber auf dem Umwege über den
-Markt getrieben worden=. Für ganz Österreich-Ungarn kann man die Zahl
-der zwecklos auf den Markt gebrachten und unverkauft gebliebenen Tiere
-im Jahr mit 3,5 Millionen veranschlagen, wovon die Hälfte Hornvieh ist.
-
-Alle diese Betrachtungen sollen nur dartun, welche ökonomischen
-Vorteile der Kollektivismus bietet, man wird aber gut tun, auch in
-Betracht zu ziehen, daß ein Staat wie Österreich nicht bloß zwei
-Millionen Arbeitstage oder 7000 Arbeitsjahre im Marktfahren verliert,
-sondern daß auch die Märkte eine Schule der Unlauterkeit und der
-Trunksucht sind.
-
-Nachstehende Betrachtung zeigt auch einen andern Vorteil des
-Kollektivismus gerade in Beziehung auf die Milchversorgung der Städte,
-also in Beziehung auf den Produktionszweig der Viehzucht. Man könnte
-den ganzen Milchbedarf einer Kreisstadt mit einem Bevölkerungsstande
-von 4000-5000 Seelen, die Reisenden inbegriffen, durch eine einzige
-nächstgelegene Dorfgemeinde decken, wenn man folgendermaßen verführe.
-Der durchschnittliche Milchertrag einer Dorfgemeinde ist bei einem
-Viehstande von 360 Stück Rindvieh, und darunter 180 Kühen, etwa 1400
-Liter. Stellt man nun in einer der Kreisstadt zunächst gelegenen
-Gemeinde nur Kühe, also etwa 350 Kühe, und zwar in der Periode der
-größten Milchergiebigkeit, also nach dem Absetzen des Kalbes ein, wo
-man auf 15 Liter Milch rechnen kann, so ergibt das eine Tagesproduktion
-von mindestens 5000 Liter Milch, welche reichlich genügt, um das Dorf
-und die Kreisstadt mit Milch zu versorgen. Vier bis fünf Gemeinden
-dieser Art könnten eine Provinzstadt mit Milch versorgen, und nur
-eine Großstadt würde den Milchbedarf aus größeren Entfernungen
-decken müssen. Zum Teil wird allerdings auch heute so verfahren.
-In den Vorstädten der großen Städte werden überall Kühe gehalten,
-welchen das Futter zugeführt werden muß, und die Natur der Sache
-bringt es mit sich, daß die Eigentümer die trocken stehenden oder
-schon wenig Milch gebenden Kühe verkaufen und dafür solche, welche
-im höchsten Milchertrage stehen, einhandeln. Aber in dem Maße, wie
-im Kollektivstaate, kann das nicht durchgeführt werden, weil immer
-Kauf und Verkauf notwendig ist und die Spekulation dadurch erschwert
-wird, auch wird in Wien z. B. wohl schwerlich der fünfte Teil des
-Milchbedarfs in dieser Weise gedeckt.
-
-Der Güterumsatz, welcher in Milch und Milchprodukten und in Fleisch
-in einem Staate von 45 Millionen Einwohnern unter den Verhältnissen
-der heutigen Gesellschaftsordnung das Jahr hindurch zu bewältigen
-ist, ist von sehr beträchtlichem Umfange, und er hängt von dem
-Prozentualverhältnisse der städtischen zur ländlichen Bevölkerung
-ab. In den Dörfern erfolgt die Versorgung der Bewohner mit Milch auch
-heute beinahe ausschließlich naturalwirtschaftlich und ohne Vermittlung
-des Handels, was aber die Versorgung der Städte anbelangt, so bedarf
-der Umsatz an Milch, Milchprodukten und Fleisch der Vermittlung des
-Handels, der einen beträchtlichen Teil des Erlöses in Anspruch nimmt,
-beziehungsweise eine erhebliche Belastung der Konsumenten mit sich
-bringt. Man kann den täglichen Handelsumsatz an Milch, Milchprodukten
-und Fleisch in einem Staate von 45 Millionen Einwohnern mit 30
-Prozent städtischer Bevölkerung auf mindestens 4 Millionen Kronen, in
-Deutschland aber auf mindestens 5 Millionen Mark im Tage berechnen,
-wenn man nämlich den Verbrauch mit nur 30 Heller für den Kopf und Tag
-veranschlagt. Der Jahresumsatz beträgt demnach in Österreich über
-1400 Millionen Kronen und in Deutschland über 1700 Millionen Mark
-im Jahre. Außer den eigentlichen Handelskosten, die man gerade bei
-Milch auf reichlich 20 Prozent des Gesamterlöses veranschlagen kann,
-ist bei starker Besiedlung der Städte, welche Zufuhren aus ziemlich
-fernen Bezirken notwendig macht, auch der Aufwand an Transportkosten
-in Rechnung zu ziehen. Es ist ersichtlich, welche enorme Ersparnisse
-in diesen Artikeln gemacht würden, wenn die Bevölkerung so, wie hier
-vorgeschlagen wird, über das Land verteilt würde.
-
-
-4. Kleinvieh und Geflügelzucht.
-
-Auch dieser Produktionszweig wird im Kollektivstaat auf das
-vorteilhafteste betrieben werden. Die vollkommenste Ausnutzung
-aller Abfälle für die Fütterung von Tieren und die Verwertung aller
-Erfahrungen im ganzen Reich werden dazu beitragen. Ob die künstliche
-Fischzucht ökonomisch gerechtfertigt ist, wird leicht festgestellt
-werden können, und was die Jagd anbelangt, so wird sich erst zeigen, ob
-die Erhaltung eines mäßigen Wildstandes volkswirtschaftlich von Vorteil
-ist. Wenn nicht, kann das Volk die Ausrottung des Wildes beschließen.
-Es ist zu vermuten, daß das Wild, wenigstens in den Niederungen, viel
-mehr Schaden tut, als nach Abrechnung des Jagdaufwandes der Wert des
-Fleisches und der sonstigen Produkte ausmacht. Nachdem aber die Jagd
-als Vergnügen, nicht aber als Erwerb betrieben wird, kann man heute zu
-einem richtigen Urteile nicht gelangen.
-
-Auch bei der Produktion von Geflügel und Eiern wird, wie schon mehrfach
-hervorgehoben wurde, das Staatseigentum vielleicht mit Vorteil durch
-Gemeindeeigentum ersetzt werden. Man erntet dann für die Gemeinde
-und legt der Staatsverwaltung keine Rechenschaft über Erzeugung
-und Verbrauch ab. Bei der Geflügelzucht, dann beim Obstbau und der
-Bienenzucht wird die freie Tätigkeit von Liebhabern sich sehr nützlich
-erweisen, daher selbe von Staats wegen zu ermuntern ist.
-
-
-5. Wasserwirtschaft.
-
-Die Wasserwirtschaft im Kollektivstaate verdient eine besondere
-Betrachtung, weil sich dabei die Vorteile des Kollektivismus recht
-anschaulich zeigen. Es scheint, daß hier, bei der Erörterung des
-kollektivistischen Betriebes der Landwirtschaft, der Ort ist,
-über diesen Gegenstand zu sprechen, weil das Wasser zwar für die
-verschiedensten Bedürfnisse in Betracht kommt, die Bewässerung aber die
-wichtigste Verwendung des Wassers ist.
-
-In unserer Zeit des wirtschaftlichen Individualismus sind wir in der
-Wasserwirtschaft weit hinter dem Altertum und selbst hinter der Zeit
-der maurischen Herrschaft in Spanien, ja hinter der Zeit der Herrschaft
-der Inkas in Peru zurück. Das beweist, daß man dem Kollektivismus
-in allen Zeiten schon wiederholt näher gestanden ist als heute. Es
-scheint, daß man ein Privateigentum an Grund und Boden in alten Zeiten
-nicht anerkannte und daß sich der Landesherr auch als Eigentümer von
-Grund und Boden betrachtete. Das erleichterte in Mesopotamien und
-Ägypten die großen Wasseranlagen, welche in unserer Zeit kaum zustande
-gebracht werden könnten.
-
-Das Wasser kommt in Betracht als Förderer der Landwirtschaft, als
-Förderer der Gesundheit, Reinlichkeit und der Lebenshaltung der
-Einzelnen, als Transportmittel, als Kraftquelle und als Grundlage der
-Fischzucht, endlich im Gegensatze zu alle dem als Zerstörer.
-
-In Gebirgsländern wie Österreich ist das Wasser wegen seines Gefälles
-wichtiger als anderswo, sowohl nützlicher als gefährlicher. Es drängt
-sich demnach der Gedanke auf, welche Aufgabe der Staatsverwaltung
-in Beziehung auf die Wasserwirtschaft gestellt würde, wenn die
-ganze Wirtschaft verstaatlicht wäre. Der Staat hätte nicht nur
-allen Wasserschäden vorzubeugen, sondern auch alle natürlichen
-und regelmäßigen Wasserläufe und alle erforderlichen künstlichen
-Ansammlungen und Abläufe für die nützlichste Verwertung einzurichten
-und die gesamten Gewässer dem größten Nutzeffekte dienstbar zu machen.
-In unserer Zeit kann man oft bemerken, daß der Vorteil des einen
-zugleich der Schaden des andern ist. Man behauptet, daß die Abfuhr der
-Industriewässer oft zu großen Beschädigungen der Fischzucht und selbst
-der Hygiene führt. Das kann im Kollektivismus der Staat verhüten, und
-außerdem verteilt sich Nutzen und Schaden auf alle.
-
-Was andere Produktionszweige anbelangt, so wird der Kollektivismus auf
-ihren Betrieb nicht besonders einwirken. Die Industrie wird nur den
-Vorteil haben, der aus dem ausnahmslosen Großbetriebe entsteht, und
-der Kollektivstaat hat ein Generalmonopol, aber nicht zur Bereicherung
-von Unternehmern, sondern zur Bereicherung des ganzen Volkes. Doch
-ist hier zu bemerken, daß dem Erfindungsgeiste für Maschinen und
-Werkzeuge, Arbeitsmethoden und Verwaltung im Kollektivstaate dieselbe
-Betätigung, ja vielleicht eine größere eröffnet wird, als in unserer
-industriellen Wirtschaft den Fabrikdirektoren und Unternehmern. Denn
-wer immer eine Verbesserung vorzuschlagen hat, wird Gelegenheit haben,
-seine Vorschläge zu veröffentlichen, wenn ihm die Staatsverwaltung kein
-Gehör schenkt, und so wird er es zu Versuchen bringen und, wenn sein
-Vorschlag sich bewährt, auch reichlichen Lohn ernten.
-
-
-
-
-XI.
-
-Die Verteilung im Kollektivstaat.
-
-
-Nachdem der Kollektivstaat allein besitzt, steht es ihm zu, die Güter
-zu verteilen. Der Besitzende sucht von den Früchten seines Besitzes
-so viel als möglich für sich zu erhalten und für die Bewirtschaftung
-seines Besitzes so wenig als möglich Opfer zu bringen. So wird der
-Staat auch nur sein egoistisches Interesse im Auge behalten und das
-öffentliche Wohl über jedes Einzelinteresse stellen. Da aber der
-Staat unpersönlich ist, wird der Erfolg seiner Wirtschaft immer der
-Gesamtheit zu statten kommen.
-
-Die Verteilung erfolgt nach den Volksbeschlüssen, welche in der Regel
-nur allgemeine Gesetze aufstellen, und Sache der Staatsverwaltung ist
-es, die Gesetze auf die einzelnen Fälle anzuwenden. Die Verteilung hat
-zum Gegenstande die Arbeit und die Güter.
-
-
-1. Die Verteilung der Arbeit.
-
-Jeder Arbeitsfähige, der nicht nach den Gesetzen von geregelter Arbeit
-befreit ist, ist zur Arbeitsleistung verpflichtet.
-
-Die Verteilung der vorhandenen Arbeitskräfte auf die einzelnen
-Produktionszweige erfolgt nach den Volksbeschlüssen betreffend die
-Ausdehnung der Produktion auf den verschiedenen wirtschaftlichen
-Gebieten. Es ist klar, daß z. B. mit der Vermehrung des Betriebes der
-Eisenbahnen eine Vermehrung des Betriebspersonals gegeben ist. Ebenso
-gilt das von einer Vermehrung der Papierproduktion oder der Produktion
-von Büchern und Zeitschriften. Würde die Unterdrückung einer gewissen
-Industrie, z. B. der Biererzeugung, verfügt, so entfiele die darauf
-bisher aufgewendete Arbeit. Übersteigt die geforderte Produktion die
-Menge der verfügbaren Arbeitskräfte, so wird die Staatsverwaltung eine
-verhältnismäßige Reduktion aller Produktionen, oder jener Produktionen
-verfügen, für welche der Staatsverwaltung eine Latitude eingeräumt ist.
-
-Die Staatsverwaltung ist hinreichend über die Fähigkeiten aller
-Individuen informiert, daß sie dafür verantwortlich gemacht werden
-kann, zu jedem Geschäfte den Brauchbarsten zu bestellen.
-
-
-a) Der Arbeitstag.
-
-Man wird ohne Zweifel einen Normalarbeitstag für durchschnittliche
-Arbeit gemeiner Art annehmen. Ich bin jetzt geneigt, den achtstündigen
-Arbeitstag als Regel gelten zu lassen, während ich früher zweifelte,
-daß damit in Europa, nämlich bei unserer großen Bevölkerungsdichte,
-eine genügende Produktion bestritten werden könnte, weil man bei den
-Bauern im Sommer eine 14-15 stündige Arbeitszeit antrifft. Allein
-ich habe mich überzeugt, daß das nur etwa 5 Monate dauert und daß bei
-den Bauern in der übrigen Zeit die Arbeit weit unter acht Stunden im
-Durchschnitte herabsinkt.
-
-Dem Sozialismus ist nicht leicht durch jemand so geschadet worden,
-wie durch sozialistische Schriftsteller, welche durchwegs die Lehre
-aufstellen, daß, wenn wir unsere Gesellschaftsordnung verließen, wir
-nicht nur im Reichtum schwimmen würden, sondern auch die Arbeitszeit
-auf ein Minimum zusammenschrumpfen könnte. Man spricht nach Belieben
-von einer 4 oder 5 stündigen Arbeitszeit und Bebel, der übrigens durch
-einen gelehrten Herrn irre geführt wurde, verficht in seinem Buche:
-»Der Sozialismus und die Frau« die Lehre, daß im Sozialstaate -- oder,
-wie er es vorzieht zu sagen, in der sozialistischen Gesellschaft
--- die Arbeit auf 2-1/2 Stunden im Tage für die Altersstufen
-zwischen 16 und 50 Jahren herabgesetzt werden könnte, wenngleich
-die Gesellschaftsmitglieder Anspruch hätten auf ein reiches Leben.
-Er ist irre geführt durch Hertzka, den er für einen Volkswirt hält,
-der aber ein Schwärmer ist, der die unglaublichsten Versprechungen
-macht, um seine Freilandprojekte zu propagieren. Er wollte durch
-die sorgfältigsten Erhebungen festgestellt haben, daß in Österreich
-diesseits der Leitha der Bedarf für 22 Millionen Menschen durch 650,000
-Arbeitskräfte -- wahrscheinlich wurden sie mit 10 stündiger Arbeitszeit
-in Anschlag gebracht -- hergestellt werden könnte und daß die Erzeugung
-ihrer Luxusbedürfnisse nur die Arbeit von weiteren 315,000 Arbeitern
-erheischen würde, das alles bei reichlicher Versorgung und dem Bau von
-Familienhäusern, welche nur für die Dauer von 50 Jahren hergestellt
-werden sollten. Das wollte Hertzka durch eine Korrespondenz mit
-Unternehmern und Verwaltern ermittelt haben. Man kann sich denken, wie
-oberflächlich diese Ermittelungen waren.
-
-Organisation und Maschinen, worin man in Nordamerika wohl schon
-das Äußerste erreicht hat, können uns noch vieles erleichtern,
-aber es ist genug, wenn sie uns Befriedigung aller Bedürfnisse bei
-achtstündiger Arbeitszeit gewähren und uns noch manche Anstrengungen
-und Widerwärtigkeiten abnehmen.
-
-Von solchen Irrtümern müssen wir uns frei machen und wir dürfen den
-Arbeitern keine Versprechungen machen, die sich nicht erfüllen lassen.
-Da sie an 10 und 11 Stunden Arbeit gewöhnt sind, werden ihnen 8 Stunden
-Arbeit an 300 Tagen nicht zu schwer werden und da jede Verminderung
-der Arbeitszeit eine Verminderung der Genüsse mit Notwendigkeit zur
-Folge hat, so kann die richtige Festsetzung der Normalarbeitszeit als
-die wichtigste ökonomische Frage im Kollektivismus betrachtet werden.
-Eine achtstündige Arbeit erschöpft gewiß nicht so, daß die dadurch
-gewonnenen Güter nicht hinreichten, dem Körper alles wiederzugeben, was
-er in der Arbeit zugesetzt hat. Würde die Arbeitszeit noch beträchtlich
-herabgesetzt, so bedürfte man noch vermehrter Luxusgüter, um die freie
-Zeit auszufüllen und gerade, wo die Produktion der Güter zurückgeht,
-würde der Bedarf nach Gütern steigen.
-
-Wenn Bebel auch noch möglichste Abwechslung in der Arbeit verlangt, so
-ist dagegen wohl auch zu bemerken, daß bei allen Arbeiten, die einige
-Geschicklichkeit fordern, Abwechslung nur auf Kosten der Produktivität
-zugestanden werden kann. Der Arbeiter würde also bei diesem Wechsel,
-wenn er häufig stattfände und nicht bloß zu dem Ende, um eine dem
-Individuum besser passende Beschäftigung zu finden, viel weniger
-leisten, und da im Kollektivismus jeder Schade die Gesamtheit trifft,
-würde das ganze Volk weniger genießen können, wenn der Grundsatz zur
-Anwendung käme, daß man mit der Arbeit beliebig wechseln kann. Zum
-Teile aber würde der Wechsel auch ökonomisch gerechtfertigt sein. Denn
-bei den bäuerlichen Arbeiten ist eine besondere Qualifikation nicht
-erforderlich und dort ist eine Abwechslung ohnehin gegeben und da
-auch die gewerblichen Arbeiter in den Sommermonaten zu den bäuerlichen
-Arbeiten herangezogen werden müssen, so ist einige Abwechslung ohnehin
-dort geboten, wo sie nicht ökonomisch verwerflich ist. Auch in den
-hauswirtschaftlichen Arbeiten dürfte ein Wechsel wohl statthaft sein,
-wenngleich die Leitung des Küchenwesens nur besonders begabten Frauen
-überlassen werden kann.
-
-Ebenso unmöglich wäre es, jeden sich seine Arbeit vollkommen frei
-wählen zu lassen. Es darf sich niemand eine Arbeit wählen, zu der ihm
-die Geschicklichkeit oder die intellektuelle Fähigkeit mangelt, es
-können ferner zu keinem Berufe[44] und zu keiner Arbeit mehr Arbeiter
-zugelassen werden, als die festgesetzte Produktion erheischt und die
-wissenschaftlichen und künstlerischen Berufe müssen von materieller
-Arbeit befreien. Eben darum aber kann es niemand freistehen, sich einen
-wissenschaftlichen oder künstlerischen Beruf frei zu wählen, dazu
-können nur die als vorzüglich befähigt Erkannten zugelassen werden,
-weil das das Interesse des Volkes gebieterisch fordert.
-
- [44] Unter Beruf verstehe ich jene Arbeit, die der Staat als
- Entgelt für die Versorgung annimmt.
-
-Die achtstündige Arbeit gilt für die Durchschnittsarbeit; für Arbeiten,
-welche große Anstrengung erfordern oder sonst eine höhere Belastung
-der Arbeiter herbeiführen, werden andere Normen angenommen werden.
-Nach Maßgabe der Volksbeschlüsse wird der Normalarbeitstag entweder
-unveränderlich festgehalten, oder nur für den Jahresdurchschnitt
-angenommen, so daß eine Mehrleistung in der einen Jahreszeit durch
-eine Herabsetzung in den anderen Monaten wettgemacht wird. Außer dem
-Normalarbeitstage wird auch eine Normalzahl der Arbeitstage für das
-Jahr festgesetzt werden, wahrscheinlich 300 Arbeitstage im Jahre.
-Die landwirtschaftlichen Arbeiten werden eine genaue Feststellung der
-geleisteten Arbeitsstunden erschweren.
-
-
-b) Sonntage, Feiertage, Ferien.
-
-Es ist höchst wahrscheinlich, daß man die Sonntagsruhe aufrechterhalten
-wird. Nur aus überwiegenden wirtschaftlichen Gründen wird man manche
-Industrien kontinuierlich betreiben und demnach die Sonntagsruhe
-versagen. Dann sind zwei Auswege möglich, man kann nach Einstellung
-einer Überzahl von einem Sechstel der erforderlichen Arbeiter je
-ein Siebentel der Arbeiterschaft ruhen lassen, und zwar an jedem
-Tage in der Woche, oder man kann irgend eine Entschädigung für die
-Mehrarbeit bewilligen. Eine solche Entschädigung wäre die Herabsetzung
-des Normalarbeitstages von acht Stunden auf 6 Stunden 50 Minuten,
-oder längere Ferien, das wären 65 Ferialtage nach beendeten 300
-Arbeitstagen, oder sonst irgend ein Benefizium. Es wird dabei immer
-in irgend einer Form darauf hinausgehen, Ersatzarbeiter einzustellen.
-Allein man wird nicht bloß die Ausgleichung der mehr verwendeten
-Arbeitszeit zu bewilligen haben, eine Verlegung der Ruhe auf einen
-anderen Tag, als den Sonntag, den echtesten Freudentag, den jeder
-mit den andern feiern möchte, oder längere Ferien nach längerer
-Arbeit, werden niemals als ein Äquivalent gelten können. Man könnte
-noch einen Ausweg finden und in solchen Industrien eine frühere
-dauernde Arbeitsbefreiung gegen dem gewähren, daß der Befreite sich
-verpflichtet, sich zur Sonntagsarbeit einstellen zu lassen.
-
-Daß außer den Sonntagen auch gewisse Feiertage gehalten werden,
-ist sehr wahrscheinlich, aber es wäre doch zweckmäßiger, diese
-Feiertage auf einen Sonntag zu verlegen, da die Aufeinanderfolge von
-sechs Arbeitstagen und einem Ruhetage sehr zweckmäßig scheint und
-eine neuerliche Unterbrechung der Arbeit durch einen Feiertag eher
-langweilig ist.
-
-Nimmt man nun 300 Arbeitstage im Jahre, so ergibt das nach Abrechnung
-von 52 Sonntagen noch 13 oder 14 freie Tage und es erscheint
-zweckmäßig, dieselben mit 2 oder 3 sich daran schließenden Sonntagen zu
-einer Ferialzeit zusammenzulegen, welche dem Arbeiter Gelegenheit gibt,
-den Arbeitsort zu verlassen und sich in der Welt umzusehen. Für diese
-Zeit wird dann eine Reisebewilligung erteilt und der Urlaub fällt nicht
-auf eine bestimmte Zeit, sondern er wird das ganze Jahr über auf die
-Arbeitspflichtigen aufgeteilt, wobei den Tüchtigeren und Älteren die
-Wahl der Zeit einzuräumen ist.
-
-Für manche Berufe wird man von diesen Grundsätzen abweichen. Der
-Verwaltungsbeamte, der ohnehin ein Recht auf frühere Arbeitsbefreiung
-hat und dessen Dienst sonst verhältnismäßig leicht ist, wird weder auf
-Sonntagsruhe noch auf Urlaub Anspruch haben, weil er keinen Ersatzmann
-stellen kann und eine ununterbrochene Amtsführung zweckmäßig scheint.
-Fraglich wäre nur, ob er die Führung der Geschäfte auf ganz kurze Zeit
-dem vom Volke bestellten Kontrollbeamten oder dem Arzte oder einem
-Lehrer überlassen könnte. Dagegen wieder werden die Lehrer vielleicht
-auf längere Ferien als solche von 15 Tagen Anspruch machen, wogegen man
-von ihnen unter dem Jahre anstrengenderen Dienst fordern wird.
-
-
-c) Arbeitsbefreiung.
-
-Die Befreiung von geregelter, erzwungener Arbeit kann, wie in I,
-_Alinea_: »Von der staatlichen« erwähnt wurde, bestimmten Familien
-verfassungsgemäß eingeräumt werden.
-
-Außerdem wird sie von einem gewissen Alter an jedem, ohne Rücksicht auf
-eine Altersgrenze aber solchen eingeräumt, welche ein großes Verdienst
-für den Staat erworben haben oder welchen man nach Maßgabe ihrer
-erwiesenen Begabung und Schaffenslust, Gelegenheit zum schöpferischen
-Arbeiten geben will. Letztere Arbeitsbefreiung wird widerruflich sein.
-Das Normalalter für die Arbeitsbefreiung wird das zurückgelegte 65.
-Lebensjahr sein, es kann aber nach dem Berufe erheblich herabgesetzt
-werden, so für Verwaltungsbeamte und Lehrer auf 55 Jahre, für Ärzte,
-wenn sich die Annahme bewähren sollte, daß der Arzt kein hohes Alter
-erreicht, auf 45 Jahre usw.
-
-Es mag die Frage aufgeworfen werden, ob es ohne Schaden für die
-Produktion möglich sein wird, das 65. Lebensjahr als Maximalgrenze für
-die geregelte Arbeit festzusetzen, denn der Statistik zufolge gäbe das
-45 Arbeitsbefreite für eine Gemeinde von 1000 Köpfen, während heute an
-Ausgedingleuten, Rentnern und Hausbesitzern, Pensionisten, Pfründnern
-und Almosenempfängern nur 23,5 Köpfe auf tausend gezählt werden. Allein
-es ist offenbar, daß in einer Küchenwirtschaft für 1000 Personen es
-gar nicht empfindlich ist, ob 23,5 oder 45 Mitesser mithalten und die
-anderen Bedürfnisse fallen nicht sehr in die Waagschale, wenn Wohnungen
-genug vorhanden sind.
-
-Daß der Arbeitstag für manche Berufe, wie insbesondere für die
-Bergarbeit, unter 8 Stunden herabgesetzt werden kann, ist evident,
-aber es ist davon hier nicht weiter die Rede, weil die Verminderung
-der Arbeitszeit zu jenen Benefizien gehört, von welchen in VIII, 9, m,
-gesprochen wird.
-
-Wenn auch Kinder und junge Leute unter 18 Jahren von der geregelten
-Arbeit befreit sein sollen, so wird man ihnen doch, wie in VII, 5,
-bemerkt wurde, aus erziehlichen Gründen eine mäßige Arbeit auferlegen.
-
-
-d) Arbeitszuweisung.
-
-Bei der Arbeitszuweisung wird man in jedem Berufe auf Geschlecht und
-Alter Rücksicht nehmen. Eine ganze Reihe von Arbeiten leichterer
-Art, wie Hauswirtschaft, Erziehung, Krankenpflege, Gartenarbeit,
-Milchwirtschaft und gewisse landwirtschaftliche Arbeiten wird man
-den Frauen vorbehalten. Zum größten Teil ist das auch heute schon
-durchgeführt. Man wird nicht leicht ein Bauernmädchen die Sense
-schwingen sehen, wohl aber gehen die Mädchen neben den Mähern her und
-breiten das geschnittene Gras aus. Im Lehrberufe und als Ärztin kann
-sich die begabte Frau ebenso nützlich machen, wie der gleichbegabte
-Mann. Auch in der Industrie sind viele Arbeiten durchaus passend für
-die Frauen, so die Kleiderverfertigung und die Bedienung der Spinn- und
-Webemaschinen.
-
-Man soll ferner bei den ungelernten Arbeitern auf das Alter Rücksicht
-nehmen und den älteren Männern und Frauen das Lästige und Beschwerliche
-ersparen und es den Jüngeren aufladen.
-
-Bei der Zuweisung der verschiedenen Arbeiten wird man zwei Gattungen
-von Arbeiten unterscheiden. Die meisten Arbeiten sind von der Art, daß
-sie niemand ablehnen, der Staat sie niemand verwehren kann. Das sind
-die landwirtschaftlichen, die hauswirtschaftlichen Arbeiten und die
-einfacheren gewerblichen Arbeiten. Dagegen gibt es Arbeiten, welche
-eine größere Belastung der Arbeiter mit sich bringen und solche, welche
-größere Vorstudien oder besondere Talente voraussetzen. Zu ersteren,
-so zur Bergarbeit, darf niemand gezwungen werden, zu letzteren wird
-niemand zugelassen, der nicht die Bedingungen erfüllt, welche der
-Staat daran knüpft und unter Personen, die qualifiziert sind, wird
-jener bestellt, welcher als tüchtiger erkannt wird. Bei der Berufswahl
-wird auch das Gutachten der Ärzte eingeholt. Es gibt junge Leute, die
-sich nicht für den Tischlerberuf eignen, weil sie zur Tuberkulose
-hinneigen. Solche werden diesem Berufe nicht zugewiesen und, wenn
-ihnen das Gutachten mitgeteilt wird, werden sie sicher einverstanden
-sein, einen Beruf zu meiden, der ihnen größere Gefahr bringt. Es ist
-bekannt, daß die Arbeiten in Zündhölzchenfabriken ungefährlich sind,
-wenn gewisse Phosphorarten verwendet werden. Wegen der erbärmlichen
-sozialen Zustände in Österreich war es bisher nicht möglich, das Verbot
-durchzusetzen, anderen Phosphor zu verwenden.
-
-Im allgemeinen wird jeder für den landwirtschaftlichen oder
-hauswirtschaftlichen =und= irgend einen gewerblichen Beruf ausgebildet,
-weil die Landwirtschaft im Sommer viele Arbeitskräfte, im Winter aber
-wenig Arbeitskräfte erheischt. So wird dann jeder landwirtschaftliche
-Arbeiter im Winter in irgend einer Industrie beschäftigt werden. Es
-gibt keine Gewerbe, in welchem nicht ein Drittel der Arbeiten von
-ungelernten Personen verrichtet werden kann. Bei den schwierigeren
-Arbeiten sind die Abstufungen sehr groß. Vom Mechaniker geringster Art
-bis zum Monteur oder zum Verfertiger optischer Apparate ist ein weiter
-Weg. Darum wird im Gewerbe auch ein Vorwärtskommen eröffnet werden für
-jene, die sich zu den feinsten Arbeiten qualifizieren.
-
-Für die höheren Berufe werden die Begabtesten in der Schule ermittelt
-werden. Der Pädagoge und die Lehrer werden alle Talentierten schon in
-der Schule ermuntern, sich durch hervorragende Leistungen auszuzeichnen
-und eine solche Betätigung wird der einzige Weg zum Verwaltungs-,
-Lehr- oder Sanitätsdienst sein. Doch soll die höhere Schulbildung
-nicht der einzige Weg sein, um zu hohen Ehren und glänzender Stellung
-zu gelangen. Auch aus den Arbeiterkreisen werden Forscher, Künstler
-und Erfinder hervorgehen, welche niemals eine höhere Schule absolviert
-haben. Dagegen soll Geburt niemals einen Anspruch auf höhere Stellen
-gewähren und die Glieder der monarchischen und adeligen Familien sollen
-von allen Stellen im Staatsdienst ausgeschlossen sein, wenn sie nicht
-auf ihre erbliche Stellung für sich und ihre Nachkommen verzichten.
-Auch soll jedem Hochbegabten gestattet werden, die Hochschule
-nachzuholen, wenn seine Begabung erst nach seiner Einstellung in den
-landwirtschaftlichen oder gewerblichen Beruf erkannt wird.
-
-=Der oberste Verteilungsgrundsatz soll sein, daß jedem in seinem Berufe
-die Möglichkeit geboten werden soll, das höchste Alter zu erreichen,
-das ihm nach seiner Konstitution zu erreichen möglich ist.= Darum
-muß bei der Arbeitsverteilung dahin gewirkt werden, daß kein Beruf
-überlastet wird und wenn in einem Berufe eine größere Sterblichkeit
-konstant beobachtet wird, sollen solche Erleichterungen im Dienste
-und solche Vermehrung der Genüsse gestattet werden, daß ein Ausgleich
-erzielt wird.
-
-Selbstverständlich hat die Verwaltung die größten Anstrengungen zu
-machen, alle Schädlichkeiten der Berufe zu bekämpfen.
-
-Es wurde oben bemerkt, daß es Berufe gibt, zu welchen niemand gezwungen
-werden kann, wie zum Bergbau. Findet sich nun niemand zu einem solche
-Berufe, so wird es in der Regel Sache der Staatsverwaltung sein, einem
-solchen Berufe solche Begünstigungen zuzuwenden, daß sich Bewerber
-melden. In der Regel werden diese Begünstigungen in einer Verkürzung
-der Arbeitszeit bestehen. Hat nun jemand sich zu einem solche Berufe
-bereit erklärt, so entsteht ein Vertragsverhältnis, welches nicht
-willkürlich gestört werden kann.
-
-Doch wäre das nicht der einzige Weg, um die Erzeugung der Güter
-sicherzustellen, welche in solchen Berufen erzeugt werden. Man könnte
-Ausländer dingen, welchen man das Staatsbürgerrecht nicht erteilt und
-welche nur auf Naturalverpflegung und kleinen Lohn Anspruch haben und
-man könnte solche Güter auch vom Auslande im Handel erwerben, oder die
-Bergwerke gegen einen in Produkten zu entrichtenden Pachtschilling an
-Ausländer verpachten, was aber schwer ausführbar wäre. Endlich verweise
-ich auf VII, 2, _Alinea_: »Noch wichtiger wäre«.
-
-Ob einem Arbeiter die Zeit der Krankheit in die Arbeitszeit
-eingerechnet wird, hängt davon ab, ob ihm ein Verschulden an seiner
-Krankheit nachgewiesen werden kann oder nicht.
-
-Im Falle der Einstellung einer Produktion, sei der Anlaß welcher
-immer, hat der Staat für andere Arbeit zu sorgen. Insofern ein Ersatz
-nicht sofort möglich ist, wird man die unbeschäftigten Arbeiter
-beurlauben und ihnen diesen Urlaub später anrechnen. Sie werden dann in
-verwandten Berufen beschäftigt, z. B. Metallarbeiter in einem anderen
-Produktionszweige der Metallindustrie, und bei den sich so ergebenden
-Verschiebungen können Arbeitskräfte der geringsten Art aus der
-gewerblichen Produktion in die landwirtschaftliche Produktion versetzt
-werden. So trägt der Staat die Gefahr der Arbeitslosigkeit allein.
-Strike, nämlich völlige Arbeitsverweigerung, werden nicht geduldet, die
-Arbeit ist Pflicht, und wer nicht aus dem Kollektivverbande ausscheiden
-will, I, _Alinea_: »Die Rechtsgrundsätze für die kommende Zeit«, wird
-zur Arbeit gezwungen. Remonstrationen über unverhältnismäßige Belastung
-in einem Produktionszweige müssen auf das gewissenhafteste geprüft
-und gerechten Beschwerden abgeholfen werden. Inwiefern die Arbeit in
-einem bestimmten Berufe verweigert werden kann, bestimmen die Gesetze.
-Wer sich zu beschwerlichen Berufen bedingungsweise verstanden hat,
-wird wenigstens auf eine bestimmte Zeit gebunden sein und nicht ganz
-willkürlich ausstehen dürfen.
-
-
-2. Die Verteilung der Güter.
-
-Hier ist nicht nur von Sachgütern die Rede, sondern auch vom Genusse
-der persönlichen Dienstleistungen. Ich verstehe hier unter persönlichen
-Dienstleistungen jede Arbeit, welche nicht auf Erzeugung oder
-Wiederherstellung von Sachen gerichtet ist.
-
-Auch für die Verteilung der Güter ist der allgemeine Grundsatz
-maßgebend, daß jedem in seinem Berufe die Möglichkeit geboten werde,
-das höchste Alter zu erreichen, das ihm nach seiner Konstitution zu
-erreichen möglich ist. Wenn nun hierzu irgend ein Aufwand von Sachen
-erforderlich ist, muß er gemacht werden. Insbesondere muß die Nahrung
-darauf berechnet sein, dem Körper einen vollkommenen Ersatz für die in
-der Arbeit eingesetzten Kräfte zu bieten. Nach diesem Grundsatze könnte
-etwa der Bauer mehr Fett, der geistige Arbeiter mehr Fleischnahrung
-oder Stimulantien beanspruchen.
-
-Es ist bereits wiederholt bemerkt worden, daß es volkswirtschaftlich
-begründet ist, einen Teil des jährlichen Volkseinkommens zur Entlohnung
-größerer und höherer Verdienste, besonders in wissenschaftlichen und
-künstlerischen Berufen auszuscheiden. Es wird sich da einerseits um
-bestimmte Arten von Gütern, andererseits um einen prozentuell höheren
-Anteil an den für die allgemeine Verteilung bestimmten Gütern handeln.
-Alle übrigen Güter sollen gleichmäßig, nach Köpfen, verteilt werden,
-aber mit Rücksicht auf Alter, Geschlecht und im Berufe gelegene
-Bedürfnisse und auf Klima.
-
-Gewisse Gebrauchsgegenstände, wie wissenschaftliche Apparate und
-musikalische Instrumente, werden zunächst zur Ausrüstung der Personen,
-die davon berufsmäßig Gebrauch machen müssen, also im staatlichen
-Organismus angestellter Forscher, Künstler und Musiker, dann nach
-Verhältnis des Interesses der Bevölkerung für Kunst und Wissenschaft
-in den einzelnen Bezirken verteilt. Die Bedeutung der berufsmäßigen
-Forscher und Künstler wird darüber entscheiden, wem die kostbarsten
-Instrumente, z. B. alte berühmte Geigen, zum Gebrauche überlassen
-werden, und ebenso wird die Verwaltung[45] seltene Apparate und
-Instrumente nur jenen zum Gebrauche überlassen, welchen eine nützliche
-Verwendung zugetraut werden kann. Dabei wird man auf die Gutachten der
-staatlich anerkannten Vereine und der Fachunterrichtspersonen Rücksicht
-nehmen, und wenn man sich getäuscht hat, die Instrumente anderen
-überlassen.
-
- [45] Da es seltene Instrumente gibt, die nicht in so großen
- Mengen erzeugt werden, daß sie in jeder Gemeinde zur
- Verteilung gelangen können, wird deren Zuweisung den
- Bezirks- oder Kreisbeamten zu überlassen sein.
-
-Auf die Minimalversorgung hat auch der Arbeitsunfähige Anspruch.
-
-
-
-
-XII.
-
-Die Beziehungen des Kollektivstaates zum Auslande.
-
-
-Diese Beziehungen werden hier nur insofern näher untersucht, als
-es sich um Auslandsstaaten handelt, welche noch die Geldwirtschaft
-aufrecht erhalten; denn der erste Staat, der sich kollektivistisch
-organisiert, hat es nur mit solchen Staaten zu tun. Bilden sich nach
-und nach auch andre Kollektivstaaten, so werden sie internationale
-Vereinbarungen treffen, welche den Reiseverkehr, den Austausch von
-Gütern und die Auswanderung, vielleicht auch Versicherung gegen
-Mißwachs betreffen.
-
-Dieser Abschnitt behandelt den Gütertausch mit Auslandsstaaten
-der heutigen Gesellschaftsordnung, den Reiseverkehr, die Aus- und
-Einwanderung und die territoriale Integrität.
-
-
-1. Der Güteraustausch mit ausländischen Staaten.
-
-Da der Kollektivstaat Alleineigentümer aller Güter im Staate ist, kann
-er den Nachbarstaaten gegenüber wie eine ausländische Privatperson
-angesehen werden. Nur er kann österreichische Güter an das Ausland
-verkaufen und, von einigen Ausnahmen, die unten erwähnt werden,
-abgesehen, nur für ihn können im Auslande Güter erworben werden.
-Obwohl er selbst im Inlande keine Geldwirtschaft kennt, kann er
-aus geldwirtschaftlichen Staaten nur gegen Zahlung Güter erwerben,
-und darum kann er nach solchen Staaten auch nur gegen Zahlung Güter
-überlassen. Er kann sich hierbei irgend einer ausländischen Währung
-bedienen, und er wird keine heimatliche Währung einführen. Würde er
-von jedem Staate nur so viel Güter erwerben, als er dem Werte nach
-dahin verkauft, so würden die Forderungen, die er in dieser Währung
-erwirbt, zur Berichtigung seiner Schuld an die Bürger dieses Staates
-gerade hinreichen. Allein es ist nicht möglich, den Güterverkehr mit
-ausländischen Staaten so einzurichten, daß sich Schuld und Forderung
-in jedem Lande ausgleichen. Die Handelsbilanz wird in der Regel einem
-Staate gegenüber aktiv, einem anderen Staate gegenüber passiv sein.
-Das bedingt dann auch, daß seine Forderungen und Schulden aus dem
-Güterverkehr in den verschiedensten Währungen kontrahiert werden.
-Allein das macht es nur notwendig, daß die erworbenen Valuten, soweit
-es zum Ausgleich notwendig ist, verwertet werden. Dabei wird der Staat
-ein Jahr etwas gewinnen, das andere vielleicht etwas verlieren, was
-aber von keinem Belange ist. Die Verwaltung wird hierbei wahrscheinlich
-im Vorteil sein, weil bei dem Überblicke über so ungeheure Mengen von
-Transaktionen ein Urteil gewonnen wird, das ein kleiner Händler nie
-erwirbt.
-
-Die Frage, welche Art von Gütern verkauft und erworben werden dürfen,
-ist Gegenstand der Volksbeschlüsse. Dabei wird man nicht so engherzig
-vorgehen, daß man mit ganz offenen Karten spielte und das Ausland genau
-wüßte, was der Kollektivstaat kaufen und verkaufen muß. Man wird aber
-den ausländischen Geschäftsleuten gegenüber im Vorteil sein, weil der
-Kollektivstaat die »stärkste Hand« ist.
-
-Der Kollektivstaat wird niemals ein Zollgesetz erlassen, weil er damit
-nur sich selbst besteuern würde und die Einfuhrserschwernis der Zölle
-dadurch aufgewogen wird, daß nur er als Käufer für sein Staatsgebiet
-auftreten kann, also keine Einfuhr denkbar ist, welche ihm nicht bequem
-wäre. Ob der Kollektivstaat den internationalen Kauf und Verkauf durch
-Agenten oder Staatsbeamte besorgen läßt, ist eine Frage, die wohl hier
-nicht zur Entscheidung zu bringen ist.
-
-Wenn Kunstgegenstände des freien, nicht berufsmäßigen Schaffens,
-VIII, 5, oder den Schriftstellern zugestandene Freiexemplare auf
-Verlangen der Schöpfer und Schriftsteller und mit Einwilligung
-der Staatsverwaltung geschenkweise ins Ausland gehen, so soll die
-Einwilligung der Staatsverwaltung auf diesen Gegenständen ersichtlich
-gemacht werden.
-
-
-2. Der Reiseverkehr mit dem Auslande.
-
-Mit dem Reiseverkehr wird es ebenso gehalten, wie mit dem Gütertausch.
-Der Ausländer, der in Österreich reist, muß dafür in der Währung seiner
-Heimat zahlen, und so erwirbt der Staat die Mittel, um die Reisen
-seiner Bürger im Auslande zu bestreiten.
-
-Für die Fremden gelten folgende Rücksichten. Der Staat hat sich
-dagegen sicherzustellen, daß die im Inlande reisenden Ausländer
-keine ansteckenden Krankheiten einschleppen und sonst keinen Schaden
-anrichten. Praktisch wäre es durchaus tunlich, alle Fremden an der
-Grenze einer genauen ärztlichen Untersuchung zu unterwerfen. Allein
-Fremden von einigem Ansehen gegenüber wird man davon absehen, um den
-Reiseverkehr nicht zu erschweren. Arbeiter und andere Personen, welche
-minder anspruchsvoll sind, mögen wohl einer ärztlichen Untersuchung
-unterzogen werden. Fremde, die keine volle Sicherheit in dieser
-Hinsicht gewähren, werden in den Orten ihres Aufenthaltes so behandelt
-werden, daß die Gefahr der Übertragung einer Krankheit abgewendet
-wird. Es könnte auch ein Gesetz erlassen und in allen Auslandsstaaten
-verlautbart werden, daß Reisende, die sich einer ansteckenden Krankheit
-bewußt sind und eine Ansteckung im Inlande verschulden, einer strengen
-Bestrafung unterzogen werden.
-
-Es wird genau vorgeschrieben werden, auf welche Art die Ausländer,
-welche im Kollektivstaate reisen, sich zu legitimieren haben, und
-man wird wahrscheinlich Legitimationskarten fordern, welche die
-Photographie des Reisenden enthalten, und dasselbe wird von seiner
-Begleitung gelten.
-
-Man würde vielleicht gut tun, Fremde, welche im Inlande reisen,
-an der Grenze zu verhalten, ihre Barschaft und Kostbarkeiten zu
-deponieren. Doch scheint es, daß die Furcht vor dem ausländischen
-Gelde nicht begründet wäre und daß die Kontrolle über die Güter des
-Kollektivbesitzes jede unredliche Veräußerung unmöglich machte. Auch
-eine Bestechung wird man aus diesem Grunde nicht zu fürchten haben, und
-es ist zu bedenken, daß die Ausnahmslosigkeit des Staatseigentumes das
-Recht geben würde, das Geld, das man im Besitze eines Inländers findet,
-zu konfiszieren.
-
-Für den Reiseverkehr im Inlande könnte man Kategorien einführen. Die
-geringste Kategorie wäre für Fußgänger, welche nur in Urgemeinden oder
-Bezirksvororten Unterkunft nehmen, und die Kreisstädte, Provinzstädte
-und die Reichshauptstadt nicht betreten würden. Sie hätten auf alles
-Anspruch, was die Masse der inländischen Bevölkerung zu genießen befugt
-ist. Da diese aber durch Arbeit dafür bezahlt hat, muß der Ausländer
-für Unterkunft und Verpflegung in Geld bezahlen. Die Schuld würde,
-da es sich um Kategorien handelt, durch eine nach Tagen berechnete
-Summe berichtigt werden. Eine nächste Kategorie würde die Benützung
-der Eisenbahn und Dampfschiffe und den Aufenthalt in Kreisstädten
-mit dem Anspruche auf den Besuch von Theatern und Konzerten gewähren
-und gleichfalls nach Tagen berechnet werden. Natürlich schlösse das
-Recht der höheren Kategorie auch alles in sich, was mit der niederen
-Kategorie verbunden ist. So ließen sich noch etwa zwei oder drei
-höhere Kategorien schaffen. Indessen scheint es, daß man für besonders
-anspruchsvolle Fremde, die auf großem Fuße zu reisen gewöhnt sind,
-einen anderen Weg als den der Pauschalierung der Reisekosten wählen
-könnte, und daß man ihnen die Möglichkeit eröffnen sollte, à la
-carte zu speisen, Kunstgegenstände zu kaufen und nach allem nach
-Belieben zu verlangen, in welchem Falle die Preise bestimmt werden
-müßten. Ob nun die Rechnung in Barem an bestimmte Personen, z. B. den
-Verwaltungsbeamten, oder durch Anweisungen auf das Depot, wovon oben
-die Rede war, berichtigt werden soll, wäre zu prüfen.
-
-Selbstverständlich würden Fremde unter Umständen auch als Gäste zu
-empfangen sein. Wenn ein wissenschaftlicher Kongreß im Kollektivstaat
-abgehalten wird, werden die Teilnehmer von der Grenze an als Gäste des
-Staatsoberhauptes, also des Staates reisen.
-
-Die durch die Reisen der Ausländer im Inlande erworbenen Mittel werden
-in der Regel wieder dazu verwendet, um Österreicher im Auslande reisen
-zu lassen. Cook hat uns bereits darüber belehrt, daß es auch eine
-Unternehmung für Reisen gibt. Der Staat würde die meisten Reisen der
-Inländer im Auslande als Unternehmer in Regie nehmen. Es können solche
-Reisen in den verschiedensten Formen als Belohnung, zur Belehrung
-und zu Unterrichtszwecken ermöglicht werden, und dabei wird der Staat
-als Unternehmer auftreten. Personen von höchstem Range, Akademikern,
-Ministern, Hochschulprofessoren, wird, wenn sie im Auslande reisen,
-eine Summe Geldes angewiesen, nur mit der Einschränkung, daß das nicht
-Verwendete wieder zurückerstattet wird, und daß die Verwendung nur für
-Reisezwecke erfolgen dürfe.
-
-Man wird für inländische Studierende in mehreren großen Städten des
-Auslandes Konvikte einrichten, wo sie volle Verpflegung erhalten. So
-in Rom für Maler und Bildhauer, in Berlin, Paris, London für Ärzte
-und Naturforscher usw., und ebenso kann man im Inlande für auswärtige
-Studierende Pensionen einrichten. Es wäre wohl möglich, daß man eine
-Erziehungs- und Unterrichtsindustrie für Ausländer betriebe.
-
-Was nun die jeweiligen Kassenvorräte anbelangt, so würden
-vielleicht Kassen im Inlande eingerichtet werden, und zwar an den
-Einbruchstationen. Die Zahl dieser Kassen würde eine kleine sein.
-Außerdem würde man sich der ausländischen Banken bedienen, die das
-Inkasso halten und Anweisungen honorieren würden. Man könnte auch für
-diese Geldgebung eine öffentliche Rechnungslegung in nachstehender
-Form einführen. Die Einnahmen der Einbruchstationen würden für jeden
-Tag in einer Liste im Reichsblatt veröffentlicht und dann gleichfalls
-getrennt nach den Kassaorten die Rückzahlungen und die Abführung an die
-Staatszentralkasse tabellarisch verzeichnet.
-
-
-3. Die Aus- und Einwanderung.
-
-Der Kollektivstaat würde eine überseeische Kolonie zu erwerben
-trachten, welche er speziell für seine Zwecke einrichten, worin aber
-Individualwirtschaft betrieben würde. Diese Kolonie würde besonders
-dazu dienen, Inländer strafweise zu verbannen, so, wenn sie die
-Propagationsgesetze, VII, 1, _Alinea_: »Zu den gesetzlichen Folgen«,
-nicht beobachten. Auch soll solchen, die sich dem Kollektivzwang nicht
-unterwerfen wollen, aber das Leben in der Kolonie der Auswanderung
-vorziehen würden, die Möglichkeit eröffnet werden, in die Kolonie zu
-übersiedeln. Wollen sie sich Altersversicherung vorbehalten, so müßten
-sie eine Prämie bezahlen, weil sie in der Kolonie nur für eigene
-Rechnung arbeiten.
-
-Inländern soll die Auswanderung freigestellt werden, nur vielleicht mit
-der Beschränkung der vorherigen Erreichung eines bestimmten Alters,
-wenn man annähme, daß mit dem dreißigsten oder fünfunddreißigsten
-Jahre die Erziehungsschuld abgetragen ist. In sehr vorgeschrittenem
-Alter könnte auch eine Auswanderungsprämie bezahlt werden, weil
-die Auswanderung eine Verzichtleistung auf Altersversicherung in
-sich schließt. Für die Einwanderung von Ausländern sind gesetzliche
-Bestimmungen aufzustellen. Es werden gewisse körperliche und psychische
-Eigenschaften zur Bedingung gemacht. Ob ein Einkauf stattfinden
-müsse, wird auch zu bestimmen sein. Ob man gestatten soll, daß jemand
-zugleich Kollektivbürger im Inlande und Besitzer eines Vermögens in
-einem auswärtigen Staate sei, ein Fall, der bei Erfindern und großen
-Künstlern und Schriftstellern sehr wohl vorkommen könnte, denn wenn
-jemand ein epochemachendes Werk im Auslande auflegt, können ihm
-wohl recht große Summen im Auslande zufallen, ist zwar zu erwägen,
-allein eine engherzige Entscheidung wäre zu verwerfen. Nur wenn zu
-befürchten wäre, daß ein Inländer eine solche im Auslande erworbene
-wirtschaftliche Macht dazu mißbrauchen könnte, die Kollektivordnung zu
-untergraben, müßte man sich dagegen schützen. Es wäre ein schlechtes
-Zeugnis für den Kollektivismus, wenn so etwas möglich wäre.
-
-Wollte man die Grundsätze über das Staatseigentum und das staatliche
-Obereigentum an den zu freiem Schaffen überlassenen Konsumtibilien auf
-das strengste anwenden, so könnte man allerdings verlangen, daß alles,
-was mit solchen Stoffen produziert wurde, dem Staate verbliebe, ja, man
-könnte ein Manuskript, das auf Papier des Kollektivstaates geschrieben
-ist, wenn ein Kollektivbürger es im Auslande verwerten wollte, als
-veruntreut vindizieren, aber das wäre eine engherzige Tiftelei und
-würde einer Sklaverei sehr ähnlich sehen. Der Sklave erwirbt immer für
-seinen Herrn.
-
-Doch könnte man den Grundsatz einprägen, daß der Bürger alles, was
-er schafft, seinem Vaterlande überlassen und daß, wer damit nicht
-einverstanden ist, vorher auswandern solle, ehe er für seine Person
-erwirbt.
-
-Denken wir, ein Inländer sendet Aufsätze an auswärtige Zeitschriften,
-für welche ihm ein Honorar zugesendet wird, ein Inländer beteiligt
-sich an einer ausländischen Konkurrenz für Monumentalbauten, für
-Eisenbahnprojekte, für die Einrichtung einer Fabrik und er würde
-mit einem Preise bedacht oder ein Inländer nähme, was während der
-arbeitspflichtigen Zeit die Beurlaubung voraussetzen würde, eine
-auswärtige Professur oder ein Engagement für eine Konzerttournee an,
-er schaffe im Auslande Meisterwerke der Malerei oder Skulptur; sollte
-er den Lohn nicht für sich behalten? Allerdings kann man sagen, das
-Vaterland hat dich ausgebildet, dir die Mittel gegeben, Künstler zu
-werden, du bist ein Teil des Ganzen. Aber das dürfte doch nur als
-sittliche Erwägung, als Dankbarkeit und als Patriotismus in Betracht
-kommen. Vielleicht könnte man fordern, daß der Erwerbssüchtige zwar
-den Lohn, der in barem erworben wird, dem Kollektivstaate überlasse,
-aber sich ein Äquivalent in Genüssen bedinge. Doch man wird immer zu
-fürchten haben, daß ein Inländer von diesen Grundsätzen abweicht und
-sich insgeheim direkt mit dem Auslande abfindet, wenngleich er nichts,
-weder Kunstwerke noch Manuskripte, anders, als durch Vermittlung der
-staatlichen Verkehrsanstalten, ins Ausland senden kann. Jedenfalls
-ist der Besitz von Geld, wenn damit kein Mißbrauch gemacht wird,
-und die Verwertung der in freiem Schaffen hervorgebrachten Werte für
-egoistische Zwecke vielleicht als Schmutzerei zu betrachten, aber doch
-nicht als Rechtsverletzung. Etwas anderes wäre, wenn man mit dem Gelde
-Mißbrauch machte, jemand zur diebischen Veräußerung von Staatsgut
-verleitete oder das Geld sonst zu einer Bestechung verwendete. Dann
-würde allerdings ein Verbrechen begangen, das Strafe und Konfiskation
-rechtfertigen würde, wie auch wenn sich jemand des Zeitdiebstahls
-schuldig machte, um fürs Ausland zu arbeiten.
-
-Daß aber die Summe der dadurch veranlaßten Beschädigungen des Staates
-auch nur im Entferntesten jene Vorteile aufwiegen könnte, die der
-Kollektivismus im Gefolge hätte, ist doch undenkbar. Und darum kann
-man niemals behaupten, solche Schwierigkeiten bewiesen, daß ein Staat
-nicht allein zum Kollektivismus übergehen könne, oder er müsse sich vom
-Auslande abschließen. Will man vernünftig maßhalten, so wird man vor
-Manchem ein Auge zumachen. Würde man aber solche Egoisten ins Ausland
-verbannen, so würde das wahrscheinlich als schwere Strafe empfunden,
-denn das würde Trennung von vielen Freunden und Verwandten und von so
-viel Schönem und Herrlichem bedeuten und einem solchen Ausgeschlossenen
-würde man auch das Reisen im Inlande verwehren, wenn er auch dafür
-bezahlen wollte.
-
-Es ist übrigens zu erwarten, daß, wenn der Kollektivismus einmal
-in einem Staate durchgeführt wäre, diese Wirtschaftsform bald auch
-auf die Nachbarländer übergreifen würde und so werden die kleinen
-Schwierigkeiten, welche das Nebeneinanderbestehen von Ländern
-verschiedener Gesellschaftsordnungen verursachen kann, nicht lange
-währen.
-
-Abgesehen von der Einwanderung und vom Reiseverkehr der Ausländer
-im Inlande ist noch eine dritte Beziehung zu Ausländern ins Auge zu
-fassen. Es können auch Ausländer in ein Arbeits- oder Dienstverhältnis
-zum Kollektivstaat treten. Man kann sowohl Arbeiten der geringsten
-Art Ausländern überlassen, als auch Arbeitsleistungen der höchsten Art
-Ausländern übertragen. Handelt es sich um Arbeiten, die den Aufenthalt
-im Kollektivstaat nicht bedingen, wie die Veredlung von Waren, z. B.
-das Bedrucken österreichischer Webwaren, oder die Ausarbeitung von
-Projekten, die Herstellung von Kunstwerken, oder schriftstellerische
-Arbeiten, so wäre das der Kauf einer Arbeit im Auslande, wofür
-vereinbarte Zahlungen zu leisten sein werden. Hierbei kann es
-vorkommen, daß der Kollektivstaat der ausländischen Jurisdiktion
-unterworfen wird. Dieser hat er sich zu fügen, wenn auch keine
-Exekutionsobjekte sich im Jurisdiktionslande befinden. Das wäre eine
-Frage des Kredits, den der Kollektivstaat aufrechterhalten muß.
-
-Ist aber die Arbeit im Inlande zu leisten, zum Beispiele, wenn
-Ausländer eine Erd- oder Maurerarbeit im Kollektivstaat übernehmen,
-oder sich als Bergleute verdingen, oder wenn ausländische Ärzte im
-Kollektivstaate an ein Krankenbett gerufen werden, wenn ausländische
-Gelehrte im Kollektivstaate eine Kanzel annehmen, wenn ein Ausländer
-die Leitung einer österreichischen Fabrik übernähme usw., so wird man
-Verträge schließen, welche Art von Verpflegung man den Ausländern zu
-gewähren hat und welche Restzahlung sie zu beanspruchen haben. Für die
-daraus entstehenden wechselseitigen privatrechtlichen Ansprüche könnte
-ein Schiedsgericht bestellt werden, wenn die ausländischen Gerichte,
-die über solche privatrechtliche Beziehungen zu urteilen hätten, als
-befangen angesehen würden.
-
-Es ist sehr wohl möglich, daß diese Art der Verwendung von Ausländern
-sich als sehr nützlich erwiese, besonders für Arbeiten, welche sehr
-gesundheitsschädlich sind und welche sich Inländer zu übernehmen
-scheuen. Auch kann dadurch die ausländische Intelligenz für
-Inlandszwecke verwertet werden. Doch verwickelt das die Verhältnisse,
-da ausländische Erdarbeiter vielleicht eine polizeiliche Überwachung
-nötig machen würden. Freilich erleichterte der staatliche Organismus
-diese Überwachung außerordentlich.
-
-
-4. Politische Beziehungen zum Auslande und Landesverteidigung.
-
-Der Kollektivstaat würde sich vor allem neutral erklären und die
-Anerkennung dieser Neutralität im Auslande anstreben. Er würde nur
-Verträge wirtschaftlicher Natur mit Auslandsstaaten abschließen und
-es wird auf eine Bemerkung über das Patentwesen in VIII, 8, _Alinea_:
-»Da nun dem Staate« verwiesen, welche ein solches wirtschaftliches
-Interesse berührt, das Gegenstand eines internationalen Vertrages
-werden könnte.
-
-Allianzverträge könnten mit Auslandsstaaten nur zum Schutze der
-Reichsintegrität geschlossen werden und es würde kaum möglich sein,
-dafür auch bewaffneten Schutz des Kontrahenten zu versprechen. Man kann
-kaum annehmen, daß irgend ein Allianzvertrag, der dem Kontrahenten das
-Recht bewaffneten Einschreitens auf inländischem Gebiete gewährte, im
-Interesse eines Kollektivstaates gelegen sein könnte. Noch viel weniger
-könnte ein solcher Staat an eine Offensivallianz denken. Ein Interesse
-könnte der Kollektivstaat haben, seine Waren, die er zu exportieren
-wünscht, gegen hohe Einfuhrzölle zu schützen, aber da er selbst keine
-Zölle hat, auf die er im Kompensationswege verzichten könnte, fehlt
-es ihm an einem Gegenwerte, welcher geboten werden könnte. Es wird
-also die Herabsetzung von Zöllen nur von dem Interesse der Bürger des
-Auslandsstaates abhängen und von dem Gedanken eingegeben werden können,
-den Absatz von Waren an den Kollektivstaat zu erleichtern. Aber auch
-diesen Absatz kann der Kollektivstaat nicht vertragsmäßig zugestehen,
-daher Zollverträge kaum zustande kommen werden. Selbstverständlich wird
-ein solcher Staat, der nur an die Volkswohlfahrt denkt, sich beeilen,
-Schiedsgerichtsverträge mit auswärtigen Staaten abzuschließen und
-auch solche Fälle nicht vorbehalten, wo die Nationalehre in Betracht
-kommt. Und so werden die Gefahren eines auswärtigen Krieges tunlichst
-beschworen.
-
-Bezüglich des Schutzes seines Eigentums und seiner Vertragsrechte im
-Auslande wird der Kollektivstaat einem Privaten gleichzuhalten sein. So
-wenn ein Dieb oder ein ungetreuer Beamter Staatseigentum ins Ausland
-verschleppte. Ist die Vindikation nach der Natur der entwendeten
-Sachen möglich, so wird der Eigentumsanspruch geltend gemacht. Bei
-vertretbaren Sachen wird der Kollektivstaat auf den Schadenersatz
-angewiesen sein.
-
-Es muß noch die Landesverteidigung besprochen werden für den Fall,
-als trotz der Neutralitätserklärung, und trotz der Verzichtleistung
-auf politische Ansprüche im Auslande ein Angriff auf das Reichsgebiet
-von Seiten eines Auslandsstaates stattfände. Es ist zwar anzunehmen,
-daß der Kollektivstaat die Habsucht und den Neid der herrschenden
-Klassen in den Nachbarstaaten weniger herausfordert, als ein
-Staatswesen, welches nicht kollektivistisch organisiert ist, weil sie,
-um im eroberten Gebiete nach ihrem Sinne zu wirtschaften, gewaltige
-Umgestaltungen vornehmen müßten und diese Wiederherstellung veralteter
-Zustände gewaltige Schwierigkeiten böte. Auch ist, wie sich zeigen
-wird, nicht nur der Sieg über einen kollektivistisch organisierten
-und auf den Krieg vorbereiteten Staat viel unwahrscheinlicher, als der
-Sieg über einen Staat der alten Gesellschaftsordnung, sondern auch die
-Gefahr gerade für die kriegslustigen Bewohner des angreifenden Staates
-für den Fall des Unterliegens viel größer. Denn wenn der Kollektivstaat
-angegriffen wird und den Angreifer überwindet, so liegt es in der
-Natur der Sache, daß der Sieger im unterliegenden Staatswesen den
-Kollektivismus zwangsweise durchführt und die herrschenden Klassen
-ihrer Vorrechte beraubt. Auch kann er die am Ausbruche des Krieges
-schuldtragenden Personen wie Räuber und Diebe bestrafen.
-
-Trotzdem wird bei einem Nebeneinanderleben zweier Völker, von welchen
-nur eines kollektivistisch organisiert ist, für dieses erst recht der
-Grundsatz gelten: _Si vis pacem para bellum_. Der Kollektivstaat wird
-also alles vorzubereiten haben, was im Kriegsfalle nicht binnen wenigen
-Tagen hergestellt werden kann.
-
-Es ist zweifelhaft, ob stabile Befestigungen hierher zu rechnen
-sind, da deren Wert nicht groß zu sein scheint und im Zukunftskriege
-passagere Befestigungen vielleicht eine größere Rolle spielen
-werden, haben sie aber noch einen Wert, so wird man es daran nicht
-fehlen lassen. Aber unzweifelhaft müssen Waffen bester Art und
-Munition reichlich vorhanden und die waffenfähigen Bewohner des
-Staates mit deren Gebrauch auf das Beste vertraut gemacht werden.
-Das Menschenmaterial ist tüchtiger und widerstandsfähiger, die
-Kriegstüchtigen zahlreicher. Sie haben mehr Vaterlandsliebe und ihre
-Interessen sind mit dem Bestande des Staates enger verknüpft. Auch
-die hohe Intelligenz eines solchen Volkes erhöht seine Wehrfähigkeit.
-Es wird nicht notwendig sein, ein Heer im Frieden auf den Beinen
-zu halten, wenn man auch jährliche Waffenübungen abhalten wird. Das
-Milizsystem wird sich für solche Staaten jedenfalls besser empfehlen,
-als ein stehendes Heer.
-
-Kriegsschulen zu halten, wird sich wohl empfehlen, obschon die
-Erfahrung im Burenkriege zu beweisen scheint, daß für die Führung im
-Kriege angeborene Begabung wichtiger ist, als die Ausbildung in den
-Kriegsschulen. Auch der amerikanisch-spanische Krieg, mehr noch der
-nationale Krieg in Frankreich unter Napoleon I., der zwar selbst ein
-wissenschaftlich Gebildeter war, aber eine Reihe ganz ungebildeter
-Leute ihrer angeborenen Begabung wegen zu Marschällen gemacht hat,
-spricht nicht für einen hohen Wert der Kriegswissenschaft. Da sich aber
-kriegerische Talente erst im Kriege bemerkbar machen können, braucht
-man wenigstens für die Einleitung des Kriegs kriegswissenschaftlich
-ausgebildete Führer, die erst nach und nach durch geniale Neophyten
-ersetzt werden können.
-
-Vor allem hat der Kollektivstaat vor anderen Staaten für den Krieg
-voraus, daß er Alleineigentümer aller Güter ist, also keine Zeit
-damit zu verlieren braucht, Lieferungsverträge abzuschließen und sich
-nicht in die Hand von Lieferanten zu geben braucht, die nicht nur den
-Staat bewuchern, sondern auch durch Verzögerungen und Unpünktlichkeit
-großes Unheil anrichten können. Die Zentralverwaltung kennt genau die
-Lagerorte aller Kriegserfordernisse und kann innerhalb weniger Stunden
-telegraphische Anweisung geben, wohin sie zu schaffen sind.
-
-Der ganze Verwaltungsapparat ist auch im Frieden ein großer
-Intendanzdienst und ehe drei Stunden ablaufen, ist jeder Mann im
-Lande von der Kriegserklärung verständigt und auf dem Wege zu den
-Sammelplätzen, wo zugleich mit den Marschbefehlen die Transportmittel
-eintreffen. Es ist nicht einzusehen, was in einem solchen Lande hindern
-sollte, am zweiten Tage der Mobilisierung einen Teil der Armee über die
-Grenze gehen und den Rest in den nächsten Tagen staffelweise nachrücken
-zu lassen. Es ist ganz unmöglich, daß ein Staat, der nach der alten
-Gesellschaftsordnung verwaltet wird, in der Mobilisierung mit einem
-Kollektivstaate Schritt halten könnte, es wird also immer der letztere
-sein, der in das Feindesland eindringt. Dort kann er zwar nicht mit
-Hartgeld bezahlen, aber nichts kann ihn hindern, dort Zwangspapiergeld
-auf die im Feindeslande kursierende Währung lautend in Umlauf zu setzen
-und auch das dort in Umlauf befindliche Geld gegen sein Papiergeld
-zwangsweise einzutauschen. Er braucht demnach kein Anlehen aufzunehmen,
-um die Requisitionen bar zu bezahlen, denn mit dem durch den Einmarsch
-erworbenen Verwaltungsrechte ist auch die Geldhoheit verbunden, welche
-das Recht gibt, das Zahlungsmittel, welches gesetzlichen Umlauf
-hat, zu bestimmen. Im Falle des Sieges wird dem Überwundenen die
-Einlösung dieses Papiergeldes oder dessen Anerkennung als gesetzliches
-Zahlungsmittel auferlegt. Freilich hat in einem solchen Kriege auch der
-Feind den Vorteil, daß er im Kollektivstaat alles, was er findet, als
-gute Beute nehmen kann, weil alles Staatseigentum ist, wobei aber das
-Nachfolgende zu berücksichtigen ist.
-
-Ein anderer Vorteil, nämlich auf Seite des Kollektivstaates, ist die
-Möglichkeit, die gefährdeten Grenzdistrikte vollständig zu räumen und
-auch von allen im Kriege erforderlichen Gütern so zu entblößen, daß
-der Feind, wenn er den Verteidiger doch zu werfen und in sein Land
-einzudringen vermöchte, gezwungen wäre, sich bloß aus den eigenen
-Nachschüben zu verproviantieren, was ihm enorme Schwierigkeiten
-verursacht und rasches Vordringen unmöglich macht. Da nämlich alle
-Güter Staatseigentum sind und alle Produktionszweige vom Staate
-betrieben werden, so kann die Verwaltung alle Frauen und Kinder, sowie
-die nicht streitbaren Männer, aber auch alle Vorräte und das Vieh
-in das Innere des Reiches zurückziehen, wo jeder sofort Unterkunft,
-Nahrung und Arbeit findet. Wer diese Reise zu Fuß machen kann,
-marschiert nach dem Innern und wer auf Transportmittel angewiesen ist,
-wird um so leichter nach dem Innern befördert werden können, als die
-Transportmittel, welche Truppen und Kriegsmaterial nach der Grenze
-bringen, sonst leer zurückgehen müßten. Auf dieselbe Art wird man alles
-nach dem Inneren bringen, was nicht zum Unterhalte der eigenen Armee
-nötig ist und der Feind im Falle seines Einmarsches für seine Zwecke
-brauchen könnte.
-
-Kann das Grenzgebiet von der nicht streitbaren Bevölkerung ganz geräumt
-werden, so wird der einbrechende Feind keinen Führer finden und den
-Kundschafterdienst nicht organisieren können, wofür übrigens der Bürger
-eines Kollektivstaates auch nicht zu gewinnen wäre.
-
-So hat es den Anschein, als ob im Kriegsfalle zwischen Kollektivstaaten
-und anders organisierten Staaten alle Vorteile auf Seiten der ersteren
-wäre, abgesehen davon, daß der Kollektivstaat die Sympathien der
-Bevölkerung des angreifenden Nachbarstaates auf seiner Seite hätte,
-die im Siege des Kollektivismus ihre Erlösung sehen muß. Siegt der
-Kollektivismus, so wird er das bezwungene Land so lange verwalten,
-bis auch dort das Kollektivprinzip durchgeführt ist und er wird sich
-aus den Vorräten des Gegners alles ersetzen, was er für den Krieg hat
-aufwenden müssen. Die Kriegsentschädigung wird auch für allen jenen
-Schaden zu leisten sein, der aus der Verminderung der arbeitsfähigen
-männlichen Bevölkerung durch Tod oder Verwundung entstanden ist.
-Freilich rechtfertigt diese Betrachtung von dem Machtzuwachs, den
-der Staat durch den Übergang zum Kollektivismus erlangen würde, die
-Befürchtung, daß die Nachbarstaaten diese Umwandlung zum Anlasse eines
-Krieges machen könnten. Allein dagegen wäre wieder eine Hoffnung darauf
-zu setzen, daß diese Macht, weil sie nur für die Verteidigung ins Spiel
-gebracht würde, nichts Herausforderndes hat und daß kein Nachbar einen
-Angriff von Seiten des Kollektivstaates zu fürchten hätte. Auch läge es
-für auswärtige Staaten näher, das, was dem Nachbar einen Machtzuwachs
-bringen muß, nachzuahmen, als ihn zu bekriegen.
-
-
-
-
-XIII.
-
-Vorteile und Nachteile des Kollektivismus.
-
-
-Nach dem, was in diesem Werke dargelegt wurde, scheint es gewiß zu
-sein, daß der Kollektivismus, so gehandhabt, wie hier vorgeschlagen
-wurde, nur Vorteile für die Gesellschaft und für jeden Einzelnen hätte.
-Freilich kann der Kollektivismus, wenn der kollektivistische Staat
-anders eingerichtet wird, ebenso verderblich sein, wie ja auch das
-Privatvermögen in den Händen eines Weisen sich sehr nützlich machen
-kann, in den Händen eines Wüstlings oder Fanatikers aber verderblich
-wirken wird. Wird der Kollektivismus ins Leben gerufen durch Toren
-oder Betrüger, welche dem Arbeiter das Ideal einer zweistündigen
-Arbeitsdauer vorschwindeln, so wird allerdings das allgemeine Elend
-die Folge sein und bemächtigen sich die Jesuiten, Paraguays gedenkend,
-des kollektivistischen Ideals, so kann geistloser Pietismus an die
-Stelle unserer Kultur treten. Ich suche durch den Kollektivismus den
-modernen Staat auszugestalten, der mir von allen Einrichtungen, von
-welchen uns die Geschichte berichtet, das Herrlichste scheint, derzeit
-nur eingeschnürt in die Fesseln einer veralteten Gesellschaftsordnung
-und darum an der Erfüllung seiner Mission gehindert. Alles, was ich
-anstrebe, strebt der moderne Staat an, aber in Anbetracht seiner
-beschränkten Mittel unvollkommen und schwächlich.
-
-Der Kollektivstaat würde Kunst und Wissenschaft viel großartiger
-pflegen, als der heutige Staat vermag, er würde das Elend beseitigen,
-das Volk veredeln, die sanitären Verhältnisse vervollkommnen,
-Verbrechen, Vagabundage, erbliche und ansteckende Krankheiten
-unterdrücken und es ist kein Zweifel, daß von der Einführung des
-Kollektivismus ein neuer, großartiger Aufschwung der Kultur datieren
-müßte.
-
-Wir haben gesehen, daß von den Anklagen, die gegen die Veränderung
-der Gesellschaftsordnung erhoben werden, keine sich als stichhaltig
-erweisen wird. Der Kollektivismus widerspricht nicht nur dem
-Christentum nicht, er ist vielmehr dessen Erfüllung, er ist das Wesen
-dessen, was Christus das Gottesreich nannte. Wer seinen Nächsten liebt,
-wie sich selbst, muß den Kollektivismus herbeiwünschen und wünschen,
-daß davon in der Hauptsache jener Gebrauch gemacht werde, der in diesem
-Buche vorgeschlagen wurde.
-
-Wie sehr das richtig ist, geht schon aus den Zitaten hervor, die Bebel
-in seinem Buche: »Die Frau und der Sozialismus« in der Anmerkung auf
-Seite 294 aus den Kirchenvätern bringt. Danach sagte Papst Klemens I.,
-[+] 102: »Der Gebrauch aller Dinge auf dieser Welt soll allen gemeinsam
-sein. Es ist eine =Ungerechtigkeit= zu sagen, das gehört mein eigen,
-das gehört mir, das dem anderen. Daher ist die Zwietracht unter die
-Leute gekommen.« _Sanct Clem. act. concil._ Ambrosius, [+] 397, sagt:
-»Die Natur (also Gott) gibt alle Güter allen Menschen gemeinsam, denn
-Gott hat alle Dinge geschaffen, damit der Genuß für alle gemeinsam
-sei und damit die Erde zum gemeinsamen Besitztum werde. Die Natur hat
-also das Recht der Gemeinschaft erzeugt und es ist nur die ungerechte
-Anmaßung, welche das Eigentum erzeugt.« _Ambrosius Sermo 64, Expositio
-in Lucam caput XVI._ Chrysostomus, [+] 407, erklärte in seinen gegen
-die Sittenlosigkeit und Verderbnis der Bevölkerung in Konstantinopel
-gerichteten Homilien: =Nenne niemand etwas sein eigen=, von Gott
-haben wir Jegliches zum gemeinsamen Genuß empfangen und »Mein und
-Dein« =sind Werke der Lüge=. _Chrysostomus Homilia 11^{ma} concio
-de Lazaro. Homilia 57^{ma} in Matthäum._ Augustin, [+] 430, sprach
-sich folgendermaßen aus: »Weil das individuelle Eigentum existiert,
-existieren auch die Prozesse, die Feindschaften, =die Kriege=, die
-Aufstände, die Sünden, die Ungerechtigkeit, die Mordtaten. Woher kommen
-alle diese Geiseln? =Einzig vom Eigentum.= Enthalten wir uns also,
-meine Brüder, =es zu lieben=.« _Augustinus: De civitate Dei._ Papst
-Gregor der Große, [+] 600, endlich sagt: »Sie sollen es wissen, =daß
-die Erde, wovon sie ja herstammen und gemacht sind, allen Menschen
-gemeinschaftlich ist= und daß daher die Früchte, welche die Erde
-erzeugt, =allen ohne Unterschied gehören sollen=.« _Gregorius, Regula
-pastoralis, admonito 22._ Alle diese Kirchenväter verdammen unsere
-Gesellschaftsordnung, =die aber der Einzelne nicht aus der Angel heben
-kann=, das kann nur das Werk der Staatskunst sein.
-
-Aber so vernünftig ein Kollektivismus ist, der den gemeinsamen Gebrauch
-aller Güter nach gerechten Grundsätzen verwaltet, so absurd ist
-Tolstojs christlicher Anarchismus.
-
-Auch beinahe alle griechischen Philosophen, wie Plato und
-Aristoteles, leiteten alle Ungerechtigkeit und alles Unheil von der
-Gesellschaftsordnung ab. Sie nannten unsere wirtschaftlichen Zustände
-=den Krieg aller gegen alle=, und daß das Verwüstung von Gütern
-bedeuten muß, ist doch klar. Weil wir aber diesen Krieg im Innern
-täglich vor Augen haben, scheint uns auch der Krieg mit Nachbarn nicht
-verwerflich. Hätten wir Frieden in der Wirtschaft, so müßte auch der
-Krieg mit Nachbarn ein Ende nehmen.
-
-Es ist auch offenbar, daß der kategorische Imperativ Kants =nur im
-Kollektivstaat= zur Herrschaft gelangen kann, und darum sind seine
-Anschauungen von der Notwendigkeit des Privateigentums und der
-Berechtigung der gewaltsamen Aneignung schon an und für sich absurd,
-aber völlig im Widerspruche mit seinem ethischen Grundgesetze.
-
-Plato bezeichnet als das oberste Ziel aller Politik Frieden und
-wechselseitiges Wohlwollen, was den Staat zusammenhält, müsse
-gepflegt, der Staat müsse ein =in sich Befreundetes= werden, er
-sei zu gestalten nach den Interessen und Bedürfnissen aller, die
-Interessen der Einzelnen müssen den Interessen der Gesamtheit weichen.
-Es bedürfe eines königlichen Ineinanderwebens der Gemüter, einer
-Lebensgemeinschaft, es sei jenes allerköstlichste Geflecht zustande
-zu bringen, welches alle Glieder des Staates miteinander verbindet.
-Die Selbstsucht, der unersättliche Egoismus hebe alle Gemeinschaft
-auf und lasse Recht und Ordnung gar nicht mehr zu. Der Egoismus
-mache die Gesellschaft naturwidrig, =man müsse nach verhältnismäßiger
-Gleichheit streben=. Jeder solle so handeln, daß seine Tätigkeit auch
-der Gesamtheit zugute komme, der Staat sei ein Mensch im Großen, nicht
-aber bloß eine Summe von Individuen. Der Einzelne solle lieber Unrecht
-leiden als tun. Er tadelt die bestehende Gesellschaftsordnung, wo statt
-sozialer Motive zersetzender Egoismus und Jagd nach Geld die Triebfeder
-ist. Selbst die Aristokraten werden geldsüchtig und genußsüchtig. Sie
-werden erfinderisch in neuen Formen des Aufwandes. Damit wird nach und
-nach alles angesteckt, der Wettkampf dreht sich nur um Erwerbgier,
-höhere Güter verlieren an Wert. Alles wird nach Geldsummen taxiert,
-=der Staat zerfällt in Arme und Reiche=, die sich bekämpfen, so werden
-die Staaten nach außen schwach. Das größte Übel ist die Geldwirtschaft
-und absolute Freiheit des Erwerbes und der Veräußerung, wodurch
-übermäßiger Reichtum und völlige Armut entstehen.
-
-Plato findet, =daß das positive Recht von Unwissenheit und Selbstsucht
-diktiert sei und daß das Privateigentum ein Auseinanderreißen der
-bürgerlichen Gesellschaft herbeiführe, durch Gütergemeinschaft werde
-Schmerz und Freude gemeinsam=, sie bringe Befreiung von Streit und
-Kampf. Plato sucht neue Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft,
-gelangt aber zu keinem brauchbaren Ergebnisse. Daß man aber damals
-keine Abhilfe wußte, ist nicht verwunderlich, denn es fehlte alles,
-was in unserer Zeit die Verwaltung großer Besitztümer erleichtert,
-insbesondere Druck, Telegraphen und Eisenbahnen.
-
-Auch Aristoteles fordert von jedermann eine solche Mäßigung im Erwerbe
-und im Genießen, daß niemand in der Aufrichtung des Kollektivstaats
-etwas Beengendes sehen könnte.
-
-Napoleon sagt: _Les lois ont pour but le bonheur de touts._ Nur durch
-den Kollektivstaat können sie es aber erreichen.
-
-Die Freiheit wird durch den Kollektivismus nicht vermindert, sondern
-vermehrt, und das größte Maß von Freiheit wird nicht den durch Geburt,
-sondern den durch Verdienst dazu berufenen Personen zuteil. Ebenso
-falsch ist, daß der Kollektivismus nur die materiellen Interessen
-fördere. Der moderne Staat, wenn er die Mittel zur Verfügung hätte,
-die ihm der Kollektivismus bieten würde, würde den idealen Interessen
-viel mehr Vorschub leisten, als heute möglich wäre. Der Kollektivismus
-ist die Ordnung selbst und somit der Antipode des Anarchismus. Aber
-er ist nur die Ordnung in den Dingen, »die sich im Raume stoßen«, den
-Ideen kann er weit größeren Spielraum gewähren, als der heutige Staat.
-Hier verweise ich auf einen als Motto zitierten Ausspruch Bismarcks.
-Sidney Whitman erzählt in seinem Buche: »Fürst Bismarck. Persönliche
-Erinnerungen aus seinen letzten Lebensjahren«, daß Bismarck einmal
-sagte: »Wenn ich die Gestalt wählen könnte, in der ich noch einmal
-leben möchte, so weiß ich nicht, ob ich nicht ganz gern eine Ameise
-sein würde. Sehen Sie, dieses kleine Insekt lebt in einem vollständig
-organisierten Staate. Jede Ameise muß arbeiten, ein nützliches Leben
-führen, jede Ameise ist fleißig. Da gibt es vollkommene Subordination,
-Disziplin und Ordnung. Sie sind glücklich, denn sie arbeiten.« Dieses
-Ideal verwirklicht für Menschen der Kollektivstaat, und die Zeit ist
-nicht mehr fern, wo es eine Schande sein wird, etwas zu genießen, was
-man nicht durch Arbeit verdient hat. Ich kann nur sehen, daß meine
-Freiheit im Kollektivstaat größer wäre, als sie heute tatsächlich ist,
-obwohl ich den herrschenden Klassen angehöre. Meinen Enkeln kann ich
-nur wünschen, daß sie den Sieg des Kollektivismus erleben.
-
-Die Gleichheit wird in den Genüssen wie im Ansehen nicht so exzessiv
-durchgeführt werden, daß sie zu absurden Konsequenzen führen müßte.
-Die Menschenwürde wird jedem Geringsten gewährt, die Vorzüge, welche
-aus den natürlichen Unterschieden der Menschen fließen, bleiben nicht
-unbeachtet. Nur die =künstlichen= Unterschiede werden unterdrückt, und
-gerade das ist die Voraussetzung der gerechten Würdigung =wirklicher=
-Verdienste.
-
-Alle Anklagen gegen den Kollektivismus sind Eingebungen des
-Parteigeistes. Freilich gibt es Berufe, welche sich durch den
-Kollektivismus bedroht sehen, so insbesondere die der Juristen,
-Kaufleute, Unternehmer, Priester. Allein es wird gezeigt, daß die
-Umwandlung viele Dezennien dauern wird und mittlerweile werden diese
-Berufe nach und nach aussterben, keiner aber, der ihnen angehört,
-wird Schaden leiden. Dafür aber eröffnen sich neue Erwerbszweige,
-und es wird der künftige Verwaltungs-, Sanitäts-, Unterrichts- und
-Erziehungsdienst vorbereitet.
-
-Der Kollektivismus ist aber vorzüglich volkswirtschaftlich vollkommener
-als die heutige, auf dem Privateigentum aufgebaute Wirtschaftsform, und
-seine volkswirtschaftlichen Vorzüge sind es, welche die Mittel bieten,
-die Kultur zu erhöhen.
-
-Es haben schon früher alle Vertreter des Kollektivismus darauf
-verwiesen, daß derselbe den Handel und somit die Handelsarbeit
-entbehrlich mache, allein man ist doch immer die Erklärung schuldig
-geblieben, wie dann der Güterumsatz vollzogen werden solle. Es blieb
-bei abstrakten Sätzen und es ließ sich nie ein Bild gewinnen, wie
-denn die kollektivistische Wirtschaft aussehen würde. Ich befürworte
-die absolute Naturalwirtschaft und die Befriedigung aller Bedürfnisse
-der Kollektivisten durch Gewährung einer Pauschalversorgung, welche
-bei Festhaltung eines sehr hohen Minimums doch eine sehr hoch
-ansteigende Abstufung gestattet. Die Vereinfachung des Güterumsatzes
-aber wäre nicht möglich, wenn man das Existenzminimum nicht auch den
-arbeitsunfähig Geborenen gewähren würde, und dafür läßt sich auch
-ein Rechtsgrund aufstellen. Denn die Zeugung der Kinder setzt im
-Kollektivstaat gewissermaßen ein Einvernehmen voraus zwischen der
-Frau, die empfangen und gebären will, und dem Staate, der dies von ihr
-wünscht, weil er den Fortbestand des Volkes sichern will. Es ist nun
-ganz klar, daß diese Frau ein Interesse daran hat, ihr künftiges Kind
-auch für den Fall versichert zu wissen, daß es arbeitsunfähig zur Welt
-kommt. Dagegen ist es klar, daß der Staat von dieser Verpflichtung dann
-enthoben sein muß, wenn er Grund hat, einen arbeitsunfähigen Nachwuchs
-zu besorgen, und wenn er deshalb die Ehe versagt. Einer solchen Mutter
-hat er nichts versprochen.
-
-Wie brutal müssen uns unsere Zustände scheinen, wenn wir eindringen
-in die Verhältnisse, die der Kollektivstaat schaffen könnte, und
-wie verrucht muß uns der Egoismus jener erscheinen, die, um ein
-arbeitsloses Leben führen zu können, den Kollektivismus verwerfen und
-unmöglich machen. Das sind jene Menschen, von welchen Christus sagt,
-daß sie selbst ins Gottesreich nicht hineingehen, und jene, welche
-hineingehen wollen, nicht lassen. Sie lassen das Gottesreich -- den
-Kollektivstaat -- nicht zustande kommen.
-
-Es ist übrigens gewiß, daß im Kollektivismus, trotz der vollständigen
-Ausrottung des Elendes, doch für jeden Begabten Anreiz genug bleibt,
-seine Gaben in den Dienst des Ganzen zu stellen und sich hervorzutun,
-weil dadurch ganz Außerordentliches erreicht werden kann und weil es
-der einzige Weg ist, der mechanischen Arbeit zu entgehen.
-
-Es gibt aber auch heute keine Familie, welche nicht daran
-interessiert wäre, daß der Kollektivismus ins Leben trete. Denn unsere
-Gesellschaftsordnung bedroht auch die Reichsten und Mächtigsten. Die
-Kaiserin Elisabeth ist ein schreckliches Beispiel, und wir haben allen
-Grund, zu besorgen, daß, wenn wir die heutigen Zustände fortbestehen
-lassen, die soziale Revolution hereinbricht, welche diesmal zu
-Schrecknissen führen wird, die noch niemals erlebt wurden. Auch der
-gewöhnliche internationale Krieg kann die Reichen wie die Armen ins
-Elend stürzen. Und auch in ruhigen Zeiten bietet der Reichtum wenig
-Schutz. Wir können durch Verbrechen und Zufall verarmen, unsere Kinder
-von gewissenlosen Kindermädchen ins Verderben gestürzt werden, unsere
-Söhne in schlechte Gesellschaft geraten und dem Spiele verfallen, und
-wie oft erleben wir, daß unsere Töchter in einer unglücklichen Ehe
-zugrunde gehen. Wir haben also allen Grund, zu verlangen, daß alle,
-auch des Nachbars Kinder, erzogen werden, daß der Staat für erprobte
-Personen sorgt, denen die Wartung der Kinder anvertraut werden kann,
-daß verbrecherische Naturen keinen Nutzen aus schädlichen Handlungen
-ziehen können, daß die Frauen und Kinder wirtschaftlich unabhängig von
-den Familienhäuptern werden.[46]
-
- [46] Ein Wiener Polizeipräsident ist am Flecktyphus gestorben,
- nachdem er, durch sein Amt dazu genötigt, mit angesteckten
- Armen in Berührung getreten war. Einige Richter brachten
- Ungeziefer aller Art heim, weil sich im Gerichtssaale
- Tausende von Armen und Elenden umtrieben. Nichts ist
- alberner, als die Meinung, jeder brauche nur für sich
- zu sorgen. Man sorgt am besten für sich, wenn man
- dahin wirkt, daß für alle gesorgt werde. Wenn auch der
- Zusammenhang der wirtschaftlichen Dinge im Einzelnen
- nicht verfolgt werden kann, so ist es doch gewiß, daß die
- Herrschenden von allem Elende ihren Teil erhalten, das die
- Beherrschten zu tragen haben.
-
-Sagen wir doch so oft den Armen, daß Reichtum nicht glücklich macht.
-So handeln wir danach und machen wir dem Kriege Aller gegen Alle ein
-Ende, dem Kriege, den Plato und Christus verurteilten, dem Elisabeth
-und Sergius, Carnot und Rudolph, so viele Millionen geopfert wurden
-ohne Sinn und Verstand. Wir sagen nicht, daß die Gesellschaftsordnung
-dazu nötigt, aber sie ermöglicht, was eine weise Ordnung unmöglich
-gemacht hätte. Wenn Augustin recht hat, da er sagt, woher kommen alle
-diese Geißeln, die Prozesse, der Krieg, die Aufstände, die Laster,
-Verbrechen, der Mord? Einzig und allein vom individuellen Eigentum!
-dann sind Solferino, wo Franz Josef zuerst eine Provinz, Queretaro,
-wo er den Bruder, Meyerling, wo er den Sohn, Genf, wo er die Gemahlin
-verloren hat, eine furchtbare Mahnung an die Monarchen, der Quelle
-aller Verbrechen und zugleich allen Elends ein Ende zu machen. =Es
-bedroht die Gesellschaftsordnung ebenso den Kaiser, wie den geringsten
-Arbeiter.=
-
-Sehen wir um uns, was in wenigen Wochen in einem engen Gebiete die
-Besitzenden, nicht allein die Armen, unter der Gesellschaftsordnung
-leiden, nicht in Jahren, sondern in Monaten, und nicht in Provinzen,
-sondern in der nächsten Umgebung von Innsbruck. Im Juni brennt das
-Dorf Zirl ab und in vier Stunden sind 1300 Menschen, Arme und Reiche,
-obdachlos und für lange dem Hunger verfallen, im April wird das Dorf
-Götzens, im Juli Tulfes, Volders und ein Teil vom Zillertal von
-angeschwollenen Bächen vernichtet, viele Felder verwüstet, Häuser
-unter Wasser gesetzt, 16 Menschen gehen in den Wellen unter, eine
-alte Frau wird um wenige Kostbarkeiten von Räubern ermordet, andere
-werden angefallen und nur durch Zufall gerettet. Was davon durch den
-Kollektivismus nicht verhindert worden wäre, wäre vom ganzen Staate
-getragen worden. Daß die Verwaltungsfrage lösbar ist, meine ich
-erwiesen zu haben.
-
-Die Schattenseiten des Kollektivismus sind 1. die Notwendigkeit des
-Umbaues aller Ortschaften, 2. das Nebeneinanderleben der ersten Staaten
-der neuen Ordnung mit anderen, die noch die alte Ordnung beibehalten
-haben, 3. die Unmöglichkeit, das Prinzip des Kollektivismus in kurzer
-Frist zur Durchführung zu bringen.
-
-Aber die Wohnungsfrage ist selbst in den Städten eine brennende
-geworden, in neun Zehntel aller Dorfschaften ist sie auch von jenen
-zugestanden, die der heutigen Gesellschaftsordnung huldigen. Muß schon
-so viel gebaut werden, um sanitäre Zustände zu schaffen, um die Armen
-menschenwürdig unterzubringen und um den nachwachsenden Volkszuwachs
-mit Wohnung zu versorgen, weshalb sollte man nicht auch unter einem
-dem Kollektivismus dienen? Wird endlich der Kollektivismus in irgend
-einem Staate zum Durchbruche kommen, so wird das Ideal bald in allen
-Staaten Europas sich einen Boden bereiten und der natürliche Hemmschuh
-der Unmöglichkeit, die Umwandlung in kurzem durchzuführen, wird den
-Widerstand abschwächen, den die Interessen der einen den Interessen der
-anderen naturgemäß entgegensetzen.
-
-Die gebildeten Klassen sind heute eine Macht, und sie haben allen
-Grund, die Umwandlung in die Hände zu nehmen, weil es dann gewiß ist,
-daß der Kollektivismus den Kulturinteressen zum Segen gereichen wird.
-=Bringen andere Mächte, Tyrannen, Pietisten oder Anarchisten den
-Kollektivismus, wie sie ihn sich denken, so gehen wir einer schlimmen
-Zukunft entgegen.=
-
-Es sind noch einige vermeintliche Übelstände des Kollektivismus zu
-besprechen.
-
-Der Mangel des Privateigentums wird von Vielen als ein großer Übelstand
-betrachtet, aber ohne Grund. Die gänzliche Überführung des Eigentums an
-Gebrauchsgegenständen in Staatseigentum ist keine notwendige Konsequenz
-des Kollektivismus. Ich stehe vielleicht allein mit dem Vorschlage
-dieser Einführung, aber es sind damit unermeßliche Vorteile verbunden.
-
-In unseren Verhältnissen hat das Eigentum, das Privateigentum, eine
-hervorragende Bedeutung als Vermögen. Da aber nur Wenige ein Vermögen
-haben, die Mehrzahl aber davon ausgeschlossen ist, so kann es kein
-allgemeines Bedürfnis sein, Vermögen zu besitzen. Die Vermögenslosen
-aber haben ein Interesse, daß das Vermögen nicht im Besitze von
-Privatpersonen stehe, sondern Staatseigentum werde. Das Vermögen
-bezweckt die wirtschaftliche Herrschaft der Wenigen über die Vielen,
-und diese ist freiheitsfeindlich. Denn die wirtschaftliche Herrschaft
-der Wenigen ist zugleich absolutistisch und unverantwortlich, während
-der Staat, wenn er an die Stelle der Privatbesitzer träte, über
-Verwaltung und Verteilung Rechnung legen müßte. Es ist also eine
-offenbare Freiheitsfrage, um die es sich handelt, und wie seit 120
-Jahren die Bourgeois gegen die Herrschaft des Adels kämpften, so
-wird jetzt das Volk gegen die Herrschaft der Bourgeois kämpfen. Die
-Beseitigung des Privateigentums durch Verstaatlichung des Besitzes ist
-im Interesse der großen Mehrheit. Übrigens wäre die Inventarisierung
-des gesamten Mobiliarbesitzes für den Kollektivstaat der Schlußpunkt
-der gesamten Umwandlung, und davon trennen uns mehr als 50 Jahre.
-Trotzdem wird es sich empfehlen, deren Vorteile zu diskutieren.
-Verderblich wäre nur die anarchische Herrenlosigkeit der Güter, und
-diese wird durch den Kollektivismus gerade unterdrückt. Die Besitzenden
-von heute sind, jeder so weit sein Besitz reicht, Anarchisten. Sie
-haben schrankenlose Freiheit, damit zu schalten und zu walten. =Und
-auch diesen Anarchismus aus der Welt zu schaffen, ist der Zweck
-der Einführung des Kollektivismus.= Er ist das gerade Gegenteil des
-Anarchismus, der an die Stelle des Anarchismus der Besitzenden den
-Anarchismus aller setzen will, während umgekehrt der Kollektivismus
-alle, auch die Besitzenden von heute, der wirtschaftlichen Ordnung
-unterwirft.
-
-Der Anarchismus als Wirtschaftsform ist ein Unding, weil er zum
-Stillstand einer jeden Arbeit führen muß. Die menschliche Arbeit ist
-durch die Arbeitsteilung so sehr wechselweise bedingt, eine Arbeit
-von der anderen abhängig, daß die Volkswirtschaft unbedingt eine
-Ordnung voraussetzt, durch welche verbürgt wird, daß =alle= Arbeiten,
-und zwar in ihrer verhältnismäßigen Ausdehnung, besorgt werden. Der
-Drucker braucht Setzer, der Setzer Schriftgießer, alle zusammen
-brauchen Schriftsteller, und diese wieder eine Autorität, welche
-die von den Schriftstellern gelieferten Manuskripte sichtet und die
-zum Drucke zu befördernden auswählt. So ist es in allen Zweigen der
-menschlichen Arbeit. Es ist eine verhältnismäßige Produktion auf
-allen Gebieten menschlichen Schaffens ein Bedürfnis, und zwar in
-dem Maße, daß, sobald diese Verhältnismäßigkeit gestört wird, ein
-wirtschaftlicher Krach eintreten muß. Darum ist der wirtschaftliche
-Anarchismus eine Unmöglichkeit. Das Privateigentum kann demnach nur
-durch Kollektiveigentum verdrängt werden, welches Produktion und
-Verteilung von Staats wegen zur Folge haben muß. In der heutigen
-Wirtschaftsordnung ist es die Preissteigerung der zu wenig produzierten
-Güter, welche alle vernachlässigten Produktionen wieder belebt, im
-Kollektivstaate ist es der seinen Organen, aber auch jedem Einzelnen,
-der sich darum bemüht, gewährte Überblick über Produktion und
-Verbrauch, der eine verhältnismäßige Produktion aller Güter sichert.
-
-Ich bin aber auch für die Ersetzung des Privateigentums an
-Gebrauchsgütern, an Kleidung, Mobiliar &c. durch Staatseigentum, und
-es wird das gewiß sehr heftig, und auch von Sozialisten, bestritten
-werden. Aber mit Unrecht. Wir wohnen in Häusern, die nicht uns gehören,
-und es gilt als etwas Alltägliches, daß auch Leute, die ein Wohnhaus
-besitzen, es nicht selbst bewohnen, sondern sich in einem fremden
-Hause einmieten. Sie betrachten ihr eigenes Haus als Vermögensanlage,
-aber nicht als ein Gebrauchsgut, welches ihnen zur Befriedigung ihres
-Wohnbedürfnisses dient. Dieses Bedürfnis kann man auch durch Sachen
-befriedigen, die fremdes Eigentum sind, also auch durch solche, die
-Staatseigentum sind. Kleider und Wäsche trägt man heute nur eine Reihe
-von Jahren, und wenn sie abgenützt sind, verschenkt oder veräußert
-man sie. Es kann uns nun gar nichts daran liegen, wenn der Staat uns
-Kleider und Wäsche nur zum dauernden und ausschließlichen Gebrauch
-überläßt und sich das Eigentum vorbehält, was zur Folge hat, daß er
-für den Zufall haftet und das nicht mehr Gebrauchsfähige zu neuerlicher
-Verarbeitung zurücknimmt. Dasselbe gilt vom Mobiliar unserer Wohn- und
-Schlafgemächer, welches der Kollektivist zum dauernden Gebrauch, oft
-auf Lebensdauer, angewiesen erhält, er aber nicht zu versichern nötig
-hat, weil er nicht Eigentümer, sondern nur gebrauchsberechtigt ist, es
-darum auch, Ausnahmsfälle abgerechnet, nicht mit sich herumschleppt,
-wenn er sein Domizil verändert. Benützen wir doch solche Dinge so
-oft, ohne ein Eigentumsrecht darauf zu haben, in Theatern, Kirchen,
-Gasthäusern, auf Bibliotheken und Eisenbahnen, und so haben wir
-längst die Erfahrung gemacht, daß ein Eigentum an Gebrauchsgütern kein
-Bedürfnis ist, ein Luxusbedürfnis für Viele allerdings, aber solche
-Launen zu befriedigen, ist nicht die Aufgabe einer Wirtschaftsordnung.
-
-Wo es ein Bedürfnis ist, daß uns ein freies Schaffen gestattet und zu
-diesem Ende ein Eigentum an Stoffen zugestanden werde, die wir zum
-Zwecke solchen Schaffens umgestalten dürfen, habe ich ohnehin die
-Verteilung solcher Stoffe als Konsumtibilien in Vorschlag gebracht.
-
-Was aber das Privateigentum an Produktionsmitteln anbelangt, so gibt
-es natürlich »Volkswirte« genug, welche behaupten, es bestehe ein
-volkswirtschaftliches Interesse, daß die Produktionsmittel immer
-Privateigentum bleiben, damit sie immer ein Vermögen der Tüchtigsten
-bilden, wodurch die Produktion nur gewinnen könne, daher die heutige
-Wirtschaftsordnung viel heilsamer, auch für die Armen, sei, als die
-Produktion von Staats wegen. Über diesen Gegenstand wird bei Erörterung
-der Bedenken gegen die staatliche Produktion zu sprechen sein.
-
-Hier möchte ich aber noch bemerken, daß der Kollektivismus, streng
-genommen, nicht jedes Privateigentum aufhebt, sondern ein Eigentum des
-Einzelnen fortbestehen läßt, welches unserm Eigentum an Aktienbesitz
-ganz analog ist. Das Recht des Einzelnen auf die staatlichen
-Verteilungen ist ein solches Eigentum, denn auch der Aktionär hat
-nur einen Anspruch auf die Ausschüttungen, während ihm keinerlei
-Eigentum an den Sachen zusteht, die das Vermögen der Aktiengesellschaft
-ausmachen. Freilich ist dieses Eigentum des Kollektivisten nach
-mehreren Richtungen beschränkt. Er kann es nicht verschenken, verkaufen
-noch vererben, er kann nur durch Auswanderung darauf verzichten, aber
-ähnliche Beschränkungen kommen bei Fideikommissen, Heimstätten und bei
-manchen Aktiengesellschaften, deren Statuten die Veräußerung der Aktien
-verbieten, vor, ohne den Charakter des Privateigentums auszulöschen.
-
-Es ist also gar nicht einmal richtig, daß der Kollektivismus
-das Privateigentum, oder gar das Eigentum, gänzlich aufhebt, er
-bedeutet nur die Vereinigung alles Eigentums an Sachen zum Zwecke
-der Befriedigung aller Bedürfnisse des gesamten Volkes. Nur der
-Anarchismus hebt den Begriff des Eigentums ganz auf und fordert das
-Recht des freien Zugriffs; durch den Kollektivismus wird der Begriff
-des Eigentums befestigt und geheiligt, denn der Eigentümer -- der Staat
-allein ist Eigentümer -- ist nie zweifelhaft, und da das Eigentum zur
-Befriedigung der Bedürfnisse aller dient, ist jeder Mitbürger Garant
-und Wächter. Dieses Eigentum ist ebenso heilig, als es heute Gegenstand
-der Verachtung ist, wenn wir den rechtmäßigen Erwerb bezweifeln, und
-Gegenstand des Hasses, wenn sich erwucherter Reichtum breit macht.
-
-Ich komme nun zur Besprechung eines weiteren Irrtumes, nämlich, daß die
-staatliche Produktion nicht so ergiebig sei wie die Privatproduktion.
-Man folgert das daraus, daß in einigen Fällen, wo ein oder die
-andere Fabrik von Staats wegen betrieben wurde, ein Aufschwung
-ihres Betriebes erst dann eintrat, als die Fabrik in Privatbesitz
-überging. Die Erfahrung, die man mit der Post, der Telegraphie und
-dem Eisenbahnbetrieb machte, worin sich der Staatsbetrieb bewährte,
-fertigt man damit ab, diese Erfahrungen seien nicht beweismachend für
-andere Produktionen, weil es sich da nur um Verkehrsanstalten handle.
-Niemand hat aber je versucht, aus der Natur des Staates abzuleiten,
-weshalb er zum Betriebe der Produktionsanstalten unbrauchbar sein soll.
-Man spielt gerade den Egoismus des Privatunternehmers als so unendlich
-förderlich aus und bedenkt nicht, daß im Kollektivstaat der Egoismus
-des ganzen Volkes sich in derselben Richtung geltend machen würde, da
-jede Verbesserung im Produktionsbetriebe dem ganzen Volke zum Vorteile
-gereicht, sei es, daß in einem Produktionszweige Arbeit oder Material
-erspart, oder ein besseres Produkt erzeugt, oder die Fruchtbarkeit
-des Bodens erhöht wird. Der Erfindungsgeist wird im Kollektivstaat
-außerordentlich gefördert, und so kann es nicht fehlen, daß das Sinnen
-und Trachten Aller darauf gelenkt wird, die Produktion zu fördern.
-Man wird die Erfolge der einzelnen inländischen Produktionsanstalten
-untereinander und mit ausländischen Anstalten gleicher Art vergleichen,
-und so auf beständigen Fortschritt bedacht sein. Dabei kann es
-nur von Vorteil sein, daß die allgemeine Volksbildung so weit über
-die gegenwärtige entwickelt wird und daß die heutigen Schäden der
-Produktion ganz in Wegfall kommen. Diese Schäden sind zwiefacher
-Art. Erstens die Versuchung, aus einem gemeinschädlichen Betriebe
-der Produktion Vorteil zu ziehen, Nahrungsmittelfälschung, Förderung
-der Unsittlichkeit, Betrug usw., und zweitens die Gefahr, daß ganz
-unberufene Leute ein Unternehmen gründen, das zugrunde gehen muß, ja,
-daß blühende Unternehmungen nach dem Tode des Gründers in die Hände
-eines unfähigen oder leichtsinnigen Erben kommen und dann wieder
-verfallen. Bilanziert man diese Gebrechen der Privatunternehmung mit
-ihren vermeintlichen Vorzügen, so wird sich der kollektivistische
-Staatsbetrieb, vielleicht nach einer kurzen Übergangszeit, immer als
-der bessere erweisen.
-
-Der Kollektivismus verteilt aber auch ökonomischer und besser.
-Ökonomischer, weil er die Handelsarbeit erspart und besser, weil
-er alle Volksbedürfnisse verhältnismäßig befriedigt, worauf die
-Privatunternehmer ihr Augenmerk nicht richten. In letzterer Beziehung
-ist der Kollektivismus auch wieder schon durch seine Verteilung
-produktiv. Denn, da er alle geistigen und physischen Kräfte des Volkes
-entwickelt, fördert er das wichtigste Betriebsmittel der Produktion,
-die Menschenkraft.
-
-Die Lobredner der Privatunternehmungen sind vor allem die
-Privatunternehmer und dann ihre Soldschreiber. Aber auch jene, die die
-reine Wahrheit suchen, argumentieren doch nur aus einzelnen Fällen, die
-keine allgemeinen Schlüsse gestatten und würden sie die notleidenden
-Privatunternehmungen mit in Rechnung ziehen, so würden sie zu ganz
-anderen Ergebnissen gelangen.
-
-Daß der Staatsbetrieb der ökonomisch beste wäre, folgt aus den Erfolgen
-der Trusts, welche einzig und allein des unermeßlichen Umfanges
-der Kapitalien und Betriebe wegen ökonomischer produzieren, als die
-Kleinbetriebe und da dem Umfange nach der riesigste Trust sich zum
-Staatskollektivismus verhält, wie das Kleingewerbe zum Trust, so
-sind die ökonomischen Vorteile unermeßlich. Nicht das Talent der
-Trustteilnehmer ist volkswirtschaftlich entscheidend, sondern das
-Talent des Trust=beamten=.
-
-Und dann ist ja der ganze Apparat eines judizierenden Staates ein ganz
-anderer, als es der eines produzierenden Staates wäre. Die Organe des
-heutigen Staates sind Juristen, die Organe des Kollektivstaates werden
-wirtschaftliche Talente sein und wenn man auch in der Gegenwart für
-einzelne Staatsfabriken technische Leiter bestellt hat, so waren sie
-doch immer abhängig von Hofräten und Ministern, die von technischen
-Fragen nichts verstehen und das hat die Tätigkeit der Techniker und der
-merkantilen Leiter immer lahmgelegt.
-
-Es ist also ein ganz unbegründetes Bedenken, das so oft gegen den
-Staatsbetrieb ausgesprochen wird, daß er volkswirtschaftlich schlechter
-erzeugen würde und in keinem Falle kann es sich um einen solchen Vorzug
-der Privatunternehmung handeln, dessen wirtschaftlicher Effekt gegen
-die großen, auch ökonomischen Vorzüge des Kollektivismus in Betracht
-käme, die ich an vielen Stellen dieses Werkes dargetan habe. Wir hören
-nur allgemeine Phrasen, abstrakte Sätze, nirgends einen Versuch, das
-angebliche Unvermögen des Staates, mit Ökonomie zu produzieren, aus dem
-Wesen des Staates zu erklären, wo das Gebrechen aber in den Personen
-oder in der Organisation liegt, handelt es sich nur um einen Wechsel
-der Personen oder der Organisation. Die lautesten Schreier gegen den
-Staatsbetrieb sind die Unternehmer selbst und dann die politischen
-Agitatoren, welche im Solde der herrschenden Klassen stehen. Einen
-wissenschaftlichen Wert haben diese Redensarten nicht.
-
-Die geringere Ertragsfähigkeit eines staatlichen Betriebes
-bei Geldwirtschaft ist nicht beweismachend für den geringeren
-volkswirtschaftlichen Betriebswert. Denn der Staat verwendet das
-geringere Einkommen für allgemeine Zwecke, der Privatunternehmer die
-größeren Einnahmen für die Befriedigung seiner Launen. Auch kann der
-scheinbar erfolgreichere Privatunternehmer die Arbeiter mehr bedrückt,
-oder den Abnehmern ein schlechteres Produkt geliefert, oder seine
-Kontrahenten hintergangen oder wie Rockefeller[47] durch unerlaubte
-Kunstgriffe vermehrt haben. Würde man also bestimmte Privat- und
-Staatsunternehmungen in einer für unseren Zweck brauchbaren Weise
-vergleichen, so müßte über jedes Vergleichsobjekt ein ganzes Werk
-geschrieben werden.
-
- [47] Man sagt übrigens, daß Rockefeller nur durch den
- wirtschaftlichen Effekt des Massenbetriebes Erstaunliches
- geleistet habe.
-
-Dann ist die Staatsproduktion seit einem halben Jahrhundert kaum mehr
-betrieben worden, in früherer Zeit aber war der Staat viel schlechter
-organisiert als heute, Unterschleife waren leichter und man war
-gewöhnt, den unbrauchbaren Verwalter, der Staatsbeamter war, im Amte
-zu behalten wie den unabsetzbaren Richter und den Brauchbaren bei den
-größten finanziellen Erfolgen abzulohnen, wie den Dutzendbeamten,
-während der Privatunternehmer ihm den zehnfachen Lohn bot. Hat
-doch Krupp einem Finanzgenie einen so hohen Gehalt geboten, daß
-er den Privatdienst der Stellung eines sächsischen Finanzministers
-vorzog, welche viel geringer dotiert war. Ich werde mich durch das
-Parteigeschrei gegen den Staatsbetrieb nicht irre machen lassen.
-
-
-
-
-XIV.
-
-Die Umwandlung der Staaten unserer Gesellschaftsordnung in
-Kollektivstaaten.
-
-
-Der erste Schritt zur Einleitung der Umwandlung ist die Fortführung
-der hier versuchten Untersuchung und die Vervollkommnung der
-von mir gemachten Vorschläge. Diese Vorschläge betreffen nicht
-nur das Wesen des Kollektivismus, sondern auch die Organisation
-des Kollektivstaates und den Gebrauch, den der Staat von der ihm
-zustehenden wirtschaftlichen Macht machen soll. Es könnte sich
-daraus eine volkswirtschaftliche Schule entwickeln, welche für
-dieses größte aller Ideale Propaganda machen wird und wenn es in der
-Entwicklung der menschlichen Dinge liegt, daß wir zum Kollektivismus
-gelangen, so wird sich ein Umschlag in den Anschauungen vollziehen,
-der der Umwandlung vorhergehen muß. Wie der Liberalismus durch die
-Universitäten verbreitet wurde, so wird der Kollektivismus bald das
-Ideal der Universitäten werden. Es gibt allerdings Schichten unter
-den Gebildeten, welche sich, wie schon im vorhergehenden Abschnitte
-erwähnt wurde, durch das kollektivistische Ideal bedroht fühlen, so
-Juristen und Theologen. Allein wenn sie zur Überzeugung gelangen, daß
-die Umwandlung sich nur langsam vollziehen kann, so werden sie sich
-beruhigen und wir werden unsere Söhne eben nicht mehr Jurisprudenz
-oder Theologie, sondern Medizin oder Naturwissenschaften oder Technik
-studieren lassen. Statt der Juristen werden in Zukunft der Arzt und der
-Naturforscher im Staate herrschen und wenn das Ideal Feinde hat, so hat
-es naturgemäß auch Anhänger, welche den Kampf dafür aufnehmen und =die
-heute so schimpfliche Lage der Ärzte wird sie zu Aposteln der neuen
-Lehre machen=. Die Gegner sind einer Bewegung, die sich so Gewaltiges
-zum Ziele setzt, erwünscht, denn nur was sich im Kampfe durchringen
-muß, wird etwas Rechtes. Habe ich nicht mehr erreicht, als daß der
-Kollektivismus nicht mehr totgeschwiegen werden kann, so habe ich genug
-erreicht.
-
-Und ist es noch niemand aufgefallen, daß die menschliche Gesellschaft
-alle Richtung verloren hat, daß sie seit dreißig Jahren vergeblich nach
-einem Ziele sucht: Wir wissen nicht, wo aus. Der Liberalismus hat sich
-überlebt, das _laissez faire, laissez aller_ hat ausgespielt, es muß
-einer schöpferischen Staatskunst Platz machen. Wir haben nur die Wahl,
-eine neue Gesellschaftsordnung zu suchen oder zu veralteten Zuständen
-zurückzukehren. Der Adel drängt sich wieder vor und die religiösen
-Fanatiker drängen nach der Wiederherstellung jener Kirchenmacht, die
-sich bis vor 200 Jahren so außerordentlich verderblich erwiesen hat.
-Ihre Verdrängung durch den Aufklärungsstaat war eine Erlösung, ein Sieg
-für alle Menschen. Dulden wir keine religiöse und keine ständische
-Reaktion, sie führen wieder zu allen Übeln, die die mit vielen
-Verbrechen befleckte, aber doch so glorreiche französische Revolution
-überwunden hat. Eine kollektivistische Schule, eine kollektivistische
-Partei, die sich aus den Gebildeten rekrutiert und sich die
-Universitäten, Hochschulen und Mittelschulen erobert, wird vorausgehen.
-Die Wirksamkeit der sozialdemokratischen Partei wird ihr in die Hände
-arbeiten, wenngleich ich meine, die kollektivistische Partei müsse,
-zunächst wenigstens, nicht in ihr aufgehen, sondern parallel mit ihr
-arbeiten. =Daß das Proletariat allein berufen sei, den Klassenstaat zu
-stürzen und den Kollektivismus ins Leben zu rufen, ist für mich kein
-Evangelium, aber mich zu bekämpfen, hat die Sozialdemokratie keinen
-Grund.=
-
-Die praktischen Maßregeln zur Verbreitung des Kollektivismus
-sind leicht zu erkennen. Es handelt sich um die Fortsetzung der
-Verstaatlichung, Verstaatlichung der Eisenbahnen, Verstaatlichung
-des Geldwesens, Verstaatlichung des Kreditwesens, Verstaatlichung
-der Volksschule, Inanspruchnahme einer Mitwirkung an der Erziehung
-für den Staat, Verstaatlichung des Großgrundbesitzes und aller jener
-Industrien, auf welchen heute die großen Konsumsteuern lasten, das sind
-die ersten Etappen der Umwandlung.
-
-Weiter handelt es sich darum, den Staat in ein Erwerbsinstitut
-umzuwandeln. Er muß zu einem entsprechenden Vermögenseinkommen gelangen
-und dazu ist der erste Schritt die Schaffung eines Nationalvermögens,
-welches im Zusammenhange mit der Staatskreditreform und den
-verstaatlichten Kommunikationen zu einem wirtschaftlichen Übergewichte
-des Staates führen muß.
-
-Auch die Rechtsanschauungen müssen sich ändern und darum muß man
-die Rechtsanschauung der in XIII erwähnten 5 Kirchenväter in die
-Gesellschaft einführen. Die Anschauung, daß reiche Leute einen Besitz
-innehaben, wofür sie dem Volke verantwortlich sind, gibt dem Staate
-das Recht, ihnen Lasten für diese Interessen aufzubürden. Man wird
-das Beispiel Englands nachahmen und in alle Ortschaften und Gebiete,
-wo die Sterblichkeit 25, 20, 15 per Tausend übersteigt, Kommissionen
-entsenden, die die Ursache, weshalb diese Sterblichkeit vorwaltet,
-ermitteln und Mittel zur Abhilfe vorschlagen. Man wird des ferneren
-von Großgrundbesitzern und Großindustriellen fordern, daß sie für einen
-ihrem Besitz entsprechenden Teil der Bevölkerung Wohnungen in richtig
-angelegten Niederlassungen herstellen, welche dem kollektivistischen
-Bedürfnisse entsprechen.
-
-Späterhin wird das Erbrecht auf direkte Nachkommen einzuschränken
-und das Testaterbrecht, ausgenommen das Recht zugunsten des Staates
-zu testieren, aufzuheben sein und endlich werden die Geldstrafen und
-die Strafe der Vermögenskonfiskation zur Bekämpfung der besitzenden
-Klassen dienen. Die Geldstrafen für die Verbaldelikte, aber Geldstrafen
-bis zu einem vielfachen des Jahreseinkommens, würden bald zu einer
-Unterwerfung der Besitzenden führen, welche heute die Herren im Staate
-sind.
-
-Auch Verfassungsänderungen, wonach das Abgeordnetenhaus die produktiven
-Klassen allein zu vertreten und die herrschenden Klassen ihre
-Vertretung im Herrenhause hätten, werden sich empfehlen. Endlich müßte
-man recht bald das stehende Heer durch ein Milizsystem zu ersetzen
-suchen, um die ungeheuren Geldmittel, welche dem stehenden Heere
-gewidmet werden, für Erziehung und Unterricht und für Altersversorgung
-frei zu machen.
-
-Wenn das kollektivistische Ideal verständige Apologeten findet, werden
-es gerade die Monarchen sein, welche sich zuerst dazu bekennen. Das
-Gefühl der Verantwortung für all das Elend unserer Gesellschaftsordnung
-wird ihnen bald zu drückend werden, wenn es klar wird, daß es nur
-Privatinteressen sind, welche den wichtigsten Interessen des Volkes und
-der Kultur im Wege stehen.
-
-Endlich kann es nicht fehlen, daß auch religiöse Anschauungen uns
-bald zuhilfe kommen werden. Doch wäre es nicht erwünscht, daß die
-religiös-kollektivistische Bewegung zu früh in Gang käme.
-
-Die größten Schwierigkeiten werden sich darbieten, sobald man
-die Umbauten in Angriff nimmt, welche mit der Umgestaltung der
-Gesellschaftsordnung Hand in Hand gehen müssen und wenn der Staat
-selbst kollektivistische Gemeinden ins Leben ruft, obgleich noch
-eine völlige Verdrängung der alten Gesellschaftsordnung nicht
-stattgefunden hat. Eine Form zu finden, wie kollektivistisch
-organisierte Volksschichten mit nicht kollektivistisch organisierten
-neben einander leben können, ist sicherlich schwierig. Und doch
-haben wir für die Lösung dieses Problems Anhaltspunkte in den
-Mönchsorden, welche kollektivistisch organisiert sind und inmitten
-von Völkern leben, welche nichts vom Kollektivismus wissen. Denken
-wir uns die =wirtschaftliche= Organisation der Mönchsorden auf eine
-Bevölkerung, die keine religiösen Zwecke verfolgt, die Askese verwirft
-und die Zeugung pflegt, welche also Männer und Weiber, Erwachsene
-und Kinder umfaßt und welche die Produktion betreibt, also die
-Beschaulichkeit durch Arbeit ersetzt, so haben wir die Grundlagen
-einer kollektivistisch organisierten Bevölkerung, die mitten unter
-einer Bevölkerung lebt, die noch der heutigen Gesellschaftsordnung
-angehört. Doch sollen diese kollektivistischen Organisationen
-schon von allem Anfange an sich als Ortsgemeinden organisieren
-und nicht als bloße Gesellschaften innerhalb von Ortsgemeinden mit
-Privateigentum. Man würde demnächst mit Urgemeinden kollektivistischer
-Wirtschaftsreform beginnen. Der Staat hätte ein Kapital von vielen
-Millionen zu widmen, eine oder mehrere, etwa zwanzig neben einander
-gelegene Urgemeinden aufzubauen und sie zu besiedeln. Diese Besiedelung
-könnte zum größten Teil mit proletarischen Arbeitern, aber von
-hervorragend körperlicher Tüchtigkeit und Gesundheit, geschehen,
-aber sie könnte auch nicht produktive Volksschichten umfassen,
-Waisenkinder, Altersversorgungsberechtigte, welche für Rechnung der
-versorgungspflichtigen Gemeinden aufgenommen würden oder mit welchen
-ein Versorgungsvertrag geschlossen würde. So könnte auch die Aufnahme
-pensionierter Staatsbediensteter erfolgen, sagen wir von arbeitsunfähig
-gewordenen Arbeitern des Tabakmonopols, in die Altersversorgung
-aufgenommenen Staatseisenbahnbediensteten, Militärinvaliden, welche für
-Rechnung der versorgungspflichtigen Institute verpflegt würden, oder
-auch mit Geldpensionen versorgte Leute, welche sich mit ihrer Pension
-in die kollektivistische Versorgung einkaufen.
-
-Mit den in die Besiedelung aufgenommenen proletarischen Arbeitskräften
-müßte zunächst ein Vertrag abgeschlossen werden, wonach sie
-naturalwirtschaftliche Versorgung als Lohn zu empfangen hätten
-mit dem Anspruch auf einen kollektivistischen Vermögensanteil nach
-Ablauf einer Reihe von Jahren, während welcher jeder Teil den Vertrag
-lösen könnte. Nach Ablauf jener Probezeit würde der Arbeiter wie
-ein kollektivistischer Bürger das Recht auf jede Art von Versorgung
-für sich und seine aus einer von der Verwaltung gebilligten Ehe
-entspringenden Nachkommen haben, freilich in der ersten Zeit nicht in
-jenem Ausmaße, wie der Anteil eines Kollektivbürgers nach vollendeter
-Umwandlung sich gestalten würde. So wie der Kollektivstaat späterhin
-inmitten von Staaten der alten Gesellschaftsordnung wird leben müssen,
-werden auch die so entstandenen kollektivistischen Volksschichten
-inmitten einer Bevölkerung leben müssen, welche noch der alten
-Gesellschaftsordnung angehört.
-
-Diese Kollektivgemeinden werden bald die Kirchengüter und den
-Großgrundbesitz, deren Erwerb der Staat sich zuerst wird angelegen
-sein lassen, umgestalten und zugleich als Erziehungs- und
-Versorgungsanstalten und als große Hotels Erwerbsinstitute darstellen.
-Es werden kollektivistische Versuchsanstalten sein, welche aber
-nur einen Teil der Vorteile bieten können, die der siegreiche
-Kollektivismus nach Niederringung der alten Gesellschaftsordnung bieten
-wird. Man darf von solchen Versuchsgemeinden nicht fordern, was wir
-vom Kollektivismus eines großen Reiches erhoffen, aber einen großen
-Fortschritt wird man sicher erkennen.
-
- * * * * *
-
-Es ist hier die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, daß die Verdrängung
-des Privatkredits durch den Staatskredit und der Geldwirtschaft durch
-die Naturalwirtschaft sich nur langsam vollziehen kann, und daß demnach
-die Verstaatlichung des Großbesitzes sich anfangs in derselben Form
-vollziehen muß, wie die Verstaatlichung der Eisenbahnen. Da sich aber
-die Rechtsanschauungen nach und nach auch verändern müssen, besonders
-sobald die Forderung nach erhöhtem Aufwande für die arbeitende Klasse
-auf Grund der von den Kirchenvätern verkündeten Rechtsgrundsätze
-zu einer religiösen Forderung des Christentums gemacht wird, müssen
-die Verstaatlichungsprinzipien immer ungünstiger für die Besitzenden
-werden. So ist es offenbar, daß der Großgrundbesitz in österreichisch
-Polen mit der Verpflichtung belastet werden wird, das Wohnungswesen
-der bäuerlichen Bevölkerung auf Kosten der Besitzenden umzugestalten.
-So werden auch der Großindustrie Verpflichtungen im Interesse der
-Arbeiterschaft auferlegt werden, welche die Verstaatlichung sehr
-erleichtern müssen.
-
-Der Sozialreform wird auch der, wie es scheint, uns bevorstehende
-Weltkrieg sehr zustatten kommen, denn er wird einen allgemeinem
-Bankrott, nicht nur der Staaten, sondern auch der Großbesitzer im
-Gefolge haben, daher ich in meinem Roman »Österreich im Jahre 2020« auf
-Seite 59 prophezeit habe, daß der Weltkrieg zur Staatsomnipotenz führen
-muß. Besser freilich wäre es, die Umgestaltung würde früher in Angriff
-genommen und dadurch die Phantasie der Völker von jenen Interessen
-abgelenkt, die zum allgemeinen Kriege drängen.
-
-
-
-
-
-End of the Project Gutenberg EBook of Der Kollektivismus und die soziale
-Monarchie, by Joseph von Neupauer
-
-*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER KOLLEKTIVISMUS ***
-
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- Der Kollektivismus und die soziale Monarchie, by Joseph R. v. Neupauer&mdash;A Project Gutenberg eBook
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- </head>
-<body>
-
-
-<pre>
-
-The Project Gutenberg EBook of Der Kollektivismus und die soziale Monarchie, by
-Joseph von Neupauer
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
-other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
-whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
-the Project Gutenberg License included with this eBook or online at
-www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have
-to check the laws of the country where you are located before using this ebook.
-
-
-
-Title: Der Kollektivismus und die soziale Monarchie
-
-Author: Joseph von Neupauer
-
-Release Date: May 21, 2016 [EBook #52117]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: ISO-8859-1
-
-*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER KOLLEKTIVISMUS ***
-
-
-
-
-Produced by Jana Srna, Franz L Kuhlmann, Norbert H. Langkau
-and the Online Distributed Proofreading Team at
-http://www.pgdp.net
-
-
-
-
-
-
-</pre>
-
-
-<div class="tnotes">
-
-<p class="center"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p>
-
-<div class="space-above">
-
-<p class="covernote">
-Das Deckblatt wurde vom Bearbeiter der Transkription erstellt und geht in
-die "public domain".</p>
-
-<p>Bei großen Zahlen im fortlaufenden Text sind die Leerstellen
-zwischen Million und Tausend durch Punkt und Komma ersetzt, so zum
-Beispiel 20-25,000 statt 20-25 000 und 1.900,000 statt 1 900 000.
-</p>
-<p>Im Inhaltsverzeichnis wird auf Kapitel VIII, Abschnitt 4. d) auf
-den Punkt "2. Poesie und schöne Literatur" auf S. 77 verwiesen.
-Im Original fehlt diese Überschrift.
-</p>
-<p>In Kapitel VI, Abschnitt 8. e) ist die Verteilung des fortlaufenden Textes
-und der Tabellen geringfügig verändert, indem wenige Textzeilen zwischen
-einem Seitenkopf oder -fuß und Tabelle der vorhergehenden oder folgenden Seite
-zugeordnet sind.</p>
-
-<p>Zeichensetzung und typographische Fehler wurden stillschweigend korrigiert.</p>
-
-</div>
-
-</div>
-
-<div class='center'>
-
-<img src='images/frontimg.jpg' alt='It is better to fight for the...' />
-
-</div>
-
-<p class="fakeh1 center">
-Der Kollektivismus und
-<br />die soziale Monarchie
-</p>
-
-<p class="tpauth center">
-Dr. Joseph R. v. Neupauer
-</p>
-
-<h1>
-Der Kollektivismus und
-<br />die soziale Monarchie
-</h1>
-
-<div style="padding-left:45%; padding-right:5%; padding-bottom:5em;">
-
-<p class="center">
-Motto:
-</p>
-
-<p>
-Nach Sidney <ins class='correction' title='Whitmann'>Whitman</ins> sagte Bismarck
-einmal: Wenn ich die Gestalt wählen könnte,
-in der ich noch einmal leben möchte, <ins class='correction' title='weiss'>weiß</ins>
-ich nicht, ob ich nicht ganz gerne eine
-Ameise sein würde. Jede Ameise <ins class='correction' title='muss'>muß</ins>
-arbeiten, ein nützliches Leben führen, jede
-Ameise ist <ins class='correction' title='fleissig'>fleißig</ins>. Da gibt es vollkommene
-Subordination, Disziplin und Ordnung. Sie
-sind glücklich, denn sie arbeiten.
-</p>
-</div>
-
-<div class='center space-above'>
- <img src='images/tpagelogo.jpg'
- alt='kind of logo...'
- />
-</div>
-
-<div class='center space-above'>
-<p class="center"><b>
-Dresden 1909 &mdash; Richard Lincke
-</b></p>
-</div>
-
-<div class='center more-space-above'>
-<hr class="minor" />
-<p class="center">
-<em class='gesperrt'>Alle Rechte vorbehalten.</em>
-<br />Unbefugter Nachdruck wird gerichtlich verfolgt.
-<br /><i>Copyright 1909 by E. Pierson's Verlag.</i>
-</p>
-<hr class="minor" />
-</div>
-
-<div class='center more-space-above'>
-<p class="center">
-Druck von E. Pierson's Verlag (Richard Lincke), Dresden.
-</p>
-</div>
-
-<h2>
-Inhaltsverzeichnis.
-</h2>
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-<div class="center">
-
-<table style="width:90%;" summary=" ">
- <tr>
- <td class="cwdth05"></td>
- <td class="cwdth03"></td>
- <td class="cwdth03"></td>
- <td class="cwdth03"></td>
- <td class="cwdth81"></td>
- <td class="cwdth05 s">Seite</td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="5"><em class='gesperrt'>Einleitung</em></td>
- <td class="r vb"><a href='#P_00_0_0'>IX</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r vt">I.</td>
- <td colspan="4">Die kollektivistische Gesellschaftsordnung in ihren
-allgemeinsten Umrissen und die Rechtsgrundsätze, nach
-welchen sie ins Leben einzuführen und nach ihrer
-Einführung die Verwaltung zu führen sein wird</td>
- <td class="r vb"><a href='#A_00_0_0'>1</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r vt">II.</td>
- <td colspan="4">Das kollektivistische Rechtssubjekt</td>
- <td class="r vb"><a href='#B_00_0_0'>16</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r vt">III.</td>
- <td colspan="4">Die Verfassung eines kollektivistischen Staates</td>
- <td class="r vb"><a href='#C_00_0_0'>20</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">1.</td>
- <td colspan="3">Allgemeines</td>
- <td class="r vb"><a href='#C_01_0_0'>20</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">2.</td>
- <td colspan="3">Das souveräne Volk</td>
- <td class="r vb"><a href='#C_02_0_0'>21</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">3.</td>
- <td colspan="3">Das Stimm- und Wahlrecht. Form der Ausübung</td>
- <td class="r vb"><a href='#C_03_0_0'>24</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">4.</td>
- <td colspan="3">Wahlen</td>
- <td class="r vb"><a href='#C_04_0_0'>28</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">5.</td>
- <td colspan="3">Das Objekt der Volksbeschlüsse</td>
- <td class="r vb"><a href='#C_05_0_0'>30</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">6.</td>
- <td colspan="3">Die Erhaltung der Staatseinheit</td>
- <td class="r vb"><a href='#C_06_0_0'>32</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r vt">IV.</td>
- <td colspan="4">Die Monarchie und der Adel</td>
- <td class="r vb"><a href='#D_00_0_0'>34</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r vt">V.</td>
- <td colspan="4">Die Beamtenorganisation</td>
- <td class="r vb"><a href='#E_00_0_0'>41</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">1.</td>
- <td colspan="3">Der Verwaltungsorganismus. Detailverwaltungsämter</td>
- <td class="r vb"><a href='#E_01_0_0'>41</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">2.</td>
- <td colspan="3">Der ärztliche Dienst</td>
- <td class="r vb"><a href='#E_02_0_0'>50</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">3.</td>
- <td colspan="3">a) Der Erziehungs- und Unterrichtsdienst</td>
- <td class="r vb"><a href='#E_03_a_0'>58</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">b)</td>
- <td colspan="2">Höherer Unterricht</td>
- <td class="r vb"><a href='#E_03_b_0'>61</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">c)</td>
- <td colspan="2">Die Akademie</td>
- <td class="r vb"><a href='#E_03_c_0'>64</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r vt">VI.</td>
- <td colspan="4">Dauernde Einrichtungen und Verwaltungsbehelfe</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_00_0_0'>67</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">1.</td>
- <td colspan="3">Die Wohnungsansiedelungen</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_01_0_0'>67</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">a)</td>
- <td colspan="2">Urgemeinden oder Dörfer</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_01_a_0'>67</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">b)</td>
- <td colspan="2">Die Bezirksvororte</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_01_b_0'>70</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">c)</td>
- <td colspan="2">Die städtischen Ansiedlungen</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_01_c_0'>71</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">2.</td>
- <td colspan="3">Die Verteilung der Bevölkerung</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_02_0_0'>73</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">3.</td>
- <td colspan="3">Die Evidenthaltung der Bevölkerung</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_03_0_0'>77</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">4.</td>
- <td colspan="3">Die <ins class='correction' title='Komunikationen'>Kommunikationen</ins></td>
- <td class="r vb"><a href='#F_04_0_0'>78</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">a)</td>
- <td colspan="2">Eisenbahnen, Schiffahrt</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_04_a_0'>78</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="4" class="r vt">1.</td>
- <td colspan="1">Ihre Benützung für allgemeine Zwecke</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_04_a_1'>79</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="4" class="r vt">2.</td>
- <td colspan="1">Ihre Benützung für Zwecke des Einzelnen</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_04_a_2'>81</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">b)</td>
- <td colspan="2">Automobile</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_04_b_0'>84</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">5.</td>
- <td colspan="3">Telegraph und Telephon</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_05_0_0'>85</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">a)</td>
- <td colspan="2">Ihre Einrichtung und Benützung für allgemeine Zwecke</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_05_a_0'>85</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">b)</td>
- <td colspan="2">Ihre Benützung für die Zwecke des Einzelnen</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_05_b_0'>88</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">6.</td>
- <td colspan="3">Die Post</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_06_0_0'>89</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">7.</td>
- <td colspan="3">Tagesblätter der Verwaltung</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_07_0_0'>91</a><span class='pagenum'><a id='Page_vi' name='Page_vi' href='#Page_vi'>[VI]</a></span></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">8.</td>
- <td colspan="3">Die Verrechnung und Statistik</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_08_0_0'>94</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">a)</td>
- <td colspan="2">Ihre Aufgabe</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_08_a_0'>94</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">b)</td>
- <td colspan="2">Die Bevölkerungsstatistik</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_08_b_0'>95</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">c)</td>
- <td colspan="2">Die Güter- und Verkehrsstatistik</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_08_c_0'>96</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">d)</td>
- <td colspan="2">Zustandekommen und Einrichtung der Verrechnung und Statistik</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_08_d_0'>98</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">e)</td>
- <td colspan="2">Beispiele von statistischen Tabellen</td>
- <td class="r vb"><a href='#F_08_e_0'>100</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="1" class="r vt">VII.</td>
- <td colspan="4">Der Kollektivismus und die Erhaltung, Vermehrung und natürliche Veredlung des Volkes</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_00_0_0'>126</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">1.</td>
- <td colspan="3">Die Bevölkerungspolitik</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_01_0_0'>126</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">2.</td>
- <td colspan="3">Ehe, Familie, Elternrecht, Wahlmütter, Anteil des Staates an der Erziehung</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_02_0_0'>136</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">3.</td>
- <td colspan="3">Geschlechtliche Sittlichkeit. Freie Liebe</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_03_0_0'>146</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">4.</td>
- <td colspan="3">Die Frauenkurie</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_04_0_0'>155</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">5.</td>
- <td colspan="3">Die Erziehung</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_05_0_0'>158</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">a)</td>
- <td colspan="2">Pflichten des Staates der Jugend gegenüber</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_05_a_0'>158</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">b)</td>
- <td colspan="2">Erziehungsorgane</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_05_b_0'>161</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">c)</td>
- <td colspan="2">Die physische Erziehung</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_05_c_0'>166</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">d)</td>
- <td colspan="2">Intellektuelle Erziehung</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_05_d_0'>169</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">e)</td>
- <td colspan="2">Der Unterricht im vorschulpflichtigen Alter</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_05_e_0'>171</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">f)</td>
- <td colspan="2">Der Elementarunterricht. In Österreich der Unterricht in einer zweiten Sprache des Reiches</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_05_f_0'>172</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">g)</td>
- <td colspan="2">Fachschulen niederer Ordnung und für fremde Sprachen</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_05_g_0'>175</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">h)</td>
- <td colspan="2">Andere Anstalten zur Volkserziehung. 1.-13.</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_05_h_0'>176</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">i)</td>
- <td colspan="2">Ethische Erziehung. 1.-10.</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_05_i_0'>183</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">6.</td>
- <td colspan="3">Die Rechtspflege</td>
- <td class="r vb"><a href='#G_06_0_0'>191</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="1" class="r vt">VIII.</td>
- <td colspan="4">Der Kollektivismus und der allgemeine Fortschritt</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_00_0_0'>194</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">1.</td>
- <td colspan="3">Fortbildung</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_01_0_0'>194</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">2.</td>
- <td colspan="3">Das Vereinswesen</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_02_0_0'>196</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">3.</td>
- <td colspan="3">Die Sammlungen</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_03_0_0'>202</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">4.</td>
- <td colspan="3">Zeitschriften, Bücher, Bibliotheken</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_04_0_0'>203</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">a)</td>
- <td colspan="2">Die Presse für Staats- und allgemeine Angelegenheiten</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_04_a_0'>204</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">b)</td>
- <td colspan="2">Die Fachpresse</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_04_b_0'>207</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">c)</td>
- <td colspan="2">Die Unterhaltungspresse und schöne Literatur</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_04_c_0'>208</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">d)</td>
- <td colspan="2">Bücher</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_04_d_0'><ins class='correction' title='299'>209</ins></a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="4" class="r vt">1.</td>
- <td colspan="1">Die wissenschaftliche Literatur</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_04_d_1'>209</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="4" class="r vt">2.</td>
- <td colspan="1">Poesie und schöne Literatur</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_04_d_2'>211</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">e)</td>
- <td colspan="2">Bibliotheken</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_04_e_0'>215</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">5.</td>
- <td colspan="3">Die Verteilung der Konsumtibilien</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_05_0_0'>217</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">6.</td>
- <td colspan="3">Die Forschung</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_06_0_0'>221</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">7.</td>
- <td colspan="3">Die Kunst</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_07_0_0'>221</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">a)</td>
- <td colspan="2">Schöpferische Kunst</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_07_a_0'>222</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">b)</td>
- <td colspan="2">Kunstreproduktion</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_07_b_0'>224</a><span class='pagenum'><a id='Page_vii' name='Page_vii' href='#Page_vii'>[VII]</a></span></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">c)</td>
- <td colspan="2">Das Kunstgewerbe</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_07_c_0'>224</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">8.</td>
- <td colspan="3">Die technische Erfindung</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_08_0_0'>225</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">9.</td>
- <td colspan="3">Die Anerkennung der Verdienste höheren Grades im Kollektivstaate</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_0_0'>231</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">a)</td>
- <td colspan="2">Das Arbeitsleitungsrecht</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_a_0'>233</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">b)</td>
- <td colspan="2">Ehrenvorzüge</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_b_0'>234</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">c)</td>
- <td colspan="2">Das Vorrecht der Wahl</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_c_0'>235</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">d)</td>
- <td colspan="2">Vorzüge in Beziehung auf die Wohnung</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_d_0'>236</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">e)</td>
- <td colspan="2">Vorzüge in Beziehung auf Kleidung</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_e_0'>237</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">f)</td>
- <td colspan="2">Vorzüge in Beziehung auf Nahrung</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_f_0'>237</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">g)</td>
- <td colspan="2">Das Vorrecht in Beziehung auf einen eigenen Hausstand</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_g_0'>238</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">h)</td>
- <td colspan="2"><ins class='correction' title='Borrechte'>Vorrechte</ins> in Beziehung auf Geselligkeit</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_h_0'>239</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">i)</td>
- <td colspan="2">Vorrechte in Beziehung auf Konzerte, Theater</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_i_0'>240</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">k)</td>
- <td colspan="2">Reisen im In- und Auslande</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_k_0'>240</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">l)</td>
- <td colspan="2">Das Vorrecht in Beziehung auf die in VIII, 5, geschilderten Verteilungen</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_l_0'>240</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">m)</td>
- <td colspan="2">Das Vorrecht der Arbeitsfreiheit</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_m_0'>240</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">n)</td>
- <td colspan="2">Das Vorrecht der freien Wahl des Domizils</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_n_0'>241</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">o)</td>
- <td colspan="2">Andere berufsmäßige Vorrechte</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_o_0'>242</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">p)</td>
- <td colspan="2">Das Vorrecht, Pferde, Wagen und Automobile zu halten</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_09_p_0'>242</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">10.</td>
- <td colspan="3">Religion, Kultus, Festlichkeiten</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_10_0_0'>247</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">11.</td>
- <td colspan="3">Die Wettbewerbungen, Glücksspiele</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_11_0_0'>254</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">12.</td>
- <td colspan="3">Nachweis der Ökonomie der in diesem Werke vorgeschlagenen Organisation des Verteilungs-, Sanitäts- und Unterrichtsdienstes</td>
- <td class="r vb"><a href='#H_12_0_0'>255</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="1" class="r vt">IX.</td>
- <td colspan="4">Darstellung der Befriedigung der wichtigsten Bedürfnisse des Volkes im Kollektivstaat</td>
- <td class="r vb"><a href='#I_00_0_0'>262</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">1.</td>
- <td colspan="3">Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses</td>
- <td class="r vb"><a href='#I_01_0_0'>262</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">2.</td>
- <td colspan="3">Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses</td>
- <td class="r vb"><a href='#I_02_0_0'>273</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">3.</td>
- <td colspan="3">Bekleidung</td>
- <td class="r vb"><a href='#I_03_0_0'>275</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">4.</td>
- <td colspan="3">Die sonstigen Bedürfnisse außer Wohnung, Nahrung und Kleidung</td>
- <td class="r vb"><a href='#I_04_0_0'>276</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="1" class="r vt">X.</td>
- <td colspan="4">Die Sachproduktion im Kollektivstaate</td>
- <td class="r vb"><a href='#K_00_0_0'>278</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">1.</td>
- <td colspan="3">Die Kultur der <ins class='correction' title='Zeralien'>Zerealien</ins></td>
- <td class="r vb"><a href='#K_01_0_0'>281</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">2.</td>
- <td colspan="3">Der Futterbau</td>
- <td class="r vb"><a href='#K_02_0_0'>283</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">3.</td>
- <td colspan="3">Die Viehzucht</td>
- <td class="r vb"><a href='#K_03_0_0'>284</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">4.</td>
- <td colspan="3">Kleinvieh und Geflügelzucht</td>
- <td class="r vb"><a href='#K_04_0_0'>288</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">5.</td>
- <td colspan="3">Wasserwirtschaft</td>
- <td class="r vb"><a href='#K_05_0_0'>289</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="1" class="r vt">XI.</td>
- <td colspan="4">Die Verteilung im Kollektivstaate</td>
- <td class="r vb"><a href='#L_00_0_0'>292</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">1.</td>
- <td colspan="3">Die Verteilung der Arbeit</td>
- <td class="r vb"><a href='#L_01_0_0'>292</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">a)</td>
- <td colspan="2">Der Arbeitstag</td>
- <td class="r vb"><a href='#L_01_a_0'>293</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">b)</td>
- <td colspan="2">Sonntag, Feiertage, Ferien</td>
- <td class="r vb"><a href='#L_01_b_0'>296</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">c)</td>
- <td colspan="2">Arbeitsbefreiung</td>
- <td class="r vb"><a href='#L_01_c_0'>297</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="3" class="r vt">d)</td>
- <td colspan="2">Arbeitszuweisung</td>
- <td class="r vb"><a href='#L_01_d_0'>298</a><span class='pagenum'><a id='Page_viii' name='Page_viii' href='#Page_viii'>[VIII]</a></span></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">2.</td>
- <td colspan="3">Die Verteilung der Güter</td>
- <td class="r vb"><a href='#L_02_0_0'>301</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="1" class="r vt">XII.</td>
- <td colspan="4">Die Beziehungen des Kollektivstaates zum Auslande</td>
- <td class="r vb"><a href='#M_00_0_0'>303</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">1.</td>
- <td colspan="3">Der Güteraustausch</td>
- <td class="r vb"><a href='#M_01_0_0'>303</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">2.</td>
- <td colspan="3">Der Reiseverkehr</td>
- <td class="r vb"><a href='#M_02_0_0'>305</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">3.</td>
- <td colspan="3">Die Aus- und Einwanderung</td>
- <td class="r vb"><a href='#M_03_0_0'>307</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="2" class="r vt">4.</td>
- <td colspan="3">Politische Beziehungen und Landesverteidigung</td>
- <td class="r vb"><a href='#M_04_0_0'>311</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="1" class="r vt">XIII.</td>
- <td colspan="4">Vorteile und Nachteile des Kollektivismus</td>
- <td class="r vb"><a href='#N_00_0_0'>317</a></td>
- </tr>
- <tr>
- <td colspan="1" class="r vt">XIV.</td>
- <td colspan="4">Umwandlung der Staaten zur Einführung der kollektivistischen Gesellschaftsordnung</td>
- <td class="r vb"><a href='#O_00_0_0'>333</a></td>
- </tr>
-</table>
-
-</div>
-
-<h2 id='P_00_0_0'>
-Einleitung.
-</h2>
-
-<p>
-In einer Rede des österreichischen Ministerpräsidenten Baron Beck im
-österreichischen Herrenhause vom 24. Juli 1907 sagt derselbe:
-</p>
-
-<p>
-»Damit hat sich eines der wichtigsten Staatsprobleme auf die
-Tagesordnung gestellt. Dieses Problem ist: ein richtiges Gleichgewicht
-herzustellen zwischen dem erwachten Selbstbewußtsein breiter
-Volksschichten und den unerläßlichen Forderungen, die im Interesse
-kraftvoller Durchführung des Staatswillens und der sicheren Erreichung
-der Staatszwecke erhoben werden müssen. Das sind die zwei Pole,
-zwischen denen sich das öffentliche Leben bewegt und zwischen denen
-die Ausgleichung gefunden werden muß. Soll die Monarchie ihrer
-geschichtlichen Stellung gerecht werden, dann muß sie unter ihre
-Aufgaben an oberster Stelle die soziale Fürsorge für die breiten
-Schichten der Bevölkerung aufnehmen. Ich für meinen Teil glaube, daß
-ein gesunder sozialer Fortschritt und die ruhige Entwickelung zu einem
-wahrhaft modernen Staat, <em class='gesperrt'>der seinem Wesen nach Wirtschaftsstaat
-und soziale Fürsorgeanstalt sein muß, nicht nur neben einer starken
-monarchischen Gewalt, sondern gerade mit ihr und durch sie möglich
-ist</em>.
-</p>
-
-<p>
-Ich begrüße es, daß unserem alten, ehrwürdigen Staatsgebilde die
-Aufgabe geworden ist, den hervorragenden Beruf der Monarchie für die
-modernen sozialen Aufgaben darzutun. Mit Zuversicht in die Zukunft
-blickend, dürfen wir die neue Bahn betreten in der festen Überzeugung,
-daß unser geliebtes Vaterland nicht nur den gewaltigen Problemen der
-Neuzeit sich gewachsen zeigen, sondern gerade an diesen gesteigerten
-Aufgaben wieder seine unverwüstliche, ewig blühende Lebenskraft
-erweisen wird. Für diese Aufgaben erbitte ich mir die Autorität des
-hohen Hauses und da ich mich mit ihm eins weiß in dem Gedanken an eine
-machtvolle Monarchie, so hoffe ich, daß meiner Bitte die Erfüllung
-nicht versagt bleiben wird.«
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_x' name='Page_x' href='#Page_x'>[X]</a></span>
-Nicht irre machen darf uns, daß der ehemalige Ministerpräsident Baron
-Beck so große Ideen angekündet, dann aber nicht das Geringste getan
-hat, um die Verwirklichung dieser Ideen vorzubereiten und um den Staat
-in einen »wahrhaft modernen Staat«, in einen »Wirtschaftsstaat«, in
-eine »soziale Fürsorgeanstalt« umzugestalten. Denn die österreichischen
-Staatsmänner vermögen gar wenig. Da aber Österreich auf keine Weise
-zur Ruhe kommen kann, so lange es sich in den ausgefahrenen Geleisen
-der Individualwirtschaft fortbewegt, können wir mit Sicherheit darauf
-rechnen, daß die österreichische Staatskunst sich doch eines Tages
-dieses Ideals bemächtigen wird.
-</p>
-
-<p>
-Diese Worte zeigen, daß die österreichische Regierung der Monarchie und
-insbesondere den Habsburgern die Sendung vindiziert, neue staatliche
-Grundlagen zu schaffen und Aufgaben zu lösen, die ohne Staatsomnipotenz
-nicht gelöst werden können.
-</p>
-
-<p>
-Diese Ideen sind in belletristischer Form bereits in meinem Romane
-»Österreich im Jahre 2020« zum Ausdrucke gekommen und in diesem Werke
-werden sie philosophisch, volkswirtschaftlich und staatspolitisch
-dargelegt. Die Intelligenz muß sich derselben bemächtigen, weil sie nur
-durch Mitarbeit an der bevorstehenden Umgestaltung sicherstellen kann,
-daß diese Umgestaltung auch den höheren Interessen, der Kunst, der
-Forschung und dem technischen Fortschritte zugute kommen wird, während
-die sozialdemokratische Partei, in dogmatische Irrtümer verrannt, uns
-der sozialen Revolution und damit der Anarchie entgegentreibt und,
-wenngleich gegen ihren Willen, die ganze Kultur in Frage stellt.
-</p>
-
-<h2 id='A_00_0_0'>
-I.<br /><br />
-Die kollektivistische Gesellschaftsordnung in ihren
-allgemeinsten Umrissen und die Rechtsgrundsätze,
-nach welchen sie ins Leben einzuführen und nach
-ihrer Einführung die Verwaltung zu führen
-sein wird.
-</h2>
-
-<hr class='h2bot' />
-
-<p>
-Ich bin bei meinen Untersuchungen des sozialen Problems folgenden
-Weg gegangen. Ich habe mir vorgestellt, daß der Staat wirtschaftlich
-allmächtig geworden sei. Er sei Alleineigentümer allen Besitzes,
-er allein <em class='gesperrt'>kann</em> Arbeit geben, er allein produziert und wird
-Eigentümer der durch Arbeit erzeugten Güter, von ihm allein kann
-man Güter, also vor allem den Unterhalt, aber auch alles andere,
-was wir brauchen, erlangen, und nun stellte ich mir vor, wie er die
-vorhandenen Arbeitskräfte verteilen, was er produzieren und wie er über
-die von der Natur freiwillig gebotenen und die durch Arbeit erzeugten
-Güter verfügen würde. Ich betrachtete den Umsatz von Arbeitskräften
-und Gütern <em class='gesperrt'>so</em>, wie er sich bei gänzlicher Aufhebung des
-Privateigentums und der Geldwirtschaft, also bei ausnahmsloser
-Naturalwirtschaft gestalten müßte, und indem ich dieses Prinzip auf
-die ganze Produktion und auf die ganze Güterverteilung anwendete,
-mußte offenbar jeder Übelstand, der damit verbunden wäre, und jede
-Undurchführbarkeit einer Anwendung des Prinzips auf irgend einen Teil
-der Produktion oder Verteilung an den Tag kommen. Da der Staat zunächst
-Eigentümer aller Güter wird und die Einzelnen nur von ihm etwas
-erlangen können, mußte die Frage immer zur Untersuchung kommen, in
-welchen Fällen der Staat das Eigentum zu gunsten des Einzelnen aufgeben
-müsse, damit der Verteilungszweck
-<span class='pagenum'><a id='Page_2' name='Page_2' href='#Page_2'>[2]</a></span>
-erreicht werden kann und es ergab sich, daß nur dann das Staatseigentum
-aufgegeben werden muß, wenn die Güter dem Einzelnen
-zum Verbrauche für seine Person überlassen werden müssen. Das
-ist bei der Nahrung unzweifelhaft der Fall, niemals aber beim Verbrauche
-für die Zwecke der Gütererzeugung, welche ja der Staat für
-seine eigene Rechnung betreibt, wodurch sich also Güter der einen
-Art in Güter der andern Art verwandeln, wobei aber darum doch
-die einen und die anderen Staatseigentum bleiben.
-</p>
-
-<p>
-Würde man Teile der Produktion den Einzelnen für ihre persönlichen
-Zwecke überlassen, wie beim Verkochen von Nahrungsmitteln
-im Familienhaushalte, so würde eine Eigentumsübertragung zu
-diesem Ende stattfinden müssen. Allein ich nahm als die Regel an,
-daß der Staat auch die Speisenbereitung für Rechnung der Gesamtheit
-betreibt und daß also erst beim Verzehren der gekochten Speisen
-das Staatseigentum aufgegeben werden muß. Ausnahmen zugunsten
-Einzelner kommen vorläufig nicht in Betracht.
-</p>
-
-<p>
-Gegenstände, die nicht durch Verbrauch sondern durch Benützung
-dem Einzelnen dienstbar gemacht werden, wie Kleider, Wäsche, Mobilien,
-Bücher, Instrumente, bedürfen keiner Eigentumsübertragung,
-um in <em class='gesperrt'>diese</em> Art der Konsumtion überzugehen und so wurde zunächst
-der Grundsatz aufrecht erhalten, daß diese Gegenstände Staatseigentum
-bleiben, also der Reihe nach mehreren Personen zum Gebrauche
-dienen können, und, wenn sie unbrauchbar werden, wieder
-Material für die Staatsproduktion liefern. Damit ist die <em class='gesperrt'>dauernde</em>
-Gebrauchszuweisung immerhin vereinbar.
-</p>
-
-<p id='A_00_0_0al2'>
-Doch zeigt sich da, daß es Fälle gibt, in welchen der Einzelne
-bei Gebrauchsgütern, ja selbst bei Produktionsmitteln das Recht
-haben muß, nach seinem Gutdünken damit zu verfahren, weil er
-sonst in seiner Freiheit zu sehr beschränkt wäre und weil sonst der
-Verteilungszweck, die Wohlfahrt Aller, nicht erreicht würde. So
-ist es mir offenbar nicht erlaubt, ein Stück Papier zu beschreiben,
-oder mit Zeichnungen zu bedecken, welches fremdes Eigentum ist.
-Man könnte also keinen Brief schreiben und viele andere persönliche
-Zwecke nicht erreichen, wenn man immer nur über das verfügen
-dürfte, was man zu seiner Ernährung verzehrt. Daraus folgt nun,
-daß eine gewisse Menge von sehr mannigfaltigen Gütern zur
-<span class='pagenum'><a id='Page_3' name='Page_3' href='#Page_3'>[3]</a></span>
-Verteilung unter die Bevölkerung zu dem Ende gelangen muß, damit
-der Einzelne damit machen kann, was er für gut hält. Doch soll
-der Staat auch an diesen Stoffen und den daraus hergestellten
-Dingen eine Art von Obereigentum behalten, damit keine dem
-Staatswohl zuwiderlaufenden Zwecke verfolgt werden können und
-damit der Staat in die Lage kommen soll, höhere Zwecke des Gemeinwesens
-auch mit diesen Gütern zu verfolgen, wenn ein Anlaß
-vorliegt. So soll er auf Briefe, die von einer historisch berühmten
-Persönlichkeit herrühren, eine Art von Vorrecht haben, desgleichen
-auf Bilder, Statuen, Manuskripte, die von einem Einzelnen nicht
-berufsmäßig, also für Rechnung des Staates, sondern im freien
-Schaffen gemalt, modelliert und verfaßt worden sind, insofern es im
-Gesamtinteresse liegt, daß selbe erhalten, verwahrt und Allen zugänglich
-gemacht werden können, was immerhin nicht ausschließt,
-daß das Privat<em class='gesperrt'>gebrauchs</em>recht auf eine oder mehrere Generationen
-unbeschadet jenes Obereigentums geduldet werden kann. Nur das
-Recht der Zerstörung könnte der Staat verwehren, wenn ein wirklicher
-Wert geschaffen wurde und die Staatsverwaltung das Obereigentum
-geltend zu machen erklärt hat. Auch ist es unzweifelhaft,
-daß auf dem oben bezeichneten Wege auch Stoffe zur Verteilung gelangen
-werden, welche man außerberuflich zu chemischen Versuchen
-verwendet. Würden aber Gifte oder Explosivstoffe auf diese Art hergestellt
-werden und ein schädlicher Gebrauch zu besorgen sein, so muß
-dem Staate das Recht der Konfiskation der verteilten Stoffe und
-der daraus hergestellten Produkte auf Grund seines Obereigentums
-zustehen. Für die zur Verteilung gelangenden Stoffe, Mal- und
-Zeichen- oder Schreibrequisiten, <ins class='correction' title='Gespinste'>Gespinnste</ins>,
-Gewebe, Holz, Metalle, gesammelte
-Naturprodukte, auch selbstgesammelte, schlage ich den Ausdruck
-<ins class='correction' title='Konsumptibilien'>Konsumtibilien</ins> vor,
-weil den damit Beteiligten der Verbrauch
-freisteht, obschon das Staatseigentum nie erlischt. Von dieser Verteilung
-wird in <a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> ausführlicher gesprochen.
-</p>
-
-<p>
-Diese Art des Staatseigentums und beziehungsweise Staatsobereigentums
-bietet eine große Menge von Vorteilen. Der Eigentümer
-einer Sache ist in einem solchen Staate nie zweifelhaft und
-darum ist Diebstahl und Veruntreuung, außer zum persönlichen Verbrauche
-in ganz kleinen Mengen, unmöglich. Der ganze
-<span class='pagenum'><a id='Page_4' name='Page_4' href='#Page_4'>[4]</a></span>
-Handelsumsatz &mdash; nämlich durch Kauf und Verkauf &mdash; ist überflüssig und
-dadurch werden viele hunderttausende, ja Millionen von Arbeitskräften
-für wichtigere Zwecke frei. Die Benützung materieller Mittel
-zu verbrecherischen Zwecken wird außerordentlich erschwert, wenn sie
-gleich nicht ganz unmöglich gemacht werden kann. Endlich trifft
-jeder Zufall den Eigentümer, daher dieser Grundsatz des ausnahmslosen
-Staatseigentums als Versicherung für den Gebrauchsberechtigten
-wirkt, ein zufälliger Gewinn aber immer der Gesamtheit zustatten
-kommt.
-</p>
-
-<p>
-Es wird sehr genau gezeigt werden, daß keine Art von wünschenswerter
-Verteilung für Gebrauchs- und Verbrauchszwecke durch diese
-Grundsätze erschwert oder vereitelt wird,
-vielmehr ist alles viel beweglicher,
-jeder nicht gemeinschädliche Privatzweck viel leichter erreichbar
-als dort, wo jeder Gebrauch oder Verbrauch eine Erwerbung
-und Eigentumsübertragung voraussetzt.
-</p>
-
-<p>
-Eine besondere Sorgfalt wurde der Untersuchung der Frage gewidmet,
-wie die Rechnungslegung und die Sicherstellung der gesetzmäßigen
-<ins class='correction' title='Gebahrung'>Gebarung</ins> mit dem Staatseigentum und dem Staatseinkommen
-durchzuführen wäre und es ist dieser Gegenstand in einem
-besonderen Kapitel erörtert worden. Mit dem Geldverkehre hört auch
-die Geldverrechnung auf und es vertritt die statistische Tabelle die
-Stelle unserer heutigen Kassenjournale. Doch ist eine tägliche
-Statistik, wie sie von mir vorgeschlagen und in <a href='#F_08_e_0'>VI, 8, e,</a> exemplifiziert
-wird, nicht <em class='gesperrt'>nur</em> Statistik, also Feststellung wirtschaftlicher
-Werte bei Ablauf einer längeren Periode, sondern zugleich Ermittlung
-der kleinsten Bewegungsstufen. Sie verhält sich zur heutigen
-Statistik wie das Journal zur Bilanz. Es wurde geprüft, ob die
-Statistik aller schnell verbrauchten Güter, wie Milchprodukte, Eier
-und das Fleisch geschlachteter Tiere, durch statistische Tabellen, und
-zwar im Zusammenhange mit einer Statistik der Verteilung der
-Bevölkerung dergestalt durch den Druck veröffentlicht werden könnte,
-daß alle Produktion und Verbrauch dieser Güter <em class='gesperrt'>täglich allgemein
-bekannt gemacht wird</em> und zwar in einem solchen Zusammenhange
-mit dem Nachweise des
-<ins class='correction' title='Verpflegsstandes'>Verpflegstandes</ins> einer jeden Gemeinde
-und eines jeden Quartiers, daß jeder Volksgenosse sich über die
-Rechtmäßigkeit dieser Verteilung jederzeit orientieren kann. Doch hat
-<span class='pagenum'><a id='Page_5' name='Page_5' href='#Page_5'>[5]</a></span>
-eine genaue Prüfung, die ich mir jederzeit habe angelegen sein lassen,
-ergeben, daß eine solche <em class='gesperrt'>tägliche</em> Veröffentlichung in einem Maße,
-daß jeder Volksgenosse die Verteilung selbst prüfen kann, wahrscheinlich
-doch einen zu großen Papierverbrauch zur Folge hätte. Man
-kann nämlich ziemlich genau statistisch feststellen, wieviel das Volk
-pro Kopf und Jahr im Ganzen an Papier verbraucht und wieviel
-davon durch solche Veröffentlichungen verbraucht würde. Da zeigt
-sich nun, daß eine solche Veröffentlichung in jenem Ausmaße, wie
-es wünschenswert erschiene, vielleicht eine allzu große Belastung des
-Papierbudgets ergeben könnte, daher zwar vorgeschlagen wird,
-daß für die Verwaltung und die Bevölkerung eines jeden Bezirkes
-die statistischen Ausweise dieser Art täglich abgeschlossen und schriftlich
-zur Prüfung aufgelegt werden sollen, daß aber, wenn eine tägliche
-Veröffentlichung dieser Statistik des Papierverbrauches wegen
-sich als untunlich erweisen sollte, nur die Kreis-, Provinz- und
-Reichsstatistik täglich, die Bezirksstatistik aber nur von Woche zu Woche
-allgemein und durch den Druck veröffentlicht werden sollen. Das
-Nähere hierüber enthalten die Abschnitte <a href='#F_07_0_0'>VI, 7</a> und <a href='#F_08_0_0'>8</a> über das
-Zeitungswesen und die Statistik.
-</p>
-
-<p>
-Zum Zwecke der Beurteilung der Administration und des Arbeitsaufwandes
-für Verwaltung, Erziehung, Volksunterricht und das
-Sanitätswesen wurde angenommen, daß die Landgemeinden auf einen
-Bevölkerungsstand von beiläufig tausend Köpfen gebracht, größere Gemeinden
-und Städte aber in Quartiere von einer Bevölkerungszahl
-von beiläufig tausend Köpfen geteilt werden sollen. Diese Verteilung
-der Bevölkerung und die Verringerung der eigentlichen städtischen
-Bevölkerung auf höchstens 2-3% der Gesamtbevölkerung ist von
-unermeßlichen Vorteilen für die Hygiene, die Landwirtschaft,
-die Verwaltung, die Volkserziehung, den Volksunterricht und die Ökonomie.
-Und daraus ergibt sich nun auch eine sehr genaue Übersicht, wieviele
-Personen in jenen Berufen anzustellen sein werden und wie groß
-die Arbeitslast für die einzelnen Angestellten sein wird. Nun ist
-zwar der angenommene Bevölkerungsstand der Gemeinden und
-Quartiere keineswegs pedantisch festzuhalten, und er wird auch innerhalb
-gewisser Grenzen schwanken, allein es wird sich ergeben, daß
-der Verwaltung vielerlei Auswege zu Gebote stehen, um eine sehr
-<span class='pagenum'><a id='Page_6' name='Page_6' href='#Page_6'>[6]</a></span>
-empfindliche Verschiebung hintanzuhalten. Die Aufhebung des
-Privateigentums, welches den Domizilwechsel sehr erschwert, der gemeinsame
-Staatsbetrieb und die leichtere Versetzbarkeit der nicht
-produktiven Bevölkerung, dann die Notwendigkeit, in einem Staate
-von 45 Millionen Bewohnern (ich nehme die Verhältnisse Österreichs
-zur Grundlage) alljährlich dem Volkszuwachse entsprechend mindestens
-200-300 Ortsgemeinden neu aufzubauen, werden immer eine Ausgleichung
-des Bevölkerungsstandes der einzelnen Gemeinden und
-Quartiere ermöglichen, wo es für die Verwaltung <em class='gesperrt'>ein Bedürfnis</em>
-ist.
-</p>
-
-<p>
-Die Notwendigkeit, alle Wohnungsansiedelungen nach und nach
-für die Zwecke der Kollektivwirtschaft umzubauen, muß ins Auge
-gefaßt werden und es ist davon in <a href='#F_02_0_0'>VI, 2,</a> die Rede. Die Versorgung
-eines großen Bruchteiles der Bevölkerung, welcher heute verkümmert
-und bei uns mehr in Ställen haust, als in menschlichen
-Wohnungen, mit Wohnhäusern, die Anpassung der Landwirtschaft
-an den Kollektivbetrieb, die Assanierung vieler vernachlässigter Gemeinden,
-macht ohnehin viele Neubauten notwendig und, da die Umwandlung
-unserer Gesellschaftsordnung auch nur nach und nach erfolgen
-und die Übergangsperiode auf 40-100 Jahre veranschlagt
-werden kann, so ist der notwendige Bauaufwand wohl zu bestreiten,
-besonders da viele verwendbare Baumaterialien und Baubestandteile
-beim Abbruche der alten Bauten gewonnen werden. Hat Nordamerika
-in weniger als hundert Jahren Wohnungen für 70 Millionen
-Menschen bei rasch steigender Volkszahl und ohne Abbruchmaterialien
-schaffen können, so muß ein Staat von 45 Millionen
-bei verhältnismäßig stationärem Bevölkerungsstande den Bauaufwand
-für die notwendige Umgestaltung in ein bis zwei Generationen aufzubringen
-vermögen. Der Bauaufwand wird im kollektivistischen
-Staate dann aufzubringen sein, wenn die Verwaltung ohne Vernachlässigung
-anderer Produktionszweige so viele Prozente der verfügbaren
-Arbeitskräfte im Bauwesen verwenden kann, als zur Bewältigung
-der festgesetzten Bauarbeiten innerhalb der angenommenen
-Umgestaltungsperiode erforderlich sind.
-</p>
-
-<p>
-Die Forderung, daß der Staat zum Kollektivismus übergehe,
-wird nicht aus Gefühlsduselei und Mitleid, aus Gerechtigkeitsgründen,
-<span class='pagenum'><a id='Page_7' name='Page_7' href='#Page_7'>[7]</a></span>
-aufgestellt, <em class='gesperrt'>sondern aus volkswirtschaftlichen und
-staatspolitischen Erwägungen und im Interesse der Kultur
-und des Fortschrittes</em>. Es wird nur die Aufopferung eingebildeter
-Interessen gefordert und ich erwarte sie nicht von der Güte der
-Einzelnen. Der Staat soll nur die wirtschaftliche Macht schonungslos
-gebrauchen, die er bereits besitzt, und er wird ohne Rechtsbruch
-zur Omnipotenz gelangen. Die Rechtskontinuität muß gewahrt,
-die revolutionäre Umgestaltung muß verhindert, jede Gewalt ohne
-Schwäche unterdrückt werden, aber Aufgabe der Regierungen ist es,
-die hier angegebenen Ziele anzustreben. Die Staatsmänner, welche
-diesen Zielen zustreben, werden sich ebenso sicher finden, wie es nicht
-fehlen konnte, daß sich Staatsmänner fanden, die, den Fürsten zum
-Trotze, die Einheit der deutschen Nation herbeiführten.
-</p>
-
-<p>
-Wer dieses Buch liest, wird sich überzeugen, daß
-unsere Gesellschaftsordnung
-eine Maschine mit einem lächerlich hohen Reibungskoeffizienten
-ist.
-</p>
-
-<p>
-Die Rechtsgrundsätze, von welchen ich für die <em class='gesperrt'>Umgestaltung</em>
-ausgehe, sind folgende:
-</p>
-
-<p>
-Die Besitzenden, welche durch Mißbrauch ihres wirtschaftlichen
-Übergewichtes Reichtümer angesammelt und die Besitzlosigkeit der
-Massen herbeigeführt haben, können sich nicht darüber beschweren,
-wenn der Staat seinerseits ihnen gegenüber sein wirtschaftliches
-Übergewicht zur <ins class='correction' title='Gelttung'>Geltung</ins> bringt
-und sie so expropriert, wie sie
-andere expropriert haben. Ihr wirtschaftliches Übergewicht konnten
-sie niemals erlangen, ohne Gesetze, welche die Staatsgewalt zu
-gunsten des freien Vermögenserwerbes<a name='FA_1' id='FA_1' href='#FN_1' class='fnanchor'>[1]</a>,
-zum Schutze des Privateigentumes
-und zur Begründung eines Erbrechtes erlassen hat.
-Diese Gesetze zu ändern, ist der Staat jederzeit berechtigt und dadurch
-kann der Prozeß der Verstaatlichung des Besitzes beschleunigt werden.
-Wenn damit nur stufenweise und langsam vorgegangen wird, so hat
-<span class='pagenum'><a id='Page_8' name='Page_8' href='#Page_8'>[8]</a></span>
-das nicht darin seinen Grund, daß in einer sofortigen Einziehung
-des Besitzes gegen zeitlich beschränkte Renten eine Rechtsverletzung
-läge, sondern daß es nicht im Interesse des Staatswohles gelegen
-wäre, den Umbildungsprozeß zu übereilen. Jede Art von Besteuerung
-bildet eine Verkürzung von Privatinteressen und Privatbesitzrechten.
-Im öffentlichen Interesse wurde das Besteuerungsrecht doch
-seit Jahrtausenden geübt und die progressive Einkommensteuer,
-welche man längst für statthaft erkannt hat, zeigt einen der vielen
-Wege, welche zur Erreichung des angestrebten Zieles, die wirtschaftliche
-Macht des Staates auf Kosten der Besitzenden zu erweitern,
-führen können.
-</p>
-
-<p>
-Das sind die Rechtsgrundsätze, welche für die Umwandlung
-der sozialen Zustände maßgebend sind. Diese Umwandlung ist kein
-Bruch mit der Vergangenheit, sondern eine Entwickelung und Fortbildung
-der bestehenden Zustände. Sie führt auch nicht im eigentlichen
-Sinne zur <em class='gesperrt'>Aufhebung</em> des Privateigentums, wohl aber zu
-dessen <em class='gesperrt'>Aufsaugung</em> zugunsten des wirtschaftlich Stärksten, des
-Staates und zur Erreichung der höchsten ethischen Ziele und der
-Erfolg dieser Aufsaugung ist die Zurückgewinnung eines verhältnismäßigen
-Anteiles am Volksvermögen für jedes einzelne Mitglied
-der Gesellschaft.
-</p>
-
-<p id='A_00_0_0al1'>
-Die Rechtsgrundsätze für die kommende Zeit der Staatsomnipotenz,
-welche der Verteilung von Arbeit und Gütern zugrunde
-liegen, sind folgende: Wer Mitglied der staatlichen Gesellschaft
-werden und bleiben will, und für die der staatlichen Erziehungsgewalt
-unterworfene Jugend wird das vorausgesetzt, muß die Grundlagen
-dieser Gesellschaft anerkennen und sich ihnen unterordnen.
-Wer aufhören will, dieser Gesellschaft anzugehören, muß entweder
-auswandern, oder seinen Anteil am staatlichen Gesamtbesitze absondern.
-Letzteres kann er nicht wünschen, weil er neben einem so
-mächtigen wirtschaftlichen Körper eine Sonderexistenz umsoweniger
-führen kann, als er von Jugend auf an das Wohlleben des
-Kollektivismus gewöhnt ist. Eine Frage wäre, ob man Auswanderern
-eine ihrem Anteil am Gesamtvermögen entsprechende Summe hinauszahlen
-solle. Das Maß dieser Abfertigung könnte nach Altersstufen
-und Berufskategorien in einen Tarif gebracht werden. Diese
-<span class='pagenum'><a id='Page_9' name='Page_9' href='#Page_9'>[9]</a></span>
-Auseinandersetzung würde aber gesetzlich geregelt und ein privatrechtlicher
-Anspruch niemals anerkannt werden. Die Hinauszahlung
-einer Summe an <em class='gesperrt'>Auswanderer</em> wäre kein Bruch mit dem Prinzipe
-der Naturalwirtschaft, die nur auf dem Territorium des Kollektivstaates,
-nicht für seinen Verkehr mit auswärtigen Staaten gilt. Die
-Geldmittel erwirbt der Kollektivstaat durch
-den <ins class='correction' title='Waarenhandel'>Warenhandel</ins> mit
-Staaten, welche Geldwirtschaft haben und durch den Fremdenverkehr
-mit Angehörigen solcher Staaten. Wird es in Zukunft solche
-Staaten überhaupt nicht mehr geben oder mit solchen kein auf Erwerb
-gerichteter Verkehr mehr unterhalten, so könnte eine Abfertigung
-von Auswanderern nie anders, als durch Zuweisung beweglicher
-Sachen erfolgen.
-</p>
-
-<p>
-Unter solchen Umständen, welche sowohl die Absonderung in
-vermögensrechtlicher Beziehung als die Auswanderung mit Anspruch
-auf Abfertigung ermöglichen, kann von einer Vergewaltigung oder
-unbilligen Abhängigkeit, wie sie heute der Besitzlose zu tragen hat,
-niemals die Rede sein.
-</p>
-
-<p>
-Für jene, die Staatsbürger sind und bleiben wollen, gelten
-folgende Verteilungsgrundsätze:
-</p>
-
-<p>
-Da der verhältnismäßige Anteil des Einzelnen am Gesamtvermögen
-ohne Arbeit zur Deckung des Lebensunterhaltes weitaus
-ungenügend ist, ist jeder zur Arbeit verpflichtet, um zur Deckung
-des Gesamtaufwandes beizutragen. An die Stelle der Steuerpflicht
-tritt im Kollektivstaat die Arbeitspflicht.
-Die Erfüllung dieser Arbeitspflicht
-wird erzwungen, wie der Militärdienst. Das Ausmaß
-der Minimalarbeitsschuldigkeit, sagen wir achtstündige Arbeit an
-300 Tagen im Jahre, und die Verteilung der verschiedenen Arbeiten
-nach den Kräften und der Befähigung der Arbeitsfähigen
-erfolgt nach dem Gesamtwillen. Der Einzelne wird, da er nicht
-<ins class='correction' title='Eigentümmer'>Eigentümer</ins> der Produktionsmittel,
-insbesondere der Naturquellen
-ist, auch nicht Eigentümer der durch seine Arbeit hervorgebrachten
-Güter. Diese fallen dem Staate zu, der sie zum Verbrauche, beziehungsweise
-zum Gebrauche unter die Mitglieder der Gesellschaft
-verteilt. Auch diese Verteilung erfolgt nach dem Gesamtwillen.
-Alle Glieder der Gesellschaft haben zunächst, ob sie arbeiten können
-oder nicht können, auch wenn sie von der Arbeit befreit sind, ein
-<span class='pagenum'><a id='Page_10' name='Page_10' href='#Page_10'>[10]</a></span>
-Recht auf naturalwirtschaftliche Befriedigung aller ihrer Bedürfnisse
-nach dem durch den Gesamtwillen festgesetzten Maßstabe. Ebenso
-werden alle jene Kategorien von Arbeiten festgesetzt, welche der
-Staat von jedermann zu beanspruchen berechtigt ist und jene, welche
-ein Sonderübereinkommen zwischen dem Staat und den Arbeitern
-voraussetzen, sei es, daß die Gefahren und Belästigungen einer Arbeit
-Anspruch auf Begünstigungen gewähren, oder daß sich nicht jeder
-zu einem Berufe eignet. Im ersten Falle werden den Berufen
-solche Begünstigungen eingeräumt, daß sich eine genügende Anzahl
-von Freiwilligen meldet, im zweiten Falle setzt der Staat die Bedingungen
-fest, unter welchen man die Zulassung zu einem bestimmten
-Berufe erlangen kann, so z. B. Prüfungen, längere erfolgreiche
-Vorbereitung oder Befähigungsnachweis.
-</p>
-
-<p id='A_00_0_0al4'>
-Von der staatlich geregelten Arbeit befreit
-sind folgende Kategorien von Volksgenossen:
-</p>
-
-<p>
-1. <em class='gesperrt'>Die Arbeitsunfähigen.</em> Arbeitsunfähig sind die Kinder,
-die Kranken und die Gebrechlichen aller Altersstufen.
-Diese Arbeitsbefreiung
-ist aber eine begrenzte, denn der Kollektivstaat wird Viele
-in seiner großen Organisation verwenden können, die in unserer
-Gesellschaftsordnung wegen Gebrechen keine Arbeit finden.
-</p>
-
-<p>
-2. <em class='gesperrt'>Die Pensionierten.</em> Von der staatlich geregelten Arbeit
-befreit sind nach dem vom Gesamtwillen festgesetzten Maßstab alle
-jene, welche in ihrem Beruf die vorgeschriebene Altersgrenze erreicht
-haben, wenngleich sie noch arbeitsfähig sind.
-</p>
-
-<p>
-3. Auch <em class='gesperrt'>durch Geburt oder Verdienst</em> kann die Befreiung
-von jeder staatlich geregelten Arbeit erlangt werden. Nach besonderen
-Gesetzen können hervorragende Verdienste um das Volk
-auch vor Erreichung der Altersgrenze mit Befreiung von aller staatlich
-geregelten Arbeit belohnt werden. Das gilt insbesondere von
-sehr erfolgreichen Dichtern, Künstlern, Forschern und Erfindern.
-Die Einräumung dieser Befreiung erfolgt in der Regel
-durch die Staatsverwaltung,
-aber die Gesetze können auch anders darüber verfügen
-und nach einem gewissen Turnus den Gemeinden, oder Bezirken oder
-Kreisen die Befugnis einräumen, solche Begünstigungen von Zeit
-zu Zeit je einer Person zu erteilen.
-</p>
-
-<p>
-Wer von Geburt aus von jeder geregelten Arbeit befreit ist,
-<span class='pagenum'><a id='Page_11' name='Page_11' href='#Page_11'>[11]</a></span>
-wird gleichfalls durch die Gesetze bestimmt. Diese Begünstigung kann
-durch die Gesetze eingeräumt werden den Mitgliedern einer Dynastie,
-den Mitgliedern einer Anzahl von adeligen Familien, den Personen,
-welche zur Beschleunigung des Umwandlungsprozesses ihr Vermögen
-von einer gewissen Ausdehnung vor der Zeit abgetreten haben und
-ihren Nachkommen. Die Gesetze können bestimmen, daß die durch
-Geburt erworbene Arbeitsbefreiung an gewisse Beschränkungen gebunden
-ist und daß sie nur einer <ins class='correction' title='beschränken'>beschränkten</ins> Anzahl von Nachkommen
-zustatten kommt, sodaß z. B., wenn die Familienmitglieder
-der Dynastie über eine gewisse Anzahl anwachsen, den überzähligen
-Mitgliedern diese Begünstigung entzogen wird, sowie, daß nur jene
-Nachkommen der dynastischen Familie diese Begünstigung genießen
-können, die einer monogamen Ehe zwischen besonders geeigenschafteten
-Personen entspringen und <ins class='correction' title='dgl'>dergl</ins>.
-</p>
-
-<p>
-Die Monarchie ist mit dem Kollektivismus durchaus vereinbar,
-vorausgesetzt, daß auch die Dynastie dem allgemeinen Gesetze der
-Eigentumslosigkeit und der Naturalwirtschaft unterworfen ist und
-daß ihre verfassungsmäßige Stellung der Volkssouveränität keinen
-Abbruch tut.
-</p>
-
-<p>
-Die Aufrechterhaltung der Monarchie wird sich insbesondere
-dort empfehlen, wo sie zur <ins class='correction' title='Aufrechthaltung'>Aufrechterhaltung</ins> der staatlichen Einheit
-notwendig erscheint. Damit im Zusammenhange kann auch der
-Fortbestand einer Anzahl hochadeliger Familien entsprechend erscheinen,
-besonders dann, wenn die Dynastie und jene Familien, welchen die
-Adelsqualität zuerkannt wird, den Übergang in die neue Ordnung
-begünstigen, Staat und Volk zu repräsentieren geeignet und sie
-den sozialen Frieden zu schirmen bereit sind. Die ihnen zukommenden
-sozialen Funktionen werden verfassungsgemäß zu ordnen sein.
-Die Gesetze können auch da verhindern, daß die dem hohen Adel
-angehörigen Personen eine gewisse Anzahl entweder in den einzelnen
-Familien oder im Ganzen übersteigen, wenn sie bestimmen, daß die
-über diese Zahl geborenen Nachkommen der Adelsvorzüge nicht teilhaftig
-werden. Daß der Dynastie und dem Hochadel in einem
-Kollektivstaate ästhetische Aufgaben und eine soziale Stellung eingeräumt
-werden können, welche im Interesse des gesamten Volkes liegen
-und weder seiner Wohlfahrt noch seiner Freiheit abträglich werden
-<span class='pagenum'><a id='Page_12' name='Page_12' href='#Page_12'>[12]</a></span>
-können, glaube ich in meinem Roman »Österreich im Jahre 2020«
-klar gezeigt zu haben.
-</p>
-
-<p id='A_00_0_0al3'>
-Was die Personen und die Nachkommen jener Personen anbelangt,
-die nach obigen Grundsätzen sich die Arbeitsbefreiung und
-demnach auch einen prozentualen Anteil an Gütern und Genüssen
-für sich und ihre Nachkommen gewissermaßen erkaufen, so wird diese
-wohl nur für eine gewisse Zahl von Generationen bewilligt werden
-und dann erlöschen. Ihre Stellung und die der monarchischen
-Familie und der Familien des Hochadels zum Volke wäre eine
-verschiedene. Die letztgedachten Familien hätten eine soziale Funktion
-zu erfüllen, die Nachkommen der Geldaristokraten aber nicht, ihre
-Freiheit wäre absoluter. Darum würde diese Freiheit immer unerträglicher
-werden, während die Ausnahmsstellung jener Familien,
-wenn sie ihren Aufgaben gewachsen sind, immer mehr gerechtfertigt
-scheinen wird.
-</p>
-
-<p>
-Der Rechtsgrundsatz der Festsetzung eines sehr hoch gegriffenen
-(etwa 90%igen) Versorgungsminimums für alle, auch die Arbeitsunfähigen,
-rechtfertigt sich aus einem Versicherungsbedürfnisse der
-Arbeitsfähigen, welche den Verlust ihrer Arbeitsfähigkeit jederzeit zu
-fürchten haben. Die Opfer, die sie aus dem Ertrage ihrer Arbeit für
-Arbeitsunfähige zu bringen haben, dienen also als Versicherungsprämie.
-Aus demselben Grundsatze ist die Versorgung der Kinder
-und Alten gerechtfertigt, denn die Arbeitsfähigen haben Ersatz zu
-leisten für den eigenen Unterhalt und Erziehung in der Jugend durch
-die Tragung des Versorgungs- und Erziehungsaufwandes für die
-nachwachsende Generation und in der Versorgung der Alten leisten
-sie die Prämie für die eigene Altersversorgung. Zur Versorgung
-der heranwachsenden Jugend haben nicht nur die Eltern, sondern
-gleichermaßen die Kinderlosen beizutragen, weil auch diese von der
-heranwachsenden Generation Altersversorgung beanspruchen werden.
-Noch mehr Grund haben die Massen zur Entlohnung der Hochverdienten,
-da sie die Früchte ihrer Leistungen genießen. <em class='gesperrt'>Darum
-ist aber auch von einer Ausbeutung der Starken durch
-die Schwachen keine Rede.</em>
-</p>
-
-<p>
-Trotz des sehr hoch gegriffenen Versorgungsminimums ist die
-Verteilung so einzurichten, daß ein prozentuell zu bestimmender Teil
-<span class='pagenum'><a id='Page_13' name='Page_13' href='#Page_13'>[13]</a></span>
-des Jahresproduktes und der persönlichen Dienstleistungen zur Entlohnung
-höherer Verdienste, auch gemeiner Art, verwendet wird.
-Das wird am besten in der Form der Schaffung von Dienstkategorien
-geschehen, in welche man im Beförderungswege einrücken
-kann. Da keine anderen Verdienste anerkannt werden, als solche, die
-dem gesamten Volke zum Vorteil gereichen, so hat jeder Einzelne
-ein egoistisches Interesse, zu dieser Entlohnung beizutragen. Es ist
-demnach auch keine Rede von einer mechanischen Gleichheit zwischen
-allen Gliedern der Gesellschaft und diese gehört auch nicht zum
-Wesen des Kollektivismus und zwar gerade aus dem Grunde, weil
-die geplante Vermögensverwaltung das Wohl <em class='gesperrt'>Aller</em> zu verwirklichen
-hat.
-</p>
-
-<p>
-Der Kollektivismus beschränkt sich nicht auf die Produktion und
-Verteilung von Sachgütern, sondern er hat auch die Aufgabe, alle
-Arten persönlicher Dienstleistungen sicher zu stellen
-und die Sachgüterproduzenten
-und jene, die persönliche Dienste zu leisten haben,
-in ein richtiges gegenseitiges Verhältnis zu bringen.
-</p>
-
-<p>
-Da jeder Einzelne von allen Berufsklassen Vorteile empfängt,
-wenn ihm das auch oft nicht zum Bewußtsein kommt, so ist er
-auch allen verpflichtet und den Austausch von Gütern und Dienstleistungen
-in einem richtigen Verhältnisse zu ordnen, ist eine Hauptaufgabe
-der staatlichen Verteilung. Das richtige Maß der
-Verteilung festzustellen dient als Hauptgrundlage die ununterbrochene
-Ermittelung der Sterblichkeit in den verschiedenen Berufsklassen.
-</p>
-
-<p>
-Da der Staat alle Kinder versorgt, steht ihm auch das Recht
-zu, auf Ehe und Kindererzeugung gesetzgeberischen Einfluß zu üben
-und die Fortpflanzung degenerierter und krankhafter Individuen zu
-unterdrücken. Das wird in jenem Ausmaße zu geschehen haben,
-welches einer mäßigen Vermehrung der Bevölkerung nicht im
-Wege steht.
-</p>
-
-<p>
-Es ist hier kein Grundsatz aufgestellt, der richtig angewendet
-nicht im Interesse eines jeden einzelnen Mitgliedes der Gesellschaft
-läge. Da alle Güter an den Staat abgeliefert und alle Güter von
-ihm verteilt werden und nirgends die vermeintliche Äquivalenz im
-Austausche zwischen den Einzelnen, sondern allgemeine
-<span class='pagenum'><a id='Page_14' name='Page_14' href='#Page_14'>[14]</a></span>
-Verteilungsgrundsätze für den Gütertausch maßgebend sind, entsteht eine enorme
-Vereinfachung der Umsatz<em class='gesperrt'>arbeit</em>, wie insbesondere bei der Betrachtung
-der Funktionen der <ins class='correction' title='Verteilungsungsbeamten'>Verteilungsbeamten</ins> und bei
-der Erörterung der statistischen Verrechnung zur Evidenz gebracht
-werden wird. (Siehe V. 1, <i>Alinea</i> <a href='#E_01_0_0al1'>»Dieser Beamte«</a> und <a href='#F_08_0_0'>VI. 8.</a>)
-</p>
-
-<p>
-Das Schlagwort Utopie hat hier keine Berechtigung. Insofern
-es sich um Zustände handelt, die nirgends und niemals waren,
-ist zwar, was ich fordere, ein Nirgendwo, allein das gilt von allem,
-was die Entwicklung bringt. Seit noch nicht hundert Jahren haben
-wir Eisenbahnen, Telegraphen, elektrische Wunderwerke, die niemals
-vorher waren. Darum wurde das Alles doch verwirklicht. Wer
-aber dergleichen hundert Jahre vorher versprochen hätte, wäre ein
-Utopist gewesen, weil er nicht wissen konnte, welche damals noch
-geheimen Kräfte die Erde birgt und wie sie den Menschen dienstbar
-gemacht werden können. Allein was ich verspreche, ist lediglich vom
-Willen der Menschen abhängig. Es setzt keine neuen Wunder der
-Erfindung voraus, und rechnet auf nichts, was nicht durchführbar
-wäre und es handelt sich nur um die Frage, ob wir Grund haben,
-die Ausführung alles dessen, was ich empfehle, zu wollen und ob es
-möglich sein wird, die widerstrebenden Elemente, welche heute allerdings
-die Macht in der Hand haben, zu überwinden. Diese Frage
-wird dort beleuchtet werden, wo die Wege besprochen werden, die
-in das neue Land führen.
-</p>
-
-<p>
-Die großen Verbrechen unserer Zeit, die politische Zersetzung,
-die sich überall, am stärksten in Österreich, bemerkbar macht, die
-furchtbaren Hilfsmittel, welche staatsfeindliche Elemente zur Verfügung
-haben, ich erinnere nur an die Zerstörungen in Salonichi
-im April 1903, beweisen, daß neue Organisationen notwendig sind,
-will man die heutige Kultur beschützen. So werden die Gedanken
-der Staatsmänner auf das gebracht werden, was in dem von mir
-angedeuteten Sinne liegt.
-</p>
-
-<p>
-Zuerst folgt eine Besprechung der Verfassung und der Regierungsform,
-der dauernden Einrichtungen mit Inbegriff der Populationsgesetze,
-der Volkserziehung und des Volksunterrichtes, dann aller Zweige
-der Verteilung der Arbeit, Güter und persönlichen Dienstleistungen.
-Sohin erst sollen Vorteile und Nachteile des Kollektivismus erörtert
-<span class='pagenum'><a id='Page_15' name='Page_15' href='#Page_15'>[15]</a></span>
-werden und zuletzt werden die schon jetzt erkennbaren Mittel vorgeschlagen,
-welche die Umwandlung der Zustände bezwecken.
-</p>
-
-<p>
-Die umständliche Erörterung der dem Kollektivismus angepaßten
-Organisation ist darum erforderlich, weil man sich klar werden muß,
-ob ein so großer Wirtschaftskomplex rationell verwaltet werden kann.
-Ist der Kollektivismus ausführbar und welche Umgestaltungen müssen
-vorausgehen?
-</p>
-
-<h2 id='B_00_0_0'>
-II.<br /><br />
-Das kollektivistische Rechtssubjekt.
-</h2>
-
-<hr class='h2bot' />
-
-<p>
-Nicht leicht gibt es auf irgend einem Gebiete des menschlichen
-Lebens so viel Unklarheit, wie auf dem Gebiete des Sozialismus.
-Die Sozialisten wollen offenbar Produktion und Verteilung andere
-Grundlagen geben, aber bestimmte Formen hat die Vorstellung von
-der zukünftigen Gesellschaftsordnung nicht angenommen. Besonders
-ist der Begriff der »Gesellschaft«, den man mit dem Begriffe
-»Staat« in Gegensatz setzt, etwas ganz Nebelhaftes. Eine bestimmte
-Gestaltung hat die Gesellschaft nur in den Köpfen der Freiländer
-angenommen. Sie fordern die Fortdauer des Staates und sagen,
-der Staat müsse alle Produktionsmittel in seine Gewalt bringen,
-Eigentümer aller Produktionsmittel werden, er dürfe aber nicht selbst
-produzieren, sondern müsse die Produktionsmittel den frei gebildeten
-Assoziationen zur <ins class='correction' title='Bewirtschaft'>Bewirtschaftung</ins> überlassen.
-Nur für einige Produktionszweige
-gestatten die Freiländer die staatliche Produktion und
-das Charakteristische der Freilandstheorie ist der freie Anschluß eines
-jeden Individuums an <ins class='correction' title='einen'>eine</ins> oder mehrere der bestehenden Genossenschaften.
-Solche Ideen haben auch manche Anhänger des Anarchismus
-und manche sozialdemokratischen Theoretiker scheinen auch an
-eine genossenschaftliche Organisation der Bewirtschaftung der Produktionsmittel
-zu denken. Andere wieder scheinen sich die Kommune
-oder Ortsgemeinde als souveräne wirtschaftliche Einheit zu denken.
-Menger<a name='FA_2' id='FA_2' href='#FN_2' class='fnanchor'>[2]</a>
-geht von der Anschauung aus, die Vertreter der
-Ersetzung des Staates durch die Gesellschaft meinten, daß alle
-<span class='pagenum'><a id='Page_17' name='Page_17' href='#Page_17'>[17]</a></span>
-Arbeitsorganisationen aus Verträgen hervorgehen, und daß also die
-Gesetze durch Verträge ersetzt werden sollen.
-</p>
-
-<p>
-Dieser Ruf, der Staat solle durch die Gesellschaft ersetzt werden,
-beruht auf einem Grundirrtum der Sozialisten. Sie wollen dadurch
-die Freiheit allen Gliedern des Volkes sichern. Allein solange es
-ein Staatsterritorium, das heißt ein begrenztes Gebiet, auf dem sich
-das wirtschaftliche Leben abspielt, gibt, gibt es einen Staat. Der
-Staat hat Grenzen, er hat heimatsberechtigte Bewohner, er hat eine
-Gesetzgebung, welche sich auf das Staatsgebiet und dessen Bewohner
-erstreckt und dann ist der Staat in der Regel unabhängig von allen
-<ins class='correction' title='äußern'>äußeren</ins> Mächten.
-Obgleich für eine sehr ferne Zukunft die Möglichkeit
-eines Allerweltskommunismus nicht geleugnet werden soll, kann
-zunächst an nichts anderes gedacht werden, als an eine Veränderung
-der Gesellschaftsordnung und der Eigentumsordnung auf dem
-Gebiete eines oder mehrerer Staaten und darum ist die Erhaltung
-der Staaten im Interesse des sozialistischen Ideals und der vernünftige
-Sozialist bekämpft die vom Staate unabhängige wirtschaftliche
-Macht, nicht den Staat, der dazu berufen ist, in Zukunft
-den Sozialismus zu verwirklichen und die sozialistische Wirtschaft zu
-betreiben.
-</p>
-
-<p>
-Die unklaren Köpfe, die über Sozialismus reden und schreiben,
-wollen den Staat abschaffen, weil sie sehen, daß die Gesetze nicht
-für Alle, sondern nur für die herrschenden Klassen gemacht sind.
-Darum glauben viele, die Anarchisten, daß die Abschaffung der Gesetze
-genüge, um der Ungerechtigkeit ein Ende zu machen. Die Gesetze
-sollen nun allerdings nicht im Interesse der herrschenden
-Klassen und Individuen gemacht werden, aber auch die Freiheit Aller
-hat die Herrschaft von Gesetzen, wenn auch anderer Gesetze zur Voraussetzung.
-Absolute Freiheit Aller, Anarchismus, ist schon wirtschaftlich
-unmöglich.
-</p>
-
-<p>
-Bebel und andere Sozialisten meinen, der Staat sei bloß im
-Interesse des Privateigentums geschaffen worden und habe nur ihm
-zu dienen, daher er gegenstandslos sei, sobald das Privateigentum
-aufhöre. Allein der Staat hat schon lange aufgehört, <em class='gesperrt'>nur</em> dem
-Privateigentum zu dienen. Er ist auch schon zu einem Viertel kollektivistisch
-und hat auch die Geschäfte der kollektivistischen Einrichtungen
-<span class='pagenum'><a id='Page_18' name='Page_18' href='#Page_18'>[18]</a></span>
-zu besorgen. Gar nichts steht dem im Wege, durch den Staat selbst
-Alles in Gemeineigentum zu verwandeln. Schon Aristoteles sagt,
-es sei eine falsche Auffassung vom Staat, daß er keinen anderen
-Beruf habe, als die Privatrechte zu beschützen und selbst Napoleon
-sagte: <i>Les lois ont pour but le bonheur de touts.</i> Andere
-wieder glauben, die künftige Gesellschaftsordnung könne nur international
-zur Herrschaft gelangen und das sei der Grund, weshalb
-der Staat, eben weil er ein begrenztes Gebiet hat, verschwinden
-müsse. Diese Anschauung ist aber falsch. Daß der internationale
-Verkehr auch zwischen Staaten verschiedener Gesellschaftsordnung
-möglich ist, wird in diesem Werke nachzuweisen sein. Ebenso gewiß
-ist, daß auch zwei Staaten der gleichen Gesellschaftsordnung, zwei
-Kollektivstaaten, sich verschiedene Wirtschaftsziele setzen können. Darum
-unterliegt es keinem Zweifel, daß mit der kollektivistischen Gesellschaftsform
-die Trennung der Völker in mehrere Staaten nicht nur
-nicht unvereinbar, sondern für die nächste Zeit sogar unvermeidlich
-ist. Müßten alle Völker der Erde, oder alle Völker eines Kontinentes,
-oder selbst nur alle Individuen auf einem Staatsgebiete
-gleichzeitig zur kollektivistischen Gesellschaftsordnung übergehen, so
-wäre dieser Übergang für alle Zeiten unmöglich, weil die Änderung
-der Gesellschaftsordnung sich dann nicht evolutionistisch vollzöge.
-</p>
-
-<p>
-Ich spreche demnach von Kollektivstaaten, vom Übergange einzelner
-Staaten aus der heutigen Gesellschaftsordnung in die kollektivistische
-Gesellschaftsordnung und werde dabei insbesondere das
-österreichische Staatsgebiet und dessen besondere Verhältnisse ins
-Auge fassen. Daß ich zunächst an Österreich denke, hat nicht nur
-seinen Grund darin, daß ich Österreicher bin und das Gute zuerst
-für mein Vaterland wünsche, noch darin, daß ich mit österreichischen Verhältnissen
-besser vertraut bin, als mit denen anderer Länder und
-Völker, sondern ich wende das kollektivistische Staatsideal deshalb
-zuerst auf Österreich an, weil ich glaube, daß Österreich und die
-habsburgische Dynastie nur durch den Kollektivstaat vor dem Untergange
-gerettet werden können, daß also der Selbsterhaltungstrieb,
-der dem österreichischen Staatsgebilde innewohnt, mit Notwendigkeit
-den Gedanken reifen muß, gewissermaßen <i>in extremis</i> dieses letzte
-Heilmittel zu versuchen. Die Krankheit Österreichs wurzelt im
-<span class='pagenum'><a id='Page_19' name='Page_19' href='#Page_19'>[19]</a></span>
-Privateigentum, um welches sich in letzter Auflösung alle politischen
-Kämpfe drehen.
-</p>
-
-<p>
-Meines Erachtens ist die politische Zersetzung Österreichs als
-Bankerott der herrschenden Klassen in Österreich aufzufassen, diese
-Klassen müssen als Gegner der Dynastie, als Gegner des Staatsganzen,
-aber vor Allem als Gegner des produktiven Volkes erkannt werden. Sie
-sind das zwar in allen Ländern,<a name='FA_3' id='FA_3' href='#FN_3' class='fnanchor'>[3]</a>
-aber nirgends sind sie in ihrer
-gemeinschädlichen Tätigkeit so weit vorgeschritten als in Österreich
-und nirgends halten sie sich so sehr gegenseitig das Gleichgewicht,
-nirgends ist ihre Politik so festgefahren, wie bei uns, nirgends ist
-ihre Gemeinschädlichkeit so für Jedermann evident. Der Kampf der
-politischen Parteien frißt am Mark des Staates, führt zur Frechheit
-gegen den Träger der Krone, bedroht die Dynastie und <em class='gesperrt'>zugleich</em>
-<ins class='correction' title='schädiget'>schädigt</ins> er Bürger, Bauern und Proletarier durch Unterbindung
-der Produktion, <em class='gesperrt'>daher Österreich nur gerettet werden kann
-durch eine Allianz der Krone mit den beherrschten Klassen
-gegen die herrschenden Klassen</em>, welche ihrer politischen Macht
-beraubt werden müssen, was natürlich zur Untergrabung der wirtschaftlichen
-Macht dieser Klassen führen muß.<a name='FA_4' id='FA_4' href='#FN_4' class='fnanchor'>[4]</a>
-</p>
-
-<h2 id='C_00_0_0'>
-III.<br /><br />
-Die Verfassung eines kollektivistischen Staates.
-</h2>
-
-<hr class='h2bot' />
-
-<h3 id='C_01_0_0'>
-1. Allgemeines.
-</h3>
-
-<p>
-Das natürliche Ziel der Entwickelung der Gesellschaft ist die
-Volkssouveränität, von welcher man heute nur theoretisch spricht.
-Sobald das Privateigentum und der Reichtum, also das wirtschaftliche
-Übergewicht, Einzelner unterdrückt ist, gibt es keine Macht mehr,
-welche sich dem Volke gegenüber behaupten könnte. Mit der Volkssouveränität
-ist aber die Monarchie recht wohl vereinbar. Sie würde
-bedeuten, daß die oberste Leitung der Staatsgeschäfte, wie sie heute
-dem Staatsoberhaupte in den Kulturstaaten, seien diese Monarchien
-oder Republiken, zusteht, einer Familie erblich übertragen ist und
-vom Oberhaupt dieser Familie ohne persönliche Verantwortlichkeit
-ausgeübt wird. Selbstverständlich wird die Regierungsgewalt des
-Staatsoberhauptes in einem Kollektivstaate eine wesentlich andere sein,
-als in einem Staate unserer Gesellschaftsordnung und auch das
-Staatsoberhaupt wird, wie jeder andere Volksgenosse, mehr Freiheit
-zu nützen, aber viel weniger Freiheit zu schaden haben, als heute.
-</p>
-
-<p>
-Vereinbar mit der Volkssouveränität ist die Monarchie dann,
-wenn die monarchische Gewalt namens des Volkes ausgeübt, von
-ihm abhängig erklärt wird und wenn das Volk das Recht hat, die
-Monarchie abzuschaffen, den Monarchen abzusetzen, die Successionsordnung
-abzuändern. Es ist höchst wahrscheinlich, daß sich die
-Monarchie, wo sie heute besteht, wenigstens für eine Reihe von
-Generationen auch in der neuen Gesellschaftsordnung dann erhalten
-wird, wenn die Dynastie der Umwandlung der Gesellschaftsordnung
-Vorschub geleistet hat. Die Befugnisse des Monarchen werden nach
-mancher Richtung sehr beschränkt sein und die Hauptaufgabe des
-<span class='pagenum'><a id='Page_21' name='Page_21' href='#Page_21'>[21]</a></span>
-Monarchen wird nicht sein Anteil an der Gesetzgebung und Verwaltung,
-sondern die soziale Repräsentation des Volkes und Staates
-sein. Der Monarch wird die Personifikation des Volkes und Staates
-darstellen und diese Stellung wird vorzüglich zum Ausdrucke kommen
-bei großen Festlichkeiten und bei den obersten und prächtigsten geselligen
-Vereinigungen, deren Mittelpunkt regelmäßig der Monarch
-sein wird. Er und seine Familie werden eine oberste Stellung
-einnehmen und damit er imstande sein soll, die umfassenden repräsentativen
-Aufgaben zu lösen, welche der Monarchie gestellt sind, wird
-zu prüfen sein, ob nicht eine kleine Zahl <ins class='correction' title='adelicher'>adeliger</ins> Familien fortbestehen
-soll, die den Monarchen dabei unterstützen. Der Monarch,
-seine Familie und der Adel, wenn ein solcher forterhalten wird,
-können ebensowenig Privateigentum haben, wie irgend ein anderer
-Volksgenosse und den Aufwand der Hofhaltung bestreiten sie aus den
-ihnen vom Volke jährlich naturalwirtschaftlich angewiesenen Mitteln
-an Arbeitskräften und Naturalien. Über diese Hofhaltung wird in
-<a href='#D_00_0_0'>IV,</a> Näheres gesagt werden.
-</p>
-
-<h3 id='C_02_0_0'>
-2. Das souveräne Volk.
-</h3>
-
-<p>
-Die bloße Erklärung, das Volk sei souverän, ist ohne allen
-Wert. Man muß erst wissen, wer das Volk ist, da doch mindestens
-Säuglinge keinen Anteil an der Souveränität haben können und
-man sich über die Grenzen des Alters der Unselbständigkeit erst
-einigen muß. Auch braucht jede Vereinigung von Menschen, die gemeinsame
-Zwecke verfolgen soll, bestimmte Organisationsformen, die
-umso schwieriger zustande kommen, je zahlreicher die Glieder einer
-solchen sind. Verfassungen müssen daher immer oktroyiert werden und
-zwar entweder von einem Monarchen, oder einer provisorischen Regierung,
-einem Diktator oder einer konstitutionellen Versammlung.
-Darum kann hier dieser Gegenstand nur theoretisch besprochen werden
-und die Verwirklichung der Volkssouveränität wird einen Teil der
-Umgestaltungsarbeiten bilden, welche die neue Gesellschaftsordnung
-herbeiführen sollen.
-</p>
-
-<p>
-Vor allem entsteht die Frage, wer bei der Fassung von Volksbeschlüssen
-eine Stimme haben soll, und es scheint für den Zukunftsstaat
-<span class='pagenum'><a id='Page_22' name='Page_22' href='#Page_22'>[22]</a></span>
-das Natürlichste, das Stimmrecht jedem männlichen und weiblichen
-Volksgenossen einzuräumen, der das 18. Lebensjahr vollendet
-hat, wenn die Gesetze bestimmen, daß mit dem vollendeten 18. Lebensjahre
-die Erziehungsgewalt der Familie und des Staates beendet
-und der junge Mensch, sei es Mann oder Weib, selbständig
-ist. Bezüglich der Jugend, welche dieses Alter noch nicht erreicht
-hat, könnten verschiedene Grundsätze angenommen werden, sie könnte
-1. ganz unvertreten bleiben, 2. ihre Vertretung könnte dem Monarchen
-oder sonstigem Staatsoberhaupte eingeräumt werden, endlich
-3. könnte man sie in die Hände der Eltern, vielleicht nur der Mutter
-oder Wahlmutter legen. Dann hätten diese Personen für sie die
-Stimme abzugeben. Pluralstimme.
-</p>
-
-<p>
-1. Die unselbständige Jugend könnte ganz unvertreten bleiben,
-weil sie, noch ohne genügende Arbeitsleistung, dem Staate zur Last
-fällt und weil sie, der Natur der Sache nach nicht jene Reife des
-Urteils besitzt, die zur Ausübung des Stimmrechtes erforderlich ist.
-Nehme man auch an, daß viele schon in einem früheren Lebensalter
-als mit 18 Jahren verstandesreif sind, so müßte doch jedenfalls für
-den Beginn der Selbständigkeit und des Stimmrechtes eine natürliche,
-leicht erkennbare Grenze gezogen werden. Die Beschränkung
-der Erziehung auf das Alter unter 18 Jahren wird in <a href='#G_05_a_0'>VII, 5, a,</a>
-begründet werden.
-</p>
-
-<p>
-2. Wenn aber auch eine selbständige Ausübung des Stimmrechtes
-vor vollendetem 18. Lebensjahre nicht zugestanden werden könnte,
-so käme noch immer eine stellvertretende Ausübung des Stimmrechtes
-zur Wahrung der Interessen der Jugend in Frage und eine
-solche könnte in zwei Formen zur Einführung gelangen. Den modernen
-Monarchen hat man in der Regel als den Vertreter aller jener
-Volksschichten zu betrachten, welche in der Gesetzgebung nicht vertreten
-sind. Darum könnte auch im Kollektivstaate diese Vertretung
-der Jugend dem Monarchen oder dem sonstigen Staatsoberhaupte
-eingeräumt werden. Beträgt die erziehungsbedürftige Jugend 40%
-der Bevölkerung und setzt man sie der Bedeutung nach dem 10. Teile
-des Gesamtvolkes gleich, so könnte man dem Monarchen oder Staatsoberhaupte
-zur Geltendmachung der Interessen der Jugend gewisse,
-jener Bedeutung angemessene Vertretungsrechte einräumen. Es wäre
-<span class='pagenum'><a id='Page_23' name='Page_23' href='#Page_23'>[23]</a></span>
-nicht zu empfehlen, ihm ein effektives Stimmrecht, etwa in der Form
-einzuräumen, daß er bei Volksabstimmungen ein Zehntel aller Stimmen
-abgeben könnte, weil eine solche Macht in einer einzigen Hand vereiniget
-gefährlich wäre. Wohl aber könnte zur Geltendmachung dieser
-Interessen ein beschränktes Vetorecht eingeräumt werden, etwa so,
-daß ein Beschluß auf beschränkte Zeit sistiert werden könnte, oder
-daß dem Monarchen ein Vetorecht dann zustände, wenn die Majorität
-nicht mehr als fünf Neuntel aller Stimmen oder aller abgegebenen
-Stimmen betrüge.
-</p>
-
-<p>
-3. Den Müttern oder Wahlmüttern, siehe darüber <a href='#G_02_0_0'>VII, 2,</a>
-könnte, wie gesagt, auch die Abgabe einer Stimme für ihre Kinder
-nach Art der Pluralvoten unserer Zeit eingeräumt werden. Nachdem
-den Frauen aber ohnehin schon die Hälfte aller Stimmen, ja
-bei den heutigen Bevölkerungszahlen der männlichen und der weiblichen
-Bevölkerung, erheblich mehr als die Hälfte aller Stimmen gebührt,
-so würden solche Pluralvoten der Mütter, wenn sie für alle
-Abstimmungen zugestanden würden, zu einer gefährlichen Überstimmung
-der männlichen Bevölkerung führen. Man könnte sich aber
-wohl denken, daß ein proportional berechneter Teil des Volkseinkommens
-für die Jugend ausgeschieden würde und wenn es sich nur
-um Verteilungsbeschlüsse in Beziehung auf diesen Anteil am Volkseinkommen
-handelte, wäre ein solches Übergewicht der Frauenstimmen
-ganz unbedenklich. Vielleicht würde ein so mächtiger Einfluß, der
-vorwiegend doch nur den verheirateten Frauen zustatten käme, etwas
-dazu beitragen, um die Eheflucht, die nach <a href='#G_03_0_0'>VII, 3,</a> zu fürchten wäre,
-einzudämmen und den verheirateten Frauen den Kindersegen erwünscht
-scheinen zu lassen.
-</p>
-
-<p>
-Da aber die ganze Bevölkerung, auch die Männer und die unverheirateten
-Personen, ein großes Interesse daran haben, daß die
-neue Generation aufgezogen und zu einem tüchtigen Geschlechte herangebildet
-werde, scheint ein Bedürfnis, die Jugend als solche besonders
-vertreten zu sehen, nicht gerade evident zu sein und nachdem
-in allen Dingen, insbesondere auch in Verfassungsfragen die größte
-Einfachheit erwünscht ist, dürfte man von allen solche Künsteleien
-absehen.
-</p>
-
-<p>
-Auch den Männern könnte die Verfassung ein Übergewicht über
-<span class='pagenum'><a id='Page_24' name='Page_24' href='#Page_24'>[24]</a></span>
-die Frauen verschaffen, wenn das Pluralvotum den Vätern statt
-den Müttern zugestanden würde. Doch scheint es für die künftige
-Gesellschaftsordnung so natürlich, daß die väterliche Gewalt durch
-eine mütterliche Gewalt ersetzt werde, wie in <a href='#G_02_0_0'>VII, 2,</a> gezeigt wird,
-daß ein solcher Vorschlag kaum begründet erscheinen könnte.
-</p>
-
-<h3 id='C_03_0_0'>
-3. Das Stimm- und Wahlrecht. Form der Ausübung.
-</h3>
-
-<p id='C_03_0_0al'>
-Das souveräne Volk kann so wenig durch Verfassungsformen
-gebunden werden, wie früher der absolute Monarch durch Gesetze oder
-selbst durch seinen eigenen Willen dauernd in seiner Freiheit beschränkt
-werden konnte. Das Volk wird demnach nicht verpflichtet
-werden können, Abgeordnete zu wählen und ihnen die gesetzgebende
-Gewalt zu übertragen. Die Regel wird die Volksabstimmung sein,
-welche allerdings auch darauf gerichtet sein kann, für einen bestimmten
-Fall oder für eine bestimmte Zeit Vertreter zu wählen, welche als
-Vollmachtsträger zu betrachten sind. So könnten auch zur Vorberatung
-der jährlichen Beschlüsse über Produktion und Verteilung,
-oder neuer Gesetze Deputierte gewählt werden mit Vorbehalt der
-Volksabstimmung zur Ratifizierung ihres Operates.
-</p>
-
-<p>
-Im Kollektivstaate ist die Trennung der gesetzgebenden und der
-ausübenden Gewalt viel notwendiger, als im heutigen Staate,
-wo die Gegenstände der staatlichen Kompetenz viel weniger ausgedehnt
-sind, und wo die gesetzgebenden Körper nur über dasjenige
-entscheiden, was die Besitzenden ihnen überlassen. Im Kollektivstaate
-würde das Volk die ganze Zeit mit gesetzgeberischen und Verwaltungsakten
-zubringen müssen, wenn es der Verwaltung keine ausübende
-Gewalt einräumen wollte. Aber nicht die Notwendigkeit oder
-das Verlangen, die Volkssouveränität zu beschränken, sondern die
-Macht der Tatsachen zwingt dazu, der Verwaltung ausgedehnte Befugnisse
-einzuräumen. Das Volk schreibt nur allgemeine Grundsätze
-vor, deren Anwendung der Staatsverwaltung übertragen ist. In
-Betreff des Volkshaushaltes bestimmt das Volk nur, <em class='gesperrt'>was</em> und in
-welcher Ausdehnung es produziert werden soll und nach welchen
-<em class='gesperrt'>Grundsätzen</em> die Verteilung von Arbeit und Gütern erfolgt. Die
-Durchführung der Beschlüsse ist die Aufgabe der Staatsverwaltung.
-<span class='pagenum'><a id='Page_25' name='Page_25' href='#Page_25'>[25]</a></span>
-Wie die mit diesen Geschäften betrauten Personen bestellt werden,
-ist selbst wieder Gegenstand der Gesetzgebung und davon wird in
-<a href='#E_01_0_0'>V, 1,</a> gehandelt.
-</p>
-
-<p>
-Wenn ein Analogon der heutigen Budgetierung im Kollektivstaate
-fortbestünde, so würden jährlich Beschlüsse gefaßt über den
-Staatshaushalt in dem Sinne, daß für das kommende Jahr bestimmt
-würde, was und in welcher Ausdehnung es produziert und wie die
-Güter verteilt werden sollen. Man kann sich aber auch recht wohl
-denken, daß man von solchen jährlichen Festsetzungen der ganzen
-Staatswirtschaft absehen und ohne Festsetzung von Terminen oder
-Zeitabschnitten nach Bedarf Beschlüsse über Abänderung der Produktion
-und Verteilung fassen würde. Ein einzelner Verteilungsbeschluß
-wird in einer Note zu <a href='#H_04_0_0'>VIII, 4,</a> zur Anschauung gebracht,
-wo es sich um die Verteilung von Druckpapier zu verschiedenen
-Zwecken handelt.
-</p>
-
-<p>
-Außer den Beschlüssen über den Volkshaushalt gibt es noch
-andere Gegenstände der Gesetzgebung. So über Beschränkungen der
-Einzelnen auch in anderen Dingen als in Beziehung auf Arbeit
-und Güter. Besonders sind Gegenstand der Gesetzgebung die Ehe,
-das Recht der Zeugung, die Erziehung und das Familienrecht, der
-außereheliche Geschlechtsverkehr, das Strafrecht, die Disziplin und
-auch sonst alles, was das Volk in den Kreis seiner Gesetzgebung
-ziehen will.
-</p>
-
-<p>
-Auch für diese Gesetzgebungsgegenstände kann der Staatsverwaltung
-ein sehr weitgehendes Verordnungsrecht eingeräumt werden,
-aber selbstverständlich mit dem Rechte des Widerrufes durch Volksbeschlüsse
-und der Einschränkung in Beziehung auf eine Reihe
-von bestimmten Gegenständen.
-</p>
-
-<p>
-Da die Volksabstimmung nur mit »Ja« oder »Nein« erfolgen
-kann, ist es notwendig, Vorlagen zu machen, auf welche sich die
-Volksabstimmung bezieht. Diese Vorlagen einzubringen, ist die
-Aufgabe der Staatsverwaltung. Das Volk kann aber nicht darauf
-beschränkt werden, <ins class='correction' title='blos'>bloß</ins> über das abzustimmen,
-was die Staatsverwaltung
-vorschlägt, weil das einer Konfiskation der Volkssouveränität
-zugunsten der Staatsverwaltung gleichkäme. Es muß
-also ein genau definiertes Recht der Einbringung von freien Anträgen
-<span class='pagenum'><a id='Page_26' name='Page_26' href='#Page_26'>[26]</a></span>
-oder von Abänderungsanträgen eingeräumt werden. Beschränkt muß
-dieses Recht der Einzelnen werden, weil sonst die Abstimmungen
-ins ungemessene gingen. Demgemäß wird einmal nicht <ins class='correction' title='blos'>bloß</ins> der
-Staatsverwaltung, wie auch dem Volksbeamtentum, wovon in <a href='#E_01_0_0'>V, 1,</a>
-die Rede ist, die Pflicht, beziehungsweise das Recht übertragen
-werden, Gesetzesvorschläge und Abänderungsanträge einzubringen,
-sondern auch eine gewisse Anzahl von Kreisen, Bezirken oder Gemeinden,
-welche sich auf Abänderung eines Gesetzes- oder Abänderungsvorschlages
-einigen, wird dieses Recht zustehen. Hat also
-die Staatsverwaltung ihre Vorlagen für den Jahreshaushalt oder
-ein Gesetz veröffentlicht, so kann jeder beantragen, daß diese oder
-jene von der Staatsverwaltung in Antrag gebrachte oder bisher
-nach den Gesetzen geübte Produktion oder Verteilung eingeschränkt
-oder erweitert werde, zur Abstimmung kann ein solcher Antrag aber
-nur gelangen, wenn entweder die Staatsverwaltung, oder das Volksbeamtentum,
-oder etwa zwei Kreise oder tausend Gemeinden dem
-Antrage beitreten. Da alle solche Anträge veröffentlicht werden, so
-steht es nämlich jeder Gemeinde zu, darüber probeweise abzustimmen
-und den Antrag, wie man sich heute ausdrücken würde, zu unterstützen,
-und wird ein Antrag genügend unterstützt, so wird darüber
-allgemein abzustimmen sein. Wie leicht ein Gemeindebeschluß zustande
-kommt, wird weiter unten, <i>Alinea</i> <a href='#E_01_0_0al2'>»Die Gemeinden sind«</a>,
-gezeigt werden.
-</p>
-
-<p>
-Die Vorlagen der Staatsverwaltung werden vom Ministerium
-beraten und beschlossen. Die untergeordnete Beamtenschaft hat das
-Recht, über eine Anfrage der Regierung oder aus eigenem Entschlusse
-Anträge zu stellen, über welche das Ministerium zu beraten
-hat, die aber auch, wenn sie nicht als Regierungsanträge eingebracht
-werden, jeder Beamte und jede Beamtenkorporation einzubringen
-berechtigt ist, insofern sie die erforderliche Unterstützung
-finden. Hat das Volk Beschlüsse gefaßt, wonach bestimmte Entscheidungen
-über Fragen des Volkshaushaltes oder der Gesetzgebung
-nicht im ganzen Staat einheitlich geregelt werden, sondern
-nur mit Gültigkeit innerhalb einer Provinz, eines Kreises oder für
-einen Bezirk oder eine Gemeinde beschlossen werden sollen, so hat
-die Bevölkerung jenes Gebietes darüber zu entscheiden, für welche
-<span class='pagenum'><a id='Page_27' name='Page_27' href='#Page_27'>[27]</a></span>
-das Gesetz oder die Maßregel Gültigkeit haben soll. Doch muß ein
-allgemeiner Volksbeschluß immer die Kraft haben, solche Gesetze
-oder Volksbeschlüsse kleinerer Gebiete aufzuheben, weil sonst der
-Staat nach und nach in Gemeinden zerfiele und der Besitz des
-gesamten Volkes zum Gemeindebesitze gemacht werden könnte. Dadurch
-würde man sich dem Individualismus wieder nähern.
-</p>
-
-<p>
-Die Verfassung wird bestimmen, wie lange vor dem Tage
-einer Abstimmung Vorlagen der Regierung veröffentlicht werden
-müssen. Die Veröffentlichung von Vorlagen für eine allgemeine
-Abstimmung geschieht durch das Reichsblatt. Kann eine Provinz
-oder ein Kreis für deren Gebiet ein Spezialgesetz beschließen, so
-geschieht die Veröffentlichung der Vorlage durch das Provinzblatt
-beziehungsweise das Kreisblatt. Der Kundmachung der Vorlagen
-wird der Tag der Abstimmung beizufügen sein. Die Vorlagen
-werden der Gegenstand der Erörterung in den Blättern sein und
-Für und Wider in dem der Staatsverwaltung und dem den
-Volksorganen vorbehaltenen Teile der Blätter, siehe VI, 7, <i>Alinea</i>:
-<a href='#F_07_0_0al'>»Die genannten amtlichen Blätter«</a>, besprochen werden. Gemeinden
-und Bezirke können Redner beauftragen, die Vorlage zu prüfen und
-in den Versammlungen der Gemeinde oder des Bezirkes darüber zu
-referieren. In den Gemeinden können die Versammlungen täglich
-abgehalten werden, für den ganzen Bezirk aber an jedem Sonntage.
-Die stimmfähigen Mitglieder der Gemeinde werden sich in Sektionen
-teilen, in welchen alle Vorlagen beraten werden, damit jeder Stimmberechtigte
-auch an der Beratung teilnehmen und in engerem Kreise
-zu Worte kommen kann. Probeabstimmungen werden der <ins class='correction' title='endgiltigen'>endgültigen</ins>
-Abstimmung vorhergehen und das Ergebnis der Probeabstimmung
-wird zu veröffentlichen sein.
-</p>
-
-<p id='E_01_0_0al2'>
-Die Gemeinden sind als verfassungsmäßige Körperschaft in
-Permanenz. Bei jeder Mahlzeit kann jeder, dem es beliebt, beantragen,
-zu einer bestimmten Stunde abends zusammenzutreten, um
-einen Gegenstand zu beraten und darüber und mit Beschränkung
-der Wirksamkeit auf die Gemeinde, soweit allgemeine Beschlüsse nicht
-im Wege stehen, zu beschließen, oder Gegenstände allgemeiner Geltung
-zu beraten und Probeabstimmungen einzuleiten. Auf solche
-Art werden auch selbständige Anträge oder Abänderungsanträge der
-<span class='pagenum'><a id='Page_28' name='Page_28' href='#Page_28'>[28]</a></span>
-Gemeinden zu stande kommen, welche, um die Unterstützung anderer
-Gemeinden zu erlangen, durch das Kreisblatt oder Provinzblatt zu
-veröffentlichen sind. Für autonome Gemeindebeschlüsse wird ein
-Quorum festgesetzt werden, für Finalabstimmungen des Reiches wird
-man darauf halten, daß jeder Stimmberechtigte seine Stimme abgibt
-und die Stimmenthaltung wird als Pflichtverletzung betrachtet
-werden. Das Stimmrecht kann an jedem Aufenthaltsorte innerhalb
-des Reiches, nicht <ins class='correction' title='blos'>bloß</ins> am Wohnorte des Abstimmenden, ausgeübt
-werden, wenn es sich um Reichsabstimmungen handelt. Durch Festsetzung
-der Abstimmung auf eine genau bestimmte Zeit wird die
-Abgabe von Doppelvoten unmöglich gemacht. Gegen die Abgabe
-von Stimmen durch Unbefugte schützt die Legitimationskarte, ohne
-welche Niemand sich außerhalb des Bezirkes aufhalten kann. An
-Abstimmungen und Wahlen für ein begrenztes Wirksamkeitsgebiet
-werden nur stimmberechtigte Angehörige jenes Gebietes und wenn
-sie sich, obschon außerhalb ihrer Gemeinde, doch innerhalb jenes Gebietes,
-für welche Abstimmung oder Wahl wirksam ist, aufhalten,
-teilnehmen können.
-</p>
-
-<h3 id='C_04_0_0'>
-4. Die Wahlen.
-</h3>
-
-<p>
-Das Wahlrecht kann nach besonderem Volksbeschlusse ausgeübt
-werden, um Abgeordnete mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten
-mit oder ohne Vorbehalt der Ratifikation zu betrauen. Es
-kann solchen Abgeordneten die Beschlußfassung über größere Arbeiten
-übertragen werden, welche vorgeschlagen wurden; über Monumental-,
-Eisenbahn- und Kanal-Straßen- oder Brückenbauten, deren
-Zweckmäßigkeit nur von Personen beurteilt werden kann, welche die
-Vorlagen eingehend prüfen.
-</p>
-
-<p>
-Das Wahlrecht kann ferner ausgeübt werden, um Beamte für
-die Führung der Geschäfte zu ernennen. In einem anderen Abschnitte,
-<a href='#E_01_0_0'>V, 1,</a> wird erörtert werden, weshalb sich die Bestellung
-der Verwaltungsbeamten, Unterrichtspersonen und Ärzte durch Volkswahlen
-nicht empfiehlt, daß es aber zweckmäßig erscheint, den staatlich
-bestellten Verwaltungsbeamten zur Mitarbeit und zur Wahrnehmung
-der Rechte der Einzelnen vom Volke gewählte
-<span class='pagenum'><a id='Page_29' name='Page_29' href='#Page_29'>[29]</a></span>
-Überwachungsorgane, »Volksbeamte«, beizugeben. Diese Wahl hat das
-Volk, nämlich die stimmberechtigte Bevölkerung des Gebietes, für
-das die Wahl Geltung hat, zu vollziehen. Die Volksbeamten wird
-man aber nicht nur den Beamten untersten Ranges, sondern auch
-den übergeordneten Beamten und den Ministern an die Seite
-stellen müssen, vielleicht auch als Mitberater des Monarchen und der
-Hofämter bestellen, und da entsteht die Frage, ob es zweckmäßig ist,
-auch die Volksbeamten höherer Ordnung durch das Volk wählen zu
-lassen. Innerhalb der Gemeinden und innerhalb des Bezirkes wird
-es viele Personen geben, welche allen Gemeindegenossen und allen
-Bezirksgenossen sehr genau persönlich bekannt sind und darum kann
-die Wahl von Volksbeamten für die Gemeinden und Bezirke durch
-das Volk ohne Zweifel gutgeheißen werden. Allein ein Kreis hat
-schon eine so große Ausdehnung, daß die Wahl nicht leicht auf
-Jemand fallen könnte, der der Mehrzahl der Stimmberechtigten bekannt
-wäre. Es könnte also die Wahl der Volksbeamten höherer Ordnung
-den Volksbeamten selbst überlassen werden, wenn anzunehmen ist,
-daß sie durch die Geschäftsführung und infolge der Zusammenkünfte
-eine genauere Kenntnis der Männer erlangen, welche ihrem Berufe
-angehören und sich für einen höheren Rang eignen. Dieses Wahlrecht
-wäre immer nur ein stellvertretendes.
-</p>
-
-<p>
-Daß die Gemeinden für die eigenen, die Allgemeinheit nicht
-berührenden autonomen Angelegenheiten geschäftsführende Vertreter
-wählen werden, ist nicht wahrscheinlich, weil es geringe Schwierigkeiten
-macht, zu einer Vollversammlung zusammenzutreten, und eines
-der stimmführenden Mitglieder jeweilig zur Leitung der Verhandlung
-zu bestimmen. Doch setzt das die Gemeindeeinrichtungen voraus,
-welche in diesem Werke zur Grundlage genommen sind, nämlich
-mit Gemeindehaushalt statt des Familienhaushaltes und mit eng
-zentralisierten Wohnbauten.
-</p>
-
-<p>
-Alle durch Wahl bestellten Vertreter und Organe des Volkes
-wird das Volk auch wieder abzurufen berechtigt sein. So oft ein
-darauf bezüglicher Antrag eingebracht wird, wird er sofort in Verhandlung
-gezogen und nur Beschlußfassungen dieser Art, an welchen
-sich das ganze Volk oder ganze Provinzen oder Kreise beteiligen
-müssen, werden einen in den Zeitungen veröffentlichten Antrag
-<span class='pagenum'><a id='Page_30' name='Page_30' href='#Page_30'>[30]</a></span>
-voraussetzen, der die Zustimmung weiterer Kreise hat. Bestünden
-keine solchen Beschränkungen, so würde das Volk durch zahllose Abstimmungen
-belästigt werden.
-</p>
-
-<p>
-Wahlen werden daher am besten auf unbestimmte Zeit, bis
-zur Abberufung vollzogen werden und eine im vorhinein bestimmte
-Dauer der Mandate ist in einem Staate mit Volkssouveränität
-nicht zu empfehlen. Der Zwang, einem Gewählten das Mandat
-vor Ablauf einer gesetzlich bestimmten Periode nicht zu entziehen,
-nach deren Ablauf aber neuerlich zu einer Wahl zu schreiten, ist eine
-Einschränkung der Souveränität.<a name='FA_5' id='FA_5' href='#FN_5' class='fnanchor'>[5]</a>
-</p>
-
-<h3 id='C_05_0_0'>
-5. Das Objekt der Volksbeschlüsse.
-</h3>
-
-<p>
-Was das Verfassungsleben im Kollektivstaate anbelangt, so ist
-leicht einzusehen, daß die organisatorischen Arbeiten während der
-Umgestaltungsperiode sehr mannigfaltig und schwierig wären, daß
-aber, wenn einmal das richtige Gleichgewicht gefunden ist, die gesetzgeberischen
-Aufgaben, wenngleich der Volkswille für jede Produktion
-und jede Verteilung maßgebend ist, viel einfacher sind als heute,
-dafür allerdings von weit größerer Tragweite. Die Unterschiede
-des Berufes, der Klassen und des Besitzes zwischen den Bürgern der
-heutigen Staaten schaffen eine ungeheuere Menge von Verwickelungen,
-eine Menge höchst schädlicher Reibungsflächen, welche im Kollektivstaat
-entfallen. Man denke nur an die Zollgesetzgebung und an die
-Handelsverträge, welche wir von Zeit zu Zeit schließen müssen und
-deren Zustandekommen deshalb so schwierig ist, weil jede einzelne
-Bestimmung dieser Gesetze und Verträge für viele Tausende ein
-Vorteil, dafür für viele Tausende ein Schaden ist. Meist werden ganze
-Gewerbe zugrunde gerichtet, andere zur Blüte gebracht und es ist
-ganz unmöglich, die Folgen einer Änderung in den Zöllen und
-<span class='pagenum'><a id='Page_31' name='Page_31' href='#Page_31'>[31]</a></span>
-Handelsverträgen für das Ganze und für die Einzelnen zu berechnen.
-Hat man doch in Österreich durch ein Menschenalter Ausfuhrprämien
-für den Zucker bewilligt, und als diese durch die Brüsseler
-Konvention beseitigt wurden, wurde der Zucker in Österreich für die
-Konsumenten um 10% billiger und außerdem stieg die Zuckerausfuhr
-beträchtlich. Im Kollektivstaat gehen die Volksbeschlüsse für
-den internationalen Güteraustausch dahin, die Staatsverwaltung
-zum Verkaufe oder Austausche der ihr namhaft gemachten Überschüsse
-an Gütern der einen Art an das Ausland und zum Einkauf
-und Eintausch anderer Güter vom Auslande zu ermächtigen
-und die Verwaltung hat nur darauf zu sehen, die günstigsten Bedingungen
-zu erzielen. Aller Schaden und Vorteil des internationalen
-Güteraustausches verteilt sich verhältnismäßig auf Alle und
-nicht ein einziges Gewerbe, nicht ein einziger Beruf, insofern man
-darunter die Angehörigen dieser Berufe und ihre Einzelinteressen
-versteht, kann darunter leiden, niemand sich daran bereichern, niemand
-dadurch ruiniert werden, so daß auch hier die Totalversicherung,
-als welche sich der Kollektivismus darstellt, sich automatisch
-vollzieht.
-</p>
-
-<p>
-Eine rasche Entscheidung solcher Fragen, wie über Aus- und
-Einfuhr, oder über Produktion und Verteilung, oder über Ehe,
-Zeugung, Familienrechte usw., kann aber nur dann im Kollektivstaate
-erwartet werden, wenn das Volk sich damit begnügt, der Staatsverwaltung
-grundsätzliche Direktiven zu erteilen, allgemeine Weisungen,
-und dazu wird das Volk von selbst gedrängt werden. Man lese die
-Gefechtsdispositionen eines Feldherrn und man wird erkennen, daß
-die schwerwiegendsten Entscheidungen in wenige Worte zusammengefaßt
-werden müssen, welche dem Untergebenen einen weiten Spielraum
-der Initiative überlassen. Im Kollektivstaate kann es mit den
-Volksbeschlüssen auch nicht anders gehalten werden. Um das aber
-in seiner Durchführbarkeit zu erkennen, ist es notwendig, die Einfachheit
-der Verteilung und der öffentlichen Rechnungslegung zu erfassen,
-welche im Abschnitte über die Statistik VI, 8, dargelegt werden wird.
-Auch bedarf diese Art der Verwaltung einen wohlgefügten und gutgeschulten
-Beamtenkörper. Würde man, was ich für durchaus fehlerhaft
-hielte, die Verwaltungsbeamten wählen, so würde sich eine solche
-<span class='pagenum'><a id='Page_32' name='Page_32' href='#Page_32'>[32]</a></span>
-Abhängigkeit der Beamten von den Wählern geltend machen, daß
-es niemals das allgemeine Wohl wäre, das die Beamten im Auge
-hätten und wegen des häufigen Wechsels und der mangelnden
-Schulung wäre auch <ins class='correction' title='zur'>zu</ins> besorgen, daß gewählte Beamte sich nicht
-zu helfen wüßten und aus Mangel an Erfahrung Fehler auf Fehler
-machen, insbesondere, daß sie nicht organisch zusammen wirken würden.
-Der Beamtenberuf setzt, wie jeder andere Beruf, eine bestimmte Vorbildung,
-Schulung und Erfahrung voraus, weshalb in <a href='#E_01_0_0'>V, 1,</a> die
-Ergänzung des Beamtenkörpers nicht durch Wahl, sondern durch Ernennung
-vorgeschlagen wird.
-</p>
-
-<h3 id='C_06_0_0'>
-6. Die Erhaltung der Staatseinheit.
-</h3>
-
-<p>
-Es entsteht die Frage, wie dem Übel vorgebeugt werden soll,
-daß die Staaten wieder zerfallen und fort und fort sich in kleinere
-Teile auflösen. Gegen den Willen der Gesamtheit würde sich eine
-im Innern des Staatsgebietes gelegenen Gemeinde oder ein solcher
-Bezirk nicht leicht von dem größeren Körper lostrennen können.
-Der Gütertausch ist ein so starkes Bedürfnis, daß die Gemeinden
-kein Interesse haben können, sich loszusagen. Eine solche Gemeinde
-würde sofort boykottiert werden und käme in einigen Tagen in
-große Verlegenheiten, ohne einen erdenklichen Vorteil dagegen zu
-erlangen. Auch würde der Grundsatz des <ins class='correction' title='ausnamslosen'>ausnahmslosen</ins> Staatseigentumes
-den Staat berechtigen, das ganze mobile Eigentum aus
-einer solchen Gemeinde wegzuschaffen und diese könnte es auf keine
-Weise sich ersetzen. Es gilt dies nicht nur von Städten, die auf
-den Bezug von Nahrungsmitteln aus dem flachen Lande angewiesen
-sind, sondern auch von den kleinsten Gemeinden. Aber an der
-Grenze gelegene Gemeinden könnten leicht ein Interesse haben, sich
-von dem Staate loszusagen und sich dem Nachbarstaat, falls er ein
-Kollektivstaat wäre, anzuschließen. Geht man von der Anschauung
-aus, und hätte sich diese vollkommen eingelebt, daß aller Besitz
-Eigentum des ganzen Volkes sei, so würde sich eine solche Sezession
-als eine Rechtsverletzung darstellen, die freilich deshalb von sehr
-geringem Belang wäre, weil eine solche Lostrennung zugleich eine
-Verzichtleistung auf den Mitbesitz der außerhalb der Gemeinde
-<span class='pagenum'><a id='Page_33' name='Page_33' href='#Page_33'>[33]</a></span>
-befindlichen Güter und auf alle persönlichen Ansprüche der Gemeindemitglieder
-gegen den Staat (z. B. auf Altersversorgung) mit sich
-brächte. Auch könnte ohne Mitwirkung der Nachbarstaaten eine
-solche Lostrennung niemals stattfinden und selbst mit ihrer Zustimmung
-nur dann, wenn es Kollektivstaaten sind, und dagegen
-würde man sich wohl durch internationale Verträge schützen.
-</p>
-
-<p>
-Es wäre aber sonderbar, wenn solche Fragen mit Gewalt entschieden
-würden und man wird nur darauf hoffen müssen, daß
-ein organisches <ins class='correction' title='Ganze'>Ganzes</ins> eine große Anziehungskraft auf alle Teile
-ausüben müsse und daher ist anzunehmen, daß, wo es an einer
-solchen Anziehungskraft fehlt, ein Gebrechen an der Gerechtigkeit und
-an der zweckmäßigen Verwaltung vorliegen muß. Plato nennt ein
-Gemeinwesen, in dem eine wahre Solidarität besteht, ein königliches
-Geflecht und ein solches zusammenzuweben, muß jeder Staatsmann
-als seine Aufgabe betrachten. Auch setzte die Sezession voraus,
-<ins class='correction' title='das'>daß</ins> der Nachbarstaat das neue Glied als gleichberechtigten Bestandteil
-aufzunehmen einwilligte, und es ist nicht anzunehmen, daß das
-so leicht geschehen wird, weil zwischen den Bürgern verschiedener
-Staaten sich immer Verschiedenheiten herausbilden werden, welche
-den bestehenden Zusammenhang verstärken, neue Angliederungen erschweren.
-Im Einvernehmen mit den beteiligten Staaten würde
-sich aber auch eine solche Veränderung schmerzlos vollziehen, vorausgesetzt,
-daß beide beteiligten Staaten die kollektivistische Gesellschaftsordnung
-angenommen haben. Ist der Nachbarstaat noch nicht
-zum Kollektivismus übergegangen, so ist eine solche Sezession wohl
-undenkbar, weil die Mitglieder der Grenzgemeinde in dem neuen
-Verbande ihre Rechnung nicht finden könnten, der Nachbarstaat aber
-das kollektivistische Ferment fürchten würde, welches die neuen Bürger
-einschleppen müßten.
-</p>
-
-<h2 id='D_00_0_0'>
-IV.<br /><br />
-Die Monarchie und der Adel.
-</h2>
-
-<hr class='h2bot' />
-
-<p>
-Ist ein Volk nüchtern und sein Sinn nur auf das Nützliche
-gerichtet, so wird ihm die Monarchie im Kollektivstaate etwas sehr
-Überflüssiges erscheinen, ist ein Volk aber prachtliebend und von sehr
-reicher Phantasie, so wird ihm die Hofhaltung eines Monarchen, die
-glänzende Repräsentation nach außen und der stärkere Aufwand für
-das Schöne und Kostbare willkommen sein. Im kollektivistischen
-Staate ist eine Gefahr für die Volksfreiheit mit der Institution der
-Monarchie und des Adels nicht verbunden. Der Monarch besorgt
-die ihm durch die Verfassung und den Volkswillen übertragenen Geschäfte
-als Mandatar und besitzt keine Autorität als jene, die ihm
-das Volk auf jeweiligen Widerruf überträgt. Er ist nicht König
-von Gottesgnaden, sondern von Volkes Gnaden. Er ist ebenso
-eigentumslos, wie ein anderer Volksgenosse, aber er hat einen zwar
-genau umschriebenen, aber immerhin ausgedehnten Wirkungskreis, ist
-unverantwortlich und für seine Person dem Gesetze nicht unterworfen.
-</p>
-
-<p>
-Er ist das oberste Organ des Volkes und arbeitet mit Ministern,
-die die Verantwortlichkeit für seine Regierungshandlungen tragen, er
-ernennt die Minister und die obersten Beamten, es mag ihm das
-Recht eingeräumt werden, zu begnadigen und gewisse Ehrenvorzüge
-zu verleihen, er vertritt das Reich nach außen, empfängt die angesehensten
-Gäste des Volkes und ist &mdash; doch immer ohne für seine
-Person zur Verantwortung gezogen werden zu können oder einem
-Tadel unterworfen zu sein &mdash; schuldig, die ihm vom Volke anvertrauten
-Mittel zur Verherrlichung des Volkes zu verwenden und zu
-diesem Ende Kunst und Forschung zu fördern. Seine großen Mittel
-dienen vorzüglich zur Pflege der edelsten Geselligkeit, an welcher das
-<span class='pagenum'><a id='Page_35' name='Page_35' href='#Page_35'>[35]</a></span>
-<em class='gesperrt'>gesamte Volk</em> Anteil
-zu nehmen <ins class='correction' title='berechtiget'>berechtigt</ins>
-ist.<a name='FA_6' id='FA_6' href='#FN_6' class='fnanchor'>[6]</a> Seine Gehilfen
-für gesellige Veranstaltungen sind die Mitglieder des hohen Adels
-wenn ein solcher noch fortbesteht. Wie immer auch seine Befugnisse
-in militärischen und auswärtigen Angelegenheiten festgesetzt werden,
-so ist es doch seine Aufgabe, nicht nur den Frieden zu erhalten,
-sondern auch auf Schaffung solcher internationaler Einrichtungen
-hinzuwirken, die das stehende <ins class='correction' title='Herr'>Heer</ins> und die Kriegsmarine entbehrlich
-machen können. Diese Verteidigungsanstalten werden übrigens ganz
-überflüssig werden, sobald der Kollektivismus sich über ganz Europa
-ausgedehnt haben wird, denn auch der Krieg ist nur eine Krankheit
-unserer Gesellschaftsordnung.
-</p>
-
-<p>
-Die dem Monarchen für seine Person, seine Familie und allenfalls
-den hohen Adel und für die Erfüllung all seiner Aufgaben eingeräumten
-Mittel wird das Volk bestimmen. Man setze den Fall,
-daß das Volk hierfür den hundertsten Teil des Besitzes und des
-Volkseinkommens widmet, so mag es die Schlösser, Burgen und
-Wohnbauten, die Parke und Anlagen, vielleicht auch einen bestimmten
-Teil des Gebietes der Hauptstadt, dann Juwelen, Stoffe, Hausrat,
-Tiere und Kostbarkeiten bezeichnen, welche, jedoch mit Vorbehalt des
-dem Staate oder Volke zustehenden Eigentumsrechtes, der Hofhaltung gewidmet
-sind und welche die Monarchie zu erhalten, zu pflegen, beziehungsweise
-zu vollenden hat. Es werden ihr außerdem Arbeitskräfte und
-ein Teil der jährlich geschaffenen Güter zugewiesen. Von den Arbeitskräften
-werden dem Hofe insbesondere Hausgenossen, Handwerker,
-Künstler, Gelehrte, Forscher und Erziehungs- und Unterrichtspersonen
-zugewiesen. Bezüglich der Auswahl der Personen und Sachen wird
-sich der Hof mit der Regierung und den obersten Volksbeamten zu
-verständigen haben. Als Rechtssubjekt steht der Monarch hierin dem
-Volke nicht gegenüber, es ist nur von anvertrauten, auf Widerruf
-gewidmeten Sachen die Rede, wie ja auch heute die Zivilliste immer nur
-auf ein einziges Jahr bewilligt wird. Der Monarch ist nur Verwalter.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_36' name='Page_36' href='#Page_36'>[36]</a></span>
-Die Hausgenossen, welche für die Bedienung der Gäste, für
-Küche und Keller, für Gebäude, Stallungen und Tiere, und für die
-Verwaltung der mobilen und immobilen Güter der dynastischen
-Familie und des Adels zu sorgen haben, werden nicht den dienenden
-Personen der heutigen Zeit zu vergleichen sein, sondern als
-Familienglieder behandelt werden. Die schönsten Mädchen und jungen
-Männer werden ausgewählt werden, damit sie auch durch ihre persönlichen
-Vorzüge die Schönheit der Hofhaltung erhöhen. Den Mädchen
-und Jünglingen dieser Art wird es obliegen, bei Tisch und den
-Abendunterhaltungen die Glieder der Dynastie und der Adelsfamilien
-und deren Gäste zu bedienen, sie werden aber, wenn sie dienstlos
-sind, selbst auch Gäste des Hofes sein, wie in unseren Familien
-jüngere Schwestern und Brüder den Gästen aufwarten und mit
-ihnen trotzdem auf gleichem Fuße verkehren. Auch aus den Reihen
-der Alten mögen manche dem Hofe zugewiesen werden, wenn sie es
-wünschen und sie werden nur zu bequemen Dienstleistungen verwendet
-werden, die sie gerne freiwillig übernehmen. So wird ihnen die
-Überwachung der Kostbarkeiten übertragen und sie werden dafür
-sorgen, daß alles, was aus der Schatzkammer entlehnt wird, wieder
-an seinen Platz kommt. Auch die Wagenlenker, Pferdewärter, Jäger,
-Türsteher und Boten werden nur wie Familienmitglieder behandelt
-werden dürfen, auch können sie nicht gezwungen werden, gegen ihren
-Wunsch in diesen Stellungen zu dienen. Die Natur dieser Beziehungen
-gehört zur Ästhetik der Gesellschaftsordnung und diese
-Ästhetik ist wieder ein wesentlicher Vorzug der künftigen Gesellschaftsordnung.
-</p>
-
-<p>
-Hof und Adel haben in den Repräsentationspalästen und
--Schlössern Empfang zu halten und für eine angemessene Verteilung
-der Einladungen zu sorgen, von welchen Niemand ganz ausgeschlossen
-werden soll. Außer den bevorzugten Gästen, den Künstlern, Gelehrten,
-Forschern, Erfindern, den angesehensten Besuchern aus dem Auslande,
-den hohen Beamten, schönsten Frauen usw. werden alle Volksgenossen,
-welche in die Nähe des Hofes kommen, heranzuziehen sein
-und so werden auch hier alle Glieder des Volkes mitinteressiert
-werden, wie an Kunst und Forschung. In den Sommermonaten
-wird das Hofleben sich vorzüglich in den Schlössern und Burgen
-<span class='pagenum'><a id='Page_37' name='Page_37' href='#Page_37'>[37]</a></span>
-entfalten, im Winter in der Residenz, aber die Hofbaulichkeiten werden
-das ganze Jahr in Benutzung stehen, um soviel als möglich Freude
-zu schaffen.
-</p>
-
-<p>
-So wie jedes Dorf, so wird auch die Hauptstadt nach und
-nach niedergerissen und nach einem grandiosen Plane neu aufgebaut
-werden. Darum wird ein neuer Stadtplan für die Reichshauptstadt
-(vielleicht in Österreich für zwei Reichshauptstädte) zu entwerfen sein,
-aber nicht für eine Bevölkerung von Millionen, sondern höchstens zur
-Aufnahme von etwa 400,000 Menschen, die Reisenden inbegriffen.
-Diese Neubauten werden aber verschoben werden, bis
-die Masse des Volkes reichlich mit Wohnungen versorgt ist, denn
-allem anderen geht die Aufgabe vor, die Sünden der Vergangenheit
-zu tilgen.
-</p>
-
-<p>
-Dem Volke gebührt ein entsprechender Einfluß auf die Erziehung
-der Jugend in der kaiserlichen Familie und den adeligen Familien.
-Wie derselbe geltend zu machen sei, bestimmen die Gesetze. Diese
-Familien müssen im Bewußtsein erhalten werden, daß sie dem Volke
-zu dienen berufen seien und niemals den Dienst in Herrschaft verwandeln
-dürfen. Die Erziehung muß eine vorzugsweise ästhetische
-sein, weil es der Beruf dieser Familien ist, das Schöne zu pflegen.
-Die Kenntnis der lebenden Sprachen besonders der größeren Kulturvölker
-und der im Reiche verbreiteten Idiome ist in in diesen Familien
-einheimisch zu machen, weil sie berufen sind, das heimatliche
-Volk den fremden Völkern gegenüber zu repräsentieren und den
-nationalen Frieden im Lande zu erhalten.
-</p>
-
-<p>
-Die Mitglieder des Adels unterstehen den allgemeinen Strafgerichten,
-die Mitglieder der dynastischen Familie mögen der Strafgewalt
-des Monarchen unterstehen, aber unter der Bedingung, daß
-die Straferkenntnisse und deren Vollzug veröffentlicht werden und daß
-über die Mitschuldigen die ordentlichen Gerichte erkennen.
-</p>
-
-<p>
-Zu den wichtigsten Angelegenheiten gehört die Ehe in diesen
-Familien und das Familienleben Jener, die man bisher die Großen
-zu nennen gewöhnt war. Der Gebrauch in den souveränen Familien,
-ihre Glieder nur mit den Angehörigen anderer souveräner Familien
-zu verheiraten, ist verwerflich, weil er zur Verwandtschaftsehe und zur
-<span class='pagenum'><a id='Page_38' name='Page_38' href='#Page_38'>[38]</a></span>
-Dekadenz führt.<a name='FA_7' id='FA_7' href='#FN_7' class='fnanchor'>[7]</a>
-Auch soll sie die Ehe nicht an auswärtige Familien
-knüpfen. Es scheint daher das Zweckmäßigste zu sein, daß die Mitglieder
-der Familie des Monarchen sich mit Angehörigen der Familien
-des einheimischen Adels ehelich verbinden und daß diese ihre anderweitigen
-Ehen mit Volksgenossen der anderen Schichten schließen,
-um so einen gesunden Blutumlauf im sozialen Körper herbeizuführen.
-Der Krone wäre das Recht einzuräumen, gegen unvernünftige Ehen
-in diesen Familien Verbot einzulegen. Die Vernünftigkeit dieser
-Ehen ist vom Standpunkte der wahrscheinlichen Fortpflanzungserwartungen
-zu beurteilen. Handelt es sich um Ehen, die nach der
-vom Volke genehmigten Ehegesetzgebung, <a href='#G_02_0_0'>VII, 2,</a> überhaupt unstatthaft
-sind, so können sie überhaupt nicht geschlossen werden, sind sie
-aber deshalb nicht zu billigen, weil sie nicht nach der Richtung nützlich
-erscheinen, das Geschlecht vom biologischen Gesichtspunkte zu
-veredeln, so würde die Versagung der Ehegenehmigung seitens des
-Monarchen die Wirkung haben, daß die eheschließenden Teile, welche
-dem Willen der Krone entgegen sich verbinden, und ihre Nachkommen
-von der dynastischen Familie und den adeligen Familien ausgeschlossen
-werden. Die Frauen folgen den Männern, das heißt, die
-nichtadeligen Frauen werden durch die regelmäßige Verbindung mit
-Adeligen in die Adelsfamilie, die weiblichen Glieder des Adels durch
-ihre Ehe mit Männern aus dem Volke in die Volksschichten aufgenommen.
-Dadurch wird einerseits eine fortgesetzte Auffrischung des
-adeligen Blutes sichergestellt, andererseits die Krone und der Adel
-an dem Wohle des Volkes auch durch verwandtschaftliche Bande
-interessiert. So dürfte es gelingen, den Kastengeist zu unterdrücken
-und die Eigentumslosigkeit der monarchischen Familie und des Adels
-verknüpfen sie auch sonst mit dem Volkswohle. Es würde so jenes
-königliche Geflecht geschaffen, das Plato vorschwebte. Übrigens
-wird hier, wenngleich die Vermählung der Adeligen mit Töchtern
-<span class='pagenum'><a id='Page_39' name='Page_39' href='#Page_39'>[39]</a></span>
-des Volkes beantragt wird, der Rassenfrage nicht vorgegriffen, da
-auch im Volke die Urrassen nicht ganz erloschen sind und, wenn z. B.
-die blonde Rasse als die vom vorwiegend ästhetischen Gesichtspunkte
-edlere sich bewährte, deren <ins class='correction' title='Bevorzuung'>Bevorzugung</ins> für diese Ehen umsoweniger
-Bedenken erregen könnte, als der Individualismus, die Erbkrankheit
-der blonden Rasse, in einem solchen Staate nicht zu
-fürchten ist.
-</p>
-
-<p>
-Die Zahl der adeligen Familien müßte eine sehr geringe sein
-und dürfte wohl auch in einem großen Reiche 200 nicht überschreiten.
-Dem Adel wären alle Stellungen in der Verwaltung oder den allgemeinen
-Berufen vorenthalten, weil von ihren Mitgliedern praktische
-Einsicht nicht vorauszusetzen ist und, weil sie sonst danach streben
-würden, höhere Rangstufen zu erklimmen, ohne sich darum verdient
-zu machen. Bei Volksabstimmungen und Wahlen mögen sie ihre
-Stimme abgeben, welche aber nicht mehr gilt, als die eines anderen
-Volksgenossen.
-</p>
-
-<p>
-Wenn in vielen Beziehungen die Einrichtungen, welche hier für
-die Familien des Monarchen und des Adels vorgeschlagen werden,
-jenen gerade entgegengesetzt sind, welche heute bestehen, und noch
-vielmehr jenen, welche in früheren Jahrhunderten bestanden, so ist das
-eine Folge davon, daß im Kollektivstaate es das Volk ist, welches
-Herr im Lande ist, und es ist in Übereinstimmung mit der Evolution,
-die wir in den sozialen Verhältnissen der letzten 200 Jahre beobachten
-können.
-</p>
-
-<p>
-Die geschlechtlichen Beziehungen der Glieder der kaiserlichen
-Familie und des Adels außerhalb der Ehe werden vom Gesichtspunkte
-der allgemeinen Grundsätze der Sexualethik zu beurteilen sein.
-Daß wir wirklich einer Periode so großen Rigorismus entgegengehen,
-wie viele meinen, ist doch zu bezweifeln, aber abgesehen von allgemeinen
-Gesetzen sexualethischer Natur wird man darauf sehen, daß
-die Stellung jener Familien nicht dazu mißbraucht werde, um Liebesgunst
-zu erringen und daß sich keine Tochter des Volkes ohne Liebe
-wegwirft an jenen, der ihr eine bevorzugte Stellung bei Hof und
-reichlichere Genüsse bietet. Darum wird der Volkswille jedes Mädchen
-oder Frau in ihre Heimatsgemeinde zurückrufen können, die sich
-in diesem Sinne vergeht und die Prinzen oder Grafen, welche an
-<span class='pagenum'><a id='Page_40' name='Page_40' href='#Page_40'>[40]</a></span>
-Maitressenwirtschaft denken, werden zu befürchten haben, die bevorzugte
-Stellung zu verlieren, deren sie sich unwürdig machen. Daß
-aber von der Ehe ausgeschlossene Glieder des Volkes, der dynastischen
-Familie und des Adels, von verächtlichen Nebenabsichten abgesehen,
-die Freuden der Liebe nicht wie alle anderen sollten genießen
-dürfen, wäre wohl kaum gerechtfertigt und davon handelt der Abschnitt
-<a href='#G_03_0_0'>VII, 3.</a>
-</p>
-
-<h2 id='E_00_0_0' class='mod'>
-V. Die Beamtenorganisation.
-</h2>
-
-<hr class='h2bot' />
-
-<h3 id='E_01_0_0'>
-1. Der Verwaltungsorganismus.
-</h3>
-
-<p>
-Was ist die Aufgabe des sozialen Staates? In letzter Instanz
-ist es die Verteilung von Arbeit und Genuß. Die Grundsätze
-und Ziele bestimmt das Volk, aber die Verwirklichung dieser
-Grundsätze und Ziele liegt einem Organe des Volkes, der Regierung
-und ihren Beamten ob und zwar nach dem Prinzipe der Arbeitsteilung,
-welche jede menschliche Leistung besonders dafür geschulten
-Personen überträgt, die nur ein und dieselbe Arbeit zu besorgen
-haben.
-</p>
-
-<p>
-In allen Zweigen der menschlichen Arbeit, wozu auch die
-der Verwaltungsbeamten gehört, findet man eine hierarchische
-Gliederung, deren unterste Ausläufer am meisten auf einfache
-Handgriffe angewiesen sind und gewissermaßen die kleinste Spalte
-der Gesamtleistung besorgen. Über diesen sind jene, die diese Teilleistungen
-verbinden und Höhere, die sie zu einem Ganzen vereinigen,
-während noch höhere Organe die Leistungen vergleichen,
-die Tätigkeiten überwachen und Pläne entwerfen, bis endlich die
-Oberleitung des Ganzen in den Händen eines Einzigen oder eines
-obersten beratenden Körpers vereinigt ist. Diese Organisation ist
-vergleichbar dem Nervensystem im tierischen Körper.
-</p>
-
-<p>
-Aber so wie in jedem einzelnen Berufe alle Teilnehmer zu
-einer Einheit <ins class='correction' title='zusamengefaßt'>zusammengefaßt</ins> sind und in viele Stufen zerfallen, in
-welchen die Angehörigen des Berufes vom Einzelnen zu immer Allgemeinerem
-aufsteigen und in welchen auch die Träger der einzelnen
-Stellen der Autorität und dem Ansehen nach abgestuft sind, so sind
-auch die einzelnen Berufe untereinander hierarchisch gegliedert und
-im Ansehen und der Autorität abgestuft. Da kommt man nun zur
-Einsicht, daß ein eigener Verwaltungsdienst eingerichtet werden muß,
-<span class='pagenum'><a id='Page_42' name='Page_42' href='#Page_42'>[42]</a></span>
-welcher die Hauptaufgabe des Staates, die Verteilung von Arbeit
-und Genuß in letzter Instanz zu lösen hat. Diese Aufgabe ist
-die oberste, zusammenfassendste und es ist niemand im Staate, der
-nicht von dieser Körperschaft abhinge, während sie nur vom Volke
-abhängt. Denn es handelt sich darum, das Gesamtleben des Volkes
-in eine wirkliche Einheit zusammenzufassen, wie das Herz mit dem
-ganzen Apparate von Arterien und Venen das Blut bis in die
-äußersten Körperteile treibt und von dort wieder zurückerhält, um
-es wieder in die Arterien zu treiben. Die spezielle Aufgabe des
-Verwaltungsbeamten setzt nicht die Einseitigkeit eines Fachmenschen
-voraus, sondern einen Überblick über das Ganze, die Aufeinanderbeziehung
-aller Teile, die Bewertung aller Leistungen und aller
-Güter, die ununterbrochene Evidenthaltung aller wirtschaftlichen Faktoren
-und aller Produkte. Der Verwaltungskörper hat auch alljährlich (?)
-dem Volke einen Vorschlag über den Volkshaushalt und
-Gesetzesvorlagen zu machen, welche die Gegenstände seines Berufes
-betreffen. Dieser Volkshaushalt hat aber mit Geldsummen nichts
-zu tun, sondern mit Arbeitskräften und materiellen Gütern, welche
-in Anspruch genommen werden, um gewisse Mengen von Gütern
-herzustellen oder gewisse Dienste zu leisten.
-</p>
-
-<p>
-Jemehr jemand zum Fachmann herangebildet und geeignet ist,
-umsoweniger meistens taugt er zu allgemeinen Aufgaben zusammenfassender
-Natur; universelle Köpfe, das heißt philosophische Talente,
-die auch philosophisch geschult sind, werden dem Verwaltungsdienste
-zuzuweisen sein und da sie alles zu vergleichen, alles abzuwägen
-und jeden an seine Stelle zu bringen haben, wird ihnen auch überall
-innerhalb ihrer streng territorial abgegrenzten Kompetenz jeder dienstlich
-untergeordnet sein. Dienstliche Unterordnung braucht aber
-Kameradschaftlichkeit außer Dienst nicht auszuschließen.
-</p>
-
-<p>
-Doch muß ich bemerken, daß ich glaube, es könne der Verwaltungsbeamte
-außer der obersten allgemeinen Leitung seines Gebietes
-auch die oberste Leitung für einzelne Produktionszweige eines weiteren
-Sprengels besorgen, wenn er außer der allgemeinen Schulung für den
-Verwaltungsdienst auch Fachkenntnisse für ein besonderes Produktionsgebiet
-erworben hätte. Der eigentliche Verwaltungsdienst beansprucht
-nämlich schwerlich die ganze Zeit des Verwaltungsbeamten, denn,
-<span class='pagenum'><a id='Page_43' name='Page_43' href='#Page_43'>[43]</a></span>
-wenn sich die Verteilungsgrundsätze einmal eingelebt haben und es
-sich nur um Überwachung und Verbesserung handelt, wird die im
-bloßen Verwaltungsdienste zu leistende Arbeit selbst für einen einzigen
-Beamten in einer Gemeinde von tausend Köpfen nicht erheblich sein.
-Und doch ersetzt dieser eine Beamte die Tätigkeit der Richter, politischen
-und Finanzbeamten, und überdies die der Kaufleute und
-wenn irgendwelche richterlichen Geschäfte, insbesondere eine Strafjustiz
-noch fortdauern müßten, so würden keine eigentlichen Strafbehörden
-eingesetzt, sondern eine Art von Volksjustiz geübt werden,
-wie die Schöffen und Geschworenen und zwar ohne fachjuristische
-Leitung.
-</p>
-
-<p>
-Um also die erforderliche Einheit in die Verwaltung zu bringen,
-wird der Verwaltungsbeamte niedersten Ranges Vorstand einer Gemeinde
-und ihres Territoriums oder eines städtischen Quartiers
-werden und zwar derart, daß alle Menschen und Sachen auf diesem
-Territorium ihm unterstehen und ihm die oberste Leitung aller Arbeit
-und die oberste Verteilung aller Genüsse und Güter auf diesem
-Gebiete zusteht. In jeder Ansiedlung und in jedem städtischen
-Quartier regiert ein solcher Beamter. Die weitere Gliederung des
-Verwaltungsdienstes baut sich nun so auf, daß etwa 20 Gemeinden
-unter einem Bezirksbeamten, etwa 20 Bezirke unter einem
-Kreisbeamten, etwa 10 Kreise unter einem Provinzialbeamten stehen
-und die Provinzialbeamten der Zentralregierung direkt untergeordnet
-sind.
-</p>
-
-<p>
-Es ist sorgfältig zu erwägen, welche Verteilungsgeschäfte den
-Verwaltungsbeamten innerhalb ihrer örtlichen Kompetenz <em class='gesperrt'>persönlich</em>
-zuzuweisen und welche von ihren Organen unter ihrer Oberleitung
-und <em class='gesperrt'>Mitverantwortung</em> zu besorgen sind.
-</p>
-
-<p>
-Daß nun diese Verteilungsgeschäfte keineswegs eine ganze
-Tagesarbeit eines Beamten in Anspruch nehmen, ist leicht zu zeigen,
-wenn man die Zahl von 1000 Köpfen als Grundlage der Berechnung
-annimmt. Es ist im Auge zu behalten, daß der Beamte nach den
-natürlichen Verhältnissen des Kollektivismus mit allen Gliedern
-seiner Gemeinde lebt, jeden persönlich kennt, auch zahlreiche Interessen
-mit ihnen gemein hat.
-</p>
-
-<p id='E_01_0_0al1'>
-Dieser Beamte<span class='pagenum'><a id='Page_44' name='Page_44' href='#Page_44'>[44]</a></span>
-hat auf Grund der Berichte des Arztes und
-nach anderen Daten die Geburten, Trauungen und Sterbefälle in
-Evidenz zu halten, allerdings mit der genauesten Angabe der näheren
-Umstände. So sollen Geburten und Sterbefälle mit Angabe von
-Stunde, Minute und Sekunde verzeichnet werden, soweit sie bekannt
-sind oder in Fällen unvorhergesehener Ereignisse abgeschätzt werden
-können. Alle Geburten und Sterbefälle zusammen werden 30-36
-im Jahre kaum übersteigen und wenn sie selbst die doppelte Zahl
-erreichen, fiele nur ein solches Ereignis in <em class='gesperrt'>fünf</em> Tagen. Die
-Verfügungen über die dienstlichen Veränderungen innerhalb der Gemeinde
-und die an den Bezirksbeamten zu erstattenden Anträge <ins class='correction' title='im'>in</ins>
-Fällen einer Versetzung außerhalb der Gemeinde oder der Besetzung
-einer Stelle durch gemeindefremde Personen stehen dem Verwaltungsbeamten
-zu, aber wenn jeder Einzelne 10 solche Veränderungen,
-Versetzungen und Beförderungen in seinem Leben zu erwarten hätte,
-eine Ziffer, die ohnehin hoch gegriffen ist, so würden bei 550 in
-regelmäßigen Arbeitsalter stehenden Gemeindegenossen im Jahre 120
-solche Veränderungen vorfallen oder 10 im Monate. Beurlaubungen
-kämen täglich zwei zur Behandlung. Disziplinäre und friedensrichterliche
-Erkenntnisse höchstens zwei oder drei in der Woche.
-Außerdem hat der Beamte von Zeit zu Zeit jede Betriebsstelle,
-Fabrik, Schule, Spital usw. zu inspizieren und dafür zu sorgen,
-daß täglich der erforderliche Güteraustausch zwischen Gemeinde und
-Bezirk richtig abgewickelt wird. Dabei sind aber immer andere
-mitverantwortliche Personen beteiligt und die Beispiele im Abschnitte
-über die Statistik <a href='#F_08_e_0'>VI, 8, e,</a> insbesondere die Tabelle über Milchproduktion
-und Verteilung zeigen klar, daß es sich da immer um beinahe
-automatisch sich vollziehende Bewegungen handelt, die dem
-Beamten mehr Aufsicht, als Arbeit zur Aufgabe machen.
-</p>
-
-<p>
-Die Angaben über die tägliche Arbeitsleistung des Einzelnen
-und über den Verbrauch der Gemeinde im Tage empfängt der
-Beamte von den unteren Organen und er wird für deren Richtigkeit
-und genaue Buchung zu sorgen haben, wobei die Summierung
-und die Ermittelung von Verhältniszahlen, sofern sie von der vorgesetzten
-Behörde gefordert werden, von Lehrern, hauswirtschaftlichen
-Personen, Schulkindern, hauptsächlich aber auch vom <ins class='correction' title='Volksbeamten'>Volksbeamten,</ins>
-<span class='pagenum'><a id='Page_45' name='Page_45' href='#Page_45'>[45]</a></span>
-der ja auch als Gehilfe gedacht wird, unter gegenseitiger Kontrolle besorgt
-werden können.
-</p>
-
-<p>
-Alle diese Arbeit ist, soweit sie der Gemeindebeamte persönlich
-leisten muß, gering.
-</p>
-
-<p>
-In einem Staate von 45 Millionen Einwohnern würde der
-ganze Verwaltungsbeamtenstab mit Inbegriff der hierarchisch übergeordneten
-Beamten 50-60,000 Köpfe und wenn, nach den unten
-entwickelten Vorschlägen, neben jedem Staatsbeamten ein gewählter
-Volksbeamter als Gehilfe und Kontrollorgan säße, 100-120,000
-Köpfe betragen, nur ein kleiner Bruchteil des Handelspersonals,
-das eine gleich zahlreiche Bevölkerung heute beschäftigt. Der Beamte
-hätte überdies den regelmäßigen Versammlungen der Beamten des
-Bezirks unter dem Vorsitze des Bezirksbeamten beizuwohnen und einen
-geselligen Verkehr mit den Gemeindegenossen einerseits und am
-Sitze des Bezirks- und des Kreisbeamten mit Gleichgestellten und
-höher gestellten Personen andererseits zu unterhalten.
-</p>
-
-<p>
-Man merke, daß die statistische Arbeit, wenn sie gehörig veröffentlicht
-wird, das Volk in die Lage setzt, Fortschritt und Rückschritt
-auf allen Gebieten der Produktion und Verteilung zu verfolgen
-und daß diese Arbeit es möglich macht, die Krankheits- und
-Sterbestatistik von Tag zu Tag mit Genauigkeit festzustellen, und
-das Durchschnittsalter auf Minuten zu ermitteln und wie das gemacht
-wird, wird in dem Abschnitte über Statistik <a href='#F_08_0_0'>VI, 8,</a> genau
-aufgezeigt werden.
-</p>
-
-<p>
-Freilich hat der Verwaltungsbeamte auch eine Verteilungsarbeit
-zu besorgen bezüglich der Instrumente und Apparate, welche zum
-Inventar seines Bezirkes gehören und bezüglich der Benützung der
-Gesellschaftsräume zu besonderen Zwecken. So kann es vorkommen,
-daß die Benutzung der musikalischen Instrumente von so vielen
-Personen beansprucht wird, daß der Vorrat nicht reicht, oder daß
-sich viele Gesellschaften in der Gemeinde bilden, welche Räume für
-ihre Übungen und Verhandlungen beanspruchen und daß die Gesellschaften
-sich wechselseitig im Wege stehen. Ordnung zu schaffen,
-ist Aufgabe des Verwaltungsbeamten.
-</p>
-
-<p>
-Mit Rücksicht auf diese Natur des Verwaltungsdienstes, die
-zwar ein scharfes Auge und richtiges Urteil voraussetzt, aber wenig
-<span class='pagenum'><a id='Page_46' name='Page_46' href='#Page_46'>[46]</a></span>
-Arbeit verursacht, scheint es nun, daß dem Beamten außer dieser
-leitenden Tätigkeit noch irgend welche andere Arbeit aufgebürdet
-werden sollte und darum scheint es zweckmäßig, daß mit der Ausbildung
-im Verwaltungsdienste auch anderer Fachunterricht verbunden
-werden sollte, damit jeder der Gemeindeverwaltungsbeamten noch
-einen Produktionszweig für den ganzen Bezirk solle überwachen
-können. Das gilt besonders für solche Aufgaben, die ihrer Natur
-nach zusammenfassend für größere Territorien zu lösen sind, so
-Straßen- und Wasserbau, Forstwesen, Kulturtechnik, die Abfassung
-von landwirtschaftlichen Betriebs- und Anbauplänen, chemische Untersuchungen
-und <ins class='correction' title='dgl'>dergl</ins>., wobei dann die Gemeindebeamten immer mit
-dem fachtechnisch gebildeten Kollegen in Fühlung zu stehen hätten.
-Ist bei der Anstellung von Verwaltungsbeamten auf dieses Bedürfnis
-Rücksicht genommen, so bildet das Beamtenkollegium eines Bezirkes
-eine Körperschaft, deren Mitglieder über die mannigfaltigsten
-Fachkenntnisse verfügen.
-</p>
-
-<p>
-Das sind Ideen, die sich bei der Untersuchung unseres Problemes
-von selbst aufdrängen, aber es wird erst die Erfahrung
-während der Umwandlung unserer Gesellschaftsordnung lehren, ob
-eine so beschaffene Organisation die beste ist. Sie wird nur dann
-gut sein, wenn der unterste Beamte, der eigentlich das wichtigste Glied
-der Organisation ist, nicht überbürdet, aber so beschäftigt ist, daß er
-sich mit allen Zweigen der Produktion und Verteilung auf seinem
-Gebiete vertraut machen und dort alles, soweit als die Einheitlichkeit
-des Dienstes es erfordert, durch seine Hand gehen muß.
-Übrigens muß ihm das Recht zustehen, sich seine Organe zu wählen,
-und jedem Einzelnen Hilfeleistungen aufzutragen, zu welchen er befähigt
-ist und welche mit seinem <ins class='correction' title='eingenen'>eigenen</ins> Berufe vereinbar sind,
-oder zu welchen er sich freiwillig erbietet. Die Vereinigung der
-ganzen Verteilungsarbeit in <em class='gesperrt'>einer</em> leitenden Hand löst alle Kompetenzkonflikte,
-welche die heute übliche Trennung der Ressorts mit sich
-bringt, die im Betriebe der Kollektivwirtschaft wenig Sinn hätte.
-Übrigens vertreten die dem Verwaltungsbeamten untergebenen
-Organe die einander gegenüberstehenden sachlichen und persönlichen
-Interessen.
-</p>
-
-<p>
-Die Belastung der Beamten im gleichen Range wird so ziemlich
-<span class='pagenum'><a id='Page_47' name='Page_47' href='#Page_47'>[47]</a></span>
-gleich sein, wenn die Glieder einer Gemeinde, oder eines
-Quartiers der Zahl nach nicht sehr verschieden sind. Aber die
-Verwaltungsbeamten der Quartiere in den Städten dürften etwas
-weniger belastet sein, weil sie ein kleineres Gebiet haben und weil
-in den Städten weniger Produktion ist. Darum eignen sich diese
-Posten, die auch sonst größere Annehmlichkeiten bieten, als Ruheposten
-für ältere, verdiente Beamte.
-</p>
-
-<p id='E_01_0_0al4'>
-Ich bemerke noch, daß ich nicht für die Wahl der Verwaltungsbeamten
-durch das Volk bin, weil das zu einer gefährlichen Dezentralisation
-führen müßte, und dadurch einerseits das Parteiwesen wieder
-großgezogen, andererseits eine Desorganisation in der Wirtschaft
-herbeigeführt würde. Es würde dann überall nach verschiedenen
-Grundsätzen produziert und damit ein großer Teil der Vorteile des
-Gesamtbetriebes aufs Spiel gesetzt werden. Auch wären die Angaben
-der Verwaltungsbeamten über die Produktionsergebnisse, welche
-die Hauptgrundlage der Verteilung bilden, nicht mehr verläßlich,
-wenn die Beamten von der Gemeinde gewählt würden. Der
-Grundgedanke des Kollektivismus ist die Zentralisation, die Wahl
-der Beamten aber hätte immer eine dezentralisierende Tendenz. Es
-ist auch besser, das Staatsinteresse den Staatsbeamten, das Interesse
-der Gemeinde und des Einzelnen immer dem Volksbeamten
-anzuvertrauen und so einen möglichst genauen Gleichgewichtszustand
-herbeizuführen, wobei aber immer noch im Zweifel das Staatsinteresse
-überwiegen müßte, daher auch nur der Staatsbeamte eine
-<em class='gesperrt'>entscheidende</em> Stimme hätte, der Volksbeamte nur zu hören wäre,
-zu beaufsichtigen hätte und bei den vorgesetzten Behörden Einspruch
-oder Berufung einlegen könnte. Diese Verwaltungsbeamten wären
-also wie heute durch die Zentralstelle zu ernennen und so ist es ja
-auch mit dem Unterrichtspersonale, den <ins class='correction' title='Äerzten'>Ärzten</ins> und den technischen
-Beamten und Vorständen.
-</p>
-
-<p id='E_01_0_0al3'>
-Um nun jedem Einzelnen aus den kleinen Volksgruppen der
-Gemeinde, des Bezirkes, Kreises usw. den größten Schutz zu verleihen,
-scheint es mir, wie schon gesagt, zweckmäßig, daß das
-Volk in diesen Gruppen je einen Volksbeamten wählen sollte, der
-vom Gemeindebeamten bis zum Minister dem Verwaltungsbeamten
-beigegeben werden soll, der in allen mechanischen Arbeiten Gehilfe des
-<span class='pagenum'><a id='Page_48' name='Page_48' href='#Page_48'>[48]</a></span>
-Verwaltungsbeamten wäre und dem Staatsinteresse gegenüber
-das Teil- und Einzelinteresse wahrzunehmen hätte. Nicht <em class='gesperrt'>er</em>,
-sondern der Staatsbeamte hätte zu dezernieren, der Volksbeamte
-aber müßte immer vorher gehört werden und er könnte an den Bezirksbeamten
-berufen oder vielleicht auch in wichtigen Fällen <ins class='correction' title='einer'>eine</ins>
-Sistierung der angefochtenen Entscheidung erwirken. Durch Vermittelung
-des Fernsprechers, der alle Ämter verbindet, kann das in
-wenigen Minuten geschehen.
-</p>
-
-<p>
-Diese Volksbeamten würden von der Gemeinde und dem Bezirke
-durch das Votum aller stimmberechtigten Volksgenossen gewählt
-und es scheint, daß es vernünftiger wäre, auf unbestimmte Zeit zu
-wählen als auf eine bestimmte Zeit, wie der Amerikaner sagt, <i>during
-good behaviour</i>. Die periodischen Wahlen haben gar keinen vernünftigen
-Sinn. Eine Neuwahl wird stattfinden, so oft sie begehrt
-wird und sobald ein anderer Volksbeamter für eine Stelle gewählt
-ist, hat der frühere abzutreten.
-</p>
-
-<p>
-Sehr zweckmäßig wäre es auch, den Kreis- und Provinzialverwaltungsbeamten,
-sowie auch den Ministern einen solchen Vertreter
-des Volkes mit gleicher Kompetenz beizugeben und selbst dem
-Monarchen würde es die Geschäfte erleichtern, wenn er einen solchen
-Vertrauensmann des Volkes, oder in Österreich etwa Vertrauensmänner
-aller Nationalitäten an der Seite hätte, die er hören könnte,
-aber es scheint nicht zweckmäßig, <ins class='correction' title='das'>daß</ins> diese höheren Organe durch
-das Volk unmittelbar gewählt werden, weil die wählbaren Personen
-in diesen großen Sprengeln nicht so allgemein bekannt sind, daß das
-Volk selbst wählen könnte. Besser würde es sich empfehlen, daß die
-Volksbeamten des Kreises den dem Kreisbeamten beizugebenden
-Volksbeamten und so weiter die Volksbeamten der ganzen Provinz
-der ganzen Nation oder des ganzen Reiches diese höheren Organe
-des Volkswillens wählen würden.
-</p>
-
-<p>
-Dies <ins class='correction' title=' '>ist</ins> die wünschenswerte Organisation des Verwaltungsdienstes
-und es scheint nicht notwendig zu erwähnen, daß die Kreis- und
-Provinzialbeamten und die Minister eine Reihe von geringeren Beamten
-als Mitarbeiter haben müßten.
-</p>
-
-<p>
-<b>Detailverwaltungsämter.</b> Zur unmittelbaren Leitung von
-Produktionszweigen und Fabriken werden in jeder Gemeinde oder
-<span class='pagenum'><a id='Page_49' name='Page_49' href='#Page_49'>[49]</a></span>
-Quartier nach Art unserer Verwalter und Direktoren Leute, erforderlichen
-Falles von höherer Ausbildung und dann auch von angemessen höherem
-Range, zu bestellen sein, welchen die erforderlichen Hilfsorgane zur Seite
-zu stellen sind und welche dem Verwaltungsbeamten untergeordnet sind.
-So wird für die Futterwirtschaft, die Viehzucht, eine industrielle Anstalt
-und für die gesamte Hauswirtschaft ein oberster Leiter in jeder Gemeinde,
-für manche andere Betriebe, so die Forstwirtschaft, wo sie einen
-größeren Umfang hat, für einen etwaigen Bergbau, den Hochbau,
-Straßen- und Wasserbauten in jedem Bezirke ein Produktionsleiter
-oder Direktor anzustellen sein, welche Personen wieder höheren Ämtern
-ihres Faches unterzuordnen sind. Sie haben die Arbeits-, Materials-
-und Produktionsstatistik für ihren Produktionszweig herzustellen, die
-rechtzeitige Anschaffung aller Maschinen, Werkzeuge und Stoffe, die
-Einstellung und Ausbildung der Arbeitskräfte, die Einrichtung und
-<ins class='correction' title='Instalthaltung'>Instandhaltung</ins> der Gebäude und sonstigen baulichen Anlagen, die
-zweckmäßige Verteilung der verschiedenen Arbeiten unter ihre Arbeiter,
-dann die Beförderung der geeigneten Personen zu besorgen und Anträge
-wegen Verbesserung der Produktion zu stellen. Besonders
-jene Statistik, die den organischen Einrichtungen zufolge nicht täglich
-abzuschließen und zu veröffentlichen ist, ist von ihnen für ihren Betrieb
-doch so viel als möglich täglich zu journalisieren, so beim
-Empfange von Stoffen, bei der Hinausgabe von Stoffen und anderen
-Verbrauchsartikeln an den einzelnen Arbeiter, bei der Abgabe der
-Produkte von einer Werkstätte zur anderen, von einem Arbeiter an
-den anderen und schließlich bei der Ablieferung fertiger Erzeugnisse
-an die Magazine und aus den Magazinen an die Frächter und alle
-diese Verrechnungsarbeiten, wofür in jeder Betriebsstätte Instruktionen
-bestehen, sind von den untergeordneten Organen gegenzuzeichnen, vom
-Verwaltungsbeamten zu überwachen und zu revidieren. Da doch
-alles, was durch die Produktionsverwaltungen an andere Verwaltungen
-abgegeben wird, von diesen wieder in Empfang zu stellen ist, und
-so doppelte Buchungen geschehen, so ist eine genaue Verrechnung
-sichergestellt und es ist auch der Gesamterfolg einer Betriebsanstalt
-leicht zu beurteilen, da ein Vergleich mit Betrieben gleicher Art ergibt,
-ob für eine bestimmte Gesamtleistung mehr als anderwärts an
-Material oder Arbeit verrechnet wurde, wie auch die Verwendung
-<span class='pagenum'><a id='Page_50' name='Page_50' href='#Page_50'>[50]</a></span>
-aller Stoffe, Werkzeuge, Halbfabrikate und Erzeugnisse immer feststellbar
-sein muß.
-</p>
-
-<p>
-Bei absoluter Naturalwirtschaft kann in den Betrieben nicht
-leicht ein Unterschleif vorkommen. Kassegebarung gibt es nicht, falsche
-Buchungen sind der Gegenbuchungen wegen nicht wohl möglich,
-würden aber auch keinen ersichtlichen Zweck haben und wer Material
-oder Fabrikate defraudieren wollte, fände keinen Frächter und Abnehmer,
-hätte viele Mitwisser, daher die sichere Entdeckung zu fürchten
-und so wäre nur ein rechtswidriger Verbrauch von Dingen,
-die man unmittelbar verzehren kann, von Milch, Eiern, Obst zu
-fürchten und auch das könnte nicht lange verborgen bleiben, keinesfalls
-aber könnte sich jemand daran bereichern.
-</p>
-
-<p>
-Alle Arten von Betrieben haben ihre hierarchisch abgestuften
-Oberleitungen, deren Zentralorgane wieder Fachorgane der Ministerien
-bilden. Von der Verwaltung der Hauswirtschaft und der Bekleidungsindustrie
-wird noch im Abschnitte <a href='#I_00_0_0'>IX,</a> besonders zu sprechen sein,
-weil sie von unmittelbarem Interesse für die Einzelnen sind.
-</p>
-
-<h3 id='E_02_0_0'>
-2. Der ärztliche Dienst.
-</h3>
-
-<p>
-Der ärztliche Dienst im Kollektivstaate hat die Aufgabe, für alles
-zu sorgen, was zur Verlängerung des Lebens eines jeden Einzelnen
-dienen kann. Die Heilung von Krankheiten kommt weniger in Betracht,
-als die Verhütung von Krankheiten und die Sammlung aller
-jener Erfahrungen, welche der Vervollkommnung des Sanitätswesens
-förderlich sein können. Die Aufgabe, Krankheiten zu verhüten, bedingt
-auch, daß der Arzt auf die Gestattung von Ehen, die Propagation
-und die Berufswahl als Fachmann Einfluß nimmt.
-</p>
-
-<p>
-Es ist unbedingt notwendig, in jeder Gemeinde und jedem
-städtischen Quartier einen Arzt anzustellen,
-dem innerhalb des Gemeindegebietes
-für alles zu sorgen obliegt, was in die Kompetenz
-des Sanitätsdienstes fällt. Ich halte es aber auch für notwendig,
-daß ein weiblicher Arzt dem Gemeindearzte beigegeben werde. Es
-scheint der Natur der Sache zu entsprechen, daß der weibliche Arzt
-dem als Sanitätsbeamten fungierenden männlichen Arzte untergeordnet
-werde. Hat der weibliche Arzt im eigentlich ärztlichen
-<span class='pagenum'><a id='Page_51' name='Page_51' href='#Page_51'>[51]</a></span>
-Berufe mit Einschluß der Öffnung der weiblichen Leichen zu wenig Beschäftigung,
-um die Arbeitszeit auszufüllen, so ist der Ärztin Heilmittelbereitung
-(Apotheke), Leitung der Krankenpflege, Mitwirkung
-bei Aufstellung der Sanitätsstatistik zuzuweisen, bis ihre Arbeitskraft
-genügend ausgenützt ist. Die Ärztin muß genau denselben ärztlichen
-Unterricht, wenngleich vorzüglich gynäkologischer und vorwiegend
-frauen-physiologischer und weiblich anatomischer Art und etwa von
-weiblichen Professoren empfangen, wie der Arzt und es ist übrigens die
-Meinung, daß der Arzt der Ärztin übergeordnet sein solle, nichts
-weniger als ein Dogma; erweist sich das Gegenteil als zweckmäßiger,
-so ist bald abgeholfen.
-</p>
-
-<p id='E_02_0_0al2'>
-Die Fürsorge für den Einzelnen bringt es mit sich, daß schon
-während der Schwangerschaft der Frau alles vorgekehrt werde, was
-vom ärztlichen Standpunkte im Interesse nicht nur der Mutter,
-sondern auch der Frucht notwendig erscheint. Der Arzt wird also
-dafür zu sorgen haben, daß der Schwangeren und Wöchnerin keine
-Berufsgeschäfte aufgebürdet werden, die nachteilige Folgen für Mutter
-und Kind haben könnten und er wird auch sonst seinen Einfluß
-geltend machen, daß die Lebensweise der schwangeren Frau zweckentsprechend
-geregelt werde. Lebt sie mit ihrem Manne etwa außerhalb
-einer Gemeinde in einem einzelnen Gehöfte oder auf einer
-Alpe, so wird der Arzt darauf dringen, daß sie in die Gemeinde
-übersiedelt. Dem Ehemanne wird er jede Schonung der Frau auferlegen,
-die ihrem Zustande entspricht. Nötigenfalls wird er auch
-bei der Geburt die Hilfe leisten, welche zu leisten die Ärztin nicht
-vermag.
-</p>
-
-<p id='E_02_0_0al1'>
-Nach der Geburt wird der Arzt, wenn ich vom Arzte spreche,
-so setze ich immer eine zweckmäßige Arbeitsteilung zwischen dem Arzte
-und der Ärztin voraus, die richtige Pflege des Neugeborenen überwachen
-und das um so sorgfältiger, je unerfahrener die Mutter ist.
-Er wird das Kind anfangs häufiger sehen müssen, als später und
-dafür sorgen, daß alle jene Beobachtungen regelmäßig gemacht und
-notiert werden, die für die Wissenschaft und Statistik sowohl, als
-auch direkt für den individuellen Pflegezweck dienlich erscheinen. Er
-wird ferner mitwirken bei der physischen Erziehung und im Vereine
-mit dem Pädagogen bei der intellektuellen und moralischen Erziehung,
-<span class='pagenum'><a id='Page_52' name='Page_52' href='#Page_52'>[52]</a></span>
-er wird sowohl beim Eintritte in die Schule, als bei der Zuweisung
-zu einem bestimmten Berufe seine Stimme erheben gegen alles, was
-das Leben des jungen Menschen gefährden könnte. Auch liegt ihm
-die Begutachtung ob, ob die jungen Leute sich für die Fortpflanzung
-eignen oder nicht, insoferne die Gesetze gestatten, zur Fortpflanzung
-ungeeigneten Individuen die Ehe zu versagen. VII, 1, <i>Alinea</i>:
-<a href='#G_01_0_0al1'>»Bei dem heutigen«</a>. Seine Aufgabe wird es sein, auch anscheinend ganz
-gesunde Menschen in bestimmten Intervallen nach der ihm vorgeschriebenen
-Methode zu untersuchen und alles schriftlich zu fixieren,
-was in späteren Jahren zu wissen von Wichtigkeit sein mag, oder
-die wissenschaftlichen Interessen fördern kann. In Krankheitsfällen
-hat der Lokalarzt zu ordinieren und sich auch dann an der Diagnostizierung
-und Behandlung zu beteiligen, wenn etwa auf Wunsch des
-Kranken oder seiner Angehörigen ein anderer als der <em class='gesperrt'>kompetente</em>
-Arzt die eigentliche Behandlung leitet. Kranke, die das Bett hüten
-müssen, werden am Besten in gemeinsamen oder nahe der Wohnung
-des Arztes <ins class='correction' title='belegenen'>gelegenen</ins> Gemächern untergebracht werden, um dem Arzte
-ein häufiges Erscheinen am Krankenbette zu ermöglichen. Die Wartung
-der Kranken, an der sich unterstützend auch Angehörige beteiligen
-können, erfolgt unter Oberleitung des Arztes durch geeignete
-&mdash; wahrscheinlich weibliche &mdash; Personen, die einen <em class='gesperrt'>Beruf</em> daraus
-machen. In Fällen, welche besondere Erfahrungen voraussetzen oder
-eine Operation erforderlich machen, wird der Arzt durch Vermittlung
-des Bezirksarztes schleunigst für Beiziehung eines Spezialarztes und,
-wo Ansteckung zu besorgen ist, für Separierung, und zwar nötigenfalls
-durch Unterbringung in besonderen Spitälern, die nach Bedarf
-zu errichten sind, sorgen. Alle Leichen hat er zu sezieren und er
-wird alles das durch Beschreibung, Photographieren und durch Präparate
-fixieren, was für die Wissenschaft, vielleicht auch für die ärztliche
-Behandlung der Nachkommen und für die Vererbung von Bedeutung
-sein kann. Für jeden Bewohner seines Bezirkes wird er
-einen Akt anlegen, in dem alles <ins class='correction' title='notirt'>notiert</ins> wird, was für eine spätere
-Behandlung von Interesse ist und dieser Akt wird im Falle eines
-Domizilwechsels an jenen Arzt übersendet werden, in dessen Kompetenz
-die fernere Behandlung übergeht.
-</p>
-
-<p>
-Die Aufgabe des Arztes ist auch, die Sanitätsstatistik nach den
-<span class='pagenum'><a id='Page_53' name='Page_53' href='#Page_53'>[53]</a></span>
-erteilten Vorschriften zusammenzustellen und er wird verpflichtet sein,
-regelmäßig mit seinen Fachgenossen im Bezirke zu gemeinsamen Beratungen
-zusammenzukommen. Er untersteht in allgemeiner disziplinärer
-Hinsicht dem Verwaltungsbeamten, in Ausübung seines
-Amtes aber untersteht er auch der fachwissenschaftlichen Kontrolle des
-Bezirksarztes, durch den ihm auch die Aufträge der Regierung und
-der wissenschaftlichen Institute zukommen.
-</p>
-
-<p>
-Durch Vorträge im Versammlungslokale der Gemeinden wird
-der Arzt alles zu verbreiten suchen, was der Einzelne selbst für seine
-Gesundheit tun soll. Er hat alles zu prüfen, was zur Assanierung
-der Ansiedlung zu geschehen hat, Abhilfe zu fordern, wo
-es not tut und die Ausführung der beschlossenen Maßregeln zu
-überwachen. Die Mitwirkung eines anderen Arztes aus einer benachbarten
-Gemeinde oder Quartier wird, wie schon angedeutet, der
-Kranke oder seine Familie beantragen können. Außerdem hat der
-Bezirksarzt persönlich oder durch ärztliche Inspektionsbeamte die Gemeindeärzte
-zu überwachen. Die höheren Sanitätsbehörden haben dafür
-zu sorgen, daß das notwendige Material für Spitalszwecke,
-Diagnostizierung von Krankheiten, an Heilmitteln und Apparaten für
-alle Fälle überall ausreichend vorhanden sei und das Material ebenso
-wie das Personal an Spezialärzten zweckmäßig über das ganze
-Reich verteilt werde, um tunlichst rasche Hilfe zu ermöglichen. Jeder
-zur Heilung von Krankheiten und vollkommenen Wiederherstellung
-der Kranken erforderliche Aufwand ist ohne Ansehen der Person auf
-Kosten der Gesamtheit zu machen und sofern bestimmte ärztliche Personen
-Reisen zu dem Kranken zu machen haben, ist ihnen das
-schnellste Beförderungsmittel und auf den Eisenbahnen ein Separatzug
-zur Verfügung zu stellen.
-</p>
-
-<p>
-Die Gemeinden werden aber auch für den klinischen Unterricht
-und die Anatomie das erforderliche Material an Kranken, Leichen
-und Präparaten beizustellen haben. Jeder Arzt erhält alle erforderlichen
-Fachblätter zugestellt und hat bemerkenswerte Krankheitsfälle
-und Heilerfolge genau zu beschreiben und den Fachblättern einen Bericht
-zuzusenden. Auch die jedem Arzte unentbehrliche Bibliothek
-für alles, was das Sanitätswesen betrifft, ebenso die Sanitätsstatistik
-aller auswärtiger Staaten findet er am Bezirksorte. Es ist zu
-<span class='pagenum'><a id='Page_54' name='Page_54' href='#Page_54'>[54]</a></span>
-bemerken, daß die gesamte Bevölkerung an den Gedanken gewöhnt
-werden muß, daß jede Leiche geöffnet und wissenschaftlich durchforscht
-werden muß. Wenn religiöse Vorurteile dagegen sprechen, so müssen
-sie bekämpft werden. Denn im Kollektivstaate gibt es keine Leichen
-degradierter Auswürflinge, welchen man die Sezierung gewissermaßen
-strafweise zufügt und so würden, wenn solche Vorurteile fortbeständen,
-die Anatomiesäle gar kein Material haben.
-</p>
-
-<p>
-Die ununterbrochene Arbeit des gesamten Sanitätspersonales
-ist darauf zu wenden, mit Benützung des statistischen Materiales die
-Schädlichkeiten aller Berufe dergestalt zu ermitteln, daß, insofern sie
-nicht unterdrückt werden können, durch Anpassung der Verteilungsgrundsätze
-ausreichender Ersatz geboten werde. Wie das geschehen
-kann, ist in <a href='#L_01_d_0'>XI, d,</a> entwickelt worden. Der Sanitätsdienst hat dabei
-mitzuwirken.
-</p>
-
-<p>
-Allgemeiner Grundsatz ist, daß jedes zur Welt gekommene
-menschliche Wesen Anspruch auf alle jene Fürsorge hat, die ihm angeborener
-oder erworbener Gebrechen wegen zur Erlangung eines gewissen
-Grades von Lebensglück nötig ist.<a name='FA_8' id='FA_8' href='#FN_8' class='fnanchor'>[8]</a>
-In Nordamerika allein sind erfolgreiche Versuche gemacht worden, jene Unglücklichen zum
-geistigen Verkehre mit den Mitmenschen zu erwecken, die schon in
-früher Jugend Gesicht <em class='gesperrt'>und</em> Gehör verloren haben. Ist es notwendig,
-daß eine oder mehrere Personen ihr ganzes Leben in den
-Dienst einer solchen besonderen Aufgabe stellen, so hat der Staat
-<span class='pagenum'><a id='Page_55' name='Page_55' href='#Page_55'>[55]</a></span>
-diese Personen zu bestellen und überdies so viel als möglich die Bevölkerung
-zu ermuntern, daß sie freiwillig ihre Tätigkeit diesem Zwecke
-widme, wodurch sich die Last auf viele verteilen wird.
-</p>
-
-<p>
-Zu den Aufgaben der Ärzte, die sie im Einvernehmen mit den
-Pädagogen zu lösen haben, gehört auch die Ermittlung der Vererbungsgesetze
-nicht nur in Beziehung auf normale physische Konstitution,
-sondern auch auf ethische und intellektuelle Anlagen und auf
-Geschicklichkeiten. Dementsprechend werden sie die zur Fortpflanzung
-bestimmten Personen auswählen und auch für die zweckmäßige <ins class='correction' title='Parung'>Paarung</ins>
-Gesetze zu ermitteln trachten. In wieferne der Staat schwächliche
-oder erblich belastete <ins class='correction' title='Individuuen'>Individuen</ins> von der Fortpflanzung auszuschließen
-und auf die Gattenwahl Einfluß zu nehmen berechtigt
-ist, wird in <a href='#G_01_0_0'>VII, 1,</a> besprochen. Zunächst handelt es sich um Aufklärung
-und Rat; Gesetze und Gewalt können erst dann in Betracht
-gezogen werden, wenn das Volk zur Überzeugung ihrer Notwendigkeit
-und Gerechtigkeit gelangt ist.
-</p>
-
-<p id='G_02_0_0al1'>
-Als Hilfsorgane der Ärzte werden Zahnärzte, zugleich Zahntechniker,
-zu bestellen sein, welche die Gebisse aller Bewohner eines Bezirkes
-regelmäßig zu untersuchen und die erforderlichen Operationen
-teils selbständig, teils unter Aufsicht des Arztes vorzunehmen haben.
-Es handelt sich aber nicht bloß um Verhütung des Verlustes und
-der Krankheit der Zähne und eventuell ihren Ersatz, sondern auch
-die Vererbung guter Zähne kommt in Betracht, weil ein gutes Gebiß
-der schönste Schmuck des Menschen und gewiß auch ein Zeichen
-einer guten Konstitution ist. Eine Statistik der vorhandenen und der
-fehlenden gesunden und kranken Zähne und der verschiedenen Zahnleiden
-wäre sehr interessant und könnte leicht beschafft werden.
-</p>
-
-<p>
-Der Arzt untersteht in fachwissenschaftlicher Hinsicht dem <ins class='correction' title='Bezirksarzt'>Bezirksarzte</ins>,
-dieser dem Provinzialarzte und dieser dem Chefarzte des
-Reiches. In den höheren Instanzen werden selbstverständlich zahlreiche
-Körperschaften dem Chefarzte beigeordnet sein. Die Hierarchie
-dient dazu, um verdienten Ärzten eine Beförderung zu eröffnen und
-um eine Organisation zu schaffen, durch welche die sanitären Beobachtungen
-auf Grund der Statistik und der Berichte der ausübenden
-Ärzte zur Sammlung und Verarbeitung gelangen. Instruktionen
-werden erlassen werden, inwieferne der Gemeindearzt seinen Vorgesetzten
-<span class='pagenum'><a id='Page_56' name='Page_56' href='#Page_56'>[56]</a></span>
-über jeden einzelnen Krankheitsfall durch Bulletin auf dem
-Laufenden zu erhalten hat. Diese Berichterstattung kann so eingerichtet
-werden, daß der Bezirksarzt daraus sofort erkennen kann, ob
-Zweifel an der Richtigkeit der Diagnose oder der Behandlung bestehen,
-in welchem Falle er selbst zur Überprüfung schreiten, oder
-einen anderen Arzt seines Bezirkes damit beauftragen kann. Diese
-Überwachung der Gemeindeärzte erstreckt sich auch auf Gutachten über
-Krankheitsurlaube, den Besuch von Thermen, Berufseignung oder
-Fortpflanzungstauglichkeit, dann auf Spitalsverwaltung und sanitäre
-Anstalten.
-</p>
-
-<p>
-Spezialärzte verschiedener Fächer werden zu bestellen und über
-das Land zweckmäßig zu verteilen sein. Vorzüglich kommt da das
-Fach der Operateure in Betracht. Wahrscheinlich wird sich auch das
-Fach der operativen Heilkunde in viele Zweige spalten. Weiter wird
-es Fachärzte für die Erkrankungen einzelner Organe, wie heute, für
-Infektionskrankheiten, gewisse Arten von Diagnosen, chemische Untersuchungen
-und besondere Heilverfahren, wie Kaltwasser, Elektrizität,
-Pneumatik, Massage, Belichtung, Heißluftbehandlung usw. geben.
-Die Sanitätsverwaltung wird verfügen, inwieferne sich solche Ärzte
-an Ort und Stelle zu begeben haben, oder die Kranken zum Arzte
-geschickt oder in Sanatorien aufgenommen werden sollen und insbesondere
-wie weit die Kompetenz des Gemeindearztes in weniger bedeutenden
-oder besonders dringenden Spezialfällen geht. Die Sanitätsverwaltung
-hat auch die Einrichtung von Kurorten und die Verfügung
-der Aufnahme der einzelnen Kranken in dieselben über sich.
-</p>
-
-<p>
-Was die Unterbringung von Kranken und die Krankenpflege
-anbelangt, so wird man eigentliche Spitäler tunlichst vermeiden.
-Nur insoferne die Isolierung von Kranken geboten erscheint, oder wo
-es der klinische Unterricht erfordert, wird man eigentliche Krankenhäuser
-errichten.
-</p>
-
-<p>
-In einem Staate von 45 Millionen Einwohnern erfordert der
-ärztliche Dienst nach obigen Grundsätzen mit Inbegriff der Spezialisten
-und der übergeordneten Organe etwa 60 Tausend Ärzte und ebensoviele
-weibliche Ärzte, somit 120 Tausend Personen. In Österreich
-ist gegenwärtig die Zahl der wissenschaftlich gebildeten Ärzte sehr gering,
-somit ist eine große Vermehrung erforderlich. Auch das
-<span class='pagenum'><a id='Page_57' name='Page_57' href='#Page_57'>[57]</a></span>
-Wartepersonal, welches in Österreich gegenwärtig nicht zahlreich ist, wird sehr
-vermehrt werden müssen. Die Untersuchung, welche Berufe im
-Sozialstaate ganz entfallen, oder geringere Arbeitskräfte beanspruchen,
-wird in <a href='#H_11_0_0'>VIII, 11,</a> folgen und daraus sich ergeben, wie der höhere
-Arbeitsaufwand in manchen Berufen, somit auch im ärztlichen und
-Wärterberuf hereingebracht werden wird.
-</p>
-
-<p>
-Für die Verhinderung der Einschleppung von Kontagien oder
-ansteckenden Krankheiten, insbesondere auch von Geschlechtskrankheiten,
-kann in einem so stramm organisierten Staate leicht gesorgt werden.
-Personen, welche nicht aus einem ebenso gut verwalteten Gebiete
-kommen, können beim Überschreiten der Grenzen einer ärztlichen
-Untersuchung unterzogen werden. <em class='gesperrt'>Der Warenverkehr über die
-Grenze kann jederzeit auf längere Zeit gänzlich abgesperrt
-werden</em>, weil der Staat immer für Vorräte solcher Waren sorgen
-wird, für die man auf das Ausland angewiesen ist.
-</p>
-
-<p>
-Prüft man diese Organisation des ärztlichen Dienstes, so gewinnt
-man die Überzeugung, daß damit alles für den Einzelnen und die
-Gesamtheit erreicht werden kann, was man heute für notwendig erkennt,
-aber in der individualistischen Gesellschaftsordnung undurchführbar
-ist. Die Ärzte drängen sich in den großen Städten zusammen,
-in den ländlichen Gemeinden fehlt es oft an aller Hilfe für
-Kranke und Verunglückte und jedenfalls an den Anstalten, die für besondere
-Fälle notwendig sind.
-</p>
-
-<p>
-Nun aber alle anderen Dienste, die ein so eingerichteter ärztlicher
-Körper dem Einzelnen und der Gesamtheit und der Wissenschaft
-leisten könnte.
-</p>
-
-<p>
-Der Arzt wird bei obiger Organisation nicht gerufen, er sucht
-diejenigen, für deren Gesundheit er verantwortlich ist, auf. Er ist
-ihnen Freund, Berater für das Leben und ersetzt ihnen auch Priester
-und Beichtvater. Er fördert die wahre Moral in viel höherem
-Maße, als es heute die Kirche vermag. Keinerlei entstehendes Leiden,
-erbliche Belastung, Disqualifikation zu bestimmten Berufen, zur
-Zeugung oder für die Ertragung der Schwangerschaft und Entbindung
-kann dem Arzte oder seiner Gehilfin entgehen. Sie können
-die Weitervererbung von Krankheiten und deren Übertragung auf
-kommende Generationen verhindern. Nur im Kollektivstaate kann
-<span class='pagenum'><a id='Page_58' name='Page_58' href='#Page_58'>[58]</a></span>
-man Lues, Tuberkulose und Alkoholismus unterdrücken oder in der
-ersten Zeit wenigstens für Dritte völlig unschädlich machen. Jeder
-Arzt ist zugleich <ins class='correction' title='Anthropolog'>Anthropologe</ins> und im Dienst der anthropologischen
-Forschung. In seinem Berufe liegt es nicht nur, die Degeneration
-des Volkes zu verhindern, sondern von Generation zu Generation
-ein immer herrlicheres Geschlecht heranzubilden. Das alles ist zum
-Teile allerdings von der Menge der anzustellenden Ärzte, ebensosehr
-aber von der Verteilung der Ärzte und der Verteilung der Bevölkerung
-und von der Organisation des Dienstes abhängig. Nicht nur
-diese Verteilung, sondern auch die Anstellung der erforderlichen Anzahl
-von Ärzten ist ohne Kollektivismus nicht denkbar.
-</p>
-
-<p>
-Noch sei bemerkt, daß in Deutschland bei den Krankenkassen
-statistisch ermittelt wurde, daß auf ein Kassenmitglied im Durchschnitt
-6 Krankheitstage im Jahre kommen. Obwohl bei den hygienisch
-vorzüglichen Einrichtungen des Kollektivstaates und bei der Verminderung
-aller Berufsschädlichkeiten und anderer günstiger Umstände
-wegen der Krankenstand beträchtlich sinken müßte, wäre selbst nach
-diesem Verhältnisse der Durchschnitt in einer Gemeinde von Tausend
-Köpfen nicht mehr als etwa 6000 Krankheitstage im Jahre. Das
-gibt einen Tagesdurchschnitt von 16-18 Kranken, zu deren Behandlung
-zwei Ärzte zur Verfügung ständen. Es blieben also dem <ins class='correction' title='ärztlicher'>ärztlichen</ins>
-Personale viele Stunden des Tages für andere Aufgaben als
-die Behandlung der Kranken übrig, für Überwachung der Kinderpflege,
-für Untersuchungen der Gesunden, Beeinflussung der Lebensweise,
-Statistik und andere Amtsgeschäfte, wissenschaftliche Beobachtungen
-und Gutachten. Da in jeder Wohnansiedlung eine besondere
-Abteilung für Krankenzimmer einzurichten wäre, und immerhin einige
-von den Kranken ambulant, andere in ihren Wohngemächern behandelt
-würden, so wären etwa 16 Krankenzimmer unbedingt ausreichend
-für Spitalzwecke.
-</p>
-
-<h4 id='E_03_a_0'>
-3. a) Der Erziehungs- und Volksschul-Unterrichtsdienst.
-</h4>
-
-<p>
-Das Erziehungs- und Unterrichtswesen der Gemeinde und des
-Quartiers untersteht einem Pädagogen. Er wird selbst am Unterricht
-sich beteiligen, vorzüglich aber die Oberaufsicht jener Geschäfte
-führen, die das Erziehungs- und Unterrichtswesen betreffen. Er
-<span class='pagenum'><a id='Page_59' name='Page_59' href='#Page_59'>[59]</a></span>
-stellt die Erziehungs- und Unterrichtsstatistik zusammen, hat für die
-Beobachtung der Gesetze und eventuell deren Ergänzung zu sorgen,
-in den Disziplinarfällen des ihm untergeordneten Personals dem
-Verwaltungsbeamten Vortrag zu halten und den leitenden Einfluß
-auf die gesamte geistige Bewegung in der Gemeinde (dem Quartier)
-zu nehmen.
-</p>
-
-<p id='E_03_a_0al2'>
-Außer ihm werden in jeder Gemeinde <ins class='correction' title='(Quartier'>(Quartier)</ins> mit volksschulpflichtigen
-<ins class='correction' title='Kindern)'>Kindern</ins> sieben oder acht Fachlehrer für die acht
-oberen Klassen bestellt werden und der Unterricht in den ersten vier
-Klassen wird vier Personen des weiblichen Erziehungspersonales
-überlassen werden können. Der <ins class='correction' title='Pädagog'>Pädagoge</ins> und die Lehrer werden
-sich verdient machen, wenn sie sich ab und zu an den Vorträgen
-beteiligen, die vor der gesamten Gemeinde über die Fortschritte in
-den einzelnen Wissenszweigen nach Art der <i>university extension</i>
-gehalten werden sollen, wobei übrigens auch auf Gelehrte, Forscher,
-Akademiker, höhere Lehrpersonen und Erfinder gerechnet werden
-wird und wobei tunlichst viele Demonstrationen vorgeführt werden
-sollen. Da man annehmen kann, daß die Volksschullehrer der acht
-oberen Klassen in wissenschaftlicher Beziehung auf der Höhe unserer
-heutigen Mittelschulprofessoren stehen werden, kann der populärwissenschaftliche
-Vortrag an mindestens einem Tage in der Woche
-für jede Urgemeinde gewiß sichergestellt werden.
-</p>
-
-<p>
-Sind besondere Klassen für Mädchen eingerichtet, so werden
-für selbe weibliche Fachkräfte zu bestellen sein. Für die Überwachung
-des Erziehungs- und Schuldienstes werden im <ins class='correction' title='Berzirke'>Bezirke</ins>,
-Kreise, der Provinz höhere Lehrpersonen, Einzelne oder Kollegien,
-zu bestellen sein, welche den Geschäftsgang zwischen den untersten
-Organen und der Zentralverwaltung zu vermitteln haben.
-</p>
-
-<p>
-Wir wissen, welches Interesse unsere Universitäten für die
-psychologischen Versuchsanstalten in neuerer Zeit gezeigt haben.
-Sie werden nützliche Vorarbeiten leisten, welche dem künftigen Erziehungs-
-und Verwaltungsdienste <ins class='correction' title='zu statten'>zustatten</ins>
-kommen werden. Doch wird man sich dann mit vereinzelten Beobachtungen nicht begnügen,
-sondern soviel als möglich Beobachtungen an jedem einzelnen Individuum
-machen und die einzelnen Personen zu Selbstbeobachtungen
-heranbilden.
-</p>
-
-<p id='E_03_a_0al1'>
-Die Unterrichtspersonen<span class='pagenum'><a id='Page_60' name='Page_60' href='#Page_60'>[60]</a></span>
-werden 4 oder 5 Lehrstunden im Tage geben können, nachdem die Zahl der Schüler 25 in einer Klasse
-nicht übersteigen soll und demnach auch die Revision der Aufgabenhefte
-weniger Arbeit macht.<a name='FA_9' id='FA_9' href='#FN_9' class='fnanchor'>[9]</a>
-Die Ferien werden wohl etwas kürzer bemessen werden als heute.
-</p>
-
-<p>
-Der Volksunterricht ohne Spezialschulen und höhere Unterrichtsanstalten
-wird in einem Staate von 45 Millionen für die acht
-höheren Jahrgänge 360,000 Personen in Anspruch nehmen, nämlich
-8 Lehrpersonen für 1000 Bewohner. Vom untergeordneten Erziehungspersonale
-ist in <a href='#G_05_b_0'>VII, b,</a> die Rede. Es haben sich die Lehrkräfte
-an der Erziehung selbstverständlich mit zu beteiligen und besonders
-die Oberaufsicht im Verein mit den Pädagogen zu besorgen.
-Es werden ferner auch die Lehrkräfte vorzüglich zu Hilfsarbeiten
-für die Verwaltungsbeamten herangezogen werden und die statistischen
-Kalkulationsarbeiten besorgen oder, sofern die Menge dieser Arbeiten
-so groß wäre, daß Schulkinder zu deren Bewältigung herangezogen
-werden müßten, diese Arbeiten organisieren und leiten.
-</p>
-
-<p>
-Außerdem erwartet man von den Lehrpersonen nicht nur, daß
-sie sich in den Fortschritten ihrer wissenschaftlichen Fächer auf dem
-Laufenden erhalten, zu <ins class='correction' title='welchen'>welchem</ins> Ende ihnen die Verwaltung entsprechende
-Wochenschriften zusenden und mindestens in den Bezirksvororten
-vollständige Sammlungen der wissenschaftlichen Behelfe
-einrichten und fortlaufend ergänzen wird, sondern es wird auch
-vorausgesetzt, daß sie sich an der Forschung beteiligen, in welcher
-Richtung durch Vermittelung der Akademie eine gewisse Art von
-Organisierung stattfinden könnte, daß nämlich jedem gewisse Forschungsprobleme
-zugewiesen würden.
-</p>
-
-<p>
-Auch den Lehrpersonen würden regelmäßige Zusammenkünfte
-am Bezirksvororte und den Vertretern der einzelnen Fächer am Kreisvororte
-zur Pflicht gemacht.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_61' name='Page_61' href='#Page_61'>[61]</a></span>
-Zeigt es sich, daß die Frauen für den Betrieb der Wissenschaften
-als Schüler, Lehrer und Forscher eine der der Männer
-ebenbürtige Veranlagung haben, so wird es sich empfehlen, ihnen
-die Hälfte aller Lehrkanzeln offen zu halten.
-</p>
-
-<h4 id='E_03_b_0'>
-b) Höherer Unterricht.
-</h4>
-
-<p>
-Zur Pflege der eigentlichen Wissenschaft und Kunst und der
-Technik in allen ihren Zweigen dienen die Hochschulen, welche in
-der Reichshauptstadt vereiniget werden.
-</p>
-
-<p>
-Die Gründe dieser Konzentrierung sind folgende: Da die
-Reichshauptstadt in einem monarchischen Staate, wir haben hier
-Österreich im Auge, das eine habsburgische Monarchie bleiben oder
-zerfallen muß, der regelmäßige Wohnsitz der Familien des höchsten
-Adels ist, so entwickelt sich naturgemäß dort die höchste Blüte geselligen
-Lebens, also jene Atmosphäre, in welcher, wenn sie der
-richtige Geist erfüllt, das geistige Leben die meisten Anregungen
-empfängt. So wohl angebracht der Individualismus auf dem
-Gebiete der Forschung und der Kunst ist, so hat sich auch für dieses
-Gebiet des menschlichen Schaffens die Organisation zum Teile bewährt,
-wie die organisierte Kooperation der Sternwarten sich längst
-als förderlich erwiesen hat. Gerade jene großen Geister, die an der
-Spitze der geistigen Bewegung wirken, bedürfen auch ihrerseits der
-mannigfaltigsten Anregungen, sind dafür am meisten empfänglich
-und verbreiten auch wieder die mannigfaltigsten Anregungen, die
-gerade bei den hervorragendsten Männern und Frauen ihres
-Kreises am befruchtendsten wirken. Es hat also kaum einen Zweck,
-diese Personen zu trennen und in eine größere Anzahl von Orten
-zu zerstreuen, sie werden sich am wohlsten fühlen in einer großen
-Zentrale, welche alles umfaßt, was groß und herrlich ist, an Geist,
-schöpferischer Kraft und andererseits wieder an Schönheit und äußeren
-Vorzügen. Damit ist nur gesagt, daß ein solcher Mittelpunkt des
-geistigen Lebens gegeben sein wird, nicht daß die geistigen Größen
-dorthin gebannt werden müssen, da sie, sofern sie ihr Beruf daran
-nicht hindert, sich auch in die Stille der Einsamkeit zurückziehen
-mögen. Der Staat könnte einem Virchow auch auf jeder Alpe ein
-wissenschaftliches Institut ersten Ranges einrichten und ihm einen
-<span class='pagenum'><a id='Page_62' name='Page_62' href='#Page_62'>[62]</a></span>
-Stab von Hilfsarbeitern beigeben. Aber das sind jedenfalls Ausnahmsfälle
-und es wird schwerlich ein Rufer im Streit der Wissenschaft
-ein solches Bedürfnis empfinden.
-</p>
-
-<p>
-Diese Schicht der Bevölkerung bedarf für ihre Wirksamkeit
-eines unermeßlichen Schatzes an Gütern, Sammlungen, Bibliotheken,
-Maschinen, Stoffen und Instrumenten, ein Schatz, der in seiner
-ganzen Vollständigkeit nur an einem Orte vereinigt sein kann, dort
-aber Allen zugänglich sein wird, die seiner bedürfen.
-</p>
-
-<p>
-Es gibt im kollektivistischen Staate keinen Grund, der eine
-Dezentralisation dieser Anstalten wünschenswert machen würde. Im
-kollektivistischen Staate sind Provinzen, Kreise, Bezirke keine sogenannten
-historischen Individualitäten, sondern ihre Hauptorte Knotenpunkte
-für Administration, Reiseverkehr, Umsatz von Gütern und
-diese Städte haben keinen Grund, auf die Reichshauptstadt eifersüchtig
-zu sein. Denn in diesen Städten gibt es keine Eigentümer von
-Häusern und Grundstücken, die, auf die Erhöhung des Wertes
-ihres Besitzes bedacht, einen Anlaß hätten, die Errichtung einer Anstalt
-innerhalb des Weichbildes ihrer Stadt zu verlangen, ein Begehren,
-das sich in der heutigen Gesellschaftsordnung als politischer
-Faktor geltend macht. In unserer Gesellschaftsordnung macht sich
-der Besitz immer zum Schaden des Gemeinwohles geltend. So
-wie die Unbewohnbarkeit der Dörfer für Menschen, die eine höhere Kultur
-beanspruchen, demnach auch die ungesunde Verteilung der Bevölkerung
-auf die einzelnen Ortschaften, so ist auch wieder die Dezentralisation,
-wo sie nicht am Platze ist, lediglich eine Folge unserer
-Gesellschaftsordnung und demnach können die Erfahrungen unserer
-Tage keinen Beweis dafür liefern, daß die Verlegung der Universitäten
-in kleinere Städte irgendwie von Vorteil ist. Übrigens
-wird es von der politischen Geschichte, die Österreich bis zum
-Übergange zum Kollektivismus durchzumachen haben wird, abhängen,
-ob eine gleichberechtigte Metropole für Ungarn in Budapest aufrecht
-zu erhalten sein wird.
-</p>
-
-<p>
-Die heutige Gestaltung der Universitäten wird in einer vernünftigen
-staatlichen Einrichtung kaum noch mehr einen Bestand
-haben können, ja es scheint, als hätten sie sich auch für die heutige
-Gesellschaftsordnung überlebt. Das Überwiegen der theologischen
-<span class='pagenum'><a id='Page_63' name='Page_63' href='#Page_63'>[63]</a></span>
-und juristischen Studien, obwohl diese beiden Fakultäten nichts als
-Abrichtungsanstalten für den praktischen Dienst der Kirche und
-der heutigen Staatsverwaltung sind und sie als wissenschaftliche
-Forschungszentren gar keinen Wert haben, ist ebenso unnatürlich,
-wie das Zusammenpferchen mannigfaltiger und unendlich reicher
-wissenschaftlicher Disziplinen in einer einzigen philosophischen Fakultät
-und der Ausschluß der Technik, Bodenkultur und Forstwirtschaft,
-dann der Kunst aus dem Bereiche der Universitäten, wonach viele
-ebenbürtige Gebiete geistigen Schaffens an der Universität gar nicht
-vertreten, viele kümmerlich vertreten, dafür aber die rückständigen
-Disziplinen in den Vordergrund geschoben sind. Brutanstalten des
-Aberglaubens stehen wahrem Wissen nicht nur gleichberechtigt an
-der Seite, sondern sie überwuchern und dominieren, und so wird
-Vieles an den künftigen Universitäten zu hohem Ansehen gelangen
-und als gleichwertiger Teil einer wahren <i>universitas scientiarium
-et artium</i> am Hochschulleben teilnehmen, während Vieles nach
-und nach absterben wird, was vor 800 Jahren in Bologna oder
-Padua, oder in Paris eine hervorragende Rolle spielte. Es verdienten
-diese Wissenschaften schon heute keinen hervorragenden Platz
-mehr, und sie werden im Kollektivstaat nur kulturgeschichtlich in
-Betracht kommen.
-</p>
-
-<p>
-Die Universität wird als Forschungsanstalt im organischen
-Verbande mit der Akademie stehen und über unermeßliche Mittel für
-Forschungszwecke verfügen. Da der gesamte Verwaltungs-, Sanitäts-
-und Unterrichtsdienst mit wissenschaftlich gebildeten Personen besetzt
-sein soll, wird ein jährlicher Ersatz von 20,000 Abiturienten der
-Hochschulen erforderlich sein und es werden demnach an 100,000
-Universitätshörer die Hochschule frequentieren, zu deren Ausbildung
-eine Anzahl von etwa 10,000 Professoren erforderlich sein wird,
-welche in einem Staat, wie Österreich in den verschiedenen Landessprachen
-zu dozieren haben werden.
-</p>
-
-<p>
-Die staatliche Organisation verträgt im allgemeinen keine Überproduktion
-auf irgend einem Gebiete. Man wird daher den Hochschulunterricht
-in jedem Fache auf eine gewisse, nicht allzu eng bemessene
-Zahl von Hörern beschränken und wird wenigstens für einen
-bestimmten Teil von Lehrfächern vorschreiben, welche Kollegien die
-<span class='pagenum'><a id='Page_64' name='Page_64' href='#Page_64'>[64]</a></span>
-Studierenden zur Ausbildung für einen bestimmten Beruf zu hören
-und welche Seminare sie zu besuchen haben werden. Da der Staat
-die Absolventen auch zu versorgen und auch Jene zu erhalten hat,
-die keine wissenschaftliche Tauglichkeit erlangen, wird der Staat nicht
-nur die Berufung an die Universität auf jene beschränken, welche
-sich am besten dafür eignen, sondern es wird auch zu den Obliegenheiten
-der Professoren und ihrer Assistenten gehören, sich von den
-Fortschritten der Hörer in ihren Studien zu überzeugen, wozu eben
-die Seminare die Gelegenheit bieten.
-</p>
-
-<p>
-Als stimmfähigen Bürgern des Reiches, eine Eigenschaft, die man
-wahrscheinlich mit dem zurückgelegten achtzehnten Jahre, also vor
-Eintritt in die Universitätsstudien, erlangen wird, wird den
-Studierenden Anteil an den öffentlichen Angelegenheiten natürlich
-freistehen, ja Pflicht sein, aber die politische Demonstration, wie
-sie in unserer Zeit betrieben wird, wird man der studierenden
-Jugend ganz verwehren. An den geselligen Vereinigungen sollen
-sich die Lehrkräfte tunlichst beteiligen. Renitente Hörer wird man
-heimschicken und zu Sense und Sichel greifen lassen.
-</p>
-
-<p>
-Auch am höheren gesellschaftlichen Leben werden die Studierenden
-Anteil nehmen und sie werden daher Einladungen zu Hof und
-von Seite des Hochadels erhalten und ebenso werden ihnen die
-Bildungsanstalten offen stehen, welche dem ästhetischen Bedürfnisse
-entgegenkommen; Theater und musikalische Veranstaltungen u. <ins class='correction' title='dgl'>dergl</ins>.
-</p>
-
-<p>
-Der Wechsel der Unterrichtsfächer und des wissenschaftlichen
-Berufes, für den sich die Hörer ausbilden, wird zu gestatten sein,
-wenn es sich nicht <ins class='correction' title='blos'>bloß</ins> um eine Laune handelt und dabei wird
-es nicht darauf ankommen, ob die Studienzeit verlängert wird.
-</p>
-
-<p>
-Mädchen werden als gleichberechtigte Hörer zu den Universitätsstudien
-zugelassen werden, nach Maßgabe jedoch des Bedarfes für
-jene wissenschaftlichen Berufe, die den Frauen eröffnet werden.
-</p>
-
-<h4 id='E_03_c_0'>
-c. Die Akademie.
-</h4>
-
-<p>
-Es wurde bereits hervorgehoben, daß die Akademie als oberste
-Vereinigung aller Jener, die auf dem Gebiete des geistigen Vermögens
-über alle hervorragen, in einem organischen Verband mit der
-Zentralhochschule stehen soll. Der Akademiker bekleidet den höchsten Rang
-<span class='pagenum'><a id='Page_65' name='Page_65' href='#Page_65'>[65]</a></span>
-im Staate, wird in der Regel aus der Reihe der Hochschulprofessoren
-hervorgehen, entweder durch die Wahl der Akademie selbst, mit oder
-ohne Bestätigung des Monarchen, seinen Platz einnehmen oder von
-der Unterrichtsverwaltung ernannt werden, er wird unabsetzbar sein
-und die größten Ehrenvorzüge und materiellen Vorteile, immer mit
-Ausschluß jeden Eigentums, genießen. Inwiefern seine Familie an
-jenen Vorteilen, so lange er lebt, teilnimmt, wird zu erwägen sein.
-Wenn zu den materiellen Vorteilen auch ein reicher Hausstand, ausgedehnte
-Wohnungs- und Repräsentationsräume gehören, werden Frau
-und Töchter allerdings die oberste Leitung des Hauswesens und der
-Hausgenossen über sich haben können, aber im allgemeinen ist der
-Grundsatz zu beobachten, daß Verdienste nicht vererbbar sind und
-der Lohn sich auf denjenigen zu beschränken hat, der sich verdient
-gemacht hat. Es gibt nur einen Erben, den Staat, und so erbt er
-auch die Verdienste.
-</p>
-
-<p>
-Der Akademiker kann auch zugleich Professor sein, jedenfalls
-werden ihm alle wissenschaftlichen Institute seines Faches für seine
-eigenen Forschungsarbeiten und die seiner Hilfsarbeiter zu Gebote
-stehen und, so wie die Zahl der Akademiker eine unbeschränkte ist,
-da mit der Ausdehnung und fortgesetzten Spaltung und Differenzierung
-der verschiedenen Wissenschaften sich immer neue Lücken auftun
-werden, die man auszufüllen genötigt sein wird, so wird sich
-auch die Akademie nach den jeweiligen Bedürfnissen in Sektionen
-und Unterabteilungen gliedern, welche gesonderte und Einzelberatungen
-möglich machen. Die Aufgabe der Akademie wird es sein, jeweilig
-die wichtigsten Forschungs- und Kunstziele für die nächste Zeit festzustellen
-und bekannt zu machen.
-</p>
-
-<p>
-Die Akademie wird nicht nur Forscher, sondern auch Techniker
-und Künstler jeder Art, welche einen alle überwiegenden Rang erklommen
-haben, als gleichberechtigte Mitglieder aufnehmen und sich
-nicht auf jene wissenschaftlichen Zweige beschränken, die heutzutage in
-den Akademien vertreten sind.
-</p>
-
-<p>
-Der naturwissenschaftlichen und astronomischen Forschungen wegen
-wird sich das Reich nicht mit dem vaterländischen Boden allein begnügen
-können, sondern wissenschaftliche Stationen in allen Teilen
-der Erde zu errichten trachten, welche unter der obersten Leitung der
-<span class='pagenum'><a id='Page_66' name='Page_66' href='#Page_66'>[66]</a></span>
-Akademie stehen. So wird der Kollektivismus auf allen Gebieten
-einen Fortschritt entfesseln, welcher alles übertrifft, was bisher bekannt
-war und für dessen Befruchtung die heutige Gesellschaftsordnung
-die Mittel nicht schaffen kann.
-</p>
-
-<p>
-Noch sei erwähnt, daß das weibliche Geschlecht von den Lehrkanzeln
-der Hochschulen und von den curulischen Stühlen der Akademie
-keineswegs ausgeschlossen sein wird, vielmehr die Lehrkanzeln für
-Frauenkrankheiten und das weibliche Geschlechtsleben mit Inbegriff
-der anatomischen, pathologischen und physiologischen Hilfsinstitute der
-Gynäkologie geradezu den Frauen als Forschern, Lehrern und Schülern
-reserviert sein werden.
-</p>
-
-<p>
-Die Fachabteilungen der Akademie werden auch der Verwaltung
-Anfragen zu beantworten und Anträge und Gutachten zu erstatten
-haben. Sie werden auch literarische Arbeiten begutachten.
-</p>
-
-<h2 id='F_00_0_0'>
-VI.<br /><br />
-Dauernde Einrichtungen und Verwaltungsbehelfe.
-</h2>
-
-<hr class='h2bot' />
-
-<h3 id='F_01_0_0'>
-1. Die Wohnungsansiedelungen.
-</h3>
-
-<p>
-Die heutigen Wohnungsansiedelungen sind für den kollektivistischen
-Staat ziemlich ungeeignet und nur weil eine völlige Umgestaltung
-innerhalb kurzer Zeit unmöglich ist, wird man sich anfangs
-mit den vorhandenen Wohnbauten und Ortschaften behelfen müssen.
-Im nachfolgenden werden die Wohnungsansiedelungen verschiedener
-Ordnung besprochen, wie sie mit Rücksicht auf Produktion, Verwaltung,
-Erziehung, Unterricht, Geselligkeit, die Bedürfnisse des Einzelnen
-und der Gesamtheit im Kollektivstaate einzurichten wären.
-</p>
-
-<p>
-Insbesondere wird man Wohnungsansiedelungen irgend welcher
-Art nicht in solchen Gegenden dulden oder errichten, wo erfahrungsmäßig
-größere Gefahren von Elementarereignissen drohen, Lawinen,
-Eruptionen von Vulkanen, Erdbeben, Überschwemmungen usw.
-</p>
-
-<h4 id='F_01_a_0'>
-a) Urgemeinden und Dörfer.
-</h4>
-
-<p>
-Die Gemeinden niederster Ordnung, welche man bisher Dörfer
-oder Weiler nannte, wollen wir die Urgemeinden nennen. Sie sollen
-die gesamte produktive Bevölkerung beherbergen, nicht nur die der
-Urproduktion sich widmende, wesentlich bäuerliche Bevölkerung, sondern
-auch die gesamte Industrie- und gewerbliche Bevölkerung wird ausschließlich
-in diesen Urgemeinden und den Bezirksvororten, welche
-schon um eine Stufe höherer Ordnung sind, angesiedelt und dadurch
-dem Übelstande abgeholfen, daß der Bildungs- und Kulturstand der
-Bauern und der Industriebevölkerung ein wesentlich verschiedener ist.
-Die Dorfbewohner können unter den heutigen Verhältnissen nur eine
-<span class='pagenum'><a id='Page_68' name='Page_68' href='#Page_68'>[68]</a></span>
-sehr unvollkommene Schulbildung erlangen, während die in den Städten
-angesiedelte industrielle und gewerbliche Bevölkerung in den städtischen
-Volks- und Bürgerschulen eine viel höhere Ausbildung erlangen
-kann. Auch die Weltanschauung dieser beiden Bevölkerungsschichten
-ist heute eine wesentlich verschiedene. In den Dörfern hat Klerus
-und Religion eine viel größere Bedeutung als in der Industriebevölkerung
-der Städte. Und wenn diese beiden Volksschichten in den
-Urgemeinden und Bezirksvororten angesiedelt und die Städte nur
-einer ausgewählten Bevölkerung höherer wissenschaftlicher Ausbildung,
-dann den Hochschulen und dem Reiseverkehr vorbehalten werden sollen,
-so soll das nicht geschehen, um die Ausbildung der Industriebevölkerung
-zu verkümmern, sondern vielmehr um sie beträchtlich über
-das heutige Niveau hinauszuheben, aber die heutige bäuerliche oder
-Dorfbevölkerung ihr in der Ausbildung vollkommen gleichzustellen.
-</p>
-
-<p>
-Aber nicht nur dieses wesentlich soziale Bedürfnis soll durch die
-hier vorgeschlagene Ausdehnung der Urgemeinden und die damit zusammenhängende
-Verteilung der Bevölkerung befriediget werden, auch
-zahlreiche wirtschaftliche Vorteile hängen damit zusammen und die
-Ermöglichung einer, das ganze Volk umfassenden staatlichen Erziehung,
-ein intensiverer Landbau, eine größere Frachtökonomie und vieles andere
-ist davon abhängig. Auch eine wirkliche Assanierung der ländlichen
-<em class='gesperrt'>und</em> der städtischen Ansiedlungen ist anders, als wie die Ansiedlungen
-hier gedacht sind, kaum möglich.
-</p>
-
-<p>
-Durch diese Verteilung der Bevölkerung und die Einrichtung
-der Urgemeinden, welchen im Wesentlichen die nächst höhere Stufe
-der Wohnungsansiedelungen, die Bezirksvororte, beizuzählen sind, soll
-die Besiedelung der Urgemeinden auf rund 1000 Köpfe gebracht
-werden, welche höchstens 240 Kinder im schulpflichtigen Alter, das
-für den kollektivistischen Staat vom 6. bis zum 18. Jahre, also
-zwölf Jahre dauern soll, enthalten wird. Das gibt eine entsprechende
-Anzahl von durchschnittlich 20 Schulkindern in jedem der Schuljahrgänge
-und ermöglicht einen außerordentlich vollkommenen Volksschulunterricht,
-welchem entsprechend der Unterrichtsdienst, wie in <a href='#E_03_a_0'>V, 3, a,</a>
-dargestellt, organisiert sein soll.
-</p>
-
-<p>
-Alle Altersstufen sind in einer solchen Urgemeinde genügend besetzt,
-die Geselligkeit wird eine reichhaltige sein und, hält man sich
-<span class='pagenum'><a id='Page_69' name='Page_69' href='#Page_69'>[69]</a></span>
-an eine solche Maximalzahl von 1000 Köpfen, so kann man die Urgemeinden
-nach einem gewissen Schema erbauen, hat nicht nötig der
-Volksvermehrung wegen die bestehenden Ansiedlungen zu erweitern,
-sondern wird für sie immer wieder neue Urgemeinden erbauen. Ein
-solches Schema für die Urgemeinden, wie es in seinen Hauptzügen
-nachfolgend geschildert wird, steht doch einer großen Mannigfaltigkeit
-und Individualisierung der einzelnen Urgemeinden, insbesondere in der
-Architektur, der dekorativen Ausschmückung und in der Benützung der
-Terrainverhältnisse nicht im Wege.
-</p>
-
-<p>
-Wie der Bevölkerungsstand der Urgemeinden, nicht pedantisch
-aber innerhalb gewisser, durch die Verwaltungsinteressen gezogener
-Grenzen, konstant erhalten werden kann, ist in <a href='#F_02_0_0'>VI, 2,</a> genau angegeben.
-</p>
-
-<p>
-In der Urgemeinde wird es sich empfehlen, die eigentliche
-Wohnungsansiedlung von den Wirtschaftsgebäuden und Betriebsstätten
-zu trennen, besonders weil die Stallungen einen schlechten
-Geruch verbreiten und sich dort Ungeziefer und Insekten aufhalten,
-welche lästig werden. Auch andere Betriebsstätten verderben die Luft,
-daher es am besten wäre, wenn sie von der eigentlichen Wohnungsansiedlung
-durch einen breiten Streifen dichten Waldes getrennt
-wären. Die Landstraße (oder Eisenbahn, Kanal usw.) wird an den
-Wirtschaftsgebäuden und Betriebsstätten vorbeiführen und zwischen ihnen
-und der Wohnungsansiedlung eine Zweigstraße, vielleicht mit einer
-Geleisanlage, hergestellt werden.
-</p>
-
-<p>
-Die Mitte der eigentlichen Wohnungsansiedlung wird ein großer
-Bau &mdash; den ich Gemeindepalast nennen will &mdash; einnehmen, in welchem
-sich Küchen, Wäscherei, Keller, gewisse Arten von Bädern, dann die
-Versammlungssäle für die gemeinsamen Mahlzeiten und Geselligkeit,
-Schulzimmer, Amtsräume und Bibliothek befinden. In vier großen
-Gebäuden, welche den Gemeindepalast umgeben, könnten je 256, zusammen
-1024 Schlafzellen (richtiger Wohnungseinheiten für die Nachtruhe)
-erbaut werden, nämlich in 4 Gebäuden, jedes mit 4 Flügeln,
-die von einer Zentralstiege aus zugänglich sind, und in jedem der
-vier Stockwerke, einem Hochparterre, 1., 2. und 3. Stock, je 16 Wohnungseinheiten,
-8 zu beiden Seiten des Kommunikationsganges, enthalten.
-Diese Wohnungseinheiten würden nach Wunsch der Ortsinsassen
-in Wohnzellen zum Alleinbewohnen, oder größere und kleinere
-<span class='pagenum'><a id='Page_70' name='Page_70' href='#Page_70'>[70]</a></span>
-gemeinschaftliche Schlafgemächer, oder auch Familienwohnungen abgeteilt.
-Zwischen diesen fünf großen Gebäuden wären Gärten anzulegen,
-Freibäder und Eislaufplätze einzurichten und Verbindungen
-durch gedeckte Gänge herzustellen. Für gewisse Arten von Bädern
-wäre in jedem Stockwerke der Schlafhäuser Vorsorge zu treffen. Um
-die Fäkalien jeden Tag entfernen zu können, wird es sich empfehlen,
-die Abortgruben durch unterirdische Gänge zu verbinden und diese
-an einer entsprechenden Stelle ins Freie münden zu lassen. Nach
-bestimmten Typen wäre für Beheizung, Beleuchtung, Ventilation,
-gesundes Wasser, Spaziergänge usw. vorzusorgen. In manchen Beziehungen
-können auch Verschiedenheiten in den Gemeinden zugestanden
-werden, daher es sich empfehlen würde, jeder Gemeinde ein bestimmtes
-Maß von Aufwand, ausgedrückt in Material und Arbeit, zu dem Zwecke
-einzuräumen, um Gemeindeanstalten nach dem Wunsche der Ortsbewohner
-zu errichten, welche ihnen besondere Annehmlichkeiten bieten
-und eine Individualisierung der Ansiedlungen ermöglichen sollen.
-Man könnte an Wintergärten, Volieren, Glashäuser, Aussichtstürme,
-Parkwege denken. In diesen Urgemeinden, mit Einschluß der Bezirksvororte,
-von welchen sofort die Rede sein wird, sollen 95-98%
-der Bevölkerung angesiedelt sein, ja mehr noch, da in den städtischen
-Ansiedlungen der größere Teil der Besiedelung die Reisenden sind, wovon
-wieder die meisten beurlaubte Bewohner der Urgemeinde sein werden.
-</p>
-
-<p>
-Der allgemeine Charakter der Urgemeinden wäre also: Besiedelung
-nicht nur durch jene Bevölkerung, die wir heute die bäuerliche
-nennen und durch die Arbeiter der Urproduktion, sondern auch
-durch die Industrie- und gewerbliche Bevölkerung und eine große
-Zahl wissenschaftlich gebildeter Personen, Trennung der Wirtschaftsgebäude
-und Betriebsstätten von der eigentlichen Wohnungsansiedlung,
-in dieser Trennung der Schlafhäuser vom Gemeindepalaste und
-Einrichtung der Bauten für eine Gesamthauswirtschaft, welche gemeinsame
-Speisebereitung und die Zentralisierung aller heute familienweise
-betriebenen hauswirtschaftlichen Arbeiten ermöglicht.
-</p>
-
-<h4 id='F_01_b_0'>
-b) Die Bezirksvororte.
-</h4>
-
-<p>
-Nach einem bestimmten Verhältnisse und teilweise dem Charakter
-des Landes angemessen wären nach Art der heutigen Märkte
-<span class='pagenum'><a id='Page_71' name='Page_71' href='#Page_71'>[71]</a></span>
-Ortschaften, die zu den Urgemeinden gehören, zu Bezirksvororten zu erweitern
-und sie werden etwa zwei Gemeindepaläste und sechs Schlafhäuser
-enthalten und Raum für 1500 Bewohner bieten. Hier werden
-Verwaltungsbeamte, Ärzte und Unterrichtspersonen von höherem
-Range ihren Sitz haben, etwa eine Fachlehranstalt für Gewerbe,
-Landbau, Gartenbau, Bergbau oder für Musik, bildende Kunst,
-Kunstgewerbe errichtet, eine größere Fabrik betrieben, größere Magazine
-eingerichtet und schon für <ins class='correction' title='Fremdenbeherbung'>Fremdenbeherbergung</ins> gesorgt, da die
-Reisenden, welche das Land zu Fuß durchziehen, oder sich eines Fahrrades
-oder Reitpferdes bedienen, nur in sehr geringer Zahl in den
-Urgemeinden Unterkunft finden können. Auch eine große Zahl von
-arbeitsbefreiten Alten, <a href='#L_01_c_0'>XI, 1, e,</a> wird in den Bezirksvororten Platz
-finden. Hier werden größere Bücherbestände und Sammlungen
-untergebracht, Versammlungen der Verwaltungsbeamten, Ärzte und
-Lehrpersonen, dann Volksversammlungen des ganzen Bezirkes abgehalten
-und kleine Bühnen eingerichtet für Vorstellungen fliegender
-Truppen oder von Dilettanten und für größere Konzertaufführungen.
-</p>
-
-<p>
-Wo es ökonomische Verhältnisse gebieterisch fordern, daß viele
-Tausende von Arbeitern an einem Orte vereiniget werden, um in
-Bergwerken oder großen Fabriken zu arbeiten, wird man das vorstehende
-Schema der Ansiedlungen verlassen müssen. Aber das wird
-so viel als möglich zu vermeiden sein.
-</p>
-
-<h4 id='F_01_c_0'>
-c) Die städtischen Ansiedlungen.
-</h4>
-
-<p>
-Hierher gehören nur die Kreisstädte, etwa hundert für einen
-Staat wie Österreich, die Provinzialstädte, etwa 10-15 für einen
-solchen Staat, und die Reichshauptstadt. Doch sollen, die Reisenden
-eingeschlossen, die Kreisstädte nur je 4000 Personen, die Provinzstädte
-je 15-20,000 Personen, die Reichshauptstadt nur 400,000 Personen
-beherbergen können. Die stabile Bevölkerung werden nur die
-höheren Behörden und Unterrichtsanstalten mit einem kleinen Stabe
-von Handwerkern und hauswirtschaftlichen Arbeitern (Köchinnen,
-Wäscherinnen, Stubenmädchen u. dergl.) bilden und in der Reichshauptstadt
-außer der kaiserlichen Familie und dem hohen Adel, wenn
-ein solcher fortbesteht, die Beamten der Zentralbehörden, die Akademiker,
-Universitätsprofessoren und Hochschüler bleibend wohnen.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_72' name='Page_72' href='#Page_72'>[72]</a></span>
-Die städtischen Ansiedlungen sollen in Quartiere zerlegt werden,
-deren jedes tausend Personen beherbergen und verpflegen kann. Ein
-solches Quartier untersteht der Leitung eines Verwaltungsbeamten
-untersten Ranges und verfügt über dasselbe ärztliche Personal, wie
-eine Urgemeinde. Ob aber auch das Erziehungs- und Unterrichtspersonal
-für ein Quartier aufgestellt wird, wie für eine Urgemeinde,
-hängt von Umständen ab. Es mag eines der Quartiere einer Kreisstadt
-eine Volksschule haben für die Kinder der wenigen dauernd angesiedelten
-Familien. Aber Quartiere, welche nur Studenten oder
-Reisende aufnehmen, brauchen keine Volksschule. Ähnliche Verhältnisse
-werden für die Provinzialstädte und die Reichshauptstadt gelten.
-Eine ganze Reihe von Quartieren solcher Städte brauchen keine
-Volksschulen und kein Volkserziehungspersonal.
-</p>
-
-<p>
-Die Urgemeinden eines Bezirkes würden mit dem Bezirksvororte
-und dieser mit der Kreisstadt durch Telephone verbunden, welche
-von den Amtslokalitäten direkt zu den Amtslokalitäten gingen; weiterhin
-würde eine telephonische und eine telegraphische Verbindung von
-den Kreisstädten zu den Provinzstädten und von hier zur Reichshauptstadt
-führen.
-</p>
-
-<p>
-Diese Verteilung der Ansiedlungen und ihre hier vorgeschlagene
-Einrichtung muß man sich vor Augen halten, um die sonstigen organischen
-Einrichtungen, wie sie im nachfolgenden entworfen sind, zu
-verstehen, wobei kein einziger Vorschlag als etwas Unabänderliches
-oder das Beste gedacht ist, aber die Orientierung bieten soll, welche
-Vorteile die Zentralisation von Produktion und Verteilung und die
-Naturalwirtschaft der individualistischen Gesellschaftsordnung gegenüber
-für Ökonomie, Kultur und die höchsten Gesellschaftszwecke haben
-würde.
-</p>
-
-<p>
-Während im Kollektivismus das allgemeine Interesse immer
-den Vorrang hat und der Individualismus nur geduldet wird, wo
-er sich als nützlich erweist, also nicht in wirtschaftlichen Dingen, ist
-in unserer Gesellschaftsordnung der Staat von den Individuen abhängig,
-welche sich im Besitze der politischen Macht befinden. In
-unserer Gesellschaftsordnung ist der Staat nur geduldet und er wird
-von den herrschenden Parteien für ihre Zwecke ausgebeutet. Der
-Kollektivismus macht dem ein Ende.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_73' name='Page_73' href='#Page_73'>[73]</a></span>
-Je genauer und ausschließlicher die gesamten <ins class='correction' title='Wohnungseineinrichtungen'>Wohnungseinrichtungen</ins>
-den hier geschilderten kollektivistischen Charakter an sich
-tragen werden, um so schwieriger werden sie es machen, wieder zum
-Individualismus zurückzukehren, daher revolutionäre Angriffe, weil
-gegenstandslos, nicht mehr zu fürchten sind.
-</p>
-
-<h3 id='F_02_0_0'>
-2. Die Verteilung der Bevölkerung.
-</h3>
-
-<p>
-Nach den in <a href='#F_01_a_0'>VI, 1, a,</a> entwickelten Grundsätzen wären die Urgemeinden
-für je 1000 Bewohner einzurichten und die eigentlich
-städtische Bevölkerung in den Kreisstädten, Provinzialstädten und der
-Reichshauptstadt würde selbst in einem großen Reiche weniger als
-eine Million betragen. Ein großer Teil der städtischen Quartiere
-würde zur Beherbergung von Reisenden dienen. Wenn in unserer
-Zeit es zahlreiche Städte mit einer Bevölkerung von mehr als
-100,000 Bewohnern gibt und die Reichshauptstädte Millionen von
-Bewohnern zählen, so ist das eine offenbare Krankheit, welche im
-innigsten Zusammenhange mit der Gesellschaftsordnung steht.
-</p>
-
-<p>
-Die sanitären Übelstände der Riesenstädte sind schon oft erörtert
-worden, aber hier werden die sozialen und volkswirtschaftlichen Vorteile
-einer anderen Verteilung der Bevölkerung zur Sprache kommen.
-</p>
-
-<p>
-Im allgemeinen hätte jeder Volksgenosse das Recht, im Lande
-zu wohnen, ohne eigentlich ein Heimatsrecht in einer bestimmten Gemeinde
-zu haben. Als Grundsatz hätte zwar zu gelten, daß jeder
-in der Gemeinde dauernd bleibe, wo er geboren wurde, aber davon
-würde eine Reihe von Ausnahmen gemacht werden. Zunächst würde
-sich ein solches Recht, im Geburtsorte dauernd zu wohnen, nicht auf
-die städtischen Quartiere erstrecken, in welche nur ausgewählte Personen
-zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder Einzelne ohne
-Beruf zur Belohnung ihrer persönlichen Verdienste aufgenommen
-würden, wodurch aber ihre Ehegenossen und Kinder kein eigenes Recht
-erlangen würden, vielmehr einer Urgemeinde zugeschrieben blieben.
-Bis zu einem gewissen Alter würden die Kinder von ihrer Heimatszugehörigkeit
-abgesehen, den Eltern in ihren Wohnsitz zu folgen haben
-und ebenso in der Regel die Frau dem Manne. Letztere Regel
-könnte eine Ausnahme erleiden, wenn die Frau eine hervorragende
-<span class='pagenum'><a id='Page_74' name='Page_74' href='#Page_74'>[74]</a></span>
-Stellung einnehmen würde, wodurch sie an einen bestimmten Ort
-gebunden ist, während der Mann eine untergeordnete Stellung einnähme,
-für welche das Domizil weniger entscheidend wäre. Eine
-Veränderung des Domizils wäre teils mit Einwilligung der Staatsverwaltung
-gestattet, teils mit dem Wechsel des Berufes oder einer
-Anstellung von selbst gegeben.
-</p>
-
-<p>
-Besonders liberal würde die Veränderung des Wohnsitzes jenen
-zugestanden werden, die von der geregelten Arbeit befreit sind, sei es
-wegen Erreichung der Altersgrenze, oder erblich, oder als Lohn für
-hervorragende Dienste, oder weil ihnen vom Staate die Ausübung
-eines Berufes gestattet wäre, der naturgemäß an einen bestimmten
-Wohnsitz nicht gebunden ist. Siehe <a href='#H_09_n_0'>VIII, 9, n.</a>
-</p>
-
-<p>
-Da die Wohnstätten gleicher Art nicht so vollständig gleiche
-Annehmlichkeiten bieten,<a name='FA_10' id='FA_10' href='#FN_10' class='fnanchor'>[10]</a> daß es jemand ganz gleichgültig sein könnte,
-in welcher Gemeinde oder in welchem Quartier er wohnt, und da
-auch die Nachbarschaft von Freunden, Verwandten oder von gleichstrebigen
-Personen den Wunsch, da oder dort zu wohnen, bestimmen
-kann, wird innerhalb der Grenzen der Verwaltungsinteressen die
-freie Wahl des Wohnortes als Lohn bewilligt, die unerwünschte Versetzung
-als Strafe verhängt werden, wie es auch heute mit Offizieren
-und Staatsbeamten gehalten wird. Dabei wird aber auch das
-Mitinteresse der Familienmitglieder in Betracht kommen. Verwaltungsinteressen
-können in Frage kommen, welche aus der Verteilung
-der Betriebsstätten oder aus der Stellung eines Individuums
-im Amte oder an einer Betriebsstätte hergeleitet werden. Ein
-qualifizierter Arbeiter einer bestimmten Art von Fabriken wird
-immer nur in einer Fabrik gleicher Art Verwendung finden können,
-und vorausgesetzt, daß dort eine Stelle für ihn frei wird. Das
-Verwaltungsinteresse kann auch bedingen, daß jemand von einem
-Orte wegversetzt wird, der übervölkert ist, oder nach einem Ort versetzt
-wird, der neu erbaut wird, oder entvölkert ist, oder wo eine
-freie Stelle besetzt werden muß.
-</p>
-
-<p>
-Ob es im Interesse der Produktion gelegen sein wird, auch
-in Zukunft vereinzelte Wohnstätten außerhalb der geschlossenen
-<span class='pagenum'><a id='Page_75' name='Page_75' href='#Page_75'>[75]</a></span>
-Ortschaften, z. B. auf einer Alpe anzulegen, wird die Erfahrung lehren.
-Auch hier wird die Versetzung an solche einsame Gehöfte als Lohn
-oder als Strafe zu gelten haben. Eine Familie aber, welcher
-erziehungs- und schulpflichtige Kinder angehören, wird nur in geschlossenen
-Ortschaften wohnen können. Ein junges Ehepaar wird
-vielleicht recht gern die Honigwochen auf einer Alpe oder in einem
-einsamen Gehöfte verbringen.
-</p>
-
-<p>
-Im Interesse der gleichmäßigen Verteilung der Bevölkerung
-auf die Gemeinden und im Interesse einer gleichmäßigen Besetzung
-der Schulklassen wird es liegen, zeitweilig kleine, unmerkliche Verschiebungen
-der Bevölkerung vorzunehmen, wobei vor allem die Zustimmung
-der Beteiligten entscheidend sein wird. Da aber vielen
-Menschen der Veränderungstrieb angeboren ist, so wird dies ohne
-große Reibung möglich sein. Wenn auch die Gewöhnung an eine
-bestimmte Gegend und Gemeinde, an Freunde und Verwandte die
-meisten Bewohner einer Gemeinde fesseln wird, so wird sich bei
-einigen auch ein entgegengesetztes Bestreben geltend machen und
-dieses kann benützt werden, um eine unmerkliche Verschiebung von
-einer Gemeinde zur Nachbargemeinde und so fort vorzunehmen, damit
-die Verteilung der Bevölkerung tunlichst konstant erhalten bleibe.
-Dabei werden am meisten Personen in Frage kommen, die einem
-geeigneten Berufe angehören, landwirtschaftliche Arbeiter und
-<ins class='correction' title='Fabriksarbeiter'>Fabrikarbeiter</ins>.<a name='FA_11' id='FA_11' href='#FN_11' class='fnanchor'>[11]</a>
-</p>
-
-<p id='F_02_0_0al'>
-Da bei einer Bevölkerung von 45 Millionen und einem Jahreszuwachse
-der Bevölkerung von 5 vom Tausend die Bevölkerung
-in Österreich jährlich im ganzen um 200,000 bis 250,000 Köpfe
-zunimmt, so wird es sich empfehlen die Urgemeinden jährlich um
-2-300 zu vermehren und so viele Urgemeinden jährlich neu aufzubauen,
-welche zur Aufnahme des zu erwartenden nächsten Jahreszuwachses
-erforderlich sind. Es ist das bei konstanten Verhältnissen
-leicht auf Jahre hinaus zu berechnen. Ob die Staatsverwaltung
-darüber und über die Verlegung gewisser Betriebsstätten nach der
-<span class='pagenum'><a id='Page_76' name='Page_76' href='#Page_76'>[76]</a></span>
-neuen Gemeinde und über die Zuweisung von Grund und Boden,
-Nutztieren usw. an dieselben, selbständig zu entscheiden haben wird,
-oder ob darüber Volksbeschlüsse einzuholen sind, wird die Verfassung
-oder der jeweilige Volkswille bestimmen. Auch die Besiedlung der
-Gemeinden wird Gelegenheit geben, eine Verschiebung der Bevölkerung
-in der oben angedeuteten Richtung vorzunehmen, da es die Natur
-der Sache mit sich bringt, daß die Bewohner der neuen Urgemeinden
-vorzüglich aus übervölkerten Gemeinden genommen werden.
-</p>
-
-<p>
-Da durchschnittlich in jedem Kreise jährlich 2-3 neue Urgemeinden
-aufgebaut werden, dürfte die Entscheidung, welche Familien
-und Einzelpersonen dahin übersiedeln sollen, den Kreisbehörden überlassen
-werden, nur insofern jemand aus anderen Kreisen oder Provinzen
-dahin verpflanzt werden soll, wird die Verfügung von der
-Provinzialbehörde oder den Zentralstellen zu erlassen sein. Da anzunehmen
-ist, daß diese Urgemeinden von Jahr zu Jahr reicher
-ausgestattet werden, weil das dem Fortschritte der Erfindungen entspricht,
-muß man vermuten, daß sich immer mehr Personen zur
-Übersiedlung anmelden, als neue Wohnstellen frei werden und
-die administrativen Interessen werden bei der Auswahl unter den
-Bewerbern den Ausschlag geben.
-</p>
-
-<p>
-Im Ganzen gibt es also Hilfsmittel genug, um eine im
-großen und ganzen den staatlichen Interessen entsprechende Verteilung
-der Bevölkerung aufrecht zu erhalten. Eine absolute Freizügigkeit
-kann natürlich nicht zugestanden werden, schon deshalb nicht, weil
-der Staat Alleineigentümer aller Wohnbauten ist, also niemand
-ohne Erlaubnis des Staates sich irgendwo niederlassen kann. Aber
-praktisch wird die freie Beweglichkeit von Ort zu Ort viel größer
-sein, als in den heutigen Verhältnissen.
-</p>
-
-<p>
-Wenn, allen Vorsichten bei der Anlage zum Trotze, durch
-Brände, Erdbeben, Bergrutschungen und andere Elementarschäden
-dieser Art Wohnungen zerstört werden, werden die obdachlosen Bewohner
-sofort in anderen Häusern, erforderlichenfalls in anderen
-Gemeinden untergebracht werden nach dem Grundsatze, daß alle
-Güter für alle Volksgenossen bestimmt sind. In unserer Gesellschaftsordnung
-ist das mit der größten Schwierigkeit verbunden.
-</p>
-
-<h3 id='F_03_0_0'>
-3. Die Evidenthaltung der Bevölkerung.
-</h3>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_77' name='Page_77' href='#Page_77'>[77]</a></span>
-Die Wohngemeinde eines Kollektivisten ist in der Regel auch
-seine Aufenthaltsgemeinde, wobei aber die tunlichst freie Bewegung
-innerhalb des ganzen Bezirkes gestattet werden soll, sodaß nicht nur
-am Sonntag der freie Verkehr im ganzen Bezirke wird stattfinden
-können, sondern auch den Erwachsenen freigestellt werden kann, das
-Abendmahl gegen rechtzeitige Meldung in einer anderen Gemeinde
-des Bezirks einzunehmen oder selbst dort die Nacht zu verbringen,
-wenn nur die Arbeit nicht versäumt wird. Außerdem aber kann
-ein Kollektivist auch sonst dauernd oder vorübergehend den Aufenthalt
-außerhalb der Wohngemeinde und des Wohnbezirkes nehmen.
-So dauernd ein noch in der Erziehung stehendes Kind oder ein
-junger Mensch, wenn er fern von seiner Familie in eine Unterrichtsanstalt
-aufgenommen wird, in welchem Falle seine Mutter oder
-Wahlmutter eine Pflegemutter zu bestellen hat, die nebst dem Erziehungspersonal
-die Aufsicht führt, und Erwachsene können durch
-ihren Beruf genötigt werden, auf längere Zeit außerhalb des Wohnbezirkes
-Aufenthalt zu nehmen, so Bedienstete der Verkehrsanstalten,
-oder bei einem Bau Beschäftigte, Abgeordnete, <a href='#C_03_0_0al'>III, 3,</a> <i>1. Alinea</i> oder
-auch Arbeitsbefreite, welche auswärts Besuche machen. Vorübergehend
-ist der auswärtige Aufenthalt der Reisenden, sei es, daß sie
-beurlaubt sind, oder daß Arbeitsbefreite eine Reise unternehmen,
-ohne ihren Wohnsitz aufzugeben.
-</p>
-
-<p>
-In der Wohngemeinde und im Wohnbezirke soll jedermann
-sobald als möglich mit der ganzen Bevölkerung bekannt gemacht
-werden, wenn er seine Wohngemeinde wechselt. Er ist schon vorher
-vom Verwaltungsbeamten der verlassenen Gemeinde (Quartier)
-dem Verwaltungsbeamten der neuen Wohngemeinde (Quartier)
-angemeldet und es ist ihm Herberge und Verpflegung bereits
-bereitet. Er muß sich zunächst dem Verwaltungsbeamten, dem Arzt
-und dem Haushaltungsvorstand und wenn er in Arbeit steht, dem
-Arbeitsvorstande, vorstellen und sich dann mit dem Aufsichtspersonale
-des Schlafhauses bekannt machen, wo ihm sein Zimmer angewiesen
-wird. Man wird darauf halten, daß er bei der ersten gemeinsamen
-Mahlzeit von einer kleinen Tribüne aus die neue Wohngemeinde
-<span class='pagenum'><a id='Page_78' name='Page_78' href='#Page_78'>[78]</a></span>
-(Quartier) begrüßt und Namen, Beruf und frühere Wohngemeinde
-bekannt gibt. Näher wird er sofort mit den Tischgenossen bekannt.
-Am nächsten Sonntag soll er sich mit der Beamtenschaft des Bezirksortes
-und nach und nach mit der Bevölkerung der anderen Gemeinden
-des Wohnbezirkes bekannt machen. Gehört der Neuangekommene
-der Beamtenschaft an, so wird er sich auch im Kreisorte
-beim Abendempfang des Kreisbeamten diesem vorstellen und soviel
-als möglich mit anderen Personen von Stellung persönlich bekannt
-machen, soweit er noch fremd ist.
-</p>
-
-<p>
-Wer sich außerhalb des Wohnbezirkes begibt, sei es, daß er
-beurlaubt ist und reist, oder sonst dauernd oder vorübergehend Aufenthalt
-nimmt, hat seine Legitimationskarte, eventuell Reisebewilligung
-mitzubringen. Die Legitimationskarte enthält die Photographie des
-Trägers, Namen, Beruf und Wohngemeinde, zur Identifizierung die
-anthropometrischen Maße und eventuell geheime Mitteilungen, so
-über ansteckende Krankheiten, Verlust des Stimm- und Wahlrechtes,
-besondere Diätanweisungen u. <ins class='correction' title='dgl'>dergl</ins>. Es soll sich kein Unberufener
-einer fremden Legitimationsurkunde bedienen können.
-</p>
-
-<p>
-Einheimische Reisende sollen angehalten werden, die Aufenthaltsgemeinde,
-wo sie übernachten, täglich mittels Postkarte dem
-<ins class='correction' title='Verwalturgsbeamten'>Verwaltungsbeamten</ins> der Wohngemeinde bekannt zu geben. Legitimationen
-der Ausländer werden in XII, 2, <i>Alinea</i>: <a href='#M_02_0_0al'>»Es wird«</a>
-besprochen.
-</p>
-
-<p>
-Es soll kein Einheimischer verloren gehen, kein Ausländer sich
-einschleichen können. So kann man sich vor auswärtigen Verbrechern
-schützen und gegen diesen Vorteil haben die Annehmlichkeiten der
-Anonymität keine Bedeutung.
-</p>
-
-<h3 id='F_04_0_0'>
-4. Die Kommunikationen.
-</h3>
-
-<h4 id='F_04_a_0'>
-a) Eisenbahnen, Schiffahrt.
-</h4>
-
-<p>
-Der heutige Staat wird dem Kollektivstaat auf dem Gebiete
-des Eisenbahnbaues nicht viel zu tun übrig lassen. Selbst Kleinbahnen
-zu bauen wird dieser kaum einen Anlaß haben. Vielleicht wird
-es sich eher um fliegende Bahnen handeln, welche in bestimmten
-Fällen von Vorteil sein mögen. So beim Aufbau ganzer
-<span class='pagenum'><a id='Page_79' name='Page_79' href='#Page_79'>[79]</a></span>
-Ortschaften, bei der Abholzung ganzer Waldstrecken usw. Dagegen
-wird es immer an den Einrichtungen der bestehenden Eisenbahnen,
-an ihrer Ausrüstung und der Ausnützung etwas zu verbessern und
-zu ergänzen geben.
-</p>
-
-<h5 id='F_04_a_1'>
-1. Ihre Benützung für allgemeine Zwecke.
-</h5>
-
-<p>
-Für allgemeine Zwecke dient der Personentransport der Eisenbahnen
-beinahe gar nicht, der Gütertransport aber kommt wieder
-beinahe ausschließlich für die Zwecke der Gesamtheit in Betracht.
-Es kann sein, daß der Personen- und der Gütertransport zeitlich
-getrennt werden, daß nämlich Lastzüge nur zur Nachtzeit, Personenzüge
-nur zur Tageszeit verkehren, wie vormals in der Schweiz.
-Das würde nicht ausschließen, <ins class='correction' title='das'>daß</ins> jeder Personenzug auch eine
-geringe Menge von Gütern, das Reisegepäck ungerechnet, und daß
-der Lastzug auch eine kleine Anzahl von Personen mit befördert,
-letztere besonders, wenn sie in Amtsgeschäften reisen.
-</p>
-
-<p>
-Was den Gütertransport anbelangt, so wird er beinahe nur
-Massentransport sein und es werden beinahe nur ganze Wagenladungen,
-oft ganze Züge von einer Betriebsstätte zur anderen oder
-an eine oder mehrere nahe gelegene Abladestellen abgehen. Eine
-Papierfabrik, eine Weberei, eine Gießerei, eine Holzwarenerzeugungsstätte
-wird immer trachten, nur ganze Wagen zu verladen, oder
-nur für einen bestimmten Ort Güter zu verfrachten. Eigene Züge
-werden die wenigen kleinen Sendungen aufnehmen, welche in verschiedenen
-Orten abzuladen sind. Besonders wichtig ist die rasche
-Beförderung der Zeitungen <a href='#F_07_0_0'>VI, 7.</a> Diese kann durch eigene Blitzzüge
-geschehen, welche in keiner Station anhalten. In diesem Falle
-werden die an den Stationen abzuladenden Zeitungspakete entweder
-ausgeworfen, oder auf bewegliche Behälter, die der Zug streckenweise
-<ins class='correction' title='mit nimmt'>mitnimmt</ins>, abgeladen. Das Auswerfen von Sendungen ist
-auch heute im Gebrauche, aber nur, wo die Eisenbahnverwaltung an
-ihre eigenen Organe versendet. Ebenso kann es mit kleinen Sendungen
-gehalten werden, die <ins class='correction' title='ausnahmensweise'>ausnahmsweise</ins> eine besonders dringende Beförderung
-notwendig machen. Solche Blitzzüge würden selbst nach
-den heutigen Einrichtungen der Dampfeisenbahnen in Österreich den
-Transport vom Mittelpunkt des Reiches bis an die entfernteste
-<span class='pagenum'><a id='Page_80' name='Page_80' href='#Page_80'>[80]</a></span>
-Grenze in 6-8 Stunden bewerkstelligen können, so daß Zeitungen,
-die um Mitternacht von der Reichshauptstadt abgeschickt werden,
-zwischen 8 und 10 Uhr morgens in allen, auch von der Eisenbahn
-entfernten Urgemeinden eintreffen können.
-</p>
-
-<p>
-Die Beförderung der Transporte wird also viel ökonomischer
-und rascher sein als heute. Aber auch der Betrieb der Eisenbahnen im
-Kollektivstaat ergibt eine große Menge von Ersparnissen. Absender
-und Empfänger ist immer derselbe, Staatsorgane senden Güter an
-Staatsorgane und auch wo es sich um Einzelne handelt, sind die
-Staatsorgane ihre Mandatare. Kassen und Kontrolle entfallen,
-Verrechnungen und Ersätze werden erspart und das Begleitungspersonal
-könnte gewiß sehr vermindert werden, wenn nicht die übertriebene
-Ausnützung des Personals in der heutigen Gesellschaftsordnung einer
-humaneren Behandlung der geringeren Eisenbahnbediensteten Platz
-machen und aus diesem Grunde eine Vermehrung des Personals
-nach anderer Richtung wieder stattfinden müßte.
-</p>
-
-<p>
-Dabei kommt nun weiters in Betracht, daß im Kollektivstaat,
-wenn obige Vorschläge für die Verteilung der Bevölkerung angenommen
-werden, die Gütertransporte der Eisenbahnen im Verhältnisse
-zur Gesamtmenge der Produkte vermindert werden. Es
-wird ein viel größerer Bruchteil der Produkte am Produktionsort
-oder in dessen Nähe konsumiert und im letzteren Falle der Transport
-mit Pferden betrieben und auch die Pferde verfrachten wieder
-mit geringerem Aufwand an Zugkraft und geringerer Begleitung.
-</p>
-
-<p>
-Inwiefern die Straßengüterfrachten durch Automobile statt der
-Pferde werden befördert werden, ist eine bloße Frage der ökonomischen
-Berechnung, wofür der Staatsverwaltung alle entscheidenden
-Daten vorliegen. Dabei wird in Betracht kommen, ob nicht die
-Pferdezucht zu anderen Zwecken und nicht <ins class='correction' title='blos'>bloß</ins> für den Transport,
-volkswirtschaftliches und militärisches Bedürfnis sein wird, wobei
-sich vielleicht ergeben wird, daß ein bestimmter Pferdestand unbedingt
-erhalten werden muß, dessen Ausnützung für Transportzwecke aus
-diesem Grunde ökonomischer ist, als ein Automobiltransport, der
-vielleicht dann ökonomischer wäre, wenn man die Pferde ganz eingehen
-lassen könnte. Der Kollektivismus hat in vielen Einzelheiten eine ökonomische
-Berechnung, die für unsere Verhältnisse nicht zutreffend wäre.
-</p>
-
-<h5 id='F_04_a_2'>
-2. Ihre Benützung für die Zwecke des Einzelnen.
-</h5>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_81' name='Page_81' href='#Page_81'>[81]</a></span>
-Hier kommt vorwiegend der Personentransport in Betracht.
-Geschäftsreisen werden im Kollektivstaate nur wenige und nur als
-Dienstreisen vorkommen. In unseren Verhältnissen sind es Agenten,
-Kaufleute, Marktfahrer, Anwälte, Zeugen und Streitparteien, welche
-die Waggons füllen. Mit dem Wegfallen des Handels und der
-Verminderung der Streitigkeiten wird das anders. Im Kollektivstaat
-ist es das Vergnügen und die Belehrung, welchen die Bahnen
-als Personentransportanstalten dienstbar sind. Man wird für Österreich
-annehmen können, daß es zur Zeit der Errichtung des Kollektivstaates
-mehr als 6000 deutsche Meilen Vollbahnen und ebensoviel
-Kleinbahnen haben wird, deren Erweiterung sich für die geänderten
-Verhältnisse kaum als wünschenswert erweisen wird, wenn auch die
-Verteilung der Bevölkerung in Zukunft <ins class='correction' title='ein'>eine</ins> andere sein wird. Diese
-geänderte Verteilung wird übrigens die Wirkung haben, daß die
-Personenzüge eine gleichmäßigere und nicht eine so schwankende Besetzung
-haben werden. Denn wo ungeheure Bevölkerungszentren mit
-kleinsten Orten abwechseln, bemerkt man ein plötzliches Gedränge,
-das mit völliger Entlastung abwechselt.
-</p>
-
-<p>
-Es ist sehr fraglich, ob der Kollektivstaat etwaige Lücken, welche
-sich in den Eisenbahnen vorfinden mögen, ergänzen, und nicht lieber
-andere Beförderungsarten einschieben wird. Die Beförderungsmengen
-sind im Kollektivstaat viel konstanter als heute, und sie sind viel
-leichter und vollständiger zu ermitteln, daher die ökonomische Berechtigung
-neuer Bahnen mit absoluter Sicherheit im vorhinein festzustellen
-sein wird.
-</p>
-
-<p>
-Eher als eine Vermehrung der Vollbahnen wird für die Reisen
-innerhalb der Bezirke und von den Urgemeinden zur Bahn das
-Fahrrad, dann das Automobil, unter Umständen der Automobilomnibus,
-und für die gebirgigen Gegenden die elektrische Kleinbahn
-in Betracht kommen.
-</p>
-
-<p>
-Wenn im Kollektivstaate Eisenbahnen oder neue Straßen oder
-ähnliche große Anstalten ausgeführt werden, ist der Arbeitsaufwand
-viel geringer als heute. Aller Besitz ist in <em class='gesperrt'>einer</em> Hand
-und es entfallen alle jene Geschäfte die notwendig sind, um die
-<span class='pagenum'><a id='Page_82' name='Page_82' href='#Page_82'>[82]</a></span>
-Geldmittel zu beschaffen, Arbeitsleute anzuwerben, Grund und Boden
-anzukaufen und die vielen Schwierigkeiten zu beheben, die entgegenstehende
-Privatinteressen verursachen.
-</p>
-
-<p>
-Die Volksbeschlüsse, welche sich auf den Bau neuer Eisenbahnen,
-Kanäle und anderer solcher Kommunikationen beziehen, werden wahrscheinlich
-zu jenen gehören, welche nach III, 3, <i>Alinea</i> <a href='#C_03_0_0al'>»Das souveräne Volk«</a>
-Anlaß geben, ausnahmsweise Abgeordnete zu wählen, obwohl
-auch solche Fragen in der Schweiz heute schon durch das Referendum
-entschieden werden, wenigstens insofern es sich um den Ankauf solcher
-Unternehmungen für den Staat handelt, wobei wir allerdings in
-Betracht ziehen müssen, daß ein fertiges, seit langem betriebenes
-Unternehmen leichter vom Volke beurteilt werden kann, als ein
-Projekt für die Neuschöpfung solcher gewaltigen Unternehmungen.
-Die Volksbeschlüsse aber, welche sich auf den für den Personentransport
-bestimmten <em class='gesperrt'>Betrieb</em> der Eisenbahnen und wohl auch
-anderer großen Kommunikationsanstalten beziehen, werden in der Art
-erfolgen, daß der Staatsverwaltung vorgeschrieben wird, wie viele
-Personenzüge regelmäßig jede Strecke zu befahren haben und unter
-welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaße Sonderzüge einzuleiten
-sind. Auch die Geschwindigkeiten der Züge und die Zahl
-der bei den einzelnen Zügen einzustellenden Personenwagen werden
-durch Volksbeschlüsse vorgeschrieben werden. Dem entsprechend wird
-dann die Verwaltung alles einzuleiten haben, was dieser Verkehr bedingt.
-Ist die Gesamtlänge der Eisenbahnen z. B. für Österreich-Ungarn
-12,000 deutsche Meilen, welche viermal, zweimal hin und
-zweimal zurück mit je soviel Sitzplätzen zu befahren sind, so ergibt
-das 48,000 Zugsmeilen täglich, wodurch die Produktionsmenge festgestellt
-erscheint.
-</p>
-
-<p>
-Andererseits würden für die Verteilung der Plätze auf den
-Zügen allgemeine Normen erlassen.
-</p>
-
-<p>
-Der Staatsverwaltung Vorschriften wegen des Betriebes der
-Transporte zu machen, wird weder notwendig noch zweckmäßig sein,
-weil die Transportbewegung von Produktion und Konsumtion (im
-weiteren Sinne, wonach auch Bezug von Sachen zur Benützung als
-Konsum gerechnet wird) abhängt und es sich nur um Ökonomie in
-der <em class='gesperrt'>Disposition</em> über die Güterverfrachtung handelt. Das ist
-<span class='pagenum'><a id='Page_83' name='Page_83' href='#Page_83'>[83]</a></span>
-nun offenbar Verwaltungssache und diese Dispositionen hängen auch
-von Umständen ab, die nicht vorauszubestimmen sind, so von
-Ernteergebnissen und von Elementarereignissen. Der Gütertransport
-ist übrigens ein integrierender Bestandteil des Produktionsbetriebes,
-weil die Produktion erst beendet ist, wenn die Güter am Verbrauchs-
-beziehungsweise am Benützungsorte angelangt sind. Daher geht
-jeder Warentransport für Rechnung des ganzen Volkes, nicht für
-Rechnung des Konsumenten, während heute die größere Entfernung
-vom Erzeugungsorte größere Kosten für den Konsumenten verursacht.
-Hierin liegt einerseits eine Versicherung des Einzelnen gegen den Zufall,
-der in der Ortsansässigkeit begründet ist, andererseits aber der
-große wirtschaftliche Nutzen, der in der Ersparung einer großen und
-wichtigen Arbeit für Spekulation, Verträge und Verrechnung begründet
-ist, wie auch andererseits die Verfrachtung ausschließlich für
-Rechnung des Staates allen Aufwand an Arbeit für Frachtversicherung
-entbehrlich macht. Übrigens werden diese volkswirtschaftlichen
-Vorteile des Kollektivismus zum größten Teile dort in Anschlag
-kommen, wo die Kosten der heutigen Gesellschaftsordnung an Handelsarbeit
-erörtert werden.<a name='FA_12' id='FA_12' href='#FN_12' class='fnanchor'>[12]</a>
-</p>
-
-<p>
-So wie die Eisenbahnen, werden auch die Kanäle und die Schiffahrt
-auf Seen und Meeren für Rechnung des Staates und vorzüglich
-zur Frachtenbeförderung betrieben werden. Aber alle diese
-Kommunikationen dienen auch zur Personenbeförderung und zwar für
-Inländer mit Ausschluß der Geldwirtschaft. Daher werden die Anweisungen
-auf Beförderung von Reisenden nicht von den Verwaltungsämtern
-der Kommunikationsanstalten, sondern von den
-<span class='pagenum'><a id='Page_84' name='Page_84' href='#Page_84'>[84]</a></span>
-Verwaltungsbeamten des Domizils des Reisenden ausgefertigt. Der
-beurlaubte Arbeiter, der in eine andere Gemeinde versetzte Arbeiter
-erhält die erforderliche Anweisung auf Beförderung von seinem Verwaltungsbeamten.
-Fremde erhalten sie von den Verwaltungsbeamten
-der Einbruchstationen; Pensionisten gleichfalls von dem Verwaltungsbeamten
-des Domizils. Die Bewohner von Ortschaften, die an der
-Bahn, oder an Kanälen, Seen oder Meeresufern gelegen sind, können
-für beschränkte Entfernungen Anweisungen auf Beförderung für jeden
-Tag oder gewisse Wochentage erhalten, insofern dadurch der Dienst
-nicht gefährdet wird, und diese Anweisungen ersetzen die heutigen
-Abonnements. Das kann für Zusammenkünfte mit Verwandten und
-Freunden oder Versammlungen von größtem Interesse sein.
-</p>
-
-<p>
-Wer auf solche Anweisungen Anspruch hat, bestimmen die Verteilungsgesetze.
-Ebenso bestimmen sie, wem Pferd und Wagen zu
-überlassen ist. Wahrscheinlich wird man eine Anzahl von Wagen,
-dann auch Reittiere, den Beamten, Ärzten und Lehrpersonen in jeder
-Gemeinde und Quartier nicht nur für Dienstfahrten, sondern auch
-für Lustfahrten und als Reitgelegenheit zuweisen. In größerem
-Maße wird man natürlich in den Städten Reitpferde und Wagen
-aufstellen.
-</p>
-
-<h4 id='F_04_b_0'>
-b) Automobile.
-</h4>
-
-<p>
-Ob solche zum Transport von Waren und zum Massentransport
-von Personen zur Verwendung gelangen, wird ein Gegenstand
-ökonomischer Berechnung sein. Es ist wahrscheinlich, daß für größere
-Städte, die aber weniger besiedelt sind, als heute, das Automobil
-als allgemeines Verkehrsmittel gute Dienste leisten könnte. Als
-Sport wird das Volk die Automobilfahrt schwerlich betreiben können.
-Was den Aufwand für Automobile anbelangt, so würden die dynastische
-Familie und der Adel denselben aus den ihnen angewiesenen Mitteln
-bestreiten können und ebenso werden die Verteilungsgesetze bestimmen,
-welchen Personen, die die höchsten Stellen erklommen haben, Akademikern,
-Künstlern, Erfindern usw. Automobile und die Betriebsmittel zur Verfügung
-zu stellen sind. Allein die Gefährdung von Personen und
-Sachen durch diesen Sport wird man nicht dulden.
-</p>
-
-<p>
-Was den Transport und nicht nur den Transport auf den
-<span class='pagenum'><a id='Page_85' name='Page_85' href='#Page_85'>[85]</a></span>
-Eisenbahnen und mit Maschinenbetrieb, sondern auch den Transport
-mit Zugtieren anbelangt, so ist er im Kollektivstaat schon deshalb viel
-ökonomischer, weil er durchaus Massentransport ist. Die Versorgung
-der Produktionsstätten, die nicht an einer Eisenbahn liegen, mit
-Material wird auch nicht in geringen Mengen, sondern auch nach
-Tunlichkeit in Wagenladungen erfolgen. So braucht eine Schuhmacherwerkstätte
-viele Hunderte von Zentnern Leder, die Bekleidungsindustrie
-und Wäschefabrikation viele Tausende von Metern Stoff in
-einem Jahre, wobei übrigens zu bemerken ist, daß höchstwahrscheinlich
-Stoffe und Leder schon in den Webereien und Gerbereien zugeschnitten,
-auch Holz im Walde nahezu fertig bearbeitet werden
-wird, was bei der Massenfabrikation im Kollektivstaate das natürlichste
-ist.<a name='FA_13' id='FA_13' href='#FN_13' class='fnanchor'>[13]</a>
-</p>
-
-<p>
-Die enge Zentralisation der Pferdetransporte ergibt auch bei
-diesen eine große Ersparnis an Begleitpersonen.
-</p>
-
-<h3 id='F_05_0_0'>
-5. Telegraph und Telephon.
-</h3>
-
-<p>
-Beide Einrichtungen haben allgemeinen und privaten Zwecken
-zu dienen und, da die ersteren die wichtigeren sind, ist bei der Anlage
-beider vor allem den Bedürfnissen der Verwaltung Rechnung zu
-tragen.
-</p>
-
-<h4 id='F_05_a_0'>
-a) Ihre Einrichtung und Benützung für allgemeine Zwecke.
-</h4>
-
-<p>
-Telegraph und Telephon haben sich der staatlichen Organisation
-anzuschließen, daher sie die Reichshauptstadt mit allen Provinzialstädten,
-diese mit den Kreisstädten, die Kreisstädte mit den Bezirksorten
-und die Bezirksorte mit den Urgemeinden zu verbinden haben.
-Bei den Verbindungen auf größere Entfernungen hat der Telegraph,
-in den kleineren Verzweigungen das Telephon, die größere Bedeutung.
-Inwiefern in den Gemeinden wieder eine Verzweigung des
-Telephons einzurichten wäre, ist eine Frage der Ökonomie.
-<span class='pagenum'><a id='Page_86' name='Page_86' href='#Page_86'>[86]</a></span>
-Selbstverständlich ist eine solche Verzweigung in den städtischen Gemeinden,
-aber auch in den Urgemeinden wird eine Abzweigung vom Gemeindepalast
-nach den Wirtschaftsgebäuden, vielleicht auch nach verschiedenen
-Teilen des Gemeindepalastes und nach den Schlafhäusern sich
-empfehlen. Ebenso könnte man an fliegende Leitungen nach einzelnen
-Arbeitsstellen denken, so nach den Feldern, Wiesen, und Wäldern, wenn
-die Entfernung dafür spricht, daß dadurch ökonomische Vorteile erzielt
-werden.
-</p>
-
-<p>
-Die Verzweigung des Telephons bis in die Gemeinden erfordert
-keinen Aufwand, der größer wäre, als man schon heute macht, denn
-es würden dadurch im Ganzen nur 50-60,000 Sprechstellen für
-einen Staat mit 45 Millionen Einwohnern bedingt. Für die Verwaltung
-hat eine solche Verzweigung, vorzüglich des Telephons, die
-allergrößte Bedeutung, da sich diese Bedeutung für alle größeren
-Produktionsstätten längst erwiesen hat und jede Urgemeinde eine
-Produktionsstätte im großen Maßstabe ist. Alle Mitteilungen öffentlicher
-Natur werden so in kürzester Zeit allgemein verbreitet und es
-würde im Falle einer Kriegserklärung möglich sein, innerhalb einer
-Stunde das ganze Volk aufzurufen.<a name='FA_14' id='FA_14' href='#FN_14' class='fnanchor'>[14]</a>
-</p>
-
-<p>
-Jedes Verwaltungsamt würde in die unmittelbarste Verbindung
-mit jenen Kommunikationen gebracht. Besonders die Verwaltungsbeamten
-für Urgemeinden, Bezirke und Kreise würden das Telephon
-entweder in ihrem Arbeitszimmer, oder in einem ganz nahe gelegenen
-Raume haben, und keiner Hilfskräfte bedürfen, um untereinander zu
-verkehren. Da im Bezirksorte und den Kreisstädten oft Verbindungen
-des Telephons herzustellen sein werden, wird eine Bedienung
-des Telephons zu diesem Ende allerdings notwendig sein, aber man
-wird darum keine Beamten anstellen, sondern den Dienst durch das
-hauswirtschaftliche Personal versehen lassen. Besonders würde sich
-dazu jener Mann oder jene Frau eignen, welche im Bibliotheksaale
-ohnehin zu schaffen hat und in diesem Falle würde auch dort die
-<span class='pagenum'><a id='Page_87' name='Page_87' href='#Page_87'>[87]</a></span>
-Telephonzentrale ihren Platz haben. Es gibt auch noch andere
-Dienstleistungen, die an einen bestimmten Raum im Gemeindepalaste
-gebunden sind. So würde die Besorgung und Verwaltung der Vorräte
-an Kleidern und Wäsche und Konsumtibilien, <a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> eine
-Frau den ganzen Tag über beschäftigen und an einen bestimmten
-Raum binden, wohin die Telephonzentrale verlegt werden könnte.
-Es ist zu beachten, daß sowohl die Bezirkszentrale als die Kreiszentrale,
-wenn keine Doppelleitungen bestehen, nur je zirka zwanzig
-Sprechstellen zu bedienen hat.
-</p>
-
-<p>
-Eine ökonomische Frage ist die, ob sich nebst den oben geschilderten
-Verzweigungen der elektrischen Leitungen auch Transversalleitungen
-empfehlen, so daß man von einer Gemeinde auch mit Umgehung
-der Kreiszentrale mit Gemeinden anderer Kreise oder selbst
-anderer Provinzen in Verbindung treten könnte. Wesentlich ist die
-Organisation der Verwaltung so gedacht, daß die hierarchische Ordnung
-nicht umgangen werden und der Verwaltungsbeamte nur mit
-seinem Bezirksvorsteher, der Bezirksvorsteher nur mit seinem Kreisvorsteher
-verkehren soll. Aber eine Umgehung dieser Vorschrift wird
-sich durch den Mangel an Transversalleitungen nicht verhindern
-lassen. Für den Privatverkehr aber wären Transversalleitungen sehr
-wünschenswert, damit die Sperrung der wenigen Linien nicht zu oft
-eintreten und zu lange dauern soll.
-</p>
-
-<p>
-Für die Kreis- und Provinzialstädte, welche nur 5,000 und
-20,000 Bewohner und Fremde im Maximum beherbergen
-sollen,<a name='FA_15' id='FA_15' href='#FN_15' class='fnanchor'>[15]</a>
-wäre je eine Telephonzentrale und ihre Bedienung durch Angehörige
-des hauswirtschaftlichen Personalstandes für die Lokalgespräche vollkommen
-ausreichend und es wären der geringen Leitungslänge wegen
-vier- und fünffache Verbindungen der einzelnen Quartiere mit der
-Zentrale ohne erheblichen Aufwand herzustellen. Was aber die
-Reichshauptstadt mit einem Stande von 400,000 Köpfen an Bewohnern
-und Fremden anbelangt, so wäre vielleicht die Anlage von
-Zwischenzentralen zu empfehlen. Die Natur der Sache wird es mit
-<span class='pagenum'><a id='Page_88' name='Page_88' href='#Page_88'>[88]</a></span>
-sich bringen, daß auch in der Reichshauptstadt je zwanzig Quartiere
-zu einem Bezirke vereinigt und der ganzen Stadt ein Kreisbeamter
-vorgesetzt werde. Die Quartiere werden der Urgemeinde sehr ähnlich
-eingerichtet sein und einen von Schlafhäusern umgebenen Palast für
-Geselligkeiten und Mahlzeiten enthalten, in welchem der Quartierverwaltungsbeamte
-die Verwaltungsgeschäfte besorgt. So hätten
-auch die Bezirksbeamten und der Kreisbeamte in der Hauptstadt ihre
-besonderen Paläste für Verwaltungs- und Repräsentationszwecke und
-die Telephonzentralen wären in den, den Verwaltungskanzleien zunächstgelegenen
-Räumen dieser Paläste unterzubringen. Da diese
-Beamten höchst wahrscheinlich Kanzleidiener und Hilfsbeamte zur
-Verfügung hätten, so wäre für die Herstellung von Verbindungen
-der einzelnen Sprechstellen kaum ein besonderes Personal anzustellen.
-</p>
-
-<p>
-Es scheint, daß nur der telegraphische Korrespondenzdienst der
-Kreisämter, Provinzämter und der Zentralverwaltung die Anstellung
-von eigentlichen Telegraphenbeamten, welche ausschließlich für den
-telegraphischen Depeschendienst angestellt werden, notwendig machen
-würde, und so dürfte auch das Bedienungspersonal für Telephone
-und Telegraphen außerordentlich vermindert werden können, bei viel
-intensiverer Ausnützung dieser Anstalten sowohl für Verwaltung, als
-für Privatgespräche und Privatdepeschen.
-</p>
-
-<p>
-Die Verwaltungsgeschäfte werden bei kollektivistischer Organisation
-der Produktion und Verteilung viel einfacher und doch viel
-rascher und wirksamer abgewickelt, als die Verwaltungsgeschäfte der
-Privatunternehmer und Kaufleute. Vielleicht wird dem Leser das
-überzeugend dargetan durch den Abschnitt <a href='#F_08_a_0'>VI, 8,</a> über die Statistik,
-welche die Grundlage für die Verfügungen der Verwaltungsbeamten
-bietet. Freilich werden allabendlich stattliche und enorm viele Zahlenreihen
-durch die elektrische Kommunikation von Amt zu Amt befördert,
-aber diese Telegramme ersetzen auch eine Unzahl von Telegrammen,
-welche heute die Kaufleute austauschen müssen.
-</p>
-
-<h4 id='F_05_b_0'>
-b) Ihre Benützung für die Zwecke der Einzelnen.
-</h4>
-
-<p>
-Wenn auch die amtlichen Gespräche den Vorrang vor Privatgesprächen
-haben, so dient doch der telephonische und telegraphische
-Verkehr auch für die Gespräche und Mitteilungen der Einzelnen.
-<span class='pagenum'><a id='Page_89' name='Page_89' href='#Page_89'>[89]</a></span>
-Schon bei einer Einschränkung der telephonischen Verbindungen auf
-ihre Fortsetzung bis in den Gemeindepalast, somit bei der Einschränkung
-des Telephons auf etwa 60,000 Sprechstellen für einen Staat
-wie Österreich ist doch <em class='gesperrt'>jeder</em> Staatsbürger des Reichs mit <em class='gesperrt'>jedem</em>
-anderen Reichsgenossen telephonisch verbunden, wenn er sich nur in
-den Gemeindepalast bemüht und eine Zeit wählt, wo wahrscheinlich auch
-der Angesprochene im Gemeindepalaste seiner Urgemeinde sich aufhält,
-oder einer seiner Gemeindegenossen ihm die Botschaft zu bringen
-übernimmt. Letzteres wird vielleicht die Regel sein. Naturgemäß
-wird das Privatgespräch mit Bewohnern desselben Bezirkes die Regel
-sein, seltener werden Privatgespräche mit anderen Bezirken desselben
-Reiches und sehr selten solche auf größere Entfernungen sein. Es
-wird wohl auch die Wichtigkeit der Mitteilung entscheidend sein und
-es genügt wohl, daß für besondere Fälle jeder mit jedem telephonisch
-verbunden werden kann. Verbindungen mit dem Auslande sind auch
-möglich und das Vorrecht auf Benutzung des Telephons auf größere
-Entfernungen ist eine Verteilungsfrage.
-</p>
-
-<p>
-Es werden auch Sammelgespräche vorkommen. So kann eine
-Person zu einer Zeit, wo das Telephon für dienstliche Zwecke nicht beansprucht
-wird, Mitteilungen und Fragen für zehn oder zwanzig Gemeindegenossen
-an zehn oder zwanzig Angehörige einer bestimmten Gemeinde
-richten, welche dort wieder von einer einzigen Person für viele übernommen
-werden. So kann das Telephon für Privatzwecke stärker ausgenützt werden.
-</p>
-
-<p>
-Dem Zwecke dieser Untersuchungen entsprechend wird hier keinerlei
-Fortschritt in den heute bekannten Einrichtungen des elektrischen Verkehrs
-vorausgesetzt, nicht einmal die Einführung des Ferndruckers,
-der schon heute in Berlin in Verwendung steht, noch das Verfahren
-für beschleunigtes Telegraphieren von Viragh &amp; Pollack, noch die
-drahtlose Telegraphie, die übrigens schwerlich je für eine Massenbenutzung
-brauchbar sein wird. Es handelt sich nur um organisatorische
-Fragen und darauf bezügliche Anregungen sind hier oben
-gegeben worden.
-</p>
-
-<h3 id='F_06_0_0'>
-6. Die Post.
-</h3>
-
-<p>
-Sie wird auch zunächst der Verwaltung zu dienen haben und
-im Felleisen alles befördern, was von Amt zu Amt geht. Über
-<span class='pagenum'><a id='Page_90' name='Page_90' href='#Page_90'>[90]</a></span>
-diesen Gegenstand ist nichts weiter zu sagen, als daß die Post keine
-Geldsendungen befördert und für den Privatverkehr auch keine sogenannten
-eingeschriebenen Briefe oder Pakete. Sollte man doch
-etwas Ähnliches in Ausnahmefällen zulassen, so würden eingeschriebene
-Privatbriefe in die amtliche Korrespondenz aufgenommen und die
-Aufgabe vom Verwaltungsbeamten bestätigt werden. So könnten
-auch Wertsendungen, die nach dem, was über die Konsumtibilien in
-<a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> gesagt wird, auch zwischen Privaten denkbar, aber jedenfalls
-sehr selten wären, befördert werden. Es wird nichts verschlagen,
-wenn solche Privatsendungen einen halben Tag länger als heute
-unterwegs sind, denn viel wichtiger, als die Beschleunigung von
-Privatsendungen dieser Art ist die Ersparnis im Aufwande für die
-Post, von der sofort die Rede sein wird.
-</p>
-
-<p>
-Es bedarf nämlich im Kollektivstaate keiner besonderen Postämter
-mehr; der Briefkasten nimmt die abgehenden Briefe auf und die ankommenden
-kann man sich in der Gemeindekanzlei beheben oder bei
-den Mahlzeiten durch eine Frau des hauswirtschaftlichen Personals
-verteilen lassen. Die Briefkästen können mit Abteilungen versehen
-sein, wodurch schon der Absender eine erste Sortierung nach den
-Hauptrichtungen, die die Eisenbahnbeförderung einschließt, vornimmt.
-Dabei handelt es sich meist nur um zwei Richtungen der den nächsten
-Eisenbahnort durchfahrenden Eisenbahn, selten um drei oder vier
-Richtungen und ist einmal der Brief so in den richtigen Weg geleitet,
-so ist die weitere Instradierung vom Zugsbegleitungspersonale
-zu besorgen, wobei eine zweckmäßige Adressierung diese Arbeit sehr
-erleichtert. Man könnte vom Absender verlangen, daß er die Adressen
-mit Angaben versieht, die dem Zugbegleitungs- und Frachtpersonale
-die Instradierung erleichtern.
-</p>
-
-<p>
-Nur in der Reichshauptstadt und den Provinzorten wird ein
-eigenes Postdienstpersonal anzustellen sein, um die Briefpost so rasch
-als möglich, etwa von Stunde zu Stunde, zuzustellen und die nach
-auswärts gehende Post zu sortieren.
-</p>
-
-<p>
-Selbstverständlich ist die Post unentgeltlich und es kann jeder
-Bewohner des Reiches &mdash; auch jeder Fremde &mdash; Briefe und Karten
-aufgeben, so viel ihm beliebt. Beschränkt ist er nur insofern, als
-er nur eine bestimmte Menge von Papier, Kouverts und Briefkarten
-<span class='pagenum'><a id='Page_91' name='Page_91' href='#Page_91'>[91]</a></span>
-zur Verfügung hat, welche nach <a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> als Konsumtibilien
-verteilt werden. Man wird daher sparen, um das Jahr über mit
-seinem Vorrate auszukommen, man wird aber auch von solchen Gemeindegenossen,
-die einen Überschuß haben, leicht Papier und Kuverts
-überlassen erhalten, wenn man alles verbraucht hat.
-</p>
-
-<p>
-Man wird übrigens nur eine kleine Ecke der Adreßseite einer
-Karte oder eines Kuverts mit der Adresse beschreiben und kann den
-Rest für Korrespondenz benützen, da alle heute bestehenden Beschränkungen
-entfallen können. Es muß nur erkenntlich sein, daß
-das Schriftstück als Postsendung zu behandeln ist. Poststempel sind
-ganz unnötig.
-</p>
-
-<p>
-Ein ganzer Pack Zeitungen, welcher auf der Adreßschleife die
-Zahlen einer Gemeinde trägt, kommt in die betreffende Gemeinde
-und wird dort den Lesern zur Verfügung gestellt und es entfallen
-auch hier wieder eine große Menge von Adressen und die Adressenregister.
-Es ist nicht uninteressant, daß die Post in einem Staat
-wie Österreich bei ganz ungenügender Entlohnung ihrer niederen
-Organe einen Aufwand von beinahe 180 Millionen Kronen im
-Jahre macht und daß der damit ausgedrückte Aufwand im Kollektivstaat
-beinahe ganz in Ersparung gebracht wird durch die Vereinfachung
-in der Verteilung, durch die Beseitigung der Geldwirtschaft,
-der Wertsendungen an Einzelne und durch Ausnutzung der Arbeitskräfte
-in der Hauswirtschaft und Zugsbegleitung. Es zeigt sich
-hierin der ökonomische Wert der durch den Kollektivismus bedingten
-und ermöglichten Organisation.
-</p>
-
-<h3 id='F_07_0_0'>
-7. Tagesblätter der Verwaltung.
-</h3>
-
-<p>
-Wenn auch das Zeitungswesen, soweit es den Vereinszwecken,
-der Unterhaltung, der Kunst und Wissenschaft zu dienen hat, an
-einem anderen Orte zu behandeln ist, so muß doch hier noch das
-Zeitungswesen besprochen werden, insofern es der Verwaltung, der
-Statistik und der Erörterung der öffentlichen Angelegenheiten zu
-dienen hat, weil das zum Verständnisse des Verwaltungsapparates
-erforderlich ist. In seiner Gesamtheit zerfällt das Zeitungswesen
-a) in die periodischen Veröffentlichungen der Staatsverwaltung, die
-<span class='pagenum'><a id='Page_92' name='Page_92' href='#Page_92'>[92]</a></span>
-öffentliche Erörterung der Gesetzesvorlagen und Wahlvorschläge und
-in die statistischen Publikationen, welcher Teil des Zeitungswesens
-hier besprochen wird, und b) in die <ins class='correction' title='den'>der</ins> Vereinspublikationen, der
-schönen Literatur, der Kunst und Wissenschaft gewidmeten Zeitungsorgane,
-die in <a href='#H_04_a_0'>VIII, 4, a,</a> <a href='#H_04_b_0'>b,</a> und <a href='#H_04_c_0'>c,</a> behandelt werden.
-</p>
-
-<p>
-Die Tagesblätter der Verwaltung zerfallen in die Bezirks-,
-Kreis- und Provinzialblätter und das Reichsblatt. Sie erscheinen
-täglich und enthalten &mdash; wenn es ökonomisch ausführbar ist &mdash;
-tägliche, monatliche und jährliche statistische Ausweise, worüber im
-folgenden Abschnitte <a href='#H_00_0_0'>VIII,</a> das Nähere enthalten ist. Man würde
-insbesondere von den statistischen Ausweisen auf diese Art nicht nur
-die Reichssummarien, sondern auch die Provinzial-, Kreis- und Bezirkssummarien,
-welch letztere sich aus den statistischen Ausweisen der
-Urgemeinden aufbauen, veröffentlichen und die Richtigkeit der Ausweise
-der Urgemeinden können nicht nur die Verwaltungsbeamten
-einerseits der Urgemeinden, andererseits der Bezirke und alle ihre
-Hilfsorgane nachprüfen, sondern auch jeder Bewohner der betreffenden
-Urgemeinde und jeder Besucher aus anderen Gemeinden. <em class='gesperrt'>Hier
-werden die offiziellen Blätter nur nebenher besprochen,
-Ausführliches ist in</em> <a href='#H_04_a_0'>VIII, 4, a,</a> <em class='gesperrt'>enthalten</em>.
-</p>
-
-<p>
-Man kann sich gerade von der Ökonomie der Druckindustrie besonders
-der Papierproduktion, welche für die Beurteilung, ob die hier erwähnten
-Publikationen in dem Maße veröffentlicht werden können, wie
-ich verspreche, entscheidend ist, eine ziemlich genaue Vorstellung
-machen, da man eine verläßliche Statistik der Papierproduktion besitzt.
-Man schätzt den heutigen Verbrauch von Papier in Österreich
-auf 3½ bis 4 Kilo pro Kopf und Jahr, das macht 10 Gramm
-pro Kopf und Tag. Demnach entfallen auf eine Gemeinde von
-1000 Köpfen 10 Kilo Papiererzeugnisse für den Tag, wovon man
-die Hälfte auf Druckpapier rechnen kann. Doch ist schon heute der
-Verbrauch in Nordamerika doppelt so groß wie in Österreich, man
-berechnet ihn auf 8 Kilo Papiererzeugnisse für den Kopf, und es
-würde sich die Ökonomie der Papierproduktion ebenso, wie die des
-Verbrauches im Kollektivstaat günstiger stellen. Was die Erzeugung
-anbelangt, so gestattet der Kollektivismus eine viel vollkommenere
-und raschere Sammlung aller jener Abfälle, die als Lumpen zur
-<span class='pagenum'><a id='Page_93' name='Page_93' href='#Page_93'>[93]</a></span>
-Papiererzeugung verwendet werden und ebenso die vollständige und
-rasche Sammlung der Papierabfälle, wovon heute der größte Teil
-gänzlich verwüstet wird. Und was die Ökonomie des Verbrauches
-anbelangt, so ist in Betracht zu ziehen, daß eine Unmasse von
-Packpapier und Enveloppen in der geschilderten Kollektivwirtschaft
-dadurch in Ersparung gebracht würde, daß die Güter nicht an die
-einzelnen Familien, sondern an die Urgemeinden geliefert werden.
-Da man heute auf Papier und dergleichen im Handel verbrauchte
-Papierprodukte, allerdings mit Inbegriff von Tapeten, 15 Vierzigstel
-der Papierprodukte dem Gewichte nach rechnet, so wird im Kollektivstaate
-ein großer Teil davon erspart und verhältnismäßig mehr
-Druckpapier erzeugt werden können.
-</p>
-
-<p>
-Die Verteilung der erwähnten Tagesblätter würde in der
-Weise erfolgen, daß eine <em class='gesperrt'>allgemeine</em> Verlautbarung der Publikationen
-der Bezirksblätter nur in den Gemeinden des Bezirkes und
-der Publikation der Kreisblätter nur in den Gemeinden des Kreises
-u. s. f. stattfinden, eine Verlautbarung, welche wohl nicht mehr
-voraussetzte, als daß zehn Exemplare eines solchen Blattes in jeder
-Urgemeinde der betreffenden Zirkumskription durch eine Woche öffentlich
-aufliegen. Doch würde man in jeder Kreis- und Provinzstadt
-und in der Reichshauptstadt je ein oder zwei Exemplare <em class='gesperrt'>aller</em> Bezirks-,
-Kreis- und Provinzialblätter in einer bestimmten Bibliothek
-öffentlich auslegen, damit jene, die sich darum interessieren, dort alles
-finden können, was veröffentlicht wird. Da übrigens neun Zehntel
-der aufgelegten Exemplare nach einer Woche wieder in die Papiermühlen
-wandern, könnten sie vorher noch Vereinen oder einzelnen
-Personen zur Einsicht zugemittelt werden, die sich entweder um die
-Kontrolle der Staatsverwaltung verdient machen, oder die wissenschaftliche
-Zwecke verfolgen und diese Publikationen als Quellen benützen
-wollen.
-</p>
-
-<p>
-Das Provinz- und Reichsblatt braucht wohl nur in je 5 Exemplaren
-den Urgemeinden zugesandt zu werden.
-</p>
-
-<p id='F_07_0_0al'>
-Die genannten amtlichen Blätter würden außer den statistischen
-Nachweisen noch andere Verlautbarungen bringen, so neue Verordnungen,
-Erledigungen, Besetzungen, Erörterung von Fragen allgemeiner
-Natur, dann insbesondere die Bekanntgabe und Erörterung
-<span class='pagenum'><a id='Page_94' name='Page_94' href='#Page_94'>[94]</a></span>
-von Wahlvorschlägen und Vorschläge für neue Gesetze. Die Wahlen
-gingen die Staatsverwaltung nichts an, aber die Erörterung der
-Fragen des öffentlichen Wohles und neuer Gesetzes-Vorschläge sollte
-zwischen den Verwaltungs- und den Volksbeamten und eventuell den
-von ihnen bestellten Redakteuren polemisch geführt werden, dergestalt,
-daß Erstere alle Gründe der Staatsverwaltung für ihre Vorschläge
-und zwar mit beständiger Hinweisung auf das allgemein bekannte
-ungeheure statistische Material dem Volke mitteilen, und daß die aus
-dem Volke laut werdenden Stimmen von der Organisation der Volksbeamten
-und ihren Redakteuren verwertet und von ihnen nötigenfalls
-die Gründe der Staatsverwaltung bekämpft werden. Das wird bei
-der hohen Bildung und Urteilsfähigkeit des Volkes mit viel weniger
-Worten und viel eindringlicher geschehen können, als heute in den
-Parlamenten.
-</p>
-
-<h3 id='F_08_0_0'>
-8. Die Verrechnung und Statistik.
-</h3>
-
-<h4 id='F_08_a_0'>
-a) Ihre Aufgabe.
-</h4>
-
-<p>
-Die Statistik im Sozialstaate dient nicht nur für wissenschaftliche
-und Verwaltungszwecke, sondern auch der nicht nur der Staatsverwaltung,
-sondern auch <em class='gesperrt'>dem gesamten Volke und jedem
-Einzelnen zustehenden Kontrolle der Verteilung</em>, nämlich,
-ob den Gesetzen gemäß verwaltet wurde. Sie umfaßt alle
-Veränderungen, die mit Personen und Sachen vor sich gehen und
-zerfällt in eine tägliche, eine wöchentliche, monatsweise und Jahresstatistik.
-Welche Veränderungen täglich zu erheben und zu fixieren
-sind, wird von den Volksbeschlüssen abhängen, man kann aber schon
-jetzt als Grundsatz aufstellen, daß die Bevölkerungsstatistik, die Statistik
-über die Arbeitsverteilung in ihren Hauptgruppen, der Verbrauch
-gewisser Nahrungsmittel, der Güterverkehr zwischen Staat, Provinzen,
-Kreisen, Bezirken und Gemeinden täglich zu erheben, amtlich zu
-prüfen und zu veröffentlichen ist. Im Gegensatze dazu wird die
-Statistik über das Inventar und die Wohnungsbauten und über die
-Wirtschafts- und Industriebauten nur einmal im Jahre aufzustellen
-und zu veröffentlichen sein. Doch ist hier nur von dem Bestand an
-Wirtschafts-, Industrie- und Wohnbauten und ihren Bestandteilen
-<span class='pagenum'><a id='Page_95' name='Page_95' href='#Page_95'>[95]</a></span>
-selbst, nicht von der Arbeitsverteilung und dem Güterverkehre für
-die Zwecke der Bauerhaltung und Bauherstellung die Rede, welche
-in kürzeren Intervallen statistisch zu bearbeiten sind. Wöchentlich
-oder monatlich mögen Sanitäts- und Schulstatistik u. dergl. zu veröffentlichen
-sein.
-</p>
-
-<p>
-Bezüglich der Statistik sind die städtischen Quartiere den Urgemeinden
-als unterste Einheiten gleichzuhalten. Als Zeitabschnitt
-für die Statistik ist die geeignetste Stunde am Tage, z. B. 6 Uhr
-abends, zu bestimmen.
-</p>
-
-<h4 id='F_08_b_0'>
-b) Die Bevölkerungsstatistik.
-</h4>
-
-<p>
-Die Bevölkerungsstatistik umfaßt das genaue Alter einer jeden
-Person und alle wichtigen persönlichen Verhältnisse und die Verteilung
-der Bevölkerung auf die einzelnen Wohnungsansiedelungen. Die
-Feststellung des Alters soll womöglich bis auf Minute und Sekunde
-erfolgen. Insofern in einzelnen Fällen bei Geburts- und Sterbefällen
-die erforderliche Genauigkeit der Zeitangabe untunlich ist, sind
-Schätzungen vorzunehmen, welche im Gesetzes- oder Verordnungswege
-vorzuschreiben sind. Anfang und Ende eines Menschenlebens am
-Geburts- und Sterbetage kann in wenigen Fällen und innerhalb sehr
-enger Grenzen zweifelhaft sein. Der Alterszuwachs der in den <ins class='correction' title='Gemeinden-'>Gemeinden</ins>
-und Quartieren versorgten Personen ist aber leicht in
-Evidenz zu halten, da dem Gesamtalter dieser Personen nur täglich
-so viele Lebenstage zuzurechnen sind, als der Gemeinde oder dem
-Quartiere Personen angehören. Dagegen wird bei Geburts- oder
-Sterbefällen nur die entsprechende Anzahl von Stunden, Minuten
-und Sekunden hinzugerechnet. Entdeckte Irrtümer z. B. bei der
-Auffindung der Leiche eines Vermißten werden in der Statistik jeweilig
-als Zuwachs oder Abfall eingestellt. Diese Genauigkeit der
-Feststellung betrifft aber nur die Beschreibung der einzelnen Individuen;
-für die zu veröffentlichende Statistik wird weiter unten eine Vereinfachung
-vorgeschlagen.
-</p>
-
-<p>
-Der Verwaltungsbeamte hat mit dieser Statistik, wenn sie
-täglich gemacht wird, nur wenig zu tun, da in der Woche kaum
-<em class='gesperrt'>eine</em> Veränderung durch Geburt oder Sterbefall unter tausend
-Menschen eintritt.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_96' name='Page_96' href='#Page_96'>[96]</a></span>
-Die Bevölkerungsstatistik hat ferner zum Gegenstande: Berufszuweisung,
-Beurlaubung, Domizilsveränderung, Berufsänderung, Abwesenheit
-von Gemeindegliedern, Anwesenheit Fremder, Anthropologie,
-Unterricht, Erziehungsergebnisse, Arbeitsbefreiung, Arbeitsverteilung,
-z. B. in der Landwirtschaft, und nicht alle Teile dieser Statistik
-erfordern eine tägliche Veröffentlichung. Es kann auch für gewisse
-Betriebe, abgesehen von der allgemeinen Ziffer der täglich darin beschäftigten
-Personen eine wöchentliche oder monatliche statistische Feststellung
-der Arbeitsverteilung innerhalb des Betriebes stattfinden,
-um z. B. im Glasfabriksbetriebe oder in Maschinenfabriken den veränderlichen
-Arbeitsaufwand für verschiedene Produkte, oder Bestandteile
-eines Produktes zu ermitteln. Demnach können auch für solche
-Betriebe Betriebsstatistiken in bestimmten Perioden veröffentlicht
-werden.
-</p>
-
-<h4 id='F_08_c_0'>
-c) Die Güter- und Verkehrsstatistik.
-</h4>
-
-<p>
-Die Güter- und Verkehrsstatistik hat festzustellen Produktion
-und Verbrauch der Güter und wie die Güter örtlich verteilt und
-welche Veränderung mit ihrer Verteilung im Laufe des Tages vorgegangen
-sind. Das gilt besonders von Gütern, die, wie Fleisch,
-Eier, Milch, einem baldigen Verderben ausgesetzt wären, daher rasch
-verbraucht werden. Vorrat, Zuwachs und Abfall der Verbrauchsgüter
-(nicht aber der Gebrauchsgüter) sind täglich zu ermitteln und
-die Statistik behördlich zu prüfen.<a name='FA_16' id='FA_16' href='#FN_16' class='fnanchor'>[16]</a>
-Dasselbe gilt vom Güterverkehr
-von einer Gemeinde in die andere, so von Holz, Cerealien, <ins class='correction' title='Leder'>Leder,</ins>
-Tuch, Werkzeugen, Maschinen, Mobilien, dann auch von anderen,
-als den oben bezeichneten Arten von Lebensmitteln, als Mehl, Gewürzen
-usw. Da aller Verkehr im Großen ausgeführt wird, werden
-die großen Fabriken täglich ganze Wagen- und Lastzugsladungen an
-die Bezirksvororte versenden, von wo die Verteilung an die Urgemeinden
-erfolgt. Es können aber auch mehrere an der Bahn gelegene
-Gemeinden als Ablade- und Lagerstellen bestimmt werden,
-wenn dadurch der Verteilungstransport vereinfacht werden kann. Die
-<span class='pagenum'><a id='Page_97' name='Page_97' href='#Page_97'>[97]</a></span>
-Disposition darüber bliebe aber dem Bezirksbeamten vorbehalten und
-es würde zunächst die Bezirksgemeinde damit, wie der Kaufmann
-sagt, belastet. Ob die Abschreibung in der Gemeinde der absendenden
-Fabrik erfolgt am Tage der Versendung oder erst beim Eintreffen
-in der Gemeinde, welche empfängt, oder ob eine Belastung und Entlastung
-der Transportanstalten für die Dauer der Fahrt zu geschehen
-hat, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit, worüber die Erfahrung entscheiden
-wird. Im allgemeinen wird man Großmagazinage soviel
-als möglich vermeiden und alle Vorräte so rasch als möglich in die
-Verbrauchsorte abzustoßen suchen. So werden die ganzen Auflagen
-neuer Werke der Literatur sofort in die Bibliotheken verteilt. Die
-Güterstatistik hat also täglich festzustellen, in welchen Gemeinden oder
-Quartieren die Urstoffe, Halbfabrikate und die zum Verbrauche bestimmten
-Ganzprodukte sich befinden. Der Vorstand der Gemeinde
-oder Quartier, das ist der Verwaltungsbeamte untersten Ranges,
-hat wieder in Evidenz zu halten, wer <em class='gesperrt'>in der Gemeinde</em> die Verantwortung
-für die einzelnen Werte hat, und auch da wird ein
-unter Umständen in der Gemeindeverrechnung festzustellender Verkehr
-stattfinden, z. B. vom Viehzuchtbetriebe an die Fleischhauerei, von
-dieser an die Küchen- oder Hausverwaltung. Diese nur innerhalb
-der einzelnen Gemeinden vollzogenen Verschiebungen werden aber bei
-Gütern in der Regel nicht veröffentlicht, weil sie nur zur Orientierung
-der Gemeindeglieder dienen, welchen alle Gemeindeausweise
-zur Einsicht offen stehen müssen und die gedruckten oder sonst veröffentlichten
-statistischen Ausweise nur für die wechselseitige Verrechnung
-zwischen Gemeinden, Bezirken, Kreisen, Provinzen und dem
-Staate bestimmt sind.
-</p>
-
-<p>
-Es wird also zu unterscheiden sein, ob die in einer Gemeinde
-befindlichen Güter schon definitiv der Gemeindeverwaltung zum
-eigenen Verbrauche zugewiesen sind, oder ob sich in der Gemeinde
-Güter befinden, welche sie noch dem Bezirke zu verrechnen hat. Im
-ersteren Falle sind sie in der Statistik des Bezirkes nicht mehr zu
-buchen, sondern es ist darüber nur den Gemeindegliedern Rechnung
-zu legen, im anderen Falle sind die Güter so lange gewissermaßen
-als anvertrautes, dem Staate zu verrechnendes Vermögen zu führen,
-bis die Zuweisung für die Gemeindezwecke erfolgt.
-</p>
-
-<h4 id='F_08_d_0'>
-d) Zustandekommen und Einrichtung der Verrechnung und
-Statistik.
-</h4>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_98' name='Page_98' href='#Page_98'>[98]</a></span>
-Die nachfolgende Untersuchung soll dartun, daß die Vollständigkeit
-der Rechnungslegung auch in der Naturalwirtschaft gesichert
-werden kann und wie sie in Absicht auf diesen Zweck eingerichtet
-werden muß, wie die Kontrolle nicht nur der unteren Organe durch die
-höheren Organe der Staatsverwaltung, sondern auch der Staatsverwaltung
-durch die Öffentlichkeit ermöglicht wird und zwar in täglichen
-Zeitabschnitten, wo die Güter rasch verzehrt werden, also sich
-der späteren Feststellung entziehen würden, und weiteres dartun, daß
-die dadurch bedingte Arbeit von der Verwaltung leicht geleistet
-werden kann.
-</p>
-
-<p>
-Dem Verwaltungsbeamten der Gemeinde beziehungsweise des
-Quartiers haben die verschiedenen Abteilungsvorstände die für die
-statistische Verrechnung erforderlichen Angaben in der vorgeschriebenen
-Form schriftlich zu machen und die von allen Produktions- und Verteilungsstellen
-einlaufenden und gesammelten Daten hat der Beamte
-oder eine von ihm dazu bestimmte Person zur bestimmten Zeit dem
-Bezirksbeamten, wo es der raschen Veröffentlichung wegen dringend
-ist, durch den Telegraphen oder das Telephon, sonst schriftlich bekannt
-zu geben und dieser hat die Hauptsummen der unterstehenden
-Gemeinden und Quartiere samt den daraus ermittelten Hauptsummen
-des Bezirkes auf dieselbe Art dem Kreisbeamten mitzuteilen, der
-wieder die Hauptsummen der Bezirke als Einzelposten und die daraus
-ermittelten Hauptsummen des Kreises dem Provinzbeamten zu übermitteln
-hat, der wieder Kreis- und Provinzsummarien an die Zentralregierung
-weitergibt. Die täglich aufzustellende Gemeinde- und Bezirksstatistik
-ist dann zunächst vom Bezirks- und in Stichproben auch
-vom Kreisbeamten persönlich oder erforderlichenfalles durch Vertrauenspersonen
-an Ort und Stelle zu überprüfen.
-</p>
-
-<p>
-Hieraus ergibt sich, daß Überschüsse und Abgänge, die eine
-Ausgleichung und Güterbewegung notwendig machen, nicht nur dem
-Gemeindebeamten, sondern auch den Bezirks- und Kreisbeamten
-<em class='gesperrt'>täglich</em> bekannt werden und daß Provinzialverwaltung und Zentralregierung
-sich auch über Abgänge und Überschüsse in Kreisen und
-<span class='pagenum'><a id='Page_99' name='Page_99' href='#Page_99'>[99]</a></span>
-Provinzen täglich orientieren, aus den ihnen zugehenden Bezirksausweisen
-aber auch die Vorräte bis in jedes Quartier und in jede
-Gemeinde verfolgen können. Die Provinz- und die Zentralverwaltung
-hat immer eine Detailaufstellung der Verteilung der Bevölkerung
-und der Güter vor sich und dem entsprechend verfügt jeder Verwaltungsbeamte
-innerhalb seiner Kompetenz die für den nächsten Tag
-erforderlichen Veränderungen. Zunächst wird jeder Abgang, den
-man ja auf Wochen vorhersehen kann, und zwar tunlichst mit Ausnützung
-von Hin- und Rückfracht, aus den Überschüssen im Bezirke
-gedeckt und der Kreisbeamte hat nur eine Änderung zu verfügen, wenn
-die Vorräte im ganzen Bezirke nicht ausreichen. Allein es kann sich
-als zweckmäßig erweisen, daß auch vor Erschöpfung der Gesamtvorräte
-des Bezirkes ein Abgang aus einem Nachbarbezirke oder Nachbarkreise
-gedeckt wird, sei es, daß der Transport dadurch weniger
-belastet wird, oder daß andere Rücksichten dafür sprechen. Darüber
-haben sich die Verwaltungsbeamten zu verständigen.
-</p>
-
-<p>
-Das Volk ist in der Lage, die Zweckmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit
-der Verteilungsarbeit aus den veröffentlichten Ausweisen Tag für
-Tag und Woche für Woche zu ermitteln und auch festzustellen, ob
-alle Summen richtig übertragen und in Hauptsummen zusammengezogen
-wurden. Das wird am besten geschehen, wenn sich vorzugsweise
-die Arbeitsbefreiten, also die Alten, dieser Arbeit annehmen
-und sich nach einer zwischen ihnen angenommenen Ordnung in die
-Aufgabe teilen, so daß einer die richtige Aufnahme der Gemeindestatistik
-in die Bezirksstatistik, ein anderer die Richtigkeit der Gemeindestatistik,
-andere die richtige Summierung im Kreis-, Provinz-
-und Reichsblatte prüfen, wieder ein anderer Stichproben über die
-Richtigkeit in anderen Kreisen und Provinzen machen wird. Da in
-einem Staate wie Österreich mindestens ein und eine halbe Million
-männlicher und weiblicher Personen zu den Alten gerechnet werden
-müssen, ist die Last dieser Kontrolle eine sehr geringe, wenn man sie
-vernünftig aufteilt. In <a href='#H_02_0_0'>VIII, 2,</a> ist auch von der Schaffung eines
-Vereins für die Zwecke dieser Kontrolle die Rede. Es ist aber ganz
-offenbar, daß, wollte man nach Art unserer Jahresrechnungen nur
-jährlich eine Gesamtabrechnung verfassen und wenigen zur Prüfung
-übergeben, von einer wirksamen Kontrolle keine Rede wäre. Diese
-<span class='pagenum'><a id='Page_100' name='Page_100' href='#Page_100'>[100]</a></span>
-fortlaufenden Ermittlungen und Veröffentlichungen sind für die Verwaltung
-unentbehrlich, für die Wissenschaft von unermeßlichem Werte
-und geben dem Volke Gelegenheit, eine Mitkontrolle zu üben.
-</p>
-
-<p>
-Die Bevölkerungsstatistik ist wesentlich auch die Grundlage für
-die Vervollkommnung der Verteilung. Die Gerechtigkeit der Verteilung,
-<a href='#L_00_0_0'>XI,</a> wird dann am vollkommensten sein, wenn jeder die
-gleiche Hoffnung hat, das höchste Alter zu erreichen. Ein Beruf,
-der eine größere Sterblichkeit zu tragen hat, als ein anderer, ist zu
-stark belastet. Es muß ihm durch Erleichterung der Arbeit oder
-größeren Aufwand zur Beseitigung der Schädlichkeiten eine Begünstigung
-geboten werden. Die Bevölkerung selbst und der Beamtenkörper
-werden sich ununterbrochen die Erfahrungen zu nutze machen,
-welche sich aus der Verarbeitung des statistischen Materials ergeben.
-</p>
-
-<p>
-Die Bevölkerungs- und Sanitätsstatistik wird insbesondere der
-Verwaltung als Wegweiser dienen, wo Gebrechen vorliegen, welche
-Abhilfe erfordern. Ein größerer Krankenstand oder größere Sterblichkeit
-sind sofort erkennbar und zwar nicht nur für den zunächst
-verantwortlichen Beamten, sondern auch für die höheren Organe der
-Staatsverwaltung, freilich für die höheren Behörden weniger, weil
-sie ihre Aufmerksamkeit zunächst den höheren Summarien zuzuwenden
-haben, in welchen sich eine sehr große Sterblichkeit in der einen oder
-anderen Gemeinde leicht im Durchschnitt verlieren kann. Man wird
-übrigens auch den Kreisämtern, welchen die Verhältnisse aller ihrer
-Gemeinden bekannt sein müssen, zur Pflicht machen, gewisse Überschreitungen
-des mittleren Kranken- und Todesfallstandes unter
-Namhaftmachung der betreffenden Gemeinden der vorgesetzten Behörde
-besonders anzuzeigen, damit sie ihrer Aufmerksamkeit nicht entgehen
-können. Den genauen Sachverhalt entnimmt dann selbst die
-Zentralbehörde dem betreffenden Bezirksblatte. So wird die Aufmerksamkeit
-der Behörden immer in kürzester Frist dorthin gelenkt,
-wo Abhilfe am dringendsten ist.
-</p>
-
-<h4 id='F_08_e_0'>
-e) Beispiele der statistischen Tabellen.
-</h4>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_101' name='Page_101' href='#Page_101'>[101]</a></span>
-Es folgen nun hier einige Beispiele der täglich festzustellenden
-und den Bezirks- und Kreisbeamten vorzulegenden, wenn möglich
-auch täglich zu veröffentlichenden Statistiken, wobei bemerkt wird,
-daß für die Altersangaben der Menschen der Geburtstag als ein
-ganzer Tag gerechnet, der Todestag aber <em class='gesperrt'>nicht</em> gerechnet wird.
-</p>
-
-<p>
-Bei der Ermittlung des durchschnittlichen Lebensalters in der
-Gemeinde werden Ortsabwesende mitgerechnet, aber Fremde nicht gerechnet.
-Dafür werden bei Ermittlung des <ins class='correction' title='Verpflegsstandes'>Verpflegstandes</ins> wieder
-die Fremden mitgerechnet und die Ortsabwesenden nicht gerechnet.
-Es ist wohl möglich, daß man bald von dieser allzupeinlichen Genauigkeit
-Umgang nehmen wird, wenn das Vertrauen in die staatliche
-Organisation sich einmal eingelebt hat, aber so lange man das
-Bedürfnis fühlt, den Beamten auf die Finger zu sehen, wird man
-wissen wollen, wie der <ins class='correction' title='Verpflegsstand'>Verpflegstand</ins>, welcher auf den Aufwand von
-Nahrungsmitteln Einfluß hat, von Tag zu Tag hin und <ins class='correction' title='herschwankt'>her schwankt</ins>.
-Obwohl es nun dabei nicht bloß auf die Zahl der Personen ankommen
-wird, sondern auch auf Alterskategorien, Geschlecht, Krankenstand
-und möglicherweise auch auf Rangstufen, insofern zu den den
-verdienten Personen einzuräumenden Vorzügen auch die Anweisung
-verfeinerter und seltener Speisen und Getränke gehören wird, so
-wird man das einer Ausgleichung zwischen Gemeinden und zwischen
-Bezirken, vielleicht auch zwischen Kreisen überlassen und nur in
-längeren Intervallen etwas darüber veröffentlichen. (Siehe Seite 102.)
-</p>
-
-<p>
-Eine vollkommen gleichartige Tabelle stellt den Personenstand
-der Mädchen im ersten Lebensjahre für den Bezirk dar. Die erste
-Kolonne in A 1 gibt die Ordnungszahl der Gemeinde an. Die
-2. und 3. Kolonne bringt die Zahl der Knaben im ersten Lebensjahre
-und die Zahl ihrer Lebenstage am Vortage des Rechnungstages.
-Dabei ist, wie oben erwähnt, der Geburtstag zwar als voller
-Tag gerechnet, aber es wird der Todestag dafür <em class='gesperrt'>nicht</em> gerechnet.
-Es wird sich das im Durchschnitte aller Geborenen und Gestorbenen
-ziemlich ausgleichen. Für die Veröffentlichung ist diese unbedeutende
-Ungenauigkeit offenbar belanglos und sie könnte übrigens auch von
-Zeit zu Zeit, wenigstens für das Reichssummarium, durch eine besondere
-Rektifikationstabelle ausgeglichen werden. Denn für wissenschaftliche
-Zwecke und, um alles so genau als möglich festzustellen,
-wird es sich empfehlen, Geburts- und Todeszeit in jedem Falle auf
-Minute und Sekunde zu notieren. Allein zuweilen, obwohl in seltenen
-Fällen, wird das unmöglich sein.
-</p>
-
-<div class="brmax center">
-
-<p class="center">
-<span class='pagenum'><a id='Page_102' name='Page_102' href='#Page_102'>[102]</a></span>
-Bevölkerungsstatistik des Bezirkes 8, 7, 19, vom 10. Juli 2001
-<br />A 1. Knaben bis einschließlich ein Jahr.
-</p>
-
-<table class="tabtop" width="90%" summary="">
- <tr>
- <td rowspan="2" class="cwdth08 abo abu vm c gemoz">Ordnungs-<br />zahl der<br />Gemeinde</td>
- <td colspan="2" class="abo vm c gemoz">Am Vortage</td>
- <td colspan="2" class="abo vm c gemoz">Zuwachs</td>
- <td colspan="2" class="abo vm c gemoz">Abfall</td>
- <td colspan="2" class="abo vm c klein">Am Schluß des<br />Verrechnungs-<br />tages</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Zahl</td>
- <td class="cwdth13 abu vm c gemoz">Tage am<br />Vortage</td>
- <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Zahl</td>
- <td class="cwdth13 abu vm c gemoz">Tage am<br />Vortage</td>
- <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Zahl</td>
- <td class="cwdth13 abu vm c gemoz">Tage am<br />Vortage</td>
- <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Zahl</td>
- <td class="cwdth13 abu vm c ">Tage</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">1</td>
- <td class="c anzal">9</td>
- <td class="c gemoz">1 485</td>
- <td class="c anzal">1</td>
- <td class="c gemoz">0</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">10</td>
- <td class="c">1 495</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">2</td>
- <td class="c anzal">10</td>
- <td class="c gemoz">1 822</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">10</td>
- <td class="c">1 832</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">3</td>
- <td class="c anzal">7</td>
- <td class="c gemoz">1 370</td>
- <td class="c anzal">2</td>
- <td class="c gemoz">403</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">9</td>
- <td class="c">1 782</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">4</td>
- <td class="c anzal">8</td>
- <td class="c gemoz">1 511</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">8</td>
- <td class="c">1 519</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">5</td>
- <td class="c anzal">9</td>
- <td class="c gemoz">1 288</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">9</td>
- <td class="c">1 297</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">6</td>
- <td class="c anzal">11</td>
- <td class="c gemoz">1 911</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">11</td>
- <td class="c">1 922</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">7</td>
- <td class="c anzal">10</td>
- <td class="c gemoz">1 799</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">10</td>
- <td class="c">1 809</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">8</td>
- <td class="c anzal">8</td>
- <td class="c gemoz">1 489</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">8</td>
- <td class="c">1 497</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">9</td>
- <td class="c anzal">9</td>
- <td class="c gemoz">1 255</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">9</td>
- <td class="c">1 264</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">10</td>
- <td class="c anzal">7</td>
- <td class="c gemoz">1 304</td>
- <td class="c anzal">1</td>
- <td class="c gemoz">352</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">8</td>
- <td class="c">1 664</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">11</td>
- <td class="c anzal">9</td>
- <td class="c gemoz">1 377</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">9</td>
- <td class="c">1 386</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">12</td>
- <td class="c anzal">8</td>
- <td class="c gemoz">1 389</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">8</td>
- <td class="c">1 397</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">13</td>
- <td class="c anzal">11</td>
- <td class="c gemoz">1 917</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">3</td>
- <td class="c gemoz">755</td>
- <td class="c anzal">8</td>
- <td class="c">1 170</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">14</td>
- <td class="c anzal">10</td>
- <td class="c gemoz">1 785</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">1-A-</td>
- <td class="c gemoz">365</td>
- <td class="c anzal">9</td>
- <td class="c">1 429</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">15</td>
- <td class="c anzal">11</td>
- <td class="c gemoz">1 889</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">1-B-</td>
- <td class="c gemoz">312</td>
- <td class="c anzal">10</td>
- <td class="c">1 587</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">16</td>
- <td class="c anzal">9</td>
- <td class="c gemoz">1 412</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">9</td>
- <td class="c">1 421</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">17</td>
- <td class="c anzal">8</td>
- <td class="c gemoz">1 203</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">8</td>
- <td class="c">1 211</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">18</td>
- <td class="c anzal">10</td>
- <td class="c gemoz">1 706</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">10</td>
- <td class="c">1 716</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">19</td>
- <td class="c anzal">9</td>
- <td class="c gemoz">1 376</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">9</td>
- <td class="c">1 385</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c gemoz">20</td>
- <td class="c anzal">9</td>
- <td class="c gemoz">1 354</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">&mdash;</td>
- <td class="c gemoz">&mdash;</td>
- <td class="c anzal">9</td>
- <td class="c">1 363</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="c abo gemoz">Summa</td>
- <td class="c abo anzal">182</td>
- <td class="c abo gemoz">30 642</td>
- <td class="c abo anzal">4</td>
- <td class="c abo gemoz">755</td>
- <td class="c abo anzal">5</td>
- <td class="c abo gemoz">1 432</td>
- <td class="c abo anzal">181</td>
- <td class="c abo">30 146</td>
- </tr>
-</table>
-
-<hr class='fnsep' />
-
-<div class="blockquote klein">
-<p>
--A- Der in der Gemeinde 14 in Abfall gebrachte Knabe wurde am Vortage
-ein Jahr alt und ist daher am Verrechnungstage in die Tabelle A 2. übertragen
-worden.
-</p>
-
-<p>
--B- Der in der 15. Gemeinde abgeschriebene Knabe wurde in den Bezirk 8, 7, 20 versetzt.
-<br />&nbsp;
-</p>
-</div>
-</div>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_103' name='Page_103' href='#Page_103'>[103]</a></span>
-Eine Frau kann von der Geburt überrascht werden und ein Reisender kann an einem
-einsamen Orte sterben; auch im Auslande, wo genaue Feststellungen überhaupt
-nicht gemacht werden, kann ein Geburts- oder Sterbefall von Reichsangehörigen
-vorkommen. Ist eine Person im Inlande unbeobachtet
-gestorben, so wird sich jedenfalls der Tag feststellen lassen, weil ermittelt
-werden kann, wo und wann sie zuletzt gesehen wurde.
-Werden Geburts- und Sterbefälle erst nach längerer Zeit bekannt,
-so wird nach tunlichster Feststellung des genauen Zeitpunktes eine
-nachträgliche Richtigstellung der Statistik erfolgen.
-</p>
-
-<p>
-Zu bemerken ist, daß in der Gemeinde die Bevölkerungsstatistik
-nur zur Zählung der Gemeindeglieder gemacht wird. Stirbt ein
-Gemeindeglied in einer fremden Gemeinde, so wird die Verwaltung
-dieser Gemeinde es der Heimatsgemeinde telegraphisch melden, damit
-die Statistik vollständig sei. Stirbt in der Gemeinde ein Fremder,
-so erscheint das nicht in ihrer Bevölkerungsstatistik. Die Zugehörigkeit
-ist, wie in VI, 3, gezeigt, niemals zweifelhaft, weil jedermann
-in seiner bisherigen Heimatsgemeinde so lange geführt wird, bis die
-Abschreibung hier und zugleich die Zuschreibung in der neuen Heimatsgemeinde
-geschieht. Eine spezielle Konstatierung der Sterbefälle
-Fremder kann in besonderen Ausweisen immerhin auch für die
-Aufenthaltsgemeinden erfolgen.
-</p>
-
-<p>
-In der 4. und 5. Kolonne weist jede Gemeinde den Zuwachs
-&mdash; hier an erstjährigen Knaben &mdash; aus und in der obigen Tabelle
-liegt in der Gemeinde 1 ein Zuwachs durch Geburt vor. Das am
-Verrechnungstage neugeborene Kind wird in der 5. Kolonne nach
-den oben entwickelten Grundsätzen für den Vortag mit 0 Tagen angeführt.
-Es ist ferner aus diesem Beispiel ersichtlich, daß weiters in
-der 4. und 5. Kolonne für die 3. und 10. Gemeinde ein Zuwachs
-von 3 Knaben, beziehungsweise 2 und 1 Knaben ausgewiesen erscheint,
-welche aus der Gemeinde 13 stammen und in jenen Gemeinden
-bleibend aufgenommen wurden. Die Abschreibungen kommen
-in den Kolonnen 6 und 7 nach Zahl und Alter am Vortage vor
-und Kolonnen 8 und 9 geben Zahl und Alter sämtlicher Gemeindegenossen
-dieses Alters in jeder einzelnen Gemeinde und im ganzen
-Bezirke am Schluß des Verrechnungstages an. Da in 9 dem Alter
-vom Vortage für jeden Kopf ein Lebenstag zugerechnet ist, weil Kolonne
-<span class='pagenum'><a id='Page_104' name='Page_104' href='#Page_104'>[104]</a></span>
-3 nur die Alterstage des Vortages angibt, daher so viele Tage, als
-Kolonne 8 als Bevölkerungsstand angibt, in Kolonne 9 zugerechnet
-werden, so erscheint auch das neugeborene Kind am Schlusse des
-Verrechnungstages mit einem Lebenstage angegeben, was dem Grundsatze,
-der hierfür aufgestellt wurde, entspricht.
-</p>
-
-<p>
-In den Kolonnen 6 und 7 ist in den Gemeinden 14 und 16
-noch je ein Knabe abgeschrieben, wovon ersterer am Vortage 365 Tage
-zählte, also &mdash; da es kein Schaltjahr war &mdash; das erste Lebensjahr
-vollendete. Deshalb mußte er am Verrechnungstage in die Tabelle
-der Knaben des höheren Alters übertragen werden, wie wir im
-nächstfolgenden Beispiele sehen werden. Hier ist eine Fußnote der
-Tabelle angefügt, woraus dies zu entnehmen ist. Für einen Sachkundigen
-wäre diese Note nicht erforderlich, da die Zahl der Alterstage,
-das Jahr vom 10. Juli 2000 bis 10. Juli 2001 enthält
-keinen Schalttag, und der Vergleich der Tabellen A 1 und A 2 vollkommen
-klar machen, was die Note besagt. In der 15. Gemeinde
-liegt der Fall vor, daß ein erstjähriger Knabe in Abfall gebracht ist,
-der in keiner Gemeinde des Bezirkes als Zuwachs erscheint, daher
-er entweder gestorben, oder in eine Gemeinde eines anderen Bezirkes
-aufgenommen worden wäre, was in einer Fußnote der Tabelle anzufügen
-sein wird. Diese Fußnote wird immer notwendig sein, weil
-sonst nicht ersichtlich wäre, ob die Abschreibung wegen Todesfalles
-oder Auswanderung aus dem Bezirke erfolgte, noch wohin der Knabe
-versetzt wurde.
-</p>
-
-<p>
-Vergleicht man die Kolonnen 3 und 9, so bemerkt man, daß
-die Zahl der Alterstage am Schlusse des Verrechnungstages auch
-in jenen Gemeinden größer angegeben ist, in welchen die Zahl der
-erstjährigen Knaben gleich geblieben ist. So waren am Vortage in
-der 2. Gemeinde 10 Knaben mit 1822 Alterstagen verzeichnet,
-welche gemäß der in der Kolonne 8 angeführten Gesamtzahl in der
-9. Kolonne mit 1832 Alterstagen angegeben erscheinen. Da nämlich
-jeder Knabe um einen Tag älter wurde, ist die Gesamtzahl der
-Tage um 10 Tage gewachsen und so erscheint auch der in der
-1. Gemeinde Geborene in der 9. Kolonne mit einem Tage angerechnet,
-wogegen für einen Gestorbenen ein Zuwachs nicht mehr berechnet
-würde, weil er in der 8. Kolonne nicht mehr gezählt
-<span class='pagenum'><a id='Page_105' name='Page_105' href='#Page_105'>[105]</a></span>
-erscheint. Abgesehen von dieser Lebenstagezuschreibung aus der Zahl
-in Kolonne 8 wird die Gesamtzahl der Lebenstage durch die Zahl
-der Lebenstage der in Zuwachs oder Abfall gekommenen Individuen
-beeinflußt, die in der in die Kolonne 9 aufgenommene Zahl entweder
-zugeschrieben oder abgeschrieben werden.
-</p>
-
-<p>
-Aus dem Bezirkssummarium unter dem Striche der Tabelle ersieht
-man die Bewegung im ganzen Bezirke. Vergleicht man die
-Zahl der Abgeschriebenen und der Zugeschriebenen, so muß die sich
-dabei ergebende Differenz auch in den Summen der Kolonnen 2
-und 8 zum Ausdrucke kommen. Rechnet man in der Summe der
-Tage zur Summe der Lebenstage am Vortage die Summe der
-Lebenstage der Zugewachsenen und den Tageszuwachs der Alterstage,
-hier für den ganzen Bezirk 181 Tage, und rechnet man davon
-ab die Lebenstage der Abgeschriebenen, so gelangt man zu den
-Einzelziffern und zur Summe der 9. Kolonne und die Übereinstimmung
-der Additionen in der vertikalen und horizontalen Summierung
-ist zugleich eine Probe für die Richtigkeit der Summen in
-den einzelnen Gemeinden.
-</p>
-
-<p>
-Es ist zwar diese Tabelle nur ein Teil der täglichen Statistik
-und das Ganze beträgt etwa das dreißig- oder fünfzigfache, allein
-wie gering die <em class='gesperrt'>ganze</em> Arbeit ist, ist ganz evident. Jeder der zwanzig
-Verwaltungsbeamten der Gemeinden eines Bezirkes hat nur eine
-Zeile dieser Tabelle zu liefern und selbst diese Zeile hat der Sanitätsbeamte
-zu bearbeiten, wie die später zu erwähnenden Tabellen der
-Milchgebarung von den Vorständen des betreffenden Produktionszweiges
-einzuliefern sind. Der Verwaltungsbeamte, der überdies wahrscheinlich
-die Hilfe eines Volksbeamten nach V, 1, <i>Alinea</i>:
-<a href='#E_01_0_0al3'>»Um aber jeden«</a> zu beanspruchen hat,
-hat nur die richtige Berechnung zu prüfen
-und in die Bevölkerungstabellen etwa Zu- und Abschreibungen durch
-Wanderung einzutragen, weil diese, über welche ja dem Verwaltungsbeamten
-das unmittelbare Verfügungsrecht zusteht, nicht in die Kompetenz
-eines Fachvorstandes fällt. Nimmt man an, daß genau um
-6 Uhr abends die tägliche Statistik abgeschlossen wird, so muß spätestens
-30 Minuten später jede schriftliche Feststellung der statistischen
-Daten in den einzelnen Gemeinden abgeschlossen sein und sie wird
-dann telegraphisch oder telephonisch dem Bezirksbeamten bekannt
-<span class='pagenum'><a id='Page_106' name='Page_106' href='#Page_106'>[106]</a></span>
-gegeben. Dieser kann die Richtigkeit der Angaben später prüfen oder
-prüfen lassen oder sich mit Stichproben begnügen. Seine weitere
-Arbeit aber besteht für jetzt nur darin, daß er für die Summierung
-der Posten sorgt, die Schlußziffern, welche in der obigen Tabelle
-25 Ziffern umfaßt, überprüft und die Tabelle zum Drucke vorbereitet.
-Nun ist aber das Bezirksblatt bis auf die fehlenden Ziffern
-schon gesetzt und zwar, es ist nicht nur der sonstige Inhalt schon gesetzt,
-vieles vielleicht schon gedruckt, sondern es sind auch der Kopf
-und die drei ersten Kolonnen der Tabelle schon gesetzt und es sind
-nur die Ziffern der fünf folgenden zu setzen, daher man sagen kann,
-daß das Bezirksblatt im Laufe des nächstfolgenden Vormittags, hier
-im Laufe des Vormittags des 11. Juli 2001, schon verschickt
-werden kann.
-</p>
-
-<p>
-Aus den beim Kreisbeamten einlaufenden Bezirksblättern stellt
-dieser dann die Kreistabellen zusammen und so wird das Kreisblatt
-mit den Kreistabellen für den 10. Juli am 12. Juli vormittags
-gedruckt und versendet, das Provinzblatt mit der Provinztabelle für
-den 10. Juli am 13. Juli vormittags gedruckt und versendet und
-das Reichsblatt mit den Reichstabellen für den 10. Juli am 14. Juli
-vormittags gedruckt und versendet.<a name='FA_17' id='FA_17' href='#FN_17' class='fnanchor'>[17]</a>
-</p>
-
-<p>
-Es ist nun aber noch der besondere Nachweis zu liefern, daß
-die ganze Verrechnungs- und statistische Arbeit in jeder ihrer Stufen
-in verhältnismäßig kurzer Zeit hergestellt werden kann, was für
-Bezirke, Kreis, Provinz und Reich wegen der Arbeit, welche die
-Summierung erfordert, bei dem stetig anschwellenden Material viel
-schwieriger ist, als in den Gemeinden, wo keine größeren Summierungen
-stattfinden. Müßten nun die Verwaltungsbeamten der Bezirke,
-Kreise, der Provinzen und der Zentralstellen die mechanische
-<span class='pagenum'><a id='Page_107' name='Page_107' href='#Page_107'>[107]</a></span>
-Rechnungsarbeit selbst leisten oder hätten sie nur die Unterstützung
-der ihnen beigegebenen Volksbeamten, so könnte diese Arbeit allerdings
-in wenigen Stunden des nächstfolgenden Vormittags nicht
-bewältigt werden. Allein es wurde schon in V, 3, a, <i>Alinea</i>:
-<a href='#E_03_a_0al1'>»Die Unterrichtspersonen«</a>, bemerkt, daß die Schuljugend jeder Gemeinde
-zu gewissen Arbeiten herangezogen werden kann und dazu eignen sich
-besonders die einfachen, mechanischen Rechnungsarbeiten. Nachdem
-sich in jeder Urgemeinde und im Bezirksvororte eine Schule mit
-einem Schülerstande von je etwa 240 Köpfen, in städtischen Ansiedlungen
-ist diese Zahl natürlich größer, befindet, wovon mindestens
-200 im Rechnen vollkommen sicher sein müssen, so ist die erforderliche
-Rechnungsarbeit in den <ins class='correction' title='Bezirks- Kreis'>Bezirks-, Kreis-</ins> und Provinzstädten und
-in der Reichshauptstadt, die lediglich in der Laterierung einer
-stattlichen Anzahl von Ziffernreihen besteht, durch die Schuljugend
-leicht zu besorgen. Man teilt sie in 6 oder 7 Serien von 30 oder
-25 Schülern, deren jede an einem Wochentage Dienst hat und verteilt
-unter sie die aus den Gemeinden einlaufenden Telegramme
-und die Exemplare der Blätter, aus welchen die Tabellen zusammengestellt
-werden müssen, woraus jeder Schüler zwei oder drei Tabellen
-wie die oben aufgeführte zusammenstellt und dann die Summen
-zieht, wobei sich dann die Schüler gegenseitig kontrollieren. Wo
-sich Differenzen ergeben, sind diese sofort zu beheben und so ist nun
-die Arbeit in 20-30 Minuten leicht zu bewältigen. Mit einiger
-Gewandtheit ist die Tabelle A in fünf Minuten zu bearbeiten und
-durch die Summierung, beziehungsweise Subtraktion der Summe
-in den Kolonnen 2-8 und Vergleichung des Ergebnisses mit der
-Summe in Kolonne 9 die Selbstkontrolle zu besorgen. Davon kann
-sich der Leser selbst überzeugen.
-</p>
-
-<p>
-Hier ist übrigens der Gebrauch von Rechenmaschinen und
-anderen Erleichterungen gar nicht in Betracht gezogen, die bei den
-Kreis-, Provinz- und Reichsämtern sicher in Anwendung kommen
-werden.
-</p>
-
-<p>
-Diese Verwendung der Volksschüler bei einer sehr wichtigen,
-aber mechanischen Arbeit wäre auch von großem erziehlichem Werte.
-Man würde die geistigen Kräfte der jungen Leute kennen lernen,
-denn die Schnelligkeit und Sicherheit in der dauernden Bewältigung
-<span class='pagenum'><a id='Page_108' name='Page_108' href='#Page_108'>[108]</a></span>
-solcher mechanischen Arbeiten bildet einen Maßstab zur Feststellung
-einer sehr wertvollen Anlage. Der junge Mensch fühlt sich überdies
-als ein Glied der Organisation, er lernt früh den Amtseifer
-kennen, er lernt den Wert und die Leistungen des Beamtenapparates
-schätzen, er fühlt, daß er einen wichtigen Platz ausfüllt, daß er
-pünktlich am Arbeitsorte erscheinen muß, und er wird auch nach und
-nach mit dem Sinne und der Wichtigkeit dieser Arbeit vertraut.
-Dabei wird sich sofort der Eifer zeigen, der durch Arbeiten geweckt
-wird, die in größerer Gesellschaft geleistet werden. Der zeitweilige
-Ausschluß von der Mitarbeit könnte als Strafe besonders dann
-verhängt werden, wenn ein Fehler nachträglich aufgedeckt oder eine
-Verzögerung der Arbeiten verschuldet wird.
-</p>
-
-<p id='F_08_e_0al'>
-Es ist noch zu bemerken, daß die vorgesetzten Beamten die Angaben
-der Verwaltungsbeamten der Urgemeinden und städtischen
-Quartiere über die Produktion keineswegs so auf Treu und Glauben
-hinzunehmen, sondern sie zum Teile nachträglich zu prüfen haben.
-Die Urgemeinden und Quartiere haben nämlich nicht nur statistische
-Tabellen für die Veröffentlichung zu liefern, sondern auch Bücher
-zu führen, welche genaue und individuelle Angaben über den ganzen
-Personalstand und auch über Tiere, Vorräte, Maschinen, Werkzeuge
-usw. enthalten, wie auch die Gebarung der Hausverwaltung zum
-Gegenstande haben. Diese Bücher enthalten von jedem Menschen
-genaue Angaben der Geburtszeit und aller Arten von Veränderungen,
-die mit ihm vor sich gehen. So werden auch bei Tieren
-Abkunft, Unterscheidungsmerkmale, Rasse und Namen, bei Kühen
-Belegung, Zeit des Trockenstehens, die Zeit des Kälberns, des
-Säugens, ferner die Schwankungen im Gewichtsstande, Milchertrag,
-Krankheiten usw. eingetragen, vom Bezirks- und Kreisbeamten gleichförmige
-Bücher zu führen und sie über alles, was Gegenstand der Eintragung
-ist, auf dem Laufenden zu erhalten sein. Aus diesen Büchern
-werden die vorgesetzten Beamten genau, beziehungsweise wenigstens
-schätzungsweise entnehmen können, ob die Angaben der statistischen
-Tabellen, z. B. über den Milchertrag, richtig sind.
-</p>
-
-<p>
-Um aber Irrungen in der Wiedergabe der statistischen Daten
-zu verhindern, werden alle nötigen Vorsichten beobachtet werden.
-Der Empfänger telegraphischer oder telephonischer Angaben wird sie
-<span class='pagenum'><a id='Page_109' name='Page_109' href='#Page_109'>[109]</a></span>
-zurücktelephonieren, damit ein etwaiger Irrtum berichtigt werde.
-Die Selbstkontrolle der statistischen Tabellen &mdash; in Horizontal- und
-Vertikalreihen &mdash; wird gleichfalls auf etwaige Irrungen führen.
-Außerdem wird man Vorsorge treffen, daß alle Rechnungen und
-Ermittelungen schon in den Urgemeinden und Quartieren doppelt
-gemacht werden. Auch sind alle bloßen Verschiebungen von Personen
-oder Sachen nicht bloß vom übergebenden Teile anzugeben, sondern
-auch vom empfangenden Teile zu bestätigen.
-</p>
-
-<p>
-Dieser Gegenstand wurde aus dem Grunde so umständlich dargestellt,
-weil die Frage von der größten Tragweite ist, ob es möglich
-ist, Jedem Einblick in die Verteilung zu gewähren, deren erste
-Grundlage ja die Bevölkerungsstatistik und die Statistik der rasch
-dem Verbrauche zugeführten Nahrungsmittel ist. Die später folgenden
-Tabellen über die Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte
-und über den Verpflegstand der einzelnen Gemeinden, welche mit
-dem Bevölkerungsstande nicht übereinstimmt, und noch andere Erörterungen
-werden überzeugend dartun, daß die Administration eines
-solchen Staates sehr einfach und unendlich erfolgreich ist.
-</p>
-
-<p>
-Man kann hier auch die Überzeugung schöpfen, daß die Tagesstatistik,
-wenn man selbst annimmt, daß sie aus 50 Tabellen gleicher
-Art besteht, keinen allzugroßen Raum der in <a href='#F_07_0_0'>VI, 7,</a> geschilderten
-Blätter einnehmen wird, nur etwa 4 große Folioseiten. Die Natur
-der Sache bringt es mit sich, daß die äußerste Ökonomie im Raume
-angestrebt wird.
-</p>
-
-<p>
-Außer der oben exemplifizierten Tabelle über die erstjährigen
-Knaben werden noch Tabellen aufgestellt werden 2. für die
-Knaben, welche mehr als 1 Jahr, aber nicht mehr als 6 Jahre alt
-sind, ferner 3. für die Knaben, welche mehr als 6 Jahre, aber nicht
-mehr als 18 Jahre alt, also schulpflichtig sind, dann 4. die arbeitspflichtigen
-Männer, endlich 5. für die von der geregelten Arbeit befreiten
-Männer. Endlich werden 6. von den arbeitspflichtigen
-Männern jene ausgewiesen, welche derzeit vorübergehend von der
-Arbeit befreit sind, so Kranke und Beurlaubte. Da jede dieser
-Tabellen auch für den weiblichen Teil der Bevölkerung zu machen
-ist, so gibt das zwölf Tabellen für die Bevölkerungsstatistik und dazu
-noch eine oder zwei alle Tabellen zusammenziehende Gesamttabellen.
-</p>
-
-<p>
-Es folgt nun die Tabelle für die Knaben, welche älter als
-1 Jahr, aber nicht älter als 6 Jahre, also noch nicht schulpflichtig
-sind.
-</p>
-
-<div class="brmax center">
-
-<p class="center">
-<span class='pagenum'><a id='Page_110' name='Page_110' href='#Page_110'>[110]</a></span>
-Bevölkerungsstatistik des Bezirkes 8, 7, 19. vom 10. Juli 2001
-<br />A 2. Knaben über 1 Jahr bis einschließlich 6 Jahre.
-</p>
-
-<table class="tabtop" width="90%" summary="">
- <tr>
- <td rowspan="2" class="cwdth08 abo abu vm c gemoz">Ord-<br />nungs-<br />zahl<br />der<br />Gmnde</td>
- <td colspan="2" class="abo vm c gemoz">Am Vortage</td>
- <td colspan="2" class="abo vm c gemoz">Zuwachs</td>
- <td colspan="2" class="abo vm c gemoz">Abfall</td>
- <td colspan="2" class="abo vm c klein">Am Schluß des<br />Verrechnungs-<br />tages</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Köpfe</td>
- <td class="cwdth13 abu vm c gemoz">Alters-<br />tage</td>
- <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Köpfe</td>
- <td class="cwdth13 abu vm c gemoz">Alters-<br />tage</td>
- <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Köpfe</td>
- <td class="cwdth13 abu vm c gemoz">Alters-<br />tage</td>
- <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Köpfe</td>
- <td class="cwdth13 abu vm c ">Alters-<br />tage</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">1</td>
- <td class="anzal c">65</td>
- <td class="gemoz r pdr">78 000</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">65</td>
- <td class="r pdr">78 065</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">2</td>
- <td class="anzal c">66</td>
- <td class="gemoz r pdr">78 015</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">1-A-</td>
- <td class="gemoz r pdr">1 190</td>
- <td class="anzal c">65</td>
- <td class="r pdr">76 890</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">3</td>
- <td class="anzal c">59</td>
- <td class="gemoz r pdr">77 233</td>
- <td class="anzal c">5-B-</td>
- <td class="gemoz r pdr">6 124</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">64</td>
- <td class="r pdr">83 421</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">4</td>
- <td class="anzal c">68</td>
- <td class="gemoz r pdr">79 001</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">68</td>
- <td class="r pdr">79 069</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">5</td>
- <td class="anzal c">70</td>
- <td class="gemoz r pdr">80 236</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">70</td>
- <td class="r pdr">80 306</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">6</td>
- <td class="anzal c">69</td>
- <td class="gemoz r pdr">79 012</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">2</td>
- <td class="gemoz r pdr">2 405</td>
- <td class="anzal c">67</td>
- <td class="r pdr">76 674</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">7</td>
- <td class="anzal c">63</td>
- <td class="gemoz r pdr">77 230</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">63</td>
- <td class="r pdr">77 293</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">8</td>
- <td class="anzal c">64</td>
- <td class="gemoz r pdr">76 819</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">64</td>
- <td class="r pdr">76 883</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">9</td>
- <td class="anzal c">67</td>
- <td class="gemoz r pdr">77 344</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">67</td>
- <td class="r pdr">77 411</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">10</td>
- <td class="anzal c">59</td>
- <td class="gemoz r pdr">72 561</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">59</td>
- <td class="r pdr">72 620</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">11</td>
- <td class="anzal c">62</td>
- <td class="gemoz r pdr">77 344</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">62</td>
- <td class="r pdr">77 406</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">12</td>
- <td class="anzal c">60</td>
- <td class="gemoz r pdr">72 304</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">60</td>
- <td class="r pdr">72 364</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">13</td>
- <td class="anzal c">68</td>
- <td class="gemoz r pdr">79 105</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">68</td>
- <td class="r pdr">79 173</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">14</td>
- <td class="anzal c">66</td>
- <td class="gemoz r pdr">78 158</td>
- <td class="anzal c">1-C-</td>
- <td class="gemoz r pdr">365</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">67</td>
- <td class="r pdr">78 590</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">15</td>
- <td class="anzal c">67</td>
- <td class="gemoz r pdr">78 556</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">67</td>
- <td class="r pdr">78 623</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">16</td>
- <td class="anzal c">69</td>
- <td class="gemoz r pdr">81 137</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">1</td>
- <td class="gemoz r pdr">1 213</td>
- <td class="anzal c">68</td>
- <td class="r pdr">79 992</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">17</td>
- <td class="anzal c">71</td>
- <td class="gemoz r pdr">83 115</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">2</td>
- <td class="gemoz r pdr">2 506</td>
- <td class="anzal c">69</td>
- <td class="r pdr">80 678</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">18</td>
- <td class="anzal c">62</td>
- <td class="gemoz r pdr">77 722</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">2-D-</td>
- <td class="gemoz r pdr">1 865</td>
- <td class="anzal c">60</td>
- <td class="r pdr">75 917</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">19</td>
- <td class="anzal c">65</td>
- <td class="gemoz r pdr">77 204</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">65</td>
- <td class="r pdr">77 269</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="gemoz c">20</td>
- <td class="anzal c">68</td>
- <td class="gemoz r pdr">80 123</td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c"></td>
- <td class="gemoz r pdr"></td>
- <td class="anzal c">68</td>
- <td class="r pdr">80 191</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abo gemoz c">&nbsp;</td>
- <td class="abo anzal c">1 308</td>
- <td class="abo gemoz r">1560219</td>
- <td class="abo anzal c">6</td>
- <td class="abo gemoz r pdr">6 489</td>
- <td class="abo anzal c">8</td>
- <td class="abo gemoz r pdr">9 179</td>
- <td class="abo anzal c">1 306</td>
- <td class="abo r">1558835</td>
- </tr>
-</table>
-
-<hr class='fnsep' />
-
-<div class="blockquote klein">
-<p>
--A- Zugeschrieben dem Bezirke 8, 7, 20.
-</p>
-
-<p>
--B- Zugewandert aus den Gemeinden 6, 16 und 17.
-</p>
-
-<p>
--C- Aus der Tabelle A 1. übertragen.
-</p>
-
-<p>
--D- Zugeschrieben dem Bezirke 8, <ins class='correction' title='7.'>7,</ins> 20.
-<br />&nbsp;
-</p>
-</div>
-</div>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_111' name='Page_111' href='#Page_111'>[111]</a></span>
-Es erscheint nicht notwendig die Nachweisungen der höheren Altersstufen
-und des weiblichen Geschlechtes zu exemplifizieren und es folgen
-noch Beispiele der Molkereistatistik und der <ins class='correction' title='Verpflegsstandausweise'>Verpflegstandsausweise</ins>.
-</p>
-
-<p>
-<ins class='correction' title='Sowie'>So wie</ins> die Einwohner dürften auch die wichtigsten Tiere fortlaufend
-gezählt werden, besonders Rinder und Pferde, dann aber
-auch Schweine und Schafe; es wird aber genügen, wenn der Stand
-nach Gemeinden, Bezirken, Kreisen und Provinzen alle Wochen einmal
-veröffentlicht wird. Dabei dürfte es sich empfehlen, Jungvieh,
-Nutztiere und männliche und weibliche Tiere zu sondern. Es dürfte
-sich empfehlen auch von Woche zu Woche das Gewicht der Rinder,
-Schweine und Schafe festzustellen und statistisch zu veröffentlichen. Davon
-zu unterscheiden ist die Ermittlung und Verlautbarung des Gewichtes
-der geschlachteten Tiere an Fleisch, Fett, Blut, Knochen und Fellen.
-</p>
-
-<p>
-Es entsteht nun die Frage, ob Bienenstöcke, Geflügel, Gemüse
-und Obst nicht aus dem Staatseigentum ausgeschieden und zu Gemeindeeigentum
-erklärt werden sollten, weil eine Verrechnung dem
-Staate gegenüber eine allzu umständliche Sache wäre. Es könnte
-das so geschehen, daß den Gemeinden eine gewisse Menge von Futter,
-eine gewisse Anzahl von Arbeitskräften, Bodenflächen und baulichen
-Anlagen für diese Produktionszweige zugewiesen würden, wogegen die
-Gemeinden die Ergebnisse dieser Produktion nicht zu verrechnen hätten.
-Es ist wohl kaum zu bezweifeln, daß die staatliche Kontrolle dieser
-Art von Produktion und die Verteilung dieser Produkte durch die
-Staatsverwaltung zu umständlich und zeitraubend wäre. Es blieben
-dann der Ertrag von Honig, Wachs, Eiern, Fleisch, Geflügel und
-Federn, an Gemüsen und Obst den Gemeinden zur freien Verfügung
-und in diesem Falle könnte auch entweder den Städten der
-Betrieb einer eigenen Geflügelzucht, Gemüse und Obstproduktion in
-verhältnismäßigem Umfange ermöglicht, oder den Dorfgemeinden die
-Lieferung von Eiern, Geflügel, Gemüse und Obst wie eine Art von
-Giebigkeit an die Städte auferlegt werden. Denn der Bedarf an
-diesen Produkten kann regelmäßig durch die Gemeinden selbst gedeckt
-werden und ein Gütertausch scheint nicht notwendig zu sein.<a name='FA_18' id='FA_18' href='#FN_18' class='fnanchor'>[18]</a>
-<span class='pagenum'><a id='Page_112' name='Page_112' href='#Page_112'>[112]</a></span>
-Es würde sich aus dieser Einrichtung eine Entlastung der staatlichen
-Verwaltung und Statistik ergeben ohne die geringste Gefahr für die
-Gesellschaftsordnung. Doch hätte der Staat immer das Recht auch
-solche Produktionen zurückzunehmen und ausschließlich oder neben
-den Gemeinden für Staatsrechnung zu betreiben, so wenn die Obstproduktion
-im Großen betrieben wird und nicht bloß zur Versorgung
-der Gemeinde mit ihrem Bedarf.
-</p>
-
-<p>
-Was die Versorgung der Gemeinden mit Kalb-, Schweine- und
-Schaffleisch anbelangt, so wird eine Großschlächterei wie für die
-Rindviehschlachtung sich für diese Tiere kaum empfehlen. Durch
-die Bezirksverwaltung würden den Gemeinden die zu schlachtenden
-Tiere nach dem Lebendgewichte und den Verpflegständen zur Schlachtung
-und zum Verbrauche des Fleisches zugewiesen und die Gemeinden
-hätten nur die Häute und gewisse Knochen, dann die Wolle der
-Schafe, abzuliefern. Zur Versorgung der Städte mit dieser Art
-von Fleisch würde durch Abfuhr von Kleinvieh oder von Fleisch
-geschlachteten Kleinviehs an selbe gesorgt werden. Je nach der
-Verteilungsart wäre auch die Statistik einzurichten.
-</p>
-
-<p>
-Die tägliche Feststellung der Verteilung des Fleisches des
-Großviehes wäre von der größten Wichtigkeit, weil es rasch verbraucht
-wird und Art und Gewicht nach längerer Zeit nicht mehr
-ermittelt werden könnte. Dasselbe gilt von der Milch und den
-Milchprodukten und darum soll ein Beispiel der statistischen Erhebung
-der Produktion und des Verbrauches von Milch und Milchprodukten
-hier vorgeführt werden.
-</p>
-
-<p>
-Die Rindviehschlächterei könnte für einen ganzen Bezirk in
-einer einzigen Gemeinde betrieben werden. Vor der Schlachtung
-wäre das Lebendgewicht der Tiere zu ermitteln. Die Statistik hätte
-ferner das Ergebnis jeder einzelnen Schlachtung in Gewichtsmengen
-von Fleisch, Fett, Herz, Nieren, Leber, Gehirn, Gedärmen, Blut,
-Knochen und Haut, und den gänzlich wertlosen Nebenprodukten darzustellen.
-Fleischer behaupten, daß bei vollständiger Ermittelung des
-Gewichtes aller dieser Teile Lebendgewicht und Schlachtgewicht sich
-bis auf eine geringe Differenz gleichstellen müsse, und diese Differenz
-erkläre sich nur aus verspritztem Blute.
-</p>
-
-<div class="brmax center">
-
-<p class="center">
-<span class='pagenum'><a id='Page_113' name='Page_113' href='#Page_113'>[113]</a></span>
-Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte
-<br />im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001.
-</p>
-
-<table class="tabtop" style="width:90%;" summary=" ">
- <tr>
- <td colspan="3" class="hdrcell0">Gemeinde</td>
- <td colspan="2" class="hdrcell1">1</td>
- <td colspan="2" class="hdrcell0">2</td>
- <td colspan="2" class="hdrcell0">3</td>
- <td colspan="2" class="hdrcell0">4</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="cwdth10 vm l brdfrst0" style="width:10%;">Milch</td>
- <td class="cwdth06 vm r brdfrst1" style="width:6%;">1.&#8199;</td>
- <td class="cwdth18 vm c klein brdfrst1" style="width:18%;">Ermolken</td>
- <td class="cwdth13 vm r brdfrst2" style="width:13%;">1305</td>
- <td class="cwdth05 vm l brdfrst4" style="width:5%;">&#8199;6</td>
- <td class="cwdth13 vm r brdfrst3" style="width:13%;">805</td>
- <td class="cwdth05 vm l brdfrst4" style="width:5%;">&mdash;</td>
- <td class="cwdth13 vm r brdfrst3" style="width:13%;">1436</td>
- <td class="cwdth05 vm l brdfrst4" style="width:5%;">&#8199;7</td>
- <td class="cwdth14 vm r brdfrst3" style="width:14%;">1509</td>
- <td class="cwdth05 vm l brdfrst4" style="width:5%;">10</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vm l brdmidl0">&nbsp;</td>
- <td class="vm r brdmidl1">2.&#8199;</td>
- <td class="vm c klein brdmidl1">Zu- u. Abf.</td>
- <td class="vm r brdmidl2">+&#8199;213</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&#8199;8</td>
- <td class="vm r brdmidl3">-&#8199;&#8199;70</td>
- <td class="vm l brdmidl4">62</td>
- <td class="vm r brdmidl3">-&#8199;714</td>
- <td class="vm l brdmidl4">10</td>
- <td class="vm r brdmidl3">-&#8199;705</td>
- <td class="vm l brdmidl4">37</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vm l brdmidl0">&nbsp;</td>
- <td class="vm r brdmidl1">3.&#8199;</td>
- <td class="vm c klein brdmidl1">Deren<br />Verbr. i. G.</td>
- <td class="vm r brdmidl2">803</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">734</td>
- <td class="vm l brdmidl4">38</td>
- <td class="vm r brdmidl3">721</td>
- <td class="vm l brdmidl4">97</td>
- <td class="vm r brdmidl3">803</td>
- <td class="vm l brdmidl4">73</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vm l brdmidl0">&nbsp;</td>
- <td class="vm r brdmidl1">4.&#8199;</td>
- <td class="vm c klein brdmidl1">Buttererz.</td>
- <td class="vm r brdmidl2">31</td>
- <td class="vm l brdmidl4">72</td>
- <td class="vm r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vm l brdmidl0">&nbsp;</td>
- <td class="vm r brdmidl1">5.&#8199;</td>
- <td class="vm c klein brdmidl1">Käseerz.</td>
- <td class="vm r brdmidl2">80</td>
- <td class="vm l brdmidl4">78</td>
- <td class="vm r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vm l brdmidl0">&nbsp;</td>
- <td class="vm r brdmidl1">6.&#8199;</td>
- <td class="vm c klein brdmidl1">Abfall</td>
- <td class="vm r brdmidl2">603</td>
- <td class="vm l brdmidl4">64</td>
- <td class="vm r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vm l brdmidl0">&nbsp;</td>
- <td class="vm r brdmidl1">7.&#8199;</td>
- <td class="vm c klein brdmidl1">Dessen<br />Zu- u. Abf.</td>
- <td class="vm r brdmidl2">-&#8199;219</td>
- <td class="vm l brdmidl4">44</td>
- <td class="vm r brdmidl3">+&#8199;379</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">+&#8199;380</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">+&#8199;385</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vm l brdmidl0">Butter</td>
- <td class="vm r brdmidl1">8.&#8199;</td>
- <td class="vm c klein brdmidl1">Dessen<br />Zu- u. Abf.</td>
- <td class="vm r brdmidl2">-&#8199;&#8199;11</td>
- <td class="vm l brdmidl4">92</td>
- <td class="vm r brdmidl3">+&#8199;&#8199;18</td>
- <td class="vm l brdmidl4">11</td>
- <td class="vm r brdmidl3">+&#8199;&#8199;17</td>
- <td class="vm l brdmidl4">88</td>
- <td class="vm r brdmidl3">+&#8199;&#8199;19</td>
- <td class="vm l brdmidl4">90</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vm l brdmidl0">&nbsp;</td>
- <td class="vm r brdmidl1">9.&#8199;</td>
- <td class="vm c klein brdmidl1">Verbrauch<br />i. d. Gem.</td>
- <td class="vm r brdmidl2">19</td>
- <td class="vm l brdmidl4">80</td>
- <td class="vm r brdmidl3">18</td>
- <td class="vm l brdmidl4">11</td>
- <td class="vm r brdmidl3">17</td>
- <td class="vm l brdmidl4">88</td>
- <td class="vm r brdmidl3">19</td>
- <td class="vm l brdmidl4">90</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vm l brdmidl0">Käse</td>
- <td class="vm r brdmidl1">10.&#8199;</td>
- <td class="vm c klein brdmidl1">Vorrat<br />am 9. 7.</td>
- <td class="vm r brdmidl2">15677</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vm l brdmidl0">&nbsp;</td>
- <td class="vm r brdmidl1">11.&#8199;</td>
- <td class="vm c klein brdmidl1">Summa<br />aus 5, 10</td>
- <td class="vm r brdmidl2">15757</td>
- <td class="vm l brdmidl4">78</td>
- <td class="vm r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vm l brdmidl0">&nbsp;</td>
- <td class="vm r brdmidl1">12.&#8199;</td>
- <td class="vm c klein brdmidl1">Verpflgs.-<br />stand</td>
- <td class="vm r brdmidl2">1100</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">1006</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">989</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="vm r brdmidl3">1101</td>
- <td class="vm l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
-</table>
-
-<p class="center">
-Verpflegstandsstatistik im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001.
-</p>
-
-<table class="tabtop" style="width:90%;" summary="">
- <tr>
- <td class="cwdth29 c vm hdrcell0">Ordnungszahl<br />der Gemeinde</td>
- <td class="cwdth07 c vm hdrcell1">1</td>
- <td class="cwdth07 c vm hdrcell0">2</td>
- <td class="cwdth07 c vm hdrcell0">3</td>
- <td class="cwdth07 c vm hdrcell0">4</td>
- <td class="cwdth07 c vm hdrcell0">5</td>
- <td class="cwdth07 c vm hdrcell0">6</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="l brdfrst1">Bevölkerungsstand</td>
- <td class="r brdfrst2">1003</td>
- <td class="r brdfrst1">999</td>
- <td class="r brdfrst1">1010</td>
- <td class="r brdfrst1">1020</td>
- <td class="r brdfrst1">1005</td>
- <td class="r brdfrst1">1007</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="l brdmidl1">Abwesend</td>
- <td class="r brdmidl2">23</td>
- <td class="r brdmidl1">19</td>
- <td class="r brdmidl1">21</td>
- <td class="r brdmidl1">20</td>
- <td class="r brdmidl1">25</td>
- <td class="r brdmidl1">25</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="l brdmidl1">Fremd</td>
- <td class="r brdmidl2">120</td>
- <td class="r brdmidl1">26</td>
- <td class="r brdmidl1">--</td>
- <td class="r brdmidl1">101</td>
- <td class="r brdmidl1">72</td>
- <td class="r brdmidl1">13</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="l brdmidl1">Verpflegungsstand</td>
- <td class="r brdmidl2">1100</td>
- <td class="r brdmidl1">1006</td>
- <td class="r brdmidl1">989</td>
- <td class="r brdmidl1">1101</td>
- <td class="r brdmidl1">1052</td>
- <td class="r brdmidl1">995</td>
- </tr>
-</table>
-
-<div class="blockquote klein">
-<p class="center">
-Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm Butter pro Kopf.
-<br />&nbsp;
-</p>
-</div>
-</div>
-
-<div class="brmax center">
-
-<p class="center">
-<span class='pagenum'><a id='Page_114' name='Page_114' href='#Page_114'>[114]</a></span>
-Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte
-<br />im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001.
-</p>
-
-<table class="tabtop" style="width:95%;" summary="">
- <tr>
- <td class="c hdrcell0" colspan="2">5</td>
- <td class="c hdrcell0" colspan="2">6</td>
- <td class="c hdrcell0" colspan="2">7</td>
- <td class="c hdrcell0" colspan="2">8</td>
- <td class="c hdrcell0" colspan="2">9</td>
- <td class="c hdrcell0" colspan="2">10</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="cwdth10 r brdfrst3">1307</td>
- <td class="cwdth02 l brdfrst4">12</td>
- <td class="cwdth10 r brdfrst3">1601</td>
- <td class="cwdth02 l brdfrst4">&#8199;3</td>
- <td class="cwdth10 r brdfrst3">703</td>
- <td class="cwdth02 l brdfrst4">14</td>
- <td class="cwdth10 r brdfrst3">1632</td>
- <td class="cwdth02 l brdfrst4">&#8199;5</td>
- <td class="cwdth10 r brdfrst3">1105</td>
- <td class="cwdth02 l brdfrst4">&#8199;4</td>
- <td class="cwdth10 r brdfrst3">1206</td>
- <td class="cwdth02 l brdfrst4">&#8199;8</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">+2151</td>
- <td class="l brdmidl4">69</td>
- <td class="r brdmidl3">-&#8199;874</td>
- <td class="l brdmidl4">68</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;&#8199;72</td>
- <td class="l brdmidl4">85</td>
- <td class="r brdmidl3">-&#8199;884</td>
- <td class="l brdmidl4">53</td>
- <td class="r brdmidl3">-&#8199;323</td>
- <td class="l brdmidl4">94</td>
- <td class="r brdmidl3">-&#8199;400</td>
- <td class="l brdmidl4">16</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">767</td>
- <td class="l brdmidl4">96</td>
- <td class="r brdmidl3">726</td>
- <td class="l brdmidl4">35</td>
- <td class="r brdmidl3">775</td>
- <td class="l brdmidl4">99</td>
- <td class="r brdmidl3">747</td>
- <td class="l brdmidl4">52</td>
- <td class="r brdmidl3">781</td>
- <td class="l brdmidl4">10</td>
- <td class="r brdmidl3">805</td>
- <td class="l brdmidl4">92</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">121</td>
- <td class="l brdmidl4">&#8199;8</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">308</td>
- <td class="l brdmidl4">49</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">2261</td>
- <td class="l brdmidl4">28</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">-1877</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;387</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;384</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;383</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;385</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;385</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">-&#8199;102</td>
- <td class="l brdmidl4">10</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;&#8199;17</td>
- <td class="l brdmidl4">91</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;&#8199;19</td>
- <td class="l brdmidl4">13</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;&#8199;18</td>
- <td class="l brdmidl4">43</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;&#8199;19</td>
- <td class="l brdmidl4">26</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;&#8199;19</td>
- <td class="l brdmidl4">87</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">18</td>
- <td class="l brdmidl4">98</td>
- <td class="r brdmidl3">17</td>
- <td class="l brdmidl4">91</td>
- <td class="r brdmidl3">19</td>
- <td class="l brdmidl4">13</td>
- <td class="r brdmidl3">18</td>
- <td class="l brdmidl4">43</td>
- <td class="r brdmidl3">19</td>
- <td class="l brdmidl4">26</td>
- <td class="r brdmidl3">19</td>
- <td class="l brdmidl4">87</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">63007</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">63315</td>
- <td class="l brdmidl4">49</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">1052</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">995</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">1063</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">1024</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">1070</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">1104</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
-</table>
-
-<p class="center">
-Verpflegstandsstatistik im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001.
-</p>
-
-<table class="tabtop" style="width:95%;" summary="">
- <tr>
- <td class="cwdth09 c hdrcell0">7</td>
- <td class="cwdth09 c hdrcell0">8</td>
- <td class="cwdth09 c hdrcell0">9</td>
- <td class="cwdth09 c hdrcell0">10</td>
- <td class="cwdth09 c hdrcell0">11</td>
- <td class="cwdth09 c hdrcell0">12</td>
- <td class="cwdth09 c hdrcell0">13</td>
- <td class="cwdth09 c hdrcell0">14</td>
- <td class="cwdth09 c hdrcell0">15</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdfrst1">1011&#8199;</td>
- <td class="r brdfrst1">1007&#8199;</td>
- <td class="r brdfrst1">1009&#8199;</td>
- <td class="r brdfrst1">1001&#8199;</td>
- <td class="r brdfrst1">1013&#8199;</td>
- <td class="r brdfrst1">1015&#8199;</td>
- <td class="r brdfrst1">1004&#8199;</td>
- <td class="r brdfrst1">1008&#8199;</td>
- <td class="r brdfrst1">1580&#8199;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">27&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">25&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">29&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">18&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">24&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">25&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">26&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">23&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">35&#8199;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">79&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">42&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">90&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">121&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">87&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">51&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">34&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">30&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">57&#8199;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">1063&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">1024&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">1070&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">1104&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">1076&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">1041&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">1012&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">1015&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">1002&#8199;</td>
- </tr>
-</table>
-
-<div class="blockquote klein">
-<p class="center">
-Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm Butter pro Kopf.
-<br />&nbsp;
-</p>
-</div>
-</div>
-
-<div class="brmax center">
-
-<p class="center">
-<span class='pagenum'><a id='Page_115' name='Page_115' href='#Page_115'>[115]</a></span>
-Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte
-<br />im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001.
-</p>
-
-<table class="tabtop" style="width:95%;" summary="">
- <tr>
- <td class="c hdrcell0" colspan="2">11</td>
- <td class="c hdrcell0" colspan="2">12</td>
- <td class="c hdrcell0" colspan="2">13</td>
- <td class="c hdrcell0" colspan="2">14</td>
- <td class="c hdrcell0" colspan="2">15</td>
- <td class="c hdrcell0" colspan="2">16</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="cwdth09 r brdfrst3">1305</td>
- <td class="cwdth03 l brdfrst4">&#8199;2</td>
- <td class="cwdth09 r brdfrst3">1145</td>
- <td class="cwdth03 l brdfrst4">&#8199;4</td>
- <td class="cwdth09 r brdfrst3">1620</td>
- <td class="cwdth03 l brdfrst4">&#8199;3</td>
- <td class="cwdth09 r brdfrst3">907</td>
- <td class="cwdth03 l brdfrst4">12</td>
- <td class="cwdth09 r brdfrst3">1436</td>
- <td class="cwdth03 l brdfrst4">&#8199;5</td>
- <td class="cwdth09 r brdfrst3">1527</td>
- <td class="cwdth03 l brdfrst4">&#8199;6</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">519</td>
- <td class="l brdmidl4">54</td>
- <td class="r brdmidl3">+2056</td>
- <td class="l brdmidl4">72</td>
- <td class="r brdmidl3">-&#8199;881</td>
- <td class="l brdmidl4">27</td>
- <td class="r brdmidl3">-&#8199;166</td>
- <td class="l brdmidl4">17</td>
- <td class="r brdmidl3">-&#8199;266</td>
- <td class="l brdmidl4">59</td>
- <td class="r brdmidl3">+1488</td>
- <td class="l brdmidl4">76</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">785</td>
- <td class="l brdmidl4">48</td>
- <td class="r brdmidl3">759</td>
- <td class="l brdmidl4">93</td>
- <td class="r brdmidl3">738</td>
- <td class="l brdmidl4">76</td>
- <td class="r brdmidl3">740</td>
- <td class="l brdmidl4">95</td>
- <td class="r brdmidl3">1169</td>
- <td class="l brdmidl4">46</td>
- <td class="r brdmidl3">745</td>
- <td class="l brdmidl4">33</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">109</td>
- <td class="l brdmidl4">88</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">101</td>
- <td class="l brdmidl4">55</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">290</td>
- <td class="l brdmidl4">12</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">275</td>
- <td class="l brdmidl4">45</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">2041</td>
- <td class="l brdmidl4">83</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">1893</td>
- <td class="l brdmidl4">49</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;385</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">-1650</td>
- <td class="l brdmidl4">63</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;381</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;381</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;420</td>
- <td class="l brdmidl4">19</td>
- <td class="r brdmidl3">-1520</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;&#8199;19</td>
- <td class="l brdmidl4">53</td>
- <td class="r brdmidl3">-&#8199;&#8199;91</td>
- <td class="l brdmidl4">14</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;&#8199;18</td>
- <td class="l brdmidl4">22</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;&#8199;18</td>
- <td class="l brdmidl4">27</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;&#8199;29</td>
- <td class="l brdmidl4">84</td>
- <td class="r brdmidl3">-&#8199;&#8199;83</td>
- <td class="l brdmidl4">17</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">19</td>
- <td class="l brdmidl4">53</td>
- <td class="r brdmidl3">18</td>
- <td class="l brdmidl4">74</td>
- <td class="r brdmidl3">18</td>
- <td class="l brdmidl4">22</td>
- <td class="r brdmidl3">18</td>
- <td class="l brdmidl4">27</td>
- <td class="r brdmidl3">28</td>
- <td class="l brdmidl4">84</td>
- <td class="r brdmidl3">18</td>
- <td class="l brdmidl4">38</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">54402</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">50301</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">54692</td>
- <td class="l brdmidl4">12</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">50576</td>
- <td class="l brdmidl4">45</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">1076</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">1041</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">1012</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">1015</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">1602</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">1021</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
-</table>
-
-<p class="center">
-Verpflegstandsstatistik im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001.
-</p>
-
-<table class="tabtop" style="width:70%;" summary="">
- <tr>
- <td class="cwdth10 c vm hdrcell0">16</td>
- <td class="cwdth10 c vm hdrcell0">17</td>
- <td class="cwdth10 c vm hdrcell0">18</td>
- <td class="cwdth10 c vm hdrcell0">19</td>
- <td class="cwdth10 c vm hdrcell0">20</td>
- <td class="cwdth15 c vm klein brdfrst5">Summe</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdfrst3">1001&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdfrst3">1003&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdfrst3">1009&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdfrst3">1003&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdfrst3">1002&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdfrst6">20710&#8199;&#8199;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">27&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">29&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">25&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">27&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">28&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl6">501&#8199;&#8199;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">47&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">36&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">28&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">130&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">28&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl6">1192&#8199;&#8199;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">1021&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">1010&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">1012&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">1106&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl3">1002&#8199;&#8199;</td>
- <td class="r brdmidl6">21401&#8199;&#8199;</td>
- </tr>
-</table>
-
-<div class="blockquote klein">
-<p class="center">
-Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm Butter pro Kopf.
-<br />&nbsp;
-</p>
-</div>
-</div>
-
-<div class="brmax center">
-
-<p class="center">
-<span class='pagenum'><a id='Page_116' name='Page_116' href='#Page_116'>[116]</a></span>
-Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte
-<br />im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001.
-</p>
-
-<table class="tabtop" style="width:95%;" summary="">
- <tr>
- <td class="c vm hdrcell0" colspan="2">17</td>
- <td class="c vm hdrcell0" colspan="2">18</td>
- <td class="c vm hdrcell0" colspan="2">19</td>
- <td class="c vm hdrcell0" colspan="2">20</td>
- <td class="c klein hdrcell3" colspan="2">Summe oder<br />Differenz</td>
- <td class="c klein hdrcell4" colspan="2">Verkehr<br />nach außen</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="cwdth09 r brdfrst3">1231</td>
- <td class="cwdth03 l brdfrst4">8</td>
- <td class="cwdth09 r brdfrst3">1306</td>
- <td class="cwdth03 l brdfrst4">15</td>
- <td class="cwdth09 r brdfrst3">1108</td>
- <td class="cwdth03 l brdfrst4">17</td>
- <td class="cwdth09 r brdfrst3">906</td>
- <td class="cwdth03 l brdfrst4">17</td>
- <td class="cwdth09 r brdfrst2">25101</td>
- <td class="cwdth03 l brdfrst4">58</td>
- <td class="cwdth09 r brdfrst3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="cwdth03 l brdfrst4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">-&#8199;493</td>
- <td class="l brdmidl4">78</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;493</td>
- <td class="l brdmidl4">78</td>
- <td class="r brdmidl3">-&#8199;300</td>
- <td class="l brdmidl4">79</td>
- <td class="r brdmidl3">-&#8199;174</td>
- <td class="l brdmidl4">73</td>
- <td class="r brdmidl2">-&#8199;300</td>
- <td class="l brdmidl4">29</td>
- <td class="r brdmidl4">+&#8199;300</td>
- <td class="l brdmidl4">29</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">737</td>
- <td class="l brdmidl4">30</td>
- <td class="r brdmidl3">738</td>
- <td class="l brdmidl4">76</td>
- <td class="r brdmidl3">807</td>
- <td class="l brdmidl4">38</td>
- <td class="r brdmidl3">731</td>
- <td class="l brdmidl4">46</td>
- <td class="r brdmidl2">15622</td>
- <td class="l brdmidl4">73</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">47</td>
- <td class="l brdmidl4">75</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl2">411</td>
- <td class="l brdmidl4">98</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">127</td>
- <td class="l brdmidl4">34</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl2">1082</td>
- <td class="l brdmidl4">18</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">886</td>
- <td class="l brdmidl4">&#8199;8</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl2">7686</td>
- <td class="l brdmidl4">32</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;382</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">-&#8199;503</td>
- <td class="l brdmidl4">12</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;387</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;381</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl2">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;&#8199;18</td>
- <td class="l brdmidl4">18</td>
- <td class="r brdmidl3">-&#8199;&#8199;29</td>
- <td class="l brdmidl4">53</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;&#8199;19</td>
- <td class="l brdmidl4">91</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;&#8199;18</td>
- <td class="l brdmidl4">&#8199;4</td>
- <td class="r brdmidl2">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">+&#8199;&#8199;26</td>
- <td class="l brdmidl4">38</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">18</td>
- <td class="l brdmidl4">18</td>
- <td class="r brdmidl3">18</td>
- <td class="l brdmidl4">22</td>
- <td class="r brdmidl3">19</td>
- <td class="l brdmidl4">91</td>
- <td class="r brdmidl3">18</td>
- <td class="l brdmidl4">&#8199;4</td>
- <td class="r brdmidl2">385</td>
- <td class="l brdmidl4">60</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">22503</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl2">205890</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">22630</td>
- <td class="l brdmidl4">34</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl2">206972</td>
- <td class="l brdmidl4">18</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r brdmidl3">1010</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">1012</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">1106</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">1002</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl2">21401</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- <td class="r brdmidl3">&mdash;&#8199;&#8199;</td>
- <td class="l brdmidl4">&mdash;</td>
- </tr>
-</table>
-
-<div class="blockquote">
-<p>
-Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm Butter pro Kopf.
-<br />&nbsp;</p>
-</div>
-</div>
-<p>
-Das vorstehende ist die naturalwirtschaftliche Abrechnung über
-eine Tagesproduktion und den Verbrauch eines Wertes von 4016
-Kronen nach der gegenwärtigen Verrechnung in den Molkereien in
-der Nähe von Innsbruck, welche den Bauern 16 Heller pro Liter
-abgelieferter Milch bezahlen. Diese Tagesproduktion entspricht der
-Anzahl der im Bezirke eingestellten Kühe, welche unter dem Durchschnitte
-mit 3550 Stück angenommen wurde. Nach einem mäßigen
-Durchschnittsertrag von 7,5 Liter pro Kuh würden diese Kühe
-26632 Liter geben und es sind also um 1500 Liter Milch
-weniger angenommen, als zu erwarten wäre. Danach kann
-man den Wert der Tagesproduktion in 2000 Bezirken auf
-8 Millionen Kronen täglich oder nahezu 3 Milliarden Kronen
-im Jahr veranschlagen und mit diesen kleinen Tabellen wird
-ein so großer Wert nach Produktionsmenge und Verteilung verrechnet.<a name='FA_19' id='FA_19' href='#FN_19' class='fnanchor'>[19]</a>
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_117' name='Page_117' href='#Page_117'>[117]</a></span>
-Freilich ist der Wert dieses Produktes in der Nähe der Städte
-auch für den Bauer etwas höher, als im Gesamtdurchschnitt, aber
-bei den heutigen Verhältnissen sind noch erhebliche Handelsunkosten
-und Transportkosten für die städtische Verproviantierung hinzuzurechnen.
-</p>
-
-<p>
-Die Käse- und Butterproduktion ist meinen Erkundigungen zufolge
-erheblich zu hoch angenommen, was aber, weil für unsere
-Zwecke unwesentlich, eine Neuberechnung der Tabelle nicht notwendig
-gemacht hat. Noch ist zu bemerken, daß die ganze Magermilch wohl
-kaum auf Käse verarbeitet würde, wie da angenommen ist, auch sind
-an 1000 Liter Buttermilch, die hier entfallen dürften, als Getränk
-nicht ganz wertlos, hier aber als Abfall eingestellt.<a name='FA_20' id='FA_20' href='#FN_20' class='fnanchor'>[20]</a>
-</p>
-
-<p>
-Die Käseverteilung dürfte nur monatlich erfolgen und auch nur
-monatlich verrechnet werden, daher sie in die vorstehende Tabelle
-nicht eingetragen wurde. Am Ende der Horizontalkolonne 8 ist
-eingetragen, daß 26,38 Kilo Butter aus dem Bezirke ausgingen und
-zufolge Horizontalkolonne 9 wurden im Bezirk <ins class='correction' title='385.60'>385,60</ins> Kilo Butter verbraucht,
-welche Summen zusammen die Menge der laut Horizontalkolonne
-2 an diesem Tage erzeugten Butter ergeben.
-</p>
-
-<p>
-Es wird in den vorstehenden statistischen Tabellen angenommen,
-daß die Gemeinde 15 die Bezirksgemeinde ist, welche einen höheren
-Bevölkerungs- und <ins class='correction' title='Verpflegsstand'>Verpflegstand</ins> und daher einen höheren Verbrauch
-an Milch hat. Als Regel könnte gelten, daß der Quotient an Milch
-und Butter und etwa auch an Käse und Fleisch, für längere Zeit
-bestimmt würde, sodaß die Verwaltung der Molkerei und eventuell
-auch der Fleischerei zum Verbrauche in den Gemeinden täglich das
-<span class='pagenum'><a id='Page_118' name='Page_118' href='#Page_118'>[118]</a></span>
-aus dem bestimmten <ins class='correction' title='Verpflegsstande'>Verpflegstande</ins> der Gemeinde sich ergebende
-Quantum an die Hausverwaltungen abzugeben hätte. Da am
-Schlusse der <ins class='correction' title='Verpflegsstand'>Verpflegstand</ins> eingesetzt ist, für dessen Ausweisung
-übrigens eine besondere, unten angefügte, aber eigentlich zu den Bevölkerungstabellen
-gehörige Tabelle dient, so kann jedermann berechnen,
-ob die in den Horizontalkolonnen 3 und 9 erfolgte Zuweisung
-von Milch und Butter, eventuell nach einer anderen Tabelle
-auch die Zuweisung von Fleisch, dem Verpflegstande genau entspricht.
-Es ist nur für Milch, Butter und Fleisch eine tägliche Ausweisung
-notwendig, dagegen braucht sich die Verteilung von Käse in nichts
-von anderen Verteilungen, wie von Mehl, Zucker, Gewürzen, Feuerungs-
-und Beleuchtungsstoffen usw. zu unterscheiden, welche in ungleichen
-Intervallen und größeren Posten je nach der Frachtgelegenheit
-geschehen könnte.
-</p>
-
-<p>
-Zur Erklärung der Tabelle über die Milchprodukte dient folgendes:
-Die erste und zweite Horizontalkolonne weist aus, wieviel Milch
-die Produktion der einzelnen Gemeinden nach Empfang von Milch
-aus anderen Gemeinden, beziehungsweise nach Abfuhr von Milch an
-andere Gemeinden erübrigt. In 15 Gemeinden bleibt nur die
-Menge zurück, welche an die Hausverwaltung abgegeben wird, weil
-diese Gemeinden &mdash; der Annahme zufolge &mdash; keine Molkereien haben.
-Die Menge, welche an die Hausverwaltung abgegeben wird, wird in
-Horizontalkolonne 3 ausgewiesen und was in den Gemeinden 1, 5,
-12, 16 und 18 nach Abrechnung des Verbrauches <ins class='correction' title='erübriget'>erübrigt</ins>, wird
-zu Butter und Käse verarbeitet und die Horizontalkolonnen 4, 5 und
-6 weisen das Produktionsergebnis aus. Der Abfall wird nicht, wie
-hier aufgeführt ist, einen genauen Ausgleich der vorausgegangenen
-Ziffern ergeben, das umsoweniger, als Milch und Abfall in Litern,
-Butter und Käse in Kilo angesetzt sind, allein mit Rücksicht auf den
-geringen Wert des nach der Verkäsung verbleibenden, nur als Futter
-verwendbaren Produktes wird diese Art der Verrechnung sich am
-meisten empfehlen und als bekannt angenommen werden, daß ein
-Hektoliter Abfall um so viel Prozente von der ausgewiesenen Menge
-differiert. Milch und Butter wird jedenfalls täglich vollkommen aufgeteilt
-und es ist daher niemals ein Rest vom Vortage auszuweisen.
-Wenn in den einzelnen Hausverwaltungen Reste von einem Tag auf
-<span class='pagenum'><a id='Page_119' name='Page_119' href='#Page_119'>[119]</a></span>
-den andern bleiben, so kommt das in der staatlichen Verrechnung nicht
-zum Ausdruck. Anders bei Käse, der erst nach längerer Ablagerung
-in Verwendung genommen wird. Hier muß Empfang vom Vortage
-und verbleibender Vorrat nach jeder Verteilung ausgewiesen werden.
-</p>
-
-<p>
-Zweifelhaft ist, ob der bloße Verpflegstand nach Köpfen für
-diese Verteilungen maßgebend ist. Die verhältnismäßige Anzahl der
-Kinder und Kranken und die Anwesenheit in der Verteilung bevorzugter
-Personen kann auf die Verteilung von Einfluß sein. Dann
-müßte für die Verteilung eine andere Grundlage als die bloße Kopfzahl
-der zu verpflegenden Personen angenommen werden, wie ja auch
-der Umstand von Einfluß ist, wenn die Fremden sich nur kurz an
-einem Orte aufhalten und etwa nur eine einzige Mahlzeit einnehmen.
-Aber da solche <ins class='correction' title='genaue'>genauen</ins> Konstatierungen sehr verwickelte Nachweisungen
-voraussetzen und bei einem Verpflegstand von 1000-1100 Köpfen
-kleine Differenzen nicht empfindlich sind, wird man sich darüber
-hinaussetzen und bloß bestimmen, in welcher Gemeinde ein Fremder
-für den Verpflegstand zu rechnen sei, der unter Tags von einer Gemeinde
-in die andere übersiedelt. Man wird kleinliche Konstatierungen
-lieber vermeiden. Sollte das Volk aber die größte Genauigkeit
-fordern, so läge in den nicht veröffentlichten Aufstellungen der Hausverwaltungen
-der Gemeinden das Material für die genauesten Konstatierungen
-vor und man könnte dann von Woche zu Woche Ausgleichungen
-machen, die der Bezirksbeamte zu verfügen hätte. Da
-aber diese Ausgleichungen nur eine Art von Virement innerhalb der
-einzelnen Gemeinde von Tag zu Tag, dann erst von Gemeinde zu
-Gemeinde und von Bezirk zu Bezirk zur Folge hätte, und nur sehr
-große Schwankungen, die wohl sehr selten vorkommen würden, auch
-Ausgleichungen zwischen den Kreisen erforderlich machen würden, so
-wird davon in den öffentlichen Rechnungen und in der betreffenden
-Statistik nur in letzteren Ausnahmefällen Notiz zu nehmen sein.
-</p>
-
-<p>
-In der 2. 7. und 8. Horizontalkolonne ist Zu- und Abfuhr
-zwischen den Gemeinden dargestellt und um die Zeilen nicht zu vermehren,
-sind die Zeichen + und - eingeführt. Es ist nun zu bemerken,
-daß, wenn die Gemeinden eines Bezirkes nur unter sich
-eine Güterbewegung haben, aber weder von fremden Bezirken empfangen
-noch an fremde Bezirke abgeben, in der Bezirksstatistik Zu- und
-<span class='pagenum'><a id='Page_120' name='Page_120' href='#Page_120'>[120]</a></span>
-Abfuhr sich ausgleichen müssen. Das ist in der 7. Horizontalkolonne
-der Fall. In der 22. Vertikalkolonne wird die Güterbewegung nach
-oder von auswärtigen Bezirken ausgewiesen und weil Zu- und Abfuhr
-auf einer Zeile stehen, mit + und - unterschieden. So wird
-es auch dann gehalten werden, wenn eine andere Gemeinde als die
-Bezirksgemeinde direkt mit auswärtigen Gemeinden tauscht. Jeder
-Güterverkehr zwischen zwei Gemeinden desselben Bezirks muß in
-jeder von dieser entweder als Zufuhr oder als Abfuhr zur Buchung
-gelangen, ganz nach Art der doppelten Buchhaltung. Ihre Übereinstimmung
-bietet dem Bezirksbeamten eine Sicherheit, daß diese
-Angaben der Gemeinden richtig sind. Würde der Ausgleich fehlen und
-der Ausgleich auch nicht im Verkehr mit anderen Bezirken liegen, so
-wäre das ein Beweis, daß eine Irrung vorliegt, welche der Bezirksbeamte
-durch telephonische Anfrage aufklären wird, ehe man zur Drucklegung
-der Verrechnung schreitet. Bei einer unmittelbaren Lieferung
-an eine auswärtige Gemeinde, kann der Bezirksbeamte bei dieser direkt
-anfragen oder es ist in anderer Form für dessen Orientierung zu sorgen.<a name='FA_21' id='FA_21' href='#FN_21' class='fnanchor'>[21]</a>
-</p>
-
-<p>
-Aus den <ins class='correction' title='Verkikalkolonnen'>Vertikalkolonnen</ins> 21 und 22 ist ersichtlich, daß im
-Bezirk um 300 Liter 79 Zentiliter mehr Vollmilch und um 26 Kilo
-38 Deka mehr Butter abgeführt, als zugeführt wurde. Die Kreistabelle
-wird zeigen, wohin selbe gelangten. Das wird der Beitrag
-des Bezirks zur Versorgung der großen Städte sein.
-</p>
-
-<p>
-Die Richtigkeit der Angaben, welche nur einseitig erfolgen,
-nämlich der Produktionsmenge, muß kontrolliert werden. Es liegen
-dem Bezirksbeamten genaue Ausweise vor, woraus sich die Richtigkeit
-jener <ins class='correction' title='Angben'>Angaben</ins> wenigstens mit ziemlicher Genauigkeit erschließen
-läßt, wie aus dem obigen Absatze, <i>Alinea</i>: <a href='#F_08_e_0al'>»Es ist noch zu bemerken«</a>,
-<ins class='correction' title='Seite 102'>Seite 109</ins> zu entnehmen ist. So ersieht der Bezirksbeamte
-aus dem genauen Viehstandsverzeichnisse alles, was zur Beurteilung
-der Richtigkeit der Angaben über den Milchertrag erforderlich ist,
-wann jede einzelne Kuh aufgenommen und wann sie gekalbt hat,
-<span class='pagenum'><a id='Page_121' name='Page_121' href='#Page_121'>[121]</a></span>
-seit wann sie trocken steht usw. Er kann ab und zu selbst kontrollieren
-oder abwechselnd diese oder jene Person damit beauftragen. Auch
-haben schon dem Gemeindeverwaltungsbeamten die einzelnen Verwaltungszweige
-von mehreren Personen unterfertigte schriftliche Angaben
-einzuliefern. Es ist ersichtlich, daß bei der Naturalwirtschaft
-nicht der Beamte es ist, der sich einer Hinterziehung schuldig machen
-könnte, sondern nur die ihm unterstehenden Organe und auch das ist
-in Betracht zu ziehen, daß der aus etwaigen Unregelmäßigkeiten
-entstehende Schaden nicht einzelne Personen, sondern den Staat benachteiligt,
-daß sich der Schaden auf alle verteilt, was als Versicherung
-wirkt. Bedenklich wäre nur, wenn ganze Gemeinden als
-solche falsche Angaben machten, um sich eine günstigere Verteilung
-zu sichern. Denn wenn das zu besorgen wäre, so würde bald eine
-allgemeine Demoralisation einreißen und andere Gemeinden würden
-sich selbst Recht zu verschaffen suchen durch gleiche Unlauterkeit.
-Allein es scheint das nicht wohl möglich, es müßte immer eine Verschwörung
-einer großen Anzahl von Personen vorausgehen, der
-Staatsbeamte müßte im Einverständnis sein und es wird nicht leicht
-eine Gemeinde geben, in der nicht Fremde weilen, die ja auch das
-Recht haben, Konstatierungen vorzunehmen, was aus der Natur des
-Kollektivismus hervorgeht, da alles für alle geerntet wird.
-</p>
-
-<p>
-Die Hausverwaltung hat dann wieder für ihre Gebarung eine
-genaue Rechnung zu führen, welche nicht durch den Druck veröffentlicht
-wird, weil sie nur die Gemeindegenossen angeht. Wenn bei
-der Verteilung von Fleisch an die Gemeinden, nicht im Gewichte,
-aber in der Qualität eine Benachteiligung von Gemeinde zu Gemeinde
-stattfände, so wäre das durch Vermittlung des Bezirksbeamten von
-Zeit zu Zeit auszugleichen.
-</p>
-
-<p>
-Noch sei bemerkt, daß bei Entwerfung obiger statistischer Tabelle
-über die Milchprodukte angenommen wurde, daß nicht jede Gemeinde
-ihre eigene Molkerei zur Verarbeitung der Milch hat. Ob das ökonomischer
-ist, als das Prinzip, diese Arbeit in jeder Gemeinde besorgen
-zu lassen, wird die Erfahrung lehren. Es ist anzunehmen,
-daß jede Urgemeinde einen Viehstand hat, durch den ihr Bedarf an
-Milch nicht nur voll gedeckt, sondern auch ein beträchtlicher Überschuß
-zur Butter- und Käseerzeugung erübrigt wird. Nach der
-<span class='pagenum'><a id='Page_122' name='Page_122' href='#Page_122'>[122]</a></span>
-Annahme in obiger Tabelle würde aus der Zentralisierung der Milchverarbeitung
-in wenigen Gemeinden eine Transportbewegung von
-mehr als 120 Meterzentnern täglich, allerdings nur auf eine durchschnittliche
-Entfernung von weniger als eine Stunde entstehen. Diese
-würde sich sehr beträchtlich, vielleicht auf weniger als 20 Meterzentner
-vermindern, wenn die Gemeinden nur Überschüsse von Käse,
-Butter und Abfall, ausnahmsweise zur Städteversorgung auch von
-Milch, austauschen und jede Gemeinde die Verarbeitung der Milch
-auch selbst betreiben würde. Es ist nicht die Aufgabe dieser Untersuchungen,
-diese Frage zu lösen, sondern nur zu zeigen, daß in der
-kollektivistischen Wirtschaft jede ökonomische Aufgabe auf das vollkommenste
-und rascheste gelöst werden kann.
-</p>
-
-<p>
-Bei den in diesem Abschnitte entwickelten Vorschlägen wird von
-der Statistik das Äußerste an Genauigkeit <ins class='correction' title='von'>vor</ins> ihrer Veröffentlichung
-die größte Schnelligkeit und Allgemeinheit gefordert und es wurde
-gezeigt, daß diesen Anforderungen mit spielender Leichtigkeit entsprochen
-werden kann. Sich über die Verteilung von Produkten,
-die ihrer Natur nach sofort konsumiert werden müssen, so rasch als
-möglich zu orientieren, ist für den Kollektivismus offenbar ein Bedürfnis.
-Niemand würde es aber für möglich halten, daß das ohne
-erheblichen Arbeitsaufwand an einem dem Verrechnungstage nächstfolgenden
-Tage <em class='gesperrt'>und zwar zur Orientierung eines jeden
-Einzelnen</em> möglich sein wird, wenn ich mir nicht die Mühe genommen
-hätte, diese Arbeit zu unternehmen. Das durfte aber nicht
-bloß in allgemeinen Sätzen behandelt werden, sondern erforderte eine
-anschauliche Darstellung, die jeden Zweifel ausschließt. In abstrakten
-Sätzen ist schon Unsinn genug gegen und für den Kollektivismus
-geschrieben worden, daß ich mich davon ferne halte.
-</p>
-
-<p>
-Freilich wirken bei der Verrechnung auch die Art der Verteilung
-der Bevölkerung, die Beamtenorganisation, und die Ersetzung des
-Familienhaushaltes durch den Gemeindehaushalt mit, aber diese
-Einrichtungen entsprechen so sehr zugleich dem Fortschritte im Volksunterrichte,
-in der Volkserziehung, im geselligen Leben und nach
-vielen anderen Richtungen, daß die hier erörterten Vorteile keineswegs
-erkauft werden durch irgend welche Übelstände anderer Art, <em class="gesperrt">sondern
-die Organisation ist gleich fruchtbar für alle Arten von
-<span class='pagenum'><a id='Page_123' name='Page_123' href='#Page_123'>[123]</a></span>
-Produktion und Verteilung</em>, ganz insbesondere zwar für die
-idealsten Interessen, aber, wie gezeigt werden wird, auch in hohem
-Maße für die materiellen Interessen.
-</p>
-
-<p>
-Für die hauptstädtischen Verteilungen wäre die Statistik noch
-viel einfacher. Die Reichshauptstadt würde einen Bevölkerungs- und
-<ins class='correction' title='Verpflegsstand'>Verpflegstand</ins> haben, der dem eines Kreises vergleichbar wäre. Für
-Milchprodukte wäre die Hauptstadt eine Konsum-, nicht aber, oder
-jedenfalls nur im geringsten Maße auch eine Produktionsstätte, für
-Fleisch eine Produktionsstätte nur dann, wenn Mastanstalten und
-dem entsprechend auch Schlachthäuser in die Hauptstadt verlegt würden.
-Zu untersuchen, ob das ökonomisch wäre, ist nicht Aufgabe dieser
-Arbeit und wahrscheinlich würden verläßliche Beobachtungen über
-die ökonomischen Vorteile und Nachteile erst im Kollektivstaate möglich
-sein.
-</p>
-
-<p>
-Die ökonomische Statistik der Hauptstadt würde, abgesehen
-eventuell von der Auseinandersetzung mit dem Hofhaushalte nach
-dem Kapitel <a href='#D_00_0_0'>IV,</a> wenn die Monarchie fortbestände, in einem Kreisblatte
-veröffentlicht werden, da die Reichshauptstadt ihres Umfanges
-wegen einen eigenen Kreis zu bilden hätte. Die Bevölkerungs- und
-Verpflegstandsstatistik dieses Kreises wäre allerdings einigermaßen
-kompliziert, wegen des beständigen Wechsels der Fremden und des
-<ins class='correction' title='Verpflegsstandes'>Verpflegstandes</ins>. Dagegen hätte diese Statistik wenig mit der
-Güterproduktion zu schaffen, da die Reichshauptstadt ihren Bedarf an
-Gütern größtenteils vom flachen Lande bezöge und nur Finalproduktion
-betreiben würde.
-</p>
-
-<p>
-Für den Hofhaushalt wäre eine besondere Statistik aufzustellen.
-Diese hätte zunächst auszuweisen, daß der Hofhaushalt nicht mehr
-an Gütern vom Gesamthaushalt bezieht, als das Volk bewilligt hat.
-Außerdem wäre auch eine innere Verwaltungsrechnung aufzustellen
-und in angemessenen Formen zu veröffentlichen, nachdem auch diese
-Gebarung das Volk ebenso angeht wie jede andere, und weil nicht
-das Privatinteresse der Familien des Monarchen und des Adels,
-sondern das allgemeine Volksinteresse allein für diese Gebarung
-maßgebend sein darf.
-</p>
-
-<p>
-Was den Verbrauch anderer Güter für die Ernährung anbelangt,
-welche nicht wie Fleisch, Milch, Eier u. <ins class='correction' title='dgl'>dergl</ins>. dem raschen
-<span class='pagenum'><a id='Page_124' name='Page_124' href='#Page_124'>[124]</a></span>
-Verderben unterliegen, insbesondere den Verbrauch von Mehl und
-den verschiedenen Gewürzen, so werden diese Güter auch den einzelnen
-Gemeinden und Quartieren im Verhältnisse zum Verpflegstande
-zuzuweisen sein, ähnlich wie es oben bezüglich der Zuweisung
-von Milch gezeigt wurde. Allein es wird sich da nicht um tägliche
-Zuweisungen handeln, es wird genügen, wenn die Zuweisung reichlich
-für einen Monat im vorhinein erfolgt und die Monatsstatistik den
-Verbrauch nach Maßgabe des <ins class='correction' title='Verpflegsstandes'>Verpflegstandes</ins> feststellt und den
-Überschuß ausweist, wonach dann eine neuerliche Zuweisung zur
-Deckung des Monatsbedarfs zu erfolgen hätte.
-</p>
-
-<p>
-Ebenso wäre es mit den Heiz- und Beleuchtungsstoffen zu
-halten. Für den Verbrauch dieser Stoffe wäre der <ins class='correction' title='Verpflegsstand'>Verpflegstand</ins>
-wohl nicht maßgebend. Insoweit Heiz- und Beleuchtungsstoffe in
-den Betriebsstätten verbraucht werden, kommen sie nicht als Aufwand
-für die Einzelnen, sondern als Aufwand in der Produktion in
-Betracht. Insofern es sich aber um den Aufwand zur Beheizung
-und Beleuchtung der Schlafhäuser und der dem geselligen Leben gewidmeten
-Räume handelt, würden für die Verteilung der Rauminhalt
-und das Klima maßgebend sein. Auch hier wird ein statistischer
-Monatsausweis vollkommen genügen.
-</p>
-
-<p>
-Was die Wohnbauten und die Nutzbauten für landwirtschaftliche
-und industrielle Zwecke anbelangt, so werden sie getrennt auszuweisen
-sein. Für die Bauten genügt eine Jahresstatistik. Diese
-wird für die Wohnbauten insbesondere den Rauminhalt der Schlafstuben,
-der Kommunikationen, Treppenhäuser, Aborte und Bodenräume,
-dann der dem geselligen Leben, der Schule und dem Amte
-gewidmeten Räume ausweisen. Dieser statistische Ausweis hat zunächst
-nach Gemeinden und Quartieren zu erfolgen, woraus die
-Bezirkssummarien, Kreis-, Provinz- und Reichssummarien zu bilden
-sind. Das Verhältnis der Bevölkerungsziffer und der Wohnbautenstatistik
-wird ergeben, ob überall gleichmäßig für das Wohnbedürfnis
-gesorgt ist und worin die Vorteile der nach den Verteilungsgesetzen
-bevorzugten Personen bestehen. Dabei wird aber auch der Aufwand
-für die Ausstattung der Wohn- und Gesellschaftsräume in Betracht
-kommen. Dieser Aufwand findet seinen Ausdruck in der Anzahl der
-aufgewendeten Arbeitstage, jede Art von Arbeit reduziert auf einen
-<span class='pagenum'><a id='Page_125' name='Page_125' href='#Page_125'>[125]</a></span>
-gemeinen Arbeitstag, und in der Menge und Art der aufgewendeten
-Materialien. Aber auch für die Bauerhaltung und die Instandhaltung
-der Ausstattung wird ein statistischer Jahresausweis zu
-liefern sein. Analog ist der Bestand, die Neuerrichtung und die
-<ins class='correction' title='Instanderhaltung'>Instandhaltung</ins> der Nutzbauten statistisch nachzuweisen.
-</p>
-
-<p>
-Ebenso ist es mit dem Inventar zu halten. Es ist zu trennen
-das Inventar für die Wohn- und Gesellschaftsräume vom Inventar
-an Werkzeugen und Maschinen für den Betrieb der Urproduktion
-und der Industrie. Das Kücheninventar gehört ebenso wie das
-Kellerinventar zu dem Inventar der ersten Kategorie. Auch bezüglich
-des Inventars handelt es sich um den Bestand vom Vorjahr,
-um Neuanschaffungen, um Erhaltungsaufwand und um Abschreibungen.
-</p>
-
-<p>
-Noch eine dritte Art von Inventar wird man aufzustellen
-haben, nämlich von Gegenständen, die für die Zwecke der Kunst
-und Wissenschaft dienen. Dahin gehören Bücher und den Büchern
-verwandte Gegenstände, wie Atlanten, Sammlungen von Käfern
-u. <ins class='correction' title='dgl'>dergl</ins>. Dann Medikamente und andere Bedürfnisse des ärztlichen
-Dienstes, Instrumente und Apparate und die örtliche Verteilung aller
-dieser Sachen. Für die Zwecke des Sanitäts- und Unterrichtsdienstes
-und der Kunst und Wissenschaft werden auch Verbrauchsgüter gewidmet
-werden müssen, worüber eine besondere Nachweisung zu
-liefern sein wird. Was musikalische Instrumente und sonstige Behelfe
-für diese Kunstübung anbelangt, so könnte wohl die Nachfrage
-größer sein, als mit dem Vorrat zu befriedigen wäre. Darum soll
-für diese Verteilung die Mitwirkung der Vereine, VIII, 2, <i>Alinea</i>:
-<a href='#H_02_0_0'>»Sehr zu fördern«</a> mitbestimmend sein.
-</p>
-
-<p>
-Am Schlusse des Jahres wird eine eigentliche Statistik aufgestellt
-werden, umfassend die Bevölkerung, den Gesamtbesitz an unbeweglichen
-und beweglichen Sachen, die Gesamtproduktion, den
-Gesamtverbrauch im Laufe des Jahres und den Gesamtvorrat an
-verbrauchbaren Gütern, welcher auf das kommende Jahr zu übertragen
-ist. Diese Statistik aber baut sich auf aus der Statistik der
-Gemeinden, Bezirke, Kreise und Provinzen, welche im Reichssummarium
-zusammengefaßt werden. Ebenso wird es mit der
-Bevölkerungsstatistik, der Sanitäts- und Erziehungs- und Unterrichtsstatistik
-zu halten sein.
-</p>
-
-<h2 id='G_00_0_0'>
-VII.<br /><br />
-Der Kollektivismus und die Erhaltung, Vermehrung
-und Veredlung des Volkes.
-</h2>
-
-<hr class='h2bot' />
-
-<h3 id='G_01_0_0'>
-1. Die Bevölkerungspolitik.
-</h3>
-
-<p>
-Der Kollektivstaat hat nicht nur die Aufgabe der Produktion
-und Verteilung der Sachgüter und der persönlichen Dienstleistungen
-im weitesten Sinne des Wortes, sondern er hat, da unser größtes
-Gut die Mitmenschen sind, besonders auch Einfluß auf die Propagation
-und Veredlung des Volkes zu nehmen.
-</p>
-
-<p>
-Dem Lande gehört jeder an, der von seinen im Lande heimatsberechtigten
-Bewohnern gezeugt wurde. Wie sonst die Staatsbürgerschaft
-erworben wird und wie sie verloren geht, bestimmen die Gesetze,
-auch, inwiefern von Inländern mit Ausländern erzeugten Kinder
-als Inländer zu betrachten sind. Es scheint der Natur der Sache
-zu entsprechen, daß die Kinder der Staatsbürgerschaft der Mutter
-folgen. <i>Mater certa, pater incertus.</i>
-</p>
-
-<p>
-Die Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts beweist, daß ein
-Steigen der heimatsberechtigten Bevölkerung innerhalb gewisser
-Grenzen erträglich ist. Dagegen ist nicht zu bezweifeln, daß eine
-allzu rasche Vermehrung der Bevölkerung <ins class='correction' title='vom'>von</ins> Übel wäre, weil die
-Pflege, Ernährung und der Unterricht einer allzu zahlreichen Nachkommenschaft
-eine zu große Anzahl von Arbeitskräften in Anspruch
-nehmen würde und demgemäß auch die Wohnungsbauten zu rasch
-vermehrt werden müßten. Auch beweist die Erfahrung, daß kein
-Volk der Erde sich in dem Maße vermehrt, als nach der Zeugungskraft
-der Menschen möglich wäre.
-</p>
-
-<p>
-Ein Geburtenüberschuß von eins vom Hundert im Jahre würde
-schon in siebzig Jahren zur Verdoppelung der Bevölkerung führen,
-<span class='pagenum'><a id='Page_127' name='Page_127' href='#Page_127'>[127]</a></span>
-und das müßte schon in zwei- bis dreihundert Jahren eine Übervölkerung
-zur Folge haben. Die Meinung, daß dem durch Auswanderung
-leicht abgeholfen werden könnte, wäre falsch, weil man,
-insofern für die Zeugung nur das Recht des Einzelnen, nicht das
-öffentliche Interesse in Betracht kommt, nicht leicht ein Gesetz aufstellen
-könnte, <em class='gesperrt'>wer</em> auszuwandern hat, und es auch, sobald die
-Überproduktion von Menschen in Europa allgemein würde, unmöglich
-wäre, den Transport des Überschusses in überseeische Länder zu
-bewältigen. Auch bringt es die Natur der Sache mit sich und lehrt
-die Erfahrung, daß durch die Auswanderung die besseren und tüchtigeren,
-insbesondere die arbeitsfähigeren Elemente außer Land geführt
-werden, während die kinderreichen Familien zurückbleiben. Bei
-allgemeiner Übervölkerung müßten sich die benachbarten Völker
-wechselseitig gefährlich werden, da es viel näher liegt, den Nachbarn
-den Boden streitig zu machen, als den Menschenexport im Großen
-zu betreiben.
-</p>
-
-<p>
-Trotzdem könnte man im <em class='gesperrt'>Kollektivstaat</em> an eine solche zwangsweise
-Expatriierung denken und jene, die die bevölkerungspolitischen
-Gesetze nicht beobachten, des Staatsbürgerrechtes berauben und gewaltsam
-außer Landes schaffen, zu welchem Ende man Kolonien in
-unbewohnten oder schwachbevölkerten, aber fruchtbaren überseeischen
-Ländern errichten oder sonst einen Ausweg, wovon später die Rede
-sein wird, finden müßte. Das setzt aber eben voraus, daß man
-zwischen legitimen, den heimischen bevölkerungspolitischen Gesetzen
-entsprechenden, und illegitimen Zeugungen unterscheide, daß man
-also doch bevölkerungspolitische Gesetze erließe und die Expatriierung
-als Strafe verhängte. Dann aber ist die Zeugung kein gleiches
-Recht für alle mehr.
-</p>
-
-<p>
-Es ist ein großer Irrtum, wenn man die tatsächliche Zahl der
-Geburten in unserer heutigen Gesellschaftsordnung für das Ergebnis
-der natürlichen Fruchtbarkeit der Menschen hält. Die Zahl der
-Geburten wäre aber eine viel größere, wenn die Menschen sich in
-der Propagation lediglich von den Gesetzen der Natur beherrschen
-ließen. Die mannigfaltigsten Lebensgrundsätze, die mehr oder weniger
-mit der Sittlichkeit vereinbar sind, nehmen Einfluß auf die Verminderung
-der Zeugungen. Scheinbar einwandfrei ist die Enthaltsamkeit
-<span class='pagenum'><a id='Page_128' name='Page_128' href='#Page_128'>[128]</a></span>
-jungfräulicher Frauenspersonen, welche sich der Ehe enthalten
-oder keine entsprechende Ehe einzugehen Gelegenheit finden. Es ist
-aber immer noch die Frage, ob diese Enthaltsamkeit nicht große
-Übel im Gefolge hat. Die nicht befriedigte Natur fällt oft dafür
-weit größeren Verirrungen anheim. Wir wissen, daß Unzucht mit
-geschlechtsunreifen Kindern, mit Tieren und andere Verirrungen sehr
-häufig vorkommen und wahrscheinlich viel häufiger, als beobachtet
-wird. Noch viel größer als der Einfluß der völligen geschlechtlichen
-Enthaltsamkeit ist der Einfluß der oft als unsittlich verworfenen
-Maßnahmen, welche auf Unfruchtbarkeit der Umarmungen abzielen
-oder die Frucht zu beseitigen berechnet sind. Die abscheulichste Ursache
-der Verminderung der Geburten ist die Prostitution.
-</p>
-
-<p>
-Bekanntlich ist die Geburtenziffer in Tirol eine auffallend
-niedere, und in diesem Lande kann man folgendes beobachten. Unter
-den Bauern findet man häufig, daß die Mädchen das Alter von
-45 Jahren und darüber erreicht haben, ehe sie zur Heirat schreiten,
-und oft verzögert sich die wirkliche Eheschließung bei Bräuten in
-diesem vorgeschrittenen Alter noch um ein oder zwei Jahre, so daß
-die Absicht, von welcher sie geleitet werden, unverkennbar ist. Es
-scheint, daß diese Ehen widerlicher sind als manche andere Verirrung
-ähnlicher Art.
-</p>
-
-<p>
-So viel ist gewiß, daß für die Menschen zwingende Verhältnisse
-vorliegen müssen, die eine natürliche Vermehrung als unheilvoll
-erscheinen lassen, wenn sie zu so mannigfaltigen und oft auch abscheulichen
-Mitteln greifen, die natürliche Vermehrung einzuschränken.
-Es ist gewiß, daß die mit der Kultur vereinbare Regelung der
-Volksvermehrung das schwierigste Problem ist, das den Menschen
-gestellt ist, und man kann nur wünschen, daß es im Kollektivstaat
-eine richtige Lösung finde, wenn auch vielleicht erst nach Generationen.
-</p>
-
-<p>
-Man muß annehmen, daß unter 100 Menschen mindestens
-20 Frauenspersonen leben, die sich im zeugungsfähigen Alter befinden.
-Sinkt trotzdem die Zahl der Geburten bei allen Völkern
-unter fünf vom Hundert, bei vielen bis auf nahezu zwei vom Hundert
-im Jahre, so kann man sich vorstellen, welchem Zwange der Verhältnisse
-die Menschen ausgesetzt sein müssen. Und selbst rohe
-Völker verhalten sich der Propagation gegenüber nicht anders als
-<span class='pagenum'><a id='Page_129' name='Page_129' href='#Page_129'>[129]</a></span>
-die Kulturvölker. So hat der spanische Reisende Azarra bei wilden
-Völkern in Südamerika Gewohnheiten konstatiert, die offenbar darauf
-berechnet waren, Totgeburten herbeizuführen und die Kindersterblichkeit
-zu vermehren. Die klassischen Völker haben die Aussetzung neugeborener
-Kinder für erlaubt gehalten, sie scheint auch bei Juden
-vorgekommen zu sein, ebenso bei den Germanen. Was die Juden
-anbelangt, ist die Aussetzung des Moses ein klassisches Beispiel.
-</p>
-
-<p>
-Der Geburtenüberschuß, welcher für die Propagation entscheidend
-ist, hängt nicht allein von der Zahl der Geburten ab, sondern vom
-Verhältnisse der Geburten zu den Todesfällen, und wird in einem
-Lande die Versorgung des ganzen Volkes durch den Kollektivstaat
-nach den Grundsätzen geleistet, welche hier entwickelt worden, so muß
-man annehmen, daß die Todesfälle auf viel weniger als 1,5 vom
-Hundert im Jahre herabgingen, weil ein so niederer Prozentsatz der
-Sterbefälle schon heute in vielen sanitär gut eingerichteten Städten
-beobachtet wird. Nimmt man nun an, daß die Sterbefälle auf
-1,2 vom Hundert im Jahre herabgingen, so wäre die wünschenswerte
-Maximalzahl der Geburten auf 17 bis 20 vom Tausend im
-Jahre zu veranschlagen. Eine Geburtenziffer von wenig über
-2 Prozent wird auch heute schon tatsächlich in Frankreich, Tirol und
-manchen Staaten von Nordamerika beobachtet, obwohl gerade in
-Nordamerika Platz genug wäre, sich im Lande auszubreiten. Es
-wird demnach im Kollektivstaat Gegenstand der jeweiligen Volksbeschlüsse
-sein, die Grundsätze für die Bevölkerungspolitik festzusetzen,
-die Verhältniszahl der Geburten zu normieren und der Staatsverwaltung
-die Maßregeln vorzuschreiben, durch welche auf die Einhaltung
-dieser Verhältniszahl hingewirkt werden soll.
-</p>
-
-<p>
-Vorausgesetzt, daß solche Gesetze und Maßregeln für zulässig
-erachtet werden, entsteht die Frage, wem die Zeugung verwehrt
-werden soll und wie diesen Gesetzen Achtung zu verschaffen ist.
-Dabei wird die weibliche Bevölkerung zuerst in Betracht kommen,
-weil es nur darauf ankommt, wie die Frauen, nicht wie die Männer
-sich zu diesen Gesetzen verhalten. Nach dem, was wir in <a href='#G_03_0_0'>VII, 3,</a>
-über die freie Liebe entwickeln werden, ist übrigens kaum zu erwarten,
-daß sich jemand den staatlichen Vorschriften wegen der Ehe
-und Zeugung nicht fügen wird, und es wäre eher zu besorgen, daß
-<span class='pagenum'><a id='Page_130' name='Page_130' href='#Page_130'>[130]</a></span>
-eine Eheflucht einrisse, die ihrerseits dem Staate gefährlich werden
-müßte, daher man daran wird denken müssen, die Ehe den dazu
-Berufenen wünschenswert zu machen. Doch wollen wir zunächst
-prüfen, wie der Übervölkerungsgefahr vorgebeugt werden könnte.
-</p>
-
-<p>
-Man könnte die Einschränkung der Zeugungen nach zwei verschiedenen
-Richtungen normieren. Entweder würde man zwar jeder
-Frauensperson die Zeugung gestatten, aber nur bis zu einer bestimmten
-Anzahl von Kindern, also für etwa zwei Kinder, oder man
-würde eine größere Anzahl von Frauenspersonen von der Zeugung
-ganz ausschließen, den anderen aber die Zeugung von Kindern ohne
-jede Einschränkung freigeben. In beiden Fällen würden jene Geburten,
-welche im Widerspruche mit den Gesetzen stattfänden, als
-illegitim anzusehen sein.
-</p>
-
-<p id='G_01_0_0al1'>
-Bei dem heutigen Stande der Dinge wäre der zweite Weg der
-bessere. Er würde uns die Möglichkeit bieten, die gesündesten
-Frauen und, wenn die Ehe beibehalten würde, die gesündesten
-Männer auszuwählen und ihnen die Propagation freizugeben, diese
-aber den anderen ganz zu verwehren.<a name='FA_22' id='FA_22' href='#FN_22' class='fnanchor'>[22]</a>
-Da die Gestattung der Zeugung noch nicht bedingen würde, daß von der Erlaubnis Gebrauch
-gemacht und welcher Erfolg erzielt wird, so müßte durch
-ununterbrochen fortgesetzte Beobachtung des Verhältnisses der Geburten
-zu den Todesfällen festgestellt werden, ob die Verehelichungsbewilligungen
-vermehrt oder vermindert werden sollen. Auch dazu
-würden die Bevölkerungstabellen dienen, die in <a href='#F_08_e_0'>VI, 8, e,</a> angeführt
-worden sind.
-</p>
-
-<p>
-Man könnte nun dagegen sagen, daß niemand das Recht habe,
-jemand das Zeugen von Kindern zu verwehren. Es scheint aber,
-daß man mit diesem Rechtsgrundsatze den Kollektivismus unmöglich
-<span class='pagenum'><a id='Page_131' name='Page_131' href='#Page_131'>[131]</a></span>
-machen würde. Darum hat auch der Liberalismus, dem der Kollektivismus
-verhaßt war, jenes Recht der freien Selbstbestimmung
-in der Liebe und Ehe verbunden mit dem sozialen Gesetze, daß niemand
-als die Erzeuger für die Kinder, welche geboren werden, zu
-sorgen habe, vertreten, und diese Grundsätze konnten nur die Folge
-haben, daß die Übervölkerung zwar keine allgemeine, wohl aber eine
-Plage für die einzelnen Familien wurde. Man tröstete sich damit,
-daß jeder schlafe, wie er sich bettet. Allein es waren ja nicht bloß
-die Eltern, die die Lasten der allzu zahlreichen Geburten zu tragen
-hatten, vielmehr die erzeugten Kinder selbst und mittelbar doch auch
-die Gesellschaft, welche keineswegs unberührt bleibt von dem Elend
-und der Verkümmerung eines großen Teiles der Mitbürger und von
-der Verwahrlosung der Jugend. Darum gerät die Gesellschaft auch
-wieder mit sich selbst in Widerspruch, denn es werden Werke der
-Mildtätigkeit eingeleitet, um dem Elende, das die Gesetze verschuldet
-haben, abzuhelfen, und so schwankt man hin und her und macht
-wieder teilweise gut, was der Theorie nach nur die Eltern, aber
-nicht die Gesellschaft angeht. Allein wirklich interessiert sind weder
-die Eltern noch die Gesellschaft, sondern vor allem jene, die gezeugt
-werden und von der Erde, auf die man sie pflanzt, doch nicht Besitz
-ergreifen dürfen und, wenn sie ihren Platz auf Erden fordern, grausam
-bestraft werden. Sie sind nicht im Unrecht, wenn sie ihren
-Eltern und der Gesellschaft fluchen, denn so rechtlos, wie der Besitzlose,
-ist kein Tier. Die Besitzlosigkeit ist die ärgste Sklaverei, und
-wenn man den Enterbten zuruft, »so arbeitet doch«, ein Ruf, den
-am frechsten jene erschallen lassen, die nicht arbeiten und welche aus
-der Zwangslage der Besitzlosen wucherischen Gewinn ziehen, so vergißt
-man doch, daß das Leben nicht mit der Arbeitstüchtigkeit beginnt,
-daß der Ärmste auch zur Arbeitstüchtigkeit und zur Arbeitsfreude
-nicht erzogen wird und daß die Arbeit auch nur für
-jenen ist, der Arbeitsgelegenheit hat. Das ist ja eigentlich der Sinn
-der Armut, daß der Arme von dem <em class='gesperrt'>Rechte</em>, zu arbeiten, ausgeschlossen
-ist und daß er, was zweifellos ein angeborenes Recht ist,
-den Boden zu bebauen und sich von seinen Früchten zu ernähren,
-als Recht nicht geltend machen darf, weil man ihn einen Dieb
-nennt und als solchen bestraft, wenn er nach den von der Erde
-<span class='pagenum'><a id='Page_132' name='Page_132' href='#Page_132'>[132]</a></span>
-freiwillig hervorgebrachten Früchten greift oder er sich anmaßt, die
-Früchte in Anspruch zu nehmen, die er selbst der Erde abgewinnt.
-Bei solchen Umständen und bei solchen Rechten der Gesellschaft
-gegenüber hat der Überschüssige offenbar das Recht, ihr zuzurufen:
-»Ihr habt uns nicht zeugen lassen dürfen!«
-</p>
-
-<p>
-Es wird übrigens in der künftigen Gesellschaft das gesellschaftliche
-Recht, die Zeugung zu beschränken, um so weniger bezweifelt
-werden, als dem Kollektivstaate durch die Zeugung von Kindern Verpflichtungen
-auferlegt werden, nämlich die Kinder zu erhalten und
-zu erziehen. Denn wenn der Staat allein über alle Früchte verfügt
-und alles Nationaleinkommen verteilt, von wem könnten die
-Kinder Versorgung und Erziehung beanspruchen, als eben vom
-Staate?
-</p>
-
-<p>
-Und auch in der heutigen Gesellschaftsordnung anerkennt man
-ein Recht des Staates, die Erzeugung von Kindern zu erschweren
-oder zu begünstigen. Das Recht steht dem Staate ohne Zweifel zu,
-wenn er auch nach den Grundsätzen des Liberalismus gegenwärtig
-davon keinen Gebrauch macht. Es hat bis in die neuste Zeit hinein
-Gesetze gegeben, welche die Ehe erschweren, oder, im Falle eines Rückganges
-der Bevölkerung, sie begünstigen. Ebenso maßen sich in
-vielen Gegenden, wo das Zweikindersystem volkstümlich ist, die älteren
-Kinder das Recht an, den Eltern bittere Vorwürfe zu machen oder
-sie dem Spotte preiszugeben, wenn sie von weiterer Zeugung nicht
-abstehen. Ein Interessenkonflikt innerhalb der Familie liegt zweifellos
-vor und wenn es uns verletzt, den Streit ausbrechen zu sehen,
-so ist es doch sicherlich eine natürliche Quelle der häßlichsten Familienstreitigkeiten,
-oft der Anlaß zu Verbrechen und Mordtaten, sobald
-die Zeugung über eine gewisse Grenze hinaus fortgesetzt wird, oder
-verwitwete Personen, die schon erwachsene Kinder haben und noch
-zeugungsfähig sind, zu einer zweiten Ehe schreiten. Man kann es
-wohl in Zweifel ziehen, ob einer oft lächerlicher Begierde wegen der
-Anteil älterer Kinder am Erdenglücke so ganz mit Recht geschmälert
-werden darf, besonders dann, wenn es sich um das Schicksal erwerbsunfähiger
-Kinder handelt. Und wie häßlich ist es, wenn solche
-Fragen zwischen sich nahestehenden Verwandten aufgeworfen werden.
-Jedenfalls ist es besser, wenn sie, wie im Kollektivstaate, nur zwischen
-<span class='pagenum'><a id='Page_133' name='Page_133' href='#Page_133'>[133]</a></span>
-den Einzelnen und dem Staate zum Austrage kommen, da es hier
-nur vernünftige Grundsätze sein <ins class='correction' title='könnnen'>können</ins>, nach welchen sie ausgetragen
-werden.
-</p>
-
-<p>
-In wieferne der Staat in einer kollektivistischen Gesellschaftsordnung
-berechtigt ist, die Freiheit der Volksgenossen in der Propagation
-einzuschränken, mag unerörtert bleiben. Denn abstrakte Rechtsgrundsätze
-haben die Menschen niemals geleitet. Vergleichen wir
-aber die heutigen Zustände mit jenen, welche im Kollektivstaate in
-Beziehung auf die Zeugung zur Geltung kommen mögen, so erscheinen
-uns letztere vernünftiger, gerechter und mit dem Wohlwollen
-vereinbarer.
-</p>
-
-<p>
-Wer <em class='gesperrt'>heute</em> von Besitzlosen gezeugt wird, ist ausgeschlossen von
-jedem Mitbesitz, auf den doch jeder ein unveräußerliches Recht hat,
-der in die Welt gesetzt wird.
-</p>
-
-<p>
-Denken wir uns nun, in der <b>künftigen</b> kollektivistischen Gesellschaftsordnung
-würde gegen den Willen des Staates ein Kind erzeugt,
-so würde der Staat zwar solche Kinder nicht den legitimen
-Kindern gleichstellen und ihnen gegenüber die Versorgungspflicht nicht
-übernehmen, die er den mit seiner Zustimmung gezeugten Kindern
-gegenüber übernimmt, er würde sie aber nicht zur Besitzlosigkeit verdammen.
-<em class='gesperrt'>Er würde ihnen und ihren Erzeugern nur die
-Rechte der Mitgliedschaft am Kollektivbesitze vorenthalten,
-er würde sie aber nicht von allem Besitze ausschließen.</em>
-Er könnte die Eltern und die von ihnen unrechtmäßigerweise gezeugten
-Kinder auf einer dazu bestimmten Insel aussetzen, auf eine Kolonie
-verpflanzen, wo dem Staate eine Versorgungspflicht nicht obliegt,
-oder eine solche Familie nur von den Rechten am kollektiven Mitbesitze
-ausschließen. <em class='gesperrt'>Nicht eines jeden Anteiles an der Mutter
-Erde würden sie beraubt, nur aus der kollektivistischen
-Vergesellschaftung würden sie ausgeschlossen.</em> Diese Vergesellschaftung
-wird nur begründet für jene, welche sich den staatlichen
-Gesetzen unterwerfen und insbesondere jenen Gesetzen, welche
-die Propagation zum Gegenstande haben.
-</p>
-
-<p>
-Wir haben im Abschnitte I, <i>Alinea</i>:
-<a href='#A_00_0_0al1'>»Die Rechtsgrundsätze für die kommende Zeit«</a>
-bereits darauf hingewiesen, daß die
-<span class='pagenum'><a id='Page_134' name='Page_134' href='#Page_134'>[134]</a></span>
-kollektivistische Gesellschaftsregel niemand aufgezwungen werden soll, daß
-es jedem freigestellt bleibe, <em class='gesperrt'>seinen Anteil am Gesamtbesitze
-abzusondern</em>, aus der kollektivistischen Gesellschaft auszutreten und
-eine Abfertigung in beweglichen und unbeweglichen Sachen zu verlangen.
-Das, was jenen, die sich den Gesetzen unterwerfen, als
-Recht zugestanden wird, wird den Kontravenienten gegen die Propagationsgesetze
-als Strafe auferlegt, <b>sie werden aber nicht zur Besitzlosigkeit
-verdammt</b>. So verstanden kann das Verbot, Kinder zu
-zeugen, offenbar nicht als ungerecht verurteilt werden. Der Kollektivismus
-ist im wahren Sinne des Wortes ein <i>Contrat social</i>,
-weil er fort und fort auf der Zustimmung aller Teilnehmer beruht.
-</p>
-
-<p>
-Die Ausscheidung, welche jedem Erwachsenen freigestellt, den
-Sündern gegen die Propagationsgesetze aber strafweise auferlegt
-würde, würde bedeuten, daß einer solchen Familie ein Gebiet im
-Staate selbst mit einem Anteil an Gebäuden und beweglichen Sachen
-von einem solchen Werte als Privateigentum angewiesen würde, der
-beiläufig ihren Anteil am Kollektivvermögen ausmacht, aber mit Ausschluß
-von allen weiteren Vorteilen, die der Bürger aus dem Kollektivismus
-zieht. Sie erhielten Privateigentum in einem Ausmaße,
-das dem gesellschaftlichen Anteile entspricht, der ihnen zukommt, aber
-nicht mehr und sie könnten nun nach ihrem Belieben Kinder zeugen,
-so viele sie wollten, aber auf ihre Rechnung und Gefahr. In einem
-Punkte wären sie besser daran, als der Besitzlose von heute, in einem
-anderen Punkte schlimmer, aber nur dann schlimmer, wenn der
-Staat im Austausche von Gütern mit ihnen hart verführe. Denken
-wir, es wäre ein Gärtner und seine Geliebte, die geboren hat, oder
-Frau, die er ohne staatliche Erlaubnis geheiratet hat. Der Staat
-<em class='gesperrt'>könnte</em> ihn beim Güteraustausch, den der Ausgeschlossene nicht entbehren
-könnte, hart behandeln, so wie heute der Besitzende den
-Arbeiter bewuchert. Es wäre aber gar nicht notwendig, daß man
-seine Arbeitskraft wucherisch ausnutze, man könnte ihm für seine
-Arbeitsprodukte das volle Äquivalent geben, er würde nur die ohne
-Zustimmung der Gesellschaft erzeugten Kinder, seien es, so viele es
-immer wären, selbst zu erziehen und zu erhalten haben. Wenn er
-auch in keinem Stücke verkürzt würde, er würde diese Art von Ausschluß
-aus den Vorteilen des kollektivistischen Lebens doch gewiß hart
-<span class='pagenum'><a id='Page_135' name='Page_135' href='#Page_135'>[135]</a></span>
-empfinden. Die praktischen Grundsätze für eine solche Absonderung
-wollen wir nicht näher erörtern.
-</p>
-
-<p id='G_01_0_0al2'>
-Zu den gesetzlichen Folgen der Nichtbeachtung der Populationsgesetze
-könnte auch die zwangsweise Verbannung in Kolonien gerechnet
-werden, die noch nach den Grundsätzen der alten Gesellschaftsordnung
-verwaltet werden. Man könnte aber auch einem Gesetzesübertreter
-ein Patrimonium in barem Gelde geben und ihn mit der
-Sündigen in einen fremden Staat, der ihn aufnehmen will, einzuwandern
-zwingen. Er könnte nun wählen, was von alledem ihm
-das mindest Beschwerliche erschiene. Schwerlich würde irgend ein
-Bürger eines Kollektivstaates eine dieser Lagen verbunden mit der
-vollen Freiheit der Zeugung dem Anspruche auf die Rechte eines
-Kollektivbürgers unter Verzichtleistung auf das Zeugungsrecht vorziehen.
-Jedenfalls würden doch er und seine Kinder weit weniger
-Grund haben, sich zu beschweren, als der Arme von heute, der von
-allzureichem Kindersegen bedrückt ist und die Kinder, die sich an den
-armen Erzeuger halten müssen.
-</p>
-
-<p>
-Aus Vorstehendem kann man nun schon ableiten, welche Gesetze
-gegen gesellschaftswidrige Zeugungen in Betracht kommen könnten.
-Gewiß hat der Staat kein Recht, jene, die keine gesunde Nachkommenschaft
-erwarten können, gegen ihren Willen der Zeugungskraft
-zu berauben,<a name='FA_23' id='FA_23' href='#FN_23' class='fnanchor'>[23]</a>
-noch die von ihnen gezeugten Kinder zu töten,
-noch gegen den Willen der Mutter eine Totgeburt herbeizuführen,
-noch die Kinder auszusetzen, ein Recht, das sich die Griechen und
-Römer gegen ihre eigenen Kinder anmaßten. Aber eine der oben
-erwähnten Beraubungen von den gesellschaftlichen Rechten, unter
-welchen dem Betroffenen die Wahl freistünde, müßte dem Kollektivstaate
-eingeräumt werden, wenn Jemand Kinder zeugt, ohne die
-Einwilligung des Staates vorher erwirkt zu haben, sei es, daß die
-Zeugung zu früh, in allzu jugendlichem Alter der Eltern, oder zu
-spät, in einem Alter, in dem die Zeugung nicht mehr gestattet wird,
-<span class='pagenum'><a id='Page_136' name='Page_136' href='#Page_136'>[136]</a></span>
-erfolgt, oder daß die Zeugenden wegen vererblicher Krankheiten oder
-Gebrechen von dem Rechte der Zeugung ausgeschlossen werden. <em class='gesperrt'>Den
-größten Vorteil für die Sicherstellung der gesellschaftlichen
-Interessen in den die Propagation betreffenden
-Einrichtungen erwarte ich von der Frauenkurie, von der in</em>
-<a href='#G_04_0_0'>VII, 4,</a> <em class='gesperrt'>die Rede ist, da die Frauen vom Urteil ihrer Geschlechtsgenossen
-sehr abhängig sind und sich in der
-Frauenkurie bald eine öffentliche Meinung bilden wird.</em>
-</p>
-
-<h3 id='G_02_0_0'>
-2. Ehe, Familie, Elternrecht, Wahlmütter, Anteil des
-Staates an der Erziehung.
-</h3>
-
-<p>
-Man hat die Frage der Liebe von der Frage der Zeugung zu
-trennen. Man kann die Liebesfreuden genießen, ohne zu zeugen,
-und in einer unglücklichen Ehe kann man ohne Zweifel zeugen, ohne
-Liebesfreuden zu genießen. Vielen Frauen ist die eheliche Umarmung
-eine Qual und eine Schande. Wir wollen zunächst untersuchen, wie
-sich der Kollektivstaat zur Zeugung zu verhalten hätte.
-</p>
-
-<p>
-Sein Interesse geböte offenbar, daß die tüchtigsten Frauen, gesund,
-kräftig, schön und frohgemut, mit den tüchtigsten Männern
-gleicher Vollkommenheit Kinder zeugten und zwar in einer Anzahl,
-welche eine angemessene, nicht zu rasche Vermehrung der Bevölkerung
-von 5-10 vom Tausend im Jahre herbeiführen würde. Mit dem
-Zurückgehen der Sterblichkeit müßte das Zurückgehen der Geburten
-Schritt halten. Die Erfahrung würde darüber belehren, ob die
-Zeugung in der Ehe und beschränkt auf die Ehe, unter strenger Beobachtung
-der ehelichen Zeugung, besser den gesellschaftlichen Zwecken
-entspräche, oder ob die fallweise Verbindung zwischen zwei Personen,
-die sich jeweilig zur Zeugung vereinigen, und demnach wechselnd
-von einer Zeugung zur anderen, wie die Erfahrungen und die
-Neigungen der Frau ihre Wahl beeinflussen mögen, vorzuziehen sei.
-Von vorn herein hat man keinen Grund, der Ehe allein unbedingt
-den Vorzug zu geben, weil in allem jene Erfahrungen entscheiden
-müssen, welche erst der Kollektivstaat machen wird. Kärnten in
-Österreich ist, so viel ich weiß, das einzige Land, welches beinahe
-ebenso viele uneheliche als eheliche Geburten hat und eines scheint
-<span class='pagenum'><a id='Page_137' name='Page_137' href='#Page_137'>[137]</a></span>
-gewiß zu sein, daß der Menschenschlag in Kärnten kräftig und schön
-ist, wie auch die Statistik zu beweisen scheint, daß die sozialen Verhältnisse
-dort um nichts schlechter sind, als in Ländern, wo die unehelichen
-Geburten nur 10, ja nur 5 vom Hundert der Geburten
-betragen. Setzen wir den Fall, daß die Ehe nicht als die edlere
-und in Beziehung auf die Zeugung einer veredelten Nachkommenschaft
-nicht als die für die Gesellschaft nützlichere Form des Liebeslebens
-erkannt würde, so könnte sie im Kollektivstaate aufgegeben oder
-dem Belieben der Einzelnen freigegeben werden. Denn die Beschränkung
-der Zeugung auf die Ehe ist heute nur deshalb von Vorteil,
-weil die Ehe den Kindern in unseren Verhältnissen eine größere
-Sicherheit der Erziehung und Versorgung gewährt, als die außereheliche
-Zeugung. Schon das ununterbrochene Zusammenleben der
-Eheleute und ihrer Kinder ist heute von großem Einfluß auf das
-Wohl der Kinder, abgesehen davon, daß die uneheliche Mutter weder
-in hinreichendem Maße die Versorgung leisten, noch in Beziehung
-auf das Erwerbsleben, welches nach den Grundlagen unserer heutigen
-Zustände mehr in die Kompetenz des Vaters gehört, die Interessen
-ihrer unehelichen Kinder so gut wahrnehmen, wie der Vater
-für die ehelichen Kinder sorgen kann. Allein gerade dort, wo die
-unehelichen Geburten beinahe vorwiegen,
-in Kärnten,<a name='FA_24' id='FA_24' href='#FN_24' class='fnanchor'>[24]</a>
-hat sich auch in diesem Belange die außereheliche Zeugung mit dem Versorgungs-
-und Erziehungsbedürfnisse ins Gleichgewicht gesetzt, indem dort der
-Bauer recht gern Dirnen in den Dienst nehmen soll, so hat man
-mir mitgeteilt, welche ein oder zwei uneheliche Kinder mit ins Haus
-bringen. Diese fremden Kinder werden dann vom Bauer in der
-Hausgemeinschaft aufgezogen und zur Arbeit verwendet, so weit es
-tunlich ist.
-</p>
-
-<p>
-Da nun, wie wir sehen werden, die Natur der Dinge es mit
-sich bringt, daß im Kollektivstaat der Staat die Kinder, soweit durch
-die Zeugung seine Gesetze nicht verletzt werden, versorgt, die Mutter
-allein für die Familienerziehung vorzugsweise in Betracht kommt
-und ihre Stelle nötigenfalls von einer Wahlmutter vertreten werden
-<span class='pagenum'><a id='Page_138' name='Page_138' href='#Page_138'>[138]</a></span>
-soll, besteht ein Bedürfnis, die Zeugung auf die Ehe zu beschränken,
-gewiß nicht in dem Maße, wie heute, auch in der kollektivistischen
-Gesellschaft.
-</p>
-
-<p>
-Und doch wäre die Aufgebung der Ehe für die erste Zeit der
-neuen Gesellschaftsordnung nicht zu empfehlen. Einerseits weil man
-sich hüten muß, so altehrwürdige Einrichtungen voreilig abzuschaffen,
-wodurch man der neuen Ordnung nur Feinde schaffen könnte. Dann
-aber auch, weil diese Einrichtung der neuen Ordnung wichtige Dienste
-leisten kann. Beschränkt man nämlich das Recht der Zeugung auf
-die verheirateten Personen, so kann der Staat die Auswahl gesunder
-Männer und Frauen für die Zeugung leichter sichern, als in einer
-Verfassung ohne Ehe. Der Staat kann dann Einfluß nehmen auf
-eine vernünftige Gattenwahl, die aber unter allen befähigten Männern
-der Frau freistehen muß. Ohne Beeinträchtigung dieser Freiheit
-können die staatlichen Organe immerhin einen mäßigen Einfluß auf
-diese Wahl ausüben, wenn die Zeugung auf die Ehe beschränkt wird.
-Auch darauf kann der Staat unter dieser Voraussetzung Einfluß
-nehmen, daß die Zeugung durch noch allzu jugendliche Personen oder,
-selbst in der Ehe, über eine gewisse Altersgrenze hinaus, welche ein
-günstiges Zeugungsergebnis nicht mehr erwarten läßt, verhindert
-werde.
-</p>
-
-<p>
-Aus diesen Gründen wird zunächst die Fortdauer der unlöslichen
-oder schwer löslichen Ehe und die Unterdrückung der unehelichen Geburten
-sich empfehlen. Es wird aber ununterbrochen darüber zu beraten
-und zu verhandeln und es werden mit besonderer Rücksicht darauf
-Untersuchungen anzustellen sein, ob der Kollektivismus eine Änderung
-der geschlechtlichen Verhältnisse wünschenswert macht. Daß er sich
-mit jeder Form des Liebeslebens leichter verträgt, als die heutige
-Gesellschaftsordnung, ist gewiß.
-</p>
-
-<p>
-Zunächst können wir, wie gesagt, nur zu dem Ergebnisse kommen,
-daß der Kollektivstaat unter vorläufiger <ins class='correction' title='Aufrechthaltung'>Aufrechterhaltung</ins> der
-Ehe und mit tunlichster Unterdrückung der unehelichen Geburten,
-oder auch, wenn die Ehe jedermann freigestellt wird, <em class='gesperrt'>nicht aber
-in der Ehe die Zeugung</em>, mit tunlichster Unterdrückung jener
-Zeugungen, welche den Populationsgesetzen zuwiderlaufen, eine entsprechende
-Einschränkung der Zeugungen unter Bevorzugung jener
-<span class='pagenum'><a id='Page_139' name='Page_139' href='#Page_139'>[139]</a></span>
-Zeugungspersonen, von welchen die gesündesten, kräftigsten, schönsten
-und begabtesten Kinder zu erhoffen sind, herbeizuführen haben wird.
-</p>
-
-<p>
-Was die Ehe anbelangt, so wird der Staat nur jene Ehen als
-<ins class='correction' title='giltig'>gültig</ins> anerkennen, die mit seiner Einwilligung und unter Mitwirkung
-der damit betrauten staatlichen Organe geschlossen werden. Da aber
-eine Auswahl der zur Zeugung, beziehungsweise zur Ehe berufenen
-Personen stattfinden soll, werden nicht nur die Kinder mit Rücksicht
-auf die später aufzuwerfende Frage, ob sie zur Ehe zugelassen werden
-sollen, häufig zu untersuchen sein, sondern auch die Beobachtungen
-an ihren Eltern und die noch weiter zurückgehenden Beobachtungen
-an den Voreltern und die Sektionsergebnisse, so hoch hinauf, als
-sie vorliegen und vernünftigerweise noch in Betracht kommen können,
-in Berücksichtigung gezogen werden müssen und es wird sich vielleicht
-sehr empfehlen, durch irgend eine Feierlichkeit oder sonst auf eine
-Art, die zur Ehe Berufenen schon im frühen Alter als zur Ehe
-prädestinierte junge Leute zu proklamieren, um nicht nur ihre Phantasie
-auf den künftigen Beruf zu lenken, sondern auch bei den anderen
-die Resignation sich zu einer Zeit einwurzeln zu lassen, wo das Geschlechtsleben
-noch keine Bedeutung hat.
-</p>
-
-<p>
-Die Folge der Annahme dieser Grundsätze wird es sein, daß
-man auf mancherlei Art die wechselseitige Aufmerksamkeit solcher
-junger Männer und Mädchen erregen wird, die nach ärztlichem Gutachten
-nicht nur im allgemeinen zur Ehe geeignet, sondern auch
-wechselseitig ganz besonders für einander zu passen scheinen. Natürlich
-könnte man nicht daran denken, nach den brutalen Vorschlägen
-Platos die eigensinnig festgesetzten Paare wie die Haustiere zusammenzugeben,
-allein man wird guttun, eine voreilige Wahl möglichst
-zu verhindern und zur geeigneten Zeit, nämlich wenn Mädchen
-und junge Männer nach den Beobachtungen der Ärzte (beziehungsweise
-der Ärztin) den Grad der vollendetsten Reife erlangt haben,
-zu veranstalten, daß sie sich ungezwungen sehen können. Ob die
-Veranstaltung von Tanzfesten für solche junge Leute das beste Mittel
-wäre, vernünftige Wahlen herbeizuführen, mag die Erfahrung lehren.
-Man sollte meinen, es wäre vernünftiger, daß das Mädchen den
-Bräutigam wählt, als umgekehrt, da man voraussetzen muß, daß
-das Weib den <ins class='correction' title='ächten'>echten</ins> Sexualinstinkt sicherer besitzt, als der Mann,
-<span class='pagenum'><a id='Page_140' name='Page_140' href='#Page_140'>[140]</a></span>
-eben weil es das Weib ist, das empfängt. Daß heute der Mann
-wählt, ist nur die Folge der Herrschaft der Männer über die Frauen,
-welche schon jetzt als eine Unnatur empfunden wird, und welche im
-Kollektivstaate gar keinen Sinn mehr hätte, da nicht der Ehemann,
-sondern der Staat die Frau und die Kinder versorgt. Übrigens
-wird, wenn der Staat die Kinder ernährt und die Eltern versorgt,
-das Mädchen, wenn auch der Antrag des jungen Mannes abgewartet
-wird, von dem Zwange befreit sein, einen unwillkommenen
-Antrag aus Versorgungsrücksichten <ins class='correction' title='anzunehmen '>anzunehmen.</ins>
-</p>
-
-<p id='G_02_0_0al2'>
-Was nun die Ehebewilligung anbelangt, so können auch andere,
-als durch die Gesundheit bedingte Einschränkungen und selbst Erweiterungen
-ins Auge gefaßt werden. Nationalgemischte Ehen
-können an die Bedingung geknüpft werden, daß sich die Brautleute
-vorher über das Ansiedlungsgebiet einigen und daß der nach seiner
-Nationalität diesem Gebiete nicht angehörige Teil sich verpflichtet, die
-Kinder in der diesem Gebiete angehörigen Sprache zu erziehen.
-</p>
-
-<p>
-Wir haben in unseren Verhältnissen ein Analogon. Die katholische
-Kirche erlaubt ihren Angehörigen die Ehe mit Angehörigen
-anderer Konfessionen nur gegen einen Revers, daß alle Kinder dieser
-Ehe im katholischen Glauben erzogen werden. Allerdings kann die
-Erfüllung dieser Verpflichtung, da sie keinen staatlichen Schutz genießt,
-nicht erzwungen werden, während die vorhin erwähnte Verpflichtung
-durch das dem Staate vorbehaltene Miterziehungsrecht
-und die Volksschule garantiert ist. Was aber die nationalen Interessen
-anbelangt, so liegt eine Gefahr vor, die wir uns nicht verhehlen
-dürfen. Daß nämlich aus nationalem Chauvinismus die
-Zahl der Ehebewilligungen zum Gegenstand des Kampfes gemacht
-würde. Freilich könnte auch da ein Verteilungsgesetz gedacht werden,
-wonach die Aufrechterhaltung der numerischen Verhältnisse der
-Nationalitäten der Verwaltung zur Pflicht gemacht werde.
-</p>
-
-<p id='G_02_0_0al3'>
-Noch wichtiger wäre folgender Fall der Erweiterung der Ehebewilligungen,
-nämlich die Ausdehnung auf solche, die in gesundheitlicher
-Beziehung nicht ganz entsprechen, wenn sie nämlich einem
-schwerer belasteten Beruf angehören und sich verpflichten, die Kinder
-in diesem Berufe zu erziehen und ihm zu widmen, eine Verpflichtung,
-die dann ihre Ergänzung fände in den Gesetzen über die Verteilung
-<span class='pagenum'><a id='Page_141' name='Page_141' href='#Page_141'>[141]</a></span>
-der Arbeit. Selbstverständlich würde diese durch Erbschaft überkommene
-Belastung der Erhebung in bevorzugte Berufe dann nicht
-im Wege stehen, wenn die Bedingungen erfüllt sind.
-</p>
-
-<p>
-Es ist hier der Ort, einiges über die angeborenen Anlagen
-der Menschen, spricht man doch von geborenen Verbrechern, und über
-die Vererbung innerhalb der menschlichen Rasse zu sagen. Die
-Anschauung, daß es geborene Verbrecher gebe, teile ich nicht.
-Es mag gewisse angeborene Eigenschaften geben, welche es dem damit
-behafteten Individuum schwerer machen, sich den Gesetzen und den
-gegebenen Umständen anzupassen, aber ein angeborener Hang zu
-<em class='gesperrt'>bestimmten</em> Verbrechen ist nicht erweislich. Die Eigenschaften der
-Menschen bestimmen ihre Handlungen nicht allein, sondern nur im
-Zusammenwirken mit den Umständen und Verhältnissen im allgemeinen
-und mit einzelnen Vorkommnissen im besonderen. Bismarck
-hätte nie eine zur Einigung Deutschlands führende Handlung gesetzt,
-wenn er nicht in den preußischen Staatsdienst berufen worden wäre,
-den er nicht gesucht hat. Mancher Selbstmörder hätte nie einen
-Selbstmord begangen, wenn nicht etwa die Betrachtung einer Waffe
-eine Ideenassoziation ausgelöst hätte, die zu Selbstmordgedanken
-führte. Jeder Mensch birgt eine Welt der verschiedensten, sich
-oft widersprechenden Anlagen und Neigungen und welche davon ins
-Spiel kommen, hängt von der Geschichte des Individuums und
-sehr häufig von unberechenbaren Zufällen ab. Der große Vorzug
-des Kollektivismus, der zur Staatsomnipotenz führt, ist es, daß er
-die nützlichen Anregungen, Anregungen, sich der Gesamtheit nützlich
-zu erweisen, außerordentlich vermehrt, die gegenteiligen Anregungen
-nicht nur an und für sich vermindert, sondern auch, sofern sie potentiell
-im Gesellschaftsleben noch vorhanden sind, durch Anregungen sozialer
-Natur verdrängt.<a name='FA_25' id='FA_25' href='#FN_25' class='fnanchor'>[25]</a>
-</p>
-
-<p>
-Allein angeborene gute Eigenschaften &mdash; abgesehen von deren
-<span class='pagenum'><a id='Page_142' name='Page_142' href='#Page_142'>[142]</a></span>
-erziehlichen Entwickelung &mdash; sind selbstverständlich im Interesse der
-Gesellschaft gelegen, weil auch der wohlerzogene Mensch mehr leistet,
-wenn er über gute Anlagen verfügt. So hat also die Gesellschaft
-ein Interesse daran, daß nur gut veranlagte Individuen geboren
-werden. Doch ist auf Beeinflussung der Zeugungsprodukte durch
-das Zusammenwählen der Eltern von Gesellschaftswegen nicht viel
-zu geben, wenigstens nach dem heutigen Stande der uns zu Gebote
-stehenden Kenntnisse. Nur das fortgesetzte Ausschalten der schlecht
-veranlagten Individuen von der Zeugung scheint etwas für die Veredlung
-der menschlichen Rasse zu versprechen, nicht aber die positive
-Auswahl der zu <ins class='correction' title='parenden'>paarenden</ins> Individuen. Jedes Kind erbt einen Teil
-der Eigenschaften des Vaters und einen Teil der Eigenschaften der
-Mutter und in welcher Proportion, auf welchem Gebiete der
-physischen und psychischen Anlagen diese Vererbung erfolgt, ist, derzeit
-wenigstens nicht bestimmbar. Die Vereinigung des väterlichen
-und mütterlichen Naturells in den Kindern verhält sich, wie die
-Legierungen verschiedener Metalle oder die chemischen Verbindungen
-von Stoffen in verschiedenen Proportionen. Verbindungen von
-Kupfer und Zink in verschiedenen prozentuellen Verhältnissen geben
-Produkte, welche keineswegs im gleichen prozentuellen Verhältnisse
-die Eigenschaften der verbundenen Metalle zeigen. Aber während
-wir bestimmen können, wie viele Teile der Metalle wir zusammengeben,
-können wir nicht beherrschen, wie viele und welche Teile des väterlichen
-und mütterlichen Naturells auf die Kinder übertragen werden.
-Darum kann das Kind eines schönen Vaters und einer schönen Mutter
-grundhäßlich sein und es scheint darum, wenigstens heute, am meisten
-von einer Paarungswahl erhofft werden zu können, welche durch
-den Sexualinstinkt des Weibes bestimmt
-wird.<a name='FA_26' id='FA_26' href='#FN_26' class='fnanchor'>[26]</a>
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_143' name='Page_143' href='#Page_143'>[143]</a></span>
-Auf das Eheleben der jungen Eheleute werden die Ärzte belehrend
-und aufklärend Einfluß zu nehmen suchen. Die Ärztin wird
-die junge Frau in den ersten Monaten auf das Beste beraten. Der
-junge Mann wird sich mehr beherrschen müssen als heute, die Frau
-wird sich auch dem geliebten Manne entziehen dürfen, wenn immer
-es ihr Wohl und das Wohl der Frucht ihrer Liebe erfordert.
-Wenn man die Lehren des Alphons von Liguori über die Pflichten
-der Frau kennt, so wird man sagen müssen, daß das Eheleben der
-Zukunft gerade das Widerspiel von dem sein wird, welches jener
-Moralist vorschreibt. Die Ärztin wird vielleicht durch ihren männlichen
-Kollegen auch auf den jungen Ehemann einwirken, wenn die
-Umstände es erfordern und die Ehe wird gewiß an Schönheit und
-Vernünftigkeit gewinnen, das <ins class='correction' title='Loos'>Los</ins> der Frauen sich viel günstiger
-gestalten als es heute ist. Auch hierin muß man einen Fortschritt
-begünstigen und man kann nicht von allem Anfange an vom Kollektivismus
-das Vollkommenste erwarten. Die Kohabitation der Eheleute
-wird ein Privilegium bilden, es ist aber nicht ausgemacht,
-daß diese <ins class='correction' title='Kohabitattion'>Kohabitation</ins> in bestimmten Perioden der Schwangerschaft
-nicht wird aufzuheben sein.<a name='FA_27' id='FA_27' href='#FN_27' class='fnanchor'>[27]</a>
-</p>
-
-<p>
-Die Lösung der Ehe wird zu ermöglichen, aber wahrscheinlich nicht
-<span class='pagenum'><a id='Page_144' name='Page_144' href='#Page_144'>[144]</a></span>
-zu begünstigen sein. Wenn sich heute schon Stimmen dafür erheben,
-die Ehe überhaupt nur auf Zeit und etwa für einen einzelnen
-Zeugungsakt zuzulassen, so kann davon zunächst gewiß nicht die Rede
-sein. Später mag man vielleicht zur Überzeugung gelangen, daß
-eine Scheidung, vorzüglich auf Verlangen der Frau, etwa nach der
-ersten Geburt, sehr leicht soll gestattet werden. Allein zunächst muß das
-System der Scheidung und eventuellen Trennung wie bei Akatholiken
-unter manchen Erschwerungen als das Vernünftigste gelten.
-Von der Frau ist die eheliche Treue auf das Strengste zu fordern
-und zwar nicht so sehr als ein Recht des Gatten als der staatlichen
-Interessen wegen, damit nicht unter dem Deckmantel der Ehe
-die Zeugung durch solche Männer ermöglicht werde, die von der
-Zeugung ausgeschlossen wurden.
-</p>
-
-<p>
-Die Ehe wird beiden Teilen einige Beschränkungen auferlegen,
-die Unvermählten erspart sind. Daher ist manche Kompensation zu
-gewähren. Trauungsfeierlichkeiten, vielleicht größere Wohnungsbequemlichkeiten,
-gewisse Begünstigungen in den Honigwochen, vielleicht,
-aber doch nicht wahrscheinlich, Hochzeitsreisen, eher aber Urlaub
-für die erste Zeit der Ehe mit ruhigem Dahinleben an einem stillen
-Orte, der das engste und vertraulichste Zusammenleben in schöner
-Umgebung gestattet, mag einen Ausgleich gewähren für längeres
-Zuwarten, die Gebundenheit der Ehe und vor allem der jungen
-Frau für die Last der Schwangerschaft und Geburt. Ist die Auswahl
-zur Ehe eine besonders strenge, so wird man von einer verheirateten
-Frau mehrere Kinder erwarten, etwa vier. Wenn gleich
-die Erfüllung dieser Erwartung den Frauen gegenüber nicht erzwungen
-werden kann, da der Vorschlag Platos, dies in der Form
-auszuführen, daß man die zur Begattung bestimmten Paare am
-bestimmten Tage in die Tempel führt und in Gegenwart von
-Priestern zur Zeugung anhält, als brutal und absurd verworfen werden
-muß, so ist doch anzunehmen, daß es dem Einflusse der Frauenkurie,
-<a href='#G_04_0_0'>VII, 4,</a> deren Hauptaufgabe es wäre, dafür zu sorgen, daß Frauen
-und Mädchen sich den gesellschaftlichen Bedürfnissen unterordnen,
-und dem <ins class='correction' title='Einfluße'>Einflusse</ins> des weiblichen Arztes gelingen wird, den Widerstand
-jener verheirateten Frauen zu besiegen, welche den Liebesfreuden
-huldigen, aber nicht zeugen wollen, ein Gedanke, der in
-<span class='pagenum'><a id='Page_145' name='Page_145' href='#Page_145'>[145]</a></span>
-einer Gesellschaft wohl keimen kann, in welcher den von der Ehe
-ausgeschlossenen Mädchen nach <ins class='correction' title='dem'>den</ins>
-im Abschnitt <a href='#G_03_0_0'>VII, 3,</a> entwickelten
-Vorschlägen, dieser Ausweg freigestellt wird. Es bedarf offenbar
-eines wohlorganisierten staatlichen Einflusses, um den einen das
-Zeugen zu verwehren und den anderen als Pflicht darzustellen.
-Theoretisch werden alle anerkennen, daß wegen des offenbaren sozialen
-Interesses die untauglichen Personen die Zeugung meiden, die tauglichen
-aber ihr nicht aus dem Wege gehen sollen. Aber der Einzelne
-wird nicht immer gelten lassen wollen, daß das Gesetz auf ihn Anwendung
-habe, schon deshalb, weil die Sachverständigen sehr oft fehlgreifen
-werden und Jene, welchen sie die Ehe gestatten, Krüppel oder
-Idioten zeugen und illegitime Geburten gesunden Kindern das
-Leben geben werden. Und aus diesem Grunde muß man auf die
-Mitwirkung der oben erwähnten Faktoren bauen.<a name='FA_28' id='FA_28' href='#FN_28' class='fnanchor'>[28]</a>
-Heute bleiben diese offenbaren gesellschaftlichen Interessen unberücksichtigt, insofern
-nicht vielleicht in einzelnen Fällen der priesterliche Einfluß sich <em class='gesperrt'>vorteilhaft</em>
-geltend macht.
-</p>
-
-<p>
-Die katholische Moral stimmt mit unseren Anschauungen nicht
-überein. Nach Alphons von Liguori soll sich die verheiratete Frau
-den Begierden ihres Mannes jederzeit opfern, selbst während einer
-Krankheit, und den maßlosesten Forderungen soll sie sich wie eine
-Sklavin hingeben. Die Wahrscheinlichkeit, einem siechen Geschöpfe
-das Leben zu geben, ist kein Grund, der Enthaltsamkeit rechtfertigen
-würde, denn Alles ist Gottes Wille.
-</p>
-
-<p>
-Für die künftige Gesellschaftsordnung kann man sich übrigens
-recht wohl denken, daß nach einer Reihe von Jahren und nach der
-Geburt einer gewissen Anzahl von Kindern der eheliche Zwang aufhört
-und auch das Zusammenwohnen ein Ende nimmt. Unter gewissen
-Umständen wird man dann auch auf Gattentreue keinen Wert
-mehr legen, immer vorausgesetzt, daß keine Kinder mehr gezeugt
-werden.
-</p>
-
-<p>
-Zu den Freuden der Ehe gehört auch das Zusammenleben mit
-den Kindern in den Stunden, die nicht der Arbeit gewidmet sind.
-<span class='pagenum'><a id='Page_146' name='Page_146' href='#Page_146'>[146]</a></span>
-An die Stelle der väterlichen Gewalt soll die mütterliche Gewalt
-treten, doch soll der Vater trachten, sich einen Einfluß auf die Entscheidungen
-der Mutter zu sichern und zwar durch Liebe und Weisheit.
-Im Falle der Scheidung oder Trennung folgen die Kinder
-der Mutter, insofern nicht der in <a href='#G_05_b_0'>VII, 5, b,</a> erwähnte Fall des
-Verlustes der mütterlichen Rechte eintritt und eine Wahlmutter die
-Stelle der natürlichen Mutter einnimmt. Der Staat wird die
-Autorität der Mutter den Kindern gegenüber wahren und ein darauf
-berechnetes Zusammengehen der staatlichen Erziehungsorgane
-mit der Mutter fordern. Da im Falle der Verwaisung von Kindern,
-wie auch im Falle des Verlustes des mütterlichen Erziehungsrechtes
-für einen Ersatz durch Bestellung einer Wahlmutter gesorgt werden
-soll, wird der natürlichen Mutter das Recht zuzugestehen sein, für den
-Fall ihres Todes oder für den Fall ihrer Abwesenheit die Frau
-zu wählen, welche, wenn sie den Auftrag annimmt, zeitlich oder
-dauernd ihre Stelle als Wahlmutter zu vertreten hat.
-</p>
-
-<p>
-Aber weder Frau noch Mädchen darf gezwungen werden, die
-Stelle einer Wahlmutter überhaupt oder einem bestimmten Kinde
-gegenüber zu übernehmen. Näheres über diesen Gegenstand enthält
-der Abschnitt VII, 5, b, <i>Alinea</i>: <a href='#G_05_b_0al'>»In der Regel wird man.«</a>
-</p>
-
-<p>
-Daß der Staat einen Anteil an der Erziehung zu nehmen hat,
-ist eine selbstverständliche Sache und es ist dem der Abschnitt <a href='#G_05_a_0'>VII, 5, a,</a>
-über die Erziehung gewidmet.
-</p>
-
-<h3 id='G_03_0_0'>
-3. Geschlechtliche Sittlichkeit. &mdash; Freie Liebe.
-</h3>
-
-<p>
-Die Forderung der geschlechtlichen Enthaltsamkeit außer der
-Ehe wird heute den Mädchen aus zwei Gründen mit größter Strenge
-auferlegt. Der erste Grund ist eben der, daß man einer Übervölkerung
-vorbeugen will, die am ehesten dadurch hintangehalten wird,
-daß die Männer die Freuden der Liebe infolge der Enthaltsamkeit der
-unverheirateten Frauenspersonen nur in der Ehe genießen können,
-welche dem Ehemanne die Erhaltung der von seiner Frau geborenen
-Kinder auferlegt, daher er die Ehe solange meidet, solange er nicht
-wirtschaftlich in der Lage ist, für die Familie zu sorgen. Alle diese
-Gesetze und Einrichtungen erschweren die Zeugung in dem Maße,
-<span class='pagenum'><a id='Page_147' name='Page_147' href='#Page_147'>[147]</a></span>
-als es die Gesellschaft braucht. Der zweite Grund für jene
-Forderung der Frauenehre ist die Oberherrschaft der Männer über
-die Frauen und die Anforderung, welche demnach erstere stellen, daß
-die Braut dem Gatten unberührt in die Arme geführt werde, obgleich
-den Mädchen ein gleicher Anspruch nicht zuerkannt wird. Zu
-den Einrichtungen, welche die Geburten vermindern, gehört auch die
-Prostitution, wodurch die Triebe der unverheirateten Männer im
-ausgiebigsten Maße durch verhältnismäßig wenige der Schande
-preisgegebene Frauenspersonen befriediget werden sollen und zwar
-ohne Wahrscheinlichkeit der Zeugung, welche diese Frauen zu umgehen
-wissen und der sie aus geschäftlichem Interesse entgehen wollen.
-Diese Zustände sind im höchsten Grade verächtlich, nicht deshalb,
-weil die Begattung außerhalb der Ehe stattfindet, sondern weil sie
-rein mechanisch, ohne gemütliche Neigung, ja ohne alle Achtung des
-Mannes vor dem Weibe, das er umarmt, mit der tiefsten Erniedrigung
-des Weibes vor sich geht, wenngleich manche Ehen in
-dieser Hinsicht sich von der Prostitution kaum unterscheiden.
-</p>
-
-<p>
-Wir sehen, daß in unserer Zeit die sinnlichen Begierden in
-sehr hohem Grade die Mehrheit der Männer und Frauen beherrschen
-und es scheint, daß diese Vergeudung von Kräften im Geschlechtsleben
-der Tiere ganz unbekannt ist. Dagegen ist es allerdings
-zweifellos, daß es auch in unserer Zeit viele Männer und Frauen
-gibt, die sehr leicht enthaltsam leben könnten, aber man muß annehmen
-daß sie eine geringe Minderheit bilden.
-</p>
-
-<p>
-Es kann nun sein, daß diese hochgradige Sinnlichkeit entweder
-eine Folge des Kulturbedürfnisses der Einschränkung der Geburten
-oder eine Folge der durch die Gesellschaftsordnung bedingten Zustände
-ist. Wir sehen bei allen Tieren, daß sie die Liebesakte einstellen,
-sobald der Zeugungszweck erreicht ist. Dafür aber vermehren
-sich alle Tiere ohne irgendwelche Grenzen und sie drängen zur
-Überproduktion, die nur durch wechselseitige Ausrottung unterdrückt
-wird. Die Menschen beschränken die Umarmungen nicht auf die
-Zeugungsakte und zwar in der Ehe so wenig, als außer der Ehe.
-Da nun der Kollektivstaat die Zeugungen auch beschränken müßte,
-so wird dieser Grund eines vielleicht unnatürlichen Kultus der Geschlechtsliebe
-nicht wegfallen. Diese Beschränkung ist ein offenbares
-<span class='pagenum'><a id='Page_148' name='Page_148' href='#Page_148'>[148]</a></span>
-Bedürfnis der Kultur und Kultur ist ja auch nicht wirklich natürlich,
-wenn auch nicht naturwidrig. Sie kann nur dann als vernünftig
-gelten, wenn sie eine Vervollkommnung der Natur in sich schließt
-und das setzt voraus, daß die Kultur den Naturzweck der Selbsthaltung
-besser erreicht, als die ursprüngliche Natur, wenn sie also
-ein längeres Leben verspricht.
-</p>
-
-<p>
-Die heutige Gesellschaftsordnung ist auch insofern schuld an
-jener wahrscheinlich schädlichen Übertreibung des Liebesgenusses, als
-sie Gelegenheit zu großer Bereicherung Einzelner gibt, welche naturgemäß
-ein bloßes Genußleben führen und nur daran denken, neue
-Freuden zu ersinnen, während andere durch ihre Armut veranlaßt
-werden, dieser Genußsucht zu dienen und sie noch anzustacheln, um
-aus dem Reichtum anderer Vorteil zu ziehen. Es sind das Maitressen,
-Prostituierte und Kupplerinnen. Es ist zu vermuten, daß
-der Kollektivismus durch verhältnismäßige Verteilung der Arbeit und
-der Güter sowie durch größere Förderung der edleren Genüsse des
-Lebens zu einer Herabsetzung des ausschweifenden Geschlechtstriebes
-führen werde. Große und leicht erregbare erotische Sinnlichkeit wird
-man bald als eine Krankheit erkennen, die wie jede andere Krankheit
-durch die Ärzte zu bekämpfen sein wird. Nach ihren Erfahrungen
-wird man die Erweckung der Sinnlichkeit zu vermindern
-trachten, und sobald man die Sinnlichkeit nicht als sündhaft, sondern
-als krankhaft zu bekämpfen unternehmen wird, wird es auch von
-selbst gegeben sein, daß die jungen Leute aufhören, aus ihren Begierden
-ein Geheimnis zu machen. Dabei wird sich aber die Bestellung
-von weiblichen Ärzten als besonders wohltätig erweisen, weil
-die Mädchen und Frauen solche Bekenntnisse einem Manne weder
-ablegen mögen noch sollen.<a name='FA_29' id='FA_29' href='#FN_29' class='fnanchor'>[29]</a>
-</p>
-
-<p>
-In welchem Maße nun Enthaltsamkeit sittlich geboten ist, kann
-nur auf Grund jener allgemeinen <ins class='correction' title='Beobachtung'>Beobachtungen</ins> beurteilt werden, die
-<span class='pagenum'><a id='Page_149' name='Page_149' href='#Page_149'>[149]</a></span>
-nur im Kollektivstaat möglich sind und welche die Hauptaufgabe der
-Sanitätspersonen bilden. Wenn in einem Volke eine naturgemäße
-Befriedigung des Geschlechtstriebes und eine naturgemäße Herabsetzung
-der erotischen Begierden allgemein verbreitet wird, so muß
-sich die Richtigkeit der Grundsätze, nach denen man verfährt, in
-einer größeren Langlebigkeit zu erkennen geben, und <em class='gesperrt'>einzig und
-allein der Einfluß einer gewissen Lebensweise auf die
-Verlängerung des Lebens ist der Maßstab ihrer sittlichen
-Berechtigung</em>. Im einzelnen Falle aber wird sich der Arzt schon
-aus gewissen Erscheinungen, die Zeiten der Ausschweifung oder der
-Enthaltsamkeit nachfolgen, ein Bild machen können, was zerstörend
-und was förderlich wirkt. Die sichersten Merkmale für die ärztliche
-Beobachtung werden psychische Erscheinungen sein, Herabsetzung bestimmter
-geistiger Kräfte, insbesondere Gedächtnisschwäche, Arbeitsunlust
-und anderes werden darauf deuten, daß der Natur Schädliches
-zugemutet wurde. Allein naturwidrige Enthaltsamkeit wird nicht
-minder schädlich wirken, wenn auch vielleicht andere Wirkungen
-hervorbringen.
-</p>
-
-<p>
-Aufgabe der Ärzte wird es sein, nach Maßgabe ihrer Erfahrungen
-auch jene Erziehungsgrundsätze festzustellen, welche im allgemeinen
-oder individuell zur Hebung der Sexualethik führen können,
-wobei ich unter Sexualethik keineswegs sexuelle Enthaltsamkeit allein
-verstehe, sondern auch innerhalb der natürlichen Grenzen vernünftige
-Hingabe an die Genüsse des Liebeslebens. Diesen kommt ja nicht
-nur ein Wert für das Individuum zu, sondern die Liebe zwischen
-Mann und Weib ist der Anfang und die Quelle aller sozialen Ethik,
-weil die auf <em class='gesperrt'>wechselseitige</em> Befriedigung gerichtete Liebesbegierde
-vor allen anderen Freuden das Zusammensein der Menschen fordert
-und fördert. Darum müssen wir es als zweifelhaft betrachten, ob,
-wenn die Zeugung beschränkt werden muß, die Einschränkung des
-Liebesgenusses auf die Zeugungsakte vom Standpunkte des gesellschaftlichen
-Interesses erwünscht wäre.
-</p>
-
-<p>
-Die Lösung der eben erwähnten Aufgabe der Ärzte wird aber
-durch die Mitwirkung der Lehr- und Erziehungspersonen ohne Zweifel
-gefördert werden, da die Erfahrung auf dem Gebiete der psychologischen
-Tatsachen in die Kompetenz allerdings des Arztes, aber
-<span class='pagenum'><a id='Page_150' name='Page_150' href='#Page_150'>[150]</a></span>
-auch in die Kompetenz der Lehrer und Erzieher fällt. Während
-nämlich die Fachkompetenz der Ärzte sich darauf beschränkt, zu erkennen,
-welche Lebensgrundsätze der Erreichung des Naturzweckes,
-nämlich ein hohes Alter sicherzustellen, förderlich sind, welche ihm
-schaden, ist es der Erzieher, dessen Aufgabe es ist, zu ermitteln, wie
-der Mensch zur Annahme dieser Lebensgrundsätze und dazu bestimmt
-werden kann, ihnen gemäß zu leben.
-</p>
-
-<p>
-Für diese Organe der Gesellschaft würde zunächst in Frage
-kommen, inwiefern die zu frühe oder zu starke Erregung der geschlechtlichen
-Phantasie für die Sexualethik schädlich zu wirken geeignet
-ist. Diese Frage beschäftigte in den letzten Jahren den
-deutschen Reichstag. Eine allzu starke Erregung der Phantasie
-junger Leute kann die Folge des Betrachtens von Statuen oder
-Bildern sein, welche die nackten Menschen darstellen. Dabei kommt
-aber wesentlich in Betracht, daß infolge der Notwendigkeit der Bekleidung
-und der auf Schamhaftigkeit gerichteten Sitten ein solcher
-Anblick des Gegensatzes wegen viel stärker wirkt und unter gegebenen
-Umständen wirken kann, als er wirken könnte, wenn die Menschen
-sich, wie in heißen Klimaten, von Jugend auf an den <ins class='correction' title='Anbick'>Anblick</ins> unbekleideter
-Menschen gewöhnen würden. So ziemlich allgemein ist
-übrigens die Meinung, daß der Anblick von Statuen des nackten
-menschlichen Körpers viel weniger die Phantasie beeinflußt, als der
-Anblick von Gemälden, die denselben Gegenstand behandeln. Dabei
-ist von Belang die Farbe des Materials, sei es Stein, Bronze oder
-Holz, dann auch, daß Statuen in der Regel einzelne Menschen darstellen,
-auf den Bildern aber zumeist mehrere Menschen, auch verschiedenen
-Geschlechtes, zur Darstellung kommen. Zu bemerken ist,
-daß im kollektivistischen Staat infolge der alle Bewohner umfassenden
-Organisation eine Möglichkeit besteht, die Jugend bis zu einem gewissen
-Alter von jedem Anblicke von Bildwerken und Schaustellungen
-gewisser Art unbedingt fernzuhalten, was in unserer individualistischen
-Gesellschaftsordnung nicht möglich ist.
-</p>
-
-<p>
-Es scheint ferner, daß mit Rücksicht auf die Einwirkungen auf
-die Jugend auch den Erwachsenen gewisse Beschränkungen auferlegt
-werden können. So wird ihnen der Genuß der Liebesfreuden nur
-verstattet sein, wo sie des Alleinseins versichert sind und nicht
-<span class='pagenum'><a id='Page_151' name='Page_151' href='#Page_151'>[151]</a></span>
-beobachtet werden können. Man wird Liebesleuten auch andere Vertraulichkeiten,
-das Küssen, Berühren, dort verwehren, wo es dritte
-gewahr werden können. Diese Beschränkungen dienen aber auch
-anderen gesellschaftlichen Zwecken. Der Anblick verliebten Gebarens
-hat für den Unbeteiligten etwas Anwiderndes, somit ist es rücksichtslos
-gegen andere, sie zu Zeugen selbst der geringeren Liebesfreuden
-zu machen. Wird sich aber der Liebende bewußt, daß dem so sei,
-so muß ihn die Gegenwart anderer stören, wenn er gesellschaftlich
-normal empfindet. Die Liebesfreuden werden durch die Einschränkung
-nach Zeit und Ort auch naturgemäß erhöht, daher auch die Liebenden
-von jenen Einschränkungen einen Vorteil haben. Endlich führt die
-schrankenlose Hingabe an die Liebesfreuden zur Trivialisierung oder
-zu krankhafter Ausschweifung.
-</p>
-
-<p>
-Es unterliegt also keinem Zweifel, daß der Kollektivismus vom
-Staate nicht nur Produktion und Verteilung materieller Güter
-fordert, sondern auch eine dem Gesamtinteresse förderliche Regelung
-des Liebeslebens und der Propagation der Rasse. Die heutige
-Jugend neigt nun zwar zu einer anderen Meinung und erwartet
-vom Sozialismus Aufhebung aller Schranken des Liebeslebens, auch
-in der Ehe. Auch viele Frauen huldigen dieser Anschauung, zum
-mindesten solche, die zu den Schriftstellerinnen zählen. Man glaubt
-sich dadurch der Natur zu nähern. Allein die ursprüngliche Natur
-des Menschen war die Kulturlosigkeit, und zu dieser wollen wir ja
-nicht zurückkehren. Nur das müssen wir verwerfen, was mit der
-Herrschaft der Wenigen zusammenhängt; ist durch Herstellung der
-wahren Volksherrschaft diese Herrschaft Weniger abgeschüttelt, dann
-wird der Einzelne sich den Interessen der Gesamtheit unterwerfen
-müssen.
-</p>
-
-<p>
-Nun entsteht die Frage, ob die freie Liebe zu dulden sein wird.
-</p>
-
-<p>
-Unter freier Liebe verstehen wir Anteil an den naturgemäßen
-Freuden der Liebe zwischen Personen verschiedenen Geschlechtes, die
-nicht durch die Ehe verbunden sind. Daß die außereheliche Liebe
-aus religiösen Gründen verwerflich sei, Gott beleidige und im
-Jenseits gestraft werde, ist eine Anschauung, die Wenige teilen, und
-diese Wenigen haben kein Recht, anderen Gesetze vorzuschreiben oder
-sie zu kränken. Die Strenge der Grundsätze der katholischen Kirche
-<span class='pagenum'><a id='Page_152' name='Page_152' href='#Page_152'>[152]</a></span>
-in ihren Lehren über diesen Gegenstand ist in einem sonderbaren
-Widerspruche mit den tatsächlichen Verhältnissen in den katholischen
-Ländern von heute, welche durch 1200 Jahre vor dem Trienterkonzil
-noch viel schlimmer waren als heute. Und die heutige Kirche
-ist sehr nachsichtig mit den vielen Konkubinariern in der Priesterschaft,
-die in Kärnten, in Niederösterreich und in den slavischen
-Ländern einen sehr großen Prozentsatz betragen sollen. Hier kommt
-ja noch dazu die Eidbrüchigkeit und das Sakrilegium, welches nach
-den Lehren der katholischen Kirche mit diesen Priestersünden verbunden
-ist. Und da der Kanzler Gerson auf dem Konstanzer Konzil
-schon mahnte, man solle Nachsicht üben mit den pflichtvergessenen
-Priestern, da sonst nach den Erfahrungen von Jahrhunderten noch
-weit größere Übel zu erwarten sind, so läßt es auch die Kirche von
-heute nicht an Nachsicht fehlen, denn es ist mir in meinem Leben
-nur ein einziger Fall zu Ohren gekommen, daß ein solcher Priester
-von der geistlichen Autorität amoviert worden wäre, und das erst,
-nachdem bei einem gerichtlichen Falle die Verderbtheit dieses Priesters
-erörtert und allgemein bekannt geworden ist. Die Beschuldigung
-ging nicht nur auf einfaches Konkubinat, sondern auch auf Ehebruch
-und Blutschande.
-</p>
-
-<p>
-Ist nun aber nach den in <a href='#G_02_0_0'>VII, 2,</a> entwickelten Grundsätzen
-die Ehe eingeführt als ein zweckmäßiges Mittel, die Propagation im
-öffentlichen Interesse zu regeln, so ergibt sich daraus, daß die freie
-Liebe nur insofern geduldet werden kann, als sie unfruchtbar bleibt,
-und wir wissen, daß das nur von dem Willen der Liebenden abhängig
-ist. Dieser Art von Verbindungen das Unästhetische, Gesundheitswidrige
-und die Unsicherheit zu benehmen, wird die Aufgabe
-einer fortschrittlichen Entwicklung sein, aber wohl kaum je in vollkommen
-befriedigender Weise erreicht werden. Die Frauen in
-Indien, welche sehr kinderscheu sein sollen, sollen diesen Zweck ohne
-mechanische Hilfsmittel zu erreichen wissen. Jedenfalls sollte das
-von der Frau allein abhängen und der Mann weder Einfluß darauf
-nehmen können, noch darum wissen.<a name='FA_30' id='FA_30' href='#FN_30' class='fnanchor'>[30]</a>
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_153' name='Page_153' href='#Page_153'>[153]</a></span>
-Wird dem staatlichen Zwecke nicht zuwidergehandelt, so hat die
-Staatsverwaltung keinen Anlaß, die freie Liebe zu erschweren oder
-zu unterdrücken und sie wird alle, die von dieser Freiheit Gebrauch
-machen, gegen Verunglimpfung in Schutz nehmen. Damit ist aber
-nicht gesagt, daß das Konkubinat zu dulden wäre. Auch will ich
-hier noch bemerken, daß mir von ärztlicher Seite vorgeschlagen wurde,
-auch den von der Zeugung Ausgeschlossenen die Ehe, welche aber
-unfruchtbar bleiben müßte, zu gestatten. Ich bezweifle, daß das
-unseren Zwecken besser entsprechen würde, als was ich vorschlage.
-</p>
-
-<p>
-Dagegen werden widernatürliche Geschlechtssünden Gegenstand
-der Bestrafung sein. Sie beleidigen zumeist, so insbesondere beim
-Geschlechtsverkehr mit Tieren, den Adel der menschlichen Natur und
-nachdem dieser ein gemeinsamer Schatz aller Menschen ist, muß jede
-Widernatürlichkeit als gesellschaftswidrig gelten.
-</p>
-
-<p>
-Es könnte die Frage aufgeworfen werden, ob den unverheirateten
-Frauenspersonen nicht die Abtreibung der Leibesfrucht unter
-gewissen Einschränkungen zu gestatten
-wäre.<a name='FA_31' id='FA_31' href='#FN_31' class='fnanchor'>[31]</a>
-Es werden dabei zahlreiche
-<span class='pagenum'><a id='Page_154' name='Page_154' href='#Page_154'>[154]</a></span>
-Rücksichten in Betracht kommen, deren Gewicht man heute
-kaum zu beurteilen vermag. Würde sie gestattet, so wäre man gewiß,
-daß manche schlimme Tat dadurch verhindert und daß sie in
-der der Gesundheit am wenigsten abträglichen Form und unter ärztlichem
-Beistande erfolgen würde. Streng würden andere Handlungen
-bestraft, welche auf Beseitigung der bereits lebenden Frucht gerichtet
-wären. Es scheint übrigens nicht wohl möglich, daß solche Handlungen
-verheimlicht werden können, wenn die Einrichtungen beständen,
-welche hier zur Feststellung gekommen sind. Es wäre dann unmöglich,
-daß eine Schwangerschaft dem kompetenten Arzte ein Geheimnis
-bliebe, oder daß sich die Schwangere vor der Entbindung der Aufmerksamkeit
-des Arztes entzöge. Schon die Unterdrückung der Geschlechtskrankheiten
-macht es wünschenswert, daß der Einzelne sich
-auch im geheimsten Gebiete des Lebens der ärztlichen Beobachtung
-nicht soll unbedingt entziehen dürfen. Das wird am besten dadurch
-erreicht, daß schon von frühester Jugend an jeder daran gewöhnt
-wird, sich regelmäßig der Untersuchung eines Arztes seines Geschlechts
-zu unterwerfen. Diese Untersuchungen werden sich zur Zeit der Geschlechtsreife
-auch auf die Feststellung geschlechtlicher Unordnungen
-und Krankheiten erstrecken und in je früherem Alter die jungen
-Menschen daran gewöhnt werden, um so weniger anstößig und beleidigend
-wird die Untersuchung ihnen erscheinen.
-</p>
-
-<p>
-Es ist klar, daß hier Fragen als Probleme behandelt werden,
-die man längst entschieden glaubt. Allein der Grundgedanke des
-Verfassers, <em class='gesperrt'>sittlich ist jenes Leben, das dem Menschen die
-Erreichung des höchsten Alters am wahrscheinlichsten
-macht</em>, führt zu der Überzeugung, daß der Zusammenhang zwischen
-unseren Handlungen und jenem Ziele nur in einer Gesellschaftsordnung
-festgestellt werden kann, welche, was nach diesem Grundsatze
-das Richtige ist, mit der größten Verläßlichkeit zu erkennen möglich
-macht. Daß das nur vom Kollektivismus erwartet werden kann,
-lehrt unsere Untersuchung auf Schritt und Tritt.
-</p>
-
-<p>
-Der sittliche Skeptizismus hat seine Berechtigung nicht darin,
-daß es an einem Maßstabe der Sittlichkeit mangelt, sondern darin,
-daß unsere gesellschaftlichen Zustände eine Verwirrung mit sich bringen,
-welche es unmöglich macht, die Anwendung des leitenden sittlichen
-<span class='pagenum'><a id='Page_155' name='Page_155' href='#Page_155'>[155]</a></span>
-Grundsatzes, <em class='gesperrt'>lebe jenes Leben, das dir die größte Sicherheit
-bietet, das höchste Alter zu erreichen</em>, auf die einzelnen
-Lebensfragen zu finden.
-</p>
-
-<h3 id='G_04_0_0'>
-4. Die Frauenkurie.
-</h3>
-
-<p>
-Die Frauen haben Interessen, an welchen die Männer keinen
-Teil haben. Das Geschlechtsleben der Frauen ist so geartet, daß
-die Liebe ihnen Gefahren, Lasten und Schäden bringt, die den
-Männern fremd sind. Es entstehen daraus Bedürfnisse, die die
-Frauen allein angehen, auf einem Gebiete, worauf ihnen allein Erfahrungen
-zu sammeln möglich ist und in welches den Männern
-Einblick zu gewähren keinen Zweck hätte, den Frauen aber höchst
-peinlich wäre. Wie sie in gewissen Fällen nur den Rat und die
-Hilfe eines weiblichen Arztes annehmen mögen, wenn es an kompetenten
-Frauen nicht mangelt, so werden sie auch nur mit Frauen
-ihre Erfahrungen über die geheimsten Seiten des Liebeslebens austauschen
-und sich beraten wollen. Darum muß ihnen Gelegenheit
-gegeben werden, Versammlungen abzuhalten, die den Männern verschlossen
-bleiben, geheime Korrespondenzen zu führen und Zeitschriften
-für Frauen herauszugeben, welche den Männern ein Geheimnis
-bleiben müssen.
-</p>
-
-<p>
-Man könnte diesen Verband der Frauen und Mädchen »Frauenkurie«
-nennen und demselben korporative Rechte einräumen. Die
-Verfassung könnte ihnen das Recht einräumen, über gewisse Gegenstände
-als besonderer gesetzgebender Körper abzustimmen. Die Kurie
-würde sich in Lokalgruppen und diese in Sektionen abteilen und
-durch Delegierte würden die Lokalgruppen, Kreis- und Provinzialausschüsse
-bilden und einen Zentralausschuß für das ganze Reich
-einsetzen. So wären die Frauen auch in der Lage, einen entscheidenden
-Einfluß auf die Sexualmoral zu üben. Die weiblichen Ärzte
-würden so auch ein Selbstbeobachtungsmaterial von unermeßlichem
-Umfange gewinnen und es würden die Zwecke einer vernunftgemäßen
-und eingeschränkten Fortpflanzung durch die Frauen ebenso gefördert
-werden, wie das allgemeine Verhältnis zwischen Männern und
-Frauen veredelte Formen annehmen. Eine Zurücksetzung und Unterdrückung
-der Frauen wäre dann nicht mehr zu besorgen.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_156' name='Page_156' href='#Page_156'>[156]</a></span>
-Wenn die Frauen dahin gelangen würden, die Fortpflanzung
-bloß durch den Willen und die Phantasie vollkommen zu beherrschen,
-was nicht ganz ausgeschlossen ist, dann würde die Geschlechtsliebe
-erst eine Quelle wahrer Lebensfreude werden. Nur der Austausch
-vertraulicher Mitteilungen über alle im Liebesleben gemachten Erfahrungen
-zwischen Frauen und Mädchen kann zu einer solchen Beherrschung
-der Fortpflanzung führen und der entscheidende Teil ist
-sicherlich das Weib und nicht der Mann.
-</p>
-
-<p>
-Man darf nicht gelten lassen, daß der <em class='gesperrt'>Mann</em> das Recht habe,
-zu sagen, ich will Kinder haben, wodurch das Weib zum unfreien
-Werkzeug gemacht wird, wohl aber hat das Weib das Recht, sich
-zu entscheiden, ob es Kinder gebären will, oder nicht.
-</p>
-
-<p>
-Die Erfahrung beweist uns heute, daß die Kinder ein und derselben
-Ehe in Gestalt, Größe, im Verhältnisse der Glieder, in den
-Eigenschaften des Gemütes und der Intelligenz so weit von einander
-abweichen, daß man gar nicht an eine gemeinsame Abstammung
-glauben sollte. Die große Verschiedenheit erklärt sich zweifellos daraus,
-daß die Eigenschaften der Eltern und Voreltern in dem verschiedensten
-Verhältnisse auf die Kinder übergehen. Wie erklärt sich
-aber die verschiedene Mischung ererbter Eigenschaften in jedem einzelnen
-Zeugungsfalle? Dafür fehlt noch jede Einsicht. Ein Wiener
-Arzt glaubte eine Methode erfunden zu haben, wie man auf das
-Geschlecht der Nachkommen einwirken und mit ziemlicher Sicherheit
-bewirken könne, daß Knaben oder daß Mädchen geboren werden.
-Er behauptet, es hänge das von der Ernährung der Mutter während
-der Schwangerschaft ab. Die Theorie dieses Arztes ist allerdings
-verworfen worden, aber darum ist es doch nicht ausgeschlossen, daß
-eine sehr große Zahl von Erfahrungen, welche systematisch gesammelt
-und verglichen würden, es den Frauen möglich machen könnte, dahin
-zu wirken, daß gewisse üble Eigenschaften des einen oder des andern
-Elternteils auf die Kinder nicht übergehen, daß mehr die Eigenschaften
-der <ins class='correction' title='Muttter'>Mutter</ins> oder jene des Vaters erhalten blieben, wie es
-ja, wie schon erwähnt, auch sehr wünschenswert wäre, wenn die
-Empfängnis vom Willen der Frau allein abhängig wäre.
-</p>
-
-<p>
-Formen wir doch alles nach unseren Bedürfnissen, weshalb soll
-es nicht auch auf diesem Gebiete gelingen, unsere Zwecke zu erreichen?
-<span class='pagenum'><a id='Page_157' name='Page_157' href='#Page_157'>[157]</a></span>
-Aber wenn auch diese Bestrebungen erfolglos blieben, von Vorteil
-wäre es gewiß, wenn die Frauen alles, was sie allein oder doch
-näher als die Männer angeht, nach ihren besonderen Bedürfnissen
-gestalten könnten und dazu würde ein solcher Verband unter den
-Frauen sicherlich dienen können. Auch sonst wird man nicht die
-Rechnung ohne den Wirt machen, wenn man darauf rechnet, daß die
-Frauenkurie den richtigen Instinkt für alle gesellschaftlichen Interessen
-an der Propagation haben und fortentwickeln wird und daß sie einen
-mächtigen Einfluß dem Einzelnen gegenüber mit Erfolg geltend
-machen wird, wie am Schlusse von <a href='#G_01_0_0'>VII, 1,</a> ausgesprochen wurde.
-</p>
-
-<p>
-Was die Frage anbelangt, welche Berufe den Frauen verschlossen
-bleiben sollen, so kann man nur sagen, es sollen zu jedem Berufe
-die dazu Tauglichsten ausgewählt werden, seien es Männer oder
-Frauen. Die Meinung, daß es den Frauen an geistigen Kräften
-und Energie fehle, ist ganz falsch. Was nur den begabtesten Männern
-erreichbar ist, ist natürlich nur den begabtesten Frauen erreichbar
-und der Versuch, sie von irgend einem Berufe unter dem Vorwande
-auszuschließen, daß Frauen weniger begabt seien als Männer,
-ist ein ganz ungerechtfertigter Kampf um ein Privilegium, das mit
-dem Wohl des Ganzen nicht vereinbar ist und dem Fortschritte nur
-hinderlich sein kann.
-</p>
-
-<p>
-Die Meinung, die weiblichen Glieder der Gesellschaft sollen nur
-der Familie leben, hat für oberflächliche Menschen etwas sehr Bestechendes,
-aber sie ist schon heute nicht begründet, wo doch die
-Familie viel umfassendere Aufgaben hat, als im Sozialstaate. Zunächst
-gibt es zahlreiche Frauenspersonen, die sich nicht verehelichen
-können, und, wenn sie kränklich sind, nicht verehelichen sollten. Es
-kann also jener Grundsatz schon reichlich für ein Drittel der Frauenspersonen
-keine Anwendung haben. Zum Teil nun mögen solche
-zwar als dienende Personen in eine Familie eintreten, aber es besteht
-sicher kein Grund, des Familienberufes wegen alle Frauen von
-höheren Studien auszuschließen, wie es ja andererseits auch nur
-einem kleinen Bruchteile der Männer bestimmt ist, sich für einen gelehrten
-Beruf vorzubereiten.
-</p>
-
-<p>
-Ferner gilt jener Grundsatz auch heute nicht für die bäuerlichen
-Kreise, in welchen die weiblichen Glieder und insbesondere auch die
-<span class='pagenum'><a id='Page_158' name='Page_158' href='#Page_158'>[158]</a></span>
-Ehefrauen, wenn auch nicht in allen, doch in den meisten Arbeiten
-der Männer mitwirken. Ebensowenig können die Frauen der Arbeiter
-sich vom Erwerbe außer dem Hause ganz freimachen, weil die Erhaltung
-der Familie davon abhängt. Endlich führt die Beschränkung
-der Frauen auf ihren Beruf in der Familie zu einer höchst ungleichen
-Belastung der Frauen und zur ungleichen Ausnützung ihrer Kräfte.
-Frauen, die keine Kinder haben und oft ihren Mann den Tag über
-nicht zu Hause sehen, führen ein ödes, beinahe nutzloses Leben, andere
-sollen für zehn und zwölf Kinder sorgen und Kranke pflegen und
-können sich schon aus diesem Grunde nicht schonen, wenn sie ein
-Kind unter dem Herzen tragen.
-</p>
-
-<p>
-Wie pharisäisch die Mahnung unserer Gelehrten ist, man solle
-den Frauen den Beruf in der Familie erhalten, geht daraus hervor,
-daß man bei jedem größeren Bau hochschwangere Frauen sehen kann,
-die mit Ziegeln und Mörtel belastet die Gerüste auf und ab klettern
-müssen, was aber jene Gelehrten geduldig mit ansehen und wogegen
-sie keine Bücher schreiben, wohl aber dagegen, daß sie statt des
-Familienberufes einen <em class='gesperrt'>gelehrten</em> Beruf wählen.
-</p>
-
-<p>
-Im Sozialstaate werden alle Zufälle tunlichst ausgeglichen und
-darum wird eine ungleiche Belastung der Frauen nicht in erheblichem
-Maße vorkommen. Es entfällt die wirtschaftliche Familientätigkeit,
-wenn die gemeindeweise Hauswirtschaft eingeführt wird. Auch die
-staatliche Anteilnahme an Unterricht und Erziehung entlastet die
-Frauen von einem großen Teil ihrer heutigen Berufsarbeit und da
-auch in der Hauswirtschaft die Arbeitsteilung durchgeführt werden
-wird, ist im Sozialstaate noch weniger als heute davon die Rede,
-daß die Tätigkeit der Frauen, oder gar die der unverehelichten weiblichen
-Glieder der Gesellschaft auf die Familie beschränkt werden
-müßten. Die Familie wäre eine Blutgemeinschaft, aber keine wirtschaftliche
-Einheit mehr.
-</p>
-
-<h3 id='G_05_0_0'>
-5. Die Erziehung.
-</h3>
-
-<h4 id='G_05_a_0'>
-a) Pflichten des Staates der Jugend gegenüber.
-</h4>
-
-<p>
-Dem Kollektivstaate liegt, da er alle Bedürfnisse zu befriedigen
-hat, wenn er sich in den Besitz aller Mittel setzt, ob, für die
-<span class='pagenum'><a id='Page_159' name='Page_159' href='#Page_159'>[159]</a></span>
-Erziehung aller Kinder zu sorgen. Wie vieles der Staat auch heute
-als Rechtsstaat zu leisten hätte und in Wirklichkeit vernachlässigt und
-welchen Schaden er dadurch der Kultur und dem Fortschritte, der
-ganzen Menschheit, zufügt, entnimmt man den neuesten Erfahrungen
-über das Elend der Jugend. Nicht nur die empörendste Grausamkeit
-haben zahlreiche Kinder zu erdulden, sie sind nicht allein physischem
-Verkümmern ausgesetzt, sondern sie werden der sittlichen Verderbnis
-in die Arme geführt, zu unbrauchbaren Gliedern der menschlichen
-Gesellschaft, ja zu Feinden ihrer Mitmenschen herangezogen
-und der Staat sieht zu, ohne sie gegen solchen verderblichen Einfluß
-zu schützen, obwohl die Gesetze ein Recht der Kinder auf Versorgung
-und Erziehung normieren und es Sache des Staates ist, dieses
-Recht zu verwirklichen und Einrichtungen zu treffen, welche den
-bestehenden Rechtsanspruch geltend zu machen ermöglichen.
-</p>
-
-<p>
-In Wien wurde eine Mutter, die ihr Kind systematisch zu Tode
-quälte, als Mörderin hingerichtet, aber durch viele Jahre hat sich
-niemand darum gekümmert, was in dieser Familie vorgeht und hätten
-die Behörden davon erfahren, so wären sie in Verlegenheit gewesen,
-abzuhelfen. Denn man hat jene Anstalten nicht, die man braucht,
-um die Kinder aus der Gewalt solcher Eltern zu befreien. Wie
-das im preußischen Landrechte anerkannte Recht auf Arbeit, ist auch
-das im österreichischen bürgerlichen Gesetzbuche anerkannte Recht auf
-Erziehung ein leeres Wort.
-</p>
-
-<p>
-Die Zeitungen berichten, daß in England Mitte der achtziger
-Jahre eine »<i>National Society for the Prevention of Cruelty
-to children</i>« gegründet worden sei, welche sich die Aufgabe setzte,
-diesem Übel des Kinderelends zu steuern. In 15 Jahren wurden
-auf Betreiben dieser Gesellschaft, welche ein Gebiet umfaßt, das
-von 22 Millionen Menschen bewohnt wird, 6500 Elternpaare gerichtlich
-verurteilt, auf 1108 Jahre Gefängnis erkannt, 2023 Pfund
-Geldbußen eingetrieben. Es haben 109 364 Kinder die Wohltaten
-des Schutzes dieser Gesellschaft erfahren und auf Betreiben
-dieser letzteren sind Gesetze erlassen worden, die das Übel mildern.
-Die Grausamkeit vieler Eltern wird als grauenerregend geschildert
-und man fand, daß ihnen jedes Werkzeug willkommen war, womit
-sie den Kindern Schmerzen verursachen konnten.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_160' name='Page_160' href='#Page_160'>[160]</a></span>
-Obwohl sicher nur die gröbsten Versündigungen der Eltern
-gegen ihre Kinder ins Auge gefaßt werden konnten, ermittelte die
-Gesellschaft:
-</p>
-
-<table style="width:100%;" summary=" ">
-
- <tr>
- <td class="cwdth09 r">25 437</td>
- <td class="cwdth76">Kinder, die grausam mißhandelt wurden,</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r">62 887</td>
- <td>Kinder, die verkümmert und halb verhungert waren,</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r">712</td>
- <td>seien ganz zu Grunde gegangen,</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r">12 663</td>
- <td>zum Betteln angehalten,</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r">4 460</td>
- <td>Mädchen zum Opfer widernatürlicher Wollust gemacht und</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r">3 205</td>
- <td>Kinder durch harte und gefährliche Arbeit im Wachstum geschädigt, durch
-Mißhandlungen verstümmelt, verrenkt, an Seiltänzer und Akrobaten verkauft worden,</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r sumtop">109 364</td>
- <td>in allem.</td>
- </tr>
-</table>
-
-<p>
-Bis 1885 wurde in solchen Fällen gar nichts vorgekehrt, der
-Staat überließ diese hilfreiche Tätigkeit einer Privatgesellschaft, erst
-durch sie erfuhr er diese Übelstände. Und wenn solche Kinder heranwuchsen,
-wurden sie Gegenstand des Abscheus und der Verachtung,
-während es die Autoritäten sind, welche Abscheu und Verachtung
-verdienen, weil sie trotz eines unermeßlichen Aufwandes für staatliche
-Zwecke gar nichts davon aufwendeten, einem solchen Elende zu
-steuern und solcher Schädigung der wichtigsten staatlichen und Gesellschaftsinteressen
-abzuhelfen.
-</p>
-
-<p>
-Die Statistik der von dieser Gesellschaft ermittelten Fälle von
-Pflichtwidrigkeit der Eltern ergab, daß Armut, Mangel an Bildung
-der Eltern und eigenes Verschulden der Kinder <em class='gesperrt'>ohne allen Einfluß</em>
-auf diese tyrannische und verbrecherische Pflichtwidrigkeit war.
-Sie kommt in allen Schichten der Bevölkerung vor und pflanzt sich
-wahrscheinlich von den Eltern auf die Kinder und Kindeskinder fort.
-</p>
-
-<p>
-Wir wollen nun untersuchen, was der Staat nach dem heutigen
-Stande der Kultur zu tun schuldig wäre, und im Falle der Einrichtung
-einer kollektivistischen Gesellschaftsordnung zu tun vermöchte,
-um nicht nur solchem Kinderelende vorzubeugen, sondern um die
-Menschen auf eine nie geahnte Höhe der Vollkommenheit des
-Einzelnen und der Gesellschaft zu erheben.
-</p>
-
-<p>
-Daß der Kollektivismus die Aufgabe, aber auch die Macht
-hätte, sich eines allzureichen Anwachsens der Bevölkerung zu erwehren,
-und daß die Mittel vorhanden wären, diese Aufgabe des Staates
-<span class='pagenum'><a id='Page_161' name='Page_161' href='#Page_161'>[161]</a></span>
-zu erfüllen, wurde in <a href='#G_01_0_0'>VII, 1,</a> gezeigt, hier soll nur der Einfluß
-erörtert werden, den der kollektivistische Staat auf die Erziehung zu
-nehmen hätte.
-</p>
-
-<p>
-Der Vorschlag, den Plato macht und der bei vielen sozialistisch
-gesinnten Arbeitern Anklang gefunden haben soll, daß die Kinder
-von den Eltern zu trennen seien und in eigenen staatlichen Anstalten
-erzogen werden sollen, ist zu verwerfen, weil er das Kind
-mit dem Bade verschüttet und nicht nur pflichtvergessene Eltern
-trifft, sondern auch das Gute unterdrückt, das die Familienerziehung
-sehr häufig hat. Auch bringt er den Staat um Leistungen,
-welche gute Eltern freudig ohne Gegenleistung der Kindererziehung
-widmen. Der Staat soll nun von der Geburt der Kinder an sich
-an der Erziehung mit beteiligen, die Eltern unterweisen, belehren
-und überwachen, sie für die Erziehung verantwortlich machen und
-für Ersatz sorgen, wenn die Eltern pflichtvergessen, untüchtig, durch
-Arbeit oder Krankheit verhindert sind oder den Kindern durch den
-Tod geraubt werden. Einen wichtigen Einfluß muß der Kollektivstaat
-ohnehin durch die ihm obliegende Versorgung der Kinder mit
-Wohnung, Kleidung, Nahrung und Unterricht ausüben und so handelt
-es sich immer nur um einen verhältnismäßig nicht sehr großen
-Aufwand, der überdies auch der Erziehung der Eltern selbst zu
-Gute kommt, da sie, als Organe des Staates veredelnd auf die
-Kinder einwirkend, auch selbst an dieser Veredelung teilnehmen, denn
-sie werden gezwungen sein, jene Forderungen im Leben selbst zu erfüllen,
-deren Erfüllung sie von den Kindern fordern müssen! Sie
-können ja doch nur beispielgebend wirken.
-</p>
-
-<h4 id='G_05_b_0'>
-b) Erziehungsorgane.
-</h4>
-
-<p>
-Für die Zeit, in welcher die Eltern der Arbeit obliegen, sich
-also von den Kindern entfernen müssen oder ihnen die notwendige
-Aufmerksamkeit nicht widmen können, hat der Staat Kinderpflegerinnen
-und Erzieherinnen zu bestellen, während die Kinder der
-breitesten Schichten der Bevölkerung in dieser Zeit heute sich selbst
-überlassen werden müssen und verwahrlost bleiben, zumeist ohne
-Verschulden der Eltern infolge sozialer Übelstände, die der Kollektivismus
-ja eben zu heilen berufen ist. Wenn aber jener Teil der
-<span class='pagenum'><a id='Page_162' name='Page_162' href='#Page_162'>[162]</a></span>
-Erziehung, der auch im Kollektivismus unter normalen Umständen
-den Eltern selbst überlassen bleibt, von ihnen nicht besorgt wird
-oder werden kann, soll der Staat für einen Ersatz, für Pflegeeltern,
-zunächst wohl für eine Pflegemutter sorgen, welche den Kindern jene
-Obsorge zu Teil werden läßt, die sie sonst von den Eltern zu erwarten
-hätten. Die Untersuchung wünschenswerter Verhältnisse der
-Propagation <ins class='correction' title='ergiebt'>ergibt</ins>, daß eine sehr große Anzahl der Frauen sich
-der Ehe und Kindererzeugung werden enthalten müssen, darum aber
-doch zur Kindererziehung im besten Sinne des Wortes tauglich sein
-mögen. Besonders diese sollen zum Ersatze der Eltern herangezogen
-werden und die Erfahrung beweist, daß solche Pflegemütter ganz
-vortrefflich geeignet sein können, die Erziehung zu leiten, daß sie
-nach kurzer Angewöhnung, besonders wenn ihnen sehr junge Kinder
-anvertraut werden, wahre Mutterliebe empfinden, und daß ihnen
-das Übernehmen der Mutterpflichten besonders dann willkommen
-sein wird, wenn der Staat für die materiellen Kosten der Versorgung
-aufkommt und solche Lasten mit der Pflegemutterschaft nicht verbunden
-sind. Es sind aber auch andere Frauen zur Übernahme
-dieser Aufgabe geeignet, so ältere Frauen, welche keine eigenen
-Kinder mehr zu erziehen haben, besonders die Großmütter der betreffenden
-Kinder, kinderlose Ehepaare, Eltern, die nur ein einziges
-Kind haben, dem sie gern einen Gespielen an die Seite geben
-möchten, auch junge kinderlose Witwen, welche sich nicht <ins class='correction' title='wider'>wieder</ins> verehelichen
-wollen, und es unterliegt keinem Zweifel, daß dem Staate
-eine große Auswahl freiwilliger Kräfte zur Verfügung stünden, die
-ganz hervorragend geeignet wären, die häusliche Erziehung zu leiten.
-</p>
-
-<p>
-Die Eltern aber sollen die Erziehung nicht <em class='gesperrt'>allein</em> leiten, der
-Staat soll durch seine Organe mitwirken, wodurch diese in die
-Kenntnis aller Irrtümer und Nachlässigkeiten der Eltern kommen
-müssen. Es ist in V, 2, <i>Alinea</i>: <a href='#E_02_0_0al1'>»Nach der Geburt,«</a> gezeigt
-worden, daß der Arzt schon den Neugeborenen seine Aufmerksamkeit
-zu widmen hat, und auch der Pädagoge, welcher für die geistige
-Vervollkommnung der ganzen Gemeinde verantwortlich ist, wird die
-Eltern schon bei den ersten Zeichen der beginnenden Seelentätigkeit zu beraten
-haben, wie die Intelligenz zu fördern, Untugenden vorzubeugen,
-ethische Vollkommenheit früh zu wecken ist. Viele Eltern
-<span class='pagenum'><a id='Page_163' name='Page_163' href='#Page_163'>[163]</a></span>
-wissen, welches Ziel sie anzustreben haben, es fehlt ihnen aber Geduld
-und Kenntnis der Kinderseele und sie wissen sich nicht zu benehmen,
-wenn mehrere Kinder derselben Familie eine verschiedene
-Behandlung fordern. Daß es möglich ist, selbst begangene Fehler
-gut zu machen und wieder einzulenken, wenn man falsche Wege
-eingeschlagen hat, hat die obengedachte Gesellschaft in England erfahren.
-Es ist vorgekommen, <ins class='correction' title='das'>daß</ins> pflichtvergessene Eltern zu längerer
-Gefangenschaft verurteilt und mittlerweile ihre Kinder in gute Pflege
-und Erziehung genommen wurden und daß die Eltern, als sie ihre
-nun wohlaussehenden und fröhlichen Kinder <ins class='correction' title='widersahen'>wiedersahen</ins>, wirkliche
-Elternliebe erwachen fühlten und ein normales Verhältnis zu den
-Kindern hergestellt wurde. Um so sicherer werden geringere Verirrungen
-ohne Schaden bleiben, wenn sie frühzeitig entdeckt und abgestellt
-werden.
-</p>
-
-<p id='G_05_b_0al'>
-In der Regel wird man die Mutter als die wichtigste Person
-in der Erziehung anzusehen haben und die Kinder in Allem an sie
-weisen müssen. Ihr wird die Verhängung größerer Strafen, die
-Zuerkennung von Belohnungen, die Erfüllung kleiner Bitten vorzubehalten
-sein und die staatliche Erziehung sich so wenig als möglich
-zwischen Mutter und Kind drängen dürfen, zum mindesten erkennbar
-für die Kinder. Darum wird auch der Abnahme der Erziehung eine
-öftere Verwarnung und Beratung der Mutter vorangehen und dazu
-nur gegriffen werden, wenn es unbedingt notwendig und ein vorteilhafter
-Ersatz möglich ist.
-</p>
-
-<p>
-In einem solchen Falle wird die Verwaltung zu prüfen haben,
-ob das Kind in eine andere Gemeinde zu versetzen sei, um einen
-verderblichen Einfluß der Mutter zu verhindern, wogegen wieder
-in Betracht kommt, das die Konstanz der Verhältnisse, die Fortsetzung
-des Zusammenseins mit Kindern, mit welchen jene aufgewachsen
-sind, die Fortdauer der sonstigen Erziehungsumstände, die
-Einwirkung der bisherigen Lehrer und Erzieherinnen, sich als wünschenswert
-erweisen und daß die gänzliche und dauernde Trennung von
-Mutter und Kind auch dadurch, wenn es notwendig, gesichert werden
-kann, daß die Mutter, beziehungsweise die Eltern in einen entfernteren
-Ort versetzt werden, was bei drei Vierteln der Bevölkerung gar keine
-Schwierigkeiten bietet.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_164' name='Page_164' href='#Page_164'>[164]</a></span>
-Da die Eltern den größten Teil des Tages aber der Arbeit
-widmen müssen, sollen die Kinder in dieser Zeit den Kinderpflegerinnen
-überlassen werden, welche mit ihnen spielen, sie spazieren führen,
-ihnen Märchen erzählen, Rätsel aufgeben, sie auf die Schönheiten
-der Natur, die Nützlichkeit der Pflanzen und Tiere aufmerksam
-machen, sie Gedichte memorieren lehren und auf das intensivste
-erzieherischen Einfluß üben und sie scharf überwachen sollen.
-Damit gemeinsame Spiele und allerhand Übungen der Geschicklichkeit,
-der Tugend, sowie der Intelligenz zu verbinden, frühzeitig gesellige
-Vollkommenheit zu entwickeln, ist eine Hauptaufgabe der
-Pflegerinnen, wobei der Grundsatz zu beobachten ist, die Kinder den
-ganzen Tag über soviel als möglich im Freien und in gesunder
-Bewegung zu halten. Eine Pflegerin wird für 20 solcher Kinder
-ausreichen und es wird zu prüfen sein, inwiefern die beiden Geschlechter
-und die verschiedenen Jahrgänge getrennt, oder vereint zu
-führen seien, wobei die Pflegerinnen auch darauf zu achten haben,
-die intelligenteren und besseren Kinder der älteren Jahrgänge selbst
-wieder als Erziehungsorgane zu gebrauchen, sie alles das versuchen
-zu lassen, was ihnen selbst obliegt, sie die Jüngeren zurechtweisen,
-belehren, ihnen erklären und erzählen zu lassen, wodurch wieder nützliche
-Talente entdeckt und gefördert werden können. Mit dem
-Schulunterricht soll so eine spielende und daher weniger ermüdende
-Unterweisung und Ausbildung verbunden, früh aber jede Art von
-Tätigkeitstrieb entwickelt werden.
-</p>
-
-<p>
-Insbesondere auch wirkliche Arbeiten soll man von den Kindern von
-früh auf in steigendem Maße und als Vorbereitung für die späteren
-Aufgaben fordern. Zu diesen gehört das Sammeln von Beeren,
-Schwämmen, Früchten aller Art, das Auslesen genießbarer Dinge,
-Enthülsen von Früchten, Dienstleistungen in der Küche, im Hauswesen,
-bei Tische, weibliche Handarbeiten aller Art, das Verrichten
-von Botengängen, das Auflesen von Kartoffeln, das Jäten der
-Felder und tausend andere Dinge soll man von Kindern fordern,
-welche den Geist und Körper nicht ermüden, sondern anregen und
-früh das Gefühl erwecken, daß man nützlich ist. Berichten die
-statistischen Ausweise, wie viele Zentner von Beeren, Schwämmen,
-Kartoffeln, Äpfeln und Birnen die Kinder im ganzen Reiche
-<span class='pagenum'><a id='Page_165' name='Page_165' href='#Page_165'>[165]</a></span>
-gesammelt, wie viele nützliche Dinge sie geschaffen haben, so wird früh
-der soziale Instinkt geweckt, daß der Mensch auf der Welt ist, um
-dem Mitmenschen nützlich zu sein. Mit steigendem Alter muß immer
-größere Beharrlichkeit und Selbstüberwindung, mehr Mut und Opferwilligkeit
-gefordert werden und nützliche Arbeit ist die beste
-Erziehung.<a name='FA_32' id='FA_32' href='#FN_32' class='fnanchor'>[32]</a>
-</p>
-
-<p>
-Begabten Kindern, die schon mehr erwachsen sind, sind auch in
-dieser Hinsicht immer schwierigere Aufgaben zu stellen. So wie die
-besten Schüler älterer Jahrgänge die jüngeren überhören, ihnen
-vieles erklären, ihre Aufgabenhefte einer ersten Durchsicht unterziehen
-sollen, um so ihren Beruf zum Unterrichte zu erweisen und selbstlehrend
-zu lernen, so sollen sie auch dem Beamten, den Lehrern,
-der Bibliothekarin mit Hilfsleistungen an die Hand gehen, statistische
-Tabellen berechnen, Schriften kopieren, Bücher ordnen und dergleichen
-mehr. Kinder müssen immer beschäftigt, immer angeregt, in allem
-Geringsten, nicht verletzend und ungeduldig aber fördernd getadelt
-werden, nichts Unvollkommenes, so gering es auch sei, darf man
-ungerügt hingehen lassen und darum müssen sie immer sich unter
-Aufsicht wissen.
-</p>
-
-<p>
-Schon beim ersten Erwachen der Intelligenz und bei den ersten
-Worten, hat man auf richtige Aussprache und richtigen Gebrauch
-eines jeden Wortes zu dringen, nicht ein einziges Mal darf man
-ungerügt hingehen lassen, daß sie l für r sagen, Wörter falsch anwenden,
-Satzverbindungen verfehlen, es genügt, das Richtige statt
-des Verkehrten zu setzen und man braucht sich dabei nicht lange
-aufzuhalten. Welche Summe von Erziehungstätigkeit kann eine solche
-Kinderpflegerin leisten! Für ihre Ausbildung werden besondere
-Unterrichtsanstalten eingerichtet werden und man wird für eine Gemeinde
-von 1000 Köpfen etwa 20-25 solche Pflegerinnen bestellen
-müssen. Dieser scheinbar große Arbeitsaufwand wird leicht hereingebracht
-durch unermeßliche Arbeitsersparnis anderer Art, die der
-Kollektivismus ermöglicht.
-</p>
-
-<p>
-Den Pädagogen und den Lehrern wird die Überwachung und
-<span class='pagenum'><a id='Page_166' name='Page_166' href='#Page_166'>[166]</a></span>
-oberste Leitung des Erziehungsdienstes obliegen. Hier will ich bemerken,
-daß ich das erziehungsbedürftige Alter bis zum vollendeten 18.
-Lebensjahre ausgedehnt wissen möchte. So lange soll auch das
-unselbständige Alter dauern. Es ist die Frage, ob der Entgang der
-Arbeit zu ertragen wäre, der dadurch entsteht, daß der Volksunterricht
-erst mit diesem Alter eingestellt wird, da bei uns die Masse
-der Jugend mit 14 Jahren, ja unter den Bauern in Österreich
-mit 12 Jahren vom Unterricht befreit und zur Arbeit herangezogen
-wird. Allein die Organisation der Arbeit dürfte eine solche Ausdehnung
-des Volksunterrichts möglich machen. Mehr möchte ich
-aber nicht vorzuschlagen wagen. Daß die jungen Leute vom vollendeten
-18. Lebensjahre an aber ganz selbständig sein sollen, kann
-für kollektivistische Staaten wohl empfohlen werden. Denn geschäftskundig
-braucht der Kollektivbürger nicht zu sein und da er vom 19.
-Lebensjahre ganz zur Arbeit herangezogen wird, die Arbeit aber die
-einzige Steuer ist, die der Kollektivbürger zu entrichten hat, so soll
-er auch von diesem Alter an stimmfähig und der Erziehungsgewalt
-nicht mehr unterworfen sein.
-</p>
-
-<p>
-Wenn in den folgenden Zeilen die Erziehung im Kollektivstaat
-besonders eingehend behandelt wird, so veranlassen mich dazu verschiedene
-Rücksichten. Zunächst muß die Erziehung der Gesellschaftsordnung
-angepaßt werden und man wird in meiner Darstellung
-finden, daß überall darauf Rücksicht genommen wird, die Jugend in
-diesem Sinne zu erziehen. Dann gewinnt der Staat durch den
-Kollektivismus so unermeßliche Mittel, daß ihm viel höhere Erziehungsaufgaben
-gestellt werden können, als heute dem Einzelnen,
-wobei gleichfalls jene Vorzüge in der Erziehung zutage treten, die
-die Großproduktion für die Sachproduktion gewährt. Endlich wird
-man überall fühlen, welche Erleichterung einer vernünftigen Erziehung
-und selbst dem Unterrichte die Unterdrückung der Großstädte bietet.
-</p>
-
-<h4 id='G_05_c_0'>
-c) Die physische Erziehung.
-</h4>
-
-<p>
-Diese fällt zumeist mit der Versorgung zusammen, die der
-Staat zu leisten und wobei er sich nach den durch den Sanitätsdienst
-gemachten Erfahrungen zu richten hat.
-</p>
-
-<p>
-In unserer Gesellschaftsordnung erleiden viele Hunderttausende
-<span class='pagenum'><a id='Page_167' name='Page_167' href='#Page_167'>[167]</a></span>
-von Kindern einen dauernden Schaden durch die Unvernunft, die
-Unwissenheit und auch durch die Armut der Eltern. In einem
-Bezirke Niederösterreichs bemerkte der Arzt, der sich dort niederließ,
-daß die meisten Kinder der Bauern <ins class='correction' title='rhachitisch'>rachitisch</ins> waren. Er gab die
-Schuld nur der unzweckmäßigen Nahrung. Man entwöhnt die
-Kinder zu früh der reinen Milchnahrung und füttert sie mit einem
-Mehlbrei, der der Ansicht des Arztes zufolge diese schädliche Wirkung
-hervorbrachte. In Steiermark richten die Bauern ihre Kinder mit
-einem Mohnköpfeabsud, den sie ihnen verabreichen, um sie einzuschläfern,
-oder durch Anstopfen mit Sterz zu Grunde, ohne daß sie jemand
-über das Verderbliche ihrer Einschläferungspraxis oder Ernährungsmethode
-aufklärte. Dort soll es dahin kommen, daß die Kinder auf
-diese Weise geradezu verblödet werden. Bis in die neueste Zeit
-kümmerte sich niemand darum und man ließ dem Übel freien Lauf.
-Daß auch aus verbrecherischer Absicht gleiches Unheil herbeigeführt
-wird, daß selbst in den gebildeten Klassen den Kindern im frühesten
-Alter Bier und Wein gereicht wird, der Vater seinen
-<ins class='correction' title='3 jährigen'>3-jährigen</ins>
-Sohn zum Frühschoppen mitnimmt und sich nicht wenig darauf zu
-Gute tut, daß der kleine Kerl trinkt wie ein Bürstenbinder, ist ebenso
-außer Zweifel, wie daß oft der leichtsinnige Vater das vertrinkt,
-was er zum Unterhalt von Frau und Kind nötig hätte. Dagegen
-leistet der Kollektivismus unbedingten Schutz. Erst in Zukunft wird
-übrigens die medizinische Wissenschaft die Gesetze einer richtigen Ernährung
-der Kinder genauer erkennen und darauf hinarbeiten, daß
-die Mütter wieder den Kindern die Brust reichen können, wie es
-die Natur fordert, und daß andererseits alles aus der Ernährung
-ausgeschieden wird, was im Geringsten von schädlichen Folgen sein
-kann, Alles gereicht, was die Jugend braucht, und daß jene genaue
-Regelmäßigkeit in der Ernährung beobachtet wird, die am heilsamsten
-ist und eine richtige Verwertung der Nahrung sichert. Wie jede zu
-geringe Ernährung, so ist auch die Überfütterung verderblich und die
-Ärzte behaupten in neuerer Zeit sogar, daß die Rindsuppe den
-Kindern schädlich sei, die man bisher nicht früh genug reichen zu
-können glaubte.
-</p>
-
-<p>
-Nur der Kollektivismus ermöglicht es, <em class='gesperrt'>allgemeine Erfahrungen
-zu machen und selbe allgemein auszunützen</em>. Was
-<span class='pagenum'><a id='Page_168' name='Page_168' href='#Page_168'>[168]</a></span>
-man in der heutigen Gesellschaftsordnung nicht in zwanzig Jahren
-allgemein durchsetzen könnte, kann der Kollektivstaat in kürzester Frist
-einführen. Freilich soll man mit Neuerungen auch nicht voreilig
-sein, und solange etwas zweifelhaft ist, wird man die Zustimmung
-der Eltern, auf die der Arzt übrigens belehrend einwirken wird,
-nicht umgehen dürfen. Die Zukunft wird aber auch erst eine Aufklärung
-darüber bieten, ob nicht bloß Alkohol, sondern auch Kaffee,
-Tee, vielleicht sogar bis zu einem gewissen Grade Fleischnahrung zu
-vermeiden ist, ganz gewiß aber wird man auf Unterdrückung des
-Tabakgenusses bedacht sein, der nur schädlich wirken kann und überdies
-einen sehr großen Aufwand verursacht. Man kann für ein
-Land wie Österreich-Ungarn die Ersparung von mehr als der Arbeit
-von 200,000 Menschen durch den Wegfall des Tabakgenusses erwarten,
-wenn man auch das in Rechnung bringt, was zum Ankauf
-von Tabak ins Ausland geht und noch ungerechnet die mit dem
-Tabakgenusse verbundenen Nebenauslagen für Zündhölzchen, Pfeifen,
-Zigarrenspitzen, Zigarrentaschen und dergleichen. Auch hier wird der
-Kollektivstaat bei den Kindern den Anfang machen und wenig Wert
-darauf legen, die Erwachsenen von üblen Gewohnheiten zu heilen.
-</p>
-
-<p>
-Ebenso wie in der Nahrung, wird der Staat auch in der Versorgung
-mit Kleidung, Wohnung, Wärme, Luft, gutem Trinkwasser,
-in der Versorgung mit Bädern und sonstigen Reinigungsmitteln der
-Jugend das Vollkommenste bieten und erziehlich dahin wirken, daß
-den Kindern auch alles angewöhnt wird, was sie zu ihrem eignen
-Nutzen sich angewöhnen sollen. Was die Zahnpflege anbelangt, ist
-an anderem Ort schon das Erforderliche bemerkt, VII, 2, <i>Alinea</i>:
-<a href='#G_02_0_0al1'>»Als Hilfsorgane«</a>. Zur physischen Erziehung gehört auch die Gewöhnung
-an frische Luft, ausreichende Bewegung im Freien, ausdauernde
-Bewegung auf Spaziergängen und Fußreisen, Höhenbesteigung,
-Schlittschuhlaufen, Bewegungsspiele, Turnen, Schwimmen,
-vielleicht auch Reiten, und auch darüber wird an anderem Ort
-mehreres zu sagen sein. Der Staat wird auch darauf dringen, daß
-die Jugend innerhalb vernünftiger Grenzen abgehärtet werde, und
-die Grenzen wird die Erfahrung ziehen lehren, nachdem es sich nur
-darum handelt, gegen solche Gefahren zu stählen, die man nach dem
-jeweiligen Stande der Kultur zu bestehen haben mag.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_169' name='Page_169' href='#Page_169'>[169]</a></span>
-Was die Kleidung der Kinder anbelangt, so soll sie die Bewegungsfreiheit
-und die Ventilation nicht hemmen, den Hals im
-Winter und Sommer frei lassen, jederzeit rein gehalten werden, den
-ästhetischen Sinn zufrieden stellen, ohne die Eitelkeit und Putzsucht
-zu entwickeln, die Mädchen sollen vom Mieder befreit und demonstriert
-werden, daß schöne und gesunde Menschen keinen Kleiderluxus
-zu treiben nötig haben. Die Wohn- und Schulräume müssen ausreichend
-ventiliert sein und niemals überheizt werden, und der
-leichteren Aufsicht und des geselligen Zusammenlebens wegen soll
-die Jugend einige größere Versammlungsräume zur Verfügung haben.
-Ob Kinder der älteren Jahrgänge, etwa über das zehnte Jahr hinaus,
-bei den Eltern wohnen sollen und ihnen nicht vielleicht gemeinsame
-Schlafräume anzuweisen wären, welche eine scharfe Überwachung
-durch das Erziehungspersonal möglich machen, sei der Erwägung
-empfohlen. Man hat schon bei der Anlage der Wohnansiedlungen
-darauf Rücksicht zu nehmen.
-</p>
-
-<p>
-Daß auch für Kinder im ersten Lebensalter und bis zur erlangten
-Sicherheit im Gehen für einen Teil des Tages gemeinsame
-Kinderstuben einzurichten, wenngleich auch sie regelmäßig mehrere
-Stunden ins Freie zu fahren sind, daß also das Beispiel der Krippen
-und für später auch die Spielschule allgemein nachzuahmen sein
-wird, ist gewiß. Solange die Mütter ihre Kinder säugen, werden
-sie unter Aufsicht einer Vorsteherin in diesen Räumen den Dienst
-haben, was sie nicht hindern wird, nebenbei weibliche Handarbeiten
-und allerlei Wäscheausbesserungsarbeiten zu besorgen, also produktive
-Arbeit zu leisten. So wird der Jugend durch den Staat gesichert
-werden, was ihr in der heutigen Gesellschaftsordnung beinahe
-immer fehlt.
-</p>
-
-<h4 id='G_05_d_0'>
-d) Intellektuelle Erziehung.
-</h4>
-
-<p>
-Dem Staate obliegt auch die Überwachung und teilweise direkte
-Leitung einer intellektuellen Erziehung. Sobald Kinder anfangen
-Aufmerksamkeit zu zeigen, ist alles zu tun, um dieser Aufmerksamkeit
-entgegenzukommen und so den Geist zu entwickeln. Es ist eine
-merkwürdige Tatsache, daß das Kind viel hilfloser und geistig untätiger
-auf die Welt kommt, als das Tier. Das Kalb ist, kaum
-<span class='pagenum'><a id='Page_170' name='Page_170' href='#Page_170'>[170]</a></span>
-zur Welt gekommen, auf den Beinen und geht der Mutterkuh zu,
-es wendet den Kopf nach jedem Besucher und zeigt dieselbe Aufmerksamkeit
-wie ein erwachsenes Rind. Es kommt fertiger auf die
-Welt als das Menschenkind, das kaum in einem Alter von vier
-Monaten das neugeborene Kalb in geistiger Beziehung einholt. So
-fordert die Natur von der Mutter eine viel größere Sorgfalt für
-das Kind, als das junge Tier von den Eltern beansprucht. Daß
-es von sehr verderblichen Folgen sein muß, wenn die Kinder von
-den Eltern der Arbeit und des Erwerbes wegen in der Wohnung
-allein gelassen werden müssen und oft den ganzen Tag über jene
-Anregungen entbehren, welche wir unseren Kindern bieten, ist leicht
-einzusehen. Was an der Entwicklung des Seelenlebens und an
-Anregung im ersten Jahre und besonders in den Jahren der Entwicklung
-der Sprache versäumt wird, ist nie wieder gut zu machen.
-Arzt und Pädagoge haben die Eltern und das Erziehungspersonal
-zu belehren und zu überwachen. Daß man darin auch zu viel und
-Unnötiges tun kann, daß man Kinder auch nicht aufregen, nervös
-machen, erschrecken, sie nicht zu früh ins helle Tageslicht schauen
-lassen darf, in der allerersten Zeit für genügenden Schlaf zu sorgen
-hat, daß man ihnen später keine Schauergeschichten oder Gespenstermärchen
-erzählen, insbesondere nichts Übernatürliches oder Abergläubisches
-in die jugendliche Seele impfen darf, ist gewiß, und eine
-Kinderseele, welche nur irgend etwas Törichtes gläubig aufgenommen
-hat, ist intellektuell für immer verdorben. Ebenso ist auch die Heranbildung
-von Wunderkindern nichts weniger als rationell. <em class="gesperrt">Das Erziehungsziel
-muß sein, die heranwachsenden jungen Leute
-beiderlei Geschlechts zur größten Tüchtigkeit in jenem Berufe
-heranzubilden, wozu jeder die größte Befähigung hat
-und in jedem die mannigfaltigste und stärkste Genußfähigkeit
-besonders auf jenen Gebieten zu entwickeln, auf
-welchen die Genüsse am meisten vom materiellen Aufwande
-unabhängig sind. Die Berufsausbildung soll den
-Menschen in den Stand setzen, der menschlichen Gesellschaft
-das Beste, was er vermag, zu geben, die Entwicklung
-der Genußfähigkeit soll ihn in den Stand setzen, für
-das Gegebene reichlich und von allen Seiten zu empfangen.
-<span class='pagenum'><a id='Page_171' name='Page_171' href='#Page_171'>[171]</a></span>
-Die Mannigfaltigkeit der Gabe, zu genießen, macht jeden
-seinen Mitmenschen tributär, sie interessiert ihn an dem,
-was die Gesellschaft auch den anderen bietet.</em>
-</p>
-
-<h4 id='G_05_e_0'>
-e) Der Unterricht im vorschulpflichtigen Alter.
-</h4>
-
-<p>
-Daß man dem Unterricht nicht allzusehr vorgreifen soll, ist
-wohl kaum zu bezweifeln. Aber trotzdem wird es sich empfehlen,
-wenn Kindern frühzeitig ein genügender Wortschatz beigebracht, sie
-im richtigen Aussprechen und Gebrauche der Worte, später der Satzfügungen,
-nicht theoretisch, wohl aber praktisch unterwiesen und zu
-einer gewählten und artigen Sprache und einem auch den Gebildetsten
-angemessenen Dialekte, einer reinen, der Schriftsprache entsprechenden
-Redeweise angehalten werden. Es hat gar keinen Sinn, daß die
-Kinder der Bauern und Arbeiter sich in der Sprache von den
-Kindern der sogenannten höheren Stände unterscheiden, und man
-findet in manchen Teilen von Norddeutschland Bauernkinder, die ein
-ganz tadelloses, reines Deutsch ohne verdorbenen oder landschaftlichen
-Dialekt sprechen. Man kann darum doch in der Schule und
-neben dem reinen Schriftdeutsch, besonders für heimische Poesie,
-einen Dialekt auch einüben, und der schwäbische und der steierische
-Dialekt eignen sich vortrefflich zur Lokalfärbung poetischer Produkte.
-Aber die reinste Schriftsprache kann und soll jedem Kinde beigebracht
-werden, so schwer es auch auf dem Lande mit der Familienerziehung
-vereinbart werden kann. Bei Aufstellung eines pädagogischen Stabes,
-wie er auch sonst aus erziehlichen Gründen unentbehrlich ist, ist das
-gewiß erreichbar. Ist sich das Kind bewußt, daß es den Dialekt
-nur <em class='gesperrt'>neben</em> der reinen Schriftsprache &mdash; wobei nur die allerschönste
-Aussprache zu dulden ist &mdash; sprechen dürfe, so wird es letztere nie
-verlernen und in Schule und Gesellschaft ungezwungen und ganz
-natürlich gebrauchen. Dazu ist Übung und ein streng richtiges Vorlesen
-von Jugendschriften notwendig.
-</p>
-
-<p>
-Auch logische Schnitzer darf man Kindern nie hingehen lassen.
-Dreijährige Kinder sind in der Handhabung der Logik oft sicherer
-und schlagfertiger als große Leute, welche sich oft erst auf eine
-logische Formel besinnen müssen.
-</p>
-
-<p>
-Früh müssen Kinder auf die mehrfache Bedeutung der Wörter,
-<span class='pagenum'><a id='Page_172' name='Page_172' href='#Page_172'>[172]</a></span>
-auf Synonyme und auf die Bildersprache aufmerksam gemacht
-werden, ohne daß ein methodischer Unterricht erlaubt wäre. Es ist
-ihnen ein Reichtum von Wörtern und Bezeichnungen, von Pflanzen-
-und Tiernamen in jenem frühen Alter zuzuführen, wo der Geist
-rasch erfaßt und behält. Kinder müssen viel reden hören und viel
-zu sprechen veranlaßt werden, es ist fehlerhaft, ihnen immer in die
-Rede zu fallen, sie zum Schweigen anzuhalten und zu entmutigen.
-</p>
-
-<h4 id='G_05_f_0'>
-f) Der Elementarunterricht, in Österreich der Unterricht in einer
-zweiten Sprache des Reiches.
-</h4>
-
-<p>
-Der Elementarunterricht soll mit dem vollendeten sechsten
-Lebensjahre beginnen und bis zum vollendeten achtzehnten Lebensjahre
-dauern. Er umfaßt die gründliche Kenntnis der Muttersprache,
-und in Österreich vielleicht auch einer zweiten Sprache in Wort und
-Schrift, mit Inbegriff einer tadellosen Rechtschreibung und der Gewandtheit
-im Ausdruck und Stil, die Grundzüge der Vaterlandskunde,
-Geographie, Erdkunde und Geschichte, der exakten Wissenschaften,
-Naturkunde, Chemie und Physik in allen Verzweigungen.
-Religion wird nur einen geringen Platz im Lehrplane einnehmen.
-So wohl auch Ethik, welche nicht theoretisch zu lehren, sondern praktisch
-anzuerziehen ist und welche bereits in Fleisch und Blut übergegangen
-sein muß, ehe der Unterricht erteilt werden könnte. Es
-ist ja dasselbe mit der Logik. Dagegen soll in den höheren Jahrgängen
-etwas über Philosophie und Geisteswissenschaften, dann
-Volkswirtschaft, den Mädchen über Physiologie, Hygiene und das
-Geschlechtsleben des Weibes beigebracht werden. Zeichnen, Modellieren
-und Gesang werden nicht zu vernachlässigen sein. Sehr
-wichtig ist es, alle Schulen mit Lehrmitteln auszustatten. Beim
-Unterricht in der Muttersprache und dem schriftlichen Aufsatz und
-bei anderen schriftlichen Schulaufgaben soll, wie oben erwähnt, auch
-eine Verwendung der begabteren Schüler der nächsthöheren Klasse
-zur Korrepetition und zur ersten Durchsicht der Hefte stattfinden, teils
-um diese selbst zu fördern, teils um den Lehrern die Aufgabe zu
-erleichtern. Diese werden, wie schon erwähnt, schon deshalb weniger
-belastet sein, weil ein Jahrgang der Volksschule kaum jemals mehr
-als 25 Schüler zählen wird.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_173' name='Page_173' href='#Page_173'>[173]</a></span>
-Inwiefern es wünschenswert sein mag, in den Schulen vom
-10. Jahre aufwärts die Geschlechter zu trennen, wird die Erfahrung
-lehren. In diesem Falle wird es sich mehr empfehlen, einerseits die
-Mädchen, andererseits die Knaben zum Unterrichte in die Nachbargemeinden
-wandern zu lassen, als Doppelschulen in jeder Gemeinde
-zu errichten. Diese Wanderungen sind in sehr gebirgigen Gegenden
-heute mit nicht geringen Übelständen verbunden, wo die Gemeinden
-sehr zerstreut sind und die Schulkinder von entfernten Gehöften in
-die Schule wandern müssen, oft auf gefährlichen Wegen. Im Zukunftsstaat
-handelt es sich aber nur um die Wanderung halber
-Klassen unter Aufsicht und auf vortrefflichen, gefahrlosen Wegen.
-Es ist auch das ein Teil der dem Kollektivstaate obliegenden Fürsorge,
-daß er dort, wo es notwendig ist, auf Kosten des ganzen
-Volkes Abhilfe gegen lokale Übelstände trifft. Verhält er also die
-Schuljugend zu solchen Wanderungen an gefährlichen Orten, so
-wird er sichere und gangbare Wege herstellen, die in der heutigen
-Gesellschaftsordnung manche Gemeinde nicht herzustellen vermag, weil
-sie zu arm ist, und wohl auch deshalb, weil es sich dabei zumeist
-nur um das Interesse einer einzelnen Familie handelt. Der
-Kollektivstaat hilft ebenso der Armut einer Gemeinde, wie der
-Armut des Einzelnen ab.
-</p>
-
-<p>
-Was das Bewohnen einzelner Gehöfte anbelangt, so ist davon
-in V, 2, <i>Alinea</i>: <a href='#E_02_0_0al2'>»Die Fürsorge für«</a>, die Rede.
-Wo solche vorkommen, werden in selben Familien, welchen schulpflichtige Kinder
-angehören, nicht wohnen, weil das unzweckmäßig wäre und keine
-Familie durch Eigentum an die Scholle gebunden ist. Es gibt in
-jeder Gemeinde Unverheiratete und Kinderlose genug, um solche
-Gehöfte mit Bewohnern zu besetzen, welche sich leichter, vielleicht
-auch gerne von der großen Gemeinde, zum mindesten zeitweilig,
-trennen oder etwa strafweise dazu verhalten werden.
-</p>
-
-<p>
-Was nun den Personalstand der Volksschulen anbelangt, so
-scheint es, daß die vier ersten Klassen dem Unterrichte von Frauen
-und Mädchen anvertraut werden könnten, die dem Erziehungspersonale
-angehören. Die acht oberen Klassen wären mit Lehrern und Lehrerinnen,
-einen für jede Klasse gerechnet, zu besetzen, welche die Ausbildung
-unserer Mittelschulprofessoren für bestimmte Fächer besäßen.
-<span class='pagenum'><a id='Page_174' name='Page_174' href='#Page_174'>[174]</a></span>
-Einer von ihnen würde als Pädagoge die Oberleitung haben und
-das ganze Erziehungs- und Bildungswesen einer Gemeinde leiten.
-Er müßte jedem, der sich selbst weiterbilden oder seinen Kindern
-durch eigene Bemühung eine höhere Bildung vermitteln will, mit
-Rat und Tat beistehen können, und er würde dafür zu sorgen haben,
-denjenigen Bedürfnissen zu genügen, welche aus einer besonderen
-geistigen Richtung einer Gemeinde entspringen. Denn daß sich
-solche Richtungen herausbilden werden, ist mit Gewißheit anzunehmen,
-weil der Kollektivismus die Gelegenheit dazu bietet, Teilnehmer
-bestimmter Spezialrichtungen in besonderen Gemeinden zu
-vereinigen. So Anhänger eines bestimmten Sportes, einer bestimmten
-Richtung der naturwissenschaftlichen oder historischen Forschung,
-einer bestimmten Kunst. Denken wir nur an Orchestermusik.
-</p>
-
-<p>
-Wir sehen hier, daß ein so geartetes Volksschulwesen für einen
-Staat mit 45,000 Gemeinden 180,000 Lehrerinnen geringerer Ausbildung,
-die dem Erziehungspersonal angehören, und 360,000 Lehrer
-oder Lehrerinnen mit Hochschulbildung erfordert. Dem Lehrpersonal,
-das auch an der wissenschaftlichen Erforschung pädagogisch wichtiger
-Tatsachen und an der Schulstatistik teilzunehmen, vielleicht dem Verwaltungsbeamten
-Hilfsarbeiten zu leisten hat, sich immer auf der
-Höhe der Wissenschaft halten und sich auch an der allgemeinen Fortbildung
-der ganzen Bevölkerung beteiligen muß, sind alle wünschenswerten
-Fachorgane und neuen wissenschaftlichen Werke vom Staate
-beizustellen.
-</p>
-
-<p>
-Die Eigenart Österreichs scheint es zu bedingen, daß in diesem
-Lande die lebenden Sprachen mehr gepflegt werden als anderwärts
-und dieser Staat kann gerade dadurch auf die höchste Stufe der Kultur
-gehoben werden. Österreich braucht die Doppelsprachigkeit und liefert
-den Beweis, daß es kaum eine nennenswerte Belastung der geistigen
-Kräfte ist, wenn auch den Massen die Erlernung zweier lebender
-Sprachen auferlegt wird. In Österreich sind Arbeiter, Dienstleute,
-selbst Bauern, die zwei österreichische Idiome gut sprechen, gar nichts
-seltenes und sie zählen nach Hunderttausenden, vielleicht nach Millionen.
-Da sie diese Sprachenkenntnis erwerben, ohne vom Staate
-die geringste Unterstützung zu genießen, so muß man annehmen, daß
-ein darauf eingerichteter Volksschulunterricht die Doppelsprachigkeit
-<span class='pagenum'><a id='Page_175' name='Page_175' href='#Page_175'>[175]</a></span>
-zu einer allgemein verbreiteten Eigentümlichkeit machen könnte.
-Daraus würde sich ohne Zweifel eine nationale Eigentümlichkeit entwickeln,
-die ganz eminent kulturförderlich sein und die Intelligenz
-wesentlich erhöhen müßte. In diesem Falle würde man es durchzusetzen
-trachten, daß jeder Nichtdeutsche als zweite Sprache die
-deutsche erlernt, und umgekehrt jeder Deutsche eine der anderen
-Sprachen des Reiches sich zu eigen macht. Der Friede im Lande
-scheint das zu bedingen und inwieferne dadurch die Intelligenz erhöht
-würde, müßte die Erfahrung lehren. Um das zu erreichen,
-müßten sich die Eltern entschließen, ihre Kinder in bestimmten Altersepochen
-aus dem Hause zu entlassen und einer entfernten Gemeinde
-und in dieser bestimmten Personen zur Pflege und Erziehung zu
-überlassen. Das wäre übrigens an sich vielleicht ein Vorteil für
-die Erziehung, wenn eine besonders gute Wahl getroffen wird. Das
-System, welches in Österreich gerade von der bäuerlichen Bevölkerung
-früher ziemlich begünstigt wurde, nennt man dort den »Wechsel«,
-weil es meistens durch Kindertausch zwischen zwei Familien in Ausführung
-gebracht wurde. In neuerer Zeit soll es weniger Anwendung
-finden, weil die Regierungen es nicht begünstigt haben und
-die nationalen Heißsporne es zu unterdrücken suchen.
-</p>
-
-<p>
-Hier verweise ich übrigens auch auf VII, 2, <i>Alinea</i>:
-<a href='#G_02_0_0al2'>»Was nun die Ehebewilligung usw.«</a>
-</p>
-
-<h4 id='G_05_g_0'>
-g) Fachschulen niederer Ordnung und für fremde Sprachen.
-</h4>
-
-<p>
-Außer den Elementarschulen und den Hochschulen, in welch'
-letztere die vorzüglichsten Schüler der Elementarschulen entweder unmittelbar
-oder nach Absolvierung einer Vorbereitungsschule übertreten
-können, braucht man Fachschulen der verschiedensten Art, welche
-auf Bezirksorte und Kreisstädte zu verteilen wären. Es würden dort
-die tüchtigsten Arbeiter in der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und
-den Gewerben für leitende Stellen ausgebildet werden, abgesehen davon,
-daß ihnen vielleicht auch Gelegenheit zu Informationsreisen
-im Auslande geboten würde. Weitere Fachschulen werden für Musik,
-bildende Künste, Dichtkunst und das Schauspiel errichtet und ebenso
-für auswärtige Sprachen.
-</p>
-
-<h4 id='G_05_h_0'>
-h) Andere Anstalten der Volkserziehung.
-</h4>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_176' name='Page_176' href='#Page_176'>[176]</a></span>
-Der <ins class='correction' title='Jugenderziesung'>Jugenderziehung</ins> wird nicht nur das Erziehungspersonal
-und der Elementarunterricht zu widmen sein, sondern es wird auch
-an anderen Anstalten, die zur Entwickelung von körperlichen und
-geistigen Anlagen dienen, nicht fehlen dürfen.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_h_1'>
-1. Schwimmen.
-</h5>
-
-<p>
-Vor allem wird man die Kinder so früh als möglich zum
-Schwimmen anhalten und von den für diesen Zweck in jeder Gemeinde
-und jedem städtischen Quartier zu errichtenden Schwimm- und
-anderen Badeanstalten ist in IX, 1, <i>Alinea</i>: <a href='#I_01_0_0al'>»Eine solche Gemeinde«</a>
-die Rede.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_h_2'>
-2. Schlittschuhlaufen.
-</h5>
-
-<p>
-Dasselbe gilt vom Schlittschuhlaufen, wozu gleichfalls überall
-Gelegenheit geboten werden soll.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_h_3'>
-3. Reiten.
-</h5>
-
-<p>
-Minder allgemein wird das Reiten gelehrt werden, weil die
-Anzahl der Reitpferde, die der Staat halten kann, kaum dafür ausreichen
-könnte. Nach dem für solche Fälle geltenden Verteilungsgrundsatz
-wird das Reiten nur jenen gelehrt und gestattet werden,
-welche dazu am meisten Geschicklichkeit an den Tag legen. So
-lange der Krieg nicht ganz aus der Welt geschafft werden kann,
-wird das Reiten immer eine wichtige Stelle unter den zu pflegenden
-Geschicklichkeiten einnehmen, weil die Kavallerie immer mehr an
-Wichtigkeit gewinnt.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_h_4'>
-4. Turnen.
-</h5>
-
-<p>
-Die Wichtigkeit des Turnens für die Zwecke der Jugenderziehung
-ist längst anerkannt. Es wird also in keiner Gemeinde an
-dem vollständigen Geräte fehlen dürfen.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_h_5'>
-5. Radfahren.
-</h5>
-
-<p>
-Ob das anstrengende Radfahren sich als nützlich für die Jugend
-erweisen wird, wird wohl erst zu erproben sein. So weit es förderlich
-ist, wird auch diese Kunst der Jugend beigebracht werden müssen.
-Von jeder Art Geräte zu Sportzwecken und anderer Art gilt, daß
-<span class='pagenum'><a id='Page_177' name='Page_177' href='#Page_177'>[177]</a></span>
-es zum gemeinschaftlichen Gebrauch aller dient, die davon Gebrauch
-machen können, daher ein Verteilungsgrundsatz aufgestellt werden
-muß, wie sich die Benützer in den Gebrauch zu teilen haben. Ist
-das Geräte verhältnismäßig auf die Gemeinden und Quartiere aufgeteilt,
-so kann es den letzteren überlassen werden, sich diesfalls selbst
-Gesetze zu geben.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_h_6'>
-6. Bewegungsspiele und Kindersport.
-</h5>
-
-<p>
-Daß neben dem Turnen und Schlittschuhlaufen auch Bewegungsspiele
-aller Art gepflegt werden sollen, versteht sich von selbst und
-man wird immer neue erfinden. Wahrscheinlich werden es die nützlichsten
-sein, welche am meisten geübt werden und sich auch am
-längsten erhalten, für den Rudersport ist nicht überall Gelegenheit.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_h_7'>
-7. Verstandes- und Gesellschaftsspiele.
-</h5>
-
-<p>
-Eine große Bedeutung haben die Verstandes- und Gesellschaftsspiele.
-Dabei kann der Jugend auch die Anregung zu Spielen in
-größerem Umfange gegeben werden, zum Besuch- und Konversationsspiel,
-Kriegsspiel und Parlamentspiel und manche Spiele von heute
-können ersetzt werden durch Anteil an wirklicher Arbeit, statt der
-Puppen werden die Mädchen kleine Kinder pflegen helfen, statt des
-Küchespielens an der Speisebereitung teilnehmen.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_h_8'>
-8. Reisen der Jugend.
-</h5>
-
-<p>
-Zu den wichtigsten Bildungsmitteln gehört das Reisen. Schon
-in frühester Jugend können Ausflüge auf ein oder zwei Meilen Entfernung
-unternommen werden und wenn so zwei oder drei Gemeinden
-eine gleiche Anzahl von Köpfen sich zuschicken, so werden diese
-Kinder eben in Nachbargemeinden ihre Mahlzeiten einnehmen, ohne
-die Wirtschaften irgendwie zu belasten und der ganze damit verbundene
-Aufwand wird in der Abnützung des Schuhwerks bestehen.
-Dabei werden die Kinder andere Personen kennen lernen, Werkstätten
-und Fabriken sehen, die ihnen noch nicht bekannt waren,
-Bergwerke kennen, landschaftliche Schönheiten genießen lernen, irgendwelche
-Merkwürdigkeiten sehen und die jungen Leute sollen, ehe sie
-in die Schule kommen, im ganzen Bezirke <ins class='correction' title='zu hause'>zuhause</ins> sein, Wege und
-Stege, die Wasserläufe und Gebirge kennen und alle Ortschaften
-<span class='pagenum'><a id='Page_178' name='Page_178' href='#Page_178'>[178]</a></span>
-nennen können zur Vorbereitung ihrer später immer <ins class='correction' title='ausgedehnten'>ausgedehnteren</ins>
-Ortskenntnis. In späteren Jahrgängen soll sich die genaueste Ortskenntnis
-auf die ganze Provinz erstrecken und als Lohn für hervorragende
-Verdienste kann sich die Erlaubnis darstellen, entfernte Städte
-zu besuchen oder Gebirge in anderen Provinzen zu besteigen, wobei
-gleichfalls jeder Aufwand für die Volkswirtschaft vermieden wird,
-wenn die jungen Leute die ohnehin leeren Plätze auf den Eisenbahnen,
-in den Wohnhäusern fremder Gemeinden, an ihren Tischen
-einnehmen und es wird gar nicht notwendig sein, ihnen eine Begleitung
-mitzugeben, da sie unter Aufsicht des Eisenbahnpersonals
-und der Mitreisenden, dann des Unterrichtspersonals der besuchten
-Städte und Gemeinden stehen.
-</p>
-
-<p>
-Das kann der Jugend zu statten kommen durch zwölf Jahre
-an schulfreien Tagen und in den Ferien, also an etwa 100 Tagen
-im Jahre und die Ferialreisen können mit einer großartigen Zirkulation
-der Jugend von Kreis zu Kreis, von Provinz zu Provinz verbunden
-werden, wobei sie zahllose höchst bildende Anregungen empfangen
-wird, welche minimale oder gar keine Kosten verursachen. Die begabtesten
-Volksschüler der höheren Jahrgänge werden gegen Ende der
-Schulzeit ihr ganzes Vaterland gesehen haben und die Geographie
-ihres Reiches, das ja auch ihr Besitz ist, nicht nur aus den Büchern,
-sondern aus der Anschauung kennen und es wird ihnen zur Aufgabe
-gestellt werden, überall dem Zusammenhang der Wasserläufe und der
-großen Gebirgszüge ihre Aufmerksamkeit <ins class='correction' title='zuwenden'>zuzuwenden</ins>.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_h_9'>
-9. Touristik der Jugend.
-</h5>
-
-<p>
-Daß viele der Ferienreisen zu Fuß zurückgelegt werden müssen,
-wobei man besondere Ausdauer und Schnelligkeit vielleicht zum
-Gegenstand einer Preiszuerkennung machen wird, da sich ja Zeitpunkt
-des Abganges und der Ankunft durch amtliche Bestätigungen der
-Verwaltungsorgane leicht kontrollieren läßt, ist selbstverständlich. Dabei
-soll aber auch die nicht weniger kühne Bergbesteigung mit zu
-den Freuden und Übungen der Schuljugend gerechnet werden. Die
-Natur der Aufgaben des Kollektivstaates bringt es mit sich, daß alle
-Gebirge für die Touristik aufgeschlossen werden, was der Staat
-nicht leistet, werden die Nachbargemeinden aus eigenen Kräften besorgen.
-<span class='pagenum'><a id='Page_179' name='Page_179' href='#Page_179'>[179]</a></span>
-Auch da kann ein Wettbewerb nach demselben Grundsatze
-ermöglicht werden für jene, welche innerhalb eines Jahres am meisten
-hohe Berge besteigen und dabei die größte Kühnheit und Ausdauer
-an den Tag legen. Doch soll man hierin vernünftige Grenzen
-einhalten und tollkühne Unternehmungen eher unterdrücken, als fördern.
-Alle Jugendfreuden sollen zur Veredelung der Menschenrasse
-dienen und jeder soll einen Schatz froher Jugenderinnerungen angesammelt
-haben, ehe er in die Periode der Arbeit eintritt, in der er
-dem Staate rückerstattet, was er empfangen hat und das Kapital
-ansammelt, aus welchem ihm eine gleich frohe Zeit des hohen Alters
-gewährt wird, das er in Rüstigkeit verbringen und genießen soll,
-vielleicht wieder im Anschlusse an jene Jugend, die mittlerweile herangewachsen
-ist.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_h_10'>
-10. Lektüre, Unterhaltungslektüre und Lektüre zur fachlichen
-Ausbildung.
-</h5>
-
-<p>
-Ein wichtiges Förderungsmittel der Jugend ist die Lektüre,
-welche ihr zwar mit Auswahl, aber reichlich zur Verfügung gestellt
-wird. Literatur und <ins class='correction' title='Bibliothekwesen'>Bibliothekswesen</ins> werden an anderem Orte,
-<a href='#H_04_0_0'>VIII, 4,</a> erörtert werden. Der Staat ist ja auch die großartigste
-Leihbibliothek, die man sich denken kann, und jedes Buch der in- und
-ausländischen Literatur von einigem Wert ist in einem kollektivistischen
-Staate <em class='gesperrt'>jedem</em> zugänglich, nicht bloß in Städten, sondern
-in jedem Dorfe und Einödhofe und selbst auf den Alpen. Bücher
-zirkulieren wie die Menschen in einem ununterbrochenen Strome.
-Bloße Unterhaltungslektüre soll besonders zum Gegenstande des Vorlesens
-in größeren Versammlungen junger Leute gemacht und dann
-eine kritische Besprechung daran geknüpft werden. Dadurch wird der
-Vortrag und die Zungenfertigkeit geübt, Zeit erspart und die weiteste
-Verbreitung der besten Werke sichergestellt. Wenn die Unterrichtspersonen,
-die besonderes Urteil in der schönen Literatur haben, eine
-kritische Besprechung einleiten und die Kunst, mit Verständnis zu
-lesen, lehren, so wird dieser Genuß wieder außerordentlich fruchtbringend
-und förderlich wirken, wie es keinem Zweifel unterliegt,
-daß uns die hohe Kultur unsrer Zeit es möglich macht, durch den
-<span class='pagenum'><a id='Page_180' name='Page_180' href='#Page_180'>[180]</a></span>
-Genuß Arbeit zu schaffen und in der Arbeit zu genießen, so daß
-das ganze Leben mit Lebensfreuden ausgefüllt werden kann.
-</p>
-
-<p>
-Allein viele jungen Leute werden sich mit Lektüre nicht nur
-im gewöhnlichen Wortverstande unterhalten, sondern irgend einen
-Zweig des Wissens neben dem allgemeinen Unterrichte zu einem
-Lieblingsstudium machen und die Lehrpersonen werden Jedem, der
-solche Privatstudien betreibt, die Quellen nachweisen und zugänglich
-machen, aus welchen er fortschreitende Belehrung schöpfen kann. Bemerkt
-man einen Erfolg, so wird man seinem Wissensdrang immer
-intensivere Nahrung zuführen, ihm Sammlungen, Zeichnungen und
-andere Darstellungen, Instrumente und Apparate, selbst Chemikalien
-und andere Stoffe zugänglich machen, so daß jene, die man zur
-Aufnahme in die Hochschulen empfiehlt, schon langjährige Studien
-betrieben, wissenschaftliche Aufsätze geliefert, Forschungen verfolgt und
-für die Zwecke der Hochschulen Beobachtungen angestellt und Naturprodukte
-gesammelt und auf diese Art den Beweis geliefert haben
-müssen, daß sie unter allen Altersgenossen die hervorragendste Eignung
-für die wissenschaftliche oder eine künstlerische Laufbahn besitzen.
-Dabei wird man Konzentrierung und Spezialisierung verlangen und
-in irgend einem kleinen Zweiglein des Wissens oder Könnens das
-Eindringen bis in die tiefsten Falten des Studiums, die Kenntnis
-einer Pflanzenfamilie bis in alle ihre Spielarten, einer Raupe in
-allen Abarten, ihre Lebensbedingungen, Anatomie und Physiologie
-und Umwandlungsbedingungen fordern. Alle Wanderungen, Reisen
-und Bemühungen dieser Anwärter auf eine höhere Laufbahn werden
-immer ein und demselben Ziele dienstbar zu machen sein; etwas
-Neues zu erforschen, etwas neu darzustellen, eine vollständige Sammlung
-zustande zu bringen, einen mechanischen Gegenstand von offenbarer
-Nützlichkeit zu erfinden, ein neues chemisches Präparat, eine
-neue Anwendungsart oder -Form der elektrischen Kräfte zu entdecken,
-wird man sich beeilen, ehe man das 18. Lebensjahr vollendet, um
-unter der großen Zahl von Berufenen auserwählt zu werden und den
-Ruf an die Universität zu erlangen, an welche nicht die Söhne
-reicher Bürger, hoher Beamter, des alten Adels oder der Professoren,
-sondern nur jene berufen werden, die schon in diesem noch jungen
-Alter ihren Beruf erwiesen haben werden.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_h_11'>
-11. Handfertigkeitsunterricht und Haushaltungskunde.
-</h5>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_181' name='Page_181' href='#Page_181'>[181]</a></span>
-Daß Handfertigkeitsunterricht mit dem Schulunterrichte zu verbinden
-ist, ist längst dargetan und dazu ist in einer kollektivistischen
-Gemeinde die beste Gelegenheit geboten. Es wird ohnehin in jeder
-Gemeinde eine mit allen Werkzeugen und einfacheren Apparaten
-ausgerüstete, mit Wasserkraft, Dampf oder Elektrizität betriebene
-mechanische Werkstätte zu finden sein, wo man die dringenden Ausbesserungen
-geringerer Art von Werkzeugen, Apparaten, Maschinen
-und Hausgeräten besorgen kann und dort wird man den Handfertigkeitsunterricht
-erteilen, um jene herauszufinden, welche sich für die
-Industrie und Technik eignen, während die weniger Tauglichen sich
-der Landwirtschaft, den geringeren industriellen Arbeiten und dem
-Bergbau widmen müssen. Ebenso werden die Mädchen praktischen
-und auch theoretischen Unterricht für weibliche Handarbeiten, Haushaltungsarbeiten,
-Küche, Viehzucht und Gartenkultur empfangen.
-Man macht jetzt eben überall Versuche, solchen Unterricht auch auf
-dem Lande einzubürgern, aber es fehlt zumeist an Geld und somit
-auch an Lehrkräften. So werden alle jene begabteren Kinder ermittelt
-werden, die man in die landwirtschaftlichen, gewerblichen,
-forstlichen oder Haushaltungsfachschulen aufnehmen und dann als
-Vorarbeiter, Werkführer, Haushaltungsvorsteherinnen, Köchinnen usw.
-oder für das Erziehungs- und niedere Lehrfach ausbilden wird. Auch
-für Zeichnen, Modellieren oder Musik hervorragend befähigte Kinder
-werden in Vorbereitungsschulen aufgenommen, vielleicht noch in den
-Jahren der Volksschulpflicht und müssen sie deshalb an einen Bezirks-
-oder Kreisvorort versetzt werden, so werden ihre Eltern entweder
-auch versetzt oder sie werden von diesen an dort domizilierende
-Freunde oder Verwandte verwiesen, welche die Stelle der Eltern vertreten.
-Die Mitbeschäftigung an den wirklichen Arbeiten in Feld
-und Stall, Küche und Hauswesen, Kinderwartung und Krankenpflege
-wird der beste Handfertigkeits- und Haushaltungsunterricht sein oder
-wenigstens als Vorbereitung der Tüchtigsten für Fachschulen dienen.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_h_12'>
-12. Vereine und Selbstzucht der Jugend.
-</h5>
-
-<p>
-Die Erfahrung wird erweisen, ob der Jugend die Bildung von
-Vereinen und die, wenigstens versuchsweise, Übernahme der Selbstzucht
-<span class='pagenum'><a id='Page_182' name='Page_182' href='#Page_182'>[182]</a></span>
-gestattet werden soll. Man sagt, man habe in Amerika mit
-einer Art von Jugendrepublik sehr gute Erfahrungen gemacht, in
-welche verwahrloste Kinder aufgenommen und der Zucht ihrer schon
-gebesserten Altersgenossen überlassen und so geheilt und für die Gesellschaft
-brauchbar gemacht wurden. Die Behandlung der jugendlichen
-Übeltäter soll eine sehr harte gewesen sein, aber gute Früchte
-getragen haben. Bewähren sich solche Versuche, so mögen sie fortgesetzt
-werden, andernfalls sind die Vereine aufzulösen, die Selbstzucht
-wieder einzustellen und die unmittelbare Wirksamkeit der Erziehungs-
-und Lehrpersonen und der Mütter wieder herzustellen.
-Von der Förderung des Vereinswesens ist in <a href='#H_02_0_0'>VIII, 2,</a> die Rede,
-und es wird in der Regel keinem Bedenken unterliegen, auch der
-Jugend den Beitritt zu den Vereinen der Erwachsenen, wenn auch
-vielleicht ohne Stimmrecht, zu gestatten. Nur dürfen sie dadurch
-vom Unterricht nicht abgelenkt werden.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_h_13'>
-13. Sicherstellung einer gleichmäßigen Jugenderziehung.
-</h5>
-
-<p>
-Da es wünschenswert ist, daß das ganze Volk ohne Ausnahme
-einen gleichmäßigen Elementarunterricht und Erziehung empfange,
-ohne irgend eine Bevorzugung oder Zurücksetzung, soweit nicht die
-Eltern durch ihre eigene Bemühung, Unterrichts- und Erziehungsarbeit
-ihre Kinder mehr fördern, und nachdem es den Anschein hat,
-als ob die Kinder der Personen, die in den Städten und der
-Hauptstadt angesiedelt sind, einen Vorzug genössen oder zu anderen
-Vergnügungen Gelegenheit hätten und vom Landleben ihrerseits
-ausgeschlossen wären, so ist es von Belang, hier einige Worte darüber
-zu sagen.
-</p>
-
-<p>
-Jene Eltern in den Städten, die erziehungspflichtige Kinder
-haben, werden am besten ihre Wohnungen an der Peripherie angewiesen
-erhalten, wo die Städte ans Freie stoßen und mit den
-nächstgelegenen Dörfern zusammengrenzen. <ins class='correction' title='Erziehung-'>Erziehungs-</ins> und Lehrpersonen
-werden dieselben sein wie in den Dörfern, Lehrmittel
-ebenfalls, das Zusammenkommen dieser Kinder mit den Dorfkindern,
-die Spaziergänge und Ausflüge in der freien Landschaft, die Berührung
-mit den landwirtschaftlichen Anstalten wird ihnen gleichfalls
-<span class='pagenum'><a id='Page_183' name='Page_183' href='#Page_183'>[183]</a></span>
-geboten werden, so daß sie keine andere Erziehung empfangen als
-die anderen Kinder.
-</p>
-
-<p>
-Eine Ausnahme bilden vielleicht die Kinder der monarchischen
-Familie und des hohen Adels, welchen man die Erziehung im Hause
-und mehr abgeschlossen von der übrigen Bevölkerung wird sichern
-wollen. Es scheint das zum Teil nicht unbegründet, weil dieser
-Teil der Jugend eine viel mannigfaltigere Ausbildung in einheimischen
-und fremden Sprachen empfangen soll, die manche Änderung
-in der Erziehung und im Lehrplane nötig machen könnte.
-Auch wird bei ihnen das Hauptgewicht auf gesellige Talente zu
-legen sein. Aber trotzdem wird man erwägen, ob nicht auch solche
-Kinder ihren Unterricht und die Erziehung wenigstens bis zum
-12. Jahre mit den anderen Kindern auf dem Lande empfangen
-sollten.
-</p>
-
-<h4 id='G_05_i_0'>
-i) Ethische Erziehung.
-</h4>
-
-<p>
-Obwohl die ethische Erziehung von der physischen und intellektuellen
-nicht zu trennen ist, so soll darüber doch noch einiges besonders
-bemerkt werden. Den hier entwickelten Gesichtspunkten
-gemäß wird eben auch die materielle Versorgung der Kinder und
-ihre intellektuelle Erziehung einzurichten sein.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_i_1'>
-1. Mäßigkeit.
-</h5>
-
-<p>
-Diese ist mit der streng geregelten Versorgung bereits zum
-Gegenstande der Erziehung gemacht. Die Nahrung darf nie übermäßig
-zugeführt werden, gieriges und hastiges Essen ist zu verhindern,
-Alkohol und manches andere auszuschließen. Auch in
-anderen Dingen ist Mäßigkeit und etwas Abhärtung anzugewöhnen.
-Kinder sollen in allem mit Geduld warten, bis sie an die Reihe
-kommen, Arbeit, Lernen und Spiel sollen entsprechend abwechseln
-und ein rasches Übergehen von dem einen zum andern, die sofortige
-Hingabe an das jetzt Vorliegende eingeübt werden. Das Verlangen
-nach Dingen, die ihnen nicht ohnehin geboten werden, ist zu unterdrücken,
-nichts darf man sich abtrotzen lassen; will man ab und zu
-besonderen Wünschen Gehör geben, so sind Tage und Stunden zu
-bestimmen, wo sie vorgebracht werden und im Falle der Ablehnung
-<span class='pagenum'><a id='Page_184' name='Page_184' href='#Page_184'>[184]</a></span>
-wäre die Wiederholung oder Eigensinn strafbar. Was das Essen
-anbelangt, so kann man Kinder beobachten, die im frühsten Alter
-über die Sättigung nicht hinausgehen und einen Rest übrig lassen,
-wenn ihnen gleich nicht allzuviel vorgesetzt worden ist. Verweichlichung
-im Nachtlager, der Kleidung, planloses Herumlungern oder
-untätiges Ausruhen darf man nicht dulden.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_i_2'>
-2. Schamhaftigkeit, geschlechtliche Moral.
-</h5>
-
-<p>
-Schamhaftigkeit ist von der allerfrühesten Jugend an zu pflegen.
-Mienen und Gebärden, Reden sind auf das sorgfältigste zu überwachen,
-die Phantasie nie auf Dinge zu richten, die kennen zu
-lernen nicht an der Zeit ist. Dann aber ist es wahrscheinlich, die
-Erfahrung wird das lehren, besser, der Neugierde zuvorzukommen
-und in ernsten Worten die geschlechtlichen Fragen wie andere Gegenstände
-des Unterrichtes darzulegen und die notwendigen Selbstbeschränkungen
-zu erklären. Unter welchen Umständen der junge
-Mensch zur Besiegung unzeitiger Triebe sich dem Arzte anvertrauen
-soll, wäre beizeiten zu lehren, und vor den Folgen der Ausschweifungen
-zu warnen. Die Frage, wie das Geschlechtsleben überhaupt
-einzurichten wäre, läßt sich heute nicht ermessen, und davon war in
-<a href='#G_03_0_0'>VII, 3,</a> die Rede. Danach wird sich aber die Erziehung der Jugend
-in Beziehung auf geschlechtliche Dinge zu richten haben.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_i_3'>
-3. Reinlichkeit und Körperpflege.
-</h5>
-
-<p>
-Auch Reinlichkeit und Körperpflege ist von der frühesten Jugend
-an einzuimpfen. Alle dazu erforderlichen Behelfe müssen vorhanden
-sein, der Gebrauch der Bäder in reichlichem Maße ununterbrochen
-gefordert werden. Zähne, Haare, Nägel müssen auf das sorgfältigste
-gepflegt, die Kleidung reingehalten werden, auch darf man es nicht
-hingehen lassen, daß junge Leute sich unordentlich gekleidet blicken
-lassen.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_i_4'>
-4. Ordnung und Pünktlichkeit.
-</h5>
-
-<p>
-Auch auf strengste Ordnung muß man sehen. Die jungen Leute
-müssen verhalten werden, alles in Ordnung zu bringen, ehe sie den
-Waschtisch, das Spiel, die Lernstube verlassen. Der Erzieher braucht
-nicht ungeduldig zu werden, man führe nur den Übeltäter sofort
-<span class='pagenum'><a id='Page_185' name='Page_185' href='#Page_185'>[185]</a></span>
-zurück und lasse nicht ab, bis Ordnung gemacht ist, und der junge
-Mensch wird bald seine Fehler ablegen. Ebenso ist Pünktlichkeit in
-der Erfüllung aller Aufgaben, auch wo sie nur durch das Spiel bedingt
-sind, unnachsichtlich zu erzwingen. Kein Zögern oder Widerstreben
-ist zu dulden. Daß Anordnungen sofort und ohne Zaudern
-zu erfüllen sind, muß so selbstverständlich sein, daß gar kein Widerstand
-aufkommt. Man darf sich auch durch passiven Widerstand
-nie, nicht ein einziges Mal irre machen lassen, sobald etwas angeordnet
-ist, und im übrigen lasse man Freiheit walten, wo sie unschädlich
-ist. Pünktlichkeit ist auch dann zu fordern, wenn etwas
-freiwillig übernommen wurde.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_i_5'>
-5. Wahrhaftigkeit
-</h5>
-
-<p class='continue'>
-muß gleichfalls gefordert werden. Ganze, volle, rückhaltslose Wahrhaftigkeit.
-Noch schlimmer als die Unwahrheit ist die hinterlistige
-Zweideutigkeit, die Verdrehung der Wahrheit durch Einseitigkeit.
-Wer von dem einen das Gute, von dem andern das Schlechte verschweigt,
-dagegen den ersteren tadelt, den anderen lobt, ist ein Lügner.
-Man nennt das Parteilichkeit, es ist aber Lüge und soll strenger
-geahndet werden als die einfache Unwahrheit. Diese Wahrhaftigkeit
-hat sich auch auf das Bekenntnis <ins class='correction' title='eignen'>eigenen</ins> Verschuldens und auf die
-Anzeige fremden Verschuldens zu erstrecken. Inwiefern die letztere
-nur über Befragen der berufenen Personen oder auf eigenen Antrieb
-zu geschehen hat, wird durch Vorschriften zu regeln sein.
-</p>
-
-<p>
-In der heutigen Gesellschaftsordnung gilt die Denunziation als
-diffamierend. Das bezieht sich aber nur auf Denunziationen zum
-Nachteil der eigenen Partei und Gesellschaftsklasse und zum Vorteile
-einer mißliebigen politischen Gewalt, oder fremder Parteien und
-Gesellschaftsklassen. Da im Sozialstaate die volle Souveränität beim
-Volke, nicht in den Händen eines Tyrannen ist, da ferner die
-Strafen selten und außerordentlich milde sind, und alle Strafen
-auch das Wohl des Bestraften bezwecken, kann im Kollektivstaat ein
-Recht, eigenes oder fremdes Verschulden zu verheimlichen, nicht anerkannt
-werden. Übrigens können anfangs Ausnahmen für schwerere
-Fälle von Delikten gemacht werden, insofern Verwandte näheren
-Grades zur Anzeige zu bringen wären. Auch Geheimnisse des
-<span class='pagenum'><a id='Page_186' name='Page_186' href='#Page_186'>[186]</a></span>
-Liebeslebens sind als berechtigt anzusehen. Mit wahrheitsgemäßer
-Informierung der <em class='gesperrt'>kompetenten</em> Personen hat aber Splitterrichterei
-nichts gemein.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_i_6'>
-6. Freimut.
-</h5>
-
-<p>
-Mit der Wahrhaftigkeit hängt der Freimut zusammen, es soll
-niemand seine Anschauungen über Dinge, welche im engeren oder
-weiteren Sinne das Allgemeine betreffen, absichtlich verbergen,
-sondern bei schicklichem Anlasse ohne Aufdringlichkeit bekannt geben.
-Tadelsucht ist übrigens zu unterdrücken. Nur jenem gegenüber, der
-sich im Irrtum befindet und fehlt oder an Fehlern krankt, ist freimütiger
-Tadel ohne Kränkung oder Herausforderung und ohne unnötige
-Bloßstellung vor anderen nicht nur gestattet, sondern, wo es
-nützlich scheint, sittlich geboten. Der Tadel unheilbarer oder geringfügiger
-Gebrechen, Splitterrichterei, absichtliche Herabsetzung anderer
-und offenbare Ungerechtigkeit sind zu unterdrücken.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_i_7'>
-7. Höflichkeit und Nachgiebigkeit.
-</h5>
-
-<p>
-Höflichkeit gehört zu den wichtigsten Tugenden der Jugend im
-Kollektivstaat.<a name='FA_33' id='FA_33' href='#FN_33' class='fnanchor'>[33]</a>
-Sie muß allgemein gegen jedermann geübt werden,
-etwas entgegenkommender gegen Vorgesetzte, Ältere, und gegen das
-weibliche Geschlecht. Sie umfaßt Dienstbereitwilligkeit, Gruß, Ersuchen,
-Dank, aufmerksames Entgegennehmen von Aufträgen, Ersuchen
-oder Mitteilungen, freimütiges aber höfliches Ablehnen unerfüllbarer
-oder ungerechtfertigter Zumutungen, Vermeidung der Unterbrechung
-der Rede anderer und Bereitwilligkeit, andere zum Worte kommen
-<span class='pagenum'><a id='Page_187' name='Page_187' href='#Page_187'>[187]</a></span>
-zu lassen. Die Höflichkeit macht sich in Reden, Mienen, Gebärden,
-in Zeichen der Zustimmung und des Beifalls, in der Anerkennung
-anderer, in Blicken, im Ausweichen bei der Begegnung, in der
-Sorgfalt um andere geltend.
-</p>
-
-<p>
-Mit der Höflichkeit ist auch gegeben, daß man niemand beleidigt,
-niemand verdächtigt oder anderen Nebenabsichten unterschiebt,
-daß man zartfühlend allem ausweicht, was andere beschämen oder
-kränken könnte, oder an Herzeleid, vergangenes Verschulden erinnert
-oder lächerlich erscheinen läßt. Gegen die Beleidigungen und Verdächtigungen
-dritter soll man nur maßvolle Abwehr für genügend
-erachten und sich überhaupt nie in Wortwechsel einlassen oder nach
-Feststellung einer Meinungsverschiedenheit schreiend, verletzend oder
-hartnäckig behaupten, was, solange man eine Meinung nicht zurückzieht,
-ohnehin als festgehalten zu betrachten ist. Irrtümer soll man
-sich beeilen einzugestehen und aus einem Meinungsstreit immer mit
-Gleichmut und ohne Unfreundlichkeit hervorgehen. Kränkungen muß
-man sich beeilen gut zu machen, sie anderen leicht und von Herzen
-vergeben und niemand auch nur eine Stunde lang etwas nachtragen.
-Das soll man auch jederzeit deutlich zu erkennen geben.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_i_8'>
-8. Lebensart, Essen, Bewegungen, Konversation, Tanzen.
-</h5>
-
-<p>
-Lebensart muß den Kindern von frühester Jugend an angewöhnt
-und förmlich eingeübt werden. Dazu gehört nebst Höflichkeit und
-Bescheidenheit auch die Körperhaltung. Die Lebensart erfordert ein
-passendes Benehmen in allen Lagen des Lebens, ein Gefühl für das,
-was anderen gebührt, ein richtiges Benehmen bei Tische und in der
-Konversation, mit einem Worte Schicklichkeitsgefühl, vor allem den
-Frauen gegenüber. Wahrscheinlich wird man auch in Zukunft den
-Tanz pflegen und die jungen Leute darin unterrichten.
-</p>
-
-<p>
-Die Konversation ist in unserer Zeit verwildert. Die Gegensätze
-sind so scharf, daß viele gar nicht miteinander verkehren wollen,
-andere über gewisse Themen keine Gedanken friedlich austauschen
-können. Die Erziehung im Kollektivstaat wird darauf gerichtet sein,
-zu lehren, daß man geduldig hören, niemand unterbrechen, entgegenstehende
-Ansichten mit wenigen Worten zu erkennen geben soll, daß
-niemand das Gespräch an sich reißen, niemand sich ganz davon
-<span class='pagenum'><a id='Page_188' name='Page_188' href='#Page_188'>[188]</a></span>
-ausschließen darf, und das ist in der Erziehung praktisch zu üben.
-Der Gebrauch unserer Frauen, mit der Konversation allerhand
-Handarbeiten zu verbinden, ist zu loben.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_i_9'>
-9. Hilfsbereitschaft.
-</h5>
-
-<p>
-Die Haupttugend, zu welcher der junge Mensch erzogen werden
-soll, ist Hilfsbereitschaft, der Wille, jedem in Gefahren und Leiden
-beizustehen, wo die staatliche Fürsorge fehlt oder zu spät käme. Ein
-Teil des Unterrichts wird der Kenntnis und Übung solcher Hilfe
-gewidmet sein, welche man zu leisten am wahrscheinlichsten wird in
-die Lage kommen. Es handelt sich nicht nur um den guten Willen,
-sondern um das Geschick und das Urteil, wie in vorkommenden
-Fällen zu helfen sei. Die Bedürftigkeit der Mitmenschen in jener
-vernünftigen Ordnung ist viel geringer als in der heutigen Ordnung
-der Dinge, darum werden es viel geringere Übel sein, welche uns
-veranlassen werden, anderen beizuspringen, zumeist solche, die heute
-kaum beachtet werden.
-</p>
-
-<h5 id='G_05_i_10'>
-10. Pflichtgefühl.
-</h5>
-
-<p>
-Die wichtigste Tugend ist die gewissenhafte Erfüllung aller
-Pflichten gegen den Staat und die Gesellschaft. Sie fordert völlige
-Hingabe an den Beruf, gewissenhafte Schonung des gesellschaftlichen
-Eigentums und tunlichste Verhinderung jeder Beschädigung der gesellschaftlichen
-Interessen. Die Gewissenhaftigkeit wird auch bei
-Wahlen und Abstimmungen geübt werden müssen, bei welchen nicht
-Privatinteressen, sondern das öffentliche Wohl allein entscheiden soll.
-Die Geschichte unserer Tage wird reichliches Material bieten zum
-Beweise der Verächtlichkeit und Schädlichkeit des Parteitreibens.
-</p>
-
-<p>
-In allen vorbezeichneten Richtungen wird die <em class='gesperrt'>ganze</em> Jugend
-erzogen und zur Selbsterziehung und wechselseitigen Erziehung angehalten
-werden.
-</p>
-
-<p>
-Die Frage, welcher Zwangsmittel sich die Erziehung bedienen
-dürfe, kann auch nur die Zukunft beantworten. Die gelindesten
-Zwangsmittel sind die besten und nur, insofern mildere Strafen
-versagen, kann man zu härteren übergehen. Ununterbrochene Einwirkung,
-Beaufsichtigung und Beharrlichkeit sind die besten Erziehungsmittel.
-<span class='pagenum'><a id='Page_189' name='Page_189' href='#Page_189'>[189]</a></span>
-Der erfahrene Erzieher wird nach allgemeinen Grundsätzen
-verfahren und doch der Eigenart des Einzelnen gerecht werden.
-</p>
-
-<p>
-Die eingehende Erörterung des Erziehungswesens war deshalb
-geboten, weil sie klar ergibt, daß der Kollektivismus durch seine
-Organisation vieles ermöglicht, was der Individualismus zu leisten
-nicht vermag. Die hier geschilderten Erziehungsaufgaben sind besonders
-darauf gerichtet, <em class='gesperrt'>alle</em> für das kollektive Leben geeignet zu
-machen.
-</p>
-
-<p>
-Die »Neue, freie Presse« vom 20. September 1903 Seite 17
-beschreibt die »Gemeinsame Erziehung von Mädchen und Knaben
-im Landeserziehungsheim« wie folgt.
-</p>
-
-<p>
-»Ein eigenes Heim auf dem Lande vereinigt Schüler und Lehrer
-zu einem freien und kräftigen, gesunden und frohen Leben. Die
-Einfachheit ländlicher Verhältnisse erhellt den Geist des Kindes und
-macht ihn <ins class='correction' title='aufnahmsfähig'>aufnahmefähig</ins> für alles Große und Schöne. Doch wird
-die erreichbare Nähe einer großen Stadt mit ihren mannigfachen
-Bildungsstätten ein wünschenswerter Vorteil sein. Das Leben auf
-dem Lande bietet auch die Freiheit der Bewegung &mdash; Spiel, Laufen,
-Turnen, Wandern &mdash; und die Arbeit im Garten, im Haushalte,
-in der Werkstätte, die den Körper stärkt und stählt. Das Bewußtsein
-der körperlichen Tüchtigkeit und der rege Wetteifer, wie
-ihn das Leben in der Gemeinschaft erzeugt, gibt gesundes Selbstvertrauen,
-gibt Ausdauer, Entschlossenheit und Mut. Und dieses
-Zusammenleben wird alle sozialen Tugenden natürlich und ohne
-Zwang um so leichter entstehen lassen, als zu dieser Gemeinschaft
-auch Lehrer gehören mit ihrer ganzen Persönlichkeit und in vertrautem
-Verkehr, als Kameraden und Freunde, darum als Leiter
-und Berater des jugendlichen Lebens.
-</p>
-
-<p>
-Welche Vorteile sich aus diesem Zusammenleben für den Unterricht
-ergeben, ist offenbar. Daß auf Grund des persönlichen Verhältnisses
-eine Disziplin ohne Strenge und Rauhigkeit möglich ist,
-ist ein selbstverständliches Ergebnis des Gesamtgeistes, der Unterricht
-ist ein Teil des gesamten Lebens. Die Klassen sind sehr klein und
-ermöglichen das Eingehen auf die Eigenart des Einzelnen. Der
-Lehrer kennt genau den Vorstellungskreis seines Schülers und die
-Eindrücke, die ihn bewegen. So bieten sich ihm mannigfache
-<span class='pagenum'><a id='Page_190' name='Page_190' href='#Page_190'>[190]</a></span>
-Anknüpfungspunkte, die den Unterricht in steter Beziehung mit dem
-Leben erhalten.«
-</p>
-
-<p>
-So ein Organ des wirtschaftlichen Individualismus. Ihm ist
-eine Erziehung ein Ideal, welche doch gerade in unserer Gesellschaftsordnung
-unmöglich ist. Und wie viel tiefer kann man das Problem
-erfassen im Kollektivismus, wo das System allgemein durchgeführt
-wird und selbst wieder nur einen Teil des gesamten Organismus
-bildet, in welchem alle Teile aufeinander berechnet sind.
-</p>
-
-<p>
-Hätte der Staat immer so, wie es hier gefordert wird, seine
-Verpflichtungen gegen die Jugend erfüllt, <em class='gesperrt'>so wäre die Kaiserin
-Elisabeth nicht ermordet worden</em>, denn Luchenie war ein
-<i>outcast</i>, von frühester Jugend an hilflos, ohne Familie, Erziehung,
-genügenden Unterricht, auf den Umgang mit Elenden und Feinden
-der Gesellschaft angewiesen. Feinde der Gesellschaft! Ist nicht die
-Gesellschaft eine Feindin jener Armen? Tut denn <em class='gesperrt'>sie</em> ihre Pflicht?
-Hören wir.
-</p>
-
-<p>
-Im August 1902 wurde über eine Verhandlung gegen eine einarmige
-Einbrecherin berichtet. Franziska Machelek war das Kind
-armer Eltern und vom 7. Jahre an verwaist. Vom Knochenfraß
-befallen, mit 21 Wunden am Rücken kam sie in ein Spital, wurde
-aber von da, <em class='gesperrt'>weil sie unheilbar war</em>, entlassen und heimgeschickt.
-Die Gemeinde wies sie fort und der Bürgermeister sagte. »Du mußt
-betteln«. Sie kam in eine Schule, aber nach 6 Wochen wurde sie
-krank und wohnte &mdash; wie eine Aussätzige &mdash; in einem verfallenen
-und unbewohnten Hause, und niemand kam zu ihr, <em class='gesperrt'>denn sie hatte
-eine ansteckende Krankheit</em>. Sie bettelte, aber sie stahl dann
-auch und wurde eingesperrt. »Das war ein Glück für mich, wenn
-ich im Arrest war, war ich froh.« Dreizehnjährig kam sie wieder in
-ein Spital und da <em class='gesperrt'>wurde ihr der linke Arm abgenommen</em>
-und erst mit 28 Jahren wurde sie gesund und lebte dann einige
-Zeit bei einer Tante, bis diese starb. Jetzt war sie wieder angewiesen
-zu betteln und zu stehlen. In der Strafanstalt erwarb sie
-etwas mit Sticken. Da sie einarmig war, mußte sie die Nadel mit
-dem Munde herausziehen und so stickte sie, <em class='gesperrt'>bis ihr der Mund
-geschwollen war</em>. Auf <em class='gesperrt'>diese</em> Art erwarb sie sich im Zuchthause
-<span class='pagenum'><a id='Page_191' name='Page_191' href='#Page_191'>[191]</a></span>
-einen Überverdienst von 5 fl 25 Kr. Als ihre Strafzeit um war,
-gab ihr die Strafanstalt von jenen 5 fl 25 Kr. nur 25 Kr. auf
-die Hand und ließ sie vom Schubführer nach Hause befördern. Dort
-angekommen, sagte der Bürgermeister, <em class='gesperrt'>die Strafanstalt habe für
-sie 5 fl eingesandt, damit seien die Schubkosten bezahlt</em>.
-Bald darauf wurde die Einarmige verführt und <em class='gesperrt'>als sie ein Kind
-gebar</em>, verlassen.
-</p>
-
-<p>
-Sollte eine solche Gesellschaft keine Feinde haben?
-</p>
-
-<p>
-Gibt es denn Pflichten gegen eine Gesellschaft, die keine Pflichten
-gegen uns hat?
-</p>
-
-<h3 id='G_06_0_0'>
-6. Die Rechtspflege.
-</h3>
-
-<p>
-Eine Ziviljustiz im heutigen Sinne des Wortes gibt es im
-Kollektivstaate nicht. Da es weder Privateigentum, noch Vertrag
-zwischen Individuen, noch Erbrecht gibt, so entfällt auch jede Art
-von Rechten, die einen Anlaß zu Rechtsstreitigkeiten geben könnten.
-</p>
-
-<p>
-Dagegen wird es allerdings eine Strafjustiz geben, die in der
-Regel disziplinarisch gehandhabt werden wird. Geringere Kontraventionen
-gegen die Gesetze, Beschädigungen des Staatseigentums
-oder des Lebens und der Gesundheit der Mitmenschen, werden je
-nach dem Grade der Beschädigung und der Entstehung aus Nachlässigkeit,
-Mutwille oder Bosheit entweder disziplinariter vom Verwaltungsbeamten,
-an den der Erziehung noch unterworfenen Personen
-vom Erziehungspersonale, geahndet, oder einer gerichtlichen Bestrafung
-unterzogen werden. Die Grenzen der dem Verwaltungsbeamten und
-dem Erziehungspersonale zustehenden Strafgewalt werden ziemlich
-eng gezogen werden. Es wird sich dabei nur um Verweise unter
-vier Augen oder vor größerer oder geringerer Öffentlichkeit, um
-Entziehung von Genüssen und um Strafarbeiten handeln. So kann
-einem Straffälligen der Urlaub eines oder mehrerer Jahre, oder ein
-Teil der gesetzlichen Arbeitsbefreiung nach Ableistung der regelmäßigen
-Arbeitsjahre, oder das Recht, die Arbeitsgemeinde am
-Sonntag zu verlassen, die Reisefreiheit, das Recht, an den öffentlichen
-Mahlzeiten und Festlichkeiten teilzunehmen, entzogen werden.
-Körperliche Strafen können bei jugendlichen Personen Anwendung
-<span class='pagenum'><a id='Page_192' name='Page_192' href='#Page_192'>[192]</a></span>
-finden, wenn alle sonstigen Erziehungsmittel versagen. Bei Erwachsenen
-können Gefängnis- oder Todesstrafe nur dann verhängt
-werden, wenn es sich um sehr schwere, aus Roheit und Grausamkeit
-hervorgegangene Verbrechen handelt. Mißbrauch der Amtsgewalt
-wird meistens durch Verlust der Amtsstellung und Einreihung
-unter die Arbeiter einfachster Art geahndet werden, wenn es sich um
-große und böswillige Vergehen handelt.
-</p>
-
-<p>
-Schwerere Strafen werden nicht von ständigen Gerichten, die
-aus rechtsgelehrten Richtern zusammengesetzt sind, sondern von Volksgenossen,
-welchen vielleicht die Verwaltungsbeamten präsidieren werden,
-verhängt werden. Die Zahl der verbrecherischen Delikte wird sehr
-beträchtlich abnehmen und mit der Vereinfachung der rechtlichen Beziehungen
-unter den Menschen, werden auch die Delikte einfacher, ihr
-Tatbestand leichter festzustellen und die Anwendung der Gesetze von
-Fachkenntnissen weniger abhängig werden.
-</p>
-
-<p>
-Statt der heutigen Gefängnisse würde es sich empfehlen, Strafgemeinden
-einzurichten, in welchen die Arbeitslast größer, die Genüsse
-vermindert und eine harte Disziplin eingeführt würde. Die
-Todesstrafe würde wohl sobald als möglich abgeschafft werden. Denn
-so harte Strafen sind nur in unserer Gesellschaftsordnung erforderlich,
-um von verbrecherischen Handlungen abzuschrecken, zu welchen
-unsere Gesellschaftsordnung viel mehr Gelegenheit und Anregung
-bietet, als der Kollektivismus, der den <ins class='correction' title='unrechtmäßgen'>unrechtmäßigen</ins> Erwerb
-erschwert, den rechtmäßigen Erwerb erleichtert und den Lohn
-erhöht.
-</p>
-
-<p>
-Hier sei noch besonders darauf verwiesen, daß die strafbaren
-Handlungen bald auf ein Zehntel oder Zwanzigstel herabgehen werden.
-Unter den Motiven zu strafbaren Handlungen werden fortbestehen:
-Sinnlichkeit, Liebe, Eifersucht, Zorn, aber auch diese Motive werden
-weniger schwer wiegen, weil die sorgfältige Erziehung die Sitten
-mildert und weil die ganze Einrichtung der Gesellschaft darauf gerichtet
-ist, der menschlichen Seele einen anderen Inhalt zu geben.
-Verbrechen aus Habsucht werden nicht vorkommen, weil es unmöglich
-sein wird, diesen Hang durch verbrecherische Handlungen zu befriedigen.
-Die Naturalwirtschaft und das ausnahmslose Staatseigentum
-machen das unmöglich. Das Geld ist das beste Werkzeug
-<span class='pagenum'><a id='Page_193' name='Page_193' href='#Page_193'>[193]</a></span>
-der Diebe. Sachen trägt man nicht davon, könnte man das aber auch,
-man könnte sie nicht verbergen, nicht verwerten, nicht genießen, ja
-man wäre der Entdeckung beinahe sicher. Eben deshalb wären auch
-politische Verbrechen ohne Reiz. Denn, mag man auch Blut vergießen
-und Bomben werfen, Schätze dadurch erwerben kann man
-doch nicht, wenn man das Prinzip des unveräußerlichen Staatseigentums
-nicht aufgibt. So werden strafbare Handlungen selten
-werden.
-</p>
-
-<h2 id='H_00_0_0'>
-VIII.<br /><br />
-Der Kollektivismus und der allgemeine Fortschritt.
-</h2>
-
-<hr class='h2bot' />
-
-<h3 id='H_01_0_0'>
-1. Die Fortbildung.
-</h3>
-
-<p>
-Wenn auch der regelmäßige Volksunterricht mit dem vollendeten
-achtzehnten Lebensjahre abschließt, so wird damit die erziehliche
-und belehrende Beeinflußung der Staatsbürger nicht eingestellt
-werden.
-</p>
-
-<p>
-Zunächst werden diesem Zwecke die Vorträge dienen, die regelmäßig
-von Zeit zu Zeit in den Abendstunden werden abgehalten
-werden und von welchen bereits in V, 3, a, <i>Alinea</i>: <a href='#E_03_a_0al2'>»Außer ihm«</a>
-die Rede war. Die Auswahl der Gegenstände und die Auswahl der
-Personen zu treffen, die zu Vorträgen werden eingeladen werden,
-wird Sache des Pädagogen sein, der sich mit den Ärzten und Unterrichtspersonen
-zu beraten und die Wünsche, die im Schoße der Gemeinde
-laut werden, in Erwägung zu ziehen haben wird. Die
-Richtung, welche die geistige Entwicklung jeder Gemeinde nehmen
-wird, wird dafür maßgebend sein. Ebenso werden bedenkliche Neigungen,
-welche überhand zu nehmen drohen, auf diesem Wege zu
-bekämpfen sein.
-</p>
-
-<p>
-Vorträge dieser Art, analog den heutigen populären Vorlesungen
-der Universitätsprofessoren, aber in jeder Gemeinde und in jedem
-Quartier, und viel eingehender und im Anschlusse an den Schulunterricht,
-werden vor allem die Pädagogen und Fachlehrer zu
-halten haben, besonders zu dem Ende, um die Erwachsenen mit jenen
-Fortschritten bekannt zu machen, welche die Gegenstände des Volksunterrichtes
-seit dessen Abschlusse gemacht haben, wodurch ja auch
-das Erlernte immer wieder eingeprägt wird. Das wird es ja auch
-den Eltern erleichtern, mit der Schule Hand in Hand zu gehen.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_195' name='Page_195' href='#Page_195'>[195]</a></span>
-Auch die Ärzte werden sich an diesen Vorträgen beteiligen und
-alles bekämpfen, was dem sanitären Fortschritte und der Veredelung
-des Menschentums gefährlich werden könnte.
-</p>
-
-<p>
-Insofern es sich um technische und wissenschaftliche Erfindungen
-handelt, wird man es nicht an Demonstrationen und an Berichten
-über praktische Einführungen und deren Erfolg fehlen lassen, um
-die gesamte Bevölkerung an der Verbreitung der Erfindungen zu
-interessieren.
-</p>
-
-<p>
-Dabei wird man es aber nicht bewenden lassen, sondern auch
-Personen von hohem wissenschaftlichen Range zu Vorlesungen einladen,
-um das Wissen nach ein und der anderen Richtung, wie dies
-in den besonderen geistigen Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung
-liegt, zu vertiefen, besonders dann, wenn die Bevölkerung an der
-Erforschung gewisser historischer Fragen oder gewisser Gebiete der
-Naturschätze einen besonderen Anteil nimmt und diese Vorträge neue
-Impulse zur Mitarbeit bieten können.
-</p>
-
-<p>
-Immer sind die Rückwirkungen hervorzuheben, die die neuen
-Forschungen, Erfindungen und Entdeckungen auf die Verlängerung,
-Verschönerung und Bereicherung des Lebens nehmen können und
-auch der wirtschaftliche Wert der Erfindungen darzulegen.
-</p>
-
-<p>
-Ferner werden künstlerische Vorführungen in Gesang, Musik,
-Deklamation, die nicht geradezu ein Theater voraussetzen, in jeder
-Gemeinde stattfinden, um die Sitten zu veredeln und an das Schöne
-zu gewöhnen. So auch wird man Wanderausstellungen von Bildern
-und plastischen Werken veranstalten und Vorträge über ihren ästhetischen
-Wert damit verbinden. Die Zahl der zu diesen Darbietungen
-und Belehrungen befähigten Personen wird so groß sein, daß es
-keine Schwierigkeiten bieten wird, allwöchentlich einen Abend solchen
-edleren Vergnügungen zu widmen.
-</p>
-
-<p>
-Einen erziehlichen Einfluß werden auch die Reisen bieten, welche
-jedem ermöglicht werden sollen. In XI, 1, b, <i>Alinea</i>:
-<a href='#L_01_b_0al'>»Nimmt man nun«</a>, wird der Vorschlag gemacht,
-jedem Arbeiter einen jährlichen
-Urlaub von 14 Tagen zu erteilen und in dieser Zeit soll es dem
-Beurlaubten freistehen, die heimatliche Gemeinde zu verlassen und
-Reisen innerhalb des Staatsgebietes zu unternehmen. Diese Reisen
-sollen einen ununterbrochenen Verkehr mit allen Reichsgenossen
-<span class='pagenum'><a id='Page_196' name='Page_196' href='#Page_196'>[196]</a></span>
-ermöglichen und Belehrungen aller Art vermitteln und diese Reisen,
-welche zu Fuß, auf dem Fahrrad und mit den Eisenbahnen und
-Schiffen unternommen werden, werden viel dazu beitragen, alle Bewohner
-des Reiches in jenen engen Verband zu bringen, den Plato
-ein »Königliches Geflecht« nennt. Alles Mißtrauen, aller Neid,
-alle Mißgunst werden ertötet werden, wenn man sieht, wie auch
-andere schaffen und daß auch andere, insoferne sie nicht verdienter
-um das Volk sind, nichts genießen, was man nicht selbst hat oder
-haben kann. Auch diese Reisen wirken fortbildend.
-</p>
-
-<h3 id='H_02_0_0'>
-2. Das Vereinswesen.
-</h3>
-
-<p>
-Das Vereinswesen hat der Staat zu fördern, so weit es sich
-um Vereinszwecke handelt, die im öffentlichen Interesse gelegen sind
-und insoferne diese Vereine eine materielle Unterstützung brauchen.
-Die Vereinsmitglieder haben dem Vereinszwecke ihre freie Zeit zu
-widmen und die Erfüllung ihrer Arbeitsverpflichtung dem Staate
-gegenüber unvermindert einzuhalten. In Anbetracht der Wichtigkeit
-der Vereinszwecke kann es sich darum handeln, den Vereinen
-solche materielle Mittel zuzuwenden, welche die Vereinsmitglieder
-nicht schaffen können. In einem beschränkten Maße können sie allerdings
-auch die materiellen Mittel aufbringen, insofern es sich nur
-darum handelt, einen Teil der zur Verteilung gelangenden Konsumtibilien
-beizutragen.
-</p>
-
-<p>
-Die staatliche Förderung wird verschiedenes umfassen. Die
-Regierung wird, spontan oder auf Antrag die Statuten entwerfen
-und die Bedingungen feststellen, unter welchen sie ihre Unterstützung
-zusagt, sie wird die Werbung von Mitgliedern erleichtern durch Ankündigungen
-in den Blättern und durch Versendung von Prospekten
-an die Gemeinden, sie wird unter der Bedingung einer lebhaften
-Beteiligung von Mitgliedern Behelfe bereitstellen, so Noten und Instrumente
-für musikalische Vereine, Chemikalien und Apparate für
-Vereine zur Förderung der Chemie, Instrumente und Apparate für
-Beobachtungen in der Meteorologie, Astronomie und für biologische
-Untersuchungen, zur Herstellung von Präparaten u. <ins class='correction' title='drgl'>dergl</ins>., sie wird
-den Sportvereinen Boote, Automobile, Pferde, Hunde zur Verfügung
-<span class='pagenum'><a id='Page_197' name='Page_197' href='#Page_197'>[197]</a></span>
-stellen und Prämien zur Aneiferung der Mitglieder bewilligen, dem
-literarischen Vereine nach Maßgabe seiner Bedeutung vielleicht eine
-Druckerei einrichten, Werke aus dem Auslande besorgen; für Zusammenkünfte
-können Reisebewilligungen und Urlaub koncediert werden
-und unter Umständen können sogar Gebäude aufgeführt werden, um
-besonders wichtigen Vereinen die Erreichung des Vereinszweckes zu
-erleichtern, oder den Eifer der Mitglieder anzuspornen. Es sei nun
-gestattet, einige besonders wichtige Vereinszwecke zu erwähnen.
-</p>
-
-<p>
-Außer dem in <a href='#F_08_d_0'>VI, 8, d,</a> Bemerkten dient ein Reichsverein
-für <em class='gesperrt'>Rechnungskontrolle</em>, <em class='gesperrt'>Statistik</em> und <em class='gesperrt'>Volkswirtschaft</em>.
-Die Verrechnung der gesamten Verteilung der Arbeit und der
-Produkte erfolgt nach <a href='#F_08_0_0'>VI, 8,</a> durch regelmäßig publizierte statistische
-Ausweise. Obwohl nun dieselben jedermann zugänglich und in
-öffentlichen Blättern enthalten sind, ist doch anzunehmen, daß diese
-Publizität nicht genügen wird, um eine genaue Kontrolle durch das
-Volk sicherzustellen. Das Material ist so massenhaft, daß man annehmen
-kann, es werde sich schließlich niemand um die Verrechnung
-kümmern, als die berufenen Organe der Staatsverwaltung, wobei
-allerdings die niederen Ämter von den höheren, aber auch letztere
-von den niederen überwacht werden.
-</p>
-
-<p>
-Um eine sichere und intensive Kontrolle durch das Volk zu veranlassen,
-wird das Zustandekommen eines Vereins erwünscht sein,
-welcher aus vielen tausenden von Mitgliedern bestehen müßte, die
-sich nach einem von ihnen angenommenen Plane in die Arbeit der
-Überprüfung zu teilen und die Zusammenstellungen nachzurechnen,
-sowie die ersten Aufstellungen mit den in den Gemeinden aufliegenden
-Originalrechnungen zu vergleichen hätten. Es wird dann nicht
-leicht ein Irrtum oder gar eine Falschbuchung übersehen werden,
-besonders, wenn für die Entdeckung von Irrtümern oder Fälschungen
-Prämien ausgeworfen würden, welche die Staatsverwaltung dem
-Vereine zu bewilligen hätte.
-</p>
-
-<p>
-Im Zusammenhang damit hätte der Verein die Aufgabe, die
-Zweckmäßigkeit der statistischen Tabellen zu prüfen und auf neue
-Kombinationen und Methoden der Aufstellung und Summierung zu
-dringen. Die statistischen Tabellen sollen nämlich auch über die
-Richtigkeit der Verteilungsgesetze Aufschluß geben. Es ist denkbar,
-<span class='pagenum'><a id='Page_198' name='Page_198' href='#Page_198'>[198]</a></span>
-daß die Tabellen, richtig zusammengestellt, dartun können, ob die
-Ärzte, die Lehrer, die Grubenarbeiter mit Rücksicht auf den Rechtsgrundsatz
-der Verteilung, XI, 1, d, <i>Alinea</i>: <a href='#L_01_d_0al'>»Der oberste Verteilungsgrundsatz«</a>
-begünstigt oder zurückgesetzt sind. Obwohl jede einzelne
-Gruppe ein Interesse hat, nachzurechnen und ihre Interessen wahrzunehmen,
-würde sich doch jener Verein besonders dazu eignen. Es
-wird sich dabei besonders darum handeln, in den Gruppen neue
-Teilungen oder Zusammenordnungen vorzunehmen. Wenn alle
-Grubenarbeiter bezüglich der Sterblichkeit zusammengeworfen sind
-und nach der Gesamtsterblichkeit bei der Verteilung der Arbeit und
-der Genüsse nach demselben Maßstabe behandelt werden, so kann es
-sich als notwendig erweisen, die Kohlengräber auszuscheiden, wonach
-sich herausstellen kann, daß sie ungünstiger gestellt sind, als die anderen
-Grubenarbeiter, diese aber besser, als andere Berufe. Das zu entdecken
-und klar zu legen, wäre eine Aufgabe eines solchen Vereins.
-Dabei ist aber im Auge zu behalten, daß eine all zu kleinliche Spaltung
-der Arbeitergruppen deshalb nicht zweckmäßig ist, weil die
-statistische Tabelle nur als Material für Massenbeobachtungen einen
-Wert hat.
-</p>
-
-<p>
-Dadurch nun, daß der Verein in letzterer Hinsicht sich nützlich
-erweist, fördert er zugleich die Volkswirtschaft, weil die Zweckmäßigkeit
-der Volkswirtschaft mit der Gerechtigkeit der Verteilung zusammenfällt.
-Die Begünstigung einer Gruppe ist eine Vergeudung
-im Verbrauche und die Zurücksetzung einer Gruppe beeinträchtigt
-deren produktiven Wert.
-</p>
-
-<p>
-Von großer Wichtigkeit werden ferner <em class='gesperrt'>literarische Vereine</em>
-sein, weshalb auf diesem Gebiete die Gründung von Vereinen sehr
-wünschenswert sein wird. Selbe werden sich national und nach
-Gegenständen gliedern.
-</p>
-
-<p>
-Es hat zwar die Staatsverwaltung zunächst die Aufgabe, welche
-heute die Verleger haben, nämlich die literarischen Produkte, welche
-sie für geeignet hält, zu veröffentlichen. Die Verleger treten heute
-als Unternehmer zwischen die Schriftsteller und die Leser für die
-literarischen Erzeugnisse. Bei dem großen Umfange von kaufmännischer
-Arbeit, die der Verleger zu bewältigen hat, kann er nur
-wenig Zeit der Prüfung von Manuskripten widmen und in keinem
-<span class='pagenum'><a id='Page_199' name='Page_199' href='#Page_199'>[199]</a></span>
-Fall kann er ein hervorragendes kritisches Verständnis für den
-Wert der ihm angebotenen Werke haben. Er ist demnach gezwungen,
-das Gutachten von Kritikern einzuholen. Der Verleger
-hat aber auch ein anderes Mittel, um gewinnbringende Geschäfte
-zu machen, wenngleich er die Manuskripte nicht zu beurteilen vermag.
-Er hält sich an Namen, sei es, daß der Schriftsteller schon
-bekannt ist und man darauf rechnen kann, daß seine Werke gesucht
-werden, oder daß der Verfasser ein Professor ist, der viele Zuhörer
-hat, daher man auf einen Absatz bei seinen Schülern hoffen kann.
-So bietet das Verlegerwesen, so unentbehrlich es in unserer Gesellschaftsordnung
-ist, weder eine Gewähr, daß alle guten Werke
-gedruckt, noch daß recht erbärmliche Arbeiten zurückgewiesen werden,
-da ja der Kolportageroman am ehesten Gewinn verspricht. Freilich
-wird der angesehene deutsche Verleger es verschmähen, diese Schundliteratur
-zu pflegen, aber sie findet doch ihre Verleger und darum
-wirkt das Verlegerwesen eher schädlich als veredelnd. Der rücksichtslose
-Spekulant wird beinahe sicher vermögend, während der
-ehrenvolle Verleger, der sich der Literatur verpflichtet hält, oft große
-Verluste erleidet. Die Ursache der großen Kosten der Bücher ist,
-daß die Bücher, welche Absatz finden, auch die Verluste hereinbringen
-müssen, welche der Verleger ohne sein Verschulden an anderen
-Werken erleidet.
-</p>
-
-<p>
-Trotzdem nun das Verlegerwesen, wie überhaupt das Unternehmerwesen,
-eine sehr mangelhafte Einrichtung ist, so schrickt doch
-jeder Schriftsteller vor dem Gedanken zurück, daß der Staat der
-alleinige Verleger werden soll. Man glaubt, daß es nur Protektionskindern
-gelingen wird, das Erscheinen ihrer Werke zu erleben und
-das ist ein Hauptgrund, weshalb die Schriftsteller den Sozialstaat
-perhorreszieren.
-</p>
-
-<p>
-Das hat nun auch einigen Grund. Würde nur die Staatsverwaltung
-darüber entscheiden können, ob ein Werk gedruckt werden
-soll, so würde das Verlagswesen nicht viel gewinnen.
-</p>
-
-<p>
-Die Gesamtheit der Einrichtungen, welche den Schriftstellern
-im Sozialstaat eine Gewähr bieten, daß ihnen mit mehr Wahrscheinlichkeit
-als heute Gerechtigkeit widerfahren wird, wird in VIII, 4, d, 2,
-<i>Alinea</i>: <a href='#H_04_d_2al'>»Der Anlaß«</a> dargestellt, allein für die schöne
-<span class='pagenum'><a id='Page_200' name='Page_200' href='#Page_200'>[200]</a></span>
-Literatur werden die literarischen Vereine und für die wissenschaftliche
-Literatur die zahlreichen wissenschaftlichen Fachvereine an der
-Sichtung der Manuskripte sich beteiligen. Wenn die Manuskripte,
-die den Vereinen entweder von den Schriftstellern direkt eingesendet
-oder ihnen als einer Art Beirat von der Staatsverwaltung oder
-anderen verlagsberechtigten Körperschaften (VIII, ebenda) zugewiesen
-werden, unter die Vereinsmitglieder zur Prüfung verteilt und von
-ihnen darüber in Versammlungen referiert wird, so kann man annehmen,
-daß manches brauchbare Werk gerettet wird, das heute von
-einem Verleger zum anderen wandert. Allein man kann diese
-Vereine nicht bloß mit der Begutachtung betrauen, man kann ihnen
-auch das Verlagsrecht für eine gewisse Anzahl von Werken einräumen,
-nicht in dem Sinne, daß sie einen Unternehmergewinn erzielen,
-was der Natur der Gesellschaftsordnung, aber auch der Natur
-des Vereinswesens widerstreben würde, wohl aber in dem Sinne,
-daß sie die besten jener Werke in den staatlichen Druckereien zum
-Drucke zu befördern oder in ihrer eigenen Druckerei drucken zu lassen
-berechtigt werden, welche ihrem Rat entgegen zurückgewiesen wurden.
-</p>
-
-<p>
-Die literarischen Vereine werden sich wahrscheinlich auch bemühen,
-der schönen Literatur eine bestimmte Richtung zu geben, sie
-werden den <ins class='correction' title='Schrifstellern'>Schriftstellern</ins> vielleicht Winke geben können, wie die
-Werke zu verbessern seien und sie werden Vorleseabende veranstalten,
-um auch solche Manuskripte bekannt zu machen, die von Bedeutung
-erscheinen, obwohl sie nicht zum Drucke gelangen konnten.
-</p>
-
-<p>
-Auch in einer anderen Richtung werden diese Vereine sich nützlich
-machen, wenn sie eine genügende Anzahl von Mitgliedern haben.
-Sie werden die Auslandsliteratur kennen lernen und Einfluß darauf
-nehmen, welche Werke in größerer Zahl vom Auslande angeschafft
-oder von welchen Übersetzungen veranstaltet werden sollen,
-denn wenn auch selbst dafür Verwaltungsorgane bestellt werden
-müssen, so wird es doch einer großen Zahl freiwilliger Kräfte bedürfen,
-um nur einen erheblichen Teil der Auslandsliteratur durchzuprüfen.
-</p>
-
-<p>
-Daß also literarische Vereine ganz außerordentliches durch Begutachtung
-von Werken, durch Ermunterung zum Schaffen und Genießen
-und durch Beeinflussung der Richtung leisten können, welche
-<span class='pagenum'><a id='Page_201' name='Page_201' href='#Page_201'>[201]</a></span>
-die Literatur von Zeit zu Zeit einschlägt, ist nicht zu bezweifeln.
-Ebenso ist gewiß, daß der Staat sehr viel zur Förderung solcher
-Vereine tun kann und daß das Volk der Staatsverwaltung zu diesem
-Ende nach Maßgabe der Nützlichkeit solcher Vereine die erforderlichen
-Mittel bewilligen wird.
-</p>
-
-<p>
-Außer diesen beiden Gattungen von Vereinen, den literarischen
-Vereinen und dem Verein zur Prüfung der statistischen Ausweise,
-werden für alle Zweige der Naturwissenschaft, der Produktion, der
-Geschichte, des Spiels und Sports, für Erforschung und Fortbildung
-der Sprache und für alle Arten von Künsten, vor allem die
-Musik und die bildenden Künste, Vereine zu schaffen sein, welchen
-gleichfalls ein Einfluß, analog demjenigen, einzuräumen sein wird,
-welchen man den literarischen Vereinen nach obigen Erörterungen
-einräumen wird.
-</p>
-
-<p>
-Der Vereine für Musik und Kunst wird man sich besonders
-als Beirat für die Verwaltung bedienen bei streitigen Fragen der
-Verteilung, ob man diesen oder jenen in eine Fachschule aufnehmen
-soll, wem man Behelfe (Farben, Musikinstrumente oder Noten) zur
-Verfügung stellen, welche Werke man zur Ausführung bringen soll.
-</p>
-
-<p>
-Hier wäre noch der <em class='gesperrt'>Vereinstätigkeit im Bibliothekswesen</em>
-zu gedenken. Auch im Bibliothekswesen wird sich freiwillige
-Kooperation nützlich machen. Der Staatsverwaltung obliegt es
-zwar, für die Vermehrung, Verteilung, Ordnung, den Schutz und
-die Versendung der Bücher Sorge zu tragen, je mehr freiwillige
-Mitarbeiter sie aber findet, um so vollkommener wird das alles geleistet
-werden. Man wird besonders die Studierenden der Hochschulen
-heranzuziehen trachten, um in recht kurzer Zeit Neuaufstellungen
-durchzuführen, Kataloge zu ergänzen und andere Arbeiten
-für <ins class='correction' title='Bibliothekzwecke'>Bibliothekszwecke</ins> durchzuführen.
-</p>
-
-<p>
-Eine besondere Aufgabe der staatlichen Bibliotheksverwaltung
-wird es aber sein, jedem für seinen besonderen Zweck die Literatur
-nachzuweisen. Da wird nun diese Aufgabe gründlicher und mehr
-ins Einzelne gehend gelöst werden, wenn sich an diesen Literaturnachweisungen
-auch die Vereine beteiligen. Ein Privatunternehmen
-dieser Art, welches solche Nachweisungen gegen Entgelt lieferte, bald
-aber einging, ist vor Jahren in Berlin gegründet worden.
-</p>
-
-<h3 id='H_03_0_0'>
-3. Die Sammlungen.
-</h3>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_202' name='Page_202' href='#Page_202'>[202]</a></span>
-Die Sammlungen von Kunst- und Naturprodukten, welche
-heute nur zum Teil öffentliches Gut, zum größten Teile aber Privateigentum
-sind, haben heute schon einen sehr großen Umfang erreicht,
-werden aber im Kollektivstaat ins Unermeßliche anwachsen
-und ins Kollektiveigentum übergehen. Diesen Sammlungen gehören
-zwar auch die Bibliotheken an, von welchen aber hier nicht die
-Rede ist, weil sie anderen Zwecken zu dienen haben, als die Sammlungen
-von Gegenständen, welche Objekt der Betrachtung sind und
-meistens nur in einem oder wenigstens nur in wenigen Exemplaren
-vorhanden sind.
-</p>
-
-<p>
-Im Kollektivstaat ist es Aufgabe der Verwaltung, die Sammlungen
-so aufzustellen, daß sie ihrem Zwecke am Besten dienen.
-Der Sammler von heute hütet seine Schätze und verbirgt sie zumeist
-vor seinen Mitmenschen und nur wenige adelige Häuser haben
-sich verpflichtet gehalten, einige solche Sammlungen, besonders Bildersammlungen,
-dem Publikum zugänglich zu machen. Der Kollektivstaat
-wird alle Sammlungen so aufzustellen haben, daß sie allen,
-vorzüglich aber jenen leicht zugänglich gemacht werden, welche ihrer
-für ihre Studien bedürfen. Da nun in Zukunft alle Bauten umgestaltet
-werden müssen, wird man darauf bedacht sein, ein System
-anzunehmen, nach welchem die Sammlungen zu verteilen sein werden,
-wie ja auch die Weltausstellungen nach vorher angenommenen Plänen
-eingerichtet werden, damit Gleiches und Gleiches vereiniget, Verwandtes
-nebeneinander geordnet werde.
-</p>
-
-<p>
-Es wird nun weder möglich noch zweckmäßig sein, alle Sammlungen
-an einem Orte, etwa in der Hauptstadt, oder überhaupt in
-den städtischen Ansiedlungen, die nicht allzusehr ausgedehnt werden
-sollen, zu vereinigen und so scheint folgender Vorschlag als der annehmbarste.
-</p>
-
-<p>
-In der Hauptstadt sollen Sammlungen aller Art aber nur in
-hervorragenden Typen aufgestellt werden. Ein kunsthistorisches
-Museum sollte Kunstprodukte aller Art aus allen Zeiten und erzeugt
-von allen Völkern der Erde zur Anschauung bringen, aber es können
-in der Zentralsammlung der Hauptstadt für jede Schule, jede
-<span class='pagenum'><a id='Page_203' name='Page_203' href='#Page_203'>[203]</a></span>
-Periode, jedes Volk nur einige wenige hervorragende Werke aufgestellt
-werden. Ebenso wird es mit der hauptstädtischen Sammlung
-technischer Erzeugnisse und der Naturprodukte zu halten sein.
-</p>
-
-<p>
-Ins einzelne gehende Sammlungen sollen aber dann nach Gebieten
-systematisch aufgeteilt werden, so daß, wenn jemand alle
-Sammlungen bis in ihre kleinsten Verzweigungen besichtigen wollte,
-er das ganze Reich bereisen müßte. Es würden also einige Provinzen
-vollständige Bildersammlungen, und Sammlungen anderer
-Kunstwerke, andere vollständige Sammlungen der Werkzeuge,
-Apparate und Maschinen, oder kunstgewerblicher Erzeugnisse, andere
-Pflanzen, wieder andere der Tiere beherbergen und das Alles
-würde auch auf Bezirks- und Urgemeinden aufgeteilt werden. Dazu
-kommen dann die Präparate der Biologen und Embryologen und
-Histologen, welche dereinst einen solchen Schatz bilden werden, daß
-man am Sitze der Universität gewiß nur Typen zur Vergleichung
-aufstellen kann, wer aber alle vorhandenen Präparate kennen lernen
-will, sich die Mühe wird nehmen müssen, irgend einen Teil des
-Reiches zu bereisen, wo er, von Ort zu Ort wandernd, alles was
-jeweilig vorhanden <ins class='correction' title='tst'>ist</ins>, finden wird und zwar nicht nur die <ins class='correction' title='Präpaparate'>Präparate</ins>,
-sondern die gesamte darauf bezügliche Literatur und die
-Mikroskope und sonstigen Apparate, ohne welche die Sammlung von
-Sachkundigen nicht benützt werden könnte.
-</p>
-
-<p>
-Diese Sammlungen werden von Jahr zu Jahr bereichert
-werden und nur in dieser Anordnung und Verteilung werden sie
-den größten Nutzen schaffen. Das ganze Reich wird eine vollständige
-Weltausstellung sein. Übrigens wird in der Metropole eine permanente
-Weltausstellung der neuesten Erzeugnisse des Menschengeistes
-errichtet werden, welche im jährlichen Wechsel immer das Neueste
-zur <ins class='correction' title='Aschauung'>Anschauung</ins> bringen wird und nach Ablauf des Jahres werden
-die Ausstellungsobjekte in die stabilen Sammlungen wandern.
-</p>
-
-<h3 id='H_04_0_0'>
-4. Zeitschriften, Bücher, Bibliotheken.
-</h3>
-
-<p>
-Dem Zeitungswesen muß man eine eingehende Betrachtung
-widmen, weil das Zeitungswesen auch in der künftigen Gesellschaftsordnung
-eine wichtige Rolle spielen wird und weil es einiges Nachdenken
-<span class='pagenum'><a id='Page_204' name='Page_204' href='#Page_204'>[204]</a></span>
-kostet, sich die Befriedigung jener Bedürfnisse im künftigen
-Staate klar zu machen, die heute durch die Zeitungspresse befriedigt
-werden. Dabei wird vor allem die Preßfreiheit in Betracht kommen,
-für welche man sich einen Platz in einer Gesellschaftsordnung nicht
-leicht denken kann, in welcher der Staat alleiniger Produzent ist.
-Es soll gar nicht darauf verwiesen werden, daß die politische Partei
-in der künftigen Verfassung keine Rolle spielen soll. Es wird vielmehr
-zu zeigen sein, daß im sozialen Staate Interessengegensätze
-und Opposition mit voller Freiheit zu Worte kommen können und
-außerdem ist zu zeigen, was die künftige Zeitung zu leisten haben
-und wie sie zu verbreiten sein wird.
-</p>
-
-<p>
-Es wird also zu unterscheiden sein: a) die Presse für Staats-
-und allgemeine Angelegenheiten, b) die Fachpresse, 1. für Wissenschaft,
-2. für Kunst und 3. für Technik und c) die Presse für Unterhaltung
-und schöne Literatur.
-</p>
-
-<h4 id='H_04_a_0'>
-a) Die Presse für Staats- und allgemeine Angelegenheiten.
-</h4>
-
-<p>
-Hier wird es sich besonders darum handeln, der Opposition
-und den Interessengegensätzen eine Gelegenheit zu bieten, sich geltend
-zu machen und davon wird auch die Rede sein, doch sollen vorher
-in großen Zügen die Aufgaben, die Einrichtung und die Verbreitung
-dieser Presse geschildert werden.
-</p>
-
-<p>
-Diese Presse wird sich gliedern in das Reichs-, Provinz-, Kreis-
-und Bezirksblatt. Während das Reichsblatt, das in Österreich in
-einer großen Zahl von Landessprachen zu erscheinen hätte, an jede
-Gemeinde zu senden ist, ist das Provinz-, Kreis- und Bezirksblatt
-hauptsächlich nur für die Gemeinden bestimmt, welche in der betreffenden
-Provinz, dem betreffenden Kreise oder Bezirke liegen.
-Allein trotzdem diese Blätter ein allgemeines Interesse nur für einen
-Teil der Gemeinden haben, so müssen sie doch in einer beschränkten
-Anzahl von Exemplaren überall hindringen. Es wird genügen,
-wenn nur wenigstens in jeder Kreisstadt mindestens einige Exemplare
-auch der fremden Blätter aufliegen. Sämtliche Provinz-, Kreis-
-und Bezirksblätter müßten also wenigstens in jeder Kreisstadt zu
-finden und von dort leihweise zu beziehen sein.
-</p>
-
-<p>
-Ebenso ist es einleuchtend, daß ein größeres Bedürfnis besteht,
-<span class='pagenum'><a id='Page_205' name='Page_205' href='#Page_205'>[205]</a></span>
-das heimische Bezirksblatt und das heimische Kreisblatt als das
-Provinz- und Reichsblatt zu lesen und daß demnach die Gemeinden
-und Quartiere eine größere Anzahl von Exemplaren des einheimischen
-Kreis- und Bezirksblattes beanspruchen werden. Nachdem aber
-unter 1000 Einwohnern überhaupt nur etwa 600 eigenberechtigte
-Personen zu rechnen sind, davon auch nur ein Teil die Blätter
-lesen will und Wert darauf legen wird, sie am Tage des Erscheinens
-zu lesen, die meisten aber es sich genügen lassen, sie einmal in der
-Woche zu durchfliegen, so kann man schätzen, daß es genügt, wenn
-jede Gemeinde und Quartier je 10 Exemplare des heimischen Kreis-
-und Bezirksblattes und je 5 Exemplare des Provinz- und Reichsblattes
-erhält, die eine Woche lang im Lesesaal aufliegen.
-</p>
-
-<p>
-Nur ein Exemplar aller Blätter wird in jeder Gemeinde und
-Quartier, vielleicht nur eines im Bezirke, dauernd aufbewahrt und
-gebunden. Die Sammlung der übrigen Exemplare zur Wiederverwertung
-des Papierstoffes wird sich im Kollektivstaat mit einer
-Sicherheit und Vollständigkeit vollziehen, welche in unseren anarchischen
-Zuständen nicht denkbar wäre.
-</p>
-
-<p>
-Demnach wird die Versorgung <em class='gesperrt'>aller</em> Bewohner mit dieser Art
-von Blättern im Kollektivstaat schwerlich einen größeren in Arbeit
-ausgedrückten Aufwand verursachen, als heute die Versorgung einiger
-hunderttausend Zeitungsleser.
-</p>
-
-<p>
-Man erspart aber auch unendlich viel an journalistischer Administrationsarbeit,
-weil diese im Kollektivstaat in nichts anderem
-besteht, als im Abzählen der Exemplare und deren Ausfolgung an
-das <ins class='correction' title='Zugsbegleitungspersonal'>Zugbegleitungspersonal</ins> und die Frächter. Der damit betraute
-Schaffner hat nach einem ihm vorliegenden Schema in jeder Station
-in der er anhält oder die er durchfliegt, nur eine gewisse Anzahl
-Exemplare auszufolgen. Nicht einmal eine einzige Adresse zu
-schreiben ist notwendig.
-</p>
-
-<p>
-Nachdem nun ersichtlich ist, daß die Versorgung der gesamten
-Bevölkerung mit diesen Blättern gar keine Schwierigkeiten macht,
-handelt es sich darum, zu erörtern, was in denselben Aufnahme zu
-finden hat.
-</p>
-
-<p>
-Den wichtigsten Inhalt bildet die Statistik der Bevölkerungs-,
-Güter- und Arbeitsbewegung, soweit sie nach <a href='#F_08_0_0'>VI, 8,</a> täglich fixiert
-<span class='pagenum'><a id='Page_206' name='Page_206' href='#Page_206'>[206]</a></span>
-wird und in Beilagen auch jene, die wöchentlich oder monatlich
-fixiert wird. Letztere kann in 6, beziehungsweise 25 Tagespublikationen
-aufgeteilt werden, welche verschiedene Gebiete der Statistik
-umfassen und der Bevölkerung <ins class='correction' title='suxessive'>successive</ins> geliefert werden. Diese
-Blätter bringen weiter die Kundmachung der Verordnungen und
-Gesetze, Personalveränderungen, Ausschreibung von Stellen, welche
-an Bewerber zu vergeben sind, Geburts-, Trauungs- und Todesanzeigen,
-dann Nekrologe und die Verleihung von Auszeichnungen,
-endlich gewisse Vereinsnachrichten.
-</p>
-
-<p>
-Weiter nun sind diese Blätter der Erörterung von Gesetzes-
-und Verfassungsvorschlägen und der Kritik der Verwaltung gewidmet.
-Hierin hat diese Presse die heutige Parteipresse zu ersetzen. Darum
-erscheint es notwendig, für jedes solche Blatt außer dem staatlich
-bestellten Schriftleiter auch einen oder mehrere Schriftleiter zu bestellen,
-die von der Bevölkerung nach einem zu bestimmenden Modus
-zu wählen sind und es muß ihnen ein bestimmter Raum des
-Blattes für ihre eigenen Erörterungen, wie auch für die Reproduktion
-jener Meinungsäußerungen eingeräumt werden, welche den einlaufenden
-Briefen zu entnehmen sind. Besteht noch irgend etwas den heutigen
-Parteien Verwandtes fort, so kann man sich recht gut denken, daß
-bei den Blättern höherer Ordnung fünf bis zehn solche Redakteure,
-die zu wählen sind, angestellt werden. Es ist evident, daß es zur
-Aufklärung viel mehr dient, wenn die verschiedensten Richtungen in
-ein und demselben Blatte vertreten sind, als wenn man verschiedene
-Anschauungen in verschiedenen Blättern aufsuchen muß. Auch ermöglicht
-diese Einrichtung, daß Rede und Gegenrede, Kritik und
-Gegenkritik gleichzeitig erscheinen.
-</p>
-
-<p>
-Bezüglich der Verteilung des Benützungsrechtes der Zeitungen
-und des Rechtes, seine Anschauungen in diesen Blättern zu veröffentlichen,
-wird das Erforderliche in <a href='#H_09_c_0'>VIII, 9, c,</a> gesagt.
-</p>
-
-<p>
-Der der Statistik einzuräumende Teil eines solchen Blattes
-wird sehr umfangreich sein, am geringsten im Bezirksblatte,
-am ausgedehntesten im Reichsblatte. Denn im ganzen Reiche
-ist Produktion, dann Verteilung von Gütern und Arbeit viel
-mannigfaltiger, als in den einzelnen Bezirken. Es ist wohl
-nicht notwendig zu sagen, und geht aus <a href='#F_08_0_0'>VI, 8,</a> hervor, daß
-<span class='pagenum'><a id='Page_207' name='Page_207' href='#Page_207'>[207]</a></span>
-das Bezirksblatt an statistischen Daten die Ortssummarien als
-Einzelposten und als Ergebnis <ins class='correction' title='des'>das</ins> Bezirkssummarium, das Kreisblatt
-die Bezirkssummarien als Einzelposten und das Ergebnis als
-Kreissummarium bringen wird u. s. f., daß aber die Gesamtpublikation
-alle <em class='gesperrt'>statistischen</em> Einzelaufnahmen bringen wird mit
-Ausnahme der Einzelposten in den Gemeinden und Quartieren.
-Allein die Originalaufnahmen und Detailrechnungen der Gemeinden
-und Quartiere werden immerhin in vier oder fünf Exemplaren ausgefertigt,
-wovon eins im Gemeindepalast ausgehängt wird, während
-je ein Exemplar dem Bezirks- und dem Kreisbeamten zugestellt
-wird und so scheint eine genügende Kontrolle auch für Gemeinden
-und Quartiere gesichert zu sein.
-</p>
-
-<p>
-In besonders erregten Zeiten, wo die Bevölkerung sich über
-Zeitungsberichte auf das Schnellste unterrichten will, so bei Wahlen,
-verfassungsmäßigen Beschlüssen, in Kriegsfällen, bei wichtigen Ereignissen
-im Leben hervorragender Personen, wird sich die Gemeinde
-im Bibliothekssaale versammeln und sich die Berichte vorlesen lassen.
-</p>
-
-<h4 id='H_04_b_0'>
-b) Die Fachpresse.
-</h4>
-
-<p>
-Diese umfaßt alle Zweige der Wissenschaft, Kunst und Technik.
-Es werden demnach sicherlich sehr zahlreiche Blätter dieser Art, und
-wahrscheinlich als Wochen- oder Monatsschriften erscheinen. Die
-Herausgabe erfolgt von staatswegen von den betreffenden staatlichen
-Anstalten, aber es kann auch Vereinen das Recht der Herausgabe
-von Fachblättern eingeräumt und ihnen zu diesem Ende alles Erforderliche
-zur Verfügung gestellt werden. Die staatlichen Verteilungsgrundsätze
-bestimmen, wieviel Papier, Satz, Druckarbeit
-und welche Verteilung der Blätter an Einzelne und Gemeinden
-ihnen zugestanden wird. So zum Beispiel 16 Oktavdruckseiten in
-wöchentlicher Auflage von 2100 Exemplaren, wovon 2000 für
-jeden Bezirk und 100 als Freiexemplare für bestimmte, vom Vereine
-zu bezeichnende Personen zu rechnen wären. Bestehen in irgend
-einem Zweige der Wissenschaft, Kunst und Technik verschiedene
-Richtungen, zum Beispiel Theorien medizinischer Schulen, Neuerungen
-in der Malerei usw., so wäre denselben das Wort zu erteilen,
-<span class='pagenum'><a id='Page_208' name='Page_208' href='#Page_208'>[208]</a></span>
-analog den Andeutungen, welche darüber in dem Abschnitte <a href='#H_04_a_0'>VIII, 4, a,</a>
-über die Presse für Staats- und allgemeine Angelegenheiten gemacht
-werden. Man könnte die Aufsätze, welche aufgenommen werden, vor
-der Veröffentlichung im Bürstenabzug einem Gegner des Verfassers,
-einem oppositionellen Vereine, einem Schriftsteller oder Künstler,
-gegen den sich die Kritik ausspricht, zusenden, damit entgegenstehende
-Anschauungen oder eine kurze Verteidigung in Fußnoten zur Geltung
-gebracht, oder eine Antikritik vorbereitet werden könne.
-</p>
-
-<p>
-Was die Fachpresse auf technischem Gebiete anbelangt, so
-spalten sich die Fächer auch in sehr viele Zweige. Nicht nur die
-Technik im engeren Sinne, die Landwirtschaft, Forstkultur, Bergbau
-und die großen Industrien brauchen diese Presse, sondern nach den
-heutigen Erfahrungen wird man eine Fachpresse für jedes Gewerbe,
-für Gerberei, Textilindustrie, Keramik- und Brauindustrie ebenso,
-wie für Kleidermacher, Schuhmacher, Tischler und Gelbgießer schaffen
-müssen und es wird sich überall ebenso um die eigentliche Technik
-der Herstellung, wie um schöne Formen handeln, daher die meisten
-gewerblichen Fachblätter ihre Illustrationen ebenso haben werden,
-wie heute, nur viel reichlicher und eine allgemeinere Verbreitung.
-</p>
-
-<h4 id='H_04_c_0'>
-c) Die Unterhaltungspresse und schöne Literatur.
-</h4>
-
-<p>
-Sie wird nicht wie heute die Zeitungen Romane und Novellen
-in Abschnitten bringen, weil diese Schöpfungen Gegenstand der Veröffentlichung
-in Buchform bilden und der heutige Gebrauch nicht
-den Bedürfnissen der Leser, sondern der Zeitungsunternehmer entspricht.
-Allein kleine Aufsätze, Gelegenheitsgedichte, Anekdoten, witzige
-und satirische Produkte kleinen Umfangs, Kritiken, Reiseberichte und
-dergleichen werden wohl ihr Unterkommen in periodischen, wahrscheinlich
-illustrierten Blättern finden, welche entweder allen Gemeinden,
-oder allen Bezirken zugemittelt werden. In einem
-vielsprachigen Lande wird jede Nationalität ihre schöne Literatur
-haben. Wie die Annahme von Beiträgen zur Veröffentlichung erfolgen
-wird, ist eine Verteilungsfrage und es ist darum immer
-neben den staatlichen Blättern auch besonders in diesem für die
-allgemeine Volksbildung so wichtigen Zweige der Literatur, wozu
-auch populärwissenschaftliche Nachrichten gehören, größeren und verdienteren
-<span class='pagenum'><a id='Page_209' name='Page_209' href='#Page_209'>[209]</a></span>
-Vereinen ein begrenztes Publikationsrecht nach den oben
-<a href='#H_04_b_0'>VIII, 4, b,</a> bei der Fachpresse erörterten Grundsätzen einzuräumen.
-Sind doch gespielte Schachpartien und <ins class='correction' title='Schachpropleme'>Schachprobleme</ins> gewiß auch
-in Zukunft Gegenstand der literarischen Verbreitung und Besprechung.
-</p>
-
-<h4 id='H_04_d_0'>
-d) Bücher.
-</h4>
-
-<p>
-Außer der periodischen Presse wird der Staat auch für jene
-Literatur zu sorgen haben, welche in Buchform erscheint.
-</p>
-
-<h5 id='H_04_d_1'>
-1. Die wissenschaftliche Literatur.
-</h5>
-
-<p>
-Sie zu schaffen, wird zunächst die Aufgabe der Gelehrten und
-Forscher sein. Für alle Zweige der Wissenschaft wird sich von Zeit
-zu Zeit das Bedürfnis herausstellen, Neubearbeitungen der besten
-der bestehenden Werke oder ganz neue Darstellungen herauszugeben.
-Die Neubearbeitungen sollen Irrtümer berichtigen und alles, was
-neu entdeckt wurde, bringen, auch erforderlichenfalls das System oder
-die Darstellung verbessern.
-</p>
-
-<p>
-Erbieten sich mehrere qualifizierte Fachmänner, die zu den
-Unterrichtspersonen gehören, zu einer solchen Arbeit, so können
-mehrere Bearbeitungen angenommen, oder etwa nach Einholung des
-<ins class='correction' title='Gutachten'>Gutachtens</ins> der Akademie oder irgend einer anerkannten Autorität, der
-Universität oder eines Vereins eine Wahl getroffen werden. Zum
-Zwecke der Verfassung solcher Werke können den Autoren Urlaub
-erteilt, Behelfe herbeigeschafft und Reisekosten bewilligt werden, wenn
-es der Gegenstand erfordert. Melden sich keine geeigneten Personen,
-so kann man solche aussuchen und sich mit ihnen über die Bedingungen
-einigen, unter welchen sie sich der Aufgabe unterziehen und
-dem Staate das geistige Eigentum überlassen wollen. Immer, auch
-wenn man staatlich angestellte Fachmänner zur Verfügung hat, wird
-man auch Bearbeitern, die nicht dem Kreise der offiziellen Organe
-angehören, Gehör schenken, und ihnen staatliche Unterstützung gewähren,
-wenn sie entweder einen neuen Plan der Bearbeitung, ein
-neues System, die Bearbeitung eines Abschnittes vorlegen, wodurch
-eine hervorragende Befähigung dargetan wird, oder ein fertiges
-Manuskript bereits vorliegt, das der Annahme würdig befunden
-wird. In allen Fällen, wo der Staat einen Autor zur Verfassung
-<span class='pagenum'><a id='Page_210' name='Page_210' href='#Page_210'>[210]</a></span>
-gewinnt, befindet er sich in derselben Lage, in der er sich heute befindet,
-wenn er einen Monumentalbau, ein Denkmal oder sonst etwas
-Großes schaffen will und wenn der Staat für die Zustandebringung
-einer solchen Arbeit Opfer bringt, wird er das vollendete Werk,
-wenn es nicht entspricht, ablehnen und er wird sich auch vorher von
-dem Fortgange der Arbeit überzeugen können. Es muß ihm auch
-das Recht zuerkannt werden, Änderungen oder Umarbeitungen zu
-fordern, oder als Herausgeber in Fußnoten einen gegnerischen Standpunkt
-zu vertreten. Jedenfalls wird dem Drucke eine sorgfältige
-Revision durch zwei oder drei Fachmänner, besonders solche, die
-einen wissenschaftlich entgegengesetzten Standpunkt einnehmen, vorhergehen,
-deren Gutachten entweder zur unbedingten Annahme oder
-Verwerfung oder zur Umarbeitung führen wird.
-</p>
-
-<p>
-Reicht ein Schriftsteller ein fertiges in den Mußestunden verfaßtes
-Manuskript ein, so wird eine gleich sorgfältige Überprüfung
-eingeleitet. Die Staatsverwaltung wird, wenn sie das Werk annimmt,
-eine angemessene Anzahl von Exemplaren drucken und an
-die Bibliotheken verteilen, kann aber auch dem Verfasser eine Anzahl
-von Exemplaren zugestehen, welche nach den in VIII, 4, d, 2,
-<i>Alinea</i>: <a href='#H_04_d_2al'>»Der Anlaß«</a>, entwickelten Grundsätzen an die vom Verfasser
-namhaft gemachten Personen verschickt werden. Eine besondere
-Belohnung nicht in Geld, sondern nach <a href='#H_09_0_0'>VIII, 9,</a> wird die Verwaltung
-entweder innerhalb ihrer Vollmachten zuerkennen oder einem
-Volksbeschlusse vorbehalten.
-</p>
-
-<p id='H_04_d_1al'>
-Um aber die Schaffung der neuen wissenschaftlichen Literatur
-nicht von der Staatsverwaltung allein abhängig zu machen, gibt
-es eine Menge Wege. Besteht die Monarchie fort, so liegt in der
-Anweisung der Mittel für die Hofhaltung auch die Ermöglichung
-der Herausgabe von Werken für Rechnung dieser Mittel. Es kann
-weiters eine Dezentralisation des Verlagsrechtes in der Weise angeordnet
-werden, daß ein Teil des Verlagsrechtes den Provinzial-
-und Kreisbeamten überlassen wird, was besonders auf historische
-und nationale Werke Anwendung haben dürfte. Es könnte auch
-das Verlagsrecht, das Recht Bücher drucken zu lassen und zu diesem
-Ende die staatlichen Druckereien in Anspruch zu nehmen, in einem
-gewissen Umfange der Bevölkerung der Kreise dergestalt eingeräumt
-<span class='pagenum'><a id='Page_211' name='Page_211' href='#Page_211'>[211]</a></span>
-werden, daß die gesamte Bevölkerung eines Kreises über die Annahme
-der ihr angebotenen Werke abzustimmen hätte. Wenn dieses
-Recht der Bevölkerung je eines Kreises für ein oder mehrere Werke
-etwa im Gesamtumfange von 20 Bogen und 1000 Exemplaren alljährlich
-zustände, so würden jährlich 100-200 Werke geschaffen
-werden können, die nicht von der Staatsverwaltung ausgewählt
-würden. Endlich kann ein beschränktes Verlagsrecht auch jedem
-Vereine eingeräumt werden, wenn er viele Mitglieder zählt und er
-einiges Ansehen genießt und wenn er eine für diesen Zweck geeignete
-Organisation besitzt.
-</p>
-
-<h5 id='H_04_d_2'>
-2. Poesie und schöne Literatur.
-</h5>
-
-<p>
-Ähnlich, wie mit wissenschaftlichen Werken, wird es auch
-mit Werken der Poesie und der schönen Literatur gehalten werden,
-nur ist hier eine Monopolisierung des Verlagsrechtes seitens der
-Staatsverwaltung noch weniger zweckmäßig, wie bei der Herausgabe
-der wissenschaftlichen Werke.
-</p>
-
-<p id='H_04_d_2al'>
-Der Anlaß zur Verfassung eines Buches kann also von der
-Staatsverwaltung oder einem anderen von der Verfassung dazu berechtigten
-Subjekte, oder er kann vom Verfasser ausgehen. Das
-Verlagsrecht, das Recht ein Werk zu veröffentlichen, kann der
-Staatsverwaltung, es kann aber auch der Zivilliste des Hofes, einer
-Kreis- oder Provinzialverwaltung, dem Volksbeamtentum, einer
-Fraktion der Bevölkerung oder einem Vereine zustehen und wem das
-Verlagsrecht zusteht, der kann innerhalb der seinem Verlagsrechte
-gezogenen Grenzen auch die Auflage und die Ausstattung sowie die
-Verwendung einer gewissen Anzahl von Exemplaren bestimmen. Das
-Eigentum an den gedruckten Exemplaren steht zwar dem Staate zu,
-bezüglich der Freiexemplare aber begnügt er sich mit dem Obereigentum
-im Sinne des Abschnittes VIII, 5, <i>Alinea</i>:
-<a href='#H_05_0_0al'>»Da die Erzeugnisse«</a><a name='FA_34' id='FA_34' href='#FN_34' class='fnanchor'>[34]</a>,
-während den Empfängern das freie Verfügungsrecht
-<span class='pagenum'><a id='Page_212' name='Page_212' href='#Page_212'>[212]</a></span>
-mit den sonst dafür geltenden Beschränkungen zusteht.<a name='FA_35' id='FA_35' href='#FN_35' class='fnanchor'>[35]</a>
-Die Verfassung solcher Werke ist in der Regel freie Betätigung des Autors,
-sie kann aber auch zu den berufsmäßigen Pflichten von Lehrpersonen
-gehören. Sind Dichter von jeder geregelten Arbeit losgezählt worden,
-um ihnen das freie Schaffen in größerem Maße zu ermöglichen,
-so kann dies mit der Einschränkung geschehen, daß die Arbeitsbefreiung
-wieder entzogen werden kann, wenn sie zu schaffen aufhören
-oder sonst die Erwartungen, die man in sie setzt, nicht rechtfertigen.
-Ist die Verfassung Berufspflicht des Autors gewesen, so
-hat er in der Regel keinen Anspruch auf besondere Entlohnung.
-Wer ein Werk aus freien Stücken verfaßt hat, wird in der Regel
-keinen Lohn vorausbedingen, sondern abwarten, welchen Beifall das
-Werk findet. Nach Maßgabe des Erfolges kann der Lohn in früherer
-Arbeitsbefreiung und Zuerkennung eines Ranges bestehen, mit
-welchem höhere Genüsse verbunden sind. Die Zuerkennung steht
-entweder der Staatsverwaltung, oder einer Fraktion des Volkes und
-auch der Dynastie zu, wenn damit nur über die der Dynastie zugewiesenen
-Mittel verfügt wird, sie kann aber auch Volksbeschlüssen vorbehalten
-werden.
-</p>
-
-<p>
-Es ist recht wohl denkbar, daß der Staatsverwaltung für alle
-im Lande erscheinenden Werke ein ästhetisches Zensurrecht eingeräumt
-wird, wenn eine Gefahr der Verwilderung, der Verbreitung von
-Geschmacklosigkeiten oder Aberglauben oder die Verwirrung des
-Urteils oder der Sprache zu besorgen ist. Aber in solchen Fällen
-bliebe immer das Recht der Berufung an den Volkswillen offen und
-das Volk würde gewiß das Zensurrecht der Staatsverwaltung aufheben,
-wenn davon ein engherziger, oder gar ein politischer Gebrauch
-gemacht würde. Das Zensurrecht würde aber nicht so geübt werden,
-<span class='pagenum'><a id='Page_213' name='Page_213' href='#Page_213'>[213]</a></span>
-daß die Veröffentlichung &mdash; soweit sie nicht lediglich vom Gutdünken
-der Staatsverwaltung abhinge &mdash; unterdrückt würde, sondern
-die Staatsverwaltung übt <em class='gesperrt'>im Einvernehmen mit dem Autor</em>
-eine Redaktion, oder spricht in Anmerkungen einen motivierten Tadel
-aus, was hinreichen dürfte, der Gefahr vorzubeugen, die man befürchtet.
-</p>
-
-<p>
-Es ist ersichtlich, daß trotz Naturalwirtschaft eine jährliche Budgetierung
-der Mittel, wie für alles andere, auch für die Presse denkbar
-ist. Der Staatsverwaltung wird alljährlich im vorhinein die
-Zahl der Setzer und der Drucker, sowie der Arbeiter für Schriftguß
-und die Verteilung dieser Arbeitskräfte für die verschiedenen Satz-
-und Druckarbeiten vorgeschrieben, ebenso die Verwendung der Papiererzeugnisse
-für die verschiedenen Bedürfnisse normiert: nämlich für
-Schulzwecke, für Kanzleizwecke, zur Verteilung unter die Bevölkerung,
-zu technischen Zwecken, zur Verpackung, endlich zum Druck und allenfalls
-zum Verkaufe an das Ausland. Das Druckpapier wird nun
-aufgeteilt für die verschiedenen, in diesem Abschnitte besprochenen
-Produkte. Ebenso werden Volksbeschlüsse gefaßt über die Verteilung
-des Verlagsrechtes, nämlich des Rechtes, zu bestimmen, welche
-Manuskripte zum Druck angenommen und in welchem Umfange sie
-gedruckt werden sollen und so wird für diesen Zweig der Produktion
-alles verfassungsmäßig festgesetzt, genau nach Analogie der verfassungsmäßigen
-Bewilligung der Geldmittel für bestimmte öffentliche Zwecke.
-Nur erfolgt die Bewilligung nicht in Geldsummen, sondern in Arbeitskräften
-und Stoffen<a name='FA_36' id='FA_36' href='#FN_36' class='fnanchor'>[36]</a>
-und was hier vom Druck gesagt wird,
-gibt auch Aufschluß über andere naturalwirtschaftliche Budgetierungen.
-</p>
-
-<p>
-In einem vielsprachigen Lande wie Österreich wird es sich auch
-darum handeln, das Ausmaß des für jedes Idiom bewilligten Verlagsaufwandes
-festzusetzen. Erfolgt dieser nach der Kopfzahl, so wird
-man annehmen können, daß jede Nationalität für ihre Literatur aus
-<span class='pagenum'><a id='Page_214' name='Page_214' href='#Page_214'>[214]</a></span>
-eigenen Mitteln sorgt, weil auch der Arbeitsertrag nach der Kopfzahl
-zu berechnen ist. Welchen Werken einer Nationalität die Ehre
-der Übersetzung in andere Sprachen zuzuerkennen ist, wird von jenen
-Faktoren abhängen, welchen nach obigen Grundzügen ein Verlagsrecht
-überhaupt zusteht. Man kann sich recht wohl denken, daß für
-einen Teil des Verlags auch nach Nationen abgestimmt wird, in
-welchem Falle jedem Eigenberechtigten das Recht zustände, sich zu
-einer Nationalität zu bekennen. Doch wird in diesem Falle das
-Stimmrecht immer nur in einer Nation ausgeübt werden können.
-</p>
-
-<p>
-Was die Größe der Auflagen anbelangt, so wird man gewisse
-Stufen festsetzen. Werke von der allgemeinsten Bedeutung in der
-Wissenschaft wird man in einer solchen Auflage veröffentlichen, daß
-für jede Gemeinde des Reiches oder jede Gemeinde einer bestimmten
-Sprache ein Exemplar bestimmt wird und ein gewisser Überschuß
-für besondere Zwecke, besonders für den internationalen Büchertausch
-verfügbar bleibt. Jedes Werk wird mindestens in einer
-solchen Auflage gedruckt, daß jede Bezirksbibliothek der betreffenden
-Nationalität beteilt werden kann. Was eine solche Verbreitung
-nicht verdient, mag ungedruckt bleiben. Der internationale Büchertausch
-mit Ländern der <em class='gesperrt'>alten</em> Gesellschaftsordnung wird durch Kauf
-und Verkauf erfolgen. Mit Kollektivstaaten wird man einen Büchertausch
-einleiten, wie ihn heute Zeitungen und Museen üben, nur in
-viel größerem Umfange, da man selten auf weniger als 150 Exemplare
-eines ausländischen Werkes von Interesse rechnen wird, um
-wenigstens alle Kreisbibliotheken zu beteiligen. Dabei wird man
-nichts weniger als kleinlich vorgehen und nur nach der Zahl von
-Bänden, oder selbst nach Papiergewicht handeln, weil die Herstellung
-eines gewissen Überschusses von Exemplaren für das Ausland
-tatsächlich nicht viel mehr als eine Papierfrage ist.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_215' name='Page_215' href='#Page_215'>[215]</a></span>
-Länder gleicher Sprache und Gesellschaftsordnung können auch
-Vereinbarungen nach Fächern treffen, z. B. daß sie sich in die Bearbeitung
-und Veröffentlichung gewisser Abschnitte der Geschichte teilen,
-in welchem Falle die Auflagen wachsen und der Arbeitsaufwand verringert
-würde.
-</p>
-
-<p>
-Es ist ersichtlich, daß in diesem Abschnitte auch die wesentlichen
-Grundlagen der Ausführung und Vervielfältigung von Kunstwerken
-der bildenden Kunst angedeutet sind, von welchen der Abschnitt
-<a href='#H_07_0_0'>VIII, 7,</a> handelt.
-</p>
-
-<h4 id='H_04_e_0'>
-e) Bibliotheken.
-</h4>
-
-<p>
-Auch hier soll vor allem der Bedürfnisse der kleinsten Gemeinden
-gedacht werden, da es sich von selbst versteht, daß in den Städten
-auch die Bibliotheken viel großartiger eingerichtet werden, als das
-heute der Fall ist.
-</p>
-
-<p>
-Jede kleinste Gemeinde, Urgemeinde und jedes städtische Quartier,
-wird ohne Zweifel einen Gemeindepalast haben, dessen oberster
-Aufbau einen geräumigen Saal bildet, welcher als Versammlungs-
-und Lesesaal dient, in welchem dann auch die Bücherei und solche
-Sammlungen aufgestellt werden, die nach <a href='#H_03_0_0'>VIII, 3,</a> in die kleinsten
-Gemeinden aufgeteilt werden. Wenn auch die Wände eines solchen
-Saales genügen, um eine Hausbibliothek von 50-60,000 Bänden
-aufzustellen, so wird die Bücherei im Beginn doch sehr dürftig sein,
-erst wenn die Wissenschaften für die Zwecke des Kollektivismus, der
-sich die allgemeinste Verbreitung des Wissens zur Aufgabe macht,
-neu bearbeitet sein werden, wird die Bücherei der Gemeinden und
-Quartiere auf viele tausende Bände anwachsen. Sie sollen vollständige
-Bearbeitungen aller Wissenschaften, die nationalen Klassiker
-und einen reichen Vorrat von Unterhaltungslektüre, ferner enzyklopädische
-Werke, Wörterbücher und Grammatiken aller europäischen
-und der wichtigsten alten Sprachen, andere Nachschlagewerke und besonders
-einen vollständigen Katalog des gesamten Bücherschatzes des
-Reiches mit Angabe der Aufstellung enthalten und außerdem Atlasse,
-Kartenwerke und Stiche als Hilfswerke für sämtliche Wissenschaften.
-Außerdem wird alljährlich je ein Exemplar der in den Gemeinden
-aufliegenden Zeitungen gebunden und in den Gemeinde-Bibliotheken
-<span class='pagenum'><a id='Page_216' name='Page_216' href='#Page_216'>[216]</a></span>
-aufgestellt, wenn man nicht finden sollte, daß es genügt, ein Exemplar
-in der Bezirksbibliothek für den ganzen Bezirk aufzustellen, und
-es wird der Jahreszuwachs für jede kleinste Gemeinde und Quartier
-ohne Zweifel auf mehr als 1000 Bände sich belaufen und selbst
-nach Einführung einer jährlichen Ausmusterung der veralteten Werke,
-welche aber niemals zur völligen Ausrottung führen darf, werden
-auch die kleinsten Büchereien nach 100 und 200 Jahren mit Büchern
-überfüllt und selbst in den Dachräumen Bücherdepositorien eingerichtet
-sein.
-</p>
-
-<p>
-Monographien, besonders solche, welche auf die Heimat bezug
-haben, werden in der Bezirksbibliothek zu finden sein samt gebundenen
-Exemplaren jener Fachzeitschriften und Illustrationswerke
-älterer Jahrgänge, die in die kleinsten Gemeindebibliotheken nicht
-aufgenommen wurden, und so wird man nur Spezialwerke, seltene
-und veraltete Werke und insbesondere die Auslandswerke aus den
-Kreisbibliotheken und aus den Zentralbibliotheken der Reichshauptstadt
-zu entlehnen haben, wobei das allerliberalste Versendungssystem
-zu gelten hat, freilich mit <ins class='correction' title='Bevorzung'>Bevorzugung</ins> jener Leser, die in Kunst
-und Wissenschaft eine hervorragende Stellung einnehmen oder sonst
-ein berufliches Interesse haben.
-</p>
-
-<p>
-Jeder Bibliotheksaal ist zugleich Lesesaal, aber an größeren Bibliotheken
-wird es sich empfehlen, für Gelehrte und Forscher Arbeitszellen
-einzurichten, in welchen sie sich für ihre Zwecke vorübergehend
-eine Büchersammlung zusammenstellen können, welche sie für ihre
-Arbeit zur Hand haben wollen.
-</p>
-
-<p>
-Die Verfassung eines vollständigen Katalogs aller in den Bibliotheken
-des Staates vorhandenen Werke und Manuskripte ist zwar
-eine Riesenarbeit, und ein solcher Katalog wäre ein bändereiches
-Werk. Allein soll die ganze Bücherei wirklich jedem leicht zugänglich
-sein, eine nur billige Forderung, da jeder Reichsgenosse Miteigentümer
-aller Bücher ist, so muß ein solcher Katalog in jeder Gemeinde-
-oder mindestens in jeder Bezirksbibliothek zur Aufstellung
-gelangen.
-</p>
-
-<p>
-Für die Katalogisierung und Aufstellung von Büchern in den
-Bibliotheken wird sich ohnehin bald ein internationales System herausbilden,
-weil dergleichen auf Kongressen von Bibliothekarbeamten
-<span class='pagenum'><a id='Page_217' name='Page_217' href='#Page_217'>[217]</a></span>
-schon oft vorgeschlagen wurde. Man hat auch vorgeschlagen, es
-solle in Zukunft bei jedem Werke, das neu verlegt wird, ein Katalogzettel,
-ähnlich wie das Titelblatt, mitgedruckt werden. Das wird
-sich, wenn einmal ein festes und allgemeines Katalogisierungssystem
-angenommen sein wird, auch für heute, mehr noch für Kollektivstaaten
-empfehlen und es könnte dieser Katalogzettel auf einem
-Blatte in drei Exemplaren mitgedruckt werden, um ihn nach Autornamen,
-Realschlagworten und anderen Merkmalen in der Bibliothek
-alphabetisch einzuordnen.
-</p>
-
-<p>
-Übrigens sind die Gelehrten und Forscher, die Bibliotheksbeamten
-und Unterrichtspersonen innerhalb bescheidener Grenzen schuldig,
-jedem durch Literaturnachweise behilflich zu sein und wenn
-sie sich in diese Arbeit zweckmäßig teilen und zu diesem Ende
-organisieren, werden sie ohne allzugroße Belastung der Bevölkerung
-sehr nützen können.
-</p>
-
-<p>
-In der Gemeindebibliothek wird eine Frau, die zum Stande
-des hauswirtschaftlichen Personals gehört, Ordnung zu halten, erforderlichen
-Falles Bücher auszufolgen, die Benützung zu überwachen,
-Zettelkataloge zu ergänzen, Entlehnungen zu verbuchen, leihweise
-eingesendete Werke zu übernehmen und nach gemachtem Gebrauche
-wieder zurückzusenden haben und es wird ihre Arbeitszeit auch zu
-anderen damit vereinbarten Dienstleistungen auszunützen sein. In den
-größeren Bibliotheken werden zahlreiche Bibliotheksbeamte und Diener
-beiderlei Geschlechts Verwendung finden.
-</p>
-
-<h3 id='H_05_0_0'>
-5. Die Verteilung der Konsumtibilien.
-</h3>
-
-<p>
-Ich habe im I. Abschnitte im 4. <i>Alinea</i>: <a href='#A_00_0_0al2'>»Doch zeigt sich«</a>
-bereits darauf verwiesen, daß es nicht vernünftig wäre, alle freie
-Tätigkeit zu unterbinden, was dann eintreten würde, wenn der Staat
-alles Eigentum an Sachen, die zu produktiven Zwecken verbraucht
-werden, festhalten wollte. Es wurde darauf verwiesen, daß man
-dann keine Briefe schreiben, keine Zeichnung entwerfen könnte und
-es würde auch niemand, als der vom Staate dazu Beauftragte, ein
-Manuskript verfassen können. Daraus müßte also eine unerträgliche
-Unfreiheit entstehen und es wäre auch kein so großer Fortschritt
-<span class='pagenum'><a id='Page_218' name='Page_218' href='#Page_218'>[218]</a></span>
-denkbar, wenn man alle freie und schöpferische Tätigkeit der Menschen
-dergestalt unterbinden wollte.
-</p>
-
-<p>
-Dem soll nun mit <ins class='correction' title='Aufrechthaltung'>Aufrechterhaltung</ins> der Hauptgrundsätze des
-Kollektivismus dadurch abgeholfen werden, daß der Staat Stoffe
-aller Art zu produktiven Zwecken unter die Bevölkerung verteilt und
-den Einzelnen die Verarbeitung in den freien Stunden überläßt, jedoch
-mit Vorbehalt des staatlichen Obereigentums an den Stoffen
-sowohl, als an den Erzeugnissen. Dieses Obereigentum wäre aber
-nur aus wichtigen Gründen geltend zu machen, um einen gefährlichen
-Mißbrauch zu verhüten und um ein allgemeines Interesse zu
-wahren. So, wenn es gälte, Kunstwerke von dauerndem Werte für
-den Staat zu retten oder Briefe und Manuskripte dauernd zu erhalten,
-die einen offenbaren Wert haben. Es soll also verhindert
-werden können, daß etwa ein Chemiker Gifte oder Explosivstoffe zu
-einem verbrecherischen Zwecke herstelle, oder daß man aus einem
-Stück Eisen Waffen schmiede, um sie gegen die Gesellschaft zu
-brauchen und ebenso soll der Staat das Recht haben, nach dem Hingange
-eines bedeutenden Mannes Reliquien für den Staat in Anspruch
-zu nehmen, seien es Briefe, oder Manuskripte, oder Kunstwerke,
-denn der Staat ist der alleinige Erbe aller Güter. Doch
-soll von diesem Obereigentum ein bescheidener Gebrauch gemacht
-werden und es sollen Verwandte in einem temporären Besitze nicht
-gestört werden. So würden die Kinder Göthes im Besitze der
-Briefe des Verstorbenen geblieben sein, aber dem Staate gegenüber
-für die Verwahrung verantwortlich, dem &mdash; ausgenommen in Fällen,
-welche Diskretion erheischen &mdash; Abschriften zu überlassen wären. Erst
-in der 3. oder 4. Generation würde der Staat solche Gegenstände
-in eigene Verwahrung nehmen und die Nachkommen auf jenen Mitgenuß
-beschränken, den jeder Volksgenosse hat.
-</p>
-
-<p>
-Ich bin der Meinung, daß man diese für die allgemeine Verteilung
-bestimmten Stoffe Konsumtibilien nennen könnte, weil sie
-nicht nur zum freien Gebrauche, sondern zum freien Verbrauche dienen
-sollen. Allein man müßte dann den Verbrauch in der freien Produktion
-vom Verbrauche zum Lebensunterhalte (im weitesten Sinne
-auch für persönliche Reinigungszwecke usw.) unterscheiden, denn
-letztere werden ohne Vorbehalt des staatlichen Obereigentums zugewiesen.
-<span class='pagenum'><a id='Page_219' name='Page_219' href='#Page_219'>[219]</a></span>
-Der Verbrauch, von dem hier die Rede ist, ist ein produktiver,
-eine Umgestaltung, wie sie in der Produktion vorkommt, aber
-nach freiem Ermessen der Individuen und nicht staatlich geregelt.
-Nur in diesem Sinne ist der Ausdruck »Konsumtibilien« gemeint.
-</p>
-
-<p>
-Gegenstand dieser Verteilung können alle Arten von Stoffen
-sein. Vor allem Zeichen- und Schreibrequisiten samt allen Arten
-von Papieren und Papiererzeugnissen, dann Farben, Gespinnste,
-Gewebe, Bänder und dergleichen, ferner alle Arten von Holz,
-Metallen, Chemikalien, Pflanzen und Sämereien. Da alle diese
-Stoffe Staatseigentum sind, bestimmt der Staat, wie viel davon zur
-Verteilung gelangt. Sie werden ferner an die Einzelnen oder
-mindestens an die Gemeinden verteilt, also in geringeren Mengen,
-vor allem zur Ermöglichung einer freien Tätigkeit der Einzelnen.
-Auf diese Art z. B. werden Briefpapier, Kuverts und Korrespondenzkarten
-verteilt, die Frauen können so Stoffe und Gespinnste für
-Herstellung ihres Tandes erhalten. Da die Bedürfnisse sehr verschieden
-sind, werden alljährlich von den Einzelnen bei der Gemeindeverwaltung
-Anmeldungen erfolgen und reduziert auf den Verteilungsquotienten
-werden den Anmeldungen entsprechend die Stoffe geliefert,
-welche beansprucht werden. Im allgemeinen soll zwar eine
-Verteilung an die Individuen erfolgen. Mit Vorwissen der Staatsverwaltung
-können aber auch größere Quantitäten zur gemeinsamen Verarbeitung
-an Vereinigungen von Individuen erfolgen, wenn es evident
-ist, daß kein <ins class='correction' title='gemeinfährliches'>gemeingefährliches</ins> Unternehmen beabsichtigt ist, und größere
-Mengen werden auch an Vereine geliefert. Wegen Unterdrückung
-einer gemeinschädlichen Verwendung wird der Vorbehalt des Obereigentums
-des Staates an den verteilten Stoffen und an den daraus
-hergestellten Produkten vorgeschlagen. Hier ist nur von der Verteilung
-jenes Minimums die Rede, auf das jeder Anspruch hat. Bevorzugten
-und Hochverdienten, dann solchen Personen, welchen der
-Staat die Ausübung eines freien Berufs einräumt, wie Malern
-und Bildhauern, können im allgemeinen oder von Stoffen für ihren
-Beruf größere Mengen bis zum 10, 20 oder 100fachen des Verteilungsquotienten,
-<a href='#H_09_l_0'>VIII, 9, l,</a> zugewiesen werden, immer mit der
-Einschränkung, die der Staatszweck erfordert. Die Verteilung soll
-nämlich dem Fortschritte dienen, also der Erfindungsgabe eine Betätigung
-<span class='pagenum'><a id='Page_220' name='Page_220' href='#Page_220'>[220]</a></span>
-ermöglichen, aber nicht etwa zu einer Winkelproduktion
-führen, da die ausnahmslose Staatsproduktion und das ausnahmslose
-Staatseigentum, hier reduziert auf den Begriff des Obereigentums,
-nicht beeinträchtigt werden darf.
-</p>
-
-<p>
-Welche Stoffe und in welchem Gesamtausmaße sie verteilt
-werden können, ist Gegenstand der jährlichen Volksbeschlüsse.
-</p>
-
-<p id='H_05_0_0al'>
-Da die Erzeugnisse dieser freien Tätigkeit noch immer im
-Obereigentum des Staates stehen, ist eine eigenmächtige Außerlandesschaffung
-seitens der Erzeuger nicht statthaft, allein mit Erlaubnis
-der Staatsverwaltung können die Erzeuger dieser Produkte sie als
-Geschenk an Ausländer veräußern. Es wäre nur zu wünschen, daß
-das in einer unzweifelhaften Form erkennbar gemacht werden könnte.
-So wird in der Note zu <a href='#H_04_d_2'>VIII, 4, d, 2,</a>
-darauf verwiesen, daß auf Verlangen der Verfasser literarischer Werke Freiexemplare davon an
-Ausländer gesandt werden können. Da sollte nun auf den Freiexemplaren
-ersichtlich gemacht werden, daß sie mit Einwilligung der
-Staatsverwaltung auf Wunsch des Verfassers dem zu benennenden
-Empfänger ins Eigentum übertragen werden.
-</p>
-
-<p>
-Von diesen Konsumtibilien wird das Meiste vertrödelt werden,
-wie das ja auch heute der Fall ist. Aber so wird auch vieles
-Originelle hervorgebracht werden, was dann wieder Gegenstand der
-regelmäßigen Produktion wird. Nur um etwas Neues zu produzieren,
-brauchen wir Schaffensfreiheit, denn zur <em class='gesperrt'>Reproduktion</em>
-von Gegenständen, die der Begabte erfunden hat, ist organisierte
-Arbeit nicht nur brauchbar, sondern ökonomischer als die freie Tätigkeit.
-Die Organisation der Arbeit darf aber nicht so weit gehen,
-daß dadurch alle erfinderische Initiative unterdrückt würde und wie
-das mit der ausschließlichen staatlichen Produktion vereinbar ist, ist
-in diesem Abschnitte dargestellt worden.
-</p>
-
-<p>
-Innerhalb der engen Grenzen einer Gemeinde oder eines
-Quartiers ist eine Kontrolle zur Verhütung von Unfug leicht ausführbar.
-Sollte aber jemand sich eines Mißbrauches schuldig machen,
-so hätte er zu besorgen, daß er von solchen Verteilungen in Zukunft
-ausgeschlossen würde. Da im Kollektivstaate diese Verteilungen so
-eingerichtet werden sollen, daß jedermann beteiligt wird, werden die
-<span class='pagenum'><a id='Page_221' name='Page_221' href='#Page_221'>[221]</a></span>
-Anteile des Einzelnen ziemlich klein ausfallen. Das wird dann
-zur Folge haben, daß man mit diesen Dingen haushält und sich
-vor Verwüstungen hütet. Darauf muß übrigens auch die Erziehung
-gerichtet sein.
-</p>
-
-<p>
-Um eine gleichmäßige Verteilung zu sichern, obschon jeder
-Einzelne andere Dinge in Anspruch nehmen kann, wird es sich
-empfehlen, für alle zur Verteilung gelangenden Stoffe einen Vergleichswert
-zu ermitteln.
-</p>
-
-<h3 id='H_06_0_0'>
-6. Die Forschung.
-</h3>
-
-<p>
-Die Voraussetzung jedes Fortschrittes ist die Forschung und der
-Staat hat sie zu begünstigen. Zunächst ist es Aufgabe aller wissenschaftlich
-gebildeten Organe, sich der Forschung zu widmen, besonders
-aller Unterrichtspersonen. Den Lehrkräften an der Universität ist
-ebenso wie den Akademikern alles zu bieten, was sie zur Forschung
-brauchen. Die Bereitwilligkeit wird ebenso groß sein, wie heute,
-die Mittel aber werden viel reichlicher zu Gebote stehen. Ärzte und
-Pädagogen werden die ihnen vorgeschriebenen Beobachtungen zu
-sammeln haben und so werden sie sich der Forschung dienstbar
-machen. Außerdem wird der Staat durch Gründung wissenschaftlicher
-Vereine und durch Ermunterung der ganzen Bevölkerung zur
-Beteiligung an Forschungsarbeiten die Forschung fördern. Auch die
-Verteilung von Stoffen, wovon im vorhergehenden Abschnitte die
-Rede war, wird vielen Gelegenheit bieten, Entdeckungen zu machen
-und Personen, die Interesse und Geschick an den Tag legen, werden
-unterwiesen werden, wie Forschungen angestellt werden und man
-wird ihnen soweit als tunlich Apparate und Instrumente zur Verfügung
-stellen.
-</p>
-
-<h3 id='H_07_0_0'>
-7. Die Kunst.
-</h3>
-
-<p>
-Aufgabe des Kollektivstaates ist es, jede Art von Kunst zu
-pflegen und zu fördern, dazu selbst Anregungen zu geben und gegebene
-Anregungen willig aufzunehmen. Es sind zu unterscheiden:
-a) schöpferische Kunst, b) Kunstreproduktion und c) Kunstgewerbe.
-</p>
-
-<h4 id='H_07_a_0'>
-a) Die schöpferische Kunst
-</h4>
-
-<p class='continue'>
-<span class='pagenum'><a id='Page_222' name='Page_222' href='#Page_222'>[222]</a></span>
-verträgt am wenigsten eine Beeinflussung, wenngleich die höhere
-Architektur sich eine solche immer auch hat gefallen lassen. Für
-Monumentalbauten und Denkmäler, aber auch für Dramen hat man
-wiederholt bestimmte Aufgaben gestellt und zu Preisbewerbungen
-aufgefordert, und den Preisbewerbern wurden mehr oder weniger
-beengende Vorschriften gemacht, ihnen ein Rahmen vorgezeichnet, an
-den sie sich zu halten hatten, und manches angeordnet, was in der
-Regel nur von der freien Wahl des Künstlers abhängt. Im allgemeinen
-aber gehört das Kunstwerk zu jenen freien Schöpfungen,
-die den Individualismus zur Voraussetzung haben.
-</p>
-
-<p>
-Der Staat nun fördert die schöpferische Kunst durch Spezialunterricht,
-durch Ausstellungen und Vorführung von Werken der
-Kunst, wodurch die Phantasie begabter Menschen befruchtet und angeregt,
-sie zur Entdeckung ihrer Gaben hingeleitet werden. Die
-Kunst wird gefördert durch die den Unterrichtspersonen gestellte Aufgabe,
-begabte Leute zu ermuntern und zur staatlichen Förderung
-vorzuschlagen. Sie wird ferner gefördert dadurch, daß den Begabtesten
-durch vermehrte Zugänglichmachung von Ausstellungen und
-Aufführungen, durch Beurlaubungen zum Zwecke höherer Ausbildung
-und durch Reisebewilligungen noch besondere Anregungen geboten
-werden. Die Beurlaubungen werden zunächst zeitlich begrenzt sein
-und nur in dem Maße ausgedehnt werden, als Begabung, Schaffenslust
-und schöpferische Anlagen klarer hervortreten. Sie kann aber
-bis zur dauernden Befreiung von jeder geregelten Arbeit ausgedehnt
-werden.
-</p>
-
-<p>
-Eine weitere Förderung erfährt der Dichter und Musiker durch
-Drucklegung beziehungsweise Aufführung seiner Werke. Die bildenden
-Künstler brauchen zur Ausübung ihrer Kunst vielerlei Stoffe und
-Geräte, welche gleichfalls der Staat zu liefern haben wird, soweit
-die Verteilungen allgemeiner Art nach <a href='#H_09_e_0'>VIII, 9, e,</a> nicht hinreichen.
-</p>
-
-<p>
-Endlich ist es der Lohn, der für <em class='gesperrt'>ausgezeichnete</em> Leistungen bewilligt
-wird, der die Kunst fördert. Über die Art, wie hervorragende
-Dienste belohnt werden, siehe <a href='#H_09_0_0'>VIII, 9.</a> In all dem aber wird sich
-<span class='pagenum'><a id='Page_223' name='Page_223' href='#Page_223'>[223]</a></span>
-der Staat hüten, das Urteil über künstlerische Leistungen zu monopolisieren,
-und es mag hier auf das verwiesen werden, was in
-VIII, 4, d, 1, <i>Alinea</i>: <a href='#H_04_d_1al'>»Um aber die«</a>, gesagt worden ist.
-</p>
-
-<p>
-Zu den edelsten Künsten müssen wir die Plastik und die Architektur
-rechnen, erstere insbesondere deshalb, weil sie die Phantasie
-mit allem befruchtet, was zur Veredlung der menschlichen Rasse
-dienen kann. Die Architekten werden besonders in den Städten
-Meisterwerke schaffen und der Staat dafür einen beträchtlichen Aufwand
-machen. Die Bildhauerkunst bedarf gar wenig Stoff; etwas
-Ton genügt, um ein Meisterwerk hervorzubringen, aber auch zur
-Ausführung plastischer Werke in edleren Stoffen kann ein sehr weitgehender
-Aufwand gemacht werden. Vom einfachen Tonprodukt bis
-zum kostbaren Marmor- und Bronzewerk gibt es viele Abstufungen
-materieller Kostbarkeit. Die edelsten Werke der Plastik nun wird
-die Staatsverwaltung oder sonst eine hierzu berufene Körperschaft
-oder eine Fraktion des Volkes in kostbarster Ausführung herstellen
-lassen.
-</p>
-
-<p>
-Gerade bei plastischen Werken ist eine mehrfache Reproduktion
-in mehr oder weniger kostbarer Ausführung möglich, und ehe viele
-Dezennien des Kollektivismus ins Land gegangen sein werden, wird
-nicht nur die Reichshauptstadt mit dem Rom des 4. Jahrhunderts,
-das ein Volk in Marmor beherbergte, wetteifern, sondern zahlreiche
-Nachbildungen werden in die kleinsten Ortschaften und die Wohnungen
-der Geringsten dringen, um jeden an das Schöne zu erinnern
-und den ästhetischen Sinn zu wecken, der nach und nach
-alles umgestalten und auf die <em class='gesperrt'>völlige Verdrängung alles Häßlichen</em>
-hinarbeiten soll. Ist doch die heutige Gesellschaftsordnung
-das Häßlichste von allem!
-</p>
-
-<p>
-Soll dereinst ein Geschlecht von Halbgöttern die Erde bewohnen,
-so wird die Kunst der Bildhauer nicht am wenigsten dazu
-beitragen.
-</p>
-
-<p>
-Die Reichshauptstadt soll dann ein großer Tempel werden, gemischt
-aus prachtvollen Bauten, Statuen, Hainen und Gartenanlagen,
-in welchen eine Fülle von Wasser sprudelt und in welchen jede
-Bodenerhebung benutzt ist, um den Reichtum der Formen zu vermehren.
-Nicht jenes sonderbare Gemisch von Protzentum und Elend
-<span class='pagenum'><a id='Page_224' name='Page_224' href='#Page_224'>[224]</a></span>
-wird man finden, das in unseren Großstädten einen widerlichen
-Eindruck macht, noch werden sich die Häuser aneinanderdrängen und
-von staubigen Straßen begleitet werden. Geleisanlagen und elektrische
-Fuhrwerke werden es möglich machen, auch die größten Verkehrsadern
-mit Vegetation zu schmücken, in die nur Kieswege für
-die Fußgänger eingelegt sind. Und jeder Raum soll zur Aufnahme
-von Skulpturen benutzt werden.
-</p>
-
-<p>
-Nicht nur die Statue, sondern auch das Basrelief und die
-Medaille werden ihre Pflege finden und in großer Anzahl vervielfältigt
-werden. Auch Gemälde und Stiche sollen nicht bloß in
-großen Sammlungen zu finden sein, sondern in die kleinsten Orte
-dringen, und die herrlichsten Zeichnungen nicht nur die Bücher
-schmücken, sondern Briefpapiere, Umschläge und das zu Umhüllungen
-bestimmte Papier bedecken. Für das Rohe und Gemeine soll kein
-Platz übrig bleiben und alle Materie in Verkörperung des Schönen
-aufgebraucht werden.
-</p>
-
-<p>
-Besondere Unterstützung wird der Staat der musikalischen Komposition
-und der Pflege der Musik zuteil werden lassen, welche zu
-fördern er gleichermaßen die größten Mittel hat.
-</p>
-
-<h4 id='H_07_b_0'>
-b) Kunstreproduktion.
-</h4>
-
-<p>
-Abgesehen von der Reproduktion der Werke der bildenden
-Künste in Abgüssen und Stichen wird der Staat die Aufführung
-von Werken der Musik und Dichtkunst vor großen Versammlungen
-zu veranstalten haben, und alle großen Säle werden dazu dienen.
-Besondere Schulen werden für die Ausbildung der darstellenden
-Künstler errichtet werden, und diese werden sich dann berufsmäßig
-der Ausübung ihrer Kunst widmen, eine besondere Gattung der geregelten
-Arbeit, wenn auch edlerer Art.
-</p>
-
-<h4 id='H_07_c_0'>
-c) Das Kunstgewerbe.
-</h4>
-
-<p>
-Das Gewerbe zu veredeln ist eine der wichtigsten Aufgaben des
-Kollektivstaates, und so wird er auch das Kunstgewerbe pflegen durch
-Schulen, Ausstellungen, Prämiierungen und Aufträge. Doch wird
-es in monarchischen Staaten insbesondere die Dynastie sein, welche
-dem Kunstgewerbe Anregungen geben und Aufträge zuwenden wird.
-<span class='pagenum'><a id='Page_225' name='Page_225' href='#Page_225'>[225]</a></span>
-Es handelt sich dabei hauptsächlich um die Ausschmückung von
-Bauten höherer Ordnung und insofern es Mobilien betrifft, um die
-Wohnungen der Bevorzugten, insofern es Stoffe angeht, um die
-Huldigung an die weibliche Schönheit.
-</p>
-
-<h3 id='H_08_0_0'>
-8. Die technische Erfindung.
-</h3>
-
-<p>
-Im 19. Jahrhundert hat sich das Genie der Menschen vorzüglich
-der technischen Erfindung zugewendet, welche die Entdeckungen
-der Wissenschaft der Wohlfahrt der Menschen dienstbar macht. Es
-war lange ein Gerede der Gelehrten, die Wissenschaft sei sich selbst
-genug, und es handle sich für sie nur um das Wissen, nicht darum,
-daß die Wissenschaft den Menschen irgend einen Nutzen schaffe.
-Daran ist nur so viel wahr, daß der Forscher sich nicht von irgend
-einem bestimmten Nützlichkeitsziele leiten lassen muß, daß er sich
-nicht damit zu rechtfertigen braucht, daß seine Forschung diesen oder
-jenen Nutzen schaffen werde. Niemand konnte wissen, was die Elektrizität
-einmal leisten werde, als man zuerst bemerkte, daß das geriebene
-Siegellack ein Stückchen Papier anzieht. Niemand konnte
-ahnen, wohin die Chemie gelangen werde, und wenn man den
-Forschern jener Zeit verwehrt hätte, ihre Zeit diesen Wissenschaften
-zu widmen, so wäre das sehr verkehrt gewesen. Aber der Wissenstrieb
-wird doch von der Erwartung geleitet, daß alles Wissen sich
-den Menschen auch nützlich machen wird.
-</p>
-
-<p>
-Erst im neunzehnten Jahrhundert hat man sich Mühe gegeben,
-die Ergebnisse der Wissenschaften in der Technik zu verwerten, und
-ohne die Arbeit der Forscher hätten die Techniker nicht erfinden
-können. Diese Erfindungen aber haben wieder unermeßliche Reichtümer
-geschaffen, wovon ein Teil wieder der Forschung geopfert wurde.
-</p>
-
-<p>
-Die Erfindung ist im letzten Jahrhundert vorzüglich durch die
-Erfinderpatente gefördert worden, welche dem Erfinder oder wenigstens
-seinem Förderer, dem Kapitalisten, einen großen Nutzen versprachen.
-Viele erfolgreiche Erfinder hätten ihre Zeit dem Nachdenken
-nicht gewidmet, wenn ihnen die Patente keinen Vorteil gesichert
-hätten, gewiß aber hätte kein Kapitalist die Mittel zu den
-Versuchen geboten, wenn es keine Privilegien gegeben hätte. Es
-<span class='pagenum'><a id='Page_226' name='Page_226' href='#Page_226'>[226]</a></span>
-wird nun zu untersuchen sein, wie im Kollektivstaat die technische
-Erfindung zu ermöglichen und zu belohnen sei.
-</p>
-
-<p>
-Der Kollektivstaat hätte es zwar nicht nötig, technische Erfindungen
-im Lande zu unterstützen, um am technischen Fortschritt
-teilzunehmen. Ja er wird schon darum allen Staaten der alten
-Gesellschaftsordnung im technischen Fortschritt voraneilen, weil er
-eben seiner Organisation wegen die im Auslande gemachten Erfindungen
-viel rascher einführen und viel intensiver ausnützen kann,
-als jene. Ob er nun ausländische Erfinder belohnt oder nicht,
-immer wird der Kollektivstaat auch von ausländischen Erfindungen
-mehr Nutzen ziehen, als das Ursprungsland. Auch die Belohnung
-der ausländischen Erfinder würde ihm kaum große Opfer auferlegen,
-weil er dem Erfinder eine Pauschalabfertigung ein- für allemal
-bieten würde und solche Abfertigungen immer niedriger bemessen
-werden als die Vorteile, die sich der Erfinder erst in langjährigem
-Kampfe durch den Absatz erobern muß. Dabei soll gar nicht in
-Betracht kommen, daß der auswärtige Erfinder nicht die Macht
-hätte, dem Staate die Einführung der Erfindung, soweit es sich
-nicht um eine Erfindung handelt, deren Wesenheit geheim gehalten
-werden kann, zu verwehren. Der Kollektivstaat soll sich dieses Vorteiles
-nicht bedienen. Er macht ja ohnehin den Gewinn, welchen
-im anderen Falle der Kapitalist macht, da er im Lande das ganze
-Kapital besitzt, überdies immer für einen gesicherten Absatz produziert.
-</p>
-
-<p>
-Allein der Kollektivstaat wird auch die Erfindung im Innern
-fördern, weil es der Ehrgeiz des modernen Staates ist, daß das
-Land sich in allem hervortue, und weil er den erfinderischen Köpfen
-im Lande es schuldig ist, daß er ihnen die Versuche ermöglicht und
-einen Vorteil sichert, der im Verhältnisse zu ihrem Einsatz an geistiger
-Arbeit und zu dem von ihnen geschaffenen öffentlichen Nutzen steht.
-</p>
-
-<p>
-So wird der Kollektivstaat jedem einheimischen (gewiß auch dem
-ausländischen) Erfinder, der eine Idee verfolgt, die auf Erfolg hoffen
-läßt, und der erfinderische Begabung an den Tag legt, die Mittel
-an die Hand geben, um Versuche zu machen, und hierin wird der
-Staat leisten, was heute der Kapitalist leistet. Er wird den Erfinder
-an eine Produktionsanstalt weisen, welche über das Erforderliche
-verfügt, und wird die Idee prüfen lassen. Handelt es sich um
-<span class='pagenum'><a id='Page_227' name='Page_227' href='#Page_227'>[227]</a></span>
-etwas, was bereits erfolglos versucht wurde, so wird man den Erfinder
-auf die gemachten Erfahrungen verweisen, unsinnige Projekte,
-wie die Herstellung des Perpetuum mobile, verwerfen und im übrigen
-erwägen, ob alte Ideen mit neuen originellen Mitteln angestrebt
-werden, oder neue fruchtbare Gedanken gefunden wurden. Gelingt
-eine Erfindung unter Beihilfe der Staatsverwaltung, so erwirbt der
-Staat das geistige Eigentum, weil es im Kollektivstaat kein Privateigentum
-gibt, weil ohne die materielle Unterstützung des Staates
-die Erfindung nicht hätte durchgeführt werden können, und weil von
-der Erfindung im Staate kein Gebrauch gemacht werben könnte,
-wenn der Staat sie nicht einführte, da er allein im Besitze der dazu
-erforderlichen materiellen Mittel ist. Dagegen würde der Staat dem
-Erfinder zu Dank verpflichtet sein, da er aus der Erfindung großen
-Nutzen zieht, und darum würde der Staat dem Erfinder eine Entlohnung
-zubilligen, die im Verhältnisse zu dessen Verdienst steht,
-und in welcher Form das geschehen kann, ohne das kollektivistische
-Prinzip zu verletzen, wird im Abschnitte <a href='#H_09_0_0'>VIII, 9,</a> dargestellt werden.
-</p>
-
-<p id='H_08_0_0al'>
-Da nun dem Staate das geistige Eigentum an der Erfindung
-zufällt, so erlangt er auch das Recht in den Staaten, welche noch
-Geldwirtschaft und Privateigentum haben, ein Patent in Anspruch
-zu nehmen, und wenn auswärtige Staaten dem Schwierigkeiten entgegensetzen
-würden, weil im <ins class='correction' title='Kollektivstaaat'>Kollektivstaat</ins> kein Patentschutz gewährt
-wird, so könnte der Kollektivstaat einen Vertrag mit einem solchen
-Staate dahin abschließen, daß er auf das Recht verzichtet, Erfindungen,
-die im anderen Staate Patentschutz genießen, ohne Erwerbung
-des Lizenzrechtes vom Patentinhaber einzuführen, wogegen
-der andere Staat sich verpflichtete, dem Kollektivstaate Patente unter
-denselben Bedingungen zu gewähren, wie einem Privaten. In dieser
-Form könnte im Kollektivstaat etwas den Privilegienpatenten Analoges,
-angepaßt dem Wesen des Kollektivismus, geschaffen werden.
-</p>
-
-<p>
-Wenn nun aber ein Staatsbürger bei der Bearbeitung einer
-Erfindung entweder gar keine Unterstützung des Staates notwendig
-hätte, da er entweder gar keiner materiellen Mittel bedürfte oder
-die nach Absatz <a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> zur Verteilung gelangenden Konsumtibilien
-ihm für seine Erfindungszwecke genügten, oder er durch Freunde
-und Genossen aus diesen Mitteln in den Stand gesetzt wurde, seine
-<span class='pagenum'><a id='Page_228' name='Page_228' href='#Page_228'>[228]</a></span>
-Erfindung zu vervollkommnen, so wäre doch der Grundsatz zu rechtfertigen,
-daß der Staat das geistige Eigentum in Anspruch nähme.
-Denn er behält sich bei Verteilung von Konsumtibilien das Obereigentum
-bevor und das Recht, den mit solchen Mitteln geschaffenen
-Nutzen für sich zu begehren. Denn die Verteilung der Konsumtibilien
-ist ja eben <em class='gesperrt'>deshalb</em> produktiv, weil das meiste zwar vertrödelt,
-in einigen Fällen aber doch nützliche Dinge geschaffen werden,
-auf die der Staat Anspruch machen kann. Und haben die Konsumtibilien
-dabei überhaupt gar nicht mitgewirkt, ist wirklich nur der
-geniale Gedanke hinreichend gewesen, um sofort und ohne den Umweg
-kostspieliger Versuche Nutzen zu schaffen, so ist es doch der
-Staat, der den Erfinder in der Jugend versorgt, erzogen, unterrichtet,
-ihm alle erdenklichen Anregungen vermittelt hat, auf die
-Gefahr hin, einen Krüppel durch viele Dezennien versorgen zu
-müssen, und hat der Staat jede Gefahr eines Menschenlebens auf
-sich genommen, so hat er offenbar Anspruch auf Anteil an dem
-Gewinne, den die menschliche Gesellschaft aus den Schöpfungen eines
-Menschen ziehen kann. Auch ist der erfinderische Gedanke nur ein
-letztes Glied in der Kette von unermeßlicher geistiger Arbeit vergangener
-Geschlechter. So wären ja die Maschinen unserer Zeit
-nicht denkbar, wenn nicht zahllose Erfindungen in vergangenen Jahrhunderten
-gemacht worden wären, die die Gewinnung und Verarbeitung
-von Eisen und Stahl ermöglichten. Der Erbe aller dieser
-geistigen Schätze, welche unsere Kultur ausmachen, ist für das Staatsgebiet
-der Kollektivstaat, und darum ist der Anteil an dem neuen
-Gute, den der Erfinder hat, doch immer nur ein winziger.
-</p>
-
-<p>
-Würde der Kollektivstaat das geistige Eigentum an den Erfindungen
-nicht in Anspruch zu nehmen oder wenigstens durch Anweisung
-von Vorteilen zu expropriieren berechtigt sein, so könnten
-neben ihm wirtschaftliche Mächte im Staate selbst entstehen, die die
-kollektivistische Gesellschaftsordnung in Frage stellen, und wenn diese
-Gesellschaftsordnung ein so großes Gut ist, wie ich dafür halte, so
-muß der Staat sie gegen jedes Privatinteresse verteidigen können.
-</p>
-
-<p>
-Wollte aber der Erfinder sich diesen Gesetzen nicht fügen und
-lieber auswandern, um im Auslande jene pekuniären Vorteile zu
-erwerben, die dem Erfinder in so reichem Maße zufallen können, so
-<span class='pagenum'><a id='Page_229' name='Page_229' href='#Page_229'>[229]</a></span>
-wäre das zwar ein Beweis von Undankbarkeit, man könnte aber die
-Auswanderung nicht hindern, würde den Erfinder aber dann als
-Ausländer betrachten, dem man die Rückkehr in die Heimat verwehren
-kann.
-</p>
-
-<p>
-Es entsteht noch die Frage, ob dem Erfinder, wenn der Staat
-ausländische Patente nicht erwerben kann, oder nicht erwerben will,
-gestattet werden könnte, für sich ausländische Patente und so Privateigentum
-im Auslande zu erwerben. Dem steht offenbar nichts im
-Wege, weil der Kollektivbesitz des Staates dadurch nicht berührt
-wird. Das Geld, das der Erfinder im Auslande erwirbt, hat im
-Inlande keinen Wert, er kann damit auch nichts von alledem erwerben,
-was der Kollektivstaat besitzt. Weshalb aber soll der Kollektivbürger
-nicht im Auslande auch Privateigentum haben und dort
-Güter und Häuser besitzen, Gelder anlegen und Gewerbe betreiben?
-Im Inlande müßte er für das, was er bezieht, Arbeit leisten, oder
-er müßte, wie jeder im Kollektivstaate reisende Fremde dafür aus
-den im Auslande gewonnenen Mitteln Ersatz in Geld leisten und
-er wäre dann ganz im Verhältnisse eines Ausländers nur mit Vorbehalt
-seines Heimatsrechtes, wenn er desselben nicht verlustig erklärt
-wird. Man muß aber erwarten, daß die Vaterlandsliebe des
-Kollektivbürgers groß genug sein wird, ihn zu bestimmen, in dem
-ursprünglichen Verhältnisse zum Staate zu bleiben und sich mit jener
-Form des Lohnes zu begnügen, den der Kollektivstaat bietet und
-der im größten Ausmaße ein voller Ersatz für alles Einkommen
-sein muß, das man aus dem unermeßlichsten Vermögen zu ziehen
-vermöchte.
-</p>
-
-<p>
-Anfangs werden viele auswandern, wenn sie große Vermögen
-erwerben können. Aber ist damit der Verzicht auf die Staatsbürgerschaft
-verbunden, so werden viele solcher Abenteurer im Auslande
-verkommen und sie werden anderen ein warnendes Beispiel
-geben.
-</p>
-
-<p>
-Wie sich zwei Kollektivstaaten mit einander über Erfindungen
-verstehen, die im Bereiche des einen gemacht werden und wovon der
-andere Gebrauch machen will, wird von Abmachungen zwischen ihnen
-abhängen. Es ist aber anzunehmen, daß sie sich wechselseitig freie
-und kostenlose Einführung gestatten, weil dabei bald der eine bald
-<span class='pagenum'><a id='Page_230' name='Page_230' href='#Page_230'>[230]</a></span>
-der andere Staat im Vorteil sein wird und es nicht dafür steht,
-diesen Vorteil festzustellen und auszugleichen.
-</p>
-
-<p>
-Diese internationalen Beziehungen werden hier erörtert, weil
-das Erfinderwesen am ehesten eine Möglichkeit eröffnet, auch im Auslande
-große und plötzliche Erfolge zu erringen. Allein jeder sehr
-bedeutende Mann wird sich die Fähigkeit zutrauen, auch in einem
-Staate anderer Gesellschaftsordnung sein Fortkommen zu finden.
-Und so mag auch der Forscher und Künstler oder das Verwaltungstalent
-sich die Frage vorlegen, ob er nicht größeren Lohn für seine
-Leistungen fände, wenn er in ein Land der alten Gesellschaftsordnung
-übersiedelte. Er würde zwar unangenehm berührt werden vom
-geschäftlichen Leben im Geldlande, von dem Schacher um alles,
-von den Gefahren für Eigentum, Leben und Gesundheit, von dem
-Elende, das ihn abstößt, von den vielen Beispielen, daß auch die
-<ins class='correction' title='Tüchtigstem'>Tüchtigsten</ins> nach kurzem Glücke versinken und in Schande untergehen.
-Allein wir können nicht leugnen, daß an die Tüchtigsten
-die Versuchung herantreten muß, das beschränkte Leben im Kollektivstaate
-aufzugeben und daß gerade die Krüppel und Kranken hübsch
-zu Hause bleiben werden.
-</p>
-
-<p>
-Allein daran ist doch nicht zu denken, daß alle Tüchtigen auswandern,
-nur etwa einige besonders geniale Menschen können daran
-denken und die Mittel, die Verpflichtungen gegen die Versicherten
-einzuhalten, werden dadurch nicht beeinträchtigt. Und was die Schöpfungen
-dieser Großen anbelangt, so sind sie zumeist von der Art, daß
-sie allen Ländern nützen und es sind wesentlich internationale Werte,
-welche diese Menschen schaffen. Der Kollektivstaat wird an dem
-größeren Nutzen, den solche Menschen schaffen, immer auch einen
-Anteil erlangen und er wird so viele hervorragende Talente heranbilden,
-daß es ganz unmöglich wäre, ihnen allen im Auslande Stellen
-zu schaffen. Und selbst solche, die auf geschäftliche Vorteile im Auslande
-mit Sicherheit rechnen könnten, werden doch durch Liebe zum
-Vaterlande, durch verwandtschaftliche Verbindungen und durch Gewohnheit
-im Lande festgehalten werden. Gewöhnt, überall sich zu
-Hause zu fühlen, überall Zutritt zu haben, an allem mitinteressiert
-zu sein, wird dem Kollektivisten das Leben im Geldstaate verwunderlich
-erscheinen. Gebannt in seine vier Mauern, fremd unter Fremden,
-<span class='pagenum'><a id='Page_231' name='Page_231' href='#Page_231'>[231]</a></span>
-von allen beneidet und angefeindet, von Intriguen verfolgt, wird sich
-jeder wieder nach Hause sehnen und die Auswanderungslust wird gewiß
-nicht sehr um sich greifen. Wer Nachkommen hat, wird sich auch
-wohl bedenken, sie all' den Gefahren auszusetzen, denen sie im Auslande
-begegnen. Er hat zu besorgen, daß sie allem Laster verfallen,
-in schlechte Gesellschaft geraten, geheime Krankheiten erben
-und ein Leben ohne Arbeit suchen, ein Leben, das ihm verächtlich
-scheinen muß.
-</p>
-
-<p>
-Es ist jetzt an der Zeit zu prüfen, was der Kollektivstaat den
-Tüchtigsten seiner Bürger zu bieten hat und daraus wird sich ergeben,
-daß sie keinen Grund haben, hinauszustreben.
-</p>
-
-<h3 id='H_09_0_0'>
-9. Die Anerkennung der Verdienste höheren Grades
-im Kollektivstaate.
-</h3>
-
-<p>
-Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, daß der Kollektivismus
-eine mechanisch gleiche Verteilung der Genüsse zur Folge haben
-müsse. Das ist durchaus nicht richtig. Man kann nur eine verhältnismäßige
-Gleichheit fordern. Nun behauptet man zwar, diese
-bestehe ja ohnehin schon in unserer Gesellschaftsordnung, da der Begabte,
-Fleißige und Leistungsfähige immer im Staate vorwärts komme.
-Diese Anschauung ist aber grundfalsch.
-</p>
-
-<p>
-Zunächst ist der Erbe eines Vermögens von jener Regel ausgenommen.
-Er genießt nicht nur ohne hervorragende Verdienste
-weit mehr als ein Minister, sondern sogar ohne jede Arbeit, <i>fructus
-consumere <em class='gesperrt'>natus</em></i>. Aber auch unter jenen, die arbeiten und nur
-Lohn empfangen, erhält nicht jener einen Vorzug, der größere Verdienste
-um das Volk hat, sondern jener, der größere Verdienste um
-die Erbgesessenen sich erwirbt. Da aber diese Drohnen sind, welche
-ohne Arbeit genießen, so sind Verdienste um solche Leute im <em class='gesperrt'>volkswirtschaftlichen</em>
-Sinne ganz wertlos.
-</p>
-
-<p>
-Zwei Ärzte von gleicher Geschicklichkeit werden geholt, zwei Verunglückten
-das gebrochene Bein einzurichten. Beide machen sich um
-ihren Patienten gleich verdient, brauchen dieselben Kenntnisse, legen
-dieselbe Mühe, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit an den Tag. Der
-eine wird mit 10 Mark, der andere mit 1000 Mark belohnt. Wäre
-<span class='pagenum'><a id='Page_232' name='Page_232' href='#Page_232'>[232]</a></span>
-bei gleicher Begabung, Fleiß und Leistung der Lohn, den die heutige
-Gesellschaft bezahlt, gleich, so müßten beide Ärzte den gleichen Lohn
-empfangen. Warum erhält der eine Arzt den hundertfachen Lohn
-von jenem, den sein ebenso verdienter Kollege erhält? Weil er
-Hausarzt eines <ins class='correction' title='Börsenjoppers'>Börsenjobbers</ins> ist, der andere ein Kassenarzt. Es ist
-also eine Lüge, wenn man sagt, unsere Gesellschaftsordnung entlohnt
-nach Verhältnis des Verdienstes.
-</p>
-
-<p>
-Man fordert in der heutigen Gesellschaftsordnung Parteinahme,
-Parteinahme gegen die Armen, für die Kirche, für den Adel, für
-die reichen Bürger, für eine einflußreiche Partei; wer nur an das
-Volk denkt, wird selbst verfehmt, ob er Talent hat, oder nicht.
-</p>
-
-<p>
-Es ist also unwahr, daß in unserer Gesellschaftsordnung die
-Güter nach Verdienst und Begabung verteilt werden. Auf alle
-Fälle kann es sich nur um Verdienste um die herrschenden Klassen
-handeln und auch da wird der Knecht eines Wucherers, Arbeitsschinders,
-Hochstaplers immer noch besser fahren, als selbst derjenige,
-der einem ächten Aristokraten oder gewissenhaften Monarchen seine
-Dienste weiht, wie wir im Falle Humbert und in vielen anderen
-Fällen erlebt haben. Selbst redliche Leute verdienen, wenn auch im
-guten Glauben, am leichtesten, wenn sie das Wohlgefallen verbrecherischer
-Naturen erwerben und wenn sie, obgleich unbewußt, den
-abscheulichsten Betrügereien Vorschub leisten.
-</p>
-
-<p>
-Wir wollen nur auf jene Erfahrungen hinweisen, die man in
-den letzten Dezennien gemacht hat, auf den Panamaschwindel, auf
-zahllose Eisenbahnschwindeleien, auf die Trebertrocknungsaktiengesellschaften,
-auf Jauner, Jellineck, Drozd, Alberti, auf Börsenschwindeleien,
-in welchen viele Milliarden von unlauteren Menschen eingesackt
-wurden und an allen diesen betrügerisch erworbenen Vermögen
-bereicherten sich indirekt ganze Scharen von Gelehrten, Anwälten,
-Verwaltern, Ärzten, Baumeistern, Malern, Architekten, Bildhauern,
-Juwelieren und Kleidermachern um die Wette mit Lustdirnen, mit
-welchen man erstere auf ein und dieselbe Stufe stellen müßte, denn
-sie waren ebenso käuflich.<a name='FA_37' id='FA_37' href='#FN_37' class='fnanchor'>[37]</a>
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_233' name='Page_233' href='#Page_233'>[233]</a></span>
-Aber wir brauchen, um die Ungerechtigkeit und die ökonomische
-Verkehrtheit der Verteilungen in unserer Gesellschaftsordnung zu
-kennzeichnen, gar nicht auf solche angeblich anormale, in Wirklichkeit
-doch für diese Gesellschaftsordnung normale Verhältnisse hinzuweisen.
-Denken wir nur an den gemeinen Taglohn, der in Böhmen, Mähren
-und Galizien, und insbesondere in Italien 30, 50 bis 70 Heller,
-in Steiermark, Kärnten, Krain und Tirol, wo Bauernwirtschaft
-vorherrscht, von 1 Krone 50 Heller bis 3 Kronen, in Nordamerika
-3 Kronen bis 6 Kronen beträgt, wobei allerdings der arme Pole,
-bis zum Skelett abgemagert, etwa um ein Drittel weniger als ein
-Tiroler Bauernknecht, dieser aber nicht viel weniger als ein nordamerikanischer
-Knecht leistet, worin sich aber wieder nur die soziale
-und ökonomische Verderblichkeit unserer heutigen Gesellschaftsordnung
-erweist, denn der Pole erhält nicht weniger Lohn, weil er weniger
-arbeitet, sondern er kann nicht viel leisten, weil er verelendet ist.
-</p>
-
-<p>
-Die Meinung nun, daß Lohn und <ins class='correction' title='Entgeld'>Entgelt</ins> im Kollektivstaate
-mechanisch gleich sein müsse, ist offenbar irrig, aber die große Verdienstlichkeit
-der Individuen wird nach keinem anderen Maßstabe bemessen
-werden, als nach dem Verhältnisse des Nutzens, den eines
-Menschen Leistungen für das gesamte Volk haben. Davon wird auch
-dort keine Ausnahme zu machen sein, wo noch die Monarchie und
-etwa eine Anzahl adeliger Familien fortbestehen werden, weil Monarch
-und Adel nur des Volkes wegen, nicht aber wegen ihrer persönlichen
-Interessen fortbestehen dürfen.
-</p>
-
-<p>
-Die Vorteile, welche für größere Verdienste und für größere
-Nützlichkeit bewilligt werden können, sind verschiedener Art und sollen
-hier der Gattung nach zur Erörterung kommen, ihre Verteilung und
-ihr Gesamtmaß wird von den Volksbeschlüssen abhängen.
-</p>
-
-<h4 id='H_09_a_0'>
-a) Das Arbeitsleitungsrecht.
-</h4>
-
-<p>
-Es ist natürlich, daß der Tüchtigere damit betraut wird, die
-Arbeit der minder Tüchtigen zu leiten und diese Leitung, welche im
-Interesse des <ins class='correction' title='Volks'>Volkes</ins> zu handhaben ist, ist ein Vorrecht, welches an
-und für sich schon als ein Teil des Lohnes für größere Leistung in
-Betracht kommt. Bei den gemeinsten Arbeiten des Feldbauers und
-in der Fabrik wird man einer Organisation bedürfen, welche Abstufung
-<span class='pagenum'><a id='Page_234' name='Page_234' href='#Page_234'>[234]</a></span>
-des Leitungsrechtes einzelner Personen voraussetzt. Dieses
-Leitungsrecht wird den Tüchtigeren und Verdienteren übertragen, sei
-es, daß dabei Körperkraft und Ausdauer, oder Aufmerksamkeit, Umsicht
-und Geschicklichkeit, oder Selbstverleugnung mehr in Anschlag
-zu bringen sein wird. Daß nun eine Person zur Arbeitsleitung in
-irgend einem Grade berufen wird, wird immer als Lohn in Betracht
-kommen. So wird der Tüchtigere als Vorarbeiter (Oberknecht,
-Partieführer, Werkführer), Abteilungsleiter, technischer Verwaltungsbeamter
-in den verschiedensten Abstufungen ein von Stufe zu
-Stufe ausgedehnteres Verwaltungsrecht haben und schon in diesem
-Amte als solchem eine Anerkennung seiner größeren Verdienstlichkeit
-mit finden. Das Verwaltungsbefugnis bringt das Recht der Arbeitszuteilung,
-der Begutachtung der Leistungen und innerhalb gewisser
-Grenzen auch das Recht Begünstigungen zuzuerkennen, mit sich.
-Das Leitungsrecht erstreckt sich in den untersten Stufen auf wenige
-Untergebene und befreit den damit Betrauten nicht von den gemeinen
-Arbeiten, wird aber beim Verwaltungsbeamten höherer Ordnung zu
-einer Verteilungsarbeit mit immer wachsender Zahl der Untergebenen,
-welche auch nach Hunderttausenden und Millionen zählen
-können. Für die zur Verwaltung Berufenen ist mit einem solchen
-Amte das Gefühl größerer Verantwortung, mit der erfolgreichen
-Lösung der Aufgabe das Gefühl der edelsten Befriedigung verbunden.
-</p>
-
-<h4 id='H_09_b_0'>
-b) Ehrenvorzüge.
-</h4>
-
-<p>
-Das Recht innerhalb genau umschriebener Grenzen von Untergebenen
-Gehorsam beanspruchen zu können, ist ein Vorzug, den der
-Tüchtigere an sich zu schätzen weiß. Darum wird es sich aber doch
-auch empfehlen, jedem Vorgesetzten, in verschiedenen Abstufungen zur
-Verwaltung Berechtigten (oben <a href='#G_05_a_0'>a</a>), Ehrenvorzüge einzuräumen, weil
-es sonst auch an Gehorsam fehlen wird. Der erste Ehrenvorzug
-niederster Art wird das Recht in sich schließen, den Gruß und Vortritt
-in Anspruch zu nehmen und ein unterscheidendes Merkmal in der
-Kleidung zu tragen, welches die Rangstufe auch dem Fremden anzeigt,
-wobei man aber nicht an Pfauenfeder und Roßschweif zu
-denken hat. Es soll möglichst einfach, aber weithin erkennbar sein.
-<span class='pagenum'><a id='Page_235' name='Page_235' href='#Page_235'>[235]</a></span>
-Es ist auch nicht einzusehen, weshalb ein solcher Staat auf Ehrenzeichen
-anderer Art, analog den Orden unserer Tage ganz verzichten
-sollte. Das Lächerliche unserer Orden liegt nicht im Wesen des
-Ehrenzeichens, sondern in der Art der Verdienste, welche damit belohnt
-werden.
-</p>
-
-<p>
-Ehrenvorzüge höherer Art können in einem gewissen Zeremoniell
-ihre Bestimmung finden. Die Päpste haben in den ältesten Zeiten
-nach allgemeiner Anerkennung ihres Primates Forderungen zeremonieller
-Art gestellt, welche als Ehrenvorzüge zu betrachten sind. Sie
-erschienen allerdings verwerflich, weil auch der beste Papst keine Verdienste
-um Volk und Menschheit hatte und weil auch Mörder, Betrüger
-und Diebe, deren sich viele unter den Päpsten fanden, auf
-dieselben Ehrenvorzüge Anspruch erhoben und sie auch heute noch
-zugestanden erhalten würden, wenn ein solcher Verbrecher wieder,
-wie im Mittelalter und in der ersten Hälfte der neueren Zeit, zur
-Papstwürde gelangte. Wenn nun auch von Kniebeugungen und
-solchen mit der Menschenwürde ganz unvereinbaren Ehrenbezeigungen
-und von lächerlichen Titulaturen keine Rede sein dürfte, so wird es
-sich doch empfehlen, gewisse Höflichkeitsbezeigungen der Untergebenen
-ihren Vorgesetzten gegenüber sowohl individuell, wie auch korporativ
-einzuführen. Ich möchte nur erwähnen den Empfang bei Antritt
-eines Amtes, bei der Rückkehr nach längerer Abwesenheit, bei der
-Jahreswende, nach zehnjähriger oder mehrjähriger Amtsführung und
-für ganz besondere Verdienste, wenn auch außerhalb der reinen amtlichen
-Tätigkeit, bei Todesfällen Trauerfeierlichkeiten besonderer Art,
-Nekrologe und selbst die Stiftung von Anniversarien, wovon aber die
-feierlichsten durch Volksbeschluß zuerkannt werden sollen.
-</p>
-
-<p>
-Ehrenvorzüge, die einen Aufwand verursachen, muß das Volk
-entweder im einzelnen oder im allgemeinen genehmigen, im allgemeinen
-durch Erteilung einer Vollmacht an die Verwaltung.
-</p>
-
-<h4 id='H_09_c_0'>
-c) Das Vorrecht der Wahl.
-</h4>
-
-<p>
-Zu den Vorzügen, welche den Verdienten eingeräumt werden
-können, gehört das Vorrecht der Wahl und des Zuvorkommens.
-Schon in den kleinsten Verteilungen wird sich Gelegenheit bieten,
-es geltend zu machen. So sehr auch die Stuben in den Schlafhäusern
-<span class='pagenum'><a id='Page_236' name='Page_236' href='#Page_236'>[236]</a></span>
-sich gleichen mögen, werden sie doch einen verschiedenen Wert
-haben, Nachbarschaft, Aussicht, Schatten- und Sonnenlage werden
-darauf Einfluß haben, aber auch sonst wird sich mit der Zeit eine
-Verschiedenheit herausbilden, die nicht beabsichtiget war. Zimmerschmuck,
-Mobiliar und anderes werden dazu beitragen. So ist es
-mit Stoffen für die Kleidung und vielem anderen. Wer nun einen
-Vorrang hat, wird andern gegenüber wählen können. Ebenso den
-Platz bei Tisch zu wählen wird sich als ein schätzenswertes Vorrecht
-erweisen. Inwiefern der Besitz, dieses Wort nicht im Sinne von
-vermutetem Eigentum gebraucht, stärker ist, als das Wahlrecht, wird
-die Verteilungsnorm bestimmen. Bei Versetzungen wird auch dieses
-Wahlrecht der Verdienteren entscheiden. Ebenso wird, wenn Verwaltungsinteressen
-nicht im Wege stehen, es das Vorrecht des Verdienteren
-sein, sich die Zeit zu wählen für den Antritt des jährlichen
-Urlaubs, die Wahl der Reiserichtung, der Theaterstücke und dergleichen
-zu beanspruchen. Auch das Recht Zeitungen früher zur
-Hand zu nehmen, neu erschienene Bücher früher zu lesen usw. gehört
-hierher und das Vorrecht, seine Ansicht in öffentlichen Blättern geltend
-zu machen, wenn nicht alle gehört werden können. Auch dieses
-Wahlrecht wird es wünschenswert erscheinen lassen, auf der Stufenleiter
-der Verdienten vorwärts zu kommen. Und hier ist noch immer
-von keinem <em class='gesperrt'>Aufwande</em> für die Belohnung größerer Dienste die
-Rede.
-</p>
-
-<h4 id='H_09_d_0'>
-d) Vorzüge in Beziehung auf die Wohnung.
-</h4>
-
-<p>
-Wenn diese Vorzüge auch nicht beträchtlich sein werden, so wird
-man doch den Personen von höherem Beamtenrang eine Wohnung
-einräumen, welche mehr Behagen und ästhetischen Genuß bietet,
-wenngleich zu bedenken ist, daß an diesen Vorzügen auch die Familienglieder
-teilnehmen, welche sich darum nicht verdient gemacht haben.
-Jedenfalls wird schon in den untersten Gemeinden dem Verwaltungsbeamten,
-dem Arzte, Pädagogen und den Lehrern eine Amtswohnung
-zuzumessen sein, die sich vorteilhaft von den Wohnungen der Feld-
-und Industriearbeiter unterscheidet, sowohl was den Raum als was
-die Ausschmückung und das Mobiliar anbelangt. Der Verwaltungsbeamte
-soll auch besondere Empfangsräume haben, wie ihm auch
-<span class='pagenum'><a id='Page_237' name='Page_237' href='#Page_237'>[237]</a></span>
-Einladungen zu erlassen die Gelegenheit geboten werden soll. Dieser
-Vorzug in der Wohnung steigert sich sehr erheblich durch alle Stufen
-der Hierarchie, und nicht nur für Verwaltungsbeamte, sondern auch
-für andere Kategorien hervorragender Männer und Frauen, Ärzte,
-Gelehrte, Künstler, Erfinder, welchen auch der Vorzug zufallen wird,
-in Wohnansiedlungen höherer Art oder in der Residenz bleibend zu
-wohnen. Auch da handelt es sich kaum um einen großen Aufwand,
-weil am meisten wohl die Zuweisung von bereits bestehenden Prachtwohnungen
-und Mobilien in Betracht kommen wird, welche ihrer
-Natur nach nicht unter alle verteilt werden <em class='gesperrt'>können</em>.
-</p>
-
-<h4 id='H_09_e_0'>
-e) Vorzüge in Beziehung auf Kleidung.
-</h4>
-
-<p>
-Auch in Beziehung auf Kleidung kann man den Verdienten
-große Vorzüge einräumen. Das gilt besonders von Männern, denn
-bei Frauen und Mädchen wird man vielleicht Jugend und strahlende
-Schönheit für Verdienst müssen gelten lassen, wo die Verteilung
-von Kleiderstoffen und Zier in Frage kommt. Ein größerer Aufwand
-wird gewiß gemacht werden für Bekleidung derjenigen, die
-sich hervortun, als der Geringere wird beanspruchen können.
-Besondere Pracht der Festgewänder wird man den Hervorragendsten,
-den höchsten Staatsbeamten, Akademikern und Professoren und Jenen,
-die durch Erfindung in Kunst, Wissenschaft und Technik ihnen
-gleich geworden sind, zugestehen, wobei aber wohl mehr an die
-Tracht eines Dogen von Venedig als an eine Uniform unserer
-Tage wird zu denken sein. Es wird niemand daran Anstoß nehmen,
-wenn die Verteilungsgesetze bestimmen, daß die Kleider der männlichen
-Bevölkerung aus Loden, die der Verwaltungsbeamten, Ärzte
-und Lehrer aus feinstem Kammgarn zu machen seien und das wäre
-eine Ungleichheit, die mit dem heutigen Unterschiede zwischen arm
-und reich gar keine Ähnlichkeit hätte.
-</p>
-
-<h4 id='H_09_f_0'>
-f) Vorzüge in Beziehung auf Nahrung.
-</h4>
-
-<p>
-Die trivialste Gier ist Genäschigkeit und Sucht nach Trüffeln
-und Austern und Bordeau. So lange die Menschen aber danach
-jagen, wird man auch Gelehrte wie Fettgänse zu stopfen nicht anstehen.
-Es wird aber die Zeit wohl kommen, wo man sich dieses
-<span class='pagenum'><a id='Page_238' name='Page_238' href='#Page_238'>[238]</a></span>
-Vorzuges schämen wird. Wünschen muß man, daß der Geschmack
-sich ändere und daß Jedermann, auch der berühmte Künstler nur
-ißt und trinkt, was ihm bekommt und das kann nichts anderes sein,
-als was auch dem Feldarbeiter bekommt. Dazu gehören schwere
-Weine gewiß nicht und Austern auch nicht. Doch braucht man im
-ersten Jahrhundert der neuen Zeit sich daran nicht zu stoßen, wenn
-es Leute gibt, die ihren Lohn in Tokaier und Kaviar ausbezahlt
-erhalten wollen, wenn sie ihn nur nicht in <ins class='correction' title='Baarem'>Barem</ins> verlangen. Die
-Frage, ob geistige Arbeit mehr Fleischnahrung als körperliche Arbeit
-und den Genuß von Spirituosen und anderer Stimulantien bedinge,
-soll hier nicht gelöst werden. Man hört auch ganz entgegengesetzte
-Urteile und fordert Askese für diejenigen, welche der größten
-geistigen Anstrengung gewachsen sein sollen. Die staatlichen Verteilungsgrundsätze
-werden <ins class='correction' title='Nimand'>Niemand</ins> versagen, was sein Beruf erfordert.
-</p>
-
-<h4 id='H_09_g_0'>
-g) Das Vorrecht in Beziehung auf einen eigenen Hausstand.
-</h4>
-
-<p>
-Wenn die allgemeine Regel gilt, daß in Gemeinde und Quartier
-Jedermann für den Staat arbeitet, auch die Ehefrau und die
-Mädchen in der Familie, so wird man es zu den größten Vorrechten
-für hervorragende Personen, zu welchen auch die Erfinder
-gehören, rechnen, einen eigenen Hausstand zu halten, den man sich
-unter Umständen auch wandernd denken kann, von Stadt zu Stadt
-und von Schloß zu Schloß. Dabei allerdings sollen die in der
-Familie heranwachsenden Kinder nicht daran gewöhnt werden, sich
-für Kinder besserer Leute zu halten. Es wird dafür zu sorgen sein,
-daß der Glanz, in dem der Vater lebt, nicht auch die Kinder bestrahlt,
-welche sich Verdienste erst erwerben müssen und eine solche
-Unterscheidung der Familienglieder wird sich sehr leicht durchführen
-lassen. Auf die Begünstigung des besonderen Hausstandes dürfen
-aber nur Wenige, einige Tausende, aber nicht Hunderttausende Anspruch
-machen und man wird bald bemerken, daß das Verlangen
-danach ausstirbt und daß die absolute Freiheit des Kollektivismus
-mehr Bestechendes hat, als die Sorge für einen Hausstand und viele
-Gäste, die man in monarchischen Staaten recht gerne dem Hofe und
-dem berufsmäßig dafür bestimmten Adel wird überlassen wollen.
-Man wird lieber ein überall gern gesehener Gast sein, denn als Gastgeber
-<span class='pagenum'><a id='Page_239' name='Page_239' href='#Page_239'>[239]</a></span>
-&mdash; besonders als Gastgeber auf Staatskosten &mdash; geknechtet
-sein und auch auf das Vorrecht des eigenen Hausstandes wird man
-nach und nach weniger Gewicht legen.
-</p>
-
-<h4 id='H_09_h_0'>
-h) Vorrechte in Beziehung auf Geselligkeit.
-</h4>
-
-<p>
-Dieses Vorrecht hängt mit dem oben besprochenen zusammen,
-insofern man unter Geselligkeit das Vorrecht versteht, ein geselliges
-Haus zu führen, wozu ja auch der Staat den Größten, sagen
-wir einem Akademiker oder Minister, die Mittel bieten kann. Viel
-wichtiger als dieses Recht wird das so mannigfaltig abgestufte Recht
-sein, an geselligen Vereinigungen als Gast Anteil zu nehmen. Dieses
-Recht kann in Städten und in der Residenz in einem viel größeren
-Umfange genossen werden, als in den kleinen Orten, wo die überwiegende
-Masse des Volkes und die unteren Organe der Staatsverwaltung
-wohnen. Wenngleich jeder Bergknappe und Weber das
-Recht haben muß, überall Zutritt zu finden, um seinem Könige die
-Hand zu drücken (das <i><ins class='correction' title='shake-hand'>shake-hands</ins></i> im Weißen Hause) und dem
-Treiben in den Sälen der Hochadeligen anzuwohnen, so wird ihm
-das nicht oft zuteil werden können, da sich zeigen wird, daß er nur
-3 oder 4 Mal im Leben nach der Hauptstadt kommen kann und
-seine 14tägigen Urlaube ihm noch andere Vergnügungen bieten
-müssen, als bloß den Besuch großer Gesellschaften. Anders ist die
-Lage der bedeutendsten Männer und Frauen, die in der Residenz
-und den größten Städten wohnen und welche dort heimisch werden,
-wo jene nur selten den Fuß hinsetzen können. Und man darf wohl
-sagen, daß Schönheit, Grazie und Geist den Frauen ebenso Bedeutung
-verleihen kann, wie Kunst und Wissenschaft den Männern.
-Denn wer könnte sich einen in Licht erstrahlenden Saal denken, in
-dem das weibliche Element nur durch bleiche Schriftstellerinnen oder
-kurzsichtige Mikroskopforscherinnen vertreten und das weiblich-<ins class='correction' title='ästethische'>ästhetische</ins>
-Element nur geduldet wäre? Aber darum wird man doch nirgends
-das degradierte Weib, die Pompadour oder Dubarry finden, denn
-Schönheit wird keine »Kupplerin« sein. Immerhin ist es offenbar
-daß besonders hervorragende Verdienste auf den Wohnsitz bestimmenden
-Einfluß haben werden, womit schon an und für sich Vieles gegeben
-ist, was als sozialer Vorzug wird gelten müssen.
-</p>
-
-<h4 id='H_09_i_0'>
-i) Vorrechte in Beziehung auf Konzerte, Theater und andere
-Schaustellungen.
-</h4>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_240' name='Page_240' href='#Page_240'>[240]</a></span>
-Auch nach dieser Richtung werden die Genüsse nicht gleich
-verteilt sein, wie sich wohl von selbst versteht. Wir können uns
-ein Bild machen von der Verteilung der Anteilnahme an den
-Wettspielen als Zuseher. Vor allem werden Personen, die sich selbst
-schon auf dem Gebiete der Wettspiele hervorgetan haben, wenngleich
-sie nicht zum Mitbewerb zugelassen werden können, weil Größere
-da sind, als Zuschauer geladen werden und demnach Urlaub und
-Reisebewilligung erhalten. Dann werden Experten, welche den
-Sieg zuzuerkennen berufen sind, eingeladen werden. Endlich wird
-man Anmeldungen der Höchstverdienten entgegennehmen und sie
-nach Maßgabe der verfügbaren Plätze beteiligen. Noch mehr gilt
-die ungleiche Verteilung für
-</p>
-
-<h4 id='H_09_k_0'>
-k) Reisen im In- und Auslande.
-</h4>
-
-<p>
-Im größten Umfange werden diese nur den Verdientesten und
-außerdem allerdings auch für Lehrzwecke zugestanden werden. Über
-Auslandsreisen ist nun Mehreres in <a href='#M_02_0_0'>XII, 2,</a> zu finden.
-</p>
-
-<h4 id='H_09_l_0'>
-l) Das Vorrecht in Beziehung auf die in VIII, 5, geschilderten
-Verteilungen
-</h4>
-
-<p class='continue'>
-zum Behufe freien Schaffens. Man könnte nach Maßgabe der
-Rangstufen doppelte, zehnfache und hundertfache Portionen nach
-Menge und Wert zuerkennen, aber unter der Bedingung der eigenen
-Verwendung. Nehmen wir an, daß in der Regel auf jeden Erwachsenen
-12 Briefe und 25 Korrespondenzkarten fallen, so wird
-man hochgestellten Künstlern und Gelehrten selbe nach Tausenden
-und in kostbarer Ausstattung zuteilen. Dieses Recht, in größerem
-Umfange mit Konsumtibilien beteilt zu werden, hat für bildende
-Künstler, Schauspieler, Sänger, Gelehrte oder Erfinder einen hohen
-Wert.
-</p>
-
-<h4 id='H_09_m_0'>
-m) Das Vorrecht der Arbeitsfreiheit.
-</h4>
-
-<p>
-Diese wird zwar jedem nach Erreichung eines gewissen Alters
-eingeräumt werden. Man mag die Zurücklegung des 65. Lebensjahres
-<span class='pagenum'><a id='Page_241' name='Page_241' href='#Page_241'>[241]</a></span>
-als Grenze des Arbeitszwanges für alle Volksgenossen zum
-Mindesten annehmen. Freilich wollen das Arbeiter, wenn sie befragt
-werden, nicht gelten lassen und selbst Bauern wollen eine
-Arbeitspflicht für den kollektivistischen Betrieb über 60 Jahre hinaus
-nicht gutheißen und französische Bergleute wollen mit 50 Jahren
-schon in den Genuß einer Pension von 2 Francs treten. Doch
-wird die Erkenntnis, wie groß die Zahl dieser Pensionäre wäre,
-wohl bestimmend sein, für eine Mäßigung dieser Ansprüche. Schon
-die Altersbefreiung im Alter vom vollendeten 65. Jahre wird für
-jede Gemeinde von 1000 Köpfen 40-50 Arbeitsbefreite ergeben,
-die Kinder und Kranken ungerechnet. Dagegen hindert gar nichts,
-besonders verdienten Personen, also Wenigen, gewiß auch jenen, die
-sich einem sehr gefährlichen und abschreckenden Berufe widmen, die
-Arbeitsbefreiung schon mit 50 Jahren, ja in frühester Jugend, wenn
-sie eine epochale Erfindung gemacht haben, zuzugestehen. So mag
-es auch mit Beamten, Ärzten und Professoren gehalten werden,
-welchen man schwerlich mehr als 30-35 Dienstjahre zumuten wird.
-</p>
-
-<h4 id='H_09_n_0'>
-n) Das Vorrecht der freien Wahl des Domizils.
-</h4>
-
-<p>
-Dieses Recht steht zwar in einem eingeschränkten Maße jedem
-Arbeitsbefreiten zu. Denn nur mit der geregelten Arbeit ist ein
-Domizilszwang verbunden und auch für solche, die noch arbeitspflichtig
-sind, kann nach der Natur ihres Berufes, so Dichtern, Malern,
-Bildhauern, Wahl des Domizils gestattet werden. In dieser Freiheit
-aber können zahllose Abstufungen nach dem Grade der Verdienste gemacht
-werden. Während der arbeitsbefreite <ins class='correction' title='Fabriksarbeiter'>Fabrikarbeiter</ins> oder
-Bergknappe vielleicht auf Gemeinden untersten Ranges, mindestens
-auf Bezirksvororte beschränkt sein wird und ihm ein Domizilwechsel
-etwa nur einmal im Jahre zugestanden werden kann, er in größeren
-Städten sich ohne Zweifel nur niederlassen kann, wenn er sich zu
-mäßigen Diensten, etwa einmal in der Woche, versteht, so zur
-Reinigung von Straßen und Wegen, Briefbotendiensten, Aufsicht in
-Sammlungen und Ausstellungen, wird es den Verdientesten freistehen,
-nicht nur täglich das Domizil zu verändern, sondern auch
-überallhin sich von Gehilfen, Möbeln, Büchern, Instrumenten und
-anderen Erfordernissen ihres freigewählten Berufes begleiten zu lassen,
-<span class='pagenum'><a id='Page_242' name='Page_242' href='#Page_242'>[242]</a></span>
-wären auch ganze Waggons zur Beförderung notwendig, und sie
-mögen so reisen, wie heute nur Monarchen oder Staatsmänner
-reisen. Ihnen natürlich steht jede Stadt des Reiches und jedes Dorf
-gleichermaßen offen und der mit diesen Domizilsveränderungen verbundene
-Aufwand wird nicht ins Gewicht fallen, da es nur Wenige
-sind, die darauf Anspruch haben.
-</p>
-
-<h4 id='H_09_o_0'>
-o) Andere berufsmäßige Vorrechte.
-</h4>
-
-<p>
-Es ist selbstverständlich, daß neuerschienene Werke vor allem
-den Fachgelehrten und Fachschriftstellern, neue Poesien den Dichtern,
-neuentdeckte Stoffe den Forschern und Technikern, Fachschriften den
-Fachleuten, künstlerische Vorführungen den Künstlern zu Gebote
-stehen müssen und daß Andere, wenn das Verlangen aller nicht befriedigt
-werden kann, warten müssen. Auch hieraus ergeben sich
-Privilegien, welche heute zumeist erkauft werden müssen, deren Befriedigung
-also nur durch Einräumung eines größeren Gehaltes ermöglicht
-werden kann. Insoferne aber heute Einrichtungen bestehen,
-wodurch gewissen Kategorien von Beamten unentgeltliche Genüsse zugewendet
-werden, ist ja nur eine kollektivistische Einrichtung in unserer
-privatwirtschaftlichen Welt vorweg eingeführt. So bewilliget man
-höheren Eisenbahnbeamten Freikarten für unbeschränkte Reisen in
-ganz Europa mit Ausnahme von Rußland. Das ist ein Stück
-Kollektivismus und Naturalwirtschaft.
-</p>
-
-<h4 id='H_09_p_0'>
-p) Das Vorrecht, Pferde und Wagen und Automobile zu halten,
-</h4>
-
-<p class='continue'>
-kann mit mehr oder weniger Aufwand als Lohn eingeräumt werden.
-Jedenfalls wird in jeder Gemeinde der Beamtenschaft gestattet
-werden, drei oder vier Wagen zu halten.
-</p>
-
-<p>
-Das alles beweist, daß die Naturalwirtschaft nicht nur kein
-Hindernis bildet, alle Verdienste um Volk und Staat in munifizentester
-Art zu belohnen, sondern, daß dem Staat dazu auch unermeßliche
-Hilfsquellen zu Gebote stehen.
-</p>
-
-<p>
-Es entsteht die Frage, ob diese Ungleichheit der Verteilung
-nicht besondere Verrechnungsschwierigkeiten bilden könnte. Um sich
-darüber ein Urteil zu bilden, wäre <a href='#F_08_0_0'>VI, 8,</a> über Statistik nachzulesen.
-Zunächst ist zu berücksichtigen, daß viele oben erwähnte Vorrechte
-<span class='pagenum'><a id='Page_243' name='Page_243' href='#Page_243'>[243]</a></span>
-der Verdienten, so a, b, c, g, h, i, überhaupt nicht Gegenstand
-der statistischen Nachweisungen sind, andere wohl einmal nur
-im Jahre zur Verrechnung gelangen, so d, e, k, l, m. Diese Verrechnung
-wird nachzuweisen haben, wie viele Bruchteile der Gesamtproduktion
-zu solchen Begünstigungen verwendet wurden und daß
-damit die Verteilungsgrundsätze nicht verletzt wurden. Was aber
-die Begünstigung in Beziehung auf Nahrung f anbelangt, so
-wird wohl auch ein Ausweg zu finden sein, um die Verrechnung
-zu erleichtern. Es könnte der Verwaltung eine gewisse
-Menge von Gütern verschiedener Art, von besonderen Nahrungsmitteln
-und Getränken zugewiesen und auf die Gemeinden und
-Quartiere und zwar mit Bevorzugung der Provinzstädte und der
-Hauptstadt aufgeteilt werden, worüber sich die Verwaltungsbeamten
-nur untereinander und einmal im Jahre mit den Begünstigten zu
-verrechnen hätten. Wird die bewilligte Menge nicht überschritten,
-so werden die Nichtbegünstigten von der Verteilung nicht berührt.
-Ebenso ist es ja auch mit der Verrechnung mit Hof und Adel
-zu halten.
-</p>
-
-<p>
-Die Frage, ob das souveräne Volk denn in solche Begünstigungen
-einwilligen wird, kann wohl bejaht werden. Zunächst ist zu
-bedenken, daß eine lange Periode der Umgestaltung der <ins class='correction' title='Alleinherrherrschaft'>Alleinherrschaft</ins>
-des Kollektivismus vorausgehen <ins class='correction' title='muß '>muß,</ins> und daß während
-dieser Periode die Volkssouveränität noch nicht in Wirksamkeit treten
-kann. Ist die Zeit dazu gekommen, die Volkssouveränität mit
-dem ausgedehntesten Stimmrechte einzuführen, so werden sich die
-Verteilungsgrundsätze, welche eine Begünstigung zulassen, bereits eingelebt
-haben und da sich junge Leute meist mit der Hoffnung tragen,
-im Leben vorwärts zu kommen, werden sie wenigstens einer solchen
-Ungleichheit der Verteilung nicht entgegen sein. Hat man dabei
-aber die größte Ökonomie walten lassen, so wird sich jeder berechnen, wie
-wenig die Lage der Nichtbegünstigten dadurch gewinnen würde, wenn
-man alle Begünstigungen aufheben wollte. Weiter muß diese Begünstigung
-in der Verteilung lediglich in Absicht auf das öffentliche
-Wohl eingerichtet werden und darf den diesem Zwecke entsprechenden
-Aufwand nicht überschreiten und darin muß auch die Gewähr
-liegen, daß der gesunde Volksinstinkt diese Verteilung billigen wird.
-<span class='pagenum'><a id='Page_244' name='Page_244' href='#Page_244'>[244]</a></span>
-Wirkliche Verdienste imponieren immer den Massen und sie begreifen
-sehr wohl, daß die Begabten durch diese Begünstigungen nur angeeifert
-werden sollen, dem <em class='gesperrt'>Volke</em> mit größtem Eifer und Redlichkeit
-zu dienen. Bei der Entlohnung von Erfindern kann sich das Volk
-ja auch leicht berechnen, daß der Nutzen für das Volk immer weit
-größer ist, als die Vorteile, welche man den Erfindern einräumt.
-</p>
-
-<p>
-Was das System anbelangt, nach welchem die Vorrechte der
-Verdienten zuzumessen sind, so wird zunächst vom Volke, wenn es
-im Besitze der souveränen Gewalt sein wird, in den Verteilungsgesetzen
-bestimmt werden, welche Art von Vorrechten eingeräumt
-werden darf und welche Mittel dazu ausgeworfen werden, das heißt
-in welchem Ausmaße im Verhältnis zur Gesamtarbeitsmenge
-die Arbeitsbefreiung im Ganzen gerechnet als Lohn eingeräumt
-werden darf und nach welchem Quotienten der Gesamtgüter allen
-Begünstigten zusammen bei der Verteilung mehr, als den Nichtbegünstigten
-zugemessen werden darf. Auch wird bestimmt werden,
-auf welche Güter und sonstige Genüsse das Recht, Begünstigungen
-zu gewähren, Anwendung hat. Das wird in derselben Art geschehen,
-wie sich das Volk mit dem Hof und Adel in Beziehung auf die
-ihnen zu bewilligenden Mittel auseinandersetzt. Was Wohnräumlichkeiten
-anbelangt, so werden die Wohnungen und die Gebäude bezeichnet,
-welche für beständig oder regelmäßig diesem Zwecke gewidmet
-werden sollen und an großartigen Bauten in den Städten, an
-Schlössern und Villen hat die frühere Gesellschaft dem Kollektivstaat
-ebenso wie an Kunstwerken Mobilien und Juwelen so unermeßliche
-Schätze hinterlassen, daß man sagen kann, die Begünstigung in der
-Beteiligung mit solchen Gütern, die ja nur zum Gebrauch dienen,
-geschieht nicht auf Kosten der gegenwärtigen Generation, sondern auf die
-längst dahingegangener Geschlechter von Ausgebeuteten, welchen man,
-was sie erlitten haben, nicht mehr gut machen kann. Was Nahrungsmittel
-und Getränke, von welchen man das allerdings nicht sagen
-kann, anbelangt, so können bestimmte Weine, das Wild, oder sonst
-welche Arten von Gütern, z. B. bestimmte kostbare Obstsorten, wenn
-deren allgemeine Verteilung ohnehin keinen Sinn hätte, wie die
-allgemeine Verteilung des <ins class='correction' title='Tokayers'>Tokaiers</ins>, den Begünstigten, oder gewisse
-Kategorien von Begünstigten ausschließlich vorbehalten werden.
-<span class='pagenum'><a id='Page_245' name='Page_245' href='#Page_245'>[245]</a></span>
-Dasselbe könnte von dem Rechte zu jagen, gelten. Was nun die Plätze
-bei Schaustellungen, auf den Eisenbahnen, den Zutritt bei den Festen
-des Hofes und Adels und in den Schlössern anbelangt, so werden
-sie den Begünstigten verhältnismäßig ausgeworfen, sagen wir, der
-zehnte Teil werde dieser Bestimmung gewidmet. Bezüglich der
-Kleidung kann man ähnlich verfahren und einen Quotienten der
-dafür gewidmeten Stoffe und Arbeit von der streng gleichmäßigen
-Verteilung ausnehmen. Hieraus ergibt sich dann das, was der
-Nordamerikaner <i>appropriation</i>, die Widmung nennt, nur erfolgt
-sie nicht in Geld, sondern in Naturalien.
-</p>
-
-<p>
-Das Volk wird dann in den Verteilungsgesetzen auch bestimmen,
-wem die Zuerkennung der Vorzüge zusteht. Für die regelmäßigen
-Posten im Staatsdienste, für Beamte, Ärzte, Lehr- und
-Erziehungspersonen, höhere Techniker und Industriedirektoren wird
-der Grundsatz unserer Beamtenhierarchie angenommen werden.
-Man wird Kategorien schaffen, welche einander übergeordnet sind.
-Wie bereits in V, 1, <i>Alinea</i>: <a href='#E_01_0_0al4'>»Ich bemerke noch«</a> erwähnt wurde,
-wird es am besten sein, der Staatsverwaltung die Beförderung
-innerhalb dieser Ämter zu überlassen, jene ausgenommen, die, wie
-die Volksbeamtenstellen, durch Wahl besetzt werden, womit gleichfalls
-genau definierte Vorteile verbunden sein werden. Die unterste
-Stufe der Begünstigten wird die der Werkführer (Partieführer der
-Vorarbeiten) die nächste Stufe die der geringeren Abteilungsleiter,
-etwa für Hauswirtschaft, Milchwirtschaft, Kleinviehzucht und dergleichen
-sein, welchen das unterste Erziehungspersonal gleichgestellt
-werden mag. Sohin würden die untersten Stufen der Verwaltungsbeamten,
-Ärzte und Lehrpersonen folgen, während die Bezirks-,
-Kreis- und Provinzialfunktionäre, dann eine bestimmte Reihe von
-Organen der Zentralverwaltung, endlich die Minister, die fünf höheren
-Stufen bilden werden. Wohin nun höhere Techniker und Fabrikdirektoren,
-Gelehrte, Forscher, Künstler und Erfinder eingereiht
-werden, wird zu erwägen sein, ebenso, ob obige Stufen in Unterabteilungen
-zu gliedern seien. Für alle so gebildeten Kategorien
-wird das Ausmaß der mit der Stellung verbundenen Vorteile festgesetzt
-werden. Da Künstler und Erfinder, zum Teile auch Forscher,
-die nicht dem Lehrkörper angehören, nicht Mitglieder dieser Organisation
-<span class='pagenum'><a id='Page_246' name='Page_246' href='#Page_246'>[246]</a></span>
-sind, so wird es auch der Verwaltung, oder wer sonst
-zur Ernennung berufen ist, zugestanden werden, solchen Personen
-einen Rang gleicher Art, wie er für diese Organisation bestimmt
-ist, zu verleihen, z. B. den 4. 5. Rang oder selbst der Vorrang vor
-den Ministern. Alles das möglichst sparsam einzurichten, gerade
-nur so, daß etwas Ehrgeiz und viel Amtseifer geweckt wird, ist zum
-Grundsatz zu machen, wobei immer dem Volke gewisse Befugnisse
-vorbehalten werden mögen, zum Beispiel, Personen der freien Berufe,
-Erfindern, Künstlern und Forschern einen höheren Rang
-zu verleihen.<a name='FA_38' id='FA_38' href='#FN_38' class='fnanchor'>[38]</a>
-Auch da kann den Kreisen oder Bezirken das Recht eingeräumt
-werden in gewissen Perioden eine oder zwei Stellen außerhalb
-der Organisation zu verleihen.
-</p>
-
-<p>
-Es ist somit keinem Zweifel unterworfen, daß der Kollektivismus
-und die Naturalwirtschaft gar kein Hindernis bilden, alle jene
-Mannigfaltigkeit unserer Zustände nachzuahmen, die dem Volke und
-dem Fortschritte nützlich sein mag. Dagegen hängt es niemals vom
-Einzelnen ab, sich Vorteile zuzueignen, welche ihm nicht gebühren,
-wozu in unserer Gesellschaftsordnung der Geldwirtschaft wegen Gewalt,
-Diebstahl, Betrug, Veruntreuung und politischer oder wirtschaftlicher
-Schwindel Gelegenheit bieten, durch welche man alles
-leichter erreichen kann, als durch Verdienste um das Volk und den
-Staat. Als politischen Schwindel betrachte ich auch jene Wohldienerei
-gegen Souveräne und Machthaber, durch welche man in
-früheren Zeiten große Güter erlangen konnte, und welche für Verdienste
-um den Staat ausgegeben wurden, in Wirklichkeit Versündigungen
-am Volke genannt werden sollte. Plato sagt mit Beziehung
-auf die herrschende Gesellschaftsordnung, daß man durch Recht mit
-Unrecht größere Vorteile erlangen könne, als durch Gerechtigkeit
-allein. Der Kollektivismus gewährt nur Vorteile für gerechte Ansprüche.
-</p>
-
-<p>
-Ich will nun gelegentlich hier noch erwähnen, daß die gesetzlich
-normierten Vorrechte zwar budgetmäßig im Gesamtausmaße begrenzt
-<span class='pagenum'><a id='Page_247' name='Page_247' href='#Page_247'>[247]</a></span>
-sein müssen, soweit sie nämlich die Verteilung berühren, daß es aber
-gar keinem Anstande unterliegt, der Bewegungsfreiheit der Verwaltung
-und den Begünstigten allerhand Spielraum einzuräumen.
-Es können die Begünstigten untereinander gewisse Tauschgeschäfte
-machen, welche die Verwaltung zur Kenntnis nimmt und bei der
-Vornahme der Verteilung berücksichtigt. So kann ein eitler Mensch
-auf Reisen und Theater oder auf Wohnungsvorteile Verzicht leisten,
-wenn ihm großer Kleiderluxus eingeräumt wird und umgekehrt.
-Wenn die Gesamtziffern nicht verrückt werden, hat das Volk keinerlei
-Interesse, sich in solche Abweichungen von der Verteilung einzumengen.
-Der in Geld bezahlte Lohn kann auf das verschiedenste
-verausgabt, oder auch erspart werden. Letzteres soll der Kollektivstaat
-nicht zulassen, das heißt, das nicht in Anspruch genommene
-für die Gesamtheit verwerten, aber die Naturalwirtschaft bietet im
-Kollektivstaat, wo nur <em class='gesperrt'>ein</em> Produzent, der Staat, Genüsse bieten
-kann, kein Hindernis, den Begünstigten die Wahl einzuräumen,
-welche Genüsse er in Anspruch nehmen mag. Das wird nur eine
-vergleichende Bewertung der Genüsse voraussetzen. Diejenigen, von
-welchen in I, <i>Alinea</i>: <a href='#A_00_0_0al3'>»Was die Personen und«</a> die Rede ist,
-werden auch einen prozentuell höheren Aufwand als die Masse
-der Bevölkerung verursachen, aber auch zur Auseinandersetzung dieser
-Personen mit dem Volke wird ein prozentueller Maßstab insgesamt
-in Anschlag kommen. Es werden in diese Kategorie nur wenige
-Menschen fallen, da die kleinen Besitzer in ihrem Anteil am Gesamtvermögen
-reichlichen Ersatz finden.
-</p>
-
-<h3 id='H_10_0_0'>
-10. Religion, Kultus, Festlichkeiten.
-</h3>
-
-<p>
-Zu den wesentlichsten Grundlagen der Gesittung rechnet man
-die Religion. Man ging von jeher von der Anschauung aus, daß
-ein Volk ohne Religion nicht regiert werden könne, daß das Volk
-eine Religion verlange und ein Bedürfnis nach religiösen Vorstellungen
-und Feierlichkeiten habe, und die größten Monarchen
-haben die Religion beschützt und der Macht der Kirche Vorschub
-geleistet. So hat Karl der Große nicht nur die Sachsen mit Feuer
-und Schwert der katholischen Kirche unterworfen, sondern dem
-<span class='pagenum'><a id='Page_248' name='Page_248' href='#Page_248'>[248]</a></span>
-Fastengebot staatlichen Schutz gewährt und jeden Fastenbrecher mit
-schweren Strafen, ja in gewissen Fällen mit dem Feuertode bedroht.
-Er ging ohne Zweifel von der Meinung aus, die königliche Gewalt
-werde immer stärker sein als die kirchliche Gewalt, und so sah er
-ohne Argwohn zu, wie die Kirche durch Lehre, Kultus und Strafe
-das Volk unterjochte, denn er sah in der Kirche nur ein Werkzeug
-des Kaisers. Damit bereitete Karl die Schmach des Kaisertums
-vor, das in immer größere Abhängigkeit vom Papsttum verfiel.
-Auch die Hohenstaufen gingen von derselben Anschauung aus.
-Friedrich Barbarossa lieferte Arnold von Bresnia dem Feuertode
-aus und hieß es gut, daß Lucius III. den Bannstrahl gegen die
-Ketzer schleuderte, indem er den Glaubensrichtern den staatlichen
-Beistand versprach. Friedrich II. erließ 1224 ein Gesetz, worin er
-die Ketzer mit dem Feuertode bedrohte und die Errichtung von
-Ketzergerichten anordnete. Dadurch wurde die Macht des Papsttums
-so erhöht, daß es die Hohenstaufen erniedrigen und vertilgen konnte.
-</p>
-
-<p>
-Es war immer ein verfehlter Herrscherinstinkt, welcher die
-Monarchen bestimmte, der Religion ihre Unterstützung zu leihen,
-und darum ist es zweifellos, daß die Religion nur als ein Mittel,
-die Herrschaft der Tyrannen zu befestigen, angesehen und aus diesem
-Grunde verbreitet und staatlich beschützt wurde.
-</p>
-
-<p>
-In einer vollkommen demokratischen Gesellschaft hängt die Gesittung
-keineswegs von der Aufrechterhaltung der Religion ab, und
-ebensowenig bedarf man ihrer zum Schutze der Autorität, die man
-ja dem Volke nicht aufdrängen will. Doch wird der Kultus so
-lange aufrecht erhalten werden müssen, als er dem ästhetischen Sinne
-des Volkes ein Bedürfnis ist. Übrigens wird der Staat, sobald er
-den Wert des Kollektivismus erkannt, zu den Grundsätzen der nordamerikanischen
-Staaten übergehen, die jede konfessionelle Lehre aus
-den Schulen ausschließen. Aber auch den Eltern wird man solche
-konfessionelle Lehren in der Familienerziehung nicht gestatten, die mit
-der staatlichen Erziehung und dem Unterrichte im Widerspruch stünden.
-</p>
-
-<p>
-Die Zeit wird kommen, wo man von den Dienern der Kirche
-ebenso wie von jedem Anderen Anteil an der geregelten Arbeit
-fordern wird, da die freie Zeit reicht, religiöse Übungen und Kultusfeste
-zu halten.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_249' name='Page_249' href='#Page_249'>[249]</a></span>
-Aber auch vom religiösen Kultus abgesehen, besteht ein Bedürfnis
-nach Unterbrechung des Alltagslebens durch Festlichkeiten im
-engeren und weiteren Kreise. Die Gesetzgebung stellt die allgemeinen
-Grundsätze auf, welche Feierlichkeiten und Festlichkeiten zu veranstalten
-sind, welcher Aufwand dabei stattfinden soll, wem die Anteilnahme
-dabei zu gestatten ist. Die Ausführung dieser Gesetze
-steht der Staatsverwaltung zu. Die Anlässe können individuelle
-und allgemeine sein.
-</p>
-
-<p>
-<em class='gesperrt'>Die Geburt.</em> Die Geburt eines Kindes, zum mindesten die
-legitime Geburt eines Kindes, <a href='#G_02_0_0'>VII, 2,</a> ist ein natürlicher Anlaß
-zur Veranstaltung einer Feierlichkeit. Sie wird stattfinden, sobald
-die Mutter daran Anteil nehmen kann, also etwa vier Wochen nach
-der Entbindung. Die Festlichkeit wird darin bestehen, daß dem
-Neugeborenen ein Name gegeben wird, entweder nach der Wahl der
-Mutter allein oder nach der Wahl beider Eltern oder, falls die
-natürliche Mutter schon vorher gestorben ist, nach der Wahl der
-Wahlmutter, <a href='#G_05_b_0'>VII, 5, b.</a> Es wird dabei Sorge zu tragen sein, daß
-die Familiennamen genau unterschieden werden, innerhalb der
-Familien aber kein Personenname gewählt wird, der von einem
-anderen noch lebenden Mitgliede derselben Familie getragen wird.
-Es wird der Natur der Sache entsprechen, daß der Verwaltungsbeamte
-oder sein Delegierter zur Feierlichkeit erscheint, den gewählten
-Namen, der in die Standesregister eingetragen wird, proklamiert,
-eine Ansprache hält und den neuen Bürger in den Schutz des
-Staates mit allen jenen Rechten übernimmt, die ihm kraft der Verfassung
-zustehen. Namens des Neugebornen mag die Mutter oder
-Wahlmutter die Versicherung geben, daß derselbe sich dem Staate
-dankbar erweisen und ein nützliches Glied der Gesellschaft zu werden
-sich bemühen wird. Es wäre das eine Nachahmung der Aufnahme
-der Neugebornen durch die Taufe in die Kirche. Aber der Staat
-wird sein besseres Recht auf die Jugend sich nicht nehmen lassen.
-Daran wird sich eine Festtafel schließen, an welcher außer dem Verwaltungsbeamten
-und einigen Verwandten eine Zahl von geladenen
-Gästen teilnehmen mögen. Der Aufwand wird nun darin bestehen,
-daß den Teilnehmern kostbarere Gerichte und Getränke als täglich
-geboten werden. Nachdem die Zahl der Geburten im kommenden
-<span class='pagenum'><a id='Page_250' name='Page_250' href='#Page_250'>[250]</a></span>
-Jahre mit ziemlicher Genauigkeit vorausberechnet werden kann, wird
-der Gesamtaufwand leicht vorauszubestimmen sein. Er wird nach
-dem Prinzip der Naturalwirtschaft bestimmt werden, ausgedrückt in
-einer für das ganze Reich festgesetzten Menge von Wein, Bier und
-<ins class='correction' title='andren'>anderen</ins> Getränken, insofern der Alkohol noch nicht aus der Volkswirtschaft
-verdrängt ist, und von ausgewählten Gerichten, nämlich
-Wild, Fischen, Fleisch, Geflügel usw.
-</p>
-
-<p>
-Die Staatsverwaltung hat dann den genehmigten Aufwand auf
-die Provinzen, Kreise und Bezirke aufzuteilen, und die Verwaltungsbeamten
-haben die Bestimmungen für die einzelnen Fälle innerhalb
-der ihnen von der Verfassung gezogenen Grenzen zu treffen.
-</p>
-
-<p>
-Für die Verteilung kann die Gesetzgebung auch noch weiters
-gewisse Vorschriften machen, so daß eine gewisse Abstufung vorgeschrieben
-wird für Geburtsfestlichkeiten in den Familien von
-Lehrern, Ärzten, Beamten und aufwärts bis zu den höchstgestellten
-Personen, Unterschiede, die auf die Zahl der Gäste und die Menge
-und Kostbarkeit der Speisen und Getränke und den anderen Aufwand
-Bezug haben. Die Verteilung nach diesem Grundsatze für die
-einzelnen Fälle liegt der Staatsverwaltung ob.
-</p>
-
-<p>
-<em class='gesperrt'>Aufnahme in die Schule.</em> Ob auch diese mit einer Festlichkeit
-verbunden werden soll und welcher Aufwand dafür gestattet
-wird, hängt gleichfalls von der Gesetzgebung ab. Doch scheint es,
-daß die Zahl der Festlichkeiten zu sehr vermehrt würde, wenn auch
-dieser Anlaß gefeiert würde. Da die Gesamtmittel gegeben sind,
-wird der Aufwand im einzelnen Falle um so geringer sein müssen,
-je mehr Festlichkeiten veranstaltet werden.
-</p>
-
-<p>
-<em class='gesperrt'>Aufnahme unter die volljährigen und eigenberechtigten
-Bürger.</em> Mit Eintritt des Bürgers in das 19. Lebensjahr
-wird ein Lebensabschnitt bezeichnet, der gleichfalls Anlaß zu
-einer Festlichkeit bietet. Es wird eine Ansprache des Verwaltungsbeamten
-oder seines Delegierten und eine Antwort des Gefeierten
-am Platze sein und sich daran gleichfalls eine Festtafel schließen.
-Bezüglich des besonderen Aufwandes und dessen Abstufung gilt dasselbe,
-wie oben; vielleicht wird die Höhe des Aufwands schon
-nicht mehr von den Verdiensten der Eltern, sondern von dem Charakter
-und den bisherigen Verdiensten des Gefeierten abhängig sein.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_251' name='Page_251' href='#Page_251'>[251]</a></span>
-<em class='gesperrt'>Vermählung.</em> Auch die Vermählung eines Bürgers ist ein
-Anlaß zur Feier einer Festlichkeit, und dafür gelten dieselben Bestimmungen,
-wie für die vorhin erwähnten Feste. Das Gesetz bestimmt
-die zur Gültigkeit der Ehe erforderlichen Förmlichkeiten. Die
-Trauung wird wohl vom Verwaltungsbeamten zu vollziehen sein,
-der eine entsprechende Rede halten mag. Auch zu dieser Funktion
-kann er Vollmacht zu erteilen berechtigt werden. Der Aufwand
-wird etwas größer sein für die Vermählungsfeierlichkeiten, als für
-andere Privatfeste. Auch die Abstufung mag sich innerhalb weiter
-gesteckter Grenzen bewegen. Es kann sich an die Festtafel ein Tanzfest
-anschließen, es kann der Bezirksvorort, der Kreisvorort oder der
-Provinzvorort zu diesen Feierlichkeiten als Festort bestimmt und ein
-gewisser Aufwand an Reisen, Beurlaubungen, Festkleidern, Aufzügen
-genehmigt und den Neuvermählten eine Zeit der Befreiung von jeder
-Arbeit und dergleichen bewilligt werden. Diese reicheren Feierlichkeiten
-und sonstigen Annehmlichkeiten sollen denjenigen, die die
-Pflichten und Sorgen der Ehe auf sich nehmen, ein Äquivalent bieten.
-</p>
-
-<p>
-Insofern nicht allen Gliedern der Gesellschaft die Ehe bewilligt
-wird, wird die Versagung der Geburtsfeierlichkeiten für die illegitimen
-Geburten einen Teil jener Übel bilden, welche der Staat
-verhängt, um illegitime Geburten zu verhindern.
-</p>
-
-<p>
-<em class='gesperrt'>Der Geburtstag der Alten</em>, die das neunzigste oder fünfundneunzigste
-Jahr erreicht haben, wäre ein sehr geeigneter Anlaß
-für Festlichkeiten. Man hätte allen Grund, die Volksgenossen, welche
-ein besonders hohes Alter erreicht haben, zu ehren.
-</p>
-
-<p>
-<em class='gesperrt'>Bestattungsfeierlichkeiten.</em> Daß die Bestattung der Verstorbenen
-den Anlaß zu gewissen Feierlichkeiten bietet, ist offenbar.
-Auch die Trauer soll einen ästhetischen Ausdruck finden. Ob die
-Toten begraben oder verbrannt werden, kann Gegenstand der Gesetzgebung
-sein oder der freien Verfügung der Einzelnen oder den Hinterbliebenen
-überlassen werden. Daß den Verstorbenen von allen Bewohnern
-der Gemeinde oder des Quartiers und außerdem von Verwandten
-und Freunden das Geleite zur Ruhestätte gegeben wird, ist
-vorauszusetzen. Insofern aber auch ortsfremden Personen dazu Urlaub
-und Reise bewilligt werden sollen, ist Sache der Verteilungsbeschlüsse.
-Zur Bestattung hervorragender Personen, die das Volk
-<span class='pagenum'><a id='Page_252' name='Page_252' href='#Page_252'>[252]</a></span>
-besonders ehrt, werden die Bezirke und Kreise Abordnungen entsenden,
-welchen der Staat Urlaub und Reise zu bewilligen hat.
-Auch hierin und in Hinsicht auf den Trauerpomp wird eine Abstufung
-in sehr weit gesteckten Grenzen gutzuheißen sein. Die Totenmahle
-sollten außer Übung kommen, weil sie nicht zur Trauerstimmung
-passen. Eher würde sich empfehlen, den nahestehenden
-Personen, insbesondere der Witwe oder Mutter Urlaub zu gewähren
-und ihnen das Fernbleiben von den gemeinsamen Mahlzeiten, eine
-Reise oder sonst etwas zu gestatten, was dem Gemüte Trost gewähren
-kann. Jeder damit verbundene Aufwand, nämlich Urlaub,
-Reisen u. dergl., bedarf der Genehmigung durch die Verteilungsgesetze.
-</p>
-
-<p>
-Der Tod besonders verdienter Menschen kann Anlaß zu besonderen
-Feierlichkeiten geben, so daß der Leichnam nach einem
-größeren Orte gebracht oder in mehreren Orten Trauerfeierlichkeiten
-gehalten werden, daß hervorragende Redner Gedächtnisreden halten,
-zum Gedächtnisse selbst eigne Werke herausgegeben und in allen
-Bibliotheken aufgestellt werden, daß man Denkmäler setzt oder Gedächtnistage
-für jedes Jahr, jedes Dezennium oder Jahrhundert
-stiftet. Auch hier wird die Verteilung nach den vom Volke genehmigten
-Grundsätzen in der Regel durch die Staatsverwaltung
-vorgenommen, es können aber auch bei ganz ungewöhnlichen Verdiensten
-der Verstorbenen besondere Volksbeschlüsse eingeholt werden.
-</p>
-
-<p>
-<em class='gesperrt'>Besondere Anlässe zur Feier von Individuen.</em> Solche
-besondere Anlässe können sein, der Amtsantritt von Lehrern, Ärzten,
-Beamten nach ihrem Range, sowie die Jahresfeier oder der Gedenktag
-nach 10, 25 Jahren, hierher gehören auch die Abiturientenfeiern
-und ihre Gedenktage für die Studierenden höherer Schulen.
-</p>
-
-<p>
-<em class='gesperrt'>Anlässe allgemeiner Natur.</em> Solche Anlässe sind die
-Gründung von neuen Gemeinden, Gebäuden und größerer Anstalten
-und die Gedenktage daran, die Erlassung gewisser Gesetze usw.
-Ebenso eignen sich Frühjahrsanfang, Sonnenwende und Ernte zur
-Veranstaltung von Festlichkeiten, so auch Weihnacht und Ostern.
-Dabei kann der Aufwand naturgemäß bei ganz besonderen Anlässen
-viel weiter gesteigert werden als unter den heutigen Verhältnissen,
-nachdem der Reichtum und dessen Konzentrierung weit über das
-hinausgeht, was in der heutigen Gesellschaftsordnung zu erreichen
-<span class='pagenum'><a id='Page_253' name='Page_253' href='#Page_253'>[253]</a></span>
-möglich ist. Die Ansammlung von Menschen, Gefährten, Pferden
-und anderen Tieren und die Vereinigung von Künstlern und Künstlerinnen
-aller Art in Theatern und Arenen kann eine Ausdehnung
-annehmen, für die uns heute jeder Maßstab fehlt. Der Staat
-braucht sich zu diesem Zweck nichts zusammenzubetteln, da alle Güter
-im Staate und alle Personen ihm zur Verfügung stehen. Er ordnet
-nur an, daß ein bestimmtes Festprogramm durchgeführt werden soll
-und wer daran Anteil nehmen kann, nämlich nach Kategorien und
-anderen allgemeinen Kennzeichen. Gegen solche Feierlichkeiten kann
-das Herrlichste, was selbst Rom unter den Kaisern gesehen hat, nicht
-in Betracht kommen.
-</p>
-
-<p>
-Zu mehr oder weniger großartigen Feierlichkeiten können die
-Wettbewerbungen in allerlei Geschicklichkeiten und Kunstaufführungen
-Anlaß geben, und diese Wettbewerbungen werden bezirksweise, unter
-den Preisgekrönten der Bezirke nach Provinzen oder für das Reich
-veranstaltet werden.
-</p>
-
-<p>
-So wie aber großartige Festlichkeiten aus allgemeinen Mitteln
-veranstaltet werden können, ist es auch denkbar, daß der Aufwand
-von einzelnen bestritten wird. Wenn jeder Bewohner des Staates
-für einen solchen bestimmten Zweck eine Stunde seiner Muße und
-einen Teil der auf ihn entfallenden Konsumtibilien widmet und an
-der Herstellung herrlicher, dem Feste gewidmeten Gegenstände, nach
-einem vorher angenommenen Plane im organischen Verbande mit
-anderen mitarbeitet, so kann etwas Staunenerregendes geschaffen
-werden. Die Verfassung und der Druck von Werken, die Schaffung
-von Kunstwerken aus kostbarem Material, der Bau von Häusern und
-deren Ausstattung und Einrichtung kann solchergestalt zustande
-kommen. So zur Feier des siebzigsten Geburtstages eines Virchow
-oder Röntgen.
-</p>
-
-<p>
-Die allgemeinen Feierlichkeiten zeichnen sich dadurch aus, daß
-niemand prinzipiell und gänzlich davon ausgeschlossen ist, wenn auch
-nur wenige berechtigt sein mögen, ganz nach Belieben an <em class='gesperrt'>allen</em>
-Feierlichkeiten teilzunehmen. Es gibt keine Unglücklichen &mdash; es
-wäre denn jemand, der harte Strafe verdient hätte &mdash; der nur mit
-Neid sehen könnte, wenn andere genießen, was er selbst ganz und
-<span class='pagenum'><a id='Page_254' name='Page_254' href='#Page_254'>[254]</a></span>
-gar entbehren muß. Heute ist die Freude der einen der Kummer
-und die Entbehrung, ja der Hungertod anderer. Das ist dem
-Kollektivismus fremd, der nur Zufriedene machen will. Und die
-Abstufung in den Genüssen soll ihren Grund immer nur im öffentlichen
-Interesse haben, so daß auch der an den Festlichkeiten nicht
-Beteiligte einen indirekten Anteil an den Freuden anderer hat. Die
-Bevorzugung der wenigen soll immer nur der Lohn von Diensten
-sein, die allen geleistet wurden.
-</p>
-
-<p>
-Diese Festlichkeiten werden zur Veredlung des Volkes viel beitragen,
-und sie werden höchstwahrscheinlich ein vortrefflicher Ersatz
-für die in Verfall geratenden religiösen Kulte sein. Denn während
-der religiöse Kult eine Gottheit verherrlicht, <em class='gesperrt'>werden die Festlichkeiten
-des Kollektivstaats das Menschentum verherrlichen</em>.
-Sie werden dazu anregen, dem wahrhaft Großen, den großen Geistern
-nachzustreben und in ihnen die Menschheit zu verehren, aus der sie
-hervorgegangen.
-</p>
-
-<h3 id='H_11_0_0'>
-11. Die Wettbewerbungen, Glücksspiele.
-</h3>
-
-<p>
-Die olympischen Spiele der Griechen haben vielleicht das meiste
-zur Entwicklung der griechischen Kultur beigetragen, und es würde
-zu den Aufgaben des Kollektivstaates gehören, etwas Ähnliches ins
-Leben zu rufen, nur viel großartiger, mannigfaltiger und in rascherer
-Aufeinanderfolge. Die heutigen Großstaaten umfassen eine viel zahlreichere
-Bevölkerung, sie sind viel reicher und der allgemeine Fortschritt
-entwickelt sich viel rascher. Es würden auch die Wettspiele
-und andere Wettbewerbungen spezialisiert und nicht, wie die olympischen
-Spiele, geistige und körperliche Übungen zusammenfassen.
-Auch würden sie nicht auf <em class='gesperrt'>einen</em> Ort beschränkt, sondern Bewerber,
-Schiedsrichter und Schaulustige in den verschiedensten Städten des
-Reiches versammeln. Die meisten Wettspiele würden allen Nationalitäten
-des Reiches gemeinsam eröffnet werden, Poesie und Drama
-aber wohl national geschieden. Endlich würden diese Wettbewerbungen
-abgestuft und zuerst nach Kreisen, und für die Sieger in
-den einzelnen Kreisen die Wettbewerbungen im ganzen Reiche veranstaltet.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_255' name='Page_255' href='#Page_255'>[255]</a></span>
-Der Preis, um den man sich bewerben würde, wäre nicht nur
-der Ruhm des Sieges, sondern es könnten auch Prämien der verschiedensten
-Art zuerkannt werden, zumeist bestehend im lebenslänglichen
-Gebrauche gewisser kostbarer Güter. So die edelsten Pferde
-zu reiten für den Sieger in der Reitkunst, die besten und berühmtesten
-Geigen zu spielen für den Sieger im Violinspiel u. a. Die
-Sieger würden wieder auf Kosten des Staates zu auswärtigen Veranstaltungen
-gleicher Art entsendet werden, wie man auch die berühmtesten
-Ausländer einladen würde, an unseren Wettbewerbungen
-teilzunehmen.
-</p>
-
-<p>
-Hier wäre noch zu bemerken, inwiefern man das Glücksspiel
-dulden könnte, wenn die Spielwut nicht ganz erlöschen würde, obgleich
-der Sinn des Kollektivismus ist, dem Zufall keinen Einfluß
-mehr zu gestatten. Da der Staat alle Güter verwaltet, kann ohne
-seine Zustimmung nichts mehr aufs Spiel gesetzt werden. Doch
-könnte man der Spielwut immerhin kleine Zugeständnisse machen.
-Weshalb sollte man nicht, solange noch Bier gebraut wird, einen
-Krug Bier ausspielen, oder gewisse Reiseberechtigungen dem Sieger
-im Kartenspiel oder Domino oder Schach überlassen dürfen? Das
-Schachspiel könnte sogar in die Reihe jener Künste aufgenommen
-werden, die von Staats wegen zu fördern und für welche Wettbewerbungen
-im größten Maßstab eröffnet werden sollten. Auch ist
-der Sieg im Schachspiel nicht vom Zufall abhängig, daher es auf
-staatliche Förderung Anspruch hat.
-</p>
-
-<h3 id='H_12_0_0'>
-12. Nachweis der Ökonomie der in diesem Werk <ins class='correction' title='vorgeschlagenenen'>vorgeschlagenen</ins>
-Organisation des Verteilungs-, Sanitäts- und
-Unterrichtsdienstes.
-</h3>
-
-<p>
-Um zu beurteilen, ob der Kollektivstaat alles das für die <ins class='correction' title='Veredlung'>Veredelung</ins>
-des Volkes, für Sanität, Erziehung und Unterricht leisten
-könnte, was in diesem Werke versprochen wird, ist es vor allem
-notwendig, daß man prüft, ob es richtig ist, daß die Verteilung im
-Kollektivstaat mit so geringem Arbeitsaufwand besorgt werden kann,
-wie hier behauptet wird. Ich glaube, daß der Abschnitt <a href='#F_08_0_0'>VI, 8,</a>
-<span class='pagenum'><a id='Page_256' name='Page_256' href='#Page_256'>[256]</a></span>
-über die Statistik, das ziemlich klar macht. Wenn man nun aus
-unserer heutigen Statistik ermittelt, wie viele Menschen heute mit
-dem Umsatze der Güter zu tun haben, so kann man die Ersparnis
-an Arbeitskräften für den Güterumsatz ermitteln und zeigen, daß
-dadurch viel mehr Personen für Sanität und Unterricht frei werden,
-als der Staat braucht, um die von mir geforderten Leistungen zu
-bestreiten.
-</p>
-
-<p>
-Es gibt verschiedene Berufe und soziale Schichten, in welchen
-die Einführung des Kollektivismus mit Aufhebung des Handels und
-der Geldwirtschaft eine Veränderung herbeiführen muß, indem manche
-Berufe, so insbesondere der Handelsberuf und der durch den Handel
-verursachte Arbeitsaufwand erlöschen, andere Berufe neu organisiert
-werden und neue Funktionen übernehmen, daher die dafür gewidmeten
-Arbeitskräfte vermehrt werden müssen. Andererseits werden
-auch neue Kategorien von Arbeitsbefreiten geschaffen, die der Staat
-zu erhalten hat, wogegen die heutige Gesellschaft die Besitzenden
-ohne Arbeitsgegenleistung erhalten muß, welche, wenigstens der Mehrzahl
-nach, in der künftigen Gesellschaftsordnung in einen der dann
-bestehenden Berufe eintreten müssen.
-</p>
-
-<p>
-Was die Verschiebungen in den Berufen anbelangt, so handelt
-es sich vorzüglich um den Handel, den öffentlichen Dienst, den Unterricht
-und den Sanitätsdienst; was die Verschiebungen in den arbeitsbefreiten
-(unproduktiven) Gesellschaftsschichten anbelangt, so handelt
-es sich vorzüglich um eine menschenwürdige Altersversorgung in der
-künftigen Gesellschaftsordnung einerseits und um Ausgedingler, Haus- und
-Rentenbesitzer, Pensionäre und Almosenempfänger, Pfründner
-und andere unproduktive Personen in der heutigen Gesellschaftsordnung.
-Von der Altersversorgung wird in <a href='#L_01_c_0'>XI, 1, c,</a> die Rede sein.
-</p>
-
-<p>
-Die Ermittlung der oben erwähnten Berufe wird nach den
-Volkszählungen des Jahres 1900 in Österreich und Ungarn gemacht
-und es werden die beiderseitigen Ziffern zusammengezogen, wobei die
-Ziffern für Ungarn in manchen Punkten schätzungsweise mit der
-Hälfte der für Österreich <ins class='correction' title='giltigen'>gültigen</ins> Ziffern eingestellt werden, weil die
-ungarische Statistik manches, was in Österreich gesondert nachgewiesen
-wird, zusammenfaßt und diese Veranschlagung jedenfalls der
-Wahrheit so nahe kommt, als man für diese Arbeit braucht.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_257' name='Page_257' href='#Page_257'>[257]</a></span>
-</p>
-
-<table style="width:100%" summary=" ">
- <tr>
- <td class="cwdth76">&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;
- Der Handel beschäftigte in beiden Reichsteilen, Österreich und Ungarn, zusammen
- </td>
- <td class="cwdth13 r vb">665 949</td>
- <td class="cwdth11 l vb">Pers.</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>der öffentliche Dienst XXVI, 1 u. 2 des Volkszählungsoperates</td>
- <td class="r vb">98 260</td>
- <td class="l vb">&nbsp;&nbsp;"</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>der Unterricht XXVI, 3</td>
- <td class="r vb">141 681</td>
- <td class="l vb">&nbsp;&nbsp;"</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>der h. Sanitätsdienst XXVI, 4</td>
- <td class="r vb">18 812</td>
- <td class="l vb">&nbsp;&nbsp;"</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>der n. Sanitätsdienst XXVI, 5</td>
- <td class="r vb">26 625</td>
- <td class="l vb">&nbsp;&nbsp;"</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>Advokaten und Notariat XXVI, 8</td>
- <td class="r vb">21 439</td>
- <td class="l vb">&nbsp;&nbsp;"</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>in Summa</td>
- <td class="r sumtop">972 766</td>
- <td class="l">Pers.</td>
- </tr>
-</table>
-
-<p>
-Es handelt sich hier um einen Bevölkerungsstand von rund
-45 Millionen oder, nach der von mir angenommenen Verteilung der
-Bevölkerung um 45,000 Gemeinden und Quartiere von durchschnittlich
-1000 Bewohnern.
-</p>
-
-<p>
-Hierbei sind Post- und Telegraphenbetrieb, obwohl dabei große Ersparnisse
-an Arbeit wahrscheinlich sind, dann einige kleine Nebenberufe des
-Handels und selbstverständlich der Transport nicht in Rechnung gestellt.
-</p>
-
-<p>
-Da nun in der künftigen Gesellschaftsordnung die Verteilung
-im Großbetriebe von den Verwaltungsbeamten besorgt wird, welche
-den Handelsstand entbehrlich machen, so beansprucht der Kollektivstaat
-für jede Gemeinde und Quartier einen Verwaltungsbeamten,
-dem eventuell ein Volksbeamter beigegeben wird, das macht für
-</p>
-
-<table style="width:95%" summary=" ">
- <tr>
- <td>45,000 Gemeinden und Quartiere</td>
- <td class="cwdth10 r vt">90 000</td>
- <td class="c vt">Personen</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>mit einem Zuschlage von<br />für übergeordnete Beamte und Zentralstellen,</td>
- <td class="r vt">18 000</td>
- <td class="c vt">"</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>es beansprucht ferner der Unterrichtsdienst je 8 Volksschullehrer für 45,000 Gemeinden und Quartiere</td>
- <td class="r vb">360 000</td>
- <td class="c vb">"</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>mit einem Zuschlage von<br />für übergeordnete Organe des Unterrichts, der Zentralstelle, der Hochschulen, Universität und Akademie,</td>
- <td class="r vt">180 000</td>
- <td class="c vt">" -A-</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>ferner zwei Ärzte, einen männlichen und einen weiblichen für je eine Gemeinde oder Quartier</td>
- <td class="r vb">90 000</td>
- <td class="c vb">"</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>mit einem Zuschlage von<br />für übergeordnete Organe des Sanitätsdienstes, die Zentralstelle und Spezialärzte</td>
- <td class="r vt">18 000<br /><br />_______</td>
- <td class="c vt">"</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>in Summa</td>
- <td class="r">756 000</td>
- <td>Personen</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="r klein" colspan="3">
--A- Hierbei ist auch die Vermehrung der Hochschulstudierenden in Anschlag gebracht.
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p class='continue'>
-<span class='pagenum'><a id='Page_258' name='Page_258' href='#Page_258'>[258]</a></span>
-oder rund um 220,000 Personen weniger als oben für das Jahr
-1900 in Österreich-Ungarn ausgewiesen wurde. Das ist wesentlich
-die Folge davon, daß durch die Pauschalversorgung der Bevölkerung
-und den Umsatz von Gemeinde zu Gemeinde, statt von Individuum
-zu Individuum, sowie durch Naturalwirtschaft und
-durch Vereinheitlichung des Umsatzes in der Hand des Staates
-dieselben ökonomischen Vorteile erzielt werden, wie durch das
-Clearingsystem.
-</p>
-
-<p>
-Freilich wird das niedere Sanitätspersonal, dann das Erziehungspersonal
-und der Unterricht in den vier ersten Volksschulklassen zu Lasten
-des Haushaltungspersonals gerechnet, allein auch heute <ins class='correction' title='beteiliget'>beteiligt</ins>
-sich die Familie an der Krankenpflege, der Erziehung und dem Unterrichte
-und es wird das in Zukunft mit weit größerem Erfolge geschehen,
-weil die Bildung der weiblichen Bevölkerung im Kollektivstaate
-eine weit größere ist. Außerdem wird erwartet, daß die
-Zentralisation der hauswirtschaftlichen Arbeiten eine Ersparnis an
-Arbeitskräften mit sich bringen wird, wodurch der Mehraufwand
-an Erziehungs- und Krankenpflege wettgemacht werden dürfte.
-</p>
-
-<p>
-Eine Vergleichung zeigt also, daß die Verteilung (der Gütertausch),
-der Unterricht und das Sanitätswesen zusammengenommen
-eine geringere Belastung der Volkswirtschaft beanspruchen wird, als
-in der heutigen Gesellschaftsordnung, obgleich der Kollektivismus
-in allen diesen Zweigen der Volkswirtschaft mindestens dreimal mehr
-leistet, als die heutige Gesellschaft. Das gilt nicht nur vom Unterrichts-
-und Sanitätsdienst, sondern auch von der Güter- und Arbeitsverteilung,
-welche zugleich &mdash; <em class='gesperrt'>ohne Verwaltungskosten</em> &mdash; die
-beste Versicherung für alle ökonomischen Wechselfälle des Lebens
-bietet. Nicht nur wird der Sanitätsdienst die Aufgabe haben, den
-allgemeinen Gesundheitszustand zu heben, sondern auch auf die Verteilung
-der Arbeit, die Berufswahl und die Erteilung der Ehebewilligung
-und im weiteren auf die psychische und physische Veredelung
-des Volkes Einfluß zu nehmen.
-</p>
-
-<p>
-Die heutige Güterteilung wirkt zugleich indirekt als Zwang
-zur Arbeit. Diese Art des Zwanges wird aber <ins class='correction' title='um'>im</ins> Kollektivismus
-durch direkten Zwang ersetzt, wie er beim Militärdienst
-geübt wird.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_259' name='Page_259' href='#Page_259'>[259]</a></span>
-Mit dem Hinwegfalle der Arbeits<em class='gesperrt'>kräfte</em>, welche heute im
-Handel verbraucht werden, welche Ersparung allein als Handelsunkosten
-veranschlagt wurden, wird in Zukunft auch ein großer sachlicher
-Aufwand in Ersparung gebracht, den der Handel verursacht,
-ein Aufwand für Geschäftsräume, für Lagerräume, für Annoncen
-und Reisen, mit einem Worte alles, was in den Betriebsrechnungen
-der Kaufleute außer dem Salär an Spesen verrechnet wird. Ferner
-gehört zum Aufwande für die Verteilung durch Kauf und Verkauf auch
-mancherlei Arbeit der selbständigen Unternehmer, nämlich der Bauern
-und Gewerbsleute &mdash; in Österreich mehr als 4 Millionen Personen
-&mdash; welche in der Berufsstatistik nicht als Handelsarbeit ausgewiesen
-wird, so das Marktfahren, die Gänge zu Behörden und Anwälten,
-das Handeln und Schachern beim Verkauf von Kälbern und
-Schweinen, beim Ankauf von Saatgut, beim Verkauf von Kartoffeln,
-Ackerfrüchten und Milchprodukten, von Eiern, beim Ankauf von
-Werkzeugen und beim Anwerben von Dienstleuten.
-</p>
-
-<p>
-Ferner sind noch viele Gewerbe in unserer heutigen Gesellschaftsordnung
-mindestens zur Hälfte als Handelsgewerbe zu rechnen und
-zwar: Fleischer, Selcher, Bäcker, Zuckerbäcker, Kaffeesieder, Ausschänker,
-Gasthöfe und Wirte. Von den in diesen Gewerben Tätigen
-wurden 1900 in Österreich-Ungarn 317,731 gezählt und zwar mit
-Ausschluß der Arbeiter in den vier ersten Gewerben, daher
-reichlich die Hälfte, nämlich 159,000 auf Verteilungsarbeit (in den
-Gast- und Kaffeehäusern Bedienung) zu rechnen sind.
-</p>
-
-<p>
-Mit dem Handel entfällt auch die Handelsarbeit der Kundschaft,
-welche statistisch nicht ausgewiesen werden kann. Da die Kundschaft
-zum Kaufmann geht, der sie erwartet,<a name='FA_39' id='FA_39' href='#FN_39' class='fnanchor'>[39]</a> die Kundschaft auch im Laden
-die Abfertigung abwarten muß, kann man wohl annehmen, daß der
-Zeitverlust und Arbeitsaufwand der Kundschaft im Handel ein und
-einhalbmal soviel beträgt, wie der Arbeitsaufwand der im Handelsberufe
-tätigen Personen oder die Jahresarbeit von
-</p>
-
-<table style="width:95%;" summary=" ">
- <tr>
- <td class="cwdth75">&nbsp;</td>
- <td class="cwdth15 r">998 924</td>
- <td class="cwdth10 r">Personen</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>dazu Tätige im Handelsberufe</td>
- <td class="r">665 949</td>
- <td class="c">"</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>Gesamthandelsarbeit</td>
- <td class="r sumtop">1 664 883</td>
- <td class="c">Personen</td>
- </tr>
-</table>
-
-<p class="continue">
-nahezu 1,7 Millionen Menschen von 45.000,000 Einwohnern.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_260' name='Page_260' href='#Page_260'>[260]</a></span>
-<ins class='correction' title='Sowie'>So wie</ins> der Geldhandel eine vielfach vollkommenere Güterumsatzform
-ist, als der Tauschhandel, zwischen einzelnen Personen, so ist der
-Güterumsatz im Kollektivstaat vielmal vollkommener und ökonomischer als
-der Geldhandel. Ebenso ist der Familienhaushalt eine durchaus rückständige
-Wirtschaftsform für das Volk. Er ermangelt aller Vorteile des
-Großbetriebes, dessen Vorzüge in den vorstehenden Berechnungen zum
-Ausdruck kommen. Wenn man die Familie als Einheit für die
-Wirtschaft betrachtet, so findet heute der Austausch zwischen 6 bis
-8 Millionen solcher Einheiten in Österreich-Ungarn statt, während
-diese Einheiten im Kollektivstaate auf 45,000 vermindert würden.
-Aber abgesehen von der Arbeitsverminderung, welche das zur Folge
-hat, ist ja unser Gütertausch auch die Quelle so zahlreicher Zufälle,
-die das menschliche Leben zu einem tollen Spiel machen.
-</p>
-
-<p>
-In Vorstehendem ist der Nachweis erbracht worden, daß die
-Ersetzung des Privateigentums durch Kollektiveigentum, die direkte
-Verteilung der Güter an Stelle der Verteilung durch Kauf und
-Verkauf, somit die absolute Naturalwirtschaft an Stelle der Geldherrschaft,
-eine so außerordentliche Vereinfachung des Güterumsatzes
-zur Folge hat, daß die dadurch bedingte Arbeitsersparnis hinreicht,
-Unermeßliches für die Vervollkommnung der Rasse und die Erziehung
-und Unterricht, für Kunst und Wissenschaft zu tun. Außerdem bewirkt
-der Kollektivismus eine Totalversicherung jedes einzelnen Individuums,
-er macht alle jene Verbrechen unmöglich, deren Triebfeder
-der Eigennutz ist und er begründet eine Ära des inneren Friedens
-und bereitet damit den internationalen Frieden vor.
-</p>
-
-<p>
-Unerledigt bleibt die Frage, ob die Volkswirtschaft die Arbeit
-von vier Jahrgängen, vom 14. bis zum 18. Lebensjahre entbehren
-kann, um den Unterricht bis zum vollendeten 18. Lebensjahre auszudehnen.
-Es ist zwar nicht zu bezweifeln, daß zu frühe körperliche
-Anstrengung den Arbeitswert der Menschen für das ganze Leben
-herabsetzt und daß eine intensivere geistige Ausbildung den künftigen
-Arbeitswert der Individuen erhöht, aber einen ziffernmäßigen Nachweis,
-daß diese Einrichtung ohne Schaden für die Gesamtproduktion
-verwirklicht werden kann, ist nicht zu erbringen. Man wird darum
-auch nicht von allem Anfang die ganze Jugend bis zum vollendeten
-18. Lebensjahre in der Schule halten und von der physischen Arbeit
-<span class='pagenum'><a id='Page_261' name='Page_261' href='#Page_261'>[261]</a></span>
-befreien, sondern nur die intelligentesten Schüler des 8. Schuljahres
-in die vier letzten Jahrgänge aufsteigen lassen, die minderbefähigten
-aber zur Arbeit einstellen, wobei man aber dafür sorgen wird, ihnen
-nur die leichtesten Arbeiten zuzuweisen, welche der Entwicklung nicht
-hinderlich sind. In einer gut organisierten zentralisierten Produktion
-können übrigens viele Kräfte zur Arbeit verwendet werden, welche
-heute brach liegen müssen, und darum wird es möglich sein, auch
-schon zweijährige Kinder zu gewissen Arbeiten zu verwenden, welche
-Kraft und Geschicklichkeit nur steigern. So gehe ich von der Meinung
-aus, daß Erziehung und Unterricht nicht darunter leiden
-würden, wenn die Kinder und jungen Leute schon vom dritten Jahr
-an 2-3 Stunden des Tages produktiv beschäftigt würden und auch
-dadurch würde ein Teil des Arbeitsverlustes hereingebracht werden,
-der mit der Ausdehnung des Volksschulunterrichtes auf zwölf Jahre
-verbunden wäre.
-</p>
-
-<h2 id='I_00_0_0'>
-IX.<br /><br />
-Die Befriedigung der wichtigsten Bedürfnisse
-des Volkes im Kollektivstaate.
-</h2>
-
-<hr class='h2bot' />
-
-<h3 id='I_01_0_0'>
-1. Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses.
-</h3>
-
-<p>
-Wie hätte der Kollektivstaat die Wohnungsbauten einzurichten
-und für das Wohnungsbedürfnis des Volkes zu sorgen?
-</p>
-
-<p>
-Ich bespreche hier nur das Bedürfnis des Volkes, der Masse,
-nicht derjenigen, die durch höhere Verdienste Ansprüche auf Bevorzugung
-haben. Ich spreche von dem Bedürfnisse des geringsten Arbeiters
-und der Arbeitsunfähigen, vom Wohnungsminimum in den
-Urgemeinden.
-</p>
-
-<p>
-Ich befürworte vor allen die völlige Trennung der Wirtschafts-
-und Industriebauten von den eigentlichen Wohnbauten, es sollen
-nicht nur mit den einzelnen Wohnungen, von Küchen und von den
-Räumen für die Wäsche und andere hauswirtschaftliche Arbeiten
-abgesehen, keine Werkstätten in unmittelbarer Verbindung stehen,
-sondern auch in der unmittelbaren Nähe der Wohnungsansiedlungen
-soll es weder Werkstätten, noch Stallungen, Scheunen oder Fabriken
-geben und ich halte es nicht für nötig, dafür Gründe anzuführen.
-Die Wohnungsansiedlung soll nur der Ruhe, dem Genusse und der
-Geselligkeit dienen und auch danach eingerichtet sein.
-</p>
-
-<p>
-Doch ist vor allem eine Frage zu lösen, soll das Küchenwesen
-und die hauswirtschaftliche Arbeit zentralisiert, oder nach Familien
-eingerichtet sein? Ich bin für ersteres und zwar aus folgenden
-Gründen. Die Großwirtschaft ist auch hier außerordentlich ökonomisch
-und sie ist nirgends so ökonomisch, als gerade in der Hauswirtschaft.
-Die Hauswirtschaft mit der Speisenbereitung, Wäsche, Beheizung,
-Reinhaltung und Lüftung der Wohnungen und der Ausbesserung
-<span class='pagenum'><a id='Page_263' name='Page_263' href='#Page_263'>[263]</a></span>
-von Kleidern, Wäsche und Utensilien, dann Kinder- und Krankenpflege
-und häuslichen Erziehung beansprucht reichlich ein Fünftel der
-ganzen nationalen Arbeit. Es handelt sich also um einen Produktionszweig,
-der in Österreich-Ungarn etwa 4,5 Millionen Menschen beschäftigt.
-Die Zentralisierung dieser Arbeiten nach Gemeinden von beiläufig
-1000 Köpfen gestattet bei besserer Herstellung dieser Arbeiten eine
-Ersparnis von reichlich 1-1,5 Millionen Arbeitskräften, welche der
-Erziehung und dem Unterrichte zu statten käme und unsere Frauen
-vor Überbürdung schützen würde. Die durch Zentralisierung der
-hauswirtschaftlichen Arbeiten erzielte Ökonomie hat in Kopenhagen
-zur Errichtung von Einküchenhäusern geführt, welche Küche und Bedienung
-für 25 Familien liefern, aber nicht für gemeinsame Speisesäle
-eingerichtet sind. Diese Absonderung der Familien vermindert
-zwar den ökonomischen Erfolg, ist aber beim beständigen Wechsel
-in der heutigen Gesellschaftsordnung ebenso notwendig, wie sie in der
-kollektivistischen Gemeinde unökonomisch, und den sozialen Zwecken
-hinderlich wäre.
-</p>
-
-<p>
-Dagegen nun steht die vermeintliche Forderung des Gemütes und die
-Voraussetzung, daß nur liebende Frauen das alles mit gewissenhafter
-Aufopferung und so besorgen, daß die Familienglieder befriedigt
-werden. Nun meine ich zwar, daß die Familie ihre abgeschlossene
-Wohnung braucht, wo sie ungestört die wahren Freuden des Familienlebens
-genießen kann, daß aber mehr die gesellige Vereinigung der
-Eltern mit den Kindern, als die persönliche Bemühung der Hausfrau
-mit allen Einzelheiten der Familienwirtschaft das Familienglück
-ausmacht und daß vielmehr gerade die Belastung der Hausfrau mit
-so vielerlei Geschäften, welchen allen sie unmöglich gleichmäßig gewachsen
-sein kann, die Quelle zahlreicher Mißhelligkeiten ist, und daß
-gerade deshalb so wenig wahres Familienglück angetroffen wird. Am ehesten
-noch allerdings bei Arbeitern, wo diese Geschäfte niemals gut besorgt
-werden, noch gut besorgt werden können; bei ihnen nur, weil elende
-Menschen nach jedem Strohhalm von Glück haschen und gemeinsames
-Leid die Menschen verträglich macht. Wo nur etwas Wohlhabenheit
-ist, werden ohnehin fremde Hilfskräfte gedungen, ohne dadurch
-das Familienglück immer zu gefährden. Und auch bei zentralisierter
-Wirtschaft ist ja die Familienmutter in der Lage, fehlendes
-<span class='pagenum'><a id='Page_264' name='Page_264' href='#Page_264'>[264]</a></span>
-zu ergänzen und auf Erfüllung der dem Staate obliegenden
-Verpflichtungen zu dringen und so sich ihrer Kinder anzunehmen, für
-sie besorgt zu sein.
-</p>
-
-<p>
-Ein weiterer Grund, der für Gemeindewirtschaft spricht, ist die
-Forderung einer über die Grenzen der Familie erweiterten Geselligkeit,
-die dort vernünftig gepflegt werden kann, während sie heute
-gerade auf Kosten der Kinder geht. Wir finden, daß zumeist der
-Hausvater ins Wirtshaus, die Hausfrau auf Besuch geht, ja auch
-das Dienstmädchen mit dem Liebhaber läuft und die Kinder, die
-man nicht mitnehmen kann, entweder eingesperrt werden oder auf der
-Gasse tausend Gefahren ausgesetzt sind.
-</p>
-
-<p>
-Diesen Übelständen und den Rechtsverletzungen des Mannes der
-Frau und der Eltern den Kindern gegenüber kann der kollektivistische
-Staat ein Ende bereiten, aber nur dann, wenn er es vermag, die
-Familienglieder nötigenfalls auch zu trennen und ihnen gesonderte
-Unterkunft zu verschaffen, in gewöhnlichen Zeiten aber die Eltern,
-wenn sie abwesend sein müssen, zu ersetzen. Das wird durch die
-Zentralstation der Wohnungen in großen Gebäuden sehr erleichtert,
-würde aber durch das Villensystem erschwert werden. In diesen
-zentralisierten Ansiedlungen ergibt sich zwischen allen Gliedern der
-Gemeinde, den Männern, den Frauen und den Kindern, eine umfassende
-Geselligkeit, welche den Frieden fördert, die Anschauungen
-bereichert, die Intelligenz erhöht.
-</p>
-
-<p>
-Doch soll auf diesem Gebiete kein Doktrinarismus aufkommen
-und da man mit dem Kollektivismus nur im kleinen beginnen kann,
-wird das Experiment uns belehren, ob der gemeindeweise Haushalt
-den Bedürfnissen der Menschen mehr entspricht und so wird die Erfahrung
-den Ausschlag geben.
-</p>
-
-<p>
-Nehmen wir an, die Entscheidung wäre für den gemeindeweisen
-Hauswirtschaftsbetrieb gefallen, so wäre für folgende Bedürfnisse zu
-sorgen. Jedem muß es möglich sein, sich abzuschließen, oder sich
-anderen im engeren Kreise anzuschließen oder endlich der Geselligkeit
-im Großen zu erfreuen. Es muß also jedem, der es wünscht, ein
-genügender, abgesonderter Schlaf- und Wohnraum zugewiesen werden,
-es muß aber auch die Gelegenheit geboten sein, mehrere Schlafräume
-zu einem Ganzen zu gemeinschaftlicher Benutzung zu vereinen und
-<span class='pagenum'><a id='Page_265' name='Page_265' href='#Page_265'>[265]</a></span>
-außer diesen Schlafräumen muß es große Säle und kleinere Säle
-geben, in welchen sich die ganze Gemeinde und kleinere Gesellschaften
-versammeln können. Die Mahlzeiten sollen die Glieder der
-Gemeinde so viel als möglich gemeinsam einnehmen, es soll aber
-auch gestattet sein, sich das Essen auf seine Stube bringen zu lassen,
-damit die Gemeinsamkeit nicht zur Last wird. Anfangs werden sich
-aus diesem Zusammenleben vielleicht manche ärgerliche Streitigkeiten
-ergeben, aber je weiter die Volkserziehung schreitet, je mehr sich die
-Staatsangehörigen in die Verhältnisse einleben und wenn einmal die
-Zeiten kommen, wo die überwiegende Mehrzahl der Gemeindegenossen
-von Jugend auf zusammen aufgewachsen ist, endlich, wenn
-es der kollektivistische Charakter des Staates ermöglicht, störende Elemente,
-die sich in einer Gemeinde nicht einzufügen vermögen, in
-andere Gemeinden zu versetzen, wird ein herzliches Einvernehmen der
-Bewohner einer Gemeinde gewiß sich entwickeln. Man denke an die
-kameradschaftliche Gesinnung der Mannschaft eines Regiments, der
-Offiziere einer Garnison und daran, daß man im ältesten Griechenland
-so hohen Wert auf gemeinsame Mahlzeiten legte. Doch wird
-hier vieles abhängen von dem Takt und der Menschenkenntnis der
-Verwaltungsbeamten.
-</p>
-
-<p>
-Diesen Grundsätzen würde nun ein Bau entsprechen, der nach
-<a href='#F_01_a_0'>VI, 1, a,</a> wie unten beschrieben eingerichtet wäre.
-</p>
-
-<p>
-Der Mittelbau, ein Oblongum von etwa 1600 Quadratmeter
-Baufläche, würde als Gemeindepalast dienen, im Untergeschoß Küche,
-Keller, Wäscherei, geschlossene Bäder, Turnsaal und Spielräume, im
-Hochparterre einen den ganzen Raum umfassenden Speisesaal, im
-oberen Stockwerke den Bibliotheks- und Versammlungssaal, das
-Amtszimmer, die Schulzimmer, Spielsäle und Vorratsräume enthalten.
-Im Bibliothekssaale könnten auch Sonntags religiöse Feierlichkeiten
-abgehalten werden, wenn das Vorurteil unterdrückt sein
-wird, daß solche Feierlichkeiten nur in geweihten Räumen stattfinden
-dürfen. Dieser Bau würde von einem Garten umschlossen, an den
-vier Wohnbauten in Kreuzform mit Erdgeschoß und drei Stockwerken
-grenzen würden. Jedes dieser vier Häuser würde 256 Wohnungseinheiten
-enthalten und nach Bedarf in einfenstrige Stuben und
-größere, gemeinsame Gemächer eingeteilt werden. Diese 1024
-<span class='pagenum'><a id='Page_266' name='Page_266' href='#Page_266'>[266]</a></span>
-Wohnungseinheiten wären ausreichend für Beherbergung von 1000
-ständigen oder vorübergehenden Bewohnern, für Kranken- und
-Fremdenzimmer und für Einräumung größerer Wohnungen für die
-Verwaltungsbeamten, Ärzte und Lehrer und einige sonstige bevorzugte
-Gemeindeglieder. Dabei ist zu beachten, daß die erstjährigen
-Kinder wohl kein eigenes Schlafzimmer zugewiesen erhielten, daß auch
-einige Erwachsene, welche einem Turnus nach mit Schmutzarbeiten
-befaßt wären, aus dem Gemeindeleben auszuscheiden hätten und im
-Wirtschaftsgebäude zu schlafen hätten, wodurch Räume in den
-Schlafgebäuden frei würden.
-</p>
-
-<p id='I_01_0_0al'>
-Eine solche Gemeinde besäße Bäder jeder Art, im Freien, im
-Souterrain und in allen Stockwerken, so daß für Reinlichkeit und
-Gesundheit auf das beste gesorgt wäre.
-</p>
-
-<p>
-Wollte man familienweise für die Wohnung sorgen, mit den
-beliebten »Familienhäusern«, so wäre das nicht nur ungesellig,
-sondern man müßte etwa zweihundert solcher Häuschen bauen. Und
-wollte man drei oder vier Familien zusammensperren, also bloß
-50 Häuser für 1000 Bewohner bauen, so wären Kosten und Übelstände
-immer noch groß, und der Vorteil bestünde nur darin, daß
-man sich der Zentralisation genähert hätte. Die Familienhäuser
-würden ein weit größeres Baukapital und einen vier- bis fünffach
-größeren Raum erfordern, eine Menge Straßen und Wege beanspruchen
-und einen weit umfassenderen Dienst für Beseitigung der
-Fäkalien und Straßenreinigung notwendig machen, und man kann
-sagen, daß durch Annahme dieses Systems der Aufwand für Wohnungsbauten
-mindestens um ein Drittel erhöht
-würde<a name='FA_40' id='FA_40' href='#FN_40' class='fnanchor'>[40]</a>, bei gleicher
-Bequemlichkeit. Vorteile und Nachteile gegeneinander gehalten, wird
-der überwiegende Vorteil auf Seite entsprechend zentralisierter Wohnungsansiedlungen
-sein. Zudem erschwert die Zerstreuung der Gemeindeinsassen
-die Aufsicht<a name='FA_41' id='FA_41' href='#FN_41' class='fnanchor'>[41]</a>,
-die Verteilung, die Unterdrückung des
-<span class='pagenum'><a id='Page_267' name='Page_267' href='#Page_267'>[267]</a></span>
-Vagabundenwesens und die Evidenthaltung der Bevölkerung und ihrer
-Verteilung, die nach <a href='#F_08_0_0'>VI, 8,</a> eine wesentliche Grundlage einer vollkommenen
-Versorgung aller Volksgenossen bildet. Es würde von
-allem, was ich mir vom Kollektivismus verspreche, kaum etwas
-realisiert werden können, wenn man das Villensystem
-annähme.<a name='FA_42' id='FA_42' href='#FN_42' class='fnanchor'>[42]</a>
-</p>
-
-<p>
-Um die Ansiedlung recht wohnlich zu machen, würde man die
-Gebäude durch gedeckte Gänge und Veranden verbinden und, wenn
-möglich, schattige Wege in den nahen Wald führen.
-</p>
-
-<p>
-Da drei Viertel der Fenster der Wohnstuben ins Freie führen,
-das letzte Viertel aber nach den Gärten sähe, welche zwischen den
-Wohnhäusern und dem Gemeindepalaste liegen, so wäre genügend
-für gute Luft gesorgt. Ganz besondere Rücksicht wäre auf Vermeidung
-der Gefährdung der Bevölkerung durch Elementarereignisse
-zu nehmen. Wo Überschwemmungen, Vulkaneruptionen, Lawinen
-oder Erdbeben zu fürchten sind, sind keine Wohnungsansiedlungen
-anzulegen und die etwa vorhandenen abzutragen. Gegen Feuer hat
-man nicht nur alle Löschgeräte bereit zu halten, sondern auch alle
-Hilfsmittel zur Flüchtung der Bewohner aus allen Teilen der bewohnten
-Gebäude. Es wird sich empfehlen, von Zeit zu Zeit
-Übungen für die Flüchtung der Insassen aus brennenden Gebäuden
-zu veranstalten.
-</p>
-
-<p>
-Die Vermeidung der Anlage von Wohnbauten an Orten, welche
-erfahrungsgemäß sehr gefährdet sind, ist im Kollektivstaate sehr leicht
-ausführbar; in unserer Gesellschaftsordnung werden sich immer
-einzelne in der Zwangslage befinden, sich an solchen Orten anzusiedeln,
-<span class='pagenum'><a id='Page_268' name='Page_268' href='#Page_268'>[268]</a></span>
-weil der andere Boden besetzt ist. Der Kollektivismus kann
-also auch nach dieser Richtung einem Bedürfnisse der allgemeinen
-Wohlfahrt besser genügen, als unsere Gesellschaftsordnung. Laibach,
-St. Pierre und andere Beispiele lehren, wie auch gegen solche
-Schrecknisse der Kollektivismus allein abhelfen kann. Es hätte die
-Bevölkerung von Martinique gerettet werden können, wenn Amerika
-kollektivistisch organisiert wäre.
-</p>
-
-<p>
-Innerhalb gewisser Grenzen wird der Staat in jeder Gemeinde
-für Ästhetik und Annehmlichkeiten im Wohnwesen sorgen. Allein
-über diese Grenzen hinaus wird es den Gemeindemitgliedern überlassen
-bleiben, größere Annehmlichkeiten zu schaffen. Die jährlich
-zur Verteilung gelangenden Konsumtibilien, <a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> und die freie
-Zeit der Bewohner können dazu verwendet werden, um Wege und
-Aussichtswarten anzulegen, die Wohnräume zu schmücken, die Gartenanlagen
-zu zieren u. dergl., und nur insofern dadurch Flächen dem
-Anbau entzogen würden, wird die Zustimmung der Staatsverwaltung
-erforderlich sein. Ja, wenn sich unter den Gemeindegenossen wirkliche
-Künstler befinden, kann sich eine kleine Gemeinde im Laufe von
-Dezennien in ein kleines Athen verwandeln, der große Saal mit
-herrlichen Bildwerken und Gemälden geschmückt werden, die Eingangspforten
-mit Bronzen und Holzplastik ausgestattet, die Außenwände
-der Gebäude mit architektonischem Schmucke verkleidet, das
-Hausinventar veredelt werden, und so ist es möglich, daß die Gemeinden
-sich individualisieren und eine Art von Gemeindeeigentum
-geschaffen wird. Dadurch kann sich eine Gemeinde auch Anspruch
-auf Privilegien erwerben, so daß ihr ein Einspruchsrecht eingeräumt
-wird gegen Aufnahme neuer Gemeindegenossen, welche des Vorzuges,
-solche Herrlichkeiten zu genießen, unwürdig erscheinen.
-</p>
-
-<p>
-Für die Ausstattung der Wohnräume und des Gemeindepalastes,
-soweit sie vom Staate bestritten wird, wird ein allgemeines System
-anzunehmen sein, um bei tunlichster Mannigfaltigkeit eine gleichmäßige
-Verteilung des staatlichen Aufwandes zu sichern. Bei der
-Neuanlage von Gemeinden nach VI, 2, <i>Alinea</i>:
-<a href='#F_02_0_0al'>»Da bei einer Bevölkerung«</a>, kann den künftigen Bewohnern,
-insofern sie bekannt sind, eine gewisse Wahl eingeräumt werden, vorausgesetzt, daß die
-zugestandene Menge an Material und Arbeit nicht überschritten wird.
-<span class='pagenum'><a id='Page_269' name='Page_269' href='#Page_269'>[269]</a></span>
-So mögen die einen den Wunsch haben, daß große Glashäuser angelegt
-werden, andere wünschen, einen Wintergarten zu besitzen oder
-ein großes Atelier für Photographie, selbst eine kleine Sternwarte
-oder eine ausgedehnte Telephonanlage im Innern der Gemeinde zur
-Verbindung aller Räume zu erlangen. Was hier vom Wohnungsschmucke
-gesagt wurde, hat auch Anwendung auf das Mobiliar der
-Wohnhäuser und des Gemeindepalastes und alles, was zum Betriebe
-der Hauswirtschaft erforderlich ist. Auch im Mobiliar ist in einem
-Kollektivstaate eine viel größere Mannigfaltigkeit als in unseren
-Verhältnissen möglich, weil selbst bei der Annahme vieler Tausender
-von Formen doch jedes Erzeugnis zum Massenartikel wird. Nur
-Luxusformen bleiben von der Verallgemeinerung ausgeschlossen und
-bevorzugten Ortschaften und bevorzugten
-Bevölkerungsschichten<a name='FA_43' id='FA_43' href='#FN_43' class='fnanchor'>[43]</a> vorbehalten.
-</p>
-
-<p>
-Diese zentralisierten Wohnansiedlungen entsprechen am besten
-dem Charakter des Kollektivismus. Die Lage der großen Mehrzahl
-des Volkes ist von der Art, daß die Familien das häusliche Glück
-nur während weniger Stunden genießen können, Arbeit und Beruf
-halten die Eltern den größten Teil des Tages hindurch von den
-Kindern fern, bis auch diese wieder, durch ihren Beruf in Anspruch
-genommen, das Haus verlassen müssen oder wenigstens nur für
-wenige Stunden dahin zurückkehren. Selbst wo die Mutter den
-Tag über zu Hause bleiben kann, wird sie von vielerlei Geschäften
-in Anspruch genommen, und sie kann den Kindern eine ununterbrochene
-Aufmerksamkeit nicht zuwenden. Das Ideal des Familienlebens,
-das man den Arbeitern so verlockend darstellt, damit sie
-dessen Verlust durch den Sozialismus für ein großes Unglück halten
-sollen, besteht nicht. Sie müssen ihre Kinder in die Krippen, Spielschulen
-und Schulen senden und sich so auch heute von ihnen trennen.
-Aber diese Anstalten gewähren nur einen ungenügenden Ersatz der
-häuslichen Erziehung, weil sie oft weit entlegen und die den Kindern
-<span class='pagenum'><a id='Page_270' name='Page_270' href='#Page_270'>[270]</a></span>
-gewidmeten Stunden beschränkt sind. Auch spielen in allen solchen
-Dingen die Entfernungen eine große Rolle. In großen Städten
-sind selbst Familien des höheren Mittelstandes in Verlegenheit, wenn
-zwei oder drei Kinder in verschiedene Schulen geschickt werden müssen.
-In einer zentralisierten Gemeinde können die Kinder auf dem kurzen
-Wege zur Schule im Gemeindepalast vom Fenster der Wohnung
-aus überwacht oder von den Erziehungspersonen abgeholt und geleitet
-werden.
-</p>
-
-<p>
-Da unser Erziehungswesen viele Mängel hat, die von Plato
-aufgestellte Forderung, alle Kinder von den Eltern zu trennen,
-ebenso absurd ist, wie es verwerflich wäre, verwahrloste, verwaiste
-oder mißhandelte Kinder nicht zu schützen, so sind in <a href='#G_02_0_0'>VII, 2,</a> und
-<a href='#G_05_a_0'>5, a</a> und <a href='#G_05_b_0'>b</a> jene Grundsätze dargestellt,
-welche eine Verbindung der
-Familienerziehung mit der staatlichen Erziehung ermöglichen und im
-Kollektivstaat leicht durchzuführen sind. Diesem Bedürfnisse, den
-Eltern für die Zeit ihrer berufsmäßigen Arbeit die Sorge für die
-Kinder abzunehmen und einen Erziehungseinfluß von Staats wegen
-auszuüben, entspricht der hier dargestellte Charakter der Ansiedlungen.
-</p>
-
-<p>
-Derselbe ermöglicht ferner die arbeitsteilige Besorgung der
-hauswirtschaftlichen Geschäfte, die Zentralisierung der Speisenbereitung
-und die ausgiebigste Ausnützung aller Räumlichkeiten. Er erleichtert
-demnach auch die Verwaltung und jene Überwachung der Bevölkerung,
-welche alle Vagabundage unmöglich macht. In dieser Ansiedlung
-können gemeinsame Beratungen und Abstimmungen leicht
-vorgenommen werden, und ohne die Absonderung unmöglich zu
-machen, wird doch der staatliche Einfluß dahin geltend gemacht, die
-<ins class='correction' title='Geselligleit'>Geselligkeit</ins> im weitesten Sinne zu fördern, welche das erreichen soll,
-was Plato für die höchste Aufgabe der Staatskunst erklärt, alle
-Teile des Volkes wie in ein »königliches Geflecht« zu vereinigen.
-</p>
-
-<p>
-Die vielfach gegliederten, zum Teil allen Bewohnern und
-Fremden zugänglichen, zum Teil nach Bedarf und in einem Turnus
-einzelnen Schichten, Geschlechtern und Altersstufen geöffneten Räume
-lassen jede einzelne Ansiedlung als eine der großen Toynbeehalls
-erscheinen, welche wegen des zwanglosen Zusammenkommens der
-<span class='pagenum'><a id='Page_271' name='Page_271' href='#Page_271'>[271]</a></span>
-Arbeiterfamilien mit den Gebildeten sich in England und Amerika
-so besonders kulturförderlich erwiesen haben und als Fortsetzung des
-Volksunterrichtes anzusehen sind. So werden auch die in allen
-Gemeinden periodisch veranstalteten Vorträge populär wissenschaftlicher
-Art die Zwecke der <i>university-extension</i> im umfassendsten
-Maßstabe anstreben und in weit vollkommener Art das leisten, was
-die Bemühungen der Gebildeten in den Landgemeinden Dänemarks
-bereits heute leisten. Aber auch der Besuch dieser Vorträge würde
-viel schwächer sein, wenn jede Familie ihr abgesondertes Wohnhaus
-hätte.
-</p>
-
-<p>
-<em class='gesperrt'>Reinigung, Beheizung, Ventilation, Beleuchtung.</em>
-Auch für viele hauswirtschaftliche Arbeiten und hygienische Anstalten
-ist die Zentralisierung der Wohnbauten sehr förderlich. Das gilt
-nicht nur für die Speisenbereitung, sondern auch für die Reinigung
-der Wäsche, der Kleider, der Wohnungen und des Mobiliars. Der
-Vakuum Cleaner, der jede Art von Reinigung von Staub und
-Bakterien auf das gründlichste besorgt, kann nicht für kleine Familien
-angeschafft werden, wohl aber für eine Ansiedlung, wie sie hier geschildert
-wird. Dadurch wird die Wohltat einer vollkommenen
-Reinigung der Zimmer, Betten, Kleider, Möbel und Teppiche auch
-dem Geringsten gesichert. Wenn die Wohnungsbauten danach eingerichtet
-sind, kann die Versorgung mit gut gereinigter, entsprechend
-angefeuchteter warmer oder abgekühlter Luft durch in der Tiefe angelegte
-Heizvorrichtungen oder in den Dachräumen untergebrachte
-Kühlanlagen mit geringen Kosten besorgt werden, vorausgesetzt, daß
-die Wohnungsbauten nicht zerstreut, sondern zentralisiert erbaut
-werden und schon die ursprüngliche Bauanlage dafür eingerichtet ist.
-</p>
-
-<p>
-Was die größeren Ansiedlungen anbelangt, so ist folgendes zu
-bemerken.
-</p>
-
-<p>
-Schon die Anlage eines Bezirksvorortes wird sich einigermaßen
-von der der Urgemeinden unterscheiden. Denn es wird dort nicht
-nur ein größerer Stab von Beamten, Lehrern und Ärzten unterzubringen
-sein, sondern auch irgend eine Schule höherer Ordnung,
-ein ausgedehnterer gewerblicher Betrieb, eine größere Zentralbibliothek
-für den ganzen Bezirk, eine größere Sammlung, eine Druckerei zur
-Herausgabe des Bezirksblattes, und es soll sich die Möglichkeit
-<span class='pagenum'><a id='Page_272' name='Page_272' href='#Page_272'>[272]</a></span>
-bieten, wenigstens einen namhaften Teil der stimmberechtigten Bevölkerung
-des ganzen Bezirkes von beiläufig 12,000 Personen in
-einem großen Saale zu versammeln. Auch eine Bühne einfacherer
-Art für kleinere Produktionen und Dilettantenvorstellungen wird man
-im Bezirksvororte errichten wollen. Endlich wird zwar der größte
-Teil der arbeitsbefreiten Bevölkerung aus den Arbeiterschichten in
-den Urgemeinden unterzubringen sein, aber die arbeitsbefreiten Alten
-werden doch nach den Bezirksvororten streben, weil dort mehr Geselligkeit,
-geistige Anregung und Gelegenheit zu freiem Schaffen zu
-finden ist. Trotzdem wird man trachten, den Bevölkerungsstand
-eines Bezirksvorortes nicht über 1500 Köpfe anwachsen zu lassen
-und in sinngemäßer Anpassung der Grundanlage einer Gemeinde
-unterster Ordnung wird man also etwa sechs Wohnhäuser und zwei
-Paläste anordnen. Jedenfalls werden in den Bezirksvorort Anstalten
-für solche Heilmethoden verlegt werden, die größere bauliche Anlagen
-voraussetzen, sowie auch Isolierspitäler, wenn sie in so großer Zahl
-nötig sein sollten. Schon die Bezirksvororte werden als Knotenpunkte
-nicht nur des Güterumsatzes, sondern auch des Reiseverkehrs
-dienen, welchem in ausgedehnterem Maße die Kreisstädte dienen.
-</p>
-
-<p>
-In den Kreisstädten werden die Kreisbehörden ihren Sitz haben,
-Fremdenhäuser erbaut werden, <ins class='correction' title='Prachtheater'>Prachttheater</ins> erstehen und ausgedehnte
-Bibliotheken, Sammlungen, Luxusbäder, dann Speziallehranstalten
-eingerichtet und solche Industrien betrieben werden, die eine größere
-Arbeiterzahl bedingen. Doch soll man auch diese Städte nicht über
-4000 oder 5000 Bewohner, die Reisenden inbegriffen, anwachsen
-lassen, weil die Bevölkerung nur so weit in einzelnen Orten angehäuft
-werden soll, als es durch bestimmte volkswirtschaftliche Zwecke
-unbedingt geboten erscheint. Für einen Staat von 45 Millionen
-Einwohnern, wie Österreich, werden 2000 bis 2200 Bezirksvororte
-und 100 bis 120 Kreisstädte genügen, welche in 10 bis 20 Provinzen
-verteilt werden. Städte höherer Ordnung sind dann die
-Provinzstädte und die Reichshauptstadt.
-</p>
-
-<p>
-Die Provinzstädte würden in Österreich besonders national
-unterschieden werden und je eine das geistige Leben einer Nationalität
-ausschließlich zum Ausdruck bringen, auch die nationalen Bücherschätze
-in größter Vollständigkeit beherbergen. Auch die nationale
-<span class='pagenum'><a id='Page_273' name='Page_273' href='#Page_273'>[273]</a></span>
-Kunst, Musik und das nationale Schauspiel wird da gepflegt werden,
-wenngleich auch Theater in den Provinzstädten errichtet werden, an
-welchen in einer weitverbreiteten Sprache gespielt wird. Doch soll
-auch eine Provinzstadt nicht für mehr als etwa 20,000 Bewohner,
-die Reisenden mit inbegriffen, eingerichtet werden, nachdem nur
-eine ausgewählte Bevölkerung, zumeist von höherer Bildung und ein
-wechselndes Reisepublikum dort beherbergt werden.
-</p>
-
-<p>
-Auch in den Kreis- und Provinzstädten wird der Typus der
-Urgemeinde mit Wohnhäusern und einem gemeinsamen Palaste für
-je 1000 Bewohner zur Geltung kommen und diese Städte werden
-sich aus einer größeren Zahl solcher Quartiere zusammensetzen. Daneben
-aber werden große Hotels für Reisende und hervorragende
-Inländer errichtet werden, welche vom allgemeinen Wohnungscharakter
-abweichen und eine große Pracht an Wohnräumen und
-Mobiliar zeigen sollen. In diesen Hotels wird auch die Verpflegung
-der Insassen, seien es Reisende oder ständige Bewohner, eine kostbarere
-sein. Die Verwaltung auch dieser Häuser wird übrigens den
-Verwaltungsbeamten der Quartiere untergeben sein, die den Hauptstock
-der Bewohner beherbergen.
-</p>
-
-<p>
-Diese Quartiere werden auch die Masse der Bevölkerung der
-Reichshauptstadt aufnehmen. Für Hof und Adel und die geringe
-Anzahl sehr bevorzugter Personen werden prächtige Wohnungen in
-den von Alters her bestehenden Palästen genug vorhanden sein. Doch
-sollen auch diese Paläste in den Verwaltungsbezirk eines Quartiers
-einbezogen werden.
-</p>
-
-<p>
-Auch die Reichshauptstadt wird eines gänzlichen Umbaues bedürfen,
-doch wird vorher für die Masse der Bevölkerung vorgesorgt
-werden müssen, weil ein Überfluß von Wohnungen in den großen
-Städten vorhanden ist und dort die Bauten bei weitem nicht so
-sehr dem kollektivistischen Betriebe unangemessen sind, wie in den
-Dörfern.
-</p>
-
-<h3 id='I_02_0_0'>
-2. Die Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses.
-</h3>
-
-<p>
-Die Verwendung der nach den Verteilungsgrundsätzen auf die
-Gemeinden entfallenden Nahrungsmittel zur Speisebereitung wird
-<span class='pagenum'><a id='Page_274' name='Page_274' href='#Page_274'>[274]</a></span>
-Sache der Vorsteherin der Küche sein. Es dürfte sich empfehlen,
-die Wahl dieser Vorsteherin den Gemeindemitgliedern zu überlassen.
-Ohne Zweifel wird man Kochschulen errichten, um eine
-größere Anzahl von Kochkünstlerinnen heranzubilden. Der Arzt wird
-sein Augenmerk darauf richten, daß nur vollkommen unverdorbene
-Materialien in der Küche in Verwendung genommen werden. Auch
-sonst hat er auf Beobachtung aller Rücksichten auf die Hygiene zu
-dringen und alle Aufmerksamkeit darauf zu richten, daß die Kost
-genügend, aber nicht übermäßig sei. Die Ernährungswissenschaft
-ist noch sehr unentwickelt und wird im Kollektivstaat große Fortschritte
-machen.
-</p>
-
-<p>
-Mancherlei wird der Beschlußfassung der Gemeinde vorbehalten
-werden. So die Speisestunden und die Verteilung der Nahrung auf
-die einzelnen Mahlzeiten. Ebenso die Abwechslung der Gerichte und
-die Reihenfolge, sowie inwieferne an Sonntagen oder an gewissen
-Festtagen reichlichere Mahlzeiten geboten werden sollen. Ist die Menge
-der verbrauchten Nahrungsmittel im Durchschnitt den Verteilungsgrundsätzen
-entsprechend, so wird der Staat kein Interesse haben,
-den Gemeinden in diesen Dingen Vorschriften zu machen. Nur wird
-die Einteilung der Stunden für die Mahlzeiten dem Fortgange der
-Arbeit nicht hinderlich sein dürfen. Die Einzelnen werden ziemlich
-freie Hand haben in der Wahl der Gerichte und es wird darin mehr
-Freiheit herrschen, als heute in der Familie.
-</p>
-
-<p>
-Wenn die Ernährungswissenschaft sehr ausgebildet sein wird,
-wird man in der Nahrung auf Alter, Geschlecht, Beruf und auf den
-jeweiligen Kräfteverbrauch Rücksicht nehmen und die Nahrungsvorschriften
-zu individualisieren suchen.
-</p>
-
-<p>
-Bei der hier angenommenen Organisation der Gesellschaft wird
-die Staatsverwaltung Einfluß genug gewinnen, um auf Vermeidung
-des Alkohol- und Tabakgenusses hinzuwirken und wenigstens die
-heranwachsende Jugend davor zu bewahren. Auch der Verwaltungsbeamte
-wird dafür zu sorgen haben, daß in der Küche die größte
-Reinlichkeit beobachtet und keine verdorbenen Nahrungsmittel verkocht
-werden.
-</p>
-
-<p>
-Die französische Kriegsverwaltung hat für die Mannschaft ein
-<span class='pagenum'><a id='Page_275' name='Page_275' href='#Page_275'>[275]</a></span>
-Kochbuch verfassen lassen und dadurch Hygiene, Reinlichkeit, ökonomische
-Verwertung der Materialien und tunlichste Rücksicht auf den
-Wohlgeschmack zu fördern gesucht.
-</p>
-
-<h3 id='I_03_0_0'>
-3. Die Bekleidung.
-</h3>
-
-<p>
-Die ganze Bevölkerung ist mit Arbeitskleidern, Gesellschaftskleidern
-und Festkleidern zu versorgen. Der Aufwand wird ein abgestufter
-sein nach Kategorien. Die Massenproduktion wird einer gewissen
-Mannigfaltigkeit nicht im Wege stehen. Bei den Stoffen wird
-das in <a href='#H_09_e_0'>VIII, 9, e,</a> erwähnte Wahlrecht zur Geltung kommen. In
-jedem Bezirke oder wenigstens in jedem Kreise werden Produktionsanstalten
-errichtet werden, welche für Wäsche, Kleider, Hüte und Beschuhung
-zu sorgen haben und die fabrikmäßig hergestellten Erzeugnisse
-jedem Einzelnen anpassen sollen. Da der Staat für so viele
-Millionen von Individuen zu sorgen hat, kann die fabrikmäßige
-Erzeugung mit größter Berücksichtigung der individuellen Körperverhältnisse
-vereinbart werden.
-</p>
-
-<p>
-Die abgetragenen Kleider fallen wieder der staatlichen Produktion
-zu, welche das Brauchbare wieder verwendet und die gänzlich abgenützten
-Stoffe einer Umarbeitung, die Hadern der Papierbereitung
-zuführt. Gesellschafts- und Festkleider werden in gewissen Zeitintervallen
-geliefert, so daß die tunlichste Schonung der Kleider im Interesse
-des Trägers liegt. Die Arbeitskleider sollen besonders dem
-Berufe angepaßt sein und vollkommen Schutz gegen Hitze, Kälte,
-Feuchtigkeit und die mit der Arbeit verbundenen Gefahren bieten.
-Man wird darauf halten, daß jeder nach beendeter Arbeit sich vollkommen
-reinigt und badet und dann die Gesellschaftskleider anlegt.
-Insofern jemand dauernd mit Schmutzarbeiten zu tun hätte, oder
-durch die Art der Arbeit, der er sich widmet, gehindert wäre, sich
-jeden Tag vollkommen zu reinigen, würde er wohl für diese Zeit
-aus dem geselligen Leben ausscheiden.
-</p>
-
-<p>
-Die Statistik der Stoffeproduktion gibt einen genauen Maßstab
-für die Grenzen des Verbrauches. Wer unter sonst gleichen Umständen
-kostbarere Stoffe wählt, wird die Kleider entsprechend länger
-tragen müssen. In der Bekleidung wird ein weiter Spielraum gezogen
-<span class='pagenum'><a id='Page_276' name='Page_276' href='#Page_276'>[276]</a></span>
-werden zwischen dem einfachsten Arbeiter der Rohproduktion
-und den Höchstverdienten. Letzteren werden die kostbarsten Stoffe
-und die sorgfältigste Arbeit zugestanden und man mag ihnen auch
-zugestehen, daß sie die Gesellschaftskleider nach einem halben Jahre,
-einem Monate, ja einer Woche gegen neue Kleider vertauschen.
-</p>
-
-<p>
-Den Frauen wird man erlauben können, sich die Gesellschaftskleider
-nach ihrem individuellen Geschmacke aufzuputzen. Sie werden
-bei der Verteilung der <ins class='correction' title='Konsumtabilien'>Konsumtibilien</ins>,
-<a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> besonders auf solche
-Gespinnste und Stoffe reflektieren, welche ihnen gestatten, etwas für
-Putz zu tun. Ob man der hervorragenden Frauenschönheit gewissermaßen
-von Staatswegen wird huldigen dürfen durch Zuweisung besonders
-prächtigem Kleidungsstoffe, ist eine ebenso heikle Frage wie
-die, ob es statthaft ist, hervorragend schöne Mädchen und Frauen
-in größerem Maße an Festlichkeiten und geselligen Vereinigungen
-höherer Art teilnehmen zu lassen. Es ist anzunehmen, daß Frauenschönheit
-einen Anspruch geben wird, eine Stellung in den städtischen
-Ansiedlungen zu erhalten und so mag dem ästhetischen Bedürfnisse,
-schöne Frauen in den Vordergrund zu schieben, Genüge geschehen.
-</p>
-
-<p>
-Hier mag eingeschaltet werden, daß die Juwelen und sonstiger
-kostbarer Frauenschmuck ebenso Kollektiveigentum sein müssen, wie
-alles andere. Dieser Schmuck wird in Schatzkammern verwahrt und
-bald diesen, bald jenen Hals zieren. Bei Hochzeiten, imposanten
-Festlichkeiten höherer Ordnung werden die Frauen und Mädchen,
-welche daran teilnehmen, nicht bloß nach anderen sozialen Rücksichten
-gewählt als heute, sondern insbesondere auch nach körperlichen Vorzügen
-und bei solcher Gelegenheit werden die Schönsten nach künstlerischen
-Rücksichten gekleidet und geschmückt und es wird der kostbare,
-seit tausenden von Jahren aufgespeicherte Schmuck eher den
-Hals einer schönen Volksschullehrerin, als einer häßlichen Gräfin zieren.
-</p>
-
-<h3 id='I_04_0_0'>
-4. Die sonstigen Bedürfnisse, außer Wohnung,
-Nahrung und Kleidung.
-</h3>
-
-<p>
-Wie es damit gehalten wird, ist aus obigen Schilderungen zu
-entnehmen. Von Erziehung und Unterricht, Krankenpflege und ärztlicher
-Hilfe war in <a href='#E_02_0_0'>V, 2,</a> und <a href='#E_03_c_0'>3, c</a>
-und <a href='#G_05_0_0'>VII, 5,</a> die Rede; um
-<span class='pagenum'><a id='Page_277' name='Page_277' href='#Page_277'>[277]</a></span>
-jedermann Reisen zu ermöglichen, sollen nach XI, 1, b <i>Alinea</i>:
-<a href='#L_01_b_0al'>»Nimmt man nur«</a> jährliche Urlaube erteilt werden und die Reiselegitimation
-würde die Anweisung auf die gewählten und bewilligten
-Beförderungsstrecken enthalten. Man könnte 100 Eisenbahnmeilen
-im Jahre als Minimum verteilen und etwa in der Form anweisen:
-<ins class='correction' title='Innnsbruck'>Innsbruck</ins> &mdash; Salzburg &mdash; Salzburg &mdash; Innsbruck &mdash; Innsbruck &mdash; Bludenz
-&mdash; Bludenz &mdash; Innsbruck. Die Reisebewilligung würde mitinbegreifen
-freie Station in allen Urgemeinden und Bezirksgemeinden
-des namhaft gemachten und in der Reiselegitimation zu limitierenden
-Reisegebietes, in den Städten und der Reichshauptstadt nur, wenn
-sie ausdrücklich namhaft gemacht sind. Analog wäre die Verteilung
-der Benützung anderer Reisegelegenheiten einzurichten und die Benützung
-unbesetzter Velocipedes wäre jedermann frei. Der Besuch von
-Theatern und Konzerten usw. würde das Recht voraussetzen, sich in
-der betreffenden Stadt aufzuhalten. Andere Erlustigungen würden
-nur die reichliche Verteilung der Behelfe voraussetzen. Das Lesebedürfnis
-wird durch Verleihung befriediget, wobei bei Neuerscheinungen
-der höhere Rang Anspruch auf frühere Zuweisung begründen würde.
-Auch die Gestattung des Domizilwechsels würde einem Bedürfnisse
-der Arbeitsbefreiten entgegenkommen, wobei aber die Wahl des
-Aufenthaltes in Städten einzuschränken wäre. Besonders bei dem
-Domizilwechsel sind die Arbeitsbefreiten der höheren Berufe zu bevorzugen.
-Man könnte den Arbeitsbefreiten des niedersten Berufes
-den Domizilwechsel in Urgemeinden und Bezirksgemeinden ein oder
-zweimal im Jahre, denen der höchsten Berufe ohne Beschränkung der
-Zahl und der Orte einräumen.
-</p>
-
-<p>
-Die Einräumung von Auslandsreisen, <a href='#M_02_0_0'>XII, 2,</a> wäre wohl nur
-für Bevorzugte oder zu Ausbildungszwecken tunlich. Im Verkehr
-mit ähnlich organisierten Nachbarstaaten würde ein Austausch von
-Reisebewilligungen vertragsmäßig geregelt.
-</p>
-
-<h2 id='K_00_0_0'>
-X.<br /><br />
-Die Sachproduktion im Kollektivstaat.
-</h2>
-
-<hr class='h2bot' />
-
-<p>
-Von den Zweigen der Sachproduktion soll hier nur die Landwirtschaft
-besprochen werden, weil in derselben der Kleinbetrieb heute
-noch vorwiegt und weil die kollektivistische Organisation der Produktion
-gerade auf die Landwirtschaft am meisten umgestaltend wirkt. Es
-ist nicht nur die Produktionsweise, welche dabei in Betracht kommt,
-sondern auch die örtliche Verteilung der Bevölkerung.
-</p>
-
-<p>
-Es ist ein Gebrechen unserer Zeit, daß man, auf den internationalen
-Gütertausch rechnend, sich nicht den Kopf darüber zerbricht,
-ob die heimische Landwirtschaft soviel Nahrungsmittel zu erzeugen
-vermag, als zur Erhaltung der heimischen Bevölkerung notwendig
-ist. Ein Land, das der Zufuhren von Nahrungsmitteln aus
-Rußland und Amerika bedarf, um seine Bewohner zu ernähren, kann
-einmal bittere Erfahrungen machen. Die russische Bevölkerung vermehrt
-sich in solchem Maße, daß sie bald auf eine Ausfuhr von
-Nahrungsmitteln wird verzichten müssen und auch Nordamerika,
-dessen Bevölkerung sich in 100 Jahren verfünfzehnfacht hat, wird in
-wenigen Dezennien den Export von Nahrungsmitteln einschränken
-müssen. Ja, die Nahrungsmittel sind ein so unentbehrliches
-Produkt, daß die Länder, welche im Überflusse produzieren, sich
-bald dahin einigen werden, sie mit einem Ausfuhrzolle zu belegen.
-</p>
-
-<p>
-Bekannt ist, daß die bäuerlichen Arbeiter immer mehr nach
-den Städten gravitieren, daß die gewerbliche Bevölkerung sich immer
-mehr vermehrt und die bäuerliche abnimmt. Daß das auf die
-Ausdehnung der Lebensmittelproduktion von Einfluß sein muß, ist
-auf der Hand liegend. Der Kollektivstaat kann diesem Übel abhelfen
-und meine organisatorischen Vorschläge sind darauf berechnet.
-</p>
-
-<p>
-In der Landwirtschaft macht sich die von mir vorgeschlagene
-<span class='pagenum'><a id='Page_279' name='Page_279' href='#Page_279'>[279]</a></span>
-Verteilung der Bevölkerung, die nur im kollektivistischen Staate
-durchgeführt werden kann, nach zwei Richtungen nützlich. Da nämlich,
-sobald die Verteilung der Bevölkerung über das Land nach den
-Bedürfnissen des öffentlichen Wohles, des Volkswohles, stattfindet,
-ein viel größerer Prozentsatz der Bevölkerung in den ackerbautreibenden
-Landgemeinden angesiedelt wird, wird den landwirtschaftlichen
-Flächen beinahe alles wiedererstattet, was ihnen in der menschlichen
-Nahrung entzogen wird. Die der Landwirtschaft wieder zugeführten
-menschlichen Fäkalien werden um die Hälfte mehr betragen als
-heute, wo ein großer Teil durch die Schwemmkanäle der großen
-Städte in die Flüsse abgeleitet wird.
-</p>
-
-<p>
-Aus der für den Kollektivstaat brauchbaren Verteilung der Bevölkerung
-wird aber noch ein anderer ausschlaggebender Vorteil für
-die Landwirtschaft entspringen. Nachdem die Industriebevölkerung,
-die heute zum überwiegenden Teile in den Städten wohnt, im
-Kollektivstaate beinahe ausnahmslos in den Dörfern angesiedelt wird,
-sind zur Zeit der Ernte und in anderen Perioden, wo die Landwirtschaft
-plötzlich vieler Hände bedarf, viel mehr Arbeitskräfte zur
-Verfügung, als heute. Die Industriebevölkerung kann in dringenden
-Fällen aufgeboten werden, der landwirtschaftlichen Bevölkerung
-ihre Unterstützung zu gewähren und ebenso werden die landwirtschaftlichen
-Arbeiter im Winter der Industriebevölkerung zu Hilfe
-kommen können.
-</p>
-
-<p>
-In der Landwirtschaft ist es von der größten Wichtigkeit, daß
-jede Arbeit genau zur richtigen Zeit vor sich geht. Man darf nicht
-zu früh noch zu spät säen, pflanzen und ernten und oft hängt die
-Rettung der Feldfrüchte davon ab, ob eine Arbeit einen Tag früher
-oder später vorgenommen wird. In katholischen Ländern machen
-die vielen Feiertage und die strenge Beobachtung der Sonntagsruhe
-oft Schaden, wenn schon die katholische Geistlichkeit im Interesse der
-Landwirtschaft manche Konzession macht.
-</p>
-
-<p>
-Der Kollektivismus gestattet in dieser Hinsicht eine größere Anpassung
-der Arbeit nach Zeit und Umständen. Wenn in den benachbarten
-Gemeinden A, B und C die Höhenlage so verschieden
-ist, daß die Zeit der Reife von Gemeinde zu Gemeinde um 3 bis
-4 Tage variiert, so ist in Betracht zu ziehen, ob es sich nicht empfiehlt,
-<span class='pagenum'><a id='Page_280' name='Page_280' href='#Page_280'>[280]</a></span>
-die Arbeitskräfte je zweier Gemeinden mit denen der dritten zu vereinigen,
-wenn in dieser allein der günstige Zeitpunkt für die Ernte
-gekommen ist. Dabei wird man aber auch die dadurch bedingte
-Wanderung der Arbeiter als ökonomischen Verlust in Rechnung zu
-stellen haben, insofern sie größere Wegestrecken zur Arbeitsstelle zurücklegen
-müssen.
-</p>
-
-<p>
-Es entsteht die Frage, ob die Staatsverwaltung in der Lage
-sein wird, eine intensive, gleichmäßige und rationelle Bearbeitung
-des Bodens zu erzielen, wenn das Eigentumsinteresse der Bauern
-wegfällt, das umsomehr, nachdem der Großgrundbesitz mit der Ausnützung
-der Arbeitskräfte keineswegs die besten Erfahrungen macht,
-kleinere Grundbesitzer aber, die nicht der bäuerlichen Bevölkerung
-angehören, in der Regel gar keinen Ertrag zu erzielen vermögen,
-ihre Arbeiter wenig leisten, viel verzehren und sie auch wohl bestehlen.
-Der Kollektivismus ist aber mit solcher Bewirtschaftung
-nicht zu vergleichen. Ein Spekulant, der ohne Kenntnis der Landwirtschaft
-ein Gut erwirbt und selbst bewirtschaftet, selbst nicht mitarbeitet,
-die Morgenstunden verschläft, und in allem von einem
-Knechte abhängig ist, der umso besser fährt, je mehr der Eigentümer
-Schaden leidet, wird natürlich schlimme Erfahrungen machen und
-die Arbeitskräfte nicht so ausnützen können, wie sie im Kollektivstaat
-ausgenützt werden können und sollen. Auch wird ein solcher
-Gutsbesitzer unzufrieden sein, wenn ihm das Gut keine entsprechende
-Verzinsung des Kapitals abwirft, das in der Regel unverhältnismäßig
-hoch ist, weil unsere Gutspreise viel zu hoch sind. Solche
-Güter wechseln auch den Eigentümer sehr oft und auf einen unkundigen
-Besitzer kommt zumeist ein anderer, der ebenso wenig von
-der Verwaltung versteht.
-</p>
-
-<p>
-Die Verwaltung im Kollektivstaat ist eine stabile, es liegen die
-Erfahrungen früherer Jahre vor, man weiß, was man den Arbeitern
-zumuten kann, der Verwaltungsbeamte und seine Organe müssen
-schon vom frühen Morgen Dienst machen, wenn die Arbeiten beginnen
-und so wird es nicht fehlen, daß eine richtige Bearbeitung
-erzielt wird, wobei auch in Anschlag zu bringen ist, daß zur unrechtmäßigen
-Zueignung der Früchte in der zukünftigen Ordnung weder
-eine Gelegenheit noch eine Versuchung vorliegt.
-</p>
-
-<h3 id='K_01_0_0'>
-1. Die Kultur der Zerealien.
-</h3>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_281' name='Page_281' href='#Page_281'>[281]</a></span>
-Sie wird einen eigenen Zweig der landwirtschaftlichen Produktion
-bilden und der Verwaltungsbeamte wird daher einen dazu geeigneten
-landwirtschaftlichen Arbeiter mit dessen Oberleitung betrauen. Der
-Leiter wird Abteilungsführer bestellen, die ihn unterstützen. Für den
-Anbau der verschiedenen Feldfrüchte im Staate wird die Eignung
-des Bodens und der durch die Verteilung bedingte Transport der Erzeugnisse
-vom Erzeugungsorte zur Verkaufsstelle in Betracht kommen.
-Es mag sein, daß bestimmte Gebiete in Ungarn sich so zum Weizenbau
-eignen, daß man in Österreich auf mehr und gehaltreicheren
-Weizen rechnen kann, wenn er nur in Ungarn angebaut wird. Das
-bedingt aber wieder die Notwendigkeit, den Weizen oder das Weizenmehl
-von dort nach allen anderen Teilen des Reiches zu verfrachten,
-insoferne es nicht ökonomischer erscheint, den Weizen zum Teil über
-die westlichen Grenzen nach dem Auslande zu liefern und eine
-gleiche Menge aus Rumänien und Südrußland einzuführen. Dabei
-wird aber die Verwaltung noch eine Frage zu prüfen haben, ob
-nämlich eine völlige Vereinigung der Kultur einer Frucht auf einem
-engbegrenzten Gebiete nicht eine größere Gefahr einer totalen Mißernte
-bringt, als die Verteilung des Anbaues auf das ganze Reich,
-wenngleich mit geringerer Rücksicht auf die Vorzüge des Bodens.
-Die oben erwähnten merkantilen Vorteile werden beim Anbau schwerlich
-in Rechnung gezogen werden können, weil zur Anbauzeit die
-wahrscheinlichen Ernteergebnisse noch nicht übersehen werden können,
-welche einen internationalen Ausgleich mit verschiedenen Auslandsstaaten
-zur Folge haben müssen. Eher wird man trachten, sich vom
-Auslandshandel unabhängig zu machen und dabei wird eine rationelle
-Einlagerung der verschiedenen Körnerfrüchte von Vorteil sein. Diese
-Einlagerung ist tunlichst zu dezentralisieren, ganz im Gegensatze zur
-heutigen Methode, Zentrallagerhäuser anzulegen. In alledem ist
-ersichtlich, daß eine zentralisierte Wirtschaft viel unabhängiger von
-Zufällen ist, alle maßgebenden Verhältnisse besser übersehen und die
-Arbeitskräfte mit weit größerer Bewegungsfreiheit dorthin lenken
-kann, wo der dringendste Bedarf danach ist.
-</p>
-
-<p>
-Der Gesamtplan für den Anbau der Zerealien wird alljährlich
-<span class='pagenum'><a id='Page_282' name='Page_282' href='#Page_282'>[282]</a></span>
-auf folgende Art zustande kommen. Jeder Verwaltungsbeamte in
-den Landgemeinden wird mit Rücksicht auf frühere Erfahrungen, auf
-die Bodenbeschaffenheit, die Fruchtfolge und die wahrscheinlichen
-Witterungsverhältnisse angeben, welche Flächen für den Anbau überhaupt
-und zum Anbau der einzelnen Fruchtgattungen zur Verfügung
-stehen und welches der wahrscheinliche Ernteertrag sein mag. Da
-auf manchen Flächen zweierlei Fruchtgattungen angebaut werden
-können, wird er entsprechende Alternativvorschläge machen, aber das
-Gutachten dahin abgeben, welche Fruchtgattungen auf diesen Lagen
-das beste Erträgnis versprechen, und dieses Gutachten wird er genau
-begründen und mit den statistischen Ausweisen belegen. Dabei können
-auch die meteorologischen Beobachtungen einer Reihe früherer Jahre
-von Belang sein. Diese Vorschläge der einzelnen Gemeindeverwaltungsbeamten
-werden in einer Kommission, die der Bezirksbeamte
-einberuft, überprüft und aus den ihm vorliegenden Vorschlägen
-setzt der Letztere seine Alternativvorschläge für den ganzen Bezirk,
-der Kreisbeamte für den ganzen Kreis, der Provinzbeamte für die
-ganze Provinz zusammen und nachdem selbe bei der Zentralregierung
-eingelangt sind, erfolgt von dort die definitive Aufteilung des Anbaues
-der Zerealien. Dabei mögen auch die restlichen Vorräte der
-verschiedenen Fruchtarten in Betracht kommen.
-</p>
-
-<p>
-Die Kreis- und Provinzbeamten werden schwerlich so, wie die
-Bezirksbeamten eine Überprüfung der Vorschläge vornehmen können,
-während der Bezirksbeamte wohl so mit den Lokalverhältnissen und
-den sachverständigen Personen vertraut ist, daß ihm ein Urteil zugetraut
-werden kann. Die Zentralverwaltung teilt den Anbau der
-einzelnen Fruchtgattungen auf die Provinzen, die Provinzialverwaltung
-auf die Kreise, die Kreisverwaltung auf die Bezirke, der Bezirksbeamte
-auf die Gemeinden auf.
-</p>
-
-<p>
-Selbstverständlich wird die Staatsverwaltung bedacht sein, den
-Bodenertrag durch künstliche Düngung zu erhöhen. Auch für Ersatz
-der menschlichen Arbeit in der Landwirtschaft durch Maschinen wird
-nach Tunlichkeit zu sorgen sein, wenn auch die wichtigsten landwirtschaftlichen
-Maschinen nur in den ebenen Landstrichen Verwendung
-finden. Die Arbeitsersparnis durch Maschinen kommt im Kollektivstaat
-nicht einer Arbeiter- oder Unternehmergruppe, sondern dem
-<span class='pagenum'><a id='Page_283' name='Page_283' href='#Page_283'>[283]</a></span>
-ganzen Volke <ins class='correction' title='zu gute'>zugute</ins>, daher jeder gleichmäßig daran interessiert ist,
-daß die Maschinen überhaupt und daß sie vorzugsweise dort zur Anwendung
-kommen, wo der Erfolg am größten ist.
-</p>
-
-<p>
-Es ist klar, daß beim Betriebe der Landwirtschaft alle Ergebnisse
-der Wissenschaft ausgenützt werden müssen, aber man darf
-darum die Erfahrungen der Ungelehrten nicht gering anschlagen.
-Es ist noch nicht erwiesen, daß der heutige Großbetrieb dem bäuerlichen
-landwirtschaftlichen Betrieb, was die Ausbeute anbelangt,
-überlegen ist, obgleich dort in der Regel nach theoretischen Prinzipien
-verfahren wird. Die finanziellen Erfolge der heutigen Ökonomen
-kommen für uns deshalb nicht in Betracht, weil sie meist auf Kosten
-des Menschenmaterials erzielt werden. Der landwirtschaftliche Arbeiter
-im bäuerlichen Dienste ist viel besser gehalten als der im
-herrschaftlichen Dienste angestellte Knecht. Dafür versumpft der
-Letztere.
-</p>
-
-<h3 id='K_02_0_0'>
-2. Der Futterbau.
-</h3>
-
-<p>
-Dem Futterbau ist die größte Sorgfalt zuzuwenden, weil die
-Vermehrung des Viehstandes davon abhängt und diese für die Volksernährung
-von hervorragender Bedeutung ist. Auch für diesen Zweig
-des Landbaus wird aus den Reihen der landwirtschaftlichen Arbeiter
-in jeder Gemeinde ein Leiter bestellt werden. Es liegen aus Nordamerika
-Nachrichten vor über die Erfindung der Züchtung von Mikroben,
-welche die Fruchtbarkeit des Klees und verwandter Pflanzen
-außerordentlich erhöhen sollen. Diese Erfindung müßte man so
-schnell als möglich einführen.
-</p>
-
-<h3 id='K_03_0_0'>
-3. Die Viehzucht.
-</h3>
-
-<p>
-Dieser Zweig der Landwirtschaft ist besonders wichtig und wird
-die Bestellung mehrerer Produktionsleiter in jeder Gemeinde bedingen.
-Für die Wartung der Tiere wird im Vergleiche zum
-bäuerlichen Betriebe einesteils zwar eine Ersparnis an Arbeit durch
-die Anlage von Zentralstallungen erzielt werden, andererseits aber
-durch allgemeine Einführung des Achtstundentags und durch Bestellung
-einer Stallwache für die Nachtzeit ein erhöhter Aufwand an
-<span class='pagenum'><a id='Page_284' name='Page_284' href='#Page_284'>[284]</a></span>
-Arbeitskräften stattfinden, da in unserem bäuerlichen Betriebe die
-mit der Wartung des Rindviehes betrauten Personen das ganze
-Jahr hindurch einen acht Stunden weit übersteigenden Dienst haben.
-Andererseits scheint eine völlige Zentralisation der Stallungen in
-den Gemeinden auch eine größere Gefahr für Seuchen zu bedingen,
-daher man schon bei der Anlage von Stallungen zu erwägen hat,
-was vorteilhafter ist, die Anlage mehrerer Stallungen, oder deren
-Vereinigung in einem Bau. Vielleicht genügt es, die Stallungen
-durch mehrere Scheidewände in isolierte Abteilungen zu zerlegen oder
-eine gut abgemauerte Abteilung zu errichten, welche vorkommendenfalls
-als Kontumazstall zu dienen hat, eine Vorsicht, die der Bauer
-nicht beobachten kann. Im Falle von Viehseuchen wird auch das
-Wartepersonal der kranken Tiere vollkommen zu isolieren sein, was
-auch nur im Kollektivstaat ausführbar ist. Sind nun die in der
-Viehzucht verwendeten Arbeitskräfte gründlich in der Erkennung der
-Krankheitssymptome der ansteckenden Viehkrankheiten unterrichtet,
-und ist eine nächtliche Stallwache eingeführt, so scheint der Kollektivismus
-ganz besondere Vorteile für die Unterdrückung der Viehseuchen
-zu bieten. Dabei kommt ja auch in Betracht, daß alle jene
-Gefahren für die Verschleppung von Viehseuchen hinwegfallen, welche
-durch den Marktauftrieb herbeigeführt werden. Endlich kann man
-sich im Kollektivstaat bei Ausbruch von Viehseuchen viel leichter zur
-Keulung auch bloß verdächtiger Tiere entschließen, als in unseren
-Verhältnissen, wo den Schaden der Einzelne zu tragen hat, oder die
-Entschädigung im öffentlichen Interesse zwar zugesagt, voller Ersatz
-aber immerhin zweifelhaft ist und dessen Erlangung Zeitverlust
-verursacht.
-</p>
-
-<p>
-Für die Reinhaltung und rationelle Wartung der Tiere, besonders
-der Rinder, kann im Großbetriebe viel mehr geschehen, als
-im bäuerlichen Betriebe. Auch die Aufzucht der Tiere wird im
-Großbetriebe viel erfolgreicher sein.
-</p>
-
-<p>
-Die Pferdezucht wird vielleicht eingeschränkt werden. Der
-maschinelle Transport und der Maschinenbetrieb in der Landwirtschaft
-wird, wenn er sich als ökonomisch erweist, vermehrt werden,
-und auch die Ausnützung der Pferde im Transport gewinnt durch
-die Zentralisation sehr erheblich. Gerade jener Transport, welcher
-<span class='pagenum'><a id='Page_285' name='Page_285' href='#Page_285'>[285]</a></span>
-heute vorzugsweise mit Pferden betrieben wird, der Transport von
-Landwirtschaftsprodukten aus den Dörfern nach den Städten, wird
-im Kollektivstaat, wenn die Bevölkerung nur im geringen Maß in
-Städten angesiedelt wird, bedeutend eingeschränkt werden, und es ist
-wahrscheinlich, daß in einem Bezirke von 20,000 Einwohnern der
-ganze regelmäßige Transport zwischen den Gemeinden und dem Bezirksort
-und zurück durch zehn Paar Pferde und eine Reserve von
-etwa ebensoviel Pferden sehr leicht wird bestritten werden können,
-und Ausnahmen werden vorübergehend nur dort vorkommen, wo
-größere Bauten durchzuführen sind. Was durch das Sammeln von
-Transporten an Ökonomie gewonnen werden kann, zeigen die Frachtbegünstigungen,
-welche die Eisenbahnen für Massentransporte bewilligen.
-Das System der Sammeltransporte ist aber für den
-Bauer nicht durchführbar, und darum braucht eine Dorfschaft für
-den Frachtentransport heute viel mehr Zugtiere, als nach Verhältnis
-der zu bewältigenden Lasten notwendig wäre. Auch Frächter braucht
-der Transport im Kollektivbetriebe viel weniger, wobei man für
-heute auch annehmen kann, daß mancher Bauer wenig danach frägt,
-ob er seine Fahrten nach der Stadt einschränken könnte, wenn er
-sich das Vergnügen einer Stadtfahrt machen will.
-</p>
-
-<p>
-Eine beträchtliche Ersparung bringt im Kollektivstaat das Wegfallen
-der Märkte, insbesondere der Viehmärkte, mit sich. Da kein
-Kauf und Verkauf von Nutztieren im Inlandsverkehr stattfindet, erspart
-man alle damit verbundene Arbeit. Nur ein Teil der Umsatzarbeit
-im Viehhandel kommt als Handelsberufsarbeit in der
-Statistik in Rechnung, insofern nämlich Kaufleute und Agenten sich
-bloß mit dem Kaufe und Verkaufe von Tieren befassen. Wo aber
-der Bauer an Bauern verkauft oder von ihnen kauft, ist nicht von
-Handel als Beruf die Rede. Die Viehmärkte kommen auch nicht
-bloß als Zeitverlust in Betracht, welchen der Auftrieb der Tiere,
-das Schachern und der Heimweg verursachen, sondern es entsteht
-durch die Viehmärkte auch ein Verlust an Milch und Fleischgewicht,
-der im Umfange eines großen Reiches sehr viel beträgt. Es ist
-nicht uninteressant, sich mit den Kniffen vertraut zu machen, deren
-sich die Bauern bedienen, um sich wechselseitig zu hintergehen. So
-werden die Kühe am Tage vor dem Markte, auf welchen sie <span class='pagenum'><a id='Page_286' name='Page_286' href='#Page_286'>[286]</a></span>
-aufgetrieben werden, nicht ausgemolken, damit sie mit strotzendem Euter
-zum Verkauf kommen sollen.
-</p>
-
-<p>
-Selbstverständlich muß auch im Kollektivstaat ein Austausch
-von Tieren zwischen den Ortschaften stattfinden, sie wechseln aber
-nur den Standort, nicht den Eigentümer, daher es nur einer Verwaltungsverfügung
-bedarf. Dabei entsteht allerdings auch ein Teil
-der mit den Märkten verbundenen Arbeit und Verlust am Werte
-der Tiere. Da es sich aber nur um die wirklich notwendige Veränderung
-und um die kürzesten Wege handelt, wird doch ein sehr
-großer Teil des Aufwandes, den unsere Märkte verursachen, erspart.
-Viele Bauern bringen die Tiere, die sie viele Stunden weit auf den
-Markt getrieben haben, wieder zurück, um sie dann an einen Nachbar
-in der Heimatsgemeinde oder sonst in der Nähe zu verkaufen. Für
-den Austausch der Tiere im Kollektivstaat ist auch nur der Abtrieb
-nach dem Bestimmungsort erforderlich, während auf dem Markte
-das Feilschen und Besichtigen von Tieren den ganzen Tag kostet.
-Kann man im Kollektivstaat die in andere Stallungen zu versetzenden
-Tiere an die täglich im Bezirk kursierenden Frachtwagen binden, so
-erspart man auch die Begleitung, und ist ein Austausch zwischen
-sehr entfernten Orten erforderlich, so hat die Verwaltung je nach
-der Zweckmäßigkeit die Wahl, die Tiere den ganzen Weg zurücklegen
-zu lassen, oder bloß eine Verschiebung von Gemeinde zu Gemeinde
-einzuleiten.
-</p>
-
-<p>
-Ein Beispiel mag den Aufwand, den die Viehmärkte verursachen,
-deutlich machen.
-</p>
-
-<p>
-In Ungarn und Kroatien wurden im Jahre 1900 in 72 Ortschaften
-313 Viehmärkte abgehalten und
-</p>
-
-<div>
-<table style="width:50%;" summary=" ">
- <tr>
- <td class="cwdth30">&nbsp;</td>
- <td class="cwdth30 r">aufgetrieben</td>
- <td class="cwdth30 r">verkauft</td>
- <td class="cwdth10 r">%</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>Hornvieh</td>
- <td class="r">1.147,361</td>
- <td class="r">452,761</td>
- <td class="r">40</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>Pferde</td>
- <td class="r">402,193</td>
- <td class="r">131,557</td>
- <td class="r">32</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>Schafe</td>
- <td class="r">428,589</td>
- <td class="r">208,606</td>
- <td class="r">48</td>
- </tr>
- <tr>
- <td>Schweine</td>
- <td class="r">263,923</td>
- <td class="r">115,029</td>
- <td class="r">44</td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="l">in Summa:</td>
- <td class="r sumtop">2.242,066</td>
- <td class="r sumtop">907,953</td>
- <td class="r">40</td>
- </tr>
-</table>
-</div>
-
-<p>
-Es wurden also 1.335,000 Stück Vieh auf den Markt aufgetrieben
-und unverkauft zurückgebracht. Da im Kollektivstaat nur
-die wirklich in andere Ställe zu versetzenden Tiere abgetrieben
-<span class='pagenum'><a id='Page_287' name='Page_287' href='#Page_287'>[287]</a></span>
-werden, <em class='gesperrt'>so wären alle diese Tiere in ihren Ställen geblieben,
-und die</em> 907,000 <em class='gesperrt'>verkauften Stücke wären nur von
-Stall zu Stall, nicht aber auf dem Umwege über den
-Markt getrieben worden</em>. Für ganz Österreich-Ungarn kann
-man die Zahl der zwecklos auf den Markt gebrachten und unverkauft
-gebliebenen Tiere im Jahr mit 3,5 Millionen veranschlagen,
-wovon die Hälfte Hornvieh ist.
-</p>
-
-<p>
-Alle diese Betrachtungen sollen nur dartun, welche ökonomischen
-Vorteile der Kollektivismus bietet, man wird aber gut tun, auch in
-Betracht zu ziehen, daß ein Staat wie Österreich nicht bloß zwei
-Millionen Arbeitstage oder 7000 Arbeitsjahre im Marktfahren verliert,
-sondern daß auch die Märkte eine Schule der Unlauterkeit
-und der Trunksucht sind.
-</p>
-
-<p>
-Nachstehende Betrachtung zeigt auch einen andern Vorteil des
-Kollektivismus gerade in Beziehung auf die Milchversorgung der
-Städte, also in Beziehung auf den Produktionszweig der Viehzucht.
-Man könnte den ganzen Milchbedarf einer Kreisstadt mit einem
-Bevölkerungsstande von 4000-5000 Seelen, die Reisenden inbegriffen,
-durch eine einzige nächstgelegene Dorfgemeinde decken, wenn
-man folgendermaßen verführe. Der durchschnittliche Milchertrag
-einer Dorfgemeinde ist bei einem Viehstande von 360 Stück Rindvieh,
-und darunter 180 Kühen, etwa 1400 Liter. Stellt man nun
-in einer <ins class='correction' title='der der'>der</ins> Kreisstadt zunächst gelegenen Gemeinde nur Kühe,
-also etwa 350 Kühe, und zwar in der Periode der größten Milchergiebigkeit,
-also nach dem Absetzen des Kalbes ein, wo man auf
-15 Liter Milch rechnen kann, so ergibt das eine Tagesproduktion
-von mindestens 5000 Liter Milch, welche reichlich genügt, um das
-Dorf und die Kreisstadt mit Milch zu versorgen. Vier bis fünf
-Gemeinden dieser Art könnten eine Provinzstadt mit Milch versorgen,
-und nur eine Großstadt würde den Milchbedarf aus größeren Entfernungen
-decken müssen. Zum Teil wird allerdings auch heute so
-verfahren. In den Vorstädten der großen Städte werden überall
-Kühe gehalten, welchen das Futter zugeführt werden muß, und die
-Natur der Sache bringt es mit sich, daß die Eigentümer die trocken
-stehenden oder schon wenig Milch gebenden Kühe verkaufen und
-dafür solche, welche im höchsten Milchertrage stehen, einhandeln.
-<span class='pagenum'><a id='Page_288' name='Page_288' href='#Page_288'>[288]</a></span>
-Aber in dem Maße, wie im Kollektivstaate, kann das nicht durchgeführt
-werden, weil immer Kauf und Verkauf notwendig ist und
-die Spekulation dadurch erschwert wird, auch wird in Wien z. B. wohl
-schwerlich der fünfte Teil des Milchbedarfs in dieser Weise gedeckt.
-</p>
-
-<p>
-Der Güterumsatz, welcher in Milch und Milchprodukten und
-in Fleisch in einem Staate von 45 Millionen Einwohnern unter
-den Verhältnissen der heutigen Gesellschaftsordnung das Jahr hindurch
-zu bewältigen ist, ist von sehr beträchtlichem Umfange, und er
-hängt von dem Prozentualverhältnisse der städtischen zur ländlichen
-Bevölkerung ab. In den Dörfern erfolgt die Versorgung der Bewohner
-mit Milch auch heute beinahe ausschließlich naturalwirtschaftlich
-und ohne Vermittlung des Handels, was aber die Versorgung
-der Städte anbelangt, so bedarf der Umsatz an Milch, Milchprodukten
-und Fleisch der Vermittlung des Handels, der einen beträchtlichen
-Teil des Erlöses in Anspruch nimmt, beziehungsweise
-eine erhebliche Belastung der Konsumenten mit sich bringt. Man
-kann den täglichen Handelsumsatz an Milch, Milchprodukten und
-Fleisch in einem Staate von 45 Millionen Einwohnern mit 30 Prozent
-städtischer Bevölkerung auf mindestens 4 Millionen Kronen, in
-Deutschland aber auf mindestens 5 Millionen Mark im Tage berechnen,
-wenn man nämlich den Verbrauch mit nur 30 Heller für
-den Kopf und Tag veranschlagt. Der Jahresumsatz beträgt demnach
-in Österreich über 1400 Millionen Kronen und in Deutschland
-über 1700 Millionen Mark im Jahre. Außer den eigentlichen
-Handelskosten, die man gerade bei Milch auf reichlich 20 Prozent
-des Gesamterlöses veranschlagen kann, ist bei starker Besiedlung der
-Städte, welche Zufuhren aus ziemlich fernen Bezirken notwendig
-macht, auch der Aufwand an Transportkosten in Rechnung zu ziehen.
-Es ist ersichtlich, welche enorme Ersparnisse in diesen Artikeln gemacht
-würden, wenn die Bevölkerung so, wie hier vorgeschlagen
-wird, über das Land verteilt würde.
-</p>
-
-<h3 id='K_04_0_0'>
-4. Kleinvieh und Geflügelzucht.
-</h3>
-
-<p>
-Auch dieser Produktionszweig wird im Kollektivstaat auf das
-vorteilhafteste betrieben werden. Die vollkommenste Ausnutzung aller
-<span class='pagenum'><a id='Page_289' name='Page_289' href='#Page_289'>[289]</a></span>
-Abfälle für die Fütterung von Tieren und die Verwertung aller
-Erfahrungen im ganzen Reich werden dazu beitragen. Ob die
-künstliche Fischzucht ökonomisch gerechtfertigt ist, wird leicht festgestellt
-werden können, und was die Jagd anbelangt, so wird sich erst zeigen,
-ob die Erhaltung eines mäßigen Wildstandes volkswirtschaftlich von
-Vorteil ist. Wenn nicht, kann das Volk die Ausrottung des Wildes
-beschließen. Es ist zu vermuten, daß das Wild, wenigstens in den
-Niederungen, viel mehr Schaden tut, als nach Abrechnung des
-Jagdaufwandes der Wert des Fleisches und der sonstigen Produkte
-ausmacht. Nachdem aber die Jagd als Vergnügen, nicht aber als
-Erwerb betrieben wird, kann man heute zu einem richtigen Urteile
-nicht gelangen.
-</p>
-
-<p>
-Auch bei der Produktion von Geflügel und Eiern wird, wie
-schon mehrfach hervorgehoben wurde, das Staatseigentum vielleicht
-mit Vorteil durch Gemeindeeigentum ersetzt werden. Man erntet
-dann für die Gemeinde und legt der Staatsverwaltung keine Rechenschaft
-über Erzeugung und Verbrauch ab. Bei der Geflügelzucht,
-dann beim Obstbau und der Bienenzucht wird die freie Tätigkeit
-von Liebhabern sich sehr nützlich erweisen, daher selbe von Staats
-wegen zu ermuntern ist.
-</p>
-
-<h3 id='K_05_0_0'>
-5. Wasserwirtschaft.
-</h3>
-
-<p>
-Die Wasserwirtschaft im Kollektivstaate verdient eine besondere
-Betrachtung, weil sich dabei die Vorteile des Kollektivismus recht
-anschaulich zeigen. Es scheint, daß hier, bei der Erörterung des
-kollektivistischen Betriebes der Landwirtschaft, der Ort ist, über diesen
-Gegenstand zu sprechen, weil das Wasser zwar für die verschiedensten
-Bedürfnisse in Betracht kommt, die Bewässerung aber die wichtigste
-Verwendung des Wassers ist.
-</p>
-
-<p>
-In unserer Zeit des wirtschaftlichen Individualismus sind wir
-in der Wasserwirtschaft weit hinter dem Altertum und selbst hinter
-der Zeit der maurischen Herrschaft in Spanien, ja hinter der Zeit
-der Herrschaft der Inkas in Peru zurück. Das beweist, daß
-man dem Kollektivismus in allen Zeiten schon wiederholt näher
-<span class='pagenum'><a id='Page_290' name='Page_290' href='#Page_290'>[290]</a></span>
-gestanden ist als heute. Es scheint, daß man ein Privateigentum
-an Grund und Boden in alten Zeiten nicht anerkannte und daß sich
-der Landesherr auch als Eigentümer von Grund und Boden betrachtete.
-Das erleichterte in Mesopotamien und Ägypten die großen
-Wasseranlagen, welche in unserer Zeit kaum zustande gebracht
-werden könnten.
-</p>
-
-<p>
-Das Wasser kommt in Betracht als Förderer der Landwirtschaft,
-als Förderer der Gesundheit, Reinlichkeit und der Lebenshaltung
-der Einzelnen, als Transportmittel, als Kraftquelle und als
-Grundlage der Fischzucht, endlich im Gegensatze zu alle dem als
-Zerstörer.
-</p>
-
-<p>
-In Gebirgsländern wie Österreich ist das Wasser wegen seines
-Gefälles wichtiger als anderswo, sowohl nützlicher als gefährlicher.
-Es drängt sich demnach der Gedanke auf, welche Aufgabe der
-Staatsverwaltung in Beziehung auf die Wasserwirtschaft gestellt
-würde, wenn die ganze Wirtschaft verstaatlicht wäre. Der Staat
-hätte nicht nur allen Wasserschäden vorzubeugen, sondern auch alle
-natürlichen und regelmäßigen Wasserläufe und alle erforderlichen
-künstlichen Ansammlungen und Abläufe für die nützlichste Verwertung
-einzurichten und die gesamten Gewässer dem größten Nutzeffekte
-dienstbar zu machen. In unserer Zeit kann man oft bemerken, daß
-der Vorteil des einen zugleich der Schaden des andern ist. Man
-behauptet, daß die Abfuhr der Industriewässer oft zu großen Beschädigungen
-der Fischzucht und selbst der Hygiene führt. Das kann
-im Kollektivismus der Staat verhüten, und außerdem verteilt sich
-Nutzen und Schaden auf alle.
-</p>
-
-<p>
-Was andere Produktionszweige anbelangt, so wird der Kollektivismus
-auf ihren Betrieb nicht besonders einwirken. Die Industrie
-wird nur den Vorteil haben, der aus dem ausnahmslosen Großbetriebe
-entsteht, und der Kollektivstaat hat ein Generalmonopol, aber
-nicht zur Bereicherung von Unternehmern, sondern zur Bereicherung
-des ganzen Volkes. Doch ist hier zu bemerken, daß dem Erfindungsgeiste
-für Maschinen und Werkzeuge, Arbeitsmethoden und Verwaltung
-im Kollektivstaate dieselbe Betätigung, ja vielleicht eine
-größere eröffnet wird, als in unserer industriellen Wirtschaft den
-<span class='pagenum'><a id='Page_291' name='Page_291' href='#Page_291'>[291]</a></span>
-<ins class='correction' title='Fabriksdirektoren'>Fabrikdirektoren</ins> und Unternehmern. Denn wer immer eine Verbesserung
-vorzuschlagen hat, wird Gelegenheit haben, seine Vorschläge
-zu veröffentlichen, wenn ihm die Staatsverwaltung kein Gehör
-schenkt, und so wird er es zu Versuchen bringen und, wenn sein
-Vorschlag sich bewährt, auch reichlichen Lohn ernten.
-</p>
-
-<h2 id='L_00_0_0'>
-XI.<br /><br />
-Die Verteilung im Kollektivstaat.
-</h2>
-
-<hr class='h2bot' />
-
-<p>
-Nachdem der Kollektivstaat allein besitzt, steht es ihm zu, die
-Güter zu verteilen. Der Besitzende sucht von den Früchten seines
-Besitzes so viel als möglich für sich zu erhalten und für die Bewirtschaftung
-seines Besitzes so wenig als möglich Opfer zu bringen.
-So wird der Staat auch nur sein egoistisches Interesse im Auge
-behalten und das öffentliche Wohl über jedes Einzelinteresse stellen.
-Da aber der Staat unpersönlich ist, wird der Erfolg seiner Wirtschaft
-immer der Gesamtheit zu statten kommen.
-</p>
-
-<p>
-Die Verteilung erfolgt nach den Volksbeschlüssen, welche in der
-Regel nur allgemeine Gesetze aufstellen, und Sache der Staatsverwaltung
-ist es, die Gesetze auf die einzelnen Fälle anzuwenden.
-Die Verteilung hat zum Gegenstande die Arbeit und die Güter.
-</p>
-
-<h3 id='L_01_0_0'>
-1. Die Verteilung der Arbeit.
-</h3>
-
-<p>
-Jeder Arbeitsfähige, der nicht nach den Gesetzen von geregelter
-Arbeit befreit ist, ist zur Arbeitsleistung verpflichtet.
-</p>
-
-<p>
-Die Verteilung der vorhandenen Arbeitskräfte auf die einzelnen
-Produktionszweige erfolgt nach den Volksbeschlüssen betreffend die
-Ausdehnung der Produktion auf den verschiedenen wirtschaftlichen
-Gebieten. Es ist klar, daß z. B. mit der Vermehrung des Betriebes
-der Eisenbahnen eine Vermehrung des Betriebspersonals gegeben ist.
-Ebenso gilt das von einer Vermehrung der Papierproduktion oder
-der Produktion von Büchern und Zeitschriften. Würde die Unterdrückung
-einer gewissen Industrie, z. B. der Biererzeugung, verfügt,
-so entfiele die darauf bisher aufgewendete Arbeit. Übersteigt die
-geforderte Produktion die Menge der verfügbaren Arbeitskräfte, so
-<span class='pagenum'><a id='Page_293' name='Page_293' href='#Page_293'>[293]</a></span>
-wird die Staatsverwaltung eine verhältnismäßige Reduktion aller
-Produktionen, oder jener Produktionen verfügen, für welche der Staatsverwaltung
-eine Latitude eingeräumt ist.
-</p>
-
-<p>
-Die Staatsverwaltung ist hinreichend über die Fähigkeiten
-aller Individuen informiert, daß sie dafür verantwortlich gemacht
-werden kann, zu jedem Geschäfte den Brauchbarsten zu bestellen.
-</p>
-
-<h4 id='L_01_a_0'>
-a) Der Arbeitstag.
-</h4>
-
-<p>
-Man wird ohne Zweifel einen Normalarbeitstag für durchschnittliche
-Arbeit gemeiner Art annehmen. Ich bin jetzt geneigt,
-den achtstündigen Arbeitstag als Regel gelten zu lassen, während ich
-früher zweifelte, daß damit in Europa, nämlich bei unserer großen
-Bevölkerungsdichte, eine genügende Produktion bestritten werden
-könnte, weil man bei den Bauern im Sommer eine 14-15 stündige
-Arbeitszeit antrifft. Allein ich habe mich überzeugt, daß das
-nur etwa 5 Monate dauert und daß bei den Bauern in der
-übrigen Zeit die Arbeit weit unter acht Stunden im Durchschnitte
-herabsinkt.
-</p>
-
-<p>
-Dem Sozialismus ist nicht leicht durch jemand so geschadet
-worden, wie durch sozialistische Schriftsteller, welche durchwegs die
-Lehre aufstellen, daß, wenn wir unsere Gesellschaftsordnung verließen,
-wir nicht nur im Reichtum schwimmen würden, sondern auch die
-Arbeitszeit auf ein Minimum zusammenschrumpfen könnte. Man
-spricht nach Belieben von einer 4 oder 5 stündigen Arbeitszeit und
-Bebel, der übrigens durch einen gelehrten Herrn irre geführt wurde,
-verficht in seinem Buche: »Der Sozialismus und die Frau« die
-Lehre, daß im Sozialstaate &mdash; oder, wie er es vorzieht zu sagen,
-in der sozialistischen Gesellschaft &mdash; die Arbeit auf 2½ Stunden
-im Tage für die Altersstufen zwischen 16 und 50 Jahren herabgesetzt
-werden könnte, wenngleich die Gesellschaftsmitglieder Anspruch
-hätten auf ein reiches Leben. Er ist irre geführt durch Hertzka, den
-er für einen Volkswirt hält, der aber ein Schwärmer ist, der die
-unglaublichsten Versprechungen macht, um seine Freilandprojekte zu
-propagieren. Er wollte durch die sorgfältigsten Erhebungen festgestellt
-haben, daß in Österreich diesseits der Leitha der Bedarf für
-<span class='pagenum'><a id='Page_294' name='Page_294' href='#Page_294'>[294]</a></span>
-22 Millionen Menschen durch 650,000 Arbeitskräfte &mdash; wahrscheinlich
-wurden sie mit 10 stündiger Arbeitszeit in Anschlag gebracht &mdash;
-hergestellt werden könnte und daß die Erzeugung ihrer Luxusbedürfnisse
-nur die Arbeit von weiteren 315,000 Arbeitern erheischen
-würde, das alles bei reichlicher Versorgung und dem Bau von Familienhäusern,
-welche nur für die Dauer von 50 Jahren hergestellt
-werden sollten. Das wollte Hertzka durch eine Korrespondenz mit
-Unternehmern und Verwaltern ermittelt haben. Man kann sich
-denken, wie oberflächlich diese Ermittelungen waren.
-</p>
-
-<p>
-Organisation und Maschinen, worin man in Nordamerika wohl
-schon das Äußerste erreicht hat, können uns noch vieles erleichtern,
-aber es ist genug, wenn sie uns Befriedigung aller Bedürfnisse bei
-achtstündiger Arbeitszeit gewähren und uns noch manche Anstrengungen
-und Widerwärtigkeiten abnehmen.
-</p>
-
-<p>
-Von solchen Irrtümern müssen wir uns frei machen und wir
-dürfen den Arbeitern keine Versprechungen machen, die sich nicht erfüllen
-lassen. Da sie an 10 und 11 Stunden Arbeit gewöhnt sind,
-werden ihnen 8 Stunden Arbeit an 300 Tagen nicht zu schwer
-werden und da jede Verminderung der Arbeitszeit eine Verminderung
-der Genüsse mit Notwendigkeit zur Folge hat, so kann die richtige
-Festsetzung der Normalarbeitszeit als die wichtigste ökonomische Frage
-im Kollektivismus betrachtet werden. Eine achtstündige Arbeit erschöpft
-gewiß nicht so, daß die dadurch gewonnenen Güter nicht
-hinreichten, dem Körper alles wiederzugeben, was er in der Arbeit
-zugesetzt hat. Würde die Arbeitszeit noch beträchtlich herabgesetzt,
-so bedürfte man noch vermehrter Luxusgüter, um die freie Zeit auszufüllen
-und gerade, wo die Produktion der Güter zurückgeht, würde
-der Bedarf nach Gütern steigen.
-</p>
-
-<p>
-Wenn Bebel auch noch möglichste Abwechslung in der Arbeit verlangt,
-so ist dagegen wohl auch zu bemerken, daß bei allen Arbeiten,
-die einige Geschicklichkeit fordern, Abwechslung nur auf Kosten der
-Produktivität zugestanden werden kann. Der Arbeiter würde also
-bei diesem Wechsel, wenn er häufig stattfände und nicht bloß zu dem
-Ende, um eine dem Individuum besser passende Beschäftigung zu
-finden, viel weniger leisten, und da im Kollektivismus jeder Schade
-die Gesamtheit trifft, würde das ganze Volk weniger genießen können,
-<span class='pagenum'><a id='Page_295' name='Page_295' href='#Page_295'>[295]</a></span>
-wenn der Grundsatz zur Anwendung käme, daß man mit der Arbeit
-beliebig wechseln kann. Zum Teile aber würde der Wechsel auch
-ökonomisch gerechtfertigt sein. Denn bei den bäuerlichen Arbeiten
-ist eine besondere Qualifikation nicht erforderlich und dort ist eine
-Abwechslung ohnehin gegeben und da auch die gewerblichen Arbeiter
-in den Sommermonaten zu den bäuerlichen Arbeiten herangezogen
-werden müssen, so ist einige Abwechslung ohnehin dort geboten, wo
-sie nicht ökonomisch verwerflich ist. Auch in den hauswirtschaftlichen
-Arbeiten dürfte ein Wechsel wohl statthaft sein, wenngleich die
-Leitung des Küchenwesens nur besonders begabten Frauen überlassen
-werden kann.
-</p>
-
-<p>
-Ebenso unmöglich wäre es, jeden sich seine Arbeit vollkommen
-frei wählen zu lassen. Es darf sich niemand eine Arbeit wählen,
-zu der ihm die Geschicklichkeit oder die intellektuelle Fähigkeit mangelt,
-es können ferner zu keinem
-Berufe<a name='FA_44' id='FA_44' href='#FN_44' class='fnanchor'>[44]</a>
-und zu keiner Arbeit mehr Arbeiter
-zugelassen werden, als die festgesetzte Produktion erheischt und
-die wissenschaftlichen und künstlerischen Berufe müssen von materieller
-Arbeit befreien. Eben darum aber kann es niemand freistehen, sich
-einen wissenschaftlichen oder künstlerischen Beruf frei zu wählen, dazu
-können nur die als vorzüglich befähigt Erkannten zugelassen werden,
-weil das das Interesse des Volkes gebieterisch fordert.
-</p>
-
-<p>
-Die achtstündige Arbeit gilt für die Durchschnittsarbeit; für
-Arbeiten, welche große Anstrengung erfordern oder sonst eine höhere
-Belastung der Arbeiter herbeiführen, werden andere Normen angenommen
-werden. Nach Maßgabe der Volksbeschlüsse wird der
-Normalarbeitstag entweder unveränderlich festgehalten, oder nur für
-den Jahresdurchschnitt angenommen, so daß eine Mehrleistung in
-der einen Jahreszeit durch eine Herabsetzung in den anderen Monaten
-wettgemacht wird. Außer dem Normalarbeitstage wird auch eine
-Normalzahl der Arbeitstage für das Jahr festgesetzt werden, wahrscheinlich
-300 Arbeitstage im Jahre. Die landwirtschaftlichen Arbeiten
-werden eine genaue Feststellung der geleisteten Arbeitsstunden
-erschweren.
-</p>
-
-<h4 id='L_01_b_0'>
-b) Sonntage, Feiertage, Ferien.
-</h4>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_296' name='Page_296' href='#Page_296'>[296]</a></span>
-Es ist höchst wahrscheinlich, daß man die Sonntagsruhe aufrechterhalten
-wird. Nur aus überwiegenden wirtschaftlichen Gründen
-wird man manche Industrien kontinuierlich betreiben und demnach
-die Sonntagsruhe versagen. Dann sind zwei Auswege möglich, man
-kann nach Einstellung einer Überzahl von einem Sechstel der erforderlichen
-Arbeiter je ein Siebentel der Arbeiterschaft ruhen lassen, und
-zwar an jedem Tage in der Woche, oder man kann irgend eine Entschädigung
-für die Mehrarbeit bewilligen. Eine solche Entschädigung
-wäre die Herabsetzung des Normalarbeitstages von acht Stunden auf
-6 Stunden 50 Minuten, oder längere Ferien, das wären 65 Ferialtage
-nach beendeten 300 Arbeitstagen, oder sonst irgend ein Benefizium.
-Es wird dabei immer in irgend einer Form darauf hinausgehen,
-Ersatzarbeiter einzustellen. Allein man wird nicht bloß die
-Ausgleichung der mehr verwendeten Arbeitszeit zu bewilligen haben,
-eine Verlegung der Ruhe auf einen anderen Tag, als den Sonntag,
-den echtesten Freudentag, den jeder mit den andern feiern möchte,
-oder längere Ferien nach längerer Arbeit, werden niemals als ein
-Äquivalent gelten können. Man könnte noch einen Ausweg finden
-und in solchen Industrien eine frühere dauernde Arbeitsbefreiung
-gegen dem gewähren, daß der Befreite sich verpflichtet, sich zur Sonntagsarbeit
-einstellen zu lassen.
-</p>
-
-<p>
-Daß außer den Sonntagen auch gewisse Feiertage gehalten
-werden, ist sehr wahrscheinlich, aber es wäre doch zweckmäßiger, diese
-Feiertage auf einen Sonntag zu verlegen, da die Aufeinanderfolge
-von sechs Arbeitstagen und einem Ruhetage sehr zweckmäßig scheint
-und eine neuerliche Unterbrechung der Arbeit durch einen Feiertag
-eher langweilig ist.
-</p>
-
-<p id='L_01_b_0al'>
-Nimmt man nun 300 Arbeitstage im Jahre, so ergibt das
-nach Abrechnung von 52 Sonntagen noch 13 oder 14 freie Tage
-und es erscheint zweckmäßig, dieselben mit 2 oder 3 sich daran
-schließenden Sonntagen zu einer Ferialzeit zusammenzulegen, welche
-dem Arbeiter Gelegenheit gibt, den Arbeitsort zu verlassen und sich
-in der Welt umzusehen. Für diese Zeit wird dann eine Reisebewilligung
-erteilt und der Urlaub fällt nicht auf eine bestimmte Zeit,
-<span class='pagenum'><a id='Page_297' name='Page_297' href='#Page_297'>[297]</a></span>
-sondern er wird das ganze Jahr über auf die Arbeitspflichtigen
-aufgeteilt, wobei den Tüchtigeren und Älteren die Wahl der Zeit
-einzuräumen ist.
-</p>
-
-<p>
-Für manche Berufe wird man von diesen Grundsätzen abweichen.
-Der Verwaltungsbeamte, der ohnehin ein Recht auf frühere Arbeitsbefreiung
-hat und dessen Dienst sonst verhältnismäßig leicht ist, wird
-weder auf Sonntagsruhe noch auf Urlaub Anspruch haben, weil er
-keinen Ersatzmann stellen kann und eine ununterbrochene Amtsführung
-zweckmäßig scheint. Fraglich wäre nur, ob er die Führung
-der Geschäfte auf ganz kurze Zeit dem vom Volke bestellten Kontrollbeamten
-oder dem Arzte oder einem Lehrer überlassen könnte. Dagegen
-wieder werden die Lehrer vielleicht auf längere Ferien als
-solche von 15 Tagen Anspruch machen, wogegen man von ihnen
-unter dem Jahre anstrengenderen Dienst fordern wird.
-</p>
-
-<h4 id='L_01_c_0'>
-c) Arbeitsbefreiung.
-</h4>
-
-<p>
-Die Befreiung von geregelter, erzwungener Arbeit kann, wie in
-I, <i>Alinea</i>: <a href='#A_00_0_0al4'>»Von der staatlichen«</a> erwähnt wurde, bestimmten Familien
-verfassungsgemäß eingeräumt werden.
-</p>
-
-<p>
-Außerdem wird sie von einem gewissen Alter an jedem, ohne
-Rücksicht auf eine Altersgrenze aber solchen eingeräumt, welche ein
-großes Verdienst für den Staat erworben haben oder welchen man
-nach Maßgabe ihrer erwiesenen Begabung und Schaffenslust, Gelegenheit
-zum schöpferischen Arbeiten geben will. Letztere Arbeitsbefreiung
-wird widerruflich sein. Das Normalalter für die Arbeitsbefreiung
-wird das zurückgelegte 65. Lebensjahr sein, es kann aber
-nach dem Berufe erheblich herabgesetzt werden, so für Verwaltungsbeamte
-und Lehrer auf 55 Jahre, für Ärzte, wenn sich die
-Annahme bewähren sollte, daß der Arzt kein hohes Alter erreicht,
-auf 45 Jahre usw.
-</p>
-
-<p>
-Es mag die Frage aufgeworfen werden, ob es ohne Schaden
-für die Produktion möglich sein wird, das 65. Lebensjahr als
-Maximalgrenze für die geregelte Arbeit festzusetzen, denn der Statistik
-zufolge gäbe das 45 Arbeitsbefreite für eine Gemeinde von 1000 Köpfen,
-während heute an Ausgedingleuten, Rentnern und Hausbesitzern,
-Pensionisten, Pfründnern und Almosenempfängern nur 23,5 Köpfe
-<span class='pagenum'><a id='Page_298' name='Page_298' href='#Page_298'>[298]</a></span>
-auf tausend gezählt werden. Allein es ist offenbar, daß in einer
-Küchenwirtschaft für 1000 Personen es gar nicht empfindlich ist,
-ob 23,5 oder 45 Mitesser mithalten und die anderen Bedürfnisse
-fallen nicht sehr in die <ins class='correction' title='Wagschale'>Waagschale</ins>, wenn Wohnungen genug vorhanden
-sind.
-</p>
-
-<p>
-Daß der Arbeitstag für manche Berufe, wie insbesondere für
-die Bergarbeit, unter 8 Stunden herabgesetzt werden kann, ist evident,
-aber es ist davon hier nicht weiter die Rede, weil die Verminderung
-der Arbeitszeit zu jenen Benefizien gehört,
-von welchen in <a href='#H_09_m_0'>VIII, 9, m,</a> gesprochen wird.
-</p>
-
-<p>
-Wenn auch Kinder und junge Leute unter 18 Jahren von der
-geregelten Arbeit befreit sein sollen, so wird man ihnen doch, wie
-in <a href='#G_05_0_0'>VII, 5,</a> bemerkt wurde, aus erziehlichen Gründen eine mäßige
-<ins class='correction' title='Abeit'>Arbeit</ins> auferlegen.
-</p>
-
-<h4 id='L_01_d_0'>
-d) Arbeitszuweisung.
-</h4>
-
-<p>
-Bei der Arbeitszuweisung wird man in jedem Berufe auf Geschlecht
-und Alter Rücksicht nehmen. Eine ganze Reihe von Arbeiten
-leichterer Art, wie Hauswirtschaft, Erziehung, Krankenpflege, Gartenarbeit,
-Milchwirtschaft und gewisse landwirtschaftliche Arbeiten wird
-man den Frauen vorbehalten. Zum größten Teil ist das auch heute
-schon durchgeführt. Man wird nicht leicht ein Bauernmädchen die
-Sense schwingen sehen, wohl aber gehen die Mädchen neben den
-Mähern her und breiten das geschnittene Gras aus. Im Lehrberufe
-und als Ärztin kann sich die begabte Frau ebenso nützlich
-machen, wie der gleichbegabte Mann. Auch in der Industrie sind
-viele Arbeiten durchaus passend für die Frauen, so die Kleiderverfertigung
-und die Bedienung der Spinn- und Webemaschinen.
-</p>
-
-<p>
-Man soll ferner bei den ungelernten Arbeitern auf das Alter
-Rücksicht nehmen und den älteren Männern und Frauen das Lästige
-und Beschwerliche ersparen und es den Jüngeren aufladen.
-</p>
-
-<p>
-Bei der Zuweisung der verschiedenen Arbeiten wird man zwei
-Gattungen von Arbeiten unterscheiden. Die meisten Arbeiten sind
-von der Art, daß sie niemand ablehnen, der Staat sie niemand verwehren
-kann. Das sind die landwirtschaftlichen, die hauswirtschaftlichen
-Arbeiten und die einfacheren gewerblichen Arbeiten. Dagegen gibt
-<span class='pagenum'><a id='Page_299' name='Page_299' href='#Page_299'>[299]</a></span>
-es Arbeiten, welche eine größere Belastung der Arbeiter mit sich
-bringen und solche, welche größere Vorstudien oder besondere Talente
-voraussetzen. Zu ersteren, so zur Bergarbeit, darf niemand gezwungen
-werden, zu letzteren wird niemand zugelassen, der nicht die Bedingungen
-erfüllt, welche der Staat daran knüpft und unter Personen,
-die qualifiziert sind, wird jener bestellt, welcher als tüchtiger erkannt
-wird. Bei der Berufswahl wird auch das Gutachten der Ärzte eingeholt.
-Es gibt junge Leute, die sich nicht für den Tischlerberuf
-eignen, weil sie zur Tuberkulose hinneigen. Solche werden diesem
-Berufe nicht zugewiesen und, wenn ihnen das Gutachten mitgeteilt
-wird, werden sie sicher einverstanden sein, einen Beruf zu meiden,
-der ihnen größere Gefahr bringt. Es ist bekannt, daß die Arbeiten
-in Zündhölzchenfabriken ungefährlich sind, wenn gewisse Phosphorarten
-verwendet werden. Wegen der erbärmlichen sozialen Zustände
-in Österreich war es bisher nicht möglich, das Verbot durchzusetzen,
-anderen Phosphor zu verwenden.
-</p>
-
-<p>
-Im allgemeinen wird jeder für den landwirtschaftlichen oder
-hauswirtschaftlichen <em class='gesperrt'>und</em> irgend einen gewerblichen Beruf ausgebildet,
-weil die Landwirtschaft im Sommer viele Arbeitskräfte, im
-Winter aber wenig Arbeitskräfte erheischt. So wird dann jeder
-landwirtschaftliche Arbeiter im Winter in irgend einer Industrie beschäftigt
-werden. Es gibt keine Gewerbe, in welchem nicht ein
-Drittel der Arbeiten von ungelernten Personen verrichtet werden
-kann. Bei den schwierigeren Arbeiten sind die Abstufungen sehr
-groß. Vom Mechaniker geringster Art bis zum Monteur oder zum
-Verfertiger optischer Apparate ist ein weiter Weg. Darum wird im
-Gewerbe auch ein Vorwärtskommen eröffnet werden für jene, die sich
-zu den feinsten Arbeiten qualifizieren.
-</p>
-
-<p>
-Für die höheren Berufe werden die Begabtesten in der Schule
-ermittelt werden. Der Pädagoge und die Lehrer werden alle Talentierten
-schon in der Schule ermuntern, sich durch hervorragende
-Leistungen auszuzeichnen und eine solche Betätigung wird der einzige
-Weg zum Verwaltungs-, Lehr- oder Sanitätsdienst sein. Doch soll
-die höhere Schulbildung nicht der einzige Weg sein, um zu hohen
-Ehren und glänzender Stellung zu gelangen. Auch aus den Arbeiterkreisen
-werden Forscher, Künstler und Erfinder hervorgehen, welche
-<span class='pagenum'><a id='Page_300' name='Page_300' href='#Page_300'>[300]</a></span>
-niemals eine höhere Schule absolviert haben. Dagegen soll Geburt
-niemals einen Anspruch auf höhere Stellen gewähren und die Glieder
-der monarchischen und adeligen Familien sollen von allen Stellen
-im Staatsdienst ausgeschlossen sein, wenn sie nicht auf ihre erbliche
-Stellung für sich und ihre Nachkommen verzichten. Auch soll jedem
-Hochbegabten gestattet werden, die Hochschule nachzuholen, wenn seine
-Begabung erst nach seiner Einstellung in den landwirtschaftlichen oder
-gewerblichen Beruf erkannt wird.
-</p>
-
-<p id='L_01_d_0al'>
-<em class='gesperrt'>Der oberste Verteilungsgrundsatz soll sein, daß jedem
-in seinem Berufe die Möglichkeit geboten werden soll,
-das höchste Alter zu erreichen, das ihm nach seiner Konstitution
-zu erreichen möglich ist.</em> Darum muß bei der Arbeitsverteilung
-dahin gewirkt werden, daß kein Beruf überlastet wird
-und wenn in einem Berufe eine größere Sterblichkeit konstant beobachtet
-wird, sollen solche Erleichterungen im Dienste und solche
-Vermehrung der Genüsse gestattet werden, daß ein Ausgleich erzielt
-wird.
-</p>
-
-<p>
-Selbstverständlich hat die Verwaltung die größten Anstrengungen
-zu machen, alle Schädlichkeiten der Berufe zu bekämpfen.
-</p>
-
-<p>
-Es wurde oben bemerkt, daß es Berufe gibt, zu welchen niemand
-gezwungen werden kann, wie zum Bergbau. Findet sich nun
-niemand zu einem solche Berufe, so wird es in der Regel Sache
-der Staatsverwaltung sein, einem solchen Berufe solche Begünstigungen
-zuzuwenden, daß sich Bewerber melden. In der Regel
-werden diese Begünstigungen in einer Verkürzung der Arbeitszeit bestehen.
-Hat nun jemand sich zu einem solche Berufe bereit erklärt,
-so entsteht ein Vertragsverhältnis, welches nicht willkürlich gestört
-werden kann.
-</p>
-
-<p>
-Doch wäre das nicht der einzige Weg, um die Erzeugung der
-Güter sicherzustellen, welche in solchen Berufen erzeugt werden. Man
-könnte Ausländer dingen, welchen man das Staatsbürgerrecht nicht erteilt
-und welche nur auf Naturalverpflegung und kleinen Lohn Anspruch
-haben und man könnte solche Güter auch vom Auslande im Handel
-erwerben, oder die Bergwerke gegen einen in Produkten zu entrichtenden
-Pachtschilling <ins class='correction' title='au'>an</ins> Ausländer verpachten, was aber schwer ausführbar
-<span class='pagenum'><a id='Page_301' name='Page_301' href='#Page_301'>[301]</a></span>
-wäre. Endlich verweise ich auf VII, 2, <i>Alinea</i>:
-<a href='#G_02_0_0al3'>»Noch wichtiger wäre«</a>.
-</p>
-
-<p>
-Ob einem Arbeiter die Zeit der Krankheit in die Arbeitszeit
-eingerechnet wird, hängt davon ab, ob ihm ein Verschulden an seiner
-Krankheit nachgewiesen werden kann oder nicht.
-</p>
-
-<p>
-Im Falle der Einstellung einer Produktion, sei der Anlaß
-welcher immer, hat der Staat für andere Arbeit zu sorgen. Insofern
-ein Ersatz nicht sofort möglich ist, wird man die unbeschäftigten
-Arbeiter beurlauben und ihnen diesen Urlaub später anrechnen. Sie
-werden dann in verwandten Berufen beschäftigt, z. B. Metallarbeiter
-in einem anderen Produktionszweige der Metallindustrie, und bei den
-sich so ergebenden Verschiebungen können Arbeitskräfte der geringsten
-Art aus der gewerblichen Produktion in die landwirtschaftliche
-Produktion versetzt werden. So trägt der Staat die Gefahr
-der Arbeitslosigkeit allein. Strike, nämlich völlige Arbeitsverweigerung,
-werden nicht geduldet, die Arbeit ist Pflicht, und wer nicht
-aus dem Kollektivverbande ausscheiden will, I, <i>Alinea</i>:
-<a href='#A_00_0_0al1'>»Die Rechtsgrundsätze für die kommende Zeit«</a>,
-wird zur Arbeit gezwungen.
-Remonstrationen über unverhältnismäßige Belastung in einem Produktionszweige
-müssen auf das gewissenhafteste geprüft und gerechten
-Beschwerden abgeholfen werden. Inwiefern die Arbeit in einem
-bestimmten Berufe verweigert werden kann, bestimmen die Gesetze.
-Wer sich zu beschwerlichen Berufen bedingungsweise verstanden hat,
-wird wenigstens auf eine bestimmte Zeit gebunden sein und nicht
-ganz willkürlich ausstehen dürfen.
-</p>
-
-<h3 id='L_02_0_0'>
-2. Die Verteilung der Güter.
-</h3>
-
-<p>
-Hier ist nicht nur von Sachgütern die Rede, sondern auch vom
-Genusse der persönlichen Dienstleistungen. Ich verstehe hier unter
-persönlichen Dienstleistungen jede Arbeit, welche nicht auf Erzeugung
-oder Wiederherstellung von Sachen gerichtet ist.
-</p>
-
-<p>
-Auch für die Verteilung der Güter ist der allgemeine Grundsatz
-maßgebend, daß jedem in seinem Berufe die Möglichkeit geboten
-werde, das höchste Alter zu erreichen, das ihm nach seiner Konstitution
-zu erreichen möglich ist. Wenn nun hierzu irgend ein Aufwand
-<span class='pagenum'><a id='Page_302' name='Page_302' href='#Page_302'>[302]</a></span>
-von Sachen erforderlich ist, muß er gemacht werden. Insbesondere
-muß die Nahrung darauf berechnet sein, dem Körper
-einen vollkommenen Ersatz für die in der Arbeit eingesetzten Kräfte
-zu bieten. Nach diesem Grundsatze könnte etwa der Bauer mehr
-Fett, der geistige Arbeiter mehr Fleischnahrung oder Stimulantien
-beanspruchen.
-</p>
-
-<p>
-Es ist bereits wiederholt bemerkt worden, daß es volkswirtschaftlich
-begründet ist, einen Teil des jährlichen Volkseinkommens
-zur Entlohnung größerer und höherer Verdienste, besonders in wissenschaftlichen
-und künstlerischen Berufen auszuscheiden. Es wird sich
-da einerseits um bestimmte Arten von Gütern, andererseits um
-einen prozentuell höheren Anteil an den für die allgemeine Verteilung
-bestimmten Gütern handeln. Alle übrigen Güter sollen
-gleichmäßig, nach Köpfen, verteilt werden, aber mit Rücksicht auf
-Alter, Geschlecht und im Berufe gelegene Bedürfnisse und auf Klima.
-</p>
-
-<p>
-Gewisse Gebrauchsgegenstände, wie wissenschaftliche Apparate
-und musikalische Instrumente, werden zunächst zur Ausrüstung der
-Personen, die davon berufsmäßig Gebrauch machen müssen, also im
-staatlichen Organismus angestellter Forscher, Künstler und Musiker,
-dann nach Verhältnis des Interesses der Bevölkerung für Kunst und
-Wissenschaft in den einzelnen Bezirken verteilt. Die Bedeutung der
-berufsmäßigen Forscher und Künstler wird darüber entscheiden, wem
-die kostbarsten Instrumente, z. B. alte berühmte Geigen, zum Gebrauche
-überlassen werden, und ebenso wird die
-Verwaltung<a name='FA_45' id='FA_45' href='#FN_45' class='fnanchor'>[45]</a> seltene
-Apparate und Instrumente nur jenen zum Gebrauche überlassen,
-welchen eine nützliche Verwendung zugetraut werden kann. Dabei
-wird man auf die Gutachten der staatlich anerkannten Vereine und
-der Fachunterrichtspersonen Rücksicht nehmen, und wenn man sich
-getäuscht hat, die Instrumente anderen überlassen.
-</p>
-
-<p>
-Auf die Minimalversorgung hat auch der Arbeitsunfähige
-Anspruch.
-</p>
-
-<h2 id='M_00_0_0'>
-XII.<br /><br />
-Die Beziehungen des Kollektivstaates zum
-Auslande.
-</h2>
-
-<hr class='h2bot' />
-
-<p>
-Diese Beziehungen werden hier nur insofern näher untersucht,
-als es sich um Auslandsstaaten handelt, welche noch die Geldwirtschaft
-aufrecht erhalten; denn der erste Staat, der sich kollektivistisch organisiert,
-hat es nur mit solchen Staaten zu tun. Bilden sich nach und
-nach auch andre Kollektivstaaten, so werden sie internationale Vereinbarungen
-treffen, welche den Reiseverkehr, den Austausch von
-Gütern und die Auswanderung, vielleicht auch Versicherung gegen
-Mißwachs betreffen.
-</p>
-
-<p>
-Dieser Abschnitt behandelt den Gütertausch mit Auslandsstaaten
-der heutigen Gesellschaftsordnung, den Reiseverkehr, die Aus-
-und Einwanderung und die territoriale Integrität.
-</p>
-
-<h3 id='M_01_0_0'>
-1. Der Güteraustausch mit ausländischen Staaten.
-</h3>
-
-<p>
-Da der Kollektivstaat Alleineigentümer aller Güter im Staate
-ist, kann er den Nachbarstaaten gegenüber wie eine ausländische
-Privatperson angesehen werden. Nur er kann österreichische Güter
-an das Ausland verkaufen und, von einigen Ausnahmen, die unten
-erwähnt werden, abgesehen, nur für ihn können im Auslande Güter
-erworben werden. Obwohl er selbst im Inlande keine Geldwirtschaft
-kennt, kann er aus geldwirtschaftlichen Staaten nur gegen Zahlung
-Güter erwerben, und darum kann er nach solchen Staaten auch nur
-gegen Zahlung Güter überlassen. Er kann sich hierbei irgend einer
-ausländischen Währung bedienen, und er wird keine heimatliche
-Währung einführen. Würde er von jedem Staate nur so viel
-<span class='pagenum'><a id='Page_304' name='Page_304' href='#Page_304'>[304]</a></span>
-Güter erwerben, als er dem Werte nach dahin verkauft, so würden
-die Forderungen, die er in dieser Währung erwirbt, zur Berichtigung
-seiner Schuld an die Bürger dieses Staates gerade hinreichen.
-Allein es ist nicht möglich, den Güterverkehr mit ausländischen
-Staaten so einzurichten, daß sich Schuld und Forderung in jedem
-Lande ausgleichen. Die Handelsbilanz wird in der Regel einem
-Staate gegenüber aktiv, einem anderen Staate gegenüber passiv sein.
-Das bedingt dann auch, daß seine Forderungen und Schulden aus
-dem Güterverkehr in den verschiedensten Währungen kontrahiert werden.
-Allein das macht es nur notwendig, daß die erworbenen Valuten,
-soweit es zum Ausgleich notwendig ist, verwertet werden. Dabei
-wird der Staat ein Jahr etwas gewinnen, das andere vielleicht
-etwas verlieren, was aber von keinem Belange ist. Die Verwaltung
-wird hierbei wahrscheinlich im Vorteil sein, weil bei dem Überblicke
-über so ungeheure Mengen von Transaktionen ein Urteil gewonnen
-wird, das ein kleiner Händler nie erwirbt.
-</p>
-
-<p>
-Die Frage, welche Art von Gütern verkauft und erworben
-werden dürfen, ist Gegenstand der Volksbeschlüsse. Dabei wird man
-nicht so engherzig vorgehen, daß man mit ganz <ins class='correction' title='offnen'>offenen</ins> Karten spielte
-und das Ausland genau wüßte, was der Kollektivstaat kaufen und
-verkaufen muß. Man wird aber den ausländischen Geschäftsleuten
-gegenüber im Vorteil sein, weil der Kollektivstaat die »stärkste
-Hand« ist.
-</p>
-
-<p>
-Der Kollektivstaat wird niemals ein Zollgesetz erlassen, weil er
-damit nur sich selbst besteuern würde und die Einfuhrserschwernis
-der Zölle dadurch aufgewogen wird, daß nur er als Käufer für sein
-Staatsgebiet auftreten kann, also keine Einfuhr denkbar ist, welche
-ihm nicht bequem wäre. Ob der Kollektivstaat den internationalen
-Kauf und Verkauf durch Agenten oder Staatsbeamte besorgen läßt,
-ist eine Frage, die wohl hier nicht zur Entscheidung zu bringen ist.
-</p>
-
-<p>
-Wenn Kunstgegenstände des freien, nicht berufsmäßigen
-Schaffens, <a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> oder den Schriftstellern zugestandene Freiexemplare
-auf Verlangen der Schöpfer und Schriftsteller und mit
-Einwilligung der Staatsverwaltung geschenkweise ins Ausland gehen,
-so soll die Einwilligung der Staatsverwaltung auf diesen Gegenständen
-ersichtlich gemacht werden.
-</p>
-
-<h3 id='M_02_0_0'>
-2. Der Reiseverkehr mit dem Auslande.
-</h3>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_305' name='Page_305' href='#Page_305'>[305]</a></span>
-Mit dem Reiseverkehr wird es ebenso gehalten, wie mit dem
-Gütertausch. Der Ausländer, der in Österreich reist, muß dafür in
-der Währung seiner Heimat zahlen, und so erwirbt der Staat die
-Mittel, um die Reisen seiner Bürger im Auslande zu bestreiten.
-</p>
-
-<p>
-Für die Fremden gelten folgende Rücksichten. Der Staat hat
-sich dagegen sicherzustellen, daß die im Inlande reisenden Ausländer
-keine ansteckenden Krankheiten einschleppen und sonst keinen Schaden
-anrichten. Praktisch wäre es durchaus tunlich, alle Fremden an der
-Grenze einer genauen ärztlichen Untersuchung zu unterwerfen. Allein
-Fremden von einigem Ansehen gegenüber wird man davon absehen,
-um den Reiseverkehr nicht zu erschweren. Arbeiter und andere
-Personen, welche minder anspruchsvoll sind, mögen wohl einer ärztlichen
-Untersuchung unterzogen werden. Fremde, die keine volle
-Sicherheit in dieser Hinsicht gewähren, werden in den Orten ihres
-Aufenthaltes so behandelt werden, daß die Gefahr der Übertragung
-einer Krankheit abgewendet wird. Es könnte auch ein Gesetz erlassen
-und in allen Auslandsstaaten verlautbart werden, daß Reisende,
-die sich einer ansteckenden Krankheit bewußt sind und eine Ansteckung
-im Inlande verschulden, einer strengen Bestrafung unterzogen werden.
-</p>
-
-<p id='M_02_0_0al'>
-Es wird genau vorgeschrieben werden, auf welche Art die Ausländer,
-welche im Kollektivstaate reisen, sich zu legitimieren haben,
-und man wird wahrscheinlich Legitimationskarten fordern, welche die
-Photographie des Reisenden enthalten, und dasselbe wird von seiner
-Begleitung gelten.
-</p>
-
-<p>
-Man würde vielleicht gut tun, Fremde, welche im Inlande
-reisen, an der Grenze zu verhalten, ihre Barschaft und Kostbarkeiten
-zu deponieren. Doch scheint es, daß die Furcht vor dem ausländischen
-Gelde nicht begründet wäre und daß die Kontrolle über
-die Güter des Kollektivbesitzes jede unredliche Veräußerung unmöglich
-machte. Auch eine Bestechung wird man aus diesem Grunde
-nicht zu fürchten haben, und es ist zu bedenken, daß die Ausnahmslosigkeit
-des Staatseigentumes das Recht geben würde, das Geld,
-das man im Besitze eines Inländers findet, zu konfiszieren.
-</p>
-
-<p>
-Für den Reiseverkehr im Inlande könnte man Kategorien einführen.
-<span class='pagenum'><a id='Page_306' name='Page_306' href='#Page_306'>[306]</a></span>
-Die geringste Kategorie wäre für Fußgänger, welche nur
-in Urgemeinden oder Bezirksvororten Unterkunft nehmen, und die
-Kreisstädte, Provinzstädte und die Reichshauptstadt nicht betreten
-würden. Sie hätten auf alles Anspruch, was die Masse der inländischen
-Bevölkerung zu genießen befugt ist. Da diese aber durch
-Arbeit dafür bezahlt hat, muß der Ausländer für Unterkunft und
-Verpflegung in Geld bezahlen. Die Schuld würde, da es sich um
-Kategorien handelt, durch eine nach Tagen berechnete Summe berichtigt
-werden. Eine nächste Kategorie würde die Benützung der
-Eisenbahn und Dampfschiffe und den Aufenthalt in Kreisstädten mit
-dem Anspruche auf den Besuch von Theatern und Konzerten gewähren
-und gleichfalls nach Tagen berechnet werden. Natürlich
-schlösse das Recht der höheren Kategorie auch alles in sich, was mit
-der niederen Kategorie verbunden ist. So ließen sich noch etwa zwei
-oder drei höhere Kategorien schaffen. Indessen scheint es, daß man
-für besonders anspruchsvolle Fremde, die auf großem Fuße zu reisen
-gewöhnt sind, einen anderen Weg als den der Pauschalierung der
-Reisekosten wählen könnte, und daß man ihnen die Möglichkeit eröffnen
-sollte, à la carte zu speisen, Kunstgegenstände zu kaufen und
-nach allem nach Belieben zu verlangen, in welchem Falle die Preise
-bestimmt werden müßten. Ob nun die Rechnung in Barem an bestimmte
-Personen, z. B. den Verwaltungsbeamten, oder durch Anweisungen
-auf das Depot, wovon oben die Rede war, berichtigt
-werden soll, wäre zu prüfen.
-</p>
-
-<p>
-Selbstverständlich würden Fremde unter Umständen auch als
-Gäste zu empfangen sein. Wenn ein wissenschaftlicher Kongreß im
-Kollektivstaat abgehalten wird, werden die Teilnehmer von der
-Grenze an als Gäste des Staatsoberhauptes, also des Staates reisen.
-</p>
-
-<p>
-Die durch die Reisen der Ausländer im Inlande erworbenen
-Mittel werden in der Regel wieder dazu verwendet, um Österreicher
-im Auslande reisen zu lassen. Cook hat uns bereits darüber belehrt,
-daß es auch eine Unternehmung für Reisen gibt. Der Staat
-würde die meisten Reisen der Inländer im Auslande als Unternehmer
-in Regie nehmen. Es können solche Reisen in den verschiedensten
-Formen als Belohnung, zur Belehrung und zu Unterrichtszwecken
-ermöglicht werden, und dabei wird der Staat als
-<span class='pagenum'><a id='Page_307' name='Page_307' href='#Page_307'>[307]</a></span>
-Unternehmer auftreten. Personen von höchstem Range, Akademikern,
-Ministern, Hochschulprofessoren, wird, wenn sie im Auslande reisen,
-eine Summe Geldes angewiesen, nur mit der Einschränkung, daß
-das nicht Verwendete wieder zurückerstattet wird, und daß die Verwendung
-nur für Reisezwecke erfolgen dürfe.
-</p>
-
-<p>
-Man wird für inländische Studierende in mehreren großen
-Städten des Auslandes Konvikte einrichten, wo sie volle Verpflegung
-erhalten. So in Rom für Maler und Bildhauer, in Berlin, Paris,
-London für Ärzte und Naturforscher usw., und ebenso kann man im
-Inlande für auswärtige Studierende Pensionen einrichten. Es wäre
-wohl möglich, daß man eine Erziehungs- und Unterrichtsindustrie
-für Ausländer betriebe.
-</p>
-
-<p>
-Was nun die jeweiligen Kassenvorräte anbelangt, so würden
-vielleicht Kassen im Inlande eingerichtet werden, und zwar an den
-Einbruchstationen. Die Zahl dieser Kassen würde eine kleine sein.
-Außerdem würde man sich der ausländischen Banken bedienen, die
-das Inkasso halten und Anweisungen honorieren würden. Man
-könnte auch für diese Geldgebung eine öffentliche Rechnungslegung
-in nachstehender Form einführen. Die Einnahmen der <ins class='correction' title='Einbruchsstationen'>Einbruchstationen</ins>
-würden für jeden Tag in einer Liste im Reichsblatt veröffentlicht
-und dann gleichfalls getrennt nach den Kassaorten die
-Rückzahlungen und die Abführung an die Staatszentralkasse tabellarisch
-verzeichnet.
-</p>
-
-<h3 id='M_03_0_0'>
-3. Die Aus- und Einwanderung.
-</h3>
-
-<p>
-Der Kollektivstaat würde eine überseeische Kolonie zu erwerben
-trachten, welche er speziell für seine Zwecke einrichten, worin aber
-Individualwirtschaft betrieben würde. Diese Kolonie würde besonders
-dazu dienen, Inländer strafweise zu verbannen, so, wenn sie die
-Propagationsgesetze, VII, 1, <i>Alinea</i>:
-<a href='#G_01_0_0al2'>»Zu den gesetzlichen Folgen«</a>,
-nicht beobachten. Auch soll solchen, die sich dem Kollektivzwang nicht
-unterwerfen wollen, aber das Leben in der Kolonie der Auswanderung
-vorziehen würden, die Möglichkeit eröffnet werden, in die
-Kolonie zu übersiedeln. Wollen sie sich Altersversicherung vorbehalten,
-<span class='pagenum'><a id='Page_308' name='Page_308' href='#Page_308'>[308]</a></span>
-so müßten sie eine Prämie bezahlen, weil sie in der Kolonie
-nur für eigene Rechnung arbeiten.
-</p>
-
-<p>
-Inländern soll die Auswanderung freigestellt werden, nur vielleicht
-mit der Beschränkung der vorherigen Erreichung eines bestimmten
-Alters, wenn man annähme, daß mit dem dreißigsten oder
-fünfunddreißigsten Jahre die Erziehungsschuld abgetragen ist. In
-sehr vorgeschrittenem Alter könnte auch eine Auswanderungsprämie
-bezahlt werden, weil die Auswanderung eine Verzichtleistung auf
-Altersversicherung in sich schließt. Für die Einwanderung von Ausländern
-sind gesetzliche Bestimmungen aufzustellen. Es werden gewisse
-körperliche und psychische Eigenschaften zur Bedingung gemacht.
-Ob ein Einkauf stattfinden müsse, wird auch zu bestimmen sein. Ob
-man gestatten soll, daß jemand zugleich Kollektivbürger im Inlande
-und Besitzer eines Vermögens in einem auswärtigen Staate sei, ein
-Fall, der bei Erfindern und großen Künstlern und Schriftstellern
-sehr wohl vorkommen könnte, denn wenn jemand ein epochemachendes
-Werk im Auslande auflegt, können ihm wohl recht große Summen
-im Auslande zufallen, ist zwar zu erwägen, allein eine engherzige
-Entscheidung wäre zu verwerfen. Nur wenn zu befürchten wäre,
-daß ein Inländer eine solche im Auslande erworbene wirtschaftliche
-Macht dazu mißbrauchen könnte, die Kollektivordnung zu untergraben,
-müßte man sich dagegen schützen. Es wäre ein schlechtes
-Zeugnis für den Kollektivismus, wenn so etwas möglich wäre.
-</p>
-
-<p>
-Wollte man die Grundsätze über das Staatseigentum und das
-staatliche Obereigentum an den zu freiem Schaffen überlassenen
-Konsumtibilien auf das strengste anwenden, so könnte man allerdings
-verlangen, daß alles, was mit solchen Stoffen produziert wurde,
-dem Staate verbliebe, ja, man könnte ein Manuskript, das auf
-Papier des Kollektivstaates geschrieben ist, wenn ein Kollektivbürger
-es im Auslande verwerten wollte, als veruntreut vindizieren, aber
-das wäre eine engherzige Tiftelei und würde einer Sklaverei sehr
-ähnlich sehen. Der Sklave erwirbt immer für seinen Herrn.
-</p>
-
-<p>
-Doch könnte man den Grundsatz einprägen, daß der Bürger
-alles, was er schafft, seinem Vaterlande überlassen und daß, wer
-damit nicht einverstanden ist, vorher auswandern solle, ehe er für
-seine Person erwirbt.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_309' name='Page_309' href='#Page_309'>[309]</a></span>
-Denken wir, ein Inländer sendet Aufsätze an auswärtige Zeitschriften,
-für welche ihm ein Honorar zugesendet wird, ein Inländer
-beteiligt sich an einer ausländischen Konkurrenz für Monumentalbauten,
-für Eisenbahnprojekte, für die Einrichtung einer Fabrik und
-er würde mit einem Preise bedacht oder ein Inländer nähme, was
-während der arbeitspflichtigen Zeit die Beurlaubung voraussetzen
-würde, eine auswärtige Professur oder ein Engagement für eine
-Konzerttournee an, er schaffe im Auslande Meisterwerke der Malerei
-oder Skulptur; sollte er den Lohn nicht für sich behalten? Allerdings
-kann man sagen, das Vaterland hat dich ausgebildet, dir die
-Mittel gegeben, Künstler zu werden, du bist ein Teil des Ganzen.
-Aber das dürfte doch nur als sittliche Erwägung, als Dankbarkeit
-und als Patriotismus in Betracht kommen. Vielleicht könnte man
-fordern, daß der Erwerbssüchtige zwar den Lohn, der in <ins class='correction' title='baarem'>barem</ins> erworben
-wird, dem Kollektivstaate überlasse, aber sich ein Äquivalent
-in Genüssen bedinge. Doch man wird immer zu fürchten haben,
-daß ein Inländer von diesen Grundsätzen abweicht und sich insgeheim
-direkt mit dem Auslande abfindet, wenngleich er nichts, weder
-Kunstwerke noch Manuskripte, anders, als durch Vermittlung der
-staatlichen Verkehrsanstalten, ins Ausland senden kann. Jedenfalls
-ist der Besitz von Geld, wenn damit kein Mißbrauch gemacht wird,
-und die Verwertung der in freiem Schaffen hervorgebrachten Werte
-für egoistische Zwecke vielleicht als Schmutzerei zu betrachten, aber
-doch nicht als Rechtsverletzung. Etwas anderes wäre, wenn man
-mit dem Gelde Mißbrauch machte, jemand zur diebischen Veräußerung
-von Staatsgut verleitete oder das Geld sonst zu einer Bestechung
-verwendete. Dann würde allerdings ein Verbrechen begangen,
-das Strafe und Konfiskation rechtfertigen würde, wie auch
-wenn sich jemand des Zeitdiebstahls schuldig machte, um fürs Ausland
-zu arbeiten.
-</p>
-
-<p>
-Daß aber die Summe der dadurch veranlaßten Beschädigungen
-des Staates auch nur im Entferntesten jene Vorteile aufwiegen
-könnte, die der Kollektivismus im Gefolge hätte, ist doch undenkbar.
-Und darum kann man niemals behaupten, solche Schwierigkeiten bewiesen,
-daß ein Staat nicht allein zum Kollektivismus übergehen
-könne, oder er müsse sich vom Auslande abschließen. Will man
-<span class='pagenum'><a id='Page_310' name='Page_310' href='#Page_310'>[310]</a></span>
-vernünftig maßhalten, so wird man vor Manchem ein Auge zumachen.
-Würde man aber solche Egoisten ins Ausland verbannen,
-so würde das wahrscheinlich als schwere Strafe empfunden, denn
-das würde Trennung von vielen Freunden und Verwandten und
-von so viel Schönem und Herrlichem bedeuten und einem solchen
-Ausgeschlossenen würde man auch das Reisen im Inlande verwehren,
-wenn er auch dafür bezahlen wollte.
-</p>
-
-<p>
-Es ist übrigens zu erwarten, daß, wenn der Kollektivismus einmal
-in einem Staate durchgeführt wäre, diese Wirtschaftsform bald
-auch auf die Nachbarländer übergreifen würde und so werden
-die kleinen Schwierigkeiten, welche das Nebeneinanderbestehen von
-Ländern verschiedener Gesellschaftsordnungen verursachen kann, nicht
-lange währen.
-</p>
-
-<p>
-Abgesehen von der Einwanderung und vom Reiseverkehr der
-Ausländer im Inlande ist noch eine dritte Beziehung zu Ausländern
-ins Auge zu fassen. Es können auch Ausländer in ein Arbeits-
-oder Dienstverhältnis zum Kollektivstaat treten. Man kann sowohl
-Arbeiten der geringsten Art Ausländern überlassen, als auch Arbeitsleistungen
-der höchsten Art Ausländern übertragen. Handelt es sich
-um Arbeiten, die den Aufenthalt im Kollektivstaat nicht bedingen,
-wie die Veredlung von Waren, z. B. das Bedrucken österreichischer
-Webwaren, oder die Ausarbeitung von Projekten, die Herstellung
-von Kunstwerken, oder schriftstellerische Arbeiten, so wäre das der
-Kauf einer Arbeit im Auslande, wofür vereinbarte Zahlungen zu
-leisten sein werden. Hierbei kann es vorkommen, daß der Kollektivstaat
-der ausländischen Jurisdiktion unterworfen wird. Dieser hat
-er sich zu fügen, wenn auch keine Exekutionsobjekte sich im Jurisdiktionslande
-befinden. Das wäre eine Frage des Kredits, den der
-Kollektivstaat aufrechterhalten muß.
-</p>
-
-<p>
-Ist aber die Arbeit im Inlande zu leisten, zum Beispiele, wenn
-Ausländer eine Erd- oder Maurerarbeit im Kollektivstaat übernehmen,
-oder sich als Bergleute verdingen, oder wenn ausländische Ärzte im
-Kollektivstaate an ein Krankenbett gerufen werden, wenn ausländische
-Gelehrte im Kollektivstaate eine Kanzel annehmen, wenn ein Ausländer
-die Leitung einer österreichischen Fabrik übernähme usw., so
-wird man Verträge schließen, welche Art von Verpflegung man den
-<span class='pagenum'><a id='Page_311' name='Page_311' href='#Page_311'>[311]</a></span>
-Ausländern zu gewähren hat und welche Restzahlung sie zu beanspruchen
-haben. Für die daraus entstehenden wechselseitigen privatrechtlichen
-Ansprüche könnte ein Schiedsgericht bestellt werden, wenn
-die ausländischen Gerichte, die über solche privatrechtliche Beziehungen
-zu urteilen hätten, als befangen angesehen würden.
-</p>
-
-<p>
-Es ist sehr wohl möglich, daß diese Art der Verwendung von
-Ausländern sich als sehr nützlich erwiese, besonders für Arbeiten,
-welche sehr gesundheitsschädlich sind und welche sich Inländer zu
-übernehmen scheuen. Auch kann dadurch die ausländische Intelligenz
-für Inlandszwecke verwertet werden. Doch verwickelt das die Verhältnisse,
-da ausländische Erdarbeiter vielleicht eine polizeiliche Überwachung
-nötig machen würden. Freilich erleichterte der staatliche
-Organismus diese Überwachung außerordentlich.
-</p>
-
-<h3 id='M_04_0_0'>
-4. Politische Beziehungen zum Auslande und Landesverteidigung.
-</h3>
-
-<p>
-Der Kollektivstaat würde sich vor allem neutral erklären und
-die Anerkennung dieser Neutralität im Auslande anstreben. Er
-würde nur Verträge wirtschaftlicher Natur mit <ins class='correction' title='Auslandstaaten'>Auslandsstaaten</ins> abschließen
-und es wird auf eine Bemerkung über das Patentwesen in
-VIII, 8, <i>Alinea</i>: <a href='#H_08_0_0al'>»Da nun dem Staate«</a> verwiesen, welche ein
-solches wirtschaftliches Interesse berührt, das Gegenstand eines internationalen
-Vertrages werden könnte.
-</p>
-
-<p>
-Allianzverträge könnten mit Auslandsstaaten nur zum Schutze
-der Reichsintegrität geschlossen werden und es würde kaum möglich
-sein, dafür auch bewaffneten Schutz des Kontrahenten zu versprechen.
-Man kann kaum annehmen, daß irgend ein Allianzvertrag, der dem
-Kontrahenten das Recht bewaffneten Einschreitens auf inländischem
-Gebiete gewährte, im Interesse eines Kollektivstaates gelegen sein
-könnte. Noch viel weniger könnte ein solcher Staat an eine Offensivallianz
-denken. Ein Interesse könnte der Kollektivstaat haben,
-seine Waren, die er zu exportieren wünscht, gegen hohe Einfuhrzölle
-zu schützen, aber da er selbst keine Zölle hat, auf die er im Kompensationswege
-verzichten könnte, fehlt es ihm an einem Gegenwerte,
-welcher geboten werden könnte. Es wird also die Herabsetzung von
-<span class='pagenum'><a id='Page_312' name='Page_312' href='#Page_312'>[312]</a></span>
-Zöllen nur von dem Interesse der Bürger des Auslandsstaates abhängen
-und von dem Gedanken eingegeben werden können, den Absatz
-von Waren an den Kollektivstaat zu erleichtern. Aber auch
-diesen Absatz kann der Kollektivstaat nicht vertragsmäßig zugestehen,
-daher Zollverträge kaum zustande kommen werden. Selbstverständlich
-wird ein solcher Staat, der nur an die Volkswohlfahrt denkt,
-sich beeilen, Schiedsgerichtsverträge mit auswärtigen Staaten abzuschließen
-und auch solche Fälle nicht vorbehalten, wo die Nationalehre
-in Betracht kommt. Und so werden die Gefahren eines auswärtigen
-Krieges tunlichst beschworen.
-</p>
-
-<p>
-Bezüglich des Schutzes seines Eigentums und seiner Vertragsrechte
-im Auslande wird der Kollektivstaat einem Privaten gleichzuhalten
-sein. So wenn ein Dieb oder ein ungetreuer Beamter Staatseigentum
-ins Ausland verschleppte. Ist die Vindikation nach der
-Natur der entwendeten Sachen möglich, so wird der Eigentumsanspruch
-geltend gemacht. Bei vertretbaren Sachen wird der Kollektivstaat
-auf den Schadenersatz angewiesen sein.
-</p>
-
-<p>
-Es muß noch die Landesverteidigung besprochen werden für den
-Fall, als trotz der Neutralitätserklärung, und trotz der Verzichtleistung
-auf politische Ansprüche im Auslande ein Angriff auf das
-Reichsgebiet von Seiten eines Auslandsstaates stattfände. Es ist
-zwar anzunehmen, daß der Kollektivstaat die Habsucht und den Neid
-der herrschenden Klassen in den Nachbarstaaten weniger herausfordert,
-als ein Staatswesen, welches nicht kollektivistisch organisiert ist, weil
-sie, um im <ins class='correction' title='erorberten'>eroberten</ins> Gebiete nach ihrem Sinne zu wirtschaften, gewaltige
-Umgestaltungen vornehmen müßten und diese Wiederherstellung
-veralteter Zustände gewaltige Schwierigkeiten böte. Auch ist,
-wie sich zeigen wird, nicht nur der Sieg über einen kollektivistisch
-organisierten und auf den Krieg vorbereiteten Staat viel unwahrscheinlicher,
-als der Sieg über einen Staat der alten Gesellschaftsordnung,
-sondern auch die Gefahr gerade für die kriegslustigen Bewohner
-des angreifenden Staates für den Fall des Unterliegens viel
-größer. Denn wenn der Kollektivstaat angegriffen wird und den
-Angreifer überwindet, so liegt es in der Natur der Sache, daß der
-Sieger im unterliegenden Staatswesen den Kollektivismus zwangsweise
-durchführt und die herrschenden Klassen ihrer Vorrechte beraubt.
-<span class='pagenum'><a id='Page_313' name='Page_313' href='#Page_313'>[313]</a></span>
-Auch kann er die am Ausbruche des Krieges schuldtragenden Personen
-wie Räuber und Diebe bestrafen.
-</p>
-
-<p>
-Trotzdem wird bei einem Nebeneinanderleben zweier Völker,
-von welchen nur eines kollektivistisch organisiert ist, für dieses erst
-recht der Grundsatz gelten: <i>Si vis pacem para bellum</i>. Der
-Kollektivstaat wird also alles vorzubereiten haben, was im Kriegsfalle
-nicht binnen wenigen Tagen hergestellt werden kann.
-</p>
-
-<p>
-Es ist zweifelhaft, ob stabile Befestigungen hierher zu rechnen
-sind, da deren Wert nicht groß zu sein scheint und im Zukunftskriege
-passagere Befestigungen vielleicht eine größere Rolle spielen
-werden, haben sie aber noch einen Wert, so wird man es daran
-nicht fehlen lassen. Aber unzweifelhaft müssen Waffen bester Art
-und Munition reichlich vorhanden und die waffenfähigen Bewohner
-des Staates mit deren Gebrauch auf das Beste vertraut gemacht
-werden. Das Menschenmaterial ist tüchtiger und widerstandsfähiger,
-die Kriegstüchtigen zahlreicher. Sie haben mehr Vaterlandsliebe
-und ihre Interessen sind mit dem Bestande des Staates enger verknüpft.
-Auch die hohe Intelligenz eines solchen Volkes erhöht seine
-Wehrfähigkeit. Es wird nicht notwendig sein, ein Heer im Frieden
-auf den Beinen zu halten, wenn man auch jährliche Waffenübungen
-abhalten wird. Das Milizsystem wird sich für solche Staaten jedenfalls
-besser empfehlen, als ein stehendes <ins class='correction' title='Herr'>Heer</ins>.
-</p>
-
-<p>
-Kriegsschulen zu halten, wird sich wohl empfehlen, obschon die
-Erfahrung im Burenkriege zu beweisen scheint, daß für die Führung
-im Kriege angeborene Begabung wichtiger ist, als die Ausbildung
-in den Kriegsschulen. Auch der amerikanisch-spanische Krieg, mehr
-noch der nationale Krieg in Frankreich unter Napoleon I., der zwar
-selbst ein wissenschaftlich Gebildeter war, aber eine Reihe ganz ungebildeter
-Leute ihrer angeborenen Begabung wegen zu Marschällen
-gemacht hat, spricht nicht für einen hohen Wert der Kriegswissenschaft.
-Da sich aber kriegerische Talente erst im Kriege bemerkbar
-machen können, braucht man wenigstens für die Einleitung des
-Kriegs kriegswissenschaftlich ausgebildete Führer, die erst nach und
-nach durch geniale Neophyten ersetzt werden können.
-</p>
-
-<p>
-Vor allem hat der Kollektivstaat vor anderen Staaten für den
-Krieg voraus, daß er Alleineigentümer aller Güter ist, also keine
-<span class='pagenum'><a id='Page_314' name='Page_314' href='#Page_314'>[314]</a></span>
-Zeit damit zu verlieren braucht, Lieferungsverträge abzuschließen und
-sich nicht in die Hand von Lieferanten zu geben braucht, die nicht
-nur den Staat bewuchern, sondern auch durch Verzögerungen und
-Unpünktlichkeit großes Unheil anrichten können. Die Zentralverwaltung
-kennt genau die Lagerorte aller Kriegserfordernisse und kann
-innerhalb weniger Stunden telegraphische Anweisung geben, wohin
-sie zu schaffen sind.
-</p>
-
-<p>
-Der ganze Verwaltungsapparat ist auch im Frieden ein großer
-Intendanzdienst und ehe drei Stunden ablaufen, ist jeder Mann im
-Lande von der Kriegserklärung verständigt und auf dem Wege zu
-den Sammelplätzen, wo zugleich mit den Marschbefehlen die Transportmittel
-eintreffen. Es ist nicht einzusehen, was in einem solchen
-Lande hindern sollte, am zweiten Tage der Mobilisierung einen
-Teil der Armee über die Grenze gehen und den Rest in den nächsten
-Tagen staffelweise nachrücken zu lassen. Es ist ganz unmöglich, daß
-ein Staat, der nach der alten Gesellschaftsordnung verwaltet wird,
-in der Mobilisierung mit einem Kollektivstaate Schritt halten könnte,
-es wird also immer der letztere sein, der in das Feindesland eindringt.
-Dort kann er zwar nicht mit Hartgeld bezahlen, aber nichts
-kann ihn hindern, dort Zwangspapiergeld auf die im Feindeslande
-kursierende Währung lautend in Umlauf zu setzen und auch das dort
-in Umlauf befindliche Geld gegen sein Papiergeld zwangsweise einzutauschen.
-Er braucht demnach kein Anlehen aufzunehmen, um die
-Requisitionen bar zu bezahlen, denn mit dem durch den Einmarsch
-erworbenen Verwaltungsrechte ist auch die Geldhoheit verbunden,
-welche das Recht gibt, das Zahlungsmittel, welches gesetzlichen Umlauf
-hat, zu bestimmen. Im Falle des Sieges wird dem Überwundenen
-die Einlösung dieses Papiergeldes oder dessen Anerkennung
-als gesetzliches Zahlungsmittel auferlegt. Freilich hat in einem
-solchen Kriege auch der Feind den Vorteil, daß er im Kollektivstaat
-alles, was er findet, als gute Beute nehmen kann, weil alles
-Staatseigentum ist, wobei aber das Nachfolgende zu berücksichtigen
-ist.
-</p>
-
-<p>
-Ein anderer Vorteil, nämlich auf Seite des Kollektivstaates, ist
-die Möglichkeit, die gefährdeten Grenzdistrikte vollständig zu räumen
-und auch von allen im Kriege erforderlichen Gütern so zu entblößen,
-<span class='pagenum'><a id='Page_315' name='Page_315' href='#Page_315'>[315]</a></span>
-daß der Feind, wenn er den Verteidiger doch zu werfen und in sein
-Land einzudringen vermöchte, gezwungen wäre, sich bloß aus den
-eigenen Nachschüben zu verproviantieren, was ihm enorme Schwierigkeiten
-verursacht und rasches Vordringen unmöglich macht. Da
-nämlich alle Güter Staatseigentum sind und alle Produktionszweige
-vom Staate betrieben werden, so kann die Verwaltung alle Frauen
-und Kinder, sowie die nicht streitbaren Männer, aber auch alle Vorräte
-und das Vieh in das Innere des Reiches zurückziehen, wo jeder
-sofort Unterkunft, Nahrung und Arbeit findet. Wer diese Reise zu
-Fuß machen kann, marschiert nach dem Innern und wer auf Transportmittel
-angewiesen ist, wird um so leichter nach dem Innern befördert
-werden können, als die Transportmittel, welche Truppen
-und Kriegsmaterial nach der Grenze bringen, sonst leer zurückgehen
-müßten. Auf dieselbe Art wird man alles nach dem Inneren
-bringen, was nicht zum Unterhalte der eigenen Armee nötig
-ist und der Feind im Falle seines Einmarsches für seine Zwecke
-brauchen könnte.
-</p>
-
-<p>
-Kann das Grenzgebiet von der nicht streitbaren Bevölkerung
-ganz geräumt werden, so wird der einbrechende Feind keinen Führer
-finden und den Kundschafterdienst nicht organisieren können, wofür
-übrigens der Bürger eines Kollektivstaates auch nicht zu gewinnen
-wäre.
-</p>
-
-<p>
-So hat es den Anschein, als ob im Kriegsfalle zwischen Kollektivstaaten
-und anders organisierten Staaten alle Vorteile auf Seiten
-der ersteren wäre, abgesehen davon, daß der Kollektivstaat die Sympathien
-der Bevölkerung des angreifenden Nachbarstaates auf seiner
-Seite hätte, die im Siege des Kollektivismus ihre Erlösung sehen
-muß. Siegt der Kollektivismus, so wird er das bezwungene Land
-so lange verwalten, bis auch dort das Kollektivprinzip durchgeführt
-ist und er wird sich aus den Vorräten des Gegners alles ersetzen,
-was er für den Krieg hat aufwenden müssen. Die Kriegsentschädigung
-wird auch für allen jenen Schaden zu leisten sein, der aus
-der Verminderung der arbeitsfähigen männlichen Bevölkerung durch
-Tod oder Verwundung entstanden ist. Freilich rechtfertigt diese Betrachtung
-von dem Machtzuwachs, den der Staat durch den Übergang
-zum Kollektivismus erlangen würde, die Befürchtung, daß die
-<span class='pagenum'><a id='Page_316' name='Page_316' href='#Page_316'>[316]</a></span>
-Nachbarstaaten diese Umwandlung zum Anlasse eines Krieges machen
-könnten. Allein dagegen wäre wieder eine Hoffnung darauf zu setzen,
-daß diese Macht, weil sie nur für die Verteidigung ins Spiel gebracht
-würde, nichts Herausforderndes hat und daß kein Nachbar
-einen Angriff von Seiten des Kollektivstaates zu fürchten hätte.
-Auch läge es für auswärtige Staaten näher, das, was dem Nachbar
-einen Machtzuwachs bringen muß, nachzuahmen, als ihn zu bekriegen.
-</p>
-
-<h2 id='N_00_0_0'>
-XIII.<br /><br />
-Vorteile und Nachteile des Kollektivismus.
-</h2>
-
-<hr class='h2bot' />
-
-<p>
-Nach dem, was in diesem Werke dargelegt wurde, scheint es
-gewiß zu sein, daß der Kollektivismus, so gehandhabt, wie hier vorgeschlagen
-wurde, nur Vorteile für die Gesellschaft und für jeden
-Einzelnen hätte. Freilich kann der Kollektivismus, wenn der kollektivistische
-Staat anders eingerichtet wird, ebenso verderblich sein, wie
-ja auch das Privatvermögen in den Händen eines Weisen sich sehr
-nützlich machen kann, in den Händen eines Wüstlings oder Fanatikers
-aber verderblich wirken wird. Wird der Kollektivismus ins
-Leben gerufen durch Toren oder Betrüger, welche dem Arbeiter das
-Ideal einer zweistündigen Arbeitsdauer vorschwindeln, so wird allerdings
-das allgemeine Elend die Folge sein und bemächtigen sich die
-Jesuiten, Paraguays gedenkend, des kollektivistischen Ideals, so kann
-geistloser Pietismus an die Stelle unserer Kultur treten. Ich suche
-durch den Kollektivismus den modernen Staat auszugestalten, der
-mir von allen Einrichtungen, von welchen uns die Geschichte berichtet,
-das Herrlichste scheint, derzeit nur eingeschnürt in die Fesseln
-einer veralteten Gesellschaftsordnung und darum an der Erfüllung
-seiner Mission gehindert. Alles, was ich anstrebe, strebt der moderne
-Staat an, aber in Anbetracht seiner beschränkten Mittel unvollkommen
-und schwächlich.
-</p>
-
-<p>
-Der Kollektivstaat würde Kunst und Wissenschaft viel großartiger
-pflegen, als der heutige Staat vermag, er würde das Elend beseitigen,
-das Volk veredeln, die sanitären Verhältnisse vervollkommnen,
-Verbrechen, <ins class='correction' title='Vagabondage'>Vagabundage</ins>, erbliche und <ins class='correction' title='anstreckende'>ansteckende</ins> Krankheiten unterdrücken
-und es ist kein Zweifel, daß von der Einführung des Kollektivismus
-ein neuer, großartiger Aufschwung der Kultur datieren
-müßte.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_318' name='Page_318' href='#Page_318'>[318]</a></span>
-Wir haben gesehen, daß von den Anklagen, die gegen die Veränderung
-der Gesellschaftsordnung erhoben werden, keine sich als
-stichhaltig erweisen wird. Der Kollektivismus widerspricht nicht nur
-dem Christentum nicht, er ist vielmehr dessen Erfüllung, er ist das
-Wesen dessen, was Christus das Gottesreich nannte. Wer seinen
-Nächsten liebt, wie sich selbst, muß den Kollektivismus herbeiwünschen
-und wünschen, daß davon in der Hauptsache jener Gebrauch
-gemacht werde, der in diesem Buche vorgeschlagen wurde.
-</p>
-
-<p>
-Wie sehr das richtig ist, geht schon aus den Zitaten hervor,
-die Bebel in seinem Buche: »Die Frau und der Sozialismus« in
-der Anmerkung auf Seite 294 aus den Kirchenvätern bringt. Danach
-sagte Papst Klemens I., &dagger;&nbsp;102: »Der Gebrauch aller Dinge
-auf dieser Welt soll allen gemeinsam sein. Es ist eine <em class='gesperrt'>Ungerechtigkeit</em>
-zu sagen, das gehört mein eigen, das gehört mir, das
-dem anderen. Daher ist die Zwietracht unter die Leute gekommen.«
-<i>Sanct Clem. act. concil.</i> Ambrosius, &dagger;&nbsp;397, sagt: »Die Natur
-(also Gott) gibt alle Güter allen Menschen gemeinsam, denn Gott
-hat alle Dinge geschaffen, damit der Genuß für alle gemeinsam sei
-und damit die Erde zum gemeinsamen Besitztum werde. Die Natur
-hat also das Recht der Gemeinschaft erzeugt und es ist nur die ungerechte
-Anmaßung, welche das Eigentum erzeugt.« <i>Ambrosius
-Sermo 64, Expositio in Lucam caput XVI.</i> Chrysostomus,
-&dagger;&nbsp;407, erklärte in seinen gegen die Sittenlosigkeit und Verderbnis
-der Bevölkerung in Konstantinopel gerichteten Homilien: <em class='gesperrt'>Nenne
-niemand etwas sein eigen</em>, von Gott haben wir Jegliches zum
-gemeinsamen Genuß empfangen und »Mein und Dein« <em class='gesperrt'>sind
-Werke der Lüge</em>. <i>Chrysostomus Homilia 11<sup>ma</sup> concio
-de Lazaro. Homilia 57<sup>ma</sup> in Matthäum.</i> Augustin, &dagger;&nbsp;430,
-sprach sich folgendermaßen aus: »Weil das individuelle Eigentum
-existiert, existieren auch die Prozesse, die Feindschaften, <em class='gesperrt'>die Kriege</em>,
-die Aufstände, die Sünden, die Ungerechtigkeit, die Mordtaten. Woher
-kommen alle diese Geiseln? <em class='gesperrt'>Einzig vom Eigentum.</em> Enthalten
-wir uns also, meine Brüder, <em class='gesperrt'>es zu lieben</em>.« <i>Augustinus:
-De civitate Dei.</i> Papst Gregor der Große, &dagger;&nbsp;600, endlich sagt:
-»Sie sollen es wissen, <em class="gesperrt">daß die Erde, wovon sie ja herstammen
-und gemacht sind, allen Menschen gemeinschaftlich
-<span class='pagenum'><a id='Page_319' name='Page_319' href='#Page_319'>[319]</a></span>
-ist</em> und daß daher die Früchte, welche die Erde erzeugt,
-<em class='gesperrt'>allen ohne Unterschied gehören sollen</em>.« <i>Gregorius, Regula
-pastoralis, admonito 22.</i> Alle diese Kirchenväter verdammen
-unsere Gesellschaftsordnung, <em class='gesperrt'>die aber der Einzelne nicht aus
-der Angel heben kann</em>, das kann nur das Werk der Staatskunst
-sein.
-</p>
-
-<p>
-Aber so vernünftig ein Kollektivismus ist, der den gemeinsamen
-Gebrauch aller Güter nach gerechten Grundsätzen verwaltet, so absurd
-ist Tolstojs christlicher Anarchismus.
-</p>
-
-<p>
-Auch beinahe alle griechischen Philosophen, wie Plato und
-Aristoteles, leiteten alle Ungerechtigkeit und alles Unheil von der
-Gesellschaftsordnung ab. Sie nannten unsere wirtschaftlichen Zustände
-<em class='gesperrt'>den Krieg aller gegen alle</em>, und daß das Verwüstung
-von Gütern bedeuten muß, ist doch klar. Weil wir aber diesen
-Krieg im Innern täglich vor Augen haben, scheint uns auch der
-Krieg mit Nachbarn nicht verwerflich. Hätten wir Frieden in der
-Wirtschaft, so müßte auch der Krieg mit Nachbarn ein Ende nehmen.
-</p>
-
-<p>
-Es ist auch offenbar, daß der kategorische Imperativ Kants
-<em class='gesperrt'>nur im Kollektivstaat</em> zur Herrschaft gelangen kann, und darum
-sind seine Anschauungen von der Notwendigkeit des Privateigentums
-und der Berechtigung der gewaltsamen Aneignung schon an und für
-sich absurd, aber völlig im Widerspruche mit seinem ethischen
-Grundgesetze.
-</p>
-
-<p>
-Plato bezeichnet als das oberste Ziel aller Politik Frieden und
-wechselseitiges Wohlwollen, was den Staat zusammenhält, müsse
-gepflegt, der Staat müsse ein <em class='gesperrt'>in sich Befreundetes</em> werden, er
-sei zu gestalten nach den Interessen und Bedürfnissen aller, die
-Interessen der Einzelnen müssen den Interessen der Gesamtheit
-weichen. Es bedürfe eines königlichen Ineinanderwebens der Gemüter,
-einer Lebensgemeinschaft, es sei jenes allerköstlichste Geflecht
-zustande zu bringen, welches alle Glieder des Staates miteinander
-verbindet. Die Selbstsucht, der unersättliche Egoismus hebe alle
-Gemeinschaft auf und lasse Recht und Ordnung gar nicht mehr zu.
-Der Egoismus mache die Gesellschaft naturwidrig, <em class='gesperrt'>man müsse
-nach verhältnismäßiger Gleichheit streben</em>. Jeder solle so
-handeln, daß seine Tätigkeit auch der Gesamtheit zugute komme, der
-<span class='pagenum'><a id='Page_320' name='Page_320' href='#Page_320'>[320]</a></span>
-Staat sei ein Mensch im Großen, nicht aber bloß eine Summe von
-Individuen. Der Einzelne solle lieber Unrecht leiden als tun. Er
-tadelt die bestehende Gesellschaftsordnung, wo statt sozialer Motive
-zersetzender Egoismus und Jagd nach Geld die Triebfeder ist. Selbst
-die Aristokraten werden geldsüchtig und genußsüchtig. Sie werden
-erfinderisch in neuen Formen des Aufwandes. Damit wird nach
-und nach alles angesteckt, der Wettkampf dreht sich nur um Erwerbgier,
-höhere Güter verlieren an Wert. Alles wird nach Geldsummen
-taxiert, <em class='gesperrt'>der Staat zerfällt in Arme und Reiche</em>, die
-sich bekämpfen, so werden die Staaten nach außen schwach. Das
-größte Übel ist die Geldwirtschaft und absolute Freiheit des Erwerbes
-und der Veräußerung, wodurch übermäßiger Reichtum und
-völlige Armut entstehen.
-</p>
-
-<p>
-Plato findet, <em class='gesperrt'>daß das positive Recht von Unwissenheit
-und Selbstsucht diktiert sei und daß das Privateigentum
-ein Auseinanderreißen der bürgerlichen Gesellschaft herbeiführe,
-durch Gütergemeinschaft werde Schmerz und
-Freude gemeinsam</em>, sie bringe Befreiung von Streit und Kampf.
-Plato sucht neue Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft, gelangt
-aber zu keinem brauchbaren Ergebnisse. Daß man aber damals
-keine Abhilfe wußte, ist nicht verwunderlich, denn es fehlte alles,
-was in unserer Zeit die Verwaltung großer Besitztümer erleichtert,
-insbesondere Druck, Telegraphen und Eisenbahnen.
-</p>
-
-<p>
-Auch Aristoteles fordert von jedermann eine solche Mäßigung
-im Erwerbe und im Genießen, daß niemand in der Aufrichtung des
-Kollektivstaats etwas Beengendes sehen könnte.
-</p>
-
-<p>
-Napoleon sagt: <i>Les lois ont pour but le bonheur de touts.</i>
-Nur durch den Kollektivstaat können sie es aber erreichen.
-</p>
-
-<p>
-Die Freiheit wird durch den Kollektivismus nicht vermindert,
-sondern vermehrt, und das größte Maß von Freiheit wird nicht den
-durch Geburt, sondern den durch Verdienst dazu berufenen Personen
-zuteil. Ebenso falsch ist, daß der Kollektivismus nur die materiellen
-Interessen fördere. Der moderne Staat, wenn er die Mittel zur
-Verfügung hätte, die ihm der Kollektivismus bieten würde, würde
-den idealen Interessen viel mehr Vorschub leisten, als heute möglich
-wäre. Der Kollektivismus ist die Ordnung selbst und somit der
-<span class='pagenum'><a id='Page_321' name='Page_321' href='#Page_321'>[321]</a></span>
-Antipode des Anarchismus. Aber er ist nur die Ordnung in den
-Dingen, »die sich im Raume stoßen«, den Ideen kann er weit
-<ins class='correction' title='größern'>größeren</ins> Spielraum gewähren, als der heutige Staat. Hier verweise
-ich auf einen als Motto zitierten Ausspruch Bismarcks. Sidney
-Whitman erzählt in seinem Buche: »Fürst Bismarck. Persönliche
-Erinnerungen aus seinen letzten Lebensjahren«, daß Bismarck einmal
-sagte: »Wenn ich die Gestalt wählen könnte, in der ich noch einmal
-leben möchte, so weiß ich nicht, ob ich nicht ganz gern eine Ameise
-sein würde. Sehen Sie, dieses kleine Insekt lebt in einem vollständig
-organisierten Staate. Jede Ameise muß arbeiten, ein nützliches
-Leben führen, jede Ameise ist fleißig. Da gibt es vollkommene
-Subordination, Disziplin und Ordnung. Sie sind glücklich, denn
-sie arbeiten.« Dieses Ideal verwirklicht für Menschen der Kollektivstaat,
-und die Zeit ist nicht mehr fern, wo es eine Schande sein
-wird, etwas zu genießen, was man nicht durch Arbeit verdient hat.
-Ich kann nur sehen, daß meine Freiheit im Kollektivstaat größer wäre,
-als sie heute tatsächlich ist, obwohl ich den herrschenden Klassen angehöre.
-Meinen Enkeln kann ich nur wünschen, daß sie den Sieg
-des Kollektivismus erleben.
-</p>
-
-<p>
-Die Gleichheit wird in den Genüssen wie im Ansehen nicht so
-exzessiv durchgeführt werden, daß sie zu absurden Konsequenzen führen
-müßte. Die Menschenwürde wird jedem Geringsten gewährt, die
-Vorzüge, welche aus den natürlichen Unterschieden der Menschen
-fließen, bleiben nicht unbeachtet. Nur die <em class='gesperrt'>künstlichen</em> Unterschiede
-werden unterdrückt, und gerade das ist die Voraussetzung der gerechten
-Würdigung <em class='gesperrt'>wirklicher</em> Verdienste.
-</p>
-
-<p>
-Alle Anklagen gegen den Kollektivismus sind Eingebungen des
-Parteigeistes. Freilich gibt es Berufe, welche sich durch den Kollektivismus
-bedroht sehen, so insbesondere die der Juristen, Kaufleute,
-Unternehmer, Priester. Allein es wird gezeigt, daß die Umwandlung
-viele Dezennien dauern wird und mittlerweile werden diese
-Berufe nach und nach aussterben, keiner aber, der ihnen angehört,
-wird Schaden leiden. Dafür aber eröffnen sich neue Erwerbszweige,
-und es wird der künftige Verwaltungs-, <ins class='correction' title='Sanitäts-'>Sanitäts-,</ins> Unterrichts- und
-Erziehungsdienst vorbereitet.
-</p>
-
-<p>
-Der Kollektivismus ist aber vorzüglich volkswirtschaftlich vollkommener
-<span class='pagenum'><a id='Page_322' name='Page_322' href='#Page_322'>[322]</a></span>
-als die heutige, auf dem Privateigentum aufgebaute Wirtschaftsform,
-und seine volkswirtschaftlichen Vorzüge sind es, welche
-die Mittel bieten, die Kultur zu erhöhen.
-</p>
-
-<p>
-Es haben schon früher alle Vertreter des Kollektivismus darauf
-verwiesen, daß derselbe den Handel und somit die Handelsarbeit
-entbehrlich mache, allein man ist doch immer die Erklärung schuldig
-geblieben, wie dann der Güterumsatz vollzogen werden solle. Es
-blieb bei abstrakten Sätzen und es ließ sich nie ein Bild gewinnen,
-wie denn die kollektivistische Wirtschaft aussehen würde. Ich befürworte
-die absolute Naturalwirtschaft und die Befriedigung aller Bedürfnisse
-der Kollektivisten durch Gewährung einer Pauschalversorgung, welche
-bei Festhaltung eines sehr hohen Minimums doch eine sehr hoch
-ansteigende Abstufung gestattet. Die Vereinfachung des Güterumsatzes
-aber wäre nicht möglich, wenn man das Existenzminimum nicht
-auch den arbeitsunfähig Geborenen gewähren würde, und dafür läßt
-sich auch ein Rechtsgrund aufstellen. Denn die Zeugung der Kinder
-setzt im Kollektivstaat gewissermaßen ein Einvernehmen voraus zwischen
-der Frau, die empfangen und gebären will, und dem Staate, der
-dies von ihr wünscht, weil er den Fortbestand des Volkes sichern
-will. Es ist nun ganz klar, daß diese Frau ein Interesse daran
-hat, ihr künftiges Kind auch für den Fall versichert zu wissen, daß
-es arbeitsunfähig zur Welt kommt. Dagegen ist es klar, daß der
-Staat von dieser Verpflichtung dann enthoben sein muß, wenn er
-Grund hat, einen arbeitsunfähigen Nachwuchs zu besorgen, und
-wenn er deshalb die Ehe versagt. Einer solchen Mutter hat er
-nichts versprochen.
-</p>
-
-<p>
-Wie brutal müssen uns unsere Zustände scheinen, wenn wir
-eindringen in die Verhältnisse, die der Kollektivstaat schaffen könnte,
-und wie verrucht muß uns der Egoismus jener erscheinen, die, um
-ein arbeitsloses Leben führen zu können, den Kollektivismus verwerfen
-und unmöglich machen. Das sind jene Menschen, von
-welchen Christus sagt, daß sie selbst ins Gottesreich nicht hineingehen,
-und jene, welche hineingehen wollen, nicht lassen. Sie lassen
-das Gottesreich &mdash; den Kollektivstaat &mdash; nicht zustande kommen.
-</p>
-
-<p>
-Es ist übrigens gewiß, daß im Kollektivismus, trotz der vollständigen
-Ausrottung des Elendes, doch für jeden Begabten Anreiz
-<span class='pagenum'><a id='Page_323' name='Page_323' href='#Page_323'>[323]</a></span>
-genug bleibt, seine Gaben in den Dienst des Ganzen zu stellen und
-sich hervorzutun, weil dadurch ganz Außerordentliches erreicht werden
-kann und weil es der einzige Weg ist, der mechanischen Arbeit zu
-entgehen.
-</p>
-
-<p>
-Es gibt aber auch heute keine Familie, welche nicht daran
-interessiert wäre, daß der Kollektivismus ins Leben trete. Denn
-unsere Gesellschaftsordnung bedroht auch die Reichsten und Mächtigsten.
-Die Kaiserin Elisabeth ist ein schreckliches Beispiel, und wir
-haben allen Grund, zu besorgen, daß, wenn wir die heutigen Zustände
-fortbestehen lassen, die soziale Revolution hereinbricht, welche
-diesmal zu Schrecknissen führen wird, die noch niemals erlebt
-wurden. Auch der gewöhnliche internationale Krieg kann die
-Reichen wie die Armen ins Elend stürzen. Und auch in ruhigen
-Zeiten bietet der Reichtum wenig Schutz. Wir können durch Verbrechen
-und Zufall verarmen, unsere Kinder von gewissenlosen
-Kindermädchen ins Verderben gestürzt werden, unsere Söhne in
-schlechte Gesellschaft geraten und dem Spiele verfallen, und wie oft
-erleben wir, daß unsere Töchter in einer unglücklichen Ehe zugrunde
-gehen. Wir haben also allen Grund, zu verlangen, daß alle, auch
-des Nachbars Kinder, erzogen werden, daß der Staat für erprobte
-Personen sorgt, denen die Wartung der Kinder anvertraut werden
-kann, daß verbrecherische Naturen keinen Nutzen aus schädlichen
-Handlungen ziehen können, daß die Frauen und Kinder wirtschaftlich
-unabhängig von den Familienhäuptern
-werden.<a name='FA_46' id='FA_46' href='#FN_46' class='fnanchor'>[46]</a>
-</p>
-
-<p>
-Sagen wir doch so oft den Armen, daß Reichtum nicht glücklich
-macht. So handeln wir danach und machen wir dem Kriege
-Aller gegen Alle ein Ende, dem Kriege, den Plato und Christus verurteilten,
-<span class='pagenum'><a id='Page_324' name='Page_324' href='#Page_324'>[324]</a></span>
-dem Elisabeth und Sergius, Carnot und Rudolph, so viele
-Millionen geopfert wurden ohne Sinn und Verstand. Wir sagen
-nicht, daß die Gesellschaftsordnung dazu nötigt, aber sie ermöglicht,
-was eine weise Ordnung unmöglich gemacht hätte. Wenn Augustin
-recht hat, da er sagt, woher kommen alle diese Geißeln, die Prozesse,
-der Krieg, die Aufstände, die Laster, Verbrechen, der Mord? Einzig
-und allein vom individuellen Eigentum! dann sind Solferino, wo
-Franz Josef zuerst eine Provinz, Queretaro, wo er den Bruder,
-Meyerling, wo er den Sohn, Genf, wo er die Gemahlin verloren
-hat, eine furchtbare Mahnung an die Monarchen, der Quelle aller
-Verbrechen und zugleich allen Elends ein Ende zu machen. <em class='gesperrt'>Es bedroht
-die Gesellschaftsordnung ebenso den Kaiser, wie
-den geringsten Arbeiter.</em>
-</p>
-
-<p>
-Sehen wir um uns, was in wenigen Wochen in einem engen
-Gebiete die Besitzenden, nicht allein die Armen, unter der Gesellschaftsordnung
-leiden, nicht in Jahren, sondern in Monaten, und nicht in
-Provinzen, sondern in der nächsten Umgebung von Innsbruck. Im Juni
-brennt das Dorf Zirl ab und in vier Stunden sind 1300 Menschen,
-Arme und Reiche, obdachlos und für lange dem Hunger verfallen, im
-April wird das Dorf Götzens, im Juli Tulfes, Volders und ein Teil vom
-Zillertal von angeschwollenen Bächen vernichtet, viele Felder verwüstet,
-Häuser unter Wasser gesetzt, 16 Menschen gehen in den
-Wellen unter, eine alte Frau wird um wenige Kostbarkeiten von
-Räubern ermordet, andere werden angefallen und nur durch Zufall
-gerettet. Was davon durch den Kollektivismus nicht verhindert
-worden wäre, wäre vom ganzen Staate getragen worden. Daß die
-Verwaltungsfrage lösbar ist, meine ich erwiesen zu haben.
-</p>
-
-<p>
-Die Schattenseiten des Kollektivismus sind 1. die Notwendigkeit
-des Umbaues aller Ortschaften, 2. das Nebeneinanderleben der
-ersten Staaten der neuen Ordnung mit anderen, die noch die alte
-Ordnung beibehalten haben, 3. die Unmöglichkeit, das Prinzip des
-Kollektivismus in kurzer Frist zur Durchführung zu bringen.
-</p>
-
-<p>
-Aber die Wohnungsfrage ist selbst in den Städten eine brennende
-geworden, in neun Zehntel aller Dorfschaften ist sie auch von jenen
-zugestanden, die der heutigen Gesellschaftsordnung huldigen. Muß
-schon so viel gebaut werden, um sanitäre Zustände zu schaffen, um
-<span class='pagenum'><a id='Page_325' name='Page_325' href='#Page_325'>[325]</a></span>
-die Armen menschenwürdig unterzubringen und um den nachwachsenden
-Volkszuwachs mit Wohnung zu versorgen, weshalb sollte
-man nicht auch unter einem dem Kollektivismus dienen? Wird
-endlich der Kollektivismus in irgend einem Staate zum Durchbruche
-kommen, so wird das Ideal bald in allen Staaten Europas sich
-einen Boden bereiten und der natürliche Hemmschuh der Unmöglichkeit,
-die Umwandlung in kurzem durchzuführen, wird den Widerstand
-abschwächen, den die Interessen der einen den Interessen der
-anderen naturgemäß entgegensetzen.
-</p>
-
-<p>
-Die gebildeten Klassen sind heute eine Macht, und sie haben
-allen Grund, die Umwandlung in die Hände zu nehmen, weil es
-dann gewiß ist, daß der Kollektivismus den Kulturinteressen zum
-Segen gereichen wird. <em class='gesperrt'>Bringen andere Mächte, Tyrannen,
-Pietisten oder Anarchisten den Kollektivismus, wie sie
-ihn sich denken, so gehen wir einer schlimmen Zukunft
-entgegen.</em>
-</p>
-
-<p>
-Es sind noch einige vermeintliche Übelstände des Kollektivismus
-zu besprechen.
-</p>
-
-<p>
-Der Mangel des Privateigentums wird von Vielen als ein
-großer Übelstand betrachtet, aber ohne Grund. Die gänzliche Überführung
-des Eigentums an Gebrauchsgegenständen in Staatseigentum
-ist keine notwendige Konsequenz des Kollektivismus. Ich stehe
-vielleicht allein mit dem Vorschlage dieser Einführung, aber es sind
-damit unermeßliche Vorteile verbunden.
-</p>
-
-<p>
-In unseren Verhältnissen hat das Eigentum, das Privateigentum,
-eine hervorragende Bedeutung als Vermögen. Da aber nur
-Wenige ein Vermögen haben, die Mehrzahl aber davon ausgeschlossen
-ist, so kann es kein allgemeines Bedürfnis sein, Vermögen zu besitzen.
-Die Vermögenslosen aber haben ein Interesse, daß das Vermögen
-nicht im Besitze von Privatpersonen stehe, sondern Staatseigentum
-werde. Das Vermögen bezweckt die wirtschaftliche Herrschaft
-der Wenigen über die Vielen, und diese ist freiheitsfeindlich.
-Denn die wirtschaftliche Herrschaft der Wenigen ist zugleich absolutistisch
-und unverantwortlich, während der Staat, wenn er an die
-Stelle der Privatbesitzer träte, über Verwaltung und Verteilung
-Rechnung legen müßte. Es ist also eine offenbare Freiheitsfrage,
-<span class='pagenum'><a id='Page_326' name='Page_326' href='#Page_326'>[326]</a></span>
-um die es sich handelt, und wie seit 120 Jahren die Bourgeois
-gegen die Herrschaft des Adels kämpften, so wird jetzt das Volk
-gegen die Herrschaft der Bourgeois kämpfen. Die Beseitigung des
-Privateigentums durch Verstaatlichung des Besitzes ist im Interesse
-der großen Mehrheit. Übrigens wäre die Inventarisierung des gesamten
-Mobiliarbesitzes für den Kollektivstaat der Schlußpunkt der
-gesamten Umwandlung, und davon trennen uns mehr als 50 Jahre.
-Trotzdem wird es sich empfehlen, deren Vorteile zu diskutieren. Verderblich
-wäre nur die anarchische Herrenlosigkeit der Güter, und diese
-wird durch den Kollektivismus gerade unterdrückt. Die Besitzenden
-von heute sind, jeder so weit sein Besitz reicht, Anarchisten. Sie
-haben schrankenlose Freiheit, damit zu schalten und zu walten.
-<em class='gesperrt'>Und auch diesen Anarchismus aus der Welt zu schaffen,
-ist der Zweck der Einführung des Kollektivismus.</em> Er ist
-das gerade Gegenteil des Anarchismus, der an die Stelle des Anarchismus
-der Besitzenden den Anarchismus aller setzen will, während
-umgekehrt der Kollektivismus alle, auch die Besitzenden von heute,
-der wirtschaftlichen Ordnung unterwirft.
-</p>
-
-<p>
-Der Anarchismus als Wirtschaftsform ist ein Unding, weil er
-zum Stillstand einer jeden Arbeit führen muß. Die menschliche
-Arbeit ist durch die Arbeitsteilung so sehr wechselweise bedingt, eine
-Arbeit von der anderen abhängig, daß die Volkswirtschaft unbedingt
-eine Ordnung voraussetzt, durch welche verbürgt wird, daß <em class='gesperrt'>alle</em>
-Arbeiten, und zwar in ihrer verhältnismäßigen Ausdehnung, besorgt
-werden. Der Drucker braucht Setzer, der Setzer Schriftgießer, alle
-zusammen brauchen Schriftsteller, und diese wieder eine Autorität,
-welche die von den Schriftstellern gelieferten Manuskripte sichtet und
-die zum Drucke zu befördernden auswählt. So ist es in allen
-Zweigen der menschlichen Arbeit. Es ist eine verhältnismäßige
-Produktion auf allen Gebieten menschlichen Schaffens ein Bedürfnis,
-und zwar in dem Maße, daß, sobald diese Verhältnismäßigkeit gestört
-wird, ein wirtschaftlicher Krach eintreten muß. Darum ist der
-wirtschaftliche Anarchismus eine Unmöglichkeit. Das Privateigentum
-kann demnach nur durch Kollektiveigentum verdrängt werden,
-welches Produktion und Verteilung von Staats wegen zur Folge
-haben muß. In der heutigen Wirtschaftsordnung ist es die Preissteigerung
-<span class='pagenum'><a id='Page_327' name='Page_327' href='#Page_327'>[327]</a></span>
-der zu wenig produzierten Güter, welche alle vernachlässigten
-Produktionen wieder belebt, im Kollektivstaate ist es der
-seinen Organen, aber auch jedem Einzelnen, der sich darum bemüht,
-gewährte Überblick über Produktion und Verbrauch, der eine verhältnismäßige
-Produktion aller Güter sichert.
-</p>
-
-<p>
-Ich bin aber auch für die Ersetzung des Privateigentums an
-Gebrauchsgütern, an Kleidung, Mobiliar &amp;c. durch Staatseigentum,
-und es wird das gewiß sehr heftig, und auch von Sozialisten, bestritten
-werden. Aber mit Unrecht. Wir wohnen in Häusern, die
-nicht uns gehören, und es gilt als etwas Alltägliches, daß auch
-Leute, die ein Wohnhaus besitzen, es nicht selbst bewohnen, sondern
-sich in einem fremden Hause einmieten. Sie betrachten ihr eigenes
-Haus als Vermögensanlage, aber nicht als ein Gebrauchsgut, welches
-ihnen zur Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses dient. Dieses Bedürfnis
-kann man auch durch Sachen befriedigen, die fremdes Eigentum
-sind, also auch durch solche, die Staatseigentum sind. Kleider
-und Wäsche trägt man heute nur eine Reihe von Jahren, und
-wenn sie abgenützt sind, verschenkt oder veräußert man sie. Es
-kann uns nun gar nichts daran liegen, wenn der Staat uns Kleider
-und Wäsche nur zum dauernden und ausschließlichen Gebrauch überläßt
-und sich das Eigentum vorbehält, was zur Folge hat, daß er
-für den Zufall haftet und das nicht mehr Gebrauchsfähige zu neuerlicher
-Verarbeitung zurücknimmt. Dasselbe gilt vom Mobiliar
-unserer Wohn- und Schlafgemächer, welches der Kollektivist zum
-dauernden Gebrauch, oft auf Lebensdauer, angewiesen erhält, er
-aber nicht zu versichern nötig hat, weil er nicht Eigentümer, sondern
-nur gebrauchsberechtigt ist, es darum auch, Ausnahmsfälle abgerechnet,
-nicht mit sich herumschleppt, wenn er sein Domizil verändert.
-Benützen wir doch solche Dinge so oft, ohne ein Eigentumsrecht
-darauf zu haben, in Theatern, Kirchen, Gasthäusern, auf
-Bibliotheken und Eisenbahnen, und so haben wir längst die Erfahrung
-gemacht, daß ein Eigentum an Gebrauchsgütern kein Bedürfnis
-ist, ein Luxusbedürfnis für Viele allerdings, aber solche
-Launen zu befriedigen, ist nicht die Aufgabe einer Wirtschaftsordnung.
-</p>
-
-<p>
-Wo es ein Bedürfnis ist, daß uns ein freies Schaffen gestattet
-und zu diesem Ende ein Eigentum an Stoffen zugestanden werde,
-<span class='pagenum'><a id='Page_328' name='Page_328' href='#Page_328'>[328]</a></span>
-die wir zum Zwecke solchen Schaffens umgestalten dürfen, habe ich
-ohnehin die Verteilung solcher Stoffe als Konsumtibilien in Vorschlag
-gebracht.
-</p>
-
-<p>
-Was aber das Privateigentum an Produktionsmitteln anbelangt,
-so gibt es natürlich »Volkswirte« genug, welche behaupten, es bestehe
-ein volkswirtschaftliches Interesse, daß die Produktionsmittel
-immer Privateigentum bleiben, damit sie immer ein Vermögen der
-Tüchtigsten bilden, wodurch die Produktion nur gewinnen könne,
-daher die heutige Wirtschaftsordnung viel heilsamer, auch für die
-Armen, sei, als die Produktion von Staats wegen. Über diesen
-Gegenstand wird bei Erörterung der Bedenken gegen die staatliche
-Produktion zu sprechen sein.
-</p>
-
-<p>
-Hier möchte ich aber noch bemerken, daß der Kollektivismus,
-streng genommen, nicht jedes Privateigentum aufhebt, sondern ein
-Eigentum des Einzelnen fortbestehen läßt, welches unserm Eigentum
-an Aktienbesitz ganz analog ist. Das Recht des Einzelnen auf die
-staatlichen Verteilungen ist ein solches Eigentum, denn auch der
-Aktionär hat nur einen Anspruch auf die Ausschüttungen, während
-ihm keinerlei Eigentum an den Sachen zusteht, die das Vermögen
-der Aktiengesellschaft ausmachen. Freilich ist dieses Eigentum des
-Kollektivisten nach mehreren Richtungen beschränkt. Er kann es
-nicht verschenken, verkaufen noch vererben, er kann nur durch Auswanderung
-darauf verzichten, aber ähnliche Beschränkungen kommen
-bei Fideikommissen, Heimstätten und bei manchen Aktiengesellschaften,
-deren Statuten die Veräußerung der Aktien verbieten, vor, ohne den
-Charakter des Privateigentums auszulöschen.
-</p>
-
-<p>
-Es ist also gar nicht einmal richtig, daß der Kollektivismus
-das Privateigentum, oder gar das Eigentum, gänzlich aufhebt, er
-bedeutet nur die Vereinigung alles Eigentums an Sachen zum
-Zwecke der Befriedigung aller Bedürfnisse des gesamten Volkes.
-Nur der Anarchismus hebt den Begriff des Eigentums ganz auf
-und fordert das Recht des freien Zugriffs; durch den Kollektivismus
-wird der Begriff des Eigentums befestigt und geheiligt, denn der
-Eigentümer &mdash; der Staat allein ist Eigentümer &mdash; ist nie zweifelhaft,
-und da das Eigentum zur Befriedigung der Bedürfnisse aller
-dient, ist jeder Mitbürger Garant und Wächter. Dieses Eigentum
-<span class='pagenum'><a id='Page_329' name='Page_329' href='#Page_329'>[329]</a></span>
-ist ebenso heilig, als es heute Gegenstand der Verachtung ist, wenn
-wir den rechtmäßigen Erwerb bezweifeln, und Gegenstand des Hasses,
-wenn sich erwucherter Reichtum breit macht.
-</p>
-
-<p>
-Ich komme nun zur Besprechung eines weiteren Irrtumes,
-nämlich, daß die staatliche Produktion nicht so ergiebig sei wie die
-Privatproduktion. Man folgert das daraus, daß in einigen Fällen,
-wo ein oder die andere Fabrik von Staats wegen betrieben wurde,
-ein Aufschwung ihres Betriebes erst dann eintrat, als die Fabrik in
-Privatbesitz überging. Die Erfahrung, die man mit der Post, der
-Telegraphie und dem Eisenbahnbetrieb machte, worin sich der Staatsbetrieb
-bewährte, fertigt man damit ab, diese Erfahrungen seien nicht
-beweismachend für andere Produktionen, weil es sich da nur um
-Verkehrsanstalten handle. Niemand hat aber je versucht, aus der
-Natur des Staates abzuleiten, weshalb er zum Betriebe der Produktionsanstalten
-unbrauchbar sein soll. Man spielt gerade den
-Egoismus des Privatunternehmers als so unendlich förderlich aus
-und bedenkt nicht, daß im Kollektivstaat der Egoismus des ganzen
-Volkes sich in derselben Richtung geltend machen würde, da jede
-Verbesserung im Produktionsbetriebe dem ganzen Volke zum Vorteile
-gereicht, sei es, daß in einem Produktionszweige Arbeit oder Material
-erspart, oder ein besseres Produkt erzeugt, oder die Fruchtbarkeit des
-Bodens erhöht wird. Der Erfindungsgeist wird im Kollektivstaat
-außerordentlich gefördert, und so kann es nicht fehlen, daß das
-Sinnen und Trachten Aller darauf gelenkt wird, die Produktion zu
-fördern. Man wird die Erfolge der einzelnen inländischen Produktionsanstalten
-untereinander und mit ausländischen Anstalten gleicher
-Art vergleichen, und so auf beständigen Fortschritt bedacht sein.
-Dabei kann es nur von Vorteil sein, daß die allgemeine Volksbildung
-so weit über die gegenwärtige entwickelt wird und daß die
-heutigen Schäden der Produktion ganz in Wegfall kommen. Diese
-Schäden sind zwiefacher Art. Erstens die Versuchung, aus einem
-gemeinschädlichen Betriebe der Produktion Vorteil zu ziehen, Nahrungsmittelfälschung,
-Förderung der Unsittlichkeit, Betrug usw., und
-zweitens die Gefahr, daß ganz unberufene Leute ein Unternehmen
-gründen, das zugrunde gehen muß, ja, daß blühende Unternehmungen
-nach dem Tode des Gründers in die Hände eines unfähigen oder
-<span class='pagenum'><a id='Page_330' name='Page_330' href='#Page_330'>[330]</a></span>
-leichtsinnigen Erben kommen und dann wieder verfallen. Bilanziert
-man diese Gebrechen der Privatunternehmung mit ihren vermeintlichen
-Vorzügen, so wird sich der kollektivistische Staatsbetrieb, vielleicht
-nach einer kurzen Übergangszeit, immer als der bessere
-erweisen.
-</p>
-
-<p>
-Der Kollektivismus verteilt aber auch ökonomischer und besser.
-Ökonomischer, weil er die Handelsarbeit erspart und besser, weil er
-alle Volksbedürfnisse verhältnismäßig befriedigt, worauf die Privatunternehmer
-ihr Augenmerk nicht richten. In letzterer Beziehung
-ist der Kollektivismus auch wieder schon durch seine Verteilung produktiv.
-Denn, da er alle geistigen und physischen Kräfte des Volkes
-entwickelt, fördert er das wichtigste Betriebsmittel der Produktion,
-die Menschenkraft.
-</p>
-
-<p>
-Die Lobredner der Privatunternehmungen sind vor allem die
-Privatunternehmer und dann ihre Soldschreiber. Aber auch jene, die die
-reine Wahrheit suchen, argumentieren doch nur aus einzelnen Fällen,
-die keine allgemeinen Schlüsse gestatten und würden sie die notleidenden
-Privatunternehmungen mit in Rechnung ziehen, so würden
-sie zu ganz anderen Ergebnissen gelangen.
-</p>
-
-<p>
-Daß der Staatsbetrieb der ökonomisch beste wäre, folgt aus
-den Erfolgen der Trusts, welche einzig und allein des unermeßlichen
-Umfanges der Kapitalien und Betriebe wegen ökonomischer produzieren,
-als die Kleinbetriebe und da dem Umfange nach der riesigste
-Trust sich zum Staatskollektivismus verhält, wie das Kleingewerbe
-zum Trust, so sind die ökonomischen Vorteile unermeßlich. Nicht
-das Talent der Trustteilnehmer ist volkswirtschaftlich entscheidend,
-sondern das Talent des Trust<em class='gesperrt'>beamten</em>.
-</p>
-
-<p>
-Und dann ist ja der ganze Apparat eines judizierenden Staates
-ein ganz anderer, als es der eines produzierenden Staates wäre.
-Die Organe des heutigen Staates sind Juristen, die Organe des
-Kollektivstaates werden wirtschaftliche Talente sein und wenn man
-auch in der Gegenwart für einzelne Staatsfabriken technische Leiter
-bestellt hat, so waren sie doch immer abhängig von Hofräten und
-Ministern, die von technischen Fragen nichts verstehen und das hat
-die Tätigkeit der Techniker und der merkantilen Leiter immer lahmgelegt.
-</p>
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_331' name='Page_331' href='#Page_331'>[331]</a></span>
-Es ist also ein ganz unbegründetes Bedenken, das so oft gegen
-den Staatsbetrieb ausgesprochen wird, daß er volkswirtschaftlich
-schlechter erzeugen würde und in keinem Falle kann es sich um einen
-solchen Vorzug der Privatunternehmung handeln, dessen wirtschaftlicher
-Effekt gegen die großen, auch ökonomischen Vorzüge des Kollektivismus
-in Betracht käme, die ich an vielen Stellen dieses Werkes
-dargetan habe. Wir hören nur allgemeine Phrasen, abstrakte Sätze,
-nirgends einen Versuch, das angebliche Unvermögen des Staates,
-mit Ökonomie zu produzieren, aus dem Wesen des Staates zu erklären,
-wo das Gebrechen aber in den Personen oder in der
-Organisation liegt, handelt es sich nur um einen Wechsel
-der Personen oder der Organisation. Die lautesten Schreier
-gegen den Staatsbetrieb sind die Unternehmer selbst und dann
-die politischen Agitatoren, welche im Solde der herrschenden
-Klassen stehen. Einen wissenschaftlichen Wert haben diese Redensarten
-nicht.
-</p>
-
-<p>
-Die geringere Ertragsfähigkeit eines staatlichen Betriebes bei
-Geldwirtschaft ist nicht beweismachend für den geringeren volkswirtschaftlichen
-Betriebswert. Denn der Staat verwendet das geringere
-Einkommen für allgemeine Zwecke, der Privatunternehmer die größeren
-Einnahmen für die Befriedigung seiner Launen. Auch kann der
-scheinbar erfolgreichere Privatunternehmer die Arbeiter mehr bedrückt,
-oder den Abnehmern ein schlechteres Produkt geliefert, oder seine
-Kontrahenten hintergangen oder wie
-Rockefeller<a name='FA_47' id='FA_47' href='#FN_47' class='fnanchor'>[47]</a>
-durch unerlaubte Kunstgriffe vermehrt haben. Würde man also bestimmte Privat-
-und Staatsunternehmungen in einer für unseren Zweck brauchbaren
-Weise vergleichen, so müßte über jedes Vergleichsobjekt ein ganzes
-Werk geschrieben werden.
-</p>
-
-<p>
-Dann ist die Staatsproduktion seit einem halben Jahrhundert
-kaum mehr betrieben worden, in früherer Zeit aber war der Staat
-viel schlechter organisiert als heute, Unterschleife waren leichter und
-man war gewöhnt, den unbrauchbaren Verwalter, der Staatsbeamter
-<span class='pagenum'><a id='Page_332' name='Page_332' href='#Page_332'>[332]</a></span>
-war, im Amte zu behalten wie den unabsetzbaren Richter und den
-Brauchbaren bei den größten finanziellen Erfolgen abzulohnen, wie
-den <ins class='correction' title='Duzendbeamten'>Dutzendbeamten</ins>, während der Privatunternehmer ihm den zehnfachen
-Lohn bot. Hat doch Krupp einem Finanzgenie einen so hohen
-Gehalt geboten, daß er den Privatdienst der Stellung eines sächsischen
-Finanzministers vorzog, welche viel geringer dotiert war. Ich werde
-mich durch das Parteigeschrei gegen den Staatsbetrieb nicht irre
-machen lassen.
-</p>
-
-<h2 id='O_00_0_0'>
-XIV.<br /><br />
-Die Umwandlung der Staaten unserer Gesellschaftsordnung
-in Kollektivstaaten.
-</h2>
-
-<hr class='h2bot' />
-
-<p>
-Der erste <ins class='correction' title='Schrttt'>Schritt</ins> zur Einleitung der Umwandlung ist die Fortführung
-der hier versuchten Untersuchung und die Vervollkommnung
-der von mir gemachten Vorschläge. Diese Vorschläge betreffen nicht
-nur das Wesen des Kollektivismus, sondern auch die Organisation
-des Kollektivstaates und den Gebrauch, den der Staat von der ihm
-zustehenden wirtschaftlichen Macht machen soll. Es könnte sich daraus
-eine volkswirtschaftliche Schule entwickeln, welche für dieses größte
-aller Ideale Propaganda machen wird und wenn es in der Entwicklung
-der menschlichen Dinge liegt, daß wir zum Kollektivismus
-gelangen, so wird sich ein Umschlag in den Anschauungen vollziehen,
-der der Umwandlung vorhergehen muß. Wie der Liberalismus
-durch die Universitäten verbreitet wurde, so wird der Kollektivismus
-bald das Ideal der Universitäten werden. Es gibt allerdings Schichten
-unter den Gebildeten, welche sich, wie schon im vorhergehenden Abschnitte
-erwähnt wurde, durch das kollektivistische Ideal bedroht
-fühlen, so Juristen und Theologen. Allein wenn sie zur Überzeugung
-gelangen, daß die Umwandlung sich nur langsam vollziehen
-kann, so werden sie sich beruhigen und wir werden unsere Söhne eben
-nicht mehr Jurisprudenz oder Theologie, sondern Medizin oder Naturwissenschaften
-oder Technik studieren lassen. Statt der Juristen
-werden in Zukunft der Arzt und der Naturforscher im Staate herrschen
-und wenn das Ideal Feinde hat, so hat es naturgemäß auch
-Anhänger, welche den Kampf dafür aufnehmen und <em class='gesperrt'>die heute so
-schimpfliche Lage der Ärzte wird sie zu Aposteln der
-neuen Lehre machen</em>. Die Gegner sind einer Bewegung, die sich
-so Gewaltiges zum Ziele setzt, erwünscht, denn nur was sich im
-<span class='pagenum'><a id='Page_334' name='Page_334' href='#Page_334'>[334]</a></span>
-Kampfe durchringen muß, wird etwas Rechtes. Habe ich nicht mehr
-erreicht, als daß der Kollektivismus nicht mehr totgeschwiegen werden
-kann, so habe ich genug erreicht.
-</p>
-
-<p>
-Und ist es noch niemand aufgefallen, daß die menschliche Gesellschaft
-alle Richtung verloren hat, daß sie seit dreißig Jahren vergeblich
-nach einem Ziele sucht: Wir wissen nicht, wo aus. Der
-Liberalismus hat sich überlebt, das <i>laissez faire, laissez aller</i> hat
-ausgespielt, es muß einer schöpferischen Staatskunst Platz machen.
-Wir haben nur die Wahl, eine neue Gesellschaftsordnung zu suchen
-oder zu veralteten Zuständen zurückzukehren. Der Adel drängt sich
-wieder vor und die religiösen Fanatiker drängen nach der Wiederherstellung
-jener Kirchenmacht, die sich bis vor 200 Jahren so außerordentlich
-verderblich erwiesen hat. Ihre Verdrängung durch den
-Aufklärungsstaat war eine Erlösung, ein Sieg für alle Menschen.
-Dulden wir keine religiöse und keine ständische Reaktion, sie führen
-wieder zu allen Übeln, die die mit vielen Verbrechen befleckte, aber
-doch so glorreiche französische Revolution überwunden hat. Eine
-kollektivistische Schule, eine kollektivistische Partei, die sich aus den
-Gebildeten rekrutiert und sich die Universitäten, Hochschulen und
-Mittelschulen <ins class='correction' title='erorbert'>erobert</ins>, wird vorausgehen. Die Wirksamkeit der
-sozialdemokratischen Partei wird ihr in die Hände arbeiten, wenngleich
-ich meine, die kollektivistische Partei müsse, zunächst wenigstens,
-nicht in ihr aufgehen, sondern parallel mit ihr arbeiten. <em class='gesperrt'>Daß das
-Proletariat allein berufen sei, den Klassenstaat zu
-stürzen und den Kollektivismus ins Leben zu rufen, ist
-für mich kein Evangelium, aber mich zu bekämpfen, hat
-die Sozialdemokratie keinen Grund.</em>
-</p>
-
-<p>
-Die praktischen Maßregeln zur Verbreitung des Kollektivismus
-sind leicht zu erkennen. Es handelt sich um die Fortsetzung der
-Verstaatlichung, Verstaatlichung der Eisenbahnen, Verstaatlichung des
-Geldwesens, Verstaatlichung des Kreditwesens, Verstaatlichung der
-Volksschule, Inanspruchnahme einer Mitwirkung an der Erziehung
-für den Staat, Verstaatlichung des <ins class='correction' title='Großgrnndbesitzes'>Großgrundbesitzes</ins> und aller jener
-Industrien, auf welchen heute die großen Konsumsteuern lasten, das
-sind die ersten Etappen der Umwandlung.
-</p>
-
-<p>
-Weiter handelt es sich darum, den Staat in ein Erwerbsinstitut
-<span class='pagenum'><a id='Page_335' name='Page_335' href='#Page_335'>[335]</a></span>
-umzuwandeln. Er muß zu einem entsprechenden Vermögenseinkommen
-gelangen und dazu ist der erste Schritt die Schaffung eines
-Nationalvermögens, welches im Zusammenhange mit der Staatskreditreform
-und den verstaatlichten Kommunikationen zu einem wirtschaftlichen
-Übergewichte des Staates führen muß.
-</p>
-
-<p>
-Auch die Rechtsanschauungen müssen sich ändern und darum
-muß man die Rechtsanschauung der in <a href='#N_00_0_0'>XIII</a> erwähnten 5 Kirchenväter
-in die Gesellschaft einführen. Die Anschauung, daß reiche
-Leute einen Besitz innehaben, wofür sie dem Volke verantwortlich
-sind, gibt dem Staate das Recht, ihnen Lasten für diese Interessen
-aufzubürden. Man wird das Beispiel Englands nachahmen und in
-alle Ortschaften und Gebiete, wo die Sterblichkeit 25, 20, 15 per
-Tausend übersteigt, Kommissionen entsenden, die die Ursache, weshalb
-diese Sterblichkeit vorwaltet, ermitteln und Mittel zur Abhilfe vorschlagen.
-Man wird des ferneren von Großgrundbesitzern und Großindustriellen
-fordern, daß sie für einen ihrem Besitz entsprechenden
-Teil der Bevölkerung Wohnungen in richtig angelegten Niederlassungen
-herstellen, welche dem kollektivistischen Bedürfnisse entsprechen.
-</p>
-
-<p>
-Späterhin wird das Erbrecht auf direkte Nachkommen einzuschränken
-und das Testaterbrecht, ausgenommen das Recht zugunsten
-des Staates zu testieren, aufzuheben sein und endlich werden die Geldstrafen
-und die Strafe der Vermögenskonfiskation zur Bekämpfung
-der besitzenden Klassen dienen. Die Geldstrafen für die Verbaldelikte,
-aber Geldstrafen bis zu einem vielfachen des Jahreseinkommens,
-würden bald zu einer Unterwerfung der Besitzenden führen, welche
-heute die Herren im Staate sind.
-</p>
-
-<p>
-Auch Verfassungsänderungen, wonach das Abgeordnetenhaus die
-produktiven Klassen allein zu vertreten und die herrschenden Klassen
-ihre Vertretung im Herrenhause hätten, werden sich empfehlen. Endlich
-müßte man recht bald das stehende Heer durch ein Milizsystem
-zu ersetzen suchen, um die ungeheuren Geldmittel, welche dem stehenden
-Heere gewidmet werden, für Erziehung und Unterricht und für
-Altersversorgung frei zu machen.
-</p>
-
-<p>
-Wenn das kollektivistische Ideal verständige Apologeten findet,
-<span class='pagenum'><a id='Page_336' name='Page_336' href='#Page_336'>[336]</a></span>
-werden es gerade die Monarchen sein, welche sich zuerst dazu bekennen.
-Das Gefühl der Verantwortung für all das Elend unserer
-Gesellschaftsordnung wird ihnen bald zu drückend werden, wenn es
-klar wird, daß es nur Privatinteressen sind, welche den wichtigsten
-Interessen des Volkes und der Kultur im Wege stehen.
-</p>
-
-<p>
-Endlich kann es nicht fehlen, daß auch religiöse Anschauungen
-uns bald zuhilfe kommen werden. Doch wäre es nicht erwünscht,
-daß die religiös-kollektivistische Bewegung zu früh in Gang käme.
-</p>
-
-<p>
-Die größten Schwierigkeiten werden sich darbieten, sobald man
-die Umbauten in Angriff nimmt, welche mit der Umgestaltung der
-Gesellschaftsordnung Hand in Hand gehen müssen und wenn der
-Staat selbst kollektivistische Gemeinden ins Leben ruft, obgleich noch
-eine völlige Verdrängung der alten Gesellschaftsordnung nicht stattgefunden
-hat. Eine Form zu finden, wie kollektivistisch organisierte
-Volksschichten mit nicht kollektivistisch organisierten neben einander
-leben können, ist sicherlich schwierig. Und doch haben wir für die
-Lösung dieses Problems Anhaltspunkte in den Mönchsorden, welche
-kollektivistisch organisiert sind und inmitten von Völkern leben, welche
-nichts vom Kollektivismus wissen. Denken wir uns die <em class='gesperrt'>wirtschaftliche</em>
-Organisation der Mönchsorden auf eine Bevölkerung,
-die keine religiösen Zwecke verfolgt, die Askese verwirft und die
-Zeugung pflegt, welche also Männer und Weiber, Erwachsene
-und Kinder umfaßt und welche die Produktion betreibt, also die
-Beschaulichkeit durch Arbeit ersetzt, so haben wir die Grundlagen
-einer kollektivistisch organisierten Bevölkerung, die mitten unter einer
-Bevölkerung lebt, die noch der heutigen Gesellschaftsordnung angehört.
-Doch sollen diese kollektivistischen Organisationen schon von
-allem Anfange an sich als Ortsgemeinden organisieren und nicht
-als bloße Gesellschaften innerhalb von Ortsgemeinden mit Privateigentum.
-Man würde demnächst mit Urgemeinden kollektivistischer
-Wirtschaftsreform beginnen. Der Staat hätte ein Kapital von vielen
-Millionen zu widmen, <ins class='correction' title='ein'>eine</ins> oder mehrere, etwa zwanzig neben einander
-<ins class='correction' title='belegene'>gelegene</ins> Urgemeinden aufzubauen und sie zu besiedeln. Diese Besiedelung
-könnte zum größten Teil mit proletarischen Arbeitern,
-aber von hervorragend körperlicher Tüchtigkeit und Gesundheit, geschehen,
-aber sie könnte auch nicht produktive Volksschichten umfassen,
-<span class='pagenum'><a id='Page_337' name='Page_337' href='#Page_337'>[337]</a></span>
-Waisenkinder, Altersversorgungsberechtigte, welche für Rechnung
-der versorgungspflichtigen Gemeinden aufgenommen würden oder mit
-welchen ein Versorgungsvertrag geschlossen würde. So könnte auch
-die Aufnahme pensionierter <ins class='correction' title='Staatsbediensteten'>Staatsbediensteter</ins> erfolgen, sagen wir
-von arbeitsunfähig gewordenen Arbeitern des Tabakmonopols, in die
-Altersversorgung aufgenommenen Staatseisenbahnbediensteten, Militärinvaliden,
-welche für Rechnung der versorgungspflichtigen Institute
-verpflegt würden, oder auch mit Geldpensionen versorgte Leute,
-welche sich mit ihrer Pension in die kollektivistische Versorgung einkaufen.
-</p>
-
-<p>
-Mit den in die Besiedelung aufgenommenen proletarischen Arbeitskräften
-müßte zunächst ein Vertrag abgeschlossen werden, wonach
-sie naturalwirtschaftliche Versorgung als Lohn zu empfangen hätten
-mit dem Anspruch auf einen kollektivistischen Vermögensanteil nach
-Ablauf einer Reihe von Jahren, während welcher jeder Teil den
-Vertrag lösen könnte. Nach Ablauf jener Probezeit würde der Arbeiter
-wie ein kollektivistischer Bürger das Recht auf jede Art von
-Versorgung für sich und seine aus einer von der Verwaltung gebilligten
-Ehe entspringenden Nachkommen haben, freilich in der ersten
-Zeit nicht in jenem Ausmaße, wie der Anteil eines Kollektivbürgers
-nach vollendeter Umwandlung sich gestalten würde. <ins class='correction' title='Sowie'>So wie</ins> der
-Kollektivstaat späterhin inmitten von Staaten der alten Gesellschaftsordnung
-wird leben müssen, werden auch die so entstandenen kollektivistischen
-Volksschichten inmitten einer Bevölkerung leben müssen,
-welche noch der alten Gesellschaftsordnung angehört.
-</p>
-
-<p>
-Diese Kollektivgemeinden werden bald die Kirchengüter und <ins class='correction' title='die'> </ins>
-den Großgrundbesitz, deren Erwerb der Staat sich zuerst wird angelegen
-sein lassen, umgestalten und zugleich als Erziehungs- und Versorgungsanstalten
-und als große Hotels Erwerbsinstitute darstellen.
-Es werden kollektivistische Versuchsanstalten sein, welche aber nur
-einen Teil der Vorteile bieten können, die der siegreiche Kollektivismus
-nach Niederringung der alten Gesellschaftsordnung bieten wird.
-Man darf von solchen Versuchsgemeinden nicht fordern, was wir
-vom Kollektivismus eines großen Reiches erhoffen, aber einen großen
-Fortschritt wird man sicher erkennen.
-</p>
-
-<hr class="tbreak" />
-
-<p>
-<span class='pagenum'><a id='Page_338' name='Page_338' href='#Page_338'>[338]</a></span>
-Es ist hier die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, daß die Verdrängung
-des Privatkredits durch den Staatskredit und der Geldwirtschaft
-durch die Naturalwirtschaft sich nur langsam vollziehen
-kann und daß demnach die Verstaatlichung des Großbesitzes sich
-anfangs in derselben Form vollziehen muß, wie die Verstaatlichung
-der Eisenbahnen. Da sich aber die Rechtsanschauungen nach und
-nach auch verändern müssen, besonders sobald die Forderung nach
-erhöhtem Aufwande für die arbeitende Klasse auf Grund der von
-den Kirchenvätern verkündeten Rechtsgrundsätze zu einer religiösen
-Forderung des Christentums gemacht wird, müssen die Verstaatlichungsprinzipien
-immer ungünstiger für die Besitzenden werden. So
-ist es offenbar, daß der Großgrundbesitz in österreichisch Polen mit
-der Verpflichtung belastet werden wird, das Wohnungswesen der
-bäuerlichen Bevölkerung auf Kosten der Besitzenden umzugestalten.
-So werden auch der Großindustrie Verpflichtungen im Interesse der
-Arbeiterschaft auferlegt werden, welche die Verstaatlichung sehr erleichtern
-müssen.
-</p>
-
-<p>
-Der Sozialreform wird auch der, wie es scheint, uns bevorstehende
-Weltkrieg sehr zustatten kommen, denn er wird einen allgemeinem
-Bankrott, nicht nur der Staaten, sondern auch der Großbesitzer im
-Gefolge haben, daher ich in meinem Roman »Österreich im Jahre 2020«
-auf Seite 59 prophezeit habe, daß der Weltkrieg zur Staatsomnipotenz
-führen muß. Besser freilich wäre es, die Umgestaltung würde früher
-in Angriff genommen und dadurch die Phantasie der Völker von
-jenen Interessen abgelenkt, die zum allgemeinen Kriege drängen.
-</p>
-
-<hr class='fnsep' />
-
-<div class='footnotes'>
-
-<div class='footnote' id='FN_1'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_1'>[1]</a></span>
-Plato fordert die Beschränkung des freien
-Vermögenserwerbes als eine erste Forderung der sozialen Wohlfahrt.
-Aber auch viele Gesetze, welche die Beherrschten
-in Griechenland und in Rom ertrotzten, waren auf Beschränkung des
-Rechtes des Bodenerwerbs, auf Neuverteilung des mobilen Besitzes, auf
-Schuldentilgung gerichtet und Julius Cäsar
-erließ durch ein Gesetz den ärmeren Bürgern die Miete, welche sie
-für ihre Wohnungen den Hausbesitzern schuldeten.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_2'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_2'>[2]</a></span>
-»Menger, Neue Staatslehre« pag. 226. Er spricht zwar an dieser
-Stelle nur von den Anarchisten, aber es ist klar, daß das von allen Wirtschaftsformen
-gilt, welche genossenschaftliche Organisation zur Grundlage haben.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_3'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_3'>[3]</a></span>
-In einer zu Provincetown am 20. August 1907 gehaltenen Rede sagte
-Präsident Roosevelt: Es muß entschieden werden, wer unsere freie Regierung beherrschen
-soll, das Volk oder ein paar rücksichtslose Männer, <em class='gesperrt'>deren Reichtum
-sie besonders gefährlich macht</em>.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_4'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_4'>[4]</a></span>
-Diese Anschauungen waren längst im Manuskripte dieses Werkes niedergelegt,
-als im Jahre 1906 sich die Allianz zwischen Kaiser Franz Josef und der
-Masse des Volkes vollzog.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_5'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_5'>[5]</a></span>
-Die hier vorgeschlagenen ultrademokratischen Einrichtungen werden nicht
-von allem Anfang an in Geltung sein, sondern den Abschluß der Verfassungsentwicklung
-bilden. Es werden schon feste bewährte Grundlagen des Kollektivismus
-bestehen, die Umwandlung des Staates beendet sein und jene Erziehung sich
-eingelebt haben, wie in <a href='#G_05_0_0'>VII, 5,</a> geschildert ist, ehe die so weitgehende demokratische
-Verfassung möglich sein wird.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_6'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_6'>[6]</a></span>
-Anfänge zu allen <ins class='correction' title='zukünftgen'>zukünftigen</ins> Gestaltungen, die auf den Kollektivismus
-hinauslaufen, können schon heute beobachtet werden. In Österreich werden die
-Abgeordneten, wenn sie auch Bauern oder Arbeiter sind, zu den Hoffesten herangezogen,
-was noch vor 50 Jahren unmöglich schien und in Dänemark soll es Hofsitte
-sein, zu jeder Hoftafel einen Gewerbsmann zu laden.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_7'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_7'>[7]</a></span>
-Die Rassenfanatiker empfehlen zuweilen für solche Familien sogenannte
-krasse Inzucht, nämlich ganz nahe Verwandtschaftsehen. Allein sie führt zur Verblödung
-und diese Anschauung beruht auf einer grundfalschen Anschauung über
-den Wert der Rassen. Man beruft sich auf die Erfahrungen der Tierzüchter, aber
-auch sie müssen meistens in der 3. oder 4. Generation von diesem System Abstand
-nehmen.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_8'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_8'>[8]</a></span>
-Das widerspricht scheinbar den Ideen Nietzsches und Darwins, aber statt
-ihrer brutalen Ideen lehre ich, das Aussterben der Schwächeren im Wege der
-Unterdrückung der Fortpflanzung erblich Belasteter herbeizuführen. Der Staat
-darf seine Absicht nicht darauf richten, Schwächlinge zu Grunde gehen zu lassen,
-sondern hat durch fortgesetzte Wirksamkeit zu verhüten, daß degeneriertes Menschenmaterial
-gezeugt wird. Der Grundsatz, Unbrauchbares zu Grunde gehen zu lassen,
-würde zu dem Grundsatze führen, den die alten Germanen beobachteten, die Alten,
-die nicht mehr arbeiten konnten, zu töten oder im Walde hilflos auszusetzen.
-Diesem Grundsatze zufolge müßten auch ganz normale Menschen, die verunglückt
-sind, dem gänzlichen Untergange preisgegeben werden. Jeder Mensch ist gleichmäßig
-daran interessiert, daß dieser Grundsatz nicht zur Geltung kommt. Das
-Leben <em class='gesperrt'>hoffnungslos</em> Leidender <em class='gesperrt'>gegen ihren Willen</em> zu erhalten, ist darum
-noch keine evidente soziale Pflicht. Nietzsche hat das Törichte seiner Lehre am
-eigenen Leibe erfahren, nach dieser Lehre hätte man ihn töten, statt an die Irrenanstalt
-abgeben müssen.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_9'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_9'>[9]</a></span>
-Da in einer Gemeinde von 1000 Köpfen nicht mehr als 240 Kinder und
-junge Leute von 6-18 Jahren wohnen und eine beträchtliche Abweichung von
-dieser Durchschnittsziffer nach <a href='#F_02_0_0'>VI, 2,</a> leicht vermieden werden kann, diese Anzahl
-von Schülern sich aber auf zwölf Jahrgänge verteilt, davon die oberen Klassen nicht
-stärker, sondern schwächer besetzt sind, ist die Maximalzahl von 25 unüberschreitbar.
-Dem Lehrer arbeiten auch jene begabten Schüler in die Hand, welchen
-die Korrepetition überlassen werden kann.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_10'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_10'>[10]</a></span>
-Hier wird schon eine Frage der Verteilung von Genüssen besprochen.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_11'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_11'>[11]</a></span>
-Hier wird es klar, welche enormen Vorteile die Aufhebung des Privateigentums
-bietet, da das Eigentum an Häusern und Grundstücken auch eine sehr
-erwünschte Beweglichkeit der Einzelnen verhindert.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_12'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_12'>[12]</a></span>
-Was die Lage des Domizils heute für Wirkungen hat, empfinden die
-Beamten und Offiziere, die an manchem Orte um 20-30 Prozent teurer leben, als
-am andern, daher das durch Teuerungsbeiträge ausgeglichen wird. So gewährt
-der Staat <em class='gesperrt'>seinen</em> Organen heute in etwas roher Art das, was er als Kollektivstaat
-<em class='gesperrt'>allen</em> gewähren muß. Die Preisdifferenz zwischen verschiedenen Provinzen
-Österreichs in den Jahren 1830-1880, allerdings <em class='gesperrt'>vor</em> Entwickelung des Eisenbahnwesens,
-beträgt beispielsweise für Roggen 1832 2.11, gegen 4.33, 1833 1.65,
-gegen 5.16, 1845 3.02, gegen 6.24, 1848 3.76, gegen 7.50, 1879 3.98, gegen 8.80,
-und für Gerste 1830 1.51, gegen 5.50, 1839 2.28, gegen 5.79, 1848 2.85, gegen
-6.27, 1880 <ins class='correction' title='4 37'>4.37</ins>, gegen 9.36, also von 1 : 2 bis 1 : 3. Wie einfach löst der
-Kollektivstaat diese Frage und zugleich erspart er die Arbeit in den Administrationen.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_13'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_13'>[13]</a></span>
-Aus Pohlmanns »Geschichte des antiken Kommunismus und Sozialismus«,
-II. Seite, 165, ersehen wir, daß schon im griechischen Altertum die Arbeitsteilung
-soweit vorgeschritten war, daß es ein besonderes Zuschneidegewerbe gab und
-wie es scheint, nicht bloß für Schuhwerk, sondern auch für Kleider.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_14'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_14'>[14]</a></span>
-Die Fernsprechleitung zur Verbindung aller Gemeinden mit den Bezirksvororten,
-dieser mit den Kreisstädten, der Kreisorte mit den Provinzialorten und
-dieser mit der Zentrale würde in Österreich-Ungarn zirka 50 000 Kilometer Leitungsdrähte
-und 60 000 Sprechstellen erfordern. Deutschland aber hatte schon 1899
-195 000 Sprechstellen, aber allerdings viel geringere Leitungslänge.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_15'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_15'>[15]</a></span>
-Uns erscheinen heute solche Normierungen sonderbar, da aber der Staat
-es ist, der Eigentümer von Grund und Boden und von allen Häusern ist und
-Jeden mit Wohnung zu versorgen hat, ist er in der Lage, die Bewohnerzahl aller
-Ortschaften zu normieren und er kann damit sehr wichtige Zwecke verfolgen.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_16'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_16'>[16]</a></span>
-Es wird sich zeigen, daß die Güterstatistik ein vortrefflicher Ersatz der
-heutigen Geldverrechnung, angepaßt der Naturalwirtschaft, ist.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_17'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_17'>[17]</a></span>
-Ich dachte einmal daran, durch telephonische Mitteilung der Ziffern an den
-Kreisbeamten und von diesem telegraphisch an den Provinzbeamten und weiter an
-die Zentralbehörde zu ermöglichen, daß auch diese Tabellen für den 10. schon am 11. gedruckt
-versendet werden, allein das würde eine ungeheure Belastung der Telegraphenämter
-mit sich bringen und es wäre kein großes Interesse, das dazu zwänge, denn
-die Bezirksstatistik ist schon eine alles umfassende Statistik, welche in den Kreis-,
-Provinz- und Reichsblättern nur verarbeitet wird und es ist frühzeitig genug, wenn
-deren Tabellen in den folgenden Tagen versandt werden und darum können sie auf
-Grund der gedruckten Bezirkstabellen vom 10. bearbeitet werden.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_18'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_18'>[18]</a></span>
-Übrigens ist ein solcher Güteraustausch durch Vermittlung der Staatsverwaltung
-recht wohl möglich. So könnte eine Gemeinde oder ein Bezirk des
-Südens 100 Meterzentner Feigen an eine Gemeinde oder Bezirk Böhmens liefern
-in Tausch gegen 100 Meterzentner Zwetschen. Die Staatsverwaltung stellt den
-Transport und besorgt, wenn nicht Bevollmächtigte aufgestellt werden, Übernahme
-und Ablieferung.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_19'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_19'>[19]</a></span>
-In Deutschland rechnet man den Wert der Milchproduktion ohne Butter
-und Käse und zum offenbar zu geringen Preise von 9 Pfennig pro Liter auf
-1700 Millionen Mark gegen 986 Millionen Mark Roheisen und 1170 Millionen
-Mark Kohlenproduktion, es ist also die Milch offenbar der wertvollste Produktionsgegenstand
-und dadurch die Wahl der Milch zur Exemplifikation der Produktions-
-und Güterverteilungsstatistik gerechtfertigt.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_20'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_20'>[20]</a></span>
-Die Buttererzeugung ist um 56 Kilo, die Käseerzeugung um 506 Kilo
-zu hoch angegeben.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_21'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_21'>[21]</a></span>
-Ein Statistiker von heute mag für unglaublich halten, daß diese statistischen
-Arbeiten bewältigt werden können, allein es arbeiten daran im Kollektivstaate
-viele hunderttausende von Personen mit und sie sind keine volkswirtschaftliche
-Last, weil dafür alle Geldverrechnung aufhört, an der heute jede Hausfrau
-und Köchin, jeder Schuster, Schneider, Kaufmann mitarbeiten muß.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_22'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_22'>[22]</a></span>
-Nach einem Berichte der »Politisch anthropologischen Revue« III S. 398
-hat ein russischer Großgrundbesitzer eine Züchtung besonders schöner Menschen mit
-großem Erfolge versucht, indem er unter seine Arbeiter nur schöne Menschen
-aufnahm und die Ehen der Schönsten unter ihnen begünstigte. So kamen
-40 besonders viel versprechende Paare zustande, von welchen schon 100 außerordentlich
-schöne Kinder gezeugt wurden, unter welchen wieder die erste Ehe geschlossen
-wurde zwischen einem reizenden Mädchen und einem Antinous von
-einem Jüngling.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_23'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_23'>[23]</a></span>
-Wir können nicht wissen, welche Wandlungen die Anschauungen der
-Völker im Zukunftsstaate durchmachen werden und ob sie der Anregung in
-Matthäus 19, 12. nicht doch Folge geben werden, wenn die Erfahrungen dafür
-sprechen. Doch hätte das nur auf weibliche Kinder von besonders schlechten Anlagen,
-z. B. Kretins, Anwendung.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_24'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_24'>[24]</a></span>
-Der Prozentsatz der unehelichen Geburten ist in Kärnten seit 1890 nicht
-unerheblich herabgegangen, übersteigt aber immer noch 40 Prozent.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_25'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_25'>[25]</a></span>
-Ich war vor etwa dreißig Jahren allein in meiner Kanzlei, als ein
-Mann bei mir eintrat, der Tränen in den Augen hatte und vor Bewegung kein
-Wort sprechen konnte. Er überreichte mir einen Zettel, worauf stand, daß er
-soeben aus einer Strafanstalt komme, wo er ein Jahr wegen Veruntreuung abzubüßen
-hatte. Er suche einen Erwerb. Ich ließ ihn Platz nehmen und Schriften
-kopieren und da er brauchbar war, gab ich <ins class='correction' title='ihn'>ihm</ins> zunächst ein Tagegeld, später einen
-Monatlohn und niemand erfuhr etwas von seinem Vorleben. Bald fand er auf
-Grund meines Zeugnisses über seine Verwendung in meiner Kanzlei einen Posten
-in einem Handlungshause und dann als Korrespondent in einer Bank. Er hat
-nie Anlaß zu einer Klage gegeben. Eine ähnliche Erfahrung machte ich mit
-einem anderen Beamten meiner Kanzlei, dessen Vorbestrafung mir erst nach seinem
-Austritte bekannt wurde.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_26'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_26'>[26]</a></span>
-Auf der Jahresversammlung des deutschen Vereins für Volkshygiene in München
-sprach sich Professor M. Gruber-<ins class='correction' title='München,'>München </ins> dahin aus, daß der Kampf ums Dasein
-unter den Menschen nicht immer rasseveredelnd wirke, daher er sagte, wir könnten,
-indem wir die äußeren Hindernisse einer gesunden körperlichen und geistigen Entwicklung
-beseitigen <em class='gesperrt'>und den Kampf ums Dasein durch eine vernunftgemäße
-Zuchtwahl ersetzen, ungeheure Fortschritte</em> anbahnen. Ganz
-im Sinne dieser Mahnung soll der sanitäre Dienst im Zukunftsstaate wirken.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_27'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_27'>[27]</a></span>
-Ein Wiener Professor der Anatomie hielt im Februar 1902 in Wien
-einen öffentlichen Vortrag über die physische Veredlung des Menschen und stellte
-so ziemlich dieselben Forderungen auf, wie sie hier aufgestellt werden, aber er
-machte sich keine Gedanken darüber, daß diese Forderungen in unserer Gesellschaftsordnung
-nicht erfüllt werden können. Er ist für <ins class='correction' title='Aufrechthaltung'>Aufrechterhaltung</ins> der Ehe,
-Schonung der schwangeren Frau bis zur Entbindung, Beseitigung des Mieders
-während der Schwangerschaft, gewiß sehr bescheiden, Vermeidung heftiger Bewegungen
-während dieser Epoche mit Inbegriff des Reitens und Schwimmens, Schaffung
-eigener Stätten, wo arme Frauen gebären können. Er ist gegen die Auswahl
-der Paare durch behördlichen Einfluß, aber, wie es scheint, für den Ausschluß
-aller schwächlichen und kränklichen Zeugungspersonen. Um alles das allgemein
-durchzuführen, braucht man den Kollektivismus und eine gesellschaftliche Macht
-über die Einzelnen, die nur der Kollektivismus bieten kann.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_28'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_28'>[28]</a></span>
-Ich machte in meinem Roman »Österreich im Jahre 2020« Seite 318,
-319, 332 und 333 einen Versuch, den Einfluß der Frauen in einem Falle dieser
-Art zu schildern.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_29'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_29'>[29]</a></span>
-In Tirol wird sich nicht leicht ein Bauernmädchen oder Bauernbursche
-der Beichte entziehen, aber zahllos sind die mir bekannt gewordenen Äußerungen
-von Bauernburschen und Mädchen der Landbevölkerung, daß man geschlechtliche
-Sünden nicht zu beichten brauche, weil sie natürlich seien. Nach dem, was ich
-selbst aus dem Munde der Leute vernahm, ist mir alles glaubwürdig, was andere
-drüber berichten. Adolph Pichler, aus Tagebüchern 1850-1899, Seite 311.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_30'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_30'>[30]</a></span>
-Diese Vorsichtsmaßregeln werden zumeist verworfen, und Adolph Pichler
-»Aus Tagebüchern« 1850-1899, Seite 310 nennt sie geradezu ekelhaft, was
-auch Schäffle dagegen einwendete. Diese Kritik ist aber in Anbetracht der unermeßlichen
-Interessen, die damit zusammenhängen, u. z. im Kollektivstaat öffentliche
-Interessen, keineswegs ausschlaggebend, und da wäre Duldsamkeit viel berechtigter
-als dem Konkubinat der Priester gegenüber. Dasselbe könnte man ja
-auch vom regelmäßigen Zeugungsakt sagen. Er setzt auf beiden Seiten Unterdrückung
-der Schamhaftigkeit voraus und in diesem Opfer, aus Liebe gebracht,
-liegt gerade der Zauber der Liebe. Daß die Unterdrückung der Fruchtbarkeit der
-Umarmungen allein den Vorwurf der Ekelhaftigkeit verdient und daß sie, wie
-Pichler meint, die wechselseitige Achtung untergrabe und der Treue Eintrag tue,
-ist ein offenbarer Irrtum; wäre aber auch in den Verhältnissen, die ich hier im
-Auge habe, nicht entscheidend. Ja, wenn der Ehemann nicht viel genügsamer
-wird, als er heute ist, wird &mdash; ausnahmsweise oder vorübergehend &mdash; auch in
-der Ehe die Unterdrückung der Fruchtbarkeit der Umarmungen wegen Schwäche,
-Krankheit oder <ins class='correction' title='besondere'>besonderer</ins>
-Gefährlichkeit der Entbindung sich rechtfertigen lassen.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_31'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_31'>[31]</a></span>
-Thomas von Aquin, der einen Kommentar zu den Büchern über Politik
-von Aristoteles geschrieben hat, worin er zwar die Anschauungen <em class='gesperrt'>dieses</em> Philosophen
-mitteilt, aber offenbar in allem billigt, sagt im Band XXI der Ausgabe
-Parma Seite 600 u. f. daß, wo die Gesetze die Tötung der überzähligen Kinder
-dulden, es besser sei, zu abortieren, welches das geringere Übel wäre. Auch
-manche vernünftige Anschauungen Aristoteles über das Alter, in dem man zeugen
-soll, führt der Äquinate an und er scheint zu billigen, daß man verkrüppelte
-Kinder nicht aufziehen <ins class='correction' title='solle '>solle.</ins>
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_32'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_32'>[32]</a></span>
-Es werden in Österreich alljährlich viele Hunderte von Millionen für
-Kinderspielzeug vergeudet und die Eltern spielen dabei eine recht alberne Rolle.
-Spielende Arbeit macht diesen Aufwand unnötig.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_33'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_33'>[33]</a></span>
-Schon vor 2500 Jahren war die Volksschule in China allgemein eingeführt
-und sehr vollkommen. Kein Dorf war ohne Volksschule, und der Unterricht
-der mit dem achten Jahre in selbe eintretenden Kinder umfaßte folgende
-Übungen: Das Begießen von Blumen, das Auskehren der Wohnräume, die Gebräuche
-der Welt, Zeremonien, Musik, Pfeilwerfen, Wagenlenken, Schreiben und
-Rechnen. Aber auch Höflichkeit wurde gelehrt, die Kinder sollten rasch und bescheiden
-antworten, mit Anstand eintreten und hinausgehen, Gäste höflich empfangen
-und hinausgeleiten. Diesen Unterricht empfing der Sohn des Kaisers
-wie der des Bauern, und so ist der Chinese heute noch höflich. Der seit mehreren
-hundert Jahren eingetretene Stillstand in der Kulturentwicklung Chinas ist der
-Herrschaft der barbarischen Mandschu zur Last zu schreiben, und die Volksschule
-ist verfallen.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_34'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_34'>[34]</a></span>
-Freiexemplare können auch Ausländern zugesandt werden, in welchem
-Falle, wenn sie noch einem Staate mit Privateigentum angehören, sie dadurch
-Privateigentum an diesen Exemplaren erwerben, wie ja auch sonst in solchen
-Ländern Privateigentum an Produkten des Kollektivstaates erworben werden kann.
-Es wird nur zweckmäßig sein, solche Gegenstände, deren Eigentum der Kollektivstaat
-aufgibt, mit einer Bestätigung zu versehen.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_35'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_35'>[35]</a></span>
-Ein Bücherwurm verwarf meine Pläne, weil dem Leser verwehrt wäre,
-Randbemerkungen in die Bücher zu schreiben. Wenngleich da von einer Absonderlichkeit
-eines Sonderlings die Rede ist, so sei doch bemerkt, daß das Verbot,
-Bücher zu beschädigen und mit Anmerkungen zu besudeln, das ja auch jede
-Leihbibliothek in Erinnerung bringt, zwar allgemein gelten würde, daß aber davon
-doch mancherlei Ausnahmen zu machen wären, so insbesondere gegenüber von
-Besitzern von Freiexemplaren oder von Gelehrten und durch Anmerkungen bedeutender
-Männer könnte ein Exemplar an Wert sehr gewinnen.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_36'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_36'>[36]</a></span>
-Man rechnet in Österreich den Verbrauch von Druckpapier, die Hälfte des
-Gesamtverbrauches an Papierprodukten, auf 2 Kilo pro Kopf und Jahr, somit
-bei 45 Millionen Einwohnern auf 900 000 Meterzentner und da der Druckbogen
-zirka 15 Gramm wiegt, ist der Gesamtverbrauch pro Jahr rund 6000 Millionen
-Bogen Druckpapier. Weist man davon je 600 Millionen Bogen dem Reichsblatte,
-den Provinzblättern, den Kreisblättern und den Bezirksblättern, zusammen
-also 2400 Millionen Bogen zu, wobei z. B. vom Reichsblatte 300 000 Exemplare
-à 5 Bogen täglich erscheinen, so blieben noch 1800 Millionen Bogen für Fachblätter
-und 1800 Millionen Bogen für Bücherdruck, wonach man den Jahreszuwachs
-an Bänden für die Bibliotheken berechnen kann. Innerhalb des obigen
-Rahmens würden sich also die Volksbeschlüsse bezüglich der Ausdehnung der
-Produktion, der Einrichtung der Amtsblätter und des Verlagsrechtes bewegen.
-Ebenso müßte der Aufwand von Satz verteilt werden, wahrscheinlich nach Arbeitstagen
-der Setzer.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_37'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_37'>[37]</a></span>
-Es sei mir erlaubt, hier auf einen Satz zu verweisen, den wir in Adolph
-Pichlers »Aus Tagebüchern 1850-1899« finden. »Wenn man berechnen könnte,
-wie viele Menschen wissentlich oder unwissentlich vom Betruge anderer leben!«
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_38'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_38'>[38]</a></span>
-Man hat in Österreich in neuerer Zeit den Gebrauch eingeführt, den
-Beamten, die besonders verdient sind und die man doch in ihren Posten belassen
-will, einen höheren Rang und Bezüge zu gewähren, als mit ihren Posten regelmäßig
-verbunden ist. Das wird wohl nachzuahmen sein.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_39'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_39'>[39]</a></span>
-Das gilt nur nicht vom Hausierhandel, der aber nur den 24. Teil der im
-Handelsberufe beschäftigten Personen in Anspruch nimmt.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_40'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_40'>[40]</a></span>
-Die Familienhäuser bieten auch den Nachteil, daß sie sich den wechselnden
-Bedürfnissen der Familien nicht anpassen können. Eine Familie kann kinderlos
-bleiben oder rasch sich vermehren, dann wieder rasch abnehmen. In einem kollektivistischen
-Schlafhause ist es möglich, sich dem jederzeit anzupassen.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_41'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_41'>[41]</a></span>
-Wenn ich von Aufsicht rede, die anarchistisch veranlagte Arbeiter nicht
-dulden wollen, so bemerke ich nur, daß Kinder den Eltern und Frauen den
-Männern viel mehr preisgegeben sind, wenn sie in abgesonderten Häusern wohnen,
-und daß gerade der Kollektivbürger ein Interesse daran hat, daß sich niemand der
-Arbeit entzieht und niemand sich aneignet, was ihm nicht gebührt. Übrigens ist
-der Kollektivismus der Gegensatz des Anarchismus.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_42'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_42'>[42]</a></span>
-Man hat im Interesse der Arbeiter in England der Wohnungsfrage
-die Aufmerksamkeit zugewendet und in Port Sunlight bei Liverpool und in Ansiedlungen
-bei Birmingham Musterhäuser nach dem System der Wohnungshäuser
-erbaut, die vermietet werden. Man rühmt besonders Port Sunlight und behauptet,
-daß dort die Sterblichkeit auf 9/1000 (!) gesunken sei. Das wird wohl
-noch andere Gründe als bloß das verbesserte Wohnungswesen haben. Doch sind
-das Privatunternehmungen, sie vermehren nur die Städte und erschweren die
-Einrichtung für den kollektivistischen Betrieb.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_43'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_43'>[43]</a></span>
-Wenn von Bevölkerungsschichten die Rede ist, so sind darunter weder
-Stände noch Klassen verstanden, weil es sich weder um erbliche noch um eigenmächtig
-erkämpfte Vorteile handelt, sie vielmehr im einzelnen nach dem Volkswillen
-einzelnen Personen zugestanden werden und sie in jedem Augenblick auf
-dem Volkswillen beruhen, der sie jederzeit entziehen kann.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_44'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_44'>[44]</a></span>
-Unter Beruf verstehe ich jene Arbeit, die der Staat als Entgelt für die
-Versorgung annimmt.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_45'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_45'>[45]</a></span>
-Da es seltene Instrumente gibt, die nicht in so großen Mengen erzeugt
-werden, daß sie in jeder Gemeinde zur Verteilung gelangen können, wird deren
-Zuweisung den Bezirks- oder Kreisbeamten zu überlassen sein.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_46'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_46'>[46]</a></span>
-Ein Wiener Polizeipräsident ist am Flecktyphus gestorben, nachdem er,
-durch sein Amt dazu genötigt, mit angesteckten Armen in Berührung getreten
-war. Einige Richter brachten Ungeziefer aller Art heim, weil sich im Gerichtssaale
-Tausende von Armen und Elenden umtrieben. Nichts ist alberner, als die
-Meinung, jeder brauche nur für sich zu sorgen. Man sorgt am besten für sich,
-wenn man dahin wirkt, daß für alle gesorgt werde. Wenn auch der Zusammenhang
-der wirtschaftlichen Dinge im Einzelnen nicht verfolgt werden kann, so ist
-es doch gewiß, daß die Herrschenden von allem Elende ihren Teil erhalten, das
-die Beherrschten zu tragen haben.
-</div>
-
-<div class='footnote' id='FN_47'>
-<span class='fnlabel'><a href='#FA_47'>[47]</a></span>
-Man sagt übrigens, daß Rockefeller nur durch den wirtschaftlichen Effekt
-des Massenbetriebes Erstaunliches geleistet habe.
-</div>
-</div>
-
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-
-<pre>
-
-
-
-
-
-End of the Project Gutenberg EBook of Der Kollektivismus und die soziale
-Monarchie, by Joseph von Neupauer
-
-*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER KOLLEKTIVISMUS ***
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