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If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - - - -Title: Der Kollektivismus und die soziale Monarchie - -Author: Joseph von Neupauer - -Release Date: May 21, 2016 [EBook #52117] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER KOLLEKTIVISMUS *** - - - - -Produced by Jana Srna, Franz L Kuhlmann, Norbert H. Langkau -and the Online Distributed Proofreading Team at -http://www.pgdp.net - - - - - - - +--------------------------------------------------------------------+ - | Anmerkungen zur Transkription | - | | - | Die Markierung mit Gleichheitszeichen ( = ) zeigt eine "gesperrte" | - | Phrase zur Hervorhebung an, das Einfassen mit Unterstrichen ( _ ) | - | die Verwendung einer anderen Schriftart (Antiqua) für Phrasen in | - | einer Fremdsprache (lateinisch, englisch, französisch) im Original.| - | Tilden ( ~ ) markieren fettgedruckte Passagen. 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Im | - | Original fehlt diese Überschrift. | - | | - | In Kapitel VI, Abschnitt 8. e) ist die Verteilung des fortlaufenden| - | Textes und der Tabellen geringfügig verändert, indem wenige | - | Textzeilen zwischen einem Seitenkopf oder -fuß und Tabelle der | - | vorhergehenden oder folgenden Seite zugeordnet sind. | - | | - | Zeichensetzung und typographische Fehler wurden stillschweigend | - | korrigiert | - +--------------------------------------------------------------------+ - -[Illustration: - - It is better to fight for the - good, than to rail at the ill. - Neupauer] - - - - - Der Kollektivismus und - die soziale Monarchie - - - - - Dr. Joseph R. v. Neupauer - - Der Kollektivismus und - die soziale Monarchie - - - - - =Motto:= - - Nach Sidney Whitman sagte Bismarck - einmal: Wenn ich die Gestalt wählen könnte, - in der ich noch einmal leben möchte, weiß - ich nicht, ob ich nicht ganz gerne eine - Ameise sein würde. Jede Ameise muß - arbeiten, ein nützliches Leben führen, jede - Ameise ist fleißig. Da gibt es vollkommene - Subordination, Disziplin und Ordnung. Sie - sind glücklich, denn sie arbeiten. - - [Illustration] - - Dresden 1909 -- Richard Lincke - - - - - =Alle Rechte vorbehalten.= - - Unbefugter Nachdruck wird gerichtlich verfolgt. - - _Copyright 1909 by E. Pierson's Verlag._ - - Druck von E. Pierson's Verlag (Richard Lincke), Dresden. - - - - -Inhaltsverzeichnis. - - - Seite - - =Einleitung= IX - - I. Die kollektivistische Gesellschaftsordnung in ihren - allgemeinsten Umrissen und die Rechtsgrundsätze, nach - welchen sie ins Leben einzuführen und nach ihrer - Einführung die Verwaltung zu führen sein wird 1 - - II. Das kollektivistische Rechtssubjekt 16 - - III. Die Verfassung eines kollektivistischen Staates 20 - - 1. Allgemeines 20 - - 2. Das souveräne Volk 21 - - 3. Das Stimm- und Wahlrecht. Form der Ausübung 24 - - 4. Wahlen 28 - - 5. Das Objekt der Volksbeschlüsse 30 - - 6. Die Erhaltung der Staatseinheit 32 - - IV. Die Monarchie und der Adel 34 - - V. Die Beamtenorganisation 41 - - 1. Der Verwaltungsorganismus. Detailverwaltungsämter 41 - - 2. Der ärztliche Dienst 50 - - 3. a) Der Erziehungs- und Unterrichtsdienst 58 - - b) Höherer Unterricht 61 - - c) Die Akademie 64 - - VI. Dauernde Einrichtungen und Verwaltungsbehelfe 67 - - 1. Die Wohnungsansiedelungen 67 - - a) Urgemeinden oder Dörfer 67 - - b) Die Bezirksvororte 70 - - c) Die städtischen Ansiedlungen 71 - - 2. Die Verteilung der Bevölkerung 73 - - 3. Die Evidenthaltung der Bevölkerung 77 - - 4. Die Kommunikationen 78 - - a) Eisenbahnen, Schiffahrt 78 - - 1. Ihre Benützung für allgemeine Zwecke 79 - - 2. Ihre Benützung für Zwecke des Einzelnen 81 - - b) Automobile 84 - - 5. Telegraph und Telephon 85 - - a) Ihre Einrichtung und Benützung für allgemeine - Zwecke 85 - - b) Ihre Benützung für die Zwecke des Einzelnen 88 - - 6. Die Post 89 - - 7. Tagesblätter der Verwaltung 91 - - 8. Die Verrechnung und Statistik 94 - - a) Ihre Aufgabe 94 - - b) Die Bevölkerungsstatistik 95 - - c) Die Güter- und Verkehrsstatistik 96 - - d) Zustandekommen und Einrichtung der Verrechnung und - Statistik 98 - - e) Beispiele von statistischen Tabellen 100 - - VII. Der Kollektivismus und die Erhaltung, Vermehrung und - natürliche Veredlung des Volkes 126 - - 1. Die Bevölkerungspolitik 126 - - 2. Ehe, Familie, Elternrecht, Wahlmütter, Anteil des - Staates an der Erziehung 136 - - 3. Geschlechtliche Sittlichkeit. Freie Liebe 146 - - 4. Die Frauenkurie 155 - - 5. Die Erziehung 158 - - a) Pflichten des Staates der Jugend gegenüber 158 - - b) Erziehungsorgane 161 - - c) Die physische Erziehung 166 - - d) Intellektuelle Erziehung 169 - - e) Der Unterricht im vorschulpflichtigen Alter 171 - - f) Der Elementarunterricht. In Österreich der - Unterricht in einer zweiten Sprache des Reiches 172 - - g) Fachschulen niederer Ordnung und für fremde - Sprachen 175 - - h) Andere Anstalten zur Volkserziehung. 1.-13. 176 - - i) Ethische Erziehung. 1.-10. 183 - - 6. Die Rechtspflege 191 - - VIII. Der Kollektivismus und der allgemeine Fortschritt 194 - - 1. Fortbildung 194 - - 2. Das Vereinswesen 196 - - 3. Die Sammlungen 202 - - 4. Zeitschriften, Bücher, Bibliotheken 203 - - a) Die Presse für Staats- und allgemeine - Angelegenheiten 204 - - b) Die Fachpresse 207 - - c) Die Unterhaltungspresse und schöne Literatur 208 - - d) Bücher 209 - - 1. Die wissenschaftliche Literatur 209 - - 2. Poesie und schöne Literatur 211 - - e) Bibliotheken 215 - - 5. Die Verteilung der Konsumtibilien 217 - - 6. Die Forschung 221 - - 7. Die Kunst 221 - - a) Schöpferische Kunst 222 - - b) Kunstreproduktion 224 - - c) Das Kunstgewerbe 224 - - 8. Die technische Erfindung 225 - - 9. Die Anerkennung der Verdienste höheren Grades im - Kollektivstaate 231 - - a) Das Arbeitsleitungsrecht 233 - - b) Ehrenvorzüge 234 - - c) Das Vorrecht der Wahl 235 - - d) Vorzüge in Beziehung auf die Wohnung 236 - - e) Vorzüge in Beziehung auf Kleidung 237 - - f) Vorzüge in Beziehung auf Nahrung 237 - - g) Das Vorrecht in Beziehung auf einen eigenen - Hausstand 238 - - h) Vorrechte in Beziehung auf Geselligkeit 239 - - i) Vorrechte in Beziehung auf Konzerte, Theater 240 - - k) Reisen im In- und Auslande 240 - - l) Das Vorrecht in Beziehung auf die in VIII, 5, - geschilderten Verteilungen 240 - - m) Das Vorrecht der Arbeitsfreiheit 240 - - n) Das Vorrecht der freien Wahl des Domizils 241 - - o) Andere berufsmäßige Vorrechte 242 - - p) Das Vorrecht, Pferde, Wagen und Automobile zu - halten 242 - - 10. Religion, Kultus, Festlichkeiten 247 - - 11. Die Wettbewerbungen, Glücksspiele 254 - - 12. Nachweis der Ökonomie der in diesem Werke - vorgeschlagenen Organisation des Verteilungs-, - Sanitäts- und Unterrichtsdienstes 255 - - IX. Darstellung der Befriedigung der wichtigsten - Bedürfnisse des Volkes im Kollektivstaat 262 - - 1. Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses 262 - - 2. Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses 273 - - 3. Bekleidung 275 - - 4. Die sonstigen Bedürfnisse außer Wohnung, Nahrung - und Kleidung 276 - - X. Die Sachproduktion im Kollektivstaate 278 - - 1. Die Kultur der Zerealien 281 - - 2. Der Futterbau 283 - - 3. Die Viehzucht 284 - - 4. Kleinvieh und Geflügelzucht 288 - - 5. Wasserwirtschaft 289 - - XI. Die Verteilung im Kollektivstaate 292 - - 1. Die Verteilung der Arbeit 292 - - a) Der Arbeitstag 293 - - b) Sonntag, Feiertage, Ferien 296 - - c) Arbeitsbefreiung 297 - - d) Arbeitszuweisung 298 - - 2. Die Verteilung der Güter 301 - - XII. Die Beziehungen des Kollektivstaates zum Auslande 303 - - 1. Der Güteraustausch 303 - - 2. Der Reiseverkehr 305 - - 3. Die Aus- und Einwanderung 307 - - 4. Politische Beziehungen und Landesverteidigung 311 - - XIII. Vorteile und Nachteile des Kollektivismus 317 - - XIV. Umwandlung der Staaten zur Einführung der - kollektivistischen Gesellschaftsordnung 333 - - - - -Einleitung. - - -In einer Rede des österreichischen Ministerpräsidenten Baron Beck im -österreichischen Herrenhause vom 24. Juli 1907 sagt derselbe: - -»Damit hat sich eines der wichtigsten Staatsprobleme auf die -Tagesordnung gestellt. Dieses Problem ist: ein richtiges Gleichgewicht -herzustellen zwischen dem erwachten Selbstbewußtsein breiter -Volksschichten und den unerläßlichen Forderungen, die im Interesse -kraftvoller Durchführung des Staatswillens und der sicheren Erreichung -der Staatszwecke erhoben werden müssen. Das sind die zwei Pole, -zwischen denen sich das öffentliche Leben bewegt und zwischen denen -die Ausgleichung gefunden werden muß. Soll die Monarchie ihrer -geschichtlichen Stellung gerecht werden, dann muß sie unter ihre -Aufgaben an oberster Stelle die soziale Fürsorge für die breiten -Schichten der Bevölkerung aufnehmen. Ich für meinen Teil glaube, -daß ein gesunder sozialer Fortschritt und die ruhige Entwickelung zu -einem wahrhaft modernen Staat, =der seinem Wesen nach Wirtschaftsstaat -und soziale Fürsorgeanstalt sein muß, nicht nur neben einer starken -monarchischen Gewalt, sondern gerade mit ihr und durch sie möglich -ist=. - -Ich begrüße es, daß unserem alten, ehrwürdigen Staatsgebilde die -Aufgabe geworden ist, den hervorragenden Beruf der Monarchie für die -modernen sozialen Aufgaben darzutun. Mit Zuversicht in die Zukunft -blickend, dürfen wir die neue Bahn betreten in der festen Überzeugung, -daß unser geliebtes Vaterland nicht nur den gewaltigen Problemen der -Neuzeit sich gewachsen zeigen, sondern gerade an diesen gesteigerten -Aufgaben wieder seine unverwüstliche, ewig blühende Lebenskraft -erweisen wird. Für diese Aufgaben erbitte ich mir die Autorität des -hohen Hauses und da ich mich mit ihm eins weiß in dem Gedanken an eine -machtvolle Monarchie, so hoffe ich, daß meiner Bitte die Erfüllung -nicht versagt bleiben wird.« - -Nicht irre machen darf uns, daß der ehemalige Ministerpräsident Baron -Beck so große Ideen angekündet, dann aber nicht das Geringste getan -hat, um die Verwirklichung dieser Ideen vorzubereiten und um den Staat -in einen »wahrhaft modernen Staat«, in einen »Wirtschaftsstaat«, in -eine »soziale Fürsorgeanstalt« umzugestalten. Denn die österreichischen -Staatsmänner vermögen gar wenig. Da aber Österreich auf keine Weise -zur Ruhe kommen kann, so lange es sich in den ausgefahrenen Geleisen -der Individualwirtschaft fortbewegt, können wir mit Sicherheit darauf -rechnen, daß die österreichische Staatskunst sich doch eines Tages -dieses Ideals bemächtigen wird. - -Diese Worte zeigen, daß die österreichische Regierung der Monarchie und -insbesondere den Habsburgern die Sendung vindiziert, neue staatliche -Grundlagen zu schaffen und Aufgaben zu lösen, die ohne Staatsomnipotenz -nicht gelöst werden können. - -Diese Ideen sind in belletristischer Form bereits in meinem Romane -»Österreich im Jahre 2020« zum Ausdrucke gekommen und in diesem Werke -werden sie philosophisch, volkswirtschaftlich und staatspolitisch -dargelegt. Die Intelligenz muß sich derselben bemächtigen, weil sie nur -durch Mitarbeit an der bevorstehenden Umgestaltung sicherstellen kann, -daß diese Umgestaltung auch den höheren Interessen, der Kunst, der -Forschung und dem technischen Fortschritte zugute kommen wird, während -die sozialdemokratische Partei, in dogmatische Irrtümer verrannt, uns -der sozialen Revolution und damit der Anarchie entgegentreibt und, -wenngleich gegen ihren Willen, die ganze Kultur in Frage stellt. - - - - -I. - -Die kollektivistische Gesellschaftsordnung in ihren allgemeinsten -Umrissen und die Rechtsgrundsätze, nach welchen sie ins Leben -einzuführen und nach ihrer Einführung die Verwaltung zu führen sein -wird. - - -Ich bin bei meinen Untersuchungen des sozialen Problems folgenden -Weg gegangen. Ich habe mir vorgestellt, daß der Staat wirtschaftlich -allmächtig geworden sei. Er sei Alleineigentümer allen Besitzes, er -allein =kann= Arbeit geben, er allein produziert und wird Eigentümer -der durch Arbeit erzeugten Güter, von ihm allein kann man Güter, also -vor allem den Unterhalt, aber auch alles andere, was wir brauchen, -erlangen, und nun stellte ich mir vor, wie er die vorhandenen -Arbeitskräfte verteilen, was er produzieren und wie er über die von -der Natur freiwillig gebotenen und die durch Arbeit erzeugten Güter -verfügen würde. Ich betrachtete den Umsatz von Arbeitskräften und -Gütern =so=, wie er sich bei gänzlicher Aufhebung des Privateigentums -und der Geldwirtschaft, also bei ausnahmsloser Naturalwirtschaft -gestalten müßte, und indem ich dieses Prinzip auf die ganze Produktion -und auf die ganze Güterverteilung anwendete, mußte offenbar jeder -Übelstand, der damit verbunden wäre, und jede Undurchführbarkeit -einer Anwendung des Prinzips auf irgend einen Teil der Produktion -oder Verteilung an den Tag kommen. Da der Staat zunächst Eigentümer -aller Güter wird und die Einzelnen nur von ihm etwas erlangen können, -mußte die Frage immer zur Untersuchung kommen, in welchen Fällen der -Staat das Eigentum zu gunsten des Einzelnen aufgeben müsse, damit der -Verteilungszweck erreicht werden kann und es ergab sich, daß nur dann -das Staatseigentum aufgegeben werden muß, wenn die Güter dem Einzelnen -zum Verbrauche für seine Person überlassen werden müssen. Das ist bei -der Nahrung unzweifelhaft der Fall, niemals aber beim Verbrauche für -die Zwecke der Gütererzeugung, welche ja der Staat für seine eigene -Rechnung betreibt, wodurch sich also Güter der einen Art in Güter der -andern Art verwandeln, wobei aber darum doch die einen und die anderen -Staatseigentum bleiben. - -Würde man Teile der Produktion den Einzelnen für ihre persönlichen -Zwecke überlassen, wie beim Verkochen von Nahrungsmitteln im -Familienhaushalte, so würde eine Eigentumsübertragung zu diesem Ende -stattfinden müssen. Allein ich nahm als die Regel an, daß der Staat -auch die Speisenbereitung für Rechnung der Gesamtheit betreibt und -daß also erst beim Verzehren der gekochten Speisen das Staatseigentum -aufgegeben werden muß. Ausnahmen zugunsten Einzelner kommen vorläufig -nicht in Betracht. - -Gegenstände, die nicht durch Verbrauch sondern durch Benützung dem -Einzelnen dienstbar gemacht werden, wie Kleider, Wäsche, Mobilien, -Bücher, Instrumente, bedürfen keiner Eigentumsübertragung, um in -=diese= Art der Konsumtion überzugehen und so wurde zunächst der -Grundsatz aufrecht erhalten, daß diese Gegenstände Staatseigentum -bleiben, also der Reihe nach mehreren Personen zum Gebrauche dienen -können, und, wenn sie unbrauchbar werden, wieder Material für die -Staatsproduktion liefern. Damit ist die =dauernde= Gebrauchszuweisung -immerhin vereinbar. - -Doch zeigt sich da, daß es Fälle gibt, in welchen der Einzelne bei -Gebrauchsgütern, ja selbst bei Produktionsmitteln das Recht haben -muß, nach seinem Gutdünken damit zu verfahren, weil er sonst in seiner -Freiheit zu sehr beschränkt wäre und weil sonst der Verteilungszweck, -die Wohlfahrt Aller, nicht erreicht würde. So ist es mir offenbar -nicht erlaubt, ein Stück Papier zu beschreiben, oder mit Zeichnungen -zu bedecken, welches fremdes Eigentum ist. Man könnte also keinen -Brief schreiben und viele andere persönliche Zwecke nicht erreichen, -wenn man immer nur über das verfügen dürfte, was man zu seiner -Ernährung verzehrt. Daraus folgt nun, daß eine gewisse Menge von sehr -mannigfaltigen Gütern zur Verteilung unter die Bevölkerung zu dem -Ende gelangen muß, damit der Einzelne damit machen kann, was er für -gut hält. Doch soll der Staat auch an diesen Stoffen und den daraus -hergestellten Dingen eine Art von Obereigentum behalten, damit keine -dem Staatswohl zuwiderlaufenden Zwecke verfolgt werden können und -damit der Staat in die Lage kommen soll, höhere Zwecke des Gemeinwesens -auch mit diesen Gütern zu verfolgen, wenn ein Anlaß vorliegt. So soll -er auf Briefe, die von einer historisch berühmten Persönlichkeit -herrühren, eine Art von Vorrecht haben, desgleichen auf Bilder, -Statuen, Manuskripte, die von einem Einzelnen nicht berufsmäßig, -also für Rechnung des Staates, sondern im freien Schaffen gemalt, -modelliert und verfaßt worden sind, insofern es im Gesamtinteresse -liegt, daß selbe erhalten, verwahrt und Allen zugänglich gemacht werden -können, was immerhin nicht ausschließt, daß das Privat=gebrauchs=recht -auf eine oder mehrere Generationen unbeschadet jenes Obereigentums -geduldet werden kann. Nur das Recht der Zerstörung könnte der -Staat verwehren, wenn ein wirklicher Wert geschaffen wurde und die -Staatsverwaltung das Obereigentum geltend zu machen erklärt hat. Auch -ist es unzweifelhaft, daß auf dem oben bezeichneten Wege auch Stoffe -zur Verteilung gelangen werden, welche man außerberuflich zu chemischen -Versuchen verwendet. Würden aber Gifte oder Explosivstoffe auf diese -Art hergestellt werden und ein schädlicher Gebrauch zu besorgen sein, -so muß dem Staate das Recht der Konfiskation der verteilten Stoffe -und der daraus hergestellten Produkte auf Grund seines Obereigentums -zustehen. Für die zur Verteilung gelangenden Stoffe, Mal- und Zeichen- -oder Schreibrequisiten, Gespinnste, Gewebe, Holz, Metalle, gesammelte -Naturprodukte, auch selbstgesammelte, schlage ich den Ausdruck -Konsumtibilien vor, weil den damit Beteiligten der Verbrauch freisteht, -obschon das Staatseigentum nie erlischt. Von dieser Verteilung wird in -VIII, 5, ausführlicher gesprochen. - -Diese Art des Staatseigentums und beziehungsweise Staatsobereigentums -bietet eine große Menge von Vorteilen. Der Eigentümer einer Sache -ist in einem solchen Staate nie zweifelhaft und darum ist Diebstahl -und Veruntreuung, außer zum persönlichen Verbrauche in ganz kleinen -Mengen, unmöglich. Der ganze Handelsumsatz -- nämlich durch Kauf und -Verkauf -- ist überflüssig und dadurch werden viele hunderttausende, -ja Millionen von Arbeitskräften für wichtigere Zwecke frei. Die -Benützung materieller Mittel zu verbrecherischen Zwecken wird -außerordentlich erschwert, wenn sie gleich nicht ganz unmöglich gemacht -werden kann. Endlich trifft jeder Zufall den Eigentümer, daher dieser -Grundsatz des ausnahmslosen Staatseigentums als Versicherung für den -Gebrauchsberechtigten wirkt, ein zufälliger Gewinn aber immer der -Gesamtheit zustatten kommt. - -Es wird sehr genau gezeigt werden, daß keine Art von wünschenswerter -Verteilung für Gebrauchs- und Verbrauchszwecke durch diese Grundsätze -erschwert oder vereitelt wird, vielmehr ist alles viel beweglicher, -jeder nicht gemeinschädliche Privatzweck viel leichter erreichbar -als dort, wo jeder Gebrauch oder Verbrauch eine Erwerbung und -Eigentumsübertragung voraussetzt. - -Eine besondere Sorgfalt wurde der Untersuchung der Frage gewidmet, wie -die Rechnungslegung und die Sicherstellung der gesetzmäßigen Gebarung -mit dem Staatseigentum und dem Staatseinkommen durchzuführen wäre und -es ist dieser Gegenstand in einem besonderen Kapitel erörtert worden. -Mit dem Geldverkehre hört auch die Geldverrechnung auf und es vertritt -die statistische Tabelle die Stelle unserer heutigen Kassenjournale. -Doch ist eine tägliche Statistik, wie sie von mir vorgeschlagen und in -VI, 8, e, exemplifiziert wird, nicht =nur= Statistik, also Feststellung -wirtschaftlicher Werte bei Ablauf einer längeren Periode, sondern -zugleich Ermittlung der kleinsten Bewegungsstufen. Sie verhält sich -zur heutigen Statistik wie das Journal zur Bilanz. Es wurde geprüft, -ob die Statistik aller schnell verbrauchten Güter, wie Milchprodukte, -Eier und das Fleisch geschlachteter Tiere, durch statistische Tabellen, -und zwar im Zusammenhange mit einer Statistik der Verteilung der -Bevölkerung dergestalt durch den Druck veröffentlicht werden könnte, -daß alle Produktion und Verbrauch dieser Güter =täglich allgemein -bekannt gemacht wird= und zwar in einem solchen Zusammenhange mit -dem Nachweise des Verpflegstandes einer jeden Gemeinde und eines -jeden Quartiers, daß jeder Volksgenosse sich über die Rechtmäßigkeit -dieser Verteilung jederzeit orientieren kann. Doch hat eine genaue -Prüfung, die ich mir jederzeit habe angelegen sein lassen, ergeben, -daß eine solche =tägliche= Veröffentlichung in einem Maße, daß jeder -Volksgenosse die Verteilung selbst prüfen kann, wahrscheinlich doch -einen zu großen Papierverbrauch zur Folge hätte. Man kann nämlich -ziemlich genau statistisch feststellen, wieviel das Volk pro Kopf und -Jahr im Ganzen an Papier verbraucht und wieviel davon durch solche -Veröffentlichungen verbraucht würde. Da zeigt sich nun, daß eine solche -Veröffentlichung in jenem Ausmaße, wie es wünschenswert erschiene, -vielleicht eine allzu große Belastung des Papierbudgets ergeben -könnte, daher zwar vorgeschlagen wird, daß für die Verwaltung und die -Bevölkerung eines jeden Bezirkes die statistischen Ausweise dieser -Art täglich abgeschlossen und schriftlich zur Prüfung aufgelegt werden -sollen, daß aber, wenn eine tägliche Veröffentlichung dieser Statistik -des Papierverbrauches wegen sich als untunlich erweisen sollte, nur die -Kreis-, Provinz- und Reichsstatistik täglich, die Bezirksstatistik aber -nur von Woche zu Woche allgemein und durch den Druck veröffentlicht -werden sollen. Das Nähere hierüber enthalten die Abschnitte VI, 7 und 8 -über das Zeitungswesen und die Statistik. - -Zum Zwecke der Beurteilung der Administration und des Arbeitsaufwandes -für Verwaltung, Erziehung, Volksunterricht und das Sanitätswesen -wurde angenommen, daß die Landgemeinden auf einen Bevölkerungsstand -von beiläufig tausend Köpfen gebracht, größere Gemeinden und Städte -aber in Quartiere von einer Bevölkerungszahl von beiläufig tausend -Köpfen geteilt werden sollen. Diese Verteilung der Bevölkerung und die -Verringerung der eigentlichen städtischen Bevölkerung auf höchstens -2-3% der Gesamtbevölkerung ist von unermeßlichen Vorteilen für die -Hygiene, die Landwirtschaft, die Verwaltung, die Volkserziehung, -den Volksunterricht und die Ökonomie. Und daraus ergibt sich nun -auch eine sehr genaue Übersicht, wieviele Personen in jenen Berufen -anzustellen sein werden und wie groß die Arbeitslast für die einzelnen -Angestellten sein wird. Nun ist zwar der angenommene Bevölkerungsstand -der Gemeinden und Quartiere keineswegs pedantisch festzuhalten, und -er wird auch innerhalb gewisser Grenzen schwanken, allein es wird -sich ergeben, daß der Verwaltung vielerlei Auswege zu Gebote stehen, -um eine sehr empfindliche Verschiebung hintanzuhalten. Die Aufhebung -des Privateigentums, welches den Domizilwechsel sehr erschwert, der -gemeinsame Staatsbetrieb und die leichtere Versetzbarkeit der nicht -produktiven Bevölkerung, dann die Notwendigkeit, in einem Staate -von 45 Millionen Bewohnern (ich nehme die Verhältnisse Österreichs -zur Grundlage) alljährlich dem Volkszuwachse entsprechend mindestens -200-300 Ortsgemeinden neu aufzubauen, werden immer eine Ausgleichung -des Bevölkerungsstandes der einzelnen Gemeinden und Quartiere -ermöglichen, wo es für die Verwaltung =ein Bedürfnis= ist. - -Die Notwendigkeit, alle Wohnungsansiedelungen nach und nach für die -Zwecke der Kollektivwirtschaft umzubauen, muß ins Auge gefaßt werden -und es ist davon in VI, 2, die Rede. Die Versorgung eines großen -Bruchteiles der Bevölkerung, welcher heute verkümmert und bei uns mehr -in Ställen haust, als in menschlichen Wohnungen, mit Wohnhäusern, die -Anpassung der Landwirtschaft an den Kollektivbetrieb, die Assanierung -vieler vernachlässigter Gemeinden, macht ohnehin viele Neubauten -notwendig und, da die Umwandlung unserer Gesellschaftsordnung auch -nur nach und nach erfolgen und die Übergangsperiode auf 40-100 Jahre -veranschlagt werden kann, so ist der notwendige Bauaufwand wohl -zu bestreiten, besonders da viele verwendbare Baumaterialien und -Baubestandteile beim Abbruche der alten Bauten gewonnen werden. Hat -Nordamerika in weniger als hundert Jahren Wohnungen für 70 Millionen -Menschen bei rasch steigender Volkszahl und ohne Abbruchmaterialien -schaffen können, so muß ein Staat von 45 Millionen bei verhältnismäßig -stationärem Bevölkerungsstande den Bauaufwand für die notwendige -Umgestaltung in ein bis zwei Generationen aufzubringen vermögen. Der -Bauaufwand wird im kollektivistischen Staate dann aufzubringen sein, -wenn die Verwaltung ohne Vernachlässigung anderer Produktionszweige -so viele Prozente der verfügbaren Arbeitskräfte im Bauwesen verwenden -kann, als zur Bewältigung der festgesetzten Bauarbeiten innerhalb der -angenommenen Umgestaltungsperiode erforderlich sind. - -Die Forderung, daß der Staat zum Kollektivismus übergehe, wird -nicht aus Gefühlsduselei und Mitleid, aus Gerechtigkeitsgründen, -aufgestellt, =sondern aus volkswirtschaftlichen und staatspolitischen -Erwägungen und im Interesse der Kultur und des Fortschrittes=. Es -wird nur die Aufopferung eingebildeter Interessen gefordert und ich -erwarte sie nicht von der Güte der Einzelnen. Der Staat soll nur -die wirtschaftliche Macht schonungslos gebrauchen, die er bereits -besitzt, und er wird ohne Rechtsbruch zur Omnipotenz gelangen. Die -Rechtskontinuität muß gewahrt, die revolutionäre Umgestaltung muß -verhindert, jede Gewalt ohne Schwäche unterdrückt werden, aber Aufgabe -der Regierungen ist es, die hier angegebenen Ziele anzustreben. Die -Staatsmänner, welche diesen Zielen zustreben, werden sich ebenso sicher -finden, wie es nicht fehlen konnte, daß sich Staatsmänner fanden, die, -den Fürsten zum Trotze, die Einheit der deutschen Nation herbeiführten. - -Wer dieses Buch liest, wird sich überzeugen, daß unsere -Gesellschaftsordnung eine Maschine mit einem lächerlich hohen -Reibungskoeffizienten ist. - -Die Rechtsgrundsätze, von welchen ich für die =Umgestaltung= ausgehe, -sind folgende: - -Die Besitzenden, welche durch Mißbrauch ihres wirtschaftlichen -Übergewichtes Reichtümer angesammelt und die Besitzlosigkeit der -Massen herbeigeführt haben, können sich nicht darüber beschweren, -wenn der Staat seinerseits ihnen gegenüber sein wirtschaftliches -Übergewicht zur Geltung bringt und sie so expropriert, wie sie andere -expropriert haben. Ihr wirtschaftliches Übergewicht konnten sie -niemals erlangen, ohne Gesetze, welche die Staatsgewalt zu gunsten -des freien Vermögenserwerbes[1], zum Schutze des Privateigentumes -und zur Begründung eines Erbrechtes erlassen hat. Diese Gesetze zu -ändern, ist der Staat jederzeit berechtigt und dadurch kann der Prozeß -der Verstaatlichung des Besitzes beschleunigt werden. Wenn damit -nur stufenweise und langsam vorgegangen wird, so hat das nicht darin -seinen Grund, daß in einer sofortigen Einziehung des Besitzes gegen -zeitlich beschränkte Renten eine Rechtsverletzung läge, sondern daß es -nicht im Interesse des Staatswohles gelegen wäre, den Umbildungsprozeß -zu übereilen. Jede Art von Besteuerung bildet eine Verkürzung von -Privatinteressen und Privatbesitzrechten. Im öffentlichen Interesse -wurde das Besteuerungsrecht doch seit Jahrtausenden geübt und -die progressive Einkommensteuer, welche man längst für statthaft -erkannt hat, zeigt einen der vielen Wege, welche zur Erreichung des -angestrebten Zieles, die wirtschaftliche Macht des Staates auf Kosten -der Besitzenden zu erweitern, führen können. - - [1] Plato fordert die Beschränkung des freien Vermögenserwerbes - als eine erste Forderung der sozialen Wohlfahrt. Aber auch - viele Gesetze, welche die Beherrschten in Griechenland und - in Rom ertrotzten, waren auf Beschränkung des Rechtes des - Bodenerwerbs, auf Neuverteilung des mobilen Besitzes, auf - Schuldentilgung gerichtet und Julius Cäsar erließ durch - ein Gesetz den ärmeren Bürgern die Miete, welche sie für - ihre Wohnungen den Hausbesitzern schuldeten. - -Das sind die Rechtsgrundsätze, welche für die Umwandlung der -sozialen Zustände maßgebend sind. Diese Umwandlung ist kein Bruch -mit der Vergangenheit, sondern eine Entwickelung und Fortbildung der -bestehenden Zustände. Sie führt auch nicht im eigentlichen Sinne zur -=Aufhebung= des Privateigentums, wohl aber zu dessen =Aufsaugung= -zugunsten des wirtschaftlich Stärksten, des Staates und zur Erreichung -der höchsten ethischen Ziele und der Erfolg dieser Aufsaugung ist die -Zurückgewinnung eines verhältnismäßigen Anteiles am Volksvermögen für -jedes einzelne Mitglied der Gesellschaft. - -Die Rechtsgrundsätze für die kommende Zeit der Staatsomnipotenz, -welche der Verteilung von Arbeit und Gütern zugrunde liegen, sind -folgende: Wer Mitglied der staatlichen Gesellschaft werden und bleiben -will, und für die der staatlichen Erziehungsgewalt unterworfene -Jugend wird das vorausgesetzt, muß die Grundlagen dieser Gesellschaft -anerkennen und sich ihnen unterordnen. Wer aufhören will, dieser -Gesellschaft anzugehören, muß entweder auswandern, oder seinen Anteil -am staatlichen Gesamtbesitze absondern. Letzteres kann er nicht -wünschen, weil er neben einem so mächtigen wirtschaftlichen Körper -eine Sonderexistenz umsoweniger führen kann, als er von Jugend auf -an das Wohlleben des Kollektivismus gewöhnt ist. Eine Frage wäre, ob -man Auswanderern eine ihrem Anteil am Gesamtvermögen entsprechende -Summe hinauszahlen solle. Das Maß dieser Abfertigung könnte nach -Altersstufen und Berufskategorien in einen Tarif gebracht werden. -Diese Auseinandersetzung würde aber gesetzlich geregelt und ein -privatrechtlicher Anspruch niemals anerkannt werden. Die Hinauszahlung -einer Summe an =Auswanderer= wäre kein Bruch mit dem Prinzipe der -Naturalwirtschaft, die nur auf dem Territorium des Kollektivstaates, -nicht für seinen Verkehr mit auswärtigen Staaten gilt. Die Geldmittel -erwirbt der Kollektivstaat durch den Warenhandel mit Staaten, welche -Geldwirtschaft haben und durch den Fremdenverkehr mit Angehörigen -solcher Staaten. Wird es in Zukunft solche Staaten überhaupt nicht -mehr geben oder mit solchen kein auf Erwerb gerichteter Verkehr mehr -unterhalten, so könnte eine Abfertigung von Auswanderern nie anders, -als durch Zuweisung beweglicher Sachen erfolgen. - -Unter solchen Umständen, welche sowohl die Absonderung in -vermögensrechtlicher Beziehung als die Auswanderung mit Anspruch auf -Abfertigung ermöglichen, kann von einer Vergewaltigung oder unbilligen -Abhängigkeit, wie sie heute der Besitzlose zu tragen hat, niemals die -Rede sein. - -Für jene, die Staatsbürger sind und bleiben wollen, gelten folgende -Verteilungsgrundsätze: - -Da der verhältnismäßige Anteil des Einzelnen am Gesamtvermögen ohne -Arbeit zur Deckung des Lebensunterhaltes weitaus ungenügend ist, ist -jeder zur Arbeit verpflichtet, um zur Deckung des Gesamtaufwandes -beizutragen. An die Stelle der Steuerpflicht tritt im Kollektivstaat -die Arbeitspflicht. Die Erfüllung dieser Arbeitspflicht wird erzwungen, -wie der Militärdienst. Das Ausmaß der Minimalarbeitsschuldigkeit, sagen -wir achtstündige Arbeit an 300 Tagen im Jahre, und die Verteilung -der verschiedenen Arbeiten nach den Kräften und der Befähigung der -Arbeitsfähigen erfolgt nach dem Gesamtwillen. Der Einzelne wird, da er -nicht Eigentümer der Produktionsmittel, insbesondere der Naturquellen -ist, auch nicht Eigentümer der durch seine Arbeit hervorgebrachten -Güter. Diese fallen dem Staate zu, der sie zum Verbrauche, -beziehungsweise zum Gebrauche unter die Mitglieder der Gesellschaft -verteilt. Auch diese Verteilung erfolgt nach dem Gesamtwillen. Alle -Glieder der Gesellschaft haben zunächst, ob sie arbeiten können oder -nicht können, auch wenn sie von der Arbeit befreit sind, ein Recht auf -naturalwirtschaftliche Befriedigung aller ihrer Bedürfnisse nach dem -durch den Gesamtwillen festgesetzten Maßstabe. Ebenso werden alle jene -Kategorien von Arbeiten festgesetzt, welche der Staat von jedermann zu -beanspruchen berechtigt ist und jene, welche ein Sonderübereinkommen -zwischen dem Staat und den Arbeitern voraussetzen, sei es, daß die -Gefahren und Belästigungen einer Arbeit Anspruch auf Begünstigungen -gewähren, oder daß sich nicht jeder zu einem Berufe eignet. Im ersten -Falle werden den Berufen solche Begünstigungen eingeräumt, daß sich -eine genügende Anzahl von Freiwilligen meldet, im zweiten Falle setzt -der Staat die Bedingungen fest, unter welchen man die Zulassung zu -einem bestimmten Berufe erlangen kann, so z. B. Prüfungen, längere -erfolgreiche Vorbereitung oder Befähigungsnachweis. - -Von der staatlich geregelten Arbeit befreit sind folgende Kategorien -von Volksgenossen: - -1. =Die Arbeitsunfähigen.= Arbeitsunfähig sind die Kinder, die Kranken -und die Gebrechlichen aller Altersstufen. Diese Arbeitsbefreiung -ist aber eine begrenzte, denn der Kollektivstaat wird Viele -in seiner großen Organisation verwenden können, die in unserer -Gesellschaftsordnung wegen Gebrechen keine Arbeit finden. - -2. =Die Pensionierten.= Von der staatlich geregelten Arbeit befreit -sind nach dem vom Gesamtwillen festgesetzten Maßstab alle jene, -welche in ihrem Beruf die vorgeschriebene Altersgrenze erreicht haben, -wenngleich sie noch arbeitsfähig sind. - -3. Auch =durch Geburt oder Verdienst= kann die Befreiung von jeder -staatlich geregelten Arbeit erlangt werden. Nach besonderen Gesetzen -können hervorragende Verdienste um das Volk auch vor Erreichung der -Altersgrenze mit Befreiung von aller staatlich geregelten Arbeit -belohnt werden. Das gilt insbesondere von sehr erfolgreichen Dichtern, -Künstlern, Forschern und Erfindern. Die Einräumung dieser Befreiung -erfolgt in der Regel durch die Staatsverwaltung, aber die Gesetze -können auch anders darüber verfügen und nach einem gewissen Turnus den -Gemeinden, oder Bezirken oder Kreisen die Befugnis einräumen, solche -Begünstigungen von Zeit zu Zeit je einer Person zu erteilen. - -Wer von Geburt aus von jeder geregelten Arbeit befreit ist, wird -gleichfalls durch die Gesetze bestimmt. Diese Begünstigung kann -durch die Gesetze eingeräumt werden den Mitgliedern einer Dynastie, -den Mitgliedern einer Anzahl von adeligen Familien, den Personen, -welche zur Beschleunigung des Umwandlungsprozesses ihr Vermögen von -einer gewissen Ausdehnung vor der Zeit abgetreten haben und ihren -Nachkommen. Die Gesetze können bestimmen, daß die durch Geburt -erworbene Arbeitsbefreiung an gewisse Beschränkungen gebunden ist und -daß sie nur einer beschränkten Anzahl von Nachkommen zustatten kommt, -sodaß z. B., wenn die Familienmitglieder der Dynastie über eine gewisse -Anzahl anwachsen, den überzähligen Mitgliedern diese Begünstigung -entzogen wird, sowie, daß nur jene Nachkommen der dynastischen Familie -diese Begünstigung genießen können, die einer monogamen Ehe zwischen -besonders geeigenschafteten Personen entspringen und dergl. - -Die Monarchie ist mit dem Kollektivismus durchaus vereinbar, -vorausgesetzt, daß auch die Dynastie dem allgemeinen Gesetze der -Eigentumslosigkeit und der Naturalwirtschaft unterworfen ist und daß -ihre verfassungsmäßige Stellung der Volkssouveränität keinen Abbruch -tut. - -Die Aufrechterhaltung der Monarchie wird sich insbesondere dort -empfehlen, wo sie zur Aufrechterhaltung der staatlichen Einheit -notwendig erscheint. Damit im Zusammenhange kann auch der Fortbestand -einer Anzahl hochadeliger Familien entsprechend erscheinen, besonders -dann, wenn die Dynastie und jene Familien, welchen die Adelsqualität -zuerkannt wird, den Übergang in die neue Ordnung begünstigen, Staat -und Volk zu repräsentieren geeignet und sie den sozialen Frieden -zu schirmen bereit sind. Die ihnen zukommenden sozialen Funktionen -werden verfassungsgemäß zu ordnen sein. Die Gesetze können auch da -verhindern, daß die dem hohen Adel angehörigen Personen eine gewisse -Anzahl entweder in den einzelnen Familien oder im Ganzen übersteigen, -wenn sie bestimmen, daß die über diese Zahl geborenen Nachkommen der -Adelsvorzüge nicht teilhaftig werden. Daß der Dynastie und dem Hochadel -in einem Kollektivstaate ästhetische Aufgaben und eine soziale Stellung -eingeräumt werden können, welche im Interesse des gesamten Volkes -liegen und weder seiner Wohlfahrt noch seiner Freiheit abträglich -werden können, glaube ich in meinem Roman »Österreich im Jahre 2020« -klar gezeigt zu haben. - -Was die Personen und die Nachkommen jener Personen anbelangt, die nach -obigen Grundsätzen sich die Arbeitsbefreiung und demnach auch einen -prozentualen Anteil an Gütern und Genüssen für sich und ihre Nachkommen -gewissermaßen erkaufen, so wird diese wohl nur für eine gewisse Zahl -von Generationen bewilligt werden und dann erlöschen. Ihre Stellung -und die der monarchischen Familie und der Familien des Hochadels zum -Volke wäre eine verschiedene. Die letztgedachten Familien hätten eine -soziale Funktion zu erfüllen, die Nachkommen der Geldaristokraten aber -nicht, ihre Freiheit wäre absoluter. Darum würde diese Freiheit immer -unerträglicher werden, während die Ausnahmsstellung jener Familien, -wenn sie ihren Aufgaben gewachsen sind, immer mehr gerechtfertigt -scheinen wird. - -Der Rechtsgrundsatz der Festsetzung eines sehr hoch gegriffenen (etwa -90%igen) Versorgungsminimums für alle, auch die Arbeitsunfähigen, -rechtfertigt sich aus einem Versicherungsbedürfnisse der -Arbeitsfähigen, welche den Verlust ihrer Arbeitsfähigkeit jederzeit -zu fürchten haben. Die Opfer, die sie aus dem Ertrage ihrer Arbeit für -Arbeitsunfähige zu bringen haben, dienen also als Versicherungsprämie. -Aus demselben Grundsatze ist die Versorgung der Kinder und Alten -gerechtfertigt, denn die Arbeitsfähigen haben Ersatz zu leisten für -den eigenen Unterhalt und Erziehung in der Jugend durch die Tragung des -Versorgungs- und Erziehungsaufwandes für die nachwachsende Generation -und in der Versorgung der Alten leisten sie die Prämie für die eigene -Altersversorgung. Zur Versorgung der heranwachsenden Jugend haben nicht -nur die Eltern, sondern gleichermaßen die Kinderlosen beizutragen, -weil auch diese von der heranwachsenden Generation Altersversorgung -beanspruchen werden. Noch mehr Grund haben die Massen zur Entlohnung -der Hochverdienten, da sie die Früchte ihrer Leistungen genießen. -=Darum ist aber auch von einer Ausbeutung der Starken durch die -Schwachen keine Rede.= - -Trotz des sehr hoch gegriffenen Versorgungsminimums ist die Verteilung -so einzurichten, daß ein prozentuell zu bestimmender Teil des -Jahresproduktes und der persönlichen Dienstleistungen zur Entlohnung -höherer Verdienste, auch gemeiner Art, verwendet wird. Das wird am -besten in der Form der Schaffung von Dienstkategorien geschehen, -in welche man im Beförderungswege einrücken kann. Da keine anderen -Verdienste anerkannt werden, als solche, die dem gesamten Volke zum -Vorteil gereichen, so hat jeder Einzelne ein egoistisches Interesse, zu -dieser Entlohnung beizutragen. Es ist demnach auch keine Rede von einer -mechanischen Gleichheit zwischen allen Gliedern der Gesellschaft und -diese gehört auch nicht zum Wesen des Kollektivismus und zwar gerade -aus dem Grunde, weil die geplante Vermögensverwaltung das Wohl =Aller= -zu verwirklichen hat. - -Der Kollektivismus beschränkt sich nicht auf die Produktion und -Verteilung von Sachgütern, sondern er hat auch die Aufgabe, alle -Arten persönlicher Dienstleistungen sicher zu stellen und die -Sachgüterproduzenten und jene, die persönliche Dienste zu leisten -haben, in ein richtiges gegenseitiges Verhältnis zu bringen. - -Da jeder Einzelne von allen Berufsklassen Vorteile empfängt, wenn -ihm das auch oft nicht zum Bewußtsein kommt, so ist er auch allen -verpflichtet und den Austausch von Gütern und Dienstleistungen in einem -richtigen Verhältnisse zu ordnen, ist eine Hauptaufgabe der staatlichen -Verteilung. Das richtige Maß der Verteilung festzustellen dient als -Hauptgrundlage die ununterbrochene Ermittelung der Sterblichkeit in den -verschiedenen Berufsklassen. - -Da der Staat alle Kinder versorgt, steht ihm auch das Recht zu, auf -Ehe und Kindererzeugung gesetzgeberischen Einfluß zu üben und die -Fortpflanzung degenerierter und krankhafter Individuen zu unterdrücken. -Das wird in jenem Ausmaße zu geschehen haben, welches einer mäßigen -Vermehrung der Bevölkerung nicht im Wege steht. - -Es ist hier kein Grundsatz aufgestellt, der richtig angewendet nicht -im Interesse eines jeden einzelnen Mitgliedes der Gesellschaft läge. -Da alle Güter an den Staat abgeliefert und alle Güter von ihm verteilt -werden und nirgends die vermeintliche Äquivalenz im Austausche zwischen -den Einzelnen, sondern allgemeine Verteilungsgrundsätze für den -Gütertausch maßgebend sind, entsteht eine enorme Vereinfachung der -Umsatz=arbeit=, wie insbesondere bei der Betrachtung der Funktionen der -Verteilungsbeamten und bei der Erörterung der statistischen Verrechnung -zur Evidenz gebracht werden wird. (Siehe V. 1, _Alinea_ »Dieser Beamte« -und VI. 8.) - -Das Schlagwort Utopie hat hier keine Berechtigung. Insofern es sich -um Zustände handelt, die nirgends und niemals waren, ist zwar, was ich -fordere, ein Nirgendwo, allein das gilt von allem, was die Entwicklung -bringt. Seit noch nicht hundert Jahren haben wir Eisenbahnen, -Telegraphen, elektrische Wunderwerke, die niemals vorher waren. Darum -wurde das Alles doch verwirklicht. Wer aber dergleichen hundert Jahre -vorher versprochen hätte, wäre ein Utopist gewesen, weil er nicht -wissen konnte, welche damals noch geheimen Kräfte die Erde birgt und -wie sie den Menschen dienstbar gemacht werden können. Allein was ich -verspreche, ist lediglich vom Willen der Menschen abhängig. Es setzt -keine neuen Wunder der Erfindung voraus, und rechnet auf nichts, was -nicht durchführbar wäre und es handelt sich nur um die Frage, ob wir -Grund haben, die Ausführung alles dessen, was ich empfehle, zu wollen -und ob es möglich sein wird, die widerstrebenden Elemente, welche heute -allerdings die Macht in der Hand haben, zu überwinden. Diese Frage wird -dort beleuchtet werden, wo die Wege besprochen werden, die in das neue -Land führen. - -Die großen Verbrechen unserer Zeit, die politische Zersetzung, die sich -überall, am stärksten in Österreich, bemerkbar macht, die furchtbaren -Hilfsmittel, welche staatsfeindliche Elemente zur Verfügung haben, ich -erinnere nur an die Zerstörungen in Salonichi im April 1903, beweisen, -daß neue Organisationen notwendig sind, will man die heutige Kultur -beschützen. So werden die Gedanken der Staatsmänner auf das gebracht -werden, was in dem von mir angedeuteten Sinne liegt. - -Zuerst folgt eine Besprechung der Verfassung und der Regierungsform, -der dauernden Einrichtungen mit Inbegriff der Populationsgesetze, -der Volkserziehung und des Volksunterrichtes, dann aller Zweige der -Verteilung der Arbeit, Güter und persönlichen Dienstleistungen. Sohin -erst sollen Vorteile und Nachteile des Kollektivismus erörtert werden -und zuletzt werden die schon jetzt erkennbaren Mittel vorgeschlagen, -welche die Umwandlung der Zustände bezwecken. - -Die umständliche Erörterung der dem Kollektivismus angepaßten -Organisation ist darum erforderlich, weil man sich klar werden muß, -ob ein so großer Wirtschaftskomplex rationell verwaltet werden kann. -Ist der Kollektivismus ausführbar und welche Umgestaltungen müssen -vorausgehen? - - - - -II. - -Das kollektivistische Rechtssubjekt. - - -Nicht leicht gibt es auf irgend einem Gebiete des menschlichen -Lebens so viel Unklarheit, wie auf dem Gebiete des Sozialismus. Die -Sozialisten wollen offenbar Produktion und Verteilung andere Grundlagen -geben, aber bestimmte Formen hat die Vorstellung von der zukünftigen -Gesellschaftsordnung nicht angenommen. Besonders ist der Begriff der -»Gesellschaft«, den man mit dem Begriffe »Staat« in Gegensatz setzt, -etwas ganz Nebelhaftes. Eine bestimmte Gestaltung hat die Gesellschaft -nur in den Köpfen der Freiländer angenommen. Sie fordern die Fortdauer -des Staates und sagen, der Staat müsse alle Produktionsmittel in seine -Gewalt bringen, Eigentümer aller Produktionsmittel werden, er dürfe -aber nicht selbst produzieren, sondern müsse die Produktionsmittel -den frei gebildeten Assoziationen zur Bewirtschaftung überlassen. Nur -für einige Produktionszweige gestatten die Freiländer die staatliche -Produktion und das Charakteristische der Freilandstheorie ist der -freie Anschluß eines jeden Individuums an eine oder mehrere der -bestehenden Genossenschaften. Solche Ideen haben auch manche Anhänger -des Anarchismus und manche sozialdemokratischen Theoretiker scheinen -auch an eine genossenschaftliche Organisation der Bewirtschaftung der -Produktionsmittel zu denken. Andere wieder scheinen sich die Kommune -oder Ortsgemeinde als souveräne wirtschaftliche Einheit zu denken. -Menger[2] geht von der Anschauung aus, die Vertreter der Ersetzung des -Staates durch die Gesellschaft meinten, daß alle Arbeitsorganisationen -aus Verträgen hervorgehen, und daß also die Gesetze durch Verträge -ersetzt werden sollen. - - [2] »Menger, Neue Staatslehre« pag. 226. Er spricht zwar - an dieser Stelle nur von den Anarchisten, aber es ist - klar, daß das von allen Wirtschaftsformen gilt, welche - genossenschaftliche Organisation zur Grundlage haben. - -Dieser Ruf, der Staat solle durch die Gesellschaft ersetzt werden, -beruht auf einem Grundirrtum der Sozialisten. Sie wollen dadurch -die Freiheit allen Gliedern des Volkes sichern. Allein solange es -ein Staatsterritorium, das heißt ein begrenztes Gebiet, auf dem -sich das wirtschaftliche Leben abspielt, gibt, gibt es einen Staat. -Der Staat hat Grenzen, er hat heimatsberechtigte Bewohner, er hat -eine Gesetzgebung, welche sich auf das Staatsgebiet und dessen -Bewohner erstreckt und dann ist der Staat in der Regel unabhängig -von allen äußeren Mächten. Obgleich für eine sehr ferne Zukunft -die Möglichkeit eines Allerweltskommunismus nicht geleugnet werden -soll, kann zunächst an nichts anderes gedacht werden, als an eine -Veränderung der Gesellschaftsordnung und der Eigentumsordnung auf dem -Gebiete eines oder mehrerer Staaten und darum ist die Erhaltung der -Staaten im Interesse des sozialistischen Ideals und der vernünftige -Sozialist bekämpft die vom Staate unabhängige wirtschaftliche Macht, -nicht den Staat, der dazu berufen ist, in Zukunft den Sozialismus zu -verwirklichen und die sozialistische Wirtschaft zu betreiben. - -Die unklaren Köpfe, die über Sozialismus reden und schreiben, wollen -den Staat abschaffen, weil sie sehen, daß die Gesetze nicht für Alle, -sondern nur für die herrschenden Klassen gemacht sind. Darum glauben -viele, die Anarchisten, daß die Abschaffung der Gesetze genüge, um der -Ungerechtigkeit ein Ende zu machen. Die Gesetze sollen nun allerdings -nicht im Interesse der herrschenden Klassen und Individuen gemacht -werden, aber auch die Freiheit Aller hat die Herrschaft von Gesetzen, -wenn auch anderer Gesetze zur Voraussetzung. Absolute Freiheit Aller, -Anarchismus, ist schon wirtschaftlich unmöglich. - -Bebel und andere Sozialisten meinen, der Staat sei bloß im Interesse -des Privateigentums geschaffen worden und habe nur ihm zu dienen, daher -er gegenstandslos sei, sobald das Privateigentum aufhöre. Allein der -Staat hat schon lange aufgehört, =nur= dem Privateigentum zu dienen. -Er ist auch schon zu einem Viertel kollektivistisch und hat auch die -Geschäfte der kollektivistischen Einrichtungen zu besorgen. Gar nichts -steht dem im Wege, durch den Staat selbst Alles in Gemeineigentum zu -verwandeln. Schon Aristoteles sagt, es sei eine falsche Auffassung -vom Staat, daß er keinen anderen Beruf habe, als die Privatrechte zu -beschützen und selbst Napoleon sagte: _Les lois ont pour but le bonheur -de touts._ Andere wieder glauben, die künftige Gesellschaftsordnung -könne nur international zur Herrschaft gelangen und das sei der Grund, -weshalb der Staat, eben weil er ein begrenztes Gebiet hat, verschwinden -müsse. Diese Anschauung ist aber falsch. Daß der internationale Verkehr -auch zwischen Staaten verschiedener Gesellschaftsordnung möglich ist, -wird in diesem Werke nachzuweisen sein. Ebenso gewiß ist, daß auch zwei -Staaten der gleichen Gesellschaftsordnung, zwei Kollektivstaaten, sich -verschiedene Wirtschaftsziele setzen können. Darum unterliegt es keinem -Zweifel, daß mit der kollektivistischen Gesellschaftsform die Trennung -der Völker in mehrere Staaten nicht nur nicht unvereinbar, sondern -für die nächste Zeit sogar unvermeidlich ist. Müßten alle Völker -der Erde, oder alle Völker eines Kontinentes, oder selbst nur alle -Individuen auf einem Staatsgebiete gleichzeitig zur kollektivistischen -Gesellschaftsordnung übergehen, so wäre dieser Übergang für alle Zeiten -unmöglich, weil die Änderung der Gesellschaftsordnung sich dann nicht -evolutionistisch vollzöge. - -Ich spreche demnach von Kollektivstaaten, vom Übergange einzelner -Staaten aus der heutigen Gesellschaftsordnung in die kollektivistische -Gesellschaftsordnung und werde dabei insbesondere das österreichische -Staatsgebiet und dessen besondere Verhältnisse ins Auge fassen. Daß ich -zunächst an Österreich denke, hat nicht nur seinen Grund darin, daß -ich Österreicher bin und das Gute zuerst für mein Vaterland wünsche, -noch darin, daß ich mit österreichischen Verhältnissen besser vertraut -bin, als mit denen anderer Länder und Völker, sondern ich wende das -kollektivistische Staatsideal deshalb zuerst auf Österreich an, weil -ich glaube, daß Österreich und die habsburgische Dynastie nur durch -den Kollektivstaat vor dem Untergange gerettet werden können, daß also -der Selbsterhaltungstrieb, der dem österreichischen Staatsgebilde -innewohnt, mit Notwendigkeit den Gedanken reifen muß, gewissermaßen -_in extremis_ dieses letzte Heilmittel zu versuchen. Die Krankheit -Österreichs wurzelt im Privateigentum, um welches sich in letzter -Auflösung alle politischen Kämpfe drehen. - -Meines Erachtens ist die politische Zersetzung Österreichs als -Bankerott der herrschenden Klassen in Österreich aufzufassen, diese -Klassen müssen als Gegner der Dynastie, als Gegner des Staatsganzen, -aber vor Allem als Gegner des produktiven Volkes erkannt werden. Sie -sind das zwar in allen Ländern,[3] aber nirgends sind sie in ihrer -gemeinschädlichen Tätigkeit so weit vorgeschritten als in Österreich -und nirgends halten sie sich so sehr gegenseitig das Gleichgewicht, -nirgends ist ihre Politik so festgefahren, wie bei uns, nirgends -ist ihre Gemeinschädlichkeit so für Jedermann evident. Der Kampf der -politischen Parteien frißt am Mark des Staates, führt zur Frechheit -gegen den Träger der Krone, bedroht die Dynastie und =zugleich= -schädigt er Bürger, Bauern und Proletarier durch Unterbindung der -Produktion, =daher Österreich nur gerettet werden kann durch eine -Allianz der Krone mit den beherrschten Klassen gegen die herrschenden -Klassen=, welche ihrer politischen Macht beraubt werden müssen, was -natürlich zur Untergrabung der wirtschaftlichen Macht dieser Klassen -führen muß.[4] - - [3] In einer zu Provincetown am 20. August 1907 gehaltenen Rede - sagte Präsident Roosevelt: Es muß entschieden werden, wer - unsere freie Regierung beherrschen soll, das Volk oder ein - paar rücksichtslose Männer, =deren Reichtum sie besonders - gefährlich macht=. - - [4] Diese Anschauungen waren längst im Manuskripte dieses - Werkes niedergelegt, als im Jahre 1906 sich die Allianz - zwischen Kaiser Franz Josef und der Masse des Volkes - vollzog. - - - - -III. - -Die Verfassung eines kollektivistischen Staates. - - -1. Allgemeines. - -Das natürliche Ziel der Entwickelung der Gesellschaft ist die -Volkssouveränität, von welcher man heute nur theoretisch spricht. -Sobald das Privateigentum und der Reichtum, also das wirtschaftliche -Übergewicht, Einzelner unterdrückt ist, gibt es keine Macht -mehr, welche sich dem Volke gegenüber behaupten könnte. Mit der -Volkssouveränität ist aber die Monarchie recht wohl vereinbar. Sie -würde bedeuten, daß die oberste Leitung der Staatsgeschäfte, wie sie -heute dem Staatsoberhaupte in den Kulturstaaten, seien diese Monarchien -oder Republiken, zusteht, einer Familie erblich übertragen ist und -vom Oberhaupt dieser Familie ohne persönliche Verantwortlichkeit -ausgeübt wird. Selbstverständlich wird die Regierungsgewalt des -Staatsoberhauptes in einem Kollektivstaate eine wesentlich andere -sein, als in einem Staate unserer Gesellschaftsordnung und auch das -Staatsoberhaupt wird, wie jeder andere Volksgenosse, mehr Freiheit zu -nützen, aber viel weniger Freiheit zu schaden haben, als heute. - -Vereinbar mit der Volkssouveränität ist die Monarchie dann, wenn die -monarchische Gewalt namens des Volkes ausgeübt, von ihm abhängig -erklärt wird und wenn das Volk das Recht hat, die Monarchie -abzuschaffen, den Monarchen abzusetzen, die Successionsordnung -abzuändern. Es ist höchst wahrscheinlich, daß sich die Monarchie, wo -sie heute besteht, wenigstens für eine Reihe von Generationen auch in -der neuen Gesellschaftsordnung dann erhalten wird, wenn die Dynastie -der Umwandlung der Gesellschaftsordnung Vorschub geleistet hat. Die -Befugnisse des Monarchen werden nach mancher Richtung sehr beschränkt -sein und die Hauptaufgabe des Monarchen wird nicht sein Anteil an -der Gesetzgebung und Verwaltung, sondern die soziale Repräsentation -des Volkes und Staates sein. Der Monarch wird die Personifikation des -Volkes und Staates darstellen und diese Stellung wird vorzüglich zum -Ausdrucke kommen bei großen Festlichkeiten und bei den obersten und -prächtigsten geselligen Vereinigungen, deren Mittelpunkt regelmäßig -der Monarch sein wird. Er und seine Familie werden eine oberste -Stellung einnehmen und damit er imstande sein soll, die umfassenden -repräsentativen Aufgaben zu lösen, welche der Monarchie gestellt -sind, wird zu prüfen sein, ob nicht eine kleine Zahl adeliger Familien -fortbestehen soll, die den Monarchen dabei unterstützen. Der Monarch, -seine Familie und der Adel, wenn ein solcher forterhalten wird, können -ebensowenig Privateigentum haben, wie irgend ein anderer Volksgenosse -und den Aufwand der Hofhaltung bestreiten sie aus den ihnen vom Volke -jährlich naturalwirtschaftlich angewiesenen Mitteln an Arbeitskräften -und Naturalien. Über diese Hofhaltung wird in IV, Näheres gesagt -werden. - - -2. Das souveräne Volk. - -Die bloße Erklärung, das Volk sei souverän, ist ohne allen Wert. -Man muß erst wissen, wer das Volk ist, da doch mindestens Säuglinge -keinen Anteil an der Souveränität haben können und man sich über -die Grenzen des Alters der Unselbständigkeit erst einigen muß. Auch -braucht jede Vereinigung von Menschen, die gemeinsame Zwecke verfolgen -soll, bestimmte Organisationsformen, die umso schwieriger zustande -kommen, je zahlreicher die Glieder einer solchen sind. Verfassungen -müssen daher immer oktroyiert werden und zwar entweder von einem -Monarchen, oder einer provisorischen Regierung, einem Diktator -oder einer konstitutionellen Versammlung. Darum kann hier dieser -Gegenstand nur theoretisch besprochen werden und die Verwirklichung -der Volkssouveränität wird einen Teil der Umgestaltungsarbeiten bilden, -welche die neue Gesellschaftsordnung herbeiführen sollen. - -Vor allem entsteht die Frage, wer bei der Fassung von Volksbeschlüssen -eine Stimme haben soll, und es scheint für den Zukunftsstaat -das Natürlichste, das Stimmrecht jedem männlichen und weiblichen -Volksgenossen einzuräumen, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, wenn -die Gesetze bestimmen, daß mit dem vollendeten 18. Lebensjahre die -Erziehungsgewalt der Familie und des Staates beendet und der junge -Mensch, sei es Mann oder Weib, selbständig ist. Bezüglich der Jugend, -welche dieses Alter noch nicht erreicht hat, könnten verschiedene -Grundsätze angenommen werden, sie könnte 1. ganz unvertreten bleiben, -2. ihre Vertretung könnte dem Monarchen oder sonstigem Staatsoberhaupte -eingeräumt werden, endlich 3. könnte man sie in die Hände der Eltern, -vielleicht nur der Mutter oder Wahlmutter legen. Dann hätten diese -Personen für sie die Stimme abzugeben. Pluralstimme. - -1. Die unselbständige Jugend könnte ganz unvertreten bleiben, weil -sie, noch ohne genügende Arbeitsleistung, dem Staate zur Last fällt -und weil sie, der Natur der Sache nach nicht jene Reife des Urteils -besitzt, die zur Ausübung des Stimmrechtes erforderlich ist. Nehme -man auch an, daß viele schon in einem früheren Lebensalter als mit 18 -Jahren verstandesreif sind, so müßte doch jedenfalls für den Beginn der -Selbständigkeit und des Stimmrechtes eine natürliche, leicht erkennbare -Grenze gezogen werden. Die Beschränkung der Erziehung auf das Alter -unter 18 Jahren wird in VII, 5, a, begründet werden. - -2. Wenn aber auch eine selbständige Ausübung des Stimmrechtes vor -vollendetem 18. Lebensjahre nicht zugestanden werden könnte, so käme -noch immer eine stellvertretende Ausübung des Stimmrechtes zur Wahrung -der Interessen der Jugend in Frage und eine solche könnte in zwei -Formen zur Einführung gelangen. Den modernen Monarchen hat man in der -Regel als den Vertreter aller jener Volksschichten zu betrachten, -welche in der Gesetzgebung nicht vertreten sind. Darum könnte -auch im Kollektivstaate diese Vertretung der Jugend dem Monarchen -oder dem sonstigen Staatsoberhaupte eingeräumt werden. Beträgt die -erziehungsbedürftige Jugend 40% der Bevölkerung und setzt man sie der -Bedeutung nach dem 10. Teile des Gesamtvolkes gleich, so könnte man -dem Monarchen oder Staatsoberhaupte zur Geltendmachung der Interessen -der Jugend gewisse, jener Bedeutung angemessene Vertretungsrechte -einräumen. Es wäre nicht zu empfehlen, ihm ein effektives Stimmrecht, -etwa in der Form einzuräumen, daß er bei Volksabstimmungen ein Zehntel -aller Stimmen abgeben könnte, weil eine solche Macht in einer einzigen -Hand vereiniget gefährlich wäre. Wohl aber könnte zur Geltendmachung -dieser Interessen ein beschränktes Vetorecht eingeräumt werden, etwa -so, daß ein Beschluß auf beschränkte Zeit sistiert werden könnte, oder -daß dem Monarchen ein Vetorecht dann zustände, wenn die Majorität nicht -mehr als fünf Neuntel aller Stimmen oder aller abgegebenen Stimmen -betrüge. - -3. Den Müttern oder Wahlmüttern, siehe darüber VII, 2, könnte, -wie gesagt, auch die Abgabe einer Stimme für ihre Kinder nach Art -der Pluralvoten unserer Zeit eingeräumt werden. Nachdem den Frauen -aber ohnehin schon die Hälfte aller Stimmen, ja bei den heutigen -Bevölkerungszahlen der männlichen und der weiblichen Bevölkerung, -erheblich mehr als die Hälfte aller Stimmen gebührt, so würden solche -Pluralvoten der Mütter, wenn sie für alle Abstimmungen zugestanden -würden, zu einer gefährlichen Überstimmung der männlichen Bevölkerung -führen. Man könnte sich aber wohl denken, daß ein proportional -berechneter Teil des Volkseinkommens für die Jugend ausgeschieden würde -und wenn es sich nur um Verteilungsbeschlüsse in Beziehung auf diesen -Anteil am Volkseinkommen handelte, wäre ein solches Übergewicht der -Frauenstimmen ganz unbedenklich. Vielleicht würde ein so mächtiger -Einfluß, der vorwiegend doch nur den verheirateten Frauen zustatten -käme, etwas dazu beitragen, um die Eheflucht, die nach VII, 3, zu -fürchten wäre, einzudämmen und den verheirateten Frauen den Kindersegen -erwünscht scheinen zu lassen. - -Da aber die ganze Bevölkerung, auch die Männer und die unverheirateten -Personen, ein großes Interesse daran haben, daß die neue Generation -aufgezogen und zu einem tüchtigen Geschlechte herangebildet werde, -scheint ein Bedürfnis, die Jugend als solche besonders vertreten -zu sehen, nicht gerade evident zu sein und nachdem in allen Dingen, -insbesondere auch in Verfassungsfragen die größte Einfachheit erwünscht -ist, dürfte man von allen solche Künsteleien absehen. - -Auch den Männern könnte die Verfassung ein Übergewicht über -die Frauen verschaffen, wenn das Pluralvotum den Vätern statt -den Müttern zugestanden würde. Doch scheint es für die künftige -Gesellschaftsordnung so natürlich, daß die väterliche Gewalt durch eine -mütterliche Gewalt ersetzt werde, wie in VII, 2, gezeigt wird, daß ein -solcher Vorschlag kaum begründet erscheinen könnte. - - -3. Das Stimm- und Wahlrecht. Form der Ausübung. - -Das souveräne Volk kann so wenig durch Verfassungsformen gebunden -werden, wie früher der absolute Monarch durch Gesetze oder selbst -durch seinen eigenen Willen dauernd in seiner Freiheit beschränkt -werden konnte. Das Volk wird demnach nicht verpflichtet werden können, -Abgeordnete zu wählen und ihnen die gesetzgebende Gewalt zu übertragen. -Die Regel wird die Volksabstimmung sein, welche allerdings auch darauf -gerichtet sein kann, für einen bestimmten Fall oder für eine bestimmte -Zeit Vertreter zu wählen, welche als Vollmachtsträger zu betrachten -sind. So könnten auch zur Vorberatung der jährlichen Beschlüsse über -Produktion und Verteilung, oder neuer Gesetze Deputierte gewählt werden -mit Vorbehalt der Volksabstimmung zur Ratifizierung ihres Operates. - -Im Kollektivstaate ist die Trennung der gesetzgebenden und der -ausübenden Gewalt viel notwendiger, als im heutigen Staate, wo die -Gegenstände der staatlichen Kompetenz viel weniger ausgedehnt sind, -und wo die gesetzgebenden Körper nur über dasjenige entscheiden, was -die Besitzenden ihnen überlassen. Im Kollektivstaate würde das Volk -die ganze Zeit mit gesetzgeberischen und Verwaltungsakten zubringen -müssen, wenn es der Verwaltung keine ausübende Gewalt einräumen wollte. -Aber nicht die Notwendigkeit oder das Verlangen, die Volkssouveränität -zu beschränken, sondern die Macht der Tatsachen zwingt dazu, der -Verwaltung ausgedehnte Befugnisse einzuräumen. Das Volk schreibt -nur allgemeine Grundsätze vor, deren Anwendung der Staatsverwaltung -übertragen ist. In Betreff des Volkshaushaltes bestimmt das Volk nur, -=was= und in welcher Ausdehnung es produziert werden soll und nach -welchen =Grundsätzen= die Verteilung von Arbeit und Gütern erfolgt. -Die Durchführung der Beschlüsse ist die Aufgabe der Staatsverwaltung. -Wie die mit diesen Geschäften betrauten Personen bestellt werden, -ist selbst wieder Gegenstand der Gesetzgebung und davon wird in V, 1, -gehandelt. - -Wenn ein Analogon der heutigen Budgetierung im Kollektivstaate -fortbestünde, so würden jährlich Beschlüsse gefaßt über den -Staatshaushalt in dem Sinne, daß für das kommende Jahr bestimmt würde, -was und in welcher Ausdehnung es produziert und wie die Güter verteilt -werden sollen. Man kann sich aber auch recht wohl denken, daß man von -solchen jährlichen Festsetzungen der ganzen Staatswirtschaft absehen -und ohne Festsetzung von Terminen oder Zeitabschnitten nach Bedarf -Beschlüsse über Abänderung der Produktion und Verteilung fassen würde. -Ein einzelner Verteilungsbeschluß wird in einer Note zu VIII, 4, zur -Anschauung gebracht, wo es sich um die Verteilung von Druckpapier zu -verschiedenen Zwecken handelt. - -Außer den Beschlüssen über den Volkshaushalt gibt es noch andere -Gegenstände der Gesetzgebung. So über Beschränkungen der Einzelnen auch -in anderen Dingen als in Beziehung auf Arbeit und Güter. Besonders -sind Gegenstand der Gesetzgebung die Ehe, das Recht der Zeugung, die -Erziehung und das Familienrecht, der außereheliche Geschlechtsverkehr, -das Strafrecht, die Disziplin und auch sonst alles, was das Volk in den -Kreis seiner Gesetzgebung ziehen will. - -Auch für diese Gesetzgebungsgegenstände kann der Staatsverwaltung -ein sehr weitgehendes Verordnungsrecht eingeräumt werden, aber -selbstverständlich mit dem Rechte des Widerrufes durch Volksbeschlüsse -und der Einschränkung in Beziehung auf eine Reihe von bestimmten -Gegenständen. - -Da die Volksabstimmung nur mit »Ja« oder »Nein« erfolgen kann, ist es -notwendig, Vorlagen zu machen, auf welche sich die Volksabstimmung -bezieht. Diese Vorlagen einzubringen, ist die Aufgabe der -Staatsverwaltung. Das Volk kann aber nicht darauf beschränkt werden, -bloß über das abzustimmen, was die Staatsverwaltung vorschlägt, -weil das einer Konfiskation der Volkssouveränität zugunsten der -Staatsverwaltung gleichkäme. Es muß also ein genau definiertes Recht -der Einbringung von freien Anträgen oder von Abänderungsanträgen -eingeräumt werden. Beschränkt muß dieses Recht der Einzelnen werden, -weil sonst die Abstimmungen ins ungemessene gingen. Demgemäß wird -einmal nicht bloß der Staatsverwaltung, wie auch dem Volksbeamtentum, -wovon in V, 1, die Rede ist, die Pflicht, beziehungsweise das -Recht übertragen werden, Gesetzesvorschläge und Abänderungsanträge -einzubringen, sondern auch eine gewisse Anzahl von Kreisen, Bezirken -oder Gemeinden, welche sich auf Abänderung eines Gesetzes- oder -Abänderungsvorschlages einigen, wird dieses Recht zustehen. Hat also -die Staatsverwaltung ihre Vorlagen für den Jahreshaushalt oder ein -Gesetz veröffentlicht, so kann jeder beantragen, daß diese oder jene -von der Staatsverwaltung in Antrag gebrachte oder bisher nach den -Gesetzen geübte Produktion oder Verteilung eingeschränkt oder erweitert -werde, zur Abstimmung kann ein solcher Antrag aber nur gelangen, wenn -entweder die Staatsverwaltung, oder das Volksbeamtentum, oder etwa zwei -Kreise oder tausend Gemeinden dem Antrage beitreten. Da alle solche -Anträge veröffentlicht werden, so steht es nämlich jeder Gemeinde zu, -darüber probeweise abzustimmen und den Antrag, wie man sich heute -ausdrücken würde, zu unterstützen, und wird ein Antrag genügend -unterstützt, so wird darüber allgemein abzustimmen sein. Wie leicht -ein Gemeindebeschluß zustande kommt, wird weiter unten, _Alinea_ »Die -Gemeinden sind«, gezeigt werden. - -Die Vorlagen der Staatsverwaltung werden vom Ministerium beraten und -beschlossen. Die untergeordnete Beamtenschaft hat das Recht, über -eine Anfrage der Regierung oder aus eigenem Entschlusse Anträge zu -stellen, über welche das Ministerium zu beraten hat, die aber auch, -wenn sie nicht als Regierungsanträge eingebracht werden, jeder Beamte -und jede Beamtenkorporation einzubringen berechtigt ist, insofern sie -die erforderliche Unterstützung finden. Hat das Volk Beschlüsse gefaßt, -wonach bestimmte Entscheidungen über Fragen des Volkshaushaltes oder -der Gesetzgebung nicht im ganzen Staat einheitlich geregelt werden, -sondern nur mit Gültigkeit innerhalb einer Provinz, eines Kreises -oder für einen Bezirk oder eine Gemeinde beschlossen werden sollen, -so hat die Bevölkerung jenes Gebietes darüber zu entscheiden, für -welche das Gesetz oder die Maßregel Gültigkeit haben soll. Doch muß -ein allgemeiner Volksbeschluß immer die Kraft haben, solche Gesetze -oder Volksbeschlüsse kleinerer Gebiete aufzuheben, weil sonst der Staat -nach und nach in Gemeinden zerfiele und der Besitz des gesamten Volkes -zum Gemeindebesitze gemacht werden könnte. Dadurch würde man sich dem -Individualismus wieder nähern. - -Die Verfassung wird bestimmen, wie lange vor dem Tage einer -Abstimmung Vorlagen der Regierung veröffentlicht werden müssen. Die -Veröffentlichung von Vorlagen für eine allgemeine Abstimmung geschieht -durch das Reichsblatt. Kann eine Provinz oder ein Kreis für deren -Gebiet ein Spezialgesetz beschließen, so geschieht die Veröffentlichung -der Vorlage durch das Provinzblatt beziehungsweise das Kreisblatt. Der -Kundmachung der Vorlagen wird der Tag der Abstimmung beizufügen sein. -Die Vorlagen werden der Gegenstand der Erörterung in den Blättern sein -und Für und Wider in dem der Staatsverwaltung und dem den Volksorganen -vorbehaltenen Teile der Blätter, siehe VI, 7, _Alinea_: »Die genannten -amtlichen Blätter«, besprochen werden. Gemeinden und Bezirke können -Redner beauftragen, die Vorlage zu prüfen und in den Versammlungen der -Gemeinde oder des Bezirkes darüber zu referieren. In den Gemeinden -können die Versammlungen täglich abgehalten werden, für den ganzen -Bezirk aber an jedem Sonntage. Die stimmfähigen Mitglieder der Gemeinde -werden sich in Sektionen teilen, in welchen alle Vorlagen beraten -werden, damit jeder Stimmberechtigte auch an der Beratung teilnehmen -und in engerem Kreise zu Worte kommen kann. Probeabstimmungen -werden der endgültigen Abstimmung vorhergehen und das Ergebnis der -Probeabstimmung wird zu veröffentlichen sein. - -Die Gemeinden sind als verfassungsmäßige Körperschaft in Permanenz. -Bei jeder Mahlzeit kann jeder, dem es beliebt, beantragen, zu einer -bestimmten Stunde abends zusammenzutreten, um einen Gegenstand -zu beraten und darüber und mit Beschränkung der Wirksamkeit auf -die Gemeinde, soweit allgemeine Beschlüsse nicht im Wege stehen, -zu beschließen, oder Gegenstände allgemeiner Geltung zu beraten -und Probeabstimmungen einzuleiten. Auf solche Art werden auch -selbständige Anträge oder Abänderungsanträge der Gemeinden zu stande -kommen, welche, um die Unterstützung anderer Gemeinden zu erlangen, -durch das Kreisblatt oder Provinzblatt zu veröffentlichen sind. -Für autonome Gemeindebeschlüsse wird ein Quorum festgesetzt werden, -für Finalabstimmungen des Reiches wird man darauf halten, daß jeder -Stimmberechtigte seine Stimme abgibt und die Stimmenthaltung wird als -Pflichtverletzung betrachtet werden. Das Stimmrecht kann an jedem -Aufenthaltsorte innerhalb des Reiches, nicht bloß am Wohnorte des -Abstimmenden, ausgeübt werden, wenn es sich um Reichsabstimmungen -handelt. Durch Festsetzung der Abstimmung auf eine genau bestimmte -Zeit wird die Abgabe von Doppelvoten unmöglich gemacht. Gegen die -Abgabe von Stimmen durch Unbefugte schützt die Legitimationskarte, -ohne welche Niemand sich außerhalb des Bezirkes aufhalten kann. An -Abstimmungen und Wahlen für ein begrenztes Wirksamkeitsgebiet werden -nur stimmberechtigte Angehörige jenes Gebietes und wenn sie sich, -obschon außerhalb ihrer Gemeinde, doch innerhalb jenes Gebietes, für -welche Abstimmung oder Wahl wirksam ist, aufhalten, teilnehmen können. - - -4. Die Wahlen. - -Das Wahlrecht kann nach besonderem Volksbeschlusse ausgeübt werden, um -Abgeordnete mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten mit oder ohne -Vorbehalt der Ratifikation zu betrauen. Es kann solchen Abgeordneten -die Beschlußfassung über größere Arbeiten übertragen werden, welche -vorgeschlagen wurden; über Monumental-, Eisenbahn- und Kanal-Straßen- -oder Brückenbauten, deren Zweckmäßigkeit nur von Personen beurteilt -werden kann, welche die Vorlagen eingehend prüfen. - -Das Wahlrecht kann ferner ausgeübt werden, um Beamte für die Führung -der Geschäfte zu ernennen. In einem anderen Abschnitte, V, 1, wird -erörtert werden, weshalb sich die Bestellung der Verwaltungsbeamten, -Unterrichtspersonen und Ärzte durch Volkswahlen nicht empfiehlt, daß es -aber zweckmäßig erscheint, den staatlich bestellten Verwaltungsbeamten -zur Mitarbeit und zur Wahrnehmung der Rechte der Einzelnen vom Volke -gewählte Überwachungsorgane, »Volksbeamte«, beizugeben. Diese Wahl hat -das Volk, nämlich die stimmberechtigte Bevölkerung des Gebietes, für -das die Wahl Geltung hat, zu vollziehen. Die Volksbeamten wird man aber -nicht nur den Beamten untersten Ranges, sondern auch den übergeordneten -Beamten und den Ministern an die Seite stellen müssen, vielleicht -auch als Mitberater des Monarchen und der Hofämter bestellen, und da -entsteht die Frage, ob es zweckmäßig ist, auch die Volksbeamten höherer -Ordnung durch das Volk wählen zu lassen. Innerhalb der Gemeinden und -innerhalb des Bezirkes wird es viele Personen geben, welche allen -Gemeindegenossen und allen Bezirksgenossen sehr genau persönlich -bekannt sind und darum kann die Wahl von Volksbeamten für die Gemeinden -und Bezirke durch das Volk ohne Zweifel gutgeheißen werden. Allein ein -Kreis hat schon eine so große Ausdehnung, daß die Wahl nicht leicht auf -Jemand fallen könnte, der der Mehrzahl der Stimmberechtigten bekannt -wäre. Es könnte also die Wahl der Volksbeamten höherer Ordnung den -Volksbeamten selbst überlassen werden, wenn anzunehmen ist, daß sie -durch die Geschäftsführung und infolge der Zusammenkünfte eine genauere -Kenntnis der Männer erlangen, welche ihrem Berufe angehören und sich -für einen höheren Rang eignen. Dieses Wahlrecht wäre immer nur ein -stellvertretendes. - -Daß die Gemeinden für die eigenen, die Allgemeinheit nicht berührenden -autonomen Angelegenheiten geschäftsführende Vertreter wählen werden, -ist nicht wahrscheinlich, weil es geringe Schwierigkeiten macht, zu -einer Vollversammlung zusammenzutreten, und eines der stimmführenden -Mitglieder jeweilig zur Leitung der Verhandlung zu bestimmen. Doch -setzt das die Gemeindeeinrichtungen voraus, welche in diesem Werke -zur Grundlage genommen sind, nämlich mit Gemeindehaushalt statt des -Familienhaushaltes und mit eng zentralisierten Wohnbauten. - -Alle durch Wahl bestellten Vertreter und Organe des Volkes wird -das Volk auch wieder abzurufen berechtigt sein. So oft ein darauf -bezüglicher Antrag eingebracht wird, wird er sofort in Verhandlung -gezogen und nur Beschlußfassungen dieser Art, an welchen sich das -ganze Volk oder ganze Provinzen oder Kreise beteiligen müssen, werden -einen in den Zeitungen veröffentlichten Antrag voraussetzen, der die -Zustimmung weiterer Kreise hat. Bestünden keine solchen Beschränkungen, -so würde das Volk durch zahllose Abstimmungen belästigt werden. - -Wahlen werden daher am besten auf unbestimmte Zeit, bis zur Abberufung -vollzogen werden und eine im vorhinein bestimmte Dauer der Mandate ist -in einem Staate mit Volkssouveränität nicht zu empfehlen. Der Zwang, -einem Gewählten das Mandat vor Ablauf einer gesetzlich bestimmten -Periode nicht zu entziehen, nach deren Ablauf aber neuerlich zu einer -Wahl zu schreiten, ist eine Einschränkung der Souveränität.[5] - - [5] Die hier vorgeschlagenen ultrademokratischen Einrichtungen - werden nicht von allem Anfang an in Geltung sein, sondern - den Abschluß der Verfassungsentwicklung bilden. Es - werden schon feste bewährte Grundlagen des Kollektivismus - bestehen, die Umwandlung des Staates beendet sein und jene - Erziehung sich eingelebt haben, wie in VII, 5 geschildert - ist, ehe die so weitgehende demokratische Verfassung - möglich sein wird. - - -5. Das Objekt der Volksbeschlüsse. - -Was das Verfassungsleben im Kollektivstaate anbelangt, so ist -leicht einzusehen, daß die organisatorischen Arbeiten während der -Umgestaltungsperiode sehr mannigfaltig und schwierig wären, daß -aber, wenn einmal das richtige Gleichgewicht gefunden ist, die -gesetzgeberischen Aufgaben, wenngleich der Volkswille für jede -Produktion und jede Verteilung maßgebend ist, viel einfacher sind als -heute, dafür allerdings von weit größerer Tragweite. Die Unterschiede -des Berufes, der Klassen und des Besitzes zwischen den Bürgern der -heutigen Staaten schaffen eine ungeheuere Menge von Verwickelungen, -eine Menge höchst schädlicher Reibungsflächen, welche im Kollektivstaat -entfallen. Man denke nur an die Zollgesetzgebung und an die -Handelsverträge, welche wir von Zeit zu Zeit schließen müssen und deren -Zustandekommen deshalb so schwierig ist, weil jede einzelne Bestimmung -dieser Gesetze und Verträge für viele Tausende ein Vorteil, dafür für -viele Tausende ein Schaden ist. Meist werden ganze Gewerbe zugrunde -gerichtet, andere zur Blüte gebracht und es ist ganz unmöglich, die -Folgen einer Änderung in den Zöllen und Handelsverträgen für das -Ganze und für die Einzelnen zu berechnen. Hat man doch in Österreich -durch ein Menschenalter Ausfuhrprämien für den Zucker bewilligt, und -als diese durch die Brüsseler Konvention beseitigt wurden, wurde der -Zucker in Österreich für die Konsumenten um 10% billiger und außerdem -stieg die Zuckerausfuhr beträchtlich. Im Kollektivstaat gehen die -Volksbeschlüsse für den internationalen Güteraustausch dahin, die -Staatsverwaltung zum Verkaufe oder Austausche der ihr namhaft gemachten -Überschüsse an Gütern der einen Art an das Ausland und zum Einkauf und -Eintausch anderer Güter vom Auslande zu ermächtigen und die Verwaltung -hat nur darauf zu sehen, die günstigsten Bedingungen zu erzielen. Aller -Schaden und Vorteil des internationalen Güteraustausches verteilt sich -verhältnismäßig auf Alle und nicht ein einziges Gewerbe, nicht ein -einziger Beruf, insofern man darunter die Angehörigen dieser Berufe -und ihre Einzelinteressen versteht, kann darunter leiden, niemand sich -daran bereichern, niemand dadurch ruiniert werden, so daß auch hier die -Totalversicherung, als welche sich der Kollektivismus darstellt, sich -automatisch vollzieht. - -Eine rasche Entscheidung solcher Fragen, wie über Aus- und Einfuhr, -oder über Produktion und Verteilung, oder über Ehe, Zeugung, -Familienrechte usw., kann aber nur dann im Kollektivstaate erwartet -werden, wenn das Volk sich damit begnügt, der Staatsverwaltung -grundsätzliche Direktiven zu erteilen, allgemeine Weisungen, -und dazu wird das Volk von selbst gedrängt werden. Man lese die -Gefechtsdispositionen eines Feldherrn und man wird erkennen, daß die -schwerwiegendsten Entscheidungen in wenige Worte zusammengefaßt werden -müssen, welche dem Untergebenen einen weiten Spielraum der Initiative -überlassen. Im Kollektivstaate kann es mit den Volksbeschlüssen auch -nicht anders gehalten werden. Um das aber in seiner Durchführbarkeit -zu erkennen, ist es notwendig, die Einfachheit der Verteilung und der -öffentlichen Rechnungslegung zu erfassen, welche im Abschnitte über -die Statistik VI, 8, dargelegt werden wird. Auch bedarf diese Art der -Verwaltung einen wohlgefügten und gutgeschulten Beamtenkörper. Würde -man, was ich für durchaus fehlerhaft hielte, die Verwaltungsbeamten -wählen, so würde sich eine solche Abhängigkeit der Beamten von den -Wählern geltend machen, daß es niemals das allgemeine Wohl wäre, -das die Beamten im Auge hätten und wegen des häufigen Wechsels und -der mangelnden Schulung wäre auch zu besorgen, daß gewählte Beamte -sich nicht zu helfen wüßten und aus Mangel an Erfahrung Fehler auf -Fehler machen, insbesondere, daß sie nicht organisch zusammen wirken -würden. Der Beamtenberuf setzt, wie jeder andere Beruf, eine bestimmte -Vorbildung, Schulung und Erfahrung voraus, weshalb in V, 1, die -Ergänzung des Beamtenkörpers nicht durch Wahl, sondern durch Ernennung -vorgeschlagen wird. - - -6. Die Erhaltung der Staatseinheit. - -Es entsteht die Frage, wie dem Übel vorgebeugt werden soll, daß die -Staaten wieder zerfallen und fort und fort sich in kleinere Teile -auflösen. Gegen den Willen der Gesamtheit würde sich eine im Innern des -Staatsgebietes gelegenen Gemeinde oder ein solcher Bezirk nicht leicht -von dem größeren Körper lostrennen können. Der Gütertausch ist ein so -starkes Bedürfnis, daß die Gemeinden kein Interesse haben können, sich -loszusagen. Eine solche Gemeinde würde sofort boykottiert werden und -käme in einigen Tagen in große Verlegenheiten, ohne einen erdenklichen -Vorteil dagegen zu erlangen. Auch würde der Grundsatz des ausnahmslosen -Staatseigentumes den Staat berechtigen, das ganze mobile Eigentum aus -einer solchen Gemeinde wegzuschaffen und diese könnte es auf keine -Weise sich ersetzen. Es gilt dies nicht nur von Städten, die auf -den Bezug von Nahrungsmitteln aus dem flachen Lande angewiesen sind, -sondern auch von den kleinsten Gemeinden. Aber an der Grenze gelegene -Gemeinden könnten leicht ein Interesse haben, sich von dem Staate -loszusagen und sich dem Nachbarstaat, falls er ein Kollektivstaat wäre, -anzuschließen. Geht man von der Anschauung aus, und hätte sich diese -vollkommen eingelebt, daß aller Besitz Eigentum des ganzen Volkes -sei, so würde sich eine solche Sezession als eine Rechtsverletzung -darstellen, die freilich deshalb von sehr geringem Belang wäre, -weil eine solche Lostrennung zugleich eine Verzichtleistung auf den -Mitbesitz der außerhalb der Gemeinde befindlichen Güter und auf alle -persönlichen Ansprüche der Gemeindemitglieder gegen den Staat (z. B. -auf Altersversorgung) mit sich brächte. Auch könnte ohne Mitwirkung der -Nachbarstaaten eine solche Lostrennung niemals stattfinden und selbst -mit ihrer Zustimmung nur dann, wenn es Kollektivstaaten sind, und -dagegen würde man sich wohl durch internationale Verträge schützen. - -Es wäre aber sonderbar, wenn solche Fragen mit Gewalt entschieden -würden und man wird nur darauf hoffen müssen, daß ein organisches -Ganzes eine große Anziehungskraft auf alle Teile ausüben müsse und -daher ist anzunehmen, daß, wo es an einer solchen Anziehungskraft -fehlt, ein Gebrechen an der Gerechtigkeit und an der zweckmäßigen -Verwaltung vorliegen muß. Plato nennt ein Gemeinwesen, in dem eine -wahre Solidarität besteht, ein königliches Geflecht und ein solches -zusammenzuweben, muß jeder Staatsmann als seine Aufgabe betrachten. -Auch setzte die Sezession voraus, daß der Nachbarstaat das neue Glied -als gleichberechtigten Bestandteil aufzunehmen einwilligte, und es ist -nicht anzunehmen, daß das so leicht geschehen wird, weil zwischen den -Bürgern verschiedener Staaten sich immer Verschiedenheiten herausbilden -werden, welche den bestehenden Zusammenhang verstärken, neue -Angliederungen erschweren. Im Einvernehmen mit den beteiligten Staaten -würde sich aber auch eine solche Veränderung schmerzlos vollziehen, -vorausgesetzt, daß beide beteiligten Staaten die kollektivistische -Gesellschaftsordnung angenommen haben. Ist der Nachbarstaat noch -nicht zum Kollektivismus übergegangen, so ist eine solche Sezession -wohl undenkbar, weil die Mitglieder der Grenzgemeinde in dem neuen -Verbande ihre Rechnung nicht finden könnten, der Nachbarstaat aber -das kollektivistische Ferment fürchten würde, welches die neuen Bürger -einschleppen müßten. - - - - -IV. - -Die Monarchie und der Adel. - - -Ist ein Volk nüchtern und sein Sinn nur auf das Nützliche gerichtet, -so wird ihm die Monarchie im Kollektivstaate etwas sehr Überflüssiges -erscheinen, ist ein Volk aber prachtliebend und von sehr reicher -Phantasie, so wird ihm die Hofhaltung eines Monarchen, die glänzende -Repräsentation nach außen und der stärkere Aufwand für das Schöne und -Kostbare willkommen sein. Im kollektivistischen Staate ist eine Gefahr -für die Volksfreiheit mit der Institution der Monarchie und des Adels -nicht verbunden. Der Monarch besorgt die ihm durch die Verfassung und -den Volkswillen übertragenen Geschäfte als Mandatar und besitzt keine -Autorität als jene, die ihm das Volk auf jeweiligen Widerruf überträgt. -Er ist nicht König von Gottesgnaden, sondern von Volkes Gnaden. Er ist -ebenso eigentumslos, wie ein anderer Volksgenosse, aber er hat einen -zwar genau umschriebenen, aber immerhin ausgedehnten Wirkungskreis, ist -unverantwortlich und für seine Person dem Gesetze nicht unterworfen. - -Er ist das oberste Organ des Volkes und arbeitet mit Ministern, die -die Verantwortlichkeit für seine Regierungshandlungen tragen, er -ernennt die Minister und die obersten Beamten, es mag ihm das Recht -eingeräumt werden, zu begnadigen und gewisse Ehrenvorzüge zu verleihen, -er vertritt das Reich nach außen, empfängt die angesehensten Gäste des -Volkes und ist -- doch immer ohne für seine Person zur Verantwortung -gezogen werden zu können oder einem Tadel unterworfen zu sein -- -schuldig, die ihm vom Volke anvertrauten Mittel zur Verherrlichung -des Volkes zu verwenden und zu diesem Ende Kunst und Forschung zu -fördern. Seine großen Mittel dienen vorzüglich zur Pflege der edelsten -Geselligkeit, an welcher das =gesamte Volk= Anteil zu nehmen berechtigt -ist.[6] Seine Gehilfen für gesellige Veranstaltungen sind die -Mitglieder des hohen Adels wenn ein solcher noch fortbesteht. Wie immer -auch seine Befugnisse in militärischen und auswärtigen Angelegenheiten -festgesetzt werden, so ist es doch seine Aufgabe, nicht nur den -Frieden zu erhalten, sondern auch auf Schaffung solcher internationaler -Einrichtungen hinzuwirken, die das stehende Heer und die Kriegsmarine -entbehrlich machen können. Diese Verteidigungsanstalten werden -übrigens ganz überflüssig werden, sobald der Kollektivismus sich über -ganz Europa ausgedehnt haben wird, denn auch der Krieg ist nur eine -Krankheit unserer Gesellschaftsordnung. - - [6] Anfänge zu allen zukünftigen Gestaltungen, die auf den - Kollektivismus hinauslaufen, können schon heute beobachtet - werden. In Österreich werden die Abgeordneten, wenn - sie auch Bauern oder Arbeiter sind, zu den Hoffesten - herangezogen, was noch vor 50 Jahren unmöglich schien und - in Dänemark soll es Hofsitte sein, zu jeder Hoftafel einen - Gewerbsmann zu laden. - -Die dem Monarchen für seine Person, seine Familie und allenfalls den -hohen Adel und für die Erfüllung all seiner Aufgaben eingeräumten -Mittel wird das Volk bestimmen. Man setze den Fall, daß das Volk -hierfür den hundertsten Teil des Besitzes und des Volkseinkommens -widmet, so mag es die Schlösser, Burgen und Wohnbauten, die Parke -und Anlagen, vielleicht auch einen bestimmten Teil des Gebietes der -Hauptstadt, dann Juwelen, Stoffe, Hausrat, Tiere und Kostbarkeiten -bezeichnen, welche, jedoch mit Vorbehalt des dem Staate oder Volke -zustehenden Eigentumsrechtes, der Hofhaltung gewidmet sind und welche -die Monarchie zu erhalten, zu pflegen, beziehungsweise zu vollenden -hat. Es werden ihr außerdem Arbeitskräfte und ein Teil der jährlich -geschaffenen Güter zugewiesen. Von den Arbeitskräften werden dem Hofe -insbesondere Hausgenossen, Handwerker, Künstler, Gelehrte, Forscher -und Erziehungs- und Unterrichtspersonen zugewiesen. Bezüglich der -Auswahl der Personen und Sachen wird sich der Hof mit der Regierung -und den obersten Volksbeamten zu verständigen haben. Als Rechtssubjekt -steht der Monarch hierin dem Volke nicht gegenüber, es ist nur von -anvertrauten, auf Widerruf gewidmeten Sachen die Rede, wie ja auch -heute die Zivilliste immer nur auf ein einziges Jahr bewilligt wird. -Der Monarch ist nur Verwalter. - -Die Hausgenossen, welche für die Bedienung der Gäste, für Küche und -Keller, für Gebäude, Stallungen und Tiere, und für die Verwaltung der -mobilen und immobilen Güter der dynastischen Familie und des Adels zu -sorgen haben, werden nicht den dienenden Personen der heutigen Zeit zu -vergleichen sein, sondern als Familienglieder behandelt werden. Die -schönsten Mädchen und jungen Männer werden ausgewählt werden, damit -sie auch durch ihre persönlichen Vorzüge die Schönheit der Hofhaltung -erhöhen. Den Mädchen und Jünglingen dieser Art wird es obliegen, -bei Tisch und den Abendunterhaltungen die Glieder der Dynastie und -der Adelsfamilien und deren Gäste zu bedienen, sie werden aber, wenn -sie dienstlos sind, selbst auch Gäste des Hofes sein, wie in unseren -Familien jüngere Schwestern und Brüder den Gästen aufwarten und mit -ihnen trotzdem auf gleichem Fuße verkehren. Auch aus den Reihen der -Alten mögen manche dem Hofe zugewiesen werden, wenn sie es wünschen -und sie werden nur zu bequemen Dienstleistungen verwendet werden, -die sie gerne freiwillig übernehmen. So wird ihnen die Überwachung -der Kostbarkeiten übertragen und sie werden dafür sorgen, daß alles, -was aus der Schatzkammer entlehnt wird, wieder an seinen Platz kommt. -Auch die Wagenlenker, Pferdewärter, Jäger, Türsteher und Boten werden -nur wie Familienmitglieder behandelt werden dürfen, auch können sie -nicht gezwungen werden, gegen ihren Wunsch in diesen Stellungen -zu dienen. Die Natur dieser Beziehungen gehört zur Ästhetik der -Gesellschaftsordnung und diese Ästhetik ist wieder ein wesentlicher -Vorzug der künftigen Gesellschaftsordnung. - -Hof und Adel haben in den Repräsentationspalästen und -Schlössern -Empfang zu halten und für eine angemessene Verteilung der Einladungen -zu sorgen, von welchen Niemand ganz ausgeschlossen werden soll. Außer -den bevorzugten Gästen, den Künstlern, Gelehrten, Forschern, Erfindern, -den angesehensten Besuchern aus dem Auslande, den hohen Beamten, -schönsten Frauen usw. werden alle Volksgenossen, welche in die Nähe des -Hofes kommen, heranzuziehen sein und so werden auch hier alle Glieder -des Volkes mitinteressiert werden, wie an Kunst und Forschung. In den -Sommermonaten wird das Hofleben sich vorzüglich in den Schlössern und -Burgen entfalten, im Winter in der Residenz, aber die Hofbaulichkeiten -werden das ganze Jahr in Benutzung stehen, um soviel als möglich Freude -zu schaffen. - -So wie jedes Dorf, so wird auch die Hauptstadt nach und nach -niedergerissen und nach einem grandiosen Plane neu aufgebaut werden. -Darum wird ein neuer Stadtplan für die Reichshauptstadt (vielleicht in -Österreich für zwei Reichshauptstädte) zu entwerfen sein, aber nicht -für eine Bevölkerung von Millionen, sondern höchstens zur Aufnahme -von etwa 400,000 Menschen, die Reisenden inbegriffen. Diese Neubauten -werden aber verschoben werden, bis die Masse des Volkes reichlich mit -Wohnungen versorgt ist, denn allem anderen geht die Aufgabe vor, die -Sünden der Vergangenheit zu tilgen. - -Dem Volke gebührt ein entsprechender Einfluß auf die Erziehung der -Jugend in der kaiserlichen Familie und den adeligen Familien. Wie -derselbe geltend zu machen sei, bestimmen die Gesetze. Diese Familien -müssen im Bewußtsein erhalten werden, daß sie dem Volke zu dienen -berufen seien und niemals den Dienst in Herrschaft verwandeln dürfen. -Die Erziehung muß eine vorzugsweise ästhetische sein, weil es der -Beruf dieser Familien ist, das Schöne zu pflegen. Die Kenntnis der -lebenden Sprachen besonders der größeren Kulturvölker und der im -Reiche verbreiteten Idiome ist in in diesen Familien einheimisch zu -machen, weil sie berufen sind, das heimatliche Volk den fremden Völkern -gegenüber zu repräsentieren und den nationalen Frieden im Lande zu -erhalten. - -Die Mitglieder des Adels unterstehen den allgemeinen Strafgerichten, -die Mitglieder der dynastischen Familie mögen der Strafgewalt -des Monarchen unterstehen, aber unter der Bedingung, daß die -Straferkenntnisse und deren Vollzug veröffentlicht werden und daß über -die Mitschuldigen die ordentlichen Gerichte erkennen. - -Zu den wichtigsten Angelegenheiten gehört die Ehe in diesen Familien -und das Familienleben Jener, die man bisher die Großen zu nennen -gewöhnt war. Der Gebrauch in den souveränen Familien, ihre Glieder nur -mit den Angehörigen anderer souveräner Familien zu verheiraten, ist -verwerflich, weil er zur Verwandtschaftsehe und zur Dekadenz führt.[7] -Auch soll sie die Ehe nicht an auswärtige Familien knüpfen. Es scheint -daher das Zweckmäßigste zu sein, daß die Mitglieder der Familie -des Monarchen sich mit Angehörigen der Familien des einheimischen -Adels ehelich verbinden und daß diese ihre anderweitigen Ehen mit -Volksgenossen der anderen Schichten schließen, um so einen gesunden -Blutumlauf im sozialen Körper herbeizuführen. Der Krone wäre das -Recht einzuräumen, gegen unvernünftige Ehen in diesen Familien Verbot -einzulegen. Die Vernünftigkeit dieser Ehen ist vom Standpunkte der -wahrscheinlichen Fortpflanzungserwartungen zu beurteilen. Handelt es -sich um Ehen, die nach der vom Volke genehmigten Ehegesetzgebung, -VII, 2, überhaupt unstatthaft sind, so können sie überhaupt nicht -geschlossen werden, sind sie aber deshalb nicht zu billigen, weil -sie nicht nach der Richtung nützlich erscheinen, das Geschlecht vom -biologischen Gesichtspunkte zu veredeln, so würde die Versagung der -Ehegenehmigung seitens des Monarchen die Wirkung haben, daß die -eheschließenden Teile, welche dem Willen der Krone entgegen sich -verbinden, und ihre Nachkommen von der dynastischen Familie und den -adeligen Familien ausgeschlossen werden. Die Frauen folgen den Männern, -das heißt, die nichtadeligen Frauen werden durch die regelmäßige -Verbindung mit Adeligen in die Adelsfamilie, die weiblichen Glieder des -Adels durch ihre Ehe mit Männern aus dem Volke in die Volksschichten -aufgenommen. Dadurch wird einerseits eine fortgesetzte Auffrischung -des adeligen Blutes sichergestellt, andererseits die Krone und der -Adel an dem Wohle des Volkes auch durch verwandtschaftliche Bande -interessiert. So dürfte es gelingen, den Kastengeist zu unterdrücken -und die Eigentumslosigkeit der monarchischen Familie und des Adels -verknüpfen sie auch sonst mit dem Volkswohle. Es würde so jenes -königliche Geflecht geschaffen, das Plato vorschwebte. Übrigens wird -hier, wenngleich die Vermählung der Adeligen mit Töchtern des Volkes -beantragt wird, der Rassenfrage nicht vorgegriffen, da auch im Volke -die Urrassen nicht ganz erloschen sind und, wenn z. B. die blonde -Rasse als die vom vorwiegend ästhetischen Gesichtspunkte edlere sich -bewährte, deren Bevorzugung für diese Ehen umsoweniger Bedenken erregen -könnte, als der Individualismus, die Erbkrankheit der blonden Rasse, in -einem solchen Staate nicht zu fürchten ist. - - [7] Die Rassenfanatiker empfehlen zuweilen für solche - Familien sogenannte krasse Inzucht, nämlich ganz nahe - Verwandtschaftsehen. Allein sie führt zur Verblödung und - diese Anschauung beruht auf einer grundfalschen Anschauung - über den Wert der Rassen. Man beruft sich auf die - Erfahrungen der Tierzüchter, aber auch sie müssen meistens - in der 3. oder 4. Generation von diesem System Abstand - nehmen. - -Die Zahl der adeligen Familien müßte eine sehr geringe sein und dürfte -wohl auch in einem großen Reiche 200 nicht überschreiten. Dem Adel -wären alle Stellungen in der Verwaltung oder den allgemeinen Berufen -vorenthalten, weil von ihren Mitgliedern praktische Einsicht nicht -vorauszusetzen ist und, weil sie sonst danach streben würden, höhere -Rangstufen zu erklimmen, ohne sich darum verdient zu machen. Bei -Volksabstimmungen und Wahlen mögen sie ihre Stimme abgeben, welche aber -nicht mehr gilt, als die eines anderen Volksgenossen. - -Wenn in vielen Beziehungen die Einrichtungen, welche hier für die -Familien des Monarchen und des Adels vorgeschlagen werden, jenen gerade -entgegengesetzt sind, welche heute bestehen, und noch vielmehr jenen, -welche in früheren Jahrhunderten bestanden, so ist das eine Folge -davon, daß im Kollektivstaate es das Volk ist, welches Herr im Lande -ist, und es ist in Übereinstimmung mit der Evolution, die wir in den -sozialen Verhältnissen der letzten 200 Jahre beobachten können. - -Die geschlechtlichen Beziehungen der Glieder der kaiserlichen -Familie und des Adels außerhalb der Ehe werden vom Gesichtspunkte -der allgemeinen Grundsätze der Sexualethik zu beurteilen sein. Daß -wir wirklich einer Periode so großen Rigorismus entgegengehen, wie -viele meinen, ist doch zu bezweifeln, aber abgesehen von allgemeinen -Gesetzen sexualethischer Natur wird man darauf sehen, daß die Stellung -jener Familien nicht dazu mißbraucht werde, um Liebesgunst zu erringen -und daß sich keine Tochter des Volkes ohne Liebe wegwirft an jenen, -der ihr eine bevorzugte Stellung bei Hof und reichlichere Genüsse -bietet. Darum wird der Volkswille jedes Mädchen oder Frau in ihre -Heimatsgemeinde zurückrufen können, die sich in diesem Sinne vergeht -und die Prinzen oder Grafen, welche an Maitressenwirtschaft denken, -werden zu befürchten haben, die bevorzugte Stellung zu verlieren, deren -sie sich unwürdig machen. Daß aber von der Ehe ausgeschlossene Glieder -des Volkes, der dynastischen Familie und des Adels, von verächtlichen -Nebenabsichten abgesehen, die Freuden der Liebe nicht wie alle anderen -sollten genießen dürfen, wäre wohl kaum gerechtfertigt und davon -handelt der Abschnitt VII, 3. - - - - -V. Die Beamtenorganisation. - - -1. Der Verwaltungsorganismus. - -Was ist die Aufgabe des sozialen Staates? In letzter Instanz ist es die -Verteilung von Arbeit und Genuß. Die Grundsätze und Ziele bestimmt das -Volk, aber die Verwirklichung dieser Grundsätze und Ziele liegt einem -Organe des Volkes, der Regierung und ihren Beamten ob und zwar nach dem -Prinzipe der Arbeitsteilung, welche jede menschliche Leistung besonders -dafür geschulten Personen überträgt, die nur ein und dieselbe Arbeit zu -besorgen haben. - -In allen Zweigen der menschlichen Arbeit, wozu auch die der -Verwaltungsbeamten gehört, findet man eine hierarchische Gliederung, -deren unterste Ausläufer am meisten auf einfache Handgriffe angewiesen -sind und gewissermaßen die kleinste Spalte der Gesamtleistung -besorgen. Über diesen sind jene, die diese Teilleistungen verbinden -und Höhere, die sie zu einem Ganzen vereinigen, während noch höhere -Organe die Leistungen vergleichen, die Tätigkeiten überwachen und Pläne -entwerfen, bis endlich die Oberleitung des Ganzen in den Händen eines -Einzigen oder eines obersten beratenden Körpers vereinigt ist. Diese -Organisation ist vergleichbar dem Nervensystem im tierischen Körper. - -Aber so wie in jedem einzelnen Berufe alle Teilnehmer zu einer -Einheit zusammengefaßt sind und in viele Stufen zerfallen, in welchen -die Angehörigen des Berufes vom Einzelnen zu immer Allgemeinerem -aufsteigen und in welchen auch die Träger der einzelnen Stellen -der Autorität und dem Ansehen nach abgestuft sind, so sind auch -die einzelnen Berufe untereinander hierarchisch gegliedert und im -Ansehen und der Autorität abgestuft. Da kommt man nun zur Einsicht, -daß ein eigener Verwaltungsdienst eingerichtet werden muß, welcher -die Hauptaufgabe des Staates, die Verteilung von Arbeit und Genuß -in letzter Instanz zu lösen hat. Diese Aufgabe ist die oberste, -zusammenfassendste und es ist niemand im Staate, der nicht von dieser -Körperschaft abhinge, während sie nur vom Volke abhängt. Denn es -handelt sich darum, das Gesamtleben des Volkes in eine wirkliche -Einheit zusammenzufassen, wie das Herz mit dem ganzen Apparate von -Arterien und Venen das Blut bis in die äußersten Körperteile treibt -und von dort wieder zurückerhält, um es wieder in die Arterien zu -treiben. Die spezielle Aufgabe des Verwaltungsbeamten setzt nicht die -Einseitigkeit eines Fachmenschen voraus, sondern einen Überblick über -das Ganze, die Aufeinanderbeziehung aller Teile, die Bewertung aller -Leistungen und aller Güter, die ununterbrochene Evidenthaltung aller -wirtschaftlichen Faktoren und aller Produkte. Der Verwaltungskörper hat -auch alljährlich (?) dem Volke einen Vorschlag über den Volkshaushalt -und Gesetzesvorlagen zu machen, welche die Gegenstände seines Berufes -betreffen. Dieser Volkshaushalt hat aber mit Geldsummen nichts zu tun, -sondern mit Arbeitskräften und materiellen Gütern, welche in Anspruch -genommen werden, um gewisse Mengen von Gütern herzustellen oder gewisse -Dienste zu leisten. - -Jemehr jemand zum Fachmann herangebildet und geeignet ist, umsoweniger -meistens taugt er zu allgemeinen Aufgaben zusammenfassender -Natur; universelle Köpfe, das heißt philosophische Talente, die -auch philosophisch geschult sind, werden dem Verwaltungsdienste -zuzuweisen sein und da sie alles zu vergleichen, alles abzuwägen -und jeden an seine Stelle zu bringen haben, wird ihnen auch überall -innerhalb ihrer streng territorial abgegrenzten Kompetenz jeder -dienstlich untergeordnet sein. Dienstliche Unterordnung braucht aber -Kameradschaftlichkeit außer Dienst nicht auszuschließen. - -Doch muß ich bemerken, daß ich glaube, es könne der Verwaltungsbeamte -außer der obersten allgemeinen Leitung seines Gebietes auch die -oberste Leitung für einzelne Produktionszweige eines weiteren -Sprengels besorgen, wenn er außer der allgemeinen Schulung für -den Verwaltungsdienst auch Fachkenntnisse für ein besonderes -Produktionsgebiet erworben hätte. Der eigentliche Verwaltungsdienst -beansprucht nämlich schwerlich die ganze Zeit des Verwaltungsbeamten, -denn, wenn sich die Verteilungsgrundsätze einmal eingelebt haben -und es sich nur um Überwachung und Verbesserung handelt, wird die im -bloßen Verwaltungsdienste zu leistende Arbeit selbst für einen einzigen -Beamten in einer Gemeinde von tausend Köpfen nicht erheblich sein. Und -doch ersetzt dieser eine Beamte die Tätigkeit der Richter, politischen -und Finanzbeamten, und überdies die der Kaufleute und wenn irgendwelche -richterlichen Geschäfte, insbesondere eine Strafjustiz noch fortdauern -müßten, so würden keine eigentlichen Strafbehörden eingesetzt, -sondern eine Art von Volksjustiz geübt werden, wie die Schöffen und -Geschworenen und zwar ohne fachjuristische Leitung. - -Um also die erforderliche Einheit in die Verwaltung zu bringen, wird -der Verwaltungsbeamte niedersten Ranges Vorstand einer Gemeinde und -ihres Territoriums oder eines städtischen Quartiers werden und zwar -derart, daß alle Menschen und Sachen auf diesem Territorium ihm -unterstehen und ihm die oberste Leitung aller Arbeit und die oberste -Verteilung aller Genüsse und Güter auf diesem Gebiete zusteht. -In jeder Ansiedlung und in jedem städtischen Quartier regiert ein -solcher Beamter. Die weitere Gliederung des Verwaltungsdienstes baut -sich nun so auf, daß etwa 20 Gemeinden unter einem Bezirksbeamten, -etwa 20 Bezirke unter einem Kreisbeamten, etwa 10 Kreise unter einem -Provinzialbeamten stehen und die Provinzialbeamten der Zentralregierung -direkt untergeordnet sind. - -Es ist sorgfältig zu erwägen, welche Verteilungsgeschäfte den -Verwaltungsbeamten innerhalb ihrer örtlichen Kompetenz =persönlich= -zuzuweisen und welche von ihren Organen unter ihrer Oberleitung und -=Mitverantwortung= zu besorgen sind. - -Daß nun diese Verteilungsgeschäfte keineswegs eine ganze Tagesarbeit -eines Beamten in Anspruch nehmen, ist leicht zu zeigen, wenn man die -Zahl von 1000 Köpfen als Grundlage der Berechnung annimmt. Es ist im -Auge zu behalten, daß der Beamte nach den natürlichen Verhältnissen -des Kollektivismus mit allen Gliedern seiner Gemeinde lebt, jeden -persönlich kennt, auch zahlreiche Interessen mit ihnen gemein hat. - -Dieser Beamte hat auf Grund der Berichte des Arztes und nach anderen -Daten die Geburten, Trauungen und Sterbefälle in Evidenz zu halten, -allerdings mit der genauesten Angabe der näheren Umstände. So -sollen Geburten und Sterbefälle mit Angabe von Stunde, Minute und -Sekunde verzeichnet werden, soweit sie bekannt sind oder in Fällen -unvorhergesehener Ereignisse abgeschätzt werden können. Alle Geburten -und Sterbefälle zusammen werden 30-36 im Jahre kaum übersteigen und -wenn sie selbst die doppelte Zahl erreichen, fiele nur ein solches -Ereignis in =fünf= Tagen. Die Verfügungen über die dienstlichen -Veränderungen innerhalb der Gemeinde und die an den Bezirksbeamten -zu erstattenden Anträge in Fällen einer Versetzung außerhalb der -Gemeinde oder der Besetzung einer Stelle durch gemeindefremde -Personen stehen dem Verwaltungsbeamten zu, aber wenn jeder Einzelne -10 solche Veränderungen, Versetzungen und Beförderungen in seinem -Leben zu erwarten hätte, eine Ziffer, die ohnehin hoch gegriffen -ist, so würden bei 550 in regelmäßigen Arbeitsalter stehenden -Gemeindegenossen im Jahre 120 solche Veränderungen vorfallen oder -10 im Monate. Beurlaubungen kämen täglich zwei zur Behandlung. -Disziplinäre und friedensrichterliche Erkenntnisse höchstens zwei -oder drei in der Woche. Außerdem hat der Beamte von Zeit zu Zeit jede -Betriebsstelle, Fabrik, Schule, Spital usw. zu inspizieren und dafür -zu sorgen, daß täglich der erforderliche Güteraustausch zwischen -Gemeinde und Bezirk richtig abgewickelt wird. Dabei sind aber immer -andere mitverantwortliche Personen beteiligt und die Beispiele im -Abschnitte über die Statistik VI, 8, e, insbesondere die Tabelle über -Milchproduktion und Verteilung zeigen klar, daß es sich da immer um -beinahe automatisch sich vollziehende Bewegungen handelt, die dem -Beamten mehr Aufsicht, als Arbeit zur Aufgabe machen. - -Die Angaben über die tägliche Arbeitsleistung des Einzelnen und über -den Verbrauch der Gemeinde im Tage empfängt der Beamte von den unteren -Organen und er wird für deren Richtigkeit und genaue Buchung zu sorgen -haben, wobei die Summierung und die Ermittelung von Verhältniszahlen, -sofern sie von der vorgesetzten Behörde gefordert werden, von Lehrern, -hauswirtschaftlichen Personen, Schulkindern, hauptsächlich aber -auch vom Volksbeamten, der ja auch als Gehilfe gedacht wird, unter -gegenseitiger Kontrolle besorgt werden können. - -Alle diese Arbeit ist, soweit sie der Gemeindebeamte persönlich leisten -muß, gering. - -In einem Staate von 45 Millionen Einwohnern würde der ganze -Verwaltungsbeamtenstab mit Inbegriff der hierarchisch übergeordneten -Beamten 50-60,000 Köpfe und wenn, nach den unten entwickelten -Vorschlägen, neben jedem Staatsbeamten ein gewählter Volksbeamter -als Gehilfe und Kontrollorgan säße, 100-120,000 Köpfe betragen, -nur ein kleiner Bruchteil des Handelspersonals, das eine gleich -zahlreiche Bevölkerung heute beschäftigt. Der Beamte hätte überdies -den regelmäßigen Versammlungen der Beamten des Bezirks unter dem -Vorsitze des Bezirksbeamten beizuwohnen und einen geselligen Verkehr -mit den Gemeindegenossen einerseits und am Sitze des Bezirks- und -des Kreisbeamten mit Gleichgestellten und höher gestellten Personen -andererseits zu unterhalten. - -Man merke, daß die statistische Arbeit, wenn sie gehörig veröffentlicht -wird, das Volk in die Lage setzt, Fortschritt und Rückschritt auf -allen Gebieten der Produktion und Verteilung zu verfolgen und daß diese -Arbeit es möglich macht, die Krankheits- und Sterbestatistik von Tag -zu Tag mit Genauigkeit festzustellen, und das Durchschnittsalter auf -Minuten zu ermitteln und wie das gemacht wird, wird in dem Abschnitte -über Statistik VI, 8, genau aufgezeigt werden. - -Freilich hat der Verwaltungsbeamte auch eine Verteilungsarbeit -zu besorgen bezüglich der Instrumente und Apparate, welche zum -Inventar seines Bezirkes gehören und bezüglich der Benützung der -Gesellschaftsräume zu besonderen Zwecken. So kann es vorkommen, daß -die Benutzung der musikalischen Instrumente von so vielen Personen -beansprucht wird, daß der Vorrat nicht reicht, oder daß sich viele -Gesellschaften in der Gemeinde bilden, welche Räume für ihre Übungen -und Verhandlungen beanspruchen und daß die Gesellschaften sich -wechselseitig im Wege stehen. Ordnung zu schaffen, ist Aufgabe des -Verwaltungsbeamten. - -Mit Rücksicht auf diese Natur des Verwaltungsdienstes, die zwar ein -scharfes Auge und richtiges Urteil voraussetzt, aber wenig Arbeit -verursacht, scheint es nun, daß dem Beamten außer dieser leitenden -Tätigkeit noch irgend welche andere Arbeit aufgebürdet werden -sollte und darum scheint es zweckmäßig, daß mit der Ausbildung im -Verwaltungsdienste auch anderer Fachunterricht verbunden werden sollte, -damit jeder der Gemeindeverwaltungsbeamten noch einen Produktionszweig -für den ganzen Bezirk solle überwachen können. Das gilt besonders für -solche Aufgaben, die ihrer Natur nach zusammenfassend für größere -Territorien zu lösen sind, so Straßen- und Wasserbau, Forstwesen, -Kulturtechnik, die Abfassung von landwirtschaftlichen Betriebs- und -Anbauplänen, chemische Untersuchungen und dergl., wobei dann die -Gemeindebeamten immer mit dem fachtechnisch gebildeten Kollegen in -Fühlung zu stehen hätten. Ist bei der Anstellung von Verwaltungsbeamten -auf dieses Bedürfnis Rücksicht genommen, so bildet das Beamtenkollegium -eines Bezirkes eine Körperschaft, deren Mitglieder über die -mannigfaltigsten Fachkenntnisse verfügen. - -Das sind Ideen, die sich bei der Untersuchung unseres Problemes -von selbst aufdrängen, aber es wird erst die Erfahrung während der -Umwandlung unserer Gesellschaftsordnung lehren, ob eine so beschaffene -Organisation die beste ist. Sie wird nur dann gut sein, wenn der -unterste Beamte, der eigentlich das wichtigste Glied der Organisation -ist, nicht überbürdet, aber so beschäftigt ist, daß er sich mit -allen Zweigen der Produktion und Verteilung auf seinem Gebiete -vertraut machen und dort alles, soweit als die Einheitlichkeit des -Dienstes es erfordert, durch seine Hand gehen muß. Übrigens muß ihm -das Recht zustehen, sich seine Organe zu wählen, und jedem Einzelnen -Hilfeleistungen aufzutragen, zu welchen er befähigt ist und welche -mit seinem eigenen Berufe vereinbar sind, oder zu welchen er sich -freiwillig erbietet. Die Vereinigung der ganzen Verteilungsarbeit -in =einer= leitenden Hand löst alle Kompetenzkonflikte, welche die -heute übliche Trennung der Ressorts mit sich bringt, die im Betriebe -der Kollektivwirtschaft wenig Sinn hätte. Übrigens vertreten die dem -Verwaltungsbeamten untergebenen Organe die einander gegenüberstehenden -sachlichen und persönlichen Interessen. - -Die Belastung der Beamten im gleichen Range wird so ziemlich gleich -sein, wenn die Glieder einer Gemeinde, oder eines Quartiers der -Zahl nach nicht sehr verschieden sind. Aber die Verwaltungsbeamten -der Quartiere in den Städten dürften etwas weniger belastet sein, -weil sie ein kleineres Gebiet haben und weil in den Städten weniger -Produktion ist. Darum eignen sich diese Posten, die auch sonst größere -Annehmlichkeiten bieten, als Ruheposten für ältere, verdiente Beamte. - -Ich bemerke noch, daß ich nicht für die Wahl der Verwaltungsbeamten -durch das Volk bin, weil das zu einer gefährlichen Dezentralisation -führen müßte, und dadurch einerseits das Parteiwesen wieder -großgezogen, andererseits eine Desorganisation in der Wirtschaft -herbeigeführt würde. Es würde dann überall nach verschiedenen -Grundsätzen produziert und damit ein großer Teil der Vorteile des -Gesamtbetriebes aufs Spiel gesetzt werden. Auch wären die Angaben -der Verwaltungsbeamten über die Produktionsergebnisse, welche die -Hauptgrundlage der Verteilung bilden, nicht mehr verläßlich, wenn -die Beamten von der Gemeinde gewählt würden. Der Grundgedanke des -Kollektivismus ist die Zentralisation, die Wahl der Beamten aber -hätte immer eine dezentralisierende Tendenz. Es ist auch besser, das -Staatsinteresse den Staatsbeamten, das Interesse der Gemeinde und des -Einzelnen immer dem Volksbeamten anzuvertrauen und so einen möglichst -genauen Gleichgewichtszustand herbeizuführen, wobei aber immer noch -im Zweifel das Staatsinteresse überwiegen müßte, daher auch nur der -Staatsbeamte eine =entscheidende= Stimme hätte, der Volksbeamte nur zu -hören wäre, zu beaufsichtigen hätte und bei den vorgesetzten Behörden -Einspruch oder Berufung einlegen könnte. Diese Verwaltungsbeamten -wären also wie heute durch die Zentralstelle zu ernennen und so ist es -ja auch mit dem Unterrichtspersonale, den Ärzten und den technischen -Beamten und Vorständen. - -Um nun jedem Einzelnen aus den kleinen Volksgruppen der Gemeinde, -des Bezirkes, Kreises usw. den größten Schutz zu verleihen, scheint -es mir, wie schon gesagt, zweckmäßig, daß das Volk in diesen Gruppen -je einen Volksbeamten wählen sollte, der vom Gemeindebeamten bis zum -Minister dem Verwaltungsbeamten beigegeben werden soll, der in allen -mechanischen Arbeiten Gehilfe des Verwaltungsbeamten wäre und dem -Staatsinteresse gegenüber das Teil- und Einzelinteresse wahrzunehmen -hätte. Nicht =er=, sondern der Staatsbeamte hätte zu dezernieren, der -Volksbeamte aber müßte immer vorher gehört werden und er könnte an den -Bezirksbeamten berufen oder vielleicht auch in wichtigen Fällen eine -Sistierung der angefochtenen Entscheidung erwirken. Durch Vermittelung -des Fernsprechers, der alle Ämter verbindet, kann das in wenigen -Minuten geschehen. - -Diese Volksbeamten würden von der Gemeinde und dem Bezirke durch das -Votum aller stimmberechtigten Volksgenossen gewählt und es scheint, -daß es vernünftiger wäre, auf unbestimmte Zeit zu wählen als auf eine -bestimmte Zeit, wie der Amerikaner sagt, _during good behaviour_. Die -periodischen Wahlen haben gar keinen vernünftigen Sinn. Eine Neuwahl -wird stattfinden, so oft sie begehrt wird und sobald ein anderer -Volksbeamter für eine Stelle gewählt ist, hat der frühere abzutreten. - -Sehr zweckmäßig wäre es auch, den Kreis- und -Provinzialverwaltungsbeamten, sowie auch den Ministern einen solchen -Vertreter des Volkes mit gleicher Kompetenz beizugeben und selbst dem -Monarchen würde es die Geschäfte erleichtern, wenn er einen solchen -Vertrauensmann des Volkes, oder in Österreich etwa Vertrauensmänner -aller Nationalitäten an der Seite hätte, die er hören könnte, aber -es scheint nicht zweckmäßig, daß diese höheren Organe durch das Volk -unmittelbar gewählt werden, weil die wählbaren Personen in diesen -großen Sprengeln nicht so allgemein bekannt sind, daß das Volk selbst -wählen könnte. Besser würde es sich empfehlen, daß die Volksbeamten des -Kreises den dem Kreisbeamten beizugebenden Volksbeamten und so weiter -die Volksbeamten der ganzen Provinz der ganzen Nation oder des ganzen -Reiches diese höheren Organe des Volkswillens wählen würden. - -Dies ist die wünschenswerte Organisation des Verwaltungsdienstes -und es scheint nicht notwendig zu erwähnen, daß die Kreis- und -Provinzialbeamten und die Minister eine Reihe von geringeren Beamten -als Mitarbeiter haben müßten. - -~Detailverwaltungsämter.~ Zur unmittelbaren Leitung von -Produktionszweigen und Fabriken werden in jeder Gemeinde oder Quartier -nach Art unserer Verwalter und Direktoren Leute, erforderlichen Falles -von höherer Ausbildung und dann auch von angemessen höherem Range, zu -bestellen sein, welchen die erforderlichen Hilfsorgane zur Seite zu -stellen sind und welche dem Verwaltungsbeamten untergeordnet sind. -So wird für die Futterwirtschaft, die Viehzucht, eine industrielle -Anstalt und für die gesamte Hauswirtschaft ein oberster Leiter in jeder -Gemeinde, für manche andere Betriebe, so die Forstwirtschaft, wo sie -einen größeren Umfang hat, für einen etwaigen Bergbau, den Hochbau, -Straßen- und Wasserbauten in jedem Bezirke ein Produktionsleiter -oder Direktor anzustellen sein, welche Personen wieder höheren Ämtern -ihres Faches unterzuordnen sind. Sie haben die Arbeits-, Materials- -und Produktionsstatistik für ihren Produktionszweig herzustellen, -die rechtzeitige Anschaffung aller Maschinen, Werkzeuge und Stoffe, -die Einstellung und Ausbildung der Arbeitskräfte, die Einrichtung -und Instandhaltung der Gebäude und sonstigen baulichen Anlagen, -die zweckmäßige Verteilung der verschiedenen Arbeiten unter ihre -Arbeiter, dann die Beförderung der geeigneten Personen zu besorgen -und Anträge wegen Verbesserung der Produktion zu stellen. Besonders -jene Statistik, die den organischen Einrichtungen zufolge nicht -täglich abzuschließen und zu veröffentlichen ist, ist von ihnen für -ihren Betrieb doch so viel als möglich täglich zu journalisieren, -so beim Empfange von Stoffen, bei der Hinausgabe von Stoffen und -anderen Verbrauchsartikeln an den einzelnen Arbeiter, bei der Abgabe -der Produkte von einer Werkstätte zur anderen, von einem Arbeiter an -den anderen und schließlich bei der Ablieferung fertiger Erzeugnisse -an die Magazine und aus den Magazinen an die Frächter und alle diese -Verrechnungsarbeiten, wofür in jeder Betriebsstätte Instruktionen -bestehen, sind von den untergeordneten Organen gegenzuzeichnen, vom -Verwaltungsbeamten zu überwachen und zu revidieren. Da doch alles, was -durch die Produktionsverwaltungen an andere Verwaltungen abgegeben -wird, von diesen wieder in Empfang zu stellen ist, und so doppelte -Buchungen geschehen, so ist eine genaue Verrechnung sichergestellt -und es ist auch der Gesamterfolg einer Betriebsanstalt leicht zu -beurteilen, da ein Vergleich mit Betrieben gleicher Art ergibt, ob -für eine bestimmte Gesamtleistung mehr als anderwärts an Material -oder Arbeit verrechnet wurde, wie auch die Verwendung aller Stoffe, -Werkzeuge, Halbfabrikate und Erzeugnisse immer feststellbar sein muß. - -Bei absoluter Naturalwirtschaft kann in den Betrieben nicht leicht ein -Unterschleif vorkommen. Kassegebarung gibt es nicht, falsche Buchungen -sind der Gegenbuchungen wegen nicht wohl möglich, würden aber auch -keinen ersichtlichen Zweck haben und wer Material oder Fabrikate -defraudieren wollte, fände keinen Frächter und Abnehmer, hätte viele -Mitwisser, daher die sichere Entdeckung zu fürchten und so wäre nur -ein rechtswidriger Verbrauch von Dingen, die man unmittelbar verzehren -kann, von Milch, Eiern, Obst zu fürchten und auch das könnte nicht -lange verborgen bleiben, keinesfalls aber könnte sich jemand daran -bereichern. - -Alle Arten von Betrieben haben ihre hierarchisch abgestuften -Oberleitungen, deren Zentralorgane wieder Fachorgane der -Ministerien bilden. Von der Verwaltung der Hauswirtschaft und der -Bekleidungsindustrie wird noch im Abschnitte IX, besonders zu sprechen -sein, weil sie von unmittelbarem Interesse für die Einzelnen sind. - - -2. Der ärztliche Dienst. - -Der ärztliche Dienst im Kollektivstaate hat die Aufgabe, für alles zu -sorgen, was zur Verlängerung des Lebens eines jeden Einzelnen dienen -kann. Die Heilung von Krankheiten kommt weniger in Betracht, als die -Verhütung von Krankheiten und die Sammlung aller jener Erfahrungen, -welche der Vervollkommnung des Sanitätswesens förderlich sein können. -Die Aufgabe, Krankheiten zu verhüten, bedingt auch, daß der Arzt -auf die Gestattung von Ehen, die Propagation und die Berufswahl als -Fachmann Einfluß nimmt. - -Es ist unbedingt notwendig, in jeder Gemeinde und jedem städtischen -Quartier einen Arzt anzustellen, dem innerhalb des Gemeindegebietes -für alles zu sorgen obliegt, was in die Kompetenz des Sanitätsdienstes -fällt. Ich halte es aber auch für notwendig, daß ein weiblicher -Arzt dem Gemeindearzte beigegeben werde. Es scheint der Natur der -Sache zu entsprechen, daß der weibliche Arzt dem als Sanitätsbeamten -fungierenden männlichen Arzte untergeordnet werde. Hat der weibliche -Arzt im eigentlich ärztlichen Berufe mit Einschluß der Öffnung -der weiblichen Leichen zu wenig Beschäftigung, um die Arbeitszeit -auszufüllen, so ist der Ärztin Heilmittelbereitung (Apotheke), Leitung -der Krankenpflege, Mitwirkung bei Aufstellung der Sanitätsstatistik -zuzuweisen, bis ihre Arbeitskraft genügend ausgenützt ist. Die Ärztin -muß genau denselben ärztlichen Unterricht, wenngleich vorzüglich -gynäkologischer und vorwiegend frauen-physiologischer und weiblich -anatomischer Art und etwa von weiblichen Professoren empfangen, wie -der Arzt und es ist übrigens die Meinung, daß der Arzt der Ärztin -übergeordnet sein solle, nichts weniger als ein Dogma; erweist sich das -Gegenteil als zweckmäßiger, so ist bald abgeholfen. - -Die Fürsorge für den Einzelnen bringt es mit sich, daß schon während -der Schwangerschaft der Frau alles vorgekehrt werde, was vom ärztlichen -Standpunkte im Interesse nicht nur der Mutter, sondern auch der Frucht -notwendig erscheint. Der Arzt wird also dafür zu sorgen haben, daß der -Schwangeren und Wöchnerin keine Berufsgeschäfte aufgebürdet werden, -die nachteilige Folgen für Mutter und Kind haben könnten und er wird -auch sonst seinen Einfluß geltend machen, daß die Lebensweise der -schwangeren Frau zweckentsprechend geregelt werde. Lebt sie mit ihrem -Manne etwa außerhalb einer Gemeinde in einem einzelnen Gehöfte oder auf -einer Alpe, so wird der Arzt darauf dringen, daß sie in die Gemeinde -übersiedelt. Dem Ehemanne wird er jede Schonung der Frau auferlegen, -die ihrem Zustande entspricht. Nötigenfalls wird er auch bei der Geburt -die Hilfe leisten, welche zu leisten die Ärztin nicht vermag. - -Nach der Geburt wird der Arzt, wenn ich vom Arzte spreche, so setze -ich immer eine zweckmäßige Arbeitsteilung zwischen dem Arzte und der -Ärztin voraus, die richtige Pflege des Neugeborenen überwachen und -das um so sorgfältiger, je unerfahrener die Mutter ist. Er wird das -Kind anfangs häufiger sehen müssen, als später und dafür sorgen, daß -alle jene Beobachtungen regelmäßig gemacht und notiert werden, die -für die Wissenschaft und Statistik sowohl, als auch direkt für den -individuellen Pflegezweck dienlich erscheinen. Er wird ferner mitwirken -bei der physischen Erziehung und im Vereine mit dem Pädagogen bei -der intellektuellen und moralischen Erziehung, er wird sowohl beim -Eintritte in die Schule, als bei der Zuweisung zu einem bestimmten -Berufe seine Stimme erheben gegen alles, was das Leben des jungen -Menschen gefährden könnte. Auch liegt ihm die Begutachtung ob, ob die -jungen Leute sich für die Fortpflanzung eignen oder nicht, insoferne -die Gesetze gestatten, zur Fortpflanzung ungeeigneten Individuen die -Ehe zu versagen. VII, 1, _Alinea_: »Bei dem heutigen«. Seine Aufgabe -wird es sein, auch anscheinend ganz gesunde Menschen in bestimmten -Intervallen nach der ihm vorgeschriebenen Methode zu untersuchen und -alles schriftlich zu fixieren, was in späteren Jahren zu wissen von -Wichtigkeit sein mag, oder die wissenschaftlichen Interessen fördern -kann. In Krankheitsfällen hat der Lokalarzt zu ordinieren und sich -auch dann an der Diagnostizierung und Behandlung zu beteiligen, wenn -etwa auf Wunsch des Kranken oder seiner Angehörigen ein anderer als -der =kompetente= Arzt die eigentliche Behandlung leitet. Kranke, -die das Bett hüten müssen, werden am Besten in gemeinsamen oder nahe -der Wohnung des Arztes gelegenen Gemächern untergebracht werden, um -dem Arzte ein häufiges Erscheinen am Krankenbette zu ermöglichen. -Die Wartung der Kranken, an der sich unterstützend auch Angehörige -beteiligen können, erfolgt unter Oberleitung des Arztes durch geeignete --- wahrscheinlich weibliche -- Personen, die einen =Beruf= daraus -machen. In Fällen, welche besondere Erfahrungen voraussetzen oder eine -Operation erforderlich machen, wird der Arzt durch Vermittlung des -Bezirksarztes schleunigst für Beiziehung eines Spezialarztes und, wo -Ansteckung zu besorgen ist, für Separierung, und zwar nötigenfalls -durch Unterbringung in besonderen Spitälern, die nach Bedarf zu -errichten sind, sorgen. Alle Leichen hat er zu sezieren und er wird -alles das durch Beschreibung, Photographieren und durch Präparate -fixieren, was für die Wissenschaft, vielleicht auch für die ärztliche -Behandlung der Nachkommen und für die Vererbung von Bedeutung sein -kann. Für jeden Bewohner seines Bezirkes wird er einen Akt anlegen, in -dem alles notiert wird, was für eine spätere Behandlung von Interesse -ist und dieser Akt wird im Falle eines Domizilwechsels an jenen Arzt -übersendet werden, in dessen Kompetenz die fernere Behandlung übergeht. - -Die Aufgabe des Arztes ist auch, die Sanitätsstatistik nach den -erteilten Vorschriften zusammenzustellen und er wird verpflichtet sein, -regelmäßig mit seinen Fachgenossen im Bezirke zu gemeinsamen Beratungen -zusammenzukommen. Er untersteht in allgemeiner disziplinärer Hinsicht -dem Verwaltungsbeamten, in Ausübung seines Amtes aber untersteht er -auch der fachwissenschaftlichen Kontrolle des Bezirksarztes, durch -den ihm auch die Aufträge der Regierung und der wissenschaftlichen -Institute zukommen. - -Durch Vorträge im Versammlungslokale der Gemeinden wird der Arzt alles -zu verbreiten suchen, was der Einzelne selbst für seine Gesundheit tun -soll. Er hat alles zu prüfen, was zur Assanierung der Ansiedlung zu -geschehen hat, Abhilfe zu fordern, wo es not tut und die Ausführung der -beschlossenen Maßregeln zu überwachen. Die Mitwirkung eines anderen -Arztes aus einer benachbarten Gemeinde oder Quartier wird, wie schon -angedeutet, der Kranke oder seine Familie beantragen können. Außerdem -hat der Bezirksarzt persönlich oder durch ärztliche Inspektionsbeamte -die Gemeindeärzte zu überwachen. Die höheren Sanitätsbehörden haben -dafür zu sorgen, daß das notwendige Material für Spitalszwecke, -Diagnostizierung von Krankheiten, an Heilmitteln und Apparaten für -alle Fälle überall ausreichend vorhanden sei und das Material ebenso -wie das Personal an Spezialärzten zweckmäßig über das ganze Reich -verteilt werde, um tunlichst rasche Hilfe zu ermöglichen. Jeder -zur Heilung von Krankheiten und vollkommenen Wiederherstellung der -Kranken erforderliche Aufwand ist ohne Ansehen der Person auf Kosten -der Gesamtheit zu machen und sofern bestimmte ärztliche Personen -Reisen zu dem Kranken zu machen haben, ist ihnen das schnellste -Beförderungsmittel und auf den Eisenbahnen ein Separatzug zur Verfügung -zu stellen. - -Die Gemeinden werden aber auch für den klinischen Unterricht und die -Anatomie das erforderliche Material an Kranken, Leichen und Präparaten -beizustellen haben. Jeder Arzt erhält alle erforderlichen Fachblätter -zugestellt und hat bemerkenswerte Krankheitsfälle und Heilerfolge -genau zu beschreiben und den Fachblättern einen Bericht zuzusenden. -Auch die jedem Arzte unentbehrliche Bibliothek für alles, was das -Sanitätswesen betrifft, ebenso die Sanitätsstatistik aller auswärtiger -Staaten findet er am Bezirksorte. Es ist zu bemerken, daß die gesamte -Bevölkerung an den Gedanken gewöhnt werden muß, daß jede Leiche -geöffnet und wissenschaftlich durchforscht werden muß. Wenn religiöse -Vorurteile dagegen sprechen, so müssen sie bekämpft werden. Denn im -Kollektivstaate gibt es keine Leichen degradierter Auswürflinge, -welchen man die Sezierung gewissermaßen strafweise zufügt und so -würden, wenn solche Vorurteile fortbeständen, die Anatomiesäle gar kein -Material haben. - -Die ununterbrochene Arbeit des gesamten Sanitätspersonales ist -darauf zu wenden, mit Benützung des statistischen Materiales -die Schädlichkeiten aller Berufe dergestalt zu ermitteln, daß, -insofern sie nicht unterdrückt werden können, durch Anpassung der -Verteilungsgrundsätze ausreichender Ersatz geboten werde. Wie das -geschehen kann, ist in XI, d, entwickelt worden. Der Sanitätsdienst hat -dabei mitzuwirken. - -Allgemeiner Grundsatz ist, daß jedes zur Welt gekommene menschliche -Wesen Anspruch auf alle jene Fürsorge hat, die ihm angeborener oder -erworbener Gebrechen wegen zur Erlangung eines gewissen Grades von -Lebensglück nötig ist.[8] In Nordamerika allein sind erfolgreiche -Versuche gemacht worden, jene Unglücklichen zum geistigen Verkehre mit -den Mitmenschen zu erwecken, die schon in früher Jugend Gesicht =und= -Gehör verloren haben. Ist es notwendig, daß eine oder mehrere Personen -ihr ganzes Leben in den Dienst einer solchen besonderen Aufgabe -stellen, so hat der Staat diese Personen zu bestellen und überdies -so viel als möglich die Bevölkerung zu ermuntern, daß sie freiwillig -ihre Tätigkeit diesem Zwecke widme, wodurch sich die Last auf viele -verteilen wird. - - [8] Das widerspricht scheinbar den Ideen Nietzsches und - Darwins, aber statt ihrer brutalen Ideen lehre ich, das - Aussterben der Schwächeren im Wege der Unterdrückung - der Fortpflanzung erblich Belasteter herbeizuführen. - Der Staat darf seine Absicht nicht darauf richten, - Schwächlinge zu Grunde gehen zu lassen, sondern hat durch - fortgesetzte Wirksamkeit zu verhüten, daß degeneriertes - Menschenmaterial gezeugt wird. Der Grundsatz, - Unbrauchbares zu Grunde gehen zu lassen, würde zu dem - Grundsatze führen, den die alten Germanen beobachteten, - die Alten, die nicht mehr arbeiten konnten, zu töten - oder im Walde hilflos auszusetzen. Diesem Grundsatze - zufolge müßten auch ganz normale Menschen, die verunglückt - sind, dem gänzlichen Untergange preisgegeben werden. - Jeder Mensch ist gleichmäßig daran interessiert, daß - dieser Grundsatz nicht zur Geltung kommt. Das Leben - =hoffnungslos= Leidender =gegen ihren Willen= zu erhalten, - ist darum noch keine evidente soziale Pflicht. Nietzsche - hat das Törichte seiner Lehre am eigenen Leibe erfahren, - nach dieser Lehre hätte man ihn töten, statt an die - Irrenanstalt abgeben müssen. - -Zu den Aufgaben der Ärzte, die sie im Einvernehmen mit den Pädagogen -zu lösen haben, gehört auch die Ermittlung der Vererbungsgesetze nicht -nur in Beziehung auf normale physische Konstitution, sondern auch -auf ethische und intellektuelle Anlagen und auf Geschicklichkeiten. -Dementsprechend werden sie die zur Fortpflanzung bestimmten Personen -auswählen und auch für die zweckmäßige Paarung Gesetze zu ermitteln -trachten. In wieferne der Staat schwächliche oder erblich belastete -Individuen von der Fortpflanzung auszuschließen und auf die Gattenwahl -Einfluß zu nehmen berechtigt ist, wird in VII, 1, besprochen. Zunächst -handelt es sich um Aufklärung und Rat; Gesetze und Gewalt können erst -dann in Betracht gezogen werden, wenn das Volk zur Überzeugung ihrer -Notwendigkeit und Gerechtigkeit gelangt ist. - -Als Hilfsorgane der Ärzte werden Zahnärzte, zugleich Zahntechniker, -zu bestellen sein, welche die Gebisse aller Bewohner eines Bezirkes -regelmäßig zu untersuchen und die erforderlichen Operationen teils -selbständig, teils unter Aufsicht des Arztes vorzunehmen haben. Es -handelt sich aber nicht bloß um Verhütung des Verlustes und der -Krankheit der Zähne und eventuell ihren Ersatz, sondern auch die -Vererbung guter Zähne kommt in Betracht, weil ein gutes Gebiß der -schönste Schmuck des Menschen und gewiß auch ein Zeichen einer guten -Konstitution ist. Eine Statistik der vorhandenen und der fehlenden -gesunden und kranken Zähne und der verschiedenen Zahnleiden wäre sehr -interessant und könnte leicht beschafft werden. - -Der Arzt untersteht in fachwissenschaftlicher Hinsicht dem -Bezirksarzte, dieser dem Provinzialarzte und dieser dem Chefarzte des -Reiches. In den höheren Instanzen werden selbstverständlich zahlreiche -Körperschaften dem Chefarzte beigeordnet sein. Die Hierarchie dient -dazu, um verdienten Ärzten eine Beförderung zu eröffnen und um eine -Organisation zu schaffen, durch welche die sanitären Beobachtungen -auf Grund der Statistik und der Berichte der ausübenden Ärzte zur -Sammlung und Verarbeitung gelangen. Instruktionen werden erlassen -werden, inwieferne der Gemeindearzt seinen Vorgesetzten über jeden -einzelnen Krankheitsfall durch Bulletin auf dem Laufenden zu erhalten -hat. Diese Berichterstattung kann so eingerichtet werden, daß der -Bezirksarzt daraus sofort erkennen kann, ob Zweifel an der Richtigkeit -der Diagnose oder der Behandlung bestehen, in welchem Falle er -selbst zur Überprüfung schreiten, oder einen anderen Arzt seines -Bezirkes damit beauftragen kann. Diese Überwachung der Gemeindeärzte -erstreckt sich auch auf Gutachten über Krankheitsurlaube, den Besuch -von Thermen, Berufseignung oder Fortpflanzungstauglichkeit, dann auf -Spitalsverwaltung und sanitäre Anstalten. - -Spezialärzte verschiedener Fächer werden zu bestellen und über das -Land zweckmäßig zu verteilen sein. Vorzüglich kommt da das Fach -der Operateure in Betracht. Wahrscheinlich wird sich auch das Fach -der operativen Heilkunde in viele Zweige spalten. Weiter wird es -Fachärzte für die Erkrankungen einzelner Organe, wie heute, für -Infektionskrankheiten, gewisse Arten von Diagnosen, chemische -Untersuchungen und besondere Heilverfahren, wie Kaltwasser, -Elektrizität, Pneumatik, Massage, Belichtung, Heißluftbehandlung usw. -geben. Die Sanitätsverwaltung wird verfügen, inwieferne sich solche -Ärzte an Ort und Stelle zu begeben haben, oder die Kranken zum Arzte -geschickt oder in Sanatorien aufgenommen werden sollen und insbesondere -wie weit die Kompetenz des Gemeindearztes in weniger bedeutenden oder -besonders dringenden Spezialfällen geht. Die Sanitätsverwaltung hat -auch die Einrichtung von Kurorten und die Verfügung der Aufnahme der -einzelnen Kranken in dieselben über sich. - -Was die Unterbringung von Kranken und die Krankenpflege anbelangt, so -wird man eigentliche Spitäler tunlichst vermeiden. Nur insoferne die -Isolierung von Kranken geboten erscheint, oder wo es der klinische -Unterricht erfordert, wird man eigentliche Krankenhäuser errichten. - -In einem Staate von 45 Millionen Einwohnern erfordert der ärztliche -Dienst nach obigen Grundsätzen mit Inbegriff der Spezialisten und der -übergeordneten Organe etwa 60 Tausend Ärzte und ebensoviele weibliche -Ärzte, somit 120 Tausend Personen. In Österreich ist gegenwärtig die -Zahl der wissenschaftlich gebildeten Ärzte sehr gering, somit ist -eine große Vermehrung erforderlich. Auch das Wartepersonal, welches in -Österreich gegenwärtig nicht zahlreich ist, wird sehr vermehrt werden -müssen. Die Untersuchung, welche Berufe im Sozialstaate ganz entfallen, -oder geringere Arbeitskräfte beanspruchen, wird in VIII, 11, folgen und -daraus sich ergeben, wie der höhere Arbeitsaufwand in manchen Berufen, -somit auch im ärztlichen und Wärterberuf hereingebracht werden wird. - -Für die Verhinderung der Einschleppung von Kontagien oder ansteckenden -Krankheiten, insbesondere auch von Geschlechtskrankheiten, kann in -einem so stramm organisierten Staate leicht gesorgt werden. Personen, -welche nicht aus einem ebenso gut verwalteten Gebiete kommen, können -beim Überschreiten der Grenzen einer ärztlichen Untersuchung unterzogen -werden. =Der Warenverkehr über die Grenze kann jederzeit auf längere -Zeit gänzlich abgesperrt werden=, weil der Staat immer für Vorräte -solcher Waren sorgen wird, für die man auf das Ausland angewiesen ist. - -Prüft man diese Organisation des ärztlichen Dienstes, so gewinnt man -die Überzeugung, daß damit alles für den Einzelnen und die Gesamtheit -erreicht werden kann, was man heute für notwendig erkennt, aber in -der individualistischen Gesellschaftsordnung undurchführbar ist. Die -Ärzte drängen sich in den großen Städten zusammen, in den ländlichen -Gemeinden fehlt es oft an aller Hilfe für Kranke und Verunglückte und -jedenfalls an den Anstalten, die für besondere Fälle notwendig sind. - -Nun aber alle anderen Dienste, die ein so eingerichteter ärztlicher -Körper dem Einzelnen und der Gesamtheit und der Wissenschaft leisten -könnte. - -Der Arzt wird bei obiger Organisation nicht gerufen, er sucht -diejenigen, für deren Gesundheit er verantwortlich ist, auf. Er ist -ihnen Freund, Berater für das Leben und ersetzt ihnen auch Priester -und Beichtvater. Er fördert die wahre Moral in viel höherem Maße, als -es heute die Kirche vermag. Keinerlei entstehendes Leiden, erbliche -Belastung, Disqualifikation zu bestimmten Berufen, zur Zeugung oder -für die Ertragung der Schwangerschaft und Entbindung kann dem Arzte -oder seiner Gehilfin entgehen. Sie können die Weitervererbung von -Krankheiten und deren Übertragung auf kommende Generationen verhindern. -Nur im Kollektivstaate kann man Lues, Tuberkulose und Alkoholismus -unterdrücken oder in der ersten Zeit wenigstens für Dritte völlig -unschädlich machen. Jeder Arzt ist zugleich Anthropologe und im Dienst -der anthropologischen Forschung. In seinem Berufe liegt es nicht nur, -die Degeneration des Volkes zu verhindern, sondern von Generation -zu Generation ein immer herrlicheres Geschlecht heranzubilden. Das -alles ist zum Teile allerdings von der Menge der anzustellenden Ärzte, -ebensosehr aber von der Verteilung der Ärzte und der Verteilung der -Bevölkerung und von der Organisation des Dienstes abhängig. Nicht nur -diese Verteilung, sondern auch die Anstellung der erforderlichen Anzahl -von Ärzten ist ohne Kollektivismus nicht denkbar. - -Noch sei bemerkt, daß in Deutschland bei den Krankenkassen statistisch -ermittelt wurde, daß auf ein Kassenmitglied im Durchschnitt 6 -Krankheitstage im Jahre kommen. Obwohl bei den hygienisch vorzüglichen -Einrichtungen des Kollektivstaates und bei der Verminderung aller -Berufsschädlichkeiten und anderer günstiger Umstände wegen der -Krankenstand beträchtlich sinken müßte, wäre selbst nach diesem -Verhältnisse der Durchschnitt in einer Gemeinde von Tausend Köpfen -nicht mehr als etwa 6000 Krankheitstage im Jahre. Das gibt einen -Tagesdurchschnitt von 16-18 Kranken, zu deren Behandlung zwei Ärzte -zur Verfügung ständen. Es blieben also dem ärztlichen Personale -viele Stunden des Tages für andere Aufgaben als die Behandlung der -Kranken übrig, für Überwachung der Kinderpflege, für Untersuchungen -der Gesunden, Beeinflussung der Lebensweise, Statistik und andere -Amtsgeschäfte, wissenschaftliche Beobachtungen und Gutachten. Da -in jeder Wohnansiedlung eine besondere Abteilung für Krankenzimmer -einzurichten wäre, und immerhin einige von den Kranken ambulant, andere -in ihren Wohngemächern behandelt würden, so wären etwa 16 Krankenzimmer -unbedingt ausreichend für Spitalzwecke. - - -3. a) Der Erziehungs- und Volksschul-Unterrichtsdienst. - -Das Erziehungs- und Unterrichtswesen der Gemeinde und des Quartiers -untersteht einem Pädagogen. Er wird selbst am Unterricht sich -beteiligen, vorzüglich aber die Oberaufsicht jener Geschäfte führen, -die das Erziehungs- und Unterrichtswesen betreffen. Er stellt -die Erziehungs- und Unterrichtsstatistik zusammen, hat für die -Beobachtung der Gesetze und eventuell deren Ergänzung zu sorgen, -in den Disziplinarfällen des ihm untergeordneten Personals dem -Verwaltungsbeamten Vortrag zu halten und den leitenden Einfluß auf die -gesamte geistige Bewegung in der Gemeinde (dem Quartier) zu nehmen. - -Außer ihm werden in jeder Gemeinde (Quartier) mit volksschulpflichtigen -Kindern sieben oder acht Fachlehrer für die acht oberen Klassen -bestellt werden und der Unterricht in den ersten vier Klassen wird -vier Personen des weiblichen Erziehungspersonales überlassen werden -können. Der Pädagoge und die Lehrer werden sich verdient machen, wenn -sie sich ab und zu an den Vorträgen beteiligen, die vor der gesamten -Gemeinde über die Fortschritte in den einzelnen Wissenszweigen -nach Art der _university extension_ gehalten werden sollen, wobei -übrigens auch auf Gelehrte, Forscher, Akademiker, höhere Lehrpersonen -und Erfinder gerechnet werden wird und wobei tunlichst viele -Demonstrationen vorgeführt werden sollen. Da man annehmen kann, daß -die Volksschullehrer der acht oberen Klassen in wissenschaftlicher -Beziehung auf der Höhe unserer heutigen Mittelschulprofessoren stehen -werden, kann der populärwissenschaftliche Vortrag an mindestens einem -Tage in der Woche für jede Urgemeinde gewiß sichergestellt werden. - -Sind besondere Klassen für Mädchen eingerichtet, so werden für -selbe weibliche Fachkräfte zu bestellen sein. Für die Überwachung -des Erziehungs- und Schuldienstes werden im Bezirke, Kreise, der -Provinz höhere Lehrpersonen, Einzelne oder Kollegien, zu bestellen -sein, welche den Geschäftsgang zwischen den untersten Organen und der -Zentralverwaltung zu vermitteln haben. - -Wir wissen, welches Interesse unsere Universitäten für die -psychologischen Versuchsanstalten in neuerer Zeit gezeigt haben. Sie -werden nützliche Vorarbeiten leisten, welche dem künftigen Erziehungs- -und Verwaltungsdienste zustatten kommen werden. Doch wird man sich -dann mit vereinzelten Beobachtungen nicht begnügen, sondern soviel -als möglich Beobachtungen an jedem einzelnen Individuum machen und die -einzelnen Personen zu Selbstbeobachtungen heranbilden. - -Die Unterrichtspersonen werden 4 oder 5 Lehrstunden im Tage geben -können, nachdem die Zahl der Schüler 25 in einer Klasse nicht -übersteigen soll und demnach auch die Revision der Aufgabenhefte -weniger Arbeit macht.[9] Die Ferien werden wohl etwas kürzer bemessen -werden als heute. - - [9] Da in einer Gemeinde von 1000 Köpfen nicht mehr als 240 - Kinder und junge Leute von 6-18 Jahren wohnen und eine - beträchtliche Abweichung von dieser Durchschnittsziffer - nach VI, 2, leicht vermieden werden kann, diese Anzahl von - Schülern sich aber auf zwölf Jahrgänge verteilt, davon die - oberen Klassen nicht stärker, sondern schwächer besetzt - sind, ist die Maximalzahl von 25 unüberschreitbar. Dem - Lehrer arbeiten auch jene begabten Schüler in die Hand, - welchen die Korrepetition überlassen werden kann. - -Der Volksunterricht ohne Spezialschulen und höhere Unterrichtsanstalten -wird in einem Staate von 45 Millionen für die acht höheren Jahrgänge -360,000 Personen in Anspruch nehmen, nämlich 8 Lehrpersonen für 1000 -Bewohner. Vom untergeordneten Erziehungspersonale ist in VII, b, die -Rede. Es haben sich die Lehrkräfte an der Erziehung selbstverständlich -mit zu beteiligen und besonders die Oberaufsicht im Verein mit den -Pädagogen zu besorgen. Es werden ferner auch die Lehrkräfte vorzüglich -zu Hilfsarbeiten für die Verwaltungsbeamten herangezogen werden und -die statistischen Kalkulationsarbeiten besorgen oder, sofern die Menge -dieser Arbeiten so groß wäre, daß Schulkinder zu deren Bewältigung -herangezogen werden müßten, diese Arbeiten organisieren und leiten. - -Außerdem erwartet man von den Lehrpersonen nicht nur, daß sie -sich in den Fortschritten ihrer wissenschaftlichen Fächer auf dem -Laufenden erhalten, zu welchem Ende ihnen die Verwaltung entsprechende -Wochenschriften zusenden und mindestens in den Bezirksvororten -vollständige Sammlungen der wissenschaftlichen Behelfe einrichten -und fortlaufend ergänzen wird, sondern es wird auch vorausgesetzt, -daß sie sich an der Forschung beteiligen, in welcher Richtung -durch Vermittelung der Akademie eine gewisse Art von Organisierung -stattfinden könnte, daß nämlich jedem gewisse Forschungsprobleme -zugewiesen würden. - -Auch den Lehrpersonen würden regelmäßige Zusammenkünfte am -Bezirksvororte und den Vertretern der einzelnen Fächer am Kreisvororte -zur Pflicht gemacht. - -Zeigt es sich, daß die Frauen für den Betrieb der Wissenschaften -als Schüler, Lehrer und Forscher eine der der Männer ebenbürtige -Veranlagung haben, so wird es sich empfehlen, ihnen die Hälfte aller -Lehrkanzeln offen zu halten. - - -b) Höherer Unterricht. - -Zur Pflege der eigentlichen Wissenschaft und Kunst und der Technik -in allen ihren Zweigen dienen die Hochschulen, welche in der -Reichshauptstadt vereiniget werden. - -Die Gründe dieser Konzentrierung sind folgende: Da die Reichshauptstadt -in einem monarchischen Staate, wir haben hier Österreich im Auge, -das eine habsburgische Monarchie bleiben oder zerfallen muß, der -regelmäßige Wohnsitz der Familien des höchsten Adels ist, so entwickelt -sich naturgemäß dort die höchste Blüte geselligen Lebens, also jene -Atmosphäre, in welcher, wenn sie der richtige Geist erfüllt, das -geistige Leben die meisten Anregungen empfängt. So wohl angebracht -der Individualismus auf dem Gebiete der Forschung und der Kunst ist, -so hat sich auch für dieses Gebiet des menschlichen Schaffens die -Organisation zum Teile bewährt, wie die organisierte Kooperation der -Sternwarten sich längst als förderlich erwiesen hat. Gerade jene großen -Geister, die an der Spitze der geistigen Bewegung wirken, bedürfen -auch ihrerseits der mannigfaltigsten Anregungen, sind dafür am meisten -empfänglich und verbreiten auch wieder die mannigfaltigsten Anregungen, -die gerade bei den hervorragendsten Männern und Frauen ihres Kreises am -befruchtendsten wirken. Es hat also kaum einen Zweck, diese Personen -zu trennen und in eine größere Anzahl von Orten zu zerstreuen, sie -werden sich am wohlsten fühlen in einer großen Zentrale, welche alles -umfaßt, was groß und herrlich ist, an Geist, schöpferischer Kraft und -andererseits wieder an Schönheit und äußeren Vorzügen. Damit ist nur -gesagt, daß ein solcher Mittelpunkt des geistigen Lebens gegeben sein -wird, nicht daß die geistigen Größen dorthin gebannt werden müssen, da -sie, sofern sie ihr Beruf daran nicht hindert, sich auch in die Stille -der Einsamkeit zurückziehen mögen. Der Staat könnte einem Virchow auch -auf jeder Alpe ein wissenschaftliches Institut ersten Ranges einrichten -und ihm einen Stab von Hilfsarbeitern beigeben. Aber das sind -jedenfalls Ausnahmsfälle und es wird schwerlich ein Rufer im Streit der -Wissenschaft ein solches Bedürfnis empfinden. - -Diese Schicht der Bevölkerung bedarf für ihre Wirksamkeit eines -unermeßlichen Schatzes an Gütern, Sammlungen, Bibliotheken, -Maschinen, Stoffen und Instrumenten, ein Schatz, der in seiner ganzen -Vollständigkeit nur an einem Orte vereinigt sein kann, dort aber Allen -zugänglich sein wird, die seiner bedürfen. - -Es gibt im kollektivistischen Staate keinen Grund, der eine -Dezentralisation dieser Anstalten wünschenswert machen würde. Im -kollektivistischen Staate sind Provinzen, Kreise, Bezirke keine -sogenannten historischen Individualitäten, sondern ihre Hauptorte -Knotenpunkte für Administration, Reiseverkehr, Umsatz von Gütern und -diese Städte haben keinen Grund, auf die Reichshauptstadt eifersüchtig -zu sein. Denn in diesen Städten gibt es keine Eigentümer von Häusern -und Grundstücken, die, auf die Erhöhung des Wertes ihres Besitzes -bedacht, einen Anlaß hätten, die Errichtung einer Anstalt innerhalb -des Weichbildes ihrer Stadt zu verlangen, ein Begehren, das sich -in der heutigen Gesellschaftsordnung als politischer Faktor geltend -macht. In unserer Gesellschaftsordnung macht sich der Besitz immer zum -Schaden des Gemeinwohles geltend. So wie die Unbewohnbarkeit der Dörfer -für Menschen, die eine höhere Kultur beanspruchen, demnach auch die -ungesunde Verteilung der Bevölkerung auf die einzelnen Ortschaften, -so ist auch wieder die Dezentralisation, wo sie nicht am Platze ist, -lediglich eine Folge unserer Gesellschaftsordnung und demnach können -die Erfahrungen unserer Tage keinen Beweis dafür liefern, daß die -Verlegung der Universitäten in kleinere Städte irgendwie von Vorteil -ist. Übrigens wird es von der politischen Geschichte, die Österreich -bis zum Übergange zum Kollektivismus durchzumachen haben wird, -abhängen, ob eine gleichberechtigte Metropole für Ungarn in Budapest -aufrecht zu erhalten sein wird. - -Die heutige Gestaltung der Universitäten wird in einer vernünftigen -staatlichen Einrichtung kaum noch mehr einen Bestand haben -können, ja es scheint, als hätten sie sich auch für die heutige -Gesellschaftsordnung überlebt. Das Überwiegen der theologischen -und juristischen Studien, obwohl diese beiden Fakultäten nichts -als Abrichtungsanstalten für den praktischen Dienst der Kirche und -der heutigen Staatsverwaltung sind und sie als wissenschaftliche -Forschungszentren gar keinen Wert haben, ist ebenso unnatürlich, -wie das Zusammenpferchen mannigfaltiger und unendlich reicher -wissenschaftlicher Disziplinen in einer einzigen philosophischen -Fakultät und der Ausschluß der Technik, Bodenkultur und -Forstwirtschaft, dann der Kunst aus dem Bereiche der Universitäten, -wonach viele ebenbürtige Gebiete geistigen Schaffens an der -Universität gar nicht vertreten, viele kümmerlich vertreten, dafür -aber die rückständigen Disziplinen in den Vordergrund geschoben -sind. Brutanstalten des Aberglaubens stehen wahrem Wissen nicht nur -gleichberechtigt an der Seite, sondern sie überwuchern und dominieren, -und so wird Vieles an den künftigen Universitäten zu hohem Ansehen -gelangen und als gleichwertiger Teil einer wahren _universitas -scientiarium et artium_ am Hochschulleben teilnehmen, während Vieles -nach und nach absterben wird, was vor 800 Jahren in Bologna oder Padua, -oder in Paris eine hervorragende Rolle spielte. Es verdienten diese -Wissenschaften schon heute keinen hervorragenden Platz mehr, und sie -werden im Kollektivstaat nur kulturgeschichtlich in Betracht kommen. - -Die Universität wird als Forschungsanstalt im organischen Verbande mit -der Akademie stehen und über unermeßliche Mittel für Forschungszwecke -verfügen. Da der gesamte Verwaltungs-, Sanitäts- und Unterrichtsdienst -mit wissenschaftlich gebildeten Personen besetzt sein soll, wird -ein jährlicher Ersatz von 20,000 Abiturienten der Hochschulen -erforderlich sein und es werden demnach an 100,000 Universitätshörer -die Hochschule frequentieren, zu deren Ausbildung eine Anzahl von -etwa 10,000 Professoren erforderlich sein wird, welche in einem Staat, -wie Österreich in den verschiedenen Landessprachen zu dozieren haben -werden. - -Die staatliche Organisation verträgt im allgemeinen keine -Überproduktion auf irgend einem Gebiete. Man wird daher den -Hochschulunterricht in jedem Fache auf eine gewisse, nicht allzu -eng bemessene Zahl von Hörern beschränken und wird wenigstens für -einen bestimmten Teil von Lehrfächern vorschreiben, welche Kollegien -die Studierenden zur Ausbildung für einen bestimmten Beruf zu hören -und welche Seminare sie zu besuchen haben werden. Da der Staat die -Absolventen auch zu versorgen und auch Jene zu erhalten hat, die keine -wissenschaftliche Tauglichkeit erlangen, wird der Staat nicht nur -die Berufung an die Universität auf jene beschränken, welche sich am -besten dafür eignen, sondern es wird auch zu den Obliegenheiten der -Professoren und ihrer Assistenten gehören, sich von den Fortschritten -der Hörer in ihren Studien zu überzeugen, wozu eben die Seminare die -Gelegenheit bieten. - -Als stimmfähigen Bürgern des Reiches, eine Eigenschaft, die man -wahrscheinlich mit dem zurückgelegten achtzehnten Jahre, also -vor Eintritt in die Universitätsstudien, erlangen wird, wird den -Studierenden Anteil an den öffentlichen Angelegenheiten natürlich -freistehen, ja Pflicht sein, aber die politische Demonstration, wie sie -in unserer Zeit betrieben wird, wird man der studierenden Jugend ganz -verwehren. An den geselligen Vereinigungen sollen sich die Lehrkräfte -tunlichst beteiligen. Renitente Hörer wird man heimschicken und zu -Sense und Sichel greifen lassen. - -Auch am höheren gesellschaftlichen Leben werden die Studierenden -Anteil nehmen und sie werden daher Einladungen zu Hof und von Seite des -Hochadels erhalten und ebenso werden ihnen die Bildungsanstalten offen -stehen, welche dem ästhetischen Bedürfnisse entgegenkommen; Theater und -musikalische Veranstaltungen u. dergl. - -Der Wechsel der Unterrichtsfächer und des wissenschaftlichen Berufes, -für den sich die Hörer ausbilden, wird zu gestatten sein, wenn es -sich nicht bloß um eine Laune handelt und dabei wird es nicht darauf -ankommen, ob die Studienzeit verlängert wird. - -Mädchen werden als gleichberechtigte Hörer zu den Universitätsstudien -zugelassen werden, nach Maßgabe jedoch des Bedarfes für jene -wissenschaftlichen Berufe, die den Frauen eröffnet werden. - - -c. Die Akademie. - -Es wurde bereits hervorgehoben, daß die Akademie als oberste -Vereinigung aller Jener, die auf dem Gebiete des geistigen -Vermögens über alle hervorragen, in einem organischen Verband -mit der Zentralhochschule stehen soll. Der Akademiker bekleidet -den höchsten Rang im Staate, wird in der Regel aus der Reihe der -Hochschulprofessoren hervorgehen, entweder durch die Wahl der Akademie -selbst, mit oder ohne Bestätigung des Monarchen, seinen Platz einnehmen -oder von der Unterrichtsverwaltung ernannt werden, er wird unabsetzbar -sein und die größten Ehrenvorzüge und materiellen Vorteile, immer mit -Ausschluß jeden Eigentums, genießen. Inwiefern seine Familie an jenen -Vorteilen, so lange er lebt, teilnimmt, wird zu erwägen sein. Wenn -zu den materiellen Vorteilen auch ein reicher Hausstand, ausgedehnte -Wohnungs- und Repräsentationsräume gehören, werden Frau und Töchter -allerdings die oberste Leitung des Hauswesens und der Hausgenossen über -sich haben können, aber im allgemeinen ist der Grundsatz zu beobachten, -daß Verdienste nicht vererbbar sind und der Lohn sich auf denjenigen -zu beschränken hat, der sich verdient gemacht hat. Es gibt nur einen -Erben, den Staat, und so erbt er auch die Verdienste. - -Der Akademiker kann auch zugleich Professor sein, jedenfalls werden -ihm alle wissenschaftlichen Institute seines Faches für seine eigenen -Forschungsarbeiten und die seiner Hilfsarbeiter zu Gebote stehen -und, so wie die Zahl der Akademiker eine unbeschränkte ist, da mit -der Ausdehnung und fortgesetzten Spaltung und Differenzierung der -verschiedenen Wissenschaften sich immer neue Lücken auftun werden, die -man auszufüllen genötigt sein wird, so wird sich auch die Akademie nach -den jeweiligen Bedürfnissen in Sektionen und Unterabteilungen gliedern, -welche gesonderte und Einzelberatungen möglich machen. Die Aufgabe -der Akademie wird es sein, jeweilig die wichtigsten Forschungs- und -Kunstziele für die nächste Zeit festzustellen und bekannt zu machen. - -Die Akademie wird nicht nur Forscher, sondern auch Techniker und -Künstler jeder Art, welche einen alle überwiegenden Rang erklommen -haben, als gleichberechtigte Mitglieder aufnehmen und sich nicht auf -jene wissenschaftlichen Zweige beschränken, die heutzutage in den -Akademien vertreten sind. - -Der naturwissenschaftlichen und astronomischen Forschungen wegen wird -sich das Reich nicht mit dem vaterländischen Boden allein begnügen -können, sondern wissenschaftliche Stationen in allen Teilen der Erde -zu errichten trachten, welche unter der obersten Leitung der Akademie -stehen. So wird der Kollektivismus auf allen Gebieten einen Fortschritt -entfesseln, welcher alles übertrifft, was bisher bekannt war und für -dessen Befruchtung die heutige Gesellschaftsordnung die Mittel nicht -schaffen kann. - -Noch sei erwähnt, daß das weibliche Geschlecht von den Lehrkanzeln -der Hochschulen und von den curulischen Stühlen der Akademie -keineswegs ausgeschlossen sein wird, vielmehr die Lehrkanzeln für -Frauenkrankheiten und das weibliche Geschlechtsleben mit Inbegriff der -anatomischen, pathologischen und physiologischen Hilfsinstitute der -Gynäkologie geradezu den Frauen als Forschern, Lehrern und Schülern -reserviert sein werden. - -Die Fachabteilungen der Akademie werden auch der Verwaltung Anfragen -zu beantworten und Anträge und Gutachten zu erstatten haben. Sie werden -auch literarische Arbeiten begutachten. - - - - -VI. - -Dauernde Einrichtungen und Verwaltungsbehelfe. - - -1. Die Wohnungsansiedelungen. - -Die heutigen Wohnungsansiedelungen sind für den kollektivistischen -Staat ziemlich ungeeignet und nur weil eine völlige Umgestaltung -innerhalb kurzer Zeit unmöglich ist, wird man sich anfangs mit -den vorhandenen Wohnbauten und Ortschaften behelfen müssen. Im -nachfolgenden werden die Wohnungsansiedelungen verschiedener Ordnung -besprochen, wie sie mit Rücksicht auf Produktion, Verwaltung, -Erziehung, Unterricht, Geselligkeit, die Bedürfnisse des Einzelnen und -der Gesamtheit im Kollektivstaate einzurichten wären. - -Insbesondere wird man Wohnungsansiedelungen irgend welcher Art nicht -in solchen Gegenden dulden oder errichten, wo erfahrungsmäßig größere -Gefahren von Elementarereignissen drohen, Lawinen, Eruptionen von -Vulkanen, Erdbeben, Überschwemmungen usw. - - -a) Urgemeinden und Dörfer. - -Die Gemeinden niederster Ordnung, welche man bisher Dörfer oder Weiler -nannte, wollen wir die Urgemeinden nennen. Sie sollen die gesamte -produktive Bevölkerung beherbergen, nicht nur die der Urproduktion -sich widmende, wesentlich bäuerliche Bevölkerung, sondern auch die -gesamte Industrie- und gewerbliche Bevölkerung wird ausschließlich -in diesen Urgemeinden und den Bezirksvororten, welche schon um eine -Stufe höherer Ordnung sind, angesiedelt und dadurch dem Übelstande -abgeholfen, daß der Bildungs- und Kulturstand der Bauern und der -Industriebevölkerung ein wesentlich verschiedener ist. Die Dorfbewohner -können unter den heutigen Verhältnissen nur eine sehr unvollkommene -Schulbildung erlangen, während die in den Städten angesiedelte -industrielle und gewerbliche Bevölkerung in den städtischen Volks- -und Bürgerschulen eine viel höhere Ausbildung erlangen kann. Auch -die Weltanschauung dieser beiden Bevölkerungsschichten ist heute eine -wesentlich verschiedene. In den Dörfern hat Klerus und Religion eine -viel größere Bedeutung als in der Industriebevölkerung der Städte. Und -wenn diese beiden Volksschichten in den Urgemeinden und Bezirksvororten -angesiedelt und die Städte nur einer ausgewählten Bevölkerung -höherer wissenschaftlicher Ausbildung, dann den Hochschulen und dem -Reiseverkehr vorbehalten werden sollen, so soll das nicht geschehen, -um die Ausbildung der Industriebevölkerung zu verkümmern, sondern -vielmehr um sie beträchtlich über das heutige Niveau hinauszuheben, -aber die heutige bäuerliche oder Dorfbevölkerung ihr in der Ausbildung -vollkommen gleichzustellen. - -Aber nicht nur dieses wesentlich soziale Bedürfnis soll durch -die hier vorgeschlagene Ausdehnung der Urgemeinden und die damit -zusammenhängende Verteilung der Bevölkerung befriediget werden, auch -zahlreiche wirtschaftliche Vorteile hängen damit zusammen und die -Ermöglichung einer, das ganze Volk umfassenden staatlichen Erziehung, -ein intensiverer Landbau, eine größere Frachtökonomie und vieles andere -ist davon abhängig. Auch eine wirkliche Assanierung der ländlichen -=und= der städtischen Ansiedlungen ist anders, als wie die Ansiedlungen -hier gedacht sind, kaum möglich. - -Durch diese Verteilung der Bevölkerung und die Einrichtung der -Urgemeinden, welchen im Wesentlichen die nächst höhere Stufe der -Wohnungsansiedelungen, die Bezirksvororte, beizuzählen sind, soll -die Besiedelung der Urgemeinden auf rund 1000 Köpfe gebracht werden, -welche höchstens 240 Kinder im schulpflichtigen Alter, das für den -kollektivistischen Staat vom 6. bis zum 18. Jahre, also zwölf Jahre -dauern soll, enthalten wird. Das gibt eine entsprechende Anzahl von -durchschnittlich 20 Schulkindern in jedem der Schuljahrgänge und -ermöglicht einen außerordentlich vollkommenen Volksschulunterricht, -welchem entsprechend der Unterrichtsdienst, wie in V, 3, a, -dargestellt, organisiert sein soll. - -Alle Altersstufen sind in einer solchen Urgemeinde genügend besetzt, -die Geselligkeit wird eine reichhaltige sein und, hält man sich an eine -solche Maximalzahl von 1000 Köpfen, so kann man die Urgemeinden nach -einem gewissen Schema erbauen, hat nicht nötig der Volksvermehrung -wegen die bestehenden Ansiedlungen zu erweitern, sondern wird für -sie immer wieder neue Urgemeinden erbauen. Ein solches Schema für die -Urgemeinden, wie es in seinen Hauptzügen nachfolgend geschildert wird, -steht doch einer großen Mannigfaltigkeit und Individualisierung der -einzelnen Urgemeinden, insbesondere in der Architektur, der dekorativen -Ausschmückung und in der Benützung der Terrainverhältnisse nicht im -Wege. - -Wie der Bevölkerungsstand der Urgemeinden, nicht pedantisch aber -innerhalb gewisser, durch die Verwaltungsinteressen gezogener Grenzen, -konstant erhalten werden kann, ist in VI, 2, genau angegeben. - -In der Urgemeinde wird es sich empfehlen, die eigentliche -Wohnungsansiedlung von den Wirtschaftsgebäuden und Betriebsstätten -zu trennen, besonders weil die Stallungen einen schlechten Geruch -verbreiten und sich dort Ungeziefer und Insekten aufhalten, welche -lästig werden. Auch andere Betriebsstätten verderben die Luft, daher -es am besten wäre, wenn sie von der eigentlichen Wohnungsansiedlung -durch einen breiten Streifen dichten Waldes getrennt wären. Die -Landstraße (oder Eisenbahn, Kanal usw.) wird an den Wirtschaftsgebäuden -und Betriebsstätten vorbeiführen und zwischen ihnen und der -Wohnungsansiedlung eine Zweigstraße, vielleicht mit einer Geleisanlage, -hergestellt werden. - -Die Mitte der eigentlichen Wohnungsansiedlung wird ein großer Bau --- den ich Gemeindepalast nennen will -- einnehmen, in welchem -sich Küchen, Wäscherei, Keller, gewisse Arten von Bädern, dann die -Versammlungssäle für die gemeinsamen Mahlzeiten und Geselligkeit, -Schulzimmer, Amtsräume und Bibliothek befinden. In vier großen -Gebäuden, welche den Gemeindepalast umgeben, könnten je 256, zusammen -1024 Schlafzellen (richtiger Wohnungseinheiten für die Nachtruhe) -erbaut werden, nämlich in 4 Gebäuden, jedes mit 4 Flügeln, die -von einer Zentralstiege aus zugänglich sind, und in jedem der -vier Stockwerke, einem Hochparterre, 1., 2. und 3. Stock, je 16 -Wohnungseinheiten, 8 zu beiden Seiten des Kommunikationsganges, -enthalten. Diese Wohnungseinheiten würden nach Wunsch der Ortsinsassen -in Wohnzellen zum Alleinbewohnen, oder größere und kleinere -gemeinschaftliche Schlafgemächer, oder auch Familienwohnungen -abgeteilt. Zwischen diesen fünf großen Gebäuden wären Gärten anzulegen, -Freibäder und Eislaufplätze einzurichten und Verbindungen durch -gedeckte Gänge herzustellen. Für gewisse Arten von Bädern wäre in jedem -Stockwerke der Schlafhäuser Vorsorge zu treffen. Um die Fäkalien jeden -Tag entfernen zu können, wird es sich empfehlen, die Abortgruben durch -unterirdische Gänge zu verbinden und diese an einer entsprechenden -Stelle ins Freie münden zu lassen. Nach bestimmten Typen wäre für -Beheizung, Beleuchtung, Ventilation, gesundes Wasser, Spaziergänge -usw. vorzusorgen. In manchen Beziehungen können auch Verschiedenheiten -in den Gemeinden zugestanden werden, daher es sich empfehlen würde, -jeder Gemeinde ein bestimmtes Maß von Aufwand, ausgedrückt in Material -und Arbeit, zu dem Zwecke einzuräumen, um Gemeindeanstalten nach -dem Wunsche der Ortsbewohner zu errichten, welche ihnen besondere -Annehmlichkeiten bieten und eine Individualisierung der Ansiedlungen -ermöglichen sollen. Man könnte an Wintergärten, Volieren, Glashäuser, -Aussichtstürme, Parkwege denken. In diesen Urgemeinden, mit Einschluß -der Bezirksvororte, von welchen sofort die Rede sein wird, sollen -95-98% der Bevölkerung angesiedelt sein, ja mehr noch, da in den -städtischen Ansiedlungen der größere Teil der Besiedelung die Reisenden -sind, wovon wieder die meisten beurlaubte Bewohner der Urgemeinde sein -werden. - -Der allgemeine Charakter der Urgemeinden wäre also: Besiedelung -nicht nur durch jene Bevölkerung, die wir heute die bäuerliche -nennen und durch die Arbeiter der Urproduktion, sondern auch durch -die Industrie- und gewerbliche Bevölkerung und eine große Zahl -wissenschaftlich gebildeter Personen, Trennung der Wirtschaftsgebäude -und Betriebsstätten von der eigentlichen Wohnungsansiedlung, in dieser -Trennung der Schlafhäuser vom Gemeindepalaste und Einrichtung der -Bauten für eine Gesamthauswirtschaft, welche gemeinsame Speisebereitung -und die Zentralisierung aller heute familienweise betriebenen -hauswirtschaftlichen Arbeiten ermöglicht. - - -b) Die Bezirksvororte. - -Nach einem bestimmten Verhältnisse und teilweise dem Charakter des -Landes angemessen wären nach Art der heutigen Märkte Ortschaften, die -zu den Urgemeinden gehören, zu Bezirksvororten zu erweitern und sie -werden etwa zwei Gemeindepaläste und sechs Schlafhäuser enthalten -und Raum für 1500 Bewohner bieten. Hier werden Verwaltungsbeamte, -Ärzte und Unterrichtspersonen von höherem Range ihren Sitz haben, -etwa eine Fachlehranstalt für Gewerbe, Landbau, Gartenbau, Bergbau -oder für Musik, bildende Kunst, Kunstgewerbe errichtet, eine größere -Fabrik betrieben, größere Magazine eingerichtet und schon für -Fremdenbeherbergung gesorgt, da die Reisenden, welche das Land zu Fuß -durchziehen, oder sich eines Fahrrades oder Reitpferdes bedienen, nur -in sehr geringer Zahl in den Urgemeinden Unterkunft finden können. -Auch eine große Zahl von arbeitsbefreiten Alten, XI, 1, e, wird in -den Bezirksvororten Platz finden. Hier werden größere Bücherbestände -und Sammlungen untergebracht, Versammlungen der Verwaltungsbeamten, -Ärzte und Lehrpersonen, dann Volksversammlungen des ganzen Bezirkes -abgehalten und kleine Bühnen eingerichtet für Vorstellungen fliegender -Truppen oder von Dilettanten und für größere Konzertaufführungen. - -Wo es ökonomische Verhältnisse gebieterisch fordern, daß viele Tausende -von Arbeitern an einem Orte vereiniget werden, um in Bergwerken oder -großen Fabriken zu arbeiten, wird man das vorstehende Schema der -Ansiedlungen verlassen müssen. Aber das wird so viel als möglich zu -vermeiden sein. - - -c) Die städtischen Ansiedlungen. - -Hierher gehören nur die Kreisstädte, etwa hundert für einen Staat wie -Österreich, die Provinzialstädte, etwa 10-15 für einen solchen Staat, -und die Reichshauptstadt. Doch sollen, die Reisenden eingeschlossen, -die Kreisstädte nur je 4000 Personen, die Provinzstädte je 15-20,000 -Personen, die Reichshauptstadt nur 400,000 Personen beherbergen -können. Die stabile Bevölkerung werden nur die höheren Behörden und -Unterrichtsanstalten mit einem kleinen Stabe von Handwerkern und -hauswirtschaftlichen Arbeitern (Köchinnen, Wäscherinnen, Stubenmädchen -u. dergl.) bilden und in der Reichshauptstadt außer der kaiserlichen -Familie und dem hohen Adel, wenn ein solcher fortbesteht, die Beamten -der Zentralbehörden, die Akademiker, Universitätsprofessoren und -Hochschüler bleibend wohnen. - -Die städtischen Ansiedlungen sollen in Quartiere zerlegt werden, -deren jedes tausend Personen beherbergen und verpflegen kann. Ein -solches Quartier untersteht der Leitung eines Verwaltungsbeamten -untersten Ranges und verfügt über dasselbe ärztliche Personal, wie -eine Urgemeinde. Ob aber auch das Erziehungs- und Unterrichtspersonal -für ein Quartier aufgestellt wird, wie für eine Urgemeinde, hängt -von Umständen ab. Es mag eines der Quartiere einer Kreisstadt eine -Volksschule haben für die Kinder der wenigen dauernd angesiedelten -Familien. Aber Quartiere, welche nur Studenten oder Reisende aufnehmen, -brauchen keine Volksschule. Ähnliche Verhältnisse werden für die -Provinzialstädte und die Reichshauptstadt gelten. Eine ganze Reihe -von Quartieren solcher Städte brauchen keine Volksschulen und kein -Volkserziehungspersonal. - -Die Urgemeinden eines Bezirkes würden mit dem Bezirksvororte und -dieser mit der Kreisstadt durch Telephone verbunden, welche von -den Amtslokalitäten direkt zu den Amtslokalitäten gingen; weiterhin -würde eine telephonische und eine telegraphische Verbindung von den -Kreisstädten zu den Provinzstädten und von hier zur Reichshauptstadt -führen. - -Diese Verteilung der Ansiedlungen und ihre hier vorgeschlagene -Einrichtung muß man sich vor Augen halten, um die sonstigen organischen -Einrichtungen, wie sie im nachfolgenden entworfen sind, zu verstehen, -wobei kein einziger Vorschlag als etwas Unabänderliches oder das Beste -gedacht ist, aber die Orientierung bieten soll, welche Vorteile die -Zentralisation von Produktion und Verteilung und die Naturalwirtschaft -der individualistischen Gesellschaftsordnung gegenüber für Ökonomie, -Kultur und die höchsten Gesellschaftszwecke haben würde. - -Während im Kollektivismus das allgemeine Interesse immer den -Vorrang hat und der Individualismus nur geduldet wird, wo er sich -als nützlich erweist, also nicht in wirtschaftlichen Dingen, ist in -unserer Gesellschaftsordnung der Staat von den Individuen abhängig, -welche sich im Besitze der politischen Macht befinden. In unserer -Gesellschaftsordnung ist der Staat nur geduldet und er wird von den -herrschenden Parteien für ihre Zwecke ausgebeutet. Der Kollektivismus -macht dem ein Ende. - -Je genauer und ausschließlicher die gesamten Wohnungseinrichtungen den -hier geschilderten kollektivistischen Charakter an sich tragen werden, -um so schwieriger werden sie es machen, wieder zum Individualismus -zurückzukehren, daher revolutionäre Angriffe, weil gegenstandslos, -nicht mehr zu fürchten sind. - - -2. Die Verteilung der Bevölkerung. - -Nach den in VI, 1, a, entwickelten Grundsätzen wären die Urgemeinden -für je 1000 Bewohner einzurichten und die eigentlich städtische -Bevölkerung in den Kreisstädten, Provinzialstädten und der -Reichshauptstadt würde selbst in einem großen Reiche weniger als eine -Million betragen. Ein großer Teil der städtischen Quartiere würde zur -Beherbergung von Reisenden dienen. Wenn in unserer Zeit es zahlreiche -Städte mit einer Bevölkerung von mehr als 100,000 Bewohnern gibt -und die Reichshauptstädte Millionen von Bewohnern zählen, so ist das -eine offenbare Krankheit, welche im innigsten Zusammenhange mit der -Gesellschaftsordnung steht. - -Die sanitären Übelstände der Riesenstädte sind schon oft erörtert -worden, aber hier werden die sozialen und volkswirtschaftlichen -Vorteile einer anderen Verteilung der Bevölkerung zur Sprache kommen. - -Im allgemeinen hätte jeder Volksgenosse das Recht, im Lande zu wohnen, -ohne eigentlich ein Heimatsrecht in einer bestimmten Gemeinde zu haben. -Als Grundsatz hätte zwar zu gelten, daß jeder in der Gemeinde dauernd -bleibe, wo er geboren wurde, aber davon würde eine Reihe von Ausnahmen -gemacht werden. Zunächst würde sich ein solches Recht, im Geburtsorte -dauernd zu wohnen, nicht auf die städtischen Quartiere erstrecken, in -welche nur ausgewählte Personen zur Ausübung eines bestimmten Berufes -oder Einzelne ohne Beruf zur Belohnung ihrer persönlichen Verdienste -aufgenommen würden, wodurch aber ihre Ehegenossen und Kinder kein -eigenes Recht erlangen würden, vielmehr einer Urgemeinde zugeschrieben -blieben. Bis zu einem gewissen Alter würden die Kinder von ihrer -Heimatszugehörigkeit abgesehen, den Eltern in ihren Wohnsitz zu folgen -haben und ebenso in der Regel die Frau dem Manne. Letztere Regel könnte -eine Ausnahme erleiden, wenn die Frau eine hervorragende Stellung -einnehmen würde, wodurch sie an einen bestimmten Ort gebunden ist, -während der Mann eine untergeordnete Stellung einnähme, für welche das -Domizil weniger entscheidend wäre. Eine Veränderung des Domizils wäre -teils mit Einwilligung der Staatsverwaltung gestattet, teils mit dem -Wechsel des Berufes oder einer Anstellung von selbst gegeben. - -Besonders liberal würde die Veränderung des Wohnsitzes jenen -zugestanden werden, die von der geregelten Arbeit befreit sind, sei -es wegen Erreichung der Altersgrenze, oder erblich, oder als Lohn für -hervorragende Dienste, oder weil ihnen vom Staate die Ausübung eines -Berufes gestattet wäre, der naturgemäß an einen bestimmten Wohnsitz -nicht gebunden ist. Siehe VIII, 9, n. - -Da die Wohnstätten gleicher Art nicht so vollständig gleiche -Annehmlichkeiten bieten,[10] daß es jemand ganz gleichgültig sein -könnte, in welcher Gemeinde oder in welchem Quartier er wohnt, -und da auch die Nachbarschaft von Freunden, Verwandten oder von -gleichstrebigen Personen den Wunsch, da oder dort zu wohnen, bestimmen -kann, wird innerhalb der Grenzen der Verwaltungsinteressen die freie -Wahl des Wohnortes als Lohn bewilligt, die unerwünschte Versetzung -als Strafe verhängt werden, wie es auch heute mit Offizieren und -Staatsbeamten gehalten wird. Dabei wird aber auch das Mitinteresse der -Familienmitglieder in Betracht kommen. Verwaltungsinteressen können in -Frage kommen, welche aus der Verteilung der Betriebsstätten oder aus -der Stellung eines Individuums im Amte oder an einer Betriebsstätte -hergeleitet werden. Ein qualifizierter Arbeiter einer bestimmten Art -von Fabriken wird immer nur in einer Fabrik gleicher Art Verwendung -finden können, und vorausgesetzt, daß dort eine Stelle für ihn frei -wird. Das Verwaltungsinteresse kann auch bedingen, daß jemand von -einem Orte wegversetzt wird, der übervölkert ist, oder nach einem Ort -versetzt wird, der neu erbaut wird, oder entvölkert ist, oder wo eine -freie Stelle besetzt werden muß. - - [10] Hier wird schon eine Frage der Verteilung von Genüssen - besprochen. - -Ob es im Interesse der Produktion gelegen sein wird, auch in Zukunft -vereinzelte Wohnstätten außerhalb der geschlossenen Ortschaften, z. B. -auf einer Alpe anzulegen, wird die Erfahrung lehren. Auch hier wird die -Versetzung an solche einsame Gehöfte als Lohn oder als Strafe zu gelten -haben. Eine Familie aber, welcher erziehungs- und schulpflichtige -Kinder angehören, wird nur in geschlossenen Ortschaften wohnen können. -Ein junges Ehepaar wird vielleicht recht gern die Honigwochen auf einer -Alpe oder in einem einsamen Gehöfte verbringen. - -Im Interesse der gleichmäßigen Verteilung der Bevölkerung auf -die Gemeinden und im Interesse einer gleichmäßigen Besetzung -der Schulklassen wird es liegen, zeitweilig kleine, unmerkliche -Verschiebungen der Bevölkerung vorzunehmen, wobei vor allem die -Zustimmung der Beteiligten entscheidend sein wird. Da aber vielen -Menschen der Veränderungstrieb angeboren ist, so wird dies ohne -große Reibung möglich sein. Wenn auch die Gewöhnung an eine bestimmte -Gegend und Gemeinde, an Freunde und Verwandte die meisten Bewohner -einer Gemeinde fesseln wird, so wird sich bei einigen auch ein -entgegengesetztes Bestreben geltend machen und dieses kann benützt -werden, um eine unmerkliche Verschiebung von einer Gemeinde zur -Nachbargemeinde und so fort vorzunehmen, damit die Verteilung der -Bevölkerung tunlichst konstant erhalten bleibe. Dabei werden am meisten -Personen in Frage kommen, die einem geeigneten Berufe angehören, -landwirtschaftliche Arbeiter und Fabrikarbeiter.[11] - - [11] Hier wird es klar, welche enormen Vorteile die Aufhebung - des Privateigentums bietet, da das Eigentum an Häusern und - Grundstücken auch eine sehr erwünschte Beweglichkeit der - Einzelnen verhindert. - -Da bei einer Bevölkerung von 45 Millionen und einem Jahreszuwachse -der Bevölkerung von 5 vom Tausend die Bevölkerung in Österreich -jährlich im ganzen um 200,000 bis 250,000 Köpfe zunimmt, so wird es -sich empfehlen die Urgemeinden jährlich um 2-300 zu vermehren und so -viele Urgemeinden jährlich neu aufzubauen, welche zur Aufnahme des zu -erwartenden nächsten Jahreszuwachses erforderlich sind. Es ist das -bei konstanten Verhältnissen leicht auf Jahre hinaus zu berechnen. -Ob die Staatsverwaltung darüber und über die Verlegung gewisser -Betriebsstätten nach der neuen Gemeinde und über die Zuweisung -von Grund und Boden, Nutztieren usw. an dieselben, selbständig zu -entscheiden haben wird, oder ob darüber Volksbeschlüsse einzuholen -sind, wird die Verfassung oder der jeweilige Volkswille bestimmen. Auch -die Besiedlung der Gemeinden wird Gelegenheit geben, eine Verschiebung -der Bevölkerung in der oben angedeuteten Richtung vorzunehmen, da -es die Natur der Sache mit sich bringt, daß die Bewohner der neuen -Urgemeinden vorzüglich aus übervölkerten Gemeinden genommen werden. - -Da durchschnittlich in jedem Kreise jährlich 2-3 neue Urgemeinden -aufgebaut werden, dürfte die Entscheidung, welche Familien und -Einzelpersonen dahin übersiedeln sollen, den Kreisbehörden überlassen -werden, nur insofern jemand aus anderen Kreisen oder Provinzen dahin -verpflanzt werden soll, wird die Verfügung von der Provinzialbehörde -oder den Zentralstellen zu erlassen sein. Da anzunehmen ist, daß diese -Urgemeinden von Jahr zu Jahr reicher ausgestattet werden, weil das dem -Fortschritte der Erfindungen entspricht, muß man vermuten, daß sich -immer mehr Personen zur Übersiedlung anmelden, als neue Wohnstellen -frei werden und die administrativen Interessen werden bei der Auswahl -unter den Bewerbern den Ausschlag geben. - -Im Ganzen gibt es also Hilfsmittel genug, um eine im großen und ganzen -den staatlichen Interessen entsprechende Verteilung der Bevölkerung -aufrecht zu erhalten. Eine absolute Freizügigkeit kann natürlich -nicht zugestanden werden, schon deshalb nicht, weil der Staat -Alleineigentümer aller Wohnbauten ist, also niemand ohne Erlaubnis des -Staates sich irgendwo niederlassen kann. Aber praktisch wird die freie -Beweglichkeit von Ort zu Ort viel größer sein, als in den heutigen -Verhältnissen. - -Wenn, allen Vorsichten bei der Anlage zum Trotze, durch Brände, -Erdbeben, Bergrutschungen und andere Elementarschäden dieser Art -Wohnungen zerstört werden, werden die obdachlosen Bewohner sofort in -anderen Häusern, erforderlichenfalls in anderen Gemeinden untergebracht -werden nach dem Grundsatze, daß alle Güter für alle Volksgenossen -bestimmt sind. In unserer Gesellschaftsordnung ist das mit der größten -Schwierigkeit verbunden. - - -3. Die Evidenthaltung der Bevölkerung. - -Die Wohngemeinde eines Kollektivisten ist in der Regel auch seine -Aufenthaltsgemeinde, wobei aber die tunlichst freie Bewegung -innerhalb des ganzen Bezirkes gestattet werden soll, sodaß nicht -nur am Sonntag der freie Verkehr im ganzen Bezirke wird stattfinden -können, sondern auch den Erwachsenen freigestellt werden kann, das -Abendmahl gegen rechtzeitige Meldung in einer anderen Gemeinde des -Bezirks einzunehmen oder selbst dort die Nacht zu verbringen, wenn nur -die Arbeit nicht versäumt wird. Außerdem aber kann ein Kollektivist -auch sonst dauernd oder vorübergehend den Aufenthalt außerhalb der -Wohngemeinde und des Wohnbezirkes nehmen. So dauernd ein noch in -der Erziehung stehendes Kind oder ein junger Mensch, wenn er fern -von seiner Familie in eine Unterrichtsanstalt aufgenommen wird, -in welchem Falle seine Mutter oder Wahlmutter eine Pflegemutter zu -bestellen hat, die nebst dem Erziehungspersonal die Aufsicht führt, -und Erwachsene können durch ihren Beruf genötigt werden, auf längere -Zeit außerhalb des Wohnbezirkes Aufenthalt zu nehmen, so Bedienstete -der Verkehrsanstalten, oder bei einem Bau Beschäftigte, Abgeordnete, -III, 3, _1. Alinea_ oder auch Arbeitsbefreite, welche auswärts Besuche -machen. Vorübergehend ist der auswärtige Aufenthalt der Reisenden, -sei es, daß sie beurlaubt sind, oder daß Arbeitsbefreite eine Reise -unternehmen, ohne ihren Wohnsitz aufzugeben. - -In der Wohngemeinde und im Wohnbezirke soll jedermann sobald als -möglich mit der ganzen Bevölkerung bekannt gemacht werden, wenn er -seine Wohngemeinde wechselt. Er ist schon vorher vom Verwaltungsbeamten -der verlassenen Gemeinde (Quartier) dem Verwaltungsbeamten der -neuen Wohngemeinde (Quartier) angemeldet und es ist ihm Herberge -und Verpflegung bereits bereitet. Er muß sich zunächst dem -Verwaltungsbeamten, dem Arzt und dem Haushaltungsvorstand und wenn -er in Arbeit steht, dem Arbeitsvorstande, vorstellen und sich dann -mit dem Aufsichtspersonale des Schlafhauses bekannt machen, wo ihm -sein Zimmer angewiesen wird. Man wird darauf halten, daß er bei -der ersten gemeinsamen Mahlzeit von einer kleinen Tribüne aus die -neue Wohngemeinde (Quartier) begrüßt und Namen, Beruf und frühere -Wohngemeinde bekannt gibt. Näher wird er sofort mit den Tischgenossen -bekannt. Am nächsten Sonntag soll er sich mit der Beamtenschaft -des Bezirksortes und nach und nach mit der Bevölkerung der anderen -Gemeinden des Wohnbezirkes bekannt machen. Gehört der Neuangekommene -der Beamtenschaft an, so wird er sich auch im Kreisorte beim -Abendempfang des Kreisbeamten diesem vorstellen und soviel als möglich -mit anderen Personen von Stellung persönlich bekannt machen, soweit er -noch fremd ist. - -Wer sich außerhalb des Wohnbezirkes begibt, sei es, daß er beurlaubt -ist und reist, oder sonst dauernd oder vorübergehend Aufenthalt nimmt, -hat seine Legitimationskarte, eventuell Reisebewilligung mitzubringen. -Die Legitimationskarte enthält die Photographie des Trägers, Namen, -Beruf und Wohngemeinde, zur Identifizierung die anthropometrischen Maße -und eventuell geheime Mitteilungen, so über ansteckende Krankheiten, -Verlust des Stimm- und Wahlrechtes, besondere Diätanweisungen u. -dergl. Es soll sich kein Unberufener einer fremden Legitimationsurkunde -bedienen können. - -Einheimische Reisende sollen angehalten werden, die -Aufenthaltsgemeinde, wo sie übernachten, täglich mittels Postkarte dem -Verwaltungsbeamten der Wohngemeinde bekannt zu geben. Legitimationen -der Ausländer werden in XII, 2, _Alinea_: »Es wird« besprochen. - -Es soll kein Einheimischer verloren gehen, kein Ausländer sich -einschleichen können. So kann man sich vor auswärtigen Verbrechern -schützen und gegen diesen Vorteil haben die Annehmlichkeiten der -Anonymität keine Bedeutung. - - -4. Die Kommunikationen. - - -a) Eisenbahnen, Schiffahrt. - -Der heutige Staat wird dem Kollektivstaat auf dem Gebiete des -Eisenbahnbaues nicht viel zu tun übrig lassen. Selbst Kleinbahnen zu -bauen wird dieser kaum einen Anlaß haben. Vielleicht wird es sich eher -um fliegende Bahnen handeln, welche in bestimmten Fällen von Vorteil -sein mögen. So beim Aufbau ganzer Ortschaften, bei der Abholzung -ganzer Waldstrecken usw. Dagegen wird es immer an den Einrichtungen der -bestehenden Eisenbahnen, an ihrer Ausrüstung und der Ausnützung etwas -zu verbessern und zu ergänzen geben. - - -1. Ihre Benützung für allgemeine Zwecke. - -Für allgemeine Zwecke dient der Personentransport der Eisenbahnen -beinahe gar nicht, der Gütertransport aber kommt wieder beinahe -ausschließlich für die Zwecke der Gesamtheit in Betracht. Es kann -sein, daß der Personen- und der Gütertransport zeitlich getrennt -werden, daß nämlich Lastzüge nur zur Nachtzeit, Personenzüge nur -zur Tageszeit verkehren, wie vormals in der Schweiz. Das würde nicht -ausschließen, daß jeder Personenzug auch eine geringe Menge von Gütern, -das Reisegepäck ungerechnet, und daß der Lastzug auch eine kleine -Anzahl von Personen mit befördert, letztere besonders, wenn sie in -Amtsgeschäften reisen. - -Was den Gütertransport anbelangt, so wird er beinahe nur -Massentransport sein und es werden beinahe nur ganze Wagenladungen, -oft ganze Züge von einer Betriebsstätte zur anderen oder an eine oder -mehrere nahe gelegene Abladestellen abgehen. Eine Papierfabrik, eine -Weberei, eine Gießerei, eine Holzwarenerzeugungsstätte wird immer -trachten, nur ganze Wagen zu verladen, oder nur für einen bestimmten -Ort Güter zu verfrachten. Eigene Züge werden die wenigen kleinen -Sendungen aufnehmen, welche in verschiedenen Orten abzuladen sind. -Besonders wichtig ist die rasche Beförderung der Zeitungen VI, 7. -Diese kann durch eigene Blitzzüge geschehen, welche in keiner Station -anhalten. In diesem Falle werden die an den Stationen abzuladenden -Zeitungspakete entweder ausgeworfen, oder auf bewegliche Behälter, die -der Zug streckenweise mitnimmt, abgeladen. Das Auswerfen von Sendungen -ist auch heute im Gebrauche, aber nur, wo die Eisenbahnverwaltung an -ihre eigenen Organe versendet. Ebenso kann es mit kleinen Sendungen -gehalten werden, die ausnahmsweise eine besonders dringende Beförderung -notwendig machen. Solche Blitzzüge würden selbst nach den heutigen -Einrichtungen der Dampfeisenbahnen in Österreich den Transport vom -Mittelpunkt des Reiches bis an die entfernteste Grenze in 6-8 Stunden -bewerkstelligen können, so daß Zeitungen, die um Mitternacht von der -Reichshauptstadt abgeschickt werden, zwischen 8 und 10 Uhr morgens in -allen, auch von der Eisenbahn entfernten Urgemeinden eintreffen können. - -Die Beförderung der Transporte wird also viel ökonomischer und rascher -sein als heute. Aber auch der Betrieb der Eisenbahnen im Kollektivstaat -ergibt eine große Menge von Ersparnissen. Absender und Empfänger ist -immer derselbe, Staatsorgane senden Güter an Staatsorgane und auch wo -es sich um Einzelne handelt, sind die Staatsorgane ihre Mandatare. -Kassen und Kontrolle entfallen, Verrechnungen und Ersätze werden -erspart und das Begleitungspersonal könnte gewiß sehr vermindert -werden, wenn nicht die übertriebene Ausnützung des Personals in -der heutigen Gesellschaftsordnung einer humaneren Behandlung der -geringeren Eisenbahnbediensteten Platz machen und aus diesem Grunde -eine Vermehrung des Personals nach anderer Richtung wieder stattfinden -müßte. - -Dabei kommt nun weiters in Betracht, daß im Kollektivstaat, wenn -obige Vorschläge für die Verteilung der Bevölkerung angenommen werden, -die Gütertransporte der Eisenbahnen im Verhältnisse zur Gesamtmenge -der Produkte vermindert werden. Es wird ein viel größerer Bruchteil -der Produkte am Produktionsort oder in dessen Nähe konsumiert und im -letzteren Falle der Transport mit Pferden betrieben und auch die Pferde -verfrachten wieder mit geringerem Aufwand an Zugkraft und geringerer -Begleitung. - -Inwiefern die Straßengüterfrachten durch Automobile statt der Pferde -werden befördert werden, ist eine bloße Frage der ökonomischen -Berechnung, wofür der Staatsverwaltung alle entscheidenden Daten -vorliegen. Dabei wird in Betracht kommen, ob nicht die Pferdezucht zu -anderen Zwecken und nicht bloß für den Transport, volkswirtschaftliches -und militärisches Bedürfnis sein wird, wobei sich vielleicht ergeben -wird, daß ein bestimmter Pferdestand unbedingt erhalten werden muß, -dessen Ausnützung für Transportzwecke aus diesem Grunde ökonomischer -ist, als ein Automobiltransport, der vielleicht dann ökonomischer wäre, -wenn man die Pferde ganz eingehen lassen könnte. Der Kollektivismus -hat in vielen Einzelheiten eine ökonomische Berechnung, die für unsere -Verhältnisse nicht zutreffend wäre. - - -2. Ihre Benützung für die Zwecke des Einzelnen. - -Hier kommt vorwiegend der Personentransport in Betracht. -Geschäftsreisen werden im Kollektivstaate nur wenige und nur als -Dienstreisen vorkommen. In unseren Verhältnissen sind es Agenten, -Kaufleute, Marktfahrer, Anwälte, Zeugen und Streitparteien, welche die -Waggons füllen. Mit dem Wegfallen des Handels und der Verminderung der -Streitigkeiten wird das anders. Im Kollektivstaat ist es das Vergnügen -und die Belehrung, welchen die Bahnen als Personentransportanstalten -dienstbar sind. Man wird für Österreich annehmen können, daß es zur -Zeit der Errichtung des Kollektivstaates mehr als 6000 deutsche Meilen -Vollbahnen und ebensoviel Kleinbahnen haben wird, deren Erweiterung -sich für die geänderten Verhältnisse kaum als wünschenswert erweisen -wird, wenn auch die Verteilung der Bevölkerung in Zukunft eine andere -sein wird. Diese geänderte Verteilung wird übrigens die Wirkung haben, -daß die Personenzüge eine gleichmäßigere und nicht eine so schwankende -Besetzung haben werden. Denn wo ungeheure Bevölkerungszentren mit -kleinsten Orten abwechseln, bemerkt man ein plötzliches Gedränge, das -mit völliger Entlastung abwechselt. - -Es ist sehr fraglich, ob der Kollektivstaat etwaige Lücken, welche sich -in den Eisenbahnen vorfinden mögen, ergänzen, und nicht lieber andere -Beförderungsarten einschieben wird. Die Beförderungsmengen sind im -Kollektivstaat viel konstanter als heute, und sie sind viel leichter -und vollständiger zu ermitteln, daher die ökonomische Berechtigung -neuer Bahnen mit absoluter Sicherheit im vorhinein festzustellen sein -wird. - -Eher als eine Vermehrung der Vollbahnen wird für die Reisen innerhalb -der Bezirke und von den Urgemeinden zur Bahn das Fahrrad, dann das -Automobil, unter Umständen der Automobilomnibus, und für die gebirgigen -Gegenden die elektrische Kleinbahn in Betracht kommen. - -Wenn im Kollektivstaate Eisenbahnen oder neue Straßen oder ähnliche -große Anstalten ausgeführt werden, ist der Arbeitsaufwand viel geringer -als heute. Aller Besitz ist in =einer= Hand und es entfallen alle -jene Geschäfte die notwendig sind, um die Geldmittel zu beschaffen, -Arbeitsleute anzuwerben, Grund und Boden anzukaufen und die vielen -Schwierigkeiten zu beheben, die entgegenstehende Privatinteressen -verursachen. - -Die Volksbeschlüsse, welche sich auf den Bau neuer Eisenbahnen, Kanäle -und anderer solcher Kommunikationen beziehen, werden wahrscheinlich zu -jenen gehören, welche nach III, 3, _Alinea_ »Das souveräne Volk« Anlaß -geben, ausnahmsweise Abgeordnete zu wählen, obwohl auch solche Fragen -in der Schweiz heute schon durch das Referendum entschieden werden, -wenigstens insofern es sich um den Ankauf solcher Unternehmungen für -den Staat handelt, wobei wir allerdings in Betracht ziehen müssen, daß -ein fertiges, seit langem betriebenes Unternehmen leichter vom Volke -beurteilt werden kann, als ein Projekt für die Neuschöpfung solcher -gewaltigen Unternehmungen. Die Volksbeschlüsse aber, welche sich auf -den für den Personentransport bestimmten =Betrieb= der Eisenbahnen -und wohl auch anderer großen Kommunikationsanstalten beziehen, werden -in der Art erfolgen, daß der Staatsverwaltung vorgeschrieben wird, -wie viele Personenzüge regelmäßig jede Strecke zu befahren haben -und unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaße Sonderzüge -einzuleiten sind. Auch die Geschwindigkeiten der Züge und die Zahl -der bei den einzelnen Zügen einzustellenden Personenwagen werden durch -Volksbeschlüsse vorgeschrieben werden. Dem entsprechend wird dann die -Verwaltung alles einzuleiten haben, was dieser Verkehr bedingt. Ist die -Gesamtlänge der Eisenbahnen z. B. für Österreich-Ungarn 12,000 deutsche -Meilen, welche viermal, zweimal hin und zweimal zurück mit je soviel -Sitzplätzen zu befahren sind, so ergibt das 48,000 Zugsmeilen täglich, -wodurch die Produktionsmenge festgestellt erscheint. - -Andererseits würden für die Verteilung der Plätze auf den Zügen -allgemeine Normen erlassen. - -Der Staatsverwaltung Vorschriften wegen des Betriebes der Transporte -zu machen, wird weder notwendig noch zweckmäßig sein, weil die -Transportbewegung von Produktion und Konsumtion (im weiteren Sinne, -wonach auch Bezug von Sachen zur Benützung als Konsum gerechnet -wird) abhängt und es sich nur um Ökonomie in der =Disposition= -über die Güterverfrachtung handelt. Das ist nun offenbar -Verwaltungssache und diese Dispositionen hängen auch von Umständen -ab, die nicht vorauszubestimmen sind, so von Ernteergebnissen -und von Elementarereignissen. Der Gütertransport ist übrigens -ein integrierender Bestandteil des Produktionsbetriebes, weil -die Produktion erst beendet ist, wenn die Güter am Verbrauchs- -beziehungsweise am Benützungsorte angelangt sind. Daher geht jeder -Warentransport für Rechnung des ganzen Volkes, nicht für Rechnung des -Konsumenten, während heute die größere Entfernung vom Erzeugungsorte -größere Kosten für den Konsumenten verursacht. Hierin liegt -einerseits eine Versicherung des Einzelnen gegen den Zufall, der -in der Ortsansässigkeit begründet ist, andererseits aber der große -wirtschaftliche Nutzen, der in der Ersparung einer großen und wichtigen -Arbeit für Spekulation, Verträge und Verrechnung begründet ist, wie -auch andererseits die Verfrachtung ausschließlich für Rechnung des -Staates allen Aufwand an Arbeit für Frachtversicherung entbehrlich -macht. Übrigens werden diese volkswirtschaftlichen Vorteile des -Kollektivismus zum größten Teile dort in Anschlag kommen, wo die Kosten -der heutigen Gesellschaftsordnung an Handelsarbeit erörtert werden.[12] - - [12] Was die Lage des Domizils heute für Wirkungen hat, - empfinden die Beamten und Offiziere, die an manchem Orte - um 20-30 Prozent teurer leben, als am andern, daher das - durch Teuerungsbeiträge ausgeglichen wird. So gewährt - der Staat =seinen= Organen heute in etwas roher Art - das, was er als Kollektivstaat =allen= gewähren muß. - Die Preisdifferenz zwischen verschiedenen Provinzen - Österreichs in den Jahren 1830-1880, allerdings =vor= - Entwickelung des Eisenbahnwesens, beträgt beispielsweise - für Roggen 1832 2.11, gegen 4.33, 1833 1.65, gegen 5.16, - 1845 3.02, gegen 6.24, 1848 3.76, gegen 7.50, 1879 3.98, - gegen 8.80, und für Gerste 1830 1.51, gegen 5.50, 1839 - 2.28, gegen 5.79, 1848 2.85, gegen 6.27, 1880 4.37, gegen - 9.36, also von 1 : 2 bis 1 : 3. Wie einfach löst der - Kollektivstaat diese Frage und zugleich erspart er die - Arbeit in den Administrationen. - -So wie die Eisenbahnen, werden auch die Kanäle und die Schiffahrt -auf Seen und Meeren für Rechnung des Staates und vorzüglich zur -Frachtenbeförderung betrieben werden. Aber alle diese Kommunikationen -dienen auch zur Personenbeförderung und zwar für Inländer mit Ausschluß -der Geldwirtschaft. Daher werden die Anweisungen auf Beförderung von -Reisenden nicht von den Verwaltungsämtern der Kommunikationsanstalten, -sondern von den Verwaltungsbeamten des Domizils des Reisenden -ausgefertigt. Der beurlaubte Arbeiter, der in eine andere Gemeinde -versetzte Arbeiter erhält die erforderliche Anweisung auf Beförderung -von seinem Verwaltungsbeamten. Fremde erhalten sie von den -Verwaltungsbeamten der Einbruchstationen; Pensionisten gleichfalls -von dem Verwaltungsbeamten des Domizils. Die Bewohner von Ortschaften, -die an der Bahn, oder an Kanälen, Seen oder Meeresufern gelegen sind, -können für beschränkte Entfernungen Anweisungen auf Beförderung für -jeden Tag oder gewisse Wochentage erhalten, insofern dadurch der Dienst -nicht gefährdet wird, und diese Anweisungen ersetzen die heutigen -Abonnements. Das kann für Zusammenkünfte mit Verwandten und Freunden -oder Versammlungen von größtem Interesse sein. - -Wer auf solche Anweisungen Anspruch hat, bestimmen die -Verteilungsgesetze. Ebenso bestimmen sie, wem Pferd und Wagen zu -überlassen ist. Wahrscheinlich wird man eine Anzahl von Wagen, dann -auch Reittiere, den Beamten, Ärzten und Lehrpersonen in jeder Gemeinde -und Quartier nicht nur für Dienstfahrten, sondern auch für Lustfahrten -und als Reitgelegenheit zuweisen. In größerem Maße wird man natürlich -in den Städten Reitpferde und Wagen aufstellen. - - -b) Automobile. - -Ob solche zum Transport von Waren und zum Massentransport von Personen -zur Verwendung gelangen, wird ein Gegenstand ökonomischer Berechnung -sein. Es ist wahrscheinlich, daß für größere Städte, die aber weniger -besiedelt sind, als heute, das Automobil als allgemeines Verkehrsmittel -gute Dienste leisten könnte. Als Sport wird das Volk die Automobilfahrt -schwerlich betreiben können. Was den Aufwand für Automobile anbelangt, -so würden die dynastische Familie und der Adel denselben aus den -ihnen angewiesenen Mitteln bestreiten können und ebenso werden die -Verteilungsgesetze bestimmen, welchen Personen, die die höchsten -Stellen erklommen haben, Akademikern, Künstlern, Erfindern usw. -Automobile und die Betriebsmittel zur Verfügung zu stellen sind. Allein -die Gefährdung von Personen und Sachen durch diesen Sport wird man -nicht dulden. - -Was den Transport und nicht nur den Transport auf den Eisenbahnen -und mit Maschinenbetrieb, sondern auch den Transport mit Zugtieren -anbelangt, so ist er im Kollektivstaat schon deshalb viel -ökonomischer, weil er durchaus Massentransport ist. Die Versorgung der -Produktionsstätten, die nicht an einer Eisenbahn liegen, mit Material -wird auch nicht in geringen Mengen, sondern auch nach Tunlichkeit -in Wagenladungen erfolgen. So braucht eine Schuhmacherwerkstätte -viele Hunderte von Zentnern Leder, die Bekleidungsindustrie und -Wäschefabrikation viele Tausende von Metern Stoff in einem Jahre, wobei -übrigens zu bemerken ist, daß höchstwahrscheinlich Stoffe und Leder -schon in den Webereien und Gerbereien zugeschnitten, auch Holz im Walde -nahezu fertig bearbeitet werden wird, was bei der Massenfabrikation im -Kollektivstaate das natürlichste ist.[13] - - [13] Aus Pohlmanns »Geschichte des antiken Kommunismus - und Sozialismus«, II. Seite, 165, ersehen wir, daß - schon im griechischen Altertum die Arbeitsteilung - soweit vorgeschritten war, daß es ein besonderes - Zuschneidegewerbe gab und wie es scheint, nicht bloß für - Schuhwerk, sondern auch für Kleider. - -Die enge Zentralisation der Pferdetransporte ergibt auch bei diesen -eine große Ersparnis an Begleitpersonen. - - -5. Telegraph und Telephon. - -Beide Einrichtungen haben allgemeinen und privaten Zwecken zu dienen -und, da die ersteren die wichtigeren sind, ist bei der Anlage beider -vor allem den Bedürfnissen der Verwaltung Rechnung zu tragen. - - -a) Ihre Einrichtung und Benützung für allgemeine Zwecke. - -Telegraph und Telephon haben sich der staatlichen Organisation -anzuschließen, daher sie die Reichshauptstadt mit allen -Provinzialstädten, diese mit den Kreisstädten, die Kreisstädte mit -den Bezirksorten und die Bezirksorte mit den Urgemeinden zu verbinden -haben. Bei den Verbindungen auf größere Entfernungen hat der Telegraph, -in den kleineren Verzweigungen das Telephon, die größere Bedeutung. -Inwiefern in den Gemeinden wieder eine Verzweigung des Telephons -einzurichten wäre, ist eine Frage der Ökonomie. Selbstverständlich -ist eine solche Verzweigung in den städtischen Gemeinden, aber auch -in den Urgemeinden wird eine Abzweigung vom Gemeindepalast nach den -Wirtschaftsgebäuden, vielleicht auch nach verschiedenen Teilen des -Gemeindepalastes und nach den Schlafhäusern sich empfehlen. Ebenso -könnte man an fliegende Leitungen nach einzelnen Arbeitsstellen denken, -so nach den Feldern, Wiesen, und Wäldern, wenn die Entfernung dafür -spricht, daß dadurch ökonomische Vorteile erzielt werden. - -Die Verzweigung des Telephons bis in die Gemeinden erfordert keinen -Aufwand, der größer wäre, als man schon heute macht, denn es würden -dadurch im Ganzen nur 50-60,000 Sprechstellen für einen Staat mit -45 Millionen Einwohnern bedingt. Für die Verwaltung hat eine solche -Verzweigung, vorzüglich des Telephons, die allergrößte Bedeutung, -da sich diese Bedeutung für alle größeren Produktionsstätten längst -erwiesen hat und jede Urgemeinde eine Produktionsstätte im großen -Maßstabe ist. Alle Mitteilungen öffentlicher Natur werden so in -kürzester Zeit allgemein verbreitet und es würde im Falle einer -Kriegserklärung möglich sein, innerhalb einer Stunde das ganze Volk -aufzurufen.[14] - - [14] Die Fernsprechleitung zur Verbindung aller Gemeinden - mit den Bezirksvororten, dieser mit den Kreisstädten, - der Kreisorte mit den Provinzialorten und dieser mit der - Zentrale würde in Österreich-Ungarn zirka 50,000 Kilometer - Leitungsdrähte und 60,000 Sprechstellen erfordern. - Deutschland aber hatte schon 1899 195,000 Sprechstellen, - aber allerdings viel geringere Leitungslänge. - -Jedes Verwaltungsamt würde in die unmittelbarste Verbindung mit -jenen Kommunikationen gebracht. Besonders die Verwaltungsbeamten -für Urgemeinden, Bezirke und Kreise würden das Telephon entweder in -ihrem Arbeitszimmer, oder in einem ganz nahe gelegenen Raume haben, -und keiner Hilfskräfte bedürfen, um untereinander zu verkehren. Da -im Bezirksorte und den Kreisstädten oft Verbindungen des Telephons -herzustellen sein werden, wird eine Bedienung des Telephons zu diesem -Ende allerdings notwendig sein, aber man wird darum keine Beamten -anstellen, sondern den Dienst durch das hauswirtschaftliche Personal -versehen lassen. Besonders würde sich dazu jener Mann oder jene Frau -eignen, welche im Bibliotheksaale ohnehin zu schaffen hat und in diesem -Falle würde auch dort die Telephonzentrale ihren Platz haben. Es gibt -auch noch andere Dienstleistungen, die an einen bestimmten Raum im -Gemeindepalaste gebunden sind. So würde die Besorgung und Verwaltung -der Vorräte an Kleidern und Wäsche und Konsumtibilien, VIII, 5, eine -Frau den ganzen Tag über beschäftigen und an einen bestimmten Raum -binden, wohin die Telephonzentrale verlegt werden könnte. Es ist zu -beachten, daß sowohl die Bezirkszentrale als die Kreiszentrale, wenn -keine Doppelleitungen bestehen, nur je zirka zwanzig Sprechstellen zu -bedienen hat. - -Eine ökonomische Frage ist die, ob sich nebst den oben geschilderten -Verzweigungen der elektrischen Leitungen auch Transversalleitungen -empfehlen, so daß man von einer Gemeinde auch mit Umgehung der -Kreiszentrale mit Gemeinden anderer Kreise oder selbst anderer -Provinzen in Verbindung treten könnte. Wesentlich ist die Organisation -der Verwaltung so gedacht, daß die hierarchische Ordnung nicht umgangen -werden und der Verwaltungsbeamte nur mit seinem Bezirksvorsteher, -der Bezirksvorsteher nur mit seinem Kreisvorsteher verkehren soll. -Aber eine Umgehung dieser Vorschrift wird sich durch den Mangel an -Transversalleitungen nicht verhindern lassen. Für den Privatverkehr -aber wären Transversalleitungen sehr wünschenswert, damit die Sperrung -der wenigen Linien nicht zu oft eintreten und zu lange dauern soll. - -Für die Kreis- und Provinzialstädte, welche nur 5,000 und 20,000 -Bewohner und Fremde im Maximum beherbergen sollen,[15] wäre je -eine Telephonzentrale und ihre Bedienung durch Angehörige des -hauswirtschaftlichen Personalstandes für die Lokalgespräche vollkommen -ausreichend und es wären der geringen Leitungslänge wegen vier- und -fünffache Verbindungen der einzelnen Quartiere mit der Zentrale ohne -erheblichen Aufwand herzustellen. Was aber die Reichshauptstadt -mit einem Stande von 400,000 Köpfen an Bewohnern und Fremden -anbelangt, so wäre vielleicht die Anlage von Zwischenzentralen -zu empfehlen. Die Natur der Sache wird es mit sich bringen, daß -auch in der Reichshauptstadt je zwanzig Quartiere zu einem Bezirke -vereinigt und der ganzen Stadt ein Kreisbeamter vorgesetzt werde. -Die Quartiere werden der Urgemeinde sehr ähnlich eingerichtet sein -und einen von Schlafhäusern umgebenen Palast für Geselligkeiten und -Mahlzeiten enthalten, in welchem der Quartierverwaltungsbeamte die -Verwaltungsgeschäfte besorgt. So hätten auch die Bezirksbeamten und der -Kreisbeamte in der Hauptstadt ihre besonderen Paläste für Verwaltungs- -und Repräsentationszwecke und die Telephonzentralen wären in den, -den Verwaltungskanzleien zunächstgelegenen Räumen dieser Paläste -unterzubringen. Da diese Beamten höchst wahrscheinlich Kanzleidiener -und Hilfsbeamte zur Verfügung hätten, so wäre für die Herstellung von -Verbindungen der einzelnen Sprechstellen kaum ein besonderes Personal -anzustellen. - - [15] Uns erscheinen heute solche Normierungen sonderbar, - da aber der Staat es ist, der Eigentümer von Grund und - Boden und von allen Häusern ist und Jeden mit Wohnung zu - versorgen hat, ist er in der Lage, die Bewohnerzahl aller - Ortschaften zu normieren und er kann damit sehr wichtige - Zwecke verfolgen. - -Es scheint, daß nur der telegraphische Korrespondenzdienst der -Kreisämter, Provinzämter und der Zentralverwaltung die Anstellung -von eigentlichen Telegraphenbeamten, welche ausschließlich für den -telegraphischen Depeschendienst angestellt werden, notwendig machen -würde, und so dürfte auch das Bedienungspersonal für Telephone -und Telegraphen außerordentlich vermindert werden können, bei viel -intensiverer Ausnützung dieser Anstalten sowohl für Verwaltung, als für -Privatgespräche und Privatdepeschen. - -Die Verwaltungsgeschäfte werden bei kollektivistischer Organisation -der Produktion und Verteilung viel einfacher und doch viel rascher -und wirksamer abgewickelt, als die Verwaltungsgeschäfte der -Privatunternehmer und Kaufleute. Vielleicht wird dem Leser das -überzeugend dargetan durch den Abschnitt VI, 8, über die Statistik, -welche die Grundlage für die Verfügungen der Verwaltungsbeamten bietet. -Freilich werden allabendlich stattliche und enorm viele Zahlenreihen -durch die elektrische Kommunikation von Amt zu Amt befördert, aber -diese Telegramme ersetzen auch eine Unzahl von Telegrammen, welche -heute die Kaufleute austauschen müssen. - - -b) Ihre Benützung für die Zwecke der Einzelnen. - -Wenn auch die amtlichen Gespräche den Vorrang vor Privatgesprächen -haben, so dient doch der telephonische und telegraphische Verkehr auch -für die Gespräche und Mitteilungen der Einzelnen. Schon bei einer -Einschränkung der telephonischen Verbindungen auf ihre Fortsetzung -bis in den Gemeindepalast, somit bei der Einschränkung des Telephons -auf etwa 60,000 Sprechstellen für einen Staat wie Österreich ist doch -=jeder= Staatsbürger des Reichs mit =jedem= anderen Reichsgenossen -telephonisch verbunden, wenn er sich nur in den Gemeindepalast bemüht -und eine Zeit wählt, wo wahrscheinlich auch der Angesprochene im -Gemeindepalaste seiner Urgemeinde sich aufhält, oder einer seiner -Gemeindegenossen ihm die Botschaft zu bringen übernimmt. Letzteres -wird vielleicht die Regel sein. Naturgemäß wird das Privatgespräch -mit Bewohnern desselben Bezirkes die Regel sein, seltener werden -Privatgespräche mit anderen Bezirken desselben Reiches und sehr selten -solche auf größere Entfernungen sein. Es wird wohl auch die Wichtigkeit -der Mitteilung entscheidend sein und es genügt wohl, daß für besondere -Fälle jeder mit jedem telephonisch verbunden werden kann. Verbindungen -mit dem Auslande sind auch möglich und das Vorrecht auf Benutzung des -Telephons auf größere Entfernungen ist eine Verteilungsfrage. - -Es werden auch Sammelgespräche vorkommen. So kann eine Person zu einer -Zeit, wo das Telephon für dienstliche Zwecke nicht beansprucht wird, -Mitteilungen und Fragen für zehn oder zwanzig Gemeindegenossen an zehn -oder zwanzig Angehörige einer bestimmten Gemeinde richten, welche dort -wieder von einer einzigen Person für viele übernommen werden. So kann -das Telephon für Privatzwecke stärker ausgenützt werden. - -Dem Zwecke dieser Untersuchungen entsprechend wird hier keinerlei -Fortschritt in den heute bekannten Einrichtungen des elektrischen -Verkehrs vorausgesetzt, nicht einmal die Einführung des Ferndruckers, -der schon heute in Berlin in Verwendung steht, noch das Verfahren für -beschleunigtes Telegraphieren von Viragh & Pollack, noch die drahtlose -Telegraphie, die übrigens schwerlich je für eine Massenbenutzung -brauchbar sein wird. Es handelt sich nur um organisatorische Fragen und -darauf bezügliche Anregungen sind hier oben gegeben worden. - - -6. Die Post. - -Sie wird auch zunächst der Verwaltung zu dienen haben und im Felleisen -alles befördern, was von Amt zu Amt geht. Über diesen Gegenstand ist -nichts weiter zu sagen, als daß die Post keine Geldsendungen befördert -und für den Privatverkehr auch keine sogenannten eingeschriebenen -Briefe oder Pakete. Sollte man doch etwas Ähnliches in Ausnahmefällen -zulassen, so würden eingeschriebene Privatbriefe in die amtliche -Korrespondenz aufgenommen und die Aufgabe vom Verwaltungsbeamten -bestätigt werden. So könnten auch Wertsendungen, die nach dem, was -über die Konsumtibilien in VIII, 5, gesagt wird, auch zwischen Privaten -denkbar, aber jedenfalls sehr selten wären, befördert werden. Es wird -nichts verschlagen, wenn solche Privatsendungen einen halben Tag länger -als heute unterwegs sind, denn viel wichtiger, als die Beschleunigung -von Privatsendungen dieser Art ist die Ersparnis im Aufwande für die -Post, von der sofort die Rede sein wird. - -Es bedarf nämlich im Kollektivstaate keiner besonderen Postämter mehr; -der Briefkasten nimmt die abgehenden Briefe auf und die ankommenden -kann man sich in der Gemeindekanzlei beheben oder bei den Mahlzeiten -durch eine Frau des hauswirtschaftlichen Personals verteilen lassen. -Die Briefkästen können mit Abteilungen versehen sein, wodurch schon -der Absender eine erste Sortierung nach den Hauptrichtungen, die -die Eisenbahnbeförderung einschließt, vornimmt. Dabei handelt es -sich meist nur um zwei Richtungen der den nächsten Eisenbahnort -durchfahrenden Eisenbahn, selten um drei oder vier Richtungen und ist -einmal der Brief so in den richtigen Weg geleitet, so ist die weitere -Instradierung vom Zugsbegleitungspersonale zu besorgen, wobei eine -zweckmäßige Adressierung diese Arbeit sehr erleichtert. Man könnte vom -Absender verlangen, daß er die Adressen mit Angaben versieht, die dem -Zugbegleitungs- und Frachtpersonale die Instradierung erleichtern. - -Nur in der Reichshauptstadt und den Provinzorten wird ein eigenes -Postdienstpersonal anzustellen sein, um die Briefpost so rasch als -möglich, etwa von Stunde zu Stunde, zuzustellen und die nach auswärts -gehende Post zu sortieren. - -Selbstverständlich ist die Post unentgeltlich und es kann jeder -Bewohner des Reiches -- auch jeder Fremde -- Briefe und Karten -aufgeben, so viel ihm beliebt. Beschränkt ist er nur insofern, als -er nur eine bestimmte Menge von Papier, Kouverts und Briefkarten zur -Verfügung hat, welche nach VIII, 5, als Konsumtibilien verteilt werden. -Man wird daher sparen, um das Jahr über mit seinem Vorrate auszukommen, -man wird aber auch von solchen Gemeindegenossen, die einen Überschuß -haben, leicht Papier und Kuverts überlassen erhalten, wenn man alles -verbraucht hat. - -Man wird übrigens nur eine kleine Ecke der Adreßseite einer Karte -oder eines Kuverts mit der Adresse beschreiben und kann den Rest -für Korrespondenz benützen, da alle heute bestehenden Beschränkungen -entfallen können. Es muß nur erkenntlich sein, daß das Schriftstück als -Postsendung zu behandeln ist. Poststempel sind ganz unnötig. - -Ein ganzer Pack Zeitungen, welcher auf der Adreßschleife die Zahlen -einer Gemeinde trägt, kommt in die betreffende Gemeinde und wird dort -den Lesern zur Verfügung gestellt und es entfallen auch hier wieder -eine große Menge von Adressen und die Adressenregister. Es ist nicht -uninteressant, daß die Post in einem Staat wie Österreich bei ganz -ungenügender Entlohnung ihrer niederen Organe einen Aufwand von beinahe -180 Millionen Kronen im Jahre macht und daß der damit ausgedrückte -Aufwand im Kollektivstaat beinahe ganz in Ersparung gebracht wird -durch die Vereinfachung in der Verteilung, durch die Beseitigung der -Geldwirtschaft, der Wertsendungen an Einzelne und durch Ausnutzung der -Arbeitskräfte in der Hauswirtschaft und Zugsbegleitung. Es zeigt sich -hierin der ökonomische Wert der durch den Kollektivismus bedingten und -ermöglichten Organisation. - - -7. Tagesblätter der Verwaltung. - -Wenn auch das Zeitungswesen, soweit es den Vereinszwecken, der -Unterhaltung, der Kunst und Wissenschaft zu dienen hat, an einem -anderen Orte zu behandeln ist, so muß doch hier noch das Zeitungswesen -besprochen werden, insofern es der Verwaltung, der Statistik und -der Erörterung der öffentlichen Angelegenheiten zu dienen hat, weil -das zum Verständnisse des Verwaltungsapparates erforderlich ist. In -seiner Gesamtheit zerfällt das Zeitungswesen a) in die periodischen -Veröffentlichungen der Staatsverwaltung, die öffentliche Erörterung -der Gesetzesvorlagen und Wahlvorschläge und in die statistischen -Publikationen, welcher Teil des Zeitungswesens hier besprochen wird, -und b) in die der Vereinspublikationen, der schönen Literatur, der -Kunst und Wissenschaft gewidmeten Zeitungsorgane, die in VIII, 4, a, b, -und c, behandelt werden. - -Die Tagesblätter der Verwaltung zerfallen in die Bezirks-, Kreis- -und Provinzialblätter und das Reichsblatt. Sie erscheinen täglich und -enthalten -- wenn es ökonomisch ausführbar ist -- tägliche, monatliche -und jährliche statistische Ausweise, worüber im folgenden Abschnitte -VIII, das Nähere enthalten ist. Man würde insbesondere von den -statistischen Ausweisen auf diese Art nicht nur die Reichssummarien, -sondern auch die Provinzial-, Kreis- und Bezirkssummarien, welch -letztere sich aus den statistischen Ausweisen der Urgemeinden aufbauen, -veröffentlichen und die Richtigkeit der Ausweise der Urgemeinden -können nicht nur die Verwaltungsbeamten einerseits der Urgemeinden, -andererseits der Bezirke und alle ihre Hilfsorgane nachprüfen, sondern -auch jeder Bewohner der betreffenden Urgemeinde und jeder Besucher aus -anderen Gemeinden. =Hier werden die offiziellen Blätter nur nebenher -besprochen, Ausführliches ist in= VIII, 4, a, =enthalten=. - -Man kann sich gerade von der Ökonomie der Druckindustrie besonders der -Papierproduktion, welche für die Beurteilung, ob die hier erwähnten -Publikationen in dem Maße veröffentlicht werden können, wie ich -verspreche, entscheidend ist, eine ziemlich genaue Vorstellung machen, -da man eine verläßliche Statistik der Papierproduktion besitzt. Man -schätzt den heutigen Verbrauch von Papier in Österreich auf 3-1/2 bis -4 Kilo pro Kopf und Jahr, das macht 10 Gramm pro Kopf und Tag. Demnach -entfallen auf eine Gemeinde von 1000 Köpfen 10 Kilo Papiererzeugnisse -für den Tag, wovon man die Hälfte auf Druckpapier rechnen kann. Doch -ist schon heute der Verbrauch in Nordamerika doppelt so groß wie in -Österreich, man berechnet ihn auf 8 Kilo Papiererzeugnisse für den -Kopf, und es würde sich die Ökonomie der Papierproduktion ebenso, -wie die des Verbrauches im Kollektivstaat günstiger stellen. Was -die Erzeugung anbelangt, so gestattet der Kollektivismus eine viel -vollkommenere und raschere Sammlung aller jener Abfälle, die als Lumpen -zur Papiererzeugung verwendet werden und ebenso die vollständige und -rasche Sammlung der Papierabfälle, wovon heute der größte Teil gänzlich -verwüstet wird. Und was die Ökonomie des Verbrauches anbelangt, so ist -in Betracht zu ziehen, daß eine Unmasse von Packpapier und Enveloppen -in der geschilderten Kollektivwirtschaft dadurch in Ersparung gebracht -würde, daß die Güter nicht an die einzelnen Familien, sondern an die -Urgemeinden geliefert werden. Da man heute auf Papier und dergleichen -im Handel verbrauchte Papierprodukte, allerdings mit Inbegriff -von Tapeten, 15 Vierzigstel der Papierprodukte dem Gewichte nach -rechnet, so wird im Kollektivstaate ein großer Teil davon erspart und -verhältnismäßig mehr Druckpapier erzeugt werden können. - -Die Verteilung der erwähnten Tagesblätter würde in der Weise -erfolgen, daß eine =allgemeine= Verlautbarung der Publikationen der -Bezirksblätter nur in den Gemeinden des Bezirkes und der Publikation -der Kreisblätter nur in den Gemeinden des Kreises u. s. f. stattfinden, -eine Verlautbarung, welche wohl nicht mehr voraussetzte, als daß zehn -Exemplare eines solchen Blattes in jeder Urgemeinde der betreffenden -Zirkumskription durch eine Woche öffentlich aufliegen. Doch würde man -in jeder Kreis- und Provinzstadt und in der Reichshauptstadt je ein -oder zwei Exemplare =aller= Bezirks-, Kreis- und Provinzialblätter in -einer bestimmten Bibliothek öffentlich auslegen, damit jene, die sich -darum interessieren, dort alles finden können, was veröffentlicht wird. -Da übrigens neun Zehntel der aufgelegten Exemplare nach einer Woche -wieder in die Papiermühlen wandern, könnten sie vorher noch Vereinen -oder einzelnen Personen zur Einsicht zugemittelt werden, die sich -entweder um die Kontrolle der Staatsverwaltung verdient machen, oder -die wissenschaftliche Zwecke verfolgen und diese Publikationen als -Quellen benützen wollen. - -Das Provinz- und Reichsblatt braucht wohl nur in je 5 Exemplaren den -Urgemeinden zugesandt zu werden. - -Die genannten amtlichen Blätter würden außer den statistischen -Nachweisen noch andere Verlautbarungen bringen, so neue Verordnungen, -Erledigungen, Besetzungen, Erörterung von Fragen allgemeiner Natur, -dann insbesondere die Bekanntgabe und Erörterung von Wahlvorschlägen -und Vorschläge für neue Gesetze. Die Wahlen gingen die Staatsverwaltung -nichts an, aber die Erörterung der Fragen des öffentlichen Wohles -und neuer Gesetzes-Vorschläge sollte zwischen den Verwaltungs- und -den Volksbeamten und eventuell den von ihnen bestellten Redakteuren -polemisch geführt werden, dergestalt, daß Erstere alle Gründe -der Staatsverwaltung für ihre Vorschläge und zwar mit beständiger -Hinweisung auf das allgemein bekannte ungeheure statistische Material -dem Volke mitteilen, und daß die aus dem Volke laut werdenden Stimmen -von der Organisation der Volksbeamten und ihren Redakteuren verwertet -und von ihnen nötigenfalls die Gründe der Staatsverwaltung bekämpft -werden. Das wird bei der hohen Bildung und Urteilsfähigkeit des Volkes -mit viel weniger Worten und viel eindringlicher geschehen können, als -heute in den Parlamenten. - - -8. Die Verrechnung und Statistik. - - -a) Ihre Aufgabe. - -Die Statistik im Sozialstaate dient nicht nur für wissenschaftliche und -Verwaltungszwecke, sondern auch der nicht nur der Staatsverwaltung, -sondern auch =dem gesamten Volke und jedem Einzelnen zustehenden -Kontrolle der Verteilung=, nämlich, ob den Gesetzen gemäß verwaltet -wurde. Sie umfaßt alle Veränderungen, die mit Personen und Sachen -vor sich gehen und zerfällt in eine tägliche, eine wöchentliche, -monatsweise und Jahresstatistik. Welche Veränderungen täglich -zu erheben und zu fixieren sind, wird von den Volksbeschlüssen -abhängen, man kann aber schon jetzt als Grundsatz aufstellen, daß -die Bevölkerungsstatistik, die Statistik über die Arbeitsverteilung -in ihren Hauptgruppen, der Verbrauch gewisser Nahrungsmittel, der -Güterverkehr zwischen Staat, Provinzen, Kreisen, Bezirken und Gemeinden -täglich zu erheben, amtlich zu prüfen und zu veröffentlichen ist. -Im Gegensatze dazu wird die Statistik über das Inventar und die -Wohnungsbauten und über die Wirtschafts- und Industriebauten nur einmal -im Jahre aufzustellen und zu veröffentlichen sein. Doch ist hier -nur von dem Bestand an Wirtschafts-, Industrie- und Wohnbauten und -ihren Bestandteilen selbst, nicht von der Arbeitsverteilung und dem -Güterverkehre für die Zwecke der Bauerhaltung und Bauherstellung die -Rede, welche in kürzeren Intervallen statistisch zu bearbeiten sind. -Wöchentlich oder monatlich mögen Sanitäts- und Schulstatistik u. dergl. -zu veröffentlichen sein. - -Bezüglich der Statistik sind die städtischen Quartiere den Urgemeinden -als unterste Einheiten gleichzuhalten. Als Zeitabschnitt für die -Statistik ist die geeignetste Stunde am Tage, z. B. 6 Uhr abends, zu -bestimmen. - - -b) Die Bevölkerungsstatistik. - -Die Bevölkerungsstatistik umfaßt das genaue Alter einer jeden Person -und alle wichtigen persönlichen Verhältnisse und die Verteilung der -Bevölkerung auf die einzelnen Wohnungsansiedelungen. Die Feststellung -des Alters soll womöglich bis auf Minute und Sekunde erfolgen. Insofern -in einzelnen Fällen bei Geburts- und Sterbefällen die erforderliche -Genauigkeit der Zeitangabe untunlich ist, sind Schätzungen vorzunehmen, -welche im Gesetzes- oder Verordnungswege vorzuschreiben sind. Anfang -und Ende eines Menschenlebens am Geburts- und Sterbetage kann in -wenigen Fällen und innerhalb sehr enger Grenzen zweifelhaft sein. -Der Alterszuwachs der in den Gemeinden und Quartieren versorgten -Personen ist aber leicht in Evidenz zu halten, da dem Gesamtalter -dieser Personen nur täglich so viele Lebenstage zuzurechnen sind, als -der Gemeinde oder dem Quartiere Personen angehören. Dagegen wird bei -Geburts- oder Sterbefällen nur die entsprechende Anzahl von Stunden, -Minuten und Sekunden hinzugerechnet. Entdeckte Irrtümer z. B. bei der -Auffindung der Leiche eines Vermißten werden in der Statistik jeweilig -als Zuwachs oder Abfall eingestellt. Diese Genauigkeit der Feststellung -betrifft aber nur die Beschreibung der einzelnen Individuen; für die -zu veröffentlichende Statistik wird weiter unten eine Vereinfachung -vorgeschlagen. - -Der Verwaltungsbeamte hat mit dieser Statistik, wenn sie täglich -gemacht wird, nur wenig zu tun, da in der Woche kaum =eine= Veränderung -durch Geburt oder Sterbefall unter tausend Menschen eintritt. - -Die Bevölkerungsstatistik hat ferner zum Gegenstande: Berufszuweisung, -Beurlaubung, Domizilsveränderung, Berufsänderung, Abwesenheit von -Gemeindegliedern, Anwesenheit Fremder, Anthropologie, Unterricht, -Erziehungsergebnisse, Arbeitsbefreiung, Arbeitsverteilung, z. B. in -der Landwirtschaft, und nicht alle Teile dieser Statistik erfordern -eine tägliche Veröffentlichung. Es kann auch für gewisse Betriebe, -abgesehen von der allgemeinen Ziffer der täglich darin beschäftigten -Personen eine wöchentliche oder monatliche statistische Feststellung -der Arbeitsverteilung innerhalb des Betriebes stattfinden, um z. B. -im Glasfabriksbetriebe oder in Maschinenfabriken den veränderlichen -Arbeitsaufwand für verschiedene Produkte, oder Bestandteile eines -Produktes zu ermitteln. Demnach können auch für solche Betriebe -Betriebsstatistiken in bestimmten Perioden veröffentlicht werden. - - -c) Die Güter- und Verkehrsstatistik. - -Die Güter- und Verkehrsstatistik hat festzustellen Produktion und -Verbrauch der Güter und wie die Güter örtlich verteilt und welche -Veränderung mit ihrer Verteilung im Laufe des Tages vorgegangen -sind. Das gilt besonders von Gütern, die, wie Fleisch, Eier, Milch, -einem baldigen Verderben ausgesetzt wären, daher rasch verbraucht -werden. Vorrat, Zuwachs und Abfall der Verbrauchsgüter (nicht aber der -Gebrauchsgüter) sind täglich zu ermitteln und die Statistik behördlich -zu prüfen.[16] Dasselbe gilt vom Güterverkehr von einer Gemeinde in die -andere, so von Holz, Cerealien, Leder, Tuch, Werkzeugen, Maschinen, -Mobilien, dann auch von anderen, als den oben bezeichneten Arten von -Lebensmitteln, als Mehl, Gewürzen usw. Da aller Verkehr im Großen -ausgeführt wird, werden die großen Fabriken täglich ganze Wagen- -und Lastzugsladungen an die Bezirksvororte versenden, von wo die -Verteilung an die Urgemeinden erfolgt. Es können aber auch mehrere -an der Bahn gelegene Gemeinden als Ablade- und Lagerstellen bestimmt -werden, wenn dadurch der Verteilungstransport vereinfacht werden kann. -Die Disposition darüber bliebe aber dem Bezirksbeamten vorbehalten -und es würde zunächst die Bezirksgemeinde damit, wie der Kaufmann -sagt, belastet. Ob die Abschreibung in der Gemeinde der absendenden -Fabrik erfolgt am Tage der Versendung oder erst beim Eintreffen in -der Gemeinde, welche empfängt, oder ob eine Belastung und Entlastung -der Transportanstalten für die Dauer der Fahrt zu geschehen hat, ist -eine Frage der Zweckmäßigkeit, worüber die Erfahrung entscheiden -wird. Im allgemeinen wird man Großmagazinage soviel als möglich -vermeiden und alle Vorräte so rasch als möglich in die Verbrauchsorte -abzustoßen suchen. So werden die ganzen Auflagen neuer Werke der -Literatur sofort in die Bibliotheken verteilt. Die Güterstatistik hat -also täglich festzustellen, in welchen Gemeinden oder Quartieren die -Urstoffe, Halbfabrikate und die zum Verbrauche bestimmten Ganzprodukte -sich befinden. Der Vorstand der Gemeinde oder Quartier, das ist der -Verwaltungsbeamte untersten Ranges, hat wieder in Evidenz zu halten, -wer =in der Gemeinde= die Verantwortung für die einzelnen Werte -hat, und auch da wird ein unter Umständen in der Gemeindeverrechnung -festzustellender Verkehr stattfinden, z. B. vom Viehzuchtbetriebe an -die Fleischhauerei, von dieser an die Küchen- oder Hausverwaltung. -Diese nur innerhalb der einzelnen Gemeinden vollzogenen Verschiebungen -werden aber bei Gütern in der Regel nicht veröffentlicht, weil -sie nur zur Orientierung der Gemeindeglieder dienen, welchen alle -Gemeindeausweise zur Einsicht offen stehen müssen und die gedruckten -oder sonst veröffentlichten statistischen Ausweise nur für die -wechselseitige Verrechnung zwischen Gemeinden, Bezirken, Kreisen, -Provinzen und dem Staate bestimmt sind. - - [16] Es wird sich zeigen, daß die Güterstatistik ein - vortrefflicher Ersatz der heutigen Geldverrechnung, - angepaßt der Naturalwirtschaft, ist. - -Es wird also zu unterscheiden sein, ob die in einer Gemeinde -befindlichen Güter schon definitiv der Gemeindeverwaltung zum eigenen -Verbrauche zugewiesen sind, oder ob sich in der Gemeinde Güter -befinden, welche sie noch dem Bezirke zu verrechnen hat. Im ersteren -Falle sind sie in der Statistik des Bezirkes nicht mehr zu buchen, -sondern es ist darüber nur den Gemeindegliedern Rechnung zu legen, im -anderen Falle sind die Güter so lange gewissermaßen als anvertrautes, -dem Staate zu verrechnendes Vermögen zu führen, bis die Zuweisung für -die Gemeindezwecke erfolgt. - - -d) Zustandekommen und Einrichtung der Verrechnung und Statistik. - -Die nachfolgende Untersuchung soll dartun, daß die Vollständigkeit der -Rechnungslegung auch in der Naturalwirtschaft gesichert werden kann -und wie sie in Absicht auf diesen Zweck eingerichtet werden muß, wie -die Kontrolle nicht nur der unteren Organe durch die höheren Organe -der Staatsverwaltung, sondern auch der Staatsverwaltung durch die -Öffentlichkeit ermöglicht wird und zwar in täglichen Zeitabschnitten, -wo die Güter rasch verzehrt werden, also sich der späteren Feststellung -entziehen würden, und weiteres dartun, daß die dadurch bedingte Arbeit -von der Verwaltung leicht geleistet werden kann. - -Dem Verwaltungsbeamten der Gemeinde beziehungsweise des Quartiers -haben die verschiedenen Abteilungsvorstände die für die statistische -Verrechnung erforderlichen Angaben in der vorgeschriebenen -Form schriftlich zu machen und die von allen Produktions- und -Verteilungsstellen einlaufenden und gesammelten Daten hat der Beamte -oder eine von ihm dazu bestimmte Person zur bestimmten Zeit dem -Bezirksbeamten, wo es der raschen Veröffentlichung wegen dringend ist, -durch den Telegraphen oder das Telephon, sonst schriftlich bekannt zu -geben und dieser hat die Hauptsummen der unterstehenden Gemeinden und -Quartiere samt den daraus ermittelten Hauptsummen des Bezirkes auf -dieselbe Art dem Kreisbeamten mitzuteilen, der wieder die Hauptsummen -der Bezirke als Einzelposten und die daraus ermittelten Hauptsummen -des Kreises dem Provinzbeamten zu übermitteln hat, der wieder Kreis- -und Provinzsummarien an die Zentralregierung weitergibt. Die täglich -aufzustellende Gemeinde- und Bezirksstatistik ist dann zunächst vom -Bezirks- und in Stichproben auch vom Kreisbeamten persönlich oder -erforderlichenfalles durch Vertrauenspersonen an Ort und Stelle zu -überprüfen. - -Hieraus ergibt sich, daß Überschüsse und Abgänge, die eine Ausgleichung -und Güterbewegung notwendig machen, nicht nur dem Gemeindebeamten, -sondern auch den Bezirks- und Kreisbeamten =täglich= bekannt werden und -daß Provinzialverwaltung und Zentralregierung sich auch über Abgänge -und Überschüsse in Kreisen und Provinzen täglich orientieren, aus den -ihnen zugehenden Bezirksausweisen aber auch die Vorräte bis in jedes -Quartier und in jede Gemeinde verfolgen können. Die Provinz- und die -Zentralverwaltung hat immer eine Detailaufstellung der Verteilung der -Bevölkerung und der Güter vor sich und dem entsprechend verfügt jeder -Verwaltungsbeamte innerhalb seiner Kompetenz die für den nächsten Tag -erforderlichen Veränderungen. Zunächst wird jeder Abgang, den man ja -auf Wochen vorhersehen kann, und zwar tunlichst mit Ausnützung von -Hin- und Rückfracht, aus den Überschüssen im Bezirke gedeckt und der -Kreisbeamte hat nur eine Änderung zu verfügen, wenn die Vorräte im -ganzen Bezirke nicht ausreichen. Allein es kann sich als zweckmäßig -erweisen, daß auch vor Erschöpfung der Gesamtvorräte des Bezirkes ein -Abgang aus einem Nachbarbezirke oder Nachbarkreise gedeckt wird, sei -es, daß der Transport dadurch weniger belastet wird, oder daß andere -Rücksichten dafür sprechen. Darüber haben sich die Verwaltungsbeamten -zu verständigen. - -Das Volk ist in der Lage, die Zweckmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der -Verteilungsarbeit aus den veröffentlichten Ausweisen Tag für Tag und -Woche für Woche zu ermitteln und auch festzustellen, ob alle Summen -richtig übertragen und in Hauptsummen zusammengezogen wurden. Das wird -am besten geschehen, wenn sich vorzugsweise die Arbeitsbefreiten, -also die Alten, dieser Arbeit annehmen und sich nach einer zwischen -ihnen angenommenen Ordnung in die Aufgabe teilen, so daß einer die -richtige Aufnahme der Gemeindestatistik in die Bezirksstatistik, ein -anderer die Richtigkeit der Gemeindestatistik, andere die richtige -Summierung im Kreis-, Provinz- und Reichsblatte prüfen, wieder ein -anderer Stichproben über die Richtigkeit in anderen Kreisen und -Provinzen machen wird. Da in einem Staate wie Österreich mindestens -ein und eine halbe Million männlicher und weiblicher Personen zu den -Alten gerechnet werden müssen, ist die Last dieser Kontrolle eine -sehr geringe, wenn man sie vernünftig aufteilt. In VIII, 2, ist auch -von der Schaffung eines Vereins für die Zwecke dieser Kontrolle die -Rede. Es ist aber ganz offenbar, daß, wollte man nach Art unserer -Jahresrechnungen nur jährlich eine Gesamtabrechnung verfassen und -wenigen zur Prüfung übergeben, von einer wirksamen Kontrolle keine Rede -wäre. Diese fortlaufenden Ermittlungen und Veröffentlichungen sind für -die Verwaltung unentbehrlich, für die Wissenschaft von unermeßlichem -Werte und geben dem Volke Gelegenheit, eine Mitkontrolle zu üben. - -Die Bevölkerungsstatistik ist wesentlich auch die Grundlage für die -Vervollkommnung der Verteilung. Die Gerechtigkeit der Verteilung, XI, -wird dann am vollkommensten sein, wenn jeder die gleiche Hoffnung -hat, das höchste Alter zu erreichen. Ein Beruf, der eine größere -Sterblichkeit zu tragen hat, als ein anderer, ist zu stark belastet. -Es muß ihm durch Erleichterung der Arbeit oder größeren Aufwand zur -Beseitigung der Schädlichkeiten eine Begünstigung geboten werden. Die -Bevölkerung selbst und der Beamtenkörper werden sich ununterbrochen -die Erfahrungen zu nutze machen, welche sich aus der Verarbeitung des -statistischen Materials ergeben. - -Die Bevölkerungs- und Sanitätsstatistik wird insbesondere der -Verwaltung als Wegweiser dienen, wo Gebrechen vorliegen, welche Abhilfe -erfordern. Ein größerer Krankenstand oder größere Sterblichkeit sind -sofort erkennbar und zwar nicht nur für den zunächst verantwortlichen -Beamten, sondern auch für die höheren Organe der Staatsverwaltung, -freilich für die höheren Behörden weniger, weil sie ihre Aufmerksamkeit -zunächst den höheren Summarien zuzuwenden haben, in welchen sich eine -sehr große Sterblichkeit in der einen oder anderen Gemeinde leicht im -Durchschnitt verlieren kann. Man wird übrigens auch den Kreisämtern, -welchen die Verhältnisse aller ihrer Gemeinden bekannt sein müssen, -zur Pflicht machen, gewisse Überschreitungen des mittleren Kranken- -und Todesfallstandes unter Namhaftmachung der betreffenden Gemeinden -der vorgesetzten Behörde besonders anzuzeigen, damit sie ihrer -Aufmerksamkeit nicht entgehen können. Den genauen Sachverhalt entnimmt -dann selbst die Zentralbehörde dem betreffenden Bezirksblatte. So -wird die Aufmerksamkeit der Behörden immer in kürzester Frist dorthin -gelenkt, wo Abhilfe am dringendsten ist. - - -e) Beispiele der statistischen Tabellen. - -Es folgen nun hier einige Beispiele der täglich festzustellenden und -den Bezirks- und Kreisbeamten vorzulegenden, wenn möglich auch täglich -zu veröffentlichenden Statistiken, wobei bemerkt wird, daß für die -Altersangaben der Menschen der Geburtstag als ein ganzer Tag gerechnet, -der Todestag aber =nicht= gerechnet wird. - -Bei der Ermittlung des durchschnittlichen Lebensalters in der Gemeinde -werden Ortsabwesende mitgerechnet, aber Fremde nicht gerechnet. -Dafür werden bei Ermittlung des Verpflegstandes wieder die Fremden -mitgerechnet und die Ortsabwesenden nicht gerechnet. Es ist wohl -möglich, daß man bald von dieser allzupeinlichen Genauigkeit Umgang -nehmen wird, wenn das Vertrauen in die staatliche Organisation sich -einmal eingelebt hat, aber so lange man das Bedürfnis fühlt, den -Beamten auf die Finger zu sehen, wird man wissen wollen, wie der -Verpflegstand, welcher auf den Aufwand von Nahrungsmitteln Einfluß hat, -von Tag zu Tag hin und her schwankt. Obwohl es nun dabei nicht bloß auf -die Zahl der Personen ankommen wird, sondern auch auf Alterskategorien, -Geschlecht, Krankenstand und möglicherweise auch auf Rangstufen, -insofern zu den den verdienten Personen einzuräumenden Vorzügen auch -die Anweisung verfeinerter und seltener Speisen und Getränke gehören -wird, so wird man das einer Ausgleichung zwischen Gemeinden und -zwischen Bezirken, vielleicht auch zwischen Kreisen überlassen und nur -in längeren Intervallen etwas darüber veröffentlichen. (Siehe Seite -102.) - -Eine vollkommen gleichartige Tabelle stellt den Personenstand der -Mädchen im ersten Lebensjahre für den Bezirk dar. Die erste Kolonne -in _A 1_ gibt die Ordnungszahl der Gemeinde an. Die 2. und 3. -Kolonne bringt die Zahl der Knaben im ersten Lebensjahre und die -Zahl ihrer Lebenstage am Vortage des Rechnungstages. Dabei ist, wie -oben erwähnt, der Geburtstag zwar als voller Tag gerechnet, aber -es wird der Todestag dafür =nicht= gerechnet. Es wird sich das im -Durchschnitte aller Geborenen und Gestorbenen ziemlich ausgleichen. -Für die Veröffentlichung ist diese unbedeutende Ungenauigkeit offenbar -belanglos und sie könnte übrigens auch von Zeit zu Zeit, wenigstens -für das Reichssummarium, durch eine besondere Rektifikationstabelle -ausgeglichen werden. Denn für wissenschaftliche Zwecke und, um alles -so genau als möglich festzustellen, wird es sich empfehlen, Geburts- -und Todeszeit in jedem Falle auf Minute und Sekunde zu notieren. Allein -zuweilen, obwohl in seltenen Fällen, wird das unmöglich sein. - - Bevölkerungsstatistik des Bezirkes 8, 7, 19. vom 10. Juli 2001 - A 1. Knaben bis einschließlich ein Jahr. - - ===================================================================== - | Am Vortage | Zuwachs | Abfall | Am Schluß des - Ordnungs-| | | | Verrechnungs- - zahl der | | Tage am | | Tage am | | Tage am | tages - Gemeinde |Zahl| Vortage |Zahl| Vortage |Zahl| Vortage | Zahl | Tage - ---------+----+---------+----+---------+----+---------+------+------- - | | | | | | | | - 1 | 9 | 1485 | 1 | 0 | -- | -- | 10 | 1495 - 2 | 10 | 1822 | -- | -- | -- | -- | 10 | 1832 - 3 | 7 | 1370 | 2 | 403 | -- | -- | 9 | 1782 - 4 | 8 | 1511 | -- | -- | -- | -- | 8 | 1519 - 5 | 9 | 1288 | -- | -- | -- | -- | 9 | 1297 - 6 | 11 | 1911 | -- | -- | -- | -- | 11 | 1922 - 7 | 10 | 1799 | -- | -- | -- | -- | 10 | 1809 - 8 | 8 | 1489 | -- | -- | -- | -- | 8 | 1497 - 9 | 9 | 1255 | -- | -- | -- | -- | 9 | 1264 - 10 | 7 | 1304 | 1 | 352 | -- | -- | 8 | 1664 - 11 | 9 | 1377 | -- | -- | -- | -- | 9 | 1386 - 12 | 8 | 1389 | -- | -- | -- | -- | 8 | 1397 - 13 | 11 | 1917 | -- | -- | 3 | 755 | 8 | 1170 - 14 | 10 | 1785 | -- | -- |1-A-| 365 | 9 | 1429 - 15 | 11 | 1889 | -- | -- |1-B-| 312 | 10 | 1587 - 16 | 9 | 1412 | -- | -- | -- | -- | 9 | 1421 - 17 | 8 | 1203 | -- | -- | -- | -- | 8 | 1211 - 18 | 10 | 1706 | -- | -- | -- | -- | 10 | 1716 - 19 | 9 | 1376 | -- | -- | -- | -- | 9 | 1385 - 20 | 9 | 1354 | -- | -- | -- | -- | 9 | 1363 - | | | | | | | | - ---------+----+---------+----+---------+----+---------+------+------- - Summa |182 | 30642 | 4 | 755 | 5 | 1432 | 181 |30146 - - _A_ Der in der Gemeinde 14 in Abfall gebrachte Knabe wurde am - Vortage ein Jahr alt und ist daher am Verrechnungstage in die - Tabelle A 2. übertragen worden. - - _B_ Der in der 15. Gemeinde abgeschriebene Knabe wurde in den - Bezirk 8, 7, 20 versetzt. - -Eine Frau kann von der Geburt überrascht werden und ein Reisender -kann an einem einsamen Orte sterben; auch im Auslande, wo genaue -Feststellungen überhaupt nicht gemacht werden, kann ein Geburts- oder -Sterbefall von Reichsangehörigen vorkommen. Ist eine Person im Inlande -unbeobachtet gestorben, so wird sich jedenfalls der Tag feststellen -lassen, weil ermittelt werden kann, wo und wann sie zuletzt gesehen -wurde. Werden Geburts- und Sterbefälle erst nach längerer Zeit bekannt, -so wird nach tunlichster Feststellung des genauen Zeitpunktes eine -nachträgliche Richtigstellung der Statistik erfolgen. - -Zu bemerken ist, daß in der Gemeinde die Bevölkerungsstatistik nur zur -Zählung der Gemeindeglieder gemacht wird. Stirbt ein Gemeindeglied in -einer fremden Gemeinde, so wird die Verwaltung dieser Gemeinde es der -Heimatsgemeinde telegraphisch melden, damit die Statistik vollständig -sei. Stirbt in der Gemeinde ein Fremder, so erscheint das nicht in -ihrer Bevölkerungsstatistik. Die Zugehörigkeit ist, wie in VI, 3, -gezeigt, niemals zweifelhaft, weil jedermann in seiner bisherigen -Heimatsgemeinde so lange geführt wird, bis die Abschreibung hier und -zugleich die Zuschreibung in der neuen Heimatsgemeinde geschieht. Eine -spezielle Konstatierung der Sterbefälle Fremder kann in besonderen -Ausweisen immerhin auch für die Aufenthaltsgemeinden erfolgen. - -In der 4. und 5. Kolonne weist jede Gemeinde den Zuwachs -- hier an -erstjährigen Knaben -- aus und in der obigen Tabelle liegt in der -Gemeinde 1 ein Zuwachs durch Geburt vor. Das am Verrechnungstage -neugeborene Kind wird in der 5. Kolonne nach den oben entwickelten -Grundsätzen für den Vortag mit 0 Tagen angeführt. Es ist ferner aus -diesem Beispiel ersichtlich, daß weiters in der 4. und 5. Kolonne für -die 3. und 10. Gemeinde ein Zuwachs von 3 Knaben, beziehungsweise 2 -und 1 Knaben ausgewiesen erscheint, welche aus der Gemeinde 13 stammen -und in jenen Gemeinden bleibend aufgenommen wurden. Die Abschreibungen -kommen in den Kolonnen 6 und 7 nach Zahl und Alter am Vortage vor und -Kolonnen 8 und 9 geben Zahl und Alter sämtlicher Gemeindegenossen -dieses Alters in jeder einzelnen Gemeinde und im ganzen Bezirke am -Schluß des Verrechnungstages an. Da in 9 dem Alter vom Vortage für -jeden Kopf ein Lebenstag zugerechnet ist, weil Kolonne 3 nur die -Alterstage des Vortages angibt, daher so viele Tage, als Kolonne 8 als -Bevölkerungsstand angibt, in Kolonne 9 zugerechnet werden, so erscheint -auch das neugeborene Kind am Schlusse des Verrechnungstages mit einem -Lebenstage angegeben, was dem Grundsatze, der hierfür aufgestellt -wurde, entspricht. - -In den Kolonnen 6 und 7 ist in den Gemeinden 14 und 16 noch je ein -Knabe abgeschrieben, wovon ersterer am Vortage 365 Tage zählte, also --- da es kein Schaltjahr war -- das erste Lebensjahr vollendete. -Deshalb mußte er am Verrechnungstage in die Tabelle der Knaben des -höheren Alters übertragen werden, wie wir im nächstfolgenden Beispiele -sehen werden. Hier ist eine Fußnote der Tabelle angefügt, woraus -dies zu entnehmen ist. Für einen Sachkundigen wäre diese Note nicht -erforderlich, da die Zahl der Alterstage, das Jahr vom 10. Juli -2000 bis 10. Juli 2001 enthält keinen Schalttag, und der Vergleich -der Tabellen _A 1_ und _A 2_ vollkommen klar machen, was die Note -besagt. In der 15. Gemeinde liegt der Fall vor, daß ein erstjähriger -Knabe in Abfall gebracht ist, der in keiner Gemeinde des Bezirkes als -Zuwachs erscheint, daher er entweder gestorben, oder in eine Gemeinde -eines anderen Bezirkes aufgenommen worden wäre, was in einer Fußnote -der Tabelle anzufügen sein wird. Diese Fußnote wird immer notwendig -sein, weil sonst nicht ersichtlich wäre, ob die Abschreibung wegen -Todesfalles oder Auswanderung aus dem Bezirke erfolgte, noch wohin der -Knabe versetzt wurde. - -Vergleicht man die Kolonnen 3 und 9, so bemerkt man, daß die Zahl der -Alterstage am Schlusse des Verrechnungstages auch in jenen Gemeinden -größer angegeben ist, in welchen die Zahl der erstjährigen Knaben -gleich geblieben ist. So waren am Vortage in der 2. Gemeinde 10 Knaben -mit 1822 Alterstagen verzeichnet, welche gemäß der in der Kolonne 8 -angeführten Gesamtzahl in der 9. Kolonne mit 1832 Alterstagen angegeben -erscheinen. Da nämlich jeder Knabe um einen Tag älter wurde, ist die -Gesamtzahl der Tage um 10 Tage gewachsen und so erscheint auch der in -der 1. Gemeinde Geborene in der 9. Kolonne mit einem Tage angerechnet, -wogegen für einen Gestorbenen ein Zuwachs nicht mehr berechnet würde, -weil er in der 8. Kolonne nicht mehr gezählt erscheint. Abgesehen -von dieser Lebenstagezuschreibung aus der Zahl in Kolonne 8 wird die -Gesamtzahl der Lebenstage durch die Zahl der Lebenstage der in Zuwachs -oder Abfall gekommenen Individuen beeinflußt, die in der in die Kolonne -9 aufgenommene Zahl entweder zugeschrieben oder abgeschrieben werden. - -Aus dem Bezirkssummarium unter dem Striche der Tabelle ersieht man die -Bewegung im ganzen Bezirke. Vergleicht man die Zahl der Abgeschriebenen -und der Zugeschriebenen, so muß die sich dabei ergebende Differenz auch -in den Summen der Kolonnen 2 und 8 zum Ausdrucke kommen. Rechnet man -in der Summe der Tage zur Summe der Lebenstage am Vortage die Summe der -Lebenstage der Zugewachsenen und den Tageszuwachs der Alterstage, hier -für den ganzen Bezirk 181 Tage, und rechnet man davon ab die Lebenstage -der Abgeschriebenen, so gelangt man zu den Einzelziffern und zur Summe -der 9. Kolonne und die Übereinstimmung der Additionen in der vertikalen -und horizontalen Summierung ist zugleich eine Probe für die Richtigkeit -der Summen in den einzelnen Gemeinden. - -Es ist zwar diese Tabelle nur ein Teil der täglichen Statistik und -das Ganze beträgt etwa das dreißig- oder fünfzigfache, allein wie -gering die =ganze= Arbeit ist, ist ganz evident. Jeder der zwanzig -Verwaltungsbeamten der Gemeinden eines Bezirkes hat nur eine Zeile -dieser Tabelle zu liefern und selbst diese Zeile hat der Sanitätsbeamte -zu bearbeiten, wie die später zu erwähnenden Tabellen der Milchgebarung -von den Vorständen des betreffenden Produktionszweiges einzuliefern -sind. Der Verwaltungsbeamte, der überdies wahrscheinlich die -Hilfe eines Volksbeamten nach V, 1, _Alinea_: »Um aber jeden« zu -beanspruchen hat, hat nur die richtige Berechnung zu prüfen und in -die Bevölkerungstabellen etwa Zu- und Abschreibungen durch Wanderung -einzutragen, weil diese, über welche ja dem Verwaltungsbeamten das -unmittelbare Verfügungsrecht zusteht, nicht in die Kompetenz eines -Fachvorstandes fällt. Nimmt man an, daß genau um 6 Uhr abends die -tägliche Statistik abgeschlossen wird, so muß spätestens 30 Minuten -später jede schriftliche Feststellung der statistischen Daten in den -einzelnen Gemeinden abgeschlossen sein und sie wird dann telegraphisch -oder telephonisch dem Bezirksbeamten bekannt gegeben. Dieser kann die -Richtigkeit der Angaben später prüfen oder prüfen lassen oder sich mit -Stichproben begnügen. Seine weitere Arbeit aber besteht für jetzt nur -darin, daß er für die Summierung der Posten sorgt, die Schlußziffern, -welche in der obigen Tabelle 25 Ziffern umfaßt, überprüft und die -Tabelle zum Drucke vorbereitet. Nun ist aber das Bezirksblatt bis -auf die fehlenden Ziffern schon gesetzt und zwar, es ist nicht nur -der sonstige Inhalt schon gesetzt, vieles vielleicht schon gedruckt, -sondern es sind auch der Kopf und die drei ersten Kolonnen der Tabelle -schon gesetzt und es sind nur die Ziffern der fünf folgenden zu setzen, -daher man sagen kann, daß das Bezirksblatt im Laufe des nächstfolgenden -Vormittags, hier im Laufe des Vormittags des 11. Juli 2001, schon -verschickt werden kann. - -Aus den beim Kreisbeamten einlaufenden Bezirksblättern stellt dieser -dann die Kreistabellen zusammen und so wird das Kreisblatt mit den -Kreistabellen für den 10. Juli am 12. Juli vormittags gedruckt und -versendet, das Provinzblatt mit der Provinztabelle für den 10. Juli am -13. Juli vormittags gedruckt und versendet und das Reichsblatt mit den -Reichstabellen für den 10. Juli am 14. Juli vormittags gedruckt und -versendet.[17] - - [17] Ich dachte einmal daran, durch telephonische Mitteilung - der Ziffern an den Kreisbeamten und von diesem - telegraphisch an den Provinzbeamten und weiter an die - Zentralbehörde zu ermöglichen, daß auch diese Tabellen für - den 10. schon am 11. gedruckt versendet werden, allein das - würde eine ungeheure Belastung der Telegraphenämter mit - sich bringen und es wäre kein großes Interesse, das dazu - zwänge, denn die Bezirksstatistik ist schon eine alles - umfassende Statistik, welche in den Kreis-, Provinz- und - Reichsblättern nur verarbeitet wird und es ist frühzeitig - genug, wenn deren Tabellen in den folgenden Tagen versandt - werden und darum können sie auf Grund der gedruckten - Bezirkstabellen vom 10. bearbeitet werden. - -Es ist nun aber noch der besondere Nachweis zu liefern, daß die -ganze Verrechnungs- und statistische Arbeit in jeder ihrer Stufen -in verhältnismäßig kurzer Zeit hergestellt werden kann, was für -Bezirke, Kreis, Provinz und Reich wegen der Arbeit, welche die -Summierung erfordert, bei dem stetig anschwellenden Material viel -schwieriger ist, als in den Gemeinden, wo keine größeren Summierungen -stattfinden. Müßten nun die Verwaltungsbeamten der Bezirke, Kreise, -der Provinzen und der Zentralstellen die mechanische Rechnungsarbeit -selbst leisten oder hätten sie nur die Unterstützung der ihnen -beigegebenen Volksbeamten, so könnte diese Arbeit allerdings in -wenigen Stunden des nächstfolgenden Vormittags nicht bewältigt werden. -Allein es wurde schon in V, 3, a, _Alinea_: »Die Unterrichtspersonen«, -bemerkt, daß die Schuljugend jeder Gemeinde zu gewissen Arbeiten -herangezogen werden kann und dazu eignen sich besonders die einfachen, -mechanischen Rechnungsarbeiten. Nachdem sich in jeder Urgemeinde und -im Bezirksvororte eine Schule mit einem Schülerstande von je etwa 240 -Köpfen, in städtischen Ansiedlungen ist diese Zahl natürlich größer, -befindet, wovon mindestens 200 im Rechnen vollkommen sicher sein -müssen, so ist die erforderliche Rechnungsarbeit in den Bezirks-, -Kreis- und Provinzstädten und in der Reichshauptstadt, die lediglich -in der Laterierung einer stattlichen Anzahl von Ziffernreihen besteht, -durch die Schuljugend leicht zu besorgen. Man teilt sie in 6 oder -7 Serien von 30 oder 25 Schülern, deren jede an einem Wochentage -Dienst hat und verteilt unter sie die aus den Gemeinden einlaufenden -Telegramme und die Exemplare der Blätter, aus welchen die Tabellen -zusammengestellt werden müssen, woraus jeder Schüler zwei oder drei -Tabellen wie die oben aufgeführte zusammenstellt und dann die Summen -zieht, wobei sich dann die Schüler gegenseitig kontrollieren. Wo -sich Differenzen ergeben, sind diese sofort zu beheben und so ist -nun die Arbeit in 20-30 Minuten leicht zu bewältigen. Mit einiger -Gewandtheit ist die Tabelle _A_ in fünf Minuten zu bearbeiten und -durch die Summierung, beziehungsweise Subtraktion der Summe in den -Kolonnen 2-8 und Vergleichung des Ergebnisses mit der Summe in Kolonne -9 die Selbstkontrolle zu besorgen. Davon kann sich der Leser selbst -überzeugen. - -Hier ist übrigens der Gebrauch von Rechenmaschinen und anderen -Erleichterungen gar nicht in Betracht gezogen, die bei den Kreis-, -Provinz- und Reichsämtern sicher in Anwendung kommen werden. - -Diese Verwendung der Volksschüler bei einer sehr wichtigen, aber -mechanischen Arbeit wäre auch von großem erziehlichem Werte. Man -würde die geistigen Kräfte der jungen Leute kennen lernen, denn die -Schnelligkeit und Sicherheit in der dauernden Bewältigung solcher -mechanischen Arbeiten bildet einen Maßstab zur Feststellung einer -sehr wertvollen Anlage. Der junge Mensch fühlt sich überdies als ein -Glied der Organisation, er lernt früh den Amtseifer kennen, er lernt -den Wert und die Leistungen des Beamtenapparates schätzen, er fühlt, -daß er einen wichtigen Platz ausfüllt, daß er pünktlich am Arbeitsorte -erscheinen muß, und er wird auch nach und nach mit dem Sinne und der -Wichtigkeit dieser Arbeit vertraut. Dabei wird sich sofort der Eifer -zeigen, der durch Arbeiten geweckt wird, die in größerer Gesellschaft -geleistet werden. Der zeitweilige Ausschluß von der Mitarbeit könnte -als Strafe besonders dann verhängt werden, wenn ein Fehler nachträglich -aufgedeckt oder eine Verzögerung der Arbeiten verschuldet wird. - -Es ist noch zu bemerken, daß die vorgesetzten Beamten die Angaben -der Verwaltungsbeamten der Urgemeinden und städtischen Quartiere -über die Produktion keineswegs so auf Treu und Glauben hinzunehmen, -sondern sie zum Teile nachträglich zu prüfen haben. Die Urgemeinden -und Quartiere haben nämlich nicht nur statistische Tabellen für die -Veröffentlichung zu liefern, sondern auch Bücher zu führen, welche -genaue und individuelle Angaben über den ganzen Personalstand und auch -über Tiere, Vorräte, Maschinen, Werkzeuge usw. enthalten, wie auch -die Gebarung der Hausverwaltung zum Gegenstande haben. Diese Bücher -enthalten von jedem Menschen genaue Angaben der Geburtszeit und aller -Arten von Veränderungen, die mit ihm vor sich gehen. So werden auch -bei Tieren Abkunft, Unterscheidungsmerkmale, Rasse und Namen, bei Kühen -Belegung, Zeit des Trockenstehens, die Zeit des Kälberns, des Säugens, -ferner die Schwankungen im Gewichtsstande, Milchertrag, Krankheiten -usw. eingetragen, vom Bezirks- und Kreisbeamten gleichförmige Bücher zu -führen und sie über alles, was Gegenstand der Eintragung ist, auf dem -Laufenden zu erhalten sein. Aus diesen Büchern werden die vorgesetzten -Beamten genau, beziehungsweise wenigstens schätzungsweise entnehmen -können, ob die Angaben der statistischen Tabellen, z. B. über den -Milchertrag, richtig sind. - -Um aber Irrungen in der Wiedergabe der statistischen Daten zu -verhindern, werden alle nötigen Vorsichten beobachtet werden. Der -Empfänger telegraphischer oder telephonischer Angaben wird sie -zurücktelephonieren, damit ein etwaiger Irrtum berichtigt werde. -Die Selbstkontrolle der statistischen Tabellen -- in Horizontal- -und Vertikalreihen -- wird gleichfalls auf etwaige Irrungen -führen. Außerdem wird man Vorsorge treffen, daß alle Rechnungen -und Ermittelungen schon in den Urgemeinden und Quartieren doppelt -gemacht werden. Auch sind alle bloßen Verschiebungen von Personen oder -Sachen nicht bloß vom übergebenden Teile anzugeben, sondern auch vom -empfangenden Teile zu bestätigen. - -Dieser Gegenstand wurde aus dem Grunde so umständlich dargestellt, -weil die Frage von der größten Tragweite ist, ob es möglich ist, -Jedem Einblick in die Verteilung zu gewähren, deren erste Grundlage ja -die Bevölkerungsstatistik und die Statistik der rasch dem Verbrauche -zugeführten Nahrungsmittel ist. Die später folgenden Tabellen über die -Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte und über den Verpflegstand -der einzelnen Gemeinden, welche mit dem Bevölkerungsstande nicht -übereinstimmt, und noch andere Erörterungen werden überzeugend dartun, -daß die Administration eines solchen Staates sehr einfach und unendlich -erfolgreich ist. - -Man kann hier auch die Überzeugung schöpfen, daß die Tagesstatistik, -wenn man selbst annimmt, daß sie aus 50 Tabellen gleicher Art besteht, -keinen allzugroßen Raum der in VI, 7, geschilderten Blätter einnehmen -wird, nur etwa 4 große Folioseiten. Die Natur der Sache bringt es mit -sich, daß die äußerste Ökonomie im Raume angestrebt wird. - -Außer der oben exemplifizierten Tabelle über die erstjährigen Knaben -werden noch Tabellen aufgestellt werden 2. für die Knaben, welche mehr -als 1 Jahr, aber nicht mehr als 6 Jahre alt sind, ferner 3. für die -Knaben, welche mehr als 6 Jahre, aber nicht mehr als 18 Jahre alt, also -schulpflichtig sind, dann 4. die arbeitspflichtigen Männer, endlich -5. für die von der geregelten Arbeit befreiten Männer. Endlich werden -6. von den arbeitspflichtigen Männern jene ausgewiesen, welche derzeit -vorübergehend von der Arbeit befreit sind, so Kranke und Beurlaubte. Da -jede dieser Tabellen auch für den weiblichen Teil der Bevölkerung zu -machen ist, so gibt das zwölf Tabellen für die Bevölkerungsstatistik -und dazu noch eine oder zwei alle Tabellen zusammenziehende -Gesamttabellen. - -Es folgt nun die Tabelle für die Knaben, welche älter als 1 Jahr, aber -nicht älter als 6 Jahre, also noch nicht schulpflichtig sind. - - Bevölkerungsstatistik des Bezirkes 8, 7, 19, vom 10. Juli 2001. - A 2. Knaben über 1 Jahr bis einschließlich 6 Jahre. - - ===================================================================== - Ordnungs-| Vom Vortage | Zuwachs | Abfall |Am Tagesschlusse - zahl der | | Alters-| |Alters-| |Alters-| | Alters- - Gemeinde |Köpfe| tage |Köpfe| tage |Köpfe| tage | Köpfe| tage - ---------+-----+--------+-----+-------+-----+-------+------+--------- - 1 | 65 | 78000 | | | | | 65 | 78065 - 2 | 66 | 78015 | | |1-A- | 1190 | 65 | 76890 - 3 | 59 | 77233 |5-B- | 6124 | | | 64 | 83421 - 4 | 68 | 79001 | | | | | 68 | 79069 - 5 | 70 | 80236 | | | | | 70 | 80306 - 6 | 69 | 79012 | | | 2 | 2405 | 67 | 76674 - 7 | 63 | 77230 | | | | | 63 | 77293 - 8 | 64 | 76819 | | | | | 64 | 76883 - 9 | 67 | 77344 | | | | | 67 | 77411 - 10 | 59 | 72561 | | | | | 59 | 72620 - 11 | 62 | 77344 | | | | | 62 | 77406 - 12 | 60 | 72304 | | | | | 60 | 72364 - 13 | 68 | 79105 | | | | | 68 | 79173 - 14 | 66 | 78158 |1-C- | 365 | | | 67 | 78590 - 15 | 67 | 78556 | | | | | 67 | 78623 - 16 | 69 | 81137 | | | 1 | 1213 | 68 | 79992 - 17 | 71 | 83115 | | | 2 | 2506 | 69 | 80678 - 18 | 62 | 77722 | | |2-D- | 1865 | 60 | 75917 - 19 | 65 | 77204 | | | | | 65 | 77269 - 20 | 68 | 80123 | | | | | 68 | 80191 - ---------+-----+--------+-----+-------+-----+-------+------+--------- - |1308 |1560219 | 6 | 6489 | 8 | 9179 | 1306 | 1558835 - - -A- Zugeschrieben dem Bezirke 8, 7, 20. - - -B- Zugewandert aus den Gemeinden 6, 16 und 17. - - -C- Aus der Tabelle A 1. übertragen. - - -D- Zugeschrieben dem Bezirke 8, 7, 20. - -Es erscheint nicht notwendig die Nachweisungen der höheren Altersstufen -und des weiblichen Geschlechtes zu exemplifizieren und es folgen noch -Beispiele der Molkereistatistik und der Verpflegstandsausweise. - -So wie die Einwohner dürften auch die wichtigsten Tiere fortlaufend -gezählt werden, besonders Rinder und Pferde, dann aber auch Schweine -und Schafe; es wird aber genügen, wenn der Stand nach Gemeinden, -Bezirken, Kreisen und Provinzen alle Wochen einmal veröffentlicht wird. -Dabei dürfte es sich empfehlen, Jungvieh, Nutztiere und männliche und -weibliche Tiere zu sondern. Es dürfte sich empfehlen auch von Woche -zu Woche das Gewicht der Rinder, Schweine und Schafe festzustellen -und statistisch zu veröffentlichen. Davon zu unterscheiden ist die -Ermittlung und Verlautbarung des Gewichtes der geschlachteten Tiere an -Fleisch, Fett, Blut, Knochen und Fellen. - -Es entsteht nun die Frage, ob Bienenstöcke, Geflügel, Gemüse und Obst -nicht aus dem Staatseigentum ausgeschieden und zu Gemeindeeigentum -erklärt werden sollten, weil eine Verrechnung dem Staate gegenüber -eine allzu umständliche Sache wäre. Es könnte das so geschehen, -daß den Gemeinden eine gewisse Menge von Futter, eine gewisse -Anzahl von Arbeitskräften, Bodenflächen und baulichen Anlagen für -diese Produktionszweige zugewiesen würden, wogegen die Gemeinden -die Ergebnisse dieser Produktion nicht zu verrechnen hätten. Es -ist wohl kaum zu bezweifeln, daß die staatliche Kontrolle dieser -Art von Produktion und die Verteilung dieser Produkte durch die -Staatsverwaltung zu umständlich und zeitraubend wäre. Es blieben dann -der Ertrag von Honig, Wachs, Eiern, Fleisch, Geflügel und Federn, an -Gemüsen und Obst den Gemeinden zur freien Verfügung und in diesem -Falle könnte auch entweder den Städten der Betrieb einer eigenen -Geflügelzucht, Gemüse und Obstproduktion in verhältnismäßigem Umfange -ermöglicht, oder den Dorfgemeinden die Lieferung von Eiern, Geflügel, -Gemüse und Obst wie eine Art von Giebigkeit an die Städte auferlegt -werden. Denn der Bedarf an diesen Produkten kann regelmäßig durch -die Gemeinden selbst gedeckt werden und ein Gütertausch scheint -nicht notwendig zu sein.[18] Es würde sich aus dieser Einrichtung -eine Entlastung der staatlichen Verwaltung und Statistik ergeben -ohne die geringste Gefahr für die Gesellschaftsordnung. Doch hätte -der Staat immer das Recht auch solche Produktionen zurückzunehmen -und ausschließlich oder neben den Gemeinden für Staatsrechnung zu -betreiben, so wenn die Obstproduktion im Großen betrieben wird und -nicht bloß zur Versorgung der Gemeinde mit ihrem Bedarf. - - [18] Übrigens ist ein solcher Güteraustausch durch Vermittlung - der Staatsverwaltung recht wohl möglich. So könnte eine - Gemeinde oder ein Bezirk des Südens 100 Meterzentner - Feigen an eine Gemeinde oder Bezirk Böhmens liefern - in Tausch gegen 100 Meterzentner Zwetschen. Die - Staatsverwaltung stellt den Transport und besorgt, wenn - nicht Bevollmächtigte aufgestellt werden, Übernahme und - Ablieferung. - -Was die Versorgung der Gemeinden mit Kalb-, Schweine- und -Schaffleisch anbelangt, so wird eine Großschlächterei wie für die -Rindviehschlachtung sich für diese Tiere kaum empfehlen. Durch die -Bezirksverwaltung würden den Gemeinden die zu schlachtenden Tiere nach -dem Lebendgewichte und den Verpflegständen zur Schlachtung und zum -Verbrauche des Fleisches zugewiesen und die Gemeinden hätten nur die -Häute und gewisse Knochen, dann die Wolle der Schafe, abzuliefern. Zur -Versorgung der Städte mit dieser Art von Fleisch würde durch Abfuhr -von Kleinvieh oder von Fleisch geschlachteten Kleinviehs an selbe -gesorgt werden. Je nach der Verteilungsart wäre auch die Statistik -einzurichten. - -Die tägliche Feststellung der Verteilung des Fleisches des Großviehes -wäre von der größten Wichtigkeit, weil es rasch verbraucht wird und -Art und Gewicht nach längerer Zeit nicht mehr ermittelt werden könnte. -Dasselbe gilt von der Milch und den Milchprodukten und darum soll ein -Beispiel der statistischen Erhebung der Produktion und des Verbrauches -von Milch und Milchprodukten hier vorgeführt werden. - -Die Rindviehschlächterei könnte für einen ganzen Bezirk in einer -einzigen Gemeinde betrieben werden. Vor der Schlachtung wäre das -Lebendgewicht der Tiere zu ermitteln. Die Statistik hätte ferner das -Ergebnis jeder einzelnen Schlachtung in Gewichtsmengen von Fleisch, -Fett, Herz, Nieren, Leber, Gehirn, Gedärmen, Blut, Knochen und Haut, -und den gänzlich wertlosen Nebenprodukten darzustellen. Fleischer -behaupten, daß bei vollständiger Ermittelung des Gewichtes aller dieser -Teile Lebendgewicht und Schlachtgewicht sich bis auf eine geringe -Differenz gleichstellen müsse, und diese Differenz erkläre sich nur aus -verspritztem Blute. - - Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte - im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001. - - ======================================================================= - || | | | | - ~Gemeinde~ || ~1~ | ~2~ | ~3~ | ~4~ | - =========================++==========+==========+==========+==========+ - | || | | | | | | | | - Milch 1.| Ermolken || 1305| 6| 805|--| 1436| 7| 1509|10| - | || | | | | | | | | - 2.| Zu- u. Abf. || + 213| 8| - 70|62| - 714|10| - 705|37| - | || | | | | | | | | - 3.| Deren || | | | | | | | | - | Verbr. i. G. || 803|--| 734|38| 721|97| 803|73| - | || | | | | | | | | - 4.| Buttererz. || 31|72| -- |--| -- |--| -- |--| - | || | | | | | | | | - 5.| Käseerz. || 80|78| -- |--| -- |--| -- |--| - | || | | | | | | | | - 6.| Abfall || 603|64| -- |--| -- |--| -- |--| - | || | | | | | | | | - 7.| Dessen || | | | | | | | | - | Zu- u. Abf. || - 219|44| + 379|--| + 380|--| + 385|--| - | || | | | | | | | | - Butter 8.| Dessen || | | | | | | | | - | Zu- u. Abf. || - 11|92| + 18|11| + 17|88| + 19|90| - | || | | | | | | | | - 9.| Verbrauch || | | | | | | | | - | i. d. Gem. || 19|80| 18|11| 17|88| 19|90| - | || | | | | | | | | - Käse 10.| Vorrat || | | | | | | | | - | am 9. 7. || 15677|--| -- |--| -- |--| -- |--| - | || | | | | | | | | - 11.| Summa || | | | | | | | | - | aus 5, 10 || 15757|78| -- |--| -- |--| -- |--| - | || | | | | | | | | - 12.| Verpflegs- || | | | | | | | | - | stand || 1100|--| 1006|--| 989|--| 1101|--| - - Verpflegstandsstatistik im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001. - ============================================================== - ~Ordnungszahl || | | | | | - der Gemeinde~ || ~1~ | ~2~ | ~3~ | ~4~ | ~5~ | ~6~ - ===================++=======+======+======+======+======+===== - Bevölkerungsstand || 1003 | 999 | 1010 | 1020 | 1005 | 1007 - Abwesend || 23 | 19 | 21 | 20 | 25 | 25 - Fremd || 120 | 26 | -- | 101 | 72 | 13 - Verpflegungsstand || 1100 | 1006 | 989 | 1101 | 1052 | 995 - - Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm - Butter pro Kopf. - -Das vorstehende ist die naturalwirtschaftliche Abrechnung über eine -Tagesproduktion und den Verbrauch eines Wertes von 4016 - -Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte - im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001. - - =================================================================+ - | | | | | | - ~5~ | ~6~ | ~7~ | ~8~ | ~9~ | ~10~ | - =======+==+=======+==+=======+==+=======+==+=======+==+=======+==+ - | | | | | | | | | | | | - 1307|12| 1601| 3| 703|14| 1632| 5| 1105| 4| 1206| 8| - | | | | | | | | | | | | - + 2151|69| - 874|68| + 72|85| - 884|53| - 323|94| - 400|16| - | | | | | | | | | | | | - 767|96| 726|35| 775|99| 747|52| 781|10| 805|92| - | | | | | | | | | | | | - 121| 8| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--| - | | | | | | | | | | | | - 308|49| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--| - | | | | | | | | | | | | - 2261|28| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--| - | | | | | | | | | | | | - - 1877|--| + 387|--| + 384|--| + 383|--| + 385|--| + 385|--| - | | | | | | | | | | | | - - 102|10| + 17|91| + 19|13| + 18|43| + 19|26| + 19|87| - | | | | | | | | | | | | - 18|98| 17|91| 19|13| 18|43| 19|26| 19|87| - | | | | | | | | | | | | - 63007|--| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--| - | | | | | | | | | | | | - 63315|49| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--| -- |--| - | | | | | | | | | | | | - 1052|--| 995|--| 1063|--| 1024|--| 1070|--| 1104|--| - - Verpflegstandsstatistik im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001. - =============================================================+ - | | | | | | | | | - ~7~ | ~8~ | ~9~ | ~10~ | ~11~ | ~12~ | ~13~ | ~14~ | ~15~ | - =====+======+======+======+======+======+======+======+======+ - 1011 | 1007 | 1009 | 1001 | 1013 | 1015 | 1004 | 1008 | 1580 | - 27 | 25 | 29 | 18 | 24 | 25 | 26 | 23 | 35 | - 79 | 42 | 90 | 121 | 87 | 51 | 34 | 30 | 57 | - 1063 | 1024 | 1070 | 1104 | 1076 | 1041 | 1012 | 1015 | 1002 | - - Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm - Butter pro Kopf. - -Kronen nach der gegenwärtigen Verrechnung in den Molkereien in der Nähe -von Innsbruck, welche den Bauern 16 Heller pro Liter - - Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte - im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001. - ================================================================ - | | | | | | - ~11~ | ~12~ | ~13~ | ~14~ | ~15~ | ~16~ | - =====+==+=======+==+=======+==+=======+==+=======+==+=======+==+ - | | | | | | | | | | | | - 1305| 2| 1145| 4| 1620| 3| 907|12| 1436| 5| 1527| 6| - | | | | | | | | | | | | - 519|54| + 2056|72| - 881|27| - 166|17| - 266|59| + 1488|76| - | | | | | | | | | | | | - 785|48| 759|93| 738|76| 740|95| 1169|46| 745|33| - | | | | | | | | | | | | - -- |--| 109|88| -- |--| -- |--| -- |--| 101|55| - | | | | | | | | | | | | - -- |--| 290|12| -- |--| -- |--| -- |--| 275|45| - | | | | | | | | | | | | - -- |--| 2041|83| -- |--| -- |--| -- |--| 1893|49| - | | | | | | | | | | | | - + 385|--| - 1650|63| + 381|--| + 381|--| + 420|19| - 1520|--| - | | | | | | | | | | | | - + 19|53| - 91|14| + 18|22| + 18|27| + 29|84| - 83|17| - | | | | | | | | | | | | - 19|53| 18|74| 18|22| 18|27| 28|84| 18|38| - | | | | | | | | | | | | - -- |--| 54402|--| -- |--| -- |--| -- |--| 50301|--| - | | | | | | | | | | | | - -- |--| 54692|12| -- |--| -- |--| -- |--| 50576|45| - | | | | | | | | | | | | - 1076|--| 1041|--| 1012| | 1015|--| 1602|--| 1021|--| - - Verpflegstandsstatistik im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001. - ========================================== - | | | | || - ~16~ | ~17~ | ~18~ | ~19~ | ~20~ || Summe - =====+======+======+======+======++======= - 1001 | 1003 | 1009 | 1003 | 1002 || 20710 - 27 | 29 | 25 | 27 | 28 || 501 - 47 | 36 | 28 | 130 | 28 || 1192 - 1021 | 1010 | 1012 | 1106 | 1002 || 21401 - - Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm - Butter pro Kopf. - -abgelieferter Milch bezahlen. Diese Tagesproduktion entspricht -der Anzahl der im Bezirke eingestellten Kühe, welche unter dem -Durchschnitte - - Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte - im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001. - ===================================================================== - | | | || Summe oder | Verkehr | - ~17~ | ~18~ | ~19~ | ~20~ || Differenz | nach außen | - =====+==+=======+==+=======+==+=======+==++=========+==+=========+==+ - | | | | | | | || | | | | - 1231| 8| 1306|15| 1108|17| 906|17|| 25101|58| -- |--| - | | | | | | | || | | | | - - 493|78| + 493|78| - 300|79| - 174|73|| - 300|29| + 300|29| - | | | | | | | || | | | | - 737|30| 738|76| 807|38| 731|46|| 15622|73| -- |--| - | | | | | | | || | | | | - -- |--| 47|75| -- |--| -- |--|| 411|98| -- |--| - | | | | | | | || | | | | - -- |--| 127|34| -- |--| -- |--|| 1082|18| -- |--| - | | | | | | | || | | | | - -- |--| 886| 8| -- |--| -- |--|| 7686|32| -- |--| - | | | | | | | || | | | | - + 382|--|- 503|12| + 387|--| + 381|--|| -- |--| -- |--| - | | | | | | | || | | | | - + 18|18|- 29|53| + 19|91| + 18| 4|| -- |--| + 26|38| - | | | | | | | || | | | | - 18|18| 18|22| 19|91| 18| 4|| 385|60| -- |--| - | | | | | | | || | | | | - -- |--| 22503|--| -- |--| -- |--|| 205890|--| -- |--| - | | | | | | | || | | | | - -- |--| 22630|34| -- |--| -- |--|| 206972|18| -- |--| - | | | | | | | || | | | | - 1010|--| 1012|--| 1106|--| 1002|--|| 21401|--| -- |--| - - Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm - Butter pro Kopf. - -mit 3550 Stück angenommen wurde. Nach einem mäßigen Durchschnittsertrag -von 7,5 Liter pro Kuh würden diese Kühe 26632 Liter geben und es sind -also um 1500 Liter Milch weniger angenommen, als zu erwarten wäre. -Danach kann man den Wert der Tagesproduktion in 2000 Bezirken auf -8 Millionen Kronen täglich oder nahezu 3 Milliarden Kronen im Jahr -veranschlagen und mit diesen kleinen Tabellen wird ein so großer Wert -nach Produktionsmenge und Verteilung verrechnet.[19] - - [19] In Deutschland rechnet man den Wert der Milchproduktion - ohne Butter und Käse und zum offenbar zu geringen - Preise von 9 Pfennig pro Liter auf 1700 Millionen Mark - gegen 986 Millionen Mark Roheisen und 1170 Millionen - Mark Kohlenproduktion, es ist also die Milch offenbar - der wertvollste Produktionsgegenstand und dadurch die - Wahl der Milch zur Exemplifikation der Produktions- und - Güterverteilungsstatistik gerechtfertigt. - -Freilich ist der Wert dieses Produktes in der Nähe der Städte auch für -den Bauer etwas höher, als im Gesamtdurchschnitt, aber bei den heutigen -Verhältnissen sind noch erhebliche Handelsunkosten und Transportkosten -für die städtische Verproviantierung hinzuzurechnen. - -Die Käse- und Butterproduktion ist meinen Erkundigungen zufolge -erheblich zu hoch angenommen, was aber, weil für unsere Zwecke -unwesentlich, eine Neuberechnung der Tabelle nicht notwendig gemacht -hat. Noch ist zu bemerken, daß die ganze Magermilch wohl kaum auf -Käse verarbeitet würde, wie da angenommen ist, auch sind an 1000 -Liter Buttermilch, die hier entfallen dürften, als Getränk nicht ganz -wertlos, hier aber als Abfall eingestellt.[20] - - [20] Die Buttererzeugung ist um 56 Kilo, die Käseerzeugung um - 506 Kilo zu hoch angegeben. - -Die Käseverteilung dürfte nur monatlich erfolgen und auch nur -monatlich verrechnet werden, daher sie in die vorstehende Tabelle nicht -eingetragen wurde. Am Ende der Horizontalkolonne 8 ist eingetragen, -daß 26,38 Kilo Butter aus dem Bezirke ausgingen und zufolge -Horizontalkolonne 9 wurden im Bezirk 385,60 Kilo Butter verbraucht, -welche Summen zusammen die Menge der laut Horizontalkolonne 2 an diesem -Tage erzeugten Butter ergeben. - -Es wird in den vorstehenden statistischen Tabellen angenommen, -daß die Gemeinde 15 die Bezirksgemeinde ist, welche einen höheren -Bevölkerungs- und Verpflegstand und daher einen höheren Verbrauch -an Milch hat. Als Regel könnte gelten, daß der Quotient an Milch und -Butter und etwa auch an Käse und Fleisch, für längere Zeit bestimmt -würde, sodaß die Verwaltung der Molkerei und eventuell auch der -Fleischerei zum Verbrauche in den Gemeinden täglich das aus dem -bestimmten Verpflegstande der Gemeinde sich ergebende Quantum an die -Hausverwaltungen abzugeben hätte. Da am Schlusse der Verpflegstand -eingesetzt ist, für dessen Ausweisung übrigens eine besondere, unten -angefügte, aber eigentlich zu den Bevölkerungstabellen gehörige Tabelle -dient, so kann jedermann berechnen, ob die in den Horizontalkolonnen -3 und 9 erfolgte Zuweisung von Milch und Butter, eventuell nach einer -anderen Tabelle auch die Zuweisung von Fleisch, dem Verpflegstande -genau entspricht. Es ist nur für Milch, Butter und Fleisch eine -tägliche Ausweisung notwendig, dagegen braucht sich die Verteilung -von Käse in nichts von anderen Verteilungen, wie von Mehl, Zucker, -Gewürzen, Feuerungs- und Beleuchtungsstoffen usw. zu unterscheiden, -welche in ungleichen Intervallen und größeren Posten je nach der -Frachtgelegenheit geschehen könnte. - -Zur Erklärung der Tabelle über die Milchprodukte dient folgendes: -Die erste und zweite Horizontalkolonne weist aus, wieviel Milch die -Produktion der einzelnen Gemeinden nach Empfang von Milch aus anderen -Gemeinden, beziehungsweise nach Abfuhr von Milch an andere Gemeinden -erübrigt. In 15 Gemeinden bleibt nur die Menge zurück, welche an -die Hausverwaltung abgegeben wird, weil diese Gemeinden -- der -Annahme zufolge -- keine Molkereien haben. Die Menge, welche an die -Hausverwaltung abgegeben wird, wird in Horizontalkolonne 3 ausgewiesen -und was in den Gemeinden 1, 5, 12, 16 und 18 nach Abrechnung des -Verbrauches erübrigt, wird zu Butter und Käse verarbeitet und die -Horizontalkolonnen 4, 5 und 6 weisen das Produktionsergebnis aus. Der -Abfall wird nicht, wie hier aufgeführt ist, einen genauen Ausgleich der -vorausgegangenen Ziffern ergeben, das umsoweniger, als Milch und Abfall -in Litern, Butter und Käse in Kilo angesetzt sind, allein mit Rücksicht -auf den geringen Wert des nach der Verkäsung verbleibenden, nur als -Futter verwendbaren Produktes wird diese Art der Verrechnung sich am -meisten empfehlen und als bekannt angenommen werden, daß ein Hektoliter -Abfall um so viel Prozente von der ausgewiesenen Menge differiert. -Milch und Butter wird jedenfalls täglich vollkommen aufgeteilt und -es ist daher niemals ein Rest vom Vortage auszuweisen. Wenn in den -einzelnen Hausverwaltungen Reste von einem Tag auf den andern bleiben, -so kommt das in der staatlichen Verrechnung nicht zum Ausdruck. Anders -bei Käse, der erst nach längerer Ablagerung in Verwendung genommen -wird. Hier muß Empfang vom Vortage und verbleibender Vorrat nach jeder -Verteilung ausgewiesen werden. - -Zweifelhaft ist, ob der bloße Verpflegstand nach Köpfen für diese -Verteilungen maßgebend ist. Die verhältnismäßige Anzahl der Kinder und -Kranken und die Anwesenheit in der Verteilung bevorzugter Personen kann -auf die Verteilung von Einfluß sein. Dann müßte für die Verteilung -eine andere Grundlage als die bloße Kopfzahl der zu verpflegenden -Personen angenommen werden, wie ja auch der Umstand von Einfluß ist, -wenn die Fremden sich nur kurz an einem Orte aufhalten und etwa nur -eine einzige Mahlzeit einnehmen. Aber da solche genauen Konstatierungen -sehr verwickelte Nachweisungen voraussetzen und bei einem Verpflegstand -von 1000-1100 Köpfen kleine Differenzen nicht empfindlich sind, -wird man sich darüber hinaussetzen und bloß bestimmen, in welcher -Gemeinde ein Fremder für den Verpflegstand zu rechnen sei, der -unter Tags von einer Gemeinde in die andere übersiedelt. Man wird -kleinliche Konstatierungen lieber vermeiden. Sollte das Volk aber -die größte Genauigkeit fordern, so läge in den nicht veröffentlichten -Aufstellungen der Hausverwaltungen der Gemeinden das Material für die -genauesten Konstatierungen vor und man könnte dann von Woche zu Woche -Ausgleichungen machen, die der Bezirksbeamte zu verfügen hätte. Da aber -diese Ausgleichungen nur eine Art von Virement innerhalb der einzelnen -Gemeinde von Tag zu Tag, dann erst von Gemeinde zu Gemeinde und von -Bezirk zu Bezirk zur Folge hätte, und nur sehr große Schwankungen, die -wohl sehr selten vorkommen würden, auch Ausgleichungen zwischen den -Kreisen erforderlich machen würden, so wird davon in den öffentlichen -Rechnungen und in der betreffenden Statistik nur in letzteren -Ausnahmefällen Notiz zu nehmen sein. - -In der 2. 7. und 8. Horizontalkolonne ist Zu- und Abfuhr zwischen -den Gemeinden dargestellt und um die Zeilen nicht zu vermehren, sind -die Zeichen + und - eingeführt. Es ist nun zu bemerken, daß, wenn die -Gemeinden eines Bezirkes nur unter sich eine Güterbewegung haben, aber -weder von fremden Bezirken empfangen noch an fremde Bezirke abgeben, in -der Bezirksstatistik Zu- und Abfuhr sich ausgleichen müssen. Das ist -in der 7. Horizontalkolonne der Fall. In der 22. Vertikalkolonne wird -die Güterbewegung nach oder von auswärtigen Bezirken ausgewiesen und -weil Zu- und Abfuhr auf einer Zeile stehen, mit + und - unterschieden. -So wird es auch dann gehalten werden, wenn eine andere Gemeinde als -die Bezirksgemeinde direkt mit auswärtigen Gemeinden tauscht. Jeder -Güterverkehr zwischen zwei Gemeinden desselben Bezirks muß in jeder von -dieser entweder als Zufuhr oder als Abfuhr zur Buchung gelangen, ganz -nach Art der doppelten Buchhaltung. Ihre Übereinstimmung bietet dem -Bezirksbeamten eine Sicherheit, daß diese Angaben der Gemeinden richtig -sind. Würde der Ausgleich fehlen und der Ausgleich auch nicht im -Verkehr mit anderen Bezirken liegen, so wäre das ein Beweis, daß eine -Irrung vorliegt, welche der Bezirksbeamte durch telephonische Anfrage -aufklären wird, ehe man zur Drucklegung der Verrechnung schreitet. Bei -einer unmittelbaren Lieferung an eine auswärtige Gemeinde, kann der -Bezirksbeamte bei dieser direkt anfragen oder es ist in anderer Form -für dessen Orientierung zu sorgen.[21] - - [21] Ein Statistiker von heute mag für unglaublich halten, - daß diese statistischen Arbeiten bewältigt werden - können, allein es arbeiten daran im Kollektivstaate - viele hunderttausende von Personen mit und sie sind keine - volkswirtschaftliche Last, weil dafür alle Geldverrechnung - aufhört, an der heute jede Hausfrau und Köchin, jeder - Schuster, Schneider, Kaufmann mitarbeiten muß. - -Aus den Vertikalkolonnen 21 und 22 ist ersichtlich, daß im Bezirk um -300 Liter 79 Zentiliter mehr Vollmilch und um 26 Kilo 38 Deka mehr -Butter abgeführt, als zugeführt wurde. Die Kreistabelle wird zeigen, -wohin selbe gelangten. Das wird der Beitrag des Bezirks zur Versorgung -der großen Städte sein. - -Die Richtigkeit der Angaben, welche nur einseitig erfolgen, nämlich -der Produktionsmenge, muß kontrolliert werden. Es liegen dem -Bezirksbeamten genaue Ausweise vor, woraus sich die Richtigkeit jener -Angaben wenigstens mit ziemlicher Genauigkeit erschließen läßt, wie -aus dem obigen Absatze, _Alinea_: »Es ist noch zu bemerken«, Seite -109 zu entnehmen ist. So ersieht der Bezirksbeamte aus dem genauen -Viehstandsverzeichnisse alles, was zur Beurteilung der Richtigkeit -der Angaben über den Milchertrag erforderlich ist, wann jede einzelne -Kuh aufgenommen und wann sie gekalbt hat, seit wann sie trocken -steht usw. Er kann ab und zu selbst kontrollieren oder abwechselnd -diese oder jene Person damit beauftragen. Auch haben schon dem -Gemeindeverwaltungsbeamten die einzelnen Verwaltungszweige von mehreren -Personen unterfertigte schriftliche Angaben einzuliefern. Es ist -ersichtlich, daß bei der Naturalwirtschaft nicht der Beamte es ist, -der sich einer Hinterziehung schuldig machen könnte, sondern nur die -ihm unterstehenden Organe und auch das ist in Betracht zu ziehen, daß -der aus etwaigen Unregelmäßigkeiten entstehende Schaden nicht einzelne -Personen, sondern den Staat benachteiligt, daß sich der Schaden auf -alle verteilt, was als Versicherung wirkt. Bedenklich wäre nur, wenn -ganze Gemeinden als solche falsche Angaben machten, um sich eine -günstigere Verteilung zu sichern. Denn wenn das zu besorgen wäre, -so würde bald eine allgemeine Demoralisation einreißen und andere -Gemeinden würden sich selbst Recht zu verschaffen suchen durch gleiche -Unlauterkeit. Allein es scheint das nicht wohl möglich, es müßte -immer eine Verschwörung einer großen Anzahl von Personen vorausgehen, -der Staatsbeamte müßte im Einverständnis sein und es wird nicht -leicht eine Gemeinde geben, in der nicht Fremde weilen, die ja auch -das Recht haben, Konstatierungen vorzunehmen, was aus der Natur des -Kollektivismus hervorgeht, da alles für alle geerntet wird. - -Die Hausverwaltung hat dann wieder für ihre Gebarung eine genaue -Rechnung zu führen, welche nicht durch den Druck veröffentlicht wird, -weil sie nur die Gemeindegenossen angeht. Wenn bei der Verteilung von -Fleisch an die Gemeinden, nicht im Gewichte, aber in der Qualität eine -Benachteiligung von Gemeinde zu Gemeinde stattfände, so wäre das durch -Vermittlung des Bezirksbeamten von Zeit zu Zeit auszugleichen. - -Noch sei bemerkt, daß bei Entwerfung obiger statistischer Tabelle über -die Milchprodukte angenommen wurde, daß nicht jede Gemeinde ihre eigene -Molkerei zur Verarbeitung der Milch hat. Ob das ökonomischer ist, -als das Prinzip, diese Arbeit in jeder Gemeinde besorgen zu lassen, -wird die Erfahrung lehren. Es ist anzunehmen, daß jede Urgemeinde -einen Viehstand hat, durch den ihr Bedarf an Milch nicht nur voll -gedeckt, sondern auch ein beträchtlicher Überschuß zur Butter- und -Käseerzeugung erübrigt wird. Nach der Annahme in obiger Tabelle würde -aus der Zentralisierung der Milchverarbeitung in wenigen Gemeinden eine -Transportbewegung von mehr als 120 Meterzentnern täglich, allerdings -nur auf eine durchschnittliche Entfernung von weniger als eine Stunde -entstehen. Diese würde sich sehr beträchtlich, vielleicht auf weniger -als 20 Meterzentner vermindern, wenn die Gemeinden nur Überschüsse -von Käse, Butter und Abfall, ausnahmsweise zur Städteversorgung -auch von Milch, austauschen und jede Gemeinde die Verarbeitung der -Milch auch selbst betreiben würde. Es ist nicht die Aufgabe dieser -Untersuchungen, diese Frage zu lösen, sondern nur zu zeigen, daß in -der kollektivistischen Wirtschaft jede ökonomische Aufgabe auf das -vollkommenste und rascheste gelöst werden kann. - -Bei den in diesem Abschnitte entwickelten Vorschlägen wird von der -Statistik das Äußerste an Genauigkeit vor ihrer Veröffentlichung die -größte Schnelligkeit und Allgemeinheit gefordert und es wurde gezeigt, -daß diesen Anforderungen mit spielender Leichtigkeit entsprochen -werden kann. Sich über die Verteilung von Produkten, die ihrer -Natur nach sofort konsumiert werden müssen, so rasch als möglich -zu orientieren, ist für den Kollektivismus offenbar ein Bedürfnis. -Niemand würde es aber für möglich halten, daß das ohne erheblichen -Arbeitsaufwand an einem dem Verrechnungstage nächstfolgenden Tage =und -zwar zur Orientierung eines jeden Einzelnen= möglich sein wird, wenn -ich mir nicht die Mühe genommen hätte, diese Arbeit zu unternehmen. -Das durfte aber nicht bloß in allgemeinen Sätzen behandelt werden, -sondern erforderte eine anschauliche Darstellung, die jeden Zweifel -ausschließt. In abstrakten Sätzen ist schon Unsinn genug gegen und für -den Kollektivismus geschrieben worden, daß ich mich davon ferne halte. - -Freilich wirken bei der Verrechnung auch die Art der Verteilung -der Bevölkerung, die Beamtenorganisation, und die Ersetzung des -Familienhaushaltes durch den Gemeindehaushalt mit, aber diese -Einrichtungen entsprechen so sehr zugleich dem Fortschritte im -Volksunterrichte, in der Volkserziehung, im geselligen Leben und nach -vielen anderen Richtungen, daß die hier erörterten Vorteile keineswegs -erkauft werden durch irgend welche Übelstände anderer Art, =sondern -die Organisation ist gleich fruchtbar für alle Arten von Produktion -und Verteilung=, ganz insbesondere zwar für die idealsten Interessen, -aber, wie gezeigt werden wird, auch in hohem Maße für die materiellen -Interessen. - -Für die hauptstädtischen Verteilungen wäre die Statistik noch -viel einfacher. Die Reichshauptstadt würde einen Bevölkerungs- und -Verpflegstand haben, der dem eines Kreises vergleichbar wäre. Für -Milchprodukte wäre die Hauptstadt eine Konsum-, nicht aber, oder -jedenfalls nur im geringsten Maße auch eine Produktionsstätte, für -Fleisch eine Produktionsstätte nur dann, wenn Mastanstalten und dem -entsprechend auch Schlachthäuser in die Hauptstadt verlegt würden. -Zu untersuchen, ob das ökonomisch wäre, ist nicht Aufgabe dieser -Arbeit und wahrscheinlich würden verläßliche Beobachtungen über die -ökonomischen Vorteile und Nachteile erst im Kollektivstaate möglich -sein. - -Die ökonomische Statistik der Hauptstadt würde, abgesehen eventuell -von der Auseinandersetzung mit dem Hofhaushalte nach dem Kapitel IV, -wenn die Monarchie fortbestände, in einem Kreisblatte veröffentlicht -werden, da die Reichshauptstadt ihres Umfanges wegen einen eigenen -Kreis zu bilden hätte. Die Bevölkerungs- und Verpflegstandsstatistik -dieses Kreises wäre allerdings einigermaßen kompliziert, wegen des -beständigen Wechsels der Fremden und des Verpflegstandes. Dagegen -hätte diese Statistik wenig mit der Güterproduktion zu schaffen, da die -Reichshauptstadt ihren Bedarf an Gütern größtenteils vom flachen Lande -bezöge und nur Finalproduktion betreiben würde. - -Für den Hofhaushalt wäre eine besondere Statistik aufzustellen. Diese -hätte zunächst auszuweisen, daß der Hofhaushalt nicht mehr an Gütern -vom Gesamthaushalt bezieht, als das Volk bewilligt hat. Außerdem wäre -auch eine innere Verwaltungsrechnung aufzustellen und in angemessenen -Formen zu veröffentlichen, nachdem auch diese Gebarung das Volk ebenso -angeht wie jede andere, und weil nicht das Privatinteresse der Familien -des Monarchen und des Adels, sondern das allgemeine Volksinteresse -allein für diese Gebarung maßgebend sein darf. - -Was den Verbrauch anderer Güter für die Ernährung anbelangt, welche -nicht wie Fleisch, Milch, Eier u. dergl. dem raschen Verderben -unterliegen, insbesondere den Verbrauch von Mehl und den verschiedenen -Gewürzen, so werden diese Güter auch den einzelnen Gemeinden und -Quartieren im Verhältnisse zum Verpflegstande zuzuweisen sein, ähnlich -wie es oben bezüglich der Zuweisung von Milch gezeigt wurde. Allein es -wird sich da nicht um tägliche Zuweisungen handeln, es wird genügen, -wenn die Zuweisung reichlich für einen Monat im vorhinein erfolgt und -die Monatsstatistik den Verbrauch nach Maßgabe des Verpflegstandes -feststellt und den Überschuß ausweist, wonach dann eine neuerliche -Zuweisung zur Deckung des Monatsbedarfs zu erfolgen hätte. - -Ebenso wäre es mit den Heiz- und Beleuchtungsstoffen zu halten. Für den -Verbrauch dieser Stoffe wäre der Verpflegstand wohl nicht maßgebend. -Insoweit Heiz- und Beleuchtungsstoffe in den Betriebsstätten verbraucht -werden, kommen sie nicht als Aufwand für die Einzelnen, sondern als -Aufwand in der Produktion in Betracht. Insofern es sich aber um den -Aufwand zur Beheizung und Beleuchtung der Schlafhäuser und der dem -geselligen Leben gewidmeten Räume handelt, würden für die Verteilung -der Rauminhalt und das Klima maßgebend sein. Auch hier wird ein -statistischer Monatsausweis vollkommen genügen. - -Was die Wohnbauten und die Nutzbauten für landwirtschaftliche und -industrielle Zwecke anbelangt, so werden sie getrennt auszuweisen -sein. Für die Bauten genügt eine Jahresstatistik. Diese wird für -die Wohnbauten insbesondere den Rauminhalt der Schlafstuben, der -Kommunikationen, Treppenhäuser, Aborte und Bodenräume, dann der dem -geselligen Leben, der Schule und dem Amte gewidmeten Räume ausweisen. -Dieser statistische Ausweis hat zunächst nach Gemeinden und Quartieren -zu erfolgen, woraus die Bezirkssummarien, Kreis-, Provinz- und -Reichssummarien zu bilden sind. Das Verhältnis der Bevölkerungsziffer -und der Wohnbautenstatistik wird ergeben, ob überall gleichmäßig für -das Wohnbedürfnis gesorgt ist und worin die Vorteile der nach den -Verteilungsgesetzen bevorzugten Personen bestehen. Dabei wird aber auch -der Aufwand für die Ausstattung der Wohn- und Gesellschaftsräume in -Betracht kommen. Dieser Aufwand findet seinen Ausdruck in der Anzahl -der aufgewendeten Arbeitstage, jede Art von Arbeit reduziert auf -einen gemeinen Arbeitstag, und in der Menge und Art der aufgewendeten -Materialien. Aber auch für die Bauerhaltung und die Instandhaltung -der Ausstattung wird ein statistischer Jahresausweis zu liefern sein. -Analog ist der Bestand, die Neuerrichtung und die Instandhaltung der -Nutzbauten statistisch nachzuweisen. - -Ebenso ist es mit dem Inventar zu halten. Es ist zu trennen das -Inventar für die Wohn- und Gesellschaftsräume vom Inventar an -Werkzeugen und Maschinen für den Betrieb der Urproduktion und der -Industrie. Das Kücheninventar gehört ebenso wie das Kellerinventar -zu dem Inventar der ersten Kategorie. Auch bezüglich des Inventars -handelt es sich um den Bestand vom Vorjahr, um Neuanschaffungen, um -Erhaltungsaufwand und um Abschreibungen. - -Noch eine dritte Art von Inventar wird man aufzustellen haben, nämlich -von Gegenständen, die für die Zwecke der Kunst und Wissenschaft -dienen. Dahin gehören Bücher und den Büchern verwandte Gegenstände, -wie Atlanten, Sammlungen von Käfern u. dergl. Dann Medikamente und -andere Bedürfnisse des ärztlichen Dienstes, Instrumente und Apparate -und die örtliche Verteilung aller dieser Sachen. Für die Zwecke des -Sanitäts- und Unterrichtsdienstes und der Kunst und Wissenschaft werden -auch Verbrauchsgüter gewidmet werden müssen, worüber eine besondere -Nachweisung zu liefern sein wird. Was musikalische Instrumente und -sonstige Behelfe für diese Kunstübung anbelangt, so könnte wohl -die Nachfrage größer sein, als mit dem Vorrat zu befriedigen wäre. -Darum soll für diese Verteilung die Mitwirkung der Vereine, VIII, 2, -_Alinea:_ »Sehr zu fördern« mitbestimmend sein. - -Am Schlusse des Jahres wird eine eigentliche Statistik aufgestellt -werden, umfassend die Bevölkerung, den Gesamtbesitz an unbeweglichen -und beweglichen Sachen, die Gesamtproduktion, den Gesamtverbrauch -im Laufe des Jahres und den Gesamtvorrat an verbrauchbaren Gütern, -welcher auf das kommende Jahr zu übertragen ist. Diese Statistik aber -baut sich auf aus der Statistik der Gemeinden, Bezirke, Kreise und -Provinzen, welche im Reichssummarium zusammengefaßt werden. Ebenso wird -es mit der Bevölkerungsstatistik, der Sanitäts- und Erziehungs- und -Unterrichtsstatistik zu halten sein. - - - - -VII. - -Der Kollektivismus und die Erhaltung, Vermehrung und Veredlung des -Volkes. - - -1. Die Bevölkerungspolitik. - -Der Kollektivstaat hat nicht nur die Aufgabe der Produktion und -Verteilung der Sachgüter und der persönlichen Dienstleistungen im -weitesten Sinne des Wortes, sondern er hat, da unser größtes Gut -die Mitmenschen sind, besonders auch Einfluß auf die Propagation und -Veredlung des Volkes zu nehmen. - -Dem Lande gehört jeder an, der von seinen im Lande heimatsberechtigten -Bewohnern gezeugt wurde. Wie sonst die Staatsbürgerschaft erworben wird -und wie sie verloren geht, bestimmen die Gesetze, auch, inwiefern von -Inländern mit Ausländern erzeugten Kinder als Inländer zu betrachten -sind. Es scheint der Natur der Sache zu entsprechen, daß die Kinder der -Staatsbürgerschaft der Mutter folgen. _Mater certa, pater incertus._ - -Die Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts beweist, daß ein Steigen -der heimatsberechtigten Bevölkerung innerhalb gewisser Grenzen -erträglich ist. Dagegen ist nicht zu bezweifeln, daß eine allzu rasche -Vermehrung der Bevölkerung von Übel wäre, weil die Pflege, Ernährung -und der Unterricht einer allzu zahlreichen Nachkommenschaft eine zu -große Anzahl von Arbeitskräften in Anspruch nehmen würde und demgemäß -auch die Wohnungsbauten zu rasch vermehrt werden müßten. Auch beweist -die Erfahrung, daß kein Volk der Erde sich in dem Maße vermehrt, als -nach der Zeugungskraft der Menschen möglich wäre. - -Ein Geburtenüberschuß von eins vom Hundert im Jahre würde schon in -siebzig Jahren zur Verdoppelung der Bevölkerung führen, und das müßte -schon in zwei- bis dreihundert Jahren eine Übervölkerung zur Folge -haben. Die Meinung, daß dem durch Auswanderung leicht abgeholfen werden -könnte, wäre falsch, weil man, insofern für die Zeugung nur das Recht -des Einzelnen, nicht das öffentliche Interesse in Betracht kommt, nicht -leicht ein Gesetz aufstellen könnte, =wer= auszuwandern hat, und es -auch, sobald die Überproduktion von Menschen in Europa allgemein würde, -unmöglich wäre, den Transport des Überschusses in überseeische Länder -zu bewältigen. Auch bringt es die Natur der Sache mit sich und lehrt -die Erfahrung, daß durch die Auswanderung die besseren und tüchtigeren, -insbesondere die arbeitsfähigeren Elemente außer Land geführt werden, -während die kinderreichen Familien zurückbleiben. Bei allgemeiner -Übervölkerung müßten sich die benachbarten Völker wechselseitig -gefährlich werden, da es viel näher liegt, den Nachbarn den Boden -streitig zu machen, als den Menschenexport im Großen zu betreiben. - -Trotzdem könnte man im =Kollektivstaat= an eine solche zwangsweise -Expatriierung denken und jene, die die bevölkerungspolitischen Gesetze -nicht beobachten, des Staatsbürgerrechtes berauben und gewaltsam außer -Landes schaffen, zu welchem Ende man Kolonien in unbewohnten oder -schwachbevölkerten, aber fruchtbaren überseeischen Ländern errichten -oder sonst einen Ausweg, wovon später die Rede sein wird, finden müßte. -Das setzt aber eben voraus, daß man zwischen legitimen, den heimischen -bevölkerungspolitischen Gesetzen entsprechenden, und illegitimen -Zeugungen unterscheide, daß man also doch bevölkerungspolitische -Gesetze erließe und die Expatriierung als Strafe verhängte. Dann aber -ist die Zeugung kein gleiches Recht für alle mehr. - -Es ist ein großer Irrtum, wenn man die tatsächliche Zahl der -Geburten in unserer heutigen Gesellschaftsordnung für das Ergebnis -der natürlichen Fruchtbarkeit der Menschen hält. Die Zahl der -Geburten wäre aber eine viel größere, wenn die Menschen sich in der -Propagation lediglich von den Gesetzen der Natur beherrschen ließen. -Die mannigfaltigsten Lebensgrundsätze, die mehr oder weniger mit der -Sittlichkeit vereinbar sind, nehmen Einfluß auf die Verminderung der -Zeugungen. Scheinbar einwandfrei ist die Enthaltsamkeit jungfräulicher -Frauenspersonen, welche sich der Ehe enthalten oder keine entsprechende -Ehe einzugehen Gelegenheit finden. Es ist aber immer noch die Frage, -ob diese Enthaltsamkeit nicht große Übel im Gefolge hat. Die nicht -befriedigte Natur fällt oft dafür weit größeren Verirrungen anheim. -Wir wissen, daß Unzucht mit geschlechtsunreifen Kindern, mit Tieren -und andere Verirrungen sehr häufig vorkommen und wahrscheinlich viel -häufiger, als beobachtet wird. Noch viel größer als der Einfluß der -völligen geschlechtlichen Enthaltsamkeit ist der Einfluß der oft als -unsittlich verworfenen Maßnahmen, welche auf Unfruchtbarkeit der -Umarmungen abzielen oder die Frucht zu beseitigen berechnet sind. -Die abscheulichste Ursache der Verminderung der Geburten ist die -Prostitution. - -Bekanntlich ist die Geburtenziffer in Tirol eine auffallend niedere, -und in diesem Lande kann man folgendes beobachten. Unter den Bauern -findet man häufig, daß die Mädchen das Alter von 45 Jahren und darüber -erreicht haben, ehe sie zur Heirat schreiten, und oft verzögert sich -die wirkliche Eheschließung bei Bräuten in diesem vorgeschrittenen -Alter noch um ein oder zwei Jahre, so daß die Absicht, von welcher -sie geleitet werden, unverkennbar ist. Es scheint, daß diese Ehen -widerlicher sind als manche andere Verirrung ähnlicher Art. - -So viel ist gewiß, daß für die Menschen zwingende Verhältnisse -vorliegen müssen, die eine natürliche Vermehrung als unheilvoll -erscheinen lassen, wenn sie zu so mannigfaltigen und oft -auch abscheulichen Mitteln greifen, die natürliche Vermehrung -einzuschränken. Es ist gewiß, daß die mit der Kultur vereinbare -Regelung der Volksvermehrung das schwierigste Problem ist, das -den Menschen gestellt ist, und man kann nur wünschen, daß es im -Kollektivstaat eine richtige Lösung finde, wenn auch vielleicht erst -nach Generationen. - -Man muß annehmen, daß unter 100 Menschen mindestens 20 Frauenspersonen -leben, die sich im zeugungsfähigen Alter befinden. Sinkt trotzdem die -Zahl der Geburten bei allen Völkern unter fünf vom Hundert, bei vielen -bis auf nahezu zwei vom Hundert im Jahre, so kann man sich vorstellen, -welchem Zwange der Verhältnisse die Menschen ausgesetzt sein müssen. -Und selbst rohe Völker verhalten sich der Propagation gegenüber -nicht anders als die Kulturvölker. So hat der spanische Reisende -Azarra bei wilden Völkern in Südamerika Gewohnheiten konstatiert, die -offenbar darauf berechnet waren, Totgeburten herbeizuführen und die -Kindersterblichkeit zu vermehren. Die klassischen Völker haben die -Aussetzung neugeborener Kinder für erlaubt gehalten, sie scheint auch -bei Juden vorgekommen zu sein, ebenso bei den Germanen. Was die Juden -anbelangt, ist die Aussetzung des Moses ein klassisches Beispiel. - -Der Geburtenüberschuß, welcher für die Propagation entscheidend -ist, hängt nicht allein von der Zahl der Geburten ab, sondern vom -Verhältnisse der Geburten zu den Todesfällen, und wird in einem -Lande die Versorgung des ganzen Volkes durch den Kollektivstaat -nach den Grundsätzen geleistet, welche hier entwickelt worden, so -muß man annehmen, daß die Todesfälle auf viel weniger als 1,5 vom -Hundert im Jahre herabgingen, weil ein so niederer Prozentsatz der -Sterbefälle schon heute in vielen sanitär gut eingerichteten Städten -beobachtet wird. Nimmt man nun an, daß die Sterbefälle auf 1,2 vom -Hundert im Jahre herabgingen, so wäre die wünschenswerte Maximalzahl -der Geburten auf 17 bis 20 vom Tausend im Jahre zu veranschlagen. -Eine Geburtenziffer von wenig über 2 Prozent wird auch heute schon -tatsächlich in Frankreich, Tirol und manchen Staaten von Nordamerika -beobachtet, obwohl gerade in Nordamerika Platz genug wäre, sich im -Lande auszubreiten. Es wird demnach im Kollektivstaat Gegenstand -der jeweiligen Volksbeschlüsse sein, die Grundsätze für die -Bevölkerungspolitik festzusetzen, die Verhältniszahl der Geburten zu -normieren und der Staatsverwaltung die Maßregeln vorzuschreiben, durch -welche auf die Einhaltung dieser Verhältniszahl hingewirkt werden soll. - -Vorausgesetzt, daß solche Gesetze und Maßregeln für zulässig erachtet -werden, entsteht die Frage, wem die Zeugung verwehrt werden soll -und wie diesen Gesetzen Achtung zu verschaffen ist. Dabei wird die -weibliche Bevölkerung zuerst in Betracht kommen, weil es nur darauf -ankommt, wie die Frauen, nicht wie die Männer sich zu diesen Gesetzen -verhalten. Nach dem, was wir in VII, 3, über die freie Liebe entwickeln -werden, ist übrigens kaum zu erwarten, daß sich jemand den staatlichen -Vorschriften wegen der Ehe und Zeugung nicht fügen wird, und es wäre -eher zu besorgen, daß eine Eheflucht einrisse, die ihrerseits dem -Staate gefährlich werden müßte, daher man daran wird denken müssen, -die Ehe den dazu Berufenen wünschenswert zu machen. Doch wollen wir -zunächst prüfen, wie der Übervölkerungsgefahr vorgebeugt werden könnte. - -Man könnte die Einschränkung der Zeugungen nach zwei verschiedenen -Richtungen normieren. Entweder würde man zwar jeder Frauensperson die -Zeugung gestatten, aber nur bis zu einer bestimmten Anzahl von Kindern, -also für etwa zwei Kinder, oder man würde eine größere Anzahl von -Frauenspersonen von der Zeugung ganz ausschließen, den anderen aber -die Zeugung von Kindern ohne jede Einschränkung freigeben. In beiden -Fällen würden jene Geburten, welche im Widerspruche mit den Gesetzen -stattfänden, als illegitim anzusehen sein. - -Bei dem heutigen Stande der Dinge wäre der zweite Weg der bessere. Er -würde uns die Möglichkeit bieten, die gesündesten Frauen und, wenn -die Ehe beibehalten würde, die gesündesten Männer auszuwählen und -ihnen die Propagation freizugeben, diese aber den anderen ganz zu -verwehren.[22] Da die Gestattung der Zeugung noch nicht bedingen würde, -daß von der Erlaubnis Gebrauch gemacht und welcher Erfolg erzielt -wird, so müßte durch ununterbrochen fortgesetzte Beobachtung des -Verhältnisses der Geburten zu den Todesfällen festgestellt werden, ob -die Verehelichungsbewilligungen vermehrt oder vermindert werden sollen. -Auch dazu würden die Bevölkerungstabellen dienen, die in VI, 8, e, -angeführt worden sind. - - [22] Nach einem Berichte der »Politisch anthropologischen - Revue« III S. 398 hat ein russischer Großgrundbesitzer - eine Züchtung besonders schöner Menschen mit großem - Erfolge versucht, indem er unter seine Arbeiter nur schöne - Menschen aufnahm und die Ehen der Schönsten unter ihnen - begünstigte. So kamen 40 besonders viel versprechende - Paare zustande, von welchen schon 100 außerordentlich - schöne Kinder gezeugt wurden, unter welchen wieder die - erste Ehe geschlossen wurde zwischen einem reizenden - Mädchen und einem Antinous von einem Jüngling. - -Man könnte nun dagegen sagen, daß niemand das Recht habe, jemand das -Zeugen von Kindern zu verwehren. Es scheint aber, daß man mit diesem -Rechtsgrundsatze den Kollektivismus unmöglich machen würde. Darum hat -auch der Liberalismus, dem der Kollektivismus verhaßt war, jenes Recht -der freien Selbstbestimmung in der Liebe und Ehe verbunden mit dem -sozialen Gesetze, daß niemand als die Erzeuger für die Kinder, welche -geboren werden, zu sorgen habe, vertreten, und diese Grundsätze konnten -nur die Folge haben, daß die Übervölkerung zwar keine allgemeine, -wohl aber eine Plage für die einzelnen Familien wurde. Man tröstete -sich damit, daß jeder schlafe, wie er sich bettet. Allein es waren ja -nicht bloß die Eltern, die die Lasten der allzu zahlreichen Geburten -zu tragen hatten, vielmehr die erzeugten Kinder selbst und mittelbar -doch auch die Gesellschaft, welche keineswegs unberührt bleibt von -dem Elend und der Verkümmerung eines großen Teiles der Mitbürger -und von der Verwahrlosung der Jugend. Darum gerät die Gesellschaft -auch wieder mit sich selbst in Widerspruch, denn es werden Werke der -Mildtätigkeit eingeleitet, um dem Elende, das die Gesetze verschuldet -haben, abzuhelfen, und so schwankt man hin und her und macht wieder -teilweise gut, was der Theorie nach nur die Eltern, aber nicht die -Gesellschaft angeht. Allein wirklich interessiert sind weder die Eltern -noch die Gesellschaft, sondern vor allem jene, die gezeugt werden und -von der Erde, auf die man sie pflanzt, doch nicht Besitz ergreifen -dürfen und, wenn sie ihren Platz auf Erden fordern, grausam bestraft -werden. Sie sind nicht im Unrecht, wenn sie ihren Eltern und der -Gesellschaft fluchen, denn so rechtlos, wie der Besitzlose, ist kein -Tier. Die Besitzlosigkeit ist die ärgste Sklaverei, und wenn man den -Enterbten zuruft, »so arbeitet doch«, ein Ruf, den am frechsten jene -erschallen lassen, die nicht arbeiten und welche aus der Zwangslage der -Besitzlosen wucherischen Gewinn ziehen, so vergißt man doch, daß das -Leben nicht mit der Arbeitstüchtigkeit beginnt, daß der Ärmste auch -zur Arbeitstüchtigkeit und zur Arbeitsfreude nicht erzogen wird und -daß die Arbeit auch nur für jenen ist, der Arbeitsgelegenheit hat. Das -ist ja eigentlich der Sinn der Armut, daß der Arme von dem =Rechte=, zu -arbeiten, ausgeschlossen ist und daß er, was zweifellos ein angeborenes -Recht ist, den Boden zu bebauen und sich von seinen Früchten zu -ernähren, als Recht nicht geltend machen darf, weil man ihn einen -Dieb nennt und als solchen bestraft, wenn er nach den von der Erde -freiwillig hervorgebrachten Früchten greift oder er sich anmaßt, die -Früchte in Anspruch zu nehmen, die er selbst der Erde abgewinnt. Bei -solchen Umständen und bei solchen Rechten der Gesellschaft gegenüber -hat der Überschüssige offenbar das Recht, ihr zuzurufen: »Ihr habt uns -nicht zeugen lassen dürfen!« - -Es wird übrigens in der künftigen Gesellschaft das gesellschaftliche -Recht, die Zeugung zu beschränken, um so weniger bezweifelt werden, -als dem Kollektivstaate durch die Zeugung von Kindern Verpflichtungen -auferlegt werden, nämlich die Kinder zu erhalten und zu erziehen. -Denn wenn der Staat allein über alle Früchte verfügt und alles -Nationaleinkommen verteilt, von wem könnten die Kinder Versorgung und -Erziehung beanspruchen, als eben vom Staate? - -Und auch in der heutigen Gesellschaftsordnung anerkennt man ein -Recht des Staates, die Erzeugung von Kindern zu erschweren oder zu -begünstigen. Das Recht steht dem Staate ohne Zweifel zu, wenn er auch -nach den Grundsätzen des Liberalismus gegenwärtig davon keinen Gebrauch -macht. Es hat bis in die neuste Zeit hinein Gesetze gegeben, welche -die Ehe erschweren, oder, im Falle eines Rückganges der Bevölkerung, -sie begünstigen. Ebenso maßen sich in vielen Gegenden, wo das -Zweikindersystem volkstümlich ist, die älteren Kinder das Recht an, den -Eltern bittere Vorwürfe zu machen oder sie dem Spotte preiszugeben, -wenn sie von weiterer Zeugung nicht abstehen. Ein Interessenkonflikt -innerhalb der Familie liegt zweifellos vor und wenn es uns verletzt, -den Streit ausbrechen zu sehen, so ist es doch sicherlich eine -natürliche Quelle der häßlichsten Familienstreitigkeiten, oft der -Anlaß zu Verbrechen und Mordtaten, sobald die Zeugung über eine -gewisse Grenze hinaus fortgesetzt wird, oder verwitwete Personen, die -schon erwachsene Kinder haben und noch zeugungsfähig sind, zu einer -zweiten Ehe schreiten. Man kann es wohl in Zweifel ziehen, ob einer oft -lächerlicher Begierde wegen der Anteil älterer Kinder am Erdenglücke so -ganz mit Recht geschmälert werden darf, besonders dann, wenn es sich um -das Schicksal erwerbsunfähiger Kinder handelt. Und wie häßlich ist es, -wenn solche Fragen zwischen sich nahestehenden Verwandten aufgeworfen -werden. Jedenfalls ist es besser, wenn sie, wie im Kollektivstaate, nur -zwischen den Einzelnen und dem Staate zum Austrage kommen, da es hier -nur vernünftige Grundsätze sein können, nach welchen sie ausgetragen -werden. - -In wieferne der Staat in einer kollektivistischen Gesellschaftsordnung -berechtigt ist, die Freiheit der Volksgenossen in der Propagation -einzuschränken, mag unerörtert bleiben. Denn abstrakte Rechtsgrundsätze -haben die Menschen niemals geleitet. Vergleichen wir aber die -heutigen Zustände mit jenen, welche im Kollektivstaate in Beziehung -auf die Zeugung zur Geltung kommen mögen, so erscheinen uns letztere -vernünftiger, gerechter und mit dem Wohlwollen vereinbarer. - -Wer =heute= von Besitzlosen gezeugt wird, ist ausgeschlossen von jedem -Mitbesitz, auf den doch jeder ein unveräußerliches Recht hat, der in -die Welt gesetzt wird. - -Denken wir uns nun, in der ~künftigen~ kollektivistischen -Gesellschaftsordnung würde gegen den Willen des Staates ein Kind -erzeugt, so würde der Staat zwar solche Kinder nicht den legitimen -Kindern gleichstellen und ihnen gegenüber die Versorgungspflicht -nicht übernehmen, die er den mit seiner Zustimmung gezeugten Kindern -gegenüber übernimmt, er würde sie aber nicht zur Besitzlosigkeit -verdammen. =Er würde ihnen und ihren Erzeugern nur die Rechte der -Mitgliedschaft am Kollektivbesitze vorenthalten, er würde sie aber -nicht von allem Besitze ausschließen.= Er könnte die Eltern und die von -ihnen unrechtmäßigerweise gezeugten Kinder auf einer dazu bestimmten -Insel aussetzen, auf eine Kolonie verpflanzen, wo dem Staate eine -Versorgungspflicht nicht obliegt, oder eine solche Familie nur von -den Rechten am kollektiven Mitbesitze ausschließen. =Nicht eines -jeden Anteiles an der Mutter Erde würden sie beraubt, nur aus der -kollektivistischen Vergesellschaftung würden sie ausgeschlossen.= -Diese Vergesellschaftung wird nur begründet für jene, welche sich -den staatlichen Gesetzen unterwerfen und insbesondere jenen Gesetzen, -welche die Propagation zum Gegenstande haben. - -Wir haben im Abschnitte I, _Alinea_: »Die Rechtsgrundsätze für die -kommende Zeit« bereits darauf hingewiesen, daß die kollektivistische -Gesellschaftsregel niemand aufgezwungen werden soll, daß es jedem -freigestellt bleibe, =seinen Anteil am Gesamtbesitze abzusondern=, aus -der kollektivistischen Gesellschaft auszutreten und eine Abfertigung -in beweglichen und unbeweglichen Sachen zu verlangen. Das, was jenen, -die sich den Gesetzen unterwerfen, als Recht zugestanden wird, wird den -Kontravenienten gegen die Propagationsgesetze als Strafe auferlegt, -~sie werden aber nicht zur Besitzlosigkeit verdammt~. So verstanden -kann das Verbot, Kinder zu zeugen, offenbar nicht als ungerecht -verurteilt werden. Der Kollektivismus ist im wahren Sinne des Wortes -ein _Contrat social_, weil er fort und fort auf der Zustimmung aller -Teilnehmer beruht. - -Die Ausscheidung, welche jedem Erwachsenen freigestellt, den Sündern -gegen die Propagationsgesetze aber strafweise auferlegt würde, würde -bedeuten, daß einer solchen Familie ein Gebiet im Staate selbst mit -einem Anteil an Gebäuden und beweglichen Sachen von einem solchen -Werte als Privateigentum angewiesen würde, der beiläufig ihren Anteil -am Kollektivvermögen ausmacht, aber mit Ausschluß von allen weiteren -Vorteilen, die der Bürger aus dem Kollektivismus zieht. Sie erhielten -Privateigentum in einem Ausmaße, das dem gesellschaftlichen Anteile -entspricht, der ihnen zukommt, aber nicht mehr und sie könnten nun -nach ihrem Belieben Kinder zeugen, so viele sie wollten, aber auf -ihre Rechnung und Gefahr. In einem Punkte wären sie besser daran, -als der Besitzlose von heute, in einem anderen Punkte schlimmer, -aber nur dann schlimmer, wenn der Staat im Austausche von Gütern -mit ihnen hart verführe. Denken wir, es wäre ein Gärtner und seine -Geliebte, die geboren hat, oder Frau, die er ohne staatliche Erlaubnis -geheiratet hat. Der Staat =könnte= ihn beim Güteraustausch, den -der Ausgeschlossene nicht entbehren könnte, hart behandeln, so wie -heute der Besitzende den Arbeiter bewuchert. Es wäre aber gar nicht -notwendig, daß man seine Arbeitskraft wucherisch ausnutze, man könnte -ihm für seine Arbeitsprodukte das volle Äquivalent geben, er würde -nur die ohne Zustimmung der Gesellschaft erzeugten Kinder, seien es, -so viele es immer wären, selbst zu erziehen und zu erhalten haben. -Wenn er auch in keinem Stücke verkürzt würde, er würde diese Art von -Ausschluß aus den Vorteilen des kollektivistischen Lebens doch gewiß -hart empfinden. Die praktischen Grundsätze für eine solche Absonderung -wollen wir nicht näher erörtern. - -Zu den gesetzlichen Folgen der Nichtbeachtung der Populationsgesetze -könnte auch die zwangsweise Verbannung in Kolonien gerechnet werden, -die noch nach den Grundsätzen der alten Gesellschaftsordnung verwaltet -werden. Man könnte aber auch einem Gesetzesübertreter ein Patrimonium -in barem Gelde geben und ihn mit der Sündigen in einen fremden Staat, -der ihn aufnehmen will, einzuwandern zwingen. Er könnte nun wählen, was -von alledem ihm das mindest Beschwerliche erschiene. Schwerlich würde -irgend ein Bürger eines Kollektivstaates eine dieser Lagen verbunden -mit der vollen Freiheit der Zeugung dem Anspruche auf die Rechte -eines Kollektivbürgers unter Verzichtleistung auf das Zeugungsrecht -vorziehen. Jedenfalls würden doch er und seine Kinder weit weniger -Grund haben, sich zu beschweren, als der Arme von heute, der von -allzureichem Kindersegen bedrückt ist und die Kinder, die sich an den -armen Erzeuger halten müssen. - -Aus Vorstehendem kann man nun schon ableiten, welche Gesetze gegen -gesellschaftswidrige Zeugungen in Betracht kommen könnten. Gewiß hat -der Staat kein Recht, jene, die keine gesunde Nachkommenschaft erwarten -können, gegen ihren Willen der Zeugungskraft zu berauben,[23] noch die -von ihnen gezeugten Kinder zu töten, noch gegen den Willen der Mutter -eine Totgeburt herbeizuführen, noch die Kinder auszusetzen, ein Recht, -das sich die Griechen und Römer gegen ihre eigenen Kinder anmaßten. -Aber eine der oben erwähnten Beraubungen von den gesellschaftlichen -Rechten, unter welchen dem Betroffenen die Wahl freistünde, müßte -dem Kollektivstaate eingeräumt werden, wenn Jemand Kinder zeugt, ohne -die Einwilligung des Staates vorher erwirkt zu haben, sei es, daß die -Zeugung zu früh, in allzu jugendlichem Alter der Eltern, oder zu spät, -in einem Alter, in dem die Zeugung nicht mehr gestattet wird, erfolgt, -oder daß die Zeugenden wegen vererblicher Krankheiten oder Gebrechen -von dem Rechte der Zeugung ausgeschlossen werden. =Den größten Vorteil -für die Sicherstellung der gesellschaftlichen Interessen in den die -Propagation betreffenden Einrichtungen erwarte ich von der Frauenkurie, -von der in= VII, 4, =die Rede ist, da die Frauen vom Urteil ihrer -Geschlechtsgenossen sehr abhängig sind und sich in der Frauenkurie bald -eine öffentliche Meinung bilden wird.= - - [23] Wir können nicht wissen, welche Wandlungen die - Anschauungen der Völker im Zukunftsstaate durchmachen - werden und ob sie der Anregung in Matthäus 19, 12. nicht - doch Folge geben werden, wenn die Erfahrungen dafür - sprechen. Doch hätte das nur auf weibliche Kinder von - besonders schlechten Anlagen, z. B. Kretins, Anwendung. - - -2. Ehe, Familie, Elternrecht, Wahlmütter, Anteil des Staates an der -Erziehung. - -Man hat die Frage der Liebe von der Frage der Zeugung zu trennen. -Man kann die Liebesfreuden genießen, ohne zu zeugen, und in einer -unglücklichen Ehe kann man ohne Zweifel zeugen, ohne Liebesfreuden zu -genießen. Vielen Frauen ist die eheliche Umarmung eine Qual und eine -Schande. Wir wollen zunächst untersuchen, wie sich der Kollektivstaat -zur Zeugung zu verhalten hätte. - -Sein Interesse geböte offenbar, daß die tüchtigsten Frauen, gesund, -kräftig, schön und frohgemut, mit den tüchtigsten Männern gleicher -Vollkommenheit Kinder zeugten und zwar in einer Anzahl, welche eine -angemessene, nicht zu rasche Vermehrung der Bevölkerung von 5-10 -vom Tausend im Jahre herbeiführen würde. Mit dem Zurückgehen der -Sterblichkeit müßte das Zurückgehen der Geburten Schritt halten. -Die Erfahrung würde darüber belehren, ob die Zeugung in der Ehe und -beschränkt auf die Ehe, unter strenger Beobachtung der ehelichen -Zeugung, besser den gesellschaftlichen Zwecken entspräche, oder ob -die fallweise Verbindung zwischen zwei Personen, die sich jeweilig -zur Zeugung vereinigen, und demnach wechselnd von einer Zeugung zur -anderen, wie die Erfahrungen und die Neigungen der Frau ihre Wahl -beeinflussen mögen, vorzuziehen sei. Von vorn herein hat man keinen -Grund, der Ehe allein unbedingt den Vorzug zu geben, weil in allem jene -Erfahrungen entscheiden müssen, welche erst der Kollektivstaat machen -wird. Kärnten in Österreich ist, so viel ich weiß, das einzige Land, -welches beinahe ebenso viele uneheliche als eheliche Geburten hat und -eines scheint gewiß zu sein, daß der Menschenschlag in Kärnten kräftig -und schön ist, wie auch die Statistik zu beweisen scheint, daß die -sozialen Verhältnisse dort um nichts schlechter sind, als in Ländern, -wo die unehelichen Geburten nur 10, ja nur 5 vom Hundert der Geburten -betragen. Setzen wir den Fall, daß die Ehe nicht als die edlere und -in Beziehung auf die Zeugung einer veredelten Nachkommenschaft nicht -als die für die Gesellschaft nützlichere Form des Liebeslebens erkannt -würde, so könnte sie im Kollektivstaate aufgegeben oder dem Belieben -der Einzelnen freigegeben werden. Denn die Beschränkung der Zeugung -auf die Ehe ist heute nur deshalb von Vorteil, weil die Ehe den -Kindern in unseren Verhältnissen eine größere Sicherheit der Erziehung -und Versorgung gewährt, als die außereheliche Zeugung. Schon das -ununterbrochene Zusammenleben der Eheleute und ihrer Kinder ist heute -von großem Einfluß auf das Wohl der Kinder, abgesehen davon, daß die -uneheliche Mutter weder in hinreichendem Maße die Versorgung leisten, -noch in Beziehung auf das Erwerbsleben, welches nach den Grundlagen -unserer heutigen Zustände mehr in die Kompetenz des Vaters gehört, -die Interessen ihrer unehelichen Kinder so gut wahrnehmen, wie der -Vater für die ehelichen Kinder sorgen kann. Allein gerade dort, wo die -unehelichen Geburten beinahe vorwiegen, in Kärnten,[24] hat sich auch -in diesem Belange die außereheliche Zeugung mit dem Versorgungs- und -Erziehungsbedürfnisse ins Gleichgewicht gesetzt, indem dort der Bauer -recht gern Dirnen in den Dienst nehmen soll, so hat man mir mitgeteilt, -welche ein oder zwei uneheliche Kinder mit ins Haus bringen. Diese -fremden Kinder werden dann vom Bauer in der Hausgemeinschaft aufgezogen -und zur Arbeit verwendet, so weit es tunlich ist. - - [24] Der Prozentsatz der unehelichen Geburten ist in Kärnten - seit 1890 nicht unerheblich herabgegangen, übersteigt aber - immer noch 40 Prozent. - -Da nun, wie wir sehen werden, die Natur der Dinge es mit sich bringt, -daß im Kollektivstaat der Staat die Kinder, soweit durch die Zeugung -seine Gesetze nicht verletzt werden, versorgt, die Mutter allein für -die Familienerziehung vorzugsweise in Betracht kommt und ihre Stelle -nötigenfalls von einer Wahlmutter vertreten werden soll, besteht ein -Bedürfnis, die Zeugung auf die Ehe zu beschränken, gewiß nicht in dem -Maße, wie heute, auch in der kollektivistischen Gesellschaft. - -Und doch wäre die Aufgebung der Ehe für die erste Zeit der neuen -Gesellschaftsordnung nicht zu empfehlen. Einerseits weil man sich -hüten muß, so altehrwürdige Einrichtungen voreilig abzuschaffen, -wodurch man der neuen Ordnung nur Feinde schaffen könnte. Dann aber -auch, weil diese Einrichtung der neuen Ordnung wichtige Dienste -leisten kann. Beschränkt man nämlich das Recht der Zeugung auf die -verheirateten Personen, so kann der Staat die Auswahl gesunder Männer -und Frauen für die Zeugung leichter sichern, als in einer Verfassung -ohne Ehe. Der Staat kann dann Einfluß nehmen auf eine vernünftige -Gattenwahl, die aber unter allen befähigten Männern der Frau freistehen -muß. Ohne Beeinträchtigung dieser Freiheit können die staatlichen -Organe immerhin einen mäßigen Einfluß auf diese Wahl ausüben, wenn -die Zeugung auf die Ehe beschränkt wird. Auch darauf kann der Staat -unter dieser Voraussetzung Einfluß nehmen, daß die Zeugung durch noch -allzu jugendliche Personen oder, selbst in der Ehe, über eine gewisse -Altersgrenze hinaus, welche ein günstiges Zeugungsergebnis nicht mehr -erwarten läßt, verhindert werde. - -Aus diesen Gründen wird zunächst die Fortdauer der unlöslichen oder -schwer löslichen Ehe und die Unterdrückung der unehelichen Geburten -sich empfehlen. Es wird aber ununterbrochen darüber zu beraten -und zu verhandeln und es werden mit besonderer Rücksicht darauf -Untersuchungen anzustellen sein, ob der Kollektivismus eine Änderung -der geschlechtlichen Verhältnisse wünschenswert macht. Daß er sich -mit jeder Form des Liebeslebens leichter verträgt, als die heutige -Gesellschaftsordnung, ist gewiß. - -Zunächst können wir, wie gesagt, nur zu dem Ergebnisse kommen, daß -der Kollektivstaat unter vorläufiger Aufrechterhaltung der Ehe und -mit tunlichster Unterdrückung der unehelichen Geburten, oder auch, -wenn die Ehe jedermann freigestellt wird, =nicht aber in der Ehe die -Zeugung=, mit tunlichster Unterdrückung jener Zeugungen, welche den -Populationsgesetzen zuwiderlaufen, eine entsprechende Einschränkung -der Zeugungen unter Bevorzugung jener Zeugungspersonen, von welchen die -gesündesten, kräftigsten, schönsten und begabtesten Kinder zu erhoffen -sind, herbeizuführen haben wird. - -Was die Ehe anbelangt, so wird der Staat nur jene Ehen als gültig -anerkennen, die mit seiner Einwilligung und unter Mitwirkung der damit -betrauten staatlichen Organe geschlossen werden. Da aber eine Auswahl -der zur Zeugung, beziehungsweise zur Ehe berufenen Personen stattfinden -soll, werden nicht nur die Kinder mit Rücksicht auf die später -aufzuwerfende Frage, ob sie zur Ehe zugelassen werden sollen, häufig -zu untersuchen sein, sondern auch die Beobachtungen an ihren Eltern -und die noch weiter zurückgehenden Beobachtungen an den Voreltern -und die Sektionsergebnisse, so hoch hinauf, als sie vorliegen und -vernünftigerweise noch in Betracht kommen können, in Berücksichtigung -gezogen werden müssen und es wird sich vielleicht sehr empfehlen, -durch irgend eine Feierlichkeit oder sonst auf eine Art, die zur Ehe -Berufenen schon im frühen Alter als zur Ehe prädestinierte junge Leute -zu proklamieren, um nicht nur ihre Phantasie auf den künftigen Beruf zu -lenken, sondern auch bei den anderen die Resignation sich zu einer Zeit -einwurzeln zu lassen, wo das Geschlechtsleben noch keine Bedeutung hat. - -Die Folge der Annahme dieser Grundsätze wird es sein, daß man auf -mancherlei Art die wechselseitige Aufmerksamkeit solcher junger -Männer und Mädchen erregen wird, die nach ärztlichem Gutachten nicht -nur im allgemeinen zur Ehe geeignet, sondern auch wechselseitig ganz -besonders für einander zu passen scheinen. Natürlich könnte man nicht -daran denken, nach den brutalen Vorschlägen Platos die eigensinnig -festgesetzten Paare wie die Haustiere zusammenzugeben, allein man wird -guttun, eine voreilige Wahl möglichst zu verhindern und zur geeigneten -Zeit, nämlich wenn Mädchen und junge Männer nach den Beobachtungen der -Ärzte (beziehungsweise der Ärztin) den Grad der vollendetsten Reife -erlangt haben, zu veranstalten, daß sie sich ungezwungen sehen können. -Ob die Veranstaltung von Tanzfesten für solche junge Leute das beste -Mittel wäre, vernünftige Wahlen herbeizuführen, mag die Erfahrung -lehren. Man sollte meinen, es wäre vernünftiger, daß das Mädchen den -Bräutigam wählt, als umgekehrt, da man voraussetzen muß, daß das Weib -den echten Sexualinstinkt sicherer besitzt, als der Mann, eben weil -es das Weib ist, das empfängt. Daß heute der Mann wählt, ist nur die -Folge der Herrschaft der Männer über die Frauen, welche schon jetzt -als eine Unnatur empfunden wird, und welche im Kollektivstaate gar -keinen Sinn mehr hätte, da nicht der Ehemann, sondern der Staat die -Frau und die Kinder versorgt. Übrigens wird, wenn der Staat die Kinder -ernährt und die Eltern versorgt, das Mädchen, wenn auch der Antrag -des jungen Mannes abgewartet wird, von dem Zwange befreit sein, einen -unwillkommenen Antrag aus Versorgungsrücksichten anzunehmen. - -Was nun die Ehebewilligung anbelangt, so können auch andere, als durch -die Gesundheit bedingte Einschränkungen und selbst Erweiterungen -ins Auge gefaßt werden. Nationalgemischte Ehen können an die -Bedingung geknüpft werden, daß sich die Brautleute vorher über das -Ansiedlungsgebiet einigen und daß der nach seiner Nationalität diesem -Gebiete nicht angehörige Teil sich verpflichtet, die Kinder in der -diesem Gebiete angehörigen Sprache zu erziehen. - -Wir haben in unseren Verhältnissen ein Analogon. Die katholische -Kirche erlaubt ihren Angehörigen die Ehe mit Angehörigen anderer -Konfessionen nur gegen einen Revers, daß alle Kinder dieser Ehe im -katholischen Glauben erzogen werden. Allerdings kann die Erfüllung -dieser Verpflichtung, da sie keinen staatlichen Schutz genießt, nicht -erzwungen werden, während die vorhin erwähnte Verpflichtung durch -das dem Staate vorbehaltene Miterziehungsrecht und die Volksschule -garantiert ist. Was aber die nationalen Interessen anbelangt, so -liegt eine Gefahr vor, die wir uns nicht verhehlen dürfen. Daß -nämlich aus nationalem Chauvinismus die Zahl der Ehebewilligungen zum -Gegenstand des Kampfes gemacht würde. Freilich könnte auch da ein -Verteilungsgesetz gedacht werden, wonach die Aufrechterhaltung der -numerischen Verhältnisse der Nationalitäten der Verwaltung zur Pflicht -gemacht werde. - -Noch wichtiger wäre folgender Fall der Erweiterung der -Ehebewilligungen, nämlich die Ausdehnung auf solche, die in -gesundheitlicher Beziehung nicht ganz entsprechen, wenn sie nämlich -einem schwerer belasteten Beruf angehören und sich verpflichten, -die Kinder in diesem Berufe zu erziehen und ihm zu widmen, eine -Verpflichtung, die dann ihre Ergänzung fände in den Gesetzen über die -Verteilung der Arbeit. Selbstverständlich würde diese durch Erbschaft -überkommene Belastung der Erhebung in bevorzugte Berufe dann nicht im -Wege stehen, wenn die Bedingungen erfüllt sind. - -Es ist hier der Ort, einiges über die angeborenen Anlagen der Menschen, -spricht man doch von geborenen Verbrechern, und über die Vererbung -innerhalb der menschlichen Rasse zu sagen. Die Anschauung, daß es -geborene Verbrecher gebe, teile ich nicht. Es mag gewisse angeborene -Eigenschaften geben, welche es dem damit behafteten Individuum schwerer -machen, sich den Gesetzen und den gegebenen Umständen anzupassen, aber -ein angeborener Hang zu =bestimmten= Verbrechen ist nicht erweislich. -Die Eigenschaften der Menschen bestimmen ihre Handlungen nicht allein, -sondern nur im Zusammenwirken mit den Umständen und Verhältnissen im -allgemeinen und mit einzelnen Vorkommnissen im besonderen. Bismarck -hätte nie eine zur Einigung Deutschlands führende Handlung gesetzt, -wenn er nicht in den preußischen Staatsdienst berufen worden wäre, -den er nicht gesucht hat. Mancher Selbstmörder hätte nie einen -Selbstmord begangen, wenn nicht etwa die Betrachtung einer Waffe -eine Ideenassoziation ausgelöst hätte, die zu Selbstmordgedanken -führte. Jeder Mensch birgt eine Welt der verschiedensten, sich oft -widersprechenden Anlagen und Neigungen und welche davon ins Spiel -kommen, hängt von der Geschichte des Individuums und sehr häufig von -unberechenbaren Zufällen ab. Der große Vorzug des Kollektivismus, der -zur Staatsomnipotenz führt, ist es, daß er die nützlichen Anregungen, -Anregungen, sich der Gesamtheit nützlich zu erweisen, außerordentlich -vermehrt, die gegenteiligen Anregungen nicht nur an und für sich -vermindert, sondern auch, sofern sie potentiell im Gesellschaftsleben -noch vorhanden sind, durch Anregungen sozialer Natur verdrängt.[25] - - [25] Ich war vor etwa dreißig Jahren allein in meiner Kanzlei, - als ein Mann bei mir eintrat, der Tränen in den Augen - hatte und vor Bewegung kein Wort sprechen konnte. Er - überreichte mir einen Zettel, worauf stand, daß er - soeben aus einer Strafanstalt komme, wo er ein Jahr wegen - Veruntreuung abzubüßen hatte. Er suche einen Erwerb. Ich - ließ ihn Platz nehmen und Schriften kopieren und da er - brauchbar war, gab ich ihm zunächst ein Tagegeld, später - einen Monatlohn und niemand erfuhr etwas von seinem - Vorleben. Bald fand er auf Grund meines Zeugnisses über - seine Verwendung in meiner Kanzlei einen Posten in einem - Handlungshause und dann als Korrespondent in einer Bank. - Er hat nie Anlaß zu einer Klage gegeben. Eine ähnliche - Erfahrung machte ich mit einem anderen Beamten meiner - Kanzlei, dessen Vorbestrafung mir erst nach seinem - Austritte bekannt wurde. - -Allein angeborene gute Eigenschaften -- abgesehen von deren -erziehlichen Entwickelung -- sind selbstverständlich im Interesse der -Gesellschaft gelegen, weil auch der wohlerzogene Mensch mehr leistet, -wenn er über gute Anlagen verfügt. So hat also die Gesellschaft ein -Interesse daran, daß nur gut veranlagte Individuen geboren werden. Doch -ist auf Beeinflussung der Zeugungsprodukte durch das Zusammenwählen -der Eltern von Gesellschaftswegen nicht viel zu geben, wenigstens -nach dem heutigen Stande der uns zu Gebote stehenden Kenntnisse. Nur -das fortgesetzte Ausschalten der schlecht veranlagten Individuen von -der Zeugung scheint etwas für die Veredlung der menschlichen Rasse -zu versprechen, nicht aber die positive Auswahl der zu paarenden -Individuen. Jedes Kind erbt einen Teil der Eigenschaften des Vaters und -einen Teil der Eigenschaften der Mutter und in welcher Proportion, auf -welchem Gebiete der physischen und psychischen Anlagen diese Vererbung -erfolgt, ist, derzeit wenigstens nicht bestimmbar. Die Vereinigung -des väterlichen und mütterlichen Naturells in den Kindern verhält -sich, wie die Legierungen verschiedener Metalle oder die chemischen -Verbindungen von Stoffen in verschiedenen Proportionen. Verbindungen -von Kupfer und Zink in verschiedenen prozentuellen Verhältnissen geben -Produkte, welche keineswegs im gleichen prozentuellen Verhältnisse -die Eigenschaften der verbundenen Metalle zeigen. Aber während wir -bestimmen können, wie viele Teile der Metalle wir zusammengeben, können -wir nicht beherrschen, wie viele und welche Teile des väterlichen und -mütterlichen Naturells auf die Kinder übertragen werden. Darum kann -das Kind eines schönen Vaters und einer schönen Mutter grundhäßlich -sein und es scheint darum, wenigstens heute, am meisten von einer -Paarungswahl erhofft werden zu können, welche durch den Sexualinstinkt -des Weibes bestimmt wird.[26] - - [26] Auf der Jahresversammlung des deutschen Vereins für - Volkshygiene in München sprach sich Professor M. - Gruber-München dahin aus, daß der Kampf ums Dasein unter - den Menschen nicht immer rasseveredelnd wirke, daher er - sagte, wir könnten, indem wir die äußeren Hindernisse - einer gesunden körperlichen und geistigen Entwicklung - beseitigen =und den Kampf ums Dasein durch eine - vernunftgemäße Zuchtwahl ersetzen, ungeheure Fortschritte= - anbahnen. Ganz im Sinne dieser Mahnung soll der sanitäre - Dienst im Zukunftsstaate wirken. - -Auf das Eheleben der jungen Eheleute werden die Ärzte belehrend und -aufklärend Einfluß zu nehmen suchen. Die Ärztin wird die junge Frau -in den ersten Monaten auf das Beste beraten. Der junge Mann wird -sich mehr beherrschen müssen als heute, die Frau wird sich auch dem -geliebten Manne entziehen dürfen, wenn immer es ihr Wohl und das Wohl -der Frucht ihrer Liebe erfordert. Wenn man die Lehren des Alphons von -Liguori über die Pflichten der Frau kennt, so wird man sagen müssen, -daß das Eheleben der Zukunft gerade das Widerspiel von dem sein wird, -welches jener Moralist vorschreibt. Die Ärztin wird vielleicht durch -ihren männlichen Kollegen auch auf den jungen Ehemann einwirken, -wenn die Umstände es erfordern und die Ehe wird gewiß an Schönheit -und Vernünftigkeit gewinnen, das Los der Frauen sich viel günstiger -gestalten als es heute ist. Auch hierin muß man einen Fortschritt -begünstigen und man kann nicht von allem Anfange an vom Kollektivismus -das Vollkommenste erwarten. Die Kohabitation der Eheleute wird -ein Privilegium bilden, es ist aber nicht ausgemacht, daß diese -Kohabitation in bestimmten Perioden der Schwangerschaft nicht wird -aufzuheben sein.[27] - - [27] Ein Wiener Professor der Anatomie hielt im Februar 1902 - in Wien einen öffentlichen Vortrag über die physische - Veredlung des Menschen und stellte so ziemlich dieselben - Forderungen auf, wie sie hier aufgestellt werden, aber er - machte sich keine Gedanken darüber, daß diese Forderungen - in unserer Gesellschaftsordnung nicht erfüllt werden - können. Er ist für Aufrechterhaltung der Ehe, Schonung - der schwangeren Frau bis zur Entbindung, Beseitigung - des Mieders während der Schwangerschaft, gewiß sehr - bescheiden, Vermeidung heftiger Bewegungen während - dieser Epoche mit Inbegriff des Reitens und Schwimmens, - Schaffung eigener Stätten, wo arme Frauen gebären können. - Er ist gegen die Auswahl der Paare durch behördlichen - Einfluß, aber, wie es scheint, für den Ausschluß aller - schwächlichen und kränklichen Zeugungspersonen. Um - alles das allgemein durchzuführen, braucht man den - Kollektivismus und eine gesellschaftliche Macht über die - Einzelnen, die nur der Kollektivismus bieten kann. - -Die Lösung der Ehe wird zu ermöglichen, aber wahrscheinlich nicht zu -begünstigen sein. Wenn sich heute schon Stimmen dafür erheben, die -Ehe überhaupt nur auf Zeit und etwa für einen einzelnen Zeugungsakt -zuzulassen, so kann davon zunächst gewiß nicht die Rede sein. Später -mag man vielleicht zur Überzeugung gelangen, daß eine Scheidung, -vorzüglich auf Verlangen der Frau, etwa nach der ersten Geburt, sehr -leicht soll gestattet werden. Allein zunächst muß das System der -Scheidung und eventuellen Trennung wie bei Akatholiken unter manchen -Erschwerungen als das Vernünftigste gelten. Von der Frau ist die -eheliche Treue auf das Strengste zu fordern und zwar nicht so sehr als -ein Recht des Gatten als der staatlichen Interessen wegen, damit nicht -unter dem Deckmantel der Ehe die Zeugung durch solche Männer ermöglicht -werde, die von der Zeugung ausgeschlossen wurden. - -Die Ehe wird beiden Teilen einige Beschränkungen auferlegen, die -Unvermählten erspart sind. Daher ist manche Kompensation zu gewähren. -Trauungsfeierlichkeiten, vielleicht größere Wohnungsbequemlichkeiten, -gewisse Begünstigungen in den Honigwochen, vielleicht, aber doch nicht -wahrscheinlich, Hochzeitsreisen, eher aber Urlaub für die erste Zeit -der Ehe mit ruhigem Dahinleben an einem stillen Orte, der das engste -und vertraulichste Zusammenleben in schöner Umgebung gestattet, mag -einen Ausgleich gewähren für längeres Zuwarten, die Gebundenheit der -Ehe und vor allem der jungen Frau für die Last der Schwangerschaft -und Geburt. Ist die Auswahl zur Ehe eine besonders strenge, so wird -man von einer verheirateten Frau mehrere Kinder erwarten, etwa vier. -Wenn gleich die Erfüllung dieser Erwartung den Frauen gegenüber -nicht erzwungen werden kann, da der Vorschlag Platos, dies in der -Form auszuführen, daß man die zur Begattung bestimmten Paare am -bestimmten Tage in die Tempel führt und in Gegenwart von Priestern -zur Zeugung anhält, als brutal und absurd verworfen werden muß, so ist -doch anzunehmen, daß es dem Einflusse der Frauenkurie, VII, 4, deren -Hauptaufgabe es wäre, dafür zu sorgen, daß Frauen und Mädchen sich den -gesellschaftlichen Bedürfnissen unterordnen, und dem Einflusse des -weiblichen Arztes gelingen wird, den Widerstand jener verheirateten -Frauen zu besiegen, welche den Liebesfreuden huldigen, aber nicht -zeugen wollen, ein Gedanke, der in einer Gesellschaft wohl keimen -kann, in welcher den von der Ehe ausgeschlossenen Mädchen nach den im -Abschnitt VII, 3, entwickelten Vorschlägen, dieser Ausweg freigestellt -wird. Es bedarf offenbar eines wohlorganisierten staatlichen -Einflusses, um den einen das Zeugen zu verwehren und den anderen als -Pflicht darzustellen. Theoretisch werden alle anerkennen, daß wegen des -offenbaren sozialen Interesses die untauglichen Personen die Zeugung -meiden, die tauglichen aber ihr nicht aus dem Wege gehen sollen. Aber -der Einzelne wird nicht immer gelten lassen wollen, daß das Gesetz -auf ihn Anwendung habe, schon deshalb, weil die Sachverständigen -sehr oft fehlgreifen werden und Jene, welchen sie die Ehe gestatten, -Krüppel oder Idioten zeugen und illegitime Geburten gesunden Kindern -das Leben geben werden. Und aus diesem Grunde muß man auf die -Mitwirkung der oben erwähnten Faktoren bauen.[28] Heute bleiben diese -offenbaren gesellschaftlichen Interessen unberücksichtigt, insofern -nicht vielleicht in einzelnen Fällen der priesterliche Einfluß sich -=vorteilhaft= geltend macht. - - [28] Ich machte in meinem Roman »Österreich im Jahre 2020« - Seite 318, 319, 332 und 333 einen Versuch, den Einfluß der - Frauen in einem Falle dieser Art zu schildern. - -Die katholische Moral stimmt mit unseren Anschauungen nicht überein. -Nach Alphons von Liguori soll sich die verheiratete Frau den Begierden -ihres Mannes jederzeit opfern, selbst während einer Krankheit, und den -maßlosesten Forderungen soll sie sich wie eine Sklavin hingeben. Die -Wahrscheinlichkeit, einem siechen Geschöpfe das Leben zu geben, ist -kein Grund, der Enthaltsamkeit rechtfertigen würde, denn Alles ist -Gottes Wille. - -Für die künftige Gesellschaftsordnung kann man sich übrigens recht -wohl denken, daß nach einer Reihe von Jahren und nach der Geburt einer -gewissen Anzahl von Kindern der eheliche Zwang aufhört und auch das -Zusammenwohnen ein Ende nimmt. Unter gewissen Umständen wird man dann -auch auf Gattentreue keinen Wert mehr legen, immer vorausgesetzt, daß -keine Kinder mehr gezeugt werden. - -Zu den Freuden der Ehe gehört auch das Zusammenleben mit den Kindern -in den Stunden, die nicht der Arbeit gewidmet sind. An die Stelle der -väterlichen Gewalt soll die mütterliche Gewalt treten, doch soll der -Vater trachten, sich einen Einfluß auf die Entscheidungen der Mutter -zu sichern und zwar durch Liebe und Weisheit. Im Falle der Scheidung -oder Trennung folgen die Kinder der Mutter, insofern nicht der in VII, -5, b, erwähnte Fall des Verlustes der mütterlichen Rechte eintritt und -eine Wahlmutter die Stelle der natürlichen Mutter einnimmt. Der Staat -wird die Autorität der Mutter den Kindern gegenüber wahren und ein -darauf berechnetes Zusammengehen der staatlichen Erziehungsorgane mit -der Mutter fordern. Da im Falle der Verwaisung von Kindern, wie auch -im Falle des Verlustes des mütterlichen Erziehungsrechtes für einen -Ersatz durch Bestellung einer Wahlmutter gesorgt werden soll, wird -der natürlichen Mutter das Recht zuzugestehen sein, für den Fall ihres -Todes oder für den Fall ihrer Abwesenheit die Frau zu wählen, welche, -wenn sie den Auftrag annimmt, zeitlich oder dauernd ihre Stelle als -Wahlmutter zu vertreten hat. - -Aber weder Frau noch Mädchen darf gezwungen werden, die Stelle -einer Wahlmutter überhaupt oder einem bestimmten Kinde gegenüber zu -übernehmen. Näheres über diesen Gegenstand enthält der Abschnitt VII, -5, b, _Alinea_: »In der Regel wird man.« - -Daß der Staat einen Anteil an der Erziehung zu nehmen hat, ist eine -selbstverständliche Sache und es ist dem der Abschnitt VII, 5, a, über -die Erziehung gewidmet. - - -3. Geschlechtliche Sittlichkeit. -- Freie Liebe. - -Die Forderung der geschlechtlichen Enthaltsamkeit außer der Ehe wird -heute den Mädchen aus zwei Gründen mit größter Strenge auferlegt. -Der erste Grund ist eben der, daß man einer Übervölkerung vorbeugen -will, die am ehesten dadurch hintangehalten wird, daß die Männer -die Freuden der Liebe infolge der Enthaltsamkeit der unverheirateten -Frauenspersonen nur in der Ehe genießen können, welche dem Ehemanne -die Erhaltung der von seiner Frau geborenen Kinder auferlegt, daher er -die Ehe solange meidet, solange er nicht wirtschaftlich in der Lage -ist, für die Familie zu sorgen. Alle diese Gesetze und Einrichtungen -erschweren die Zeugung in dem Maße, als es die Gesellschaft -braucht. Der zweite Grund für jene Forderung der Frauenehre ist die -Oberherrschaft der Männer über die Frauen und die Anforderung, welche -demnach erstere stellen, daß die Braut dem Gatten unberührt in die -Arme geführt werde, obgleich den Mädchen ein gleicher Anspruch nicht -zuerkannt wird. Zu den Einrichtungen, welche die Geburten vermindern, -gehört auch die Prostitution, wodurch die Triebe der unverheirateten -Männer im ausgiebigsten Maße durch verhältnismäßig wenige der Schande -preisgegebene Frauenspersonen befriediget werden sollen und zwar -ohne Wahrscheinlichkeit der Zeugung, welche diese Frauen zu umgehen -wissen und der sie aus geschäftlichem Interesse entgehen wollen. Diese -Zustände sind im höchsten Grade verächtlich, nicht deshalb, weil -die Begattung außerhalb der Ehe stattfindet, sondern weil sie rein -mechanisch, ohne gemütliche Neigung, ja ohne alle Achtung des Mannes -vor dem Weibe, das er umarmt, mit der tiefsten Erniedrigung des Weibes -vor sich geht, wenngleich manche Ehen in dieser Hinsicht sich von der -Prostitution kaum unterscheiden. - -Wir sehen, daß in unserer Zeit die sinnlichen Begierden in sehr hohem -Grade die Mehrheit der Männer und Frauen beherrschen und es scheint, -daß diese Vergeudung von Kräften im Geschlechtsleben der Tiere ganz -unbekannt ist. Dagegen ist es allerdings zweifellos, daß es auch in -unserer Zeit viele Männer und Frauen gibt, die sehr leicht enthaltsam -leben könnten, aber man muß annehmen daß sie eine geringe Minderheit -bilden. - -Es kann nun sein, daß diese hochgradige Sinnlichkeit entweder eine -Folge des Kulturbedürfnisses der Einschränkung der Geburten oder eine -Folge der durch die Gesellschaftsordnung bedingten Zustände ist. Wir -sehen bei allen Tieren, daß sie die Liebesakte einstellen, sobald der -Zeugungszweck erreicht ist. Dafür aber vermehren sich alle Tiere ohne -irgendwelche Grenzen und sie drängen zur Überproduktion, die nur durch -wechselseitige Ausrottung unterdrückt wird. Die Menschen beschränken -die Umarmungen nicht auf die Zeugungsakte und zwar in der Ehe so -wenig, als außer der Ehe. Da nun der Kollektivstaat die Zeugungen auch -beschränken müßte, so wird dieser Grund eines vielleicht unnatürlichen -Kultus der Geschlechtsliebe nicht wegfallen. Diese Beschränkung ist -ein offenbares Bedürfnis der Kultur und Kultur ist ja auch nicht -wirklich natürlich, wenn auch nicht naturwidrig. Sie kann nur dann -als vernünftig gelten, wenn sie eine Vervollkommnung der Natur in -sich schließt und das setzt voraus, daß die Kultur den Naturzweck der -Selbsthaltung besser erreicht, als die ursprüngliche Natur, wenn sie -also ein längeres Leben verspricht. - -Die heutige Gesellschaftsordnung ist auch insofern schuld an jener -wahrscheinlich schädlichen Übertreibung des Liebesgenusses, als sie -Gelegenheit zu großer Bereicherung Einzelner gibt, welche naturgemäß -ein bloßes Genußleben führen und nur daran denken, neue Freuden zu -ersinnen, während andere durch ihre Armut veranlaßt werden, dieser -Genußsucht zu dienen und sie noch anzustacheln, um aus dem Reichtum -anderer Vorteil zu ziehen. Es sind das Maitressen, Prostituierte -und Kupplerinnen. Es ist zu vermuten, daß der Kollektivismus durch -verhältnismäßige Verteilung der Arbeit und der Güter sowie durch -größere Förderung der edleren Genüsse des Lebens zu einer Herabsetzung -des ausschweifenden Geschlechtstriebes führen werde. Große und leicht -erregbare erotische Sinnlichkeit wird man bald als eine Krankheit -erkennen, die wie jede andere Krankheit durch die Ärzte zu bekämpfen -sein wird. Nach ihren Erfahrungen wird man die Erweckung der -Sinnlichkeit zu vermindern trachten, und sobald man die Sinnlichkeit -nicht als sündhaft, sondern als krankhaft zu bekämpfen unternehmen -wird, wird es auch von selbst gegeben sein, daß die jungen Leute -aufhören, aus ihren Begierden ein Geheimnis zu machen. Dabei wird -sich aber die Bestellung von weiblichen Ärzten als besonders wohltätig -erweisen, weil die Mädchen und Frauen solche Bekenntnisse einem Manne -weder ablegen mögen noch sollen.[29] - - [29] In Tirol wird sich nicht leicht ein Bauernmädchen oder - Bauernbursche der Beichte entziehen, aber zahllos sind - die mir bekannt gewordenen Äußerungen von Bauernburschen - und Mädchen der Landbevölkerung, daß man geschlechtliche - Sünden nicht zu beichten brauche, weil sie natürlich - seien. Nach dem, was ich selbst aus dem Munde der Leute - vernahm, ist mir alles glaubwürdig, was andere drüber - berichten. Adolph Pichler, aus Tagebüchern 1850-1899, - Seite 311. - -In welchem Maße nun Enthaltsamkeit sittlich geboten ist, kann nur -auf Grund jener allgemeinen Beobachtungen beurteilt werden, die -nur im Kollektivstaat möglich sind und welche die Hauptaufgabe -der Sanitätspersonen bilden. Wenn in einem Volke eine naturgemäße -Befriedigung des Geschlechtstriebes und eine naturgemäße Herabsetzung -der erotischen Begierden allgemein verbreitet wird, so muß sich -die Richtigkeit der Grundsätze, nach denen man verfährt, in einer -größeren Langlebigkeit zu erkennen geben, und =einzig und allein der -Einfluß einer gewissen Lebensweise auf die Verlängerung des Lebens -ist der Maßstab ihrer sittlichen Berechtigung=. Im einzelnen Falle -aber wird sich der Arzt schon aus gewissen Erscheinungen, die Zeiten -der Ausschweifung oder der Enthaltsamkeit nachfolgen, ein Bild machen -können, was zerstörend und was förderlich wirkt. Die sichersten -Merkmale für die ärztliche Beobachtung werden psychische Erscheinungen -sein, Herabsetzung bestimmter geistiger Kräfte, insbesondere -Gedächtnisschwäche, Arbeitsunlust und anderes werden darauf deuten, -daß der Natur Schädliches zugemutet wurde. Allein naturwidrige -Enthaltsamkeit wird nicht minder schädlich wirken, wenn auch vielleicht -andere Wirkungen hervorbringen. - -Aufgabe der Ärzte wird es sein, nach Maßgabe ihrer Erfahrungen auch -jene Erziehungsgrundsätze festzustellen, welche im allgemeinen oder -individuell zur Hebung der Sexualethik führen können, wobei ich unter -Sexualethik keineswegs sexuelle Enthaltsamkeit allein verstehe, sondern -auch innerhalb der natürlichen Grenzen vernünftige Hingabe an die -Genüsse des Liebeslebens. Diesen kommt ja nicht nur ein Wert für das -Individuum zu, sondern die Liebe zwischen Mann und Weib ist der Anfang -und die Quelle aller sozialen Ethik, weil die auf =wechselseitige= -Befriedigung gerichtete Liebesbegierde vor allen anderen Freuden das -Zusammensein der Menschen fordert und fördert. Darum müssen wir es als -zweifelhaft betrachten, ob, wenn die Zeugung beschränkt werden muß, die -Einschränkung des Liebesgenusses auf die Zeugungsakte vom Standpunkte -des gesellschaftlichen Interesses erwünscht wäre. - -Die Lösung der eben erwähnten Aufgabe der Ärzte wird aber durch die -Mitwirkung der Lehr- und Erziehungspersonen ohne Zweifel gefördert -werden, da die Erfahrung auf dem Gebiete der psychologischen Tatsachen -in die Kompetenz allerdings des Arztes, aber auch in die Kompetenz -der Lehrer und Erzieher fällt. Während nämlich die Fachkompetenz der -Ärzte sich darauf beschränkt, zu erkennen, welche Lebensgrundsätze der -Erreichung des Naturzweckes, nämlich ein hohes Alter sicherzustellen, -förderlich sind, welche ihm schaden, ist es der Erzieher, dessen -Aufgabe es ist, zu ermitteln, wie der Mensch zur Annahme dieser -Lebensgrundsätze und dazu bestimmt werden kann, ihnen gemäß zu leben. - -Für diese Organe der Gesellschaft würde zunächst in Frage kommen, -inwiefern die zu frühe oder zu starke Erregung der geschlechtlichen -Phantasie für die Sexualethik schädlich zu wirken geeignet ist. Diese -Frage beschäftigte in den letzten Jahren den deutschen Reichstag. Eine -allzu starke Erregung der Phantasie junger Leute kann die Folge des -Betrachtens von Statuen oder Bildern sein, welche die nackten Menschen -darstellen. Dabei kommt aber wesentlich in Betracht, daß infolge der -Notwendigkeit der Bekleidung und der auf Schamhaftigkeit gerichteten -Sitten ein solcher Anblick des Gegensatzes wegen viel stärker wirkt -und unter gegebenen Umständen wirken kann, als er wirken könnte, -wenn die Menschen sich, wie in heißen Klimaten, von Jugend auf an den -Anblick unbekleideter Menschen gewöhnen würden. So ziemlich allgemein -ist übrigens die Meinung, daß der Anblick von Statuen des nackten -menschlichen Körpers viel weniger die Phantasie beeinflußt, als der -Anblick von Gemälden, die denselben Gegenstand behandeln. Dabei ist von -Belang die Farbe des Materials, sei es Stein, Bronze oder Holz, dann -auch, daß Statuen in der Regel einzelne Menschen darstellen, auf den -Bildern aber zumeist mehrere Menschen, auch verschiedenen Geschlechtes, -zur Darstellung kommen. Zu bemerken ist, daß im kollektivistischen -Staat infolge der alle Bewohner umfassenden Organisation eine -Möglichkeit besteht, die Jugend bis zu einem gewissen Alter von jedem -Anblicke von Bildwerken und Schaustellungen gewisser Art unbedingt -fernzuhalten, was in unserer individualistischen Gesellschaftsordnung -nicht möglich ist. - -Es scheint ferner, daß mit Rücksicht auf die Einwirkungen auf die -Jugend auch den Erwachsenen gewisse Beschränkungen auferlegt werden -können. So wird ihnen der Genuß der Liebesfreuden nur verstattet sein, -wo sie des Alleinseins versichert sind und nicht beobachtet werden -können. Man wird Liebesleuten auch andere Vertraulichkeiten, das -Küssen, Berühren, dort verwehren, wo es dritte gewahr werden können. -Diese Beschränkungen dienen aber auch anderen gesellschaftlichen -Zwecken. Der Anblick verliebten Gebarens hat für den Unbeteiligten -etwas Anwiderndes, somit ist es rücksichtslos gegen andere, sie -zu Zeugen selbst der geringeren Liebesfreuden zu machen. Wird sich -aber der Liebende bewußt, daß dem so sei, so muß ihn die Gegenwart -anderer stören, wenn er gesellschaftlich normal empfindet. Die -Liebesfreuden werden durch die Einschränkung nach Zeit und Ort auch -naturgemäß erhöht, daher auch die Liebenden von jenen Einschränkungen -einen Vorteil haben. Endlich führt die schrankenlose Hingabe an die -Liebesfreuden zur Trivialisierung oder zu krankhafter Ausschweifung. - -Es unterliegt also keinem Zweifel, daß der Kollektivismus vom Staate -nicht nur Produktion und Verteilung materieller Güter fordert, sondern -auch eine dem Gesamtinteresse förderliche Regelung des Liebeslebens -und der Propagation der Rasse. Die heutige Jugend neigt nun zwar zu -einer anderen Meinung und erwartet vom Sozialismus Aufhebung aller -Schranken des Liebeslebens, auch in der Ehe. Auch viele Frauen huldigen -dieser Anschauung, zum mindesten solche, die zu den Schriftstellerinnen -zählen. Man glaubt sich dadurch der Natur zu nähern. Allein die -ursprüngliche Natur des Menschen war die Kulturlosigkeit, und zu dieser -wollen wir ja nicht zurückkehren. Nur das müssen wir verwerfen, was -mit der Herrschaft der Wenigen zusammenhängt; ist durch Herstellung -der wahren Volksherrschaft diese Herrschaft Weniger abgeschüttelt, -dann wird der Einzelne sich den Interessen der Gesamtheit unterwerfen -müssen. - -Nun entsteht die Frage, ob die freie Liebe zu dulden sein wird. - -Unter freier Liebe verstehen wir Anteil an den naturgemäßen Freuden der -Liebe zwischen Personen verschiedenen Geschlechtes, die nicht durch -die Ehe verbunden sind. Daß die außereheliche Liebe aus religiösen -Gründen verwerflich sei, Gott beleidige und im Jenseits gestraft werde, -ist eine Anschauung, die Wenige teilen, und diese Wenigen haben kein -Recht, anderen Gesetze vorzuschreiben oder sie zu kränken. Die Strenge -der Grundsätze der katholischen Kirche in ihren Lehren über diesen -Gegenstand ist in einem sonderbaren Widerspruche mit den tatsächlichen -Verhältnissen in den katholischen Ländern von heute, welche durch 1200 -Jahre vor dem Trienterkonzil noch viel schlimmer waren als heute. Und -die heutige Kirche ist sehr nachsichtig mit den vielen Konkubinariern -in der Priesterschaft, die in Kärnten, in Niederösterreich und in den -slavischen Ländern einen sehr großen Prozentsatz betragen sollen. Hier -kommt ja noch dazu die Eidbrüchigkeit und das Sakrilegium, welches nach -den Lehren der katholischen Kirche mit diesen Priestersünden verbunden -ist. Und da der Kanzler Gerson auf dem Konstanzer Konzil schon mahnte, -man solle Nachsicht üben mit den pflichtvergessenen Priestern, da -sonst nach den Erfahrungen von Jahrhunderten noch weit größere Übel zu -erwarten sind, so läßt es auch die Kirche von heute nicht an Nachsicht -fehlen, denn es ist mir in meinem Leben nur ein einziger Fall zu -Ohren gekommen, daß ein solcher Priester von der geistlichen Autorität -amoviert worden wäre, und das erst, nachdem bei einem gerichtlichen -Falle die Verderbtheit dieses Priesters erörtert und allgemein -bekannt geworden ist. Die Beschuldigung ging nicht nur auf einfaches -Konkubinat, sondern auch auf Ehebruch und Blutschande. - -Ist nun aber nach den in VII, 2, entwickelten Grundsätzen die Ehe -eingeführt als ein zweckmäßiges Mittel, die Propagation im öffentlichen -Interesse zu regeln, so ergibt sich daraus, daß die freie Liebe nur -insofern geduldet werden kann, als sie unfruchtbar bleibt, und wir -wissen, daß das nur von dem Willen der Liebenden abhängig ist. Dieser -Art von Verbindungen das Unästhetische, Gesundheitswidrige und die -Unsicherheit zu benehmen, wird die Aufgabe einer fortschrittlichen -Entwicklung sein, aber wohl kaum je in vollkommen befriedigender Weise -erreicht werden. Die Frauen in Indien, welche sehr kinderscheu sein -sollen, sollen diesen Zweck ohne mechanische Hilfsmittel zu erreichen -wissen. Jedenfalls sollte das von der Frau allein abhängen und der Mann -weder Einfluß darauf nehmen können, noch darum wissen.[30] - - [30] Diese Vorsichtsmaßregeln werden zumeist verworfen, und - Adolph Pichler »Aus Tagebüchern« 1850-1899, Seite 310 - nennt sie geradezu ekelhaft, was auch Schäffle dagegen - einwendete. Diese Kritik ist aber in Anbetracht der - unermeßlichen Interessen, die damit zusammenhängen, u. - z. im Kollektivstaat öffentliche Interessen, keineswegs - ausschlaggebend, und da wäre Duldsamkeit viel berechtigter - als dem Konkubinat der Priester gegenüber. Dasselbe - könnte man ja auch vom regelmäßigen Zeugungsakt sagen. Er - setzt auf beiden Seiten Unterdrückung der Schamhaftigkeit - voraus und in diesem Opfer, aus Liebe gebracht, liegt - gerade der Zauber der Liebe. Daß die Unterdrückung der - Fruchtbarkeit der Umarmungen allein den Vorwurf der - Ekelhaftigkeit verdient und daß sie, wie Pichler meint, - die wechselseitige Achtung untergrabe und der Treue - Eintrag tue, ist ein offenbarer Irrtum; wäre aber auch - in den Verhältnissen, die ich hier im Auge habe, nicht - entscheidend. Ja, wenn der Ehemann nicht viel genügsamer - wird, als er heute ist, wird -- ausnahmsweise oder - vorübergehend -- auch in der Ehe die Unterdrückung der - Fruchtbarkeit der Umarmungen wegen Schwäche, Krankheit - oder besonderer Gefährlichkeit der Entbindung sich - rechtfertigen lassen. - -Wird dem staatlichen Zwecke nicht zuwidergehandelt, so hat die -Staatsverwaltung keinen Anlaß, die freie Liebe zu erschweren oder -zu unterdrücken und sie wird alle, die von dieser Freiheit Gebrauch -machen, gegen Verunglimpfung in Schutz nehmen. Damit ist aber nicht -gesagt, daß das Konkubinat zu dulden wäre. Auch will ich hier noch -bemerken, daß mir von ärztlicher Seite vorgeschlagen wurde, auch den -von der Zeugung Ausgeschlossenen die Ehe, welche aber unfruchtbar -bleiben müßte, zu gestatten. Ich bezweifle, daß das unseren Zwecken -besser entsprechen würde, als was ich vorschlage. - -Dagegen werden widernatürliche Geschlechtssünden Gegenstand der -Bestrafung sein. Sie beleidigen zumeist, so insbesondere beim -Geschlechtsverkehr mit Tieren, den Adel der menschlichen Natur und -nachdem dieser ein gemeinsamer Schatz aller Menschen ist, muß jede -Widernatürlichkeit als gesellschaftswidrig gelten. - -Es könnte die Frage aufgeworfen werden, ob den unverheirateten -Frauenspersonen nicht die Abtreibung der Leibesfrucht unter gewissen -Einschränkungen zu gestatten wäre.[31] Es werden dabei zahlreiche -Rücksichten in Betracht kommen, deren Gewicht man heute kaum zu -beurteilen vermag. Würde sie gestattet, so wäre man gewiß, daß manche -schlimme Tat dadurch verhindert und daß sie in der der Gesundheit am -wenigsten abträglichen Form und unter ärztlichem Beistande erfolgen -würde. Streng würden andere Handlungen bestraft, welche auf Beseitigung -der bereits lebenden Frucht gerichtet wären. Es scheint übrigens -nicht wohl möglich, daß solche Handlungen verheimlicht werden können, -wenn die Einrichtungen beständen, welche hier zur Feststellung -gekommen sind. Es wäre dann unmöglich, daß eine Schwangerschaft dem -kompetenten Arzte ein Geheimnis bliebe, oder daß sich die Schwangere -vor der Entbindung der Aufmerksamkeit des Arztes entzöge. Schon die -Unterdrückung der Geschlechtskrankheiten macht es wünschenswert, daß -der Einzelne sich auch im geheimsten Gebiete des Lebens der ärztlichen -Beobachtung nicht soll unbedingt entziehen dürfen. Das wird am besten -dadurch erreicht, daß schon von frühester Jugend an jeder daran gewöhnt -wird, sich regelmäßig der Untersuchung eines Arztes seines Geschlechts -zu unterwerfen. Diese Untersuchungen werden sich zur Zeit der -Geschlechtsreife auch auf die Feststellung geschlechtlicher Unordnungen -und Krankheiten erstrecken und in je früherem Alter die jungen Menschen -daran gewöhnt werden, um so weniger anstößig und beleidigend wird die -Untersuchung ihnen erscheinen. - - [31] Thomas von Aquin, der einen Kommentar zu den Büchern über - Politik von Aristoteles geschrieben hat, worin er zwar die - Anschauungen =dieses= Philosophen mitteilt, aber offenbar - in allem billigt, sagt im Band XXI der Ausgabe Parma Seite - 600 u. f. daß, wo die Gesetze die Tötung der überzähligen - Kinder dulden, es besser sei, zu abortieren, welches das - geringere Übel wäre. Auch manche vernünftige Anschauungen - Aristoteles über das Alter, in dem man zeugen soll, - führt der Äquinate an und er scheint zu billigen, daß man - verkrüppelte Kinder nicht aufziehen solle. - -Es ist klar, daß hier Fragen als Probleme behandelt werden, die man -längst entschieden glaubt. Allein der Grundgedanke des Verfassers, -=sittlich ist jenes Leben, das dem Menschen die Erreichung des höchsten -Alters am wahrscheinlichsten macht=, führt zu der Überzeugung, daß der -Zusammenhang zwischen unseren Handlungen und jenem Ziele nur in einer -Gesellschaftsordnung festgestellt werden kann, welche, was nach diesem -Grundsatze das Richtige ist, mit der größten Verläßlichkeit zu erkennen -möglich macht. Daß das nur vom Kollektivismus erwartet werden kann, -lehrt unsere Untersuchung auf Schritt und Tritt. - -Der sittliche Skeptizismus hat seine Berechtigung nicht darin, daß es -an einem Maßstabe der Sittlichkeit mangelt, sondern darin, daß unsere -gesellschaftlichen Zustände eine Verwirrung mit sich bringen, welche es -unmöglich macht, die Anwendung des leitenden sittlichen Grundsatzes, -=lebe jenes Leben, das dir die größte Sicherheit bietet, das höchste -Alter zu erreichen=, auf die einzelnen Lebensfragen zu finden. - - -4. Die Frauenkurie. - -Die Frauen haben Interessen, an welchen die Männer keinen Teil haben. -Das Geschlechtsleben der Frauen ist so geartet, daß die Liebe ihnen -Gefahren, Lasten und Schäden bringt, die den Männern fremd sind. -Es entstehen daraus Bedürfnisse, die die Frauen allein angehen, auf -einem Gebiete, worauf ihnen allein Erfahrungen zu sammeln möglich ist -und in welches den Männern Einblick zu gewähren keinen Zweck hätte, -den Frauen aber höchst peinlich wäre. Wie sie in gewissen Fällen nur -den Rat und die Hilfe eines weiblichen Arztes annehmen mögen, wenn -es an kompetenten Frauen nicht mangelt, so werden sie auch nur mit -Frauen ihre Erfahrungen über die geheimsten Seiten des Liebeslebens -austauschen und sich beraten wollen. Darum muß ihnen Gelegenheit -gegeben werden, Versammlungen abzuhalten, die den Männern verschlossen -bleiben, geheime Korrespondenzen zu führen und Zeitschriften für Frauen -herauszugeben, welche den Männern ein Geheimnis bleiben müssen. - -Man könnte diesen Verband der Frauen und Mädchen »Frauenkurie« nennen -und demselben korporative Rechte einräumen. Die Verfassung könnte -ihnen das Recht einräumen, über gewisse Gegenstände als besonderer -gesetzgebender Körper abzustimmen. Die Kurie würde sich in Lokalgruppen -und diese in Sektionen abteilen und durch Delegierte würden die -Lokalgruppen, Kreis- und Provinzialausschüsse bilden und einen -Zentralausschuß für das ganze Reich einsetzen. So wären die Frauen auch -in der Lage, einen entscheidenden Einfluß auf die Sexualmoral zu üben. -Die weiblichen Ärzte würden so auch ein Selbstbeobachtungsmaterial -von unermeßlichem Umfange gewinnen und es würden die Zwecke einer -vernunftgemäßen und eingeschränkten Fortpflanzung durch die Frauen -ebenso gefördert werden, wie das allgemeine Verhältnis zwischen -Männern und Frauen veredelte Formen annehmen. Eine Zurücksetzung und -Unterdrückung der Frauen wäre dann nicht mehr zu besorgen. - -Wenn die Frauen dahin gelangen würden, die Fortpflanzung bloß durch -den Willen und die Phantasie vollkommen zu beherrschen, was nicht -ganz ausgeschlossen ist, dann würde die Geschlechtsliebe erst eine -Quelle wahrer Lebensfreude werden. Nur der Austausch vertraulicher -Mitteilungen über alle im Liebesleben gemachten Erfahrungen zwischen -Frauen und Mädchen kann zu einer solchen Beherrschung der Fortpflanzung -führen und der entscheidende Teil ist sicherlich das Weib und nicht der -Mann. - -Man darf nicht gelten lassen, daß der =Mann= das Recht habe, zu sagen, -ich will Kinder haben, wodurch das Weib zum unfreien Werkzeug gemacht -wird, wohl aber hat das Weib das Recht, sich zu entscheiden, ob es -Kinder gebären will, oder nicht. - -Die Erfahrung beweist uns heute, daß die Kinder ein und derselben Ehe -in Gestalt, Größe, im Verhältnisse der Glieder, in den Eigenschaften -des Gemütes und der Intelligenz so weit von einander abweichen, daß -man gar nicht an eine gemeinsame Abstammung glauben sollte. Die große -Verschiedenheit erklärt sich zweifellos daraus, daß die Eigenschaften -der Eltern und Voreltern in dem verschiedensten Verhältnisse auf die -Kinder übergehen. Wie erklärt sich aber die verschiedene Mischung -ererbter Eigenschaften in jedem einzelnen Zeugungsfalle? Dafür fehlt -noch jede Einsicht. Ein Wiener Arzt glaubte eine Methode erfunden zu -haben, wie man auf das Geschlecht der Nachkommen einwirken und mit -ziemlicher Sicherheit bewirken könne, daß Knaben oder daß Mädchen -geboren werden. Er behauptet, es hänge das von der Ernährung der -Mutter während der Schwangerschaft ab. Die Theorie dieses Arztes -ist allerdings verworfen worden, aber darum ist es doch nicht -ausgeschlossen, daß eine sehr große Zahl von Erfahrungen, welche -systematisch gesammelt und verglichen würden, es den Frauen möglich -machen könnte, dahin zu wirken, daß gewisse üble Eigenschaften des -einen oder des andern Elternteils auf die Kinder nicht übergehen, -daß mehr die Eigenschaften der Mutter oder jene des Vaters erhalten -blieben, wie es ja, wie schon erwähnt, auch sehr wünschenswert wäre, -wenn die Empfängnis vom Willen der Frau allein abhängig wäre. - -Formen wir doch alles nach unseren Bedürfnissen, weshalb soll es nicht -auch auf diesem Gebiete gelingen, unsere Zwecke zu erreichen? Aber -wenn auch diese Bestrebungen erfolglos blieben, von Vorteil wäre es -gewiß, wenn die Frauen alles, was sie allein oder doch näher als die -Männer angeht, nach ihren besonderen Bedürfnissen gestalten könnten -und dazu würde ein solcher Verband unter den Frauen sicherlich dienen -können. Auch sonst wird man nicht die Rechnung ohne den Wirt machen, -wenn man darauf rechnet, daß die Frauenkurie den richtigen Instinkt -für alle gesellschaftlichen Interessen an der Propagation haben und -fortentwickeln wird und daß sie einen mächtigen Einfluß dem Einzelnen -gegenüber mit Erfolg geltend machen wird, wie am Schlusse von VII, 1, -ausgesprochen wurde. - -Was die Frage anbelangt, welche Berufe den Frauen verschlossen bleiben -sollen, so kann man nur sagen, es sollen zu jedem Berufe die dazu -Tauglichsten ausgewählt werden, seien es Männer oder Frauen. Die -Meinung, daß es den Frauen an geistigen Kräften und Energie fehle, -ist ganz falsch. Was nur den begabtesten Männern erreichbar ist, ist -natürlich nur den begabtesten Frauen erreichbar und der Versuch, sie -von irgend einem Berufe unter dem Vorwande auszuschließen, daß Frauen -weniger begabt seien als Männer, ist ein ganz ungerechtfertigter Kampf -um ein Privilegium, das mit dem Wohl des Ganzen nicht vereinbar ist und -dem Fortschritte nur hinderlich sein kann. - -Die Meinung, die weiblichen Glieder der Gesellschaft sollen nur der -Familie leben, hat für oberflächliche Menschen etwas sehr Bestechendes, -aber sie ist schon heute nicht begründet, wo doch die Familie viel -umfassendere Aufgaben hat, als im Sozialstaate. Zunächst gibt es -zahlreiche Frauenspersonen, die sich nicht verehelichen können, und, -wenn sie kränklich sind, nicht verehelichen sollten. Es kann also jener -Grundsatz schon reichlich für ein Drittel der Frauenspersonen keine -Anwendung haben. Zum Teil nun mögen solche zwar als dienende Personen -in eine Familie eintreten, aber es besteht sicher kein Grund, des -Familienberufes wegen alle Frauen von höheren Studien auszuschließen, -wie es ja andererseits auch nur einem kleinen Bruchteile der Männer -bestimmt ist, sich für einen gelehrten Beruf vorzubereiten. - -Ferner gilt jener Grundsatz auch heute nicht für die bäuerlichen -Kreise, in welchen die weiblichen Glieder und insbesondere auch die -Ehefrauen, wenn auch nicht in allen, doch in den meisten Arbeiten der -Männer mitwirken. Ebensowenig können die Frauen der Arbeiter sich vom -Erwerbe außer dem Hause ganz freimachen, weil die Erhaltung der Familie -davon abhängt. Endlich führt die Beschränkung der Frauen auf ihren -Beruf in der Familie zu einer höchst ungleichen Belastung der Frauen -und zur ungleichen Ausnützung ihrer Kräfte. Frauen, die keine Kinder -haben und oft ihren Mann den Tag über nicht zu Hause sehen, führen ein -ödes, beinahe nutzloses Leben, andere sollen für zehn und zwölf Kinder -sorgen und Kranke pflegen und können sich schon aus diesem Grunde nicht -schonen, wenn sie ein Kind unter dem Herzen tragen. - -Wie pharisäisch die Mahnung unserer Gelehrten ist, man solle den Frauen -den Beruf in der Familie erhalten, geht daraus hervor, daß man bei -jedem größeren Bau hochschwangere Frauen sehen kann, die mit Ziegeln -und Mörtel belastet die Gerüste auf und ab klettern müssen, was aber -jene Gelehrten geduldig mit ansehen und wogegen sie keine Bücher -schreiben, wohl aber dagegen, daß sie statt des Familienberufes einen -=gelehrten= Beruf wählen. - -Im Sozialstaate werden alle Zufälle tunlichst ausgeglichen und darum -wird eine ungleiche Belastung der Frauen nicht in erheblichem Maße -vorkommen. Es entfällt die wirtschaftliche Familientätigkeit, wenn -die gemeindeweise Hauswirtschaft eingeführt wird. Auch die staatliche -Anteilnahme an Unterricht und Erziehung entlastet die Frauen von -einem großen Teil ihrer heutigen Berufsarbeit und da auch in der -Hauswirtschaft die Arbeitsteilung durchgeführt werden wird, ist im -Sozialstaate noch weniger als heute davon die Rede, daß die Tätigkeit -der Frauen, oder gar die der unverehelichten weiblichen Glieder der -Gesellschaft auf die Familie beschränkt werden müßten. Die Familie wäre -eine Blutgemeinschaft, aber keine wirtschaftliche Einheit mehr. - - -5. Die Erziehung. - - -a) Pflichten des Staates der Jugend gegenüber. - -Dem Kollektivstaate liegt, da er alle Bedürfnisse zu befriedigen hat, -wenn er sich in den Besitz aller Mittel setzt, ob, für die Erziehung -aller Kinder zu sorgen. Wie vieles der Staat auch heute als Rechtsstaat -zu leisten hätte und in Wirklichkeit vernachlässigt und welchen Schaden -er dadurch der Kultur und dem Fortschritte, der ganzen Menschheit, -zufügt, entnimmt man den neuesten Erfahrungen über das Elend der -Jugend. Nicht nur die empörendste Grausamkeit haben zahlreiche Kinder -zu erdulden, sie sind nicht allein physischem Verkümmern ausgesetzt, -sondern sie werden der sittlichen Verderbnis in die Arme geführt, zu -unbrauchbaren Gliedern der menschlichen Gesellschaft, ja zu Feinden -ihrer Mitmenschen herangezogen und der Staat sieht zu, ohne sie gegen -solchen verderblichen Einfluß zu schützen, obwohl die Gesetze ein -Recht der Kinder auf Versorgung und Erziehung normieren und es Sache -des Staates ist, dieses Recht zu verwirklichen und Einrichtungen -zu treffen, welche den bestehenden Rechtsanspruch geltend zu machen -ermöglichen. - -In Wien wurde eine Mutter, die ihr Kind systematisch zu Tode quälte, -als Mörderin hingerichtet, aber durch viele Jahre hat sich niemand -darum gekümmert, was in dieser Familie vorgeht und hätten die Behörden -davon erfahren, so wären sie in Verlegenheit gewesen, abzuhelfen. Denn -man hat jene Anstalten nicht, die man braucht, um die Kinder aus der -Gewalt solcher Eltern zu befreien. Wie das im preußischen Landrechte -anerkannte Recht auf Arbeit, ist auch das im österreichischen -bürgerlichen Gesetzbuche anerkannte Recht auf Erziehung ein leeres -Wort. - -Die Zeitungen berichten, daß in England Mitte der achtziger Jahre -eine »_National Society for the Prevention of Cruelty to children_« -gegründet worden sei, welche sich die Aufgabe setzte, diesem Übel -des Kinderelends zu steuern. In 15 Jahren wurden auf Betreiben dieser -Gesellschaft, welche ein Gebiet umfaßt, das von 22 Millionen Menschen -bewohnt wird, 6500 Elternpaare gerichtlich verurteilt, auf 1108 Jahre -Gefängnis erkannt, 2023 Pfund Geldbußen eingetrieben. Es haben 109 -364 Kinder die Wohltaten des Schutzes dieser Gesellschaft erfahren und -auf Betreiben dieser letzteren sind Gesetze erlassen worden, die das -Übel mildern. Die Grausamkeit vieler Eltern wird als grauenerregend -geschildert und man fand, daß ihnen jedes Werkzeug willkommen war, -womit sie den Kindern Schmerzen verursachen konnten. - -Obwohl sicher nur die gröbsten Versündigungen der Eltern gegen ihre -Kinder ins Auge gefaßt werden konnten, ermittelte die Gesellschaft: - - 25 437 Kinder, die grausam mißhandelt wurden, - 62 887 Kinder, die verkümmert und halb verhungert waren, - 712 seien ganz zu Grunde gegangen, - 12 663 zum Betteln angehalten, - 4 460 Mädchen zum Opfer widernatürlicher Wollust gemacht und - 3 205 Kinder durch harte und gefährliche Arbeit im Wachstum - geschädigt, durch Mißhandlungen verstümmelt, verrenkt, an - Seiltänzer und Akrobaten verkauft worden, - ------- - 109 364 in allem. - -Bis 1885 wurde in solchen Fällen gar nichts vorgekehrt, der Staat -überließ diese hilfreiche Tätigkeit einer Privatgesellschaft, -erst durch sie erfuhr er diese Übelstände. Und wenn solche Kinder -heranwuchsen, wurden sie Gegenstand des Abscheus und der Verachtung, -während es die Autoritäten sind, welche Abscheu und Verachtung -verdienen, weil sie trotz eines unermeßlichen Aufwandes für -staatliche Zwecke gar nichts davon aufwendeten, einem solchen Elende -zu steuern und solcher Schädigung der wichtigsten staatlichen und -Gesellschaftsinteressen abzuhelfen. - -Die Statistik der von dieser Gesellschaft ermittelten Fälle von -Pflichtwidrigkeit der Eltern ergab, daß Armut, Mangel an Bildung der -Eltern und eigenes Verschulden der Kinder =ohne allen Einfluß= auf -diese tyrannische und verbrecherische Pflichtwidrigkeit war. Sie kommt -in allen Schichten der Bevölkerung vor und pflanzt sich wahrscheinlich -von den Eltern auf die Kinder und Kindeskinder fort. - -Wir wollen nun untersuchen, was der Staat nach dem heutigen Stande -der Kultur zu tun schuldig wäre, und im Falle der Einrichtung einer -kollektivistischen Gesellschaftsordnung zu tun vermöchte, um nicht nur -solchem Kinderelende vorzubeugen, sondern um die Menschen auf eine nie -geahnte Höhe der Vollkommenheit des Einzelnen und der Gesellschaft zu -erheben. - -Daß der Kollektivismus die Aufgabe, aber auch die Macht hätte, sich -eines allzureichen Anwachsens der Bevölkerung zu erwehren, und daß die -Mittel vorhanden wären, diese Aufgabe des Staates zu erfüllen, wurde -in VII, 1, gezeigt, hier soll nur der Einfluß erörtert werden, den der -kollektivistische Staat auf die Erziehung zu nehmen hätte. - -Der Vorschlag, den Plato macht und der bei vielen sozialistisch -gesinnten Arbeitern Anklang gefunden haben soll, daß die Kinder von -den Eltern zu trennen seien und in eigenen staatlichen Anstalten -erzogen werden sollen, ist zu verwerfen, weil er das Kind mit dem Bade -verschüttet und nicht nur pflichtvergessene Eltern trifft, sondern -auch das Gute unterdrückt, das die Familienerziehung sehr häufig hat. -Auch bringt er den Staat um Leistungen, welche gute Eltern freudig -ohne Gegenleistung der Kindererziehung widmen. Der Staat soll nun von -der Geburt der Kinder an sich an der Erziehung mit beteiligen, die -Eltern unterweisen, belehren und überwachen, sie für die Erziehung -verantwortlich machen und für Ersatz sorgen, wenn die Eltern -pflichtvergessen, untüchtig, durch Arbeit oder Krankheit verhindert -sind oder den Kindern durch den Tod geraubt werden. Einen wichtigen -Einfluß muß der Kollektivstaat ohnehin durch die ihm obliegende -Versorgung der Kinder mit Wohnung, Kleidung, Nahrung und Unterricht -ausüben und so handelt es sich immer nur um einen verhältnismäßig nicht -sehr großen Aufwand, der überdies auch der Erziehung der Eltern selbst -zu Gute kommt, da sie, als Organe des Staates veredelnd auf die Kinder -einwirkend, auch selbst an dieser Veredelung teilnehmen, denn sie -werden gezwungen sein, jene Forderungen im Leben selbst zu erfüllen, -deren Erfüllung sie von den Kindern fordern müssen! Sie können ja doch -nur beispielgebend wirken. - - -b) Erziehungsorgane. - -Für die Zeit, in welcher die Eltern der Arbeit obliegen, sich also von -den Kindern entfernen müssen oder ihnen die notwendige Aufmerksamkeit -nicht widmen können, hat der Staat Kinderpflegerinnen und Erzieherinnen -zu bestellen, während die Kinder der breitesten Schichten der -Bevölkerung in dieser Zeit heute sich selbst überlassen werden müssen -und verwahrlost bleiben, zumeist ohne Verschulden der Eltern infolge -sozialer Übelstände, die der Kollektivismus ja eben zu heilen berufen -ist. Wenn aber jener Teil der Erziehung, der auch im Kollektivismus -unter normalen Umständen den Eltern selbst überlassen bleibt, von -ihnen nicht besorgt wird oder werden kann, soll der Staat für einen -Ersatz, für Pflegeeltern, zunächst wohl für eine Pflegemutter sorgen, -welche den Kindern jene Obsorge zu Teil werden läßt, die sie sonst -von den Eltern zu erwarten hätten. Die Untersuchung wünschenswerter -Verhältnisse der Propagation ergibt, daß eine sehr große Anzahl der -Frauen sich der Ehe und Kindererzeugung werden enthalten müssen, -darum aber doch zur Kindererziehung im besten Sinne des Wortes -tauglich sein mögen. Besonders diese sollen zum Ersatze der Eltern -herangezogen werden und die Erfahrung beweist, daß solche Pflegemütter -ganz vortrefflich geeignet sein können, die Erziehung zu leiten, daß -sie nach kurzer Angewöhnung, besonders wenn ihnen sehr junge Kinder -anvertraut werden, wahre Mutterliebe empfinden, und daß ihnen das -Übernehmen der Mutterpflichten besonders dann willkommen sein wird, -wenn der Staat für die materiellen Kosten der Versorgung aufkommt -und solche Lasten mit der Pflegemutterschaft nicht verbunden sind. Es -sind aber auch andere Frauen zur Übernahme dieser Aufgabe geeignet, -so ältere Frauen, welche keine eigenen Kinder mehr zu erziehen haben, -besonders die Großmütter der betreffenden Kinder, kinderlose Ehepaare, -Eltern, die nur ein einziges Kind haben, dem sie gern einen Gespielen -an die Seite geben möchten, auch junge kinderlose Witwen, welche sich -nicht wieder verehelichen wollen, und es unterliegt keinem Zweifel, -daß dem Staate eine große Auswahl freiwilliger Kräfte zur Verfügung -stünden, die ganz hervorragend geeignet wären, die häusliche Erziehung -zu leiten. - -Die Eltern aber sollen die Erziehung nicht =allein= leiten, der Staat -soll durch seine Organe mitwirken, wodurch diese in die Kenntnis -aller Irrtümer und Nachlässigkeiten der Eltern kommen müssen. Es ist -in V, 2, _Alinea_: »Nach der Geburt,« gezeigt worden, daß der Arzt -schon den Neugeborenen seine Aufmerksamkeit zu widmen hat, und auch -der Pädagoge, welcher für die geistige Vervollkommnung der ganzen -Gemeinde verantwortlich ist, wird die Eltern schon bei den ersten -Zeichen der beginnenden Seelentätigkeit zu beraten haben, wie die -Intelligenz zu fördern, Untugenden vorzubeugen, ethische Vollkommenheit -früh zu wecken ist. Viele Eltern wissen, welches Ziel sie anzustreben -haben, es fehlt ihnen aber Geduld und Kenntnis der Kinderseele und -sie wissen sich nicht zu benehmen, wenn mehrere Kinder derselben -Familie eine verschiedene Behandlung fordern. Daß es möglich ist, -selbst begangene Fehler gut zu machen und wieder einzulenken, wenn -man falsche Wege eingeschlagen hat, hat die obengedachte Gesellschaft -in England erfahren. Es ist vorgekommen, daß pflichtvergessene Eltern -zu längerer Gefangenschaft verurteilt und mittlerweile ihre Kinder in -gute Pflege und Erziehung genommen wurden und daß die Eltern, als sie -ihre nun wohlaussehenden und fröhlichen Kinder wiedersahen, wirkliche -Elternliebe erwachen fühlten und ein normales Verhältnis zu den Kindern -hergestellt wurde. Um so sicherer werden geringere Verirrungen ohne -Schaden bleiben, wenn sie frühzeitig entdeckt und abgestellt werden. - -In der Regel wird man die Mutter als die wichtigste Person in der -Erziehung anzusehen haben und die Kinder in Allem an sie weisen -müssen. Ihr wird die Verhängung größerer Strafen, die Zuerkennung von -Belohnungen, die Erfüllung kleiner Bitten vorzubehalten sein und die -staatliche Erziehung sich so wenig als möglich zwischen Mutter und -Kind drängen dürfen, zum mindesten erkennbar für die Kinder. Darum -wird auch der Abnahme der Erziehung eine öftere Verwarnung und Beratung -der Mutter vorangehen und dazu nur gegriffen werden, wenn es unbedingt -notwendig und ein vorteilhafter Ersatz möglich ist. - -In einem solchen Falle wird die Verwaltung zu prüfen haben, ob das -Kind in eine andere Gemeinde zu versetzen sei, um einen verderblichen -Einfluß der Mutter zu verhindern, wogegen wieder in Betracht kommt, -das die Konstanz der Verhältnisse, die Fortsetzung des Zusammenseins -mit Kindern, mit welchen jene aufgewachsen sind, die Fortdauer der -sonstigen Erziehungsumstände, die Einwirkung der bisherigen Lehrer und -Erzieherinnen, sich als wünschenswert erweisen und daß die gänzliche -und dauernde Trennung von Mutter und Kind auch dadurch, wenn es -notwendig, gesichert werden kann, daß die Mutter, beziehungsweise die -Eltern in einen entfernteren Ort versetzt werden, was bei drei Vierteln -der Bevölkerung gar keine Schwierigkeiten bietet. - -Da die Eltern den größten Teil des Tages aber der Arbeit widmen müssen, -sollen die Kinder in dieser Zeit den Kinderpflegerinnen überlassen -werden, welche mit ihnen spielen, sie spazieren führen, ihnen Märchen -erzählen, Rätsel aufgeben, sie auf die Schönheiten der Natur, die -Nützlichkeit der Pflanzen und Tiere aufmerksam machen, sie Gedichte -memorieren lehren und auf das intensivste erzieherischen Einfluß üben -und sie scharf überwachen sollen. Damit gemeinsame Spiele und allerhand -Übungen der Geschicklichkeit, der Tugend, sowie der Intelligenz zu -verbinden, frühzeitig gesellige Vollkommenheit zu entwickeln, ist -eine Hauptaufgabe der Pflegerinnen, wobei der Grundsatz zu beobachten -ist, die Kinder den ganzen Tag über soviel als möglich im Freien und -in gesunder Bewegung zu halten. Eine Pflegerin wird für 20 solcher -Kinder ausreichen und es wird zu prüfen sein, inwiefern die beiden -Geschlechter und die verschiedenen Jahrgänge getrennt, oder vereint zu -führen seien, wobei die Pflegerinnen auch darauf zu achten haben, die -intelligenteren und besseren Kinder der älteren Jahrgänge selbst wieder -als Erziehungsorgane zu gebrauchen, sie alles das versuchen zu lassen, -was ihnen selbst obliegt, sie die Jüngeren zurechtweisen, belehren, -ihnen erklären und erzählen zu lassen, wodurch wieder nützliche Talente -entdeckt und gefördert werden können. Mit dem Schulunterricht soll so -eine spielende und daher weniger ermüdende Unterweisung und Ausbildung -verbunden, früh aber jede Art von Tätigkeitstrieb entwickelt werden. - -Insbesondere auch wirkliche Arbeiten soll man von den Kindern von früh -auf in steigendem Maße und als Vorbereitung für die späteren Aufgaben -fordern. Zu diesen gehört das Sammeln von Beeren, Schwämmen, Früchten -aller Art, das Auslesen genießbarer Dinge, Enthülsen von Früchten, -Dienstleistungen in der Küche, im Hauswesen, bei Tische, weibliche -Handarbeiten aller Art, das Verrichten von Botengängen, das Auflesen -von Kartoffeln, das Jäten der Felder und tausend andere Dinge soll -man von Kindern fordern, welche den Geist und Körper nicht ermüden, -sondern anregen und früh das Gefühl erwecken, daß man nützlich ist. -Berichten die statistischen Ausweise, wie viele Zentner von Beeren, -Schwämmen, Kartoffeln, Äpfeln und Birnen die Kinder im ganzen Reiche -gesammelt, wie viele nützliche Dinge sie geschaffen haben, so wird früh -der soziale Instinkt geweckt, daß der Mensch auf der Welt ist, um dem -Mitmenschen nützlich zu sein. Mit steigendem Alter muß immer größere -Beharrlichkeit und Selbstüberwindung, mehr Mut und Opferwilligkeit -gefordert werden und nützliche Arbeit ist die beste Erziehung.[32] - - [32] Es werden in Österreich alljährlich viele Hunderte von - Millionen für Kinderspielzeug vergeudet und die Eltern - spielen dabei eine recht alberne Rolle. Spielende Arbeit - macht diesen Aufwand unnötig. - -Begabten Kindern, die schon mehr erwachsen sind, sind auch in dieser -Hinsicht immer schwierigere Aufgaben zu stellen. So wie die besten -Schüler älterer Jahrgänge die jüngeren überhören, ihnen vieles -erklären, ihre Aufgabenhefte einer ersten Durchsicht unterziehen -sollen, um so ihren Beruf zum Unterrichte zu erweisen und selbstlehrend -zu lernen, so sollen sie auch dem Beamten, den Lehrern, der -Bibliothekarin mit Hilfsleistungen an die Hand gehen, statistische -Tabellen berechnen, Schriften kopieren, Bücher ordnen und dergleichen -mehr. Kinder müssen immer beschäftigt, immer angeregt, in allem -Geringsten, nicht verletzend und ungeduldig aber fördernd getadelt -werden, nichts Unvollkommenes, so gering es auch sei, darf man ungerügt -hingehen lassen und darum müssen sie immer sich unter Aufsicht wissen. - -Schon beim ersten Erwachen der Intelligenz und bei den ersten Worten, -hat man auf richtige Aussprache und richtigen Gebrauch eines jeden -Wortes zu dringen, nicht ein einziges Mal darf man ungerügt hingehen -lassen, daß sie l für r sagen, Wörter falsch anwenden, Satzverbindungen -verfehlen, es genügt, das Richtige statt des Verkehrten zu setzen -und man braucht sich dabei nicht lange aufzuhalten. Welche Summe von -Erziehungstätigkeit kann eine solche Kinderpflegerin leisten! Für ihre -Ausbildung werden besondere Unterrichtsanstalten eingerichtet werden -und man wird für eine Gemeinde von 1000 Köpfen etwa 20-25 solche -Pflegerinnen bestellen müssen. Dieser scheinbar große Arbeitsaufwand -wird leicht hereingebracht durch unermeßliche Arbeitsersparnis anderer -Art, die der Kollektivismus ermöglicht. - -Den Pädagogen und den Lehrern wird die Überwachung und oberste Leitung -des Erziehungsdienstes obliegen. Hier will ich bemerken, daß ich -das erziehungsbedürftige Alter bis zum vollendeten 18. Lebensjahre -ausgedehnt wissen möchte. So lange soll auch das unselbständige Alter -dauern. Es ist die Frage, ob der Entgang der Arbeit zu ertragen wäre, -der dadurch entsteht, daß der Volksunterricht erst mit diesem Alter -eingestellt wird, da bei uns die Masse der Jugend mit 14 Jahren, ja -unter den Bauern in Österreich mit 12 Jahren vom Unterricht befreit -und zur Arbeit herangezogen wird. Allein die Organisation der Arbeit -dürfte eine solche Ausdehnung des Volksunterrichts möglich machen. -Mehr möchte ich aber nicht vorzuschlagen wagen. Daß die jungen Leute -vom vollendeten 18. Lebensjahre an aber ganz selbständig sein sollen, -kann für kollektivistische Staaten wohl empfohlen werden. Denn -geschäftskundig braucht der Kollektivbürger nicht zu sein und da er vom -19. Lebensjahre ganz zur Arbeit herangezogen wird, die Arbeit aber die -einzige Steuer ist, die der Kollektivbürger zu entrichten hat, so soll -er auch von diesem Alter an stimmfähig und der Erziehungsgewalt nicht -mehr unterworfen sein. - -Wenn in den folgenden Zeilen die Erziehung im Kollektivstaat besonders -eingehend behandelt wird, so veranlassen mich dazu verschiedene -Rücksichten. Zunächst muß die Erziehung der Gesellschaftsordnung -angepaßt werden und man wird in meiner Darstellung finden, daß überall -darauf Rücksicht genommen wird, die Jugend in diesem Sinne zu erziehen. -Dann gewinnt der Staat durch den Kollektivismus so unermeßliche -Mittel, daß ihm viel höhere Erziehungsaufgaben gestellt werden -können, als heute dem Einzelnen, wobei gleichfalls jene Vorzüge in der -Erziehung zutage treten, die die Großproduktion für die Sachproduktion -gewährt. Endlich wird man überall fühlen, welche Erleichterung einer -vernünftigen Erziehung und selbst dem Unterrichte die Unterdrückung der -Großstädte bietet. - - -c) Die physische Erziehung. - -Diese fällt zumeist mit der Versorgung zusammen, die der Staat zu -leisten und wobei er sich nach den durch den Sanitätsdienst gemachten -Erfahrungen zu richten hat. - -In unserer Gesellschaftsordnung erleiden viele Hunderttausende -von Kindern einen dauernden Schaden durch die Unvernunft, die -Unwissenheit und auch durch die Armut der Eltern. In einem Bezirke -Niederösterreichs bemerkte der Arzt, der sich dort niederließ, daß -die meisten Kinder der Bauern rachitisch waren. Er gab die Schuld nur -der unzweckmäßigen Nahrung. Man entwöhnt die Kinder zu früh der reinen -Milchnahrung und füttert sie mit einem Mehlbrei, der der Ansicht des -Arztes zufolge diese schädliche Wirkung hervorbrachte. In Steiermark -richten die Bauern ihre Kinder mit einem Mohnköpfeabsud, den sie -ihnen verabreichen, um sie einzuschläfern, oder durch Anstopfen mit -Sterz zu Grunde, ohne daß sie jemand über das Verderbliche ihrer -Einschläferungspraxis oder Ernährungsmethode aufklärte. Dort soll es -dahin kommen, daß die Kinder auf diese Weise geradezu verblödet werden. -Bis in die neueste Zeit kümmerte sich niemand darum und man ließ dem -Übel freien Lauf. Daß auch aus verbrecherischer Absicht gleiches Unheil -herbeigeführt wird, daß selbst in den gebildeten Klassen den Kindern -im frühesten Alter Bier und Wein gereicht wird, der Vater seinen -3-jährigen Sohn zum Frühschoppen mitnimmt und sich nicht wenig darauf zu -Gute tut, daß der kleine Kerl trinkt wie ein Bürstenbinder, ist ebenso -außer Zweifel, wie daß oft der leichtsinnige Vater das vertrinkt, was -er zum Unterhalt von Frau und Kind nötig hätte. Dagegen leistet der -Kollektivismus unbedingten Schutz. Erst in Zukunft wird übrigens die -medizinische Wissenschaft die Gesetze einer richtigen Ernährung der -Kinder genauer erkennen und darauf hinarbeiten, daß die Mütter wieder -den Kindern die Brust reichen können, wie es die Natur fordert, und -daß andererseits alles aus der Ernährung ausgeschieden wird, was im -Geringsten von schädlichen Folgen sein kann, Alles gereicht, was die -Jugend braucht, und daß jene genaue Regelmäßigkeit in der Ernährung -beobachtet wird, die am heilsamsten ist und eine richtige Verwertung -der Nahrung sichert. Wie jede zu geringe Ernährung, so ist auch die -Überfütterung verderblich und die Ärzte behaupten in neuerer Zeit -sogar, daß die Rindsuppe den Kindern schädlich sei, die man bisher -nicht früh genug reichen zu können glaubte. - -Nur der Kollektivismus ermöglicht es, =allgemeine Erfahrungen zu -machen und selbe allgemein auszunützen=. Was man in der heutigen -Gesellschaftsordnung nicht in zwanzig Jahren allgemein durchsetzen -könnte, kann der Kollektivstaat in kürzester Frist einführen. Freilich -soll man mit Neuerungen auch nicht voreilig sein, und solange etwas -zweifelhaft ist, wird man die Zustimmung der Eltern, auf die der -Arzt übrigens belehrend einwirken wird, nicht umgehen dürfen. Die -Zukunft wird aber auch erst eine Aufklärung darüber bieten, ob nicht -bloß Alkohol, sondern auch Kaffee, Tee, vielleicht sogar bis zu einem -gewissen Grade Fleischnahrung zu vermeiden ist, ganz gewiß aber wird -man auf Unterdrückung des Tabakgenusses bedacht sein, der nur schädlich -wirken kann und überdies einen sehr großen Aufwand verursacht. Man -kann für ein Land wie Österreich-Ungarn die Ersparung von mehr als -der Arbeit von 200,000 Menschen durch den Wegfall des Tabakgenusses -erwarten, wenn man auch das in Rechnung bringt, was zum Ankauf von -Tabak ins Ausland geht und noch ungerechnet die mit dem Tabakgenusse -verbundenen Nebenauslagen für Zündhölzchen, Pfeifen, Zigarrenspitzen, -Zigarrentaschen und dergleichen. Auch hier wird der Kollektivstaat -bei den Kindern den Anfang machen und wenig Wert darauf legen, die -Erwachsenen von üblen Gewohnheiten zu heilen. - -Ebenso wie in der Nahrung, wird der Staat auch in der Versorgung -mit Kleidung, Wohnung, Wärme, Luft, gutem Trinkwasser, in der -Versorgung mit Bädern und sonstigen Reinigungsmitteln der Jugend das -Vollkommenste bieten und erziehlich dahin wirken, daß den Kindern -auch alles angewöhnt wird, was sie zu ihrem eignen Nutzen sich -angewöhnen sollen. Was die Zahnpflege anbelangt, ist an anderem Ort -schon das Erforderliche bemerkt, VII, 2, _Alinea_: »Als Hilfsorgane«. -Zur physischen Erziehung gehört auch die Gewöhnung an frische Luft, -ausreichende Bewegung im Freien, ausdauernde Bewegung auf Spaziergängen -und Fußreisen, Höhenbesteigung, Schlittschuhlaufen, Bewegungsspiele, -Turnen, Schwimmen, vielleicht auch Reiten, und auch darüber wird an -anderem Ort mehreres zu sagen sein. Der Staat wird auch darauf dringen, -daß die Jugend innerhalb vernünftiger Grenzen abgehärtet werde, und -die Grenzen wird die Erfahrung ziehen lehren, nachdem es sich nur darum -handelt, gegen solche Gefahren zu stählen, die man nach dem jeweiligen -Stande der Kultur zu bestehen haben mag. - -Was die Kleidung der Kinder anbelangt, so soll sie die -Bewegungsfreiheit und die Ventilation nicht hemmen, den Hals im -Winter und Sommer frei lassen, jederzeit rein gehalten werden, den -ästhetischen Sinn zufrieden stellen, ohne die Eitelkeit und Putzsucht -zu entwickeln, die Mädchen sollen vom Mieder befreit und demonstriert -werden, daß schöne und gesunde Menschen keinen Kleiderluxus zu treiben -nötig haben. Die Wohn- und Schulräume müssen ausreichend ventiliert -sein und niemals überheizt werden, und der leichteren Aufsicht und -des geselligen Zusammenlebens wegen soll die Jugend einige größere -Versammlungsräume zur Verfügung haben. Ob Kinder der älteren Jahrgänge, -etwa über das zehnte Jahr hinaus, bei den Eltern wohnen sollen und -ihnen nicht vielleicht gemeinsame Schlafräume anzuweisen wären, -welche eine scharfe Überwachung durch das Erziehungspersonal möglich -machen, sei der Erwägung empfohlen. Man hat schon bei der Anlage der -Wohnansiedlungen darauf Rücksicht zu nehmen. - -Daß auch für Kinder im ersten Lebensalter und bis zur erlangten -Sicherheit im Gehen für einen Teil des Tages gemeinsame Kinderstuben -einzurichten, wenngleich auch sie regelmäßig mehrere Stunden ins Freie -zu fahren sind, daß also das Beispiel der Krippen und für später auch -die Spielschule allgemein nachzuahmen sein wird, ist gewiß. Solange die -Mütter ihre Kinder säugen, werden sie unter Aufsicht einer Vorsteherin -in diesen Räumen den Dienst haben, was sie nicht hindern wird, nebenbei -weibliche Handarbeiten und allerlei Wäscheausbesserungsarbeiten -zu besorgen, also produktive Arbeit zu leisten. So wird der -Jugend durch den Staat gesichert werden, was ihr in der heutigen -Gesellschaftsordnung beinahe immer fehlt. - - -d) Intellektuelle Erziehung. - -Dem Staate obliegt auch die Überwachung und teilweise direkte Leitung -einer intellektuellen Erziehung. Sobald Kinder anfangen Aufmerksamkeit -zu zeigen, ist alles zu tun, um dieser Aufmerksamkeit entgegenzukommen -und so den Geist zu entwickeln. Es ist eine merkwürdige Tatsache, daß -das Kind viel hilfloser und geistig untätiger auf die Welt kommt, -als das Tier. Das Kalb ist, kaum zur Welt gekommen, auf den Beinen -und geht der Mutterkuh zu, es wendet den Kopf nach jedem Besucher -und zeigt dieselbe Aufmerksamkeit wie ein erwachsenes Rind. Es kommt -fertiger auf die Welt als das Menschenkind, das kaum in einem Alter -von vier Monaten das neugeborene Kalb in geistiger Beziehung einholt. -So fordert die Natur von der Mutter eine viel größere Sorgfalt für -das Kind, als das junge Tier von den Eltern beansprucht. Daß es von -sehr verderblichen Folgen sein muß, wenn die Kinder von den Eltern -der Arbeit und des Erwerbes wegen in der Wohnung allein gelassen -werden müssen und oft den ganzen Tag über jene Anregungen entbehren, -welche wir unseren Kindern bieten, ist leicht einzusehen. Was an -der Entwicklung des Seelenlebens und an Anregung im ersten Jahre und -besonders in den Jahren der Entwicklung der Sprache versäumt wird, ist -nie wieder gut zu machen. Arzt und Pädagoge haben die Eltern und das -Erziehungspersonal zu belehren und zu überwachen. Daß man darin auch -zu viel und Unnötiges tun kann, daß man Kinder auch nicht aufregen, -nervös machen, erschrecken, sie nicht zu früh ins helle Tageslicht -schauen lassen darf, in der allerersten Zeit für genügenden Schlaf -zu sorgen hat, daß man ihnen später keine Schauergeschichten oder -Gespenstermärchen erzählen, insbesondere nichts Übernatürliches oder -Abergläubisches in die jugendliche Seele impfen darf, ist gewiß, und -eine Kinderseele, welche nur irgend etwas Törichtes gläubig aufgenommen -hat, ist intellektuell für immer verdorben. Ebenso ist auch die -Heranbildung von Wunderkindern nichts weniger als rationell. =Das -Erziehungsziel muß sein, die heranwachsenden jungen Leute beiderlei -Geschlechts zur größten Tüchtigkeit in jenem Berufe heranzubilden, wozu -jeder die größte Befähigung hat und in jedem die mannigfaltigste und -stärkste Genußfähigkeit besonders auf jenen Gebieten zu entwickeln, -auf welchen die Genüsse am meisten vom materiellen Aufwande unabhängig -sind. Die Berufsausbildung soll den Menschen in den Stand setzen, -der menschlichen Gesellschaft das Beste, was er vermag, zu geben, -die Entwicklung der Genußfähigkeit soll ihn in den Stand setzen, -für das Gegebene reichlich und von allen Seiten zu empfangen. Die -Mannigfaltigkeit der Gabe, zu genießen, macht jeden seinen Mitmenschen -tributär, sie interessiert ihn an dem, was die Gesellschaft auch den -anderen bietet.= - - -e) Der Unterricht im vorschulpflichtigen Alter. - -Daß man dem Unterricht nicht allzusehr vorgreifen soll, ist wohl kaum -zu bezweifeln. Aber trotzdem wird es sich empfehlen, wenn Kindern -frühzeitig ein genügender Wortschatz beigebracht, sie im richtigen -Aussprechen und Gebrauche der Worte, später der Satzfügungen, nicht -theoretisch, wohl aber praktisch unterwiesen und zu einer gewählten -und artigen Sprache und einem auch den Gebildetsten angemessenen -Dialekte, einer reinen, der Schriftsprache entsprechenden Redeweise -angehalten werden. Es hat gar keinen Sinn, daß die Kinder der Bauern -und Arbeiter sich in der Sprache von den Kindern der sogenannten -höheren Stände unterscheiden, und man findet in manchen Teilen von -Norddeutschland Bauernkinder, die ein ganz tadelloses, reines Deutsch -ohne verdorbenen oder landschaftlichen Dialekt sprechen. Man kann darum -doch in der Schule und neben dem reinen Schriftdeutsch, besonders für -heimische Poesie, einen Dialekt auch einüben, und der schwäbische und -der steierische Dialekt eignen sich vortrefflich zur Lokalfärbung -poetischer Produkte. Aber die reinste Schriftsprache kann und soll -jedem Kinde beigebracht werden, so schwer es auch auf dem Lande mit -der Familienerziehung vereinbart werden kann. Bei Aufstellung eines -pädagogischen Stabes, wie er auch sonst aus erziehlichen Gründen -unentbehrlich ist, ist das gewiß erreichbar. Ist sich das Kind bewußt, -daß es den Dialekt nur =neben= der reinen Schriftsprache -- wobei nur -die allerschönste Aussprache zu dulden ist -- sprechen dürfe, so wird -es letztere nie verlernen und in Schule und Gesellschaft ungezwungen -und ganz natürlich gebrauchen. Dazu ist Übung und ein streng richtiges -Vorlesen von Jugendschriften notwendig. - -Auch logische Schnitzer darf man Kindern nie hingehen lassen. -Dreijährige Kinder sind in der Handhabung der Logik oft sicherer und -schlagfertiger als große Leute, welche sich oft erst auf eine logische -Formel besinnen müssen. - -Früh müssen Kinder auf die mehrfache Bedeutung der Wörter, auf -Synonyme und auf die Bildersprache aufmerksam gemacht werden, ohne daß -ein methodischer Unterricht erlaubt wäre. Es ist ihnen ein Reichtum -von Wörtern und Bezeichnungen, von Pflanzen- und Tiernamen in jenem -frühen Alter zuzuführen, wo der Geist rasch erfaßt und behält. Kinder -müssen viel reden hören und viel zu sprechen veranlaßt werden, es -ist fehlerhaft, ihnen immer in die Rede zu fallen, sie zum Schweigen -anzuhalten und zu entmutigen. - - -f) Der Elementarunterricht, in Österreich der Unterricht in einer -zweiten Sprache des Reiches. - -Der Elementarunterricht soll mit dem vollendeten sechsten Lebensjahre -beginnen und bis zum vollendeten achtzehnten Lebensjahre dauern. Er -umfaßt die gründliche Kenntnis der Muttersprache, und in Österreich -vielleicht auch einer zweiten Sprache in Wort und Schrift, mit -Inbegriff einer tadellosen Rechtschreibung und der Gewandtheit im -Ausdruck und Stil, die Grundzüge der Vaterlandskunde, Geographie, -Erdkunde und Geschichte, der exakten Wissenschaften, Naturkunde, -Chemie und Physik in allen Verzweigungen. Religion wird nur einen -geringen Platz im Lehrplane einnehmen. So wohl auch Ethik, welche -nicht theoretisch zu lehren, sondern praktisch anzuerziehen ist -und welche bereits in Fleisch und Blut übergegangen sein muß, ehe -der Unterricht erteilt werden könnte. Es ist ja dasselbe mit der -Logik. Dagegen soll in den höheren Jahrgängen etwas über Philosophie -und Geisteswissenschaften, dann Volkswirtschaft, den Mädchen -über Physiologie, Hygiene und das Geschlechtsleben des Weibes -beigebracht werden. Zeichnen, Modellieren und Gesang werden nicht -zu vernachlässigen sein. Sehr wichtig ist es, alle Schulen mit -Lehrmitteln auszustatten. Beim Unterricht in der Muttersprache und -dem schriftlichen Aufsatz und bei anderen schriftlichen Schulaufgaben -soll, wie oben erwähnt, auch eine Verwendung der begabteren Schüler -der nächsthöheren Klasse zur Korrepetition und zur ersten Durchsicht -der Hefte stattfinden, teils um diese selbst zu fördern, teils um den -Lehrern die Aufgabe zu erleichtern. Diese werden, wie schon erwähnt, -schon deshalb weniger belastet sein, weil ein Jahrgang der Volksschule -kaum jemals mehr als 25 Schüler zählen wird. - -Inwiefern es wünschenswert sein mag, in den Schulen vom 10. Jahre -aufwärts die Geschlechter zu trennen, wird die Erfahrung lehren. In -diesem Falle wird es sich mehr empfehlen, einerseits die Mädchen, -andererseits die Knaben zum Unterrichte in die Nachbargemeinden wandern -zu lassen, als Doppelschulen in jeder Gemeinde zu errichten. Diese -Wanderungen sind in sehr gebirgigen Gegenden heute mit nicht geringen -Übelständen verbunden, wo die Gemeinden sehr zerstreut sind und die -Schulkinder von entfernten Gehöften in die Schule wandern müssen, oft -auf gefährlichen Wegen. Im Zukunftsstaat handelt es sich aber nur um -die Wanderung halber Klassen unter Aufsicht und auf vortrefflichen, -gefahrlosen Wegen. Es ist auch das ein Teil der dem Kollektivstaate -obliegenden Fürsorge, daß er dort, wo es notwendig ist, auf Kosten -des ganzen Volkes Abhilfe gegen lokale Übelstände trifft. Verhält er -also die Schuljugend zu solchen Wanderungen an gefährlichen Orten, -so wird er sichere und gangbare Wege herstellen, die in der heutigen -Gesellschaftsordnung manche Gemeinde nicht herzustellen vermag, weil -sie zu arm ist, und wohl auch deshalb, weil es sich dabei zumeist nur -um das Interesse einer einzelnen Familie handelt. Der Kollektivstaat -hilft ebenso der Armut einer Gemeinde, wie der Armut des Einzelnen ab. - -Was das Bewohnen einzelner Gehöfte anbelangt, so ist davon in V, 2, -_Alinea_: »Die Fürsorge für«, die Rede. Wo solche vorkommen, werden -in selben Familien, welchen schulpflichtige Kinder angehören, nicht -wohnen, weil das unzweckmäßig wäre und keine Familie durch Eigentum -an die Scholle gebunden ist. Es gibt in jeder Gemeinde Unverheiratete -und Kinderlose genug, um solche Gehöfte mit Bewohnern zu besetzen, -welche sich leichter, vielleicht auch gerne von der großen Gemeinde, -zum mindesten zeitweilig, trennen oder etwa strafweise dazu verhalten -werden. - -Was nun den Personalstand der Volksschulen anbelangt, so scheint es, -daß die vier ersten Klassen dem Unterrichte von Frauen und Mädchen -anvertraut werden könnten, die dem Erziehungspersonale angehören. -Die acht oberen Klassen wären mit Lehrern und Lehrerinnen, einen für -jede Klasse gerechnet, zu besetzen, welche die Ausbildung unserer -Mittelschulprofessoren für bestimmte Fächer besäßen. Einer von ihnen -würde als Pädagoge die Oberleitung haben und das ganze Erziehungs- und -Bildungswesen einer Gemeinde leiten. Er müßte jedem, der sich selbst -weiterbilden oder seinen Kindern durch eigene Bemühung eine höhere -Bildung vermitteln will, mit Rat und Tat beistehen können, und er würde -dafür zu sorgen haben, denjenigen Bedürfnissen zu genügen, welche aus -einer besonderen geistigen Richtung einer Gemeinde entspringen. Denn -daß sich solche Richtungen herausbilden werden, ist mit Gewißheit -anzunehmen, weil der Kollektivismus die Gelegenheit dazu bietet, -Teilnehmer bestimmter Spezialrichtungen in besonderen Gemeinden zu -vereinigen. So Anhänger eines bestimmten Sportes, einer bestimmten -Richtung der naturwissenschaftlichen oder historischen Forschung, einer -bestimmten Kunst. Denken wir nur an Orchestermusik. - -Wir sehen hier, daß ein so geartetes Volksschulwesen für einen Staat -mit 45,000 Gemeinden 180,000 Lehrerinnen geringerer Ausbildung, die -dem Erziehungspersonal angehören, und 360,000 Lehrer oder Lehrerinnen -mit Hochschulbildung erfordert. Dem Lehrpersonal, das auch an der -wissenschaftlichen Erforschung pädagogisch wichtiger Tatsachen und -an der Schulstatistik teilzunehmen, vielleicht dem Verwaltungsbeamten -Hilfsarbeiten zu leisten hat, sich immer auf der Höhe der Wissenschaft -halten und sich auch an der allgemeinen Fortbildung der ganzen -Bevölkerung beteiligen muß, sind alle wünschenswerten Fachorgane und -neuen wissenschaftlichen Werke vom Staate beizustellen. - -Die Eigenart Österreichs scheint es zu bedingen, daß in diesem Lande -die lebenden Sprachen mehr gepflegt werden als anderwärts und dieser -Staat kann gerade dadurch auf die höchste Stufe der Kultur gehoben -werden. Österreich braucht die Doppelsprachigkeit und liefert den -Beweis, daß es kaum eine nennenswerte Belastung der geistigen Kräfte -ist, wenn auch den Massen die Erlernung zweier lebender Sprachen -auferlegt wird. In Österreich sind Arbeiter, Dienstleute, selbst -Bauern, die zwei österreichische Idiome gut sprechen, gar nichts -seltenes und sie zählen nach Hunderttausenden, vielleicht nach -Millionen. Da sie diese Sprachenkenntnis erwerben, ohne vom Staate -die geringste Unterstützung zu genießen, so muß man annehmen, daß ein -darauf eingerichteter Volksschulunterricht die Doppelsprachigkeit zu -einer allgemein verbreiteten Eigentümlichkeit machen könnte. Daraus -würde sich ohne Zweifel eine nationale Eigentümlichkeit entwickeln, -die ganz eminent kulturförderlich sein und die Intelligenz wesentlich -erhöhen müßte. In diesem Falle würde man es durchzusetzen trachten, -daß jeder Nichtdeutsche als zweite Sprache die deutsche erlernt, -und umgekehrt jeder Deutsche eine der anderen Sprachen des Reiches -sich zu eigen macht. Der Friede im Lande scheint das zu bedingen und -inwieferne dadurch die Intelligenz erhöht würde, müßte die Erfahrung -lehren. Um das zu erreichen, müßten sich die Eltern entschließen, -ihre Kinder in bestimmten Altersepochen aus dem Hause zu entlassen und -einer entfernten Gemeinde und in dieser bestimmten Personen zur Pflege -und Erziehung zu überlassen. Das wäre übrigens an sich vielleicht ein -Vorteil für die Erziehung, wenn eine besonders gute Wahl getroffen -wird. Das System, welches in Österreich gerade von der bäuerlichen -Bevölkerung früher ziemlich begünstigt wurde, nennt man dort den -»Wechsel«, weil es meistens durch Kindertausch zwischen zwei Familien -in Ausführung gebracht wurde. In neuerer Zeit soll es weniger Anwendung -finden, weil die Regierungen es nicht begünstigt haben und die -nationalen Heißsporne es zu unterdrücken suchen. - -Hier verweise ich übrigens auch auf VII, 2, _Alinea_: »Was nun die -Ehebewilligung usw.« - - -g) Fachschulen niederer Ordnung und für fremde Sprachen. - -Außer den Elementarschulen und den Hochschulen, in welch' letztere die -vorzüglichsten Schüler der Elementarschulen entweder unmittelbar oder -nach Absolvierung einer Vorbereitungsschule übertreten können, braucht -man Fachschulen der verschiedensten Art, welche auf Bezirksorte und -Kreisstädte zu verteilen wären. Es würden dort die tüchtigsten Arbeiter -in der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und den Gewerben für leitende -Stellen ausgebildet werden, abgesehen davon, daß ihnen vielleicht auch -Gelegenheit zu Informationsreisen im Auslande geboten würde. Weitere -Fachschulen werden für Musik, bildende Künste, Dichtkunst und das -Schauspiel errichtet und ebenso für auswärtige Sprachen. - - -h) Andere Anstalten der Volkserziehung. - -Der Jugenderziehung wird nicht nur das Erziehungspersonal und der -Elementarunterricht zu widmen sein, sondern es wird auch an anderen -Anstalten, die zur Entwickelung von körperlichen und geistigen Anlagen -dienen, nicht fehlen dürfen. - - -1. Schwimmen. - -Vor allem wird man die Kinder so früh als möglich zum Schwimmen -anhalten und von den für diesen Zweck in jeder Gemeinde und jedem -städtischen Quartier zu errichtenden Schwimm- und anderen Badeanstalten -ist in IX, 1, _Alinea_: »Eine solche Gemeinde« die Rede. - - -2. Schlittschuhlaufen. - -Dasselbe gilt vom Schlittschuhlaufen, wozu gleichfalls überall -Gelegenheit geboten werden soll. - - -3. Reiten. - -Minder allgemein wird das Reiten gelehrt werden, weil die Anzahl der -Reitpferde, die der Staat halten kann, kaum dafür ausreichen könnte. -Nach dem für solche Fälle geltenden Verteilungsgrundsatz wird das -Reiten nur jenen gelehrt und gestattet werden, welche dazu am meisten -Geschicklichkeit an den Tag legen. So lange der Krieg nicht ganz aus -der Welt geschafft werden kann, wird das Reiten immer eine wichtige -Stelle unter den zu pflegenden Geschicklichkeiten einnehmen, weil die -Kavallerie immer mehr an Wichtigkeit gewinnt. - - -4. Turnen. - -Die Wichtigkeit des Turnens für die Zwecke der Jugenderziehung ist -längst anerkannt. Es wird also in keiner Gemeinde an dem vollständigen -Geräte fehlen dürfen. - - -5. Radfahren. - -Ob das anstrengende Radfahren sich als nützlich für die Jugend -erweisen wird, wird wohl erst zu erproben sein. So weit es förderlich -ist, wird auch diese Kunst der Jugend beigebracht werden müssen. Von -jeder Art Geräte zu Sportzwecken und anderer Art gilt, daß es zum -gemeinschaftlichen Gebrauch aller dient, die davon Gebrauch machen -können, daher ein Verteilungsgrundsatz aufgestellt werden muß, wie -sich die Benützer in den Gebrauch zu teilen haben. Ist das Geräte -verhältnismäßig auf die Gemeinden und Quartiere aufgeteilt, so kann -es den letzteren überlassen werden, sich diesfalls selbst Gesetze zu -geben. - - -6. Bewegungsspiele und Kindersport. - -Daß neben dem Turnen und Schlittschuhlaufen auch Bewegungsspiele aller -Art gepflegt werden sollen, versteht sich von selbst und man wird immer -neue erfinden. Wahrscheinlich werden es die nützlichsten sein, welche -am meisten geübt werden und sich auch am längsten erhalten, für den -Rudersport ist nicht überall Gelegenheit. - - -7. Verstandes- und Gesellschaftsspiele. - -Eine große Bedeutung haben die Verstandes- und Gesellschaftsspiele. -Dabei kann der Jugend auch die Anregung zu Spielen in größerem Umfange -gegeben werden, zum Besuch- und Konversationsspiel, Kriegsspiel und -Parlamentspiel und manche Spiele von heute können ersetzt werden durch -Anteil an wirklicher Arbeit, statt der Puppen werden die Mädchen kleine -Kinder pflegen helfen, statt des Küchespielens an der Speisebereitung -teilnehmen. - - -8. Reisen der Jugend. - -Zu den wichtigsten Bildungsmitteln gehört das Reisen. Schon in -frühester Jugend können Ausflüge auf ein oder zwei Meilen Entfernung -unternommen werden und wenn so zwei oder drei Gemeinden eine gleiche -Anzahl von Köpfen sich zuschicken, so werden diese Kinder eben in -Nachbargemeinden ihre Mahlzeiten einnehmen, ohne die Wirtschaften -irgendwie zu belasten und der ganze damit verbundene Aufwand wird in -der Abnützung des Schuhwerks bestehen. Dabei werden die Kinder andere -Personen kennen lernen, Werkstätten und Fabriken sehen, die ihnen noch -nicht bekannt waren, Bergwerke kennen, landschaftliche Schönheiten -genießen lernen, irgendwelche Merkwürdigkeiten sehen und die jungen -Leute sollen, ehe sie in die Schule kommen, im ganzen Bezirke -zuhause sein, Wege und Stege, die Wasserläufe und Gebirge kennen und -alle Ortschaften nennen können zur Vorbereitung ihrer später immer -ausgedehnteren Ortskenntnis. In späteren Jahrgängen soll sich die -genaueste Ortskenntnis auf die ganze Provinz erstrecken und als Lohn -für hervorragende Verdienste kann sich die Erlaubnis darstellen, -entfernte Städte zu besuchen oder Gebirge in anderen Provinzen zu -besteigen, wobei gleichfalls jeder Aufwand für die Volkswirtschaft -vermieden wird, wenn die jungen Leute die ohnehin leeren Plätze auf -den Eisenbahnen, in den Wohnhäusern fremder Gemeinden, an ihren Tischen -einnehmen und es wird gar nicht notwendig sein, ihnen eine Begleitung -mitzugeben, da sie unter Aufsicht des Eisenbahnpersonals und der -Mitreisenden, dann des Unterrichtspersonals der besuchten Städte und -Gemeinden stehen. - -Das kann der Jugend zu statten kommen durch zwölf Jahre an schulfreien -Tagen und in den Ferien, also an etwa 100 Tagen im Jahre und die -Ferialreisen können mit einer großartigen Zirkulation der Jugend von -Kreis zu Kreis, von Provinz zu Provinz verbunden werden, wobei sie -zahllose höchst bildende Anregungen empfangen wird, welche minimale -oder gar keine Kosten verursachen. Die begabtesten Volksschüler der -höheren Jahrgänge werden gegen Ende der Schulzeit ihr ganzes Vaterland -gesehen haben und die Geographie ihres Reiches, das ja auch ihr Besitz -ist, nicht nur aus den Büchern, sondern aus der Anschauung kennen und -es wird ihnen zur Aufgabe gestellt werden, überall dem Zusammenhang der -Wasserläufe und der großen Gebirgszüge ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden. - - -9. Touristik der Jugend. - -Daß viele der Ferienreisen zu Fuß zurückgelegt werden müssen, wobei -man besondere Ausdauer und Schnelligkeit vielleicht zum Gegenstand -einer Preiszuerkennung machen wird, da sich ja Zeitpunkt des Abganges -und der Ankunft durch amtliche Bestätigungen der Verwaltungsorgane -leicht kontrollieren läßt, ist selbstverständlich. Dabei soll aber -auch die nicht weniger kühne Bergbesteigung mit zu den Freuden und -Übungen der Schuljugend gerechnet werden. Die Natur der Aufgaben -des Kollektivstaates bringt es mit sich, daß alle Gebirge für die -Touristik aufgeschlossen werden, was der Staat nicht leistet, werden -die Nachbargemeinden aus eigenen Kräften besorgen. Auch da kann ein -Wettbewerb nach demselben Grundsatze ermöglicht werden für jene, -welche innerhalb eines Jahres am meisten hohe Berge besteigen und -dabei die größte Kühnheit und Ausdauer an den Tag legen. Doch soll -man hierin vernünftige Grenzen einhalten und tollkühne Unternehmungen -eher unterdrücken, als fördern. Alle Jugendfreuden sollen zur -Veredelung der Menschenrasse dienen und jeder soll einen Schatz froher -Jugenderinnerungen angesammelt haben, ehe er in die Periode der Arbeit -eintritt, in der er dem Staate rückerstattet, was er empfangen hat -und das Kapital ansammelt, aus welchem ihm eine gleich frohe Zeit des -hohen Alters gewährt wird, das er in Rüstigkeit verbringen und genießen -soll, vielleicht wieder im Anschlusse an jene Jugend, die mittlerweile -herangewachsen ist. - - -10. Lektüre, Unterhaltungslektüre und Lektüre zur fachlichen Ausbildung. - -Ein wichtiges Förderungsmittel der Jugend ist die Lektüre, welche -ihr zwar mit Auswahl, aber reichlich zur Verfügung gestellt wird. -Literatur und Bibliothekswesen werden an anderem Orte, VIII, 4, -erörtert werden. Der Staat ist ja auch die großartigste Leihbibliothek, -die man sich denken kann, und jedes Buch der in- und ausländischen -Literatur von einigem Wert ist in einem kollektivistischen Staate -=jedem= zugänglich, nicht bloß in Städten, sondern in jedem Dorfe -und Einödhofe und selbst auf den Alpen. Bücher zirkulieren wie die -Menschen in einem ununterbrochenen Strome. Bloße Unterhaltungslektüre -soll besonders zum Gegenstande des Vorlesens in größeren Versammlungen -junger Leute gemacht und dann eine kritische Besprechung daran -geknüpft werden. Dadurch wird der Vortrag und die Zungenfertigkeit -geübt, Zeit erspart und die weiteste Verbreitung der besten Werke -sichergestellt. Wenn die Unterrichtspersonen, die besonderes Urteil -in der schönen Literatur haben, eine kritische Besprechung einleiten -und die Kunst, mit Verständnis zu lesen, lehren, so wird dieser Genuß -wieder außerordentlich fruchtbringend und förderlich wirken, wie es -keinem Zweifel unterliegt, daß uns die hohe Kultur unsrer Zeit es -möglich macht, durch den Genuß Arbeit zu schaffen und in der Arbeit zu -genießen, so daß das ganze Leben mit Lebensfreuden ausgefüllt werden -kann. - -Allein viele jungen Leute werden sich mit Lektüre nicht nur im -gewöhnlichen Wortverstande unterhalten, sondern irgend einen Zweig des -Wissens neben dem allgemeinen Unterrichte zu einem Lieblingsstudium -machen und die Lehrpersonen werden Jedem, der solche Privatstudien -betreibt, die Quellen nachweisen und zugänglich machen, aus welchen -er fortschreitende Belehrung schöpfen kann. Bemerkt man einen Erfolg, -so wird man seinem Wissensdrang immer intensivere Nahrung zuführen, -ihm Sammlungen, Zeichnungen und andere Darstellungen, Instrumente und -Apparate, selbst Chemikalien und andere Stoffe zugänglich machen, -so daß jene, die man zur Aufnahme in die Hochschulen empfiehlt, -schon langjährige Studien betrieben, wissenschaftliche Aufsätze -geliefert, Forschungen verfolgt und für die Zwecke der Hochschulen -Beobachtungen angestellt und Naturprodukte gesammelt und auf diese Art -den Beweis geliefert haben müssen, daß sie unter allen Altersgenossen -die hervorragendste Eignung für die wissenschaftliche oder eine -künstlerische Laufbahn besitzen. Dabei wird man Konzentrierung und -Spezialisierung verlangen und in irgend einem kleinen Zweiglein -des Wissens oder Könnens das Eindringen bis in die tiefsten Falten -des Studiums, die Kenntnis einer Pflanzenfamilie bis in alle ihre -Spielarten, einer Raupe in allen Abarten, ihre Lebensbedingungen, -Anatomie und Physiologie und Umwandlungsbedingungen fordern. Alle -Wanderungen, Reisen und Bemühungen dieser Anwärter auf eine höhere -Laufbahn werden immer ein und demselben Ziele dienstbar zu machen sein; -etwas Neues zu erforschen, etwas neu darzustellen, eine vollständige -Sammlung zustande zu bringen, einen mechanischen Gegenstand von -offenbarer Nützlichkeit zu erfinden, ein neues chemisches Präparat, -eine neue Anwendungsart oder -Form der elektrischen Kräfte zu -entdecken, wird man sich beeilen, ehe man das 18. Lebensjahr vollendet, -um unter der großen Zahl von Berufenen auserwählt zu werden und den -Ruf an die Universität zu erlangen, an welche nicht die Söhne reicher -Bürger, hoher Beamter, des alten Adels oder der Professoren, sondern -nur jene berufen werden, die schon in diesem noch jungen Alter ihren -Beruf erwiesen haben werden. - - -11. Handfertigkeitsunterricht und Haushaltungskunde. - -Daß Handfertigkeitsunterricht mit dem Schulunterrichte zu verbinden -ist, ist längst dargetan und dazu ist in einer kollektivistischen -Gemeinde die beste Gelegenheit geboten. Es wird ohnehin in jeder -Gemeinde eine mit allen Werkzeugen und einfacheren Apparaten -ausgerüstete, mit Wasserkraft, Dampf oder Elektrizität betriebene -mechanische Werkstätte zu finden sein, wo man die dringenden -Ausbesserungen geringerer Art von Werkzeugen, Apparaten, -Maschinen und Hausgeräten besorgen kann und dort wird man den -Handfertigkeitsunterricht erteilen, um jene herauszufinden, welche sich -für die Industrie und Technik eignen, während die weniger Tauglichen -sich der Landwirtschaft, den geringeren industriellen Arbeiten und -dem Bergbau widmen müssen. Ebenso werden die Mädchen praktischen -und auch theoretischen Unterricht für weibliche Handarbeiten, -Haushaltungsarbeiten, Küche, Viehzucht und Gartenkultur empfangen. Man -macht jetzt eben überall Versuche, solchen Unterricht auch auf dem -Lande einzubürgern, aber es fehlt zumeist an Geld und somit auch an -Lehrkräften. So werden alle jene begabteren Kinder ermittelt werden, -die man in die landwirtschaftlichen, gewerblichen, forstlichen oder -Haushaltungsfachschulen aufnehmen und dann als Vorarbeiter, Werkführer, -Haushaltungsvorsteherinnen, Köchinnen usw. oder für das Erziehungs- -und niedere Lehrfach ausbilden wird. Auch für Zeichnen, Modellieren -oder Musik hervorragend befähigte Kinder werden in Vorbereitungsschulen -aufgenommen, vielleicht noch in den Jahren der Volksschulpflicht -und müssen sie deshalb an einen Bezirks- oder Kreisvorort versetzt -werden, so werden ihre Eltern entweder auch versetzt oder sie werden -von diesen an dort domizilierende Freunde oder Verwandte verwiesen, -welche die Stelle der Eltern vertreten. Die Mitbeschäftigung an -den wirklichen Arbeiten in Feld und Stall, Küche und Hauswesen, -Kinderwartung und Krankenpflege wird der beste Handfertigkeits- und -Haushaltungsunterricht sein oder wenigstens als Vorbereitung der -Tüchtigsten für Fachschulen dienen. - - -12. Vereine und Selbstzucht der Jugend. - -Die Erfahrung wird erweisen, ob der Jugend die Bildung von Vereinen -und die, wenigstens versuchsweise, Übernahme der Selbstzucht -gestattet werden soll. Man sagt, man habe in Amerika mit einer Art von -Jugendrepublik sehr gute Erfahrungen gemacht, in welche verwahrloste -Kinder aufgenommen und der Zucht ihrer schon gebesserten Altersgenossen -überlassen und so geheilt und für die Gesellschaft brauchbar gemacht -wurden. Die Behandlung der jugendlichen Übeltäter soll eine sehr harte -gewesen sein, aber gute Früchte getragen haben. Bewähren sich solche -Versuche, so mögen sie fortgesetzt werden, andernfalls sind die Vereine -aufzulösen, die Selbstzucht wieder einzustellen und die unmittelbare -Wirksamkeit der Erziehungs- und Lehrpersonen und der Mütter wieder -herzustellen. Von der Förderung des Vereinswesens ist in VIII, 2, -die Rede, und es wird in der Regel keinem Bedenken unterliegen, auch -der Jugend den Beitritt zu den Vereinen der Erwachsenen, wenn auch -vielleicht ohne Stimmrecht, zu gestatten. Nur dürfen sie dadurch vom -Unterricht nicht abgelenkt werden. - - -13. Sicherstellung einer gleichmäßigen Jugenderziehung. - -Da es wünschenswert ist, daß das ganze Volk ohne Ausnahme einen -gleichmäßigen Elementarunterricht und Erziehung empfange, ohne irgend -eine Bevorzugung oder Zurücksetzung, soweit nicht die Eltern durch -ihre eigene Bemühung, Unterrichts- und Erziehungsarbeit ihre Kinder -mehr fördern, und nachdem es den Anschein hat, als ob die Kinder der -Personen, die in den Städten und der Hauptstadt angesiedelt sind, einen -Vorzug genössen oder zu anderen Vergnügungen Gelegenheit hätten und vom -Landleben ihrerseits ausgeschlossen wären, so ist es von Belang, hier -einige Worte darüber zu sagen. - -Jene Eltern in den Städten, die erziehungspflichtige Kinder haben, -werden am besten ihre Wohnungen an der Peripherie angewiesen erhalten, -wo die Städte ans Freie stoßen und mit den nächstgelegenen Dörfern -zusammengrenzen. Erziehungs- und Lehrpersonen werden dieselben sein -wie in den Dörfern, Lehrmittel ebenfalls, das Zusammenkommen dieser -Kinder mit den Dorfkindern, die Spaziergänge und Ausflüge in der freien -Landschaft, die Berührung mit den landwirtschaftlichen Anstalten wird -ihnen gleichfalls geboten werden, so daß sie keine andere Erziehung -empfangen als die anderen Kinder. - -Eine Ausnahme bilden vielleicht die Kinder der monarchischen Familie -und des hohen Adels, welchen man die Erziehung im Hause und mehr -abgeschlossen von der übrigen Bevölkerung wird sichern wollen. Es -scheint das zum Teil nicht unbegründet, weil dieser Teil der Jugend -eine viel mannigfaltigere Ausbildung in einheimischen und fremden -Sprachen empfangen soll, die manche Änderung in der Erziehung und im -Lehrplane nötig machen könnte. Auch wird bei ihnen das Hauptgewicht -auf gesellige Talente zu legen sein. Aber trotzdem wird man erwägen, ob -nicht auch solche Kinder ihren Unterricht und die Erziehung wenigstens -bis zum 12. Jahre mit den anderen Kindern auf dem Lande empfangen -sollten. - - -i) Ethische Erziehung. - -Obwohl die ethische Erziehung von der physischen und intellektuellen -nicht zu trennen ist, so soll darüber doch noch einiges besonders -bemerkt werden. Den hier entwickelten Gesichtspunkten gemäß wird eben -auch die materielle Versorgung der Kinder und ihre intellektuelle -Erziehung einzurichten sein. - - -1. Mäßigkeit. - -Diese ist mit der streng geregelten Versorgung bereits zum Gegenstande -der Erziehung gemacht. Die Nahrung darf nie übermäßig zugeführt -werden, gieriges und hastiges Essen ist zu verhindern, Alkohol und -manches andere auszuschließen. Auch in anderen Dingen ist Mäßigkeit -und etwas Abhärtung anzugewöhnen. Kinder sollen in allem mit Geduld -warten, bis sie an die Reihe kommen, Arbeit, Lernen und Spiel sollen -entsprechend abwechseln und ein rasches Übergehen von dem einen zum -andern, die sofortige Hingabe an das jetzt Vorliegende eingeübt werden. -Das Verlangen nach Dingen, die ihnen nicht ohnehin geboten werden, ist -zu unterdrücken, nichts darf man sich abtrotzen lassen; will man ab -und zu besonderen Wünschen Gehör geben, so sind Tage und Stunden zu -bestimmen, wo sie vorgebracht werden und im Falle der Ablehnung wäre -die Wiederholung oder Eigensinn strafbar. Was das Essen anbelangt, so -kann man Kinder beobachten, die im frühsten Alter über die Sättigung -nicht hinausgehen und einen Rest übrig lassen, wenn ihnen gleich nicht -allzuviel vorgesetzt worden ist. Verweichlichung im Nachtlager, der -Kleidung, planloses Herumlungern oder untätiges Ausruhen darf man nicht -dulden. - - -2. Schamhaftigkeit, geschlechtliche Moral. - -Schamhaftigkeit ist von der allerfrühesten Jugend an zu pflegen. -Mienen und Gebärden, Reden sind auf das sorgfältigste zu überwachen, -die Phantasie nie auf Dinge zu richten, die kennen zu lernen nicht -an der Zeit ist. Dann aber ist es wahrscheinlich, die Erfahrung wird -das lehren, besser, der Neugierde zuvorzukommen und in ernsten Worten -die geschlechtlichen Fragen wie andere Gegenstände des Unterrichtes -darzulegen und die notwendigen Selbstbeschränkungen zu erklären. -Unter welchen Umständen der junge Mensch zur Besiegung unzeitiger -Triebe sich dem Arzte anvertrauen soll, wäre beizeiten zu lehren, -und vor den Folgen der Ausschweifungen zu warnen. Die Frage, wie das -Geschlechtsleben überhaupt einzurichten wäre, läßt sich heute nicht -ermessen, und davon war in VII, 3, die Rede. Danach wird sich aber die -Erziehung der Jugend in Beziehung auf geschlechtliche Dinge zu richten -haben. - - -3. Reinlichkeit und Körperpflege. - -Auch Reinlichkeit und Körperpflege ist von der frühesten Jugend an -einzuimpfen. Alle dazu erforderlichen Behelfe müssen vorhanden sein, -der Gebrauch der Bäder in reichlichem Maße ununterbrochen gefordert -werden. Zähne, Haare, Nägel müssen auf das sorgfältigste gepflegt, die -Kleidung reingehalten werden, auch darf man es nicht hingehen lassen, -daß junge Leute sich unordentlich gekleidet blicken lassen. - - -4. Ordnung und Pünktlichkeit. - -Auch auf strengste Ordnung muß man sehen. Die jungen Leute müssen -verhalten werden, alles in Ordnung zu bringen, ehe sie den Waschtisch, -das Spiel, die Lernstube verlassen. Der Erzieher braucht nicht -ungeduldig zu werden, man führe nur den Übeltäter sofort zurück und -lasse nicht ab, bis Ordnung gemacht ist, und der junge Mensch wird -bald seine Fehler ablegen. Ebenso ist Pünktlichkeit in der Erfüllung -aller Aufgaben, auch wo sie nur durch das Spiel bedingt sind, -unnachsichtlich zu erzwingen. Kein Zögern oder Widerstreben ist zu -dulden. Daß Anordnungen sofort und ohne Zaudern zu erfüllen sind, muß -so selbstverständlich sein, daß gar kein Widerstand aufkommt. Man darf -sich auch durch passiven Widerstand nie, nicht ein einziges Mal irre -machen lassen, sobald etwas angeordnet ist, und im übrigen lasse man -Freiheit walten, wo sie unschädlich ist. Pünktlichkeit ist auch dann zu -fordern, wenn etwas freiwillig übernommen wurde. - - -5. Wahrhaftigkeit - -muß gleichfalls gefordert werden. Ganze, volle, rückhaltslose -Wahrhaftigkeit. Noch schlimmer als die Unwahrheit ist die hinterlistige -Zweideutigkeit, die Verdrehung der Wahrheit durch Einseitigkeit. Wer -von dem einen das Gute, von dem andern das Schlechte verschweigt, -dagegen den ersteren tadelt, den anderen lobt, ist ein Lügner. Man -nennt das Parteilichkeit, es ist aber Lüge und soll strenger geahndet -werden als die einfache Unwahrheit. Diese Wahrhaftigkeit hat sich auch -auf das Bekenntnis eigenen Verschuldens und auf die Anzeige fremden -Verschuldens zu erstrecken. Inwiefern die letztere nur über Befragen -der berufenen Personen oder auf eigenen Antrieb zu geschehen hat, wird -durch Vorschriften zu regeln sein. - -In der heutigen Gesellschaftsordnung gilt die Denunziation als -diffamierend. Das bezieht sich aber nur auf Denunziationen zum -Nachteil der eigenen Partei und Gesellschaftsklasse und zum Vorteile -einer mißliebigen politischen Gewalt, oder fremder Parteien und -Gesellschaftsklassen. Da im Sozialstaate die volle Souveränität beim -Volke, nicht in den Händen eines Tyrannen ist, da ferner die Strafen -selten und außerordentlich milde sind, und alle Strafen auch das Wohl -des Bestraften bezwecken, kann im Kollektivstaat ein Recht, eigenes -oder fremdes Verschulden zu verheimlichen, nicht anerkannt werden. -Übrigens können anfangs Ausnahmen für schwerere Fälle von Delikten -gemacht werden, insofern Verwandte näheren Grades zur Anzeige zu -bringen wären. Auch Geheimnisse des Liebeslebens sind als berechtigt -anzusehen. Mit wahrheitsgemäßer Informierung der =kompetenten= Personen -hat aber Splitterrichterei nichts gemein. - - -6. Freimut. - -Mit der Wahrhaftigkeit hängt der Freimut zusammen, es soll niemand -seine Anschauungen über Dinge, welche im engeren oder weiteren -Sinne das Allgemeine betreffen, absichtlich verbergen, sondern bei -schicklichem Anlasse ohne Aufdringlichkeit bekannt geben. Tadelsucht -ist übrigens zu unterdrücken. Nur jenem gegenüber, der sich im Irrtum -befindet und fehlt oder an Fehlern krankt, ist freimütiger Tadel -ohne Kränkung oder Herausforderung und ohne unnötige Bloßstellung -vor anderen nicht nur gestattet, sondern, wo es nützlich scheint, -sittlich geboten. Der Tadel unheilbarer oder geringfügiger Gebrechen, -Splitterrichterei, absichtliche Herabsetzung anderer und offenbare -Ungerechtigkeit sind zu unterdrücken. - - -7. Höflichkeit und Nachgiebigkeit. - -Höflichkeit gehört zu den wichtigsten Tugenden der Jugend im -Kollektivstaat.[33] Sie muß allgemein gegen jedermann geübt werden, -etwas entgegenkommender gegen Vorgesetzte, Ältere, und gegen das -weibliche Geschlecht. Sie umfaßt Dienstbereitwilligkeit, Gruß, -Ersuchen, Dank, aufmerksames Entgegennehmen von Aufträgen, Ersuchen -oder Mitteilungen, freimütiges aber höfliches Ablehnen unerfüllbarer -oder ungerechtfertigter Zumutungen, Vermeidung der Unterbrechung der -Rede anderer und Bereitwilligkeit, andere zum Worte kommen zu lassen. -Die Höflichkeit macht sich in Reden, Mienen, Gebärden, in Zeichen der -Zustimmung und des Beifalls, in der Anerkennung anderer, in Blicken, im -Ausweichen bei der Begegnung, in der Sorgfalt um andere geltend. - - [33] Schon vor 2500 Jahren war die Volksschule in China - allgemein eingeführt und sehr vollkommen. Kein Dorf war - ohne Volksschule, und der Unterricht der mit dem achten - Jahre in selbe eintretenden Kinder umfaßte folgende - Übungen: Das Begießen von Blumen, das Auskehren der - Wohnräume, die Gebräuche der Welt, Zeremonien, Musik, - Pfeilwerfen, Wagenlenken, Schreiben und Rechnen. Aber - auch Höflichkeit wurde gelehrt, die Kinder sollten rasch - und bescheiden antworten, mit Anstand eintreten und - hinausgehen, Gäste höflich empfangen und hinausgeleiten. - Diesen Unterricht empfing der Sohn des Kaisers wie der - des Bauern, und so ist der Chinese heute noch höflich. - Der seit mehreren hundert Jahren eingetretene Stillstand - in der Kulturentwicklung Chinas ist der Herrschaft der - barbarischen Mandschu zur Last zu schreiben, und die - Volksschule ist verfallen. - -Mit der Höflichkeit ist auch gegeben, daß man niemand beleidigt, -niemand verdächtigt oder anderen Nebenabsichten unterschiebt, daß -man zartfühlend allem ausweicht, was andere beschämen oder kränken -könnte, oder an Herzeleid, vergangenes Verschulden erinnert oder -lächerlich erscheinen läßt. Gegen die Beleidigungen und Verdächtigungen -dritter soll man nur maßvolle Abwehr für genügend erachten und -sich überhaupt nie in Wortwechsel einlassen oder nach Feststellung -einer Meinungsverschiedenheit schreiend, verletzend oder hartnäckig -behaupten, was, solange man eine Meinung nicht zurückzieht, ohnehin -als festgehalten zu betrachten ist. Irrtümer soll man sich beeilen -einzugestehen und aus einem Meinungsstreit immer mit Gleichmut und ohne -Unfreundlichkeit hervorgehen. Kränkungen muß man sich beeilen gut zu -machen, sie anderen leicht und von Herzen vergeben und niemand auch nur -eine Stunde lang etwas nachtragen. Das soll man auch jederzeit deutlich -zu erkennen geben. - - -8. Lebensart, Essen, Bewegungen, Konversation, Tanzen. - -Lebensart muß den Kindern von frühester Jugend an angewöhnt -und förmlich eingeübt werden. Dazu gehört nebst Höflichkeit und -Bescheidenheit auch die Körperhaltung. Die Lebensart erfordert ein -passendes Benehmen in allen Lagen des Lebens, ein Gefühl für das, -was anderen gebührt, ein richtiges Benehmen bei Tische und in der -Konversation, mit einem Worte Schicklichkeitsgefühl, vor allem den -Frauen gegenüber. Wahrscheinlich wird man auch in Zukunft den Tanz -pflegen und die jungen Leute darin unterrichten. - -Die Konversation ist in unserer Zeit verwildert. Die Gegensätze sind -so scharf, daß viele gar nicht miteinander verkehren wollen, andere -über gewisse Themen keine Gedanken friedlich austauschen können. Die -Erziehung im Kollektivstaat wird darauf gerichtet sein, zu lehren, daß -man geduldig hören, niemand unterbrechen, entgegenstehende Ansichten -mit wenigen Worten zu erkennen geben soll, daß niemand das Gespräch an -sich reißen, niemand sich ganz davon ausschließen darf, und das ist in -der Erziehung praktisch zu üben. Der Gebrauch unserer Frauen, mit der -Konversation allerhand Handarbeiten zu verbinden, ist zu loben. - - -9. Hilfsbereitschaft. - -Die Haupttugend, zu welcher der junge Mensch erzogen werden soll, ist -Hilfsbereitschaft, der Wille, jedem in Gefahren und Leiden beizustehen, -wo die staatliche Fürsorge fehlt oder zu spät käme. Ein Teil des -Unterrichts wird der Kenntnis und Übung solcher Hilfe gewidmet sein, -welche man zu leisten am wahrscheinlichsten wird in die Lage kommen. Es -handelt sich nicht nur um den guten Willen, sondern um das Geschick und -das Urteil, wie in vorkommenden Fällen zu helfen sei. Die Bedürftigkeit -der Mitmenschen in jener vernünftigen Ordnung ist viel geringer als in -der heutigen Ordnung der Dinge, darum werden es viel geringere Übel -sein, welche uns veranlassen werden, anderen beizuspringen, zumeist -solche, die heute kaum beachtet werden. - - -10. Pflichtgefühl. - -Die wichtigste Tugend ist die gewissenhafte Erfüllung aller Pflichten -gegen den Staat und die Gesellschaft. Sie fordert völlige Hingabe an -den Beruf, gewissenhafte Schonung des gesellschaftlichen Eigentums -und tunlichste Verhinderung jeder Beschädigung der gesellschaftlichen -Interessen. Die Gewissenhaftigkeit wird auch bei Wahlen und -Abstimmungen geübt werden müssen, bei welchen nicht Privatinteressen, -sondern das öffentliche Wohl allein entscheiden soll. Die Geschichte -unserer Tage wird reichliches Material bieten zum Beweise der -Verächtlichkeit und Schädlichkeit des Parteitreibens. - -In allen vorbezeichneten Richtungen wird die =ganze= Jugend erzogen und -zur Selbsterziehung und wechselseitigen Erziehung angehalten werden. - -Die Frage, welcher Zwangsmittel sich die Erziehung bedienen dürfe, -kann auch nur die Zukunft beantworten. Die gelindesten Zwangsmittel -sind die besten und nur, insofern mildere Strafen versagen, kann man -zu härteren übergehen. Ununterbrochene Einwirkung, Beaufsichtigung und -Beharrlichkeit sind die besten Erziehungsmittel. Der erfahrene Erzieher -wird nach allgemeinen Grundsätzen verfahren und doch der Eigenart des -Einzelnen gerecht werden. - -Die eingehende Erörterung des Erziehungswesens war deshalb geboten, -weil sie klar ergibt, daß der Kollektivismus durch seine Organisation -vieles ermöglicht, was der Individualismus zu leisten nicht vermag. Die -hier geschilderten Erziehungsaufgaben sind besonders darauf gerichtet, -=alle= für das kollektive Leben geeignet zu machen. - -Die »Neue, freie Presse« vom 20. September 1903 Seite 17 beschreibt die -»Gemeinsame Erziehung von Mädchen und Knaben im Landeserziehungsheim« -wie folgt. - -»Ein eigenes Heim auf dem Lande vereinigt Schüler und Lehrer zu einem -freien und kräftigen, gesunden und frohen Leben. Die Einfachheit -ländlicher Verhältnisse erhellt den Geist des Kindes und macht ihn -aufnahmefähig für alles Große und Schöne. Doch wird die erreichbare -Nähe einer großen Stadt mit ihren mannigfachen Bildungsstätten ein -wünschenswerter Vorteil sein. Das Leben auf dem Lande bietet auch -die Freiheit der Bewegung -- Spiel, Laufen, Turnen, Wandern -- und -die Arbeit im Garten, im Haushalte, in der Werkstätte, die den Körper -stärkt und stählt. Das Bewußtsein der körperlichen Tüchtigkeit und der -rege Wetteifer, wie ihn das Leben in der Gemeinschaft erzeugt, gibt -gesundes Selbstvertrauen, gibt Ausdauer, Entschlossenheit und Mut. -Und dieses Zusammenleben wird alle sozialen Tugenden natürlich und -ohne Zwang um so leichter entstehen lassen, als zu dieser Gemeinschaft -auch Lehrer gehören mit ihrer ganzen Persönlichkeit und in vertrautem -Verkehr, als Kameraden und Freunde, darum als Leiter und Berater des -jugendlichen Lebens. - -Welche Vorteile sich aus diesem Zusammenleben für den Unterricht -ergeben, ist offenbar. Daß auf Grund des persönlichen Verhältnisses -eine Disziplin ohne Strenge und Rauhigkeit möglich ist, ist ein -selbstverständliches Ergebnis des Gesamtgeistes, der Unterricht ist ein -Teil des gesamten Lebens. Die Klassen sind sehr klein und ermöglichen -das Eingehen auf die Eigenart des Einzelnen. Der Lehrer kennt genau den -Vorstellungskreis seines Schülers und die Eindrücke, die ihn bewegen. -So bieten sich ihm mannigfache Anknüpfungspunkte, die den Unterricht in -steter Beziehung mit dem Leben erhalten.« - -So ein Organ des wirtschaftlichen Individualismus. Ihm ist eine -Erziehung ein Ideal, welche doch gerade in unserer Gesellschaftsordnung -unmöglich ist. Und wie viel tiefer kann man das Problem erfassen im -Kollektivismus, wo das System allgemein durchgeführt wird und selbst -wieder nur einen Teil des gesamten Organismus bildet, in welchem alle -Teile aufeinander berechnet sind. - -Hätte der Staat immer so, wie es hier gefordert wird, seine -Verpflichtungen gegen die Jugend erfüllt, =so wäre die Kaiserin -Elisabeth nicht ermordet worden=, denn Luchenie war ein _outcast_, -von frühester Jugend an hilflos, ohne Familie, Erziehung, genügenden -Unterricht, auf den Umgang mit Elenden und Feinden der Gesellschaft -angewiesen. Feinde der Gesellschaft! Ist nicht die Gesellschaft eine -Feindin jener Armen? Tut denn =sie= ihre Pflicht? Hören wir. - -Im August 1902 wurde über eine Verhandlung gegen eine einarmige -Einbrecherin berichtet. Franziska Machelek war das Kind armer Eltern -und vom 7. Jahre an verwaist. Vom Knochenfraß befallen, mit 21 Wunden -am Rücken kam sie in ein Spital, wurde aber von da, =weil sie unheilbar -war=, entlassen und heimgeschickt. Die Gemeinde wies sie fort und der -Bürgermeister sagte. »Du mußt betteln«. Sie kam in eine Schule, aber -nach 6 Wochen wurde sie krank und wohnte -- wie eine Aussätzige -- in -einem verfallenen und unbewohnten Hause, und niemand kam zu ihr, =denn -sie hatte eine ansteckende Krankheit=. Sie bettelte, aber sie stahl -dann auch und wurde eingesperrt. »Das war ein Glück für mich, wenn -ich im Arrest war, war ich froh.« Dreizehnjährig kam sie wieder in -ein Spital und da =wurde ihr der linke Arm abgenommen= und erst mit 28 -Jahren wurde sie gesund und lebte dann einige Zeit bei einer Tante, bis -diese starb. Jetzt war sie wieder angewiesen zu betteln und zu stehlen. -In der Strafanstalt erwarb sie etwas mit Sticken. Da sie einarmig war, -mußte sie die Nadel mit dem Munde herausziehen und so stickte sie, -=bis ihr der Mund geschwollen war=. Auf =diese= Art erwarb sie sich -im Zuchthause einen Überverdienst von 5 fl 25 Kr. Als ihre Strafzeit -um war, gab ihr die Strafanstalt von jenen 5 fl 25 Kr. nur 25 Kr. -auf die Hand und ließ sie vom Schubführer nach Hause befördern. Dort -angekommen, sagte der Bürgermeister, =die Strafanstalt habe für sie 5 -fl eingesandt, damit seien die Schubkosten bezahlt=. Bald darauf wurde -die Einarmige verführt und =als sie ein Kind gebar=, verlassen. - -Sollte eine solche Gesellschaft keine Feinde haben? - -Gibt es denn Pflichten gegen eine Gesellschaft, die keine Pflichten -gegen uns hat? - - -6. Die Rechtspflege. - -Eine Ziviljustiz im heutigen Sinne des Wortes gibt es im -Kollektivstaate nicht. Da es weder Privateigentum, noch Vertrag -zwischen Individuen, noch Erbrecht gibt, so entfällt auch jede Art von -Rechten, die einen Anlaß zu Rechtsstreitigkeiten geben könnten. - -Dagegen wird es allerdings eine Strafjustiz geben, die in der Regel -disziplinarisch gehandhabt werden wird. Geringere Kontraventionen gegen -die Gesetze, Beschädigungen des Staatseigentums oder des Lebens und der -Gesundheit der Mitmenschen, werden je nach dem Grade der Beschädigung -und der Entstehung aus Nachlässigkeit, Mutwille oder Bosheit entweder -disziplinariter vom Verwaltungsbeamten, an den der Erziehung noch -unterworfenen Personen vom Erziehungspersonale, geahndet, oder einer -gerichtlichen Bestrafung unterzogen werden. Die Grenzen der dem -Verwaltungsbeamten und dem Erziehungspersonale zustehenden Strafgewalt -werden ziemlich eng gezogen werden. Es wird sich dabei nur um Verweise -unter vier Augen oder vor größerer oder geringerer Öffentlichkeit, um -Entziehung von Genüssen und um Strafarbeiten handeln. So kann einem -Straffälligen der Urlaub eines oder mehrerer Jahre, oder ein Teil -der gesetzlichen Arbeitsbefreiung nach Ableistung der regelmäßigen -Arbeitsjahre, oder das Recht, die Arbeitsgemeinde am Sonntag zu -verlassen, die Reisefreiheit, das Recht, an den öffentlichen Mahlzeiten -und Festlichkeiten teilzunehmen, entzogen werden. Körperliche Strafen -können bei jugendlichen Personen Anwendung finden, wenn alle sonstigen -Erziehungsmittel versagen. Bei Erwachsenen können Gefängnis- oder -Todesstrafe nur dann verhängt werden, wenn es sich um sehr schwere, aus -Roheit und Grausamkeit hervorgegangene Verbrechen handelt. Mißbrauch -der Amtsgewalt wird meistens durch Verlust der Amtsstellung und -Einreihung unter die Arbeiter einfachster Art geahndet werden, wenn es -sich um große und böswillige Vergehen handelt. - -Schwerere Strafen werden nicht von ständigen Gerichten, die -aus rechtsgelehrten Richtern zusammengesetzt sind, sondern von -Volksgenossen, welchen vielleicht die Verwaltungsbeamten präsidieren -werden, verhängt werden. Die Zahl der verbrecherischen Delikte wird -sehr beträchtlich abnehmen und mit der Vereinfachung der rechtlichen -Beziehungen unter den Menschen, werden auch die Delikte einfacher, ihr -Tatbestand leichter festzustellen und die Anwendung der Gesetze von -Fachkenntnissen weniger abhängig werden. - -Statt der heutigen Gefängnisse würde es sich empfehlen, Strafgemeinden -einzurichten, in welchen die Arbeitslast größer, die Genüsse vermindert -und eine harte Disziplin eingeführt würde. Die Todesstrafe würde wohl -sobald als möglich abgeschafft werden. Denn so harte Strafen sind nur -in unserer Gesellschaftsordnung erforderlich, um von verbrecherischen -Handlungen abzuschrecken, zu welchen unsere Gesellschaftsordnung viel -mehr Gelegenheit und Anregung bietet, als der Kollektivismus, der den -unrechtmäßigen Erwerb erschwert, den rechtmäßigen Erwerb erleichtert -und den Lohn erhöht. - -Hier sei noch besonders darauf verwiesen, daß die strafbaren Handlungen -bald auf ein Zehntel oder Zwanzigstel herabgehen werden. Unter den -Motiven zu strafbaren Handlungen werden fortbestehen: Sinnlichkeit, -Liebe, Eifersucht, Zorn, aber auch diese Motive werden weniger -schwer wiegen, weil die sorgfältige Erziehung die Sitten mildert und -weil die ganze Einrichtung der Gesellschaft darauf gerichtet ist, -der menschlichen Seele einen anderen Inhalt zu geben. Verbrechen -aus Habsucht werden nicht vorkommen, weil es unmöglich sein wird, -diesen Hang durch verbrecherische Handlungen zu befriedigen. Die -Naturalwirtschaft und das ausnahmslose Staatseigentum machen das -unmöglich. Das Geld ist das beste Werkzeug der Diebe. Sachen trägt man -nicht davon, könnte man das aber auch, man könnte sie nicht verbergen, -nicht verwerten, nicht genießen, ja man wäre der Entdeckung beinahe -sicher. Eben deshalb wären auch politische Verbrechen ohne Reiz. -Denn, mag man auch Blut vergießen und Bomben werfen, Schätze dadurch -erwerben kann man doch nicht, wenn man das Prinzip des unveräußerlichen -Staatseigentums nicht aufgibt. So werden strafbare Handlungen selten -werden. - - - - -VIII. - -Der Kollektivismus und der allgemeine Fortschritt. - - -1. Die Fortbildung. - -Wenn auch der regelmäßige Volksunterricht mit dem vollendeten -achtzehnten Lebensjahre abschließt, so wird damit die erziehliche und -belehrende Beeinflußung der Staatsbürger nicht eingestellt werden. - -Zunächst werden diesem Zwecke die Vorträge dienen, die regelmäßig -von Zeit zu Zeit in den Abendstunden werden abgehalten werden und von -welchen bereits in V, 3, a, _Alinea_: »Außer ihm« die Rede war. Die -Auswahl der Gegenstände und die Auswahl der Personen zu treffen, die zu -Vorträgen werden eingeladen werden, wird Sache des Pädagogen sein, der -sich mit den Ärzten und Unterrichtspersonen zu beraten und die Wünsche, -die im Schoße der Gemeinde laut werden, in Erwägung zu ziehen haben -wird. Die Richtung, welche die geistige Entwicklung jeder Gemeinde -nehmen wird, wird dafür maßgebend sein. Ebenso werden bedenkliche -Neigungen, welche überhand zu nehmen drohen, auf diesem Wege zu -bekämpfen sein. - -Vorträge dieser Art, analog den heutigen populären Vorlesungen der -Universitätsprofessoren, aber in jeder Gemeinde und in jedem Quartier, -und viel eingehender und im Anschlusse an den Schulunterricht, werden -vor allem die Pädagogen und Fachlehrer zu halten haben, besonders zu -dem Ende, um die Erwachsenen mit jenen Fortschritten bekannt zu machen, -welche die Gegenstände des Volksunterrichtes seit dessen Abschlusse -gemacht haben, wodurch ja auch das Erlernte immer wieder eingeprägt -wird. Das wird es ja auch den Eltern erleichtern, mit der Schule Hand -in Hand zu gehen. - -Auch die Ärzte werden sich an diesen Vorträgen beteiligen und alles -bekämpfen, was dem sanitären Fortschritte und der Veredelung des -Menschentums gefährlich werden könnte. - -Insofern es sich um technische und wissenschaftliche Erfindungen -handelt, wird man es nicht an Demonstrationen und an Berichten über -praktische Einführungen und deren Erfolg fehlen lassen, um die gesamte -Bevölkerung an der Verbreitung der Erfindungen zu interessieren. - -Dabei wird man es aber nicht bewenden lassen, sondern auch Personen von -hohem wissenschaftlichen Range zu Vorlesungen einladen, um das Wissen -nach ein und der anderen Richtung, wie dies in den besonderen geistigen -Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung liegt, zu vertiefen, besonders -dann, wenn die Bevölkerung an der Erforschung gewisser historischer -Fragen oder gewisser Gebiete der Naturschätze einen besonderen Anteil -nimmt und diese Vorträge neue Impulse zur Mitarbeit bieten können. - -Immer sind die Rückwirkungen hervorzuheben, die die neuen Forschungen, -Erfindungen und Entdeckungen auf die Verlängerung, Verschönerung und -Bereicherung des Lebens nehmen können und auch der wirtschaftliche Wert -der Erfindungen darzulegen. - -Ferner werden künstlerische Vorführungen in Gesang, Musik, Deklamation, -die nicht geradezu ein Theater voraussetzen, in jeder Gemeinde -stattfinden, um die Sitten zu veredeln und an das Schöne zu gewöhnen. -So auch wird man Wanderausstellungen von Bildern und plastischen Werken -veranstalten und Vorträge über ihren ästhetischen Wert damit verbinden. -Die Zahl der zu diesen Darbietungen und Belehrungen befähigten -Personen wird so groß sein, daß es keine Schwierigkeiten bieten wird, -allwöchentlich einen Abend solchen edleren Vergnügungen zu widmen. - -Einen erziehlichen Einfluß werden auch die Reisen bieten, welche jedem -ermöglicht werden sollen. In XI, 1, b, _Alinea_: »Nimmt man nun«, -wird der Vorschlag gemacht, jedem Arbeiter einen jährlichen Urlaub -von 14 Tagen zu erteilen und in dieser Zeit soll es dem Beurlaubten -freistehen, die heimatliche Gemeinde zu verlassen und Reisen -innerhalb des Staatsgebietes zu unternehmen. Diese Reisen sollen einen -ununterbrochenen Verkehr mit allen Reichsgenossen ermöglichen und -Belehrungen aller Art vermitteln und diese Reisen, welche zu Fuß, auf -dem Fahrrad und mit den Eisenbahnen und Schiffen unternommen werden, -werden viel dazu beitragen, alle Bewohner des Reiches in jenen engen -Verband zu bringen, den Plato ein »Königliches Geflecht« nennt. Alles -Mißtrauen, aller Neid, alle Mißgunst werden ertötet werden, wenn man -sieht, wie auch andere schaffen und daß auch andere, insoferne sie -nicht verdienter um das Volk sind, nichts genießen, was man nicht -selbst hat oder haben kann. Auch diese Reisen wirken fortbildend. - - -2. Das Vereinswesen. - -Das Vereinswesen hat der Staat zu fördern, so weit es sich um -Vereinszwecke handelt, die im öffentlichen Interesse gelegen sind -und insoferne diese Vereine eine materielle Unterstützung brauchen. -Die Vereinsmitglieder haben dem Vereinszwecke ihre freie Zeit zu -widmen und die Erfüllung ihrer Arbeitsverpflichtung dem Staate -gegenüber unvermindert einzuhalten. In Anbetracht der Wichtigkeit -der Vereinszwecke kann es sich darum handeln, den Vereinen solche -materielle Mittel zuzuwenden, welche die Vereinsmitglieder nicht -schaffen können. In einem beschränkten Maße können sie allerdings auch -die materiellen Mittel aufbringen, insofern es sich nur darum handelt, -einen Teil der zur Verteilung gelangenden Konsumtibilien beizutragen. - -Die staatliche Förderung wird verschiedenes umfassen. Die Regierung -wird, spontan oder auf Antrag die Statuten entwerfen und die -Bedingungen feststellen, unter welchen sie ihre Unterstützung zusagt, -sie wird die Werbung von Mitgliedern erleichtern durch Ankündigungen in -den Blättern und durch Versendung von Prospekten an die Gemeinden, sie -wird unter der Bedingung einer lebhaften Beteiligung von Mitgliedern -Behelfe bereitstellen, so Noten und Instrumente für musikalische -Vereine, Chemikalien und Apparate für Vereine zur Förderung der Chemie, -Instrumente und Apparate für Beobachtungen in der Meteorologie, -Astronomie und für biologische Untersuchungen, zur Herstellung von -Präparaten u. dergl., sie wird den Sportvereinen Boote, Automobile, -Pferde, Hunde zur Verfügung stellen und Prämien zur Aneiferung -der Mitglieder bewilligen, dem literarischen Vereine nach Maßgabe -seiner Bedeutung vielleicht eine Druckerei einrichten, Werke aus dem -Auslande besorgen; für Zusammenkünfte können Reisebewilligungen und -Urlaub koncediert werden und unter Umständen können sogar Gebäude -aufgeführt werden, um besonders wichtigen Vereinen die Erreichung -des Vereinszweckes zu erleichtern, oder den Eifer der Mitglieder -anzuspornen. Es sei nun gestattet, einige besonders wichtige -Vereinszwecke zu erwähnen. - -Außer dem in VI, 8, d, Bemerkten dient ein Reichsverein für -=Rechnungskontrolle=, =Statistik= und =Volkswirtschaft=. Die -Verrechnung der gesamten Verteilung der Arbeit und der Produkte -erfolgt nach VI, 8, durch regelmäßig publizierte statistische Ausweise. -Obwohl nun dieselben jedermann zugänglich und in öffentlichen Blättern -enthalten sind, ist doch anzunehmen, daß diese Publizität nicht genügen -wird, um eine genaue Kontrolle durch das Volk sicherzustellen. Das -Material ist so massenhaft, daß man annehmen kann, es werde sich -schließlich niemand um die Verrechnung kümmern, als die berufenen -Organe der Staatsverwaltung, wobei allerdings die niederen Ämter von -den höheren, aber auch letztere von den niederen überwacht werden. - -Um eine sichere und intensive Kontrolle durch das Volk zu veranlassen, -wird das Zustandekommen eines Vereins erwünscht sein, welcher aus -vielen tausenden von Mitgliedern bestehen müßte, die sich nach -einem von ihnen angenommenen Plane in die Arbeit der Überprüfung zu -teilen und die Zusammenstellungen nachzurechnen, sowie die ersten -Aufstellungen mit den in den Gemeinden aufliegenden Originalrechnungen -zu vergleichen hätten. Es wird dann nicht leicht ein Irrtum oder gar -eine Falschbuchung übersehen werden, besonders, wenn für die Entdeckung -von Irrtümern oder Fälschungen Prämien ausgeworfen würden, welche die -Staatsverwaltung dem Vereine zu bewilligen hätte. - -Im Zusammenhang damit hätte der Verein die Aufgabe, die Zweckmäßigkeit -der statistischen Tabellen zu prüfen und auf neue Kombinationen -und Methoden der Aufstellung und Summierung zu dringen. Die -statistischen Tabellen sollen nämlich auch über die Richtigkeit der -Verteilungsgesetze Aufschluß geben. Es ist denkbar, daß die Tabellen, -richtig zusammengestellt, dartun können, ob die Ärzte, die Lehrer, die -Grubenarbeiter mit Rücksicht auf den Rechtsgrundsatz der Verteilung, -XI, 1, d, _Alinea_: »Der oberste Verteilungsgrundsatz« begünstigt -oder zurückgesetzt sind. Obwohl jede einzelne Gruppe ein Interesse -hat, nachzurechnen und ihre Interessen wahrzunehmen, würde sich doch -jener Verein besonders dazu eignen. Es wird sich dabei besonders -darum handeln, in den Gruppen neue Teilungen oder Zusammenordnungen -vorzunehmen. Wenn alle Grubenarbeiter bezüglich der Sterblichkeit -zusammengeworfen sind und nach der Gesamtsterblichkeit bei der -Verteilung der Arbeit und der Genüsse nach demselben Maßstabe behandelt -werden, so kann es sich als notwendig erweisen, die Kohlengräber -auszuscheiden, wonach sich herausstellen kann, daß sie ungünstiger -gestellt sind, als die anderen Grubenarbeiter, diese aber besser, -als andere Berufe. Das zu entdecken und klar zu legen, wäre eine -Aufgabe eines solchen Vereins. Dabei ist aber im Auge zu behalten, -daß eine all zu kleinliche Spaltung der Arbeitergruppen deshalb nicht -zweckmäßig ist, weil die statistische Tabelle nur als Material für -Massenbeobachtungen einen Wert hat. - -Dadurch nun, daß der Verein in letzterer Hinsicht sich nützlich -erweist, fördert er zugleich die Volkswirtschaft, weil die -Zweckmäßigkeit der Volkswirtschaft mit der Gerechtigkeit der Verteilung -zusammenfällt. Die Begünstigung einer Gruppe ist eine Vergeudung im -Verbrauche und die Zurücksetzung einer Gruppe beeinträchtigt deren -produktiven Wert. - -Von großer Wichtigkeit werden ferner =literarische Vereine= sein, -weshalb auf diesem Gebiete die Gründung von Vereinen sehr wünschenswert -sein wird. Selbe werden sich national und nach Gegenständen gliedern. - -Es hat zwar die Staatsverwaltung zunächst die Aufgabe, welche heute -die Verleger haben, nämlich die literarischen Produkte, welche sie -für geeignet hält, zu veröffentlichen. Die Verleger treten heute -als Unternehmer zwischen die Schriftsteller und die Leser für die -literarischen Erzeugnisse. Bei dem großen Umfange von kaufmännischer -Arbeit, die der Verleger zu bewältigen hat, kann er nur wenig Zeit -der Prüfung von Manuskripten widmen und in keinem Fall kann er ein -hervorragendes kritisches Verständnis für den Wert der ihm angebotenen -Werke haben. Er ist demnach gezwungen, das Gutachten von Kritikern -einzuholen. Der Verleger hat aber auch ein anderes Mittel, um -gewinnbringende Geschäfte zu machen, wenngleich er die Manuskripte -nicht zu beurteilen vermag. Er hält sich an Namen, sei es, daß der -Schriftsteller schon bekannt ist und man darauf rechnen kann, daß -seine Werke gesucht werden, oder daß der Verfasser ein Professor ist, -der viele Zuhörer hat, daher man auf einen Absatz bei seinen Schülern -hoffen kann. So bietet das Verlegerwesen, so unentbehrlich es in -unserer Gesellschaftsordnung ist, weder eine Gewähr, daß alle guten -Werke gedruckt, noch daß recht erbärmliche Arbeiten zurückgewiesen -werden, da ja der Kolportageroman am ehesten Gewinn verspricht. -Freilich wird der angesehene deutsche Verleger es verschmähen, diese -Schundliteratur zu pflegen, aber sie findet doch ihre Verleger und -darum wirkt das Verlegerwesen eher schädlich als veredelnd. Der -rücksichtslose Spekulant wird beinahe sicher vermögend, während der -ehrenvolle Verleger, der sich der Literatur verpflichtet hält, oft -große Verluste erleidet. Die Ursache der großen Kosten der Bücher ist, -daß die Bücher, welche Absatz finden, auch die Verluste hereinbringen -müssen, welche der Verleger ohne sein Verschulden an anderen Werken -erleidet. - -Trotzdem nun das Verlegerwesen, wie überhaupt das Unternehmerwesen, -eine sehr mangelhafte Einrichtung ist, so schrickt doch jeder -Schriftsteller vor dem Gedanken zurück, daß der Staat der alleinige -Verleger werden soll. Man glaubt, daß es nur Protektionskindern -gelingen wird, das Erscheinen ihrer Werke zu erleben und das ist ein -Hauptgrund, weshalb die Schriftsteller den Sozialstaat perhorreszieren. - -Das hat nun auch einigen Grund. Würde nur die Staatsverwaltung darüber -entscheiden können, ob ein Werk gedruckt werden soll, so würde das -Verlagswesen nicht viel gewinnen. - -Die Gesamtheit der Einrichtungen, welche den Schriftstellern im -Sozialstaat eine Gewähr bieten, daß ihnen mit mehr Wahrscheinlichkeit -als heute Gerechtigkeit widerfahren wird, wird in VIII, 4, d, 2, -_Alinea_: »Der Anlaß« dargestellt, allein für die schöne Literatur -werden die literarischen Vereine und für die wissenschaftliche -Literatur die zahlreichen wissenschaftlichen Fachvereine an der -Sichtung der Manuskripte sich beteiligen. Wenn die Manuskripte, die -den Vereinen entweder von den Schriftstellern direkt eingesendet -oder ihnen als einer Art Beirat von der Staatsverwaltung oder anderen -verlagsberechtigten Körperschaften (VIII, ebenda) zugewiesen werden, -unter die Vereinsmitglieder zur Prüfung verteilt und von ihnen -darüber in Versammlungen referiert wird, so kann man annehmen, daß -manches brauchbare Werk gerettet wird, das heute von einem Verleger -zum anderen wandert. Allein man kann diese Vereine nicht bloß mit der -Begutachtung betrauen, man kann ihnen auch das Verlagsrecht für eine -gewisse Anzahl von Werken einräumen, nicht in dem Sinne, daß sie einen -Unternehmergewinn erzielen, was der Natur der Gesellschaftsordnung, -aber auch der Natur des Vereinswesens widerstreben würde, wohl aber -in dem Sinne, daß sie die besten jener Werke in den staatlichen -Druckereien zum Drucke zu befördern oder in ihrer eigenen Druckerei -drucken zu lassen berechtigt werden, welche ihrem Rat entgegen -zurückgewiesen wurden. - -Die literarischen Vereine werden sich wahrscheinlich auch bemühen, -der schönen Literatur eine bestimmte Richtung zu geben, sie werden -den Schriftstellern vielleicht Winke geben können, wie die Werke zu -verbessern seien und sie werden Vorleseabende veranstalten, um auch -solche Manuskripte bekannt zu machen, die von Bedeutung erscheinen, -obwohl sie nicht zum Drucke gelangen konnten. - -Auch in einer anderen Richtung werden diese Vereine sich nützlich -machen, wenn sie eine genügende Anzahl von Mitgliedern haben. Sie -werden die Auslandsliteratur kennen lernen und Einfluß darauf nehmen, -welche Werke in größerer Zahl vom Auslande angeschafft oder von welchen -Übersetzungen veranstaltet werden sollen, denn wenn auch selbst dafür -Verwaltungsorgane bestellt werden müssen, so wird es doch einer großen -Zahl freiwilliger Kräfte bedürfen, um nur einen erheblichen Teil der -Auslandsliteratur durchzuprüfen. - -Daß also literarische Vereine ganz außerordentliches durch Begutachtung -von Werken, durch Ermunterung zum Schaffen und Genießen und durch -Beeinflussung der Richtung leisten können, welche die Literatur von -Zeit zu Zeit einschlägt, ist nicht zu bezweifeln. Ebenso ist gewiß, daß -der Staat sehr viel zur Förderung solcher Vereine tun kann und daß das -Volk der Staatsverwaltung zu diesem Ende nach Maßgabe der Nützlichkeit -solcher Vereine die erforderlichen Mittel bewilligen wird. - -Außer diesen beiden Gattungen von Vereinen, den literarischen Vereinen -und dem Verein zur Prüfung der statistischen Ausweise, werden für -alle Zweige der Naturwissenschaft, der Produktion, der Geschichte, -des Spiels und Sports, für Erforschung und Fortbildung der Sprache -und für alle Arten von Künsten, vor allem die Musik und die bildenden -Künste, Vereine zu schaffen sein, welchen gleichfalls ein Einfluß, -analog demjenigen, einzuräumen sein wird, welchen man den literarischen -Vereinen nach obigen Erörterungen einräumen wird. - -Der Vereine für Musik und Kunst wird man sich besonders als Beirat für -die Verwaltung bedienen bei streitigen Fragen der Verteilung, ob man -diesen oder jenen in eine Fachschule aufnehmen soll, wem man Behelfe -(Farben, Musikinstrumente oder Noten) zur Verfügung stellen, welche -Werke man zur Ausführung bringen soll. - -Hier wäre noch der =Vereinstätigkeit im Bibliothekswesen= zu gedenken. -Auch im Bibliothekswesen wird sich freiwillige Kooperation nützlich -machen. Der Staatsverwaltung obliegt es zwar, für die Vermehrung, -Verteilung, Ordnung, den Schutz und die Versendung der Bücher Sorge -zu tragen, je mehr freiwillige Mitarbeiter sie aber findet, um so -vollkommener wird das alles geleistet werden. Man wird besonders die -Studierenden der Hochschulen heranzuziehen trachten, um in recht kurzer -Zeit Neuaufstellungen durchzuführen, Kataloge zu ergänzen und andere -Arbeiten für Bibliothekszwecke durchzuführen. - -Eine besondere Aufgabe der staatlichen Bibliotheksverwaltung -wird es aber sein, jedem für seinen besonderen Zweck die -Literatur nachzuweisen. Da wird nun diese Aufgabe gründlicher -und mehr ins Einzelne gehend gelöst werden, wenn sich an -diesen Literaturnachweisungen auch die Vereine beteiligen. Ein -Privatunternehmen dieser Art, welches solche Nachweisungen gegen -Entgelt lieferte, bald aber einging, ist vor Jahren in Berlin gegründet -worden. - - -3. Die Sammlungen. - -Die Sammlungen von Kunst- und Naturprodukten, welche heute nur zum -Teil öffentliches Gut, zum größten Teile aber Privateigentum sind, -haben heute schon einen sehr großen Umfang erreicht, werden aber im -Kollektivstaat ins Unermeßliche anwachsen und ins Kollektiveigentum -übergehen. Diesen Sammlungen gehören zwar auch die Bibliotheken an, -von welchen aber hier nicht die Rede ist, weil sie anderen Zwecken -zu dienen haben, als die Sammlungen von Gegenständen, welche Objekt -der Betrachtung sind und meistens nur in einem oder wenigstens nur in -wenigen Exemplaren vorhanden sind. - -Im Kollektivstaat ist es Aufgabe der Verwaltung, die Sammlungen so -aufzustellen, daß sie ihrem Zwecke am Besten dienen. Der Sammler -von heute hütet seine Schätze und verbirgt sie zumeist vor seinen -Mitmenschen und nur wenige adelige Häuser haben sich verpflichtet -gehalten, einige solche Sammlungen, besonders Bildersammlungen, dem -Publikum zugänglich zu machen. Der Kollektivstaat wird alle Sammlungen -so aufzustellen haben, daß sie allen, vorzüglich aber jenen leicht -zugänglich gemacht werden, welche ihrer für ihre Studien bedürfen. Da -nun in Zukunft alle Bauten umgestaltet werden müssen, wird man darauf -bedacht sein, ein System anzunehmen, nach welchem die Sammlungen zu -verteilen sein werden, wie ja auch die Weltausstellungen nach vorher -angenommenen Plänen eingerichtet werden, damit Gleiches und Gleiches -vereiniget, Verwandtes nebeneinander geordnet werde. - -Es wird nun weder möglich noch zweckmäßig sein, alle Sammlungen an -einem Orte, etwa in der Hauptstadt, oder überhaupt in den städtischen -Ansiedlungen, die nicht allzusehr ausgedehnt werden sollen, zu -vereinigen und so scheint folgender Vorschlag als der annehmbarste. - -In der Hauptstadt sollen Sammlungen aller Art aber nur in -hervorragenden Typen aufgestellt werden. Ein kunsthistorisches Museum -sollte Kunstprodukte aller Art aus allen Zeiten und erzeugt von -allen Völkern der Erde zur Anschauung bringen, aber es können in der -Zentralsammlung der Hauptstadt für jede Schule, jede Periode, jedes -Volk nur einige wenige hervorragende Werke aufgestellt werden. Ebenso -wird es mit der hauptstädtischen Sammlung technischer Erzeugnisse und -der Naturprodukte zu halten sein. - -Ins einzelne gehende Sammlungen sollen aber dann nach Gebieten -systematisch aufgeteilt werden, so daß, wenn jemand alle Sammlungen -bis in ihre kleinsten Verzweigungen besichtigen wollte, er das ganze -Reich bereisen müßte. Es würden also einige Provinzen vollständige -Bildersammlungen, und Sammlungen anderer Kunstwerke, andere -vollständige Sammlungen der Werkzeuge, Apparate und Maschinen, oder -kunstgewerblicher Erzeugnisse, andere Pflanzen, wieder andere der Tiere -beherbergen und das Alles würde auch auf Bezirks- und Urgemeinden -aufgeteilt werden. Dazu kommen dann die Präparate der Biologen und -Embryologen und Histologen, welche dereinst einen solchen Schatz -bilden werden, daß man am Sitze der Universität gewiß nur Typen zur -Vergleichung aufstellen kann, wer aber alle vorhandenen Präparate -kennen lernen will, sich die Mühe wird nehmen müssen, irgend einen -Teil des Reiches zu bereisen, wo er, von Ort zu Ort wandernd, alles was -jeweilig vorhanden ist, finden wird und zwar nicht nur die Präparate, -sondern die gesamte darauf bezügliche Literatur und die Mikroskope und -sonstigen Apparate, ohne welche die Sammlung von Sachkundigen nicht -benützt werden könnte. - -Diese Sammlungen werden von Jahr zu Jahr bereichert werden und nur in -dieser Anordnung und Verteilung werden sie den größten Nutzen schaffen. -Das ganze Reich wird eine vollständige Weltausstellung sein. Übrigens -wird in der Metropole eine permanente Weltausstellung der neuesten -Erzeugnisse des Menschengeistes errichtet werden, welche im jährlichen -Wechsel immer das Neueste zur Anschauung bringen wird und nach Ablauf -des Jahres werden die Ausstellungsobjekte in die stabilen Sammlungen -wandern. - - -4. Zeitschriften, Bücher, Bibliotheken. - -Dem Zeitungswesen muß man eine eingehende Betrachtung widmen, weil das -Zeitungswesen auch in der künftigen Gesellschaftsordnung eine wichtige -Rolle spielen wird und weil es einiges Nachdenken kostet, sich die -Befriedigung jener Bedürfnisse im künftigen Staate klar zu machen, die -heute durch die Zeitungspresse befriedigt werden. Dabei wird vor allem -die Preßfreiheit in Betracht kommen, für welche man sich einen Platz -in einer Gesellschaftsordnung nicht leicht denken kann, in welcher der -Staat alleiniger Produzent ist. Es soll gar nicht darauf verwiesen -werden, daß die politische Partei in der künftigen Verfassung keine -Rolle spielen soll. Es wird vielmehr zu zeigen sein, daß im sozialen -Staate Interessengegensätze und Opposition mit voller Freiheit zu Worte -kommen können und außerdem ist zu zeigen, was die künftige Zeitung zu -leisten haben und wie sie zu verbreiten sein wird. - -Es wird also zu unterscheiden sein: a) die Presse für Staats- und -allgemeine Angelegenheiten, b) die Fachpresse, 1. für Wissenschaft, -2. für Kunst und 3. für Technik und c) die Presse für Unterhaltung und -schöne Literatur. - - -a) Die Presse für Staats- und allgemeine Angelegenheiten. - -Hier wird es sich besonders darum handeln, der Opposition und den -Interessengegensätzen eine Gelegenheit zu bieten, sich geltend zu -machen und davon wird auch die Rede sein, doch sollen vorher in großen -Zügen die Aufgaben, die Einrichtung und die Verbreitung dieser Presse -geschildert werden. - -Diese Presse wird sich gliedern in das Reichs-, Provinz-, Kreis- und -Bezirksblatt. Während das Reichsblatt, das in Österreich in einer -großen Zahl von Landessprachen zu erscheinen hätte, an jede Gemeinde -zu senden ist, ist das Provinz-, Kreis- und Bezirksblatt hauptsächlich -nur für die Gemeinden bestimmt, welche in der betreffenden Provinz, dem -betreffenden Kreise oder Bezirke liegen. Allein trotzdem diese Blätter -ein allgemeines Interesse nur für einen Teil der Gemeinden haben, so -müssen sie doch in einer beschränkten Anzahl von Exemplaren überall -hindringen. Es wird genügen, wenn nur wenigstens in jeder Kreisstadt -mindestens einige Exemplare auch der fremden Blätter aufliegen. -Sämtliche Provinz-, Kreis- und Bezirksblätter müßten also wenigstens in -jeder Kreisstadt zu finden und von dort leihweise zu beziehen sein. - -Ebenso ist es einleuchtend, daß ein größeres Bedürfnis besteht, das -heimische Bezirksblatt und das heimische Kreisblatt als das Provinz- -und Reichsblatt zu lesen und daß demnach die Gemeinden und Quartiere -eine größere Anzahl von Exemplaren des einheimischen Kreis- und -Bezirksblattes beanspruchen werden. Nachdem aber unter 1000 Einwohnern -überhaupt nur etwa 600 eigenberechtigte Personen zu rechnen sind, davon -auch nur ein Teil die Blätter lesen will und Wert darauf legen wird, -sie am Tage des Erscheinens zu lesen, die meisten aber es sich genügen -lassen, sie einmal in der Woche zu durchfliegen, so kann man schätzen, -daß es genügt, wenn jede Gemeinde und Quartier je 10 Exemplare des -heimischen Kreis- und Bezirksblattes und je 5 Exemplare des Provinz- -und Reichsblattes erhält, die eine Woche lang im Lesesaal aufliegen. - -Nur ein Exemplar aller Blätter wird in jeder Gemeinde und Quartier, -vielleicht nur eines im Bezirke, dauernd aufbewahrt und gebunden. Die -Sammlung der übrigen Exemplare zur Wiederverwertung des Papierstoffes -wird sich im Kollektivstaat mit einer Sicherheit und Vollständigkeit -vollziehen, welche in unseren anarchischen Zuständen nicht denkbar -wäre. - -Demnach wird die Versorgung =aller= Bewohner mit dieser Art von -Blättern im Kollektivstaat schwerlich einen größeren in Arbeit -ausgedrückten Aufwand verursachen, als heute die Versorgung einiger -hunderttausend Zeitungsleser. - -Man erspart aber auch unendlich viel an journalistischer -Administrationsarbeit, weil diese im Kollektivstaat in nichts anderem -besteht, als im Abzählen der Exemplare und deren Ausfolgung an das -Zugbegleitungspersonal und die Frächter. Der damit betraute Schaffner -hat nach einem ihm vorliegenden Schema in jeder Station in der er -anhält oder die er durchfliegt, nur eine gewisse Anzahl Exemplare -auszufolgen. Nicht einmal eine einzige Adresse zu schreiben ist -notwendig. - -Nachdem nun ersichtlich ist, daß die Versorgung der gesamten -Bevölkerung mit diesen Blättern gar keine Schwierigkeiten macht, -handelt es sich darum, zu erörtern, was in denselben Aufnahme zu finden -hat. - -Den wichtigsten Inhalt bildet die Statistik der Bevölkerungs-, Güter- -und Arbeitsbewegung, soweit sie nach VI, 8, täglich fixiert wird und -in Beilagen auch jene, die wöchentlich oder monatlich fixiert wird. -Letztere kann in 6, beziehungsweise 25 Tagespublikationen aufgeteilt -werden, welche verschiedene Gebiete der Statistik umfassen und der -Bevölkerung successive geliefert werden. Diese Blätter bringen weiter -die Kundmachung der Verordnungen und Gesetze, Personalveränderungen, -Ausschreibung von Stellen, welche an Bewerber zu vergeben sind, -Geburts-, Trauungs- und Todesanzeigen, dann Nekrologe und die -Verleihung von Auszeichnungen, endlich gewisse Vereinsnachrichten. - -Weiter nun sind diese Blätter der Erörterung von Gesetzes- und -Verfassungsvorschlägen und der Kritik der Verwaltung gewidmet. Hierin -hat diese Presse die heutige Parteipresse zu ersetzen. Darum erscheint -es notwendig, für jedes solche Blatt außer dem staatlich bestellten -Schriftleiter auch einen oder mehrere Schriftleiter zu bestellen, die -von der Bevölkerung nach einem zu bestimmenden Modus zu wählen sind -und es muß ihnen ein bestimmter Raum des Blattes für ihre eigenen -Erörterungen, wie auch für die Reproduktion jener Meinungsäußerungen -eingeräumt werden, welche den einlaufenden Briefen zu entnehmen sind. -Besteht noch irgend etwas den heutigen Parteien Verwandtes fort, so -kann man sich recht gut denken, daß bei den Blättern höherer Ordnung -fünf bis zehn solche Redakteure, die zu wählen sind, angestellt -werden. Es ist evident, daß es zur Aufklärung viel mehr dient, wenn -die verschiedensten Richtungen in ein und demselben Blatte vertreten -sind, als wenn man verschiedene Anschauungen in verschiedenen Blättern -aufsuchen muß. Auch ermöglicht diese Einrichtung, daß Rede und -Gegenrede, Kritik und Gegenkritik gleichzeitig erscheinen. - -Bezüglich der Verteilung des Benützungsrechtes der Zeitungen und des -Rechtes, seine Anschauungen in diesen Blättern zu veröffentlichen, wird -das Erforderliche in VIII, 9, c, gesagt. - -Der der Statistik einzuräumende Teil eines solchen Blattes wird sehr -umfangreich sein, am geringsten im Bezirksblatte, am ausgedehntesten -im Reichsblatte. Denn im ganzen Reiche ist Produktion, dann -Verteilung von Gütern und Arbeit viel mannigfaltiger, als in den -einzelnen Bezirken. Es ist wohl nicht notwendig zu sagen, und geht -aus VI, 8, hervor, daß das Bezirksblatt an statistischen Daten die -Ortssummarien als Einzelposten und als Ergebnis das Bezirkssummarium, -das Kreisblatt die Bezirkssummarien als Einzelposten und das -Ergebnis als Kreissummarium bringen wird u. s. f., daß aber die -Gesamtpublikation alle =statistischen= Einzelaufnahmen bringen wird -mit Ausnahme der Einzelposten in den Gemeinden und Quartieren. Allein -die Originalaufnahmen und Detailrechnungen der Gemeinden und Quartiere -werden immerhin in vier oder fünf Exemplaren ausgefertigt, wovon eins -im Gemeindepalast ausgehängt wird, während je ein Exemplar dem Bezirks- -und dem Kreisbeamten zugestellt wird und so scheint eine genügende -Kontrolle auch für Gemeinden und Quartiere gesichert zu sein. - -In besonders erregten Zeiten, wo die Bevölkerung sich über -Zeitungsberichte auf das Schnellste unterrichten will, so bei Wahlen, -verfassungsmäßigen Beschlüssen, in Kriegsfällen, bei wichtigen -Ereignissen im Leben hervorragender Personen, wird sich die Gemeinde im -Bibliothekssaale versammeln und sich die Berichte vorlesen lassen. - - -b) Die Fachpresse. - -Diese umfaßt alle Zweige der Wissenschaft, Kunst und Technik. Es -werden demnach sicherlich sehr zahlreiche Blätter dieser Art, und -wahrscheinlich als Wochen- oder Monatsschriften erscheinen. Die -Herausgabe erfolgt von staatswegen von den betreffenden staatlichen -Anstalten, aber es kann auch Vereinen das Recht der Herausgabe von -Fachblättern eingeräumt und ihnen zu diesem Ende alles Erforderliche -zur Verfügung gestellt werden. Die staatlichen Verteilungsgrundsätze -bestimmen, wieviel Papier, Satz, Druckarbeit und welche Verteilung -der Blätter an Einzelne und Gemeinden ihnen zugestanden wird. So -zum Beispiel 16 Oktavdruckseiten in wöchentlicher Auflage von 2100 -Exemplaren, wovon 2000 für jeden Bezirk und 100 als Freiexemplare -für bestimmte, vom Vereine zu bezeichnende Personen zu rechnen wären. -Bestehen in irgend einem Zweige der Wissenschaft, Kunst und Technik -verschiedene Richtungen, zum Beispiel Theorien medizinischer Schulen, -Neuerungen in der Malerei usw., so wäre denselben das Wort zu erteilen, -analog den Andeutungen, welche darüber in dem Abschnitte VIII, 4, a, -über die Presse für Staats- und allgemeine Angelegenheiten gemacht -werden. Man könnte die Aufsätze, welche aufgenommen werden, vor der -Veröffentlichung im Bürstenabzug einem Gegner des Verfassers, einem -oppositionellen Vereine, einem Schriftsteller oder Künstler, gegen -den sich die Kritik ausspricht, zusenden, damit entgegenstehende -Anschauungen oder eine kurze Verteidigung in Fußnoten zur Geltung -gebracht, oder eine Antikritik vorbereitet werden könne. - -Was die Fachpresse auf technischem Gebiete anbelangt, so spalten -sich die Fächer auch in sehr viele Zweige. Nicht nur die Technik -im engeren Sinne, die Landwirtschaft, Forstkultur, Bergbau und -die großen Industrien brauchen diese Presse, sondern nach den -heutigen Erfahrungen wird man eine Fachpresse für jedes Gewerbe, für -Gerberei, Textilindustrie, Keramik- und Brauindustrie ebenso, wie für -Kleidermacher, Schuhmacher, Tischler und Gelbgießer schaffen müssen und -es wird sich überall ebenso um die eigentliche Technik der Herstellung, -wie um schöne Formen handeln, daher die meisten gewerblichen -Fachblätter ihre Illustrationen ebenso haben werden, wie heute, nur -viel reichlicher und eine allgemeinere Verbreitung. - - -c) Die Unterhaltungspresse und schöne Literatur. - -Sie wird nicht wie heute die Zeitungen Romane und Novellen -in Abschnitten bringen, weil diese Schöpfungen Gegenstand der -Veröffentlichung in Buchform bilden und der heutige Gebrauch nicht den -Bedürfnissen der Leser, sondern der Zeitungsunternehmer entspricht. -Allein kleine Aufsätze, Gelegenheitsgedichte, Anekdoten, witzige -und satirische Produkte kleinen Umfangs, Kritiken, Reiseberichte und -dergleichen werden wohl ihr Unterkommen in periodischen, wahrscheinlich -illustrierten Blättern finden, welche entweder allen Gemeinden, oder -allen Bezirken zugemittelt werden. In einem vielsprachigen Lande wird -jede Nationalität ihre schöne Literatur haben. Wie die Annahme von -Beiträgen zur Veröffentlichung erfolgen wird, ist eine Verteilungsfrage -und es ist darum immer neben den staatlichen Blättern auch besonders -in diesem für die allgemeine Volksbildung so wichtigen Zweige der -Literatur, wozu auch populärwissenschaftliche Nachrichten gehören, -größeren und verdienteren Vereinen ein begrenztes Publikationsrecht -nach den oben VIII, 4, b, bei der Fachpresse erörterten Grundsätzen -einzuräumen. Sind doch gespielte Schachpartien und Schachprobleme -gewiß auch in Zukunft Gegenstand der literarischen Verbreitung und -Besprechung. - - -d) Bücher. - -Außer der periodischen Presse wird der Staat auch für jene Literatur zu -sorgen haben, welche in Buchform erscheint. - - -1. Die wissenschaftliche Literatur. - -Sie zu schaffen, wird zunächst die Aufgabe der Gelehrten und Forscher -sein. Für alle Zweige der Wissenschaft wird sich von Zeit zu Zeit das -Bedürfnis herausstellen, Neubearbeitungen der besten der bestehenden -Werke oder ganz neue Darstellungen herauszugeben. Die Neubearbeitungen -sollen Irrtümer berichtigen und alles, was neu entdeckt wurde, bringen, -auch erforderlichenfalls das System oder die Darstellung verbessern. - -Erbieten sich mehrere qualifizierte Fachmänner, die zu den -Unterrichtspersonen gehören, zu einer solchen Arbeit, so können -mehrere Bearbeitungen angenommen, oder etwa nach Einholung des -Gutachtens der Akademie oder irgend einer anerkannten Autorität, -der Universität oder eines Vereins eine Wahl getroffen werden. Zum -Zwecke der Verfassung solcher Werke können den Autoren Urlaub erteilt, -Behelfe herbeigeschafft und Reisekosten bewilligt werden, wenn es der -Gegenstand erfordert. Melden sich keine geeigneten Personen, so kann -man solche aussuchen und sich mit ihnen über die Bedingungen einigen, -unter welchen sie sich der Aufgabe unterziehen und dem Staate das -geistige Eigentum überlassen wollen. Immer, auch wenn man staatlich -angestellte Fachmänner zur Verfügung hat, wird man auch Bearbeitern, -die nicht dem Kreise der offiziellen Organe angehören, Gehör schenken, -und ihnen staatliche Unterstützung gewähren, wenn sie entweder einen -neuen Plan der Bearbeitung, ein neues System, die Bearbeitung eines -Abschnittes vorlegen, wodurch eine hervorragende Befähigung dargetan -wird, oder ein fertiges Manuskript bereits vorliegt, das der Annahme -würdig befunden wird. In allen Fällen, wo der Staat einen Autor zur -Verfassung gewinnt, befindet er sich in derselben Lage, in der er sich -heute befindet, wenn er einen Monumentalbau, ein Denkmal oder sonst -etwas Großes schaffen will und wenn der Staat für die Zustandebringung -einer solchen Arbeit Opfer bringt, wird er das vollendete Werk, wenn -es nicht entspricht, ablehnen und er wird sich auch vorher von dem -Fortgange der Arbeit überzeugen können. Es muß ihm auch das Recht -zuerkannt werden, Änderungen oder Umarbeitungen zu fordern, oder als -Herausgeber in Fußnoten einen gegnerischen Standpunkt zu vertreten. -Jedenfalls wird dem Drucke eine sorgfältige Revision durch zwei -oder drei Fachmänner, besonders solche, die einen wissenschaftlich -entgegengesetzten Standpunkt einnehmen, vorhergehen, deren Gutachten -entweder zur unbedingten Annahme oder Verwerfung oder zur Umarbeitung -führen wird. - -Reicht ein Schriftsteller ein fertiges in den Mußestunden verfaßtes -Manuskript ein, so wird eine gleich sorgfältige Überprüfung -eingeleitet. Die Staatsverwaltung wird, wenn sie das Werk annimmt, -eine angemessene Anzahl von Exemplaren drucken und an die Bibliotheken -verteilen, kann aber auch dem Verfasser eine Anzahl von Exemplaren -zugestehen, welche nach den in VIII, 4, d, 2, _Alinea_: »Der Anlaß«, -entwickelten Grundsätzen an die vom Verfasser namhaft gemachten -Personen verschickt werden. Eine besondere Belohnung nicht in Geld, -sondern nach VIII, 9, wird die Verwaltung entweder innerhalb ihrer -Vollmachten zuerkennen oder einem Volksbeschlusse vorbehalten. - -Um aber die Schaffung der neuen wissenschaftlichen Literatur nicht -von der Staatsverwaltung allein abhängig zu machen, gibt es eine Menge -Wege. Besteht die Monarchie fort, so liegt in der Anweisung der Mittel -für die Hofhaltung auch die Ermöglichung der Herausgabe von Werken -für Rechnung dieser Mittel. Es kann weiters eine Dezentralisation -des Verlagsrechtes in der Weise angeordnet werden, daß ein Teil des -Verlagsrechtes den Provinzial- und Kreisbeamten überlassen wird, was -besonders auf historische und nationale Werke Anwendung haben dürfte. -Es könnte auch das Verlagsrecht, das Recht Bücher drucken zu lassen -und zu diesem Ende die staatlichen Druckereien in Anspruch zu nehmen, -in einem gewissen Umfange der Bevölkerung der Kreise dergestalt -eingeräumt werden, daß die gesamte Bevölkerung eines Kreises über die -Annahme der ihr angebotenen Werke abzustimmen hätte. Wenn dieses Recht -der Bevölkerung je eines Kreises für ein oder mehrere Werke etwa im -Gesamtumfange von 20 Bogen und 1000 Exemplaren alljährlich zustände, so -würden jährlich 100-200 Werke geschaffen werden können, die nicht von -der Staatsverwaltung ausgewählt würden. Endlich kann ein beschränktes -Verlagsrecht auch jedem Vereine eingeräumt werden, wenn er viele -Mitglieder zählt und er einiges Ansehen genießt und wenn er eine für -diesen Zweck geeignete Organisation besitzt. - - -2. Poesie und schöne Literatur. - -Ähnlich, wie mit wissenschaftlichen Werken, wird es auch mit Werken -der Poesie und der schönen Literatur gehalten werden, nur ist hier -eine Monopolisierung des Verlagsrechtes seitens der Staatsverwaltung -noch weniger zweckmäßig, wie bei der Herausgabe der wissenschaftlichen -Werke. - -Der Anlaß zur Verfassung eines Buches kann also von der -Staatsverwaltung oder einem anderen von der Verfassung dazu -berechtigten Subjekte, oder er kann vom Verfasser ausgehen. Das -Verlagsrecht, das Recht ein Werk zu veröffentlichen, kann der -Staatsverwaltung, es kann aber auch der Zivilliste des Hofes, einer -Kreis- oder Provinzialverwaltung, dem Volksbeamtentum, einer Fraktion -der Bevölkerung oder einem Vereine zustehen und wem das Verlagsrecht -zusteht, der kann innerhalb der seinem Verlagsrechte gezogenen -Grenzen auch die Auflage und die Ausstattung sowie die Verwendung -einer gewissen Anzahl von Exemplaren bestimmen. Das Eigentum an -den gedruckten Exemplaren steht zwar dem Staate zu, bezüglich der -Freiexemplare aber begnügt er sich mit dem Obereigentum im Sinne des -Abschnittes VIII, 5, _Alinea_: »Da die Erzeugnisse«[34], während den -Empfängern das freie Verfügungsrecht mit den sonst dafür geltenden -Beschränkungen zusteht.[35] Die Verfassung solcher Werke ist in -der Regel freie Betätigung des Autors, sie kann aber auch zu den -berufsmäßigen Pflichten von Lehrpersonen gehören. Sind Dichter von -jeder geregelten Arbeit losgezählt worden, um ihnen das freie Schaffen -in größerem Maße zu ermöglichen, so kann dies mit der Einschränkung -geschehen, daß die Arbeitsbefreiung wieder entzogen werden kann, -wenn sie zu schaffen aufhören oder sonst die Erwartungen, die man in -sie setzt, nicht rechtfertigen. Ist die Verfassung Berufspflicht des -Autors gewesen, so hat er in der Regel keinen Anspruch auf besondere -Entlohnung. Wer ein Werk aus freien Stücken verfaßt hat, wird in der -Regel keinen Lohn vorausbedingen, sondern abwarten, welchen Beifall -das Werk findet. Nach Maßgabe des Erfolges kann der Lohn in früherer -Arbeitsbefreiung und Zuerkennung eines Ranges bestehen, mit welchem -höhere Genüsse verbunden sind. Die Zuerkennung steht entweder der -Staatsverwaltung, oder einer Fraktion des Volkes und auch der Dynastie -zu, wenn damit nur über die der Dynastie zugewiesenen Mittel verfügt -wird, sie kann aber auch Volksbeschlüssen vorbehalten werden. - - [34] Freiexemplare können auch Ausländern zugesandt werden, - in welchem Falle, wenn sie noch einem Staate mit - Privateigentum angehören, sie dadurch Privateigentum an - diesen Exemplaren erwerben, wie ja auch sonst in solchen - Ländern Privateigentum an Produkten des Kollektivstaates - erworben werden kann. Es wird nur zweckmäßig sein, solche - Gegenstände, deren Eigentum der Kollektivstaat aufgibt, - mit einer Bestätigung zu versehen. - - [35] Ein Bücherwurm verwarf meine Pläne, weil dem Leser - verwehrt wäre, Randbemerkungen in die Bücher zu schreiben. - Wenngleich da von einer Absonderlichkeit eines Sonderlings - die Rede ist, so sei doch bemerkt, daß das Verbot, Bücher - zu beschädigen und mit Anmerkungen zu besudeln, das - ja auch jede Leihbibliothek in Erinnerung bringt, zwar - allgemein gelten würde, daß aber davon doch mancherlei - Ausnahmen zu machen wären, so insbesondere gegenüber von - Besitzern von Freiexemplaren oder von Gelehrten und durch - Anmerkungen bedeutender Männer könnte ein Exemplar an Wert - sehr gewinnen. - -Es ist recht wohl denkbar, daß der Staatsverwaltung für alle im Lande -erscheinenden Werke ein ästhetisches Zensurrecht eingeräumt wird, wenn -eine Gefahr der Verwilderung, der Verbreitung von Geschmacklosigkeiten -oder Aberglauben oder die Verwirrung des Urteils oder der Sprache -zu besorgen ist. Aber in solchen Fällen bliebe immer das Recht -der Berufung an den Volkswillen offen und das Volk würde gewiß das -Zensurrecht der Staatsverwaltung aufheben, wenn davon ein engherziger, -oder gar ein politischer Gebrauch gemacht würde. Das Zensurrecht -würde aber nicht so geübt werden, daß die Veröffentlichung -- soweit -sie nicht lediglich vom Gutdünken der Staatsverwaltung abhinge -- -unterdrückt würde, sondern die Staatsverwaltung übt =im Einvernehmen -mit dem Autor= eine Redaktion, oder spricht in Anmerkungen einen -motivierten Tadel aus, was hinreichen dürfte, der Gefahr vorzubeugen, -die man befürchtet. - -Es ist ersichtlich, daß trotz Naturalwirtschaft eine jährliche -Budgetierung der Mittel, wie für alles andere, auch für die Presse -denkbar ist. Der Staatsverwaltung wird alljährlich im vorhinein die -Zahl der Setzer und der Drucker, sowie der Arbeiter für Schriftguß -und die Verteilung dieser Arbeitskräfte für die verschiedenen -Satz- und Druckarbeiten vorgeschrieben, ebenso die Verwendung -der Papiererzeugnisse für die verschiedenen Bedürfnisse normiert: -nämlich für Schulzwecke, für Kanzleizwecke, zur Verteilung unter die -Bevölkerung, zu technischen Zwecken, zur Verpackung, endlich zum Druck -und allenfalls zum Verkaufe an das Ausland. Das Druckpapier wird nun -aufgeteilt für die verschiedenen, in diesem Abschnitte besprochenen -Produkte. Ebenso werden Volksbeschlüsse gefaßt über die Verteilung des -Verlagsrechtes, nämlich des Rechtes, zu bestimmen, welche Manuskripte -zum Druck angenommen und in welchem Umfange sie gedruckt werden sollen -und so wird für diesen Zweig der Produktion alles verfassungsmäßig -festgesetzt, genau nach Analogie der verfassungsmäßigen Bewilligung -der Geldmittel für bestimmte öffentliche Zwecke. Nur erfolgt die -Bewilligung nicht in Geldsummen, sondern in Arbeitskräften und -Stoffen[36] und was hier vom Druck gesagt wird, gibt auch Aufschluß -über andere naturalwirtschaftliche Budgetierungen. - - [36] Man rechnet in Österreich den Verbrauch von Druckpapier, - die Hälfte des Gesamtverbrauches an Papierprodukten, auf 2 - Kilo pro Kopf und Jahr, somit bei 45 Millionen Einwohnern - auf 900,000 Meterzentner und da der Druckbogen zirka - 15 Gramm wiegt, ist der Gesamtverbrauch pro Jahr rund - 6000 Millionen Bogen Druckpapier. Weist man davon je 600 - Millionen Bogen dem Reichsblatte, den Provinzblättern, den - Kreisblättern und den Bezirksblättern, zusammen also 2400 - Millionen Bogen zu, wobei z. B. vom Reichsblatte 300,000 - Exemplare à 5 Bogen täglich erscheinen, so blieben noch - 1800 Millionen Bogen für Fachblätter und 1800 Millionen - Bogen für Bücherdruck, wonach man den Jahreszuwachs an - Bänden für die Bibliotheken berechnen kann. Innerhalb - des obigen Rahmens würden sich also die Volksbeschlüsse - bezüglich der Ausdehnung der Produktion, der Einrichtung - der Amtsblätter und des Verlagsrechtes bewegen. Ebenso - müßte der Aufwand von Satz verteilt werden, wahrscheinlich - nach Arbeitstagen der Setzer. - -In einem vielsprachigen Lande wie Österreich wird es sich auch darum -handeln, das Ausmaß des für jedes Idiom bewilligten Verlagsaufwandes -festzusetzen. Erfolgt dieser nach der Kopfzahl, so wird man annehmen -können, daß jede Nationalität für ihre Literatur aus eigenen Mitteln -sorgt, weil auch der Arbeitsertrag nach der Kopfzahl zu berechnen -ist. Welchen Werken einer Nationalität die Ehre der Übersetzung in -andere Sprachen zuzuerkennen ist, wird von jenen Faktoren abhängen, -welchen nach obigen Grundzügen ein Verlagsrecht überhaupt zusteht. Man -kann sich recht wohl denken, daß für einen Teil des Verlags auch nach -Nationen abgestimmt wird, in welchem Falle jedem Eigenberechtigten das -Recht zustände, sich zu einer Nationalität zu bekennen. Doch wird in -diesem Falle das Stimmrecht immer nur in einer Nation ausgeübt werden -können. - -Was die Größe der Auflagen anbelangt, so wird man gewisse Stufen -festsetzen. Werke von der allgemeinsten Bedeutung in der Wissenschaft -wird man in einer solchen Auflage veröffentlichen, daß für jede -Gemeinde des Reiches oder jede Gemeinde einer bestimmten Sprache ein -Exemplar bestimmt wird und ein gewisser Überschuß für besondere Zwecke, -besonders für den internationalen Büchertausch verfügbar bleibt. -Jedes Werk wird mindestens in einer solchen Auflage gedruckt, daß -jede Bezirksbibliothek der betreffenden Nationalität beteilt werden -kann. Was eine solche Verbreitung nicht verdient, mag ungedruckt -bleiben. Der internationale Büchertausch mit Ländern der =alten= -Gesellschaftsordnung wird durch Kauf und Verkauf erfolgen. Mit -Kollektivstaaten wird man einen Büchertausch einleiten, wie ihn heute -Zeitungen und Museen üben, nur in viel größerem Umfange, da man selten -auf weniger als 150 Exemplare eines ausländischen Werkes von Interesse -rechnen wird, um wenigstens alle Kreisbibliotheken zu beteiligen. -Dabei wird man nichts weniger als kleinlich vorgehen und nur nach -der Zahl von Bänden, oder selbst nach Papiergewicht handeln, weil die -Herstellung eines gewissen Überschusses von Exemplaren für das Ausland -tatsächlich nicht viel mehr als eine Papierfrage ist. - -Länder gleicher Sprache und Gesellschaftsordnung können auch -Vereinbarungen nach Fächern treffen, z. B. daß sie sich in die -Bearbeitung und Veröffentlichung gewisser Abschnitte der Geschichte -teilen, in welchem Falle die Auflagen wachsen und der Arbeitsaufwand -verringert würde. - -Es ist ersichtlich, daß in diesem Abschnitte auch die wesentlichen -Grundlagen der Ausführung und Vervielfältigung von Kunstwerken der -bildenden Kunst angedeutet sind, von welchen der Abschnitt VIII, 7, -handelt. - - -e) Bibliotheken. - -Auch hier soll vor allem der Bedürfnisse der kleinsten Gemeinden -gedacht werden, da es sich von selbst versteht, daß in den Städten auch -die Bibliotheken viel großartiger eingerichtet werden, als das heute -der Fall ist. - -Jede kleinste Gemeinde, Urgemeinde und jedes städtische Quartier, -wird ohne Zweifel einen Gemeindepalast haben, dessen oberster -Aufbau einen geräumigen Saal bildet, welcher als Versammlungs- -und Lesesaal dient, in welchem dann auch die Bücherei und solche -Sammlungen aufgestellt werden, die nach VIII, 3, in die kleinsten -Gemeinden aufgeteilt werden. Wenn auch die Wände eines solchen Saales -genügen, um eine Hausbibliothek von 50-60,000 Bänden aufzustellen, -so wird die Bücherei im Beginn doch sehr dürftig sein, erst wenn -die Wissenschaften für die Zwecke des Kollektivismus, der sich die -allgemeinste Verbreitung des Wissens zur Aufgabe macht, neu bearbeitet -sein werden, wird die Bücherei der Gemeinden und Quartiere auf viele -tausende Bände anwachsen. Sie sollen vollständige Bearbeitungen aller -Wissenschaften, die nationalen Klassiker und einen reichen Vorrat von -Unterhaltungslektüre, ferner enzyklopädische Werke, Wörterbücher und -Grammatiken aller europäischen und der wichtigsten alten Sprachen, -andere Nachschlagewerke und besonders einen vollständigen Katalog -des gesamten Bücherschatzes des Reiches mit Angabe der Aufstellung -enthalten und außerdem Atlasse, Kartenwerke und Stiche als Hilfswerke -für sämtliche Wissenschaften. Außerdem wird alljährlich je ein Exemplar -der in den Gemeinden aufliegenden Zeitungen gebunden und in den -Gemeinde-Bibliotheken aufgestellt, wenn man nicht finden sollte, daß -es genügt, ein Exemplar in der Bezirksbibliothek für den ganzen Bezirk -aufzustellen, und es wird der Jahreszuwachs für jede kleinste Gemeinde -und Quartier ohne Zweifel auf mehr als 1000 Bände sich belaufen und -selbst nach Einführung einer jährlichen Ausmusterung der veralteten -Werke, welche aber niemals zur völligen Ausrottung führen darf, werden -auch die kleinsten Büchereien nach 100 und 200 Jahren mit Büchern -überfüllt und selbst in den Dachräumen Bücherdepositorien eingerichtet -sein. - -Monographien, besonders solche, welche auf die Heimat bezug haben, -werden in der Bezirksbibliothek zu finden sein samt gebundenen -Exemplaren jener Fachzeitschriften und Illustrationswerke älterer -Jahrgänge, die in die kleinsten Gemeindebibliotheken nicht aufgenommen -wurden, und so wird man nur Spezialwerke, seltene und veraltete Werke -und insbesondere die Auslandswerke aus den Kreisbibliotheken und -aus den Zentralbibliotheken der Reichshauptstadt zu entlehnen haben, -wobei das allerliberalste Versendungssystem zu gelten hat, freilich -mit Bevorzugung jener Leser, die in Kunst und Wissenschaft eine -hervorragende Stellung einnehmen oder sonst ein berufliches Interesse -haben. - -Jeder Bibliotheksaal ist zugleich Lesesaal, aber an größeren -Bibliotheken wird es sich empfehlen, für Gelehrte und Forscher -Arbeitszellen einzurichten, in welchen sie sich für ihre Zwecke -vorübergehend eine Büchersammlung zusammenstellen können, welche sie -für ihre Arbeit zur Hand haben wollen. - -Die Verfassung eines vollständigen Katalogs aller in den Bibliotheken -des Staates vorhandenen Werke und Manuskripte ist zwar eine -Riesenarbeit, und ein solcher Katalog wäre ein bändereiches Werk. -Allein soll die ganze Bücherei wirklich jedem leicht zugänglich sein, -eine nur billige Forderung, da jeder Reichsgenosse Miteigentümer -aller Bücher ist, so muß ein solcher Katalog in jeder Gemeinde- oder -mindestens in jeder Bezirksbibliothek zur Aufstellung gelangen. - -Für die Katalogisierung und Aufstellung von Büchern in den Bibliotheken -wird sich ohnehin bald ein internationales System herausbilden, -weil dergleichen auf Kongressen von Bibliothekarbeamten schon oft -vorgeschlagen wurde. Man hat auch vorgeschlagen, es solle in Zukunft -bei jedem Werke, das neu verlegt wird, ein Katalogzettel, ähnlich wie -das Titelblatt, mitgedruckt werden. Das wird sich, wenn einmal ein -festes und allgemeines Katalogisierungssystem angenommen sein wird, -auch für heute, mehr noch für Kollektivstaaten empfehlen und es könnte -dieser Katalogzettel auf einem Blatte in drei Exemplaren mitgedruckt -werden, um ihn nach Autornamen, Realschlagworten und anderen Merkmalen -in der Bibliothek alphabetisch einzuordnen. - -Übrigens sind die Gelehrten und Forscher, die Bibliotheksbeamten und -Unterrichtspersonen innerhalb bescheidener Grenzen schuldig, jedem -durch Literaturnachweise behilflich zu sein und wenn sie sich in diese -Arbeit zweckmäßig teilen und zu diesem Ende organisieren, werden sie -ohne allzugroße Belastung der Bevölkerung sehr nützen können. - -In der Gemeindebibliothek wird eine Frau, die zum Stande des -hauswirtschaftlichen Personals gehört, Ordnung zu halten, -erforderlichen Falles Bücher auszufolgen, die Benützung zu überwachen, -Zettelkataloge zu ergänzen, Entlehnungen zu verbuchen, leihweise -eingesendete Werke zu übernehmen und nach gemachtem Gebrauche wieder -zurückzusenden haben und es wird ihre Arbeitszeit auch zu anderen -damit vereinbarten Dienstleistungen auszunützen sein. In den größeren -Bibliotheken werden zahlreiche Bibliotheksbeamte und Diener beiderlei -Geschlechts Verwendung finden. - - -5. Die Verteilung der Konsumtibilien. - -Ich habe im I. Abschnitte im 4. _Alinea_: »Doch zeigt sich« bereits -darauf verwiesen, daß es nicht vernünftig wäre, alle freie Tätigkeit zu -unterbinden, was dann eintreten würde, wenn der Staat alles Eigentum -an Sachen, die zu produktiven Zwecken verbraucht werden, festhalten -wollte. Es wurde darauf verwiesen, daß man dann keine Briefe schreiben, -keine Zeichnung entwerfen könnte und es würde auch niemand, als der vom -Staate dazu Beauftragte, ein Manuskript verfassen können. Daraus müßte -also eine unerträgliche Unfreiheit entstehen und es wäre auch kein -so großer Fortschritt denkbar, wenn man alle freie und schöpferische -Tätigkeit der Menschen dergestalt unterbinden wollte. - -Dem soll nun mit Aufrechterhaltung der Hauptgrundsätze des -Kollektivismus dadurch abgeholfen werden, daß der Staat Stoffe aller -Art zu produktiven Zwecken unter die Bevölkerung verteilt und den -Einzelnen die Verarbeitung in den freien Stunden überläßt, jedoch mit -Vorbehalt des staatlichen Obereigentums an den Stoffen sowohl, als -an den Erzeugnissen. Dieses Obereigentum wäre aber nur aus wichtigen -Gründen geltend zu machen, um einen gefährlichen Mißbrauch zu verhüten -und um ein allgemeines Interesse zu wahren. So, wenn es gälte, -Kunstwerke von dauerndem Werte für den Staat zu retten oder Briefe und -Manuskripte dauernd zu erhalten, die einen offenbaren Wert haben. Es -soll also verhindert werden können, daß etwa ein Chemiker Gifte oder -Explosivstoffe zu einem verbrecherischen Zwecke herstelle, oder daß man -aus einem Stück Eisen Waffen schmiede, um sie gegen die Gesellschaft zu -brauchen und ebenso soll der Staat das Recht haben, nach dem Hingange -eines bedeutenden Mannes Reliquien für den Staat in Anspruch zu nehmen, -seien es Briefe, oder Manuskripte, oder Kunstwerke, denn der Staat -ist der alleinige Erbe aller Güter. Doch soll von diesem Obereigentum -ein bescheidener Gebrauch gemacht werden und es sollen Verwandte in -einem temporären Besitze nicht gestört werden. So würden die Kinder -Göthes im Besitze der Briefe des Verstorbenen geblieben sein, aber dem -Staate gegenüber für die Verwahrung verantwortlich, dem -- ausgenommen -in Fällen, welche Diskretion erheischen -- Abschriften zu überlassen -wären. Erst in der 3. oder 4. Generation würde der Staat solche -Gegenstände in eigene Verwahrung nehmen und die Nachkommen auf jenen -Mitgenuß beschränken, den jeder Volksgenosse hat. - -Ich bin der Meinung, daß man diese für die allgemeine Verteilung -bestimmten Stoffe Konsumtibilien nennen könnte, weil sie nicht nur zum -freien Gebrauche, sondern zum freien Verbrauche dienen sollen. Allein -man müßte dann den Verbrauch in der freien Produktion vom Verbrauche -zum Lebensunterhalte (im weitesten Sinne auch für persönliche -Reinigungszwecke usw.) unterscheiden, denn letztere werden ohne -Vorbehalt des staatlichen Obereigentums zugewiesen. Der Verbrauch, von -dem hier die Rede ist, ist ein produktiver, eine Umgestaltung, wie sie -in der Produktion vorkommt, aber nach freiem Ermessen der Individuen -und nicht staatlich geregelt. Nur in diesem Sinne ist der Ausdruck -»Konsumtibilien« gemeint. - -Gegenstand dieser Verteilung können alle Arten von Stoffen sein. Vor -allem Zeichen- und Schreibrequisiten samt allen Arten von Papieren -und Papiererzeugnissen, dann Farben, Gespinnste, Gewebe, Bänder -und dergleichen, ferner alle Arten von Holz, Metallen, Chemikalien, -Pflanzen und Sämereien. Da alle diese Stoffe Staatseigentum sind, -bestimmt der Staat, wie viel davon zur Verteilung gelangt. Sie werden -ferner an die Einzelnen oder mindestens an die Gemeinden verteilt, -also in geringeren Mengen, vor allem zur Ermöglichung einer freien -Tätigkeit der Einzelnen. Auf diese Art z. B. werden Briefpapier, -Kuverts und Korrespondenzkarten verteilt, die Frauen können so -Stoffe und Gespinnste für Herstellung ihres Tandes erhalten. Da die -Bedürfnisse sehr verschieden sind, werden alljährlich von den Einzelnen -bei der Gemeindeverwaltung Anmeldungen erfolgen und reduziert auf -den Verteilungsquotienten werden den Anmeldungen entsprechend die -Stoffe geliefert, welche beansprucht werden. Im allgemeinen soll -zwar eine Verteilung an die Individuen erfolgen. Mit Vorwissen der -Staatsverwaltung können aber auch größere Quantitäten zur gemeinsamen -Verarbeitung an Vereinigungen von Individuen erfolgen, wenn es -evident ist, daß kein gemeingefährliches Unternehmen beabsichtigt -ist, und größere Mengen werden auch an Vereine geliefert. Wegen -Unterdrückung einer gemeinschädlichen Verwendung wird der Vorbehalt des -Obereigentums des Staates an den verteilten Stoffen und an den daraus -hergestellten Produkten vorgeschlagen. Hier ist nur von der Verteilung -jenes Minimums die Rede, auf das jeder Anspruch hat. Bevorzugten -und Hochverdienten, dann solchen Personen, welchen der Staat die -Ausübung eines freien Berufs einräumt, wie Malern und Bildhauern, -können im allgemeinen oder von Stoffen für ihren Beruf größere Mengen -bis zum 10, 20 oder 100fachen des Verteilungsquotienten, VIII, 9, l, -zugewiesen werden, immer mit der Einschränkung, die der Staatszweck -erfordert. Die Verteilung soll nämlich dem Fortschritte dienen, also -der Erfindungsgabe eine Betätigung ermöglichen, aber nicht etwa zu -einer Winkelproduktion führen, da die ausnahmslose Staatsproduktion -und das ausnahmslose Staatseigentum, hier reduziert auf den Begriff des -Obereigentums, nicht beeinträchtigt werden darf. - -Welche Stoffe und in welchem Gesamtausmaße sie verteilt werden können, -ist Gegenstand der jährlichen Volksbeschlüsse. - -Da die Erzeugnisse dieser freien Tätigkeit noch immer im Obereigentum -des Staates stehen, ist eine eigenmächtige Außerlandesschaffung seitens -der Erzeuger nicht statthaft, allein mit Erlaubnis der Staatsverwaltung -können die Erzeuger dieser Produkte sie als Geschenk an Ausländer -veräußern. Es wäre nur zu wünschen, daß das in einer unzweifelhaften -Form erkennbar gemacht werden könnte. So wird in der Note zu VIII, 4, -d, 2, darauf verwiesen, daß auf Verlangen der Verfasser literarischer -Werke Freiexemplare davon an Ausländer gesandt werden können. Da sollte -nun auf den Freiexemplaren ersichtlich gemacht werden, daß sie mit -Einwilligung der Staatsverwaltung auf Wunsch des Verfassers dem zu -benennenden Empfänger ins Eigentum übertragen werden. - -Von diesen Konsumtibilien wird das Meiste vertrödelt werden, wie -das ja auch heute der Fall ist. Aber so wird auch vieles Originelle -hervorgebracht werden, was dann wieder Gegenstand der regelmäßigen -Produktion wird. Nur um etwas Neues zu produzieren, brauchen wir -Schaffensfreiheit, denn zur =Reproduktion= von Gegenständen, die der -Begabte erfunden hat, ist organisierte Arbeit nicht nur brauchbar, -sondern ökonomischer als die freie Tätigkeit. Die Organisation der -Arbeit darf aber nicht so weit gehen, daß dadurch alle erfinderische -Initiative unterdrückt würde und wie das mit der ausschließlichen -staatlichen Produktion vereinbar ist, ist in diesem Abschnitte -dargestellt worden. - -Innerhalb der engen Grenzen einer Gemeinde oder eines Quartiers ist -eine Kontrolle zur Verhütung von Unfug leicht ausführbar. Sollte aber -jemand sich eines Mißbrauches schuldig machen, so hätte er zu besorgen, -daß er von solchen Verteilungen in Zukunft ausgeschlossen würde. Da im -Kollektivstaate diese Verteilungen so eingerichtet werden sollen, daß -jedermann beteiligt wird, werden die Anteile des Einzelnen ziemlich -klein ausfallen. Das wird dann zur Folge haben, daß man mit diesen -Dingen haushält und sich vor Verwüstungen hütet. Darauf muß übrigens -auch die Erziehung gerichtet sein. - -Um eine gleichmäßige Verteilung zu sichern, obschon jeder Einzelne -andere Dinge in Anspruch nehmen kann, wird es sich empfehlen, für alle -zur Verteilung gelangenden Stoffe einen Vergleichswert zu ermitteln. - - -6. Die Forschung. - -Die Voraussetzung jedes Fortschrittes ist die Forschung und der Staat -hat sie zu begünstigen. Zunächst ist es Aufgabe aller wissenschaftlich -gebildeten Organe, sich der Forschung zu widmen, besonders aller -Unterrichtspersonen. Den Lehrkräften an der Universität ist ebenso -wie den Akademikern alles zu bieten, was sie zur Forschung brauchen. -Die Bereitwilligkeit wird ebenso groß sein, wie heute, die Mittel aber -werden viel reichlicher zu Gebote stehen. Ärzte und Pädagogen werden -die ihnen vorgeschriebenen Beobachtungen zu sammeln haben und so werden -sie sich der Forschung dienstbar machen. Außerdem wird der Staat -durch Gründung wissenschaftlicher Vereine und durch Ermunterung der -ganzen Bevölkerung zur Beteiligung an Forschungsarbeiten die Forschung -fördern. Auch die Verteilung von Stoffen, wovon im vorhergehenden -Abschnitte die Rede war, wird vielen Gelegenheit bieten, Entdeckungen -zu machen und Personen, die Interesse und Geschick an den Tag legen, -werden unterwiesen werden, wie Forschungen angestellt werden und man -wird ihnen soweit als tunlich Apparate und Instrumente zur Verfügung -stellen. - - -7. Die Kunst. - -Aufgabe des Kollektivstaates ist es, jede Art von Kunst zu pflegen und -zu fördern, dazu selbst Anregungen zu geben und gegebene Anregungen -willig aufzunehmen. Es sind zu unterscheiden: a) schöpferische Kunst, -b) Kunstreproduktion und c) Kunstgewerbe. - - -a) Die schöpferische Kunst - -verträgt am wenigsten eine Beeinflussung, wenngleich die höhere -Architektur sich eine solche immer auch hat gefallen lassen. Für -Monumentalbauten und Denkmäler, aber auch für Dramen hat man wiederholt -bestimmte Aufgaben gestellt und zu Preisbewerbungen aufgefordert, und -den Preisbewerbern wurden mehr oder weniger beengende Vorschriften -gemacht, ihnen ein Rahmen vorgezeichnet, an den sie sich zu halten -hatten, und manches angeordnet, was in der Regel nur von der freien -Wahl des Künstlers abhängt. Im allgemeinen aber gehört das Kunstwerk -zu jenen freien Schöpfungen, die den Individualismus zur Voraussetzung -haben. - -Der Staat nun fördert die schöpferische Kunst durch Spezialunterricht, -durch Ausstellungen und Vorführung von Werken der Kunst, wodurch die -Phantasie begabter Menschen befruchtet und angeregt, sie zur Entdeckung -ihrer Gaben hingeleitet werden. Die Kunst wird gefördert durch die den -Unterrichtspersonen gestellte Aufgabe, begabte Leute zu ermuntern und -zur staatlichen Förderung vorzuschlagen. Sie wird ferner gefördert -dadurch, daß den Begabtesten durch vermehrte Zugänglichmachung von -Ausstellungen und Aufführungen, durch Beurlaubungen zum Zwecke höherer -Ausbildung und durch Reisebewilligungen noch besondere Anregungen -geboten werden. Die Beurlaubungen werden zunächst zeitlich begrenzt -sein und nur in dem Maße ausgedehnt werden, als Begabung, Schaffenslust -und schöpferische Anlagen klarer hervortreten. Sie kann aber bis zur -dauernden Befreiung von jeder geregelten Arbeit ausgedehnt werden. - -Eine weitere Förderung erfährt der Dichter und Musiker durch -Drucklegung beziehungsweise Aufführung seiner Werke. Die bildenden -Künstler brauchen zur Ausübung ihrer Kunst vielerlei Stoffe und -Geräte, welche gleichfalls der Staat zu liefern haben wird, soweit die -Verteilungen allgemeiner Art nach VIII, 9, e, nicht hinreichen. - -Endlich ist es der Lohn, der für =ausgezeichnete= Leistungen bewilligt -wird, der die Kunst fördert. Über die Art, wie hervorragende Dienste -belohnt werden, siehe VIII, 9. In all dem aber wird sich der Staat -hüten, das Urteil über künstlerische Leistungen zu monopolisieren, und -es mag hier auf das verwiesen werden, was in VIII, 4, d, 1, _Alinea_: -»Um aber die«, gesagt worden ist. - -Zu den edelsten Künsten müssen wir die Plastik und die Architektur -rechnen, erstere insbesondere deshalb, weil sie die Phantasie mit -allem befruchtet, was zur Veredlung der menschlichen Rasse dienen -kann. Die Architekten werden besonders in den Städten Meisterwerke -schaffen und der Staat dafür einen beträchtlichen Aufwand machen. -Die Bildhauerkunst bedarf gar wenig Stoff; etwas Ton genügt, um ein -Meisterwerk hervorzubringen, aber auch zur Ausführung plastischer Werke -in edleren Stoffen kann ein sehr weitgehender Aufwand gemacht werden. -Vom einfachen Tonprodukt bis zum kostbaren Marmor- und Bronzewerk gibt -es viele Abstufungen materieller Kostbarkeit. Die edelsten Werke der -Plastik nun wird die Staatsverwaltung oder sonst eine hierzu berufene -Körperschaft oder eine Fraktion des Volkes in kostbarster Ausführung -herstellen lassen. - -Gerade bei plastischen Werken ist eine mehrfache Reproduktion in mehr -oder weniger kostbarer Ausführung möglich, und ehe viele Dezennien -des Kollektivismus ins Land gegangen sein werden, wird nicht nur -die Reichshauptstadt mit dem Rom des 4. Jahrhunderts, das ein Volk -in Marmor beherbergte, wetteifern, sondern zahlreiche Nachbildungen -werden in die kleinsten Ortschaften und die Wohnungen der Geringsten -dringen, um jeden an das Schöne zu erinnern und den ästhetischen Sinn -zu wecken, der nach und nach alles umgestalten und auf die =völlige -Verdrängung alles Häßlichen= hinarbeiten soll. Ist doch die heutige -Gesellschaftsordnung das Häßlichste von allem! - -Soll dereinst ein Geschlecht von Halbgöttern die Erde bewohnen, so wird -die Kunst der Bildhauer nicht am wenigsten dazu beitragen. - -Die Reichshauptstadt soll dann ein großer Tempel werden, gemischt aus -prachtvollen Bauten, Statuen, Hainen und Gartenanlagen, in welchen eine -Fülle von Wasser sprudelt und in welchen jede Bodenerhebung benutzt -ist, um den Reichtum der Formen zu vermehren. Nicht jenes sonderbare -Gemisch von Protzentum und Elend wird man finden, das in unseren -Großstädten einen widerlichen Eindruck macht, noch werden sich die -Häuser aneinanderdrängen und von staubigen Straßen begleitet werden. -Geleisanlagen und elektrische Fuhrwerke werden es möglich machen, -auch die größten Verkehrsadern mit Vegetation zu schmücken, in die -nur Kieswege für die Fußgänger eingelegt sind. Und jeder Raum soll zur -Aufnahme von Skulpturen benutzt werden. - -Nicht nur die Statue, sondern auch das Basrelief und die Medaille -werden ihre Pflege finden und in großer Anzahl vervielfältigt werden. -Auch Gemälde und Stiche sollen nicht bloß in großen Sammlungen -zu finden sein, sondern in die kleinsten Orte dringen, und die -herrlichsten Zeichnungen nicht nur die Bücher schmücken, sondern -Briefpapiere, Umschläge und das zu Umhüllungen bestimmte Papier -bedecken. Für das Rohe und Gemeine soll kein Platz übrig bleiben und -alle Materie in Verkörperung des Schönen aufgebraucht werden. - -Besondere Unterstützung wird der Staat der musikalischen Komposition -und der Pflege der Musik zuteil werden lassen, welche zu fördern er -gleichermaßen die größten Mittel hat. - - -b) Kunstreproduktion. - -Abgesehen von der Reproduktion der Werke der bildenden Künste in -Abgüssen und Stichen wird der Staat die Aufführung von Werken der -Musik und Dichtkunst vor großen Versammlungen zu veranstalten haben, -und alle großen Säle werden dazu dienen. Besondere Schulen werden für -die Ausbildung der darstellenden Künstler errichtet werden, und diese -werden sich dann berufsmäßig der Ausübung ihrer Kunst widmen, eine -besondere Gattung der geregelten Arbeit, wenn auch edlerer Art. - - -c) Das Kunstgewerbe. - -Das Gewerbe zu veredeln ist eine der wichtigsten Aufgaben des -Kollektivstaates, und so wird er auch das Kunstgewerbe pflegen durch -Schulen, Ausstellungen, Prämiierungen und Aufträge. Doch wird es -in monarchischen Staaten insbesondere die Dynastie sein, welche -dem Kunstgewerbe Anregungen geben und Aufträge zuwenden wird. Es -handelt sich dabei hauptsächlich um die Ausschmückung von Bauten -höherer Ordnung und insofern es Mobilien betrifft, um die Wohnungen -der Bevorzugten, insofern es Stoffe angeht, um die Huldigung an die -weibliche Schönheit. - - -8. Die technische Erfindung. - -Im 19. Jahrhundert hat sich das Genie der Menschen vorzüglich -der technischen Erfindung zugewendet, welche die Entdeckungen der -Wissenschaft der Wohlfahrt der Menschen dienstbar macht. Es war lange -ein Gerede der Gelehrten, die Wissenschaft sei sich selbst genug, -und es handle sich für sie nur um das Wissen, nicht darum, daß die -Wissenschaft den Menschen irgend einen Nutzen schaffe. Daran ist nur -so viel wahr, daß der Forscher sich nicht von irgend einem bestimmten -Nützlichkeitsziele leiten lassen muß, daß er sich nicht damit zu -rechtfertigen braucht, daß seine Forschung diesen oder jenen Nutzen -schaffen werde. Niemand konnte wissen, was die Elektrizität einmal -leisten werde, als man zuerst bemerkte, daß das geriebene Siegellack -ein Stückchen Papier anzieht. Niemand konnte ahnen, wohin die Chemie -gelangen werde, und wenn man den Forschern jener Zeit verwehrt hätte, -ihre Zeit diesen Wissenschaften zu widmen, so wäre das sehr verkehrt -gewesen. Aber der Wissenstrieb wird doch von der Erwartung geleitet, -daß alles Wissen sich den Menschen auch nützlich machen wird. - -Erst im neunzehnten Jahrhundert hat man sich Mühe gegeben, die -Ergebnisse der Wissenschaften in der Technik zu verwerten, und ohne die -Arbeit der Forscher hätten die Techniker nicht erfinden können. Diese -Erfindungen aber haben wieder unermeßliche Reichtümer geschaffen, wovon -ein Teil wieder der Forschung geopfert wurde. - -Die Erfindung ist im letzten Jahrhundert vorzüglich durch die -Erfinderpatente gefördert worden, welche dem Erfinder oder wenigstens -seinem Förderer, dem Kapitalisten, einen großen Nutzen versprachen. -Viele erfolgreiche Erfinder hätten ihre Zeit dem Nachdenken nicht -gewidmet, wenn ihnen die Patente keinen Vorteil gesichert hätten, gewiß -aber hätte kein Kapitalist die Mittel zu den Versuchen geboten, wenn -es keine Privilegien gegeben hätte. Es wird nun zu untersuchen sein, -wie im Kollektivstaat die technische Erfindung zu ermöglichen und zu -belohnen sei. - -Der Kollektivstaat hätte es zwar nicht nötig, technische Erfindungen -im Lande zu unterstützen, um am technischen Fortschritt teilzunehmen. -Ja er wird schon darum allen Staaten der alten Gesellschaftsordnung im -technischen Fortschritt voraneilen, weil er eben seiner Organisation -wegen die im Auslande gemachten Erfindungen viel rascher einführen -und viel intensiver ausnützen kann, als jene. Ob er nun ausländische -Erfinder belohnt oder nicht, immer wird der Kollektivstaat auch von -ausländischen Erfindungen mehr Nutzen ziehen, als das Ursprungsland. -Auch die Belohnung der ausländischen Erfinder würde ihm kaum große -Opfer auferlegen, weil er dem Erfinder eine Pauschalabfertigung ein- -für allemal bieten würde und solche Abfertigungen immer niedriger -bemessen werden als die Vorteile, die sich der Erfinder erst in -langjährigem Kampfe durch den Absatz erobern muß. Dabei soll gar nicht -in Betracht kommen, daß der auswärtige Erfinder nicht die Macht hätte, -dem Staate die Einführung der Erfindung, soweit es sich nicht um -eine Erfindung handelt, deren Wesenheit geheim gehalten werden kann, -zu verwehren. Der Kollektivstaat soll sich dieses Vorteiles nicht -bedienen. Er macht ja ohnehin den Gewinn, welchen im anderen Falle der -Kapitalist macht, da er im Lande das ganze Kapital besitzt, überdies -immer für einen gesicherten Absatz produziert. - -Allein der Kollektivstaat wird auch die Erfindung im Innern fördern, -weil es der Ehrgeiz des modernen Staates ist, daß das Land sich in -allem hervortue, und weil er den erfinderischen Köpfen im Lande es -schuldig ist, daß er ihnen die Versuche ermöglicht und einen Vorteil -sichert, der im Verhältnisse zu ihrem Einsatz an geistiger Arbeit und -zu dem von ihnen geschaffenen öffentlichen Nutzen steht. - -So wird der Kollektivstaat jedem einheimischen (gewiß auch dem -ausländischen) Erfinder, der eine Idee verfolgt, die auf Erfolg hoffen -läßt, und der erfinderische Begabung an den Tag legt, die Mittel -an die Hand geben, um Versuche zu machen, und hierin wird der Staat -leisten, was heute der Kapitalist leistet. Er wird den Erfinder an -eine Produktionsanstalt weisen, welche über das Erforderliche verfügt, -und wird die Idee prüfen lassen. Handelt es sich um etwas, was bereits -erfolglos versucht wurde, so wird man den Erfinder auf die gemachten -Erfahrungen verweisen, unsinnige Projekte, wie die Herstellung des -Perpetuum mobile, verwerfen und im übrigen erwägen, ob alte Ideen -mit neuen originellen Mitteln angestrebt werden, oder neue fruchtbare -Gedanken gefunden wurden. Gelingt eine Erfindung unter Beihilfe der -Staatsverwaltung, so erwirbt der Staat das geistige Eigentum, weil es -im Kollektivstaat kein Privateigentum gibt, weil ohne die materielle -Unterstützung des Staates die Erfindung nicht hätte durchgeführt -werden können, und weil von der Erfindung im Staate kein Gebrauch -gemacht werben könnte, wenn der Staat sie nicht einführte, da er -allein im Besitze der dazu erforderlichen materiellen Mittel ist. -Dagegen würde der Staat dem Erfinder zu Dank verpflichtet sein, da er -aus der Erfindung großen Nutzen zieht, und darum würde der Staat dem -Erfinder eine Entlohnung zubilligen, die im Verhältnisse zu dessen -Verdienst steht, und in welcher Form das geschehen kann, ohne das -kollektivistische Prinzip zu verletzen, wird im Abschnitte VIII, 9, -dargestellt werden. - -Da nun dem Staate das geistige Eigentum an der Erfindung zufällt, so -erlangt er auch das Recht in den Staaten, welche noch Geldwirtschaft -und Privateigentum haben, ein Patent in Anspruch zu nehmen, -und wenn auswärtige Staaten dem Schwierigkeiten entgegensetzen -würden, weil im Kollektivstaat kein Patentschutz gewährt wird, so -könnte der Kollektivstaat einen Vertrag mit einem solchen Staate -dahin abschließen, daß er auf das Recht verzichtet, Erfindungen, -die im anderen Staate Patentschutz genießen, ohne Erwerbung des -Lizenzrechtes vom Patentinhaber einzuführen, wogegen der andere -Staat sich verpflichtete, dem Kollektivstaate Patente unter denselben -Bedingungen zu gewähren, wie einem Privaten. In dieser Form könnte im -Kollektivstaat etwas den Privilegienpatenten Analoges, angepaßt dem -Wesen des Kollektivismus, geschaffen werden. - -Wenn nun aber ein Staatsbürger bei der Bearbeitung einer Erfindung -entweder gar keine Unterstützung des Staates notwendig hätte, da -er entweder gar keiner materiellen Mittel bedürfte oder die nach -Absatz VIII, 5, zur Verteilung gelangenden Konsumtibilien ihm für -seine Erfindungszwecke genügten, oder er durch Freunde und Genossen -aus diesen Mitteln in den Stand gesetzt wurde, seine Erfindung zu -vervollkommnen, so wäre doch der Grundsatz zu rechtfertigen, daß der -Staat das geistige Eigentum in Anspruch nähme. Denn er behält sich bei -Verteilung von Konsumtibilien das Obereigentum bevor und das Recht, -den mit solchen Mitteln geschaffenen Nutzen für sich zu begehren. Denn -die Verteilung der Konsumtibilien ist ja eben =deshalb= produktiv, -weil das meiste zwar vertrödelt, in einigen Fällen aber doch nützliche -Dinge geschaffen werden, auf die der Staat Anspruch machen kann. Und -haben die Konsumtibilien dabei überhaupt gar nicht mitgewirkt, ist -wirklich nur der geniale Gedanke hinreichend gewesen, um sofort und -ohne den Umweg kostspieliger Versuche Nutzen zu schaffen, so ist es -doch der Staat, der den Erfinder in der Jugend versorgt, erzogen, -unterrichtet, ihm alle erdenklichen Anregungen vermittelt hat, auf -die Gefahr hin, einen Krüppel durch viele Dezennien versorgen zu -müssen, und hat der Staat jede Gefahr eines Menschenlebens auf sich -genommen, so hat er offenbar Anspruch auf Anteil an dem Gewinne, den -die menschliche Gesellschaft aus den Schöpfungen eines Menschen ziehen -kann. Auch ist der erfinderische Gedanke nur ein letztes Glied in der -Kette von unermeßlicher geistiger Arbeit vergangener Geschlechter. So -wären ja die Maschinen unserer Zeit nicht denkbar, wenn nicht zahllose -Erfindungen in vergangenen Jahrhunderten gemacht worden wären, die die -Gewinnung und Verarbeitung von Eisen und Stahl ermöglichten. Der Erbe -aller dieser geistigen Schätze, welche unsere Kultur ausmachen, ist für -das Staatsgebiet der Kollektivstaat, und darum ist der Anteil an dem -neuen Gute, den der Erfinder hat, doch immer nur ein winziger. - -Würde der Kollektivstaat das geistige Eigentum an den Erfindungen -nicht in Anspruch zu nehmen oder wenigstens durch Anweisung von -Vorteilen zu expropriieren berechtigt sein, so könnten neben -ihm wirtschaftliche Mächte im Staate selbst entstehen, die die -kollektivistische Gesellschaftsordnung in Frage stellen, und wenn diese -Gesellschaftsordnung ein so großes Gut ist, wie ich dafür halte, so muß -der Staat sie gegen jedes Privatinteresse verteidigen können. - -Wollte aber der Erfinder sich diesen Gesetzen nicht fügen und lieber -auswandern, um im Auslande jene pekuniären Vorteile zu erwerben, die -dem Erfinder in so reichem Maße zufallen können, so wäre das zwar -ein Beweis von Undankbarkeit, man könnte aber die Auswanderung nicht -hindern, würde den Erfinder aber dann als Ausländer betrachten, dem man -die Rückkehr in die Heimat verwehren kann. - -Es entsteht noch die Frage, ob dem Erfinder, wenn der Staat -ausländische Patente nicht erwerben kann, oder nicht erwerben -will, gestattet werden könnte, für sich ausländische Patente und so -Privateigentum im Auslande zu erwerben. Dem steht offenbar nichts -im Wege, weil der Kollektivbesitz des Staates dadurch nicht berührt -wird. Das Geld, das der Erfinder im Auslande erwirbt, hat im Inlande -keinen Wert, er kann damit auch nichts von alledem erwerben, was der -Kollektivstaat besitzt. Weshalb aber soll der Kollektivbürger nicht im -Auslande auch Privateigentum haben und dort Güter und Häuser besitzen, -Gelder anlegen und Gewerbe betreiben? Im Inlande müßte er für das, was -er bezieht, Arbeit leisten, oder er müßte, wie jeder im Kollektivstaate -reisende Fremde dafür aus den im Auslande gewonnenen Mitteln Ersatz in -Geld leisten und er wäre dann ganz im Verhältnisse eines Ausländers -nur mit Vorbehalt seines Heimatsrechtes, wenn er desselben nicht -verlustig erklärt wird. Man muß aber erwarten, daß die Vaterlandsliebe -des Kollektivbürgers groß genug sein wird, ihn zu bestimmen, in dem -ursprünglichen Verhältnisse zum Staate zu bleiben und sich mit jener -Form des Lohnes zu begnügen, den der Kollektivstaat bietet und der im -größten Ausmaße ein voller Ersatz für alles Einkommen sein muß, das man -aus dem unermeßlichsten Vermögen zu ziehen vermöchte. - -Anfangs werden viele auswandern, wenn sie große Vermögen erwerben -können. Aber ist damit der Verzicht auf die Staatsbürgerschaft -verbunden, so werden viele solcher Abenteurer im Auslande verkommen und -sie werden anderen ein warnendes Beispiel geben. - -Wie sich zwei Kollektivstaaten mit einander über Erfindungen verstehen, -die im Bereiche des einen gemacht werden und wovon der andere Gebrauch -machen will, wird von Abmachungen zwischen ihnen abhängen. Es ist aber -anzunehmen, daß sie sich wechselseitig freie und kostenlose Einführung -gestatten, weil dabei bald der eine bald der andere Staat im Vorteil -sein wird und es nicht dafür steht, diesen Vorteil festzustellen und -auszugleichen. - -Diese internationalen Beziehungen werden hier erörtert, weil das -Erfinderwesen am ehesten eine Möglichkeit eröffnet, auch im Auslande -große und plötzliche Erfolge zu erringen. Allein jeder sehr bedeutende -Mann wird sich die Fähigkeit zutrauen, auch in einem Staate anderer -Gesellschaftsordnung sein Fortkommen zu finden. Und so mag auch -der Forscher und Künstler oder das Verwaltungstalent sich die Frage -vorlegen, ob er nicht größeren Lohn für seine Leistungen fände, wenn -er in ein Land der alten Gesellschaftsordnung übersiedelte. Er würde -zwar unangenehm berührt werden vom geschäftlichen Leben im Geldlande, -von dem Schacher um alles, von den Gefahren für Eigentum, Leben und -Gesundheit, von dem Elende, das ihn abstößt, von den vielen Beispielen, -daß auch die Tüchtigsten nach kurzem Glücke versinken und in Schande -untergehen. Allein wir können nicht leugnen, daß an die Tüchtigsten die -Versuchung herantreten muß, das beschränkte Leben im Kollektivstaate -aufzugeben und daß gerade die Krüppel und Kranken hübsch zu Hause -bleiben werden. - -Allein daran ist doch nicht zu denken, daß alle Tüchtigen auswandern, -nur etwa einige besonders geniale Menschen können daran denken und die -Mittel, die Verpflichtungen gegen die Versicherten einzuhalten, werden -dadurch nicht beeinträchtigt. Und was die Schöpfungen dieser Großen -anbelangt, so sind sie zumeist von der Art, daß sie allen Ländern -nützen und es sind wesentlich internationale Werte, welche diese -Menschen schaffen. Der Kollektivstaat wird an dem größeren Nutzen, den -solche Menschen schaffen, immer auch einen Anteil erlangen und er wird -so viele hervorragende Talente heranbilden, daß es ganz unmöglich wäre, -ihnen allen im Auslande Stellen zu schaffen. Und selbst solche, die -auf geschäftliche Vorteile im Auslande mit Sicherheit rechnen könnten, -werden doch durch Liebe zum Vaterlande, durch verwandtschaftliche -Verbindungen und durch Gewohnheit im Lande festgehalten werden. -Gewöhnt, überall sich zu Hause zu fühlen, überall Zutritt zu haben, -an allem mitinteressiert zu sein, wird dem Kollektivisten das -Leben im Geldstaate verwunderlich erscheinen. Gebannt in seine vier -Mauern, fremd unter Fremden, von allen beneidet und angefeindet, -von Intriguen verfolgt, wird sich jeder wieder nach Hause sehnen -und die Auswanderungslust wird gewiß nicht sehr um sich greifen. Wer -Nachkommen hat, wird sich auch wohl bedenken, sie all' den Gefahren -auszusetzen, denen sie im Auslande begegnen. Er hat zu besorgen, daß -sie allem Laster verfallen, in schlechte Gesellschaft geraten, geheime -Krankheiten erben und ein Leben ohne Arbeit suchen, ein Leben, das ihm -verächtlich scheinen muß. - -Es ist jetzt an der Zeit zu prüfen, was der Kollektivstaat den -Tüchtigsten seiner Bürger zu bieten hat und daraus wird sich ergeben, -daß sie keinen Grund haben, hinauszustreben. - - -9. Die Anerkennung der Verdienste höheren Grades im Kollektivstaate. - -Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, daß der Kollektivismus eine -mechanisch gleiche Verteilung der Genüsse zur Folge haben müsse. -Das ist durchaus nicht richtig. Man kann nur eine verhältnismäßige -Gleichheit fordern. Nun behauptet man zwar, diese bestehe ja ohnehin -schon in unserer Gesellschaftsordnung, da der Begabte, Fleißige und -Leistungsfähige immer im Staate vorwärts komme. Diese Anschauung ist -aber grundfalsch. - -Zunächst ist der Erbe eines Vermögens von jener Regel ausgenommen. -Er genießt nicht nur ohne hervorragende Verdienste weit mehr als -ein Minister, sondern sogar ohne jede Arbeit, _fructus consumere -=natus=_. Aber auch unter jenen, die arbeiten und nur Lohn empfangen, -erhält nicht jener einen Vorzug, der größere Verdienste um das Volk -hat, sondern jener, der größere Verdienste um die Erbgesessenen sich -erwirbt. Da aber diese Drohnen sind, welche ohne Arbeit genießen, so -sind Verdienste um solche Leute im =volkswirtschaftlichen= Sinne ganz -wertlos. - -Zwei Ärzte von gleicher Geschicklichkeit werden geholt, zwei -Verunglückten das gebrochene Bein einzurichten. Beide machen sich um -ihren Patienten gleich verdient, brauchen dieselben Kenntnisse, legen -dieselbe Mühe, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit an den Tag. Der eine -wird mit 10 Mark, der andere mit 1000 Mark belohnt. Wäre bei gleicher -Begabung, Fleiß und Leistung der Lohn, den die heutige Gesellschaft -bezahlt, gleich, so müßten beide Ärzte den gleichen Lohn empfangen. -Warum erhält der eine Arzt den hundertfachen Lohn von jenem, den sein -ebenso verdienter Kollege erhält? Weil er Hausarzt eines Börsenjobbers -ist, der andere ein Kassenarzt. Es ist also eine Lüge, wenn man sagt, -unsere Gesellschaftsordnung entlohnt nach Verhältnis des Verdienstes. - -Man fordert in der heutigen Gesellschaftsordnung Parteinahme, -Parteinahme gegen die Armen, für die Kirche, für den Adel, für die -reichen Bürger, für eine einflußreiche Partei; wer nur an das Volk -denkt, wird selbst verfehmt, ob er Talent hat, oder nicht. - -Es ist also unwahr, daß in unserer Gesellschaftsordnung die Güter nach -Verdienst und Begabung verteilt werden. Auf alle Fälle kann es sich -nur um Verdienste um die herrschenden Klassen handeln und auch da wird -der Knecht eines Wucherers, Arbeitsschinders, Hochstaplers immer noch -besser fahren, als selbst derjenige, der einem ächten Aristokraten oder -gewissenhaften Monarchen seine Dienste weiht, wie wir im Falle Humbert -und in vielen anderen Fällen erlebt haben. Selbst redliche Leute -verdienen, wenn auch im guten Glauben, am leichtesten, wenn sie das -Wohlgefallen verbrecherischer Naturen erwerben und wenn sie, obgleich -unbewußt, den abscheulichsten Betrügereien Vorschub leisten. - -Wir wollen nur auf jene Erfahrungen hinweisen, die man in den -letzten Dezennien gemacht hat, auf den Panamaschwindel, auf zahllose -Eisenbahnschwindeleien, auf die Trebertrocknungsaktiengesellschaften, -auf Jauner, Jellineck, Drozd, Alberti, auf Börsenschwindeleien, in -welchen viele Milliarden von unlauteren Menschen eingesackt wurden -und an allen diesen betrügerisch erworbenen Vermögen bereicherten -sich indirekt ganze Scharen von Gelehrten, Anwälten, Verwaltern, -Ärzten, Baumeistern, Malern, Architekten, Bildhauern, Juwelieren und -Kleidermachern um die Wette mit Lustdirnen, mit welchen man erstere -auf ein und dieselbe Stufe stellen müßte, denn sie waren ebenso -käuflich.[37] - - [37] Es sei mir erlaubt, hier auf einen Satz zu verweisen, den - wir in Adolph Pichlers »Aus Tagebüchern 1850-1899« finden. - »Wenn man berechnen könnte, wie viele Menschen wissentlich - oder unwissentlich vom Betruge anderer leben!« - -Aber wir brauchen, um die Ungerechtigkeit und die ökonomische -Verkehrtheit der Verteilungen in unserer Gesellschaftsordnung zu -kennzeichnen, gar nicht auf solche angeblich anormale, in Wirklichkeit -doch für diese Gesellschaftsordnung normale Verhältnisse hinzuweisen. -Denken wir nur an den gemeinen Taglohn, der in Böhmen, Mähren und -Galizien, und insbesondere in Italien 30, 50 bis 70 Heller, in -Steiermark, Kärnten, Krain und Tirol, wo Bauernwirtschaft vorherrscht, -von 1 Krone 50 Heller bis 3 Kronen, in Nordamerika 3 Kronen bis -6 Kronen beträgt, wobei allerdings der arme Pole, bis zum Skelett -abgemagert, etwa um ein Drittel weniger als ein Tiroler Bauernknecht, -dieser aber nicht viel weniger als ein nordamerikanischer Knecht -leistet, worin sich aber wieder nur die soziale und ökonomische -Verderblichkeit unserer heutigen Gesellschaftsordnung erweist, denn der -Pole erhält nicht weniger Lohn, weil er weniger arbeitet, sondern er -kann nicht viel leisten, weil er verelendet ist. - -Die Meinung nun, daß Lohn und Entgelt im Kollektivstaate mechanisch -gleich sein müsse, ist offenbar irrig, aber die große Verdienstlichkeit -der Individuen wird nach keinem anderen Maßstabe bemessen werden, als -nach dem Verhältnisse des Nutzens, den eines Menschen Leistungen für -das gesamte Volk haben. Davon wird auch dort keine Ausnahme zu machen -sein, wo noch die Monarchie und etwa eine Anzahl adeliger Familien -fortbestehen werden, weil Monarch und Adel nur des Volkes wegen, nicht -aber wegen ihrer persönlichen Interessen fortbestehen dürfen. - -Die Vorteile, welche für größere Verdienste und für größere -Nützlichkeit bewilligt werden können, sind verschiedener Art und sollen -hier der Gattung nach zur Erörterung kommen, ihre Verteilung und ihr -Gesamtmaß wird von den Volksbeschlüssen abhängen. - - -a) Das Arbeitsleitungsrecht. - -Es ist natürlich, daß der Tüchtigere damit betraut wird, die Arbeit -der minder Tüchtigen zu leiten und diese Leitung, welche im Interesse -des Volkes zu handhaben ist, ist ein Vorrecht, welches an und für sich -schon als ein Teil des Lohnes für größere Leistung in Betracht kommt. -Bei den gemeinsten Arbeiten des Feldbauers und in der Fabrik wird man -einer Organisation bedürfen, welche Abstufung des Leitungsrechtes -einzelner Personen voraussetzt. Dieses Leitungsrecht wird den -Tüchtigeren und Verdienteren übertragen, sei es, daß dabei Körperkraft -und Ausdauer, oder Aufmerksamkeit, Umsicht und Geschicklichkeit, oder -Selbstverleugnung mehr in Anschlag zu bringen sein wird. Daß nun -eine Person zur Arbeitsleitung in irgend einem Grade berufen wird, -wird immer als Lohn in Betracht kommen. So wird der Tüchtigere als -Vorarbeiter (Oberknecht, Partieführer, Werkführer), Abteilungsleiter, -technischer Verwaltungsbeamter in den verschiedensten Abstufungen -ein von Stufe zu Stufe ausgedehnteres Verwaltungsrecht haben und -schon in diesem Amte als solchem eine Anerkennung seiner größeren -Verdienstlichkeit mit finden. Das Verwaltungsbefugnis bringt das Recht -der Arbeitszuteilung, der Begutachtung der Leistungen und innerhalb -gewisser Grenzen auch das Recht Begünstigungen zuzuerkennen, mit sich. -Das Leitungsrecht erstreckt sich in den untersten Stufen auf wenige -Untergebene und befreit den damit Betrauten nicht von den gemeinen -Arbeiten, wird aber beim Verwaltungsbeamten höherer Ordnung zu einer -Verteilungsarbeit mit immer wachsender Zahl der Untergebenen, welche -auch nach Hunderttausenden und Millionen zählen können. Für die zur -Verwaltung Berufenen ist mit einem solchen Amte das Gefühl größerer -Verantwortung, mit der erfolgreichen Lösung der Aufgabe das Gefühl der -edelsten Befriedigung verbunden. - - -b) Ehrenvorzüge. - -Das Recht innerhalb genau umschriebener Grenzen von Untergebenen -Gehorsam beanspruchen zu können, ist ein Vorzug, den der Tüchtigere an -sich zu schätzen weiß. Darum wird es sich aber doch auch empfehlen, -jedem Vorgesetzten, in verschiedenen Abstufungen zur Verwaltung -Berechtigten (oben a), Ehrenvorzüge einzuräumen, weil es sonst auch an -Gehorsam fehlen wird. Der erste Ehrenvorzug niederster Art wird das -Recht in sich schließen, den Gruß und Vortritt in Anspruch zu nehmen -und ein unterscheidendes Merkmal in der Kleidung zu tragen, welches die -Rangstufe auch dem Fremden anzeigt, wobei man aber nicht an Pfauenfeder -und Roßschweif zu denken hat. Es soll möglichst einfach, aber weithin -erkennbar sein. Es ist auch nicht einzusehen, weshalb ein solcher -Staat auf Ehrenzeichen anderer Art, analog den Orden unserer Tage ganz -verzichten sollte. Das Lächerliche unserer Orden liegt nicht im Wesen -des Ehrenzeichens, sondern in der Art der Verdienste, welche damit -belohnt werden. - -Ehrenvorzüge höherer Art können in einem gewissen Zeremoniell ihre -Bestimmung finden. Die Päpste haben in den ältesten Zeiten nach -allgemeiner Anerkennung ihres Primates Forderungen zeremonieller Art -gestellt, welche als Ehrenvorzüge zu betrachten sind. Sie erschienen -allerdings verwerflich, weil auch der beste Papst keine Verdienste um -Volk und Menschheit hatte und weil auch Mörder, Betrüger und Diebe, -deren sich viele unter den Päpsten fanden, auf dieselben Ehrenvorzüge -Anspruch erhoben und sie auch heute noch zugestanden erhalten würden, -wenn ein solcher Verbrecher wieder, wie im Mittelalter und in der -ersten Hälfte der neueren Zeit, zur Papstwürde gelangte. Wenn nun auch -von Kniebeugungen und solchen mit der Menschenwürde ganz unvereinbaren -Ehrenbezeigungen und von lächerlichen Titulaturen keine Rede sein -dürfte, so wird es sich doch empfehlen, gewisse Höflichkeitsbezeigungen -der Untergebenen ihren Vorgesetzten gegenüber sowohl individuell, wie -auch korporativ einzuführen. Ich möchte nur erwähnen den Empfang bei -Antritt eines Amtes, bei der Rückkehr nach längerer Abwesenheit, bei -der Jahreswende, nach zehnjähriger oder mehrjähriger Amtsführung und -für ganz besondere Verdienste, wenn auch außerhalb der reinen amtlichen -Tätigkeit, bei Todesfällen Trauerfeierlichkeiten besonderer Art, -Nekrologe und selbst die Stiftung von Anniversarien, wovon aber die -feierlichsten durch Volksbeschluß zuerkannt werden sollen. - -Ehrenvorzüge, die einen Aufwand verursachen, muß das Volk entweder -im einzelnen oder im allgemeinen genehmigen, im allgemeinen durch -Erteilung einer Vollmacht an die Verwaltung. - - -c) Das Vorrecht der Wahl. - -Zu den Vorzügen, welche den Verdienten eingeräumt werden können, gehört -das Vorrecht der Wahl und des Zuvorkommens. Schon in den kleinsten -Verteilungen wird sich Gelegenheit bieten, es geltend zu machen. So -sehr auch die Stuben in den Schlafhäusern sich gleichen mögen, werden -sie doch einen verschiedenen Wert haben, Nachbarschaft, Aussicht, -Schatten- und Sonnenlage werden darauf Einfluß haben, aber auch sonst -wird sich mit der Zeit eine Verschiedenheit herausbilden, die nicht -beabsichtiget war. Zimmerschmuck, Mobiliar und anderes werden dazu -beitragen. So ist es mit Stoffen für die Kleidung und vielem anderen. -Wer nun einen Vorrang hat, wird andern gegenüber wählen können. -Ebenso den Platz bei Tisch zu wählen wird sich als ein schätzenswertes -Vorrecht erweisen. Inwiefern der Besitz, dieses Wort nicht im Sinne von -vermutetem Eigentum gebraucht, stärker ist, als das Wahlrecht, wird die -Verteilungsnorm bestimmen. Bei Versetzungen wird auch dieses Wahlrecht -der Verdienteren entscheiden. Ebenso wird, wenn Verwaltungsinteressen -nicht im Wege stehen, es das Vorrecht des Verdienteren sein, sich die -Zeit zu wählen für den Antritt des jährlichen Urlaubs, die Wahl der -Reiserichtung, der Theaterstücke und dergleichen zu beanspruchen. Auch -das Recht Zeitungen früher zur Hand zu nehmen, neu erschienene Bücher -früher zu lesen usw. gehört hierher und das Vorrecht, seine Ansicht in -öffentlichen Blättern geltend zu machen, wenn nicht alle gehört werden -können. Auch dieses Wahlrecht wird es wünschenswert erscheinen lassen, -auf der Stufenleiter der Verdienten vorwärts zu kommen. Und hier ist -noch immer von keinem =Aufwande= für die Belohnung größerer Dienste die -Rede. - - -d) Vorzüge in Beziehung auf die Wohnung. - -Wenn diese Vorzüge auch nicht beträchtlich sein werden, so wird man -doch den Personen von höherem Beamtenrang eine Wohnung einräumen, -welche mehr Behagen und ästhetischen Genuß bietet, wenngleich -zu bedenken ist, daß an diesen Vorzügen auch die Familienglieder -teilnehmen, welche sich darum nicht verdient gemacht haben. Jedenfalls -wird schon in den untersten Gemeinden dem Verwaltungsbeamten, dem -Arzte, Pädagogen und den Lehrern eine Amtswohnung zuzumessen sein, die -sich vorteilhaft von den Wohnungen der Feld- und Industriearbeiter -unterscheidet, sowohl was den Raum als was die Ausschmückung und -das Mobiliar anbelangt. Der Verwaltungsbeamte soll auch besondere -Empfangsräume haben, wie ihm auch Einladungen zu erlassen die -Gelegenheit geboten werden soll. Dieser Vorzug in der Wohnung steigert -sich sehr erheblich durch alle Stufen der Hierarchie, und nicht nur für -Verwaltungsbeamte, sondern auch für andere Kategorien hervorragender -Männer und Frauen, Ärzte, Gelehrte, Künstler, Erfinder, welchen auch -der Vorzug zufallen wird, in Wohnansiedlungen höherer Art oder in -der Residenz bleibend zu wohnen. Auch da handelt es sich kaum um -einen großen Aufwand, weil am meisten wohl die Zuweisung von bereits -bestehenden Prachtwohnungen und Mobilien in Betracht kommen wird, -welche ihrer Natur nach nicht unter alle verteilt werden =können=. - - -e) Vorzüge in Beziehung auf Kleidung. - -Auch in Beziehung auf Kleidung kann man den Verdienten große Vorzüge -einräumen. Das gilt besonders von Männern, denn bei Frauen und Mädchen -wird man vielleicht Jugend und strahlende Schönheit für Verdienst -müssen gelten lassen, wo die Verteilung von Kleiderstoffen und Zier -in Frage kommt. Ein größerer Aufwand wird gewiß gemacht werden für -Bekleidung derjenigen, die sich hervortun, als der Geringere wird -beanspruchen können. Besondere Pracht der Festgewänder wird man -den Hervorragendsten, den höchsten Staatsbeamten, Akademikern und -Professoren und Jenen, die durch Erfindung in Kunst, Wissenschaft und -Technik ihnen gleich geworden sind, zugestehen, wobei aber wohl mehr -an die Tracht eines Dogen von Venedig als an eine Uniform unserer -Tage wird zu denken sein. Es wird niemand daran Anstoß nehmen, wenn -die Verteilungsgesetze bestimmen, daß die Kleider der männlichen -Bevölkerung aus Loden, die der Verwaltungsbeamten, Ärzte und Lehrer -aus feinstem Kammgarn zu machen seien und das wäre eine Ungleichheit, -die mit dem heutigen Unterschiede zwischen arm und reich gar keine -Ähnlichkeit hätte. - - -f) Vorzüge in Beziehung auf Nahrung. - -Die trivialste Gier ist Genäschigkeit und Sucht nach Trüffeln und -Austern und Bordeau. So lange die Menschen aber danach jagen, wird -man auch Gelehrte wie Fettgänse zu stopfen nicht anstehen. Es wird -aber die Zeit wohl kommen, wo man sich dieses Vorzuges schämen wird. -Wünschen muß man, daß der Geschmack sich ändere und daß Jedermann, -auch der berühmte Künstler nur ißt und trinkt, was ihm bekommt und das -kann nichts anderes sein, als was auch dem Feldarbeiter bekommt. Dazu -gehören schwere Weine gewiß nicht und Austern auch nicht. Doch braucht -man im ersten Jahrhundert der neuen Zeit sich daran nicht zu stoßen, -wenn es Leute gibt, die ihren Lohn in Tokaier und Kaviar ausbezahlt -erhalten wollen, wenn sie ihn nur nicht in Barem verlangen. Die Frage, -ob geistige Arbeit mehr Fleischnahrung als körperliche Arbeit und -den Genuß von Spirituosen und anderer Stimulantien bedinge, soll hier -nicht gelöst werden. Man hört auch ganz entgegengesetzte Urteile und -fordert Askese für diejenigen, welche der größten geistigen Anstrengung -gewachsen sein sollen. Die staatlichen Verteilungsgrundsätze werden -Niemand versagen, was sein Beruf erfordert. - - -g) Das Vorrecht in Beziehung auf einen eigenen Hausstand. - -Wenn die allgemeine Regel gilt, daß in Gemeinde und Quartier Jedermann -für den Staat arbeitet, auch die Ehefrau und die Mädchen in der -Familie, so wird man es zu den größten Vorrechten für hervorragende -Personen, zu welchen auch die Erfinder gehören, rechnen, einen eigenen -Hausstand zu halten, den man sich unter Umständen auch wandernd denken -kann, von Stadt zu Stadt und von Schloß zu Schloß. Dabei allerdings -sollen die in der Familie heranwachsenden Kinder nicht daran gewöhnt -werden, sich für Kinder besserer Leute zu halten. Es wird dafür zu -sorgen sein, daß der Glanz, in dem der Vater lebt, nicht auch die -Kinder bestrahlt, welche sich Verdienste erst erwerben müssen und -eine solche Unterscheidung der Familienglieder wird sich sehr leicht -durchführen lassen. Auf die Begünstigung des besonderen Hausstandes -dürfen aber nur Wenige, einige Tausende, aber nicht Hunderttausende -Anspruch machen und man wird bald bemerken, daß das Verlangen -danach ausstirbt und daß die absolute Freiheit des Kollektivismus -mehr Bestechendes hat, als die Sorge für einen Hausstand und viele -Gäste, die man in monarchischen Staaten recht gerne dem Hofe und dem -berufsmäßig dafür bestimmten Adel wird überlassen wollen. Man wird -lieber ein überall gern gesehener Gast sein, denn als Gastgeber -- -besonders als Gastgeber auf Staatskosten -- geknechtet sein und auch -auf das Vorrecht des eigenen Hausstandes wird man nach und nach weniger -Gewicht legen. - - -h) Vorrechte in Beziehung auf Geselligkeit. - -Dieses Vorrecht hängt mit dem oben besprochenen zusammen, insofern -man unter Geselligkeit das Vorrecht versteht, ein geselliges Haus zu -führen, wozu ja auch der Staat den Größten, sagen wir einem Akademiker -oder Minister, die Mittel bieten kann. Viel wichtiger als dieses -Recht wird das so mannigfaltig abgestufte Recht sein, an geselligen -Vereinigungen als Gast Anteil zu nehmen. Dieses Recht kann in Städten -und in der Residenz in einem viel größeren Umfange genossen werden, -als in den kleinen Orten, wo die überwiegende Masse des Volkes und die -unteren Organe der Staatsverwaltung wohnen. Wenngleich jeder Bergknappe -und Weber das Recht haben muß, überall Zutritt zu finden, um seinem -Könige die Hand zu drücken (das _shake-hands_ im Weißen Hause) und -dem Treiben in den Sälen der Hochadeligen anzuwohnen, so wird ihm das -nicht oft zuteil werden können, da sich zeigen wird, daß er nur 3 oder -4 Mal im Leben nach der Hauptstadt kommen kann und seine 14tägigen -Urlaube ihm noch andere Vergnügungen bieten müssen, als bloß den -Besuch großer Gesellschaften. Anders ist die Lage der bedeutendsten -Männer und Frauen, die in der Residenz und den größten Städten wohnen -und welche dort heimisch werden, wo jene nur selten den Fuß hinsetzen -können. Und man darf wohl sagen, daß Schönheit, Grazie und Geist den -Frauen ebenso Bedeutung verleihen kann, wie Kunst und Wissenschaft den -Männern. Denn wer könnte sich einen in Licht erstrahlenden Saal denken, -in dem das weibliche Element nur durch bleiche Schriftstellerinnen -oder kurzsichtige Mikroskopforscherinnen vertreten und das -weiblich-ästhetische Element nur geduldet wäre? Aber darum wird man -doch nirgends das degradierte Weib, die Pompadour oder Dubarry finden, -denn Schönheit wird keine »Kupplerin« sein. Immerhin ist es offenbar -daß besonders hervorragende Verdienste auf den Wohnsitz bestimmenden -Einfluß haben werden, womit schon an und für sich Vieles gegeben ist, -was als sozialer Vorzug wird gelten müssen. - - -i) Vorrechte in Beziehung auf Konzerte, Theater und andere -Schaustellungen. - -Auch nach dieser Richtung werden die Genüsse nicht gleich -verteilt sein, wie sich wohl von selbst versteht. Wir können uns -ein Bild machen von der Verteilung der Anteilnahme an den -Wettspielen als Zuseher. Vor allem werden Personen, die sich selbst -schon auf dem Gebiete der Wettspiele hervorgetan haben, wenngleich -sie nicht zum Mitbewerb zugelassen werden können, weil Größere -da sind, als Zuschauer geladen werden und demnach Urlaub und -Reisebewilligung erhalten. Dann werden Experten, welche den -Sieg zuzuerkennen berufen sind, eingeladen werden. Endlich wird -man Anmeldungen der Höchstverdienten entgegennehmen und sie -nach Maßgabe der verfügbaren Plätze beteiligen. Noch mehr gilt -die ungleiche Verteilung für - - -k) Reisen im In- und Auslande. - -Im größten Umfange werden diese nur den Verdientesten und außerdem -allerdings auch für Lehrzwecke zugestanden werden. Über Auslandsreisen -ist nun Mehreres in XII, 2, zu finden. - - -l) Das Vorrecht in Beziehung auf die in VIII, 5, geschilderten -Verteilungen - -zum Behufe freien Schaffens. Man könnte nach Maßgabe der Rangstufen -doppelte, zehnfache und hundertfache Portionen nach Menge und Wert -zuerkennen, aber unter der Bedingung der eigenen Verwendung. Nehmen -wir an, daß in der Regel auf jeden Erwachsenen 12 Briefe und 25 -Korrespondenzkarten fallen, so wird man hochgestellten Künstlern und -Gelehrten selbe nach Tausenden und in kostbarer Ausstattung zuteilen. -Dieses Recht, in größerem Umfange mit Konsumtibilien beteilt zu werden, -hat für bildende Künstler, Schauspieler, Sänger, Gelehrte oder Erfinder -einen hohen Wert. - - -m) Das Vorrecht der Arbeitsfreiheit. - -Diese wird zwar jedem nach Erreichung eines gewissen Alters eingeräumt -werden. Man mag die Zurücklegung des 65. Lebensjahres als Grenze des -Arbeitszwanges für alle Volksgenossen zum Mindesten annehmen. Freilich -wollen das Arbeiter, wenn sie befragt werden, nicht gelten lassen und -selbst Bauern wollen eine Arbeitspflicht für den kollektivistischen -Betrieb über 60 Jahre hinaus nicht gutheißen und französische Bergleute -wollen mit 50 Jahren schon in den Genuß einer Pension von 2 Francs -treten. Doch wird die Erkenntnis, wie groß die Zahl dieser Pensionäre -wäre, wohl bestimmend sein, für eine Mäßigung dieser Ansprüche. Schon -die Altersbefreiung im Alter vom vollendeten 65. Jahre wird für jede -Gemeinde von 1000 Köpfen 40-50 Arbeitsbefreite ergeben, die Kinder und -Kranken ungerechnet. Dagegen hindert gar nichts, besonders verdienten -Personen, also Wenigen, gewiß auch jenen, die sich einem sehr -gefährlichen und abschreckenden Berufe widmen, die Arbeitsbefreiung -schon mit 50 Jahren, ja in frühester Jugend, wenn sie eine epochale -Erfindung gemacht haben, zuzugestehen. So mag es auch mit Beamten, -Ärzten und Professoren gehalten werden, welchen man schwerlich mehr als -30-35 Dienstjahre zumuten wird. - - -n) Das Vorrecht der freien Wahl des Domizils. - -Dieses Recht steht zwar in einem eingeschränkten Maße jedem -Arbeitsbefreiten zu. Denn nur mit der geregelten Arbeit ist ein -Domizilszwang verbunden und auch für solche, die noch arbeitspflichtig -sind, kann nach der Natur ihres Berufes, so Dichtern, Malern, -Bildhauern, Wahl des Domizils gestattet werden. In dieser Freiheit -aber können zahllose Abstufungen nach dem Grade der Verdienste -gemacht werden. Während der arbeitsbefreite Fabrikarbeiter oder -Bergknappe vielleicht auf Gemeinden untersten Ranges, mindestens auf -Bezirksvororte beschränkt sein wird und ihm ein Domizilwechsel etwa nur -einmal im Jahre zugestanden werden kann, er in größeren Städten sich -ohne Zweifel nur niederlassen kann, wenn er sich zu mäßigen Diensten, -etwa einmal in der Woche, versteht, so zur Reinigung von Straßen und -Wegen, Briefbotendiensten, Aufsicht in Sammlungen und Ausstellungen, -wird es den Verdientesten freistehen, nicht nur täglich das Domizil -zu verändern, sondern auch überallhin sich von Gehilfen, Möbeln, -Büchern, Instrumenten und anderen Erfordernissen ihres freigewählten -Berufes begleiten zu lassen, wären auch ganze Waggons zur Beförderung -notwendig, und sie mögen so reisen, wie heute nur Monarchen oder -Staatsmänner reisen. Ihnen natürlich steht jede Stadt des Reiches und -jedes Dorf gleichermaßen offen und der mit diesen Domizilsveränderungen -verbundene Aufwand wird nicht ins Gewicht fallen, da es nur Wenige -sind, die darauf Anspruch haben. - - -o) Andere berufsmäßige Vorrechte. - -Es ist selbstverständlich, daß neuerschienene Werke vor allem den -Fachgelehrten und Fachschriftstellern, neue Poesien den Dichtern, -neuentdeckte Stoffe den Forschern und Technikern, Fachschriften den -Fachleuten, künstlerische Vorführungen den Künstlern zu Gebote stehen -müssen und daß Andere, wenn das Verlangen aller nicht befriedigt werden -kann, warten müssen. Auch hieraus ergeben sich Privilegien, welche -heute zumeist erkauft werden müssen, deren Befriedigung also nur durch -Einräumung eines größeren Gehaltes ermöglicht werden kann. Insoferne -aber heute Einrichtungen bestehen, wodurch gewissen Kategorien von -Beamten unentgeltliche Genüsse zugewendet werden, ist ja nur eine -kollektivistische Einrichtung in unserer privatwirtschaftlichen -Welt vorweg eingeführt. So bewilliget man höheren Eisenbahnbeamten -Freikarten für unbeschränkte Reisen in ganz Europa mit Ausnahme von -Rußland. Das ist ein Stück Kollektivismus und Naturalwirtschaft. - - -p) Das Vorrecht, Pferde und Wagen und Automobile zu halten, - -kann mit mehr oder weniger Aufwand als Lohn eingeräumt werden. -Jedenfalls wird in jeder Gemeinde der Beamtenschaft gestattet werden, -drei oder vier Wagen zu halten. - -Das alles beweist, daß die Naturalwirtschaft nicht nur kein Hindernis -bildet, alle Verdienste um Volk und Staat in munifizentester Art zu -belohnen, sondern, daß dem Staat dazu auch unermeßliche Hilfsquellen zu -Gebote stehen. - -Es entsteht die Frage, ob diese Ungleichheit der Verteilung nicht -besondere Verrechnungsschwierigkeiten bilden könnte. Um sich darüber -ein Urteil zu bilden, wäre VI, 8, über Statistik nachzulesen. -Zunächst ist zu berücksichtigen, daß viele oben erwähnte Vorrechte -der Verdienten, so a, b, c, g, h, i, überhaupt nicht Gegenstand -der statistischen Nachweisungen sind, andere wohl einmal nur im -Jahre zur Verrechnung gelangen, so d, e, k, l, m. Diese Verrechnung -wird nachzuweisen haben, wie viele Bruchteile der Gesamtproduktion -zu solchen Begünstigungen verwendet wurden und daß damit die -Verteilungsgrundsätze nicht verletzt wurden. Was aber die Begünstigung -in Beziehung auf Nahrung f anbelangt, so wird wohl auch ein Ausweg -zu finden sein, um die Verrechnung zu erleichtern. Es könnte der -Verwaltung eine gewisse Menge von Gütern verschiedener Art, von -besonderen Nahrungsmitteln und Getränken zugewiesen und auf die -Gemeinden und Quartiere und zwar mit Bevorzugung der Provinzstädte und -der Hauptstadt aufgeteilt werden, worüber sich die Verwaltungsbeamten -nur untereinander und einmal im Jahre mit den Begünstigten zu -verrechnen hätten. Wird die bewilligte Menge nicht überschritten, so -werden die Nichtbegünstigten von der Verteilung nicht berührt. Ebenso -ist es ja auch mit der Verrechnung mit Hof und Adel zu halten. - -Die Frage, ob das souveräne Volk denn in solche Begünstigungen -einwilligen wird, kann wohl bejaht werden. Zunächst ist zu bedenken, -daß eine lange Periode der Umgestaltung der Alleinherrschaft des -Kollektivismus vorausgehen muß, und daß während dieser Periode die -Volkssouveränität noch nicht in Wirksamkeit treten kann. Ist die -Zeit dazu gekommen, die Volkssouveränität mit dem ausgedehntesten -Stimmrechte einzuführen, so werden sich die Verteilungsgrundsätze, -welche eine Begünstigung zulassen, bereits eingelebt haben und da sich -junge Leute meist mit der Hoffnung tragen, im Leben vorwärts zu kommen, -werden sie wenigstens einer solchen Ungleichheit der Verteilung nicht -entgegen sein. Hat man dabei aber die größte Ökonomie walten lassen, -so wird sich jeder berechnen, wie wenig die Lage der Nichtbegünstigten -dadurch gewinnen würde, wenn man alle Begünstigungen aufheben wollte. -Weiter muß diese Begünstigung in der Verteilung lediglich in Absicht -auf das öffentliche Wohl eingerichtet werden und darf den diesem -Zwecke entsprechenden Aufwand nicht überschreiten und darin muß auch -die Gewähr liegen, daß der gesunde Volksinstinkt diese Verteilung -billigen wird. Wirkliche Verdienste imponieren immer den Massen und sie -begreifen sehr wohl, daß die Begabten durch diese Begünstigungen nur -angeeifert werden sollen, dem =Volke= mit größtem Eifer und Redlichkeit -zu dienen. Bei der Entlohnung von Erfindern kann sich das Volk ja auch -leicht berechnen, daß der Nutzen für das Volk immer weit größer ist, -als die Vorteile, welche man den Erfindern einräumt. - -Was das System anbelangt, nach welchem die Vorrechte der Verdienten -zuzumessen sind, so wird zunächst vom Volke, wenn es im Besitze der -souveränen Gewalt sein wird, in den Verteilungsgesetzen bestimmt -werden, welche Art von Vorrechten eingeräumt werden darf und welche -Mittel dazu ausgeworfen werden, das heißt in welchem Ausmaße im -Verhältnis zur Gesamtarbeitsmenge die Arbeitsbefreiung im Ganzen -gerechnet als Lohn eingeräumt werden darf und nach welchem Quotienten -der Gesamtgüter allen Begünstigten zusammen bei der Verteilung mehr, -als den Nichtbegünstigten zugemessen werden darf. Auch wird bestimmt -werden, auf welche Güter und sonstige Genüsse das Recht, Begünstigungen -zu gewähren, Anwendung hat. Das wird in derselben Art geschehen, -wie sich das Volk mit dem Hof und Adel in Beziehung auf die ihnen -zu bewilligenden Mittel auseinandersetzt. Was Wohnräumlichkeiten -anbelangt, so werden die Wohnungen und die Gebäude bezeichnet, -welche für beständig oder regelmäßig diesem Zwecke gewidmet werden -sollen und an großartigen Bauten in den Städten, an Schlössern und -Villen hat die frühere Gesellschaft dem Kollektivstaat ebenso wie an -Kunstwerken Mobilien und Juwelen so unermeßliche Schätze hinterlassen, -daß man sagen kann, die Begünstigung in der Beteiligung mit solchen -Gütern, die ja nur zum Gebrauch dienen, geschieht nicht auf Kosten -der gegenwärtigen Generation, sondern auf die längst dahingegangener -Geschlechter von Ausgebeuteten, welchen man, was sie erlitten haben, -nicht mehr gut machen kann. Was Nahrungsmittel und Getränke, von -welchen man das allerdings nicht sagen kann, anbelangt, so können -bestimmte Weine, das Wild, oder sonst welche Arten von Gütern, z. B. -bestimmte kostbare Obstsorten, wenn deren allgemeine Verteilung ohnehin -keinen Sinn hätte, wie die allgemeine Verteilung des Tokaiers, den -Begünstigten, oder gewisse Kategorien von Begünstigten ausschließlich -vorbehalten werden. Dasselbe könnte von dem Rechte zu jagen, gelten. -Was nun die Plätze bei Schaustellungen, auf den Eisenbahnen, den -Zutritt bei den Festen des Hofes und Adels und in den Schlössern -anbelangt, so werden sie den Begünstigten verhältnismäßig ausgeworfen, -sagen wir, der zehnte Teil werde dieser Bestimmung gewidmet. Bezüglich -der Kleidung kann man ähnlich verfahren und einen Quotienten der dafür -gewidmeten Stoffe und Arbeit von der streng gleichmäßigen Verteilung -ausnehmen. Hieraus ergibt sich dann das, was der Nordamerikaner -_appropriation_, die Widmung nennt, nur erfolgt sie nicht in Geld, -sondern in Naturalien. - -Das Volk wird dann in den Verteilungsgesetzen auch bestimmen, wem -die Zuerkennung der Vorzüge zusteht. Für die regelmäßigen Posten -im Staatsdienste, für Beamte, Ärzte, Lehr- und Erziehungspersonen, -höhere Techniker und Industriedirektoren wird der Grundsatz -unserer Beamtenhierarchie angenommen werden. Man wird Kategorien -schaffen, welche einander übergeordnet sind. Wie bereits in V, -1, _Alinea_: »Ich bemerke noch« erwähnt wurde, wird es am besten -sein, der Staatsverwaltung die Beförderung innerhalb dieser Ämter -zu überlassen, jene ausgenommen, die, wie die Volksbeamtenstellen, -durch Wahl besetzt werden, womit gleichfalls genau definierte -Vorteile verbunden sein werden. Die unterste Stufe der Begünstigten -wird die der Werkführer (Partieführer der Vorarbeiten) die nächste -Stufe die der geringeren Abteilungsleiter, etwa für Hauswirtschaft, -Milchwirtschaft, Kleinviehzucht und dergleichen sein, welchen das -unterste Erziehungspersonal gleichgestellt werden mag. Sohin würden -die untersten Stufen der Verwaltungsbeamten, Ärzte und Lehrpersonen -folgen, während die Bezirks-, Kreis- und Provinzialfunktionäre, dann -eine bestimmte Reihe von Organen der Zentralverwaltung, endlich die -Minister, die fünf höheren Stufen bilden werden. Wohin nun höhere -Techniker und Fabrikdirektoren, Gelehrte, Forscher, Künstler und -Erfinder eingereiht werden, wird zu erwägen sein, ebenso, ob obige -Stufen in Unterabteilungen zu gliedern seien. Für alle so gebildeten -Kategorien wird das Ausmaß der mit der Stellung verbundenen Vorteile -festgesetzt werden. Da Künstler und Erfinder, zum Teile auch -Forscher, die nicht dem Lehrkörper angehören, nicht Mitglieder dieser -Organisation sind, so wird es auch der Verwaltung, oder wer sonst zur -Ernennung berufen ist, zugestanden werden, solchen Personen einen Rang -gleicher Art, wie er für diese Organisation bestimmt ist, zu verleihen, -z. B. den 4. 5. Rang oder selbst der Vorrang vor den Ministern. -Alles das möglichst sparsam einzurichten, gerade nur so, daß etwas -Ehrgeiz und viel Amtseifer geweckt wird, ist zum Grundsatz zu machen, -wobei immer dem Volke gewisse Befugnisse vorbehalten werden mögen, -zum Beispiel, Personen der freien Berufe, Erfindern, Künstlern und -Forschern einen höheren Rang zu verleihen.[38] Auch da kann den Kreisen -oder Bezirken das Recht eingeräumt werden in gewissen Perioden eine -oder zwei Stellen außerhalb der Organisation zu verleihen. - - [38] Man hat in Österreich in neuerer Zeit den Gebrauch - eingeführt, den Beamten, die besonders verdient sind - und die man doch in ihren Posten belassen will, einen - höheren Rang und Bezüge zu gewähren, als mit ihren Posten - regelmäßig verbunden ist. Das wird wohl nachzuahmen sein. - -Es ist somit keinem Zweifel unterworfen, daß der Kollektivismus und die -Naturalwirtschaft gar kein Hindernis bilden, alle jene Mannigfaltigkeit -unserer Zustände nachzuahmen, die dem Volke und dem Fortschritte -nützlich sein mag. Dagegen hängt es niemals vom Einzelnen ab, sich -Vorteile zuzueignen, welche ihm nicht gebühren, wozu in unserer -Gesellschaftsordnung der Geldwirtschaft wegen Gewalt, Diebstahl, -Betrug, Veruntreuung und politischer oder wirtschaftlicher Schwindel -Gelegenheit bieten, durch welche man alles leichter erreichen kann, als -durch Verdienste um das Volk und den Staat. Als politischen Schwindel -betrachte ich auch jene Wohldienerei gegen Souveräne und Machthaber, -durch welche man in früheren Zeiten große Güter erlangen konnte, und -welche für Verdienste um den Staat ausgegeben wurden, in Wirklichkeit -Versündigungen am Volke genannt werden sollte. Plato sagt mit Beziehung -auf die herrschende Gesellschaftsordnung, daß man durch Recht mit -Unrecht größere Vorteile erlangen könne, als durch Gerechtigkeit -allein. Der Kollektivismus gewährt nur Vorteile für gerechte Ansprüche. - -Ich will nun gelegentlich hier noch erwähnen, daß die gesetzlich -normierten Vorrechte zwar budgetmäßig im Gesamtausmaße begrenzt sein -müssen, soweit sie nämlich die Verteilung berühren, daß es aber gar -keinem Anstande unterliegt, der Bewegungsfreiheit der Verwaltung -und den Begünstigten allerhand Spielraum einzuräumen. Es können die -Begünstigten untereinander gewisse Tauschgeschäfte machen, welche -die Verwaltung zur Kenntnis nimmt und bei der Vornahme der Verteilung -berücksichtigt. So kann ein eitler Mensch auf Reisen und Theater oder -auf Wohnungsvorteile Verzicht leisten, wenn ihm großer Kleiderluxus -eingeräumt wird und umgekehrt. Wenn die Gesamtziffern nicht verrückt -werden, hat das Volk keinerlei Interesse, sich in solche Abweichungen -von der Verteilung einzumengen. Der in Geld bezahlte Lohn kann auf das -verschiedenste verausgabt, oder auch erspart werden. Letzteres soll -der Kollektivstaat nicht zulassen, das heißt, das nicht in Anspruch -genommene für die Gesamtheit verwerten, aber die Naturalwirtschaft -bietet im Kollektivstaat, wo nur =ein= Produzent, der Staat, Genüsse -bieten kann, kein Hindernis, den Begünstigten die Wahl einzuräumen, -welche Genüsse er in Anspruch nehmen mag. Das wird nur eine -vergleichende Bewertung der Genüsse voraussetzen. Diejenigen, von -welchen in I, _Alinea_: »Was die Personen und« die Rede ist, werden -auch einen prozentuell höheren Aufwand als die Masse der Bevölkerung -verursachen, aber auch zur Auseinandersetzung dieser Personen mit dem -Volke wird ein prozentueller Maßstab insgesamt in Anschlag kommen. Es -werden in diese Kategorie nur wenige Menschen fallen, da die kleinen -Besitzer in ihrem Anteil am Gesamtvermögen reichlichen Ersatz finden. - - -10. Religion, Kultus, Festlichkeiten. - -Zu den wesentlichsten Grundlagen der Gesittung rechnet man die -Religion. Man ging von jeher von der Anschauung aus, daß ein Volk -ohne Religion nicht regiert werden könne, daß das Volk eine Religion -verlange und ein Bedürfnis nach religiösen Vorstellungen und -Feierlichkeiten habe, und die größten Monarchen haben die Religion -beschützt und der Macht der Kirche Vorschub geleistet. So hat Karl -der Große nicht nur die Sachsen mit Feuer und Schwert der katholischen -Kirche unterworfen, sondern dem Fastengebot staatlichen Schutz gewährt -und jeden Fastenbrecher mit schweren Strafen, ja in gewissen Fällen mit -dem Feuertode bedroht. Er ging ohne Zweifel von der Meinung aus, die -königliche Gewalt werde immer stärker sein als die kirchliche Gewalt, -und so sah er ohne Argwohn zu, wie die Kirche durch Lehre, Kultus -und Strafe das Volk unterjochte, denn er sah in der Kirche nur ein -Werkzeug des Kaisers. Damit bereitete Karl die Schmach des Kaisertums -vor, das in immer größere Abhängigkeit vom Papsttum verfiel. Auch die -Hohenstaufen gingen von derselben Anschauung aus. Friedrich Barbarossa -lieferte Arnold von Bresnia dem Feuertode aus und hieß es gut, daß -Lucius III. den Bannstrahl gegen die Ketzer schleuderte, indem er den -Glaubensrichtern den staatlichen Beistand versprach. Friedrich II. -erließ 1224 ein Gesetz, worin er die Ketzer mit dem Feuertode bedrohte -und die Errichtung von Ketzergerichten anordnete. Dadurch wurde die -Macht des Papsttums so erhöht, daß es die Hohenstaufen erniedrigen und -vertilgen konnte. - -Es war immer ein verfehlter Herrscherinstinkt, welcher die Monarchen -bestimmte, der Religion ihre Unterstützung zu leihen, und darum ist -es zweifellos, daß die Religion nur als ein Mittel, die Herrschaft der -Tyrannen zu befestigen, angesehen und aus diesem Grunde verbreitet und -staatlich beschützt wurde. - -In einer vollkommen demokratischen Gesellschaft hängt die Gesittung -keineswegs von der Aufrechterhaltung der Religion ab, und ebensowenig -bedarf man ihrer zum Schutze der Autorität, die man ja dem Volke nicht -aufdrängen will. Doch wird der Kultus so lange aufrecht erhalten werden -müssen, als er dem ästhetischen Sinne des Volkes ein Bedürfnis ist. -Übrigens wird der Staat, sobald er den Wert des Kollektivismus erkannt, -zu den Grundsätzen der nordamerikanischen Staaten übergehen, die jede -konfessionelle Lehre aus den Schulen ausschließen. Aber auch den Eltern -wird man solche konfessionelle Lehren in der Familienerziehung nicht -gestatten, die mit der staatlichen Erziehung und dem Unterrichte im -Widerspruch stünden. - -Die Zeit wird kommen, wo man von den Dienern der Kirche ebenso wie -von jedem Anderen Anteil an der geregelten Arbeit fordern wird, da die -freie Zeit reicht, religiöse Übungen und Kultusfeste zu halten. - -Aber auch vom religiösen Kultus abgesehen, besteht ein Bedürfnis nach -Unterbrechung des Alltagslebens durch Festlichkeiten im engeren und -weiteren Kreise. Die Gesetzgebung stellt die allgemeinen Grundsätze -auf, welche Feierlichkeiten und Festlichkeiten zu veranstalten sind, -welcher Aufwand dabei stattfinden soll, wem die Anteilnahme dabei zu -gestatten ist. Die Ausführung dieser Gesetze steht der Staatsverwaltung -zu. Die Anlässe können individuelle und allgemeine sein. - -=Die Geburt.= Die Geburt eines Kindes, zum mindesten die legitime -Geburt eines Kindes, VII, 2, ist ein natürlicher Anlaß zur -Veranstaltung einer Feierlichkeit. Sie wird stattfinden, sobald -die Mutter daran Anteil nehmen kann, also etwa vier Wochen nach der -Entbindung. Die Festlichkeit wird darin bestehen, daß dem Neugeborenen -ein Name gegeben wird, entweder nach der Wahl der Mutter allein -oder nach der Wahl beider Eltern oder, falls die natürliche Mutter -schon vorher gestorben ist, nach der Wahl der Wahlmutter, VII, 5, -b. Es wird dabei Sorge zu tragen sein, daß die Familiennamen genau -unterschieden werden, innerhalb der Familien aber kein Personenname -gewählt wird, der von einem anderen noch lebenden Mitgliede derselben -Familie getragen wird. Es wird der Natur der Sache entsprechen, daß der -Verwaltungsbeamte oder sein Delegierter zur Feierlichkeit erscheint, -den gewählten Namen, der in die Standesregister eingetragen wird, -proklamiert, eine Ansprache hält und den neuen Bürger in den Schutz des -Staates mit allen jenen Rechten übernimmt, die ihm kraft der Verfassung -zustehen. Namens des Neugebornen mag die Mutter oder Wahlmutter die -Versicherung geben, daß derselbe sich dem Staate dankbar erweisen und -ein nützliches Glied der Gesellschaft zu werden sich bemühen wird. Es -wäre das eine Nachahmung der Aufnahme der Neugebornen durch die Taufe -in die Kirche. Aber der Staat wird sein besseres Recht auf die Jugend -sich nicht nehmen lassen. Daran wird sich eine Festtafel schließen, -an welcher außer dem Verwaltungsbeamten und einigen Verwandten eine -Zahl von geladenen Gästen teilnehmen mögen. Der Aufwand wird nun darin -bestehen, daß den Teilnehmern kostbarere Gerichte und Getränke als -täglich geboten werden. Nachdem die Zahl der Geburten im kommenden -Jahre mit ziemlicher Genauigkeit vorausberechnet werden kann, wird der -Gesamtaufwand leicht vorauszubestimmen sein. Er wird nach dem Prinzip -der Naturalwirtschaft bestimmt werden, ausgedrückt in einer für das -ganze Reich festgesetzten Menge von Wein, Bier und anderen Getränken, -insofern der Alkohol noch nicht aus der Volkswirtschaft verdrängt -ist, und von ausgewählten Gerichten, nämlich Wild, Fischen, Fleisch, -Geflügel usw. - -Die Staatsverwaltung hat dann den genehmigten Aufwand auf die -Provinzen, Kreise und Bezirke aufzuteilen, und die Verwaltungsbeamten -haben die Bestimmungen für die einzelnen Fälle innerhalb der ihnen von -der Verfassung gezogenen Grenzen zu treffen. - -Für die Verteilung kann die Gesetzgebung auch noch weiters gewisse -Vorschriften machen, so daß eine gewisse Abstufung vorgeschrieben wird -für Geburtsfestlichkeiten in den Familien von Lehrern, Ärzten, Beamten -und aufwärts bis zu den höchstgestellten Personen, Unterschiede, die -auf die Zahl der Gäste und die Menge und Kostbarkeit der Speisen und -Getränke und den anderen Aufwand Bezug haben. Die Verteilung nach -diesem Grundsatze für die einzelnen Fälle liegt der Staatsverwaltung -ob. - -=Aufnahme in die Schule.= Ob auch diese mit einer Festlichkeit -verbunden werden soll und welcher Aufwand dafür gestattet wird, hängt -gleichfalls von der Gesetzgebung ab. Doch scheint es, daß die Zahl der -Festlichkeiten zu sehr vermehrt würde, wenn auch dieser Anlaß gefeiert -würde. Da die Gesamtmittel gegeben sind, wird der Aufwand im einzelnen -Falle um so geringer sein müssen, je mehr Festlichkeiten veranstaltet -werden. - -=Aufnahme unter die volljährigen und eigenberechtigten Bürger.= Mit -Eintritt des Bürgers in das 19. Lebensjahr wird ein Lebensabschnitt -bezeichnet, der gleichfalls Anlaß zu einer Festlichkeit bietet. Es -wird eine Ansprache des Verwaltungsbeamten oder seines Delegierten und -eine Antwort des Gefeierten am Platze sein und sich daran gleichfalls -eine Festtafel schließen. Bezüglich des besonderen Aufwandes und -dessen Abstufung gilt dasselbe, wie oben; vielleicht wird die Höhe des -Aufwands schon nicht mehr von den Verdiensten der Eltern, sondern von -dem Charakter und den bisherigen Verdiensten des Gefeierten abhängig -sein. - -=Vermählung.= Auch die Vermählung eines Bürgers ist ein Anlaß zur -Feier einer Festlichkeit, und dafür gelten dieselben Bestimmungen, -wie für die vorhin erwähnten Feste. Das Gesetz bestimmt die zur -Gültigkeit der Ehe erforderlichen Förmlichkeiten. Die Trauung wird -wohl vom Verwaltungsbeamten zu vollziehen sein, der eine entsprechende -Rede halten mag. Auch zu dieser Funktion kann er Vollmacht zu -erteilen berechtigt werden. Der Aufwand wird etwas größer sein für -die Vermählungsfeierlichkeiten, als für andere Privatfeste. Auch -die Abstufung mag sich innerhalb weiter gesteckter Grenzen bewegen. -Es kann sich an die Festtafel ein Tanzfest anschließen, es kann der -Bezirksvorort, der Kreisvorort oder der Provinzvorort zu diesen -Feierlichkeiten als Festort bestimmt und ein gewisser Aufwand an -Reisen, Beurlaubungen, Festkleidern, Aufzügen genehmigt und den -Neuvermählten eine Zeit der Befreiung von jeder Arbeit und dergleichen -bewilligt werden. Diese reicheren Feierlichkeiten und sonstigen -Annehmlichkeiten sollen denjenigen, die die Pflichten und Sorgen der -Ehe auf sich nehmen, ein Äquivalent bieten. - -Insofern nicht allen Gliedern der Gesellschaft die Ehe bewilligt wird, -wird die Versagung der Geburtsfeierlichkeiten für die illegitimen -Geburten einen Teil jener Übel bilden, welche der Staat verhängt, um -illegitime Geburten zu verhindern. - -=Der Geburtstag der Alten=, die das neunzigste oder fünfundneunzigste -Jahr erreicht haben, wäre ein sehr geeigneter Anlaß für Festlichkeiten. -Man hätte allen Grund, die Volksgenossen, welche ein besonders hohes -Alter erreicht haben, zu ehren. - -=Bestattungsfeierlichkeiten.= Daß die Bestattung der Verstorbenen den -Anlaß zu gewissen Feierlichkeiten bietet, ist offenbar. Auch die Trauer -soll einen ästhetischen Ausdruck finden. Ob die Toten begraben oder -verbrannt werden, kann Gegenstand der Gesetzgebung sein oder der freien -Verfügung der Einzelnen oder den Hinterbliebenen überlassen werden. Daß -den Verstorbenen von allen Bewohnern der Gemeinde oder des Quartiers -und außerdem von Verwandten und Freunden das Geleite zur Ruhestätte -gegeben wird, ist vorauszusetzen. Insofern aber auch ortsfremden -Personen dazu Urlaub und Reise bewilligt werden sollen, ist Sache der -Verteilungsbeschlüsse. Zur Bestattung hervorragender Personen, die -das Volk besonders ehrt, werden die Bezirke und Kreise Abordnungen -entsenden, welchen der Staat Urlaub und Reise zu bewilligen hat. Auch -hierin und in Hinsicht auf den Trauerpomp wird eine Abstufung in sehr -weit gesteckten Grenzen gutzuheißen sein. Die Totenmahle sollten außer -Übung kommen, weil sie nicht zur Trauerstimmung passen. Eher würde -sich empfehlen, den nahestehenden Personen, insbesondere der Witwe oder -Mutter Urlaub zu gewähren und ihnen das Fernbleiben von den gemeinsamen -Mahlzeiten, eine Reise oder sonst etwas zu gestatten, was dem Gemüte -Trost gewähren kann. Jeder damit verbundene Aufwand, nämlich Urlaub, -Reisen u. dergl., bedarf der Genehmigung durch die Verteilungsgesetze. - -Der Tod besonders verdienter Menschen kann Anlaß zu besonderen -Feierlichkeiten geben, so daß der Leichnam nach einem größeren Orte -gebracht oder in mehreren Orten Trauerfeierlichkeiten gehalten werden, -daß hervorragende Redner Gedächtnisreden halten, zum Gedächtnisse -selbst eigne Werke herausgegeben und in allen Bibliotheken aufgestellt -werden, daß man Denkmäler setzt oder Gedächtnistage für jedes -Jahr, jedes Dezennium oder Jahrhundert stiftet. Auch hier wird die -Verteilung nach den vom Volke genehmigten Grundsätzen in der Regel -durch die Staatsverwaltung vorgenommen, es können aber auch bei ganz -ungewöhnlichen Verdiensten der Verstorbenen besondere Volksbeschlüsse -eingeholt werden. - -=Besondere Anlässe zur Feier von Individuen.= Solche besondere Anlässe -können sein, der Amtsantritt von Lehrern, Ärzten, Beamten nach ihrem -Range, sowie die Jahresfeier oder der Gedenktag nach 10, 25 Jahren, -hierher gehören auch die Abiturientenfeiern und ihre Gedenktage für die -Studierenden höherer Schulen. - -=Anlässe allgemeiner Natur.= Solche Anlässe sind die Gründung von neuen -Gemeinden, Gebäuden und größerer Anstalten und die Gedenktage daran, -die Erlassung gewisser Gesetze usw. Ebenso eignen sich Frühjahrsanfang, -Sonnenwende und Ernte zur Veranstaltung von Festlichkeiten, so auch -Weihnacht und Ostern. Dabei kann der Aufwand naturgemäß bei ganz -besonderen Anlässen viel weiter gesteigert werden als unter den -heutigen Verhältnissen, nachdem der Reichtum und dessen Konzentrierung -weit über das hinausgeht, was in der heutigen Gesellschaftsordnung zu -erreichen möglich ist. Die Ansammlung von Menschen, Gefährten, Pferden -und anderen Tieren und die Vereinigung von Künstlern und Künstlerinnen -aller Art in Theatern und Arenen kann eine Ausdehnung annehmen, für die -uns heute jeder Maßstab fehlt. Der Staat braucht sich zu diesem Zweck -nichts zusammenzubetteln, da alle Güter im Staate und alle Personen ihm -zur Verfügung stehen. Er ordnet nur an, daß ein bestimmtes Festprogramm -durchgeführt werden soll und wer daran Anteil nehmen kann, nämlich -nach Kategorien und anderen allgemeinen Kennzeichen. Gegen solche -Feierlichkeiten kann das Herrlichste, was selbst Rom unter den Kaisern -gesehen hat, nicht in Betracht kommen. - -Zu mehr oder weniger großartigen Feierlichkeiten können die -Wettbewerbungen in allerlei Geschicklichkeiten und Kunstaufführungen -Anlaß geben, und diese Wettbewerbungen werden bezirksweise, unter -den Preisgekrönten der Bezirke nach Provinzen oder für das Reich -veranstaltet werden. - -So wie aber großartige Festlichkeiten aus allgemeinen Mitteln -veranstaltet werden können, ist es auch denkbar, daß der Aufwand von -einzelnen bestritten wird. Wenn jeder Bewohner des Staates für einen -solchen bestimmten Zweck eine Stunde seiner Muße und einen Teil der -auf ihn entfallenden Konsumtibilien widmet und an der Herstellung -herrlicher, dem Feste gewidmeten Gegenstände, nach einem vorher -angenommenen Plane im organischen Verbande mit anderen mitarbeitet, -so kann etwas Staunenerregendes geschaffen werden. Die Verfassung -und der Druck von Werken, die Schaffung von Kunstwerken aus kostbarem -Material, der Bau von Häusern und deren Ausstattung und Einrichtung -kann solchergestalt zustande kommen. So zur Feier des siebzigsten -Geburtstages eines Virchow oder Röntgen. - -Die allgemeinen Feierlichkeiten zeichnen sich dadurch aus, daß niemand -prinzipiell und gänzlich davon ausgeschlossen ist, wenn auch nur wenige -berechtigt sein mögen, ganz nach Belieben an =allen= Feierlichkeiten -teilzunehmen. Es gibt keine Unglücklichen -- es wäre denn jemand, der -harte Strafe verdient hätte -- der nur mit Neid sehen könnte, wenn -andere genießen, was er selbst ganz und gar entbehren muß. Heute ist -die Freude der einen der Kummer und die Entbehrung, ja der Hungertod -anderer. Das ist dem Kollektivismus fremd, der nur Zufriedene machen -will. Und die Abstufung in den Genüssen soll ihren Grund immer nur im -öffentlichen Interesse haben, so daß auch der an den Festlichkeiten -nicht Beteiligte einen indirekten Anteil an den Freuden anderer hat. -Die Bevorzugung der wenigen soll immer nur der Lohn von Diensten sein, -die allen geleistet wurden. - -Diese Festlichkeiten werden zur Veredlung des Volkes viel beitragen, -und sie werden höchstwahrscheinlich ein vortrefflicher Ersatz für -die in Verfall geratenden religiösen Kulte sein. Denn während der -religiöse Kult eine Gottheit verherrlicht, =werden die Festlichkeiten -des Kollektivstaats das Menschentum verherrlichen=. Sie werden dazu -anregen, dem wahrhaft Großen, den großen Geistern nachzustreben und in -ihnen die Menschheit zu verehren, aus der sie hervorgegangen. - - -11. Die Wettbewerbungen, Glücksspiele. - -Die olympischen Spiele der Griechen haben vielleicht das meiste zur -Entwicklung der griechischen Kultur beigetragen, und es würde zu den -Aufgaben des Kollektivstaates gehören, etwas Ähnliches ins Leben -zu rufen, nur viel großartiger, mannigfaltiger und in rascherer -Aufeinanderfolge. Die heutigen Großstaaten umfassen eine viel -zahlreichere Bevölkerung, sie sind viel reicher und der allgemeine -Fortschritt entwickelt sich viel rascher. Es würden auch die -Wettspiele und andere Wettbewerbungen spezialisiert und nicht, wie die -olympischen Spiele, geistige und körperliche Übungen zusammenfassen. -Auch würden sie nicht auf =einen= Ort beschränkt, sondern Bewerber, -Schiedsrichter und Schaulustige in den verschiedensten Städten des -Reiches versammeln. Die meisten Wettspiele würden allen Nationalitäten -des Reiches gemeinsam eröffnet werden, Poesie und Drama aber wohl -national geschieden. Endlich würden diese Wettbewerbungen abgestuft und -zuerst nach Kreisen, und für die Sieger in den einzelnen Kreisen die -Wettbewerbungen im ganzen Reiche veranstaltet. - -Der Preis, um den man sich bewerben würde, wäre nicht nur der Ruhm -des Sieges, sondern es könnten auch Prämien der verschiedensten Art -zuerkannt werden, zumeist bestehend im lebenslänglichen Gebrauche -gewisser kostbarer Güter. So die edelsten Pferde zu reiten für den -Sieger in der Reitkunst, die besten und berühmtesten Geigen zu spielen -für den Sieger im Violinspiel u. a. Die Sieger würden wieder auf Kosten -des Staates zu auswärtigen Veranstaltungen gleicher Art entsendet -werden, wie man auch die berühmtesten Ausländer einladen würde, an -unseren Wettbewerbungen teilzunehmen. - -Hier wäre noch zu bemerken, inwiefern man das Glücksspiel dulden -könnte, wenn die Spielwut nicht ganz erlöschen würde, obgleich der Sinn -des Kollektivismus ist, dem Zufall keinen Einfluß mehr zu gestatten. -Da der Staat alle Güter verwaltet, kann ohne seine Zustimmung nichts -mehr aufs Spiel gesetzt werden. Doch könnte man der Spielwut immerhin -kleine Zugeständnisse machen. Weshalb sollte man nicht, solange -noch Bier gebraut wird, einen Krug Bier ausspielen, oder gewisse -Reiseberechtigungen dem Sieger im Kartenspiel oder Domino oder Schach -überlassen dürfen? Das Schachspiel könnte sogar in die Reihe jener -Künste aufgenommen werden, die von Staats wegen zu fördern und für -welche Wettbewerbungen im größten Maßstab eröffnet werden sollten. Auch -ist der Sieg im Schachspiel nicht vom Zufall abhängig, daher es auf -staatliche Förderung Anspruch hat. - - -12. Nachweis der Ökonomie der in diesem Werk vorgeschlagenen -Organisation des Verteilungs-, Sanitäts- und Unterrichtsdienstes. - -Um zu beurteilen, ob der Kollektivstaat alles das für die Veredelung -des Volkes, für Sanität, Erziehung und Unterricht leisten könnte, was -in diesem Werke versprochen wird, ist es vor allem notwendig, daß man -prüft, ob es richtig ist, daß die Verteilung im Kollektivstaat mit so -geringem Arbeitsaufwand besorgt werden kann, wie hier behauptet wird. -Ich glaube, daß der Abschnitt VI, 8, über die Statistik, das ziemlich -klar macht. Wenn man nun aus unserer heutigen Statistik ermittelt, wie -viele Menschen heute mit dem Umsatze der Güter zu tun haben, so kann -man die Ersparnis an Arbeitskräften für den Güterumsatz ermitteln und -zeigen, daß dadurch viel mehr Personen für Sanität und Unterricht frei -werden, als der Staat braucht, um die von mir geforderten Leistungen zu -bestreiten. - -Es gibt verschiedene Berufe und soziale Schichten, in welchen die -Einführung des Kollektivismus mit Aufhebung des Handels und der -Geldwirtschaft eine Veränderung herbeiführen muß, indem manche Berufe, -so insbesondere der Handelsberuf und der durch den Handel verursachte -Arbeitsaufwand erlöschen, andere Berufe neu organisiert werden und -neue Funktionen übernehmen, daher die dafür gewidmeten Arbeitskräfte -vermehrt werden müssen. Andererseits werden auch neue Kategorien von -Arbeitsbefreiten geschaffen, die der Staat zu erhalten hat, wogegen -die heutige Gesellschaft die Besitzenden ohne Arbeitsgegenleistung -erhalten muß, welche, wenigstens der Mehrzahl nach, in der künftigen -Gesellschaftsordnung in einen der dann bestehenden Berufe eintreten -müssen. - -Was die Verschiebungen in den Berufen anbelangt, so handelt es sich -vorzüglich um den Handel, den öffentlichen Dienst, den Unterricht und -den Sanitätsdienst; was die Verschiebungen in den arbeitsbefreiten -(unproduktiven) Gesellschaftsschichten anbelangt, so handelt es sich -vorzüglich um eine menschenwürdige Altersversorgung in der künftigen -Gesellschaftsordnung einerseits und um Ausgedingler, Haus- und -Rentenbesitzer, Pensionäre und Almosenempfänger, Pfründner und andere -unproduktive Personen in der heutigen Gesellschaftsordnung. Von der -Altersversorgung wird in XI, 1, c, die Rede sein. - -Die Ermittlung der oben erwähnten Berufe wird nach den Volkszählungen -des Jahres 1900 in Österreich und Ungarn gemacht und es werden die -beiderseitigen Ziffern zusammengezogen, wobei die Ziffern für Ungarn -in manchen Punkten schätzungsweise mit der Hälfte der für Österreich -gültigen Ziffern eingestellt werden, weil die ungarische Statistik -manches, was in Österreich gesondert nachgewiesen wird, zusammenfaßt -und diese Veranschlagung jedenfalls der Wahrheit so nahe kommt, als man -für diese Arbeit braucht. - -Der Handel beschäftigte in beiden Reichsteilen, Österreich und Ungarn, - - zusammen 665 949 Pers. - der öffentliche Dienst XXVI, 1 u. 2 des 98 260 " - Volkszählungsoperates - der Unterricht XXVI, 3 " 141 681 " - der h. Sanitätsdienst XXVI, 4 " 18 812 " - der n. Sanitätsdienst XXVI, 5 " 26 625 " - Advokaten und Notariat XXVI, 8 " 21 439 " - ------------- - in Summa 972 766 Pers. - -Es handelt sich hier um einen Bevölkerungsstand von rund 45 Millionen -oder, nach der von mir angenommenen Verteilung der Bevölkerung um 45,000 -Gemeinden und Quartiere von durchschnittlich 1000 Bewohnern. - -Hierbei sind Post- und Telegraphenbetrieb, obwohl dabei große -Ersparnisse an Arbeit wahrscheinlich sind, dann einige kleine -Nebenberufe des Handels und selbstverständlich der Transport nicht in -Rechnung gestellt. - -Da nun in der künftigen Gesellschaftsordnung die Verteilung im -Großbetriebe von den Verwaltungsbeamten besorgt wird, welche den -Handelsstand entbehrlich machen, so beansprucht der Kollektivstaat für -jede Gemeinde und Quartier einen Verwaltungsbeamten, dem eventuell ein -Volksbeamter beigegeben wird, das macht für - - 45,000 Gemeinden und Quartiere 90 000 Personen - mit einem Zuschlage von 18 000 " - für übergeordnete Beamte und Zentralstellen, es - beansprucht ferner der Unterrichtsdienst je 8 - Volksschullehrer für 45,000 Gemeinden und Quartiere 360 000 " - mit einem Zuschlage von 180 000-A- " - für übergeordnete Organe des Unterrichts, der - Zentralstelle, der Hochschulen, Universität und - Akademie, ferner zwei Ärzte, einen männlichen und - einen weiblichen für je eine Gemeinde oder Quartier 90 000 " - mit einem Zuschlage von 18 000 " - für übergeordnete Organe des Sanitätsdienstes, - die Zentralstelle und Spezialärzte - ----------------- - in Summa 756 000 Personen - -oder rund um 220,000 Personen weniger als oben für das Jahr 1900 in -Österreich-Ungarn ausgewiesen wurde. Das ist wesentlich die Folge -davon, daß durch die Pauschalversorgung der Bevölkerung und den Umsatz -von Gemeinde zu Gemeinde, statt von Individuum zu Individuum, sowie -durch Naturalwirtschaft und durch Vereinheitlichung des Umsatzes in der -Hand des Staates dieselben ökonomischen Vorteile erzielt werden, wie -durch das Clearingsystem. - - -A- Hierbei ist auch die Vermehrung der Hochschulstudierenden - in Anschlag gebracht. - -Freilich wird das niedere Sanitätspersonal, dann das Erziehungspersonal -und der Unterricht in den vier ersten Volksschulklassen zu Lasten -des Haushaltungspersonals gerechnet, allein auch heute beteiligt sich -die Familie an der Krankenpflege, der Erziehung und dem Unterrichte -und es wird das in Zukunft mit weit größerem Erfolge geschehen, -weil die Bildung der weiblichen Bevölkerung im Kollektivstaate eine -weit größere ist. Außerdem wird erwartet, daß die Zentralisation der -hauswirtschaftlichen Arbeiten eine Ersparnis an Arbeitskräften mit sich -bringen wird, wodurch der Mehraufwand an Erziehungs- und Krankenpflege -wettgemacht werden dürfte. - -Eine Vergleichung zeigt also, daß die Verteilung (der Gütertausch), -der Unterricht und das Sanitätswesen zusammengenommen eine geringere -Belastung der Volkswirtschaft beanspruchen wird, als in der heutigen -Gesellschaftsordnung, obgleich der Kollektivismus in allen diesen -Zweigen der Volkswirtschaft mindestens dreimal mehr leistet, als -die heutige Gesellschaft. Das gilt nicht nur vom Unterrichts- und -Sanitätsdienst, sondern auch von der Güter- und Arbeitsverteilung, -welche zugleich -- =ohne Verwaltungskosten= -- die beste Versicherung -für alle ökonomischen Wechselfälle des Lebens bietet. Nicht -nur wird der Sanitätsdienst die Aufgabe haben, den allgemeinen -Gesundheitszustand zu heben, sondern auch auf die Verteilung der -Arbeit, die Berufswahl und die Erteilung der Ehebewilligung und im -weiteren auf die psychische und physische Veredelung des Volkes Einfluß -zu nehmen. - -Die heutige Güterteilung wirkt zugleich indirekt als Zwang zur Arbeit. -Diese Art des Zwanges wird aber im Kollektivismus durch direkten Zwang -ersetzt, wie er beim Militärdienst geübt wird. - -Mit dem Hinwegfalle der Arbeits=kräfte=, welche heute im Handel -verbraucht werden, welche Ersparung allein als Handelsunkosten -veranschlagt wurden, wird in Zukunft auch ein großer sachlicher -Aufwand in Ersparung gebracht, den der Handel verursacht, ein Aufwand -für Geschäftsräume, für Lagerräume, für Annoncen und Reisen, mit -einem Worte alles, was in den Betriebsrechnungen der Kaufleute außer -dem Salär an Spesen verrechnet wird. Ferner gehört zum Aufwande -für die Verteilung durch Kauf und Verkauf auch mancherlei Arbeit -der selbständigen Unternehmer, nämlich der Bauern und Gewerbsleute --- in Österreich mehr als 4 Millionen Personen -- welche in der -Berufsstatistik nicht als Handelsarbeit ausgewiesen wird, so das -Marktfahren, die Gänge zu Behörden und Anwälten, das Handeln und -Schachern beim Verkauf von Kälbern und Schweinen, beim Ankauf von -Saatgut, beim Verkauf von Kartoffeln, Ackerfrüchten und Milchprodukten, -von Eiern, beim Ankauf von Werkzeugen und beim Anwerben von -Dienstleuten. - -Ferner sind noch viele Gewerbe in unserer heutigen Gesellschaftsordnung -mindestens zur Hälfte als Handelsgewerbe zu rechnen und zwar: -Fleischer, Selcher, Bäcker, Zuckerbäcker, Kaffeesieder, Ausschänker, -Gasthöfe und Wirte. Von den in diesen Gewerben Tätigen wurden 1900 in -Österreich-Ungarn 317 731 gezählt und zwar mit Ausschluß der Arbeiter -in den vier ersten Gewerben, daher reichlich die Hälfte, nämlich 159,000 -auf Verteilungsarbeit (in den Gast- und Kaffeehäusern Bedienung) zu -rechnen sind. - -Mit dem Handel entfällt auch die Handelsarbeit der Kundschaft, welche -statistisch nicht ausgewiesen werden kann. Da die Kundschaft zum -Kaufmann geht, der sie erwartet,[39] die Kundschaft auch im Laden die -Abfertigung abwarten muß, kann man wohl annehmen, daß der Zeitverlust -und Arbeitsaufwand der Kundschaft im Handel ein und einhalbmal soviel -beträgt, wie der Arbeitsaufwand der im Handelsberufe tätigen Personen -oder die Jahresarbeit von - - 998 924 Personen - dazu Tätige im Handelsberufe 665 949 " - ------------------ - Gesamthandelsarbeit 1 664 883 Personen - -nahezu 1,7 Millionen Menschen von 45.000,000 Einwohnern. - - [39] Das gilt nur nicht vom Hausierhandel, der aber nur den - 24. Teil der im Handelsberufe beschäftigten Personen in - Anspruch nimmt. - -So wie der Geldhandel eine vielfach vollkommenere Güterumsatzform -ist, als der Tauschhandel, zwischen einzelnen Personen, so ist der -Güterumsatz im Kollektivstaat vielmal vollkommener und ökonomischer -als der Geldhandel. Ebenso ist der Familienhaushalt eine durchaus -rückständige Wirtschaftsform für das Volk. Er ermangelt aller Vorteile -des Großbetriebes, dessen Vorzüge in den vorstehenden Berechnungen zum -Ausdruck kommen. Wenn man die Familie als Einheit für die Wirtschaft -betrachtet, so findet heute der Austausch zwischen 6 bis 8 Millionen -solcher Einheiten in Österreich-Ungarn statt, während diese Einheiten -im Kollektivstaate auf 45,000 vermindert würden. Aber abgesehen von der -Arbeitsverminderung, welche das zur Folge hat, ist ja unser Gütertausch -auch die Quelle so zahlreicher Zufälle, die das menschliche Leben zu -einem tollen Spiel machen. - -In Vorstehendem ist der Nachweis erbracht worden, daß die Ersetzung -des Privateigentums durch Kollektiveigentum, die direkte Verteilung -der Güter an Stelle der Verteilung durch Kauf und Verkauf, somit -die absolute Naturalwirtschaft an Stelle der Geldherrschaft, eine so -außerordentliche Vereinfachung des Güterumsatzes zur Folge hat, daß -die dadurch bedingte Arbeitsersparnis hinreicht, Unermeßliches für -die Vervollkommnung der Rasse und die Erziehung und Unterricht, für -Kunst und Wissenschaft zu tun. Außerdem bewirkt der Kollektivismus -eine Totalversicherung jedes einzelnen Individuums, er macht alle -jene Verbrechen unmöglich, deren Triebfeder der Eigennutz ist und -er begründet eine Ära des inneren Friedens und bereitet damit den -internationalen Frieden vor. - -Unerledigt bleibt die Frage, ob die Volkswirtschaft die Arbeit von -vier Jahrgängen, vom 14. bis zum 18. Lebensjahre entbehren kann, um -den Unterricht bis zum vollendeten 18. Lebensjahre auszudehnen. Es -ist zwar nicht zu bezweifeln, daß zu frühe körperliche Anstrengung -den Arbeitswert der Menschen für das ganze Leben herabsetzt und daß -eine intensivere geistige Ausbildung den künftigen Arbeitswert der -Individuen erhöht, aber einen ziffernmäßigen Nachweis, daß diese -Einrichtung ohne Schaden für die Gesamtproduktion verwirklicht -werden kann, ist nicht zu erbringen. Man wird darum auch nicht von -allem Anfang die ganze Jugend bis zum vollendeten 18. Lebensjahre in -der Schule halten und von der physischen Arbeit befreien, sondern -nur die intelligentesten Schüler des 8. Schuljahres in die vier -letzten Jahrgänge aufsteigen lassen, die minderbefähigten aber -zur Arbeit einstellen, wobei man aber dafür sorgen wird, ihnen nur -die leichtesten Arbeiten zuzuweisen, welche der Entwicklung nicht -hinderlich sind. In einer gut organisierten zentralisierten Produktion -können übrigens viele Kräfte zur Arbeit verwendet werden, welche -heute brach liegen müssen, und darum wird es möglich sein, auch schon -zweijährige Kinder zu gewissen Arbeiten zu verwenden, welche Kraft -und Geschicklichkeit nur steigern. So gehe ich von der Meinung aus, -daß Erziehung und Unterricht nicht darunter leiden würden, wenn die -Kinder und jungen Leute schon vom dritten Jahr an 2-3 Stunden des -Tages produktiv beschäftigt würden und auch dadurch würde ein Teil -des Arbeitsverlustes hereingebracht werden, der mit der Ausdehnung des -Volksschulunterrichtes auf zwölf Jahre verbunden wäre. - - - - -IX. - -Die Befriedigung der wichtigsten Bedürfnisse des Volkes im -Kollektivstaate. - - -1. Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses. - -Wie hätte der Kollektivstaat die Wohnungsbauten einzurichten und für -das Wohnungsbedürfnis des Volkes zu sorgen? - -Ich bespreche hier nur das Bedürfnis des Volkes, der Masse, nicht -derjenigen, die durch höhere Verdienste Ansprüche auf Bevorzugung -haben. Ich spreche von dem Bedürfnisse des geringsten Arbeiters und der -Arbeitsunfähigen, vom Wohnungsminimum in den Urgemeinden. - -Ich befürworte vor allen die völlige Trennung der Wirtschafts- und -Industriebauten von den eigentlichen Wohnbauten, es sollen nicht -nur mit den einzelnen Wohnungen, von Küchen und von den Räumen für -die Wäsche und andere hauswirtschaftliche Arbeiten abgesehen, keine -Werkstätten in unmittelbarer Verbindung stehen, sondern auch in der -unmittelbaren Nähe der Wohnungsansiedlungen soll es weder Werkstätten, -noch Stallungen, Scheunen oder Fabriken geben und ich halte es nicht -für nötig, dafür Gründe anzuführen. Die Wohnungsansiedlung soll nur -der Ruhe, dem Genusse und der Geselligkeit dienen und auch danach -eingerichtet sein. - -Doch ist vor allem eine Frage zu lösen, soll das Küchenwesen und -die hauswirtschaftliche Arbeit zentralisiert, oder nach Familien -eingerichtet sein? Ich bin für ersteres und zwar aus folgenden Gründen. -Die Großwirtschaft ist auch hier außerordentlich ökonomisch und sie -ist nirgends so ökonomisch, als gerade in der Hauswirtschaft. Die -Hauswirtschaft mit der Speisenbereitung, Wäsche, Beheizung, Reinhaltung -und Lüftung der Wohnungen und der Ausbesserung von Kleidern, Wäsche und -Utensilien, dann Kinder- und Krankenpflege und häuslichen Erziehung -beansprucht reichlich ein Fünftel der ganzen nationalen Arbeit. Es -handelt sich also um einen Produktionszweig, der in Österreich-Ungarn -etwa 4,5 Millionen Menschen beschäftigt. Die Zentralisierung dieser -Arbeiten nach Gemeinden von beiläufig 1000 Köpfen gestattet bei -besserer Herstellung dieser Arbeiten eine Ersparnis von reichlich 1-1,5 -Millionen Arbeitskräften, welche der Erziehung und dem Unterrichte -zu statten käme und unsere Frauen vor Überbürdung schützen würde. -Die durch Zentralisierung der hauswirtschaftlichen Arbeiten erzielte -Ökonomie hat in Kopenhagen zur Errichtung von Einküchenhäusern geführt, -welche Küche und Bedienung für 25 Familien liefern, aber nicht für -gemeinsame Speisesäle eingerichtet sind. Diese Absonderung der Familien -vermindert zwar den ökonomischen Erfolg, ist aber beim beständigen -Wechsel in der heutigen Gesellschaftsordnung ebenso notwendig, wie -sie in der kollektivistischen Gemeinde unökonomisch, und den sozialen -Zwecken hinderlich wäre. - -Dagegen nun steht die vermeintliche Forderung des Gemütes und die -Voraussetzung, daß nur liebende Frauen das alles mit gewissenhafter -Aufopferung und so besorgen, daß die Familienglieder befriedigt werden. -Nun meine ich zwar, daß die Familie ihre abgeschlossene Wohnung -braucht, wo sie ungestört die wahren Freuden des Familienlebens -genießen kann, daß aber mehr die gesellige Vereinigung der Eltern -mit den Kindern, als die persönliche Bemühung der Hausfrau mit allen -Einzelheiten der Familienwirtschaft das Familienglück ausmacht und -daß vielmehr gerade die Belastung der Hausfrau mit so vielerlei -Geschäften, welchen allen sie unmöglich gleichmäßig gewachsen sein -kann, die Quelle zahlreicher Mißhelligkeiten ist, und daß gerade -deshalb so wenig wahres Familienglück angetroffen wird. Am ehesten -noch allerdings bei Arbeitern, wo diese Geschäfte niemals gut besorgt -werden, noch gut besorgt werden können; bei ihnen nur, weil elende -Menschen nach jedem Strohhalm von Glück haschen und gemeinsames Leid -die Menschen verträglich macht. Wo nur etwas Wohlhabenheit ist, werden -ohnehin fremde Hilfskräfte gedungen, ohne dadurch das Familienglück -immer zu gefährden. Und auch bei zentralisierter Wirtschaft ist ja die -Familienmutter in der Lage, fehlendes zu ergänzen und auf Erfüllung -der dem Staate obliegenden Verpflichtungen zu dringen und so sich ihrer -Kinder anzunehmen, für sie besorgt zu sein. - -Ein weiterer Grund, der für Gemeindewirtschaft spricht, ist die -Forderung einer über die Grenzen der Familie erweiterten Geselligkeit, -die dort vernünftig gepflegt werden kann, während sie heute gerade -auf Kosten der Kinder geht. Wir finden, daß zumeist der Hausvater ins -Wirtshaus, die Hausfrau auf Besuch geht, ja auch das Dienstmädchen -mit dem Liebhaber läuft und die Kinder, die man nicht mitnehmen -kann, entweder eingesperrt werden oder auf der Gasse tausend Gefahren -ausgesetzt sind. - -Diesen Übelständen und den Rechtsverletzungen des Mannes der Frau und -der Eltern den Kindern gegenüber kann der kollektivistische Staat ein -Ende bereiten, aber nur dann, wenn er es vermag, die Familienglieder -nötigenfalls auch zu trennen und ihnen gesonderte Unterkunft zu -verschaffen, in gewöhnlichen Zeiten aber die Eltern, wenn sie abwesend -sein müssen, zu ersetzen. Das wird durch die Zentralstation der -Wohnungen in großen Gebäuden sehr erleichtert, würde aber durch das -Villensystem erschwert werden. In diesen zentralisierten Ansiedlungen -ergibt sich zwischen allen Gliedern der Gemeinde, den Männern, den -Frauen und den Kindern, eine umfassende Geselligkeit, welche den -Frieden fördert, die Anschauungen bereichert, die Intelligenz erhöht. - -Doch soll auf diesem Gebiete kein Doktrinarismus aufkommen und da -man mit dem Kollektivismus nur im kleinen beginnen kann, wird das -Experiment uns belehren, ob der gemeindeweise Haushalt den Bedürfnissen -der Menschen mehr entspricht und so wird die Erfahrung den Ausschlag -geben. - -Nehmen wir an, die Entscheidung wäre für den gemeindeweisen -Hauswirtschaftsbetrieb gefallen, so wäre für folgende Bedürfnisse -zu sorgen. Jedem muß es möglich sein, sich abzuschließen, oder sich -anderen im engeren Kreise anzuschließen oder endlich der Geselligkeit -im Großen zu erfreuen. Es muß also jedem, der es wünscht, ein -genügender, abgesonderter Schlaf- und Wohnraum zugewiesen werden, es -muß aber auch die Gelegenheit geboten sein, mehrere Schlafräume zu -einem Ganzen zu gemeinschaftlicher Benutzung zu vereinen und außer -diesen Schlafräumen muß es große Säle und kleinere Säle geben, in -welchen sich die ganze Gemeinde und kleinere Gesellschaften versammeln -können. Die Mahlzeiten sollen die Glieder der Gemeinde so viel als -möglich gemeinsam einnehmen, es soll aber auch gestattet sein, sich -das Essen auf seine Stube bringen zu lassen, damit die Gemeinsamkeit -nicht zur Last wird. Anfangs werden sich aus diesem Zusammenleben -vielleicht manche ärgerliche Streitigkeiten ergeben, aber je weiter -die Volkserziehung schreitet, je mehr sich die Staatsangehörigen in -die Verhältnisse einleben und wenn einmal die Zeiten kommen, wo die -überwiegende Mehrzahl der Gemeindegenossen von Jugend auf zusammen -aufgewachsen ist, endlich, wenn es der kollektivistische Charakter -des Staates ermöglicht, störende Elemente, die sich in einer Gemeinde -nicht einzufügen vermögen, in andere Gemeinden zu versetzen, wird -ein herzliches Einvernehmen der Bewohner einer Gemeinde gewiß -sich entwickeln. Man denke an die kameradschaftliche Gesinnung -der Mannschaft eines Regiments, der Offiziere einer Garnison und -daran, daß man im ältesten Griechenland so hohen Wert auf gemeinsame -Mahlzeiten legte. Doch wird hier vieles abhängen von dem Takt und der -Menschenkenntnis der Verwaltungsbeamten. - -Diesen Grundsätzen würde nun ein Bau entsprechen, der nach VI, 1, a, -wie unten beschrieben eingerichtet wäre. - -Der Mittelbau, ein Oblongum von etwa 1600 Quadratmeter Baufläche, würde -als Gemeindepalast dienen, im Untergeschoß Küche, Keller, Wäscherei, -geschlossene Bäder, Turnsaal und Spielräume, im Hochparterre einen -den ganzen Raum umfassenden Speisesaal, im oberen Stockwerke den -Bibliotheks- und Versammlungssaal, das Amtszimmer, die Schulzimmer, -Spielsäle und Vorratsräume enthalten. Im Bibliothekssaale könnten -auch Sonntags religiöse Feierlichkeiten abgehalten werden, wenn das -Vorurteil unterdrückt sein wird, daß solche Feierlichkeiten nur in -geweihten Räumen stattfinden dürfen. Dieser Bau würde von einem Garten -umschlossen, an den vier Wohnbauten in Kreuzform mit Erdgeschoß und -drei Stockwerken grenzen würden. Jedes dieser vier Häuser würde 256 -Wohnungseinheiten enthalten und nach Bedarf in einfenstrige Stuben -und größere, gemeinsame Gemächer eingeteilt werden. Diese 1024 -Wohnungseinheiten wären ausreichend für Beherbergung von 1000 ständigen -oder vorübergehenden Bewohnern, für Kranken- und Fremdenzimmer und für -Einräumung größerer Wohnungen für die Verwaltungsbeamten, Ärzte und -Lehrer und einige sonstige bevorzugte Gemeindeglieder. Dabei ist zu -beachten, daß die erstjährigen Kinder wohl kein eigenes Schlafzimmer -zugewiesen erhielten, daß auch einige Erwachsene, welche einem -Turnus nach mit Schmutzarbeiten befaßt wären, aus dem Gemeindeleben -auszuscheiden hätten und im Wirtschaftsgebäude zu schlafen hätten, -wodurch Räume in den Schlafgebäuden frei würden. - -Eine solche Gemeinde besäße Bäder jeder Art, im Freien, im Souterrain -und in allen Stockwerken, so daß für Reinlichkeit und Gesundheit auf -das beste gesorgt wäre. - -Wollte man familienweise für die Wohnung sorgen, mit den beliebten -»Familienhäusern«, so wäre das nicht nur ungesellig, sondern man müßte -etwa zweihundert solcher Häuschen bauen. Und wollte man drei oder -vier Familien zusammensperren, also bloß 50 Häuser für 1000 Bewohner -bauen, so wären Kosten und Übelstände immer noch groß, und der Vorteil -bestünde nur darin, daß man sich der Zentralisation genähert hätte. -Die Familienhäuser würden ein weit größeres Baukapital und einen vier- -bis fünffach größeren Raum erfordern, eine Menge Straßen und Wege -beanspruchen und einen weit umfassenderen Dienst für Beseitigung der -Fäkalien und Straßenreinigung notwendig machen, und man kann sagen, daß -durch Annahme dieses Systems der Aufwand für Wohnungsbauten mindestens -um ein Drittel erhöht würde[40], bei gleicher Bequemlichkeit. -Vorteile und Nachteile gegeneinander gehalten, wird der überwiegende -Vorteil auf Seite entsprechend zentralisierter Wohnungsansiedlungen -sein. Zudem erschwert die Zerstreuung der Gemeindeinsassen die -Aufsicht[41], die Verteilung, die Unterdrückung des Vagabundenwesens -und die Evidenthaltung der Bevölkerung und ihrer Verteilung, die -nach VI, 8, eine wesentliche Grundlage einer vollkommenen Versorgung -aller Volksgenossen bildet. Es würde von allem, was ich mir vom -Kollektivismus verspreche, kaum etwas realisiert werden können, wenn -man das Villensystem annähme.[42] - - [40] Die Familienhäuser bieten auch den Nachteil, daß sie sich - den wechselnden Bedürfnissen der Familien nicht anpassen - können. Eine Familie kann kinderlos bleiben oder rasch - sich vermehren, dann wieder rasch abnehmen. In einem - kollektivistischen Schlafhause ist es möglich, sich dem - jederzeit anzupassen. - - [41] Wenn ich von Aufsicht rede, die anarchistisch veranlagte - Arbeiter nicht dulden wollen, so bemerke ich nur, daß - Kinder den Eltern und Frauen den Männern viel mehr - preisgegeben sind, wenn sie in abgesonderten Häusern - wohnen, und daß gerade der Kollektivbürger ein Interesse - daran hat, daß sich niemand der Arbeit entzieht und - niemand sich aneignet, was ihm nicht gebührt. Übrigens ist - der Kollektivismus der Gegensatz des Anarchismus. - - [42] Man hat im Interesse der Arbeiter in England der - Wohnungsfrage die Aufmerksamkeit zugewendet und in Port - Sunlight bei Liverpool und in Ansiedlungen bei Birmingham - Musterhäuser nach dem System der Wohnungshäuser erbaut, - die vermietet werden. Man rühmt besonders Port Sunlight - und behauptet, daß dort die Sterblichkeit auf 9/1000 - (!) gesunken sei. Das wird wohl noch andere Gründe als - bloß das verbesserte Wohnungswesen haben. Doch sind das - Privatunternehmungen, sie vermehren nur die Städte und - erschweren die Einrichtung für den kollektivistischen - Betrieb. - -Um die Ansiedlung recht wohnlich zu machen, würde man die Gebäude durch -gedeckte Gänge und Veranden verbinden und, wenn möglich, schattige Wege -in den nahen Wald führen. - -Da drei Viertel der Fenster der Wohnstuben ins Freie führen, das letzte -Viertel aber nach den Gärten sähe, welche zwischen den Wohnhäusern und -dem Gemeindepalaste liegen, so wäre genügend für gute Luft gesorgt. -Ganz besondere Rücksicht wäre auf Vermeidung der Gefährdung der -Bevölkerung durch Elementarereignisse zu nehmen. Wo Überschwemmungen, -Vulkaneruptionen, Lawinen oder Erdbeben zu fürchten sind, sind keine -Wohnungsansiedlungen anzulegen und die etwa vorhandenen abzutragen. -Gegen Feuer hat man nicht nur alle Löschgeräte bereit zu halten, -sondern auch alle Hilfsmittel zur Flüchtung der Bewohner aus allen -Teilen der bewohnten Gebäude. Es wird sich empfehlen, von Zeit zu -Zeit Übungen für die Flüchtung der Insassen aus brennenden Gebäuden zu -veranstalten. - -Die Vermeidung der Anlage von Wohnbauten an Orten, welche -erfahrungsgemäß sehr gefährdet sind, ist im Kollektivstaate sehr leicht -ausführbar; in unserer Gesellschaftsordnung werden sich immer einzelne -in der Zwangslage befinden, sich an solchen Orten anzusiedeln, weil der -andere Boden besetzt ist. Der Kollektivismus kann also auch nach dieser -Richtung einem Bedürfnisse der allgemeinen Wohlfahrt besser genügen, -als unsere Gesellschaftsordnung. Laibach, St. Pierre und andere -Beispiele lehren, wie auch gegen solche Schrecknisse der Kollektivismus -allein abhelfen kann. Es hätte die Bevölkerung von Martinique gerettet -werden können, wenn Amerika kollektivistisch organisiert wäre. - -Innerhalb gewisser Grenzen wird der Staat in jeder Gemeinde für -Ästhetik und Annehmlichkeiten im Wohnwesen sorgen. Allein über diese -Grenzen hinaus wird es den Gemeindemitgliedern überlassen bleiben, -größere Annehmlichkeiten zu schaffen. Die jährlich zur Verteilung -gelangenden Konsumtibilien, VIII, 5, und die freie Zeit der Bewohner -können dazu verwendet werden, um Wege und Aussichtswarten anzulegen, -die Wohnräume zu schmücken, die Gartenanlagen zu zieren u. dergl., -und nur insofern dadurch Flächen dem Anbau entzogen würden, wird die -Zustimmung der Staatsverwaltung erforderlich sein. Ja, wenn sich unter -den Gemeindegenossen wirkliche Künstler befinden, kann sich eine kleine -Gemeinde im Laufe von Dezennien in ein kleines Athen verwandeln, der -große Saal mit herrlichen Bildwerken und Gemälden geschmückt werden, -die Eingangspforten mit Bronzen und Holzplastik ausgestattet, die -Außenwände der Gebäude mit architektonischem Schmucke verkleidet, das -Hausinventar veredelt werden, und so ist es möglich, daß die Gemeinden -sich individualisieren und eine Art von Gemeindeeigentum geschaffen -wird. Dadurch kann sich eine Gemeinde auch Anspruch auf Privilegien -erwerben, so daß ihr ein Einspruchsrecht eingeräumt wird gegen Aufnahme -neuer Gemeindegenossen, welche des Vorzuges, solche Herrlichkeiten zu -genießen, unwürdig erscheinen. - -Für die Ausstattung der Wohnräume und des Gemeindepalastes, soweit -sie vom Staate bestritten wird, wird ein allgemeines System anzunehmen -sein, um bei tunlichster Mannigfaltigkeit eine gleichmäßige Verteilung -des staatlichen Aufwandes zu sichern. Bei der Neuanlage von Gemeinden -nach VI, 2, _Alinea_: »Da bei einer Bevölkerung«, kann den künftigen -Bewohnern, insofern sie bekannt sind, eine gewisse Wahl eingeräumt -werden, vorausgesetzt, daß die zugestandene Menge an Material und -Arbeit nicht überschritten wird. So mögen die einen den Wunsch -haben, daß große Glashäuser angelegt werden, andere wünschen, einen -Wintergarten zu besitzen oder ein großes Atelier für Photographie, -selbst eine kleine Sternwarte oder eine ausgedehnte Telephonanlage im -Innern der Gemeinde zur Verbindung aller Räume zu erlangen. Was hier -vom Wohnungsschmucke gesagt wurde, hat auch Anwendung auf das Mobiliar -der Wohnhäuser und des Gemeindepalastes und alles, was zum Betriebe -der Hauswirtschaft erforderlich ist. Auch im Mobiliar ist in einem -Kollektivstaate eine viel größere Mannigfaltigkeit als in unseren -Verhältnissen möglich, weil selbst bei der Annahme vieler Tausender von -Formen doch jedes Erzeugnis zum Massenartikel wird. Nur Luxusformen -bleiben von der Verallgemeinerung ausgeschlossen und bevorzugten -Ortschaften und bevorzugten Bevölkerungsschichten[43] vorbehalten. - - [43] Wenn von Bevölkerungsschichten die Rede ist, so sind - darunter weder Stände noch Klassen verstanden, weil es - sich weder um erbliche noch um eigenmächtig erkämpfte - Vorteile handelt, sie vielmehr im einzelnen nach dem - Volkswillen einzelnen Personen zugestanden werden und sie - in jedem Augenblick auf dem Volkswillen beruhen, der sie - jederzeit entziehen kann. - -Diese zentralisierten Wohnansiedlungen entsprechen am besten dem -Charakter des Kollektivismus. Die Lage der großen Mehrzahl des Volkes -ist von der Art, daß die Familien das häusliche Glück nur während -weniger Stunden genießen können, Arbeit und Beruf halten die Eltern den -größten Teil des Tages hindurch von den Kindern fern, bis auch diese -wieder, durch ihren Beruf in Anspruch genommen, das Haus verlassen -müssen oder wenigstens nur für wenige Stunden dahin zurückkehren. -Selbst wo die Mutter den Tag über zu Hause bleiben kann, wird sie von -vielerlei Geschäften in Anspruch genommen, und sie kann den Kindern -eine ununterbrochene Aufmerksamkeit nicht zuwenden. Das Ideal des -Familienlebens, das man den Arbeitern so verlockend darstellt, damit -sie dessen Verlust durch den Sozialismus für ein großes Unglück -halten sollen, besteht nicht. Sie müssen ihre Kinder in die Krippen, -Spielschulen und Schulen senden und sich so auch heute von ihnen -trennen. Aber diese Anstalten gewähren nur einen ungenügenden Ersatz -der häuslichen Erziehung, weil sie oft weit entlegen und die den -Kindern gewidmeten Stunden beschränkt sind. Auch spielen in allen -solchen Dingen die Entfernungen eine große Rolle. In großen Städten -sind selbst Familien des höheren Mittelstandes in Verlegenheit, wenn -zwei oder drei Kinder in verschiedene Schulen geschickt werden müssen. -In einer zentralisierten Gemeinde können die Kinder auf dem kurzen Wege -zur Schule im Gemeindepalast vom Fenster der Wohnung aus überwacht oder -von den Erziehungspersonen abgeholt und geleitet werden. - -Da unser Erziehungswesen viele Mängel hat, die von Plato aufgestellte -Forderung, alle Kinder von den Eltern zu trennen, ebenso absurd ist, -wie es verwerflich wäre, verwahrloste, verwaiste oder mißhandelte -Kinder nicht zu schützen, so sind in VII, 2, und 5, a und b jene -Grundsätze dargestellt, welche eine Verbindung der Familienerziehung -mit der staatlichen Erziehung ermöglichen und im Kollektivstaat leicht -durchzuführen sind. Diesem Bedürfnisse, den Eltern für die Zeit ihrer -berufsmäßigen Arbeit die Sorge für die Kinder abzunehmen und einen -Erziehungseinfluß von Staats wegen auszuüben, entspricht der hier -dargestellte Charakter der Ansiedlungen. - -Derselbe ermöglicht ferner die arbeitsteilige Besorgung -der hauswirtschaftlichen Geschäfte, die Zentralisierung der -Speisenbereitung und die ausgiebigste Ausnützung aller Räumlichkeiten. -Er erleichtert demnach auch die Verwaltung und jene Überwachung der -Bevölkerung, welche alle Vagabundage unmöglich macht. In dieser -Ansiedlung können gemeinsame Beratungen und Abstimmungen leicht -vorgenommen werden, und ohne die Absonderung unmöglich zu machen, wird -doch der staatliche Einfluß dahin geltend gemacht, die Geselligkeit im -weitesten Sinne zu fördern, welche das erreichen soll, was Plato für -die höchste Aufgabe der Staatskunst erklärt, alle Teile des Volkes wie -in ein »königliches Geflecht« zu vereinigen. - -Die vielfach gegliederten, zum Teil allen Bewohnern und Fremden -zugänglichen, zum Teil nach Bedarf und in einem Turnus einzelnen -Schichten, Geschlechtern und Altersstufen geöffneten Räume lassen jede -einzelne Ansiedlung als eine der großen Toynbeehalls erscheinen, welche -wegen des zwanglosen Zusammenkommens der Arbeiterfamilien mit den -Gebildeten sich in England und Amerika so besonders kulturförderlich -erwiesen haben und als Fortsetzung des Volksunterrichtes -anzusehen sind. So werden auch die in allen Gemeinden periodisch -veranstalteten Vorträge populär wissenschaftlicher Art die Zwecke -der _university-extension_ im umfassendsten Maßstabe anstreben und in -weit vollkommener Art das leisten, was die Bemühungen der Gebildeten -in den Landgemeinden Dänemarks bereits heute leisten. Aber auch der -Besuch dieser Vorträge würde viel schwächer sein, wenn jede Familie ihr -abgesondertes Wohnhaus hätte. - -=Reinigung, Beheizung, Ventilation, Beleuchtung.= Auch für viele -hauswirtschaftliche Arbeiten und hygienische Anstalten ist die -Zentralisierung der Wohnbauten sehr förderlich. Das gilt nicht nur -für die Speisenbereitung, sondern auch für die Reinigung der Wäsche, -der Kleider, der Wohnungen und des Mobiliars. Der Vakuum Cleaner, der -jede Art von Reinigung von Staub und Bakterien auf das gründlichste -besorgt, kann nicht für kleine Familien angeschafft werden, wohl aber -für eine Ansiedlung, wie sie hier geschildert wird. Dadurch wird die -Wohltat einer vollkommenen Reinigung der Zimmer, Betten, Kleider, Möbel -und Teppiche auch dem Geringsten gesichert. Wenn die Wohnungsbauten -danach eingerichtet sind, kann die Versorgung mit gut gereinigter, -entsprechend angefeuchteter warmer oder abgekühlter Luft durch in der -Tiefe angelegte Heizvorrichtungen oder in den Dachräumen untergebrachte -Kühlanlagen mit geringen Kosten besorgt werden, vorausgesetzt, daß die -Wohnungsbauten nicht zerstreut, sondern zentralisiert erbaut werden und -schon die ursprüngliche Bauanlage dafür eingerichtet ist. - -Was die größeren Ansiedlungen anbelangt, so ist folgendes zu bemerken. - -Schon die Anlage eines Bezirksvorortes wird sich einigermaßen von der -der Urgemeinden unterscheiden. Denn es wird dort nicht nur ein größerer -Stab von Beamten, Lehrern und Ärzten unterzubringen sein, sondern auch -irgend eine Schule höherer Ordnung, ein ausgedehnterer gewerblicher -Betrieb, eine größere Zentralbibliothek für den ganzen Bezirk, eine -größere Sammlung, eine Druckerei zur Herausgabe des Bezirksblattes, und -es soll sich die Möglichkeit bieten, wenigstens einen namhaften Teil -der stimmberechtigten Bevölkerung des ganzen Bezirkes von beiläufig -12,000 Personen in einem großen Saale zu versammeln. Auch eine Bühne -einfacherer Art für kleinere Produktionen und Dilettantenvorstellungen -wird man im Bezirksvororte errichten wollen. Endlich wird zwar der -größte Teil der arbeitsbefreiten Bevölkerung aus den Arbeiterschichten -in den Urgemeinden unterzubringen sein, aber die arbeitsbefreiten -Alten werden doch nach den Bezirksvororten streben, weil dort mehr -Geselligkeit, geistige Anregung und Gelegenheit zu freiem Schaffen -zu finden ist. Trotzdem wird man trachten, den Bevölkerungsstand -eines Bezirksvorortes nicht über 1500 Köpfe anwachsen zu lassen und -in sinngemäßer Anpassung der Grundanlage einer Gemeinde unterster -Ordnung wird man also etwa sechs Wohnhäuser und zwei Paläste -anordnen. Jedenfalls werden in den Bezirksvorort Anstalten für solche -Heilmethoden verlegt werden, die größere bauliche Anlagen voraussetzen, -sowie auch Isolierspitäler, wenn sie in so großer Zahl nötig sein -sollten. Schon die Bezirksvororte werden als Knotenpunkte nicht nur -des Güterumsatzes, sondern auch des Reiseverkehrs dienen, welchem in -ausgedehnterem Maße die Kreisstädte dienen. - -In den Kreisstädten werden die Kreisbehörden ihren Sitz haben, -Fremdenhäuser erbaut werden, Prachttheater erstehen und ausgedehnte -Bibliotheken, Sammlungen, Luxusbäder, dann Speziallehranstalten -eingerichtet und solche Industrien betrieben werden, die eine größere -Arbeiterzahl bedingen. Doch soll man auch diese Städte nicht über 4000 -oder 5000 Bewohner, die Reisenden inbegriffen, anwachsen lassen, weil -die Bevölkerung nur so weit in einzelnen Orten angehäuft werden soll, -als es durch bestimmte volkswirtschaftliche Zwecke unbedingt geboten -erscheint. Für einen Staat von 45 Millionen Einwohnern, wie Österreich, -werden 2000 bis 2200 Bezirksvororte und 100 bis 120 Kreisstädte -genügen, welche in 10 bis 20 Provinzen verteilt werden. Städte höherer -Ordnung sind dann die Provinzstädte und die Reichshauptstadt. - -Die Provinzstädte würden in Österreich besonders national unterschieden -werden und je eine das geistige Leben einer Nationalität ausschließlich -zum Ausdruck bringen, auch die nationalen Bücherschätze in größter -Vollständigkeit beherbergen. Auch die nationale Kunst, Musik und -das nationale Schauspiel wird da gepflegt werden, wenngleich auch -Theater in den Provinzstädten errichtet werden, an welchen in -einer weitverbreiteten Sprache gespielt wird. Doch soll auch eine -Provinzstadt nicht für mehr als etwa 20,000 Bewohner, die Reisenden -mit inbegriffen, eingerichtet werden, nachdem nur eine ausgewählte -Bevölkerung, zumeist von höherer Bildung und ein wechselndes -Reisepublikum dort beherbergt werden. - -Auch in den Kreis- und Provinzstädten wird der Typus der Urgemeinde -mit Wohnhäusern und einem gemeinsamen Palaste für je 1000 Bewohner -zur Geltung kommen und diese Städte werden sich aus einer größeren -Zahl solcher Quartiere zusammensetzen. Daneben aber werden große -Hotels für Reisende und hervorragende Inländer errichtet werden, -welche vom allgemeinen Wohnungscharakter abweichen und eine große -Pracht an Wohnräumen und Mobiliar zeigen sollen. In diesen Hotels wird -auch die Verpflegung der Insassen, seien es Reisende oder ständige -Bewohner, eine kostbarere sein. Die Verwaltung auch dieser Häuser wird -übrigens den Verwaltungsbeamten der Quartiere untergeben sein, die den -Hauptstock der Bewohner beherbergen. - -Diese Quartiere werden auch die Masse der Bevölkerung der -Reichshauptstadt aufnehmen. Für Hof und Adel und die geringe Anzahl -sehr bevorzugter Personen werden prächtige Wohnungen in den von Alters -her bestehenden Palästen genug vorhanden sein. Doch sollen auch diese -Paläste in den Verwaltungsbezirk eines Quartiers einbezogen werden. - -Auch die Reichshauptstadt wird eines gänzlichen Umbaues bedürfen, doch -wird vorher für die Masse der Bevölkerung vorgesorgt werden müssen, -weil ein Überfluß von Wohnungen in den großen Städten vorhanden ist -und dort die Bauten bei weitem nicht so sehr dem kollektivistischen -Betriebe unangemessen sind, wie in den Dörfern. - - -2. Die Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses. - -Die Verwendung der nach den Verteilungsgrundsätzen auf die Gemeinden -entfallenden Nahrungsmittel zur Speisebereitung wird Sache der -Vorsteherin der Küche sein. Es dürfte sich empfehlen, die Wahl dieser -Vorsteherin den Gemeindemitgliedern zu überlassen. Ohne Zweifel wird -man Kochschulen errichten, um eine größere Anzahl von Kochkünstlerinnen -heranzubilden. Der Arzt wird sein Augenmerk darauf richten, daß nur -vollkommen unverdorbene Materialien in der Küche in Verwendung genommen -werden. Auch sonst hat er auf Beobachtung aller Rücksichten auf die -Hygiene zu dringen und alle Aufmerksamkeit darauf zu richten, daß die -Kost genügend, aber nicht übermäßig sei. Die Ernährungswissenschaft ist -noch sehr unentwickelt und wird im Kollektivstaat große Fortschritte -machen. - -Mancherlei wird der Beschlußfassung der Gemeinde vorbehalten werden. -So die Speisestunden und die Verteilung der Nahrung auf die einzelnen -Mahlzeiten. Ebenso die Abwechslung der Gerichte und die Reihenfolge, -sowie inwieferne an Sonntagen oder an gewissen Festtagen reichlichere -Mahlzeiten geboten werden sollen. Ist die Menge der verbrauchten -Nahrungsmittel im Durchschnitt den Verteilungsgrundsätzen entsprechend, -so wird der Staat kein Interesse haben, den Gemeinden in diesen Dingen -Vorschriften zu machen. Nur wird die Einteilung der Stunden für die -Mahlzeiten dem Fortgange der Arbeit nicht hinderlich sein dürfen. Die -Einzelnen werden ziemlich freie Hand haben in der Wahl der Gerichte und -es wird darin mehr Freiheit herrschen, als heute in der Familie. - -Wenn die Ernährungswissenschaft sehr ausgebildet sein wird, wird man -in der Nahrung auf Alter, Geschlecht, Beruf und auf den jeweiligen -Kräfteverbrauch Rücksicht nehmen und die Nahrungsvorschriften zu -individualisieren suchen. - -Bei der hier angenommenen Organisation der Gesellschaft wird die -Staatsverwaltung Einfluß genug gewinnen, um auf Vermeidung des Alkohol- -und Tabakgenusses hinzuwirken und wenigstens die heranwachsende Jugend -davor zu bewahren. Auch der Verwaltungsbeamte wird dafür zu sorgen -haben, daß in der Küche die größte Reinlichkeit beobachtet und keine -verdorbenen Nahrungsmittel verkocht werden. - -Die französische Kriegsverwaltung hat für die Mannschaft ein Kochbuch -verfassen lassen und dadurch Hygiene, Reinlichkeit, ökonomische -Verwertung der Materialien und tunlichste Rücksicht auf den -Wohlgeschmack zu fördern gesucht. - - -3. Die Bekleidung. - -Die ganze Bevölkerung ist mit Arbeitskleidern, Gesellschaftskleidern -und Festkleidern zu versorgen. Der Aufwand wird ein abgestufter -sein nach Kategorien. Die Massenproduktion wird einer gewissen -Mannigfaltigkeit nicht im Wege stehen. Bei den Stoffen wird das in -VIII, 9, e, erwähnte Wahlrecht zur Geltung kommen. In jedem Bezirke -oder wenigstens in jedem Kreise werden Produktionsanstalten errichtet -werden, welche für Wäsche, Kleider, Hüte und Beschuhung zu sorgen haben -und die fabrikmäßig hergestellten Erzeugnisse jedem Einzelnen anpassen -sollen. Da der Staat für so viele Millionen von Individuen zu sorgen -hat, kann die fabrikmäßige Erzeugung mit größter Berücksichtigung der -individuellen Körperverhältnisse vereinbart werden. - -Die abgetragenen Kleider fallen wieder der staatlichen Produktion zu, -welche das Brauchbare wieder verwendet und die gänzlich abgenützten -Stoffe einer Umarbeitung, die Hadern der Papierbereitung zuführt. -Gesellschafts- und Festkleider werden in gewissen Zeitintervallen -geliefert, so daß die tunlichste Schonung der Kleider im Interesse des -Trägers liegt. Die Arbeitskleider sollen besonders dem Berufe angepaßt -sein und vollkommen Schutz gegen Hitze, Kälte, Feuchtigkeit und die -mit der Arbeit verbundenen Gefahren bieten. Man wird darauf halten, -daß jeder nach beendeter Arbeit sich vollkommen reinigt und badet -und dann die Gesellschaftskleider anlegt. Insofern jemand dauernd mit -Schmutzarbeiten zu tun hätte, oder durch die Art der Arbeit, der er -sich widmet, gehindert wäre, sich jeden Tag vollkommen zu reinigen, -würde er wohl für diese Zeit aus dem geselligen Leben ausscheiden. - -Die Statistik der Stoffeproduktion gibt einen genauen Maßstab für die -Grenzen des Verbrauches. Wer unter sonst gleichen Umständen kostbarere -Stoffe wählt, wird die Kleider entsprechend länger tragen müssen. -In der Bekleidung wird ein weiter Spielraum gezogen werden zwischen -dem einfachsten Arbeiter der Rohproduktion und den Höchstverdienten. -Letzteren werden die kostbarsten Stoffe und die sorgfältigste -Arbeit zugestanden und man mag ihnen auch zugestehen, daß sie die -Gesellschaftskleider nach einem halben Jahre, einem Monate, ja einer -Woche gegen neue Kleider vertauschen. - -Den Frauen wird man erlauben können, sich die Gesellschaftskleider -nach ihrem individuellen Geschmacke aufzuputzen. Sie werden bei der -Verteilung der Konsumtibilien, VIII, 5, besonders auf solche Gespinnste -und Stoffe reflektieren, welche ihnen gestatten, etwas für Putz zu -tun. Ob man der hervorragenden Frauenschönheit gewissermaßen von -Staatswegen wird huldigen dürfen durch Zuweisung besonders prächtigem -Kleidungsstoffe, ist eine ebenso heikle Frage wie die, ob es statthaft -ist, hervorragend schöne Mädchen und Frauen in größerem Maße an -Festlichkeiten und geselligen Vereinigungen höherer Art teilnehmen zu -lassen. Es ist anzunehmen, daß Frauenschönheit einen Anspruch geben -wird, eine Stellung in den städtischen Ansiedlungen zu erhalten und so -mag dem ästhetischen Bedürfnisse, schöne Frauen in den Vordergrund zu -schieben, Genüge geschehen. - -Hier mag eingeschaltet werden, daß die Juwelen und sonstiger kostbarer -Frauenschmuck ebenso Kollektiveigentum sein müssen, wie alles andere. -Dieser Schmuck wird in Schatzkammern verwahrt und bald diesen, bald -jenen Hals zieren. Bei Hochzeiten, imposanten Festlichkeiten höherer -Ordnung werden die Frauen und Mädchen, welche daran teilnehmen, -nicht bloß nach anderen sozialen Rücksichten gewählt als heute, -sondern insbesondere auch nach körperlichen Vorzügen und bei solcher -Gelegenheit werden die Schönsten nach künstlerischen Rücksichten -gekleidet und geschmückt und es wird der kostbare, seit tausenden -von Jahren aufgespeicherte Schmuck eher den Hals einer schönen -Volksschullehrerin, als einer häßlichen Gräfin zieren. - - -4. Die sonstigen Bedürfnisse, außer Wohnung, Nahrung und Kleidung. - -Wie es damit gehalten wird, ist aus obigen Schilderungen zu entnehmen. -Von Erziehung und Unterricht, Krankenpflege und ärztlicher Hilfe -war in V, 2, und 3, c und VII, 5, die Rede; um jedermann Reisen zu -ermöglichen, sollen nach XI, 1, b _Alinea_: »Nimmt man nur« jährliche -Urlaube erteilt werden und die Reiselegitimation würde die Anweisung -auf die gewählten und bewilligten Beförderungsstrecken enthalten. Man -könnte 100 Eisenbahnmeilen im Jahre als Minimum verteilen und etwa in -der Form anweisen: Innsbruck -- Salzburg -- Salzburg -- Innsbruck -- -Innsbruck -- Bludenz -- Bludenz -- Innsbruck. Die Reisebewilligung -würde mitinbegreifen freie Station in allen Urgemeinden und -Bezirksgemeinden des namhaft gemachten und in der Reiselegitimation zu -limitierenden Reisegebietes, in den Städten und der Reichshauptstadt -nur, wenn sie ausdrücklich namhaft gemacht sind. Analog wäre die -Verteilung der Benützung anderer Reisegelegenheiten einzurichten und -die Benützung unbesetzter Velocipedes wäre jedermann frei. Der Besuch -von Theatern und Konzerten usw. würde das Recht voraussetzen, sich in -der betreffenden Stadt aufzuhalten. Andere Erlustigungen würden nur -die reichliche Verteilung der Behelfe voraussetzen. Das Lesebedürfnis -wird durch Verleihung befriediget, wobei bei Neuerscheinungen der -höhere Rang Anspruch auf frühere Zuweisung begründen würde. Auch -die Gestattung des Domizilwechsels würde einem Bedürfnisse der -Arbeitsbefreiten entgegenkommen, wobei aber die Wahl des Aufenthaltes -in Städten einzuschränken wäre. Besonders bei dem Domizilwechsel sind -die Arbeitsbefreiten der höheren Berufe zu bevorzugen. Man könnte -den Arbeitsbefreiten des niedersten Berufes den Domizilwechsel in -Urgemeinden und Bezirksgemeinden ein oder zweimal im Jahre, denen der -höchsten Berufe ohne Beschränkung der Zahl und der Orte einräumen. - -Die Einräumung von Auslandsreisen, XII, 2, wäre wohl nur für -Bevorzugte oder zu Ausbildungszwecken tunlich. Im Verkehr mit ähnlich -organisierten Nachbarstaaten würde ein Austausch von Reisebewilligungen -vertragsmäßig geregelt. - - - - -X. - -Die Sachproduktion im Kollektivstaat. - - -Von den Zweigen der Sachproduktion soll hier nur die Landwirtschaft -besprochen werden, weil in derselben der Kleinbetrieb heute noch -vorwiegt und weil die kollektivistische Organisation der Produktion -gerade auf die Landwirtschaft am meisten umgestaltend wirkt. Es ist -nicht nur die Produktionsweise, welche dabei in Betracht kommt, sondern -auch die örtliche Verteilung der Bevölkerung. - -Es ist ein Gebrechen unserer Zeit, daß man, auf den internationalen -Gütertausch rechnend, sich nicht den Kopf darüber zerbricht, ob die -heimische Landwirtschaft soviel Nahrungsmittel zu erzeugen vermag, als -zur Erhaltung der heimischen Bevölkerung notwendig ist. Ein Land, das -der Zufuhren von Nahrungsmitteln aus Rußland und Amerika bedarf, um -seine Bewohner zu ernähren, kann einmal bittere Erfahrungen machen. -Die russische Bevölkerung vermehrt sich in solchem Maße, daß sie bald -auf eine Ausfuhr von Nahrungsmitteln wird verzichten müssen und auch -Nordamerika, dessen Bevölkerung sich in 100 Jahren verfünfzehnfacht -hat, wird in wenigen Dezennien den Export von Nahrungsmitteln -einschränken müssen. Ja, die Nahrungsmittel sind ein so unentbehrliches -Produkt, daß die Länder, welche im Überflusse produzieren, sich bald -dahin einigen werden, sie mit einem Ausfuhrzolle zu belegen. - -Bekannt ist, daß die bäuerlichen Arbeiter immer mehr nach den -Städten gravitieren, daß die gewerbliche Bevölkerung sich immer mehr -vermehrt und die bäuerliche abnimmt. Daß das auf die Ausdehnung -der Lebensmittelproduktion von Einfluß sein muß, ist auf der Hand -liegend. Der Kollektivstaat kann diesem Übel abhelfen und meine -organisatorischen Vorschläge sind darauf berechnet. - -In der Landwirtschaft macht sich die von mir vorgeschlagene Verteilung -der Bevölkerung, die nur im kollektivistischen Staate durchgeführt -werden kann, nach zwei Richtungen nützlich. Da nämlich, sobald die -Verteilung der Bevölkerung über das Land nach den Bedürfnissen des -öffentlichen Wohles, des Volkswohles, stattfindet, ein viel größerer -Prozentsatz der Bevölkerung in den ackerbautreibenden Landgemeinden -angesiedelt wird, wird den landwirtschaftlichen Flächen beinahe alles -wiedererstattet, was ihnen in der menschlichen Nahrung entzogen wird. -Die der Landwirtschaft wieder zugeführten menschlichen Fäkalien werden -um die Hälfte mehr betragen als heute, wo ein großer Teil durch die -Schwemmkanäle der großen Städte in die Flüsse abgeleitet wird. - -Aus der für den Kollektivstaat brauchbaren Verteilung der Bevölkerung -wird aber noch ein anderer ausschlaggebender Vorteil für die -Landwirtschaft entspringen. Nachdem die Industriebevölkerung, die -heute zum überwiegenden Teile in den Städten wohnt, im Kollektivstaate -beinahe ausnahmslos in den Dörfern angesiedelt wird, sind zur Zeit -der Ernte und in anderen Perioden, wo die Landwirtschaft plötzlich -vieler Hände bedarf, viel mehr Arbeitskräfte zur Verfügung, als heute. -Die Industriebevölkerung kann in dringenden Fällen aufgeboten werden, -der landwirtschaftlichen Bevölkerung ihre Unterstützung zu gewähren -und ebenso werden die landwirtschaftlichen Arbeiter im Winter der -Industriebevölkerung zu Hilfe kommen können. - -In der Landwirtschaft ist es von der größten Wichtigkeit, daß jede -Arbeit genau zur richtigen Zeit vor sich geht. Man darf nicht zu früh -noch zu spät säen, pflanzen und ernten und oft hängt die Rettung der -Feldfrüchte davon ab, ob eine Arbeit einen Tag früher oder später -vorgenommen wird. In katholischen Ländern machen die vielen Feiertage -und die strenge Beobachtung der Sonntagsruhe oft Schaden, wenn schon -die katholische Geistlichkeit im Interesse der Landwirtschaft manche -Konzession macht. - -Der Kollektivismus gestattet in dieser Hinsicht eine größere Anpassung -der Arbeit nach Zeit und Umständen. Wenn in den benachbarten Gemeinden -A, B und C die Höhenlage so verschieden ist, daß die Zeit der Reife -von Gemeinde zu Gemeinde um 3 bis 4 Tage variiert, so ist in Betracht -zu ziehen, ob es sich nicht empfiehlt, die Arbeitskräfte je zweier -Gemeinden mit denen der dritten zu vereinigen, wenn in dieser allein -der günstige Zeitpunkt für die Ernte gekommen ist. Dabei wird man -aber auch die dadurch bedingte Wanderung der Arbeiter als ökonomischen -Verlust in Rechnung zu stellen haben, insofern sie größere Wegestrecken -zur Arbeitsstelle zurücklegen müssen. - -Es entsteht die Frage, ob die Staatsverwaltung in der Lage sein -wird, eine intensive, gleichmäßige und rationelle Bearbeitung des -Bodens zu erzielen, wenn das Eigentumsinteresse der Bauern wegfällt, -das umsomehr, nachdem der Großgrundbesitz mit der Ausnützung der -Arbeitskräfte keineswegs die besten Erfahrungen macht, kleinere -Grundbesitzer aber, die nicht der bäuerlichen Bevölkerung angehören, in -der Regel gar keinen Ertrag zu erzielen vermögen, ihre Arbeiter wenig -leisten, viel verzehren und sie auch wohl bestehlen. Der Kollektivismus -ist aber mit solcher Bewirtschaftung nicht zu vergleichen. Ein -Spekulant, der ohne Kenntnis der Landwirtschaft ein Gut erwirbt und -selbst bewirtschaftet, selbst nicht mitarbeitet, die Morgenstunden -verschläft, und in allem von einem Knechte abhängig ist, der umso -besser fährt, je mehr der Eigentümer Schaden leidet, wird natürlich -schlimme Erfahrungen machen und die Arbeitskräfte nicht so ausnützen -können, wie sie im Kollektivstaat ausgenützt werden können und sollen. -Auch wird ein solcher Gutsbesitzer unzufrieden sein, wenn ihm das -Gut keine entsprechende Verzinsung des Kapitals abwirft, das in der -Regel unverhältnismäßig hoch ist, weil unsere Gutspreise viel zu hoch -sind. Solche Güter wechseln auch den Eigentümer sehr oft und auf einen -unkundigen Besitzer kommt zumeist ein anderer, der ebenso wenig von der -Verwaltung versteht. - -Die Verwaltung im Kollektivstaat ist eine stabile, es liegen die -Erfahrungen früherer Jahre vor, man weiß, was man den Arbeitern zumuten -kann, der Verwaltungsbeamte und seine Organe müssen schon vom frühen -Morgen Dienst machen, wenn die Arbeiten beginnen und so wird es nicht -fehlen, daß eine richtige Bearbeitung erzielt wird, wobei auch in -Anschlag zu bringen ist, daß zur unrechtmäßigen Zueignung der Früchte -in der zukünftigen Ordnung weder eine Gelegenheit noch eine Versuchung -vorliegt. - - -1. Die Kultur der Zerealien. - -Sie wird einen eigenen Zweig der landwirtschaftlichen Produktion -bilden und der Verwaltungsbeamte wird daher einen dazu geeigneten -landwirtschaftlichen Arbeiter mit dessen Oberleitung betrauen. Der -Leiter wird Abteilungsführer bestellen, die ihn unterstützen. Für den -Anbau der verschiedenen Feldfrüchte im Staate wird die Eignung des -Bodens und der durch die Verteilung bedingte Transport der Erzeugnisse -vom Erzeugungsorte zur Verkaufsstelle in Betracht kommen. Es mag -sein, daß bestimmte Gebiete in Ungarn sich so zum Weizenbau eignen, -daß man in Österreich auf mehr und gehaltreicheren Weizen rechnen -kann, wenn er nur in Ungarn angebaut wird. Das bedingt aber wieder -die Notwendigkeit, den Weizen oder das Weizenmehl von dort nach -allen anderen Teilen des Reiches zu verfrachten, insoferne es nicht -ökonomischer erscheint, den Weizen zum Teil über die westlichen Grenzen -nach dem Auslande zu liefern und eine gleiche Menge aus Rumänien und -Südrußland einzuführen. Dabei wird aber die Verwaltung noch eine Frage -zu prüfen haben, ob nämlich eine völlige Vereinigung der Kultur einer -Frucht auf einem engbegrenzten Gebiete nicht eine größere Gefahr einer -totalen Mißernte bringt, als die Verteilung des Anbaues auf das ganze -Reich, wenngleich mit geringerer Rücksicht auf die Vorzüge des Bodens. -Die oben erwähnten merkantilen Vorteile werden beim Anbau schwerlich in -Rechnung gezogen werden können, weil zur Anbauzeit die wahrscheinlichen -Ernteergebnisse noch nicht übersehen werden können, welche einen -internationalen Ausgleich mit verschiedenen Auslandsstaaten zur -Folge haben müssen. Eher wird man trachten, sich vom Auslandshandel -unabhängig zu machen und dabei wird eine rationelle Einlagerung der -verschiedenen Körnerfrüchte von Vorteil sein. Diese Einlagerung ist -tunlichst zu dezentralisieren, ganz im Gegensatze zur heutigen Methode, -Zentrallagerhäuser anzulegen. In alledem ist ersichtlich, daß eine -zentralisierte Wirtschaft viel unabhängiger von Zufällen ist, alle -maßgebenden Verhältnisse besser übersehen und die Arbeitskräfte mit -weit größerer Bewegungsfreiheit dorthin lenken kann, wo der dringendste -Bedarf danach ist. - -Der Gesamtplan für den Anbau der Zerealien wird alljährlich auf -folgende Art zustande kommen. Jeder Verwaltungsbeamte in den -Landgemeinden wird mit Rücksicht auf frühere Erfahrungen, auf -die Bodenbeschaffenheit, die Fruchtfolge und die wahrscheinlichen -Witterungsverhältnisse angeben, welche Flächen für den Anbau überhaupt -und zum Anbau der einzelnen Fruchtgattungen zur Verfügung stehen und -welches der wahrscheinliche Ernteertrag sein mag. Da auf manchen -Flächen zweierlei Fruchtgattungen angebaut werden können, wird er -entsprechende Alternativvorschläge machen, aber das Gutachten dahin -abgeben, welche Fruchtgattungen auf diesen Lagen das beste Erträgnis -versprechen, und dieses Gutachten wird er genau begründen und mit den -statistischen Ausweisen belegen. Dabei können auch die meteorologischen -Beobachtungen einer Reihe früherer Jahre von Belang sein. Diese -Vorschläge der einzelnen Gemeindeverwaltungsbeamten werden in einer -Kommission, die der Bezirksbeamte einberuft, überprüft und aus den ihm -vorliegenden Vorschlägen setzt der Letztere seine Alternativvorschläge -für den ganzen Bezirk, der Kreisbeamte für den ganzen Kreis, der -Provinzbeamte für die ganze Provinz zusammen und nachdem selbe bei -der Zentralregierung eingelangt sind, erfolgt von dort die definitive -Aufteilung des Anbaues der Zerealien. Dabei mögen auch die restlichen -Vorräte der verschiedenen Fruchtarten in Betracht kommen. - -Die Kreis- und Provinzbeamten werden schwerlich so, wie die -Bezirksbeamten eine Überprüfung der Vorschläge vornehmen können, -während der Bezirksbeamte wohl so mit den Lokalverhältnissen und den -sachverständigen Personen vertraut ist, daß ihm ein Urteil zugetraut -werden kann. Die Zentralverwaltung teilt den Anbau der einzelnen -Fruchtgattungen auf die Provinzen, die Provinzialverwaltung auf die -Kreise, die Kreisverwaltung auf die Bezirke, der Bezirksbeamte auf die -Gemeinden auf. - -Selbstverständlich wird die Staatsverwaltung bedacht sein, den -Bodenertrag durch künstliche Düngung zu erhöhen. Auch für Ersatz -der menschlichen Arbeit in der Landwirtschaft durch Maschinen -wird nach Tunlichkeit zu sorgen sein, wenn auch die wichtigsten -landwirtschaftlichen Maschinen nur in den ebenen Landstrichen -Verwendung finden. Die Arbeitsersparnis durch Maschinen kommt im -Kollektivstaat nicht einer Arbeiter- oder Unternehmergruppe, sondern -dem ganzen Volke zugute, daher jeder gleichmäßig daran interessiert -ist, daß die Maschinen überhaupt und daß sie vorzugsweise dort zur -Anwendung kommen, wo der Erfolg am größten ist. - -Es ist klar, daß beim Betriebe der Landwirtschaft alle Ergebnisse -der Wissenschaft ausgenützt werden müssen, aber man darf darum -die Erfahrungen der Ungelehrten nicht gering anschlagen. Es ist -noch nicht erwiesen, daß der heutige Großbetrieb dem bäuerlichen -landwirtschaftlichen Betrieb, was die Ausbeute anbelangt, überlegen -ist, obgleich dort in der Regel nach theoretischen Prinzipien -verfahren wird. Die finanziellen Erfolge der heutigen Ökonomen -kommen für uns deshalb nicht in Betracht, weil sie meist auf Kosten -des Menschenmaterials erzielt werden. Der landwirtschaftliche -Arbeiter im bäuerlichen Dienste ist viel besser gehalten als der -im herrschaftlichen Dienste angestellte Knecht. Dafür versumpft der -Letztere. - - -2. Der Futterbau. - -Dem Futterbau ist die größte Sorgfalt zuzuwenden, weil die Vermehrung -des Viehstandes davon abhängt und diese für die Volksernährung von -hervorragender Bedeutung ist. Auch für diesen Zweig des Landbaus wird -aus den Reihen der landwirtschaftlichen Arbeiter in jeder Gemeinde ein -Leiter bestellt werden. Es liegen aus Nordamerika Nachrichten vor über -die Erfindung der Züchtung von Mikroben, welche die Fruchtbarkeit des -Klees und verwandter Pflanzen außerordentlich erhöhen sollen. Diese -Erfindung müßte man so schnell als möglich einführen. - - -3. Die Viehzucht. - -Dieser Zweig der Landwirtschaft ist besonders wichtig und wird die -Bestellung mehrerer Produktionsleiter in jeder Gemeinde bedingen. Für -die Wartung der Tiere wird im Vergleiche zum bäuerlichen Betriebe -einesteils zwar eine Ersparnis an Arbeit durch die Anlage von -Zentralstallungen erzielt werden, andererseits aber durch allgemeine -Einführung des Achtstundentags und durch Bestellung einer Stallwache -für die Nachtzeit ein erhöhter Aufwand an Arbeitskräften stattfinden, -da in unserem bäuerlichen Betriebe die mit der Wartung des Rindviehes -betrauten Personen das ganze Jahr hindurch einen acht Stunden weit -übersteigenden Dienst haben. Andererseits scheint eine völlige -Zentralisation der Stallungen in den Gemeinden auch eine größere -Gefahr für Seuchen zu bedingen, daher man schon bei der Anlage von -Stallungen zu erwägen hat, was vorteilhafter ist, die Anlage mehrerer -Stallungen, oder deren Vereinigung in einem Bau. Vielleicht genügt -es, die Stallungen durch mehrere Scheidewände in isolierte Abteilungen -zu zerlegen oder eine gut abgemauerte Abteilung zu errichten, welche -vorkommendenfalls als Kontumazstall zu dienen hat, eine Vorsicht, die -der Bauer nicht beobachten kann. Im Falle von Viehseuchen wird auch -das Wartepersonal der kranken Tiere vollkommen zu isolieren sein, -was auch nur im Kollektivstaat ausführbar ist. Sind nun die in der -Viehzucht verwendeten Arbeitskräfte gründlich in der Erkennung der -Krankheitssymptome der ansteckenden Viehkrankheiten unterrichtet, -und ist eine nächtliche Stallwache eingeführt, so scheint der -Kollektivismus ganz besondere Vorteile für die Unterdrückung der -Viehseuchen zu bieten. Dabei kommt ja auch in Betracht, daß alle jene -Gefahren für die Verschleppung von Viehseuchen hinwegfallen, welche -durch den Marktauftrieb herbeigeführt werden. Endlich kann man sich -im Kollektivstaat bei Ausbruch von Viehseuchen viel leichter zur -Keulung auch bloß verdächtiger Tiere entschließen, als in unseren -Verhältnissen, wo den Schaden der Einzelne zu tragen hat, oder die -Entschädigung im öffentlichen Interesse zwar zugesagt, voller Ersatz -aber immerhin zweifelhaft ist und dessen Erlangung Zeitverlust -verursacht. - -Für die Reinhaltung und rationelle Wartung der Tiere, besonders der -Rinder, kann im Großbetriebe viel mehr geschehen, als im bäuerlichen -Betriebe. Auch die Aufzucht der Tiere wird im Großbetriebe viel -erfolgreicher sein. - -Die Pferdezucht wird vielleicht eingeschränkt werden. Der maschinelle -Transport und der Maschinenbetrieb in der Landwirtschaft wird, -wenn er sich als ökonomisch erweist, vermehrt werden, und auch die -Ausnützung der Pferde im Transport gewinnt durch die Zentralisation -sehr erheblich. Gerade jener Transport, welcher heute vorzugsweise mit -Pferden betrieben wird, der Transport von Landwirtschaftsprodukten -aus den Dörfern nach den Städten, wird im Kollektivstaat, wenn -die Bevölkerung nur im geringen Maß in Städten angesiedelt wird, -bedeutend eingeschränkt werden, und es ist wahrscheinlich, daß in -einem Bezirke von 20,000 Einwohnern der ganze regelmäßige Transport -zwischen den Gemeinden und dem Bezirksort und zurück durch zehn Paar -Pferde und eine Reserve von etwa ebensoviel Pferden sehr leicht wird -bestritten werden können, und Ausnahmen werden vorübergehend nur -dort vorkommen, wo größere Bauten durchzuführen sind. Was durch das -Sammeln von Transporten an Ökonomie gewonnen werden kann, zeigen die -Frachtbegünstigungen, welche die Eisenbahnen für Massentransporte -bewilligen. Das System der Sammeltransporte ist aber für den Bauer -nicht durchführbar, und darum braucht eine Dorfschaft für den -Frachtentransport heute viel mehr Zugtiere, als nach Verhältnis der -zu bewältigenden Lasten notwendig wäre. Auch Frächter braucht der -Transport im Kollektivbetriebe viel weniger, wobei man für heute -auch annehmen kann, daß mancher Bauer wenig danach frägt, ob er seine -Fahrten nach der Stadt einschränken könnte, wenn er sich das Vergnügen -einer Stadtfahrt machen will. - -Eine beträchtliche Ersparung bringt im Kollektivstaat das Wegfallen -der Märkte, insbesondere der Viehmärkte, mit sich. Da kein Kauf und -Verkauf von Nutztieren im Inlandsverkehr stattfindet, erspart man alle -damit verbundene Arbeit. Nur ein Teil der Umsatzarbeit im Viehhandel -kommt als Handelsberufsarbeit in der Statistik in Rechnung, insofern -nämlich Kaufleute und Agenten sich bloß mit dem Kaufe und Verkaufe von -Tieren befassen. Wo aber der Bauer an Bauern verkauft oder von ihnen -kauft, ist nicht von Handel als Beruf die Rede. Die Viehmärkte kommen -auch nicht bloß als Zeitverlust in Betracht, welchen der Auftrieb der -Tiere, das Schachern und der Heimweg verursachen, sondern es entsteht -durch die Viehmärkte auch ein Verlust an Milch und Fleischgewicht, -der im Umfange eines großen Reiches sehr viel beträgt. Es ist nicht -uninteressant, sich mit den Kniffen vertraut zu machen, deren sich die -Bauern bedienen, um sich wechselseitig zu hintergehen. So werden die -Kühe am Tage vor dem Markte, auf welchen sie aufgetrieben werden, nicht -ausgemolken, damit sie mit strotzendem Euter zum Verkauf kommen sollen. - -Selbstverständlich muß auch im Kollektivstaat ein Austausch von -Tieren zwischen den Ortschaften stattfinden, sie wechseln aber nur den -Standort, nicht den Eigentümer, daher es nur einer Verwaltungsverfügung -bedarf. Dabei entsteht allerdings auch ein Teil der mit den Märkten -verbundenen Arbeit und Verlust am Werte der Tiere. Da es sich aber -nur um die wirklich notwendige Veränderung und um die kürzesten Wege -handelt, wird doch ein sehr großer Teil des Aufwandes, den unsere -Märkte verursachen, erspart. Viele Bauern bringen die Tiere, die sie -viele Stunden weit auf den Markt getrieben haben, wieder zurück, um -sie dann an einen Nachbar in der Heimatsgemeinde oder sonst in der -Nähe zu verkaufen. Für den Austausch der Tiere im Kollektivstaat ist -auch nur der Abtrieb nach dem Bestimmungsort erforderlich, während -auf dem Markte das Feilschen und Besichtigen von Tieren den ganzen -Tag kostet. Kann man im Kollektivstaat die in andere Stallungen zu -versetzenden Tiere an die täglich im Bezirk kursierenden Frachtwagen -binden, so erspart man auch die Begleitung, und ist ein Austausch -zwischen sehr entfernten Orten erforderlich, so hat die Verwaltung je -nach der Zweckmäßigkeit die Wahl, die Tiere den ganzen Weg zurücklegen -zu lassen, oder bloß eine Verschiebung von Gemeinde zu Gemeinde -einzuleiten. - -Ein Beispiel mag den Aufwand, den die Viehmärkte verursachen, deutlich -machen. - -In Ungarn und Kroatien wurden im Jahre 1900 in 72 Ortschaften 313 -Viehmärkte abgehalten und - - aufgetrieben verkauft % - Hornvieh 1.147,361 452,761 40 - Pferde 402,193 131,557 32 - Schafe 428,589 208,606 48 - Schweine 263,923 115,029 44 - ------------------------------------ - in Summa: 2.242,066 907,953 40 - -Es wurden also 1.335,000 Stück Vieh auf den Markt aufgetrieben und -unverkauft zurückgebracht. Da im Kollektivstaat nur die wirklich in -andere Ställe zu versetzenden Tiere abgetrieben werden, =so wären alle -diese Tiere in ihren Ställen geblieben, und die= 907,000 =verkauften -Stücke wären nur von Stall zu Stall, nicht aber auf dem Umwege über den -Markt getrieben worden=. Für ganz Österreich-Ungarn kann man die Zahl -der zwecklos auf den Markt gebrachten und unverkauft gebliebenen Tiere -im Jahr mit 3,5 Millionen veranschlagen, wovon die Hälfte Hornvieh ist. - -Alle diese Betrachtungen sollen nur dartun, welche ökonomischen -Vorteile der Kollektivismus bietet, man wird aber gut tun, auch in -Betracht zu ziehen, daß ein Staat wie Österreich nicht bloß zwei -Millionen Arbeitstage oder 7000 Arbeitsjahre im Marktfahren verliert, -sondern daß auch die Märkte eine Schule der Unlauterkeit und der -Trunksucht sind. - -Nachstehende Betrachtung zeigt auch einen andern Vorteil des -Kollektivismus gerade in Beziehung auf die Milchversorgung der Städte, -also in Beziehung auf den Produktionszweig der Viehzucht. Man könnte -den ganzen Milchbedarf einer Kreisstadt mit einem Bevölkerungsstande -von 4000-5000 Seelen, die Reisenden inbegriffen, durch eine einzige -nächstgelegene Dorfgemeinde decken, wenn man folgendermaßen verführe. -Der durchschnittliche Milchertrag einer Dorfgemeinde ist bei einem -Viehstande von 360 Stück Rindvieh, und darunter 180 Kühen, etwa 1400 -Liter. Stellt man nun in einer der Kreisstadt zunächst gelegenen -Gemeinde nur Kühe, also etwa 350 Kühe, und zwar in der Periode der -größten Milchergiebigkeit, also nach dem Absetzen des Kalbes ein, wo -man auf 15 Liter Milch rechnen kann, so ergibt das eine Tagesproduktion -von mindestens 5000 Liter Milch, welche reichlich genügt, um das Dorf -und die Kreisstadt mit Milch zu versorgen. Vier bis fünf Gemeinden -dieser Art könnten eine Provinzstadt mit Milch versorgen, und nur -eine Großstadt würde den Milchbedarf aus größeren Entfernungen -decken müssen. Zum Teil wird allerdings auch heute so verfahren. -In den Vorstädten der großen Städte werden überall Kühe gehalten, -welchen das Futter zugeführt werden muß, und die Natur der Sache -bringt es mit sich, daß die Eigentümer die trocken stehenden oder -schon wenig Milch gebenden Kühe verkaufen und dafür solche, welche -im höchsten Milchertrage stehen, einhandeln. Aber in dem Maße, wie -im Kollektivstaate, kann das nicht durchgeführt werden, weil immer -Kauf und Verkauf notwendig ist und die Spekulation dadurch erschwert -wird, auch wird in Wien z. B. wohl schwerlich der fünfte Teil des -Milchbedarfs in dieser Weise gedeckt. - -Der Güterumsatz, welcher in Milch und Milchprodukten und in Fleisch -in einem Staate von 45 Millionen Einwohnern unter den Verhältnissen -der heutigen Gesellschaftsordnung das Jahr hindurch zu bewältigen -ist, ist von sehr beträchtlichem Umfange, und er hängt von dem -Prozentualverhältnisse der städtischen zur ländlichen Bevölkerung -ab. In den Dörfern erfolgt die Versorgung der Bewohner mit Milch auch -heute beinahe ausschließlich naturalwirtschaftlich und ohne Vermittlung -des Handels, was aber die Versorgung der Städte anbelangt, so bedarf -der Umsatz an Milch, Milchprodukten und Fleisch der Vermittlung des -Handels, der einen beträchtlichen Teil des Erlöses in Anspruch nimmt, -beziehungsweise eine erhebliche Belastung der Konsumenten mit sich -bringt. Man kann den täglichen Handelsumsatz an Milch, Milchprodukten -und Fleisch in einem Staate von 45 Millionen Einwohnern mit 30 -Prozent städtischer Bevölkerung auf mindestens 4 Millionen Kronen, in -Deutschland aber auf mindestens 5 Millionen Mark im Tage berechnen, -wenn man nämlich den Verbrauch mit nur 30 Heller für den Kopf und Tag -veranschlagt. Der Jahresumsatz beträgt demnach in Österreich über -1400 Millionen Kronen und in Deutschland über 1700 Millionen Mark -im Jahre. Außer den eigentlichen Handelskosten, die man gerade bei -Milch auf reichlich 20 Prozent des Gesamterlöses veranschlagen kann, -ist bei starker Besiedlung der Städte, welche Zufuhren aus ziemlich -fernen Bezirken notwendig macht, auch der Aufwand an Transportkosten -in Rechnung zu ziehen. Es ist ersichtlich, welche enorme Ersparnisse -in diesen Artikeln gemacht würden, wenn die Bevölkerung so, wie hier -vorgeschlagen wird, über das Land verteilt würde. - - -4. Kleinvieh und Geflügelzucht. - -Auch dieser Produktionszweig wird im Kollektivstaat auf das -vorteilhafteste betrieben werden. Die vollkommenste Ausnutzung -aller Abfälle für die Fütterung von Tieren und die Verwertung aller -Erfahrungen im ganzen Reich werden dazu beitragen. Ob die künstliche -Fischzucht ökonomisch gerechtfertigt ist, wird leicht festgestellt -werden können, und was die Jagd anbelangt, so wird sich erst zeigen, ob -die Erhaltung eines mäßigen Wildstandes volkswirtschaftlich von Vorteil -ist. Wenn nicht, kann das Volk die Ausrottung des Wildes beschließen. -Es ist zu vermuten, daß das Wild, wenigstens in den Niederungen, viel -mehr Schaden tut, als nach Abrechnung des Jagdaufwandes der Wert des -Fleisches und der sonstigen Produkte ausmacht. Nachdem aber die Jagd -als Vergnügen, nicht aber als Erwerb betrieben wird, kann man heute zu -einem richtigen Urteile nicht gelangen. - -Auch bei der Produktion von Geflügel und Eiern wird, wie schon mehrfach -hervorgehoben wurde, das Staatseigentum vielleicht mit Vorteil durch -Gemeindeeigentum ersetzt werden. Man erntet dann für die Gemeinde -und legt der Staatsverwaltung keine Rechenschaft über Erzeugung -und Verbrauch ab. Bei der Geflügelzucht, dann beim Obstbau und der -Bienenzucht wird die freie Tätigkeit von Liebhabern sich sehr nützlich -erweisen, daher selbe von Staats wegen zu ermuntern ist. - - -5. Wasserwirtschaft. - -Die Wasserwirtschaft im Kollektivstaate verdient eine besondere -Betrachtung, weil sich dabei die Vorteile des Kollektivismus recht -anschaulich zeigen. Es scheint, daß hier, bei der Erörterung des -kollektivistischen Betriebes der Landwirtschaft, der Ort ist, -über diesen Gegenstand zu sprechen, weil das Wasser zwar für die -verschiedensten Bedürfnisse in Betracht kommt, die Bewässerung aber die -wichtigste Verwendung des Wassers ist. - -In unserer Zeit des wirtschaftlichen Individualismus sind wir in der -Wasserwirtschaft weit hinter dem Altertum und selbst hinter der Zeit -der maurischen Herrschaft in Spanien, ja hinter der Zeit der Herrschaft -der Inkas in Peru zurück. Das beweist, daß man dem Kollektivismus -in allen Zeiten schon wiederholt näher gestanden ist als heute. Es -scheint, daß man ein Privateigentum an Grund und Boden in alten Zeiten -nicht anerkannte und daß sich der Landesherr auch als Eigentümer von -Grund und Boden betrachtete. Das erleichterte in Mesopotamien und -Ägypten die großen Wasseranlagen, welche in unserer Zeit kaum zustande -gebracht werden könnten. - -Das Wasser kommt in Betracht als Förderer der Landwirtschaft, als -Förderer der Gesundheit, Reinlichkeit und der Lebenshaltung der -Einzelnen, als Transportmittel, als Kraftquelle und als Grundlage der -Fischzucht, endlich im Gegensatze zu alle dem als Zerstörer. - -In Gebirgsländern wie Österreich ist das Wasser wegen seines Gefälles -wichtiger als anderswo, sowohl nützlicher als gefährlicher. Es drängt -sich demnach der Gedanke auf, welche Aufgabe der Staatsverwaltung -in Beziehung auf die Wasserwirtschaft gestellt würde, wenn die -ganze Wirtschaft verstaatlicht wäre. Der Staat hätte nicht nur -allen Wasserschäden vorzubeugen, sondern auch alle natürlichen -und regelmäßigen Wasserläufe und alle erforderlichen künstlichen -Ansammlungen und Abläufe für die nützlichste Verwertung einzurichten -und die gesamten Gewässer dem größten Nutzeffekte dienstbar zu machen. -In unserer Zeit kann man oft bemerken, daß der Vorteil des einen -zugleich der Schaden des andern ist. Man behauptet, daß die Abfuhr der -Industriewässer oft zu großen Beschädigungen der Fischzucht und selbst -der Hygiene führt. Das kann im Kollektivismus der Staat verhüten, und -außerdem verteilt sich Nutzen und Schaden auf alle. - -Was andere Produktionszweige anbelangt, so wird der Kollektivismus auf -ihren Betrieb nicht besonders einwirken. Die Industrie wird nur den -Vorteil haben, der aus dem ausnahmslosen Großbetriebe entsteht, und -der Kollektivstaat hat ein Generalmonopol, aber nicht zur Bereicherung -von Unternehmern, sondern zur Bereicherung des ganzen Volkes. Doch -ist hier zu bemerken, daß dem Erfindungsgeiste für Maschinen und -Werkzeuge, Arbeitsmethoden und Verwaltung im Kollektivstaate dieselbe -Betätigung, ja vielleicht eine größere eröffnet wird, als in unserer -industriellen Wirtschaft den Fabrikdirektoren und Unternehmern. Denn -wer immer eine Verbesserung vorzuschlagen hat, wird Gelegenheit haben, -seine Vorschläge zu veröffentlichen, wenn ihm die Staatsverwaltung kein -Gehör schenkt, und so wird er es zu Versuchen bringen und, wenn sein -Vorschlag sich bewährt, auch reichlichen Lohn ernten. - - - - -XI. - -Die Verteilung im Kollektivstaat. - - -Nachdem der Kollektivstaat allein besitzt, steht es ihm zu, die Güter -zu verteilen. Der Besitzende sucht von den Früchten seines Besitzes -so viel als möglich für sich zu erhalten und für die Bewirtschaftung -seines Besitzes so wenig als möglich Opfer zu bringen. So wird der -Staat auch nur sein egoistisches Interesse im Auge behalten und das -öffentliche Wohl über jedes Einzelinteresse stellen. Da aber der -Staat unpersönlich ist, wird der Erfolg seiner Wirtschaft immer der -Gesamtheit zu statten kommen. - -Die Verteilung erfolgt nach den Volksbeschlüssen, welche in der Regel -nur allgemeine Gesetze aufstellen, und Sache der Staatsverwaltung ist -es, die Gesetze auf die einzelnen Fälle anzuwenden. Die Verteilung hat -zum Gegenstande die Arbeit und die Güter. - - -1. Die Verteilung der Arbeit. - -Jeder Arbeitsfähige, der nicht nach den Gesetzen von geregelter Arbeit -befreit ist, ist zur Arbeitsleistung verpflichtet. - -Die Verteilung der vorhandenen Arbeitskräfte auf die einzelnen -Produktionszweige erfolgt nach den Volksbeschlüssen betreffend die -Ausdehnung der Produktion auf den verschiedenen wirtschaftlichen -Gebieten. Es ist klar, daß z. B. mit der Vermehrung des Betriebes der -Eisenbahnen eine Vermehrung des Betriebspersonals gegeben ist. Ebenso -gilt das von einer Vermehrung der Papierproduktion oder der Produktion -von Büchern und Zeitschriften. Würde die Unterdrückung einer gewissen -Industrie, z. B. der Biererzeugung, verfügt, so entfiele die darauf -bisher aufgewendete Arbeit. Übersteigt die geforderte Produktion die -Menge der verfügbaren Arbeitskräfte, so wird die Staatsverwaltung eine -verhältnismäßige Reduktion aller Produktionen, oder jener Produktionen -verfügen, für welche der Staatsverwaltung eine Latitude eingeräumt ist. - -Die Staatsverwaltung ist hinreichend über die Fähigkeiten aller -Individuen informiert, daß sie dafür verantwortlich gemacht werden -kann, zu jedem Geschäfte den Brauchbarsten zu bestellen. - - -a) Der Arbeitstag. - -Man wird ohne Zweifel einen Normalarbeitstag für durchschnittliche -Arbeit gemeiner Art annehmen. Ich bin jetzt geneigt, den achtstündigen -Arbeitstag als Regel gelten zu lassen, während ich früher zweifelte, -daß damit in Europa, nämlich bei unserer großen Bevölkerungsdichte, -eine genügende Produktion bestritten werden könnte, weil man bei den -Bauern im Sommer eine 14-15 stündige Arbeitszeit antrifft. Allein -ich habe mich überzeugt, daß das nur etwa 5 Monate dauert und daß bei -den Bauern in der übrigen Zeit die Arbeit weit unter acht Stunden im -Durchschnitte herabsinkt. - -Dem Sozialismus ist nicht leicht durch jemand so geschadet worden, -wie durch sozialistische Schriftsteller, welche durchwegs die Lehre -aufstellen, daß, wenn wir unsere Gesellschaftsordnung verließen, wir -nicht nur im Reichtum schwimmen würden, sondern auch die Arbeitszeit -auf ein Minimum zusammenschrumpfen könnte. Man spricht nach Belieben -von einer 4 oder 5 stündigen Arbeitszeit und Bebel, der übrigens durch -einen gelehrten Herrn irre geführt wurde, verficht in seinem Buche: -»Der Sozialismus und die Frau« die Lehre, daß im Sozialstaate -- oder, -wie er es vorzieht zu sagen, in der sozialistischen Gesellschaft --- die Arbeit auf 2-1/2 Stunden im Tage für die Altersstufen -zwischen 16 und 50 Jahren herabgesetzt werden könnte, wenngleich -die Gesellschaftsmitglieder Anspruch hätten auf ein reiches Leben. -Er ist irre geführt durch Hertzka, den er für einen Volkswirt hält, -der aber ein Schwärmer ist, der die unglaublichsten Versprechungen -macht, um seine Freilandprojekte zu propagieren. Er wollte durch -die sorgfältigsten Erhebungen festgestellt haben, daß in Österreich -diesseits der Leitha der Bedarf für 22 Millionen Menschen durch 650,000 -Arbeitskräfte -- wahrscheinlich wurden sie mit 10 stündiger Arbeitszeit -in Anschlag gebracht -- hergestellt werden könnte und daß die Erzeugung -ihrer Luxusbedürfnisse nur die Arbeit von weiteren 315,000 Arbeitern -erheischen würde, das alles bei reichlicher Versorgung und dem Bau von -Familienhäusern, welche nur für die Dauer von 50 Jahren hergestellt -werden sollten. Das wollte Hertzka durch eine Korrespondenz mit -Unternehmern und Verwaltern ermittelt haben. Man kann sich denken, wie -oberflächlich diese Ermittelungen waren. - -Organisation und Maschinen, worin man in Nordamerika wohl schon -das Äußerste erreicht hat, können uns noch vieles erleichtern, -aber es ist genug, wenn sie uns Befriedigung aller Bedürfnisse bei -achtstündiger Arbeitszeit gewähren und uns noch manche Anstrengungen -und Widerwärtigkeiten abnehmen. - -Von solchen Irrtümern müssen wir uns frei machen und wir dürfen den -Arbeitern keine Versprechungen machen, die sich nicht erfüllen lassen. -Da sie an 10 und 11 Stunden Arbeit gewöhnt sind, werden ihnen 8 Stunden -Arbeit an 300 Tagen nicht zu schwer werden und da jede Verminderung -der Arbeitszeit eine Verminderung der Genüsse mit Notwendigkeit zur -Folge hat, so kann die richtige Festsetzung der Normalarbeitszeit als -die wichtigste ökonomische Frage im Kollektivismus betrachtet werden. -Eine achtstündige Arbeit erschöpft gewiß nicht so, daß die dadurch -gewonnenen Güter nicht hinreichten, dem Körper alles wiederzugeben, was -er in der Arbeit zugesetzt hat. Würde die Arbeitszeit noch beträchtlich -herabgesetzt, so bedürfte man noch vermehrter Luxusgüter, um die freie -Zeit auszufüllen und gerade, wo die Produktion der Güter zurückgeht, -würde der Bedarf nach Gütern steigen. - -Wenn Bebel auch noch möglichste Abwechslung in der Arbeit verlangt, so -ist dagegen wohl auch zu bemerken, daß bei allen Arbeiten, die einige -Geschicklichkeit fordern, Abwechslung nur auf Kosten der Produktivität -zugestanden werden kann. Der Arbeiter würde also bei diesem Wechsel, -wenn er häufig stattfände und nicht bloß zu dem Ende, um eine dem -Individuum besser passende Beschäftigung zu finden, viel weniger -leisten, und da im Kollektivismus jeder Schade die Gesamtheit trifft, -würde das ganze Volk weniger genießen können, wenn der Grundsatz zur -Anwendung käme, daß man mit der Arbeit beliebig wechseln kann. Zum -Teile aber würde der Wechsel auch ökonomisch gerechtfertigt sein. Denn -bei den bäuerlichen Arbeiten ist eine besondere Qualifikation nicht -erforderlich und dort ist eine Abwechslung ohnehin gegeben und da -auch die gewerblichen Arbeiter in den Sommermonaten zu den bäuerlichen -Arbeiten herangezogen werden müssen, so ist einige Abwechslung ohnehin -dort geboten, wo sie nicht ökonomisch verwerflich ist. Auch in den -hauswirtschaftlichen Arbeiten dürfte ein Wechsel wohl statthaft sein, -wenngleich die Leitung des Küchenwesens nur besonders begabten Frauen -überlassen werden kann. - -Ebenso unmöglich wäre es, jeden sich seine Arbeit vollkommen frei -wählen zu lassen. Es darf sich niemand eine Arbeit wählen, zu der ihm -die Geschicklichkeit oder die intellektuelle Fähigkeit mangelt, es -können ferner zu keinem Berufe[44] und zu keiner Arbeit mehr Arbeiter -zugelassen werden, als die festgesetzte Produktion erheischt und die -wissenschaftlichen und künstlerischen Berufe müssen von materieller -Arbeit befreien. Eben darum aber kann es niemand freistehen, sich einen -wissenschaftlichen oder künstlerischen Beruf frei zu wählen, dazu -können nur die als vorzüglich befähigt Erkannten zugelassen werden, -weil das das Interesse des Volkes gebieterisch fordert. - - [44] Unter Beruf verstehe ich jene Arbeit, die der Staat als - Entgelt für die Versorgung annimmt. - -Die achtstündige Arbeit gilt für die Durchschnittsarbeit; für Arbeiten, -welche große Anstrengung erfordern oder sonst eine höhere Belastung -der Arbeiter herbeiführen, werden andere Normen angenommen werden. -Nach Maßgabe der Volksbeschlüsse wird der Normalarbeitstag entweder -unveränderlich festgehalten, oder nur für den Jahresdurchschnitt -angenommen, so daß eine Mehrleistung in der einen Jahreszeit durch -eine Herabsetzung in den anderen Monaten wettgemacht wird. Außer dem -Normalarbeitstage wird auch eine Normalzahl der Arbeitstage für das -Jahr festgesetzt werden, wahrscheinlich 300 Arbeitstage im Jahre. -Die landwirtschaftlichen Arbeiten werden eine genaue Feststellung der -geleisteten Arbeitsstunden erschweren. - - -b) Sonntage, Feiertage, Ferien. - -Es ist höchst wahrscheinlich, daß man die Sonntagsruhe aufrechterhalten -wird. Nur aus überwiegenden wirtschaftlichen Gründen wird man manche -Industrien kontinuierlich betreiben und demnach die Sonntagsruhe -versagen. Dann sind zwei Auswege möglich, man kann nach Einstellung -einer Überzahl von einem Sechstel der erforderlichen Arbeiter je -ein Siebentel der Arbeiterschaft ruhen lassen, und zwar an jedem -Tage in der Woche, oder man kann irgend eine Entschädigung für die -Mehrarbeit bewilligen. Eine solche Entschädigung wäre die Herabsetzung -des Normalarbeitstages von acht Stunden auf 6 Stunden 50 Minuten, -oder längere Ferien, das wären 65 Ferialtage nach beendeten 300 -Arbeitstagen, oder sonst irgend ein Benefizium. Es wird dabei immer -in irgend einer Form darauf hinausgehen, Ersatzarbeiter einzustellen. -Allein man wird nicht bloß die Ausgleichung der mehr verwendeten -Arbeitszeit zu bewilligen haben, eine Verlegung der Ruhe auf einen -anderen Tag, als den Sonntag, den echtesten Freudentag, den jeder -mit den andern feiern möchte, oder längere Ferien nach längerer -Arbeit, werden niemals als ein Äquivalent gelten können. Man könnte -noch einen Ausweg finden und in solchen Industrien eine frühere -dauernde Arbeitsbefreiung gegen dem gewähren, daß der Befreite sich -verpflichtet, sich zur Sonntagsarbeit einstellen zu lassen. - -Daß außer den Sonntagen auch gewisse Feiertage gehalten werden, -ist sehr wahrscheinlich, aber es wäre doch zweckmäßiger, diese -Feiertage auf einen Sonntag zu verlegen, da die Aufeinanderfolge von -sechs Arbeitstagen und einem Ruhetage sehr zweckmäßig scheint und -eine neuerliche Unterbrechung der Arbeit durch einen Feiertag eher -langweilig ist. - -Nimmt man nun 300 Arbeitstage im Jahre, so ergibt das nach Abrechnung -von 52 Sonntagen noch 13 oder 14 freie Tage und es erscheint -zweckmäßig, dieselben mit 2 oder 3 sich daran schließenden Sonntagen zu -einer Ferialzeit zusammenzulegen, welche dem Arbeiter Gelegenheit gibt, -den Arbeitsort zu verlassen und sich in der Welt umzusehen. Für diese -Zeit wird dann eine Reisebewilligung erteilt und der Urlaub fällt nicht -auf eine bestimmte Zeit, sondern er wird das ganze Jahr über auf die -Arbeitspflichtigen aufgeteilt, wobei den Tüchtigeren und Älteren die -Wahl der Zeit einzuräumen ist. - -Für manche Berufe wird man von diesen Grundsätzen abweichen. Der -Verwaltungsbeamte, der ohnehin ein Recht auf frühere Arbeitsbefreiung -hat und dessen Dienst sonst verhältnismäßig leicht ist, wird weder auf -Sonntagsruhe noch auf Urlaub Anspruch haben, weil er keinen Ersatzmann -stellen kann und eine ununterbrochene Amtsführung zweckmäßig scheint. -Fraglich wäre nur, ob er die Führung der Geschäfte auf ganz kurze Zeit -dem vom Volke bestellten Kontrollbeamten oder dem Arzte oder einem -Lehrer überlassen könnte. Dagegen wieder werden die Lehrer vielleicht -auf längere Ferien als solche von 15 Tagen Anspruch machen, wogegen man -von ihnen unter dem Jahre anstrengenderen Dienst fordern wird. - - -c) Arbeitsbefreiung. - -Die Befreiung von geregelter, erzwungener Arbeit kann, wie in I, -_Alinea_: »Von der staatlichen« erwähnt wurde, bestimmten Familien -verfassungsgemäß eingeräumt werden. - -Außerdem wird sie von einem gewissen Alter an jedem, ohne Rücksicht auf -eine Altersgrenze aber solchen eingeräumt, welche ein großes Verdienst -für den Staat erworben haben oder welchen man nach Maßgabe ihrer -erwiesenen Begabung und Schaffenslust, Gelegenheit zum schöpferischen -Arbeiten geben will. Letztere Arbeitsbefreiung wird widerruflich sein. -Das Normalalter für die Arbeitsbefreiung wird das zurückgelegte 65. -Lebensjahr sein, es kann aber nach dem Berufe erheblich herabgesetzt -werden, so für Verwaltungsbeamte und Lehrer auf 55 Jahre, für Ärzte, -wenn sich die Annahme bewähren sollte, daß der Arzt kein hohes Alter -erreicht, auf 45 Jahre usw. - -Es mag die Frage aufgeworfen werden, ob es ohne Schaden für die -Produktion möglich sein wird, das 65. Lebensjahr als Maximalgrenze für -die geregelte Arbeit festzusetzen, denn der Statistik zufolge gäbe das -45 Arbeitsbefreite für eine Gemeinde von 1000 Köpfen, während heute an -Ausgedingleuten, Rentnern und Hausbesitzern, Pensionisten, Pfründnern -und Almosenempfängern nur 23,5 Köpfe auf tausend gezählt werden. Allein -es ist offenbar, daß in einer Küchenwirtschaft für 1000 Personen es -gar nicht empfindlich ist, ob 23,5 oder 45 Mitesser mithalten und die -anderen Bedürfnisse fallen nicht sehr in die Waagschale, wenn Wohnungen -genug vorhanden sind. - -Daß der Arbeitstag für manche Berufe, wie insbesondere für die -Bergarbeit, unter 8 Stunden herabgesetzt werden kann, ist evident, -aber es ist davon hier nicht weiter die Rede, weil die Verminderung -der Arbeitszeit zu jenen Benefizien gehört, von welchen in VIII, 9, m, -gesprochen wird. - -Wenn auch Kinder und junge Leute unter 18 Jahren von der geregelten -Arbeit befreit sein sollen, so wird man ihnen doch, wie in VII, 5, -bemerkt wurde, aus erziehlichen Gründen eine mäßige Arbeit auferlegen. - - -d) Arbeitszuweisung. - -Bei der Arbeitszuweisung wird man in jedem Berufe auf Geschlecht und -Alter Rücksicht nehmen. Eine ganze Reihe von Arbeiten leichterer -Art, wie Hauswirtschaft, Erziehung, Krankenpflege, Gartenarbeit, -Milchwirtschaft und gewisse landwirtschaftliche Arbeiten wird man -den Frauen vorbehalten. Zum größten Teil ist das auch heute schon -durchgeführt. Man wird nicht leicht ein Bauernmädchen die Sense -schwingen sehen, wohl aber gehen die Mädchen neben den Mähern her und -breiten das geschnittene Gras aus. Im Lehrberufe und als Ärztin kann -sich die begabte Frau ebenso nützlich machen, wie der gleichbegabte -Mann. Auch in der Industrie sind viele Arbeiten durchaus passend für -die Frauen, so die Kleiderverfertigung und die Bedienung der Spinn- und -Webemaschinen. - -Man soll ferner bei den ungelernten Arbeitern auf das Alter Rücksicht -nehmen und den älteren Männern und Frauen das Lästige und Beschwerliche -ersparen und es den Jüngeren aufladen. - -Bei der Zuweisung der verschiedenen Arbeiten wird man zwei Gattungen -von Arbeiten unterscheiden. Die meisten Arbeiten sind von der Art, daß -sie niemand ablehnen, der Staat sie niemand verwehren kann. Das sind -die landwirtschaftlichen, die hauswirtschaftlichen Arbeiten und die -einfacheren gewerblichen Arbeiten. Dagegen gibt es Arbeiten, welche -eine größere Belastung der Arbeiter mit sich bringen und solche, welche -größere Vorstudien oder besondere Talente voraussetzen. Zu ersteren, -so zur Bergarbeit, darf niemand gezwungen werden, zu letzteren wird -niemand zugelassen, der nicht die Bedingungen erfüllt, welche der -Staat daran knüpft und unter Personen, die qualifiziert sind, wird -jener bestellt, welcher als tüchtiger erkannt wird. Bei der Berufswahl -wird auch das Gutachten der Ärzte eingeholt. Es gibt junge Leute, die -sich nicht für den Tischlerberuf eignen, weil sie zur Tuberkulose -hinneigen. Solche werden diesem Berufe nicht zugewiesen und, wenn -ihnen das Gutachten mitgeteilt wird, werden sie sicher einverstanden -sein, einen Beruf zu meiden, der ihnen größere Gefahr bringt. Es ist -bekannt, daß die Arbeiten in Zündhölzchenfabriken ungefährlich sind, -wenn gewisse Phosphorarten verwendet werden. Wegen der erbärmlichen -sozialen Zustände in Österreich war es bisher nicht möglich, das Verbot -durchzusetzen, anderen Phosphor zu verwenden. - -Im allgemeinen wird jeder für den landwirtschaftlichen oder -hauswirtschaftlichen =und= irgend einen gewerblichen Beruf ausgebildet, -weil die Landwirtschaft im Sommer viele Arbeitskräfte, im Winter aber -wenig Arbeitskräfte erheischt. So wird dann jeder landwirtschaftliche -Arbeiter im Winter in irgend einer Industrie beschäftigt werden. Es -gibt keine Gewerbe, in welchem nicht ein Drittel der Arbeiten von -ungelernten Personen verrichtet werden kann. Bei den schwierigeren -Arbeiten sind die Abstufungen sehr groß. Vom Mechaniker geringster Art -bis zum Monteur oder zum Verfertiger optischer Apparate ist ein weiter -Weg. Darum wird im Gewerbe auch ein Vorwärtskommen eröffnet werden für -jene, die sich zu den feinsten Arbeiten qualifizieren. - -Für die höheren Berufe werden die Begabtesten in der Schule ermittelt -werden. Der Pädagoge und die Lehrer werden alle Talentierten schon in -der Schule ermuntern, sich durch hervorragende Leistungen auszuzeichnen -und eine solche Betätigung wird der einzige Weg zum Verwaltungs-, -Lehr- oder Sanitätsdienst sein. Doch soll die höhere Schulbildung -nicht der einzige Weg sein, um zu hohen Ehren und glänzender Stellung -zu gelangen. Auch aus den Arbeiterkreisen werden Forscher, Künstler -und Erfinder hervorgehen, welche niemals eine höhere Schule absolviert -haben. Dagegen soll Geburt niemals einen Anspruch auf höhere Stellen -gewähren und die Glieder der monarchischen und adeligen Familien sollen -von allen Stellen im Staatsdienst ausgeschlossen sein, wenn sie nicht -auf ihre erbliche Stellung für sich und ihre Nachkommen verzichten. -Auch soll jedem Hochbegabten gestattet werden, die Hochschule -nachzuholen, wenn seine Begabung erst nach seiner Einstellung in den -landwirtschaftlichen oder gewerblichen Beruf erkannt wird. - -=Der oberste Verteilungsgrundsatz soll sein, daß jedem in seinem Berufe -die Möglichkeit geboten werden soll, das höchste Alter zu erreichen, -das ihm nach seiner Konstitution zu erreichen möglich ist.= Darum -muß bei der Arbeitsverteilung dahin gewirkt werden, daß kein Beruf -überlastet wird und wenn in einem Berufe eine größere Sterblichkeit -konstant beobachtet wird, sollen solche Erleichterungen im Dienste -und solche Vermehrung der Genüsse gestattet werden, daß ein Ausgleich -erzielt wird. - -Selbstverständlich hat die Verwaltung die größten Anstrengungen zu -machen, alle Schädlichkeiten der Berufe zu bekämpfen. - -Es wurde oben bemerkt, daß es Berufe gibt, zu welchen niemand gezwungen -werden kann, wie zum Bergbau. Findet sich nun niemand zu einem solche -Berufe, so wird es in der Regel Sache der Staatsverwaltung sein, einem -solchen Berufe solche Begünstigungen zuzuwenden, daß sich Bewerber -melden. In der Regel werden diese Begünstigungen in einer Verkürzung -der Arbeitszeit bestehen. Hat nun jemand sich zu einem solche Berufe -bereit erklärt, so entsteht ein Vertragsverhältnis, welches nicht -willkürlich gestört werden kann. - -Doch wäre das nicht der einzige Weg, um die Erzeugung der Güter -sicherzustellen, welche in solchen Berufen erzeugt werden. Man könnte -Ausländer dingen, welchen man das Staatsbürgerrecht nicht erteilt und -welche nur auf Naturalverpflegung und kleinen Lohn Anspruch haben und -man könnte solche Güter auch vom Auslande im Handel erwerben, oder die -Bergwerke gegen einen in Produkten zu entrichtenden Pachtschilling an -Ausländer verpachten, was aber schwer ausführbar wäre. Endlich verweise -ich auf VII, 2, _Alinea_: »Noch wichtiger wäre«. - -Ob einem Arbeiter die Zeit der Krankheit in die Arbeitszeit -eingerechnet wird, hängt davon ab, ob ihm ein Verschulden an seiner -Krankheit nachgewiesen werden kann oder nicht. - -Im Falle der Einstellung einer Produktion, sei der Anlaß welcher -immer, hat der Staat für andere Arbeit zu sorgen. Insofern ein Ersatz -nicht sofort möglich ist, wird man die unbeschäftigten Arbeiter -beurlauben und ihnen diesen Urlaub später anrechnen. Sie werden dann in -verwandten Berufen beschäftigt, z. B. Metallarbeiter in einem anderen -Produktionszweige der Metallindustrie, und bei den sich so ergebenden -Verschiebungen können Arbeitskräfte der geringsten Art aus der -gewerblichen Produktion in die landwirtschaftliche Produktion versetzt -werden. So trägt der Staat die Gefahr der Arbeitslosigkeit allein. -Strike, nämlich völlige Arbeitsverweigerung, werden nicht geduldet, die -Arbeit ist Pflicht, und wer nicht aus dem Kollektivverbande ausscheiden -will, I, _Alinea_: »Die Rechtsgrundsätze für die kommende Zeit«, wird -zur Arbeit gezwungen. Remonstrationen über unverhältnismäßige Belastung -in einem Produktionszweige müssen auf das gewissenhafteste geprüft -und gerechten Beschwerden abgeholfen werden. Inwiefern die Arbeit in -einem bestimmten Berufe verweigert werden kann, bestimmen die Gesetze. -Wer sich zu beschwerlichen Berufen bedingungsweise verstanden hat, -wird wenigstens auf eine bestimmte Zeit gebunden sein und nicht ganz -willkürlich ausstehen dürfen. - - -2. Die Verteilung der Güter. - -Hier ist nicht nur von Sachgütern die Rede, sondern auch vom Genusse -der persönlichen Dienstleistungen. Ich verstehe hier unter persönlichen -Dienstleistungen jede Arbeit, welche nicht auf Erzeugung oder -Wiederherstellung von Sachen gerichtet ist. - -Auch für die Verteilung der Güter ist der allgemeine Grundsatz -maßgebend, daß jedem in seinem Berufe die Möglichkeit geboten werde, -das höchste Alter zu erreichen, das ihm nach seiner Konstitution zu -erreichen möglich ist. Wenn nun hierzu irgend ein Aufwand von Sachen -erforderlich ist, muß er gemacht werden. Insbesondere muß die Nahrung -darauf berechnet sein, dem Körper einen vollkommenen Ersatz für die in -der Arbeit eingesetzten Kräfte zu bieten. Nach diesem Grundsatze könnte -etwa der Bauer mehr Fett, der geistige Arbeiter mehr Fleischnahrung -oder Stimulantien beanspruchen. - -Es ist bereits wiederholt bemerkt worden, daß es volkswirtschaftlich -begründet ist, einen Teil des jährlichen Volkseinkommens zur Entlohnung -größerer und höherer Verdienste, besonders in wissenschaftlichen und -künstlerischen Berufen auszuscheiden. Es wird sich da einerseits um -bestimmte Arten von Gütern, andererseits um einen prozentuell höheren -Anteil an den für die allgemeine Verteilung bestimmten Gütern handeln. -Alle übrigen Güter sollen gleichmäßig, nach Köpfen, verteilt werden, -aber mit Rücksicht auf Alter, Geschlecht und im Berufe gelegene -Bedürfnisse und auf Klima. - -Gewisse Gebrauchsgegenstände, wie wissenschaftliche Apparate und -musikalische Instrumente, werden zunächst zur Ausrüstung der Personen, -die davon berufsmäßig Gebrauch machen müssen, also im staatlichen -Organismus angestellter Forscher, Künstler und Musiker, dann nach -Verhältnis des Interesses der Bevölkerung für Kunst und Wissenschaft -in den einzelnen Bezirken verteilt. Die Bedeutung der berufsmäßigen -Forscher und Künstler wird darüber entscheiden, wem die kostbarsten -Instrumente, z. B. alte berühmte Geigen, zum Gebrauche überlassen -werden, und ebenso wird die Verwaltung[45] seltene Apparate und -Instrumente nur jenen zum Gebrauche überlassen, welchen eine nützliche -Verwendung zugetraut werden kann. Dabei wird man auf die Gutachten der -staatlich anerkannten Vereine und der Fachunterrichtspersonen Rücksicht -nehmen, und wenn man sich getäuscht hat, die Instrumente anderen -überlassen. - - [45] Da es seltene Instrumente gibt, die nicht in so großen - Mengen erzeugt werden, daß sie in jeder Gemeinde zur - Verteilung gelangen können, wird deren Zuweisung den - Bezirks- oder Kreisbeamten zu überlassen sein. - -Auf die Minimalversorgung hat auch der Arbeitsunfähige Anspruch. - - - - -XII. - -Die Beziehungen des Kollektivstaates zum Auslande. - - -Diese Beziehungen werden hier nur insofern näher untersucht, als -es sich um Auslandsstaaten handelt, welche noch die Geldwirtschaft -aufrecht erhalten; denn der erste Staat, der sich kollektivistisch -organisiert, hat es nur mit solchen Staaten zu tun. Bilden sich nach -und nach auch andre Kollektivstaaten, so werden sie internationale -Vereinbarungen treffen, welche den Reiseverkehr, den Austausch von -Gütern und die Auswanderung, vielleicht auch Versicherung gegen -Mißwachs betreffen. - -Dieser Abschnitt behandelt den Gütertausch mit Auslandsstaaten -der heutigen Gesellschaftsordnung, den Reiseverkehr, die Aus- und -Einwanderung und die territoriale Integrität. - - -1. Der Güteraustausch mit ausländischen Staaten. - -Da der Kollektivstaat Alleineigentümer aller Güter im Staate ist, kann -er den Nachbarstaaten gegenüber wie eine ausländische Privatperson -angesehen werden. Nur er kann österreichische Güter an das Ausland -verkaufen und, von einigen Ausnahmen, die unten erwähnt werden, -abgesehen, nur für ihn können im Auslande Güter erworben werden. -Obwohl er selbst im Inlande keine Geldwirtschaft kennt, kann er -aus geldwirtschaftlichen Staaten nur gegen Zahlung Güter erwerben, -und darum kann er nach solchen Staaten auch nur gegen Zahlung Güter -überlassen. Er kann sich hierbei irgend einer ausländischen Währung -bedienen, und er wird keine heimatliche Währung einführen. Würde er -von jedem Staate nur so viel Güter erwerben, als er dem Werte nach -dahin verkauft, so würden die Forderungen, die er in dieser Währung -erwirbt, zur Berichtigung seiner Schuld an die Bürger dieses Staates -gerade hinreichen. Allein es ist nicht möglich, den Güterverkehr mit -ausländischen Staaten so einzurichten, daß sich Schuld und Forderung -in jedem Lande ausgleichen. Die Handelsbilanz wird in der Regel einem -Staate gegenüber aktiv, einem anderen Staate gegenüber passiv sein. -Das bedingt dann auch, daß seine Forderungen und Schulden aus dem -Güterverkehr in den verschiedensten Währungen kontrahiert werden. -Allein das macht es nur notwendig, daß die erworbenen Valuten, soweit -es zum Ausgleich notwendig ist, verwertet werden. Dabei wird der Staat -ein Jahr etwas gewinnen, das andere vielleicht etwas verlieren, was -aber von keinem Belange ist. Die Verwaltung wird hierbei wahrscheinlich -im Vorteil sein, weil bei dem Überblicke über so ungeheure Mengen von -Transaktionen ein Urteil gewonnen wird, das ein kleiner Händler nie -erwirbt. - -Die Frage, welche Art von Gütern verkauft und erworben werden dürfen, -ist Gegenstand der Volksbeschlüsse. Dabei wird man nicht so engherzig -vorgehen, daß man mit ganz offenen Karten spielte und das Ausland genau -wüßte, was der Kollektivstaat kaufen und verkaufen muß. Man wird aber -den ausländischen Geschäftsleuten gegenüber im Vorteil sein, weil der -Kollektivstaat die »stärkste Hand« ist. - -Der Kollektivstaat wird niemals ein Zollgesetz erlassen, weil er damit -nur sich selbst besteuern würde und die Einfuhrserschwernis der Zölle -dadurch aufgewogen wird, daß nur er als Käufer für sein Staatsgebiet -auftreten kann, also keine Einfuhr denkbar ist, welche ihm nicht bequem -wäre. Ob der Kollektivstaat den internationalen Kauf und Verkauf durch -Agenten oder Staatsbeamte besorgen läßt, ist eine Frage, die wohl hier -nicht zur Entscheidung zu bringen ist. - -Wenn Kunstgegenstände des freien, nicht berufsmäßigen Schaffens, -VIII, 5, oder den Schriftstellern zugestandene Freiexemplare auf -Verlangen der Schöpfer und Schriftsteller und mit Einwilligung -der Staatsverwaltung geschenkweise ins Ausland gehen, so soll die -Einwilligung der Staatsverwaltung auf diesen Gegenständen ersichtlich -gemacht werden. - - -2. Der Reiseverkehr mit dem Auslande. - -Mit dem Reiseverkehr wird es ebenso gehalten, wie mit dem Gütertausch. -Der Ausländer, der in Österreich reist, muß dafür in der Währung seiner -Heimat zahlen, und so erwirbt der Staat die Mittel, um die Reisen -seiner Bürger im Auslande zu bestreiten. - -Für die Fremden gelten folgende Rücksichten. Der Staat hat sich -dagegen sicherzustellen, daß die im Inlande reisenden Ausländer -keine ansteckenden Krankheiten einschleppen und sonst keinen Schaden -anrichten. Praktisch wäre es durchaus tunlich, alle Fremden an der -Grenze einer genauen ärztlichen Untersuchung zu unterwerfen. Allein -Fremden von einigem Ansehen gegenüber wird man davon absehen, um den -Reiseverkehr nicht zu erschweren. Arbeiter und andere Personen, welche -minder anspruchsvoll sind, mögen wohl einer ärztlichen Untersuchung -unterzogen werden. Fremde, die keine volle Sicherheit in dieser -Hinsicht gewähren, werden in den Orten ihres Aufenthaltes so behandelt -werden, daß die Gefahr der Übertragung einer Krankheit abgewendet -wird. Es könnte auch ein Gesetz erlassen und in allen Auslandsstaaten -verlautbart werden, daß Reisende, die sich einer ansteckenden Krankheit -bewußt sind und eine Ansteckung im Inlande verschulden, einer strengen -Bestrafung unterzogen werden. - -Es wird genau vorgeschrieben werden, auf welche Art die Ausländer, -welche im Kollektivstaate reisen, sich zu legitimieren haben, und -man wird wahrscheinlich Legitimationskarten fordern, welche die -Photographie des Reisenden enthalten, und dasselbe wird von seiner -Begleitung gelten. - -Man würde vielleicht gut tun, Fremde, welche im Inlande reisen, -an der Grenze zu verhalten, ihre Barschaft und Kostbarkeiten zu -deponieren. Doch scheint es, daß die Furcht vor dem ausländischen -Gelde nicht begründet wäre und daß die Kontrolle über die Güter des -Kollektivbesitzes jede unredliche Veräußerung unmöglich machte. Auch -eine Bestechung wird man aus diesem Grunde nicht zu fürchten haben, und -es ist zu bedenken, daß die Ausnahmslosigkeit des Staatseigentumes das -Recht geben würde, das Geld, das man im Besitze eines Inländers findet, -zu konfiszieren. - -Für den Reiseverkehr im Inlande könnte man Kategorien einführen. Die -geringste Kategorie wäre für Fußgänger, welche nur in Urgemeinden oder -Bezirksvororten Unterkunft nehmen, und die Kreisstädte, Provinzstädte -und die Reichshauptstadt nicht betreten würden. Sie hätten auf alles -Anspruch, was die Masse der inländischen Bevölkerung zu genießen befugt -ist. Da diese aber durch Arbeit dafür bezahlt hat, muß der Ausländer -für Unterkunft und Verpflegung in Geld bezahlen. Die Schuld würde, -da es sich um Kategorien handelt, durch eine nach Tagen berechnete -Summe berichtigt werden. Eine nächste Kategorie würde die Benützung -der Eisenbahn und Dampfschiffe und den Aufenthalt in Kreisstädten -mit dem Anspruche auf den Besuch von Theatern und Konzerten gewähren -und gleichfalls nach Tagen berechnet werden. Natürlich schlösse das -Recht der höheren Kategorie auch alles in sich, was mit der niederen -Kategorie verbunden ist. So ließen sich noch etwa zwei oder drei -höhere Kategorien schaffen. Indessen scheint es, daß man für besonders -anspruchsvolle Fremde, die auf großem Fuße zu reisen gewöhnt sind, -einen anderen Weg als den der Pauschalierung der Reisekosten wählen -könnte, und daß man ihnen die Möglichkeit eröffnen sollte, à la -carte zu speisen, Kunstgegenstände zu kaufen und nach allem nach -Belieben zu verlangen, in welchem Falle die Preise bestimmt werden -müßten. Ob nun die Rechnung in Barem an bestimmte Personen, z. B. den -Verwaltungsbeamten, oder durch Anweisungen auf das Depot, wovon oben -die Rede war, berichtigt werden soll, wäre zu prüfen. - -Selbstverständlich würden Fremde unter Umständen auch als Gäste zu -empfangen sein. Wenn ein wissenschaftlicher Kongreß im Kollektivstaat -abgehalten wird, werden die Teilnehmer von der Grenze an als Gäste des -Staatsoberhauptes, also des Staates reisen. - -Die durch die Reisen der Ausländer im Inlande erworbenen Mittel werden -in der Regel wieder dazu verwendet, um Österreicher im Auslande reisen -zu lassen. Cook hat uns bereits darüber belehrt, daß es auch eine -Unternehmung für Reisen gibt. Der Staat würde die meisten Reisen der -Inländer im Auslande als Unternehmer in Regie nehmen. Es können solche -Reisen in den verschiedensten Formen als Belohnung, zur Belehrung -und zu Unterrichtszwecken ermöglicht werden, und dabei wird der Staat -als Unternehmer auftreten. Personen von höchstem Range, Akademikern, -Ministern, Hochschulprofessoren, wird, wenn sie im Auslande reisen, -eine Summe Geldes angewiesen, nur mit der Einschränkung, daß das nicht -Verwendete wieder zurückerstattet wird, und daß die Verwendung nur für -Reisezwecke erfolgen dürfe. - -Man wird für inländische Studierende in mehreren großen Städten des -Auslandes Konvikte einrichten, wo sie volle Verpflegung erhalten. So -in Rom für Maler und Bildhauer, in Berlin, Paris, London für Ärzte -und Naturforscher usw., und ebenso kann man im Inlande für auswärtige -Studierende Pensionen einrichten. Es wäre wohl möglich, daß man eine -Erziehungs- und Unterrichtsindustrie für Ausländer betriebe. - -Was nun die jeweiligen Kassenvorräte anbelangt, so würden -vielleicht Kassen im Inlande eingerichtet werden, und zwar an den -Einbruchstationen. Die Zahl dieser Kassen würde eine kleine sein. -Außerdem würde man sich der ausländischen Banken bedienen, die das -Inkasso halten und Anweisungen honorieren würden. Man könnte auch für -diese Geldgebung eine öffentliche Rechnungslegung in nachstehender -Form einführen. Die Einnahmen der Einbruchstationen würden für jeden -Tag in einer Liste im Reichsblatt veröffentlicht und dann gleichfalls -getrennt nach den Kassaorten die Rückzahlungen und die Abführung an die -Staatszentralkasse tabellarisch verzeichnet. - - -3. Die Aus- und Einwanderung. - -Der Kollektivstaat würde eine überseeische Kolonie zu erwerben -trachten, welche er speziell für seine Zwecke einrichten, worin aber -Individualwirtschaft betrieben würde. Diese Kolonie würde besonders -dazu dienen, Inländer strafweise zu verbannen, so, wenn sie die -Propagationsgesetze, VII, 1, _Alinea_: »Zu den gesetzlichen Folgen«, -nicht beobachten. Auch soll solchen, die sich dem Kollektivzwang nicht -unterwerfen wollen, aber das Leben in der Kolonie der Auswanderung -vorziehen würden, die Möglichkeit eröffnet werden, in die Kolonie zu -übersiedeln. Wollen sie sich Altersversicherung vorbehalten, so müßten -sie eine Prämie bezahlen, weil sie in der Kolonie nur für eigene -Rechnung arbeiten. - -Inländern soll die Auswanderung freigestellt werden, nur vielleicht mit -der Beschränkung der vorherigen Erreichung eines bestimmten Alters, -wenn man annähme, daß mit dem dreißigsten oder fünfunddreißigsten -Jahre die Erziehungsschuld abgetragen ist. In sehr vorgeschrittenem -Alter könnte auch eine Auswanderungsprämie bezahlt werden, weil -die Auswanderung eine Verzichtleistung auf Altersversicherung in -sich schließt. Für die Einwanderung von Ausländern sind gesetzliche -Bestimmungen aufzustellen. Es werden gewisse körperliche und psychische -Eigenschaften zur Bedingung gemacht. Ob ein Einkauf stattfinden -müsse, wird auch zu bestimmen sein. Ob man gestatten soll, daß jemand -zugleich Kollektivbürger im Inlande und Besitzer eines Vermögens in -einem auswärtigen Staate sei, ein Fall, der bei Erfindern und großen -Künstlern und Schriftstellern sehr wohl vorkommen könnte, denn wenn -jemand ein epochemachendes Werk im Auslande auflegt, können ihm -wohl recht große Summen im Auslande zufallen, ist zwar zu erwägen, -allein eine engherzige Entscheidung wäre zu verwerfen. Nur wenn zu -befürchten wäre, daß ein Inländer eine solche im Auslande erworbene -wirtschaftliche Macht dazu mißbrauchen könnte, die Kollektivordnung zu -untergraben, müßte man sich dagegen schützen. Es wäre ein schlechtes -Zeugnis für den Kollektivismus, wenn so etwas möglich wäre. - -Wollte man die Grundsätze über das Staatseigentum und das staatliche -Obereigentum an den zu freiem Schaffen überlassenen Konsumtibilien auf -das strengste anwenden, so könnte man allerdings verlangen, daß alles, -was mit solchen Stoffen produziert wurde, dem Staate verbliebe, ja, man -könnte ein Manuskript, das auf Papier des Kollektivstaates geschrieben -ist, wenn ein Kollektivbürger es im Auslande verwerten wollte, als -veruntreut vindizieren, aber das wäre eine engherzige Tiftelei und -würde einer Sklaverei sehr ähnlich sehen. Der Sklave erwirbt immer für -seinen Herrn. - -Doch könnte man den Grundsatz einprägen, daß der Bürger alles, was -er schafft, seinem Vaterlande überlassen und daß, wer damit nicht -einverstanden ist, vorher auswandern solle, ehe er für seine Person -erwirbt. - -Denken wir, ein Inländer sendet Aufsätze an auswärtige Zeitschriften, -für welche ihm ein Honorar zugesendet wird, ein Inländer beteiligt -sich an einer ausländischen Konkurrenz für Monumentalbauten, für -Eisenbahnprojekte, für die Einrichtung einer Fabrik und er würde -mit einem Preise bedacht oder ein Inländer nähme, was während der -arbeitspflichtigen Zeit die Beurlaubung voraussetzen würde, eine -auswärtige Professur oder ein Engagement für eine Konzerttournee an, -er schaffe im Auslande Meisterwerke der Malerei oder Skulptur; sollte -er den Lohn nicht für sich behalten? Allerdings kann man sagen, das -Vaterland hat dich ausgebildet, dir die Mittel gegeben, Künstler zu -werden, du bist ein Teil des Ganzen. Aber das dürfte doch nur als -sittliche Erwägung, als Dankbarkeit und als Patriotismus in Betracht -kommen. Vielleicht könnte man fordern, daß der Erwerbssüchtige zwar -den Lohn, der in barem erworben wird, dem Kollektivstaate überlasse, -aber sich ein Äquivalent in Genüssen bedinge. Doch man wird immer zu -fürchten haben, daß ein Inländer von diesen Grundsätzen abweicht und -sich insgeheim direkt mit dem Auslande abfindet, wenngleich er nichts, -weder Kunstwerke noch Manuskripte, anders, als durch Vermittlung der -staatlichen Verkehrsanstalten, ins Ausland senden kann. Jedenfalls -ist der Besitz von Geld, wenn damit kein Mißbrauch gemacht wird, -und die Verwertung der in freiem Schaffen hervorgebrachten Werte für -egoistische Zwecke vielleicht als Schmutzerei zu betrachten, aber doch -nicht als Rechtsverletzung. Etwas anderes wäre, wenn man mit dem Gelde -Mißbrauch machte, jemand zur diebischen Veräußerung von Staatsgut -verleitete oder das Geld sonst zu einer Bestechung verwendete. Dann -würde allerdings ein Verbrechen begangen, das Strafe und Konfiskation -rechtfertigen würde, wie auch wenn sich jemand des Zeitdiebstahls -schuldig machte, um fürs Ausland zu arbeiten. - -Daß aber die Summe der dadurch veranlaßten Beschädigungen des Staates -auch nur im Entferntesten jene Vorteile aufwiegen könnte, die der -Kollektivismus im Gefolge hätte, ist doch undenkbar. Und darum kann -man niemals behaupten, solche Schwierigkeiten bewiesen, daß ein Staat -nicht allein zum Kollektivismus übergehen könne, oder er müsse sich vom -Auslande abschließen. Will man vernünftig maßhalten, so wird man vor -Manchem ein Auge zumachen. Würde man aber solche Egoisten ins Ausland -verbannen, so würde das wahrscheinlich als schwere Strafe empfunden, -denn das würde Trennung von vielen Freunden und Verwandten und von so -viel Schönem und Herrlichem bedeuten und einem solchen Ausgeschlossenen -würde man auch das Reisen im Inlande verwehren, wenn er auch dafür -bezahlen wollte. - -Es ist übrigens zu erwarten, daß, wenn der Kollektivismus einmal -in einem Staate durchgeführt wäre, diese Wirtschaftsform bald auch -auf die Nachbarländer übergreifen würde und so werden die kleinen -Schwierigkeiten, welche das Nebeneinanderbestehen von Ländern -verschiedener Gesellschaftsordnungen verursachen kann, nicht lange -währen. - -Abgesehen von der Einwanderung und vom Reiseverkehr der Ausländer -im Inlande ist noch eine dritte Beziehung zu Ausländern ins Auge zu -fassen. Es können auch Ausländer in ein Arbeits- oder Dienstverhältnis -zum Kollektivstaat treten. Man kann sowohl Arbeiten der geringsten -Art Ausländern überlassen, als auch Arbeitsleistungen der höchsten Art -Ausländern übertragen. Handelt es sich um Arbeiten, die den Aufenthalt -im Kollektivstaat nicht bedingen, wie die Veredlung von Waren, z. B. -das Bedrucken österreichischer Webwaren, oder die Ausarbeitung von -Projekten, die Herstellung von Kunstwerken, oder schriftstellerische -Arbeiten, so wäre das der Kauf einer Arbeit im Auslande, wofür -vereinbarte Zahlungen zu leisten sein werden. Hierbei kann es -vorkommen, daß der Kollektivstaat der ausländischen Jurisdiktion -unterworfen wird. Dieser hat er sich zu fügen, wenn auch keine -Exekutionsobjekte sich im Jurisdiktionslande befinden. Das wäre eine -Frage des Kredits, den der Kollektivstaat aufrechterhalten muß. - -Ist aber die Arbeit im Inlande zu leisten, zum Beispiele, wenn -Ausländer eine Erd- oder Maurerarbeit im Kollektivstaat übernehmen, -oder sich als Bergleute verdingen, oder wenn ausländische Ärzte im -Kollektivstaate an ein Krankenbett gerufen werden, wenn ausländische -Gelehrte im Kollektivstaate eine Kanzel annehmen, wenn ein Ausländer -die Leitung einer österreichischen Fabrik übernähme usw., so wird man -Verträge schließen, welche Art von Verpflegung man den Ausländern zu -gewähren hat und welche Restzahlung sie zu beanspruchen haben. Für die -daraus entstehenden wechselseitigen privatrechtlichen Ansprüche könnte -ein Schiedsgericht bestellt werden, wenn die ausländischen Gerichte, -die über solche privatrechtliche Beziehungen zu urteilen hätten, als -befangen angesehen würden. - -Es ist sehr wohl möglich, daß diese Art der Verwendung von Ausländern -sich als sehr nützlich erwiese, besonders für Arbeiten, welche sehr -gesundheitsschädlich sind und welche sich Inländer zu übernehmen -scheuen. Auch kann dadurch die ausländische Intelligenz für -Inlandszwecke verwertet werden. Doch verwickelt das die Verhältnisse, -da ausländische Erdarbeiter vielleicht eine polizeiliche Überwachung -nötig machen würden. Freilich erleichterte der staatliche Organismus -diese Überwachung außerordentlich. - - -4. Politische Beziehungen zum Auslande und Landesverteidigung. - -Der Kollektivstaat würde sich vor allem neutral erklären und die -Anerkennung dieser Neutralität im Auslande anstreben. Er würde nur -Verträge wirtschaftlicher Natur mit Auslandsstaaten abschließen und -es wird auf eine Bemerkung über das Patentwesen in VIII, 8, _Alinea_: -»Da nun dem Staate« verwiesen, welche ein solches wirtschaftliches -Interesse berührt, das Gegenstand eines internationalen Vertrages -werden könnte. - -Allianzverträge könnten mit Auslandsstaaten nur zum Schutze der -Reichsintegrität geschlossen werden und es würde kaum möglich sein, -dafür auch bewaffneten Schutz des Kontrahenten zu versprechen. Man kann -kaum annehmen, daß irgend ein Allianzvertrag, der dem Kontrahenten das -Recht bewaffneten Einschreitens auf inländischem Gebiete gewährte, im -Interesse eines Kollektivstaates gelegen sein könnte. Noch viel weniger -könnte ein solcher Staat an eine Offensivallianz denken. Ein Interesse -könnte der Kollektivstaat haben, seine Waren, die er zu exportieren -wünscht, gegen hohe Einfuhrzölle zu schützen, aber da er selbst keine -Zölle hat, auf die er im Kompensationswege verzichten könnte, fehlt -es ihm an einem Gegenwerte, welcher geboten werden könnte. Es wird -also die Herabsetzung von Zöllen nur von dem Interesse der Bürger des -Auslandsstaates abhängen und von dem Gedanken eingegeben werden können, -den Absatz von Waren an den Kollektivstaat zu erleichtern. Aber auch -diesen Absatz kann der Kollektivstaat nicht vertragsmäßig zugestehen, -daher Zollverträge kaum zustande kommen werden. Selbstverständlich wird -ein solcher Staat, der nur an die Volkswohlfahrt denkt, sich beeilen, -Schiedsgerichtsverträge mit auswärtigen Staaten abzuschließen und -auch solche Fälle nicht vorbehalten, wo die Nationalehre in Betracht -kommt. Und so werden die Gefahren eines auswärtigen Krieges tunlichst -beschworen. - -Bezüglich des Schutzes seines Eigentums und seiner Vertragsrechte im -Auslande wird der Kollektivstaat einem Privaten gleichzuhalten sein. So -wenn ein Dieb oder ein ungetreuer Beamter Staatseigentum ins Ausland -verschleppte. Ist die Vindikation nach der Natur der entwendeten -Sachen möglich, so wird der Eigentumsanspruch geltend gemacht. Bei -vertretbaren Sachen wird der Kollektivstaat auf den Schadenersatz -angewiesen sein. - -Es muß noch die Landesverteidigung besprochen werden für den Fall, -als trotz der Neutralitätserklärung, und trotz der Verzichtleistung -auf politische Ansprüche im Auslande ein Angriff auf das Reichsgebiet -von Seiten eines Auslandsstaates stattfände. Es ist zwar anzunehmen, -daß der Kollektivstaat die Habsucht und den Neid der herrschenden -Klassen in den Nachbarstaaten weniger herausfordert, als ein -Staatswesen, welches nicht kollektivistisch organisiert ist, weil sie, -um im eroberten Gebiete nach ihrem Sinne zu wirtschaften, gewaltige -Umgestaltungen vornehmen müßten und diese Wiederherstellung veralteter -Zustände gewaltige Schwierigkeiten böte. Auch ist, wie sich zeigen -wird, nicht nur der Sieg über einen kollektivistisch organisierten -und auf den Krieg vorbereiteten Staat viel unwahrscheinlicher, als der -Sieg über einen Staat der alten Gesellschaftsordnung, sondern auch die -Gefahr gerade für die kriegslustigen Bewohner des angreifenden Staates -für den Fall des Unterliegens viel größer. Denn wenn der Kollektivstaat -angegriffen wird und den Angreifer überwindet, so liegt es in der -Natur der Sache, daß der Sieger im unterliegenden Staatswesen den -Kollektivismus zwangsweise durchführt und die herrschenden Klassen -ihrer Vorrechte beraubt. Auch kann er die am Ausbruche des Krieges -schuldtragenden Personen wie Räuber und Diebe bestrafen. - -Trotzdem wird bei einem Nebeneinanderleben zweier Völker, von welchen -nur eines kollektivistisch organisiert ist, für dieses erst recht der -Grundsatz gelten: _Si vis pacem para bellum_. Der Kollektivstaat wird -also alles vorzubereiten haben, was im Kriegsfalle nicht binnen wenigen -Tagen hergestellt werden kann. - -Es ist zweifelhaft, ob stabile Befestigungen hierher zu rechnen -sind, da deren Wert nicht groß zu sein scheint und im Zukunftskriege -passagere Befestigungen vielleicht eine größere Rolle spielen -werden, haben sie aber noch einen Wert, so wird man es daran nicht -fehlen lassen. Aber unzweifelhaft müssen Waffen bester Art und -Munition reichlich vorhanden und die waffenfähigen Bewohner des -Staates mit deren Gebrauch auf das Beste vertraut gemacht werden. -Das Menschenmaterial ist tüchtiger und widerstandsfähiger, die -Kriegstüchtigen zahlreicher. Sie haben mehr Vaterlandsliebe und ihre -Interessen sind mit dem Bestande des Staates enger verknüpft. Auch -die hohe Intelligenz eines solchen Volkes erhöht seine Wehrfähigkeit. -Es wird nicht notwendig sein, ein Heer im Frieden auf den Beinen -zu halten, wenn man auch jährliche Waffenübungen abhalten wird. Das -Milizsystem wird sich für solche Staaten jedenfalls besser empfehlen, -als ein stehendes Heer. - -Kriegsschulen zu halten, wird sich wohl empfehlen, obschon die -Erfahrung im Burenkriege zu beweisen scheint, daß für die Führung im -Kriege angeborene Begabung wichtiger ist, als die Ausbildung in den -Kriegsschulen. Auch der amerikanisch-spanische Krieg, mehr noch der -nationale Krieg in Frankreich unter Napoleon I., der zwar selbst ein -wissenschaftlich Gebildeter war, aber eine Reihe ganz ungebildeter -Leute ihrer angeborenen Begabung wegen zu Marschällen gemacht hat, -spricht nicht für einen hohen Wert der Kriegswissenschaft. Da sich aber -kriegerische Talente erst im Kriege bemerkbar machen können, braucht -man wenigstens für die Einleitung des Kriegs kriegswissenschaftlich -ausgebildete Führer, die erst nach und nach durch geniale Neophyten -ersetzt werden können. - -Vor allem hat der Kollektivstaat vor anderen Staaten für den Krieg -voraus, daß er Alleineigentümer aller Güter ist, also keine Zeit -damit zu verlieren braucht, Lieferungsverträge abzuschließen und sich -nicht in die Hand von Lieferanten zu geben braucht, die nicht nur den -Staat bewuchern, sondern auch durch Verzögerungen und Unpünktlichkeit -großes Unheil anrichten können. Die Zentralverwaltung kennt genau die -Lagerorte aller Kriegserfordernisse und kann innerhalb weniger Stunden -telegraphische Anweisung geben, wohin sie zu schaffen sind. - -Der ganze Verwaltungsapparat ist auch im Frieden ein großer -Intendanzdienst und ehe drei Stunden ablaufen, ist jeder Mann im -Lande von der Kriegserklärung verständigt und auf dem Wege zu den -Sammelplätzen, wo zugleich mit den Marschbefehlen die Transportmittel -eintreffen. Es ist nicht einzusehen, was in einem solchen Lande hindern -sollte, am zweiten Tage der Mobilisierung einen Teil der Armee über die -Grenze gehen und den Rest in den nächsten Tagen staffelweise nachrücken -zu lassen. Es ist ganz unmöglich, daß ein Staat, der nach der alten -Gesellschaftsordnung verwaltet wird, in der Mobilisierung mit einem -Kollektivstaate Schritt halten könnte, es wird also immer der letztere -sein, der in das Feindesland eindringt. Dort kann er zwar nicht mit -Hartgeld bezahlen, aber nichts kann ihn hindern, dort Zwangspapiergeld -auf die im Feindeslande kursierende Währung lautend in Umlauf zu setzen -und auch das dort in Umlauf befindliche Geld gegen sein Papiergeld -zwangsweise einzutauschen. Er braucht demnach kein Anlehen aufzunehmen, -um die Requisitionen bar zu bezahlen, denn mit dem durch den Einmarsch -erworbenen Verwaltungsrechte ist auch die Geldhoheit verbunden, welche -das Recht gibt, das Zahlungsmittel, welches gesetzlichen Umlauf -hat, zu bestimmen. Im Falle des Sieges wird dem Überwundenen die -Einlösung dieses Papiergeldes oder dessen Anerkennung als gesetzliches -Zahlungsmittel auferlegt. Freilich hat in einem solchen Kriege auch der -Feind den Vorteil, daß er im Kollektivstaat alles, was er findet, als -gute Beute nehmen kann, weil alles Staatseigentum ist, wobei aber das -Nachfolgende zu berücksichtigen ist. - -Ein anderer Vorteil, nämlich auf Seite des Kollektivstaates, ist die -Möglichkeit, die gefährdeten Grenzdistrikte vollständig zu räumen und -auch von allen im Kriege erforderlichen Gütern so zu entblößen, daß -der Feind, wenn er den Verteidiger doch zu werfen und in sein Land -einzudringen vermöchte, gezwungen wäre, sich bloß aus den eigenen -Nachschüben zu verproviantieren, was ihm enorme Schwierigkeiten -verursacht und rasches Vordringen unmöglich macht. Da nämlich alle -Güter Staatseigentum sind und alle Produktionszweige vom Staate -betrieben werden, so kann die Verwaltung alle Frauen und Kinder, sowie -die nicht streitbaren Männer, aber auch alle Vorräte und das Vieh -in das Innere des Reiches zurückziehen, wo jeder sofort Unterkunft, -Nahrung und Arbeit findet. Wer diese Reise zu Fuß machen kann, -marschiert nach dem Innern und wer auf Transportmittel angewiesen ist, -wird um so leichter nach dem Innern befördert werden können, als die -Transportmittel, welche Truppen und Kriegsmaterial nach der Grenze -bringen, sonst leer zurückgehen müßten. Auf dieselbe Art wird man alles -nach dem Inneren bringen, was nicht zum Unterhalte der eigenen Armee -nötig ist und der Feind im Falle seines Einmarsches für seine Zwecke -brauchen könnte. - -Kann das Grenzgebiet von der nicht streitbaren Bevölkerung ganz geräumt -werden, so wird der einbrechende Feind keinen Führer finden und den -Kundschafterdienst nicht organisieren können, wofür übrigens der Bürger -eines Kollektivstaates auch nicht zu gewinnen wäre. - -So hat es den Anschein, als ob im Kriegsfalle zwischen Kollektivstaaten -und anders organisierten Staaten alle Vorteile auf Seiten der ersteren -wäre, abgesehen davon, daß der Kollektivstaat die Sympathien der -Bevölkerung des angreifenden Nachbarstaates auf seiner Seite hätte, -die im Siege des Kollektivismus ihre Erlösung sehen muß. Siegt der -Kollektivismus, so wird er das bezwungene Land so lange verwalten, -bis auch dort das Kollektivprinzip durchgeführt ist und er wird sich -aus den Vorräten des Gegners alles ersetzen, was er für den Krieg hat -aufwenden müssen. Die Kriegsentschädigung wird auch für allen jenen -Schaden zu leisten sein, der aus der Verminderung der arbeitsfähigen -männlichen Bevölkerung durch Tod oder Verwundung entstanden ist. -Freilich rechtfertigt diese Betrachtung von dem Machtzuwachs, den -der Staat durch den Übergang zum Kollektivismus erlangen würde, die -Befürchtung, daß die Nachbarstaaten diese Umwandlung zum Anlasse eines -Krieges machen könnten. Allein dagegen wäre wieder eine Hoffnung darauf -zu setzen, daß diese Macht, weil sie nur für die Verteidigung ins Spiel -gebracht würde, nichts Herausforderndes hat und daß kein Nachbar einen -Angriff von Seiten des Kollektivstaates zu fürchten hätte. Auch läge es -für auswärtige Staaten näher, das, was dem Nachbar einen Machtzuwachs -bringen muß, nachzuahmen, als ihn zu bekriegen. - - - - -XIII. - -Vorteile und Nachteile des Kollektivismus. - - -Nach dem, was in diesem Werke dargelegt wurde, scheint es gewiß zu -sein, daß der Kollektivismus, so gehandhabt, wie hier vorgeschlagen -wurde, nur Vorteile für die Gesellschaft und für jeden Einzelnen hätte. -Freilich kann der Kollektivismus, wenn der kollektivistische Staat -anders eingerichtet wird, ebenso verderblich sein, wie ja auch das -Privatvermögen in den Händen eines Weisen sich sehr nützlich machen -kann, in den Händen eines Wüstlings oder Fanatikers aber verderblich -wirken wird. Wird der Kollektivismus ins Leben gerufen durch Toren -oder Betrüger, welche dem Arbeiter das Ideal einer zweistündigen -Arbeitsdauer vorschwindeln, so wird allerdings das allgemeine Elend -die Folge sein und bemächtigen sich die Jesuiten, Paraguays gedenkend, -des kollektivistischen Ideals, so kann geistloser Pietismus an die -Stelle unserer Kultur treten. Ich suche durch den Kollektivismus den -modernen Staat auszugestalten, der mir von allen Einrichtungen, von -welchen uns die Geschichte berichtet, das Herrlichste scheint, derzeit -nur eingeschnürt in die Fesseln einer veralteten Gesellschaftsordnung -und darum an der Erfüllung seiner Mission gehindert. Alles, was ich -anstrebe, strebt der moderne Staat an, aber in Anbetracht seiner -beschränkten Mittel unvollkommen und schwächlich. - -Der Kollektivstaat würde Kunst und Wissenschaft viel großartiger -pflegen, als der heutige Staat vermag, er würde das Elend beseitigen, -das Volk veredeln, die sanitären Verhältnisse vervollkommnen, -Verbrechen, Vagabundage, erbliche und ansteckende Krankheiten -unterdrücken und es ist kein Zweifel, daß von der Einführung des -Kollektivismus ein neuer, großartiger Aufschwung der Kultur datieren -müßte. - -Wir haben gesehen, daß von den Anklagen, die gegen die Veränderung -der Gesellschaftsordnung erhoben werden, keine sich als stichhaltig -erweisen wird. Der Kollektivismus widerspricht nicht nur dem -Christentum nicht, er ist vielmehr dessen Erfüllung, er ist das Wesen -dessen, was Christus das Gottesreich nannte. Wer seinen Nächsten liebt, -wie sich selbst, muß den Kollektivismus herbeiwünschen und wünschen, -daß davon in der Hauptsache jener Gebrauch gemacht werde, der in diesem -Buche vorgeschlagen wurde. - -Wie sehr das richtig ist, geht schon aus den Zitaten hervor, die Bebel -in seinem Buche: »Die Frau und der Sozialismus« in der Anmerkung auf -Seite 294 aus den Kirchenvätern bringt. Danach sagte Papst Klemens I., -[+] 102: »Der Gebrauch aller Dinge auf dieser Welt soll allen gemeinsam -sein. Es ist eine =Ungerechtigkeit= zu sagen, das gehört mein eigen, -das gehört mir, das dem anderen. Daher ist die Zwietracht unter die -Leute gekommen.« _Sanct Clem. act. concil._ Ambrosius, [+] 397, sagt: -»Die Natur (also Gott) gibt alle Güter allen Menschen gemeinsam, denn -Gott hat alle Dinge geschaffen, damit der Genuß für alle gemeinsam -sei und damit die Erde zum gemeinsamen Besitztum werde. Die Natur hat -also das Recht der Gemeinschaft erzeugt und es ist nur die ungerechte -Anmaßung, welche das Eigentum erzeugt.« _Ambrosius Sermo 64, Expositio -in Lucam caput XVI._ Chrysostomus, [+] 407, erklärte in seinen gegen -die Sittenlosigkeit und Verderbnis der Bevölkerung in Konstantinopel -gerichteten Homilien: =Nenne niemand etwas sein eigen=, von Gott -haben wir Jegliches zum gemeinsamen Genuß empfangen und »Mein und -Dein« =sind Werke der Lüge=. _Chrysostomus Homilia 11^{ma} concio -de Lazaro. Homilia 57^{ma} in Matthäum._ Augustin, [+] 430, sprach -sich folgendermaßen aus: »Weil das individuelle Eigentum existiert, -existieren auch die Prozesse, die Feindschaften, =die Kriege=, die -Aufstände, die Sünden, die Ungerechtigkeit, die Mordtaten. Woher kommen -alle diese Geiseln? =Einzig vom Eigentum.= Enthalten wir uns also, -meine Brüder, =es zu lieben=.« _Augustinus: De civitate Dei._ Papst -Gregor der Große, [+] 600, endlich sagt: »Sie sollen es wissen, =daß -die Erde, wovon sie ja herstammen und gemacht sind, allen Menschen -gemeinschaftlich ist= und daß daher die Früchte, welche die Erde -erzeugt, =allen ohne Unterschied gehören sollen=.« _Gregorius, Regula -pastoralis, admonito 22._ Alle diese Kirchenväter verdammen unsere -Gesellschaftsordnung, =die aber der Einzelne nicht aus der Angel heben -kann=, das kann nur das Werk der Staatskunst sein. - -Aber so vernünftig ein Kollektivismus ist, der den gemeinsamen Gebrauch -aller Güter nach gerechten Grundsätzen verwaltet, so absurd ist -Tolstojs christlicher Anarchismus. - -Auch beinahe alle griechischen Philosophen, wie Plato und -Aristoteles, leiteten alle Ungerechtigkeit und alles Unheil von der -Gesellschaftsordnung ab. Sie nannten unsere wirtschaftlichen Zustände -=den Krieg aller gegen alle=, und daß das Verwüstung von Gütern -bedeuten muß, ist doch klar. Weil wir aber diesen Krieg im Innern -täglich vor Augen haben, scheint uns auch der Krieg mit Nachbarn nicht -verwerflich. Hätten wir Frieden in der Wirtschaft, so müßte auch der -Krieg mit Nachbarn ein Ende nehmen. - -Es ist auch offenbar, daß der kategorische Imperativ Kants =nur im -Kollektivstaat= zur Herrschaft gelangen kann, und darum sind seine -Anschauungen von der Notwendigkeit des Privateigentums und der -Berechtigung der gewaltsamen Aneignung schon an und für sich absurd, -aber völlig im Widerspruche mit seinem ethischen Grundgesetze. - -Plato bezeichnet als das oberste Ziel aller Politik Frieden und -wechselseitiges Wohlwollen, was den Staat zusammenhält, müsse -gepflegt, der Staat müsse ein =in sich Befreundetes= werden, er -sei zu gestalten nach den Interessen und Bedürfnissen aller, die -Interessen der Einzelnen müssen den Interessen der Gesamtheit weichen. -Es bedürfe eines königlichen Ineinanderwebens der Gemüter, einer -Lebensgemeinschaft, es sei jenes allerköstlichste Geflecht zustande -zu bringen, welches alle Glieder des Staates miteinander verbindet. -Die Selbstsucht, der unersättliche Egoismus hebe alle Gemeinschaft -auf und lasse Recht und Ordnung gar nicht mehr zu. Der Egoismus -mache die Gesellschaft naturwidrig, =man müsse nach verhältnismäßiger -Gleichheit streben=. Jeder solle so handeln, daß seine Tätigkeit auch -der Gesamtheit zugute komme, der Staat sei ein Mensch im Großen, nicht -aber bloß eine Summe von Individuen. Der Einzelne solle lieber Unrecht -leiden als tun. Er tadelt die bestehende Gesellschaftsordnung, wo statt -sozialer Motive zersetzender Egoismus und Jagd nach Geld die Triebfeder -ist. Selbst die Aristokraten werden geldsüchtig und genußsüchtig. Sie -werden erfinderisch in neuen Formen des Aufwandes. Damit wird nach und -nach alles angesteckt, der Wettkampf dreht sich nur um Erwerbgier, -höhere Güter verlieren an Wert. Alles wird nach Geldsummen taxiert, -=der Staat zerfällt in Arme und Reiche=, die sich bekämpfen, so werden -die Staaten nach außen schwach. Das größte Übel ist die Geldwirtschaft -und absolute Freiheit des Erwerbes und der Veräußerung, wodurch -übermäßiger Reichtum und völlige Armut entstehen. - -Plato findet, =daß das positive Recht von Unwissenheit und Selbstsucht -diktiert sei und daß das Privateigentum ein Auseinanderreißen der -bürgerlichen Gesellschaft herbeiführe, durch Gütergemeinschaft werde -Schmerz und Freude gemeinsam=, sie bringe Befreiung von Streit und -Kampf. Plato sucht neue Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft, -gelangt aber zu keinem brauchbaren Ergebnisse. Daß man aber damals -keine Abhilfe wußte, ist nicht verwunderlich, denn es fehlte alles, -was in unserer Zeit die Verwaltung großer Besitztümer erleichtert, -insbesondere Druck, Telegraphen und Eisenbahnen. - -Auch Aristoteles fordert von jedermann eine solche Mäßigung im Erwerbe -und im Genießen, daß niemand in der Aufrichtung des Kollektivstaats -etwas Beengendes sehen könnte. - -Napoleon sagt: _Les lois ont pour but le bonheur de touts._ Nur durch -den Kollektivstaat können sie es aber erreichen. - -Die Freiheit wird durch den Kollektivismus nicht vermindert, sondern -vermehrt, und das größte Maß von Freiheit wird nicht den durch Geburt, -sondern den durch Verdienst dazu berufenen Personen zuteil. Ebenso -falsch ist, daß der Kollektivismus nur die materiellen Interessen -fördere. Der moderne Staat, wenn er die Mittel zur Verfügung hätte, -die ihm der Kollektivismus bieten würde, würde den idealen Interessen -viel mehr Vorschub leisten, als heute möglich wäre. Der Kollektivismus -ist die Ordnung selbst und somit der Antipode des Anarchismus. Aber -er ist nur die Ordnung in den Dingen, »die sich im Raume stoßen«, den -Ideen kann er weit größeren Spielraum gewähren, als der heutige Staat. -Hier verweise ich auf einen als Motto zitierten Ausspruch Bismarcks. -Sidney Whitman erzählt in seinem Buche: »Fürst Bismarck. Persönliche -Erinnerungen aus seinen letzten Lebensjahren«, daß Bismarck einmal -sagte: »Wenn ich die Gestalt wählen könnte, in der ich noch einmal -leben möchte, so weiß ich nicht, ob ich nicht ganz gern eine Ameise -sein würde. Sehen Sie, dieses kleine Insekt lebt in einem vollständig -organisierten Staate. Jede Ameise muß arbeiten, ein nützliches Leben -führen, jede Ameise ist fleißig. Da gibt es vollkommene Subordination, -Disziplin und Ordnung. Sie sind glücklich, denn sie arbeiten.« Dieses -Ideal verwirklicht für Menschen der Kollektivstaat, und die Zeit ist -nicht mehr fern, wo es eine Schande sein wird, etwas zu genießen, was -man nicht durch Arbeit verdient hat. Ich kann nur sehen, daß meine -Freiheit im Kollektivstaat größer wäre, als sie heute tatsächlich ist, -obwohl ich den herrschenden Klassen angehöre. Meinen Enkeln kann ich -nur wünschen, daß sie den Sieg des Kollektivismus erleben. - -Die Gleichheit wird in den Genüssen wie im Ansehen nicht so exzessiv -durchgeführt werden, daß sie zu absurden Konsequenzen führen müßte. -Die Menschenwürde wird jedem Geringsten gewährt, die Vorzüge, welche -aus den natürlichen Unterschieden der Menschen fließen, bleiben nicht -unbeachtet. Nur die =künstlichen= Unterschiede werden unterdrückt, und -gerade das ist die Voraussetzung der gerechten Würdigung =wirklicher= -Verdienste. - -Alle Anklagen gegen den Kollektivismus sind Eingebungen des -Parteigeistes. Freilich gibt es Berufe, welche sich durch den -Kollektivismus bedroht sehen, so insbesondere die der Juristen, -Kaufleute, Unternehmer, Priester. Allein es wird gezeigt, daß die -Umwandlung viele Dezennien dauern wird und mittlerweile werden diese -Berufe nach und nach aussterben, keiner aber, der ihnen angehört, -wird Schaden leiden. Dafür aber eröffnen sich neue Erwerbszweige, -und es wird der künftige Verwaltungs-, Sanitäts-, Unterrichts- und -Erziehungsdienst vorbereitet. - -Der Kollektivismus ist aber vorzüglich volkswirtschaftlich vollkommener -als die heutige, auf dem Privateigentum aufgebaute Wirtschaftsform, und -seine volkswirtschaftlichen Vorzüge sind es, welche die Mittel bieten, -die Kultur zu erhöhen. - -Es haben schon früher alle Vertreter des Kollektivismus darauf -verwiesen, daß derselbe den Handel und somit die Handelsarbeit -entbehrlich mache, allein man ist doch immer die Erklärung schuldig -geblieben, wie dann der Güterumsatz vollzogen werden solle. Es blieb -bei abstrakten Sätzen und es ließ sich nie ein Bild gewinnen, wie -denn die kollektivistische Wirtschaft aussehen würde. Ich befürworte -die absolute Naturalwirtschaft und die Befriedigung aller Bedürfnisse -der Kollektivisten durch Gewährung einer Pauschalversorgung, welche -bei Festhaltung eines sehr hohen Minimums doch eine sehr hoch -ansteigende Abstufung gestattet. Die Vereinfachung des Güterumsatzes -aber wäre nicht möglich, wenn man das Existenzminimum nicht auch den -arbeitsunfähig Geborenen gewähren würde, und dafür läßt sich auch -ein Rechtsgrund aufstellen. Denn die Zeugung der Kinder setzt im -Kollektivstaat gewissermaßen ein Einvernehmen voraus zwischen der -Frau, die empfangen und gebären will, und dem Staate, der dies von ihr -wünscht, weil er den Fortbestand des Volkes sichern will. Es ist nun -ganz klar, daß diese Frau ein Interesse daran hat, ihr künftiges Kind -auch für den Fall versichert zu wissen, daß es arbeitsunfähig zur Welt -kommt. Dagegen ist es klar, daß der Staat von dieser Verpflichtung dann -enthoben sein muß, wenn er Grund hat, einen arbeitsunfähigen Nachwuchs -zu besorgen, und wenn er deshalb die Ehe versagt. Einer solchen Mutter -hat er nichts versprochen. - -Wie brutal müssen uns unsere Zustände scheinen, wenn wir eindringen -in die Verhältnisse, die der Kollektivstaat schaffen könnte, und -wie verrucht muß uns der Egoismus jener erscheinen, die, um ein -arbeitsloses Leben führen zu können, den Kollektivismus verwerfen und -unmöglich machen. Das sind jene Menschen, von welchen Christus sagt, -daß sie selbst ins Gottesreich nicht hineingehen, und jene, welche -hineingehen wollen, nicht lassen. Sie lassen das Gottesreich -- den -Kollektivstaat -- nicht zustande kommen. - -Es ist übrigens gewiß, daß im Kollektivismus, trotz der vollständigen -Ausrottung des Elendes, doch für jeden Begabten Anreiz genug bleibt, -seine Gaben in den Dienst des Ganzen zu stellen und sich hervorzutun, -weil dadurch ganz Außerordentliches erreicht werden kann und weil es -der einzige Weg ist, der mechanischen Arbeit zu entgehen. - -Es gibt aber auch heute keine Familie, welche nicht daran -interessiert wäre, daß der Kollektivismus ins Leben trete. Denn unsere -Gesellschaftsordnung bedroht auch die Reichsten und Mächtigsten. Die -Kaiserin Elisabeth ist ein schreckliches Beispiel, und wir haben allen -Grund, zu besorgen, daß, wenn wir die heutigen Zustände fortbestehen -lassen, die soziale Revolution hereinbricht, welche diesmal zu -Schrecknissen führen wird, die noch niemals erlebt wurden. Auch der -gewöhnliche internationale Krieg kann die Reichen wie die Armen ins -Elend stürzen. Und auch in ruhigen Zeiten bietet der Reichtum wenig -Schutz. Wir können durch Verbrechen und Zufall verarmen, unsere Kinder -von gewissenlosen Kindermädchen ins Verderben gestürzt werden, unsere -Söhne in schlechte Gesellschaft geraten und dem Spiele verfallen, und -wie oft erleben wir, daß unsere Töchter in einer unglücklichen Ehe -zugrunde gehen. Wir haben also allen Grund, zu verlangen, daß alle, -auch des Nachbars Kinder, erzogen werden, daß der Staat für erprobte -Personen sorgt, denen die Wartung der Kinder anvertraut werden kann, -daß verbrecherische Naturen keinen Nutzen aus schädlichen Handlungen -ziehen können, daß die Frauen und Kinder wirtschaftlich unabhängig von -den Familienhäuptern werden.[46] - - [46] Ein Wiener Polizeipräsident ist am Flecktyphus gestorben, - nachdem er, durch sein Amt dazu genötigt, mit angesteckten - Armen in Berührung getreten war. Einige Richter brachten - Ungeziefer aller Art heim, weil sich im Gerichtssaale - Tausende von Armen und Elenden umtrieben. Nichts ist - alberner, als die Meinung, jeder brauche nur für sich - zu sorgen. Man sorgt am besten für sich, wenn man - dahin wirkt, daß für alle gesorgt werde. Wenn auch der - Zusammenhang der wirtschaftlichen Dinge im Einzelnen - nicht verfolgt werden kann, so ist es doch gewiß, daß die - Herrschenden von allem Elende ihren Teil erhalten, das die - Beherrschten zu tragen haben. - -Sagen wir doch so oft den Armen, daß Reichtum nicht glücklich macht. -So handeln wir danach und machen wir dem Kriege Aller gegen Alle ein -Ende, dem Kriege, den Plato und Christus verurteilten, dem Elisabeth -und Sergius, Carnot und Rudolph, so viele Millionen geopfert wurden -ohne Sinn und Verstand. Wir sagen nicht, daß die Gesellschaftsordnung -dazu nötigt, aber sie ermöglicht, was eine weise Ordnung unmöglich -gemacht hätte. Wenn Augustin recht hat, da er sagt, woher kommen alle -diese Geißeln, die Prozesse, der Krieg, die Aufstände, die Laster, -Verbrechen, der Mord? Einzig und allein vom individuellen Eigentum! -dann sind Solferino, wo Franz Josef zuerst eine Provinz, Queretaro, -wo er den Bruder, Meyerling, wo er den Sohn, Genf, wo er die Gemahlin -verloren hat, eine furchtbare Mahnung an die Monarchen, der Quelle -aller Verbrechen und zugleich allen Elends ein Ende zu machen. =Es -bedroht die Gesellschaftsordnung ebenso den Kaiser, wie den geringsten -Arbeiter.= - -Sehen wir um uns, was in wenigen Wochen in einem engen Gebiete die -Besitzenden, nicht allein die Armen, unter der Gesellschaftsordnung -leiden, nicht in Jahren, sondern in Monaten, und nicht in Provinzen, -sondern in der nächsten Umgebung von Innsbruck. Im Juni brennt das -Dorf Zirl ab und in vier Stunden sind 1300 Menschen, Arme und Reiche, -obdachlos und für lange dem Hunger verfallen, im April wird das Dorf -Götzens, im Juli Tulfes, Volders und ein Teil vom Zillertal von -angeschwollenen Bächen vernichtet, viele Felder verwüstet, Häuser -unter Wasser gesetzt, 16 Menschen gehen in den Wellen unter, eine -alte Frau wird um wenige Kostbarkeiten von Räubern ermordet, andere -werden angefallen und nur durch Zufall gerettet. Was davon durch den -Kollektivismus nicht verhindert worden wäre, wäre vom ganzen Staate -getragen worden. Daß die Verwaltungsfrage lösbar ist, meine ich -erwiesen zu haben. - -Die Schattenseiten des Kollektivismus sind 1. die Notwendigkeit des -Umbaues aller Ortschaften, 2. das Nebeneinanderleben der ersten Staaten -der neuen Ordnung mit anderen, die noch die alte Ordnung beibehalten -haben, 3. die Unmöglichkeit, das Prinzip des Kollektivismus in kurzer -Frist zur Durchführung zu bringen. - -Aber die Wohnungsfrage ist selbst in den Städten eine brennende -geworden, in neun Zehntel aller Dorfschaften ist sie auch von jenen -zugestanden, die der heutigen Gesellschaftsordnung huldigen. Muß schon -so viel gebaut werden, um sanitäre Zustände zu schaffen, um die Armen -menschenwürdig unterzubringen und um den nachwachsenden Volkszuwachs -mit Wohnung zu versorgen, weshalb sollte man nicht auch unter einem -dem Kollektivismus dienen? Wird endlich der Kollektivismus in irgend -einem Staate zum Durchbruche kommen, so wird das Ideal bald in allen -Staaten Europas sich einen Boden bereiten und der natürliche Hemmschuh -der Unmöglichkeit, die Umwandlung in kurzem durchzuführen, wird den -Widerstand abschwächen, den die Interessen der einen den Interessen der -anderen naturgemäß entgegensetzen. - -Die gebildeten Klassen sind heute eine Macht, und sie haben allen -Grund, die Umwandlung in die Hände zu nehmen, weil es dann gewiß ist, -daß der Kollektivismus den Kulturinteressen zum Segen gereichen wird. -=Bringen andere Mächte, Tyrannen, Pietisten oder Anarchisten den -Kollektivismus, wie sie ihn sich denken, so gehen wir einer schlimmen -Zukunft entgegen.= - -Es sind noch einige vermeintliche Übelstände des Kollektivismus zu -besprechen. - -Der Mangel des Privateigentums wird von Vielen als ein großer Übelstand -betrachtet, aber ohne Grund. Die gänzliche Überführung des Eigentums an -Gebrauchsgegenständen in Staatseigentum ist keine notwendige Konsequenz -des Kollektivismus. Ich stehe vielleicht allein mit dem Vorschlage -dieser Einführung, aber es sind damit unermeßliche Vorteile verbunden. - -In unseren Verhältnissen hat das Eigentum, das Privateigentum, eine -hervorragende Bedeutung als Vermögen. Da aber nur Wenige ein Vermögen -haben, die Mehrzahl aber davon ausgeschlossen ist, so kann es kein -allgemeines Bedürfnis sein, Vermögen zu besitzen. Die Vermögenslosen -aber haben ein Interesse, daß das Vermögen nicht im Besitze von -Privatpersonen stehe, sondern Staatseigentum werde. Das Vermögen -bezweckt die wirtschaftliche Herrschaft der Wenigen über die Vielen, -und diese ist freiheitsfeindlich. Denn die wirtschaftliche Herrschaft -der Wenigen ist zugleich absolutistisch und unverantwortlich, während -der Staat, wenn er an die Stelle der Privatbesitzer träte, über -Verwaltung und Verteilung Rechnung legen müßte. Es ist also eine -offenbare Freiheitsfrage, um die es sich handelt, und wie seit 120 -Jahren die Bourgeois gegen die Herrschaft des Adels kämpften, so -wird jetzt das Volk gegen die Herrschaft der Bourgeois kämpfen. Die -Beseitigung des Privateigentums durch Verstaatlichung des Besitzes ist -im Interesse der großen Mehrheit. Übrigens wäre die Inventarisierung -des gesamten Mobiliarbesitzes für den Kollektivstaat der Schlußpunkt -der gesamten Umwandlung, und davon trennen uns mehr als 50 Jahre. -Trotzdem wird es sich empfehlen, deren Vorteile zu diskutieren. -Verderblich wäre nur die anarchische Herrenlosigkeit der Güter, und -diese wird durch den Kollektivismus gerade unterdrückt. Die Besitzenden -von heute sind, jeder so weit sein Besitz reicht, Anarchisten. Sie -haben schrankenlose Freiheit, damit zu schalten und zu walten. =Und -auch diesen Anarchismus aus der Welt zu schaffen, ist der Zweck -der Einführung des Kollektivismus.= Er ist das gerade Gegenteil des -Anarchismus, der an die Stelle des Anarchismus der Besitzenden den -Anarchismus aller setzen will, während umgekehrt der Kollektivismus -alle, auch die Besitzenden von heute, der wirtschaftlichen Ordnung -unterwirft. - -Der Anarchismus als Wirtschaftsform ist ein Unding, weil er zum -Stillstand einer jeden Arbeit führen muß. Die menschliche Arbeit ist -durch die Arbeitsteilung so sehr wechselweise bedingt, eine Arbeit -von der anderen abhängig, daß die Volkswirtschaft unbedingt eine -Ordnung voraussetzt, durch welche verbürgt wird, daß =alle= Arbeiten, -und zwar in ihrer verhältnismäßigen Ausdehnung, besorgt werden. Der -Drucker braucht Setzer, der Setzer Schriftgießer, alle zusammen -brauchen Schriftsteller, und diese wieder eine Autorität, welche -die von den Schriftstellern gelieferten Manuskripte sichtet und die -zum Drucke zu befördernden auswählt. So ist es in allen Zweigen der -menschlichen Arbeit. Es ist eine verhältnismäßige Produktion auf -allen Gebieten menschlichen Schaffens ein Bedürfnis, und zwar in -dem Maße, daß, sobald diese Verhältnismäßigkeit gestört wird, ein -wirtschaftlicher Krach eintreten muß. Darum ist der wirtschaftliche -Anarchismus eine Unmöglichkeit. Das Privateigentum kann demnach nur -durch Kollektiveigentum verdrängt werden, welches Produktion und -Verteilung von Staats wegen zur Folge haben muß. In der heutigen -Wirtschaftsordnung ist es die Preissteigerung der zu wenig produzierten -Güter, welche alle vernachlässigten Produktionen wieder belebt, im -Kollektivstaate ist es der seinen Organen, aber auch jedem Einzelnen, -der sich darum bemüht, gewährte Überblick über Produktion und -Verbrauch, der eine verhältnismäßige Produktion aller Güter sichert. - -Ich bin aber auch für die Ersetzung des Privateigentums an -Gebrauchsgütern, an Kleidung, Mobiliar &c. durch Staatseigentum, und -es wird das gewiß sehr heftig, und auch von Sozialisten, bestritten -werden. Aber mit Unrecht. Wir wohnen in Häusern, die nicht uns gehören, -und es gilt als etwas Alltägliches, daß auch Leute, die ein Wohnhaus -besitzen, es nicht selbst bewohnen, sondern sich in einem fremden -Hause einmieten. Sie betrachten ihr eigenes Haus als Vermögensanlage, -aber nicht als ein Gebrauchsgut, welches ihnen zur Befriedigung ihres -Wohnbedürfnisses dient. Dieses Bedürfnis kann man auch durch Sachen -befriedigen, die fremdes Eigentum sind, also auch durch solche, die -Staatseigentum sind. Kleider und Wäsche trägt man heute nur eine Reihe -von Jahren, und wenn sie abgenützt sind, verschenkt oder veräußert -man sie. Es kann uns nun gar nichts daran liegen, wenn der Staat uns -Kleider und Wäsche nur zum dauernden und ausschließlichen Gebrauch -überläßt und sich das Eigentum vorbehält, was zur Folge hat, daß er -für den Zufall haftet und das nicht mehr Gebrauchsfähige zu neuerlicher -Verarbeitung zurücknimmt. Dasselbe gilt vom Mobiliar unserer Wohn- und -Schlafgemächer, welches der Kollektivist zum dauernden Gebrauch, oft -auf Lebensdauer, angewiesen erhält, er aber nicht zu versichern nötig -hat, weil er nicht Eigentümer, sondern nur gebrauchsberechtigt ist, es -darum auch, Ausnahmsfälle abgerechnet, nicht mit sich herumschleppt, -wenn er sein Domizil verändert. Benützen wir doch solche Dinge so -oft, ohne ein Eigentumsrecht darauf zu haben, in Theatern, Kirchen, -Gasthäusern, auf Bibliotheken und Eisenbahnen, und so haben wir -längst die Erfahrung gemacht, daß ein Eigentum an Gebrauchsgütern kein -Bedürfnis ist, ein Luxusbedürfnis für Viele allerdings, aber solche -Launen zu befriedigen, ist nicht die Aufgabe einer Wirtschaftsordnung. - -Wo es ein Bedürfnis ist, daß uns ein freies Schaffen gestattet und zu -diesem Ende ein Eigentum an Stoffen zugestanden werde, die wir zum -Zwecke solchen Schaffens umgestalten dürfen, habe ich ohnehin die -Verteilung solcher Stoffe als Konsumtibilien in Vorschlag gebracht. - -Was aber das Privateigentum an Produktionsmitteln anbelangt, so gibt -es natürlich »Volkswirte« genug, welche behaupten, es bestehe ein -volkswirtschaftliches Interesse, daß die Produktionsmittel immer -Privateigentum bleiben, damit sie immer ein Vermögen der Tüchtigsten -bilden, wodurch die Produktion nur gewinnen könne, daher die heutige -Wirtschaftsordnung viel heilsamer, auch für die Armen, sei, als die -Produktion von Staats wegen. Über diesen Gegenstand wird bei Erörterung -der Bedenken gegen die staatliche Produktion zu sprechen sein. - -Hier möchte ich aber noch bemerken, daß der Kollektivismus, streng -genommen, nicht jedes Privateigentum aufhebt, sondern ein Eigentum des -Einzelnen fortbestehen läßt, welches unserm Eigentum an Aktienbesitz -ganz analog ist. Das Recht des Einzelnen auf die staatlichen -Verteilungen ist ein solches Eigentum, denn auch der Aktionär hat -nur einen Anspruch auf die Ausschüttungen, während ihm keinerlei -Eigentum an den Sachen zusteht, die das Vermögen der Aktiengesellschaft -ausmachen. Freilich ist dieses Eigentum des Kollektivisten nach -mehreren Richtungen beschränkt. Er kann es nicht verschenken, verkaufen -noch vererben, er kann nur durch Auswanderung darauf verzichten, aber -ähnliche Beschränkungen kommen bei Fideikommissen, Heimstätten und bei -manchen Aktiengesellschaften, deren Statuten die Veräußerung der Aktien -verbieten, vor, ohne den Charakter des Privateigentums auszulöschen. - -Es ist also gar nicht einmal richtig, daß der Kollektivismus -das Privateigentum, oder gar das Eigentum, gänzlich aufhebt, er -bedeutet nur die Vereinigung alles Eigentums an Sachen zum Zwecke -der Befriedigung aller Bedürfnisse des gesamten Volkes. Nur der -Anarchismus hebt den Begriff des Eigentums ganz auf und fordert das -Recht des freien Zugriffs; durch den Kollektivismus wird der Begriff -des Eigentums befestigt und geheiligt, denn der Eigentümer -- der Staat -allein ist Eigentümer -- ist nie zweifelhaft, und da das Eigentum zur -Befriedigung der Bedürfnisse aller dient, ist jeder Mitbürger Garant -und Wächter. Dieses Eigentum ist ebenso heilig, als es heute Gegenstand -der Verachtung ist, wenn wir den rechtmäßigen Erwerb bezweifeln, und -Gegenstand des Hasses, wenn sich erwucherter Reichtum breit macht. - -Ich komme nun zur Besprechung eines weiteren Irrtumes, nämlich, daß die -staatliche Produktion nicht so ergiebig sei wie die Privatproduktion. -Man folgert das daraus, daß in einigen Fällen, wo ein oder die -andere Fabrik von Staats wegen betrieben wurde, ein Aufschwung -ihres Betriebes erst dann eintrat, als die Fabrik in Privatbesitz -überging. Die Erfahrung, die man mit der Post, der Telegraphie und -dem Eisenbahnbetrieb machte, worin sich der Staatsbetrieb bewährte, -fertigt man damit ab, diese Erfahrungen seien nicht beweismachend für -andere Produktionen, weil es sich da nur um Verkehrsanstalten handle. -Niemand hat aber je versucht, aus der Natur des Staates abzuleiten, -weshalb er zum Betriebe der Produktionsanstalten unbrauchbar sein soll. -Man spielt gerade den Egoismus des Privatunternehmers als so unendlich -förderlich aus und bedenkt nicht, daß im Kollektivstaat der Egoismus -des ganzen Volkes sich in derselben Richtung geltend machen würde, da -jede Verbesserung im Produktionsbetriebe dem ganzen Volke zum Vorteile -gereicht, sei es, daß in einem Produktionszweige Arbeit oder Material -erspart, oder ein besseres Produkt erzeugt, oder die Fruchtbarkeit -des Bodens erhöht wird. Der Erfindungsgeist wird im Kollektivstaat -außerordentlich gefördert, und so kann es nicht fehlen, daß das Sinnen -und Trachten Aller darauf gelenkt wird, die Produktion zu fördern. -Man wird die Erfolge der einzelnen inländischen Produktionsanstalten -untereinander und mit ausländischen Anstalten gleicher Art vergleichen, -und so auf beständigen Fortschritt bedacht sein. Dabei kann es -nur von Vorteil sein, daß die allgemeine Volksbildung so weit über -die gegenwärtige entwickelt wird und daß die heutigen Schäden der -Produktion ganz in Wegfall kommen. Diese Schäden sind zwiefacher -Art. Erstens die Versuchung, aus einem gemeinschädlichen Betriebe -der Produktion Vorteil zu ziehen, Nahrungsmittelfälschung, Förderung -der Unsittlichkeit, Betrug usw., und zweitens die Gefahr, daß ganz -unberufene Leute ein Unternehmen gründen, das zugrunde gehen muß, ja, -daß blühende Unternehmungen nach dem Tode des Gründers in die Hände -eines unfähigen oder leichtsinnigen Erben kommen und dann wieder -verfallen. Bilanziert man diese Gebrechen der Privatunternehmung mit -ihren vermeintlichen Vorzügen, so wird sich der kollektivistische -Staatsbetrieb, vielleicht nach einer kurzen Übergangszeit, immer als -der bessere erweisen. - -Der Kollektivismus verteilt aber auch ökonomischer und besser. -Ökonomischer, weil er die Handelsarbeit erspart und besser, weil -er alle Volksbedürfnisse verhältnismäßig befriedigt, worauf die -Privatunternehmer ihr Augenmerk nicht richten. In letzterer Beziehung -ist der Kollektivismus auch wieder schon durch seine Verteilung -produktiv. Denn, da er alle geistigen und physischen Kräfte des Volkes -entwickelt, fördert er das wichtigste Betriebsmittel der Produktion, -die Menschenkraft. - -Die Lobredner der Privatunternehmungen sind vor allem die -Privatunternehmer und dann ihre Soldschreiber. Aber auch jene, die die -reine Wahrheit suchen, argumentieren doch nur aus einzelnen Fällen, die -keine allgemeinen Schlüsse gestatten und würden sie die notleidenden -Privatunternehmungen mit in Rechnung ziehen, so würden sie zu ganz -anderen Ergebnissen gelangen. - -Daß der Staatsbetrieb der ökonomisch beste wäre, folgt aus den Erfolgen -der Trusts, welche einzig und allein des unermeßlichen Umfanges -der Kapitalien und Betriebe wegen ökonomischer produzieren, als die -Kleinbetriebe und da dem Umfange nach der riesigste Trust sich zum -Staatskollektivismus verhält, wie das Kleingewerbe zum Trust, so -sind die ökonomischen Vorteile unermeßlich. Nicht das Talent der -Trustteilnehmer ist volkswirtschaftlich entscheidend, sondern das -Talent des Trust=beamten=. - -Und dann ist ja der ganze Apparat eines judizierenden Staates ein ganz -anderer, als es der eines produzierenden Staates wäre. Die Organe des -heutigen Staates sind Juristen, die Organe des Kollektivstaates werden -wirtschaftliche Talente sein und wenn man auch in der Gegenwart für -einzelne Staatsfabriken technische Leiter bestellt hat, so waren sie -doch immer abhängig von Hofräten und Ministern, die von technischen -Fragen nichts verstehen und das hat die Tätigkeit der Techniker und der -merkantilen Leiter immer lahmgelegt. - -Es ist also ein ganz unbegründetes Bedenken, das so oft gegen den -Staatsbetrieb ausgesprochen wird, daß er volkswirtschaftlich schlechter -erzeugen würde und in keinem Falle kann es sich um einen solchen Vorzug -der Privatunternehmung handeln, dessen wirtschaftlicher Effekt gegen -die großen, auch ökonomischen Vorzüge des Kollektivismus in Betracht -käme, die ich an vielen Stellen dieses Werkes dargetan habe. Wir hören -nur allgemeine Phrasen, abstrakte Sätze, nirgends einen Versuch, das -angebliche Unvermögen des Staates, mit Ökonomie zu produzieren, aus dem -Wesen des Staates zu erklären, wo das Gebrechen aber in den Personen -oder in der Organisation liegt, handelt es sich nur um einen Wechsel -der Personen oder der Organisation. Die lautesten Schreier gegen den -Staatsbetrieb sind die Unternehmer selbst und dann die politischen -Agitatoren, welche im Solde der herrschenden Klassen stehen. Einen -wissenschaftlichen Wert haben diese Redensarten nicht. - -Die geringere Ertragsfähigkeit eines staatlichen Betriebes -bei Geldwirtschaft ist nicht beweismachend für den geringeren -volkswirtschaftlichen Betriebswert. Denn der Staat verwendet das -geringere Einkommen für allgemeine Zwecke, der Privatunternehmer die -größeren Einnahmen für die Befriedigung seiner Launen. Auch kann der -scheinbar erfolgreichere Privatunternehmer die Arbeiter mehr bedrückt, -oder den Abnehmern ein schlechteres Produkt geliefert, oder seine -Kontrahenten hintergangen oder wie Rockefeller[47] durch unerlaubte -Kunstgriffe vermehrt haben. Würde man also bestimmte Privat- und -Staatsunternehmungen in einer für unseren Zweck brauchbaren Weise -vergleichen, so müßte über jedes Vergleichsobjekt ein ganzes Werk -geschrieben werden. - - [47] Man sagt übrigens, daß Rockefeller nur durch den - wirtschaftlichen Effekt des Massenbetriebes Erstaunliches - geleistet habe. - -Dann ist die Staatsproduktion seit einem halben Jahrhundert kaum mehr -betrieben worden, in früherer Zeit aber war der Staat viel schlechter -organisiert als heute, Unterschleife waren leichter und man war -gewöhnt, den unbrauchbaren Verwalter, der Staatsbeamter war, im Amte -zu behalten wie den unabsetzbaren Richter und den Brauchbaren bei den -größten finanziellen Erfolgen abzulohnen, wie den Dutzendbeamten, -während der Privatunternehmer ihm den zehnfachen Lohn bot. Hat -doch Krupp einem Finanzgenie einen so hohen Gehalt geboten, daß -er den Privatdienst der Stellung eines sächsischen Finanzministers -vorzog, welche viel geringer dotiert war. Ich werde mich durch das -Parteigeschrei gegen den Staatsbetrieb nicht irre machen lassen. - - - - -XIV. - -Die Umwandlung der Staaten unserer Gesellschaftsordnung in -Kollektivstaaten. - - -Der erste Schritt zur Einleitung der Umwandlung ist die Fortführung -der hier versuchten Untersuchung und die Vervollkommnung der -von mir gemachten Vorschläge. Diese Vorschläge betreffen nicht -nur das Wesen des Kollektivismus, sondern auch die Organisation -des Kollektivstaates und den Gebrauch, den der Staat von der ihm -zustehenden wirtschaftlichen Macht machen soll. Es könnte sich -daraus eine volkswirtschaftliche Schule entwickeln, welche für -dieses größte aller Ideale Propaganda machen wird und wenn es in der -Entwicklung der menschlichen Dinge liegt, daß wir zum Kollektivismus -gelangen, so wird sich ein Umschlag in den Anschauungen vollziehen, -der der Umwandlung vorhergehen muß. Wie der Liberalismus durch die -Universitäten verbreitet wurde, so wird der Kollektivismus bald das -Ideal der Universitäten werden. Es gibt allerdings Schichten unter -den Gebildeten, welche sich, wie schon im vorhergehenden Abschnitte -erwähnt wurde, durch das kollektivistische Ideal bedroht fühlen, so -Juristen und Theologen. Allein wenn sie zur Überzeugung gelangen, daß -die Umwandlung sich nur langsam vollziehen kann, so werden sie sich -beruhigen und wir werden unsere Söhne eben nicht mehr Jurisprudenz -oder Theologie, sondern Medizin oder Naturwissenschaften oder Technik -studieren lassen. Statt der Juristen werden in Zukunft der Arzt und der -Naturforscher im Staate herrschen und wenn das Ideal Feinde hat, so hat -es naturgemäß auch Anhänger, welche den Kampf dafür aufnehmen und =die -heute so schimpfliche Lage der Ärzte wird sie zu Aposteln der neuen -Lehre machen=. Die Gegner sind einer Bewegung, die sich so Gewaltiges -zum Ziele setzt, erwünscht, denn nur was sich im Kampfe durchringen -muß, wird etwas Rechtes. Habe ich nicht mehr erreicht, als daß der -Kollektivismus nicht mehr totgeschwiegen werden kann, so habe ich genug -erreicht. - -Und ist es noch niemand aufgefallen, daß die menschliche Gesellschaft -alle Richtung verloren hat, daß sie seit dreißig Jahren vergeblich nach -einem Ziele sucht: Wir wissen nicht, wo aus. Der Liberalismus hat sich -überlebt, das _laissez faire, laissez aller_ hat ausgespielt, es muß -einer schöpferischen Staatskunst Platz machen. Wir haben nur die Wahl, -eine neue Gesellschaftsordnung zu suchen oder zu veralteten Zuständen -zurückzukehren. Der Adel drängt sich wieder vor und die religiösen -Fanatiker drängen nach der Wiederherstellung jener Kirchenmacht, die -sich bis vor 200 Jahren so außerordentlich verderblich erwiesen hat. -Ihre Verdrängung durch den Aufklärungsstaat war eine Erlösung, ein Sieg -für alle Menschen. Dulden wir keine religiöse und keine ständische -Reaktion, sie führen wieder zu allen Übeln, die die mit vielen -Verbrechen befleckte, aber doch so glorreiche französische Revolution -überwunden hat. Eine kollektivistische Schule, eine kollektivistische -Partei, die sich aus den Gebildeten rekrutiert und sich die -Universitäten, Hochschulen und Mittelschulen erobert, wird vorausgehen. -Die Wirksamkeit der sozialdemokratischen Partei wird ihr in die Hände -arbeiten, wenngleich ich meine, die kollektivistische Partei müsse, -zunächst wenigstens, nicht in ihr aufgehen, sondern parallel mit ihr -arbeiten. =Daß das Proletariat allein berufen sei, den Klassenstaat zu -stürzen und den Kollektivismus ins Leben zu rufen, ist für mich kein -Evangelium, aber mich zu bekämpfen, hat die Sozialdemokratie keinen -Grund.= - -Die praktischen Maßregeln zur Verbreitung des Kollektivismus -sind leicht zu erkennen. Es handelt sich um die Fortsetzung der -Verstaatlichung, Verstaatlichung der Eisenbahnen, Verstaatlichung -des Geldwesens, Verstaatlichung des Kreditwesens, Verstaatlichung -der Volksschule, Inanspruchnahme einer Mitwirkung an der Erziehung -für den Staat, Verstaatlichung des Großgrundbesitzes und aller jener -Industrien, auf welchen heute die großen Konsumsteuern lasten, das sind -die ersten Etappen der Umwandlung. - -Weiter handelt es sich darum, den Staat in ein Erwerbsinstitut -umzuwandeln. Er muß zu einem entsprechenden Vermögenseinkommen gelangen -und dazu ist der erste Schritt die Schaffung eines Nationalvermögens, -welches im Zusammenhange mit der Staatskreditreform und den -verstaatlichten Kommunikationen zu einem wirtschaftlichen Übergewichte -des Staates führen muß. - -Auch die Rechtsanschauungen müssen sich ändern und darum muß man -die Rechtsanschauung der in XIII erwähnten 5 Kirchenväter in die -Gesellschaft einführen. Die Anschauung, daß reiche Leute einen Besitz -innehaben, wofür sie dem Volke verantwortlich sind, gibt dem Staate -das Recht, ihnen Lasten für diese Interessen aufzubürden. Man wird -das Beispiel Englands nachahmen und in alle Ortschaften und Gebiete, -wo die Sterblichkeit 25, 20, 15 per Tausend übersteigt, Kommissionen -entsenden, die die Ursache, weshalb diese Sterblichkeit vorwaltet, -ermitteln und Mittel zur Abhilfe vorschlagen. Man wird des ferneren -von Großgrundbesitzern und Großindustriellen fordern, daß sie für einen -ihrem Besitz entsprechenden Teil der Bevölkerung Wohnungen in richtig -angelegten Niederlassungen herstellen, welche dem kollektivistischen -Bedürfnisse entsprechen. - -Späterhin wird das Erbrecht auf direkte Nachkommen einzuschränken -und das Testaterbrecht, ausgenommen das Recht zugunsten des Staates -zu testieren, aufzuheben sein und endlich werden die Geldstrafen und -die Strafe der Vermögenskonfiskation zur Bekämpfung der besitzenden -Klassen dienen. Die Geldstrafen für die Verbaldelikte, aber Geldstrafen -bis zu einem vielfachen des Jahreseinkommens, würden bald zu einer -Unterwerfung der Besitzenden führen, welche heute die Herren im Staate -sind. - -Auch Verfassungsänderungen, wonach das Abgeordnetenhaus die produktiven -Klassen allein zu vertreten und die herrschenden Klassen ihre -Vertretung im Herrenhause hätten, werden sich empfehlen. Endlich müßte -man recht bald das stehende Heer durch ein Milizsystem zu ersetzen -suchen, um die ungeheuren Geldmittel, welche dem stehenden Heere -gewidmet werden, für Erziehung und Unterricht und für Altersversorgung -frei zu machen. - -Wenn das kollektivistische Ideal verständige Apologeten findet, werden -es gerade die Monarchen sein, welche sich zuerst dazu bekennen. Das -Gefühl der Verantwortung für all das Elend unserer Gesellschaftsordnung -wird ihnen bald zu drückend werden, wenn es klar wird, daß es nur -Privatinteressen sind, welche den wichtigsten Interessen des Volkes und -der Kultur im Wege stehen. - -Endlich kann es nicht fehlen, daß auch religiöse Anschauungen uns -bald zuhilfe kommen werden. Doch wäre es nicht erwünscht, daß die -religiös-kollektivistische Bewegung zu früh in Gang käme. - -Die größten Schwierigkeiten werden sich darbieten, sobald man -die Umbauten in Angriff nimmt, welche mit der Umgestaltung der -Gesellschaftsordnung Hand in Hand gehen müssen und wenn der Staat -selbst kollektivistische Gemeinden ins Leben ruft, obgleich noch -eine völlige Verdrängung der alten Gesellschaftsordnung nicht -stattgefunden hat. Eine Form zu finden, wie kollektivistisch -organisierte Volksschichten mit nicht kollektivistisch organisierten -neben einander leben können, ist sicherlich schwierig. Und doch -haben wir für die Lösung dieses Problems Anhaltspunkte in den -Mönchsorden, welche kollektivistisch organisiert sind und inmitten -von Völkern leben, welche nichts vom Kollektivismus wissen. Denken -wir uns die =wirtschaftliche= Organisation der Mönchsorden auf eine -Bevölkerung, die keine religiösen Zwecke verfolgt, die Askese verwirft -und die Zeugung pflegt, welche also Männer und Weiber, Erwachsene -und Kinder umfaßt und welche die Produktion betreibt, also die -Beschaulichkeit durch Arbeit ersetzt, so haben wir die Grundlagen -einer kollektivistisch organisierten Bevölkerung, die mitten unter -einer Bevölkerung lebt, die noch der heutigen Gesellschaftsordnung -angehört. Doch sollen diese kollektivistischen Organisationen -schon von allem Anfange an sich als Ortsgemeinden organisieren -und nicht als bloße Gesellschaften innerhalb von Ortsgemeinden mit -Privateigentum. Man würde demnächst mit Urgemeinden kollektivistischer -Wirtschaftsreform beginnen. Der Staat hätte ein Kapital von vielen -Millionen zu widmen, eine oder mehrere, etwa zwanzig neben einander -gelegene Urgemeinden aufzubauen und sie zu besiedeln. Diese Besiedelung -könnte zum größten Teil mit proletarischen Arbeitern, aber von -hervorragend körperlicher Tüchtigkeit und Gesundheit, geschehen, -aber sie könnte auch nicht produktive Volksschichten umfassen, -Waisenkinder, Altersversorgungsberechtigte, welche für Rechnung der -versorgungspflichtigen Gemeinden aufgenommen würden oder mit welchen -ein Versorgungsvertrag geschlossen würde. So könnte auch die Aufnahme -pensionierter Staatsbediensteter erfolgen, sagen wir von arbeitsunfähig -gewordenen Arbeitern des Tabakmonopols, in die Altersversorgung -aufgenommenen Staatseisenbahnbediensteten, Militärinvaliden, welche für -Rechnung der versorgungspflichtigen Institute verpflegt würden, oder -auch mit Geldpensionen versorgte Leute, welche sich mit ihrer Pension -in die kollektivistische Versorgung einkaufen. - -Mit den in die Besiedelung aufgenommenen proletarischen Arbeitskräften -müßte zunächst ein Vertrag abgeschlossen werden, wonach sie -naturalwirtschaftliche Versorgung als Lohn zu empfangen hätten -mit dem Anspruch auf einen kollektivistischen Vermögensanteil nach -Ablauf einer Reihe von Jahren, während welcher jeder Teil den Vertrag -lösen könnte. Nach Ablauf jener Probezeit würde der Arbeiter wie -ein kollektivistischer Bürger das Recht auf jede Art von Versorgung -für sich und seine aus einer von der Verwaltung gebilligten Ehe -entspringenden Nachkommen haben, freilich in der ersten Zeit nicht in -jenem Ausmaße, wie der Anteil eines Kollektivbürgers nach vollendeter -Umwandlung sich gestalten würde. So wie der Kollektivstaat späterhin -inmitten von Staaten der alten Gesellschaftsordnung wird leben müssen, -werden auch die so entstandenen kollektivistischen Volksschichten -inmitten einer Bevölkerung leben müssen, welche noch der alten -Gesellschaftsordnung angehört. - -Diese Kollektivgemeinden werden bald die Kirchengüter und den -Großgrundbesitz, deren Erwerb der Staat sich zuerst wird angelegen -sein lassen, umgestalten und zugleich als Erziehungs- und -Versorgungsanstalten und als große Hotels Erwerbsinstitute darstellen. -Es werden kollektivistische Versuchsanstalten sein, welche aber -nur einen Teil der Vorteile bieten können, die der siegreiche -Kollektivismus nach Niederringung der alten Gesellschaftsordnung bieten -wird. Man darf von solchen Versuchsgemeinden nicht fordern, was wir -vom Kollektivismus eines großen Reiches erhoffen, aber einen großen -Fortschritt wird man sicher erkennen. - - * * * * * - -Es ist hier die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, daß die Verdrängung -des Privatkredits durch den Staatskredit und der Geldwirtschaft durch -die Naturalwirtschaft sich nur langsam vollziehen kann, und daß demnach -die Verstaatlichung des Großbesitzes sich anfangs in derselben Form -vollziehen muß, wie die Verstaatlichung der Eisenbahnen. Da sich aber -die Rechtsanschauungen nach und nach auch verändern müssen, besonders -sobald die Forderung nach erhöhtem Aufwande für die arbeitende Klasse -auf Grund der von den Kirchenvätern verkündeten Rechtsgrundsätze -zu einer religiösen Forderung des Christentums gemacht wird, müssen -die Verstaatlichungsprinzipien immer ungünstiger für die Besitzenden -werden. So ist es offenbar, daß der Großgrundbesitz in österreichisch -Polen mit der Verpflichtung belastet werden wird, das Wohnungswesen -der bäuerlichen Bevölkerung auf Kosten der Besitzenden umzugestalten. -So werden auch der Großindustrie Verpflichtungen im Interesse der -Arbeiterschaft auferlegt werden, welche die Verstaatlichung sehr -erleichtern müssen. - -Der Sozialreform wird auch der, wie es scheint, uns bevorstehende -Weltkrieg sehr zustatten kommen, denn er wird einen allgemeinem -Bankrott, nicht nur der Staaten, sondern auch der Großbesitzer im -Gefolge haben, daher ich in meinem Roman »Österreich im Jahre 2020« auf -Seite 59 prophezeit habe, daß der Weltkrieg zur Staatsomnipotenz führen -muß. Besser freilich wäre es, die Umgestaltung würde früher in Angriff -genommen und dadurch die Phantasie der Völker von jenen Interessen -abgelenkt, die zum allgemeinen Kriege drängen. - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Der Kollektivismus und die soziale -Monarchie, by Joseph von Neupauer - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER KOLLEKTIVISMUS *** - -***** This file should be named 52117-8.txt or 52117-8.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/2/1/1/52117/ - -Produced by Jana Srna, Franz L Kuhlmann, Norbert H. Langkau -and the Online Distributed Proofreading Team at -http://www.pgdp.net - - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part -of this license, apply to copying and distributing Project -Gutenberg-tm electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG-tm -concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, -and may not be used if you charge for the eBooks, unless you receive -specific permission. If you do not charge anything for copies of this -eBook, complying with the rules is very easy. 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You may copy it, give it away or re-use it under the terms of -the Project Gutenberg License included with this eBook or online at -www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - - - -Title: Der Kollektivismus und die soziale Monarchie - -Author: Joseph von Neupauer - -Release Date: May 21, 2016 [EBook #52117] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER KOLLEKTIVISMUS *** - - - - -Produced by Jana Srna, Franz L Kuhlmann, Norbert H. Langkau -and the Online Distributed Proofreading Team at -http://www.pgdp.net - - - - - - -</pre> - - -<div class="tnotes"> - -<p class="center"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p> - -<div class="space-above"> - -<p class="covernote"> -Das Deckblatt wurde vom Bearbeiter der Transkription erstellt und geht in -die "public domain".</p> - -<p>Bei großen Zahlen im fortlaufenden Text sind die Leerstellen -zwischen Million und Tausend durch Punkt und Komma ersetzt, so zum -Beispiel 20-25,000 statt 20-25 000 und 1.900,000 statt 1 900 000. -</p> -<p>Im Inhaltsverzeichnis wird auf Kapitel VIII, Abschnitt 4. d) auf -den Punkt "2. Poesie und schöne Literatur" auf S. 77 verwiesen. -Im Original fehlt diese Überschrift. -</p> -<p>In Kapitel VI, Abschnitt 8. e) ist die Verteilung des fortlaufenden Textes -und der Tabellen geringfügig verändert, indem wenige Textzeilen zwischen -einem Seitenkopf oder -fuß und Tabelle der vorhergehenden oder folgenden Seite -zugeordnet sind.</p> - -<p>Zeichensetzung und typographische Fehler wurden stillschweigend korrigiert.</p> - -</div> - -</div> - -<div class='center'> - -<img src='images/frontimg.jpg' alt='It is better to fight for the...' /> - -</div> - -<p class="fakeh1 center"> -Der Kollektivismus und -<br />die soziale Monarchie -</p> - -<p class="tpauth center"> -Dr. Joseph R. v. Neupauer -</p> - -<h1> -Der Kollektivismus und -<br />die soziale Monarchie -</h1> - -<div style="padding-left:45%; padding-right:5%; padding-bottom:5em;"> - -<p class="center"> -Motto: -</p> - -<p> -Nach Sidney <ins class='correction' title='Whitmann'>Whitman</ins> sagte Bismarck -einmal: Wenn ich die Gestalt wählen könnte, -in der ich noch einmal leben möchte, <ins class='correction' title='weiss'>weiß</ins> -ich nicht, ob ich nicht ganz gerne eine -Ameise sein würde. Jede Ameise <ins class='correction' title='muss'>muß</ins> -arbeiten, ein nützliches Leben führen, jede -Ameise ist <ins class='correction' title='fleissig'>fleißig</ins>. Da gibt es vollkommene -Subordination, Disziplin und Ordnung. Sie -sind glücklich, denn sie arbeiten. -</p> -</div> - -<div class='center space-above'> - <img src='images/tpagelogo.jpg' - alt='kind of logo...' - /> -</div> - -<div class='center space-above'> -<p class="center"><b> -Dresden 1909 — Richard Lincke -</b></p> -</div> - -<div class='center more-space-above'> -<hr class="minor" /> -<p class="center"> -<em class='gesperrt'>Alle Rechte vorbehalten.</em> -<br />Unbefugter Nachdruck wird gerichtlich verfolgt. -<br /><i>Copyright 1909 by E. Pierson's Verlag.</i> -</p> -<hr class="minor" /> -</div> - -<div class='center more-space-above'> -<p class="center"> -Druck von E. Pierson's Verlag (Richard Lincke), Dresden. -</p> -</div> - -<h2> -Inhaltsverzeichnis. -</h2> - -<div class="center"> - -<table style="width:90%;" summary=" "> - <tr> - <td class="cwdth05"></td> - <td class="cwdth03"></td> - <td class="cwdth03"></td> - <td class="cwdth03"></td> - <td class="cwdth81"></td> - <td class="cwdth05 s">Seite</td> - </tr> - <tr> - <td colspan="5"><em class='gesperrt'>Einleitung</em></td> - <td class="r vb"><a href='#P_00_0_0'>IX</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="r vt">I.</td> - <td colspan="4">Die kollektivistische Gesellschaftsordnung in ihren -allgemeinsten Umrissen und die Rechtsgrundsätze, nach -welchen sie ins Leben einzuführen und nach ihrer -Einführung die Verwaltung zu führen sein wird</td> - <td class="r vb"><a href='#A_00_0_0'>1</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="r vt">II.</td> - <td colspan="4">Das kollektivistische Rechtssubjekt</td> - <td class="r vb"><a href='#B_00_0_0'>16</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="r vt">III.</td> - <td colspan="4">Die Verfassung eines kollektivistischen Staates</td> - <td class="r vb"><a href='#C_00_0_0'>20</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">1.</td> - <td colspan="3">Allgemeines</td> - <td class="r vb"><a href='#C_01_0_0'>20</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">2.</td> - <td colspan="3">Das souveräne Volk</td> - <td class="r vb"><a href='#C_02_0_0'>21</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">3.</td> - <td colspan="3">Das Stimm- und Wahlrecht. Form der Ausübung</td> - <td class="r vb"><a href='#C_03_0_0'>24</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">4.</td> - <td colspan="3">Wahlen</td> - <td class="r vb"><a href='#C_04_0_0'>28</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">5.</td> - <td colspan="3">Das Objekt der Volksbeschlüsse</td> - <td class="r vb"><a href='#C_05_0_0'>30</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">6.</td> - <td colspan="3">Die Erhaltung der Staatseinheit</td> - <td class="r vb"><a href='#C_06_0_0'>32</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="r vt">IV.</td> - <td colspan="4">Die Monarchie und der Adel</td> - <td class="r vb"><a href='#D_00_0_0'>34</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="r vt">V.</td> - <td colspan="4">Die Beamtenorganisation</td> - <td class="r vb"><a href='#E_00_0_0'>41</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">1.</td> - <td colspan="3">Der Verwaltungsorganismus. Detailverwaltungsämter</td> - <td class="r vb"><a href='#E_01_0_0'>41</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">2.</td> - <td colspan="3">Der ärztliche Dienst</td> - <td class="r vb"><a href='#E_02_0_0'>50</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">3.</td> - <td colspan="3">a) Der Erziehungs- und Unterrichtsdienst</td> - <td class="r vb"><a href='#E_03_a_0'>58</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">b)</td> - <td colspan="2">Höherer Unterricht</td> - <td class="r vb"><a href='#E_03_b_0'>61</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">c)</td> - <td colspan="2">Die Akademie</td> - <td class="r vb"><a href='#E_03_c_0'>64</a></td> - </tr> - <tr> - <td class="r vt">VI.</td> - <td colspan="4">Dauernde Einrichtungen und Verwaltungsbehelfe</td> - <td class="r vb"><a href='#F_00_0_0'>67</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">1.</td> - <td colspan="3">Die Wohnungsansiedelungen</td> - <td class="r vb"><a href='#F_01_0_0'>67</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">a)</td> - <td colspan="2">Urgemeinden oder Dörfer</td> - <td class="r vb"><a href='#F_01_a_0'>67</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">b)</td> - <td colspan="2">Die Bezirksvororte</td> - <td class="r vb"><a href='#F_01_b_0'>70</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">c)</td> - <td colspan="2">Die städtischen Ansiedlungen</td> - <td class="r vb"><a href='#F_01_c_0'>71</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">2.</td> - <td colspan="3">Die Verteilung der Bevölkerung</td> - <td class="r vb"><a href='#F_02_0_0'>73</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">3.</td> - <td colspan="3">Die Evidenthaltung der Bevölkerung</td> - <td class="r vb"><a href='#F_03_0_0'>77</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">4.</td> - <td colspan="3">Die <ins class='correction' title='Komunikationen'>Kommunikationen</ins></td> - <td class="r vb"><a href='#F_04_0_0'>78</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">a)</td> - <td colspan="2">Eisenbahnen, Schiffahrt</td> - <td class="r vb"><a href='#F_04_a_0'>78</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="4" class="r vt">1.</td> - <td colspan="1">Ihre Benützung für allgemeine Zwecke</td> - <td class="r vb"><a href='#F_04_a_1'>79</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="4" class="r vt">2.</td> - <td colspan="1">Ihre Benützung für Zwecke des Einzelnen</td> - <td class="r vb"><a href='#F_04_a_2'>81</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">b)</td> - <td colspan="2">Automobile</td> - <td class="r vb"><a href='#F_04_b_0'>84</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">5.</td> - <td colspan="3">Telegraph und Telephon</td> - <td class="r vb"><a href='#F_05_0_0'>85</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">a)</td> - <td colspan="2">Ihre Einrichtung und Benützung für allgemeine Zwecke</td> - <td class="r vb"><a href='#F_05_a_0'>85</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">b)</td> - <td colspan="2">Ihre Benützung für die Zwecke des Einzelnen</td> - <td class="r vb"><a href='#F_05_b_0'>88</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">6.</td> - <td colspan="3">Die Post</td> - <td class="r vb"><a href='#F_06_0_0'>89</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">7.</td> - <td colspan="3">Tagesblätter der Verwaltung</td> - <td class="r vb"><a href='#F_07_0_0'>91</a><span class='pagenum'><a id='Page_vi' name='Page_vi' href='#Page_vi'>[VI]</a></span></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">8.</td> - <td colspan="3">Die Verrechnung und Statistik</td> - <td class="r vb"><a href='#F_08_0_0'>94</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">a)</td> - <td colspan="2">Ihre Aufgabe</td> - <td class="r vb"><a href='#F_08_a_0'>94</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">b)</td> - <td colspan="2">Die Bevölkerungsstatistik</td> - <td class="r vb"><a href='#F_08_b_0'>95</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">c)</td> - <td colspan="2">Die Güter- und Verkehrsstatistik</td> - <td class="r vb"><a href='#F_08_c_0'>96</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">d)</td> - <td colspan="2">Zustandekommen und Einrichtung der Verrechnung und Statistik</td> - <td class="r vb"><a href='#F_08_d_0'>98</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">e)</td> - <td colspan="2">Beispiele von statistischen Tabellen</td> - <td class="r vb"><a href='#F_08_e_0'>100</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="1" class="r vt">VII.</td> - <td colspan="4">Der Kollektivismus und die Erhaltung, Vermehrung und natürliche Veredlung des Volkes</td> - <td class="r vb"><a href='#G_00_0_0'>126</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">1.</td> - <td colspan="3">Die Bevölkerungspolitik</td> - <td class="r vb"><a href='#G_01_0_0'>126</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">2.</td> - <td colspan="3">Ehe, Familie, Elternrecht, Wahlmütter, Anteil des Staates an der Erziehung</td> - <td class="r vb"><a href='#G_02_0_0'>136</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">3.</td> - <td colspan="3">Geschlechtliche Sittlichkeit. Freie Liebe</td> - <td class="r vb"><a href='#G_03_0_0'>146</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">4.</td> - <td colspan="3">Die Frauenkurie</td> - <td class="r vb"><a href='#G_04_0_0'>155</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">5.</td> - <td colspan="3">Die Erziehung</td> - <td class="r vb"><a href='#G_05_0_0'>158</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">a)</td> - <td colspan="2">Pflichten des Staates der Jugend gegenüber</td> - <td class="r vb"><a href='#G_05_a_0'>158</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">b)</td> - <td colspan="2">Erziehungsorgane</td> - <td class="r vb"><a href='#G_05_b_0'>161</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">c)</td> - <td colspan="2">Die physische Erziehung</td> - <td class="r vb"><a href='#G_05_c_0'>166</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">d)</td> - <td colspan="2">Intellektuelle Erziehung</td> - <td class="r vb"><a href='#G_05_d_0'>169</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">e)</td> - <td colspan="2">Der Unterricht im vorschulpflichtigen Alter</td> - <td class="r vb"><a href='#G_05_e_0'>171</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">f)</td> - <td colspan="2">Der Elementarunterricht. In Österreich der Unterricht in einer zweiten Sprache des Reiches</td> - <td class="r vb"><a href='#G_05_f_0'>172</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">g)</td> - <td colspan="2">Fachschulen niederer Ordnung und für fremde Sprachen</td> - <td class="r vb"><a href='#G_05_g_0'>175</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">h)</td> - <td colspan="2">Andere Anstalten zur Volkserziehung. 1.-13.</td> - <td class="r vb"><a href='#G_05_h_0'>176</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">i)</td> - <td colspan="2">Ethische Erziehung. 1.-10.</td> - <td class="r vb"><a href='#G_05_i_0'>183</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">6.</td> - <td colspan="3">Die Rechtspflege</td> - <td class="r vb"><a href='#G_06_0_0'>191</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="1" class="r vt">VIII.</td> - <td colspan="4">Der Kollektivismus und der allgemeine Fortschritt</td> - <td class="r vb"><a href='#H_00_0_0'>194</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">1.</td> - <td colspan="3">Fortbildung</td> - <td class="r vb"><a href='#H_01_0_0'>194</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">2.</td> - <td colspan="3">Das Vereinswesen</td> - <td class="r vb"><a href='#H_02_0_0'>196</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">3.</td> - <td colspan="3">Die Sammlungen</td> - <td class="r vb"><a href='#H_03_0_0'>202</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">4.</td> - <td colspan="3">Zeitschriften, Bücher, Bibliotheken</td> - <td class="r vb"><a href='#H_04_0_0'>203</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">a)</td> - <td colspan="2">Die Presse für Staats- und allgemeine Angelegenheiten</td> - <td class="r vb"><a href='#H_04_a_0'>204</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">b)</td> - <td colspan="2">Die Fachpresse</td> - <td class="r vb"><a href='#H_04_b_0'>207</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">c)</td> - <td colspan="2">Die Unterhaltungspresse und schöne Literatur</td> - <td class="r vb"><a href='#H_04_c_0'>208</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">d)</td> - <td colspan="2">Bücher</td> - <td class="r vb"><a href='#H_04_d_0'><ins class='correction' title='299'>209</ins></a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="4" class="r vt">1.</td> - <td colspan="1">Die wissenschaftliche Literatur</td> - <td class="r vb"><a href='#H_04_d_1'>209</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="4" class="r vt">2.</td> - <td colspan="1">Poesie und schöne Literatur</td> - <td class="r vb"><a href='#H_04_d_2'>211</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">e)</td> - <td colspan="2">Bibliotheken</td> - <td class="r vb"><a href='#H_04_e_0'>215</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">5.</td> - <td colspan="3">Die Verteilung der Konsumtibilien</td> - <td class="r vb"><a href='#H_05_0_0'>217</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">6.</td> - <td colspan="3">Die Forschung</td> - <td class="r vb"><a href='#H_06_0_0'>221</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">7.</td> - <td colspan="3">Die Kunst</td> - <td class="r vb"><a href='#H_07_0_0'>221</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">a)</td> - <td colspan="2">Schöpferische Kunst</td> - <td class="r vb"><a href='#H_07_a_0'>222</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">b)</td> - <td colspan="2">Kunstreproduktion</td> - <td class="r vb"><a href='#H_07_b_0'>224</a><span class='pagenum'><a id='Page_vii' name='Page_vii' href='#Page_vii'>[VII]</a></span></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">c)</td> - <td colspan="2">Das Kunstgewerbe</td> - <td class="r vb"><a href='#H_07_c_0'>224</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">8.</td> - <td colspan="3">Die technische Erfindung</td> - <td class="r vb"><a href='#H_08_0_0'>225</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">9.</td> - <td colspan="3">Die Anerkennung der Verdienste höheren Grades im Kollektivstaate</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_0_0'>231</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">a)</td> - <td colspan="2">Das Arbeitsleitungsrecht</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_a_0'>233</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">b)</td> - <td colspan="2">Ehrenvorzüge</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_b_0'>234</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">c)</td> - <td colspan="2">Das Vorrecht der Wahl</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_c_0'>235</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">d)</td> - <td colspan="2">Vorzüge in Beziehung auf die Wohnung</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_d_0'>236</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">e)</td> - <td colspan="2">Vorzüge in Beziehung auf Kleidung</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_e_0'>237</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">f)</td> - <td colspan="2">Vorzüge in Beziehung auf Nahrung</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_f_0'>237</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">g)</td> - <td colspan="2">Das Vorrecht in Beziehung auf einen eigenen Hausstand</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_g_0'>238</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">h)</td> - <td colspan="2"><ins class='correction' title='Borrechte'>Vorrechte</ins> in Beziehung auf Geselligkeit</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_h_0'>239</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">i)</td> - <td colspan="2">Vorrechte in Beziehung auf Konzerte, Theater</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_i_0'>240</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">k)</td> - <td colspan="2">Reisen im In- und Auslande</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_k_0'>240</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">l)</td> - <td colspan="2">Das Vorrecht in Beziehung auf die in VIII, 5, geschilderten Verteilungen</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_l_0'>240</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">m)</td> - <td colspan="2">Das Vorrecht der Arbeitsfreiheit</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_m_0'>240</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">n)</td> - <td colspan="2">Das Vorrecht der freien Wahl des Domizils</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_n_0'>241</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">o)</td> - <td colspan="2">Andere berufsmäßige Vorrechte</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_o_0'>242</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">p)</td> - <td colspan="2">Das Vorrecht, Pferde, Wagen und Automobile zu halten</td> - <td class="r vb"><a href='#H_09_p_0'>242</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">10.</td> - <td colspan="3">Religion, Kultus, Festlichkeiten</td> - <td class="r vb"><a href='#H_10_0_0'>247</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">11.</td> - <td colspan="3">Die Wettbewerbungen, Glücksspiele</td> - <td class="r vb"><a href='#H_11_0_0'>254</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">12.</td> - <td colspan="3">Nachweis der Ökonomie der in diesem Werke vorgeschlagenen Organisation des Verteilungs-, Sanitäts- und Unterrichtsdienstes</td> - <td class="r vb"><a href='#H_12_0_0'>255</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="1" class="r vt">IX.</td> - <td colspan="4">Darstellung der Befriedigung der wichtigsten Bedürfnisse des Volkes im Kollektivstaat</td> - <td class="r vb"><a href='#I_00_0_0'>262</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">1.</td> - <td colspan="3">Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses</td> - <td class="r vb"><a href='#I_01_0_0'>262</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">2.</td> - <td colspan="3">Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses</td> - <td class="r vb"><a href='#I_02_0_0'>273</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">3.</td> - <td colspan="3">Bekleidung</td> - <td class="r vb"><a href='#I_03_0_0'>275</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">4.</td> - <td colspan="3">Die sonstigen Bedürfnisse außer Wohnung, Nahrung und Kleidung</td> - <td class="r vb"><a href='#I_04_0_0'>276</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="1" class="r vt">X.</td> - <td colspan="4">Die Sachproduktion im Kollektivstaate</td> - <td class="r vb"><a href='#K_00_0_0'>278</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">1.</td> - <td colspan="3">Die Kultur der <ins class='correction' title='Zeralien'>Zerealien</ins></td> - <td class="r vb"><a href='#K_01_0_0'>281</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">2.</td> - <td colspan="3">Der Futterbau</td> - <td class="r vb"><a href='#K_02_0_0'>283</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">3.</td> - <td colspan="3">Die Viehzucht</td> - <td class="r vb"><a href='#K_03_0_0'>284</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">4.</td> - <td colspan="3">Kleinvieh und Geflügelzucht</td> - <td class="r vb"><a href='#K_04_0_0'>288</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">5.</td> - <td colspan="3">Wasserwirtschaft</td> - <td class="r vb"><a href='#K_05_0_0'>289</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="1" class="r vt">XI.</td> - <td colspan="4">Die Verteilung im Kollektivstaate</td> - <td class="r vb"><a href='#L_00_0_0'>292</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">1.</td> - <td colspan="3">Die Verteilung der Arbeit</td> - <td class="r vb"><a href='#L_01_0_0'>292</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">a)</td> - <td colspan="2">Der Arbeitstag</td> - <td class="r vb"><a href='#L_01_a_0'>293</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">b)</td> - <td colspan="2">Sonntag, Feiertage, Ferien</td> - <td class="r vb"><a href='#L_01_b_0'>296</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">c)</td> - <td colspan="2">Arbeitsbefreiung</td> - <td class="r vb"><a href='#L_01_c_0'>297</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="3" class="r vt">d)</td> - <td colspan="2">Arbeitszuweisung</td> - <td class="r vb"><a href='#L_01_d_0'>298</a><span class='pagenum'><a id='Page_viii' name='Page_viii' href='#Page_viii'>[VIII]</a></span></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">2.</td> - <td colspan="3">Die Verteilung der Güter</td> - <td class="r vb"><a href='#L_02_0_0'>301</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="1" class="r vt">XII.</td> - <td colspan="4">Die Beziehungen des Kollektivstaates zum Auslande</td> - <td class="r vb"><a href='#M_00_0_0'>303</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">1.</td> - <td colspan="3">Der Güteraustausch</td> - <td class="r vb"><a href='#M_01_0_0'>303</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">2.</td> - <td colspan="3">Der Reiseverkehr</td> - <td class="r vb"><a href='#M_02_0_0'>305</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">3.</td> - <td colspan="3">Die Aus- und Einwanderung</td> - <td class="r vb"><a href='#M_03_0_0'>307</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="2" class="r vt">4.</td> - <td colspan="3">Politische Beziehungen und Landesverteidigung</td> - <td class="r vb"><a href='#M_04_0_0'>311</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="1" class="r vt">XIII.</td> - <td colspan="4">Vorteile und Nachteile des Kollektivismus</td> - <td class="r vb"><a href='#N_00_0_0'>317</a></td> - </tr> - <tr> - <td colspan="1" class="r vt">XIV.</td> - <td colspan="4">Umwandlung der Staaten zur Einführung der kollektivistischen Gesellschaftsordnung</td> - <td class="r vb"><a href='#O_00_0_0'>333</a></td> - </tr> -</table> - -</div> - -<h2 id='P_00_0_0'> -Einleitung. -</h2> - -<p> -In einer Rede des österreichischen Ministerpräsidenten Baron Beck im -österreichischen Herrenhause vom 24. Juli 1907 sagt derselbe: -</p> - -<p> -»Damit hat sich eines der wichtigsten Staatsprobleme auf die -Tagesordnung gestellt. Dieses Problem ist: ein richtiges Gleichgewicht -herzustellen zwischen dem erwachten Selbstbewußtsein breiter -Volksschichten und den unerläßlichen Forderungen, die im Interesse -kraftvoller Durchführung des Staatswillens und der sicheren Erreichung -der Staatszwecke erhoben werden müssen. Das sind die zwei Pole, -zwischen denen sich das öffentliche Leben bewegt und zwischen denen -die Ausgleichung gefunden werden muß. Soll die Monarchie ihrer -geschichtlichen Stellung gerecht werden, dann muß sie unter ihre -Aufgaben an oberster Stelle die soziale Fürsorge für die breiten -Schichten der Bevölkerung aufnehmen. Ich für meinen Teil glaube, daß -ein gesunder sozialer Fortschritt und die ruhige Entwickelung zu einem -wahrhaft modernen Staat, <em class='gesperrt'>der seinem Wesen nach Wirtschaftsstaat -und soziale Fürsorgeanstalt sein muß, nicht nur neben einer starken -monarchischen Gewalt, sondern gerade mit ihr und durch sie möglich -ist</em>. -</p> - -<p> -Ich begrüße es, daß unserem alten, ehrwürdigen Staatsgebilde die -Aufgabe geworden ist, den hervorragenden Beruf der Monarchie für die -modernen sozialen Aufgaben darzutun. Mit Zuversicht in die Zukunft -blickend, dürfen wir die neue Bahn betreten in der festen Überzeugung, -daß unser geliebtes Vaterland nicht nur den gewaltigen Problemen der -Neuzeit sich gewachsen zeigen, sondern gerade an diesen gesteigerten -Aufgaben wieder seine unverwüstliche, ewig blühende Lebenskraft -erweisen wird. Für diese Aufgaben erbitte ich mir die Autorität des -hohen Hauses und da ich mich mit ihm eins weiß in dem Gedanken an eine -machtvolle Monarchie, so hoffe ich, daß meiner Bitte die Erfüllung -nicht versagt bleiben wird.« -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_x' name='Page_x' href='#Page_x'>[X]</a></span> -Nicht irre machen darf uns, daß der ehemalige Ministerpräsident Baron -Beck so große Ideen angekündet, dann aber nicht das Geringste getan -hat, um die Verwirklichung dieser Ideen vorzubereiten und um den Staat -in einen »wahrhaft modernen Staat«, in einen »Wirtschaftsstaat«, in -eine »soziale Fürsorgeanstalt« umzugestalten. Denn die österreichischen -Staatsmänner vermögen gar wenig. Da aber Österreich auf keine Weise -zur Ruhe kommen kann, so lange es sich in den ausgefahrenen Geleisen -der Individualwirtschaft fortbewegt, können wir mit Sicherheit darauf -rechnen, daß die österreichische Staatskunst sich doch eines Tages -dieses Ideals bemächtigen wird. -</p> - -<p> -Diese Worte zeigen, daß die österreichische Regierung der Monarchie und -insbesondere den Habsburgern die Sendung vindiziert, neue staatliche -Grundlagen zu schaffen und Aufgaben zu lösen, die ohne Staatsomnipotenz -nicht gelöst werden können. -</p> - -<p> -Diese Ideen sind in belletristischer Form bereits in meinem Romane -»Österreich im Jahre 2020« zum Ausdrucke gekommen und in diesem Werke -werden sie philosophisch, volkswirtschaftlich und staatspolitisch -dargelegt. Die Intelligenz muß sich derselben bemächtigen, weil sie nur -durch Mitarbeit an der bevorstehenden Umgestaltung sicherstellen kann, -daß diese Umgestaltung auch den höheren Interessen, der Kunst, der -Forschung und dem technischen Fortschritte zugute kommen wird, während -die sozialdemokratische Partei, in dogmatische Irrtümer verrannt, uns -der sozialen Revolution und damit der Anarchie entgegentreibt und, -wenngleich gegen ihren Willen, die ganze Kultur in Frage stellt. -</p> - -<h2 id='A_00_0_0'> -I.<br /><br /> -Die kollektivistische Gesellschaftsordnung in ihren -allgemeinsten Umrissen und die Rechtsgrundsätze, -nach welchen sie ins Leben einzuführen und nach -ihrer Einführung die Verwaltung zu führen -sein wird. -</h2> - -<hr class='h2bot' /> - -<p> -Ich bin bei meinen Untersuchungen des sozialen Problems folgenden -Weg gegangen. Ich habe mir vorgestellt, daß der Staat wirtschaftlich -allmächtig geworden sei. Er sei Alleineigentümer allen Besitzes, -er allein <em class='gesperrt'>kann</em> Arbeit geben, er allein produziert und wird -Eigentümer der durch Arbeit erzeugten Güter, von ihm allein kann -man Güter, also vor allem den Unterhalt, aber auch alles andere, -was wir brauchen, erlangen, und nun stellte ich mir vor, wie er die -vorhandenen Arbeitskräfte verteilen, was er produzieren und wie er über -die von der Natur freiwillig gebotenen und die durch Arbeit erzeugten -Güter verfügen würde. Ich betrachtete den Umsatz von Arbeitskräften -und Gütern <em class='gesperrt'>so</em>, wie er sich bei gänzlicher Aufhebung des -Privateigentums und der Geldwirtschaft, also bei ausnahmsloser -Naturalwirtschaft gestalten müßte, und indem ich dieses Prinzip auf -die ganze Produktion und auf die ganze Güterverteilung anwendete, -mußte offenbar jeder Übelstand, der damit verbunden wäre, und jede -Undurchführbarkeit einer Anwendung des Prinzips auf irgend einen Teil -der Produktion oder Verteilung an den Tag kommen. Da der Staat zunächst -Eigentümer aller Güter wird und die Einzelnen nur von ihm etwas -erlangen können, mußte die Frage immer zur Untersuchung kommen, in -welchen Fällen der Staat das Eigentum zu gunsten des Einzelnen aufgeben -müsse, damit der Verteilungszweck -<span class='pagenum'><a id='Page_2' name='Page_2' href='#Page_2'>[2]</a></span> -erreicht werden kann und es ergab sich, daß nur dann das Staatseigentum -aufgegeben werden muß, wenn die Güter dem Einzelnen -zum Verbrauche für seine Person überlassen werden müssen. Das -ist bei der Nahrung unzweifelhaft der Fall, niemals aber beim Verbrauche -für die Zwecke der Gütererzeugung, welche ja der Staat für -seine eigene Rechnung betreibt, wodurch sich also Güter der einen -Art in Güter der andern Art verwandeln, wobei aber darum doch -die einen und die anderen Staatseigentum bleiben. -</p> - -<p> -Würde man Teile der Produktion den Einzelnen für ihre persönlichen -Zwecke überlassen, wie beim Verkochen von Nahrungsmitteln -im Familienhaushalte, so würde eine Eigentumsübertragung zu -diesem Ende stattfinden müssen. Allein ich nahm als die Regel an, -daß der Staat auch die Speisenbereitung für Rechnung der Gesamtheit -betreibt und daß also erst beim Verzehren der gekochten Speisen -das Staatseigentum aufgegeben werden muß. Ausnahmen zugunsten -Einzelner kommen vorläufig nicht in Betracht. -</p> - -<p> -Gegenstände, die nicht durch Verbrauch sondern durch Benützung -dem Einzelnen dienstbar gemacht werden, wie Kleider, Wäsche, Mobilien, -Bücher, Instrumente, bedürfen keiner Eigentumsübertragung, -um in <em class='gesperrt'>diese</em> Art der Konsumtion überzugehen und so wurde zunächst -der Grundsatz aufrecht erhalten, daß diese Gegenstände Staatseigentum -bleiben, also der Reihe nach mehreren Personen zum Gebrauche -dienen können, und, wenn sie unbrauchbar werden, wieder -Material für die Staatsproduktion liefern. Damit ist die <em class='gesperrt'>dauernde</em> -Gebrauchszuweisung immerhin vereinbar. -</p> - -<p id='A_00_0_0al2'> -Doch zeigt sich da, daß es Fälle gibt, in welchen der Einzelne -bei Gebrauchsgütern, ja selbst bei Produktionsmitteln das Recht -haben muß, nach seinem Gutdünken damit zu verfahren, weil er -sonst in seiner Freiheit zu sehr beschränkt wäre und weil sonst der -Verteilungszweck, die Wohlfahrt Aller, nicht erreicht würde. So -ist es mir offenbar nicht erlaubt, ein Stück Papier zu beschreiben, -oder mit Zeichnungen zu bedecken, welches fremdes Eigentum ist. -Man könnte also keinen Brief schreiben und viele andere persönliche -Zwecke nicht erreichen, wenn man immer nur über das verfügen -dürfte, was man zu seiner Ernährung verzehrt. Daraus folgt nun, -daß eine gewisse Menge von sehr mannigfaltigen Gütern zur -<span class='pagenum'><a id='Page_3' name='Page_3' href='#Page_3'>[3]</a></span> -Verteilung unter die Bevölkerung zu dem Ende gelangen muß, damit -der Einzelne damit machen kann, was er für gut hält. Doch soll -der Staat auch an diesen Stoffen und den daraus hergestellten -Dingen eine Art von Obereigentum behalten, damit keine dem -Staatswohl zuwiderlaufenden Zwecke verfolgt werden können und -damit der Staat in die Lage kommen soll, höhere Zwecke des Gemeinwesens -auch mit diesen Gütern zu verfolgen, wenn ein Anlaß -vorliegt. So soll er auf Briefe, die von einer historisch berühmten -Persönlichkeit herrühren, eine Art von Vorrecht haben, desgleichen -auf Bilder, Statuen, Manuskripte, die von einem Einzelnen nicht -berufsmäßig, also für Rechnung des Staates, sondern im freien -Schaffen gemalt, modelliert und verfaßt worden sind, insofern es im -Gesamtinteresse liegt, daß selbe erhalten, verwahrt und Allen zugänglich -gemacht werden können, was immerhin nicht ausschließt, -daß das Privat<em class='gesperrt'>gebrauchs</em>recht auf eine oder mehrere Generationen -unbeschadet jenes Obereigentums geduldet werden kann. Nur das -Recht der Zerstörung könnte der Staat verwehren, wenn ein wirklicher -Wert geschaffen wurde und die Staatsverwaltung das Obereigentum -geltend zu machen erklärt hat. Auch ist es unzweifelhaft, -daß auf dem oben bezeichneten Wege auch Stoffe zur Verteilung gelangen -werden, welche man außerberuflich zu chemischen Versuchen -verwendet. Würden aber Gifte oder Explosivstoffe auf diese Art hergestellt -werden und ein schädlicher Gebrauch zu besorgen sein, so muß -dem Staate das Recht der Konfiskation der verteilten Stoffe und -der daraus hergestellten Produkte auf Grund seines Obereigentums -zustehen. Für die zur Verteilung gelangenden Stoffe, Mal- und -Zeichen- oder Schreibrequisiten, <ins class='correction' title='Gespinste'>Gespinnste</ins>, -Gewebe, Holz, Metalle, gesammelte -Naturprodukte, auch selbstgesammelte, schlage ich den Ausdruck -<ins class='correction' title='Konsumptibilien'>Konsumtibilien</ins> vor, -weil den damit Beteiligten der Verbrauch -freisteht, obschon das Staatseigentum nie erlischt. Von dieser Verteilung -wird in <a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> ausführlicher gesprochen. -</p> - -<p> -Diese Art des Staatseigentums und beziehungsweise Staatsobereigentums -bietet eine große Menge von Vorteilen. Der Eigentümer -einer Sache ist in einem solchen Staate nie zweifelhaft und -darum ist Diebstahl und Veruntreuung, außer zum persönlichen Verbrauche -in ganz kleinen Mengen, unmöglich. Der ganze -<span class='pagenum'><a id='Page_4' name='Page_4' href='#Page_4'>[4]</a></span> -Handelsumsatz — nämlich durch Kauf und Verkauf — ist überflüssig und -dadurch werden viele hunderttausende, ja Millionen von Arbeitskräften -für wichtigere Zwecke frei. Die Benützung materieller Mittel -zu verbrecherischen Zwecken wird außerordentlich erschwert, wenn sie -gleich nicht ganz unmöglich gemacht werden kann. Endlich trifft -jeder Zufall den Eigentümer, daher dieser Grundsatz des ausnahmslosen -Staatseigentums als Versicherung für den Gebrauchsberechtigten -wirkt, ein zufälliger Gewinn aber immer der Gesamtheit zustatten -kommt. -</p> - -<p> -Es wird sehr genau gezeigt werden, daß keine Art von wünschenswerter -Verteilung für Gebrauchs- und Verbrauchszwecke durch diese -Grundsätze erschwert oder vereitelt wird, -vielmehr ist alles viel beweglicher, -jeder nicht gemeinschädliche Privatzweck viel leichter erreichbar -als dort, wo jeder Gebrauch oder Verbrauch eine Erwerbung -und Eigentumsübertragung voraussetzt. -</p> - -<p> -Eine besondere Sorgfalt wurde der Untersuchung der Frage gewidmet, -wie die Rechnungslegung und die Sicherstellung der gesetzmäßigen -<ins class='correction' title='Gebahrung'>Gebarung</ins> mit dem Staatseigentum und dem Staatseinkommen -durchzuführen wäre und es ist dieser Gegenstand in einem -besonderen Kapitel erörtert worden. Mit dem Geldverkehre hört auch -die Geldverrechnung auf und es vertritt die statistische Tabelle die -Stelle unserer heutigen Kassenjournale. Doch ist eine tägliche -Statistik, wie sie von mir vorgeschlagen und in <a href='#F_08_e_0'>VI, 8, e,</a> exemplifiziert -wird, nicht <em class='gesperrt'>nur</em> Statistik, also Feststellung wirtschaftlicher -Werte bei Ablauf einer längeren Periode, sondern zugleich Ermittlung -der kleinsten Bewegungsstufen. Sie verhält sich zur heutigen -Statistik wie das Journal zur Bilanz. Es wurde geprüft, ob die -Statistik aller schnell verbrauchten Güter, wie Milchprodukte, Eier -und das Fleisch geschlachteter Tiere, durch statistische Tabellen, und -zwar im Zusammenhange mit einer Statistik der Verteilung der -Bevölkerung dergestalt durch den Druck veröffentlicht werden könnte, -daß alle Produktion und Verbrauch dieser Güter <em class='gesperrt'>täglich allgemein -bekannt gemacht wird</em> und zwar in einem solchen Zusammenhange -mit dem Nachweise des -<ins class='correction' title='Verpflegsstandes'>Verpflegstandes</ins> einer jeden Gemeinde -und eines jeden Quartiers, daß jeder Volksgenosse sich über die -Rechtmäßigkeit dieser Verteilung jederzeit orientieren kann. Doch hat -<span class='pagenum'><a id='Page_5' name='Page_5' href='#Page_5'>[5]</a></span> -eine genaue Prüfung, die ich mir jederzeit habe angelegen sein lassen, -ergeben, daß eine solche <em class='gesperrt'>tägliche</em> Veröffentlichung in einem Maße, -daß jeder Volksgenosse die Verteilung selbst prüfen kann, wahrscheinlich -doch einen zu großen Papierverbrauch zur Folge hätte. Man -kann nämlich ziemlich genau statistisch feststellen, wieviel das Volk -pro Kopf und Jahr im Ganzen an Papier verbraucht und wieviel -davon durch solche Veröffentlichungen verbraucht würde. Da zeigt -sich nun, daß eine solche Veröffentlichung in jenem Ausmaße, wie -es wünschenswert erschiene, vielleicht eine allzu große Belastung des -Papierbudgets ergeben könnte, daher zwar vorgeschlagen wird, -daß für die Verwaltung und die Bevölkerung eines jeden Bezirkes -die statistischen Ausweise dieser Art täglich abgeschlossen und schriftlich -zur Prüfung aufgelegt werden sollen, daß aber, wenn eine tägliche -Veröffentlichung dieser Statistik des Papierverbrauches wegen -sich als untunlich erweisen sollte, nur die Kreis-, Provinz- und -Reichsstatistik täglich, die Bezirksstatistik aber nur von Woche zu Woche -allgemein und durch den Druck veröffentlicht werden sollen. Das -Nähere hierüber enthalten die Abschnitte <a href='#F_07_0_0'>VI, 7</a> und <a href='#F_08_0_0'>8</a> über das -Zeitungswesen und die Statistik. -</p> - -<p> -Zum Zwecke der Beurteilung der Administration und des Arbeitsaufwandes -für Verwaltung, Erziehung, Volksunterricht und das -Sanitätswesen wurde angenommen, daß die Landgemeinden auf einen -Bevölkerungsstand von beiläufig tausend Köpfen gebracht, größere Gemeinden -und Städte aber in Quartiere von einer Bevölkerungszahl -von beiläufig tausend Köpfen geteilt werden sollen. Diese Verteilung -der Bevölkerung und die Verringerung der eigentlichen städtischen -Bevölkerung auf höchstens 2-3% der Gesamtbevölkerung ist von -unermeßlichen Vorteilen für die Hygiene, die Landwirtschaft, -die Verwaltung, die Volkserziehung, den Volksunterricht und die Ökonomie. -Und daraus ergibt sich nun auch eine sehr genaue Übersicht, wieviele -Personen in jenen Berufen anzustellen sein werden und wie groß -die Arbeitslast für die einzelnen Angestellten sein wird. Nun ist -zwar der angenommene Bevölkerungsstand der Gemeinden und -Quartiere keineswegs pedantisch festzuhalten, und er wird auch innerhalb -gewisser Grenzen schwanken, allein es wird sich ergeben, daß -der Verwaltung vielerlei Auswege zu Gebote stehen, um eine sehr -<span class='pagenum'><a id='Page_6' name='Page_6' href='#Page_6'>[6]</a></span> -empfindliche Verschiebung hintanzuhalten. Die Aufhebung des -Privateigentums, welches den Domizilwechsel sehr erschwert, der gemeinsame -Staatsbetrieb und die leichtere Versetzbarkeit der nicht -produktiven Bevölkerung, dann die Notwendigkeit, in einem Staate -von 45 Millionen Bewohnern (ich nehme die Verhältnisse Österreichs -zur Grundlage) alljährlich dem Volkszuwachse entsprechend mindestens -200-300 Ortsgemeinden neu aufzubauen, werden immer eine Ausgleichung -des Bevölkerungsstandes der einzelnen Gemeinden und -Quartiere ermöglichen, wo es für die Verwaltung <em class='gesperrt'>ein Bedürfnis</em> -ist. -</p> - -<p> -Die Notwendigkeit, alle Wohnungsansiedelungen nach und nach -für die Zwecke der Kollektivwirtschaft umzubauen, muß ins Auge -gefaßt werden und es ist davon in <a href='#F_02_0_0'>VI, 2,</a> die Rede. Die Versorgung -eines großen Bruchteiles der Bevölkerung, welcher heute verkümmert -und bei uns mehr in Ställen haust, als in menschlichen -Wohnungen, mit Wohnhäusern, die Anpassung der Landwirtschaft -an den Kollektivbetrieb, die Assanierung vieler vernachlässigter Gemeinden, -macht ohnehin viele Neubauten notwendig und, da die Umwandlung -unserer Gesellschaftsordnung auch nur nach und nach erfolgen -und die Übergangsperiode auf 40-100 Jahre veranschlagt -werden kann, so ist der notwendige Bauaufwand wohl zu bestreiten, -besonders da viele verwendbare Baumaterialien und Baubestandteile -beim Abbruche der alten Bauten gewonnen werden. Hat Nordamerika -in weniger als hundert Jahren Wohnungen für 70 Millionen -Menschen bei rasch steigender Volkszahl und ohne Abbruchmaterialien -schaffen können, so muß ein Staat von 45 Millionen -bei verhältnismäßig stationärem Bevölkerungsstande den Bauaufwand -für die notwendige Umgestaltung in ein bis zwei Generationen aufzubringen -vermögen. Der Bauaufwand wird im kollektivistischen -Staate dann aufzubringen sein, wenn die Verwaltung ohne Vernachlässigung -anderer Produktionszweige so viele Prozente der verfügbaren -Arbeitskräfte im Bauwesen verwenden kann, als zur Bewältigung -der festgesetzten Bauarbeiten innerhalb der angenommenen -Umgestaltungsperiode erforderlich sind. -</p> - -<p> -Die Forderung, daß der Staat zum Kollektivismus übergehe, -wird nicht aus Gefühlsduselei und Mitleid, aus Gerechtigkeitsgründen, -<span class='pagenum'><a id='Page_7' name='Page_7' href='#Page_7'>[7]</a></span> -aufgestellt, <em class='gesperrt'>sondern aus volkswirtschaftlichen und -staatspolitischen Erwägungen und im Interesse der Kultur -und des Fortschrittes</em>. Es wird nur die Aufopferung eingebildeter -Interessen gefordert und ich erwarte sie nicht von der Güte der -Einzelnen. Der Staat soll nur die wirtschaftliche Macht schonungslos -gebrauchen, die er bereits besitzt, und er wird ohne Rechtsbruch -zur Omnipotenz gelangen. Die Rechtskontinuität muß gewahrt, -die revolutionäre Umgestaltung muß verhindert, jede Gewalt ohne -Schwäche unterdrückt werden, aber Aufgabe der Regierungen ist es, -die hier angegebenen Ziele anzustreben. Die Staatsmänner, welche -diesen Zielen zustreben, werden sich ebenso sicher finden, wie es nicht -fehlen konnte, daß sich Staatsmänner fanden, die, den Fürsten zum -Trotze, die Einheit der deutschen Nation herbeiführten. -</p> - -<p> -Wer dieses Buch liest, wird sich überzeugen, daß -unsere Gesellschaftsordnung -eine Maschine mit einem lächerlich hohen Reibungskoeffizienten -ist. -</p> - -<p> -Die Rechtsgrundsätze, von welchen ich für die <em class='gesperrt'>Umgestaltung</em> -ausgehe, sind folgende: -</p> - -<p> -Die Besitzenden, welche durch Mißbrauch ihres wirtschaftlichen -Übergewichtes Reichtümer angesammelt und die Besitzlosigkeit der -Massen herbeigeführt haben, können sich nicht darüber beschweren, -wenn der Staat seinerseits ihnen gegenüber sein wirtschaftliches -Übergewicht zur <ins class='correction' title='Gelttung'>Geltung</ins> bringt -und sie so expropriert, wie sie -andere expropriert haben. Ihr wirtschaftliches Übergewicht konnten -sie niemals erlangen, ohne Gesetze, welche die Staatsgewalt zu -gunsten des freien Vermögenserwerbes<a name='FA_1' id='FA_1' href='#FN_1' class='fnanchor'>[1]</a>, -zum Schutze des Privateigentumes -und zur Begründung eines Erbrechtes erlassen hat. -Diese Gesetze zu ändern, ist der Staat jederzeit berechtigt und dadurch -kann der Prozeß der Verstaatlichung des Besitzes beschleunigt werden. -Wenn damit nur stufenweise und langsam vorgegangen wird, so hat -<span class='pagenum'><a id='Page_8' name='Page_8' href='#Page_8'>[8]</a></span> -das nicht darin seinen Grund, daß in einer sofortigen Einziehung -des Besitzes gegen zeitlich beschränkte Renten eine Rechtsverletzung -läge, sondern daß es nicht im Interesse des Staatswohles gelegen -wäre, den Umbildungsprozeß zu übereilen. Jede Art von Besteuerung -bildet eine Verkürzung von Privatinteressen und Privatbesitzrechten. -Im öffentlichen Interesse wurde das Besteuerungsrecht doch -seit Jahrtausenden geübt und die progressive Einkommensteuer, -welche man längst für statthaft erkannt hat, zeigt einen der vielen -Wege, welche zur Erreichung des angestrebten Zieles, die wirtschaftliche -Macht des Staates auf Kosten der Besitzenden zu erweitern, -führen können. -</p> - -<p> -Das sind die Rechtsgrundsätze, welche für die Umwandlung -der sozialen Zustände maßgebend sind. Diese Umwandlung ist kein -Bruch mit der Vergangenheit, sondern eine Entwickelung und Fortbildung -der bestehenden Zustände. Sie führt auch nicht im eigentlichen -Sinne zur <em class='gesperrt'>Aufhebung</em> des Privateigentums, wohl aber zu -dessen <em class='gesperrt'>Aufsaugung</em> zugunsten des wirtschaftlich Stärksten, des -Staates und zur Erreichung der höchsten ethischen Ziele und der -Erfolg dieser Aufsaugung ist die Zurückgewinnung eines verhältnismäßigen -Anteiles am Volksvermögen für jedes einzelne Mitglied -der Gesellschaft. -</p> - -<p id='A_00_0_0al1'> -Die Rechtsgrundsätze für die kommende Zeit der Staatsomnipotenz, -welche der Verteilung von Arbeit und Gütern zugrunde -liegen, sind folgende: Wer Mitglied der staatlichen Gesellschaft -werden und bleiben will, und für die der staatlichen Erziehungsgewalt -unterworfene Jugend wird das vorausgesetzt, muß die Grundlagen -dieser Gesellschaft anerkennen und sich ihnen unterordnen. -Wer aufhören will, dieser Gesellschaft anzugehören, muß entweder -auswandern, oder seinen Anteil am staatlichen Gesamtbesitze absondern. -Letzteres kann er nicht wünschen, weil er neben einem so -mächtigen wirtschaftlichen Körper eine Sonderexistenz umsoweniger -führen kann, als er von Jugend auf an das Wohlleben des -Kollektivismus gewöhnt ist. Eine Frage wäre, ob man Auswanderern -eine ihrem Anteil am Gesamtvermögen entsprechende Summe hinauszahlen -solle. Das Maß dieser Abfertigung könnte nach Altersstufen -und Berufskategorien in einen Tarif gebracht werden. Diese -<span class='pagenum'><a id='Page_9' name='Page_9' href='#Page_9'>[9]</a></span> -Auseinandersetzung würde aber gesetzlich geregelt und ein privatrechtlicher -Anspruch niemals anerkannt werden. Die Hinauszahlung -einer Summe an <em class='gesperrt'>Auswanderer</em> wäre kein Bruch mit dem Prinzipe -der Naturalwirtschaft, die nur auf dem Territorium des Kollektivstaates, -nicht für seinen Verkehr mit auswärtigen Staaten gilt. Die -Geldmittel erwirbt der Kollektivstaat durch -den <ins class='correction' title='Waarenhandel'>Warenhandel</ins> mit -Staaten, welche Geldwirtschaft haben und durch den Fremdenverkehr -mit Angehörigen solcher Staaten. Wird es in Zukunft solche -Staaten überhaupt nicht mehr geben oder mit solchen kein auf Erwerb -gerichteter Verkehr mehr unterhalten, so könnte eine Abfertigung -von Auswanderern nie anders, als durch Zuweisung beweglicher -Sachen erfolgen. -</p> - -<p> -Unter solchen Umständen, welche sowohl die Absonderung in -vermögensrechtlicher Beziehung als die Auswanderung mit Anspruch -auf Abfertigung ermöglichen, kann von einer Vergewaltigung oder -unbilligen Abhängigkeit, wie sie heute der Besitzlose zu tragen hat, -niemals die Rede sein. -</p> - -<p> -Für jene, die Staatsbürger sind und bleiben wollen, gelten -folgende Verteilungsgrundsätze: -</p> - -<p> -Da der verhältnismäßige Anteil des Einzelnen am Gesamtvermögen -ohne Arbeit zur Deckung des Lebensunterhaltes weitaus -ungenügend ist, ist jeder zur Arbeit verpflichtet, um zur Deckung -des Gesamtaufwandes beizutragen. An die Stelle der Steuerpflicht -tritt im Kollektivstaat die Arbeitspflicht. -Die Erfüllung dieser Arbeitspflicht -wird erzwungen, wie der Militärdienst. Das Ausmaß -der Minimalarbeitsschuldigkeit, sagen wir achtstündige Arbeit an -300 Tagen im Jahre, und die Verteilung der verschiedenen Arbeiten -nach den Kräften und der Befähigung der Arbeitsfähigen -erfolgt nach dem Gesamtwillen. Der Einzelne wird, da er nicht -<ins class='correction' title='Eigentümmer'>Eigentümer</ins> der Produktionsmittel, -insbesondere der Naturquellen -ist, auch nicht Eigentümer der durch seine Arbeit hervorgebrachten -Güter. Diese fallen dem Staate zu, der sie zum Verbrauche, beziehungsweise -zum Gebrauche unter die Mitglieder der Gesellschaft -verteilt. Auch diese Verteilung erfolgt nach dem Gesamtwillen. -Alle Glieder der Gesellschaft haben zunächst, ob sie arbeiten können -oder nicht können, auch wenn sie von der Arbeit befreit sind, ein -<span class='pagenum'><a id='Page_10' name='Page_10' href='#Page_10'>[10]</a></span> -Recht auf naturalwirtschaftliche Befriedigung aller ihrer Bedürfnisse -nach dem durch den Gesamtwillen festgesetzten Maßstabe. Ebenso -werden alle jene Kategorien von Arbeiten festgesetzt, welche der -Staat von jedermann zu beanspruchen berechtigt ist und jene, welche -ein Sonderübereinkommen zwischen dem Staat und den Arbeitern -voraussetzen, sei es, daß die Gefahren und Belästigungen einer Arbeit -Anspruch auf Begünstigungen gewähren, oder daß sich nicht jeder -zu einem Berufe eignet. Im ersten Falle werden den Berufen -solche Begünstigungen eingeräumt, daß sich eine genügende Anzahl -von Freiwilligen meldet, im zweiten Falle setzt der Staat die Bedingungen -fest, unter welchen man die Zulassung zu einem bestimmten -Berufe erlangen kann, so z. B. Prüfungen, längere erfolgreiche -Vorbereitung oder Befähigungsnachweis. -</p> - -<p id='A_00_0_0al4'> -Von der staatlich geregelten Arbeit befreit -sind folgende Kategorien von Volksgenossen: -</p> - -<p> -1. <em class='gesperrt'>Die Arbeitsunfähigen.</em> Arbeitsunfähig sind die Kinder, -die Kranken und die Gebrechlichen aller Altersstufen. -Diese Arbeitsbefreiung -ist aber eine begrenzte, denn der Kollektivstaat wird Viele -in seiner großen Organisation verwenden können, die in unserer -Gesellschaftsordnung wegen Gebrechen keine Arbeit finden. -</p> - -<p> -2. <em class='gesperrt'>Die Pensionierten.</em> Von der staatlich geregelten Arbeit -befreit sind nach dem vom Gesamtwillen festgesetzten Maßstab alle -jene, welche in ihrem Beruf die vorgeschriebene Altersgrenze erreicht -haben, wenngleich sie noch arbeitsfähig sind. -</p> - -<p> -3. Auch <em class='gesperrt'>durch Geburt oder Verdienst</em> kann die Befreiung -von jeder staatlich geregelten Arbeit erlangt werden. Nach besonderen -Gesetzen können hervorragende Verdienste um das Volk -auch vor Erreichung der Altersgrenze mit Befreiung von aller staatlich -geregelten Arbeit belohnt werden. Das gilt insbesondere von -sehr erfolgreichen Dichtern, Künstlern, Forschern und Erfindern. -Die Einräumung dieser Befreiung erfolgt in der Regel -durch die Staatsverwaltung, -aber die Gesetze können auch anders darüber verfügen -und nach einem gewissen Turnus den Gemeinden, oder Bezirken oder -Kreisen die Befugnis einräumen, solche Begünstigungen von Zeit -zu Zeit je einer Person zu erteilen. -</p> - -<p> -Wer von Geburt aus von jeder geregelten Arbeit befreit ist, -<span class='pagenum'><a id='Page_11' name='Page_11' href='#Page_11'>[11]</a></span> -wird gleichfalls durch die Gesetze bestimmt. Diese Begünstigung kann -durch die Gesetze eingeräumt werden den Mitgliedern einer Dynastie, -den Mitgliedern einer Anzahl von adeligen Familien, den Personen, -welche zur Beschleunigung des Umwandlungsprozesses ihr Vermögen -von einer gewissen Ausdehnung vor der Zeit abgetreten haben und -ihren Nachkommen. Die Gesetze können bestimmen, daß die durch -Geburt erworbene Arbeitsbefreiung an gewisse Beschränkungen gebunden -ist und daß sie nur einer <ins class='correction' title='beschränken'>beschränkten</ins> Anzahl von Nachkommen -zustatten kommt, sodaß z. B., wenn die Familienmitglieder -der Dynastie über eine gewisse Anzahl anwachsen, den überzähligen -Mitgliedern diese Begünstigung entzogen wird, sowie, daß nur jene -Nachkommen der dynastischen Familie diese Begünstigung genießen -können, die einer monogamen Ehe zwischen besonders geeigenschafteten -Personen entspringen und <ins class='correction' title='dgl'>dergl</ins>. -</p> - -<p> -Die Monarchie ist mit dem Kollektivismus durchaus vereinbar, -vorausgesetzt, daß auch die Dynastie dem allgemeinen Gesetze der -Eigentumslosigkeit und der Naturalwirtschaft unterworfen ist und -daß ihre verfassungsmäßige Stellung der Volkssouveränität keinen -Abbruch tut. -</p> - -<p> -Die Aufrechterhaltung der Monarchie wird sich insbesondere -dort empfehlen, wo sie zur <ins class='correction' title='Aufrechthaltung'>Aufrechterhaltung</ins> der staatlichen Einheit -notwendig erscheint. Damit im Zusammenhange kann auch der -Fortbestand einer Anzahl hochadeliger Familien entsprechend erscheinen, -besonders dann, wenn die Dynastie und jene Familien, welchen die -Adelsqualität zuerkannt wird, den Übergang in die neue Ordnung -begünstigen, Staat und Volk zu repräsentieren geeignet und sie -den sozialen Frieden zu schirmen bereit sind. Die ihnen zukommenden -sozialen Funktionen werden verfassungsgemäß zu ordnen sein. -Die Gesetze können auch da verhindern, daß die dem hohen Adel -angehörigen Personen eine gewisse Anzahl entweder in den einzelnen -Familien oder im Ganzen übersteigen, wenn sie bestimmen, daß die -über diese Zahl geborenen Nachkommen der Adelsvorzüge nicht teilhaftig -werden. Daß der Dynastie und dem Hochadel in einem -Kollektivstaate ästhetische Aufgaben und eine soziale Stellung eingeräumt -werden können, welche im Interesse des gesamten Volkes liegen -und weder seiner Wohlfahrt noch seiner Freiheit abträglich werden -<span class='pagenum'><a id='Page_12' name='Page_12' href='#Page_12'>[12]</a></span> -können, glaube ich in meinem Roman »Österreich im Jahre 2020« -klar gezeigt zu haben. -</p> - -<p id='A_00_0_0al3'> -Was die Personen und die Nachkommen jener Personen anbelangt, -die nach obigen Grundsätzen sich die Arbeitsbefreiung und -demnach auch einen prozentualen Anteil an Gütern und Genüssen -für sich und ihre Nachkommen gewissermaßen erkaufen, so wird diese -wohl nur für eine gewisse Zahl von Generationen bewilligt werden -und dann erlöschen. Ihre Stellung und die der monarchischen -Familie und der Familien des Hochadels zum Volke wäre eine -verschiedene. Die letztgedachten Familien hätten eine soziale Funktion -zu erfüllen, die Nachkommen der Geldaristokraten aber nicht, ihre -Freiheit wäre absoluter. Darum würde diese Freiheit immer unerträglicher -werden, während die Ausnahmsstellung jener Familien, -wenn sie ihren Aufgaben gewachsen sind, immer mehr gerechtfertigt -scheinen wird. -</p> - -<p> -Der Rechtsgrundsatz der Festsetzung eines sehr hoch gegriffenen -(etwa 90%igen) Versorgungsminimums für alle, auch die Arbeitsunfähigen, -rechtfertigt sich aus einem Versicherungsbedürfnisse der -Arbeitsfähigen, welche den Verlust ihrer Arbeitsfähigkeit jederzeit zu -fürchten haben. Die Opfer, die sie aus dem Ertrage ihrer Arbeit für -Arbeitsunfähige zu bringen haben, dienen also als Versicherungsprämie. -Aus demselben Grundsatze ist die Versorgung der Kinder -und Alten gerechtfertigt, denn die Arbeitsfähigen haben Ersatz zu -leisten für den eigenen Unterhalt und Erziehung in der Jugend durch -die Tragung des Versorgungs- und Erziehungsaufwandes für die -nachwachsende Generation und in der Versorgung der Alten leisten -sie die Prämie für die eigene Altersversorgung. Zur Versorgung -der heranwachsenden Jugend haben nicht nur die Eltern, sondern -gleichermaßen die Kinderlosen beizutragen, weil auch diese von der -heranwachsenden Generation Altersversorgung beanspruchen werden. -Noch mehr Grund haben die Massen zur Entlohnung der Hochverdienten, -da sie die Früchte ihrer Leistungen genießen. <em class='gesperrt'>Darum -ist aber auch von einer Ausbeutung der Starken durch -die Schwachen keine Rede.</em> -</p> - -<p> -Trotz des sehr hoch gegriffenen Versorgungsminimums ist die -Verteilung so einzurichten, daß ein prozentuell zu bestimmender Teil -<span class='pagenum'><a id='Page_13' name='Page_13' href='#Page_13'>[13]</a></span> -des Jahresproduktes und der persönlichen Dienstleistungen zur Entlohnung -höherer Verdienste, auch gemeiner Art, verwendet wird. -Das wird am besten in der Form der Schaffung von Dienstkategorien -geschehen, in welche man im Beförderungswege einrücken -kann. Da keine anderen Verdienste anerkannt werden, als solche, die -dem gesamten Volke zum Vorteil gereichen, so hat jeder Einzelne -ein egoistisches Interesse, zu dieser Entlohnung beizutragen. Es ist -demnach auch keine Rede von einer mechanischen Gleichheit zwischen -allen Gliedern der Gesellschaft und diese gehört auch nicht zum -Wesen des Kollektivismus und zwar gerade aus dem Grunde, weil -die geplante Vermögensverwaltung das Wohl <em class='gesperrt'>Aller</em> zu verwirklichen -hat. -</p> - -<p> -Der Kollektivismus beschränkt sich nicht auf die Produktion und -Verteilung von Sachgütern, sondern er hat auch die Aufgabe, alle -Arten persönlicher Dienstleistungen sicher zu stellen -und die Sachgüterproduzenten -und jene, die persönliche Dienste zu leisten haben, -in ein richtiges gegenseitiges Verhältnis zu bringen. -</p> - -<p> -Da jeder Einzelne von allen Berufsklassen Vorteile empfängt, -wenn ihm das auch oft nicht zum Bewußtsein kommt, so ist er -auch allen verpflichtet und den Austausch von Gütern und Dienstleistungen -in einem richtigen Verhältnisse zu ordnen, ist eine Hauptaufgabe -der staatlichen Verteilung. Das richtige Maß der -Verteilung festzustellen dient als Hauptgrundlage die ununterbrochene -Ermittelung der Sterblichkeit in den verschiedenen Berufsklassen. -</p> - -<p> -Da der Staat alle Kinder versorgt, steht ihm auch das Recht -zu, auf Ehe und Kindererzeugung gesetzgeberischen Einfluß zu üben -und die Fortpflanzung degenerierter und krankhafter Individuen zu -unterdrücken. Das wird in jenem Ausmaße zu geschehen haben, -welches einer mäßigen Vermehrung der Bevölkerung nicht im -Wege steht. -</p> - -<p> -Es ist hier kein Grundsatz aufgestellt, der richtig angewendet -nicht im Interesse eines jeden einzelnen Mitgliedes der Gesellschaft -läge. Da alle Güter an den Staat abgeliefert und alle Güter von -ihm verteilt werden und nirgends die vermeintliche Äquivalenz im -Austausche zwischen den Einzelnen, sondern allgemeine -<span class='pagenum'><a id='Page_14' name='Page_14' href='#Page_14'>[14]</a></span> -Verteilungsgrundsätze für den Gütertausch maßgebend sind, entsteht eine enorme -Vereinfachung der Umsatz<em class='gesperrt'>arbeit</em>, wie insbesondere bei der Betrachtung -der Funktionen der <ins class='correction' title='Verteilungsungsbeamten'>Verteilungsbeamten</ins> und bei -der Erörterung der statistischen Verrechnung zur Evidenz gebracht -werden wird. (Siehe V. 1, <i>Alinea</i> <a href='#E_01_0_0al1'>»Dieser Beamte«</a> und <a href='#F_08_0_0'>VI. 8.</a>) -</p> - -<p> -Das Schlagwort Utopie hat hier keine Berechtigung. Insofern -es sich um Zustände handelt, die nirgends und niemals waren, -ist zwar, was ich fordere, ein Nirgendwo, allein das gilt von allem, -was die Entwicklung bringt. Seit noch nicht hundert Jahren haben -wir Eisenbahnen, Telegraphen, elektrische Wunderwerke, die niemals -vorher waren. Darum wurde das Alles doch verwirklicht. Wer -aber dergleichen hundert Jahre vorher versprochen hätte, wäre ein -Utopist gewesen, weil er nicht wissen konnte, welche damals noch -geheimen Kräfte die Erde birgt und wie sie den Menschen dienstbar -gemacht werden können. Allein was ich verspreche, ist lediglich vom -Willen der Menschen abhängig. Es setzt keine neuen Wunder der -Erfindung voraus, und rechnet auf nichts, was nicht durchführbar -wäre und es handelt sich nur um die Frage, ob wir Grund haben, -die Ausführung alles dessen, was ich empfehle, zu wollen und ob es -möglich sein wird, die widerstrebenden Elemente, welche heute allerdings -die Macht in der Hand haben, zu überwinden. Diese Frage -wird dort beleuchtet werden, wo die Wege besprochen werden, die -in das neue Land führen. -</p> - -<p> -Die großen Verbrechen unserer Zeit, die politische Zersetzung, -die sich überall, am stärksten in Österreich, bemerkbar macht, die -furchtbaren Hilfsmittel, welche staatsfeindliche Elemente zur Verfügung -haben, ich erinnere nur an die Zerstörungen in Salonichi -im April 1903, beweisen, daß neue Organisationen notwendig sind, -will man die heutige Kultur beschützen. So werden die Gedanken -der Staatsmänner auf das gebracht werden, was in dem von mir -angedeuteten Sinne liegt. -</p> - -<p> -Zuerst folgt eine Besprechung der Verfassung und der Regierungsform, -der dauernden Einrichtungen mit Inbegriff der Populationsgesetze, -der Volkserziehung und des Volksunterrichtes, dann aller Zweige -der Verteilung der Arbeit, Güter und persönlichen Dienstleistungen. -Sohin erst sollen Vorteile und Nachteile des Kollektivismus erörtert -<span class='pagenum'><a id='Page_15' name='Page_15' href='#Page_15'>[15]</a></span> -werden und zuletzt werden die schon jetzt erkennbaren Mittel vorgeschlagen, -welche die Umwandlung der Zustände bezwecken. -</p> - -<p> -Die umständliche Erörterung der dem Kollektivismus angepaßten -Organisation ist darum erforderlich, weil man sich klar werden muß, -ob ein so großer Wirtschaftskomplex rationell verwaltet werden kann. -Ist der Kollektivismus ausführbar und welche Umgestaltungen müssen -vorausgehen? -</p> - -<h2 id='B_00_0_0'> -II.<br /><br /> -Das kollektivistische Rechtssubjekt. -</h2> - -<hr class='h2bot' /> - -<p> -Nicht leicht gibt es auf irgend einem Gebiete des menschlichen -Lebens so viel Unklarheit, wie auf dem Gebiete des Sozialismus. -Die Sozialisten wollen offenbar Produktion und Verteilung andere -Grundlagen geben, aber bestimmte Formen hat die Vorstellung von -der zukünftigen Gesellschaftsordnung nicht angenommen. Besonders -ist der Begriff der »Gesellschaft«, den man mit dem Begriffe -»Staat« in Gegensatz setzt, etwas ganz Nebelhaftes. Eine bestimmte -Gestaltung hat die Gesellschaft nur in den Köpfen der Freiländer -angenommen. Sie fordern die Fortdauer des Staates und sagen, -der Staat müsse alle Produktionsmittel in seine Gewalt bringen, -Eigentümer aller Produktionsmittel werden, er dürfe aber nicht selbst -produzieren, sondern müsse die Produktionsmittel den frei gebildeten -Assoziationen zur <ins class='correction' title='Bewirtschaft'>Bewirtschaftung</ins> überlassen. -Nur für einige Produktionszweige -gestatten die Freiländer die staatliche Produktion und -das Charakteristische der Freilandstheorie ist der freie Anschluß eines -jeden Individuums an <ins class='correction' title='einen'>eine</ins> oder mehrere der bestehenden Genossenschaften. -Solche Ideen haben auch manche Anhänger des Anarchismus -und manche sozialdemokratischen Theoretiker scheinen auch an -eine genossenschaftliche Organisation der Bewirtschaftung der Produktionsmittel -zu denken. Andere wieder scheinen sich die Kommune -oder Ortsgemeinde als souveräne wirtschaftliche Einheit zu denken. -Menger<a name='FA_2' id='FA_2' href='#FN_2' class='fnanchor'>[2]</a> -geht von der Anschauung aus, die Vertreter der -Ersetzung des Staates durch die Gesellschaft meinten, daß alle -<span class='pagenum'><a id='Page_17' name='Page_17' href='#Page_17'>[17]</a></span> -Arbeitsorganisationen aus Verträgen hervorgehen, und daß also die -Gesetze durch Verträge ersetzt werden sollen. -</p> - -<p> -Dieser Ruf, der Staat solle durch die Gesellschaft ersetzt werden, -beruht auf einem Grundirrtum der Sozialisten. Sie wollen dadurch -die Freiheit allen Gliedern des Volkes sichern. Allein solange es -ein Staatsterritorium, das heißt ein begrenztes Gebiet, auf dem sich -das wirtschaftliche Leben abspielt, gibt, gibt es einen Staat. Der -Staat hat Grenzen, er hat heimatsberechtigte Bewohner, er hat eine -Gesetzgebung, welche sich auf das Staatsgebiet und dessen Bewohner -erstreckt und dann ist der Staat in der Regel unabhängig von allen -<ins class='correction' title='äußern'>äußeren</ins> Mächten. -Obgleich für eine sehr ferne Zukunft die Möglichkeit -eines Allerweltskommunismus nicht geleugnet werden soll, kann -zunächst an nichts anderes gedacht werden, als an eine Veränderung -der Gesellschaftsordnung und der Eigentumsordnung auf dem -Gebiete eines oder mehrerer Staaten und darum ist die Erhaltung -der Staaten im Interesse des sozialistischen Ideals und der vernünftige -Sozialist bekämpft die vom Staate unabhängige wirtschaftliche -Macht, nicht den Staat, der dazu berufen ist, in Zukunft -den Sozialismus zu verwirklichen und die sozialistische Wirtschaft zu -betreiben. -</p> - -<p> -Die unklaren Köpfe, die über Sozialismus reden und schreiben, -wollen den Staat abschaffen, weil sie sehen, daß die Gesetze nicht -für Alle, sondern nur für die herrschenden Klassen gemacht sind. -Darum glauben viele, die Anarchisten, daß die Abschaffung der Gesetze -genüge, um der Ungerechtigkeit ein Ende zu machen. Die Gesetze -sollen nun allerdings nicht im Interesse der herrschenden -Klassen und Individuen gemacht werden, aber auch die Freiheit Aller -hat die Herrschaft von Gesetzen, wenn auch anderer Gesetze zur Voraussetzung. -Absolute Freiheit Aller, Anarchismus, ist schon wirtschaftlich -unmöglich. -</p> - -<p> -Bebel und andere Sozialisten meinen, der Staat sei bloß im -Interesse des Privateigentums geschaffen worden und habe nur ihm -zu dienen, daher er gegenstandslos sei, sobald das Privateigentum -aufhöre. Allein der Staat hat schon lange aufgehört, <em class='gesperrt'>nur</em> dem -Privateigentum zu dienen. Er ist auch schon zu einem Viertel kollektivistisch -und hat auch die Geschäfte der kollektivistischen Einrichtungen -<span class='pagenum'><a id='Page_18' name='Page_18' href='#Page_18'>[18]</a></span> -zu besorgen. Gar nichts steht dem im Wege, durch den Staat selbst -Alles in Gemeineigentum zu verwandeln. Schon Aristoteles sagt, -es sei eine falsche Auffassung vom Staat, daß er keinen anderen -Beruf habe, als die Privatrechte zu beschützen und selbst Napoleon -sagte: <i>Les lois ont pour but le bonheur de touts.</i> Andere -wieder glauben, die künftige Gesellschaftsordnung könne nur international -zur Herrschaft gelangen und das sei der Grund, weshalb -der Staat, eben weil er ein begrenztes Gebiet hat, verschwinden -müsse. Diese Anschauung ist aber falsch. Daß der internationale -Verkehr auch zwischen Staaten verschiedener Gesellschaftsordnung -möglich ist, wird in diesem Werke nachzuweisen sein. Ebenso gewiß -ist, daß auch zwei Staaten der gleichen Gesellschaftsordnung, zwei -Kollektivstaaten, sich verschiedene Wirtschaftsziele setzen können. Darum -unterliegt es keinem Zweifel, daß mit der kollektivistischen Gesellschaftsform -die Trennung der Völker in mehrere Staaten nicht nur -nicht unvereinbar, sondern für die nächste Zeit sogar unvermeidlich -ist. Müßten alle Völker der Erde, oder alle Völker eines Kontinentes, -oder selbst nur alle Individuen auf einem Staatsgebiete -gleichzeitig zur kollektivistischen Gesellschaftsordnung übergehen, so -wäre dieser Übergang für alle Zeiten unmöglich, weil die Änderung -der Gesellschaftsordnung sich dann nicht evolutionistisch vollzöge. -</p> - -<p> -Ich spreche demnach von Kollektivstaaten, vom Übergange einzelner -Staaten aus der heutigen Gesellschaftsordnung in die kollektivistische -Gesellschaftsordnung und werde dabei insbesondere das -österreichische Staatsgebiet und dessen besondere Verhältnisse ins -Auge fassen. Daß ich zunächst an Österreich denke, hat nicht nur -seinen Grund darin, daß ich Österreicher bin und das Gute zuerst -für mein Vaterland wünsche, noch darin, daß ich mit österreichischen Verhältnissen -besser vertraut bin, als mit denen anderer Länder und -Völker, sondern ich wende das kollektivistische Staatsideal deshalb -zuerst auf Österreich an, weil ich glaube, daß Österreich und die -habsburgische Dynastie nur durch den Kollektivstaat vor dem Untergange -gerettet werden können, daß also der Selbsterhaltungstrieb, -der dem österreichischen Staatsgebilde innewohnt, mit Notwendigkeit -den Gedanken reifen muß, gewissermaßen <i>in extremis</i> dieses letzte -Heilmittel zu versuchen. Die Krankheit Österreichs wurzelt im -<span class='pagenum'><a id='Page_19' name='Page_19' href='#Page_19'>[19]</a></span> -Privateigentum, um welches sich in letzter Auflösung alle politischen -Kämpfe drehen. -</p> - -<p> -Meines Erachtens ist die politische Zersetzung Österreichs als -Bankerott der herrschenden Klassen in Österreich aufzufassen, diese -Klassen müssen als Gegner der Dynastie, als Gegner des Staatsganzen, -aber vor Allem als Gegner des produktiven Volkes erkannt werden. Sie -sind das zwar in allen Ländern,<a name='FA_3' id='FA_3' href='#FN_3' class='fnanchor'>[3]</a> -aber nirgends sind sie in ihrer -gemeinschädlichen Tätigkeit so weit vorgeschritten als in Österreich -und nirgends halten sie sich so sehr gegenseitig das Gleichgewicht, -nirgends ist ihre Politik so festgefahren, wie bei uns, nirgends ist -ihre Gemeinschädlichkeit so für Jedermann evident. Der Kampf der -politischen Parteien frißt am Mark des Staates, führt zur Frechheit -gegen den Träger der Krone, bedroht die Dynastie und <em class='gesperrt'>zugleich</em> -<ins class='correction' title='schädiget'>schädigt</ins> er Bürger, Bauern und Proletarier durch Unterbindung -der Produktion, <em class='gesperrt'>daher Österreich nur gerettet werden kann -durch eine Allianz der Krone mit den beherrschten Klassen -gegen die herrschenden Klassen</em>, welche ihrer politischen Macht -beraubt werden müssen, was natürlich zur Untergrabung der wirtschaftlichen -Macht dieser Klassen führen muß.<a name='FA_4' id='FA_4' href='#FN_4' class='fnanchor'>[4]</a> -</p> - -<h2 id='C_00_0_0'> -III.<br /><br /> -Die Verfassung eines kollektivistischen Staates. -</h2> - -<hr class='h2bot' /> - -<h3 id='C_01_0_0'> -1. Allgemeines. -</h3> - -<p> -Das natürliche Ziel der Entwickelung der Gesellschaft ist die -Volkssouveränität, von welcher man heute nur theoretisch spricht. -Sobald das Privateigentum und der Reichtum, also das wirtschaftliche -Übergewicht, Einzelner unterdrückt ist, gibt es keine Macht mehr, -welche sich dem Volke gegenüber behaupten könnte. Mit der Volkssouveränität -ist aber die Monarchie recht wohl vereinbar. Sie würde -bedeuten, daß die oberste Leitung der Staatsgeschäfte, wie sie heute -dem Staatsoberhaupte in den Kulturstaaten, seien diese Monarchien -oder Republiken, zusteht, einer Familie erblich übertragen ist und -vom Oberhaupt dieser Familie ohne persönliche Verantwortlichkeit -ausgeübt wird. Selbstverständlich wird die Regierungsgewalt des -Staatsoberhauptes in einem Kollektivstaate eine wesentlich andere sein, -als in einem Staate unserer Gesellschaftsordnung und auch das -Staatsoberhaupt wird, wie jeder andere Volksgenosse, mehr Freiheit -zu nützen, aber viel weniger Freiheit zu schaden haben, als heute. -</p> - -<p> -Vereinbar mit der Volkssouveränität ist die Monarchie dann, -wenn die monarchische Gewalt namens des Volkes ausgeübt, von -ihm abhängig erklärt wird und wenn das Volk das Recht hat, die -Monarchie abzuschaffen, den Monarchen abzusetzen, die Successionsordnung -abzuändern. Es ist höchst wahrscheinlich, daß sich die -Monarchie, wo sie heute besteht, wenigstens für eine Reihe von -Generationen auch in der neuen Gesellschaftsordnung dann erhalten -wird, wenn die Dynastie der Umwandlung der Gesellschaftsordnung -Vorschub geleistet hat. Die Befugnisse des Monarchen werden nach -mancher Richtung sehr beschränkt sein und die Hauptaufgabe des -<span class='pagenum'><a id='Page_21' name='Page_21' href='#Page_21'>[21]</a></span> -Monarchen wird nicht sein Anteil an der Gesetzgebung und Verwaltung, -sondern die soziale Repräsentation des Volkes und Staates -sein. Der Monarch wird die Personifikation des Volkes und Staates -darstellen und diese Stellung wird vorzüglich zum Ausdrucke kommen -bei großen Festlichkeiten und bei den obersten und prächtigsten geselligen -Vereinigungen, deren Mittelpunkt regelmäßig der Monarch -sein wird. Er und seine Familie werden eine oberste Stellung -einnehmen und damit er imstande sein soll, die umfassenden repräsentativen -Aufgaben zu lösen, welche der Monarchie gestellt sind, wird -zu prüfen sein, ob nicht eine kleine Zahl <ins class='correction' title='adelicher'>adeliger</ins> Familien fortbestehen -soll, die den Monarchen dabei unterstützen. Der Monarch, -seine Familie und der Adel, wenn ein solcher forterhalten wird, -können ebensowenig Privateigentum haben, wie irgend ein anderer -Volksgenosse und den Aufwand der Hofhaltung bestreiten sie aus den -ihnen vom Volke jährlich naturalwirtschaftlich angewiesenen Mitteln -an Arbeitskräften und Naturalien. Über diese Hofhaltung wird in -<a href='#D_00_0_0'>IV,</a> Näheres gesagt werden. -</p> - -<h3 id='C_02_0_0'> -2. Das souveräne Volk. -</h3> - -<p> -Die bloße Erklärung, das Volk sei souverän, ist ohne allen -Wert. Man muß erst wissen, wer das Volk ist, da doch mindestens -Säuglinge keinen Anteil an der Souveränität haben können und -man sich über die Grenzen des Alters der Unselbständigkeit erst -einigen muß. Auch braucht jede Vereinigung von Menschen, die gemeinsame -Zwecke verfolgen soll, bestimmte Organisationsformen, die -umso schwieriger zustande kommen, je zahlreicher die Glieder einer -solchen sind. Verfassungen müssen daher immer oktroyiert werden und -zwar entweder von einem Monarchen, oder einer provisorischen Regierung, -einem Diktator oder einer konstitutionellen Versammlung. -Darum kann hier dieser Gegenstand nur theoretisch besprochen werden -und die Verwirklichung der Volkssouveränität wird einen Teil der -Umgestaltungsarbeiten bilden, welche die neue Gesellschaftsordnung -herbeiführen sollen. -</p> - -<p> -Vor allem entsteht die Frage, wer bei der Fassung von Volksbeschlüssen -eine Stimme haben soll, und es scheint für den Zukunftsstaat -<span class='pagenum'><a id='Page_22' name='Page_22' href='#Page_22'>[22]</a></span> -das Natürlichste, das Stimmrecht jedem männlichen und weiblichen -Volksgenossen einzuräumen, der das 18. Lebensjahr vollendet -hat, wenn die Gesetze bestimmen, daß mit dem vollendeten 18. Lebensjahre -die Erziehungsgewalt der Familie und des Staates beendet -und der junge Mensch, sei es Mann oder Weib, selbständig -ist. Bezüglich der Jugend, welche dieses Alter noch nicht erreicht -hat, könnten verschiedene Grundsätze angenommen werden, sie könnte -1. ganz unvertreten bleiben, 2. ihre Vertretung könnte dem Monarchen -oder sonstigem Staatsoberhaupte eingeräumt werden, endlich -3. könnte man sie in die Hände der Eltern, vielleicht nur der Mutter -oder Wahlmutter legen. Dann hätten diese Personen für sie die -Stimme abzugeben. Pluralstimme. -</p> - -<p> -1. Die unselbständige Jugend könnte ganz unvertreten bleiben, -weil sie, noch ohne genügende Arbeitsleistung, dem Staate zur Last -fällt und weil sie, der Natur der Sache nach nicht jene Reife des -Urteils besitzt, die zur Ausübung des Stimmrechtes erforderlich ist. -Nehme man auch an, daß viele schon in einem früheren Lebensalter -als mit 18 Jahren verstandesreif sind, so müßte doch jedenfalls für -den Beginn der Selbständigkeit und des Stimmrechtes eine natürliche, -leicht erkennbare Grenze gezogen werden. Die Beschränkung -der Erziehung auf das Alter unter 18 Jahren wird in <a href='#G_05_a_0'>VII, 5, a,</a> -begründet werden. -</p> - -<p> -2. Wenn aber auch eine selbständige Ausübung des Stimmrechtes -vor vollendetem 18. Lebensjahre nicht zugestanden werden könnte, -so käme noch immer eine stellvertretende Ausübung des Stimmrechtes -zur Wahrung der Interessen der Jugend in Frage und eine -solche könnte in zwei Formen zur Einführung gelangen. Den modernen -Monarchen hat man in der Regel als den Vertreter aller jener -Volksschichten zu betrachten, welche in der Gesetzgebung nicht vertreten -sind. Darum könnte auch im Kollektivstaate diese Vertretung -der Jugend dem Monarchen oder dem sonstigen Staatsoberhaupte -eingeräumt werden. Beträgt die erziehungsbedürftige Jugend 40% -der Bevölkerung und setzt man sie der Bedeutung nach dem 10. Teile -des Gesamtvolkes gleich, so könnte man dem Monarchen oder Staatsoberhaupte -zur Geltendmachung der Interessen der Jugend gewisse, -jener Bedeutung angemessene Vertretungsrechte einräumen. Es wäre -<span class='pagenum'><a id='Page_23' name='Page_23' href='#Page_23'>[23]</a></span> -nicht zu empfehlen, ihm ein effektives Stimmrecht, etwa in der Form -einzuräumen, daß er bei Volksabstimmungen ein Zehntel aller Stimmen -abgeben könnte, weil eine solche Macht in einer einzigen Hand vereiniget -gefährlich wäre. Wohl aber könnte zur Geltendmachung dieser -Interessen ein beschränktes Vetorecht eingeräumt werden, etwa so, -daß ein Beschluß auf beschränkte Zeit sistiert werden könnte, oder -daß dem Monarchen ein Vetorecht dann zustände, wenn die Majorität -nicht mehr als fünf Neuntel aller Stimmen oder aller abgegebenen -Stimmen betrüge. -</p> - -<p> -3. Den Müttern oder Wahlmüttern, siehe darüber <a href='#G_02_0_0'>VII, 2,</a> -könnte, wie gesagt, auch die Abgabe einer Stimme für ihre Kinder -nach Art der Pluralvoten unserer Zeit eingeräumt werden. Nachdem -den Frauen aber ohnehin schon die Hälfte aller Stimmen, ja -bei den heutigen Bevölkerungszahlen der männlichen und der weiblichen -Bevölkerung, erheblich mehr als die Hälfte aller Stimmen gebührt, -so würden solche Pluralvoten der Mütter, wenn sie für alle -Abstimmungen zugestanden würden, zu einer gefährlichen Überstimmung -der männlichen Bevölkerung führen. Man könnte sich aber -wohl denken, daß ein proportional berechneter Teil des Volkseinkommens -für die Jugend ausgeschieden würde und wenn es sich nur -um Verteilungsbeschlüsse in Beziehung auf diesen Anteil am Volkseinkommen -handelte, wäre ein solches Übergewicht der Frauenstimmen -ganz unbedenklich. Vielleicht würde ein so mächtiger Einfluß, der -vorwiegend doch nur den verheirateten Frauen zustatten käme, etwas -dazu beitragen, um die Eheflucht, die nach <a href='#G_03_0_0'>VII, 3,</a> zu fürchten wäre, -einzudämmen und den verheirateten Frauen den Kindersegen erwünscht -scheinen zu lassen. -</p> - -<p> -Da aber die ganze Bevölkerung, auch die Männer und die unverheirateten -Personen, ein großes Interesse daran haben, daß die -neue Generation aufgezogen und zu einem tüchtigen Geschlechte herangebildet -werde, scheint ein Bedürfnis, die Jugend als solche besonders -vertreten zu sehen, nicht gerade evident zu sein und nachdem -in allen Dingen, insbesondere auch in Verfassungsfragen die größte -Einfachheit erwünscht ist, dürfte man von allen solche Künsteleien -absehen. -</p> - -<p> -Auch den Männern könnte die Verfassung ein Übergewicht über -<span class='pagenum'><a id='Page_24' name='Page_24' href='#Page_24'>[24]</a></span> -die Frauen verschaffen, wenn das Pluralvotum den Vätern statt -den Müttern zugestanden würde. Doch scheint es für die künftige -Gesellschaftsordnung so natürlich, daß die väterliche Gewalt durch -eine mütterliche Gewalt ersetzt werde, wie in <a href='#G_02_0_0'>VII, 2,</a> gezeigt wird, -daß ein solcher Vorschlag kaum begründet erscheinen könnte. -</p> - -<h3 id='C_03_0_0'> -3. Das Stimm- und Wahlrecht. Form der Ausübung. -</h3> - -<p id='C_03_0_0al'> -Das souveräne Volk kann so wenig durch Verfassungsformen -gebunden werden, wie früher der absolute Monarch durch Gesetze oder -selbst durch seinen eigenen Willen dauernd in seiner Freiheit beschränkt -werden konnte. Das Volk wird demnach nicht verpflichtet -werden können, Abgeordnete zu wählen und ihnen die gesetzgebende -Gewalt zu übertragen. Die Regel wird die Volksabstimmung sein, -welche allerdings auch darauf gerichtet sein kann, für einen bestimmten -Fall oder für eine bestimmte Zeit Vertreter zu wählen, welche als -Vollmachtsträger zu betrachten sind. So könnten auch zur Vorberatung -der jährlichen Beschlüsse über Produktion und Verteilung, -oder neuer Gesetze Deputierte gewählt werden mit Vorbehalt der -Volksabstimmung zur Ratifizierung ihres Operates. -</p> - -<p> -Im Kollektivstaate ist die Trennung der gesetzgebenden und der -ausübenden Gewalt viel notwendiger, als im heutigen Staate, -wo die Gegenstände der staatlichen Kompetenz viel weniger ausgedehnt -sind, und wo die gesetzgebenden Körper nur über dasjenige -entscheiden, was die Besitzenden ihnen überlassen. Im Kollektivstaate -würde das Volk die ganze Zeit mit gesetzgeberischen und Verwaltungsakten -zubringen müssen, wenn es der Verwaltung keine ausübende -Gewalt einräumen wollte. Aber nicht die Notwendigkeit oder -das Verlangen, die Volkssouveränität zu beschränken, sondern die -Macht der Tatsachen zwingt dazu, der Verwaltung ausgedehnte Befugnisse -einzuräumen. Das Volk schreibt nur allgemeine Grundsätze -vor, deren Anwendung der Staatsverwaltung übertragen ist. In -Betreff des Volkshaushaltes bestimmt das Volk nur, <em class='gesperrt'>was</em> und in -welcher Ausdehnung es produziert werden soll und nach welchen -<em class='gesperrt'>Grundsätzen</em> die Verteilung von Arbeit und Gütern erfolgt. Die -Durchführung der Beschlüsse ist die Aufgabe der Staatsverwaltung. -<span class='pagenum'><a id='Page_25' name='Page_25' href='#Page_25'>[25]</a></span> -Wie die mit diesen Geschäften betrauten Personen bestellt werden, -ist selbst wieder Gegenstand der Gesetzgebung und davon wird in -<a href='#E_01_0_0'>V, 1,</a> gehandelt. -</p> - -<p> -Wenn ein Analogon der heutigen Budgetierung im Kollektivstaate -fortbestünde, so würden jährlich Beschlüsse gefaßt über den -Staatshaushalt in dem Sinne, daß für das kommende Jahr bestimmt -würde, was und in welcher Ausdehnung es produziert und wie die -Güter verteilt werden sollen. Man kann sich aber auch recht wohl -denken, daß man von solchen jährlichen Festsetzungen der ganzen -Staatswirtschaft absehen und ohne Festsetzung von Terminen oder -Zeitabschnitten nach Bedarf Beschlüsse über Abänderung der Produktion -und Verteilung fassen würde. Ein einzelner Verteilungsbeschluß -wird in einer Note zu <a href='#H_04_0_0'>VIII, 4,</a> zur Anschauung gebracht, -wo es sich um die Verteilung von Druckpapier zu verschiedenen -Zwecken handelt. -</p> - -<p> -Außer den Beschlüssen über den Volkshaushalt gibt es noch -andere Gegenstände der Gesetzgebung. So über Beschränkungen der -Einzelnen auch in anderen Dingen als in Beziehung auf Arbeit -und Güter. Besonders sind Gegenstand der Gesetzgebung die Ehe, -das Recht der Zeugung, die Erziehung und das Familienrecht, der -außereheliche Geschlechtsverkehr, das Strafrecht, die Disziplin und -auch sonst alles, was das Volk in den Kreis seiner Gesetzgebung -ziehen will. -</p> - -<p> -Auch für diese Gesetzgebungsgegenstände kann der Staatsverwaltung -ein sehr weitgehendes Verordnungsrecht eingeräumt werden, -aber selbstverständlich mit dem Rechte des Widerrufes durch Volksbeschlüsse -und der Einschränkung in Beziehung auf eine Reihe -von bestimmten Gegenständen. -</p> - -<p> -Da die Volksabstimmung nur mit »Ja« oder »Nein« erfolgen -kann, ist es notwendig, Vorlagen zu machen, auf welche sich die -Volksabstimmung bezieht. Diese Vorlagen einzubringen, ist die -Aufgabe der Staatsverwaltung. Das Volk kann aber nicht darauf -beschränkt werden, <ins class='correction' title='blos'>bloß</ins> über das abzustimmen, -was die Staatsverwaltung -vorschlägt, weil das einer Konfiskation der Volkssouveränität -zugunsten der Staatsverwaltung gleichkäme. Es muß -also ein genau definiertes Recht der Einbringung von freien Anträgen -<span class='pagenum'><a id='Page_26' name='Page_26' href='#Page_26'>[26]</a></span> -oder von Abänderungsanträgen eingeräumt werden. Beschränkt muß -dieses Recht der Einzelnen werden, weil sonst die Abstimmungen -ins ungemessene gingen. Demgemäß wird einmal nicht <ins class='correction' title='blos'>bloß</ins> der -Staatsverwaltung, wie auch dem Volksbeamtentum, wovon in <a href='#E_01_0_0'>V, 1,</a> -die Rede ist, die Pflicht, beziehungsweise das Recht übertragen -werden, Gesetzesvorschläge und Abänderungsanträge einzubringen, -sondern auch eine gewisse Anzahl von Kreisen, Bezirken oder Gemeinden, -welche sich auf Abänderung eines Gesetzes- oder Abänderungsvorschlages -einigen, wird dieses Recht zustehen. Hat also -die Staatsverwaltung ihre Vorlagen für den Jahreshaushalt oder -ein Gesetz veröffentlicht, so kann jeder beantragen, daß diese oder -jene von der Staatsverwaltung in Antrag gebrachte oder bisher -nach den Gesetzen geübte Produktion oder Verteilung eingeschränkt -oder erweitert werde, zur Abstimmung kann ein solcher Antrag aber -nur gelangen, wenn entweder die Staatsverwaltung, oder das Volksbeamtentum, -oder etwa zwei Kreise oder tausend Gemeinden dem -Antrage beitreten. Da alle solche Anträge veröffentlicht werden, so -steht es nämlich jeder Gemeinde zu, darüber probeweise abzustimmen -und den Antrag, wie man sich heute ausdrücken würde, zu unterstützen, -und wird ein Antrag genügend unterstützt, so wird darüber -allgemein abzustimmen sein. Wie leicht ein Gemeindebeschluß zustande -kommt, wird weiter unten, <i>Alinea</i> <a href='#E_01_0_0al2'>»Die Gemeinden sind«</a>, -gezeigt werden. -</p> - -<p> -Die Vorlagen der Staatsverwaltung werden vom Ministerium -beraten und beschlossen. Die untergeordnete Beamtenschaft hat das -Recht, über eine Anfrage der Regierung oder aus eigenem Entschlusse -Anträge zu stellen, über welche das Ministerium zu beraten -hat, die aber auch, wenn sie nicht als Regierungsanträge eingebracht -werden, jeder Beamte und jede Beamtenkorporation einzubringen -berechtigt ist, insofern sie die erforderliche Unterstützung -finden. Hat das Volk Beschlüsse gefaßt, wonach bestimmte Entscheidungen -über Fragen des Volkshaushaltes oder der Gesetzgebung -nicht im ganzen Staat einheitlich geregelt werden, sondern -nur mit Gültigkeit innerhalb einer Provinz, eines Kreises oder für -einen Bezirk oder eine Gemeinde beschlossen werden sollen, so hat -die Bevölkerung jenes Gebietes darüber zu entscheiden, für welche -<span class='pagenum'><a id='Page_27' name='Page_27' href='#Page_27'>[27]</a></span> -das Gesetz oder die Maßregel Gültigkeit haben soll. Doch muß ein -allgemeiner Volksbeschluß immer die Kraft haben, solche Gesetze -oder Volksbeschlüsse kleinerer Gebiete aufzuheben, weil sonst der -Staat nach und nach in Gemeinden zerfiele und der Besitz des -gesamten Volkes zum Gemeindebesitze gemacht werden könnte. Dadurch -würde man sich dem Individualismus wieder nähern. -</p> - -<p> -Die Verfassung wird bestimmen, wie lange vor dem Tage -einer Abstimmung Vorlagen der Regierung veröffentlicht werden -müssen. Die Veröffentlichung von Vorlagen für eine allgemeine -Abstimmung geschieht durch das Reichsblatt. Kann eine Provinz -oder ein Kreis für deren Gebiet ein Spezialgesetz beschließen, so -geschieht die Veröffentlichung der Vorlage durch das Provinzblatt -beziehungsweise das Kreisblatt. Der Kundmachung der Vorlagen -wird der Tag der Abstimmung beizufügen sein. Die Vorlagen -werden der Gegenstand der Erörterung in den Blättern sein und -Für und Wider in dem der Staatsverwaltung und dem den -Volksorganen vorbehaltenen Teile der Blätter, siehe VI, 7, <i>Alinea</i>: -<a href='#F_07_0_0al'>»Die genannten amtlichen Blätter«</a>, besprochen werden. Gemeinden -und Bezirke können Redner beauftragen, die Vorlage zu prüfen und -in den Versammlungen der Gemeinde oder des Bezirkes darüber zu -referieren. In den Gemeinden können die Versammlungen täglich -abgehalten werden, für den ganzen Bezirk aber an jedem Sonntage. -Die stimmfähigen Mitglieder der Gemeinde werden sich in Sektionen -teilen, in welchen alle Vorlagen beraten werden, damit jeder Stimmberechtigte -auch an der Beratung teilnehmen und in engerem Kreise -zu Worte kommen kann. Probeabstimmungen werden der <ins class='correction' title='endgiltigen'>endgültigen</ins> -Abstimmung vorhergehen und das Ergebnis der Probeabstimmung -wird zu veröffentlichen sein. -</p> - -<p id='E_01_0_0al2'> -Die Gemeinden sind als verfassungsmäßige Körperschaft in -Permanenz. Bei jeder Mahlzeit kann jeder, dem es beliebt, beantragen, -zu einer bestimmten Stunde abends zusammenzutreten, um -einen Gegenstand zu beraten und darüber und mit Beschränkung -der Wirksamkeit auf die Gemeinde, soweit allgemeine Beschlüsse nicht -im Wege stehen, zu beschließen, oder Gegenstände allgemeiner Geltung -zu beraten und Probeabstimmungen einzuleiten. Auf solche -Art werden auch selbständige Anträge oder Abänderungsanträge der -<span class='pagenum'><a id='Page_28' name='Page_28' href='#Page_28'>[28]</a></span> -Gemeinden zu stande kommen, welche, um die Unterstützung anderer -Gemeinden zu erlangen, durch das Kreisblatt oder Provinzblatt zu -veröffentlichen sind. Für autonome Gemeindebeschlüsse wird ein -Quorum festgesetzt werden, für Finalabstimmungen des Reiches wird -man darauf halten, daß jeder Stimmberechtigte seine Stimme abgibt -und die Stimmenthaltung wird als Pflichtverletzung betrachtet -werden. Das Stimmrecht kann an jedem Aufenthaltsorte innerhalb -des Reiches, nicht <ins class='correction' title='blos'>bloß</ins> am Wohnorte des Abstimmenden, ausgeübt -werden, wenn es sich um Reichsabstimmungen handelt. Durch Festsetzung -der Abstimmung auf eine genau bestimmte Zeit wird die -Abgabe von Doppelvoten unmöglich gemacht. Gegen die Abgabe -von Stimmen durch Unbefugte schützt die Legitimationskarte, ohne -welche Niemand sich außerhalb des Bezirkes aufhalten kann. An -Abstimmungen und Wahlen für ein begrenztes Wirksamkeitsgebiet -werden nur stimmberechtigte Angehörige jenes Gebietes und wenn -sie sich, obschon außerhalb ihrer Gemeinde, doch innerhalb jenes Gebietes, -für welche Abstimmung oder Wahl wirksam ist, aufhalten, -teilnehmen können. -</p> - -<h3 id='C_04_0_0'> -4. Die Wahlen. -</h3> - -<p> -Das Wahlrecht kann nach besonderem Volksbeschlusse ausgeübt -werden, um Abgeordnete mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten -mit oder ohne Vorbehalt der Ratifikation zu betrauen. Es -kann solchen Abgeordneten die Beschlußfassung über größere Arbeiten -übertragen werden, welche vorgeschlagen wurden; über Monumental-, -Eisenbahn- und Kanal-Straßen- oder Brückenbauten, deren -Zweckmäßigkeit nur von Personen beurteilt werden kann, welche die -Vorlagen eingehend prüfen. -</p> - -<p> -Das Wahlrecht kann ferner ausgeübt werden, um Beamte für -die Führung der Geschäfte zu ernennen. In einem anderen Abschnitte, -<a href='#E_01_0_0'>V, 1,</a> wird erörtert werden, weshalb sich die Bestellung -der Verwaltungsbeamten, Unterrichtspersonen und Ärzte durch Volkswahlen -nicht empfiehlt, daß es aber zweckmäßig erscheint, den staatlich -bestellten Verwaltungsbeamten zur Mitarbeit und zur Wahrnehmung -der Rechte der Einzelnen vom Volke gewählte -<span class='pagenum'><a id='Page_29' name='Page_29' href='#Page_29'>[29]</a></span> -Überwachungsorgane, »Volksbeamte«, beizugeben. Diese Wahl hat das -Volk, nämlich die stimmberechtigte Bevölkerung des Gebietes, für -das die Wahl Geltung hat, zu vollziehen. Die Volksbeamten wird -man aber nicht nur den Beamten untersten Ranges, sondern auch -den übergeordneten Beamten und den Ministern an die Seite -stellen müssen, vielleicht auch als Mitberater des Monarchen und der -Hofämter bestellen, und da entsteht die Frage, ob es zweckmäßig ist, -auch die Volksbeamten höherer Ordnung durch das Volk wählen zu -lassen. Innerhalb der Gemeinden und innerhalb des Bezirkes wird -es viele Personen geben, welche allen Gemeindegenossen und allen -Bezirksgenossen sehr genau persönlich bekannt sind und darum kann -die Wahl von Volksbeamten für die Gemeinden und Bezirke durch -das Volk ohne Zweifel gutgeheißen werden. Allein ein Kreis hat -schon eine so große Ausdehnung, daß die Wahl nicht leicht auf -Jemand fallen könnte, der der Mehrzahl der Stimmberechtigten bekannt -wäre. Es könnte also die Wahl der Volksbeamten höherer Ordnung -den Volksbeamten selbst überlassen werden, wenn anzunehmen ist, -daß sie durch die Geschäftsführung und infolge der Zusammenkünfte -eine genauere Kenntnis der Männer erlangen, welche ihrem Berufe -angehören und sich für einen höheren Rang eignen. Dieses Wahlrecht -wäre immer nur ein stellvertretendes. -</p> - -<p> -Daß die Gemeinden für die eigenen, die Allgemeinheit nicht -berührenden autonomen Angelegenheiten geschäftsführende Vertreter -wählen werden, ist nicht wahrscheinlich, weil es geringe Schwierigkeiten -macht, zu einer Vollversammlung zusammenzutreten, und eines -der stimmführenden Mitglieder jeweilig zur Leitung der Verhandlung -zu bestimmen. Doch setzt das die Gemeindeeinrichtungen voraus, -welche in diesem Werke zur Grundlage genommen sind, nämlich -mit Gemeindehaushalt statt des Familienhaushaltes und mit eng -zentralisierten Wohnbauten. -</p> - -<p> -Alle durch Wahl bestellten Vertreter und Organe des Volkes -wird das Volk auch wieder abzurufen berechtigt sein. So oft ein -darauf bezüglicher Antrag eingebracht wird, wird er sofort in Verhandlung -gezogen und nur Beschlußfassungen dieser Art, an welchen -sich das ganze Volk oder ganze Provinzen oder Kreise beteiligen -müssen, werden einen in den Zeitungen veröffentlichten Antrag -<span class='pagenum'><a id='Page_30' name='Page_30' href='#Page_30'>[30]</a></span> -voraussetzen, der die Zustimmung weiterer Kreise hat. Bestünden -keine solchen Beschränkungen, so würde das Volk durch zahllose Abstimmungen -belästigt werden. -</p> - -<p> -Wahlen werden daher am besten auf unbestimmte Zeit, bis -zur Abberufung vollzogen werden und eine im vorhinein bestimmte -Dauer der Mandate ist in einem Staate mit Volkssouveränität -nicht zu empfehlen. Der Zwang, einem Gewählten das Mandat -vor Ablauf einer gesetzlich bestimmten Periode nicht zu entziehen, -nach deren Ablauf aber neuerlich zu einer Wahl zu schreiten, ist eine -Einschränkung der Souveränität.<a name='FA_5' id='FA_5' href='#FN_5' class='fnanchor'>[5]</a> -</p> - -<h3 id='C_05_0_0'> -5. Das Objekt der Volksbeschlüsse. -</h3> - -<p> -Was das Verfassungsleben im Kollektivstaate anbelangt, so ist -leicht einzusehen, daß die organisatorischen Arbeiten während der -Umgestaltungsperiode sehr mannigfaltig und schwierig wären, daß -aber, wenn einmal das richtige Gleichgewicht gefunden ist, die gesetzgeberischen -Aufgaben, wenngleich der Volkswille für jede Produktion -und jede Verteilung maßgebend ist, viel einfacher sind als heute, -dafür allerdings von weit größerer Tragweite. Die Unterschiede -des Berufes, der Klassen und des Besitzes zwischen den Bürgern der -heutigen Staaten schaffen eine ungeheuere Menge von Verwickelungen, -eine Menge höchst schädlicher Reibungsflächen, welche im Kollektivstaat -entfallen. Man denke nur an die Zollgesetzgebung und an die -Handelsverträge, welche wir von Zeit zu Zeit schließen müssen und -deren Zustandekommen deshalb so schwierig ist, weil jede einzelne -Bestimmung dieser Gesetze und Verträge für viele Tausende ein -Vorteil, dafür für viele Tausende ein Schaden ist. Meist werden ganze -Gewerbe zugrunde gerichtet, andere zur Blüte gebracht und es ist -ganz unmöglich, die Folgen einer Änderung in den Zöllen und -<span class='pagenum'><a id='Page_31' name='Page_31' href='#Page_31'>[31]</a></span> -Handelsverträgen für das Ganze und für die Einzelnen zu berechnen. -Hat man doch in Österreich durch ein Menschenalter Ausfuhrprämien -für den Zucker bewilligt, und als diese durch die Brüsseler -Konvention beseitigt wurden, wurde der Zucker in Österreich für die -Konsumenten um 10% billiger und außerdem stieg die Zuckerausfuhr -beträchtlich. Im Kollektivstaat gehen die Volksbeschlüsse für -den internationalen Güteraustausch dahin, die Staatsverwaltung -zum Verkaufe oder Austausche der ihr namhaft gemachten Überschüsse -an Gütern der einen Art an das Ausland und zum Einkauf -und Eintausch anderer Güter vom Auslande zu ermächtigen -und die Verwaltung hat nur darauf zu sehen, die günstigsten Bedingungen -zu erzielen. Aller Schaden und Vorteil des internationalen -Güteraustausches verteilt sich verhältnismäßig auf Alle und -nicht ein einziges Gewerbe, nicht ein einziger Beruf, insofern man -darunter die Angehörigen dieser Berufe und ihre Einzelinteressen -versteht, kann darunter leiden, niemand sich daran bereichern, niemand -dadurch ruiniert werden, so daß auch hier die Totalversicherung, -als welche sich der Kollektivismus darstellt, sich automatisch -vollzieht. -</p> - -<p> -Eine rasche Entscheidung solcher Fragen, wie über Aus- und -Einfuhr, oder über Produktion und Verteilung, oder über Ehe, -Zeugung, Familienrechte usw., kann aber nur dann im Kollektivstaate -erwartet werden, wenn das Volk sich damit begnügt, der Staatsverwaltung -grundsätzliche Direktiven zu erteilen, allgemeine Weisungen, -und dazu wird das Volk von selbst gedrängt werden. Man lese die -Gefechtsdispositionen eines Feldherrn und man wird erkennen, daß -die schwerwiegendsten Entscheidungen in wenige Worte zusammengefaßt -werden müssen, welche dem Untergebenen einen weiten Spielraum -der Initiative überlassen. Im Kollektivstaate kann es mit den -Volksbeschlüssen auch nicht anders gehalten werden. Um das aber -in seiner Durchführbarkeit zu erkennen, ist es notwendig, die Einfachheit -der Verteilung und der öffentlichen Rechnungslegung zu erfassen, -welche im Abschnitte über die Statistik VI, 8, dargelegt werden wird. -Auch bedarf diese Art der Verwaltung einen wohlgefügten und gutgeschulten -Beamtenkörper. Würde man, was ich für durchaus fehlerhaft -hielte, die Verwaltungsbeamten wählen, so würde sich eine solche -<span class='pagenum'><a id='Page_32' name='Page_32' href='#Page_32'>[32]</a></span> -Abhängigkeit der Beamten von den Wählern geltend machen, daß -es niemals das allgemeine Wohl wäre, das die Beamten im Auge -hätten und wegen des häufigen Wechsels und der mangelnden -Schulung wäre auch <ins class='correction' title='zur'>zu</ins> besorgen, daß gewählte Beamte sich nicht -zu helfen wüßten und aus Mangel an Erfahrung Fehler auf Fehler -machen, insbesondere, daß sie nicht organisch zusammen wirken würden. -Der Beamtenberuf setzt, wie jeder andere Beruf, eine bestimmte Vorbildung, -Schulung und Erfahrung voraus, weshalb in <a href='#E_01_0_0'>V, 1,</a> die -Ergänzung des Beamtenkörpers nicht durch Wahl, sondern durch Ernennung -vorgeschlagen wird. -</p> - -<h3 id='C_06_0_0'> -6. Die Erhaltung der Staatseinheit. -</h3> - -<p> -Es entsteht die Frage, wie dem Übel vorgebeugt werden soll, -daß die Staaten wieder zerfallen und fort und fort sich in kleinere -Teile auflösen. Gegen den Willen der Gesamtheit würde sich eine -im Innern des Staatsgebietes gelegenen Gemeinde oder ein solcher -Bezirk nicht leicht von dem größeren Körper lostrennen können. -Der Gütertausch ist ein so starkes Bedürfnis, daß die Gemeinden -kein Interesse haben können, sich loszusagen. Eine solche Gemeinde -würde sofort boykottiert werden und käme in einigen Tagen in -große Verlegenheiten, ohne einen erdenklichen Vorteil dagegen zu -erlangen. Auch würde der Grundsatz des <ins class='correction' title='ausnamslosen'>ausnahmslosen</ins> Staatseigentumes -den Staat berechtigen, das ganze mobile Eigentum aus -einer solchen Gemeinde wegzuschaffen und diese könnte es auf keine -Weise sich ersetzen. Es gilt dies nicht nur von Städten, die auf -den Bezug von Nahrungsmitteln aus dem flachen Lande angewiesen -sind, sondern auch von den kleinsten Gemeinden. Aber an der -Grenze gelegene Gemeinden könnten leicht ein Interesse haben, sich -von dem Staate loszusagen und sich dem Nachbarstaat, falls er ein -Kollektivstaat wäre, anzuschließen. Geht man von der Anschauung -aus, und hätte sich diese vollkommen eingelebt, daß aller Besitz -Eigentum des ganzen Volkes sei, so würde sich eine solche Sezession -als eine Rechtsverletzung darstellen, die freilich deshalb von sehr -geringem Belang wäre, weil eine solche Lostrennung zugleich eine -Verzichtleistung auf den Mitbesitz der außerhalb der Gemeinde -<span class='pagenum'><a id='Page_33' name='Page_33' href='#Page_33'>[33]</a></span> -befindlichen Güter und auf alle persönlichen Ansprüche der Gemeindemitglieder -gegen den Staat (z. B. auf Altersversorgung) mit sich -brächte. Auch könnte ohne Mitwirkung der Nachbarstaaten eine -solche Lostrennung niemals stattfinden und selbst mit ihrer Zustimmung -nur dann, wenn es Kollektivstaaten sind, und dagegen -würde man sich wohl durch internationale Verträge schützen. -</p> - -<p> -Es wäre aber sonderbar, wenn solche Fragen mit Gewalt entschieden -würden und man wird nur darauf hoffen müssen, daß -ein organisches <ins class='correction' title='Ganze'>Ganzes</ins> eine große Anziehungskraft auf alle Teile -ausüben müsse und daher ist anzunehmen, daß, wo es an einer -solchen Anziehungskraft fehlt, ein Gebrechen an der Gerechtigkeit und -an der zweckmäßigen Verwaltung vorliegen muß. Plato nennt ein -Gemeinwesen, in dem eine wahre Solidarität besteht, ein königliches -Geflecht und ein solches zusammenzuweben, muß jeder Staatsmann -als seine Aufgabe betrachten. Auch setzte die Sezession voraus, -<ins class='correction' title='das'>daß</ins> der Nachbarstaat das neue Glied als gleichberechtigten Bestandteil -aufzunehmen einwilligte, und es ist nicht anzunehmen, daß das -so leicht geschehen wird, weil zwischen den Bürgern verschiedener -Staaten sich immer Verschiedenheiten herausbilden werden, welche -den bestehenden Zusammenhang verstärken, neue Angliederungen erschweren. -Im Einvernehmen mit den beteiligten Staaten würde -sich aber auch eine solche Veränderung schmerzlos vollziehen, vorausgesetzt, -daß beide beteiligten Staaten die kollektivistische Gesellschaftsordnung -angenommen haben. Ist der Nachbarstaat noch nicht -zum Kollektivismus übergegangen, so ist eine solche Sezession wohl -undenkbar, weil die Mitglieder der Grenzgemeinde in dem neuen -Verbande ihre Rechnung nicht finden könnten, der Nachbarstaat aber -das kollektivistische Ferment fürchten würde, welches die neuen Bürger -einschleppen müßten. -</p> - -<h2 id='D_00_0_0'> -IV.<br /><br /> -Die Monarchie und der Adel. -</h2> - -<hr class='h2bot' /> - -<p> -Ist ein Volk nüchtern und sein Sinn nur auf das Nützliche -gerichtet, so wird ihm die Monarchie im Kollektivstaate etwas sehr -Überflüssiges erscheinen, ist ein Volk aber prachtliebend und von sehr -reicher Phantasie, so wird ihm die Hofhaltung eines Monarchen, die -glänzende Repräsentation nach außen und der stärkere Aufwand für -das Schöne und Kostbare willkommen sein. Im kollektivistischen -Staate ist eine Gefahr für die Volksfreiheit mit der Institution der -Monarchie und des Adels nicht verbunden. Der Monarch besorgt -die ihm durch die Verfassung und den Volkswillen übertragenen Geschäfte -als Mandatar und besitzt keine Autorität als jene, die ihm -das Volk auf jeweiligen Widerruf überträgt. Er ist nicht König -von Gottesgnaden, sondern von Volkes Gnaden. Er ist ebenso -eigentumslos, wie ein anderer Volksgenosse, aber er hat einen zwar -genau umschriebenen, aber immerhin ausgedehnten Wirkungskreis, ist -unverantwortlich und für seine Person dem Gesetze nicht unterworfen. -</p> - -<p> -Er ist das oberste Organ des Volkes und arbeitet mit Ministern, -die die Verantwortlichkeit für seine Regierungshandlungen tragen, er -ernennt die Minister und die obersten Beamten, es mag ihm das -Recht eingeräumt werden, zu begnadigen und gewisse Ehrenvorzüge -zu verleihen, er vertritt das Reich nach außen, empfängt die angesehensten -Gäste des Volkes und ist — doch immer ohne für seine -Person zur Verantwortung gezogen werden zu können oder einem -Tadel unterworfen zu sein — schuldig, die ihm vom Volke anvertrauten -Mittel zur Verherrlichung des Volkes zu verwenden und zu -diesem Ende Kunst und Forschung zu fördern. Seine großen Mittel -dienen vorzüglich zur Pflege der edelsten Geselligkeit, an welcher das -<span class='pagenum'><a id='Page_35' name='Page_35' href='#Page_35'>[35]</a></span> -<em class='gesperrt'>gesamte Volk</em> Anteil -zu nehmen <ins class='correction' title='berechtiget'>berechtigt</ins> -ist.<a name='FA_6' id='FA_6' href='#FN_6' class='fnanchor'>[6]</a> Seine Gehilfen -für gesellige Veranstaltungen sind die Mitglieder des hohen Adels -wenn ein solcher noch fortbesteht. Wie immer auch seine Befugnisse -in militärischen und auswärtigen Angelegenheiten festgesetzt werden, -so ist es doch seine Aufgabe, nicht nur den Frieden zu erhalten, -sondern auch auf Schaffung solcher internationaler Einrichtungen -hinzuwirken, die das stehende <ins class='correction' title='Herr'>Heer</ins> und die Kriegsmarine entbehrlich -machen können. Diese Verteidigungsanstalten werden übrigens ganz -überflüssig werden, sobald der Kollektivismus sich über ganz Europa -ausgedehnt haben wird, denn auch der Krieg ist nur eine Krankheit -unserer Gesellschaftsordnung. -</p> - -<p> -Die dem Monarchen für seine Person, seine Familie und allenfalls -den hohen Adel und für die Erfüllung all seiner Aufgaben eingeräumten -Mittel wird das Volk bestimmen. Man setze den Fall, -daß das Volk hierfür den hundertsten Teil des Besitzes und des -Volkseinkommens widmet, so mag es die Schlösser, Burgen und -Wohnbauten, die Parke und Anlagen, vielleicht auch einen bestimmten -Teil des Gebietes der Hauptstadt, dann Juwelen, Stoffe, Hausrat, -Tiere und Kostbarkeiten bezeichnen, welche, jedoch mit Vorbehalt des -dem Staate oder Volke zustehenden Eigentumsrechtes, der Hofhaltung gewidmet -sind und welche die Monarchie zu erhalten, zu pflegen, beziehungsweise -zu vollenden hat. Es werden ihr außerdem Arbeitskräfte und -ein Teil der jährlich geschaffenen Güter zugewiesen. Von den Arbeitskräften -werden dem Hofe insbesondere Hausgenossen, Handwerker, -Künstler, Gelehrte, Forscher und Erziehungs- und Unterrichtspersonen -zugewiesen. Bezüglich der Auswahl der Personen und Sachen wird -sich der Hof mit der Regierung und den obersten Volksbeamten zu -verständigen haben. Als Rechtssubjekt steht der Monarch hierin dem -Volke nicht gegenüber, es ist nur von anvertrauten, auf Widerruf -gewidmeten Sachen die Rede, wie ja auch heute die Zivilliste immer nur -auf ein einziges Jahr bewilligt wird. Der Monarch ist nur Verwalter. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_36' name='Page_36' href='#Page_36'>[36]</a></span> -Die Hausgenossen, welche für die Bedienung der Gäste, für -Küche und Keller, für Gebäude, Stallungen und Tiere, und für die -Verwaltung der mobilen und immobilen Güter der dynastischen -Familie und des Adels zu sorgen haben, werden nicht den dienenden -Personen der heutigen Zeit zu vergleichen sein, sondern als -Familienglieder behandelt werden. Die schönsten Mädchen und jungen -Männer werden ausgewählt werden, damit sie auch durch ihre persönlichen -Vorzüge die Schönheit der Hofhaltung erhöhen. Den Mädchen -und Jünglingen dieser Art wird es obliegen, bei Tisch und den -Abendunterhaltungen die Glieder der Dynastie und der Adelsfamilien -und deren Gäste zu bedienen, sie werden aber, wenn sie dienstlos -sind, selbst auch Gäste des Hofes sein, wie in unseren Familien -jüngere Schwestern und Brüder den Gästen aufwarten und mit -ihnen trotzdem auf gleichem Fuße verkehren. Auch aus den Reihen -der Alten mögen manche dem Hofe zugewiesen werden, wenn sie es -wünschen und sie werden nur zu bequemen Dienstleistungen verwendet -werden, die sie gerne freiwillig übernehmen. So wird ihnen die -Überwachung der Kostbarkeiten übertragen und sie werden dafür -sorgen, daß alles, was aus der Schatzkammer entlehnt wird, wieder -an seinen Platz kommt. Auch die Wagenlenker, Pferdewärter, Jäger, -Türsteher und Boten werden nur wie Familienmitglieder behandelt -werden dürfen, auch können sie nicht gezwungen werden, gegen ihren -Wunsch in diesen Stellungen zu dienen. Die Natur dieser Beziehungen -gehört zur Ästhetik der Gesellschaftsordnung und diese -Ästhetik ist wieder ein wesentlicher Vorzug der künftigen Gesellschaftsordnung. -</p> - -<p> -Hof und Adel haben in den Repräsentationspalästen und --Schlössern Empfang zu halten und für eine angemessene Verteilung -der Einladungen zu sorgen, von welchen Niemand ganz ausgeschlossen -werden soll. Außer den bevorzugten Gästen, den Künstlern, Gelehrten, -Forschern, Erfindern, den angesehensten Besuchern aus dem Auslande, -den hohen Beamten, schönsten Frauen usw. werden alle Volksgenossen, -welche in die Nähe des Hofes kommen, heranzuziehen sein -und so werden auch hier alle Glieder des Volkes mitinteressiert -werden, wie an Kunst und Forschung. In den Sommermonaten -wird das Hofleben sich vorzüglich in den Schlössern und Burgen -<span class='pagenum'><a id='Page_37' name='Page_37' href='#Page_37'>[37]</a></span> -entfalten, im Winter in der Residenz, aber die Hofbaulichkeiten werden -das ganze Jahr in Benutzung stehen, um soviel als möglich Freude -zu schaffen. -</p> - -<p> -So wie jedes Dorf, so wird auch die Hauptstadt nach und -nach niedergerissen und nach einem grandiosen Plane neu aufgebaut -werden. Darum wird ein neuer Stadtplan für die Reichshauptstadt -(vielleicht in Österreich für zwei Reichshauptstädte) zu entwerfen sein, -aber nicht für eine Bevölkerung von Millionen, sondern höchstens zur -Aufnahme von etwa 400,000 Menschen, die Reisenden inbegriffen. -Diese Neubauten werden aber verschoben werden, bis -die Masse des Volkes reichlich mit Wohnungen versorgt ist, denn -allem anderen geht die Aufgabe vor, die Sünden der Vergangenheit -zu tilgen. -</p> - -<p> -Dem Volke gebührt ein entsprechender Einfluß auf die Erziehung -der Jugend in der kaiserlichen Familie und den adeligen Familien. -Wie derselbe geltend zu machen sei, bestimmen die Gesetze. Diese -Familien müssen im Bewußtsein erhalten werden, daß sie dem Volke -zu dienen berufen seien und niemals den Dienst in Herrschaft verwandeln -dürfen. Die Erziehung muß eine vorzugsweise ästhetische -sein, weil es der Beruf dieser Familien ist, das Schöne zu pflegen. -Die Kenntnis der lebenden Sprachen besonders der größeren Kulturvölker -und der im Reiche verbreiteten Idiome ist in in diesen Familien -einheimisch zu machen, weil sie berufen sind, das heimatliche -Volk den fremden Völkern gegenüber zu repräsentieren und den -nationalen Frieden im Lande zu erhalten. -</p> - -<p> -Die Mitglieder des Adels unterstehen den allgemeinen Strafgerichten, -die Mitglieder der dynastischen Familie mögen der Strafgewalt -des Monarchen unterstehen, aber unter der Bedingung, daß -die Straferkenntnisse und deren Vollzug veröffentlicht werden und daß -über die Mitschuldigen die ordentlichen Gerichte erkennen. -</p> - -<p> -Zu den wichtigsten Angelegenheiten gehört die Ehe in diesen -Familien und das Familienleben Jener, die man bisher die Großen -zu nennen gewöhnt war. Der Gebrauch in den souveränen Familien, -ihre Glieder nur mit den Angehörigen anderer souveräner Familien -zu verheiraten, ist verwerflich, weil er zur Verwandtschaftsehe und zur -<span class='pagenum'><a id='Page_38' name='Page_38' href='#Page_38'>[38]</a></span> -Dekadenz führt.<a name='FA_7' id='FA_7' href='#FN_7' class='fnanchor'>[7]</a> -Auch soll sie die Ehe nicht an auswärtige Familien -knüpfen. Es scheint daher das Zweckmäßigste zu sein, daß die Mitglieder -der Familie des Monarchen sich mit Angehörigen der Familien -des einheimischen Adels ehelich verbinden und daß diese ihre anderweitigen -Ehen mit Volksgenossen der anderen Schichten schließen, -um so einen gesunden Blutumlauf im sozialen Körper herbeizuführen. -Der Krone wäre das Recht einzuräumen, gegen unvernünftige Ehen -in diesen Familien Verbot einzulegen. Die Vernünftigkeit dieser -Ehen ist vom Standpunkte der wahrscheinlichen Fortpflanzungserwartungen -zu beurteilen. Handelt es sich um Ehen, die nach der -vom Volke genehmigten Ehegesetzgebung, <a href='#G_02_0_0'>VII, 2,</a> überhaupt unstatthaft -sind, so können sie überhaupt nicht geschlossen werden, sind sie -aber deshalb nicht zu billigen, weil sie nicht nach der Richtung nützlich -erscheinen, das Geschlecht vom biologischen Gesichtspunkte zu -veredeln, so würde die Versagung der Ehegenehmigung seitens des -Monarchen die Wirkung haben, daß die eheschließenden Teile, welche -dem Willen der Krone entgegen sich verbinden, und ihre Nachkommen -von der dynastischen Familie und den adeligen Familien ausgeschlossen -werden. Die Frauen folgen den Männern, das heißt, die -nichtadeligen Frauen werden durch die regelmäßige Verbindung mit -Adeligen in die Adelsfamilie, die weiblichen Glieder des Adels durch -ihre Ehe mit Männern aus dem Volke in die Volksschichten aufgenommen. -Dadurch wird einerseits eine fortgesetzte Auffrischung des -adeligen Blutes sichergestellt, andererseits die Krone und der Adel -an dem Wohle des Volkes auch durch verwandtschaftliche Bande -interessiert. So dürfte es gelingen, den Kastengeist zu unterdrücken -und die Eigentumslosigkeit der monarchischen Familie und des Adels -verknüpfen sie auch sonst mit dem Volkswohle. Es würde so jenes -königliche Geflecht geschaffen, das Plato vorschwebte. Übrigens -wird hier, wenngleich die Vermählung der Adeligen mit Töchtern -<span class='pagenum'><a id='Page_39' name='Page_39' href='#Page_39'>[39]</a></span> -des Volkes beantragt wird, der Rassenfrage nicht vorgegriffen, da -auch im Volke die Urrassen nicht ganz erloschen sind und, wenn z. B. -die blonde Rasse als die vom vorwiegend ästhetischen Gesichtspunkte -edlere sich bewährte, deren <ins class='correction' title='Bevorzuung'>Bevorzugung</ins> für diese Ehen umsoweniger -Bedenken erregen könnte, als der Individualismus, die Erbkrankheit -der blonden Rasse, in einem solchen Staate nicht zu -fürchten ist. -</p> - -<p> -Die Zahl der adeligen Familien müßte eine sehr geringe sein -und dürfte wohl auch in einem großen Reiche 200 nicht überschreiten. -Dem Adel wären alle Stellungen in der Verwaltung oder den allgemeinen -Berufen vorenthalten, weil von ihren Mitgliedern praktische -Einsicht nicht vorauszusetzen ist und, weil sie sonst danach streben -würden, höhere Rangstufen zu erklimmen, ohne sich darum verdient -zu machen. Bei Volksabstimmungen und Wahlen mögen sie ihre -Stimme abgeben, welche aber nicht mehr gilt, als die eines anderen -Volksgenossen. -</p> - -<p> -Wenn in vielen Beziehungen die Einrichtungen, welche hier für -die Familien des Monarchen und des Adels vorgeschlagen werden, -jenen gerade entgegengesetzt sind, welche heute bestehen, und noch -vielmehr jenen, welche in früheren Jahrhunderten bestanden, so ist das -eine Folge davon, daß im Kollektivstaate es das Volk ist, welches -Herr im Lande ist, und es ist in Übereinstimmung mit der Evolution, -die wir in den sozialen Verhältnissen der letzten 200 Jahre beobachten -können. -</p> - -<p> -Die geschlechtlichen Beziehungen der Glieder der kaiserlichen -Familie und des Adels außerhalb der Ehe werden vom Gesichtspunkte -der allgemeinen Grundsätze der Sexualethik zu beurteilen sein. -Daß wir wirklich einer Periode so großen Rigorismus entgegengehen, -wie viele meinen, ist doch zu bezweifeln, aber abgesehen von allgemeinen -Gesetzen sexualethischer Natur wird man darauf sehen, daß -die Stellung jener Familien nicht dazu mißbraucht werde, um Liebesgunst -zu erringen und daß sich keine Tochter des Volkes ohne Liebe -wegwirft an jenen, der ihr eine bevorzugte Stellung bei Hof und -reichlichere Genüsse bietet. Darum wird der Volkswille jedes Mädchen -oder Frau in ihre Heimatsgemeinde zurückrufen können, die sich -in diesem Sinne vergeht und die Prinzen oder Grafen, welche an -<span class='pagenum'><a id='Page_40' name='Page_40' href='#Page_40'>[40]</a></span> -Maitressenwirtschaft denken, werden zu befürchten haben, die bevorzugte -Stellung zu verlieren, deren sie sich unwürdig machen. Daß -aber von der Ehe ausgeschlossene Glieder des Volkes, der dynastischen -Familie und des Adels, von verächtlichen Nebenabsichten abgesehen, -die Freuden der Liebe nicht wie alle anderen sollten genießen -dürfen, wäre wohl kaum gerechtfertigt und davon handelt der Abschnitt -<a href='#G_03_0_0'>VII, 3.</a> -</p> - -<h2 id='E_00_0_0' class='mod'> -V. Die Beamtenorganisation. -</h2> - -<hr class='h2bot' /> - -<h3 id='E_01_0_0'> -1. Der Verwaltungsorganismus. -</h3> - -<p> -Was ist die Aufgabe des sozialen Staates? In letzter Instanz -ist es die Verteilung von Arbeit und Genuß. Die Grundsätze -und Ziele bestimmt das Volk, aber die Verwirklichung dieser -Grundsätze und Ziele liegt einem Organe des Volkes, der Regierung -und ihren Beamten ob und zwar nach dem Prinzipe der Arbeitsteilung, -welche jede menschliche Leistung besonders dafür geschulten -Personen überträgt, die nur ein und dieselbe Arbeit zu besorgen -haben. -</p> - -<p> -In allen Zweigen der menschlichen Arbeit, wozu auch die -der Verwaltungsbeamten gehört, findet man eine hierarchische -Gliederung, deren unterste Ausläufer am meisten auf einfache -Handgriffe angewiesen sind und gewissermaßen die kleinste Spalte -der Gesamtleistung besorgen. Über diesen sind jene, die diese Teilleistungen -verbinden und Höhere, die sie zu einem Ganzen vereinigen, -während noch höhere Organe die Leistungen vergleichen, -die Tätigkeiten überwachen und Pläne entwerfen, bis endlich die -Oberleitung des Ganzen in den Händen eines Einzigen oder eines -obersten beratenden Körpers vereinigt ist. Diese Organisation ist -vergleichbar dem Nervensystem im tierischen Körper. -</p> - -<p> -Aber so wie in jedem einzelnen Berufe alle Teilnehmer zu -einer Einheit <ins class='correction' title='zusamengefaßt'>zusammengefaßt</ins> sind und in viele Stufen zerfallen, in -welchen die Angehörigen des Berufes vom Einzelnen zu immer Allgemeinerem -aufsteigen und in welchen auch die Träger der einzelnen -Stellen der Autorität und dem Ansehen nach abgestuft sind, so sind -auch die einzelnen Berufe untereinander hierarchisch gegliedert und -im Ansehen und der Autorität abgestuft. Da kommt man nun zur -Einsicht, daß ein eigener Verwaltungsdienst eingerichtet werden muß, -<span class='pagenum'><a id='Page_42' name='Page_42' href='#Page_42'>[42]</a></span> -welcher die Hauptaufgabe des Staates, die Verteilung von Arbeit -und Genuß in letzter Instanz zu lösen hat. Diese Aufgabe ist -die oberste, zusammenfassendste und es ist niemand im Staate, der -nicht von dieser Körperschaft abhinge, während sie nur vom Volke -abhängt. Denn es handelt sich darum, das Gesamtleben des Volkes -in eine wirkliche Einheit zusammenzufassen, wie das Herz mit dem -ganzen Apparate von Arterien und Venen das Blut bis in die -äußersten Körperteile treibt und von dort wieder zurückerhält, um -es wieder in die Arterien zu treiben. Die spezielle Aufgabe des -Verwaltungsbeamten setzt nicht die Einseitigkeit eines Fachmenschen -voraus, sondern einen Überblick über das Ganze, die Aufeinanderbeziehung -aller Teile, die Bewertung aller Leistungen und aller -Güter, die ununterbrochene Evidenthaltung aller wirtschaftlichen Faktoren -und aller Produkte. Der Verwaltungskörper hat auch alljährlich (?) -dem Volke einen Vorschlag über den Volkshaushalt und -Gesetzesvorlagen zu machen, welche die Gegenstände seines Berufes -betreffen. Dieser Volkshaushalt hat aber mit Geldsummen nichts -zu tun, sondern mit Arbeitskräften und materiellen Gütern, welche -in Anspruch genommen werden, um gewisse Mengen von Gütern -herzustellen oder gewisse Dienste zu leisten. -</p> - -<p> -Jemehr jemand zum Fachmann herangebildet und geeignet ist, -umsoweniger meistens taugt er zu allgemeinen Aufgaben zusammenfassender -Natur; universelle Köpfe, das heißt philosophische Talente, -die auch philosophisch geschult sind, werden dem Verwaltungsdienste -zuzuweisen sein und da sie alles zu vergleichen, alles abzuwägen -und jeden an seine Stelle zu bringen haben, wird ihnen auch überall -innerhalb ihrer streng territorial abgegrenzten Kompetenz jeder dienstlich -untergeordnet sein. Dienstliche Unterordnung braucht aber -Kameradschaftlichkeit außer Dienst nicht auszuschließen. -</p> - -<p> -Doch muß ich bemerken, daß ich glaube, es könne der Verwaltungsbeamte -außer der obersten allgemeinen Leitung seines Gebietes -auch die oberste Leitung für einzelne Produktionszweige eines weiteren -Sprengels besorgen, wenn er außer der allgemeinen Schulung für den -Verwaltungsdienst auch Fachkenntnisse für ein besonderes Produktionsgebiet -erworben hätte. Der eigentliche Verwaltungsdienst beansprucht -nämlich schwerlich die ganze Zeit des Verwaltungsbeamten, denn, -<span class='pagenum'><a id='Page_43' name='Page_43' href='#Page_43'>[43]</a></span> -wenn sich die Verteilungsgrundsätze einmal eingelebt haben und es -sich nur um Überwachung und Verbesserung handelt, wird die im -bloßen Verwaltungsdienste zu leistende Arbeit selbst für einen einzigen -Beamten in einer Gemeinde von tausend Köpfen nicht erheblich sein. -Und doch ersetzt dieser eine Beamte die Tätigkeit der Richter, politischen -und Finanzbeamten, und überdies die der Kaufleute und -wenn irgendwelche richterlichen Geschäfte, insbesondere eine Strafjustiz -noch fortdauern müßten, so würden keine eigentlichen Strafbehörden -eingesetzt, sondern eine Art von Volksjustiz geübt werden, -wie die Schöffen und Geschworenen und zwar ohne fachjuristische -Leitung. -</p> - -<p> -Um also die erforderliche Einheit in die Verwaltung zu bringen, -wird der Verwaltungsbeamte niedersten Ranges Vorstand einer Gemeinde -und ihres Territoriums oder eines städtischen Quartiers -werden und zwar derart, daß alle Menschen und Sachen auf diesem -Territorium ihm unterstehen und ihm die oberste Leitung aller Arbeit -und die oberste Verteilung aller Genüsse und Güter auf diesem -Gebiete zusteht. In jeder Ansiedlung und in jedem städtischen -Quartier regiert ein solcher Beamter. Die weitere Gliederung des -Verwaltungsdienstes baut sich nun so auf, daß etwa 20 Gemeinden -unter einem Bezirksbeamten, etwa 20 Bezirke unter einem -Kreisbeamten, etwa 10 Kreise unter einem Provinzialbeamten stehen -und die Provinzialbeamten der Zentralregierung direkt untergeordnet -sind. -</p> - -<p> -Es ist sorgfältig zu erwägen, welche Verteilungsgeschäfte den -Verwaltungsbeamten innerhalb ihrer örtlichen Kompetenz <em class='gesperrt'>persönlich</em> -zuzuweisen und welche von ihren Organen unter ihrer Oberleitung -und <em class='gesperrt'>Mitverantwortung</em> zu besorgen sind. -</p> - -<p> -Daß nun diese Verteilungsgeschäfte keineswegs eine ganze -Tagesarbeit eines Beamten in Anspruch nehmen, ist leicht zu zeigen, -wenn man die Zahl von 1000 Köpfen als Grundlage der Berechnung -annimmt. Es ist im Auge zu behalten, daß der Beamte nach den -natürlichen Verhältnissen des Kollektivismus mit allen Gliedern -seiner Gemeinde lebt, jeden persönlich kennt, auch zahlreiche Interessen -mit ihnen gemein hat. -</p> - -<p id='E_01_0_0al1'> -Dieser Beamte<span class='pagenum'><a id='Page_44' name='Page_44' href='#Page_44'>[44]</a></span> -hat auf Grund der Berichte des Arztes und -nach anderen Daten die Geburten, Trauungen und Sterbefälle in -Evidenz zu halten, allerdings mit der genauesten Angabe der näheren -Umstände. So sollen Geburten und Sterbefälle mit Angabe von -Stunde, Minute und Sekunde verzeichnet werden, soweit sie bekannt -sind oder in Fällen unvorhergesehener Ereignisse abgeschätzt werden -können. Alle Geburten und Sterbefälle zusammen werden 30-36 -im Jahre kaum übersteigen und wenn sie selbst die doppelte Zahl -erreichen, fiele nur ein solches Ereignis in <em class='gesperrt'>fünf</em> Tagen. Die -Verfügungen über die dienstlichen Veränderungen innerhalb der Gemeinde -und die an den Bezirksbeamten zu erstattenden Anträge <ins class='correction' title='im'>in</ins> -Fällen einer Versetzung außerhalb der Gemeinde oder der Besetzung -einer Stelle durch gemeindefremde Personen stehen dem Verwaltungsbeamten -zu, aber wenn jeder Einzelne 10 solche Veränderungen, -Versetzungen und Beförderungen in seinem Leben zu erwarten hätte, -eine Ziffer, die ohnehin hoch gegriffen ist, so würden bei 550 in -regelmäßigen Arbeitsalter stehenden Gemeindegenossen im Jahre 120 -solche Veränderungen vorfallen oder 10 im Monate. Beurlaubungen -kämen täglich zwei zur Behandlung. Disziplinäre und friedensrichterliche -Erkenntnisse höchstens zwei oder drei in der Woche. -Außerdem hat der Beamte von Zeit zu Zeit jede Betriebsstelle, -Fabrik, Schule, Spital usw. zu inspizieren und dafür zu sorgen, -daß täglich der erforderliche Güteraustausch zwischen Gemeinde und -Bezirk richtig abgewickelt wird. Dabei sind aber immer andere -mitverantwortliche Personen beteiligt und die Beispiele im Abschnitte -über die Statistik <a href='#F_08_e_0'>VI, 8, e,</a> insbesondere die Tabelle über Milchproduktion -und Verteilung zeigen klar, daß es sich da immer um beinahe -automatisch sich vollziehende Bewegungen handelt, die dem -Beamten mehr Aufsicht, als Arbeit zur Aufgabe machen. -</p> - -<p> -Die Angaben über die tägliche Arbeitsleistung des Einzelnen -und über den Verbrauch der Gemeinde im Tage empfängt der -Beamte von den unteren Organen und er wird für deren Richtigkeit -und genaue Buchung zu sorgen haben, wobei die Summierung -und die Ermittelung von Verhältniszahlen, sofern sie von der vorgesetzten -Behörde gefordert werden, von Lehrern, hauswirtschaftlichen -Personen, Schulkindern, hauptsächlich aber auch vom <ins class='correction' title='Volksbeamten'>Volksbeamten,</ins> -<span class='pagenum'><a id='Page_45' name='Page_45' href='#Page_45'>[45]</a></span> -der ja auch als Gehilfe gedacht wird, unter gegenseitiger Kontrolle besorgt -werden können. -</p> - -<p> -Alle diese Arbeit ist, soweit sie der Gemeindebeamte persönlich -leisten muß, gering. -</p> - -<p> -In einem Staate von 45 Millionen Einwohnern würde der -ganze Verwaltungsbeamtenstab mit Inbegriff der hierarchisch übergeordneten -Beamten 50-60,000 Köpfe und wenn, nach den unten -entwickelten Vorschlägen, neben jedem Staatsbeamten ein gewählter -Volksbeamter als Gehilfe und Kontrollorgan säße, 100-120,000 -Köpfe betragen, nur ein kleiner Bruchteil des Handelspersonals, -das eine gleich zahlreiche Bevölkerung heute beschäftigt. Der Beamte -hätte überdies den regelmäßigen Versammlungen der Beamten des -Bezirks unter dem Vorsitze des Bezirksbeamten beizuwohnen und einen -geselligen Verkehr mit den Gemeindegenossen einerseits und am -Sitze des Bezirks- und des Kreisbeamten mit Gleichgestellten und -höher gestellten Personen andererseits zu unterhalten. -</p> - -<p> -Man merke, daß die statistische Arbeit, wenn sie gehörig veröffentlicht -wird, das Volk in die Lage setzt, Fortschritt und Rückschritt -auf allen Gebieten der Produktion und Verteilung zu verfolgen -und daß diese Arbeit es möglich macht, die Krankheits- und -Sterbestatistik von Tag zu Tag mit Genauigkeit festzustellen, und -das Durchschnittsalter auf Minuten zu ermitteln und wie das gemacht -wird, wird in dem Abschnitte über Statistik <a href='#F_08_0_0'>VI, 8,</a> genau -aufgezeigt werden. -</p> - -<p> -Freilich hat der Verwaltungsbeamte auch eine Verteilungsarbeit -zu besorgen bezüglich der Instrumente und Apparate, welche zum -Inventar seines Bezirkes gehören und bezüglich der Benützung der -Gesellschaftsräume zu besonderen Zwecken. So kann es vorkommen, -daß die Benutzung der musikalischen Instrumente von so vielen -Personen beansprucht wird, daß der Vorrat nicht reicht, oder daß -sich viele Gesellschaften in der Gemeinde bilden, welche Räume für -ihre Übungen und Verhandlungen beanspruchen und daß die Gesellschaften -sich wechselseitig im Wege stehen. Ordnung zu schaffen, -ist Aufgabe des Verwaltungsbeamten. -</p> - -<p> -Mit Rücksicht auf diese Natur des Verwaltungsdienstes, die -zwar ein scharfes Auge und richtiges Urteil voraussetzt, aber wenig -<span class='pagenum'><a id='Page_46' name='Page_46' href='#Page_46'>[46]</a></span> -Arbeit verursacht, scheint es nun, daß dem Beamten außer dieser -leitenden Tätigkeit noch irgend welche andere Arbeit aufgebürdet -werden sollte und darum scheint es zweckmäßig, daß mit der Ausbildung -im Verwaltungsdienste auch anderer Fachunterricht verbunden -werden sollte, damit jeder der Gemeindeverwaltungsbeamten noch -einen Produktionszweig für den ganzen Bezirk solle überwachen -können. Das gilt besonders für solche Aufgaben, die ihrer Natur -nach zusammenfassend für größere Territorien zu lösen sind, so -Straßen- und Wasserbau, Forstwesen, Kulturtechnik, die Abfassung -von landwirtschaftlichen Betriebs- und Anbauplänen, chemische Untersuchungen -und <ins class='correction' title='dgl'>dergl</ins>., wobei dann die Gemeindebeamten immer mit -dem fachtechnisch gebildeten Kollegen in Fühlung zu stehen hätten. -Ist bei der Anstellung von Verwaltungsbeamten auf dieses Bedürfnis -Rücksicht genommen, so bildet das Beamtenkollegium eines Bezirkes -eine Körperschaft, deren Mitglieder über die mannigfaltigsten -Fachkenntnisse verfügen. -</p> - -<p> -Das sind Ideen, die sich bei der Untersuchung unseres Problemes -von selbst aufdrängen, aber es wird erst die Erfahrung -während der Umwandlung unserer Gesellschaftsordnung lehren, ob -eine so beschaffene Organisation die beste ist. Sie wird nur dann -gut sein, wenn der unterste Beamte, der eigentlich das wichtigste Glied -der Organisation ist, nicht überbürdet, aber so beschäftigt ist, daß er -sich mit allen Zweigen der Produktion und Verteilung auf seinem -Gebiete vertraut machen und dort alles, soweit als die Einheitlichkeit -des Dienstes es erfordert, durch seine Hand gehen muß. -Übrigens muß ihm das Recht zustehen, sich seine Organe zu wählen, -und jedem Einzelnen Hilfeleistungen aufzutragen, zu welchen er befähigt -ist und welche mit seinem <ins class='correction' title='eingenen'>eigenen</ins> Berufe vereinbar sind, -oder zu welchen er sich freiwillig erbietet. Die Vereinigung der -ganzen Verteilungsarbeit in <em class='gesperrt'>einer</em> leitenden Hand löst alle Kompetenzkonflikte, -welche die heute übliche Trennung der Ressorts mit sich -bringt, die im Betriebe der Kollektivwirtschaft wenig Sinn hätte. -Übrigens vertreten die dem Verwaltungsbeamten untergebenen -Organe die einander gegenüberstehenden sachlichen und persönlichen -Interessen. -</p> - -<p> -Die Belastung der Beamten im gleichen Range wird so ziemlich -<span class='pagenum'><a id='Page_47' name='Page_47' href='#Page_47'>[47]</a></span> -gleich sein, wenn die Glieder einer Gemeinde, oder eines -Quartiers der Zahl nach nicht sehr verschieden sind. Aber die -Verwaltungsbeamten der Quartiere in den Städten dürften etwas -weniger belastet sein, weil sie ein kleineres Gebiet haben und weil -in den Städten weniger Produktion ist. Darum eignen sich diese -Posten, die auch sonst größere Annehmlichkeiten bieten, als Ruheposten -für ältere, verdiente Beamte. -</p> - -<p id='E_01_0_0al4'> -Ich bemerke noch, daß ich nicht für die Wahl der Verwaltungsbeamten -durch das Volk bin, weil das zu einer gefährlichen Dezentralisation -führen müßte, und dadurch einerseits das Parteiwesen wieder -großgezogen, andererseits eine Desorganisation in der Wirtschaft -herbeigeführt würde. Es würde dann überall nach verschiedenen -Grundsätzen produziert und damit ein großer Teil der Vorteile des -Gesamtbetriebes aufs Spiel gesetzt werden. Auch wären die Angaben -der Verwaltungsbeamten über die Produktionsergebnisse, welche -die Hauptgrundlage der Verteilung bilden, nicht mehr verläßlich, -wenn die Beamten von der Gemeinde gewählt würden. Der -Grundgedanke des Kollektivismus ist die Zentralisation, die Wahl -der Beamten aber hätte immer eine dezentralisierende Tendenz. Es -ist auch besser, das Staatsinteresse den Staatsbeamten, das Interesse -der Gemeinde und des Einzelnen immer dem Volksbeamten -anzuvertrauen und so einen möglichst genauen Gleichgewichtszustand -herbeizuführen, wobei aber immer noch im Zweifel das Staatsinteresse -überwiegen müßte, daher auch nur der Staatsbeamte eine -<em class='gesperrt'>entscheidende</em> Stimme hätte, der Volksbeamte nur zu hören wäre, -zu beaufsichtigen hätte und bei den vorgesetzten Behörden Einspruch -oder Berufung einlegen könnte. Diese Verwaltungsbeamten wären -also wie heute durch die Zentralstelle zu ernennen und so ist es ja -auch mit dem Unterrichtspersonale, den <ins class='correction' title='Äerzten'>Ärzten</ins> und den technischen -Beamten und Vorständen. -</p> - -<p id='E_01_0_0al3'> -Um nun jedem Einzelnen aus den kleinen Volksgruppen der -Gemeinde, des Bezirkes, Kreises usw. den größten Schutz zu verleihen, -scheint es mir, wie schon gesagt, zweckmäßig, daß das -Volk in diesen Gruppen je einen Volksbeamten wählen sollte, der -vom Gemeindebeamten bis zum Minister dem Verwaltungsbeamten -beigegeben werden soll, der in allen mechanischen Arbeiten Gehilfe des -<span class='pagenum'><a id='Page_48' name='Page_48' href='#Page_48'>[48]</a></span> -Verwaltungsbeamten wäre und dem Staatsinteresse gegenüber -das Teil- und Einzelinteresse wahrzunehmen hätte. Nicht <em class='gesperrt'>er</em>, -sondern der Staatsbeamte hätte zu dezernieren, der Volksbeamte -aber müßte immer vorher gehört werden und er könnte an den Bezirksbeamten -berufen oder vielleicht auch in wichtigen Fällen <ins class='correction' title='einer'>eine</ins> -Sistierung der angefochtenen Entscheidung erwirken. Durch Vermittelung -des Fernsprechers, der alle Ämter verbindet, kann das in -wenigen Minuten geschehen. -</p> - -<p> -Diese Volksbeamten würden von der Gemeinde und dem Bezirke -durch das Votum aller stimmberechtigten Volksgenossen gewählt -und es scheint, daß es vernünftiger wäre, auf unbestimmte Zeit zu -wählen als auf eine bestimmte Zeit, wie der Amerikaner sagt, <i>during -good behaviour</i>. Die periodischen Wahlen haben gar keinen vernünftigen -Sinn. Eine Neuwahl wird stattfinden, so oft sie begehrt -wird und sobald ein anderer Volksbeamter für eine Stelle gewählt -ist, hat der frühere abzutreten. -</p> - -<p> -Sehr zweckmäßig wäre es auch, den Kreis- und Provinzialverwaltungsbeamten, -sowie auch den Ministern einen solchen Vertreter -des Volkes mit gleicher Kompetenz beizugeben und selbst dem -Monarchen würde es die Geschäfte erleichtern, wenn er einen solchen -Vertrauensmann des Volkes, oder in Österreich etwa Vertrauensmänner -aller Nationalitäten an der Seite hätte, die er hören könnte, -aber es scheint nicht zweckmäßig, <ins class='correction' title='das'>daß</ins> diese höheren Organe durch -das Volk unmittelbar gewählt werden, weil die wählbaren Personen -in diesen großen Sprengeln nicht so allgemein bekannt sind, daß das -Volk selbst wählen könnte. Besser würde es sich empfehlen, daß die -Volksbeamten des Kreises den dem Kreisbeamten beizugebenden -Volksbeamten und so weiter die Volksbeamten der ganzen Provinz -der ganzen Nation oder des ganzen Reiches diese höheren Organe -des Volkswillens wählen würden. -</p> - -<p> -Dies <ins class='correction' title=' '>ist</ins> die wünschenswerte Organisation des Verwaltungsdienstes -und es scheint nicht notwendig zu erwähnen, daß die Kreis- und -Provinzialbeamten und die Minister eine Reihe von geringeren Beamten -als Mitarbeiter haben müßten. -</p> - -<p> -<b>Detailverwaltungsämter.</b> Zur unmittelbaren Leitung von -Produktionszweigen und Fabriken werden in jeder Gemeinde oder -<span class='pagenum'><a id='Page_49' name='Page_49' href='#Page_49'>[49]</a></span> -Quartier nach Art unserer Verwalter und Direktoren Leute, erforderlichen -Falles von höherer Ausbildung und dann auch von angemessen höherem -Range, zu bestellen sein, welchen die erforderlichen Hilfsorgane zur Seite -zu stellen sind und welche dem Verwaltungsbeamten untergeordnet sind. -So wird für die Futterwirtschaft, die Viehzucht, eine industrielle Anstalt -und für die gesamte Hauswirtschaft ein oberster Leiter in jeder Gemeinde, -für manche andere Betriebe, so die Forstwirtschaft, wo sie einen -größeren Umfang hat, für einen etwaigen Bergbau, den Hochbau, -Straßen- und Wasserbauten in jedem Bezirke ein Produktionsleiter -oder Direktor anzustellen sein, welche Personen wieder höheren Ämtern -ihres Faches unterzuordnen sind. Sie haben die Arbeits-, Materials- -und Produktionsstatistik für ihren Produktionszweig herzustellen, die -rechtzeitige Anschaffung aller Maschinen, Werkzeuge und Stoffe, die -Einstellung und Ausbildung der Arbeitskräfte, die Einrichtung und -<ins class='correction' title='Instalthaltung'>Instandhaltung</ins> der Gebäude und sonstigen baulichen Anlagen, die -zweckmäßige Verteilung der verschiedenen Arbeiten unter ihre Arbeiter, -dann die Beförderung der geeigneten Personen zu besorgen und Anträge -wegen Verbesserung der Produktion zu stellen. Besonders -jene Statistik, die den organischen Einrichtungen zufolge nicht täglich -abzuschließen und zu veröffentlichen ist, ist von ihnen für ihren Betrieb -doch so viel als möglich täglich zu journalisieren, so beim -Empfange von Stoffen, bei der Hinausgabe von Stoffen und anderen -Verbrauchsartikeln an den einzelnen Arbeiter, bei der Abgabe der -Produkte von einer Werkstätte zur anderen, von einem Arbeiter an -den anderen und schließlich bei der Ablieferung fertiger Erzeugnisse -an die Magazine und aus den Magazinen an die Frächter und alle -diese Verrechnungsarbeiten, wofür in jeder Betriebsstätte Instruktionen -bestehen, sind von den untergeordneten Organen gegenzuzeichnen, vom -Verwaltungsbeamten zu überwachen und zu revidieren. Da doch -alles, was durch die Produktionsverwaltungen an andere Verwaltungen -abgegeben wird, von diesen wieder in Empfang zu stellen ist, und -so doppelte Buchungen geschehen, so ist eine genaue Verrechnung -sichergestellt und es ist auch der Gesamterfolg einer Betriebsanstalt -leicht zu beurteilen, da ein Vergleich mit Betrieben gleicher Art ergibt, -ob für eine bestimmte Gesamtleistung mehr als anderwärts an -Material oder Arbeit verrechnet wurde, wie auch die Verwendung -<span class='pagenum'><a id='Page_50' name='Page_50' href='#Page_50'>[50]</a></span> -aller Stoffe, Werkzeuge, Halbfabrikate und Erzeugnisse immer feststellbar -sein muß. -</p> - -<p> -Bei absoluter Naturalwirtschaft kann in den Betrieben nicht -leicht ein Unterschleif vorkommen. Kassegebarung gibt es nicht, falsche -Buchungen sind der Gegenbuchungen wegen nicht wohl möglich, -würden aber auch keinen ersichtlichen Zweck haben und wer Material -oder Fabrikate defraudieren wollte, fände keinen Frächter und Abnehmer, -hätte viele Mitwisser, daher die sichere Entdeckung zu fürchten -und so wäre nur ein rechtswidriger Verbrauch von Dingen, -die man unmittelbar verzehren kann, von Milch, Eiern, Obst zu -fürchten und auch das könnte nicht lange verborgen bleiben, keinesfalls -aber könnte sich jemand daran bereichern. -</p> - -<p> -Alle Arten von Betrieben haben ihre hierarchisch abgestuften -Oberleitungen, deren Zentralorgane wieder Fachorgane der Ministerien -bilden. Von der Verwaltung der Hauswirtschaft und der Bekleidungsindustrie -wird noch im Abschnitte <a href='#I_00_0_0'>IX,</a> besonders zu sprechen sein, -weil sie von unmittelbarem Interesse für die Einzelnen sind. -</p> - -<h3 id='E_02_0_0'> -2. Der ärztliche Dienst. -</h3> - -<p> -Der ärztliche Dienst im Kollektivstaate hat die Aufgabe, für alles -zu sorgen, was zur Verlängerung des Lebens eines jeden Einzelnen -dienen kann. Die Heilung von Krankheiten kommt weniger in Betracht, -als die Verhütung von Krankheiten und die Sammlung aller -jener Erfahrungen, welche der Vervollkommnung des Sanitätswesens -förderlich sein können. Die Aufgabe, Krankheiten zu verhüten, bedingt -auch, daß der Arzt auf die Gestattung von Ehen, die Propagation -und die Berufswahl als Fachmann Einfluß nimmt. -</p> - -<p> -Es ist unbedingt notwendig, in jeder Gemeinde und jedem -städtischen Quartier einen Arzt anzustellen, -dem innerhalb des Gemeindegebietes -für alles zu sorgen obliegt, was in die Kompetenz -des Sanitätsdienstes fällt. Ich halte es aber auch für notwendig, -daß ein weiblicher Arzt dem Gemeindearzte beigegeben werde. Es -scheint der Natur der Sache zu entsprechen, daß der weibliche Arzt -dem als Sanitätsbeamten fungierenden männlichen Arzte untergeordnet -werde. Hat der weibliche Arzt im eigentlich ärztlichen -<span class='pagenum'><a id='Page_51' name='Page_51' href='#Page_51'>[51]</a></span> -Berufe mit Einschluß der Öffnung der weiblichen Leichen zu wenig Beschäftigung, -um die Arbeitszeit auszufüllen, so ist der Ärztin Heilmittelbereitung -(Apotheke), Leitung der Krankenpflege, Mitwirkung -bei Aufstellung der Sanitätsstatistik zuzuweisen, bis ihre Arbeitskraft -genügend ausgenützt ist. Die Ärztin muß genau denselben ärztlichen -Unterricht, wenngleich vorzüglich gynäkologischer und vorwiegend -frauen-physiologischer und weiblich anatomischer Art und etwa von -weiblichen Professoren empfangen, wie der Arzt und es ist übrigens die -Meinung, daß der Arzt der Ärztin übergeordnet sein solle, nichts -weniger als ein Dogma; erweist sich das Gegenteil als zweckmäßiger, -so ist bald abgeholfen. -</p> - -<p id='E_02_0_0al2'> -Die Fürsorge für den Einzelnen bringt es mit sich, daß schon -während der Schwangerschaft der Frau alles vorgekehrt werde, was -vom ärztlichen Standpunkte im Interesse nicht nur der Mutter, -sondern auch der Frucht notwendig erscheint. Der Arzt wird also -dafür zu sorgen haben, daß der Schwangeren und Wöchnerin keine -Berufsgeschäfte aufgebürdet werden, die nachteilige Folgen für Mutter -und Kind haben könnten und er wird auch sonst seinen Einfluß -geltend machen, daß die Lebensweise der schwangeren Frau zweckentsprechend -geregelt werde. Lebt sie mit ihrem Manne etwa außerhalb -einer Gemeinde in einem einzelnen Gehöfte oder auf einer -Alpe, so wird der Arzt darauf dringen, daß sie in die Gemeinde -übersiedelt. Dem Ehemanne wird er jede Schonung der Frau auferlegen, -die ihrem Zustande entspricht. Nötigenfalls wird er auch -bei der Geburt die Hilfe leisten, welche zu leisten die Ärztin nicht -vermag. -</p> - -<p id='E_02_0_0al1'> -Nach der Geburt wird der Arzt, wenn ich vom Arzte spreche, -so setze ich immer eine zweckmäßige Arbeitsteilung zwischen dem Arzte -und der Ärztin voraus, die richtige Pflege des Neugeborenen überwachen -und das um so sorgfältiger, je unerfahrener die Mutter ist. -Er wird das Kind anfangs häufiger sehen müssen, als später und -dafür sorgen, daß alle jene Beobachtungen regelmäßig gemacht und -notiert werden, die für die Wissenschaft und Statistik sowohl, als -auch direkt für den individuellen Pflegezweck dienlich erscheinen. Er -wird ferner mitwirken bei der physischen Erziehung und im Vereine -mit dem Pädagogen bei der intellektuellen und moralischen Erziehung, -<span class='pagenum'><a id='Page_52' name='Page_52' href='#Page_52'>[52]</a></span> -er wird sowohl beim Eintritte in die Schule, als bei der Zuweisung -zu einem bestimmten Berufe seine Stimme erheben gegen alles, was -das Leben des jungen Menschen gefährden könnte. Auch liegt ihm -die Begutachtung ob, ob die jungen Leute sich für die Fortpflanzung -eignen oder nicht, insoferne die Gesetze gestatten, zur Fortpflanzung -ungeeigneten Individuen die Ehe zu versagen. VII, 1, <i>Alinea</i>: -<a href='#G_01_0_0al1'>»Bei dem heutigen«</a>. Seine Aufgabe wird es sein, auch anscheinend ganz -gesunde Menschen in bestimmten Intervallen nach der ihm vorgeschriebenen -Methode zu untersuchen und alles schriftlich zu fixieren, -was in späteren Jahren zu wissen von Wichtigkeit sein mag, oder -die wissenschaftlichen Interessen fördern kann. In Krankheitsfällen -hat der Lokalarzt zu ordinieren und sich auch dann an der Diagnostizierung -und Behandlung zu beteiligen, wenn etwa auf Wunsch des -Kranken oder seiner Angehörigen ein anderer als der <em class='gesperrt'>kompetente</em> -Arzt die eigentliche Behandlung leitet. Kranke, die das Bett hüten -müssen, werden am Besten in gemeinsamen oder nahe der Wohnung -des Arztes <ins class='correction' title='belegenen'>gelegenen</ins> Gemächern untergebracht werden, um dem Arzte -ein häufiges Erscheinen am Krankenbette zu ermöglichen. Die Wartung -der Kranken, an der sich unterstützend auch Angehörige beteiligen -können, erfolgt unter Oberleitung des Arztes durch geeignete -— wahrscheinlich weibliche — Personen, die einen <em class='gesperrt'>Beruf</em> daraus -machen. In Fällen, welche besondere Erfahrungen voraussetzen oder -eine Operation erforderlich machen, wird der Arzt durch Vermittlung -des Bezirksarztes schleunigst für Beiziehung eines Spezialarztes und, -wo Ansteckung zu besorgen ist, für Separierung, und zwar nötigenfalls -durch Unterbringung in besonderen Spitälern, die nach Bedarf -zu errichten sind, sorgen. Alle Leichen hat er zu sezieren und er -wird alles das durch Beschreibung, Photographieren und durch Präparate -fixieren, was für die Wissenschaft, vielleicht auch für die ärztliche -Behandlung der Nachkommen und für die Vererbung von Bedeutung -sein kann. Für jeden Bewohner seines Bezirkes wird er -einen Akt anlegen, in dem alles <ins class='correction' title='notirt'>notiert</ins> wird, was für eine spätere -Behandlung von Interesse ist und dieser Akt wird im Falle eines -Domizilwechsels an jenen Arzt übersendet werden, in dessen Kompetenz -die fernere Behandlung übergeht. -</p> - -<p> -Die Aufgabe des Arztes ist auch, die Sanitätsstatistik nach den -<span class='pagenum'><a id='Page_53' name='Page_53' href='#Page_53'>[53]</a></span> -erteilten Vorschriften zusammenzustellen und er wird verpflichtet sein, -regelmäßig mit seinen Fachgenossen im Bezirke zu gemeinsamen Beratungen -zusammenzukommen. Er untersteht in allgemeiner disziplinärer -Hinsicht dem Verwaltungsbeamten, in Ausübung seines -Amtes aber untersteht er auch der fachwissenschaftlichen Kontrolle des -Bezirksarztes, durch den ihm auch die Aufträge der Regierung und -der wissenschaftlichen Institute zukommen. -</p> - -<p> -Durch Vorträge im Versammlungslokale der Gemeinden wird -der Arzt alles zu verbreiten suchen, was der Einzelne selbst für seine -Gesundheit tun soll. Er hat alles zu prüfen, was zur Assanierung -der Ansiedlung zu geschehen hat, Abhilfe zu fordern, wo -es not tut und die Ausführung der beschlossenen Maßregeln zu -überwachen. Die Mitwirkung eines anderen Arztes aus einer benachbarten -Gemeinde oder Quartier wird, wie schon angedeutet, der -Kranke oder seine Familie beantragen können. Außerdem hat der -Bezirksarzt persönlich oder durch ärztliche Inspektionsbeamte die Gemeindeärzte -zu überwachen. Die höheren Sanitätsbehörden haben dafür -zu sorgen, daß das notwendige Material für Spitalszwecke, -Diagnostizierung von Krankheiten, an Heilmitteln und Apparaten für -alle Fälle überall ausreichend vorhanden sei und das Material ebenso -wie das Personal an Spezialärzten zweckmäßig über das ganze -Reich verteilt werde, um tunlichst rasche Hilfe zu ermöglichen. Jeder -zur Heilung von Krankheiten und vollkommenen Wiederherstellung -der Kranken erforderliche Aufwand ist ohne Ansehen der Person auf -Kosten der Gesamtheit zu machen und sofern bestimmte ärztliche Personen -Reisen zu dem Kranken zu machen haben, ist ihnen das -schnellste Beförderungsmittel und auf den Eisenbahnen ein Separatzug -zur Verfügung zu stellen. -</p> - -<p> -Die Gemeinden werden aber auch für den klinischen Unterricht -und die Anatomie das erforderliche Material an Kranken, Leichen -und Präparaten beizustellen haben. Jeder Arzt erhält alle erforderlichen -Fachblätter zugestellt und hat bemerkenswerte Krankheitsfälle -und Heilerfolge genau zu beschreiben und den Fachblättern einen Bericht -zuzusenden. Auch die jedem Arzte unentbehrliche Bibliothek -für alles, was das Sanitätswesen betrifft, ebenso die Sanitätsstatistik -aller auswärtiger Staaten findet er am Bezirksorte. Es ist zu -<span class='pagenum'><a id='Page_54' name='Page_54' href='#Page_54'>[54]</a></span> -bemerken, daß die gesamte Bevölkerung an den Gedanken gewöhnt -werden muß, daß jede Leiche geöffnet und wissenschaftlich durchforscht -werden muß. Wenn religiöse Vorurteile dagegen sprechen, so müssen -sie bekämpft werden. Denn im Kollektivstaate gibt es keine Leichen -degradierter Auswürflinge, welchen man die Sezierung gewissermaßen -strafweise zufügt und so würden, wenn solche Vorurteile fortbeständen, -die Anatomiesäle gar kein Material haben. -</p> - -<p> -Die ununterbrochene Arbeit des gesamten Sanitätspersonales -ist darauf zu wenden, mit Benützung des statistischen Materiales die -Schädlichkeiten aller Berufe dergestalt zu ermitteln, daß, insofern sie -nicht unterdrückt werden können, durch Anpassung der Verteilungsgrundsätze -ausreichender Ersatz geboten werde. Wie das geschehen -kann, ist in <a href='#L_01_d_0'>XI, d,</a> entwickelt worden. Der Sanitätsdienst hat dabei -mitzuwirken. -</p> - -<p> -Allgemeiner Grundsatz ist, daß jedes zur Welt gekommene -menschliche Wesen Anspruch auf alle jene Fürsorge hat, die ihm angeborener -oder erworbener Gebrechen wegen zur Erlangung eines gewissen -Grades von Lebensglück nötig ist.<a name='FA_8' id='FA_8' href='#FN_8' class='fnanchor'>[8]</a> -In Nordamerika allein sind erfolgreiche Versuche gemacht worden, jene Unglücklichen zum -geistigen Verkehre mit den Mitmenschen zu erwecken, die schon in -früher Jugend Gesicht <em class='gesperrt'>und</em> Gehör verloren haben. Ist es notwendig, -daß eine oder mehrere Personen ihr ganzes Leben in den -Dienst einer solchen besonderen Aufgabe stellen, so hat der Staat -<span class='pagenum'><a id='Page_55' name='Page_55' href='#Page_55'>[55]</a></span> -diese Personen zu bestellen und überdies so viel als möglich die Bevölkerung -zu ermuntern, daß sie freiwillig ihre Tätigkeit diesem Zwecke -widme, wodurch sich die Last auf viele verteilen wird. -</p> - -<p> -Zu den Aufgaben der Ärzte, die sie im Einvernehmen mit den -Pädagogen zu lösen haben, gehört auch die Ermittlung der Vererbungsgesetze -nicht nur in Beziehung auf normale physische Konstitution, -sondern auch auf ethische und intellektuelle Anlagen und auf -Geschicklichkeiten. Dementsprechend werden sie die zur Fortpflanzung -bestimmten Personen auswählen und auch für die zweckmäßige <ins class='correction' title='Parung'>Paarung</ins> -Gesetze zu ermitteln trachten. In wieferne der Staat schwächliche -oder erblich belastete <ins class='correction' title='Individuuen'>Individuen</ins> von der Fortpflanzung auszuschließen -und auf die Gattenwahl Einfluß zu nehmen berechtigt -ist, wird in <a href='#G_01_0_0'>VII, 1,</a> besprochen. Zunächst handelt es sich um Aufklärung -und Rat; Gesetze und Gewalt können erst dann in Betracht -gezogen werden, wenn das Volk zur Überzeugung ihrer Notwendigkeit -und Gerechtigkeit gelangt ist. -</p> - -<p id='G_02_0_0al1'> -Als Hilfsorgane der Ärzte werden Zahnärzte, zugleich Zahntechniker, -zu bestellen sein, welche die Gebisse aller Bewohner eines Bezirkes -regelmäßig zu untersuchen und die erforderlichen Operationen -teils selbständig, teils unter Aufsicht des Arztes vorzunehmen haben. -Es handelt sich aber nicht bloß um Verhütung des Verlustes und -der Krankheit der Zähne und eventuell ihren Ersatz, sondern auch -die Vererbung guter Zähne kommt in Betracht, weil ein gutes Gebiß -der schönste Schmuck des Menschen und gewiß auch ein Zeichen -einer guten Konstitution ist. Eine Statistik der vorhandenen und der -fehlenden gesunden und kranken Zähne und der verschiedenen Zahnleiden -wäre sehr interessant und könnte leicht beschafft werden. -</p> - -<p> -Der Arzt untersteht in fachwissenschaftlicher Hinsicht dem <ins class='correction' title='Bezirksarzt'>Bezirksarzte</ins>, -dieser dem Provinzialarzte und dieser dem Chefarzte des -Reiches. In den höheren Instanzen werden selbstverständlich zahlreiche -Körperschaften dem Chefarzte beigeordnet sein. Die Hierarchie -dient dazu, um verdienten Ärzten eine Beförderung zu eröffnen und -um eine Organisation zu schaffen, durch welche die sanitären Beobachtungen -auf Grund der Statistik und der Berichte der ausübenden -Ärzte zur Sammlung und Verarbeitung gelangen. Instruktionen -werden erlassen werden, inwieferne der Gemeindearzt seinen Vorgesetzten -<span class='pagenum'><a id='Page_56' name='Page_56' href='#Page_56'>[56]</a></span> -über jeden einzelnen Krankheitsfall durch Bulletin auf dem -Laufenden zu erhalten hat. Diese Berichterstattung kann so eingerichtet -werden, daß der Bezirksarzt daraus sofort erkennen kann, ob -Zweifel an der Richtigkeit der Diagnose oder der Behandlung bestehen, -in welchem Falle er selbst zur Überprüfung schreiten, oder -einen anderen Arzt seines Bezirkes damit beauftragen kann. Diese -Überwachung der Gemeindeärzte erstreckt sich auch auf Gutachten über -Krankheitsurlaube, den Besuch von Thermen, Berufseignung oder -Fortpflanzungstauglichkeit, dann auf Spitalsverwaltung und sanitäre -Anstalten. -</p> - -<p> -Spezialärzte verschiedener Fächer werden zu bestellen und über -das Land zweckmäßig zu verteilen sein. Vorzüglich kommt da das -Fach der Operateure in Betracht. Wahrscheinlich wird sich auch das -Fach der operativen Heilkunde in viele Zweige spalten. Weiter wird -es Fachärzte für die Erkrankungen einzelner Organe, wie heute, für -Infektionskrankheiten, gewisse Arten von Diagnosen, chemische Untersuchungen -und besondere Heilverfahren, wie Kaltwasser, Elektrizität, -Pneumatik, Massage, Belichtung, Heißluftbehandlung usw. geben. -Die Sanitätsverwaltung wird verfügen, inwieferne sich solche Ärzte -an Ort und Stelle zu begeben haben, oder die Kranken zum Arzte -geschickt oder in Sanatorien aufgenommen werden sollen und insbesondere -wie weit die Kompetenz des Gemeindearztes in weniger bedeutenden -oder besonders dringenden Spezialfällen geht. Die Sanitätsverwaltung -hat auch die Einrichtung von Kurorten und die Verfügung -der Aufnahme der einzelnen Kranken in dieselben über sich. -</p> - -<p> -Was die Unterbringung von Kranken und die Krankenpflege -anbelangt, so wird man eigentliche Spitäler tunlichst vermeiden. -Nur insoferne die Isolierung von Kranken geboten erscheint, oder wo -es der klinische Unterricht erfordert, wird man eigentliche Krankenhäuser -errichten. -</p> - -<p> -In einem Staate von 45 Millionen Einwohnern erfordert der -ärztliche Dienst nach obigen Grundsätzen mit Inbegriff der Spezialisten -und der übergeordneten Organe etwa 60 Tausend Ärzte und ebensoviele -weibliche Ärzte, somit 120 Tausend Personen. In Österreich -ist gegenwärtig die Zahl der wissenschaftlich gebildeten Ärzte sehr gering, -somit ist eine große Vermehrung erforderlich. Auch das -<span class='pagenum'><a id='Page_57' name='Page_57' href='#Page_57'>[57]</a></span> -Wartepersonal, welches in Österreich gegenwärtig nicht zahlreich ist, wird sehr -vermehrt werden müssen. Die Untersuchung, welche Berufe im -Sozialstaate ganz entfallen, oder geringere Arbeitskräfte beanspruchen, -wird in <a href='#H_11_0_0'>VIII, 11,</a> folgen und daraus sich ergeben, wie der höhere -Arbeitsaufwand in manchen Berufen, somit auch im ärztlichen und -Wärterberuf hereingebracht werden wird. -</p> - -<p> -Für die Verhinderung der Einschleppung von Kontagien oder -ansteckenden Krankheiten, insbesondere auch von Geschlechtskrankheiten, -kann in einem so stramm organisierten Staate leicht gesorgt werden. -Personen, welche nicht aus einem ebenso gut verwalteten Gebiete -kommen, können beim Überschreiten der Grenzen einer ärztlichen -Untersuchung unterzogen werden. <em class='gesperrt'>Der Warenverkehr über die -Grenze kann jederzeit auf längere Zeit gänzlich abgesperrt -werden</em>, weil der Staat immer für Vorräte solcher Waren sorgen -wird, für die man auf das Ausland angewiesen ist. -</p> - -<p> -Prüft man diese Organisation des ärztlichen Dienstes, so gewinnt -man die Überzeugung, daß damit alles für den Einzelnen und die -Gesamtheit erreicht werden kann, was man heute für notwendig erkennt, -aber in der individualistischen Gesellschaftsordnung undurchführbar -ist. Die Ärzte drängen sich in den großen Städten zusammen, -in den ländlichen Gemeinden fehlt es oft an aller Hilfe für -Kranke und Verunglückte und jedenfalls an den Anstalten, die für besondere -Fälle notwendig sind. -</p> - -<p> -Nun aber alle anderen Dienste, die ein so eingerichteter ärztlicher -Körper dem Einzelnen und der Gesamtheit und der Wissenschaft -leisten könnte. -</p> - -<p> -Der Arzt wird bei obiger Organisation nicht gerufen, er sucht -diejenigen, für deren Gesundheit er verantwortlich ist, auf. Er ist -ihnen Freund, Berater für das Leben und ersetzt ihnen auch Priester -und Beichtvater. Er fördert die wahre Moral in viel höherem -Maße, als es heute die Kirche vermag. Keinerlei entstehendes Leiden, -erbliche Belastung, Disqualifikation zu bestimmten Berufen, zur -Zeugung oder für die Ertragung der Schwangerschaft und Entbindung -kann dem Arzte oder seiner Gehilfin entgehen. Sie können -die Weitervererbung von Krankheiten und deren Übertragung auf -kommende Generationen verhindern. Nur im Kollektivstaate kann -<span class='pagenum'><a id='Page_58' name='Page_58' href='#Page_58'>[58]</a></span> -man Lues, Tuberkulose und Alkoholismus unterdrücken oder in der -ersten Zeit wenigstens für Dritte völlig unschädlich machen. Jeder -Arzt ist zugleich <ins class='correction' title='Anthropolog'>Anthropologe</ins> und im Dienst der anthropologischen -Forschung. In seinem Berufe liegt es nicht nur, die Degeneration -des Volkes zu verhindern, sondern von Generation zu Generation -ein immer herrlicheres Geschlecht heranzubilden. Das alles ist zum -Teile allerdings von der Menge der anzustellenden Ärzte, ebensosehr -aber von der Verteilung der Ärzte und der Verteilung der Bevölkerung -und von der Organisation des Dienstes abhängig. Nicht nur -diese Verteilung, sondern auch die Anstellung der erforderlichen Anzahl -von Ärzten ist ohne Kollektivismus nicht denkbar. -</p> - -<p> -Noch sei bemerkt, daß in Deutschland bei den Krankenkassen -statistisch ermittelt wurde, daß auf ein Kassenmitglied im Durchschnitt -6 Krankheitstage im Jahre kommen. Obwohl bei den hygienisch -vorzüglichen Einrichtungen des Kollektivstaates und bei der Verminderung -aller Berufsschädlichkeiten und anderer günstiger Umstände -wegen der Krankenstand beträchtlich sinken müßte, wäre selbst nach -diesem Verhältnisse der Durchschnitt in einer Gemeinde von Tausend -Köpfen nicht mehr als etwa 6000 Krankheitstage im Jahre. Das -gibt einen Tagesdurchschnitt von 16-18 Kranken, zu deren Behandlung -zwei Ärzte zur Verfügung ständen. Es blieben also dem <ins class='correction' title='ärztlicher'>ärztlichen</ins> -Personale viele Stunden des Tages für andere Aufgaben als -die Behandlung der Kranken übrig, für Überwachung der Kinderpflege, -für Untersuchungen der Gesunden, Beeinflussung der Lebensweise, -Statistik und andere Amtsgeschäfte, wissenschaftliche Beobachtungen -und Gutachten. Da in jeder Wohnansiedlung eine besondere -Abteilung für Krankenzimmer einzurichten wäre, und immerhin einige -von den Kranken ambulant, andere in ihren Wohngemächern behandelt -würden, so wären etwa 16 Krankenzimmer unbedingt ausreichend -für Spitalzwecke. -</p> - -<h4 id='E_03_a_0'> -3. a) Der Erziehungs- und Volksschul-Unterrichtsdienst. -</h4> - -<p> -Das Erziehungs- und Unterrichtswesen der Gemeinde und des -Quartiers untersteht einem Pädagogen. Er wird selbst am Unterricht -sich beteiligen, vorzüglich aber die Oberaufsicht jener Geschäfte -führen, die das Erziehungs- und Unterrichtswesen betreffen. Er -<span class='pagenum'><a id='Page_59' name='Page_59' href='#Page_59'>[59]</a></span> -stellt die Erziehungs- und Unterrichtsstatistik zusammen, hat für die -Beobachtung der Gesetze und eventuell deren Ergänzung zu sorgen, -in den Disziplinarfällen des ihm untergeordneten Personals dem -Verwaltungsbeamten Vortrag zu halten und den leitenden Einfluß -auf die gesamte geistige Bewegung in der Gemeinde (dem Quartier) -zu nehmen. -</p> - -<p id='E_03_a_0al2'> -Außer ihm werden in jeder Gemeinde <ins class='correction' title='(Quartier'>(Quartier)</ins> mit volksschulpflichtigen -<ins class='correction' title='Kindern)'>Kindern</ins> sieben oder acht Fachlehrer für die acht -oberen Klassen bestellt werden und der Unterricht in den ersten vier -Klassen wird vier Personen des weiblichen Erziehungspersonales -überlassen werden können. Der <ins class='correction' title='Pädagog'>Pädagoge</ins> und die Lehrer werden -sich verdient machen, wenn sie sich ab und zu an den Vorträgen -beteiligen, die vor der gesamten Gemeinde über die Fortschritte in -den einzelnen Wissenszweigen nach Art der <i>university extension</i> -gehalten werden sollen, wobei übrigens auch auf Gelehrte, Forscher, -Akademiker, höhere Lehrpersonen und Erfinder gerechnet werden -wird und wobei tunlichst viele Demonstrationen vorgeführt werden -sollen. Da man annehmen kann, daß die Volksschullehrer der acht -oberen Klassen in wissenschaftlicher Beziehung auf der Höhe unserer -heutigen Mittelschulprofessoren stehen werden, kann der populärwissenschaftliche -Vortrag an mindestens einem Tage in der Woche -für jede Urgemeinde gewiß sichergestellt werden. -</p> - -<p> -Sind besondere Klassen für Mädchen eingerichtet, so werden -für selbe weibliche Fachkräfte zu bestellen sein. Für die Überwachung -des Erziehungs- und Schuldienstes werden im <ins class='correction' title='Berzirke'>Bezirke</ins>, -Kreise, der Provinz höhere Lehrpersonen, Einzelne oder Kollegien, -zu bestellen sein, welche den Geschäftsgang zwischen den untersten -Organen und der Zentralverwaltung zu vermitteln haben. -</p> - -<p> -Wir wissen, welches Interesse unsere Universitäten für die -psychologischen Versuchsanstalten in neuerer Zeit gezeigt haben. -Sie werden nützliche Vorarbeiten leisten, welche dem künftigen Erziehungs- -und Verwaltungsdienste <ins class='correction' title='zu statten'>zustatten</ins> -kommen werden. Doch wird man sich dann mit vereinzelten Beobachtungen nicht begnügen, -sondern soviel als möglich Beobachtungen an jedem einzelnen Individuum -machen und die einzelnen Personen zu Selbstbeobachtungen -heranbilden. -</p> - -<p id='E_03_a_0al1'> -Die Unterrichtspersonen<span class='pagenum'><a id='Page_60' name='Page_60' href='#Page_60'>[60]</a></span> -werden 4 oder 5 Lehrstunden im Tage geben können, nachdem die Zahl der Schüler 25 in einer Klasse -nicht übersteigen soll und demnach auch die Revision der Aufgabenhefte -weniger Arbeit macht.<a name='FA_9' id='FA_9' href='#FN_9' class='fnanchor'>[9]</a> -Die Ferien werden wohl etwas kürzer bemessen werden als heute. -</p> - -<p> -Der Volksunterricht ohne Spezialschulen und höhere Unterrichtsanstalten -wird in einem Staate von 45 Millionen für die acht -höheren Jahrgänge 360,000 Personen in Anspruch nehmen, nämlich -8 Lehrpersonen für 1000 Bewohner. Vom untergeordneten Erziehungspersonale -ist in <a href='#G_05_b_0'>VII, b,</a> die Rede. Es haben sich die Lehrkräfte -an der Erziehung selbstverständlich mit zu beteiligen und besonders -die Oberaufsicht im Verein mit den Pädagogen zu besorgen. -Es werden ferner auch die Lehrkräfte vorzüglich zu Hilfsarbeiten -für die Verwaltungsbeamten herangezogen werden und die statistischen -Kalkulationsarbeiten besorgen oder, sofern die Menge dieser Arbeiten -so groß wäre, daß Schulkinder zu deren Bewältigung herangezogen -werden müßten, diese Arbeiten organisieren und leiten. -</p> - -<p> -Außerdem erwartet man von den Lehrpersonen nicht nur, daß -sie sich in den Fortschritten ihrer wissenschaftlichen Fächer auf dem -Laufenden erhalten, zu <ins class='correction' title='welchen'>welchem</ins> Ende ihnen die Verwaltung entsprechende -Wochenschriften zusenden und mindestens in den Bezirksvororten -vollständige Sammlungen der wissenschaftlichen Behelfe -einrichten und fortlaufend ergänzen wird, sondern es wird auch -vorausgesetzt, daß sie sich an der Forschung beteiligen, in welcher -Richtung durch Vermittelung der Akademie eine gewisse Art von -Organisierung stattfinden könnte, daß nämlich jedem gewisse Forschungsprobleme -zugewiesen würden. -</p> - -<p> -Auch den Lehrpersonen würden regelmäßige Zusammenkünfte -am Bezirksvororte und den Vertretern der einzelnen Fächer am Kreisvororte -zur Pflicht gemacht. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_61' name='Page_61' href='#Page_61'>[61]</a></span> -Zeigt es sich, daß die Frauen für den Betrieb der Wissenschaften -als Schüler, Lehrer und Forscher eine der der Männer -ebenbürtige Veranlagung haben, so wird es sich empfehlen, ihnen -die Hälfte aller Lehrkanzeln offen zu halten. -</p> - -<h4 id='E_03_b_0'> -b) Höherer Unterricht. -</h4> - -<p> -Zur Pflege der eigentlichen Wissenschaft und Kunst und der -Technik in allen ihren Zweigen dienen die Hochschulen, welche in -der Reichshauptstadt vereiniget werden. -</p> - -<p> -Die Gründe dieser Konzentrierung sind folgende: Da die -Reichshauptstadt in einem monarchischen Staate, wir haben hier -Österreich im Auge, das eine habsburgische Monarchie bleiben oder -zerfallen muß, der regelmäßige Wohnsitz der Familien des höchsten -Adels ist, so entwickelt sich naturgemäß dort die höchste Blüte geselligen -Lebens, also jene Atmosphäre, in welcher, wenn sie der -richtige Geist erfüllt, das geistige Leben die meisten Anregungen -empfängt. So wohl angebracht der Individualismus auf dem -Gebiete der Forschung und der Kunst ist, so hat sich auch für dieses -Gebiet des menschlichen Schaffens die Organisation zum Teile bewährt, -wie die organisierte Kooperation der Sternwarten sich längst -als förderlich erwiesen hat. Gerade jene großen Geister, die an der -Spitze der geistigen Bewegung wirken, bedürfen auch ihrerseits der -mannigfaltigsten Anregungen, sind dafür am meisten empfänglich -und verbreiten auch wieder die mannigfaltigsten Anregungen, die -gerade bei den hervorragendsten Männern und Frauen ihres -Kreises am befruchtendsten wirken. Es hat also kaum einen Zweck, -diese Personen zu trennen und in eine größere Anzahl von Orten -zu zerstreuen, sie werden sich am wohlsten fühlen in einer großen -Zentrale, welche alles umfaßt, was groß und herrlich ist, an Geist, -schöpferischer Kraft und andererseits wieder an Schönheit und äußeren -Vorzügen. Damit ist nur gesagt, daß ein solcher Mittelpunkt des -geistigen Lebens gegeben sein wird, nicht daß die geistigen Größen -dorthin gebannt werden müssen, da sie, sofern sie ihr Beruf daran -nicht hindert, sich auch in die Stille der Einsamkeit zurückziehen -mögen. Der Staat könnte einem Virchow auch auf jeder Alpe ein -wissenschaftliches Institut ersten Ranges einrichten und ihm einen -<span class='pagenum'><a id='Page_62' name='Page_62' href='#Page_62'>[62]</a></span> -Stab von Hilfsarbeitern beigeben. Aber das sind jedenfalls Ausnahmsfälle -und es wird schwerlich ein Rufer im Streit der Wissenschaft -ein solches Bedürfnis empfinden. -</p> - -<p> -Diese Schicht der Bevölkerung bedarf für ihre Wirksamkeit -eines unermeßlichen Schatzes an Gütern, Sammlungen, Bibliotheken, -Maschinen, Stoffen und Instrumenten, ein Schatz, der in seiner -ganzen Vollständigkeit nur an einem Orte vereinigt sein kann, dort -aber Allen zugänglich sein wird, die seiner bedürfen. -</p> - -<p> -Es gibt im kollektivistischen Staate keinen Grund, der eine -Dezentralisation dieser Anstalten wünschenswert machen würde. Im -kollektivistischen Staate sind Provinzen, Kreise, Bezirke keine sogenannten -historischen Individualitäten, sondern ihre Hauptorte Knotenpunkte -für Administration, Reiseverkehr, Umsatz von Gütern und -diese Städte haben keinen Grund, auf die Reichshauptstadt eifersüchtig -zu sein. Denn in diesen Städten gibt es keine Eigentümer von -Häusern und Grundstücken, die, auf die Erhöhung des Wertes -ihres Besitzes bedacht, einen Anlaß hätten, die Errichtung einer Anstalt -innerhalb des Weichbildes ihrer Stadt zu verlangen, ein Begehren, -das sich in der heutigen Gesellschaftsordnung als politischer -Faktor geltend macht. In unserer Gesellschaftsordnung macht sich -der Besitz immer zum Schaden des Gemeinwohles geltend. So -wie die Unbewohnbarkeit der Dörfer für Menschen, die eine höhere Kultur -beanspruchen, demnach auch die ungesunde Verteilung der Bevölkerung -auf die einzelnen Ortschaften, so ist auch wieder die Dezentralisation, -wo sie nicht am Platze ist, lediglich eine Folge unserer -Gesellschaftsordnung und demnach können die Erfahrungen unserer -Tage keinen Beweis dafür liefern, daß die Verlegung der Universitäten -in kleinere Städte irgendwie von Vorteil ist. Übrigens -wird es von der politischen Geschichte, die Österreich bis zum -Übergange zum Kollektivismus durchzumachen haben wird, abhängen, -ob eine gleichberechtigte Metropole für Ungarn in Budapest aufrecht -zu erhalten sein wird. -</p> - -<p> -Die heutige Gestaltung der Universitäten wird in einer vernünftigen -staatlichen Einrichtung kaum noch mehr einen Bestand -haben können, ja es scheint, als hätten sie sich auch für die heutige -Gesellschaftsordnung überlebt. Das Überwiegen der theologischen -<span class='pagenum'><a id='Page_63' name='Page_63' href='#Page_63'>[63]</a></span> -und juristischen Studien, obwohl diese beiden Fakultäten nichts als -Abrichtungsanstalten für den praktischen Dienst der Kirche und -der heutigen Staatsverwaltung sind und sie als wissenschaftliche -Forschungszentren gar keinen Wert haben, ist ebenso unnatürlich, -wie das Zusammenpferchen mannigfaltiger und unendlich reicher -wissenschaftlicher Disziplinen in einer einzigen philosophischen Fakultät -und der Ausschluß der Technik, Bodenkultur und Forstwirtschaft, -dann der Kunst aus dem Bereiche der Universitäten, wonach viele -ebenbürtige Gebiete geistigen Schaffens an der Universität gar nicht -vertreten, viele kümmerlich vertreten, dafür aber die rückständigen -Disziplinen in den Vordergrund geschoben sind. Brutanstalten des -Aberglaubens stehen wahrem Wissen nicht nur gleichberechtigt an -der Seite, sondern sie überwuchern und dominieren, und so wird -Vieles an den künftigen Universitäten zu hohem Ansehen gelangen -und als gleichwertiger Teil einer wahren <i>universitas scientiarium -et artium</i> am Hochschulleben teilnehmen, während Vieles nach -und nach absterben wird, was vor 800 Jahren in Bologna oder -Padua, oder in Paris eine hervorragende Rolle spielte. Es verdienten -diese Wissenschaften schon heute keinen hervorragenden Platz -mehr, und sie werden im Kollektivstaat nur kulturgeschichtlich in -Betracht kommen. -</p> - -<p> -Die Universität wird als Forschungsanstalt im organischen -Verbande mit der Akademie stehen und über unermeßliche Mittel für -Forschungszwecke verfügen. Da der gesamte Verwaltungs-, Sanitäts- -und Unterrichtsdienst mit wissenschaftlich gebildeten Personen besetzt -sein soll, wird ein jährlicher Ersatz von 20,000 Abiturienten der -Hochschulen erforderlich sein und es werden demnach an 100,000 -Universitätshörer die Hochschule frequentieren, zu deren Ausbildung -eine Anzahl von etwa 10,000 Professoren erforderlich sein wird, -welche in einem Staat, wie Österreich in den verschiedenen Landessprachen -zu dozieren haben werden. -</p> - -<p> -Die staatliche Organisation verträgt im allgemeinen keine Überproduktion -auf irgend einem Gebiete. Man wird daher den Hochschulunterricht -in jedem Fache auf eine gewisse, nicht allzu eng bemessene -Zahl von Hörern beschränken und wird wenigstens für einen -bestimmten Teil von Lehrfächern vorschreiben, welche Kollegien die -<span class='pagenum'><a id='Page_64' name='Page_64' href='#Page_64'>[64]</a></span> -Studierenden zur Ausbildung für einen bestimmten Beruf zu hören -und welche Seminare sie zu besuchen haben werden. Da der Staat -die Absolventen auch zu versorgen und auch Jene zu erhalten hat, -die keine wissenschaftliche Tauglichkeit erlangen, wird der Staat nicht -nur die Berufung an die Universität auf jene beschränken, welche -sich am besten dafür eignen, sondern es wird auch zu den Obliegenheiten -der Professoren und ihrer Assistenten gehören, sich von den -Fortschritten der Hörer in ihren Studien zu überzeugen, wozu eben -die Seminare die Gelegenheit bieten. -</p> - -<p> -Als stimmfähigen Bürgern des Reiches, eine Eigenschaft, die man -wahrscheinlich mit dem zurückgelegten achtzehnten Jahre, also vor -Eintritt in die Universitätsstudien, erlangen wird, wird den -Studierenden Anteil an den öffentlichen Angelegenheiten natürlich -freistehen, ja Pflicht sein, aber die politische Demonstration, wie -sie in unserer Zeit betrieben wird, wird man der studierenden -Jugend ganz verwehren. An den geselligen Vereinigungen sollen -sich die Lehrkräfte tunlichst beteiligen. Renitente Hörer wird man -heimschicken und zu Sense und Sichel greifen lassen. -</p> - -<p> -Auch am höheren gesellschaftlichen Leben werden die Studierenden -Anteil nehmen und sie werden daher Einladungen zu Hof und -von Seite des Hochadels erhalten und ebenso werden ihnen die -Bildungsanstalten offen stehen, welche dem ästhetischen Bedürfnisse -entgegenkommen; Theater und musikalische Veranstaltungen u. <ins class='correction' title='dgl'>dergl</ins>. -</p> - -<p> -Der Wechsel der Unterrichtsfächer und des wissenschaftlichen -Berufes, für den sich die Hörer ausbilden, wird zu gestatten sein, -wenn es sich nicht <ins class='correction' title='blos'>bloß</ins> um eine Laune handelt und dabei wird -es nicht darauf ankommen, ob die Studienzeit verlängert wird. -</p> - -<p> -Mädchen werden als gleichberechtigte Hörer zu den Universitätsstudien -zugelassen werden, nach Maßgabe jedoch des Bedarfes für -jene wissenschaftlichen Berufe, die den Frauen eröffnet werden. -</p> - -<h4 id='E_03_c_0'> -c. Die Akademie. -</h4> - -<p> -Es wurde bereits hervorgehoben, daß die Akademie als oberste -Vereinigung aller Jener, die auf dem Gebiete des geistigen Vermögens -über alle hervorragen, in einem organischen Verband mit der -Zentralhochschule stehen soll. Der Akademiker bekleidet den höchsten Rang -<span class='pagenum'><a id='Page_65' name='Page_65' href='#Page_65'>[65]</a></span> -im Staate, wird in der Regel aus der Reihe der Hochschulprofessoren -hervorgehen, entweder durch die Wahl der Akademie selbst, mit oder -ohne Bestätigung des Monarchen, seinen Platz einnehmen oder von -der Unterrichtsverwaltung ernannt werden, er wird unabsetzbar sein -und die größten Ehrenvorzüge und materiellen Vorteile, immer mit -Ausschluß jeden Eigentums, genießen. Inwiefern seine Familie an -jenen Vorteilen, so lange er lebt, teilnimmt, wird zu erwägen sein. -Wenn zu den materiellen Vorteilen auch ein reicher Hausstand, ausgedehnte -Wohnungs- und Repräsentationsräume gehören, werden Frau -und Töchter allerdings die oberste Leitung des Hauswesens und der -Hausgenossen über sich haben können, aber im allgemeinen ist der -Grundsatz zu beobachten, daß Verdienste nicht vererbbar sind und -der Lohn sich auf denjenigen zu beschränken hat, der sich verdient -gemacht hat. Es gibt nur einen Erben, den Staat, und so erbt er -auch die Verdienste. -</p> - -<p> -Der Akademiker kann auch zugleich Professor sein, jedenfalls -werden ihm alle wissenschaftlichen Institute seines Faches für seine -eigenen Forschungsarbeiten und die seiner Hilfsarbeiter zu Gebote -stehen und, so wie die Zahl der Akademiker eine unbeschränkte ist, -da mit der Ausdehnung und fortgesetzten Spaltung und Differenzierung -der verschiedenen Wissenschaften sich immer neue Lücken auftun -werden, die man auszufüllen genötigt sein wird, so wird sich -auch die Akademie nach den jeweiligen Bedürfnissen in Sektionen -und Unterabteilungen gliedern, welche gesonderte und Einzelberatungen -möglich machen. Die Aufgabe der Akademie wird es sein, jeweilig -die wichtigsten Forschungs- und Kunstziele für die nächste Zeit festzustellen -und bekannt zu machen. -</p> - -<p> -Die Akademie wird nicht nur Forscher, sondern auch Techniker -und Künstler jeder Art, welche einen alle überwiegenden Rang erklommen -haben, als gleichberechtigte Mitglieder aufnehmen und sich -nicht auf jene wissenschaftlichen Zweige beschränken, die heutzutage in -den Akademien vertreten sind. -</p> - -<p> -Der naturwissenschaftlichen und astronomischen Forschungen wegen -wird sich das Reich nicht mit dem vaterländischen Boden allein begnügen -können, sondern wissenschaftliche Stationen in allen Teilen -der Erde zu errichten trachten, welche unter der obersten Leitung der -<span class='pagenum'><a id='Page_66' name='Page_66' href='#Page_66'>[66]</a></span> -Akademie stehen. So wird der Kollektivismus auf allen Gebieten -einen Fortschritt entfesseln, welcher alles übertrifft, was bisher bekannt -war und für dessen Befruchtung die heutige Gesellschaftsordnung -die Mittel nicht schaffen kann. -</p> - -<p> -Noch sei erwähnt, daß das weibliche Geschlecht von den Lehrkanzeln -der Hochschulen und von den curulischen Stühlen der Akademie -keineswegs ausgeschlossen sein wird, vielmehr die Lehrkanzeln für -Frauenkrankheiten und das weibliche Geschlechtsleben mit Inbegriff -der anatomischen, pathologischen und physiologischen Hilfsinstitute der -Gynäkologie geradezu den Frauen als Forschern, Lehrern und Schülern -reserviert sein werden. -</p> - -<p> -Die Fachabteilungen der Akademie werden auch der Verwaltung -Anfragen zu beantworten und Anträge und Gutachten zu erstatten -haben. Sie werden auch literarische Arbeiten begutachten. -</p> - -<h2 id='F_00_0_0'> -VI.<br /><br /> -Dauernde Einrichtungen und Verwaltungsbehelfe. -</h2> - -<hr class='h2bot' /> - -<h3 id='F_01_0_0'> -1. Die Wohnungsansiedelungen. -</h3> - -<p> -Die heutigen Wohnungsansiedelungen sind für den kollektivistischen -Staat ziemlich ungeeignet und nur weil eine völlige Umgestaltung -innerhalb kurzer Zeit unmöglich ist, wird man sich anfangs -mit den vorhandenen Wohnbauten und Ortschaften behelfen müssen. -Im nachfolgenden werden die Wohnungsansiedelungen verschiedener -Ordnung besprochen, wie sie mit Rücksicht auf Produktion, Verwaltung, -Erziehung, Unterricht, Geselligkeit, die Bedürfnisse des Einzelnen -und der Gesamtheit im Kollektivstaate einzurichten wären. -</p> - -<p> -Insbesondere wird man Wohnungsansiedelungen irgend welcher -Art nicht in solchen Gegenden dulden oder errichten, wo erfahrungsmäßig -größere Gefahren von Elementarereignissen drohen, Lawinen, -Eruptionen von Vulkanen, Erdbeben, Überschwemmungen usw. -</p> - -<h4 id='F_01_a_0'> -a) Urgemeinden und Dörfer. -</h4> - -<p> -Die Gemeinden niederster Ordnung, welche man bisher Dörfer -oder Weiler nannte, wollen wir die Urgemeinden nennen. Sie sollen -die gesamte produktive Bevölkerung beherbergen, nicht nur die der -Urproduktion sich widmende, wesentlich bäuerliche Bevölkerung, sondern -auch die gesamte Industrie- und gewerbliche Bevölkerung wird ausschließlich -in diesen Urgemeinden und den Bezirksvororten, welche -schon um eine Stufe höherer Ordnung sind, angesiedelt und dadurch -dem Übelstande abgeholfen, daß der Bildungs- und Kulturstand der -Bauern und der Industriebevölkerung ein wesentlich verschiedener ist. -Die Dorfbewohner können unter den heutigen Verhältnissen nur eine -<span class='pagenum'><a id='Page_68' name='Page_68' href='#Page_68'>[68]</a></span> -sehr unvollkommene Schulbildung erlangen, während die in den Städten -angesiedelte industrielle und gewerbliche Bevölkerung in den städtischen -Volks- und Bürgerschulen eine viel höhere Ausbildung erlangen -kann. Auch die Weltanschauung dieser beiden Bevölkerungsschichten -ist heute eine wesentlich verschiedene. In den Dörfern hat Klerus -und Religion eine viel größere Bedeutung als in der Industriebevölkerung -der Städte. Und wenn diese beiden Volksschichten in den -Urgemeinden und Bezirksvororten angesiedelt und die Städte nur -einer ausgewählten Bevölkerung höherer wissenschaftlicher Ausbildung, -dann den Hochschulen und dem Reiseverkehr vorbehalten werden sollen, -so soll das nicht geschehen, um die Ausbildung der Industriebevölkerung -zu verkümmern, sondern vielmehr um sie beträchtlich über -das heutige Niveau hinauszuheben, aber die heutige bäuerliche oder -Dorfbevölkerung ihr in der Ausbildung vollkommen gleichzustellen. -</p> - -<p> -Aber nicht nur dieses wesentlich soziale Bedürfnis soll durch die -hier vorgeschlagene Ausdehnung der Urgemeinden und die damit zusammenhängende -Verteilung der Bevölkerung befriediget werden, auch -zahlreiche wirtschaftliche Vorteile hängen damit zusammen und die -Ermöglichung einer, das ganze Volk umfassenden staatlichen Erziehung, -ein intensiverer Landbau, eine größere Frachtökonomie und vieles andere -ist davon abhängig. Auch eine wirkliche Assanierung der ländlichen -<em class='gesperrt'>und</em> der städtischen Ansiedlungen ist anders, als wie die Ansiedlungen -hier gedacht sind, kaum möglich. -</p> - -<p> -Durch diese Verteilung der Bevölkerung und die Einrichtung -der Urgemeinden, welchen im Wesentlichen die nächst höhere Stufe -der Wohnungsansiedelungen, die Bezirksvororte, beizuzählen sind, soll -die Besiedelung der Urgemeinden auf rund 1000 Köpfe gebracht -werden, welche höchstens 240 Kinder im schulpflichtigen Alter, das -für den kollektivistischen Staat vom 6. bis zum 18. Jahre, also -zwölf Jahre dauern soll, enthalten wird. Das gibt eine entsprechende -Anzahl von durchschnittlich 20 Schulkindern in jedem der Schuljahrgänge -und ermöglicht einen außerordentlich vollkommenen Volksschulunterricht, -welchem entsprechend der Unterrichtsdienst, wie in <a href='#E_03_a_0'>V, 3, a,</a> -dargestellt, organisiert sein soll. -</p> - -<p> -Alle Altersstufen sind in einer solchen Urgemeinde genügend besetzt, -die Geselligkeit wird eine reichhaltige sein und, hält man sich -<span class='pagenum'><a id='Page_69' name='Page_69' href='#Page_69'>[69]</a></span> -an eine solche Maximalzahl von 1000 Köpfen, so kann man die Urgemeinden -nach einem gewissen Schema erbauen, hat nicht nötig der -Volksvermehrung wegen die bestehenden Ansiedlungen zu erweitern, -sondern wird für sie immer wieder neue Urgemeinden erbauen. Ein -solches Schema für die Urgemeinden, wie es in seinen Hauptzügen -nachfolgend geschildert wird, steht doch einer großen Mannigfaltigkeit -und Individualisierung der einzelnen Urgemeinden, insbesondere in der -Architektur, der dekorativen Ausschmückung und in der Benützung der -Terrainverhältnisse nicht im Wege. -</p> - -<p> -Wie der Bevölkerungsstand der Urgemeinden, nicht pedantisch -aber innerhalb gewisser, durch die Verwaltungsinteressen gezogener -Grenzen, konstant erhalten werden kann, ist in <a href='#F_02_0_0'>VI, 2,</a> genau angegeben. -</p> - -<p> -In der Urgemeinde wird es sich empfehlen, die eigentliche -Wohnungsansiedlung von den Wirtschaftsgebäuden und Betriebsstätten -zu trennen, besonders weil die Stallungen einen schlechten -Geruch verbreiten und sich dort Ungeziefer und Insekten aufhalten, -welche lästig werden. Auch andere Betriebsstätten verderben die Luft, -daher es am besten wäre, wenn sie von der eigentlichen Wohnungsansiedlung -durch einen breiten Streifen dichten Waldes getrennt -wären. Die Landstraße (oder Eisenbahn, Kanal usw.) wird an den -Wirtschaftsgebäuden und Betriebsstätten vorbeiführen und zwischen ihnen -und der Wohnungsansiedlung eine Zweigstraße, vielleicht mit einer -Geleisanlage, hergestellt werden. -</p> - -<p> -Die Mitte der eigentlichen Wohnungsansiedlung wird ein großer -Bau — den ich Gemeindepalast nennen will — einnehmen, in welchem -sich Küchen, Wäscherei, Keller, gewisse Arten von Bädern, dann die -Versammlungssäle für die gemeinsamen Mahlzeiten und Geselligkeit, -Schulzimmer, Amtsräume und Bibliothek befinden. In vier großen -Gebäuden, welche den Gemeindepalast umgeben, könnten je 256, zusammen -1024 Schlafzellen (richtiger Wohnungseinheiten für die Nachtruhe) -erbaut werden, nämlich in 4 Gebäuden, jedes mit 4 Flügeln, -die von einer Zentralstiege aus zugänglich sind, und in jedem der -vier Stockwerke, einem Hochparterre, 1., 2. und 3. Stock, je 16 Wohnungseinheiten, -8 zu beiden Seiten des Kommunikationsganges, enthalten. -Diese Wohnungseinheiten würden nach Wunsch der Ortsinsassen -in Wohnzellen zum Alleinbewohnen, oder größere und kleinere -<span class='pagenum'><a id='Page_70' name='Page_70' href='#Page_70'>[70]</a></span> -gemeinschaftliche Schlafgemächer, oder auch Familienwohnungen abgeteilt. -Zwischen diesen fünf großen Gebäuden wären Gärten anzulegen, -Freibäder und Eislaufplätze einzurichten und Verbindungen -durch gedeckte Gänge herzustellen. Für gewisse Arten von Bädern -wäre in jedem Stockwerke der Schlafhäuser Vorsorge zu treffen. Um -die Fäkalien jeden Tag entfernen zu können, wird es sich empfehlen, -die Abortgruben durch unterirdische Gänge zu verbinden und diese -an einer entsprechenden Stelle ins Freie münden zu lassen. Nach -bestimmten Typen wäre für Beheizung, Beleuchtung, Ventilation, -gesundes Wasser, Spaziergänge usw. vorzusorgen. In manchen Beziehungen -können auch Verschiedenheiten in den Gemeinden zugestanden -werden, daher es sich empfehlen würde, jeder Gemeinde ein bestimmtes -Maß von Aufwand, ausgedrückt in Material und Arbeit, zu dem Zwecke -einzuräumen, um Gemeindeanstalten nach dem Wunsche der Ortsbewohner -zu errichten, welche ihnen besondere Annehmlichkeiten bieten -und eine Individualisierung der Ansiedlungen ermöglichen sollen. -Man könnte an Wintergärten, Volieren, Glashäuser, Aussichtstürme, -Parkwege denken. In diesen Urgemeinden, mit Einschluß der Bezirksvororte, -von welchen sofort die Rede sein wird, sollen 95-98% -der Bevölkerung angesiedelt sein, ja mehr noch, da in den städtischen -Ansiedlungen der größere Teil der Besiedelung die Reisenden sind, wovon -wieder die meisten beurlaubte Bewohner der Urgemeinde sein werden. -</p> - -<p> -Der allgemeine Charakter der Urgemeinden wäre also: Besiedelung -nicht nur durch jene Bevölkerung, die wir heute die bäuerliche -nennen und durch die Arbeiter der Urproduktion, sondern auch -durch die Industrie- und gewerbliche Bevölkerung und eine große -Zahl wissenschaftlich gebildeter Personen, Trennung der Wirtschaftsgebäude -und Betriebsstätten von der eigentlichen Wohnungsansiedlung, -in dieser Trennung der Schlafhäuser vom Gemeindepalaste und -Einrichtung der Bauten für eine Gesamthauswirtschaft, welche gemeinsame -Speisebereitung und die Zentralisierung aller heute familienweise -betriebenen hauswirtschaftlichen Arbeiten ermöglicht. -</p> - -<h4 id='F_01_b_0'> -b) Die Bezirksvororte. -</h4> - -<p> -Nach einem bestimmten Verhältnisse und teilweise dem Charakter -des Landes angemessen wären nach Art der heutigen Märkte -<span class='pagenum'><a id='Page_71' name='Page_71' href='#Page_71'>[71]</a></span> -Ortschaften, die zu den Urgemeinden gehören, zu Bezirksvororten zu erweitern -und sie werden etwa zwei Gemeindepaläste und sechs Schlafhäuser -enthalten und Raum für 1500 Bewohner bieten. Hier werden -Verwaltungsbeamte, Ärzte und Unterrichtspersonen von höherem -Range ihren Sitz haben, etwa eine Fachlehranstalt für Gewerbe, -Landbau, Gartenbau, Bergbau oder für Musik, bildende Kunst, -Kunstgewerbe errichtet, eine größere Fabrik betrieben, größere Magazine -eingerichtet und schon für <ins class='correction' title='Fremdenbeherbung'>Fremdenbeherbergung</ins> gesorgt, da die -Reisenden, welche das Land zu Fuß durchziehen, oder sich eines Fahrrades -oder Reitpferdes bedienen, nur in sehr geringer Zahl in den -Urgemeinden Unterkunft finden können. Auch eine große Zahl von -arbeitsbefreiten Alten, <a href='#L_01_c_0'>XI, 1, e,</a> wird in den Bezirksvororten Platz -finden. Hier werden größere Bücherbestände und Sammlungen -untergebracht, Versammlungen der Verwaltungsbeamten, Ärzte und -Lehrpersonen, dann Volksversammlungen des ganzen Bezirkes abgehalten -und kleine Bühnen eingerichtet für Vorstellungen fliegender -Truppen oder von Dilettanten und für größere Konzertaufführungen. -</p> - -<p> -Wo es ökonomische Verhältnisse gebieterisch fordern, daß viele -Tausende von Arbeitern an einem Orte vereiniget werden, um in -Bergwerken oder großen Fabriken zu arbeiten, wird man das vorstehende -Schema der Ansiedlungen verlassen müssen. Aber das wird -so viel als möglich zu vermeiden sein. -</p> - -<h4 id='F_01_c_0'> -c) Die städtischen Ansiedlungen. -</h4> - -<p> -Hierher gehören nur die Kreisstädte, etwa hundert für einen -Staat wie Österreich, die Provinzialstädte, etwa 10-15 für einen -solchen Staat, und die Reichshauptstadt. Doch sollen, die Reisenden -eingeschlossen, die Kreisstädte nur je 4000 Personen, die Provinzstädte -je 15-20,000 Personen, die Reichshauptstadt nur 400,000 Personen -beherbergen können. Die stabile Bevölkerung werden nur die -höheren Behörden und Unterrichtsanstalten mit einem kleinen Stabe -von Handwerkern und hauswirtschaftlichen Arbeitern (Köchinnen, -Wäscherinnen, Stubenmädchen u. dergl.) bilden und in der Reichshauptstadt -außer der kaiserlichen Familie und dem hohen Adel, wenn -ein solcher fortbesteht, die Beamten der Zentralbehörden, die Akademiker, -Universitätsprofessoren und Hochschüler bleibend wohnen. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_72' name='Page_72' href='#Page_72'>[72]</a></span> -Die städtischen Ansiedlungen sollen in Quartiere zerlegt werden, -deren jedes tausend Personen beherbergen und verpflegen kann. Ein -solches Quartier untersteht der Leitung eines Verwaltungsbeamten -untersten Ranges und verfügt über dasselbe ärztliche Personal, wie -eine Urgemeinde. Ob aber auch das Erziehungs- und Unterrichtspersonal -für ein Quartier aufgestellt wird, wie für eine Urgemeinde, -hängt von Umständen ab. Es mag eines der Quartiere einer Kreisstadt -eine Volksschule haben für die Kinder der wenigen dauernd angesiedelten -Familien. Aber Quartiere, welche nur Studenten oder -Reisende aufnehmen, brauchen keine Volksschule. Ähnliche Verhältnisse -werden für die Provinzialstädte und die Reichshauptstadt gelten. -Eine ganze Reihe von Quartieren solcher Städte brauchen keine -Volksschulen und kein Volkserziehungspersonal. -</p> - -<p> -Die Urgemeinden eines Bezirkes würden mit dem Bezirksvororte -und dieser mit der Kreisstadt durch Telephone verbunden, welche -von den Amtslokalitäten direkt zu den Amtslokalitäten gingen; weiterhin -würde eine telephonische und eine telegraphische Verbindung von -den Kreisstädten zu den Provinzstädten und von hier zur Reichshauptstadt -führen. -</p> - -<p> -Diese Verteilung der Ansiedlungen und ihre hier vorgeschlagene -Einrichtung muß man sich vor Augen halten, um die sonstigen organischen -Einrichtungen, wie sie im nachfolgenden entworfen sind, zu -verstehen, wobei kein einziger Vorschlag als etwas Unabänderliches -oder das Beste gedacht ist, aber die Orientierung bieten soll, welche -Vorteile die Zentralisation von Produktion und Verteilung und die -Naturalwirtschaft der individualistischen Gesellschaftsordnung gegenüber -für Ökonomie, Kultur und die höchsten Gesellschaftszwecke haben -würde. -</p> - -<p> -Während im Kollektivismus das allgemeine Interesse immer -den Vorrang hat und der Individualismus nur geduldet wird, wo -er sich als nützlich erweist, also nicht in wirtschaftlichen Dingen, ist -in unserer Gesellschaftsordnung der Staat von den Individuen abhängig, -welche sich im Besitze der politischen Macht befinden. In -unserer Gesellschaftsordnung ist der Staat nur geduldet und er wird -von den herrschenden Parteien für ihre Zwecke ausgebeutet. Der -Kollektivismus macht dem ein Ende. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_73' name='Page_73' href='#Page_73'>[73]</a></span> -Je genauer und ausschließlicher die gesamten <ins class='correction' title='Wohnungseineinrichtungen'>Wohnungseinrichtungen</ins> -den hier geschilderten kollektivistischen Charakter an sich -tragen werden, um so schwieriger werden sie es machen, wieder zum -Individualismus zurückzukehren, daher revolutionäre Angriffe, weil -gegenstandslos, nicht mehr zu fürchten sind. -</p> - -<h3 id='F_02_0_0'> -2. Die Verteilung der Bevölkerung. -</h3> - -<p> -Nach den in <a href='#F_01_a_0'>VI, 1, a,</a> entwickelten Grundsätzen wären die Urgemeinden -für je 1000 Bewohner einzurichten und die eigentlich -städtische Bevölkerung in den Kreisstädten, Provinzialstädten und der -Reichshauptstadt würde selbst in einem großen Reiche weniger als -eine Million betragen. Ein großer Teil der städtischen Quartiere -würde zur Beherbergung von Reisenden dienen. Wenn in unserer -Zeit es zahlreiche Städte mit einer Bevölkerung von mehr als -100,000 Bewohnern gibt und die Reichshauptstädte Millionen von -Bewohnern zählen, so ist das eine offenbare Krankheit, welche im -innigsten Zusammenhange mit der Gesellschaftsordnung steht. -</p> - -<p> -Die sanitären Übelstände der Riesenstädte sind schon oft erörtert -worden, aber hier werden die sozialen und volkswirtschaftlichen Vorteile -einer anderen Verteilung der Bevölkerung zur Sprache kommen. -</p> - -<p> -Im allgemeinen hätte jeder Volksgenosse das Recht, im Lande -zu wohnen, ohne eigentlich ein Heimatsrecht in einer bestimmten Gemeinde -zu haben. Als Grundsatz hätte zwar zu gelten, daß jeder -in der Gemeinde dauernd bleibe, wo er geboren wurde, aber davon -würde eine Reihe von Ausnahmen gemacht werden. Zunächst würde -sich ein solches Recht, im Geburtsorte dauernd zu wohnen, nicht auf -die städtischen Quartiere erstrecken, in welche nur ausgewählte Personen -zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder Einzelne ohne -Beruf zur Belohnung ihrer persönlichen Verdienste aufgenommen -würden, wodurch aber ihre Ehegenossen und Kinder kein eigenes Recht -erlangen würden, vielmehr einer Urgemeinde zugeschrieben blieben. -Bis zu einem gewissen Alter würden die Kinder von ihrer Heimatszugehörigkeit -abgesehen, den Eltern in ihren Wohnsitz zu folgen haben -und ebenso in der Regel die Frau dem Manne. Letztere Regel -könnte eine Ausnahme erleiden, wenn die Frau eine hervorragende -<span class='pagenum'><a id='Page_74' name='Page_74' href='#Page_74'>[74]</a></span> -Stellung einnehmen würde, wodurch sie an einen bestimmten Ort -gebunden ist, während der Mann eine untergeordnete Stellung einnähme, -für welche das Domizil weniger entscheidend wäre. Eine -Veränderung des Domizils wäre teils mit Einwilligung der Staatsverwaltung -gestattet, teils mit dem Wechsel des Berufes oder einer -Anstellung von selbst gegeben. -</p> - -<p> -Besonders liberal würde die Veränderung des Wohnsitzes jenen -zugestanden werden, die von der geregelten Arbeit befreit sind, sei es -wegen Erreichung der Altersgrenze, oder erblich, oder als Lohn für -hervorragende Dienste, oder weil ihnen vom Staate die Ausübung -eines Berufes gestattet wäre, der naturgemäß an einen bestimmten -Wohnsitz nicht gebunden ist. Siehe <a href='#H_09_n_0'>VIII, 9, n.</a> -</p> - -<p> -Da die Wohnstätten gleicher Art nicht so vollständig gleiche -Annehmlichkeiten bieten,<a name='FA_10' id='FA_10' href='#FN_10' class='fnanchor'>[10]</a> daß es jemand ganz gleichgültig sein könnte, -in welcher Gemeinde oder in welchem Quartier er wohnt, und da -auch die Nachbarschaft von Freunden, Verwandten oder von gleichstrebigen -Personen den Wunsch, da oder dort zu wohnen, bestimmen -kann, wird innerhalb der Grenzen der Verwaltungsinteressen die -freie Wahl des Wohnortes als Lohn bewilligt, die unerwünschte Versetzung -als Strafe verhängt werden, wie es auch heute mit Offizieren -und Staatsbeamten gehalten wird. Dabei wird aber auch das -Mitinteresse der Familienmitglieder in Betracht kommen. Verwaltungsinteressen -können in Frage kommen, welche aus der Verteilung -der Betriebsstätten oder aus der Stellung eines Individuums -im Amte oder an einer Betriebsstätte hergeleitet werden. Ein -qualifizierter Arbeiter einer bestimmten Art von Fabriken wird -immer nur in einer Fabrik gleicher Art Verwendung finden können, -und vorausgesetzt, daß dort eine Stelle für ihn frei wird. Das -Verwaltungsinteresse kann auch bedingen, daß jemand von einem -Orte wegversetzt wird, der übervölkert ist, oder nach einem Ort versetzt -wird, der neu erbaut wird, oder entvölkert ist, oder wo eine -freie Stelle besetzt werden muß. -</p> - -<p> -Ob es im Interesse der Produktion gelegen sein wird, auch -in Zukunft vereinzelte Wohnstätten außerhalb der geschlossenen -<span class='pagenum'><a id='Page_75' name='Page_75' href='#Page_75'>[75]</a></span> -Ortschaften, z. B. auf einer Alpe anzulegen, wird die Erfahrung lehren. -Auch hier wird die Versetzung an solche einsame Gehöfte als Lohn -oder als Strafe zu gelten haben. Eine Familie aber, welcher -erziehungs- und schulpflichtige Kinder angehören, wird nur in geschlossenen -Ortschaften wohnen können. Ein junges Ehepaar wird -vielleicht recht gern die Honigwochen auf einer Alpe oder in einem -einsamen Gehöfte verbringen. -</p> - -<p> -Im Interesse der gleichmäßigen Verteilung der Bevölkerung -auf die Gemeinden und im Interesse einer gleichmäßigen Besetzung -der Schulklassen wird es liegen, zeitweilig kleine, unmerkliche Verschiebungen -der Bevölkerung vorzunehmen, wobei vor allem die Zustimmung -der Beteiligten entscheidend sein wird. Da aber vielen -Menschen der Veränderungstrieb angeboren ist, so wird dies ohne -große Reibung möglich sein. Wenn auch die Gewöhnung an eine -bestimmte Gegend und Gemeinde, an Freunde und Verwandte die -meisten Bewohner einer Gemeinde fesseln wird, so wird sich bei -einigen auch ein entgegengesetztes Bestreben geltend machen und -dieses kann benützt werden, um eine unmerkliche Verschiebung von -einer Gemeinde zur Nachbargemeinde und so fort vorzunehmen, damit -die Verteilung der Bevölkerung tunlichst konstant erhalten bleibe. -Dabei werden am meisten Personen in Frage kommen, die einem -geeigneten Berufe angehören, landwirtschaftliche Arbeiter und -<ins class='correction' title='Fabriksarbeiter'>Fabrikarbeiter</ins>.<a name='FA_11' id='FA_11' href='#FN_11' class='fnanchor'>[11]</a> -</p> - -<p id='F_02_0_0al'> -Da bei einer Bevölkerung von 45 Millionen und einem Jahreszuwachse -der Bevölkerung von 5 vom Tausend die Bevölkerung -in Österreich jährlich im ganzen um 200,000 bis 250,000 Köpfe -zunimmt, so wird es sich empfehlen die Urgemeinden jährlich um -2-300 zu vermehren und so viele Urgemeinden jährlich neu aufzubauen, -welche zur Aufnahme des zu erwartenden nächsten Jahreszuwachses -erforderlich sind. Es ist das bei konstanten Verhältnissen -leicht auf Jahre hinaus zu berechnen. Ob die Staatsverwaltung -darüber und über die Verlegung gewisser Betriebsstätten nach der -<span class='pagenum'><a id='Page_76' name='Page_76' href='#Page_76'>[76]</a></span> -neuen Gemeinde und über die Zuweisung von Grund und Boden, -Nutztieren usw. an dieselben, selbständig zu entscheiden haben wird, -oder ob darüber Volksbeschlüsse einzuholen sind, wird die Verfassung -oder der jeweilige Volkswille bestimmen. Auch die Besiedlung der -Gemeinden wird Gelegenheit geben, eine Verschiebung der Bevölkerung -in der oben angedeuteten Richtung vorzunehmen, da es die Natur -der Sache mit sich bringt, daß die Bewohner der neuen Urgemeinden -vorzüglich aus übervölkerten Gemeinden genommen werden. -</p> - -<p> -Da durchschnittlich in jedem Kreise jährlich 2-3 neue Urgemeinden -aufgebaut werden, dürfte die Entscheidung, welche Familien -und Einzelpersonen dahin übersiedeln sollen, den Kreisbehörden überlassen -werden, nur insofern jemand aus anderen Kreisen oder Provinzen -dahin verpflanzt werden soll, wird die Verfügung von der -Provinzialbehörde oder den Zentralstellen zu erlassen sein. Da anzunehmen -ist, daß diese Urgemeinden von Jahr zu Jahr reicher -ausgestattet werden, weil das dem Fortschritte der Erfindungen entspricht, -muß man vermuten, daß sich immer mehr Personen zur -Übersiedlung anmelden, als neue Wohnstellen frei werden und -die administrativen Interessen werden bei der Auswahl unter den -Bewerbern den Ausschlag geben. -</p> - -<p> -Im Ganzen gibt es also Hilfsmittel genug, um eine im -großen und ganzen den staatlichen Interessen entsprechende Verteilung -der Bevölkerung aufrecht zu erhalten. Eine absolute Freizügigkeit -kann natürlich nicht zugestanden werden, schon deshalb nicht, weil -der Staat Alleineigentümer aller Wohnbauten ist, also niemand -ohne Erlaubnis des Staates sich irgendwo niederlassen kann. Aber -praktisch wird die freie Beweglichkeit von Ort zu Ort viel größer -sein, als in den heutigen Verhältnissen. -</p> - -<p> -Wenn, allen Vorsichten bei der Anlage zum Trotze, durch -Brände, Erdbeben, Bergrutschungen und andere Elementarschäden -dieser Art Wohnungen zerstört werden, werden die obdachlosen Bewohner -sofort in anderen Häusern, erforderlichenfalls in anderen -Gemeinden untergebracht werden nach dem Grundsatze, daß alle -Güter für alle Volksgenossen bestimmt sind. In unserer Gesellschaftsordnung -ist das mit der größten Schwierigkeit verbunden. -</p> - -<h3 id='F_03_0_0'> -3. Die Evidenthaltung der Bevölkerung. -</h3> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_77' name='Page_77' href='#Page_77'>[77]</a></span> -Die Wohngemeinde eines Kollektivisten ist in der Regel auch -seine Aufenthaltsgemeinde, wobei aber die tunlichst freie Bewegung -innerhalb des ganzen Bezirkes gestattet werden soll, sodaß nicht nur -am Sonntag der freie Verkehr im ganzen Bezirke wird stattfinden -können, sondern auch den Erwachsenen freigestellt werden kann, das -Abendmahl gegen rechtzeitige Meldung in einer anderen Gemeinde -des Bezirks einzunehmen oder selbst dort die Nacht zu verbringen, -wenn nur die Arbeit nicht versäumt wird. Außerdem aber kann -ein Kollektivist auch sonst dauernd oder vorübergehend den Aufenthalt -außerhalb der Wohngemeinde und des Wohnbezirkes nehmen. -So dauernd ein noch in der Erziehung stehendes Kind oder ein -junger Mensch, wenn er fern von seiner Familie in eine Unterrichtsanstalt -aufgenommen wird, in welchem Falle seine Mutter oder -Wahlmutter eine Pflegemutter zu bestellen hat, die nebst dem Erziehungspersonal -die Aufsicht führt, und Erwachsene können durch -ihren Beruf genötigt werden, auf längere Zeit außerhalb des Wohnbezirkes -Aufenthalt zu nehmen, so Bedienstete der Verkehrsanstalten, -oder bei einem Bau Beschäftigte, Abgeordnete, <a href='#C_03_0_0al'>III, 3,</a> <i>1. Alinea</i> oder -auch Arbeitsbefreite, welche auswärts Besuche machen. Vorübergehend -ist der auswärtige Aufenthalt der Reisenden, sei es, daß sie -beurlaubt sind, oder daß Arbeitsbefreite eine Reise unternehmen, -ohne ihren Wohnsitz aufzugeben. -</p> - -<p> -In der Wohngemeinde und im Wohnbezirke soll jedermann -sobald als möglich mit der ganzen Bevölkerung bekannt gemacht -werden, wenn er seine Wohngemeinde wechselt. Er ist schon vorher -vom Verwaltungsbeamten der verlassenen Gemeinde (Quartier) -dem Verwaltungsbeamten der neuen Wohngemeinde (Quartier) -angemeldet und es ist ihm Herberge und Verpflegung bereits -bereitet. Er muß sich zunächst dem Verwaltungsbeamten, dem Arzt -und dem Haushaltungsvorstand und wenn er in Arbeit steht, dem -Arbeitsvorstande, vorstellen und sich dann mit dem Aufsichtspersonale -des Schlafhauses bekannt machen, wo ihm sein Zimmer angewiesen -wird. Man wird darauf halten, daß er bei der ersten gemeinsamen -Mahlzeit von einer kleinen Tribüne aus die neue Wohngemeinde -<span class='pagenum'><a id='Page_78' name='Page_78' href='#Page_78'>[78]</a></span> -(Quartier) begrüßt und Namen, Beruf und frühere Wohngemeinde -bekannt gibt. Näher wird er sofort mit den Tischgenossen bekannt. -Am nächsten Sonntag soll er sich mit der Beamtenschaft des Bezirksortes -und nach und nach mit der Bevölkerung der anderen Gemeinden -des Wohnbezirkes bekannt machen. Gehört der Neuangekommene -der Beamtenschaft an, so wird er sich auch im Kreisorte -beim Abendempfang des Kreisbeamten diesem vorstellen und soviel -als möglich mit anderen Personen von Stellung persönlich bekannt -machen, soweit er noch fremd ist. -</p> - -<p> -Wer sich außerhalb des Wohnbezirkes begibt, sei es, daß er -beurlaubt ist und reist, oder sonst dauernd oder vorübergehend Aufenthalt -nimmt, hat seine Legitimationskarte, eventuell Reisebewilligung -mitzubringen. Die Legitimationskarte enthält die Photographie des -Trägers, Namen, Beruf und Wohngemeinde, zur Identifizierung die -anthropometrischen Maße und eventuell geheime Mitteilungen, so -über ansteckende Krankheiten, Verlust des Stimm- und Wahlrechtes, -besondere Diätanweisungen u. <ins class='correction' title='dgl'>dergl</ins>. Es soll sich kein Unberufener -einer fremden Legitimationsurkunde bedienen können. -</p> - -<p> -Einheimische Reisende sollen angehalten werden, die Aufenthaltsgemeinde, -wo sie übernachten, täglich mittels Postkarte dem -<ins class='correction' title='Verwalturgsbeamten'>Verwaltungsbeamten</ins> der Wohngemeinde bekannt zu geben. Legitimationen -der Ausländer werden in XII, 2, <i>Alinea</i>: <a href='#M_02_0_0al'>»Es wird«</a> -besprochen. -</p> - -<p> -Es soll kein Einheimischer verloren gehen, kein Ausländer sich -einschleichen können. So kann man sich vor auswärtigen Verbrechern -schützen und gegen diesen Vorteil haben die Annehmlichkeiten der -Anonymität keine Bedeutung. -</p> - -<h3 id='F_04_0_0'> -4. Die Kommunikationen. -</h3> - -<h4 id='F_04_a_0'> -a) Eisenbahnen, Schiffahrt. -</h4> - -<p> -Der heutige Staat wird dem Kollektivstaat auf dem Gebiete -des Eisenbahnbaues nicht viel zu tun übrig lassen. Selbst Kleinbahnen -zu bauen wird dieser kaum einen Anlaß haben. Vielleicht wird -es sich eher um fliegende Bahnen handeln, welche in bestimmten -Fällen von Vorteil sein mögen. So beim Aufbau ganzer -<span class='pagenum'><a id='Page_79' name='Page_79' href='#Page_79'>[79]</a></span> -Ortschaften, bei der Abholzung ganzer Waldstrecken usw. Dagegen -wird es immer an den Einrichtungen der bestehenden Eisenbahnen, -an ihrer Ausrüstung und der Ausnützung etwas zu verbessern und -zu ergänzen geben. -</p> - -<h5 id='F_04_a_1'> -1. Ihre Benützung für allgemeine Zwecke. -</h5> - -<p> -Für allgemeine Zwecke dient der Personentransport der Eisenbahnen -beinahe gar nicht, der Gütertransport aber kommt wieder -beinahe ausschließlich für die Zwecke der Gesamtheit in Betracht. -Es kann sein, daß der Personen- und der Gütertransport zeitlich -getrennt werden, daß nämlich Lastzüge nur zur Nachtzeit, Personenzüge -nur zur Tageszeit verkehren, wie vormals in der Schweiz. -Das würde nicht ausschließen, <ins class='correction' title='das'>daß</ins> jeder Personenzug auch eine -geringe Menge von Gütern, das Reisegepäck ungerechnet, und daß -der Lastzug auch eine kleine Anzahl von Personen mit befördert, -letztere besonders, wenn sie in Amtsgeschäften reisen. -</p> - -<p> -Was den Gütertransport anbelangt, so wird er beinahe nur -Massentransport sein und es werden beinahe nur ganze Wagenladungen, -oft ganze Züge von einer Betriebsstätte zur anderen oder -an eine oder mehrere nahe gelegene Abladestellen abgehen. Eine -Papierfabrik, eine Weberei, eine Gießerei, eine Holzwarenerzeugungsstätte -wird immer trachten, nur ganze Wagen zu verladen, oder -nur für einen bestimmten Ort Güter zu verfrachten. Eigene Züge -werden die wenigen kleinen Sendungen aufnehmen, welche in verschiedenen -Orten abzuladen sind. Besonders wichtig ist die rasche -Beförderung der Zeitungen <a href='#F_07_0_0'>VI, 7.</a> Diese kann durch eigene Blitzzüge -geschehen, welche in keiner Station anhalten. In diesem Falle -werden die an den Stationen abzuladenden Zeitungspakete entweder -ausgeworfen, oder auf bewegliche Behälter, die der Zug streckenweise -<ins class='correction' title='mit nimmt'>mitnimmt</ins>, abgeladen. Das Auswerfen von Sendungen ist -auch heute im Gebrauche, aber nur, wo die Eisenbahnverwaltung an -ihre eigenen Organe versendet. Ebenso kann es mit kleinen Sendungen -gehalten werden, die <ins class='correction' title='ausnahmensweise'>ausnahmsweise</ins> eine besonders dringende Beförderung -notwendig machen. Solche Blitzzüge würden selbst nach -den heutigen Einrichtungen der Dampfeisenbahnen in Österreich den -Transport vom Mittelpunkt des Reiches bis an die entfernteste -<span class='pagenum'><a id='Page_80' name='Page_80' href='#Page_80'>[80]</a></span> -Grenze in 6-8 Stunden bewerkstelligen können, so daß Zeitungen, -die um Mitternacht von der Reichshauptstadt abgeschickt werden, -zwischen 8 und 10 Uhr morgens in allen, auch von der Eisenbahn -entfernten Urgemeinden eintreffen können. -</p> - -<p> -Die Beförderung der Transporte wird also viel ökonomischer -und rascher sein als heute. Aber auch der Betrieb der Eisenbahnen im -Kollektivstaat ergibt eine große Menge von Ersparnissen. Absender -und Empfänger ist immer derselbe, Staatsorgane senden Güter an -Staatsorgane und auch wo es sich um Einzelne handelt, sind die -Staatsorgane ihre Mandatare. Kassen und Kontrolle entfallen, -Verrechnungen und Ersätze werden erspart und das Begleitungspersonal -könnte gewiß sehr vermindert werden, wenn nicht die übertriebene -Ausnützung des Personals in der heutigen Gesellschaftsordnung einer -humaneren Behandlung der geringeren Eisenbahnbediensteten Platz -machen und aus diesem Grunde eine Vermehrung des Personals -nach anderer Richtung wieder stattfinden müßte. -</p> - -<p> -Dabei kommt nun weiters in Betracht, daß im Kollektivstaat, -wenn obige Vorschläge für die Verteilung der Bevölkerung angenommen -werden, die Gütertransporte der Eisenbahnen im Verhältnisse -zur Gesamtmenge der Produkte vermindert werden. Es -wird ein viel größerer Bruchteil der Produkte am Produktionsort -oder in dessen Nähe konsumiert und im letzteren Falle der Transport -mit Pferden betrieben und auch die Pferde verfrachten wieder -mit geringerem Aufwand an Zugkraft und geringerer Begleitung. -</p> - -<p> -Inwiefern die Straßengüterfrachten durch Automobile statt der -Pferde werden befördert werden, ist eine bloße Frage der ökonomischen -Berechnung, wofür der Staatsverwaltung alle entscheidenden -Daten vorliegen. Dabei wird in Betracht kommen, ob nicht die -Pferdezucht zu anderen Zwecken und nicht <ins class='correction' title='blos'>bloß</ins> für den Transport, -volkswirtschaftliches und militärisches Bedürfnis sein wird, wobei -sich vielleicht ergeben wird, daß ein bestimmter Pferdestand unbedingt -erhalten werden muß, dessen Ausnützung für Transportzwecke aus -diesem Grunde ökonomischer ist, als ein Automobiltransport, der -vielleicht dann ökonomischer wäre, wenn man die Pferde ganz eingehen -lassen könnte. Der Kollektivismus hat in vielen Einzelheiten eine ökonomische -Berechnung, die für unsere Verhältnisse nicht zutreffend wäre. -</p> - -<h5 id='F_04_a_2'> -2. Ihre Benützung für die Zwecke des Einzelnen. -</h5> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_81' name='Page_81' href='#Page_81'>[81]</a></span> -Hier kommt vorwiegend der Personentransport in Betracht. -Geschäftsreisen werden im Kollektivstaate nur wenige und nur als -Dienstreisen vorkommen. In unseren Verhältnissen sind es Agenten, -Kaufleute, Marktfahrer, Anwälte, Zeugen und Streitparteien, welche -die Waggons füllen. Mit dem Wegfallen des Handels und der -Verminderung der Streitigkeiten wird das anders. Im Kollektivstaat -ist es das Vergnügen und die Belehrung, welchen die Bahnen -als Personentransportanstalten dienstbar sind. Man wird für Österreich -annehmen können, daß es zur Zeit der Errichtung des Kollektivstaates -mehr als 6000 deutsche Meilen Vollbahnen und ebensoviel -Kleinbahnen haben wird, deren Erweiterung sich für die geänderten -Verhältnisse kaum als wünschenswert erweisen wird, wenn auch die -Verteilung der Bevölkerung in Zukunft <ins class='correction' title='ein'>eine</ins> andere sein wird. Diese -geänderte Verteilung wird übrigens die Wirkung haben, daß die -Personenzüge eine gleichmäßigere und nicht eine so schwankende Besetzung -haben werden. Denn wo ungeheure Bevölkerungszentren mit -kleinsten Orten abwechseln, bemerkt man ein plötzliches Gedränge, -das mit völliger Entlastung abwechselt. -</p> - -<p> -Es ist sehr fraglich, ob der Kollektivstaat etwaige Lücken, welche -sich in den Eisenbahnen vorfinden mögen, ergänzen, und nicht lieber -andere Beförderungsarten einschieben wird. Die Beförderungsmengen -sind im Kollektivstaat viel konstanter als heute, und sie sind viel -leichter und vollständiger zu ermitteln, daher die ökonomische Berechtigung -neuer Bahnen mit absoluter Sicherheit im vorhinein festzustellen -sein wird. -</p> - -<p> -Eher als eine Vermehrung der Vollbahnen wird für die Reisen -innerhalb der Bezirke und von den Urgemeinden zur Bahn das -Fahrrad, dann das Automobil, unter Umständen der Automobilomnibus, -und für die gebirgigen Gegenden die elektrische Kleinbahn -in Betracht kommen. -</p> - -<p> -Wenn im Kollektivstaate Eisenbahnen oder neue Straßen oder -ähnliche große Anstalten ausgeführt werden, ist der Arbeitsaufwand -viel geringer als heute. Aller Besitz ist in <em class='gesperrt'>einer</em> Hand -und es entfallen alle jene Geschäfte die notwendig sind, um die -<span class='pagenum'><a id='Page_82' name='Page_82' href='#Page_82'>[82]</a></span> -Geldmittel zu beschaffen, Arbeitsleute anzuwerben, Grund und Boden -anzukaufen und die vielen Schwierigkeiten zu beheben, die entgegenstehende -Privatinteressen verursachen. -</p> - -<p> -Die Volksbeschlüsse, welche sich auf den Bau neuer Eisenbahnen, -Kanäle und anderer solcher Kommunikationen beziehen, werden wahrscheinlich -zu jenen gehören, welche nach III, 3, <i>Alinea</i> <a href='#C_03_0_0al'>»Das souveräne Volk«</a> -Anlaß geben, ausnahmsweise Abgeordnete zu wählen, obwohl -auch solche Fragen in der Schweiz heute schon durch das Referendum -entschieden werden, wenigstens insofern es sich um den Ankauf solcher -Unternehmungen für den Staat handelt, wobei wir allerdings in -Betracht ziehen müssen, daß ein fertiges, seit langem betriebenes -Unternehmen leichter vom Volke beurteilt werden kann, als ein -Projekt für die Neuschöpfung solcher gewaltigen Unternehmungen. -Die Volksbeschlüsse aber, welche sich auf den für den Personentransport -bestimmten <em class='gesperrt'>Betrieb</em> der Eisenbahnen und wohl auch -anderer großen Kommunikationsanstalten beziehen, werden in der Art -erfolgen, daß der Staatsverwaltung vorgeschrieben wird, wie viele -Personenzüge regelmäßig jede Strecke zu befahren haben und unter -welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaße Sonderzüge einzuleiten -sind. Auch die Geschwindigkeiten der Züge und die Zahl -der bei den einzelnen Zügen einzustellenden Personenwagen werden -durch Volksbeschlüsse vorgeschrieben werden. Dem entsprechend wird -dann die Verwaltung alles einzuleiten haben, was dieser Verkehr bedingt. -Ist die Gesamtlänge der Eisenbahnen z. B. für Österreich-Ungarn -12,000 deutsche Meilen, welche viermal, zweimal hin und -zweimal zurück mit je soviel Sitzplätzen zu befahren sind, so ergibt -das 48,000 Zugsmeilen täglich, wodurch die Produktionsmenge festgestellt -erscheint. -</p> - -<p> -Andererseits würden für die Verteilung der Plätze auf den -Zügen allgemeine Normen erlassen. -</p> - -<p> -Der Staatsverwaltung Vorschriften wegen des Betriebes der -Transporte zu machen, wird weder notwendig noch zweckmäßig sein, -weil die Transportbewegung von Produktion und Konsumtion (im -weiteren Sinne, wonach auch Bezug von Sachen zur Benützung als -Konsum gerechnet wird) abhängt und es sich nur um Ökonomie in -der <em class='gesperrt'>Disposition</em> über die Güterverfrachtung handelt. Das ist -<span class='pagenum'><a id='Page_83' name='Page_83' href='#Page_83'>[83]</a></span> -nun offenbar Verwaltungssache und diese Dispositionen hängen auch -von Umständen ab, die nicht vorauszubestimmen sind, so von -Ernteergebnissen und von Elementarereignissen. Der Gütertransport -ist übrigens ein integrierender Bestandteil des Produktionsbetriebes, -weil die Produktion erst beendet ist, wenn die Güter am Verbrauchs- -beziehungsweise am Benützungsorte angelangt sind. Daher geht -jeder Warentransport für Rechnung des ganzen Volkes, nicht für -Rechnung des Konsumenten, während heute die größere Entfernung -vom Erzeugungsorte größere Kosten für den Konsumenten verursacht. -Hierin liegt einerseits eine Versicherung des Einzelnen gegen den Zufall, -der in der Ortsansässigkeit begründet ist, andererseits aber der -große wirtschaftliche Nutzen, der in der Ersparung einer großen und -wichtigen Arbeit für Spekulation, Verträge und Verrechnung begründet -ist, wie auch andererseits die Verfrachtung ausschließlich für -Rechnung des Staates allen Aufwand an Arbeit für Frachtversicherung -entbehrlich macht. Übrigens werden diese volkswirtschaftlichen -Vorteile des Kollektivismus zum größten Teile dort in Anschlag -kommen, wo die Kosten der heutigen Gesellschaftsordnung an Handelsarbeit -erörtert werden.<a name='FA_12' id='FA_12' href='#FN_12' class='fnanchor'>[12]</a> -</p> - -<p> -So wie die Eisenbahnen, werden auch die Kanäle und die Schiffahrt -auf Seen und Meeren für Rechnung des Staates und vorzüglich -zur Frachtenbeförderung betrieben werden. Aber alle diese -Kommunikationen dienen auch zur Personenbeförderung und zwar für -Inländer mit Ausschluß der Geldwirtschaft. Daher werden die Anweisungen -auf Beförderung von Reisenden nicht von den Verwaltungsämtern -der Kommunikationsanstalten, sondern von den -<span class='pagenum'><a id='Page_84' name='Page_84' href='#Page_84'>[84]</a></span> -Verwaltungsbeamten des Domizils des Reisenden ausgefertigt. Der -beurlaubte Arbeiter, der in eine andere Gemeinde versetzte Arbeiter -erhält die erforderliche Anweisung auf Beförderung von seinem Verwaltungsbeamten. -Fremde erhalten sie von den Verwaltungsbeamten -der Einbruchstationen; Pensionisten gleichfalls von dem Verwaltungsbeamten -des Domizils. Die Bewohner von Ortschaften, die an der -Bahn, oder an Kanälen, Seen oder Meeresufern gelegen sind, können -für beschränkte Entfernungen Anweisungen auf Beförderung für jeden -Tag oder gewisse Wochentage erhalten, insofern dadurch der Dienst -nicht gefährdet wird, und diese Anweisungen ersetzen die heutigen -Abonnements. Das kann für Zusammenkünfte mit Verwandten und -Freunden oder Versammlungen von größtem Interesse sein. -</p> - -<p> -Wer auf solche Anweisungen Anspruch hat, bestimmen die Verteilungsgesetze. -Ebenso bestimmen sie, wem Pferd und Wagen zu -überlassen ist. Wahrscheinlich wird man eine Anzahl von Wagen, -dann auch Reittiere, den Beamten, Ärzten und Lehrpersonen in jeder -Gemeinde und Quartier nicht nur für Dienstfahrten, sondern auch -für Lustfahrten und als Reitgelegenheit zuweisen. In größerem -Maße wird man natürlich in den Städten Reitpferde und Wagen -aufstellen. -</p> - -<h4 id='F_04_b_0'> -b) Automobile. -</h4> - -<p> -Ob solche zum Transport von Waren und zum Massentransport -von Personen zur Verwendung gelangen, wird ein Gegenstand -ökonomischer Berechnung sein. Es ist wahrscheinlich, daß für größere -Städte, die aber weniger besiedelt sind, als heute, das Automobil -als allgemeines Verkehrsmittel gute Dienste leisten könnte. Als -Sport wird das Volk die Automobilfahrt schwerlich betreiben können. -Was den Aufwand für Automobile anbelangt, so würden die dynastische -Familie und der Adel denselben aus den ihnen angewiesenen Mitteln -bestreiten können und ebenso werden die Verteilungsgesetze bestimmen, -welchen Personen, die die höchsten Stellen erklommen haben, Akademikern, -Künstlern, Erfindern usw. Automobile und die Betriebsmittel zur Verfügung -zu stellen sind. Allein die Gefährdung von Personen und -Sachen durch diesen Sport wird man nicht dulden. -</p> - -<p> -Was den Transport und nicht nur den Transport auf den -<span class='pagenum'><a id='Page_85' name='Page_85' href='#Page_85'>[85]</a></span> -Eisenbahnen und mit Maschinenbetrieb, sondern auch den Transport -mit Zugtieren anbelangt, so ist er im Kollektivstaat schon deshalb viel -ökonomischer, weil er durchaus Massentransport ist. Die Versorgung -der Produktionsstätten, die nicht an einer Eisenbahn liegen, mit -Material wird auch nicht in geringen Mengen, sondern auch nach -Tunlichkeit in Wagenladungen erfolgen. So braucht eine Schuhmacherwerkstätte -viele Hunderte von Zentnern Leder, die Bekleidungsindustrie -und Wäschefabrikation viele Tausende von Metern Stoff in -einem Jahre, wobei übrigens zu bemerken ist, daß höchstwahrscheinlich -Stoffe und Leder schon in den Webereien und Gerbereien zugeschnitten, -auch Holz im Walde nahezu fertig bearbeitet werden -wird, was bei der Massenfabrikation im Kollektivstaate das natürlichste -ist.<a name='FA_13' id='FA_13' href='#FN_13' class='fnanchor'>[13]</a> -</p> - -<p> -Die enge Zentralisation der Pferdetransporte ergibt auch bei -diesen eine große Ersparnis an Begleitpersonen. -</p> - -<h3 id='F_05_0_0'> -5. Telegraph und Telephon. -</h3> - -<p> -Beide Einrichtungen haben allgemeinen und privaten Zwecken -zu dienen und, da die ersteren die wichtigeren sind, ist bei der Anlage -beider vor allem den Bedürfnissen der Verwaltung Rechnung zu -tragen. -</p> - -<h4 id='F_05_a_0'> -a) Ihre Einrichtung und Benützung für allgemeine Zwecke. -</h4> - -<p> -Telegraph und Telephon haben sich der staatlichen Organisation -anzuschließen, daher sie die Reichshauptstadt mit allen Provinzialstädten, -diese mit den Kreisstädten, die Kreisstädte mit den Bezirksorten -und die Bezirksorte mit den Urgemeinden zu verbinden haben. -Bei den Verbindungen auf größere Entfernungen hat der Telegraph, -in den kleineren Verzweigungen das Telephon, die größere Bedeutung. -Inwiefern in den Gemeinden wieder eine Verzweigung des -Telephons einzurichten wäre, ist eine Frage der Ökonomie. -<span class='pagenum'><a id='Page_86' name='Page_86' href='#Page_86'>[86]</a></span> -Selbstverständlich ist eine solche Verzweigung in den städtischen Gemeinden, -aber auch in den Urgemeinden wird eine Abzweigung vom Gemeindepalast -nach den Wirtschaftsgebäuden, vielleicht auch nach verschiedenen -Teilen des Gemeindepalastes und nach den Schlafhäusern sich -empfehlen. Ebenso könnte man an fliegende Leitungen nach einzelnen -Arbeitsstellen denken, so nach den Feldern, Wiesen, und Wäldern, wenn -die Entfernung dafür spricht, daß dadurch ökonomische Vorteile erzielt -werden. -</p> - -<p> -Die Verzweigung des Telephons bis in die Gemeinden erfordert -keinen Aufwand, der größer wäre, als man schon heute macht, denn -es würden dadurch im Ganzen nur 50-60,000 Sprechstellen für -einen Staat mit 45 Millionen Einwohnern bedingt. Für die Verwaltung -hat eine solche Verzweigung, vorzüglich des Telephons, die -allergrößte Bedeutung, da sich diese Bedeutung für alle größeren -Produktionsstätten längst erwiesen hat und jede Urgemeinde eine -Produktionsstätte im großen Maßstabe ist. Alle Mitteilungen öffentlicher -Natur werden so in kürzester Zeit allgemein verbreitet und es -würde im Falle einer Kriegserklärung möglich sein, innerhalb einer -Stunde das ganze Volk aufzurufen.<a name='FA_14' id='FA_14' href='#FN_14' class='fnanchor'>[14]</a> -</p> - -<p> -Jedes Verwaltungsamt würde in die unmittelbarste Verbindung -mit jenen Kommunikationen gebracht. Besonders die Verwaltungsbeamten -für Urgemeinden, Bezirke und Kreise würden das Telephon -entweder in ihrem Arbeitszimmer, oder in einem ganz nahe gelegenen -Raume haben, und keiner Hilfskräfte bedürfen, um untereinander zu -verkehren. Da im Bezirksorte und den Kreisstädten oft Verbindungen -des Telephons herzustellen sein werden, wird eine Bedienung -des Telephons zu diesem Ende allerdings notwendig sein, aber man -wird darum keine Beamten anstellen, sondern den Dienst durch das -hauswirtschaftliche Personal versehen lassen. Besonders würde sich -dazu jener Mann oder jene Frau eignen, welche im Bibliotheksaale -ohnehin zu schaffen hat und in diesem Falle würde auch dort die -<span class='pagenum'><a id='Page_87' name='Page_87' href='#Page_87'>[87]</a></span> -Telephonzentrale ihren Platz haben. Es gibt auch noch andere -Dienstleistungen, die an einen bestimmten Raum im Gemeindepalaste -gebunden sind. So würde die Besorgung und Verwaltung der Vorräte -an Kleidern und Wäsche und Konsumtibilien, <a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> eine -Frau den ganzen Tag über beschäftigen und an einen bestimmten -Raum binden, wohin die Telephonzentrale verlegt werden könnte. -Es ist zu beachten, daß sowohl die Bezirkszentrale als die Kreiszentrale, -wenn keine Doppelleitungen bestehen, nur je zirka zwanzig -Sprechstellen zu bedienen hat. -</p> - -<p> -Eine ökonomische Frage ist die, ob sich nebst den oben geschilderten -Verzweigungen der elektrischen Leitungen auch Transversalleitungen -empfehlen, so daß man von einer Gemeinde auch mit Umgehung -der Kreiszentrale mit Gemeinden anderer Kreise oder selbst -anderer Provinzen in Verbindung treten könnte. Wesentlich ist die -Organisation der Verwaltung so gedacht, daß die hierarchische Ordnung -nicht umgangen werden und der Verwaltungsbeamte nur mit -seinem Bezirksvorsteher, der Bezirksvorsteher nur mit seinem Kreisvorsteher -verkehren soll. Aber eine Umgehung dieser Vorschrift wird -sich durch den Mangel an Transversalleitungen nicht verhindern -lassen. Für den Privatverkehr aber wären Transversalleitungen sehr -wünschenswert, damit die Sperrung der wenigen Linien nicht zu oft -eintreten und zu lange dauern soll. -</p> - -<p> -Für die Kreis- und Provinzialstädte, welche nur 5,000 und -20,000 Bewohner und Fremde im Maximum beherbergen -sollen,<a name='FA_15' id='FA_15' href='#FN_15' class='fnanchor'>[15]</a> -wäre je eine Telephonzentrale und ihre Bedienung durch Angehörige -des hauswirtschaftlichen Personalstandes für die Lokalgespräche vollkommen -ausreichend und es wären der geringen Leitungslänge wegen -vier- und fünffache Verbindungen der einzelnen Quartiere mit der -Zentrale ohne erheblichen Aufwand herzustellen. Was aber die -Reichshauptstadt mit einem Stande von 400,000 Köpfen an Bewohnern -und Fremden anbelangt, so wäre vielleicht die Anlage von -Zwischenzentralen zu empfehlen. Die Natur der Sache wird es mit -<span class='pagenum'><a id='Page_88' name='Page_88' href='#Page_88'>[88]</a></span> -sich bringen, daß auch in der Reichshauptstadt je zwanzig Quartiere -zu einem Bezirke vereinigt und der ganzen Stadt ein Kreisbeamter -vorgesetzt werde. Die Quartiere werden der Urgemeinde sehr ähnlich -eingerichtet sein und einen von Schlafhäusern umgebenen Palast für -Geselligkeiten und Mahlzeiten enthalten, in welchem der Quartierverwaltungsbeamte -die Verwaltungsgeschäfte besorgt. So hätten -auch die Bezirksbeamten und der Kreisbeamte in der Hauptstadt ihre -besonderen Paläste für Verwaltungs- und Repräsentationszwecke und -die Telephonzentralen wären in den, den Verwaltungskanzleien zunächstgelegenen -Räumen dieser Paläste unterzubringen. Da diese -Beamten höchst wahrscheinlich Kanzleidiener und Hilfsbeamte zur -Verfügung hätten, so wäre für die Herstellung von Verbindungen -der einzelnen Sprechstellen kaum ein besonderes Personal anzustellen. -</p> - -<p> -Es scheint, daß nur der telegraphische Korrespondenzdienst der -Kreisämter, Provinzämter und der Zentralverwaltung die Anstellung -von eigentlichen Telegraphenbeamten, welche ausschließlich für den -telegraphischen Depeschendienst angestellt werden, notwendig machen -würde, und so dürfte auch das Bedienungspersonal für Telephone -und Telegraphen außerordentlich vermindert werden können, bei viel -intensiverer Ausnützung dieser Anstalten sowohl für Verwaltung, als -für Privatgespräche und Privatdepeschen. -</p> - -<p> -Die Verwaltungsgeschäfte werden bei kollektivistischer Organisation -der Produktion und Verteilung viel einfacher und doch viel -rascher und wirksamer abgewickelt, als die Verwaltungsgeschäfte der -Privatunternehmer und Kaufleute. Vielleicht wird dem Leser das -überzeugend dargetan durch den Abschnitt <a href='#F_08_a_0'>VI, 8,</a> über die Statistik, -welche die Grundlage für die Verfügungen der Verwaltungsbeamten -bietet. Freilich werden allabendlich stattliche und enorm viele Zahlenreihen -durch die elektrische Kommunikation von Amt zu Amt befördert, -aber diese Telegramme ersetzen auch eine Unzahl von Telegrammen, -welche heute die Kaufleute austauschen müssen. -</p> - -<h4 id='F_05_b_0'> -b) Ihre Benützung für die Zwecke der Einzelnen. -</h4> - -<p> -Wenn auch die amtlichen Gespräche den Vorrang vor Privatgesprächen -haben, so dient doch der telephonische und telegraphische -Verkehr auch für die Gespräche und Mitteilungen der Einzelnen. -<span class='pagenum'><a id='Page_89' name='Page_89' href='#Page_89'>[89]</a></span> -Schon bei einer Einschränkung der telephonischen Verbindungen auf -ihre Fortsetzung bis in den Gemeindepalast, somit bei der Einschränkung -des Telephons auf etwa 60,000 Sprechstellen für einen Staat -wie Österreich ist doch <em class='gesperrt'>jeder</em> Staatsbürger des Reichs mit <em class='gesperrt'>jedem</em> -anderen Reichsgenossen telephonisch verbunden, wenn er sich nur in -den Gemeindepalast bemüht und eine Zeit wählt, wo wahrscheinlich auch -der Angesprochene im Gemeindepalaste seiner Urgemeinde sich aufhält, -oder einer seiner Gemeindegenossen ihm die Botschaft zu bringen -übernimmt. Letzteres wird vielleicht die Regel sein. Naturgemäß -wird das Privatgespräch mit Bewohnern desselben Bezirkes die Regel -sein, seltener werden Privatgespräche mit anderen Bezirken desselben -Reiches und sehr selten solche auf größere Entfernungen sein. Es -wird wohl auch die Wichtigkeit der Mitteilung entscheidend sein und -es genügt wohl, daß für besondere Fälle jeder mit jedem telephonisch -verbunden werden kann. Verbindungen mit dem Auslande sind auch -möglich und das Vorrecht auf Benutzung des Telephons auf größere -Entfernungen ist eine Verteilungsfrage. -</p> - -<p> -Es werden auch Sammelgespräche vorkommen. So kann eine -Person zu einer Zeit, wo das Telephon für dienstliche Zwecke nicht beansprucht -wird, Mitteilungen und Fragen für zehn oder zwanzig Gemeindegenossen -an zehn oder zwanzig Angehörige einer bestimmten Gemeinde -richten, welche dort wieder von einer einzigen Person für viele übernommen -werden. So kann das Telephon für Privatzwecke stärker ausgenützt werden. -</p> - -<p> -Dem Zwecke dieser Untersuchungen entsprechend wird hier keinerlei -Fortschritt in den heute bekannten Einrichtungen des elektrischen Verkehrs -vorausgesetzt, nicht einmal die Einführung des Ferndruckers, -der schon heute in Berlin in Verwendung steht, noch das Verfahren -für beschleunigtes Telegraphieren von Viragh & Pollack, noch die -drahtlose Telegraphie, die übrigens schwerlich je für eine Massenbenutzung -brauchbar sein wird. Es handelt sich nur um organisatorische -Fragen und darauf bezügliche Anregungen sind hier oben -gegeben worden. -</p> - -<h3 id='F_06_0_0'> -6. Die Post. -</h3> - -<p> -Sie wird auch zunächst der Verwaltung zu dienen haben und -im Felleisen alles befördern, was von Amt zu Amt geht. Über -<span class='pagenum'><a id='Page_90' name='Page_90' href='#Page_90'>[90]</a></span> -diesen Gegenstand ist nichts weiter zu sagen, als daß die Post keine -Geldsendungen befördert und für den Privatverkehr auch keine sogenannten -eingeschriebenen Briefe oder Pakete. Sollte man doch -etwas Ähnliches in Ausnahmefällen zulassen, so würden eingeschriebene -Privatbriefe in die amtliche Korrespondenz aufgenommen und die -Aufgabe vom Verwaltungsbeamten bestätigt werden. So könnten -auch Wertsendungen, die nach dem, was über die Konsumtibilien in -<a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> gesagt wird, auch zwischen Privaten denkbar, aber jedenfalls -sehr selten wären, befördert werden. Es wird nichts verschlagen, -wenn solche Privatsendungen einen halben Tag länger als heute -unterwegs sind, denn viel wichtiger, als die Beschleunigung von -Privatsendungen dieser Art ist die Ersparnis im Aufwande für die -Post, von der sofort die Rede sein wird. -</p> - -<p> -Es bedarf nämlich im Kollektivstaate keiner besonderen Postämter -mehr; der Briefkasten nimmt die abgehenden Briefe auf und die ankommenden -kann man sich in der Gemeindekanzlei beheben oder bei -den Mahlzeiten durch eine Frau des hauswirtschaftlichen Personals -verteilen lassen. Die Briefkästen können mit Abteilungen versehen -sein, wodurch schon der Absender eine erste Sortierung nach den -Hauptrichtungen, die die Eisenbahnbeförderung einschließt, vornimmt. -Dabei handelt es sich meist nur um zwei Richtungen der den nächsten -Eisenbahnort durchfahrenden Eisenbahn, selten um drei oder vier -Richtungen und ist einmal der Brief so in den richtigen Weg geleitet, -so ist die weitere Instradierung vom Zugsbegleitungspersonale -zu besorgen, wobei eine zweckmäßige Adressierung diese Arbeit sehr -erleichtert. Man könnte vom Absender verlangen, daß er die Adressen -mit Angaben versieht, die dem Zugbegleitungs- und Frachtpersonale -die Instradierung erleichtern. -</p> - -<p> -Nur in der Reichshauptstadt und den Provinzorten wird ein -eigenes Postdienstpersonal anzustellen sein, um die Briefpost so rasch -als möglich, etwa von Stunde zu Stunde, zuzustellen und die nach -auswärts gehende Post zu sortieren. -</p> - -<p> -Selbstverständlich ist die Post unentgeltlich und es kann jeder -Bewohner des Reiches — auch jeder Fremde — Briefe und Karten -aufgeben, so viel ihm beliebt. Beschränkt ist er nur insofern, als -er nur eine bestimmte Menge von Papier, Kouverts und Briefkarten -<span class='pagenum'><a id='Page_91' name='Page_91' href='#Page_91'>[91]</a></span> -zur Verfügung hat, welche nach <a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> als Konsumtibilien -verteilt werden. Man wird daher sparen, um das Jahr über mit -seinem Vorrate auszukommen, man wird aber auch von solchen Gemeindegenossen, -die einen Überschuß haben, leicht Papier und Kuverts -überlassen erhalten, wenn man alles verbraucht hat. -</p> - -<p> -Man wird übrigens nur eine kleine Ecke der Adreßseite einer -Karte oder eines Kuverts mit der Adresse beschreiben und kann den -Rest für Korrespondenz benützen, da alle heute bestehenden Beschränkungen -entfallen können. Es muß nur erkenntlich sein, daß -das Schriftstück als Postsendung zu behandeln ist. Poststempel sind -ganz unnötig. -</p> - -<p> -Ein ganzer Pack Zeitungen, welcher auf der Adreßschleife die -Zahlen einer Gemeinde trägt, kommt in die betreffende Gemeinde -und wird dort den Lesern zur Verfügung gestellt und es entfallen -auch hier wieder eine große Menge von Adressen und die Adressenregister. -Es ist nicht uninteressant, daß die Post in einem Staat -wie Österreich bei ganz ungenügender Entlohnung ihrer niederen -Organe einen Aufwand von beinahe 180 Millionen Kronen im -Jahre macht und daß der damit ausgedrückte Aufwand im Kollektivstaat -beinahe ganz in Ersparung gebracht wird durch die Vereinfachung -in der Verteilung, durch die Beseitigung der Geldwirtschaft, -der Wertsendungen an Einzelne und durch Ausnutzung der Arbeitskräfte -in der Hauswirtschaft und Zugsbegleitung. Es zeigt sich -hierin der ökonomische Wert der durch den Kollektivismus bedingten -und ermöglichten Organisation. -</p> - -<h3 id='F_07_0_0'> -7. Tagesblätter der Verwaltung. -</h3> - -<p> -Wenn auch das Zeitungswesen, soweit es den Vereinszwecken, -der Unterhaltung, der Kunst und Wissenschaft zu dienen hat, an -einem anderen Orte zu behandeln ist, so muß doch hier noch das -Zeitungswesen besprochen werden, insofern es der Verwaltung, der -Statistik und der Erörterung der öffentlichen Angelegenheiten zu -dienen hat, weil das zum Verständnisse des Verwaltungsapparates -erforderlich ist. In seiner Gesamtheit zerfällt das Zeitungswesen -a) in die periodischen Veröffentlichungen der Staatsverwaltung, die -<span class='pagenum'><a id='Page_92' name='Page_92' href='#Page_92'>[92]</a></span> -öffentliche Erörterung der Gesetzesvorlagen und Wahlvorschläge und -in die statistischen Publikationen, welcher Teil des Zeitungswesens -hier besprochen wird, und b) in die <ins class='correction' title='den'>der</ins> Vereinspublikationen, der -schönen Literatur, der Kunst und Wissenschaft gewidmeten Zeitungsorgane, -die in <a href='#H_04_a_0'>VIII, 4, a,</a> <a href='#H_04_b_0'>b,</a> und <a href='#H_04_c_0'>c,</a> behandelt werden. -</p> - -<p> -Die Tagesblätter der Verwaltung zerfallen in die Bezirks-, -Kreis- und Provinzialblätter und das Reichsblatt. Sie erscheinen -täglich und enthalten — wenn es ökonomisch ausführbar ist — -tägliche, monatliche und jährliche statistische Ausweise, worüber im -folgenden Abschnitte <a href='#H_00_0_0'>VIII,</a> das Nähere enthalten ist. Man würde -insbesondere von den statistischen Ausweisen auf diese Art nicht nur -die Reichssummarien, sondern auch die Provinzial-, Kreis- und Bezirkssummarien, -welch letztere sich aus den statistischen Ausweisen der -Urgemeinden aufbauen, veröffentlichen und die Richtigkeit der Ausweise -der Urgemeinden können nicht nur die Verwaltungsbeamten -einerseits der Urgemeinden, andererseits der Bezirke und alle ihre -Hilfsorgane nachprüfen, sondern auch jeder Bewohner der betreffenden -Urgemeinde und jeder Besucher aus anderen Gemeinden. <em class='gesperrt'>Hier -werden die offiziellen Blätter nur nebenher besprochen, -Ausführliches ist in</em> <a href='#H_04_a_0'>VIII, 4, a,</a> <em class='gesperrt'>enthalten</em>. -</p> - -<p> -Man kann sich gerade von der Ökonomie der Druckindustrie besonders -der Papierproduktion, welche für die Beurteilung, ob die hier erwähnten -Publikationen in dem Maße veröffentlicht werden können, wie -ich verspreche, entscheidend ist, eine ziemlich genaue Vorstellung -machen, da man eine verläßliche Statistik der Papierproduktion besitzt. -Man schätzt den heutigen Verbrauch von Papier in Österreich -auf 3½ bis 4 Kilo pro Kopf und Jahr, das macht 10 Gramm -pro Kopf und Tag. Demnach entfallen auf eine Gemeinde von -1000 Köpfen 10 Kilo Papiererzeugnisse für den Tag, wovon man -die Hälfte auf Druckpapier rechnen kann. Doch ist schon heute der -Verbrauch in Nordamerika doppelt so groß wie in Österreich, man -berechnet ihn auf 8 Kilo Papiererzeugnisse für den Kopf, und es -würde sich die Ökonomie der Papierproduktion ebenso, wie die des -Verbrauches im Kollektivstaat günstiger stellen. Was die Erzeugung -anbelangt, so gestattet der Kollektivismus eine viel vollkommenere -und raschere Sammlung aller jener Abfälle, die als Lumpen zur -<span class='pagenum'><a id='Page_93' name='Page_93' href='#Page_93'>[93]</a></span> -Papiererzeugung verwendet werden und ebenso die vollständige und -rasche Sammlung der Papierabfälle, wovon heute der größte Teil -gänzlich verwüstet wird. Und was die Ökonomie des Verbrauches -anbelangt, so ist in Betracht zu ziehen, daß eine Unmasse von -Packpapier und Enveloppen in der geschilderten Kollektivwirtschaft -dadurch in Ersparung gebracht würde, daß die Güter nicht an die -einzelnen Familien, sondern an die Urgemeinden geliefert werden. -Da man heute auf Papier und dergleichen im Handel verbrauchte -Papierprodukte, allerdings mit Inbegriff von Tapeten, 15 Vierzigstel -der Papierprodukte dem Gewichte nach rechnet, so wird im Kollektivstaate -ein großer Teil davon erspart und verhältnismäßig mehr -Druckpapier erzeugt werden können. -</p> - -<p> -Die Verteilung der erwähnten Tagesblätter würde in der -Weise erfolgen, daß eine <em class='gesperrt'>allgemeine</em> Verlautbarung der Publikationen -der Bezirksblätter nur in den Gemeinden des Bezirkes und -der Publikation der Kreisblätter nur in den Gemeinden des Kreises -u. s. f. stattfinden, eine Verlautbarung, welche wohl nicht mehr -voraussetzte, als daß zehn Exemplare eines solchen Blattes in jeder -Urgemeinde der betreffenden Zirkumskription durch eine Woche öffentlich -aufliegen. Doch würde man in jeder Kreis- und Provinzstadt -und in der Reichshauptstadt je ein oder zwei Exemplare <em class='gesperrt'>aller</em> Bezirks-, -Kreis- und Provinzialblätter in einer bestimmten Bibliothek -öffentlich auslegen, damit jene, die sich darum interessieren, dort alles -finden können, was veröffentlicht wird. Da übrigens neun Zehntel -der aufgelegten Exemplare nach einer Woche wieder in die Papiermühlen -wandern, könnten sie vorher noch Vereinen oder einzelnen -Personen zur Einsicht zugemittelt werden, die sich entweder um die -Kontrolle der Staatsverwaltung verdient machen, oder die wissenschaftliche -Zwecke verfolgen und diese Publikationen als Quellen benützen -wollen. -</p> - -<p> -Das Provinz- und Reichsblatt braucht wohl nur in je 5 Exemplaren -den Urgemeinden zugesandt zu werden. -</p> - -<p id='F_07_0_0al'> -Die genannten amtlichen Blätter würden außer den statistischen -Nachweisen noch andere Verlautbarungen bringen, so neue Verordnungen, -Erledigungen, Besetzungen, Erörterung von Fragen allgemeiner -Natur, dann insbesondere die Bekanntgabe und Erörterung -<span class='pagenum'><a id='Page_94' name='Page_94' href='#Page_94'>[94]</a></span> -von Wahlvorschlägen und Vorschläge für neue Gesetze. Die Wahlen -gingen die Staatsverwaltung nichts an, aber die Erörterung der -Fragen des öffentlichen Wohles und neuer Gesetzes-Vorschläge sollte -zwischen den Verwaltungs- und den Volksbeamten und eventuell den -von ihnen bestellten Redakteuren polemisch geführt werden, dergestalt, -daß Erstere alle Gründe der Staatsverwaltung für ihre Vorschläge -und zwar mit beständiger Hinweisung auf das allgemein bekannte -ungeheure statistische Material dem Volke mitteilen, und daß die aus -dem Volke laut werdenden Stimmen von der Organisation der Volksbeamten -und ihren Redakteuren verwertet und von ihnen nötigenfalls -die Gründe der Staatsverwaltung bekämpft werden. Das wird bei -der hohen Bildung und Urteilsfähigkeit des Volkes mit viel weniger -Worten und viel eindringlicher geschehen können, als heute in den -Parlamenten. -</p> - -<h3 id='F_08_0_0'> -8. Die Verrechnung und Statistik. -</h3> - -<h4 id='F_08_a_0'> -a) Ihre Aufgabe. -</h4> - -<p> -Die Statistik im Sozialstaate dient nicht nur für wissenschaftliche -und Verwaltungszwecke, sondern auch der nicht nur der Staatsverwaltung, -sondern auch <em class='gesperrt'>dem gesamten Volke und jedem -Einzelnen zustehenden Kontrolle der Verteilung</em>, nämlich, -ob den Gesetzen gemäß verwaltet wurde. Sie umfaßt alle -Veränderungen, die mit Personen und Sachen vor sich gehen und -zerfällt in eine tägliche, eine wöchentliche, monatsweise und Jahresstatistik. -Welche Veränderungen täglich zu erheben und zu fixieren -sind, wird von den Volksbeschlüssen abhängen, man kann aber schon -jetzt als Grundsatz aufstellen, daß die Bevölkerungsstatistik, die Statistik -über die Arbeitsverteilung in ihren Hauptgruppen, der Verbrauch -gewisser Nahrungsmittel, der Güterverkehr zwischen Staat, Provinzen, -Kreisen, Bezirken und Gemeinden täglich zu erheben, amtlich zu -prüfen und zu veröffentlichen ist. Im Gegensatze dazu wird die -Statistik über das Inventar und die Wohnungsbauten und über die -Wirtschafts- und Industriebauten nur einmal im Jahre aufzustellen -und zu veröffentlichen sein. Doch ist hier nur von dem Bestand an -Wirtschafts-, Industrie- und Wohnbauten und ihren Bestandteilen -<span class='pagenum'><a id='Page_95' name='Page_95' href='#Page_95'>[95]</a></span> -selbst, nicht von der Arbeitsverteilung und dem Güterverkehre für -die Zwecke der Bauerhaltung und Bauherstellung die Rede, welche -in kürzeren Intervallen statistisch zu bearbeiten sind. Wöchentlich -oder monatlich mögen Sanitäts- und Schulstatistik u. dergl. zu veröffentlichen -sein. -</p> - -<p> -Bezüglich der Statistik sind die städtischen Quartiere den Urgemeinden -als unterste Einheiten gleichzuhalten. Als Zeitabschnitt -für die Statistik ist die geeignetste Stunde am Tage, z. B. 6 Uhr -abends, zu bestimmen. -</p> - -<h4 id='F_08_b_0'> -b) Die Bevölkerungsstatistik. -</h4> - -<p> -Die Bevölkerungsstatistik umfaßt das genaue Alter einer jeden -Person und alle wichtigen persönlichen Verhältnisse und die Verteilung -der Bevölkerung auf die einzelnen Wohnungsansiedelungen. Die -Feststellung des Alters soll womöglich bis auf Minute und Sekunde -erfolgen. Insofern in einzelnen Fällen bei Geburts- und Sterbefällen -die erforderliche Genauigkeit der Zeitangabe untunlich ist, sind -Schätzungen vorzunehmen, welche im Gesetzes- oder Verordnungswege -vorzuschreiben sind. Anfang und Ende eines Menschenlebens am -Geburts- und Sterbetage kann in wenigen Fällen und innerhalb sehr -enger Grenzen zweifelhaft sein. Der Alterszuwachs der in den <ins class='correction' title='Gemeinden-'>Gemeinden</ins> -und Quartieren versorgten Personen ist aber leicht in -Evidenz zu halten, da dem Gesamtalter dieser Personen nur täglich -so viele Lebenstage zuzurechnen sind, als der Gemeinde oder dem -Quartiere Personen angehören. Dagegen wird bei Geburts- oder -Sterbefällen nur die entsprechende Anzahl von Stunden, Minuten -und Sekunden hinzugerechnet. Entdeckte Irrtümer z. B. bei der -Auffindung der Leiche eines Vermißten werden in der Statistik jeweilig -als Zuwachs oder Abfall eingestellt. Diese Genauigkeit der -Feststellung betrifft aber nur die Beschreibung der einzelnen Individuen; -für die zu veröffentlichende Statistik wird weiter unten eine Vereinfachung -vorgeschlagen. -</p> - -<p> -Der Verwaltungsbeamte hat mit dieser Statistik, wenn sie -täglich gemacht wird, nur wenig zu tun, da in der Woche kaum -<em class='gesperrt'>eine</em> Veränderung durch Geburt oder Sterbefall unter tausend -Menschen eintritt. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_96' name='Page_96' href='#Page_96'>[96]</a></span> -Die Bevölkerungsstatistik hat ferner zum Gegenstande: Berufszuweisung, -Beurlaubung, Domizilsveränderung, Berufsänderung, Abwesenheit -von Gemeindegliedern, Anwesenheit Fremder, Anthropologie, -Unterricht, Erziehungsergebnisse, Arbeitsbefreiung, Arbeitsverteilung, -z. B. in der Landwirtschaft, und nicht alle Teile dieser Statistik -erfordern eine tägliche Veröffentlichung. Es kann auch für gewisse -Betriebe, abgesehen von der allgemeinen Ziffer der täglich darin beschäftigten -Personen eine wöchentliche oder monatliche statistische Feststellung -der Arbeitsverteilung innerhalb des Betriebes stattfinden, -um z. B. im Glasfabriksbetriebe oder in Maschinenfabriken den veränderlichen -Arbeitsaufwand für verschiedene Produkte, oder Bestandteile -eines Produktes zu ermitteln. Demnach können auch für solche -Betriebe Betriebsstatistiken in bestimmten Perioden veröffentlicht -werden. -</p> - -<h4 id='F_08_c_0'> -c) Die Güter- und Verkehrsstatistik. -</h4> - -<p> -Die Güter- und Verkehrsstatistik hat festzustellen Produktion -und Verbrauch der Güter und wie die Güter örtlich verteilt und -welche Veränderung mit ihrer Verteilung im Laufe des Tages vorgegangen -sind. Das gilt besonders von Gütern, die, wie Fleisch, -Eier, Milch, einem baldigen Verderben ausgesetzt wären, daher rasch -verbraucht werden. Vorrat, Zuwachs und Abfall der Verbrauchsgüter -(nicht aber der Gebrauchsgüter) sind täglich zu ermitteln und -die Statistik behördlich zu prüfen.<a name='FA_16' id='FA_16' href='#FN_16' class='fnanchor'>[16]</a> -Dasselbe gilt vom Güterverkehr -von einer Gemeinde in die andere, so von Holz, Cerealien, <ins class='correction' title='Leder'>Leder,</ins> -Tuch, Werkzeugen, Maschinen, Mobilien, dann auch von anderen, -als den oben bezeichneten Arten von Lebensmitteln, als Mehl, Gewürzen -usw. Da aller Verkehr im Großen ausgeführt wird, werden -die großen Fabriken täglich ganze Wagen- und Lastzugsladungen an -die Bezirksvororte versenden, von wo die Verteilung an die Urgemeinden -erfolgt. Es können aber auch mehrere an der Bahn gelegene -Gemeinden als Ablade- und Lagerstellen bestimmt werden, -wenn dadurch der Verteilungstransport vereinfacht werden kann. Die -<span class='pagenum'><a id='Page_97' name='Page_97' href='#Page_97'>[97]</a></span> -Disposition darüber bliebe aber dem Bezirksbeamten vorbehalten und -es würde zunächst die Bezirksgemeinde damit, wie der Kaufmann -sagt, belastet. Ob die Abschreibung in der Gemeinde der absendenden -Fabrik erfolgt am Tage der Versendung oder erst beim Eintreffen -in der Gemeinde, welche empfängt, oder ob eine Belastung und Entlastung -der Transportanstalten für die Dauer der Fahrt zu geschehen -hat, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit, worüber die Erfahrung entscheiden -wird. Im allgemeinen wird man Großmagazinage soviel -als möglich vermeiden und alle Vorräte so rasch als möglich in die -Verbrauchsorte abzustoßen suchen. So werden die ganzen Auflagen -neuer Werke der Literatur sofort in die Bibliotheken verteilt. Die -Güterstatistik hat also täglich festzustellen, in welchen Gemeinden oder -Quartieren die Urstoffe, Halbfabrikate und die zum Verbrauche bestimmten -Ganzprodukte sich befinden. Der Vorstand der Gemeinde -oder Quartier, das ist der Verwaltungsbeamte untersten Ranges, -hat wieder in Evidenz zu halten, wer <em class='gesperrt'>in der Gemeinde</em> die Verantwortung -für die einzelnen Werte hat, und auch da wird ein -unter Umständen in der Gemeindeverrechnung festzustellender Verkehr -stattfinden, z. B. vom Viehzuchtbetriebe an die Fleischhauerei, von -dieser an die Küchen- oder Hausverwaltung. Diese nur innerhalb -der einzelnen Gemeinden vollzogenen Verschiebungen werden aber bei -Gütern in der Regel nicht veröffentlicht, weil sie nur zur Orientierung -der Gemeindeglieder dienen, welchen alle Gemeindeausweise -zur Einsicht offen stehen müssen und die gedruckten oder sonst veröffentlichten -statistischen Ausweise nur für die wechselseitige Verrechnung -zwischen Gemeinden, Bezirken, Kreisen, Provinzen und dem -Staate bestimmt sind. -</p> - -<p> -Es wird also zu unterscheiden sein, ob die in einer Gemeinde -befindlichen Güter schon definitiv der Gemeindeverwaltung zum -eigenen Verbrauche zugewiesen sind, oder ob sich in der Gemeinde -Güter befinden, welche sie noch dem Bezirke zu verrechnen hat. Im -ersteren Falle sind sie in der Statistik des Bezirkes nicht mehr zu -buchen, sondern es ist darüber nur den Gemeindegliedern Rechnung -zu legen, im anderen Falle sind die Güter so lange gewissermaßen -als anvertrautes, dem Staate zu verrechnendes Vermögen zu führen, -bis die Zuweisung für die Gemeindezwecke erfolgt. -</p> - -<h4 id='F_08_d_0'> -d) Zustandekommen und Einrichtung der Verrechnung und -Statistik. -</h4> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_98' name='Page_98' href='#Page_98'>[98]</a></span> -Die nachfolgende Untersuchung soll dartun, daß die Vollständigkeit -der Rechnungslegung auch in der Naturalwirtschaft gesichert -werden kann und wie sie in Absicht auf diesen Zweck eingerichtet -werden muß, wie die Kontrolle nicht nur der unteren Organe durch die -höheren Organe der Staatsverwaltung, sondern auch der Staatsverwaltung -durch die Öffentlichkeit ermöglicht wird und zwar in täglichen -Zeitabschnitten, wo die Güter rasch verzehrt werden, also sich -der späteren Feststellung entziehen würden, und weiteres dartun, daß -die dadurch bedingte Arbeit von der Verwaltung leicht geleistet -werden kann. -</p> - -<p> -Dem Verwaltungsbeamten der Gemeinde beziehungsweise des -Quartiers haben die verschiedenen Abteilungsvorstände die für die -statistische Verrechnung erforderlichen Angaben in der vorgeschriebenen -Form schriftlich zu machen und die von allen Produktions- und Verteilungsstellen -einlaufenden und gesammelten Daten hat der Beamte -oder eine von ihm dazu bestimmte Person zur bestimmten Zeit dem -Bezirksbeamten, wo es der raschen Veröffentlichung wegen dringend -ist, durch den Telegraphen oder das Telephon, sonst schriftlich bekannt -zu geben und dieser hat die Hauptsummen der unterstehenden -Gemeinden und Quartiere samt den daraus ermittelten Hauptsummen -des Bezirkes auf dieselbe Art dem Kreisbeamten mitzuteilen, der -wieder die Hauptsummen der Bezirke als Einzelposten und die daraus -ermittelten Hauptsummen des Kreises dem Provinzbeamten zu übermitteln -hat, der wieder Kreis- und Provinzsummarien an die Zentralregierung -weitergibt. Die täglich aufzustellende Gemeinde- und Bezirksstatistik -ist dann zunächst vom Bezirks- und in Stichproben auch -vom Kreisbeamten persönlich oder erforderlichenfalles durch Vertrauenspersonen -an Ort und Stelle zu überprüfen. -</p> - -<p> -Hieraus ergibt sich, daß Überschüsse und Abgänge, die eine -Ausgleichung und Güterbewegung notwendig machen, nicht nur dem -Gemeindebeamten, sondern auch den Bezirks- und Kreisbeamten -<em class='gesperrt'>täglich</em> bekannt werden und daß Provinzialverwaltung und Zentralregierung -sich auch über Abgänge und Überschüsse in Kreisen und -<span class='pagenum'><a id='Page_99' name='Page_99' href='#Page_99'>[99]</a></span> -Provinzen täglich orientieren, aus den ihnen zugehenden Bezirksausweisen -aber auch die Vorräte bis in jedes Quartier und in jede -Gemeinde verfolgen können. Die Provinz- und die Zentralverwaltung -hat immer eine Detailaufstellung der Verteilung der Bevölkerung -und der Güter vor sich und dem entsprechend verfügt jeder Verwaltungsbeamte -innerhalb seiner Kompetenz die für den nächsten Tag -erforderlichen Veränderungen. Zunächst wird jeder Abgang, den -man ja auf Wochen vorhersehen kann, und zwar tunlichst mit Ausnützung -von Hin- und Rückfracht, aus den Überschüssen im Bezirke -gedeckt und der Kreisbeamte hat nur eine Änderung zu verfügen, wenn -die Vorräte im ganzen Bezirke nicht ausreichen. Allein es kann sich -als zweckmäßig erweisen, daß auch vor Erschöpfung der Gesamtvorräte -des Bezirkes ein Abgang aus einem Nachbarbezirke oder Nachbarkreise -gedeckt wird, sei es, daß der Transport dadurch weniger -belastet wird, oder daß andere Rücksichten dafür sprechen. Darüber -haben sich die Verwaltungsbeamten zu verständigen. -</p> - -<p> -Das Volk ist in der Lage, die Zweckmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit -der Verteilungsarbeit aus den veröffentlichten Ausweisen Tag für -Tag und Woche für Woche zu ermitteln und auch festzustellen, ob -alle Summen richtig übertragen und in Hauptsummen zusammengezogen -wurden. Das wird am besten geschehen, wenn sich vorzugsweise -die Arbeitsbefreiten, also die Alten, dieser Arbeit annehmen -und sich nach einer zwischen ihnen angenommenen Ordnung in die -Aufgabe teilen, so daß einer die richtige Aufnahme der Gemeindestatistik -in die Bezirksstatistik, ein anderer die Richtigkeit der Gemeindestatistik, -andere die richtige Summierung im Kreis-, Provinz- -und Reichsblatte prüfen, wieder ein anderer Stichproben über die -Richtigkeit in anderen Kreisen und Provinzen machen wird. Da in -einem Staate wie Österreich mindestens ein und eine halbe Million -männlicher und weiblicher Personen zu den Alten gerechnet werden -müssen, ist die Last dieser Kontrolle eine sehr geringe, wenn man sie -vernünftig aufteilt. In <a href='#H_02_0_0'>VIII, 2,</a> ist auch von der Schaffung eines -Vereins für die Zwecke dieser Kontrolle die Rede. Es ist aber ganz -offenbar, daß, wollte man nach Art unserer Jahresrechnungen nur -jährlich eine Gesamtabrechnung verfassen und wenigen zur Prüfung -übergeben, von einer wirksamen Kontrolle keine Rede wäre. Diese -<span class='pagenum'><a id='Page_100' name='Page_100' href='#Page_100'>[100]</a></span> -fortlaufenden Ermittlungen und Veröffentlichungen sind für die Verwaltung -unentbehrlich, für die Wissenschaft von unermeßlichem Werte -und geben dem Volke Gelegenheit, eine Mitkontrolle zu üben. -</p> - -<p> -Die Bevölkerungsstatistik ist wesentlich auch die Grundlage für -die Vervollkommnung der Verteilung. Die Gerechtigkeit der Verteilung, -<a href='#L_00_0_0'>XI,</a> wird dann am vollkommensten sein, wenn jeder die -gleiche Hoffnung hat, das höchste Alter zu erreichen. Ein Beruf, -der eine größere Sterblichkeit zu tragen hat, als ein anderer, ist zu -stark belastet. Es muß ihm durch Erleichterung der Arbeit oder -größeren Aufwand zur Beseitigung der Schädlichkeiten eine Begünstigung -geboten werden. Die Bevölkerung selbst und der Beamtenkörper -werden sich ununterbrochen die Erfahrungen zu nutze machen, -welche sich aus der Verarbeitung des statistischen Materials ergeben. -</p> - -<p> -Die Bevölkerungs- und Sanitätsstatistik wird insbesondere der -Verwaltung als Wegweiser dienen, wo Gebrechen vorliegen, welche -Abhilfe erfordern. Ein größerer Krankenstand oder größere Sterblichkeit -sind sofort erkennbar und zwar nicht nur für den zunächst -verantwortlichen Beamten, sondern auch für die höheren Organe der -Staatsverwaltung, freilich für die höheren Behörden weniger, weil -sie ihre Aufmerksamkeit zunächst den höheren Summarien zuzuwenden -haben, in welchen sich eine sehr große Sterblichkeit in der einen oder -anderen Gemeinde leicht im Durchschnitt verlieren kann. Man wird -übrigens auch den Kreisämtern, welchen die Verhältnisse aller ihrer -Gemeinden bekannt sein müssen, zur Pflicht machen, gewisse Überschreitungen -des mittleren Kranken- und Todesfallstandes unter -Namhaftmachung der betreffenden Gemeinden der vorgesetzten Behörde -besonders anzuzeigen, damit sie ihrer Aufmerksamkeit nicht entgehen -können. Den genauen Sachverhalt entnimmt dann selbst die -Zentralbehörde dem betreffenden Bezirksblatte. So wird die Aufmerksamkeit -der Behörden immer in kürzester Frist dorthin gelenkt, -wo Abhilfe am dringendsten ist. -</p> - -<h4 id='F_08_e_0'> -e) Beispiele der statistischen Tabellen. -</h4> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_101' name='Page_101' href='#Page_101'>[101]</a></span> -Es folgen nun hier einige Beispiele der täglich festzustellenden -und den Bezirks- und Kreisbeamten vorzulegenden, wenn möglich -auch täglich zu veröffentlichenden Statistiken, wobei bemerkt wird, -daß für die Altersangaben der Menschen der Geburtstag als ein -ganzer Tag gerechnet, der Todestag aber <em class='gesperrt'>nicht</em> gerechnet wird. -</p> - -<p> -Bei der Ermittlung des durchschnittlichen Lebensalters in der -Gemeinde werden Ortsabwesende mitgerechnet, aber Fremde nicht gerechnet. -Dafür werden bei Ermittlung des <ins class='correction' title='Verpflegsstandes'>Verpflegstandes</ins> wieder -die Fremden mitgerechnet und die Ortsabwesenden nicht gerechnet. -Es ist wohl möglich, daß man bald von dieser allzupeinlichen Genauigkeit -Umgang nehmen wird, wenn das Vertrauen in die staatliche -Organisation sich einmal eingelebt hat, aber so lange man das -Bedürfnis fühlt, den Beamten auf die Finger zu sehen, wird man -wissen wollen, wie der <ins class='correction' title='Verpflegsstand'>Verpflegstand</ins>, welcher auf den Aufwand von -Nahrungsmitteln Einfluß hat, von Tag zu Tag hin und <ins class='correction' title='herschwankt'>her schwankt</ins>. -Obwohl es nun dabei nicht bloß auf die Zahl der Personen ankommen -wird, sondern auch auf Alterskategorien, Geschlecht, Krankenstand -und möglicherweise auch auf Rangstufen, insofern zu den den -verdienten Personen einzuräumenden Vorzügen auch die Anweisung -verfeinerter und seltener Speisen und Getränke gehören wird, so -wird man das einer Ausgleichung zwischen Gemeinden und zwischen -Bezirken, vielleicht auch zwischen Kreisen überlassen und nur in -längeren Intervallen etwas darüber veröffentlichen. (Siehe Seite 102.) -</p> - -<p> -Eine vollkommen gleichartige Tabelle stellt den Personenstand -der Mädchen im ersten Lebensjahre für den Bezirk dar. Die erste -Kolonne in A 1 gibt die Ordnungszahl der Gemeinde an. Die -2. und 3. Kolonne bringt die Zahl der Knaben im ersten Lebensjahre -und die Zahl ihrer Lebenstage am Vortage des Rechnungstages. -Dabei ist, wie oben erwähnt, der Geburtstag zwar als voller -Tag gerechnet, aber es wird der Todestag dafür <em class='gesperrt'>nicht</em> gerechnet. -Es wird sich das im Durchschnitte aller Geborenen und Gestorbenen -ziemlich ausgleichen. Für die Veröffentlichung ist diese unbedeutende -Ungenauigkeit offenbar belanglos und sie könnte übrigens auch von -Zeit zu Zeit, wenigstens für das Reichssummarium, durch eine besondere -Rektifikationstabelle ausgeglichen werden. Denn für wissenschaftliche -Zwecke und, um alles so genau als möglich festzustellen, -wird es sich empfehlen, Geburts- und Todeszeit in jedem Falle auf -Minute und Sekunde zu notieren. Allein zuweilen, obwohl in seltenen -Fällen, wird das unmöglich sein. -</p> - -<div class="brmax center"> - -<p class="center"> -<span class='pagenum'><a id='Page_102' name='Page_102' href='#Page_102'>[102]</a></span> -Bevölkerungsstatistik des Bezirkes 8, 7, 19, vom 10. Juli 2001 -<br />A 1. Knaben bis einschließlich ein Jahr. -</p> - -<table class="tabtop" width="90%" summary=""> - <tr> - <td rowspan="2" class="cwdth08 abo abu vm c gemoz">Ordnungs-<br />zahl der<br />Gemeinde</td> - <td colspan="2" class="abo vm c gemoz">Am Vortage</td> - <td colspan="2" class="abo vm c gemoz">Zuwachs</td> - <td colspan="2" class="abo vm c gemoz">Abfall</td> - <td colspan="2" class="abo vm c klein">Am Schluß des<br />Verrechnungs-<br />tages</td> - </tr> - <tr> - <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Zahl</td> - <td class="cwdth13 abu vm c gemoz">Tage am<br />Vortage</td> - <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Zahl</td> - <td class="cwdth13 abu vm c gemoz">Tage am<br />Vortage</td> - <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Zahl</td> - <td class="cwdth13 abu vm c gemoz">Tage am<br />Vortage</td> - <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Zahl</td> - <td class="cwdth13 abu vm c ">Tage</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">1</td> - <td class="c anzal">9</td> - <td class="c gemoz">1 485</td> - <td class="c anzal">1</td> - <td class="c gemoz">0</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">10</td> - <td class="c">1 495</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">2</td> - <td class="c anzal">10</td> - <td class="c gemoz">1 822</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">10</td> - <td class="c">1 832</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">3</td> - <td class="c anzal">7</td> - <td class="c gemoz">1 370</td> - <td class="c anzal">2</td> - <td class="c gemoz">403</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">9</td> - <td class="c">1 782</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">4</td> - <td class="c anzal">8</td> - <td class="c gemoz">1 511</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">8</td> - <td class="c">1 519</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">5</td> - <td class="c anzal">9</td> - <td class="c gemoz">1 288</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">9</td> - <td class="c">1 297</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">6</td> - <td class="c anzal">11</td> - <td class="c gemoz">1 911</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">11</td> - <td class="c">1 922</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">7</td> - <td class="c anzal">10</td> - <td class="c gemoz">1 799</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">10</td> - <td class="c">1 809</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">8</td> - <td class="c anzal">8</td> - <td class="c gemoz">1 489</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">8</td> - <td class="c">1 497</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">9</td> - <td class="c anzal">9</td> - <td class="c gemoz">1 255</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">9</td> - <td class="c">1 264</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">10</td> - <td class="c anzal">7</td> - <td class="c gemoz">1 304</td> - <td class="c anzal">1</td> - <td class="c gemoz">352</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">8</td> - <td class="c">1 664</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">11</td> - <td class="c anzal">9</td> - <td class="c gemoz">1 377</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">9</td> - <td class="c">1 386</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">12</td> - <td class="c anzal">8</td> - <td class="c gemoz">1 389</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">8</td> - <td class="c">1 397</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">13</td> - <td class="c anzal">11</td> - <td class="c gemoz">1 917</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">3</td> - <td class="c gemoz">755</td> - <td class="c anzal">8</td> - <td class="c">1 170</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">14</td> - <td class="c anzal">10</td> - <td class="c gemoz">1 785</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">1-A-</td> - <td class="c gemoz">365</td> - <td class="c anzal">9</td> - <td class="c">1 429</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">15</td> - <td class="c anzal">11</td> - <td class="c gemoz">1 889</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">1-B-</td> - <td class="c gemoz">312</td> - <td class="c anzal">10</td> - <td class="c">1 587</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">16</td> - <td class="c anzal">9</td> - <td class="c gemoz">1 412</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">9</td> - <td class="c">1 421</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">17</td> - <td class="c anzal">8</td> - <td class="c gemoz">1 203</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">8</td> - <td class="c">1 211</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">18</td> - <td class="c anzal">10</td> - <td class="c gemoz">1 706</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">10</td> - <td class="c">1 716</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">19</td> - <td class="c anzal">9</td> - <td class="c gemoz">1 376</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">9</td> - <td class="c">1 385</td> - </tr> - <tr> - <td class="c gemoz">20</td> - <td class="c anzal">9</td> - <td class="c gemoz">1 354</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">—</td> - <td class="c gemoz">—</td> - <td class="c anzal">9</td> - <td class="c">1 363</td> - </tr> - <tr> - <td class="c abo gemoz">Summa</td> - <td class="c abo anzal">182</td> - <td class="c abo gemoz">30 642</td> - <td class="c abo anzal">4</td> - <td class="c abo gemoz">755</td> - <td class="c abo anzal">5</td> - <td class="c abo gemoz">1 432</td> - <td class="c abo anzal">181</td> - <td class="c abo">30 146</td> - </tr> -</table> - -<hr class='fnsep' /> - -<div class="blockquote klein"> -<p> --A- Der in der Gemeinde 14 in Abfall gebrachte Knabe wurde am Vortage -ein Jahr alt und ist daher am Verrechnungstage in die Tabelle A 2. übertragen -worden. -</p> - -<p> --B- Der in der 15. Gemeinde abgeschriebene Knabe wurde in den Bezirk 8, 7, 20 versetzt. -<br /> -</p> -</div> -</div> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_103' name='Page_103' href='#Page_103'>[103]</a></span> -Eine Frau kann von der Geburt überrascht werden und ein Reisender kann an einem -einsamen Orte sterben; auch im Auslande, wo genaue Feststellungen überhaupt -nicht gemacht werden, kann ein Geburts- oder Sterbefall von Reichsangehörigen -vorkommen. Ist eine Person im Inlande unbeobachtet -gestorben, so wird sich jedenfalls der Tag feststellen lassen, weil ermittelt -werden kann, wo und wann sie zuletzt gesehen wurde. -Werden Geburts- und Sterbefälle erst nach längerer Zeit bekannt, -so wird nach tunlichster Feststellung des genauen Zeitpunktes eine -nachträgliche Richtigstellung der Statistik erfolgen. -</p> - -<p> -Zu bemerken ist, daß in der Gemeinde die Bevölkerungsstatistik -nur zur Zählung der Gemeindeglieder gemacht wird. Stirbt ein -Gemeindeglied in einer fremden Gemeinde, so wird die Verwaltung -dieser Gemeinde es der Heimatsgemeinde telegraphisch melden, damit -die Statistik vollständig sei. Stirbt in der Gemeinde ein Fremder, -so erscheint das nicht in ihrer Bevölkerungsstatistik. Die Zugehörigkeit -ist, wie in VI, 3, gezeigt, niemals zweifelhaft, weil jedermann -in seiner bisherigen Heimatsgemeinde so lange geführt wird, bis die -Abschreibung hier und zugleich die Zuschreibung in der neuen Heimatsgemeinde -geschieht. Eine spezielle Konstatierung der Sterbefälle -Fremder kann in besonderen Ausweisen immerhin auch für die -Aufenthaltsgemeinden erfolgen. -</p> - -<p> -In der 4. und 5. Kolonne weist jede Gemeinde den Zuwachs -— hier an erstjährigen Knaben — aus und in der obigen Tabelle -liegt in der Gemeinde 1 ein Zuwachs durch Geburt vor. Das am -Verrechnungstage neugeborene Kind wird in der 5. Kolonne nach -den oben entwickelten Grundsätzen für den Vortag mit 0 Tagen angeführt. -Es ist ferner aus diesem Beispiel ersichtlich, daß weiters in -der 4. und 5. Kolonne für die 3. und 10. Gemeinde ein Zuwachs -von 3 Knaben, beziehungsweise 2 und 1 Knaben ausgewiesen erscheint, -welche aus der Gemeinde 13 stammen und in jenen Gemeinden -bleibend aufgenommen wurden. Die Abschreibungen kommen -in den Kolonnen 6 und 7 nach Zahl und Alter am Vortage vor -und Kolonnen 8 und 9 geben Zahl und Alter sämtlicher Gemeindegenossen -dieses Alters in jeder einzelnen Gemeinde und im ganzen -Bezirke am Schluß des Verrechnungstages an. Da in 9 dem Alter -vom Vortage für jeden Kopf ein Lebenstag zugerechnet ist, weil Kolonne -<span class='pagenum'><a id='Page_104' name='Page_104' href='#Page_104'>[104]</a></span> -3 nur die Alterstage des Vortages angibt, daher so viele Tage, als -Kolonne 8 als Bevölkerungsstand angibt, in Kolonne 9 zugerechnet -werden, so erscheint auch das neugeborene Kind am Schlusse des -Verrechnungstages mit einem Lebenstage angegeben, was dem Grundsatze, -der hierfür aufgestellt wurde, entspricht. -</p> - -<p> -In den Kolonnen 6 und 7 ist in den Gemeinden 14 und 16 -noch je ein Knabe abgeschrieben, wovon ersterer am Vortage 365 Tage -zählte, also — da es kein Schaltjahr war — das erste Lebensjahr -vollendete. Deshalb mußte er am Verrechnungstage in die Tabelle -der Knaben des höheren Alters übertragen werden, wie wir im -nächstfolgenden Beispiele sehen werden. Hier ist eine Fußnote der -Tabelle angefügt, woraus dies zu entnehmen ist. Für einen Sachkundigen -wäre diese Note nicht erforderlich, da die Zahl der Alterstage, -das Jahr vom 10. Juli 2000 bis 10. Juli 2001 enthält -keinen Schalttag, und der Vergleich der Tabellen A 1 und A 2 vollkommen -klar machen, was die Note besagt. In der 15. Gemeinde -liegt der Fall vor, daß ein erstjähriger Knabe in Abfall gebracht ist, -der in keiner Gemeinde des Bezirkes als Zuwachs erscheint, daher -er entweder gestorben, oder in eine Gemeinde eines anderen Bezirkes -aufgenommen worden wäre, was in einer Fußnote der Tabelle anzufügen -sein wird. Diese Fußnote wird immer notwendig sein, weil -sonst nicht ersichtlich wäre, ob die Abschreibung wegen Todesfalles -oder Auswanderung aus dem Bezirke erfolgte, noch wohin der Knabe -versetzt wurde. -</p> - -<p> -Vergleicht man die Kolonnen 3 und 9, so bemerkt man, daß -die Zahl der Alterstage am Schlusse des Verrechnungstages auch -in jenen Gemeinden größer angegeben ist, in welchen die Zahl der -erstjährigen Knaben gleich geblieben ist. So waren am Vortage in -der 2. Gemeinde 10 Knaben mit 1822 Alterstagen verzeichnet, -welche gemäß der in der Kolonne 8 angeführten Gesamtzahl in der -9. Kolonne mit 1832 Alterstagen angegeben erscheinen. Da nämlich -jeder Knabe um einen Tag älter wurde, ist die Gesamtzahl der -Tage um 10 Tage gewachsen und so erscheint auch der in der -1. Gemeinde Geborene in der 9. Kolonne mit einem Tage angerechnet, -wogegen für einen Gestorbenen ein Zuwachs nicht mehr berechnet -würde, weil er in der 8. Kolonne nicht mehr gezählt -<span class='pagenum'><a id='Page_105' name='Page_105' href='#Page_105'>[105]</a></span> -erscheint. Abgesehen von dieser Lebenstagezuschreibung aus der Zahl -in Kolonne 8 wird die Gesamtzahl der Lebenstage durch die Zahl -der Lebenstage der in Zuwachs oder Abfall gekommenen Individuen -beeinflußt, die in der in die Kolonne 9 aufgenommene Zahl entweder -zugeschrieben oder abgeschrieben werden. -</p> - -<p> -Aus dem Bezirkssummarium unter dem Striche der Tabelle ersieht -man die Bewegung im ganzen Bezirke. Vergleicht man die -Zahl der Abgeschriebenen und der Zugeschriebenen, so muß die sich -dabei ergebende Differenz auch in den Summen der Kolonnen 2 -und 8 zum Ausdrucke kommen. Rechnet man in der Summe der -Tage zur Summe der Lebenstage am Vortage die Summe der -Lebenstage der Zugewachsenen und den Tageszuwachs der Alterstage, -hier für den ganzen Bezirk 181 Tage, und rechnet man davon -ab die Lebenstage der Abgeschriebenen, so gelangt man zu den -Einzelziffern und zur Summe der 9. Kolonne und die Übereinstimmung -der Additionen in der vertikalen und horizontalen Summierung -ist zugleich eine Probe für die Richtigkeit der Summen in -den einzelnen Gemeinden. -</p> - -<p> -Es ist zwar diese Tabelle nur ein Teil der täglichen Statistik -und das Ganze beträgt etwa das dreißig- oder fünfzigfache, allein -wie gering die <em class='gesperrt'>ganze</em> Arbeit ist, ist ganz evident. Jeder der zwanzig -Verwaltungsbeamten der Gemeinden eines Bezirkes hat nur eine -Zeile dieser Tabelle zu liefern und selbst diese Zeile hat der Sanitätsbeamte -zu bearbeiten, wie die später zu erwähnenden Tabellen der -Milchgebarung von den Vorständen des betreffenden Produktionszweiges -einzuliefern sind. Der Verwaltungsbeamte, der überdies wahrscheinlich -die Hilfe eines Volksbeamten nach V, 1, <i>Alinea</i>: -<a href='#E_01_0_0al3'>»Um aber jeden«</a> zu beanspruchen hat, -hat nur die richtige Berechnung zu prüfen -und in die Bevölkerungstabellen etwa Zu- und Abschreibungen durch -Wanderung einzutragen, weil diese, über welche ja dem Verwaltungsbeamten -das unmittelbare Verfügungsrecht zusteht, nicht in die Kompetenz -eines Fachvorstandes fällt. Nimmt man an, daß genau um -6 Uhr abends die tägliche Statistik abgeschlossen wird, so muß spätestens -30 Minuten später jede schriftliche Feststellung der statistischen -Daten in den einzelnen Gemeinden abgeschlossen sein und sie wird -dann telegraphisch oder telephonisch dem Bezirksbeamten bekannt -<span class='pagenum'><a id='Page_106' name='Page_106' href='#Page_106'>[106]</a></span> -gegeben. Dieser kann die Richtigkeit der Angaben später prüfen oder -prüfen lassen oder sich mit Stichproben begnügen. Seine weitere -Arbeit aber besteht für jetzt nur darin, daß er für die Summierung -der Posten sorgt, die Schlußziffern, welche in der obigen Tabelle -25 Ziffern umfaßt, überprüft und die Tabelle zum Drucke vorbereitet. -Nun ist aber das Bezirksblatt bis auf die fehlenden Ziffern -schon gesetzt und zwar, es ist nicht nur der sonstige Inhalt schon gesetzt, -vieles vielleicht schon gedruckt, sondern es sind auch der Kopf -und die drei ersten Kolonnen der Tabelle schon gesetzt und es sind -nur die Ziffern der fünf folgenden zu setzen, daher man sagen kann, -daß das Bezirksblatt im Laufe des nächstfolgenden Vormittags, hier -im Laufe des Vormittags des 11. Juli 2001, schon verschickt -werden kann. -</p> - -<p> -Aus den beim Kreisbeamten einlaufenden Bezirksblättern stellt -dieser dann die Kreistabellen zusammen und so wird das Kreisblatt -mit den Kreistabellen für den 10. Juli am 12. Juli vormittags -gedruckt und versendet, das Provinzblatt mit der Provinztabelle für -den 10. Juli am 13. Juli vormittags gedruckt und versendet und -das Reichsblatt mit den Reichstabellen für den 10. Juli am 14. Juli -vormittags gedruckt und versendet.<a name='FA_17' id='FA_17' href='#FN_17' class='fnanchor'>[17]</a> -</p> - -<p> -Es ist nun aber noch der besondere Nachweis zu liefern, daß -die ganze Verrechnungs- und statistische Arbeit in jeder ihrer Stufen -in verhältnismäßig kurzer Zeit hergestellt werden kann, was für -Bezirke, Kreis, Provinz und Reich wegen der Arbeit, welche die -Summierung erfordert, bei dem stetig anschwellenden Material viel -schwieriger ist, als in den Gemeinden, wo keine größeren Summierungen -stattfinden. Müßten nun die Verwaltungsbeamten der Bezirke, -Kreise, der Provinzen und der Zentralstellen die mechanische -<span class='pagenum'><a id='Page_107' name='Page_107' href='#Page_107'>[107]</a></span> -Rechnungsarbeit selbst leisten oder hätten sie nur die Unterstützung -der ihnen beigegebenen Volksbeamten, so könnte diese Arbeit allerdings -in wenigen Stunden des nächstfolgenden Vormittags nicht -bewältigt werden. Allein es wurde schon in V, 3, a, <i>Alinea</i>: -<a href='#E_03_a_0al1'>»Die Unterrichtspersonen«</a>, bemerkt, daß die Schuljugend jeder Gemeinde -zu gewissen Arbeiten herangezogen werden kann und dazu eignen sich -besonders die einfachen, mechanischen Rechnungsarbeiten. Nachdem -sich in jeder Urgemeinde und im Bezirksvororte eine Schule mit -einem Schülerstande von je etwa 240 Köpfen, in städtischen Ansiedlungen -ist diese Zahl natürlich größer, befindet, wovon mindestens -200 im Rechnen vollkommen sicher sein müssen, so ist die erforderliche -Rechnungsarbeit in den <ins class='correction' title='Bezirks- Kreis'>Bezirks-, Kreis-</ins> und Provinzstädten und -in der Reichshauptstadt, die lediglich in der Laterierung einer -stattlichen Anzahl von Ziffernreihen besteht, durch die Schuljugend -leicht zu besorgen. Man teilt sie in 6 oder 7 Serien von 30 oder -25 Schülern, deren jede an einem Wochentage Dienst hat und verteilt -unter sie die aus den Gemeinden einlaufenden Telegramme -und die Exemplare der Blätter, aus welchen die Tabellen zusammengestellt -werden müssen, woraus jeder Schüler zwei oder drei Tabellen -wie die oben aufgeführte zusammenstellt und dann die Summen -zieht, wobei sich dann die Schüler gegenseitig kontrollieren. Wo -sich Differenzen ergeben, sind diese sofort zu beheben und so ist nun -die Arbeit in 20-30 Minuten leicht zu bewältigen. Mit einiger -Gewandtheit ist die Tabelle A in fünf Minuten zu bearbeiten und -durch die Summierung, beziehungsweise Subtraktion der Summe -in den Kolonnen 2-8 und Vergleichung des Ergebnisses mit der -Summe in Kolonne 9 die Selbstkontrolle zu besorgen. Davon kann -sich der Leser selbst überzeugen. -</p> - -<p> -Hier ist übrigens der Gebrauch von Rechenmaschinen und -anderen Erleichterungen gar nicht in Betracht gezogen, die bei den -Kreis-, Provinz- und Reichsämtern sicher in Anwendung kommen -werden. -</p> - -<p> -Diese Verwendung der Volksschüler bei einer sehr wichtigen, -aber mechanischen Arbeit wäre auch von großem erziehlichem Werte. -Man würde die geistigen Kräfte der jungen Leute kennen lernen, -denn die Schnelligkeit und Sicherheit in der dauernden Bewältigung -<span class='pagenum'><a id='Page_108' name='Page_108' href='#Page_108'>[108]</a></span> -solcher mechanischen Arbeiten bildet einen Maßstab zur Feststellung -einer sehr wertvollen Anlage. Der junge Mensch fühlt sich überdies -als ein Glied der Organisation, er lernt früh den Amtseifer -kennen, er lernt den Wert und die Leistungen des Beamtenapparates -schätzen, er fühlt, daß er einen wichtigen Platz ausfüllt, daß er -pünktlich am Arbeitsorte erscheinen muß, und er wird auch nach und -nach mit dem Sinne und der Wichtigkeit dieser Arbeit vertraut. -Dabei wird sich sofort der Eifer zeigen, der durch Arbeiten geweckt -wird, die in größerer Gesellschaft geleistet werden. Der zeitweilige -Ausschluß von der Mitarbeit könnte als Strafe besonders dann -verhängt werden, wenn ein Fehler nachträglich aufgedeckt oder eine -Verzögerung der Arbeiten verschuldet wird. -</p> - -<p id='F_08_e_0al'> -Es ist noch zu bemerken, daß die vorgesetzten Beamten die Angaben -der Verwaltungsbeamten der Urgemeinden und städtischen -Quartiere über die Produktion keineswegs so auf Treu und Glauben -hinzunehmen, sondern sie zum Teile nachträglich zu prüfen haben. -Die Urgemeinden und Quartiere haben nämlich nicht nur statistische -Tabellen für die Veröffentlichung zu liefern, sondern auch Bücher -zu führen, welche genaue und individuelle Angaben über den ganzen -Personalstand und auch über Tiere, Vorräte, Maschinen, Werkzeuge -usw. enthalten, wie auch die Gebarung der Hausverwaltung zum -Gegenstande haben. Diese Bücher enthalten von jedem Menschen -genaue Angaben der Geburtszeit und aller Arten von Veränderungen, -die mit ihm vor sich gehen. So werden auch bei Tieren -Abkunft, Unterscheidungsmerkmale, Rasse und Namen, bei Kühen -Belegung, Zeit des Trockenstehens, die Zeit des Kälberns, des -Säugens, ferner die Schwankungen im Gewichtsstande, Milchertrag, -Krankheiten usw. eingetragen, vom Bezirks- und Kreisbeamten gleichförmige -Bücher zu führen und sie über alles, was Gegenstand der Eintragung -ist, auf dem Laufenden zu erhalten sein. Aus diesen Büchern -werden die vorgesetzten Beamten genau, beziehungsweise wenigstens -schätzungsweise entnehmen können, ob die Angaben der statistischen -Tabellen, z. B. über den Milchertrag, richtig sind. -</p> - -<p> -Um aber Irrungen in der Wiedergabe der statistischen Daten -zu verhindern, werden alle nötigen Vorsichten beobachtet werden. -Der Empfänger telegraphischer oder telephonischer Angaben wird sie -<span class='pagenum'><a id='Page_109' name='Page_109' href='#Page_109'>[109]</a></span> -zurücktelephonieren, damit ein etwaiger Irrtum berichtigt werde. -Die Selbstkontrolle der statistischen Tabellen — in Horizontal- und -Vertikalreihen — wird gleichfalls auf etwaige Irrungen führen. -Außerdem wird man Vorsorge treffen, daß alle Rechnungen und -Ermittelungen schon in den Urgemeinden und Quartieren doppelt -gemacht werden. Auch sind alle bloßen Verschiebungen von Personen -oder Sachen nicht bloß vom übergebenden Teile anzugeben, sondern -auch vom empfangenden Teile zu bestätigen. -</p> - -<p> -Dieser Gegenstand wurde aus dem Grunde so umständlich dargestellt, -weil die Frage von der größten Tragweite ist, ob es möglich -ist, Jedem Einblick in die Verteilung zu gewähren, deren erste -Grundlage ja die Bevölkerungsstatistik und die Statistik der rasch -dem Verbrauche zugeführten Nahrungsmittel ist. Die später folgenden -Tabellen über die Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte -und über den Verpflegstand der einzelnen Gemeinden, welche mit -dem Bevölkerungsstande nicht übereinstimmt, und noch andere Erörterungen -werden überzeugend dartun, daß die Administration eines -solchen Staates sehr einfach und unendlich erfolgreich ist. -</p> - -<p> -Man kann hier auch die Überzeugung schöpfen, daß die Tagesstatistik, -wenn man selbst annimmt, daß sie aus 50 Tabellen gleicher -Art besteht, keinen allzugroßen Raum der in <a href='#F_07_0_0'>VI, 7,</a> geschilderten -Blätter einnehmen wird, nur etwa 4 große Folioseiten. Die Natur -der Sache bringt es mit sich, daß die äußerste Ökonomie im Raume -angestrebt wird. -</p> - -<p> -Außer der oben exemplifizierten Tabelle über die erstjährigen -Knaben werden noch Tabellen aufgestellt werden 2. für die -Knaben, welche mehr als 1 Jahr, aber nicht mehr als 6 Jahre alt -sind, ferner 3. für die Knaben, welche mehr als 6 Jahre, aber nicht -mehr als 18 Jahre alt, also schulpflichtig sind, dann 4. die arbeitspflichtigen -Männer, endlich 5. für die von der geregelten Arbeit befreiten -Männer. Endlich werden 6. von den arbeitspflichtigen -Männern jene ausgewiesen, welche derzeit vorübergehend von der -Arbeit befreit sind, so Kranke und Beurlaubte. Da jede dieser -Tabellen auch für den weiblichen Teil der Bevölkerung zu machen -ist, so gibt das zwölf Tabellen für die Bevölkerungsstatistik und dazu -noch eine oder zwei alle Tabellen zusammenziehende Gesamttabellen. -</p> - -<p> -Es folgt nun die Tabelle für die Knaben, welche älter als -1 Jahr, aber nicht älter als 6 Jahre, also noch nicht schulpflichtig -sind. -</p> - -<div class="brmax center"> - -<p class="center"> -<span class='pagenum'><a id='Page_110' name='Page_110' href='#Page_110'>[110]</a></span> -Bevölkerungsstatistik des Bezirkes 8, 7, 19. vom 10. Juli 2001 -<br />A 2. Knaben über 1 Jahr bis einschließlich 6 Jahre. -</p> - -<table class="tabtop" width="90%" summary=""> - <tr> - <td rowspan="2" class="cwdth08 abo abu vm c gemoz">Ord-<br />nungs-<br />zahl<br />der<br />Gmnde</td> - <td colspan="2" class="abo vm c gemoz">Am Vortage</td> - <td colspan="2" class="abo vm c gemoz">Zuwachs</td> - <td colspan="2" class="abo vm c gemoz">Abfall</td> - <td colspan="2" class="abo vm c klein">Am Schluß des<br />Verrechnungs-<br />tages</td> - </tr> - <tr> - <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Köpfe</td> - <td class="cwdth13 abu vm c gemoz">Alters-<br />tage</td> - <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Köpfe</td> - <td class="cwdth13 abu vm c gemoz">Alters-<br />tage</td> - <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Köpfe</td> - <td class="cwdth13 abu vm c gemoz">Alters-<br />tage</td> - <td class="cwdth08 abu vm c anzal">Köpfe</td> - <td class="cwdth13 abu vm c ">Alters-<br />tage</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">1</td> - <td class="anzal c">65</td> - <td class="gemoz r pdr">78 000</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">65</td> - <td class="r pdr">78 065</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">2</td> - <td class="anzal c">66</td> - <td class="gemoz r pdr">78 015</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">1-A-</td> - <td class="gemoz r pdr">1 190</td> - <td class="anzal c">65</td> - <td class="r pdr">76 890</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">3</td> - <td class="anzal c">59</td> - <td class="gemoz r pdr">77 233</td> - <td class="anzal c">5-B-</td> - <td class="gemoz r pdr">6 124</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">64</td> - <td class="r pdr">83 421</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">4</td> - <td class="anzal c">68</td> - <td class="gemoz r pdr">79 001</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">68</td> - <td class="r pdr">79 069</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">5</td> - <td class="anzal c">70</td> - <td class="gemoz r pdr">80 236</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">70</td> - <td class="r pdr">80 306</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">6</td> - <td class="anzal c">69</td> - <td class="gemoz r pdr">79 012</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">2</td> - <td class="gemoz r pdr">2 405</td> - <td class="anzal c">67</td> - <td class="r pdr">76 674</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">7</td> - <td class="anzal c">63</td> - <td class="gemoz r pdr">77 230</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">63</td> - <td class="r pdr">77 293</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">8</td> - <td class="anzal c">64</td> - <td class="gemoz r pdr">76 819</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">64</td> - <td class="r pdr">76 883</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">9</td> - <td class="anzal c">67</td> - <td class="gemoz r pdr">77 344</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">67</td> - <td class="r pdr">77 411</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">10</td> - <td class="anzal c">59</td> - <td class="gemoz r pdr">72 561</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">59</td> - <td class="r pdr">72 620</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">11</td> - <td class="anzal c">62</td> - <td class="gemoz r pdr">77 344</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">62</td> - <td class="r pdr">77 406</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">12</td> - <td class="anzal c">60</td> - <td class="gemoz r pdr">72 304</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">60</td> - <td class="r pdr">72 364</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">13</td> - <td class="anzal c">68</td> - <td class="gemoz r pdr">79 105</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">68</td> - <td class="r pdr">79 173</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">14</td> - <td class="anzal c">66</td> - <td class="gemoz r pdr">78 158</td> - <td class="anzal c">1-C-</td> - <td class="gemoz r pdr">365</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">67</td> - <td class="r pdr">78 590</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">15</td> - <td class="anzal c">67</td> - <td class="gemoz r pdr">78 556</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">67</td> - <td class="r pdr">78 623</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">16</td> - <td class="anzal c">69</td> - <td class="gemoz r pdr">81 137</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">1</td> - <td class="gemoz r pdr">1 213</td> - <td class="anzal c">68</td> - <td class="r pdr">79 992</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">17</td> - <td class="anzal c">71</td> - <td class="gemoz r pdr">83 115</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">2</td> - <td class="gemoz r pdr">2 506</td> - <td class="anzal c">69</td> - <td class="r pdr">80 678</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">18</td> - <td class="anzal c">62</td> - <td class="gemoz r pdr">77 722</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">2-D-</td> - <td class="gemoz r pdr">1 865</td> - <td class="anzal c">60</td> - <td class="r pdr">75 917</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">19</td> - <td class="anzal c">65</td> - <td class="gemoz r pdr">77 204</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">65</td> - <td class="r pdr">77 269</td> - </tr> - <tr> - <td class="gemoz c">20</td> - <td class="anzal c">68</td> - <td class="gemoz r pdr">80 123</td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c"></td> - <td class="gemoz r pdr"></td> - <td class="anzal c">68</td> - <td class="r pdr">80 191</td> - </tr> - <tr> - <td class="abo gemoz c"> </td> - <td class="abo anzal c">1 308</td> - <td class="abo gemoz r">1560219</td> - <td class="abo anzal c">6</td> - <td class="abo gemoz r pdr">6 489</td> - <td class="abo anzal c">8</td> - <td class="abo gemoz r pdr">9 179</td> - <td class="abo anzal c">1 306</td> - <td class="abo r">1558835</td> - </tr> -</table> - -<hr class='fnsep' /> - -<div class="blockquote klein"> -<p> --A- Zugeschrieben dem Bezirke 8, 7, 20. -</p> - -<p> --B- Zugewandert aus den Gemeinden 6, 16 und 17. -</p> - -<p> --C- Aus der Tabelle A 1. übertragen. -</p> - -<p> --D- Zugeschrieben dem Bezirke 8, <ins class='correction' title='7.'>7,</ins> 20. -<br /> -</p> -</div> -</div> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_111' name='Page_111' href='#Page_111'>[111]</a></span> -Es erscheint nicht notwendig die Nachweisungen der höheren Altersstufen -und des weiblichen Geschlechtes zu exemplifizieren und es folgen -noch Beispiele der Molkereistatistik und der <ins class='correction' title='Verpflegsstandausweise'>Verpflegstandsausweise</ins>. -</p> - -<p> -<ins class='correction' title='Sowie'>So wie</ins> die Einwohner dürften auch die wichtigsten Tiere fortlaufend -gezählt werden, besonders Rinder und Pferde, dann aber -auch Schweine und Schafe; es wird aber genügen, wenn der Stand -nach Gemeinden, Bezirken, Kreisen und Provinzen alle Wochen einmal -veröffentlicht wird. Dabei dürfte es sich empfehlen, Jungvieh, -Nutztiere und männliche und weibliche Tiere zu sondern. Es dürfte -sich empfehlen auch von Woche zu Woche das Gewicht der Rinder, -Schweine und Schafe festzustellen und statistisch zu veröffentlichen. Davon -zu unterscheiden ist die Ermittlung und Verlautbarung des Gewichtes -der geschlachteten Tiere an Fleisch, Fett, Blut, Knochen und Fellen. -</p> - -<p> -Es entsteht nun die Frage, ob Bienenstöcke, Geflügel, Gemüse -und Obst nicht aus dem Staatseigentum ausgeschieden und zu Gemeindeeigentum -erklärt werden sollten, weil eine Verrechnung dem -Staate gegenüber eine allzu umständliche Sache wäre. Es könnte -das so geschehen, daß den Gemeinden eine gewisse Menge von Futter, -eine gewisse Anzahl von Arbeitskräften, Bodenflächen und baulichen -Anlagen für diese Produktionszweige zugewiesen würden, wogegen die -Gemeinden die Ergebnisse dieser Produktion nicht zu verrechnen hätten. -Es ist wohl kaum zu bezweifeln, daß die staatliche Kontrolle dieser -Art von Produktion und die Verteilung dieser Produkte durch die -Staatsverwaltung zu umständlich und zeitraubend wäre. Es blieben -dann der Ertrag von Honig, Wachs, Eiern, Fleisch, Geflügel und -Federn, an Gemüsen und Obst den Gemeinden zur freien Verfügung -und in diesem Falle könnte auch entweder den Städten der -Betrieb einer eigenen Geflügelzucht, Gemüse und Obstproduktion in -verhältnismäßigem Umfange ermöglicht, oder den Dorfgemeinden die -Lieferung von Eiern, Geflügel, Gemüse und Obst wie eine Art von -Giebigkeit an die Städte auferlegt werden. Denn der Bedarf an -diesen Produkten kann regelmäßig durch die Gemeinden selbst gedeckt -werden und ein Gütertausch scheint nicht notwendig zu sein.<a name='FA_18' id='FA_18' href='#FN_18' class='fnanchor'>[18]</a> -<span class='pagenum'><a id='Page_112' name='Page_112' href='#Page_112'>[112]</a></span> -Es würde sich aus dieser Einrichtung eine Entlastung der staatlichen -Verwaltung und Statistik ergeben ohne die geringste Gefahr für die -Gesellschaftsordnung. Doch hätte der Staat immer das Recht auch -solche Produktionen zurückzunehmen und ausschließlich oder neben -den Gemeinden für Staatsrechnung zu betreiben, so wenn die Obstproduktion -im Großen betrieben wird und nicht bloß zur Versorgung -der Gemeinde mit ihrem Bedarf. -</p> - -<p> -Was die Versorgung der Gemeinden mit Kalb-, Schweine- und -Schaffleisch anbelangt, so wird eine Großschlächterei wie für die -Rindviehschlachtung sich für diese Tiere kaum empfehlen. Durch -die Bezirksverwaltung würden den Gemeinden die zu schlachtenden -Tiere nach dem Lebendgewichte und den Verpflegständen zur Schlachtung -und zum Verbrauche des Fleisches zugewiesen und die Gemeinden -hätten nur die Häute und gewisse Knochen, dann die Wolle der -Schafe, abzuliefern. Zur Versorgung der Städte mit dieser Art -von Fleisch würde durch Abfuhr von Kleinvieh oder von Fleisch -geschlachteten Kleinviehs an selbe gesorgt werden. Je nach der -Verteilungsart wäre auch die Statistik einzurichten. -</p> - -<p> -Die tägliche Feststellung der Verteilung des Fleisches des -Großviehes wäre von der größten Wichtigkeit, weil es rasch verbraucht -wird und Art und Gewicht nach längerer Zeit nicht mehr -ermittelt werden könnte. Dasselbe gilt von der Milch und den -Milchprodukten und darum soll ein Beispiel der statistischen Erhebung -der Produktion und des Verbrauches von Milch und Milchprodukten -hier vorgeführt werden. -</p> - -<p> -Die Rindviehschlächterei könnte für einen ganzen Bezirk in -einer einzigen Gemeinde betrieben werden. Vor der Schlachtung -wäre das Lebendgewicht der Tiere zu ermitteln. Die Statistik hätte -ferner das Ergebnis jeder einzelnen Schlachtung in Gewichtsmengen -von Fleisch, Fett, Herz, Nieren, Leber, Gehirn, Gedärmen, Blut, -Knochen und Haut, und den gänzlich wertlosen Nebenprodukten darzustellen. -Fleischer behaupten, daß bei vollständiger Ermittelung des -Gewichtes aller dieser Teile Lebendgewicht und Schlachtgewicht sich -bis auf eine geringe Differenz gleichstellen müsse, und diese Differenz -erkläre sich nur aus verspritztem Blute. -</p> - -<div class="brmax center"> - -<p class="center"> -<span class='pagenum'><a id='Page_113' name='Page_113' href='#Page_113'>[113]</a></span> -Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte -<br />im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001. -</p> - -<table class="tabtop" style="width:90%;" summary=" "> - <tr> - <td colspan="3" class="hdrcell0">Gemeinde</td> - <td colspan="2" class="hdrcell1">1</td> - <td colspan="2" class="hdrcell0">2</td> - <td colspan="2" class="hdrcell0">3</td> - <td colspan="2" class="hdrcell0">4</td> - </tr> - <tr> - <td class="cwdth10 vm l brdfrst0" style="width:10%;">Milch</td> - <td class="cwdth06 vm r brdfrst1" style="width:6%;">1. </td> - <td class="cwdth18 vm c klein brdfrst1" style="width:18%;">Ermolken</td> - <td class="cwdth13 vm r brdfrst2" style="width:13%;">1305</td> - <td class="cwdth05 vm l brdfrst4" style="width:5%;"> 6</td> - <td class="cwdth13 vm r brdfrst3" style="width:13%;">805</td> - <td class="cwdth05 vm l brdfrst4" style="width:5%;">—</td> - <td class="cwdth13 vm r brdfrst3" style="width:13%;">1436</td> - <td class="cwdth05 vm l brdfrst4" style="width:5%;"> 7</td> - <td class="cwdth14 vm r brdfrst3" style="width:14%;">1509</td> - <td class="cwdth05 vm l brdfrst4" style="width:5%;">10</td> - </tr> - <tr> - <td class="vm l brdmidl0"> </td> - <td class="vm r brdmidl1">2. </td> - <td class="vm c klein brdmidl1">Zu- u. Abf.</td> - <td class="vm r brdmidl2">+ 213</td> - <td class="vm l brdmidl4"> 8</td> - <td class="vm r brdmidl3">-  70</td> - <td class="vm l brdmidl4">62</td> - <td class="vm r brdmidl3">- 714</td> - <td class="vm l brdmidl4">10</td> - <td class="vm r brdmidl3">- 705</td> - <td class="vm l brdmidl4">37</td> - </tr> - <tr> - <td class="vm l brdmidl0"> </td> - <td class="vm r brdmidl1">3. </td> - <td class="vm c klein brdmidl1">Deren<br />Verbr. i. G.</td> - <td class="vm r brdmidl2">803</td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">734</td> - <td class="vm l brdmidl4">38</td> - <td class="vm r brdmidl3">721</td> - <td class="vm l brdmidl4">97</td> - <td class="vm r brdmidl3">803</td> - <td class="vm l brdmidl4">73</td> - </tr> - <tr> - <td class="vm l brdmidl0"> </td> - <td class="vm r brdmidl1">4. </td> - <td class="vm c klein brdmidl1">Buttererz.</td> - <td class="vm r brdmidl2">31</td> - <td class="vm l brdmidl4">72</td> - <td class="vm r brdmidl3">—  </td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">—  </td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">—  </td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="vm l brdmidl0"> </td> - <td class="vm r brdmidl1">5. </td> - <td class="vm c klein brdmidl1">Käseerz.</td> - <td class="vm r brdmidl2">80</td> - <td class="vm l brdmidl4">78</td> - <td class="vm r brdmidl3">—  </td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">—  </td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">—  </td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="vm l brdmidl0"> </td> - <td class="vm r brdmidl1">6. </td> - <td class="vm c klein brdmidl1">Abfall</td> - <td class="vm r brdmidl2">603</td> - <td class="vm l brdmidl4">64</td> - <td class="vm r brdmidl3">—  </td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">—  </td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">—  </td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="vm l brdmidl0"> </td> - <td class="vm r brdmidl1">7. </td> - <td class="vm c klein brdmidl1">Dessen<br />Zu- u. Abf.</td> - <td class="vm r brdmidl2">- 219</td> - <td class="vm l brdmidl4">44</td> - <td class="vm r brdmidl3">+ 379</td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">+ 380</td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">+ 385</td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="vm l brdmidl0">Butter</td> - <td class="vm r brdmidl1">8. </td> - <td class="vm c klein brdmidl1">Dessen<br />Zu- u. Abf.</td> - <td class="vm r brdmidl2">-  11</td> - <td class="vm l brdmidl4">92</td> - <td class="vm r brdmidl3">+  18</td> - <td class="vm l brdmidl4">11</td> - <td class="vm r brdmidl3">+  17</td> - <td class="vm l brdmidl4">88</td> - <td class="vm r brdmidl3">+  19</td> - <td class="vm l brdmidl4">90</td> - </tr> - <tr> - <td class="vm l brdmidl0"> </td> - <td class="vm r brdmidl1">9. </td> - <td class="vm c klein brdmidl1">Verbrauch<br />i. d. Gem.</td> - <td class="vm r brdmidl2">19</td> - <td class="vm l brdmidl4">80</td> - <td class="vm r brdmidl3">18</td> - <td class="vm l brdmidl4">11</td> - <td class="vm r brdmidl3">17</td> - <td class="vm l brdmidl4">88</td> - <td class="vm r brdmidl3">19</td> - <td class="vm l brdmidl4">90</td> - </tr> - <tr> - <td class="vm l brdmidl0">Käse</td> - <td class="vm r brdmidl1">10. </td> - <td class="vm c klein brdmidl1">Vorrat<br />am 9. 7.</td> - <td class="vm r brdmidl2">15677</td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">—  </td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">—  </td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">—  </td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="vm l brdmidl0"> </td> - <td class="vm r brdmidl1">11. </td> - <td class="vm c klein brdmidl1">Summa<br />aus 5, 10</td> - <td class="vm r brdmidl2">15757</td> - <td class="vm l brdmidl4">78</td> - <td class="vm r brdmidl3">—  </td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">—  </td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">—  </td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="vm l brdmidl0"> </td> - <td class="vm r brdmidl1">12. </td> - <td class="vm c klein brdmidl1">Verpflgs.-<br />stand</td> - <td class="vm r brdmidl2">1100</td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">1006</td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">989</td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - <td class="vm r brdmidl3">1101</td> - <td class="vm l brdmidl4">—</td> - </tr> -</table> - -<p class="center"> -Verpflegstandsstatistik im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001. -</p> - -<table class="tabtop" style="width:90%;" summary=""> - <tr> - <td class="cwdth29 c vm hdrcell0">Ordnungszahl<br />der Gemeinde</td> - <td class="cwdth07 c vm hdrcell1">1</td> - <td class="cwdth07 c vm hdrcell0">2</td> - <td class="cwdth07 c vm hdrcell0">3</td> - <td class="cwdth07 c vm hdrcell0">4</td> - <td class="cwdth07 c vm hdrcell0">5</td> - <td class="cwdth07 c vm hdrcell0">6</td> - </tr> - <tr> - <td class="l brdfrst1">Bevölkerungsstand</td> - <td class="r brdfrst2">1003</td> - <td class="r brdfrst1">999</td> - <td class="r brdfrst1">1010</td> - <td class="r brdfrst1">1020</td> - <td class="r brdfrst1">1005</td> - <td class="r brdfrst1">1007</td> - </tr> - <tr> - <td class="l brdmidl1">Abwesend</td> - <td class="r brdmidl2">23</td> - <td class="r brdmidl1">19</td> - <td class="r brdmidl1">21</td> - <td class="r brdmidl1">20</td> - <td class="r brdmidl1">25</td> - <td class="r brdmidl1">25</td> - </tr> - <tr> - <td class="l brdmidl1">Fremd</td> - <td class="r brdmidl2">120</td> - <td class="r brdmidl1">26</td> - <td class="r brdmidl1">--</td> - <td class="r brdmidl1">101</td> - <td class="r brdmidl1">72</td> - <td class="r brdmidl1">13</td> - </tr> - <tr> - <td class="l brdmidl1">Verpflegungsstand</td> - <td class="r brdmidl2">1100</td> - <td class="r brdmidl1">1006</td> - <td class="r brdmidl1">989</td> - <td class="r brdmidl1">1101</td> - <td class="r brdmidl1">1052</td> - <td class="r brdmidl1">995</td> - </tr> -</table> - -<div class="blockquote klein"> -<p class="center"> -Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm Butter pro Kopf. -<br /> -</p> -</div> -</div> - -<div class="brmax center"> - -<p class="center"> -<span class='pagenum'><a id='Page_114' name='Page_114' href='#Page_114'>[114]</a></span> -Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte -<br />im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001. -</p> - -<table class="tabtop" style="width:95%;" summary=""> - <tr> - <td class="c hdrcell0" colspan="2">5</td> - <td class="c hdrcell0" colspan="2">6</td> - <td class="c hdrcell0" colspan="2">7</td> - <td class="c hdrcell0" colspan="2">8</td> - <td class="c hdrcell0" colspan="2">9</td> - <td class="c hdrcell0" colspan="2">10</td> - </tr> - <tr> - <td class="cwdth10 r brdfrst3">1307</td> - <td class="cwdth02 l brdfrst4">12</td> - <td class="cwdth10 r brdfrst3">1601</td> - <td class="cwdth02 l brdfrst4"> 3</td> - <td class="cwdth10 r brdfrst3">703</td> - <td class="cwdth02 l brdfrst4">14</td> - <td class="cwdth10 r brdfrst3">1632</td> - <td class="cwdth02 l brdfrst4"> 5</td> - <td class="cwdth10 r brdfrst3">1105</td> - <td class="cwdth02 l brdfrst4"> 4</td> - <td class="cwdth10 r brdfrst3">1206</td> - <td class="cwdth02 l brdfrst4"> 8</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">+2151</td> - <td class="l brdmidl4">69</td> - <td class="r brdmidl3">- 874</td> - <td class="l brdmidl4">68</td> - <td class="r brdmidl3">+  72</td> - <td class="l brdmidl4">85</td> - <td class="r brdmidl3">- 884</td> - <td class="l brdmidl4">53</td> - <td class="r brdmidl3">- 323</td> - <td class="l brdmidl4">94</td> - <td class="r brdmidl3">- 400</td> - <td class="l brdmidl4">16</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">767</td> - <td class="l brdmidl4">96</td> - <td class="r brdmidl3">726</td> - <td class="l brdmidl4">35</td> - <td class="r brdmidl3">775</td> - <td class="l brdmidl4">99</td> - <td class="r brdmidl3">747</td> - <td class="l brdmidl4">52</td> - <td class="r brdmidl3">781</td> - <td class="l brdmidl4">10</td> - <td class="r brdmidl3">805</td> - <td class="l brdmidl4">92</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">121</td> - <td class="l brdmidl4"> 8</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">308</td> - <td class="l brdmidl4">49</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">2261</td> - <td class="l brdmidl4">28</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">-1877</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">+ 387</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">+ 384</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">+ 383</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">+ 385</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">+ 385</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">- 102</td> - <td class="l brdmidl4">10</td> - <td class="r brdmidl3">+  17</td> - <td class="l brdmidl4">91</td> - <td class="r brdmidl3">+  19</td> - <td class="l brdmidl4">13</td> - <td class="r brdmidl3">+  18</td> - <td class="l brdmidl4">43</td> - <td class="r brdmidl3">+  19</td> - <td class="l brdmidl4">26</td> - <td class="r brdmidl3">+  19</td> - <td class="l brdmidl4">87</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">18</td> - <td class="l brdmidl4">98</td> - <td class="r brdmidl3">17</td> - <td class="l brdmidl4">91</td> - <td class="r brdmidl3">19</td> - <td class="l brdmidl4">13</td> - <td class="r brdmidl3">18</td> - <td class="l brdmidl4">43</td> - <td class="r brdmidl3">19</td> - <td class="l brdmidl4">26</td> - <td class="r brdmidl3">19</td> - <td class="l brdmidl4">87</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">63007</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">63315</td> - <td class="l brdmidl4">49</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">1052</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">995</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">1063</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">1024</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">1070</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">1104</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> -</table> - -<p class="center"> -Verpflegstandsstatistik im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001. -</p> - -<table class="tabtop" style="width:95%;" summary=""> - <tr> - <td class="cwdth09 c hdrcell0">7</td> - <td class="cwdth09 c hdrcell0">8</td> - <td class="cwdth09 c hdrcell0">9</td> - <td class="cwdth09 c hdrcell0">10</td> - <td class="cwdth09 c hdrcell0">11</td> - <td class="cwdth09 c hdrcell0">12</td> - <td class="cwdth09 c hdrcell0">13</td> - <td class="cwdth09 c hdrcell0">14</td> - <td class="cwdth09 c hdrcell0">15</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdfrst1">1011 </td> - <td class="r brdfrst1">1007 </td> - <td class="r brdfrst1">1009 </td> - <td class="r brdfrst1">1001 </td> - <td class="r brdfrst1">1013 </td> - <td class="r brdfrst1">1015 </td> - <td class="r brdfrst1">1004 </td> - <td class="r brdfrst1">1008 </td> - <td class="r brdfrst1">1580 </td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">27 </td> - <td class="r brdmidl3">25 </td> - <td class="r brdmidl3">29 </td> - <td class="r brdmidl3">18 </td> - <td class="r brdmidl3">24 </td> - <td class="r brdmidl3">25 </td> - <td class="r brdmidl3">26 </td> - <td class="r brdmidl3">23 </td> - <td class="r brdmidl3">35 </td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">79 </td> - <td class="r brdmidl3">42 </td> - <td class="r brdmidl3">90 </td> - <td class="r brdmidl3">121 </td> - <td class="r brdmidl3">87 </td> - <td class="r brdmidl3">51 </td> - <td class="r brdmidl3">34 </td> - <td class="r brdmidl3">30 </td> - <td class="r brdmidl3">57 </td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">1063 </td> - <td class="r brdmidl3">1024 </td> - <td class="r brdmidl3">1070 </td> - <td class="r brdmidl3">1104 </td> - <td class="r brdmidl3">1076 </td> - <td class="r brdmidl3">1041 </td> - <td class="r brdmidl3">1012 </td> - <td class="r brdmidl3">1015 </td> - <td class="r brdmidl3">1002 </td> - </tr> -</table> - -<div class="blockquote klein"> -<p class="center"> -Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm Butter pro Kopf. -<br /> -</p> -</div> -</div> - -<div class="brmax center"> - -<p class="center"> -<span class='pagenum'><a id='Page_115' name='Page_115' href='#Page_115'>[115]</a></span> -Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte -<br />im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001. -</p> - -<table class="tabtop" style="width:95%;" summary=""> - <tr> - <td class="c hdrcell0" colspan="2">11</td> - <td class="c hdrcell0" colspan="2">12</td> - <td class="c hdrcell0" colspan="2">13</td> - <td class="c hdrcell0" colspan="2">14</td> - <td class="c hdrcell0" colspan="2">15</td> - <td class="c hdrcell0" colspan="2">16</td> - </tr> - <tr> - <td class="cwdth09 r brdfrst3">1305</td> - <td class="cwdth03 l brdfrst4"> 2</td> - <td class="cwdth09 r brdfrst3">1145</td> - <td class="cwdth03 l brdfrst4"> 4</td> - <td class="cwdth09 r brdfrst3">1620</td> - <td class="cwdth03 l brdfrst4"> 3</td> - <td class="cwdth09 r brdfrst3">907</td> - <td class="cwdth03 l brdfrst4">12</td> - <td class="cwdth09 r brdfrst3">1436</td> - <td class="cwdth03 l brdfrst4"> 5</td> - <td class="cwdth09 r brdfrst3">1527</td> - <td class="cwdth03 l brdfrst4"> 6</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">519</td> - <td class="l brdmidl4">54</td> - <td class="r brdmidl3">+2056</td> - <td class="l brdmidl4">72</td> - <td class="r brdmidl3">- 881</td> - <td class="l brdmidl4">27</td> - <td class="r brdmidl3">- 166</td> - <td class="l brdmidl4">17</td> - <td class="r brdmidl3">- 266</td> - <td class="l brdmidl4">59</td> - <td class="r brdmidl3">+1488</td> - <td class="l brdmidl4">76</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">785</td> - <td class="l brdmidl4">48</td> - <td class="r brdmidl3">759</td> - <td class="l brdmidl4">93</td> - <td class="r brdmidl3">738</td> - <td class="l brdmidl4">76</td> - <td class="r brdmidl3">740</td> - <td class="l brdmidl4">95</td> - <td class="r brdmidl3">1169</td> - <td class="l brdmidl4">46</td> - <td class="r brdmidl3">745</td> - <td class="l brdmidl4">33</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">109</td> - <td class="l brdmidl4">88</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">101</td> - <td class="l brdmidl4">55</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">290</td> - <td class="l brdmidl4">12</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">275</td> - <td class="l brdmidl4">45</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">2041</td> - <td class="l brdmidl4">83</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">1893</td> - <td class="l brdmidl4">49</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">+ 385</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">-1650</td> - <td class="l brdmidl4">63</td> - <td class="r brdmidl3">+ 381</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">+ 381</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">+ 420</td> - <td class="l brdmidl4">19</td> - <td class="r brdmidl3">-1520</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">+  19</td> - <td class="l brdmidl4">53</td> - <td class="r brdmidl3">-  91</td> - <td class="l brdmidl4">14</td> - <td class="r brdmidl3">+  18</td> - <td class="l brdmidl4">22</td> - <td class="r brdmidl3">+  18</td> - <td class="l brdmidl4">27</td> - <td class="r brdmidl3">+  29</td> - <td class="l brdmidl4">84</td> - <td class="r brdmidl3">-  83</td> - <td class="l brdmidl4">17</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">19</td> - <td class="l brdmidl4">53</td> - <td class="r brdmidl3">18</td> - <td class="l brdmidl4">74</td> - <td class="r brdmidl3">18</td> - <td class="l brdmidl4">22</td> - <td class="r brdmidl3">18</td> - <td class="l brdmidl4">27</td> - <td class="r brdmidl3">28</td> - <td class="l brdmidl4">84</td> - <td class="r brdmidl3">18</td> - <td class="l brdmidl4">38</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">54402</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">50301</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">54692</td> - <td class="l brdmidl4">12</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">50576</td> - <td class="l brdmidl4">45</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">1076</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">1041</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">1012</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">1015</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">1602</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">1021</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> -</table> - -<p class="center"> -Verpflegstandsstatistik im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001. -</p> - -<table class="tabtop" style="width:70%;" summary=""> - <tr> - <td class="cwdth10 c vm hdrcell0">16</td> - <td class="cwdth10 c vm hdrcell0">17</td> - <td class="cwdth10 c vm hdrcell0">18</td> - <td class="cwdth10 c vm hdrcell0">19</td> - <td class="cwdth10 c vm hdrcell0">20</td> - <td class="cwdth15 c vm klein brdfrst5">Summe</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdfrst3">1001  </td> - <td class="r brdfrst3">1003  </td> - <td class="r brdfrst3">1009  </td> - <td class="r brdfrst3">1003  </td> - <td class="r brdfrst3">1002  </td> - <td class="r brdfrst6">20710  </td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">27  </td> - <td class="r brdmidl3">29  </td> - <td class="r brdmidl3">25  </td> - <td class="r brdmidl3">27  </td> - <td class="r brdmidl3">28  </td> - <td class="r brdmidl6">501  </td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">47  </td> - <td class="r brdmidl3">36  </td> - <td class="r brdmidl3">28  </td> - <td class="r brdmidl3">130  </td> - <td class="r brdmidl3">28  </td> - <td class="r brdmidl6">1192  </td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">1021  </td> - <td class="r brdmidl3">1010  </td> - <td class="r brdmidl3">1012  </td> - <td class="r brdmidl3">1106  </td> - <td class="r brdmidl3">1002  </td> - <td class="r brdmidl6">21401  </td> - </tr> -</table> - -<div class="blockquote klein"> -<p class="center"> -Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm Butter pro Kopf. -<br /> -</p> -</div> -</div> - -<div class="brmax center"> - -<p class="center"> -<span class='pagenum'><a id='Page_116' name='Page_116' href='#Page_116'>[116]</a></span> -Statistische Tabelle über Erzeugung und Verteilung der Milchprodukte -<br />im Bezirke 8, 7, 19, am 10. Juli 2001. -</p> - -<table class="tabtop" style="width:95%;" summary=""> - <tr> - <td class="c vm hdrcell0" colspan="2">17</td> - <td class="c vm hdrcell0" colspan="2">18</td> - <td class="c vm hdrcell0" colspan="2">19</td> - <td class="c vm hdrcell0" colspan="2">20</td> - <td class="c klein hdrcell3" colspan="2">Summe oder<br />Differenz</td> - <td class="c klein hdrcell4" colspan="2">Verkehr<br />nach außen</td> - </tr> - <tr> - <td class="cwdth09 r brdfrst3">1231</td> - <td class="cwdth03 l brdfrst4">8</td> - <td class="cwdth09 r brdfrst3">1306</td> - <td class="cwdth03 l brdfrst4">15</td> - <td class="cwdth09 r brdfrst3">1108</td> - <td class="cwdth03 l brdfrst4">17</td> - <td class="cwdth09 r brdfrst3">906</td> - <td class="cwdth03 l brdfrst4">17</td> - <td class="cwdth09 r brdfrst2">25101</td> - <td class="cwdth03 l brdfrst4">58</td> - <td class="cwdth09 r brdfrst3">—  </td> - <td class="cwdth03 l brdfrst4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">- 493</td> - <td class="l brdmidl4">78</td> - <td class="r brdmidl3">+ 493</td> - <td class="l brdmidl4">78</td> - <td class="r brdmidl3">- 300</td> - <td class="l brdmidl4">79</td> - <td class="r brdmidl3">- 174</td> - <td class="l brdmidl4">73</td> - <td class="r brdmidl2">- 300</td> - <td class="l brdmidl4">29</td> - <td class="r brdmidl4">+ 300</td> - <td class="l brdmidl4">29</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">737</td> - <td class="l brdmidl4">30</td> - <td class="r brdmidl3">738</td> - <td class="l brdmidl4">76</td> - <td class="r brdmidl3">807</td> - <td class="l brdmidl4">38</td> - <td class="r brdmidl3">731</td> - <td class="l brdmidl4">46</td> - <td class="r brdmidl2">15622</td> - <td class="l brdmidl4">73</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">47</td> - <td class="l brdmidl4">75</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl2">411</td> - <td class="l brdmidl4">98</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">127</td> - <td class="l brdmidl4">34</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl2">1082</td> - <td class="l brdmidl4">18</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">886</td> - <td class="l brdmidl4"> 8</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl2">7686</td> - <td class="l brdmidl4">32</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">+ 382</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">- 503</td> - <td class="l brdmidl4">12</td> - <td class="r brdmidl3">+ 387</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">+ 381</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl2">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">+  18</td> - <td class="l brdmidl4">18</td> - <td class="r brdmidl3">-  29</td> - <td class="l brdmidl4">53</td> - <td class="r brdmidl3">+  19</td> - <td class="l brdmidl4">91</td> - <td class="r brdmidl3">+  18</td> - <td class="l brdmidl4"> 4</td> - <td class="r brdmidl2">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">+  26</td> - <td class="l brdmidl4">38</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">18</td> - <td class="l brdmidl4">18</td> - <td class="r brdmidl3">18</td> - <td class="l brdmidl4">22</td> - <td class="r brdmidl3">19</td> - <td class="l brdmidl4">91</td> - <td class="r brdmidl3">18</td> - <td class="l brdmidl4"> 4</td> - <td class="r brdmidl2">385</td> - <td class="l brdmidl4">60</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">22503</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl2">205890</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">22630</td> - <td class="l brdmidl4">34</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl2">206972</td> - <td class="l brdmidl4">18</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> - <tr> - <td class="r brdmidl3">1010</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">1012</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">1106</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">1002</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl2">21401</td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - <td class="r brdmidl3">—  </td> - <td class="l brdmidl4">—</td> - </tr> -</table> - -<div class="blockquote"> -<p> -Verteilungsschlüssel: 73 Zentiliter Vollmilch und 18 Gramm Butter pro Kopf. -<br /> </p> -</div> -</div> -<p> -Das vorstehende ist die naturalwirtschaftliche Abrechnung über -eine Tagesproduktion und den Verbrauch eines Wertes von 4016 -Kronen nach der gegenwärtigen Verrechnung in den Molkereien in -der Nähe von Innsbruck, welche den Bauern 16 Heller pro Liter -abgelieferter Milch bezahlen. Diese Tagesproduktion entspricht der -Anzahl der im Bezirke eingestellten Kühe, welche unter dem Durchschnitte -mit 3550 Stück angenommen wurde. Nach einem mäßigen -Durchschnittsertrag von 7,5 Liter pro Kuh würden diese Kühe -26632 Liter geben und es sind also um 1500 Liter Milch -weniger angenommen, als zu erwarten wäre. Danach kann -man den Wert der Tagesproduktion in 2000 Bezirken auf -8 Millionen Kronen täglich oder nahezu 3 Milliarden Kronen -im Jahr veranschlagen und mit diesen kleinen Tabellen wird -ein so großer Wert nach Produktionsmenge und Verteilung verrechnet.<a name='FA_19' id='FA_19' href='#FN_19' class='fnanchor'>[19]</a> -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_117' name='Page_117' href='#Page_117'>[117]</a></span> -Freilich ist der Wert dieses Produktes in der Nähe der Städte -auch für den Bauer etwas höher, als im Gesamtdurchschnitt, aber -bei den heutigen Verhältnissen sind noch erhebliche Handelsunkosten -und Transportkosten für die städtische Verproviantierung hinzuzurechnen. -</p> - -<p> -Die Käse- und Butterproduktion ist meinen Erkundigungen zufolge -erheblich zu hoch angenommen, was aber, weil für unsere -Zwecke unwesentlich, eine Neuberechnung der Tabelle nicht notwendig -gemacht hat. Noch ist zu bemerken, daß die ganze Magermilch wohl -kaum auf Käse verarbeitet würde, wie da angenommen ist, auch sind -an 1000 Liter Buttermilch, die hier entfallen dürften, als Getränk -nicht ganz wertlos, hier aber als Abfall eingestellt.<a name='FA_20' id='FA_20' href='#FN_20' class='fnanchor'>[20]</a> -</p> - -<p> -Die Käseverteilung dürfte nur monatlich erfolgen und auch nur -monatlich verrechnet werden, daher sie in die vorstehende Tabelle -nicht eingetragen wurde. Am Ende der Horizontalkolonne 8 ist -eingetragen, daß 26,38 Kilo Butter aus dem Bezirke ausgingen und -zufolge Horizontalkolonne 9 wurden im Bezirk <ins class='correction' title='385.60'>385,60</ins> Kilo Butter verbraucht, -welche Summen zusammen die Menge der laut Horizontalkolonne -2 an diesem Tage erzeugten Butter ergeben. -</p> - -<p> -Es wird in den vorstehenden statistischen Tabellen angenommen, -daß die Gemeinde 15 die Bezirksgemeinde ist, welche einen höheren -Bevölkerungs- und <ins class='correction' title='Verpflegsstand'>Verpflegstand</ins> und daher einen höheren Verbrauch -an Milch hat. Als Regel könnte gelten, daß der Quotient an Milch -und Butter und etwa auch an Käse und Fleisch, für längere Zeit -bestimmt würde, sodaß die Verwaltung der Molkerei und eventuell -auch der Fleischerei zum Verbrauche in den Gemeinden täglich das -<span class='pagenum'><a id='Page_118' name='Page_118' href='#Page_118'>[118]</a></span> -aus dem bestimmten <ins class='correction' title='Verpflegsstande'>Verpflegstande</ins> der Gemeinde sich ergebende -Quantum an die Hausverwaltungen abzugeben hätte. Da am -Schlusse der <ins class='correction' title='Verpflegsstand'>Verpflegstand</ins> eingesetzt ist, für dessen Ausweisung -übrigens eine besondere, unten angefügte, aber eigentlich zu den Bevölkerungstabellen -gehörige Tabelle dient, so kann jedermann berechnen, -ob die in den Horizontalkolonnen 3 und 9 erfolgte Zuweisung -von Milch und Butter, eventuell nach einer anderen Tabelle -auch die Zuweisung von Fleisch, dem Verpflegstande genau entspricht. -Es ist nur für Milch, Butter und Fleisch eine tägliche Ausweisung -notwendig, dagegen braucht sich die Verteilung von Käse in nichts -von anderen Verteilungen, wie von Mehl, Zucker, Gewürzen, Feuerungs- -und Beleuchtungsstoffen usw. zu unterscheiden, welche in ungleichen -Intervallen und größeren Posten je nach der Frachtgelegenheit -geschehen könnte. -</p> - -<p> -Zur Erklärung der Tabelle über die Milchprodukte dient folgendes: -Die erste und zweite Horizontalkolonne weist aus, wieviel Milch -die Produktion der einzelnen Gemeinden nach Empfang von Milch -aus anderen Gemeinden, beziehungsweise nach Abfuhr von Milch an -andere Gemeinden erübrigt. In 15 Gemeinden bleibt nur die -Menge zurück, welche an die Hausverwaltung abgegeben wird, weil -diese Gemeinden — der Annahme zufolge — keine Molkereien haben. -Die Menge, welche an die Hausverwaltung abgegeben wird, wird in -Horizontalkolonne 3 ausgewiesen und was in den Gemeinden 1, 5, -12, 16 und 18 nach Abrechnung des Verbrauches <ins class='correction' title='erübriget'>erübrigt</ins>, wird -zu Butter und Käse verarbeitet und die Horizontalkolonnen 4, 5 und -6 weisen das Produktionsergebnis aus. Der Abfall wird nicht, wie -hier aufgeführt ist, einen genauen Ausgleich der vorausgegangenen -Ziffern ergeben, das umsoweniger, als Milch und Abfall in Litern, -Butter und Käse in Kilo angesetzt sind, allein mit Rücksicht auf den -geringen Wert des nach der Verkäsung verbleibenden, nur als Futter -verwendbaren Produktes wird diese Art der Verrechnung sich am -meisten empfehlen und als bekannt angenommen werden, daß ein -Hektoliter Abfall um so viel Prozente von der ausgewiesenen Menge -differiert. Milch und Butter wird jedenfalls täglich vollkommen aufgeteilt -und es ist daher niemals ein Rest vom Vortage auszuweisen. -Wenn in den einzelnen Hausverwaltungen Reste von einem Tag auf -<span class='pagenum'><a id='Page_119' name='Page_119' href='#Page_119'>[119]</a></span> -den andern bleiben, so kommt das in der staatlichen Verrechnung nicht -zum Ausdruck. Anders bei Käse, der erst nach längerer Ablagerung -in Verwendung genommen wird. Hier muß Empfang vom Vortage -und verbleibender Vorrat nach jeder Verteilung ausgewiesen werden. -</p> - -<p> -Zweifelhaft ist, ob der bloße Verpflegstand nach Köpfen für -diese Verteilungen maßgebend ist. Die verhältnismäßige Anzahl der -Kinder und Kranken und die Anwesenheit in der Verteilung bevorzugter -Personen kann auf die Verteilung von Einfluß sein. Dann -müßte für die Verteilung eine andere Grundlage als die bloße Kopfzahl -der zu verpflegenden Personen angenommen werden, wie ja auch -der Umstand von Einfluß ist, wenn die Fremden sich nur kurz an -einem Orte aufhalten und etwa nur eine einzige Mahlzeit einnehmen. -Aber da solche <ins class='correction' title='genaue'>genauen</ins> Konstatierungen sehr verwickelte Nachweisungen -voraussetzen und bei einem Verpflegstand von 1000-1100 Köpfen -kleine Differenzen nicht empfindlich sind, wird man sich darüber -hinaussetzen und bloß bestimmen, in welcher Gemeinde ein Fremder -für den Verpflegstand zu rechnen sei, der unter Tags von einer Gemeinde -in die andere übersiedelt. Man wird kleinliche Konstatierungen -lieber vermeiden. Sollte das Volk aber die größte Genauigkeit -fordern, so läge in den nicht veröffentlichten Aufstellungen der Hausverwaltungen -der Gemeinden das Material für die genauesten Konstatierungen -vor und man könnte dann von Woche zu Woche Ausgleichungen -machen, die der Bezirksbeamte zu verfügen hätte. Da -aber diese Ausgleichungen nur eine Art von Virement innerhalb der -einzelnen Gemeinde von Tag zu Tag, dann erst von Gemeinde zu -Gemeinde und von Bezirk zu Bezirk zur Folge hätte, und nur sehr -große Schwankungen, die wohl sehr selten vorkommen würden, auch -Ausgleichungen zwischen den Kreisen erforderlich machen würden, so -wird davon in den öffentlichen Rechnungen und in der betreffenden -Statistik nur in letzteren Ausnahmefällen Notiz zu nehmen sein. -</p> - -<p> -In der 2. 7. und 8. Horizontalkolonne ist Zu- und Abfuhr -zwischen den Gemeinden dargestellt und um die Zeilen nicht zu vermehren, -sind die Zeichen + und - eingeführt. Es ist nun zu bemerken, -daß, wenn die Gemeinden eines Bezirkes nur unter sich -eine Güterbewegung haben, aber weder von fremden Bezirken empfangen -noch an fremde Bezirke abgeben, in der Bezirksstatistik Zu- und -<span class='pagenum'><a id='Page_120' name='Page_120' href='#Page_120'>[120]</a></span> -Abfuhr sich ausgleichen müssen. Das ist in der 7. Horizontalkolonne -der Fall. In der 22. Vertikalkolonne wird die Güterbewegung nach -oder von auswärtigen Bezirken ausgewiesen und weil Zu- und Abfuhr -auf einer Zeile stehen, mit + und - unterschieden. So wird -es auch dann gehalten werden, wenn eine andere Gemeinde als die -Bezirksgemeinde direkt mit auswärtigen Gemeinden tauscht. Jeder -Güterverkehr zwischen zwei Gemeinden desselben Bezirks muß in -jeder von dieser entweder als Zufuhr oder als Abfuhr zur Buchung -gelangen, ganz nach Art der doppelten Buchhaltung. Ihre Übereinstimmung -bietet dem Bezirksbeamten eine Sicherheit, daß diese -Angaben der Gemeinden richtig sind. Würde der Ausgleich fehlen und -der Ausgleich auch nicht im Verkehr mit anderen Bezirken liegen, so -wäre das ein Beweis, daß eine Irrung vorliegt, welche der Bezirksbeamte -durch telephonische Anfrage aufklären wird, ehe man zur Drucklegung -der Verrechnung schreitet. Bei einer unmittelbaren Lieferung -an eine auswärtige Gemeinde, kann der Bezirksbeamte bei dieser direkt -anfragen oder es ist in anderer Form für dessen Orientierung zu sorgen.<a name='FA_21' id='FA_21' href='#FN_21' class='fnanchor'>[21]</a> -</p> - -<p> -Aus den <ins class='correction' title='Verkikalkolonnen'>Vertikalkolonnen</ins> 21 und 22 ist ersichtlich, daß im -Bezirk um 300 Liter 79 Zentiliter mehr Vollmilch und um 26 Kilo -38 Deka mehr Butter abgeführt, als zugeführt wurde. Die Kreistabelle -wird zeigen, wohin selbe gelangten. Das wird der Beitrag -des Bezirks zur Versorgung der großen Städte sein. -</p> - -<p> -Die Richtigkeit der Angaben, welche nur einseitig erfolgen, -nämlich der Produktionsmenge, muß kontrolliert werden. Es liegen -dem Bezirksbeamten genaue Ausweise vor, woraus sich die Richtigkeit -jener <ins class='correction' title='Angben'>Angaben</ins> wenigstens mit ziemlicher Genauigkeit erschließen -läßt, wie aus dem obigen Absatze, <i>Alinea</i>: <a href='#F_08_e_0al'>»Es ist noch zu bemerken«</a>, -<ins class='correction' title='Seite 102'>Seite 109</ins> zu entnehmen ist. So ersieht der Bezirksbeamte -aus dem genauen Viehstandsverzeichnisse alles, was zur Beurteilung -der Richtigkeit der Angaben über den Milchertrag erforderlich ist, -wann jede einzelne Kuh aufgenommen und wann sie gekalbt hat, -<span class='pagenum'><a id='Page_121' name='Page_121' href='#Page_121'>[121]</a></span> -seit wann sie trocken steht usw. Er kann ab und zu selbst kontrollieren -oder abwechselnd diese oder jene Person damit beauftragen. Auch -haben schon dem Gemeindeverwaltungsbeamten die einzelnen Verwaltungszweige -von mehreren Personen unterfertigte schriftliche Angaben -einzuliefern. Es ist ersichtlich, daß bei der Naturalwirtschaft -nicht der Beamte es ist, der sich einer Hinterziehung schuldig machen -könnte, sondern nur die ihm unterstehenden Organe und auch das ist -in Betracht zu ziehen, daß der aus etwaigen Unregelmäßigkeiten -entstehende Schaden nicht einzelne Personen, sondern den Staat benachteiligt, -daß sich der Schaden auf alle verteilt, was als Versicherung -wirkt. Bedenklich wäre nur, wenn ganze Gemeinden als -solche falsche Angaben machten, um sich eine günstigere Verteilung -zu sichern. Denn wenn das zu besorgen wäre, so würde bald eine -allgemeine Demoralisation einreißen und andere Gemeinden würden -sich selbst Recht zu verschaffen suchen durch gleiche Unlauterkeit. -Allein es scheint das nicht wohl möglich, es müßte immer eine Verschwörung -einer großen Anzahl von Personen vorausgehen, der -Staatsbeamte müßte im Einverständnis sein und es wird nicht leicht -eine Gemeinde geben, in der nicht Fremde weilen, die ja auch das -Recht haben, Konstatierungen vorzunehmen, was aus der Natur des -Kollektivismus hervorgeht, da alles für alle geerntet wird. -</p> - -<p> -Die Hausverwaltung hat dann wieder für ihre Gebarung eine -genaue Rechnung zu führen, welche nicht durch den Druck veröffentlicht -wird, weil sie nur die Gemeindegenossen angeht. Wenn bei -der Verteilung von Fleisch an die Gemeinden, nicht im Gewichte, -aber in der Qualität eine Benachteiligung von Gemeinde zu Gemeinde -stattfände, so wäre das durch Vermittlung des Bezirksbeamten von -Zeit zu Zeit auszugleichen. -</p> - -<p> -Noch sei bemerkt, daß bei Entwerfung obiger statistischer Tabelle -über die Milchprodukte angenommen wurde, daß nicht jede Gemeinde -ihre eigene Molkerei zur Verarbeitung der Milch hat. Ob das ökonomischer -ist, als das Prinzip, diese Arbeit in jeder Gemeinde besorgen -zu lassen, wird die Erfahrung lehren. Es ist anzunehmen, -daß jede Urgemeinde einen Viehstand hat, durch den ihr Bedarf an -Milch nicht nur voll gedeckt, sondern auch ein beträchtlicher Überschuß -zur Butter- und Käseerzeugung erübrigt wird. Nach der -<span class='pagenum'><a id='Page_122' name='Page_122' href='#Page_122'>[122]</a></span> -Annahme in obiger Tabelle würde aus der Zentralisierung der Milchverarbeitung -in wenigen Gemeinden eine Transportbewegung von -mehr als 120 Meterzentnern täglich, allerdings nur auf eine durchschnittliche -Entfernung von weniger als eine Stunde entstehen. Diese -würde sich sehr beträchtlich, vielleicht auf weniger als 20 Meterzentner -vermindern, wenn die Gemeinden nur Überschüsse von Käse, -Butter und Abfall, ausnahmsweise zur Städteversorgung auch von -Milch, austauschen und jede Gemeinde die Verarbeitung der Milch -auch selbst betreiben würde. Es ist nicht die Aufgabe dieser Untersuchungen, -diese Frage zu lösen, sondern nur zu zeigen, daß in der -kollektivistischen Wirtschaft jede ökonomische Aufgabe auf das vollkommenste -und rascheste gelöst werden kann. -</p> - -<p> -Bei den in diesem Abschnitte entwickelten Vorschlägen wird von -der Statistik das Äußerste an Genauigkeit <ins class='correction' title='von'>vor</ins> ihrer Veröffentlichung -die größte Schnelligkeit und Allgemeinheit gefordert und es wurde -gezeigt, daß diesen Anforderungen mit spielender Leichtigkeit entsprochen -werden kann. Sich über die Verteilung von Produkten, -die ihrer Natur nach sofort konsumiert werden müssen, so rasch als -möglich zu orientieren, ist für den Kollektivismus offenbar ein Bedürfnis. -Niemand würde es aber für möglich halten, daß das ohne -erheblichen Arbeitsaufwand an einem dem Verrechnungstage nächstfolgenden -Tage <em class='gesperrt'>und zwar zur Orientierung eines jeden -Einzelnen</em> möglich sein wird, wenn ich mir nicht die Mühe genommen -hätte, diese Arbeit zu unternehmen. Das durfte aber nicht -bloß in allgemeinen Sätzen behandelt werden, sondern erforderte eine -anschauliche Darstellung, die jeden Zweifel ausschließt. In abstrakten -Sätzen ist schon Unsinn genug gegen und für den Kollektivismus -geschrieben worden, daß ich mich davon ferne halte. -</p> - -<p> -Freilich wirken bei der Verrechnung auch die Art der Verteilung -der Bevölkerung, die Beamtenorganisation, und die Ersetzung des -Familienhaushaltes durch den Gemeindehaushalt mit, aber diese -Einrichtungen entsprechen so sehr zugleich dem Fortschritte im Volksunterrichte, -in der Volkserziehung, im geselligen Leben und nach -vielen anderen Richtungen, daß die hier erörterten Vorteile keineswegs -erkauft werden durch irgend welche Übelstände anderer Art, <em class="gesperrt">sondern -die Organisation ist gleich fruchtbar für alle Arten von -<span class='pagenum'><a id='Page_123' name='Page_123' href='#Page_123'>[123]</a></span> -Produktion und Verteilung</em>, ganz insbesondere zwar für die -idealsten Interessen, aber, wie gezeigt werden wird, auch in hohem -Maße für die materiellen Interessen. -</p> - -<p> -Für die hauptstädtischen Verteilungen wäre die Statistik noch -viel einfacher. Die Reichshauptstadt würde einen Bevölkerungs- und -<ins class='correction' title='Verpflegsstand'>Verpflegstand</ins> haben, der dem eines Kreises vergleichbar wäre. Für -Milchprodukte wäre die Hauptstadt eine Konsum-, nicht aber, oder -jedenfalls nur im geringsten Maße auch eine Produktionsstätte, für -Fleisch eine Produktionsstätte nur dann, wenn Mastanstalten und -dem entsprechend auch Schlachthäuser in die Hauptstadt verlegt würden. -Zu untersuchen, ob das ökonomisch wäre, ist nicht Aufgabe dieser -Arbeit und wahrscheinlich würden verläßliche Beobachtungen über -die ökonomischen Vorteile und Nachteile erst im Kollektivstaate möglich -sein. -</p> - -<p> -Die ökonomische Statistik der Hauptstadt würde, abgesehen -eventuell von der Auseinandersetzung mit dem Hofhaushalte nach -dem Kapitel <a href='#D_00_0_0'>IV,</a> wenn die Monarchie fortbestände, in einem Kreisblatte -veröffentlicht werden, da die Reichshauptstadt ihres Umfanges -wegen einen eigenen Kreis zu bilden hätte. Die Bevölkerungs- und -Verpflegstandsstatistik dieses Kreises wäre allerdings einigermaßen -kompliziert, wegen des beständigen Wechsels der Fremden und des -<ins class='correction' title='Verpflegsstandes'>Verpflegstandes</ins>. Dagegen hätte diese Statistik wenig mit der -Güterproduktion zu schaffen, da die Reichshauptstadt ihren Bedarf an -Gütern größtenteils vom flachen Lande bezöge und nur Finalproduktion -betreiben würde. -</p> - -<p> -Für den Hofhaushalt wäre eine besondere Statistik aufzustellen. -Diese hätte zunächst auszuweisen, daß der Hofhaushalt nicht mehr -an Gütern vom Gesamthaushalt bezieht, als das Volk bewilligt hat. -Außerdem wäre auch eine innere Verwaltungsrechnung aufzustellen -und in angemessenen Formen zu veröffentlichen, nachdem auch diese -Gebarung das Volk ebenso angeht wie jede andere, und weil nicht -das Privatinteresse der Familien des Monarchen und des Adels, -sondern das allgemeine Volksinteresse allein für diese Gebarung -maßgebend sein darf. -</p> - -<p> -Was den Verbrauch anderer Güter für die Ernährung anbelangt, -welche nicht wie Fleisch, Milch, Eier u. <ins class='correction' title='dgl'>dergl</ins>. dem raschen -<span class='pagenum'><a id='Page_124' name='Page_124' href='#Page_124'>[124]</a></span> -Verderben unterliegen, insbesondere den Verbrauch von Mehl und -den verschiedenen Gewürzen, so werden diese Güter auch den einzelnen -Gemeinden und Quartieren im Verhältnisse zum Verpflegstande -zuzuweisen sein, ähnlich wie es oben bezüglich der Zuweisung -von Milch gezeigt wurde. Allein es wird sich da nicht um tägliche -Zuweisungen handeln, es wird genügen, wenn die Zuweisung reichlich -für einen Monat im vorhinein erfolgt und die Monatsstatistik den -Verbrauch nach Maßgabe des <ins class='correction' title='Verpflegsstandes'>Verpflegstandes</ins> feststellt und den -Überschuß ausweist, wonach dann eine neuerliche Zuweisung zur -Deckung des Monatsbedarfs zu erfolgen hätte. -</p> - -<p> -Ebenso wäre es mit den Heiz- und Beleuchtungsstoffen zu -halten. Für den Verbrauch dieser Stoffe wäre der <ins class='correction' title='Verpflegsstand'>Verpflegstand</ins> -wohl nicht maßgebend. Insoweit Heiz- und Beleuchtungsstoffe in -den Betriebsstätten verbraucht werden, kommen sie nicht als Aufwand -für die Einzelnen, sondern als Aufwand in der Produktion in -Betracht. Insofern es sich aber um den Aufwand zur Beheizung -und Beleuchtung der Schlafhäuser und der dem geselligen Leben gewidmeten -Räume handelt, würden für die Verteilung der Rauminhalt -und das Klima maßgebend sein. Auch hier wird ein statistischer -Monatsausweis vollkommen genügen. -</p> - -<p> -Was die Wohnbauten und die Nutzbauten für landwirtschaftliche -und industrielle Zwecke anbelangt, so werden sie getrennt auszuweisen -sein. Für die Bauten genügt eine Jahresstatistik. Diese -wird für die Wohnbauten insbesondere den Rauminhalt der Schlafstuben, -der Kommunikationen, Treppenhäuser, Aborte und Bodenräume, -dann der dem geselligen Leben, der Schule und dem Amte -gewidmeten Räume ausweisen. Dieser statistische Ausweis hat zunächst -nach Gemeinden und Quartieren zu erfolgen, woraus die -Bezirkssummarien, Kreis-, Provinz- und Reichssummarien zu bilden -sind. Das Verhältnis der Bevölkerungsziffer und der Wohnbautenstatistik -wird ergeben, ob überall gleichmäßig für das Wohnbedürfnis -gesorgt ist und worin die Vorteile der nach den Verteilungsgesetzen -bevorzugten Personen bestehen. Dabei wird aber auch der Aufwand -für die Ausstattung der Wohn- und Gesellschaftsräume in Betracht -kommen. Dieser Aufwand findet seinen Ausdruck in der Anzahl der -aufgewendeten Arbeitstage, jede Art von Arbeit reduziert auf einen -<span class='pagenum'><a id='Page_125' name='Page_125' href='#Page_125'>[125]</a></span> -gemeinen Arbeitstag, und in der Menge und Art der aufgewendeten -Materialien. Aber auch für die Bauerhaltung und die Instandhaltung -der Ausstattung wird ein statistischer Jahresausweis zu -liefern sein. Analog ist der Bestand, die Neuerrichtung und die -<ins class='correction' title='Instanderhaltung'>Instandhaltung</ins> der Nutzbauten statistisch nachzuweisen. -</p> - -<p> -Ebenso ist es mit dem Inventar zu halten. Es ist zu trennen -das Inventar für die Wohn- und Gesellschaftsräume vom Inventar -an Werkzeugen und Maschinen für den Betrieb der Urproduktion -und der Industrie. Das Kücheninventar gehört ebenso wie das -Kellerinventar zu dem Inventar der ersten Kategorie. Auch bezüglich -des Inventars handelt es sich um den Bestand vom Vorjahr, -um Neuanschaffungen, um Erhaltungsaufwand und um Abschreibungen. -</p> - -<p> -Noch eine dritte Art von Inventar wird man aufzustellen -haben, nämlich von Gegenständen, die für die Zwecke der Kunst -und Wissenschaft dienen. Dahin gehören Bücher und den Büchern -verwandte Gegenstände, wie Atlanten, Sammlungen von Käfern -u. <ins class='correction' title='dgl'>dergl</ins>. Dann Medikamente und andere Bedürfnisse des ärztlichen -Dienstes, Instrumente und Apparate und die örtliche Verteilung aller -dieser Sachen. Für die Zwecke des Sanitäts- und Unterrichtsdienstes -und der Kunst und Wissenschaft werden auch Verbrauchsgüter gewidmet -werden müssen, worüber eine besondere Nachweisung zu -liefern sein wird. Was musikalische Instrumente und sonstige Behelfe -für diese Kunstübung anbelangt, so könnte wohl die Nachfrage -größer sein, als mit dem Vorrat zu befriedigen wäre. Darum soll -für diese Verteilung die Mitwirkung der Vereine, VIII, 2, <i>Alinea</i>: -<a href='#H_02_0_0'>»Sehr zu fördern«</a> mitbestimmend sein. -</p> - -<p> -Am Schlusse des Jahres wird eine eigentliche Statistik aufgestellt -werden, umfassend die Bevölkerung, den Gesamtbesitz an unbeweglichen -und beweglichen Sachen, die Gesamtproduktion, den -Gesamtverbrauch im Laufe des Jahres und den Gesamtvorrat an -verbrauchbaren Gütern, welcher auf das kommende Jahr zu übertragen -ist. Diese Statistik aber baut sich auf aus der Statistik der -Gemeinden, Bezirke, Kreise und Provinzen, welche im Reichssummarium -zusammengefaßt werden. Ebenso wird es mit der -Bevölkerungsstatistik, der Sanitäts- und Erziehungs- und Unterrichtsstatistik -zu halten sein. -</p> - -<h2 id='G_00_0_0'> -VII.<br /><br /> -Der Kollektivismus und die Erhaltung, Vermehrung -und Veredlung des Volkes. -</h2> - -<hr class='h2bot' /> - -<h3 id='G_01_0_0'> -1. Die Bevölkerungspolitik. -</h3> - -<p> -Der Kollektivstaat hat nicht nur die Aufgabe der Produktion -und Verteilung der Sachgüter und der persönlichen Dienstleistungen -im weitesten Sinne des Wortes, sondern er hat, da unser größtes -Gut die Mitmenschen sind, besonders auch Einfluß auf die Propagation -und Veredlung des Volkes zu nehmen. -</p> - -<p> -Dem Lande gehört jeder an, der von seinen im Lande heimatsberechtigten -Bewohnern gezeugt wurde. Wie sonst die Staatsbürgerschaft -erworben wird und wie sie verloren geht, bestimmen die Gesetze, -auch, inwiefern von Inländern mit Ausländern erzeugten Kinder -als Inländer zu betrachten sind. Es scheint der Natur der Sache -zu entsprechen, daß die Kinder der Staatsbürgerschaft der Mutter -folgen. <i>Mater certa, pater incertus.</i> -</p> - -<p> -Die Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts beweist, daß ein -Steigen der heimatsberechtigten Bevölkerung innerhalb gewisser -Grenzen erträglich ist. Dagegen ist nicht zu bezweifeln, daß eine -allzu rasche Vermehrung der Bevölkerung <ins class='correction' title='vom'>von</ins> Übel wäre, weil die -Pflege, Ernährung und der Unterricht einer allzu zahlreichen Nachkommenschaft -eine zu große Anzahl von Arbeitskräften in Anspruch -nehmen würde und demgemäß auch die Wohnungsbauten zu rasch -vermehrt werden müßten. Auch beweist die Erfahrung, daß kein -Volk der Erde sich in dem Maße vermehrt, als nach der Zeugungskraft -der Menschen möglich wäre. -</p> - -<p> -Ein Geburtenüberschuß von eins vom Hundert im Jahre würde -schon in siebzig Jahren zur Verdoppelung der Bevölkerung führen, -<span class='pagenum'><a id='Page_127' name='Page_127' href='#Page_127'>[127]</a></span> -und das müßte schon in zwei- bis dreihundert Jahren eine Übervölkerung -zur Folge haben. Die Meinung, daß dem durch Auswanderung -leicht abgeholfen werden könnte, wäre falsch, weil man, -insofern für die Zeugung nur das Recht des Einzelnen, nicht das -öffentliche Interesse in Betracht kommt, nicht leicht ein Gesetz aufstellen -könnte, <em class='gesperrt'>wer</em> auszuwandern hat, und es auch, sobald die -Überproduktion von Menschen in Europa allgemein würde, unmöglich -wäre, den Transport des Überschusses in überseeische Länder zu -bewältigen. Auch bringt es die Natur der Sache mit sich und lehrt -die Erfahrung, daß durch die Auswanderung die besseren und tüchtigeren, -insbesondere die arbeitsfähigeren Elemente außer Land geführt -werden, während die kinderreichen Familien zurückbleiben. Bei -allgemeiner Übervölkerung müßten sich die benachbarten Völker -wechselseitig gefährlich werden, da es viel näher liegt, den Nachbarn -den Boden streitig zu machen, als den Menschenexport im Großen -zu betreiben. -</p> - -<p> -Trotzdem könnte man im <em class='gesperrt'>Kollektivstaat</em> an eine solche zwangsweise -Expatriierung denken und jene, die die bevölkerungspolitischen -Gesetze nicht beobachten, des Staatsbürgerrechtes berauben und gewaltsam -außer Landes schaffen, zu welchem Ende man Kolonien in -unbewohnten oder schwachbevölkerten, aber fruchtbaren überseeischen -Ländern errichten oder sonst einen Ausweg, wovon später die Rede -sein wird, finden müßte. Das setzt aber eben voraus, daß man -zwischen legitimen, den heimischen bevölkerungspolitischen Gesetzen -entsprechenden, und illegitimen Zeugungen unterscheide, daß man -also doch bevölkerungspolitische Gesetze erließe und die Expatriierung -als Strafe verhängte. Dann aber ist die Zeugung kein gleiches -Recht für alle mehr. -</p> - -<p> -Es ist ein großer Irrtum, wenn man die tatsächliche Zahl der -Geburten in unserer heutigen Gesellschaftsordnung für das Ergebnis -der natürlichen Fruchtbarkeit der Menschen hält. Die Zahl der -Geburten wäre aber eine viel größere, wenn die Menschen sich in -der Propagation lediglich von den Gesetzen der Natur beherrschen -ließen. Die mannigfaltigsten Lebensgrundsätze, die mehr oder weniger -mit der Sittlichkeit vereinbar sind, nehmen Einfluß auf die Verminderung -der Zeugungen. Scheinbar einwandfrei ist die Enthaltsamkeit -<span class='pagenum'><a id='Page_128' name='Page_128' href='#Page_128'>[128]</a></span> -jungfräulicher Frauenspersonen, welche sich der Ehe enthalten -oder keine entsprechende Ehe einzugehen Gelegenheit finden. Es ist -aber immer noch die Frage, ob diese Enthaltsamkeit nicht große -Übel im Gefolge hat. Die nicht befriedigte Natur fällt oft dafür -weit größeren Verirrungen anheim. Wir wissen, daß Unzucht mit -geschlechtsunreifen Kindern, mit Tieren und andere Verirrungen sehr -häufig vorkommen und wahrscheinlich viel häufiger, als beobachtet -wird. Noch viel größer als der Einfluß der völligen geschlechtlichen -Enthaltsamkeit ist der Einfluß der oft als unsittlich verworfenen -Maßnahmen, welche auf Unfruchtbarkeit der Umarmungen abzielen -oder die Frucht zu beseitigen berechnet sind. Die abscheulichste Ursache -der Verminderung der Geburten ist die Prostitution. -</p> - -<p> -Bekanntlich ist die Geburtenziffer in Tirol eine auffallend -niedere, und in diesem Lande kann man folgendes beobachten. Unter -den Bauern findet man häufig, daß die Mädchen das Alter von -45 Jahren und darüber erreicht haben, ehe sie zur Heirat schreiten, -und oft verzögert sich die wirkliche Eheschließung bei Bräuten in -diesem vorgeschrittenen Alter noch um ein oder zwei Jahre, so daß -die Absicht, von welcher sie geleitet werden, unverkennbar ist. Es -scheint, daß diese Ehen widerlicher sind als manche andere Verirrung -ähnlicher Art. -</p> - -<p> -So viel ist gewiß, daß für die Menschen zwingende Verhältnisse -vorliegen müssen, die eine natürliche Vermehrung als unheilvoll -erscheinen lassen, wenn sie zu so mannigfaltigen und oft auch abscheulichen -Mitteln greifen, die natürliche Vermehrung einzuschränken. -Es ist gewiß, daß die mit der Kultur vereinbare Regelung der -Volksvermehrung das schwierigste Problem ist, das den Menschen -gestellt ist, und man kann nur wünschen, daß es im Kollektivstaat -eine richtige Lösung finde, wenn auch vielleicht erst nach Generationen. -</p> - -<p> -Man muß annehmen, daß unter 100 Menschen mindestens -20 Frauenspersonen leben, die sich im zeugungsfähigen Alter befinden. -Sinkt trotzdem die Zahl der Geburten bei allen Völkern -unter fünf vom Hundert, bei vielen bis auf nahezu zwei vom Hundert -im Jahre, so kann man sich vorstellen, welchem Zwange der Verhältnisse -die Menschen ausgesetzt sein müssen. Und selbst rohe -Völker verhalten sich der Propagation gegenüber nicht anders als -<span class='pagenum'><a id='Page_129' name='Page_129' href='#Page_129'>[129]</a></span> -die Kulturvölker. So hat der spanische Reisende Azarra bei wilden -Völkern in Südamerika Gewohnheiten konstatiert, die offenbar darauf -berechnet waren, Totgeburten herbeizuführen und die Kindersterblichkeit -zu vermehren. Die klassischen Völker haben die Aussetzung neugeborener -Kinder für erlaubt gehalten, sie scheint auch bei Juden -vorgekommen zu sein, ebenso bei den Germanen. Was die Juden -anbelangt, ist die Aussetzung des Moses ein klassisches Beispiel. -</p> - -<p> -Der Geburtenüberschuß, welcher für die Propagation entscheidend -ist, hängt nicht allein von der Zahl der Geburten ab, sondern vom -Verhältnisse der Geburten zu den Todesfällen, und wird in einem -Lande die Versorgung des ganzen Volkes durch den Kollektivstaat -nach den Grundsätzen geleistet, welche hier entwickelt worden, so muß -man annehmen, daß die Todesfälle auf viel weniger als 1,5 vom -Hundert im Jahre herabgingen, weil ein so niederer Prozentsatz der -Sterbefälle schon heute in vielen sanitär gut eingerichteten Städten -beobachtet wird. Nimmt man nun an, daß die Sterbefälle auf -1,2 vom Hundert im Jahre herabgingen, so wäre die wünschenswerte -Maximalzahl der Geburten auf 17 bis 20 vom Tausend im -Jahre zu veranschlagen. Eine Geburtenziffer von wenig über -2 Prozent wird auch heute schon tatsächlich in Frankreich, Tirol und -manchen Staaten von Nordamerika beobachtet, obwohl gerade in -Nordamerika Platz genug wäre, sich im Lande auszubreiten. Es -wird demnach im Kollektivstaat Gegenstand der jeweiligen Volksbeschlüsse -sein, die Grundsätze für die Bevölkerungspolitik festzusetzen, -die Verhältniszahl der Geburten zu normieren und der Staatsverwaltung -die Maßregeln vorzuschreiben, durch welche auf die Einhaltung -dieser Verhältniszahl hingewirkt werden soll. -</p> - -<p> -Vorausgesetzt, daß solche Gesetze und Maßregeln für zulässig -erachtet werden, entsteht die Frage, wem die Zeugung verwehrt -werden soll und wie diesen Gesetzen Achtung zu verschaffen ist. -Dabei wird die weibliche Bevölkerung zuerst in Betracht kommen, -weil es nur darauf ankommt, wie die Frauen, nicht wie die Männer -sich zu diesen Gesetzen verhalten. Nach dem, was wir in <a href='#G_03_0_0'>VII, 3,</a> -über die freie Liebe entwickeln werden, ist übrigens kaum zu erwarten, -daß sich jemand den staatlichen Vorschriften wegen der Ehe -und Zeugung nicht fügen wird, und es wäre eher zu besorgen, daß -<span class='pagenum'><a id='Page_130' name='Page_130' href='#Page_130'>[130]</a></span> -eine Eheflucht einrisse, die ihrerseits dem Staate gefährlich werden -müßte, daher man daran wird denken müssen, die Ehe den dazu -Berufenen wünschenswert zu machen. Doch wollen wir zunächst -prüfen, wie der Übervölkerungsgefahr vorgebeugt werden könnte. -</p> - -<p> -Man könnte die Einschränkung der Zeugungen nach zwei verschiedenen -Richtungen normieren. Entweder würde man zwar jeder -Frauensperson die Zeugung gestatten, aber nur bis zu einer bestimmten -Anzahl von Kindern, also für etwa zwei Kinder, oder man -würde eine größere Anzahl von Frauenspersonen von der Zeugung -ganz ausschließen, den anderen aber die Zeugung von Kindern ohne -jede Einschränkung freigeben. In beiden Fällen würden jene Geburten, -welche im Widerspruche mit den Gesetzen stattfänden, als -illegitim anzusehen sein. -</p> - -<p id='G_01_0_0al1'> -Bei dem heutigen Stande der Dinge wäre der zweite Weg der -bessere. Er würde uns die Möglichkeit bieten, die gesündesten -Frauen und, wenn die Ehe beibehalten würde, die gesündesten -Männer auszuwählen und ihnen die Propagation freizugeben, diese -aber den anderen ganz zu verwehren.<a name='FA_22' id='FA_22' href='#FN_22' class='fnanchor'>[22]</a> -Da die Gestattung der Zeugung noch nicht bedingen würde, daß von der Erlaubnis Gebrauch -gemacht und welcher Erfolg erzielt wird, so müßte durch -ununterbrochen fortgesetzte Beobachtung des Verhältnisses der Geburten -zu den Todesfällen festgestellt werden, ob die Verehelichungsbewilligungen -vermehrt oder vermindert werden sollen. Auch dazu -würden die Bevölkerungstabellen dienen, die in <a href='#F_08_e_0'>VI, 8, e,</a> angeführt -worden sind. -</p> - -<p> -Man könnte nun dagegen sagen, daß niemand das Recht habe, -jemand das Zeugen von Kindern zu verwehren. Es scheint aber, -daß man mit diesem Rechtsgrundsatze den Kollektivismus unmöglich -<span class='pagenum'><a id='Page_131' name='Page_131' href='#Page_131'>[131]</a></span> -machen würde. Darum hat auch der Liberalismus, dem der Kollektivismus -verhaßt war, jenes Recht der freien Selbstbestimmung -in der Liebe und Ehe verbunden mit dem sozialen Gesetze, daß niemand -als die Erzeuger für die Kinder, welche geboren werden, zu -sorgen habe, vertreten, und diese Grundsätze konnten nur die Folge -haben, daß die Übervölkerung zwar keine allgemeine, wohl aber eine -Plage für die einzelnen Familien wurde. Man tröstete sich damit, -daß jeder schlafe, wie er sich bettet. Allein es waren ja nicht bloß -die Eltern, die die Lasten der allzu zahlreichen Geburten zu tragen -hatten, vielmehr die erzeugten Kinder selbst und mittelbar doch auch -die Gesellschaft, welche keineswegs unberührt bleibt von dem Elend -und der Verkümmerung eines großen Teiles der Mitbürger und von -der Verwahrlosung der Jugend. Darum gerät die Gesellschaft auch -wieder mit sich selbst in Widerspruch, denn es werden Werke der -Mildtätigkeit eingeleitet, um dem Elende, das die Gesetze verschuldet -haben, abzuhelfen, und so schwankt man hin und her und macht -wieder teilweise gut, was der Theorie nach nur die Eltern, aber -nicht die Gesellschaft angeht. Allein wirklich interessiert sind weder -die Eltern noch die Gesellschaft, sondern vor allem jene, die gezeugt -werden und von der Erde, auf die man sie pflanzt, doch nicht Besitz -ergreifen dürfen und, wenn sie ihren Platz auf Erden fordern, grausam -bestraft werden. Sie sind nicht im Unrecht, wenn sie ihren -Eltern und der Gesellschaft fluchen, denn so rechtlos, wie der Besitzlose, -ist kein Tier. Die Besitzlosigkeit ist die ärgste Sklaverei, und -wenn man den Enterbten zuruft, »so arbeitet doch«, ein Ruf, den -am frechsten jene erschallen lassen, die nicht arbeiten und welche aus -der Zwangslage der Besitzlosen wucherischen Gewinn ziehen, so vergißt -man doch, daß das Leben nicht mit der Arbeitstüchtigkeit beginnt, -daß der Ärmste auch zur Arbeitstüchtigkeit und zur Arbeitsfreude -nicht erzogen wird und daß die Arbeit auch nur für -jenen ist, der Arbeitsgelegenheit hat. Das ist ja eigentlich der Sinn -der Armut, daß der Arme von dem <em class='gesperrt'>Rechte</em>, zu arbeiten, ausgeschlossen -ist und daß er, was zweifellos ein angeborenes Recht ist, -den Boden zu bebauen und sich von seinen Früchten zu ernähren, -als Recht nicht geltend machen darf, weil man ihn einen Dieb -nennt und als solchen bestraft, wenn er nach den von der Erde -<span class='pagenum'><a id='Page_132' name='Page_132' href='#Page_132'>[132]</a></span> -freiwillig hervorgebrachten Früchten greift oder er sich anmaßt, die -Früchte in Anspruch zu nehmen, die er selbst der Erde abgewinnt. -Bei solchen Umständen und bei solchen Rechten der Gesellschaft -gegenüber hat der Überschüssige offenbar das Recht, ihr zuzurufen: -»Ihr habt uns nicht zeugen lassen dürfen!« -</p> - -<p> -Es wird übrigens in der künftigen Gesellschaft das gesellschaftliche -Recht, die Zeugung zu beschränken, um so weniger bezweifelt -werden, als dem Kollektivstaate durch die Zeugung von Kindern Verpflichtungen -auferlegt werden, nämlich die Kinder zu erhalten und -zu erziehen. Denn wenn der Staat allein über alle Früchte verfügt -und alles Nationaleinkommen verteilt, von wem könnten die -Kinder Versorgung und Erziehung beanspruchen, als eben vom -Staate? -</p> - -<p> -Und auch in der heutigen Gesellschaftsordnung anerkennt man -ein Recht des Staates, die Erzeugung von Kindern zu erschweren -oder zu begünstigen. Das Recht steht dem Staate ohne Zweifel zu, -wenn er auch nach den Grundsätzen des Liberalismus gegenwärtig -davon keinen Gebrauch macht. Es hat bis in die neuste Zeit hinein -Gesetze gegeben, welche die Ehe erschweren, oder, im Falle eines Rückganges -der Bevölkerung, sie begünstigen. Ebenso maßen sich in -vielen Gegenden, wo das Zweikindersystem volkstümlich ist, die älteren -Kinder das Recht an, den Eltern bittere Vorwürfe zu machen oder -sie dem Spotte preiszugeben, wenn sie von weiterer Zeugung nicht -abstehen. Ein Interessenkonflikt innerhalb der Familie liegt zweifellos -vor und wenn es uns verletzt, den Streit ausbrechen zu sehen, -so ist es doch sicherlich eine natürliche Quelle der häßlichsten Familienstreitigkeiten, -oft der Anlaß zu Verbrechen und Mordtaten, sobald -die Zeugung über eine gewisse Grenze hinaus fortgesetzt wird, oder -verwitwete Personen, die schon erwachsene Kinder haben und noch -zeugungsfähig sind, zu einer zweiten Ehe schreiten. Man kann es -wohl in Zweifel ziehen, ob einer oft lächerlicher Begierde wegen der -Anteil älterer Kinder am Erdenglücke so ganz mit Recht geschmälert -werden darf, besonders dann, wenn es sich um das Schicksal erwerbsunfähiger -Kinder handelt. Und wie häßlich ist es, wenn solche -Fragen zwischen sich nahestehenden Verwandten aufgeworfen werden. -Jedenfalls ist es besser, wenn sie, wie im Kollektivstaate, nur zwischen -<span class='pagenum'><a id='Page_133' name='Page_133' href='#Page_133'>[133]</a></span> -den Einzelnen und dem Staate zum Austrage kommen, da es hier -nur vernünftige Grundsätze sein <ins class='correction' title='könnnen'>können</ins>, nach welchen sie ausgetragen -werden. -</p> - -<p> -In wieferne der Staat in einer kollektivistischen Gesellschaftsordnung -berechtigt ist, die Freiheit der Volksgenossen in der Propagation -einzuschränken, mag unerörtert bleiben. Denn abstrakte Rechtsgrundsätze -haben die Menschen niemals geleitet. Vergleichen wir -aber die heutigen Zustände mit jenen, welche im Kollektivstaate in -Beziehung auf die Zeugung zur Geltung kommen mögen, so erscheinen -uns letztere vernünftiger, gerechter und mit dem Wohlwollen -vereinbarer. -</p> - -<p> -Wer <em class='gesperrt'>heute</em> von Besitzlosen gezeugt wird, ist ausgeschlossen von -jedem Mitbesitz, auf den doch jeder ein unveräußerliches Recht hat, -der in die Welt gesetzt wird. -</p> - -<p> -Denken wir uns nun, in der <b>künftigen</b> kollektivistischen Gesellschaftsordnung -würde gegen den Willen des Staates ein Kind erzeugt, -so würde der Staat zwar solche Kinder nicht den legitimen -Kindern gleichstellen und ihnen gegenüber die Versorgungspflicht nicht -übernehmen, die er den mit seiner Zustimmung gezeugten Kindern -gegenüber übernimmt, er würde sie aber nicht zur Besitzlosigkeit verdammen. -<em class='gesperrt'>Er würde ihnen und ihren Erzeugern nur die -Rechte der Mitgliedschaft am Kollektivbesitze vorenthalten, -er würde sie aber nicht von allem Besitze ausschließen.</em> -Er könnte die Eltern und die von ihnen unrechtmäßigerweise gezeugten -Kinder auf einer dazu bestimmten Insel aussetzen, auf eine Kolonie -verpflanzen, wo dem Staate eine Versorgungspflicht nicht obliegt, -oder eine solche Familie nur von den Rechten am kollektiven Mitbesitze -ausschließen. <em class='gesperrt'>Nicht eines jeden Anteiles an der Mutter -Erde würden sie beraubt, nur aus der kollektivistischen -Vergesellschaftung würden sie ausgeschlossen.</em> Diese Vergesellschaftung -wird nur begründet für jene, welche sich den staatlichen -Gesetzen unterwerfen und insbesondere jenen Gesetzen, welche -die Propagation zum Gegenstande haben. -</p> - -<p> -Wir haben im Abschnitte I, <i>Alinea</i>: -<a href='#A_00_0_0al1'>»Die Rechtsgrundsätze für die kommende Zeit«</a> -bereits darauf hingewiesen, daß die -<span class='pagenum'><a id='Page_134' name='Page_134' href='#Page_134'>[134]</a></span> -kollektivistische Gesellschaftsregel niemand aufgezwungen werden soll, daß -es jedem freigestellt bleibe, <em class='gesperrt'>seinen Anteil am Gesamtbesitze -abzusondern</em>, aus der kollektivistischen Gesellschaft auszutreten und -eine Abfertigung in beweglichen und unbeweglichen Sachen zu verlangen. -Das, was jenen, die sich den Gesetzen unterwerfen, als -Recht zugestanden wird, wird den Kontravenienten gegen die Propagationsgesetze -als Strafe auferlegt, <b>sie werden aber nicht zur Besitzlosigkeit -verdammt</b>. So verstanden kann das Verbot, Kinder zu -zeugen, offenbar nicht als ungerecht verurteilt werden. Der Kollektivismus -ist im wahren Sinne des Wortes ein <i>Contrat social</i>, -weil er fort und fort auf der Zustimmung aller Teilnehmer beruht. -</p> - -<p> -Die Ausscheidung, welche jedem Erwachsenen freigestellt, den -Sündern gegen die Propagationsgesetze aber strafweise auferlegt -würde, würde bedeuten, daß einer solchen Familie ein Gebiet im -Staate selbst mit einem Anteil an Gebäuden und beweglichen Sachen -von einem solchen Werte als Privateigentum angewiesen würde, der -beiläufig ihren Anteil am Kollektivvermögen ausmacht, aber mit Ausschluß -von allen weiteren Vorteilen, die der Bürger aus dem Kollektivismus -zieht. Sie erhielten Privateigentum in einem Ausmaße, -das dem gesellschaftlichen Anteile entspricht, der ihnen zukommt, aber -nicht mehr und sie könnten nun nach ihrem Belieben Kinder zeugen, -so viele sie wollten, aber auf ihre Rechnung und Gefahr. In einem -Punkte wären sie besser daran, als der Besitzlose von heute, in einem -anderen Punkte schlimmer, aber nur dann schlimmer, wenn der -Staat im Austausche von Gütern mit ihnen hart verführe. Denken -wir, es wäre ein Gärtner und seine Geliebte, die geboren hat, oder -Frau, die er ohne staatliche Erlaubnis geheiratet hat. Der Staat -<em class='gesperrt'>könnte</em> ihn beim Güteraustausch, den der Ausgeschlossene nicht entbehren -könnte, hart behandeln, so wie heute der Besitzende den -Arbeiter bewuchert. Es wäre aber gar nicht notwendig, daß man -seine Arbeitskraft wucherisch ausnutze, man könnte ihm für seine -Arbeitsprodukte das volle Äquivalent geben, er würde nur die ohne -Zustimmung der Gesellschaft erzeugten Kinder, seien es, so viele es -immer wären, selbst zu erziehen und zu erhalten haben. Wenn er -auch in keinem Stücke verkürzt würde, er würde diese Art von Ausschluß -aus den Vorteilen des kollektivistischen Lebens doch gewiß hart -<span class='pagenum'><a id='Page_135' name='Page_135' href='#Page_135'>[135]</a></span> -empfinden. Die praktischen Grundsätze für eine solche Absonderung -wollen wir nicht näher erörtern. -</p> - -<p id='G_01_0_0al2'> -Zu den gesetzlichen Folgen der Nichtbeachtung der Populationsgesetze -könnte auch die zwangsweise Verbannung in Kolonien gerechnet -werden, die noch nach den Grundsätzen der alten Gesellschaftsordnung -verwaltet werden. Man könnte aber auch einem Gesetzesübertreter -ein Patrimonium in barem Gelde geben und ihn mit der -Sündigen in einen fremden Staat, der ihn aufnehmen will, einzuwandern -zwingen. Er könnte nun wählen, was von alledem ihm -das mindest Beschwerliche erschiene. Schwerlich würde irgend ein -Bürger eines Kollektivstaates eine dieser Lagen verbunden mit der -vollen Freiheit der Zeugung dem Anspruche auf die Rechte eines -Kollektivbürgers unter Verzichtleistung auf das Zeugungsrecht vorziehen. -Jedenfalls würden doch er und seine Kinder weit weniger -Grund haben, sich zu beschweren, als der Arme von heute, der von -allzureichem Kindersegen bedrückt ist und die Kinder, die sich an den -armen Erzeuger halten müssen. -</p> - -<p> -Aus Vorstehendem kann man nun schon ableiten, welche Gesetze -gegen gesellschaftswidrige Zeugungen in Betracht kommen könnten. -Gewiß hat der Staat kein Recht, jene, die keine gesunde Nachkommenschaft -erwarten können, gegen ihren Willen der Zeugungskraft -zu berauben,<a name='FA_23' id='FA_23' href='#FN_23' class='fnanchor'>[23]</a> -noch die von ihnen gezeugten Kinder zu töten, -noch gegen den Willen der Mutter eine Totgeburt herbeizuführen, -noch die Kinder auszusetzen, ein Recht, das sich die Griechen und -Römer gegen ihre eigenen Kinder anmaßten. Aber eine der oben -erwähnten Beraubungen von den gesellschaftlichen Rechten, unter -welchen dem Betroffenen die Wahl freistünde, müßte dem Kollektivstaate -eingeräumt werden, wenn Jemand Kinder zeugt, ohne die -Einwilligung des Staates vorher erwirkt zu haben, sei es, daß die -Zeugung zu früh, in allzu jugendlichem Alter der Eltern, oder zu -spät, in einem Alter, in dem die Zeugung nicht mehr gestattet wird, -<span class='pagenum'><a id='Page_136' name='Page_136' href='#Page_136'>[136]</a></span> -erfolgt, oder daß die Zeugenden wegen vererblicher Krankheiten oder -Gebrechen von dem Rechte der Zeugung ausgeschlossen werden. <em class='gesperrt'>Den -größten Vorteil für die Sicherstellung der gesellschaftlichen -Interessen in den die Propagation betreffenden -Einrichtungen erwarte ich von der Frauenkurie, von der in</em> -<a href='#G_04_0_0'>VII, 4,</a> <em class='gesperrt'>die Rede ist, da die Frauen vom Urteil ihrer Geschlechtsgenossen -sehr abhängig sind und sich in der -Frauenkurie bald eine öffentliche Meinung bilden wird.</em> -</p> - -<h3 id='G_02_0_0'> -2. Ehe, Familie, Elternrecht, Wahlmütter, Anteil des -Staates an der Erziehung. -</h3> - -<p> -Man hat die Frage der Liebe von der Frage der Zeugung zu -trennen. Man kann die Liebesfreuden genießen, ohne zu zeugen, -und in einer unglücklichen Ehe kann man ohne Zweifel zeugen, ohne -Liebesfreuden zu genießen. Vielen Frauen ist die eheliche Umarmung -eine Qual und eine Schande. Wir wollen zunächst untersuchen, wie -sich der Kollektivstaat zur Zeugung zu verhalten hätte. -</p> - -<p> -Sein Interesse geböte offenbar, daß die tüchtigsten Frauen, gesund, -kräftig, schön und frohgemut, mit den tüchtigsten Männern -gleicher Vollkommenheit Kinder zeugten und zwar in einer Anzahl, -welche eine angemessene, nicht zu rasche Vermehrung der Bevölkerung -von 5-10 vom Tausend im Jahre herbeiführen würde. Mit dem -Zurückgehen der Sterblichkeit müßte das Zurückgehen der Geburten -Schritt halten. Die Erfahrung würde darüber belehren, ob die -Zeugung in der Ehe und beschränkt auf die Ehe, unter strenger Beobachtung -der ehelichen Zeugung, besser den gesellschaftlichen Zwecken -entspräche, oder ob die fallweise Verbindung zwischen zwei Personen, -die sich jeweilig zur Zeugung vereinigen, und demnach wechselnd -von einer Zeugung zur anderen, wie die Erfahrungen und die -Neigungen der Frau ihre Wahl beeinflussen mögen, vorzuziehen sei. -Von vorn herein hat man keinen Grund, der Ehe allein unbedingt -den Vorzug zu geben, weil in allem jene Erfahrungen entscheiden -müssen, welche erst der Kollektivstaat machen wird. Kärnten in -Österreich ist, so viel ich weiß, das einzige Land, welches beinahe -ebenso viele uneheliche als eheliche Geburten hat und eines scheint -<span class='pagenum'><a id='Page_137' name='Page_137' href='#Page_137'>[137]</a></span> -gewiß zu sein, daß der Menschenschlag in Kärnten kräftig und schön -ist, wie auch die Statistik zu beweisen scheint, daß die sozialen Verhältnisse -dort um nichts schlechter sind, als in Ländern, wo die unehelichen -Geburten nur 10, ja nur 5 vom Hundert der Geburten -betragen. Setzen wir den Fall, daß die Ehe nicht als die edlere -und in Beziehung auf die Zeugung einer veredelten Nachkommenschaft -nicht als die für die Gesellschaft nützlichere Form des Liebeslebens -erkannt würde, so könnte sie im Kollektivstaate aufgegeben oder -dem Belieben der Einzelnen freigegeben werden. Denn die Beschränkung -der Zeugung auf die Ehe ist heute nur deshalb von Vorteil, -weil die Ehe den Kindern in unseren Verhältnissen eine größere -Sicherheit der Erziehung und Versorgung gewährt, als die außereheliche -Zeugung. Schon das ununterbrochene Zusammenleben der -Eheleute und ihrer Kinder ist heute von großem Einfluß auf das -Wohl der Kinder, abgesehen davon, daß die uneheliche Mutter weder -in hinreichendem Maße die Versorgung leisten, noch in Beziehung -auf das Erwerbsleben, welches nach den Grundlagen unserer heutigen -Zustände mehr in die Kompetenz des Vaters gehört, die Interessen -ihrer unehelichen Kinder so gut wahrnehmen, wie der Vater -für die ehelichen Kinder sorgen kann. Allein gerade dort, wo die -unehelichen Geburten beinahe vorwiegen, -in Kärnten,<a name='FA_24' id='FA_24' href='#FN_24' class='fnanchor'>[24]</a> -hat sich auch in diesem Belange die außereheliche Zeugung mit dem Versorgungs- -und Erziehungsbedürfnisse ins Gleichgewicht gesetzt, indem dort der -Bauer recht gern Dirnen in den Dienst nehmen soll, so hat man -mir mitgeteilt, welche ein oder zwei uneheliche Kinder mit ins Haus -bringen. Diese fremden Kinder werden dann vom Bauer in der -Hausgemeinschaft aufgezogen und zur Arbeit verwendet, so weit es -tunlich ist. -</p> - -<p> -Da nun, wie wir sehen werden, die Natur der Dinge es mit -sich bringt, daß im Kollektivstaat der Staat die Kinder, soweit durch -die Zeugung seine Gesetze nicht verletzt werden, versorgt, die Mutter -allein für die Familienerziehung vorzugsweise in Betracht kommt -und ihre Stelle nötigenfalls von einer Wahlmutter vertreten werden -<span class='pagenum'><a id='Page_138' name='Page_138' href='#Page_138'>[138]</a></span> -soll, besteht ein Bedürfnis, die Zeugung auf die Ehe zu beschränken, -gewiß nicht in dem Maße, wie heute, auch in der kollektivistischen -Gesellschaft. -</p> - -<p> -Und doch wäre die Aufgebung der Ehe für die erste Zeit der -neuen Gesellschaftsordnung nicht zu empfehlen. Einerseits weil man -sich hüten muß, so altehrwürdige Einrichtungen voreilig abzuschaffen, -wodurch man der neuen Ordnung nur Feinde schaffen könnte. Dann -aber auch, weil diese Einrichtung der neuen Ordnung wichtige Dienste -leisten kann. Beschränkt man nämlich das Recht der Zeugung auf -die verheirateten Personen, so kann der Staat die Auswahl gesunder -Männer und Frauen für die Zeugung leichter sichern, als in einer -Verfassung ohne Ehe. Der Staat kann dann Einfluß nehmen auf -eine vernünftige Gattenwahl, die aber unter allen befähigten Männern -der Frau freistehen muß. Ohne Beeinträchtigung dieser Freiheit -können die staatlichen Organe immerhin einen mäßigen Einfluß auf -diese Wahl ausüben, wenn die Zeugung auf die Ehe beschränkt wird. -Auch darauf kann der Staat unter dieser Voraussetzung Einfluß -nehmen, daß die Zeugung durch noch allzu jugendliche Personen oder, -selbst in der Ehe, über eine gewisse Altersgrenze hinaus, welche ein -günstiges Zeugungsergebnis nicht mehr erwarten läßt, verhindert -werde. -</p> - -<p> -Aus diesen Gründen wird zunächst die Fortdauer der unlöslichen -oder schwer löslichen Ehe und die Unterdrückung der unehelichen Geburten -sich empfehlen. Es wird aber ununterbrochen darüber zu beraten -und zu verhandeln und es werden mit besonderer Rücksicht darauf -Untersuchungen anzustellen sein, ob der Kollektivismus eine Änderung -der geschlechtlichen Verhältnisse wünschenswert macht. Daß er sich -mit jeder Form des Liebeslebens leichter verträgt, als die heutige -Gesellschaftsordnung, ist gewiß. -</p> - -<p> -Zunächst können wir, wie gesagt, nur zu dem Ergebnisse kommen, -daß der Kollektivstaat unter vorläufiger <ins class='correction' title='Aufrechthaltung'>Aufrechterhaltung</ins> der -Ehe und mit tunlichster Unterdrückung der unehelichen Geburten, -oder auch, wenn die Ehe jedermann freigestellt wird, <em class='gesperrt'>nicht aber -in der Ehe die Zeugung</em>, mit tunlichster Unterdrückung jener -Zeugungen, welche den Populationsgesetzen zuwiderlaufen, eine entsprechende -Einschränkung der Zeugungen unter Bevorzugung jener -<span class='pagenum'><a id='Page_139' name='Page_139' href='#Page_139'>[139]</a></span> -Zeugungspersonen, von welchen die gesündesten, kräftigsten, schönsten -und begabtesten Kinder zu erhoffen sind, herbeizuführen haben wird. -</p> - -<p> -Was die Ehe anbelangt, so wird der Staat nur jene Ehen als -<ins class='correction' title='giltig'>gültig</ins> anerkennen, die mit seiner Einwilligung und unter Mitwirkung -der damit betrauten staatlichen Organe geschlossen werden. Da aber -eine Auswahl der zur Zeugung, beziehungsweise zur Ehe berufenen -Personen stattfinden soll, werden nicht nur die Kinder mit Rücksicht -auf die später aufzuwerfende Frage, ob sie zur Ehe zugelassen werden -sollen, häufig zu untersuchen sein, sondern auch die Beobachtungen -an ihren Eltern und die noch weiter zurückgehenden Beobachtungen -an den Voreltern und die Sektionsergebnisse, so hoch hinauf, als -sie vorliegen und vernünftigerweise noch in Betracht kommen können, -in Berücksichtigung gezogen werden müssen und es wird sich vielleicht -sehr empfehlen, durch irgend eine Feierlichkeit oder sonst auf eine -Art, die zur Ehe Berufenen schon im frühen Alter als zur Ehe -prädestinierte junge Leute zu proklamieren, um nicht nur ihre Phantasie -auf den künftigen Beruf zu lenken, sondern auch bei den anderen -die Resignation sich zu einer Zeit einwurzeln zu lassen, wo das Geschlechtsleben -noch keine Bedeutung hat. -</p> - -<p> -Die Folge der Annahme dieser Grundsätze wird es sein, daß -man auf mancherlei Art die wechselseitige Aufmerksamkeit solcher -junger Männer und Mädchen erregen wird, die nach ärztlichem Gutachten -nicht nur im allgemeinen zur Ehe geeignet, sondern auch -wechselseitig ganz besonders für einander zu passen scheinen. Natürlich -könnte man nicht daran denken, nach den brutalen Vorschlägen -Platos die eigensinnig festgesetzten Paare wie die Haustiere zusammenzugeben, -allein man wird guttun, eine voreilige Wahl möglichst -zu verhindern und zur geeigneten Zeit, nämlich wenn Mädchen -und junge Männer nach den Beobachtungen der Ärzte (beziehungsweise -der Ärztin) den Grad der vollendetsten Reife erlangt haben, -zu veranstalten, daß sie sich ungezwungen sehen können. Ob die -Veranstaltung von Tanzfesten für solche junge Leute das beste Mittel -wäre, vernünftige Wahlen herbeizuführen, mag die Erfahrung lehren. -Man sollte meinen, es wäre vernünftiger, daß das Mädchen den -Bräutigam wählt, als umgekehrt, da man voraussetzen muß, daß -das Weib den <ins class='correction' title='ächten'>echten</ins> Sexualinstinkt sicherer besitzt, als der Mann, -<span class='pagenum'><a id='Page_140' name='Page_140' href='#Page_140'>[140]</a></span> -eben weil es das Weib ist, das empfängt. Daß heute der Mann -wählt, ist nur die Folge der Herrschaft der Männer über die Frauen, -welche schon jetzt als eine Unnatur empfunden wird, und welche im -Kollektivstaate gar keinen Sinn mehr hätte, da nicht der Ehemann, -sondern der Staat die Frau und die Kinder versorgt. Übrigens -wird, wenn der Staat die Kinder ernährt und die Eltern versorgt, -das Mädchen, wenn auch der Antrag des jungen Mannes abgewartet -wird, von dem Zwange befreit sein, einen unwillkommenen -Antrag aus Versorgungsrücksichten <ins class='correction' title='anzunehmen '>anzunehmen.</ins> -</p> - -<p id='G_02_0_0al2'> -Was nun die Ehebewilligung anbelangt, so können auch andere, -als durch die Gesundheit bedingte Einschränkungen und selbst Erweiterungen -ins Auge gefaßt werden. Nationalgemischte Ehen -können an die Bedingung geknüpft werden, daß sich die Brautleute -vorher über das Ansiedlungsgebiet einigen und daß der nach seiner -Nationalität diesem Gebiete nicht angehörige Teil sich verpflichtet, die -Kinder in der diesem Gebiete angehörigen Sprache zu erziehen. -</p> - -<p> -Wir haben in unseren Verhältnissen ein Analogon. Die katholische -Kirche erlaubt ihren Angehörigen die Ehe mit Angehörigen -anderer Konfessionen nur gegen einen Revers, daß alle Kinder dieser -Ehe im katholischen Glauben erzogen werden. Allerdings kann die -Erfüllung dieser Verpflichtung, da sie keinen staatlichen Schutz genießt, -nicht erzwungen werden, während die vorhin erwähnte Verpflichtung -durch das dem Staate vorbehaltene Miterziehungsrecht -und die Volksschule garantiert ist. Was aber die nationalen Interessen -anbelangt, so liegt eine Gefahr vor, die wir uns nicht verhehlen -dürfen. Daß nämlich aus nationalem Chauvinismus die -Zahl der Ehebewilligungen zum Gegenstand des Kampfes gemacht -würde. Freilich könnte auch da ein Verteilungsgesetz gedacht werden, -wonach die Aufrechterhaltung der numerischen Verhältnisse der -Nationalitäten der Verwaltung zur Pflicht gemacht werde. -</p> - -<p id='G_02_0_0al3'> -Noch wichtiger wäre folgender Fall der Erweiterung der Ehebewilligungen, -nämlich die Ausdehnung auf solche, die in gesundheitlicher -Beziehung nicht ganz entsprechen, wenn sie nämlich einem -schwerer belasteten Beruf angehören und sich verpflichten, die Kinder -in diesem Berufe zu erziehen und ihm zu widmen, eine Verpflichtung, -die dann ihre Ergänzung fände in den Gesetzen über die Verteilung -<span class='pagenum'><a id='Page_141' name='Page_141' href='#Page_141'>[141]</a></span> -der Arbeit. Selbstverständlich würde diese durch Erbschaft überkommene -Belastung der Erhebung in bevorzugte Berufe dann nicht -im Wege stehen, wenn die Bedingungen erfüllt sind. -</p> - -<p> -Es ist hier der Ort, einiges über die angeborenen Anlagen -der Menschen, spricht man doch von geborenen Verbrechern, und über -die Vererbung innerhalb der menschlichen Rasse zu sagen. Die -Anschauung, daß es geborene Verbrecher gebe, teile ich nicht. -Es mag gewisse angeborene Eigenschaften geben, welche es dem damit -behafteten Individuum schwerer machen, sich den Gesetzen und den -gegebenen Umständen anzupassen, aber ein angeborener Hang zu -<em class='gesperrt'>bestimmten</em> Verbrechen ist nicht erweislich. Die Eigenschaften der -Menschen bestimmen ihre Handlungen nicht allein, sondern nur im -Zusammenwirken mit den Umständen und Verhältnissen im allgemeinen -und mit einzelnen Vorkommnissen im besonderen. Bismarck -hätte nie eine zur Einigung Deutschlands führende Handlung gesetzt, -wenn er nicht in den preußischen Staatsdienst berufen worden wäre, -den er nicht gesucht hat. Mancher Selbstmörder hätte nie einen -Selbstmord begangen, wenn nicht etwa die Betrachtung einer Waffe -eine Ideenassoziation ausgelöst hätte, die zu Selbstmordgedanken -führte. Jeder Mensch birgt eine Welt der verschiedensten, sich -oft widersprechenden Anlagen und Neigungen und welche davon ins -Spiel kommen, hängt von der Geschichte des Individuums und -sehr häufig von unberechenbaren Zufällen ab. Der große Vorzug -des Kollektivismus, der zur Staatsomnipotenz führt, ist es, daß er -die nützlichen Anregungen, Anregungen, sich der Gesamtheit nützlich -zu erweisen, außerordentlich vermehrt, die gegenteiligen Anregungen -nicht nur an und für sich vermindert, sondern auch, sofern sie potentiell -im Gesellschaftsleben noch vorhanden sind, durch Anregungen sozialer -Natur verdrängt.<a name='FA_25' id='FA_25' href='#FN_25' class='fnanchor'>[25]</a> -</p> - -<p> -Allein angeborene gute Eigenschaften — abgesehen von deren -<span class='pagenum'><a id='Page_142' name='Page_142' href='#Page_142'>[142]</a></span> -erziehlichen Entwickelung — sind selbstverständlich im Interesse der -Gesellschaft gelegen, weil auch der wohlerzogene Mensch mehr leistet, -wenn er über gute Anlagen verfügt. So hat also die Gesellschaft -ein Interesse daran, daß nur gut veranlagte Individuen geboren -werden. Doch ist auf Beeinflussung der Zeugungsprodukte durch -das Zusammenwählen der Eltern von Gesellschaftswegen nicht viel -zu geben, wenigstens nach dem heutigen Stande der uns zu Gebote -stehenden Kenntnisse. Nur das fortgesetzte Ausschalten der schlecht -veranlagten Individuen von der Zeugung scheint etwas für die Veredlung -der menschlichen Rasse zu versprechen, nicht aber die positive -Auswahl der zu <ins class='correction' title='parenden'>paarenden</ins> Individuen. Jedes Kind erbt einen Teil -der Eigenschaften des Vaters und einen Teil der Eigenschaften der -Mutter und in welcher Proportion, auf welchem Gebiete der -physischen und psychischen Anlagen diese Vererbung erfolgt, ist, derzeit -wenigstens nicht bestimmbar. Die Vereinigung des väterlichen -und mütterlichen Naturells in den Kindern verhält sich, wie die -Legierungen verschiedener Metalle oder die chemischen Verbindungen -von Stoffen in verschiedenen Proportionen. Verbindungen von -Kupfer und Zink in verschiedenen prozentuellen Verhältnissen geben -Produkte, welche keineswegs im gleichen prozentuellen Verhältnisse -die Eigenschaften der verbundenen Metalle zeigen. Aber während -wir bestimmen können, wie viele Teile der Metalle wir zusammengeben, -können wir nicht beherrschen, wie viele und welche Teile des väterlichen -und mütterlichen Naturells auf die Kinder übertragen werden. -Darum kann das Kind eines schönen Vaters und einer schönen Mutter -grundhäßlich sein und es scheint darum, wenigstens heute, am meisten -von einer Paarungswahl erhofft werden zu können, welche durch -den Sexualinstinkt des Weibes bestimmt -wird.<a name='FA_26' id='FA_26' href='#FN_26' class='fnanchor'>[26]</a> -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_143' name='Page_143' href='#Page_143'>[143]</a></span> -Auf das Eheleben der jungen Eheleute werden die Ärzte belehrend -und aufklärend Einfluß zu nehmen suchen. Die Ärztin wird -die junge Frau in den ersten Monaten auf das Beste beraten. Der -junge Mann wird sich mehr beherrschen müssen als heute, die Frau -wird sich auch dem geliebten Manne entziehen dürfen, wenn immer -es ihr Wohl und das Wohl der Frucht ihrer Liebe erfordert. -Wenn man die Lehren des Alphons von Liguori über die Pflichten -der Frau kennt, so wird man sagen müssen, daß das Eheleben der -Zukunft gerade das Widerspiel von dem sein wird, welches jener -Moralist vorschreibt. Die Ärztin wird vielleicht durch ihren männlichen -Kollegen auch auf den jungen Ehemann einwirken, wenn die -Umstände es erfordern und die Ehe wird gewiß an Schönheit und -Vernünftigkeit gewinnen, das <ins class='correction' title='Loos'>Los</ins> der Frauen sich viel günstiger -gestalten als es heute ist. Auch hierin muß man einen Fortschritt -begünstigen und man kann nicht von allem Anfange an vom Kollektivismus -das Vollkommenste erwarten. Die Kohabitation der Eheleute -wird ein Privilegium bilden, es ist aber nicht ausgemacht, -daß diese <ins class='correction' title='Kohabitattion'>Kohabitation</ins> in bestimmten Perioden der Schwangerschaft -nicht wird aufzuheben sein.<a name='FA_27' id='FA_27' href='#FN_27' class='fnanchor'>[27]</a> -</p> - -<p> -Die Lösung der Ehe wird zu ermöglichen, aber wahrscheinlich nicht -<span class='pagenum'><a id='Page_144' name='Page_144' href='#Page_144'>[144]</a></span> -zu begünstigen sein. Wenn sich heute schon Stimmen dafür erheben, -die Ehe überhaupt nur auf Zeit und etwa für einen einzelnen -Zeugungsakt zuzulassen, so kann davon zunächst gewiß nicht die Rede -sein. Später mag man vielleicht zur Überzeugung gelangen, daß -eine Scheidung, vorzüglich auf Verlangen der Frau, etwa nach der -ersten Geburt, sehr leicht soll gestattet werden. Allein zunächst muß das -System der Scheidung und eventuellen Trennung wie bei Akatholiken -unter manchen Erschwerungen als das Vernünftigste gelten. -Von der Frau ist die eheliche Treue auf das Strengste zu fordern -und zwar nicht so sehr als ein Recht des Gatten als der staatlichen -Interessen wegen, damit nicht unter dem Deckmantel der Ehe -die Zeugung durch solche Männer ermöglicht werde, die von der -Zeugung ausgeschlossen wurden. -</p> - -<p> -Die Ehe wird beiden Teilen einige Beschränkungen auferlegen, -die Unvermählten erspart sind. Daher ist manche Kompensation zu -gewähren. Trauungsfeierlichkeiten, vielleicht größere Wohnungsbequemlichkeiten, -gewisse Begünstigungen in den Honigwochen, vielleicht, -aber doch nicht wahrscheinlich, Hochzeitsreisen, eher aber Urlaub -für die erste Zeit der Ehe mit ruhigem Dahinleben an einem stillen -Orte, der das engste und vertraulichste Zusammenleben in schöner -Umgebung gestattet, mag einen Ausgleich gewähren für längeres -Zuwarten, die Gebundenheit der Ehe und vor allem der jungen -Frau für die Last der Schwangerschaft und Geburt. Ist die Auswahl -zur Ehe eine besonders strenge, so wird man von einer verheirateten -Frau mehrere Kinder erwarten, etwa vier. Wenn gleich -die Erfüllung dieser Erwartung den Frauen gegenüber nicht erzwungen -werden kann, da der Vorschlag Platos, dies in der Form -auszuführen, daß man die zur Begattung bestimmten Paare am -bestimmten Tage in die Tempel führt und in Gegenwart von -Priestern zur Zeugung anhält, als brutal und absurd verworfen werden -muß, so ist doch anzunehmen, daß es dem Einflusse der Frauenkurie, -<a href='#G_04_0_0'>VII, 4,</a> deren Hauptaufgabe es wäre, dafür zu sorgen, daß Frauen -und Mädchen sich den gesellschaftlichen Bedürfnissen unterordnen, -und dem <ins class='correction' title='Einfluße'>Einflusse</ins> des weiblichen Arztes gelingen wird, den Widerstand -jener verheirateten Frauen zu besiegen, welche den Liebesfreuden -huldigen, aber nicht zeugen wollen, ein Gedanke, der in -<span class='pagenum'><a id='Page_145' name='Page_145' href='#Page_145'>[145]</a></span> -einer Gesellschaft wohl keimen kann, in welcher den von der Ehe -ausgeschlossenen Mädchen nach <ins class='correction' title='dem'>den</ins> -im Abschnitt <a href='#G_03_0_0'>VII, 3,</a> entwickelten -Vorschlägen, dieser Ausweg freigestellt wird. Es bedarf offenbar -eines wohlorganisierten staatlichen Einflusses, um den einen das -Zeugen zu verwehren und den anderen als Pflicht darzustellen. -Theoretisch werden alle anerkennen, daß wegen des offenbaren sozialen -Interesses die untauglichen Personen die Zeugung meiden, die tauglichen -aber ihr nicht aus dem Wege gehen sollen. Aber der Einzelne -wird nicht immer gelten lassen wollen, daß das Gesetz auf ihn Anwendung -habe, schon deshalb, weil die Sachverständigen sehr oft fehlgreifen -werden und Jene, welchen sie die Ehe gestatten, Krüppel oder -Idioten zeugen und illegitime Geburten gesunden Kindern das -Leben geben werden. Und aus diesem Grunde muß man auf die -Mitwirkung der oben erwähnten Faktoren bauen.<a name='FA_28' id='FA_28' href='#FN_28' class='fnanchor'>[28]</a> -Heute bleiben diese offenbaren gesellschaftlichen Interessen unberücksichtigt, insofern -nicht vielleicht in einzelnen Fällen der priesterliche Einfluß sich <em class='gesperrt'>vorteilhaft</em> -geltend macht. -</p> - -<p> -Die katholische Moral stimmt mit unseren Anschauungen nicht -überein. Nach Alphons von Liguori soll sich die verheiratete Frau -den Begierden ihres Mannes jederzeit opfern, selbst während einer -Krankheit, und den maßlosesten Forderungen soll sie sich wie eine -Sklavin hingeben. Die Wahrscheinlichkeit, einem siechen Geschöpfe -das Leben zu geben, ist kein Grund, der Enthaltsamkeit rechtfertigen -würde, denn Alles ist Gottes Wille. -</p> - -<p> -Für die künftige Gesellschaftsordnung kann man sich übrigens -recht wohl denken, daß nach einer Reihe von Jahren und nach der -Geburt einer gewissen Anzahl von Kindern der eheliche Zwang aufhört -und auch das Zusammenwohnen ein Ende nimmt. Unter gewissen -Umständen wird man dann auch auf Gattentreue keinen Wert -mehr legen, immer vorausgesetzt, daß keine Kinder mehr gezeugt -werden. -</p> - -<p> -Zu den Freuden der Ehe gehört auch das Zusammenleben mit -den Kindern in den Stunden, die nicht der Arbeit gewidmet sind. -<span class='pagenum'><a id='Page_146' name='Page_146' href='#Page_146'>[146]</a></span> -An die Stelle der väterlichen Gewalt soll die mütterliche Gewalt -treten, doch soll der Vater trachten, sich einen Einfluß auf die Entscheidungen -der Mutter zu sichern und zwar durch Liebe und Weisheit. -Im Falle der Scheidung oder Trennung folgen die Kinder -der Mutter, insofern nicht der in <a href='#G_05_b_0'>VII, 5, b,</a> erwähnte Fall des -Verlustes der mütterlichen Rechte eintritt und eine Wahlmutter die -Stelle der natürlichen Mutter einnimmt. Der Staat wird die -Autorität der Mutter den Kindern gegenüber wahren und ein darauf -berechnetes Zusammengehen der staatlichen Erziehungsorgane -mit der Mutter fordern. Da im Falle der Verwaisung von Kindern, -wie auch im Falle des Verlustes des mütterlichen Erziehungsrechtes -für einen Ersatz durch Bestellung einer Wahlmutter gesorgt werden -soll, wird der natürlichen Mutter das Recht zuzugestehen sein, für den -Fall ihres Todes oder für den Fall ihrer Abwesenheit die Frau -zu wählen, welche, wenn sie den Auftrag annimmt, zeitlich oder -dauernd ihre Stelle als Wahlmutter zu vertreten hat. -</p> - -<p> -Aber weder Frau noch Mädchen darf gezwungen werden, die -Stelle einer Wahlmutter überhaupt oder einem bestimmten Kinde -gegenüber zu übernehmen. Näheres über diesen Gegenstand enthält -der Abschnitt VII, 5, b, <i>Alinea</i>: <a href='#G_05_b_0al'>»In der Regel wird man.«</a> -</p> - -<p> -Daß der Staat einen Anteil an der Erziehung zu nehmen hat, -ist eine selbstverständliche Sache und es ist dem der Abschnitt <a href='#G_05_a_0'>VII, 5, a,</a> -über die Erziehung gewidmet. -</p> - -<h3 id='G_03_0_0'> -3. Geschlechtliche Sittlichkeit. — Freie Liebe. -</h3> - -<p> -Die Forderung der geschlechtlichen Enthaltsamkeit außer der -Ehe wird heute den Mädchen aus zwei Gründen mit größter Strenge -auferlegt. Der erste Grund ist eben der, daß man einer Übervölkerung -vorbeugen will, die am ehesten dadurch hintangehalten wird, -daß die Männer die Freuden der Liebe infolge der Enthaltsamkeit der -unverheirateten Frauenspersonen nur in der Ehe genießen können, -welche dem Ehemanne die Erhaltung der von seiner Frau geborenen -Kinder auferlegt, daher er die Ehe solange meidet, solange er nicht -wirtschaftlich in der Lage ist, für die Familie zu sorgen. Alle diese -Gesetze und Einrichtungen erschweren die Zeugung in dem Maße, -<span class='pagenum'><a id='Page_147' name='Page_147' href='#Page_147'>[147]</a></span> -als es die Gesellschaft braucht. Der zweite Grund für jene -Forderung der Frauenehre ist die Oberherrschaft der Männer über -die Frauen und die Anforderung, welche demnach erstere stellen, daß -die Braut dem Gatten unberührt in die Arme geführt werde, obgleich -den Mädchen ein gleicher Anspruch nicht zuerkannt wird. Zu -den Einrichtungen, welche die Geburten vermindern, gehört auch die -Prostitution, wodurch die Triebe der unverheirateten Männer im -ausgiebigsten Maße durch verhältnismäßig wenige der Schande -preisgegebene Frauenspersonen befriediget werden sollen und zwar -ohne Wahrscheinlichkeit der Zeugung, welche diese Frauen zu umgehen -wissen und der sie aus geschäftlichem Interesse entgehen wollen. -Diese Zustände sind im höchsten Grade verächtlich, nicht deshalb, -weil die Begattung außerhalb der Ehe stattfindet, sondern weil sie -rein mechanisch, ohne gemütliche Neigung, ja ohne alle Achtung des -Mannes vor dem Weibe, das er umarmt, mit der tiefsten Erniedrigung -des Weibes vor sich geht, wenngleich manche Ehen in -dieser Hinsicht sich von der Prostitution kaum unterscheiden. -</p> - -<p> -Wir sehen, daß in unserer Zeit die sinnlichen Begierden in -sehr hohem Grade die Mehrheit der Männer und Frauen beherrschen -und es scheint, daß diese Vergeudung von Kräften im Geschlechtsleben -der Tiere ganz unbekannt ist. Dagegen ist es allerdings -zweifellos, daß es auch in unserer Zeit viele Männer und Frauen -gibt, die sehr leicht enthaltsam leben könnten, aber man muß annehmen -daß sie eine geringe Minderheit bilden. -</p> - -<p> -Es kann nun sein, daß diese hochgradige Sinnlichkeit entweder -eine Folge des Kulturbedürfnisses der Einschränkung der Geburten -oder eine Folge der durch die Gesellschaftsordnung bedingten Zustände -ist. Wir sehen bei allen Tieren, daß sie die Liebesakte einstellen, -sobald der Zeugungszweck erreicht ist. Dafür aber vermehren -sich alle Tiere ohne irgendwelche Grenzen und sie drängen zur -Überproduktion, die nur durch wechselseitige Ausrottung unterdrückt -wird. Die Menschen beschränken die Umarmungen nicht auf die -Zeugungsakte und zwar in der Ehe so wenig, als außer der Ehe. -Da nun der Kollektivstaat die Zeugungen auch beschränken müßte, -so wird dieser Grund eines vielleicht unnatürlichen Kultus der Geschlechtsliebe -nicht wegfallen. Diese Beschränkung ist ein offenbares -<span class='pagenum'><a id='Page_148' name='Page_148' href='#Page_148'>[148]</a></span> -Bedürfnis der Kultur und Kultur ist ja auch nicht wirklich natürlich, -wenn auch nicht naturwidrig. Sie kann nur dann als vernünftig -gelten, wenn sie eine Vervollkommnung der Natur in sich schließt -und das setzt voraus, daß die Kultur den Naturzweck der Selbsthaltung -besser erreicht, als die ursprüngliche Natur, wenn sie also -ein längeres Leben verspricht. -</p> - -<p> -Die heutige Gesellschaftsordnung ist auch insofern schuld an -jener wahrscheinlich schädlichen Übertreibung des Liebesgenusses, als -sie Gelegenheit zu großer Bereicherung Einzelner gibt, welche naturgemäß -ein bloßes Genußleben führen und nur daran denken, neue -Freuden zu ersinnen, während andere durch ihre Armut veranlaßt -werden, dieser Genußsucht zu dienen und sie noch anzustacheln, um -aus dem Reichtum anderer Vorteil zu ziehen. Es sind das Maitressen, -Prostituierte und Kupplerinnen. Es ist zu vermuten, daß -der Kollektivismus durch verhältnismäßige Verteilung der Arbeit und -der Güter sowie durch größere Förderung der edleren Genüsse des -Lebens zu einer Herabsetzung des ausschweifenden Geschlechtstriebes -führen werde. Große und leicht erregbare erotische Sinnlichkeit wird -man bald als eine Krankheit erkennen, die wie jede andere Krankheit -durch die Ärzte zu bekämpfen sein wird. Nach ihren Erfahrungen -wird man die Erweckung der Sinnlichkeit zu vermindern -trachten, und sobald man die Sinnlichkeit nicht als sündhaft, sondern -als krankhaft zu bekämpfen unternehmen wird, wird es auch von -selbst gegeben sein, daß die jungen Leute aufhören, aus ihren Begierden -ein Geheimnis zu machen. Dabei wird sich aber die Bestellung -von weiblichen Ärzten als besonders wohltätig erweisen, weil -die Mädchen und Frauen solche Bekenntnisse einem Manne weder -ablegen mögen noch sollen.<a name='FA_29' id='FA_29' href='#FN_29' class='fnanchor'>[29]</a> -</p> - -<p> -In welchem Maße nun Enthaltsamkeit sittlich geboten ist, kann -nur auf Grund jener allgemeinen <ins class='correction' title='Beobachtung'>Beobachtungen</ins> beurteilt werden, die -<span class='pagenum'><a id='Page_149' name='Page_149' href='#Page_149'>[149]</a></span> -nur im Kollektivstaat möglich sind und welche die Hauptaufgabe der -Sanitätspersonen bilden. Wenn in einem Volke eine naturgemäße -Befriedigung des Geschlechtstriebes und eine naturgemäße Herabsetzung -der erotischen Begierden allgemein verbreitet wird, so muß -sich die Richtigkeit der Grundsätze, nach denen man verfährt, in -einer größeren Langlebigkeit zu erkennen geben, und <em class='gesperrt'>einzig und -allein der Einfluß einer gewissen Lebensweise auf die -Verlängerung des Lebens ist der Maßstab ihrer sittlichen -Berechtigung</em>. Im einzelnen Falle aber wird sich der Arzt schon -aus gewissen Erscheinungen, die Zeiten der Ausschweifung oder der -Enthaltsamkeit nachfolgen, ein Bild machen können, was zerstörend -und was förderlich wirkt. Die sichersten Merkmale für die ärztliche -Beobachtung werden psychische Erscheinungen sein, Herabsetzung bestimmter -geistiger Kräfte, insbesondere Gedächtnisschwäche, Arbeitsunlust -und anderes werden darauf deuten, daß der Natur Schädliches -zugemutet wurde. Allein naturwidrige Enthaltsamkeit wird nicht -minder schädlich wirken, wenn auch vielleicht andere Wirkungen -hervorbringen. -</p> - -<p> -Aufgabe der Ärzte wird es sein, nach Maßgabe ihrer Erfahrungen -auch jene Erziehungsgrundsätze festzustellen, welche im allgemeinen -oder individuell zur Hebung der Sexualethik führen können, -wobei ich unter Sexualethik keineswegs sexuelle Enthaltsamkeit allein -verstehe, sondern auch innerhalb der natürlichen Grenzen vernünftige -Hingabe an die Genüsse des Liebeslebens. Diesen kommt ja nicht -nur ein Wert für das Individuum zu, sondern die Liebe zwischen -Mann und Weib ist der Anfang und die Quelle aller sozialen Ethik, -weil die auf <em class='gesperrt'>wechselseitige</em> Befriedigung gerichtete Liebesbegierde -vor allen anderen Freuden das Zusammensein der Menschen fordert -und fördert. Darum müssen wir es als zweifelhaft betrachten, ob, -wenn die Zeugung beschränkt werden muß, die Einschränkung des -Liebesgenusses auf die Zeugungsakte vom Standpunkte des gesellschaftlichen -Interesses erwünscht wäre. -</p> - -<p> -Die Lösung der eben erwähnten Aufgabe der Ärzte wird aber -durch die Mitwirkung der Lehr- und Erziehungspersonen ohne Zweifel -gefördert werden, da die Erfahrung auf dem Gebiete der psychologischen -Tatsachen in die Kompetenz allerdings des Arztes, aber -<span class='pagenum'><a id='Page_150' name='Page_150' href='#Page_150'>[150]</a></span> -auch in die Kompetenz der Lehrer und Erzieher fällt. Während -nämlich die Fachkompetenz der Ärzte sich darauf beschränkt, zu erkennen, -welche Lebensgrundsätze der Erreichung des Naturzweckes, -nämlich ein hohes Alter sicherzustellen, förderlich sind, welche ihm -schaden, ist es der Erzieher, dessen Aufgabe es ist, zu ermitteln, wie -der Mensch zur Annahme dieser Lebensgrundsätze und dazu bestimmt -werden kann, ihnen gemäß zu leben. -</p> - -<p> -Für diese Organe der Gesellschaft würde zunächst in Frage -kommen, inwiefern die zu frühe oder zu starke Erregung der geschlechtlichen -Phantasie für die Sexualethik schädlich zu wirken geeignet -ist. Diese Frage beschäftigte in den letzten Jahren den -deutschen Reichstag. Eine allzu starke Erregung der Phantasie -junger Leute kann die Folge des Betrachtens von Statuen oder -Bildern sein, welche die nackten Menschen darstellen. Dabei kommt -aber wesentlich in Betracht, daß infolge der Notwendigkeit der Bekleidung -und der auf Schamhaftigkeit gerichteten Sitten ein solcher -Anblick des Gegensatzes wegen viel stärker wirkt und unter gegebenen -Umständen wirken kann, als er wirken könnte, wenn die Menschen -sich, wie in heißen Klimaten, von Jugend auf an den <ins class='correction' title='Anbick'>Anblick</ins> unbekleideter -Menschen gewöhnen würden. So ziemlich allgemein ist -übrigens die Meinung, daß der Anblick von Statuen des nackten -menschlichen Körpers viel weniger die Phantasie beeinflußt, als der -Anblick von Gemälden, die denselben Gegenstand behandeln. Dabei -ist von Belang die Farbe des Materials, sei es Stein, Bronze oder -Holz, dann auch, daß Statuen in der Regel einzelne Menschen darstellen, -auf den Bildern aber zumeist mehrere Menschen, auch verschiedenen -Geschlechtes, zur Darstellung kommen. Zu bemerken ist, -daß im kollektivistischen Staat infolge der alle Bewohner umfassenden -Organisation eine Möglichkeit besteht, die Jugend bis zu einem gewissen -Alter von jedem Anblicke von Bildwerken und Schaustellungen -gewisser Art unbedingt fernzuhalten, was in unserer individualistischen -Gesellschaftsordnung nicht möglich ist. -</p> - -<p> -Es scheint ferner, daß mit Rücksicht auf die Einwirkungen auf -die Jugend auch den Erwachsenen gewisse Beschränkungen auferlegt -werden können. So wird ihnen der Genuß der Liebesfreuden nur -verstattet sein, wo sie des Alleinseins versichert sind und nicht -<span class='pagenum'><a id='Page_151' name='Page_151' href='#Page_151'>[151]</a></span> -beobachtet werden können. Man wird Liebesleuten auch andere Vertraulichkeiten, -das Küssen, Berühren, dort verwehren, wo es dritte -gewahr werden können. Diese Beschränkungen dienen aber auch -anderen gesellschaftlichen Zwecken. Der Anblick verliebten Gebarens -hat für den Unbeteiligten etwas Anwiderndes, somit ist es rücksichtslos -gegen andere, sie zu Zeugen selbst der geringeren Liebesfreuden -zu machen. Wird sich aber der Liebende bewußt, daß dem so sei, -so muß ihn die Gegenwart anderer stören, wenn er gesellschaftlich -normal empfindet. Die Liebesfreuden werden durch die Einschränkung -nach Zeit und Ort auch naturgemäß erhöht, daher auch die Liebenden -von jenen Einschränkungen einen Vorteil haben. Endlich führt die -schrankenlose Hingabe an die Liebesfreuden zur Trivialisierung oder -zu krankhafter Ausschweifung. -</p> - -<p> -Es unterliegt also keinem Zweifel, daß der Kollektivismus vom -Staate nicht nur Produktion und Verteilung materieller Güter -fordert, sondern auch eine dem Gesamtinteresse förderliche Regelung -des Liebeslebens und der Propagation der Rasse. Die heutige -Jugend neigt nun zwar zu einer anderen Meinung und erwartet -vom Sozialismus Aufhebung aller Schranken des Liebeslebens, auch -in der Ehe. Auch viele Frauen huldigen dieser Anschauung, zum -mindesten solche, die zu den Schriftstellerinnen zählen. Man glaubt -sich dadurch der Natur zu nähern. Allein die ursprüngliche Natur -des Menschen war die Kulturlosigkeit, und zu dieser wollen wir ja -nicht zurückkehren. Nur das müssen wir verwerfen, was mit der -Herrschaft der Wenigen zusammenhängt; ist durch Herstellung der -wahren Volksherrschaft diese Herrschaft Weniger abgeschüttelt, dann -wird der Einzelne sich den Interessen der Gesamtheit unterwerfen -müssen. -</p> - -<p> -Nun entsteht die Frage, ob die freie Liebe zu dulden sein wird. -</p> - -<p> -Unter freier Liebe verstehen wir Anteil an den naturgemäßen -Freuden der Liebe zwischen Personen verschiedenen Geschlechtes, die -nicht durch die Ehe verbunden sind. Daß die außereheliche Liebe -aus religiösen Gründen verwerflich sei, Gott beleidige und im -Jenseits gestraft werde, ist eine Anschauung, die Wenige teilen, und -diese Wenigen haben kein Recht, anderen Gesetze vorzuschreiben oder -sie zu kränken. Die Strenge der Grundsätze der katholischen Kirche -<span class='pagenum'><a id='Page_152' name='Page_152' href='#Page_152'>[152]</a></span> -in ihren Lehren über diesen Gegenstand ist in einem sonderbaren -Widerspruche mit den tatsächlichen Verhältnissen in den katholischen -Ländern von heute, welche durch 1200 Jahre vor dem Trienterkonzil -noch viel schlimmer waren als heute. Und die heutige Kirche -ist sehr nachsichtig mit den vielen Konkubinariern in der Priesterschaft, -die in Kärnten, in Niederösterreich und in den slavischen -Ländern einen sehr großen Prozentsatz betragen sollen. Hier kommt -ja noch dazu die Eidbrüchigkeit und das Sakrilegium, welches nach -den Lehren der katholischen Kirche mit diesen Priestersünden verbunden -ist. Und da der Kanzler Gerson auf dem Konstanzer Konzil -schon mahnte, man solle Nachsicht üben mit den pflichtvergessenen -Priestern, da sonst nach den Erfahrungen von Jahrhunderten noch -weit größere Übel zu erwarten sind, so läßt es auch die Kirche von -heute nicht an Nachsicht fehlen, denn es ist mir in meinem Leben -nur ein einziger Fall zu Ohren gekommen, daß ein solcher Priester -von der geistlichen Autorität amoviert worden wäre, und das erst, -nachdem bei einem gerichtlichen Falle die Verderbtheit dieses Priesters -erörtert und allgemein bekannt geworden ist. Die Beschuldigung -ging nicht nur auf einfaches Konkubinat, sondern auch auf Ehebruch -und Blutschande. -</p> - -<p> -Ist nun aber nach den in <a href='#G_02_0_0'>VII, 2,</a> entwickelten Grundsätzen -die Ehe eingeführt als ein zweckmäßiges Mittel, die Propagation im -öffentlichen Interesse zu regeln, so ergibt sich daraus, daß die freie -Liebe nur insofern geduldet werden kann, als sie unfruchtbar bleibt, -und wir wissen, daß das nur von dem Willen der Liebenden abhängig -ist. Dieser Art von Verbindungen das Unästhetische, Gesundheitswidrige -und die Unsicherheit zu benehmen, wird die Aufgabe -einer fortschrittlichen Entwicklung sein, aber wohl kaum je in vollkommen -befriedigender Weise erreicht werden. Die Frauen in -Indien, welche sehr kinderscheu sein sollen, sollen diesen Zweck ohne -mechanische Hilfsmittel zu erreichen wissen. Jedenfalls sollte das -von der Frau allein abhängen und der Mann weder Einfluß darauf -nehmen können, noch darum wissen.<a name='FA_30' id='FA_30' href='#FN_30' class='fnanchor'>[30]</a> -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_153' name='Page_153' href='#Page_153'>[153]</a></span> -Wird dem staatlichen Zwecke nicht zuwidergehandelt, so hat die -Staatsverwaltung keinen Anlaß, die freie Liebe zu erschweren oder -zu unterdrücken und sie wird alle, die von dieser Freiheit Gebrauch -machen, gegen Verunglimpfung in Schutz nehmen. Damit ist aber -nicht gesagt, daß das Konkubinat zu dulden wäre. Auch will ich -hier noch bemerken, daß mir von ärztlicher Seite vorgeschlagen wurde, -auch den von der Zeugung Ausgeschlossenen die Ehe, welche aber -unfruchtbar bleiben müßte, zu gestatten. Ich bezweifle, daß das -unseren Zwecken besser entsprechen würde, als was ich vorschlage. -</p> - -<p> -Dagegen werden widernatürliche Geschlechtssünden Gegenstand -der Bestrafung sein. Sie beleidigen zumeist, so insbesondere beim -Geschlechtsverkehr mit Tieren, den Adel der menschlichen Natur und -nachdem dieser ein gemeinsamer Schatz aller Menschen ist, muß jede -Widernatürlichkeit als gesellschaftswidrig gelten. -</p> - -<p> -Es könnte die Frage aufgeworfen werden, ob den unverheirateten -Frauenspersonen nicht die Abtreibung der Leibesfrucht unter -gewissen Einschränkungen zu gestatten -wäre.<a name='FA_31' id='FA_31' href='#FN_31' class='fnanchor'>[31]</a> -Es werden dabei zahlreiche -<span class='pagenum'><a id='Page_154' name='Page_154' href='#Page_154'>[154]</a></span> -Rücksichten in Betracht kommen, deren Gewicht man heute -kaum zu beurteilen vermag. Würde sie gestattet, so wäre man gewiß, -daß manche schlimme Tat dadurch verhindert und daß sie in -der der Gesundheit am wenigsten abträglichen Form und unter ärztlichem -Beistande erfolgen würde. Streng würden andere Handlungen -bestraft, welche auf Beseitigung der bereits lebenden Frucht gerichtet -wären. Es scheint übrigens nicht wohl möglich, daß solche Handlungen -verheimlicht werden können, wenn die Einrichtungen beständen, -welche hier zur Feststellung gekommen sind. Es wäre dann unmöglich, -daß eine Schwangerschaft dem kompetenten Arzte ein Geheimnis -bliebe, oder daß sich die Schwangere vor der Entbindung der Aufmerksamkeit -des Arztes entzöge. Schon die Unterdrückung der Geschlechtskrankheiten -macht es wünschenswert, daß der Einzelne sich -auch im geheimsten Gebiete des Lebens der ärztlichen Beobachtung -nicht soll unbedingt entziehen dürfen. Das wird am besten dadurch -erreicht, daß schon von frühester Jugend an jeder daran gewöhnt -wird, sich regelmäßig der Untersuchung eines Arztes seines Geschlechts -zu unterwerfen. Diese Untersuchungen werden sich zur Zeit der Geschlechtsreife -auch auf die Feststellung geschlechtlicher Unordnungen -und Krankheiten erstrecken und in je früherem Alter die jungen -Menschen daran gewöhnt werden, um so weniger anstößig und beleidigend -wird die Untersuchung ihnen erscheinen. -</p> - -<p> -Es ist klar, daß hier Fragen als Probleme behandelt werden, -die man längst entschieden glaubt. Allein der Grundgedanke des -Verfassers, <em class='gesperrt'>sittlich ist jenes Leben, das dem Menschen die -Erreichung des höchsten Alters am wahrscheinlichsten -macht</em>, führt zu der Überzeugung, daß der Zusammenhang zwischen -unseren Handlungen und jenem Ziele nur in einer Gesellschaftsordnung -festgestellt werden kann, welche, was nach diesem Grundsatze -das Richtige ist, mit der größten Verläßlichkeit zu erkennen möglich -macht. Daß das nur vom Kollektivismus erwartet werden kann, -lehrt unsere Untersuchung auf Schritt und Tritt. -</p> - -<p> -Der sittliche Skeptizismus hat seine Berechtigung nicht darin, -daß es an einem Maßstabe der Sittlichkeit mangelt, sondern darin, -daß unsere gesellschaftlichen Zustände eine Verwirrung mit sich bringen, -welche es unmöglich macht, die Anwendung des leitenden sittlichen -<span class='pagenum'><a id='Page_155' name='Page_155' href='#Page_155'>[155]</a></span> -Grundsatzes, <em class='gesperrt'>lebe jenes Leben, das dir die größte Sicherheit -bietet, das höchste Alter zu erreichen</em>, auf die einzelnen -Lebensfragen zu finden. -</p> - -<h3 id='G_04_0_0'> -4. Die Frauenkurie. -</h3> - -<p> -Die Frauen haben Interessen, an welchen die Männer keinen -Teil haben. Das Geschlechtsleben der Frauen ist so geartet, daß -die Liebe ihnen Gefahren, Lasten und Schäden bringt, die den -Männern fremd sind. Es entstehen daraus Bedürfnisse, die die -Frauen allein angehen, auf einem Gebiete, worauf ihnen allein Erfahrungen -zu sammeln möglich ist und in welches den Männern -Einblick zu gewähren keinen Zweck hätte, den Frauen aber höchst -peinlich wäre. Wie sie in gewissen Fällen nur den Rat und die -Hilfe eines weiblichen Arztes annehmen mögen, wenn es an kompetenten -Frauen nicht mangelt, so werden sie auch nur mit Frauen -ihre Erfahrungen über die geheimsten Seiten des Liebeslebens austauschen -und sich beraten wollen. Darum muß ihnen Gelegenheit -gegeben werden, Versammlungen abzuhalten, die den Männern verschlossen -bleiben, geheime Korrespondenzen zu führen und Zeitschriften -für Frauen herauszugeben, welche den Männern ein Geheimnis -bleiben müssen. -</p> - -<p> -Man könnte diesen Verband der Frauen und Mädchen »Frauenkurie« -nennen und demselben korporative Rechte einräumen. Die -Verfassung könnte ihnen das Recht einräumen, über gewisse Gegenstände -als besonderer gesetzgebender Körper abzustimmen. Die Kurie -würde sich in Lokalgruppen und diese in Sektionen abteilen und -durch Delegierte würden die Lokalgruppen, Kreis- und Provinzialausschüsse -bilden und einen Zentralausschuß für das ganze Reich -einsetzen. So wären die Frauen auch in der Lage, einen entscheidenden -Einfluß auf die Sexualmoral zu üben. Die weiblichen Ärzte -würden so auch ein Selbstbeobachtungsmaterial von unermeßlichem -Umfange gewinnen und es würden die Zwecke einer vernunftgemäßen -und eingeschränkten Fortpflanzung durch die Frauen ebenso gefördert -werden, wie das allgemeine Verhältnis zwischen Männern und -Frauen veredelte Formen annehmen. Eine Zurücksetzung und Unterdrückung -der Frauen wäre dann nicht mehr zu besorgen. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_156' name='Page_156' href='#Page_156'>[156]</a></span> -Wenn die Frauen dahin gelangen würden, die Fortpflanzung -bloß durch den Willen und die Phantasie vollkommen zu beherrschen, -was nicht ganz ausgeschlossen ist, dann würde die Geschlechtsliebe -erst eine Quelle wahrer Lebensfreude werden. Nur der Austausch -vertraulicher Mitteilungen über alle im Liebesleben gemachten Erfahrungen -zwischen Frauen und Mädchen kann zu einer solchen Beherrschung -der Fortpflanzung führen und der entscheidende Teil ist -sicherlich das Weib und nicht der Mann. -</p> - -<p> -Man darf nicht gelten lassen, daß der <em class='gesperrt'>Mann</em> das Recht habe, -zu sagen, ich will Kinder haben, wodurch das Weib zum unfreien -Werkzeug gemacht wird, wohl aber hat das Weib das Recht, sich -zu entscheiden, ob es Kinder gebären will, oder nicht. -</p> - -<p> -Die Erfahrung beweist uns heute, daß die Kinder ein und derselben -Ehe in Gestalt, Größe, im Verhältnisse der Glieder, in den -Eigenschaften des Gemütes und der Intelligenz so weit von einander -abweichen, daß man gar nicht an eine gemeinsame Abstammung -glauben sollte. Die große Verschiedenheit erklärt sich zweifellos daraus, -daß die Eigenschaften der Eltern und Voreltern in dem verschiedensten -Verhältnisse auf die Kinder übergehen. Wie erklärt sich -aber die verschiedene Mischung ererbter Eigenschaften in jedem einzelnen -Zeugungsfalle? Dafür fehlt noch jede Einsicht. Ein Wiener -Arzt glaubte eine Methode erfunden zu haben, wie man auf das -Geschlecht der Nachkommen einwirken und mit ziemlicher Sicherheit -bewirken könne, daß Knaben oder daß Mädchen geboren werden. -Er behauptet, es hänge das von der Ernährung der Mutter während -der Schwangerschaft ab. Die Theorie dieses Arztes ist allerdings -verworfen worden, aber darum ist es doch nicht ausgeschlossen, daß -eine sehr große Zahl von Erfahrungen, welche systematisch gesammelt -und verglichen würden, es den Frauen möglich machen könnte, dahin -zu wirken, daß gewisse üble Eigenschaften des einen oder des andern -Elternteils auf die Kinder nicht übergehen, daß mehr die Eigenschaften -der <ins class='correction' title='Muttter'>Mutter</ins> oder jene des Vaters erhalten blieben, wie es -ja, wie schon erwähnt, auch sehr wünschenswert wäre, wenn die -Empfängnis vom Willen der Frau allein abhängig wäre. -</p> - -<p> -Formen wir doch alles nach unseren Bedürfnissen, weshalb soll -es nicht auch auf diesem Gebiete gelingen, unsere Zwecke zu erreichen? -<span class='pagenum'><a id='Page_157' name='Page_157' href='#Page_157'>[157]</a></span> -Aber wenn auch diese Bestrebungen erfolglos blieben, von Vorteil -wäre es gewiß, wenn die Frauen alles, was sie allein oder doch -näher als die Männer angeht, nach ihren besonderen Bedürfnissen -gestalten könnten und dazu würde ein solcher Verband unter den -Frauen sicherlich dienen können. Auch sonst wird man nicht die -Rechnung ohne den Wirt machen, wenn man darauf rechnet, daß die -Frauenkurie den richtigen Instinkt für alle gesellschaftlichen Interessen -an der Propagation haben und fortentwickeln wird und daß sie einen -mächtigen Einfluß dem Einzelnen gegenüber mit Erfolg geltend -machen wird, wie am Schlusse von <a href='#G_01_0_0'>VII, 1,</a> ausgesprochen wurde. -</p> - -<p> -Was die Frage anbelangt, welche Berufe den Frauen verschlossen -bleiben sollen, so kann man nur sagen, es sollen zu jedem Berufe -die dazu Tauglichsten ausgewählt werden, seien es Männer oder -Frauen. Die Meinung, daß es den Frauen an geistigen Kräften -und Energie fehle, ist ganz falsch. Was nur den begabtesten Männern -erreichbar ist, ist natürlich nur den begabtesten Frauen erreichbar -und der Versuch, sie von irgend einem Berufe unter dem Vorwande -auszuschließen, daß Frauen weniger begabt seien als Männer, -ist ein ganz ungerechtfertigter Kampf um ein Privilegium, das mit -dem Wohl des Ganzen nicht vereinbar ist und dem Fortschritte nur -hinderlich sein kann. -</p> - -<p> -Die Meinung, die weiblichen Glieder der Gesellschaft sollen nur -der Familie leben, hat für oberflächliche Menschen etwas sehr Bestechendes, -aber sie ist schon heute nicht begründet, wo doch die -Familie viel umfassendere Aufgaben hat, als im Sozialstaate. Zunächst -gibt es zahlreiche Frauenspersonen, die sich nicht verehelichen -können, und, wenn sie kränklich sind, nicht verehelichen sollten. Es -kann also jener Grundsatz schon reichlich für ein Drittel der Frauenspersonen -keine Anwendung haben. Zum Teil nun mögen solche -zwar als dienende Personen in eine Familie eintreten, aber es besteht -sicher kein Grund, des Familienberufes wegen alle Frauen von -höheren Studien auszuschließen, wie es ja andererseits auch nur -einem kleinen Bruchteile der Männer bestimmt ist, sich für einen gelehrten -Beruf vorzubereiten. -</p> - -<p> -Ferner gilt jener Grundsatz auch heute nicht für die bäuerlichen -Kreise, in welchen die weiblichen Glieder und insbesondere auch die -<span class='pagenum'><a id='Page_158' name='Page_158' href='#Page_158'>[158]</a></span> -Ehefrauen, wenn auch nicht in allen, doch in den meisten Arbeiten -der Männer mitwirken. Ebensowenig können die Frauen der Arbeiter -sich vom Erwerbe außer dem Hause ganz freimachen, weil die Erhaltung -der Familie davon abhängt. Endlich führt die Beschränkung -der Frauen auf ihren Beruf in der Familie zu einer höchst ungleichen -Belastung der Frauen und zur ungleichen Ausnützung ihrer Kräfte. -Frauen, die keine Kinder haben und oft ihren Mann den Tag über -nicht zu Hause sehen, führen ein ödes, beinahe nutzloses Leben, andere -sollen für zehn und zwölf Kinder sorgen und Kranke pflegen und -können sich schon aus diesem Grunde nicht schonen, wenn sie ein -Kind unter dem Herzen tragen. -</p> - -<p> -Wie pharisäisch die Mahnung unserer Gelehrten ist, man solle -den Frauen den Beruf in der Familie erhalten, geht daraus hervor, -daß man bei jedem größeren Bau hochschwangere Frauen sehen kann, -die mit Ziegeln und Mörtel belastet die Gerüste auf und ab klettern -müssen, was aber jene Gelehrten geduldig mit ansehen und wogegen -sie keine Bücher schreiben, wohl aber dagegen, daß sie statt des -Familienberufes einen <em class='gesperrt'>gelehrten</em> Beruf wählen. -</p> - -<p> -Im Sozialstaate werden alle Zufälle tunlichst ausgeglichen und -darum wird eine ungleiche Belastung der Frauen nicht in erheblichem -Maße vorkommen. Es entfällt die wirtschaftliche Familientätigkeit, -wenn die gemeindeweise Hauswirtschaft eingeführt wird. Auch die -staatliche Anteilnahme an Unterricht und Erziehung entlastet die -Frauen von einem großen Teil ihrer heutigen Berufsarbeit und da -auch in der Hauswirtschaft die Arbeitsteilung durchgeführt werden -wird, ist im Sozialstaate noch weniger als heute davon die Rede, -daß die Tätigkeit der Frauen, oder gar die der unverehelichten weiblichen -Glieder der Gesellschaft auf die Familie beschränkt werden -müßten. Die Familie wäre eine Blutgemeinschaft, aber keine wirtschaftliche -Einheit mehr. -</p> - -<h3 id='G_05_0_0'> -5. Die Erziehung. -</h3> - -<h4 id='G_05_a_0'> -a) Pflichten des Staates der Jugend gegenüber. -</h4> - -<p> -Dem Kollektivstaate liegt, da er alle Bedürfnisse zu befriedigen -hat, wenn er sich in den Besitz aller Mittel setzt, ob, für die -<span class='pagenum'><a id='Page_159' name='Page_159' href='#Page_159'>[159]</a></span> -Erziehung aller Kinder zu sorgen. Wie vieles der Staat auch heute -als Rechtsstaat zu leisten hätte und in Wirklichkeit vernachlässigt und -welchen Schaden er dadurch der Kultur und dem Fortschritte, der -ganzen Menschheit, zufügt, entnimmt man den neuesten Erfahrungen -über das Elend der Jugend. Nicht nur die empörendste Grausamkeit -haben zahlreiche Kinder zu erdulden, sie sind nicht allein physischem -Verkümmern ausgesetzt, sondern sie werden der sittlichen Verderbnis -in die Arme geführt, zu unbrauchbaren Gliedern der menschlichen -Gesellschaft, ja zu Feinden ihrer Mitmenschen herangezogen -und der Staat sieht zu, ohne sie gegen solchen verderblichen Einfluß -zu schützen, obwohl die Gesetze ein Recht der Kinder auf Versorgung -und Erziehung normieren und es Sache des Staates ist, dieses -Recht zu verwirklichen und Einrichtungen zu treffen, welche den -bestehenden Rechtsanspruch geltend zu machen ermöglichen. -</p> - -<p> -In Wien wurde eine Mutter, die ihr Kind systematisch zu Tode -quälte, als Mörderin hingerichtet, aber durch viele Jahre hat sich -niemand darum gekümmert, was in dieser Familie vorgeht und hätten -die Behörden davon erfahren, so wären sie in Verlegenheit gewesen, -abzuhelfen. Denn man hat jene Anstalten nicht, die man braucht, -um die Kinder aus der Gewalt solcher Eltern zu befreien. Wie -das im preußischen Landrechte anerkannte Recht auf Arbeit, ist auch -das im österreichischen bürgerlichen Gesetzbuche anerkannte Recht auf -Erziehung ein leeres Wort. -</p> - -<p> -Die Zeitungen berichten, daß in England Mitte der achtziger -Jahre eine »<i>National Society for the Prevention of Cruelty -to children</i>« gegründet worden sei, welche sich die Aufgabe setzte, -diesem Übel des Kinderelends zu steuern. In 15 Jahren wurden -auf Betreiben dieser Gesellschaft, welche ein Gebiet umfaßt, das -von 22 Millionen Menschen bewohnt wird, 6500 Elternpaare gerichtlich -verurteilt, auf 1108 Jahre Gefängnis erkannt, 2023 Pfund -Geldbußen eingetrieben. Es haben 109 364 Kinder die Wohltaten -des Schutzes dieser Gesellschaft erfahren und auf Betreiben -dieser letzteren sind Gesetze erlassen worden, die das Übel mildern. -Die Grausamkeit vieler Eltern wird als grauenerregend geschildert -und man fand, daß ihnen jedes Werkzeug willkommen war, womit -sie den Kindern Schmerzen verursachen konnten. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_160' name='Page_160' href='#Page_160'>[160]</a></span> -Obwohl sicher nur die gröbsten Versündigungen der Eltern -gegen ihre Kinder ins Auge gefaßt werden konnten, ermittelte die -Gesellschaft: -</p> - -<table style="width:100%;" summary=" "> - - <tr> - <td class="cwdth09 r">25 437</td> - <td class="cwdth76">Kinder, die grausam mißhandelt wurden,</td> - </tr> - <tr> - <td class="r">62 887</td> - <td>Kinder, die verkümmert und halb verhungert waren,</td> - </tr> - <tr> - <td class="r">712</td> - <td>seien ganz zu Grunde gegangen,</td> - </tr> - <tr> - <td class="r">12 663</td> - <td>zum Betteln angehalten,</td> - </tr> - <tr> - <td class="r">4 460</td> - <td>Mädchen zum Opfer widernatürlicher Wollust gemacht und</td> - </tr> - <tr> - <td class="r">3 205</td> - <td>Kinder durch harte und gefährliche Arbeit im Wachstum geschädigt, durch -Mißhandlungen verstümmelt, verrenkt, an Seiltänzer und Akrobaten verkauft worden,</td> - </tr> - <tr> - <td class="r sumtop">109 364</td> - <td>in allem.</td> - </tr> -</table> - -<p> -Bis 1885 wurde in solchen Fällen gar nichts vorgekehrt, der -Staat überließ diese hilfreiche Tätigkeit einer Privatgesellschaft, erst -durch sie erfuhr er diese Übelstände. Und wenn solche Kinder heranwuchsen, -wurden sie Gegenstand des Abscheus und der Verachtung, -während es die Autoritäten sind, welche Abscheu und Verachtung -verdienen, weil sie trotz eines unermeßlichen Aufwandes für staatliche -Zwecke gar nichts davon aufwendeten, einem solchen Elende zu -steuern und solcher Schädigung der wichtigsten staatlichen und Gesellschaftsinteressen -abzuhelfen. -</p> - -<p> -Die Statistik der von dieser Gesellschaft ermittelten Fälle von -Pflichtwidrigkeit der Eltern ergab, daß Armut, Mangel an Bildung -der Eltern und eigenes Verschulden der Kinder <em class='gesperrt'>ohne allen Einfluß</em> -auf diese tyrannische und verbrecherische Pflichtwidrigkeit war. -Sie kommt in allen Schichten der Bevölkerung vor und pflanzt sich -wahrscheinlich von den Eltern auf die Kinder und Kindeskinder fort. -</p> - -<p> -Wir wollen nun untersuchen, was der Staat nach dem heutigen -Stande der Kultur zu tun schuldig wäre, und im Falle der Einrichtung -einer kollektivistischen Gesellschaftsordnung zu tun vermöchte, -um nicht nur solchem Kinderelende vorzubeugen, sondern um die -Menschen auf eine nie geahnte Höhe der Vollkommenheit des -Einzelnen und der Gesellschaft zu erheben. -</p> - -<p> -Daß der Kollektivismus die Aufgabe, aber auch die Macht -hätte, sich eines allzureichen Anwachsens der Bevölkerung zu erwehren, -und daß die Mittel vorhanden wären, diese Aufgabe des Staates -<span class='pagenum'><a id='Page_161' name='Page_161' href='#Page_161'>[161]</a></span> -zu erfüllen, wurde in <a href='#G_01_0_0'>VII, 1,</a> gezeigt, hier soll nur der Einfluß -erörtert werden, den der kollektivistische Staat auf die Erziehung zu -nehmen hätte. -</p> - -<p> -Der Vorschlag, den Plato macht und der bei vielen sozialistisch -gesinnten Arbeitern Anklang gefunden haben soll, daß die Kinder -von den Eltern zu trennen seien und in eigenen staatlichen Anstalten -erzogen werden sollen, ist zu verwerfen, weil er das Kind -mit dem Bade verschüttet und nicht nur pflichtvergessene Eltern -trifft, sondern auch das Gute unterdrückt, das die Familienerziehung -sehr häufig hat. Auch bringt er den Staat um Leistungen, -welche gute Eltern freudig ohne Gegenleistung der Kindererziehung -widmen. Der Staat soll nun von der Geburt der Kinder an sich -an der Erziehung mit beteiligen, die Eltern unterweisen, belehren -und überwachen, sie für die Erziehung verantwortlich machen und -für Ersatz sorgen, wenn die Eltern pflichtvergessen, untüchtig, durch -Arbeit oder Krankheit verhindert sind oder den Kindern durch den -Tod geraubt werden. Einen wichtigen Einfluß muß der Kollektivstaat -ohnehin durch die ihm obliegende Versorgung der Kinder mit -Wohnung, Kleidung, Nahrung und Unterricht ausüben und so handelt -es sich immer nur um einen verhältnismäßig nicht sehr großen -Aufwand, der überdies auch der Erziehung der Eltern selbst zu -Gute kommt, da sie, als Organe des Staates veredelnd auf die -Kinder einwirkend, auch selbst an dieser Veredelung teilnehmen, denn -sie werden gezwungen sein, jene Forderungen im Leben selbst zu erfüllen, -deren Erfüllung sie von den Kindern fordern müssen! Sie -können ja doch nur beispielgebend wirken. -</p> - -<h4 id='G_05_b_0'> -b) Erziehungsorgane. -</h4> - -<p> -Für die Zeit, in welcher die Eltern der Arbeit obliegen, sich -also von den Kindern entfernen müssen oder ihnen die notwendige -Aufmerksamkeit nicht widmen können, hat der Staat Kinderpflegerinnen -und Erzieherinnen zu bestellen, während die Kinder der -breitesten Schichten der Bevölkerung in dieser Zeit heute sich selbst -überlassen werden müssen und verwahrlost bleiben, zumeist ohne -Verschulden der Eltern infolge sozialer Übelstände, die der Kollektivismus -ja eben zu heilen berufen ist. Wenn aber jener Teil der -<span class='pagenum'><a id='Page_162' name='Page_162' href='#Page_162'>[162]</a></span> -Erziehung, der auch im Kollektivismus unter normalen Umständen -den Eltern selbst überlassen bleibt, von ihnen nicht besorgt wird -oder werden kann, soll der Staat für einen Ersatz, für Pflegeeltern, -zunächst wohl für eine Pflegemutter sorgen, welche den Kindern jene -Obsorge zu Teil werden läßt, die sie sonst von den Eltern zu erwarten -hätten. Die Untersuchung wünschenswerter Verhältnisse der -Propagation <ins class='correction' title='ergiebt'>ergibt</ins>, daß eine sehr große Anzahl der Frauen sich -der Ehe und Kindererzeugung werden enthalten müssen, darum aber -doch zur Kindererziehung im besten Sinne des Wortes tauglich sein -mögen. Besonders diese sollen zum Ersatze der Eltern herangezogen -werden und die Erfahrung beweist, daß solche Pflegemütter ganz -vortrefflich geeignet sein können, die Erziehung zu leiten, daß sie -nach kurzer Angewöhnung, besonders wenn ihnen sehr junge Kinder -anvertraut werden, wahre Mutterliebe empfinden, und daß ihnen -das Übernehmen der Mutterpflichten besonders dann willkommen -sein wird, wenn der Staat für die materiellen Kosten der Versorgung -aufkommt und solche Lasten mit der Pflegemutterschaft nicht verbunden -sind. Es sind aber auch andere Frauen zur Übernahme -dieser Aufgabe geeignet, so ältere Frauen, welche keine eigenen -Kinder mehr zu erziehen haben, besonders die Großmütter der betreffenden -Kinder, kinderlose Ehepaare, Eltern, die nur ein einziges -Kind haben, dem sie gern einen Gespielen an die Seite geben -möchten, auch junge kinderlose Witwen, welche sich nicht <ins class='correction' title='wider'>wieder</ins> verehelichen -wollen, und es unterliegt keinem Zweifel, daß dem Staate -eine große Auswahl freiwilliger Kräfte zur Verfügung stünden, die -ganz hervorragend geeignet wären, die häusliche Erziehung zu leiten. -</p> - -<p> -Die Eltern aber sollen die Erziehung nicht <em class='gesperrt'>allein</em> leiten, der -Staat soll durch seine Organe mitwirken, wodurch diese in die -Kenntnis aller Irrtümer und Nachlässigkeiten der Eltern kommen -müssen. Es ist in V, 2, <i>Alinea</i>: <a href='#E_02_0_0al1'>»Nach der Geburt,«</a> gezeigt -worden, daß der Arzt schon den Neugeborenen seine Aufmerksamkeit -zu widmen hat, und auch der Pädagoge, welcher für die geistige -Vervollkommnung der ganzen Gemeinde verantwortlich ist, wird die -Eltern schon bei den ersten Zeichen der beginnenden Seelentätigkeit zu beraten -haben, wie die Intelligenz zu fördern, Untugenden vorzubeugen, -ethische Vollkommenheit früh zu wecken ist. Viele Eltern -<span class='pagenum'><a id='Page_163' name='Page_163' href='#Page_163'>[163]</a></span> -wissen, welches Ziel sie anzustreben haben, es fehlt ihnen aber Geduld -und Kenntnis der Kinderseele und sie wissen sich nicht zu benehmen, -wenn mehrere Kinder derselben Familie eine verschiedene -Behandlung fordern. Daß es möglich ist, selbst begangene Fehler -gut zu machen und wieder einzulenken, wenn man falsche Wege -eingeschlagen hat, hat die obengedachte Gesellschaft in England erfahren. -Es ist vorgekommen, <ins class='correction' title='das'>daß</ins> pflichtvergessene Eltern zu längerer -Gefangenschaft verurteilt und mittlerweile ihre Kinder in gute Pflege -und Erziehung genommen wurden und daß die Eltern, als sie ihre -nun wohlaussehenden und fröhlichen Kinder <ins class='correction' title='widersahen'>wiedersahen</ins>, wirkliche -Elternliebe erwachen fühlten und ein normales Verhältnis zu den -Kindern hergestellt wurde. Um so sicherer werden geringere Verirrungen -ohne Schaden bleiben, wenn sie frühzeitig entdeckt und abgestellt -werden. -</p> - -<p id='G_05_b_0al'> -In der Regel wird man die Mutter als die wichtigste Person -in der Erziehung anzusehen haben und die Kinder in Allem an sie -weisen müssen. Ihr wird die Verhängung größerer Strafen, die -Zuerkennung von Belohnungen, die Erfüllung kleiner Bitten vorzubehalten -sein und die staatliche Erziehung sich so wenig als möglich -zwischen Mutter und Kind drängen dürfen, zum mindesten erkennbar -für die Kinder. Darum wird auch der Abnahme der Erziehung eine -öftere Verwarnung und Beratung der Mutter vorangehen und dazu -nur gegriffen werden, wenn es unbedingt notwendig und ein vorteilhafter -Ersatz möglich ist. -</p> - -<p> -In einem solchen Falle wird die Verwaltung zu prüfen haben, -ob das Kind in eine andere Gemeinde zu versetzen sei, um einen -verderblichen Einfluß der Mutter zu verhindern, wogegen wieder -in Betracht kommt, das die Konstanz der Verhältnisse, die Fortsetzung -des Zusammenseins mit Kindern, mit welchen jene aufgewachsen -sind, die Fortdauer der sonstigen Erziehungsumstände, die -Einwirkung der bisherigen Lehrer und Erzieherinnen, sich als wünschenswert -erweisen und daß die gänzliche und dauernde Trennung von -Mutter und Kind auch dadurch, wenn es notwendig, gesichert werden -kann, daß die Mutter, beziehungsweise die Eltern in einen entfernteren -Ort versetzt werden, was bei drei Vierteln der Bevölkerung gar keine -Schwierigkeiten bietet. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_164' name='Page_164' href='#Page_164'>[164]</a></span> -Da die Eltern den größten Teil des Tages aber der Arbeit -widmen müssen, sollen die Kinder in dieser Zeit den Kinderpflegerinnen -überlassen werden, welche mit ihnen spielen, sie spazieren führen, -ihnen Märchen erzählen, Rätsel aufgeben, sie auf die Schönheiten -der Natur, die Nützlichkeit der Pflanzen und Tiere aufmerksam -machen, sie Gedichte memorieren lehren und auf das intensivste -erzieherischen Einfluß üben und sie scharf überwachen sollen. -Damit gemeinsame Spiele und allerhand Übungen der Geschicklichkeit, -der Tugend, sowie der Intelligenz zu verbinden, frühzeitig gesellige -Vollkommenheit zu entwickeln, ist eine Hauptaufgabe der -Pflegerinnen, wobei der Grundsatz zu beobachten ist, die Kinder den -ganzen Tag über soviel als möglich im Freien und in gesunder -Bewegung zu halten. Eine Pflegerin wird für 20 solcher Kinder -ausreichen und es wird zu prüfen sein, inwiefern die beiden Geschlechter -und die verschiedenen Jahrgänge getrennt, oder vereint zu -führen seien, wobei die Pflegerinnen auch darauf zu achten haben, -die intelligenteren und besseren Kinder der älteren Jahrgänge selbst -wieder als Erziehungsorgane zu gebrauchen, sie alles das versuchen -zu lassen, was ihnen selbst obliegt, sie die Jüngeren zurechtweisen, -belehren, ihnen erklären und erzählen zu lassen, wodurch wieder nützliche -Talente entdeckt und gefördert werden können. Mit dem -Schulunterricht soll so eine spielende und daher weniger ermüdende -Unterweisung und Ausbildung verbunden, früh aber jede Art von -Tätigkeitstrieb entwickelt werden. -</p> - -<p> -Insbesondere auch wirkliche Arbeiten soll man von den Kindern von -früh auf in steigendem Maße und als Vorbereitung für die späteren -Aufgaben fordern. Zu diesen gehört das Sammeln von Beeren, -Schwämmen, Früchten aller Art, das Auslesen genießbarer Dinge, -Enthülsen von Früchten, Dienstleistungen in der Küche, im Hauswesen, -bei Tische, weibliche Handarbeiten aller Art, das Verrichten -von Botengängen, das Auflesen von Kartoffeln, das Jäten der -Felder und tausend andere Dinge soll man von Kindern fordern, -welche den Geist und Körper nicht ermüden, sondern anregen und -früh das Gefühl erwecken, daß man nützlich ist. Berichten die -statistischen Ausweise, wie viele Zentner von Beeren, Schwämmen, -Kartoffeln, Äpfeln und Birnen die Kinder im ganzen Reiche -<span class='pagenum'><a id='Page_165' name='Page_165' href='#Page_165'>[165]</a></span> -gesammelt, wie viele nützliche Dinge sie geschaffen haben, so wird früh -der soziale Instinkt geweckt, daß der Mensch auf der Welt ist, um -dem Mitmenschen nützlich zu sein. Mit steigendem Alter muß immer -größere Beharrlichkeit und Selbstüberwindung, mehr Mut und Opferwilligkeit -gefordert werden und nützliche Arbeit ist die beste -Erziehung.<a name='FA_32' id='FA_32' href='#FN_32' class='fnanchor'>[32]</a> -</p> - -<p> -Begabten Kindern, die schon mehr erwachsen sind, sind auch in -dieser Hinsicht immer schwierigere Aufgaben zu stellen. So wie die -besten Schüler älterer Jahrgänge die jüngeren überhören, ihnen -vieles erklären, ihre Aufgabenhefte einer ersten Durchsicht unterziehen -sollen, um so ihren Beruf zum Unterrichte zu erweisen und selbstlehrend -zu lernen, so sollen sie auch dem Beamten, den Lehrern, -der Bibliothekarin mit Hilfsleistungen an die Hand gehen, statistische -Tabellen berechnen, Schriften kopieren, Bücher ordnen und dergleichen -mehr. Kinder müssen immer beschäftigt, immer angeregt, in allem -Geringsten, nicht verletzend und ungeduldig aber fördernd getadelt -werden, nichts Unvollkommenes, so gering es auch sei, darf man -ungerügt hingehen lassen und darum müssen sie immer sich unter -Aufsicht wissen. -</p> - -<p> -Schon beim ersten Erwachen der Intelligenz und bei den ersten -Worten, hat man auf richtige Aussprache und richtigen Gebrauch -eines jeden Wortes zu dringen, nicht ein einziges Mal darf man -ungerügt hingehen lassen, daß sie l für r sagen, Wörter falsch anwenden, -Satzverbindungen verfehlen, es genügt, das Richtige statt -des Verkehrten zu setzen und man braucht sich dabei nicht lange -aufzuhalten. Welche Summe von Erziehungstätigkeit kann eine solche -Kinderpflegerin leisten! Für ihre Ausbildung werden besondere -Unterrichtsanstalten eingerichtet werden und man wird für eine Gemeinde -von 1000 Köpfen etwa 20-25 solche Pflegerinnen bestellen -müssen. Dieser scheinbar große Arbeitsaufwand wird leicht hereingebracht -durch unermeßliche Arbeitsersparnis anderer Art, die der -Kollektivismus ermöglicht. -</p> - -<p> -Den Pädagogen und den Lehrern wird die Überwachung und -<span class='pagenum'><a id='Page_166' name='Page_166' href='#Page_166'>[166]</a></span> -oberste Leitung des Erziehungsdienstes obliegen. Hier will ich bemerken, -daß ich das erziehungsbedürftige Alter bis zum vollendeten 18. -Lebensjahre ausgedehnt wissen möchte. So lange soll auch das -unselbständige Alter dauern. Es ist die Frage, ob der Entgang der -Arbeit zu ertragen wäre, der dadurch entsteht, daß der Volksunterricht -erst mit diesem Alter eingestellt wird, da bei uns die Masse -der Jugend mit 14 Jahren, ja unter den Bauern in Österreich -mit 12 Jahren vom Unterricht befreit und zur Arbeit herangezogen -wird. Allein die Organisation der Arbeit dürfte eine solche Ausdehnung -des Volksunterrichts möglich machen. Mehr möchte ich -aber nicht vorzuschlagen wagen. Daß die jungen Leute vom vollendeten -18. Lebensjahre an aber ganz selbständig sein sollen, kann -für kollektivistische Staaten wohl empfohlen werden. Denn geschäftskundig -braucht der Kollektivbürger nicht zu sein und da er vom 19. -Lebensjahre ganz zur Arbeit herangezogen wird, die Arbeit aber die -einzige Steuer ist, die der Kollektivbürger zu entrichten hat, so soll -er auch von diesem Alter an stimmfähig und der Erziehungsgewalt -nicht mehr unterworfen sein. -</p> - -<p> -Wenn in den folgenden Zeilen die Erziehung im Kollektivstaat -besonders eingehend behandelt wird, so veranlassen mich dazu verschiedene -Rücksichten. Zunächst muß die Erziehung der Gesellschaftsordnung -angepaßt werden und man wird in meiner Darstellung -finden, daß überall darauf Rücksicht genommen wird, die Jugend in -diesem Sinne zu erziehen. Dann gewinnt der Staat durch den -Kollektivismus so unermeßliche Mittel, daß ihm viel höhere Erziehungsaufgaben -gestellt werden können, als heute dem Einzelnen, -wobei gleichfalls jene Vorzüge in der Erziehung zutage treten, die -die Großproduktion für die Sachproduktion gewährt. Endlich wird -man überall fühlen, welche Erleichterung einer vernünftigen Erziehung -und selbst dem Unterrichte die Unterdrückung der Großstädte bietet. -</p> - -<h4 id='G_05_c_0'> -c) Die physische Erziehung. -</h4> - -<p> -Diese fällt zumeist mit der Versorgung zusammen, die der -Staat zu leisten und wobei er sich nach den durch den Sanitätsdienst -gemachten Erfahrungen zu richten hat. -</p> - -<p> -In unserer Gesellschaftsordnung erleiden viele Hunderttausende -<span class='pagenum'><a id='Page_167' name='Page_167' href='#Page_167'>[167]</a></span> -von Kindern einen dauernden Schaden durch die Unvernunft, die -Unwissenheit und auch durch die Armut der Eltern. In einem -Bezirke Niederösterreichs bemerkte der Arzt, der sich dort niederließ, -daß die meisten Kinder der Bauern <ins class='correction' title='rhachitisch'>rachitisch</ins> waren. Er gab die -Schuld nur der unzweckmäßigen Nahrung. Man entwöhnt die -Kinder zu früh der reinen Milchnahrung und füttert sie mit einem -Mehlbrei, der der Ansicht des Arztes zufolge diese schädliche Wirkung -hervorbrachte. In Steiermark richten die Bauern ihre Kinder mit -einem Mohnköpfeabsud, den sie ihnen verabreichen, um sie einzuschläfern, -oder durch Anstopfen mit Sterz zu Grunde, ohne daß sie jemand -über das Verderbliche ihrer Einschläferungspraxis oder Ernährungsmethode -aufklärte. Dort soll es dahin kommen, daß die Kinder auf -diese Weise geradezu verblödet werden. Bis in die neueste Zeit -kümmerte sich niemand darum und man ließ dem Übel freien Lauf. -Daß auch aus verbrecherischer Absicht gleiches Unheil herbeigeführt -wird, daß selbst in den gebildeten Klassen den Kindern im frühesten -Alter Bier und Wein gereicht wird, der Vater seinen -<ins class='correction' title='3 jährigen'>3-jährigen</ins> -Sohn zum Frühschoppen mitnimmt und sich nicht wenig darauf zu -Gute tut, daß der kleine Kerl trinkt wie ein Bürstenbinder, ist ebenso -außer Zweifel, wie daß oft der leichtsinnige Vater das vertrinkt, -was er zum Unterhalt von Frau und Kind nötig hätte. Dagegen -leistet der Kollektivismus unbedingten Schutz. Erst in Zukunft wird -übrigens die medizinische Wissenschaft die Gesetze einer richtigen Ernährung -der Kinder genauer erkennen und darauf hinarbeiten, daß -die Mütter wieder den Kindern die Brust reichen können, wie es -die Natur fordert, und daß andererseits alles aus der Ernährung -ausgeschieden wird, was im Geringsten von schädlichen Folgen sein -kann, Alles gereicht, was die Jugend braucht, und daß jene genaue -Regelmäßigkeit in der Ernährung beobachtet wird, die am heilsamsten -ist und eine richtige Verwertung der Nahrung sichert. Wie jede zu -geringe Ernährung, so ist auch die Überfütterung verderblich und die -Ärzte behaupten in neuerer Zeit sogar, daß die Rindsuppe den -Kindern schädlich sei, die man bisher nicht früh genug reichen zu -können glaubte. -</p> - -<p> -Nur der Kollektivismus ermöglicht es, <em class='gesperrt'>allgemeine Erfahrungen -zu machen und selbe allgemein auszunützen</em>. Was -<span class='pagenum'><a id='Page_168' name='Page_168' href='#Page_168'>[168]</a></span> -man in der heutigen Gesellschaftsordnung nicht in zwanzig Jahren -allgemein durchsetzen könnte, kann der Kollektivstaat in kürzester Frist -einführen. Freilich soll man mit Neuerungen auch nicht voreilig -sein, und solange etwas zweifelhaft ist, wird man die Zustimmung -der Eltern, auf die der Arzt übrigens belehrend einwirken wird, -nicht umgehen dürfen. Die Zukunft wird aber auch erst eine Aufklärung -darüber bieten, ob nicht bloß Alkohol, sondern auch Kaffee, -Tee, vielleicht sogar bis zu einem gewissen Grade Fleischnahrung zu -vermeiden ist, ganz gewiß aber wird man auf Unterdrückung des -Tabakgenusses bedacht sein, der nur schädlich wirken kann und überdies -einen sehr großen Aufwand verursacht. Man kann für ein -Land wie Österreich-Ungarn die Ersparung von mehr als der Arbeit -von 200,000 Menschen durch den Wegfall des Tabakgenusses erwarten, -wenn man auch das in Rechnung bringt, was zum Ankauf -von Tabak ins Ausland geht und noch ungerechnet die mit dem -Tabakgenusse verbundenen Nebenauslagen für Zündhölzchen, Pfeifen, -Zigarrenspitzen, Zigarrentaschen und dergleichen. Auch hier wird der -Kollektivstaat bei den Kindern den Anfang machen und wenig Wert -darauf legen, die Erwachsenen von üblen Gewohnheiten zu heilen. -</p> - -<p> -Ebenso wie in der Nahrung, wird der Staat auch in der Versorgung -mit Kleidung, Wohnung, Wärme, Luft, gutem Trinkwasser, -in der Versorgung mit Bädern und sonstigen Reinigungsmitteln der -Jugend das Vollkommenste bieten und erziehlich dahin wirken, daß -den Kindern auch alles angewöhnt wird, was sie zu ihrem eignen -Nutzen sich angewöhnen sollen. Was die Zahnpflege anbelangt, ist -an anderem Ort schon das Erforderliche bemerkt, VII, 2, <i>Alinea</i>: -<a href='#G_02_0_0al1'>»Als Hilfsorgane«</a>. Zur physischen Erziehung gehört auch die Gewöhnung -an frische Luft, ausreichende Bewegung im Freien, ausdauernde -Bewegung auf Spaziergängen und Fußreisen, Höhenbesteigung, -Schlittschuhlaufen, Bewegungsspiele, Turnen, Schwimmen, -vielleicht auch Reiten, und auch darüber wird an anderem Ort -mehreres zu sagen sein. Der Staat wird auch darauf dringen, daß -die Jugend innerhalb vernünftiger Grenzen abgehärtet werde, und -die Grenzen wird die Erfahrung ziehen lehren, nachdem es sich nur -darum handelt, gegen solche Gefahren zu stählen, die man nach dem -jeweiligen Stande der Kultur zu bestehen haben mag. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_169' name='Page_169' href='#Page_169'>[169]</a></span> -Was die Kleidung der Kinder anbelangt, so soll sie die Bewegungsfreiheit -und die Ventilation nicht hemmen, den Hals im -Winter und Sommer frei lassen, jederzeit rein gehalten werden, den -ästhetischen Sinn zufrieden stellen, ohne die Eitelkeit und Putzsucht -zu entwickeln, die Mädchen sollen vom Mieder befreit und demonstriert -werden, daß schöne und gesunde Menschen keinen Kleiderluxus -zu treiben nötig haben. Die Wohn- und Schulräume müssen ausreichend -ventiliert sein und niemals überheizt werden, und der -leichteren Aufsicht und des geselligen Zusammenlebens wegen soll -die Jugend einige größere Versammlungsräume zur Verfügung haben. -Ob Kinder der älteren Jahrgänge, etwa über das zehnte Jahr hinaus, -bei den Eltern wohnen sollen und ihnen nicht vielleicht gemeinsame -Schlafräume anzuweisen wären, welche eine scharfe Überwachung -durch das Erziehungspersonal möglich machen, sei der Erwägung -empfohlen. Man hat schon bei der Anlage der Wohnansiedlungen -darauf Rücksicht zu nehmen. -</p> - -<p> -Daß auch für Kinder im ersten Lebensalter und bis zur erlangten -Sicherheit im Gehen für einen Teil des Tages gemeinsame -Kinderstuben einzurichten, wenngleich auch sie regelmäßig mehrere -Stunden ins Freie zu fahren sind, daß also das Beispiel der Krippen -und für später auch die Spielschule allgemein nachzuahmen sein -wird, ist gewiß. Solange die Mütter ihre Kinder säugen, werden -sie unter Aufsicht einer Vorsteherin in diesen Räumen den Dienst -haben, was sie nicht hindern wird, nebenbei weibliche Handarbeiten -und allerlei Wäscheausbesserungsarbeiten zu besorgen, also produktive -Arbeit zu leisten. So wird der Jugend durch den Staat gesichert -werden, was ihr in der heutigen Gesellschaftsordnung beinahe -immer fehlt. -</p> - -<h4 id='G_05_d_0'> -d) Intellektuelle Erziehung. -</h4> - -<p> -Dem Staate obliegt auch die Überwachung und teilweise direkte -Leitung einer intellektuellen Erziehung. Sobald Kinder anfangen -Aufmerksamkeit zu zeigen, ist alles zu tun, um dieser Aufmerksamkeit -entgegenzukommen und so den Geist zu entwickeln. Es ist eine -merkwürdige Tatsache, daß das Kind viel hilfloser und geistig untätiger -auf die Welt kommt, als das Tier. Das Kalb ist, kaum -<span class='pagenum'><a id='Page_170' name='Page_170' href='#Page_170'>[170]</a></span> -zur Welt gekommen, auf den Beinen und geht der Mutterkuh zu, -es wendet den Kopf nach jedem Besucher und zeigt dieselbe Aufmerksamkeit -wie ein erwachsenes Rind. Es kommt fertiger auf die -Welt als das Menschenkind, das kaum in einem Alter von vier -Monaten das neugeborene Kalb in geistiger Beziehung einholt. So -fordert die Natur von der Mutter eine viel größere Sorgfalt für -das Kind, als das junge Tier von den Eltern beansprucht. Daß -es von sehr verderblichen Folgen sein muß, wenn die Kinder von -den Eltern der Arbeit und des Erwerbes wegen in der Wohnung -allein gelassen werden müssen und oft den ganzen Tag über jene -Anregungen entbehren, welche wir unseren Kindern bieten, ist leicht -einzusehen. Was an der Entwicklung des Seelenlebens und an -Anregung im ersten Jahre und besonders in den Jahren der Entwicklung -der Sprache versäumt wird, ist nie wieder gut zu machen. -Arzt und Pädagoge haben die Eltern und das Erziehungspersonal -zu belehren und zu überwachen. Daß man darin auch zu viel und -Unnötiges tun kann, daß man Kinder auch nicht aufregen, nervös -machen, erschrecken, sie nicht zu früh ins helle Tageslicht schauen -lassen darf, in der allerersten Zeit für genügenden Schlaf zu sorgen -hat, daß man ihnen später keine Schauergeschichten oder Gespenstermärchen -erzählen, insbesondere nichts Übernatürliches oder Abergläubisches -in die jugendliche Seele impfen darf, ist gewiß, und eine -Kinderseele, welche nur irgend etwas Törichtes gläubig aufgenommen -hat, ist intellektuell für immer verdorben. Ebenso ist auch die Heranbildung -von Wunderkindern nichts weniger als rationell. <em class="gesperrt">Das Erziehungsziel -muß sein, die heranwachsenden jungen Leute -beiderlei Geschlechts zur größten Tüchtigkeit in jenem Berufe -heranzubilden, wozu jeder die größte Befähigung hat -und in jedem die mannigfaltigste und stärkste Genußfähigkeit -besonders auf jenen Gebieten zu entwickeln, auf -welchen die Genüsse am meisten vom materiellen Aufwande -unabhängig sind. Die Berufsausbildung soll den -Menschen in den Stand setzen, der menschlichen Gesellschaft -das Beste, was er vermag, zu geben, die Entwicklung -der Genußfähigkeit soll ihn in den Stand setzen, für -das Gegebene reichlich und von allen Seiten zu empfangen. -<span class='pagenum'><a id='Page_171' name='Page_171' href='#Page_171'>[171]</a></span> -Die Mannigfaltigkeit der Gabe, zu genießen, macht jeden -seinen Mitmenschen tributär, sie interessiert ihn an dem, -was die Gesellschaft auch den anderen bietet.</em> -</p> - -<h4 id='G_05_e_0'> -e) Der Unterricht im vorschulpflichtigen Alter. -</h4> - -<p> -Daß man dem Unterricht nicht allzusehr vorgreifen soll, ist -wohl kaum zu bezweifeln. Aber trotzdem wird es sich empfehlen, -wenn Kindern frühzeitig ein genügender Wortschatz beigebracht, sie -im richtigen Aussprechen und Gebrauche der Worte, später der Satzfügungen, -nicht theoretisch, wohl aber praktisch unterwiesen und zu -einer gewählten und artigen Sprache und einem auch den Gebildetsten -angemessenen Dialekte, einer reinen, der Schriftsprache entsprechenden -Redeweise angehalten werden. Es hat gar keinen Sinn, daß die -Kinder der Bauern und Arbeiter sich in der Sprache von den -Kindern der sogenannten höheren Stände unterscheiden, und man -findet in manchen Teilen von Norddeutschland Bauernkinder, die ein -ganz tadelloses, reines Deutsch ohne verdorbenen oder landschaftlichen -Dialekt sprechen. Man kann darum doch in der Schule und -neben dem reinen Schriftdeutsch, besonders für heimische Poesie, -einen Dialekt auch einüben, und der schwäbische und der steierische -Dialekt eignen sich vortrefflich zur Lokalfärbung poetischer Produkte. -Aber die reinste Schriftsprache kann und soll jedem Kinde beigebracht -werden, so schwer es auch auf dem Lande mit der Familienerziehung -vereinbart werden kann. Bei Aufstellung eines pädagogischen Stabes, -wie er auch sonst aus erziehlichen Gründen unentbehrlich ist, ist das -gewiß erreichbar. Ist sich das Kind bewußt, daß es den Dialekt -nur <em class='gesperrt'>neben</em> der reinen Schriftsprache — wobei nur die allerschönste -Aussprache zu dulden ist — sprechen dürfe, so wird es letztere nie -verlernen und in Schule und Gesellschaft ungezwungen und ganz -natürlich gebrauchen. Dazu ist Übung und ein streng richtiges Vorlesen -von Jugendschriften notwendig. -</p> - -<p> -Auch logische Schnitzer darf man Kindern nie hingehen lassen. -Dreijährige Kinder sind in der Handhabung der Logik oft sicherer -und schlagfertiger als große Leute, welche sich oft erst auf eine -logische Formel besinnen müssen. -</p> - -<p> -Früh müssen Kinder auf die mehrfache Bedeutung der Wörter, -<span class='pagenum'><a id='Page_172' name='Page_172' href='#Page_172'>[172]</a></span> -auf Synonyme und auf die Bildersprache aufmerksam gemacht -werden, ohne daß ein methodischer Unterricht erlaubt wäre. Es ist -ihnen ein Reichtum von Wörtern und Bezeichnungen, von Pflanzen- -und Tiernamen in jenem frühen Alter zuzuführen, wo der Geist -rasch erfaßt und behält. Kinder müssen viel reden hören und viel -zu sprechen veranlaßt werden, es ist fehlerhaft, ihnen immer in die -Rede zu fallen, sie zum Schweigen anzuhalten und zu entmutigen. -</p> - -<h4 id='G_05_f_0'> -f) Der Elementarunterricht, in Österreich der Unterricht in einer -zweiten Sprache des Reiches. -</h4> - -<p> -Der Elementarunterricht soll mit dem vollendeten sechsten -Lebensjahre beginnen und bis zum vollendeten achtzehnten Lebensjahre -dauern. Er umfaßt die gründliche Kenntnis der Muttersprache, -und in Österreich vielleicht auch einer zweiten Sprache in Wort und -Schrift, mit Inbegriff einer tadellosen Rechtschreibung und der Gewandtheit -im Ausdruck und Stil, die Grundzüge der Vaterlandskunde, -Geographie, Erdkunde und Geschichte, der exakten Wissenschaften, -Naturkunde, Chemie und Physik in allen Verzweigungen. -Religion wird nur einen geringen Platz im Lehrplane einnehmen. -So wohl auch Ethik, welche nicht theoretisch zu lehren, sondern praktisch -anzuerziehen ist und welche bereits in Fleisch und Blut übergegangen -sein muß, ehe der Unterricht erteilt werden könnte. Es -ist ja dasselbe mit der Logik. Dagegen soll in den höheren Jahrgängen -etwas über Philosophie und Geisteswissenschaften, dann -Volkswirtschaft, den Mädchen über Physiologie, Hygiene und das -Geschlechtsleben des Weibes beigebracht werden. Zeichnen, Modellieren -und Gesang werden nicht zu vernachlässigen sein. Sehr -wichtig ist es, alle Schulen mit Lehrmitteln auszustatten. Beim -Unterricht in der Muttersprache und dem schriftlichen Aufsatz und -bei anderen schriftlichen Schulaufgaben soll, wie oben erwähnt, auch -eine Verwendung der begabteren Schüler der nächsthöheren Klasse -zur Korrepetition und zur ersten Durchsicht der Hefte stattfinden, teils -um diese selbst zu fördern, teils um den Lehrern die Aufgabe zu -erleichtern. Diese werden, wie schon erwähnt, schon deshalb weniger -belastet sein, weil ein Jahrgang der Volksschule kaum jemals mehr -als 25 Schüler zählen wird. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_173' name='Page_173' href='#Page_173'>[173]</a></span> -Inwiefern es wünschenswert sein mag, in den Schulen vom -10. Jahre aufwärts die Geschlechter zu trennen, wird die Erfahrung -lehren. In diesem Falle wird es sich mehr empfehlen, einerseits die -Mädchen, andererseits die Knaben zum Unterrichte in die Nachbargemeinden -wandern zu lassen, als Doppelschulen in jeder Gemeinde -zu errichten. Diese Wanderungen sind in sehr gebirgigen Gegenden -heute mit nicht geringen Übelständen verbunden, wo die Gemeinden -sehr zerstreut sind und die Schulkinder von entfernten Gehöften in -die Schule wandern müssen, oft auf gefährlichen Wegen. Im Zukunftsstaat -handelt es sich aber nur um die Wanderung halber -Klassen unter Aufsicht und auf vortrefflichen, gefahrlosen Wegen. -Es ist auch das ein Teil der dem Kollektivstaate obliegenden Fürsorge, -daß er dort, wo es notwendig ist, auf Kosten des ganzen -Volkes Abhilfe gegen lokale Übelstände trifft. Verhält er also die -Schuljugend zu solchen Wanderungen an gefährlichen Orten, so -wird er sichere und gangbare Wege herstellen, die in der heutigen -Gesellschaftsordnung manche Gemeinde nicht herzustellen vermag, weil -sie zu arm ist, und wohl auch deshalb, weil es sich dabei zumeist -nur um das Interesse einer einzelnen Familie handelt. Der -Kollektivstaat hilft ebenso der Armut einer Gemeinde, wie der -Armut des Einzelnen ab. -</p> - -<p> -Was das Bewohnen einzelner Gehöfte anbelangt, so ist davon -in V, 2, <i>Alinea</i>: <a href='#E_02_0_0al2'>»Die Fürsorge für«</a>, die Rede. -Wo solche vorkommen, werden in selben Familien, welchen schulpflichtige Kinder -angehören, nicht wohnen, weil das unzweckmäßig wäre und keine -Familie durch Eigentum an die Scholle gebunden ist. Es gibt in -jeder Gemeinde Unverheiratete und Kinderlose genug, um solche -Gehöfte mit Bewohnern zu besetzen, welche sich leichter, vielleicht -auch gerne von der großen Gemeinde, zum mindesten zeitweilig, -trennen oder etwa strafweise dazu verhalten werden. -</p> - -<p> -Was nun den Personalstand der Volksschulen anbelangt, so -scheint es, daß die vier ersten Klassen dem Unterrichte von Frauen -und Mädchen anvertraut werden könnten, die dem Erziehungspersonale -angehören. Die acht oberen Klassen wären mit Lehrern und Lehrerinnen, -einen für jede Klasse gerechnet, zu besetzen, welche die Ausbildung -unserer Mittelschulprofessoren für bestimmte Fächer besäßen. -<span class='pagenum'><a id='Page_174' name='Page_174' href='#Page_174'>[174]</a></span> -Einer von ihnen würde als Pädagoge die Oberleitung haben und -das ganze Erziehungs- und Bildungswesen einer Gemeinde leiten. -Er müßte jedem, der sich selbst weiterbilden oder seinen Kindern -durch eigene Bemühung eine höhere Bildung vermitteln will, mit -Rat und Tat beistehen können, und er würde dafür zu sorgen haben, -denjenigen Bedürfnissen zu genügen, welche aus einer besonderen -geistigen Richtung einer Gemeinde entspringen. Denn daß sich -solche Richtungen herausbilden werden, ist mit Gewißheit anzunehmen, -weil der Kollektivismus die Gelegenheit dazu bietet, Teilnehmer -bestimmter Spezialrichtungen in besonderen Gemeinden zu -vereinigen. So Anhänger eines bestimmten Sportes, einer bestimmten -Richtung der naturwissenschaftlichen oder historischen Forschung, -einer bestimmten Kunst. Denken wir nur an Orchestermusik. -</p> - -<p> -Wir sehen hier, daß ein so geartetes Volksschulwesen für einen -Staat mit 45,000 Gemeinden 180,000 Lehrerinnen geringerer Ausbildung, -die dem Erziehungspersonal angehören, und 360,000 Lehrer -oder Lehrerinnen mit Hochschulbildung erfordert. Dem Lehrpersonal, -das auch an der wissenschaftlichen Erforschung pädagogisch wichtiger -Tatsachen und an der Schulstatistik teilzunehmen, vielleicht dem Verwaltungsbeamten -Hilfsarbeiten zu leisten hat, sich immer auf der -Höhe der Wissenschaft halten und sich auch an der allgemeinen Fortbildung -der ganzen Bevölkerung beteiligen muß, sind alle wünschenswerten -Fachorgane und neuen wissenschaftlichen Werke vom Staate -beizustellen. -</p> - -<p> -Die Eigenart Österreichs scheint es zu bedingen, daß in diesem -Lande die lebenden Sprachen mehr gepflegt werden als anderwärts -und dieser Staat kann gerade dadurch auf die höchste Stufe der Kultur -gehoben werden. Österreich braucht die Doppelsprachigkeit und liefert -den Beweis, daß es kaum eine nennenswerte Belastung der geistigen -Kräfte ist, wenn auch den Massen die Erlernung zweier lebender -Sprachen auferlegt wird. In Österreich sind Arbeiter, Dienstleute, -selbst Bauern, die zwei österreichische Idiome gut sprechen, gar nichts -seltenes und sie zählen nach Hunderttausenden, vielleicht nach Millionen. -Da sie diese Sprachenkenntnis erwerben, ohne vom Staate -die geringste Unterstützung zu genießen, so muß man annehmen, daß -ein darauf eingerichteter Volksschulunterricht die Doppelsprachigkeit -<span class='pagenum'><a id='Page_175' name='Page_175' href='#Page_175'>[175]</a></span> -zu einer allgemein verbreiteten Eigentümlichkeit machen könnte. -Daraus würde sich ohne Zweifel eine nationale Eigentümlichkeit entwickeln, -die ganz eminent kulturförderlich sein und die Intelligenz -wesentlich erhöhen müßte. In diesem Falle würde man es durchzusetzen -trachten, daß jeder Nichtdeutsche als zweite Sprache die -deutsche erlernt, und umgekehrt jeder Deutsche eine der anderen -Sprachen des Reiches sich zu eigen macht. Der Friede im Lande -scheint das zu bedingen und inwieferne dadurch die Intelligenz erhöht -würde, müßte die Erfahrung lehren. Um das zu erreichen, -müßten sich die Eltern entschließen, ihre Kinder in bestimmten Altersepochen -aus dem Hause zu entlassen und einer entfernten Gemeinde -und in dieser bestimmten Personen zur Pflege und Erziehung zu -überlassen. Das wäre übrigens an sich vielleicht ein Vorteil für -die Erziehung, wenn eine besonders gute Wahl getroffen wird. Das -System, welches in Österreich gerade von der bäuerlichen Bevölkerung -früher ziemlich begünstigt wurde, nennt man dort den »Wechsel«, -weil es meistens durch Kindertausch zwischen zwei Familien in Ausführung -gebracht wurde. In neuerer Zeit soll es weniger Anwendung -finden, weil die Regierungen es nicht begünstigt haben und -die nationalen Heißsporne es zu unterdrücken suchen. -</p> - -<p> -Hier verweise ich übrigens auch auf VII, 2, <i>Alinea</i>: -<a href='#G_02_0_0al2'>»Was nun die Ehebewilligung usw.«</a> -</p> - -<h4 id='G_05_g_0'> -g) Fachschulen niederer Ordnung und für fremde Sprachen. -</h4> - -<p> -Außer den Elementarschulen und den Hochschulen, in welch' -letztere die vorzüglichsten Schüler der Elementarschulen entweder unmittelbar -oder nach Absolvierung einer Vorbereitungsschule übertreten -können, braucht man Fachschulen der verschiedensten Art, welche -auf Bezirksorte und Kreisstädte zu verteilen wären. Es würden dort -die tüchtigsten Arbeiter in der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und -den Gewerben für leitende Stellen ausgebildet werden, abgesehen davon, -daß ihnen vielleicht auch Gelegenheit zu Informationsreisen -im Auslande geboten würde. Weitere Fachschulen werden für Musik, -bildende Künste, Dichtkunst und das Schauspiel errichtet und ebenso -für auswärtige Sprachen. -</p> - -<h4 id='G_05_h_0'> -h) Andere Anstalten der Volkserziehung. -</h4> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_176' name='Page_176' href='#Page_176'>[176]</a></span> -Der <ins class='correction' title='Jugenderziesung'>Jugenderziehung</ins> wird nicht nur das Erziehungspersonal -und der Elementarunterricht zu widmen sein, sondern es wird auch -an anderen Anstalten, die zur Entwickelung von körperlichen und -geistigen Anlagen dienen, nicht fehlen dürfen. -</p> - -<h5 id='G_05_h_1'> -1. Schwimmen. -</h5> - -<p> -Vor allem wird man die Kinder so früh als möglich zum -Schwimmen anhalten und von den für diesen Zweck in jeder Gemeinde -und jedem städtischen Quartier zu errichtenden Schwimm- und -anderen Badeanstalten ist in IX, 1, <i>Alinea</i>: <a href='#I_01_0_0al'>»Eine solche Gemeinde«</a> -die Rede. -</p> - -<h5 id='G_05_h_2'> -2. Schlittschuhlaufen. -</h5> - -<p> -Dasselbe gilt vom Schlittschuhlaufen, wozu gleichfalls überall -Gelegenheit geboten werden soll. -</p> - -<h5 id='G_05_h_3'> -3. Reiten. -</h5> - -<p> -Minder allgemein wird das Reiten gelehrt werden, weil die -Anzahl der Reitpferde, die der Staat halten kann, kaum dafür ausreichen -könnte. Nach dem für solche Fälle geltenden Verteilungsgrundsatz -wird das Reiten nur jenen gelehrt und gestattet werden, -welche dazu am meisten Geschicklichkeit an den Tag legen. So -lange der Krieg nicht ganz aus der Welt geschafft werden kann, -wird das Reiten immer eine wichtige Stelle unter den zu pflegenden -Geschicklichkeiten einnehmen, weil die Kavallerie immer mehr an -Wichtigkeit gewinnt. -</p> - -<h5 id='G_05_h_4'> -4. Turnen. -</h5> - -<p> -Die Wichtigkeit des Turnens für die Zwecke der Jugenderziehung -ist längst anerkannt. Es wird also in keiner Gemeinde an -dem vollständigen Geräte fehlen dürfen. -</p> - -<h5 id='G_05_h_5'> -5. Radfahren. -</h5> - -<p> -Ob das anstrengende Radfahren sich als nützlich für die Jugend -erweisen wird, wird wohl erst zu erproben sein. So weit es förderlich -ist, wird auch diese Kunst der Jugend beigebracht werden müssen. -Von jeder Art Geräte zu Sportzwecken und anderer Art gilt, daß -<span class='pagenum'><a id='Page_177' name='Page_177' href='#Page_177'>[177]</a></span> -es zum gemeinschaftlichen Gebrauch aller dient, die davon Gebrauch -machen können, daher ein Verteilungsgrundsatz aufgestellt werden -muß, wie sich die Benützer in den Gebrauch zu teilen haben. Ist -das Geräte verhältnismäßig auf die Gemeinden und Quartiere aufgeteilt, -so kann es den letzteren überlassen werden, sich diesfalls selbst -Gesetze zu geben. -</p> - -<h5 id='G_05_h_6'> -6. Bewegungsspiele und Kindersport. -</h5> - -<p> -Daß neben dem Turnen und Schlittschuhlaufen auch Bewegungsspiele -aller Art gepflegt werden sollen, versteht sich von selbst und -man wird immer neue erfinden. Wahrscheinlich werden es die nützlichsten -sein, welche am meisten geübt werden und sich auch am -längsten erhalten, für den Rudersport ist nicht überall Gelegenheit. -</p> - -<h5 id='G_05_h_7'> -7. Verstandes- und Gesellschaftsspiele. -</h5> - -<p> -Eine große Bedeutung haben die Verstandes- und Gesellschaftsspiele. -Dabei kann der Jugend auch die Anregung zu Spielen in -größerem Umfange gegeben werden, zum Besuch- und Konversationsspiel, -Kriegsspiel und Parlamentspiel und manche Spiele von heute -können ersetzt werden durch Anteil an wirklicher Arbeit, statt der -Puppen werden die Mädchen kleine Kinder pflegen helfen, statt des -Küchespielens an der Speisebereitung teilnehmen. -</p> - -<h5 id='G_05_h_8'> -8. Reisen der Jugend. -</h5> - -<p> -Zu den wichtigsten Bildungsmitteln gehört das Reisen. Schon -in frühester Jugend können Ausflüge auf ein oder zwei Meilen Entfernung -unternommen werden und wenn so zwei oder drei Gemeinden -eine gleiche Anzahl von Köpfen sich zuschicken, so werden diese -Kinder eben in Nachbargemeinden ihre Mahlzeiten einnehmen, ohne -die Wirtschaften irgendwie zu belasten und der ganze damit verbundene -Aufwand wird in der Abnützung des Schuhwerks bestehen. -Dabei werden die Kinder andere Personen kennen lernen, Werkstätten -und Fabriken sehen, die ihnen noch nicht bekannt waren, -Bergwerke kennen, landschaftliche Schönheiten genießen lernen, irgendwelche -Merkwürdigkeiten sehen und die jungen Leute sollen, ehe sie -in die Schule kommen, im ganzen Bezirke <ins class='correction' title='zu hause'>zuhause</ins> sein, Wege und -Stege, die Wasserläufe und Gebirge kennen und alle Ortschaften -<span class='pagenum'><a id='Page_178' name='Page_178' href='#Page_178'>[178]</a></span> -nennen können zur Vorbereitung ihrer später immer <ins class='correction' title='ausgedehnten'>ausgedehnteren</ins> -Ortskenntnis. In späteren Jahrgängen soll sich die genaueste Ortskenntnis -auf die ganze Provinz erstrecken und als Lohn für hervorragende -Verdienste kann sich die Erlaubnis darstellen, entfernte Städte -zu besuchen oder Gebirge in anderen Provinzen zu besteigen, wobei -gleichfalls jeder Aufwand für die Volkswirtschaft vermieden wird, -wenn die jungen Leute die ohnehin leeren Plätze auf den Eisenbahnen, -in den Wohnhäusern fremder Gemeinden, an ihren Tischen -einnehmen und es wird gar nicht notwendig sein, ihnen eine Begleitung -mitzugeben, da sie unter Aufsicht des Eisenbahnpersonals -und der Mitreisenden, dann des Unterrichtspersonals der besuchten -Städte und Gemeinden stehen. -</p> - -<p> -Das kann der Jugend zu statten kommen durch zwölf Jahre -an schulfreien Tagen und in den Ferien, also an etwa 100 Tagen -im Jahre und die Ferialreisen können mit einer großartigen Zirkulation -der Jugend von Kreis zu Kreis, von Provinz zu Provinz verbunden -werden, wobei sie zahllose höchst bildende Anregungen empfangen -wird, welche minimale oder gar keine Kosten verursachen. Die begabtesten -Volksschüler der höheren Jahrgänge werden gegen Ende der -Schulzeit ihr ganzes Vaterland gesehen haben und die Geographie -ihres Reiches, das ja auch ihr Besitz ist, nicht nur aus den Büchern, -sondern aus der Anschauung kennen und es wird ihnen zur Aufgabe -gestellt werden, überall dem Zusammenhang der Wasserläufe und der -großen Gebirgszüge ihre Aufmerksamkeit <ins class='correction' title='zuwenden'>zuzuwenden</ins>. -</p> - -<h5 id='G_05_h_9'> -9. Touristik der Jugend. -</h5> - -<p> -Daß viele der Ferienreisen zu Fuß zurückgelegt werden müssen, -wobei man besondere Ausdauer und Schnelligkeit vielleicht zum -Gegenstand einer Preiszuerkennung machen wird, da sich ja Zeitpunkt -des Abganges und der Ankunft durch amtliche Bestätigungen der -Verwaltungsorgane leicht kontrollieren läßt, ist selbstverständlich. Dabei -soll aber auch die nicht weniger kühne Bergbesteigung mit zu -den Freuden und Übungen der Schuljugend gerechnet werden. Die -Natur der Aufgaben des Kollektivstaates bringt es mit sich, daß alle -Gebirge für die Touristik aufgeschlossen werden, was der Staat -nicht leistet, werden die Nachbargemeinden aus eigenen Kräften besorgen. -<span class='pagenum'><a id='Page_179' name='Page_179' href='#Page_179'>[179]</a></span> -Auch da kann ein Wettbewerb nach demselben Grundsatze -ermöglicht werden für jene, welche innerhalb eines Jahres am meisten -hohe Berge besteigen und dabei die größte Kühnheit und Ausdauer -an den Tag legen. Doch soll man hierin vernünftige Grenzen -einhalten und tollkühne Unternehmungen eher unterdrücken, als fördern. -Alle Jugendfreuden sollen zur Veredelung der Menschenrasse -dienen und jeder soll einen Schatz froher Jugenderinnerungen angesammelt -haben, ehe er in die Periode der Arbeit eintritt, in der er -dem Staate rückerstattet, was er empfangen hat und das Kapital -ansammelt, aus welchem ihm eine gleich frohe Zeit des hohen Alters -gewährt wird, das er in Rüstigkeit verbringen und genießen soll, -vielleicht wieder im Anschlusse an jene Jugend, die mittlerweile herangewachsen -ist. -</p> - -<h5 id='G_05_h_10'> -10. Lektüre, Unterhaltungslektüre und Lektüre zur fachlichen -Ausbildung. -</h5> - -<p> -Ein wichtiges Förderungsmittel der Jugend ist die Lektüre, -welche ihr zwar mit Auswahl, aber reichlich zur Verfügung gestellt -wird. Literatur und <ins class='correction' title='Bibliothekwesen'>Bibliothekswesen</ins> werden an anderem Orte, -<a href='#H_04_0_0'>VIII, 4,</a> erörtert werden. Der Staat ist ja auch die großartigste -Leihbibliothek, die man sich denken kann, und jedes Buch der in- und -ausländischen Literatur von einigem Wert ist in einem kollektivistischen -Staate <em class='gesperrt'>jedem</em> zugänglich, nicht bloß in Städten, sondern -in jedem Dorfe und Einödhofe und selbst auf den Alpen. Bücher -zirkulieren wie die Menschen in einem ununterbrochenen Strome. -Bloße Unterhaltungslektüre soll besonders zum Gegenstande des Vorlesens -in größeren Versammlungen junger Leute gemacht und dann -eine kritische Besprechung daran geknüpft werden. Dadurch wird der -Vortrag und die Zungenfertigkeit geübt, Zeit erspart und die weiteste -Verbreitung der besten Werke sichergestellt. Wenn die Unterrichtspersonen, -die besonderes Urteil in der schönen Literatur haben, eine -kritische Besprechung einleiten und die Kunst, mit Verständnis zu -lesen, lehren, so wird dieser Genuß wieder außerordentlich fruchtbringend -und förderlich wirken, wie es keinem Zweifel unterliegt, -daß uns die hohe Kultur unsrer Zeit es möglich macht, durch den -<span class='pagenum'><a id='Page_180' name='Page_180' href='#Page_180'>[180]</a></span> -Genuß Arbeit zu schaffen und in der Arbeit zu genießen, so daß -das ganze Leben mit Lebensfreuden ausgefüllt werden kann. -</p> - -<p> -Allein viele jungen Leute werden sich mit Lektüre nicht nur -im gewöhnlichen Wortverstande unterhalten, sondern irgend einen -Zweig des Wissens neben dem allgemeinen Unterrichte zu einem -Lieblingsstudium machen und die Lehrpersonen werden Jedem, der -solche Privatstudien betreibt, die Quellen nachweisen und zugänglich -machen, aus welchen er fortschreitende Belehrung schöpfen kann. Bemerkt -man einen Erfolg, so wird man seinem Wissensdrang immer -intensivere Nahrung zuführen, ihm Sammlungen, Zeichnungen und -andere Darstellungen, Instrumente und Apparate, selbst Chemikalien -und andere Stoffe zugänglich machen, so daß jene, die man zur -Aufnahme in die Hochschulen empfiehlt, schon langjährige Studien -betrieben, wissenschaftliche Aufsätze geliefert, Forschungen verfolgt und -für die Zwecke der Hochschulen Beobachtungen angestellt und Naturprodukte -gesammelt und auf diese Art den Beweis geliefert haben -müssen, daß sie unter allen Altersgenossen die hervorragendste Eignung -für die wissenschaftliche oder eine künstlerische Laufbahn besitzen. -Dabei wird man Konzentrierung und Spezialisierung verlangen und -in irgend einem kleinen Zweiglein des Wissens oder Könnens das -Eindringen bis in die tiefsten Falten des Studiums, die Kenntnis -einer Pflanzenfamilie bis in alle ihre Spielarten, einer Raupe in -allen Abarten, ihre Lebensbedingungen, Anatomie und Physiologie -und Umwandlungsbedingungen fordern. Alle Wanderungen, Reisen -und Bemühungen dieser Anwärter auf eine höhere Laufbahn werden -immer ein und demselben Ziele dienstbar zu machen sein; etwas -Neues zu erforschen, etwas neu darzustellen, eine vollständige Sammlung -zustande zu bringen, einen mechanischen Gegenstand von offenbarer -Nützlichkeit zu erfinden, ein neues chemisches Präparat, eine -neue Anwendungsart oder -Form der elektrischen Kräfte zu entdecken, -wird man sich beeilen, ehe man das 18. Lebensjahr vollendet, um -unter der großen Zahl von Berufenen auserwählt zu werden und den -Ruf an die Universität zu erlangen, an welche nicht die Söhne -reicher Bürger, hoher Beamter, des alten Adels oder der Professoren, -sondern nur jene berufen werden, die schon in diesem noch jungen -Alter ihren Beruf erwiesen haben werden. -</p> - -<h5 id='G_05_h_11'> -11. Handfertigkeitsunterricht und Haushaltungskunde. -</h5> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_181' name='Page_181' href='#Page_181'>[181]</a></span> -Daß Handfertigkeitsunterricht mit dem Schulunterrichte zu verbinden -ist, ist längst dargetan und dazu ist in einer kollektivistischen -Gemeinde die beste Gelegenheit geboten. Es wird ohnehin in jeder -Gemeinde eine mit allen Werkzeugen und einfacheren Apparaten -ausgerüstete, mit Wasserkraft, Dampf oder Elektrizität betriebene -mechanische Werkstätte zu finden sein, wo man die dringenden Ausbesserungen -geringerer Art von Werkzeugen, Apparaten, Maschinen -und Hausgeräten besorgen kann und dort wird man den Handfertigkeitsunterricht -erteilen, um jene herauszufinden, welche sich für die -Industrie und Technik eignen, während die weniger Tauglichen sich -der Landwirtschaft, den geringeren industriellen Arbeiten und dem -Bergbau widmen müssen. Ebenso werden die Mädchen praktischen -und auch theoretischen Unterricht für weibliche Handarbeiten, Haushaltungsarbeiten, -Küche, Viehzucht und Gartenkultur empfangen. -Man macht jetzt eben überall Versuche, solchen Unterricht auch auf -dem Lande einzubürgern, aber es fehlt zumeist an Geld und somit -auch an Lehrkräften. So werden alle jene begabteren Kinder ermittelt -werden, die man in die landwirtschaftlichen, gewerblichen, -forstlichen oder Haushaltungsfachschulen aufnehmen und dann als -Vorarbeiter, Werkführer, Haushaltungsvorsteherinnen, Köchinnen usw. -oder für das Erziehungs- und niedere Lehrfach ausbilden wird. Auch -für Zeichnen, Modellieren oder Musik hervorragend befähigte Kinder -werden in Vorbereitungsschulen aufgenommen, vielleicht noch in den -Jahren der Volksschulpflicht und müssen sie deshalb an einen Bezirks- -oder Kreisvorort versetzt werden, so werden ihre Eltern entweder -auch versetzt oder sie werden von diesen an dort domizilierende -Freunde oder Verwandte verwiesen, welche die Stelle der Eltern vertreten. -Die Mitbeschäftigung an den wirklichen Arbeiten in Feld -und Stall, Küche und Hauswesen, Kinderwartung und Krankenpflege -wird der beste Handfertigkeits- und Haushaltungsunterricht sein oder -wenigstens als Vorbereitung der Tüchtigsten für Fachschulen dienen. -</p> - -<h5 id='G_05_h_12'> -12. Vereine und Selbstzucht der Jugend. -</h5> - -<p> -Die Erfahrung wird erweisen, ob der Jugend die Bildung von -Vereinen und die, wenigstens versuchsweise, Übernahme der Selbstzucht -<span class='pagenum'><a id='Page_182' name='Page_182' href='#Page_182'>[182]</a></span> -gestattet werden soll. Man sagt, man habe in Amerika mit -einer Art von Jugendrepublik sehr gute Erfahrungen gemacht, in -welche verwahrloste Kinder aufgenommen und der Zucht ihrer schon -gebesserten Altersgenossen überlassen und so geheilt und für die Gesellschaft -brauchbar gemacht wurden. Die Behandlung der jugendlichen -Übeltäter soll eine sehr harte gewesen sein, aber gute Früchte -getragen haben. Bewähren sich solche Versuche, so mögen sie fortgesetzt -werden, andernfalls sind die Vereine aufzulösen, die Selbstzucht -wieder einzustellen und die unmittelbare Wirksamkeit der Erziehungs- -und Lehrpersonen und der Mütter wieder herzustellen. -Von der Förderung des Vereinswesens ist in <a href='#H_02_0_0'>VIII, 2,</a> die Rede, -und es wird in der Regel keinem Bedenken unterliegen, auch der -Jugend den Beitritt zu den Vereinen der Erwachsenen, wenn auch -vielleicht ohne Stimmrecht, zu gestatten. Nur dürfen sie dadurch -vom Unterricht nicht abgelenkt werden. -</p> - -<h5 id='G_05_h_13'> -13. Sicherstellung einer gleichmäßigen Jugenderziehung. -</h5> - -<p> -Da es wünschenswert ist, daß das ganze Volk ohne Ausnahme -einen gleichmäßigen Elementarunterricht und Erziehung empfange, -ohne irgend eine Bevorzugung oder Zurücksetzung, soweit nicht die -Eltern durch ihre eigene Bemühung, Unterrichts- und Erziehungsarbeit -ihre Kinder mehr fördern, und nachdem es den Anschein hat, -als ob die Kinder der Personen, die in den Städten und der -Hauptstadt angesiedelt sind, einen Vorzug genössen oder zu anderen -Vergnügungen Gelegenheit hätten und vom Landleben ihrerseits -ausgeschlossen wären, so ist es von Belang, hier einige Worte darüber -zu sagen. -</p> - -<p> -Jene Eltern in den Städten, die erziehungspflichtige Kinder -haben, werden am besten ihre Wohnungen an der Peripherie angewiesen -erhalten, wo die Städte ans Freie stoßen und mit den -nächstgelegenen Dörfern zusammengrenzen. <ins class='correction' title='Erziehung-'>Erziehungs-</ins> und Lehrpersonen -werden dieselben sein wie in den Dörfern, Lehrmittel -ebenfalls, das Zusammenkommen dieser Kinder mit den Dorfkindern, -die Spaziergänge und Ausflüge in der freien Landschaft, die Berührung -mit den landwirtschaftlichen Anstalten wird ihnen gleichfalls -<span class='pagenum'><a id='Page_183' name='Page_183' href='#Page_183'>[183]</a></span> -geboten werden, so daß sie keine andere Erziehung empfangen als -die anderen Kinder. -</p> - -<p> -Eine Ausnahme bilden vielleicht die Kinder der monarchischen -Familie und des hohen Adels, welchen man die Erziehung im Hause -und mehr abgeschlossen von der übrigen Bevölkerung wird sichern -wollen. Es scheint das zum Teil nicht unbegründet, weil dieser -Teil der Jugend eine viel mannigfaltigere Ausbildung in einheimischen -und fremden Sprachen empfangen soll, die manche Änderung -in der Erziehung und im Lehrplane nötig machen könnte. -Auch wird bei ihnen das Hauptgewicht auf gesellige Talente zu -legen sein. Aber trotzdem wird man erwägen, ob nicht auch solche -Kinder ihren Unterricht und die Erziehung wenigstens bis zum -12. Jahre mit den anderen Kindern auf dem Lande empfangen -sollten. -</p> - -<h4 id='G_05_i_0'> -i) Ethische Erziehung. -</h4> - -<p> -Obwohl die ethische Erziehung von der physischen und intellektuellen -nicht zu trennen ist, so soll darüber doch noch einiges besonders -bemerkt werden. Den hier entwickelten Gesichtspunkten -gemäß wird eben auch die materielle Versorgung der Kinder und -ihre intellektuelle Erziehung einzurichten sein. -</p> - -<h5 id='G_05_i_1'> -1. Mäßigkeit. -</h5> - -<p> -Diese ist mit der streng geregelten Versorgung bereits zum -Gegenstande der Erziehung gemacht. Die Nahrung darf nie übermäßig -zugeführt werden, gieriges und hastiges Essen ist zu verhindern, -Alkohol und manches andere auszuschließen. Auch in -anderen Dingen ist Mäßigkeit und etwas Abhärtung anzugewöhnen. -Kinder sollen in allem mit Geduld warten, bis sie an die Reihe -kommen, Arbeit, Lernen und Spiel sollen entsprechend abwechseln -und ein rasches Übergehen von dem einen zum andern, die sofortige -Hingabe an das jetzt Vorliegende eingeübt werden. Das Verlangen -nach Dingen, die ihnen nicht ohnehin geboten werden, ist zu unterdrücken, -nichts darf man sich abtrotzen lassen; will man ab und zu -besonderen Wünschen Gehör geben, so sind Tage und Stunden zu -bestimmen, wo sie vorgebracht werden und im Falle der Ablehnung -<span class='pagenum'><a id='Page_184' name='Page_184' href='#Page_184'>[184]</a></span> -wäre die Wiederholung oder Eigensinn strafbar. Was das Essen -anbelangt, so kann man Kinder beobachten, die im frühsten Alter -über die Sättigung nicht hinausgehen und einen Rest übrig lassen, -wenn ihnen gleich nicht allzuviel vorgesetzt worden ist. Verweichlichung -im Nachtlager, der Kleidung, planloses Herumlungern oder -untätiges Ausruhen darf man nicht dulden. -</p> - -<h5 id='G_05_i_2'> -2. Schamhaftigkeit, geschlechtliche Moral. -</h5> - -<p> -Schamhaftigkeit ist von der allerfrühesten Jugend an zu pflegen. -Mienen und Gebärden, Reden sind auf das sorgfältigste zu überwachen, -die Phantasie nie auf Dinge zu richten, die kennen zu -lernen nicht an der Zeit ist. Dann aber ist es wahrscheinlich, die -Erfahrung wird das lehren, besser, der Neugierde zuvorzukommen -und in ernsten Worten die geschlechtlichen Fragen wie andere Gegenstände -des Unterrichtes darzulegen und die notwendigen Selbstbeschränkungen -zu erklären. Unter welchen Umständen der junge -Mensch zur Besiegung unzeitiger Triebe sich dem Arzte anvertrauen -soll, wäre beizeiten zu lehren, und vor den Folgen der Ausschweifungen -zu warnen. Die Frage, wie das Geschlechtsleben überhaupt -einzurichten wäre, läßt sich heute nicht ermessen, und davon war in -<a href='#G_03_0_0'>VII, 3,</a> die Rede. Danach wird sich aber die Erziehung der Jugend -in Beziehung auf geschlechtliche Dinge zu richten haben. -</p> - -<h5 id='G_05_i_3'> -3. Reinlichkeit und Körperpflege. -</h5> - -<p> -Auch Reinlichkeit und Körperpflege ist von der frühesten Jugend -an einzuimpfen. Alle dazu erforderlichen Behelfe müssen vorhanden -sein, der Gebrauch der Bäder in reichlichem Maße ununterbrochen -gefordert werden. Zähne, Haare, Nägel müssen auf das sorgfältigste -gepflegt, die Kleidung reingehalten werden, auch darf man es nicht -hingehen lassen, daß junge Leute sich unordentlich gekleidet blicken -lassen. -</p> - -<h5 id='G_05_i_4'> -4. Ordnung und Pünktlichkeit. -</h5> - -<p> -Auch auf strengste Ordnung muß man sehen. Die jungen Leute -müssen verhalten werden, alles in Ordnung zu bringen, ehe sie den -Waschtisch, das Spiel, die Lernstube verlassen. Der Erzieher braucht -nicht ungeduldig zu werden, man führe nur den Übeltäter sofort -<span class='pagenum'><a id='Page_185' name='Page_185' href='#Page_185'>[185]</a></span> -zurück und lasse nicht ab, bis Ordnung gemacht ist, und der junge -Mensch wird bald seine Fehler ablegen. Ebenso ist Pünktlichkeit in -der Erfüllung aller Aufgaben, auch wo sie nur durch das Spiel bedingt -sind, unnachsichtlich zu erzwingen. Kein Zögern oder Widerstreben -ist zu dulden. Daß Anordnungen sofort und ohne Zaudern -zu erfüllen sind, muß so selbstverständlich sein, daß gar kein Widerstand -aufkommt. Man darf sich auch durch passiven Widerstand -nie, nicht ein einziges Mal irre machen lassen, sobald etwas angeordnet -ist, und im übrigen lasse man Freiheit walten, wo sie unschädlich -ist. Pünktlichkeit ist auch dann zu fordern, wenn etwas -freiwillig übernommen wurde. -</p> - -<h5 id='G_05_i_5'> -5. Wahrhaftigkeit -</h5> - -<p class='continue'> -muß gleichfalls gefordert werden. Ganze, volle, rückhaltslose Wahrhaftigkeit. -Noch schlimmer als die Unwahrheit ist die hinterlistige -Zweideutigkeit, die Verdrehung der Wahrheit durch Einseitigkeit. -Wer von dem einen das Gute, von dem andern das Schlechte verschweigt, -dagegen den ersteren tadelt, den anderen lobt, ist ein Lügner. -Man nennt das Parteilichkeit, es ist aber Lüge und soll strenger -geahndet werden als die einfache Unwahrheit. Diese Wahrhaftigkeit -hat sich auch auf das Bekenntnis <ins class='correction' title='eignen'>eigenen</ins> Verschuldens und auf die -Anzeige fremden Verschuldens zu erstrecken. Inwiefern die letztere -nur über Befragen der berufenen Personen oder auf eigenen Antrieb -zu geschehen hat, wird durch Vorschriften zu regeln sein. -</p> - -<p> -In der heutigen Gesellschaftsordnung gilt die Denunziation als -diffamierend. Das bezieht sich aber nur auf Denunziationen zum -Nachteil der eigenen Partei und Gesellschaftsklasse und zum Vorteile -einer mißliebigen politischen Gewalt, oder fremder Parteien und -Gesellschaftsklassen. Da im Sozialstaate die volle Souveränität beim -Volke, nicht in den Händen eines Tyrannen ist, da ferner die -Strafen selten und außerordentlich milde sind, und alle Strafen -auch das Wohl des Bestraften bezwecken, kann im Kollektivstaat ein -Recht, eigenes oder fremdes Verschulden zu verheimlichen, nicht anerkannt -werden. Übrigens können anfangs Ausnahmen für schwerere -Fälle von Delikten gemacht werden, insofern Verwandte näheren -Grades zur Anzeige zu bringen wären. Auch Geheimnisse des -<span class='pagenum'><a id='Page_186' name='Page_186' href='#Page_186'>[186]</a></span> -Liebeslebens sind als berechtigt anzusehen. Mit wahrheitsgemäßer -Informierung der <em class='gesperrt'>kompetenten</em> Personen hat aber Splitterrichterei -nichts gemein. -</p> - -<h5 id='G_05_i_6'> -6. Freimut. -</h5> - -<p> -Mit der Wahrhaftigkeit hängt der Freimut zusammen, es soll -niemand seine Anschauungen über Dinge, welche im engeren oder -weiteren Sinne das Allgemeine betreffen, absichtlich verbergen, -sondern bei schicklichem Anlasse ohne Aufdringlichkeit bekannt geben. -Tadelsucht ist übrigens zu unterdrücken. Nur jenem gegenüber, der -sich im Irrtum befindet und fehlt oder an Fehlern krankt, ist freimütiger -Tadel ohne Kränkung oder Herausforderung und ohne unnötige -Bloßstellung vor anderen nicht nur gestattet, sondern, wo es -nützlich scheint, sittlich geboten. Der Tadel unheilbarer oder geringfügiger -Gebrechen, Splitterrichterei, absichtliche Herabsetzung anderer -und offenbare Ungerechtigkeit sind zu unterdrücken. -</p> - -<h5 id='G_05_i_7'> -7. Höflichkeit und Nachgiebigkeit. -</h5> - -<p> -Höflichkeit gehört zu den wichtigsten Tugenden der Jugend im -Kollektivstaat.<a name='FA_33' id='FA_33' href='#FN_33' class='fnanchor'>[33]</a> -Sie muß allgemein gegen jedermann geübt werden, -etwas entgegenkommender gegen Vorgesetzte, Ältere, und gegen das -weibliche Geschlecht. Sie umfaßt Dienstbereitwilligkeit, Gruß, Ersuchen, -Dank, aufmerksames Entgegennehmen von Aufträgen, Ersuchen -oder Mitteilungen, freimütiges aber höfliches Ablehnen unerfüllbarer -oder ungerechtfertigter Zumutungen, Vermeidung der Unterbrechung -der Rede anderer und Bereitwilligkeit, andere zum Worte kommen -<span class='pagenum'><a id='Page_187' name='Page_187' href='#Page_187'>[187]</a></span> -zu lassen. Die Höflichkeit macht sich in Reden, Mienen, Gebärden, -in Zeichen der Zustimmung und des Beifalls, in der Anerkennung -anderer, in Blicken, im Ausweichen bei der Begegnung, in der -Sorgfalt um andere geltend. -</p> - -<p> -Mit der Höflichkeit ist auch gegeben, daß man niemand beleidigt, -niemand verdächtigt oder anderen Nebenabsichten unterschiebt, -daß man zartfühlend allem ausweicht, was andere beschämen oder -kränken könnte, oder an Herzeleid, vergangenes Verschulden erinnert -oder lächerlich erscheinen läßt. Gegen die Beleidigungen und Verdächtigungen -dritter soll man nur maßvolle Abwehr für genügend -erachten und sich überhaupt nie in Wortwechsel einlassen oder nach -Feststellung einer Meinungsverschiedenheit schreiend, verletzend oder -hartnäckig behaupten, was, solange man eine Meinung nicht zurückzieht, -ohnehin als festgehalten zu betrachten ist. Irrtümer soll man -sich beeilen einzugestehen und aus einem Meinungsstreit immer mit -Gleichmut und ohne Unfreundlichkeit hervorgehen. Kränkungen muß -man sich beeilen gut zu machen, sie anderen leicht und von Herzen -vergeben und niemand auch nur eine Stunde lang etwas nachtragen. -Das soll man auch jederzeit deutlich zu erkennen geben. -</p> - -<h5 id='G_05_i_8'> -8. Lebensart, Essen, Bewegungen, Konversation, Tanzen. -</h5> - -<p> -Lebensart muß den Kindern von frühester Jugend an angewöhnt -und förmlich eingeübt werden. Dazu gehört nebst Höflichkeit und -Bescheidenheit auch die Körperhaltung. Die Lebensart erfordert ein -passendes Benehmen in allen Lagen des Lebens, ein Gefühl für das, -was anderen gebührt, ein richtiges Benehmen bei Tische und in der -Konversation, mit einem Worte Schicklichkeitsgefühl, vor allem den -Frauen gegenüber. Wahrscheinlich wird man auch in Zukunft den -Tanz pflegen und die jungen Leute darin unterrichten. -</p> - -<p> -Die Konversation ist in unserer Zeit verwildert. Die Gegensätze -sind so scharf, daß viele gar nicht miteinander verkehren wollen, -andere über gewisse Themen keine Gedanken friedlich austauschen -können. Die Erziehung im Kollektivstaat wird darauf gerichtet sein, -zu lehren, daß man geduldig hören, niemand unterbrechen, entgegenstehende -Ansichten mit wenigen Worten zu erkennen geben soll, daß -niemand das Gespräch an sich reißen, niemand sich ganz davon -<span class='pagenum'><a id='Page_188' name='Page_188' href='#Page_188'>[188]</a></span> -ausschließen darf, und das ist in der Erziehung praktisch zu üben. -Der Gebrauch unserer Frauen, mit der Konversation allerhand -Handarbeiten zu verbinden, ist zu loben. -</p> - -<h5 id='G_05_i_9'> -9. Hilfsbereitschaft. -</h5> - -<p> -Die Haupttugend, zu welcher der junge Mensch erzogen werden -soll, ist Hilfsbereitschaft, der Wille, jedem in Gefahren und Leiden -beizustehen, wo die staatliche Fürsorge fehlt oder zu spät käme. Ein -Teil des Unterrichts wird der Kenntnis und Übung solcher Hilfe -gewidmet sein, welche man zu leisten am wahrscheinlichsten wird in -die Lage kommen. Es handelt sich nicht nur um den guten Willen, -sondern um das Geschick und das Urteil, wie in vorkommenden -Fällen zu helfen sei. Die Bedürftigkeit der Mitmenschen in jener -vernünftigen Ordnung ist viel geringer als in der heutigen Ordnung -der Dinge, darum werden es viel geringere Übel sein, welche uns -veranlassen werden, anderen beizuspringen, zumeist solche, die heute -kaum beachtet werden. -</p> - -<h5 id='G_05_i_10'> -10. Pflichtgefühl. -</h5> - -<p> -Die wichtigste Tugend ist die gewissenhafte Erfüllung aller -Pflichten gegen den Staat und die Gesellschaft. Sie fordert völlige -Hingabe an den Beruf, gewissenhafte Schonung des gesellschaftlichen -Eigentums und tunlichste Verhinderung jeder Beschädigung der gesellschaftlichen -Interessen. Die Gewissenhaftigkeit wird auch bei -Wahlen und Abstimmungen geübt werden müssen, bei welchen nicht -Privatinteressen, sondern das öffentliche Wohl allein entscheiden soll. -Die Geschichte unserer Tage wird reichliches Material bieten zum -Beweise der Verächtlichkeit und Schädlichkeit des Parteitreibens. -</p> - -<p> -In allen vorbezeichneten Richtungen wird die <em class='gesperrt'>ganze</em> Jugend -erzogen und zur Selbsterziehung und wechselseitigen Erziehung angehalten -werden. -</p> - -<p> -Die Frage, welcher Zwangsmittel sich die Erziehung bedienen -dürfe, kann auch nur die Zukunft beantworten. Die gelindesten -Zwangsmittel sind die besten und nur, insofern mildere Strafen -versagen, kann man zu härteren übergehen. Ununterbrochene Einwirkung, -Beaufsichtigung und Beharrlichkeit sind die besten Erziehungsmittel. -<span class='pagenum'><a id='Page_189' name='Page_189' href='#Page_189'>[189]</a></span> -Der erfahrene Erzieher wird nach allgemeinen Grundsätzen -verfahren und doch der Eigenart des Einzelnen gerecht werden. -</p> - -<p> -Die eingehende Erörterung des Erziehungswesens war deshalb -geboten, weil sie klar ergibt, daß der Kollektivismus durch seine -Organisation vieles ermöglicht, was der Individualismus zu leisten -nicht vermag. Die hier geschilderten Erziehungsaufgaben sind besonders -darauf gerichtet, <em class='gesperrt'>alle</em> für das kollektive Leben geeignet zu -machen. -</p> - -<p> -Die »Neue, freie Presse« vom 20. September 1903 Seite 17 -beschreibt die »Gemeinsame Erziehung von Mädchen und Knaben -im Landeserziehungsheim« wie folgt. -</p> - -<p> -»Ein eigenes Heim auf dem Lande vereinigt Schüler und Lehrer -zu einem freien und kräftigen, gesunden und frohen Leben. Die -Einfachheit ländlicher Verhältnisse erhellt den Geist des Kindes und -macht ihn <ins class='correction' title='aufnahmsfähig'>aufnahmefähig</ins> für alles Große und Schöne. Doch wird -die erreichbare Nähe einer großen Stadt mit ihren mannigfachen -Bildungsstätten ein wünschenswerter Vorteil sein. Das Leben auf -dem Lande bietet auch die Freiheit der Bewegung — Spiel, Laufen, -Turnen, Wandern — und die Arbeit im Garten, im Haushalte, -in der Werkstätte, die den Körper stärkt und stählt. Das Bewußtsein -der körperlichen Tüchtigkeit und der rege Wetteifer, wie -ihn das Leben in der Gemeinschaft erzeugt, gibt gesundes Selbstvertrauen, -gibt Ausdauer, Entschlossenheit und Mut. Und dieses -Zusammenleben wird alle sozialen Tugenden natürlich und ohne -Zwang um so leichter entstehen lassen, als zu dieser Gemeinschaft -auch Lehrer gehören mit ihrer ganzen Persönlichkeit und in vertrautem -Verkehr, als Kameraden und Freunde, darum als Leiter -und Berater des jugendlichen Lebens. -</p> - -<p> -Welche Vorteile sich aus diesem Zusammenleben für den Unterricht -ergeben, ist offenbar. Daß auf Grund des persönlichen Verhältnisses -eine Disziplin ohne Strenge und Rauhigkeit möglich ist, -ist ein selbstverständliches Ergebnis des Gesamtgeistes, der Unterricht -ist ein Teil des gesamten Lebens. Die Klassen sind sehr klein und -ermöglichen das Eingehen auf die Eigenart des Einzelnen. Der -Lehrer kennt genau den Vorstellungskreis seines Schülers und die -Eindrücke, die ihn bewegen. So bieten sich ihm mannigfache -<span class='pagenum'><a id='Page_190' name='Page_190' href='#Page_190'>[190]</a></span> -Anknüpfungspunkte, die den Unterricht in steter Beziehung mit dem -Leben erhalten.« -</p> - -<p> -So ein Organ des wirtschaftlichen Individualismus. Ihm ist -eine Erziehung ein Ideal, welche doch gerade in unserer Gesellschaftsordnung -unmöglich ist. Und wie viel tiefer kann man das Problem -erfassen im Kollektivismus, wo das System allgemein durchgeführt -wird und selbst wieder nur einen Teil des gesamten Organismus -bildet, in welchem alle Teile aufeinander berechnet sind. -</p> - -<p> -Hätte der Staat immer so, wie es hier gefordert wird, seine -Verpflichtungen gegen die Jugend erfüllt, <em class='gesperrt'>so wäre die Kaiserin -Elisabeth nicht ermordet worden</em>, denn Luchenie war ein -<i>outcast</i>, von frühester Jugend an hilflos, ohne Familie, Erziehung, -genügenden Unterricht, auf den Umgang mit Elenden und Feinden -der Gesellschaft angewiesen. Feinde der Gesellschaft! Ist nicht die -Gesellschaft eine Feindin jener Armen? Tut denn <em class='gesperrt'>sie</em> ihre Pflicht? -Hören wir. -</p> - -<p> -Im August 1902 wurde über eine Verhandlung gegen eine einarmige -Einbrecherin berichtet. Franziska Machelek war das Kind -armer Eltern und vom 7. Jahre an verwaist. Vom Knochenfraß -befallen, mit 21 Wunden am Rücken kam sie in ein Spital, wurde -aber von da, <em class='gesperrt'>weil sie unheilbar war</em>, entlassen und heimgeschickt. -Die Gemeinde wies sie fort und der Bürgermeister sagte. »Du mußt -betteln«. Sie kam in eine Schule, aber nach 6 Wochen wurde sie -krank und wohnte — wie eine Aussätzige — in einem verfallenen -und unbewohnten Hause, und niemand kam zu ihr, <em class='gesperrt'>denn sie hatte -eine ansteckende Krankheit</em>. Sie bettelte, aber sie stahl dann -auch und wurde eingesperrt. »Das war ein Glück für mich, wenn -ich im Arrest war, war ich froh.« Dreizehnjährig kam sie wieder in -ein Spital und da <em class='gesperrt'>wurde ihr der linke Arm abgenommen</em> -und erst mit 28 Jahren wurde sie gesund und lebte dann einige -Zeit bei einer Tante, bis diese starb. Jetzt war sie wieder angewiesen -zu betteln und zu stehlen. In der Strafanstalt erwarb sie -etwas mit Sticken. Da sie einarmig war, mußte sie die Nadel mit -dem Munde herausziehen und so stickte sie, <em class='gesperrt'>bis ihr der Mund -geschwollen war</em>. Auf <em class='gesperrt'>diese</em> Art erwarb sie sich im Zuchthause -<span class='pagenum'><a id='Page_191' name='Page_191' href='#Page_191'>[191]</a></span> -einen Überverdienst von 5 fl 25 Kr. Als ihre Strafzeit um war, -gab ihr die Strafanstalt von jenen 5 fl 25 Kr. nur 25 Kr. auf -die Hand und ließ sie vom Schubführer nach Hause befördern. Dort -angekommen, sagte der Bürgermeister, <em class='gesperrt'>die Strafanstalt habe für -sie 5 fl eingesandt, damit seien die Schubkosten bezahlt</em>. -Bald darauf wurde die Einarmige verführt und <em class='gesperrt'>als sie ein Kind -gebar</em>, verlassen. -</p> - -<p> -Sollte eine solche Gesellschaft keine Feinde haben? -</p> - -<p> -Gibt es denn Pflichten gegen eine Gesellschaft, die keine Pflichten -gegen uns hat? -</p> - -<h3 id='G_06_0_0'> -6. Die Rechtspflege. -</h3> - -<p> -Eine Ziviljustiz im heutigen Sinne des Wortes gibt es im -Kollektivstaate nicht. Da es weder Privateigentum, noch Vertrag -zwischen Individuen, noch Erbrecht gibt, so entfällt auch jede Art -von Rechten, die einen Anlaß zu Rechtsstreitigkeiten geben könnten. -</p> - -<p> -Dagegen wird es allerdings eine Strafjustiz geben, die in der -Regel disziplinarisch gehandhabt werden wird. Geringere Kontraventionen -gegen die Gesetze, Beschädigungen des Staatseigentums -oder des Lebens und der Gesundheit der Mitmenschen, werden je -nach dem Grade der Beschädigung und der Entstehung aus Nachlässigkeit, -Mutwille oder Bosheit entweder disziplinariter vom Verwaltungsbeamten, -an den der Erziehung noch unterworfenen Personen -vom Erziehungspersonale, geahndet, oder einer gerichtlichen Bestrafung -unterzogen werden. Die Grenzen der dem Verwaltungsbeamten und -dem Erziehungspersonale zustehenden Strafgewalt werden ziemlich -eng gezogen werden. Es wird sich dabei nur um Verweise unter -vier Augen oder vor größerer oder geringerer Öffentlichkeit, um -Entziehung von Genüssen und um Strafarbeiten handeln. So kann -einem Straffälligen der Urlaub eines oder mehrerer Jahre, oder ein -Teil der gesetzlichen Arbeitsbefreiung nach Ableistung der regelmäßigen -Arbeitsjahre, oder das Recht, die Arbeitsgemeinde am -Sonntag zu verlassen, die Reisefreiheit, das Recht, an den öffentlichen -Mahlzeiten und Festlichkeiten teilzunehmen, entzogen werden. -Körperliche Strafen können bei jugendlichen Personen Anwendung -<span class='pagenum'><a id='Page_192' name='Page_192' href='#Page_192'>[192]</a></span> -finden, wenn alle sonstigen Erziehungsmittel versagen. Bei Erwachsenen -können Gefängnis- oder Todesstrafe nur dann verhängt -werden, wenn es sich um sehr schwere, aus Roheit und Grausamkeit -hervorgegangene Verbrechen handelt. Mißbrauch der Amtsgewalt -wird meistens durch Verlust der Amtsstellung und Einreihung -unter die Arbeiter einfachster Art geahndet werden, wenn es sich um -große und böswillige Vergehen handelt. -</p> - -<p> -Schwerere Strafen werden nicht von ständigen Gerichten, die -aus rechtsgelehrten Richtern zusammengesetzt sind, sondern von Volksgenossen, -welchen vielleicht die Verwaltungsbeamten präsidieren werden, -verhängt werden. Die Zahl der verbrecherischen Delikte wird sehr -beträchtlich abnehmen und mit der Vereinfachung der rechtlichen Beziehungen -unter den Menschen, werden auch die Delikte einfacher, ihr -Tatbestand leichter festzustellen und die Anwendung der Gesetze von -Fachkenntnissen weniger abhängig werden. -</p> - -<p> -Statt der heutigen Gefängnisse würde es sich empfehlen, Strafgemeinden -einzurichten, in welchen die Arbeitslast größer, die Genüsse -vermindert und eine harte Disziplin eingeführt würde. Die -Todesstrafe würde wohl sobald als möglich abgeschafft werden. Denn -so harte Strafen sind nur in unserer Gesellschaftsordnung erforderlich, -um von verbrecherischen Handlungen abzuschrecken, zu welchen -unsere Gesellschaftsordnung viel mehr Gelegenheit und Anregung -bietet, als der Kollektivismus, der den <ins class='correction' title='unrechtmäßgen'>unrechtmäßigen</ins> Erwerb -erschwert, den rechtmäßigen Erwerb erleichtert und den Lohn -erhöht. -</p> - -<p> -Hier sei noch besonders darauf verwiesen, daß die strafbaren -Handlungen bald auf ein Zehntel oder Zwanzigstel herabgehen werden. -Unter den Motiven zu strafbaren Handlungen werden fortbestehen: -Sinnlichkeit, Liebe, Eifersucht, Zorn, aber auch diese Motive werden -weniger schwer wiegen, weil die sorgfältige Erziehung die Sitten -mildert und weil die ganze Einrichtung der Gesellschaft darauf gerichtet -ist, der menschlichen Seele einen anderen Inhalt zu geben. -Verbrechen aus Habsucht werden nicht vorkommen, weil es unmöglich -sein wird, diesen Hang durch verbrecherische Handlungen zu befriedigen. -Die Naturalwirtschaft und das ausnahmslose Staatseigentum -machen das unmöglich. Das Geld ist das beste Werkzeug -<span class='pagenum'><a id='Page_193' name='Page_193' href='#Page_193'>[193]</a></span> -der Diebe. Sachen trägt man nicht davon, könnte man das aber auch, -man könnte sie nicht verbergen, nicht verwerten, nicht genießen, ja -man wäre der Entdeckung beinahe sicher. Eben deshalb wären auch -politische Verbrechen ohne Reiz. Denn, mag man auch Blut vergießen -und Bomben werfen, Schätze dadurch erwerben kann man -doch nicht, wenn man das Prinzip des unveräußerlichen Staatseigentums -nicht aufgibt. So werden strafbare Handlungen selten -werden. -</p> - -<h2 id='H_00_0_0'> -VIII.<br /><br /> -Der Kollektivismus und der allgemeine Fortschritt. -</h2> - -<hr class='h2bot' /> - -<h3 id='H_01_0_0'> -1. Die Fortbildung. -</h3> - -<p> -Wenn auch der regelmäßige Volksunterricht mit dem vollendeten -achtzehnten Lebensjahre abschließt, so wird damit die erziehliche -und belehrende Beeinflußung der Staatsbürger nicht eingestellt -werden. -</p> - -<p> -Zunächst werden diesem Zwecke die Vorträge dienen, die regelmäßig -von Zeit zu Zeit in den Abendstunden werden abgehalten -werden und von welchen bereits in V, 3, a, <i>Alinea</i>: <a href='#E_03_a_0al2'>»Außer ihm«</a> -die Rede war. Die Auswahl der Gegenstände und die Auswahl der -Personen zu treffen, die zu Vorträgen werden eingeladen werden, -wird Sache des Pädagogen sein, der sich mit den Ärzten und Unterrichtspersonen -zu beraten und die Wünsche, die im Schoße der Gemeinde -laut werden, in Erwägung zu ziehen haben wird. Die -Richtung, welche die geistige Entwicklung jeder Gemeinde nehmen -wird, wird dafür maßgebend sein. Ebenso werden bedenkliche Neigungen, -welche überhand zu nehmen drohen, auf diesem Wege zu -bekämpfen sein. -</p> - -<p> -Vorträge dieser Art, analog den heutigen populären Vorlesungen -der Universitätsprofessoren, aber in jeder Gemeinde und in jedem -Quartier, und viel eingehender und im Anschlusse an den Schulunterricht, -werden vor allem die Pädagogen und Fachlehrer zu -halten haben, besonders zu dem Ende, um die Erwachsenen mit jenen -Fortschritten bekannt zu machen, welche die Gegenstände des Volksunterrichtes -seit dessen Abschlusse gemacht haben, wodurch ja auch -das Erlernte immer wieder eingeprägt wird. Das wird es ja auch -den Eltern erleichtern, mit der Schule Hand in Hand zu gehen. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_195' name='Page_195' href='#Page_195'>[195]</a></span> -Auch die Ärzte werden sich an diesen Vorträgen beteiligen und -alles bekämpfen, was dem sanitären Fortschritte und der Veredelung -des Menschentums gefährlich werden könnte. -</p> - -<p> -Insofern es sich um technische und wissenschaftliche Erfindungen -handelt, wird man es nicht an Demonstrationen und an Berichten -über praktische Einführungen und deren Erfolg fehlen lassen, um -die gesamte Bevölkerung an der Verbreitung der Erfindungen zu -interessieren. -</p> - -<p> -Dabei wird man es aber nicht bewenden lassen, sondern auch -Personen von hohem wissenschaftlichen Range zu Vorlesungen einladen, -um das Wissen nach ein und der anderen Richtung, wie dies -in den besonderen geistigen Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung -liegt, zu vertiefen, besonders dann, wenn die Bevölkerung an der -Erforschung gewisser historischer Fragen oder gewisser Gebiete der -Naturschätze einen besonderen Anteil nimmt und diese Vorträge neue -Impulse zur Mitarbeit bieten können. -</p> - -<p> -Immer sind die Rückwirkungen hervorzuheben, die die neuen -Forschungen, Erfindungen und Entdeckungen auf die Verlängerung, -Verschönerung und Bereicherung des Lebens nehmen können und -auch der wirtschaftliche Wert der Erfindungen darzulegen. -</p> - -<p> -Ferner werden künstlerische Vorführungen in Gesang, Musik, -Deklamation, die nicht geradezu ein Theater voraussetzen, in jeder -Gemeinde stattfinden, um die Sitten zu veredeln und an das Schöne -zu gewöhnen. So auch wird man Wanderausstellungen von Bildern -und plastischen Werken veranstalten und Vorträge über ihren ästhetischen -Wert damit verbinden. Die Zahl der zu diesen Darbietungen -und Belehrungen befähigten Personen wird so groß sein, daß es -keine Schwierigkeiten bieten wird, allwöchentlich einen Abend solchen -edleren Vergnügungen zu widmen. -</p> - -<p> -Einen erziehlichen Einfluß werden auch die Reisen bieten, welche -jedem ermöglicht werden sollen. In XI, 1, b, <i>Alinea</i>: -<a href='#L_01_b_0al'>»Nimmt man nun«</a>, wird der Vorschlag gemacht, -jedem Arbeiter einen jährlichen -Urlaub von 14 Tagen zu erteilen und in dieser Zeit soll es dem -Beurlaubten freistehen, die heimatliche Gemeinde zu verlassen und -Reisen innerhalb des Staatsgebietes zu unternehmen. Diese Reisen -sollen einen ununterbrochenen Verkehr mit allen Reichsgenossen -<span class='pagenum'><a id='Page_196' name='Page_196' href='#Page_196'>[196]</a></span> -ermöglichen und Belehrungen aller Art vermitteln und diese Reisen, -welche zu Fuß, auf dem Fahrrad und mit den Eisenbahnen und -Schiffen unternommen werden, werden viel dazu beitragen, alle Bewohner -des Reiches in jenen engen Verband zu bringen, den Plato -ein »Königliches Geflecht« nennt. Alles Mißtrauen, aller Neid, -alle Mißgunst werden ertötet werden, wenn man sieht, wie auch -andere schaffen und daß auch andere, insoferne sie nicht verdienter -um das Volk sind, nichts genießen, was man nicht selbst hat oder -haben kann. Auch diese Reisen wirken fortbildend. -</p> - -<h3 id='H_02_0_0'> -2. Das Vereinswesen. -</h3> - -<p> -Das Vereinswesen hat der Staat zu fördern, so weit es sich -um Vereinszwecke handelt, die im öffentlichen Interesse gelegen sind -und insoferne diese Vereine eine materielle Unterstützung brauchen. -Die Vereinsmitglieder haben dem Vereinszwecke ihre freie Zeit zu -widmen und die Erfüllung ihrer Arbeitsverpflichtung dem Staate -gegenüber unvermindert einzuhalten. In Anbetracht der Wichtigkeit -der Vereinszwecke kann es sich darum handeln, den Vereinen -solche materielle Mittel zuzuwenden, welche die Vereinsmitglieder -nicht schaffen können. In einem beschränkten Maße können sie allerdings -auch die materiellen Mittel aufbringen, insofern es sich nur -darum handelt, einen Teil der zur Verteilung gelangenden Konsumtibilien -beizutragen. -</p> - -<p> -Die staatliche Förderung wird verschiedenes umfassen. Die -Regierung wird, spontan oder auf Antrag die Statuten entwerfen -und die Bedingungen feststellen, unter welchen sie ihre Unterstützung -zusagt, sie wird die Werbung von Mitgliedern erleichtern durch Ankündigungen -in den Blättern und durch Versendung von Prospekten -an die Gemeinden, sie wird unter der Bedingung einer lebhaften -Beteiligung von Mitgliedern Behelfe bereitstellen, so Noten und Instrumente -für musikalische Vereine, Chemikalien und Apparate für -Vereine zur Förderung der Chemie, Instrumente und Apparate für -Beobachtungen in der Meteorologie, Astronomie und für biologische -Untersuchungen, zur Herstellung von Präparaten u. <ins class='correction' title='drgl'>dergl</ins>., sie wird -den Sportvereinen Boote, Automobile, Pferde, Hunde zur Verfügung -<span class='pagenum'><a id='Page_197' name='Page_197' href='#Page_197'>[197]</a></span> -stellen und Prämien zur Aneiferung der Mitglieder bewilligen, dem -literarischen Vereine nach Maßgabe seiner Bedeutung vielleicht eine -Druckerei einrichten, Werke aus dem Auslande besorgen; für Zusammenkünfte -können Reisebewilligungen und Urlaub koncediert werden -und unter Umständen können sogar Gebäude aufgeführt werden, um -besonders wichtigen Vereinen die Erreichung des Vereinszweckes zu -erleichtern, oder den Eifer der Mitglieder anzuspornen. Es sei nun -gestattet, einige besonders wichtige Vereinszwecke zu erwähnen. -</p> - -<p> -Außer dem in <a href='#F_08_d_0'>VI, 8, d,</a> Bemerkten dient ein Reichsverein -für <em class='gesperrt'>Rechnungskontrolle</em>, <em class='gesperrt'>Statistik</em> und <em class='gesperrt'>Volkswirtschaft</em>. -Die Verrechnung der gesamten Verteilung der Arbeit und der -Produkte erfolgt nach <a href='#F_08_0_0'>VI, 8,</a> durch regelmäßig publizierte statistische -Ausweise. Obwohl nun dieselben jedermann zugänglich und in -öffentlichen Blättern enthalten sind, ist doch anzunehmen, daß diese -Publizität nicht genügen wird, um eine genaue Kontrolle durch das -Volk sicherzustellen. Das Material ist so massenhaft, daß man annehmen -kann, es werde sich schließlich niemand um die Verrechnung -kümmern, als die berufenen Organe der Staatsverwaltung, wobei -allerdings die niederen Ämter von den höheren, aber auch letztere -von den niederen überwacht werden. -</p> - -<p> -Um eine sichere und intensive Kontrolle durch das Volk zu veranlassen, -wird das Zustandekommen eines Vereins erwünscht sein, -welcher aus vielen tausenden von Mitgliedern bestehen müßte, die -sich nach einem von ihnen angenommenen Plane in die Arbeit der -Überprüfung zu teilen und die Zusammenstellungen nachzurechnen, -sowie die ersten Aufstellungen mit den in den Gemeinden aufliegenden -Originalrechnungen zu vergleichen hätten. Es wird dann nicht -leicht ein Irrtum oder gar eine Falschbuchung übersehen werden, -besonders, wenn für die Entdeckung von Irrtümern oder Fälschungen -Prämien ausgeworfen würden, welche die Staatsverwaltung dem -Vereine zu bewilligen hätte. -</p> - -<p> -Im Zusammenhang damit hätte der Verein die Aufgabe, die -Zweckmäßigkeit der statistischen Tabellen zu prüfen und auf neue -Kombinationen und Methoden der Aufstellung und Summierung zu -dringen. Die statistischen Tabellen sollen nämlich auch über die -Richtigkeit der Verteilungsgesetze Aufschluß geben. Es ist denkbar, -<span class='pagenum'><a id='Page_198' name='Page_198' href='#Page_198'>[198]</a></span> -daß die Tabellen, richtig zusammengestellt, dartun können, ob die -Ärzte, die Lehrer, die Grubenarbeiter mit Rücksicht auf den Rechtsgrundsatz -der Verteilung, XI, 1, d, <i>Alinea</i>: <a href='#L_01_d_0al'>»Der oberste Verteilungsgrundsatz«</a> -begünstigt oder zurückgesetzt sind. Obwohl jede einzelne -Gruppe ein Interesse hat, nachzurechnen und ihre Interessen wahrzunehmen, -würde sich doch jener Verein besonders dazu eignen. Es -wird sich dabei besonders darum handeln, in den Gruppen neue -Teilungen oder Zusammenordnungen vorzunehmen. Wenn alle -Grubenarbeiter bezüglich der Sterblichkeit zusammengeworfen sind -und nach der Gesamtsterblichkeit bei der Verteilung der Arbeit und -der Genüsse nach demselben Maßstabe behandelt werden, so kann es -sich als notwendig erweisen, die Kohlengräber auszuscheiden, wonach -sich herausstellen kann, daß sie ungünstiger gestellt sind, als die anderen -Grubenarbeiter, diese aber besser, als andere Berufe. Das zu entdecken -und klar zu legen, wäre eine Aufgabe eines solchen Vereins. -Dabei ist aber im Auge zu behalten, daß eine all zu kleinliche Spaltung -der Arbeitergruppen deshalb nicht zweckmäßig ist, weil die -statistische Tabelle nur als Material für Massenbeobachtungen einen -Wert hat. -</p> - -<p> -Dadurch nun, daß der Verein in letzterer Hinsicht sich nützlich -erweist, fördert er zugleich die Volkswirtschaft, weil die Zweckmäßigkeit -der Volkswirtschaft mit der Gerechtigkeit der Verteilung zusammenfällt. -Die Begünstigung einer Gruppe ist eine Vergeudung -im Verbrauche und die Zurücksetzung einer Gruppe beeinträchtigt -deren produktiven Wert. -</p> - -<p> -Von großer Wichtigkeit werden ferner <em class='gesperrt'>literarische Vereine</em> -sein, weshalb auf diesem Gebiete die Gründung von Vereinen sehr -wünschenswert sein wird. Selbe werden sich national und nach -Gegenständen gliedern. -</p> - -<p> -Es hat zwar die Staatsverwaltung zunächst die Aufgabe, welche -heute die Verleger haben, nämlich die literarischen Produkte, welche -sie für geeignet hält, zu veröffentlichen. Die Verleger treten heute -als Unternehmer zwischen die Schriftsteller und die Leser für die -literarischen Erzeugnisse. Bei dem großen Umfange von kaufmännischer -Arbeit, die der Verleger zu bewältigen hat, kann er nur -wenig Zeit der Prüfung von Manuskripten widmen und in keinem -<span class='pagenum'><a id='Page_199' name='Page_199' href='#Page_199'>[199]</a></span> -Fall kann er ein hervorragendes kritisches Verständnis für den -Wert der ihm angebotenen Werke haben. Er ist demnach gezwungen, -das Gutachten von Kritikern einzuholen. Der Verleger -hat aber auch ein anderes Mittel, um gewinnbringende Geschäfte -zu machen, wenngleich er die Manuskripte nicht zu beurteilen vermag. -Er hält sich an Namen, sei es, daß der Schriftsteller schon -bekannt ist und man darauf rechnen kann, daß seine Werke gesucht -werden, oder daß der Verfasser ein Professor ist, der viele Zuhörer -hat, daher man auf einen Absatz bei seinen Schülern hoffen kann. -So bietet das Verlegerwesen, so unentbehrlich es in unserer Gesellschaftsordnung -ist, weder eine Gewähr, daß alle guten Werke -gedruckt, noch daß recht erbärmliche Arbeiten zurückgewiesen werden, -da ja der Kolportageroman am ehesten Gewinn verspricht. Freilich -wird der angesehene deutsche Verleger es verschmähen, diese Schundliteratur -zu pflegen, aber sie findet doch ihre Verleger und darum -wirkt das Verlegerwesen eher schädlich als veredelnd. Der rücksichtslose -Spekulant wird beinahe sicher vermögend, während der -ehrenvolle Verleger, der sich der Literatur verpflichtet hält, oft große -Verluste erleidet. Die Ursache der großen Kosten der Bücher ist, -daß die Bücher, welche Absatz finden, auch die Verluste hereinbringen -müssen, welche der Verleger ohne sein Verschulden an anderen -Werken erleidet. -</p> - -<p> -Trotzdem nun das Verlegerwesen, wie überhaupt das Unternehmerwesen, -eine sehr mangelhafte Einrichtung ist, so schrickt doch -jeder Schriftsteller vor dem Gedanken zurück, daß der Staat der -alleinige Verleger werden soll. Man glaubt, daß es nur Protektionskindern -gelingen wird, das Erscheinen ihrer Werke zu erleben und -das ist ein Hauptgrund, weshalb die Schriftsteller den Sozialstaat -perhorreszieren. -</p> - -<p> -Das hat nun auch einigen Grund. Würde nur die Staatsverwaltung -darüber entscheiden können, ob ein Werk gedruckt werden -soll, so würde das Verlagswesen nicht viel gewinnen. -</p> - -<p> -Die Gesamtheit der Einrichtungen, welche den Schriftstellern -im Sozialstaat eine Gewähr bieten, daß ihnen mit mehr Wahrscheinlichkeit -als heute Gerechtigkeit widerfahren wird, wird in VIII, 4, d, 2, -<i>Alinea</i>: <a href='#H_04_d_2al'>»Der Anlaß«</a> dargestellt, allein für die schöne -<span class='pagenum'><a id='Page_200' name='Page_200' href='#Page_200'>[200]</a></span> -Literatur werden die literarischen Vereine und für die wissenschaftliche -Literatur die zahlreichen wissenschaftlichen Fachvereine an der -Sichtung der Manuskripte sich beteiligen. Wenn die Manuskripte, -die den Vereinen entweder von den Schriftstellern direkt eingesendet -oder ihnen als einer Art Beirat von der Staatsverwaltung oder -anderen verlagsberechtigten Körperschaften (VIII, ebenda) zugewiesen -werden, unter die Vereinsmitglieder zur Prüfung verteilt und von -ihnen darüber in Versammlungen referiert wird, so kann man annehmen, -daß manches brauchbare Werk gerettet wird, das heute von -einem Verleger zum anderen wandert. Allein man kann diese -Vereine nicht bloß mit der Begutachtung betrauen, man kann ihnen -auch das Verlagsrecht für eine gewisse Anzahl von Werken einräumen, -nicht in dem Sinne, daß sie einen Unternehmergewinn erzielen, -was der Natur der Gesellschaftsordnung, aber auch der Natur -des Vereinswesens widerstreben würde, wohl aber in dem Sinne, -daß sie die besten jener Werke in den staatlichen Druckereien zum -Drucke zu befördern oder in ihrer eigenen Druckerei drucken zu lassen -berechtigt werden, welche ihrem Rat entgegen zurückgewiesen wurden. -</p> - -<p> -Die literarischen Vereine werden sich wahrscheinlich auch bemühen, -der schönen Literatur eine bestimmte Richtung zu geben, sie -werden den <ins class='correction' title='Schrifstellern'>Schriftstellern</ins> vielleicht Winke geben können, wie die -Werke zu verbessern seien und sie werden Vorleseabende veranstalten, -um auch solche Manuskripte bekannt zu machen, die von Bedeutung -erscheinen, obwohl sie nicht zum Drucke gelangen konnten. -</p> - -<p> -Auch in einer anderen Richtung werden diese Vereine sich nützlich -machen, wenn sie eine genügende Anzahl von Mitgliedern haben. -Sie werden die Auslandsliteratur kennen lernen und Einfluß darauf -nehmen, welche Werke in größerer Zahl vom Auslande angeschafft -oder von welchen Übersetzungen veranstaltet werden sollen, -denn wenn auch selbst dafür Verwaltungsorgane bestellt werden -müssen, so wird es doch einer großen Zahl freiwilliger Kräfte bedürfen, -um nur einen erheblichen Teil der Auslandsliteratur durchzuprüfen. -</p> - -<p> -Daß also literarische Vereine ganz außerordentliches durch Begutachtung -von Werken, durch Ermunterung zum Schaffen und Genießen -und durch Beeinflussung der Richtung leisten können, welche -<span class='pagenum'><a id='Page_201' name='Page_201' href='#Page_201'>[201]</a></span> -die Literatur von Zeit zu Zeit einschlägt, ist nicht zu bezweifeln. -Ebenso ist gewiß, daß der Staat sehr viel zur Förderung solcher -Vereine tun kann und daß das Volk der Staatsverwaltung zu diesem -Ende nach Maßgabe der Nützlichkeit solcher Vereine die erforderlichen -Mittel bewilligen wird. -</p> - -<p> -Außer diesen beiden Gattungen von Vereinen, den literarischen -Vereinen und dem Verein zur Prüfung der statistischen Ausweise, -werden für alle Zweige der Naturwissenschaft, der Produktion, der -Geschichte, des Spiels und Sports, für Erforschung und Fortbildung -der Sprache und für alle Arten von Künsten, vor allem die -Musik und die bildenden Künste, Vereine zu schaffen sein, welchen -gleichfalls ein Einfluß, analog demjenigen, einzuräumen sein wird, -welchen man den literarischen Vereinen nach obigen Erörterungen -einräumen wird. -</p> - -<p> -Der Vereine für Musik und Kunst wird man sich besonders -als Beirat für die Verwaltung bedienen bei streitigen Fragen der -Verteilung, ob man diesen oder jenen in eine Fachschule aufnehmen -soll, wem man Behelfe (Farben, Musikinstrumente oder Noten) zur -Verfügung stellen, welche Werke man zur Ausführung bringen soll. -</p> - -<p> -Hier wäre noch der <em class='gesperrt'>Vereinstätigkeit im Bibliothekswesen</em> -zu gedenken. Auch im Bibliothekswesen wird sich freiwillige -Kooperation nützlich machen. Der Staatsverwaltung obliegt es -zwar, für die Vermehrung, Verteilung, Ordnung, den Schutz und -die Versendung der Bücher Sorge zu tragen, je mehr freiwillige -Mitarbeiter sie aber findet, um so vollkommener wird das alles geleistet -werden. Man wird besonders die Studierenden der Hochschulen -heranzuziehen trachten, um in recht kurzer Zeit Neuaufstellungen -durchzuführen, Kataloge zu ergänzen und andere Arbeiten -für <ins class='correction' title='Bibliothekzwecke'>Bibliothekszwecke</ins> durchzuführen. -</p> - -<p> -Eine besondere Aufgabe der staatlichen Bibliotheksverwaltung -wird es aber sein, jedem für seinen besonderen Zweck die Literatur -nachzuweisen. Da wird nun diese Aufgabe gründlicher und mehr -ins Einzelne gehend gelöst werden, wenn sich an diesen Literaturnachweisungen -auch die Vereine beteiligen. Ein Privatunternehmen -dieser Art, welches solche Nachweisungen gegen Entgelt lieferte, bald -aber einging, ist vor Jahren in Berlin gegründet worden. -</p> - -<h3 id='H_03_0_0'> -3. Die Sammlungen. -</h3> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_202' name='Page_202' href='#Page_202'>[202]</a></span> -Die Sammlungen von Kunst- und Naturprodukten, welche -heute nur zum Teil öffentliches Gut, zum größten Teile aber Privateigentum -sind, haben heute schon einen sehr großen Umfang erreicht, -werden aber im Kollektivstaat ins Unermeßliche anwachsen -und ins Kollektiveigentum übergehen. Diesen Sammlungen gehören -zwar auch die Bibliotheken an, von welchen aber hier nicht die -Rede ist, weil sie anderen Zwecken zu dienen haben, als die Sammlungen -von Gegenständen, welche Objekt der Betrachtung sind und -meistens nur in einem oder wenigstens nur in wenigen Exemplaren -vorhanden sind. -</p> - -<p> -Im Kollektivstaat ist es Aufgabe der Verwaltung, die Sammlungen -so aufzustellen, daß sie ihrem Zwecke am Besten dienen. -Der Sammler von heute hütet seine Schätze und verbirgt sie zumeist -vor seinen Mitmenschen und nur wenige adelige Häuser haben -sich verpflichtet gehalten, einige solche Sammlungen, besonders Bildersammlungen, -dem Publikum zugänglich zu machen. Der Kollektivstaat -wird alle Sammlungen so aufzustellen haben, daß sie allen, -vorzüglich aber jenen leicht zugänglich gemacht werden, welche ihrer -für ihre Studien bedürfen. Da nun in Zukunft alle Bauten umgestaltet -werden müssen, wird man darauf bedacht sein, ein System -anzunehmen, nach welchem die Sammlungen zu verteilen sein werden, -wie ja auch die Weltausstellungen nach vorher angenommenen Plänen -eingerichtet werden, damit Gleiches und Gleiches vereiniget, Verwandtes -nebeneinander geordnet werde. -</p> - -<p> -Es wird nun weder möglich noch zweckmäßig sein, alle Sammlungen -an einem Orte, etwa in der Hauptstadt, oder überhaupt in -den städtischen Ansiedlungen, die nicht allzusehr ausgedehnt werden -sollen, zu vereinigen und so scheint folgender Vorschlag als der annehmbarste. -</p> - -<p> -In der Hauptstadt sollen Sammlungen aller Art aber nur in -hervorragenden Typen aufgestellt werden. Ein kunsthistorisches -Museum sollte Kunstprodukte aller Art aus allen Zeiten und erzeugt -von allen Völkern der Erde zur Anschauung bringen, aber es können -in der Zentralsammlung der Hauptstadt für jede Schule, jede -<span class='pagenum'><a id='Page_203' name='Page_203' href='#Page_203'>[203]</a></span> -Periode, jedes Volk nur einige wenige hervorragende Werke aufgestellt -werden. Ebenso wird es mit der hauptstädtischen Sammlung -technischer Erzeugnisse und der Naturprodukte zu halten sein. -</p> - -<p> -Ins einzelne gehende Sammlungen sollen aber dann nach Gebieten -systematisch aufgeteilt werden, so daß, wenn jemand alle -Sammlungen bis in ihre kleinsten Verzweigungen besichtigen wollte, -er das ganze Reich bereisen müßte. Es würden also einige Provinzen -vollständige Bildersammlungen, und Sammlungen anderer -Kunstwerke, andere vollständige Sammlungen der Werkzeuge, -Apparate und Maschinen, oder kunstgewerblicher Erzeugnisse, andere -Pflanzen, wieder andere der Tiere beherbergen und das Alles -würde auch auf Bezirks- und Urgemeinden aufgeteilt werden. Dazu -kommen dann die Präparate der Biologen und Embryologen und -Histologen, welche dereinst einen solchen Schatz bilden werden, daß -man am Sitze der Universität gewiß nur Typen zur Vergleichung -aufstellen kann, wer aber alle vorhandenen Präparate kennen lernen -will, sich die Mühe wird nehmen müssen, irgend einen Teil des -Reiches zu bereisen, wo er, von Ort zu Ort wandernd, alles was -jeweilig vorhanden <ins class='correction' title='tst'>ist</ins>, finden wird und zwar nicht nur die <ins class='correction' title='Präpaparate'>Präparate</ins>, -sondern die gesamte darauf bezügliche Literatur und die -Mikroskope und sonstigen Apparate, ohne welche die Sammlung von -Sachkundigen nicht benützt werden könnte. -</p> - -<p> -Diese Sammlungen werden von Jahr zu Jahr bereichert -werden und nur in dieser Anordnung und Verteilung werden sie -den größten Nutzen schaffen. Das ganze Reich wird eine vollständige -Weltausstellung sein. Übrigens wird in der Metropole eine permanente -Weltausstellung der neuesten Erzeugnisse des Menschengeistes -errichtet werden, welche im jährlichen Wechsel immer das Neueste -zur <ins class='correction' title='Aschauung'>Anschauung</ins> bringen wird und nach Ablauf des Jahres werden -die Ausstellungsobjekte in die stabilen Sammlungen wandern. -</p> - -<h3 id='H_04_0_0'> -4. Zeitschriften, Bücher, Bibliotheken. -</h3> - -<p> -Dem Zeitungswesen muß man eine eingehende Betrachtung -widmen, weil das Zeitungswesen auch in der künftigen Gesellschaftsordnung -eine wichtige Rolle spielen wird und weil es einiges Nachdenken -<span class='pagenum'><a id='Page_204' name='Page_204' href='#Page_204'>[204]</a></span> -kostet, sich die Befriedigung jener Bedürfnisse im künftigen -Staate klar zu machen, die heute durch die Zeitungspresse befriedigt -werden. Dabei wird vor allem die Preßfreiheit in Betracht kommen, -für welche man sich einen Platz in einer Gesellschaftsordnung nicht -leicht denken kann, in welcher der Staat alleiniger Produzent ist. -Es soll gar nicht darauf verwiesen werden, daß die politische Partei -in der künftigen Verfassung keine Rolle spielen soll. Es wird vielmehr -zu zeigen sein, daß im sozialen Staate Interessengegensätze -und Opposition mit voller Freiheit zu Worte kommen können und -außerdem ist zu zeigen, was die künftige Zeitung zu leisten haben -und wie sie zu verbreiten sein wird. -</p> - -<p> -Es wird also zu unterscheiden sein: a) die Presse für Staats- -und allgemeine Angelegenheiten, b) die Fachpresse, 1. für Wissenschaft, -2. für Kunst und 3. für Technik und c) die Presse für Unterhaltung -und schöne Literatur. -</p> - -<h4 id='H_04_a_0'> -a) Die Presse für Staats- und allgemeine Angelegenheiten. -</h4> - -<p> -Hier wird es sich besonders darum handeln, der Opposition -und den Interessengegensätzen eine Gelegenheit zu bieten, sich geltend -zu machen und davon wird auch die Rede sein, doch sollen vorher -in großen Zügen die Aufgaben, die Einrichtung und die Verbreitung -dieser Presse geschildert werden. -</p> - -<p> -Diese Presse wird sich gliedern in das Reichs-, Provinz-, Kreis- -und Bezirksblatt. Während das Reichsblatt, das in Österreich in -einer großen Zahl von Landessprachen zu erscheinen hätte, an jede -Gemeinde zu senden ist, ist das Provinz-, Kreis- und Bezirksblatt -hauptsächlich nur für die Gemeinden bestimmt, welche in der betreffenden -Provinz, dem betreffenden Kreise oder Bezirke liegen. -Allein trotzdem diese Blätter ein allgemeines Interesse nur für einen -Teil der Gemeinden haben, so müssen sie doch in einer beschränkten -Anzahl von Exemplaren überall hindringen. Es wird genügen, -wenn nur wenigstens in jeder Kreisstadt mindestens einige Exemplare -auch der fremden Blätter aufliegen. Sämtliche Provinz-, Kreis- -und Bezirksblätter müßten also wenigstens in jeder Kreisstadt zu -finden und von dort leihweise zu beziehen sein. -</p> - -<p> -Ebenso ist es einleuchtend, daß ein größeres Bedürfnis besteht, -<span class='pagenum'><a id='Page_205' name='Page_205' href='#Page_205'>[205]</a></span> -das heimische Bezirksblatt und das heimische Kreisblatt als das -Provinz- und Reichsblatt zu lesen und daß demnach die Gemeinden -und Quartiere eine größere Anzahl von Exemplaren des einheimischen -Kreis- und Bezirksblattes beanspruchen werden. Nachdem aber -unter 1000 Einwohnern überhaupt nur etwa 600 eigenberechtigte -Personen zu rechnen sind, davon auch nur ein Teil die Blätter -lesen will und Wert darauf legen wird, sie am Tage des Erscheinens -zu lesen, die meisten aber es sich genügen lassen, sie einmal in der -Woche zu durchfliegen, so kann man schätzen, daß es genügt, wenn -jede Gemeinde und Quartier je 10 Exemplare des heimischen Kreis- -und Bezirksblattes und je 5 Exemplare des Provinz- und Reichsblattes -erhält, die eine Woche lang im Lesesaal aufliegen. -</p> - -<p> -Nur ein Exemplar aller Blätter wird in jeder Gemeinde und -Quartier, vielleicht nur eines im Bezirke, dauernd aufbewahrt und -gebunden. Die Sammlung der übrigen Exemplare zur Wiederverwertung -des Papierstoffes wird sich im Kollektivstaat mit einer -Sicherheit und Vollständigkeit vollziehen, welche in unseren anarchischen -Zuständen nicht denkbar wäre. -</p> - -<p> -Demnach wird die Versorgung <em class='gesperrt'>aller</em> Bewohner mit dieser Art -von Blättern im Kollektivstaat schwerlich einen größeren in Arbeit -ausgedrückten Aufwand verursachen, als heute die Versorgung einiger -hunderttausend Zeitungsleser. -</p> - -<p> -Man erspart aber auch unendlich viel an journalistischer Administrationsarbeit, -weil diese im Kollektivstaat in nichts anderem -besteht, als im Abzählen der Exemplare und deren Ausfolgung an -das <ins class='correction' title='Zugsbegleitungspersonal'>Zugbegleitungspersonal</ins> und die Frächter. Der damit betraute -Schaffner hat nach einem ihm vorliegenden Schema in jeder Station -in der er anhält oder die er durchfliegt, nur eine gewisse Anzahl -Exemplare auszufolgen. Nicht einmal eine einzige Adresse zu -schreiben ist notwendig. -</p> - -<p> -Nachdem nun ersichtlich ist, daß die Versorgung der gesamten -Bevölkerung mit diesen Blättern gar keine Schwierigkeiten macht, -handelt es sich darum, zu erörtern, was in denselben Aufnahme zu -finden hat. -</p> - -<p> -Den wichtigsten Inhalt bildet die Statistik der Bevölkerungs-, -Güter- und Arbeitsbewegung, soweit sie nach <a href='#F_08_0_0'>VI, 8,</a> täglich fixiert -<span class='pagenum'><a id='Page_206' name='Page_206' href='#Page_206'>[206]</a></span> -wird und in Beilagen auch jene, die wöchentlich oder monatlich -fixiert wird. Letztere kann in 6, beziehungsweise 25 Tagespublikationen -aufgeteilt werden, welche verschiedene Gebiete der Statistik -umfassen und der Bevölkerung <ins class='correction' title='suxessive'>successive</ins> geliefert werden. Diese -Blätter bringen weiter die Kundmachung der Verordnungen und -Gesetze, Personalveränderungen, Ausschreibung von Stellen, welche -an Bewerber zu vergeben sind, Geburts-, Trauungs- und Todesanzeigen, -dann Nekrologe und die Verleihung von Auszeichnungen, -endlich gewisse Vereinsnachrichten. -</p> - -<p> -Weiter nun sind diese Blätter der Erörterung von Gesetzes- -und Verfassungsvorschlägen und der Kritik der Verwaltung gewidmet. -Hierin hat diese Presse die heutige Parteipresse zu ersetzen. Darum -erscheint es notwendig, für jedes solche Blatt außer dem staatlich -bestellten Schriftleiter auch einen oder mehrere Schriftleiter zu bestellen, -die von der Bevölkerung nach einem zu bestimmenden Modus -zu wählen sind und es muß ihnen ein bestimmter Raum des -Blattes für ihre eigenen Erörterungen, wie auch für die Reproduktion -jener Meinungsäußerungen eingeräumt werden, welche den einlaufenden -Briefen zu entnehmen sind. Besteht noch irgend etwas den heutigen -Parteien Verwandtes fort, so kann man sich recht gut denken, daß -bei den Blättern höherer Ordnung fünf bis zehn solche Redakteure, -die zu wählen sind, angestellt werden. Es ist evident, daß es zur -Aufklärung viel mehr dient, wenn die verschiedensten Richtungen in -ein und demselben Blatte vertreten sind, als wenn man verschiedene -Anschauungen in verschiedenen Blättern aufsuchen muß. Auch ermöglicht -diese Einrichtung, daß Rede und Gegenrede, Kritik und -Gegenkritik gleichzeitig erscheinen. -</p> - -<p> -Bezüglich der Verteilung des Benützungsrechtes der Zeitungen -und des Rechtes, seine Anschauungen in diesen Blättern zu veröffentlichen, -wird das Erforderliche in <a href='#H_09_c_0'>VIII, 9, c,</a> gesagt. -</p> - -<p> -Der der Statistik einzuräumende Teil eines solchen Blattes -wird sehr umfangreich sein, am geringsten im Bezirksblatte, -am ausgedehntesten im Reichsblatte. Denn im ganzen Reiche -ist Produktion, dann Verteilung von Gütern und Arbeit viel -mannigfaltiger, als in den einzelnen Bezirken. Es ist wohl -nicht notwendig zu sagen, und geht aus <a href='#F_08_0_0'>VI, 8,</a> hervor, daß -<span class='pagenum'><a id='Page_207' name='Page_207' href='#Page_207'>[207]</a></span> -das Bezirksblatt an statistischen Daten die Ortssummarien als -Einzelposten und als Ergebnis <ins class='correction' title='des'>das</ins> Bezirkssummarium, das Kreisblatt -die Bezirkssummarien als Einzelposten und das Ergebnis als -Kreissummarium bringen wird u. s. f., daß aber die Gesamtpublikation -alle <em class='gesperrt'>statistischen</em> Einzelaufnahmen bringen wird mit -Ausnahme der Einzelposten in den Gemeinden und Quartieren. -Allein die Originalaufnahmen und Detailrechnungen der Gemeinden -und Quartiere werden immerhin in vier oder fünf Exemplaren ausgefertigt, -wovon eins im Gemeindepalast ausgehängt wird, während -je ein Exemplar dem Bezirks- und dem Kreisbeamten zugestellt -wird und so scheint eine genügende Kontrolle auch für Gemeinden -und Quartiere gesichert zu sein. -</p> - -<p> -In besonders erregten Zeiten, wo die Bevölkerung sich über -Zeitungsberichte auf das Schnellste unterrichten will, so bei Wahlen, -verfassungsmäßigen Beschlüssen, in Kriegsfällen, bei wichtigen Ereignissen -im Leben hervorragender Personen, wird sich die Gemeinde -im Bibliothekssaale versammeln und sich die Berichte vorlesen lassen. -</p> - -<h4 id='H_04_b_0'> -b) Die Fachpresse. -</h4> - -<p> -Diese umfaßt alle Zweige der Wissenschaft, Kunst und Technik. -Es werden demnach sicherlich sehr zahlreiche Blätter dieser Art, und -wahrscheinlich als Wochen- oder Monatsschriften erscheinen. Die -Herausgabe erfolgt von staatswegen von den betreffenden staatlichen -Anstalten, aber es kann auch Vereinen das Recht der Herausgabe -von Fachblättern eingeräumt und ihnen zu diesem Ende alles Erforderliche -zur Verfügung gestellt werden. Die staatlichen Verteilungsgrundsätze -bestimmen, wieviel Papier, Satz, Druckarbeit -und welche Verteilung der Blätter an Einzelne und Gemeinden -ihnen zugestanden wird. So zum Beispiel 16 Oktavdruckseiten in -wöchentlicher Auflage von 2100 Exemplaren, wovon 2000 für -jeden Bezirk und 100 als Freiexemplare für bestimmte, vom Vereine -zu bezeichnende Personen zu rechnen wären. Bestehen in irgend -einem Zweige der Wissenschaft, Kunst und Technik verschiedene -Richtungen, zum Beispiel Theorien medizinischer Schulen, Neuerungen -in der Malerei usw., so wäre denselben das Wort zu erteilen, -<span class='pagenum'><a id='Page_208' name='Page_208' href='#Page_208'>[208]</a></span> -analog den Andeutungen, welche darüber in dem Abschnitte <a href='#H_04_a_0'>VIII, 4, a,</a> -über die Presse für Staats- und allgemeine Angelegenheiten gemacht -werden. Man könnte die Aufsätze, welche aufgenommen werden, vor -der Veröffentlichung im Bürstenabzug einem Gegner des Verfassers, -einem oppositionellen Vereine, einem Schriftsteller oder Künstler, -gegen den sich die Kritik ausspricht, zusenden, damit entgegenstehende -Anschauungen oder eine kurze Verteidigung in Fußnoten zur Geltung -gebracht, oder eine Antikritik vorbereitet werden könne. -</p> - -<p> -Was die Fachpresse auf technischem Gebiete anbelangt, so -spalten sich die Fächer auch in sehr viele Zweige. Nicht nur die -Technik im engeren Sinne, die Landwirtschaft, Forstkultur, Bergbau -und die großen Industrien brauchen diese Presse, sondern nach den -heutigen Erfahrungen wird man eine Fachpresse für jedes Gewerbe, -für Gerberei, Textilindustrie, Keramik- und Brauindustrie ebenso, -wie für Kleidermacher, Schuhmacher, Tischler und Gelbgießer schaffen -müssen und es wird sich überall ebenso um die eigentliche Technik -der Herstellung, wie um schöne Formen handeln, daher die meisten -gewerblichen Fachblätter ihre Illustrationen ebenso haben werden, -wie heute, nur viel reichlicher und eine allgemeinere Verbreitung. -</p> - -<h4 id='H_04_c_0'> -c) Die Unterhaltungspresse und schöne Literatur. -</h4> - -<p> -Sie wird nicht wie heute die Zeitungen Romane und Novellen -in Abschnitten bringen, weil diese Schöpfungen Gegenstand der Veröffentlichung -in Buchform bilden und der heutige Gebrauch nicht -den Bedürfnissen der Leser, sondern der Zeitungsunternehmer entspricht. -Allein kleine Aufsätze, Gelegenheitsgedichte, Anekdoten, witzige -und satirische Produkte kleinen Umfangs, Kritiken, Reiseberichte und -dergleichen werden wohl ihr Unterkommen in periodischen, wahrscheinlich -illustrierten Blättern finden, welche entweder allen Gemeinden, -oder allen Bezirken zugemittelt werden. In einem -vielsprachigen Lande wird jede Nationalität ihre schöne Literatur -haben. Wie die Annahme von Beiträgen zur Veröffentlichung erfolgen -wird, ist eine Verteilungsfrage und es ist darum immer -neben den staatlichen Blättern auch besonders in diesem für die -allgemeine Volksbildung so wichtigen Zweige der Literatur, wozu -auch populärwissenschaftliche Nachrichten gehören, größeren und verdienteren -<span class='pagenum'><a id='Page_209' name='Page_209' href='#Page_209'>[209]</a></span> -Vereinen ein begrenztes Publikationsrecht nach den oben -<a href='#H_04_b_0'>VIII, 4, b,</a> bei der Fachpresse erörterten Grundsätzen einzuräumen. -Sind doch gespielte Schachpartien und <ins class='correction' title='Schachpropleme'>Schachprobleme</ins> gewiß auch -in Zukunft Gegenstand der literarischen Verbreitung und Besprechung. -</p> - -<h4 id='H_04_d_0'> -d) Bücher. -</h4> - -<p> -Außer der periodischen Presse wird der Staat auch für jene -Literatur zu sorgen haben, welche in Buchform erscheint. -</p> - -<h5 id='H_04_d_1'> -1. Die wissenschaftliche Literatur. -</h5> - -<p> -Sie zu schaffen, wird zunächst die Aufgabe der Gelehrten und -Forscher sein. Für alle Zweige der Wissenschaft wird sich von Zeit -zu Zeit das Bedürfnis herausstellen, Neubearbeitungen der besten -der bestehenden Werke oder ganz neue Darstellungen herauszugeben. -Die Neubearbeitungen sollen Irrtümer berichtigen und alles, was -neu entdeckt wurde, bringen, auch erforderlichenfalls das System oder -die Darstellung verbessern. -</p> - -<p> -Erbieten sich mehrere qualifizierte Fachmänner, die zu den -Unterrichtspersonen gehören, zu einer solchen Arbeit, so können -mehrere Bearbeitungen angenommen, oder etwa nach Einholung des -<ins class='correction' title='Gutachten'>Gutachtens</ins> der Akademie oder irgend einer anerkannten Autorität, der -Universität oder eines Vereins eine Wahl getroffen werden. Zum -Zwecke der Verfassung solcher Werke können den Autoren Urlaub -erteilt, Behelfe herbeigeschafft und Reisekosten bewilligt werden, wenn -es der Gegenstand erfordert. Melden sich keine geeigneten Personen, -so kann man solche aussuchen und sich mit ihnen über die Bedingungen -einigen, unter welchen sie sich der Aufgabe unterziehen und -dem Staate das geistige Eigentum überlassen wollen. Immer, auch -wenn man staatlich angestellte Fachmänner zur Verfügung hat, wird -man auch Bearbeitern, die nicht dem Kreise der offiziellen Organe -angehören, Gehör schenken, und ihnen staatliche Unterstützung gewähren, -wenn sie entweder einen neuen Plan der Bearbeitung, ein -neues System, die Bearbeitung eines Abschnittes vorlegen, wodurch -eine hervorragende Befähigung dargetan wird, oder ein fertiges -Manuskript bereits vorliegt, das der Annahme würdig befunden -wird. In allen Fällen, wo der Staat einen Autor zur Verfassung -<span class='pagenum'><a id='Page_210' name='Page_210' href='#Page_210'>[210]</a></span> -gewinnt, befindet er sich in derselben Lage, in der er sich heute befindet, -wenn er einen Monumentalbau, ein Denkmal oder sonst etwas -Großes schaffen will und wenn der Staat für die Zustandebringung -einer solchen Arbeit Opfer bringt, wird er das vollendete Werk, -wenn es nicht entspricht, ablehnen und er wird sich auch vorher von -dem Fortgange der Arbeit überzeugen können. Es muß ihm auch -das Recht zuerkannt werden, Änderungen oder Umarbeitungen zu -fordern, oder als Herausgeber in Fußnoten einen gegnerischen Standpunkt -zu vertreten. Jedenfalls wird dem Drucke eine sorgfältige -Revision durch zwei oder drei Fachmänner, besonders solche, die -einen wissenschaftlich entgegengesetzten Standpunkt einnehmen, vorhergehen, -deren Gutachten entweder zur unbedingten Annahme oder -Verwerfung oder zur Umarbeitung führen wird. -</p> - -<p> -Reicht ein Schriftsteller ein fertiges in den Mußestunden verfaßtes -Manuskript ein, so wird eine gleich sorgfältige Überprüfung -eingeleitet. Die Staatsverwaltung wird, wenn sie das Werk annimmt, -eine angemessene Anzahl von Exemplaren drucken und an -die Bibliotheken verteilen, kann aber auch dem Verfasser eine Anzahl -von Exemplaren zugestehen, welche nach den in VIII, 4, d, 2, -<i>Alinea</i>: <a href='#H_04_d_2al'>»Der Anlaß«</a>, entwickelten Grundsätzen an die vom Verfasser -namhaft gemachten Personen verschickt werden. Eine besondere -Belohnung nicht in Geld, sondern nach <a href='#H_09_0_0'>VIII, 9,</a> wird die Verwaltung -entweder innerhalb ihrer Vollmachten zuerkennen oder einem -Volksbeschlusse vorbehalten. -</p> - -<p id='H_04_d_1al'> -Um aber die Schaffung der neuen wissenschaftlichen Literatur -nicht von der Staatsverwaltung allein abhängig zu machen, gibt -es eine Menge Wege. Besteht die Monarchie fort, so liegt in der -Anweisung der Mittel für die Hofhaltung auch die Ermöglichung -der Herausgabe von Werken für Rechnung dieser Mittel. Es kann -weiters eine Dezentralisation des Verlagsrechtes in der Weise angeordnet -werden, daß ein Teil des Verlagsrechtes den Provinzial- -und Kreisbeamten überlassen wird, was besonders auf historische -und nationale Werke Anwendung haben dürfte. Es könnte auch -das Verlagsrecht, das Recht Bücher drucken zu lassen und zu diesem -Ende die staatlichen Druckereien in Anspruch zu nehmen, in einem -gewissen Umfange der Bevölkerung der Kreise dergestalt eingeräumt -<span class='pagenum'><a id='Page_211' name='Page_211' href='#Page_211'>[211]</a></span> -werden, daß die gesamte Bevölkerung eines Kreises über die Annahme -der ihr angebotenen Werke abzustimmen hätte. Wenn dieses -Recht der Bevölkerung je eines Kreises für ein oder mehrere Werke -etwa im Gesamtumfange von 20 Bogen und 1000 Exemplaren alljährlich -zustände, so würden jährlich 100-200 Werke geschaffen -werden können, die nicht von der Staatsverwaltung ausgewählt -würden. Endlich kann ein beschränktes Verlagsrecht auch jedem -Vereine eingeräumt werden, wenn er viele Mitglieder zählt und er -einiges Ansehen genießt und wenn er eine für diesen Zweck geeignete -Organisation besitzt. -</p> - -<h5 id='H_04_d_2'> -2. Poesie und schöne Literatur. -</h5> - -<p> -Ähnlich, wie mit wissenschaftlichen Werken, wird es auch -mit Werken der Poesie und der schönen Literatur gehalten werden, -nur ist hier eine Monopolisierung des Verlagsrechtes seitens der -Staatsverwaltung noch weniger zweckmäßig, wie bei der Herausgabe -der wissenschaftlichen Werke. -</p> - -<p id='H_04_d_2al'> -Der Anlaß zur Verfassung eines Buches kann also von der -Staatsverwaltung oder einem anderen von der Verfassung dazu berechtigten -Subjekte, oder er kann vom Verfasser ausgehen. Das -Verlagsrecht, das Recht ein Werk zu veröffentlichen, kann der -Staatsverwaltung, es kann aber auch der Zivilliste des Hofes, einer -Kreis- oder Provinzialverwaltung, dem Volksbeamtentum, einer -Fraktion der Bevölkerung oder einem Vereine zustehen und wem das -Verlagsrecht zusteht, der kann innerhalb der seinem Verlagsrechte -gezogenen Grenzen auch die Auflage und die Ausstattung sowie die -Verwendung einer gewissen Anzahl von Exemplaren bestimmen. Das -Eigentum an den gedruckten Exemplaren steht zwar dem Staate zu, -bezüglich der Freiexemplare aber begnügt er sich mit dem Obereigentum -im Sinne des Abschnittes VIII, 5, <i>Alinea</i>: -<a href='#H_05_0_0al'>»Da die Erzeugnisse«</a><a name='FA_34' id='FA_34' href='#FN_34' class='fnanchor'>[34]</a>, -während den Empfängern das freie Verfügungsrecht -<span class='pagenum'><a id='Page_212' name='Page_212' href='#Page_212'>[212]</a></span> -mit den sonst dafür geltenden Beschränkungen zusteht.<a name='FA_35' id='FA_35' href='#FN_35' class='fnanchor'>[35]</a> -Die Verfassung solcher Werke ist in der Regel freie Betätigung des Autors, -sie kann aber auch zu den berufsmäßigen Pflichten von Lehrpersonen -gehören. Sind Dichter von jeder geregelten Arbeit losgezählt worden, -um ihnen das freie Schaffen in größerem Maße zu ermöglichen, -so kann dies mit der Einschränkung geschehen, daß die Arbeitsbefreiung -wieder entzogen werden kann, wenn sie zu schaffen aufhören -oder sonst die Erwartungen, die man in sie setzt, nicht rechtfertigen. -Ist die Verfassung Berufspflicht des Autors gewesen, so -hat er in der Regel keinen Anspruch auf besondere Entlohnung. -Wer ein Werk aus freien Stücken verfaßt hat, wird in der Regel -keinen Lohn vorausbedingen, sondern abwarten, welchen Beifall das -Werk findet. Nach Maßgabe des Erfolges kann der Lohn in früherer -Arbeitsbefreiung und Zuerkennung eines Ranges bestehen, mit -welchem höhere Genüsse verbunden sind. Die Zuerkennung steht -entweder der Staatsverwaltung, oder einer Fraktion des Volkes und -auch der Dynastie zu, wenn damit nur über die der Dynastie zugewiesenen -Mittel verfügt wird, sie kann aber auch Volksbeschlüssen vorbehalten -werden. -</p> - -<p> -Es ist recht wohl denkbar, daß der Staatsverwaltung für alle -im Lande erscheinenden Werke ein ästhetisches Zensurrecht eingeräumt -wird, wenn eine Gefahr der Verwilderung, der Verbreitung von -Geschmacklosigkeiten oder Aberglauben oder die Verwirrung des -Urteils oder der Sprache zu besorgen ist. Aber in solchen Fällen -bliebe immer das Recht der Berufung an den Volkswillen offen und -das Volk würde gewiß das Zensurrecht der Staatsverwaltung aufheben, -wenn davon ein engherziger, oder gar ein politischer Gebrauch -gemacht würde. Das Zensurrecht würde aber nicht so geübt werden, -<span class='pagenum'><a id='Page_213' name='Page_213' href='#Page_213'>[213]</a></span> -daß die Veröffentlichung — soweit sie nicht lediglich vom Gutdünken -der Staatsverwaltung abhinge — unterdrückt würde, sondern -die Staatsverwaltung übt <em class='gesperrt'>im Einvernehmen mit dem Autor</em> -eine Redaktion, oder spricht in Anmerkungen einen motivierten Tadel -aus, was hinreichen dürfte, der Gefahr vorzubeugen, die man befürchtet. -</p> - -<p> -Es ist ersichtlich, daß trotz Naturalwirtschaft eine jährliche Budgetierung -der Mittel, wie für alles andere, auch für die Presse denkbar -ist. Der Staatsverwaltung wird alljährlich im vorhinein die -Zahl der Setzer und der Drucker, sowie der Arbeiter für Schriftguß -und die Verteilung dieser Arbeitskräfte für die verschiedenen Satz- -und Druckarbeiten vorgeschrieben, ebenso die Verwendung der Papiererzeugnisse -für die verschiedenen Bedürfnisse normiert: nämlich für -Schulzwecke, für Kanzleizwecke, zur Verteilung unter die Bevölkerung, -zu technischen Zwecken, zur Verpackung, endlich zum Druck und allenfalls -zum Verkaufe an das Ausland. Das Druckpapier wird nun -aufgeteilt für die verschiedenen, in diesem Abschnitte besprochenen -Produkte. Ebenso werden Volksbeschlüsse gefaßt über die Verteilung -des Verlagsrechtes, nämlich des Rechtes, zu bestimmen, welche -Manuskripte zum Druck angenommen und in welchem Umfange sie -gedruckt werden sollen und so wird für diesen Zweig der Produktion -alles verfassungsmäßig festgesetzt, genau nach Analogie der verfassungsmäßigen -Bewilligung der Geldmittel für bestimmte öffentliche Zwecke. -Nur erfolgt die Bewilligung nicht in Geldsummen, sondern in Arbeitskräften -und Stoffen<a name='FA_36' id='FA_36' href='#FN_36' class='fnanchor'>[36]</a> -und was hier vom Druck gesagt wird, -gibt auch Aufschluß über andere naturalwirtschaftliche Budgetierungen. -</p> - -<p> -In einem vielsprachigen Lande wie Österreich wird es sich auch -darum handeln, das Ausmaß des für jedes Idiom bewilligten Verlagsaufwandes -festzusetzen. Erfolgt dieser nach der Kopfzahl, so wird -man annehmen können, daß jede Nationalität für ihre Literatur aus -<span class='pagenum'><a id='Page_214' name='Page_214' href='#Page_214'>[214]</a></span> -eigenen Mitteln sorgt, weil auch der Arbeitsertrag nach der Kopfzahl -zu berechnen ist. Welchen Werken einer Nationalität die Ehre -der Übersetzung in andere Sprachen zuzuerkennen ist, wird von jenen -Faktoren abhängen, welchen nach obigen Grundzügen ein Verlagsrecht -überhaupt zusteht. Man kann sich recht wohl denken, daß für -einen Teil des Verlags auch nach Nationen abgestimmt wird, in -welchem Falle jedem Eigenberechtigten das Recht zustände, sich zu -einer Nationalität zu bekennen. Doch wird in diesem Falle das -Stimmrecht immer nur in einer Nation ausgeübt werden können. -</p> - -<p> -Was die Größe der Auflagen anbelangt, so wird man gewisse -Stufen festsetzen. Werke von der allgemeinsten Bedeutung in der -Wissenschaft wird man in einer solchen Auflage veröffentlichen, daß -für jede Gemeinde des Reiches oder jede Gemeinde einer bestimmten -Sprache ein Exemplar bestimmt wird und ein gewisser Überschuß -für besondere Zwecke, besonders für den internationalen Büchertausch -verfügbar bleibt. Jedes Werk wird mindestens in einer -solchen Auflage gedruckt, daß jede Bezirksbibliothek der betreffenden -Nationalität beteilt werden kann. Was eine solche Verbreitung -nicht verdient, mag ungedruckt bleiben. Der internationale Büchertausch -mit Ländern der <em class='gesperrt'>alten</em> Gesellschaftsordnung wird durch Kauf -und Verkauf erfolgen. Mit Kollektivstaaten wird man einen Büchertausch -einleiten, wie ihn heute Zeitungen und Museen üben, nur in -viel größerem Umfange, da man selten auf weniger als 150 Exemplare -eines ausländischen Werkes von Interesse rechnen wird, um -wenigstens alle Kreisbibliotheken zu beteiligen. Dabei wird man -nichts weniger als kleinlich vorgehen und nur nach der Zahl von -Bänden, oder selbst nach Papiergewicht handeln, weil die Herstellung -eines gewissen Überschusses von Exemplaren für das Ausland -tatsächlich nicht viel mehr als eine Papierfrage ist. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_215' name='Page_215' href='#Page_215'>[215]</a></span> -Länder gleicher Sprache und Gesellschaftsordnung können auch -Vereinbarungen nach Fächern treffen, z. B. daß sie sich in die Bearbeitung -und Veröffentlichung gewisser Abschnitte der Geschichte teilen, -in welchem Falle die Auflagen wachsen und der Arbeitsaufwand verringert -würde. -</p> - -<p> -Es ist ersichtlich, daß in diesem Abschnitte auch die wesentlichen -Grundlagen der Ausführung und Vervielfältigung von Kunstwerken -der bildenden Kunst angedeutet sind, von welchen der Abschnitt -<a href='#H_07_0_0'>VIII, 7,</a> handelt. -</p> - -<h4 id='H_04_e_0'> -e) Bibliotheken. -</h4> - -<p> -Auch hier soll vor allem der Bedürfnisse der kleinsten Gemeinden -gedacht werden, da es sich von selbst versteht, daß in den Städten -auch die Bibliotheken viel großartiger eingerichtet werden, als das -heute der Fall ist. -</p> - -<p> -Jede kleinste Gemeinde, Urgemeinde und jedes städtische Quartier, -wird ohne Zweifel einen Gemeindepalast haben, dessen oberster -Aufbau einen geräumigen Saal bildet, welcher als Versammlungs- -und Lesesaal dient, in welchem dann auch die Bücherei und solche -Sammlungen aufgestellt werden, die nach <a href='#H_03_0_0'>VIII, 3,</a> in die kleinsten -Gemeinden aufgeteilt werden. Wenn auch die Wände eines solchen -Saales genügen, um eine Hausbibliothek von 50-60,000 Bänden -aufzustellen, so wird die Bücherei im Beginn doch sehr dürftig sein, -erst wenn die Wissenschaften für die Zwecke des Kollektivismus, der -sich die allgemeinste Verbreitung des Wissens zur Aufgabe macht, -neu bearbeitet sein werden, wird die Bücherei der Gemeinden und -Quartiere auf viele tausende Bände anwachsen. Sie sollen vollständige -Bearbeitungen aller Wissenschaften, die nationalen Klassiker -und einen reichen Vorrat von Unterhaltungslektüre, ferner enzyklopädische -Werke, Wörterbücher und Grammatiken aller europäischen -und der wichtigsten alten Sprachen, andere Nachschlagewerke und besonders -einen vollständigen Katalog des gesamten Bücherschatzes des -Reiches mit Angabe der Aufstellung enthalten und außerdem Atlasse, -Kartenwerke und Stiche als Hilfswerke für sämtliche Wissenschaften. -Außerdem wird alljährlich je ein Exemplar der in den Gemeinden -aufliegenden Zeitungen gebunden und in den Gemeinde-Bibliotheken -<span class='pagenum'><a id='Page_216' name='Page_216' href='#Page_216'>[216]</a></span> -aufgestellt, wenn man nicht finden sollte, daß es genügt, ein Exemplar -in der Bezirksbibliothek für den ganzen Bezirk aufzustellen, und -es wird der Jahreszuwachs für jede kleinste Gemeinde und Quartier -ohne Zweifel auf mehr als 1000 Bände sich belaufen und selbst -nach Einführung einer jährlichen Ausmusterung der veralteten Werke, -welche aber niemals zur völligen Ausrottung führen darf, werden -auch die kleinsten Büchereien nach 100 und 200 Jahren mit Büchern -überfüllt und selbst in den Dachräumen Bücherdepositorien eingerichtet -sein. -</p> - -<p> -Monographien, besonders solche, welche auf die Heimat bezug -haben, werden in der Bezirksbibliothek zu finden sein samt gebundenen -Exemplaren jener Fachzeitschriften und Illustrationswerke -älterer Jahrgänge, die in die kleinsten Gemeindebibliotheken nicht -aufgenommen wurden, und so wird man nur Spezialwerke, seltene -und veraltete Werke und insbesondere die Auslandswerke aus den -Kreisbibliotheken und aus den Zentralbibliotheken der Reichshauptstadt -zu entlehnen haben, wobei das allerliberalste Versendungssystem -zu gelten hat, freilich mit <ins class='correction' title='Bevorzung'>Bevorzugung</ins> jener Leser, die in Kunst -und Wissenschaft eine hervorragende Stellung einnehmen oder sonst -ein berufliches Interesse haben. -</p> - -<p> -Jeder Bibliotheksaal ist zugleich Lesesaal, aber an größeren Bibliotheken -wird es sich empfehlen, für Gelehrte und Forscher Arbeitszellen -einzurichten, in welchen sie sich für ihre Zwecke vorübergehend -eine Büchersammlung zusammenstellen können, welche sie für ihre -Arbeit zur Hand haben wollen. -</p> - -<p> -Die Verfassung eines vollständigen Katalogs aller in den Bibliotheken -des Staates vorhandenen Werke und Manuskripte ist zwar -eine Riesenarbeit, und ein solcher Katalog wäre ein bändereiches -Werk. Allein soll die ganze Bücherei wirklich jedem leicht zugänglich -sein, eine nur billige Forderung, da jeder Reichsgenosse Miteigentümer -aller Bücher ist, so muß ein solcher Katalog in jeder Gemeinde- -oder mindestens in jeder Bezirksbibliothek zur Aufstellung -gelangen. -</p> - -<p> -Für die Katalogisierung und Aufstellung von Büchern in den -Bibliotheken wird sich ohnehin bald ein internationales System herausbilden, -weil dergleichen auf Kongressen von Bibliothekarbeamten -<span class='pagenum'><a id='Page_217' name='Page_217' href='#Page_217'>[217]</a></span> -schon oft vorgeschlagen wurde. Man hat auch vorgeschlagen, es -solle in Zukunft bei jedem Werke, das neu verlegt wird, ein Katalogzettel, -ähnlich wie das Titelblatt, mitgedruckt werden. Das wird -sich, wenn einmal ein festes und allgemeines Katalogisierungssystem -angenommen sein wird, auch für heute, mehr noch für Kollektivstaaten -empfehlen und es könnte dieser Katalogzettel auf einem -Blatte in drei Exemplaren mitgedruckt werden, um ihn nach Autornamen, -Realschlagworten und anderen Merkmalen in der Bibliothek -alphabetisch einzuordnen. -</p> - -<p> -Übrigens sind die Gelehrten und Forscher, die Bibliotheksbeamten -und Unterrichtspersonen innerhalb bescheidener Grenzen schuldig, -jedem durch Literaturnachweise behilflich zu sein und wenn -sie sich in diese Arbeit zweckmäßig teilen und zu diesem Ende -organisieren, werden sie ohne allzugroße Belastung der Bevölkerung -sehr nützen können. -</p> - -<p> -In der Gemeindebibliothek wird eine Frau, die zum Stande -des hauswirtschaftlichen Personals gehört, Ordnung zu halten, erforderlichen -Falles Bücher auszufolgen, die Benützung zu überwachen, -Zettelkataloge zu ergänzen, Entlehnungen zu verbuchen, leihweise -eingesendete Werke zu übernehmen und nach gemachtem Gebrauche -wieder zurückzusenden haben und es wird ihre Arbeitszeit auch zu -anderen damit vereinbarten Dienstleistungen auszunützen sein. In den -größeren Bibliotheken werden zahlreiche Bibliotheksbeamte und Diener -beiderlei Geschlechts Verwendung finden. -</p> - -<h3 id='H_05_0_0'> -5. Die Verteilung der Konsumtibilien. -</h3> - -<p> -Ich habe im I. Abschnitte im 4. <i>Alinea</i>: <a href='#A_00_0_0al2'>»Doch zeigt sich«</a> -bereits darauf verwiesen, daß es nicht vernünftig wäre, alle freie -Tätigkeit zu unterbinden, was dann eintreten würde, wenn der Staat -alles Eigentum an Sachen, die zu produktiven Zwecken verbraucht -werden, festhalten wollte. Es wurde darauf verwiesen, daß man -dann keine Briefe schreiben, keine Zeichnung entwerfen könnte und -es würde auch niemand, als der vom Staate dazu Beauftragte, ein -Manuskript verfassen können. Daraus müßte also eine unerträgliche -Unfreiheit entstehen und es wäre auch kein so großer Fortschritt -<span class='pagenum'><a id='Page_218' name='Page_218' href='#Page_218'>[218]</a></span> -denkbar, wenn man alle freie und schöpferische Tätigkeit der Menschen -dergestalt unterbinden wollte. -</p> - -<p> -Dem soll nun mit <ins class='correction' title='Aufrechthaltung'>Aufrechterhaltung</ins> der Hauptgrundsätze des -Kollektivismus dadurch abgeholfen werden, daß der Staat Stoffe -aller Art zu produktiven Zwecken unter die Bevölkerung verteilt und -den Einzelnen die Verarbeitung in den freien Stunden überläßt, jedoch -mit Vorbehalt des staatlichen Obereigentums an den Stoffen -sowohl, als an den Erzeugnissen. Dieses Obereigentum wäre aber -nur aus wichtigen Gründen geltend zu machen, um einen gefährlichen -Mißbrauch zu verhüten und um ein allgemeines Interesse zu -wahren. So, wenn es gälte, Kunstwerke von dauerndem Werte für -den Staat zu retten oder Briefe und Manuskripte dauernd zu erhalten, -die einen offenbaren Wert haben. Es soll also verhindert -werden können, daß etwa ein Chemiker Gifte oder Explosivstoffe zu -einem verbrecherischen Zwecke herstelle, oder daß man aus einem -Stück Eisen Waffen schmiede, um sie gegen die Gesellschaft zu -brauchen und ebenso soll der Staat das Recht haben, nach dem Hingange -eines bedeutenden Mannes Reliquien für den Staat in Anspruch -zu nehmen, seien es Briefe, oder Manuskripte, oder Kunstwerke, -denn der Staat ist der alleinige Erbe aller Güter. Doch -soll von diesem Obereigentum ein bescheidener Gebrauch gemacht -werden und es sollen Verwandte in einem temporären Besitze nicht -gestört werden. So würden die Kinder Göthes im Besitze der -Briefe des Verstorbenen geblieben sein, aber dem Staate gegenüber -für die Verwahrung verantwortlich, dem — ausgenommen in Fällen, -welche Diskretion erheischen — Abschriften zu überlassen wären. Erst -in der 3. oder 4. Generation würde der Staat solche Gegenstände -in eigene Verwahrung nehmen und die Nachkommen auf jenen Mitgenuß -beschränken, den jeder Volksgenosse hat. -</p> - -<p> -Ich bin der Meinung, daß man diese für die allgemeine Verteilung -bestimmten Stoffe Konsumtibilien nennen könnte, weil sie -nicht nur zum freien Gebrauche, sondern zum freien Verbrauche dienen -sollen. Allein man müßte dann den Verbrauch in der freien Produktion -vom Verbrauche zum Lebensunterhalte (im weitesten Sinne -auch für persönliche Reinigungszwecke usw.) unterscheiden, denn -letztere werden ohne Vorbehalt des staatlichen Obereigentums zugewiesen. -<span class='pagenum'><a id='Page_219' name='Page_219' href='#Page_219'>[219]</a></span> -Der Verbrauch, von dem hier die Rede ist, ist ein produktiver, -eine Umgestaltung, wie sie in der Produktion vorkommt, aber -nach freiem Ermessen der Individuen und nicht staatlich geregelt. -Nur in diesem Sinne ist der Ausdruck »Konsumtibilien« gemeint. -</p> - -<p> -Gegenstand dieser Verteilung können alle Arten von Stoffen -sein. Vor allem Zeichen- und Schreibrequisiten samt allen Arten -von Papieren und Papiererzeugnissen, dann Farben, Gespinnste, -Gewebe, Bänder und dergleichen, ferner alle Arten von Holz, -Metallen, Chemikalien, Pflanzen und Sämereien. Da alle diese -Stoffe Staatseigentum sind, bestimmt der Staat, wie viel davon zur -Verteilung gelangt. Sie werden ferner an die Einzelnen oder -mindestens an die Gemeinden verteilt, also in geringeren Mengen, -vor allem zur Ermöglichung einer freien Tätigkeit der Einzelnen. -Auf diese Art z. B. werden Briefpapier, Kuverts und Korrespondenzkarten -verteilt, die Frauen können so Stoffe und Gespinnste für -Herstellung ihres Tandes erhalten. Da die Bedürfnisse sehr verschieden -sind, werden alljährlich von den Einzelnen bei der Gemeindeverwaltung -Anmeldungen erfolgen und reduziert auf den Verteilungsquotienten -werden den Anmeldungen entsprechend die Stoffe geliefert, -welche beansprucht werden. Im allgemeinen soll zwar eine -Verteilung an die Individuen erfolgen. Mit Vorwissen der Staatsverwaltung -können aber auch größere Quantitäten zur gemeinsamen Verarbeitung -an Vereinigungen von Individuen erfolgen, wenn es evident -ist, daß kein <ins class='correction' title='gemeinfährliches'>gemeingefährliches</ins> Unternehmen beabsichtigt ist, und größere -Mengen werden auch an Vereine geliefert. Wegen Unterdrückung -einer gemeinschädlichen Verwendung wird der Vorbehalt des Obereigentums -des Staates an den verteilten Stoffen und an den daraus -hergestellten Produkten vorgeschlagen. Hier ist nur von der Verteilung -jenes Minimums die Rede, auf das jeder Anspruch hat. Bevorzugten -und Hochverdienten, dann solchen Personen, welchen der -Staat die Ausübung eines freien Berufs einräumt, wie Malern -und Bildhauern, können im allgemeinen oder von Stoffen für ihren -Beruf größere Mengen bis zum 10, 20 oder 100fachen des Verteilungsquotienten, -<a href='#H_09_l_0'>VIII, 9, l,</a> zugewiesen werden, immer mit der -Einschränkung, die der Staatszweck erfordert. Die Verteilung soll -nämlich dem Fortschritte dienen, also der Erfindungsgabe eine Betätigung -<span class='pagenum'><a id='Page_220' name='Page_220' href='#Page_220'>[220]</a></span> -ermöglichen, aber nicht etwa zu einer Winkelproduktion -führen, da die ausnahmslose Staatsproduktion und das ausnahmslose -Staatseigentum, hier reduziert auf den Begriff des Obereigentums, -nicht beeinträchtigt werden darf. -</p> - -<p> -Welche Stoffe und in welchem Gesamtausmaße sie verteilt -werden können, ist Gegenstand der jährlichen Volksbeschlüsse. -</p> - -<p id='H_05_0_0al'> -Da die Erzeugnisse dieser freien Tätigkeit noch immer im -Obereigentum des Staates stehen, ist eine eigenmächtige Außerlandesschaffung -seitens der Erzeuger nicht statthaft, allein mit Erlaubnis -der Staatsverwaltung können die Erzeuger dieser Produkte sie als -Geschenk an Ausländer veräußern. Es wäre nur zu wünschen, daß -das in einer unzweifelhaften Form erkennbar gemacht werden könnte. -So wird in der Note zu <a href='#H_04_d_2'>VIII, 4, d, 2,</a> -darauf verwiesen, daß auf Verlangen der Verfasser literarischer Werke Freiexemplare davon an -Ausländer gesandt werden können. Da sollte nun auf den Freiexemplaren -ersichtlich gemacht werden, daß sie mit Einwilligung der -Staatsverwaltung auf Wunsch des Verfassers dem zu benennenden -Empfänger ins Eigentum übertragen werden. -</p> - -<p> -Von diesen Konsumtibilien wird das Meiste vertrödelt werden, -wie das ja auch heute der Fall ist. Aber so wird auch vieles -Originelle hervorgebracht werden, was dann wieder Gegenstand der -regelmäßigen Produktion wird. Nur um etwas Neues zu produzieren, -brauchen wir Schaffensfreiheit, denn zur <em class='gesperrt'>Reproduktion</em> -von Gegenständen, die der Begabte erfunden hat, ist organisierte -Arbeit nicht nur brauchbar, sondern ökonomischer als die freie Tätigkeit. -Die Organisation der Arbeit darf aber nicht so weit gehen, -daß dadurch alle erfinderische Initiative unterdrückt würde und wie -das mit der ausschließlichen staatlichen Produktion vereinbar ist, ist -in diesem Abschnitte dargestellt worden. -</p> - -<p> -Innerhalb der engen Grenzen einer Gemeinde oder eines -Quartiers ist eine Kontrolle zur Verhütung von Unfug leicht ausführbar. -Sollte aber jemand sich eines Mißbrauches schuldig machen, -so hätte er zu besorgen, daß er von solchen Verteilungen in Zukunft -ausgeschlossen würde. Da im Kollektivstaate diese Verteilungen so -eingerichtet werden sollen, daß jedermann beteiligt wird, werden die -<span class='pagenum'><a id='Page_221' name='Page_221' href='#Page_221'>[221]</a></span> -Anteile des Einzelnen ziemlich klein ausfallen. Das wird dann -zur Folge haben, daß man mit diesen Dingen haushält und sich -vor Verwüstungen hütet. Darauf muß übrigens auch die Erziehung -gerichtet sein. -</p> - -<p> -Um eine gleichmäßige Verteilung zu sichern, obschon jeder -Einzelne andere Dinge in Anspruch nehmen kann, wird es sich -empfehlen, für alle zur Verteilung gelangenden Stoffe einen Vergleichswert -zu ermitteln. -</p> - -<h3 id='H_06_0_0'> -6. Die Forschung. -</h3> - -<p> -Die Voraussetzung jedes Fortschrittes ist die Forschung und der -Staat hat sie zu begünstigen. Zunächst ist es Aufgabe aller wissenschaftlich -gebildeten Organe, sich der Forschung zu widmen, besonders -aller Unterrichtspersonen. Den Lehrkräften an der Universität ist -ebenso wie den Akademikern alles zu bieten, was sie zur Forschung -brauchen. Die Bereitwilligkeit wird ebenso groß sein, wie heute, -die Mittel aber werden viel reichlicher zu Gebote stehen. Ärzte und -Pädagogen werden die ihnen vorgeschriebenen Beobachtungen zu -sammeln haben und so werden sie sich der Forschung dienstbar -machen. Außerdem wird der Staat durch Gründung wissenschaftlicher -Vereine und durch Ermunterung der ganzen Bevölkerung zur -Beteiligung an Forschungsarbeiten die Forschung fördern. Auch die -Verteilung von Stoffen, wovon im vorhergehenden Abschnitte die -Rede war, wird vielen Gelegenheit bieten, Entdeckungen zu machen -und Personen, die Interesse und Geschick an den Tag legen, werden -unterwiesen werden, wie Forschungen angestellt werden und man -wird ihnen soweit als tunlich Apparate und Instrumente zur Verfügung -stellen. -</p> - -<h3 id='H_07_0_0'> -7. Die Kunst. -</h3> - -<p> -Aufgabe des Kollektivstaates ist es, jede Art von Kunst zu -pflegen und zu fördern, dazu selbst Anregungen zu geben und gegebene -Anregungen willig aufzunehmen. Es sind zu unterscheiden: -a) schöpferische Kunst, b) Kunstreproduktion und c) Kunstgewerbe. -</p> - -<h4 id='H_07_a_0'> -a) Die schöpferische Kunst -</h4> - -<p class='continue'> -<span class='pagenum'><a id='Page_222' name='Page_222' href='#Page_222'>[222]</a></span> -verträgt am wenigsten eine Beeinflussung, wenngleich die höhere -Architektur sich eine solche immer auch hat gefallen lassen. Für -Monumentalbauten und Denkmäler, aber auch für Dramen hat man -wiederholt bestimmte Aufgaben gestellt und zu Preisbewerbungen -aufgefordert, und den Preisbewerbern wurden mehr oder weniger -beengende Vorschriften gemacht, ihnen ein Rahmen vorgezeichnet, an -den sie sich zu halten hatten, und manches angeordnet, was in der -Regel nur von der freien Wahl des Künstlers abhängt. Im allgemeinen -aber gehört das Kunstwerk zu jenen freien Schöpfungen, -die den Individualismus zur Voraussetzung haben. -</p> - -<p> -Der Staat nun fördert die schöpferische Kunst durch Spezialunterricht, -durch Ausstellungen und Vorführung von Werken der -Kunst, wodurch die Phantasie begabter Menschen befruchtet und angeregt, -sie zur Entdeckung ihrer Gaben hingeleitet werden. Die -Kunst wird gefördert durch die den Unterrichtspersonen gestellte Aufgabe, -begabte Leute zu ermuntern und zur staatlichen Förderung -vorzuschlagen. Sie wird ferner gefördert dadurch, daß den Begabtesten -durch vermehrte Zugänglichmachung von Ausstellungen und -Aufführungen, durch Beurlaubungen zum Zwecke höherer Ausbildung -und durch Reisebewilligungen noch besondere Anregungen geboten -werden. Die Beurlaubungen werden zunächst zeitlich begrenzt sein -und nur in dem Maße ausgedehnt werden, als Begabung, Schaffenslust -und schöpferische Anlagen klarer hervortreten. Sie kann aber -bis zur dauernden Befreiung von jeder geregelten Arbeit ausgedehnt -werden. -</p> - -<p> -Eine weitere Förderung erfährt der Dichter und Musiker durch -Drucklegung beziehungsweise Aufführung seiner Werke. Die bildenden -Künstler brauchen zur Ausübung ihrer Kunst vielerlei Stoffe und -Geräte, welche gleichfalls der Staat zu liefern haben wird, soweit -die Verteilungen allgemeiner Art nach <a href='#H_09_e_0'>VIII, 9, e,</a> nicht hinreichen. -</p> - -<p> -Endlich ist es der Lohn, der für <em class='gesperrt'>ausgezeichnete</em> Leistungen bewilligt -wird, der die Kunst fördert. Über die Art, wie hervorragende -Dienste belohnt werden, siehe <a href='#H_09_0_0'>VIII, 9.</a> In all dem aber wird sich -<span class='pagenum'><a id='Page_223' name='Page_223' href='#Page_223'>[223]</a></span> -der Staat hüten, das Urteil über künstlerische Leistungen zu monopolisieren, -und es mag hier auf das verwiesen werden, was in -VIII, 4, d, 1, <i>Alinea</i>: <a href='#H_04_d_1al'>»Um aber die«</a>, gesagt worden ist. -</p> - -<p> -Zu den edelsten Künsten müssen wir die Plastik und die Architektur -rechnen, erstere insbesondere deshalb, weil sie die Phantasie -mit allem befruchtet, was zur Veredlung der menschlichen Rasse -dienen kann. Die Architekten werden besonders in den Städten -Meisterwerke schaffen und der Staat dafür einen beträchtlichen Aufwand -machen. Die Bildhauerkunst bedarf gar wenig Stoff; etwas -Ton genügt, um ein Meisterwerk hervorzubringen, aber auch zur -Ausführung plastischer Werke in edleren Stoffen kann ein sehr weitgehender -Aufwand gemacht werden. Vom einfachen Tonprodukt bis -zum kostbaren Marmor- und Bronzewerk gibt es viele Abstufungen -materieller Kostbarkeit. Die edelsten Werke der Plastik nun wird -die Staatsverwaltung oder sonst eine hierzu berufene Körperschaft -oder eine Fraktion des Volkes in kostbarster Ausführung herstellen -lassen. -</p> - -<p> -Gerade bei plastischen Werken ist eine mehrfache Reproduktion -in mehr oder weniger kostbarer Ausführung möglich, und ehe viele -Dezennien des Kollektivismus ins Land gegangen sein werden, wird -nicht nur die Reichshauptstadt mit dem Rom des 4. Jahrhunderts, -das ein Volk in Marmor beherbergte, wetteifern, sondern zahlreiche -Nachbildungen werden in die kleinsten Ortschaften und die Wohnungen -der Geringsten dringen, um jeden an das Schöne zu erinnern -und den ästhetischen Sinn zu wecken, der nach und nach -alles umgestalten und auf die <em class='gesperrt'>völlige Verdrängung alles Häßlichen</em> -hinarbeiten soll. Ist doch die heutige Gesellschaftsordnung -das Häßlichste von allem! -</p> - -<p> -Soll dereinst ein Geschlecht von Halbgöttern die Erde bewohnen, -so wird die Kunst der Bildhauer nicht am wenigsten dazu -beitragen. -</p> - -<p> -Die Reichshauptstadt soll dann ein großer Tempel werden, gemischt -aus prachtvollen Bauten, Statuen, Hainen und Gartenanlagen, -in welchen eine Fülle von Wasser sprudelt und in welchen jede -Bodenerhebung benutzt ist, um den Reichtum der Formen zu vermehren. -Nicht jenes sonderbare Gemisch von Protzentum und Elend -<span class='pagenum'><a id='Page_224' name='Page_224' href='#Page_224'>[224]</a></span> -wird man finden, das in unseren Großstädten einen widerlichen -Eindruck macht, noch werden sich die Häuser aneinanderdrängen und -von staubigen Straßen begleitet werden. Geleisanlagen und elektrische -Fuhrwerke werden es möglich machen, auch die größten Verkehrsadern -mit Vegetation zu schmücken, in die nur Kieswege für -die Fußgänger eingelegt sind. Und jeder Raum soll zur Aufnahme -von Skulpturen benutzt werden. -</p> - -<p> -Nicht nur die Statue, sondern auch das Basrelief und die -Medaille werden ihre Pflege finden und in großer Anzahl vervielfältigt -werden. Auch Gemälde und Stiche sollen nicht bloß in -großen Sammlungen zu finden sein, sondern in die kleinsten Orte -dringen, und die herrlichsten Zeichnungen nicht nur die Bücher -schmücken, sondern Briefpapiere, Umschläge und das zu Umhüllungen -bestimmte Papier bedecken. Für das Rohe und Gemeine soll kein -Platz übrig bleiben und alle Materie in Verkörperung des Schönen -aufgebraucht werden. -</p> - -<p> -Besondere Unterstützung wird der Staat der musikalischen Komposition -und der Pflege der Musik zuteil werden lassen, welche zu -fördern er gleichermaßen die größten Mittel hat. -</p> - -<h4 id='H_07_b_0'> -b) Kunstreproduktion. -</h4> - -<p> -Abgesehen von der Reproduktion der Werke der bildenden -Künste in Abgüssen und Stichen wird der Staat die Aufführung -von Werken der Musik und Dichtkunst vor großen Versammlungen -zu veranstalten haben, und alle großen Säle werden dazu dienen. -Besondere Schulen werden für die Ausbildung der darstellenden -Künstler errichtet werden, und diese werden sich dann berufsmäßig -der Ausübung ihrer Kunst widmen, eine besondere Gattung der geregelten -Arbeit, wenn auch edlerer Art. -</p> - -<h4 id='H_07_c_0'> -c) Das Kunstgewerbe. -</h4> - -<p> -Das Gewerbe zu veredeln ist eine der wichtigsten Aufgaben des -Kollektivstaates, und so wird er auch das Kunstgewerbe pflegen durch -Schulen, Ausstellungen, Prämiierungen und Aufträge. Doch wird -es in monarchischen Staaten insbesondere die Dynastie sein, welche -dem Kunstgewerbe Anregungen geben und Aufträge zuwenden wird. -<span class='pagenum'><a id='Page_225' name='Page_225' href='#Page_225'>[225]</a></span> -Es handelt sich dabei hauptsächlich um die Ausschmückung von -Bauten höherer Ordnung und insofern es Mobilien betrifft, um die -Wohnungen der Bevorzugten, insofern es Stoffe angeht, um die -Huldigung an die weibliche Schönheit. -</p> - -<h3 id='H_08_0_0'> -8. Die technische Erfindung. -</h3> - -<p> -Im 19. Jahrhundert hat sich das Genie der Menschen vorzüglich -der technischen Erfindung zugewendet, welche die Entdeckungen -der Wissenschaft der Wohlfahrt der Menschen dienstbar macht. Es -war lange ein Gerede der Gelehrten, die Wissenschaft sei sich selbst -genug, und es handle sich für sie nur um das Wissen, nicht darum, -daß die Wissenschaft den Menschen irgend einen Nutzen schaffe. -Daran ist nur so viel wahr, daß der Forscher sich nicht von irgend -einem bestimmten Nützlichkeitsziele leiten lassen muß, daß er sich -nicht damit zu rechtfertigen braucht, daß seine Forschung diesen oder -jenen Nutzen schaffen werde. Niemand konnte wissen, was die Elektrizität -einmal leisten werde, als man zuerst bemerkte, daß das geriebene -Siegellack ein Stückchen Papier anzieht. Niemand konnte -ahnen, wohin die Chemie gelangen werde, und wenn man den -Forschern jener Zeit verwehrt hätte, ihre Zeit diesen Wissenschaften -zu widmen, so wäre das sehr verkehrt gewesen. Aber der Wissenstrieb -wird doch von der Erwartung geleitet, daß alles Wissen sich -den Menschen auch nützlich machen wird. -</p> - -<p> -Erst im neunzehnten Jahrhundert hat man sich Mühe gegeben, -die Ergebnisse der Wissenschaften in der Technik zu verwerten, und -ohne die Arbeit der Forscher hätten die Techniker nicht erfinden -können. Diese Erfindungen aber haben wieder unermeßliche Reichtümer -geschaffen, wovon ein Teil wieder der Forschung geopfert wurde. -</p> - -<p> -Die Erfindung ist im letzten Jahrhundert vorzüglich durch die -Erfinderpatente gefördert worden, welche dem Erfinder oder wenigstens -seinem Förderer, dem Kapitalisten, einen großen Nutzen versprachen. -Viele erfolgreiche Erfinder hätten ihre Zeit dem Nachdenken -nicht gewidmet, wenn ihnen die Patente keinen Vorteil gesichert -hätten, gewiß aber hätte kein Kapitalist die Mittel zu den -Versuchen geboten, wenn es keine Privilegien gegeben hätte. Es -<span class='pagenum'><a id='Page_226' name='Page_226' href='#Page_226'>[226]</a></span> -wird nun zu untersuchen sein, wie im Kollektivstaat die technische -Erfindung zu ermöglichen und zu belohnen sei. -</p> - -<p> -Der Kollektivstaat hätte es zwar nicht nötig, technische Erfindungen -im Lande zu unterstützen, um am technischen Fortschritt -teilzunehmen. Ja er wird schon darum allen Staaten der alten -Gesellschaftsordnung im technischen Fortschritt voraneilen, weil er -eben seiner Organisation wegen die im Auslande gemachten Erfindungen -viel rascher einführen und viel intensiver ausnützen kann, -als jene. Ob er nun ausländische Erfinder belohnt oder nicht, -immer wird der Kollektivstaat auch von ausländischen Erfindungen -mehr Nutzen ziehen, als das Ursprungsland. Auch die Belohnung -der ausländischen Erfinder würde ihm kaum große Opfer auferlegen, -weil er dem Erfinder eine Pauschalabfertigung ein- für allemal -bieten würde und solche Abfertigungen immer niedriger bemessen -werden als die Vorteile, die sich der Erfinder erst in langjährigem -Kampfe durch den Absatz erobern muß. Dabei soll gar nicht in -Betracht kommen, daß der auswärtige Erfinder nicht die Macht -hätte, dem Staate die Einführung der Erfindung, soweit es sich -nicht um eine Erfindung handelt, deren Wesenheit geheim gehalten -werden kann, zu verwehren. Der Kollektivstaat soll sich dieses Vorteiles -nicht bedienen. Er macht ja ohnehin den Gewinn, welchen -im anderen Falle der Kapitalist macht, da er im Lande das ganze -Kapital besitzt, überdies immer für einen gesicherten Absatz produziert. -</p> - -<p> -Allein der Kollektivstaat wird auch die Erfindung im Innern -fördern, weil es der Ehrgeiz des modernen Staates ist, daß das -Land sich in allem hervortue, und weil er den erfinderischen Köpfen -im Lande es schuldig ist, daß er ihnen die Versuche ermöglicht und -einen Vorteil sichert, der im Verhältnisse zu ihrem Einsatz an geistiger -Arbeit und zu dem von ihnen geschaffenen öffentlichen Nutzen steht. -</p> - -<p> -So wird der Kollektivstaat jedem einheimischen (gewiß auch dem -ausländischen) Erfinder, der eine Idee verfolgt, die auf Erfolg hoffen -läßt, und der erfinderische Begabung an den Tag legt, die Mittel -an die Hand geben, um Versuche zu machen, und hierin wird der -Staat leisten, was heute der Kapitalist leistet. Er wird den Erfinder -an eine Produktionsanstalt weisen, welche über das Erforderliche -verfügt, und wird die Idee prüfen lassen. Handelt es sich um -<span class='pagenum'><a id='Page_227' name='Page_227' href='#Page_227'>[227]</a></span> -etwas, was bereits erfolglos versucht wurde, so wird man den Erfinder -auf die gemachten Erfahrungen verweisen, unsinnige Projekte, -wie die Herstellung des Perpetuum mobile, verwerfen und im übrigen -erwägen, ob alte Ideen mit neuen originellen Mitteln angestrebt -werden, oder neue fruchtbare Gedanken gefunden wurden. Gelingt -eine Erfindung unter Beihilfe der Staatsverwaltung, so erwirbt der -Staat das geistige Eigentum, weil es im Kollektivstaat kein Privateigentum -gibt, weil ohne die materielle Unterstützung des Staates -die Erfindung nicht hätte durchgeführt werden können, und weil von -der Erfindung im Staate kein Gebrauch gemacht werben könnte, -wenn der Staat sie nicht einführte, da er allein im Besitze der dazu -erforderlichen materiellen Mittel ist. Dagegen würde der Staat dem -Erfinder zu Dank verpflichtet sein, da er aus der Erfindung großen -Nutzen zieht, und darum würde der Staat dem Erfinder eine Entlohnung -zubilligen, die im Verhältnisse zu dessen Verdienst steht, -und in welcher Form das geschehen kann, ohne das kollektivistische -Prinzip zu verletzen, wird im Abschnitte <a href='#H_09_0_0'>VIII, 9,</a> dargestellt werden. -</p> - -<p id='H_08_0_0al'> -Da nun dem Staate das geistige Eigentum an der Erfindung -zufällt, so erlangt er auch das Recht in den Staaten, welche noch -Geldwirtschaft und Privateigentum haben, ein Patent in Anspruch -zu nehmen, und wenn auswärtige Staaten dem Schwierigkeiten entgegensetzen -würden, weil im <ins class='correction' title='Kollektivstaaat'>Kollektivstaat</ins> kein Patentschutz gewährt -wird, so könnte der Kollektivstaat einen Vertrag mit einem solchen -Staate dahin abschließen, daß er auf das Recht verzichtet, Erfindungen, -die im anderen Staate Patentschutz genießen, ohne Erwerbung -des Lizenzrechtes vom Patentinhaber einzuführen, wogegen -der andere Staat sich verpflichtete, dem Kollektivstaate Patente unter -denselben Bedingungen zu gewähren, wie einem Privaten. In dieser -Form könnte im Kollektivstaat etwas den Privilegienpatenten Analoges, -angepaßt dem Wesen des Kollektivismus, geschaffen werden. -</p> - -<p> -Wenn nun aber ein Staatsbürger bei der Bearbeitung einer -Erfindung entweder gar keine Unterstützung des Staates notwendig -hätte, da er entweder gar keiner materiellen Mittel bedürfte oder -die nach Absatz <a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> zur Verteilung gelangenden Konsumtibilien -ihm für seine Erfindungszwecke genügten, oder er durch Freunde -und Genossen aus diesen Mitteln in den Stand gesetzt wurde, seine -<span class='pagenum'><a id='Page_228' name='Page_228' href='#Page_228'>[228]</a></span> -Erfindung zu vervollkommnen, so wäre doch der Grundsatz zu rechtfertigen, -daß der Staat das geistige Eigentum in Anspruch nähme. -Denn er behält sich bei Verteilung von Konsumtibilien das Obereigentum -bevor und das Recht, den mit solchen Mitteln geschaffenen -Nutzen für sich zu begehren. Denn die Verteilung der Konsumtibilien -ist ja eben <em class='gesperrt'>deshalb</em> produktiv, weil das meiste zwar vertrödelt, -in einigen Fällen aber doch nützliche Dinge geschaffen werden, -auf die der Staat Anspruch machen kann. Und haben die Konsumtibilien -dabei überhaupt gar nicht mitgewirkt, ist wirklich nur der -geniale Gedanke hinreichend gewesen, um sofort und ohne den Umweg -kostspieliger Versuche Nutzen zu schaffen, so ist es doch der -Staat, der den Erfinder in der Jugend versorgt, erzogen, unterrichtet, -ihm alle erdenklichen Anregungen vermittelt hat, auf die -Gefahr hin, einen Krüppel durch viele Dezennien versorgen zu -müssen, und hat der Staat jede Gefahr eines Menschenlebens auf -sich genommen, so hat er offenbar Anspruch auf Anteil an dem -Gewinne, den die menschliche Gesellschaft aus den Schöpfungen eines -Menschen ziehen kann. Auch ist der erfinderische Gedanke nur ein -letztes Glied in der Kette von unermeßlicher geistiger Arbeit vergangener -Geschlechter. So wären ja die Maschinen unserer Zeit -nicht denkbar, wenn nicht zahllose Erfindungen in vergangenen Jahrhunderten -gemacht worden wären, die die Gewinnung und Verarbeitung -von Eisen und Stahl ermöglichten. Der Erbe aller dieser -geistigen Schätze, welche unsere Kultur ausmachen, ist für das Staatsgebiet -der Kollektivstaat, und darum ist der Anteil an dem neuen -Gute, den der Erfinder hat, doch immer nur ein winziger. -</p> - -<p> -Würde der Kollektivstaat das geistige Eigentum an den Erfindungen -nicht in Anspruch zu nehmen oder wenigstens durch Anweisung -von Vorteilen zu expropriieren berechtigt sein, so könnten -neben ihm wirtschaftliche Mächte im Staate selbst entstehen, die die -kollektivistische Gesellschaftsordnung in Frage stellen, und wenn diese -Gesellschaftsordnung ein so großes Gut ist, wie ich dafür halte, so -muß der Staat sie gegen jedes Privatinteresse verteidigen können. -</p> - -<p> -Wollte aber der Erfinder sich diesen Gesetzen nicht fügen und -lieber auswandern, um im Auslande jene pekuniären Vorteile zu -erwerben, die dem Erfinder in so reichem Maße zufallen können, so -<span class='pagenum'><a id='Page_229' name='Page_229' href='#Page_229'>[229]</a></span> -wäre das zwar ein Beweis von Undankbarkeit, man könnte aber die -Auswanderung nicht hindern, würde den Erfinder aber dann als -Ausländer betrachten, dem man die Rückkehr in die Heimat verwehren -kann. -</p> - -<p> -Es entsteht noch die Frage, ob dem Erfinder, wenn der Staat -ausländische Patente nicht erwerben kann, oder nicht erwerben will, -gestattet werden könnte, für sich ausländische Patente und so Privateigentum -im Auslande zu erwerben. Dem steht offenbar nichts im -Wege, weil der Kollektivbesitz des Staates dadurch nicht berührt -wird. Das Geld, das der Erfinder im Auslande erwirbt, hat im -Inlande keinen Wert, er kann damit auch nichts von alledem erwerben, -was der Kollektivstaat besitzt. Weshalb aber soll der Kollektivbürger -nicht im Auslande auch Privateigentum haben und dort -Güter und Häuser besitzen, Gelder anlegen und Gewerbe betreiben? -Im Inlande müßte er für das, was er bezieht, Arbeit leisten, oder -er müßte, wie jeder im Kollektivstaate reisende Fremde dafür aus -den im Auslande gewonnenen Mitteln Ersatz in Geld leisten und -er wäre dann ganz im Verhältnisse eines Ausländers nur mit Vorbehalt -seines Heimatsrechtes, wenn er desselben nicht verlustig erklärt -wird. Man muß aber erwarten, daß die Vaterlandsliebe des -Kollektivbürgers groß genug sein wird, ihn zu bestimmen, in dem -ursprünglichen Verhältnisse zum Staate zu bleiben und sich mit jener -Form des Lohnes zu begnügen, den der Kollektivstaat bietet und -der im größten Ausmaße ein voller Ersatz für alles Einkommen -sein muß, das man aus dem unermeßlichsten Vermögen zu ziehen -vermöchte. -</p> - -<p> -Anfangs werden viele auswandern, wenn sie große Vermögen -erwerben können. Aber ist damit der Verzicht auf die Staatsbürgerschaft -verbunden, so werden viele solcher Abenteurer im Auslande -verkommen und sie werden anderen ein warnendes Beispiel -geben. -</p> - -<p> -Wie sich zwei Kollektivstaaten mit einander über Erfindungen -verstehen, die im Bereiche des einen gemacht werden und wovon der -andere Gebrauch machen will, wird von Abmachungen zwischen ihnen -abhängen. Es ist aber anzunehmen, daß sie sich wechselseitig freie -und kostenlose Einführung gestatten, weil dabei bald der eine bald -<span class='pagenum'><a id='Page_230' name='Page_230' href='#Page_230'>[230]</a></span> -der andere Staat im Vorteil sein wird und es nicht dafür steht, -diesen Vorteil festzustellen und auszugleichen. -</p> - -<p> -Diese internationalen Beziehungen werden hier erörtert, weil -das Erfinderwesen am ehesten eine Möglichkeit eröffnet, auch im Auslande -große und plötzliche Erfolge zu erringen. Allein jeder sehr -bedeutende Mann wird sich die Fähigkeit zutrauen, auch in einem -Staate anderer Gesellschaftsordnung sein Fortkommen zu finden. -Und so mag auch der Forscher und Künstler oder das Verwaltungstalent -sich die Frage vorlegen, ob er nicht größeren Lohn für seine -Leistungen fände, wenn er in ein Land der alten Gesellschaftsordnung -übersiedelte. Er würde zwar unangenehm berührt werden vom -geschäftlichen Leben im Geldlande, von dem Schacher um alles, -von den Gefahren für Eigentum, Leben und Gesundheit, von dem -Elende, das ihn abstößt, von den vielen Beispielen, daß auch die -<ins class='correction' title='Tüchtigstem'>Tüchtigsten</ins> nach kurzem Glücke versinken und in Schande untergehen. -Allein wir können nicht leugnen, daß an die Tüchtigsten -die Versuchung herantreten muß, das beschränkte Leben im Kollektivstaate -aufzugeben und daß gerade die Krüppel und Kranken hübsch -zu Hause bleiben werden. -</p> - -<p> -Allein daran ist doch nicht zu denken, daß alle Tüchtigen auswandern, -nur etwa einige besonders geniale Menschen können daran -denken und die Mittel, die Verpflichtungen gegen die Versicherten -einzuhalten, werden dadurch nicht beeinträchtigt. Und was die Schöpfungen -dieser Großen anbelangt, so sind sie zumeist von der Art, daß -sie allen Ländern nützen und es sind wesentlich internationale Werte, -welche diese Menschen schaffen. Der Kollektivstaat wird an dem -größeren Nutzen, den solche Menschen schaffen, immer auch einen -Anteil erlangen und er wird so viele hervorragende Talente heranbilden, -daß es ganz unmöglich wäre, ihnen allen im Auslande Stellen -zu schaffen. Und selbst solche, die auf geschäftliche Vorteile im Auslande -mit Sicherheit rechnen könnten, werden doch durch Liebe zum -Vaterlande, durch verwandtschaftliche Verbindungen und durch Gewohnheit -im Lande festgehalten werden. Gewöhnt, überall sich zu -Hause zu fühlen, überall Zutritt zu haben, an allem mitinteressiert -zu sein, wird dem Kollektivisten das Leben im Geldstaate verwunderlich -erscheinen. Gebannt in seine vier Mauern, fremd unter Fremden, -<span class='pagenum'><a id='Page_231' name='Page_231' href='#Page_231'>[231]</a></span> -von allen beneidet und angefeindet, von Intriguen verfolgt, wird sich -jeder wieder nach Hause sehnen und die Auswanderungslust wird gewiß -nicht sehr um sich greifen. Wer Nachkommen hat, wird sich auch -wohl bedenken, sie all' den Gefahren auszusetzen, denen sie im Auslande -begegnen. Er hat zu besorgen, daß sie allem Laster verfallen, -in schlechte Gesellschaft geraten, geheime Krankheiten erben -und ein Leben ohne Arbeit suchen, ein Leben, das ihm verächtlich -scheinen muß. -</p> - -<p> -Es ist jetzt an der Zeit zu prüfen, was der Kollektivstaat den -Tüchtigsten seiner Bürger zu bieten hat und daraus wird sich ergeben, -daß sie keinen Grund haben, hinauszustreben. -</p> - -<h3 id='H_09_0_0'> -9. Die Anerkennung der Verdienste höheren Grades -im Kollektivstaate. -</h3> - -<p> -Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, daß der Kollektivismus -eine mechanisch gleiche Verteilung der Genüsse zur Folge haben -müsse. Das ist durchaus nicht richtig. Man kann nur eine verhältnismäßige -Gleichheit fordern. Nun behauptet man zwar, diese -bestehe ja ohnehin schon in unserer Gesellschaftsordnung, da der Begabte, -Fleißige und Leistungsfähige immer im Staate vorwärts komme. -Diese Anschauung ist aber grundfalsch. -</p> - -<p> -Zunächst ist der Erbe eines Vermögens von jener Regel ausgenommen. -Er genießt nicht nur ohne hervorragende Verdienste -weit mehr als ein Minister, sondern sogar ohne jede Arbeit, <i>fructus -consumere <em class='gesperrt'>natus</em></i>. Aber auch unter jenen, die arbeiten und nur -Lohn empfangen, erhält nicht jener einen Vorzug, der größere Verdienste -um das Volk hat, sondern jener, der größere Verdienste um -die Erbgesessenen sich erwirbt. Da aber diese Drohnen sind, welche -ohne Arbeit genießen, so sind Verdienste um solche Leute im <em class='gesperrt'>volkswirtschaftlichen</em> -Sinne ganz wertlos. -</p> - -<p> -Zwei Ärzte von gleicher Geschicklichkeit werden geholt, zwei Verunglückten -das gebrochene Bein einzurichten. Beide machen sich um -ihren Patienten gleich verdient, brauchen dieselben Kenntnisse, legen -dieselbe Mühe, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit an den Tag. Der -eine wird mit 10 Mark, der andere mit 1000 Mark belohnt. Wäre -<span class='pagenum'><a id='Page_232' name='Page_232' href='#Page_232'>[232]</a></span> -bei gleicher Begabung, Fleiß und Leistung der Lohn, den die heutige -Gesellschaft bezahlt, gleich, so müßten beide Ärzte den gleichen Lohn -empfangen. Warum erhält der eine Arzt den hundertfachen Lohn -von jenem, den sein ebenso verdienter Kollege erhält? Weil er -Hausarzt eines <ins class='correction' title='Börsenjoppers'>Börsenjobbers</ins> ist, der andere ein Kassenarzt. Es ist -also eine Lüge, wenn man sagt, unsere Gesellschaftsordnung entlohnt -nach Verhältnis des Verdienstes. -</p> - -<p> -Man fordert in der heutigen Gesellschaftsordnung Parteinahme, -Parteinahme gegen die Armen, für die Kirche, für den Adel, für -die reichen Bürger, für eine einflußreiche Partei; wer nur an das -Volk denkt, wird selbst verfehmt, ob er Talent hat, oder nicht. -</p> - -<p> -Es ist also unwahr, daß in unserer Gesellschaftsordnung die -Güter nach Verdienst und Begabung verteilt werden. Auf alle -Fälle kann es sich nur um Verdienste um die herrschenden Klassen -handeln und auch da wird der Knecht eines Wucherers, Arbeitsschinders, -Hochstaplers immer noch besser fahren, als selbst derjenige, -der einem ächten Aristokraten oder gewissenhaften Monarchen seine -Dienste weiht, wie wir im Falle Humbert und in vielen anderen -Fällen erlebt haben. Selbst redliche Leute verdienen, wenn auch im -guten Glauben, am leichtesten, wenn sie das Wohlgefallen verbrecherischer -Naturen erwerben und wenn sie, obgleich unbewußt, den -abscheulichsten Betrügereien Vorschub leisten. -</p> - -<p> -Wir wollen nur auf jene Erfahrungen hinweisen, die man in -den letzten Dezennien gemacht hat, auf den Panamaschwindel, auf -zahllose Eisenbahnschwindeleien, auf die Trebertrocknungsaktiengesellschaften, -auf Jauner, Jellineck, Drozd, Alberti, auf Börsenschwindeleien, -in welchen viele Milliarden von unlauteren Menschen eingesackt -wurden und an allen diesen betrügerisch erworbenen Vermögen -bereicherten sich indirekt ganze Scharen von Gelehrten, Anwälten, -Verwaltern, Ärzten, Baumeistern, Malern, Architekten, Bildhauern, -Juwelieren und Kleidermachern um die Wette mit Lustdirnen, mit -welchen man erstere auf ein und dieselbe Stufe stellen müßte, denn -sie waren ebenso käuflich.<a name='FA_37' id='FA_37' href='#FN_37' class='fnanchor'>[37]</a> -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_233' name='Page_233' href='#Page_233'>[233]</a></span> -Aber wir brauchen, um die Ungerechtigkeit und die ökonomische -Verkehrtheit der Verteilungen in unserer Gesellschaftsordnung zu -kennzeichnen, gar nicht auf solche angeblich anormale, in Wirklichkeit -doch für diese Gesellschaftsordnung normale Verhältnisse hinzuweisen. -Denken wir nur an den gemeinen Taglohn, der in Böhmen, Mähren -und Galizien, und insbesondere in Italien 30, 50 bis 70 Heller, -in Steiermark, Kärnten, Krain und Tirol, wo Bauernwirtschaft -vorherrscht, von 1 Krone 50 Heller bis 3 Kronen, in Nordamerika -3 Kronen bis 6 Kronen beträgt, wobei allerdings der arme Pole, -bis zum Skelett abgemagert, etwa um ein Drittel weniger als ein -Tiroler Bauernknecht, dieser aber nicht viel weniger als ein nordamerikanischer -Knecht leistet, worin sich aber wieder nur die soziale -und ökonomische Verderblichkeit unserer heutigen Gesellschaftsordnung -erweist, denn der Pole erhält nicht weniger Lohn, weil er weniger -arbeitet, sondern er kann nicht viel leisten, weil er verelendet ist. -</p> - -<p> -Die Meinung nun, daß Lohn und <ins class='correction' title='Entgeld'>Entgelt</ins> im Kollektivstaate -mechanisch gleich sein müsse, ist offenbar irrig, aber die große Verdienstlichkeit -der Individuen wird nach keinem anderen Maßstabe bemessen -werden, als nach dem Verhältnisse des Nutzens, den eines -Menschen Leistungen für das gesamte Volk haben. Davon wird auch -dort keine Ausnahme zu machen sein, wo noch die Monarchie und -etwa eine Anzahl adeliger Familien fortbestehen werden, weil Monarch -und Adel nur des Volkes wegen, nicht aber wegen ihrer persönlichen -Interessen fortbestehen dürfen. -</p> - -<p> -Die Vorteile, welche für größere Verdienste und für größere -Nützlichkeit bewilligt werden können, sind verschiedener Art und sollen -hier der Gattung nach zur Erörterung kommen, ihre Verteilung und -ihr Gesamtmaß wird von den Volksbeschlüssen abhängen. -</p> - -<h4 id='H_09_a_0'> -a) Das Arbeitsleitungsrecht. -</h4> - -<p> -Es ist natürlich, daß der Tüchtigere damit betraut wird, die -Arbeit der minder Tüchtigen zu leiten und diese Leitung, welche im -Interesse des <ins class='correction' title='Volks'>Volkes</ins> zu handhaben ist, ist ein Vorrecht, welches an -und für sich schon als ein Teil des Lohnes für größere Leistung in -Betracht kommt. Bei den gemeinsten Arbeiten des Feldbauers und -in der Fabrik wird man einer Organisation bedürfen, welche Abstufung -<span class='pagenum'><a id='Page_234' name='Page_234' href='#Page_234'>[234]</a></span> -des Leitungsrechtes einzelner Personen voraussetzt. Dieses -Leitungsrecht wird den Tüchtigeren und Verdienteren übertragen, sei -es, daß dabei Körperkraft und Ausdauer, oder Aufmerksamkeit, Umsicht -und Geschicklichkeit, oder Selbstverleugnung mehr in Anschlag -zu bringen sein wird. Daß nun eine Person zur Arbeitsleitung in -irgend einem Grade berufen wird, wird immer als Lohn in Betracht -kommen. So wird der Tüchtigere als Vorarbeiter (Oberknecht, -Partieführer, Werkführer), Abteilungsleiter, technischer Verwaltungsbeamter -in den verschiedensten Abstufungen ein von Stufe zu -Stufe ausgedehnteres Verwaltungsrecht haben und schon in diesem -Amte als solchem eine Anerkennung seiner größeren Verdienstlichkeit -mit finden. Das Verwaltungsbefugnis bringt das Recht der Arbeitszuteilung, -der Begutachtung der Leistungen und innerhalb gewisser -Grenzen auch das Recht Begünstigungen zuzuerkennen, mit sich. -Das Leitungsrecht erstreckt sich in den untersten Stufen auf wenige -Untergebene und befreit den damit Betrauten nicht von den gemeinen -Arbeiten, wird aber beim Verwaltungsbeamten höherer Ordnung zu -einer Verteilungsarbeit mit immer wachsender Zahl der Untergebenen, -welche auch nach Hunderttausenden und Millionen zählen -können. Für die zur Verwaltung Berufenen ist mit einem solchen -Amte das Gefühl größerer Verantwortung, mit der erfolgreichen -Lösung der Aufgabe das Gefühl der edelsten Befriedigung verbunden. -</p> - -<h4 id='H_09_b_0'> -b) Ehrenvorzüge. -</h4> - -<p> -Das Recht innerhalb genau umschriebener Grenzen von Untergebenen -Gehorsam beanspruchen zu können, ist ein Vorzug, den der -Tüchtigere an sich zu schätzen weiß. Darum wird es sich aber doch -auch empfehlen, jedem Vorgesetzten, in verschiedenen Abstufungen zur -Verwaltung Berechtigten (oben <a href='#G_05_a_0'>a</a>), Ehrenvorzüge einzuräumen, weil -es sonst auch an Gehorsam fehlen wird. Der erste Ehrenvorzug -niederster Art wird das Recht in sich schließen, den Gruß und Vortritt -in Anspruch zu nehmen und ein unterscheidendes Merkmal in der -Kleidung zu tragen, welches die Rangstufe auch dem Fremden anzeigt, -wobei man aber nicht an Pfauenfeder und Roßschweif zu -denken hat. Es soll möglichst einfach, aber weithin erkennbar sein. -<span class='pagenum'><a id='Page_235' name='Page_235' href='#Page_235'>[235]</a></span> -Es ist auch nicht einzusehen, weshalb ein solcher Staat auf Ehrenzeichen -anderer Art, analog den Orden unserer Tage ganz verzichten -sollte. Das Lächerliche unserer Orden liegt nicht im Wesen des -Ehrenzeichens, sondern in der Art der Verdienste, welche damit belohnt -werden. -</p> - -<p> -Ehrenvorzüge höherer Art können in einem gewissen Zeremoniell -ihre Bestimmung finden. Die Päpste haben in den ältesten Zeiten -nach allgemeiner Anerkennung ihres Primates Forderungen zeremonieller -Art gestellt, welche als Ehrenvorzüge zu betrachten sind. Sie -erschienen allerdings verwerflich, weil auch der beste Papst keine Verdienste -um Volk und Menschheit hatte und weil auch Mörder, Betrüger -und Diebe, deren sich viele unter den Päpsten fanden, auf -dieselben Ehrenvorzüge Anspruch erhoben und sie auch heute noch -zugestanden erhalten würden, wenn ein solcher Verbrecher wieder, -wie im Mittelalter und in der ersten Hälfte der neueren Zeit, zur -Papstwürde gelangte. Wenn nun auch von Kniebeugungen und -solchen mit der Menschenwürde ganz unvereinbaren Ehrenbezeigungen -und von lächerlichen Titulaturen keine Rede sein dürfte, so wird es -sich doch empfehlen, gewisse Höflichkeitsbezeigungen der Untergebenen -ihren Vorgesetzten gegenüber sowohl individuell, wie auch korporativ -einzuführen. Ich möchte nur erwähnen den Empfang bei Antritt -eines Amtes, bei der Rückkehr nach längerer Abwesenheit, bei der -Jahreswende, nach zehnjähriger oder mehrjähriger Amtsführung und -für ganz besondere Verdienste, wenn auch außerhalb der reinen amtlichen -Tätigkeit, bei Todesfällen Trauerfeierlichkeiten besonderer Art, -Nekrologe und selbst die Stiftung von Anniversarien, wovon aber die -feierlichsten durch Volksbeschluß zuerkannt werden sollen. -</p> - -<p> -Ehrenvorzüge, die einen Aufwand verursachen, muß das Volk -entweder im einzelnen oder im allgemeinen genehmigen, im allgemeinen -durch Erteilung einer Vollmacht an die Verwaltung. -</p> - -<h4 id='H_09_c_0'> -c) Das Vorrecht der Wahl. -</h4> - -<p> -Zu den Vorzügen, welche den Verdienten eingeräumt werden -können, gehört das Vorrecht der Wahl und des Zuvorkommens. -Schon in den kleinsten Verteilungen wird sich Gelegenheit bieten, -es geltend zu machen. So sehr auch die Stuben in den Schlafhäusern -<span class='pagenum'><a id='Page_236' name='Page_236' href='#Page_236'>[236]</a></span> -sich gleichen mögen, werden sie doch einen verschiedenen Wert -haben, Nachbarschaft, Aussicht, Schatten- und Sonnenlage werden -darauf Einfluß haben, aber auch sonst wird sich mit der Zeit eine -Verschiedenheit herausbilden, die nicht beabsichtiget war. Zimmerschmuck, -Mobiliar und anderes werden dazu beitragen. So ist es -mit Stoffen für die Kleidung und vielem anderen. Wer nun einen -Vorrang hat, wird andern gegenüber wählen können. Ebenso den -Platz bei Tisch zu wählen wird sich als ein schätzenswertes Vorrecht -erweisen. Inwiefern der Besitz, dieses Wort nicht im Sinne von -vermutetem Eigentum gebraucht, stärker ist, als das Wahlrecht, wird -die Verteilungsnorm bestimmen. Bei Versetzungen wird auch dieses -Wahlrecht der Verdienteren entscheiden. Ebenso wird, wenn Verwaltungsinteressen -nicht im Wege stehen, es das Vorrecht des Verdienteren -sein, sich die Zeit zu wählen für den Antritt des jährlichen -Urlaubs, die Wahl der Reiserichtung, der Theaterstücke und dergleichen -zu beanspruchen. Auch das Recht Zeitungen früher zur -Hand zu nehmen, neu erschienene Bücher früher zu lesen usw. gehört -hierher und das Vorrecht, seine Ansicht in öffentlichen Blättern geltend -zu machen, wenn nicht alle gehört werden können. Auch dieses -Wahlrecht wird es wünschenswert erscheinen lassen, auf der Stufenleiter -der Verdienten vorwärts zu kommen. Und hier ist noch immer -von keinem <em class='gesperrt'>Aufwande</em> für die Belohnung größerer Dienste die -Rede. -</p> - -<h4 id='H_09_d_0'> -d) Vorzüge in Beziehung auf die Wohnung. -</h4> - -<p> -Wenn diese Vorzüge auch nicht beträchtlich sein werden, so wird -man doch den Personen von höherem Beamtenrang eine Wohnung -einräumen, welche mehr Behagen und ästhetischen Genuß bietet, -wenngleich zu bedenken ist, daß an diesen Vorzügen auch die Familienglieder -teilnehmen, welche sich darum nicht verdient gemacht haben. -Jedenfalls wird schon in den untersten Gemeinden dem Verwaltungsbeamten, -dem Arzte, Pädagogen und den Lehrern eine Amtswohnung -zuzumessen sein, die sich vorteilhaft von den Wohnungen der Feld- -und Industriearbeiter unterscheidet, sowohl was den Raum als was -die Ausschmückung und das Mobiliar anbelangt. Der Verwaltungsbeamte -soll auch besondere Empfangsräume haben, wie ihm auch -<span class='pagenum'><a id='Page_237' name='Page_237' href='#Page_237'>[237]</a></span> -Einladungen zu erlassen die Gelegenheit geboten werden soll. Dieser -Vorzug in der Wohnung steigert sich sehr erheblich durch alle Stufen -der Hierarchie, und nicht nur für Verwaltungsbeamte, sondern auch -für andere Kategorien hervorragender Männer und Frauen, Ärzte, -Gelehrte, Künstler, Erfinder, welchen auch der Vorzug zufallen wird, -in Wohnansiedlungen höherer Art oder in der Residenz bleibend zu -wohnen. Auch da handelt es sich kaum um einen großen Aufwand, -weil am meisten wohl die Zuweisung von bereits bestehenden Prachtwohnungen -und Mobilien in Betracht kommen wird, welche ihrer -Natur nach nicht unter alle verteilt werden <em class='gesperrt'>können</em>. -</p> - -<h4 id='H_09_e_0'> -e) Vorzüge in Beziehung auf Kleidung. -</h4> - -<p> -Auch in Beziehung auf Kleidung kann man den Verdienten -große Vorzüge einräumen. Das gilt besonders von Männern, denn -bei Frauen und Mädchen wird man vielleicht Jugend und strahlende -Schönheit für Verdienst müssen gelten lassen, wo die Verteilung -von Kleiderstoffen und Zier in Frage kommt. Ein größerer Aufwand -wird gewiß gemacht werden für Bekleidung derjenigen, die -sich hervortun, als der Geringere wird beanspruchen können. -Besondere Pracht der Festgewänder wird man den Hervorragendsten, -den höchsten Staatsbeamten, Akademikern und Professoren und Jenen, -die durch Erfindung in Kunst, Wissenschaft und Technik ihnen -gleich geworden sind, zugestehen, wobei aber wohl mehr an die -Tracht eines Dogen von Venedig als an eine Uniform unserer -Tage wird zu denken sein. Es wird niemand daran Anstoß nehmen, -wenn die Verteilungsgesetze bestimmen, daß die Kleider der männlichen -Bevölkerung aus Loden, die der Verwaltungsbeamten, Ärzte -und Lehrer aus feinstem Kammgarn zu machen seien und das wäre -eine Ungleichheit, die mit dem heutigen Unterschiede zwischen arm -und reich gar keine Ähnlichkeit hätte. -</p> - -<h4 id='H_09_f_0'> -f) Vorzüge in Beziehung auf Nahrung. -</h4> - -<p> -Die trivialste Gier ist Genäschigkeit und Sucht nach Trüffeln -und Austern und Bordeau. So lange die Menschen aber danach -jagen, wird man auch Gelehrte wie Fettgänse zu stopfen nicht anstehen. -Es wird aber die Zeit wohl kommen, wo man sich dieses -<span class='pagenum'><a id='Page_238' name='Page_238' href='#Page_238'>[238]</a></span> -Vorzuges schämen wird. Wünschen muß man, daß der Geschmack -sich ändere und daß Jedermann, auch der berühmte Künstler nur -ißt und trinkt, was ihm bekommt und das kann nichts anderes sein, -als was auch dem Feldarbeiter bekommt. Dazu gehören schwere -Weine gewiß nicht und Austern auch nicht. Doch braucht man im -ersten Jahrhundert der neuen Zeit sich daran nicht zu stoßen, wenn -es Leute gibt, die ihren Lohn in Tokaier und Kaviar ausbezahlt -erhalten wollen, wenn sie ihn nur nicht in <ins class='correction' title='Baarem'>Barem</ins> verlangen. Die -Frage, ob geistige Arbeit mehr Fleischnahrung als körperliche Arbeit -und den Genuß von Spirituosen und anderer Stimulantien bedinge, -soll hier nicht gelöst werden. Man hört auch ganz entgegengesetzte -Urteile und fordert Askese für diejenigen, welche der größten -geistigen Anstrengung gewachsen sein sollen. Die staatlichen Verteilungsgrundsätze -werden <ins class='correction' title='Nimand'>Niemand</ins> versagen, was sein Beruf erfordert. -</p> - -<h4 id='H_09_g_0'> -g) Das Vorrecht in Beziehung auf einen eigenen Hausstand. -</h4> - -<p> -Wenn die allgemeine Regel gilt, daß in Gemeinde und Quartier -Jedermann für den Staat arbeitet, auch die Ehefrau und die -Mädchen in der Familie, so wird man es zu den größten Vorrechten -für hervorragende Personen, zu welchen auch die Erfinder -gehören, rechnen, einen eigenen Hausstand zu halten, den man sich -unter Umständen auch wandernd denken kann, von Stadt zu Stadt -und von Schloß zu Schloß. Dabei allerdings sollen die in der -Familie heranwachsenden Kinder nicht daran gewöhnt werden, sich -für Kinder besserer Leute zu halten. Es wird dafür zu sorgen sein, -daß der Glanz, in dem der Vater lebt, nicht auch die Kinder bestrahlt, -welche sich Verdienste erst erwerben müssen und eine solche -Unterscheidung der Familienglieder wird sich sehr leicht durchführen -lassen. Auf die Begünstigung des besonderen Hausstandes dürfen -aber nur Wenige, einige Tausende, aber nicht Hunderttausende Anspruch -machen und man wird bald bemerken, daß das Verlangen -danach ausstirbt und daß die absolute Freiheit des Kollektivismus -mehr Bestechendes hat, als die Sorge für einen Hausstand und viele -Gäste, die man in monarchischen Staaten recht gerne dem Hofe und -dem berufsmäßig dafür bestimmten Adel wird überlassen wollen. -Man wird lieber ein überall gern gesehener Gast sein, denn als Gastgeber -<span class='pagenum'><a id='Page_239' name='Page_239' href='#Page_239'>[239]</a></span> -— besonders als Gastgeber auf Staatskosten — geknechtet -sein und auch auf das Vorrecht des eigenen Hausstandes wird man -nach und nach weniger Gewicht legen. -</p> - -<h4 id='H_09_h_0'> -h) Vorrechte in Beziehung auf Geselligkeit. -</h4> - -<p> -Dieses Vorrecht hängt mit dem oben besprochenen zusammen, -insofern man unter Geselligkeit das Vorrecht versteht, ein geselliges -Haus zu führen, wozu ja auch der Staat den Größten, sagen -wir einem Akademiker oder Minister, die Mittel bieten kann. Viel -wichtiger als dieses Recht wird das so mannigfaltig abgestufte Recht -sein, an geselligen Vereinigungen als Gast Anteil zu nehmen. Dieses -Recht kann in Städten und in der Residenz in einem viel größeren -Umfange genossen werden, als in den kleinen Orten, wo die überwiegende -Masse des Volkes und die unteren Organe der Staatsverwaltung -wohnen. Wenngleich jeder Bergknappe und Weber das -Recht haben muß, überall Zutritt zu finden, um seinem Könige die -Hand zu drücken (das <i><ins class='correction' title='shake-hand'>shake-hands</ins></i> im Weißen Hause) und dem -Treiben in den Sälen der Hochadeligen anzuwohnen, so wird ihm -das nicht oft zuteil werden können, da sich zeigen wird, daß er nur -3 oder 4 Mal im Leben nach der Hauptstadt kommen kann und -seine 14tägigen Urlaube ihm noch andere Vergnügungen bieten -müssen, als bloß den Besuch großer Gesellschaften. Anders ist die -Lage der bedeutendsten Männer und Frauen, die in der Residenz -und den größten Städten wohnen und welche dort heimisch werden, -wo jene nur selten den Fuß hinsetzen können. Und man darf wohl -sagen, daß Schönheit, Grazie und Geist den Frauen ebenso Bedeutung -verleihen kann, wie Kunst und Wissenschaft den Männern. -Denn wer könnte sich einen in Licht erstrahlenden Saal denken, in -dem das weibliche Element nur durch bleiche Schriftstellerinnen oder -kurzsichtige Mikroskopforscherinnen vertreten und das weiblich-<ins class='correction' title='ästethische'>ästhetische</ins> -Element nur geduldet wäre? Aber darum wird man doch nirgends -das degradierte Weib, die Pompadour oder Dubarry finden, denn -Schönheit wird keine »Kupplerin« sein. Immerhin ist es offenbar -daß besonders hervorragende Verdienste auf den Wohnsitz bestimmenden -Einfluß haben werden, womit schon an und für sich Vieles gegeben -ist, was als sozialer Vorzug wird gelten müssen. -</p> - -<h4 id='H_09_i_0'> -i) Vorrechte in Beziehung auf Konzerte, Theater und andere -Schaustellungen. -</h4> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_240' name='Page_240' href='#Page_240'>[240]</a></span> -Auch nach dieser Richtung werden die Genüsse nicht gleich -verteilt sein, wie sich wohl von selbst versteht. Wir können uns -ein Bild machen von der Verteilung der Anteilnahme an den -Wettspielen als Zuseher. Vor allem werden Personen, die sich selbst -schon auf dem Gebiete der Wettspiele hervorgetan haben, wenngleich -sie nicht zum Mitbewerb zugelassen werden können, weil Größere -da sind, als Zuschauer geladen werden und demnach Urlaub und -Reisebewilligung erhalten. Dann werden Experten, welche den -Sieg zuzuerkennen berufen sind, eingeladen werden. Endlich wird -man Anmeldungen der Höchstverdienten entgegennehmen und sie -nach Maßgabe der verfügbaren Plätze beteiligen. Noch mehr gilt -die ungleiche Verteilung für -</p> - -<h4 id='H_09_k_0'> -k) Reisen im In- und Auslande. -</h4> - -<p> -Im größten Umfange werden diese nur den Verdientesten und -außerdem allerdings auch für Lehrzwecke zugestanden werden. Über -Auslandsreisen ist nun Mehreres in <a href='#M_02_0_0'>XII, 2,</a> zu finden. -</p> - -<h4 id='H_09_l_0'> -l) Das Vorrecht in Beziehung auf die in VIII, 5, geschilderten -Verteilungen -</h4> - -<p class='continue'> -zum Behufe freien Schaffens. Man könnte nach Maßgabe der -Rangstufen doppelte, zehnfache und hundertfache Portionen nach -Menge und Wert zuerkennen, aber unter der Bedingung der eigenen -Verwendung. Nehmen wir an, daß in der Regel auf jeden Erwachsenen -12 Briefe und 25 Korrespondenzkarten fallen, so wird -man hochgestellten Künstlern und Gelehrten selbe nach Tausenden -und in kostbarer Ausstattung zuteilen. Dieses Recht, in größerem -Umfange mit Konsumtibilien beteilt zu werden, hat für bildende -Künstler, Schauspieler, Sänger, Gelehrte oder Erfinder einen hohen -Wert. -</p> - -<h4 id='H_09_m_0'> -m) Das Vorrecht der Arbeitsfreiheit. -</h4> - -<p> -Diese wird zwar jedem nach Erreichung eines gewissen Alters -eingeräumt werden. Man mag die Zurücklegung des 65. Lebensjahres -<span class='pagenum'><a id='Page_241' name='Page_241' href='#Page_241'>[241]</a></span> -als Grenze des Arbeitszwanges für alle Volksgenossen zum -Mindesten annehmen. Freilich wollen das Arbeiter, wenn sie befragt -werden, nicht gelten lassen und selbst Bauern wollen eine -Arbeitspflicht für den kollektivistischen Betrieb über 60 Jahre hinaus -nicht gutheißen und französische Bergleute wollen mit 50 Jahren -schon in den Genuß einer Pension von 2 Francs treten. Doch -wird die Erkenntnis, wie groß die Zahl dieser Pensionäre wäre, -wohl bestimmend sein, für eine Mäßigung dieser Ansprüche. Schon -die Altersbefreiung im Alter vom vollendeten 65. Jahre wird für -jede Gemeinde von 1000 Köpfen 40-50 Arbeitsbefreite ergeben, -die Kinder und Kranken ungerechnet. Dagegen hindert gar nichts, -besonders verdienten Personen, also Wenigen, gewiß auch jenen, die -sich einem sehr gefährlichen und abschreckenden Berufe widmen, die -Arbeitsbefreiung schon mit 50 Jahren, ja in frühester Jugend, wenn -sie eine epochale Erfindung gemacht haben, zuzugestehen. So mag -es auch mit Beamten, Ärzten und Professoren gehalten werden, -welchen man schwerlich mehr als 30-35 Dienstjahre zumuten wird. -</p> - -<h4 id='H_09_n_0'> -n) Das Vorrecht der freien Wahl des Domizils. -</h4> - -<p> -Dieses Recht steht zwar in einem eingeschränkten Maße jedem -Arbeitsbefreiten zu. Denn nur mit der geregelten Arbeit ist ein -Domizilszwang verbunden und auch für solche, die noch arbeitspflichtig -sind, kann nach der Natur ihres Berufes, so Dichtern, Malern, -Bildhauern, Wahl des Domizils gestattet werden. In dieser Freiheit -aber können zahllose Abstufungen nach dem Grade der Verdienste gemacht -werden. Während der arbeitsbefreite <ins class='correction' title='Fabriksarbeiter'>Fabrikarbeiter</ins> oder -Bergknappe vielleicht auf Gemeinden untersten Ranges, mindestens -auf Bezirksvororte beschränkt sein wird und ihm ein Domizilwechsel -etwa nur einmal im Jahre zugestanden werden kann, er in größeren -Städten sich ohne Zweifel nur niederlassen kann, wenn er sich zu -mäßigen Diensten, etwa einmal in der Woche, versteht, so zur -Reinigung von Straßen und Wegen, Briefbotendiensten, Aufsicht in -Sammlungen und Ausstellungen, wird es den Verdientesten freistehen, -nicht nur täglich das Domizil zu verändern, sondern auch -überallhin sich von Gehilfen, Möbeln, Büchern, Instrumenten und -anderen Erfordernissen ihres freigewählten Berufes begleiten zu lassen, -<span class='pagenum'><a id='Page_242' name='Page_242' href='#Page_242'>[242]</a></span> -wären auch ganze Waggons zur Beförderung notwendig, und sie -mögen so reisen, wie heute nur Monarchen oder Staatsmänner -reisen. Ihnen natürlich steht jede Stadt des Reiches und jedes Dorf -gleichermaßen offen und der mit diesen Domizilsveränderungen verbundene -Aufwand wird nicht ins Gewicht fallen, da es nur Wenige -sind, die darauf Anspruch haben. -</p> - -<h4 id='H_09_o_0'> -o) Andere berufsmäßige Vorrechte. -</h4> - -<p> -Es ist selbstverständlich, daß neuerschienene Werke vor allem -den Fachgelehrten und Fachschriftstellern, neue Poesien den Dichtern, -neuentdeckte Stoffe den Forschern und Technikern, Fachschriften den -Fachleuten, künstlerische Vorführungen den Künstlern zu Gebote -stehen müssen und daß Andere, wenn das Verlangen aller nicht befriedigt -werden kann, warten müssen. Auch hieraus ergeben sich -Privilegien, welche heute zumeist erkauft werden müssen, deren Befriedigung -also nur durch Einräumung eines größeren Gehaltes ermöglicht -werden kann. Insoferne aber heute Einrichtungen bestehen, -wodurch gewissen Kategorien von Beamten unentgeltliche Genüsse zugewendet -werden, ist ja nur eine kollektivistische Einrichtung in unserer -privatwirtschaftlichen Welt vorweg eingeführt. So bewilliget man -höheren Eisenbahnbeamten Freikarten für unbeschränkte Reisen in -ganz Europa mit Ausnahme von Rußland. Das ist ein Stück -Kollektivismus und Naturalwirtschaft. -</p> - -<h4 id='H_09_p_0'> -p) Das Vorrecht, Pferde und Wagen und Automobile zu halten, -</h4> - -<p class='continue'> -kann mit mehr oder weniger Aufwand als Lohn eingeräumt werden. -Jedenfalls wird in jeder Gemeinde der Beamtenschaft gestattet -werden, drei oder vier Wagen zu halten. -</p> - -<p> -Das alles beweist, daß die Naturalwirtschaft nicht nur kein -Hindernis bildet, alle Verdienste um Volk und Staat in munifizentester -Art zu belohnen, sondern, daß dem Staat dazu auch unermeßliche -Hilfsquellen zu Gebote stehen. -</p> - -<p> -Es entsteht die Frage, ob diese Ungleichheit der Verteilung -nicht besondere Verrechnungsschwierigkeiten bilden könnte. Um sich -darüber ein Urteil zu bilden, wäre <a href='#F_08_0_0'>VI, 8,</a> über Statistik nachzulesen. -Zunächst ist zu berücksichtigen, daß viele oben erwähnte Vorrechte -<span class='pagenum'><a id='Page_243' name='Page_243' href='#Page_243'>[243]</a></span> -der Verdienten, so a, b, c, g, h, i, überhaupt nicht Gegenstand -der statistischen Nachweisungen sind, andere wohl einmal nur -im Jahre zur Verrechnung gelangen, so d, e, k, l, m. Diese Verrechnung -wird nachzuweisen haben, wie viele Bruchteile der Gesamtproduktion -zu solchen Begünstigungen verwendet wurden und daß -damit die Verteilungsgrundsätze nicht verletzt wurden. Was aber -die Begünstigung in Beziehung auf Nahrung f anbelangt, so -wird wohl auch ein Ausweg zu finden sein, um die Verrechnung -zu erleichtern. Es könnte der Verwaltung eine gewisse -Menge von Gütern verschiedener Art, von besonderen Nahrungsmitteln -und Getränken zugewiesen und auf die Gemeinden und -Quartiere und zwar mit Bevorzugung der Provinzstädte und der -Hauptstadt aufgeteilt werden, worüber sich die Verwaltungsbeamten -nur untereinander und einmal im Jahre mit den Begünstigten zu -verrechnen hätten. Wird die bewilligte Menge nicht überschritten, -so werden die Nichtbegünstigten von der Verteilung nicht berührt. -Ebenso ist es ja auch mit der Verrechnung mit Hof und Adel -zu halten. -</p> - -<p> -Die Frage, ob das souveräne Volk denn in solche Begünstigungen -einwilligen wird, kann wohl bejaht werden. Zunächst ist zu -bedenken, daß eine lange Periode der Umgestaltung der <ins class='correction' title='Alleinherrherrschaft'>Alleinherrschaft</ins> -des Kollektivismus vorausgehen <ins class='correction' title='muß '>muß,</ins> und daß während -dieser Periode die Volkssouveränität noch nicht in Wirksamkeit treten -kann. Ist die Zeit dazu gekommen, die Volkssouveränität mit -dem ausgedehntesten Stimmrechte einzuführen, so werden sich die -Verteilungsgrundsätze, welche eine Begünstigung zulassen, bereits eingelebt -haben und da sich junge Leute meist mit der Hoffnung tragen, -im Leben vorwärts zu kommen, werden sie wenigstens einer solchen -Ungleichheit der Verteilung nicht entgegen sein. Hat man dabei -aber die größte Ökonomie walten lassen, so wird sich jeder berechnen, wie -wenig die Lage der Nichtbegünstigten dadurch gewinnen würde, wenn -man alle Begünstigungen aufheben wollte. Weiter muß diese Begünstigung -in der Verteilung lediglich in Absicht auf das öffentliche -Wohl eingerichtet werden und darf den diesem Zwecke entsprechenden -Aufwand nicht überschreiten und darin muß auch die Gewähr -liegen, daß der gesunde Volksinstinkt diese Verteilung billigen wird. -<span class='pagenum'><a id='Page_244' name='Page_244' href='#Page_244'>[244]</a></span> -Wirkliche Verdienste imponieren immer den Massen und sie begreifen -sehr wohl, daß die Begabten durch diese Begünstigungen nur angeeifert -werden sollen, dem <em class='gesperrt'>Volke</em> mit größtem Eifer und Redlichkeit -zu dienen. Bei der Entlohnung von Erfindern kann sich das Volk -ja auch leicht berechnen, daß der Nutzen für das Volk immer weit -größer ist, als die Vorteile, welche man den Erfindern einräumt. -</p> - -<p> -Was das System anbelangt, nach welchem die Vorrechte der -Verdienten zuzumessen sind, so wird zunächst vom Volke, wenn es -im Besitze der souveränen Gewalt sein wird, in den Verteilungsgesetzen -bestimmt werden, welche Art von Vorrechten eingeräumt -werden darf und welche Mittel dazu ausgeworfen werden, das heißt -in welchem Ausmaße im Verhältnis zur Gesamtarbeitsmenge -die Arbeitsbefreiung im Ganzen gerechnet als Lohn eingeräumt -werden darf und nach welchem Quotienten der Gesamtgüter allen -Begünstigten zusammen bei der Verteilung mehr, als den Nichtbegünstigten -zugemessen werden darf. Auch wird bestimmt werden, -auf welche Güter und sonstige Genüsse das Recht, Begünstigungen -zu gewähren, Anwendung hat. Das wird in derselben Art geschehen, -wie sich das Volk mit dem Hof und Adel in Beziehung auf die -ihnen zu bewilligenden Mittel auseinandersetzt. Was Wohnräumlichkeiten -anbelangt, so werden die Wohnungen und die Gebäude bezeichnet, -welche für beständig oder regelmäßig diesem Zwecke gewidmet -werden sollen und an großartigen Bauten in den Städten, an -Schlössern und Villen hat die frühere Gesellschaft dem Kollektivstaat -ebenso wie an Kunstwerken Mobilien und Juwelen so unermeßliche -Schätze hinterlassen, daß man sagen kann, die Begünstigung in der -Beteiligung mit solchen Gütern, die ja nur zum Gebrauch dienen, -geschieht nicht auf Kosten der gegenwärtigen Generation, sondern auf die -längst dahingegangener Geschlechter von Ausgebeuteten, welchen man, -was sie erlitten haben, nicht mehr gut machen kann. Was Nahrungsmittel -und Getränke, von welchen man das allerdings nicht sagen -kann, anbelangt, so können bestimmte Weine, das Wild, oder sonst -welche Arten von Gütern, z. B. bestimmte kostbare Obstsorten, wenn -deren allgemeine Verteilung ohnehin keinen Sinn hätte, wie die -allgemeine Verteilung des <ins class='correction' title='Tokayers'>Tokaiers</ins>, den Begünstigten, oder gewisse -Kategorien von Begünstigten ausschließlich vorbehalten werden. -<span class='pagenum'><a id='Page_245' name='Page_245' href='#Page_245'>[245]</a></span> -Dasselbe könnte von dem Rechte zu jagen, gelten. Was nun die Plätze -bei Schaustellungen, auf den Eisenbahnen, den Zutritt bei den Festen -des Hofes und Adels und in den Schlössern anbelangt, so werden -sie den Begünstigten verhältnismäßig ausgeworfen, sagen wir, der -zehnte Teil werde dieser Bestimmung gewidmet. Bezüglich der -Kleidung kann man ähnlich verfahren und einen Quotienten der -dafür gewidmeten Stoffe und Arbeit von der streng gleichmäßigen -Verteilung ausnehmen. Hieraus ergibt sich dann das, was der -Nordamerikaner <i>appropriation</i>, die Widmung nennt, nur erfolgt -sie nicht in Geld, sondern in Naturalien. -</p> - -<p> -Das Volk wird dann in den Verteilungsgesetzen auch bestimmen, -wem die Zuerkennung der Vorzüge zusteht. Für die regelmäßigen -Posten im Staatsdienste, für Beamte, Ärzte, Lehr- und -Erziehungspersonen, höhere Techniker und Industriedirektoren wird -der Grundsatz unserer Beamtenhierarchie angenommen werden. -Man wird Kategorien schaffen, welche einander übergeordnet sind. -Wie bereits in V, 1, <i>Alinea</i>: <a href='#E_01_0_0al4'>»Ich bemerke noch«</a> erwähnt wurde, -wird es am besten sein, der Staatsverwaltung die Beförderung -innerhalb dieser Ämter zu überlassen, jene ausgenommen, die, wie -die Volksbeamtenstellen, durch Wahl besetzt werden, womit gleichfalls -genau definierte Vorteile verbunden sein werden. Die unterste -Stufe der Begünstigten wird die der Werkführer (Partieführer der -Vorarbeiten) die nächste Stufe die der geringeren Abteilungsleiter, -etwa für Hauswirtschaft, Milchwirtschaft, Kleinviehzucht und dergleichen -sein, welchen das unterste Erziehungspersonal gleichgestellt -werden mag. Sohin würden die untersten Stufen der Verwaltungsbeamten, -Ärzte und Lehrpersonen folgen, während die Bezirks-, -Kreis- und Provinzialfunktionäre, dann eine bestimmte Reihe von -Organen der Zentralverwaltung, endlich die Minister, die fünf höheren -Stufen bilden werden. Wohin nun höhere Techniker und Fabrikdirektoren, -Gelehrte, Forscher, Künstler und Erfinder eingereiht -werden, wird zu erwägen sein, ebenso, ob obige Stufen in Unterabteilungen -zu gliedern seien. Für alle so gebildeten Kategorien -wird das Ausmaß der mit der Stellung verbundenen Vorteile festgesetzt -werden. Da Künstler und Erfinder, zum Teile auch Forscher, -die nicht dem Lehrkörper angehören, nicht Mitglieder dieser Organisation -<span class='pagenum'><a id='Page_246' name='Page_246' href='#Page_246'>[246]</a></span> -sind, so wird es auch der Verwaltung, oder wer sonst -zur Ernennung berufen ist, zugestanden werden, solchen Personen -einen Rang gleicher Art, wie er für diese Organisation bestimmt -ist, zu verleihen, z. B. den 4. 5. Rang oder selbst der Vorrang vor -den Ministern. Alles das möglichst sparsam einzurichten, gerade -nur so, daß etwas Ehrgeiz und viel Amtseifer geweckt wird, ist zum -Grundsatz zu machen, wobei immer dem Volke gewisse Befugnisse -vorbehalten werden mögen, zum Beispiel, Personen der freien Berufe, -Erfindern, Künstlern und Forschern einen höheren Rang -zu verleihen.<a name='FA_38' id='FA_38' href='#FN_38' class='fnanchor'>[38]</a> -Auch da kann den Kreisen oder Bezirken das Recht eingeräumt -werden in gewissen Perioden eine oder zwei Stellen außerhalb -der Organisation zu verleihen. -</p> - -<p> -Es ist somit keinem Zweifel unterworfen, daß der Kollektivismus -und die Naturalwirtschaft gar kein Hindernis bilden, alle jene -Mannigfaltigkeit unserer Zustände nachzuahmen, die dem Volke und -dem Fortschritte nützlich sein mag. Dagegen hängt es niemals vom -Einzelnen ab, sich Vorteile zuzueignen, welche ihm nicht gebühren, -wozu in unserer Gesellschaftsordnung der Geldwirtschaft wegen Gewalt, -Diebstahl, Betrug, Veruntreuung und politischer oder wirtschaftlicher -Schwindel Gelegenheit bieten, durch welche man alles -leichter erreichen kann, als durch Verdienste um das Volk und den -Staat. Als politischen Schwindel betrachte ich auch jene Wohldienerei -gegen Souveräne und Machthaber, durch welche man in -früheren Zeiten große Güter erlangen konnte, und welche für Verdienste -um den Staat ausgegeben wurden, in Wirklichkeit Versündigungen -am Volke genannt werden sollte. Plato sagt mit Beziehung -auf die herrschende Gesellschaftsordnung, daß man durch Recht mit -Unrecht größere Vorteile erlangen könne, als durch Gerechtigkeit -allein. Der Kollektivismus gewährt nur Vorteile für gerechte Ansprüche. -</p> - -<p> -Ich will nun gelegentlich hier noch erwähnen, daß die gesetzlich -normierten Vorrechte zwar budgetmäßig im Gesamtausmaße begrenzt -<span class='pagenum'><a id='Page_247' name='Page_247' href='#Page_247'>[247]</a></span> -sein müssen, soweit sie nämlich die Verteilung berühren, daß es aber -gar keinem Anstande unterliegt, der Bewegungsfreiheit der Verwaltung -und den Begünstigten allerhand Spielraum einzuräumen. -Es können die Begünstigten untereinander gewisse Tauschgeschäfte -machen, welche die Verwaltung zur Kenntnis nimmt und bei der -Vornahme der Verteilung berücksichtigt. So kann ein eitler Mensch -auf Reisen und Theater oder auf Wohnungsvorteile Verzicht leisten, -wenn ihm großer Kleiderluxus eingeräumt wird und umgekehrt. -Wenn die Gesamtziffern nicht verrückt werden, hat das Volk keinerlei -Interesse, sich in solche Abweichungen von der Verteilung einzumengen. -Der in Geld bezahlte Lohn kann auf das verschiedenste -verausgabt, oder auch erspart werden. Letzteres soll der Kollektivstaat -nicht zulassen, das heißt, das nicht in Anspruch genommene -für die Gesamtheit verwerten, aber die Naturalwirtschaft bietet im -Kollektivstaat, wo nur <em class='gesperrt'>ein</em> Produzent, der Staat, Genüsse bieten -kann, kein Hindernis, den Begünstigten die Wahl einzuräumen, -welche Genüsse er in Anspruch nehmen mag. Das wird nur eine -vergleichende Bewertung der Genüsse voraussetzen. Diejenigen, von -welchen in I, <i>Alinea</i>: <a href='#A_00_0_0al3'>»Was die Personen und«</a> die Rede ist, -werden auch einen prozentuell höheren Aufwand als die Masse -der Bevölkerung verursachen, aber auch zur Auseinandersetzung dieser -Personen mit dem Volke wird ein prozentueller Maßstab insgesamt -in Anschlag kommen. Es werden in diese Kategorie nur wenige -Menschen fallen, da die kleinen Besitzer in ihrem Anteil am Gesamtvermögen -reichlichen Ersatz finden. -</p> - -<h3 id='H_10_0_0'> -10. Religion, Kultus, Festlichkeiten. -</h3> - -<p> -Zu den wesentlichsten Grundlagen der Gesittung rechnet man -die Religion. Man ging von jeher von der Anschauung aus, daß -ein Volk ohne Religion nicht regiert werden könne, daß das Volk -eine Religion verlange und ein Bedürfnis nach religiösen Vorstellungen -und Feierlichkeiten habe, und die größten Monarchen -haben die Religion beschützt und der Macht der Kirche Vorschub -geleistet. So hat Karl der Große nicht nur die Sachsen mit Feuer -und Schwert der katholischen Kirche unterworfen, sondern dem -<span class='pagenum'><a id='Page_248' name='Page_248' href='#Page_248'>[248]</a></span> -Fastengebot staatlichen Schutz gewährt und jeden Fastenbrecher mit -schweren Strafen, ja in gewissen Fällen mit dem Feuertode bedroht. -Er ging ohne Zweifel von der Meinung aus, die königliche Gewalt -werde immer stärker sein als die kirchliche Gewalt, und so sah er -ohne Argwohn zu, wie die Kirche durch Lehre, Kultus und Strafe -das Volk unterjochte, denn er sah in der Kirche nur ein Werkzeug -des Kaisers. Damit bereitete Karl die Schmach des Kaisertums -vor, das in immer größere Abhängigkeit vom Papsttum verfiel. -Auch die Hohenstaufen gingen von derselben Anschauung aus. -Friedrich Barbarossa lieferte Arnold von Bresnia dem Feuertode -aus und hieß es gut, daß Lucius III. den Bannstrahl gegen die -Ketzer schleuderte, indem er den Glaubensrichtern den staatlichen -Beistand versprach. Friedrich II. erließ 1224 ein Gesetz, worin er -die Ketzer mit dem Feuertode bedrohte und die Errichtung von -Ketzergerichten anordnete. Dadurch wurde die Macht des Papsttums -so erhöht, daß es die Hohenstaufen erniedrigen und vertilgen konnte. -</p> - -<p> -Es war immer ein verfehlter Herrscherinstinkt, welcher die -Monarchen bestimmte, der Religion ihre Unterstützung zu leihen, -und darum ist es zweifellos, daß die Religion nur als ein Mittel, -die Herrschaft der Tyrannen zu befestigen, angesehen und aus diesem -Grunde verbreitet und staatlich beschützt wurde. -</p> - -<p> -In einer vollkommen demokratischen Gesellschaft hängt die Gesittung -keineswegs von der Aufrechterhaltung der Religion ab, und -ebensowenig bedarf man ihrer zum Schutze der Autorität, die man -ja dem Volke nicht aufdrängen will. Doch wird der Kultus so -lange aufrecht erhalten werden müssen, als er dem ästhetischen Sinne -des Volkes ein Bedürfnis ist. Übrigens wird der Staat, sobald er -den Wert des Kollektivismus erkannt, zu den Grundsätzen der nordamerikanischen -Staaten übergehen, die jede konfessionelle Lehre aus -den Schulen ausschließen. Aber auch den Eltern wird man solche -konfessionelle Lehren in der Familienerziehung nicht gestatten, die mit -der staatlichen Erziehung und dem Unterrichte im Widerspruch stünden. -</p> - -<p> -Die Zeit wird kommen, wo man von den Dienern der Kirche -ebenso wie von jedem Anderen Anteil an der geregelten Arbeit -fordern wird, da die freie Zeit reicht, religiöse Übungen und Kultusfeste -zu halten. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_249' name='Page_249' href='#Page_249'>[249]</a></span> -Aber auch vom religiösen Kultus abgesehen, besteht ein Bedürfnis -nach Unterbrechung des Alltagslebens durch Festlichkeiten im -engeren und weiteren Kreise. Die Gesetzgebung stellt die allgemeinen -Grundsätze auf, welche Feierlichkeiten und Festlichkeiten zu veranstalten -sind, welcher Aufwand dabei stattfinden soll, wem die Anteilnahme -dabei zu gestatten ist. Die Ausführung dieser Gesetze -steht der Staatsverwaltung zu. Die Anlässe können individuelle -und allgemeine sein. -</p> - -<p> -<em class='gesperrt'>Die Geburt.</em> Die Geburt eines Kindes, zum mindesten die -legitime Geburt eines Kindes, <a href='#G_02_0_0'>VII, 2,</a> ist ein natürlicher Anlaß -zur Veranstaltung einer Feierlichkeit. Sie wird stattfinden, sobald -die Mutter daran Anteil nehmen kann, also etwa vier Wochen nach -der Entbindung. Die Festlichkeit wird darin bestehen, daß dem -Neugeborenen ein Name gegeben wird, entweder nach der Wahl der -Mutter allein oder nach der Wahl beider Eltern oder, falls die -natürliche Mutter schon vorher gestorben ist, nach der Wahl der -Wahlmutter, <a href='#G_05_b_0'>VII, 5, b.</a> Es wird dabei Sorge zu tragen sein, daß -die Familiennamen genau unterschieden werden, innerhalb der -Familien aber kein Personenname gewählt wird, der von einem -anderen noch lebenden Mitgliede derselben Familie getragen wird. -Es wird der Natur der Sache entsprechen, daß der Verwaltungsbeamte -oder sein Delegierter zur Feierlichkeit erscheint, den gewählten -Namen, der in die Standesregister eingetragen wird, proklamiert, -eine Ansprache hält und den neuen Bürger in den Schutz des -Staates mit allen jenen Rechten übernimmt, die ihm kraft der Verfassung -zustehen. Namens des Neugebornen mag die Mutter oder -Wahlmutter die Versicherung geben, daß derselbe sich dem Staate -dankbar erweisen und ein nützliches Glied der Gesellschaft zu werden -sich bemühen wird. Es wäre das eine Nachahmung der Aufnahme -der Neugebornen durch die Taufe in die Kirche. Aber der Staat -wird sein besseres Recht auf die Jugend sich nicht nehmen lassen. -Daran wird sich eine Festtafel schließen, an welcher außer dem Verwaltungsbeamten -und einigen Verwandten eine Zahl von geladenen -Gästen teilnehmen mögen. Der Aufwand wird nun darin bestehen, -daß den Teilnehmern kostbarere Gerichte und Getränke als täglich -geboten werden. Nachdem die Zahl der Geburten im kommenden -<span class='pagenum'><a id='Page_250' name='Page_250' href='#Page_250'>[250]</a></span> -Jahre mit ziemlicher Genauigkeit vorausberechnet werden kann, wird -der Gesamtaufwand leicht vorauszubestimmen sein. Er wird nach -dem Prinzip der Naturalwirtschaft bestimmt werden, ausgedrückt in -einer für das ganze Reich festgesetzten Menge von Wein, Bier und -<ins class='correction' title='andren'>anderen</ins> Getränken, insofern der Alkohol noch nicht aus der Volkswirtschaft -verdrängt ist, und von ausgewählten Gerichten, nämlich -Wild, Fischen, Fleisch, Geflügel usw. -</p> - -<p> -Die Staatsverwaltung hat dann den genehmigten Aufwand auf -die Provinzen, Kreise und Bezirke aufzuteilen, und die Verwaltungsbeamten -haben die Bestimmungen für die einzelnen Fälle innerhalb -der ihnen von der Verfassung gezogenen Grenzen zu treffen. -</p> - -<p> -Für die Verteilung kann die Gesetzgebung auch noch weiters -gewisse Vorschriften machen, so daß eine gewisse Abstufung vorgeschrieben -wird für Geburtsfestlichkeiten in den Familien von -Lehrern, Ärzten, Beamten und aufwärts bis zu den höchstgestellten -Personen, Unterschiede, die auf die Zahl der Gäste und die Menge -und Kostbarkeit der Speisen und Getränke und den anderen Aufwand -Bezug haben. Die Verteilung nach diesem Grundsatze für die -einzelnen Fälle liegt der Staatsverwaltung ob. -</p> - -<p> -<em class='gesperrt'>Aufnahme in die Schule.</em> Ob auch diese mit einer Festlichkeit -verbunden werden soll und welcher Aufwand dafür gestattet -wird, hängt gleichfalls von der Gesetzgebung ab. Doch scheint es, -daß die Zahl der Festlichkeiten zu sehr vermehrt würde, wenn auch -dieser Anlaß gefeiert würde. Da die Gesamtmittel gegeben sind, -wird der Aufwand im einzelnen Falle um so geringer sein müssen, -je mehr Festlichkeiten veranstaltet werden. -</p> - -<p> -<em class='gesperrt'>Aufnahme unter die volljährigen und eigenberechtigten -Bürger.</em> Mit Eintritt des Bürgers in das 19. Lebensjahr -wird ein Lebensabschnitt bezeichnet, der gleichfalls Anlaß zu -einer Festlichkeit bietet. Es wird eine Ansprache des Verwaltungsbeamten -oder seines Delegierten und eine Antwort des Gefeierten -am Platze sein und sich daran gleichfalls eine Festtafel schließen. -Bezüglich des besonderen Aufwandes und dessen Abstufung gilt dasselbe, -wie oben; vielleicht wird die Höhe des Aufwands schon -nicht mehr von den Verdiensten der Eltern, sondern von dem Charakter -und den bisherigen Verdiensten des Gefeierten abhängig sein. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_251' name='Page_251' href='#Page_251'>[251]</a></span> -<em class='gesperrt'>Vermählung.</em> Auch die Vermählung eines Bürgers ist ein -Anlaß zur Feier einer Festlichkeit, und dafür gelten dieselben Bestimmungen, -wie für die vorhin erwähnten Feste. Das Gesetz bestimmt -die zur Gültigkeit der Ehe erforderlichen Förmlichkeiten. Die -Trauung wird wohl vom Verwaltungsbeamten zu vollziehen sein, -der eine entsprechende Rede halten mag. Auch zu dieser Funktion -kann er Vollmacht zu erteilen berechtigt werden. Der Aufwand -wird etwas größer sein für die Vermählungsfeierlichkeiten, als für -andere Privatfeste. Auch die Abstufung mag sich innerhalb weiter -gesteckter Grenzen bewegen. Es kann sich an die Festtafel ein Tanzfest -anschließen, es kann der Bezirksvorort, der Kreisvorort oder der -Provinzvorort zu diesen Feierlichkeiten als Festort bestimmt und ein -gewisser Aufwand an Reisen, Beurlaubungen, Festkleidern, Aufzügen -genehmigt und den Neuvermählten eine Zeit der Befreiung von jeder -Arbeit und dergleichen bewilligt werden. Diese reicheren Feierlichkeiten -und sonstigen Annehmlichkeiten sollen denjenigen, die die -Pflichten und Sorgen der Ehe auf sich nehmen, ein Äquivalent bieten. -</p> - -<p> -Insofern nicht allen Gliedern der Gesellschaft die Ehe bewilligt -wird, wird die Versagung der Geburtsfeierlichkeiten für die illegitimen -Geburten einen Teil jener Übel bilden, welche der Staat -verhängt, um illegitime Geburten zu verhindern. -</p> - -<p> -<em class='gesperrt'>Der Geburtstag der Alten</em>, die das neunzigste oder fünfundneunzigste -Jahr erreicht haben, wäre ein sehr geeigneter Anlaß -für Festlichkeiten. Man hätte allen Grund, die Volksgenossen, welche -ein besonders hohes Alter erreicht haben, zu ehren. -</p> - -<p> -<em class='gesperrt'>Bestattungsfeierlichkeiten.</em> Daß die Bestattung der Verstorbenen -den Anlaß zu gewissen Feierlichkeiten bietet, ist offenbar. -Auch die Trauer soll einen ästhetischen Ausdruck finden. Ob die -Toten begraben oder verbrannt werden, kann Gegenstand der Gesetzgebung -sein oder der freien Verfügung der Einzelnen oder den Hinterbliebenen -überlassen werden. Daß den Verstorbenen von allen Bewohnern -der Gemeinde oder des Quartiers und außerdem von Verwandten -und Freunden das Geleite zur Ruhestätte gegeben wird, ist -vorauszusetzen. Insofern aber auch ortsfremden Personen dazu Urlaub -und Reise bewilligt werden sollen, ist Sache der Verteilungsbeschlüsse. -Zur Bestattung hervorragender Personen, die das Volk -<span class='pagenum'><a id='Page_252' name='Page_252' href='#Page_252'>[252]</a></span> -besonders ehrt, werden die Bezirke und Kreise Abordnungen entsenden, -welchen der Staat Urlaub und Reise zu bewilligen hat. -Auch hierin und in Hinsicht auf den Trauerpomp wird eine Abstufung -in sehr weit gesteckten Grenzen gutzuheißen sein. Die Totenmahle -sollten außer Übung kommen, weil sie nicht zur Trauerstimmung -passen. Eher würde sich empfehlen, den nahestehenden -Personen, insbesondere der Witwe oder Mutter Urlaub zu gewähren -und ihnen das Fernbleiben von den gemeinsamen Mahlzeiten, eine -Reise oder sonst etwas zu gestatten, was dem Gemüte Trost gewähren -kann. Jeder damit verbundene Aufwand, nämlich Urlaub, -Reisen u. dergl., bedarf der Genehmigung durch die Verteilungsgesetze. -</p> - -<p> -Der Tod besonders verdienter Menschen kann Anlaß zu besonderen -Feierlichkeiten geben, so daß der Leichnam nach einem -größeren Orte gebracht oder in mehreren Orten Trauerfeierlichkeiten -gehalten werden, daß hervorragende Redner Gedächtnisreden halten, -zum Gedächtnisse selbst eigne Werke herausgegeben und in allen -Bibliotheken aufgestellt werden, daß man Denkmäler setzt oder Gedächtnistage -für jedes Jahr, jedes Dezennium oder Jahrhundert -stiftet. Auch hier wird die Verteilung nach den vom Volke genehmigten -Grundsätzen in der Regel durch die Staatsverwaltung -vorgenommen, es können aber auch bei ganz ungewöhnlichen Verdiensten -der Verstorbenen besondere Volksbeschlüsse eingeholt werden. -</p> - -<p> -<em class='gesperrt'>Besondere Anlässe zur Feier von Individuen.</em> Solche -besondere Anlässe können sein, der Amtsantritt von Lehrern, Ärzten, -Beamten nach ihrem Range, sowie die Jahresfeier oder der Gedenktag -nach 10, 25 Jahren, hierher gehören auch die Abiturientenfeiern -und ihre Gedenktage für die Studierenden höherer Schulen. -</p> - -<p> -<em class='gesperrt'>Anlässe allgemeiner Natur.</em> Solche Anlässe sind die -Gründung von neuen Gemeinden, Gebäuden und größerer Anstalten -und die Gedenktage daran, die Erlassung gewisser Gesetze usw. -Ebenso eignen sich Frühjahrsanfang, Sonnenwende und Ernte zur -Veranstaltung von Festlichkeiten, so auch Weihnacht und Ostern. -Dabei kann der Aufwand naturgemäß bei ganz besonderen Anlässen -viel weiter gesteigert werden als unter den heutigen Verhältnissen, -nachdem der Reichtum und dessen Konzentrierung weit über das -hinausgeht, was in der heutigen Gesellschaftsordnung zu erreichen -<span class='pagenum'><a id='Page_253' name='Page_253' href='#Page_253'>[253]</a></span> -möglich ist. Die Ansammlung von Menschen, Gefährten, Pferden -und anderen Tieren und die Vereinigung von Künstlern und Künstlerinnen -aller Art in Theatern und Arenen kann eine Ausdehnung -annehmen, für die uns heute jeder Maßstab fehlt. Der Staat -braucht sich zu diesem Zweck nichts zusammenzubetteln, da alle Güter -im Staate und alle Personen ihm zur Verfügung stehen. Er ordnet -nur an, daß ein bestimmtes Festprogramm durchgeführt werden soll -und wer daran Anteil nehmen kann, nämlich nach Kategorien und -anderen allgemeinen Kennzeichen. Gegen solche Feierlichkeiten kann -das Herrlichste, was selbst Rom unter den Kaisern gesehen hat, nicht -in Betracht kommen. -</p> - -<p> -Zu mehr oder weniger großartigen Feierlichkeiten können die -Wettbewerbungen in allerlei Geschicklichkeiten und Kunstaufführungen -Anlaß geben, und diese Wettbewerbungen werden bezirksweise, unter -den Preisgekrönten der Bezirke nach Provinzen oder für das Reich -veranstaltet werden. -</p> - -<p> -So wie aber großartige Festlichkeiten aus allgemeinen Mitteln -veranstaltet werden können, ist es auch denkbar, daß der Aufwand -von einzelnen bestritten wird. Wenn jeder Bewohner des Staates -für einen solchen bestimmten Zweck eine Stunde seiner Muße und -einen Teil der auf ihn entfallenden Konsumtibilien widmet und an -der Herstellung herrlicher, dem Feste gewidmeten Gegenstände, nach -einem vorher angenommenen Plane im organischen Verbande mit -anderen mitarbeitet, so kann etwas Staunenerregendes geschaffen -werden. Die Verfassung und der Druck von Werken, die Schaffung -von Kunstwerken aus kostbarem Material, der Bau von Häusern und -deren Ausstattung und Einrichtung kann solchergestalt zustande -kommen. So zur Feier des siebzigsten Geburtstages eines Virchow -oder Röntgen. -</p> - -<p> -Die allgemeinen Feierlichkeiten zeichnen sich dadurch aus, daß -niemand prinzipiell und gänzlich davon ausgeschlossen ist, wenn auch -nur wenige berechtigt sein mögen, ganz nach Belieben an <em class='gesperrt'>allen</em> -Feierlichkeiten teilzunehmen. Es gibt keine Unglücklichen — es -wäre denn jemand, der harte Strafe verdient hätte — der nur mit -Neid sehen könnte, wenn andere genießen, was er selbst ganz und -<span class='pagenum'><a id='Page_254' name='Page_254' href='#Page_254'>[254]</a></span> -gar entbehren muß. Heute ist die Freude der einen der Kummer -und die Entbehrung, ja der Hungertod anderer. Das ist dem -Kollektivismus fremd, der nur Zufriedene machen will. Und die -Abstufung in den Genüssen soll ihren Grund immer nur im öffentlichen -Interesse haben, so daß auch der an den Festlichkeiten nicht -Beteiligte einen indirekten Anteil an den Freuden anderer hat. Die -Bevorzugung der wenigen soll immer nur der Lohn von Diensten -sein, die allen geleistet wurden. -</p> - -<p> -Diese Festlichkeiten werden zur Veredlung des Volkes viel beitragen, -und sie werden höchstwahrscheinlich ein vortrefflicher Ersatz -für die in Verfall geratenden religiösen Kulte sein. Denn während -der religiöse Kult eine Gottheit verherrlicht, <em class='gesperrt'>werden die Festlichkeiten -des Kollektivstaats das Menschentum verherrlichen</em>. -Sie werden dazu anregen, dem wahrhaft Großen, den großen Geistern -nachzustreben und in ihnen die Menschheit zu verehren, aus der sie -hervorgegangen. -</p> - -<h3 id='H_11_0_0'> -11. Die Wettbewerbungen, Glücksspiele. -</h3> - -<p> -Die olympischen Spiele der Griechen haben vielleicht das meiste -zur Entwicklung der griechischen Kultur beigetragen, und es würde -zu den Aufgaben des Kollektivstaates gehören, etwas Ähnliches ins -Leben zu rufen, nur viel großartiger, mannigfaltiger und in rascherer -Aufeinanderfolge. Die heutigen Großstaaten umfassen eine viel zahlreichere -Bevölkerung, sie sind viel reicher und der allgemeine Fortschritt -entwickelt sich viel rascher. Es würden auch die Wettspiele -und andere Wettbewerbungen spezialisiert und nicht, wie die olympischen -Spiele, geistige und körperliche Übungen zusammenfassen. -Auch würden sie nicht auf <em class='gesperrt'>einen</em> Ort beschränkt, sondern Bewerber, -Schiedsrichter und Schaulustige in den verschiedensten Städten des -Reiches versammeln. Die meisten Wettspiele würden allen Nationalitäten -des Reiches gemeinsam eröffnet werden, Poesie und Drama -aber wohl national geschieden. Endlich würden diese Wettbewerbungen -abgestuft und zuerst nach Kreisen, und für die Sieger in -den einzelnen Kreisen die Wettbewerbungen im ganzen Reiche veranstaltet. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_255' name='Page_255' href='#Page_255'>[255]</a></span> -Der Preis, um den man sich bewerben würde, wäre nicht nur -der Ruhm des Sieges, sondern es könnten auch Prämien der verschiedensten -Art zuerkannt werden, zumeist bestehend im lebenslänglichen -Gebrauche gewisser kostbarer Güter. So die edelsten Pferde -zu reiten für den Sieger in der Reitkunst, die besten und berühmtesten -Geigen zu spielen für den Sieger im Violinspiel u. a. Die -Sieger würden wieder auf Kosten des Staates zu auswärtigen Veranstaltungen -gleicher Art entsendet werden, wie man auch die berühmtesten -Ausländer einladen würde, an unseren Wettbewerbungen -teilzunehmen. -</p> - -<p> -Hier wäre noch zu bemerken, inwiefern man das Glücksspiel -dulden könnte, wenn die Spielwut nicht ganz erlöschen würde, obgleich -der Sinn des Kollektivismus ist, dem Zufall keinen Einfluß -mehr zu gestatten. Da der Staat alle Güter verwaltet, kann ohne -seine Zustimmung nichts mehr aufs Spiel gesetzt werden. Doch -könnte man der Spielwut immerhin kleine Zugeständnisse machen. -Weshalb sollte man nicht, solange noch Bier gebraut wird, einen -Krug Bier ausspielen, oder gewisse Reiseberechtigungen dem Sieger -im Kartenspiel oder Domino oder Schach überlassen dürfen? Das -Schachspiel könnte sogar in die Reihe jener Künste aufgenommen -werden, die von Staats wegen zu fördern und für welche Wettbewerbungen -im größten Maßstab eröffnet werden sollten. Auch ist -der Sieg im Schachspiel nicht vom Zufall abhängig, daher es auf -staatliche Förderung Anspruch hat. -</p> - -<h3 id='H_12_0_0'> -12. Nachweis der Ökonomie der in diesem Werk <ins class='correction' title='vorgeschlagenenen'>vorgeschlagenen</ins> -Organisation des Verteilungs-, Sanitäts- und -Unterrichtsdienstes. -</h3> - -<p> -Um zu beurteilen, ob der Kollektivstaat alles das für die <ins class='correction' title='Veredlung'>Veredelung</ins> -des Volkes, für Sanität, Erziehung und Unterricht leisten -könnte, was in diesem Werke versprochen wird, ist es vor allem -notwendig, daß man prüft, ob es richtig ist, daß die Verteilung im -Kollektivstaat mit so geringem Arbeitsaufwand besorgt werden kann, -wie hier behauptet wird. Ich glaube, daß der Abschnitt <a href='#F_08_0_0'>VI, 8,</a> -<span class='pagenum'><a id='Page_256' name='Page_256' href='#Page_256'>[256]</a></span> -über die Statistik, das ziemlich klar macht. Wenn man nun aus -unserer heutigen Statistik ermittelt, wie viele Menschen heute mit -dem Umsatze der Güter zu tun haben, so kann man die Ersparnis -an Arbeitskräften für den Güterumsatz ermitteln und zeigen, daß -dadurch viel mehr Personen für Sanität und Unterricht frei werden, -als der Staat braucht, um die von mir geforderten Leistungen zu -bestreiten. -</p> - -<p> -Es gibt verschiedene Berufe und soziale Schichten, in welchen -die Einführung des Kollektivismus mit Aufhebung des Handels und -der Geldwirtschaft eine Veränderung herbeiführen muß, indem manche -Berufe, so insbesondere der Handelsberuf und der durch den Handel -verursachte Arbeitsaufwand erlöschen, andere Berufe neu organisiert -werden und neue Funktionen übernehmen, daher die dafür gewidmeten -Arbeitskräfte vermehrt werden müssen. Andererseits werden -auch neue Kategorien von Arbeitsbefreiten geschaffen, die der Staat -zu erhalten hat, wogegen die heutige Gesellschaft die Besitzenden -ohne Arbeitsgegenleistung erhalten muß, welche, wenigstens der Mehrzahl -nach, in der künftigen Gesellschaftsordnung in einen der dann -bestehenden Berufe eintreten müssen. -</p> - -<p> -Was die Verschiebungen in den Berufen anbelangt, so handelt -es sich vorzüglich um den Handel, den öffentlichen Dienst, den Unterricht -und den Sanitätsdienst; was die Verschiebungen in den arbeitsbefreiten -(unproduktiven) Gesellschaftsschichten anbelangt, so handelt -es sich vorzüglich um eine menschenwürdige Altersversorgung in der -künftigen Gesellschaftsordnung einerseits und um Ausgedingler, Haus- und -Rentenbesitzer, Pensionäre und Almosenempfänger, Pfründner -und andere unproduktive Personen in der heutigen Gesellschaftsordnung. -Von der Altersversorgung wird in <a href='#L_01_c_0'>XI, 1, c,</a> die Rede sein. -</p> - -<p> -Die Ermittlung der oben erwähnten Berufe wird nach den -Volkszählungen des Jahres 1900 in Österreich und Ungarn gemacht -und es werden die beiderseitigen Ziffern zusammengezogen, wobei die -Ziffern für Ungarn in manchen Punkten schätzungsweise mit der -Hälfte der für Österreich <ins class='correction' title='giltigen'>gültigen</ins> Ziffern eingestellt werden, weil die -ungarische Statistik manches, was in Österreich gesondert nachgewiesen -wird, zusammenfaßt und diese Veranschlagung jedenfalls der -Wahrheit so nahe kommt, als man für diese Arbeit braucht. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_257' name='Page_257' href='#Page_257'>[257]</a></span> -</p> - -<table style="width:100%" summary=" "> - <tr> - <td class="cwdth76"> - Der Handel beschäftigte in beiden Reichsteilen, Österreich und Ungarn, zusammen - </td> - <td class="cwdth13 r vb">665 949</td> - <td class="cwdth11 l vb">Pers.</td> - </tr> - <tr> - <td>der öffentliche Dienst XXVI, 1 u. 2 des Volkszählungsoperates</td> - <td class="r vb">98 260</td> - <td class="l vb"> "</td> - </tr> - <tr> - <td>der Unterricht XXVI, 3</td> - <td class="r vb">141 681</td> - <td class="l vb"> "</td> - </tr> - <tr> - <td>der h. Sanitätsdienst XXVI, 4</td> - <td class="r vb">18 812</td> - <td class="l vb"> "</td> - </tr> - <tr> - <td>der n. Sanitätsdienst XXVI, 5</td> - <td class="r vb">26 625</td> - <td class="l vb"> "</td> - </tr> - <tr> - <td>Advokaten und Notariat XXVI, 8</td> - <td class="r vb">21 439</td> - <td class="l vb"> "</td> - </tr> - <tr> - <td>in Summa</td> - <td class="r sumtop">972 766</td> - <td class="l">Pers.</td> - </tr> -</table> - -<p> -Es handelt sich hier um einen Bevölkerungsstand von rund -45 Millionen oder, nach der von mir angenommenen Verteilung der -Bevölkerung um 45,000 Gemeinden und Quartiere von durchschnittlich -1000 Bewohnern. -</p> - -<p> -Hierbei sind Post- und Telegraphenbetrieb, obwohl dabei große Ersparnisse -an Arbeit wahrscheinlich sind, dann einige kleine Nebenberufe des -Handels und selbstverständlich der Transport nicht in Rechnung gestellt. -</p> - -<p> -Da nun in der künftigen Gesellschaftsordnung die Verteilung -im Großbetriebe von den Verwaltungsbeamten besorgt wird, welche -den Handelsstand entbehrlich machen, so beansprucht der Kollektivstaat -für jede Gemeinde und Quartier einen Verwaltungsbeamten, -dem eventuell ein Volksbeamter beigegeben wird, das macht für -</p> - -<table style="width:95%" summary=" "> - <tr> - <td>45,000 Gemeinden und Quartiere</td> - <td class="cwdth10 r vt">90 000</td> - <td class="c vt">Personen</td> - </tr> - <tr> - <td>mit einem Zuschlage von<br />für übergeordnete Beamte und Zentralstellen,</td> - <td class="r vt">18 000</td> - <td class="c vt">"</td> - </tr> - <tr> - <td>es beansprucht ferner der Unterrichtsdienst je 8 Volksschullehrer für 45,000 Gemeinden und Quartiere</td> - <td class="r vb">360 000</td> - <td class="c vb">"</td> - </tr> - <tr> - <td>mit einem Zuschlage von<br />für übergeordnete Organe des Unterrichts, der Zentralstelle, der Hochschulen, Universität und Akademie,</td> - <td class="r vt">180 000</td> - <td class="c vt">" -A-</td> - </tr> - <tr> - <td>ferner zwei Ärzte, einen männlichen und einen weiblichen für je eine Gemeinde oder Quartier</td> - <td class="r vb">90 000</td> - <td class="c vb">"</td> - </tr> - <tr> - <td>mit einem Zuschlage von<br />für übergeordnete Organe des Sanitätsdienstes, die Zentralstelle und Spezialärzte</td> - <td class="r vt">18 000<br /><br />_______</td> - <td class="c vt">"</td> - </tr> - <tr> - <td>in Summa</td> - <td class="r">756 000</td> - <td>Personen</td> - </tr> - <tr> - <td class="r klein" colspan="3"> --A- Hierbei ist auch die Vermehrung der Hochschulstudierenden in Anschlag gebracht. - </td> - </tr> -</table> - -<p class='continue'> -<span class='pagenum'><a id='Page_258' name='Page_258' href='#Page_258'>[258]</a></span> -oder rund um 220,000 Personen weniger als oben für das Jahr -1900 in Österreich-Ungarn ausgewiesen wurde. Das ist wesentlich -die Folge davon, daß durch die Pauschalversorgung der Bevölkerung -und den Umsatz von Gemeinde zu Gemeinde, statt von Individuum -zu Individuum, sowie durch Naturalwirtschaft und -durch Vereinheitlichung des Umsatzes in der Hand des Staates -dieselben ökonomischen Vorteile erzielt werden, wie durch das -Clearingsystem. -</p> - -<p> -Freilich wird das niedere Sanitätspersonal, dann das Erziehungspersonal -und der Unterricht in den vier ersten Volksschulklassen zu Lasten -des Haushaltungspersonals gerechnet, allein auch heute <ins class='correction' title='beteiliget'>beteiligt</ins> -sich die Familie an der Krankenpflege, der Erziehung und dem Unterrichte -und es wird das in Zukunft mit weit größerem Erfolge geschehen, -weil die Bildung der weiblichen Bevölkerung im Kollektivstaate -eine weit größere ist. Außerdem wird erwartet, daß die -Zentralisation der hauswirtschaftlichen Arbeiten eine Ersparnis an -Arbeitskräften mit sich bringen wird, wodurch der Mehraufwand -an Erziehungs- und Krankenpflege wettgemacht werden dürfte. -</p> - -<p> -Eine Vergleichung zeigt also, daß die Verteilung (der Gütertausch), -der Unterricht und das Sanitätswesen zusammengenommen -eine geringere Belastung der Volkswirtschaft beanspruchen wird, als -in der heutigen Gesellschaftsordnung, obgleich der Kollektivismus -in allen diesen Zweigen der Volkswirtschaft mindestens dreimal mehr -leistet, als die heutige Gesellschaft. Das gilt nicht nur vom Unterrichts- -und Sanitätsdienst, sondern auch von der Güter- und Arbeitsverteilung, -welche zugleich — <em class='gesperrt'>ohne Verwaltungskosten</em> — die -beste Versicherung für alle ökonomischen Wechselfälle des Lebens -bietet. Nicht nur wird der Sanitätsdienst die Aufgabe haben, den -allgemeinen Gesundheitszustand zu heben, sondern auch auf die Verteilung -der Arbeit, die Berufswahl und die Erteilung der Ehebewilligung -und im weiteren auf die psychische und physische Veredelung -des Volkes Einfluß zu nehmen. -</p> - -<p> -Die heutige Güterteilung wirkt zugleich indirekt als Zwang -zur Arbeit. Diese Art des Zwanges wird aber <ins class='correction' title='um'>im</ins> Kollektivismus -durch direkten Zwang ersetzt, wie er beim Militärdienst -geübt wird. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_259' name='Page_259' href='#Page_259'>[259]</a></span> -Mit dem Hinwegfalle der Arbeits<em class='gesperrt'>kräfte</em>, welche heute im -Handel verbraucht werden, welche Ersparung allein als Handelsunkosten -veranschlagt wurden, wird in Zukunft auch ein großer sachlicher -Aufwand in Ersparung gebracht, den der Handel verursacht, -ein Aufwand für Geschäftsräume, für Lagerräume, für Annoncen -und Reisen, mit einem Worte alles, was in den Betriebsrechnungen -der Kaufleute außer dem Salär an Spesen verrechnet wird. Ferner -gehört zum Aufwande für die Verteilung durch Kauf und Verkauf auch -mancherlei Arbeit der selbständigen Unternehmer, nämlich der Bauern -und Gewerbsleute — in Österreich mehr als 4 Millionen Personen -— welche in der Berufsstatistik nicht als Handelsarbeit ausgewiesen -wird, so das Marktfahren, die Gänge zu Behörden und Anwälten, -das Handeln und Schachern beim Verkauf von Kälbern und -Schweinen, beim Ankauf von Saatgut, beim Verkauf von Kartoffeln, -Ackerfrüchten und Milchprodukten, von Eiern, beim Ankauf von -Werkzeugen und beim Anwerben von Dienstleuten. -</p> - -<p> -Ferner sind noch viele Gewerbe in unserer heutigen Gesellschaftsordnung -mindestens zur Hälfte als Handelsgewerbe zu rechnen und -zwar: Fleischer, Selcher, Bäcker, Zuckerbäcker, Kaffeesieder, Ausschänker, -Gasthöfe und Wirte. Von den in diesen Gewerben Tätigen -wurden 1900 in Österreich-Ungarn 317,731 gezählt und zwar mit -Ausschluß der Arbeiter in den vier ersten Gewerben, daher -reichlich die Hälfte, nämlich 159,000 auf Verteilungsarbeit (in den -Gast- und Kaffeehäusern Bedienung) zu rechnen sind. -</p> - -<p> -Mit dem Handel entfällt auch die Handelsarbeit der Kundschaft, -welche statistisch nicht ausgewiesen werden kann. Da die Kundschaft -zum Kaufmann geht, der sie erwartet,<a name='FA_39' id='FA_39' href='#FN_39' class='fnanchor'>[39]</a> die Kundschaft auch im Laden -die Abfertigung abwarten muß, kann man wohl annehmen, daß der -Zeitverlust und Arbeitsaufwand der Kundschaft im Handel ein und -einhalbmal soviel beträgt, wie der Arbeitsaufwand der im Handelsberufe -tätigen Personen oder die Jahresarbeit von -</p> - -<table style="width:95%;" summary=" "> - <tr> - <td class="cwdth75"> </td> - <td class="cwdth15 r">998 924</td> - <td class="cwdth10 r">Personen</td> - </tr> - <tr> - <td>dazu Tätige im Handelsberufe</td> - <td class="r">665 949</td> - <td class="c">"</td> - </tr> - <tr> - <td>Gesamthandelsarbeit</td> - <td class="r sumtop">1 664 883</td> - <td class="c">Personen</td> - </tr> -</table> - -<p class="continue"> -nahezu 1,7 Millionen Menschen von 45.000,000 Einwohnern. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_260' name='Page_260' href='#Page_260'>[260]</a></span> -<ins class='correction' title='Sowie'>So wie</ins> der Geldhandel eine vielfach vollkommenere Güterumsatzform -ist, als der Tauschhandel, zwischen einzelnen Personen, so ist der -Güterumsatz im Kollektivstaat vielmal vollkommener und ökonomischer als -der Geldhandel. Ebenso ist der Familienhaushalt eine durchaus rückständige -Wirtschaftsform für das Volk. Er ermangelt aller Vorteile des -Großbetriebes, dessen Vorzüge in den vorstehenden Berechnungen zum -Ausdruck kommen. Wenn man die Familie als Einheit für die -Wirtschaft betrachtet, so findet heute der Austausch zwischen 6 bis -8 Millionen solcher Einheiten in Österreich-Ungarn statt, während -diese Einheiten im Kollektivstaate auf 45,000 vermindert würden. -Aber abgesehen von der Arbeitsverminderung, welche das zur Folge -hat, ist ja unser Gütertausch auch die Quelle so zahlreicher Zufälle, -die das menschliche Leben zu einem tollen Spiel machen. -</p> - -<p> -In Vorstehendem ist der Nachweis erbracht worden, daß die -Ersetzung des Privateigentums durch Kollektiveigentum, die direkte -Verteilung der Güter an Stelle der Verteilung durch Kauf und -Verkauf, somit die absolute Naturalwirtschaft an Stelle der Geldherrschaft, -eine so außerordentliche Vereinfachung des Güterumsatzes -zur Folge hat, daß die dadurch bedingte Arbeitsersparnis hinreicht, -Unermeßliches für die Vervollkommnung der Rasse und die Erziehung -und Unterricht, für Kunst und Wissenschaft zu tun. Außerdem bewirkt -der Kollektivismus eine Totalversicherung jedes einzelnen Individuums, -er macht alle jene Verbrechen unmöglich, deren Triebfeder -der Eigennutz ist und er begründet eine Ära des inneren Friedens -und bereitet damit den internationalen Frieden vor. -</p> - -<p> -Unerledigt bleibt die Frage, ob die Volkswirtschaft die Arbeit -von vier Jahrgängen, vom 14. bis zum 18. Lebensjahre entbehren -kann, um den Unterricht bis zum vollendeten 18. Lebensjahre auszudehnen. -Es ist zwar nicht zu bezweifeln, daß zu frühe körperliche -Anstrengung den Arbeitswert der Menschen für das ganze Leben -herabsetzt und daß eine intensivere geistige Ausbildung den künftigen -Arbeitswert der Individuen erhöht, aber einen ziffernmäßigen Nachweis, -daß diese Einrichtung ohne Schaden für die Gesamtproduktion -verwirklicht werden kann, ist nicht zu erbringen. Man wird darum -auch nicht von allem Anfang die ganze Jugend bis zum vollendeten -18. Lebensjahre in der Schule halten und von der physischen Arbeit -<span class='pagenum'><a id='Page_261' name='Page_261' href='#Page_261'>[261]</a></span> -befreien, sondern nur die intelligentesten Schüler des 8. Schuljahres -in die vier letzten Jahrgänge aufsteigen lassen, die minderbefähigten -aber zur Arbeit einstellen, wobei man aber dafür sorgen wird, ihnen -nur die leichtesten Arbeiten zuzuweisen, welche der Entwicklung nicht -hinderlich sind. In einer gut organisierten zentralisierten Produktion -können übrigens viele Kräfte zur Arbeit verwendet werden, welche -heute brach liegen müssen, und darum wird es möglich sein, auch -schon zweijährige Kinder zu gewissen Arbeiten zu verwenden, welche -Kraft und Geschicklichkeit nur steigern. So gehe ich von der Meinung -aus, daß Erziehung und Unterricht nicht darunter leiden -würden, wenn die Kinder und jungen Leute schon vom dritten Jahr -an 2-3 Stunden des Tages produktiv beschäftigt würden und auch -dadurch würde ein Teil des Arbeitsverlustes hereingebracht werden, -der mit der Ausdehnung des Volksschulunterrichtes auf zwölf Jahre -verbunden wäre. -</p> - -<h2 id='I_00_0_0'> -IX.<br /><br /> -Die Befriedigung der wichtigsten Bedürfnisse -des Volkes im Kollektivstaate. -</h2> - -<hr class='h2bot' /> - -<h3 id='I_01_0_0'> -1. Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses. -</h3> - -<p> -Wie hätte der Kollektivstaat die Wohnungsbauten einzurichten -und für das Wohnungsbedürfnis des Volkes zu sorgen? -</p> - -<p> -Ich bespreche hier nur das Bedürfnis des Volkes, der Masse, -nicht derjenigen, die durch höhere Verdienste Ansprüche auf Bevorzugung -haben. Ich spreche von dem Bedürfnisse des geringsten Arbeiters -und der Arbeitsunfähigen, vom Wohnungsminimum in den -Urgemeinden. -</p> - -<p> -Ich befürworte vor allen die völlige Trennung der Wirtschafts- -und Industriebauten von den eigentlichen Wohnbauten, es sollen -nicht nur mit den einzelnen Wohnungen, von Küchen und von den -Räumen für die Wäsche und andere hauswirtschaftliche Arbeiten -abgesehen, keine Werkstätten in unmittelbarer Verbindung stehen, -sondern auch in der unmittelbaren Nähe der Wohnungsansiedlungen -soll es weder Werkstätten, noch Stallungen, Scheunen oder Fabriken -geben und ich halte es nicht für nötig, dafür Gründe anzuführen. -Die Wohnungsansiedlung soll nur der Ruhe, dem Genusse und der -Geselligkeit dienen und auch danach eingerichtet sein. -</p> - -<p> -Doch ist vor allem eine Frage zu lösen, soll das Küchenwesen -und die hauswirtschaftliche Arbeit zentralisiert, oder nach Familien -eingerichtet sein? Ich bin für ersteres und zwar aus folgenden -Gründen. Die Großwirtschaft ist auch hier außerordentlich ökonomisch -und sie ist nirgends so ökonomisch, als gerade in der Hauswirtschaft. -Die Hauswirtschaft mit der Speisenbereitung, Wäsche, Beheizung, -Reinhaltung und Lüftung der Wohnungen und der Ausbesserung -<span class='pagenum'><a id='Page_263' name='Page_263' href='#Page_263'>[263]</a></span> -von Kleidern, Wäsche und Utensilien, dann Kinder- und Krankenpflege -und häuslichen Erziehung beansprucht reichlich ein Fünftel der -ganzen nationalen Arbeit. Es handelt sich also um einen Produktionszweig, -der in Österreich-Ungarn etwa 4,5 Millionen Menschen beschäftigt. -Die Zentralisierung dieser Arbeiten nach Gemeinden von beiläufig -1000 Köpfen gestattet bei besserer Herstellung dieser Arbeiten eine -Ersparnis von reichlich 1-1,5 Millionen Arbeitskräften, welche der -Erziehung und dem Unterrichte zu statten käme und unsere Frauen -vor Überbürdung schützen würde. Die durch Zentralisierung der -hauswirtschaftlichen Arbeiten erzielte Ökonomie hat in Kopenhagen -zur Errichtung von Einküchenhäusern geführt, welche Küche und Bedienung -für 25 Familien liefern, aber nicht für gemeinsame Speisesäle -eingerichtet sind. Diese Absonderung der Familien vermindert -zwar den ökonomischen Erfolg, ist aber beim beständigen Wechsel -in der heutigen Gesellschaftsordnung ebenso notwendig, wie sie in der -kollektivistischen Gemeinde unökonomisch, und den sozialen Zwecken -hinderlich wäre. -</p> - -<p> -Dagegen nun steht die vermeintliche Forderung des Gemütes und die -Voraussetzung, daß nur liebende Frauen das alles mit gewissenhafter -Aufopferung und so besorgen, daß die Familienglieder befriedigt -werden. Nun meine ich zwar, daß die Familie ihre abgeschlossene -Wohnung braucht, wo sie ungestört die wahren Freuden des Familienlebens -genießen kann, daß aber mehr die gesellige Vereinigung der -Eltern mit den Kindern, als die persönliche Bemühung der Hausfrau -mit allen Einzelheiten der Familienwirtschaft das Familienglück -ausmacht und daß vielmehr gerade die Belastung der Hausfrau mit -so vielerlei Geschäften, welchen allen sie unmöglich gleichmäßig gewachsen -sein kann, die Quelle zahlreicher Mißhelligkeiten ist, und daß -gerade deshalb so wenig wahres Familienglück angetroffen wird. Am ehesten -noch allerdings bei Arbeitern, wo diese Geschäfte niemals gut besorgt -werden, noch gut besorgt werden können; bei ihnen nur, weil elende -Menschen nach jedem Strohhalm von Glück haschen und gemeinsames -Leid die Menschen verträglich macht. Wo nur etwas Wohlhabenheit -ist, werden ohnehin fremde Hilfskräfte gedungen, ohne dadurch -das Familienglück immer zu gefährden. Und auch bei zentralisierter -Wirtschaft ist ja die Familienmutter in der Lage, fehlendes -<span class='pagenum'><a id='Page_264' name='Page_264' href='#Page_264'>[264]</a></span> -zu ergänzen und auf Erfüllung der dem Staate obliegenden -Verpflichtungen zu dringen und so sich ihrer Kinder anzunehmen, für -sie besorgt zu sein. -</p> - -<p> -Ein weiterer Grund, der für Gemeindewirtschaft spricht, ist die -Forderung einer über die Grenzen der Familie erweiterten Geselligkeit, -die dort vernünftig gepflegt werden kann, während sie heute -gerade auf Kosten der Kinder geht. Wir finden, daß zumeist der -Hausvater ins Wirtshaus, die Hausfrau auf Besuch geht, ja auch -das Dienstmädchen mit dem Liebhaber läuft und die Kinder, die -man nicht mitnehmen kann, entweder eingesperrt werden oder auf der -Gasse tausend Gefahren ausgesetzt sind. -</p> - -<p> -Diesen Übelständen und den Rechtsverletzungen des Mannes der -Frau und der Eltern den Kindern gegenüber kann der kollektivistische -Staat ein Ende bereiten, aber nur dann, wenn er es vermag, die -Familienglieder nötigenfalls auch zu trennen und ihnen gesonderte -Unterkunft zu verschaffen, in gewöhnlichen Zeiten aber die Eltern, -wenn sie abwesend sein müssen, zu ersetzen. Das wird durch die -Zentralstation der Wohnungen in großen Gebäuden sehr erleichtert, -würde aber durch das Villensystem erschwert werden. In diesen -zentralisierten Ansiedlungen ergibt sich zwischen allen Gliedern der -Gemeinde, den Männern, den Frauen und den Kindern, eine umfassende -Geselligkeit, welche den Frieden fördert, die Anschauungen -bereichert, die Intelligenz erhöht. -</p> - -<p> -Doch soll auf diesem Gebiete kein Doktrinarismus aufkommen -und da man mit dem Kollektivismus nur im kleinen beginnen kann, -wird das Experiment uns belehren, ob der gemeindeweise Haushalt -den Bedürfnissen der Menschen mehr entspricht und so wird die Erfahrung -den Ausschlag geben. -</p> - -<p> -Nehmen wir an, die Entscheidung wäre für den gemeindeweisen -Hauswirtschaftsbetrieb gefallen, so wäre für folgende Bedürfnisse zu -sorgen. Jedem muß es möglich sein, sich abzuschließen, oder sich -anderen im engeren Kreise anzuschließen oder endlich der Geselligkeit -im Großen zu erfreuen. Es muß also jedem, der es wünscht, ein -genügender, abgesonderter Schlaf- und Wohnraum zugewiesen werden, -es muß aber auch die Gelegenheit geboten sein, mehrere Schlafräume -zu einem Ganzen zu gemeinschaftlicher Benutzung zu vereinen und -<span class='pagenum'><a id='Page_265' name='Page_265' href='#Page_265'>[265]</a></span> -außer diesen Schlafräumen muß es große Säle und kleinere Säle -geben, in welchen sich die ganze Gemeinde und kleinere Gesellschaften -versammeln können. Die Mahlzeiten sollen die Glieder der -Gemeinde so viel als möglich gemeinsam einnehmen, es soll aber -auch gestattet sein, sich das Essen auf seine Stube bringen zu lassen, -damit die Gemeinsamkeit nicht zur Last wird. Anfangs werden sich -aus diesem Zusammenleben vielleicht manche ärgerliche Streitigkeiten -ergeben, aber je weiter die Volkserziehung schreitet, je mehr sich die -Staatsangehörigen in die Verhältnisse einleben und wenn einmal die -Zeiten kommen, wo die überwiegende Mehrzahl der Gemeindegenossen -von Jugend auf zusammen aufgewachsen ist, endlich, wenn -es der kollektivistische Charakter des Staates ermöglicht, störende Elemente, -die sich in einer Gemeinde nicht einzufügen vermögen, in -andere Gemeinden zu versetzen, wird ein herzliches Einvernehmen der -Bewohner einer Gemeinde gewiß sich entwickeln. Man denke an die -kameradschaftliche Gesinnung der Mannschaft eines Regiments, der -Offiziere einer Garnison und daran, daß man im ältesten Griechenland -so hohen Wert auf gemeinsame Mahlzeiten legte. Doch wird -hier vieles abhängen von dem Takt und der Menschenkenntnis der -Verwaltungsbeamten. -</p> - -<p> -Diesen Grundsätzen würde nun ein Bau entsprechen, der nach -<a href='#F_01_a_0'>VI, 1, a,</a> wie unten beschrieben eingerichtet wäre. -</p> - -<p> -Der Mittelbau, ein Oblongum von etwa 1600 Quadratmeter -Baufläche, würde als Gemeindepalast dienen, im Untergeschoß Küche, -Keller, Wäscherei, geschlossene Bäder, Turnsaal und Spielräume, im -Hochparterre einen den ganzen Raum umfassenden Speisesaal, im -oberen Stockwerke den Bibliotheks- und Versammlungssaal, das -Amtszimmer, die Schulzimmer, Spielsäle und Vorratsräume enthalten. -Im Bibliothekssaale könnten auch Sonntags religiöse Feierlichkeiten -abgehalten werden, wenn das Vorurteil unterdrückt sein -wird, daß solche Feierlichkeiten nur in geweihten Räumen stattfinden -dürfen. Dieser Bau würde von einem Garten umschlossen, an den -vier Wohnbauten in Kreuzform mit Erdgeschoß und drei Stockwerken -grenzen würden. Jedes dieser vier Häuser würde 256 Wohnungseinheiten -enthalten und nach Bedarf in einfenstrige Stuben und -größere, gemeinsame Gemächer eingeteilt werden. Diese 1024 -<span class='pagenum'><a id='Page_266' name='Page_266' href='#Page_266'>[266]</a></span> -Wohnungseinheiten wären ausreichend für Beherbergung von 1000 -ständigen oder vorübergehenden Bewohnern, für Kranken- und -Fremdenzimmer und für Einräumung größerer Wohnungen für die -Verwaltungsbeamten, Ärzte und Lehrer und einige sonstige bevorzugte -Gemeindeglieder. Dabei ist zu beachten, daß die erstjährigen -Kinder wohl kein eigenes Schlafzimmer zugewiesen erhielten, daß auch -einige Erwachsene, welche einem Turnus nach mit Schmutzarbeiten -befaßt wären, aus dem Gemeindeleben auszuscheiden hätten und im -Wirtschaftsgebäude zu schlafen hätten, wodurch Räume in den -Schlafgebäuden frei würden. -</p> - -<p id='I_01_0_0al'> -Eine solche Gemeinde besäße Bäder jeder Art, im Freien, im -Souterrain und in allen Stockwerken, so daß für Reinlichkeit und -Gesundheit auf das beste gesorgt wäre. -</p> - -<p> -Wollte man familienweise für die Wohnung sorgen, mit den -beliebten »Familienhäusern«, so wäre das nicht nur ungesellig, -sondern man müßte etwa zweihundert solcher Häuschen bauen. Und -wollte man drei oder vier Familien zusammensperren, also bloß -50 Häuser für 1000 Bewohner bauen, so wären Kosten und Übelstände -immer noch groß, und der Vorteil bestünde nur darin, daß -man sich der Zentralisation genähert hätte. Die Familienhäuser -würden ein weit größeres Baukapital und einen vier- bis fünffach -größeren Raum erfordern, eine Menge Straßen und Wege beanspruchen -und einen weit umfassenderen Dienst für Beseitigung der -Fäkalien und Straßenreinigung notwendig machen, und man kann -sagen, daß durch Annahme dieses Systems der Aufwand für Wohnungsbauten -mindestens um ein Drittel erhöht -würde<a name='FA_40' id='FA_40' href='#FN_40' class='fnanchor'>[40]</a>, bei gleicher -Bequemlichkeit. Vorteile und Nachteile gegeneinander gehalten, wird -der überwiegende Vorteil auf Seite entsprechend zentralisierter Wohnungsansiedlungen -sein. Zudem erschwert die Zerstreuung der Gemeindeinsassen -die Aufsicht<a name='FA_41' id='FA_41' href='#FN_41' class='fnanchor'>[41]</a>, -die Verteilung, die Unterdrückung des -<span class='pagenum'><a id='Page_267' name='Page_267' href='#Page_267'>[267]</a></span> -Vagabundenwesens und die Evidenthaltung der Bevölkerung und ihrer -Verteilung, die nach <a href='#F_08_0_0'>VI, 8,</a> eine wesentliche Grundlage einer vollkommenen -Versorgung aller Volksgenossen bildet. Es würde von -allem, was ich mir vom Kollektivismus verspreche, kaum etwas -realisiert werden können, wenn man das Villensystem -annähme.<a name='FA_42' id='FA_42' href='#FN_42' class='fnanchor'>[42]</a> -</p> - -<p> -Um die Ansiedlung recht wohnlich zu machen, würde man die -Gebäude durch gedeckte Gänge und Veranden verbinden und, wenn -möglich, schattige Wege in den nahen Wald führen. -</p> - -<p> -Da drei Viertel der Fenster der Wohnstuben ins Freie führen, -das letzte Viertel aber nach den Gärten sähe, welche zwischen den -Wohnhäusern und dem Gemeindepalaste liegen, so wäre genügend -für gute Luft gesorgt. Ganz besondere Rücksicht wäre auf Vermeidung -der Gefährdung der Bevölkerung durch Elementarereignisse -zu nehmen. Wo Überschwemmungen, Vulkaneruptionen, Lawinen -oder Erdbeben zu fürchten sind, sind keine Wohnungsansiedlungen -anzulegen und die etwa vorhandenen abzutragen. Gegen Feuer hat -man nicht nur alle Löschgeräte bereit zu halten, sondern auch alle -Hilfsmittel zur Flüchtung der Bewohner aus allen Teilen der bewohnten -Gebäude. Es wird sich empfehlen, von Zeit zu Zeit -Übungen für die Flüchtung der Insassen aus brennenden Gebäuden -zu veranstalten. -</p> - -<p> -Die Vermeidung der Anlage von Wohnbauten an Orten, welche -erfahrungsgemäß sehr gefährdet sind, ist im Kollektivstaate sehr leicht -ausführbar; in unserer Gesellschaftsordnung werden sich immer -einzelne in der Zwangslage befinden, sich an solchen Orten anzusiedeln, -<span class='pagenum'><a id='Page_268' name='Page_268' href='#Page_268'>[268]</a></span> -weil der andere Boden besetzt ist. Der Kollektivismus kann -also auch nach dieser Richtung einem Bedürfnisse der allgemeinen -Wohlfahrt besser genügen, als unsere Gesellschaftsordnung. Laibach, -St. Pierre und andere Beispiele lehren, wie auch gegen solche -Schrecknisse der Kollektivismus allein abhelfen kann. Es hätte die -Bevölkerung von Martinique gerettet werden können, wenn Amerika -kollektivistisch organisiert wäre. -</p> - -<p> -Innerhalb gewisser Grenzen wird der Staat in jeder Gemeinde -für Ästhetik und Annehmlichkeiten im Wohnwesen sorgen. Allein -über diese Grenzen hinaus wird es den Gemeindemitgliedern überlassen -bleiben, größere Annehmlichkeiten zu schaffen. Die jährlich -zur Verteilung gelangenden Konsumtibilien, <a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> und die freie -Zeit der Bewohner können dazu verwendet werden, um Wege und -Aussichtswarten anzulegen, die Wohnräume zu schmücken, die Gartenanlagen -zu zieren u. dergl., und nur insofern dadurch Flächen dem -Anbau entzogen würden, wird die Zustimmung der Staatsverwaltung -erforderlich sein. Ja, wenn sich unter den Gemeindegenossen wirkliche -Künstler befinden, kann sich eine kleine Gemeinde im Laufe von -Dezennien in ein kleines Athen verwandeln, der große Saal mit -herrlichen Bildwerken und Gemälden geschmückt werden, die Eingangspforten -mit Bronzen und Holzplastik ausgestattet, die Außenwände -der Gebäude mit architektonischem Schmucke verkleidet, das -Hausinventar veredelt werden, und so ist es möglich, daß die Gemeinden -sich individualisieren und eine Art von Gemeindeeigentum -geschaffen wird. Dadurch kann sich eine Gemeinde auch Anspruch -auf Privilegien erwerben, so daß ihr ein Einspruchsrecht eingeräumt -wird gegen Aufnahme neuer Gemeindegenossen, welche des Vorzuges, -solche Herrlichkeiten zu genießen, unwürdig erscheinen. -</p> - -<p> -Für die Ausstattung der Wohnräume und des Gemeindepalastes, -soweit sie vom Staate bestritten wird, wird ein allgemeines System -anzunehmen sein, um bei tunlichster Mannigfaltigkeit eine gleichmäßige -Verteilung des staatlichen Aufwandes zu sichern. Bei der -Neuanlage von Gemeinden nach VI, 2, <i>Alinea</i>: -<a href='#F_02_0_0al'>»Da bei einer Bevölkerung«</a>, kann den künftigen Bewohnern, -insofern sie bekannt sind, eine gewisse Wahl eingeräumt werden, vorausgesetzt, daß die -zugestandene Menge an Material und Arbeit nicht überschritten wird. -<span class='pagenum'><a id='Page_269' name='Page_269' href='#Page_269'>[269]</a></span> -So mögen die einen den Wunsch haben, daß große Glashäuser angelegt -werden, andere wünschen, einen Wintergarten zu besitzen oder -ein großes Atelier für Photographie, selbst eine kleine Sternwarte -oder eine ausgedehnte Telephonanlage im Innern der Gemeinde zur -Verbindung aller Räume zu erlangen. Was hier vom Wohnungsschmucke -gesagt wurde, hat auch Anwendung auf das Mobiliar der -Wohnhäuser und des Gemeindepalastes und alles, was zum Betriebe -der Hauswirtschaft erforderlich ist. Auch im Mobiliar ist in einem -Kollektivstaate eine viel größere Mannigfaltigkeit als in unseren -Verhältnissen möglich, weil selbst bei der Annahme vieler Tausender -von Formen doch jedes Erzeugnis zum Massenartikel wird. Nur -Luxusformen bleiben von der Verallgemeinerung ausgeschlossen und -bevorzugten Ortschaften und bevorzugten -Bevölkerungsschichten<a name='FA_43' id='FA_43' href='#FN_43' class='fnanchor'>[43]</a> vorbehalten. -</p> - -<p> -Diese zentralisierten Wohnansiedlungen entsprechen am besten -dem Charakter des Kollektivismus. Die Lage der großen Mehrzahl -des Volkes ist von der Art, daß die Familien das häusliche Glück -nur während weniger Stunden genießen können, Arbeit und Beruf -halten die Eltern den größten Teil des Tages hindurch von den -Kindern fern, bis auch diese wieder, durch ihren Beruf in Anspruch -genommen, das Haus verlassen müssen oder wenigstens nur für -wenige Stunden dahin zurückkehren. Selbst wo die Mutter den -Tag über zu Hause bleiben kann, wird sie von vielerlei Geschäften -in Anspruch genommen, und sie kann den Kindern eine ununterbrochene -Aufmerksamkeit nicht zuwenden. Das Ideal des Familienlebens, -das man den Arbeitern so verlockend darstellt, damit sie -dessen Verlust durch den Sozialismus für ein großes Unglück halten -sollen, besteht nicht. Sie müssen ihre Kinder in die Krippen, Spielschulen -und Schulen senden und sich so auch heute von ihnen trennen. -Aber diese Anstalten gewähren nur einen ungenügenden Ersatz der -häuslichen Erziehung, weil sie oft weit entlegen und die den Kindern -<span class='pagenum'><a id='Page_270' name='Page_270' href='#Page_270'>[270]</a></span> -gewidmeten Stunden beschränkt sind. Auch spielen in allen solchen -Dingen die Entfernungen eine große Rolle. In großen Städten -sind selbst Familien des höheren Mittelstandes in Verlegenheit, wenn -zwei oder drei Kinder in verschiedene Schulen geschickt werden müssen. -In einer zentralisierten Gemeinde können die Kinder auf dem kurzen -Wege zur Schule im Gemeindepalast vom Fenster der Wohnung -aus überwacht oder von den Erziehungspersonen abgeholt und geleitet -werden. -</p> - -<p> -Da unser Erziehungswesen viele Mängel hat, die von Plato -aufgestellte Forderung, alle Kinder von den Eltern zu trennen, -ebenso absurd ist, wie es verwerflich wäre, verwahrloste, verwaiste -oder mißhandelte Kinder nicht zu schützen, so sind in <a href='#G_02_0_0'>VII, 2,</a> und -<a href='#G_05_a_0'>5, a</a> und <a href='#G_05_b_0'>b</a> jene Grundsätze dargestellt, -welche eine Verbindung der -Familienerziehung mit der staatlichen Erziehung ermöglichen und im -Kollektivstaat leicht durchzuführen sind. Diesem Bedürfnisse, den -Eltern für die Zeit ihrer berufsmäßigen Arbeit die Sorge für die -Kinder abzunehmen und einen Erziehungseinfluß von Staats wegen -auszuüben, entspricht der hier dargestellte Charakter der Ansiedlungen. -</p> - -<p> -Derselbe ermöglicht ferner die arbeitsteilige Besorgung der -hauswirtschaftlichen Geschäfte, die Zentralisierung der Speisenbereitung -und die ausgiebigste Ausnützung aller Räumlichkeiten. Er erleichtert -demnach auch die Verwaltung und jene Überwachung der Bevölkerung, -welche alle Vagabundage unmöglich macht. In dieser Ansiedlung -können gemeinsame Beratungen und Abstimmungen leicht -vorgenommen werden, und ohne die Absonderung unmöglich zu -machen, wird doch der staatliche Einfluß dahin geltend gemacht, die -<ins class='correction' title='Geselligleit'>Geselligkeit</ins> im weitesten Sinne zu fördern, welche das erreichen soll, -was Plato für die höchste Aufgabe der Staatskunst erklärt, alle -Teile des Volkes wie in ein »königliches Geflecht« zu vereinigen. -</p> - -<p> -Die vielfach gegliederten, zum Teil allen Bewohnern und -Fremden zugänglichen, zum Teil nach Bedarf und in einem Turnus -einzelnen Schichten, Geschlechtern und Altersstufen geöffneten Räume -lassen jede einzelne Ansiedlung als eine der großen Toynbeehalls -erscheinen, welche wegen des zwanglosen Zusammenkommens der -<span class='pagenum'><a id='Page_271' name='Page_271' href='#Page_271'>[271]</a></span> -Arbeiterfamilien mit den Gebildeten sich in England und Amerika -so besonders kulturförderlich erwiesen haben und als Fortsetzung des -Volksunterrichtes anzusehen sind. So werden auch die in allen -Gemeinden periodisch veranstalteten Vorträge populär wissenschaftlicher -Art die Zwecke der <i>university-extension</i> im umfassendsten -Maßstabe anstreben und in weit vollkommener Art das leisten, was -die Bemühungen der Gebildeten in den Landgemeinden Dänemarks -bereits heute leisten. Aber auch der Besuch dieser Vorträge würde -viel schwächer sein, wenn jede Familie ihr abgesondertes Wohnhaus -hätte. -</p> - -<p> -<em class='gesperrt'>Reinigung, Beheizung, Ventilation, Beleuchtung.</em> -Auch für viele hauswirtschaftliche Arbeiten und hygienische Anstalten -ist die Zentralisierung der Wohnbauten sehr förderlich. Das gilt -nicht nur für die Speisenbereitung, sondern auch für die Reinigung -der Wäsche, der Kleider, der Wohnungen und des Mobiliars. Der -Vakuum Cleaner, der jede Art von Reinigung von Staub und -Bakterien auf das gründlichste besorgt, kann nicht für kleine Familien -angeschafft werden, wohl aber für eine Ansiedlung, wie sie hier geschildert -wird. Dadurch wird die Wohltat einer vollkommenen -Reinigung der Zimmer, Betten, Kleider, Möbel und Teppiche auch -dem Geringsten gesichert. Wenn die Wohnungsbauten danach eingerichtet -sind, kann die Versorgung mit gut gereinigter, entsprechend -angefeuchteter warmer oder abgekühlter Luft durch in der Tiefe angelegte -Heizvorrichtungen oder in den Dachräumen untergebrachte -Kühlanlagen mit geringen Kosten besorgt werden, vorausgesetzt, daß -die Wohnungsbauten nicht zerstreut, sondern zentralisiert erbaut -werden und schon die ursprüngliche Bauanlage dafür eingerichtet ist. -</p> - -<p> -Was die größeren Ansiedlungen anbelangt, so ist folgendes zu -bemerken. -</p> - -<p> -Schon die Anlage eines Bezirksvorortes wird sich einigermaßen -von der der Urgemeinden unterscheiden. Denn es wird dort nicht -nur ein größerer Stab von Beamten, Lehrern und Ärzten unterzubringen -sein, sondern auch irgend eine Schule höherer Ordnung, -ein ausgedehnterer gewerblicher Betrieb, eine größere Zentralbibliothek -für den ganzen Bezirk, eine größere Sammlung, eine Druckerei zur -Herausgabe des Bezirksblattes, und es soll sich die Möglichkeit -<span class='pagenum'><a id='Page_272' name='Page_272' href='#Page_272'>[272]</a></span> -bieten, wenigstens einen namhaften Teil der stimmberechtigten Bevölkerung -des ganzen Bezirkes von beiläufig 12,000 Personen in -einem großen Saale zu versammeln. Auch eine Bühne einfacherer -Art für kleinere Produktionen und Dilettantenvorstellungen wird man -im Bezirksvororte errichten wollen. Endlich wird zwar der größte -Teil der arbeitsbefreiten Bevölkerung aus den Arbeiterschichten in -den Urgemeinden unterzubringen sein, aber die arbeitsbefreiten Alten -werden doch nach den Bezirksvororten streben, weil dort mehr Geselligkeit, -geistige Anregung und Gelegenheit zu freiem Schaffen zu -finden ist. Trotzdem wird man trachten, den Bevölkerungsstand -eines Bezirksvorortes nicht über 1500 Köpfe anwachsen zu lassen -und in sinngemäßer Anpassung der Grundanlage einer Gemeinde -unterster Ordnung wird man also etwa sechs Wohnhäuser und zwei -Paläste anordnen. Jedenfalls werden in den Bezirksvorort Anstalten -für solche Heilmethoden verlegt werden, die größere bauliche Anlagen -voraussetzen, sowie auch Isolierspitäler, wenn sie in so großer Zahl -nötig sein sollten. Schon die Bezirksvororte werden als Knotenpunkte -nicht nur des Güterumsatzes, sondern auch des Reiseverkehrs -dienen, welchem in ausgedehnterem Maße die Kreisstädte dienen. -</p> - -<p> -In den Kreisstädten werden die Kreisbehörden ihren Sitz haben, -Fremdenhäuser erbaut werden, <ins class='correction' title='Prachtheater'>Prachttheater</ins> erstehen und ausgedehnte -Bibliotheken, Sammlungen, Luxusbäder, dann Speziallehranstalten -eingerichtet und solche Industrien betrieben werden, die eine größere -Arbeiterzahl bedingen. Doch soll man auch diese Städte nicht über -4000 oder 5000 Bewohner, die Reisenden inbegriffen, anwachsen -lassen, weil die Bevölkerung nur so weit in einzelnen Orten angehäuft -werden soll, als es durch bestimmte volkswirtschaftliche Zwecke -unbedingt geboten erscheint. Für einen Staat von 45 Millionen -Einwohnern, wie Österreich, werden 2000 bis 2200 Bezirksvororte -und 100 bis 120 Kreisstädte genügen, welche in 10 bis 20 Provinzen -verteilt werden. Städte höherer Ordnung sind dann die -Provinzstädte und die Reichshauptstadt. -</p> - -<p> -Die Provinzstädte würden in Österreich besonders national -unterschieden werden und je eine das geistige Leben einer Nationalität -ausschließlich zum Ausdruck bringen, auch die nationalen Bücherschätze -in größter Vollständigkeit beherbergen. Auch die nationale -<span class='pagenum'><a id='Page_273' name='Page_273' href='#Page_273'>[273]</a></span> -Kunst, Musik und das nationale Schauspiel wird da gepflegt werden, -wenngleich auch Theater in den Provinzstädten errichtet werden, an -welchen in einer weitverbreiteten Sprache gespielt wird. Doch soll -auch eine Provinzstadt nicht für mehr als etwa 20,000 Bewohner, -die Reisenden mit inbegriffen, eingerichtet werden, nachdem nur -eine ausgewählte Bevölkerung, zumeist von höherer Bildung und ein -wechselndes Reisepublikum dort beherbergt werden. -</p> - -<p> -Auch in den Kreis- und Provinzstädten wird der Typus der -Urgemeinde mit Wohnhäusern und einem gemeinsamen Palaste für -je 1000 Bewohner zur Geltung kommen und diese Städte werden -sich aus einer größeren Zahl solcher Quartiere zusammensetzen. Daneben -aber werden große Hotels für Reisende und hervorragende -Inländer errichtet werden, welche vom allgemeinen Wohnungscharakter -abweichen und eine große Pracht an Wohnräumen und -Mobiliar zeigen sollen. In diesen Hotels wird auch die Verpflegung -der Insassen, seien es Reisende oder ständige Bewohner, eine kostbarere -sein. Die Verwaltung auch dieser Häuser wird übrigens den -Verwaltungsbeamten der Quartiere untergeben sein, die den Hauptstock -der Bewohner beherbergen. -</p> - -<p> -Diese Quartiere werden auch die Masse der Bevölkerung der -Reichshauptstadt aufnehmen. Für Hof und Adel und die geringe -Anzahl sehr bevorzugter Personen werden prächtige Wohnungen in -den von Alters her bestehenden Palästen genug vorhanden sein. Doch -sollen auch diese Paläste in den Verwaltungsbezirk eines Quartiers -einbezogen werden. -</p> - -<p> -Auch die Reichshauptstadt wird eines gänzlichen Umbaues bedürfen, -doch wird vorher für die Masse der Bevölkerung vorgesorgt -werden müssen, weil ein Überfluß von Wohnungen in den großen -Städten vorhanden ist und dort die Bauten bei weitem nicht so -sehr dem kollektivistischen Betriebe unangemessen sind, wie in den -Dörfern. -</p> - -<h3 id='I_02_0_0'> -2. Die Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses. -</h3> - -<p> -Die Verwendung der nach den Verteilungsgrundsätzen auf die -Gemeinden entfallenden Nahrungsmittel zur Speisebereitung wird -<span class='pagenum'><a id='Page_274' name='Page_274' href='#Page_274'>[274]</a></span> -Sache der Vorsteherin der Küche sein. Es dürfte sich empfehlen, -die Wahl dieser Vorsteherin den Gemeindemitgliedern zu überlassen. -Ohne Zweifel wird man Kochschulen errichten, um eine -größere Anzahl von Kochkünstlerinnen heranzubilden. Der Arzt wird -sein Augenmerk darauf richten, daß nur vollkommen unverdorbene -Materialien in der Küche in Verwendung genommen werden. Auch -sonst hat er auf Beobachtung aller Rücksichten auf die Hygiene zu -dringen und alle Aufmerksamkeit darauf zu richten, daß die Kost -genügend, aber nicht übermäßig sei. Die Ernährungswissenschaft -ist noch sehr unentwickelt und wird im Kollektivstaat große Fortschritte -machen. -</p> - -<p> -Mancherlei wird der Beschlußfassung der Gemeinde vorbehalten -werden. So die Speisestunden und die Verteilung der Nahrung auf -die einzelnen Mahlzeiten. Ebenso die Abwechslung der Gerichte und -die Reihenfolge, sowie inwieferne an Sonntagen oder an gewissen -Festtagen reichlichere Mahlzeiten geboten werden sollen. Ist die Menge -der verbrauchten Nahrungsmittel im Durchschnitt den Verteilungsgrundsätzen -entsprechend, so wird der Staat kein Interesse haben, -den Gemeinden in diesen Dingen Vorschriften zu machen. Nur wird -die Einteilung der Stunden für die Mahlzeiten dem Fortgange der -Arbeit nicht hinderlich sein dürfen. Die Einzelnen werden ziemlich -freie Hand haben in der Wahl der Gerichte und es wird darin mehr -Freiheit herrschen, als heute in der Familie. -</p> - -<p> -Wenn die Ernährungswissenschaft sehr ausgebildet sein wird, -wird man in der Nahrung auf Alter, Geschlecht, Beruf und auf den -jeweiligen Kräfteverbrauch Rücksicht nehmen und die Nahrungsvorschriften -zu individualisieren suchen. -</p> - -<p> -Bei der hier angenommenen Organisation der Gesellschaft wird -die Staatsverwaltung Einfluß genug gewinnen, um auf Vermeidung -des Alkohol- und Tabakgenusses hinzuwirken und wenigstens die -heranwachsende Jugend davor zu bewahren. Auch der Verwaltungsbeamte -wird dafür zu sorgen haben, daß in der Küche die größte -Reinlichkeit beobachtet und keine verdorbenen Nahrungsmittel verkocht -werden. -</p> - -<p> -Die französische Kriegsverwaltung hat für die Mannschaft ein -<span class='pagenum'><a id='Page_275' name='Page_275' href='#Page_275'>[275]</a></span> -Kochbuch verfassen lassen und dadurch Hygiene, Reinlichkeit, ökonomische -Verwertung der Materialien und tunlichste Rücksicht auf den -Wohlgeschmack zu fördern gesucht. -</p> - -<h3 id='I_03_0_0'> -3. Die Bekleidung. -</h3> - -<p> -Die ganze Bevölkerung ist mit Arbeitskleidern, Gesellschaftskleidern -und Festkleidern zu versorgen. Der Aufwand wird ein abgestufter -sein nach Kategorien. Die Massenproduktion wird einer gewissen -Mannigfaltigkeit nicht im Wege stehen. Bei den Stoffen wird -das in <a href='#H_09_e_0'>VIII, 9, e,</a> erwähnte Wahlrecht zur Geltung kommen. In -jedem Bezirke oder wenigstens in jedem Kreise werden Produktionsanstalten -errichtet werden, welche für Wäsche, Kleider, Hüte und Beschuhung -zu sorgen haben und die fabrikmäßig hergestellten Erzeugnisse -jedem Einzelnen anpassen sollen. Da der Staat für so viele -Millionen von Individuen zu sorgen hat, kann die fabrikmäßige -Erzeugung mit größter Berücksichtigung der individuellen Körperverhältnisse -vereinbart werden. -</p> - -<p> -Die abgetragenen Kleider fallen wieder der staatlichen Produktion -zu, welche das Brauchbare wieder verwendet und die gänzlich abgenützten -Stoffe einer Umarbeitung, die Hadern der Papierbereitung -zuführt. Gesellschafts- und Festkleider werden in gewissen Zeitintervallen -geliefert, so daß die tunlichste Schonung der Kleider im Interesse -des Trägers liegt. Die Arbeitskleider sollen besonders dem -Berufe angepaßt sein und vollkommen Schutz gegen Hitze, Kälte, -Feuchtigkeit und die mit der Arbeit verbundenen Gefahren bieten. -Man wird darauf halten, daß jeder nach beendeter Arbeit sich vollkommen -reinigt und badet und dann die Gesellschaftskleider anlegt. -Insofern jemand dauernd mit Schmutzarbeiten zu tun hätte, oder -durch die Art der Arbeit, der er sich widmet, gehindert wäre, sich -jeden Tag vollkommen zu reinigen, würde er wohl für diese Zeit -aus dem geselligen Leben ausscheiden. -</p> - -<p> -Die Statistik der Stoffeproduktion gibt einen genauen Maßstab -für die Grenzen des Verbrauches. Wer unter sonst gleichen Umständen -kostbarere Stoffe wählt, wird die Kleider entsprechend länger -tragen müssen. In der Bekleidung wird ein weiter Spielraum gezogen -<span class='pagenum'><a id='Page_276' name='Page_276' href='#Page_276'>[276]</a></span> -werden zwischen dem einfachsten Arbeiter der Rohproduktion -und den Höchstverdienten. Letzteren werden die kostbarsten Stoffe -und die sorgfältigste Arbeit zugestanden und man mag ihnen auch -zugestehen, daß sie die Gesellschaftskleider nach einem halben Jahre, -einem Monate, ja einer Woche gegen neue Kleider vertauschen. -</p> - -<p> -Den Frauen wird man erlauben können, sich die Gesellschaftskleider -nach ihrem individuellen Geschmacke aufzuputzen. Sie werden -bei der Verteilung der <ins class='correction' title='Konsumtabilien'>Konsumtibilien</ins>, -<a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> besonders auf solche -Gespinnste und Stoffe reflektieren, welche ihnen gestatten, etwas für -Putz zu tun. Ob man der hervorragenden Frauenschönheit gewissermaßen -von Staatswegen wird huldigen dürfen durch Zuweisung besonders -prächtigem Kleidungsstoffe, ist eine ebenso heikle Frage wie -die, ob es statthaft ist, hervorragend schöne Mädchen und Frauen -in größerem Maße an Festlichkeiten und geselligen Vereinigungen -höherer Art teilnehmen zu lassen. Es ist anzunehmen, daß Frauenschönheit -einen Anspruch geben wird, eine Stellung in den städtischen -Ansiedlungen zu erhalten und so mag dem ästhetischen Bedürfnisse, -schöne Frauen in den Vordergrund zu schieben, Genüge geschehen. -</p> - -<p> -Hier mag eingeschaltet werden, daß die Juwelen und sonstiger -kostbarer Frauenschmuck ebenso Kollektiveigentum sein müssen, wie -alles andere. Dieser Schmuck wird in Schatzkammern verwahrt und -bald diesen, bald jenen Hals zieren. Bei Hochzeiten, imposanten -Festlichkeiten höherer Ordnung werden die Frauen und Mädchen, -welche daran teilnehmen, nicht bloß nach anderen sozialen Rücksichten -gewählt als heute, sondern insbesondere auch nach körperlichen Vorzügen -und bei solcher Gelegenheit werden die Schönsten nach künstlerischen -Rücksichten gekleidet und geschmückt und es wird der kostbare, -seit tausenden von Jahren aufgespeicherte Schmuck eher den -Hals einer schönen Volksschullehrerin, als einer häßlichen Gräfin zieren. -</p> - -<h3 id='I_04_0_0'> -4. Die sonstigen Bedürfnisse, außer Wohnung, -Nahrung und Kleidung. -</h3> - -<p> -Wie es damit gehalten wird, ist aus obigen Schilderungen zu -entnehmen. Von Erziehung und Unterricht, Krankenpflege und ärztlicher -Hilfe war in <a href='#E_02_0_0'>V, 2,</a> und <a href='#E_03_c_0'>3, c</a> -und <a href='#G_05_0_0'>VII, 5,</a> die Rede; um -<span class='pagenum'><a id='Page_277' name='Page_277' href='#Page_277'>[277]</a></span> -jedermann Reisen zu ermöglichen, sollen nach XI, 1, b <i>Alinea</i>: -<a href='#L_01_b_0al'>»Nimmt man nur«</a> jährliche Urlaube erteilt werden und die Reiselegitimation -würde die Anweisung auf die gewählten und bewilligten -Beförderungsstrecken enthalten. Man könnte 100 Eisenbahnmeilen -im Jahre als Minimum verteilen und etwa in der Form anweisen: -<ins class='correction' title='Innnsbruck'>Innsbruck</ins> — Salzburg — Salzburg — Innsbruck — Innsbruck — Bludenz -— Bludenz — Innsbruck. Die Reisebewilligung würde mitinbegreifen -freie Station in allen Urgemeinden und Bezirksgemeinden -des namhaft gemachten und in der Reiselegitimation zu limitierenden -Reisegebietes, in den Städten und der Reichshauptstadt nur, wenn -sie ausdrücklich namhaft gemacht sind. Analog wäre die Verteilung -der Benützung anderer Reisegelegenheiten einzurichten und die Benützung -unbesetzter Velocipedes wäre jedermann frei. Der Besuch von -Theatern und Konzerten usw. würde das Recht voraussetzen, sich in -der betreffenden Stadt aufzuhalten. Andere Erlustigungen würden -nur die reichliche Verteilung der Behelfe voraussetzen. Das Lesebedürfnis -wird durch Verleihung befriediget, wobei bei Neuerscheinungen -der höhere Rang Anspruch auf frühere Zuweisung begründen würde. -Auch die Gestattung des Domizilwechsels würde einem Bedürfnisse -der Arbeitsbefreiten entgegenkommen, wobei aber die Wahl des -Aufenthaltes in Städten einzuschränken wäre. Besonders bei dem -Domizilwechsel sind die Arbeitsbefreiten der höheren Berufe zu bevorzugen. -Man könnte den Arbeitsbefreiten des niedersten Berufes -den Domizilwechsel in Urgemeinden und Bezirksgemeinden ein oder -zweimal im Jahre, denen der höchsten Berufe ohne Beschränkung der -Zahl und der Orte einräumen. -</p> - -<p> -Die Einräumung von Auslandsreisen, <a href='#M_02_0_0'>XII, 2,</a> wäre wohl nur -für Bevorzugte oder zu Ausbildungszwecken tunlich. Im Verkehr -mit ähnlich organisierten Nachbarstaaten würde ein Austausch von -Reisebewilligungen vertragsmäßig geregelt. -</p> - -<h2 id='K_00_0_0'> -X.<br /><br /> -Die Sachproduktion im Kollektivstaat. -</h2> - -<hr class='h2bot' /> - -<p> -Von den Zweigen der Sachproduktion soll hier nur die Landwirtschaft -besprochen werden, weil in derselben der Kleinbetrieb heute -noch vorwiegt und weil die kollektivistische Organisation der Produktion -gerade auf die Landwirtschaft am meisten umgestaltend wirkt. Es -ist nicht nur die Produktionsweise, welche dabei in Betracht kommt, -sondern auch die örtliche Verteilung der Bevölkerung. -</p> - -<p> -Es ist ein Gebrechen unserer Zeit, daß man, auf den internationalen -Gütertausch rechnend, sich nicht den Kopf darüber zerbricht, -ob die heimische Landwirtschaft soviel Nahrungsmittel zu erzeugen -vermag, als zur Erhaltung der heimischen Bevölkerung notwendig -ist. Ein Land, das der Zufuhren von Nahrungsmitteln aus -Rußland und Amerika bedarf, um seine Bewohner zu ernähren, kann -einmal bittere Erfahrungen machen. Die russische Bevölkerung vermehrt -sich in solchem Maße, daß sie bald auf eine Ausfuhr von -Nahrungsmitteln wird verzichten müssen und auch Nordamerika, -dessen Bevölkerung sich in 100 Jahren verfünfzehnfacht hat, wird in -wenigen Dezennien den Export von Nahrungsmitteln einschränken -müssen. Ja, die Nahrungsmittel sind ein so unentbehrliches -Produkt, daß die Länder, welche im Überflusse produzieren, sich -bald dahin einigen werden, sie mit einem Ausfuhrzolle zu belegen. -</p> - -<p> -Bekannt ist, daß die bäuerlichen Arbeiter immer mehr nach -den Städten gravitieren, daß die gewerbliche Bevölkerung sich immer -mehr vermehrt und die bäuerliche abnimmt. Daß das auf die -Ausdehnung der Lebensmittelproduktion von Einfluß sein muß, ist -auf der Hand liegend. Der Kollektivstaat kann diesem Übel abhelfen -und meine organisatorischen Vorschläge sind darauf berechnet. -</p> - -<p> -In der Landwirtschaft macht sich die von mir vorgeschlagene -<span class='pagenum'><a id='Page_279' name='Page_279' href='#Page_279'>[279]</a></span> -Verteilung der Bevölkerung, die nur im kollektivistischen Staate -durchgeführt werden kann, nach zwei Richtungen nützlich. Da nämlich, -sobald die Verteilung der Bevölkerung über das Land nach den -Bedürfnissen des öffentlichen Wohles, des Volkswohles, stattfindet, -ein viel größerer Prozentsatz der Bevölkerung in den ackerbautreibenden -Landgemeinden angesiedelt wird, wird den landwirtschaftlichen -Flächen beinahe alles wiedererstattet, was ihnen in der menschlichen -Nahrung entzogen wird. Die der Landwirtschaft wieder zugeführten -menschlichen Fäkalien werden um die Hälfte mehr betragen als -heute, wo ein großer Teil durch die Schwemmkanäle der großen -Städte in die Flüsse abgeleitet wird. -</p> - -<p> -Aus der für den Kollektivstaat brauchbaren Verteilung der Bevölkerung -wird aber noch ein anderer ausschlaggebender Vorteil für -die Landwirtschaft entspringen. Nachdem die Industriebevölkerung, -die heute zum überwiegenden Teile in den Städten wohnt, im -Kollektivstaate beinahe ausnahmslos in den Dörfern angesiedelt wird, -sind zur Zeit der Ernte und in anderen Perioden, wo die Landwirtschaft -plötzlich vieler Hände bedarf, viel mehr Arbeitskräfte zur -Verfügung, als heute. Die Industriebevölkerung kann in dringenden -Fällen aufgeboten werden, der landwirtschaftlichen Bevölkerung -ihre Unterstützung zu gewähren und ebenso werden die landwirtschaftlichen -Arbeiter im Winter der Industriebevölkerung zu Hilfe -kommen können. -</p> - -<p> -In der Landwirtschaft ist es von der größten Wichtigkeit, daß -jede Arbeit genau zur richtigen Zeit vor sich geht. Man darf nicht -zu früh noch zu spät säen, pflanzen und ernten und oft hängt die -Rettung der Feldfrüchte davon ab, ob eine Arbeit einen Tag früher -oder später vorgenommen wird. In katholischen Ländern machen -die vielen Feiertage und die strenge Beobachtung der Sonntagsruhe -oft Schaden, wenn schon die katholische Geistlichkeit im Interesse der -Landwirtschaft manche Konzession macht. -</p> - -<p> -Der Kollektivismus gestattet in dieser Hinsicht eine größere Anpassung -der Arbeit nach Zeit und Umständen. Wenn in den benachbarten -Gemeinden A, B und C die Höhenlage so verschieden -ist, daß die Zeit der Reife von Gemeinde zu Gemeinde um 3 bis -4 Tage variiert, so ist in Betracht zu ziehen, ob es sich nicht empfiehlt, -<span class='pagenum'><a id='Page_280' name='Page_280' href='#Page_280'>[280]</a></span> -die Arbeitskräfte je zweier Gemeinden mit denen der dritten zu vereinigen, -wenn in dieser allein der günstige Zeitpunkt für die Ernte -gekommen ist. Dabei wird man aber auch die dadurch bedingte -Wanderung der Arbeiter als ökonomischen Verlust in Rechnung zu -stellen haben, insofern sie größere Wegestrecken zur Arbeitsstelle zurücklegen -müssen. -</p> - -<p> -Es entsteht die Frage, ob die Staatsverwaltung in der Lage -sein wird, eine intensive, gleichmäßige und rationelle Bearbeitung -des Bodens zu erzielen, wenn das Eigentumsinteresse der Bauern -wegfällt, das umsomehr, nachdem der Großgrundbesitz mit der Ausnützung -der Arbeitskräfte keineswegs die besten Erfahrungen macht, -kleinere Grundbesitzer aber, die nicht der bäuerlichen Bevölkerung -angehören, in der Regel gar keinen Ertrag zu erzielen vermögen, -ihre Arbeiter wenig leisten, viel verzehren und sie auch wohl bestehlen. -Der Kollektivismus ist aber mit solcher Bewirtschaftung -nicht zu vergleichen. Ein Spekulant, der ohne Kenntnis der Landwirtschaft -ein Gut erwirbt und selbst bewirtschaftet, selbst nicht mitarbeitet, -die Morgenstunden verschläft, und in allem von einem -Knechte abhängig ist, der umso besser fährt, je mehr der Eigentümer -Schaden leidet, wird natürlich schlimme Erfahrungen machen und -die Arbeitskräfte nicht so ausnützen können, wie sie im Kollektivstaat -ausgenützt werden können und sollen. Auch wird ein solcher -Gutsbesitzer unzufrieden sein, wenn ihm das Gut keine entsprechende -Verzinsung des Kapitals abwirft, das in der Regel unverhältnismäßig -hoch ist, weil unsere Gutspreise viel zu hoch sind. Solche -Güter wechseln auch den Eigentümer sehr oft und auf einen unkundigen -Besitzer kommt zumeist ein anderer, der ebenso wenig von -der Verwaltung versteht. -</p> - -<p> -Die Verwaltung im Kollektivstaat ist eine stabile, es liegen die -Erfahrungen früherer Jahre vor, man weiß, was man den Arbeitern -zumuten kann, der Verwaltungsbeamte und seine Organe müssen -schon vom frühen Morgen Dienst machen, wenn die Arbeiten beginnen -und so wird es nicht fehlen, daß eine richtige Bearbeitung -erzielt wird, wobei auch in Anschlag zu bringen ist, daß zur unrechtmäßigen -Zueignung der Früchte in der zukünftigen Ordnung weder -eine Gelegenheit noch eine Versuchung vorliegt. -</p> - -<h3 id='K_01_0_0'> -1. Die Kultur der Zerealien. -</h3> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_281' name='Page_281' href='#Page_281'>[281]</a></span> -Sie wird einen eigenen Zweig der landwirtschaftlichen Produktion -bilden und der Verwaltungsbeamte wird daher einen dazu geeigneten -landwirtschaftlichen Arbeiter mit dessen Oberleitung betrauen. Der -Leiter wird Abteilungsführer bestellen, die ihn unterstützen. Für den -Anbau der verschiedenen Feldfrüchte im Staate wird die Eignung -des Bodens und der durch die Verteilung bedingte Transport der Erzeugnisse -vom Erzeugungsorte zur Verkaufsstelle in Betracht kommen. -Es mag sein, daß bestimmte Gebiete in Ungarn sich so zum Weizenbau -eignen, daß man in Österreich auf mehr und gehaltreicheren -Weizen rechnen kann, wenn er nur in Ungarn angebaut wird. Das -bedingt aber wieder die Notwendigkeit, den Weizen oder das Weizenmehl -von dort nach allen anderen Teilen des Reiches zu verfrachten, -insoferne es nicht ökonomischer erscheint, den Weizen zum Teil über -die westlichen Grenzen nach dem Auslande zu liefern und eine -gleiche Menge aus Rumänien und Südrußland einzuführen. Dabei -wird aber die Verwaltung noch eine Frage zu prüfen haben, ob -nämlich eine völlige Vereinigung der Kultur einer Frucht auf einem -engbegrenzten Gebiete nicht eine größere Gefahr einer totalen Mißernte -bringt, als die Verteilung des Anbaues auf das ganze Reich, -wenngleich mit geringerer Rücksicht auf die Vorzüge des Bodens. -Die oben erwähnten merkantilen Vorteile werden beim Anbau schwerlich -in Rechnung gezogen werden können, weil zur Anbauzeit die -wahrscheinlichen Ernteergebnisse noch nicht übersehen werden können, -welche einen internationalen Ausgleich mit verschiedenen Auslandsstaaten -zur Folge haben müssen. Eher wird man trachten, sich vom -Auslandshandel unabhängig zu machen und dabei wird eine rationelle -Einlagerung der verschiedenen Körnerfrüchte von Vorteil sein. Diese -Einlagerung ist tunlichst zu dezentralisieren, ganz im Gegensatze zur -heutigen Methode, Zentrallagerhäuser anzulegen. In alledem ist -ersichtlich, daß eine zentralisierte Wirtschaft viel unabhängiger von -Zufällen ist, alle maßgebenden Verhältnisse besser übersehen und die -Arbeitskräfte mit weit größerer Bewegungsfreiheit dorthin lenken -kann, wo der dringendste Bedarf danach ist. -</p> - -<p> -Der Gesamtplan für den Anbau der Zerealien wird alljährlich -<span class='pagenum'><a id='Page_282' name='Page_282' href='#Page_282'>[282]</a></span> -auf folgende Art zustande kommen. Jeder Verwaltungsbeamte in -den Landgemeinden wird mit Rücksicht auf frühere Erfahrungen, auf -die Bodenbeschaffenheit, die Fruchtfolge und die wahrscheinlichen -Witterungsverhältnisse angeben, welche Flächen für den Anbau überhaupt -und zum Anbau der einzelnen Fruchtgattungen zur Verfügung -stehen und welches der wahrscheinliche Ernteertrag sein mag. Da -auf manchen Flächen zweierlei Fruchtgattungen angebaut werden -können, wird er entsprechende Alternativvorschläge machen, aber das -Gutachten dahin abgeben, welche Fruchtgattungen auf diesen Lagen -das beste Erträgnis versprechen, und dieses Gutachten wird er genau -begründen und mit den statistischen Ausweisen belegen. Dabei können -auch die meteorologischen Beobachtungen einer Reihe früherer Jahre -von Belang sein. Diese Vorschläge der einzelnen Gemeindeverwaltungsbeamten -werden in einer Kommission, die der Bezirksbeamte -einberuft, überprüft und aus den ihm vorliegenden Vorschlägen -setzt der Letztere seine Alternativvorschläge für den ganzen Bezirk, -der Kreisbeamte für den ganzen Kreis, der Provinzbeamte für die -ganze Provinz zusammen und nachdem selbe bei der Zentralregierung -eingelangt sind, erfolgt von dort die definitive Aufteilung des Anbaues -der Zerealien. Dabei mögen auch die restlichen Vorräte der -verschiedenen Fruchtarten in Betracht kommen. -</p> - -<p> -Die Kreis- und Provinzbeamten werden schwerlich so, wie die -Bezirksbeamten eine Überprüfung der Vorschläge vornehmen können, -während der Bezirksbeamte wohl so mit den Lokalverhältnissen und -den sachverständigen Personen vertraut ist, daß ihm ein Urteil zugetraut -werden kann. Die Zentralverwaltung teilt den Anbau der -einzelnen Fruchtgattungen auf die Provinzen, die Provinzialverwaltung -auf die Kreise, die Kreisverwaltung auf die Bezirke, der Bezirksbeamte -auf die Gemeinden auf. -</p> - -<p> -Selbstverständlich wird die Staatsverwaltung bedacht sein, den -Bodenertrag durch künstliche Düngung zu erhöhen. Auch für Ersatz -der menschlichen Arbeit in der Landwirtschaft durch Maschinen wird -nach Tunlichkeit zu sorgen sein, wenn auch die wichtigsten landwirtschaftlichen -Maschinen nur in den ebenen Landstrichen Verwendung -finden. Die Arbeitsersparnis durch Maschinen kommt im Kollektivstaat -nicht einer Arbeiter- oder Unternehmergruppe, sondern dem -<span class='pagenum'><a id='Page_283' name='Page_283' href='#Page_283'>[283]</a></span> -ganzen Volke <ins class='correction' title='zu gute'>zugute</ins>, daher jeder gleichmäßig daran interessiert ist, -daß die Maschinen überhaupt und daß sie vorzugsweise dort zur Anwendung -kommen, wo der Erfolg am größten ist. -</p> - -<p> -Es ist klar, daß beim Betriebe der Landwirtschaft alle Ergebnisse -der Wissenschaft ausgenützt werden müssen, aber man darf -darum die Erfahrungen der Ungelehrten nicht gering anschlagen. -Es ist noch nicht erwiesen, daß der heutige Großbetrieb dem bäuerlichen -landwirtschaftlichen Betrieb, was die Ausbeute anbelangt, -überlegen ist, obgleich dort in der Regel nach theoretischen Prinzipien -verfahren wird. Die finanziellen Erfolge der heutigen Ökonomen -kommen für uns deshalb nicht in Betracht, weil sie meist auf Kosten -des Menschenmaterials erzielt werden. Der landwirtschaftliche Arbeiter -im bäuerlichen Dienste ist viel besser gehalten als der im -herrschaftlichen Dienste angestellte Knecht. Dafür versumpft der -Letztere. -</p> - -<h3 id='K_02_0_0'> -2. Der Futterbau. -</h3> - -<p> -Dem Futterbau ist die größte Sorgfalt zuzuwenden, weil die -Vermehrung des Viehstandes davon abhängt und diese für die Volksernährung -von hervorragender Bedeutung ist. Auch für diesen Zweig -des Landbaus wird aus den Reihen der landwirtschaftlichen Arbeiter -in jeder Gemeinde ein Leiter bestellt werden. Es liegen aus Nordamerika -Nachrichten vor über die Erfindung der Züchtung von Mikroben, -welche die Fruchtbarkeit des Klees und verwandter Pflanzen -außerordentlich erhöhen sollen. Diese Erfindung müßte man so -schnell als möglich einführen. -</p> - -<h3 id='K_03_0_0'> -3. Die Viehzucht. -</h3> - -<p> -Dieser Zweig der Landwirtschaft ist besonders wichtig und wird -die Bestellung mehrerer Produktionsleiter in jeder Gemeinde bedingen. -Für die Wartung der Tiere wird im Vergleiche zum -bäuerlichen Betriebe einesteils zwar eine Ersparnis an Arbeit durch -die Anlage von Zentralstallungen erzielt werden, andererseits aber -durch allgemeine Einführung des Achtstundentags und durch Bestellung -einer Stallwache für die Nachtzeit ein erhöhter Aufwand an -<span class='pagenum'><a id='Page_284' name='Page_284' href='#Page_284'>[284]</a></span> -Arbeitskräften stattfinden, da in unserem bäuerlichen Betriebe die -mit der Wartung des Rindviehes betrauten Personen das ganze -Jahr hindurch einen acht Stunden weit übersteigenden Dienst haben. -Andererseits scheint eine völlige Zentralisation der Stallungen in -den Gemeinden auch eine größere Gefahr für Seuchen zu bedingen, -daher man schon bei der Anlage von Stallungen zu erwägen hat, -was vorteilhafter ist, die Anlage mehrerer Stallungen, oder deren -Vereinigung in einem Bau. Vielleicht genügt es, die Stallungen -durch mehrere Scheidewände in isolierte Abteilungen zu zerlegen oder -eine gut abgemauerte Abteilung zu errichten, welche vorkommendenfalls -als Kontumazstall zu dienen hat, eine Vorsicht, die der Bauer -nicht beobachten kann. Im Falle von Viehseuchen wird auch das -Wartepersonal der kranken Tiere vollkommen zu isolieren sein, was -auch nur im Kollektivstaat ausführbar ist. Sind nun die in der -Viehzucht verwendeten Arbeitskräfte gründlich in der Erkennung der -Krankheitssymptome der ansteckenden Viehkrankheiten unterrichtet, -und ist eine nächtliche Stallwache eingeführt, so scheint der Kollektivismus -ganz besondere Vorteile für die Unterdrückung der Viehseuchen -zu bieten. Dabei kommt ja auch in Betracht, daß alle jene -Gefahren für die Verschleppung von Viehseuchen hinwegfallen, welche -durch den Marktauftrieb herbeigeführt werden. Endlich kann man -sich im Kollektivstaat bei Ausbruch von Viehseuchen viel leichter zur -Keulung auch bloß verdächtiger Tiere entschließen, als in unseren -Verhältnissen, wo den Schaden der Einzelne zu tragen hat, oder die -Entschädigung im öffentlichen Interesse zwar zugesagt, voller Ersatz -aber immerhin zweifelhaft ist und dessen Erlangung Zeitverlust -verursacht. -</p> - -<p> -Für die Reinhaltung und rationelle Wartung der Tiere, besonders -der Rinder, kann im Großbetriebe viel mehr geschehen, als -im bäuerlichen Betriebe. Auch die Aufzucht der Tiere wird im -Großbetriebe viel erfolgreicher sein. -</p> - -<p> -Die Pferdezucht wird vielleicht eingeschränkt werden. Der -maschinelle Transport und der Maschinenbetrieb in der Landwirtschaft -wird, wenn er sich als ökonomisch erweist, vermehrt werden, -und auch die Ausnützung der Pferde im Transport gewinnt durch -die Zentralisation sehr erheblich. Gerade jener Transport, welcher -<span class='pagenum'><a id='Page_285' name='Page_285' href='#Page_285'>[285]</a></span> -heute vorzugsweise mit Pferden betrieben wird, der Transport von -Landwirtschaftsprodukten aus den Dörfern nach den Städten, wird -im Kollektivstaat, wenn die Bevölkerung nur im geringen Maß in -Städten angesiedelt wird, bedeutend eingeschränkt werden, und es ist -wahrscheinlich, daß in einem Bezirke von 20,000 Einwohnern der -ganze regelmäßige Transport zwischen den Gemeinden und dem Bezirksort -und zurück durch zehn Paar Pferde und eine Reserve von -etwa ebensoviel Pferden sehr leicht wird bestritten werden können, -und Ausnahmen werden vorübergehend nur dort vorkommen, wo -größere Bauten durchzuführen sind. Was durch das Sammeln von -Transporten an Ökonomie gewonnen werden kann, zeigen die Frachtbegünstigungen, -welche die Eisenbahnen für Massentransporte bewilligen. -Das System der Sammeltransporte ist aber für den -Bauer nicht durchführbar, und darum braucht eine Dorfschaft für -den Frachtentransport heute viel mehr Zugtiere, als nach Verhältnis -der zu bewältigenden Lasten notwendig wäre. Auch Frächter braucht -der Transport im Kollektivbetriebe viel weniger, wobei man für -heute auch annehmen kann, daß mancher Bauer wenig danach frägt, -ob er seine Fahrten nach der Stadt einschränken könnte, wenn er -sich das Vergnügen einer Stadtfahrt machen will. -</p> - -<p> -Eine beträchtliche Ersparung bringt im Kollektivstaat das Wegfallen -der Märkte, insbesondere der Viehmärkte, mit sich. Da kein -Kauf und Verkauf von Nutztieren im Inlandsverkehr stattfindet, erspart -man alle damit verbundene Arbeit. Nur ein Teil der Umsatzarbeit -im Viehhandel kommt als Handelsberufsarbeit in der -Statistik in Rechnung, insofern nämlich Kaufleute und Agenten sich -bloß mit dem Kaufe und Verkaufe von Tieren befassen. Wo aber -der Bauer an Bauern verkauft oder von ihnen kauft, ist nicht von -Handel als Beruf die Rede. Die Viehmärkte kommen auch nicht -bloß als Zeitverlust in Betracht, welchen der Auftrieb der Tiere, -das Schachern und der Heimweg verursachen, sondern es entsteht -durch die Viehmärkte auch ein Verlust an Milch und Fleischgewicht, -der im Umfange eines großen Reiches sehr viel beträgt. Es ist -nicht uninteressant, sich mit den Kniffen vertraut zu machen, deren -sich die Bauern bedienen, um sich wechselseitig zu hintergehen. So -werden die Kühe am Tage vor dem Markte, auf welchen sie <span class='pagenum'><a id='Page_286' name='Page_286' href='#Page_286'>[286]</a></span> -aufgetrieben werden, nicht ausgemolken, damit sie mit strotzendem Euter -zum Verkauf kommen sollen. -</p> - -<p> -Selbstverständlich muß auch im Kollektivstaat ein Austausch -von Tieren zwischen den Ortschaften stattfinden, sie wechseln aber -nur den Standort, nicht den Eigentümer, daher es nur einer Verwaltungsverfügung -bedarf. Dabei entsteht allerdings auch ein Teil -der mit den Märkten verbundenen Arbeit und Verlust am Werte -der Tiere. Da es sich aber nur um die wirklich notwendige Veränderung -und um die kürzesten Wege handelt, wird doch ein sehr -großer Teil des Aufwandes, den unsere Märkte verursachen, erspart. -Viele Bauern bringen die Tiere, die sie viele Stunden weit auf den -Markt getrieben haben, wieder zurück, um sie dann an einen Nachbar -in der Heimatsgemeinde oder sonst in der Nähe zu verkaufen. Für -den Austausch der Tiere im Kollektivstaat ist auch nur der Abtrieb -nach dem Bestimmungsort erforderlich, während auf dem Markte -das Feilschen und Besichtigen von Tieren den ganzen Tag kostet. -Kann man im Kollektivstaat die in andere Stallungen zu versetzenden -Tiere an die täglich im Bezirk kursierenden Frachtwagen binden, so -erspart man auch die Begleitung, und ist ein Austausch zwischen -sehr entfernten Orten erforderlich, so hat die Verwaltung je nach -der Zweckmäßigkeit die Wahl, die Tiere den ganzen Weg zurücklegen -zu lassen, oder bloß eine Verschiebung von Gemeinde zu Gemeinde -einzuleiten. -</p> - -<p> -Ein Beispiel mag den Aufwand, den die Viehmärkte verursachen, -deutlich machen. -</p> - -<p> -In Ungarn und Kroatien wurden im Jahre 1900 in 72 Ortschaften -313 Viehmärkte abgehalten und -</p> - -<div> -<table style="width:50%;" summary=" "> - <tr> - <td class="cwdth30"> </td> - <td class="cwdth30 r">aufgetrieben</td> - <td class="cwdth30 r">verkauft</td> - <td class="cwdth10 r">%</td> - </tr> - <tr> - <td>Hornvieh</td> - <td class="r">1.147,361</td> - <td class="r">452,761</td> - <td class="r">40</td> - </tr> - <tr> - <td>Pferde</td> - <td class="r">402,193</td> - <td class="r">131,557</td> - <td class="r">32</td> - </tr> - <tr> - <td>Schafe</td> - <td class="r">428,589</td> - <td class="r">208,606</td> - <td class="r">48</td> - </tr> - <tr> - <td>Schweine</td> - <td class="r">263,923</td> - <td class="r">115,029</td> - <td class="r">44</td> - </tr> - <tr> - <td class="l">in Summa:</td> - <td class="r sumtop">2.242,066</td> - <td class="r sumtop">907,953</td> - <td class="r">40</td> - </tr> -</table> -</div> - -<p> -Es wurden also 1.335,000 Stück Vieh auf den Markt aufgetrieben -und unverkauft zurückgebracht. Da im Kollektivstaat nur -die wirklich in andere Ställe zu versetzenden Tiere abgetrieben -<span class='pagenum'><a id='Page_287' name='Page_287' href='#Page_287'>[287]</a></span> -werden, <em class='gesperrt'>so wären alle diese Tiere in ihren Ställen geblieben, -und die</em> 907,000 <em class='gesperrt'>verkauften Stücke wären nur von -Stall zu Stall, nicht aber auf dem Umwege über den -Markt getrieben worden</em>. Für ganz Österreich-Ungarn kann -man die Zahl der zwecklos auf den Markt gebrachten und unverkauft -gebliebenen Tiere im Jahr mit 3,5 Millionen veranschlagen, -wovon die Hälfte Hornvieh ist. -</p> - -<p> -Alle diese Betrachtungen sollen nur dartun, welche ökonomischen -Vorteile der Kollektivismus bietet, man wird aber gut tun, auch in -Betracht zu ziehen, daß ein Staat wie Österreich nicht bloß zwei -Millionen Arbeitstage oder 7000 Arbeitsjahre im Marktfahren verliert, -sondern daß auch die Märkte eine Schule der Unlauterkeit -und der Trunksucht sind. -</p> - -<p> -Nachstehende Betrachtung zeigt auch einen andern Vorteil des -Kollektivismus gerade in Beziehung auf die Milchversorgung der -Städte, also in Beziehung auf den Produktionszweig der Viehzucht. -Man könnte den ganzen Milchbedarf einer Kreisstadt mit einem -Bevölkerungsstande von 4000-5000 Seelen, die Reisenden inbegriffen, -durch eine einzige nächstgelegene Dorfgemeinde decken, wenn -man folgendermaßen verführe. Der durchschnittliche Milchertrag -einer Dorfgemeinde ist bei einem Viehstande von 360 Stück Rindvieh, -und darunter 180 Kühen, etwa 1400 Liter. Stellt man nun -in einer <ins class='correction' title='der der'>der</ins> Kreisstadt zunächst gelegenen Gemeinde nur Kühe, -also etwa 350 Kühe, und zwar in der Periode der größten Milchergiebigkeit, -also nach dem Absetzen des Kalbes ein, wo man auf -15 Liter Milch rechnen kann, so ergibt das eine Tagesproduktion -von mindestens 5000 Liter Milch, welche reichlich genügt, um das -Dorf und die Kreisstadt mit Milch zu versorgen. Vier bis fünf -Gemeinden dieser Art könnten eine Provinzstadt mit Milch versorgen, -und nur eine Großstadt würde den Milchbedarf aus größeren Entfernungen -decken müssen. Zum Teil wird allerdings auch heute so -verfahren. In den Vorstädten der großen Städte werden überall -Kühe gehalten, welchen das Futter zugeführt werden muß, und die -Natur der Sache bringt es mit sich, daß die Eigentümer die trocken -stehenden oder schon wenig Milch gebenden Kühe verkaufen und -dafür solche, welche im höchsten Milchertrage stehen, einhandeln. -<span class='pagenum'><a id='Page_288' name='Page_288' href='#Page_288'>[288]</a></span> -Aber in dem Maße, wie im Kollektivstaate, kann das nicht durchgeführt -werden, weil immer Kauf und Verkauf notwendig ist und -die Spekulation dadurch erschwert wird, auch wird in Wien z. B. wohl -schwerlich der fünfte Teil des Milchbedarfs in dieser Weise gedeckt. -</p> - -<p> -Der Güterumsatz, welcher in Milch und Milchprodukten und -in Fleisch in einem Staate von 45 Millionen Einwohnern unter -den Verhältnissen der heutigen Gesellschaftsordnung das Jahr hindurch -zu bewältigen ist, ist von sehr beträchtlichem Umfange, und er -hängt von dem Prozentualverhältnisse der städtischen zur ländlichen -Bevölkerung ab. In den Dörfern erfolgt die Versorgung der Bewohner -mit Milch auch heute beinahe ausschließlich naturalwirtschaftlich -und ohne Vermittlung des Handels, was aber die Versorgung -der Städte anbelangt, so bedarf der Umsatz an Milch, Milchprodukten -und Fleisch der Vermittlung des Handels, der einen beträchtlichen -Teil des Erlöses in Anspruch nimmt, beziehungsweise -eine erhebliche Belastung der Konsumenten mit sich bringt. Man -kann den täglichen Handelsumsatz an Milch, Milchprodukten und -Fleisch in einem Staate von 45 Millionen Einwohnern mit 30 Prozent -städtischer Bevölkerung auf mindestens 4 Millionen Kronen, in -Deutschland aber auf mindestens 5 Millionen Mark im Tage berechnen, -wenn man nämlich den Verbrauch mit nur 30 Heller für -den Kopf und Tag veranschlagt. Der Jahresumsatz beträgt demnach -in Österreich über 1400 Millionen Kronen und in Deutschland -über 1700 Millionen Mark im Jahre. Außer den eigentlichen -Handelskosten, die man gerade bei Milch auf reichlich 20 Prozent -des Gesamterlöses veranschlagen kann, ist bei starker Besiedlung der -Städte, welche Zufuhren aus ziemlich fernen Bezirken notwendig -macht, auch der Aufwand an Transportkosten in Rechnung zu ziehen. -Es ist ersichtlich, welche enorme Ersparnisse in diesen Artikeln gemacht -würden, wenn die Bevölkerung so, wie hier vorgeschlagen -wird, über das Land verteilt würde. -</p> - -<h3 id='K_04_0_0'> -4. Kleinvieh und Geflügelzucht. -</h3> - -<p> -Auch dieser Produktionszweig wird im Kollektivstaat auf das -vorteilhafteste betrieben werden. Die vollkommenste Ausnutzung aller -<span class='pagenum'><a id='Page_289' name='Page_289' href='#Page_289'>[289]</a></span> -Abfälle für die Fütterung von Tieren und die Verwertung aller -Erfahrungen im ganzen Reich werden dazu beitragen. Ob die -künstliche Fischzucht ökonomisch gerechtfertigt ist, wird leicht festgestellt -werden können, und was die Jagd anbelangt, so wird sich erst zeigen, -ob die Erhaltung eines mäßigen Wildstandes volkswirtschaftlich von -Vorteil ist. Wenn nicht, kann das Volk die Ausrottung des Wildes -beschließen. Es ist zu vermuten, daß das Wild, wenigstens in den -Niederungen, viel mehr Schaden tut, als nach Abrechnung des -Jagdaufwandes der Wert des Fleisches und der sonstigen Produkte -ausmacht. Nachdem aber die Jagd als Vergnügen, nicht aber als -Erwerb betrieben wird, kann man heute zu einem richtigen Urteile -nicht gelangen. -</p> - -<p> -Auch bei der Produktion von Geflügel und Eiern wird, wie -schon mehrfach hervorgehoben wurde, das Staatseigentum vielleicht -mit Vorteil durch Gemeindeeigentum ersetzt werden. Man erntet -dann für die Gemeinde und legt der Staatsverwaltung keine Rechenschaft -über Erzeugung und Verbrauch ab. Bei der Geflügelzucht, -dann beim Obstbau und der Bienenzucht wird die freie Tätigkeit -von Liebhabern sich sehr nützlich erweisen, daher selbe von Staats -wegen zu ermuntern ist. -</p> - -<h3 id='K_05_0_0'> -5. Wasserwirtschaft. -</h3> - -<p> -Die Wasserwirtschaft im Kollektivstaate verdient eine besondere -Betrachtung, weil sich dabei die Vorteile des Kollektivismus recht -anschaulich zeigen. Es scheint, daß hier, bei der Erörterung des -kollektivistischen Betriebes der Landwirtschaft, der Ort ist, über diesen -Gegenstand zu sprechen, weil das Wasser zwar für die verschiedensten -Bedürfnisse in Betracht kommt, die Bewässerung aber die wichtigste -Verwendung des Wassers ist. -</p> - -<p> -In unserer Zeit des wirtschaftlichen Individualismus sind wir -in der Wasserwirtschaft weit hinter dem Altertum und selbst hinter -der Zeit der maurischen Herrschaft in Spanien, ja hinter der Zeit -der Herrschaft der Inkas in Peru zurück. Das beweist, daß -man dem Kollektivismus in allen Zeiten schon wiederholt näher -<span class='pagenum'><a id='Page_290' name='Page_290' href='#Page_290'>[290]</a></span> -gestanden ist als heute. Es scheint, daß man ein Privateigentum -an Grund und Boden in alten Zeiten nicht anerkannte und daß sich -der Landesherr auch als Eigentümer von Grund und Boden betrachtete. -Das erleichterte in Mesopotamien und Ägypten die großen -Wasseranlagen, welche in unserer Zeit kaum zustande gebracht -werden könnten. -</p> - -<p> -Das Wasser kommt in Betracht als Förderer der Landwirtschaft, -als Förderer der Gesundheit, Reinlichkeit und der Lebenshaltung -der Einzelnen, als Transportmittel, als Kraftquelle und als -Grundlage der Fischzucht, endlich im Gegensatze zu alle dem als -Zerstörer. -</p> - -<p> -In Gebirgsländern wie Österreich ist das Wasser wegen seines -Gefälles wichtiger als anderswo, sowohl nützlicher als gefährlicher. -Es drängt sich demnach der Gedanke auf, welche Aufgabe der -Staatsverwaltung in Beziehung auf die Wasserwirtschaft gestellt -würde, wenn die ganze Wirtschaft verstaatlicht wäre. Der Staat -hätte nicht nur allen Wasserschäden vorzubeugen, sondern auch alle -natürlichen und regelmäßigen Wasserläufe und alle erforderlichen -künstlichen Ansammlungen und Abläufe für die nützlichste Verwertung -einzurichten und die gesamten Gewässer dem größten Nutzeffekte -dienstbar zu machen. In unserer Zeit kann man oft bemerken, daß -der Vorteil des einen zugleich der Schaden des andern ist. Man -behauptet, daß die Abfuhr der Industriewässer oft zu großen Beschädigungen -der Fischzucht und selbst der Hygiene führt. Das kann -im Kollektivismus der Staat verhüten, und außerdem verteilt sich -Nutzen und Schaden auf alle. -</p> - -<p> -Was andere Produktionszweige anbelangt, so wird der Kollektivismus -auf ihren Betrieb nicht besonders einwirken. Die Industrie -wird nur den Vorteil haben, der aus dem ausnahmslosen Großbetriebe -entsteht, und der Kollektivstaat hat ein Generalmonopol, aber -nicht zur Bereicherung von Unternehmern, sondern zur Bereicherung -des ganzen Volkes. Doch ist hier zu bemerken, daß dem Erfindungsgeiste -für Maschinen und Werkzeuge, Arbeitsmethoden und Verwaltung -im Kollektivstaate dieselbe Betätigung, ja vielleicht eine -größere eröffnet wird, als in unserer industriellen Wirtschaft den -<span class='pagenum'><a id='Page_291' name='Page_291' href='#Page_291'>[291]</a></span> -<ins class='correction' title='Fabriksdirektoren'>Fabrikdirektoren</ins> und Unternehmern. Denn wer immer eine Verbesserung -vorzuschlagen hat, wird Gelegenheit haben, seine Vorschläge -zu veröffentlichen, wenn ihm die Staatsverwaltung kein Gehör -schenkt, und so wird er es zu Versuchen bringen und, wenn sein -Vorschlag sich bewährt, auch reichlichen Lohn ernten. -</p> - -<h2 id='L_00_0_0'> -XI.<br /><br /> -Die Verteilung im Kollektivstaat. -</h2> - -<hr class='h2bot' /> - -<p> -Nachdem der Kollektivstaat allein besitzt, steht es ihm zu, die -Güter zu verteilen. Der Besitzende sucht von den Früchten seines -Besitzes so viel als möglich für sich zu erhalten und für die Bewirtschaftung -seines Besitzes so wenig als möglich Opfer zu bringen. -So wird der Staat auch nur sein egoistisches Interesse im Auge -behalten und das öffentliche Wohl über jedes Einzelinteresse stellen. -Da aber der Staat unpersönlich ist, wird der Erfolg seiner Wirtschaft -immer der Gesamtheit zu statten kommen. -</p> - -<p> -Die Verteilung erfolgt nach den Volksbeschlüssen, welche in der -Regel nur allgemeine Gesetze aufstellen, und Sache der Staatsverwaltung -ist es, die Gesetze auf die einzelnen Fälle anzuwenden. -Die Verteilung hat zum Gegenstande die Arbeit und die Güter. -</p> - -<h3 id='L_01_0_0'> -1. Die Verteilung der Arbeit. -</h3> - -<p> -Jeder Arbeitsfähige, der nicht nach den Gesetzen von geregelter -Arbeit befreit ist, ist zur Arbeitsleistung verpflichtet. -</p> - -<p> -Die Verteilung der vorhandenen Arbeitskräfte auf die einzelnen -Produktionszweige erfolgt nach den Volksbeschlüssen betreffend die -Ausdehnung der Produktion auf den verschiedenen wirtschaftlichen -Gebieten. Es ist klar, daß z. B. mit der Vermehrung des Betriebes -der Eisenbahnen eine Vermehrung des Betriebspersonals gegeben ist. -Ebenso gilt das von einer Vermehrung der Papierproduktion oder -der Produktion von Büchern und Zeitschriften. Würde die Unterdrückung -einer gewissen Industrie, z. B. der Biererzeugung, verfügt, -so entfiele die darauf bisher aufgewendete Arbeit. Übersteigt die -geforderte Produktion die Menge der verfügbaren Arbeitskräfte, so -<span class='pagenum'><a id='Page_293' name='Page_293' href='#Page_293'>[293]</a></span> -wird die Staatsverwaltung eine verhältnismäßige Reduktion aller -Produktionen, oder jener Produktionen verfügen, für welche der Staatsverwaltung -eine Latitude eingeräumt ist. -</p> - -<p> -Die Staatsverwaltung ist hinreichend über die Fähigkeiten -aller Individuen informiert, daß sie dafür verantwortlich gemacht -werden kann, zu jedem Geschäfte den Brauchbarsten zu bestellen. -</p> - -<h4 id='L_01_a_0'> -a) Der Arbeitstag. -</h4> - -<p> -Man wird ohne Zweifel einen Normalarbeitstag für durchschnittliche -Arbeit gemeiner Art annehmen. Ich bin jetzt geneigt, -den achtstündigen Arbeitstag als Regel gelten zu lassen, während ich -früher zweifelte, daß damit in Europa, nämlich bei unserer großen -Bevölkerungsdichte, eine genügende Produktion bestritten werden -könnte, weil man bei den Bauern im Sommer eine 14-15 stündige -Arbeitszeit antrifft. Allein ich habe mich überzeugt, daß das -nur etwa 5 Monate dauert und daß bei den Bauern in der -übrigen Zeit die Arbeit weit unter acht Stunden im Durchschnitte -herabsinkt. -</p> - -<p> -Dem Sozialismus ist nicht leicht durch jemand so geschadet -worden, wie durch sozialistische Schriftsteller, welche durchwegs die -Lehre aufstellen, daß, wenn wir unsere Gesellschaftsordnung verließen, -wir nicht nur im Reichtum schwimmen würden, sondern auch die -Arbeitszeit auf ein Minimum zusammenschrumpfen könnte. Man -spricht nach Belieben von einer 4 oder 5 stündigen Arbeitszeit und -Bebel, der übrigens durch einen gelehrten Herrn irre geführt wurde, -verficht in seinem Buche: »Der Sozialismus und die Frau« die -Lehre, daß im Sozialstaate — oder, wie er es vorzieht zu sagen, -in der sozialistischen Gesellschaft — die Arbeit auf 2½ Stunden -im Tage für die Altersstufen zwischen 16 und 50 Jahren herabgesetzt -werden könnte, wenngleich die Gesellschaftsmitglieder Anspruch -hätten auf ein reiches Leben. Er ist irre geführt durch Hertzka, den -er für einen Volkswirt hält, der aber ein Schwärmer ist, der die -unglaublichsten Versprechungen macht, um seine Freilandprojekte zu -propagieren. Er wollte durch die sorgfältigsten Erhebungen festgestellt -haben, daß in Österreich diesseits der Leitha der Bedarf für -<span class='pagenum'><a id='Page_294' name='Page_294' href='#Page_294'>[294]</a></span> -22 Millionen Menschen durch 650,000 Arbeitskräfte — wahrscheinlich -wurden sie mit 10 stündiger Arbeitszeit in Anschlag gebracht — -hergestellt werden könnte und daß die Erzeugung ihrer Luxusbedürfnisse -nur die Arbeit von weiteren 315,000 Arbeitern erheischen -würde, das alles bei reichlicher Versorgung und dem Bau von Familienhäusern, -welche nur für die Dauer von 50 Jahren hergestellt -werden sollten. Das wollte Hertzka durch eine Korrespondenz mit -Unternehmern und Verwaltern ermittelt haben. Man kann sich -denken, wie oberflächlich diese Ermittelungen waren. -</p> - -<p> -Organisation und Maschinen, worin man in Nordamerika wohl -schon das Äußerste erreicht hat, können uns noch vieles erleichtern, -aber es ist genug, wenn sie uns Befriedigung aller Bedürfnisse bei -achtstündiger Arbeitszeit gewähren und uns noch manche Anstrengungen -und Widerwärtigkeiten abnehmen. -</p> - -<p> -Von solchen Irrtümern müssen wir uns frei machen und wir -dürfen den Arbeitern keine Versprechungen machen, die sich nicht erfüllen -lassen. Da sie an 10 und 11 Stunden Arbeit gewöhnt sind, -werden ihnen 8 Stunden Arbeit an 300 Tagen nicht zu schwer -werden und da jede Verminderung der Arbeitszeit eine Verminderung -der Genüsse mit Notwendigkeit zur Folge hat, so kann die richtige -Festsetzung der Normalarbeitszeit als die wichtigste ökonomische Frage -im Kollektivismus betrachtet werden. Eine achtstündige Arbeit erschöpft -gewiß nicht so, daß die dadurch gewonnenen Güter nicht -hinreichten, dem Körper alles wiederzugeben, was er in der Arbeit -zugesetzt hat. Würde die Arbeitszeit noch beträchtlich herabgesetzt, -so bedürfte man noch vermehrter Luxusgüter, um die freie Zeit auszufüllen -und gerade, wo die Produktion der Güter zurückgeht, würde -der Bedarf nach Gütern steigen. -</p> - -<p> -Wenn Bebel auch noch möglichste Abwechslung in der Arbeit verlangt, -so ist dagegen wohl auch zu bemerken, daß bei allen Arbeiten, -die einige Geschicklichkeit fordern, Abwechslung nur auf Kosten der -Produktivität zugestanden werden kann. Der Arbeiter würde also -bei diesem Wechsel, wenn er häufig stattfände und nicht bloß zu dem -Ende, um eine dem Individuum besser passende Beschäftigung zu -finden, viel weniger leisten, und da im Kollektivismus jeder Schade -die Gesamtheit trifft, würde das ganze Volk weniger genießen können, -<span class='pagenum'><a id='Page_295' name='Page_295' href='#Page_295'>[295]</a></span> -wenn der Grundsatz zur Anwendung käme, daß man mit der Arbeit -beliebig wechseln kann. Zum Teile aber würde der Wechsel auch -ökonomisch gerechtfertigt sein. Denn bei den bäuerlichen Arbeiten -ist eine besondere Qualifikation nicht erforderlich und dort ist eine -Abwechslung ohnehin gegeben und da auch die gewerblichen Arbeiter -in den Sommermonaten zu den bäuerlichen Arbeiten herangezogen -werden müssen, so ist einige Abwechslung ohnehin dort geboten, wo -sie nicht ökonomisch verwerflich ist. Auch in den hauswirtschaftlichen -Arbeiten dürfte ein Wechsel wohl statthaft sein, wenngleich die -Leitung des Küchenwesens nur besonders begabten Frauen überlassen -werden kann. -</p> - -<p> -Ebenso unmöglich wäre es, jeden sich seine Arbeit vollkommen -frei wählen zu lassen. Es darf sich niemand eine Arbeit wählen, -zu der ihm die Geschicklichkeit oder die intellektuelle Fähigkeit mangelt, -es können ferner zu keinem -Berufe<a name='FA_44' id='FA_44' href='#FN_44' class='fnanchor'>[44]</a> -und zu keiner Arbeit mehr Arbeiter -zugelassen werden, als die festgesetzte Produktion erheischt und -die wissenschaftlichen und künstlerischen Berufe müssen von materieller -Arbeit befreien. Eben darum aber kann es niemand freistehen, sich -einen wissenschaftlichen oder künstlerischen Beruf frei zu wählen, dazu -können nur die als vorzüglich befähigt Erkannten zugelassen werden, -weil das das Interesse des Volkes gebieterisch fordert. -</p> - -<p> -Die achtstündige Arbeit gilt für die Durchschnittsarbeit; für -Arbeiten, welche große Anstrengung erfordern oder sonst eine höhere -Belastung der Arbeiter herbeiführen, werden andere Normen angenommen -werden. Nach Maßgabe der Volksbeschlüsse wird der -Normalarbeitstag entweder unveränderlich festgehalten, oder nur für -den Jahresdurchschnitt angenommen, so daß eine Mehrleistung in -der einen Jahreszeit durch eine Herabsetzung in den anderen Monaten -wettgemacht wird. Außer dem Normalarbeitstage wird auch eine -Normalzahl der Arbeitstage für das Jahr festgesetzt werden, wahrscheinlich -300 Arbeitstage im Jahre. Die landwirtschaftlichen Arbeiten -werden eine genaue Feststellung der geleisteten Arbeitsstunden -erschweren. -</p> - -<h4 id='L_01_b_0'> -b) Sonntage, Feiertage, Ferien. -</h4> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_296' name='Page_296' href='#Page_296'>[296]</a></span> -Es ist höchst wahrscheinlich, daß man die Sonntagsruhe aufrechterhalten -wird. Nur aus überwiegenden wirtschaftlichen Gründen -wird man manche Industrien kontinuierlich betreiben und demnach -die Sonntagsruhe versagen. Dann sind zwei Auswege möglich, man -kann nach Einstellung einer Überzahl von einem Sechstel der erforderlichen -Arbeiter je ein Siebentel der Arbeiterschaft ruhen lassen, und -zwar an jedem Tage in der Woche, oder man kann irgend eine Entschädigung -für die Mehrarbeit bewilligen. Eine solche Entschädigung -wäre die Herabsetzung des Normalarbeitstages von acht Stunden auf -6 Stunden 50 Minuten, oder längere Ferien, das wären 65 Ferialtage -nach beendeten 300 Arbeitstagen, oder sonst irgend ein Benefizium. -Es wird dabei immer in irgend einer Form darauf hinausgehen, -Ersatzarbeiter einzustellen. Allein man wird nicht bloß die -Ausgleichung der mehr verwendeten Arbeitszeit zu bewilligen haben, -eine Verlegung der Ruhe auf einen anderen Tag, als den Sonntag, -den echtesten Freudentag, den jeder mit den andern feiern möchte, -oder längere Ferien nach längerer Arbeit, werden niemals als ein -Äquivalent gelten können. Man könnte noch einen Ausweg finden -und in solchen Industrien eine frühere dauernde Arbeitsbefreiung -gegen dem gewähren, daß der Befreite sich verpflichtet, sich zur Sonntagsarbeit -einstellen zu lassen. -</p> - -<p> -Daß außer den Sonntagen auch gewisse Feiertage gehalten -werden, ist sehr wahrscheinlich, aber es wäre doch zweckmäßiger, diese -Feiertage auf einen Sonntag zu verlegen, da die Aufeinanderfolge -von sechs Arbeitstagen und einem Ruhetage sehr zweckmäßig scheint -und eine neuerliche Unterbrechung der Arbeit durch einen Feiertag -eher langweilig ist. -</p> - -<p id='L_01_b_0al'> -Nimmt man nun 300 Arbeitstage im Jahre, so ergibt das -nach Abrechnung von 52 Sonntagen noch 13 oder 14 freie Tage -und es erscheint zweckmäßig, dieselben mit 2 oder 3 sich daran -schließenden Sonntagen zu einer Ferialzeit zusammenzulegen, welche -dem Arbeiter Gelegenheit gibt, den Arbeitsort zu verlassen und sich -in der Welt umzusehen. Für diese Zeit wird dann eine Reisebewilligung -erteilt und der Urlaub fällt nicht auf eine bestimmte Zeit, -<span class='pagenum'><a id='Page_297' name='Page_297' href='#Page_297'>[297]</a></span> -sondern er wird das ganze Jahr über auf die Arbeitspflichtigen -aufgeteilt, wobei den Tüchtigeren und Älteren die Wahl der Zeit -einzuräumen ist. -</p> - -<p> -Für manche Berufe wird man von diesen Grundsätzen abweichen. -Der Verwaltungsbeamte, der ohnehin ein Recht auf frühere Arbeitsbefreiung -hat und dessen Dienst sonst verhältnismäßig leicht ist, wird -weder auf Sonntagsruhe noch auf Urlaub Anspruch haben, weil er -keinen Ersatzmann stellen kann und eine ununterbrochene Amtsführung -zweckmäßig scheint. Fraglich wäre nur, ob er die Führung -der Geschäfte auf ganz kurze Zeit dem vom Volke bestellten Kontrollbeamten -oder dem Arzte oder einem Lehrer überlassen könnte. Dagegen -wieder werden die Lehrer vielleicht auf längere Ferien als -solche von 15 Tagen Anspruch machen, wogegen man von ihnen -unter dem Jahre anstrengenderen Dienst fordern wird. -</p> - -<h4 id='L_01_c_0'> -c) Arbeitsbefreiung. -</h4> - -<p> -Die Befreiung von geregelter, erzwungener Arbeit kann, wie in -I, <i>Alinea</i>: <a href='#A_00_0_0al4'>»Von der staatlichen«</a> erwähnt wurde, bestimmten Familien -verfassungsgemäß eingeräumt werden. -</p> - -<p> -Außerdem wird sie von einem gewissen Alter an jedem, ohne -Rücksicht auf eine Altersgrenze aber solchen eingeräumt, welche ein -großes Verdienst für den Staat erworben haben oder welchen man -nach Maßgabe ihrer erwiesenen Begabung und Schaffenslust, Gelegenheit -zum schöpferischen Arbeiten geben will. Letztere Arbeitsbefreiung -wird widerruflich sein. Das Normalalter für die Arbeitsbefreiung -wird das zurückgelegte 65. Lebensjahr sein, es kann aber -nach dem Berufe erheblich herabgesetzt werden, so für Verwaltungsbeamte -und Lehrer auf 55 Jahre, für Ärzte, wenn sich die -Annahme bewähren sollte, daß der Arzt kein hohes Alter erreicht, -auf 45 Jahre usw. -</p> - -<p> -Es mag die Frage aufgeworfen werden, ob es ohne Schaden -für die Produktion möglich sein wird, das 65. Lebensjahr als -Maximalgrenze für die geregelte Arbeit festzusetzen, denn der Statistik -zufolge gäbe das 45 Arbeitsbefreite für eine Gemeinde von 1000 Köpfen, -während heute an Ausgedingleuten, Rentnern und Hausbesitzern, -Pensionisten, Pfründnern und Almosenempfängern nur 23,5 Köpfe -<span class='pagenum'><a id='Page_298' name='Page_298' href='#Page_298'>[298]</a></span> -auf tausend gezählt werden. Allein es ist offenbar, daß in einer -Küchenwirtschaft für 1000 Personen es gar nicht empfindlich ist, -ob 23,5 oder 45 Mitesser mithalten und die anderen Bedürfnisse -fallen nicht sehr in die <ins class='correction' title='Wagschale'>Waagschale</ins>, wenn Wohnungen genug vorhanden -sind. -</p> - -<p> -Daß der Arbeitstag für manche Berufe, wie insbesondere für -die Bergarbeit, unter 8 Stunden herabgesetzt werden kann, ist evident, -aber es ist davon hier nicht weiter die Rede, weil die Verminderung -der Arbeitszeit zu jenen Benefizien gehört, -von welchen in <a href='#H_09_m_0'>VIII, 9, m,</a> gesprochen wird. -</p> - -<p> -Wenn auch Kinder und junge Leute unter 18 Jahren von der -geregelten Arbeit befreit sein sollen, so wird man ihnen doch, wie -in <a href='#G_05_0_0'>VII, 5,</a> bemerkt wurde, aus erziehlichen Gründen eine mäßige -<ins class='correction' title='Abeit'>Arbeit</ins> auferlegen. -</p> - -<h4 id='L_01_d_0'> -d) Arbeitszuweisung. -</h4> - -<p> -Bei der Arbeitszuweisung wird man in jedem Berufe auf Geschlecht -und Alter Rücksicht nehmen. Eine ganze Reihe von Arbeiten -leichterer Art, wie Hauswirtschaft, Erziehung, Krankenpflege, Gartenarbeit, -Milchwirtschaft und gewisse landwirtschaftliche Arbeiten wird -man den Frauen vorbehalten. Zum größten Teil ist das auch heute -schon durchgeführt. Man wird nicht leicht ein Bauernmädchen die -Sense schwingen sehen, wohl aber gehen die Mädchen neben den -Mähern her und breiten das geschnittene Gras aus. Im Lehrberufe -und als Ärztin kann sich die begabte Frau ebenso nützlich -machen, wie der gleichbegabte Mann. Auch in der Industrie sind -viele Arbeiten durchaus passend für die Frauen, so die Kleiderverfertigung -und die Bedienung der Spinn- und Webemaschinen. -</p> - -<p> -Man soll ferner bei den ungelernten Arbeitern auf das Alter -Rücksicht nehmen und den älteren Männern und Frauen das Lästige -und Beschwerliche ersparen und es den Jüngeren aufladen. -</p> - -<p> -Bei der Zuweisung der verschiedenen Arbeiten wird man zwei -Gattungen von Arbeiten unterscheiden. Die meisten Arbeiten sind -von der Art, daß sie niemand ablehnen, der Staat sie niemand verwehren -kann. Das sind die landwirtschaftlichen, die hauswirtschaftlichen -Arbeiten und die einfacheren gewerblichen Arbeiten. Dagegen gibt -<span class='pagenum'><a id='Page_299' name='Page_299' href='#Page_299'>[299]</a></span> -es Arbeiten, welche eine größere Belastung der Arbeiter mit sich -bringen und solche, welche größere Vorstudien oder besondere Talente -voraussetzen. Zu ersteren, so zur Bergarbeit, darf niemand gezwungen -werden, zu letzteren wird niemand zugelassen, der nicht die Bedingungen -erfüllt, welche der Staat daran knüpft und unter Personen, -die qualifiziert sind, wird jener bestellt, welcher als tüchtiger erkannt -wird. Bei der Berufswahl wird auch das Gutachten der Ärzte eingeholt. -Es gibt junge Leute, die sich nicht für den Tischlerberuf -eignen, weil sie zur Tuberkulose hinneigen. Solche werden diesem -Berufe nicht zugewiesen und, wenn ihnen das Gutachten mitgeteilt -wird, werden sie sicher einverstanden sein, einen Beruf zu meiden, -der ihnen größere Gefahr bringt. Es ist bekannt, daß die Arbeiten -in Zündhölzchenfabriken ungefährlich sind, wenn gewisse Phosphorarten -verwendet werden. Wegen der erbärmlichen sozialen Zustände -in Österreich war es bisher nicht möglich, das Verbot durchzusetzen, -anderen Phosphor zu verwenden. -</p> - -<p> -Im allgemeinen wird jeder für den landwirtschaftlichen oder -hauswirtschaftlichen <em class='gesperrt'>und</em> irgend einen gewerblichen Beruf ausgebildet, -weil die Landwirtschaft im Sommer viele Arbeitskräfte, im -Winter aber wenig Arbeitskräfte erheischt. So wird dann jeder -landwirtschaftliche Arbeiter im Winter in irgend einer Industrie beschäftigt -werden. Es gibt keine Gewerbe, in welchem nicht ein -Drittel der Arbeiten von ungelernten Personen verrichtet werden -kann. Bei den schwierigeren Arbeiten sind die Abstufungen sehr -groß. Vom Mechaniker geringster Art bis zum Monteur oder zum -Verfertiger optischer Apparate ist ein weiter Weg. Darum wird im -Gewerbe auch ein Vorwärtskommen eröffnet werden für jene, die sich -zu den feinsten Arbeiten qualifizieren. -</p> - -<p> -Für die höheren Berufe werden die Begabtesten in der Schule -ermittelt werden. Der Pädagoge und die Lehrer werden alle Talentierten -schon in der Schule ermuntern, sich durch hervorragende -Leistungen auszuzeichnen und eine solche Betätigung wird der einzige -Weg zum Verwaltungs-, Lehr- oder Sanitätsdienst sein. Doch soll -die höhere Schulbildung nicht der einzige Weg sein, um zu hohen -Ehren und glänzender Stellung zu gelangen. Auch aus den Arbeiterkreisen -werden Forscher, Künstler und Erfinder hervorgehen, welche -<span class='pagenum'><a id='Page_300' name='Page_300' href='#Page_300'>[300]</a></span> -niemals eine höhere Schule absolviert haben. Dagegen soll Geburt -niemals einen Anspruch auf höhere Stellen gewähren und die Glieder -der monarchischen und adeligen Familien sollen von allen Stellen -im Staatsdienst ausgeschlossen sein, wenn sie nicht auf ihre erbliche -Stellung für sich und ihre Nachkommen verzichten. Auch soll jedem -Hochbegabten gestattet werden, die Hochschule nachzuholen, wenn seine -Begabung erst nach seiner Einstellung in den landwirtschaftlichen oder -gewerblichen Beruf erkannt wird. -</p> - -<p id='L_01_d_0al'> -<em class='gesperrt'>Der oberste Verteilungsgrundsatz soll sein, daß jedem -in seinem Berufe die Möglichkeit geboten werden soll, -das höchste Alter zu erreichen, das ihm nach seiner Konstitution -zu erreichen möglich ist.</em> Darum muß bei der Arbeitsverteilung -dahin gewirkt werden, daß kein Beruf überlastet wird -und wenn in einem Berufe eine größere Sterblichkeit konstant beobachtet -wird, sollen solche Erleichterungen im Dienste und solche -Vermehrung der Genüsse gestattet werden, daß ein Ausgleich erzielt -wird. -</p> - -<p> -Selbstverständlich hat die Verwaltung die größten Anstrengungen -zu machen, alle Schädlichkeiten der Berufe zu bekämpfen. -</p> - -<p> -Es wurde oben bemerkt, daß es Berufe gibt, zu welchen niemand -gezwungen werden kann, wie zum Bergbau. Findet sich nun -niemand zu einem solche Berufe, so wird es in der Regel Sache -der Staatsverwaltung sein, einem solchen Berufe solche Begünstigungen -zuzuwenden, daß sich Bewerber melden. In der Regel -werden diese Begünstigungen in einer Verkürzung der Arbeitszeit bestehen. -Hat nun jemand sich zu einem solche Berufe bereit erklärt, -so entsteht ein Vertragsverhältnis, welches nicht willkürlich gestört -werden kann. -</p> - -<p> -Doch wäre das nicht der einzige Weg, um die Erzeugung der -Güter sicherzustellen, welche in solchen Berufen erzeugt werden. Man -könnte Ausländer dingen, welchen man das Staatsbürgerrecht nicht erteilt -und welche nur auf Naturalverpflegung und kleinen Lohn Anspruch -haben und man könnte solche Güter auch vom Auslande im Handel -erwerben, oder die Bergwerke gegen einen in Produkten zu entrichtenden -Pachtschilling <ins class='correction' title='au'>an</ins> Ausländer verpachten, was aber schwer ausführbar -<span class='pagenum'><a id='Page_301' name='Page_301' href='#Page_301'>[301]</a></span> -wäre. Endlich verweise ich auf VII, 2, <i>Alinea</i>: -<a href='#G_02_0_0al3'>»Noch wichtiger wäre«</a>. -</p> - -<p> -Ob einem Arbeiter die Zeit der Krankheit in die Arbeitszeit -eingerechnet wird, hängt davon ab, ob ihm ein Verschulden an seiner -Krankheit nachgewiesen werden kann oder nicht. -</p> - -<p> -Im Falle der Einstellung einer Produktion, sei der Anlaß -welcher immer, hat der Staat für andere Arbeit zu sorgen. Insofern -ein Ersatz nicht sofort möglich ist, wird man die unbeschäftigten -Arbeiter beurlauben und ihnen diesen Urlaub später anrechnen. Sie -werden dann in verwandten Berufen beschäftigt, z. B. Metallarbeiter -in einem anderen Produktionszweige der Metallindustrie, und bei den -sich so ergebenden Verschiebungen können Arbeitskräfte der geringsten -Art aus der gewerblichen Produktion in die landwirtschaftliche -Produktion versetzt werden. So trägt der Staat die Gefahr -der Arbeitslosigkeit allein. Strike, nämlich völlige Arbeitsverweigerung, -werden nicht geduldet, die Arbeit ist Pflicht, und wer nicht -aus dem Kollektivverbande ausscheiden will, I, <i>Alinea</i>: -<a href='#A_00_0_0al1'>»Die Rechtsgrundsätze für die kommende Zeit«</a>, -wird zur Arbeit gezwungen. -Remonstrationen über unverhältnismäßige Belastung in einem Produktionszweige -müssen auf das gewissenhafteste geprüft und gerechten -Beschwerden abgeholfen werden. Inwiefern die Arbeit in einem -bestimmten Berufe verweigert werden kann, bestimmen die Gesetze. -Wer sich zu beschwerlichen Berufen bedingungsweise verstanden hat, -wird wenigstens auf eine bestimmte Zeit gebunden sein und nicht -ganz willkürlich ausstehen dürfen. -</p> - -<h3 id='L_02_0_0'> -2. Die Verteilung der Güter. -</h3> - -<p> -Hier ist nicht nur von Sachgütern die Rede, sondern auch vom -Genusse der persönlichen Dienstleistungen. Ich verstehe hier unter -persönlichen Dienstleistungen jede Arbeit, welche nicht auf Erzeugung -oder Wiederherstellung von Sachen gerichtet ist. -</p> - -<p> -Auch für die Verteilung der Güter ist der allgemeine Grundsatz -maßgebend, daß jedem in seinem Berufe die Möglichkeit geboten -werde, das höchste Alter zu erreichen, das ihm nach seiner Konstitution -zu erreichen möglich ist. Wenn nun hierzu irgend ein Aufwand -<span class='pagenum'><a id='Page_302' name='Page_302' href='#Page_302'>[302]</a></span> -von Sachen erforderlich ist, muß er gemacht werden. Insbesondere -muß die Nahrung darauf berechnet sein, dem Körper -einen vollkommenen Ersatz für die in der Arbeit eingesetzten Kräfte -zu bieten. Nach diesem Grundsatze könnte etwa der Bauer mehr -Fett, der geistige Arbeiter mehr Fleischnahrung oder Stimulantien -beanspruchen. -</p> - -<p> -Es ist bereits wiederholt bemerkt worden, daß es volkswirtschaftlich -begründet ist, einen Teil des jährlichen Volkseinkommens -zur Entlohnung größerer und höherer Verdienste, besonders in wissenschaftlichen -und künstlerischen Berufen auszuscheiden. Es wird sich -da einerseits um bestimmte Arten von Gütern, andererseits um -einen prozentuell höheren Anteil an den für die allgemeine Verteilung -bestimmten Gütern handeln. Alle übrigen Güter sollen -gleichmäßig, nach Köpfen, verteilt werden, aber mit Rücksicht auf -Alter, Geschlecht und im Berufe gelegene Bedürfnisse und auf Klima. -</p> - -<p> -Gewisse Gebrauchsgegenstände, wie wissenschaftliche Apparate -und musikalische Instrumente, werden zunächst zur Ausrüstung der -Personen, die davon berufsmäßig Gebrauch machen müssen, also im -staatlichen Organismus angestellter Forscher, Künstler und Musiker, -dann nach Verhältnis des Interesses der Bevölkerung für Kunst und -Wissenschaft in den einzelnen Bezirken verteilt. Die Bedeutung der -berufsmäßigen Forscher und Künstler wird darüber entscheiden, wem -die kostbarsten Instrumente, z. B. alte berühmte Geigen, zum Gebrauche -überlassen werden, und ebenso wird die -Verwaltung<a name='FA_45' id='FA_45' href='#FN_45' class='fnanchor'>[45]</a> seltene -Apparate und Instrumente nur jenen zum Gebrauche überlassen, -welchen eine nützliche Verwendung zugetraut werden kann. Dabei -wird man auf die Gutachten der staatlich anerkannten Vereine und -der Fachunterrichtspersonen Rücksicht nehmen, und wenn man sich -getäuscht hat, die Instrumente anderen überlassen. -</p> - -<p> -Auf die Minimalversorgung hat auch der Arbeitsunfähige -Anspruch. -</p> - -<h2 id='M_00_0_0'> -XII.<br /><br /> -Die Beziehungen des Kollektivstaates zum -Auslande. -</h2> - -<hr class='h2bot' /> - -<p> -Diese Beziehungen werden hier nur insofern näher untersucht, -als es sich um Auslandsstaaten handelt, welche noch die Geldwirtschaft -aufrecht erhalten; denn der erste Staat, der sich kollektivistisch organisiert, -hat es nur mit solchen Staaten zu tun. Bilden sich nach und -nach auch andre Kollektivstaaten, so werden sie internationale Vereinbarungen -treffen, welche den Reiseverkehr, den Austausch von -Gütern und die Auswanderung, vielleicht auch Versicherung gegen -Mißwachs betreffen. -</p> - -<p> -Dieser Abschnitt behandelt den Gütertausch mit Auslandsstaaten -der heutigen Gesellschaftsordnung, den Reiseverkehr, die Aus- -und Einwanderung und die territoriale Integrität. -</p> - -<h3 id='M_01_0_0'> -1. Der Güteraustausch mit ausländischen Staaten. -</h3> - -<p> -Da der Kollektivstaat Alleineigentümer aller Güter im Staate -ist, kann er den Nachbarstaaten gegenüber wie eine ausländische -Privatperson angesehen werden. Nur er kann österreichische Güter -an das Ausland verkaufen und, von einigen Ausnahmen, die unten -erwähnt werden, abgesehen, nur für ihn können im Auslande Güter -erworben werden. Obwohl er selbst im Inlande keine Geldwirtschaft -kennt, kann er aus geldwirtschaftlichen Staaten nur gegen Zahlung -Güter erwerben, und darum kann er nach solchen Staaten auch nur -gegen Zahlung Güter überlassen. Er kann sich hierbei irgend einer -ausländischen Währung bedienen, und er wird keine heimatliche -Währung einführen. Würde er von jedem Staate nur so viel -<span class='pagenum'><a id='Page_304' name='Page_304' href='#Page_304'>[304]</a></span> -Güter erwerben, als er dem Werte nach dahin verkauft, so würden -die Forderungen, die er in dieser Währung erwirbt, zur Berichtigung -seiner Schuld an die Bürger dieses Staates gerade hinreichen. -Allein es ist nicht möglich, den Güterverkehr mit ausländischen -Staaten so einzurichten, daß sich Schuld und Forderung in jedem -Lande ausgleichen. Die Handelsbilanz wird in der Regel einem -Staate gegenüber aktiv, einem anderen Staate gegenüber passiv sein. -Das bedingt dann auch, daß seine Forderungen und Schulden aus -dem Güterverkehr in den verschiedensten Währungen kontrahiert werden. -Allein das macht es nur notwendig, daß die erworbenen Valuten, -soweit es zum Ausgleich notwendig ist, verwertet werden. Dabei -wird der Staat ein Jahr etwas gewinnen, das andere vielleicht -etwas verlieren, was aber von keinem Belange ist. Die Verwaltung -wird hierbei wahrscheinlich im Vorteil sein, weil bei dem Überblicke -über so ungeheure Mengen von Transaktionen ein Urteil gewonnen -wird, das ein kleiner Händler nie erwirbt. -</p> - -<p> -Die Frage, welche Art von Gütern verkauft und erworben -werden dürfen, ist Gegenstand der Volksbeschlüsse. Dabei wird man -nicht so engherzig vorgehen, daß man mit ganz <ins class='correction' title='offnen'>offenen</ins> Karten spielte -und das Ausland genau wüßte, was der Kollektivstaat kaufen und -verkaufen muß. Man wird aber den ausländischen Geschäftsleuten -gegenüber im Vorteil sein, weil der Kollektivstaat die »stärkste -Hand« ist. -</p> - -<p> -Der Kollektivstaat wird niemals ein Zollgesetz erlassen, weil er -damit nur sich selbst besteuern würde und die Einfuhrserschwernis -der Zölle dadurch aufgewogen wird, daß nur er als Käufer für sein -Staatsgebiet auftreten kann, also keine Einfuhr denkbar ist, welche -ihm nicht bequem wäre. Ob der Kollektivstaat den internationalen -Kauf und Verkauf durch Agenten oder Staatsbeamte besorgen läßt, -ist eine Frage, die wohl hier nicht zur Entscheidung zu bringen ist. -</p> - -<p> -Wenn Kunstgegenstände des freien, nicht berufsmäßigen -Schaffens, <a href='#H_05_0_0'>VIII, 5,</a> oder den Schriftstellern zugestandene Freiexemplare -auf Verlangen der Schöpfer und Schriftsteller und mit -Einwilligung der Staatsverwaltung geschenkweise ins Ausland gehen, -so soll die Einwilligung der Staatsverwaltung auf diesen Gegenständen -ersichtlich gemacht werden. -</p> - -<h3 id='M_02_0_0'> -2. Der Reiseverkehr mit dem Auslande. -</h3> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_305' name='Page_305' href='#Page_305'>[305]</a></span> -Mit dem Reiseverkehr wird es ebenso gehalten, wie mit dem -Gütertausch. Der Ausländer, der in Österreich reist, muß dafür in -der Währung seiner Heimat zahlen, und so erwirbt der Staat die -Mittel, um die Reisen seiner Bürger im Auslande zu bestreiten. -</p> - -<p> -Für die Fremden gelten folgende Rücksichten. Der Staat hat -sich dagegen sicherzustellen, daß die im Inlande reisenden Ausländer -keine ansteckenden Krankheiten einschleppen und sonst keinen Schaden -anrichten. Praktisch wäre es durchaus tunlich, alle Fremden an der -Grenze einer genauen ärztlichen Untersuchung zu unterwerfen. Allein -Fremden von einigem Ansehen gegenüber wird man davon absehen, -um den Reiseverkehr nicht zu erschweren. Arbeiter und andere -Personen, welche minder anspruchsvoll sind, mögen wohl einer ärztlichen -Untersuchung unterzogen werden. Fremde, die keine volle -Sicherheit in dieser Hinsicht gewähren, werden in den Orten ihres -Aufenthaltes so behandelt werden, daß die Gefahr der Übertragung -einer Krankheit abgewendet wird. Es könnte auch ein Gesetz erlassen -und in allen Auslandsstaaten verlautbart werden, daß Reisende, -die sich einer ansteckenden Krankheit bewußt sind und eine Ansteckung -im Inlande verschulden, einer strengen Bestrafung unterzogen werden. -</p> - -<p id='M_02_0_0al'> -Es wird genau vorgeschrieben werden, auf welche Art die Ausländer, -welche im Kollektivstaate reisen, sich zu legitimieren haben, -und man wird wahrscheinlich Legitimationskarten fordern, welche die -Photographie des Reisenden enthalten, und dasselbe wird von seiner -Begleitung gelten. -</p> - -<p> -Man würde vielleicht gut tun, Fremde, welche im Inlande -reisen, an der Grenze zu verhalten, ihre Barschaft und Kostbarkeiten -zu deponieren. Doch scheint es, daß die Furcht vor dem ausländischen -Gelde nicht begründet wäre und daß die Kontrolle über -die Güter des Kollektivbesitzes jede unredliche Veräußerung unmöglich -machte. Auch eine Bestechung wird man aus diesem Grunde -nicht zu fürchten haben, und es ist zu bedenken, daß die Ausnahmslosigkeit -des Staatseigentumes das Recht geben würde, das Geld, -das man im Besitze eines Inländers findet, zu konfiszieren. -</p> - -<p> -Für den Reiseverkehr im Inlande könnte man Kategorien einführen. -<span class='pagenum'><a id='Page_306' name='Page_306' href='#Page_306'>[306]</a></span> -Die geringste Kategorie wäre für Fußgänger, welche nur -in Urgemeinden oder Bezirksvororten Unterkunft nehmen, und die -Kreisstädte, Provinzstädte und die Reichshauptstadt nicht betreten -würden. Sie hätten auf alles Anspruch, was die Masse der inländischen -Bevölkerung zu genießen befugt ist. Da diese aber durch -Arbeit dafür bezahlt hat, muß der Ausländer für Unterkunft und -Verpflegung in Geld bezahlen. Die Schuld würde, da es sich um -Kategorien handelt, durch eine nach Tagen berechnete Summe berichtigt -werden. Eine nächste Kategorie würde die Benützung der -Eisenbahn und Dampfschiffe und den Aufenthalt in Kreisstädten mit -dem Anspruche auf den Besuch von Theatern und Konzerten gewähren -und gleichfalls nach Tagen berechnet werden. Natürlich -schlösse das Recht der höheren Kategorie auch alles in sich, was mit -der niederen Kategorie verbunden ist. So ließen sich noch etwa zwei -oder drei höhere Kategorien schaffen. Indessen scheint es, daß man -für besonders anspruchsvolle Fremde, die auf großem Fuße zu reisen -gewöhnt sind, einen anderen Weg als den der Pauschalierung der -Reisekosten wählen könnte, und daß man ihnen die Möglichkeit eröffnen -sollte, à la carte zu speisen, Kunstgegenstände zu kaufen und -nach allem nach Belieben zu verlangen, in welchem Falle die Preise -bestimmt werden müßten. Ob nun die Rechnung in Barem an bestimmte -Personen, z. B. den Verwaltungsbeamten, oder durch Anweisungen -auf das Depot, wovon oben die Rede war, berichtigt -werden soll, wäre zu prüfen. -</p> - -<p> -Selbstverständlich würden Fremde unter Umständen auch als -Gäste zu empfangen sein. Wenn ein wissenschaftlicher Kongreß im -Kollektivstaat abgehalten wird, werden die Teilnehmer von der -Grenze an als Gäste des Staatsoberhauptes, also des Staates reisen. -</p> - -<p> -Die durch die Reisen der Ausländer im Inlande erworbenen -Mittel werden in der Regel wieder dazu verwendet, um Österreicher -im Auslande reisen zu lassen. Cook hat uns bereits darüber belehrt, -daß es auch eine Unternehmung für Reisen gibt. Der Staat -würde die meisten Reisen der Inländer im Auslande als Unternehmer -in Regie nehmen. Es können solche Reisen in den verschiedensten -Formen als Belohnung, zur Belehrung und zu Unterrichtszwecken -ermöglicht werden, und dabei wird der Staat als -<span class='pagenum'><a id='Page_307' name='Page_307' href='#Page_307'>[307]</a></span> -Unternehmer auftreten. Personen von höchstem Range, Akademikern, -Ministern, Hochschulprofessoren, wird, wenn sie im Auslande reisen, -eine Summe Geldes angewiesen, nur mit der Einschränkung, daß -das nicht Verwendete wieder zurückerstattet wird, und daß die Verwendung -nur für Reisezwecke erfolgen dürfe. -</p> - -<p> -Man wird für inländische Studierende in mehreren großen -Städten des Auslandes Konvikte einrichten, wo sie volle Verpflegung -erhalten. So in Rom für Maler und Bildhauer, in Berlin, Paris, -London für Ärzte und Naturforscher usw., und ebenso kann man im -Inlande für auswärtige Studierende Pensionen einrichten. Es wäre -wohl möglich, daß man eine Erziehungs- und Unterrichtsindustrie -für Ausländer betriebe. -</p> - -<p> -Was nun die jeweiligen Kassenvorräte anbelangt, so würden -vielleicht Kassen im Inlande eingerichtet werden, und zwar an den -Einbruchstationen. Die Zahl dieser Kassen würde eine kleine sein. -Außerdem würde man sich der ausländischen Banken bedienen, die -das Inkasso halten und Anweisungen honorieren würden. Man -könnte auch für diese Geldgebung eine öffentliche Rechnungslegung -in nachstehender Form einführen. Die Einnahmen der <ins class='correction' title='Einbruchsstationen'>Einbruchstationen</ins> -würden für jeden Tag in einer Liste im Reichsblatt veröffentlicht -und dann gleichfalls getrennt nach den Kassaorten die -Rückzahlungen und die Abführung an die Staatszentralkasse tabellarisch -verzeichnet. -</p> - -<h3 id='M_03_0_0'> -3. Die Aus- und Einwanderung. -</h3> - -<p> -Der Kollektivstaat würde eine überseeische Kolonie zu erwerben -trachten, welche er speziell für seine Zwecke einrichten, worin aber -Individualwirtschaft betrieben würde. Diese Kolonie würde besonders -dazu dienen, Inländer strafweise zu verbannen, so, wenn sie die -Propagationsgesetze, VII, 1, <i>Alinea</i>: -<a href='#G_01_0_0al2'>»Zu den gesetzlichen Folgen«</a>, -nicht beobachten. Auch soll solchen, die sich dem Kollektivzwang nicht -unterwerfen wollen, aber das Leben in der Kolonie der Auswanderung -vorziehen würden, die Möglichkeit eröffnet werden, in die -Kolonie zu übersiedeln. Wollen sie sich Altersversicherung vorbehalten, -<span class='pagenum'><a id='Page_308' name='Page_308' href='#Page_308'>[308]</a></span> -so müßten sie eine Prämie bezahlen, weil sie in der Kolonie -nur für eigene Rechnung arbeiten. -</p> - -<p> -Inländern soll die Auswanderung freigestellt werden, nur vielleicht -mit der Beschränkung der vorherigen Erreichung eines bestimmten -Alters, wenn man annähme, daß mit dem dreißigsten oder -fünfunddreißigsten Jahre die Erziehungsschuld abgetragen ist. In -sehr vorgeschrittenem Alter könnte auch eine Auswanderungsprämie -bezahlt werden, weil die Auswanderung eine Verzichtleistung auf -Altersversicherung in sich schließt. Für die Einwanderung von Ausländern -sind gesetzliche Bestimmungen aufzustellen. Es werden gewisse -körperliche und psychische Eigenschaften zur Bedingung gemacht. -Ob ein Einkauf stattfinden müsse, wird auch zu bestimmen sein. Ob -man gestatten soll, daß jemand zugleich Kollektivbürger im Inlande -und Besitzer eines Vermögens in einem auswärtigen Staate sei, ein -Fall, der bei Erfindern und großen Künstlern und Schriftstellern -sehr wohl vorkommen könnte, denn wenn jemand ein epochemachendes -Werk im Auslande auflegt, können ihm wohl recht große Summen -im Auslande zufallen, ist zwar zu erwägen, allein eine engherzige -Entscheidung wäre zu verwerfen. Nur wenn zu befürchten wäre, -daß ein Inländer eine solche im Auslande erworbene wirtschaftliche -Macht dazu mißbrauchen könnte, die Kollektivordnung zu untergraben, -müßte man sich dagegen schützen. Es wäre ein schlechtes -Zeugnis für den Kollektivismus, wenn so etwas möglich wäre. -</p> - -<p> -Wollte man die Grundsätze über das Staatseigentum und das -staatliche Obereigentum an den zu freiem Schaffen überlassenen -Konsumtibilien auf das strengste anwenden, so könnte man allerdings -verlangen, daß alles, was mit solchen Stoffen produziert wurde, -dem Staate verbliebe, ja, man könnte ein Manuskript, das auf -Papier des Kollektivstaates geschrieben ist, wenn ein Kollektivbürger -es im Auslande verwerten wollte, als veruntreut vindizieren, aber -das wäre eine engherzige Tiftelei und würde einer Sklaverei sehr -ähnlich sehen. Der Sklave erwirbt immer für seinen Herrn. -</p> - -<p> -Doch könnte man den Grundsatz einprägen, daß der Bürger -alles, was er schafft, seinem Vaterlande überlassen und daß, wer -damit nicht einverstanden ist, vorher auswandern solle, ehe er für -seine Person erwirbt. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_309' name='Page_309' href='#Page_309'>[309]</a></span> -Denken wir, ein Inländer sendet Aufsätze an auswärtige Zeitschriften, -für welche ihm ein Honorar zugesendet wird, ein Inländer -beteiligt sich an einer ausländischen Konkurrenz für Monumentalbauten, -für Eisenbahnprojekte, für die Einrichtung einer Fabrik und -er würde mit einem Preise bedacht oder ein Inländer nähme, was -während der arbeitspflichtigen Zeit die Beurlaubung voraussetzen -würde, eine auswärtige Professur oder ein Engagement für eine -Konzerttournee an, er schaffe im Auslande Meisterwerke der Malerei -oder Skulptur; sollte er den Lohn nicht für sich behalten? Allerdings -kann man sagen, das Vaterland hat dich ausgebildet, dir die -Mittel gegeben, Künstler zu werden, du bist ein Teil des Ganzen. -Aber das dürfte doch nur als sittliche Erwägung, als Dankbarkeit -und als Patriotismus in Betracht kommen. Vielleicht könnte man -fordern, daß der Erwerbssüchtige zwar den Lohn, der in <ins class='correction' title='baarem'>barem</ins> erworben -wird, dem Kollektivstaate überlasse, aber sich ein Äquivalent -in Genüssen bedinge. Doch man wird immer zu fürchten haben, -daß ein Inländer von diesen Grundsätzen abweicht und sich insgeheim -direkt mit dem Auslande abfindet, wenngleich er nichts, weder -Kunstwerke noch Manuskripte, anders, als durch Vermittlung der -staatlichen Verkehrsanstalten, ins Ausland senden kann. Jedenfalls -ist der Besitz von Geld, wenn damit kein Mißbrauch gemacht wird, -und die Verwertung der in freiem Schaffen hervorgebrachten Werte -für egoistische Zwecke vielleicht als Schmutzerei zu betrachten, aber -doch nicht als Rechtsverletzung. Etwas anderes wäre, wenn man -mit dem Gelde Mißbrauch machte, jemand zur diebischen Veräußerung -von Staatsgut verleitete oder das Geld sonst zu einer Bestechung -verwendete. Dann würde allerdings ein Verbrechen begangen, -das Strafe und Konfiskation rechtfertigen würde, wie auch -wenn sich jemand des Zeitdiebstahls schuldig machte, um fürs Ausland -zu arbeiten. -</p> - -<p> -Daß aber die Summe der dadurch veranlaßten Beschädigungen -des Staates auch nur im Entferntesten jene Vorteile aufwiegen -könnte, die der Kollektivismus im Gefolge hätte, ist doch undenkbar. -Und darum kann man niemals behaupten, solche Schwierigkeiten bewiesen, -daß ein Staat nicht allein zum Kollektivismus übergehen -könne, oder er müsse sich vom Auslande abschließen. Will man -<span class='pagenum'><a id='Page_310' name='Page_310' href='#Page_310'>[310]</a></span> -vernünftig maßhalten, so wird man vor Manchem ein Auge zumachen. -Würde man aber solche Egoisten ins Ausland verbannen, -so würde das wahrscheinlich als schwere Strafe empfunden, denn -das würde Trennung von vielen Freunden und Verwandten und -von so viel Schönem und Herrlichem bedeuten und einem solchen -Ausgeschlossenen würde man auch das Reisen im Inlande verwehren, -wenn er auch dafür bezahlen wollte. -</p> - -<p> -Es ist übrigens zu erwarten, daß, wenn der Kollektivismus einmal -in einem Staate durchgeführt wäre, diese Wirtschaftsform bald -auch auf die Nachbarländer übergreifen würde und so werden -die kleinen Schwierigkeiten, welche das Nebeneinanderbestehen von -Ländern verschiedener Gesellschaftsordnungen verursachen kann, nicht -lange währen. -</p> - -<p> -Abgesehen von der Einwanderung und vom Reiseverkehr der -Ausländer im Inlande ist noch eine dritte Beziehung zu Ausländern -ins Auge zu fassen. Es können auch Ausländer in ein Arbeits- -oder Dienstverhältnis zum Kollektivstaat treten. Man kann sowohl -Arbeiten der geringsten Art Ausländern überlassen, als auch Arbeitsleistungen -der höchsten Art Ausländern übertragen. Handelt es sich -um Arbeiten, die den Aufenthalt im Kollektivstaat nicht bedingen, -wie die Veredlung von Waren, z. B. das Bedrucken österreichischer -Webwaren, oder die Ausarbeitung von Projekten, die Herstellung -von Kunstwerken, oder schriftstellerische Arbeiten, so wäre das der -Kauf einer Arbeit im Auslande, wofür vereinbarte Zahlungen zu -leisten sein werden. Hierbei kann es vorkommen, daß der Kollektivstaat -der ausländischen Jurisdiktion unterworfen wird. Dieser hat -er sich zu fügen, wenn auch keine Exekutionsobjekte sich im Jurisdiktionslande -befinden. Das wäre eine Frage des Kredits, den der -Kollektivstaat aufrechterhalten muß. -</p> - -<p> -Ist aber die Arbeit im Inlande zu leisten, zum Beispiele, wenn -Ausländer eine Erd- oder Maurerarbeit im Kollektivstaat übernehmen, -oder sich als Bergleute verdingen, oder wenn ausländische Ärzte im -Kollektivstaate an ein Krankenbett gerufen werden, wenn ausländische -Gelehrte im Kollektivstaate eine Kanzel annehmen, wenn ein Ausländer -die Leitung einer österreichischen Fabrik übernähme usw., so -wird man Verträge schließen, welche Art von Verpflegung man den -<span class='pagenum'><a id='Page_311' name='Page_311' href='#Page_311'>[311]</a></span> -Ausländern zu gewähren hat und welche Restzahlung sie zu beanspruchen -haben. Für die daraus entstehenden wechselseitigen privatrechtlichen -Ansprüche könnte ein Schiedsgericht bestellt werden, wenn -die ausländischen Gerichte, die über solche privatrechtliche Beziehungen -zu urteilen hätten, als befangen angesehen würden. -</p> - -<p> -Es ist sehr wohl möglich, daß diese Art der Verwendung von -Ausländern sich als sehr nützlich erwiese, besonders für Arbeiten, -welche sehr gesundheitsschädlich sind und welche sich Inländer zu -übernehmen scheuen. Auch kann dadurch die ausländische Intelligenz -für Inlandszwecke verwertet werden. Doch verwickelt das die Verhältnisse, -da ausländische Erdarbeiter vielleicht eine polizeiliche Überwachung -nötig machen würden. Freilich erleichterte der staatliche -Organismus diese Überwachung außerordentlich. -</p> - -<h3 id='M_04_0_0'> -4. Politische Beziehungen zum Auslande und Landesverteidigung. -</h3> - -<p> -Der Kollektivstaat würde sich vor allem neutral erklären und -die Anerkennung dieser Neutralität im Auslande anstreben. Er -würde nur Verträge wirtschaftlicher Natur mit <ins class='correction' title='Auslandstaaten'>Auslandsstaaten</ins> abschließen -und es wird auf eine Bemerkung über das Patentwesen in -VIII, 8, <i>Alinea</i>: <a href='#H_08_0_0al'>»Da nun dem Staate«</a> verwiesen, welche ein -solches wirtschaftliches Interesse berührt, das Gegenstand eines internationalen -Vertrages werden könnte. -</p> - -<p> -Allianzverträge könnten mit Auslandsstaaten nur zum Schutze -der Reichsintegrität geschlossen werden und es würde kaum möglich -sein, dafür auch bewaffneten Schutz des Kontrahenten zu versprechen. -Man kann kaum annehmen, daß irgend ein Allianzvertrag, der dem -Kontrahenten das Recht bewaffneten Einschreitens auf inländischem -Gebiete gewährte, im Interesse eines Kollektivstaates gelegen sein -könnte. Noch viel weniger könnte ein solcher Staat an eine Offensivallianz -denken. Ein Interesse könnte der Kollektivstaat haben, -seine Waren, die er zu exportieren wünscht, gegen hohe Einfuhrzölle -zu schützen, aber da er selbst keine Zölle hat, auf die er im Kompensationswege -verzichten könnte, fehlt es ihm an einem Gegenwerte, -welcher geboten werden könnte. Es wird also die Herabsetzung von -<span class='pagenum'><a id='Page_312' name='Page_312' href='#Page_312'>[312]</a></span> -Zöllen nur von dem Interesse der Bürger des Auslandsstaates abhängen -und von dem Gedanken eingegeben werden können, den Absatz -von Waren an den Kollektivstaat zu erleichtern. Aber auch -diesen Absatz kann der Kollektivstaat nicht vertragsmäßig zugestehen, -daher Zollverträge kaum zustande kommen werden. Selbstverständlich -wird ein solcher Staat, der nur an die Volkswohlfahrt denkt, -sich beeilen, Schiedsgerichtsverträge mit auswärtigen Staaten abzuschließen -und auch solche Fälle nicht vorbehalten, wo die Nationalehre -in Betracht kommt. Und so werden die Gefahren eines auswärtigen -Krieges tunlichst beschworen. -</p> - -<p> -Bezüglich des Schutzes seines Eigentums und seiner Vertragsrechte -im Auslande wird der Kollektivstaat einem Privaten gleichzuhalten -sein. So wenn ein Dieb oder ein ungetreuer Beamter Staatseigentum -ins Ausland verschleppte. Ist die Vindikation nach der -Natur der entwendeten Sachen möglich, so wird der Eigentumsanspruch -geltend gemacht. Bei vertretbaren Sachen wird der Kollektivstaat -auf den Schadenersatz angewiesen sein. -</p> - -<p> -Es muß noch die Landesverteidigung besprochen werden für den -Fall, als trotz der Neutralitätserklärung, und trotz der Verzichtleistung -auf politische Ansprüche im Auslande ein Angriff auf das -Reichsgebiet von Seiten eines Auslandsstaates stattfände. Es ist -zwar anzunehmen, daß der Kollektivstaat die Habsucht und den Neid -der herrschenden Klassen in den Nachbarstaaten weniger herausfordert, -als ein Staatswesen, welches nicht kollektivistisch organisiert ist, weil -sie, um im <ins class='correction' title='erorberten'>eroberten</ins> Gebiete nach ihrem Sinne zu wirtschaften, gewaltige -Umgestaltungen vornehmen müßten und diese Wiederherstellung -veralteter Zustände gewaltige Schwierigkeiten böte. Auch ist, -wie sich zeigen wird, nicht nur der Sieg über einen kollektivistisch -organisierten und auf den Krieg vorbereiteten Staat viel unwahrscheinlicher, -als der Sieg über einen Staat der alten Gesellschaftsordnung, -sondern auch die Gefahr gerade für die kriegslustigen Bewohner -des angreifenden Staates für den Fall des Unterliegens viel -größer. Denn wenn der Kollektivstaat angegriffen wird und den -Angreifer überwindet, so liegt es in der Natur der Sache, daß der -Sieger im unterliegenden Staatswesen den Kollektivismus zwangsweise -durchführt und die herrschenden Klassen ihrer Vorrechte beraubt. -<span class='pagenum'><a id='Page_313' name='Page_313' href='#Page_313'>[313]</a></span> -Auch kann er die am Ausbruche des Krieges schuldtragenden Personen -wie Räuber und Diebe bestrafen. -</p> - -<p> -Trotzdem wird bei einem Nebeneinanderleben zweier Völker, -von welchen nur eines kollektivistisch organisiert ist, für dieses erst -recht der Grundsatz gelten: <i>Si vis pacem para bellum</i>. Der -Kollektivstaat wird also alles vorzubereiten haben, was im Kriegsfalle -nicht binnen wenigen Tagen hergestellt werden kann. -</p> - -<p> -Es ist zweifelhaft, ob stabile Befestigungen hierher zu rechnen -sind, da deren Wert nicht groß zu sein scheint und im Zukunftskriege -passagere Befestigungen vielleicht eine größere Rolle spielen -werden, haben sie aber noch einen Wert, so wird man es daran -nicht fehlen lassen. Aber unzweifelhaft müssen Waffen bester Art -und Munition reichlich vorhanden und die waffenfähigen Bewohner -des Staates mit deren Gebrauch auf das Beste vertraut gemacht -werden. Das Menschenmaterial ist tüchtiger und widerstandsfähiger, -die Kriegstüchtigen zahlreicher. Sie haben mehr Vaterlandsliebe -und ihre Interessen sind mit dem Bestande des Staates enger verknüpft. -Auch die hohe Intelligenz eines solchen Volkes erhöht seine -Wehrfähigkeit. Es wird nicht notwendig sein, ein Heer im Frieden -auf den Beinen zu halten, wenn man auch jährliche Waffenübungen -abhalten wird. Das Milizsystem wird sich für solche Staaten jedenfalls -besser empfehlen, als ein stehendes <ins class='correction' title='Herr'>Heer</ins>. -</p> - -<p> -Kriegsschulen zu halten, wird sich wohl empfehlen, obschon die -Erfahrung im Burenkriege zu beweisen scheint, daß für die Führung -im Kriege angeborene Begabung wichtiger ist, als die Ausbildung -in den Kriegsschulen. Auch der amerikanisch-spanische Krieg, mehr -noch der nationale Krieg in Frankreich unter Napoleon I., der zwar -selbst ein wissenschaftlich Gebildeter war, aber eine Reihe ganz ungebildeter -Leute ihrer angeborenen Begabung wegen zu Marschällen -gemacht hat, spricht nicht für einen hohen Wert der Kriegswissenschaft. -Da sich aber kriegerische Talente erst im Kriege bemerkbar -machen können, braucht man wenigstens für die Einleitung des -Kriegs kriegswissenschaftlich ausgebildete Führer, die erst nach und -nach durch geniale Neophyten ersetzt werden können. -</p> - -<p> -Vor allem hat der Kollektivstaat vor anderen Staaten für den -Krieg voraus, daß er Alleineigentümer aller Güter ist, also keine -<span class='pagenum'><a id='Page_314' name='Page_314' href='#Page_314'>[314]</a></span> -Zeit damit zu verlieren braucht, Lieferungsverträge abzuschließen und -sich nicht in die Hand von Lieferanten zu geben braucht, die nicht -nur den Staat bewuchern, sondern auch durch Verzögerungen und -Unpünktlichkeit großes Unheil anrichten können. Die Zentralverwaltung -kennt genau die Lagerorte aller Kriegserfordernisse und kann -innerhalb weniger Stunden telegraphische Anweisung geben, wohin -sie zu schaffen sind. -</p> - -<p> -Der ganze Verwaltungsapparat ist auch im Frieden ein großer -Intendanzdienst und ehe drei Stunden ablaufen, ist jeder Mann im -Lande von der Kriegserklärung verständigt und auf dem Wege zu -den Sammelplätzen, wo zugleich mit den Marschbefehlen die Transportmittel -eintreffen. Es ist nicht einzusehen, was in einem solchen -Lande hindern sollte, am zweiten Tage der Mobilisierung einen -Teil der Armee über die Grenze gehen und den Rest in den nächsten -Tagen staffelweise nachrücken zu lassen. Es ist ganz unmöglich, daß -ein Staat, der nach der alten Gesellschaftsordnung verwaltet wird, -in der Mobilisierung mit einem Kollektivstaate Schritt halten könnte, -es wird also immer der letztere sein, der in das Feindesland eindringt. -Dort kann er zwar nicht mit Hartgeld bezahlen, aber nichts -kann ihn hindern, dort Zwangspapiergeld auf die im Feindeslande -kursierende Währung lautend in Umlauf zu setzen und auch das dort -in Umlauf befindliche Geld gegen sein Papiergeld zwangsweise einzutauschen. -Er braucht demnach kein Anlehen aufzunehmen, um die -Requisitionen bar zu bezahlen, denn mit dem durch den Einmarsch -erworbenen Verwaltungsrechte ist auch die Geldhoheit verbunden, -welche das Recht gibt, das Zahlungsmittel, welches gesetzlichen Umlauf -hat, zu bestimmen. Im Falle des Sieges wird dem Überwundenen -die Einlösung dieses Papiergeldes oder dessen Anerkennung -als gesetzliches Zahlungsmittel auferlegt. Freilich hat in einem -solchen Kriege auch der Feind den Vorteil, daß er im Kollektivstaat -alles, was er findet, als gute Beute nehmen kann, weil alles -Staatseigentum ist, wobei aber das Nachfolgende zu berücksichtigen -ist. -</p> - -<p> -Ein anderer Vorteil, nämlich auf Seite des Kollektivstaates, ist -die Möglichkeit, die gefährdeten Grenzdistrikte vollständig zu räumen -und auch von allen im Kriege erforderlichen Gütern so zu entblößen, -<span class='pagenum'><a id='Page_315' name='Page_315' href='#Page_315'>[315]</a></span> -daß der Feind, wenn er den Verteidiger doch zu werfen und in sein -Land einzudringen vermöchte, gezwungen wäre, sich bloß aus den -eigenen Nachschüben zu verproviantieren, was ihm enorme Schwierigkeiten -verursacht und rasches Vordringen unmöglich macht. Da -nämlich alle Güter Staatseigentum sind und alle Produktionszweige -vom Staate betrieben werden, so kann die Verwaltung alle Frauen -und Kinder, sowie die nicht streitbaren Männer, aber auch alle Vorräte -und das Vieh in das Innere des Reiches zurückziehen, wo jeder -sofort Unterkunft, Nahrung und Arbeit findet. Wer diese Reise zu -Fuß machen kann, marschiert nach dem Innern und wer auf Transportmittel -angewiesen ist, wird um so leichter nach dem Innern befördert -werden können, als die Transportmittel, welche Truppen -und Kriegsmaterial nach der Grenze bringen, sonst leer zurückgehen -müßten. Auf dieselbe Art wird man alles nach dem Inneren -bringen, was nicht zum Unterhalte der eigenen Armee nötig -ist und der Feind im Falle seines Einmarsches für seine Zwecke -brauchen könnte. -</p> - -<p> -Kann das Grenzgebiet von der nicht streitbaren Bevölkerung -ganz geräumt werden, so wird der einbrechende Feind keinen Führer -finden und den Kundschafterdienst nicht organisieren können, wofür -übrigens der Bürger eines Kollektivstaates auch nicht zu gewinnen -wäre. -</p> - -<p> -So hat es den Anschein, als ob im Kriegsfalle zwischen Kollektivstaaten -und anders organisierten Staaten alle Vorteile auf Seiten -der ersteren wäre, abgesehen davon, daß der Kollektivstaat die Sympathien -der Bevölkerung des angreifenden Nachbarstaates auf seiner -Seite hätte, die im Siege des Kollektivismus ihre Erlösung sehen -muß. Siegt der Kollektivismus, so wird er das bezwungene Land -so lange verwalten, bis auch dort das Kollektivprinzip durchgeführt -ist und er wird sich aus den Vorräten des Gegners alles ersetzen, -was er für den Krieg hat aufwenden müssen. Die Kriegsentschädigung -wird auch für allen jenen Schaden zu leisten sein, der aus -der Verminderung der arbeitsfähigen männlichen Bevölkerung durch -Tod oder Verwundung entstanden ist. Freilich rechtfertigt diese Betrachtung -von dem Machtzuwachs, den der Staat durch den Übergang -zum Kollektivismus erlangen würde, die Befürchtung, daß die -<span class='pagenum'><a id='Page_316' name='Page_316' href='#Page_316'>[316]</a></span> -Nachbarstaaten diese Umwandlung zum Anlasse eines Krieges machen -könnten. Allein dagegen wäre wieder eine Hoffnung darauf zu setzen, -daß diese Macht, weil sie nur für die Verteidigung ins Spiel gebracht -würde, nichts Herausforderndes hat und daß kein Nachbar -einen Angriff von Seiten des Kollektivstaates zu fürchten hätte. -Auch läge es für auswärtige Staaten näher, das, was dem Nachbar -einen Machtzuwachs bringen muß, nachzuahmen, als ihn zu bekriegen. -</p> - -<h2 id='N_00_0_0'> -XIII.<br /><br /> -Vorteile und Nachteile des Kollektivismus. -</h2> - -<hr class='h2bot' /> - -<p> -Nach dem, was in diesem Werke dargelegt wurde, scheint es -gewiß zu sein, daß der Kollektivismus, so gehandhabt, wie hier vorgeschlagen -wurde, nur Vorteile für die Gesellschaft und für jeden -Einzelnen hätte. Freilich kann der Kollektivismus, wenn der kollektivistische -Staat anders eingerichtet wird, ebenso verderblich sein, wie -ja auch das Privatvermögen in den Händen eines Weisen sich sehr -nützlich machen kann, in den Händen eines Wüstlings oder Fanatikers -aber verderblich wirken wird. Wird der Kollektivismus ins -Leben gerufen durch Toren oder Betrüger, welche dem Arbeiter das -Ideal einer zweistündigen Arbeitsdauer vorschwindeln, so wird allerdings -das allgemeine Elend die Folge sein und bemächtigen sich die -Jesuiten, Paraguays gedenkend, des kollektivistischen Ideals, so kann -geistloser Pietismus an die Stelle unserer Kultur treten. Ich suche -durch den Kollektivismus den modernen Staat auszugestalten, der -mir von allen Einrichtungen, von welchen uns die Geschichte berichtet, -das Herrlichste scheint, derzeit nur eingeschnürt in die Fesseln -einer veralteten Gesellschaftsordnung und darum an der Erfüllung -seiner Mission gehindert. Alles, was ich anstrebe, strebt der moderne -Staat an, aber in Anbetracht seiner beschränkten Mittel unvollkommen -und schwächlich. -</p> - -<p> -Der Kollektivstaat würde Kunst und Wissenschaft viel großartiger -pflegen, als der heutige Staat vermag, er würde das Elend beseitigen, -das Volk veredeln, die sanitären Verhältnisse vervollkommnen, -Verbrechen, <ins class='correction' title='Vagabondage'>Vagabundage</ins>, erbliche und <ins class='correction' title='anstreckende'>ansteckende</ins> Krankheiten unterdrücken -und es ist kein Zweifel, daß von der Einführung des Kollektivismus -ein neuer, großartiger Aufschwung der Kultur datieren -müßte. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_318' name='Page_318' href='#Page_318'>[318]</a></span> -Wir haben gesehen, daß von den Anklagen, die gegen die Veränderung -der Gesellschaftsordnung erhoben werden, keine sich als -stichhaltig erweisen wird. Der Kollektivismus widerspricht nicht nur -dem Christentum nicht, er ist vielmehr dessen Erfüllung, er ist das -Wesen dessen, was Christus das Gottesreich nannte. Wer seinen -Nächsten liebt, wie sich selbst, muß den Kollektivismus herbeiwünschen -und wünschen, daß davon in der Hauptsache jener Gebrauch -gemacht werde, der in diesem Buche vorgeschlagen wurde. -</p> - -<p> -Wie sehr das richtig ist, geht schon aus den Zitaten hervor, -die Bebel in seinem Buche: »Die Frau und der Sozialismus« in -der Anmerkung auf Seite 294 aus den Kirchenvätern bringt. Danach -sagte Papst Klemens I., † 102: »Der Gebrauch aller Dinge -auf dieser Welt soll allen gemeinsam sein. Es ist eine <em class='gesperrt'>Ungerechtigkeit</em> -zu sagen, das gehört mein eigen, das gehört mir, das -dem anderen. Daher ist die Zwietracht unter die Leute gekommen.« -<i>Sanct Clem. act. concil.</i> Ambrosius, † 397, sagt: »Die Natur -(also Gott) gibt alle Güter allen Menschen gemeinsam, denn Gott -hat alle Dinge geschaffen, damit der Genuß für alle gemeinsam sei -und damit die Erde zum gemeinsamen Besitztum werde. Die Natur -hat also das Recht der Gemeinschaft erzeugt und es ist nur die ungerechte -Anmaßung, welche das Eigentum erzeugt.« <i>Ambrosius -Sermo 64, Expositio in Lucam caput XVI.</i> Chrysostomus, -† 407, erklärte in seinen gegen die Sittenlosigkeit und Verderbnis -der Bevölkerung in Konstantinopel gerichteten Homilien: <em class='gesperrt'>Nenne -niemand etwas sein eigen</em>, von Gott haben wir Jegliches zum -gemeinsamen Genuß empfangen und »Mein und Dein« <em class='gesperrt'>sind -Werke der Lüge</em>. <i>Chrysostomus Homilia 11<sup>ma</sup> concio -de Lazaro. Homilia 57<sup>ma</sup> in Matthäum.</i> Augustin, † 430, -sprach sich folgendermaßen aus: »Weil das individuelle Eigentum -existiert, existieren auch die Prozesse, die Feindschaften, <em class='gesperrt'>die Kriege</em>, -die Aufstände, die Sünden, die Ungerechtigkeit, die Mordtaten. Woher -kommen alle diese Geiseln? <em class='gesperrt'>Einzig vom Eigentum.</em> Enthalten -wir uns also, meine Brüder, <em class='gesperrt'>es zu lieben</em>.« <i>Augustinus: -De civitate Dei.</i> Papst Gregor der Große, † 600, endlich sagt: -»Sie sollen es wissen, <em class="gesperrt">daß die Erde, wovon sie ja herstammen -und gemacht sind, allen Menschen gemeinschaftlich -<span class='pagenum'><a id='Page_319' name='Page_319' href='#Page_319'>[319]</a></span> -ist</em> und daß daher die Früchte, welche die Erde erzeugt, -<em class='gesperrt'>allen ohne Unterschied gehören sollen</em>.« <i>Gregorius, Regula -pastoralis, admonito 22.</i> Alle diese Kirchenväter verdammen -unsere Gesellschaftsordnung, <em class='gesperrt'>die aber der Einzelne nicht aus -der Angel heben kann</em>, das kann nur das Werk der Staatskunst -sein. -</p> - -<p> -Aber so vernünftig ein Kollektivismus ist, der den gemeinsamen -Gebrauch aller Güter nach gerechten Grundsätzen verwaltet, so absurd -ist Tolstojs christlicher Anarchismus. -</p> - -<p> -Auch beinahe alle griechischen Philosophen, wie Plato und -Aristoteles, leiteten alle Ungerechtigkeit und alles Unheil von der -Gesellschaftsordnung ab. Sie nannten unsere wirtschaftlichen Zustände -<em class='gesperrt'>den Krieg aller gegen alle</em>, und daß das Verwüstung -von Gütern bedeuten muß, ist doch klar. Weil wir aber diesen -Krieg im Innern täglich vor Augen haben, scheint uns auch der -Krieg mit Nachbarn nicht verwerflich. Hätten wir Frieden in der -Wirtschaft, so müßte auch der Krieg mit Nachbarn ein Ende nehmen. -</p> - -<p> -Es ist auch offenbar, daß der kategorische Imperativ Kants -<em class='gesperrt'>nur im Kollektivstaat</em> zur Herrschaft gelangen kann, und darum -sind seine Anschauungen von der Notwendigkeit des Privateigentums -und der Berechtigung der gewaltsamen Aneignung schon an und für -sich absurd, aber völlig im Widerspruche mit seinem ethischen -Grundgesetze. -</p> - -<p> -Plato bezeichnet als das oberste Ziel aller Politik Frieden und -wechselseitiges Wohlwollen, was den Staat zusammenhält, müsse -gepflegt, der Staat müsse ein <em class='gesperrt'>in sich Befreundetes</em> werden, er -sei zu gestalten nach den Interessen und Bedürfnissen aller, die -Interessen der Einzelnen müssen den Interessen der Gesamtheit -weichen. Es bedürfe eines königlichen Ineinanderwebens der Gemüter, -einer Lebensgemeinschaft, es sei jenes allerköstlichste Geflecht -zustande zu bringen, welches alle Glieder des Staates miteinander -verbindet. Die Selbstsucht, der unersättliche Egoismus hebe alle -Gemeinschaft auf und lasse Recht und Ordnung gar nicht mehr zu. -Der Egoismus mache die Gesellschaft naturwidrig, <em class='gesperrt'>man müsse -nach verhältnismäßiger Gleichheit streben</em>. Jeder solle so -handeln, daß seine Tätigkeit auch der Gesamtheit zugute komme, der -<span class='pagenum'><a id='Page_320' name='Page_320' href='#Page_320'>[320]</a></span> -Staat sei ein Mensch im Großen, nicht aber bloß eine Summe von -Individuen. Der Einzelne solle lieber Unrecht leiden als tun. Er -tadelt die bestehende Gesellschaftsordnung, wo statt sozialer Motive -zersetzender Egoismus und Jagd nach Geld die Triebfeder ist. Selbst -die Aristokraten werden geldsüchtig und genußsüchtig. Sie werden -erfinderisch in neuen Formen des Aufwandes. Damit wird nach -und nach alles angesteckt, der Wettkampf dreht sich nur um Erwerbgier, -höhere Güter verlieren an Wert. Alles wird nach Geldsummen -taxiert, <em class='gesperrt'>der Staat zerfällt in Arme und Reiche</em>, die -sich bekämpfen, so werden die Staaten nach außen schwach. Das -größte Übel ist die Geldwirtschaft und absolute Freiheit des Erwerbes -und der Veräußerung, wodurch übermäßiger Reichtum und -völlige Armut entstehen. -</p> - -<p> -Plato findet, <em class='gesperrt'>daß das positive Recht von Unwissenheit -und Selbstsucht diktiert sei und daß das Privateigentum -ein Auseinanderreißen der bürgerlichen Gesellschaft herbeiführe, -durch Gütergemeinschaft werde Schmerz und -Freude gemeinsam</em>, sie bringe Befreiung von Streit und Kampf. -Plato sucht neue Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft, gelangt -aber zu keinem brauchbaren Ergebnisse. Daß man aber damals -keine Abhilfe wußte, ist nicht verwunderlich, denn es fehlte alles, -was in unserer Zeit die Verwaltung großer Besitztümer erleichtert, -insbesondere Druck, Telegraphen und Eisenbahnen. -</p> - -<p> -Auch Aristoteles fordert von jedermann eine solche Mäßigung -im Erwerbe und im Genießen, daß niemand in der Aufrichtung des -Kollektivstaats etwas Beengendes sehen könnte. -</p> - -<p> -Napoleon sagt: <i>Les lois ont pour but le bonheur de touts.</i> -Nur durch den Kollektivstaat können sie es aber erreichen. -</p> - -<p> -Die Freiheit wird durch den Kollektivismus nicht vermindert, -sondern vermehrt, und das größte Maß von Freiheit wird nicht den -durch Geburt, sondern den durch Verdienst dazu berufenen Personen -zuteil. Ebenso falsch ist, daß der Kollektivismus nur die materiellen -Interessen fördere. Der moderne Staat, wenn er die Mittel zur -Verfügung hätte, die ihm der Kollektivismus bieten würde, würde -den idealen Interessen viel mehr Vorschub leisten, als heute möglich -wäre. Der Kollektivismus ist die Ordnung selbst und somit der -<span class='pagenum'><a id='Page_321' name='Page_321' href='#Page_321'>[321]</a></span> -Antipode des Anarchismus. Aber er ist nur die Ordnung in den -Dingen, »die sich im Raume stoßen«, den Ideen kann er weit -<ins class='correction' title='größern'>größeren</ins> Spielraum gewähren, als der heutige Staat. Hier verweise -ich auf einen als Motto zitierten Ausspruch Bismarcks. Sidney -Whitman erzählt in seinem Buche: »Fürst Bismarck. Persönliche -Erinnerungen aus seinen letzten Lebensjahren«, daß Bismarck einmal -sagte: »Wenn ich die Gestalt wählen könnte, in der ich noch einmal -leben möchte, so weiß ich nicht, ob ich nicht ganz gern eine Ameise -sein würde. Sehen Sie, dieses kleine Insekt lebt in einem vollständig -organisierten Staate. Jede Ameise muß arbeiten, ein nützliches -Leben führen, jede Ameise ist fleißig. Da gibt es vollkommene -Subordination, Disziplin und Ordnung. Sie sind glücklich, denn -sie arbeiten.« Dieses Ideal verwirklicht für Menschen der Kollektivstaat, -und die Zeit ist nicht mehr fern, wo es eine Schande sein -wird, etwas zu genießen, was man nicht durch Arbeit verdient hat. -Ich kann nur sehen, daß meine Freiheit im Kollektivstaat größer wäre, -als sie heute tatsächlich ist, obwohl ich den herrschenden Klassen angehöre. -Meinen Enkeln kann ich nur wünschen, daß sie den Sieg -des Kollektivismus erleben. -</p> - -<p> -Die Gleichheit wird in den Genüssen wie im Ansehen nicht so -exzessiv durchgeführt werden, daß sie zu absurden Konsequenzen führen -müßte. Die Menschenwürde wird jedem Geringsten gewährt, die -Vorzüge, welche aus den natürlichen Unterschieden der Menschen -fließen, bleiben nicht unbeachtet. Nur die <em class='gesperrt'>künstlichen</em> Unterschiede -werden unterdrückt, und gerade das ist die Voraussetzung der gerechten -Würdigung <em class='gesperrt'>wirklicher</em> Verdienste. -</p> - -<p> -Alle Anklagen gegen den Kollektivismus sind Eingebungen des -Parteigeistes. Freilich gibt es Berufe, welche sich durch den Kollektivismus -bedroht sehen, so insbesondere die der Juristen, Kaufleute, -Unternehmer, Priester. Allein es wird gezeigt, daß die Umwandlung -viele Dezennien dauern wird und mittlerweile werden diese -Berufe nach und nach aussterben, keiner aber, der ihnen angehört, -wird Schaden leiden. Dafür aber eröffnen sich neue Erwerbszweige, -und es wird der künftige Verwaltungs-, <ins class='correction' title='Sanitäts-'>Sanitäts-,</ins> Unterrichts- und -Erziehungsdienst vorbereitet. -</p> - -<p> -Der Kollektivismus ist aber vorzüglich volkswirtschaftlich vollkommener -<span class='pagenum'><a id='Page_322' name='Page_322' href='#Page_322'>[322]</a></span> -als die heutige, auf dem Privateigentum aufgebaute Wirtschaftsform, -und seine volkswirtschaftlichen Vorzüge sind es, welche -die Mittel bieten, die Kultur zu erhöhen. -</p> - -<p> -Es haben schon früher alle Vertreter des Kollektivismus darauf -verwiesen, daß derselbe den Handel und somit die Handelsarbeit -entbehrlich mache, allein man ist doch immer die Erklärung schuldig -geblieben, wie dann der Güterumsatz vollzogen werden solle. Es -blieb bei abstrakten Sätzen und es ließ sich nie ein Bild gewinnen, -wie denn die kollektivistische Wirtschaft aussehen würde. Ich befürworte -die absolute Naturalwirtschaft und die Befriedigung aller Bedürfnisse -der Kollektivisten durch Gewährung einer Pauschalversorgung, welche -bei Festhaltung eines sehr hohen Minimums doch eine sehr hoch -ansteigende Abstufung gestattet. Die Vereinfachung des Güterumsatzes -aber wäre nicht möglich, wenn man das Existenzminimum nicht -auch den arbeitsunfähig Geborenen gewähren würde, und dafür läßt -sich auch ein Rechtsgrund aufstellen. Denn die Zeugung der Kinder -setzt im Kollektivstaat gewissermaßen ein Einvernehmen voraus zwischen -der Frau, die empfangen und gebären will, und dem Staate, der -dies von ihr wünscht, weil er den Fortbestand des Volkes sichern -will. Es ist nun ganz klar, daß diese Frau ein Interesse daran -hat, ihr künftiges Kind auch für den Fall versichert zu wissen, daß -es arbeitsunfähig zur Welt kommt. Dagegen ist es klar, daß der -Staat von dieser Verpflichtung dann enthoben sein muß, wenn er -Grund hat, einen arbeitsunfähigen Nachwuchs zu besorgen, und -wenn er deshalb die Ehe versagt. Einer solchen Mutter hat er -nichts versprochen. -</p> - -<p> -Wie brutal müssen uns unsere Zustände scheinen, wenn wir -eindringen in die Verhältnisse, die der Kollektivstaat schaffen könnte, -und wie verrucht muß uns der Egoismus jener erscheinen, die, um -ein arbeitsloses Leben führen zu können, den Kollektivismus verwerfen -und unmöglich machen. Das sind jene Menschen, von -welchen Christus sagt, daß sie selbst ins Gottesreich nicht hineingehen, -und jene, welche hineingehen wollen, nicht lassen. Sie lassen -das Gottesreich — den Kollektivstaat — nicht zustande kommen. -</p> - -<p> -Es ist übrigens gewiß, daß im Kollektivismus, trotz der vollständigen -Ausrottung des Elendes, doch für jeden Begabten Anreiz -<span class='pagenum'><a id='Page_323' name='Page_323' href='#Page_323'>[323]</a></span> -genug bleibt, seine Gaben in den Dienst des Ganzen zu stellen und -sich hervorzutun, weil dadurch ganz Außerordentliches erreicht werden -kann und weil es der einzige Weg ist, der mechanischen Arbeit zu -entgehen. -</p> - -<p> -Es gibt aber auch heute keine Familie, welche nicht daran -interessiert wäre, daß der Kollektivismus ins Leben trete. Denn -unsere Gesellschaftsordnung bedroht auch die Reichsten und Mächtigsten. -Die Kaiserin Elisabeth ist ein schreckliches Beispiel, und wir -haben allen Grund, zu besorgen, daß, wenn wir die heutigen Zustände -fortbestehen lassen, die soziale Revolution hereinbricht, welche -diesmal zu Schrecknissen führen wird, die noch niemals erlebt -wurden. Auch der gewöhnliche internationale Krieg kann die -Reichen wie die Armen ins Elend stürzen. Und auch in ruhigen -Zeiten bietet der Reichtum wenig Schutz. Wir können durch Verbrechen -und Zufall verarmen, unsere Kinder von gewissenlosen -Kindermädchen ins Verderben gestürzt werden, unsere Söhne in -schlechte Gesellschaft geraten und dem Spiele verfallen, und wie oft -erleben wir, daß unsere Töchter in einer unglücklichen Ehe zugrunde -gehen. Wir haben also allen Grund, zu verlangen, daß alle, auch -des Nachbars Kinder, erzogen werden, daß der Staat für erprobte -Personen sorgt, denen die Wartung der Kinder anvertraut werden -kann, daß verbrecherische Naturen keinen Nutzen aus schädlichen -Handlungen ziehen können, daß die Frauen und Kinder wirtschaftlich -unabhängig von den Familienhäuptern -werden.<a name='FA_46' id='FA_46' href='#FN_46' class='fnanchor'>[46]</a> -</p> - -<p> -Sagen wir doch so oft den Armen, daß Reichtum nicht glücklich -macht. So handeln wir danach und machen wir dem Kriege -Aller gegen Alle ein Ende, dem Kriege, den Plato und Christus verurteilten, -<span class='pagenum'><a id='Page_324' name='Page_324' href='#Page_324'>[324]</a></span> -dem Elisabeth und Sergius, Carnot und Rudolph, so viele -Millionen geopfert wurden ohne Sinn und Verstand. Wir sagen -nicht, daß die Gesellschaftsordnung dazu nötigt, aber sie ermöglicht, -was eine weise Ordnung unmöglich gemacht hätte. Wenn Augustin -recht hat, da er sagt, woher kommen alle diese Geißeln, die Prozesse, -der Krieg, die Aufstände, die Laster, Verbrechen, der Mord? Einzig -und allein vom individuellen Eigentum! dann sind Solferino, wo -Franz Josef zuerst eine Provinz, Queretaro, wo er den Bruder, -Meyerling, wo er den Sohn, Genf, wo er die Gemahlin verloren -hat, eine furchtbare Mahnung an die Monarchen, der Quelle aller -Verbrechen und zugleich allen Elends ein Ende zu machen. <em class='gesperrt'>Es bedroht -die Gesellschaftsordnung ebenso den Kaiser, wie -den geringsten Arbeiter.</em> -</p> - -<p> -Sehen wir um uns, was in wenigen Wochen in einem engen -Gebiete die Besitzenden, nicht allein die Armen, unter der Gesellschaftsordnung -leiden, nicht in Jahren, sondern in Monaten, und nicht in -Provinzen, sondern in der nächsten Umgebung von Innsbruck. Im Juni -brennt das Dorf Zirl ab und in vier Stunden sind 1300 Menschen, -Arme und Reiche, obdachlos und für lange dem Hunger verfallen, im -April wird das Dorf Götzens, im Juli Tulfes, Volders und ein Teil vom -Zillertal von angeschwollenen Bächen vernichtet, viele Felder verwüstet, -Häuser unter Wasser gesetzt, 16 Menschen gehen in den -Wellen unter, eine alte Frau wird um wenige Kostbarkeiten von -Räubern ermordet, andere werden angefallen und nur durch Zufall -gerettet. Was davon durch den Kollektivismus nicht verhindert -worden wäre, wäre vom ganzen Staate getragen worden. Daß die -Verwaltungsfrage lösbar ist, meine ich erwiesen zu haben. -</p> - -<p> -Die Schattenseiten des Kollektivismus sind 1. die Notwendigkeit -des Umbaues aller Ortschaften, 2. das Nebeneinanderleben der -ersten Staaten der neuen Ordnung mit anderen, die noch die alte -Ordnung beibehalten haben, 3. die Unmöglichkeit, das Prinzip des -Kollektivismus in kurzer Frist zur Durchführung zu bringen. -</p> - -<p> -Aber die Wohnungsfrage ist selbst in den Städten eine brennende -geworden, in neun Zehntel aller Dorfschaften ist sie auch von jenen -zugestanden, die der heutigen Gesellschaftsordnung huldigen. Muß -schon so viel gebaut werden, um sanitäre Zustände zu schaffen, um -<span class='pagenum'><a id='Page_325' name='Page_325' href='#Page_325'>[325]</a></span> -die Armen menschenwürdig unterzubringen und um den nachwachsenden -Volkszuwachs mit Wohnung zu versorgen, weshalb sollte -man nicht auch unter einem dem Kollektivismus dienen? Wird -endlich der Kollektivismus in irgend einem Staate zum Durchbruche -kommen, so wird das Ideal bald in allen Staaten Europas sich -einen Boden bereiten und der natürliche Hemmschuh der Unmöglichkeit, -die Umwandlung in kurzem durchzuführen, wird den Widerstand -abschwächen, den die Interessen der einen den Interessen der -anderen naturgemäß entgegensetzen. -</p> - -<p> -Die gebildeten Klassen sind heute eine Macht, und sie haben -allen Grund, die Umwandlung in die Hände zu nehmen, weil es -dann gewiß ist, daß der Kollektivismus den Kulturinteressen zum -Segen gereichen wird. <em class='gesperrt'>Bringen andere Mächte, Tyrannen, -Pietisten oder Anarchisten den Kollektivismus, wie sie -ihn sich denken, so gehen wir einer schlimmen Zukunft -entgegen.</em> -</p> - -<p> -Es sind noch einige vermeintliche Übelstände des Kollektivismus -zu besprechen. -</p> - -<p> -Der Mangel des Privateigentums wird von Vielen als ein -großer Übelstand betrachtet, aber ohne Grund. Die gänzliche Überführung -des Eigentums an Gebrauchsgegenständen in Staatseigentum -ist keine notwendige Konsequenz des Kollektivismus. Ich stehe -vielleicht allein mit dem Vorschlage dieser Einführung, aber es sind -damit unermeßliche Vorteile verbunden. -</p> - -<p> -In unseren Verhältnissen hat das Eigentum, das Privateigentum, -eine hervorragende Bedeutung als Vermögen. Da aber nur -Wenige ein Vermögen haben, die Mehrzahl aber davon ausgeschlossen -ist, so kann es kein allgemeines Bedürfnis sein, Vermögen zu besitzen. -Die Vermögenslosen aber haben ein Interesse, daß das Vermögen -nicht im Besitze von Privatpersonen stehe, sondern Staatseigentum -werde. Das Vermögen bezweckt die wirtschaftliche Herrschaft -der Wenigen über die Vielen, und diese ist freiheitsfeindlich. -Denn die wirtschaftliche Herrschaft der Wenigen ist zugleich absolutistisch -und unverantwortlich, während der Staat, wenn er an die -Stelle der Privatbesitzer träte, über Verwaltung und Verteilung -Rechnung legen müßte. Es ist also eine offenbare Freiheitsfrage, -<span class='pagenum'><a id='Page_326' name='Page_326' href='#Page_326'>[326]</a></span> -um die es sich handelt, und wie seit 120 Jahren die Bourgeois -gegen die Herrschaft des Adels kämpften, so wird jetzt das Volk -gegen die Herrschaft der Bourgeois kämpfen. Die Beseitigung des -Privateigentums durch Verstaatlichung des Besitzes ist im Interesse -der großen Mehrheit. Übrigens wäre die Inventarisierung des gesamten -Mobiliarbesitzes für den Kollektivstaat der Schlußpunkt der -gesamten Umwandlung, und davon trennen uns mehr als 50 Jahre. -Trotzdem wird es sich empfehlen, deren Vorteile zu diskutieren. Verderblich -wäre nur die anarchische Herrenlosigkeit der Güter, und diese -wird durch den Kollektivismus gerade unterdrückt. Die Besitzenden -von heute sind, jeder so weit sein Besitz reicht, Anarchisten. Sie -haben schrankenlose Freiheit, damit zu schalten und zu walten. -<em class='gesperrt'>Und auch diesen Anarchismus aus der Welt zu schaffen, -ist der Zweck der Einführung des Kollektivismus.</em> Er ist -das gerade Gegenteil des Anarchismus, der an die Stelle des Anarchismus -der Besitzenden den Anarchismus aller setzen will, während -umgekehrt der Kollektivismus alle, auch die Besitzenden von heute, -der wirtschaftlichen Ordnung unterwirft. -</p> - -<p> -Der Anarchismus als Wirtschaftsform ist ein Unding, weil er -zum Stillstand einer jeden Arbeit führen muß. Die menschliche -Arbeit ist durch die Arbeitsteilung so sehr wechselweise bedingt, eine -Arbeit von der anderen abhängig, daß die Volkswirtschaft unbedingt -eine Ordnung voraussetzt, durch welche verbürgt wird, daß <em class='gesperrt'>alle</em> -Arbeiten, und zwar in ihrer verhältnismäßigen Ausdehnung, besorgt -werden. Der Drucker braucht Setzer, der Setzer Schriftgießer, alle -zusammen brauchen Schriftsteller, und diese wieder eine Autorität, -welche die von den Schriftstellern gelieferten Manuskripte sichtet und -die zum Drucke zu befördernden auswählt. So ist es in allen -Zweigen der menschlichen Arbeit. Es ist eine verhältnismäßige -Produktion auf allen Gebieten menschlichen Schaffens ein Bedürfnis, -und zwar in dem Maße, daß, sobald diese Verhältnismäßigkeit gestört -wird, ein wirtschaftlicher Krach eintreten muß. Darum ist der -wirtschaftliche Anarchismus eine Unmöglichkeit. Das Privateigentum -kann demnach nur durch Kollektiveigentum verdrängt werden, -welches Produktion und Verteilung von Staats wegen zur Folge -haben muß. In der heutigen Wirtschaftsordnung ist es die Preissteigerung -<span class='pagenum'><a id='Page_327' name='Page_327' href='#Page_327'>[327]</a></span> -der zu wenig produzierten Güter, welche alle vernachlässigten -Produktionen wieder belebt, im Kollektivstaate ist es der -seinen Organen, aber auch jedem Einzelnen, der sich darum bemüht, -gewährte Überblick über Produktion und Verbrauch, der eine verhältnismäßige -Produktion aller Güter sichert. -</p> - -<p> -Ich bin aber auch für die Ersetzung des Privateigentums an -Gebrauchsgütern, an Kleidung, Mobiliar &c. durch Staatseigentum, -und es wird das gewiß sehr heftig, und auch von Sozialisten, bestritten -werden. Aber mit Unrecht. Wir wohnen in Häusern, die -nicht uns gehören, und es gilt als etwas Alltägliches, daß auch -Leute, die ein Wohnhaus besitzen, es nicht selbst bewohnen, sondern -sich in einem fremden Hause einmieten. Sie betrachten ihr eigenes -Haus als Vermögensanlage, aber nicht als ein Gebrauchsgut, welches -ihnen zur Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses dient. Dieses Bedürfnis -kann man auch durch Sachen befriedigen, die fremdes Eigentum -sind, also auch durch solche, die Staatseigentum sind. Kleider -und Wäsche trägt man heute nur eine Reihe von Jahren, und -wenn sie abgenützt sind, verschenkt oder veräußert man sie. Es -kann uns nun gar nichts daran liegen, wenn der Staat uns Kleider -und Wäsche nur zum dauernden und ausschließlichen Gebrauch überläßt -und sich das Eigentum vorbehält, was zur Folge hat, daß er -für den Zufall haftet und das nicht mehr Gebrauchsfähige zu neuerlicher -Verarbeitung zurücknimmt. Dasselbe gilt vom Mobiliar -unserer Wohn- und Schlafgemächer, welches der Kollektivist zum -dauernden Gebrauch, oft auf Lebensdauer, angewiesen erhält, er -aber nicht zu versichern nötig hat, weil er nicht Eigentümer, sondern -nur gebrauchsberechtigt ist, es darum auch, Ausnahmsfälle abgerechnet, -nicht mit sich herumschleppt, wenn er sein Domizil verändert. -Benützen wir doch solche Dinge so oft, ohne ein Eigentumsrecht -darauf zu haben, in Theatern, Kirchen, Gasthäusern, auf -Bibliotheken und Eisenbahnen, und so haben wir längst die Erfahrung -gemacht, daß ein Eigentum an Gebrauchsgütern kein Bedürfnis -ist, ein Luxusbedürfnis für Viele allerdings, aber solche -Launen zu befriedigen, ist nicht die Aufgabe einer Wirtschaftsordnung. -</p> - -<p> -Wo es ein Bedürfnis ist, daß uns ein freies Schaffen gestattet -und zu diesem Ende ein Eigentum an Stoffen zugestanden werde, -<span class='pagenum'><a id='Page_328' name='Page_328' href='#Page_328'>[328]</a></span> -die wir zum Zwecke solchen Schaffens umgestalten dürfen, habe ich -ohnehin die Verteilung solcher Stoffe als Konsumtibilien in Vorschlag -gebracht. -</p> - -<p> -Was aber das Privateigentum an Produktionsmitteln anbelangt, -so gibt es natürlich »Volkswirte« genug, welche behaupten, es bestehe -ein volkswirtschaftliches Interesse, daß die Produktionsmittel -immer Privateigentum bleiben, damit sie immer ein Vermögen der -Tüchtigsten bilden, wodurch die Produktion nur gewinnen könne, -daher die heutige Wirtschaftsordnung viel heilsamer, auch für die -Armen, sei, als die Produktion von Staats wegen. Über diesen -Gegenstand wird bei Erörterung der Bedenken gegen die staatliche -Produktion zu sprechen sein. -</p> - -<p> -Hier möchte ich aber noch bemerken, daß der Kollektivismus, -streng genommen, nicht jedes Privateigentum aufhebt, sondern ein -Eigentum des Einzelnen fortbestehen läßt, welches unserm Eigentum -an Aktienbesitz ganz analog ist. Das Recht des Einzelnen auf die -staatlichen Verteilungen ist ein solches Eigentum, denn auch der -Aktionär hat nur einen Anspruch auf die Ausschüttungen, während -ihm keinerlei Eigentum an den Sachen zusteht, die das Vermögen -der Aktiengesellschaft ausmachen. Freilich ist dieses Eigentum des -Kollektivisten nach mehreren Richtungen beschränkt. Er kann es -nicht verschenken, verkaufen noch vererben, er kann nur durch Auswanderung -darauf verzichten, aber ähnliche Beschränkungen kommen -bei Fideikommissen, Heimstätten und bei manchen Aktiengesellschaften, -deren Statuten die Veräußerung der Aktien verbieten, vor, ohne den -Charakter des Privateigentums auszulöschen. -</p> - -<p> -Es ist also gar nicht einmal richtig, daß der Kollektivismus -das Privateigentum, oder gar das Eigentum, gänzlich aufhebt, er -bedeutet nur die Vereinigung alles Eigentums an Sachen zum -Zwecke der Befriedigung aller Bedürfnisse des gesamten Volkes. -Nur der Anarchismus hebt den Begriff des Eigentums ganz auf -und fordert das Recht des freien Zugriffs; durch den Kollektivismus -wird der Begriff des Eigentums befestigt und geheiligt, denn der -Eigentümer — der Staat allein ist Eigentümer — ist nie zweifelhaft, -und da das Eigentum zur Befriedigung der Bedürfnisse aller -dient, ist jeder Mitbürger Garant und Wächter. Dieses Eigentum -<span class='pagenum'><a id='Page_329' name='Page_329' href='#Page_329'>[329]</a></span> -ist ebenso heilig, als es heute Gegenstand der Verachtung ist, wenn -wir den rechtmäßigen Erwerb bezweifeln, und Gegenstand des Hasses, -wenn sich erwucherter Reichtum breit macht. -</p> - -<p> -Ich komme nun zur Besprechung eines weiteren Irrtumes, -nämlich, daß die staatliche Produktion nicht so ergiebig sei wie die -Privatproduktion. Man folgert das daraus, daß in einigen Fällen, -wo ein oder die andere Fabrik von Staats wegen betrieben wurde, -ein Aufschwung ihres Betriebes erst dann eintrat, als die Fabrik in -Privatbesitz überging. Die Erfahrung, die man mit der Post, der -Telegraphie und dem Eisenbahnbetrieb machte, worin sich der Staatsbetrieb -bewährte, fertigt man damit ab, diese Erfahrungen seien nicht -beweismachend für andere Produktionen, weil es sich da nur um -Verkehrsanstalten handle. Niemand hat aber je versucht, aus der -Natur des Staates abzuleiten, weshalb er zum Betriebe der Produktionsanstalten -unbrauchbar sein soll. Man spielt gerade den -Egoismus des Privatunternehmers als so unendlich förderlich aus -und bedenkt nicht, daß im Kollektivstaat der Egoismus des ganzen -Volkes sich in derselben Richtung geltend machen würde, da jede -Verbesserung im Produktionsbetriebe dem ganzen Volke zum Vorteile -gereicht, sei es, daß in einem Produktionszweige Arbeit oder Material -erspart, oder ein besseres Produkt erzeugt, oder die Fruchtbarkeit des -Bodens erhöht wird. Der Erfindungsgeist wird im Kollektivstaat -außerordentlich gefördert, und so kann es nicht fehlen, daß das -Sinnen und Trachten Aller darauf gelenkt wird, die Produktion zu -fördern. Man wird die Erfolge der einzelnen inländischen Produktionsanstalten -untereinander und mit ausländischen Anstalten gleicher -Art vergleichen, und so auf beständigen Fortschritt bedacht sein. -Dabei kann es nur von Vorteil sein, daß die allgemeine Volksbildung -so weit über die gegenwärtige entwickelt wird und daß die -heutigen Schäden der Produktion ganz in Wegfall kommen. Diese -Schäden sind zwiefacher Art. Erstens die Versuchung, aus einem -gemeinschädlichen Betriebe der Produktion Vorteil zu ziehen, Nahrungsmittelfälschung, -Förderung der Unsittlichkeit, Betrug usw., und -zweitens die Gefahr, daß ganz unberufene Leute ein Unternehmen -gründen, das zugrunde gehen muß, ja, daß blühende Unternehmungen -nach dem Tode des Gründers in die Hände eines unfähigen oder -<span class='pagenum'><a id='Page_330' name='Page_330' href='#Page_330'>[330]</a></span> -leichtsinnigen Erben kommen und dann wieder verfallen. Bilanziert -man diese Gebrechen der Privatunternehmung mit ihren vermeintlichen -Vorzügen, so wird sich der kollektivistische Staatsbetrieb, vielleicht -nach einer kurzen Übergangszeit, immer als der bessere -erweisen. -</p> - -<p> -Der Kollektivismus verteilt aber auch ökonomischer und besser. -Ökonomischer, weil er die Handelsarbeit erspart und besser, weil er -alle Volksbedürfnisse verhältnismäßig befriedigt, worauf die Privatunternehmer -ihr Augenmerk nicht richten. In letzterer Beziehung -ist der Kollektivismus auch wieder schon durch seine Verteilung produktiv. -Denn, da er alle geistigen und physischen Kräfte des Volkes -entwickelt, fördert er das wichtigste Betriebsmittel der Produktion, -die Menschenkraft. -</p> - -<p> -Die Lobredner der Privatunternehmungen sind vor allem die -Privatunternehmer und dann ihre Soldschreiber. Aber auch jene, die die -reine Wahrheit suchen, argumentieren doch nur aus einzelnen Fällen, -die keine allgemeinen Schlüsse gestatten und würden sie die notleidenden -Privatunternehmungen mit in Rechnung ziehen, so würden -sie zu ganz anderen Ergebnissen gelangen. -</p> - -<p> -Daß der Staatsbetrieb der ökonomisch beste wäre, folgt aus -den Erfolgen der Trusts, welche einzig und allein des unermeßlichen -Umfanges der Kapitalien und Betriebe wegen ökonomischer produzieren, -als die Kleinbetriebe und da dem Umfange nach der riesigste -Trust sich zum Staatskollektivismus verhält, wie das Kleingewerbe -zum Trust, so sind die ökonomischen Vorteile unermeßlich. Nicht -das Talent der Trustteilnehmer ist volkswirtschaftlich entscheidend, -sondern das Talent des Trust<em class='gesperrt'>beamten</em>. -</p> - -<p> -Und dann ist ja der ganze Apparat eines judizierenden Staates -ein ganz anderer, als es der eines produzierenden Staates wäre. -Die Organe des heutigen Staates sind Juristen, die Organe des -Kollektivstaates werden wirtschaftliche Talente sein und wenn man -auch in der Gegenwart für einzelne Staatsfabriken technische Leiter -bestellt hat, so waren sie doch immer abhängig von Hofräten und -Ministern, die von technischen Fragen nichts verstehen und das hat -die Tätigkeit der Techniker und der merkantilen Leiter immer lahmgelegt. -</p> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_331' name='Page_331' href='#Page_331'>[331]</a></span> -Es ist also ein ganz unbegründetes Bedenken, das so oft gegen -den Staatsbetrieb ausgesprochen wird, daß er volkswirtschaftlich -schlechter erzeugen würde und in keinem Falle kann es sich um einen -solchen Vorzug der Privatunternehmung handeln, dessen wirtschaftlicher -Effekt gegen die großen, auch ökonomischen Vorzüge des Kollektivismus -in Betracht käme, die ich an vielen Stellen dieses Werkes -dargetan habe. Wir hören nur allgemeine Phrasen, abstrakte Sätze, -nirgends einen Versuch, das angebliche Unvermögen des Staates, -mit Ökonomie zu produzieren, aus dem Wesen des Staates zu erklären, -wo das Gebrechen aber in den Personen oder in der -Organisation liegt, handelt es sich nur um einen Wechsel -der Personen oder der Organisation. Die lautesten Schreier -gegen den Staatsbetrieb sind die Unternehmer selbst und dann -die politischen Agitatoren, welche im Solde der herrschenden -Klassen stehen. Einen wissenschaftlichen Wert haben diese Redensarten -nicht. -</p> - -<p> -Die geringere Ertragsfähigkeit eines staatlichen Betriebes bei -Geldwirtschaft ist nicht beweismachend für den geringeren volkswirtschaftlichen -Betriebswert. Denn der Staat verwendet das geringere -Einkommen für allgemeine Zwecke, der Privatunternehmer die größeren -Einnahmen für die Befriedigung seiner Launen. Auch kann der -scheinbar erfolgreichere Privatunternehmer die Arbeiter mehr bedrückt, -oder den Abnehmern ein schlechteres Produkt geliefert, oder seine -Kontrahenten hintergangen oder wie -Rockefeller<a name='FA_47' id='FA_47' href='#FN_47' class='fnanchor'>[47]</a> -durch unerlaubte Kunstgriffe vermehrt haben. Würde man also bestimmte Privat- -und Staatsunternehmungen in einer für unseren Zweck brauchbaren -Weise vergleichen, so müßte über jedes Vergleichsobjekt ein ganzes -Werk geschrieben werden. -</p> - -<p> -Dann ist die Staatsproduktion seit einem halben Jahrhundert -kaum mehr betrieben worden, in früherer Zeit aber war der Staat -viel schlechter organisiert als heute, Unterschleife waren leichter und -man war gewöhnt, den unbrauchbaren Verwalter, der Staatsbeamter -<span class='pagenum'><a id='Page_332' name='Page_332' href='#Page_332'>[332]</a></span> -war, im Amte zu behalten wie den unabsetzbaren Richter und den -Brauchbaren bei den größten finanziellen Erfolgen abzulohnen, wie -den <ins class='correction' title='Duzendbeamten'>Dutzendbeamten</ins>, während der Privatunternehmer ihm den zehnfachen -Lohn bot. Hat doch Krupp einem Finanzgenie einen so hohen -Gehalt geboten, daß er den Privatdienst der Stellung eines sächsischen -Finanzministers vorzog, welche viel geringer dotiert war. Ich werde -mich durch das Parteigeschrei gegen den Staatsbetrieb nicht irre -machen lassen. -</p> - -<h2 id='O_00_0_0'> -XIV.<br /><br /> -Die Umwandlung der Staaten unserer Gesellschaftsordnung -in Kollektivstaaten. -</h2> - -<hr class='h2bot' /> - -<p> -Der erste <ins class='correction' title='Schrttt'>Schritt</ins> zur Einleitung der Umwandlung ist die Fortführung -der hier versuchten Untersuchung und die Vervollkommnung -der von mir gemachten Vorschläge. Diese Vorschläge betreffen nicht -nur das Wesen des Kollektivismus, sondern auch die Organisation -des Kollektivstaates und den Gebrauch, den der Staat von der ihm -zustehenden wirtschaftlichen Macht machen soll. Es könnte sich daraus -eine volkswirtschaftliche Schule entwickeln, welche für dieses größte -aller Ideale Propaganda machen wird und wenn es in der Entwicklung -der menschlichen Dinge liegt, daß wir zum Kollektivismus -gelangen, so wird sich ein Umschlag in den Anschauungen vollziehen, -der der Umwandlung vorhergehen muß. Wie der Liberalismus -durch die Universitäten verbreitet wurde, so wird der Kollektivismus -bald das Ideal der Universitäten werden. Es gibt allerdings Schichten -unter den Gebildeten, welche sich, wie schon im vorhergehenden Abschnitte -erwähnt wurde, durch das kollektivistische Ideal bedroht -fühlen, so Juristen und Theologen. Allein wenn sie zur Überzeugung -gelangen, daß die Umwandlung sich nur langsam vollziehen -kann, so werden sie sich beruhigen und wir werden unsere Söhne eben -nicht mehr Jurisprudenz oder Theologie, sondern Medizin oder Naturwissenschaften -oder Technik studieren lassen. Statt der Juristen -werden in Zukunft der Arzt und der Naturforscher im Staate herrschen -und wenn das Ideal Feinde hat, so hat es naturgemäß auch -Anhänger, welche den Kampf dafür aufnehmen und <em class='gesperrt'>die heute so -schimpfliche Lage der Ärzte wird sie zu Aposteln der -neuen Lehre machen</em>. Die Gegner sind einer Bewegung, die sich -so Gewaltiges zum Ziele setzt, erwünscht, denn nur was sich im -<span class='pagenum'><a id='Page_334' name='Page_334' href='#Page_334'>[334]</a></span> -Kampfe durchringen muß, wird etwas Rechtes. Habe ich nicht mehr -erreicht, als daß der Kollektivismus nicht mehr totgeschwiegen werden -kann, so habe ich genug erreicht. -</p> - -<p> -Und ist es noch niemand aufgefallen, daß die menschliche Gesellschaft -alle Richtung verloren hat, daß sie seit dreißig Jahren vergeblich -nach einem Ziele sucht: Wir wissen nicht, wo aus. Der -Liberalismus hat sich überlebt, das <i>laissez faire, laissez aller</i> hat -ausgespielt, es muß einer schöpferischen Staatskunst Platz machen. -Wir haben nur die Wahl, eine neue Gesellschaftsordnung zu suchen -oder zu veralteten Zuständen zurückzukehren. Der Adel drängt sich -wieder vor und die religiösen Fanatiker drängen nach der Wiederherstellung -jener Kirchenmacht, die sich bis vor 200 Jahren so außerordentlich -verderblich erwiesen hat. Ihre Verdrängung durch den -Aufklärungsstaat war eine Erlösung, ein Sieg für alle Menschen. -Dulden wir keine religiöse und keine ständische Reaktion, sie führen -wieder zu allen Übeln, die die mit vielen Verbrechen befleckte, aber -doch so glorreiche französische Revolution überwunden hat. Eine -kollektivistische Schule, eine kollektivistische Partei, die sich aus den -Gebildeten rekrutiert und sich die Universitäten, Hochschulen und -Mittelschulen <ins class='correction' title='erorbert'>erobert</ins>, wird vorausgehen. Die Wirksamkeit der -sozialdemokratischen Partei wird ihr in die Hände arbeiten, wenngleich -ich meine, die kollektivistische Partei müsse, zunächst wenigstens, -nicht in ihr aufgehen, sondern parallel mit ihr arbeiten. <em class='gesperrt'>Daß das -Proletariat allein berufen sei, den Klassenstaat zu -stürzen und den Kollektivismus ins Leben zu rufen, ist -für mich kein Evangelium, aber mich zu bekämpfen, hat -die Sozialdemokratie keinen Grund.</em> -</p> - -<p> -Die praktischen Maßregeln zur Verbreitung des Kollektivismus -sind leicht zu erkennen. Es handelt sich um die Fortsetzung der -Verstaatlichung, Verstaatlichung der Eisenbahnen, Verstaatlichung des -Geldwesens, Verstaatlichung des Kreditwesens, Verstaatlichung der -Volksschule, Inanspruchnahme einer Mitwirkung an der Erziehung -für den Staat, Verstaatlichung des <ins class='correction' title='Großgrnndbesitzes'>Großgrundbesitzes</ins> und aller jener -Industrien, auf welchen heute die großen Konsumsteuern lasten, das -sind die ersten Etappen der Umwandlung. -</p> - -<p> -Weiter handelt es sich darum, den Staat in ein Erwerbsinstitut -<span class='pagenum'><a id='Page_335' name='Page_335' href='#Page_335'>[335]</a></span> -umzuwandeln. Er muß zu einem entsprechenden Vermögenseinkommen -gelangen und dazu ist der erste Schritt die Schaffung eines -Nationalvermögens, welches im Zusammenhange mit der Staatskreditreform -und den verstaatlichten Kommunikationen zu einem wirtschaftlichen -Übergewichte des Staates führen muß. -</p> - -<p> -Auch die Rechtsanschauungen müssen sich ändern und darum -muß man die Rechtsanschauung der in <a href='#N_00_0_0'>XIII</a> erwähnten 5 Kirchenväter -in die Gesellschaft einführen. Die Anschauung, daß reiche -Leute einen Besitz innehaben, wofür sie dem Volke verantwortlich -sind, gibt dem Staate das Recht, ihnen Lasten für diese Interessen -aufzubürden. Man wird das Beispiel Englands nachahmen und in -alle Ortschaften und Gebiete, wo die Sterblichkeit 25, 20, 15 per -Tausend übersteigt, Kommissionen entsenden, die die Ursache, weshalb -diese Sterblichkeit vorwaltet, ermitteln und Mittel zur Abhilfe vorschlagen. -Man wird des ferneren von Großgrundbesitzern und Großindustriellen -fordern, daß sie für einen ihrem Besitz entsprechenden -Teil der Bevölkerung Wohnungen in richtig angelegten Niederlassungen -herstellen, welche dem kollektivistischen Bedürfnisse entsprechen. -</p> - -<p> -Späterhin wird das Erbrecht auf direkte Nachkommen einzuschränken -und das Testaterbrecht, ausgenommen das Recht zugunsten -des Staates zu testieren, aufzuheben sein und endlich werden die Geldstrafen -und die Strafe der Vermögenskonfiskation zur Bekämpfung -der besitzenden Klassen dienen. Die Geldstrafen für die Verbaldelikte, -aber Geldstrafen bis zu einem vielfachen des Jahreseinkommens, -würden bald zu einer Unterwerfung der Besitzenden führen, welche -heute die Herren im Staate sind. -</p> - -<p> -Auch Verfassungsänderungen, wonach das Abgeordnetenhaus die -produktiven Klassen allein zu vertreten und die herrschenden Klassen -ihre Vertretung im Herrenhause hätten, werden sich empfehlen. Endlich -müßte man recht bald das stehende Heer durch ein Milizsystem -zu ersetzen suchen, um die ungeheuren Geldmittel, welche dem stehenden -Heere gewidmet werden, für Erziehung und Unterricht und für -Altersversorgung frei zu machen. -</p> - -<p> -Wenn das kollektivistische Ideal verständige Apologeten findet, -<span class='pagenum'><a id='Page_336' name='Page_336' href='#Page_336'>[336]</a></span> -werden es gerade die Monarchen sein, welche sich zuerst dazu bekennen. -Das Gefühl der Verantwortung für all das Elend unserer -Gesellschaftsordnung wird ihnen bald zu drückend werden, wenn es -klar wird, daß es nur Privatinteressen sind, welche den wichtigsten -Interessen des Volkes und der Kultur im Wege stehen. -</p> - -<p> -Endlich kann es nicht fehlen, daß auch religiöse Anschauungen -uns bald zuhilfe kommen werden. Doch wäre es nicht erwünscht, -daß die religiös-kollektivistische Bewegung zu früh in Gang käme. -</p> - -<p> -Die größten Schwierigkeiten werden sich darbieten, sobald man -die Umbauten in Angriff nimmt, welche mit der Umgestaltung der -Gesellschaftsordnung Hand in Hand gehen müssen und wenn der -Staat selbst kollektivistische Gemeinden ins Leben ruft, obgleich noch -eine völlige Verdrängung der alten Gesellschaftsordnung nicht stattgefunden -hat. Eine Form zu finden, wie kollektivistisch organisierte -Volksschichten mit nicht kollektivistisch organisierten neben einander -leben können, ist sicherlich schwierig. Und doch haben wir für die -Lösung dieses Problems Anhaltspunkte in den Mönchsorden, welche -kollektivistisch organisiert sind und inmitten von Völkern leben, welche -nichts vom Kollektivismus wissen. Denken wir uns die <em class='gesperrt'>wirtschaftliche</em> -Organisation der Mönchsorden auf eine Bevölkerung, -die keine religiösen Zwecke verfolgt, die Askese verwirft und die -Zeugung pflegt, welche also Männer und Weiber, Erwachsene -und Kinder umfaßt und welche die Produktion betreibt, also die -Beschaulichkeit durch Arbeit ersetzt, so haben wir die Grundlagen -einer kollektivistisch organisierten Bevölkerung, die mitten unter einer -Bevölkerung lebt, die noch der heutigen Gesellschaftsordnung angehört. -Doch sollen diese kollektivistischen Organisationen schon von -allem Anfange an sich als Ortsgemeinden organisieren und nicht -als bloße Gesellschaften innerhalb von Ortsgemeinden mit Privateigentum. -Man würde demnächst mit Urgemeinden kollektivistischer -Wirtschaftsreform beginnen. Der Staat hätte ein Kapital von vielen -Millionen zu widmen, <ins class='correction' title='ein'>eine</ins> oder mehrere, etwa zwanzig neben einander -<ins class='correction' title='belegene'>gelegene</ins> Urgemeinden aufzubauen und sie zu besiedeln. Diese Besiedelung -könnte zum größten Teil mit proletarischen Arbeitern, -aber von hervorragend körperlicher Tüchtigkeit und Gesundheit, geschehen, -aber sie könnte auch nicht produktive Volksschichten umfassen, -<span class='pagenum'><a id='Page_337' name='Page_337' href='#Page_337'>[337]</a></span> -Waisenkinder, Altersversorgungsberechtigte, welche für Rechnung -der versorgungspflichtigen Gemeinden aufgenommen würden oder mit -welchen ein Versorgungsvertrag geschlossen würde. So könnte auch -die Aufnahme pensionierter <ins class='correction' title='Staatsbediensteten'>Staatsbediensteter</ins> erfolgen, sagen wir -von arbeitsunfähig gewordenen Arbeitern des Tabakmonopols, in die -Altersversorgung aufgenommenen Staatseisenbahnbediensteten, Militärinvaliden, -welche für Rechnung der versorgungspflichtigen Institute -verpflegt würden, oder auch mit Geldpensionen versorgte Leute, -welche sich mit ihrer Pension in die kollektivistische Versorgung einkaufen. -</p> - -<p> -Mit den in die Besiedelung aufgenommenen proletarischen Arbeitskräften -müßte zunächst ein Vertrag abgeschlossen werden, wonach -sie naturalwirtschaftliche Versorgung als Lohn zu empfangen hätten -mit dem Anspruch auf einen kollektivistischen Vermögensanteil nach -Ablauf einer Reihe von Jahren, während welcher jeder Teil den -Vertrag lösen könnte. Nach Ablauf jener Probezeit würde der Arbeiter -wie ein kollektivistischer Bürger das Recht auf jede Art von -Versorgung für sich und seine aus einer von der Verwaltung gebilligten -Ehe entspringenden Nachkommen haben, freilich in der ersten -Zeit nicht in jenem Ausmaße, wie der Anteil eines Kollektivbürgers -nach vollendeter Umwandlung sich gestalten würde. <ins class='correction' title='Sowie'>So wie</ins> der -Kollektivstaat späterhin inmitten von Staaten der alten Gesellschaftsordnung -wird leben müssen, werden auch die so entstandenen kollektivistischen -Volksschichten inmitten einer Bevölkerung leben müssen, -welche noch der alten Gesellschaftsordnung angehört. -</p> - -<p> -Diese Kollektivgemeinden werden bald die Kirchengüter und <ins class='correction' title='die'> </ins> -den Großgrundbesitz, deren Erwerb der Staat sich zuerst wird angelegen -sein lassen, umgestalten und zugleich als Erziehungs- und Versorgungsanstalten -und als große Hotels Erwerbsinstitute darstellen. -Es werden kollektivistische Versuchsanstalten sein, welche aber nur -einen Teil der Vorteile bieten können, die der siegreiche Kollektivismus -nach Niederringung der alten Gesellschaftsordnung bieten wird. -Man darf von solchen Versuchsgemeinden nicht fordern, was wir -vom Kollektivismus eines großen Reiches erhoffen, aber einen großen -Fortschritt wird man sicher erkennen. -</p> - -<hr class="tbreak" /> - -<p> -<span class='pagenum'><a id='Page_338' name='Page_338' href='#Page_338'>[338]</a></span> -Es ist hier die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, daß die Verdrängung -des Privatkredits durch den Staatskredit und der Geldwirtschaft -durch die Naturalwirtschaft sich nur langsam vollziehen -kann und daß demnach die Verstaatlichung des Großbesitzes sich -anfangs in derselben Form vollziehen muß, wie die Verstaatlichung -der Eisenbahnen. Da sich aber die Rechtsanschauungen nach und -nach auch verändern müssen, besonders sobald die Forderung nach -erhöhtem Aufwande für die arbeitende Klasse auf Grund der von -den Kirchenvätern verkündeten Rechtsgrundsätze zu einer religiösen -Forderung des Christentums gemacht wird, müssen die Verstaatlichungsprinzipien -immer ungünstiger für die Besitzenden werden. So -ist es offenbar, daß der Großgrundbesitz in österreichisch Polen mit -der Verpflichtung belastet werden wird, das Wohnungswesen der -bäuerlichen Bevölkerung auf Kosten der Besitzenden umzugestalten. -So werden auch der Großindustrie Verpflichtungen im Interesse der -Arbeiterschaft auferlegt werden, welche die Verstaatlichung sehr erleichtern -müssen. -</p> - -<p> -Der Sozialreform wird auch der, wie es scheint, uns bevorstehende -Weltkrieg sehr zustatten kommen, denn er wird einen allgemeinem -Bankrott, nicht nur der Staaten, sondern auch der Großbesitzer im -Gefolge haben, daher ich in meinem Roman »Österreich im Jahre 2020« -auf Seite 59 prophezeit habe, daß der Weltkrieg zur Staatsomnipotenz -führen muß. Besser freilich wäre es, die Umgestaltung würde früher -in Angriff genommen und dadurch die Phantasie der Völker von -jenen Interessen abgelenkt, die zum allgemeinen Kriege drängen. -</p> - -<hr class='fnsep' /> - -<div class='footnotes'> - -<div class='footnote' id='FN_1'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_1'>[1]</a></span> -Plato fordert die Beschränkung des freien -Vermögenserwerbes als eine erste Forderung der sozialen Wohlfahrt. -Aber auch viele Gesetze, welche die Beherrschten -in Griechenland und in Rom ertrotzten, waren auf Beschränkung des -Rechtes des Bodenerwerbs, auf Neuverteilung des mobilen Besitzes, auf -Schuldentilgung gerichtet und Julius Cäsar -erließ durch ein Gesetz den ärmeren Bürgern die Miete, welche sie -für ihre Wohnungen den Hausbesitzern schuldeten. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_2'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_2'>[2]</a></span> -»Menger, Neue Staatslehre« pag. 226. Er spricht zwar an dieser -Stelle nur von den Anarchisten, aber es ist klar, daß das von allen Wirtschaftsformen -gilt, welche genossenschaftliche Organisation zur Grundlage haben. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_3'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_3'>[3]</a></span> -In einer zu Provincetown am 20. August 1907 gehaltenen Rede sagte -Präsident Roosevelt: Es muß entschieden werden, wer unsere freie Regierung beherrschen -soll, das Volk oder ein paar rücksichtslose Männer, <em class='gesperrt'>deren Reichtum -sie besonders gefährlich macht</em>. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_4'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_4'>[4]</a></span> -Diese Anschauungen waren längst im Manuskripte dieses Werkes niedergelegt, -als im Jahre 1906 sich die Allianz zwischen Kaiser Franz Josef und der -Masse des Volkes vollzog. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_5'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_5'>[5]</a></span> -Die hier vorgeschlagenen ultrademokratischen Einrichtungen werden nicht -von allem Anfang an in Geltung sein, sondern den Abschluß der Verfassungsentwicklung -bilden. Es werden schon feste bewährte Grundlagen des Kollektivismus -bestehen, die Umwandlung des Staates beendet sein und jene Erziehung sich -eingelebt haben, wie in <a href='#G_05_0_0'>VII, 5,</a> geschildert ist, ehe die so weitgehende demokratische -Verfassung möglich sein wird. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_6'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_6'>[6]</a></span> -Anfänge zu allen <ins class='correction' title='zukünftgen'>zukünftigen</ins> Gestaltungen, die auf den Kollektivismus -hinauslaufen, können schon heute beobachtet werden. In Österreich werden die -Abgeordneten, wenn sie auch Bauern oder Arbeiter sind, zu den Hoffesten herangezogen, -was noch vor 50 Jahren unmöglich schien und in Dänemark soll es Hofsitte -sein, zu jeder Hoftafel einen Gewerbsmann zu laden. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_7'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_7'>[7]</a></span> -Die Rassenfanatiker empfehlen zuweilen für solche Familien sogenannte -krasse Inzucht, nämlich ganz nahe Verwandtschaftsehen. Allein sie führt zur Verblödung -und diese Anschauung beruht auf einer grundfalschen Anschauung über -den Wert der Rassen. Man beruft sich auf die Erfahrungen der Tierzüchter, aber -auch sie müssen meistens in der 3. oder 4. Generation von diesem System Abstand -nehmen. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_8'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_8'>[8]</a></span> -Das widerspricht scheinbar den Ideen Nietzsches und Darwins, aber statt -ihrer brutalen Ideen lehre ich, das Aussterben der Schwächeren im Wege der -Unterdrückung der Fortpflanzung erblich Belasteter herbeizuführen. Der Staat -darf seine Absicht nicht darauf richten, Schwächlinge zu Grunde gehen zu lassen, -sondern hat durch fortgesetzte Wirksamkeit zu verhüten, daß degeneriertes Menschenmaterial -gezeugt wird. Der Grundsatz, Unbrauchbares zu Grunde gehen zu lassen, -würde zu dem Grundsatze führen, den die alten Germanen beobachteten, die Alten, -die nicht mehr arbeiten konnten, zu töten oder im Walde hilflos auszusetzen. -Diesem Grundsatze zufolge müßten auch ganz normale Menschen, die verunglückt -sind, dem gänzlichen Untergange preisgegeben werden. Jeder Mensch ist gleichmäßig -daran interessiert, daß dieser Grundsatz nicht zur Geltung kommt. Das -Leben <em class='gesperrt'>hoffnungslos</em> Leidender <em class='gesperrt'>gegen ihren Willen</em> zu erhalten, ist darum -noch keine evidente soziale Pflicht. Nietzsche hat das Törichte seiner Lehre am -eigenen Leibe erfahren, nach dieser Lehre hätte man ihn töten, statt an die Irrenanstalt -abgeben müssen. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_9'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_9'>[9]</a></span> -Da in einer Gemeinde von 1000 Köpfen nicht mehr als 240 Kinder und -junge Leute von 6-18 Jahren wohnen und eine beträchtliche Abweichung von -dieser Durchschnittsziffer nach <a href='#F_02_0_0'>VI, 2,</a> leicht vermieden werden kann, diese Anzahl -von Schülern sich aber auf zwölf Jahrgänge verteilt, davon die oberen Klassen nicht -stärker, sondern schwächer besetzt sind, ist die Maximalzahl von 25 unüberschreitbar. -Dem Lehrer arbeiten auch jene begabten Schüler in die Hand, welchen -die Korrepetition überlassen werden kann. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_10'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_10'>[10]</a></span> -Hier wird schon eine Frage der Verteilung von Genüssen besprochen. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_11'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_11'>[11]</a></span> -Hier wird es klar, welche enormen Vorteile die Aufhebung des Privateigentums -bietet, da das Eigentum an Häusern und Grundstücken auch eine sehr -erwünschte Beweglichkeit der Einzelnen verhindert. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_12'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_12'>[12]</a></span> -Was die Lage des Domizils heute für Wirkungen hat, empfinden die -Beamten und Offiziere, die an manchem Orte um 20-30 Prozent teurer leben, als -am andern, daher das durch Teuerungsbeiträge ausgeglichen wird. So gewährt -der Staat <em class='gesperrt'>seinen</em> Organen heute in etwas roher Art das, was er als Kollektivstaat -<em class='gesperrt'>allen</em> gewähren muß. Die Preisdifferenz zwischen verschiedenen Provinzen -Österreichs in den Jahren 1830-1880, allerdings <em class='gesperrt'>vor</em> Entwickelung des Eisenbahnwesens, -beträgt beispielsweise für Roggen 1832 2.11, gegen 4.33, 1833 1.65, -gegen 5.16, 1845 3.02, gegen 6.24, 1848 3.76, gegen 7.50, 1879 3.98, gegen 8.80, -und für Gerste 1830 1.51, gegen 5.50, 1839 2.28, gegen 5.79, 1848 2.85, gegen -6.27, 1880 <ins class='correction' title='4 37'>4.37</ins>, gegen 9.36, also von 1 : 2 bis 1 : 3. Wie einfach löst der -Kollektivstaat diese Frage und zugleich erspart er die Arbeit in den Administrationen. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_13'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_13'>[13]</a></span> -Aus Pohlmanns »Geschichte des antiken Kommunismus und Sozialismus«, -II. Seite, 165, ersehen wir, daß schon im griechischen Altertum die Arbeitsteilung -soweit vorgeschritten war, daß es ein besonderes Zuschneidegewerbe gab und -wie es scheint, nicht bloß für Schuhwerk, sondern auch für Kleider. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_14'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_14'>[14]</a></span> -Die Fernsprechleitung zur Verbindung aller Gemeinden mit den Bezirksvororten, -dieser mit den Kreisstädten, der Kreisorte mit den Provinzialorten und -dieser mit der Zentrale würde in Österreich-Ungarn zirka 50 000 Kilometer Leitungsdrähte -und 60 000 Sprechstellen erfordern. Deutschland aber hatte schon 1899 -195 000 Sprechstellen, aber allerdings viel geringere Leitungslänge. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_15'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_15'>[15]</a></span> -Uns erscheinen heute solche Normierungen sonderbar, da aber der Staat -es ist, der Eigentümer von Grund und Boden und von allen Häusern ist und -Jeden mit Wohnung zu versorgen hat, ist er in der Lage, die Bewohnerzahl aller -Ortschaften zu normieren und er kann damit sehr wichtige Zwecke verfolgen. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_16'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_16'>[16]</a></span> -Es wird sich zeigen, daß die Güterstatistik ein vortrefflicher Ersatz der -heutigen Geldverrechnung, angepaßt der Naturalwirtschaft, ist. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_17'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_17'>[17]</a></span> -Ich dachte einmal daran, durch telephonische Mitteilung der Ziffern an den -Kreisbeamten und von diesem telegraphisch an den Provinzbeamten und weiter an -die Zentralbehörde zu ermöglichen, daß auch diese Tabellen für den 10. schon am 11. gedruckt -versendet werden, allein das würde eine ungeheure Belastung der Telegraphenämter -mit sich bringen und es wäre kein großes Interesse, das dazu zwänge, denn -die Bezirksstatistik ist schon eine alles umfassende Statistik, welche in den Kreis-, -Provinz- und Reichsblättern nur verarbeitet wird und es ist frühzeitig genug, wenn -deren Tabellen in den folgenden Tagen versandt werden und darum können sie auf -Grund der gedruckten Bezirkstabellen vom 10. bearbeitet werden. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_18'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_18'>[18]</a></span> -Übrigens ist ein solcher Güteraustausch durch Vermittlung der Staatsverwaltung -recht wohl möglich. So könnte eine Gemeinde oder ein Bezirk des -Südens 100 Meterzentner Feigen an eine Gemeinde oder Bezirk Böhmens liefern -in Tausch gegen 100 Meterzentner Zwetschen. Die Staatsverwaltung stellt den -Transport und besorgt, wenn nicht Bevollmächtigte aufgestellt werden, Übernahme -und Ablieferung. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_19'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_19'>[19]</a></span> -In Deutschland rechnet man den Wert der Milchproduktion ohne Butter -und Käse und zum offenbar zu geringen Preise von 9 Pfennig pro Liter auf -1700 Millionen Mark gegen 986 Millionen Mark Roheisen und 1170 Millionen -Mark Kohlenproduktion, es ist also die Milch offenbar der wertvollste Produktionsgegenstand -und dadurch die Wahl der Milch zur Exemplifikation der Produktions- -und Güterverteilungsstatistik gerechtfertigt. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_20'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_20'>[20]</a></span> -Die Buttererzeugung ist um 56 Kilo, die Käseerzeugung um 506 Kilo -zu hoch angegeben. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_21'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_21'>[21]</a></span> -Ein Statistiker von heute mag für unglaublich halten, daß diese statistischen -Arbeiten bewältigt werden können, allein es arbeiten daran im Kollektivstaate -viele hunderttausende von Personen mit und sie sind keine volkswirtschaftliche -Last, weil dafür alle Geldverrechnung aufhört, an der heute jede Hausfrau -und Köchin, jeder Schuster, Schneider, Kaufmann mitarbeiten muß. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_22'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_22'>[22]</a></span> -Nach einem Berichte der »Politisch anthropologischen Revue« III S. 398 -hat ein russischer Großgrundbesitzer eine Züchtung besonders schöner Menschen mit -großem Erfolge versucht, indem er unter seine Arbeiter nur schöne Menschen -aufnahm und die Ehen der Schönsten unter ihnen begünstigte. So kamen -40 besonders viel versprechende Paare zustande, von welchen schon 100 außerordentlich -schöne Kinder gezeugt wurden, unter welchen wieder die erste Ehe geschlossen -wurde zwischen einem reizenden Mädchen und einem Antinous von -einem Jüngling. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_23'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_23'>[23]</a></span> -Wir können nicht wissen, welche Wandlungen die Anschauungen der -Völker im Zukunftsstaate durchmachen werden und ob sie der Anregung in -Matthäus 19, 12. nicht doch Folge geben werden, wenn die Erfahrungen dafür -sprechen. Doch hätte das nur auf weibliche Kinder von besonders schlechten Anlagen, -z. B. Kretins, Anwendung. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_24'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_24'>[24]</a></span> -Der Prozentsatz der unehelichen Geburten ist in Kärnten seit 1890 nicht -unerheblich herabgegangen, übersteigt aber immer noch 40 Prozent. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_25'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_25'>[25]</a></span> -Ich war vor etwa dreißig Jahren allein in meiner Kanzlei, als ein -Mann bei mir eintrat, der Tränen in den Augen hatte und vor Bewegung kein -Wort sprechen konnte. Er überreichte mir einen Zettel, worauf stand, daß er -soeben aus einer Strafanstalt komme, wo er ein Jahr wegen Veruntreuung abzubüßen -hatte. Er suche einen Erwerb. Ich ließ ihn Platz nehmen und Schriften -kopieren und da er brauchbar war, gab ich <ins class='correction' title='ihn'>ihm</ins> zunächst ein Tagegeld, später einen -Monatlohn und niemand erfuhr etwas von seinem Vorleben. Bald fand er auf -Grund meines Zeugnisses über seine Verwendung in meiner Kanzlei einen Posten -in einem Handlungshause und dann als Korrespondent in einer Bank. Er hat -nie Anlaß zu einer Klage gegeben. Eine ähnliche Erfahrung machte ich mit -einem anderen Beamten meiner Kanzlei, dessen Vorbestrafung mir erst nach seinem -Austritte bekannt wurde. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_26'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_26'>[26]</a></span> -Auf der Jahresversammlung des deutschen Vereins für Volkshygiene in München -sprach sich Professor M. Gruber-<ins class='correction' title='München,'>München </ins> dahin aus, daß der Kampf ums Dasein -unter den Menschen nicht immer rasseveredelnd wirke, daher er sagte, wir könnten, -indem wir die äußeren Hindernisse einer gesunden körperlichen und geistigen Entwicklung -beseitigen <em class='gesperrt'>und den Kampf ums Dasein durch eine vernunftgemäße -Zuchtwahl ersetzen, ungeheure Fortschritte</em> anbahnen. Ganz -im Sinne dieser Mahnung soll der sanitäre Dienst im Zukunftsstaate wirken. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_27'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_27'>[27]</a></span> -Ein Wiener Professor der Anatomie hielt im Februar 1902 in Wien -einen öffentlichen Vortrag über die physische Veredlung des Menschen und stellte -so ziemlich dieselben Forderungen auf, wie sie hier aufgestellt werden, aber er -machte sich keine Gedanken darüber, daß diese Forderungen in unserer Gesellschaftsordnung -nicht erfüllt werden können. Er ist für <ins class='correction' title='Aufrechthaltung'>Aufrechterhaltung</ins> der Ehe, -Schonung der schwangeren Frau bis zur Entbindung, Beseitigung des Mieders -während der Schwangerschaft, gewiß sehr bescheiden, Vermeidung heftiger Bewegungen -während dieser Epoche mit Inbegriff des Reitens und Schwimmens, Schaffung -eigener Stätten, wo arme Frauen gebären können. Er ist gegen die Auswahl -der Paare durch behördlichen Einfluß, aber, wie es scheint, für den Ausschluß -aller schwächlichen und kränklichen Zeugungspersonen. Um alles das allgemein -durchzuführen, braucht man den Kollektivismus und eine gesellschaftliche Macht -über die Einzelnen, die nur der Kollektivismus bieten kann. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_28'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_28'>[28]</a></span> -Ich machte in meinem Roman »Österreich im Jahre 2020« Seite 318, -319, 332 und 333 einen Versuch, den Einfluß der Frauen in einem Falle dieser -Art zu schildern. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_29'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_29'>[29]</a></span> -In Tirol wird sich nicht leicht ein Bauernmädchen oder Bauernbursche -der Beichte entziehen, aber zahllos sind die mir bekannt gewordenen Äußerungen -von Bauernburschen und Mädchen der Landbevölkerung, daß man geschlechtliche -Sünden nicht zu beichten brauche, weil sie natürlich seien. Nach dem, was ich -selbst aus dem Munde der Leute vernahm, ist mir alles glaubwürdig, was andere -drüber berichten. Adolph Pichler, aus Tagebüchern 1850-1899, Seite 311. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_30'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_30'>[30]</a></span> -Diese Vorsichtsmaßregeln werden zumeist verworfen, und Adolph Pichler -»Aus Tagebüchern« 1850-1899, Seite 310 nennt sie geradezu ekelhaft, was -auch Schäffle dagegen einwendete. Diese Kritik ist aber in Anbetracht der unermeßlichen -Interessen, die damit zusammenhängen, u. z. im Kollektivstaat öffentliche -Interessen, keineswegs ausschlaggebend, und da wäre Duldsamkeit viel berechtigter -als dem Konkubinat der Priester gegenüber. Dasselbe könnte man ja -auch vom regelmäßigen Zeugungsakt sagen. Er setzt auf beiden Seiten Unterdrückung -der Schamhaftigkeit voraus und in diesem Opfer, aus Liebe gebracht, -liegt gerade der Zauber der Liebe. Daß die Unterdrückung der Fruchtbarkeit der -Umarmungen allein den Vorwurf der Ekelhaftigkeit verdient und daß sie, wie -Pichler meint, die wechselseitige Achtung untergrabe und der Treue Eintrag tue, -ist ein offenbarer Irrtum; wäre aber auch in den Verhältnissen, die ich hier im -Auge habe, nicht entscheidend. Ja, wenn der Ehemann nicht viel genügsamer -wird, als er heute ist, wird — ausnahmsweise oder vorübergehend — auch in -der Ehe die Unterdrückung der Fruchtbarkeit der Umarmungen wegen Schwäche, -Krankheit oder <ins class='correction' title='besondere'>besonderer</ins> -Gefährlichkeit der Entbindung sich rechtfertigen lassen. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_31'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_31'>[31]</a></span> -Thomas von Aquin, der einen Kommentar zu den Büchern über Politik -von Aristoteles geschrieben hat, worin er zwar die Anschauungen <em class='gesperrt'>dieses</em> Philosophen -mitteilt, aber offenbar in allem billigt, sagt im Band XXI der Ausgabe -Parma Seite 600 u. f. daß, wo die Gesetze die Tötung der überzähligen Kinder -dulden, es besser sei, zu abortieren, welches das geringere Übel wäre. Auch -manche vernünftige Anschauungen Aristoteles über das Alter, in dem man zeugen -soll, führt der Äquinate an und er scheint zu billigen, daß man verkrüppelte -Kinder nicht aufziehen <ins class='correction' title='solle '>solle.</ins> -</div> - -<div class='footnote' id='FN_32'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_32'>[32]</a></span> -Es werden in Österreich alljährlich viele Hunderte von Millionen für -Kinderspielzeug vergeudet und die Eltern spielen dabei eine recht alberne Rolle. -Spielende Arbeit macht diesen Aufwand unnötig. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_33'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_33'>[33]</a></span> -Schon vor 2500 Jahren war die Volksschule in China allgemein eingeführt -und sehr vollkommen. Kein Dorf war ohne Volksschule, und der Unterricht -der mit dem achten Jahre in selbe eintretenden Kinder umfaßte folgende -Übungen: Das Begießen von Blumen, das Auskehren der Wohnräume, die Gebräuche -der Welt, Zeremonien, Musik, Pfeilwerfen, Wagenlenken, Schreiben und -Rechnen. Aber auch Höflichkeit wurde gelehrt, die Kinder sollten rasch und bescheiden -antworten, mit Anstand eintreten und hinausgehen, Gäste höflich empfangen -und hinausgeleiten. Diesen Unterricht empfing der Sohn des Kaisers -wie der des Bauern, und so ist der Chinese heute noch höflich. Der seit mehreren -hundert Jahren eingetretene Stillstand in der Kulturentwicklung Chinas ist der -Herrschaft der barbarischen Mandschu zur Last zu schreiben, und die Volksschule -ist verfallen. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_34'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_34'>[34]</a></span> -Freiexemplare können auch Ausländern zugesandt werden, in welchem -Falle, wenn sie noch einem Staate mit Privateigentum angehören, sie dadurch -Privateigentum an diesen Exemplaren erwerben, wie ja auch sonst in solchen -Ländern Privateigentum an Produkten des Kollektivstaates erworben werden kann. -Es wird nur zweckmäßig sein, solche Gegenstände, deren Eigentum der Kollektivstaat -aufgibt, mit einer Bestätigung zu versehen. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_35'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_35'>[35]</a></span> -Ein Bücherwurm verwarf meine Pläne, weil dem Leser verwehrt wäre, -Randbemerkungen in die Bücher zu schreiben. Wenngleich da von einer Absonderlichkeit -eines Sonderlings die Rede ist, so sei doch bemerkt, daß das Verbot, -Bücher zu beschädigen und mit Anmerkungen zu besudeln, das ja auch jede -Leihbibliothek in Erinnerung bringt, zwar allgemein gelten würde, daß aber davon -doch mancherlei Ausnahmen zu machen wären, so insbesondere gegenüber von -Besitzern von Freiexemplaren oder von Gelehrten und durch Anmerkungen bedeutender -Männer könnte ein Exemplar an Wert sehr gewinnen. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_36'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_36'>[36]</a></span> -Man rechnet in Österreich den Verbrauch von Druckpapier, die Hälfte des -Gesamtverbrauches an Papierprodukten, auf 2 Kilo pro Kopf und Jahr, somit -bei 45 Millionen Einwohnern auf 900 000 Meterzentner und da der Druckbogen -zirka 15 Gramm wiegt, ist der Gesamtverbrauch pro Jahr rund 6000 Millionen -Bogen Druckpapier. Weist man davon je 600 Millionen Bogen dem Reichsblatte, -den Provinzblättern, den Kreisblättern und den Bezirksblättern, zusammen -also 2400 Millionen Bogen zu, wobei z. B. vom Reichsblatte 300 000 Exemplare -à 5 Bogen täglich erscheinen, so blieben noch 1800 Millionen Bogen für Fachblätter -und 1800 Millionen Bogen für Bücherdruck, wonach man den Jahreszuwachs -an Bänden für die Bibliotheken berechnen kann. Innerhalb des obigen -Rahmens würden sich also die Volksbeschlüsse bezüglich der Ausdehnung der -Produktion, der Einrichtung der Amtsblätter und des Verlagsrechtes bewegen. -Ebenso müßte der Aufwand von Satz verteilt werden, wahrscheinlich nach Arbeitstagen -der Setzer. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_37'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_37'>[37]</a></span> -Es sei mir erlaubt, hier auf einen Satz zu verweisen, den wir in Adolph -Pichlers »Aus Tagebüchern 1850-1899« finden. »Wenn man berechnen könnte, -wie viele Menschen wissentlich oder unwissentlich vom Betruge anderer leben!« -</div> - -<div class='footnote' id='FN_38'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_38'>[38]</a></span> -Man hat in Österreich in neuerer Zeit den Gebrauch eingeführt, den -Beamten, die besonders verdient sind und die man doch in ihren Posten belassen -will, einen höheren Rang und Bezüge zu gewähren, als mit ihren Posten regelmäßig -verbunden ist. Das wird wohl nachzuahmen sein. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_39'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_39'>[39]</a></span> -Das gilt nur nicht vom Hausierhandel, der aber nur den 24. Teil der im -Handelsberufe beschäftigten Personen in Anspruch nimmt. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_40'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_40'>[40]</a></span> -Die Familienhäuser bieten auch den Nachteil, daß sie sich den wechselnden -Bedürfnissen der Familien nicht anpassen können. Eine Familie kann kinderlos -bleiben oder rasch sich vermehren, dann wieder rasch abnehmen. In einem kollektivistischen -Schlafhause ist es möglich, sich dem jederzeit anzupassen. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_41'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_41'>[41]</a></span> -Wenn ich von Aufsicht rede, die anarchistisch veranlagte Arbeiter nicht -dulden wollen, so bemerke ich nur, daß Kinder den Eltern und Frauen den -Männern viel mehr preisgegeben sind, wenn sie in abgesonderten Häusern wohnen, -und daß gerade der Kollektivbürger ein Interesse daran hat, daß sich niemand der -Arbeit entzieht und niemand sich aneignet, was ihm nicht gebührt. Übrigens ist -der Kollektivismus der Gegensatz des Anarchismus. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_42'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_42'>[42]</a></span> -Man hat im Interesse der Arbeiter in England der Wohnungsfrage -die Aufmerksamkeit zugewendet und in Port Sunlight bei Liverpool und in Ansiedlungen -bei Birmingham Musterhäuser nach dem System der Wohnungshäuser -erbaut, die vermietet werden. Man rühmt besonders Port Sunlight und behauptet, -daß dort die Sterblichkeit auf 9/1000 (!) gesunken sei. Das wird wohl -noch andere Gründe als bloß das verbesserte Wohnungswesen haben. Doch sind -das Privatunternehmungen, sie vermehren nur die Städte und erschweren die -Einrichtung für den kollektivistischen Betrieb. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_43'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_43'>[43]</a></span> -Wenn von Bevölkerungsschichten die Rede ist, so sind darunter weder -Stände noch Klassen verstanden, weil es sich weder um erbliche noch um eigenmächtig -erkämpfte Vorteile handelt, sie vielmehr im einzelnen nach dem Volkswillen -einzelnen Personen zugestanden werden und sie in jedem Augenblick auf -dem Volkswillen beruhen, der sie jederzeit entziehen kann. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_44'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_44'>[44]</a></span> -Unter Beruf verstehe ich jene Arbeit, die der Staat als Entgelt für die -Versorgung annimmt. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_45'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_45'>[45]</a></span> -Da es seltene Instrumente gibt, die nicht in so großen Mengen erzeugt -werden, daß sie in jeder Gemeinde zur Verteilung gelangen können, wird deren -Zuweisung den Bezirks- oder Kreisbeamten zu überlassen sein. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_46'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_46'>[46]</a></span> -Ein Wiener Polizeipräsident ist am Flecktyphus gestorben, nachdem er, -durch sein Amt dazu genötigt, mit angesteckten Armen in Berührung getreten -war. Einige Richter brachten Ungeziefer aller Art heim, weil sich im Gerichtssaale -Tausende von Armen und Elenden umtrieben. Nichts ist alberner, als die -Meinung, jeder brauche nur für sich zu sorgen. Man sorgt am besten für sich, -wenn man dahin wirkt, daß für alle gesorgt werde. Wenn auch der Zusammenhang -der wirtschaftlichen Dinge im Einzelnen nicht verfolgt werden kann, so ist -es doch gewiß, daß die Herrschenden von allem Elende ihren Teil erhalten, das -die Beherrschten zu tragen haben. -</div> - -<div class='footnote' id='FN_47'> -<span class='fnlabel'><a href='#FA_47'>[47]</a></span> -Man sagt übrigens, daß Rockefeller nur durch den wirtschaftlichen Effekt -des Massenbetriebes Erstaunliches geleistet habe. -</div> -</div> - - - - - - - - -<pre> - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Der Kollektivismus und die soziale -Monarchie, by Joseph von Neupauer - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER KOLLEKTIVISMUS *** - -***** This file should be named 52117-h.htm or 52117-h.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/2/1/1/52117/ - -Produced by Jana Srna, Franz L Kuhlmann, Norbert H. 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