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-Project Gutenberg's Der Wanderer zwischen den Welten, by Walter Flex
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
-other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
-whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
-the Project Gutenberg License included with this eBook or online at
-www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have
-to check the laws of the country where you are located before using this ebook.
-
-
-
-Title: Der Wanderer zwischen den Welten
- Ein Kriegserlebnis
-
-Author: Walter Flex
-
-Release Date: May 21, 2016 [EBook #52118]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: UTF-8
-
-*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER WANDERER ZWISCHEN DEN WELTEN ***
-
-
-
-
-Produced by Peter Becker and the Online Distributed
-Proofreading Team at http://www.pgdp.net
-
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- Anmerkungen zur Transkription
-
-
- Das Original ist in Fraktur gesetzt.
-
- Im Original gesperrter Text ist +so dargestellt+.
-
- Im Original in Antiqua gesetzter Text ist ~so dargestellt~.
-
- Im Original fetter Text ist =so dargestellt.=
-
- Weitere Anmerkungen finden sich am Ende des Buches.
-
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-
- Walter Flex
-
- Der Wanderer zwischen beiden Welten
-
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-
- »Auf Poesie ist die Sicherheit
- der Throne gegründet.«
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- +Gneisenau+
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- Der Wanderer
- zwischen beiden Welten
-
- Ein Kriegserlebnis
-
- von
-
- Walter Flex
-
- 40. bis 42. Auflage. Mit einem Nachwort
-
- 131. bis 140. Tausend
-
- [Illustration]
-
- C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung
- Oskar Beck München 1918
-
- ~By~
-
-
-
-
- Dem Gedächtnis meines lieben Freundes
-
- +Ernst Wurche+
-
- Kriegsfreiwillig im 3. Niederschlesischen Inf.-Rgt. 50
- Leutnant d. R. im 3. Unterelsässischen Inf.-Rgt. 138
-
-
-
-
-Eine stürmische Vorfrühlingsnacht ging durch die kriegswunden
-Laubwälder Welsch-Lothringens, wo monatelanger Eisenhagel jeden Stamm
-gezeichnet und zerschroten hatte. Ich lag als Kriegsfreiwilliger
-wie hundert Nächte zuvor auf der granatenzerpflügten Waldblöße als
-Horchposten und sah mit windheißen Augen in das flackernde Helldunkel
-der Sturmnacht, durch die ruhlose Scheinwerfer über deutsche und
-französische Schützengräben wanderten. Der Braus des Nachtsturms
-schwoll anbrandend über mich hin. Fremde Stimmen füllten die zuckende
-Luft. Über Helmspitze und Gewehrlauf hin sang und pfiff es schneidend,
-schrill und klagend, und hoch über den feindlichen Heerhaufen, die
-sich lauernd im Dunkel gegenüberlagen, zogen mit messerscharfem Schrei
-wandernde Graugänse nach Norden.
-
-Die verflackernde Lichtfülle schweifender Leuchtkugeln hellte wieder
-und wieder in jähem Überfall die klumpigen Umrisse kauernder Gestalten
-auf, die in Mantel und Zeltbahn gehüllt gleich mir, eine Kette von
-Spähern, sich vor unseren Drahtverhauen in Erdmulden und Kalkgruben
-schmiegten. Die Postenkette unsres schlesischen Regiments zog sich vom
-Bois des Chevaliers hinüber zum Bois de Vérines, und das wandernde Heer
-der wilden Gänse strich gespensterhaft über uns alle dahin. Ohne im
-Dunkel die ineinanderlaufenden Zeilen zu sehen, schrieb ich auf einen
-Fetzen Papier ein paar Verse:
-
- Wildgänse rauschen durch die Nacht
- Mit schrillem Schrei nach Norden --
- Unstäte Fahrt! Habt acht, habt acht!
- Die Welt ist voller Morden.
-
- Fahrt durch die nachtdurchwogte Welt,
- Graureisige Geschwader!
- Fahlhelle zuckt, und Schlachtruf gellt,
- Weit wallt und wogt der Hader.
-
- Rausch' zu, fahr' zu, du graues Heer!
- Rauscht zu, fahrt zu nach Norden!
- Fahrt ihr nach Süden übers Meer --
- Was ist aus uns geworden!
-
- Wir sind wie ihr ein graues Heer
- Und fahr'n in Kaisers Namen,
- Und fahr'n wir ohne Wiederkehr,
- Rauscht uns im Herbst ein Amen!
-
-Während ich das im Bois des Chevaliers schrieb, lag drüben
-im Vérines-Walde ein zwanzigjähriger Student der Theologie,
-Kriegsfreiwilliger gleich mir, auf Horchposten. Wir wußten damals noch
-nichts voneinander. Aber als er, Monate später, die Verse in meinen
-Kriegstagebuchblättern fand, entsann er sich deutlich jener Nacht und
-des wandernden Gänseheers, das über uns beide dahinzog. Beide sahen
-wir ihm mit den gleichen Gedanken nach. Und an uns beide trat in
-derselben Stunde aus dem Dunkel der hinter uns liegenden Gräben eine
-Gefechtsordonnanz mit dem Befehl, uns um Mitternacht marschfertig vor
-dem Regimentsgeschäftszimmer zu melden. Mit müden und doch seltsam
-wachen Sinnen sahen wir im Abstieg noch einmal die schwermütige
-Schönheit der kahlen, grauen Hänge und Mulden, deren Kalk im Mondlicht
-tot, fremd und schwer wird, und die lichtlose, graue Einsamkeit der
-zerschossenen und verlassenen Steinhütten ...
-
-Im Geschäftszimmer des Regiments erfuhren wir, daß wir bei Morgengrauen
-mit zwanzig andern Kriegsfreiwilligen nach Deutschland in Marsch
-gesetzt würden, um im Posener Warthelager eine Offiziersausbildung
-durchzumachen.
-
-Auf der abschüssigen Dorfstraße zwischen der granatenzertrümmerten
-Kirche und dem Pfarrhaus mit seinen Kriegergräbern trat unser kleiner
-Trupp in der Frühe des folgenden Tages an. Zur gleichen Zeit wie wir
-sollte ein Kommando von Berufsschlächtern, die zur Verwendung in der
-Heimat aus der Truppe gezogen waren, den Ort verlassen. Während wir
-nun in Reih und Glied, des Marschbefehls gewärtig, vor dem Pfarrhaus
-standen, trat ein Major an uns heran und rief uns von weitem zu:
-»Seid Ihr die Metzger, Kerls?« und ein Chorus von beleidigten und
-vergnügten Stimmen antwortete: »Nein, Herr Major, wir sind die
-Offiziersaspiranten!« Während der Major mit einem verdrießlichen
-Gemurmel an unserm grauen Häuflein vorbei die Suche nach seinen
-Metzgern fortsetzte, sah ich zufällig in ein paar auffallend schöne
-lichtgraue Menschenaugen. Sie gehörten meinem Nebenmann und standen
-randvoll fröhlichen Lachens. Wir sahen uns an und begegneten uns in
-der Freude an einem jener kleinen harmlos-spaßhaften Erlebnisse, an
-denen unser Kriegsfreiwilligendasein reich war. Was für reine Augen
-hat der junge Mensch! dachte ich und merkte beim Aufruf durch den
-Regimentsschreiber auf seinen Namen. »Ernst Wurche.« »Hier!« Nun,
-dachte ich, es ist hübsch, daß du und ich den gleichen Weg haben ...
-
-Ein paar Stunden später stieg unser kleiner Trupp die mit Strömen von
-Heldenblut getränkten Höhen der Côtes Lorraines von Hâtonchatel nach
-Vigneulles hinab. Der steile Abstieg und die von Tau und Sonne sprühend
-frische Luft rückte einem, ohne daß man's recht wußte, den Kopf in
-den Nacken, und bald flatterte ein Lied wie eine helle frohe Fahne
-über dem grauen Häuflein. »Wohlauf, die Luft geht frisch und rein! Wer
-lange sitzt, muß rosten. Den allersonnigsten Sonnenschein läßt uns der
-Himmel kosten.« Wie lange hatte man das nicht gesungen! Wer hatte es
-angestimmt? Der junge Student mir zur Seite hatte eine Stimme, so hell
-und rein wie seine Augen. Wer so singt, mit dem wird gut plaudern sein,
-dachte ich, während er unbekümmert froh die frischerwachte Wanderlust
-im Liede ausschwingen ließ ...
-
-Steiler und steiler drängte die Straße in die weite lothringische
-Ebene hinab. In scharfer Wendung zwang sie auf halber Höhe plötzlich
-den Blick rückwärts und hinauf zu der in Morgenröte und Frühnebeln
-badenden Kirche von Hâtonchatel, aus deren gotischem Zierat die
-junge Sonne gleichsam in hellen Bächen hervorsickerte, empor zu den
-zerschossenen Häusern, die sie umdrängten, und zu dem Bergfriedhof
-davor, über dessen graue Mauern das Leben in Büscheln frischen Grüns
-mit hundert schlanken Zweigen voll silbrig schimmernden Teufelszwirns
-und schwellender Haselkätzchen hinausdrängte. Je tiefer wir stiegen,
-desto thronender hob sich über das Tal und die taufeuchten Rebenhänge,
-in immer hellerer Sonne schwelgend, die Kirchenruine von Hâtonchatel,
-eine Gottesburg, vor der sich das reiche Land hinauf und hinab breitete
-wie ein Gebetsteppich für Scharen von Pilgern.
-
-Vielleicht hätte ich dies alles nicht so gesehen ohne den
-zwanzigjährigen Kameraden neben mir. Er sang nicht mehr, sondern war
-ganz in Schauen und Schreiten versunken. Trotz und Demut, die Anmut des
-Jünglings, lagen wie ein Glanz über der Haltung des straffen Körpers,
-dem schlanken Kraftwuchs der Glieder, dem stolzen Nacken und der
-eigenwilligen Schönheit von Mund und Kinn. Sein Gehen war federnde, in
-sich beruhende und lässig bewegte Kraft, jenes Gehen, das »Schreiten«
-heißt, ein geruhiges, stolzes und in Stunden der Gefahr hochmütiges
-Schreiten. Der Gang dieses Menschen konnte Spiel sein oder Kampf oder
-Gottesdienst, je nach der Stunde. Er war Andacht und Freude. Wie
-der schlanke, schöne Mensch in dem abgetragenen grauen Rock wie ein
-Pilger den Berg hinabzog, die lichten grauen Augen ganz voll Glanz
-und zielsicherer Sehnsucht, war er wie Zarathustra, der von den Höhen
-kommt, oder der Goethesche Wandrer. Die Sonne spielte durch den feinen
-Kalkstaub, den seine und unsere Füße aufrührten, und der helle Stein
-der Bergstraße schien unter seinen Sohlen zu klingen ...
-
-Sein Gang war Wille und Freude. Er ging aus Vergangenheit in Zukunft,
-aus den Lehrjahren ging er in seine Meisterjahre hinüber. Hinter ihm
-versanken die Berge, auf denen er mit Picke und Spaten geschanzt
-hatte, die Wälder, deren zentnerschwere Stämme er stundenweit auf
-willigen Schultern getragen, die Dörfer, deren Straßen er mit Schaufel
-und Kotrechen saubergehalten hatte, die Gräben, in denen er zu allen
-Stunden des Tages und der Nacht seinen Wachdienst getan und die
-Erdlöcher und Unterstände, in denen er soviel Monate hindurch mit
-Handwerkern, Fabrikern und polnischen Landarbeitern gute Kameradschaft
-gehalten hatte. Er hatte sechs Monate hindurch den grauen Rock ohne
-Knopf und Tressen getragen, und von den härtesten und niedrigsten
-Diensten war ihm nichts geschenkt worden. Nun schritt er von den Bergen
-herab, um Führer zu werden. Aber er warf die Vergangenheit nicht von
-sich wie einen abgetragenen Rock, sondern nahm sie mit sich wie einen
-heimlichen Schatz. Er hatte sechs schwere Monate hindurch um die Seele
-seines Volkes gedient, von der so viele reden, ohne sie zu kennen.
-Nur wer beherzt und bescheiden die ganze Not und Armseligkeit der
-Vielen, ihre Freuden und Gefahren mitträgt, Hunger und Durst, Frost
-und Schlaflosigkeit, Schmutz und Ungeziefer, Gefahr und Krankheit
-leidet, nur dem erschließt das Volk seine heimlichen Kammern, seine
-Rumpelkammern und seine Schatzkammern. Wer mit hellen und gütigen
-Augen durch diese Kammern hindurchgegangen ist, der ist wohl berufen,
-unter die Führer des Volkes zu treten. Als ein Wissender an Kopf und
-Herzen stieg der junge Kriegsfreiwillige von den lothringischen Bergen
-herab, um Führer und Helfer in seinem Volke zu werden. Davon klang sein
-Schritt. Und wenn die Menschen mit allem lügen und heucheln könnten,
-Blick und Stimme und Gang der Starken und Reinen können sie nicht
-erheucheln und nachtäuschen. Noch hatte ich mit dem jungen Studenten
-kein Wort gesprochen, aber Blick und Stimme und Gang des Jünglings
-waren mir freund geworden.
-
-Im Eisenbahnwagen kamen wir ins Gespräch. Er saß mir gegenüber und
-kramte aus seinem Tornister einen kleinen Stapel zerlesener Bücher:
-ein Bändchen Goethe, den Zarathustra und eine Feldausgabe des Neuen
-Testaments. »Hat sich das alles miteinander vertragen?« fragte ich.
-Er sah hell und ein wenig kampfbereit auf. Dann lachte er. »Im
-Schützengraben sind allerlei fremde Geister zur Kameradschaft gezwungen
-worden. Es ist mit Büchern nicht anders als mit Menschen. Sie mögen so
-verschieden sein, wie sie wollen -- nur stark und ehrlich müssen sie
-sein und sich behaupten können, das gibt die beste Kameradschaft.« Ich
-blätterte, ohne zu antworten, in seiner Sammlung Goethescher Gedichte.
-Ein anderer Kamerad sah herüber und sagte: »Das Buch habe ich mir beim
-Auszug auch in den Tornister gesteckt, aber wann hat man hier draußen
-Zeit zum Lesen gehabt?« »Wenn man wenig Zeit zu lesen hat,« meinte der
-junge Student, »so soll man auswendig lernen. Ich habe in diesem Winter
-siebzig Goethesche Gedichte gelernt. Die konnte ich dann vorholen, so
-oft ich wollte.« Er sprach frei und leicht und ohne jeden Anflug von
-Selbstbespiegelung oder Schulmeisterlichkeit, aber seine unbefangene
-und selbstsichere Art, ohne Scheu auch von wesentlichen und innerlichen
-Dingen zu reden, zwang zum Aufhorchen. Seine Worte waren so klar wie
-seine Augen, und aus jedem seiner frisch und ehrlich gefügten Sätze
-konnte man sehen, weß Geistes Kind man vor sich hatte.
-
-Die Gespräche im Eisenbahnwagen kreuzten um die Aufgaben der nahen
-Zukunft. Wir fuhren einer Lehrzeit entgegen. Dem einen schien's viel,
-dem andern wenig, was in der kurzen Zeit zu lernen war. »Ein Zugführer
-braucht ja kein Stratege zu sein,« meinte einer. »Leutnantsdienst tun
-heißt: seinen Leuten vorsterben. Wer ein ganzer Kerl ist, braucht nur
-ein wenig Handwerk zuzulernen.« Der so sprach, meinte es ehrlich, und
-er hat nicht allzulang danach in Russisch-Polen sein Wort wahr gemacht,
-aber seine ungelenke und hitzige Art, unvermittelt und oft am falschen
-Platz große Worte zu machen, ließ ihn bei aller Redlichkeit oft zur
-Zielscheibe harmlosen Spottes werden. Auch hier fiel sein Wort wie
-ein Stein in leichtes Geplauder. Einige lächelten. Aber Ernst Wurche
-hob den Stein leicht auf, und er wurde in seiner Hand zum Kristall.
-»Leutnantsdienst tun heißt seinen Leuten +vor-leben+,« sagte er,
-»das Vor-sterben ist dann wohl einmal ein Teil davon. Vorzusterben
-verstehen viele, und das ›~Non dolet~‹, mit dem die römische Frau
-ihrem zaghaften Gatten zeigte, wie gut und leicht sich sterben läßt,
-steht dem Mann und Offizier noch besser, aber das Schönere bleibt das
-Vor-leben. Es ist auch schwerer. Das +Zusammen+-leben im Graben war
-uns vielleicht die beste Schule, und es wird wohl niemand ein rechter
-Führer, der es nicht hier schon war.«
-
-Es erhob sich alsbald ein lebhafter Streit, ob es leicht oder schwer
-sei, Einfluß auf das Denken und Fühlen des gemeinen Mannes zu gewinnen.
-Mancher hatte mit Belehrungs- und Erziehungsversuchen kläglich
-Schiffbruch gelitten und war immer wie ein fremder Vogel im Schwarm
-gewesen. Vieles, das hin- und hergeredet wurde, ist mir entfallen,
-und es verblaßte auch mit Recht neben einem kleinen Erlebnis, das der
-junge Student erzählte. »Die großen Kerls«, meinte er lächelnd, »sind
-wie die Kinder. Mit Schelten und Verbieten ist wenig getan. Sie müssen
-einen gern haben. Ein Spiel, bei dem man nicht mittut, muß ihnen kein
-rechtes Spiel sein. Wenn wir zu acht im Unterstand lagen, suchte auch
-oft einer dem anderen mit unsaubern Witzen den Vogel abzuschießen.
-Und ein Weilchen unterhielten sie sich damit ganz prächtig. Aber dann
-war einer, ein Breslauer Sozialdemokrat, der gute Freundschaft mit
-mir hielt; der merkte immer zuerst, wenn ich nicht mittat. ›Ernstel,
-schläfst du auch?‹ fragte er dann jedesmal, und wir wußten alle beide,
-daß sein Spott auf unsichern Beinen stand. Ich knurrte auch nur,
-›Laßt mich zufrieden‹, oder so. Sie wußten recht gut, wenn ich nichts
-von ihnen wissen wollte, und das paßte ihnen nicht. Es dauerte dann
-meistens auch gar nicht lange, bis einer eine Schnurre erzählte, über
-die ich mitlachte. Und dann hatten wir die lustigsten Stunden.«
-
-Er erzählte das ganz schlicht und mit so herzgewinnender Nachfreude,
-daß man unwillkürlich die Kraft spürte, die sein Wesen auf grobe und
-feine Herzen übte. Ich verstand ganz seine »großen Kerls«, die ihn
-»gern hatten« und denen das Lachen ohne ihn schal war. Viel später, in
-den Wäldern von Augustow, hat er mir dann zuweilen Briefe seiner alten
-Kameraden zu lesen gegeben, denen er selbst fleißig schrieb. Darunter
-war auch einer seines Breslauer Sozialdemokraten. Der fing mit »Lieber
-Herr Leutnant« an, und ziemlich unvermittelt stand zwischen allerlei
-Nachrichten: »Seit Sie fort sind, sind unsre Gespräche nicht besser
-geworden. Über viele Witze würden Sie nicht lachen, und wir dann auch
-nicht.« Es mag, auch in Deutschland, nicht viele Offiziere geben,
-denen solche Briefe geschrieben werden ...
-
-In dem Eisenbahnwagen, der uns quer durch Deutschland von Metz nach
-Posen führte, saß ich dem rasch liebgewonnenen Kameraden viele
-Stunden gegenüber. Es wurde viel gelacht und geplaudert. Aus allen
-seinen Worten sprach ein reiner, klarer, gesammelter Wille. So wie
-er die Anmut des Knaben mit der Würde des Mannes paarte, war er ganz
-Jüngling, und er erinnerte mich in seinem bescheidenen, selbstsicheren
-Lebensfrohsinn fast schmerzhaft deutlich an meinen jüngsten Bruder,
-der in den ersten Septembertagen in Frankreich gefallen war. »Sind
-Sie nicht Wandervogel, Wurche?« fragte ich ihn aus meinen Gedanken
-und Vergleichen heraus, und sieh', da hatte ich an die Dinge des
-Lebens gerührt, die ihm die liebsten waren! Aller Glanz und alles Heil
-deutscher Zukunft schien ihm aus dem Geist des Wandervogels zu kommen,
-und wenn ich an ihn denke, der diesen Geist rein und hell verkörperte,
-so gebe ich ihm recht ...
-
- * * * * *
-
-Die paar Wochen Lehrzeit im Warthelager haben dem Wesen des Jünglings
-nichts gegeben und nichts genommen. Er wurde rasch nacheinander
-Unteroffizier, Feldwebel und Leutnant. Mit seinen Aufgaben fand er sich
-glatt und sicher ab, und an den Verdrießlichkeiten und Kleinlichkeiten,
-wie sie der Friedensdrill mit sich bringt, ging er mit lässigem Hochmut
-vorüber. Einmal entschlüpfte auch mir, ich weiß nicht mehr über wen
-und worüber, ein verdrossenes Wort. Da schob er seinen Arm in meinen,
-sah mich mit seiner herzlich zwingenden Heiterkeit an und zitierte aus
-seinem Goethe:
-
- »Wandrer, gegen solche Not
- Wolltest du dich sträuben?
- Wirbelwind und trocknen Kot
- Laß ihn drehn und stäuben!«
-
-Damit war die Sache abgetan. Wir wanderten in den Sonntagmorgen hinaus
-zum Warthe-Ufer und sprachen von Flüssen, Bergen, Wäldern und Wolken ...
-
- * * * * *
-
-Es wurde Mai. Da zogen wir zum zweitenmal hinaus. Wohin? Das wußte
-von den paar hundert jungen Offizieren noch keiner, als uns schon
-die grellweißen Lichtkegel unsrer Autos zum Schlesischen Bahnhof in
-Berlin vorausrasten. Die Zukunft war voller Geheimnisse und Abenteuer,
-und aus dem Dunkel im Osten, in das sich die Lichter unsres Zuges
-hineinfraßen, wuchs der Schatten Hindenburgs ...
-
-Der Zug fuhr ohne Halt durch die Mainacht, als wollte er Weg und Ziel
-nicht verraten. Nur hin und wieder flog ein grell von Bahnhofslichtern
-überstrahltes Schild mit einem Stationsnamen an uns vorüber. Es
-ging nach Osten. Der Schatten Hindenburgs wuchs und wuchs. Kühl und
-blausonnig ging der Maimorgen über den ostpreußischen Seen auf. Ging es
-nach Kurland, ging es nach Polen? Ernst Wurche zeigte hartnäckig, so
-oft wir hin- und herrieten, auf die Teile der großen Generalstabskarte,
-die mit dem tiefsten Blau und dem lichtesten Grün gezeichnet waren.
-Der helle, liebe Mai gaukelte dem Wandervogel die Lockbilder weiter,
-sonniger Seen, schattiger Wälder und taunasser Wiesen vor.
-
-Auf dem Bahnhof eines ostpreußischen Städtchens wurden uns von
-lachenden Mädchen Erfrischungen und Blumen ins Abteil gereicht. Als der
-Zug sich unter Winken, Zurufen und Gelächter in Bewegung setzte, warf
-uns ein älterer Herr mit einem fast zornigen Gesicht ein Extrablatt
-zu. Wir fingen es auf und lasen. Italien hatte an Österreich den Krieg
-erklärt ...
-
-Seit Tagen schon hatte man nichts anderes mehr erwartet. Es waren
-nicht wenige unter uns, die noch in Berlin darauf gewettet hatten,
-daß wir selbst an die italienische Front geworfen würden. Nun stand
-der italienische Verrat schwarz auf weiß wie eine häßliche Fratze vor
-uns. Ein Weilchen war es still. Dann fielen harte, starke und laute
-Worte. Einer der Jüngsten von uns, der noch nicht allzulang der Sekunda
-entlaufen war, steckte das Blatt auf die Spitze seines Degens und
-winkte damit zum Fenster hinaus. Ein paar helle Mädchenarme winkten
-fröhlich und übermütig zurück. Der alte Ostpreuße in seinem schwarzen
-Rock stand unbeweglich und sah uns fast drohend nach. Der Bahnhof
-floh zurück. Die Menschen auf dem Bahnsteig schrumpften zusammen. Ein
-paar helle, bunte Flecke, mitten darin ein schwarzer Strich ... Dann
-verschwand auch das. Nur das Blatt mit den großen, zornigen, schwarzen
-Lettern lag noch auf dem roten Plüsch unseres Abteils. Eine Hand nach
-der andern hob es auf. Zuletzt warf es eine Faust zerknüllt in die Ecke.
-
-Das Gespräch ging längst wieder andere Wege. Ein junger Berliner
-Hochschullehrer, der als Kriegsfreiwilliger mit den jungen Regimentern
-in Flandern gefochten hatte, erzählte aus der Hölle von Ypern.
-
-Mein Blick fiel zufällig auf Ernst Wurche. Er saß still in seiner Ecke,
-aber seine hellen, frohen Augen spielten mit der Maisonne um die Wette
-über die aufgeschlagenen Seiten eines Büchleins, das ihm auf den Knien
-lag. Es war sein Neues Testament. »Ernstel, schläfst du?« neckte ich
-ihn, da er's so ganz verschmähte, an unsern Gesprächen teilzunehmen.
-Er sah voll und herzlich auf. Dann rückte er mir mit einer raschen,
-fröhlichen Bewegung das schwarze Bändchen hin und tippte mit dem Finger
-auf eine Zeilenreihe.
-
-»Der mit der Hand mit mir in die Schüssel tauchte, der wird mich
-verraten,« las ich. Ich glaubte ihn zu verstehen. »Italien?« fragte
-ich. Er nickte und tippte auf eine andere Stelle.
-
-»Da ging hin einer mit Namen Judas Ischarioth und sprach: +Was wollt
-Ihr mir geben?+ Ich will ihn Euch verraten ...« Ich nickte ihm zu, da
-warf er rasch ein paar Blätter herum. »Und das wird das Ende sein!«
-Sein Zeigefinger lag auf dem kläglichen Wort des Verräters: »Ich habe
-übel getan, daß ich unschuldig Blut verraten habe.« Und weiter: »+Sie
-sprachen: Was geht uns das an! Da siehe du zu!+«
-
-Keine Spur eines finsteren Eiferers lag in seinem offenen Blick und
-seiner frohen Gebärde. Seine Seele war weit und voll Sonne, und er
-las die Bibelstellen nicht anders als in dem hellen, starken Geiste,
-mit dem wir Kriegsfreiwilligen den Mondregenbogen an Gottes Himmel
-schauten, als wir nach Frankreich hinausfuhren. Sein Christentum
-war ganz Kraft und Leben. Die religiöse Erweckung aus Feigheit war
-ihm erbärmlich. Er hatte eine stille, herzliche Verachtung für das
-draußen und daheim wuchernde Angst-Christentum und die Gebetspanik
-der Feigen. Von ihnen sagte er einmal: »Sie suchen immer in Gottes
-Willen hineinzupfuschen. Gottes Wille ist ihnen nicht so heilig wie ihr
-bißchen Leben. Man sollte immer nur um Kraft beten. Der Mensch soll
-nach Gottes Hand greifen, nicht nach Pfennigen in seiner Hand.« Sein
-Gott war mit einem Schwerte gegürtet, und auch sein Christus trug wohl
-ein helles Schwert, wenn er mit ihm in den Kampf schritt. Zur Stunde
-sah er seine blanke Schneide gegen die verräterischen Bundesgenossen
-fliegen. Davon brannten ihm die Augen.
-
-Der junge Offizier ließ an seinen Glauben so wenig rühren wie an sein
-Portepee. Sein Glaube und seine Ehre, das gehörte zusammen. Ich hörte
-später einmal, wie ein etwas älterer Kamerad mit einer läppischen
-Bemerkung über sein theologisches Studium witzelte. Den sah er hell an,
-und dann sagte er ganz ruhig und liebenswürdig: »Theologie ist eine
-Sache für feine Köpfe, nicht für Klötze.« Er verlor nie die Ruhe, auch
-nicht, wenn er grob wurde, und er konnte vollendet grob werden.
-
-Allmählich ließ sich das Ziel unserer Reise erkennen. Eine Nacht
-verbrachten wir in Suwalki, und am nächsten Morgen fauchte der Zug,
-der nur noch wenige Wagen zählte, durch die endlosen Nadelwälder von
-Augustowo zur Front. Ein Teil der Bahnstrecke wurde von den Russen
-unter Artilleriefeuer gehalten. Auf offener Strecke blieben wir ein
-paar Stunden liegen, während der Gegner weiter vorn die Geleise mit
-Granaten abstreute. Einige Wipfel brachen wie unter jähen Blitzschlägen
-zusammen. Ein Teil des Waldes brannte, ein grelles, heißes Rot fraß
-sich durch den schweren Qualm von brennendem Holz und Harz.
-
-Nach einer Weile schwieg die feindliche Artillerie, und unser Zug
-setzte sich wieder in Bewegung. Schneller und schneller glitten Fichten
-und Sand, Sand und Fichten vorüber. Mit einmal erschütterte der ganze
-Zug von dem schmetternden Krachen einer krepierenden Granate, deren
-Sausen das Rattern der Bahn übertäubt hatte. Ein Knirschen von Holz
-und Eisen. Ein paar Stöße, die wie Faustschläge durch die roten Polster
-kamen. Eine Scheibe sprang mit peitschenartigem Knall aus dem Rahmen.
-Der Wagen neigte sich hart rechtsüber, schwankte, stand. Die Granate
-war unter dem fahrenden Zug in den Bahndamm geschlagen und hatte wie
-eine Teufelsfaust die Erde unter den heißen Schienen fortgerissen. Der
-Zug war aus den Gleisen gesprungen und stand mit gefährlicher Neigung
-über der steilabfallenden Böschung. Ein Maschinengewehr hämmerte aus
-der Ferne, wo man wohl durchs Scherenfernrohr den Treffer beobachtet
-hatte, herüber. Tak--ta--tak--tak--tak--ta--tak ...
-
-Ernst Wurche hatte gerade am Fenster gestanden und sich rasiert. Mitten
-in den Strich war das Krachen und Brechen gekommen. Er hob das Messer
-leicht ab und hielt sich mit der Linken am Gepäcknetz fest. Aus den
-Nebenabteilen sahen wir die Kameraden, zum Teil hemdärmelig, aus den
-schwankenden Wagen springen. Mir selbst waren ein Koffer und Wäschesack
-auf den Kopf gefallen und hatten mich vornüber geworfen. Ich rappelte
-mich wieder auf. Der Zug stand. Ich sah nach Wurche und mußte lachen.
-Er führte mit dem Messer sauber den unterbrochenen Strich zu Ende,
-wischte sich den Seifenschaum aus dem Gesicht und sagte seelenruhig:
-»Na, da können wir wohl auch aussteigen!« Er ließ sich seine fröhliche
-Ruhe von niemand aus den Fingern schlagen, und es lag nicht in seiner
-Art, bei einer Panik mit der Seife im Gesicht aus dem Rasierladen
-zu laufen, wenn noch Zeit war, sie abzuwischen. Gelassenheit war
-eins seiner Lieblingsworte, in ihr sah er das Wesen menschlicher und
-männlicher Würde, heitere und lässige Sicherheit lag immer wie ein
-Glanz über seinem Wesen, und es war in ihr soviel menschliche Anmut wie
-männliche Würde.
-
-Mit dem »Aussteigen« freilich haperte es. Alle Türen nach draußen und
-zu den Nebenabteilen waren verkeilt. »Eskaladieren wir!« sagte Wurche
-und kletterte durch das zersprungene Fenster ins Freie. Ich warf unsre
-Gepäckstücke nach und folgte auf demselben Wege. Wir rückten unsre
-Koffer dicht an die dem Feinde abgekehrte Seite des steilabfallenden
-Bahndamms und streckten uns daneben in Gras und Sonne. Zwei Stunden
-später kam von Augustowo her ein Hilfszug und brachte uns mit einiger
-Verspätung ans Ziel. Rußland hatte uns sein Willkommen entboten.
-
-Im Divisionsstabsquartier von Augustowo wurden wir auf Regimenter und
-kurz danach in einer Russenkaserne auf Kompanien verteilt. Ich wußte es
-beide Male einzurichten, daß ich mit Wurche zusammenblieb. Wir kamen
-beide zur 9. Kompanie eines elsässischen Infanterie-Regiments.
-
-Wir schliefen die Nacht auf Stroh in der russischen Kaserne und
-wanderten am andern Morgen zu viert in den Mai hinaus nach den Gräben
-unsrer Kompanien, die ein paar Wegstunden entfernt in festen Stellungen
-im Walde lagen.
-
-Ein Morgenbad im »Weißen See« gab dem ganzen Tage einen frischen
-Glanz. Der Weg ging durch Sand und Föhrenwald. Zerstreutes Licht floß
-in breiten Bahnen durch grüne Wipfel und goldrote Stämme. Dann lag
-der weite See, von sonnigem Morgendunst überschäumt, vor uns. Pirole
-schmetterten, Schwalben schossen mit den Schwingen durchs Wasser,
-Taucher verschwanden vor uns, wie wir am Ufer entlangschlenderten. Nur
-aus der Ferne kam ein gedämpftes Grollen zu uns herüber und ab und zu
-das taktmäßige Hämmern eines Maschinengewehrs. »Spechte!« lachte Wurche
-und ließ Sonne und Wasser über sich zusammenschlagen.
-
-Dann ging es am Augustower Kanal und den Nettawiesen weiter. Bald saß
-uns der graue Staub der russischen Landstraße in den Röcken. Aber
-neben dem Wandervogel her, der in Helm und Degen und Ledergamaschen den
-ausgefahrenen Sandweg hinzog, schritt leicht auf reinlichen Füßen durch
-feuchtes Wiesengras der Mai und lachte immer heller herüber. Die leise
-Netta kam bald bis an unsern Weg heran und ließ ihre Wellen und ihr
-sonniges Mückenspiel vor uns gaukeln, bald entwich sie uns wieder und
-barg sich in Wiesenschaumkraut und wucherndem Gras. Ich hatte Wurche
-lange von der Seite angesehen. Zuletzt mußte ich lachen. »Gestehen
-Sie's nur!« sagte ich, »Sie müssen heut noch einmal ins Wasser?«
-»Gleich!« sagte er, und wir gingen tief in die federnde Sumpfwiese
-hinein, warfen die staubigen Kleider von uns und ließen uns von den
-kühlen, guten Wellen treiben.
-
-Dann lagen wir lange in dem reinlichen Gras und ließen uns von Wind
-und Sonne trocknen. Als Letzter sprang der Wandervogel aus den Wellen.
-Der Frühling war ganz wach und klang von Sonne und Vogelstimmen.
-Der junge Mensch, der auf uns zuschritt, war von diesem Frühling
-trunken. Mit rückgeneigtem Haupte ließ er die Maisonne ganz über sich
-hinfluten, er hielt ihr stille und stand mit frei ausgebreiteten Armen
-und geöffneten Händen da. Seine Lippen schlossen sich zu Goethes
-inbrünstigen Versen auf, die ihm frei und leicht von den Lippen
-sprangen, als habe er die ewigen Worte eben gefunden, die die Sonne in
-ihn hinein und über Herz und Lippen aus ihm herausströmte:
-
- »Wie im Morgenglanze
- Du rings mich anglühst,
- Frühling, Geliebter!
- Mit tausendfacher Liebeswonne
- Sich an mein Herz drängt
- Deiner ewigen Wärme
- Heilig Gefühl,
- Unendliche Schöne!
- Daß ich dich fassen möcht'
- In diesen Arm! -- -- --«
-
-Feucht von den Wassern und von Sonne und Jugend über und über glänzend
-stand der Zwanzigjährige in seiner schlanken Reinheit da, und die
-Worte des Ganymed kamen ihm schlicht und schön und mit einer fast
-schmerzlich hellen Sehnsucht von den Lippen. »Da fehlt nur ein Maler!«
-sagte einer von uns. Ich schwieg und war fast traurig, ohne sagen zu
-können warum. Unser Wandervogel aber ließ leicht die Arme fallen und
-trat mit ein paar raschen, frischen Schritten in unsre Mitte. Wir
-schleuderten uns die letzten Wassertropfen von den Händen und griffen
-nach unsern Kleidern. Bald schritt mir der Freund wieder im grauen
-Waffenrock, der die hohe Gestalt knapp und kleidsam umschloß, und mit
-eingehenktem Degen zur Seite. Der Helmrand umlief die trotzige Form
-seines eigenwillig gestreckten und prächtig gewölbten Schädels, und
-wie er mit frei ausgreifendem Schritt den von fernen Donnern leise
-erdröhnenden Wäldern entgegenschritt, schien er, von Freude und Kraft
-bebend, begierig in eine klirrende Zukunft zu horchen. »Wen du nicht
-verlässest, Genius, wird dem Regengewölk, wird dem Schloßensturm
-entgegen singen ...!« Wenn ihm nicht die Lippen davon klangen, so
-klang sein Schritt davon. »Tanztüchtig will ich den Jüngling und
-waffentüchtig.« Alte Worte sprangen immer wie junge Quellen an seinem
-Wege.
-
-Warum ergreift uns alle Schönheit des Lebens, statt daß +wir+ sie
-ergreifen? Ach, wie der Mensch aus Erde gemacht ist und wieder zu Erde
-wird, so ist alle Schönheit aus Sehnsucht gemacht und wird wieder zu
-Sehnsucht. Wir jagen ihr nach, bis sie zur Sehnsucht wird. --
-
-In den Winternächten, die wir in den Gräben vor Verdun zugebracht
-hatten, war zuweilen ein jäh aufbrandendes und wie eine Sturmflut
-weiterrollendes Hurra die endlose Front der Schützengräben
-entlanggebraust. Wenn dieses Hurra in der Ferne verebbte, dann horchten
-wir Kriegsfreiwilligen ihm nach, und in unserm Horchen war etwas Grimm
-und Neid. Im Osten geschah alles Heiße, Wilde und Große. Über Rußland
-stand immerfort eine brandrote Wolke, in der der Donner des Namens
-Hindenburg grollte, und uns im Westen blieb nichts als Lauern und
-Warten und Wachen und Gräbergraben, ohne daß wir den Tod von Angesicht
-sahen, der heimtückisch bei Tag und Nacht in unsre Reihen hieb. Im
-Osten schritten unsre Sturmkolonnen über Täler und Höhen, und wir lagen
-wie Maulwürfe unter der Erde und riefen das Hurra zu ihren Siegen.
-
-Als wir an die Ostfront kamen, waren die großen Kämpfe der
-Masurenschlacht längst zum Stellungskriege erstarrt. Unsere neue
-Kompanie lag seit Wochen eingegraben am Waldrand einer breiten
-Sumpfwiese, durch die ein träger Bach, die Kolnizanka, durch Sand und
-Morast zum Kolnosee schlich. Jenseits des faulen Wassers war wieder
-Wiese, Sand und Wald, und nur ein paar helle Streifen drüben zeigten,
-wo der Feind hinter seinen Sandwällen hockte. Ein Stacheldrahthindernis
-zog sich an unsrer Front entlang und die Nacht hindurch kreiste
-durch das Drahtgewirr der elektrische Strom, der von Augustowo her
-in mächtigen Kabeln gespeist wurde. »Draht!« knurrte Leutnant Wurche
-verächtlich, als wir in der Mainacht nach unsrer Ankunft zum erstenmal
-die Kompaniefront abgingen, und schlug spöttisch mit einer Gerte gegen
-die glatten Schutzdrähte am Horchpostendurchlaß. Und so ging er die
-erste Nacht an dem grauen Verhau hinauf und hinunter wie ein gefangener
-Tiger an seinem Käfiggitter.
-
-Unsere Grabenabschnitte grenzten aneinander, und wir blieben Nachbarn
-als Zugführer des zweiten und dritten Zuges oder, wie er sagte, als
-»Obernachtwächter der Wach- und Schließgesellschaft im Osten«. Die
-russischen Gräben lagen ein paar hundert Meter entfernt, so daß wir
-uns selbst am hellen Tage frei im Walde hinter unsrer Stellung bewegen
-konnten. Die russische Artillerie streute wohl dann und wann mit
-Schrapnells und Granaten unsre Gräben ab, ein Volltreffer schlug sogar
-einmal meinen Unterstand, als ich gerade die Tür aufmachte, zu einem
-Scherbenhaufen zusammen, aber alles das ging immer rasch wie ein
-Mairegen, eine »Husche«, vorüber, der Franzose hatte dies Spiel viel
-besser verstanden, und im ganzen nahmen wir »Iwan den Schrecklichen«,
-wie der Russe bei uns hieß, nicht ganz ernst. Wir haben es später
-gelernt, ihn zu achten, aber einstweilen ließen wir uns von ihm unsre
-»Sommerfrische in den Augustower Wäldern« nicht stören. Die Myriaden
-von Schnaken, die Wälder und Sümpfe ausbrüteten, waren uns lästiger als
-die Russen hinter ihrem Draht.
-
-Nur wenn es dämmerte und das rote, blaue, bunte Blühen von
-Fleischblumen, Vergißmeinnicht, Kalla und Federnelken auf der
-Sumpfwiese draußen im Glanz der Sterne und Leuchtraketen fahl und
-farblos wurde, trat aus dem dunklen Walde drüben das Abenteuer wie
-ein schönes Wild und schaute zu uns herüber, die wir an der Brustwehr
-unsrer dunklen Gräben standen und lauschten. Jede Nacht ging von
-der Kompanie eine Offizierspatrouille ins Vorgelände, und wir drei
-Leutnants, ein Mecklenburger, ein Schlesier und ein Thüringer, hatten
-uns in diesen Dienst zu teilen. Zuweilen gingen wir auch zu zweit mit
-unsern Leuten hinaus, wenn wir einen besonders guten Fang machen zu
-können glaubten. Meist aber ging nur einer als Führer. Und es war dann
-ein seltsames Gefühl, wenn man lauschend an der Brustwehr stand, und
-draußen im Dunkel knatterten plötzlich russische und deutsche Gewehre
-oder das dumpfe Krachen detonierender Handgranaten wurde laut. Das
-Warten und Wiedersehen solcher Stunden, von denen man nie sprach, läßt
-Menschen ineinanderwachsen wie Bäume. Viele Worte freilich wurden nie
-gemacht, und es blieb bei einem Scherz oder Handschlag, wenn der andere
-hinausging oder wiederkam.
-
-Wie hätten junge Herzen nicht ineinanderwachsen sollen in diesen
-Frühlingstagen und Frühlingsnächten, in denen sie gemeinsam immer
-inniger vertraut wurden mit Erde und Luft und Wasser, mit den linden
-Stunden der Nacht und mit den hellen Stunden der blühenden Tage!
-Wie leise Sonnenwellen kommen die Erinnerungen an unsern ersten
-Kriegsfrühling in den Augustower Wäldern zu mir, wo ich auch sein
-mag. Die linde, junge Gütigkeit, die in ein paar hellen Grauaugen
-lebte und frisch und warm aus einer lebendigen Menschenstimme klang,
-brach wie ein helles, starkes Licht durch die Fenster meiner Seele,
-durchsonnend, was dumpfig war, durchwärmend, was kühl und voll Schatten
-war. Wie deutlich erhöre ich heute und immer, in die Vergangenheit
-hineinhorchend, den raschen Schritt des Freundes. Ich sehe ihn schlank
-und frei durch die Tür in mein helles Fichtenhäuschen treten und
-sehe eine junge, lebendige Hand Blumen unter das kleine Bild meines
-gefallenen Bruders legen mit einer frischen, herzlichen Bewegung, in
-der doch die leise, gute Scheu der Jugend vor der Entschleierung des
-Herzens zu spüren ist! Und oft ist mir, ich könne den lieben Gast
-halten und mit ihm von dem bunten Erleben der hellen Zeit plaudern,
-in der selbst der Ernst des Krieges sich in Spiel und Freude auflösen
-wollte. Weißt du noch, Gesell, wie wir über meinen ersten Gefangenen
-lachten? Im Sumpfbach vor unserm Graben, wo vom letzten Angriff
-her noch über dreißig tote Russen lagen, war ich auf nächtlichem
-Patrouillengang ahnungslos auf ihn zugegangen, um dem vermeintlich
-Toten das Gewehr zu nehmen. Aber es war kein Toter, sondern ein
-fixer und pfiffiger Moskauer Junge, der zu einer vor uns im Dunkel
-herflüchtenden Russenpatrouille gehörte. Ohne es zu wissen, hatten
-wir ihn von seinen Kameraden abgeschnitten, und er wollte sich uns
-noch entziehen, indem er sich mitten unter die Toten hockte und in
-Anschlagstellung wie sie erstarrte. Als ich sein Gewehr fassen wollte,
-schlug er auf mich an, und mich warf der Schreck fast um, als der Tote
-plötzlich die Büchse gegen mich hob. Gerade rechtzeitig noch rückte
-ich ihm meine kleine Mauserpistole an die Stirn, daß er die Waffe
-wegwarf und uns geduldig nachtrollte. Damit doch auch ein anderer
-etwas von dem Schrecken abbekäme, schickte ich ihn samt seinem Gewehr,
-ohne anzuklopfen, in den Unterstand des Leutnants vom ersten Zuge, der
-sorglos bei der Flasche saß, aber der Mecklenburger ließ sich nicht
-verblüffen, sondern hob nach dem verlegen grinsenden Burschen das
-volle Glas, »Prosit, Iwan --!« Und Iwan taute auf und besah sich die
-Postkarten unsrer Leute, die den holzverkleideten Graben schmückten,
-blieb tiefsinnig vor einem bunten Hindenburgbilde stehen und sagte
-ehrerbietig, »Ah -- Chindenburrg!«, indem er mit unermüdlich kreisenden
-Händen um sein Russenhaupt fuhr, um uns das imaginäre Volumen eines
-fabelhaften Feldherrnkopfes zu veranschaulichen. Darauf von unsern
-lachenden Leuten nach seinem Landsmann Nikolajewitsch befragt, preßte
-er den Kopf in die Hände wie ein Schwerkranker und brach in einen
-Husten aus, der eine höchst schauderhafte Vorstellung von dem Zustand
-seines Generalissimus gab ...
-
-Und weißt du noch, wie die russische Patrouille uns bei Nacht und Nebel
-ein schön bemaltes Plakat mit der Inschrift »~Italiani -- auch Krieg!~«
-vor die Drahtverhaue pflanzte? Und wie unsre Leute dann in der nächsten
-Nacht ein noch schöneres Schild mit der Antwort »~Italiani -- auch
-Prügel!~« den Russen in eins ihrer eigens zu diesem Zweck gesäuberten
-Horchpostenlöcher pflanzten, daß sie den ganzen Tag über wütend danach
-schossen?
-
-Weißt du noch, wie wir im Unterstande zusammensaßen, während die
-russische Artillerie mit grobem Geschütz unsern Graben absuchte? Wie
-unter dem Luftdruck der in der Nähe krepierenden schwerkalibrigen
-Geschosse die zwei- und dreimal wieder angezündete Lampe dreimal
-auslosch? Und wie wir zu viert im Dunkel saßen, und unsre Zigaretten
-warfen einen Glimmerschein über die Gesichter, und wir lachten, »Iwan
-bläst uns die Lampe aus!«?
-
-Weißt du das alles noch, Lieber? Und weißt du auch noch, wie du einen
-mächtigen bombensichren Unterstand für zwei Gruppen deines Zuges aus
-Hunderten von schweren Fichtenstämmen und Bergen von Sand gebaut
-hattest? Und wie wir dann dem Neubau die sinnige Türinschrift gaben:
-»Selig, wer sich vor der Welt ohne Haß verschließt«?
-
-Und weißt du noch, wie du singend vor der zum Bad nach den Nettawiesen
-marschierenden Kompanie herzogst und wie du mit uns ganze Nachmittage
-im Wasser vertolltest? Weißt du das noch, du Wandervogel, der den
-Widerwilligsten zum Mitsingen zwang und den Wasserscheusten im Wasser
-zum Lachen brachte?
-
-Weißt du noch, wie das faule Holz im Walde um unsre dunklen Gräben
-leuchtete? Und wie Myriaden von Junikäfern die Sumpfwiese zwischen
-uns und dem Feinde nächtlicherweile zum Märchenland machten? Und wie
-aus dem Drahthindernis die blauen Funken ins nasse Gras hinüber-
-und hinunterzuckten wie die schillernden Schuppen einer glitzernden
-Schlange, die unermüdlich kreisend durch das graue Verhau lief, immer
-bereit zum tödlichen Bisse?
-
-Weißt du noch, wie wir im hellen Sand der sonnigen Waldlichtung
-hinter unsern Gräben Zirkel ritten? Wie du reiten lernen wolltest wie
-ein Kosak; denn das seien die sieben ritterlichen Künste der neuen
-deutschen Jugend: Singen, Wandern, Turnen, Schwimmen, Fechten, Tanzen
-und Reiten --?
-
-Und war doch ebensoviel Ernst in deiner Freude wie Freude in deinem
-Ernst! Auch was du mit Lachen triebst, war mehr als Spiel. Ein Stück
-Leben war alles, was du sprachst und tatst, und ein heller, klarer,
-gesammelter Menschenwille schmiedete alle Stücke zu einem werdenden
-Kunstwerk zusammen.
-
-Wenn der junge Führer mit seinen Leuten auf nächtliche Streife
-auszog, so arbeitete ein frischer, beherrschter Wille unermüdlich
-und unnachgiebig an den Menschen, die er führte. Wollten sie ihm, im
-Dunkel plötzlich vom Feuer russischer Gewehre überfallen, aus der Hand
-geraten, so zwang er sie wieder bis auf den Punkt zurück, den sie
-eigenmächtig verlassen hatten. Aber er selbst ging immer als erster
-voraus und kroch als letzter zurück.
-
-Als die unsicheren und baufälligen Unterstände seines Zuges durch
-neue ersetzt wurden, ließ er die Arbeit an seinem eigenen Unterstand
-bis zuletzt liegen. Ohne Lärm und schimpfendes Dreinfahren wußte er
-alle Hände in Tätigkeit zu halten. Er war beim Fällen und Schleppen
-der schweren Stämme dabei und verteilte die Kräfte. Er lehrte Stempel
-setzen und Unterzüge einfügen, Deckbalken verknüpfen und federnde
-Reisigdeckungen aufhäufen, wie er's in Frankreich gelernt hatte.
-Selbst sauber an Seele und Leib, erzog er seinen Leuten die Freude an
-Sauberkeit und schmucker Ordnung an, unauffällig und ohne viel Worte
-sie durch frisches Handeln gewöhnend. Nicht weniger als die Arbeit
-lag ihm die Ruhe seiner Leute am Herzen und als jüngster Offizier der
-Kompanie wußte er's durchzusetzen, daß den Mannschaften Sonntagsruhe
-geschenkt wurde. In seinen Briefen an Eltern und Schwester erbat er
-immer wieder Bücher für den Feierabend seiner Leute und wählte die
-Bücher selbst nach den Erfahrungen, die er in Frankreich als Kamerad
-unter Kameraden gemacht hatte.
-
-Er kannte in vierzehn Tagen jeden Mann seines Zuges nach Namen und
-Beruf, er wußte, ob einer verheiratet war und wie viel Kinder er hatte,
-er kannte eines jeden Sorgen und Hoffnungen und verstand dem Stillsten
-die Zunge zu lösen. »Das Herz seiner Leute muß man haben,« sagte er,
-»dann hat man ganz von selbst Disziplin.«
-
-Nach dem Dienste, in stillen Abendstunden, zündeten wir die kleinen
-Lichter in den farbigen Papierlaternen unsrer Holzhütten an und
-plauderten oder lasen. Oft brannten uns die Kerzen dabei, ohne daß
-wir's merkten, nieder, und durch das Glasdach meines Sommerhäuschens,
-das ganz aus schlanken, moosverfugten Fichtenstämmchen gezimmert war,
-brach Mond- und Sternenlicht über uns herein.
-
-Dann lebten Goethes Lieder auf, oder Zarathustras trotzige Reden
-zerbrachen die Stille, oder aus den Versen des Neuen Testaments, das er
-gern griechisch las, floß die Schönheit ewiger Worte geruhig über uns
-hin. In solchen Stunden wachte in dem Soldaten der junge Gottesstudent
-auf, und seine Seele streifte, frei und leicht zwischen beiden Welten
-wandernd, dunklen Schönheiten und hellen Wahrheiten nach. »Im Gebete
-sollen wir nicht mit Gott, Gott soll mit uns kämpfen,« sagte er einmal.
-»Das Gebet ist ein Selbstgespräch mit dem Göttlichen in uns, es ist ein
-Gespräch mit dem Gotte und ein Kampf mit dem Menschen in uns um die
-Bereitschaft der Seele.«
-
-Willfährigkeit gegen das Göttliche und Wehrfähigkeit gegen das
-Menschliche, das gab seinem Wesen Reife und Anmut. Was er unter
-Bereitschaft der Seele verstand, sprach er ein andermal aus: »Wenn
-es Sinn und Aufgabe des Menschenlebens ist, hinter die Erscheinung
-des Menschlichen zu kommen, dann haben wir durch den Krieg unser Teil
-am Leben mehr als andere dahin. Wenige sehen wie wir hier draußen so
-viel Hüllen sinken, wenige haben so viel Niederträchtigkeit, Feigheit,
-Schwachheit, Selbstsucht und Eitelkeit, wenige so viel Würde und
-schweigsamen Seelenadel gesehen, wie wir. Wir können vom Leben nicht
-mehr fordern, als daß es sich uns entschleiert; darüber hinaus ist
-keine menschliche Forderung. Uns hat das Leben mehr als vielen gegeben,
-warten wir ruhig ab, ob es auch mehr von uns zu fordern hat!«
-
-An Zarathustra gefiel ihm der schwingentragende Gedanke, daß der Mensch
-ein Ding sei, das überwunden werden muß. Immer war seine Seele auf der
-Streife nach dem Ewigen. Auch in Sachen seines Volkes scheute er sich
-nicht, der Vergänglichkeit ins Auge zu sehen. Menschen und Völker,
-beide waren ihm vergänglich und ewig zugleich. Darum liebte er mit
-Herzlichkeit Gottfried Kellers »Fähnlein der sieben Aufrechten« mit
-seinem unvergleichlich schönen und rührenden Gespräch der Schweizer
-Bürger über den fernen Tod und die Hinterlassenschaft ihres Volkes. Die
-Klarheit und Lieblichkeit dieser schönsten Novelle hat uns unendlich
-oft erquickt und unsre Herzen fröhlich und unsre Lippen beredt gemacht
-wie junger Wein. Wenn dann mitten in dem Frühling bunter Bilder
-Meister Kellers nachdenkliches und geruhiges Wort vom Tode der Völker
-aufklang, dann war's, als ob eine dunkle, tiefe Glocke in der Stille
-zu tönen anhöbe, und unsre Herzen schwangen in dem Ewigkeitsklange
-mit: »Wie es dem Manne geziemt, in kräftiger Lebensmitte zuweilen an
-den Tod zu denken, so mag er auch in beschaulicher Stunde das sichere
-Ende seines Vaterlandes ins Auge fassen, damit er die Gegenwart
-desselben um so inbrünstiger liebe; denn alles ist vergänglich und
-dem Wechsel unterworfen auf dieser Erde. Oder sind nicht viel größere
-Nationen untergegangen, als wir sind? Oder wollt Ihr einst ein Dasein
-dahinschleppen wie der ewige Jude, der nicht sterben kann, dienstbar
-allen neu aufgeschossenen Völkern, er, der die Ägypter, die Griechen
-und Römer begraben hat? Nein! ein Volk, welches weiß, daß es einst
-nicht mehr sein wird, nützt seine Tage um so lebendiger, lebt um so
-länger und hinterläßt ein rühmliches Gedächtnis; denn es wird sich
-keine Ruhe gönnen, bis es die Fähigkeiten, die in ihm liegen, ans
-Licht und zur Geltung gebracht hat, gleich einem rastlosen Manne, der
-sein Haus bestellt, ehe denn er dahin scheidet. Dies ist nach meiner
-Meinung die Hauptsache. Ist die Aufgabe eines Volkes gelöst, so kommt
-es auf einige Tage längerer oder kürzerer Dauer nicht mehr an, neue
-Erscheinungen harren schon an der Pforte ihrer Zeit! So muß ich denn
-gestehen, daß ich alljährlich einmal in schlafloser Nacht oder auf
-stillen Wegen solchen Gedanken anheimfalle und mir vorzustellen suche,
-welches Völkerbild einst nach uns in diesen Bergen walten möge? Und
-jedesmal gehe ich mit um so größerer Hast an meine Arbeit, wie wenn
-ich dadurch die Arbeit meines Volkes beschleunigen könnte, damit
-jenes künftige Völkerbild mit Respekt über unsere Gräber gehe!« Ich
-sehe Ernst Wurche noch vor mir, wie er einmal das schmale Heftchen
-bei seiner schönsten Stelle sinken ließ und über den Rand der Seiten
-träumte. »Nur den Strohtod,« meinte er, »den möchte man seinem Volke
-gern erspart sehen. Aber fast alle Völker sind den Strohtod gestorben.
-Der Gedanke an den Heldentod eines Volkes ist nicht schrecklicher als
-der an den Schwerttod eines Menschen. Nur das Sterben ist häßlich bei
-Menschen und bei Völkern. Aber wenn ein Mann den tödlichen Schuß, der
-ihm das Eingeweide zerreißt, empfangen hat, dann soll keiner mehr nach
-ihm hinsehen. Denn was dann kommt, ist häßlich und gehört nicht mehr
-zu ihm. Das Große und Schöne, das heldische Leben ist vorüber. So muß
-es auch sein, wenn ein Volk in Ehren und in Größe seinen Todesstreich
-empfangen hat, -- was danach kommt, darf niemand mehr seinem Leben
-zurechnen, es ist kein Teil davon ...« Aus seinen Worten klang so
-viel Jugend und Tapferkeit, daß ich am liebsten seine Hand gepackt und
-herzhaft geschüttelt hätte.
-
-Die tiefe Ehrlichkeit, mit der er alles erlebte, ansah und überdachte,
-brachte ihn oft in einen fast drolligen Zorn, wenn wir eins der
-gutgemeinten und in Massen ins Volk geworfenen Bücher durchliefen,
-in denen dieser oder jener berühmte Publizist seine Eindrücke an der
-deutschen Front gesammelt hatte. Die rosa Schminke verdroß ihn, wo er
-sie sah. »Wenn man doch die Phrase von dem allgemeinen Heldentum der
-Masse lassen wollte,« sagte er einmal. »Als ob es nicht eben so gut
-klänge, wenn man ehrlicher, ruhiger und wahrer von dem Vorherrschen des
-Sinnes für Pflicht, Gehorsam und Treue im Volk spräche. Helden sind
-Ausnahmen, sonst brauchte man nicht von ihnen zu reden.« Der Sinn für
-Schlichtheit saß ihm tief im Blute, Schönfärberei und Phrase war ihm
-verhaßt.
-
-Diese Scheu vor der Oberflächlichkeit konnte ihn je nach der Umgebung
-einsilbig machen oder beredt. Und darum schien ihm das Zwiegespräch
-mit Recht die schönste Unterhaltung; denn kein andres Gespräch vermag
-so wie dieses ohne Sprunghaftigkeit ruhig in klare Tiefen zu steigen.
-Manches liebe und nachdenksame Wort, in stillen Nachtstunden von
-junger Menschenhand geschürft, ist mir seither ein Stück von der Habe
-des Herzens geworden. Keins aber leuchtet heller nach als jenes, mit
-dem er einmal an der Brustwehr seines Grabens ein nächtliches Gespräch
-über den Geist des Wandervogels schloß: »Rein +bleiben+ und reif
-+werden+ -- das ist schönste und schwerste Lebenskunst.«
-
-Die Wandervogeljugend und das durch ihren Geist verjüngte Deutschtum
-und Menschentum lag ihm vielleicht zutiefst von allen Dingen am Herzen,
-und um diese Liebe kreisten die wärmsten Wellen seines Blutes. Ihm,
-dem selber Leib und Seele frei und ebenmäßig zu natürlicher Schönheit
-wuchsen, schien die beste Erziehung zu sein, den jungen Baum leicht
-und geruhig wachsen zu lassen, sich seines Blühens zu freuen und ihm,
-wenn's not tat, einmal die Blätter zu waschen. Er verschloß seine Augen
-nicht vor häßlichen Auswüchsen der großen Jugendbewegung. »Aber«,
-meinte er, »die meisten Auswüchse kommen von dem sinnlosen Betasten
-und Beklopfen des jungen Holzes. Ein eingeschnürtes Stämmchen muß
-unnatürlich wuchern, auch wo es nicht will. Rührte man nicht immer und
-immer mit knöchernem Finger an das Feinste und Beste der werdenden
-Seele, an ihre Unbefangenheit, so würde ihr schönster Schmelz, die
-Bescheidenheit, nicht so oft zerstäuben. Wer die Kampflust der Jugend
-reizt, macht sie hochmütig und laut, und wer sie ungeschickt anfaßt,
-der macht sie häßlich. Natürliche Jugend ist immer bescheiden und gütig
-und dankbar für herzliches Gewähren, aber wer sich, ohne Ehrerbietung
-wecken zu können, ans Erziehen macht, soll sich nicht wundern, wenn er
-Frechheit und Grausamkeit weckt.«
-
-Den Kampf der deutschen Jugend um das gute Recht ihres natürlichen
-Wachstums verfolgte er mit der gleichen inneren Leidenschaft wie das
-Ringen der Völker, das ihn nun seit Monaten in seinem Strudel umtrieb.
-Von seinem Leutnantsgehalt schickte er fleißig an die Wandervögel
-daheim auf Schule und Hochschule. »Denn die Kriegskassen der Jugend muß
-man füllen helfen,« lachte er. Und kamen dann Briefe mit ungelenken
-Buchstaben und schrägen, drängenden Zeilen, oder es kamen die gelben
-Hefte des »Wandervogels« mit ihren schwarzen Schattenbildern und bunten
-Fahrtenbriefen, dann trat ihm beim Lesen die Seele in die Augen. Auch
-seinen Geschwistern schickte er Geld »zum Wandern«, und immer wieder
-zog seine Seele, frohherzig lauschend, dem fernen Klang der unter
-einem Wirbel von Liedern wandernden Jugend nach. Er schaute lächelnd
-dem Kahne nach, der seine Geschwister mit ihrem gastfreundlichen
-Pfarrherrn durch den rosigen Abendfrieden der schimmernden Seebreite
-trug und lachte sein leises, gutes Schelmenlachen, wenn die Posaune des
-Pfarrherrn sich vor den gläubigen, jungen Augen zur Seele des zarten
-Abendfriedens machte, einer gewaltigen Seele, die ihren leichten Körper
-dröhnen und beben machte.
-
-Es kamen auch andere Briefe, die ihn still und einsilbig machten und
-ihm das Warten und Lauern hinter dem Drahtzaun zur Qual werden ließen.
-In Flandern und Galizien legten fremde Hände seine besten Fahrtgesellen
-ins Grab. »Ich habe so viele gute Freunde zu rächen --« stieß er einmal
-ingrimmig hervor. »Rächen --?« fragte ich. »Würden Sie selber gerächt
-sein wollen?« Er sah nachdenklich mit zusammengezogenen Brauen zu
-den russischen Gräben hinüber und antwortete langsam und vor innerer
-Bewegung an den Worten zerrend: »Nein. Ich nicht. Aber die Freunde ...«
-Ich nicht, aber die Freunde -- da reckte sich Mensch neben Mensch in
-+einem+ engen Herzen auf. Ich stand neben ihm und schwieg. Nach einer
-Weile schob er seinen Arm in meinen und sprach, indem er mir nah und
-fest ins Auge sah:
-
- »Der Stahl, den Mutters Mund geküßt,
- Liegt still und blank zur Seite.
- Stromüber gleißt, waldüber grüßt,
- Feldüber lockt die Weite! --
-
-Das +ist doch+ schön, nicht wahr, mein Freund!« Und so machte sein
-junges Herz die heiße Eisenprobe auf das, woran es als gut und schön
-glaubte. Und zugleich gab es Dank und Freundschaft an ein anderes Herz,
-das ihm brüderlich nahe war ...
-
-Seine Freundschaft ließ er mehr spüren, als daß er sie aussprach. Er
-eröffnete sein und des andern Herz in dem gleichen, freien Vertrauen,
-ohne Dringlichkeit und Überschwang. Das erste Exemplar meines
-Kriegsbuches »Sonne und Schild« schenkte ich ihm, und als er's gelesen,
-sagte er nichts als: »Ihre Mutter möchte ich kennen lernen, Flex. Ich
-darf sie doch nach dem Kriege besuchen, nicht wahr?« -- -- --
-
- * * * * *
-
-Allmählich war der süßherbe Frühlingsgeruch alten Laubs und junger
-Erde in den schwülen Brodem sommerheißer Sümpfe und den Dunst
-abgeblühter Wasser übergegangen. Die jungen Krähen, die unsre Leute
-aus den Horsten der Föhrenwipfel zur Kurzweil heruntergeholt hatten,
-stolzierten längst groß, frech und struppig mit gestutzten Flügeln auf
-der Brustwehrkrone unsres Grabens entlang, krakehlten mit den Posten,
-hieben mit den dreisten Krummschnäbeln nach den blanken Mündungen
-der Gewehrläufe oder revidierten die Kochgeschirre und Trinkbecher
-bei den Ruhebänken der Mannschaften. Im heißen Sande sonnten sich
-Kreuzottern und Kupfernattern, die den Fröschen auf der kühlen
-Grabensohle nachstellten. Der wunde und ausgeholzte Wald strömte
-starken Harzgeruch aus. Die Sumpfwiesen wucherten von fettem Grün, und
-von den sonnentrocknen Moorbreiten schwelten rote Torfbrände durch die
-weißen Juninächte. Die Luft glimmerte und zitterte tagsüber von Sonne,
-und rasch heraufziehende Gewitter entluden sich krachend über den
-schwankenden Föhrenkronen.
-
-Von Galizien grollten die Donner neuer gewaltiger Kämpfe herüber,
-und in die Riesenglieder der Hindenburgarmee, die in eiserner Ruhe
-erstarrt schienen, kam ein Recken und Strecken, bis die endlose Front
-von lärmendem Kampfgetöse erdröhnte. Wir lagen noch immer abwartend
-hinter unsren Verhauen, aber wir lauerten nur noch auf den Befehl zum
-Vorbrechen. Auf nächtlichen Streifzügen zum Feinde hatten wir schon
-Papierfahnen mit der schadenfrohen Nachricht vom Fall Przemysls und
-Lembergs an die russischen Drahtverhaue geheftet, und wir wußten, daß
-diese Meldungen auch für uns heute oder morgen zu Angriffsfanfaren
-werden mußten.
-
-Aber ehe uns der wachsende Strom des großen Kampfes erfaßte und in
-seinen Strudeln fortriß, wurden uns noch ein paar klare, glückliche
-Tage geschenkt, deren Bild aus der Vergangenheit herüberleuchtet wie
-der Schimmer von fernen, schönen, hellspiegelnden Seen. Unsre Kompanie
-wurde zu Anfang des Juli auf fünf Tage aus den Gräben gezogen und kam
-unter Laubhütten und Zelten tiefer im Walde in Ruhestellung. Der Zufall
-wollte, daß in diese Zeit mein Geburtstag fiel, und der Freund half
-den Tag feiern, nicht mit vollen Gläsern und Liederlärmen, sondern in
-seiner Art mit Sonne, Wald und Wasser und dem Ewigkeitsklang uralt
-schöner Worte, die sich auf jungen Lippen verjüngten und beseelten.
-Der waffenlose, wolkenlose Feiertag des sechsten Juli wurde ganz
-ein Geschenk seines frischen Herzens an das meine. Als die Sonne am
-höchsten stand, gingen wir aus dem Schatten der roten Föhren zu
-den Nettawiesen hinunter. Die Sonne badete im tiefsten Blau des vom
-Nachtgewitter erfrischten Himmels und überspiegelte mit feuchtem
-Glanze die hellschimmernden Flußwindungen und den fern in stählernem
-Blau aufblendenden Schild des Sajno-Sees. Das Licht troff durch das
-vollsaftige Grün der strotzenden Pappeln und Weiden, und über dem
-wuchernden Gras der weiten Koppeln flimmerte die Luft und zitterte
-unter dem Atem der erwärmten Erde. Wir warfen die Kleider am Netta-Ufer
-ab und badeten. Mit dem Strome trieben wir in langen Stößen hinab,
-schwammen gegen den Strom zurück, daß sich uns das Wasser in frischem
-Anprall über die Schultern warf und stürzten uns immer aufs neue von
-der sonnenheißen Holzbrücke, die gegen die Sohlen brannte, kopfüber in
-weitem Sprung in den Fluß. Auf dem Rücken trieben wir geruhig stromab
-und liefen auf dem lauen Sande am Schilfufer zurück. Im buntwuchernden
-Wiesenkraut ließen wir uns von Sonne und Wind trocknen, und die leisen,
-zitternden Sonnenwellen rannen gleichmäßig durch Luft und Sand und
-Menschenleib und durchgluteten alles Lebendige mit trunkener Kraft und
-erschlaffender Freude.
-
- Die Wiese schäumt von Blüten,
- Der Wind singt drüberhin,
- Den sonnenlichtdurchglühten
- Leib bad' ich kühl darin.
-
- Du freie Gottesschmiede,
- Du lohe Sonnenglut,
- Inbrünstiglich durchglühe
- Leib, Seele, Herz und Blut!
-
- Ins Glühen unermessen
- Und Blühen eingewühlt
- Will ich den Tod vergessen,
- Der alle Erde kühlt.
-
- Glüh', Sonne, Sonne glühe!
- Die Welt braucht soviel Glanz!
- Blüh', Sommererde, blühe,
- Ach blühe Kranz bei Kranz!
-
-Geschützdonner grollte von fern herüber, aber die Welt des Kampfes,
-dem wir auf Stunden entrückt waren, schien traumhaft fern und unwahr.
-Unsre Waffen lagen unter den verstaubten Kleidern im Grase, wir
-dachten ihrer nicht. Eine große Weihe kreiste unermüdlich über der
-weiten schimmernden Tiefe grüner Koppeln und blauer Wasser; an ihr,
-deren schlanke Schwingen in weitem, prachtvollem Schwunge zu lässigem
-Schweben ausholten, hingen unsre Blicke. War es der Raubvogel, der die
-Seele des jungen Menschen neben mir emporriß in freier Gottesfreude?
-Der Wandervogel, der einst in deutschem Gotteshause eingesegnet worden
-war mit dem seiner Seele ebenbürtigen Spruch: »Die auf den Herren
-hoffen, haben neue Kraft, daß sie auffahren wie Adler!«, der junge
-Gottesstudent fühlte seiner Seele die Schwingen wachsen von jener
-ewigen Kraft, die »deinen Mund fröhlich macht, daß du wieder jung wirst
-wie ein Adler,« und frei und leicht hob er sich und den Freund empor
-über die hellen Tiefen der bunten Erde. Der junge Mensch stand schlank
-und hell auf dem blühenden Grunde, die Sonne ging schimmernd durch
-seine leichtgebreiteten Hände, und die Lippen, die so oft von Goethes
-Liedern überflossen, strömten den uralt heiligen Wohlklang der Psalmen
-Davids über den sonnentrunkenen Gottesgarten hin:
-
- »Herr, mein Gott; du bist sehr herrlich!
- Du bist schön und prächtig geschmückt!
- Licht ist dein Kleid, das du anhast!
- Du breitest aus den Himmel wie einen Teppich.
- Du wölbest es oben mit Wasser.
- Du fährst auf den Wolken wie auf einem Wagen
- und gehest auf den Fittigen des Windes.
- Du machst deine Engel zu Winden und deine Diener zu
- Feuerflammen, der du das Erdreich gründest auf
- seinem Boden, daß es bleibt immer und ewiglich.
- Die Ehre des Herrn ist ewig.
- Der Herr hat Wohlgefallen an seinen Werken.
- Er schauet die Erde an, so bebet sie ...
- Ich will dem Herren singen mein Leben lang und meinen Gott
- loben, solange ich bin.
- Meine Rede müsse dem Herrn wohlgefallen. Ich freue mich
- des Herrn!«
-
-Das ewige Preislied Gottes aus seiner Schöpfung ging über die reife,
-in ihren Tiefen erwärmte Erde hin. Der Wohlklang der jungen Stimme
-umlief wie ein tönendes Kristall den klaren Wein der ewigen Worte. Der
-ebenmäßige Mensch in seiner jungen Schlankheit stand selbst wie ein
-Dankesmal der Schöpfung in dem hellprangenden Gottesgarten, und von
-seinen frischen Lippen ging ein Hauch religiösen Frühlings über Erde
-und Menschen hin.
-
-Über die weiten Koppeln hin stob der übermütige Galopp sattelloser
-Pferde. Stuten und Fohlen weideten auf den Nettawiesen. Im Wasser und
-an den grünen Ufern des Flusses wimmelte es von den hellen Leibern
-badender Soldaten, die lichten Breiten der Netta schäumten von Wasser,
-Sonne und ausgelassenem Lachen. Die ewige Schönheit Gottes prangte über
-dem weiten Gottesgarten und leuchtete als Sonne und Schild über dem
-hellen Bilde des Jünglings ...
-
-Über den Lärm und Glanz aller Kämpfe und Siege hin glänzt das Bild
-dieser Stunde in mir nach als der stärkste Eindruck, den ich mit Seele
-und Sinnen im Leben empfangen habe.
-
-Aber am Abend des Tages stand derselbe Mensch im grauen Waffenrock
-neben mir auf dem dunklen Hochstand im Wipfel einer Doppelfichte,
-von wo tagsüber unsre Baumposten das Kampfgelände mit Ferngläsern
-absuchten, und ließ spielend den roten Mond im hellen Stahl seines
-breiten Seitengewehrs spiegeln. Seine rechte Hand glitt in leiser
-Unruhe prüfend an der Schneide entlang, und Auge und Hand freuten
-sich, wie so oft, an der römischen Form der blanken Waffe. Mit leicht
-vorgestrecktem Kopfe horchte er nach dem Dunkel der russischen
-Gräben hinüber, über denen die wachsamen Leuchtkugeln stiegen und
-sanken. Hinter den schwarzen Holzhütten von Obuchowizna glomm die
-rote Glut eines Torfbrandes, und schwarzer Ruß flockte in Wolken über
-den fackelhellen Himmel. Wir sprachen, ins Dunkel der Riesenfichte
-geschmiegt, von den Kämpfen, denen wir entgegengingen. »Einen echten
-und rechten Sturmangriff zu erleben,« sagte der junge Leutnant neben
-mir, »das muß schön sein. Man erlebt vielleicht nur einen. Es muß
-+doch+ schön sein.« Und schwieg wieder und blickte auf den breiten
-Stahl in seinen Händen nieder. Mit einmal legte er mir den Arm um
-die Schulter und rückte das helle Schwert vor meine Augen: »Das ist
-+schön+, mein Freund! Ja?« Etwas wie Ungeduld und Hunger riß an den
-Worten, und ich fühlte, wie sein heißes Herz den großen Kämpfen
-entgegenhoffte. Lange noch stand er so, ohne sich zu rühren, mit leicht
-geöffneten Lippen im heller werdenden Mondlicht, das über die breite
-Klinge in seinen hellen Händen floß, und schien auf etwas Fremdartiges,
-Großes und Feindseliges zu lauschen, das im Dunkel verhohlen war.
-Wie er so wach und durstig in eine nahe, waffenklirrende Zukunft
-hineinhorchte, schien er mir wie das lebendig gewordene Bild des jungen
-Knappen, der in der Nacht vor der Schwertleite ritterliche Wacht vor
-seinen Waffen hält.
-
-An diese seltsame, dunkle Stunde wurde ich erinnert, als ich vor
-Weihnachten die Mutter des gefallenen Freundes in seiner Heimat
-besuchte. Nach einer Weile des Schweigens fragte sie mich leise: »Hat
-Ernst vor seinem Tode einen Sturmangriff mitgemacht?« Ich nickte mit
-dem Kopfe. »Ja, bei Warthi.« Da schloß sie die Augen und lehnte sich
-im Stuhle zurück. »Das war sein großer Wunsch,« sagte sie langsam, als
-freue sie sich im Schmerze einer Erfüllung, um die sie lange gebangt
-hatte. Eine Mutter muß wohl um den tiefsten Wunsch ihres Kindes wissen.
-Und das muß ein tiefer Wunsch sein, um dessen Erfüllung sie noch nach
-seinem Tode bangt. O, ihr Mütter, ihr deutschen Mütter! -- --
-
-Wißt ihr nun, ihr, die ihr diesen Tag nacherlebt habt, von dem ich
-redete, wißt ihr nun, was es heißt, Wandrer sein zwischen beiden
-Welten? ...
-
- * * * * *
-
-In den letzten Tagen des Juli löste uns ein Landwehrregiment in den
-Gräben vor Augustow ab. Mit übermütig vollen Herzen lasen wir den
-Ablösungsbefehl. Wenn auch das Marschziel geheim gehalten wurde, so
-wußten wir doch, es ging ins Gefecht, es wurde Ernst. Aber wir wollten
-nicht klanglos aus den liebgewordenen Wäldern marschieren. Auf einer
-ausgelassenen Abschiedspatrouille sagten wir nächtlicherweile den
-russischen Muschiks Lebewohl, mit denen wir so lange feindnachbarlich
-zusammen gehaust hatten. Mit roten und blauen Papierlaternen aus
-unsern Unterständen und langen Hakenstangen schlichen wir im Dunkel
-über den Kolnobach und krochen an die feindlichen Verhaue an. Dort
-schafften wir uns mit den flinken Handspaten im lockern Sande eine
-Kugeldeckung, hingen die bunten Lampen an die Stangenhaken und zündeten
-sie in tiefen Wühllöchern gleichzeitig an. Auf ein leises Kommando
-schwebten die hellen Laternen, rot und blau aufleuchtend, über den
-russischen Verhauen empor und standen dort festlich und feierlich
-still. Zugleich erhob sich, von einem Dutzend frischer Stimmen
-gesungen, die Wacht am Rhein und schwoll über die Russengräben hin.
-Die aus dem feindlichen Dunkel knatternden Salven taten den Sängern
-hinter ihren guten Sandhaufen wenig, nur daß hie und da einer lachend
-den Sand aus den Zähnen spuckte, den die über die Deckung streifenden
-Kugeln in den offenen Mund peitschten. Die blaue Lampe erlosch und
-fiel, von ein paar Kugeln zerfetzt, von der Stange. Aber die roten
-Laternen hielten sich um so wackerer, nur daß sie eben ein paarmal im
-Kugelwind schwankten und flackerten. Mählich wurde, während Gesang und
-Gelächter unbekümmert fortklangen, der ganze Russenwald rebellisch,
-aber je wütender aus den Gräben geschossen wurde, desto sichrer
-wußten wir, daß keine stärkere Patrouille gegen uns vorging, um den
-nächtlichen Unfug an den Stacheldrähten zu bestrafen. Leuchtkugeln
-flogen steilauf, hielten sich ein Weilchen flackernd in schwebender
-Helle, sanken nieder und erloschen blakend neben uns im Sande; sie
-wurden mit Hallo als Bereicherung des nächtlichen Feuerwerks begrüßt.
-Allmählich ließ das Schießen nach, und es war wohl an der Zeit, die
-kleine Patrouille zurückzunehmen, ehe sie von stärkeren russischen
-Kräften ausgehoben würde. Denn Verluste durfte der nächtliche Unfug nun
-einmal nicht kosten. Aber kaum wollte ich den Befehl zum Rückzug geben,
-da wälzte sich ein junger Kriegsfreiwilliger im Sande blitzschnell mit
-dem Gesicht nach mir herum und bettelte: »Herr Leutnant -- Musketier
-sein's lust'ge Brüder!« Und eh' ich noch antworten konnte, fielen zehn
-Stimmen und mehr, sich vor Übermut überschlagend, in den Text des
-braven Soldatenlieds ein. Dagegen war nichts zu machen. Ich fügte mich
-und beschränkte mich darauf, die Augen wachsam spazieren zu lassen,
-während die guten Kerls Vers um Vers heruntertobten. Das neueinsetzende
-russische Feuer beruhigte mich zudem; die Russen schienen keine Lust
-zu haben, der frechen Gesellschaft, die ihnen vor der Nase lärmte,
-handgreiflich auf den Pelz zu rücken. Das längste Lied nimmt einmal
-ein Ende, auch ein Soldatenlied. Aber meine Hoffnung erwies sich als
-trügerisch, denn nach dem »lustigen Musketier« schien meinen grauen
-Jungs das Lied von der »finstern Mitternacht« als unabweisliches
-Bedürfnis. »Herr Leutnant -- Steh' ich in finstrer Mitternacht!
---?« Mochte vernünftig sein, wer wollte, angesichts solcher
-Schuljungenlustigkeit nach zwölf Kriegsmonaten! Ich blieb bäuchlings im
-Sande liegen und lachte, während meine Kerls immer wütender sangen und
-Sand spuckten. Zwei rote Papierlaternen hielten sich unvergleichlich
-trotz alles Flackerns und Baumelns. Aber alles muß einmal ein Ende
-nehmen, und so setzte ich allen weiteren Programmvorschlägen ein
-eisernes Nein entgegen und ließ die Leute einzeln bis zur nächsten
-Wiesenschlenke zurückkriechen, wo wir uns in Deckung sammeln konnten.
-Nach weitern hundert Metern sprangen wir auf und machten, daß wir
-über den Bach zurückkamen. Gottlob, es bekam keiner etwas ab trotz der
-Abschiedsgrüße, die fleißig hinter uns dreinpfiffen. In unsern Gräben
-mußten wir noch einmal über das sorgenvolle Gesicht des Kompanieführers
-lachen, der bereits dem Unterabschnittskommandeur telephonisch das
-Auftauchen roter Signallichter in der russischen Stellung gemeldet
-hatte und nun etwas verdutzt unsre Patrouillenmeldung entgegennahm.
-Viel Zweck hatte der übermütige Streich nicht, aber es war doch ein
-hübsches Zeichen für den Geist, mit dem unsre Leute nach wochenlangem
-Stilliegen in den Bewegungskrieg gingen.
-
-Andern Tags erwarteten wir die Ablösung. Noch einmal streiften wir
-zu zweit, den Mückenschleier unter der Feldmütze, durch den würzigen
-Harzduft und schweren Torfgeruch der Sumpfwälder und schlenderten
-bis zu den Nettawiesen. Am Waldrand im heißen Sand gelagert, hörten
-wir die Schnaken singen und die Spechte hämmern. Das keifende
-Geschwätz der Eichelhäher lärmte uns zu Häupten, und die schillernden
-Blauspiegel ihrer Flügel leuchteten blank zwischen den sonnenroten
-Stämmen auf, wie sie in ungeschicktem Schlingerflug von Lichtung zu
-Lichtung herauf- und hinunterstoben. Die papageienbunten Mandelkrähen
-schwangen sich über das dunkle Grün der Fichten und ließen die Sonne
-in ihrem farbigen Gefieder aufblenden. Fern hinter dem breiten
-Stahlschilde des Sajno-Sees verdämmerten im Sonnendunst des Horizonts
-violette Zichorienfelder und die weißen Teppiche üppig blühender
-Margaretenwiesen. Die blaue Netta gluckte leise aus prangendem Grün und
-buntem Schaumkraut herüber.
-
-Am Spätabend rauschte und klirrte der Marsch der ablösenden
-Landwehrkompanie durch den stillgewordenen Wald. Mit den Unterständen
-und Gräben zugleich übernahmen die Landwehrleute von unsern Musketieren
-das lebendige Erbe der zahmen Krähen und halbflüggen Blauraken.
-Gute Wünsche herüber und hinüber, dann rückte die Kompanie ab. Im
-Waldesdunkel intonierte die Kompaniekapelle, deren Instrumente zumeist
-sehr sinnreich aus Blechbüchsen und Telephondraht hergestellt waren,
-das »O Deutschland, hoch in Ehren!«, und Gruppe um Gruppe fielen die
-Mannschaften ein. Unter Lachen und Singen ging es der ungewissen
-Zukunft entgegen.
-
-Die Nacht verbrachten wir auf Stroh in den Russenkasernen von
-Augustow. In den nächsten Tagen ging's über Suwalki nach Kalvarja
-weiter. Auf diesen ersten Märschen, die den im monatelangen
-Stellungskrieg eingerosteten Knochen der Leute recht sauer wurden,
-erwies sich der junge Wandervogel als frischer Helfer. Ohne viel
-Ermahnen, Schelten und Antreiben wußte er durch ein rasches Scherzwort
-hier und dort einen niederhängenden Kopf zu heben, während er mit
-leichtem, festem Schritt an der marschierenden Kolonne herauf- und
-herunterging. Bot ihm einer der berittenen Offiziere während des
-Marsches ein Pferd an, so schlug er's aus; als Zugführer marschierte
-er mit seinen Leuten. Von einem Gaul herunter, der ihm nicht zustand,
-die müden Gruppen anzutreiben, das lag ihm nicht. Etwas Festes und
-Festliches war immer in seinem Gang, das jeden gern nach ihm hinschauen
-ließ. Unweit Kalvarja wurden die Marschkolonnen des Bataillons von
-der russischen Artilleriebeobachtung bemerkt, und über die auf
-kurze Strecke eingesehene Straße fegten krachend die Sprengladungen
-berstender Schrapnells. Hart neben den ziehenden Kolonnen schleuderten
-einschlagende Granaten die schwarze Erde baumhoch empor und wühlten
-mächtige Trichter auf. Die Kompanien wichen dem Feuer in den
-Sumpfbruch rechts der Straße aus und zogen abseits außer Sicht im
-Wiesengrunde weiter den Türmen von Kalvarja entgegen. Noch sehe ich
-Ernst Wurche durch den Granatensegen von Kalvarja schreiten mit
-demselben geruhigen und aufrechten Gang, mit dem er die Steilhänge der
-Côtes Lorraines hinab, an ostpreußischen und polnischen Seen entlang
-und singend an der Spitze der zum Baden ziehenden Kompanie durch die
-Sonnenwälder von Augustow gezogen war. Dieser Gang wurde um nichts
-hastiger. Das ruhige, feste, gleichsam befehlende Ausschreiten des
-jungen Leutnants geleitete die Kompanie in guter Ordnung durch die
-Feuerzone und verhinderte ein Auseinanderlaufen der Kolonnen in dem
-unbekannten und gefährdeten Gelände. Nach stundenlangem, erschöpfendem
-Marsch durch morastige Gründe und unwegsame Hänge bog die Kompanie
-wieder auf die große Straße ein. Neben dem triebhaften Vorwärtsziehen
-der müden grauen Masse klang der lebendige Schritt des jungen Führers
-über das Steinpflaster von Kalvarja.
-
-Zwischen Kalvarja und Mariampol bezog das Regiment noch einmal
-feste Stellung, die von preußischer Landwehr ausgebaut war. Ein
-abscheulicher Fäulnisgeruch lag über den Lehmgräben, in denen trübes
-Grundwasser immer in tiefen Lachen und Pfützen stand. Unter dem
-Bodenbelag der Unterstände mußte das nachsickernde Wasser immer aufs
-neue ausgeschöpft werden. Jenseits der Brustwehr lag der ausgeworfene
-Schlamm in breiten, zähen Bächen. An der Luft und unter der Erde
-wimmelte es von Ungeziefer. Das Fliegengeschmeiß sammelte sich um jeden
-eßbaren Bissen in schwarzen Klumpen, und aus dem Deckbalkengefüge der
-Unterstände warfen uns die unermüdlich wuselnden Mäuse den trocknen
-Lehm auf Köpfe und Teller. Ernst Wurche, der in diesen Tagen seinen
-dritten Zug an einen Kameraden mit älterem Patent abgeben mußte, teilte
-mit mir ein enges Erdloch, in dem wir gerade auf zwei etagenförmig
-übereinander gebauten Pritschen schlafen konnten. Gegen die Mäuse
-eröffneten wir, wenn es zu toll wurde, mit unsern Pistolen von beiden
-Pritschen her nächtliche Feuerüberfälle, die sich mitunter zu wütendem
-Trommelfeuer steigerten. Wenn dann unsre Taschenlampen als Scheinwerfer
-über den Kampfplatz spielten, beleuchteten sie ein wüstes Trümmerfeld
-von Holzsplittern und Lehmbrocken, unter denen sich einmal sogar eine
-Mäuseleiche begraben fand. Die Höhlenluft, in der wir schliefen, wurde
-durch den Pulverschwaden, der das nächtliche Schlachtfeld deckte,
-weder besser noch schlechter. Im übrigen mieden wir nach Möglichkeit
-den Aufenthalt in dem unappetitlichen Loche, in dem wir uns trotz
-der von Wurche besorgten pomphaften Türinschrift »Stabsquartier des
-2. Zuges« nicht heimisch fühlten. Bei Nacht wanderten wir durch den
-Graben und die Horchpostenlinie oder pirschten uns auf Patrouille an
-die russische Feldwache heran. Bei Tage nützten wir jedes Stündlein
-Sonne zum Faulenzen und Plaudern auf einer kärglichen Feldblumenwiese
-hinter den Gräben. Die flache Wiese war der einzige saubere Fleck, der
-uns in dem armseligen Lande, das sich um die »Leidensstadt« Kalvarja
-dehnt, erreichbar war. Aber sie hatte den Nachteil, daß man sie nur
-»liegend« bewohnen konnte. Vermaß man sich, aufrecht darauf zu wandeln,
-so pfiffen einem vom Russengraben her die Salven um die Ohren. Aber es
-war doch schön, sich auf dem blühenden Fleckchen zu strecken, die Hände
-unterm Kopf zu verschränken und in den blauen, sonnenheißen Himmel
-hinaufzusehen. Auf dieser Wiese haben der Freund und ich unsre letzten
-Plauderstündchen gehalten, zum letzten Male habe ich mich hier seines
-gedankenhurtigen und bildkräftigen Plauderns freuen dürfen ... Goethes
-Lieder ließen uns die Armseligkeit der Umgebung vergessen, und oft rief
-uns erst der Kugelsegen, der uns beim Aufstehen begrüßte, wieder in die
-Wirklichkeit zurück.
-
-In der ersten Frühe des 19. August hatte ich den Freund eben im
-Nachtdienst abgelöst, als ich vom Kompanieführer den Befehl erhielt,
-mit einer Patrouille die Stärke der feindlichen Grabenbesatzung nach
-Möglichkeit zu erkunden. Die Kämpfe um Kowno machten die Stellung
-des Gegners mit jedem Tage unhaltbarer, und es lag alle Ursache vor
-aufzupassen, ob er nicht einmal freiwillig bei Nacht und Nebel die
-Gräben räumte, um sich weiter rückwärts in günstigerer Lage aufs neue
-festzusetzen.
-
-Mit einer Patrouille von zwei Gruppen fühlte ich vor. Es war schon
-fast heller Tag, und zunächst glaubte ich nicht, daß wir weit kommen
-würden. Denn gleich als wir uns über die Ausfallrampe der Brustwehr
-schwangen, pfiffen uns von drüben ein paar Kugeln um die Ohren, die
-uns bewiesen, daß noch Leben in dem Russengraben war, und zudem mußten
-wir fast den ganzen Weg in voller Sicht des Feindes zurücklegen. Aber
-sonderbar, je weiter wir vorgingen, desto zaghafter kamen die Schüsse
-vom gegnerischen Graben. Daß wir längst bemerkt waren, daran war kein
-Zweifel. Entweder hatten also die Russen in der Nacht die Stellung
-geräumt und nur ein paar Leute zurückgelassen, die durch fleißiges
-Schießen die Grabenbesatzung so lange wie möglich »markieren« sollten
-und denen es nun angesichts unsres Vorgehens rätlich schien, keine
-zu große Erbitterung in uns aufzuspeichern, oder aber man wollte uns
-herankommen lassen und in die Falle locken. Um herauszubekommen,
-welche der zwei Möglichkeiten wahrscheinlich sei, nahm ich mit
-meinen zwei Gruppen auf einem flachen Hügel Stellung, schoß ein
-paar Salven nach den russischen Gräben und ging dann im Kehrt ein
-Stückchen zurück, als wenn ich wieder in die eigene Stellung wollte.
-Ich sagte mir: wollten die Russen uns in die Falle locken und sehen
-nun, daß wir doch umkehren, so werden sie jetzt mit allen Gewehren
-feuern, um uns zusammenzuschießen, ehe wir ganz entkommen. Aber trotz
-der Kehrtschwenkung blieb es bei ein paar Schüssen, die bald von
-rechts, bald von links her über unsre Köpfe weggingen. Dadurch sicher
-gemacht, gingen wir wieder energisch gegen die russischen Verhaue
-vor. Gleichzeitig schickte ich einen Mann zurück an Leutnant Wurche,
-er möchte mir mit einer Handgranatengruppe möglichst rasch folgen.
-Ich wollte ihn in einem abgebrannten Gehöft kurz vor dem russischen
-Hindernis erwarten, dann in den Russengraben einbrechen und uns im
-Fall einer Überrumpelung mit den Nahkampfmitteln doch noch aus der
-Falle herauskämpfen. Es ging alles glatt ab. Auf ein verabredetes
-Zeichen brachen wir unter den verkohlten Bäumen vor und rissen die
-spanischen Reiter des russischen Hindernisses auseinander. Im Nu hatten
-die hartzupackenden Fäuste unsrer Leute eine Bresche gelegt, und wir
-sprangen über die Brustwehrkrone in den feindlichen Graben hinein.
-Im kritischen Augenblick des Vorbrechens schlug doch allen das Herz
-schneller, das merkte man an der Art, mit der die Hände der Leute in
-den Stacheldraht hineinfuhren. Im russischen Graben holte uns Ernst
-Wurche mit seiner Handgranatengruppe ein. Ein russischer Sergeant gab
-sich mit einer Gruppe gefangen. Wir schickten eine Gefechtsordonnanz
-an die Kompanie zurück, entwaffneten die Russen und schickten sie mit
-zwei Mann als Bedeckung dem vorauseilenden Melder nach. Einen Teil
-der Leute ließen wir zur weiteren Durchsuchung der Unterstände zurück
-und gingen mit dem Rest der Patrouille aufklärend gegen die zweite
-Stellung des Gegners vor. Die Gräben auf der beherrschenden Höhe 130
-fanden wir leer, und auch die Gehöfte weiter rückwärts waren verlassen.
-Nur ansehnliche Batterien leerer Flaschen in den kahlen Stuben zeigten
-deutlich, wo die höheren Stäbe quartiert hatten. Auch aus der zweiten
-Stellung ging ein Melder an die Kompanie zurück. Wir selbst drangen
-unbehindert noch mehrere Kilometer bis über die Szeszupa vor, schossen
-uns mit einer Kosakenpatrouille herum und stellten fest, daß der Gegner
-auch in den Gräben am Flußufer noch nicht wieder Halt gemacht hatte.
-Danach war unsre Aufgabe gelöst, und wir suchten wieder Verbindung
-mit der Kompanie. Auf der Rückkehr zu unsern Gräben -- wir fuhren mit
-einem für unser Gepäck requirierten Wagen zurück -- trafen wir zwischen
-der ersten und zweiten Grabenlinie der Russen bereits aufklärende
-Dragoner, die auf Grund unsrer Meldung vorgeschickt waren. Kurz danach
-stießen wir auf Infanteriepatrouillen und marschierende Kolonnen, und
-als wir persönlich dem Kompanieführer Meldung machten, gingen bereits
-Teile der Feldartillerie auf Balkenbrücken über unsre Gräben vor. Die
-ganze Division war in Bewegung. Unsre Leute strahlten. Die »Neunte«
-hatte als erste Kompanie den Abzug des Gegners erkundet. Darauf
-war jeder Mann der Kompanie stolz. Wir wurden mit einer Patrouille
-nochmals vorgeschickt, um an der Szeszupa-Brücke den Flußübergang zu
-decken. Aber die Brücke dröhnte schon unter marschierenden Kolonnen,
-Pferdehufen und Rädern. Kavallerie- und Infanteriepatrouillen fühlten
-bereits weit voraus vor. Wir warfen die Kleider ab, badeten im Flusse
-und erwarteten das Bataillon. Es war für Monate unser letztes Bad.
-
-Der gefangene Sergeant hatte ausgesagt, daß sein Regiment weiter
-rückwärts an der Bahnlinie bei Krasna wieder feste Stellung bezogen
-habe. Diese Angabe erwies sich als richtig. Die Rückzugsstraße des
-Gegners, auf der wir alsbald vormarschierten, war von weggeworfenen
-Patronen besät und stellenweise in ihrer ganzen Breite tiefaufgerissen
-und zerstört, um das Vorankommen unsrer Geschütze und Fahrzeuge zu
-hindern. Aber die Wälder längs der Straße hatten Stammholz genug,
-um die Gräben im Augenblick zu überbrücken. Im Walde kurz vor dem
-langgestreckten Dorfe Warthi krepierten die ersten russischen
-Schrapnells über der Straße, auf der unser Bataillon marschierte.
-Die Kompanien zogen sich in Gefechtsbereitschaft nach links in die
-den feindlichen Stellungen vorgelagerten Waldstücke und erwarteten
-den Angriffsbefehl. Unsere Artillerie fuhr auf und antwortete den
-russischen Geschützen. Ein paar Gehöfte zwischen uns und dem Gegner
-brannten wie Fackeln herunter.
-
-Schon beim Abmarsch aus unsrer alten Stellung hatte Leutnant Wurche den
-Regimentsbefehl erhalten, der ihn zur zehnten Kompanie kommandierte.
-Während des Marsches war er noch mit mir zusammengeblieben, aber jetzt
-als die Kompanien zum Gefecht auseinandergezogen wurden, eilte er mit
-kurzem Händedruck davon, um sich bei seinem neuen Kompanieführer zu
-melden. Während des Marsches war er einsilbig gewesen. Ich verstand ihn
-ganz. Es wurmte ihn, +seinen+ Zug, +seine+ Leute aus der Hand geben zu
-müssen. Darin fühlte er recht wie ein Künstler, der einen andern über
-eine angefangene Arbeit gehen lassen muß. Er war Soldat genug, darüber
-nicht viele Worte zu machen. Er wußte Großes und Kleines recht wohl zu
-unterscheiden. Das Kleine, das ihn anging, nahm er darum nicht weniger
-ernst, aber er sprach nicht darüber.
-
-So kam es, daß wir in unser erstes Gefecht nicht Seite an Seite
-vorsprangen. Zwei Züge der neunten Kompanie, darunter der meine,
-wurden zuerst eingesetzt. Es war nicht viel mehr als eine gewaltsame
-Erkundung. Gleich beim ersten Sprung unsrer hinter dem Waldrand
-entwickelten Schützenlinie ins offene Gelände fegte der Hagel der
-russischen Maschinengewehre ratternd gegen uns an und riß die ersten
-Lücken. In drei Sprüngen arbeitete ich mich mit meinen Leuten bis zu
-einer flachen Ackerwelle vor, die uns wenigstens gegen Flankenfeuer
-Deckung gab. Der letzte Sprung kostete mich einen meiner braven
-Gruppenführer, den Gefreiten Begemann, der noch am Morgen auf unsrer
-Patrouille wacker und fröhlich unter den ersten in den russischen
-Graben hineingesprungen war. In den Ackerfurchen hinter uns jammerten
-Verwundete. Von unsrer kleinen Anhöhe aus konnten wir die russischen
-Gräben überschauen. Es waren wochenlang ausgebaute schrapnellsichre
-Gräben hinter tiefen, doppelten Drahtverhauen, eine meisterhafte,
-schachbrettartige Anlage, die mit Maschinengewehren gespickt war
-und den Angreifer an jedem Punkte in ein verheerendes Flankenfeuer
-hineinzwang. Diese Stellungen waren von stürmender Infanterie ohne
-starke Artillerievorbereitung nicht einfach zu überrennen. Mit ein
-paar Gruppen dagegen anzulaufen, war unmöglich. Ich gab Befehl
-»Spaten heraus!« und ließ meine Leute sich einschanzen. Dann schickte
-ich Gefechtsordonnanzen mit Meldung zurück und erhielt Befehl, mich
-bei Dunkelheit auf die Höhe der andern Kompanien zurückzuziehen. Als
-es dämmerte, gruben wir dem Gefreiten Begemann, den ein Herzschuß
-niedergestreckt hatte, in der vordersten Linie ein Grab. Die Kameraden
-in der Schützenlinie knieten auf und entblößten das Haupt. Ich sprach
-laut das Vaterunser. Ein paar russische Schrapnells barsten krachend
-über dem offenen Grabe. Wir schlossen das Grab, legten Helm und
-Seitengewehr auf den flachen Hügel und schickten drei Ehrensalven
-darüber hin gegen die russischen Gräben. Dann zogen wir uns auf die
-Höhe des Bataillons zurück. Hinter den niederbrennenden Bauernhöfen
-hoben die Kompanien Gräben aus und erwarteten in Bereitschaftsstellung
-den Morgen.
-
-Auch der folgende Tag brachte noch keinen Angriffsbefehl. Wie es
-hieß, wurde in aller Eile Artillerieverstärkung herangezogen, um die
-feindliche Stellung sturmreif zu machen.
-
-Am 21. August wurde nach zweistündigem Artilleriefeuer auf der ganzen
-Linie angegriffen. Das Gefecht von Krasna und Warthi lebt als einer
-der blutigsten Tage in der Geschichte der Brigade.
-
-Hinter den kahlen Hängen vor Warthi entfaltete sich das Bataillon. Die
-Kompanien zogen an den feuernden Batterien vorüber und entwickelten
-sich aus den flachen Mulden gegen die Höhe, von wo der Angriff
-vorgetragen wurde. Über diese Anhöhe lief zwischen den verbrannten
-Höfen eine Straße, die beim Angriff überquert werden mußte und vom
-Feinde rasend mit Maschinengewehren bestrichen wurde. Zugweise und
-gruppenweise sprangen die Kompanien über den Todesweg. Ich sah Leutnant
-Wurche mit seinem Zuge springen, Gewehr in der Hand, den Kopf im
-Nacken. Links und rechts von ihm rissen die Russenkugeln Lücken.
-Verwundete krochen zurück und taumelten hangabwärts zum Verbandplatz.
-Neue Feuersbrünste flammten um Warthi auf und warfen schwelende
-Rauchschwaden über das Schlachtfeld. Die Maschinengewehre hämmerten und
-schütteten. Das Infanteriefeuer brodelte. Die Artillerien zerrissen
-Luft und Erde. Die Schwarmlinien des Bataillons verschwanden im
-Gelände, verschmolzen mit Feld und Acker. Hier und dort eine springende
-Gruppe, die alsbald, wie von der Erde verschluckt, wieder verschwand.
-Die starke Stellung des Gegners hatte durch unser Artilleriefeuer
-nur wenig gelitten. Die Maschinengewehre waren nicht niedergekämpft.
-Der tiefe Angriffsraum, der zudem von verschanzten Höhen aus mit
-vernichtendem Flankenfeuer bestrichen wurde, kostete harte Verluste.
-Teile des Bataillons drangen nahe an die russischen Hindernisse vor,
-der Angriff gewann ein paar hundert Meter Raum, aber es war nicht
-möglich, sturmkräftige Schützenlinien vor den feindlichen Verhauen
-aufzufüllen. Die letzten Reserven wurden nicht mehr eingesetzt.
-Die vorgedrungenen Schützenlinien hatten sich auf dem Gefechtsfeld
-eingegraben. In der Dämmerung kam Befehl an die Kompanien, sich
-in +einer+ Höhe in durchlaufenden Gräben einzuschanzen. Es wurde
-dunkel. Leuchtkugeln stiegen. Spaten und Beilpicken klirrten. Von
-den überstürmten Äckern kam ein Stöhnen und Rufen. Die Krankenträger
-gingen vor und zerstreuten sich mit Bahren übers Feld. In den rasch
-aufgeworfenen Gräben saßen die Gruppen beisammen, schnitzten Kreuze und
-machten Kränze aus Wacholder und Fichtenzweigen. Aus der dunklen Erde
-wuchsen Gräber und schlossen sich über den Toten von Warthi. Brände
-verschwelten. Ab und zu ein prasselndes Zusammenstürzen ausgebrannter
-Häuser und Scheunen. Und immer wieder irgendwo ein Wimmern, ein
-messerscharfes Schreien. Ablösende Posten gingen zu zweien und dreien
-ins Dunkel vor. Patrouillen streiften durch die Postenkette zu den
-Russengräben hinüber. Die ganze Nacht hindurch ging das Suchen und
-Fragen und stille Finden ...
-
-Ernst Wurche lag mit seinen Leuten in der vordersten Linie. Da sein
-Kompanieführer gleich zu Beginn des Gefechts ausfiel, hatte er
-mitten im Sturm die Führung der zehnten Kompanie übernommen. Seine
-Fernsprecher hatten Verbindung nach rückwärts gelegt. Mitten in der
-Nacht rief mich der Freund durchs Feldtelephon an. Nach jedem einzelnen
-Mann seines alten dritten Zuges fragte er. Ich hatte die Verluste der
-Kompanie zusammengestellt. Auch in den dritten Zug hatte der Tag seine
-Lücken gerissen. Nach jedem der Verwundeten fragte er mehr, als ich
-antworten konnte. Von seinem eignen Erleben sprach er nicht. »Alles
-Gute für morgen!« »Gute Nacht!« Ich hing den Hörer ab. Dann ging ich
-zum dritten Zuge und brachte den Leuten die Grüße des Freundes. Der
-Morgen ging blaß über Gräben und Gräbern auf ...
-
-Der neue Tag verging unter Wachen und Schanzen. Es hieß, daß schwere
-Artillerie im Anmarsch sei. Aber in der nächsten Nacht wichen die
-Russen weiter ostwärts auf Olita zurück. In der Frühe des 23. August
-drängten wir nach. Mein Zug hatte während des Marsches die Spitze. An
-unsern Kolonnen vorüber zogen auf dem ganzen Wege zwischen Nowewloki,
-Warthi und Solceniki die endlosen Flüchtlingszüge der von den Russen
-mitgeschleppten lettischen Bauern, die mit einem Troß armseliger
-Karren voller Betten und Hausrat, mit dem Rest ihrer Herden und
-Pferde ihren verlassenen Höfen hinter den deutschen Linien wieder
-zustrebten. Nur selten flog ein Zuruf, ein Gelächter hin und her
-zwischen den grauen Kolonnen der marschierenden Soldaten und der armen
-Herde bündelschleppender Frauen, schreiender Kinder und hastig die
-Kappen und Pelzmützen rückender Männer. Die Dörfer und Höfe, zu denen
-die Vertriebenen zurückwanderten, lagen in Asche unter verkohlten
-Fruchtbäumen und niedergetretenen Zäunen. Der ferne Widerschein ihrer
-brennenden Dörfer hatte durch Tage und Nächte den Heimatlosen in die
-Augen gebrannt und ihren Glanz stumpf gemacht. Abseits der Straße irrte
-blökendes Vieh über die zertretenen Felder, barfüßige, schreiende
-Jungen mit Stöcken und kläffende Hunde sprangen dazwischen herum.
-Vorüber an der Völkerwanderung der Abgehausten ging unser Marsch,
-ging durch menschenöde Dörfer aus altersschwarzen Holzhütten mit
-tiefhängenden, moosverfilzten Strohdächern und geplünderten Obstgärten,
-vorbei an frischen Gräbern und vorbei an den gespenstisch-verwahrlosten
-lettischen Kirchhöfen, die mit ihren schwarz und riesenhaft über einen
-Wall von rohen Felsblöcken emporstakenden Holzkreuzen geheimnisvollen
-Schädelstätten glichen, öden, verlassenen, von allem Lebendigen
-gemiedenen Richtplätzen. Pferdekadaver und verlassene Wagen, zerfetzte
-Uniformstücke und verstreute Patronen überall auf Weg und Feld,
-zerfahrene und zertretene Ernten zur Seite ...
-
-Am Wegekreuz vor Zajle erhielt ich durch Zuruf der Verbindungsrotten
-Befehl zu halten. Der Bataillonsstab kam zur Spitze vorgeritten, saß ab
-und studierte im Straßengraben die Karte. Meldereiter brachten Befehle.
-Der Vormarsch fand an der Seensperre vor dem Gilujicie- und Simno-See
-für heute sein Ende. Die Kompanieführer wurden nach vorn gerufen und
-empfingen die Befehle für die Nacht. Der Stab bezog mit zwei Kompanien
-Quartier im Gutshof von Ludawka, die neunte und zehnte Kompanie
-sicherte mit Feldwachen und Vorposten zwischen den Buchciánski-Sümpfen
-und dem Simno-See. Über Karte und Meldeblock gebückt, standen die
-Offiziere um den am Grabenrand sitzenden Major. Auf der Straße von
-Zajle her kam eine Sicherungspatrouille mit einer Rotte heftig
-redender und gestikulierender Bauernburschen; es waren großgewachsene,
-strohblonde Kerle, die ohne Kleider in den Betten gelegen hatten, nur
-die Soldatenhemden hatten sie verraten.
-
-Unter dem hochragenden Wegekreuz von Zajle sah ich den Freund noch
-einmal. Er hatte den Weg nach Posiminicze erkundet, wo er mit einem
-Zuge Feldwache beziehen sollte. Wir sprachen über die Toten von Warthi.
-Ich redete von diesem und jenem, den ich in seinem ersten Gefechte
-fallen sah, nachdem ein frischer und herzlicher Führerwille durch lange
-Monate unermüdlich an ihm gearbeitet hatte. Ein Sprung und Sturz --
-tot! Und für diesen +einen+ Schritt so viele Mühe und Liebe -- »Nicht
-für diesen +einen+ Sprung,« unterbrach mich der Freund, »sondern
-dafür, daß er ihn mit hellen und beherzten Augen, mit +Menschen+augen
-tat! Und sollte das nicht genug sein?« Ich sah ihn an und schwieg.
-Schwieg aus Freude und nicht aus Widerspruch. Aber er schien's dafür zu
-nehmen und schob seinen Arm unter meinen. »Haben Sie denn vergessen,
-was Sie Ihren alten Klaus von Brankow in der einen Bismarcknovelle
-sagen lassen?« Und er holte die Worte aus seinem frischen, jungen
-Gedächtnis: »Umsonst --? Es mag enden, wie es will -- Ihr werdet Euer
-Brandenburg, Brandenburg! nicht umsonst gejubelt haben. Hat nicht
-der tote Begriff Vaterland lebendige Schönheit und Taten gezeitigt?
-Haben nicht tausend junge Menschen durch tausend Stunden menschlichen
-Lebens nicht an Leichtes und Leeres und Arges gedacht, sondern sind mit
-warmen und festen Herzen durch Tage und Nächte gegangen? Kann eine Zeit
-umsonst sein, die aus dem sprödesten der Stoffe, aus dem menschlichen,
-Kunstwerke gemacht und sie auch denen offenbart hat, die sie wie
-Barbaren zertrümmern mußten?« --
-
-In diesem Augenblick wurde ich zum Kompanieführer gerufen und erhielt
-Befehl, zur Sicherung der Postenaufstellung mit meinem Zuge bis
-Dembowy Roq vorzugehen und dort Stellung zu nehmen. Ich sprang noch
-einmal, während meine Leute unter Gewehr traten, über den Graben und
-drückte dem Freunde die Hand. »Ich habe für die Nacht Feldwache in
-Posiminicze,« sagte er, »kommen Sie doch auf eine Stunde herüber!« »Das
-geht nun nicht, ich liege selbst auf Vorposten.« »Ja dann -- aber es
-ist schade!« Ich ließ seine Hand und sprang über den Graben zurück.
-»Gewehre in die Hand!« Ich marschierte mit der Spitzengruppe ab, der
-Rest des Zuges folgte auf kurzen Abstand. Unter dem hohen, schwarzen
-Kreuze von Zajle stand die schlanke, aufrechte Gestalt des Freundes.
-»Auf Wiedersehen!« rief ich ihm zu. Er stand still unter dem Kreuze und
-hob die Hand zum Helmrande ...
-
-Die Feldwachen und Posten waren aufgestellt, und ich war mit
-meinem Zuge nach Zajle zur Vorpostenkompanie zurückmarschiert. Ich
-saß am Tisch einer Bauernstube und schrieb Briefe nach Haus. Der
-Kompanieführer schlief auf einer Strohschütte. Die Bauernfamilie lag
-in einem riesigen Holzbett unter grellbunten Kissenbergen. In einer
-Stubenecke zwischen Tornistern und Gewehren hockten die Fernsprecher
-um ein Lichtstümpfchen am Apparat. Ab und zu klöhnte der Summer, eine
-ferne quäkende Stimme gab Meldungen durch, die der Telephonist halblaut
-wiederholte und niederschrieb. Das menschenüberfüllte Zimmer war voll
-verbrauchter Luft. Ich stand auf und öffnete ein Fenster. Zögernd und
-blaß traten die Sterne aus dem Himmel. Vor dem Hause klang der Schritt
-des Postens. Hinter mir tönte ab und zu das verschlafene Wimmern eines
-kleinen Kindes, das in der lettischen Wiege, einem an rußschwarzen
-Stricken von der Decke herabschwebenden Holzkasten, lag. Leise und kühl
-wehte die Nachtluft mich an.
-
-Wieder klöhnte der Summer des Telephons aus der Stubenecke. »Herr
-Leutnant --!« »Ja, was ist?« Ich wandte mich ahnungslos um. Der
-Fernsprecher hielt mir den Hörer entgegen. Der Summer hatte dreimal
-lang angerufen. Das ging mich nichts an. Irgend jemand sprach mit dem
-Bataillon. Aber ich nahm doch den Hörer, den der Fernsprecher mir mit
-kurzem Ruck aufdrängte. Warum sah mich der Mann so an? Ich hörte das
-Gespräch ab. »Meldung von Feldwache in Posiminicze: Leutnant Wurche
-auf Patrouille am Simno-See schwerverwundet. Bitte um Wagen zum
-Transport.« ...
-
-Es war ganz still im Zimmer. Der Mann am Fernsprecher sah mich an. Ich
-wandte mich ab. Die Gedanken flogen mir durcheinander. Ich wollte aus
-dem Zimmer stürzen und nach Posiminicze laufen ... Aber ich lag ja auf
-Vorposten. Und draußen verblutete vielleicht der Freund. Ich durfte
-nicht fort. »Ja dann -- aber es ist schade.« Das Abschiedswort unter
-dem Kreuz von Zajle ging plötzlich durch die Stille. Ich biß die Zähne
-aufeinander. Immer wieder hörte ich das Wort, das halb gleichgültige,
-sinnlose Wort, das mich höhnte. »Es ist schade ... Es ist schade ...«
-Und draußen verblutete der Freund.
-
-Da nahm ich den Hörer wieder und rief die zehnte Kompanie an. Der
-Summer schrillte. Die Kompanie meldete sich. Aber es war keine neue
-Meldung von der Feldwache eingelaufen. Der Verwundete lag noch draußen.
-Ein Wagen war nach Posiminicze unterwegs. Das war alles. »Sobald neue
-Meldung kommt, rufen Sie mich an!« »Jawohl, Herr Leutnant.« Alles
-dienstlich, ruhig, gleichgültig, müde wie immer. Ich saß und wartete.
-Ich stand auf und ging auf und nieder. Der Mann in der Ecke folgte
-mir mit den Augen. Ich ging aus dem Zimmer und war allein. Von Stunde
-zu Stunde rief ich durchs Feldtelephon an. »Keine weitere Meldung,
-die Leute sind noch draußen.« Immer dasselbe. Und ich saß kaum eine
-Wegstunde fern und durfte nicht zu dem Freunde eilen. Ich stand auf
-der dunklen Straße von Zajle, starrte in die Finsternis nach Südosten
-hinüber und kämpfte mit mir und war meiner nicht mehr Herr.
-
-Das Fenster klang. »Herr Leutnant!« Ich stürzte ins Zimmer und faßte
-den Hörer. »Hier Leutnant Flex!« »Hier zehnte Kompanie! Leutnant Wurche
-ist tot.«
-
-Ich gab den Hörer aus der Hand, ohne Antwort. »Schluß!« rief der
-Fernsprecher in den Schalltrichter. Sinnlos, sinnlos war das alles ...
-Wieder stand ich unter dem blassen Himmel. Die Häuser um mich her als
-drohende, schwarze Klumpen. Und die Stunden schlichen weiter, eine nach
-der andern.
-
-Ich wartete nur auf das Frührot. Dann jagte ich nach Posiminicze
-hinüber. Zwei Stunden gab mir die Kompanie Urlaub. Dann mußte ich
-zum Abmarsch zurück sein. Ohne Pferde war es unmöglich. Ich brachte
-einen Leiterkarren auf, meine Leute holten ein paar Gäule von der
-Weide. Der Bauer mußte anspannen. Aber er machte Schwierigkeiten.
-Er hatte kein Lederzeug. Ich riß die Pistole heraus und drohte die
-Gäule zusammenzuschießen. Der Bauer und die Weiber warfen sich auf
-die Erde, rangen die Hände und heulten. Ich riß ihn hoch. »Stricke!«
-Es waren keine Stricke da. Erst als ich auf die Pferde anschlug,
-brachte ein halbwüchsiger Bursche Stricke aus einem Schuppen. Es war
-keine Zeit zu verlieren. Ich mußte den Freund noch einmal sehen. Er
-sollte durch eine Hand zur Ruhe gebettet werden, die ihn brüderlich
-liebte. Die Gäule waren angesträngt. Ich sprang auf. Einen jungen
-Kriegsfreiwilligen, der das Grab für die Eltern zeichnen sollte, nahm
-ich mit. Vorwärts! Ich hieb auf die Pferde und jagte querfeld nach
-Posiminicze hinüber.
-
-Dann stand ich vor dem Toten und wußte nun erst: Ernst Wurche war tot.
-In einer kahlen Stube auf seinem grauen Mantel lag der Freund, lag
-mit reinem, stolzem Gesicht vor mir, nachdem er das letzte und größte
-Opfer gebracht hatte, und auf seinen jungen Zügen lag der feiertäglich
-große Ausdruck geläuterter Seelenbereitschaft und Ergebenheit in Gottes
-Willen. Aber ich selbst war zerrissen und ohne einen klaren Gedanken.
-Vor dem Hause, zur Linken der Tür, unter zwei breiten Linden hatte ich
-die offene Grube gesehen, die die Leute der Feldwache ausgehoben hatten.
-
-Dann sprach ich die Mannschaften, die am Abend mit ihm auf Patrouille
-gegangen waren. Ernst hatte feststellen sollen, ob die Gräben der
-Seensperre vor Simno noch von Russen besetzt wären. Im Vorgehen war
-die Patrouille vom Feind mit Schrapnells unter Feuer genommen worden.
-Es war unmöglich, unbemerkt an die zu erkundende Stellung mit der
-Patrouille heranzukommen. Aber der junge Führer kehrte nicht um, ohne
-seinen Auftrag restlos zu erfüllen. Nur seine Leute ließ er zurück.
-Während sie in Deckung warteten, machte er einen letzten Versuch, sich
-die Einsicht in den russischen Graben zu erzwingen. Gewohnt, immer
-zuerst sich als den Führer einzusetzen, kroch er allein Meterbreite
-um Meterbreite vor und arbeitete sich so noch weitere hundertfünfzig
-Meter heran. Der Graben war nur noch von Kosakenposten besetzt, aber im
-Vorkriechen wurde der deutsche Offizier von einem der Russen bemerkt,
-der alsbald auf ihn feuerte. Eine Kugel drang ihm in den Leib, die
-großen Blutgefäße zerreißend und den Tod in kurzer Zeit herbeiführend.
-Seine Leute bargen ihn aus dem Feuer der flüchtenden Kosaken. Einer
-fragte, wie sie ihn trugen: »Geht es so, Herr Leutnant?« Er antwortete
-noch ruhig wie immer: »Gut, ganz gut.« Dann verließen ihn die Sinne,
-und er starb still, ohne zu klagen.
-
-Vor dem lettischen Gehöft, wo er als Feldwachhabender gelegen, auf den
-Seehöhen vor Simno schmückte ich ihm das Heldengrab. Zwei Linden über
-ihm als geruhige Grabwächter, das nahe Rauschen der Wälder und das
-ferne Gleißen des Sees sollten ihn behüten. In den Bauerngärten umher
-war eine blühende, schwellende Fülle von Sonne und Sommerblumen. Ein
-Grab voll Sonne und Blumen sollte der sonnenfrohe Junge haben. Mit Grün
-und Blumen kleidete ich die kühle Erde aus. Dann brach ich eine große,
-schöne Sonnenblume mit drei golden blühenden Sonnen, trug sie ihm ins
-Haus und gab sie ihm in die gefalteten Hände, die, fast Knabenhände
-noch, so gerne mit Blumen gespielt hatten. Und ich kniete vor ihm, sah
-wieder und wieder in den feiertäglich stillen Frieden seines stolzen
-jungen Gesichts und schämte mich meiner Zerrissenheit. Aber ich rang
-mich nicht los von dem armseligen Menschenschmerze um das einsame
-Sterben des Freundes, in dessen Hand in der letzten Stunde keine andere
-gelegen hatte, die ihn liebte.
-
-Doch je länger ich kniete und in das reine, stolze Gesicht sah, desto
-tiefer wuchs in mir eine angstvolle und unerklärliche Scheu. Etwas
-Fremdes wehte mich an, das mir den Freund entrückte. Dann schlug
-mir das Herz in aufwallender Scham. Er, der seinem Gotte so gerne
-nahe war, wäre +allein+ gestorben? Ein Bibelwort fiel mir ein aus
-Jeremias: »+Ich+ bin bei dir, spricht der Herr, daß ich dir helfe.« Das
-letzte große Zwiegespräch auf Erden, die Zweieinsamkeit zwischen Gott
-und Mensch hatte kein Unberufener gestört ... Und ich klagte um ein
-freundloses Sterben -- -- --
-
-Nicht daß ich's in jener Stunde klar empfunden hätte, aber als Keim
-senkte es sich damals in meine Seele, der in später Erinnerung heller
-und heller aufblühte. Großen Seelen ist der Tod das größte Erleben.
-Wenn der Erdentag zur Rüste geht und sich die Fenster der Seele, die
-farbenfrohen Menschenaugen verdunkeln wie Kirchenfenster am Abend,
-blüht in dem verdämmernden Gottestempel des sterbenden Leibes die Seele
-wie das Allerheiligste am Altar unter der ewigen Lampe in dunkler Glut
-auf und füllt sich mit dem tiefen Glanze der Ewigkeit. Dann haben
-Menschenstimmen zu schweigen. Auch Freundesstimmen ... Darum forscht
-und sehnt euch nicht nach letzten Worten! Wer mit Gott spricht, redet
-nicht mehr zu Menschen.
-
-Hätte ich's doch klarer empfunden in jener Abschiedsstunde! Ich ließ
-den Freund hinaustragen und half ihn in das grünausgekleidete Grab
-unter den Linden senken. In seiner vollen Offiziersausrüstung bettete
-ich ihn zum Heldenschlafe mit Helm und Seitengewehr. In der Hand trug
-er die Sonnenblume wie eine schimmernde Lanze. Dann deckte ich ihn mit
-der Zeltbahn. Über dem offenen Grabe sprach ich ein Vaterunser, zu dem
-mir nun freilich wieder die Worte in Tränen versagten, und warf die
-ersten drei Hände Erde auf ihn, danach sein Bursche, dann die andern.
-Dann schloß sich das Grab, und der Hügel wuchs. Eine Sonnenblume steht
-darauf und ein Kreuz. Darauf ist geschrieben: »Leutnant Wurche. I. R.
-138. Gefallen für das Vaterland. 23. 8. 1915.« Der Stahl, den der
-Waffenfrohe blank durch sein junges Leben getragen, liegt ihm nahe am
-Herzen, als ein Gruß von Erde, Luft und Wasser der Heimat, aus dem
-Marke deutscher Erde geschmiedet, in deutschem Feuer gehärtet und mit
-deutschem Wasser gekühlt.
-
- Der Stahl, den Mutters Mund geküßt,
- Liegt still und blank zur Seite.
- Stromüber gleißt, waldüber grüßt,
- Feldüber lockt die Weite ...
-
-Die Verse, die er im Leben geliebt, lebt er im Tode.
-
-Über das Kreuz hing ich zum Abschied einen aus hundert flammenden
-farbigen Bauernblumen gewundenen Kranz, für den seine Leute alle
-Gartenbeete der lettischen Bauern geplündert hatten. Weichsamtene
-Levkojen und rotgoldene Studentenblumen, Nachtschatten und
-Sonnenblumen, der ganze reife Sommer blühte über dem Grabe des
-Jünglings, als ich schied.
-
-Durchs Feldtelephon kam der Marschbefehl. Ich mußte im Galopp zu
-meiner Kompanie zurück. Das Bild des Grabes, das der Kriegsfreiwillige
-gezeichnet, in der Brieftasche, brach ich zur weiteren Verfolgung
-des Feindes auf. Wir marschierten den Weg, den er so treu mit seiner
-Patrouille unter Hingabe seines Lebens aufgeklärt hatte.
-
-Am Abend lagen wir wieder vor dem Feinde. Die Schrapnells und Granaten
-russischer Feldgeschütze fuhren gurgelnd und krachend, wirbelnde
-Luftschleppen hinter sich herreißend, gegen die Gehöfte, hinter denen
-wir Deckung suchten. Ich saß auf einem Tornister und schrieb auf
-ein paar Meldekarten an die Eltern des Freundes. »Glauben Sie mir:
-Sie tun ihm die letzte Liebe, wenn Sie seinen Tod so tragen, wie es
-seiner würdig ist und wie er es wünschen würde! Gott lasse seine
-Geschwister, an denen er so brüderlich hing, aufwachsen, ihm gleich an
-Treue, Tapferkeit und Weite und Tiefe der Seele!« Aber ach, wie fern
-war ich selbst, während ich dies schrieb, von solcher Ergebung und
-Herzenstapferkeit, die ich andere lehrte! --
-
- * * * * *
-
-Und weiter Märsche und Gefechte, Gefechte und Märsche ... Olita fiel.
-Bei Preny gingen wir über den Njemen. Vor Zwirdany zerbrachen wir
-in nächtlichem Sturm die Russensperre am Daugi-See, nachdem wir am
-Tage die Höhenstellungen bei Tobolanka erstürmt hatten. Am Ufer der
-Mereczanka, vor dem brennenden Orany, lagen wir im Feuer. Und zogen
-der Wilia entgegen in neue Schlachten. Allabendlich flammten und
-schwelten Dörfer und Scheunen am Horizonte als Brandfackeln, die dem
-rückflutenden Russenheere meldeten, wie weit die deutschen Heeressäulen
-vorgedrungen waren. Verstörte Einwohner huschten mit Kindern, Bündeln
-und Packen schattenhaft auf unsern Wegen um zerschossene Wohnstätten
-und zertretene Gärten. Hunde jaulten um verlassene und zerstörte
-Höfe. Vieh und Pferde tauchten auf und verschwanden. Gleichgültig
-und mit müden Augen sahen wir all die schattenhaften Bilder, die wie
-Sonnenaufgang und Untergang sich täglich und stündlich wiederholten,
-stumpf und schlafhungrig hörten wir den Wirrwarr lauter Befehle und
-Zurufe, das »Germanski, Germanski!«-Jammern der verwundeten Russen in
-Wald und Feld -- -- Schlafen! nur schlafen!
-
-Das Zwielicht eines baufälligen Stalles von Winknobrosz schied mich
-von der scharfen, grauen Helle eines Septembermorgens voll Sturm und
-Regen. Die Strohschütten, auf denen ich unter meinem grauen Mantel
-lag, strömten faden, süßlichen Fäulnisgeruch aus und erfüllten die
-regen- und schlammschweren Kleider mit dunstfeuchter Wärme. Von den
-braunen Leibern der zwei müden Kompaniepferde, mit denen ich den
-dumpfen, zugigen Raum teilte, stieg farbloser Schweißdunst auf und
-stand als grauer Nebel in den durch die Löcher der Holzwand und die
-Risse des Strohdachs hereinbrechenden grellen Lichthaufen. Durch die
-klaffenden Sprünge und Spalten der rohen Holztür, die das armselige
-Wohngelaß des polnischen Dorfschmieds von uns schied, quoll der
-unruhige Lärm der Telephonisten und Offiziersburschen, untermischt
-mit weinerlichem Polnisch und dem stoßweisen Wimmern eines Kindes,
-das in der Schwebewiege durch den Armeleutebrodem des überfüllten
-Raumes schaukelte. Der Summer des Telephons klöhnte und klöhnte ...
-Alles wie an jenem Abend in Zajle. Warum traten Menschen und Dinge
-immer wieder zu dem quälenden Bild der Erinnerung zusammen und taten
-Gespensterdienst und schafften alle Nächte zu Todesnächten um? Heute
-und morgen -- wie oft noch?
-
-Aus den klammen Falten des Mantels über meinen Knien schimmerten im
-Halbdunkel zwei wandernde leuchtende Punkte, die Radiumzeiger einer
-flachen, kleinen Stahluhr, auf der die Stunden des Ruhetages nach
-wochenlangen Kämpfen und Märschen träge und müde abliefen, eine um die
-andere.
-
-Ich sah auf das bißchen Glanz, das inmitten von so viel Armseligkeit
-schimmerte, und mühte mich, das Ticken der kleinen Uhr zu hören. Ich
-hob sie auf und glaubte wieder das unermüdliche Gangwerk zu spüren wie
-den Pulsschlag von etwas Lebendigem. Ich redete mir so gerne ein, daß
-es ein Stücklein Leben wäre, das mir gut und treu nahe sei. Denn dieses
-leise pulsende Treiben war noch von der Hand in Gang gebracht worden,
-die mir vor andern Menschenhänden lieb war und die nun still über dem
-kühlen Stahl des Schwertes im Grabe ruhte. Ernst Wurches Uhr, die mit
-mir durch die Kämpfe der Njemenschlacht und der Schlacht bei Wilna den
-Weg zu den Eltern in der schlesischen Heimat suchte ... Als ich in der
-Frühe des Unglückstages, der seiner Sterbenacht folgte, an die Seite
-des Toten eilte, schwiegen Lippen, Puls und Herz des Freundes seit
-Stunden, aber als mir die kleine Uhr in die Hand hinüberglitt, erspürte
-ich das leise, behutsame Pulsen des Werkes, das +er+ noch in Gang
-gesetzt, wie ein Stücklein Leben von seinem Leben, und ich hatte und
-hegte einen Augenblick lang das törichte Leidgefühl, als hielte ich das
-liebe Herz meines Freundes in Händen.
-
-Durch Stunden und Tage mühte ich mich, die kleine unermüdliche Stimme,
-die mich seitdem durch Märsche und Gefechte begleitete, besser zu
-verstehen. Und sie redete zu mir und sprach auch heute: »Du lebst die
-Lebensstunden meines toten Herren, deines Freundes, die Gott ihm als
-ein Opfer abforderte. Denkst du daran? Du lebst seine Zeit, wirke seine
-Arbeit! Er schläft, du wachst, und ich teile dir die Stunden deiner
-Lebenswache zu. Ein rechter Kamerad wacht für den andern, wache du für
-ihn! Sieh, ich hüte treu das Amt, das er mir zugeteilt, sei ihm treu
-wie ich, du Mensch, der mehr ist als wir toten Dinge, deren Leben von
-euch stammt!« ... Die leise kleine Uhr sprach und sprach, und ihre
-Stimme sickerte mir tiefer und tiefer ins Herz ... Ich wollte gehorchen
-und mich über den Schmerz emporreißen. Und schrieb im Halbdunkel:
-
- »Im Osten, von wannen die Sonne fährt,
- Ich weiß ein Grab im Osten,
- Ein Grab vor tausend Gräbern wert,
- Drin schläft ein Jüngling mit Fackel und Schwert
- Unter des Kreuzes Pfosten.
-
- Als Fackel trägt er in weißer Hand
- Eine goldene Sonnenblume,
- Auch loht von des Heldenhügels Rand
- Eine Sonnenblume wie Feuersbrand,
- Eine Fackel zu seinem Ruhme.
-
- Das Schwert, so oft beschaut mit Lust,
- Glüht still in eig'nem Glanze.
- Es deckt des Sonnenjünglings Brust
- Als Sonnenwappen der Blütenblust
- Der gold'nen Blumenlanze.
-
- Er war ein Hüter, getreu und rein,
- Des Feuers auf Deutschlands Herde.
- Nun blüht seiner Jugend Heiligenschein
- Als Opferflamme im Heldenhain
- Über der blutigen Erde.
-
- Die Fackel, die seinem Grabe entloht,
- Soll Jugend um Jugend hüten,
- Bis unter Morgen- und Abendrot
- In Friedensträumen und Schlachtentod
- Die letzten Deutschen verblühten.
-
- Ein Flammenengel des Weltgerichts
- Schläft still in schimmernden Waffen.
- Einst wird er, zerstäuben die Welten in Nichts,
- Die blühende Lanze voll schwellenden Lichts
- Von seinem Grabe raffen.
-
- Dann leuchtet sein Leib aus der Toten Chor,
- Ein Blitz aus wogender Wolke,
- Dann bricht er mit Fackel und Schwert hervor
- Und leuchtet durch der Ewigkeit Tor
- Voran seinem deutschen Volke.«
-
-Die Pulse flogen mir. Ich stand auf und ging hinaus. Freie und Frische
-wehten mich an. Das Herz wallte mir leichter als seit langem. Da --
-ein Rauschen in den Lüften, ein scharfes Schreien, ein Näherbrausen,
-ein wanderndes Gänseheer rauschte hoch über Winknobroscz hin nach
-Süden. Ihre Schatten flogen über mich hin. Eine Erinnerung drückte auf
-mich wie eine lastende Hand. Wie lange war es her, daß das Gänseheer
-wandernd nach Norden rauschte über die kriegswunden Wälder vor Verdun
-hin, über den Freund und mich?
-
- »Rausch' zu, fahr' zu, du graues Heer!
- Rauscht zu, fahrt zu nach Norden!
- Fahrt ihr nach Süden übers Meer --
- Was ist aus uns geworden?
-
- Wir sind wie ihr ein graues Heer
- Und fahr'n in Kaisers Namen,
- Und fahr'n wir ohne Wiederkehr,
- Rauscht uns im Herbst ein Amen!«
-
-Aus Frühling und Sommer war Herbst geworden. Die Graugänse wanderten
-nach Süden. Fernhin rauschte ihre Fahrt über das einsame Grab auf den
-stillen Höhen über dem Simno-See ... Ich schaute dem wandernden Heere
-nach, doch nicht lange. Wie eine Hand lag mir's im Nacken, die mich
-duckte. Da ging ich zurück in die polnische Schmiede und warf mich ins
-Stroh.
-
-Tiefer und tiefer hinein in russisches Land ging der Vormarsch.
-Moskauer und Petersburger Garden warfen wir aus verschanzten Wäldern,
-setzten auf Pontons über die Wilia und lagen in der Hölle des
-brennenden Porakity, über dessen Trümmer die Flut der Russengeschosse
-hinging, während wir wehrlos, von siedender Helle übergossen, durch
-mörderische Stunden warteten. Wir schanzten uns vor Ostrow ein und
-hörten das Geheul der durch das brennende Uljany vorbrechenden und
-wieder zurückgeworfenen Russenhorden.
-
- Wir stoßen unsre Schwerter
- Nach Polen tief hinein.
- Die Hand wird hart und härter,
- Das Herz wird hart wie Stein.
-
- Die Lust ist uns bestohlen.
- Wer nahm uns Glück und Glut?
- Das macht im Sand von Polen
- Das viele stille Blut.
-
- Wir tragen unsre Fahnen
- Still in die Nacht hinein,
- Das Blut auf unsern Bahnen
- Ist unser Frührotschein.
-
- Durch Polen möcht' ich traben,
- Bis mir das Blut erglüht.
- Das kommt vom Gräbergraben,
- Das macht die Hände müd'.
-
- Bei Schwertern und bei Fahnen
- Schlief uns das Lachen ein.
- Wen schert's! -- Wir soll'n die Ahnen
- Lachender Enkel sein.
-
-Das Hin und Her der Märsche und Gefechte ging weiter. Aber der Krieg
-brannte nieder. Aus der Schlacht bei Wilna führte ich zuletzt die Reste
-zweier Kompanien heraus hinter die Kette der litauischen Seen, an denen
-wir uns einschanzen sollten.
-
- ... Und wieder vor der Kompanie
- Tappt meines Fuchsen müder Schritt.
- Durch Wald und Nachtwind führ' ich sie,
- Und hundert Füße rauschen mit.
-
- Der Wald ist wie ein Sterbedom,
- Der von verwelkten Kränzen träuft,
- Die Kompanie ein grauer Strom,
- Der müde Wellen rauschend häuft.
-
- Der graue Strom rauscht hinter mir,
- Durch Sand und Schnee, durch Laub und Staub,
- Und Well' um Welle dort und hier
- Wird Sonnenraub, wird Erdenraub.
-
- Es schwillt der Strom und ebbt und schwillt ...
- Mein Herz ist müd', mein Herz ist krank
- Nach manchem hellen Menschenbild,
- Das in dem grauen Strom versank.
-
- Die Welt ist grau, die Nacht ist fahl,
- Mein Haupt zum Pferdehals geduckt,
- Träum' ich, wie hell durchs Todestal
- Mein Strom einst klang lichtüberzuckt ...
-
- Mein Fuchs geht immer gleichen Tritt
- Voran, entlang dem grauen Zug,
- Und graue Reiter reiten mit,
- Die er vor mir im Sattel trug. --
-
-Bei Nacht zogen wir uns hinter die natürliche Verteidigungsstellung
-der Seensperre zurück, hoben in größter Eile Gräben aus und ließen
-den Gegner anlaufen. Tag und Nacht schanzten unsre Leute. Rings um
-die Seen brannten die Russendörfer nieder, rotlodernde Leichenfackeln
-des sterbenden Krieges. Und wieder monatelanges Stilliegen in
-Schützengräben wie einst auf den Maashöhen vor Verdun und in den
-Wäldern vor Augustow. Und doch alles anders. Wie ein ferner, schöner
-Traum lagen die lauen Sommernächte hinter uns, die wir singend und
-plaudernd durchwacht hatten. Jetzt türmten sich Schneewälle um unsre
-Erdhöhlen. Schneidende Ostwinde fegten das graue Eis der Seen und
-peitschten nadelscharfe Kristalle gegen die wachtmüden Augen. Dreizehn
-und vierzehn Stunden dauerte das nächtliche Horchen und Lauern der
-Wacht im Osten.
-
- Eisgrauer See,
- Mondheller Schnee ...
- Wie lang' noch soll ich schreiten
- Das kalte Schwert zur Seiten?
- Wie lang' währt Mord und Streiten?
- Weh', Russenerde, weh' --!
-
- Einsame Wacht,
- Schneekühle Nacht.
- Es knarrt der Frost im Eise,
- Der Sturm singt harsche Weise,
- Der Friede, den ich preise,
- Der ist in Bann und Acht.
-
- Brandhelle loht!
- Mord, Haß und Tod,
- Sie recken ob der Erde
- Zu grauser Drohgebärde,
- Daß niemals Friede werde,
- Schwurhände blutigrot.
-
- Was Frost und Leid!
- Mich brennt ein Eid.
- Der glüht wie Feuersbrände
- Durch Schwert und Herz und Hände.
- Es ende drum, wie's ende --
- Deutschland, ich bin bereit.
-
-Die Zeit schlich durch die Winternächte hin so träge wie eine Flamme,
-die sich schwelend durch feuchte Buchenkloben frißt ...
-
-Die Lücken, die der Bewegungskrieg gerissen, schließen sich durch
-Ersatz aus der Heimat. Frisch ausgebildeter Landsturm und junge
-Rekruten. Der Graben füllt sich mit fremden Gesichtern und neuen grauen
-Röcken, die seltsam von den verwitterten, erdfarbenen Kleidern der
-alten Leute abstechen. Und wieder Wochen und Wochen des Schanzens und
-Lauerns, und in Schnee und Regen sind alle Röcke sich gleich geworden.
-Es gibt keine fremden Gesichter mehr im Graben. Aber die fehlenden
-kommen nicht wieder. Nur in den langen, grauen Nächten kommen sie und
-reden. Der Verkehr mit den Toten macht einsilbig und still ...
-
-Ich liege erst zwischen den Seen, dann fünf Monate hindurch mit meiner
-»Sechsten«. Schanzen und Wachen, Wachen und Schanzen. Alle Nächte sind
-tief und dunkel wie Abgründe und voll unfaßbaren Lebens. Die Tage sind
-fahl und kurz und sind nichts als bleierner Schlaf und verworrener
-Traum. Die Nächte sind ein verhohlenes Leben in Erdhöhlen und dunklen
-Gräben, ein Auf- und Abwandern an starrenden, grauen Drähten in
-aufflackernder und verwehender Helle, ein Lauern über Brustwehren und
-Schießscharten und ein Hocken am Feldtelephon ... Und aus jeder Nacht
-hebt sich dunkel und bedrückend vor den überwachen Sinnen die eine
-verschollene Nacht, die Nacht von Zajle ... Der Summer im Feldtelephon
-klöhnt. Die stille Fläche des Simno-Sees schimmert auf. Ferne
-Schüsse knattern. Der Posten geht auf und nieder ... O, ihr Nächte,
-ihr Totenbeschwörer! Traum und Trug sind die Tage, die wie Blätter
-verwehen, und in jeder Nacht erneut sich das Dunkel der Sterbenacht
-über dem Simno-See. Ich sitze zusammengekauert vor der flackernden
-Kerze im Unterstand und lausche den Stimmen der Nacht und hadere.
-Jede Nacht erlebe ich dein Sterben, Freund! Du und ich, wir beide in
-+einem+ brennenden Hause, die Habe unseres Volkes zu retten, durch
-dünne Wände geschieden, du und ich. Und du, mein Bruder, verbrennst
-in der Kammer neben mir, und ich darf dir nicht helfen ... Ich sitze
-zusammengeduckt und hadere. Und fühle doch deine Nähe. Du bist bei mir
-und schwichtigst. Ich höre deine gute, junge Stimme.
-
-»Leutnantsdienst tun heißt seinen Leuten vorleben, das Vorsterben
-ist dann wohl einmal ein Teil davon.« Ich hebe die Augen und suche.
-Gestalt und Stimme verwehen. Ich schlage den Mantelkragen hoch und
-trete ins Freie. Und die russische Nacht durchfrostet mich wieder.
-Vor den Gräben und Horchlöchern wandre ich auf und nieder. Von der
-Höhe über den verkohlten Dorftrümmern ragen gespenstisch die hohen,
-schwarzen Kreuze des lettischen Friedhofs. Wie oft sind wir im Morgen-
-und Abenddämmern an diesen kahlen Todesstätten mit den müden Kompanien
-vorübergezogen! Sie gleichen sich wie Schatten, einer wie der andere.
-Und doch weht von keinem so kühler Schauer wie von dem Sonnengrabe über
-dem Simno-See. Ich starre auf die Kreuze. Eine blasse Helle sickert aus
-dem Wolkendunkel im Osten. Es ist Zeit, schlafen zu gehen.
-
-Alle Nächte sind eine Totenklage. Nachtstürme rütteln heulend an
-meine Hütte aus Lehm und Brettern. Mein Herz ist eine Scheune voll
-wilder Pferde, eine Scheune, die in Brand geriet. Rosse stampfen,
-Halfterketten klirren ...
-
-Stille Nächte schleichen dahin wie Gespenster. Morgenkühle weht auf,
-mit übernächtigen Augen sehe ich in den fahlgewordenen Kerzenschimmer
-und lösche das Licht. Alle Nächte sind eine Totenklage. Der Morgen ist
-von Nebeln überfallen, und sein Glanz ist dahin! Der Winter ist da,
-und sein Frost macht die Scheiben blind. Meine Seele ist kalt wie ein
-kahler Raum. Die Scheiben sind gefroren. Kein Strahl der vertrauten
-Welt dringt von außen in mich hinein. Ich sitze einsam hinter
-gefrorenen Fenstern, mein Freund, und starre auf deinen Schatten, der
-den Raum füllt ... Und hadere. Aber draußen wächst das Licht. Und
-wieder bist du mir nahe und schwichtigst. »So laß sehen, ob ich nicht
-lebendiger bin als du! Sieh', ich trete an die Fenster und lege die
-Hand auf das Eis. Es taut mir unter den Händen. Der erste Sonnenstrahl
-bricht hell herein. Ich hauche lächelnd über das kalte, blinde Eis --
-sieh', wie es hinwegtaut! Wälder, Städte und Seen schauen herein, um
-die wir gewandert sind, liebe Gesichter schauen von draußen herein.
-Willst du ihnen nicht rufen? Sind wir nicht immerdar Wanderer zwischen
-beiden Welten gewesen, Gesell? Waren wir nicht Freunde, weil dies unser
-Wesen war? Was hängst du nun so schwer an der schönen Erde, seit sie
-mein Grab ist, und trägst an ihr wie an einer Last und Fessel? Du mußt
-hier wie dort daheim sein, oder du bist es nirgends ...« Der Tag ist
-mächtig geworden, und mein Herz will hell werden und gläubig.
-
-Alle Nächte sind eine Totenklage. In grauem Mantel lehne ich an der
-verschneiten Brustwehr und sehe auf zu den bleichen Sternen der
-Winteröde. Und mein Herz hadert. »Wir sind alt geworden an unsern Taten
-und alt an unsern Toten. Der Tod war einmal jung und verschwenderisch,
-aber er ist alt und gierig geworden.« Aber der Freund ist neben mich
-getreten, still, ich weiß nicht woher, und ich frage nicht. Sein Arm
-liegt in meinem wie in den Waldgräben vor Augustow. Und er schwichtigt:
-»Ihr glaubt zu altern und werdet reif. Eure Taten und eure Toten machen
-euch reif und halten euch jung. Das Leben ist alt und gierig geworden,
-der Tod bleibt sich immerdar gleich. Weißt du nichts von der ewigen
-Jugend des Todes? Das alternde Leben soll sich nach Gottes Willen an
-der ewigen Jugend des Todes verjüngen. Das ist der Sinn und das Rätsel
-des Todes. Weißt du das nicht?«
-
-Ich schweige. Aber mein Herz hadert weiter. Und er läßt seinen Arm
-nicht aus meinem und hört nicht auf zu schwichtigen, leise, voll guten,
-geruhigen Eifers. »Totenklage ist ein arger Totendienst, Gesell! Wollt
-ihr eure Toten zu Gespenstern machen oder wollt ihr uns Heimrecht
-geben? Es gibt kein Drittes für Herzen, in die Gottes Hand geschlagen.
-Macht uns nicht zu Gespenstern, gebt uns Heimrecht! Wir möchten gern
-zu jeder Stunde in euren Kreis treten dürfen, ohne euer Lachen zu
-zerstören. Macht uns nicht ganz zu greisenhaft ernsten Schatten, laßt
-uns den feuchten Duft der Heiterkeit, der als Glanz und Schimmer über
-unsrer Jugend lag! Gebt euren Toten Heimrecht, ihr Lebendigen, daß wir
-unter euch wohnen und weilen dürfen in dunklen und hellen Stunden.
-Weint uns nicht nach, daß jeder Freund sich scheuen muß, von uns zu
-reden! Macht, daß die Freunde ein Herz fassen von uns zu plaudern und
-zu lachen! Gebt uns Heimrecht, wie wir's im Leben genossen haben!«
-
-Ich schweige noch immer, aber ich fühle mein Herz ganz in seinen guten
-Händen. Und seine liebe Stimme schwingt und schwichtigt weiter. »Wie
-wundgeschlagene Bäume süße und herbe Säfte ausströmen, so die Herzen
-der Dichter süße und herbe Lieder. Gott hat in dein Herz geschlagen.
-Singe Dichter!«
-
-»Mein Freund, mein Freund, meine Seele klingt von der deinen
-wider, wie eine Glocke, die im wogenden Klange der Schwesterglocke
-mitschwingt!« -- --
-
-Aus dem Himmel im Osten fließt hellflüssiges Gold über schwarze
-Wolken und dunkle Erde. Ein Rosenschimmer schwebt in den Jungtrieben
-der Birkenkronen. Ein Wölklein frisches Grün hängt fern und nah in den
-Wipfeln über der schwarzen Erde. Der zweite Kriegsfrühling hebt an. Der
-Sturm geht über die Gräber in Polen.
-
- Es weht ein Sturm aus West, aus West,
- Heimatwind, Gotteswind,
- Der Kreuz und Kranz erbeben läßt,
- Wo er ein Grab in Polen find't.
- Es klagt und klagt der Sturm aus West:
- Weh, deutscher Erde Kind!
- Was hält dich Polens Erde fest?
- Die deutsche Erde kühlt so lind,
- Dich kühlt sie nicht!
-
- Der Sturm aus Westen klingt und klagt:
- Hätt' ich Kraft, hätt' ich Kraft,
- Ich hätte wie eine Kindesmagd
- Dich längst in meinen Arm gerafft!
- Kann's nicht, kann's nicht, Gott sei's geklagt!
- Hätt' ich Kraft, hätt' ich Kraft,
- Ich hätte euch auf nächtiger Jagd
- Eine Handvoll Heimaterde geschafft
- Zu Kranz und Grab!
-
- Es fährt ein Sturm aus Ost, aus Ost,
- Gräberwind, Gotteswind:
- Du liebe Heimat, sei getrost!
- Wir bleiben deiner Erde Kind ...
- Von allen Gräbern weht's aus Ost:
- Erde ist immer lind.
- Erde, aus Heimaterde entsproßt,
- Wir selbst nur Heimaterde sind,
- Fürchtet euch nicht! --
-
-[Illustration]
-
-
-
-
-Ein Nachwort
-
-
-Sommer und Winter kamen und gingen. Russenstürme zerschellten vor
-den Hindernissen. Unerschüttert hielt das deutsche Ostheer in seinen
-Gräben. Und wieder monatelange stille Wacht hinter Brustwehr und
-Drahtverhau. --
-
-Die Frühlingsstürme des vierten Kriegsjahres brausten über die Lande.
-Im Osten entfachten sie den Krieg nicht zu neuen Gluten. Aber drüben
-in Frankreich brannte er lodernd auf, an der Aisne und bei Arras.
-Die vereinte Kraft der Westmächte rannte Sturm gegen die deutsche
-Mauer. Walter Flex hielt es nicht länger in der Stille des östlichen
-Stellungskriegs. Es trieb ihn nach dem kampfdurchwogten Westen:
-
-»Ich habe mich mit ein paar Kameraden, darunter ein prächtiger alter
-Major, freiwillig zur Westfront gemeldet. Schwer ist's mir nur geworden
-im Gedanken an meine Mutter, die auch noch nichts davon weiß. Im
-übrigen kennen Sie mein Denken. Es ist nicht damit getan, sittliche
-Forderungen aufzustellen, sondern man muß sie an sich vollstrecken,
-um ihnen Leben zu geben. Abenteurerlust und Idealismus sind zu
-Anfang des Krieges viel verwechselt worden, und der unbeugsame und
-zu keiner Konzession bereite Idealismus, in dem allein das Heil für
-Gegenwart und Zukunft unseres Volkes liegt, ist selten geworden. Ihr
-Brief gibt mir willkommene und dankbar ergriffene Gelegenheit, mich
-zu einem gleichgesinnten Menschen auszusprechen, zumal Sie selbst
-an die Stimmung rühren, in der ich mich in dieser Schicksalsstunde
-unseres Volkes befinde, wenn Sie schreiben: ›Es steht mir allerlei
-Sorgliches vor der Seele, wenn ich an Sie denke.‹ Dazu ist kein
-Anlaß. Diese Sorge wäre nur begründet gewesen, wenn ich durch
-Verzicht auf meine Meldung die Einheit zwischen Handeln und Denken
-aus Herzensrücksichten verletzt hätte. Ich bin heute innerlich so
-kriegsfreiwillig, wie am ersten Tage. Ich bin's und war es nicht, wie
-viele meinen, aus nationalem, sondern aus sittlichem Fanatismus. Nicht
-nationale, sondern sittliche Forderungen sind's, die ich aufstelle und
-vertrete. Was ich von der ›Ewigkeit des deutschen Volkes‹ und von der
-welterlösenden Sendung des Deutschtums geschrieben habe, hat nichts
-mit nationalem Egoismus zu tun, sondern ist ein sittlicher Glaube,
-der sich selbst in der Niederlage oder, wie Ernst Wurche gesagt haben
-würde, im Heldentode eines Volkes verwirklichen kann ... Eine klare
-Grenze des Denkens habe ich freilich immer festgehalten: ich glaube,
-daß die Menschheitsentwickelung ihre für das Individuum und seine
-innere Entwicklung vollkommenste Form im Volke erreicht, und daß
-der Menschheitspatriotismus eine Auflösung bedeutet, die den in der
-Volksliebe gebundenen persönlichen Egoismus wieder freimacht und auf
-seine nackteste Form zurückschraubt. Mein Glaube ist, daß der deutsche
-Geist im August 1914 und darüber hinaus eine Höhe erreicht hat, wie
-sie kein Volk vordem gesehen hat. Glücklich jeder, der auf diesem
-Gipfel gestanden hat und nicht wieder herabzusteigen braucht. Die
-Nachgeborenen des eigenen und fremder Völker werden diese Flutmarke
-Gottes über sich sehen an den Ufern, an denen sie vorwärtsschreiten.
--- Das ist mein Glaube und mein Stolz und mein Glück, das mich allen
-persönlichen Sorgen entreißt ...«
-
-Sein Wunsch, sich in den entscheidungsvollen Kämpfen des Westens
-einzusetzen, blieb unerfüllt. Ein mehrwöchiges Kommando rief ihn
-nach Berlin. Heißen Herzens verfolgte er von dort das Schicksal
-seiner Kameraden: Sein Regiment kämpfte um Tarnopol. Er erreichte es
-rechtzeitig, um an der Eroberung Rigas teilzuhaben. Frohe Grüße flogen
-in die Heimat: »Ich bin ganz glücklich, dabei sein zu dürfen.« Auf Riga
-folgte Ösel. Aus den neuen Angriffsvorbereitungen heraus schrieb er
-weiter:
-
-»Von den Kameraden, die vor Monaten nach dem Westen gingen, ist kaum
-einer mehr am Leben. Es waren ein paar prächtige Menschen darunter,
-mit denen ich gern hinausgegangen wäre. Ich sehe sie noch am Bahnhof
-aus dem abfahrenden Zuge winken. ›Schad' daß Sie nicht mitkommen!‹
-rief mir Erichson noch zu, der Mecklenburger, der mit Wurche und mir
-vor Augustow in der 9. Kompanie das Zugführer-Kleeblatt bildete. Nun
-liegt er auch vor Verdun begraben. Hätte er damals geahnt, daß wir
-kurz darauf Tarnopol und Riga mitschlagen sollten, er wäre wohl bei
-uns geblieben. Wo wäre ich wohl heute, wenn meine Meldung damals
-nicht kassiert worden wäre? Zufälligkeiten oder Bestimmung? Dankbar
-bin ich immer von neuem für das Gleichgewicht des Herzens, das mir
-nie ernstlich erschüttert worden ist. Nicht etwa, daß ich das Gefühl
-hätte, vor anderen bewahrt und aufgehoben zu sein -- aber ich habe das
-geruhige, innere Wissen, daß alles, was mit mir geschieht und geschehen
-kann, Teil einer lebendigen Entwicklung ist, über die nichts Totes
-Macht hat ...«
-
-An dem Tage, der diesen Brief in die Heimat brachte, traf ihn auf
-Ösel die tödliche Kugel. Er hatte seine neunte Kompanie zum Angriff
-auf Lewwal entwickelt. Das Gefecht neigte sich zu siegreichem Ende.
-Unschlüssig zwischen Widerstand und Übergabe schwankend hielten die
-Russen noch vor Peudehof. Sein linker Zugführer geht vor und fordert
-Ergebung. Russische Offiziere erklären den Ankommenden für gefangen.
-Der springt zurück, das Gewehr im Anschlag: »Herr Leutnant, sie
-wollen sich nicht ergeben!« Walter Flex hat ein russisches Beutepferd
-gegriffen und reitet vor. Ein Schuß kracht und fehlt ihn. Er zieht den
-Säbel, der ihm am Sattel hängt. Mit blanker Klinge reitet er gegen den
-Schützen an. Gewehrfeuer schlägt ihm entgegen. Eine Kugel fährt ihm
-durch die Degenhand in den Leib und wirft ihn vom Pferd. Seine Kompanie
-greift an. Die Russen heben die Hände. Sie sind gefangen. -- Die ersten
-Worte des Verwundeten fragen nach dem Stand des Gefechts. Die Antwort
-läßt ihn beruhigt zurücksinken.
-
-Seine Leute trugen ihn in eine nahe Hütte. Heiteren Herzens erreichte
-er das Lazarett. Seinem treuen Burschen diktierte er diese Karte:
-»Liebe Eltern! Diese Karte diktiere ich, weil ich am Zeigefinger der
-rechten Hand leicht verwundet bin. Sonst geht es mir sehr gut. Habt
-keinerlei Sorge. Viele herzliche Grüße! Euer Walter.«
-
-Am nächsten Tage, am Geburtstag seines ihm im Soldatentod
-vorangegangenen jüngsten Bruders, ist er gestorben. Eins im Leben und
-Sterben wie im Denken und Handeln ist er stille eingegangen zum größten
-Erleben, ein wegesicherer Wanderer zwischen beiden Welten. --
-
-Der Abend brachte seinem Regiment den Marschbefehl. Die Nachtstunden,
-die vor dem Aufbruch verblieben, führten seine Leute zusammen zu
-stillem Totendienst: Laubgewinde wuchsen unter ihren Händen zu letztem
-Gruß und Dank.
-
-Das Regiment marschierte. Neun Leute seiner lieben Kompanie blieben
-zurück. Im Morgenlicht betteten sie ihn in der grünen Ostseeinsel, die
-sein Herzblut trank. Graugänse rauschten über die frische Erde nach
-Süden. --
-
-Er ruht in deutscher Erde, wo einst das alte Ordensschloß von Peude
-stand. Eichenkränze, die ihm Soldatenliebe wand, schmücken Kreuz und
-Grab. In den Winden des baltischen Meeres webt sein letztes Lied von
-der lebenspendenden Kraft rein vergossenen Blutes. Der Nordwald rauscht
-über den Hügeln:
-
- »Wir sanken hin für Deutschlands Glanz.
- Blüh, Deutschland, uns als Totenkranz!
- Der Bruder, der den Acker pflügt,
- ist mir ein Denkmal wohlgefügt.
- Die Mutter, die ihr Kindlein hegt,
- ein Blümlein überm Grab mir pflegt.
- Die Büblein schlank, die Dirnlein rank
- blühn mir als Totengärtlein Dank.
- Blüh, Deutschland, überm Grabe mein
- jung, stark und schön als Heldenhain!«
-
-Im Felde, November 1917.
-
- +Martin Flex.+
-
-
-
-
-Bücher von Walter Flex
-
-
-Soeben ist erschienen:
-
-
- Klaus von Bismarck
-
- Eine Kanzlertragödie
-
- Zweite Auflage Gebunden M 4.--
-
- Schon die Umschlagzeichnung des Buches gibt der Phantasie
- des Lesers die Richtung auf den Schauplatz und den Stoff der
- Tragödie: das gotische Stadtbild Stendals mit seinen Tortürmen
- und dem trotzigen, im Roland symbolisierten Mannesgeist, der
- in diesen Mauern einst herrschte. Das Drama, dessen Held ein
- Vorfahre des eisernen Kanzlers ist, wurde in Weimar erfolgreich
- aufgeführt, ihm werden sich jetzt nach dem Tode des Dichters
- sicher noch viele Bühnen öffnen.
-
-
- Wallensteins Antlitz
-
- Gesichte und Geschichten vom Dreißigjährigen Kriege
-
- 17.--19. Tausend. Preis gebunden M 3.--. Soeben erschienen
-
-+Inhalt+: Das Blut der Almuth Petrus -- Wallensteins Antlitz -- Letzte
-Wacht -- Das Gewitter -- Der Trommelbube des Todes -- Der Kreis -- Der
-Ring mit den blauen Steinen -- Das Armesünderwürfeln
-
- »Allen gemeinsam ist eine großzügige Gestaltungsgabe, die
- stark plastische Bildreihen schafft. Zugleich weiß Flex in der
- Art der kräftigen Darstellung, der Häufung der dichterischen
- Gesichte, der gedrungenen, knappen und doch lebendigen
- Schilderung den Stil jener Zeit unvergleichlich zu treffen.
- Ein trotziges, aufschäumendes Leben in bunter, farbsatter
- Pracht durchströmt die einzelnen Szenen. Das ist ein Abbild
- der Kraftfülle des damaligen Deutschtums, das dreißig Jahre
- Krieg zu ertragen verstanden ... eine der besten Gaben
- unserer letzten deutschen Literatur. Ein deutsches Werk von
- vollgültiger literarischer Bedeutung!« +Die Post+.
-
-
- Im Felde zwischen Nacht und Tag
-
- Gedichte
-
- 20./21. Auflage. 38. bis 42. Tausend. Preis gebunden M 2.80
-
- »Das Bild von des Dichters Art, wie es seine früheren Werke in
- scharfen Umrissen erkennen ließen, zeigt sich klar, fast noch
- schärfer umrissen auch hier. Da ist das feine Naturempfinden,
- das sich in prachtvoller Sprache, bald in reichen Farben in
- verborgener Musik schimmernd, bald herb und knapp ausspricht;
- daneben die Kunst, in scharfen Strichen menschliche Gestalten,
- menschliches Erleben zu umreißen. Der Dramatiker wird so zum
- kraftvollen Balladendichter, der aus Einzelheiten des Krieges
- das Persönliche, das Große wuchtig heraushebt und darstellt.
- Ein inniges menschliches Mit- und Nachempfinden, eng verbunden
- mit heißer Liebe zum Vaterland, sturmerprobtes Gottvertrauen
- und in aller Not des Kriegs nicht umzubringende Behauptung des
- innersten Selbst, dem auch ein Schuß Humor eignet, durchzieht
- die Gedichte, die unter der Kriegsliteratur wirkliche
- und bleibende Werte bedeuten.« +Schwäb. Merkur+. -- »Ein
- Kriegsdichter, dem die Kraft gegeben, sein reiches Erleben in
- klangvolle, sprachlich eigenartige und kraftgesättigte Verse zu
- gießen: er war der edelste Typus der akademischen Jugend, die
- bei Ausbruch des Krieges freiwillig zu den Waffen griff, er war
- die Idealverkörperung der deutschen Jünglinge, die aus reinstem
- Hochsinn für ihr Vaterland sich aufzuopfern gelobten. Der Krieg
- hatte Walter Flex zum Mann und Dichter herangereift; was er
- geschrieben, ist durchlebt, hundert- und tausendfältig; seine
- anschaulichen, bildreichen Gedichte sind der Spiegel seines jäh
- abgerissenen kampffrohen und friedenssehnsüchtigen Lebens.«
- +Kölnische Zeitung+.
-
-
- Vom großen Abendmahl
-
- Verse und Gedanken aus dem Feld
-
- 27./29. Auflage. 58. bis 64. Tausend. M 1.20
-
- »Eines der besten Bücher, die ich je las. Der Krieg ward
- Walter Flex zu einem wahrhaften, inneren Erleben, und was er
- in diesem Büchlein schreibt, ist eine Phantasie, geboren aus
- dem Erleben des Leides dieser Zeit, so wunderbar gestimmt
- auf den Herzenston der Menschen, wie ich es bei keinem Buche
- zuvor empfand. Eine tiefe Tragik offenbart sich uns in seinem
- Büchlein. Er führt uns das Erdenleid der Menschen vor Augen,
- jedoch nur, daß wir erkennen sollen, daß der Weg zu einem
- glücklichen Seelenleben nur durch einen Weg tiefen Erdenleides
- zu erreichen ist.« +Alt-Wandervogel+. -- »Tiefdurchdachte und
- tiefempfundene symbolische Dichtung, die Herr wird über das
- grausame Einzelschicksal, das der Krieg bringt, flammende
- Begeisterung und glühende Vaterlandsliebe, die die gewaltige
- Größe der Schicksalsstunde unseres ganzen Volkes empfindet
- und mitschafft, verklärende Poesie, die teils im mystischen
- Doppelempfinden, teils in mutiger Bejahung des Lebens und des
- Todes die Gegensätze im Menschenleben deutet und versöhnt.«
- +Der Wächter+.
-
-
-
-
-Neue Gedichtbücher von Will Vesper:
-
-
- Schön ist der Sommer.
-
- Ein Buch Liebeslieder.
-
- Gebunden M 2.80 Soeben erschienen
-
- »Jede lyrische Gabe von Will Vesper bringt einen Strauß
- poetischer Feinheiten ... Es finden sich Perlen unter den
- Gedichten, die von unvergleichlicher innerer Rhythmik beseelt
- sind.« +Die Post+.
-
-
- Der blühende Baum.
-
- Neue Lieder und Gedichte.
-
- 2. Auflage Gebunden M 2.80
-
- »Wieder kommt dem Leser in diesem Buche zum Bewußtsein,
- daß kein lebender Dichter, außer Dehmel, so rein und
- selbstverständlich die Tradition unserer größten Lyriker
- fortsetzt wie Vesper.« +Berliner Tageblatt+.
-
-
- Briefe zweier Liebenden.
-
- Gedichte.
-
- 5. und 6. Taus. Geb. M 2.80
-
- »Hier steht Vesper auf der Höhe seines künstlerischen
- Schaffens.« +Preuß. Jahrb.+
-
-
- Vom großen Krieg.
-
- Gedichte.
-
- 4. u. 5. Tsd. Geb. M 3.--
-
- »Diese Gedichte werden für alle Zeiten zu den bedeutendsten
- Schöpfungen unserer vaterländischen, überhaupt unserer
- lyrischen Dichtung gehören.« +Münchener Zeitung+.
-
-
- Der Deutsche Krieg in Dichtungen
-
- Herausgegeben von =Walther Eggert Windegg=
-
- 5. und 6. Tausend Gebunden M 2.50
-
- »Der Herausgeber hat ein offenes Auge für alles Charaktervolle
- und Eigentümliche, das die neue Lyrik bot, und zu loben ist
- sein unbefangenes Urteil ... eine vornehme, streng gesichtete
- und charaktervolle Sammlung.« +Eckart+.
-
-
- Hans Benzmann / Für Kaiser und Reich
-
- +Kriegsgedichte+. Geheftet M 1.40
-
- »Schlachtenschilderungen, die in der Realistik an Liliencron
- erinnern ... Echte Balladen, vorzüglich zum Vortrage geeignet.«
- +Deutsche Presse+, Wien.
-
-
- Eugen Kühnemann
-
- Univ.-Professor in Breslau
-
- Deutschland und Amerika
-
- Briefe an einen deutsch-amerikanischen Freund
-
- 3. Auflage 8. u. 9. Tausend. Preis M 2.50
-
-+Aus dem Inhalt+: Deutschland und Amerika -- Aufklärungsarbeit und
-Propaganda -- Das deutsche Amerika und der Krieg -- Das englische
-Amerika und der Krieg -- Präsident Wilson -- Universitäten, Kirche,
-Presse, Gesellschaft -- Amerika im Kriege -- Deutschland im Kriege
-
- »Der Breslauer Philosoph und berühmte Vorkämpfer für
- deutsches Wesen und deutsche Kultur in Amerika, hat uns hier
- das Buch über die Vereinigten Staaten geschenkt, ein Buch,
- das uns mit unerbittlicher Logik und Klarheit aufzeigt,
- daß wir drüben niemals Freundschaft erwarten konnten, wie
- wir in unserem unverbesserlichen Idealismus immer gehofft
- haben ... Den Deutsch-Amerikanern widmet der Verfasser ein
- besonders ergreifendes Kapitel ... Das ganze Buch ist ein
- stolzes Bekenntnis eines bedeutenden Mannes zu der Größe,
- der sittlichen Kraft und Ueberlegenheit seines Vaterlandes.«
- +Deutsche Tageszeitung+.
-
-
- ~Dr.~ Hans Volkelt
-
- Demobilisierung der Geister?
-
- Eine Auseinandersetzung vornehmlich mit
- Geheimrat Professor ~Dr.~ Ernst Troeltsch
-
- 1.--3. Tausend · (Soeben erschienen) · Kartoniert M 1.50
-
- »Das Ziel der Schrift ist die Stärkung der deutschen Kraft, die
- Aufweisung der großen Gefahr einer matten Verzichtsgesinnung,
- die über einem Hangen an abstrakten Theorien der Aufklärung die
- wahre Lage und Aufgabe der Gegenwart verkennt und verleugnet
- ... Sie ist eine in Fichteschem Sinne, und wir dürfen mit
- Freude sagen, auch mit Fichteschem Geist geschriebene
- Aufforderung an das deutsche Volk, auf der Höhe der großen,
- wenn auch schweren Zeit zu stehen und allen Gefahren draußen
- und drinnen standzuhalten, alle Ermattung und Verflachung,
- auch wo sie sich einschmeichelnder Phrasen bedient, energisch
- abzuweisen. So geht in Wahrheit eine stärkende und belebende
- Kraft von diesem Büchlein aus; man sollte es in Masse
- verbreiten.« +Rudolf Eucken+ (Magdeburgische Zeitung).
-
-
- Robert Saitschick
-
- Wotan und Brünnhilde (Die Geburt der Seele)
-
- (Soeben erschienen!)
-
- Gebunden M 4.--, in Halbpergament und auf Bütten M 12.--
-
- Der Leser wird erstaunen, welche Schönheiten, welche bisher
- nicht von ihm bemerkten Tiefen Richard Wagners Dichtung des
- Nibelungenringes in sich birgt. Nun sieht er, daß neben der
- Musik auch die Dichtung genauerer Betrachtung wert ist, daß
- Alberich, Wotan, Freya, Loge, Erda, Brünnhilde nicht bloß
- die Gestalten eines in ferner Urzeit liegenden Mythos sind,
- den Wagner dramatisch gestaltet hat, sondern Verkörperungen
- der Lebensmächte, die, so lange diese Weltzeit dauert, im
- Leben walten, also auch heute noch. Saitschicks Buch ist ein
- Führer zur Kunde vom Geistigen, eine ganze Philosophie steckt
- darin, die der Leser ohne großes Bemühen für das tägliche
- Leben fruchtbar machen kann. Wir möchten dieser Philosophie
- viele offene Herzen wünschen, denn sie ist eine Wegbereiterin
- zu noch höheren Erkenntnissen. Das Buch ist ohne Zweifel den
- klassischen Schöpfungen unserer Literatur beizuzählen.
-
-
- Saitschick / Von der innern Not unseres Zeitalters
-
- Ein Ausblick auf Fausts künftigen Weg
-
- Gebunden M 3.50
-
- »Faust ist auch in Saitschicks Betrachtung nur der Name für den
- innern Menschen unserer Tage. Und wie Goethe, so setzt auch
- Saitschick sich mit ihm selbständig auseinander. Nur sieht er
- schärfer; denn Faust ist inzwischen ein Jahrhundert seinen Weg
- weiter gegangen. Die Konflikte sind ausgeprägter, der Ausgleich
- schwerer. Die innere Not ist darum intensiver, ich bin versucht
- zu sagen ehrlicher empfunden. Und darauf zielt der Sinn des
- Büchleins: dem strebenden Faust unserer Tage Ausblick zu geben
- auf den kommenden Weg.« +Hochland.+
-
-
- Robert Saitschick / Franziskus von Assisi
-
- Dritte Auflage. Gebunden M 4.--, Halbpergament M 6.--
-
- »Diese neue Gabe Saitschicks, abgeklärt in sich und gelöst von
- jeder Kontroverse und Diskussion, hat uns in seltener Weise
- angesprochen, ergriffen, gefesselt.« +Preußische Jahrbücher+.
-
-
- Joseph Bernhart / Tragik im Weltlauf
-
- Leicht gebunden M 2.80
-
- »In der Tat ein wahres Trostbuch für jeden, der in der
- allgemeinen Erschütterung der Dinge die Frage nach den
- Fundamenten unseres Daseins stellt.« +Alfred Frhr. Menst von
- Klarbach+ (Bayerische Staatszeitung).
-
-
- Johannes Müller / Vom Leben und Sterben
-
- 16. bis 20. Tausend Leicht gebunden M 1.40
-
-+Inhalt+: Der Tod -- Gibt es ein Leben nach dem Tode? -- Diesseits
-und Jenseits -- Das Ende -- Der Abschied -- Die Heimsuchung -- Der
-Aufschwung
-
-
- Johannes Müller / Hemmungen des Lebens
-
- 17. bis 21. Tausend Gebunden M 4.--
-
-+Inhalt+: Die Trauer -- Die Furcht -- Die Sorge -- Das Tragischnehmen
--- Die Unsicherheit -- Der Zweifel (das Mißtrauen) -- Das Kritisieren
--- Der Andere in uns
-
-
- Johannes Müller / Die deutsche Not
-
- Erlebnisse und Bekenntnisse aus der Kriegszeit
-
- Gebunden M 4.--
-
-+Aus dem Inhalt+: Kriegseindrücke und Kriegsfragen -- Wie soll sich der
-Christ zum Kriege stellen? -- Jesus und der Krieg -- Und die Kirche?
--- Geduld im Kriege -- Wider den Haß -- Bankerott des Christentums? --
-Briefe eines Hauptmanns aus dem Felde -- Vom Wiedersehen in der Heimat
--- Ueber den Krieg hinaus -- Verlust und Gewinn usw.
-
-
- Johannes Müller / Reden über den Krieg
-
- Gebunden M 3.50
-
-+Inhalt+: 1. Der Krieg als Schicksal und Erlebnis. 41. bis 43. Tsd.
--- 2. Der Krieg als Not und Aufschwung. 31. bis 35. Tsd. -- 3. Der
-Krieg als Gericht und Aufgabe. 31. bis 33. Tsd. -- 4. Der Tod fürs
-Vaterland und die Hinterbliebenen. 31. bis 34. Tsd. -- 5. Der Krieg als
-religiöses Erlebnis
-
-
- Ludwig Kemmer / Briefe an einen jungen Offizier
-
- Zweite Auflage Gebunden M 1.--
-
-
- Friedr. Th. Körner
-
- Die inneren Werte des deutschen Soldaten
-
- Geheftet M --.70
-
-+Inhalt+: Die innere Sittlichkeit -- Gehorsam und Pflichtgefühl --
-Heldentum und Tapferkeit -- Kameradschaft -- Religiöses Empfinden --
-Gemüt und Empfindung
-
-
- Karl Berger. Vom Weltbürgertum
- zum Nationalgedanken
-
- Zwölf Bilder aus Schillers Lebenskreis und Wirkungsbereich
-
- Gebunden M 8.50 Soeben erschienen
-
- »Sämtlichen Betrachtungen Bergers, in deren Mittelpunkt immer
- wieder Schillers edle, alle überragende Gestalt als unser
- gewaltigster Führer in der Wende der Zeiten hervortaucht,
- gebührt die Anerkennung, daß sie in strenger Sichtung des
- reichen Stoffes und in gefälliger Form bedeutende Ausblicke in
- eine lehrreiche Vergangenheit eröffnen und auch unmittelbar
- für die Gegenwart vertiefende Anregungen geben.« +Schlesische
- Zeitung+.
-
-
- Hermann Reich
-
- Die Flotte. Eine Tragödie
-
- Preis kartoniert M 4.50; in Halbpergament M 6.--
-
- »Dionysische Ekstase, Aechyleischen Schwung und Shakespearesche
- mimische Buntheit verschmilzt Reich zu einem großen modernen
- Stil. Es ist der Stil des neuen Deutschen Reiches, das aus
- dem Weltbrand hervorgehen muß. -- Sonst wüßte ich mit Reichs
- Sprache nur die Luthers an den christlichen Adel deutscher
- Nation zu vergleichen.« Prof. +v. Hauff+ (Monatshefte der
- Comeniusgesellschaft).
-
-
- Will Vesper
-
- Martin Luthers Jugendjahre
-
- Bilder und Legenden
-
- Gebunden M 4.--
-
- »Ein deutsches Festes- und Feierbuch lauterster Art. Wer sich
- ein offenes Herz, ein empfängliches Gemüt bewahrt hat, wird
- aus diesen zauberhaft poetischen Ausflüssen einer religiösen
- Seelenmelodik, aus diesen heilig-ernsten Ergebnissen eines
- unvergleichlich tiefen dichterischen Sehnens und Schauens
- die Gestalt des jungen Luther sich erheben sehen, wie er sie
- niemals aus den wissenschaftlichen Erörterungen zu begreifen
- vermochte.« +Die Post+.
-
-
-
-
-Soeben ist erschienen:
-
-
- Der Pfeifenkönig
-
- Ein Roman aus der Gegenwart
-
- Von =Karl Strecker=
-
- Zweite Auflage Gebunden M 6.--
-
- Kein Kriegsroman und doch tief aus dem Born unserer Zeit
- geschöpft. Was dieser Zeit an Gebresten und Vorurteilen, aber
- auch an Keimen der Größe innewohnt, das ist mit klarem Blick
- umfaßt und an dem bewegten Leben des »Pfeifenkönigs« (ein
- Spitzname mit tragikomischem Beigeschmack) aufgezeigt. In der
- tiefen Problemstellung und in der ganzen Weltauffassung des
- feinstilisierten Buches klingt das Ethos einer neuen Zeit. Es
- wird gemünzt in kluge Gedanken, es wird getragen von einem
- starken Poetenempfinden, das sich nicht zum wenigsten in
- knappen, leuchtenden Naturschilderungen kundgibt.
-
-
- Von berühmten Zeitgenossen
-
- Lebenserinnerungen einer Siebzigerin
-
- Von =R. Braun-Artaria=
-
- Mit zwei Bildnissen der Verfasserin von
- +Anselm Feuerbach+ und +Franz von Lenbach+
-
- Achte Auflage Gebunden M 5.50
-
- »Ein prächtiges Buch und von wirklichem kulturgeschichtlichem
- Wert ... Auch wer die hier vorkommenden Personen gekannt
- hat, wird sie immer da oder dort von einer neuen Seite
- beleuchtet sehen. Sie gehören den verschiedensten Gebieten
- von Wissenschaft, Kunst und Dichtung an. Ob Naturforscher
- und Geographen wie Zittel, Wagner und Ratzel vor uns treten,
- ob Gespräche mit Döllinger berichtet werden, ob wir von
- Piloty, Feuerbach, Schwind, Lenbach, Otto Greiner, Franz von
- Liszt hören, ob Bodenstedt, Heyse, Scheffel, um nur einiges
- anzudeuten, überall wird man sogleich gefesselt und folgt dem
- Lauf der Erzählung mit Genuß, und bedauern wird man an dem
- Buche zuletzt nur, daß man es schon zu Ende gelesen hat.«
- +Literarisches Zentralblatt+.
-
-
- C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung Oskar Beck in München
-
-
- C. H. Beck'sche Buchdruckerei in Nördlingen
-
-
-
-
- Weitere Anmerkungen zur Transkription
-
-
- Offensichtlich fehlerhafte Zeichensetzung wurde stillschweigend
- korrigiert. Die Darstellung der Ellipsen wurde vereinheitlicht.
-
- Die unterschiedlichen Bezeichnungen »Augustowo« und »Augustow«
- wurden beibehalten.
-
- Korrekturen (das korrigierte Wort ist in {} eingeschlossen):
-
- S. 20: war → waren
- Mir selbst {waren} ein Koffer und Wäschesack
-
- S. 28: Offizierpatrouille → Offizierspatrouille
- ging von der Kompanie eine {Offizierspatrouille} ins
-
- S. 30: toten → Toten
- um dem vermeintlich {Toten} das Gewehr zu nehmen
-
- S. 51: tagüber → tagsüber
- von wo {tagsüber} unsre Baumposten
-
- S. 89: Offizierburschen → Offiziersburschen
- Telephonisten und {Offiziersburschen}, untermischt
-
- S. 104: wieder → wider
- klingt von der deinen {wider}, wie
-
- S. viii: kulturgeschichtlichen → kulturgeschichtlichem
- und von wirklichem {kulturgeschichtlichem} Wert
-
-
-
-
-
-End of Project Gutenberg's Der Wanderer zwischen den Welten, by Walter Flex
-
-*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER WANDERER ZWISCHEN DEN WELTEN ***
-
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- The Project Gutenberg eBook of Der Wanderer zwischen beiden Welten, by Walter Flex.
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-
-<pre>
-
-Project Gutenberg's Der Wanderer zwischen den Welten, by Walter Flex
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
-other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
-whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
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-
-
-
-Title: Der Wanderer zwischen den Welten
- Ein Kriegserlebnis
-
-Author: Walter Flex
-
-Release Date: May 21, 2016 [EBook #52118]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: UTF-8
-
-*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER WANDERER ZWISCHEN DEN WELTEN ***
-
-
-
-
-Produced by Peter Becker and the Online Distributed
-Proofreading Team at http://www.pgdp.net
-
-
-
-
-
-
-</pre>
-
-
-<div class="transnote">
-<p class="h2">Anmerkungen zur Transkription</p>
-
-<p>Das Original ist in Fraktur gesetzt.</p>
-
-<p>Im Original gesperrter Text ist <em class="gesperrt">so dargestellt</em>.</p>
-
-<p>Im Original in Antiqua gesetzter Text ist <em class="antiqua">so dargestellt</em>.</p>
-
-<p>Weitere Anmerkungen finden sich am <a href="#tnextra">Ende des Buches</a>.</p>
-</div>
-
-<div class="figcenter">
-<img src="images/cover.jpg" alt="Cover" />
-</div>
-
-<div class="chapter">
-<p class="h2">Walter Flex<br />
-Der Wanderer zwischen beiden Welten
-</p>
-<hr class="chap" />
-</div>
-
-<div class="divcenter">
-<p>
-»Auf Poesie ist die Sicherheit<br />
-der Throne gegründet.«</p>
-<p class="right">
-<em class="gesperrt">Gneisenau</em><br />
-</p>
-</div>
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-<h1>Der Wanderer<br />
-zwischen beiden Welten</h1>
-
-<p class="center">Ein Kriegserlebnis</p>
-
-<p class="center">von</p>
-
-<p class="h2">Walter Flex</p>
-
-<p class="center">40. bis 42. Auflage. Mit einem Nachwort</p>
-
-<p class="center">131. bis 140. Tausend</p>
-
-<div class="figcenter">
-<img src="images/signet.png" alt="Signet" />
-</div>
-
-<p class="center">C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung</p>
-
-<p class="center">
-Oskar Beck<span class="space">&nbsp;</span>München 1918
-</p>
-
-<p class="center"><em class="antiqua">By</em>
-</p>
-<hr class="chap" />
-</div>
-
-<div class="chapter">
-<p class="center">Dem Gedächtnis meines lieben Freundes</p>
-
-<p class="center"><em class="gesperrt">Ernst Wurche</em></p>
-
-<p class="center">Kriegsfreiwillig im 3. Niederschlesischen Inf.-Rgt. 50<br />
-Leutnant d. R. im 3. Unterelsässischen Inf.-Rgt. 138
-</p>
-<hr class="chap" />
-</div>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_1">[1]</a></span></p>
-
-<p class="drop">Eine stürmische Vorfrühlingsnacht ging durch die
-kriegswunden Laubwälder Welsch-Lothringens,
-wo monatelanger Eisenhagel jeden Stamm gezeichnet
-und zerschroten hatte. Ich lag als Kriegsfreiwilliger
-wie hundert Nächte zuvor auf der granatenzerpflügten
-Waldblöße als Horchposten und sah mit windheißen
-Augen in das flackernde Helldunkel der
-Sturmnacht, durch die ruhlose Scheinwerfer über
-deutsche und französische Schützengräben wanderten.
-Der Braus des Nachtsturms schwoll anbrandend
-über mich hin. Fremde Stimmen füllten die zuckende
-Luft. Über Helmspitze und Gewehrlauf hin sang
-und pfiff es schneidend, schrill und klagend, und hoch
-über den feindlichen Heerhaufen, die sich lauernd
-im Dunkel gegenüberlagen, zogen mit messerscharfem
-Schrei wandernde Graugänse nach Norden.</p>
-
-<p>Die verflackernde Lichtfülle schweifender Leuchtkugeln
-hellte wieder und wieder in jähem Überfall die
-klumpigen Umrisse kauernder Gestalten auf, die in
-Mantel und Zeltbahn gehüllt gleich mir, eine Kette
-von Spähern, sich vor unseren Drahtverhauen in
-Erdmulden und Kalkgruben schmiegten. Die Postenkette
-unsres schlesischen Regiments zog sich vom<span class="pagenum"><a id="Seite_2">[2]</a></span>
-Bois des Chevaliers hinüber zum Bois de Vérines,
-und das wandernde Heer der wilden Gänse strich
-gespensterhaft über uns alle dahin. Ohne im Dunkel
-die ineinanderlaufenden Zeilen zu sehen, schrieb ich
-auf einen Fetzen Papier ein paar Verse:</p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">Wildgänse rauschen durch die Nacht<br /></span>
-<span class="i0">Mit schrillem Schrei nach Norden &ndash;<br /></span>
-<span class="i0">Unstäte Fahrt! Habt acht, habt acht!<br /></span>
-<span class="i0">Die Welt ist voller Morden.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Fahrt durch die nachtdurchwogte Welt,<br /></span>
-<span class="i0">Graureisige Geschwader!<br /></span>
-<span class="i0">Fahlhelle zuckt, und Schlachtruf gellt,<br /></span>
-<span class="i0">Weit wallt und wogt der Hader.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Rausch' zu, fahr' zu, du graues Heer!<br /></span>
-<span class="i0">Rauscht zu, fahrt zu nach Norden!<br /></span>
-<span class="i0">Fahrt ihr nach Süden übers Meer &ndash;<br /></span>
-<span class="i0">Was ist aus uns geworden!<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Wir sind wie ihr ein graues Heer<br /></span>
-<span class="i0">Und fahr'n in Kaisers Namen,<br /></span>
-<span class="i0">Und fahr'n wir ohne Wiederkehr,<br /></span>
-<span class="i0">Rauscht uns im Herbst ein Amen!<br /></span>
-</div></div>
-
-<p>Während ich das im Bois des Chevaliers schrieb,
-lag drüben im Vérines-Walde ein zwanzigjähriger<span class="pagenum"><a id="Seite_3">[3]</a></span>
-Student der Theologie, Kriegsfreiwilliger gleich mir,
-auf Horchposten. Wir wußten damals noch nichts
-voneinander. Aber als er, Monate später, die Verse
-in meinen Kriegstagebuchblättern fand, entsann er
-sich deutlich jener Nacht und des wandernden Gänseheers,
-das über uns beide dahinzog. Beide sahen
-wir ihm mit den gleichen Gedanken nach. Und an
-uns beide trat in derselben Stunde aus dem Dunkel
-der hinter uns liegenden Gräben eine Gefechtsordonnanz
-mit dem Befehl, uns um Mitternacht
-marschfertig vor dem Regimentsgeschäftszimmer zu
-melden. Mit müden und doch seltsam wachen Sinnen
-sahen wir im Abstieg noch einmal die schwermütige
-Schönheit der kahlen, grauen Hänge und Mulden,
-deren Kalk im Mondlicht tot, fremd und schwer wird,
-und die lichtlose, graue Einsamkeit der zerschossenen
-und verlassenen Steinhütten&nbsp;…</p>
-
-<p>Im Geschäftszimmer des Regiments erfuhren wir,
-daß wir bei Morgengrauen mit zwanzig andern
-Kriegsfreiwilligen nach Deutschland in Marsch gesetzt
-würden, um im Posener Warthelager eine
-Offiziersausbildung durchzumachen.</p>
-
-<p>Auf der abschüssigen Dorfstraße zwischen der
-granatenzertrümmerten Kirche und dem Pfarrhaus
-mit seinen Kriegergräbern trat unser kleiner Trupp<span class="pagenum"><a id="Seite_4">[4]</a></span>
-in der Frühe des folgenden Tages an. Zur gleichen
-Zeit wie wir sollte ein Kommando von Berufsschlächtern,
-die zur Verwendung in der Heimat aus
-der Truppe gezogen waren, den Ort verlassen.
-Während wir nun in Reih und Glied, des Marschbefehls
-gewärtig, vor dem Pfarrhaus standen, trat
-ein Major an uns heran und rief uns von weitem
-zu: »Seid Ihr die Metzger, Kerls?« und ein Chorus
-von beleidigten und vergnügten Stimmen antwortete:
-»Nein, Herr Major, wir sind die Offiziersaspiranten!«
-Während der Major mit einem verdrießlichen
-Gemurmel an unserm grauen Häuflein
-vorbei die Suche nach seinen Metzgern fortsetzte,
-sah ich zufällig in ein paar auffallend schöne lichtgraue
-Menschenaugen. Sie gehörten meinem Nebenmann
-und standen randvoll fröhlichen Lachens.
-Wir sahen uns an und begegneten uns in der
-Freude an einem jener kleinen harmlos-spaßhaften
-Erlebnisse, an denen unser Kriegsfreiwilligendasein
-reich war. Was für reine Augen hat der junge
-Mensch! dachte ich und merkte beim Aufruf durch
-den Regimentsschreiber auf seinen Namen. »Ernst
-Wurche.« »Hier!« Nun, dachte ich, es ist hübsch,
-daß du und ich den gleichen Weg haben&nbsp;…</p>
-
-<p>Ein paar Stunden später stieg unser kleiner Trupp<span class="pagenum"><a id="Seite_5">[5]</a></span>
-die mit Strömen von Heldenblut getränkten Höhen
-der Côtes Lorraines von Hâtonchatel nach Vigneulles
-hinab. Der steile Abstieg und die von Tau und
-Sonne sprühend frische Luft rückte einem, ohne daß
-man's recht wußte, den Kopf in den Nacken, und
-bald flatterte ein Lied wie eine helle frohe Fahne
-über dem grauen Häuflein. »Wohlauf, die Luft
-geht frisch und rein! Wer lange sitzt, muß rosten.
-Den allersonnigsten Sonnenschein läßt uns der
-Himmel kosten.« Wie lange hatte man das nicht
-gesungen! Wer hatte es angestimmt? Der junge
-Student mir zur Seite hatte eine Stimme, so hell
-und rein wie seine Augen. Wer so singt, mit dem
-wird gut plaudern sein, dachte ich, während er unbekümmert
-froh die frischerwachte Wanderlust im
-Liede ausschwingen ließ&nbsp;…</p>
-
-<p>Steiler und steiler drängte die Straße in die
-weite lothringische Ebene hinab. In scharfer Wendung
-zwang sie auf halber Höhe plötzlich den Blick
-rückwärts und hinauf zu der in Morgenröte und
-Frühnebeln badenden Kirche von Hâtonchatel, aus
-deren gotischem Zierat die junge Sonne gleichsam
-in hellen Bächen hervorsickerte, empor zu den zerschossenen
-Häusern, die sie umdrängten, und zu dem
-Bergfriedhof davor, über dessen graue Mauern das<span class="pagenum"><a id="Seite_6">[6]</a></span>
-Leben in Büscheln frischen Grüns mit hundert
-schlanken Zweigen voll silbrig schimmernden Teufelszwirns
-und schwellender Haselkätzchen hinausdrängte.
-Je tiefer wir stiegen, desto thronender hob sich über
-das Tal und die taufeuchten Rebenhänge, in immer
-hellerer Sonne schwelgend, die Kirchenruine von
-Hâtonchatel, eine Gottesburg, vor der sich das reiche
-Land hinauf und hinab breitete wie ein Gebetsteppich
-für Scharen von Pilgern.</p>
-
-<p>Vielleicht hätte ich dies alles nicht so gesehen
-ohne den zwanzigjährigen Kameraden neben mir.
-Er sang nicht mehr, sondern war ganz in Schauen
-und Schreiten versunken. Trotz und Demut, die
-Anmut des Jünglings, lagen wie ein Glanz über
-der Haltung des straffen Körpers, dem schlanken
-Kraftwuchs der Glieder, dem stolzen Nacken und
-der eigenwilligen Schönheit von Mund und Kinn.
-Sein Gehen war federnde, in sich beruhende und
-lässig bewegte Kraft, jenes Gehen, das »Schreiten«
-heißt, ein geruhiges, stolzes und in Stunden der
-Gefahr hochmütiges Schreiten. Der Gang dieses
-Menschen konnte Spiel sein oder Kampf oder
-Gottesdienst, je nach der Stunde. Er war Andacht
-und Freude. Wie der schlanke, schöne Mensch in
-dem abgetragenen grauen Rock wie ein Pilger den<span class="pagenum"><a id="Seite_7">[7]</a></span>
-Berg hinabzog, die lichten grauen Augen ganz
-voll Glanz und zielsicherer Sehnsucht, war er wie
-Zarathustra, der von den Höhen kommt, oder der
-Goethesche Wandrer. Die Sonne spielte durch den
-feinen Kalkstaub, den seine und unsere Füße aufrührten,
-und der helle Stein der Bergstraße schien
-unter seinen Sohlen zu klingen&nbsp;…</p>
-
-<p>Sein Gang war Wille und Freude. Er ging aus
-Vergangenheit in Zukunft, aus den Lehrjahren ging
-er in seine Meisterjahre hinüber. Hinter ihm versanken
-die Berge, auf denen er mit Picke und Spaten
-geschanzt hatte, die Wälder, deren zentnerschwere
-Stämme er stundenweit auf willigen Schultern getragen,
-die Dörfer, deren Straßen er mit Schaufel
-und Kotrechen saubergehalten hatte, die Gräben,
-in denen er zu allen Stunden des Tages und der
-Nacht seinen Wachdienst getan und die Erdlöcher
-und Unterstände, in denen er soviel Monate hindurch
-mit Handwerkern, Fabrikern und polnischen
-Landarbeitern gute Kameradschaft gehalten hatte.
-Er hatte sechs Monate hindurch den grauen Rock
-ohne Knopf und Tressen getragen, und von den
-härtesten und niedrigsten Diensten war ihm nichts
-geschenkt worden. Nun schritt er von den Bergen
-herab, um Führer zu werden. Aber er warf die<span class="pagenum"><a id="Seite_8">[8]</a></span>
-Vergangenheit nicht von sich wie einen abgetragenen
-Rock, sondern nahm sie mit sich wie einen heimlichen
-Schatz. Er hatte sechs schwere Monate hindurch um
-die Seele seines Volkes gedient, von der so viele
-reden, ohne sie zu kennen. Nur wer beherzt und
-bescheiden die ganze Not und Armseligkeit der
-Vielen, ihre Freuden und Gefahren mitträgt, Hunger
-und Durst, Frost und Schlaflosigkeit, Schmutz und
-Ungeziefer, Gefahr und Krankheit leidet, nur dem
-erschließt das Volk seine heimlichen Kammern, seine
-Rumpelkammern und seine Schatzkammern. Wer mit
-hellen und gütigen Augen durch diese Kammern
-hindurchgegangen ist, der ist wohl berufen, unter
-die Führer des Volkes zu treten. Als ein Wissender
-an Kopf und Herzen stieg der junge Kriegsfreiwillige
-von den lothringischen Bergen herab, um Führer
-und Helfer in seinem Volke zu werden. Davon klang
-sein Schritt. Und wenn die Menschen mit allem
-lügen und heucheln könnten, Blick und Stimme
-und Gang der Starken und Reinen können sie
-nicht erheucheln und nachtäuschen. Noch hatte ich
-mit dem jungen Studenten kein Wort gesprochen,
-aber Blick und Stimme und Gang des Jünglings
-waren mir freund geworden.</p>
-
-<p>Im Eisenbahnwagen kamen wir ins Gespräch.<span class="pagenum"><a id="Seite_9">[9]</a></span>
-Er saß mir gegenüber und kramte aus seinem
-Tornister einen kleinen Stapel zerlesener Bücher:
-ein Bändchen Goethe, den Zarathustra und eine
-Feldausgabe des Neuen Testaments. »Hat sich das
-alles miteinander vertragen?« fragte ich. Er sah
-hell und ein wenig kampfbereit auf. Dann lachte er.
-»Im Schützengraben sind allerlei fremde Geister
-zur Kameradschaft gezwungen worden. Es ist mit
-Büchern nicht anders als mit Menschen. Sie mögen
-so verschieden sein, wie sie wollen &ndash; nur stark und
-ehrlich müssen sie sein und sich behaupten können,
-das gibt die beste Kameradschaft.« Ich blätterte,
-ohne zu antworten, in seiner Sammlung Goethescher
-Gedichte. Ein anderer Kamerad sah herüber und
-sagte: »Das Buch habe ich mir beim Auszug auch
-in den Tornister gesteckt, aber wann hat man hier
-draußen Zeit zum Lesen gehabt?« »Wenn man
-wenig Zeit zu lesen hat,« meinte der junge Student,
-»so soll man auswendig lernen. Ich habe in diesem
-Winter siebzig Goethesche Gedichte gelernt. Die
-konnte ich dann vorholen, so oft ich wollte.« Er
-sprach frei und leicht und ohne jeden Anflug von
-Selbstbespiegelung oder Schulmeisterlichkeit, aber
-seine unbefangene und selbstsichere Art, ohne Scheu
-auch von wesentlichen und innerlichen Dingen zu<span class="pagenum"><a id="Seite_10">[10]</a></span>
-reden, zwang zum Aufhorchen. Seine Worte waren
-so klar wie seine Augen, und aus jedem seiner frisch
-und ehrlich gefügten Sätze konnte man sehen, weß
-Geistes Kind man vor sich hatte.</p>
-
-<p>Die Gespräche im Eisenbahnwagen kreuzten um
-die Aufgaben der nahen Zukunft. Wir fuhren einer
-Lehrzeit entgegen. Dem einen schien's viel, dem
-andern wenig, was in der kurzen Zeit zu lernen
-war. »Ein Zugführer braucht ja kein Stratege zu
-sein,« meinte einer. »Leutnantsdienst tun heißt:
-seinen Leuten vorsterben. Wer ein ganzer Kerl ist,
-braucht nur ein wenig Handwerk zuzulernen.« Der
-so sprach, meinte es ehrlich, und er hat nicht allzulang
-danach in Russisch-Polen sein Wort wahr gemacht,
-aber seine ungelenke und hitzige Art, unvermittelt
-und oft am falschen Platz große Worte
-zu machen, ließ ihn bei aller Redlichkeit oft zur
-Zielscheibe harmlosen Spottes werden. Auch hier
-fiel sein Wort wie ein Stein in leichtes Geplauder.
-Einige lächelten. Aber Ernst Wurche hob den Stein
-leicht auf, und er wurde in seiner Hand zum Kristall.
-»Leutnantsdienst tun heißt seinen Leuten <em class="gesperrt">vor-leben</em>,«
-sagte er, »das Vor-sterben ist dann wohl
-einmal ein Teil davon. Vorzusterben verstehen viele,
-und das ›<em class="antiqua">Non dolet</em>‹, mit dem die römische Frau<span class="pagenum"><a id="Seite_11">[11]</a></span>
-ihrem zaghaften Gatten zeigte, wie gut und leicht
-sich sterben läßt, steht dem Mann und Offizier noch
-besser, aber das Schönere bleibt das Vor-leben. Es
-ist auch schwerer. Das <em class="gesperrt">Zusammen</em>-leben im Graben
-war uns vielleicht die beste Schule, und es wird
-wohl niemand ein rechter Führer, der es nicht hier
-schon war.«</p>
-
-<p>Es erhob sich alsbald ein lebhafter Streit, ob es
-leicht oder schwer sei, Einfluß auf das Denken und
-Fühlen des gemeinen Mannes zu gewinnen. Mancher
-hatte mit Belehrungs- und Erziehungsversuchen kläglich
-Schiffbruch gelitten und war immer wie ein
-fremder Vogel im Schwarm gewesen. Vieles, das
-hin- und hergeredet wurde, ist mir entfallen, und
-es verblaßte auch mit Recht neben einem kleinen
-Erlebnis, das der junge Student erzählte. »Die
-großen Kerls«, meinte er lächelnd, »sind wie die
-Kinder. Mit Schelten und Verbieten ist wenig getan.
-Sie müssen einen gern haben. Ein Spiel, bei
-dem man nicht mittut, muß ihnen kein rechtes Spiel
-sein. Wenn wir zu acht im Unterstand lagen, suchte
-auch oft einer dem anderen mit unsaubern Witzen
-den Vogel abzuschießen. Und ein Weilchen unterhielten
-sie sich damit ganz prächtig. Aber dann
-war einer, ein Breslauer Sozialdemokrat, der gute<span class="pagenum"><a id="Seite_12">[12]</a></span>
-Freundschaft mit mir hielt; der merkte immer zuerst,
-wenn ich nicht mittat. ›Ernstel, schläfst du auch?‹
-fragte er dann jedesmal, und wir wußten alle
-beide, daß sein Spott auf unsichern Beinen stand.
-Ich knurrte auch nur, ›Laßt mich zufrieden‹, oder so.
-Sie wußten recht gut, wenn ich nichts von ihnen
-wissen wollte, und das paßte ihnen nicht. Es dauerte
-dann meistens auch gar nicht lange, bis einer eine
-Schnurre erzählte, über die ich mitlachte. Und dann
-hatten wir die lustigsten Stunden.«</p>
-
-<p>Er erzählte das ganz schlicht und mit so herzgewinnender
-Nachfreude, daß man unwillkürlich die
-Kraft spürte, die sein Wesen auf grobe und feine
-Herzen übte. Ich verstand ganz seine »großen
-Kerls«, die ihn »gern hatten« und denen das
-Lachen ohne ihn schal war. Viel später, in den
-Wäldern von Augustow, hat er mir dann zuweilen
-Briefe seiner alten Kameraden zu lesen gegeben,
-denen er selbst fleißig schrieb. Darunter war auch
-einer seines Breslauer Sozialdemokraten. Der fing
-mit »Lieber Herr Leutnant« an, und ziemlich unvermittelt
-stand zwischen allerlei Nachrichten: »Seit
-Sie fort sind, sind unsre Gespräche nicht besser geworden.
-Über viele Witze würden Sie nicht lachen,
-und wir dann auch nicht.« Es mag, auch in Deutschland,<span class="pagenum"><a id="Seite_13">[13]</a></span>
-nicht viele Offiziere geben, denen solche Briefe
-geschrieben werden&nbsp;…</p>
-
-<p>In dem Eisenbahnwagen, der uns quer durch
-Deutschland von Metz nach Posen führte, saß ich
-dem rasch liebgewonnenen Kameraden viele Stunden
-gegenüber. Es wurde viel gelacht und geplaudert.
-Aus allen seinen Worten sprach ein reiner, klarer,
-gesammelter Wille. So wie er die Anmut des
-Knaben mit der Würde des Mannes paarte, war
-er ganz Jüngling, und er erinnerte mich in seinem
-bescheidenen, selbstsicheren Lebensfrohsinn fast schmerzhaft
-deutlich an meinen jüngsten Bruder, der in
-den ersten Septembertagen in Frankreich gefallen war.
-»Sind Sie nicht Wandervogel, Wurche?« fragte ich
-ihn aus meinen Gedanken und Vergleichen heraus,
-und sieh', da hatte ich an die Dinge des Lebens
-gerührt, die ihm die liebsten waren! Aller Glanz
-und alles Heil deutscher Zukunft schien ihm aus
-dem Geist des Wandervogels zu kommen, und wenn
-ich an ihn denke, der diesen Geist rein und hell
-verkörperte, so gebe ich ihm recht&nbsp;…</p>
-
-<hr class="tb" />
-
-<p>Die paar Wochen Lehrzeit im Warthelager haben
-dem Wesen des Jünglings nichts gegeben und
-nichts genommen. Er wurde rasch nacheinander<span class="pagenum"><a id="Seite_14">[14]</a></span>
-Unteroffizier, Feldwebel und Leutnant. Mit seinen
-Aufgaben fand er sich glatt und sicher ab, und an
-den Verdrießlichkeiten und Kleinlichkeiten, wie sie
-der Friedensdrill mit sich bringt, ging er mit lässigem
-Hochmut vorüber. Einmal entschlüpfte auch mir, ich
-weiß nicht mehr über wen und worüber, ein verdrossenes
-Wort. Da schob er seinen Arm in meinen,
-sah mich mit seiner herzlich zwingenden Heiterkeit
-an und zitierte aus seinem Goethe:</p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">»Wandrer, gegen solche Not<br /></span>
-<span class="i0">Wolltest du dich sträuben?<br /></span>
-<span class="i0">Wirbelwind und trocknen Kot<br /></span>
-<span class="i0">Laß ihn drehn und stäuben!«<br /></span>
-</div></div>
-
-<p class="noind">Damit war die Sache abgetan. Wir wanderten
-in den Sonntagmorgen hinaus zum Warthe-Ufer
-und sprachen von Flüssen, Bergen, Wäldern und
-Wolken&nbsp;…</p>
-
-<hr class="tb" />
-
-<p>Es wurde Mai. Da zogen wir zum zweitenmal
-hinaus. Wohin? Das wußte von den paar hundert
-jungen Offizieren noch keiner, als uns schon die
-grellweißen Lichtkegel unsrer Autos zum Schlesischen
-Bahnhof in Berlin vorausrasten. Die Zukunft war
-voller Geheimnisse und Abenteuer, und aus dem
-Dunkel im Osten, in das sich die Lichter unsres<span class="pagenum"><a id="Seite_15">[15]</a></span>
-Zuges hineinfraßen, wuchs der Schatten Hindenburgs&nbsp;…</p>
-
-<p>Der Zug fuhr ohne Halt durch die Mainacht,
-als wollte er Weg und Ziel nicht verraten. Nur
-hin und wieder flog ein grell von Bahnhofslichtern
-überstrahltes Schild mit einem Stationsnamen an
-uns vorüber. Es ging nach Osten. Der Schatten
-Hindenburgs wuchs und wuchs. Kühl und blausonnig
-ging der Maimorgen über den ostpreußischen
-Seen auf. Ging es nach Kurland, ging es nach
-Polen? Ernst Wurche zeigte hartnäckig, so oft wir
-hin- und herrieten, auf die Teile der großen Generalstabskarte,
-die mit dem tiefsten Blau und dem
-lichtesten Grün gezeichnet waren. Der helle, liebe
-Mai gaukelte dem Wandervogel die Lockbilder
-weiter, sonniger Seen, schattiger Wälder und taunasser
-Wiesen vor.</p>
-
-<p>Auf dem Bahnhof eines ostpreußischen Städtchens
-wurden uns von lachenden Mädchen Erfrischungen
-und Blumen ins Abteil gereicht. Als der Zug sich
-unter Winken, Zurufen und Gelächter in Bewegung
-setzte, warf uns ein älterer Herr mit einem fast
-zornigen Gesicht ein Extrablatt zu. Wir fingen es
-auf und lasen. Italien hatte an Österreich den Krieg
-erklärt&nbsp;…</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_16">[16]</a></span></p>
-
-<p>Seit Tagen schon hatte man nichts anderes mehr
-erwartet. Es waren nicht wenige unter uns, die
-noch in Berlin darauf gewettet hatten, daß wir
-selbst an die italienische Front geworfen würden.
-Nun stand der italienische Verrat schwarz auf weiß
-wie eine häßliche Fratze vor uns. Ein Weilchen war
-es still. Dann fielen harte, starke und laute Worte.
-Einer der Jüngsten von uns, der noch nicht allzulang
-der Sekunda entlaufen war, steckte das Blatt
-auf die Spitze seines Degens und winkte damit
-zum Fenster hinaus. Ein paar helle Mädchenarme
-winkten fröhlich und übermütig zurück. Der alte
-Ostpreuße in seinem schwarzen Rock stand unbeweglich
-und sah uns fast drohend nach. Der Bahnhof
-floh zurück. Die Menschen auf dem Bahnsteig
-schrumpften zusammen. Ein paar helle, bunte Flecke,
-mitten darin ein schwarzer Strich … Dann verschwand
-auch das. Nur das Blatt mit den großen, zornigen,
-schwarzen Lettern lag noch auf dem roten Plüsch
-unseres Abteils. Eine Hand nach der andern hob es
-auf. Zuletzt warf es eine Faust zerknüllt in die Ecke.</p>
-
-<p>Das Gespräch ging längst wieder andere Wege.
-Ein junger Berliner Hochschullehrer, der als Kriegsfreiwilliger
-mit den jungen Regimentern in Flandern
-gefochten hatte, erzählte aus der Hölle von Ypern.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_17">[17]</a></span></p>
-
-<p>Mein Blick fiel zufällig auf Ernst Wurche. Er
-saß still in seiner Ecke, aber seine hellen, frohen
-Augen spielten mit der Maisonne um die Wette
-über die aufgeschlagenen Seiten eines Büchleins,
-das ihm auf den Knien lag. Es war sein Neues
-Testament. »Ernstel, schläfst du?« neckte ich ihn,
-da er's so ganz verschmähte, an unsern Gesprächen
-teilzunehmen. Er sah voll und herzlich auf. Dann
-rückte er mir mit einer raschen, fröhlichen Bewegung
-das schwarze Bändchen hin und tippte mit dem
-Finger auf eine Zeilenreihe.</p>
-
-<p>»Der mit der Hand mit mir in die Schüssel
-tauchte, der wird mich verraten,« las ich. Ich glaubte
-ihn zu verstehen. »Italien?« fragte ich. Er nickte
-und tippte auf eine andere Stelle.</p>
-
-<p>»Da ging hin einer mit Namen Judas Ischarioth
-und sprach: <em class="gesperrt">Was wollt Ihr mir geben?</em> Ich
-will ihn Euch verraten …« Ich nickte ihm zu, da
-warf er rasch ein paar Blätter herum. »Und das
-wird das Ende sein!« Sein Zeigefinger lag auf
-dem kläglichen Wort des Verräters: »Ich habe übel
-getan, daß ich unschuldig Blut verraten habe.« Und
-weiter: »<em class="gesperrt">Sie sprachen: Was geht uns das an!
-Da siehe du zu!</em>«</p>
-
-<p>Keine Spur eines finsteren Eiferers lag in seinem<span class="pagenum"><a id="Seite_18">[18]</a></span>
-offenen Blick und seiner frohen Gebärde. Seine
-Seele war weit und voll Sonne, und er las die
-Bibelstellen nicht anders als in dem hellen, starken
-Geiste, mit dem wir Kriegsfreiwilligen den Mondregenbogen
-an Gottes Himmel schauten, als wir
-nach Frankreich hinausfuhren. Sein Christentum war
-ganz Kraft und Leben. Die religiöse Erweckung aus
-Feigheit war ihm erbärmlich. Er hatte eine stille,
-herzliche Verachtung für das draußen und daheim
-wuchernde Angst-Christentum und die Gebetspanik
-der Feigen. Von ihnen sagte er einmal: »Sie suchen
-immer in Gottes Willen hineinzupfuschen. Gottes
-Wille ist ihnen nicht so heilig wie ihr bißchen Leben.
-Man sollte immer nur um Kraft beten. Der Mensch
-soll nach Gottes Hand greifen, nicht nach Pfennigen
-in seiner Hand.« Sein Gott war mit einem Schwerte
-gegürtet, und auch sein Christus trug wohl ein
-helles Schwert, wenn er mit ihm in den Kampf
-schritt. Zur Stunde sah er seine blanke Schneide
-gegen die verräterischen Bundesgenossen fliegen.
-Davon brannten ihm die Augen.</p>
-
-<p>Der junge Offizier ließ an seinen Glauben so
-wenig rühren wie an sein Portepee. Sein Glaube
-und seine Ehre, das gehörte zusammen. Ich hörte
-später einmal, wie ein etwas älterer Kamerad mit<span class="pagenum"><a id="Seite_19">[19]</a></span>
-einer läppischen Bemerkung über sein theologisches
-Studium witzelte. Den sah er hell an, und dann
-sagte er ganz ruhig und liebenswürdig: »Theologie
-ist eine Sache für feine Köpfe, nicht für Klötze.«
-Er verlor nie die Ruhe, auch nicht, wenn er grob
-wurde, und er konnte vollendet grob werden.</p>
-
-<p>Allmählich ließ sich das Ziel unserer Reise erkennen.
-Eine Nacht verbrachten wir in Suwalki,
-und am nächsten Morgen fauchte der Zug, der nur
-noch wenige Wagen zählte, durch die endlosen
-Nadelwälder von Augustowo zur Front. Ein Teil
-der Bahnstrecke wurde von den Russen unter
-Artilleriefeuer gehalten. Auf offener Strecke blieben
-wir ein paar Stunden liegen, während der Gegner
-weiter vorn die Geleise mit Granaten abstreute.
-Einige Wipfel brachen wie unter jähen Blitzschlägen
-zusammen. Ein Teil des Waldes brannte, ein grelles,
-heißes Rot fraß sich durch den schweren Qualm von
-brennendem Holz und Harz.</p>
-
-<p>Nach einer Weile schwieg die feindliche Artillerie,
-und unser Zug setzte sich wieder in Bewegung.
-Schneller und schneller glitten Fichten und Sand,
-Sand und Fichten vorüber. Mit einmal erschütterte
-der ganze Zug von dem schmetternden Krachen
-einer krepierenden Granate, deren Sausen das<span class="pagenum"><a id="Seite_20">[20]</a></span>
-Rattern der Bahn übertäubt hatte. Ein Knirschen
-von Holz und Eisen. Ein paar Stöße, die wie
-Faustschläge durch die roten Polster kamen. Eine
-Scheibe sprang mit peitschenartigem Knall aus dem
-Rahmen. Der Wagen neigte sich hart rechtsüber,
-schwankte, stand. Die Granate war unter dem fahrenden
-Zug in den Bahndamm geschlagen und hatte
-wie eine Teufelsfaust die Erde unter den heißen
-Schienen fortgerissen. Der Zug war aus den Gleisen
-gesprungen und stand mit gefährlicher Neigung über
-der steilabfallenden Böschung. Ein Maschinengewehr
-hämmerte aus der Ferne, wo man wohl durchs
-Scherenfernrohr den Treffer beobachtet hatte, herüber.
-Tak&ndash;ta&ndash;tak&ndash;tak&ndash;tak&ndash;ta&ndash;tak&nbsp;…</p>
-
-<p>Ernst Wurche hatte gerade am Fenster gestanden
-und sich rasiert. Mitten in den Strich war das
-Krachen und Brechen gekommen. Er hob das Messer
-leicht ab und hielt sich mit der Linken am Gepäcknetz
-fest. Aus den Nebenabteilen sahen wir die
-Kameraden, zum Teil hemdärmelig, aus den schwankenden
-Wagen springen. Mir selbst <span id="corr020">waren</span> ein Koffer
-und Wäschesack auf den Kopf gefallen und hatten
-mich vornüber geworfen. Ich rappelte mich wieder
-auf. Der Zug stand. Ich sah nach Wurche und mußte
-lachen. Er führte mit dem Messer sauber den unterbrochenen<span class="pagenum"><a id="Seite_21">[21]</a></span>
-Strich zu Ende, wischte sich den Seifenschaum
-aus dem Gesicht und sagte seelenruhig: »Na,
-da können wir wohl auch aussteigen!« Er ließ sich
-seine fröhliche Ruhe von niemand aus den Fingern
-schlagen, und es lag nicht in seiner Art, bei einer
-Panik mit der Seife im Gesicht aus dem Rasierladen
-zu laufen, wenn noch Zeit war, sie abzuwischen.
-Gelassenheit war eins seiner Lieblingsworte, in ihr
-sah er das Wesen menschlicher und männlicher
-Würde, heitere und lässige Sicherheit lag immer
-wie ein Glanz über seinem Wesen, und es war in
-ihr soviel menschliche Anmut wie männliche Würde.</p>
-
-<p>Mit dem »Aussteigen« freilich haperte es. Alle
-Türen nach draußen und zu den Nebenabteilen
-waren verkeilt. »Eskaladieren wir!« sagte Wurche
-und kletterte durch das zersprungene Fenster ins
-Freie. Ich warf unsre Gepäckstücke nach und folgte
-auf demselben Wege. Wir rückten unsre Koffer dicht
-an die dem Feinde abgekehrte Seite des steilabfallenden
-Bahndamms und streckten uns daneben
-in Gras und Sonne. Zwei Stunden später kam
-von Augustowo her ein Hilfszug und brachte uns
-mit einiger Verspätung ans Ziel. Rußland hatte
-uns sein Willkommen entboten.</p>
-
-<p>Im Divisionsstabsquartier von Augustowo wurden<span class="pagenum"><a id="Seite_22">[22]</a></span>
-wir auf Regimenter und kurz danach in einer Russenkaserne
-auf Kompanien verteilt. Ich wußte es beide
-Male einzurichten, daß ich mit Wurche zusammenblieb.
-Wir kamen beide zur 9. Kompanie eines
-elsässischen Infanterie-Regiments.</p>
-
-<p>Wir schliefen die Nacht auf Stroh in der russischen
-Kaserne und wanderten am andern Morgen zu
-viert in den Mai hinaus nach den Gräben unsrer
-Kompanien, die ein paar Wegstunden entfernt in
-festen Stellungen im Walde lagen.</p>
-
-<p>Ein Morgenbad im »Weißen See« gab dem
-ganzen Tage einen frischen Glanz. Der Weg ging
-durch Sand und Föhrenwald. Zerstreutes Licht floß
-in breiten Bahnen durch grüne Wipfel und goldrote
-Stämme. Dann lag der weite See, von
-sonnigem Morgendunst überschäumt, vor uns. Pirole
-schmetterten, Schwalben schossen mit den Schwingen
-durchs Wasser, Taucher verschwanden vor uns, wie
-wir am Ufer entlangschlenderten. Nur aus der
-Ferne kam ein gedämpftes Grollen zu uns herüber
-und ab und zu das taktmäßige Hämmern eines
-Maschinengewehrs. »Spechte!« lachte Wurche und
-ließ Sonne und Wasser über sich zusammenschlagen.</p>
-
-<p>Dann ging es am Augustower Kanal und den
-Nettawiesen weiter. Bald saß uns der graue Staub<span class="pagenum"><a id="Seite_23">[23]</a></span>
-der russischen Landstraße in den Röcken. Aber neben
-dem Wandervogel her, der in Helm und Degen
-und Ledergamaschen den ausgefahrenen Sandweg
-hinzog, schritt leicht auf reinlichen Füßen durch
-feuchtes Wiesengras der Mai und lachte immer
-heller herüber. Die leise Netta kam bald bis an
-unsern Weg heran und ließ ihre Wellen und ihr
-sonniges Mückenspiel vor uns gaukeln, bald entwich
-sie uns wieder und barg sich in Wiesenschaumkraut
-und wucherndem Gras. Ich hatte Wurche lange
-von der Seite angesehen. Zuletzt mußte ich lachen.
-»Gestehen Sie's nur!« sagte ich, »Sie müssen heut
-noch einmal ins Wasser?« »Gleich!« sagte er, und
-wir gingen tief in die federnde Sumpfwiese hinein,
-warfen die staubigen Kleider von uns und ließen
-uns von den kühlen, guten Wellen treiben.</p>
-
-<p>Dann lagen wir lange in dem reinlichen Gras
-und ließen uns von Wind und Sonne trocknen.
-Als Letzter sprang der Wandervogel aus den
-Wellen. Der Frühling war ganz wach und klang
-von Sonne und Vogelstimmen. Der junge Mensch,
-der auf uns zuschritt, war von diesem Frühling
-trunken. Mit rückgeneigtem Haupte ließ er die Maisonne
-ganz über sich hinfluten, er hielt ihr stille
-und stand mit frei ausgebreiteten Armen und geöffneten<span class="pagenum"><a id="Seite_24">[24]</a></span>
-Händen da. Seine Lippen schlossen sich zu
-Goethes inbrünstigen Versen auf, die ihm frei und
-leicht von den Lippen sprangen, als habe er die
-ewigen Worte eben gefunden, die die Sonne in
-ihn hinein und über Herz und Lippen aus ihm
-herausströmte:</p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">»Wie im Morgenglanze<br /></span>
-<span class="i0">Du rings mich anglühst,<br /></span>
-<span class="i0">Frühling, Geliebter!<br /></span>
-<span class="i0">Mit tausendfacher Liebeswonne<br /></span>
-<span class="i0">Sich an mein Herz drängt<br /></span>
-<span class="i0">Deiner ewigen Wärme<br /></span>
-<span class="i0">Heilig Gefühl,<br /></span>
-<span class="i0">Unendliche Schöne!<br /></span>
-<span class="i0">Daß ich dich fassen möcht'<br /></span>
-<span class="i0">In diesen Arm!&nbsp;&ndash;&nbsp;&ndash;&nbsp;&ndash;«<br /></span>
-</div></div>
-
-<p>Feucht von den Wassern und von Sonne und
-Jugend über und über glänzend stand der Zwanzigjährige
-in seiner schlanken Reinheit da, und die
-Worte des Ganymed kamen ihm schlicht und schön
-und mit einer fast schmerzlich hellen Sehnsucht von
-den Lippen. »Da fehlt nur ein Maler!« sagte einer
-von uns. Ich schwieg und war fast traurig, ohne
-sagen zu können warum. Unser Wandervogel aber
-ließ leicht die Arme fallen und trat mit ein paar<span class="pagenum"><a id="Seite_25">[25]</a></span>
-raschen, frischen Schritten in unsre Mitte. Wir
-schleuderten uns die letzten Wassertropfen von den
-Händen und griffen nach unsern Kleidern. Bald
-schritt mir der Freund wieder im grauen Waffenrock,
-der die hohe Gestalt knapp und kleidsam umschloß,
-und mit eingehenktem Degen zur Seite. Der
-Helmrand umlief die trotzige Form seines eigenwillig
-gestreckten und prächtig gewölbten Schädels,
-und wie er mit frei ausgreifendem Schritt den von
-fernen Donnern leise erdröhnenden Wäldern entgegenschritt,
-schien er, von Freude und Kraft bebend,
-begierig in eine klirrende Zukunft zu horchen. »Wen
-du nicht verlässest, Genius, wird dem Regengewölk,
-wird dem Schloßensturm entgegen singen …!«
-Wenn ihm nicht die Lippen davon klangen, so
-klang sein Schritt davon. »Tanztüchtig will ich den
-Jüngling und waffentüchtig.« Alte Worte sprangen
-immer wie junge Quellen an seinem Wege.</p>
-
-<p>Warum ergreift uns alle Schönheit des Lebens,
-statt daß <em class="gesperrt">wir</em> sie ergreifen? Ach, wie der Mensch
-aus Erde gemacht ist und wieder zu Erde wird,
-so ist alle Schönheit aus Sehnsucht gemacht und
-wird wieder zu Sehnsucht. Wir jagen ihr nach, bis
-sie zur Sehnsucht wird.&nbsp;&ndash;</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_26">[26]</a></span></p>
-
-<p>In den Winternächten, die wir in den Gräben
-vor Verdun zugebracht hatten, war zuweilen ein
-jäh aufbrandendes und wie eine Sturmflut weiterrollendes
-Hurra die endlose Front der Schützengräben
-entlanggebraust. Wenn dieses Hurra in der
-Ferne verebbte, dann horchten wir Kriegsfreiwilligen
-ihm nach, und in unserm Horchen war etwas Grimm
-und Neid. Im Osten geschah alles Heiße, Wilde
-und Große. Über Rußland stand immerfort eine
-brandrote Wolke, in der der Donner des Namens
-Hindenburg grollte, und uns im Westen blieb nichts
-als Lauern und Warten und Wachen und Gräbergraben,
-ohne daß wir den Tod von Angesicht sahen,
-der heimtückisch bei Tag und Nacht in unsre Reihen
-hieb. Im Osten schritten unsre Sturmkolonnen über
-Täler und Höhen, und wir lagen wie Maulwürfe
-unter der Erde und riefen das Hurra zu ihren
-Siegen.</p>
-
-<p>Als wir an die Ostfront kamen, waren die großen
-Kämpfe der Masurenschlacht längst zum Stellungskriege
-erstarrt. Unsere neue Kompanie lag seit
-Wochen eingegraben am Waldrand einer breiten
-Sumpfwiese, durch die ein träger Bach, die Kolnizanka,
-durch Sand und Morast zum Kolnosee
-schlich. Jenseits des faulen Wassers war wieder<span class="pagenum"><a id="Seite_27">[27]</a></span>
-Wiese, Sand und Wald, und nur ein paar helle
-Streifen drüben zeigten, wo der Feind hinter seinen
-Sandwällen hockte. Ein Stacheldrahthindernis zog
-sich an unsrer Front entlang und die Nacht hindurch
-kreiste durch das Drahtgewirr der elektrische Strom, der
-von Augustowo her in mächtigen Kabeln gespeist wurde.
-»Draht!« knurrte Leutnant Wurche verächtlich, als wir
-in der Mainacht nach unsrer Ankunft zum erstenmal
-die Kompaniefront abgingen, und schlug spöttisch mit
-einer Gerte gegen die glatten Schutzdrähte am
-Horchpostendurchlaß. Und so ging er die erste Nacht
-an dem grauen Verhau hinauf und hinunter wie
-ein gefangener Tiger an seinem Käfiggitter.</p>
-
-<p>Unsere Grabenabschnitte grenzten aneinander, und
-wir blieben Nachbarn als Zugführer des zweiten
-und dritten Zuges oder, wie er sagte, als »Obernachtwächter
-der Wach- und Schließgesellschaft im
-Osten«. Die russischen Gräben lagen ein paar hundert
-Meter entfernt, so daß wir uns selbst am hellen
-Tage frei im Walde hinter unsrer Stellung bewegen
-konnten. Die russische Artillerie streute wohl
-dann und wann mit Schrapnells und Granaten
-unsre Gräben ab, ein Volltreffer schlug sogar einmal
-meinen Unterstand, als ich gerade die Tür
-aufmachte, zu einem Scherbenhaufen zusammen,<span class="pagenum"><a id="Seite_28">[28]</a></span>
-aber alles das ging immer rasch wie ein Mairegen,
-eine »Husche«, vorüber, der Franzose hatte dies
-Spiel viel besser verstanden, und im ganzen nahmen
-wir »Iwan den Schrecklichen«, wie der Russe bei
-uns hieß, nicht ganz ernst. Wir haben es später gelernt,
-ihn zu achten, aber einstweilen ließen wir uns
-von ihm unsre »Sommerfrische in den Augustower
-Wäldern« nicht stören. Die Myriaden von Schnaken,
-die Wälder und Sümpfe ausbrüteten, waren uns
-lästiger als die Russen hinter ihrem Draht.</p>
-
-<p>Nur wenn es dämmerte und das rote, blaue,
-bunte Blühen von Fleischblumen, Vergißmeinnicht,
-Kalla und Federnelken auf der Sumpfwiese draußen
-im Glanz der Sterne und Leuchtraketen fahl und
-farblos wurde, trat aus dem dunklen Walde drüben
-das Abenteuer wie ein schönes Wild und schaute
-zu uns herüber, die wir an der Brustwehr unsrer
-dunklen Gräben standen und lauschten. Jede Nacht
-ging von der Kompanie eine <span id="corr028">Offizierspatrouille</span> ins
-Vorgelände, und wir drei Leutnants, ein Mecklenburger,
-ein Schlesier und ein Thüringer, hatten uns
-in diesen Dienst zu teilen. Zuweilen gingen wir
-auch zu zweit mit unsern Leuten hinaus, wenn wir
-einen besonders guten Fang machen zu können
-glaubten. Meist aber ging nur einer als Führer.<span class="pagenum"><a id="Seite_29">[29]</a></span>
-Und es war dann ein seltsames Gefühl, wenn man
-lauschend an der Brustwehr stand, und draußen im
-Dunkel knatterten plötzlich russische und deutsche Gewehre
-oder das dumpfe Krachen detonierender Handgranaten
-wurde laut. Das Warten und Wiedersehen
-solcher Stunden, von denen man nie sprach, läßt
-Menschen ineinanderwachsen wie Bäume. Viele
-Worte freilich wurden nie gemacht, und es blieb
-bei einem Scherz oder Handschlag, wenn der andere
-hinausging oder wiederkam.</p>
-
-<p>Wie hätten junge Herzen nicht ineinanderwachsen
-sollen in diesen Frühlingstagen und Frühlingsnächten,
-in denen sie gemeinsam immer inniger
-vertraut wurden mit Erde und Luft und Wasser,
-mit den linden Stunden der Nacht und mit den
-hellen Stunden der blühenden Tage! Wie leise
-Sonnenwellen kommen die Erinnerungen an unsern
-ersten Kriegsfrühling in den Augustower Wäldern
-zu mir, wo ich auch sein mag. Die linde, junge
-Gütigkeit, die in ein paar hellen Grauaugen lebte
-und frisch und warm aus einer lebendigen Menschenstimme
-klang, brach wie ein helles, starkes Licht
-durch die Fenster meiner Seele, durchsonnend, was
-dumpfig war, durchwärmend, was kühl und voll
-Schatten war. Wie deutlich erhöre ich heute und<span class="pagenum"><a id="Seite_30">[30]</a></span>
-immer, in die Vergangenheit hineinhorchend, den
-raschen Schritt des Freundes. Ich sehe ihn schlank
-und frei durch die Tür in mein helles Fichtenhäuschen
-treten und sehe eine junge, lebendige Hand Blumen
-unter das kleine Bild meines gefallenen Bruders
-legen mit einer frischen, herzlichen Bewegung, in
-der doch die leise, gute Scheu der Jugend vor der
-Entschleierung des Herzens zu spüren ist! Und oft
-ist mir, ich könne den lieben Gast halten und mit
-ihm von dem bunten Erleben der hellen Zeit
-plaudern, in der selbst der Ernst des Krieges sich
-in Spiel und Freude auflösen wollte. Weißt du
-noch, Gesell, wie wir über meinen ersten Gefangenen
-lachten? Im Sumpfbach vor unserm Graben, wo
-vom letzten Angriff her noch über dreißig tote Russen
-lagen, war ich auf nächtlichem Patrouillengang
-ahnungslos auf ihn zugegangen, um dem vermeintlich
-<span id="corr030">Toten</span> das Gewehr zu nehmen. Aber es
-war kein Toter, sondern ein fixer und pfiffiger
-Moskauer Junge, der zu einer vor uns im Dunkel
-herflüchtenden Russenpatrouille gehörte. Ohne es zu
-wissen, hatten wir ihn von seinen Kameraden abgeschnitten,
-und er wollte sich uns noch entziehen,
-indem er sich mitten unter die Toten hockte und in
-Anschlagstellung wie sie erstarrte. Als ich sein Gewehr<span class="pagenum"><a id="Seite_31">[31]</a></span>
-fassen wollte, schlug er auf mich an, und mich
-warf der Schreck fast um, als der Tote plötzlich die
-Büchse gegen mich hob. Gerade rechtzeitig noch
-rückte ich ihm meine kleine Mauserpistole an die
-Stirn, daß er die Waffe wegwarf und uns geduldig
-nachtrollte. Damit doch auch ein anderer etwas
-von dem Schrecken abbekäme, schickte ich ihn samt
-seinem Gewehr, ohne anzuklopfen, in den Unterstand
-des Leutnants vom ersten Zuge, der sorglos bei der
-Flasche saß, aber der Mecklenburger ließ sich nicht
-verblüffen, sondern hob nach dem verlegen grinsenden
-Burschen das volle Glas, »Prosit, Iwan &ndash;!« Und
-Iwan taute auf und besah sich die Postkarten unsrer
-Leute, die den holzverkleideten Graben schmückten, blieb
-tiefsinnig vor einem bunten Hindenburgbilde stehen
-und sagte ehrerbietig, »Ah &ndash; Chindenburrg!«, indem
-er mit unermüdlich kreisenden Händen um sein
-Russenhaupt fuhr, um uns das imaginäre Volumen
-eines fabelhaften Feldherrnkopfes zu veranschaulichen.
-Darauf von unsern lachenden Leuten nach seinem
-Landsmann Nikolajewitsch befragt, preßte er den
-Kopf in die Hände wie ein Schwerkranker und
-brach in einen Husten aus, der eine höchst schauderhafte
-Vorstellung von dem Zustand seines Generalissimus
-gab&nbsp;…</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_32">[32]</a></span></p>
-
-<p>Und weißt du noch, wie die russische Patrouille
-uns bei Nacht und Nebel ein schön bemaltes Plakat
-mit der Inschrift »<em class="antiqua">Italiani &ndash; auch Krieg!</em>« vor die
-Drahtverhaue pflanzte? Und wie unsre Leute dann
-in der nächsten Nacht ein noch schöneres Schild mit
-der Antwort »<em class="antiqua">Italiani &ndash; auch Prügel!</em>« den Russen
-in eins ihrer eigens zu diesem Zweck gesäuberten
-Horchpostenlöcher pflanzten, daß sie den ganzen Tag
-über wütend danach schossen?</p>
-
-<p>Weißt du noch, wie wir im Unterstande zusammensaßen,
-während die russische Artillerie mit grobem
-Geschütz unsern Graben absuchte? Wie unter dem
-Luftdruck der in der Nähe krepierenden schwerkalibrigen
-Geschosse die zwei- und dreimal wieder
-angezündete Lampe dreimal auslosch? Und wie wir
-zu viert im Dunkel saßen, und unsre Zigaretten
-warfen einen Glimmerschein über die Gesichter, und
-wir lachten, »Iwan bläst uns die Lampe aus!«?</p>
-
-<p>Weißt du das alles noch, Lieber? Und weißt du
-auch noch, wie du einen mächtigen bombensichren
-Unterstand für zwei Gruppen deines Zuges aus
-Hunderten von schweren Fichtenstämmen und Bergen
-von Sand gebaut hattest? Und wie wir dann dem
-Neubau die sinnige Türinschrift gaben: »Selig, wer
-sich vor der Welt ohne Haß verschließt«?</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_33">[33]</a></span></p>
-
-<p>Und weißt du noch, wie du singend vor der zum
-Bad nach den Nettawiesen marschierenden Kompanie
-herzogst und wie du mit uns ganze Nachmittage
-im Wasser vertolltest? Weißt du das noch, du
-Wandervogel, der den Widerwilligsten zum Mitsingen
-zwang und den Wasserscheusten im Wasser
-zum Lachen brachte?</p>
-
-<p>Weißt du noch, wie das faule Holz im Walde
-um unsre dunklen Gräben leuchtete? Und wie
-Myriaden von Junikäfern die Sumpfwiese zwischen
-uns und dem Feinde nächtlicherweile zum Märchenland
-machten? Und wie aus dem Drahthindernis
-die blauen Funken ins nasse Gras hinüber- und
-hinunterzuckten wie die schillernden Schuppen einer
-glitzernden Schlange, die unermüdlich kreisend durch
-das graue Verhau lief, immer bereit zum tödlichen
-Bisse?</p>
-
-<p>Weißt du noch, wie wir im hellen Sand der
-sonnigen Waldlichtung hinter unsern Gräben Zirkel
-ritten? Wie du reiten lernen wolltest wie ein Kosak;
-denn das seien die sieben ritterlichen Künste der
-neuen deutschen Jugend: Singen, Wandern, Turnen,
-Schwimmen, Fechten, Tanzen und Reiten&nbsp;&ndash;?</p>
-
-<p>Und war doch ebensoviel Ernst in deiner Freude
-wie Freude in deinem Ernst! Auch was du mit<span class="pagenum"><a id="Seite_34">[34]</a></span>
-Lachen triebst, war mehr als Spiel. Ein Stück Leben
-war alles, was du sprachst und tatst, und ein heller,
-klarer, gesammelter Menschenwille schmiedete alle
-Stücke zu einem werdenden Kunstwerk zusammen.</p>
-
-<p>Wenn der junge Führer mit seinen Leuten auf
-nächtliche Streife auszog, so arbeitete ein frischer,
-beherrschter Wille unermüdlich und unnachgiebig
-an den Menschen, die er führte. Wollten sie ihm,
-im Dunkel plötzlich vom Feuer russischer Gewehre
-überfallen, aus der Hand geraten, so zwang er sie
-wieder bis auf den Punkt zurück, den sie eigenmächtig
-verlassen hatten. Aber er selbst ging immer
-als erster voraus und kroch als letzter zurück.</p>
-
-<p>Als die unsicheren und baufälligen Unterstände
-seines Zuges durch neue ersetzt wurden, ließ er die
-Arbeit an seinem eigenen Unterstand bis zuletzt
-liegen. Ohne Lärm und schimpfendes Dreinfahren
-wußte er alle Hände in Tätigkeit zu halten. Er
-war beim Fällen und Schleppen der schweren
-Stämme dabei und verteilte die Kräfte. Er lehrte
-Stempel setzen und Unterzüge einfügen, Deckbalken
-verknüpfen und federnde Reisigdeckungen aufhäufen,
-wie er's in Frankreich gelernt hatte. Selbst sauber
-an Seele und Leib, erzog er seinen Leuten die
-Freude an Sauberkeit und schmucker Ordnung an,<span class="pagenum"><a id="Seite_35">[35]</a></span>
-unauffällig und ohne viel Worte sie durch frisches
-Handeln gewöhnend. Nicht weniger als die Arbeit
-lag ihm die Ruhe seiner Leute am Herzen und als
-jüngster Offizier der Kompanie wußte er's durchzusetzen,
-daß den Mannschaften Sonntagsruhe geschenkt
-wurde. In seinen Briefen an Eltern und
-Schwester erbat er immer wieder Bücher für den
-Feierabend seiner Leute und wählte die Bücher
-selbst nach den Erfahrungen, die er in Frankreich
-als Kamerad unter Kameraden gemacht hatte.</p>
-
-<p>Er kannte in vierzehn Tagen jeden Mann seines
-Zuges nach Namen und Beruf, er wußte, ob einer
-verheiratet war und wie viel Kinder er hatte, er
-kannte eines jeden Sorgen und Hoffnungen und
-verstand dem Stillsten die Zunge zu lösen. »Das
-Herz seiner Leute muß man haben,« sagte er, »dann
-hat man ganz von selbst Disziplin.«</p>
-
-<p>Nach dem Dienste, in stillen Abendstunden, zündeten
-wir die kleinen Lichter in den farbigen Papierlaternen
-unsrer Holzhütten an und plauderten oder
-lasen. Oft brannten uns die Kerzen dabei, ohne
-daß wir's merkten, nieder, und durch das Glasdach
-meines Sommerhäuschens, das ganz aus schlanken,
-moosverfugten Fichtenstämmchen gezimmert war,
-brach Mond- und Sternenlicht über uns herein.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_36">[36]</a></span></p>
-
-<p>Dann lebten Goethes Lieder auf, oder Zarathustras
-trotzige Reden zerbrachen die Stille, oder aus den
-Versen des Neuen Testaments, das er gern griechisch
-las, floß die Schönheit ewiger Worte geruhig über
-uns hin. In solchen Stunden wachte in dem Soldaten
-der junge Gottesstudent auf, und seine Seele
-streifte, frei und leicht zwischen beiden Welten wandernd,
-dunklen Schönheiten und hellen Wahrheiten
-nach. »Im Gebete sollen wir nicht mit Gott, Gott
-soll mit uns kämpfen,« sagte er einmal. »Das Gebet
-ist ein Selbstgespräch mit dem Göttlichen in uns,
-es ist ein Gespräch mit dem Gotte und ein Kampf
-mit dem Menschen in uns um die Bereitschaft der
-Seele.«</p>
-
-<p>Willfährigkeit gegen das Göttliche und Wehrfähigkeit
-gegen das Menschliche, das gab seinem
-Wesen Reife und Anmut. Was er unter Bereitschaft
-der Seele verstand, sprach er ein andermal
-aus: »Wenn es Sinn und Aufgabe des Menschenlebens
-ist, hinter die Erscheinung des Menschlichen
-zu kommen, dann haben wir durch den Krieg unser
-Teil am Leben mehr als andere dahin. Wenige
-sehen wie wir hier draußen so viel Hüllen sinken,
-wenige haben so viel Niederträchtigkeit, Feigheit,
-Schwachheit, Selbstsucht und Eitelkeit, wenige so viel<span class="pagenum"><a id="Seite_37">[37]</a></span>
-Würde und schweigsamen Seelenadel gesehen, wie
-wir. Wir können vom Leben nicht mehr fordern,
-als daß es sich uns entschleiert; darüber hinaus ist
-keine menschliche Forderung. Uns hat das Leben
-mehr als vielen gegeben, warten wir ruhig ab, ob
-es auch mehr von uns zu fordern hat!«</p>
-
-<p>An Zarathustra gefiel ihm der schwingentragende
-Gedanke, daß der Mensch ein Ding sei, das überwunden
-werden muß. Immer war seine Seele auf
-der Streife nach dem Ewigen. Auch in Sachen
-seines Volkes scheute er sich nicht, der Vergänglichkeit
-ins Auge zu sehen. Menschen und Völker, beide
-waren ihm vergänglich und ewig zugleich. Darum
-liebte er mit Herzlichkeit Gottfried Kellers »Fähnlein
-der sieben Aufrechten« mit seinem unvergleichlich
-schönen und rührenden Gespräch der Schweizer
-Bürger über den fernen Tod und die Hinterlassenschaft
-ihres Volkes. Die Klarheit und Lieblichkeit
-dieser schönsten Novelle hat uns unendlich oft erquickt
-und unsre Herzen fröhlich und unsre Lippen
-beredt gemacht wie junger Wein. Wenn dann mitten
-in dem Frühling bunter Bilder Meister Kellers nachdenkliches
-und geruhiges Wort vom Tode der Völker
-aufklang, dann war's, als ob eine dunkle, tiefe Glocke
-in der Stille zu tönen anhöbe, und unsre Herzen<span class="pagenum"><a id="Seite_38">[38]</a></span>
-schwangen in dem Ewigkeitsklange mit: »Wie es
-dem Manne geziemt, in kräftiger Lebensmitte zuweilen
-an den Tod zu denken, so mag er auch in
-beschaulicher Stunde das sichere Ende seines Vaterlandes
-ins Auge fassen, damit er die Gegenwart
-desselben um so inbrünstiger liebe; denn alles ist
-vergänglich und dem Wechsel unterworfen auf dieser
-Erde. Oder sind nicht viel größere Nationen untergegangen,
-als wir sind? Oder wollt Ihr einst ein
-Dasein dahinschleppen wie der ewige Jude, der nicht
-sterben kann, dienstbar allen neu aufgeschossenen
-Völkern, er, der die Ägypter, die Griechen und Römer
-begraben hat? Nein! ein Volk, welches weiß, daß
-es einst nicht mehr sein wird, nützt seine Tage um
-so lebendiger, lebt um so länger und hinterläßt ein
-rühmliches Gedächtnis; denn es wird sich keine Ruhe
-gönnen, bis es die Fähigkeiten, die in ihm liegen,
-ans Licht und zur Geltung gebracht hat, gleich einem
-rastlosen Manne, der sein Haus bestellt, ehe denn
-er dahin scheidet. Dies ist nach meiner Meinung die
-Hauptsache. Ist die Aufgabe eines Volkes gelöst,
-so kommt es auf einige Tage längerer oder kürzerer
-Dauer nicht mehr an, neue Erscheinungen harren
-schon an der Pforte ihrer Zeit! So muß ich denn
-gestehen, daß ich alljährlich einmal in schlafloser<span class="pagenum"><a id="Seite_39">[39]</a></span>
-Nacht oder auf stillen Wegen solchen Gedanken
-anheimfalle und mir vorzustellen suche, welches
-Völkerbild einst nach uns in diesen Bergen walten
-möge? Und jedesmal gehe ich mit um so größerer
-Hast an meine Arbeit, wie wenn ich dadurch die
-Arbeit meines Volkes beschleunigen könnte, damit
-jenes künftige Völkerbild mit Respekt über unsere
-Gräber gehe!« Ich sehe Ernst Wurche noch vor mir,
-wie er einmal das schmale Heftchen bei seiner
-schönsten Stelle sinken ließ und über den Rand der
-Seiten träumte. »Nur den Strohtod,« meinte er,
-»den möchte man seinem Volke gern erspart sehen.
-Aber fast alle Völker sind den Strohtod gestorben.
-Der Gedanke an den Heldentod eines Volkes ist
-nicht schrecklicher als der an den Schwerttod eines
-Menschen. Nur das Sterben ist häßlich bei Menschen
-und bei Völkern. Aber wenn ein Mann den tödlichen
-Schuß, der ihm das Eingeweide zerreißt,
-empfangen hat, dann soll keiner mehr nach ihm
-hinsehen. Denn was dann kommt, ist häßlich und
-gehört nicht mehr zu ihm. Das Große und Schöne,
-das heldische Leben ist vorüber. So muß es auch
-sein, wenn ein Volk in Ehren und in Größe seinen
-Todesstreich empfangen hat, &ndash; was danach kommt,
-darf niemand mehr seinem Leben zurechnen, es ist<span class="pagenum"><a id="Seite_40">[40]</a></span>
-kein Teil davon …« Aus seinen Worten klang
-so viel Jugend und Tapferkeit, daß ich am liebsten
-seine Hand gepackt und herzhaft geschüttelt hätte.</p>
-
-<p>Die tiefe Ehrlichkeit, mit der er alles erlebte, ansah
-und überdachte, brachte ihn oft in einen fast
-drolligen Zorn, wenn wir eins der gutgemeinten
-und in Massen ins Volk geworfenen Bücher durchliefen,
-in denen dieser oder jener berühmte Publizist
-seine Eindrücke an der deutschen Front gesammelt
-hatte. Die rosa Schminke verdroß ihn, wo er sie
-sah. »Wenn man doch die Phrase von dem allgemeinen
-Heldentum der Masse lassen wollte,« sagte
-er einmal. »Als ob es nicht eben so gut klänge,
-wenn man ehrlicher, ruhiger und wahrer von dem
-Vorherrschen des Sinnes für Pflicht, Gehorsam und
-Treue im Volk spräche. Helden sind Ausnahmen,
-sonst brauchte man nicht von ihnen zu reden.« Der
-Sinn für Schlichtheit saß ihm tief im Blute, Schönfärberei
-und Phrase war ihm verhaßt.</p>
-
-<p>Diese Scheu vor der Oberflächlichkeit konnte ihn
-je nach der Umgebung einsilbig machen oder beredt.
-Und darum schien ihm das Zwiegespräch mit Recht
-die schönste Unterhaltung; denn kein andres Gespräch
-vermag so wie dieses ohne Sprunghaftigkeit ruhig
-in klare Tiefen zu steigen. Manches liebe und nachdenksame<span class="pagenum"><a id="Seite_41">[41]</a></span>
-Wort, in stillen Nachtstunden von junger
-Menschenhand geschürft, ist mir seither ein Stück
-von der Habe des Herzens geworden. Keins aber
-leuchtet heller nach als jenes, mit dem er einmal
-an der Brustwehr seines Grabens ein nächtliches
-Gespräch über den Geist des Wandervogels schloß:
-»Rein <em class="gesperrt">bleiben</em> und reif <em class="gesperrt">werden</em> &ndash; das ist schönste
-und schwerste Lebenskunst.«</p>
-
-<p>Die Wandervogeljugend und das durch ihren Geist
-verjüngte Deutschtum und Menschentum lag ihm
-vielleicht zutiefst von allen Dingen am Herzen, und
-um diese Liebe kreisten die wärmsten Wellen seines
-Blutes. Ihm, dem selber Leib und Seele frei und
-ebenmäßig zu natürlicher Schönheit wuchsen, schien
-die beste Erziehung zu sein, den jungen Baum leicht
-und geruhig wachsen zu lassen, sich seines Blühens
-zu freuen und ihm, wenn's not tat, einmal die
-Blätter zu waschen. Er verschloß seine Augen nicht
-vor häßlichen Auswüchsen der großen Jugendbewegung.
-»Aber«, meinte er, »die meisten Auswüchse
-kommen von dem sinnlosen Betasten und
-Beklopfen des jungen Holzes. Ein eingeschnürtes
-Stämmchen muß unnatürlich wuchern, auch wo es
-nicht will. Rührte man nicht immer und immer mit
-knöchernem Finger an das Feinste und Beste der<span class="pagenum"><a id="Seite_42">[42]</a></span>
-werdenden Seele, an ihre Unbefangenheit, so würde
-ihr schönster Schmelz, die Bescheidenheit, nicht so oft
-zerstäuben. Wer die Kampflust der Jugend reizt,
-macht sie hochmütig und laut, und wer sie ungeschickt
-anfaßt, der macht sie häßlich. Natürliche
-Jugend ist immer bescheiden und gütig und dankbar
-für herzliches Gewähren, aber wer sich, ohne
-Ehrerbietung wecken zu können, ans Erziehen macht,
-soll sich nicht wundern, wenn er Frechheit und
-Grausamkeit weckt.«</p>
-
-<p>Den Kampf der deutschen Jugend um das gute
-Recht ihres natürlichen Wachstums verfolgte er mit
-der gleichen inneren Leidenschaft wie das Ringen
-der Völker, das ihn nun seit Monaten in seinem
-Strudel umtrieb. Von seinem Leutnantsgehalt schickte
-er fleißig an die Wandervögel daheim auf Schule
-und Hochschule. »Denn die Kriegskassen der Jugend
-muß man füllen helfen,« lachte er. Und kamen dann
-Briefe mit ungelenken Buchstaben und schrägen,
-drängenden Zeilen, oder es kamen die gelben Hefte
-des »Wandervogels« mit ihren schwarzen Schattenbildern
-und bunten Fahrtenbriefen, dann trat ihm
-beim Lesen die Seele in die Augen. Auch seinen
-Geschwistern schickte er Geld »zum Wandern«, und
-immer wieder zog seine Seele, frohherzig lauschend,<span class="pagenum"><a id="Seite_43">[43]</a></span>
-dem fernen Klang der unter einem Wirbel von
-Liedern wandernden Jugend nach. Er schaute lächelnd
-dem Kahne nach, der seine Geschwister mit ihrem
-gastfreundlichen Pfarrherrn durch den rosigen Abendfrieden
-der schimmernden Seebreite trug und lachte
-sein leises, gutes Schelmenlachen, wenn die Posaune
-des Pfarrherrn sich vor den gläubigen, jungen Augen
-zur Seele des zarten Abendfriedens machte, einer
-gewaltigen Seele, die ihren leichten Körper dröhnen
-und beben machte.</p>
-
-<p>Es kamen auch andere Briefe, die ihn still und
-einsilbig machten und ihm das Warten und Lauern
-hinter dem Drahtzaun zur Qual werden ließen.
-In Flandern und Galizien legten fremde Hände
-seine besten Fahrtgesellen ins Grab. »Ich habe so
-viele gute Freunde zu rächen &ndash;« stieß er einmal
-ingrimmig hervor. »Rächen &ndash;?« fragte ich. »Würden
-Sie selber gerächt sein wollen?« Er sah nachdenklich
-mit zusammengezogenen Brauen zu den russischen
-Gräben hinüber und antwortete langsam und vor
-innerer Bewegung an den Worten zerrend: »Nein.
-Ich nicht. Aber die Freunde …« Ich nicht, aber
-die Freunde &ndash; da reckte sich Mensch neben Mensch
-in <em class="gesperrt">einem</em> engen Herzen auf. Ich stand neben ihm
-und schwieg. Nach einer Weile schob er seinen Arm<span class="pagenum"><a id="Seite_44">[44]</a></span>
-in meinen und sprach, indem er mir nah und fest
-ins Auge sah:</p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">»Der Stahl, den Mutters Mund geküßt,<br /></span>
-<span class="i0">Liegt still und blank zur Seite.<br /></span>
-<span class="i0">Stromüber gleißt, waldüber grüßt,<br /></span>
-<span class="i0">Feldüber lockt die Weite! &ndash;<br /></span>
-</div></div>
-
-<p class="noind">Das <em class="gesperrt">ist doch</em> schön, nicht wahr, mein Freund!« Und
-so machte sein junges Herz die heiße Eisenprobe auf
-das, woran es als gut und schön glaubte. Und
-zugleich gab es Dank und Freundschaft an ein
-anderes Herz, das ihm brüderlich nahe war&nbsp;…</p>
-
-<p>Seine Freundschaft ließ er mehr spüren, als daß
-er sie aussprach. Er eröffnete sein und des andern
-Herz in dem gleichen, freien Vertrauen, ohne Dringlichkeit
-und Überschwang. Das erste Exemplar meines
-Kriegsbuches »Sonne und Schild« schenkte ich ihm,
-und als er's gelesen, sagte er nichts als: »Ihre
-Mutter möchte ich kennen lernen, Flex. Ich darf sie
-doch nach dem Kriege besuchen, nicht wahr?«&nbsp;&ndash;&nbsp;&ndash;&nbsp;&ndash;</p>
-
-<hr class="tb" />
-
-<p>Allmählich war der süßherbe Frühlingsgeruch
-alten Laubs und junger Erde in den schwülen
-Brodem sommerheißer Sümpfe und den Dunst abgeblühter
-Wasser übergegangen. Die jungen Krähen,
-die unsre Leute aus den Horsten der Föhrenwipfel<span class="pagenum"><a id="Seite_45">[45]</a></span>
-zur Kurzweil heruntergeholt hatten, stolzierten längst
-groß, frech und struppig mit gestutzten Flügeln auf
-der Brustwehrkrone unsres Grabens entlang, krakehlten
-mit den Posten, hieben mit den dreisten
-Krummschnäbeln nach den blanken Mündungen der
-Gewehrläufe oder revidierten die Kochgeschirre und
-Trinkbecher bei den Ruhebänken der Mannschaften.
-Im heißen Sande sonnten sich Kreuzottern und
-Kupfernattern, die den Fröschen auf der kühlen
-Grabensohle nachstellten. Der wunde und ausgeholzte
-Wald strömte starken Harzgeruch aus.
-Die Sumpfwiesen wucherten von fettem Grün,
-und von den sonnentrocknen Moorbreiten schwelten
-rote Torfbrände durch die weißen Juninächte.
-Die Luft glimmerte und zitterte tagsüber von
-Sonne, und rasch heraufziehende Gewitter entluden
-sich krachend über den schwankenden Föhrenkronen.</p>
-
-<p>Von Galizien grollten die Donner neuer gewaltiger
-Kämpfe herüber, und in die Riesenglieder
-der Hindenburgarmee, die in eiserner Ruhe erstarrt
-schienen, kam ein Recken und Strecken, bis die endlose
-Front von lärmendem Kampfgetöse erdröhnte.
-Wir lagen noch immer abwartend hinter unsren
-Verhauen, aber wir lauerten nur noch auf den Befehl<span class="pagenum"><a id="Seite_46">[46]</a></span>
-zum Vorbrechen. Auf nächtlichen Streifzügen
-zum Feinde hatten wir schon Papierfahnen mit der
-schadenfrohen Nachricht vom Fall Przemysls und
-Lembergs an die russischen Drahtverhaue geheftet,
-und wir wußten, daß diese Meldungen auch für
-uns heute oder morgen zu Angriffsfanfaren werden
-mußten.</p>
-
-<p>Aber ehe uns der wachsende Strom des großen
-Kampfes erfaßte und in seinen Strudeln fortriß,
-wurden uns noch ein paar klare, glückliche Tage
-geschenkt, deren Bild aus der Vergangenheit herüberleuchtet
-wie der Schimmer von fernen, schönen, hellspiegelnden
-Seen. Unsre Kompanie wurde zu Anfang
-des Juli auf fünf Tage aus den Gräben
-gezogen und kam unter Laubhütten und Zelten
-tiefer im Walde in Ruhestellung. Der Zufall wollte,
-daß in diese Zeit mein Geburtstag fiel, und der
-Freund half den Tag feiern, nicht mit vollen Gläsern
-und Liederlärmen, sondern in seiner Art mit Sonne,
-Wald und Wasser und dem Ewigkeitsklang uralt
-schöner Worte, die sich auf jungen Lippen verjüngten
-und beseelten. Der waffenlose, wolkenlose Feiertag
-des sechsten Juli wurde ganz ein Geschenk seines
-frischen Herzens an das meine. Als die Sonne am
-höchsten stand, gingen wir aus dem Schatten der<span class="pagenum"><a id="Seite_47">[47]</a></span>
-roten Föhren zu den Nettawiesen hinunter. Die
-Sonne badete im tiefsten Blau des vom Nachtgewitter
-erfrischten Himmels und überspiegelte mit
-feuchtem Glanze die hellschimmernden Flußwindungen
-und den fern in stählernem Blau aufblendenden
-Schild des Sajno-Sees. Das Licht troff durch das
-vollsaftige Grün der strotzenden Pappeln und Weiden,
-und über dem wuchernden Gras der weiten Koppeln
-flimmerte die Luft und zitterte unter dem Atem der
-erwärmten Erde. Wir warfen die Kleider am Netta-Ufer
-ab und badeten. Mit dem Strome trieben wir
-in langen Stößen hinab, schwammen gegen den
-Strom zurück, daß sich uns das Wasser in frischem
-Anprall über die Schultern warf und stürzten
-uns immer aufs neue von der sonnenheißen
-Holzbrücke, die gegen die Sohlen brannte, kopfüber
-in weitem Sprung in den Fluß. Auf dem Rücken
-trieben wir geruhig stromab und liefen auf dem
-lauen Sande am Schilfufer zurück. Im buntwuchernden
-Wiesenkraut ließen wir uns von Sonne
-und Wind trocknen, und die leisen, zitternden
-Sonnenwellen rannen gleichmäßig durch Luft und
-Sand und Menschenleib und durchgluteten alles
-Lebendige mit trunkener Kraft und erschlaffender
-Freude.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_48">[48]</a></span></p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">Die Wiese schäumt von Blüten,<br /></span>
-<span class="i0">Der Wind singt drüberhin,<br /></span>
-<span class="i0">Den sonnenlichtdurchglühten<br /></span>
-<span class="i0">Leib bad' ich kühl darin.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Du freie Gottesschmiede,<br /></span>
-<span class="i0">Du lohe Sonnenglut,<br /></span>
-<span class="i0">Inbrünstiglich durchglühe<br /></span>
-<span class="i0">Leib, Seele, Herz und Blut!<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Ins Glühen unermessen<br /></span>
-<span class="i0">Und Blühen eingewühlt<br /></span>
-<span class="i0">Will ich den Tod vergessen,<br /></span>
-<span class="i0">Der alle Erde kühlt.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Glüh', Sonne, Sonne glühe!<br /></span>
-<span class="i0">Die Welt braucht soviel Glanz!<br /></span>
-<span class="i0">Blüh', Sommererde, blühe,<br /></span>
-<span class="i0">Ach blühe Kranz bei Kranz!<br /></span>
-</div></div>
-
-<p>Geschützdonner grollte von fern herüber, aber die
-Welt des Kampfes, dem wir auf Stunden entrückt
-waren, schien traumhaft fern und unwahr. Unsre
-Waffen lagen unter den verstaubten Kleidern im
-Grase, wir dachten ihrer nicht. Eine große Weihe
-kreiste unermüdlich über der weiten schimmernden
-Tiefe grüner Koppeln und blauer Wasser; an ihr,<span class="pagenum"><a id="Seite_49">[49]</a></span>
-deren schlanke Schwingen in weitem, prachtvollem
-Schwunge zu lässigem Schweben ausholten, hingen
-unsre Blicke. War es der Raubvogel, der die Seele
-des jungen Menschen neben mir emporriß in freier
-Gottesfreude? Der Wandervogel, der einst in
-deutschem Gotteshause eingesegnet worden war
-mit dem seiner Seele ebenbürtigen Spruch: »Die
-auf den Herren hoffen, haben neue Kraft, daß
-sie auffahren wie Adler!«, der junge Gottesstudent
-fühlte seiner Seele die Schwingen wachsen
-von jener ewigen Kraft, die »deinen Mund fröhlich
-macht, daß du wieder jung wirst wie ein
-Adler,« und frei und leicht hob er sich und den
-Freund empor über die hellen Tiefen der bunten
-Erde. Der junge Mensch stand schlank und hell auf
-dem blühenden Grunde, die Sonne ging schimmernd
-durch seine leichtgebreiteten Hände, und die Lippen,
-die so oft von Goethes Liedern überflossen, strömten
-den uralt heiligen Wohlklang der Psalmen Davids
-über den sonnentrunkenen Gottesgarten hin:</p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">»Herr, mein Gott; du bist sehr herrlich!<br /></span>
-<span class="i0">Du bist schön und prächtig geschmückt!<br /></span>
-<span class="i0">Licht ist dein Kleid, das du anhast!<br /></span>
-<span class="i0">Du breitest aus den Himmel wie einen Teppich.<br /></span>
-<span class="i0">Du wölbest es oben mit Wasser.<br /></span><span class="pagenum"><a id="Seite_50">[50]</a></span>
-<span class="i0">Du fährst auf den Wolken wie auf einem Wagen<br /></span>
-<span class="i0">und gehest auf den Fittigen des Windes.<br /></span>
-<span class="i0">Du machst deine Engel zu Winden und deine Diener zu<br /></span>
-<span class="i0">Feuerflammen, der du das Erdreich gründest auf<br /></span>
-<span class="i0">seinem Boden, daß es bleibt immer und ewiglich.<br /></span>
-<span class="i0">Die Ehre des Herrn ist ewig.<br /></span>
-<span class="i0">Der Herr hat Wohlgefallen an seinen Werken.<br /></span>
-<span class="i0">Er schauet die Erde an, so bebet sie&nbsp;…<br /></span>
-<span class="i0">Ich will dem Herren singen mein Leben lang und meinen Gott<br /></span>
-<span class="i0">loben, solange ich bin.<br /></span>
-<span class="i0">Meine Rede müsse dem Herrn wohlgefallen. Ich freue mich<br /></span>
-<span class="i0">des Herrn!«<br /></span>
-</div></div>
-
-<p>Das ewige Preislied Gottes aus seiner Schöpfung
-ging über die reife, in ihren Tiefen erwärmte Erde
-hin. Der Wohlklang der jungen Stimme umlief wie
-ein tönendes Kristall den klaren Wein der ewigen
-Worte. Der ebenmäßige Mensch in seiner jungen
-Schlankheit stand selbst wie ein Dankesmal der
-Schöpfung in dem hellprangenden Gottesgarten,
-und von seinen frischen Lippen ging ein Hauch
-religiösen Frühlings über Erde und Menschen hin.</p>
-
-<p>Über die weiten Koppeln hin stob der übermütige<span class="pagenum"><a id="Seite_51">[51]</a></span>
-Galopp sattelloser Pferde. Stuten und Fohlen
-weideten auf den Nettawiesen. Im Wasser und an
-den grünen Ufern des Flusses wimmelte es von
-den hellen Leibern badender Soldaten, die lichten
-Breiten der Netta schäumten von Wasser, Sonne
-und ausgelassenem Lachen. Die ewige Schönheit
-Gottes prangte über dem weiten Gottesgarten und
-leuchtete als Sonne und Schild über dem hellen
-Bilde des Jünglings&nbsp;…</p>
-
-<p>Über den Lärm und Glanz aller Kämpfe und
-Siege hin glänzt das Bild dieser Stunde in mir
-nach als der stärkste Eindruck, den ich mit Seele
-und Sinnen im Leben empfangen habe.</p>
-
-<p>Aber am Abend des Tages stand derselbe Mensch
-im grauen Waffenrock neben mir auf dem dunklen
-Hochstand im Wipfel einer Doppelfichte, von wo
-<span id="corr051">tagsüber</span> unsre Baumposten das Kampfgelände mit
-Ferngläsern absuchten, und ließ spielend den roten
-Mond im hellen Stahl seines breiten Seitengewehrs
-spiegeln. Seine rechte Hand glitt in leiser Unruhe
-prüfend an der Schneide entlang, und Auge und
-Hand freuten sich, wie so oft, an der römischen
-Form der blanken Waffe. Mit leicht vorgestrecktem
-Kopfe horchte er nach dem Dunkel der russischen
-Gräben hinüber, über denen die wachsamen Leuchtkugeln<span class="pagenum"><a id="Seite_52">[52]</a></span>
-stiegen und sanken. Hinter den schwarzen
-Holzhütten von Obuchowizna glomm die rote
-Glut eines Torfbrandes, und schwarzer Ruß flockte
-in Wolken über den fackelhellen Himmel. Wir
-sprachen, ins Dunkel der Riesenfichte geschmiegt, von
-den Kämpfen, denen wir entgegengingen. »Einen
-echten und rechten Sturmangriff zu erleben,« sagte
-der junge Leutnant neben mir, »das muß schön
-sein. Man erlebt vielleicht nur einen. Es muß <em class="gesperrt">doch</em>
-schön sein.« Und schwieg wieder und blickte auf den
-breiten Stahl in seinen Händen nieder. Mit einmal
-legte er mir den Arm um die Schulter und rückte
-das helle Schwert vor meine Augen: »Das ist
-<em class="gesperrt">schön</em>, mein Freund! Ja?« Etwas wie Ungeduld
-und Hunger riß an den Worten, und ich fühlte,
-wie sein heißes Herz den großen Kämpfen entgegenhoffte.
-Lange noch stand er so, ohne sich zu rühren,
-mit leicht geöffneten Lippen im heller werdenden
-Mondlicht, das über die breite Klinge in seinen
-hellen Händen floß, und schien auf etwas Fremdartiges,
-Großes und Feindseliges zu lauschen, das
-im Dunkel verhohlen war. Wie er so wach und
-durstig in eine nahe, waffenklirrende Zukunft hineinhorchte,
-schien er mir wie das lebendig gewordene
-Bild des jungen Knappen, der in der Nacht vor<span class="pagenum"><a id="Seite_53">[53]</a></span>
-der Schwertleite ritterliche Wacht vor seinen Waffen
-hält.</p>
-
-<p>An diese seltsame, dunkle Stunde wurde ich erinnert,
-als ich vor Weihnachten die Mutter des gefallenen
-Freundes in seiner Heimat besuchte. Nach
-einer Weile des Schweigens fragte sie mich leise:
-»Hat Ernst vor seinem Tode einen Sturmangriff
-mitgemacht?« Ich nickte mit dem Kopfe. »Ja, bei
-Warthi.« Da schloß sie die Augen und lehnte sich
-im Stuhle zurück. »Das war sein großer Wunsch,«
-sagte sie langsam, als freue sie sich im Schmerze
-einer Erfüllung, um die sie lange gebangt hatte.
-Eine Mutter muß wohl um den tiefsten Wunsch
-ihres Kindes wissen. Und das muß ein tiefer Wunsch
-sein, um dessen Erfüllung sie noch nach seinem Tode
-bangt. O, ihr Mütter, ihr deutschen Mütter!&nbsp;&ndash;&nbsp;&ndash;</p>
-
-<p>Wißt ihr nun, ihr, die ihr diesen Tag nacherlebt
-habt, von dem ich redete, wißt ihr nun, was es
-heißt, Wandrer sein zwischen beiden Welten?&nbsp;…</p>
-
-<hr class="tb" />
-
-<p>In den letzten Tagen des Juli löste uns ein
-Landwehrregiment in den Gräben vor Augustow
-ab. Mit übermütig vollen Herzen lasen wir den
-Ablösungsbefehl. Wenn auch das Marschziel geheim
-gehalten wurde, so wußten wir doch, es ging ins<span class="pagenum"><a id="Seite_54">[54]</a></span>
-Gefecht, es wurde Ernst. Aber wir wollten nicht
-klanglos aus den liebgewordenen Wäldern marschieren.
-Auf einer ausgelassenen Abschiedspatrouille
-sagten wir nächtlicherweile den russischen Muschiks
-Lebewohl, mit denen wir so lange feindnachbarlich
-zusammen gehaust hatten. Mit roten und blauen
-Papierlaternen aus unsern Unterständen und langen
-Hakenstangen schlichen wir im Dunkel über den
-Kolnobach und krochen an die feindlichen Verhaue
-an. Dort schafften wir uns mit den flinken Handspaten
-im lockern Sande eine Kugeldeckung, hingen
-die bunten Lampen an die Stangenhaken und
-zündeten sie in tiefen Wühllöchern gleichzeitig an.
-Auf ein leises Kommando schwebten die hellen
-Laternen, rot und blau aufleuchtend, über den
-russischen Verhauen empor und standen dort festlich
-und feierlich still. Zugleich erhob sich, von einem
-Dutzend frischer Stimmen gesungen, die Wacht am
-Rhein und schwoll über die Russengräben hin. Die
-aus dem feindlichen Dunkel knatternden Salven
-taten den Sängern hinter ihren guten Sandhaufen
-wenig, nur daß hie und da einer lachend den Sand
-aus den Zähnen spuckte, den die über die Deckung
-streifenden Kugeln in den offenen Mund peitschten.
-Die blaue Lampe erlosch und fiel, von ein paar<span class="pagenum"><a id="Seite_55">[55]</a></span>
-Kugeln zerfetzt, von der Stange. Aber die roten
-Laternen hielten sich um so wackerer, nur daß sie
-eben ein paarmal im Kugelwind schwankten und
-flackerten. Mählich wurde, während Gesang und Gelächter
-unbekümmert fortklangen, der ganze Russenwald
-rebellisch, aber je wütender aus den Gräben
-geschossen wurde, desto sichrer wußten wir, daß keine
-stärkere Patrouille gegen uns vorging, um den
-nächtlichen Unfug an den Stacheldrähten zu bestrafen.
-Leuchtkugeln flogen steilauf, hielten sich ein
-Weilchen flackernd in schwebender Helle, sanken
-nieder und erloschen blakend neben uns im Sande;
-sie wurden mit Hallo als Bereicherung des nächtlichen
-Feuerwerks begrüßt. Allmählich ließ das
-Schießen nach, und es war wohl an der Zeit, die
-kleine Patrouille zurückzunehmen, ehe sie von stärkeren
-russischen Kräften ausgehoben würde. Denn Verluste
-durfte der nächtliche Unfug nun einmal nicht
-kosten. Aber kaum wollte ich den Befehl zum Rückzug
-geben, da wälzte sich ein junger Kriegsfreiwilliger
-im Sande blitzschnell mit dem Gesicht nach mir
-herum und bettelte: »Herr Leutnant &ndash; Musketier
-sein's lust'ge Brüder!« Und eh' ich noch antworten
-konnte, fielen zehn Stimmen und mehr, sich vor
-Übermut überschlagend, in den Text des braven<span class="pagenum"><a id="Seite_56">[56]</a></span>
-Soldatenlieds ein. Dagegen war nichts zu machen.
-Ich fügte mich und beschränkte mich darauf, die
-Augen wachsam spazieren zu lassen, während die
-guten Kerls Vers um Vers heruntertobten. Das
-neueinsetzende russische Feuer beruhigte mich zudem;
-die Russen schienen keine Lust zu haben, der frechen
-Gesellschaft, die ihnen vor der Nase lärmte, handgreiflich
-auf den Pelz zu rücken. Das längste Lied
-nimmt einmal ein Ende, auch ein Soldatenlied.
-Aber meine Hoffnung erwies sich als trügerisch,
-denn nach dem »lustigen Musketier« schien meinen
-grauen Jungs das Lied von der »finstern Mitternacht«
-als unabweisliches Bedürfnis. »Herr Leutnant
-&ndash; Steh' ich in finstrer Mitternacht! &ndash;?«
-Mochte vernünftig sein, wer wollte, angesichts solcher
-Schuljungenlustigkeit nach zwölf Kriegsmonaten!
-Ich blieb bäuchlings im Sande liegen und lachte,
-während meine Kerls immer wütender sangen und
-Sand spuckten. Zwei rote Papierlaternen hielten sich
-unvergleichlich trotz alles Flackerns und Baumelns.
-Aber alles muß einmal ein Ende nehmen, und so
-setzte ich allen weiteren Programmvorschlägen ein
-eisernes Nein entgegen und ließ die Leute einzeln
-bis zur nächsten Wiesenschlenke zurückkriechen, wo
-wir uns in Deckung sammeln konnten. Nach weitern<span class="pagenum"><a id="Seite_57">[57]</a></span>
-hundert Metern sprangen wir auf und machten,
-daß wir über den Bach zurückkamen. Gottlob, es
-bekam keiner etwas ab trotz der Abschiedsgrüße, die
-fleißig hinter uns dreinpfiffen. In unsern Gräben
-mußten wir noch einmal über das sorgenvolle Gesicht
-des Kompanieführers lachen, der bereits dem
-Unterabschnittskommandeur telephonisch das Auftauchen
-roter Signallichter in der russischen Stellung
-gemeldet hatte und nun etwas verdutzt unsre
-Patrouillenmeldung entgegennahm. Viel Zweck hatte
-der übermütige Streich nicht, aber es war doch ein
-hübsches Zeichen für den Geist, mit dem unsre Leute
-nach wochenlangem Stilliegen in den Bewegungskrieg
-gingen.</p>
-
-<p>Andern Tags erwarteten wir die Ablösung. Noch
-einmal streiften wir zu zweit, den Mückenschleier
-unter der Feldmütze, durch den würzigen Harzduft
-und schweren Torfgeruch der Sumpfwälder und
-schlenderten bis zu den Nettawiesen. Am Waldrand
-im heißen Sand gelagert, hörten wir die
-Schnaken singen und die Spechte hämmern. Das
-keifende Geschwätz der Eichelhäher lärmte uns zu
-Häupten, und die schillernden Blauspiegel ihrer
-Flügel leuchteten blank zwischen den sonnenroten
-Stämmen auf, wie sie in ungeschicktem Schlingerflug<span class="pagenum"><a id="Seite_58">[58]</a></span>
-von Lichtung zu Lichtung herauf- und hinunterstoben.
-Die papageienbunten Mandelkrähen schwangen sich
-über das dunkle Grün der Fichten und ließen die
-Sonne in ihrem farbigen Gefieder aufblenden. Fern
-hinter dem breiten Stahlschilde des Sajno-Sees verdämmerten
-im Sonnendunst des Horizonts violette
-Zichorienfelder und die weißen Teppiche üppig
-blühender Margaretenwiesen. Die blaue Netta
-gluckte leise aus prangendem Grün und buntem
-Schaumkraut herüber.</p>
-
-<p>Am Spätabend rauschte und klirrte der Marsch
-der ablösenden Landwehrkompanie durch den stillgewordenen
-Wald. Mit den Unterständen und
-Gräben zugleich übernahmen die Landwehrleute
-von unsern Musketieren das lebendige Erbe der
-zahmen Krähen und halbflüggen Blauraken. Gute
-Wünsche herüber und hinüber, dann rückte die
-Kompanie ab. Im Waldesdunkel intonierte die
-Kompaniekapelle, deren Instrumente zumeist sehr
-sinnreich aus Blechbüchsen und Telephondraht hergestellt
-waren, das »O Deutschland, hoch in Ehren!«,
-und Gruppe um Gruppe fielen die Mannschaften
-ein. Unter Lachen und Singen ging es der ungewissen
-Zukunft entgegen.</p>
-
-<p>Die Nacht verbrachten wir auf Stroh in den<span class="pagenum"><a id="Seite_59">[59]</a></span>
-Russenkasernen von Augustow. In den nächsten
-Tagen ging's über Suwalki nach Kalvarja weiter.
-Auf diesen ersten Märschen, die den im monatelangen
-Stellungskrieg eingerosteten Knochen der
-Leute recht sauer wurden, erwies sich der junge
-Wandervogel als frischer Helfer. Ohne viel Ermahnen,
-Schelten und Antreiben wußte er durch
-ein rasches Scherzwort hier und dort einen niederhängenden
-Kopf zu heben, während er mit leichtem,
-festem Schritt an der marschierenden Kolonne herauf-
-und herunterging. Bot ihm einer der berittenen
-Offiziere während des Marsches ein Pferd an, so
-schlug er's aus; als Zugführer marschierte er mit
-seinen Leuten. Von einem Gaul herunter, der ihm
-nicht zustand, die müden Gruppen anzutreiben, das
-lag ihm nicht. Etwas Festes und Festliches war
-immer in seinem Gang, das jeden gern nach ihm
-hinschauen ließ. Unweit Kalvarja wurden die Marschkolonnen
-des Bataillons von der russischen Artilleriebeobachtung
-bemerkt, und über die auf kurze Strecke
-eingesehene Straße fegten krachend die Sprengladungen
-berstender Schrapnells. Hart neben den
-ziehenden Kolonnen schleuderten einschlagende Granaten
-die schwarze Erde baumhoch empor und
-wühlten mächtige Trichter auf. Die Kompanien<span class="pagenum"><a id="Seite_60">[60]</a></span>
-wichen dem Feuer in den Sumpfbruch rechts der
-Straße aus und zogen abseits außer Sicht im
-Wiesengrunde weiter den Türmen von Kalvarja
-entgegen. Noch sehe ich Ernst Wurche durch den
-Granatensegen von Kalvarja schreiten mit demselben
-geruhigen und aufrechten Gang, mit dem er die
-Steilhänge der Côtes Lorraines hinab, an ostpreußischen
-und polnischen Seen entlang und singend
-an der Spitze der zum Baden ziehenden Kompanie
-durch die Sonnenwälder von Augustow gezogen
-war. Dieser Gang wurde um nichts hastiger. Das
-ruhige, feste, gleichsam befehlende Ausschreiten des
-jungen Leutnants geleitete die Kompanie in guter
-Ordnung durch die Feuerzone und verhinderte ein
-Auseinanderlaufen der Kolonnen in dem unbekannten
-und gefährdeten Gelände. Nach stundenlangem,
-erschöpfendem Marsch durch morastige
-Gründe und unwegsame Hänge bog die Kompanie
-wieder auf die große Straße ein. Neben dem triebhaften
-Vorwärtsziehen der müden grauen Masse
-klang der lebendige Schritt des jungen Führers
-über das Steinpflaster von Kalvarja.</p>
-
-<p>Zwischen Kalvarja und Mariampol bezog das
-Regiment noch einmal feste Stellung, die von
-preußischer Landwehr ausgebaut war. Ein abscheulicher<span class="pagenum"><a id="Seite_61">[61]</a></span>
-Fäulnisgeruch lag über den Lehmgräben, in
-denen trübes Grundwasser immer in tiefen Lachen
-und Pfützen stand. Unter dem Bodenbelag der
-Unterstände mußte das nachsickernde Wasser immer
-aufs neue ausgeschöpft werden. Jenseits der Brustwehr
-lag der ausgeworfene Schlamm in breiten,
-zähen Bächen. An der Luft und unter der Erde
-wimmelte es von Ungeziefer. Das Fliegengeschmeiß
-sammelte sich um jeden eßbaren Bissen in schwarzen
-Klumpen, und aus dem Deckbalkengefüge der Unterstände
-warfen uns die unermüdlich wuselnden Mäuse
-den trocknen Lehm auf Köpfe und Teller. Ernst
-Wurche, der in diesen Tagen seinen dritten Zug
-an einen Kameraden mit älterem Patent abgeben
-mußte, teilte mit mir ein enges Erdloch, in dem wir
-gerade auf zwei etagenförmig übereinander gebauten
-Pritschen schlafen konnten. Gegen die Mäuse eröffneten
-wir, wenn es zu toll wurde, mit unsern
-Pistolen von beiden Pritschen her nächtliche Feuerüberfälle,
-die sich mitunter zu wütendem Trommelfeuer
-steigerten. Wenn dann unsre Taschenlampen
-als Scheinwerfer über den Kampfplatz spielten, beleuchteten
-sie ein wüstes Trümmerfeld von Holzsplittern
-und Lehmbrocken, unter denen sich einmal
-sogar eine Mäuseleiche begraben fand. Die Höhlenluft,<span class="pagenum"><a id="Seite_62">[62]</a></span>
-in der wir schliefen, wurde durch den Pulverschwaden,
-der das nächtliche Schlachtfeld deckte, weder
-besser noch schlechter. Im übrigen mieden wir nach
-Möglichkeit den Aufenthalt in dem unappetitlichen
-Loche, in dem wir uns trotz der von Wurche besorgten
-pomphaften Türinschrift »Stabsquartier des
-2. Zuges« nicht heimisch fühlten. Bei Nacht wanderten
-wir durch den Graben und die Horchpostenlinie
-oder pirschten uns auf Patrouille an die russische
-Feldwache heran. Bei Tage nützten wir jedes
-Stündlein Sonne zum Faulenzen und Plaudern
-auf einer kärglichen Feldblumenwiese hinter den
-Gräben. Die flache Wiese war der einzige saubere
-Fleck, der uns in dem armseligen Lande, das sich
-um die »Leidensstadt« Kalvarja dehnt, erreichbar
-war. Aber sie hatte den Nachteil, daß man sie nur
-»liegend« bewohnen konnte. Vermaß man sich, aufrecht
-darauf zu wandeln, so pfiffen einem vom
-Russengraben her die Salven um die Ohren. Aber
-es war doch schön, sich auf dem blühenden Fleckchen
-zu strecken, die Hände unterm Kopf zu verschränken
-und in den blauen, sonnenheißen Himmel hinaufzusehen.
-Auf dieser Wiese haben der Freund und
-ich unsre letzten Plauderstündchen gehalten, zum
-letzten Male habe ich mich hier seines gedankenhurtigen<span class="pagenum"><a id="Seite_63">[63]</a></span>
-und bildkräftigen Plauderns freuen dürfen …
-Goethes Lieder ließen uns die Armseligkeit der Umgebung
-vergessen, und oft rief uns erst der Kugelsegen,
-der uns beim Aufstehen begrüßte, wieder in
-die Wirklichkeit zurück.</p>
-
-<p>In der ersten Frühe des 19. August hatte ich
-den Freund eben im Nachtdienst abgelöst, als ich
-vom Kompanieführer den Befehl erhielt, mit einer
-Patrouille die Stärke der feindlichen Grabenbesatzung
-nach Möglichkeit zu erkunden. Die Kämpfe um
-Kowno machten die Stellung des Gegners mit
-jedem Tage unhaltbarer, und es lag alle Ursache
-vor aufzupassen, ob er nicht einmal freiwillig bei
-Nacht und Nebel die Gräben räumte, um sich weiter
-rückwärts in günstigerer Lage aufs neue festzusetzen.</p>
-
-<p>Mit einer Patrouille von zwei Gruppen fühlte
-ich vor. Es war schon fast heller Tag, und zunächst
-glaubte ich nicht, daß wir weit kommen würden.
-Denn gleich als wir uns über die Ausfallrampe der
-Brustwehr schwangen, pfiffen uns von drüben ein paar
-Kugeln um die Ohren, die uns bewiesen, daß noch
-Leben in dem Russengraben war, und zudem
-mußten wir fast den ganzen Weg in voller Sicht
-des Feindes zurücklegen. Aber sonderbar, je weiter
-wir vorgingen, desto zaghafter kamen die Schüsse<span class="pagenum"><a id="Seite_64">[64]</a></span>
-vom gegnerischen Graben. Daß wir längst bemerkt
-waren, daran war kein Zweifel. Entweder hatten
-also die Russen in der Nacht die Stellung geräumt
-und nur ein paar Leute zurückgelassen, die durch
-fleißiges Schießen die Grabenbesatzung so lange
-wie möglich »markieren« sollten und denen es nun
-angesichts unsres Vorgehens rätlich schien, keine zu
-große Erbitterung in uns aufzuspeichern, oder aber
-man wollte uns herankommen lassen und in die
-Falle locken. Um herauszubekommen, welche der
-zwei Möglichkeiten wahrscheinlich sei, nahm ich mit
-meinen zwei Gruppen auf einem flachen Hügel
-Stellung, schoß ein paar Salven nach den russischen
-Gräben und ging dann im Kehrt ein Stückchen
-zurück, als wenn ich wieder in die eigene Stellung
-wollte. Ich sagte mir: wollten die Russen uns in
-die Falle locken und sehen nun, daß wir doch umkehren,
-so werden sie jetzt mit allen Gewehren
-feuern, um uns zusammenzuschießen, ehe wir ganz
-entkommen. Aber trotz der Kehrtschwenkung blieb
-es bei ein paar Schüssen, die bald von rechts, bald
-von links her über unsre Köpfe weggingen. Dadurch
-sicher gemacht, gingen wir wieder energisch gegen
-die russischen Verhaue vor. Gleichzeitig schickte ich
-einen Mann zurück an Leutnant Wurche, er möchte<span class="pagenum"><a id="Seite_65">[65]</a></span>
-mir mit einer Handgranatengruppe möglichst rasch
-folgen. Ich wollte ihn in einem abgebrannten Gehöft
-kurz vor dem russischen Hindernis erwarten,
-dann in den Russengraben einbrechen und uns im
-Fall einer Überrumpelung mit den Nahkampfmitteln
-doch noch aus der Falle herauskämpfen. Es ging
-alles glatt ab. Auf ein verabredetes Zeichen brachen
-wir unter den verkohlten Bäumen vor und rissen
-die spanischen Reiter des russischen Hindernisses
-auseinander. Im Nu hatten die hartzupackenden
-Fäuste unsrer Leute eine Bresche gelegt, und wir
-sprangen über die Brustwehrkrone in den feindlichen
-Graben hinein. Im kritischen Augenblick des Vorbrechens
-schlug doch allen das Herz schneller, das
-merkte man an der Art, mit der die Hände der
-Leute in den Stacheldraht hineinfuhren. Im russischen
-Graben holte uns Ernst Wurche mit seiner
-Handgranatengruppe ein. Ein russischer Sergeant
-gab sich mit einer Gruppe gefangen. Wir schickten
-eine Gefechtsordonnanz an die Kompanie zurück,
-entwaffneten die Russen und schickten sie mit
-zwei Mann als Bedeckung dem vorauseilenden
-Melder nach. Einen Teil der Leute ließen wir zur
-weiteren Durchsuchung der Unterstände zurück und
-gingen mit dem Rest der Patrouille aufklärend<span class="pagenum"><a id="Seite_66">[66]</a></span>
-gegen die zweite Stellung des Gegners vor. Die
-Gräben auf der beherrschenden Höhe 130 fanden
-wir leer, und auch die Gehöfte weiter rückwärts
-waren verlassen. Nur ansehnliche Batterien leerer
-Flaschen in den kahlen Stuben zeigten deutlich, wo
-die höheren Stäbe quartiert hatten. Auch aus der
-zweiten Stellung ging ein Melder an die Kompanie
-zurück. Wir selbst drangen unbehindert noch mehrere
-Kilometer bis über die Szeszupa vor, schossen uns
-mit einer Kosakenpatrouille herum und stellten fest,
-daß der Gegner auch in den Gräben am Flußufer
-noch nicht wieder Halt gemacht hatte. Danach war
-unsre Aufgabe gelöst, und wir suchten wieder Verbindung
-mit der Kompanie. Auf der Rückkehr zu
-unsern Gräben &ndash; wir fuhren mit einem für unser
-Gepäck requirierten Wagen zurück &ndash; trafen wir
-zwischen der ersten und zweiten Grabenlinie der
-Russen bereits aufklärende Dragoner, die auf Grund
-unsrer Meldung vorgeschickt waren. Kurz danach
-stießen wir auf Infanteriepatrouillen und marschierende
-Kolonnen, und als wir persönlich dem
-Kompanieführer Meldung machten, gingen bereits
-Teile der Feldartillerie auf Balkenbrücken über unsre
-Gräben vor. Die ganze Division war in Bewegung.
-Unsre Leute strahlten. Die »Neunte« hatte als erste<span class="pagenum"><a id="Seite_67">[67]</a></span>
-Kompanie den Abzug des Gegners erkundet. Darauf
-war jeder Mann der Kompanie stolz. Wir wurden
-mit einer Patrouille nochmals vorgeschickt, um an
-der Szeszupa-Brücke den Flußübergang zu decken.
-Aber die Brücke dröhnte schon unter marschierenden
-Kolonnen, Pferdehufen und Rädern. Kavallerie-
-und Infanteriepatrouillen fühlten bereits weit voraus
-vor. Wir warfen die Kleider ab, badeten im
-Flusse und erwarteten das Bataillon. Es war für
-Monate unser letztes Bad.</p>
-
-<p>Der gefangene Sergeant hatte ausgesagt, daß
-sein Regiment weiter rückwärts an der Bahnlinie
-bei Krasna wieder feste Stellung bezogen habe.
-Diese Angabe erwies sich als richtig. Die Rückzugsstraße
-des Gegners, auf der wir alsbald vormarschierten,
-war von weggeworfenen Patronen
-besät und stellenweise in ihrer ganzen Breite tiefaufgerissen
-und zerstört, um das Vorankommen
-unsrer Geschütze und Fahrzeuge zu hindern. Aber
-die Wälder längs der Straße hatten Stammholz
-genug, um die Gräben im Augenblick zu überbrücken.
-Im Walde kurz vor dem langgestreckten Dorfe Warthi
-krepierten die ersten russischen Schrapnells über der
-Straße, auf der unser Bataillon marschierte. Die
-Kompanien zogen sich in Gefechtsbereitschaft nach<span class="pagenum"><a id="Seite_68">[68]</a></span>
-links in die den feindlichen Stellungen vorgelagerten
-Waldstücke und erwarteten den Angriffsbefehl. Unsere
-Artillerie fuhr auf und antwortete den russischen Geschützen.
-Ein paar Gehöfte zwischen uns und dem
-Gegner brannten wie Fackeln herunter.</p>
-
-<p>Schon beim Abmarsch aus unsrer alten Stellung
-hatte Leutnant Wurche den Regimentsbefehl erhalten,
-der ihn zur zehnten Kompanie kommandierte.
-Während des Marsches war er noch mit mir zusammengeblieben,
-aber jetzt als die Kompanien
-zum Gefecht auseinandergezogen wurden, eilte er
-mit kurzem Händedruck davon, um sich bei seinem
-neuen Kompanieführer zu melden. Während des
-Marsches war er einsilbig gewesen. Ich verstand
-ihn ganz. Es wurmte ihn, <em class="gesperrt">seinen</em> Zug, <em class="gesperrt">seine</em> Leute
-aus der Hand geben zu müssen. Darin fühlte er
-recht wie ein Künstler, der einen andern über eine
-angefangene Arbeit gehen lassen muß. Er war
-Soldat genug, darüber nicht viele Worte zu machen.
-Er wußte Großes und Kleines recht wohl zu unterscheiden.
-Das Kleine, das ihn anging, nahm er
-darum nicht weniger ernst, aber er sprach nicht
-darüber.</p>
-
-<p>So kam es, daß wir in unser erstes Gefecht nicht
-Seite an Seite vorsprangen. Zwei Züge der neunten<span class="pagenum"><a id="Seite_69">[69]</a></span>
-Kompanie, darunter der meine, wurden zuerst eingesetzt.
-Es war nicht viel mehr als eine gewaltsame
-Erkundung. Gleich beim ersten Sprung unsrer hinter
-dem Waldrand entwickelten Schützenlinie ins offene
-Gelände fegte der Hagel der russischen Maschinengewehre
-ratternd gegen uns an und riß die ersten
-Lücken. In drei Sprüngen arbeitete ich mich mit
-meinen Leuten bis zu einer flachen Ackerwelle vor,
-die uns wenigstens gegen Flankenfeuer Deckung gab.
-Der letzte Sprung kostete mich einen meiner braven
-Gruppenführer, den Gefreiten Begemann, der noch
-am Morgen auf unsrer Patrouille wacker und
-fröhlich unter den ersten in den russischen Graben
-hineingesprungen war. In den Ackerfurchen hinter
-uns jammerten Verwundete. Von unsrer kleinen Anhöhe
-aus konnten wir die russischen Gräben überschauen.
-Es waren wochenlang ausgebaute schrapnellsichre
-Gräben hinter tiefen, doppelten Drahtverhauen,
-eine meisterhafte, schachbrettartige Anlage,
-die mit Maschinengewehren gespickt war und den
-Angreifer an jedem Punkte in ein verheerendes
-Flankenfeuer hineinzwang. Diese Stellungen waren
-von stürmender Infanterie ohne starke Artillerievorbereitung
-nicht einfach zu überrennen. Mit ein
-paar Gruppen dagegen anzulaufen, war unmöglich.<span class="pagenum"><a id="Seite_70">[70]</a></span>
-Ich gab Befehl »Spaten heraus!« und ließ meine
-Leute sich einschanzen. Dann schickte ich Gefechtsordonnanzen
-mit Meldung zurück und erhielt Befehl,
-mich bei Dunkelheit auf die Höhe der andern
-Kompanien zurückzuziehen. Als es dämmerte, gruben
-wir dem Gefreiten Begemann, den ein Herzschuß
-niedergestreckt hatte, in der vordersten Linie ein
-Grab. Die Kameraden in der Schützenlinie knieten
-auf und entblößten das Haupt. Ich sprach laut das
-Vaterunser. Ein paar russische Schrapnells barsten
-krachend über dem offenen Grabe. Wir schlossen
-das Grab, legten Helm und Seitengewehr auf den
-flachen Hügel und schickten drei Ehrensalven darüber
-hin gegen die russischen Gräben. Dann zogen wir
-uns auf die Höhe des Bataillons zurück. Hinter
-den niederbrennenden Bauernhöfen hoben die Kompanien
-Gräben aus und erwarteten in Bereitschaftsstellung
-den Morgen.</p>
-
-<p>Auch der folgende Tag brachte noch keinen Angriffsbefehl.
-Wie es hieß, wurde in aller Eile
-Artillerieverstärkung herangezogen, um die feindliche
-Stellung sturmreif zu machen.</p>
-
-<p>Am 21. August wurde nach zweistündigem Artilleriefeuer
-auf der ganzen Linie angegriffen.
-Das Gefecht von Krasna und Warthi lebt als<span class="pagenum"><a id="Seite_71">[71]</a></span>
-einer der blutigsten Tage in der Geschichte der
-Brigade.</p>
-
-<p>Hinter den kahlen Hängen vor Warthi entfaltete
-sich das Bataillon. Die Kompanien zogen an den
-feuernden Batterien vorüber und entwickelten sich
-aus den flachen Mulden gegen die Höhe, von wo
-der Angriff vorgetragen wurde. Über diese Anhöhe
-lief zwischen den verbrannten Höfen eine Straße,
-die beim Angriff überquert werden mußte und vom
-Feinde rasend mit Maschinengewehren bestrichen
-wurde. Zugweise und gruppenweise sprangen die
-Kompanien über den Todesweg. Ich sah Leutnant
-Wurche mit seinem Zuge springen, Gewehr in der
-Hand, den Kopf im Nacken. Links und rechts von
-ihm rissen die Russenkugeln Lücken. Verwundete
-krochen zurück und taumelten hangabwärts zum
-Verbandplatz. Neue Feuersbrünste flammten um
-Warthi auf und warfen schwelende Rauchschwaden
-über das Schlachtfeld. Die Maschinengewehre hämmerten
-und schütteten. Das Infanteriefeuer brodelte.
-Die Artillerien zerrissen Luft und Erde. Die Schwarmlinien
-des Bataillons verschwanden im Gelände,
-verschmolzen mit Feld und Acker. Hier und dort
-eine springende Gruppe, die alsbald, wie von der
-Erde verschluckt, wieder verschwand. Die starke<span class="pagenum"><a id="Seite_72">[72]</a></span>
-Stellung des Gegners hatte durch unser Artilleriefeuer
-nur wenig gelitten. Die Maschinengewehre
-waren nicht niedergekämpft. Der tiefe Angriffsraum,
-der zudem von verschanzten Höhen aus mit vernichtendem
-Flankenfeuer bestrichen wurde, kostete
-harte Verluste. Teile des Bataillons drangen nahe
-an die russischen Hindernisse vor, der Angriff gewann
-ein paar hundert Meter Raum, aber es war
-nicht möglich, sturmkräftige Schützenlinien vor den
-feindlichen Verhauen aufzufüllen. Die letzten Reserven
-wurden nicht mehr eingesetzt. Die vorgedrungenen
-Schützenlinien hatten sich auf dem Gefechtsfeld eingegraben.
-In der Dämmerung kam Befehl an die
-Kompanien, sich in <em class="gesperrt">einer</em> Höhe in durchlaufenden
-Gräben einzuschanzen. Es wurde dunkel. Leuchtkugeln
-stiegen. Spaten und Beilpicken klirrten. Von
-den überstürmten Äckern kam ein Stöhnen und
-Rufen. Die Krankenträger gingen vor und zerstreuten
-sich mit Bahren übers Feld. In den rasch
-aufgeworfenen Gräben saßen die Gruppen beisammen,
-schnitzten Kreuze und machten Kränze aus
-Wacholder und Fichtenzweigen. Aus der dunklen
-Erde wuchsen Gräber und schlossen sich über den
-Toten von Warthi. Brände verschwelten. Ab und
-zu ein prasselndes Zusammenstürzen ausgebrannter<span class="pagenum"><a id="Seite_73">[73]</a></span>
-Häuser und Scheunen. Und immer wieder irgendwo
-ein Wimmern, ein messerscharfes Schreien. Ablösende
-Posten gingen zu zweien und dreien ins Dunkel vor.
-Patrouillen streiften durch die Postenkette zu den
-Russengräben hinüber. Die ganze Nacht hindurch
-ging das Suchen und Fragen und stille Finden&nbsp;…</p>
-
-<p>Ernst Wurche lag mit seinen Leuten in der
-vordersten Linie. Da sein Kompanieführer gleich
-zu Beginn des Gefechts ausfiel, hatte er mitten
-im Sturm die Führung der zehnten Kompanie
-übernommen. Seine Fernsprecher hatten Verbindung
-nach rückwärts gelegt. Mitten in der Nacht rief mich
-der Freund durchs Feldtelephon an. Nach jedem
-einzelnen Mann seines alten dritten Zuges fragte
-er. Ich hatte die Verluste der Kompanie zusammengestellt.
-Auch in den dritten Zug hatte der Tag
-seine Lücken gerissen. Nach jedem der Verwundeten
-fragte er mehr, als ich antworten konnte. Von seinem
-eignen Erleben sprach er nicht. »Alles Gute für
-morgen!« »Gute Nacht!« Ich hing den Hörer ab.
-Dann ging ich zum dritten Zuge und brachte den
-Leuten die Grüße des Freundes. Der Morgen ging
-blaß über Gräben und Gräbern auf&nbsp;…</p>
-
-<p>Der neue Tag verging unter Wachen und
-Schanzen. Es hieß, daß schwere Artillerie im Anmarsch<span class="pagenum"><a id="Seite_74">[74]</a></span>
-sei. Aber in der nächsten Nacht wichen die
-Russen weiter ostwärts auf Olita zurück. In der
-Frühe des 23. August drängten wir nach. Mein
-Zug hatte während des Marsches die Spitze. An
-unsern Kolonnen vorüber zogen auf dem ganzen
-Wege zwischen Nowewloki, Warthi und Solceniki die
-endlosen Flüchtlingszüge der von den Russen mitgeschleppten
-lettischen Bauern, die mit einem Troß
-armseliger Karren voller Betten und Hausrat, mit
-dem Rest ihrer Herden und Pferde ihren verlassenen
-Höfen hinter den deutschen Linien wieder zustrebten.
-Nur selten flog ein Zuruf, ein Gelächter hin und her
-zwischen den grauen Kolonnen der marschierenden
-Soldaten und der armen Herde bündelschleppender
-Frauen, schreiender Kinder und hastig die Kappen
-und Pelzmützen rückender Männer. Die Dörfer und
-Höfe, zu denen die Vertriebenen zurückwanderten,
-lagen in Asche unter verkohlten Fruchtbäumen und
-niedergetretenen Zäunen. Der ferne Widerschein ihrer
-brennenden Dörfer hatte durch Tage und Nächte
-den Heimatlosen in die Augen gebrannt und ihren
-Glanz stumpf gemacht. Abseits der Straße irrte
-blökendes Vieh über die zertretenen Felder, barfüßige,
-schreiende Jungen mit Stöcken und kläffende
-Hunde sprangen dazwischen herum. Vorüber an<span class="pagenum"><a id="Seite_75">[75]</a></span>
-der Völkerwanderung der Abgehausten ging unser
-Marsch, ging durch menschenöde Dörfer aus altersschwarzen
-Holzhütten mit tiefhängenden, moosverfilzten
-Strohdächern und geplünderten Obstgärten,
-vorbei an frischen Gräbern und vorbei an den
-gespenstisch-verwahrlosten lettischen Kirchhöfen, die
-mit ihren schwarz und riesenhaft über einen Wall
-von rohen Felsblöcken emporstakenden Holzkreuzen
-geheimnisvollen Schädelstätten glichen, öden, verlassenen,
-von allem Lebendigen gemiedenen Richtplätzen.
-Pferdekadaver und verlassene Wagen, zerfetzte
-Uniformstücke und verstreute Patronen überall
-auf Weg und Feld, zerfahrene und zertretene Ernten
-zur Seite&nbsp;…</p>
-
-<p>Am Wegekreuz vor Zajle erhielt ich durch Zuruf
-der Verbindungsrotten Befehl zu halten. Der
-Bataillonsstab kam zur Spitze vorgeritten, saß ab
-und studierte im Straßengraben die Karte. Meldereiter
-brachten Befehle. Der Vormarsch fand an der
-Seensperre vor dem Gilujicie- und Simno-See für
-heute sein Ende. Die Kompanieführer wurden nach
-vorn gerufen und empfingen die Befehle für die
-Nacht. Der Stab bezog mit zwei Kompanien
-Quartier im Gutshof von Ludawka, die neunte
-und zehnte Kompanie sicherte mit Feldwachen und<span class="pagenum"><a id="Seite_76">[76]</a></span>
-Vorposten zwischen den Buchciánski-Sümpfen und
-dem Simno-See. Über Karte und Meldeblock gebückt,
-standen die Offiziere um den am Grabenrand
-sitzenden Major. Auf der Straße von Zajle her
-kam eine Sicherungspatrouille mit einer Rotte heftig
-redender und gestikulierender Bauernburschen; es
-waren großgewachsene, strohblonde Kerle, die ohne
-Kleider in den Betten gelegen hatten, nur die
-Soldatenhemden hatten sie verraten.</p>
-
-<p>Unter dem hochragenden Wegekreuz von Zajle
-sah ich den Freund noch einmal. Er hatte den Weg
-nach Posiminicze erkundet, wo er mit einem Zuge
-Feldwache beziehen sollte. Wir sprachen über die
-Toten von Warthi. Ich redete von diesem und
-jenem, den ich in seinem ersten Gefechte fallen sah,
-nachdem ein frischer und herzlicher Führerwille durch
-lange Monate unermüdlich an ihm gearbeitet hatte.
-Ein Sprung und Sturz &ndash; tot! Und für diesen
-<em class="gesperrt">einen</em> Schritt so viele Mühe und Liebe &ndash; »Nicht
-für diesen <em class="gesperrt">einen</em> Sprung,« unterbrach mich der
-Freund, »sondern dafür, daß er ihn mit hellen und
-beherzten Augen, mit <em class="gesperrt">Menschen</em>augen tat! Und
-sollte das nicht genug sein?« Ich sah ihn an und
-schwieg. Schwieg aus Freude und nicht aus Widerspruch.
-Aber er schien's dafür zu nehmen und schob<span class="pagenum"><a id="Seite_77">[77]</a></span>
-seinen Arm unter meinen. »Haben Sie denn vergessen,
-was Sie Ihren alten Klaus von Brankow
-in der einen Bismarcknovelle sagen lassen?« Und
-er holte die Worte aus seinem frischen, jungen Gedächtnis:
-»Umsonst &ndash;? Es mag enden, wie es will &ndash;
-Ihr werdet Euer Brandenburg, Brandenburg! nicht
-umsonst gejubelt haben. Hat nicht der tote Begriff
-Vaterland lebendige Schönheit und Taten gezeitigt?
-Haben nicht tausend junge Menschen durch tausend
-Stunden menschlichen Lebens nicht an Leichtes und
-Leeres und Arges gedacht, sondern sind mit warmen
-und festen Herzen durch Tage und Nächte gegangen?
-Kann eine Zeit umsonst sein, die aus dem sprödesten
-der Stoffe, aus dem menschlichen, Kunstwerke gemacht
-und sie auch denen offenbart hat, die sie wie
-Barbaren zertrümmern mußten?«&nbsp;&ndash;</p>
-
-<p>In diesem Augenblick wurde ich zum Kompanieführer
-gerufen und erhielt Befehl, zur Sicherung der
-Postenaufstellung mit meinem Zuge bis Dembowy
-Roq vorzugehen und dort Stellung zu nehmen.
-Ich sprang noch einmal, während meine Leute
-unter Gewehr traten, über den Graben und drückte
-dem Freunde die Hand. »Ich habe für die Nacht
-Feldwache in Posiminicze,« sagte er, »kommen Sie
-doch auf eine Stunde herüber!« »Das geht nun<span class="pagenum"><a id="Seite_78">[78]</a></span>
-nicht, ich liege selbst auf Vorposten.« »Ja dann &ndash;
-aber es ist schade!« Ich ließ seine Hand und sprang
-über den Graben zurück. »Gewehre in die Hand!«
-Ich marschierte mit der Spitzengruppe ab, der Rest
-des Zuges folgte auf kurzen Abstand. Unter dem
-hohen, schwarzen Kreuze von Zajle stand die
-schlanke, aufrechte Gestalt des Freundes. »Auf
-Wiedersehen!« rief ich ihm zu. Er stand still
-unter dem Kreuze und hob die Hand zum Helmrande&nbsp;…</p>
-
-<p>Die Feldwachen und Posten waren aufgestellt,
-und ich war mit meinem Zuge nach Zajle zur
-Vorpostenkompanie zurückmarschiert. Ich saß am Tisch
-einer Bauernstube und schrieb Briefe nach Haus.
-Der Kompanieführer schlief auf einer Strohschütte.
-Die Bauernfamilie lag in einem riesigen Holzbett
-unter grellbunten Kissenbergen. In einer Stubenecke
-zwischen Tornistern und Gewehren hockten die
-Fernsprecher um ein Lichtstümpfchen am Apparat.
-Ab und zu klöhnte der Summer, eine ferne quäkende
-Stimme gab Meldungen durch, die der Telephonist
-halblaut wiederholte und niederschrieb. Das menschenüberfüllte
-Zimmer war voll verbrauchter Luft. Ich
-stand auf und öffnete ein Fenster. Zögernd und
-blaß traten die Sterne aus dem Himmel. Vor dem<span class="pagenum"><a id="Seite_79">[79]</a></span>
-Hause klang der Schritt des Postens. Hinter mir
-tönte ab und zu das verschlafene Wimmern eines
-kleinen Kindes, das in der lettischen Wiege, einem
-an rußschwarzen Stricken von der Decke herabschwebenden
-Holzkasten, lag. Leise und kühl wehte
-die Nachtluft mich an.</p>
-
-<p>Wieder klöhnte der Summer des Telephons aus
-der Stubenecke. »Herr Leutnant &ndash;!« »Ja, was ist?«
-Ich wandte mich ahnungslos um. Der Fernsprecher
-hielt mir den Hörer entgegen. Der Summer hatte
-dreimal lang angerufen. Das ging mich nichts an.
-Irgend jemand sprach mit dem Bataillon. Aber ich
-nahm doch den Hörer, den der Fernsprecher mir
-mit kurzem Ruck aufdrängte. Warum sah mich der
-Mann so an? Ich hörte das Gespräch ab. »Meldung
-von Feldwache in Posiminicze: Leutnant Wurche auf
-Patrouille am Simno-See schwerverwundet. Bitte
-um Wagen zum Transport.«&nbsp;…</p>
-
-<p>Es war ganz still im Zimmer. Der Mann am
-Fernsprecher sah mich an. Ich wandte mich ab. Die
-Gedanken flogen mir durcheinander. Ich wollte aus
-dem Zimmer stürzen und nach Posiminicze laufen …
-Aber ich lag ja auf Vorposten. Und draußen verblutete
-vielleicht der Freund. Ich durfte nicht fort.
-»Ja dann &ndash; aber es ist schade.« Das Abschiedswort<span class="pagenum"><a id="Seite_80">[80]</a></span>
-unter dem Kreuz von Zajle ging plötzlich
-durch die Stille. Ich biß die Zähne aufeinander.
-Immer wieder hörte ich das Wort, das halb gleichgültige,
-sinnlose Wort, das mich höhnte. »Es ist
-schade … Es ist schade …« Und draußen verblutete
-der Freund.</p>
-
-<p>Da nahm ich den Hörer wieder und rief die
-zehnte Kompanie an. Der Summer schrillte. Die
-Kompanie meldete sich. Aber es war keine neue
-Meldung von der Feldwache eingelaufen. Der Verwundete
-lag noch draußen. Ein Wagen war nach
-Posiminicze unterwegs. Das war alles. »Sobald
-neue Meldung kommt, rufen Sie mich an!« »Jawohl,
-Herr Leutnant.« Alles dienstlich, ruhig, gleichgültig,
-müde wie immer. Ich saß und wartete. Ich
-stand auf und ging auf und nieder. Der Mann in
-der Ecke folgte mir mit den Augen. Ich ging aus
-dem Zimmer und war allein. Von Stunde zu
-Stunde rief ich durchs Feldtelephon an. »Keine
-weitere Meldung, die Leute sind noch draußen.«
-Immer dasselbe. Und ich saß kaum eine Wegstunde
-fern und durfte nicht zu dem Freunde eilen. Ich
-stand auf der dunklen Straße von Zajle, starrte
-in die Finsternis nach Südosten hinüber und kämpfte
-mit mir und war meiner nicht mehr Herr.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_81">[81]</a></span></p>
-
-<p>Das Fenster klang. »Herr Leutnant!« Ich stürzte
-ins Zimmer und faßte den Hörer. »Hier Leutnant
-Flex!« »Hier zehnte Kompanie! Leutnant Wurche
-ist tot.«</p>
-
-<p>Ich gab den Hörer aus der Hand, ohne Antwort.
-»Schluß!« rief der Fernsprecher in den Schalltrichter.
-Sinnlos, sinnlos war das alles … Wieder stand
-ich unter dem blassen Himmel. Die Häuser um mich
-her als drohende, schwarze Klumpen. Und die
-Stunden schlichen weiter, eine nach der andern.</p>
-
-<p>Ich wartete nur auf das Frührot. Dann jagte
-ich nach Posiminicze hinüber. Zwei Stunden gab
-mir die Kompanie Urlaub. Dann mußte ich zum
-Abmarsch zurück sein. Ohne Pferde war es unmöglich.
-Ich brachte einen Leiterkarren auf, meine
-Leute holten ein paar Gäule von der Weide. Der
-Bauer mußte anspannen. Aber er machte Schwierigkeiten.
-Er hatte kein Lederzeug. Ich riß die Pistole
-heraus und drohte die Gäule zusammenzuschießen.
-Der Bauer und die Weiber warfen sich auf die
-Erde, rangen die Hände und heulten. Ich riß ihn
-hoch. »Stricke!« Es waren keine Stricke da. Erst
-als ich auf die Pferde anschlug, brachte ein halbwüchsiger
-Bursche Stricke aus einem Schuppen. Es
-war keine Zeit zu verlieren. Ich mußte den Freund<span class="pagenum"><a id="Seite_82">[82]</a></span>
-noch einmal sehen. Er sollte durch eine Hand zur
-Ruhe gebettet werden, die ihn brüderlich liebte.
-Die Gäule waren angesträngt. Ich sprang auf.
-Einen jungen Kriegsfreiwilligen, der das Grab für
-die Eltern zeichnen sollte, nahm ich mit. Vorwärts!
-Ich hieb auf die Pferde und jagte querfeld nach
-Posiminicze hinüber.</p>
-
-<p>Dann stand ich vor dem Toten und wußte nun
-erst: Ernst Wurche war tot. In einer kahlen Stube
-auf seinem grauen Mantel lag der Freund, lag
-mit reinem, stolzem Gesicht vor mir, nachdem er das
-letzte und größte Opfer gebracht hatte, und auf
-seinen jungen Zügen lag der feiertäglich große Ausdruck
-geläuterter Seelenbereitschaft und Ergebenheit
-in Gottes Willen. Aber ich selbst war zerrissen und
-ohne einen klaren Gedanken. Vor dem Hause, zur
-Linken der Tür, unter zwei breiten Linden hatte
-ich die offene Grube gesehen, die die Leute der
-Feldwache ausgehoben hatten.</p>
-
-<p>Dann sprach ich die Mannschaften, die am Abend
-mit ihm auf Patrouille gegangen waren. Ernst
-hatte feststellen sollen, ob die Gräben der Seensperre
-vor Simno noch von Russen besetzt wären.
-Im Vorgehen war die Patrouille vom Feind mit
-Schrapnells unter Feuer genommen worden. Es<span class="pagenum"><a id="Seite_83">[83]</a></span>
-war unmöglich, unbemerkt an die zu erkundende
-Stellung mit der Patrouille heranzukommen. Aber
-der junge Führer kehrte nicht um, ohne seinen Auftrag
-restlos zu erfüllen. Nur seine Leute ließ er
-zurück. Während sie in Deckung warteten, machte er
-einen letzten Versuch, sich die Einsicht in den russischen
-Graben zu erzwingen. Gewohnt, immer zuerst sich
-als den Führer einzusetzen, kroch er allein Meterbreite
-um Meterbreite vor und arbeitete sich so noch
-weitere hundertfünfzig Meter heran. Der Graben
-war nur noch von Kosakenposten besetzt, aber im
-Vorkriechen wurde der deutsche Offizier von einem
-der Russen bemerkt, der alsbald auf ihn feuerte.
-Eine Kugel drang ihm in den Leib, die großen
-Blutgefäße zerreißend und den Tod in kurzer Zeit
-herbeiführend. Seine Leute bargen ihn aus dem
-Feuer der flüchtenden Kosaken. Einer fragte, wie
-sie ihn trugen: »Geht es so, Herr Leutnant?« Er
-antwortete noch ruhig wie immer: »Gut, ganz gut.«
-Dann verließen ihn die Sinne, und er starb still,
-ohne zu klagen.</p>
-
-<p>Vor dem lettischen Gehöft, wo er als Feldwachhabender
-gelegen, auf den Seehöhen vor Simno
-schmückte ich ihm das Heldengrab. Zwei Linden
-über ihm als geruhige Grabwächter, das nahe<span class="pagenum"><a id="Seite_84">[84]</a></span>
-Rauschen der Wälder und das ferne Gleißen des
-Sees sollten ihn behüten. In den Bauerngärten
-umher war eine blühende, schwellende Fülle von
-Sonne und Sommerblumen. Ein Grab voll Sonne
-und Blumen sollte der sonnenfrohe Junge haben.
-Mit Grün und Blumen kleidete ich die kühle Erde
-aus. Dann brach ich eine große, schöne Sonnenblume
-mit drei golden blühenden Sonnen, trug sie
-ihm ins Haus und gab sie ihm in die gefalteten
-Hände, die, fast Knabenhände noch, so gerne mit
-Blumen gespielt hatten. Und ich kniete vor ihm,
-sah wieder und wieder in den feiertäglich stillen
-Frieden seines stolzen jungen Gesichts und schämte
-mich meiner Zerrissenheit. Aber ich rang mich nicht
-los von dem armseligen Menschenschmerze um das
-einsame Sterben des Freundes, in dessen Hand in
-der letzten Stunde keine andere gelegen hatte, die
-ihn liebte.</p>
-
-<p>Doch je länger ich kniete und in das reine, stolze
-Gesicht sah, desto tiefer wuchs in mir eine angstvolle
-und unerklärliche Scheu. Etwas Fremdes
-wehte mich an, das mir den Freund entrückte.
-Dann schlug mir das Herz in aufwallender Scham.
-Er, der seinem Gotte so gerne nahe war, wäre
-<em class="gesperrt">allein</em> gestorben? Ein Bibelwort fiel mir ein aus<span class="pagenum"><a id="Seite_85">[85]</a></span>
-Jeremias: »<em class="gesperrt">Ich</em> bin bei dir, spricht der Herr, daß
-ich dir helfe.« Das letzte große Zwiegespräch auf
-Erden, die Zweieinsamkeit zwischen Gott und Mensch
-hatte kein Unberufener gestört … Und ich klagte
-um ein freundloses Sterben&nbsp;&ndash;&nbsp;&ndash;&nbsp;&ndash;</p>
-
-<p>Nicht daß ich's in jener Stunde klar empfunden
-hätte, aber als Keim senkte es sich damals in meine
-Seele, der in später Erinnerung heller und heller
-aufblühte. Großen Seelen ist der Tod das größte
-Erleben. Wenn der Erdentag zur Rüste geht und
-sich die Fenster der Seele, die farbenfrohen Menschenaugen
-verdunkeln wie Kirchenfenster am Abend,
-blüht in dem verdämmernden Gottestempel des
-sterbenden Leibes die Seele wie das Allerheiligste
-am Altar unter der ewigen Lampe in dunkler Glut
-auf und füllt sich mit dem tiefen Glanze der Ewigkeit.
-Dann haben Menschenstimmen zu schweigen.
-Auch Freundesstimmen … Darum forscht und sehnt
-euch nicht nach letzten Worten! Wer mit Gott spricht,
-redet nicht mehr zu Menschen.</p>
-
-<p>Hätte ich's doch klarer empfunden in jener Abschiedsstunde!
-Ich ließ den Freund hinaustragen und half
-ihn in das grünausgekleidete Grab unter den Linden
-senken. In seiner vollen Offiziersausrüstung bettete
-ich ihn zum Heldenschlafe mit Helm und Seitengewehr.<span class="pagenum"><a id="Seite_86">[86]</a></span>
-In der Hand trug er die Sonnenblume
-wie eine schimmernde Lanze. Dann deckte ich ihn
-mit der Zeltbahn. Über dem offenen Grabe sprach
-ich ein Vaterunser, zu dem mir nun freilich wieder
-die Worte in Tränen versagten, und warf die ersten
-drei Hände Erde auf ihn, danach sein Bursche, dann
-die andern. Dann schloß sich das Grab, und der
-Hügel wuchs. Eine Sonnenblume steht darauf und
-ein Kreuz. Darauf ist geschrieben: »Leutnant Wurche.
-I.&nbsp;R. 138. Gefallen für das Vaterland. 23. 8. 1915.«
-Der Stahl, den der Waffenfrohe blank durch sein
-junges Leben getragen, liegt ihm nahe am Herzen,
-als ein Gruß von Erde, Luft und Wasser der
-Heimat, aus dem Marke deutscher Erde geschmiedet,
-in deutschem Feuer gehärtet und mit deutschem
-Wasser gekühlt.</p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">Der Stahl, den Mutters Mund geküßt,<br /></span>
-<span class="i0">Liegt still und blank zur Seite.<br /></span>
-<span class="i0">Stromüber gleißt, waldüber grüßt,<br /></span>
-<span class="i0">Feldüber lockt die Weite …<br /></span>
-</div></div>
-
-<p class="noind">Die Verse, die er im Leben geliebt, lebt er im
-Tode.</p>
-
-<p>Über das Kreuz hing ich zum Abschied einen aus
-hundert flammenden farbigen Bauernblumen gewundenen
-Kranz, für den seine Leute alle Gartenbeete<span class="pagenum"><a id="Seite_87">[87]</a></span>
-der lettischen Bauern geplündert hatten. Weichsamtene
-Levkojen und rotgoldene Studentenblumen,
-Nachtschatten und Sonnenblumen, der ganze reife
-Sommer blühte über dem Grabe des Jünglings,
-als ich schied.</p>
-
-<p>Durchs Feldtelephon kam der Marschbefehl. Ich
-mußte im Galopp zu meiner Kompanie zurück. Das
-Bild des Grabes, das der Kriegsfreiwillige gezeichnet,
-in der Brieftasche, brach ich zur weiteren Verfolgung
-des Feindes auf. Wir marschierten den Weg, den
-er so treu mit seiner Patrouille unter Hingabe seines
-Lebens aufgeklärt hatte.</p>
-
-<p>Am Abend lagen wir wieder vor dem Feinde.
-Die Schrapnells und Granaten russischer Feldgeschütze
-fuhren gurgelnd und krachend, wirbelnde
-Luftschleppen hinter sich herreißend, gegen die Gehöfte,
-hinter denen wir Deckung suchten. Ich saß
-auf einem Tornister und schrieb auf ein paar Meldekarten
-an die Eltern des Freundes. »Glauben Sie
-mir: Sie tun ihm die letzte Liebe, wenn Sie seinen
-Tod so tragen, wie es seiner würdig ist und wie
-er es wünschen würde! Gott lasse seine Geschwister,
-an denen er so brüderlich hing, aufwachsen, ihm
-gleich an Treue, Tapferkeit und Weite und Tiefe
-der Seele!« Aber ach, wie fern war ich selbst,<span class="pagenum"><a id="Seite_88">[88]</a></span>
-während ich dies schrieb, von solcher Ergebung und
-Herzenstapferkeit, die ich andere lehrte!&nbsp;&ndash;</p>
-
-<hr class="tb" />
-
-<p>Und weiter Märsche und Gefechte, Gefechte und
-Märsche … Olita fiel. Bei Preny gingen wir über
-den Njemen. Vor Zwirdany zerbrachen wir in nächtlichem
-Sturm die Russensperre am Daugi-See, nachdem
-wir am Tage die Höhenstellungen bei Tobolanka
-erstürmt hatten. Am Ufer der Mereczanka,
-vor dem brennenden Orany, lagen wir im Feuer.
-Und zogen der Wilia entgegen in neue Schlachten.
-Allabendlich flammten und schwelten Dörfer und
-Scheunen am Horizonte als Brandfackeln, die dem
-rückflutenden Russenheere meldeten, wie weit die
-deutschen Heeressäulen vorgedrungen waren. Verstörte
-Einwohner huschten mit Kindern, Bündeln
-und Packen schattenhaft auf unsern Wegen um zerschossene
-Wohnstätten und zertretene Gärten. Hunde
-jaulten um verlassene und zerstörte Höfe. Vieh und
-Pferde tauchten auf und verschwanden. Gleichgültig
-und mit müden Augen sahen wir all die schattenhaften
-Bilder, die wie Sonnenaufgang und Untergang
-sich täglich und stündlich wiederholten, stumpf
-und schlafhungrig hörten wir den Wirrwarr lauter
-Befehle und Zurufe, das »Germanski, Germanski!«-Jammern<span class="pagenum"><a id="Seite_89">[89]</a></span>
-der verwundeten Russen in Wald und
-Feld &ndash; &ndash; Schlafen! nur schlafen!</p>
-
-<p>Das Zwielicht eines baufälligen Stalles von
-Winknobrosz schied mich von der scharfen, grauen
-Helle eines Septembermorgens voll Sturm und
-Regen. Die Strohschütten, auf denen ich unter
-meinem grauen Mantel lag, strömten faden, süßlichen
-Fäulnisgeruch aus und erfüllten die regen- und
-schlammschweren Kleider mit dunstfeuchter Wärme.
-Von den braunen Leibern der zwei müden Kompaniepferde,
-mit denen ich den dumpfen, zugigen Raum
-teilte, stieg farbloser Schweißdunst auf und stand
-als grauer Nebel in den durch die Löcher der Holzwand
-und die Risse des Strohdachs hereinbrechenden
-grellen Lichthaufen. Durch die klaffenden Sprünge
-und Spalten der rohen Holztür, die das armselige
-Wohngelaß des polnischen Dorfschmieds von uns
-schied, quoll der unruhige Lärm der Telephonisten
-und <span id="corr089">Offiziersburschen</span>, untermischt mit weinerlichem
-Polnisch und dem stoßweisen Wimmern eines Kindes,
-das in der Schwebewiege durch den Armeleutebrodem
-des überfüllten Raumes schaukelte. Der Summer
-des Telephons klöhnte und klöhnte … Alles wie
-an jenem Abend in Zajle. Warum traten Menschen
-und Dinge immer wieder zu dem quälenden Bild<span class="pagenum"><a id="Seite_90">[90]</a></span>
-der Erinnerung zusammen und taten Gespensterdienst
-und schafften alle Nächte zu Todesnächten um?
-Heute und morgen &ndash; wie oft noch?</p>
-
-<p>Aus den klammen Falten des Mantels über
-meinen Knien schimmerten im Halbdunkel zwei
-wandernde leuchtende Punkte, die Radiumzeiger
-einer flachen, kleinen Stahluhr, auf der die Stunden
-des Ruhetages nach wochenlangen Kämpfen und
-Märschen träge und müde abliefen, eine um die andere.</p>
-
-<p>Ich sah auf das bißchen Glanz, das inmitten von
-so viel Armseligkeit schimmerte, und mühte mich, das
-Ticken der kleinen Uhr zu hören. Ich hob sie auf
-und glaubte wieder das unermüdliche Gangwerk
-zu spüren wie den Pulsschlag von etwas Lebendigem.
-Ich redete mir so gerne ein, daß es ein Stücklein
-Leben wäre, das mir gut und treu nahe sei. Denn
-dieses leise pulsende Treiben war noch von der
-Hand in Gang gebracht worden, die mir vor andern
-Menschenhänden lieb war und die nun still über
-dem kühlen Stahl des Schwertes im Grabe ruhte.
-Ernst Wurches Uhr, die mit mir durch die Kämpfe
-der Njemenschlacht und der Schlacht bei Wilna den
-Weg zu den Eltern in der schlesischen Heimat suchte …
-Als ich in der Frühe des Unglückstages, der seiner
-Sterbenacht folgte, an die Seite des Toten eilte,<span class="pagenum"><a id="Seite_91">[91]</a></span>
-schwiegen Lippen, Puls und Herz des Freundes
-seit Stunden, aber als mir die kleine Uhr in die
-Hand hinüberglitt, erspürte ich das leise, behutsame
-Pulsen des Werkes, das <em class="gesperrt">er</em> noch in Gang gesetzt,
-wie ein Stücklein Leben von seinem Leben, und
-ich hatte und hegte einen Augenblick lang das
-törichte Leidgefühl, als hielte ich das liebe Herz
-meines Freundes in Händen.</p>
-
-<p>Durch Stunden und Tage mühte ich mich, die
-kleine unermüdliche Stimme, die mich seitdem durch
-Märsche und Gefechte begleitete, besser zu verstehen.
-Und sie redete zu mir und sprach auch heute: »Du
-lebst die Lebensstunden meines toten Herren, deines
-Freundes, die Gott ihm als ein Opfer abforderte.
-Denkst du daran? Du lebst seine Zeit, wirke seine
-Arbeit! Er schläft, du wachst, und ich teile dir die
-Stunden deiner Lebenswache zu. Ein rechter Kamerad
-wacht für den andern, wache du für ihn! Sieh, ich
-hüte treu das Amt, das er mir zugeteilt, sei ihm
-treu wie ich, du Mensch, der mehr ist als wir toten
-Dinge, deren Leben von euch stammt!« … Die
-leise kleine Uhr sprach und sprach, und ihre Stimme
-sickerte mir tiefer und tiefer ins Herz … Ich wollte
-gehorchen und mich über den Schmerz emporreißen.
-Und schrieb im Halbdunkel:</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_92">[92]</a></span></p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">»Im Osten, von wannen die Sonne fährt,<br /></span>
-<span class="i0">Ich weiß ein Grab im Osten,<br /></span>
-<span class="i0">Ein Grab vor tausend Gräbern wert,<br /></span>
-<span class="i0">Drin schläft ein Jüngling mit Fackel und Schwert<br /></span>
-<span class="i0">Unter des Kreuzes Pfosten.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Als Fackel trägt er in weißer Hand<br /></span>
-<span class="i0">Eine goldene Sonnenblume,<br /></span>
-<span class="i0">Auch loht von des Heldenhügels Rand<br /></span>
-<span class="i0">Eine Sonnenblume wie Feuersbrand,<br /></span>
-<span class="i0">Eine Fackel zu seinem Ruhme.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Das Schwert, so oft beschaut mit Lust,<br /></span>
-<span class="i0">Glüht still in eig'nem Glanze.<br /></span>
-<span class="i0">Es deckt des Sonnenjünglings Brust<br /></span>
-<span class="i0">Als Sonnenwappen der Blütenblust<br /></span>
-<span class="i0">Der gold'nen Blumenlanze.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Er war ein Hüter, getreu und rein,<br /></span>
-<span class="i0">Des Feuers auf Deutschlands Herde.<br /></span>
-<span class="i0">Nun blüht seiner Jugend Heiligenschein<br /></span>
-<span class="i0">Als Opferflamme im Heldenhain<br /></span>
-<span class="i0">Über der blutigen Erde.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Die Fackel, die seinem Grabe entloht,<br /></span>
-<span class="i0">Soll Jugend um Jugend hüten,<br /></span>
-<span class="i0">Bis unter Morgen- und Abendrot<br /></span><span class="pagenum"><a id="Seite_93">[93]</a></span>
-<span class="i0">In Friedensträumen und Schlachtentod<br /></span>
-<span class="i0">Die letzten Deutschen verblühten.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Ein Flammenengel des Weltgerichts<br /></span>
-<span class="i0">Schläft still in schimmernden Waffen.<br /></span>
-<span class="i0">Einst wird er, zerstäuben die Welten in Nichts,<br /></span>
-<span class="i0">Die blühende Lanze voll schwellenden Lichts<br /></span>
-<span class="i0">Von seinem Grabe raffen.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Dann leuchtet sein Leib aus der Toten Chor,<br /></span>
-<span class="i0">Ein Blitz aus wogender Wolke,<br /></span>
-<span class="i0">Dann bricht er mit Fackel und Schwert hervor<br /></span>
-<span class="i0">Und leuchtet durch der Ewigkeit Tor<br /></span>
-<span class="i0">Voran seinem deutschen Volke.«<br /></span>
-</div></div>
-
-<p>Die Pulse flogen mir. Ich stand auf und ging
-hinaus. Freie und Frische wehten mich an. Das
-Herz wallte mir leichter als seit langem. Da &ndash; ein
-Rauschen in den Lüften, ein scharfes Schreien, ein
-Näherbrausen, ein wanderndes Gänseheer rauschte
-hoch über Winknobroscz hin nach Süden. Ihre
-Schatten flogen über mich hin. Eine Erinnerung
-drückte auf mich wie eine lastende Hand. Wie lange
-war es her, daß das Gänseheer wandernd nach
-Norden rauschte über die kriegswunden Wälder vor
-Verdun hin, über den Freund und mich?</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_94">[94]</a></span></p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">»Rausch' zu, fahr' zu, du graues Heer!<br /></span>
-<span class="i0">Rauscht zu, fahrt zu nach Norden!<br /></span>
-<span class="i0">Fahrt ihr nach Süden übers Meer &ndash;<br /></span>
-<span class="i0">Was ist aus uns geworden?<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Wir sind wie ihr ein graues Heer<br /></span>
-<span class="i0">Und fahr'n in Kaisers Namen,<br /></span>
-<span class="i0">Und fahr'n wir ohne Wiederkehr,<br /></span>
-<span class="i0">Rauscht uns im Herbst ein Amen!«<br /></span>
-</div></div>
-
-<p>Aus Frühling und Sommer war Herbst geworden.
-Die Graugänse wanderten nach Süden. Fernhin
-rauschte ihre Fahrt über das einsame Grab auf den
-stillen Höhen über dem Simno-See … Ich schaute
-dem wandernden Heere nach, doch nicht lange. Wie
-eine Hand lag mir's im Nacken, die mich duckte. Da
-ging ich zurück in die polnische Schmiede und warf
-mich ins Stroh.</p>
-
-<p>Tiefer und tiefer hinein in russisches Land ging
-der Vormarsch. Moskauer und Petersburger Garden
-warfen wir aus verschanzten Wäldern, setzten auf
-Pontons über die Wilia und lagen in der Hölle
-des brennenden Porakity, über dessen Trümmer die
-Flut der Russengeschosse hinging, während wir wehrlos,
-von siedender Helle übergossen, durch mörderische
-Stunden warteten. Wir schanzten uns vor Ostrow<span class="pagenum"><a id="Seite_95">[95]</a></span>
-ein und hörten das Geheul der durch das brennende
-Uljany vorbrechenden und wieder zurückgeworfenen
-Russenhorden.</p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">Wir stoßen unsre Schwerter<br /></span>
-<span class="i0">Nach Polen tief hinein.<br /></span>
-<span class="i0">Die Hand wird hart und härter,<br /></span>
-<span class="i0">Das Herz wird hart wie Stein.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Die Lust ist uns bestohlen.<br /></span>
-<span class="i0">Wer nahm uns Glück und Glut?<br /></span>
-<span class="i0">Das macht im Sand von Polen<br /></span>
-<span class="i0">Das viele stille Blut.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Wir tragen unsre Fahnen<br /></span>
-<span class="i0">Still in die Nacht hinein,<br /></span>
-<span class="i0">Das Blut auf unsern Bahnen<br /></span>
-<span class="i0">Ist unser Frührotschein.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Durch Polen möcht' ich traben,<br /></span>
-<span class="i0">Bis mir das Blut erglüht.<br /></span>
-<span class="i0">Das kommt vom Gräbergraben,<br /></span>
-<span class="i0">Das macht die Hände müd'.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Bei Schwertern und bei Fahnen<br /></span>
-<span class="i0">Schlief uns das Lachen ein.<br /></span>
-<span class="i0">Wen schert's! &ndash; Wir soll'n die Ahnen<br /></span>
-<span class="i0">Lachender Enkel sein.<br /></span>
-</div></div>
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_96">[96]</a></span></p>
-<p>Das Hin und Her der Märsche und Gefechte ging
-weiter. Aber der Krieg brannte nieder. Aus der
-Schlacht bei Wilna führte ich zuletzt die Reste zweier
-Kompanien heraus hinter die Kette der litauischen
-Seen, an denen wir uns einschanzen sollten.</p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">…&nbsp;Und wieder vor der Kompanie<br /></span>
-<span class="i0">Tappt meines Fuchsen müder Schritt.<br /></span>
-<span class="i0">Durch Wald und Nachtwind führ' ich sie,<br /></span>
-<span class="i0">Und hundert Füße rauschen mit.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Der Wald ist wie ein Sterbedom,<br /></span>
-<span class="i0">Der von verwelkten Kränzen träuft,<br /></span>
-<span class="i0">Die Kompanie ein grauer Strom,<br /></span>
-<span class="i0">Der müde Wellen rauschend häuft.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Der graue Strom rauscht hinter mir,<br /></span>
-<span class="i0">Durch Sand und Schnee, durch Laub und Staub,<br /></span>
-<span class="i0">Und Well' um Welle dort und hier<br /></span>
-<span class="i0">Wird Sonnenraub, wird Erdenraub.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Es schwillt der Strom und ebbt und schwillt&nbsp;…<br /></span>
-<span class="i0">Mein Herz ist müd', mein Herz ist krank<br /></span>
-<span class="i0">Nach manchem hellen Menschenbild,<br /></span>
-<span class="i0">Das in dem grauen Strom versank.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Die Welt ist grau, die Nacht ist fahl,<br /></span>
-<span class="i0">Mein Haupt zum Pferdehals geduckt,<br /></span><span class="pagenum"><a id="Seite_97">[97]</a></span>
-<span class="i0">Träum' ich, wie hell durchs Todestal<br /></span>
-<span class="i0">Mein Strom einst klang lichtüberzuckt&nbsp;…<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Mein Fuchs geht immer gleichen Tritt<br /></span>
-<span class="i0">Voran, entlang dem grauen Zug,<br /></span>
-<span class="i0">Und graue Reiter reiten mit,<br /></span>
-<span class="i0">Die er vor mir im Sattel trug.&nbsp;&ndash;<br /></span>
-</div></div>
-
-<p>Bei Nacht zogen wir uns hinter die natürliche
-Verteidigungsstellung der Seensperre zurück, hoben
-in größter Eile Gräben aus und ließen den Gegner
-anlaufen. Tag und Nacht schanzten unsre Leute.
-Rings um die Seen brannten die Russendörfer
-nieder, rotlodernde Leichenfackeln des sterbenden
-Krieges. Und wieder monatelanges Stilliegen in
-Schützengräben wie einst auf den Maashöhen vor
-Verdun und in den Wäldern vor Augustow. Und
-doch alles anders. Wie ein ferner, schöner Traum
-lagen die lauen Sommernächte hinter uns, die wir
-singend und plaudernd durchwacht hatten. Jetzt
-türmten sich Schneewälle um unsre Erdhöhlen.
-Schneidende Ostwinde fegten das graue Eis der
-Seen und peitschten nadelscharfe Kristalle gegen
-die wachtmüden Augen. Dreizehn und vierzehn
-Stunden dauerte das nächtliche Horchen und Lauern
-der Wacht im Osten.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_98">[98]</a></span></p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">Eisgrauer See,<br /></span>
-<span class="i0">Mondheller Schnee&nbsp;…<br /></span>
-<span class="i0">Wie lang' noch soll ich schreiten<br /></span>
-<span class="i0">Das kalte Schwert zur Seiten?<br /></span>
-<span class="i0">Wie lang' währt Mord und Streiten?<br /></span>
-<span class="i0">Weh', Russenerde, weh'&nbsp;&ndash;!<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Einsame Wacht,<br /></span>
-<span class="i0">Schneekühle Nacht.<br /></span>
-<span class="i0">Es knarrt der Frost im Eise,<br /></span>
-<span class="i0">Der Sturm singt harsche Weise,<br /></span>
-<span class="i0">Der Friede, den ich preise,<br /></span>
-<span class="i0">Der ist in Bann und Acht.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Brandhelle loht!<br /></span>
-<span class="i0">Mord, Haß und Tod,<br /></span>
-<span class="i0">Sie recken ob der Erde<br /></span>
-<span class="i0">Zu grauser Drohgebärde,<br /></span>
-<span class="i0">Daß niemals Friede werde,<br /></span>
-<span class="i0">Schwurhände blutigrot.<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Was Frost und Leid!<br /></span>
-<span class="i0">Mich brennt ein Eid.<br /></span>
-<span class="i0">Der glüht wie Feuersbrände<br /></span>
-<span class="i0">Durch Schwert und Herz und Hände.<br /></span>
-<span class="i0">Es ende drum, wie's ende&nbsp;&ndash;<br /></span>
-<span class="i0">Deutschland, ich bin bereit.<br /></span>
-</div></div>
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_99">[99]</a></span></p>
-<p>Die Zeit schlich durch die Winternächte hin so
-träge wie eine Flamme, die sich schwelend durch
-feuchte Buchenkloben frißt&nbsp;…</p>
-
-<p>Die Lücken, die der Bewegungskrieg gerissen,
-schließen sich durch Ersatz aus der Heimat. Frisch
-ausgebildeter Landsturm und junge Rekruten. Der
-Graben füllt sich mit fremden Gesichtern und neuen
-grauen Röcken, die seltsam von den verwitterten,
-erdfarbenen Kleidern der alten Leute abstechen.
-Und wieder Wochen und Wochen des Schanzens
-und Lauerns, und in Schnee und Regen sind alle
-Röcke sich gleich geworden. Es gibt keine fremden
-Gesichter mehr im Graben. Aber die fehlenden
-kommen nicht wieder. Nur in den langen, grauen
-Nächten kommen sie und reden. Der Verkehr mit
-den Toten macht einsilbig und still&nbsp;…</p>
-
-<p>Ich liege erst zwischen den Seen, dann fünf Monate
-hindurch mit meiner »Sechsten«. Schanzen und Wachen,
-Wachen und Schanzen. Alle Nächte sind tief und
-dunkel wie Abgründe und voll unfaßbaren Lebens.
-Die Tage sind fahl und kurz und sind nichts als
-bleierner Schlaf und verworrener Traum. Die Nächte
-sind ein verhohlenes Leben in Erdhöhlen und dunklen
-Gräben, ein Auf- und Abwandern an starrenden,
-grauen Drähten in aufflackernder und verwehender<span class="pagenum"><a id="Seite_100">[100]</a></span>
-Helle, ein Lauern über Brustwehren und Schießscharten
-und ein Hocken am Feldtelephon … Und
-aus jeder Nacht hebt sich dunkel und bedrückend vor
-den überwachen Sinnen die eine verschollene Nacht,
-die Nacht von Zajle … Der Summer im Feldtelephon
-klöhnt. Die stille Fläche des Simno-Sees
-schimmert auf. Ferne Schüsse knattern. Der Posten
-geht auf und nieder … O, ihr Nächte, ihr Totenbeschwörer!
-Traum und Trug sind die Tage, die
-wie Blätter verwehen, und in jeder Nacht erneut
-sich das Dunkel der Sterbenacht über dem Simno-See.
-Ich sitze zusammengekauert vor der flackernden
-Kerze im Unterstand und lausche den Stimmen der
-Nacht und hadere. Jede Nacht erlebe ich dein Sterben,
-Freund! Du und ich, wir beide in <em class="gesperrt">einem</em> brennenden
-Hause, die Habe unseres Volkes zu retten, durch
-dünne Wände geschieden, du und ich. Und du, mein
-Bruder, verbrennst in der Kammer neben mir, und
-ich darf dir nicht helfen … Ich sitze zusammengeduckt
-und hadere. Und fühle doch deine Nähe.
-Du bist bei mir und schwichtigst. Ich höre deine
-gute, junge Stimme.</p>
-
-<p>»Leutnantsdienst tun heißt seinen Leuten vorleben,
-das Vorsterben ist dann wohl einmal ein
-Teil davon.« Ich hebe die Augen und suche. Gestalt<span class="pagenum"><a id="Seite_101">[101]</a></span>
-und Stimme verwehen. Ich schlage den
-Mantelkragen hoch und trete ins Freie. Und die
-russische Nacht durchfrostet mich wieder. Vor den
-Gräben und Horchlöchern wandre ich auf und nieder.
-Von der Höhe über den verkohlten Dorftrümmern
-ragen gespenstisch die hohen, schwarzen Kreuze des
-lettischen Friedhofs. Wie oft sind wir im Morgen-
-und Abenddämmern an diesen kahlen Todesstätten
-mit den müden Kompanien vorübergezogen! Sie
-gleichen sich wie Schatten, einer wie der andere.
-Und doch weht von keinem so kühler Schauer wie
-von dem Sonnengrabe über dem Simno-See. Ich
-starre auf die Kreuze. Eine blasse Helle sickert aus
-dem Wolkendunkel im Osten. Es ist Zeit, schlafen
-zu gehen.</p>
-
-<p>Alle Nächte sind eine Totenklage. Nachtstürme
-rütteln heulend an meine Hütte aus Lehm und
-Brettern. Mein Herz ist eine Scheune voll wilder
-Pferde, eine Scheune, die in Brand geriet. Rosse
-stampfen, Halfterketten klirren&nbsp;…</p>
-
-<p>Stille Nächte schleichen dahin wie Gespenster.
-Morgenkühle weht auf, mit übernächtigen Augen
-sehe ich in den fahlgewordenen Kerzenschimmer und
-lösche das Licht. Alle Nächte sind eine Totenklage.
-Der Morgen ist von Nebeln überfallen, und sein<span class="pagenum"><a id="Seite_102">[102]</a></span>
-Glanz ist dahin! Der Winter ist da, und sein Frost
-macht die Scheiben blind. Meine Seele ist kalt wie
-ein kahler Raum. Die Scheiben sind gefroren. Kein
-Strahl der vertrauten Welt dringt von außen in
-mich hinein. Ich sitze einsam hinter gefrorenen
-Fenstern, mein Freund, und starre auf deinen
-Schatten, der den Raum füllt … Und hadere.
-Aber draußen wächst das Licht. Und wieder bist
-du mir nahe und schwichtigst. »So laß sehen, ob
-ich nicht lebendiger bin als du! Sieh', ich trete an
-die Fenster und lege die Hand auf das Eis. Es
-taut mir unter den Händen. Der erste Sonnenstrahl
-bricht hell herein. Ich hauche lächelnd über das
-kalte, blinde Eis &ndash; sieh', wie es hinwegtaut! Wälder,
-Städte und Seen schauen herein, um die wir gewandert
-sind, liebe Gesichter schauen von draußen
-herein. Willst du ihnen nicht rufen? Sind wir nicht
-immerdar Wanderer zwischen beiden Welten gewesen,
-Gesell? Waren wir nicht Freunde, weil dies unser
-Wesen war? Was hängst du nun so schwer an der
-schönen Erde, seit sie mein Grab ist, und trägst an
-ihr wie an einer Last und Fessel? Du mußt hier
-wie dort daheim sein, oder du bist es nirgends …«
-Der Tag ist mächtig geworden, und mein Herz will
-hell werden und gläubig.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_103">[103]</a></span></p>
-
-<p>Alle Nächte sind eine Totenklage. In grauem
-Mantel lehne ich an der verschneiten Brustwehr
-und sehe auf zu den bleichen Sternen der Winteröde.
-Und mein Herz hadert. »Wir sind alt geworden
-an unsern Taten und alt an unsern Toten. Der
-Tod war einmal jung und verschwenderisch, aber
-er ist alt und gierig geworden.« Aber der Freund
-ist neben mich getreten, still, ich weiß nicht woher,
-und ich frage nicht. Sein Arm liegt in meinem wie
-in den Waldgräben vor Augustow. Und er schwichtigt:
-»Ihr glaubt zu altern und werdet reif. Eure Taten
-und eure Toten machen euch reif und halten euch
-jung. Das Leben ist alt und gierig geworden, der
-Tod bleibt sich immerdar gleich. Weißt du nichts
-von der ewigen Jugend des Todes? Das alternde
-Leben soll sich nach Gottes Willen an der ewigen
-Jugend des Todes verjüngen. Das ist der Sinn
-und das Rätsel des Todes. Weißt du das nicht?«</p>
-
-<p>Ich schweige. Aber mein Herz hadert weiter. Und
-er läßt seinen Arm nicht aus meinem und hört nicht
-auf zu schwichtigen, leise, voll guten, geruhigen Eifers.
-»Totenklage ist ein arger Totendienst, Gesell! Wollt
-ihr eure Toten zu Gespenstern machen oder wollt
-ihr uns Heimrecht geben? Es gibt kein Drittes für
-Herzen, in die Gottes Hand geschlagen. Macht uns<span class="pagenum"><a id="Seite_104">[104]</a></span>
-nicht zu Gespenstern, gebt uns Heimrecht! Wir möchten
-gern zu jeder Stunde in euren Kreis treten dürfen,
-ohne euer Lachen zu zerstören. Macht uns nicht ganz
-zu greisenhaft ernsten Schatten, laßt uns den feuchten
-Duft der Heiterkeit, der als Glanz und Schimmer
-über unsrer Jugend lag! Gebt euren Toten Heimrecht,
-ihr Lebendigen, daß wir unter euch wohnen
-und weilen dürfen in dunklen und hellen Stunden.
-Weint uns nicht nach, daß jeder Freund sich scheuen
-muß, von uns zu reden! Macht, daß die Freunde
-ein Herz fassen von uns zu plaudern und zu lachen!
-Gebt uns Heimrecht, wie wir's im Leben genossen
-haben!«</p>
-
-<p>Ich schweige noch immer, aber ich fühle mein Herz
-ganz in seinen guten Händen. Und seine liebe
-Stimme schwingt und schwichtigt weiter. »Wie wundgeschlagene
-Bäume süße und herbe Säfte ausströmen,
-so die Herzen der Dichter süße und herbe
-Lieder. Gott hat in dein Herz geschlagen. Singe
-Dichter!«</p>
-
-<p>»Mein Freund, mein Freund, meine Seele
-klingt von der deinen <span id="corr104">wider</span>, wie eine Glocke,
-die im wogenden Klange der Schwesterglocke mitschwingt!«&nbsp;&ndash;&nbsp;&ndash;</p>
-
-<p>Aus dem Himmel im Osten fließt hellflüssiges<span class="pagenum"><a id="Seite_105">[105]</a></span>
-Gold über schwarze Wolken und dunkle Erde. Ein
-Rosenschimmer schwebt in den Jungtrieben der Birkenkronen.
-Ein Wölklein frisches Grün hängt fern und
-nah in den Wipfeln über der schwarzen Erde. Der
-zweite Kriegsfrühling hebt an. Der Sturm geht über
-die Gräber in Polen.</p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">Es weht ein Sturm aus West, aus West,<br /></span>
-<span class="i0">Heimatwind, Gotteswind,<br /></span>
-<span class="i0">Der Kreuz und Kranz erbeben läßt,<br /></span>
-<span class="i0">Wo er ein Grab in Polen find't.<br /></span>
-<span class="i0">Es klagt und klagt der Sturm aus West:<br /></span>
-<span class="i0">Weh, deutscher Erde Kind!<br /></span>
-<span class="i0">Was hält dich Polens Erde fest?<br /></span>
-<span class="i0">Die deutsche Erde kühlt so lind,<br /></span>
-<span class="i0">Dich kühlt sie nicht!<br /></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Der Sturm aus Westen klingt und klagt:<br /></span>
-<span class="i0">Hätt' ich Kraft, hätt' ich Kraft,<br /></span>
-<span class="i0">Ich hätte wie eine Kindesmagd<br /></span>
-<span class="i0">Dich längst in meinen Arm gerafft!<br /></span>
-<span class="i0">Kann's nicht, kann's nicht, Gott sei's geklagt!<br /></span>
-<span class="i0">Hätt' ich Kraft, hätt' ich Kraft,<br /></span>
-<span class="i0">Ich hätte euch auf nächtiger Jagd<br /></span>
-<span class="i0">Eine Handvoll Heimaterde geschafft<br /></span>
-<span class="i0">Zu Kranz und Grab!<br /></span><span class="pagenum"><a id="Seite_106">[106]</a></span>
-</div><div class="stanza">
-<span class="i0">Es fährt ein Sturm aus Ost, aus Ost,<br /></span>
-<span class="i0">Gräberwind, Gotteswind:<br /></span>
-<span class="i0">Du liebe Heimat, sei getrost!<br /></span>
-<span class="i0">Wir bleiben deiner Erde Kind&nbsp;…<br /></span>
-<span class="i0">Von allen Gräbern weht's aus Ost:<br /></span>
-<span class="i0">Erde ist immer lind.<br /></span>
-<span class="i0">Erde, aus Heimaterde entsproßt,<br /></span>
-<span class="i0">Wir selbst nur Heimaterde sind,<br /></span>
-<span class="i0">Fürchtet euch nicht!&nbsp;&ndash;<br /></span>
-</div></div>
-
-<div class="figcenter">
-<img src="images/illu-106.png" alt="" />
-</div>
-
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_107">[107]</a></span></p>
-<h2><a id="Ein_Nachwort">Ein Nachwort</a></h2>
-</div>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_108">[108]</a></span></p>
-<p class="drop">Sommer und Winter kamen und gingen. Russenstürme
-zerschellten vor den Hindernissen. Unerschüttert
-hielt das deutsche Ostheer in seinen Gräben.
-Und wieder monatelange stille Wacht hinter Brustwehr
-und Drahtverhau.&nbsp;&ndash;</p>
-
-<p>Die Frühlingsstürme des vierten Kriegsjahres
-brausten über die Lande. Im Osten entfachten sie
-den Krieg nicht zu neuen Gluten. Aber drüben in
-Frankreich brannte er lodernd auf, an der Aisne
-und bei Arras. Die vereinte Kraft der Westmächte
-rannte Sturm gegen die deutsche Mauer. Walter
-Flex hielt es nicht länger in der Stille des östlichen
-Stellungskriegs. Es trieb ihn nach dem kampfdurchwogten
-Westen:</p>
-
-<p>»Ich habe mich mit ein paar Kameraden, darunter
-ein prächtiger alter Major, freiwillig zur Westfront
-gemeldet. Schwer ist's mir nur geworden im
-Gedanken an meine Mutter, die auch noch nichts
-davon weiß. Im übrigen kennen Sie mein Denken.
-Es ist nicht damit getan, sittliche Forderungen aufzustellen,
-sondern man muß sie an sich vollstrecken,
-um ihnen Leben zu geben. Abenteurerlust und Idealismus
-sind zu Anfang des Krieges viel verwechselt
-worden, und der unbeugsame und zu keiner Konzession
-bereite Idealismus, in dem allein das Heil<span class="pagenum"><a id="Seite_109">[109]</a></span>
-für Gegenwart und Zukunft unseres Volkes liegt,
-ist selten geworden. Ihr Brief gibt mir willkommene
-und dankbar ergriffene Gelegenheit, mich zu einem
-gleichgesinnten Menschen auszusprechen, zumal Sie
-selbst an die Stimmung rühren, in der ich mich in
-dieser Schicksalsstunde unseres Volkes befinde, wenn
-Sie schreiben: ›Es steht mir allerlei Sorgliches vor
-der Seele, wenn ich an Sie denke.‹ Dazu ist kein
-Anlaß. Diese Sorge wäre nur begründet gewesen,
-wenn ich durch Verzicht auf meine Meldung die
-Einheit zwischen Handeln und Denken aus Herzensrücksichten
-verletzt hätte. Ich bin heute innerlich so
-kriegsfreiwillig, wie am ersten Tage. Ich bin's und
-war es nicht, wie viele meinen, aus nationalem,
-sondern aus sittlichem Fanatismus. Nicht nationale,
-sondern sittliche Forderungen sind's, die ich aufstelle
-und vertrete. Was ich von der ›Ewigkeit des deutschen
-Volkes‹ und von der welterlösenden Sendung
-des Deutschtums geschrieben habe, hat nichts mit
-nationalem Egoismus zu tun, sondern ist ein sittlicher
-Glaube, der sich selbst in der Niederlage oder,
-wie Ernst Wurche gesagt haben würde, im Heldentode
-eines Volkes verwirklichen kann … Eine klare
-Grenze des Denkens habe ich freilich immer festgehalten:
-ich glaube, daß die Menschheitsentwickelung<span class="pagenum"><a id="Seite_110">[110]</a></span>
-ihre für das Individuum und seine innere Entwicklung
-vollkommenste Form im Volke erreicht, und
-daß der Menschheitspatriotismus eine Auflösung
-bedeutet, die den in der Volksliebe gebundenen
-persönlichen Egoismus wieder freimacht und auf
-seine nackteste Form zurückschraubt. Mein Glaube
-ist, daß der deutsche Geist im August 1914 und darüber
-hinaus eine Höhe erreicht hat, wie sie kein Volk
-vordem gesehen hat. Glücklich jeder, der auf diesem
-Gipfel gestanden hat und nicht wieder herabzusteigen
-braucht. Die Nachgeborenen des eigenen und
-fremder Völker werden diese Flutmarke Gottes über
-sich sehen an den Ufern, an denen sie vorwärtsschreiten.
-&ndash; Das ist mein Glaube und mein Stolz
-und mein Glück, das mich allen persönlichen
-Sorgen entreißt&nbsp;…«</p>
-
-<p>Sein Wunsch, sich in den entscheidungsvollen
-Kämpfen des Westens einzusetzen, blieb unerfüllt.
-Ein mehrwöchiges Kommando rief ihn nach Berlin.
-Heißen Herzens verfolgte er von dort das Schicksal
-seiner Kameraden: Sein Regiment kämpfte um
-Tarnopol. Er erreichte es rechtzeitig, um an
-der Eroberung Rigas teilzuhaben. Frohe Grüße
-flogen in die Heimat: »Ich bin ganz glücklich,
-dabei sein zu dürfen.« Auf Riga folgte Ösel. Aus<span class="pagenum"><a id="Seite_111">[111]</a></span>
-den neuen Angriffsvorbereitungen heraus schrieb
-er weiter:</p>
-
-<p>»Von den Kameraden, die vor Monaten nach
-dem Westen gingen, ist kaum einer mehr am Leben.
-Es waren ein paar prächtige Menschen darunter,
-mit denen ich gern hinausgegangen wäre. Ich sehe
-sie noch am Bahnhof aus dem abfahrenden Zuge
-winken. ›Schad' daß Sie nicht mitkommen!‹ rief
-mir Erichson noch zu, der Mecklenburger, der mit
-Wurche und mir vor Augustow in der 9. Kompanie
-das Zugführer-Kleeblatt bildete. Nun liegt er auch
-vor Verdun begraben. Hätte er damals geahnt,
-daß wir kurz darauf Tarnopol und Riga mitschlagen
-sollten, er wäre wohl bei uns geblieben. Wo wäre
-ich wohl heute, wenn meine Meldung damals nicht
-kassiert worden wäre? Zufälligkeiten oder Bestimmung?
-Dankbar bin ich immer von neuem für das
-Gleichgewicht des Herzens, das mir nie ernstlich erschüttert
-worden ist. Nicht etwa, daß ich das Gefühl
-hätte, vor anderen bewahrt und aufgehoben zu sein
-&ndash; aber ich habe das geruhige, innere Wissen, daß
-alles, was mit mir geschieht und geschehen kann,
-Teil einer lebendigen Entwicklung ist, über die nichts
-Totes Macht hat&nbsp;…«</p>
-
-<p>An dem Tage, der diesen Brief in die Heimat<span class="pagenum"><a id="Seite_112">[112]</a></span>
-brachte, traf ihn auf Ösel die tödliche Kugel. Er
-hatte seine neunte Kompanie zum Angriff auf Lewwal
-entwickelt. Das Gefecht neigte sich zu siegreichem
-Ende. Unschlüssig zwischen Widerstand und Übergabe
-schwankend hielten die Russen noch vor Peudehof.
-Sein linker Zugführer geht vor und fordert
-Ergebung. Russische Offiziere erklären den Ankommenden
-für gefangen. Der springt zurück, das Gewehr
-im Anschlag: »Herr Leutnant, sie wollen sich
-nicht ergeben!« Walter Flex hat ein russisches Beutepferd
-gegriffen und reitet vor. Ein Schuß kracht
-und fehlt ihn. Er zieht den Säbel, der ihm am
-Sattel hängt. Mit blanker Klinge reitet er gegen
-den Schützen an. Gewehrfeuer schlägt ihm entgegen.
-Eine Kugel fährt ihm durch die Degenhand in den
-Leib und wirft ihn vom Pferd. Seine Kompanie
-greift an. Die Russen heben die Hände. Sie sind
-gefangen. &ndash; Die ersten Worte des Verwundeten
-fragen nach dem Stand des Gefechts. Die Antwort
-läßt ihn beruhigt zurücksinken.</p>
-
-<p>Seine Leute trugen ihn in eine nahe Hütte.
-Heiteren Herzens erreichte er das Lazarett. Seinem
-treuen Burschen diktierte er diese Karte: »Liebe Eltern!
-Diese Karte diktiere ich, weil ich am Zeigefinger der
-rechten Hand leicht verwundet bin. Sonst geht es<span class="pagenum"><a id="Seite_113">[113]</a></span>
-mir sehr gut. Habt keinerlei Sorge. Viele herzliche
-Grüße! Euer Walter.«</p>
-
-<p>Am nächsten Tage, am Geburtstag seines ihm
-im Soldatentod vorangegangenen jüngsten Bruders,
-ist er gestorben. Eins im Leben und Sterben wie
-im Denken und Handeln ist er stille eingegangen
-zum größten Erleben, ein wegesicherer Wanderer
-zwischen beiden Welten.&nbsp;&ndash;</p>
-
-<p>Der Abend brachte seinem Regiment den Marschbefehl.
-Die Nachtstunden, die vor dem Aufbruch
-verblieben, führten seine Leute zusammen zu stillem
-Totendienst: Laubgewinde wuchsen unter ihren
-Händen zu letztem Gruß und Dank.</p>
-
-<p>Das Regiment marschierte. Neun Leute seiner
-lieben Kompanie blieben zurück. Im Morgenlicht
-betteten sie ihn in der grünen Ostseeinsel, die sein
-Herzblut trank. Graugänse rauschten über die frische
-Erde nach Süden.&nbsp;&ndash;</p>
-
-<p>Er ruht in deutscher Erde, wo einst das alte
-Ordensschloß von Peude stand. Eichenkränze, die
-ihm Soldatenliebe wand, schmücken Kreuz und
-Grab. In den Winden des baltischen Meeres webt
-sein letztes Lied von der lebenspendenden Kraft rein
-vergossenen Blutes. Der Nordwald rauscht über
-den Hügeln:</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_114">[114]</a></span></p>
-
-<div class="poem"><div class="stanza">
-<span class="i0">»Wir sanken hin für Deutschlands Glanz.<br /></span>
-<span class="i0">Blüh, Deutschland, uns als Totenkranz!<br /></span>
-<span class="i0">Der Bruder, der den Acker pflügt,<br /></span>
-<span class="i0">ist mir ein Denkmal wohlgefügt.<br /></span>
-<span class="i0">Die Mutter, die ihr Kindlein hegt,<br /></span>
-<span class="i0">ein Blümlein überm Grab mir pflegt.<br /></span>
-<span class="i0">Die Büblein schlank, die Dirnlein rank<br /></span>
-<span class="i0">blühn mir als Totengärtlein Dank.<br /></span>
-<span class="i0">Blüh, Deutschland, überm Grabe mein<br /></span>
-<span class="i0">jung, stark und schön als Heldenhain!«<br /></span>
-</div></div>
-
-<p>Im Felde, November 1917.</p>
-
-<p class="right">
-<em class="gesperrt">Martin Flex.</em><br />
-</p>
-
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_i">[i]</a></span></p>
-
-<p class="center large">Bücher von Walter Flex</p>
-</div>
-
-<p class="center p2">Soeben ist erschienen:</p>
-
-<p class="h2">Klaus von Bismarck</p>
-
-<p class="center">Eine Kanzlertragödie</p>
-
-<p class="center">
-Zweite Auflage<span class="space">&nbsp;</span>
-Gebunden M 4.&ndash;
-</p>
-
-<div class="adv">
-<p>Schon die Umschlagzeichnung des Buches gibt der Phantasie des Lesers die
-Richtung auf den Schauplatz und den Stoff der Tragödie: das gotische Stadtbild
-Stendals mit seinen Tortürmen und dem trotzigen, im Roland symbolisierten
-Mannesgeist, der in diesen Mauern einst herrschte. Das Drama, dessen
-Held ein Vorfahre des eisernen Kanzlers ist, wurde in Weimar erfolgreich
-aufgeführt, ihm werden sich jetzt nach dem Tode des Dichters sicher noch viele
-Bühnen öffnen.</p></div>
-
-<p class="h2 p2">Wallensteins Antlitz</p>
-
-<p class="center">Gesichte und Geschichten vom Dreißigjährigen Kriege</p>
-
-<p class="center">17.&ndash;19. Tausend. Preis gebunden M 3.&ndash;. Soeben erschienen
-</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Inhalt</em>: Das Blut der Almuth Petrus &ndash; Wallensteins
-Antlitz &ndash; Letzte Wacht &ndash; Das Gewitter &ndash; Der Trommelbube
-des Todes &ndash; Der Kreis &ndash; Der Ring mit den blauen
-Steinen &ndash; Das Armesünderwürfeln</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Allen gemeinsam ist eine großzügige Gestaltungsgabe, die stark plastische Bildreihen
-schafft. Zugleich weiß Flex in der Art der kräftigen Darstellung, der
-Häufung der dichterischen Gesichte, der gedrungenen, knappen und doch lebendigen
-Schilderung den Stil jener Zeit unvergleichlich zu treffen. Ein trotziges,
-aufschäumendes Leben in bunter, farbsatter Pracht durchströmt die einzelnen
-Szenen. Das ist ein Abbild der Kraftfülle des damaligen Deutschtums, das
-dreißig Jahre Krieg zu ertragen verstanden … eine der besten Gaben unserer
-letzten deutschen Literatur. Ein deutsches Werk von vollgültiger literarischer
-Bedeutung!« <em class="gesperrt">Die Post</em>.</p></div>
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_ii">[ii]</a></span></p>
-
-<p class="h2 p2">Im Felde zwischen Nacht und Tag</p>
-
-<p class="center">Gedichte</p>
-
-<p class="center">20./21. Auflage. 38. bis 42. Tausend. Preis gebunden M 2.80
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Das Bild von des Dichters Art, wie es seine früheren Werke in scharfen Umrissen
-erkennen ließen, zeigt sich klar, fast noch schärfer umrissen auch hier.
-Da ist das feine Naturempfinden, das sich in prachtvoller Sprache, bald in
-reichen Farben in verborgener Musik schimmernd, bald herb und knapp ausspricht;
-daneben die Kunst, in scharfen Strichen menschliche Gestalten, menschliches
-Erleben zu umreißen. Der Dramatiker wird so zum kraftvollen Balladendichter,
-der aus Einzelheiten des Krieges das Persönliche, das Große wuchtig
-heraushebt und darstellt. Ein inniges menschliches Mit- und Nachempfinden,
-eng verbunden mit heißer Liebe zum Vaterland, sturmerprobtes Gottvertrauen
-und in aller Not des Kriegs nicht umzubringende Behauptung des innersten
-Selbst, dem auch ein Schuß Humor eignet, durchzieht die Gedichte, die unter der
-Kriegsliteratur wirkliche und bleibende Werte bedeuten.« <em class="gesperrt">Schwäb. Merkur</em>. &ndash;
-»Ein Kriegsdichter, dem die Kraft gegeben, sein reiches Erleben in klangvolle,
-sprachlich eigenartige und kraftgesättigte Verse zu gießen: er war der edelste
-Typus der akademischen Jugend, die bei Ausbruch des Krieges freiwillig zu
-den Waffen griff, er war die Idealverkörperung der deutschen Jünglinge, die
-aus reinstem Hochsinn für ihr Vaterland sich aufzuopfern gelobten. Der Krieg
-hatte Walter Flex zum Mann und Dichter herangereift; was er geschrieben,
-ist durchlebt, hundert- und tausendfältig; seine anschaulichen, bildreichen Gedichte
-sind der Spiegel seines jäh abgerissenen kampffrohen und friedenssehnsüchtigen
-Lebens.« <em class="gesperrt">Kölnische Zeitung</em>.</p></div>
-
-<p class="h2 p2">Vom großen Abendmahl</p>
-
-<p class="center">Verse und Gedanken aus dem Feld</p>
-
-<p class="center">27./29. Auflage. 58. bis 64. Tausend. M 1.20
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Eines der besten Bücher, die ich je las. Der Krieg ward Walter Flex zu
-einem wahrhaften, inneren Erleben, und was er in diesem Büchlein schreibt,
-ist eine Phantasie, geboren aus dem Erleben des Leides dieser Zeit, so wunderbar
-gestimmt auf den Herzenston der Menschen, wie ich es bei keinem Buche
-zuvor empfand. Eine tiefe Tragik offenbart sich uns in seinem Büchlein. Er
-führt uns das Erdenleid der Menschen vor Augen, jedoch nur, daß wir erkennen
-sollen, daß der Weg zu einem glücklichen Seelenleben nur durch einen Weg
-tiefen Erdenleides zu erreichen ist.« <em class="gesperrt">Alt-Wandervogel</em>. &ndash; »Tiefdurchdachte
-und tiefempfundene symbolische Dichtung, die Herr wird über das grausame
-Einzelschicksal, das der Krieg bringt, flammende Begeisterung und glühende
-Vaterlandsliebe, die die gewaltige Größe der Schicksalsstunde unseres ganzen
-Volkes empfindet und mitschafft, verklärende Poesie, die teils im mystischen
-Doppelempfinden, teils in mutiger Bejahung des Lebens und des Todes die
-Gegensätze im Menschenleben deutet und versöhnt.« <em class="gesperrt">Der Wächter</em>.</p></div>
-
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_iii">[iii]</a></span></p>
-
-<p class="center larger">Neue Gedichtbücher von Will Vesper:</p>
-</div>
-
-<p class="h2 p2">Schön ist der Sommer.</p>
-
-<p class="center">Ein Buch Liebeslieder.</p>
-
-<p class="center">
-Gebunden M 2.80<span class="space">&nbsp;</span>Soeben erschienen
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Jede lyrische Gabe von Will Vesper bringt einen Strauß poetischer Feinheiten …
-Es finden sich Perlen unter den Gedichten, die von unvergleichlicher
-innerer Rhythmik beseelt sind.« <em class="gesperrt">Die Post</em>.</p></div>
-
-<p class="h2 p2">Der blühende Baum.</p>
-
-<p class="center">Neue Lieder und Gedichte.</p>
-
-<p class="center">
-2. Auflage<span class="space">&nbsp;</span>Gebunden M 2.80
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Wieder kommt dem Leser in diesem Buche zum Bewußtsein, daß kein lebender
-Dichter, außer Dehmel, so rein und selbstverständlich die Tradition unserer
-größten Lyriker fortsetzt wie Vesper.« <em class="gesperrt">Berliner Tageblatt</em>.</p></div>
-
-<p class="h2 p2">Briefe zweier Liebenden.</p>
-
-<p class="center">Gedichte.</p>
-
-<p class="center">
-5. und 6. Taus.<span class="space">&nbsp;</span>Geb. M 2.80
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Hier steht Vesper auf der Höhe seines künstlerischen Schaffens.« <em class="gesperrt">Preuß. Jahrb.</em></p></div>
-
-<p class="h2 p2">Vom großen Krieg.</p>
-
-<p class="center">Gedichte.</p>
-
-<p class="center">
-4. u. 5. Tsd.<span class="space">&nbsp;</span>
-Geb. M 3.&ndash;
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Diese Gedichte werden für alle Zeiten zu den bedeutendsten Schöpfungen unserer
-vaterländischen, überhaupt unserer lyrischen Dichtung gehören.« <em class="gesperrt">Münchener
-Zeitung</em>.</p></div>
-
-<p class="h2 p2">Der Deutsche Krieg in Dichtungen</p>
-
-<p class="center">Herausgegeben von <b>Walther Eggert Windegg</b></p>
-
-<p class="center">
-5. und 6. Tausend<span class="space">&nbsp;</span>Gebunden M 2.50
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Der Herausgeber hat ein offenes Auge für alles Charaktervolle und Eigentümliche,
-das die neue Lyrik bot, und zu loben ist sein unbefangenes Urteil …
-eine vornehme, streng gesichtete und charaktervolle Sammlung.« <em class="gesperrt">Eckart</em>.</p></div>
-
-<p class="h2 p2">Hans Benzmann / Für Kaiser und Reich</p>
-
-<p class="center"><em class="gesperrt">Kriegsgedichte</em>. Geheftet M 1.40
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Schlachtenschilderungen, die in der Realistik an Liliencron erinnern …
-Echte Balladen, vorzüglich zum Vortrage geeignet.« <em class="gesperrt">Deutsche Presse</em>, Wien.</p></div>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_iv">[iv]</a></span></p>
-
-<p class="center p2 larger">Eugen Kühnemann</p>
-
-<p class="center">Univ.-Professor in Breslau</p>
-
-<p class="h2">Deutschland und Amerika</p>
-
-<p class="center">Briefe an einen deutsch-amerikanischen Freund</p>
-
-<p class="center">3. Auflage 8. u. 9. Tausend.<span class="space">&nbsp;</span>Preis M 2.50
-</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Aus dem Inhalt</em>: Deutschland und Amerika &ndash; Aufklärungsarbeit
-und Propaganda &ndash; Das deutsche Amerika und der
-Krieg &ndash; Das englische Amerika und der Krieg &ndash; Präsident
-Wilson &ndash; Universitäten, Kirche, Presse, Gesellschaft &ndash;
-Amerika im Kriege &ndash; Deutschland im Kriege</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Der Breslauer Philosoph und berühmte Vorkämpfer für deutsches Wesen und
-deutsche Kultur in Amerika, hat uns hier das Buch über die Vereinigten Staaten
-geschenkt, ein Buch, das uns mit unerbittlicher Logik und Klarheit aufzeigt,
-daß wir drüben niemals Freundschaft erwarten konnten, wie wir in unserem
-unverbesserlichen Idealismus immer gehofft haben … Den Deutsch-Amerikanern
-widmet der Verfasser ein besonders ergreifendes Kapitel … Das ganze Buch ist
-ein stolzes Bekenntnis eines bedeutenden Mannes zu der Größe, der sittlichen
-Kraft und Ueberlegenheit seines Vaterlandes.« <em class="gesperrt">Deutsche Tageszeitung</em>.</p></div>
-
-<p class="center p2 larger"><em class="antiqua">Dr.</em> Hans Volkelt</p>
-
-<p class="h2">Demobilisierung der Geister?</p>
-
-<p class="center">Eine Auseinandersetzung vornehmlich mit
-Geheimrat Professor <em class="antiqua">Dr.</em> Ernst Troeltsch</p>
-
-<p class="center">1.&ndash;3. Tausend · (Soeben erschienen) · Kartoniert M 1.50
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Das Ziel der Schrift ist die Stärkung der deutschen Kraft, die Aufweisung
-der großen Gefahr einer matten Verzichtsgesinnung, die über einem Hangen
-an abstrakten Theorien der Aufklärung die wahre Lage und Aufgabe der
-Gegenwart verkennt und verleugnet … Sie ist eine in Fichteschem Sinne,
-und wir dürfen mit Freude sagen, auch mit Fichteschem Geist geschriebene Aufforderung
-an das deutsche Volk, auf der Höhe der großen, wenn auch schweren
-Zeit zu stehen und allen Gefahren draußen und drinnen standzuhalten, alle
-Ermattung und Verflachung, auch wo sie sich einschmeichelnder Phrasen bedient,
-energisch abzuweisen. So geht in Wahrheit eine stärkende und belebende Kraft
-von diesem Büchlein aus; man sollte es in Masse verbreiten.« <em class="gesperrt">Rudolf Eucken</em>
-(Magdeburgische Zeitung).</p></div>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_v">[v]</a></span></p>
-
-<p class="center p2 larger">Robert Saitschick</p>
-
-<p class="h2">Wotan und Brünnhilde (Die Geburt der Seele)</p>
-
-<p class="center">(Soeben erschienen!)</p>
-
-<p class="center">Gebunden M 4.&ndash;, in Halbpergament und auf Bütten M 12.&ndash;
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>Der Leser wird erstaunen, welche Schönheiten, welche bisher nicht von ihm bemerkten
-Tiefen Richard Wagners Dichtung des Nibelungenringes in sich birgt.
-Nun sieht er, daß neben der Musik auch die Dichtung genauerer Betrachtung
-wert ist, daß Alberich, Wotan, Freya, Loge, Erda, Brünnhilde nicht bloß die
-Gestalten eines in ferner Urzeit liegenden Mythos sind, den Wagner dramatisch
-gestaltet hat, sondern Verkörperungen der Lebensmächte, die, so lange diese
-Weltzeit dauert, im Leben walten, also auch heute noch. Saitschicks Buch ist
-ein Führer zur Kunde vom Geistigen, eine ganze Philosophie steckt darin, die
-der Leser ohne großes Bemühen für das tägliche Leben fruchtbar machen kann.
-Wir möchten dieser Philosophie viele offene Herzen wünschen, denn sie ist eine
-Wegbereiterin zu noch höheren Erkenntnissen. Das Buch ist ohne Zweifel den
-klassischen Schöpfungen unserer Literatur beizuzählen.</p></div>
-
-<p class="h2 p2">Saitschick / Von der innern Not unseres Zeitalters</p>
-
-<p class="center">Ein Ausblick auf Fausts künftigen Weg</p>
-
-<p class="center">Gebunden M 3.50
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Faust ist auch in Saitschicks Betrachtung nur der Name für den innern
-Menschen unserer Tage. Und wie Goethe, so setzt auch Saitschick sich mit ihm
-selbständig auseinander. Nur sieht er schärfer; denn Faust ist inzwischen ein
-Jahrhundert seinen Weg weiter gegangen. Die Konflikte sind ausgeprägter,
-der Ausgleich schwerer. Die innere Not ist darum intensiver, ich bin versucht
-zu sagen ehrlicher empfunden. Und darauf zielt der Sinn des Büchleins:
-dem strebenden Faust unserer Tage Ausblick zu geben auf den kommenden
-Weg.« <em class="gesperrt">Hochland.</em></p></div>
-
-<p class="h2 p2">Robert Saitschick / Franziskus von Assisi</p>
-
-<p class="center">Dritte Auflage. Gebunden M 4.&ndash;, Halbpergament M 6.&ndash;
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Diese neue Gabe Saitschicks, abgeklärt in sich und gelöst von jeder Kontroverse
-und Diskussion, hat uns in seltener Weise angesprochen, ergriffen, gefesselt.«
-<em class="gesperrt">Preußische Jahrbücher</em>.</p></div>
-
-<p class="h2 p2">Joseph Bernhart / Tragik im Weltlauf</p>
-
-<p class="center">Leicht gebunden M 2.80
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»In der Tat ein wahres Trostbuch für jeden, der in der allgemeinen Erschütterung
-der Dinge die Frage nach den Fundamenten unseres Daseins stellt.«
-<em class="gesperrt">Alfred Frhr. Menst von Klarbach</em> (Bayerische Staatszeitung).</p></div>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_vi">[vi]</a></span></p>
-
-<p class="h2 p2">Johannes Müller / Vom Leben und Sterben</p>
-
-<p class="center">
-16. bis 20. Tausend<span class="space">&nbsp;</span>Leicht gebunden M 1.40
-</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Inhalt</em>: Der Tod &ndash; Gibt es ein Leben nach dem Tode? &ndash; Diesseits und
-Jenseits &ndash; Das Ende &ndash; Der Abschied &ndash; Die Heimsuchung &ndash; Der Aufschwung</p>
-
-<p class="h2 p2">Johannes Müller / Hemmungen des Lebens</p>
-
-<p class="center">
-17. bis 21. Tausend<span class="space">&nbsp;</span>Gebunden M 4.&ndash;
-</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Inhalt</em>: Die Trauer &ndash; Die Furcht &ndash; Die Sorge &ndash; Das Tragischnehmen
-&ndash; Die Unsicherheit &ndash; Der Zweifel (das Mißtrauen) &ndash; Das Kritisieren &ndash;
-Der Andere in uns</p>
-
-<p class="h2 p2">Johannes Müller / Die deutsche Not</p>
-
-<p class="center">Erlebnisse und Bekenntnisse aus der Kriegszeit</p>
-
-<p class="center">Gebunden M 4.&ndash;
-</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Aus dem Inhalt</em>: Kriegseindrücke und Kriegsfragen &ndash; Wie soll sich der
-Christ zum Kriege stellen? &ndash; Jesus und der Krieg &ndash; Und die Kirche? &ndash;
-Geduld im Kriege &ndash; Wider den Haß &ndash; Bankerott des Christentums? &ndash;
-Briefe eines Hauptmanns aus dem Felde &ndash; Vom Wiedersehen in der Heimat &ndash;
-Ueber den Krieg hinaus &ndash; Verlust und Gewinn usw.</p>
-
-<p class="h2 p2">Johannes Müller / Reden über den Krieg</p>
-
-<p class="center">Gebunden M 3.50
-</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Inhalt</em>: 1. Der Krieg als Schicksal und Erlebnis. 41. bis 43. Tsd. &ndash; 2. Der
-Krieg als Not und Aufschwung. 31. bis 35. Tsd. &ndash; 3. Der Krieg als Gericht
-und Aufgabe. 31. bis 33. Tsd. &ndash; 4. Der Tod fürs Vaterland und die Hinterbliebenen.
-31. bis 34. Tsd. &ndash; 5. Der Krieg als religiöses Erlebnis</p>
-
-<p class="h2 p2">Ludwig Kemmer / Briefe an einen jungen Offizier</p>
-
-<p class="center">Zweite Auflage<span class="space">&nbsp;</span>Gebunden M 1.&ndash;
-</p>
-
-<p class="center p2 larger">Friedr. Th. Körner</p>
-
-<p class="h2">Die inneren Werte des deutschen Soldaten</p>
-
-<p class="center">Geheftet M &ndash;.70
-</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Inhalt</em>: Die innere Sittlichkeit &ndash; Gehorsam und Pflichtgefühl &ndash; Heldentum
-und Tapferkeit &ndash; Kameradschaft &ndash; Religiöses Empfinden &ndash; Gemüt
-und Empfindung</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_vii">[vii]</a></span></p>
-
-<p class="h2 p2">Karl Berger. Vom Weltbürgertum
-zum Nationalgedanken</p>
-
-<p class="center">Zwölf Bilder aus Schillers Lebenskreis und Wirkungsbereich</p>
-
-<p class="center">Gebunden M 8.50<span class="space">&nbsp;</span>Soeben erschienen
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Sämtlichen Betrachtungen Bergers, in deren Mittelpunkt immer wieder
-Schillers edle, alle überragende Gestalt als unser gewaltigster Führer in der
-Wende der Zeiten hervortaucht, gebührt die Anerkennung, daß sie in strenger
-Sichtung des reichen Stoffes und in gefälliger Form bedeutende Ausblicke in
-eine lehrreiche Vergangenheit eröffnen und auch unmittelbar für die Gegenwart
-vertiefende Anregungen geben.« <em class="gesperrt">Schlesische Zeitung</em>.</p></div>
-
-<p class="center p2 larger">Hermann Reich</p>
-
-<p class="h2">Die Flotte. <span class="smaller">Eine Tragödie</span></p>
-
-<p class="center">Preis kartoniert M 4.50; in Halbpergament M 6.&ndash;
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Dionysische Ekstase, Aechyleischen Schwung und Shakespearesche mimische Buntheit
-verschmilzt Reich zu einem großen modernen Stil. Es ist der Stil des
-neuen Deutschen Reiches, das aus dem Weltbrand hervorgehen muß. &ndash;
-Sonst wüßte ich mit Reichs Sprache nur die Luthers an den christlichen Adel
-deutscher Nation zu vergleichen.« Prof. <em class="gesperrt">v. Hauff</em> (Monatshefte der Comeniusgesellschaft).</p></div>
-
-<p class="center p2 larger">Will Vesper</p>
-
-<p class="h2">Martin Luthers Jugendjahre</p>
-
-<p class="center">Bilder und Legenden</p>
-
-<p class="center">Gebunden M 4.&ndash;
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Ein deutsches Festes- und Feierbuch lauterster Art. Wer sich ein offenes Herz,
-ein empfängliches Gemüt bewahrt hat, wird aus diesen zauberhaft poetischen
-Ausflüssen einer religiösen Seelenmelodik, aus diesen heilig-ernsten Ergebnissen
-eines unvergleichlich tiefen dichterischen Sehnens und Schauens die Gestalt des
-jungen Luther sich erheben sehen, wie er sie niemals aus den wissenschaftlichen
-Erörterungen zu begreifen vermochte.« <em class="gesperrt">Die Post</em>.</p></div>
-
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-<p><span class="pagenum"><a id="Seite_viii">[viii]</a></span></p>
-
-<p class="center">Soeben ist erschienen:</p>
-</div>
-
-<p class="h2">Der Pfeifenkönig</p>
-
-<p class="center">Ein Roman aus der Gegenwart</p>
-
-<p class="center">Von <b>Karl Strecker</b></p>
-
-<p class="center">Zweite Auflage<span class="space">&nbsp;</span>Gebunden M 6.&ndash;
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>Kein Kriegsroman und doch tief aus dem Born unserer Zeit geschöpft. Was
-dieser Zeit an Gebresten und Vorurteilen, aber auch an Keimen der Größe
-innewohnt, das ist mit klarem Blick umfaßt und an dem bewegten Leben des
-»Pfeifenkönigs« (ein Spitzname mit tragikomischem Beigeschmack) aufgezeigt.
-In der tiefen Problemstellung und in der ganzen Weltauffassung des feinstilisierten
-Buches klingt das Ethos einer neuen Zeit. Es wird gemünzt in
-kluge Gedanken, es wird getragen von einem starken Poetenempfinden, das sich
-nicht zum wenigsten in knappen, leuchtenden Naturschilderungen kundgibt.</p></div>
-
-<p class="h2 p2">Von berühmten Zeitgenossen</p>
-
-<p class="center">Lebenserinnerungen einer Siebzigerin</p>
-
-<p class="center">Von <b>R. Braun-Artaria</b></p>
-
-<p class="center">Mit zwei Bildnissen der Verfasserin von
-<em class="gesperrt">Anselm Feuerbach</em> und <em class="gesperrt">Franz von Lenbach</em></p>
-
-<p class="center">Achte Auflage<span class="space">&nbsp;</span>Gebunden M 5.50
-</p>
-
-<div class="adv">
-
-<p>»Ein prächtiges Buch und von wirklichem <span id="corr122">kulturgeschichtlichem</span> Wert … Auch
-wer die hier vorkommenden Personen gekannt hat, wird sie immer da oder
-dort von einer neuen Seite beleuchtet sehen. Sie gehören den verschiedensten
-Gebieten von Wissenschaft, Kunst und Dichtung an. Ob Naturforscher und
-Geographen wie Zittel, Wagner und Ratzel vor uns treten, ob Gespräche mit
-Döllinger berichtet werden, ob wir von Piloty, Feuerbach, Schwind, Lenbach,
-Otto Greiner, Franz von Liszt hören, ob Bodenstedt, Heyse, Scheffel, um nur
-einiges anzudeuten, überall wird man sogleich gefesselt und folgt dem Lauf
-der Erzählung mit Genuß, und bedauern wird man an dem Buche zuletzt nur,
-daß man es schon zu Ende gelesen hat.« <em class="gesperrt">Literarisches Zentralblatt</em>.</p></div>
-
-<hr class="tb" />
-<p class="center">C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung Oskar Beck in München
-</p>
-<hr class="tb" />
-
-<p class="center">C. H. Beck'sche Buchdruckerei in Nördlingen
-</p>
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter"></div>
-
-<div class="transnote" id="tnextra">
-
-<p class="h2">Weitere Anmerkungen zur Transkription</p>
-
-<p>Offensichtlich fehlerhafte Zeichensetzung wurde stillschweigend korrigiert.
-Die Darstellung der Ellipsen wurde vereinheitlicht.</p>
-
-<p>Die unterschiedlichen Bezeichnungen »Augustowo« und »Augustow« wurden
-beibehalten.</p>
-
-<p>Korrekturen:</p>
-<div class="corr">
-<p>
-S. 20: war → waren<br />
-Mir selbst <a href="#corr020">waren</a> ein Koffer und Wäschesack</p>
-<p>
-S. 28: Offizierpatrouille → Offizierspatrouille<br />
-ging von der Kompanie eine <a href="#corr028">Offizierspatrouille</a> ins</p>
-<p>
-S. 30: toten → Toten<br />
-um dem vermeintlich <a href="#corr030">Toten</a> das Gewehr zu nehmen</p>
-<p>
-S. 51: tagüber → tagsüber<br />
-von wo <a href="#corr051">tagsüber</a> unsre Baumposten</p>
-<p>
-S. 89: Offizierburschen → Offiziersburschen<br />
-Telephonisten und <a href="#corr089">Offiziersburschen</a>, untermischt</p>
-<p>
-S. 104: wieder → wider<br />
-klingt von der deinen <a href="#corr104">wider</a>, wie</p>
-<p>
-S. viii: kulturgeschichtlichen → kulturgeschichtlichem<br />
-und von wirklichem <a href="#corr122">kulturgeschichtlichem</a> Wert</p>
-</div>
-</div>
-
-
-
-
-
-
-
-<pre>
-
-
-
-
-
-End of Project Gutenberg's Der Wanderer zwischen den Welten, by Walter Flex
-
-*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER WANDERER ZWISCHEN DEN WELTEN ***
-
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-Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
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-Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to
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