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diff --git a/.gitattributes b/.gitattributes new file mode 100644 index 0000000..d7b82bc --- /dev/null +++ b/.gitattributes @@ -0,0 +1,4 @@ +*.txt text eol=lf +*.htm text eol=lf +*.html text eol=lf +*.md text eol=lf diff --git a/LICENSE.txt b/LICENSE.txt new file mode 100644 index 0000000..6312041 --- /dev/null +++ b/LICENSE.txt @@ -0,0 +1,11 @@ +This eBook, including all associated images, markup, improvements, +metadata, and any other content or labor, has been confirmed to be +in the PUBLIC DOMAIN IN THE UNITED STATES. + +Procedures for determining public domain status are described in +the "Copyright How-To" at https://www.gutenberg.org. + +No investigation has been made concerning possible copyrights in +jurisdictions other than the United States. 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You may copy it, give it away or -re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included -with this eBook or online at www.gutenberg.org/license - - -Title: Des Vaters Sünde, der Mutter Fluch - -Author: Heinrich Clauren - -Release Date: March 13, 2017 [EBook #54353] - -Language: German - -Character set encoding: UTF-8 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DES VATERS SÜNDE, DER MUTTER FLUCH *** - - - - -Produced by the Online Distributed Proofreading Team at -http://www.pgdp.net (This file was produced from images -generously made available by The Internet Archive) - - - - - - - #################################################################### - - Anmerkungen zur Transkription - - Der vorliegende Text wurde anhand der 1823 erschienenen Buchausgabe - so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. Zeichensetzung - und offensichtliche typographische Fehler wurden stillschweigend - korrigiert. Ungewöhnliche sowie inkonsistente Schreibweisen wurden - beibehalten, insbesondere wenn diese in der damaligen Zeit üblich - waren oder im Text mehrfach auftreten. Fremdsprachige Zitate und - Ausdrücke wurden nicht korrigiert. - - Das Original wurde in Frakturschrift gedruckt. Die von der - Normalschrift abweichenden Schriftschnitte wurden in der - vorliegenden Fassung mit den folgenden Symbolen gekennzeichnet: - - gesperrt: +Pluszeichen+ - Antiqua: ~Tilden~ - - #################################################################### - - - - - Scherz und Ernst - - von - H. Clauren. - - Zweite Sammlung. - - Erstes Bändchen. - - Inhalt: - Des Vaters Sünde, der Mutter Fluch. - - - - - Des - - Vaters Sünde, der Mutter Fluch, - - von - - H. Clauren. - - - Dresden, 1823, - in der Arnoldischen Buchhandlung. - - - - -Der Admiralitätsrath kam von der Session, und lächelte freundlich, als -Hulda ihm, wie gewöhnlich, Hut und Stock abnehmend, versicherte, daß es -mit der Mutter recht leidlich gehe; sie hofft, setzte das Mädchen mit -kindlicher Freude hinzu: heute wieder mit uns essen zu können; suche -sie da nur möglichst aufzuheitern; sie bedarf dessen in ihrer jetzigen -Stimmung mehr, als aller Arznei; ich habe alles Ersinnliche gethan, um -sie ein wenig zu zerstreuen, und sie hat sich diesen Morgen viel besser -befunden, als die ganze letzte Zeit über. - -Der Vater küßte das holde Kind auf die Stirn, und ging mit bejahendem -Kopfnicken, auf den Zehen, in das Krankenzimmer der Mutter. - -Hulda ließ in diesem den kleinen Tisch nur mit drei Gedecken belegen -und die Mutter nahm an demselben ihren Platz. Hulda faltete die Hände -und sprach, nach des frommen Hauses alter Sitte, das Gebet zu dem, der -seine Welt mit Liebe nähret, laut; in ihrem himmelwärts gehobenen -Blick, in dem Tone ihrer Worte sah und hörte man die freudige Rührung, -daß die geliebte Mutter sich auf dem Wege der Wiedergenesung, und -seit vielen Monaten, heute zum ersten Male, in der Mitte des trauten -Familienkreises befand. - -Dem Vater trieb das Mädchen mit seiner einfachen, herzlichen Weise, -Thränen in die Augen. Er reichte schweigend dem lieblichen Kinde, nach -dem Gebete, die Hand, und zog die Rechte der Gattinn an seine Lippen. -Diese aber ließ die stille Feier ihres Genesungfestes unerwiedert, -tadelte das Essen, und warf der armen Hulda, die sich in sorglicher -Auswahl des Beßten erschöpft hatte, Mangel an Aufmerksamkeit vor; sie -würde, die ganze Tischzeit über, diesen Mißton festgehalten haben, wenn -nicht der Vater, der Bitte des Mädchens eingedenk, die finstern Grillen -der Leidenden immer abzulenken verstanden und, zu ihrer Aufheiterung, -das Gespräch auf allerlei Gegenstände geleitet hätte. Die frohe Laune -und die Gemüthlichkeit ohnehin selbst, ward ihm diese Aufgabe nicht -schwer, zumal heute, wo ihm, wie Hulda schon bei der zweiten Schüssel -bemerkt hatte, beständig ein leichtes Lächeln um die Lippen schwebte; -wie sie den Vater kannte, mußte ihm auf jedem Fall etwas komisches -begegnet seyn, was sein Inneres noch angenehm beschäftigte, und als sie -ihm, da er wieder einmal vor sich heimlich lächelte, ihre Vermuthung -mittheilte, meinte er, daß sie nicht unrecht habe. - -Er erzählte jetzt, daß schon seit länger denn vierzehn Tagen, ihm, -allemal, wenn er Mittags aus der Session komme, ein junger Mensch, auf -einer und derselben Stelle, unweit der Hauptwache, begegne; Beiden sey -das aufgefallen, sie hätten bisher allemal, jeder für seine Rechnung, -ein wenig gelacht und heute habe der junge Mensch höflich den Hut -gezogen, und höchst freundlich gegrüßt, er, der Vater aber, mitten im -Gegenkomplimente, über das Spaßhafte des täglichen Zusammentreffens, -sich nicht enthalten können, laut aufzulachen. Ich sehe uns, setzte er -scherzend hinzu, wenn das lange so fort geht, noch am Ende die dicksten -Freunde werden. - -Diese Worte, so unbedeutend sie jetzt klangen, so gewichtig, so -eisenschwer wurden sie in der Folge. Manches Wort mag so in den Kreisen -der Menschen, kaum gehört, verhallen, was ihnen der Schlüssel zu den -Geheimnissen ihrer ganzen Zukunft seyn könnte. Wohl uns, daß es so ist. - -Du bist morgen, fuhr er, zu Hulda gewendet, fort: bei Linsings auf -dem Balle. Der Alte kennt die ganze Stadt; gewiß weiß der, wer der -junge Mann ist; frag’ ihn doch; der Mensch kann vier- fünfundzwanzig -höchstens alt seyn, und das kaum. -- - -Hulda legte, mit komischer Naivität, den Zeigefinger der Rechten, an -das Daumen-Spitzchen der linken Hand, als wolle sie die beschriebenen -Eigenschaften des Fraglichen, an den Fingern abzählen, -- - -Hat einen recht hübschen, braunen Lockenkopf -- - -Hulda war beim Zeigefinger der linken Hand -- - -Sehr freundliche, dunkelblaue Augen, -- - -Hulda stand am Mittelfinger, aber in beide kleine Hände schlug, wie aus -ungesehenen Wetterwolken, ein leises Zittern, daß sie damit unter den -Tisch fuhr, und nicht weiter zählte; denn der Vater, der jetzt von der -römischen Nase, von dem Grübchen im Kinn, von den perlweißen Zähnen im -wohlgeformten Munde, von dem kräftigen Aeußeren, der freien stolzen -Haltung, und der blühenden Gesundheit des jungen Menschen sprach, und -den einfachen Geschmack seiner eleganten Kleidung und den Schnee seiner -Wäsche lobte, mahlte den nämlichen allerliebsten jungen Mann, der -- -sie glühte im ganzen Gesichtchen, und wagte nicht, die Augen vom Teller -aufzuschlagen; die Mutter aber ward kreideweiß, legte den Kopf in den -hohen Lehnstuhl zurück, und die todtenblassen Lippen lispelten leise: -nichts weiter, wenn ihr nicht wollt, daß ich sterben soll. - -Hulda und der Vater sprangen auf; Letzterer holte das Riechfläschchen -und Hulda trocknete der Angegriffenen den kalten Schweiß, der ihr in -glänzenden Tropfen auf der Stirne stand. Man brachte die Kranke wieder -zu Bette, und beide stimmten in der Meinung überein, daß die Mutter -sich zu zeitig herausgewagt habe, und daß der eben sich ereignete -Zufall, Wirkung ihrer noch zu großen Körperschwäche sey. - -Den Nachmittag befand sich die Mutter zwar wieder etwas besser; aber, -wenn sich Hulda ihrem Lager näherte, fand sie die Leidende fast immer -in Thränen, und fragte sie, was dem Mütterchen fehle, so entgegnete -dieses mit milder Freundlichkeit, sie solle sich darüber nicht -beunruhigen, es werde wohl bald vorübergehen; dem gepreßten Herzen thue -es zuweilen wohl, sich still ausweinen zu können, und so hätte sie auch -jetzt eine Art von Erleichterung darin gefunden; daher ihr gegenwärtig -viel wohler sey, als vorhin. - -Mein Mütterchen, sagte Hulda, mit weicher Stimme, und beugte sich -zu ihr herab: dem gepreßten Herzen? -- was fehlt Dir? was hast Du? -vielleicht können wir helfen; Du weißt ja, wir -- - -Aber die Mutter verneinte schweigend, streichelte die rosige Wange des -süßen Kindes, und bat, sie allein zu lassen, um ein wenig zu schlafen. - -Hulda ging in den Garten hinab, setzte sich auf den Balkon des -Saales, von dem aus sie die herrlichste Aussicht auf den Hafen, -und rechts auf den grünen Riesenspiegel des unermeßlichen Meeres -hatte, und wollte arbeiten; aber der junge Mensch -- das braune -Lockenhaar, die veilchenblauen Augen, die frischen Lippen, und -wenn diese sich lächelnd öffneten, der Schmelz der blendendweißen -Zähne, und das Schelmengrübchen in Wange und Kinn -- waren es die -leisen Abendlüftchen, die aus den geheimen Tiefen des Meeres -herüberflogen und die Blumen auf ihrem Balkon und die leichte Hülle -ihres Busens säuselnd durchkühlten, oder waren es die ersten Schauer -der jungfräulichen Liebe, -- es überhauchte sie auf einmal ein so -wunderbares Frösteln durch Blut und Adern, daß sie die Hand auf das -drängende Herz legte, und sich, ohne Worte, fragte, was das sey. - -Der junge Mensch, es mußte ein Fremder seyn, denn früher hatte sie ihn -nie bemerkt; am vorigen Sonntage hatte er, in der Kirche, ihr gegenüber -gesessen, und kein Auge von ihr verwandt; zwei Tage später war sie -ausgegangen, um einige Kleinigkeiten in einer Modehandlung zu kaufen; -nicht zwei Minuten, und der hübsche Fremde tritt ein, und fragt nach -französischen Blumen. Der Wohllaut seiner Stimme, das Fremdländische -seiner Aussprache, -- lächelnd sprach sie ihm halblaut nach. Hier -oben auf dem Balkon hörte sie ja Niemand. Sie ärgerte sich noch, daß -sie nicht, unter irgend einem Vorwande, länger in dem Kaufgewölbe -geblieben; sie schämte sich, daß, als der Fremde weggegangen, sie -wieder zurückgekehrt war, um auch so ein Bouquet von brennender Liebe -zu verlangen, als der Herr eben eins gekauft hatte; sie freute sich, -daß die Modehändlerinn erwähnte, wie der Herr das Bouquet zwar gewählt, -dasselbe aber, weil es, nach seiner Meinung, nicht brennend roth genug -gewesen, nicht gekauft habe; sie lachte heimlich, daß sie nun auch das -Roth der Blumen zu blaß gefunden, und sie darum auch nicht genommen, -und sie beruhigte sich, daß -- lag denn darin nicht der offenbare -Beweis, daß er, lediglich und einzig und allein, um ihretwillen, in -das Putzgewölbe gekommen war; hätte er das Bouquet gekauft, -- sie -beugte sich tiefer auf ihre Nätherei nieder, denn es war, als führe -ihr ein schmerzlicher Dolchstich mitten durch das Herz -- hätte er die -Blumen gekauft, so müßte er Jemand gehabt haben, dem er sie schenke, -aber so -- sie sah wieder freundlich auf, -- und lachte leicht hin in -die grünen Wogen des fast windstillen Meeres -- denn daß er ihr, und -nur ihr zu Gefallen gegangen war, das lag ja am Tage; brennende Liebe -hatte er verlangt! Er konnte ja nicht deutlicher reden! dieß Roth -- -alle Pariser Blumenfabrikanten waren nicht im Stande, es schöner zu -liefern -- dieß Roth schien ihm noch nicht brennend genug. Gestern, -als er vor dem Hause vorbeiging, -- wäre nur nicht Hafen-Kapitains -Linchen gewesen, -- hätte sie so gern das Fenster ein wenig geöffnet, -denn der Mutter ist frische Luft im Zimmer zuweilen recht zuträglich; -aber so mußte sie hinter dem Vorhange blos ein Bischen lauschen, -denn Linchen, das dumme Ding drüben, stand in dem Erker, wie vom -bösen Schicksal hinbestellt, das hätte den Augenblick gewußt, was es -bedeute, und wahrhaftig, das Mädchen wäre auch stockblind gewesen, -wenn es das nicht gemerkt hätte, denn mit unverwandtem Blicke auf das -Fenster, geht er, als wollte und müßte er die Scheiben mit den Augen -durchbohren; der alte Kohlenträger schreit zweimal, Platz da, Platz -da, noch ein Schritt, da stößt der lange Kohlensack, der weit über -den Kopf des tief gebückten Trägers hervorragt, den Stillverzückten -in das Gesicht; dieser prallt rechts, rennt den alten Gipsitaliener, -der sein ganzes Büsten- und Figuren-Magazin von Kaisern, Königen, -Gelehrten und Grazien, auf einem langen Brete, auf der Schulter -trägt, mit sich nieder, reißt im Stolpern den Markt-Tisch der dicken -böhmischen Glashändlerinn an der Ecke, sammt dem ganzen Kram, über -den Haufen, und schlüpft, fast auf allen Vieren weiter turkelnd, in -die, zum Glück offenstehende Apotheke; beschwichtiget hier, wie später -das Hausmädchen berichtete, die ungestümen und mehr denn heidnischen -Entschädigungforderungen des italienischen Gipsmannes und der -böhmischen Glasfrau, mit ungezähltem Golde, und entzieht sich, durch -eine wohlthätige Seitenthür die in das Nebengäßchen, dem, um Gips- und -Glas-Ruinen zusammengeströmten Janhagel von Matrosen und Straßenjungen. - -Sie mußte noch kichern, wenn sie an die verwünschte Scene dachte, aber -über Hafenkapitains einfältige Lina konnte sie sich ärgern. Diese -hatte sich zum Fenster heraus gelegt, und vor Lachen gerade heraus -geschrien. Gott! die ging nun doch eigentlich die Geschichte auch nicht -im Mindesten etwas an; und in dem lauten Lachen, in dem Herauslegen, -lag so etwas Gemeines, so etwas Schadenfrohes; das Mädchen war ihr -lange schon zuwider gewesen, aber jetzt konnte sie es gar nicht mehr -ausstehen. Die Böhmin aber und der Italiener schienen recht gute -Menschen zu seyn; Beide hatten, nach des Hausmädchens Rapport, in der -Apotheke gemeint, dergleichen Unfälle könnten dem beßten Menschen -begegnen, und es wäre nur ein wahres Glück, daß der hübsche Herr -keinen Schaden genommen habe, denn um ein solches junges liebes Blut, -wäre es doch ewig Schade gewesen. - -Und nun heute, muß der Vater von dem Menschen bei Tische anfangen; denn -daß das der nämliche war, litt gar keinen Zweifel. Sie -- sie selbst, -sollte sich nach ihm erkundigen. Das konnte sie ja nicht; ja wenn das -abscheuliche Rothwerden nicht wäre. Der alte Handels-Gerichts-Director -Linsing, wenn der sie dazu ansah, mit seinem blinzelnden Blick, er -stand ganz lebendig vor ihr, das eine Auge ganz zu, und das andere -so scharf auf sie gerichtet, -- nein, sie konnte gewiß kein Wort -herausbringen; er mußte bestimmt denken, sie frage mehr im eigenen, als -in des Vaters Namen. Und dann, die Linsingschen Mädchen! Hätten die nur -etwas der Art ergattert, sie hätten sie zu Tode gequält. Wissen mochte -sie es wohl freilich gern, und der alte Linsing, der Director, konnte -ihr alles wahrscheinlich ganz genau sagen; des Mannes Haus stand allen -Fremden offen; wer nur das Weichbild der Stadt betrat, und nicht ganz -ohne alle Bekanntschaft kam, war in diesem gastfreundlichen Hause -eingeführt; sie probirte drei- viermal, wie sie fragen wollte, ohne -Verdacht zu erregen, aber -- nein es ging nicht; sie stockte jetzt -schon, wenn ihre Lippen, von der ganzen Welt ungehört, die Anmuth des -Mannes, in Worten aussprechen sollten, dessen Namen zu wissen, der -Vater begehre; wie sollte sie sich getrauen, dieses Wagestück der -jungfräulichen Liebe, im Kreise einer Familie zu vollführen, die, bei -ihrem Scharfsinn in dergleichen kleinen Neckereien, das Verfängliche -ihrer schüchternen Rede, gleich aus der ersten Sylbe -- Was ist das? --- da unten im Hafen, auf dem amerikanischen Dreimaster? so wahr -der Herr lebt, da stand der junge Fremde auf dem Verdeck. Er hing -nachläßig den einen Fuß über die Laufplanken, welche den Raum für die -Finknetze umzäunen; dann sprach er, den linken Arm um den Besahnsmast -geschlungen, mit dem Steuermann; ging hierauf mit diesem und sah nach -dem Bug und nach dem Vorspill, stieg, es verging ihr der Athem, auf -die Spitze des Kraanbalkens, lief, flink wie ein Eichhörnchen, auf das -Bugspriet hinaus, setzte auf die Riegel des Galjons herab, kletterte, -trotz der beßten Katze, vom Vorsteven weiter hinauf, und hatte dem -Steuermanne überall etwas zu zeigen und zu weisen; und dieser nickte, -immer den Hut in der Hand, sehr ehrerbietig, daß es schier aussah, als -sey das amerikanische Prachtschiff des jungen Mannes Eigenthum. - -Gar nicht übel, so ein Schiffchen, sagte lächelnd Hulda halb laut, und -weidete sich an dem Anblick des jungen stattlichen Schiffsherrn; bisher -hatte sie ihn immer im schwarzen Frack gesehen, jetzt -- bestimmt hatte -er gar kein Logis in der Stadt gemiethet, sondern wohnte, wie das in -den Seehäfen wohl gewöhnlich ist, in der Kajüte seines Dreimasters -- -jetzt hatte er es sich bequem gemacht, und sich in sein seemännisches -Negligee geworfen; die Tracht stand ihm, meinte Hulda, die in ihrer -ungesehenen blumenumdufteten Höhe kein Auge von dem frischen, kräftigen -Seefahrer verwendete, wunderhübsch. Jacke und Beinkleider von seidenem -streifigen Zeuche; um den Hals ein schottisches Tuch geschlungen, -dessen leicht geschürzter Knoten auf die offene Brust herabhing; so -stand er vom Abendglanze der untergehenden Sonne mild umflossen, und -horchte den melodischen Gesängen zu, die auf dem Deck seines Schiffes, -vier brandschwarze Neger in ihrer Landessprache recht sinnig begonnen, -und lachte über das von dem Deck des neben ihm liegenden Fahrzeuges, -emporgellende Gezwitscher der tausend und aber tausend goldgelben -Kanarienvögel, die in dem blühenden Orangenwalde, mit dem sie heute -erst von den Kanarischen Inseln angekommen waren, frei herumschwärmten, -und immer schärfer schrieen, je lauter die Neger sangen. - -Im Saale stand -- der Herr Amerikaner zwischen den schwarzen Sängern -und den gelben Schreiern, er sah gar zu niedlich aus, sie mußte ihn -einmal recht betrachten, es sah sie ja Niemand hier, -- im Saale stand -ein kleines Fernrohr des Vaters; sie schlüpfte hinein, holte es, kam -wieder heraus, baute sich auf ihrem Nähtischchen ein kleines Versteck -von recht groß buschigen Levkoitöpfen, streckte dann ihr Fernröhrchen -dazwischen und lugte, im Geheimen nun überselig, herab, und -- sah -nichts, denn der Gesuchte war von seinem Verdecke verschwunden. - -Sie überflog rasch mit einem Blick den ganzen Hafen, ob er sich etwa -unterdessen in ein Boot geworfen habe, und sich an das Land setzen -lasse; aber der ganze Hafen war zwar mit solchen kleinen hin und her -gehenden Dingern, wie bedeckt, doch der, dem sie nachspähte, fand sich -in keinem; der Mensch geht am Ende, sagte sie, mit dem Auge wieder -vor ihrem Fernrohr: mit den Hühnern zu Bette! aber an solch einem -himmlischen Abend, sich jetzt schon schlafen zu legen, nein das ist ja -nicht -- sie fuhr in diesem Augenblicke mit dem Rohre an der Seitenwand -seines Schiffes herab, da -- als schlüge der Blitz ihr das verwünschte -Ding aus der Hand, so erschrak sie, und fuhr mit einem lauten Ach, in -die Höhe; denn in der einen Geschützpforte des obern Verdecks, hatte -der Schelm, hinten im Dunkeln gestanden, ein ellenlanges Telescop vor -sich, und dieses gerade auf sie gerichtet; mit diesem Goliath von -Telescop langte er sich alle, Millionen Meilen weite Sterne vom Himmel -herunter, wie genau mußte er sie hier oben nicht beobachtet haben. Wie -mochte er lachen, als er sah, wie sie hinter den Levkoibüschen stecke -und ihn auf dem Verdecke suchte -- was mußte er von ihr -- nein, sie -konnte um keinen Preis länger oben bleiben; sie fühlte, ihre Wangen -glühten, wie Feuer, und angezogen war sie heute auch nicht besonders; -auf eine solche Special-Musterung, wie der da unten, hinter seinen -Stauchweegers, über sie hielt, hatte sie sich heute freilich nicht -eingerichtet; sie packte ihre Nätherei, mit der sie diesen Abend nicht -weit gekommen war, wieder zusammen; er stand -- sie warf nur einen -halben Viertelsseitenblick hinab, und erkannte, mit bloßen Augen, das -große Spährohr, das jetzt, über eine brabanter Elle lang, aus der -Geschützpforte hervorragte, -- er stand noch immer da, und wenn sie -gleich nicht in Abrede stellte, daß sie in seinem Benehmen, sich mit -dem langen Dinge nicht vor seinen Matrosen und allen Leuten, auf das -Verdeck zu stellen, eine Art von Zartheit finden müsse; so meinte -sie doch auf der andern Seite, daß er die ganze Sternguckerei hätte -unterweges lassen können, denn wenn das einer ihrer Bekannten, von -denen beständig mehrere am Bord bald dieses, bald jenes Schiffes im -Hafen sich befanden, gewahrte, so wäre in den ersten vier und zwanzig -Stunden, in der ganzen Stadt herum, daß -- Gott! der Mensch stand immer -noch da; sie hatte nur herab geschielt, aber das Rohr war auf sie -gestellt, als hätte es der erste Zieler der Welt gerichtet; sie ward -so unnennbar süß befangen, daß sie, vor heimlichem Lachen, sich über -das unausstehliche dicke Rohr, gar nicht recht ärgern konnte. Lange -schon hätte sie vom Balkon gehen können, aber es gab noch erschrecklich -viel dort oben zu schäftern; der Nähtisch war so staubig, der mußte -abgewischt werden; die Blumen in den Töpfen -- nein der Vater mußte mit -dem Gärtner wirklich einmal ein recht ernstlich Wort reden; da war auch -nicht ein Stock ausgeputzt, keiner angebunden, keiner -- sie nahm einen -Topf nach dem andern vor und hatte tausend Arbeit. Das gigantische -Rohr, es stand wahrhaftig noch unverrückt. Anfangs war ihr die Sache -verdrüßlich gewesen, jetzt, meinte sie bei sich selbst, fange sie an, -ihr Spaß zu machen. - -Die kleinen goldgefiederten Insulaner waren unterdessen müde geworden -und hatten unter den Orangenblüthen, deren aromatischer Duft die -ganze Atmosphäre durchwürzte, ihre Nesterchen gesucht; auf dem -schwarzbetheerten Grönlandsfahrer links weiter unten, streckten die -thranigen Matrosen sich der Länge nach, unter dem Fockmast zur Ruhe; -die Neger auf der amerikanischen Fregatte sangen der scheidenden -Sonne, die eben, ihre Brüder und Schwestern zu wecken, hinab sank, -die wehmüthigsten Melodieen der Sehnsucht und Liebe nach, und immer -stiller und lautloser ward es im Hafen; im Westen aber flammte das -Feuergold der Himmlischen, und bekantete die dunkeln Nachtwolken, -die tief unten am Horizonte dem Meere entstiegen, mit glühenden -Säumen. Die indischen weichen Lieder der Schwarzen, klangen in Huldas -Herzen seltsam wieder; ihr entzückter Blick staunte schweigend in die -unbeschreibliche Pracht der Abendfeier; die Nachtwinde, die auf der -gränzenlosen Fläche des Meeresspiegels, ihr eigenes Spiel treiben, -jagten das leichte, golddurchblitzte Abendgewölk vor sich her, daß sich -daraus oft wunderbare Gestalten bildeten, deren Deutung die Sinnige, -ohne die Phantasie sehr anzustrengen, leicht zu finden vermeinte. Die -Eisberge, die sich dort in das Unermeßliche hinaufthürmten, mit den -zwei riesenmäßigen Bären und der tiefe Schnee -- nun, daß das auf -Nordamerika zielte, und zwar auf das alleroberste am Nordpol selbst, -das lag wohl außer Zweifel. Der ungeheure Wasserfall von mehr denn 4000 -Fuß in der Breite, mit seinen Tafel-Felsen, und seinen Staubwolken, und -Strudeln und Wirbeln, -- das war der furchtbare Katarakt des +Niagara+, -durch den in jeder Minute 700,000 Tonnen Wasser, von unermeßlicher -Höhe, unter donnerndem Getöse herabstürzen; die schwarzen kleinen -Thiere, rechts unter dem Cran-berries-[1] Gebüsche, das waren gewiß die -pechschwarzen Eichhörnchen, die oft in einem Tage zu 50,000 durch den -St. Lorenzostrom schwimmen. Die Thürme und die herrliche große Kuppel, -das war das Jesuiten-Kollegium und das Franziskaner-Kloster und das -neue Schloß zu Quebeck; sie kannte den Prospect aus dem trefflichen -Kupferstich, der im Putzzimmer des englischen Konsuls hing; der -dichte hohe Laubwald im Hintergrunde links -- auch dieser mußte ein -amerikanischer seyn, denn dort nur prangen die Wälder, wie sie gelesen -hatte, in solchem bunten Farbenspiel. Aber tiefer unten am Himmel stand -auf dem Gipfel eines gigantischen Granitberges, eine dürre menschliche -Gestalt; Beinkleider, Stiefeln und Strümpfe von Seehundsfellen; ein -Hemde von Seerabenhaut; schwarze dünne straffe Haare; ein großer Kopf; -dünne Beine, und die Farbe des Gesichts olivengrün. -- Richtig, -sagte sie lachend: das ist ein Eskimo auf Labrador, also auch ein -Amerikaner! Der Glimmerschiefer dort an der nackten Felswand; die -schönen himmelblauen +Hypersthene+, der Polarfuchs, der Papagaytaucher, -richtig, richtig, das sind alles heimische Dinge jenes Welttheils; in -der Zeichnung von Upernamik,[2] die wir neulich vom Onkel aus Herrnhut -bekamen, ist das alles bis auf die geringste Kleinigkeit da. Jetzt -bildete sich ein Kr -- ja es ward aus düstern Wolken ein langes hohes -Kreuz! sie erschrack im Geheimsten ihrer Seele über das sonderbare -Zeichen des Leidens, und schüttelte sinnend den Kopf, und sagte -heimlich, weg, weg, denn sie konnte kaum mehr hinsehen, in das magische -Zauberspiel, so ganz eigen erschien ihr das bedeutsame Marterholz, das -fest und unbeweglich dastand, als sey es für die Ewigkeit gezimmert; -es wich nicht und wankte nicht, und unten am Stamme gestaltete sich -auf dunstigem Nebellager, eine weibliche Figur, die, je länger Hulda -hinsah, sich immer mehr und mehr der wolkigen Schleier enthüllte, bis -denn endlich die Mutter in kolossaler Größe, aus dem dunkeln Chaos -heraustrat, angethan mit einem milchweißen Sterbekleide, über dem -Haupte einen goldlichten Heiligenschein; ihre Linke ruhte auf einem -Monumente von weißlich grauem Gestein; ihre Rechte aber hielt sie -furchtbar drohend, in die Höhe gehoben. -- - -Mein Mütterchen, rief Hulda seltsam ergriffen: was zürnt mir deine -sanfte Liebe? was deutet der graue Grabstein, das weiße Sterbegewand, -und der goldige Reif? und -- das Kreuz, das entsetzliche Kreuz! will es -denn noch immer nicht weichen? -- - -Es ward dem Mädchen angst und wehe in der gepreßten Brust; es konnte -den Blick nicht mehr hinrichten in die gespenstigen Bilder; sie wendete -sich, und erfreute sich an der herrlichen Abendbeleuchtung, in der die -alte gothische Sophienkirche, drüben über dem Hafen, prangte; alle die -langen Fenster waren lauter flimmernde Goldspiegel; das braunrothe -Gemäuer schien mit Metall überzogen, und in der dunkelblauen Abendluft -blitzte der große Knopf am himmelhohen Thurme, wie -- ja, sie hatte -nach dem Amerikaner wirklich nicht wieder sehen wollen, am wenigsten -jetzt, aber daß ihr Blick, als sie nach der Spitze des Sophienthurms -hinauf sah, beim Mastkorb[3] des amerikanischen Dreimasters vorbei -streifte, und daß in diesem, der junge Wagehals, fröhlich und -wohlgemuth saß, davor konnte sie nicht. Er hatte das heimtückische -lange Sehrohr mit oben, und ergötzte sich an der Aussicht rund um. Der -Mastbaum war bestimmt über 100 Fuß hoch,[4] und der Mensch beinelte -da oben mit beiden Füßen, und trieb allerlei Kurzweil, als säße er im -Sopha; er -- nein sie konnte nicht mehr hinsehen; sie waren sich Beide -jetzt einander so nahe, und der dreuste Patron gab seinen Wunsch, in -der luftigen Höhe hier oben, eine kleine scherzhafte Unterhaltung -anzuknüpfen, so deutlich zu erkennen, daß sie nur durch geschwindes -Wegwenden vermeiden konnte, nicht von ihm im nächsten Augenblicke -freundnachbarlich begrüßt zu werden. Doch ein wenig heimlich und -verstohlen hinüber zu schielen, versagte sie sich nicht; der junge -muthige Seelöwe -- er war gar zu hübsch. - -Das Gebilde der Nachtwolken am Abendhimmel, war unterdessen gänzlich -verschwunden, nur das Kreuz war noch etwas sichtbar, doch nicht -mehr so düster und schwarzdunkel, wie vorhin; es schwebte, vom -letzten Strahlen-Glanze der scheidenden Sonne durchglüht, tiefer im -Hintergrunde, und zerfloß allmählich in unermeßlicher Ferne, vor -Huldas Augen, in die Feierpracht des milden Lichts, das in rosiger -Herrlichkeit, jetzt rein und klar, im gränzenlosen Raume flammte, und -sich in den ruhigen Wogen des unübersehbaren Meeres wiederspiegelte; -Milliarden Silbersternchen schillerten auf der ewig sich hebenden -und senkenden chrysoprasgrünen Fläche, und hüpften in die weißen -Schaumwellen der sanften Brandung, verschwanden und waren im Nu -wieder tausendfältig da, und Hulda hob, verloren im Entzücken des -unbeschreiblich großen Schauspiels, das Auge zu dem, der über den -Wolken thront, und legte die Hände, gefaltet, auf das in süßer -Vollkommenheit klopfende Herz. - -Auf der äußersten Höhe der See, am Horizonte, hatte sie schon lange -einen schwarzen Punkt gewahrt; er war jetzt näher gekommen, hatte -geschossen, die Flagge in Schau wehen lassen und aufgebraßt,[5] und die -Lotsen eilten in ihren Booten hinaus, um den englischen Brigkutter, der -sich aus jenem schwarzen Pünktlein nach und nach geformt hatte, in den -Hafen zu bugsiren. - -Als der Kutter das Hafenfort passirte, begrüßte ihn dieses mit seinem -Geschütz; sämmtliche vor Anker liegende Fahrzeuge bewillkommten es mit -dem gewöhnlichen Hurrah, und der junge Freund im Mastkorbe, schnitt -ihm, aus läppischem Muthwillen, die tiefsten Komplimente hinab, so daß -Hulda über den komischen Menschen laut -- ach nein -- das Hähnlein -im Korbe ward keck -- mitten unter den Bücklingen, die er dem Kutter -machte, warf der junge Herr Amerikaner, -- sie hatte es wohl gesehen, --- der Nachbarinn auf dem Balkon, ein halb Dutzend Küsse zu. An den -Ufern des Missisippi mochte das vielleicht Mode seyn, aber nicht hier -zu Lande; sie flüchtete in den Saal zurück, eilte, ohne das Unheil, -welches der englische Kutter ihr brachte, zu ahnen, auf ihr Zimmer; -drängte das Gesicht, auf dem, -- sie wußte selbst nicht warum, -- -Freude, Muthwille, Lachen und Ausgelassenheit, aus allen Zügen blitzte, -vor dem Spiegel in die Schranken des Ernstes zurück, und ging, nachdem -sich das Roth, das ihr der Aerger über den vorwitzigen Nachbar im -Mastkorbe, auf die Wangen gegossen, ein wenig verloren hatte, zur -Mutter. - -Diese befand sich über alle Erwartung wohl; sie scherzte, seit mehreren -Wochen zum ersten Male, wieder mit Hulda; sie streichelte ihr die -Wange; sie liebkos’te das holde Kind mit den zartesten Namen und -betrachtete es fast unverwandten Blickes, mit sichtbarem Wohlgefallen. - -Hulda konnte sich die auffallende Umwandlung platterdings nicht -erklären; sie frug die Mutter, ob in ihrer Abwesenheit etwas -vorgefallen sey, was die glückliche heitere Stimmung bewirkte, allein -die Mutter erwiederte lachend: soll ich mich meines Kindes nicht -freuen? Du bist so fromm und gut; Du bist so frisch und gesund, so -groß, und -- die Mutter darf das ja dem bescheidenen Kinde in das -Gesicht sagen, und so hübsch geworden, und wer dich vor ein paar Jahren -sah, und Dir jetzt wieder begegnet, kennt Dich nicht mehr. Wie lange -wird es werden, und ich flechte Dir den Brautkranz in’s Haar! - -Der lieblichen Hulda flog alles Blut in die Wangen; davon hatte die -Mutter im Leben noch nicht gesprochen. Man hatte sie immer noch wie -ein Kind behandelt; die Mutter hatte sie, noch vor wenigen Tagen, ihr -Kälbchen geheißen, und gefragt, wenn sie denn einmal die Kinderschuhe -ausziehen werde, und jetzt -- vom Brautkranz! -- sollte unterdessen -etwa der wilde Mensch, der Amerikaner -- aber der war ja seit heute -Mittag nicht von seinem Verdeck gekommen, der saß ja bestimmt noch in -seinem Korbe. Nein, das war nicht möglich! - -Es sollte mich, fuhr die Mutter freundlich fort: nichts glücklicher -machen, als wenn ich noch die Seligkeit haben sollte, Dich vor meinem -Hinscheiden, an der Seite eines recht wackern Mannes zu sehen. - -Dem Mädchen verging der Athem. Das Gesicht brannte ihm, wie Feuer! -Der Dreimaster, das Kreuz, die drohende Mutter, das Sterbegewand, -der englische Kutter, der Grabstein, alles wirrte sich ihr in dem -Augenblick vor die Seele; sie wollte sich zum Scherz zwingen, und der -Mutter versichern, daß es mit dem Brautkranz noch lange Zeit habe, aber --- kein Wort konnte sie über die Lippen bringen. Hatte der Mensch mit -dem braunen Lockenkopfe und den veilchenblauen Augen -- denn keinen -andern konnte die Mutter meinen, weil kein anderer auf der ganzen Welt -in ihrem jungfräulichen, vor wenigen Minuten noch fest verschlossenen -Herzen lebte -- hatte der vielleicht durch einen Dritten -- nein aber -so rasend konnte er, wenn sie ihm auch, nach seinem Benehmen, alle -Tollheiten zutrauen mußte, doch nicht seyn. - -Schenkt mir der liebe Herr Gott, setzte die Mutter ernster werdend -hinzu: meine Gesundheit wieder, und fristet er mir mein Leben, so -gehört es zu dessen einziger Glückseligkeit, daß ich Dich in der Nähe -behalte. Mütter, die das Liebste ihres Herzens, ihre Kinder, aus dem -Hause in die weite Welt ziehen sehen, büßen mehr denn die Hälfte ihres -ganzen Lebensglücks unwiederbringlich ein. Du bist jetzt in den Jahren, -meine herzensliebe Hulda, daß Du meine Freundin seyn kannst; hier, das -weißt Du, mein Kind, ist niemand, dem diese Stelle zu Theil ward. Die -Männer gehören dem Getriebe der Geschäfte, der halben Welt; und meine -Sophie, meine treue Schwester, haben sie zweitausend Meilen weit von -mir weggeführt. Die wußte -- sie sprach leiser, ihre Stimme ward weich -und stille Thränen traten ihr in das lebensmüde Auge -- die wußte -alles; meinen Kummer und meinen Schmerz; auch meine Freuden wußte sie; -ihr Gatte führte sie mit sich aus meinen Armen über das Weltmeer, und -so habe ich seitdem zwanzig lange Jahre allein gestanden, bis Du jetzt -heranwuchsest, um mir den Rest meiner Tage durch Deine Freundschaft, -Deine Liebe zu versüßen, und mir die Augen, wenn sie im Tode sich -brechen, zum ewigen Schlummer zu schließen. Nicht wahr mein einziges, -mein süßes Kind, Du gehst nicht von mir? - -Nein mein Mütterchen, rief Hulda tief bewegt, und dachte in diesem -Augenblicke an nichts, als an die heilige Pflicht, die der Vater -dessen, der die Kindlein zu sich kommen ließ, um sie zu segnen, in die -fromme Brust jedes guten Menschen gelegt hat. Sie wollte noch etwas -sagen, aber die Mutter unterbrach sie mitten in der Rede. - -Der Vater, hob sie an, und es war, als verhalte sie die Miene des -Verdrusses mit Mühe: der Vater gab Dir heute den Auftrag, Dich nach -dem jungen Fremden -- sie hielt inne, und legte die Hand krampfhaft -zuckend, sich auf die Augen -- nach dem jungen Fremden zu erkundigen. -Thue das nicht, Hulda, Männer sind in dergleichen Fällen leichter, -unzarter; Du aber wirst fühlen, daß sich das nicht schickt; der alte -Director, Du kennst ihn, und besonders die Linsing’schen Mädchen -- sie -machte ein Gesicht, als seyen ihr letztere unbeschreiblich zuwider -- -bestimmt dächten diese, Du fragtest aus ganz besonderen Ursachen nach -dem -- nach dem Menschen. - -Der armen Hulda flog ein geheimes Zittern durch alle Glieder, als -die Mutter des Klettervirtuosen auf dem Rösterwerk gedachte; um nur -davon abzukommen, und um -- sie konnte aus dem Gesichte der Mutter -nicht recht klug werden; es mußte ihr jemand von dem Unbekannten etwas -gesagt haben, und um also zu erfahren, wer etwa mit der Mutter sprach, -fragte sie, nach der Versicherung, daß sie, auch ohne die freundliche -Erinnerung der Mutter, die Frage nach dem Fremden, bei Directors -nicht gethan haben würde, querfeldein, ob unterdessen, daß sie im -Garten arbeitete, Jemand bei der Mutter war; diese aber erwiederte -halb lächelnd: kein Mensch, und versicherte, sie habe fast die ganze -Zeit geschlafen, sey vor wenigen Augenblicken erst erwacht und -- sie -betonte das Wort, -- +gleich+ mit dem Gefühle der angenehmsten -Erheiterung. - -Kurz darauf erzählte die Köchinn, welcher Hulda, zum Abendessen, -mehreres heraus gab, wie sie sich vorhin über Maklers Suschen ärgerte; -das kam, fuhr sie, der Schiffssprache wohl kundig, fort: das kam die -Treppe herauf gebraus’t, wie ein fliegender Sturmwind zwischen den -Wendekreisen. Ich bat höflich, die Segel back zu brassen, weil die Frau -Admiralitätsräthinn schlafe; Orkan-Suschen aber blieb beim steifen -Winde, verlangte dringend, mit der Frau Räthinn zu sprechen, that -erschrecklich fröhlich, als habe es, wer weiß, was vor eine glatte -Fahrt, setzte alle Segel bei und mudderte gerades Weges in die Stube. -Aber keine fünf Minuten, so wendete der Schnellsegler durch den Wind, -und fuhr von dannen, woher er kam. - -Hulda stutzte! - -Was war das! die Mutter, sonst die Wahrheit selbst, hatte auf die -Frage, ob Jemand bei ihr war, geantwortet, kein Mensch! und doch war -Suschen -- was konnte das Mädchen bei der Mutter gewollt haben? was -konnte das so dringende Geschäft gewesen seyn? sollte der Mensch -mit dem langen Sehrohr -- der Mutter sonderbare Aeußerung über das -Heirathen, -- aber -- einfältiger Gedanke; so etwas -- wenn auch -Suschen in +seinem+ Auftrage gekommen wäre, so etwas macht sich -doch nicht in solcher Eil, in solcher Hast ab. Zwar -- das Mädchen -konnte ja blos einen Brief von ihm bringen -- doch -- nein, die Liebe -ist unausstehlich! sie macht alles möglich, sie setzt sich über alles -weg; das Allerunwahrscheinlichste wird dem liebenden Glauben zur -unumstößlichen Thatsache. Suschen war ein dummes gutherziges Ding; der -junge Fremde hatte sich, seiner Geschäfte wegen, bei dem Vater, dem -Schiffsmakler gemeldet; das Gespräch war auf dieß und jenes gekommen, -am Ende auch auf den Herrn Admiralitätsrath Splügen, und dessen Jungfer -Tochter; der Herr Fremde hatte -- denn +der+ konnte sich nicht -verstellen, das hatte ihm Hulda nun schon abgemerkt, -- geäußert, daß -er dieser Hulda Splügen gar nicht gram sey, Mamsell Suschen, die sich -nur zu gern in alles mengte, hatte in ihrer lieben Unbefangenheit sich -erboten -- - -Der Vater lachte laut auf, denn, eben von seiner Erholung zu Hause -gekommen, hatte er auf dem Flur der Tochter schon lange zugesehen, die, -in Gedanken verloren, wie eine Bildsäule stand, das Wachslicht dicht -vor das Näschen hielt und, mit beiden Augen starr in das milde Licht -schauend, die Flammengluth nicht ahnete, zu der die ersten Liebesfunken -in der geheimsten Tiefe ihres Innern, binnen wenigen Stunden, -emporgelodert waren. - -Hulda erschrak über die unvermuthete Nähe des Vaters und sein -ironisches Lachen so heftig, daß das Licht auslöschte, und das war auch -recht gut, denn sonst hätte der Vater den Scharlach gewahren müssen, -der sich über das Zaubergesichtchen der liebholden Träumerinn, mit -Blitzesschnelle ergossen hatte. - -Sie ging zurück, das Licht wieder anzuzünden, und als sie es brachte, -war der Vater, der vorhin so fröhlich geschienen hatte, verstimmt und -befangen; er sah den Liebling seines Herzens mit ungewissem Blicke -an, ging im Zimmer auf und ab, gab seiner Frau die Hand, schüttelte -schweigend den Kopf, sagte still vor sich hin, nein, -- nein, und ging -in sein Kabinet. - -Was war dem Vater? fragte Hulda besorglich -- die Mutter aber -entgegnete, nichts, Kind, Du weißt ja, wie die Männer sind. - -Hulda schwieg, aber es ward ihr, sie konnte sich selbst nicht sagen, -warum, bange in der beklommenen Brust, denn ohne Bedeutung war des -Vaters: nein, nein! und der Mutter unterdrückte Verdrüßlichkeit nicht; -und daß sie im Spiele war, lag klar am Tage; der Vater sah sie gar zu -sonderbar an. Am Ende -- ganz gewiß hatte die Mutter den Brief, den ihr -Suschen brachte, und in welchem der da unten im Hafen ihrer erwähnte, -dem Vater mitgetheilt, und dieser zu dem Antrage des Tollkühnen, sein -einziges Kind ihm mit nach Amerika zu geben, -- das vorbedeutende nein, -nein gesagt -- aber das konnte es ja auch nicht seyn! denn der Mutter -schien dieses hingeworfene nein nein, gar nicht recht! -- Je mehr sie -sich alle Umstände zusammensetzte, desto verwirrter ward sie in ihrer -Logik; und sie zagte jetzt dem Abendbrode entgegen, wo sie zwischen den -beiden räthselvollen Aeltern sitzen sollte, ohne zu wissen, woran sie -sey. Sie glaubte, die Mutter werde wegen des Unfalles von heute Mittag, -nicht mit zu Tische gehen, aber, als wolle diese Vater und Tochter -absichtlich mit einander nicht allein lassen, sie behauptete, daß ihr -recht wohl sey, und kam. - -Der Vater -- das war so seine Art, wenn er mit der Mutter eine kleine -vorübergehende Unannehmlichkeit gehabt hatte, -- entfernte sich auf -einige Minuten in sein Kabinet, kam dann mit erzwungener Laune zurück, -gedachte des Vorfalls mit keiner Sylbe weiter, und bemühte sich, das -gute Vernehmen, durch erkünstelte Heiterkeit, möglichst bald wieder -herzustellen; der Vater brachte seinen, in aller Geschwindigkeit -zusammengestoppelten Humor mit zu Tische; wenn er aber, mitten im -Gespräch, Hulda ansah, dann schien dieser es immer, als wenn sein Blick -ihr verstohlen sagen wollte, mein armes Kind, wenn Du doch wüßtest, was -sie mit dir vorhätten. Doch späterhin, als er die Galle, die in ihm -mochte rege werden, mit seinem vortrefflichen Loignon verdünnte, schien -er das Krüppelchen, was ihm das Schicksal, vor dem Traualtare, an sein -Lebensglück gebunden hatte, auf einige Augenblicke wieder vergessen zu -haben; er ward freundlicher, und erzählte von den Begebnissen des Tages -mit seiner gewohnten Lebhaftigkeit und fröhlichen Laune. - -Apropos, begann er unter andern, zu Hulda gewendet: Du brauchst Dich -morgen bei Direktors nach dem jungen Fremden nicht zu erkundigen. Hulda -schlug die Augen auf den Teller nieder, und ärgerte sich über sich -selbst, denn schon dieß einzige Wort jagte ihr eine stechende Röthe -auf die Wangen; die Mutter aber legte Messer und Gabel weg, als vergehe -ihr Essen und Trinken. - -Beides bemerkte der Vater nicht, und berichtete nun, daß der junge -Mann aus Mexiko sey. Ich weiß jetzt alles, fuhr er fort: er ist am -Bord seines eigenen Schiffes, mit einer reichen Ladung von Vanille, -Seide, Balsam und Kakao, aus dem Südseehafen Acapulco in See gegangen, -und will hier Leinwand, als Rückfracht nehmen. Am Isthmus von Panama -hat er weitläufige Kolonien; und aus den undurchdringlichen Wäldern -seiner Heimath, versieht er mit Schiffsbauholz die Häfen von Veracrux -und ganz Nordamerika. Mit den Tschipewäern, den Missuriern und den -Biberindianern oben am Eismeere und mit den Huronen und Algonkinen in -Kanada, hat er einen ausgebreiteten Handel mit Pelzwaaren, und von -Yukatan an der Hondurasbai zieht er jährlich ungeheure Quantitäten -Kampecheholz, mit dem ihr violett färbt, und unsere Aerzte die Ruhr -vertreiben; und an den unerschöpflichen Gold- und Silbergruben seines -Vaterlandes, deren Ausbeute jährlich 23 Millionen Piaster beträgt, -hat er einen namhaften Antheil; seht Kinder, das ist ein Kaufmännchen, -gegen den die Krämer unserer kleinbürgerlichen Seestadt sich alle -verstecken müssen. Das Schiff, mit dem er gekommen ist, heißt, wie Du -Frauchen, Antoinette, und -- - -Der Mutter ward wieder übel und wehe; sie lehnte sich in den Sessel -zurück, wehrte mit der Hand, als wolle sie sagen: nichts mehr, nichts -mehr davon, und verlangte zu Bette. Sie rief zweimal Hulda, dem -Dienstmädchen zu klingeln, aber diese war ja in Acapulco, und sah ihn -mit seiner Vanille und Seide, mit seinem Kakao und Balsam, dort die -Anker lichten, und durchwandelte mit ihm seine Pflanzungen auf der -Erdenge von Panama und hüllte sich in die prächtigsten Pelze, die er -bei den Huronen und Biberindianern so eben erkauft hatte, und nahm sich -vor, von nun an nichts als violett zu tragen, weil aus +seinen+ -Händen die Farbe kam; selbst ein wenig Ruhr hätte sie nicht übel -genommen, denn +er+ war es ja, der ihr das Heilmittel dagegen, aus -dem fernen Welttheil brachte. - -Aber Hulda, Du sollst ja der Babette klingeln; sagte der Vater -verwundert, und sah der Stillverzückten in das starr auf einen Punkt -vor sich hin geheftete Auge. - -Gleich, gleich! entgegnete das Mädchen, aus seinen seligen Träumen -schnell auffahrend, eilte, statt zur Klingelschnur am Sopha, auf den -Flur hinaus, und zog an der Thürklingel, daß alle Domestiken zusammen -kamen und, in der Meinung, ein Fremder läute den rasenden Sturm, von -Ferne schon riefen: nun, nun, nur sachte, wir sind ja nicht taub. - -Hulda aber war über das laut schellende Gebimmel der dummen Glocke, -die, einmal so heftig in Bewegung gesetzt, nicht wieder schweigen -wollte, längst wieder zu sich gekommen, und flüchtete, um dem Gefrage -der Aeltern und der Leute, die sie alle für halb verrückt ansehen -mußten, aus dem Wege zu gehen, in den Garten. - -Nein, sagte sie zu sich selbst, das muß anders werden; das taugt -nicht. Bei Gott, ich finge an, selbst an meinem Verstande zu zweifeln, -wenn das länger so fortgehen sollte. Er muß heraus aus dem Kopfe -und aus -- sie wollte hinzusetzen, und aus dem Herzen, aber in dem -Augenblick ertönte ein mit ungemeiner Zartheit geblasener Flötenaccord; -schmeichelnde Nachtlüftchen trugen ihn ihr zum lauschenden Ohr, und -säuselten ihr zu: das ist von ihm. - -Sie stand wie angewurzelt -- - -Das ist von ihm? fragte sie lächelnd, und horchte mit stockendem Athem -nach den lieblichen Lauten, die ihr zum Herzen sprachen! aber sie waren -im Dunkel der sie umgebenden Stille verhallt; sie hörte nichts weiter. - -Albernes Ding, sprach sie, sich selbst verweisend, von ihm -- als ob es -nicht tausend Andere im Hafen und in den benachbarten Gärten, und am -Gestade des Meeres, auch seyn könnten. Die Flöte blasen mehr ehrliche -Leute -- Nur noch einmal möchte sie es hören, und sie wollte dann -bestimmt wissen, wo der Vogel sitze. - -Am Ende saß er oben, auf dem Balkon des Gartenhauses, wo sie vorhin -gesessen; dort oben regte sich wahrhaftig etwas, und die Balkonthüre -öffnete sich langsam. Aber, um Gotteswillen, wie hier heraufgekommen? --- doch -- der Kletterkatze, die vorhin von dem Schiffe zur Schlupe an -dem Baumtau hinab gerutscht, und von da, auf demselben halsbrechenden -Wege, wieder hinauf gekommen war, mit einer Sicherheit, als sey das -schwankende Tau eine breite Prachttreppe mit eisernen Geländern -- was -war +der+ nicht möglich? Es bewegte sich oben wieder. -- - -Etwas war da -- - -Hinaufgehen und nachsehen? -- - -Um keinen Preis! War er es, was mußte er von ihr denken! -- War es ein -Dritter, so setzte sie sich der Gefahr aus, einen Todesschreck davon zu -tragen. -- Die Leute aus dem Hause rufen? -- wenn er es nun war, -- die -Geschichte wäre ja morgen in der ganzen Stadt bekannt geworden! -- War -es gar nichts, hatte sie sich getäuscht, so mußten die Leute, die sie -vorhin erst hatten Sturm läuten sehen, und fest von ihr aufgefordert -wurden, etwas zu suchen, was gar nicht da war, in allem Ernste glauben, -sie sey zum Tollhause reif, und ein Dritter -- konnte in dem leeren -Gartenhause nicht viel nehmen. - -Sie stand, unverwandten Blickes auf den Balkon gerichtet. Das -Auge, jetzt mehr an die Dunkelheit gewöhnt, erkannte endlich in -dem Verdächtigen, den unschuldigen Orangeriebaum; und die daneben -befindlichen großen Levkoibüsche bewegten sich, wenn sie wirklich -vielleicht ein wenig auf und ab geschwankt hatten, vom Windzuge -berührt, der aus der halb offen gelassenen Balkonthür kommen mochte. - -Es zog sie unwiderstehlich auf den Balkon; sie mußte ja die Thür -zumachen. - -Im Hinaufgehen -- es war, als hörte sie die Flöte wieder. Sie eilte auf -den Balkon! - -Millionen Sterne flimmerten am schwarzen Himmelszelte; am fernen -Gestade rauschte das Meer in sanfter Brandung; im Hafen aber schlief -alles; nur die kupferne Lampe im Nachthause, wo der Steuercompaß steht, -brannte auf jedem Schiffe, und hier und da war noch ein Lichtchen in -den Kajüten sichtbar. Auch den Bord der Antoinette schien der Gott des -Schlafes geentert zu haben, denn es rührte sich da unten kein Mäuschen. -Aber -- jetzt ertönte die himmlische Flöte noch einmal. Es klang, wie -das Locken der Liebe, in dem der Sprosser zu seinem Nachtigallweibchen -spricht; so sehnsüchtig und so schmelzend; erst bittender Scherz, -in kurzen, rund abgebrochenen Sätzen, dann lange, lange Töne gezogen -durch die Gluth der zärtlichsten Leidenschaft, und immer stärker und -stärker werdend, und hoch hinausgehend über das Reich alles Irdischen, -und endlich, zum Zeichen des Glaubens an freundliche Erhörung der -schüchternen Bitte, ein sich bald in kräftige Volltöne, bald in ein -süßes, hinsterbendes Pianissimo auflösender Doppeltriller. - -Allerliebst, allerliebst, sagte Hulda leise, und holte jetzt erst -wieder Athem, denn sie hatte ihn in der überseligen Brust verhalten, -so lange die süßen Laute zu ihr sprachen, um von der Sphärenmusik -nichts zu verlieren. Sie kamen ja doch vom Deck der Antoinette herauf; -sie sah, so viel die Sternenhelle es gestattete, ganz deutlich da -unten, auf der Tasche[6] des Schiffes, nach ihrer Seite zu, etwas -sich bewegen, und aus dem wehmüthigen spanischen Liedchen, das die -Flöte spielte, zog Hulda die Ueberzeugung, daß sie sich nicht irrte. -Der Mexikaner mußte ja ein spanisches Lied blasen! Ihr kam es recht -eigentlich spanisch vor. Konsuls Alwine besaß bei einem vollständigen -Musikalien-Vorrath aller National-Melodien, dasselbe Lied, und hatte es -früher schon zwanzigmal wohl gesungen, aber so klang es nie. - -Man konnte aber auch nichts weicheres, nichts rührenderes hören, als -diese Melodie aus dieser Brust. Es war, als wollte der junge hübsche -Mensch da unten, seine ganze Seele aushauchen, so deutlich sprach das -Instrument den süßen Schmerz seines liebekranken Herzens aus. Vorhin so -läppisch, und jetzt so sanft, so leidend, so schmachtend. - -Was für ein kurioser Mensch muß das seyn, dachte Hulda bei sich selbst, -heimlich lachend, und fragte nach einer Weile, durch seine süße Klage -weich geworden, halb leise herab: warum so traurig mein Freund? und die -milden Sterne am dunkeln Himmelszelte, spiegelten sich in den Perlen, -die ihr an den seidenen Wimpern hingen. Das Wasser war ihr in die Augen -gekommen, sie wußte selbst nicht wie. Sie hätte zerfließen mögen in nie -gekannte Lust und Freude. Seine zarte Klage that ihr unaussprechlich -wohl; sie verstand jeden Hauch seiner Lippen; sie verriethen ihr, -durch das heimliche Dunkel der Nacht, die frischblutende Wunde, die ihr -Liebreiz dem Schwärmer schlug, das süße Wehe, in dem der glückliche -Dulder schier zu vergehen glaubte, und die Südgluth seiner Leidenschaft. - -Aber vom Meere herüber zog jetzt der Wind schärfer, durchreifte -die warme Sommernacht mit eisigen Schauern und mahnte Hulda an das -Nachhausegehen. Sie warf -- es sah es ja niemand, als der liebe Herr -Gott, der die ungeheure Gewalt der Liebe in die Brust des Menschen -gesenkt hat, und dieser deutete es gewiß nicht übel, -- sie warf, -zum Danke für das hübsche Abendständchen, einen recht herzlichen Kuß -herab, und sagte kaum hörbar, gute Nacht, mein lieber, lieber Freund, -gute Nacht, und eilte in das Haus zurück; noch im Gehen warf sie -einen scheuen Blick in die Himmelsgegend, wo sie, heute Abend, die -sonderbaren Figuren und Gestalten sah; aber der Grabstein und das -Kreuz, und das Drohbild der zürnenden Mutter, hatten die schwarzen -Nachtwolken längst mit undurchdringlichem Schleier verhüllt. - -Reiße, mitleidiges Schicksal, den Vorhang vor den Schrecknissen der -Zukunft nicht zu früh von einander; laß den armen Menschen ihren Wahn, -daß sie geboren sind, um immer glücklich zu seyn. - -Hulda hatte sich gefreut, von ihm zu träumen, aber damit war es dießmal -nichts; sie träumte wohl, doch nicht von ihm. Tante Sophie sandte ihr -von Lima aus, schwarzen Krepp zu einem Ballkleide, und einen Schmuck -von böhmischen Glasperlen, und schrieb ihr einen solchen launigen, -verwirrten Brief dazu, daß sie, als sie am Morgen erwachte, noch -darüber lachen mußte. Sie erzählte der Mutter davon, diese lachte mit, -und sagte mit sonderbarer Betonung, schwarzer Krepp von daher, hat -eine recht eigene Bedeutung; Hulda wollte fragen, welche, aber die -Mutter fuhr, des Ballkleides Erwähnung eingedenk, gleich fort, von -Huldas heutigem Anzuge zu sprechen, und meinte, daß, wie sie hörte, bei -Directors sehr große Gesellschaft seyn werde, und äußerte daher den -Wunsch, daß Hulda heute vorzüglich elegant erscheinen möge. - -Diese schien dazu keine rechte Lust zu haben, denn Er war ja doch nicht -dort, und Anderen gefallen zu wollen, kam ihr nicht im entferntesten -in den Sinn; indessen um der Mutter den Willen zu thun, schmückte sie -sich mit dem Beßten ihrer geschmackvollen Garderobe. - -Sie war verstimmt und konnte den ganzen Tag platterdings ihren Frohsinn -nicht wieder finden. Zweimal war sie auf dem Balkon gewesen; verkaufte -er an seiner mitgebrachten Ladung, oder lief er nach der Leinwand zur -Rückfracht herum, oder hatte er eine Andere gefunden, die ihm -- als -schnitt ihr Jemand mit scharfschneidigem Stahle das Herz mitten von -einander, so zuckte sie bei dem Gedanken zusammen -- sie krampfte die -Hand in einander, und sah mit recht bösem Blick hinab auf das Deck -der Antoinette; aber er war nicht da; zum vierten Male, kurz zuvor, -ehe sie zu Directors fuhr, bestieg sie noch einmal den Balkon; sie -mußte sich da noch einen recht schönen Orangenzweig holen, und all -die hundert Orangerie-Bäume im Garten unten, blühten nicht so schön, -als der auf dem Balkon. Wie ein Engel vom Himmel gekommen, sah das -bildschöne Mädchen in ihrem blendendweißen Prachtgewande, auf dem, in -luftiger Höhe kühn schwebenden Balkon aus. Von den Verdecken aller -Schiffe im Hafen, sahen sie nach der himmlischen Gestalt herauf, und -in den Sprachen aller Völker der Erde, ertönte einstimmig das Urtheil, -daß das ein wunderhübsches Kind sey; aber Er -- Er war immer noch -nicht da. Abscheulicher Mexikaner, rief sie im drohenden Scherz leise -hinab: wo steckst Du? In dem Augenblick kommandirte eine Stimme auf der -Antoinette, spanisch: ~Saldat a la banda~, (fallt auf’s Fallreep) -und die Matrosen ließen die Fallreepstreppe an der Steuerbordseite -hinab, und der alte Doctor Brehme stieg am Bord. - -Er ist krank, sagte sie mit gebrochener Stimme: und er hat keine, die -ihn pflegt, und ich bin böse auf ihn gewesen, daß er nicht da war, und -er ist doch so unschuldig. Ich, ich bin die Ursache seiner Krankheit, -denn bestimmt hat er sich gestern Abend, da draußen auf der Galerie, in -dem kalten Meeres-Thau erkältet, und nun kann ich ihm meine Sorgfalt, -meine herzliche Theilnahme mit nichts, mit gar nichts beweisen. Gott, -wenn es nur nicht gefährlich ist -- der Tante schwarzes Kreppkleid aus -Lima! -- da habe ich ja die schreckliche Lösung des Traumes, über den -ich und die Mutter heute früh noch lachten. - -Aber hier sind Sie? unterbrach ihr Selbstgespräch die athemlose -Köchinn: die vierrädrige Barkasse liegt vor der Thür schon länger denn -eine halbe Stunde. Der Steuermann vorn auf dem Bratspill klatscht, zum -Zeichen, daß er da sey, mit seinem Steuerruderchen, daß alle Leute -auf der Straße stehen bleiben; er hat schon, Gott weiß wie lange, die -Pitsjahrs-Flagge am Vortop aufgehießt,[7] und ich kann Sie nirgends -finden. Wollen Sie nicht Extraliegegeld zahlen, so kommen Sie ja gleich. - -Sie mußte fort, in die widrige Gesellschaft, in der sie keine Freude -finden konnte. - -Das ist kein Ballgesicht, sagte die Mutter, als sie kam, um sich bei -dieser zu verabschieden: was fehlt dir Kind? Du hast ja nasse Augen, -Mädchen? - -Nichts, mein Mütterchen, man hat so seine Tage, entgegnete Hulda -lächelnd: ich bliebe heute viel lieber zu Hause; die Mutter aber -meinte, wenn sie nicht krank sey, so müsse sie sich dergleichen -Mißlaunen nicht so hingeben; sie werde sich bestimmt recht wohl -dort befinden, und da viel Fremde eingeladen wären, gewiß manche -interessante Bekanntschaften machen. Dein Englisch, setzte sie -mütterlich wohlwollend hinzu: mußt Du noch viel mehr üben; wenn Du mit -jungen Britten sprichst, bist Du immer etwas befangen; hast Du daher -Gelegenheit, heute englisch zu sprechen, so versäume sie nicht; das ist -so gut, als hättest Du beim Lehrmeister zwei Stunden. - -Desto geläufiger geht es jetzt mit dem Spanischen, entgegnete Hulda -selbstzufrieden, und dachte im Stillen, daß sie mit dem jungen -Mexikaner sich gewiß recht gut verständigen wollte, wenn sie ihn nur -einmal spräche; die Mutter aber erwiederte scharf, daß +die+ -Sprache ihr eigentlich ganz überflüssig, und der Unterricht darin, -gleich vom Anbeginn an, ihrem Willen ganz entgegen gewesen sey; -sie empfahl ihr, beim Tanze sich recht in Acht zu nehmen, wünschte -ihr recht viel Vergnügen, und freute sich, morgen früh von ihr -umständlichen Bericht über das Fest zu vernehmen. - -Der Wirrkopf mit den blauen Augen krank in der Kajüte, und sie auf dem -Balle! Ein recht widriger Kontrast! Sie nahm sich vor, keinen Schritt -zu tanzen, und recht zeitig nach Hause zu fahren; vielleicht war es -doch noch möglich, heute Abend, auf seinem Verdeck, von ihm etwas zu -erspähen, und wenn es auch nur das Licht in seiner Kajüte sey. In dem -Augenblick, als sie in das Vorzimmer des Gesellschaftsaales trat, holte -sie der Doktor Brehme ein, der ebenfalls als Gast hier erschien. Sie -waren, fragte sie, vom Zufall überrascht: eben am Bord der Antoinette -im Hafen; haben Sie dort einen Kranken? Sie erschrak, als sie die Frage -glücklich heraus hatte, aber so gestellt, konnte der Doctor ja ihren -Grund unmöglich bemerken; doch die Antwort blieb ihr der Gefragte -schuldig; denn die Flügel der Saalthüre öffneten sich, und sie mußte -eintreten. - -Sie verneigte sich mit holder Anmuth gegen den großen glänzenden -Halbkreis der geschmückten Versammlung, und ein halbleiser Beifallslaut -in der ganzen Gesellschaft, sprach das stille Entzücken aus, mit dem -die Erscheinung der Liebreizenden alle Anwesenden überrascht hatte. -Schönheit, Unschuld und Jugend, diesen drei Grazien wird überall -die zarteste Huldigung zu Theil. Aber zauberischer als heute, hatten -auch des Mädchens älteste Bekanntinnen es nie gesehen. Hulda schaute -mit schüchterner Befangenheit im Zirkel umher, um die Frau vom Hause -herauszufinden, da traf ihr Blick auf den jungen Mexikaner. Der Wirth -des Hause wisperte ihm in das Ohr: das ist unser Admiralschiff, das -schönste Mädchen der Stadt, und der junge Fremde erwiederte freundlich -lächelnd: ich streiche die Flagge.[8] Der Director näherte sich dem -holden Mädchen, um es zu bewillkommen, führte es seiner Gattinn zu, -fragte nach dem Befinden der Mutter, und betheuerte mit schönen Worten, -daß Hulda immer liebenswürdig sey, aber heute müßte Adonis selbst ihre -Toilette gemacht haben, denn reizvoller sey sie nie gewesen. Europa, -setzte er scherzend hinzu: Europa nicht allein, liegt Ihnen zu Füßen; -die fernsten Welttheile bringen Ihnen sogar ihre Huldigungen dar. - -Der glatte Freund aller schönen Mädchen und Frauen, ein deckenhoher -Spiegel, vor dem sie eben stand, und auf den sie verstohlen einen -halben Seitenblick warf, flüsterte ihrer kleinen Eitelkeit zu, daß sie -heute recht hübsch sey, und des Mexikaners seemännisches Kompliment -vom Streichen der Flagge, hatte ihrem Ohre wohlgefällig geschmeichelt. -Der junge Mann schien das Deutsche recht gut zu sprechen. Schade! --- sie hätte sich lieber spanisch mit ihm unterhalten; die andern -hätten dann ihr Gespräch nicht verstanden, und ihm, meinte sie, wäre -es gewiß angenehm auffallend gewesen, hier ein Mädchen zu finden, das -seine Muttersprache verstehe. Sie war, wie wohl jedes anspruchlose -Mädchen, mit einer Art von Beklommenheit, in den großen eleganten -Kreis getreten, aber jetzt, -- war es der Beifall, den sie in jedem -Auge gelesen, oder das, was der Herr vom Hause, der Director, von den -Huldigungen der fernen Welttheile gesagt, oder was da drüben der junge -hübsche Mensch mit den dunkelblauen Augen, vom Flaggen hatte fallen -lassen, kurz sie fühlte, daß sie hier das Admiralschiff führe. Aber so -kühn sie auch jetzt in See stach, so konnte sie doch ihr Auge nicht -zu ihm selbst wenden; das Herz klopfte ihr unter dem Blumenstrauß am -Busen, daß alle Blätterchen zitterten. - -Maklers Suschen war auch da. Hulda ging auf sie zu, um über ihren -gestrigen Sturmbesuch, von ihr näheren Aufschluß zu erhalten, diese -aber stellte der Neugierigen den neben ihr stehenden Herrn vor, und -fragte heimlich lachend, ob sie ihn nicht mehr kenne? - -Ein linkischer, dürrer langer Stock, mit hängenden Knieen; mit, bis -über die klapperbeinigen Waden, herabhängenden endlosen Rockschößen -und, dem ganzen, allem Geschmack und allem Anstande Hohn sprechenden -Aeußern nach, ein forcirter Engländer; das Auge grau und matt; das -durch die enge Halsbinde roth geschnürte Gesicht mit Blüthchen und -Schwären bedeckt, und in jedem Zuge Spuren eines Londoner Wüstlings, -der nur in den ~Passages of Leicester, Fitzroy Square, Straffort -Street~, und ähnlichen Orten, seinen Freuden nachgejagt, und nichts, -als Langeweile und Lebensüberdruß aus jener Nebelinsel mitgebracht -hatte. Er redete Hulda englisch an, und versicherte, daß er das -Deutsche während der sechs Jahre seiner Abwesenheit fast ganz vergessen -habe, und Hulda erkannte in ihm, Suschens Bruder, Kasperchen, einen -sonst gewaltig dummen Jungen, den die ganze Stadt ehedem hänselte, -und der, als Deutschlands männliche Jugend das Schwerdt ergriff, um -Napoleons Tyrannenketten zu zerhauen, sich aus angeborner Abneigung -gegen das Kriegsleben, nach London verkrümelte, um dort die Sache -in Ruhe abzuwarten. Mit dem Vermögen und dem Kredit seines Vaters, -eines sehr wohlhabenden Mannes, führte ihm der Zufall einen jungen -mittellosen, aber höchst speculativen Engländer zu, der sich mit ihm -verband, und ihm, in der goldnen Zeit der brittischen Alleinherrschaft -auf allen Meeren, sehr große Reichthümer erwarb, und jetzt war -Kasperchen, nachdem die dummen Teufel, seine wackern Jugendbekannten, -Arm und Beine, Blut und Leben verloren hatten, mit fast einer Million -Thalern, auf dem gestrigen Kutter, nach Hause gekommen, weil in der -einfältigen Friedenszeit, drüben auf der Krämer-Insel, nichts Rechtes -mehr zu verdienen war. Das Alles erzählte Kasperchen der überraschten -Hulda englisch, und lag dabei mit dem lüsternen Blick seiner verlebten -Augen, so starr auf des wunderlieblichen Kindes frischen Liebesreizen, -daß diesem vor den Faunenblicken des achtundzwanzigjährigen Greises, -angst und bange ward, und sie mit heimlichem Grauen sich von ihm -wandte, denn es war ihr in seiner Nähe, als stände sie in einem -Dunstkreise von allerlei schmorenden Giften. - -Die junge Welt rüstete sich zum Tanze, und Suschen fragte den Bruder, -ob er nicht Hulda auffordern wolle; dieser meinte aber, in London tanze -ein junger Mann von feinem Geschmack gar nicht; man stelle sich, den -Hut in der Hand, unter die Zuschauer und spiele ein Bischen Moquirens, -das wäre ein göttliches Vergnügen, und ergötze im geistreichen Cirkel -viel mehr, als die albernen Hopsasas, bei denen die Tänzer mehr Schweiß -vergössen, als das ganze Fest des einfältigen Wirthes gewöhnlich werth -sey. - -Suschen lachte beifällig, und fragte Hulda, ob der Bruder sich -in den paar Jahren nicht sehr zu seinem Vortheil geändert habe. -Außerordentlich, erwiederte diese, von kaltem Schauder überreift, und -dankte ihrem Schöpfer, als der Director kam, und sie durch das Gesuch, -mit ihm den Ball zu eröffnen, der Fortsetzung dieser Unterhaltung -überhob. - -Die Flügelthüren des hocherleuchteten Ballsaales flogen auf. -Eine herrliche Polonaise mit Trompeten und Pauken, begrüßte die -Eintretenden, an deren Spitze die engelschöne Hulda, an der Hand -des gastlichen Wirthes voranschwebte. Sie tanzte mit hinreißender -Anmuth, aber ihr war es, als hätte sie Blei in allen Gelenken, denn -der Mexikaner -- warum hatte sie aber auch hingesehen! doch, nur -vorbeigestreift war ihr Blick, ach nur so halb vorbei geflogen -- er -tanzte mit Gustchen, der Tochter vom Hause, und war, einen Augenblick -nur von ihr in einer Tour abgekommen, so verwirrt geworden, daß er alle -Gissing[9] verlor, einen wahren Wan-Cours in lauter loxodromischen -Linien[10] steuerte, und, wie ohne Compaß, verweht und verschlagen, im -Saale herumirrte, bis sein Convoi, Directors Gustchen, ihn wieder in -die Colonne bugsirte. - -Der kühne Mensch, der die halbe Welt umsegelt, der mehr denn zwanzigmal -den dringendsten Gefahren des Lebens die Brust muthig gewiesen, und -wenn alles um ihn herum zu verzagen angefangen, den Kopf allein oben -behalten hatte -- jetzt -- ein einziger Blick von diesem zauberholden -Mädchen -- und er war in den Grund gebohrt. Ohne es selbst zu wissen, -legte er seine Rechte, so oft er sie in der Polonaise frei bekam, auf -das Herz, als ras’ten in diesem alle zwei und dreißig Compaß-Striche -vom Boreas bis zum Mesocircius gegen einander. - -Ihr Schiff hat einen Leck gesprungen, sagte Gustchen lachend, darf ich -mit einem gespickten Bonnet[11] aufwarten, oder am Ende ist wohl gar -ein Pfröpfchen nöthig?[12] - -Seyn Sie ein mitleidiger Lotsen, erwiederte der junge Mexikaner -bittend: und bringen Sie mich in die Docke[13]; Sie kennen das -Fahrwasser hier, und die Untiefen und Bänke; meine Anker und Taue sind -klar[14] und meine Pässe in beßter Ordnung. - -Ich verstehe, mein Freund, entgegnete Gustchen schalkhaft: behalten Sie -aber nur die freundlich leuchtende Blüse da vorn an der Spitze unserer -Polonaisenzunge, hübsch im Auge, und Sie werden alle Bänke und Klippen -glücklich umfahren. - -Während dieses sinnigen Zwiesprachs, in dem Gustchen, Hulda’s innern -Werth, des breiteren auseinandersetzte, fragte diese der Vater, was -sie denn zu dem englisirten Casperchen gesagt habe, und zog über den -unausstehlichen Gast waidlich her; nein, fuhr er fort und tanzte neben -der Horchenden plaudernd weiter: nein, da lobe ich mir den jungen -Mexikaner; das ist ein flottes Kerlchen; wie eine Tanne gewachsen, -Licht im Kopfe, Gesundheit auf den Wangen, Kraft im Arme, und Courage -in der Brust. Im vierzehnten Jahre schon hat er als Cadett bei der -Marine gedient, und zwei Seegefechte mitgemacht; Huldchen, das will -was sagen; so eine Geschichte ist wahrhaftig nicht spaßhaft; ringsum -Tod, und nirgends Rettung -- erlauben Sie! mein Sopha ist mir lieber; -so viel Haare der Mensch auch auf den Zähnen hat, aber davon spricht -er doch mit allem Respekt. Vom Despensero[15] hat er sich nach und -nach bis zum Teniente[16] hinauf geschwungen, und nach dem Frieden als -Capitain seinen Abschied genommen; seitdem hat er den Geschäften seines -früher schon verstorbenen Vaters sich selbst unterzogen und, Huldchen, -die gehen in das Ganze; solcher Schiffe, als er hier im Hafen liegen -hat, besitzt er netto ein Dutzend, und was kosten die, und was bringen -die ein! Huldchen, der Mensch scheint zum Anker gehen zu wollen, wird --- er tippte ihr schelmisch-lächelnd auf das Herz -- wird hier der -Flügel[17] wohl Grund fassen? - -Herr Direktor, entgegnete Hulda, im dunkelsten Purpur erglühend, und -haschte mit Hast nach einem andern Gegenstande des Gesprächs: wir -tanzen jetzt vor, und sollen nicht plaudern. - -Lassen Sie, Huldchen, entgegnete der Tänzer mit gutmüthigem Spötteln: -die andern kommen schon nach, ich weiß, was ich weiß; umsonst klettert -so ein seefüßiges[18] Eichhörnchen nicht auf den Mars, umsonst bläs’t -der blöde Schäfer nicht stundenlang die zartesten Lieder seiner Leiden, -auf der schmachtenden Flöte; umsonst legt er sich am hellen lichten -Tage nicht auf die Astronomie! Huldchen erlauben Sie mir aber nun auch -bei Ihnen ein kleines Lothchen zu werfen.[19] - -Unsere Polonaise nimmt kein Ende, sagte Hulda, -- halb todt vor -Schrecken, daß der Direktor, Gott weiß woher, des Mexikaners gestrige -Faseleien kannte, als hätte er sie selbst mit angesehen, -- wir werden -aufhören müssen. - -Gleich, erwiederte der Direktor: sobald Sie mir gesagt haben, wie es -mit Ihrem Ankergrunde aussieht; und sollten wir bis morgen früh hier -herum polonisiren, eher lasse ich Sie nicht los. - -Fürchten Sie, auf scharfen[20] oder auf Wellgrund[21] zu stoßen? fragte -Hulda lächelnd, und verbeugte sich, um den Tanz zu beendigen und dem -weitern Examen zu entgehen; da folgten denn die übrigen Tanzenden dem -Signale des Schlusses, und Gustchen kam als treuer Lotse, und führte -den blanken See-Capitain durch das Gewirre der aufgelös’ten Tanzpaare, -und stellte ihn der Lieblichen vor, mit der Bemerkung, daß er gekommen, -um sie um den nächsten Walzer zu bitten. - -Der Capitain hatte unterdessen wieder Besinnung und Ruhe gewonnen; -er näherte sich der Königinn des Balles zwar Anfangs mit einiger -Schüchternheit, die ihm jedoch recht gut ließ, aber nach und nach ward -er unbefangener; er nannte Hulda seine schöne Nachbarinn, und machte -ihr im Scherz Vorwürfe über die Härte, mit der sie ihre armen Blumen -auf dem Balkon habe bisher verschmachten lassen. Gestern, meinte er, -hätten sie von ihrer stiefmütterlichen Milde die ersten Tröpfchen -Wasser endlich einmal bekommen, und so viel er von Weitem erkenne, -wären doch Blumen darunter, die täglich wollten begossen seyn. Die -schöne Zeit ihrer Blüthe, setzte er mit einem halb unterdrückten -Seufzer hinzu: dauert ja ohnehin nur einige Wochen noch; dann sind sie -vergangen, und dann ruft sie die herzlichste Pflege nicht wieder in das -Leben zurück. - -Hulda -- kein Mensch in der Welt hatte sie die Spitzbuben Sprache der -Liebe gelehrt, aber, so sind die allerdurchtriebensten Spitzbuben -unter der Sonne, die Mädchen, wenn es die Linguistik des Herzens gilt; -Schlauköpfchen Hulda verstand jedes Wort. - -Nach ihrer Grammaire übersetzte sie sich die sinnige Rede des -jungen Capitains, den sie jetzt in der Nähe noch viel tausendmal -liebenswürdiger fand, und dessen schönes, reines Deutsch ihrem Ohr -unbeschreiblich wohlklingend lautete, also: Seit ich im Hafen liege, -bist Du ein einziges Mal nur auf Deinem Balkon sichtbar gewesen. Ich -sehne mich nach Dir, wie deine Blumen nach frischem Wasser; in Kurzem -lichte ich die Anker. Sey barmherzig, und schenke mir bis dahin die -Freude, Dich zu sehen, täglich. - -Es entspann sich von da ab, das Gespräch immer lebendiger, beide -waren bald wie vertraute Bekannte; in dem ganzen Wesen des jungen -Seemannes lag so etwas herzliches, offenes, biederes, und Hulda, das -reizende Himmelskind, ward so ungebunden, und entfaltete ihren tiefen -Werth mit solcher Anmuth, und gab sich ihm so natürlich hin, daß der -Handelsgerichts-Direktor, der Beide von Ferne bemerkte, zu Gustchen und -deren Bräutigam sagte: Kinder, die da drüben segeln vor dem Winde[22], -das Schiffchen lüstert auf’s Steuer, wie ein Häring[23]. - -Je mehr der Ueberglückliche das Mädchen ansah, desto bestimmter -überzeugte er sich, dieses Gesicht schon irgendwo im Leben gesehen -zu haben, nur war es, wie ihm dünkte, blässer, und vielleicht etwas -weniger schön gewesen. Er sann und sann, aber das war ja nicht möglich. -Es war dieß der erste europäische Hafen, den er besuchte, und Hulda war -keine zehn Meilen über die Küste des Meeres hinaus gekommen. - -Endlich -- ja, jetzt hatte er es. Ein musterhaft gearbeitetes -Miniatur-Bild mit goldenem Reif -- bei seinem verstorbenen Vater hatte -er es einmal -- doch eben begann der muntere Walzer. - -Brust an Brust, Auge im Auge, die Arme süß verschlungen, drehte das -bildschöne Paar, im getäfelten spiegelglatten Saale lustig auf und -ab, daß die rasche Musik kaum Athem hatte, den beiden sausenden -Wirbelwinden zu folgen. Wie eine Luft-Säule um ihre Achse mit -Schnelligkeit sich dreht, und dabei immer weiter und weiter von dannen -braus’t, wie der gewaltsame Küsel[24] auf des Meeres Spiegelfläche, -so luftig und leicht flogen sie, eng in einander verschränkt, dahin, -und entzückten, durch ihre zauberische Anmuth, den ganzen Saal. Selbst -Caspar, der bei einem Ausfluge nach Paris, Anatole und die Bigottini, -den gewandten Hoguet und die vierte Grazie, die liebliche Lemiere, -und in London die Milanie und Lupino gesehen hatte, und alles, was -nicht von daher war, gern herabwürdigte, gerieth über die Federkraft -dieses Zephyrpaares in eine solche Exstase, daß er, von der haardünnen -Scheitel bis zu den schlotternden Knieen, ein hüpfendes Zucken im -ganzen Leibe verspürte, und jetzt gern mitgetanzt hätte, wenn die -kranken Röhren seiner schwachen Gebeine solches zu leisten nur irgend -im Stande gewesen wären. - -Er trat, als der Walzer endete, näher zu Hulda, und wollte ihr etwas -Schönes sagen, aber es war ihr, als überflöge sie ein eisiger Reif, -so kalt wurden ihr Stirn und Wange, Hals und Busen, in der Nähe des -englischen Narren. Den Capitain ignorirte er, das war, meinte er, -brittische Sitte; wollte der Mensch Bekanntschaft mit ihm machen, so -konnte er ihn anreden; aber dazu schien der Mexikaner nicht viel Lust -zu haben. Hulda hatte Casperchen stehen lassen, ein Gleiches that der -Capitain; diese suchte dafür Hulda auf, und setzte sich auf den neben -ihr befindlichen Sessel. - -Die deutschen Engländer sind mir in den Tod zuwider, sagte Hulda: der -Mensch ist bei uns geboren und erzogen, ein Paar Jahre nur in London -gewesen, und thut nun, als ob er von seiner lieben Muttersprache kein -Wort mehr kennte. - -Unsere Eskimo’s, hob der Capitain lachend an, sehen nicht viel -besser aus; ziehen sie dem Patron einen grönländischen Frack von -Seehundsfellen an, so haben Sie in dem olivenfarbenen Gesichte mit dem -starren, dünnen kohlenschwarzen Haar, einen Grand von Labrador, wie er -leibt und lebt. - -Hulda erschrack über das hingeworfene Gleichniß des Scherzenden; denn -sie gedachte des Eskimo’s am gestrigen Abendhimmel, dem Casperchen, bei -näherer Betrachtung, wie ein Ei dem andern glich. Der Capitain aber, -der jetzt Hulda in tiefem Sinnen bemerkt hatte, sprang auf, und rief: -sie ist es wahrhaftig selbst; -- nur bleibt mir ewig unbegreiflich, wie -das Bild -- - -Kolonne, Kolonne, ertönte es im Saale; man trat zur Ecossaise an, und -Hulda ward ihm von einem Dritten entführt. - -Er sah ihr nach, und in seinem schmachtenden Blicke lag das Uebermaß -seines Entzückens, das Mädchen gefunden zu haben, das von der frühesten -Jugend ab, in jenem ferneren Welttheile, sein Herz so wunderbar -beschäftigt, und den ersten Träumen seiner Schwärmerei, wie ein -zauberisches Ideal vorgeschwebt hatte. - -Gustchen, Bräutchen, Schutzgeist, rief er, als diese zufällig eben -bei ihm vorüberging, seiner nicht mehr mächtig: seyn Sie meine -Vermittlerinn. - -Gustchen stutzte freundlich, und sah ihm staunend in das Gesicht. - -Sie sind Braut, fuhr er fort: Sie verstehen mich daher, Sie müssen, -Sie werden mich verstehen. Sagen Sie dem Götterkinde mit den großen -brennenden Augen da drüben, daß es mich zum Glücklichsten aller -Glücklichen machen kann. Der Orizava bei uns, hat zwanzig Jahre lang -Feuer gespieen, aber er ist gegen die Glut, die mir hier in der Brust -lodert, ein wahrer Bärenberg[25] auf der Iwan-Maien-Insel. - -Gustchen wehete sich, das Lachen verhaltend, Kühlung mit dem -Taschentuche zu. - -Sprechen Sie mit dem Engelskinde, sagte der Capitain ängstlich bittend -und nahm Gustchens Hand zwischen die seinen: ohne Hulda kann ich nicht -zurück; ich bin ihr fremd, und in den Paar Tagen meines Hierseyns kann -sie mich nicht kennen lernen, nicht liebgewinnen; aber -- ach Gott, -wenn ich mich ihr nur so recht -- ich weiß selber nicht, wie ich sagen -soll; so ist mir in meinem Leben nicht gewesen; ich möchte, daß sie -durch mich durchsehen könnte, sie würde keinen Schattenfleck in mir -finden; ich bin rein und klar, und was ihr Herz nur wünschte, will ich -ihr gewähren. Auf den Händen will ich sie tragen, sie soll ein Leben -haben, wie im Himmel. Gustchen, liebes englisches Gustchen, sprechen -Sie mit ihr, aber heute noch; morgen ist dann unsere Verbindung, und -- - -Warum nicht lieber heute gleich? fiel ihm Gustchen, dem die -entsetzliche Eile höchst komisch vorkam, in das Wort. - -Mir auch recht, fuhr er ernsthaft und dringend fort: auch heute noch. -Meine Ladung ist gelöscht, mein Schiff hat die Rückfracht eingenommen, -ich kann morgen fort -- mit ihr, mit ihr in See. - -Aber, mein Himmel, fragte Gustchen, und schüttelte über den -unaufhaltsamen Ehelustigen den Kopf: warum denn das alles so rasch? - -Ich kann, ich darf nicht warten, entgegnete der Capitain: ich gehe -von hier nach Vera Cruz, verweile ich hier zu lange, so komme ich im -März hin -- und Kind, dann wirthschaften dort unter dem brennenden -Himmel der Tropen-Länder, die Nordwestwinde so fürchterlich, daß das -auftobende Meer oft hoch über Stadtmauer schlägt -- dann ginge meine -Antoinette mit Mann und Maus zu Grunde -- und ach Gott, meine Hulda, -mein liebes, niedliches Herzensmäuschen -- ich gäbe mich ja selbst -jenseits nicht zufrieden, wenn diese durch mein Zaudern hier, dort im -Angesichte des +Cofers von Perote+ und der Gebirge von +Villa -Ricca+ ihr Blüthenleben in der Tiefe des Meeres endete. Gustchen, -seyn Sie christlich. Sprechen Sie für mich. Im Tempel des Mondes, -der auf dem Hügel von +Toatihuacan+ noch aus den Zeiten der -+Olmeken+ dicht vor Mexico prangt, lasse ich, zum ewigen Danke, -Ihren Namen in Gold graben. - -Liebster Capitain, erwiederte Gustchen und legte sorglich die Hand auf -seine Stirn: haben Sie Pulk[26] am Bord ihrer Fregatte? - -Berauscht bin ich, Gustchen, versetzte Alonso: aber nur von der Liebe, -und dieser selige Rausch soll nicht eher verfliegen, als bis die -Granitwände des Hafens +Acapulco+ zu Staub zermürmelt sind. - -Aber lieber Freund, erwiederte Gustchen, mit herzlicher Theilnahme: -Ihre Liebe, verzeihen Sie meiner Offenheit, aber sie kommt mir vor, wie -die +Nortes de Hueso colorado+, in ihrem Meerbusen, von denen Sie -uns heute Mittag erzählten. - -Ein Windstoß -- ein rasender Windstoß nur sollte meine Liebe seyn? -fragte Alonso laut lachend. Mein Kind, lesen Sie +Halley+, und -+d’Alembert+, +Bernoulli+ und +de Luc+; die werden Ihnen -von den +beständigen+ Ostwinden zwischen den Wendekreisen ein -Mehreres erzählen; zu +der+ Sorte, Engel, gehört meine Liebe. - -Also immer doch Wind, und Wind und Wind, fiel ihm Gustchen bedenklich -in das Wort. - -Der Wind ist mein Element, Gustchen, sagte Alonso entschuldigend: er -führte mich hierher und mit seiner Hülfe werde ich meine himmlische -Hulda, die glänzendste aller Prisen, glücklich aufbringen. - -Haben Sie denn schon den Marquebrief dazu, mein Herr Capitain, fragte -scherzend Gustchen: ohne diesen, nehmen Sie sich in Acht, unsere -See-Gesetze sind streng, ohne diesen sehen wir Sie als Räuber an. - -Sie sollen mir den Marquebrief ausfertigen, Gustchen, Sie, entgegnete -Alonso, und schien die Idee zu haben, daß sie die Sache gleich in’s -Werk setzen sollte; aber Gustchen fragte, was er wohl glaube, daß -Hulda von ihm denken werde, wenn er nach der ersten Unterhaltung von -wenigen Minuten ihr, ohne sie im mindesten näher zu kennen, seine Hand -antrage, und von ihr verlangen wolle, sich hierüber gleich stehenden -Fußes zu erklären. Vater und Mutter auf immer und ewig zu verlassen, -setzte Gustchen hinzu: und einem Manne, mit dem man keine tausend Worte -gewechselt, den man kaum sechszig Minuten gesehen hat, zwei tausend -Meilen weit zu folgen, und ihm die ganze Lebenszeit zu gehören, Freund -Capitain, ist diese Idee kein Windstoß? und dann, Sie selbst, Sie -wissen ja vom Mädchen nichts, als daß es hübsch ist. Von seinem frommen -Wandel, von der Reinheit seiner Sitte, von seiner Häuslichkeit, von -seinen Kenntnissen und Fähigkeiten, von seinem fröhlichen, heiteren -Sinn, von seiner himmlischen Herzensgüte, wissen Sie noch kein Wort! -Lernen Sie dieses seltene Wesen, mit seinem rein kindlichen Gemüth, -mit seinem Zartgefühl, im ganzen Umfange seines Werthes erst kennen, -recht genau kennen, ergründen Sie in der Tiefe dieser schönen Seele, -die in ihrer Lage wahrhaft heilige Gabe, zwischen Vater und Mutter, -die ewig kalt neben einander durch das Leben gehen, die versöhnende -Vermittlerinn zu seyn; betrachten Sie die namenlose Liebe, mit der -jedes der unter sich heimlich verfeindeten Eltern, an diesem ihnen, im -eigentlichen Sinne des Worts, von Gott gesandten Kinde hängt, und wie -es jedem derselben, das, durch ihre sonderbare gegenseitige Stellung -freudenleere Leben, durch die zarteste Pflichterfüllung, durch die -anständigste Beseitigung aller Veranlassungen zu Mißhelligkeiten, und -durch Scherz und Frohsinn zu versüßen weiß, und Sie werden es lieben -müssen. - -Aber da soll doch mein großes Raa-Segel, mit allen Bolten, Schoten, -Halsen und Nockbindseln, wie mitten von einander reißen! Gott verzeih -mir die schwere Sünde, aber ich liebe das Mädchen ja schon bis zum -Rasendwerden. Gustchen, wenn Sie das noch nicht weg haben, so ist ihr -Peil-Compaß keinen Schuß Pulver werth. Sie reden vom Kennenlernen; -als ob ich das Himmelskind nicht schon durch und durch kennte; alle -Menschen, die ich hier spreche, sagen, was Sie sagen; überall höre ich -nichts als Gutes -- und ach, schon in Mexico -- ich war, glaube ich, -noch nicht einmal wohlbestallter Seecadet -- betete ich dieses Ideal -schon an, mit einer Gluth, mit einer -- - -In Mexiko? fragte Gustchen gespannter und war nahe daran, ihn für -wenigstens halb wahnsinnig zu erklären. - -Sagen Sie, hob er über etwas tief brütend an: hat sich Hulda je mahlen --- doch das ist ja wieder nicht möglich; ich sah das Bild vor länger -denn zehn Jahren, und da war Hulda ja noch ein Kind. - -Wahrhaftig, ich glaube, Sie reden irre, hob Gustchen scherzend an: was -denn vor ein Bild? - -Hat Hulda, versetzte Alonso, im Sinnen und Nachdenken ganz verloren: -irgend eine ältere Person ihrer Familie, etwa die Mutter oder eine -Verwandte, der sie ähnlich, aber sehr ähnlich sieht? - -Der Mutter, entgegnete Gustchen, den Sinn der sonderbaren Frage nicht -verstehend: gleicht sie zum Sprechen, nur daß diese natürlich 20-22 -Jahre älter ist und durch beständiges Kränkeln -- - -Zum Sprechen? fiel er ihr hastig in das Wort; ist die Mutter hier? - -Die finden Sie in keiner Gesellschaft; seit dem ersten Augenblicke -ihres Hierseyns ist, wie die Eltern mir oft erzählt haben, die Kirche -der einzige Ort gewesen, den sie besucht; sie scheint mit der Welt -zerfallen zu seyn, und meidet alle Menschen. Außer alten Maklers, die -zu den Stillen im Lande gehören, geht sie mit keiner Seele um. - -Seit dem ersten Augenblicke ihres Hierseyns sagen Sie, fuhr Alonso in -großer Spannung fort: ist die Mutter nicht von hier? - -Nein, erwiederte Gustchen, und konnte nicht begreifen, was der -Großinquisitor mit allen diesen umständlichen Fragen wollte: sie ist, -wenn ich nicht irre, aus Frankfurt am Main. - -Alonso fuhr bei dem Worte, wie vom Blitz getroffen auf. Merkwürdig, -rief er und legte sich die Hand vor die Augen, als starre er vor dem -verworrenen Gewebe der menschlichen Schicksale, zu dem er den Faden -fand, erschrocken zurück: aus Frankfurt am Main? Gustchen, wäre ich -Intendant von Mexico, für diese Nachricht beliehe ich Sie auf ewige -Zeiten mit den Silbergängen von +Guanaxuato+, +Zacatacas+ und -+Tasco+. - -Gustchen hielt lachend die Hand hin, um den Muthschein auf diese -unermeßlichen Gruben in Empfang zu nehmen, aber Alonso eilte fort, ging -in eines der entlegensten Zimmer, das eine Alabaster-Lampe mit ihrem -traulichen Halbdunkel beleuchtete, warf sich dann auf das Sopha, und -verlor sich in die Erinnerung seiner Jugend, und in die Pläne seiner -Zukunft. Die Stille des Kabinets that ihm unendlich wohl, und das -Rauschen der fernen Tanzmusik wiegte ihn in die süßesten Träume. - -Nach länger denn einer Stunde fand ihn Gustchen, das mit dem Bräutigam -jetzt kam, um ihn aufzusuchen. - -Ist das, hob die Muthwillige an: auf Ihren mexikanischen Bällen Mode, -daß die jungen Herren, statt fröhlich zu tanzen und guter Dinge zu -seyn, -- sie wollte weiter reden, aber da fiel ihr Blick in seine -nassen Augen, die durch zerdrückte Thränen die sanfte Bitte thaten, -seiner nicht zu spotten. - -Was ist Ihnen, Freund? fragte Woldemar, der Bräutigam, mit milder Rede: -Auguste hat mir mitgetheilt, was Sie ihr vertraut; seyn Sie offen gegen -uns, wir meinen es ehrlich und gut; was ist Ihnen? - -Nichts, nichts, entgegnete Alonso wehmüthig lächelnd: ich dachte nur an -meinen Vater! wenn der noch lebte, und ich führte ihm Hulda als Tochter -zu -- ich kenne kein seligeres Glück. Laßt, ich bitte Euch Kinder, -laßt Euch durch das sonderbare Gefühl, was mich überrascht hat, in -Eurer Freude nicht stören. Auf der ganzen Erde, in Eurer alten und in -meiner neuen Welt, habe ich Niemand, der die entsetzliche Leere füllt, -die mir das Herz so weit und so öde macht; ich habe mich in Arbeit -und Geschäfte gestürzt, und meinte, darüber das himmlische Sehnen -zu vergessen, was mit süßem Schmerze die Brust mir zerquält. Aber -an all dem Gelde, womit Fleiß und Ordnung sich bei uns so reichlich -belohnt sehen, konnte ich keine Freude haben; es fehlte mir immer -und immer, was ich zu nennen nicht vermochte, da sah ich Euch Beide, -vom trauten Familienkreise umschlossen, täglich im Arme bräutlicher -Liebe, hörte von Euren Lippen Euer Glück preisen, las in Euern Augen -Euer neidenswerthes Loos, und wußte nun, was mir gefehlt hatte. Hulda --- Ihr kennt ja die Scham der Liebe; sie kann und mag die Geschichte -ihres Geheimnisses nicht verrathen; ich weiß auch selbst nicht mehr, -wie das Alles kam; aber wie ich sie das Erstemal sah -- mein Vater, -ich war noch Kind, als er starb, aber jene Stunde, die letzte seines -Lebens, werde ich nie vergessen -- der ließ sich von Manuel, seinem -treuen Sclaven, aus dem Wand-Schränkchen, wozu er Schlüssel unterm -Kopfkissen hervorholte, ein Miniaturgemälde bringen -- ich sehe es noch -vor mir; ein schön gestalteter Frauenkopf; vor allem fiel mir die -Lockenpracht des dunkelen Haares auf; accurat so hatte mein Vater einen -Onyx, auf dem sich eine herrliche Camee der Julia, der Tochter des -Kaisers August befand; mit kindischer Neugierde fragte ich ihn, ob das -die Kaisertochter Julia sey; aber, als ich das schwarze brennende Auge -sah, und die Purpurlippen und das Lächeln in den Mundwinkeln, da meinte -ich, es sey wohl meine selige Mutter, denn so hatte Manuel mir sie oft -beschrieben, der sie gesehen, als sie mit dem Vater eben aus Europa -gekommen war. - -Sie sollte es seyn, entgegnete mein Vater, und betrachtete das Bild -lange mit thränenschwerem Auge, und drückte es an seine, in leisen -Todesschauern zuckenden Lippen. Seitdem habe ich das Bild nie wieder -gesehen, ich weiß auch nicht, wohin es nach dem Tode des Vaters kam, -aber die sanften Züge dieses himmlischen Gesichts, waren mir geblieben; -allmählich war die Idee an die wunderschöne Kaisertochter und an die -Mutter, aus meiner Seele geschwunden, und an beider Stelle ein Wesen -mir vor die Phantasie getreten, das meine Heilige ward. Ich sah es in -meinen Träumen, ich liebte es als meinen Schutzgeist, bis ich nach und -nach älter ward, und dieß Nebelbild meiner jugendlichen Schwärmereien -allmählich aus dem Gedächtnisse verlor. Aber als ich hier Hulda das -erste Mal sah, das schwarzbraune Haar in Flechten und Locken wie die -Camee der römischen Kaisertochter; die seelenvollen großen Augen unter -den schön geschweiften Bogen; die würzigen Lippen; den Carmin auf der -pfirsichsammetnen Wange, den zartgeformten Hals; die volle, in frommer -Keuschheit ruhig wogende Schwanenbrust, und über das alles den Geist -der höchsten Anmuth, den Himmelsglanz der reinsten Unschuld, den -unnennbaren Zauber der süßesten Liebe, da hatte ich meinen Schutzgeist, -die Heilige meiner Jugend wiedergefunden. Sie oder keine! hat mein Herz -laut gesprochen. Jetzt wißt Ihr, meine Freunde, wie es mit mir steht! -helft mir, mein Glück mit erringen. Ohne Hulda kann ich nicht leben. - -Der Bräutigam schloß Alonso herzlich an seine Brust, und stimmte in -Gustchens Versicherung ein, daß, so viel sie wüßten, Hulda’s Herz -noch frei sey, und -- doch sie trat mit Emma, Gustchens Schwester, -eben selbst in das Kabinet. Beide Mädchen hatten das Brautpaar in -allen Zimmern gesucht, und Hulda war nicht wenig überrascht, dasselbe -in tiefem und wie es schien, in recht ernstem Gespräch mit Alonso -verloren, hier zu finden. - -Wir sprechen von Ihnen, hob Alonso an und erfaßte ihre Hand, und machte -ein so feierliches Gesicht dazu, daß Gustchen angst und bange wurde, -denn sie meinte, er würde gleich auf dem Fleck um Hulda förmlich -anhalten. Bei Unterhaltungen dieser Art war, nach ihrer Ansicht, jeder -Zeuge lästig; sie entfernte sich also mit ihrem Bräutigam und Emma -heimlich, und Alonso wußte dieß ihr Dank, denn er mußte seinem Herzen -Luft machen, und Hulda sagen, wie unendlich er sie liebe. - -Hulda hörte ihm mit stillem Wohlgefallen zu; er sprach mit sanfter, -ernster Rede, wie es dem Manne ziemt, wenn er das heilige Geheimniß -seines Herzens dem Mädchen gesteht, das er sich zur Lebensgefährtinn -erkohr. Sie wußte selbst nicht, wie ihr geschah; sie hörte das -Geständniß seiner Liebe mit einer Fassung, als wäre sie darauf -vorbereitet. -- Sie war es ja auch wirklich; sein Benehmen, seine -Blicke hatten ihr ja längst gesagt, was jetzt seine Lippen mit so -reizender Schüchternheit wiederholten. Er setzte ihr mit der Offenheit, -die er ihr als rechtlicher Mann schuldig war, die Lage seiner Umstände -aus einander, und aus seinen schlichten Aeußerungen über diesen Punkt, -der ihr, einzig und allein um der Eltern willen, der Berücksichtigung -nicht unwerth zu seyn schien, konnte sie wohl abnehmen, daß Alonso, in -seinem Vaterlande, in welchem Personen von zehn und zwölf Millionen -Piastern[27] nichts Seltenes sind, nicht der Aermste war, und einen -ganz vorzüglichen Werth legte sie auf den Schluß seines Antrages, in -welchem er sich erbot, seinen Wohnsitz, wenn es ihr in Mexico nicht -gefallen sollte, künftig nach Europa, an jeden ihr beliebigen Ort -verlegen zu wollen. An ihrer Seite, meine Hulda, setzte er herzlich -und mit unbeschreiblicher Zartheit hinzu: werde ich in den milden -Bambuswäldern von Loxa, wie in den wüsten Steppen des goldreichen -Choco, in den ewig sanften Frühlingsländern von Xaleppa und Tasco, wie -zwischen den grauenhaften todtenstillen Eiswänden auf Smeerenborg an -der Spitze des Nordpols, glücklich und zufrieden leben; Sie schaffen -mir in der neuen, wie in der alten Welt, mein Paradies, und eben -so wenig, als der Vulkan von Masaya, dessen goldige Flammensäule, -beständig und immer, zwanzig Meilen weit in das Land leuchtet, seines -Feuerstrahls je beraubt werden wird, eben so wenig wird die Gluth -meiner Liebe je verl -- - -Herr Kapitain, unterbrach ihn Hulda mädchenhaft züchtig, und schlug den -Zauberblick ihrer zärtlichen Augen, in welchen das Entzücken der Liebe -lächelte, vor dem lodernden Liebesvulkan zur Erde nieder: Sie sehen -mich heute zum ersten Mal; diese Raschheit -- ich weiß nicht -- - -Entschuldigen Sie diese, hob Alonso bittend an, und legte ihre Hand auf -sein stürmisch bewegtes Herz: mit der heißen Zone meines Geburtlandes; -dort, wo die Ananas und der Pisang, das Zuckerrohr und die Fächerpalme, -die Sie hier nur mit Glasfenstern und Oefen treiben, wild wachsen, wo -alle, auch hier heimische Früchte, saftreicher und frischer gedeihen, -wo manches, wie z. B. die Mimosen, die Sie hier im Blumentopfe als -ärmliches Pflänzchen ziehen, mannhohes Buschwerk ist, wo die Tannen, -wie z. B. auf dem Olymp in Neugeorgien, eine Höhe von dreihundert -Fuß erreichen, dort sind auch die Menschen anders; ihre Leidenschaft -ist glühender, ihr Handeln rascher, ihr Wirken kräftiger. Langes -Zaudern, wie es das Ceremonielle der europäischen Sitte verlangen -mag, verstattet mir meine Lage nicht. Schlagen Sie ein, meine einzige -Hulda; mein Herz ist gediegen und schlackenfrei, wie das Gold im -Berge +Ilimani+,[28] krystallrein meine Seele, gesund und frisch -mein Blut; Gott sey mein Zeuge, daß ich Keine liebe, als nur Sie; die -allererste Liebe, Hulda, Himmelskind, sind Sie, und neben Ihnen kann -ich Keine denken. - -Er umschlang das wunderschöne Mädchen, das in süßer Verwirrung sich -vergaß und, ohne es zu wissen, das schmachtende Auge zu ihm aufhob, -und ihm, mit beredtem Blicke, seine Gegenliebe schweigend gestand; da -zog der Ueberglückliche die Heißgeliebte enger an die, in Freude und -Seligkeit überströmende Brust, und die stummen Lippen näherten sich -einander zum feierlichen Verlobung-K -- - -Aber Kinder, rief der Bräutigam, und klatschte lachend in die Hände, -daß Beide auseinander prallten: der ganze Ball fragt nach dem Herrn -Mexicaner und nach Ihnen, meine Hulda, und unterdessen steht Ihr hier, -am fernsten Ende des Hauses, und raspelt mit einander Süßholz! Ja, wenn -man heut zu Tage das junge Volk nur eine Minute aus den Augen läßt! -Geben Sie mir den Arm, Hulda, und Sie, Capitain, folgen in einer Weile -nach. - -Hulda ging willenlos, und ihrer selbst sich unbewußt, neben dem -Bräutigam her, denn sie war in diesem Augenblick mehr in Neuspanien, -als auf dem Balle; Alonso aber stand eine lange Weile noch, in -lautloser Verzückung in dem Cabinet, faltete die Hände hoch in die Luft -hinaus, und rief endlich, als hätte es ihm bis dahin an Athem gefehlt: -Hulda! Dein! mit treuer Liebe bis zum Tode, Dein. - -Hulda hatte unterdessen zur Francaise antreten müssen; aber mit dem -Tanzen ging es heute platterdings nicht; sie machte nichts als lauter -Unordnung im ganzen Quarree, denn er stand ja da in dem Fensterbogen -des Saales, mit verschränkten Armen, und starrte bald nach ihr herüber, -bald sah er durch die schwitzenden Scheiben hinauf zu den Sternen. -Droben waren Vater und Mutter. Beide hatte er kaum recht gekannt, aber -es war ihm, als müsse er heute mit ihnen sprechen, ihnen sein Glück -erzählen, und Sie um ihren Segen bitten. - -Ein bildschöner Abend, sagte Hafencapitains Lina, die schon lange -die Gelegenheit abgepaßt hatte, mit dem crösusreichen Capitain, -das Gespräch anzuknüpfen, näherte sich ihm mit einer leichten -Verbeugung, warf das Auge in den flimmernden Sternenhimmel, streifte -auf dem Rückwege auf die arme Erdenwelt, mit ihren Blicken an dem -reizenden Fremdling vorüber, und drückte die dürre Brust aus dem -kaffeegelben brabanter Kantenbesatz ihres heidnisch zusammengeschnürten -Ballleibchens möglichst heraus. - -Bildschön, bildschön! entgegnete er, noch in tiefen Gedanken, und -beantwortete ihre entgegenkommende Verbeugung mit einem kurzen -Bückling. - -Bei Ihnen zu Hause, fuhr sie fort, und fand den jungen Piaster-Adonis, -den sie bisher immer nur von ferne gesehen hatte, im Geheimen ganz -unaussprechlich liebenswürdig: ist es dort jetzt Tag oder Nacht? - -Stockfinster, stockfinster, antwortete Alonso, ohne zu wissen, was er -sprach, denn er hatte in die Sterne am Himmel, und in die der Augen -seines Engels drüben in der Francaise gesehen, und sie hatten ihm -freundlich geleuchtet. - -Des Hafencapitains eitles Töchterchen vermeinte, in seiner -Kurzsylbigkeit ein stummes Zeichen seiner Huldigung zu finden; ihr -Liebesreiz hatte den blöden Schäfer befangen gemacht, er hatte vor -Entzücken die Sprache verloren; ich habe mir, hob sie, um das Gespräch -weiter zu führen, und nach und nach die unsichtbaren Fesseln zu lösen, -in die ihn ihr zartes Entgegenkommen geschlagen hatte, traulich an: ich -habe mir dort alle Menschen schwarz gedacht; indessen -- - -Pechschwarz, pechschwarz! fiel er ihr in das Wort, und ging aus dem -Fenster, als triebe ihn die Unleidliche von dannen; sie aber sah ihm -zärtlich lächelnd nach; zehnmal wiederholte sie sich sein bildschön, -stockfinster, und pechschwarz; mehr, als die drei Worte hatte sie von -ihm nicht gehört; aber sie hallten in ihrem girrenden Taubenherzen -wieder, als hätte sie ein Seraph zu ihr gesprochen. - -Allen ihren Bekanntinnen erzählte sie, was der Mexikaner für ein ganz -allerliebster Mensch sey; ihr guter Geist müsse ihr gerathen haben, die -Francaise nicht mit zu tanzen; sie habe unterdessen eine Unterhaltung -mit dem Manne gehabt, die ihr tausendmal lieber gewesen sey, als -zehn Cottillons und alle Francaisen der Welt. Hulda, deren Tanz eben -beendigt war, stand in der Nähe und hörte jedes Wort. - -Ein Glück war, setzte Lina mit recht feiner Koketterie hinzu: daß uns -Niemand behorchte, denn der Mensch hat die Gabe, einem so niedliche -Schmeicheleien zu sagen, daß man wahrhaftig recht bescheiden seyn muß, -um nicht ein Bischen sehr eitel zu werden. - -Was sprach er denn von pechschwarz? fragte des reichen Rheders -goldgelockte Tochter Alma, die in ihrem Quarree, dem Fenster zunächst -gestanden hatte. - -Was mußt Du für Oehrchen haben, erwiederte Lina mit sichtbarer Freude, -von ihm länger reden zu können. Wir sprachen von den Mexikanerinnen; er -lobte ihr schwarzes, seidenes Haar, aber solch pechrabenschwarzes, wie -das meine, betheuerte er, in ganz Südamerika nicht gefunden zu haben; -er bestand darauf, daß ich ihm eine Locke mitgeben sollte, -- da kann -der gute Freund aber lange warten. - -Nun, und was war denn das mit dem stockfinster, fragte Alma weiter -und die umstehenden Mädchen stießen sich heimlich mit den Elnbogen -und ergötzten sich an des einfältigen Dinges ihnen längst bekanntem -unerträglichem Dünkel; Hulda aber fühlte, wie die bitterste Galle sich -auf die Frühlingssaat ihrer Liebe ergoß, und die frischen Keime alle, -wie Mehlthau, vergiftete. - -Nein, auch das hast Du gehört, sagte staunend Lina, und lachte: ei, -das war nichts, als dummes verrücktes Zeug; ich lobte nämlich die -Beleuchtung des Saals, und sagte, bei ihm, unterm Aequator könnte es in -der Mittagsstunde nicht heller seyn; da meinte er aber, und legte die -Hand sich auf das Herz, ihm sey alles stockfinster gewesen, bis ich in -den Saal getreten; da habe ich ihm aber gut darauf gedient. Ich sage -Euch, er kann einem Dinge weiß machen, man traut seinen eigenen Ohren -nicht mehr. Aber liebste Alma, weiter hast Du doch nichts gehört? - -Von bildschön war noch die Rede, versetzte diese, und wollte weiter -reden, aber Linchen hielt ihr den kleinen Schelmenmund zu, und rief: -nein das ist abscheulich von Dir; aber warte nur, ich will mich bei -Dir auch einmal auf’s Horchen legen, und dann alles ausplaudern, ohne -Schonung. Ich konnte ja nichts dafür, wenn Du Achtung gegeben hast, -so wirst Du gesehen haben, wie er mir auf allen Schritten und Tritten -nachging, und mich wie ein Schatten verfolgte, bis ich da, wo Du -tanztest, an das Fenster kam; da konnte ich vor vier, fünf Herren, die -dort standen, nicht weiter, und fing an zu sprechen, und -- - -Platz da, Platz da! erscholl es im Saale, und ein auf des Sturmwindes -brausenden Flügeln heranwalzendes Paar schob Linchen, des Teufels -Lügenkind, meuchlings auf die Seite, und sprengte das kleine, um sie -versammelte Auditorium aus einander; Hulda wendete sich, sagte, -im ganzen Gesicht kreideweiß und den zerreissendsten Krampf in der -gequälten Brust, halb laut vor sich hin: das ist abscheulich! und stand -vor Alonso, der sie zum Walzer aufforderte. - -Was ist abscheulich, fragte Alonso freundlich, und wollte sich mit ihr -in die Reihe der Tanzpaare stellen; sie aber wand sich aus seinem Arme, -gab eine sie schnell anwandelnde Unpäßlichkeit vor, und eilte in das -nächste Seitenzimmer. - -Alonso folgte ihr, doch sie bat ihn, sie allein zu lassen, so dringend, -daß er, in der Voraussetzung, weiblicher Hülfe zu bedürfen, zu Gustchen -eilte, und diese ersuchte, ihr Beistand zu leisten. - -Gustchen fand sie in Thränen; auf alle Fragen, was ihr fehle, erhielt -die Bereitwillige keine Antwort, und als Gustchen erzählte, mit welcher -Todesangst Alonso sie aufsuchte und wie ängstlich Händeringend er bat, -ihr auf das Schleunigste beizuspringen, erwiederte sie schneidend kurz: -nichts von ihm, ich bitte Dich, um Gotteswillen, nie wieder ein Wort -von ihm; laß mir meinen Wagen holen, ich kann nicht bleiben. - -Aber sage Mädchen, begann Gustchen theilnehmend: was hast Du, was ist -Dir? - -Morgen, erwiederte bittend Hulda, und zitterte am ganzen Körper: morgen -will ich Dir alles erzählen; jetzt nur den Wagen. - -Gustchen schüttelte bedenklich den Kopf; das Mädchen war vorhin, wie -sie kam, leichenbleich gewesen, jetzt brannte ihm dunkele Röthe auf -Stirn, Wange und Brust; es weinte schluchzend, und das Blut jagte ihm -mit solch’ tobendem Rasen durch alle Pulse, daß der Busen fieberhaft -schnell auf- und abwogte. - -Gustchen ging, und Hulda sank auf das Sopha, und gab sich ihrem -Schmerze mit kindischer Schwäche hin. - -Du bist nicht wohl, höre ich, fragte sie Alma, und legte ihr sorglich -die Hand auf die brennende Stirn; Hulda aber that sich Gewalt an, sich -vor ihr zu verbergen, und versicherte, ihr kleiner Unfall habe nicht -viel auf sich, und werde hoffentlich bald vorübergehen; was sagst -Du, hob Alma, um die Leidende ein wenig zu zerstreuen, lachend an: -was sagst Du zu der göttlichen Geschichte mit dem alten Dinge, der -Caroline? sieh, ich stand drei Schritte von ihr, und habe jede Sylbe -gehört; an dem ganzen Auftritte ist doch kein wahres Wort; das Mädchen -kann lügen, wie gedruckt. - -Hulda horchte hoch auf, und Gustchen kam zurück, und berichtete, daß -der Wagen bestellt sey. - -Sie -- fuhr Alma unbefangen fort, und ahnte nicht, welchen heilenden -Balsam sie auf die blutenden Wunden in Hulda’s zerrissenem Herzen -legte: +sie+ kam auf ihn zu! +sie+ drängte sich an ihn heran; -+sie+ knüpfte die Unterhaltung an! und er, Gott weiß, was ihm im -Kopfe stecken mochte, er hörte gar nicht auf sie, er antwortete, ohne -sie anzusehen, kurz und einsylbig, und ließ sie, da sie ihm anfing -unerträglich zu werden, im Fensterbogen stehen. - -Und die Locke? fragte Hulda, wie aus bösem Traume erwachend, und die -Wolkenschleier, die ihren Blick trübten, verschwanden und das Auge -glänzte wieder, wie die Sonne nach schwerem überstandenem Gewitter. - -Der Mensch hat nicht daran gedacht, entgegnete Alma: ich sage Dir -ja, die Caroline hat uns da, in aller Geschwindigkeit, eine Komödie -vorgelogen, an der auch nicht ein einziges -- - -Wieder besser? fragte Alonso zärtlich besorgt und steckte den braunen -Lockenkopf zur Thür herein, und in Hulda’s freundlichem Lächeln lag die -Versicherung ihrer völligen Genesung; sie hatte ihm ungeheuer Unrecht -gethan, und mußte das schon ein Bischen wieder gut machen; sie bot -ihm die zarte weiche Hand, und -- der Mensch ist seiner nicht immer -mächtig -- und drückte seine Rechte zum Dank für seine Theilnahme recht -herzlich; dieser sanfte Druck, so unmerklich er auch seyn mochte, -schlug in das südamerikanische glühende Blut so allmächtig ein, -daß Alonso, überglücklich, Hulda’s Händchen mit leidenschaftlicher -Heftigkeit an seine Lippen zog, und komisch naiv versicherte, daß er -ihrer Unpäßlichkeit noch recht viele kleine Rückfälle wünsche; denn -Krankheiten dieser Symptome machten sie unendlich liebenswürdig. Der -schuldlose Mensch! hätte er nur ihre Krankheit gekannt! - -Der Bediente, der jetzt meldete, daß der Wagen vorgefahren sey, -setzte Hulda in unbeschreibliche Verlegenheit. Gustchen, das Alma’s -Erzählung mit angehört, und sich aus dieser Hulda’s plötzliches -Erkranken sattsam erklärt hatte, that, aus neckender Schadenfreude, -der Gepreßten nicht den Gefallen, ihr zum Bleiben zuzureden. Alma aber, -das schlaue Kind, das sich, die beiden Menschen einander gegenüber, -Hulda’s schnelles Uebelbefinden, die Heilkraft ihrer Erzählung, und -Hulda’s Freundlichkeit gegen Alonso, in der eine förmliche Abbitte -für begangenes schweres Unrecht lag, mit mathematischer Gewißheit aus -einandersetzte, sagte zum Bedienten mit einem launigen Seitenblick auf -Hulda: wir sind jetzt wieder besser, der Wagen kann abbestellt werden. -Gott gebe, setzte die Scharfsichtige, als der Bediente abgetreten war, -hinzu, und sah dabei recht drohend aus: Gott gebe, daß wir auf immer -kurirt sind. - -Gustchen lachte laut auf, und klatschte vor Freude über Alma’s tiefen -Blick in die Hände; Hulda aber sagte, halb böse: das ist nicht hübsch -von Euch; sie legte das erglühende Gesichtchen auf Alma’s Achsel, denn -sie schämte sich vor den beiden Mädchen, denen die Geschichte der -viertelstündigen Krankheit und Genesung das Geheimniß ihrer unendlichen -Liebe, so wie die Gewalt der Eifersucht über ihr armes Herz, verrathen -hatte. - -Mein liebreizendes Mädchen, flisterte ihr Alma, die Purpurwange -streichelnd, heimlich in das Ohr: zieh hin in Frieden, und hüte Dich -vor solchem Krankwerden. Dein Mexikaner ist entsetzlich hübsch, dem -kann kein Mädchen gram seyn; wehrst Du der Eifersucht nicht, so stirbst -Du in den ersten acht Tagen nach der Hochzeit. - -Haben Sie Anfälle der Art schon öfter gehabt? fragte Alonso mit -gutmüthiger Besorglichkeit. Alle drei Mädchen mußten ihm in das Gesicht -lachen, und Alma versicherte, daß dieß der guten Hulda zum ersten -Male in ihrem Leben widerfahren sey; dießmal habe sie die arme Kranke -geheilt, hinsichtlich der Zukunft aber hänge es vorzüglich von ihm ab, -ob sich der Anlaß zu öfteren Rückfällen zeigen werde. - -Aber Alma, rief Hulda verlegen und unwillig, und eilte, um den -Neckereien der beiden heillosen Mädchen zu entkommen, in den Saal; -Alonso, dem dieß alles Hieroglyphen waren, fragte Gustchen scherzend, -ob er verrathen oder verkauft sey, und diese entgegnete ihm mit -schäkerndem Muthwillen: verrathen +und+ verkauft. - -Ein kurzer Trompetenschmetter rief zur langen Tafel. Alonso, dem dieses -europäische Speisesignal fremd war, fragte Alma nach der Bedeutung -desselben, und während ihm diese erklärte, daß der Trompetenschall für -jeden Herrn das Zeichen sey, der Dame, neben der er bei Tafel sitzen -sollte, den Arm zu bieten, und sie in den Speisesaal zu führen, war -Casperchen gekommen, und hatte der erschrockenen Hulda eröffnet, daß -ihm das Glück zu Theil worden sey, für diesen Abend ihr Tischnachbar -zu seyn; Alma, die im Gespräch mit Alonso, davon so wenig, als dieser -selbst bemerkt hatte, ward von einem jungen Herrn abgeholt; Gustchen -flog bereits mit ihrem Bräutigam der Tafel zu, und Alonso, der jetzt -allein im Ballsaale stand, und sich in der süßen Hoffnung, neben Hulda -zu sitzen, nach dieser umsah, bekam vor Unmuth fast eine Ohnmacht, als -Hafen-Capitains unausstehliches Linchen auf ihn zueilte, sich Glück -wünschte, vom umsichtigen Wirth des Hauses, einem so interessanten -Manne, zur Tischnachbarinn bestimmt zu seyn, ihn um seinen Arm bat, und -die Versicherung hinzufügte, daß sie sich über alle Maßen freue, recht -viel von seinem Vaterlande zu hören, daß Neuspanien ihr Lieblingsland, -und es, von ihrer frühesten Jugend an, ihr höchster Wunsch sey, in -jenen herrlichen Gefilden, wo Gold und Silber, wie hier zu Lande die -Feldsteine, umher lägen, das Hüttchen ihres häuslichen Friedens für -immer zu bauen. - -Der häßliche Mischmasch mit den Tischplätzen war von Suschen und -Linchen gekartet worden. Caspar hatte, nach Gustchens Anordnung neben -letzterer, und Alonso, wie sich von selbst verstand, neben Hulda sitzen -sollen. Casperchen aber erklärte seiner Schwester, daß, wenn er nicht -neben Hulda zu sitzen komme, er gleich nach Hause fahre, und Linchen -steckte Suschen, der junge Mexikaner habe sich recht bitterlich bei ihr -beklagt, beim Tische ihre Nachbarschaft einzubüßen, und so hatte denn -Maklers Suschen den Wechsel der Plätze eigenmächtig veranstaltet, und -freute sich, dem Bruder der Freundinn und dem armen Capitain geholfen -zu haben; auch Hulda, meinte sie, werde ihr heimlich Dank wissen, -denn was konnte ihr an dem Amerikaner liegen, der in wenigen Tagen, -vielleicht auf ewig, wieder in See stach, statt daß Casperchen sich -mit seinem in London ihm zugeströmten Gelde hier niederließ, und nach -dem, zwischen den beiden Müttern längst verabredeten, der armen Hulda -aber noch nicht bekannten Plane, dieser ehestens seine Hand zu bieten -bestimmt war. - -Hulda aß, vor Unmuth über den unwillkommenen Nachbar, an dessen Stelle -sie sich einen ganz andern gedacht hatte, keinen Bissen, und sprach -kein Wort. Casperchen erzählte ihr von London, von seinen Geschäften -und von seinem Gelde, lobte ihre schöne, weiße Haut und ihr Fleisch, -und versicherte recht spaßhafter Weise, daß eine Brittinn, mit der -er eine kleine vorübergehende Liebschaft gehabt habe, ihr ähnlich -sehe, wie eine Schwester der andern, ließ nicht undeutlich fallen, -daß er, des Herumschwärmens müde, nunmehr in den Stand der heiligen -Ehe zu treten, nicht übel Willens sey, daß er, wie er sich recht zart -ausdrückte, glaube, seine Hörner abgelaufen zu haben, und nun eine Frau -suche, die sich in der Welt zu zeigen wisse, ihn seinen Gang gehen -lasse, und dabei so hübsch sey, daß sich alle Leute wundern müßten, wie -er zu der schönen Frau kam. - -Hulda hörte von dem unerträglichen Gespräche keine Sylbe; sie sah -links weg; schräg über, weit unten am Ende der fast unabsehbaren -langen Tafel, saß Alonso; er aß und trank, als sollte er von morgen -an, zeitlebens auf der Hungerinsel Kodiak hausen; man sah es ihm an, -er aß und trank nur aus Verdruß. Der zudringlichen Karoline, die -ihn mit tausend Fragen peinigte, antwortete er nur mit Kopfnicken -oder Schütteln, denn sprechen konnte er nicht, weil er beständig -entweder volle Backen, oder das Glas am Munde hatte. So ärgerlich -Hulda auch war, sie mußte doch über ihn lachen; je zärtlicher ihm -Karoline zusetzte, desto größere Bissen steckte er sich in den Mund; -je deutlicher die Ausbrüche ihres Liebesdranges wurden, in desto -längeren Zügen schlürfte er seinen Wein, so daß, als sie alle Register -vergeblich gezogen hatte, und er auf alles nichts, oder höchstens ein -kurzes hm, erwiederte, sie eher neben einem Kannibalen, als neben einem -Neuspanier zu sitzen wähnte. - -Jetzt kam -- der Spaßvogel, der Herr Oberkonstabler hatte die witzige -Gesundheit: - - Es lebe, wer gern trinkt und liebt, - Und seiner Nachbarinn ein Küßchen giebt - -ausgebracht, -- die Reihe an Alonso. Linchen machte die Schalkhafte; -sie breitete die Serviette, wie einen Vorhang, zwischen sich und ihm, -und versteckte sich schäkernd dahinter, den Sturm des liebeglühenden -Amerikaners mit Verlangen erwartend. Alonso aber that, als habe er von -der ganzen Gesundheit keine Sylbe gehört, und als Linchen des längern -Harrens müde, den zärtlichen Schelmenblick über den obern Rand ihres -Keuschheitserviettchens warf, saß er ganz ruhig und bearbeitete die -gutgespickte Brust eines feisten Fasans, mit unendlichem Appetite; die -Umsitzenden lachten laut, und Linchen schmollte mit dem mexikanischen -Klotze, wie sie ihn nun nannte, von Grund des Herzens. - -Gustchen, das am ganz entgegengesetzten Ende der Tafel saß, und in -der Meinung stand, Alonso und Hulda im traulichsten Gespräch zusammen -zu finden, erstaunte, als sie jetzt an des Bräutigams Arm die Runde -machte, um mit den Gästen ihres Vaters ein freundliches Tischwort zu -wechseln, nicht wenig, Freund Alonso hier neben Hafencapitains Linchen, -und drüben schräg über, Hulda neben Casperchen zu finden. Sie fragte -Alonso heimlich, was ihn bewog, seinen Platz, den sie ihm neben Hulda -bestimmte, zu wechseln; dieser aber, da er hörte, daß ihm sein Recht, -durch die Eigenmächtigkeit eines Dritten, gekürzt wurde, sprang auf, -eilte, mit zornfunkelnder Röthe im ganzen Gesichte, zu Casperchen, -tippte ihm so kräftig auf die Achseln, daß dieser noch acht Tage daran -zu fühlen hatte, und ersuchte ihn, augenblicklich aufzustehen, und -ihm Platz zu machen. Hulda zitterte vor Schreck am ganzen Körper, -Casperchen aber sah sich um, affektirte den Unbefangenen, und that, als -verstände er die sonderbare Zumuthung nicht. - -Herr, sagte Alonso, seiner Wuth fast nicht mehr Meister: ich breche -Ihnen hier auf dem Fleck Ihre kranken morschen Knochen in einander, -wenn Sie mir nicht den Augenblick meinen Platz räumen. Zaudern Sie nur -eine Sekunde, so trete ich Ihnen das Lebenslicht mit den Beinen aus. -Er blickte ihm dabei so grimmig in die Augen, und griff ihm in das -mürbe Schulterblatt, auf dem zufällig seine Hand lag, so gräßlich, daß -Casperchen wohl abnahm, wie mit dieser Riesenkraft nicht zu spaßen sey. - -Um kein Aufsehen zu machen! entgegnete Casperchen, und die Lippen -flogen ihm, daß er kaum reden, und die Kniee schlotterten ihm, daß -er kaum gehen konnte; und so schlich er, hinter der Tafel, die ihn -fast laut bespöttelte, zur böslicher Weise verlassenen Lina, die das -erbärmliche Surrogat ihres verlornen Mexikaners kaum eines Blickes -würdigte. - -Was haben Sie gemacht? fragte Hulda den siegreichen Alonso, mit -verhaltenem Unwillen. Die ganze Gesellschaft sieht mit zweideutigem -Blick auf mich; ich sitze wie am Pranger, und morgen bin ich das -Gespräch aller Zirkel in der ganzen Stadt. - -Was ich gemacht habe? erwiederte Alonso, bis zum Muthwillen fröhlich --- mir mein Recht bewahrt, und das ist jedes Ehrenmannes Pflicht. So -lange ich glaubte, daß der Wirth des Hauses mich da hinüber neben die -Schmachtlampe bestimmt hatte, so lange mußte ich, als Gast, seine -getroffene Einrichtung ehren; sobald aber Gustchen mir sagte, daß mir -Unrecht geschah, sobald mußte der Patron, der mir schon vom ersten -Eintritt in die Gesellschaft, wie Brechpulver war, wieder herausgeben, -was er mir raubte; und hätte es mir, oder ihm, auf der Stelle das -Leben kosten sollen, ich wäre nicht gewichen. Der Seelenverkäufer hat -mir eine Stunde gestohlen, die mir mit dem ganzen Lumpenleben dieses -Lurrendrehers[29] nicht ersetzt werden kann -- und was die Stadt -anbelangt, die lassen Sie sprechen, was sie will; sie soll hoffentlich -noch mehr von uns zu erzählen bekommen; glauben Sie, die meisten -Menschen, selbst in den Zirkeln der höheren Stände, die wir für die -geistreichern halten sollen, wüßten oft gar nichts zu reden, wenn sie -nicht über die Leute sprechen dürften. Die Stadt wird uns ordentlich -verbindlich seyn, wenn wir ihr einmal etwas zu reden geben. -- Hulda, -setzte er ernster werdend hinzu: meine einzige, liebe Hulda, reichen -Sie mir Ihre Hand, ich bringe Ihre Gesundheit aus, und die ganze Stadt -weiß alsdann, woran sie ist. -- - -Hulda verging fast vor Todesangst, denn er griff schon zum Glase, und -wollte sich vom Stuhle erheben. - -Stürmisches Ungethüm, sagte sie, und wollte böse seyn, und konnte -doch nicht auf ihn grollen; aber mit Wort und Blick bat sie auf -das dringendste, sie nicht in diese entsetzliche Verlegenheit zu -setzen. Sie haben vorhin Ihrer Eltern erwähnt, fügte sie, mit -niedergeschlagenen Augen hinzu, denn sie fühlte, daß das, was sie sagen -wollte, mehr, als ein halbes Jawort war, aber der Dränger -- preßte er -es ihr nicht durch den kecken Vorsatz ab, ihre und seine Gesundheit, -als Braut und Bräutigam, ausbringen zu wollen? Mußte sie, um ihn davon -abzuhalten, nicht zum letzten Mittel greifen? Sie haben vorhin Ihrer -Eltern erwähnt; was würden die meinigen von Ihnen halten müssen, wenn -Sie hier, ohne ihnen ein Wort gegönnt zu haben -- - -Darf ich kommen? wann? morgen früh? wie viel Uhr? fiel er ihr in die -Rede, und küßte, vor Freude halb unsinnig, ihr die Hand bald wund. - -Aber Alonso, sagte flehentlich die vom ganzen Umkreise mit Lorgnetten -und Brillen Beliebäugelte: die ganze Gesellschaft sieht ja auf uns; wir -sind ja nicht allein! - -Wollte doch Gott, erwiederte er lachend: wir säßen auf den berüchtigten -Inseln zwischen dem Nordcap Tschalaginskoi und Siberien; die sind von -Rhinoceros- und Elephantenknochen zusammen gefroren; auf denen wohnt -kein Mensch; dort sähe uns Niemand! - -Hulda wollte sich dieses paradisische Eldorado verbitten, aber eben -kam Gustchen, und meldete ihr den Wunsch des Vaters, baldigst zu Hause -zu kommen, weil die Mutter wieder recht krank sey. Sie stand daher -eilig auf, bat, vorfahren zu lassen, und hörte, von der unerwarteten -Nachricht erschüttert, nur mit halbem Ohr, Alonso’s Bedauern, daß sie -die Gesellschaft so zeitig verlasse, so wie seine wiederholte Frage, -ob und wann er morgen früh kommen dürfe, und seine kaum gewagte Bitte, -heute Abend noch, oder wenn dieß nicht möglich seyn sollte, wenigstens -morgen ihrer Blumen auf dem Balkon zu gedenken. Er begleitete sie -bis zum Wagen, und schien wohl auf einen Gutenachtkuß im Stillen -gerechnet zu haben, aber, vor dem Kutscher und den zwei Bedienten mit -Windlichtern und Fackeln, hatte der Schüchterne doch nicht den Muth, -sich vielleicht einer abschlägigen Weisung auszusetzen. - -Was sollte er jetzt noch in der Gesellschaft! er flüchtete in seine -stille Kajüte, und blickte, von Zeit zu Zeit, mit der stillen -Sehnsucht glühender Liebe, nach dem Balkon hinauf, aber es ward tiefe -Mitternacht, und Hulda blieb aus. - -Die Kindespflicht fesselte sie an das Bette der leidenden Mutter, die -wieder recht krank gewesen war, jetzt aber ein wenig mehr Ruhe bekam, -und nach einer Weile einschlummerte. - -Der Vater winkte dem Mädchen in das Nebenzimmer. - -Wie ist es gekommen, fragte Hulda ängstlich, daß Mutterchen so -plötzlich wieder erkrankt ist? sie befand sich heute Mittag so wohl! -hätte ich den Rückfall nur ahnen können, ich hätte ja keinen Fuß aus -dem Hause gesetzt; ich mache mir jetzt ordentlich ein Gewissen daraus! - -Wie ist es gekommen, erwiederte der Vater verdrüßlich: Du warst kaum -fort, so ließen sich Maklers melden; ich kann die scheinheiligen -Menschen, die ewig und immer die Gottesfurcht im Munde und die -unmenschlichste Kälte im Herzen haben, nicht leiden, und bat, daß sie -ihnen absagen lasse; aber sie meinte, daß ihr recht wohl sey, daß sie -sich nach Unterhaltung sehne, daß sie die Veranlassung des Besuches -schon wisse, und sie daher nur kommen möchten. Ich ging, weil ich das -frömmelnde Wesen der beiden Menschen nun einmal platterdings nicht -ausstehen kann, auf die Ressource, und kam vor einer Stunde erst -wieder. Da rief mich denn die Mutter an das Bette, und machte mich, -nach einer langen, weit ausgeholten Einleitung über die Nothwendigkeit, -auf Dein zeitliches Glück nun mit Ernst bedacht zu seyn, mit dem ihr, -diesen Nachmittag, eröffneten Antrage der Eltern bekannt, Dich ihrem -Caspar zur Frau zu geben? - -Mich? -- dem Caspar? fragte Hulda erbleicht. - -Mach’, was Du willst, fuhr der Vater fort: aber ich kann mir nicht -denken, daß ein reines keusches Mädchen, wie Du, meine Hulda, mit dem -ausgemergelten Menschen glücklich seyn kann. Ich habe ihn heute früh -gesehen. Wie die leibhaftige Sünde sieht er aus, und dabei so brutal, -so plump, so ungeschlacht! das soll englisch seyn! der Narr! Die -Britten sind Ehrenleute, die auf feine Manier und Anstand, auf Sitte -und Anspruchlosigkeit eben so streng halten, als wir. -- Mein einziges -Kind diesem entnervten Wüstlinge in die Arme zu legen! -- nein, es wäre -mir nicht möglich. -- Ich entgegnete dieß der Mutter, aber sie bestand -mit ungewohnter Festigkeit darauf; sie lobte die Eltern, als fromme -christliche Leute, den Sohn als gewandten, mit Glücksgütern reich -begabten Kaufmann; und das Suschen, das einfältige Ding, das allen -Menschen nach dem Munde redet, um sich bei allen einzuschmeicheln, als -ein gefügiges liebenswürdiges Wesen, versicherte wiederholentlich, daß -sie für Dich und uns kein größeres Glück kenne, als Dich in diesem -Hause aufgehoben zu wissen, in welchem Religion und Tugend heimisch -wären, und wo in einem Tage mehr und frömmer und andächtiger gebetet -werde, als in der ganzen Stadt in einem Jahre, und bestürmte mich um -meine Einwilligung in die Verbindung. - -Ich war bis dahin recht ruhig geblieben, und hatte mich möglichst -zu fassen gesucht; als ich aber aus ihren Reden merkte, daß von -Caspars Eltern, die, wie Du weißt, auf die Mutter von je an, einen -unbegreiflichen Einfluß gehabt haben, diese Parthie schon seit -längerer Zeit abgekartet war, und ich gewahrte, daß sie, ohne meinen -Einwendungen vorhaltende Gründe entgegen zu setzen, auf ihrem Willen -fest beharrte, mochte ich -- es galt ja Dein ganzes Lebensglück, mein -einzig liebes Kind -- mochte ich wohl etwas zu heftig geworden seyn. -Unser Zweisprach ward immer lebhafter, ich vergaß, daß die arme Mutter -krank war, ich platzte mit dem, seit Jahren schon verhaltenem Grolle -gegen das Schleichervolk, die Maklers, aus der Brust heraus, und das -erschütterte dann die Mutter so, daß sie in die heftigsten Krämpfe -verfiel, und ihr Zustand so bedenklich ward, daß ich Dich holen lassen -mußte. Habe ich gefehlt, so mag mir Gott verzeihen, aber sprach ich -nicht für Dich, wer sollte Deiner sich annehmen, und wo ist der Vater, -der bei ruhigem Blute bleiben kann, wenn er sieht, daß sein Kind, sein -einziges Kind, aus bloßem Vorurtheil, aus blinder Geistesbefangenheit, -um das Heil seines ganzen Lebens hienieden gebracht werden soll. Jetzt -geh, meine Tochter, und leg’ Dich nieder, und bete zu Gott, daß er der -Mutter erkaltetes Herz erwärme, damit sie von Dir nicht fordere, was -Deinen Vater in die Grube bringen würde; denn den Menschen an Deiner -Seite als meinen Schwiegersohn, zu sehen, würde ich kein halbes Jahr -überleben. - -Seyn Sie auf die Mutter nicht böse, mein Vater, hob Hulda an, und -weinte kindlich fromme Thränen: sie meint es gut mit mir, und glaubt, -mein Glück durch diese Verbindung zu begründen; wenn ich ihr aber -sagen werde, daß ich den Menschen +nie+ lieben +kann+, wird -sie sicher von dem Plane abstehen. Sie ist ja gut und verständig; ich -will schon mit ihr reden, daß meine Worte Eingang finden sollen in ihr -mütterliches Herz. - -Thue das, mein Kind, sagte der Vater: und leg Dich nun zur Ruhe, und -bereite Dich zu morgen vor, daß Du gefaßt bist, und ihre Wünsche -zurückweisen kannst, ohne Gefährdung ihrer Gesundheit. - -Hulda legte sich wohl nieder, aber schlafen konnte sie nicht; die Augen -fielen ihr vor Müdigkeit zwar hundertmal zu, aber sie schlug sie auch -hundertmal wieder auf, denn bald umklammerte sie Caspar mit seinen -langen dürren Armen, bald sah sie sich von einem Schlangenindianer -an den Gewässern der Columbia verfolgt; bald lustwandelte sie mit -Alonso am Meerbusen von Florida, umduftet von den hier wild wachsenden -Orangen, im Schatten der breitblättrigen Banane und des zierlichen -Bambusbusches; bald sprang das sanftmüthige flüchtige Thier, die -Antelope, an den himmelhohen Basaltwänden des obern Missuri vor ihnen -vorüber; -- bald hörte sie seine sanfte Rede, und sah in das dunkele -Veilchenblau seiner großen Augen und fühlte das Schwellen seiner -frischen Lippen auf ihrem rosigen Munde. Bald schwebte sie, umschlungen -von seinem kräftigen Arm, und unter vollstimmiger Begleitung eines -köstlichen Walzers, zum Ballsaal hinaus, über die blauen Berge am -Kanhawa, über die goldgedeckten Tempel der Omegas im Innern von Guyana -hin, bis zu den blumenreichen Küsten des stillen Meeres; -- bald kamen -wieder die Bilder am gestrigen Abendhimmel ihr vor die träumende -Seele, und das lange hohe Kreuz und die drohende Mutter und die dürre -Gestalt des Eskimos auf Labrador. -- Da habe ich ja, sagte sie von der -Stille der Mitternacht umdunkelt, leise zu sich selbst: da habe ich ja -die Deutung jener Himmelsbilder! das Kreuz -- ach es ist so schwarz -und so schwer, und das Gesicht der Mutter so kalt und finster -- und -der entsetzliche Eskimo mit der grausenden Larve -- weg, weg mit den -schrecklichen Bildern -- an ihn will ich denken, der so freundlich -mit mir sprach, dessen Rede mir so wohl klang, dessen Seele so klar -vor mir liegt, wie die Krystallquellen am Fuße der Luftvulkane[30] -bei Turbako; in dessen Armen mir war, als stände ich kühl beschattet -vom silberglänzenden Laubwerk des Riesenbaums.[31] -- Aber, kann ich -denn auch im Traume nicht aus dem verwünschten Amerika heraus, sagte -sie jetzt völlig erwacht, und konnte nun nicht mehr schlafen, und -wiederholte sich, vom Frühroth des ersten Morgengoldes im Bettchen -freundlich begrüßt, alles, was er gesprochen, und hatte vor der -heutigen Unterhaltung mit der Mutter keine Angst mehr, denn er wollte -ja selbst kommen, und mit ihm hielt Casperchen keinen Vergleich aus; -sah die Mutter auf zeitliches Gut, so wog der zwanzigste Theil von -Alonsos Vermögen, den ganzen Caspar auf, und da Alonso erklärt hatte, -daß die Wahl des künftigen Wohnorts lediglich von ihr abhängen solle; -so verstand es sich, daß sie ihrem gestrigen Versprechen eingedenk, die -Mutter nicht verlassen, sondern wenigstens so lange als diese lebe, -hier bleiben werde, und somit war jede Schwierigkeit beseitiget. - -Armes, getäuschtes Mädchen! - -Beim Frühstück schon, trat die Mutter mit den Absichten hervor, -die ihr Caspars Eltern gestern eröffnet hatten; sie erinnerte Hulda -an deren gegebenes Versprechen, sich nicht außerhalb des Orts zu -verheirathen; hielt der Familie, in deren Kreise sie künftig leben -werde, die gebührende Lobrede, und ließ sich über Caspars wohlgeordnete -Vermögensumstände und seine, im Auslande erworbene Bildung des weiteren -aus; vergaß auch nicht die Schwierigkeit, bei der gegenwärtigen -Heirathscheu der meisten jungen Leute im Orte, eine ähnliche -vortheilhafte Parthie sobald wieder zu finden, in das gehörige Licht -zu setzen, und schloß mit der Bemerkung, daß sie auf dieß alles, von -der gehorsamen und liebenden Tochter, eine, den elterlichen Wünschen -entsprechende Erklärung erwarte. - -Hulda bog freundlich lächelnd aus; kam Alonso, der blühend schöne, -frische Mann, dem der liebe Herr Gott die Reinheit des unverdorbensten -Herzens, die Unschuld der zartesten Sitte, und die Gediegenheit der -ehrenfesten Grundsätze auf jeden Zug seines einnehmenden Gesichts -geprägt hatte, und hörte die Mutter von den zehn Millionen Piaster, die -ihm der alte Handelsgerichtsdirector nachrechnen wollte, und erfuhr -sie, daß ihr Hulda nicht aus dem Hause geführt werden, sondern bis -an des Lebens Ende bei ihr bleiben sollte, so war von dem Casperchen -keine Rede mehr; das stand mit mathematischer Gewißheit ihr im Köpfchen -geschrieben; und kommen wollte er ja; er hatte es versprochen, und -dieser wunderhübsche Mund hatte gewiß noch keine Lüge gesagt. Sie -küßte der Mutter die Hand, nahm die ganze Sache als einen leichten -Scherz, indem es bei ihrer Jugend keine Eile habe, meinte, daß es -ihr ordentlich lächerlich sey, jetzt an das Heirathen zu denken, und -betheuerte, daß vor allem erst die geliebte Mutter gesund werden müsse, -und sich dann hierüber ja wohl werde ein Mehreres sprechen lassen. - -Damit kam die Schlaue aber nicht los. Die Mutter ward empfindlich und -begriff nicht, wie der besonnenen Hulda, die kein Kind mehr sey, ein -so wichtiger Schritt, als die Verbindung eines Mädchens mit einem -jungen Manne, auf die ganze Lebenszeit wäre, lächerlich seyn könne, -und bat sie, dem sehr wichtigen Gegenstande einen Augenblick ernster -Betrachtung zu schenken. Meine Tage, setzte sie hinzu: sind gezählt, -ich habe auf dieser Welt keinen Wunsch mehr, als Dich glücklich zu -wissen; ich habe zu Gott gebetet, daß er mir in dieser letzten Sorge -hienieden, seinen Beistand nicht versage; er hat mir in den Eltern -des, Dir vom Schicksal Bestimmten, christlich gesinnte Rathgeber -geschenkt, und daß der Himmel unsern Beschluß segnet, beweis’t, daß der -junge Mann, der Deine Hand begehrt, noch ehe ich die Augen schließe, -glücklich und mit dem reichen Erwerbe seines redlichen Fleißes hier -eintrifft, und ich die Freude noch erlebe, Dir den Brautkranz in das -Haar zu flechten, und Deinen Ehrentag mit zu feiern. Ich bin daher fest -überzeugt, daß das Werk, was wir mit frommem Gebet begannen, ein Gott -wohlgefälliges sey, und Dein Glück und Deine Zufriedenheit begründen -werde. Ich sehe also keinen Grund ab, warum Du mit Deiner Erklärung -bis zu dem sehr ungewissen, und wahrscheinlich nie eintretenden -Zeitpunkt meiner Genesung, Anstand nehmen willst, besonders da eine -Menge Eltern hier, welche unbescholtene und mannbare Töchter haben, -den von Dir herbeigeführten Aufschub mit Freuden benutzen, und den -Entschluß des jungen Mannes, Dir seine Hand zu bieten, durch allerhand -Zwischenträgereien schwankend, und ihn, am Ende, Dir selbst abwendig -zu machen suchen würden. Alle diese Umstände bestimmen mich, Deine -Erklärung und, da Du gegen das Haus so wenig als gegen ihn selbst -etwas einwenden kannst, Dein Jawort in dieser Sache +jetzt+ zu -gewärtigen. - -Die arme Hulda verlor fast die Fassung. In diesem Augenblicke der -Mutter zu sagen, daß ihr Herz nicht mehr frei sey, war nicht möglich. -Die Mutter kannte ja den nicht, dem es gehörte. -- Sie hatte, als der -Vater zum ersten Male von ihm sprach, und ihn vom Kopfe bis zum Fuß -beschrieb, gesagt: nichts weiter, wenn ihr nicht wollt, daß ich sterben -soll; als der Vater vorgestern Abend bei Tische von ihm wieder anfing, -legte sie Messer und Gabel weg; wie dieser äusserte, daß des -jungen Mannes Schiff ihren Namen führe, klagte sie über heftigeres -Uebelseyn; gestern früh erregte der schwarze Krepp, den Tante Sophie, -von Lima aus, im Traume sandte, ihr spöttelndes Gelächter. Sie eiferte -gegen die spanische Sprache; -- alles das zusammen genommen, webte in -dem feinfühlenden Mädchen eine Ahnung, deren Daseyn es sich kaum selbst -recht bewußt war; aber es mußte etwas seyn, was mit ihm, wenn auch, -wie natürlich, in ganz entfernter Beziehung stand, und was der Mutter -an ihm unlieb war; doch sie hatte ihn selbst ja noch nicht gesehen, -ihm konnte, nach Almas Geständniß, kein Mädchen gram seyn; bei seinem -Anblick war bestimmt auch die Mutter gewonnen; er kam gewiß heute, -spätestens morgen, allerspätestens übermorgen. Drei Tage also bat sich -Hulda Bedenkzeit aus, küßte der Mutter beide Hände, und ärgerte sich, -daß sie nicht einmal so viel Gewalt über sich hatte, wenigstens ein -ernsthaftes Gesicht zu machen. Aber der ewig wolkenlose Südhimmel des -paradisischen Climas, in dem ihr Alonso geboren wurde, lag in ihrer -Seele, in ihrem Auge; die heimliche Freude, die Mutter mit einem -zehntausendmal bessern Schwiegersohne zu überraschen, blitzte ihr aus -allen Mienen, und sich zu verstellen, hatte ja das reine Wesen nie -gelernt. - -Die drei Tage sind Dir vergönnt, sagte die Mutter nach einigem Besinnen -höchst mißgelaunt; aber ich begreife Dich nicht; Du behandelst den -Schritt, zu dem jedes wohlgesittete Mädchen mit feierlichem Ernst sich -vorbereitet, so leichtsinnig, als wäre es eine Ballangelegenheit; wenn -Du vorliesest, so steht Dir bei irgend einer sentimentalen Stelle -gleich das Wasser in den Augen, und jetzt ist Dir das Lachen näher, als -das Weinen, und wo hier zwanzig Mädchen aus den ersten Familien mit -beiden Händen zugreifen würden, thust Du, als ob Dir die angetragene, -weiß Gott, doch höchst ehrenwerthe Parthie noch nicht gut genug wäre. -Auf was willst Du denn warten? Auf was bildest Du Dir denn ein, -Ansprüche machen zu können. Unsere Umstände sind, wie Du weißt, im -Gegensatz vieler hier weit reicheren Häuser, nicht glänzend; und Dein -Bischen Larve -- mein Kind, es hat schönere Mädchen gegeben, und sie -sind alle verblüht. Also sehe ich nicht ab, auf was Du glaubst groß -pochen zu können, oder -- fragte sie nach einer kurzen Pause, die Worte -scharf und hart betonend, und durchbohrte das Mädchen mit stechendem -Blick: steckt Dir etwas anders im Kopfe? - -Nichts, als der gestrige Ball, entgegnete erschrocken das wahrhafte -Kind, das noch nie gelogen, und bückte sich auf die Hand der Mutter -tief nieder, denn das erste Morgenroth der heimlichen Liebe überhauchte -die Lilienwangen der Liebreizenden, mit dem dunkelsten Purpur. - -Warum nicht auch Deine Puppen, erwiederte die Mutter mit saurer -Bitterkeit: wahrhaftig, man sollte denken, Du hättest noch gestern -damit gespielt, so kindisch benimmst Du Dich heute. Geh und sammle -Dich; und wenn Du Deinen Ball, und Deine Narrenpossen verschlafen hast, -so komme wieder, daß wir, wie es einem Mädchen Deines Alters ziemt, ein -verständiges Wort weiter über die Sache reden können. - -Sie wendete sich in ihrem Bette verdrüßlich nach der Wand zu, und -Hulda, der es nun anfing recht ernsthaft zu Muthe zu werden, flüchtete -zum Vater, der von einem Geschäftsgange eben jetzt zu Hause kam. - -Nun Mädchen, rief dieser ihr entgegen: Du siehst ja recht bedeutsam -aus! hat die Mutter mit Dir schon gesprochen? - -Ich habe drei Tage Bedenkzeit, entgegnete triumphirend die Tochter, und -sah den Vater, der sie so unaussprechlich liebte, der so herzensgut -war, und von dem jungen Seemanne gestern und vorgestern nichts als -Liebes und Gutes gesprochen hatte, mit einem Blicke an, als fragte -sie sich, ob sie es wagen dürfe, ihm ehrlich und offen zu beichten. -Väterchen, hob sie an, und lehnte die Wange an seine Brust, damit er -ihr zu dem, was sie ihm zu sagen habe, nicht in das Gesicht sehen möge: -liebes Väterchen, mit dem Caspar ist es nichts. - -Gut, mein Kind, erwiederte der Alte lächelnd: darüber sind wir, Gott -sey Dank, einverstanden, und die Mutter wird am Ende auch die Idee -aufgeben. - -Aber, fuhr sie leiser fort, und senkte die Augenlieder, als schäme sie -sich vor sich selber: aber mit einem andern -- vielleicht -- da ist es -nicht ganz richtig. Sie lag mit dem Ohr dicht an des Vaters Herzen; sie -hörte es schlagen -- das Herz, das es so redlich mit ihr meinte, es -schlug ruhig fort -- der Vater sprach kein Wort, er schien noch Näheres -von ihr zu gewärtigen. - -Dir, mein liebes Väterchen, fuhr sie mit verhaltener Stimme fort, und -schlang beide Arme dichter um ihn: muß ich mich vertrauen; noch ist das -heilige Geheimniß über meine Lippen nicht gekommen, noch weiß es, außer -Dir -- - -Die ganze Stadt, fiel ihr der Vater lachend in das Wort, und küßte -segnend dem einzigen, dem lieblichen Kinde Stirne und Mund, und die -hellen Thränen der süßesten Freude des Menschen, der Elternfreude über -das Glück des geliebten Kindes, zitterten ihm im Auge. - -Die ganze Stadt? wiederholte Hulda staunend, und sah dem Vater in das -freundlich naße Auge, und las in diesem ihr Glück und ihre Hoffnungen. - -Wo ich bei unsern Bekannten heute früh hinkam, versetzte der Vater: -machte man mir große Gratulationen; die Menschen waren gestern auf -dem Balle gewesen, und hatten von da das Gerücht Deiner Brautschaft -mitgebracht; ich werde neugierig, der Sache näher auf die Spur zu -kommen, steige zu Directors, und höre denn da zu meiner nicht geringen -Verwunderung, daß mein Herr Mexikaner -- o, nun weiß ich wohl, warum -mich der Patron immer bei der Hauptwache abgepaßt hat. Höre, Huldchen, -etwas Schlechtes hast Du Dir nicht ausgesucht, den alten Linsing hat er -zu seinem Brautwerber erkohren, und sich an den Rechten gewendet; der -Mann ist in ihn selber verliebt, wie ein Mädchen. Wenn er nur halb so -brav und gut ist, als der Director ihn schildert, so mag er um Deine -Hand werben, Hulda, und er soll mir willkommen seyn. - -Mein Vater, mein einziger lieber englischer Vater! rief Hulda im -Uebermaße ihres Entzückens, und sank ihm, trunken vor Freude und Wonne, -in die Arme. - -Sein Vermögen, fuhr der Alte fort, und hob die Brust höher, denn -es that ihm wohl, seine Tochter im Besitz solcher unermeßlichen -Reichthümer zu sehen, -- der alte wackere Linsing hat ihm gesagt, daß, -wenn er sich mit der Sache befassen solle, der junge Mann ihm über -seine Lage reinen Wein einschenken, und seine Angaben ihm möglichst -belegen müsse; die Nachweisung seines Vermögens wird nur glaubhaft, -wenn man sie nach dem Maßstabe berechnet, der nur dort, in jener -Heimath des Reichthums und Ueberflusses denkbar ist. Nach unserm Gelde -angeschlagen, reicht Dir der Ehrenmann mit seiner Hand, ein Besitzthum -von ungefähr funfzehn Millionen[32] Thalern -- ich kann Dir zehn -deutsche Fürsten nennen, die mit diesem mexikanischen Krösus gern -tauschen würden, und von +der+ Seite also betrachtet, ist das -Glück meines Kindes gesichert; er hat zwar geäußert, sich, wenn Du -es durchaus wünschest, hier ansiedeln zu wollen: allein, wenn es ihm -irgend schwer wird, sein Vaterland Preis zu geben -- ich ziehe mit -der Mutter den Augenblick hin; dort, wo der Oelbaum gedeiht, und der -Paradiesfeigenbaum, wo der Weitzen dreißigfältig trägt, die Ananas, wie -bei uns die Heidelbeeren, in den Wäldern überall wild wachsen, und die -Sonnenblume sechsmal größer ist, als hier zu Lande; dort, wo ein ewiger -Frühling blüht, und den dunkelblauen Himmel keine Wolke trübt; wo nur -leichte Morgennebel und des Thaues Perlentropfen die blumenbedeckten -Fluren netzen, und des Meeres Winde die Lüfte kühlen; dort muß ja auch -der Mensch kräftiger aufleben und der Kranke genesen -- Der einzige -Zweifel -- - -Hulda zog die schönen Augenbrauen zusammen, und harrte mit ängstlichem -Blick auf die Zweifel des Vaters, der recht bedenklich den Kopf wiegte, -und mit der Sprache nicht heraus zu wollen schien. - -Der einzige Zweifel ist jetzt daher nur der, ob auch Du, meine Hulda, -in seine und meine Wünsche Dich fügen, ob Du Dich entschließen wirst, -ihm Deine Hand, und Dein Herz -- - -Mein Väterchen -- unterbrach ihn Hulda verschämt lächelnd: was können -Sie einem angst machen! Dieser einzige Zweifel wird sich wohl heben -lassen. Sprechen Sie ihn nur erst selbst, und sein treues biederes -Herz, sein fröhlicher Sinn, sein offenes trauliches Wesen, seine -anspruchlose Natürlichkeit werden Ihnen gewiß gefallen; auch ist er --- setzte sie, mit gesenktem Köpfchen schmunzelnd hinzu: nicht ganz -häßlich. - -Nun aber sag’ mir Kind, fragte der Vater, das Lächeln mit Mühe -verhaltend: wie hat sich das alles so schnell gemacht? Du bist ja kaum -drei, vier Stunden auf dem Balle gewesen? - -Mit der Liebe? entgegnete Hulda, und machte ein recht naives -Professorgesicht dazu: mit der Liebe, ich meine die so recht -eigentliche liebe Liebe, ist es, glaube ich, wie mit der Ewigkeit; -sie hat keinen Anfang und kein Ende. Ich weiß selbst nicht, wie das -alles kam. Auf dem Balle aber sahen wir uns auch nicht zum ersten -Male; wir kennen uns schon viel länger, und nun erzählte sie, wie er -ihr in der Kirche gegenüber saß, und von dem Zusammentreffen in der -Modehandlung, und von der Unglücksgeschichte mit der Glashändlerinn und -dem Gipsitaliener, und von den Kinderstreichen auf dem Verdecke seines -Dreimasters, und oben im Mars, und von dem verwünschten Sehrohre, und -der schmachtenden Flöte, und von -- Babette platzte zum Zimmer herein, -und meldete den Capitain Don Mantequilla. - -Hulda rief fröhlich: das ist er! schlüpfte -- denn wie sie war, im -nachlässigsten Morgenputz, konnte sie sich nicht vor ihm sehen lassen, --- schlüpfte durch eine Seitenthür und eilte auf ihr Zimmer, um sich -anzukleiden. - -Er war gekommen, er hatte Wort gehalten. Er sprach die Eltern um ihre -Hand an. - -Wer mahlt des Mädchens Entzücken, wer das süße Beben ihres in Liebe -und Freude erglühenden Busens! - -Blumen, Band, Perlen, Häubchen, nichts paßte ihr heute in das Haar; -die Locken liefen nicht, wie sie sollten; beide Händchen flogen ihr -zitternd; sie konnte nicht zu Stande kommen. Das Morgenkleid war zu -einfach, +das+ zu geschmückt, alle Kasten standen offen, alle -Kommodenfächer, alle Schränke, alle Cartons! Sie holte aus allen das -Beßte, und nichts war gut genug; der Spiegel -- sie kam sich bleich, -reizlos, nicht ein Bischen hübsch vor; nein der Spiegel war Schuld -daran, der hing im allerschlechtesten Lichte -- aber der in der -Toilette, den sie nach allen Weltgegenden richtete, gab ihr Bild um -kein Haar besser zurück; am Ende war sie in ein blaßblaues Kleid und in -rothe Schuhe gefahren, und hatte auf den gelben Morgenhut ein grünes -Bouquet gesteckt -- blau, roth, gelb und grün -- i Gott bewahre, rief -sie lachend: lieber gar alle Farben mit einander, daß er denkt, es -komme ein lebendiges Prisma, -- in zwei Minuten hatte sie alles wieder -von sich geworfen, und machte ihre Toilette von Neuem -- lassen wir die -Selige in dem bunten Chaos ihrer Garderobenherrlichkeiten fröhlich -gewähren -- es war ja ohnehin fast das letzte Scheide-Lächeln ihrer -untergehenden Freudensonne; denn ach! nur zu bald trübten sich am -Horizonte ihres Lebens die Wolken, aus denen der Sturm sich gestaltete, -der alle ihre Blumen entblättern, alle ihre Bänder zerreißen, alle ihre -Hoffnungen zertrümmern, ihr ganzes Lebens-Glück auf immer und ewig -vernichten sollte! -- - -Wahr und ehrlich, kurz und offen hatte Alonso mit dem Vater gesprochen. -Es bedurfte keines weitläufigen Eingangs; Director Linsing hatte beiden -schon die nöthigen Präliminarien eröffnet. Alonso machte seinen Antrag -mit so zarter Bescheidenheit; legte in denselben so viel Feierliches; -sprach von der Unmöglichkeit, ohne Hulda leben zu können, mit so vieler -Rührung; entschuldigte seine, durch den Drang der für den Seemann -vollgiltigen Umstände herbeigeführte Eile, die ihn nöthige, vielleicht -schon in wenigen Tagen die Anker zu lichten, so wahr und einfach, und -gelobte, den Pflichten des Gatten und des Sohnes bis zu seinem Tode -treu zu seyn, mit solch’ frommer Rede, daß der alte Herr sich der -Thränen nicht länger enthalten konnte, den jungen Mann an sein Herz -drückte, und ihm, aus voller Brust und im heiligsten Vertrauen auf -dessen Rechtlichkeit, sein einziges Kind, das Liebste dieser Welt, in -die neue mitzugeben unbedenklich versprach. - -Auf Alonso’s Wunsch, der Mutter jetzt vorgestellt zu werden, erwiederte -indessen der Vater, daß er sie, ihrer Kränklichkeit halber, erst dazu -ein wenig vorbereiten müsse; er bäte daher, ihn morgen wieder mit -seinem Besuche zu beehren, wo er ihn bei ihr einführen wolle; zugleich -ersuchte er ihn, nicht gleich das erste Mal, des eigentlichen Zwecks -seines Besuches zu erwähnen, sondern unter dem Vorwand zu kommen, daß -er hörte, sie habe eine Schwester in Lima, und er wolle sich daher -erkundigen, ob sie dahin ihm etwa Aufträge mitgeben wolle. - -Auch Hulda darf ich nicht sehen? fragte Alonso mit kindlicher -Befangenheit, und versicherte, daß ihm die Zeit von gestern Abend bis -jetzt eine halbe Ewigkeit gedauert habe; da ließ denn der Vater das -Mädchen holen, und es kam im einfachsten Hauskleide, bloß, dem neuen -Vaterlande zu Ehren, eine prächtige, blühende Datura[33] am Busen, und -drei von Tante Sophie zum Geschenk erhaltene Schnüre californischer -Perlen um den Hals. Aber schön war Hulda zum Entzücken; die Liebe hatte -ihre Wangen geröthet, die Freude lachte ihr im ganzen Gesichtchen, und -das bräutliche Schmachten der keuschesten Jungfräulichkeit schwamm in -dem Feuerblick ihres großen himmlischen Auges. Mit frommer Weihe legte -der Alte das unberührte Kleinod seines Vaterherzens an die Brust des -schönen jungen Mannes aus der neuen Welt, den der Zufall zweitausend -Meilen weit hergeführt hatte, um zu den Füßen eines der reizendsten -Mädchen unsers alten ehrlichen Welttheils, das zarte Geständniß -abzulegen, daß das eigentliche wahre Glück des Menschen nur in den -Armen einer liebenden Gattinn heimisch sey, die unsere Freuden und -Leiden redlich theile, und durch ihre Reize, wie durch ihre Tugenden, -unsere Tage verschönere. - -Braut Hulda hob den Entzückten an ihre treue Brust, und wie die -bekannte wunderschöne Gruppe von Amor und Psyche, so lieblich in -einander verschlungen, stand das Paar, Auge in Auge, Mund an Mund, -und feierte die seligste Minute glücklich Liebender, die Minute des -Verlobung-Kusses. - -Alonso zog sich einen prächtigen Smaragdring vom Finger, überreichte -ihn der überraschten Hulda, und sagte: aus +Deinen+ Brüchen an der -Küste von Manta[34] nimm dieß als Morgengabe von mir gütig an, doch -mein ganzes Hab’ ist ja Dein. Den leisesten Deiner Wünsche -- vertrau’ -ihn mir, meine einzige, meine himmlische Hulda, und ich werde kein -größeres Glück kennen, als ihn Dir zu erfüllen. Ich könnte zehnmal -reicher seyn, als ich es bin; allein ich achtete des eiteln Geldes -nicht, weil ich tausendmal mehr hatte, als ich brauchte; jetzt Dir die -Welt zum Paradies zu schaffen, ist mein Streben; nun will ich erst mit -Freuden mich in die Geschäfte werfen; ich habe einen Zweck, das Lächeln -Deiner Huld! Des Meeres Wogen, der Winde Hauch, des Nordens Eis und -Schnee, der Sonne Gluth in unserm Süden, kurz, alle Elemente will ich -mir zinsbar machen, und meines Vaterlandes Kern ist rein gediegenes -Gold; heraus aus meiner Erde tiefen Schachten sollen, meine Hulda, -Dir, mein Fleiß und meine Kunst das mächtige Metall im Ueberflusse -fördern! Vor Dir will ich die Früchte meines Fleißes, die Schätze, -die des Handels Treiben mir zusammen häufet, niederlegen, und Deiner -Lippen süßer Kuß, ein Blick aus Deinem Augenpaar, und das Geständniß -Deines Rosenmundes, daß Dich es nicht gereut, Dein Herz und Deine Hand -mir fremdem Mann vertraut zu haben, -- dieß, Hulda, dieß soll mehr mir -seyn, als all das kalte Gold, das im ersten beßten Brennspiegel sich zu -+nichts+ verflüchtiget, das immer irdisch bleibt, und droben gar -nichts gilt. - -Ehe sich Alonso verabschiedete, lud er den Vater und Hulda ein, sich es -bei ihm heute Abend, am Bord seiner Antoinette gefallen zu lassen. - -Der Vater sah die Tochter, die Tochter den Vater an. Beiden war es um -die Mutter zu thun; sah man das Mädchen mit dem Vater am Bord des -mexikanischen Dreimasters, so war Huldas Verbindung mit Alonso, von dem -zur Zeit die Mutter noch kein Wort wußte, in den Augen der ganzen Stadt -keinem Zweifel mehr unterworfen, und daß dieß gegen die Mutter nicht -gerechtfertigt werden konnte, fühlten beide, indessen Hulda richtete -den bittenden Blick, daß er zusagen möge, zu freundlich auf den Vater, -und diesem that die kleine Eitelkeit, den Leuten möglichst bald kund -zu thun, daß der mexikanische Capitain Mantequilla mit dem Dutzend -dreimastigen Schiffen auf der See, und den Silbergruben in Loretto, den -Goldbergwerken in Oaxaca, den Zuckerplantagen unfern Vera-Crux und den -15 Millionen Thalern, und den andern unzähligen Herrlichkeiten, der -Herr Schwiegersohn des Herrn Admiralitätraths Splügen sey, zu wohl, -auch hatte der lebensfrohe Alte einen vergnügten Abend zu lieb, als daß -er abschlagen konnte. - -Alonso eilte fröhlich von dannen, und der Vater und Hulda überboten -sich einander in dem Lobe des Liebenswürdigen; -- doch die Mutter, die -Mutter fiel beiden nur zu bald ein, aber sie wichen von einander in den -Ansichten ab, wie ihr die Sache, die den Plänen mit Casperchen so ganz -entgegen war, am beßten beizubringen sey. - -Hulda, welche in ihrem süßen Liebeswahn die Ueberzeugung hatte, daß -Alonso’s persönliche Anmuth die Mutter am meisten bestimmen würde, -den werthlosen Caspar fallen zu lassen, war der Meinung, daß es -das Gerathenste gewesen wäre, den Capitain gleich jetzt der Mutter -vorzustellen, sie jedoch später erst, wenn sie den liebenswerthen -Mann hätte selbst näher kennen gelernt, von seinen Heirathanträgen -zu unterrichten; der Vater hingegen, der, wie alle fröhliche Leute, -jede Unannehmlichkeit gern so weit als möglich hinaus schob, der im -Voraus sah, daß die Erscheinung des jungen Mannes, welcher der Mutter -längst entworfenen Pläne mit einem Male vernichten sollte, sehr harte -Auftritte herbeiführen würde, und, nach seiner Ansicht sehr richtig -berechnete, daß, wenn er mit Hulda diesen Nachmittag den Capitain am -Bord besuchte, und sich dadurch das Gerücht von dessen Verbindung -mit seiner Tochter gehörig in der Stadt verbreitet habe, die Mutter -dann, um der Ehre ihres Kindes willen, diesen einmal geschehenen -öffentlichen Schritt nicht zurück nehmen könnte, behauptete, daß es -viel besser sey, wenn er ihr heute den Mexikaner vorläufig auf morgen -anmelde, daß man, bei der Reizbarkeit ihres Charakters überhaupt alles -sogenannte, mit der Thüre in das Haus fallen, vermeiden müsse, und daß -daher alles viel besser gehen werde, wenn es nicht zu übertrieben rasch -gehe, weil, wie auch Hulda selbst wisse, der Mutter, im Allgemeinen, -jeder Schein von Uebereilung, besonders in einer so delikaten -Angelegenheit, verhaßt sey. - -Hulda äußerte, auch wieder sehr richtig, die Besorgniß, daß Caspars -Eltern, die von ihrem bekannt gewordenen Verhältniß zu Alonso eben -so genau unterrichtet wären, als alle andere Leute auf dem gestrigen -Balle, es gewiß an nichts fehlen lassen würden, um die Mutter davon -in Kenntniß zu setzen; dadurch aber würde Alonso’s Spiel unendlich -erschwert werden, denn, daß ihn diese schleichende Kopfhänger-Familie -dabei in das allernachtheiligste Licht setzen werde, sey im Voraus -anzunehmen; doch der Vater beschwichtigte ihre Furcht durch die -Versicherung, dem vorzubauen. Er gab zu dem Ende allen Domestiken im -Hause, unter dem Vorwande, daß seine Frau, ihrer Gesundheit wegen, -aller lästigen Besuche heute überhoben seyn wolle, den Befehl, -Niemand, ohne Unterschied, zu ihr zu lassen, und um ihr, wenn sie es -etwa klingeln hörte, keinen Anlaß zu geben, zu fragen, wer da war, so -umwickelte er den Klöppel der Hausglocke eigenhändig mit Papier und -Leinwand. - -So glaubte er, in jeder Hinsicht seine Sache ganz vortrefflich gemacht -zu haben, und lächelte bei sich selbst über die Heimlichkeit, zu der er -sich, wie er es entschuldigte, durch den Drang der Umstände bequemen -müsse. - -Dem Zartfühlenden regte sich wohl etwas in der Brust, was ihm sagte, -daß nicht recht sey, was er thue, daß alle Heimlichkeiten zwischen -Eheleuten nichts taugen, und daß aber -- beruhigte er sein Gewissen: -hat es nicht Antoinette an Dich gebracht? warum besteht sie auf Hulda’s -Verbindung mit dem unerträglichen Caspar, als läge alles Heil der -Erden in diesem widrigen Menschen? Warum hört sie auf das Zuflistern -gehaltloser Frömmelei mehr, als auf das Wort der Vernunft und des -Herzens? Warum gibt sie gleich Krämpfe und Schwindel und Anwandelung -von Ohnmachten vor, wenn irgend ein Gegenstand im Gespräch berührt -wird, von dem sie nicht sprechen will? Mit den Waffen, mit denen -sie, aus blinder Vorliebe für eine einmal eingewurzelte Marotte, auf -das Glück ihres eigenen Kindes los geht, als wollte und müßte sie es -vernichten, wollen wir ihre Batterie demontiren. Maklers müssen außer -Einfluß gesetzt, das heißt, entfernt gehalten werden; heute sind wir -auf dem Dreimaster unten im Hafen noch recht lustig, und morgen stelle -ich meine Heeresmasse in Schlachtordnung; die Mutter wird totaliter -aus dem Felde geschlagen, und über’s Jahr, wenn wir das Kind in seinem -Mexiko besuchen, und dieses uns einen bausbäckigen Enkel entgegen -bringt, und unser europäisches genügsames Auge fast erblindet, vor dem -Glanz des Ueberflusses und des Glücks, in dem Hulda dort schwelgt, -und ihr Mund freudig bekennet, daß sie, an Alonso’s Seite, die -neidenswertheste Frau in allen fünf Welttheilen sey, da, da -- soll -die Mutter mir danken, daß ich ihrem kleinen Eigensinne nicht fröhnte, -sondern dem herz- und marklosen Casperchen die Thür wies, und -- - -Die gedämpfte Klingel klapperte draußen; der Admiralitätrath hielt -lauschend mitten in seinem Monologe inne. - -Es war richtig Casperchen. Die Frau Räthinn schlafe, hieß es, und -der Ehelustige zog ab. Später kam Suschen; dann der Herr Makler; den -Beschluß machte dessen liebwertheste Hälfte. - -Dasselbe Manöuvre begann auch nach dem Essen; alle viere kamen einzeln -und alle viere wurden abgewiesen. - -Schlafen, schlafen, und immer schlafen, hatte die Maklerinn, vor -innerer Bosheit kochend, mit freundlichem Lächeln zu Babette gesagt: -sie haben der Frau am Ende ein Ruhepülverchen gegeben, aber, und wenn -sie Mithridat genossen, ich muß sie aufwecken, aufrütteln muß ich sie, -da es noch Zeit ist; ich komme wieder, mein Lämmchen, und zum dritten -Male laß ich mich nicht abweisen. - -Meine Frau will allein seyn, entgegnete der Admiralitätrath der -berichtenden Babette: verstehst Du, sie +will+ heute Niemand -sprechen; darnach wird sich gerichtet. - -Mit diesen Worten ging er, Hulda am Arme, in den Hafen. Der Mutter -hatte er gesagt, sie wollten nur einen kleinen Spaziergang machen, -weil der Nachmittag gar zu schön sey. - -Schon lange lag Alonso’s große Barkasse nebst der Travalje und -der Kapitains-Schaluppe am Lande; alle drei Fahrzeuge hatten sich -unterdessen allmählig mit den eingeladenen Gästen aus der Stadt -gefüllt, und sobald jetzt Hulda und der Admiralitätrath an den Bord -der Barkasse gekommen waren, und sich die drei Fahrzeuge, nach der -Antoinette zu, in Bewegung setzten, gab der mexikanische stolze -Dreimaster eine Kanonensalve, daß alle Fenster in der Stadt klirrten; --- und sämmtliche, im Hafen liegende Schiffe begrüßten die Ankommenden -mit dem Donner ihres Geschützes, denn auf alle Fahrzeuge klein und groß -im ganzen Hafen, hatte der überglückliche Alonso, Speise und Trank in -Ueberfluß vertheilt, so daß die Matrosen, ohne Ausnahme, des süßen -Weines voll waren und die neue Capitainfrau immer drauf los leben -ließen, noch ehe sie dieselbe gesehen hatten; alle Capitaine aber, so -viel ihrer im Hafen vor Anker lagen, hatte Alonso auf seinem Schiffe, -heute Mittag schon, stattlich bewirthet, und hielt sie noch um sich -versammelt, so daß die Herren lustig und guter Dinge waren, und der -heranschwimmenden jungen, himmelschönen Frau Kolleginn zur See, die -gebührende Ehre, von den, unter ihren Befehlen stehenden Schiffen aus, -geziemend erweisen zu lassen, sich nicht versagen mochten. Und Alonso’s -scharf gebautes Prachtschiff, und die Fahrzeuge aller Nationen im -Hafen, strichen vor der liebreizenden Königinn des Tages, Flaggen und -Segel, und von den buntbewimpelten Masten und im hohen Tauwerk aller -Schiffe, erscholl aus dem Munde des Schiffvolks aller Welttheile, ein -tausendstimmiges Hurrah, Hurrah, Hurrah! und in dieß alles schmetterte -und wirbelte das, aus der Stadt geholte große Musikchor auf der -Antoinette, mit Trompeten und Pauken, daß kein Mensch sein eigenes Wort -zu hören im Stande war. Alonso selbst, in der herrlichen Uniform der -spanischen Marine, stand, kräftig und schön, wie ein junger Gott, auf -der Steuerbordseite der Antoinette, und kommandirte ~Listo, Saltad -a la banda!~[35] und ein Theil seiner Neger, die alle sich in das -beßte Zeug geworfen hatten, und recht stattlich aussahen, stellten sich -eilends an beiden Seiten der Fallreepstreppe, von oben nach unten, -in Parade; und das Fallreep[36] selbst war oben am Schiffe, an einem -metallenen Köcher mit Kupidos goldenen Pfeilen befestiget, und mit -purpurrothem Tuche überzogen, und von Knopf zu Knopf[37] hingen leichte -Gewinde von brennender Liebe, deren Deutung Hulda, bei der Erinnerung -ihrer ersten Bekanntschaft mit Alonso im Putzladen, nicht schwer ward. - -Die allgemeine Huldigung, mit der die Bescheidene, vor den Augen der, -am Ufer, in dichten Massen zusammengedrängten Neugierigen, vom ganzen -Hafen bewillkommt wurde, hatte Hulda sonderbar bewegt; es traten ihr, -als sie den Fuß auf die unterste Stufe der Fallreepstreppe setzte, und -mit diesem gleichsam den ersten Schritt in ihr nunmehriges Vaterland, -in die neue Welt that, Thränen in’s fröhlich lachende Auge. Alonso -umschlang öffentlich, vor Hafen und Stadt, im Angesichte seines Meeres -und ihrer Erde, die liebreizende Braut, und seine Neger, über funfzig -an der Zahl, riefen dreimal Hurrah, und warfen sich ihrer milden -Gebieterinn zu Füßen. Der Pilot,[38] der Primero Contramaestro[39] -und der Guardian[40] aber, näherten sich der neuen Herrinn, und -überreichten ihr, nach ächt altmexikanischer Sitte,[41] einen Strauß -von frischen Blumen; der Pilot, ein kräftig schöner, schwarzer -Mann, redete die Gefeierte spanisch an, prieß Don Alonso, als ihren -gütigen Herrn, und wünschte sich und all den tausend Sclaven in der -fernen Heimath Glück, daß der Kapitain ihnen eine Mutter zuführe, -deren Tugenden Don Alonso’s Auswahl verbürge. Du bist, setzte er im -Ueberwallen seines Gefühls, und im Glauben seiner Väter, hinzu: Du -bist herrlich, wie die Sonne, und freundlich, wie der Mond, und wer -den milden Sternen Deiner Augen folgt, wird den Pfad zum Himmel nicht -verfehlen. Sey, Du blendend weißer Engel, uns und unsern Kindern unsere -Sonne, unser Mond; Tonatiuh[42] hat Dich geschmückt mit ihrem Roth, -und Meztli Dich mit seinem Glanze; Du bist so schön, als wärest Du das -Kind von beiden; wir werden göttlich Dich verehren, denn nur in Deiner -zarten Hand liegt unser Glück. Sey immer gütig uns. Die Sonne zürnt -ja nie, und nie der Mond, und schwebst Du einstens spät hinüber, wo -keine Stürme heulen, und keine Donner brausen, so soll der Weg nach -Deinem Hügel unserer Enkel Alameda[43] seyn; sie werden räuchern Dir -das stille Blumen-Grab mit Cobans beßtem Weihrauch und mit Ambra von -Masaya, und Dir die Gruft umpflanzen mit Pomeranzen und Limonen, und -mit Cypressen und mit des ewigen Friedens schattenreichen Palmen. Da -sollst Du schlummern kühl, denn, unserer Enkel Thränen um die verlorne -Mutter, werden netzen jene Bäume, daß sie gedeihen, und noch in -fernster Zeit, wie feste Denksäulen des Dankes, hoch hinaus ragen in -unsers Himmels schöne Luft. - -Hulda reichte dem Sprecher, dem die hellen Zähren über die schwarzen -Backen rollten, die weiße Hand, und beantwortete seine herzliche Rede, -in recht geläufigem Spanisch. - -Der alte Admiralitätrath dachte, es wäre Pfingsten, so hatte sich der -Geist des Herrn über sein gelehriges Töchterlein ergossen. Es war aber -der heilige Geist der Liebe, der das holde Mädchen, das im Spanischen -früher wohl hinlänglichen Unterricht, aber wenige Uebung gehabt hatte, -jetzt ohne Anstoß und Furcht in fremder Zunge reden ließ, daß die -ganze Mannschaft der Antoinette darob laut entzückt war. - -Der blendend weiße Engel, das himmlische Kind der Sonne und des -Mondes, versprach ihnen, ihr und der Ihrigen Schutzgeist zu seyn; -ihre Frauen und ihre Kinder begrüßte sie in der Ferne, als ihre -Pfleglinge; ihr Wohlstand solle das Ziel ihrer Wünsche werden, und im -Zauberergusse ihres glühenden Gefühls, gelobte sie ihnen und allen -ihren Familien, mit dem Beistande ihres Gottes, und von Don Alonso’s -menschenfreundlicher Güte unterstützt, ihr zeitliches Glück nach -Kräften begründen zu wollen. - -Sämmtliche Neger drängten sich, von den Reizen des schneezarten -Seraphs, und dessen einfacher Rede tief ergriffen, um sie herum, und -küßten ihr den Saum ihres Gewandes, und schworen ihr unaufgefordert -Liebe, Treue und Gehorsam. Alonso aber, hingerissen von dem Entzücken -seiner ehrlichen Neger, und bezaubert von der, in ihrer Art einzigen -Gruppe der schwarzen Figuren, um seine schlanke Lilie, schenkte -mit feierlichen Worten, zum ewigen Andenken des heutigen Festes, -den Sclaven ihre Freiheit, und Hulda mischte in den Jubel der -Freigelassenen, ihren herzlichen Dank, und betheuerte dem edlen -Menschen, daß er ihr kein erfreulicheres Brautgeschenk hätte ersinnen -können. - -Jetzt ging es zur Tafel, und was beide Welten, und das Meer und -die Erde dem leckern Gaum zu bieten nur vermochten, das war mit -verschwenderischer Pracht hier aufgetischt. So gegessen und getrunken -war in der ehrsamen Hafenstadt, seit der Legung ihres ersten -Grundsteins, nicht geworden, und alle Gäste versicherten einstimmig, -daß Capitain Mantequilla der vortrefflichste Mensch unter der Sonne -sey. Die Seeluft macht durstig; wenigstens leerte man alle Flaschen -des köstlichen Weins, so daß viele Gäste, die rank[44] worden waren -und übervolle Ladung hatten, das Wasser des ganzen Binnenhafens, für -lauter Champagner ansahen, andere den großen Mastbaum, als ihren -dicksten Freund, inbrünstiglich umarmten, und andere wieder, in der -Weinrührung, so windelweich wurden, daß sie in das Besahnsegel, -heimlicher Weise Thränen der zärtlichsten Freundschaft weinten. Alonso -hatte den Nachtisch mit lauter amerikanischen Früchten besetzen lassen; -Aepfel von Gili, von der Größe eines Menschenkopfs; sechszehnlöthige -Pfirsichen von Valparayso und Mendoza; zwölfpfündige Weintrauben von -Talca, Vanille von Paraguay, Pisangäpfel, Pomeranzen und Limonen, und -zwanzig andere saftreiche und kühlende Obstarten; jetzt aber zu guter -Letzt, credenzte er den feurigsten Liqueurwein seines Vaterlandes, den -kostbaren Rebensaft von Passo del Norte.[45] +Der+ brachte mit -seinem dunkelflüssigen Golde alle gute Geister in Aufruhr, und Alles -erklärte, mit tausend Freuden dahin zu gehen, wo dieses Götterblut -flösse. Alonso stand, vom rauschenden Gewühl der Gäste entfernt, mit -Hulda vorn am Bratspill, hielt die Glückliche im Arme, und fragte -scherzend: ob er die Anker lichten, und mit der ganzen Gesellschaft, -wie sie hier wäre, in die neue Welt segeln solle? - -Ich bin wohl bereit, entgegnete Hulda mit bräutlicher Liebe, und -schmiegte sich dichter an den Mann, der sie zweitausend Meilen weit, -über das Meer führen wollte, und an dem sie sich fest halten sollte in -allen Stürmen des Lebens: die alle hier aber mag ich nicht mitnehmen. -Mit Dir allein, Alonso, will ich seyn; an Deiner Seite bedarf ich -keines Menschen. Dir will ich folgen, wohin Du willst. Auf Deinem -Eigenthume, hier auf Deinem Schiffe, auf dem Dein kühner Arm mich durch -des Meeres wilde Wogen, und durch der Winde grausende Gewalt hinüber -führen will, in Deines Vaterlandes weite Ferne, hier laß mich Liebe -Dir, und Treue schwören. Dein menschlich fühlend Herz, gab Deinen -armen Negern das höchste Gut, die Freiheit. Mir kann es Höheres nicht -geben, als sich selbst. Schwöre mir Alonso Deine Liebe, und auf Dein -Herz will ich meine Rechte legen, und Gott der Herr soll meinen Eid der -Treue hören. Ihr glaubig frommer Blick flog auf zu dem, den sie zum -Zeugen ihres Schwures gefordert hatte, da schwebte am Wolkenhimmel -- -auf derselben Stelle -- sie schrak zurück, und barg das geisterbleiche -Antlitz an Don Alonso’s Brust. - -Was ist Dir, Hulda? fragte dieser erstaunt; sie aber schauerte kalt in -einander, und wieß, ohne aufzusehen, nach dem Abendroth, und fragte: -siehst Du nichts? - -Dort, erwiederte Alonso lächelnd: die Gottheit meiner Schwarzen, -schließt dort ihr müdes Auge, und zieht sich vor ihr Lager den -Wolkenvorhang lauschig zu; mit Gold hat sie die Zipfel all gesäumt; sie -macht das stets recht zierlich; und rechts am Bette steht ein Baum, ein -blühend schöner Bananas. - -Ein Baum? fuhr Hulda ängstlich auf! Ein Kreuz, Alonso, ist’s. Ein -hohes, langes Kreuz -- und dicht daneben liegt -- mein Heiland und mein -Gott -- am Stamme des Kreuzes betet meine Mutter -- - -Aber liebholdes Wesen, entgegnete beruhigend Alonso: was regt Dich so -allmächtig auf! Ein Kreuz? -- nun ja, wenn Du ein Bischen davon, und -ein Bischen dazu thust, und überall mit Deiner Phantasie nachhelfen -willst, verwandelt sich am Ende mein Paradiesfeigenbaum[46] in Dein -Kreuz, und -- die Wolke da unten -- hm -- ja -- eine weibliche Figur -ist es -- aber, was bringst Du Deine gute Mutter in dieses Nebelspiel, -und wie, ich bitte Dich, wie kann ein bischen Wasserdunst solch -Gaukelwerk erhitzter Phantasie Dir gleich zusammen treiben? der Passo -del Norte hat Dich nicht etwa, setzte er in süßer Liebeständelei hinzu, -und tippte auf Hulda’s Stirn: mein trautes Kind, berückt? - -O scherze nicht, Alonso, entgegnete Hulda erschüttert, und bat, sie und -den Vater bald zu entlassen, weil sie zur Mutter müsse. - -Du kömmst mir nicht vom Bord, erwiederte Alonso, und umfaßte Hulda mit -inniger Liebe: ich bin fest segelklar[47] und warte nur auf guten Wind. -Beim ersten Lüftchen setze ich meine Segel bei, und steche frisch und -wohlgemuth, mit meinem Bräutchen, in die hohe See. - -Alonso, doch nicht ohne meiner Mutter Segen? fragte Hulda ernst: und -doch nicht ohne des Dieners Christi fromme Weihe? - -Das wird mir alles viel zu lang, entgegnete Alonso mit heißer Ungeduld. -Die Mutter -- ja; die werd’ ich morgen sprechen; sie soll uns segnen, -Hulda. Was aber das Copuliren hier betrifft -- ich bitte Dich, eh’ sich -das alles ordnet, der Trauschein meiner Eltern, das Zeugniß meiner -Taufe -- das alles muß herbei, ehe wir das Aufgebot verlangen können. --- So lange kann und darf ich hier nicht warten. Viel besser ist’s, -Du gehst als Braut zu mir an Bord. Auch mitten auf der See ist unser -Gott bei uns. Wirf Deine Anker in mein Herz, sie greifen da in festen -Grund. Als Braut, vertraue mir, als unberührte Braut führt Dich Alonso -heim. Es liegt für mich ein namenloser Zauber in dem Gedanken! Gewähre -mir, zum Zeichen Deines Glaubens an meine Ehrfurcht vor Deiner Tugend, -diesen Wunsch. Sechs Monden sind es nur, dann steigt die Jungfrau an -das Land der neuen Welt, und sinkt in Mexiko, vor Gottes Hochaltar in -unsrer goldgeschmückten Kathedrale, als junge Frau an meine Brust, zu -lohnen mir die uns selbst aufgelegte süße Pein der schmerzlichsten -Entsagung, durch ihrer Liebe Vollgenuß. - -Gib den Gedanken auf, versetzte bittend Hulda: ich traue Dir und mir, -denn keuscher Liebe ist die schwerste Prüfung leicht; die Eltern -aber würden darein sich nimmer fügen; doch morgen früh darüber mehr! -Vielleicht läßt sich das alles leichter machen, als Du denkst, das -liebe Gold ist ja der beßte Hebel aller Hindernisse, und auch die gute -Kirche läßt das Dispensiren sich bezahlen. Jetzt lebe wohl, Alonso, -gute Nacht, und süße Träume! - -Ein langer, langer Abschiedkuß, und Hulda fuhr mit ihrem Vater an das -Land zurück. Trompeten schmetterten ihr nach, und wilde Paukenwirbel; -und Hurrah schrie das Schiffsvolk aller Decke, und des Kanonendonners -furchtbares Krachen verkündete dem Hafen und der Stadt, daß jetzt des -Mexikaners schöne Braut nach Hause fahre. Alonso wehte ihr mit weißem -Tuche, so lang sein Blick sie noch erreichen konnte, den Wunsch der -guten Nacht noch nach, und alle seine Gäste, die Becher in der Hand, -schrien Vivat, Vivat hoch, und blieben bis zur späten Mitternacht, und -tollten auf des Bräutigams Schiffe, als wäre morgen Hochzeit, und heute -Polterabend. - -Alonso nahm, sobald Hulda ihn verlassen hatte, an dem Tanz und dem -rasenden Lärmen der fast überlustigen Gäste keinen unmittelbaren -Antheil; er blieb zwar der Rolle des gastlichen Wirths, mit der -artigsten Aufmerksamkeit, treu; aber, wo er konnte entfernte er sich, -und wenn er allein war, und ungesehen, so stellte er sich hin, und -schaute durch die Dunkelheit der Nacht hinauf nach dem bewußten Balkon. - -Endlich erschien etwas Weißes da oben, und kaum gewahrten dieß einige, -die ihn belauscht hatten, als der Spektakel von neuem begann, und die -ganze Gesellschaft der weißen Erscheinung mit Trompeten und Pauken, und -dem Hurrah der Neger, ein Vivat ausbrachte, daß es drüben an den Mauern -der schlummernden Stadt widerhallte. - -In dem Augenblicke zündeten die Mexikaner, und hundert Matrosen anderer -Schiffe, die sie sich zur Hülfe geholt hatten, mehrere tausend Laternen -an, die an den Seiten des Schiffes, am Tauwerk, und an den Mastbäumen, -bis zum Mars hinauf, in zierlicher Ordnung hingen, und einen -unbeschreiblich schönen Anblick gewährten. Oben auf dem Topp des großen -und des Fockmastes, waren Sonne und Mond in herrlichen Transparents -zu sehen, und die unzähligen Lichter auf dem kaum merkbar hin und her -schwankenden Schiffe, die sich in dem schillernden Wasser rings um, -hundertmal wiederspiegelten, stellten den ganzen hochbeleuchteten -Dreimaster in einen zauberisch schönen Feuerkreis. - -Alonso freute sich, daß diese feenartige Ueberraschung, die er Hulda -zu Ehren veranstaltet hatte, nicht von ihr unbemerkt geblieben war; -sie hatte ihm, von der Höhe ihres Balkons herab, einen herzlichen -Kuß zugeworfen, und er schwamm nun in einem Meere von Fröhlichkeit. -Er gab noch heraus, was Butlerei[48] und Kambüse[49] vermochten, und -man schwärmte bis zum hellen Morgen, wo die armen, diese Nacht oft -gestörten gelbgefiederten Schreihälse auf dem benachbarten canarischen -Schiffe, den Tag verkündeten, und man die gastliche Antoinette verließ. - -Doch einen Augenblick noch auf Hulda zurück. Als sie mit dem Vater zu -Hause kam, empfing sie die Mutter mit verweinten Augen. - -Ihr habt Euch auf Eurem Spaziergange ja recht lange verweilt, sagte sie -kalt, und durchbohrte Hulda mit einem pfeilscharfen Blicke. - -Wir sind in Gesellschaft gewesen, entgegnete Hulda offen, und morgen -früh wird -- - -Erspare Deine Bekenntnisse, fiel sie dem Mädchen, das ihr jetzt das -Geständniß seiner glücklichen Liebe ablegen wollte, bitter in das Wort. --- Deine zärtliche -- fuhr sie zum Manne fort: Deine zärtliche Vorsorge -für meine Ruhe hat Dir wenig geholfen; ich weiß alles, leider durch -Fremde. Mein Kind hat sein Vertrauen zu mir verloren; wo Vertrauen -fehlt, ist auch keine Liebe, Hulda, ich bitte Dich um Gotteswillen, -womit habe ich dieß verdient? Ich habe seit Empfang dieser Zeilen --- sie wies auf ein Billet der Maklerin -- Stunden gelebt, die mir -den Abschied aus diesem Leben leider recht erleichtern. Ich träumte, -wenigstens von meinem einzigen Kinde geliebt zu seyn! -- und dieses -hintergeht mich, hintergeht mich da, wo andere gute Töchter sich der -Mutter, ihrer ersten, ihrer treuesten Freundin, vor allen andern -vertrauen. -- Die ganze Stadt weiß, was mir, von Dir, von meinem Kinde -verborgen wird. Gott im Himmel! habe ich denn auf der ganzen Welt -keinen Freund mehr, als den Tod? -- - -Antoinette! hob der Vater ruhig an: seit Du mir Deine Hand gabst, habe -ich nie hinter Deinem Rücken gehandelt; traue mir so viel Selbstgefühl -zu, daß ich jetzt nicht anfangen werde, mich einem Fehler Preis zu -geben, der -- er sagte das mit weicher Stimme -- auch den letzten -Pfeiler unsers häuslichen Glücks untergraben würde. Was ich gethan -habe, kann jeder wissen. Der Mann, der sich um Hulda’s Hand bewirbt, -wollte heute früh schon Dich begrüßen; ich hielt ihn davon ab, und -bat um Aufschub bis morgen, weil ich auf den Besuch Dich vorbereiten -wollte; von seiner jugendlichen Raschheit mußte ich fürchten, daß -er gleich heute mit seinem Anliegen hervortreten möchte; von Deiner -Liebe zum einmal gefaßten Plane aber, daß Du, krank und mißgelaunt, -nicht möchtest Dich ihm so erklären, wie wir mit ihm es wünschen. Ein -+solcher+ Schwiegersohn, ist er einmal gekränkt, kömmt nicht -leicht wieder, und darum rieth mir die Vernunft, mit Vorsicht hier -an’s Werk zu gehen. Er lud uns beide zu sich ein; ich sagte zu, um -unterdessen, bis ich mit Dir darüber sprechen konnte, den Mann, dem -wir das Kind auf Lebenszeit hingeben sollen, noch näher zu ergründen. -Daß seine Absicht ruchtbar ward, daß Maklers sie Dir hinterbringen, -und ihres Sohnes Nebenbuhler in schwarzen Schatten stellen würden, -konnte ich mir denken, und darum suchte ich die Menschen, wenigstens -bis morgen, von Dir zu entfernen, damit Du ihn dann ohne Vorurtheil -sähest, und zwischen ihm und Maklers Caspar freie Wahl hättest. Wenn -ich hierinn gefehlt habe, so verzeihe mir Gott; ich that es nur, um -Hulda’s Beßten willen. Du liebst das Kind, wie ich, und darum wirst -auch Du mir gern vergeben, wenn mein Verfahren Dich beleidigt hat. -Wehe wollte ich damit, beim Himmel, Dir nicht thun. Den Zweck, Alonso -näher zu erforschen, habe ich nun zwar ganz verfehlt, denn in dem Saus -und Braus von hundert frohen Gästen, ließ sich des Menschen Herz nicht -sonderlich sondiren; indeß, was ich sah und was ich hörte, bezeichnet -wohl den Mann, der unserm Kinde, außer Glanz und Reichthum, ein reines -Herz darbringt, und, gute Antoinette, das ist in der Liebe und in der -Ehe, ja doch immer der beßte Hausrath! - -Die mexikanischen Weine müssen Euch über die europäischen Hindernisse -hinweggehoben haben, oder ich begreife Dich und Hulda nicht, entgegnete -die Mutter mit erzwungener Ruhe: lies doch den Brief meiner ehrlichen -Maklerin. Der Mensch kann der gefährlichste Abenteurer seyn; das -kümmert euch nicht. Er lügt Euch seine Piaster millionen weise her, -und ihr seyd, mit der ganzen Stadt, gutmüthig genug, seine Prahlereien -ihm auf’s Wort zu glauben. Er will von deutscher Abkunft seyn, und -nennt sich Mantequilla! er hat gar, hie und da, den kecken tollen -Wunsch geäußert, das Kind als Braut nach Mexiko zu nehmen, weil ihm der -Trauschein seiner Aeltern und sein Tauf-Zeugniß nicht herzuschaffen -seyen. Wer weiß, was für verlaufenes Gesindel seine Eltern sind! daß -sie niemals getraut, und daß er nicht getauft -- beweis’t sein leerer -Vorwand! Und einem solchen soll mein Kind, mein einziges Kind, geopfert -werden? Nein -- nimmermehr. Wär’ frommer Sinn in seiner Heidenbrust, -und hätte alles, was er sagt, recht seinen Grund, so gäbe er der Sache -Raum, und käm nach Jahresfrist zurück, und brächte die Documente alle -mit, die wir verlangen müssen, wenn uns der Vorwurf unsrer Mitwelt -nicht treffen soll, daß wir ganz ohne Kopf handelten. - -Das alles, liebe Frau, begann der Vater sanft: läßt morgen sich -besprechen; das Mädchen ist noch jung, und kann das Jahr noch warten. -Zwei tausend Meilen hin, zwei tausend Meilen her, sind wohl kein -kleiner Weg; indessen muß Alonso sich, bestehest Du darauf, mit -kindlichem Gehorsam darein fügen; die Liebe mag ihm Zeit und Weg -verkürzen. Auch hat er sich, wenn Du es wünschest, schon erklärt, sein -Vaterland ganz aufzugeben, und hier bei uns sein Lebenlang zu bleiben; -ich mochte ihm sein Wort deßhalb nicht fodern, denn aus dem ungeheuern -Geschäft, was dort sich um ihn treibt, sich hieher in unsern Hökerkram -zu setzen, kann seine Jugendkraft, die immer höher strebt, nicht -reizen. Der zärtlichen Mutter aber, die das Kind ungern von sich ziehen -sieht, ist wohl ein Vorschlag dieser Art nicht zu verargen. Sprich -morgen selbst mit ihm. Vielleicht erfüllt er Deine Wünsche. - -Die Mutter hatte still und ruhig zugehört; ihr Gesicht schien sich bei -dem, was der Vater zuletzt anführte, ein wenig aufzuheitern. - -Hulda kniete neben dem Bette nieder, und küßte ihre Hand, und fragte -leise, ob Mütterchen noch böse sey. - -Sie schwieg und lächelte, und eine stille Thräne zitterte ihr im halb -erloschenen Auge. - -Der Vater benutzte die in ihrem Innern vorgehende mildere Stimmung, und -erzählte, daß der alte Linsing, der recht geläufig spanisch spreche, -sich mit dem Steuermann und dem Guardian, so wie mit einigen Matrosen -auf der Antoinette unterhalten, und sie, hinsichtlich der Vermögenslage -ihres Capitains, recht umständlich über dieß und jenes ausgefragt, daß -aber, nach dem was sie darüber hätten fallen lassen, Alonso eher zu -wenig, als zu viel davon gesagt habe. Er kann, setzte er hinzu, weil er -bemerkt hatte, daß die Idee von Alonso’s hiesiger Niederlassung, der -Mutter vorzüglich zusagte: mit seinen funfzehn Millionen hier leben, -wie ein Fürst. - -Und meine Hulda liebt den fremden Mann? fragte die Mutter mit mildem -Worte. - -Wie keinen andern, lispelte Hulda leise, und bog sich auf der Mutter -Hand herab. - -Ich werde, versetzte die Mutter mit einem Tone, als wolle sie Hulda und -den Vater überzeugen, daß beide sich in ihr geirrt hatten: ich werde -meines Kindes Glück nicht stören. Ich habe zwar geglaubt, daß der, den -ich im Stillen erwählte, auch Hulda werde wohlgefallen, doch, wenn das -nicht soll seyn, kann ich mich gern fügen. Ist das, was von Alonso’s -fabelhaftem Reichthum Ihr erzählt, zur Hälfte nur gegründet, und ist -er meines Kindes Liebe werth, und kann er meinen Wunsch erfüllen, und -seinen Wohnplatz bald, auf immer her verlegen! so kenne ich meine -Mutterpflicht, und werde ihr nichts schuldig bleiben. Mit Freuden -opfere ich dann jene kleine Grille, und segne Euren Bund. - -Hulda traute ihrem Ohre kaum; sie umschlang die zärtliche Mutter, und -bedeckte ihre bleiche Wange mit den Küssen der kindlichsten Liebe. Noch -danke nicht, mein Kind, sagte die Mutter freundlich: erst wünsche ich -den Mann zu sehen, dem es gelang, dieß reine Herz so schnell für sich -zu gewinnen; doch -- jetzt nichts, nichts mehr davon. Ihr wißt, ich -liebe nicht viel Worte. - -Da eilte Hulda von dannen und flog in den Garten, um dem vor Freude -und Entzücken fast zerspringenden Herzen Luft zu machen. So rasch, so -leicht der Mutter Sinn zu wenden, hatte sie sich nicht gedacht. Die -Schickung wollte alles so; der Finger dessen, der das Herz des Menschen -lenkt, ließ sich hier nicht verkennen. Den ganzen Tag war sie noch -nicht auf dem Balkon gewesen, und hatte es Alonso doch versprochen! Ein -wenig mußte sie hinauf, und kaum, als sie sich sehen ließ, stand, wie -durch einen Zauberschlag, das ganze Schiff, vom Wasserspiegel bis zum -Topp, so herrlich groß beleuchtet -- ganz oben -- höher noch als sie, -die Sonne und der Mond -- der Mexikaner sanfte Götter! verschwunden -war am schwarzen Himmel das Kreuz und alle dräuende Gestalten. Nur -Jauchzen hörte sie vom Schiff herauf und laute Freude, und mit der -Liebe glücklichstem Entzücken warf sie dem schönen Mann, der beide Arme -ihr entgegen breitete, die süßesten der Küsse zu. - -Er kam den folgenden Morgen bei früher Tageszeit, hörte von Hulda und -dem Vater, wie die Sachen sich unterdessen gestaltet hatten, und welche -Wünsche ihm würden eröffnet werden, und trat, in beider Mitte, in das -Zimmer der Mutter. - -Ein Fieberblitz zuckte dieser durch alle Glieder, als sie seiner -ansichtig ward; sie schrie laut auf und verhüllte das Gesicht mit ihrem -Tuche, als hätte sie ein Gespenst gesehen. - -Der Capitain Don Mantequila, hob der Vater, wegen dieses sonderbaren -Auftritts, sehr verlegen an, und wollte ihr Alonso vorstellen. Sie aber -rief: um Gotteswillen weg, weg -- das ist sein Gesicht -- das ist er -selbst. Warum -- ich frage Dich furchtbare Allmacht, warum mir hier, am -Rande des Grabes, noch diese ungeheure Qual! -- - -Antoinette, sagte der Vater höchlich bestürzt: was ist Dir? Mütterchen, -rief Hulda, und stürzte vor ihr Bette auf die Knie nieder: um -Gotteswillen sprich -- was hast Du für ein böses Traumgesicht? - -Laßt mich sterben! tödtet mich! macht meinem entsetzlichen Leben ein -Ende! entgegnete die Mutter aus schwer gepreßter Brust, und rang die -Hände mit abgewendetem Gesicht -- +das+, +das+ soll Hulda’s -Gatte seyn? Ein Teufel ist es, den die Hölle ausgespien! Ich habe ihm -geflucht! Sie richtete sich in die Höhe, die Augen rollten funkelnd -ihr im Kopfe, die bleichen Wangen brannten dunkelroth, und krampfhaft -bebten ihr die blassen Lippen -- Es ist die letzte Stunde meines -Lebens! des Todes Schauer rieseln kalt mir durch die Seele -- die Rache -Gottes führt Dich Sünder zum Gericht. Ich fluche dreimal Dir -- Fluch, -Fluch, Fluch, Dir schauderhaftem Ungeheuer! -- - -Um Jesus Christi willen, Mutter! schrie Hulda außer sich, und faßte -die drohende Rechte der Schrecklichen, die vor ihr grausend lag, wie -jenes Wolkenbild am Himmel. - -Der Mutter aber war der Athem ausgegangen -- der Tod schlug grinsend -seine kalten Arme um die sichere Beute -- die Pulse stockten, und wie -das letzte Gift des unversöhnlichsten Ingrimms, so trat ihr der weiße -Schaum auf die zuckenden Lippen. -- - -Alonso schwankte vom Vater begleitet lautlos zur Thüre hinaus. - -Der Mutter brechendes Auge suchte ihn, und da es ihn nicht mehr fand, -ward sie ruhiger. -- Sie athmete schwer. -- Sie seufzte tief -- eine -Riesenlast lag ihr auf dem Herzen. Sie hatte aber nicht die Kraft mehr, -sich sie abzuwälzen. Nur abgebrochene Worte, die kaum mehr verständlich -waren, konnte sie hervorbringen. - -Sie faßte Hulda’s Hand, und drückte sie heftig in die ihrigen. Mit -höchster Anstrengung sammelte sie den Rest ihrer Kräfte, und sprach in -kurzen Sätzen, halb laut -- Die letzte Bitte Deiner Mutter! schwöre -mir, ihm nimmer zu gehören -- - -Du bist krank, meine Mutter, sagte Hulda weinend: Deine Phantasie -- - -Nein, erwiederte die Sterbende: ist er es nicht, so ist’s sein Sohn; -ich habe ihm geflucht bis in das dritte Glied -- Sophie wird Dir alles -sagen. - -Der Heiland hat verziehen, entgegnete Hulda: er betete für seine -Feinde; und Du, mein Mütterchen, willst scheiden aus der Welt mit -solchem Groll, und wie -- wie kann Alonso den verdienen, da Du ihn nie -sahest? - -Gott strafte auch der Väter Sünde bis in’s vierte Glied. Alonso soll -des Vaters Sünde büßen. - -Kennst Du den Vater denn? - -Ein schwerer Seufzer war die Antwort; das Auge fand die letzten -Thränen; -- die Arme schluchzte laut, das hart gequälte Herz ward -endlich weich und milde. - -Nimm Mutter, Deinen Fluch zurück, bat Hulda christlich fromm, in Angst -und Schmerz ganz aufgelös’t. Der Tod versöhnt ja alles! Laß beten mich -für Deiner Seele Ruhe. O -- Mutter richte nicht! Ich weiß nicht, was -man gegen Dich verbrochen hat. Alonso aber ist nicht schuldig! Und Gott -allein ist unser Richter. Mach’ Dir die Sterbestunde leicht. Vergib, -so wird auch Gott Dir gern vergeben, und Engel werden Deine fromme -Seele zu seinen Himmeln sanft geleiten. - -Da fiel ein Schuß, ein zweiter, und ein dritter, und von dem Hafenfort -erdonnerte des Abschiedgrusses Antwort. - -Alonso geht in See, schrie händeringend Hulda, und sank ohnmächtig in -einander. -- - - * * * * * - -Die Unglückliche hatte sich nicht getäuscht. - -Alonso, bis in den Grund der Seele erschüttert, des Mutterfluches -grause Worte in dem Herzen, kam todtenbleich an seines Schiffes Bord. - -Er fand den alten Linsing, warf weinend sich ihm in die Arme und rief, -vom scharfen Schmerz zerrissen: Ich muß von dannen, ich muß fort. -Allmählig nur gelang dem antheilvollen Freunde, das schreckliche -Begebniß ihm abzufragen. - -Alonso, hob er tröstend an: nur hier nicht gleich so rasch gehandelt. -Die Frau hat phantasirt; ein Mißverständniß seltner Art muß hier zum -Grunde liegen. Mein Freund, mein lieber Sohn, sey ruhig. Es wird, es -muß sich alles noch enträthseln. - -Kann Hulda den je lieben, den ihrer Mutter Fluch getroffen hat? fragte -Alonso und starrte dunkeln Blickes vor sich hin. Ich ahne Gräßliches! -Ein Mißverständniß ist es nicht. Die Frau gehörte dieser Welt schon -nicht mehr an, und drüben sieht man heller, als wir blöde Menschen. -Sie hat sich nicht geirrt. Mein Vater -- und ihr Bild! Im Sterben noch -war sie sich ähnlich. -- Antoinette nannte sie der Mann -- des Vaters -Lieblingsname -- zu ehren ihn, hab’ ich mein Schiff also genannt. --- Aus Frankfurt sagt Auguste -- aus jedem Umstand press’ ich einen -Tropfen zu dem Gifte, das mir in ihrem Fluche liegt. Und Hulda -- mein -ganzes Glück, mein Leben -- dem Fluchbedeckten darf sie ja die reine -Hand in Ewigkeit nicht reichen. -- O -- hätt’ ich doch aus meinem -Scherze Ernst gemacht; ich wollte gestern mit ihr fort, -- da hielt -sie mich, um ihrer Mutter Segen willen. Statt dessen schleuderte die -Sterbende, aus ihres Grabes Schauertiefe, mir ihren Fluch in’s todte -Leben nach! -- So wahr mein Gott im hohen reinen Himmel -- ich büße -eine fremde Schuld. -- Was helfen nun mir alle Millionen! Das Höchste -meines Lebens, das Herz des Engels ist mir freventlich geraubt, und ich -bin bettelarm! So lang ich athme, wird das meine ihr allein gehören. --- Nein, außer ihr kann Keine ich je lieben! -- Mein alter Herr und -Freund, bringt meine Schwüre ihr. Der Sonne Strahl soll langsam quälend -mich vertrocknen, des Mondes mildes Licht mir nimmer wieder scheinen, -und meines großen Gottes Rache fort und fort mich überall verfolgen, -wenn meinen Schwur der Treue ich je breche. Bringt, Freund, ihr diesen -Kuß! Ich kann sie nimmer wieder sehen. - -Alonso, liebster Freund, ermahnte bittend der Director: ach haltet -diesesmal nur Euern raschen Sinn im Zügel. Die Mutter ist ja krank, sie -kann sich bessern; das böse Wort, dem Irrthum bloß enteilt, kann sie -ja widerrufen. -- Sie kann vielleicht auch sterben, und dann ist Hulda -frei! -- - -So denkt Ihr hier in Eurer alten Welt? fragte Alonso bitter. Ein -Irrthum war es nicht! Der Geist des höhern Lichts sprach aus des -Todtenrichters Munde. Und lebt sie Jahre noch, sie wird, sie kann nicht -widerrufen. Und thät sie es -- meint Ihr, daß sie damit den in Gift -getauchten Dolch mir aus dem Herzen ziehen könnte, den sie tief hinein -gestoßen hat? Was ich hörte, ich kann es nicht ungehört machen. Ich -könnte nimmermehr mit Liebe mich ihr nahen; ich könnte nie Vertrauen zu -ihr fassen. Sie könnte Mutter nimmermehr mir seyn. -- Und frei, sagt -Ihr, sey Hulda wenn sie stürbe? Wohl werden Wunder nicht geschehn, wenn -Hulda mir die Hand nach ihrer Mutter Tode gäbe. Kann Hulda aber das? -Kann Hulda an der Seite des Verfluchten sich eine Stunde nur des Lebens -freuen? -- Beim kleinsten Mißgeschick -- muß sie nicht immer gleich des -Mutterfluches harte Folgen fürchten? -- Das Drohbild, was sie gestern -in den Wolken sah! -- Mein Gott und Herr, soll das ein Vorgefühl des -Jammers, den der Zorn der Mutter uns bereitet hat, gewesen seyn? -- -Ich kann nicht bleiben; -- ich muß fort. Sie noch einmal zu sehen, ist -mehr als ich ertragen kann. -- Mein Arm darf sie nicht mehr umfangen! -Sie muß mich fliehen, ich bin geächtet. -- In wenig Stunden bin ich der -ganzen Stadt Gespött! man zeigt mit Fingern auf den kühnen Fremden, der -sich erdreistete, der Blumen lieblichste Europa’s Gärten zu entführen, -und den ein Weib mit Fluch und Bann belegte! -- Nein! fort von hier! -hinaus in’s wilde Meer! vielleicht wirft bald eine Welle mich in des -Abgrunds dunkle Tiefe! -- Gott sey mir Armen gnädig. - -Mit wildem Ungestüm sprang er zum Fockmast vor, und schrie den Negern -zu: ~Listo! levad el ancla~,[50] und andern: ~Listo! dad vela~[51]; -und pfeilschnell flogen sie auf ihre Posten. Die schweren Anker wanden -sich aus ihrem Grunde, und in die aufgehießten Segel blies der leichte -Landwind seewärts. - -Alonso ließ ein kleines Boot aussetzen, um den alten Linsing an das -Land zu bringen. Noch einmal schloß er ihn in seine Arme. Ein heißer -Thränenstrom entstürzte seinen Augen. Mein letztes Wort ist Hulda! rief -er im Schmerz der Trennung fast vergehend. Beschwöret sie, mit Liebe -meiner immer eingedenk zu bleiben. -- Doch ihre Hand sey frei. Kann -sie mit einem Andern glücklich seyn, so segne ich den Bund, mag es mir -auch das Leben kosten. Kein Bild, kein Blatt, nicht eine Locke, ich -habe nichts von ihr, das süße Wehe nur in der gequälten Brust. Noch -höre ich den Wohllaut ihrer Stimme, noch sehe ich die reizende Gestalt; -mein guter Gott, laß mir dies beides nur, so lange ich das Leben hier -noch friste. -- Noch einmal laßt mich athmen tief -- es ist die Luft -in der sie lebt, laßt ihres Athems Würze mich einsaugen. -- Ich sehe -sie ja +nie+ -- verstehst Du alter Freund, verstehst Du dieses -Schreckenswort? -- Ich sehe nie sie wieder; -- die Lootsen kommen an -den Bord, aus Euerm Hafen mich zu bringen. Gehabt Euch wohl. Ich steure -meinen Cours in’s Grab. Mein Herzensfreund, wenn Du mich liebst, so -bitte mit mir Gott, daß er das liebeleere Leben mir bald ende. Dort -oben gilt kein Fluch. Dort seh ich Hulda wieder! -- Dank Dir, mein -alter Freund, daß Du die bittere Scheidestunde mir versüßest. Bring -Frau und Kindern meinen Gruß. Dieß, Linsing, meiner Hulda! - -Er gab ihm aus einem neben ihm stehenden Blumentopfe, einen Zweig -brennender Liebe, drückte ihm einen Kuß auf die Lippen, zog ihn noch -einmal an sein Herz, und die Kanonen seines Schiffes sagten dem Hafen -Lebewohl. - -Linsing ließ sich an das Land setzen, und Alonso stand wie ein -Wahnsinniger, mit starrem Blicke nach dem Balkon gerichtet. - -Weiter und weiter trieb der Wind die Antoinette hinaus, dem -unermeßlichen Weltmeere zu -- Hulda erschien nicht -- Alonso’s Kräfte -schwanden. Die starke Eiche brach, wie mürbes Rohr, zusammen. Er stieß -der bittersten Verzweiflung lauten Schrei aus der zerrissenen Brust, -und stürzte halb todt auf das Verdeck; da eilten seine treuen Neger -schnell herbei, und trugen ihren Herrn erstarrt in die Kajütte. - - * * * * * - -Wer mahlt der armen Hulda namenlosen Schmerz, als sie erwachte. Die -Mutter lag entseelt vor ihr im Bette. Das Herz, es schlug nicht mehr, -kein Athemzug -- das starre Auge hatte nicht mehr Leben, vom bittern -Todeskampf war das Gesicht entstellt -- der Fluch -- es war, als hätte -sie ihn nicht zurück genommen, als wäre sie mit ihm zur Unterwelt -gefahren. - -Des Kindes Angstgeschrei rief den Vater und die Bedienung herbei. -Auch der Arzt kam. Alle Mittel, des Todes Macht zu bannen, blieben -erfolglos. - -Hulda konnte nicht bleiben; das furchtbar zürnende Gesicht der -- mein -Jesus, rief sie laut: ich will ja, Mutter, Deinen Willen thun, nur -zürne mir im Tode nicht! Ich war Dein liebes Kind ja immer, und Gott -wird Kraft mir geben, daß ich -- O Mutter, Mutter, höre noch aus Deiner -fernen Welt auf Deines Kindes banges Flehen -- geh’ nicht mit diesem -Groll in Deine stille Gruft. - -Der Vater bat weinend die Umstehenden, Hulda auf ihr Zimmer zu bringen. -Bete mein Kind, sagte er, ihr ängstliches Zagen beschwichtigend: auf -Deinen Knieen um die Ruhe der Verklärten. Alles meines Bestrebens -ungeachtet, hat ihr das Leben der Freuden wenig nur geboten. Sie nannte -oft den Tod nur ihren einzigen Freund. Sein sanfter Schlaf möge ihr die -Erquickung schenken, die sie hier nirgends finden konnte, und jenseits, -wo uns kein Kummer trüben soll und wo wir klarer schauen werden, wird -sich vielleicht auch mir des Trübsinns Grund eröffnen, der überall die -Rosen ihres Lebens bleichte. - -Hulda, in Thränen der kindlichsten Wehmuth zerfließend, lag in ihrem -Zimmer, vor ihrem Gott gebeugt, als der alte Linsing eintrat, die -brennende Liebe ihr reichte, Alonso’s Scheidekuß ihr auf die Lippen -drückte, und ihre vorhin geäußerte, über das plötzliche Verscheiden der -Mutter aber wieder entschwundene Ahnung von Alonsos Abreise, durch die -einfachen, im Munde des tief gerührten Mannes kaum vernehmbaren Worte: -Er ist fort! bestätigte. - -Sie sah den Todesboten mit thränenschweren Augen an, that aus der -blutenden Brust einen lauten Schmerzensschrei und sank, dem Jammer des -Lebens auf ewig verfallen, ohne Besinnung zu Boden. - -Nach einer Stunde erst kam sie so weit wieder zu sich, daß sie ihrer -Sinne mächtig ward. Unter dem Vorwande, frische Luft zu schöpfen, ging -sie in den Garten, trat später in den Saal und bestieg den Balkon. - -Auf der Stelle im Hafen, wo die prächtige Antoinette vor Anker lag, -befand sich jetzt ein unansehnlicher Grönlandsfahrer; draußen auf dem -Meere, ganz oben, auf der fernsten Höhe des Wasserspiegels, gewahrte -sie einen schwarzen Punkt. Das war Alonso’s Schiff; mit gebrochenem -Herzen rief sie dem Entschwindenden, der unauslöschlichen Liebe -verzweiflungvolles Lebewohl, leise nach, und sah, still vor sich -weinend, starren Auges, nach dem immer mehr und mehr enteilenden Punkte -hin, bis er verschwand. - -Zehnmal wischte sie sich die aus der gepreßten Brust unaufhaltsam -hervorquellenden Thränen von den Wimpern, um noch einmal, nur noch ein -einziges Mal das fliehende Schiff zu erspähen. Aber ihr Auge erreichte -es nicht mehr! -- - -Die Mutter todt, Alonso fort! -- Vielleicht auf immer und ewig fort! -- - -Die Unglückliche drückte das letzte Zeichen seiner Treue, die -brennende Liebe, an die Lippen, und überließ sich, still weinend, der -schmerzlichsten Trauer. - - * * * * * - -Die Leiche der Mutter zu sehen, hatte sie absichtlich gemieden; das -zürnende Drohgesicht -- es wich nicht von ihrem innern Auge; sie sah es -wachend und träumend. - -Am Begräbnißtage -- sie hatte den entsetzlichen Augenblick lange -gefürchtet, wo sie der Hülle der Vorangegangenen zum letzten Mal sich -nähern sollte, um ihr der Kindesliebe frommen Dank zu bringen, und ihr -zur Nacht des langen Schlafs, die Ruhe der Seligen zu wünschen -- am -Begräbnißtage trat sie an den Sarg. - -Der Mutter Züge hatten sich verändert; nichts trübte mehr die -qualerfüllte Brust, in der das frömmste Herz geschlagen. Der Kummer -dieses Lebens drückte nicht mehr auf die Engelreine. Versöhnt mit dem -Geschick, und harrend ihres Lohns, der droben guter Menschen wartet, -lag sie, wie eine Gottverklärte da. Ein mildes Lächeln schwebte in -jedem ihrer Züge; es war, als spräch’ ihr blasser Mund, mein Glück war -nicht von dieser Welt. Jetzt ist mir wohl. Der Gott, der jede still -geweinte Thräne zählt, wiegt jede mir durch tausend Freuden auf. - -Mein Mütterchen, sagte Hulda mit der Wehmuth leisestem Tone, und kniete -am Sarge nieder: Du zürnest nicht mehr mit mir? Du behältst mir drüben -Deine Liebe? Dein Kind darf furchtlos an das Wiedersehen denken? -- -Der in den letzten Augenblicken Deines Lebens den Frieden Deiner Seele -störte, er hat zum Opfer sich und mich gebracht. Das Kind soll folgsam -seiner Mutter seyn. So hat sein edles Herz gewollt. Laß nun auch ab -von Deinem Hasse gegen ihn, und kann aus jenen Lichtgefilden, in -denen Deine Seele schwebt, auf Dein verwais’tes Kind Dein mütterlicher -Segen wirken, so gib mir Kräfte, daß ich ertrage, was Dein Gebot mir -auferlegt; und ist es in dem Plane des Geschicks, daß des irdischen -Lebens Glück unwiderruflich mir verloren sey, so rufe Du mich bald, -daß ich Dir folge, denn diese arme Welt gewährt mir keine Freude mehr. -Schlaf sanft, mein Mütterchen! die Klage meiner Leiden soll in Deiner -Ruhe Dich nicht stören. Kein Vorwurf soll in Deine stille Kammer Dich -begleiten. Mein Heiland starb am martervollen Kreuze; er duldete und -schwieg; auch ich will schweigend dulden. Vergebung flehete er, weil -sie nicht wußten, was sie thaten. Vielleicht hast Du, mein Mütterchen, -auch nicht gewußt, warum Du mir gethan, was meines Lebens Blüthe -vernichtet hat, auf ewig. Mein Jesus lehrte mich, in diesem Fall, -Vergebung Dir erbitten; und so soll Gott sich Deiner mild erbarmen, und -wenn Du fehltest, mit seiner Liebe nur Dich richten. In Deinem Willen -lag gewiß mein Wohl, und darum sey entladen aller Schuld, und kehre ein -in Deiner Freuden Reich. - -Sie neigte ihr Haupt auf die gefalteten Hände, und wimmerte, leise -schluchzend. Da traten die mit schwarzem Krepp umflorten Träger -ein, und verschlossen den Sarg. Einen Blick noch warf sie auf die -Entschlafene, einen Blick der Liebe, der Verzeihung und des Friedens; -und der Gott, der den schuldlosen Kindern das Himmelreich verheißet, -und in seinem unerforschlichen Willen von seinen Auserwählten oft der -Prüfung schwere Opfer fodert, schenkte ihrem Herzen wohlthätige Thränen -und sanften Trost. - - * * * * * - -Mit einem spanischen Schiffe, das einige Wochen später nach dem Hafen -von Calao[52] abging, hatte Hulda den Tod der Mutter deren Schwester, -der Tante Sophie in Lima berichtet, sie von ihren Verhältnissen zu -Alonso in Kenntniß gesetzt, und sie zugleich um die Aufschlüsse über -der Mutter unerklärliche Abneigung gegen letztern gebeten. - - * * * * * - -Der Kummer über den Verlornen; der Schmerz, daß die erste Freundinn -ihres Herzens, ihre Mutter, ein Bündniß nicht gebilliget hatte, in dem -Hulda ihr ganzes Lebensglück zu finden meinte; die zweitausend Meilen -weite Trennung von dem Treugeliebten; der sich täglich mehr begründete -Zweifel eines möglichen Wiedersehens; das heimliche Spötteln mancher -werthlosen Menschen; die heimtückische Rachsucht der Makler-Familie, -die sich freute, das unglückliche Mädchen auf alle ersinnliche Art zu -kränken; das lange vergebliche Harren auf eine endliche Nachricht von -ihm und der Tante -- Alles dieß nagte zerstörend an Hulda’s frischer -Jugendkraft. Sie verlor allen Reiz am Leben, zog sich aus allen -gesellschaftlichen Kreisen, mied alle Zerstreuungen, und lebte nur -ihrem stillen Kummer und der Erinnerung der seligen Stunden, die ihr in -Alonso’s Nähe vom Geschick, nur viel zu spärlich, zugemessen gewesen -waren. - -Einem reinen, zartfühlenden Mädchen ist kein Gift gefährlicher, als das -des Grams der Liebe. Wie schmerzlich hatte dieses hier gewüthet! Die -schöne Knospe, sie war geknickt. Verwelkt waren Blätter und Zweige; -verdorrt der Saft des Lebens! - -Ich kannte Hulda’s Lage, und meine herzliche Theilnahme erwarb mir ihr -freundliches Wohlwollen. - -Sie sprach, wenn sie mit Gustchen, ihrer vertrautesten Freundinn allein -war, gern von Alonso, -- aus der geheimsten Tiefe ihrer Seele schien -dann immer noch ein schwacher Strahl der Hoffnung aufzublitzen, daß -eine Verbindung mit dem Geliebten ihres Herzens doch möglich sey. - -Ihre blasse Wange röthete sich dann ein wenig, und das thränenmüde Auge -blickte mit wehmüthigem Lächeln in die Zukunft. Sie glich der Sonne -am frühen Herbstabend, die, hinter trüben Wolken hinabsinkend, noch -einmal der Erde den freundlichen Scheideblick zuwirft. In ihrem großen, -geistvollen Auge lag ein Himmel voll Seligkeit, und wenn sie vom Herzen -zum Herzen sprach, glaubte man eine Heilige der christlichen Vorwelt zu -hören, so demüthig war ihr Sinn, so gottergeben ihr engelreines Gemüth, -so vorbereitet ihre Seele auf das Jenseit, dem sie, durch Vollendung -ihres edlen Selbst, entgegen reifte. Nur wenn die Rede auf ihn kam, an -dem ihr Herz mit unaussprechlicher Liebe hing, trat die Anhänglichkeit -an das Irdische mit all ihrem Zauber wieder vor; sie erschrak dann -über die kalte Hand des Todes, die ihr den Blüthenreiz der Jugend so -grausam abgestreift, das frische Purpurroth auf ihrer Lilienwange in -kranke Leichenblässe gewandelt, und des Fleisches kräftige Frische -so unerbittlich gewelkt hatte. Ihr Lieblingsaufenthalt war auf dem -Balkon; wer die süßeste Sehnsucht der Liebe mahlen wollte, mußte dieß -Mädchen sehen, wenn es oft Stunden lang, unverwendeten Blickes, in das -unermeßliche Weltmeer schauete; und dann, heimlich vor sich hin, die -Augen voll Wasser, den Kopf schüttelte, und leise sagte: er kömmt immer -noch nicht. - - * * * * * - -Endlich, nach vierzehn langen Monaten, trafen Briefe von der Tante -Sophie ein. - -Der Mutter Wille, schrieb diese unter andern: ist, wie Du mir sagst, -daß ich Dir das dunkele Räthsel löse, das der Unglücklichen Leben bis -zur letzten Stunde trübte, und Dir, meine theure Hulda, alle Deine -Hoffnungen, all’ Dein Glück, unwiederbringlich vernichtet hat. - -Ich erfülle diesen Willen mit schwerem Herzen, weil ich des -Unerforschlichen Wege, auf denen sich Folgen an Ursachen in ewiger -Kette fortreihen, hier so sichtbar gezeichnet finde, daß ich alle -Menschen laut und dringend beschwören möchte, jeden ihrer Schritte, -jede ihrer Handlungen, und alles, was der Natur der Dinge nach, daraus -entstehen muß, prüfend zu berathen, um seine Seele nicht mit Vorwürfen -zu belasten, die keine Macht der Welt von uns zu nehmen vermag. - -Antoinette ward, in der Blüthe ihrer Jahre, von einem jungen Manne -geliebt, der ihren Reizen und ihren Tugenden mit unbeschreiblicher -Leidenschaftlichkeit huldigte. Selbst ohne Vermögen, bot er, in -leichter Hoffnung auf künftiges Glück, und ohne zu überrechnen, was zur -Führung eines auch nur mittelmäßigen Hausstandes unentbehrlich nöthig -ist, dem Mädchen seines Herzens die Hand; unsere Eltern aber, wie die -seinigen, konnten diesen raschen Schritt nicht billigen, und empfahlen -dem Heirathlustigen, die Verbesserung seiner Lage abzuwarten, die ihm, -bei seinen Kenntnissen, mit der Zeit nicht entstehen könne. - -Man hielt die Trennung beider Liebenden für das zweckmäßigste Mittel, -ihn von allen Zerstreuungen abzuhalten, um sich desto bestimmter seinem -Berufe widmen, und die Begründung seiner künftigen Selbständigkeit -desto ungestörter bewirken zu können. - -Er verließ, unter den heiligsten Schwüren ewiger Treue, unser -Frankfurt, und ging nach Hamburg, um auf dem Comptoir eines der ersten -dasigen Häuser zu arbeiten. Mangel an festen Grundsätzen, rasches -Temperament, und Gelegenheit -- wie viele junge Männer unsrer Zeit -mögen diesen verführerischen Dämonen ihres Lebensglücks sich nicht -schon in die Arme geworfen haben, ohne die Folgen ihrer Unbesonnenheit -zu berechnen -- Ein junges, unerfahrnes Mädchen von gutem Herkommen, -wohnt mit ihm in einem und dem nämlichen Hause; sie sehen sich -täglich; ihr beiderseitiger Umgang wird vertrauter, und der Mann, der -vor wenigen Monaten noch, zu Antoinettens Füßen die Reinheit seiner -Liebe mit tausend Eiden bekräftigte, mußte, um die Gefallene nicht -dem Spotte der Welt Preis zu geben, mit ihr flüchten. In Mexiko gebar -sie Alonso, und starb vor Gram über ihren Leichtsinn, der sie aus dem -Kreise ihrer achtbaren Familie in einen fremden Erdstrich bannte, worin -sie sich arm und verlassen fühlte und, nachdem der erste Rausch der -Leidenschaft verflogen war, sich von dem nicht mehr geliebt sah, dem -sie alles geopfert hatte. Alonso’s Vater machte seine Talente bald -geltend; wer hier Thätigkeit mit Umsicht verbindet, +muß+ sein -Ziel erreichen; das Glück war dem Manne, der sich nun mit rastlosem -Eifer in die Geschäfte warf, vorzüglich günstig, und so hinterließ er -seinem eingebornen Sohne ein Vermögen, welches, selbst nach hiesigem -Maßstabe, zu den bedeutendern gehört. Seinen deutschen Namen, Schmalz, -hatte er, wahrscheinlich um unentdeckt zu bleiben, oder weil die sechs -Consonanten in Einer Sylbe, dem spanischen und indischen Munde seiner -Geschäftsverbündeten und Untergebenen unaussprechbar waren, in das -Spanische übersetzt, und sich daher Mantequilla genannt; oft schon -hatte ich von dem reichen Mantequilla in Mexiko gehört, ohne zu ahnen, -daß dieß der Unbesonnene sey, der meiner Antoinette das Herz gebrochen -hat. - -Auf diese hatte seine Treulosigkeit einen furchtbaren Eindruck -gemacht. Sie war von dem Augenblicke an, da sie die Nachricht seiner -Flucht hörte, wie umgewandelt; sonst die fröhliche Unbefangenheit, -die Gutmüthigkeit, die Liebe selbst, ward sie kalt und verschlossen; -sie haßte das Leben und seine Freuden; in ihrem Innern gährte eine -Säure, eine Bitterkeit, die sie gegen alle Menschen immer mehr und mehr -verfeindeten; ihre Vernunft nur und ihr Pflichtgefühl, zügelten ihren -heimlichen Ingrimm gegen die ganze Welt; sie glaubte an keine Eide -mehr; sie hielt das ganze Menschengeschlecht für entwürdiget. - -Dein Vater, von dem Reize ihrer blendenden Schönheit hingerissen, -warb um ihre Hand; er ward von allen seinen Freunden gewarnt; allein -der joviale Mann hielt ihre Kälte für Tiefe des Gemüths; ihre -Zurückgezogenheit für Folge ihrer bisher eingeschränkten Lebensweise; -ihre Bitterkeit, für Witz. Sie gab ihm ihre Hand ohne Liebe; sie gab -sie ihm, weil es unsere Aeltern wünschten, weil sie jede ihrer Wünsche -als unwiderrufliches Gesetz ansah, und weil sie jede ihrer Pflichten -mit einer Strenge gegen sich selbst erfüllte, die an Märtyrerwahn -gränzte. Es that ihr wohl, sich dem älterlichen Willen zum Opfer -zu bringen; ihr Leben hatte, nach ihrer trüben Ansicht, doch nun -wenigstens +einen+ Zweck gehabt. - -Es gibt, für den Mann von Gefühl, kein entsetzlicheres Loos unter dem -Monde, als mit einer Gattinn verbunden zu seyn, die ihm, aus mehreren -bewegenden Nebenumständen, nur nicht aus dem Drange ihres Herzens, -ihre Hand gegeben. Antoinette erkannte alle Bemühungen Deines Vaters, -ihr das Leben angenehm zu machen, sich in ihre unermüdlichen Launen -zu fügen, und ihr Beweise seines herzlichsten Wohlwollens, seiner -innigsten Liebe zu geben, an; aber sie konnte ihm dafür nichts, als -bloßen Dank wiedergeben; sie haßte sich darüber selbst; sie klagte, in -jedem ihrer Briefe, sich deßhalb selber an; die engelgleiche Schonung, -mit der Dein Vater ihr zurückstoßendes Benehmen trug, und gegen andere -sogar entschuldigte, drückte sie noch tiefer nieder; sie setzte sich -in ihren schwermüthigen Selbstbetrachtungen zusammen, daß sie ihm und -andern eine Last sey, und zerfiel so mit dem innern Glauben an sich -und ihren Werth immer mehr. Eine sonderbare Frömmelei, der sie sich, -nach ihren Briefen, besonders in der spätern Zeit, hingegeben zu haben, -und in der sie, wie aus mehreren ihrer Aeußerungen hervorging, von -einem dortigen mit ihr befreundetem Hause, bestärkt zu werden schien, -dämpfte ihre zuweilen rege werdenden Bemühungen, sich aus sich selbst -heraus zu reißen, noch mehr. Sie hielt jede Widerwärtigkeit für eine -ausdrückliche Schickung Gottes, welcher die züchtige, die er lieb -habe, und fügte sich zur Duldsamkeit der strengsten Büßerinnen unsrer -christlichen Vorzeit. Ewig und ewig wühlte aber das Andenken an die -Wehthat des Meineidigen, in ihrem tausendfach zerrissenen Herzen. Ach -könnten die Männer das Unermeßliche der Liebe ahnen, das im keuschen -Busen der Jungfrau so allmächtig wogt, sie würden die ungeheure Qual -verstehen, die eine solche Liebe leidet, wenn sie betrogen wird! -Verdamme nicht Deine unglückliche Mutter, wenn sie, -- diese brennende -Qual mehr denn zwanzig Jahre im gewaltsam verschlossenen Herzen, in -der Stunde des ersehnten Todes, Alonso erkennend, -- den wortbrüchigen -Vater verfluchte! Es liegt in diesem Fluche etwas so schauderhaft -Gräßliches, daß mir die Sinne vergingen, als ich ihn las. Hörten ihn -doch alle, die sich eines gleichen Verbrechens schuldig wissen! - -Deine Briefe, meine Hulda, bestimmten mich zu einer Reise nach Mexiko. -Nach meiner festen Ueberzeugung galten die grausenden Verwünschungen -der Sterbenden nicht dem schuldlosen Sohne, sondern der Sünde des -Vaters. Alonso’s Aehnlichkeit mit diesem hatte der Unglücklichen, die -auf der furchtbaren Schauerbrücke zwischen dieß und jenseits stand, wo -alle Sehnen, alle Nerven, alle Fibern im Kampfe mit dem wüthenden Tode, -bis zum Zerspringen gereizt, wo ihre Sinne krampfhaft zerrüttet, wo die -unsichtbaren Bande zwischen Seele und Körper, von der erbarmunglosen -Parze schon halb zerschnitten waren, jene Aehnlichkeit, sage ich, hatte -in diesem entsetzlichen Augenblicke, ihrer verworrenen Phantasie das -Bild des Treulosen wie mit einem Zauberschlage vorgeführt; dem Jahre -lang, unter der Gewalt der Vernunft erlegenen Herzen entstürzte fest -das bitterste aller Gifte, das Gift gekränkter Liebe. Das Recht, was -sie sich anmaßte, den Vater im Sohne noch zu hassen, ist ein Beweis -ihres Wahnsinns mehr. Ihr frommer Geist war schon von ihr gewichen; -diese Aeußerung war nur die letzte Zuckung ihres verblutenden Herzens. -Nur einen lichten Augenblick hätte sie noch haben dürfen, nur der -ernsten Zusprache eines verständigen Freundes hätte es bedurft, und -jene unseligen Worte wären über ihre Lippen nicht gekommen, oder von -ihr, mit ihrem milden christlichen Sinne, widerrufen worden. - -Im Plane der Vorsehung hat es anders gelegen! Jene Sünde des Vaters -hat den schuldlosen Sohn zum Opfer gefordert. - -Bereite Dich vor, meine Hulda, das Schmerzlichste zu hören. - -Ein Schwarzer empfing mich und meinen Gatten in Alonso’s fürstlichem -Palaste. - -Auf unsere Frage nach seinem Herrn, brach der Mann in sanfte Thränen -aus. Nur zu seiner Ruhestätte kann ich Euch geleiten, entgegnete er, -mein edler Herr ist todt! - -Hulda, halte fest an Gott und seinen Glauben! Alonso ist in der Blüthe -seines Lebens, in des Todes kalte Arme gesunken. - -Wenige Tage nach seiner Abfahrt aus Euerm Hafen, hatte ihn, wie der -Neger erzählte, ein hitziges Fieber befallen. Der Steuermann, der -Bootsmann, der Guardian, alle bitten ihn, zurückzukehren; er aber -besteht auf der Fortsetzung der Fahrt; nach zwei langen Monaten fängt -die Kraft des Rüstigen endlich an, sich allmählig wieder zu regen; -alles preis’t Gott, der ihn, ohne ärztliche Hülfe wieder genesen ließ; -nur ihm macht die Rückkehr in das Leben keine Freude; er, sonst der -Lebendigste, der Heiterste auf dem Schiffe, sitzt in sich gekehrt -und still, mit dem Gesichte nach Europa gewendet; spricht kein Wort, -ist weich wie ein Kind, und hat oft heiße Thränen im Auge. Der Pilot, -ein verständiger Mann, naht sich ihm mit bescheidener Frage nach der -Ursache seines Kummers, glaubt, daß er körperlich leide, und bitter, -seinen Cours auf die zunächst liegende Insel richten zu dürfen, um da -für seine Gesundheit besser sorgen zu können; Alonso aber reicht ihm -freundlich dankend die Hand, bittet, die Fahrt nach Vera-Cruz möglichst -zu beschleunigen, behauptet, daß ihm auf dieser Welt Niemand helfen -könne, setzt späterhin sein Testament auf, und übergibt es, für den -Fall seines Todes auf der See, gedachten drei Schiffsoffizieren mit den -gewöhnlichen Förmlichkeiten. - -Ein anhaltender, sehr bedeutender Sturm, der das Schiff mehrere -hundert Meilen verschlägt, und die angreifendsten Anstrengungen -nöthig macht, deren sich Alonso, um die Mannschaft zu retten, Tag und -Nacht unterzieht, bewirken in seiner Krankheit einen gefährlichen -Rückfall. Seine Kräfte schwinden immer mehr, und nur mit Mühe gelingt -es ihm, kaum noch lebend nach einer höchst mühvollen Fahrt, im Hafen -von Vera-Cruz, endlich an das Land zu setzen. Man bringt ihn in das -benachbarte Xalappa[53], das eine gesündere und angenehmere Lage hat, -als Vera-Cruz selbst; allein er dringt darauf, nach Mexiko geschafft zu -werden; die erdrückende Hitze auf den Dünen[54], über die ihn, in einem -Ruhebette, seine treuen Sclaven tragen, verschlimmert seine Krankheit, -und kaum in Mexiko angelangt, verscheidet er nach kurzem Leiden. - -Sein letztes Wort war Dein Name, meine unglückliche Hulda. An Dich -sind die Zeilen gerichtet, die er am Bord der Antoinette geschrieben, -und unter Deiner Adresse versiegelt hinterlassen hat, und die mir, da -ich mich als Deiner Mutter Schwester auswies, zur Weiterbeförderung -an Dich, ausgehändigt worden sind. Alonso muß ein sehr edler Mensch -gewesen seyn. Er hat im Testamente seinen sämmtlichen Sclaven die -Freiheit geschenkt, und sie mit Mitteln zur Rückkehr in ihre Heimath -versehen. Ganz Mexiko rühmt ihn, als ein Muster von Sittenreinheit; der -Ruf seiner Tugend, seiner Kenntnisse und seines Wandels hat ihm die -Liebe und Achtung der ganzen Stadt gewonnen, und ein recht rührender -Beweis der zarten Anhänglichkeit seiner Umgebungen war, daß uns alle -Personen im Hause, als wir nach seinem Grabmal wandelten, schweigend -Hand und Fuß küßten, als wollten sie uns für die letzte Ehre danken, -die wir ihrem angebeteten Herrn erwiesen. Das Monument, unter dem seine -Hülle ruht, ist ein einfacher Würfel von weißlich grauem, sehr schön -geschliffenen Granit. Es liegt unfern der Stadt, auf dem Hügel von -Toatihuacan, zwischen den majestätischen Trümmern der, den indischen -Göttern, dem Monde und der Sonne, geweihten Pyramiden, in der Mitte -eines heiligen Palmenhains, rings umgeben von einem Kranze frisch -gepflanzter brennender Liebe. Wir knieten, vom Dunkel der stillen -Friedens-Palmen umschattet, am Grabe nieder, und beteten für Alonso und -für Dich. -- - -Alonso’s mit schwacher Hand geschriebene Zeilen lauten also: - -Meine ewig einzige Hulda! Nur, wenn ich hinüber gegangen bin in die -Gefilde der Seligen, empfängst Du dieses Blatt. Ruht Dein Auge also -darauf, so bin ich schon drüben in dem Lande des Friedens, in dem keine -Täuschung mehr gilt, in dem nur die Wahrheit und das Recht dem Throne -des Allmächtigen zur Seite stehen. - -Ich habe eine schwere Krankheit überstanden; meine Leute glauben -mich genesen, aber ich fühle, daß meiner Stunden nur wenige noch -sind. Erinnert an meine Sterblichkeit, habe ich meinen letzten Willen -aufgesetzt, Kraft dessen Du die alleinige Erbinn dessen bist, was die -Menschen zeitliches Glück nennen. Danke mir dafür nicht, denn es war -seit dem Augenblicke, als Du mir Deine Hand gabst, ja schon Dein. Das -Testament selbst, das gleich nach meiner Landung unserm Alcalde Mayor -wird eingehändigt werden, bedarf, nach unserm Gesetz, die Bestätigung -des Vicekönigs, für deren Bewirkung die nöthige Sorge getragen werden -soll. - -Ich mag und kann nicht mehr leben. Ohne Dich, meine angebetete Hulda, -hat die ganze Welt keinen Werth für mich. Zwischen uns hat sich der -Fluch der sterbenden Mutter, wie ein glühender Markstein gestellt. Der -Geächtete, der Verfluchte konnte Dir nie seine Hand bieten! Es ist -mir gewesen, als wäre mein Gehirn aus dem Schädel gebrannt, denn ich -habe den Gedanken, Dich, Dich meine Hulda, auf diese Weise aufgeben zu -müssen, nicht fassen können. - -Im Wahnwitz des hitzigen Fiebers, an dem ich krank lag, war mir am -wohlsten. Da hielt ich Dich noch für mein; da spann ich mir die -Sekunde, die ich mit Dir lebte, zu Tagen aus; jedes Wort, jeder Blick, -jedes Lächeln von Dir, Du alleiniger Engel meines Lebens, war mir -gegenwärtig, und in meiner glücklichen Einsamkeit störte mich nichts, -als das Toben der Wellen, die sich an den Seiten meines Dreimasters -schäumend brachen. Ich sprach, ich kos’te mit Dir; ich sog aus Deinen -Augen, von Deinen Lippen, aus Deinen tausendfachen Reizen das Süßeste -der Liebe. - -Nach und nach verflogen meine Fieberträume; ich kehrte in das -schauerkalte, der Verzweiflung heimgefallene Leben zurück, und bin -unterdessen tausend Meilen von Dir weggekommen. Sonst, Du in diesen -meinen Armen, an dieser meiner Brust! -- jetzt -- ein halbes Weltmeer -zwischen uns! -- Ich sehe und sehe, aber mitten auf dem unermeßlichen -Ozean erspähe ich nichts, als Himmel und Wasser, Dunst und Nebel; dieß -armselige Gewand unsers ganzen Erdballs begränzt mir den Blick nach -Deinen Küsten, und meine Einsamkeit ist fürchterlich, weil sie ewig -ist. Ich kann mit glühender Sehnsucht hinabblicken in den Abgrund des -Meeres, denn nur mit meinem Tode hört mein Unglück auf. - -Jenseits sollen die in Gott Entschlafenen sich wieder finden! Hast -Du dieß Blatt in Deinen Händen, so habe ich, wenn jene wohlthuende -Hoffnung des himmlischen Wiedersehens kein leeres Trostwort unsers -Glaubens ist, und Deine Mutter unterdessen den letzten Todeskampf auch -überstanden hat, sie gefunden, und bin von ihr jener Unheil bringenden -Verwünschung entlastet worden. Ich bin dann rein von aller Sünde, auch -von der, die aus falscher Ansicht mir aufgebürdet wurde, und Du kannst -und darfst an mich denken, ohne mit Deinem engelreinen Herzen Dich -meiner zu schämen! - -Weine um mich nicht, Hulda. Ich fürchte den Tod nicht, und wenn Du -diese Zeilen liesest, habe ich ja den letzten Kampf schon glücklich -gekämpft. Die Trennung von Dir, meine einzige geliebte Hulda, war mir -wahrhaftig schwerer, als mir die vom Leben werden kann. Nun Du mir -fehlst, fehlt mir alles. Athemholen und Essen und Trinken heißt noch -nicht Leben. Ehe ich Dich kannte, liebte ich neben Gott meinem Herrn, -meiner Neger sanfte Gottheiten, den Mond und die Sonne. Seit Dich mein -Auge sah, vergaß ich beide, denn beide, die alles belebende Kraft der -Sonne, und die stille Milde des freundlichen Mondes, fand ich in Dir -wieder. Nun ich Dich nicht mehr sehen kann, mag ich auch die Götter -meiner Neger nicht; nur nach des Grabes Dunkel sehnt sich mein müdes -Herz. - -Lebe wohl, meine Treugeliebte! behalte die Ueberzeugung fest, daß der -Fluch Deiner Mutter mich unschuldig traf. Du warst meine erste, meine -einzige Liebe. Schuldlos wie das Kind, das in der frühesten Jugend -der himmlische Vater zu sich ruft, scheide ich aus diesem Leben. Die -Gluth der Liebe, die von Deinen zauberischen Reizen angefacht, in -meinem Herzen mit Riesengewalt empor loderte, sie soll nur im engen -finstern Grabe, oder wenn ich auf der See noch sterbe, nur in der -unergründlichen Tiefe des großen Weltmeeres erkalten. -- Dir meine -Hulda -- das Laster des Neides ist dem Sterbenden fremd -- Dir gebe -ich Dein Gelöbniß der Treue hiermit feierlich zurück. Findest Du einen -Mann Deiner Liebe werth, so reiche ihm Deine Hand, und sey mit ihm -glücklich. Vergiß meiner nie, und bete für das Heil meiner Seele. - -Weiter hatte Alonso, vermuthlich wegen Körperschwäche, nicht schreiben -können; die letzten Worte waren ohnehin schon fast ganz unleserlich. -Hulda reichte leichenbleich die Blätter dem Vater. Sie war vom Schreck -so durchbebt, daß sie kein Wort sprechen konnte; ein Schauer jagte nach -dem andern ihr durch Mark und Blut, sie zitterte an allen Gliedern, und -das starre Auge netzte keine Thräne. - -Ich konnte, sagte sie endlich nach langer Weile, ihre -Leichtgläubigkeit sich selbst verweisend, mit erschütternder Kälte: ich -konnte noch hoffen, und die Mutter hatte mir in jenem Wolkenbilde doch -schon seinen Grabstein gezeigt! Weißlich grau war damals das Gestein, -und daß jener schreckliche Spiegel meiner Zukunft nicht lüge, schleifen -sie den Würfel, der auf seinem Grabe ruht, von weißlich grauem Granit! - -Mehr sprach sie keine Sylbe; sie ging, wie im Traume, nach dem -Garten-Saal, und trat auf den Balkon. Da erst, als sie in die Gegend -hinschaute, in die er gesegelt war, ohne je wieder zurückzukommen, trat -ihr das Wasser in die Augen, da erst fand das schwer belastete Herz -Erleichterung durch sanfte Thränen. - -Ich will, sagte sie, und reichte dem Vater wehmüthig die Hand: mit der -Vorsehung nicht hadern; ich will nicht murren! aber womit habe ich -dieses entsetzliche Loos verdient? Was habe ich gegen den Allgerechten -verbrochen, daß ich dieser Strafe werth wäre? Für meinen Verlust ist -hienieden kein Ersatz denkbar; mißbillige daher, mein armer Vater, -mißbillige es nicht, wenn ich meinen Gott im Himmel bitte, mich bald -von hier abzurufen. Drüben soll ich ihn ja wieder sehen, dort darf -ich ihn ja lieben. Einen Vortheil, ja einen habe ich aus meinem -unermeßlichen Unglück gerettet, den Vortheil des leichten Todes. -Die letzte Stunde dieses freudenleeren Lebens -- wann schlägt sie -mir? Andere schaudern ihr entgegen, mir ist sie das Einzige, wornach -ich mich hier noch sehne. Allgütiger, ende bald mit mir. Sie sah -noch einmal über das Meer hinüber, sie lispelte leise: Mein Alonso, -schlummere im Schatten Deiner Friedenspalmen sanft und ruhig. Deine -brennende Liebe nehme ich mit in meine Gruft. Noch einen Blick -- es -war der letzte -- warf sie rund um auf Land und Meer, verließ, sanft -weinend, ihren Lieblingsplatz, den Balkon, und hat ihn nie wieder -betreten. - -Denselben Abend noch -- dieß zarte Gemüth konnte die ungeheure Last -eines solchen Schmerzes nicht lange ertragen, der Gram zerfraß diese -noch nicht einmal ganz entfaltete Blüthenknospe mit eiliger Gier -- -denselben Abend noch mußte sich Hulda legen; sie sandte nach Gustchen -und deren Bräutigam; sie fühlte das allmählige Verrinnen ihrer -Lebenskraft, und freute sich der Gewißheit dieses Gefühls. Sie sandte -zu der Familie, die durch heuchlerische Frömmelei Einfluß auf die -Mutter gehabt, und dadurch wohl manches Unheil gestiftet hatte, und -ließ ihr sagen, daß sie ohne Groll von hinnen scheide; sie ordnete ihr -Begräbniß an, und bat um das heilige Abendmahl. - -Es war Mitternacht, als der Prediger, der nämliche, der Hulda getauft, -der sie confirmirt hatte, und der von ihr im Stillen schon bestimmt -gewesen war, den Bund ihrer Liebe mit Alonso vor dem Traualtar -einzusegnen, an ihr Lager trat, um ihr das letzte Mahl der Liebe und -Versöhnung zu reichen, und der Kirche Segen ihr in das dunkle Reich des -Todes mitzugeben. - -Die Umstehenden knieten an ihrem Bette nieder; sie reichte ihnen allen -die Hand, als wolle sie Abschied von ihnen nehmen, um dann die letzten -Augenblicke ihres Lebens ungestört sich allein zu gehören, und nahm -nun mit unbeschreiblicher Rührung, aus der Hand des Dieners Christi, -eines ehrwürdigen alten Mannes, das Mahl, das der zu seinem Gedächtniß -einsetzte, der den Menschen die reinste Liebe und den Leidenden -das höchste Bild der frommen Duldung war, der in der strengsten -Pflichterfüllung unser Aller Meister ist, und der den Sterbenden -seine schützenden Engel mit dem Freudenlichte seines Worts und seiner -Hoffnungen entgegen sendet, daß sie die Gläubigen sicher geleiten durch -das Dunkel der langen Todesnacht. - -Vor dem Hause hob jetzt das Schülerchor, mit gedämpfter Stimme, das -fromme Lied: +Jesus meine Zuversicht+, an; der Geistliche segnete -sie zur ewigen Ruhe ein, und noch hatte das Lied nicht geendiget, als -Hulda, des Lebens müde, ihr Haupt neigte, und lautlos, ohne Schmerz und -ohne Klage hinüber schlummerte in das Reich der Seligen. -- Noch ein -leiser Seufzer, und die Engelreine hatte vollendet. - -Die Glocken der Stadt schlugen Eins. +Ihr+ dämmerte der Morgen der -ewigen Verklärung. - -Auguste, ihre treueste Freundinn, drückte ihr die Augen zu -- Alonso’s -letztes Andenken, die brennende Liebe schmückte Hulda’s Brust im Sarge. - -Auch ihr Grab deckt ein großer Würfel von geschliffenem Granit; statt -der nur in Alonso’s Heimath, im Freien gedeihenden Palmen, beschatten -Trauerweiden ihre Gruft. -- - -Sie ruhe in Frieden! - - * * * * * - -Uns allen aber einst solch einen sanften Tod. - - - - - Gedruckt in der Gerlachischen Buchdruckerei. - - - - - Bei der +Arnoldischen+ Buchhandlung in Dresden sind folgende - schöngeistige Schriften erschienen und um die beigesetzten Preise - durch alle Buchhandlungen zu bekommen: - - - Abendzeitung, herausgegeben von Th. Hell u. Fr. Kind, auf das Jahr - - 1817. 6 Thlr. - 1818. 6 Thlr. - 1819. 6 Thlr. - 1820. 6 Thlr. - 1822. 6 Thlr. - 1823. 9 Thlr. - - A. Apel, die Aitolier. Tragödie m. K. 1 Thlr. - -- -- Kunz von Kauffung. Trauerspiel. 20 Gr. - - Das Gespenst. Drei Erzählungen von Fr. Laun, Fr. Kind und G. - Schilling. 1 Thlr. 6 gl. - - Der Mantel. Drei Erzählungen v. Fr. Laun, K. Streckfuß und G. - Schilling. 1 Thlr. 6 gl. - - Ich und meine Frau. Drei Erzählungen von Fr. Laun, W. A. Lindau - und G. Schilling. 1 Thlr. 6 gl. - - H. Clauren. Lustspiele. 2 Thle. 1818. 2 Thlr. 6 gl. - -- -- Scherz und Ernst. 10 Theile. 10 Thlr. - -- -- des Lebens Höchstes ist die Liebe. 2 Thle. 1822. 2 Thlr. - -- -- Das Pfänderspiel. 1820. 1 Thlr. 6 gl. - -- -- Der Vorposten. Schauspiel. 1821. 16 gl. - -- -- Das Vogelschießen. Lustspiel. 1822. 21 gl. - -- -- Der Liebe reinstes Opfer. 1821. 18 gl. - -- -- Rangsucht und Wahnglaube. 1821. 22 gl. - -- -- Liesli und Elsi, zwei Schweizergeschichten. 1821. geb. - 1 Thlr. 8 gl. - -- -- Das Schlachtschwert. Eine Erzählung. 1821. 18 gl. - - C. W. Contessa. Erzählungen. 2 Theile. 1819. 2 Thlr. - - Th. Hell, Bühne der Ausländer. 3 Bde. 3 Thlr. 6 gl. - -- -- Lyratöne. 2 Thle. m. K. 1821. 2 Thlr. - - E. v. Houwald, Erzählungen. 1819. 1 Thlr. 4 gl. - - Fr. Laun, der wilde Jäger. 1820. 1 Thlr. 6 gl. - -- -- Welcher? Drei Erzählungen verwandten Inhalts. 1821. - 1 Thlr. 3 gl. - - W. A. Lindau, Lebensbilder. 2 Thle. 1816. 1 Thlr. 12 gl. - -- -- -- Die Braut. Ein Gemälde nach W. Scott. 3 Thle. 1822. 2te - Aufl. 3 Thlr. - -- -- -- Eduard, nach Walter Scott. 4 Thle. 1822. 4 Thlr. - 18 gl. - -- -- -- Das Herz von Mid-Lothian, nach W. Scott, 1r, 2r Thl. 1822. - 2 Thlr. - -- -- -- Erzählungen nach Washington Irwing, a. d. Engl. 1822. - 21 gl. - -- -- -- Anastasius, Abenteuer eines Griechen. Nach dem Engl. - 2 Thle. 1822. 2 Thlr. 16 gl. - dessen 3r Theil. 1823. 1 Thlr. 8 gl. - - R. Roos. Gedichte. 1820. 1 Thlr. - deren 2r Theil. 1823. 1 Thlr. 3 gl. - -- -- Erzählungen. 1820. 1 Thlr. 3 gl. - - Salomon, Parabeln. 1819. 1 Thlr. - - St. Schütze, Heitere Stunden, 1r Theil. 1821. 1 Thlr. 3 gl. - deren 2r Thl. 1822. 1 Thlr. 3 gl. - - K. Streckfuß, Erzählungen. 1812. 1 Thlr. - - Taillefas, Schreckensscenen aus dem Norden. 1820. 1 Thlr. - - C. F. van der Velde, Erzstufen. 3 Thle. 1819. 2 Thlr. 18 gl. - -- -- -- -- Prinz Friedrich. 1820. 1 Thlr. 12 gl. - -- -- -- -- Die Eroberung von Mexiko, 3 Thle. 1821. 3 Thlr. - -- -- -- -- Der Maltheser. 1822. 1 Thlr. 12 gl. - -- -- -- -- Die Lichtensteiner. 1822. 1 Thlr. - -- -- -- -- Die Wiedertäufer. 1822. 1 Thlr. 3 gl. - -- -- -- -- Die Patrizier. 1823. - -- -- -- -- Arwed Gyllnstierna. 2 Theile 1823. - - Die erste Sammlung der Schriften von Gustav Schilling besteht - aus 50 Bänden, welche im Ladenpreise 50 Thlr. kosten. Um aber - den Freunden einer neuen Sammlung den Ankauf der frühern zu - erleichtern, geben wir solche für 33 Thlr. Sächs. Cour., wofür sie - durch alle solide Buchhandlungen zu erlangen ist. - - Es sind in jener Sammlung enthalten: 1) das Weib wie es ist. 3te - verb. Aufl. 2. 3. 4.) Die Ignoranten. 3 Thle. 3te verb. Aufl. 5. - 6. 7. 8.) Der Liebesdienst. 3 Thle. 9. 10.) Die schöne Sibille. 2 - Thle. 3te verb. Aufl. 11.) Bagatellen v. Z. Kukuck. 2te verb. Aufl. - 12. 13. 14. 15.) Erzählungen. 4 Thle. 16. 17. 18.) Geschichten. 3 - Thle. 19. 20. 21.) Irrlichter. 3 Thle. 22. 23.) Abendgenossen. 2 - Thle. 2te verb. Aufl. 24.) Das Orakel. 25. 26.) Laura im Bade. 2 - Thle. 27.) Der Beichtvater. 2te aus 2 in 1 Bd. gedrängte Aufl. 31.) - Die Wunderapotheke. 32.) Der Weihnachtabend. 2te verb. Aufl. 33.) - Die Neuntödter. 34.) Die Geister des Erzgebirges. 35. 36.) Flocken. - 2 Thle. 37. 38.) Gottholds Abenteuer. 2 Thle. 2te verb. Aufl. 39.) - Wallmann der Schütze. 40.) Die Nachwehen. 41.) Freudengeister. 42.) - Die Bedrängten. 43. 44.) Der Roman im Romane. 2 Thle. 2te verb. - Aufl. 45.) Die Heimsuchung. 46.) Blätter aus dem Buche der Vorzeit. - 47.) Orangen. 2te aus 2 in 1 Bd. gedrängte Aufl. 48.) Flämmchen. - 49.) Die Versucherinnen. 2te verb. Aufl. 50.) Das Teufelshäuschen. - - Die zweite Sammlung erscheint in Lieferungen zu 5 Bänden, welche im - Ladenpreise 5 Thlr., gegen Vorausbezahlung aber nur 4 Thlr. kosten. - - In der ersten Lieferung sind enthalten: 1.) Der Mann wie er ist. - 2te verb. Aufl. 2. 3. 4.) Verkümmerung. 3 Thle. 5.) Heimchen. 6. - 7.) Stoffe. 2 Theile. 8. 9. 10.) Die Familie Bürger. 3 Theile 1820. - - In der zweiten: 6. 7.) Stoffe. 2 Thle. 8. 9. 10.) Die Familie - Bürger. 3 Thle. - - In der dritten sind enthalten: 11. 12. 13.) Wallows Töchter. 3 Thle. - 1821. 3 Thlr. 6 gr. 14. 15.) Zeichnungen. 2 Thle. 1 Thlr. - 18 gl. - - In der vierten: 16. 17.) Wolfgang. 2 Thle. 2 Thlr. 6 gr. 18. 19. - 20.) Häusliche Bilder. 3 Theile. 1822. 2 Thlr. 18 gr. - - -Arnoldische Buchhandlung. - - - - -FUSSNOTEN: - -[1] Eine Art großer Heidelbeeren (~vaccinium macro carcon~) in der -Gegend von Buffalo-Creek zu Hause. - -[2] Die nördlichste Niederlassung der Herrnhuter in Grönland 72° 82, N. -B. - -[3] Eigentlich sagt der Seemann nicht Mastkorb, sondern Mars. Da -indessen nur wenige Leser der Schiffssprache dürften kundig seyn, -glaubte ich den ersteren, ihnen bekannteren Ausdruck beibehalten zu -müssen. - -[4] Bei großen Kauffahrern von 500 Lasten, (zwanzigtausend Centnern) -hat der Mastbaum gewöhnlich eine Länge von 110 Fuß. - -[5] Dieß heißt, etliche von den Segeln backbrassen und andere -beiprassen, so daß sie unter einander eine entgegengesetzte Richtung -haben, und das Schiff beinahe auf einer Stelle liegen bleibt. - -[6] Taschen heißen die drei Fuß breiten Gallerien, die an den Seiten -des Schiffes nach dem Hintertheile zu, angebracht werden. - -[7] Dieß ist das Zeichen, durch welches ein segelfertiges Schiff, den -am Lande befindlichen Passagieren zu verstehen gibt, sich baldigst an -Bord zu verfügen. - -[8] Die Flagge niederlassen, oder die Flagge streichen, ist der -seemännische ehrfurchtvollste Bückling. - -[9] Gissing ist die muthmaßliche Berechnung der Stellen, auf der sich -das Schiff in See befindet, ohne Sonne und Sterne beobachten zu können. - -[10] Ein falscher Cours mit Schneckenlinien. - -[11] Ein Stück Bonnetsegel mit Werg benäht und mit Asche bestreut, mit -dem man an der äußern Seite des Schiffs die schadhafte Stelle unter dem -Wasser bedeckt. - -[12] Haben in Seeschlachten die Seiten des Schiffes, durch -Kanonenkugeln lecke Stellen bekommen, so werden letztere durch Pfropfen -von Holz, mit Werg umzogen, verstopft. - -[13] Ein gemauerter Raum im Hafen, zum Ausbessern leck gewordener -Schiffe. - -[14] Klar nennt man das Tauwerk, wenn es unverworren, nicht verwickelt -ist, den Anker aber, wenn er dergestalt in Ordnung liegt, daß man -alsbald die Parturlinie losmachen, und den Anker fallen lassen kann, -auf daß er Grund fasse. - -[15] Im Spanischen das, was auf andern Schiffen der Bottelier heißt; -der Aufseher über die Lebensmittel, Magazine. - -[16] Schiffslieutenant. - -[17] Die platte dreieckige Spitze des Ankerarms. - -[18] Seefüßig seyn, heißt, den Seedienst gewohnt seyn, und selbst beim -Schlingern des Schiffes, am Tauwerk auf- und abklettern zu können. - -[19] Die Tiefe und Beschaffenheit des Meergrundes durch das Loth zu -untersuchen. - -[20] Scharfer Grund besteht aus spitzigen Klippen, und ist darum dem -Kabeltau gefährlich. Die Griechen nannten unser Kabeltau, Kamelos. -Die Stelle im Evangelisten Matth. „+Es ist leichter, daß ein Kameel -durch ein Nadelöhr gehe+“, ist daher wohl falsch übersetzt, und sollte -eigentlich heißen: es ist leichter, daß ein Kabeltau (ein Ankertau) -durch ein Nadelöhr gehe etc. - -[21] Unbeständiger, aus Triebsand bestehender Grund. - -[22] Vor dem Winde segeln heißt, den Wind so hinter sich haben, daß er -gerade in die vollen Segel bläs’t. - -[23] Ein bei Seeleuten übliches Sprichwort, welches so viel sagt, als, -das Schiff fährt sich gut. - -[24] Eine Art sehr heftiger Wirbelwind. - -[25] Ein ungeheurer Eisberg am Nordpol. - -[26] Gegohrner Saft von +Agaven+, den die mexikanischen Indianer wegen -des leichten Champagner-Rausches, den er bewirkt, ungemein lieben. Die -Franzosen nennen das Getränke +Pulgue de Maguay+. - -[27] Ein Piaster ist ungefähr 1½ Thaler werth. - -[28] Man findet daselbst Stücke reines, gediegenes Gold, von denen ein -einziges 50 Pfund und oft noch mehr, wiegt. - -[29] Ein im Seerechte gebräuchliches Wort, das einen Menschen -bezeichnet, der sich durch allerlei Winkelzüge, einen schlechten Namen -gemacht hat. - -[30] Die Volcantitos in Goldcastilien. - -[31] ~Anacardium caracoli~ erreicht gewöhnlich die Höhe von 350-380 Fuß. - -[32] Ein solches Vermögen in der Hand eines Privatmannes kann nur denen -fabelhaft klingen, welche von den, in den Gegenden von Mexiko, Lima und -Peru heimischen Reichthümern keinen Begriff haben. - -Um ungefähr eine Idee von dem zu geben, was man, in jenem Mutterlande -der Gold- und Silberschätze, Wohlhabenheit nennt, darf ich nur -anführen, daß in der Nationalgarde zu Lima, keiner aufgenommen wird, -welcher nicht ein baares Vermögen von 4 Millionen Piaster (6 Millionen -Thaler) nachweisen kann, und daß dieses respectable Corps, im Jahre -1804, aus 386 Mann bestand. - -[33] Unstreitig eine der schönsten Blumen der amerikanischen Flora. - -[34] Im Gouvernement Atacames im obern Peru. Die dortigen Smaragdgruben -sind vielleicht die reichsten der ganzen Welt. - -[35] „Fallt auf’s Fallreep.“ Dieß ist eine der größten -Ehrenbezeigungen, zu der die Mannschaft nur beordert wird, wenn sehr -vornehme Personen an Bord eines Schiffs kommen. - -[36] Das Tau, welches an beiden Seiten der Treppe befindlich ist, um -sich beim Hinaufsteigen daran zu halten. - -[37] Am Fallreep befinden sich in einer Entfernung von einem Fuß, -kleine Knöpfe oder Knoten, um sich besser am Tau halten zu können; man -nennt einen solchen Knopf bei manchen Völkern auch Maus, Stegmaus, bei -den Spaniern ~Barrilete de estay~. - - [38] Steuermann } die nach dem Capitain folgenden - - [39] Bootsmann } Offiziere auf einem - - [40] Schimann } Kauffahrteischiffe. - -[41] Auch Malte-Brün beurkundet in seinem neuesten Gemälde von Amerika -(Buch 9.) daß die schöne, zu Cortez Zeiten übliche Gewohnheit, einen -Blumenstrauß, als das köstlichste Geschenk anzusehen, das man einem -verehrten Gaste überreichen kann, sich in Mexiko und Guatimala, noch -bis auf den heutigen Tag unter den Indianern erhalten habe. - -[42] Bekanntlich verehren die Mexikaner unter diesem Namen Sonne und -Mond, als ihre einzigen Gottheiten. - -[43] Hauptspaziergang. - -[44] Ein Schiff nennt man rank, das sich, weil es im obern Raum -überladen ist, leicht auf die Seite neigt. - -[45] Unweit ~Santa-Fe~. - -[46] Bananas, und Paradiesfeigenbaum und Pisang, ist ein und dasselbe. -Ein einziger Zweig hat oft 200 Früchte, und wiegt 80-90 Pfund. - -[47] Ich bin mit dem ganzen Schiff zum Abgehen in völliger Bereitschaft. - -[48] Die Kammer in einem Schiffe, welche statt des Kellers und -Speisegewölbes dient. - -[49] Die Schiffsküche. - -[50] Das auf spanischen Schiffen gewöhnliche Kommando, die Anker zu -lichten. - -[51] Der Befehl, die Segel beizusetzen. - -[52] Einige Stunden von diesem Hafen liegt Lima. - -[53] Die bekannte Heilwurzel Jalapa hat von dieser Stadt ihren Namen. - -[54] Rings um Vera-Cruz sind die Ebenen mit brennendem Flugsande -bedeckt, der die hier ohnehin heimische Hitze fast unerträglich macht, -und in Verbindung mit dem stehenden Wasser des ~Baxio de la Tembladera~ -die hier ewigen Wechselfieber und das gefährliche ~Vomito prieto~ -(schwarze Erbrechen) verursacht. - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Des Vaters Sünde, der Mutter Fluch, by -Heinrich Clauren - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DES VATERS SÜNDE, DER MUTTER FLUCH *** - -***** This file should be named 54353-0.txt or 54353-0.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/4/3/5/54353/ - -Produced by the Online Distributed Proofreading Team at -http://www.pgdp.net (This file was produced from images -generously made available by The Internet Archive) - - -Updated editions will replace the previous one--the old editions -will be renamed. - -Creating the works from public domain print editions means that no -one owns a United States copyright in these works, so the Foundation -(and you!) can copy and distribute it in the United States without -permission and without paying copyright royalties. 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You may copy it, give it away or -re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included -with this eBook or online at www.gutenberg.org/license - - -Title: Des Vaters Sünde, der Mutter Fluch - -Author: Heinrich Clauren - -Release Date: March 13, 2017 [EBook #54353] - -Language: German - -Character set encoding: UTF-8 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DES VATERS SÜNDE, DER MUTTER FLUCH *** - - - - -Produced by the Online Distributed Proofreading Team at -http://www.pgdp.net (This file was produced from images -generously made available by The Internet Archive) - - - - - - -</pre> - - -<div class="transnote"> - -<p class="s3 center"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p> - -<p class="p0">Der vorliegende Text wurde anhand der 1823 erschienenen -Buchausgabe so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. -Zeichensetzung und offensichtliche typographische Fehler wurden -stillschweigend korrigiert. Ungewöhnliche sowie inkonsistente -Schreibweisen wurden beibehalten, insbesondere wenn diese in der -damaligen Zeit üblich waren oder im Text mehrfach auftreten. -Fremdsprachige Zitate und Ausdrücke wurden nicht korrigiert.</p> - -<p class="p0">Das Original wurde in Frakturschrift gedruckt; -Antiquaschrift wird in dieser Version <span class="antiqua">kursiv</span> -dargestellt. <span class="htmlnoshow"> Abhängig von der im jeweiligen -Lesegerät installierten Schriftart können die im Original -<em class="gesperrt">gesperrt</em> gedruckten Passagen gesperrt, in -serifenloser Schrift, oder aber sowohl serifenlos als auch gesperrt -erscheinen.</span></p> - -</div> - -<p class="s2 center padtop3 break-before">S<span class="mleft0_3">c</span><span class="mleft0_3">h</span><span class="mleft0_3">e</span><span class="mleft0_3">r</span><span class="mleft0_3">z</span> -<span class="mleft0_3">u</span><span class="mleft0_3">n</span><span class="mleft0_3">d</span> -<span class="mleft0_3">E</span><span class="mleft0_3">r</span><span class="mleft0_3">n</span><span class="mleft0_3">s</span><span class="mleft0_3">t</span></p> - -<p class="s4 center">v<span class="mleft0_3">o</span><span class="mleft0_3">n</span></p> - -<p class="s3 center">H. -<span class="mleft0_3">C</span><span class="mleft0_3">l</span><span class="mleft0_3">a</span><span class="mleft0_3">u</span><span class="mleft0_3">r</span><span class="mleft0_3">e</span><span class="mleft0_3">n</span>.</p> - -<hr class="r10" /> - -<p class="s3 center">Z<span class="mleft0_3">w</span><span class="mleft0_3">e</span><span class="mleft0_3">i</span><span class="mleft0_3">t</span><span class="mleft0_3">e</span> -<span class="mleft0_3">S</span><span class="mleft0_3">a</span><span class="mleft0_3">m</span><span class="mleft0_3">m</span><span class="mleft0_3">l</span><span class="mleft0_3">u</span><span class="mleft0_3">n</span><span class="mleft0_3">g</span>.</p> - -<hr class="r10" /> - -<p class="s3 center">E<span class="mleft0_2">r</span><span class="mleft0_2">s</span><span class="mleft0_2">t</span><span class="mleft0_2">e</span><span class="mleft0_2">s</span> -<span class="mleft0_2">B</span><span class="mleft0_2">ä</span><span class="mleft0_2">n</span><span class="mleft0_2">d</span><span class="mleft0_2">c</span><span class="mleft0_2">h</span><span class="mleft0_2">e</span><span class="mleft0_2">n</span>.</p> - -<hr class="r10" /> - -<p class="s4 center mtop2">I<span class="mleft0_3">n</span><span class="mleft0_3">h</span><span class="mleft0_3">a</span><span class="mleft0_3">l</span><span class="mleft0_3">t</span>:</p> - -<p class="s3 center">Des Vaters Sünde, der Mutter Fluch.</p> - -<h1><span class="s6">Des</span><br /> -<b>Vaters Sünde, der Mutter Fluch,</b></h1> - -<p class="center">v<span class="mleft0_3">o</span><span class="mleft0_3">n</span></p> - -<p class="s3 center padbot5">H. -<span class="mleft0_3">C</span><span class="mleft0_3">l</span><span class="mleft0_3">a</span><span class="mleft0_3">u</span><span class="mleft0_3">r</span><span class="mleft0_3">e</span><span class="mleft0_3">n</span>.</p> - -<hr class="r25" /> - -<p class="s4 center">Dresden, -<span class="mleft0_3">1</span><span class="mleft0_3">8</span><span class="mleft0_3">2</span><span class="mleft0_3">3</span>,<br /> -in der Arnoldischen Buchhandlung.</p> - -<hr class="full" /> - -<div class="chapter"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_3" id="Seite_3">[S. 3]</a></span></p> - -<p class="p0 break-before"><span class="initial">D</span>er Admiralitätsrath kam von der Session, und lächelte freundlich, als -Hulda ihm, wie gewöhnlich, Hut und Stock abnehmend, versicherte, daß es -mit der Mutter recht leidlich gehe; sie hofft, setzte das Mädchen mit -kindlicher Freude hinzu: heute wieder mit uns essen zu können; suche -sie da nur möglichst aufzuheitern; sie bedarf dessen in ihrer jetzigen -Stimmung mehr, als aller Arznei; ich habe alles Ersinnliche gethan, um -sie ein wenig zu zerstreuen, und sie hat sich diesen Morgen viel besser -befunden, als die ganze letzte Zeit über.</p> - -</div> - -<p>Der Vater küßte das holde Kind auf die Stirn, und ging mit bejahendem -Kopfnicken, auf den Zehen, in das Krankenzimmer der Mutter.</p> - -<p>Hulda ließ in diesem den kleinen Tisch nur mit drei Gedecken belegen -und die Mutter nahm an demselben ihren Platz. Hulda faltete die Hände -und sprach, nach des frommen Hauses alter Sitte, das Gebet zu dem, der -seine Welt mit Liebe nähret, laut; in ihrem himmelwärts<span class="pagenum"><a name="Seite_4" id="Seite_4">[S. 4]</a></span> gehobenen -Blick, in dem Tone ihrer Worte sah und hörte man die freudige Rührung, -daß die geliebte Mutter sich auf dem Wege der Wiedergenesung, und -seit vielen Monaten, heute zum ersten Male, in der Mitte des trauten -Familienkreises befand.</p> - -<p>Dem Vater trieb das Mädchen mit seiner einfachen, herzlichen Weise, -Thränen in die Augen. Er reichte schweigend dem lieblichen Kinde, nach -dem Gebete, die Hand, und zog die Rechte der Gattinn an seine Lippen. -Diese aber ließ die stille Feier ihres Genesungfestes unerwiedert, -tadelte das Essen, und warf der armen Hulda, die sich in sorglicher -Auswahl des Beßten erschöpft hatte, Mangel an Aufmerksamkeit vor; sie -würde, die ganze Tischzeit über, diesen Mißton festgehalten haben, wenn -nicht der Vater, der Bitte des Mädchens eingedenk, die finstern Grillen -der Leidenden immer abzulenken verstanden und, zu ihrer Aufheiterung, -das Gespräch auf allerlei Gegenstände geleitet hätte. Die frohe Laune -und die Gemüthlichkeit ohnehin selbst, ward ihm diese Aufgabe nicht -schwer, zumal heute, wo ihm, wie Hulda schon bei der zweiten Schüssel -bemerkt hatte, beständig ein leichtes Lächeln um die Lip<span class="pagenum"><a name="Seite_5" id="Seite_5">[S. 5]</a></span>pen schwebte; -wie sie den Vater kannte, mußte ihm auf jedem Fall etwas komisches -begegnet seyn, was sein Inneres noch angenehm beschäftigte, und als sie -ihm, da er wieder einmal vor sich heimlich lächelte, ihre Vermuthung -mittheilte, meinte er, daß sie nicht unrecht habe.</p> - -<p>Er erzählte jetzt, daß schon seit länger denn vierzehn Tagen, ihm, -allemal, wenn er Mittags aus der Session komme, ein junger Mensch, auf -einer und derselben Stelle, unweit der Hauptwache, begegne; Beiden sey -das aufgefallen, sie hätten bisher allemal, jeder für seine Rechnung, -ein wenig gelacht und heute habe der junge Mensch höflich den Hut -gezogen, und höchst freundlich gegrüßt, er, der Vater aber, mitten im -Gegenkomplimente, über das Spaßhafte des täglichen Zusammentreffens, -sich nicht enthalten können, laut aufzulachen. Ich sehe uns, setzte er -scherzend hinzu, wenn das lange so fort geht, noch am Ende die dicksten -Freunde werden.</p> - -<p>Diese Worte, so unbedeutend sie jetzt klangen, so gewichtig, so -eisenschwer wurden sie in der Folge. Manches Wort mag so in den Kreisen -der Menschen, kaum gehört, verhallen, was ihnen der Schlüssel zu den -Geheimnissen ihrer<span class="pagenum"><a name="Seite_6" id="Seite_6">[S. 6]</a></span> ganzen Zukunft seyn könnte. Wohl uns, daß es so ist.</p> - -<p>Du bist morgen, fuhr er, zu Hulda gewendet, fort: bei Linsings auf -dem Balle. Der Alte kennt die ganze Stadt; gewiß weiß der, wer der -junge Mann ist; frag’ ihn doch; der Mensch kann vier- fünfundzwanzig -höchstens alt seyn, und das kaum. —</p> - -<p>Hulda legte, mit komischer Naivität, den Zeigefinger der Rechten, an -das Daumen-Spitzchen der linken Hand, als wolle sie die beschriebenen -Eigenschaften des Fraglichen, an den Fingern abzählen, —</p> - -<p>Hat einen recht hübschen, braunen Lockenkopf —</p> - -<p>Hulda war beim Zeigefinger der linken Hand —</p> - -<p>Sehr freundliche, dunkelblaue Augen, —</p> - -<p>Hulda stand am Mittelfinger, aber in beide kleine Hände schlug, wie aus -ungesehenen Wetterwolken, ein leises Zittern, daß sie damit unter den -Tisch fuhr, und nicht weiter zählte; denn der Vater, der jetzt von der -römischen Nase, von dem Grübchen im Kinn, von den perlweißen Zähnen im -wohlgeformten Munde, von dem kräftigen Aeußeren, der freien stolzen -Haltung,<span class="pagenum"><a name="Seite_7" id="Seite_7">[S. 7]</a></span> und der blühenden Gesundheit des jungen Menschen sprach, und -den einfachen Geschmack seiner eleganten Kleidung und den Schnee seiner -Wäsche lobte, mahlte den nämlichen allerliebsten jungen Mann, der — -sie glühte im ganzen Gesichtchen, und wagte nicht, die Augen vom Teller -aufzuschlagen; die Mutter aber ward kreideweiß, legte den Kopf in den -hohen Lehnstuhl zurück, und die todtenblassen Lippen lispelten leise: -nichts weiter, wenn ihr nicht wollt, daß ich sterben soll.</p> - -<p>Hulda und der Vater sprangen auf; Letzterer holte das Riechfläschchen -und Hulda trocknete der Angegriffenen den kalten Schweiß, der ihr in -glänzenden Tropfen auf der Stirne stand. Man brachte die Kranke wieder -zu Bette, und beide stimmten in der Meinung überein, daß die Mutter -sich zu zeitig herausgewagt habe, und daß der eben sich ereignete -Zufall, Wirkung ihrer noch zu großen Körperschwäche sey.</p> - -<p>Den Nachmittag befand sich die Mutter zwar wieder etwas besser; aber, -wenn sich Hulda ihrem Lager näherte, fand sie die Leidende fast immer -in Thränen, und fragte sie, was dem Mütterchen fehle, so entgegnete -dieses mit milder<span class="pagenum"><a name="Seite_8" id="Seite_8">[S. 8]</a></span> Freundlichkeit, sie solle sich darüber nicht -beunruhigen, es werde wohl bald vorübergehen; dem gepreßten Herzen thue -es zuweilen wohl, sich still ausweinen zu können, und so hätte sie auch -jetzt eine Art von Erleichterung darin gefunden; daher ihr gegenwärtig -viel wohler sey, als vorhin.</p> - -<p>Mein Mütterchen, sagte Hulda, mit weicher Stimme, und beugte sich -zu ihr herab: dem gepreßten Herzen? — was fehlt Dir? was hast Du? -vielleicht können wir helfen; Du weißt ja, wir —</p> - -<p>Aber die Mutter verneinte schweigend, streichelte die rosige Wange des -süßen Kindes, und bat, sie allein zu lassen, um ein wenig zu schlafen.</p> - -<p>Hulda ging in den Garten hinab, setzte sich auf den Balkon des -Saales, von dem aus sie die herrlichste Aussicht auf den Hafen, -und rechts auf den grünen Riesenspiegel des unermeßlichen Meeres -hatte, und wollte arbeiten; aber der junge Mensch — das braune -Lockenhaar, die veilchenblauen Augen, die frischen Lippen, und -wenn diese sich lächelnd öffneten, der Schmelz der blendendweißen -Zähne, und das Schelmengrübchen in Wange und Kinn — waren es die -leisen Abendlüftchen, die aus den geheimen Tiefen des<span class="pagenum"><a name="Seite_9" id="Seite_9">[S. 9]</a></span> Meeres -herüberflogen und die Blumen auf ihrem Balkon und die leichte Hülle -ihres Busens säuselnd durchkühlten, oder waren es die ersten Schauer -der jungfräulichen Liebe, — es überhauchte sie auf einmal ein so -wunderbares Frösteln durch Blut und Adern, daß sie die Hand auf das -drängende Herz legte, und sich, ohne Worte, fragte, was das sey.</p> - -<p>Der junge Mensch, es mußte ein Fremder seyn, denn früher hatte sie ihn -nie bemerkt; am vorigen Sonntage hatte er, in der Kirche, ihr gegenüber -gesessen, und kein Auge von ihr verwandt; zwei Tage später war sie -ausgegangen, um einige Kleinigkeiten in einer Modehandlung zu kaufen; -nicht zwei Minuten, und der hübsche Fremde tritt ein, und fragt nach -französischen Blumen. Der Wohllaut seiner Stimme, das Fremdländische -seiner Aussprache, — lächelnd sprach sie ihm halblaut nach. Hier -oben auf dem Balkon hörte sie ja Niemand. Sie ärgerte sich noch, daß -sie nicht, unter irgend einem Vorwande, länger in dem Kaufgewölbe -geblieben; sie schämte sich, daß, als der Fremde weggegangen, sie -wieder zurückgekehrt war, um auch so ein Bouquet von brennender Liebe -zu verlangen, als der Herr<span class="pagenum"><a name="Seite_10" id="Seite_10">[S. 10]</a></span> eben eins gekauft hatte; sie freute sich, -daß die Modehändlerinn erwähnte, wie der Herr das Bouquet zwar gewählt, -dasselbe aber, weil es, nach seiner Meinung, nicht brennend roth genug -gewesen, nicht gekauft habe; sie lachte heimlich, daß sie nun auch das -Roth der Blumen zu blaß gefunden, und sie darum auch nicht genommen, -und sie beruhigte sich, daß — lag denn darin nicht der offenbare -Beweis, daß er, lediglich und einzig und allein, um ihretwillen, in -das Putzgewölbe gekommen war; hätte er das Bouquet gekauft, — sie -beugte sich tiefer auf ihre Nätherei nieder, denn es war, als führe -ihr ein schmerzlicher Dolchstich mitten durch das Herz — hätte er die -Blumen gekauft, so müßte er Jemand gehabt haben, dem er sie schenke, -aber so — sie sah wieder freundlich auf, — und lachte leicht hin in -die grünen Wogen des fast windstillen Meeres — denn daß er ihr, und -nur ihr zu Gefallen gegangen war, das lag ja am Tage; brennende Liebe -hatte er verlangt! Er konnte ja nicht deutlicher reden! dieß Roth — -alle Pariser Blumenfabrikanten waren nicht im Stande, es schöner zu -liefern — dieß Roth schien ihm noch nicht brennend genug. Gestern, -als er vor dem Hause<span class="pagenum"><a name="Seite_11" id="Seite_11">[S. 11]</a></span> vorbeiging, — wäre nur nicht Hafen-Kapitains -Linchen gewesen, — hätte sie so gern das Fenster ein wenig geöffnet, -denn der Mutter ist frische Luft im Zimmer zuweilen recht zuträglich; -aber so mußte sie hinter dem Vorhange blos ein Bischen lauschen, -denn Linchen, das dumme Ding drüben, stand in dem Erker, wie vom -bösen Schicksal hinbestellt, das hätte den Augenblick gewußt, was es -bedeute, und wahrhaftig, das Mädchen wäre auch stockblind gewesen, -wenn es das nicht gemerkt hätte, denn mit unverwandtem Blicke auf das -Fenster, geht er, als wollte und müßte er die Scheiben mit den Augen -durchbohren; der alte Kohlenträger schreit zweimal, Platz da, Platz -da, noch ein Schritt, da stößt der lange Kohlensack, der weit über -den Kopf des tief gebückten Trägers hervorragt, den Stillverzückten -in das Gesicht; dieser prallt rechts, rennt den alten Gipsitaliener, -der sein ganzes Büsten- und Figuren-Magazin von Kaisern, Königen, -Gelehrten und Grazien, auf einem langen Brete, auf der Schulter -trägt, mit sich nieder, reißt im Stolpern den Markt-Tisch der dicken -böhmischen Glashändlerinn an der Ecke, sammt dem ganzen Kram, über -den Haufen, und schlüpft,<span class="pagenum"><a name="Seite_12" id="Seite_12">[S. 12]</a></span> fast auf allen Vieren weiter turkelnd, in -die, zum Glück offenstehende Apotheke; beschwichtiget hier, wie später -das Hausmädchen berichtete, die ungestümen und mehr denn heidnischen -Entschädigungforderungen des italienischen Gipsmannes und der -böhmischen Glasfrau, mit ungezähltem Golde, und entzieht sich, durch -eine wohlthätige Seitenthür die in das Nebengäßchen, dem, um Gips- und -Glas-Ruinen zusammengeströmten Janhagel von Matrosen und Straßenjungen.</p> - -<p>Sie mußte noch kichern, wenn sie an die verwünschte Scene dachte, aber -über Hafenkapitains einfältige Lina konnte sie sich ärgern. Diese -hatte sich zum Fenster heraus gelegt, und vor Lachen gerade heraus -geschrien. Gott! die ging nun doch eigentlich die Geschichte auch nicht -im Mindesten etwas an; und in dem lauten Lachen, in dem Herauslegen, -lag so etwas Gemeines, so etwas Schadenfrohes; das Mädchen war ihr -lange schon zuwider gewesen, aber jetzt konnte sie es gar nicht mehr -ausstehen. Die Böhmin aber und der Italiener schienen recht gute -Menschen zu seyn; Beide hatten, nach des Hausmädchens Rapport, in der -Apotheke gemeint, dergleichen Unfälle könnten dem beßten Menschen -begegnen,<span class="pagenum"><a name="Seite_13" id="Seite_13">[S. 13]</a></span> und es wäre nur ein wahres Glück, daß der hübsche Herr -keinen Schaden genommen habe, denn um ein solches junges liebes Blut, -wäre es doch ewig Schade gewesen.</p> - -<p>Und nun heute, muß der Vater von dem Menschen bei Tische anfangen; denn -daß das der nämliche war, litt gar keinen Zweifel. Sie — sie selbst, -sollte sich nach ihm erkundigen. Das konnte sie ja nicht; ja wenn das -abscheuliche Rothwerden nicht wäre. Der alte Handels-Gerichts-Director -Linsing, wenn der sie dazu ansah, mit seinem blinzelnden Blick, er -stand ganz lebendig vor ihr, das eine Auge ganz zu, und das andere -so scharf auf sie gerichtet, — nein, sie konnte gewiß kein Wort -herausbringen; er mußte bestimmt denken, sie frage mehr im eigenen, als -in des Vaters Namen. Und dann, die Linsingschen Mädchen! Hätten die nur -etwas der Art ergattert, sie hätten sie zu Tode gequält. Wissen mochte -sie es wohl freilich gern, und der alte Linsing, der Director, konnte -ihr alles wahrscheinlich ganz genau sagen; des Mannes Haus stand allen -Fremden offen; wer nur das Weichbild der Stadt betrat, und nicht ganz -ohne alle Bekanntschaft kam, war in diesem gastfreundlichen Hause<span class="pagenum"><a name="Seite_14" id="Seite_14">[S. 14]</a></span> -eingeführt; sie probirte drei- viermal, wie sie fragen wollte, ohne -Verdacht zu erregen, aber — nein es ging nicht; sie stockte jetzt -schon, wenn ihre Lippen, von der ganzen Welt ungehört, die Anmuth des -Mannes, in Worten aussprechen sollten, dessen Namen zu wissen, der -Vater begehre; wie sollte sie sich getrauen, dieses Wagestück der -jungfräulichen Liebe, im Kreise einer Familie zu vollführen, die, bei -ihrem Scharfsinn in dergleichen kleinen Neckereien, das Verfängliche -ihrer schüchternen Rede, gleich aus der ersten Sylbe — Was ist das? -— da unten im Hafen, auf dem amerikanischen Dreimaster? so wahr -der Herr lebt, da stand der junge Fremde auf dem Verdeck. Er hing -nachläßig den einen Fuß über die Laufplanken, welche den Raum für die -Finknetze umzäunen; dann sprach er, den linken Arm um den Besahnsmast -geschlungen, mit dem Steuermann; ging hierauf mit diesem und sah nach -dem Bug und nach dem Vorspill, stieg, es verging ihr der Athem, auf -die Spitze des Kraanbalkens, lief, flink wie ein Eichhörnchen, auf das -Bugspriet hinaus, setzte auf die Riegel des Galjons herab, kletterte, -trotz der beßten Katze, vom Vorsteven weiter hinauf, und<span class="pagenum"><a name="Seite_15" id="Seite_15">[S. 15]</a></span> hatte dem -Steuermanne überall etwas zu zeigen und zu weisen; und dieser nickte, -immer den Hut in der Hand, sehr ehrerbietig, daß es schier aussah, als -sey das amerikanische Prachtschiff des jungen Mannes Eigenthum.</p> - -<p>Gar nicht übel, so ein Schiffchen, sagte lächelnd Hulda halb laut, und -weidete sich an dem Anblick des jungen stattlichen Schiffsherrn; bisher -hatte sie ihn immer im schwarzen Frack gesehen, jetzt — bestimmt hatte -er gar kein Logis in der Stadt gemiethet, sondern wohnte, wie das in -den Seehäfen wohl gewöhnlich ist, in der Kajüte seines Dreimasters — -jetzt hatte er es sich bequem gemacht, und sich in sein seemännisches -Negligee geworfen; die Tracht stand ihm, meinte Hulda, die in ihrer -ungesehenen blumenumdufteten Höhe kein Auge von dem frischen, kräftigen -Seefahrer verwendete, wunderhübsch. Jacke und Beinkleider von seidenem -streifigen Zeuche; um den Hals ein schottisches Tuch geschlungen, -dessen leicht geschürzter Knoten auf die offene Brust herabhing; so -stand er vom Abendglanze der untergehenden Sonne mild umflossen, und -horchte den melodischen Gesängen zu, die auf dem Deck seines Schiffes, -vier brandschwarze Neger in ihrer<span class="pagenum"><a name="Seite_16" id="Seite_16">[S. 16]</a></span> Landessprache recht sinnig begonnen, -und lachte über das von dem Deck des neben ihm liegenden Fahrzeuges, -emporgellende Gezwitscher der tausend und aber tausend goldgelben -Kanarienvögel, die in dem blühenden Orangenwalde, mit dem sie heute -erst von den Kanarischen Inseln angekommen waren, frei herumschwärmten, -und immer schärfer schrieen, je lauter die Neger sangen.</p> - -<p>Im Saale stand — der Herr Amerikaner zwischen den schwarzen Sängern -und den gelben Schreiern, er sah gar zu niedlich aus, sie mußte ihn -einmal recht betrachten, es sah sie ja Niemand hier, — im Saale stand -ein kleines Fernrohr des Vaters; sie schlüpfte hinein, holte es, kam -wieder heraus, baute sich auf ihrem Nähtischchen ein kleines Versteck -von recht groß buschigen Levkoitöpfen, streckte dann ihr Fernröhrchen -dazwischen und lugte, im Geheimen nun überselig, herab, und — sah -nichts, denn der Gesuchte war von seinem Verdecke verschwunden.</p> - -<p>Sie überflog rasch mit einem Blick den ganzen Hafen, ob er sich etwa -unterdessen in ein Boot geworfen habe, und sich an das Land setzen -lasse; aber der ganze Hafen war zwar mit solchen kleinen hin und her -gehenden Dingern, wie<span class="pagenum"><a name="Seite_17" id="Seite_17">[S. 17]</a></span> bedeckt, doch der, dem sie nachspähte, fand sich -in keinem; der Mensch geht am Ende, sagte sie, mit dem Auge wieder -vor ihrem Fernrohr: mit den Hühnern zu Bette! aber an solch einem -himmlischen Abend, sich jetzt schon schlafen zu legen, nein das ist ja -nicht — sie fuhr in diesem Augenblicke mit dem Rohre an der Seitenwand -seines Schiffes herab, da — als schlüge der Blitz ihr das verwünschte -Ding aus der Hand, so erschrak sie, und fuhr mit einem lauten Ach, in -die Höhe; denn in der einen Geschützpforte des obern Verdecks, hatte -der Schelm, hinten im Dunkeln gestanden, ein ellenlanges Telescop vor -sich, und dieses gerade auf sie gerichtet; mit diesem Goliath von -Telescop langte er sich alle, Millionen Meilen weite Sterne vom Himmel -herunter, wie genau mußte er sie hier oben nicht beobachtet haben. Wie -mochte er lachen, als er sah, wie sie hinter den Levkoibüschen stecke -und ihn auf dem Verdecke suchte — was mußte er von ihr — nein, sie -konnte um keinen Preis länger oben bleiben; sie fühlte, ihre Wangen -glühten, wie Feuer, und angezogen war sie heute auch nicht besonders; -auf eine solche Special-Musterung, wie der da unten, hinter seinen<span class="pagenum"><a name="Seite_18" id="Seite_18">[S. 18]</a></span> -Stauchweegers, über sie hielt, hatte sie sich heute freilich nicht -eingerichtet; sie packte ihre Nätherei, mit der sie diesen Abend nicht -weit gekommen war, wieder zusammen; er stand — sie warf nur einen -halben Viertelsseitenblick hinab, und erkannte, mit bloßen Augen, das -große Spährohr, das jetzt, über eine brabanter Elle lang, aus der -Geschützpforte hervorragte, — er stand noch immer da, und wenn sie -gleich nicht in Abrede stellte, daß sie in seinem Benehmen, sich mit -dem langen Dinge nicht vor seinen Matrosen und allen Leuten, auf das -Verdeck zu stellen, eine Art von Zartheit finden müsse; so meinte -sie doch auf der andern Seite, daß er die ganze Sternguckerei hätte -unterweges lassen können, denn wenn das einer ihrer Bekannten, von -denen beständig mehrere am Bord bald dieses, bald jenes Schiffes im -Hafen sich befanden, gewahrte, so wäre in den ersten vier und zwanzig -Stunden, in der ganzen Stadt herum, daß — Gott! der Mensch stand immer -noch da; sie hatte nur herab geschielt, aber das Rohr war auf sie -gestellt, als hätte es der erste Zieler der Welt gerichtet; sie ward -so unnennbar süß befangen, daß sie, vor heimlichem Lachen, sich über -das unausstehliche<span class="pagenum"><a name="Seite_19" id="Seite_19">[S. 19]</a></span> dicke Rohr, gar nicht recht ärgern konnte. Lange -schon hätte sie vom Balkon gehen können, aber es gab noch erschrecklich -viel dort oben zu schäftern; der Nähtisch war so staubig, der mußte -abgewischt werden; die Blumen in den Töpfen — nein der Vater mußte mit -dem Gärtner wirklich einmal ein recht ernstlich Wort reden; da war auch -nicht ein Stock ausgeputzt, keiner angebunden, keiner — sie nahm einen -Topf nach dem andern vor und hatte tausend Arbeit. Das gigantische -Rohr, es stand wahrhaftig noch unverrückt. Anfangs war ihr die Sache -verdrüßlich gewesen, jetzt, meinte sie bei sich selbst, fange sie an, -ihr Spaß zu machen.</p> - -<p>Die kleinen goldgefiederten Insulaner waren unterdessen müde geworden -und hatten unter den Orangenblüthen, deren aromatischer Duft die -ganze Atmosphäre durchwürzte, ihre Nesterchen gesucht; auf dem -schwarzbetheerten Grönlandsfahrer links weiter unten, streckten die -thranigen Matrosen sich der Länge nach, unter dem Fockmast zur Ruhe; -die Neger auf der amerikanischen Fregatte sangen der scheidenden -Sonne, die eben, ihre Brüder und Schwestern zu wecken, hinab sank, -die wehmüthigsten Melodieen der Sehnsucht<span class="pagenum"><a name="Seite_20" id="Seite_20">[S. 20]</a></span> und Liebe nach, und immer -stiller und lautloser ward es im Hafen; im Westen aber flammte das -Feuergold der Himmlischen, und bekantete die dunkeln Nachtwolken, -die tief unten am Horizonte dem Meere entstiegen, mit glühenden -Säumen. Die indischen weichen Lieder der Schwarzen, klangen in Huldas -Herzen seltsam wieder; ihr entzückter Blick staunte schweigend in die -unbeschreibliche Pracht der Abendfeier; die Nachtwinde, die auf der -gränzenlosen Fläche des Meeresspiegels, ihr eigenes Spiel treiben, -jagten das leichte, golddurchblitzte Abendgewölk vor sich her, daß sich -daraus oft wunderbare Gestalten bildeten, deren Deutung die Sinnige, -ohne die Phantasie sehr anzustrengen, leicht zu finden vermeinte. Die -Eisberge, die sich dort in das Unermeßliche hinaufthürmten, mit den -zwei riesenmäßigen Bären und der tiefe Schnee — nun, daß das auf -Nordamerika zielte, und zwar auf das alleroberste am Nordpol selbst, -das lag wohl außer Zweifel. Der ungeheure Wasserfall von mehr denn 4000 -Fuß in der Breite, mit seinen Tafel-Felsen, und seinen Staubwolken, -und Strudeln und Wirbeln, — das war der furchtbare Katarakt des -<em class="gesperrt">Niagara</em>, durch den in jeder<span class="pagenum"><a name="Seite_21" id="Seite_21">[S. 21]</a></span> Minute 700,000 Tonnen Wasser, -von unermeßlicher Höhe, unter donnerndem Getöse herabstürzen; die -schwarzen kleinen Thiere, rechts unter dem Cran-berries-<a name="FNAnker_1_1" id="FNAnker_1_1"></a><a href="#Fussnote_1_1" class="fnanchor">[1]</a> Gebüsche, -das waren gewiß die pechschwarzen Eichhörnchen, die oft in einem -Tage zu 50,000 durch den St. Lorenzostrom schwimmen. Die Thürme und -die herrliche große Kuppel, das war das Jesuiten-Kollegium und das -Franziskaner-Kloster und das neue Schloß zu Quebeck; sie kannte den -Prospect aus dem trefflichen Kupferstich, der im Putzzimmer des -englischen Konsuls hing; der dichte hohe Laubwald im Hintergrunde links -— auch dieser mußte ein amerikanischer seyn, denn dort nur prangen -die Wälder, wie sie gelesen hatte, in solchem bunten Farbenspiel. -Aber tiefer unten am Himmel stand auf dem Gipfel eines gigantischen -Granitberges, eine dürre menschliche Gestalt; Beinkleider, Stiefeln -und Strümpfe von Seehundsfellen; ein Hemde von Seerabenhaut; schwarze -dünne straffe Haare; ein großer Kopf; dünne Beine, und die Farbe des -Gesichts oliven<span class="pagenum"><a name="Seite_22" id="Seite_22">[S. 22]</a></span>grün. — Richtig, sagte sie lachend: das ist ein Eskimo -auf Labrador, also auch ein Amerikaner! Der Glimmerschiefer dort an -der nackten Felswand; die schönen himmelblauen <em class="gesperrt">Hypersthene</em>, -der Polarfuchs, der Papagaytaucher, richtig, richtig, das sind alles -heimische Dinge jenes Welttheils; in der Zeichnung von Upernamik,<a name="FNAnker_2_2" id="FNAnker_2_2"></a><a href="#Fussnote_2_2" class="fnanchor">[2]</a> -die wir neulich vom Onkel aus Herrnhut bekamen, ist das alles bis auf -die geringste Kleinigkeit da. Jetzt bildete sich ein Kr — ja es ward -aus düstern Wolken ein langes hohes Kreuz! sie erschrack im Geheimsten -ihrer Seele über das sonderbare Zeichen des Leidens, und schüttelte -sinnend den Kopf, und sagte heimlich, weg, weg, denn sie konnte kaum -mehr hinsehen, in das magische Zauberspiel, so ganz eigen erschien ihr -das bedeutsame Marterholz, das fest und unbeweglich dastand, als sey es -für die Ewigkeit gezimmert; es wich nicht und wankte nicht, und unten -am Stamme gestaltete sich auf dunstigem Nebellager, eine weibliche -Figur, die, je länger Hulda hinsah, sich immer mehr und mehr der<span class="pagenum"><a name="Seite_23" id="Seite_23">[S. 23]</a></span> -wolkigen Schleier enthüllte, bis denn endlich die Mutter in kolossaler -Größe, aus dem dunkeln Chaos heraustrat, angethan mit einem milchweißen -Sterbekleide, über dem Haupte einen goldlichten Heiligenschein; ihre -Linke ruhte auf einem Monumente von weißlich grauem Gestein; ihre -Rechte aber hielt sie furchtbar drohend, in die Höhe gehoben. —</p> - -<p>Mein Mütterchen, rief Hulda seltsam ergriffen: was zürnt mir deine -sanfte Liebe? was deutet der graue Grabstein, das weiße Sterbegewand, -und der goldige Reif? und — das Kreuz, das entsetzliche Kreuz! will es -denn noch immer nicht weichen? —</p> - -<p>Es ward dem Mädchen angst und wehe in der gepreßten Brust; es konnte -den Blick nicht mehr hinrichten in die gespenstigen Bilder; sie wendete -sich, und erfreute sich an der herrlichen Abendbeleuchtung, in der die -alte gothische Sophienkirche, drüben über dem Hafen, prangte; alle die -langen Fenster waren lauter flimmernde Goldspiegel; das braunrothe -Gemäuer schien mit Metall überzogen, und in der dunkelblauen Abendluft -blitzte der große Knopf am himmelhohen Thurme, wie — ja, sie hatte -nach dem Ameri<span class="pagenum"><a name="Seite_24" id="Seite_24">[S. 24]</a></span>kaner wirklich nicht wieder sehen wollen, am wenigsten -jetzt, aber daß ihr Blick, als sie nach der Spitze des Sophienthurms -hinauf sah, beim Mastkorb<a name="FNAnker_3_3" id="FNAnker_3_3"></a><a href="#Fussnote_3_3" class="fnanchor">[3]</a> des amerikanischen Dreimasters vorbei -streifte, und daß in diesem, der junge Wagehals, fröhlich und -wohlgemuth saß, davor konnte sie nicht. Er hatte das heimtückische -lange Sehrohr mit oben, und ergötzte sich an der Aussicht rund um. Der -Mastbaum war bestimmt über 100 Fuß hoch,<a name="FNAnker_4_4" id="FNAnker_4_4"></a><a href="#Fussnote_4_4" class="fnanchor">[4]</a> und der Mensch beinelte -da oben mit beiden Füßen, und trieb allerlei Kurzweil, als säße er im -Sopha; er — nein sie konnte nicht mehr hinsehen; sie waren sich Beide -jetzt einander so nahe, und der dreuste Patron gab seinen Wunsch, in -der luftigen Höhe hier oben, eine kleine scherzhafte Unterhaltung -anzuknüpfen, so deutlich zu erkennen, daß sie nur durch geschwindes -Wegwenden vermeiden konnte, nicht von ihm<span class="pagenum"><a name="Seite_25" id="Seite_25">[S. 25]</a></span> im nächsten Augenblicke -freundnachbarlich begrüßt zu werden. Doch ein wenig heimlich und -verstohlen hinüber zu schielen, versagte sie sich nicht; der junge -muthige Seelöwe — er war gar zu hübsch.</p> - -<p>Das Gebilde der Nachtwolken am Abendhimmel, war unterdessen gänzlich -verschwunden, nur das Kreuz war noch etwas sichtbar, doch nicht -mehr so düster und schwarzdunkel, wie vorhin; es schwebte, vom -letzten Strahlen-Glanze der scheidenden Sonne durchglüht, tiefer im -Hintergrunde, und zerfloß allmählich in unermeßlicher Ferne, vor -Huldas Augen, in die Feierpracht des milden Lichts, das in rosiger -Herrlichkeit, jetzt rein und klar, im gränzenlosen Raume flammte, und -sich in den ruhigen Wogen des unübersehbaren Meeres wiederspiegelte; -Milliarden Silbersternchen schillerten auf der ewig sich hebenden -und senkenden chrysoprasgrünen Fläche, und hüpften in die weißen -Schaumwellen der sanften Brandung, verschwanden und waren im Nu -wieder tausendfältig da, und Hulda hob, verloren im Entzücken des -unbeschreiblich großen Schauspiels, das Auge zu dem, der über den -Wolken thront, und legte die Hände, gefal<span class="pagenum"><a name="Seite_26" id="Seite_26">[S. 26]</a></span>tet, auf das in süßer -Vollkommenheit klopfende Herz.</p> - -<p>Auf der äußersten Höhe der See, am Horizonte, hatte sie schon lange -einen schwarzen Punkt gewahrt; er war jetzt näher gekommen, hatte -geschossen, die Flagge in Schau wehen lassen und aufgebraßt,<a name="FNAnker_5_5" id="FNAnker_5_5"></a><a href="#Fussnote_5_5" class="fnanchor">[5]</a> und die -Lotsen eilten in ihren Booten hinaus, um den englischen Brigkutter, der -sich aus jenem schwarzen Pünktlein nach und nach geformt hatte, in den -Hafen zu bugsiren.</p> - -<p>Als der Kutter das Hafenfort passirte, begrüßte ihn dieses mit seinem -Geschütz; sämmtliche vor Anker liegende Fahrzeuge bewillkommten es mit -dem gewöhnlichen Hurrah, und der junge Freund im Mastkorbe, schnitt -ihm, aus läppischem Muthwillen, die tiefsten Komplimente hinab, so daß -Hulda über den komischen Menschen laut — ach nein — das Hähnlein -im Korbe ward keck — mitten unter den Bücklingen, die er dem Kutter -machte, warf der junge Herr Ame<span class="pagenum"><a name="Seite_27" id="Seite_27">[S. 27]</a></span>rikaner, — sie hatte es wohl gesehen, -— der Nachbarinn auf dem Balkon, ein halb Dutzend Küsse zu. An den -Ufern des Missisippi mochte das vielleicht Mode seyn, aber nicht hier -zu Lande; sie flüchtete in den Saal zurück, eilte, ohne das Unheil, -welches der englische Kutter ihr brachte, zu ahnen, auf ihr Zimmer; -drängte das Gesicht, auf dem, — sie wußte selbst nicht warum, — -Freude, Muthwille, Lachen und Ausgelassenheit, aus allen Zügen blitzte, -vor dem Spiegel in die Schranken des Ernstes zurück, und ging, nachdem -sich das Roth, das ihr der Aerger über den vorwitzigen Nachbar im -Mastkorbe, auf die Wangen gegossen, ein wenig verloren hatte, zur -Mutter.</p> - -<p>Diese befand sich über alle Erwartung wohl; sie scherzte, seit mehreren -Wochen zum ersten Male, wieder mit Hulda; sie streichelte ihr die -Wange; sie liebkos’te das holde Kind mit den zartesten Namen und -betrachtete es fast unverwandten Blickes, mit sichtbarem Wohlgefallen.</p> - -<p>Hulda konnte sich die auffallende Umwandlung platterdings nicht -erklären; sie frug die Mutter, ob in ihrer Abwesenheit etwas -vorgefallen sey, was die glückliche heitere Stimmung<span class="pagenum"><a name="Seite_28" id="Seite_28">[S. 28]</a></span> bewirkte, allein -die Mutter erwiederte lachend: soll ich mich meines Kindes nicht -freuen? Du bist so fromm und gut; Du bist so frisch und gesund, so -groß, und — die Mutter darf das ja dem bescheidenen Kinde in das -Gesicht sagen, und so hübsch geworden, und wer dich vor ein paar Jahren -sah, und Dir jetzt wieder begegnet, kennt Dich nicht mehr. Wie lange -wird es werden, und ich flechte Dir den Brautkranz in’s Haar!</p> - -<p>Der lieblichen Hulda flog alles Blut in die Wangen; davon hatte die -Mutter im Leben noch nicht gesprochen. Man hatte sie immer noch wie -ein Kind behandelt; die Mutter hatte sie, noch vor wenigen Tagen, ihr -Kälbchen geheißen, und gefragt, wenn sie denn einmal die Kinderschuhe -ausziehen werde, und jetzt — vom Brautkranz! — sollte unterdessen -etwa der wilde Mensch, der Amerikaner — aber der war ja seit heute -Mittag nicht von seinem Verdeck gekommen, der saß ja bestimmt noch in -seinem Korbe. Nein, das war nicht möglich!</p> - -<p>Es sollte mich, fuhr die Mutter freundlich fort: nichts glücklicher -machen, als wenn ich noch die Seligkeit haben sollte, Dich vor mei<span class="pagenum"><a name="Seite_29" id="Seite_29">[S. 29]</a></span>nem -Hinscheiden, an der Seite eines recht wackern Mannes zu sehen.</p> - -<p>Dem Mädchen verging der Athem. Das Gesicht brannte ihm, wie Feuer! -Der Dreimaster, das Kreuz, die drohende Mutter, das Sterbegewand, -der englische Kutter, der Grabstein, alles wirrte sich ihr in dem -Augenblick vor die Seele; sie wollte sich zum Scherz zwingen, und der -Mutter versichern, daß es mit dem Brautkranz noch lange Zeit habe, aber -— kein Wort konnte sie über die Lippen bringen. Hatte der Mensch mit -dem braunen Lockenkopfe und den veilchenblauen Augen — denn keinen -andern konnte die Mutter meinen, weil kein anderer auf der ganzen Welt -in ihrem jungfräulichen, vor wenigen Minuten noch fest verschlossenen -Herzen lebte — hatte der vielleicht durch einen Dritten — nein aber -so rasend konnte er, wenn sie ihm auch, nach seinem Benehmen, alle -Tollheiten zutrauen mußte, doch nicht seyn.</p> - -<p>Schenkt mir der liebe Herr Gott, setzte die Mutter ernster werdend -hinzu: meine Gesundheit wieder, und fristet er mir mein Leben, so<span class="pagenum"><a name="Seite_30" id="Seite_30">[S. 30]</a></span> -gehört es zu dessen einziger Glückseligkeit, daß ich Dich in der Nähe -behalte. Mütter, die das Liebste ihres Herzens, ihre Kinder, aus dem -Hause in die weite Welt ziehen sehen, büßen mehr denn die Hälfte ihres -ganzen Lebensglücks unwiederbringlich ein. Du bist jetzt in den Jahren, -meine herzensliebe Hulda, daß Du meine Freundin seyn kannst; hier, das -weißt Du, mein Kind, ist niemand, dem diese Stelle zu Theil ward. Die -Männer gehören dem Getriebe der Geschäfte, der halben Welt; und meine -Sophie, meine treue Schwester, haben sie zweitausend Meilen weit von -mir weggeführt. Die wußte — sie sprach leiser, ihre Stimme ward weich -und stille Thränen traten ihr in das lebensmüde Auge — die wußte -alles; meinen Kummer und meinen Schmerz; auch meine Freuden wußte sie; -ihr Gatte führte sie mit sich aus meinen Armen über das Weltmeer, und -so habe ich seitdem zwanzig lange Jahre allein gestanden, bis Du jetzt -heranwuchsest, um mir den Rest meiner Tage durch Deine Freundschaft, -Deine Liebe zu versüßen, und mir die Augen, wenn sie im Tode sich -brechen, zum ewigen Schlummer zu schließen.<span class="pagenum"><a name="Seite_31" id="Seite_31">[S. 31]</a></span> Nicht wahr mein einziges, -mein süßes Kind, Du gehst nicht von mir?</p> - -<p>Nein mein Mütterchen, rief Hulda tief bewegt, und dachte in diesem -Augenblicke an nichts, als an die heilige Pflicht, die der Vater -dessen, der die Kindlein zu sich kommen ließ, um sie zu segnen, in die -fromme Brust jedes guten Menschen gelegt hat. Sie wollte noch etwas -sagen, aber die Mutter unterbrach sie mitten in der Rede.</p> - -<p>Der Vater, hob sie an, und es war, als verhalte sie die Miene des -Verdrusses mit Mühe: der Vater gab Dir heute den Auftrag, Dich nach -dem jungen Fremden — sie hielt inne, und legte die Hand krampfhaft -zuckend, sich auf die Augen — nach dem jungen Fremden zu erkundigen. -Thue das nicht, Hulda, Männer sind in dergleichen Fällen leichter, -unzarter; Du aber wirst fühlen, daß sich das nicht schickt; der alte -Director, Du kennst ihn, und besonders die Linsing’schen Mädchen — sie -machte ein Gesicht, als seyen ihr letztere unbeschreiblich zuwider — -bestimmt dächten diese, Du fragtest aus ganz besonderen Ursachen nach -dem — nach dem Menschen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_32" id="Seite_32">[S. 32]</a></span></p> - -<p>Der armen Hulda flog ein geheimes Zittern durch alle Glieder, als -die Mutter des Klettervirtuosen auf dem Rösterwerk gedachte; um nur -davon abzukommen, und um — sie konnte aus dem Gesichte der Mutter -nicht recht klug werden; es mußte ihr jemand von dem Unbekannten etwas -gesagt haben, und um also zu erfahren, wer etwa mit der Mutter sprach, -fragte sie, nach der Versicherung, daß sie, auch ohne die freundliche -Erinnerung der Mutter, die Frage nach dem Fremden, bei Directors -nicht gethan haben würde, querfeldein, ob unterdessen, daß sie im -Garten arbeitete, Jemand bei der Mutter war; diese aber erwiederte -halb lächelnd: kein Mensch, und versicherte, sie habe fast die ganze -Zeit geschlafen, sey vor wenigen Augenblicken erst erwacht und — sie -betonte das Wort, — <em class="gesperrt">gleich</em> mit dem Gefühle der angenehmsten -Erheiterung.</p> - -<p>Kurz darauf erzählte die Köchinn, welcher Hulda, zum Abendessen, -mehreres heraus gab, wie sie sich vorhin über Maklers Suschen ärgerte; -das kam, fuhr sie, der Schiffssprache wohl kundig, fort: das kam die -Treppe herauf gebraus’t, wie ein fliegender Sturmwind zwischen den<span class="pagenum"><a name="Seite_33" id="Seite_33">[S. 33]</a></span> -Wendekreisen. Ich bat höflich, die Segel back zu brassen, weil die Frau -Admiralitätsräthinn schlafe; Orkan-Suschen aber blieb beim steifen -Winde, verlangte dringend, mit der Frau Räthinn zu sprechen, that -erschrecklich fröhlich, als habe es, wer weiß, was vor eine glatte -Fahrt, setzte alle Segel bei und mudderte gerades Weges in die Stube. -Aber keine fünf Minuten, so wendete der Schnellsegler durch den Wind, -und fuhr von dannen, woher er kam.</p> - -<p>Hulda stutzte!</p> - -<p>Was war das! die Mutter, sonst die Wahrheit selbst, hatte auf die -Frage, ob Jemand bei ihr war, geantwortet, kein Mensch! und doch war -Suschen — was konnte das Mädchen bei der Mutter gewollt haben? was -konnte das so dringende Geschäft gewesen seyn? sollte der Mensch -mit dem langen Sehrohr — der Mutter sonderbare Aeußerung über das -Heirathen, — aber — einfältiger Gedanke; so etwas — wenn auch -Suschen in <em class="gesperrt">seinem</em> Auftrage gekommen wäre, so etwas macht sich -doch nicht in solcher Eil, in solcher Hast ab. Zwar — das Mädchen -konnte ja blos einen Brief<span class="pagenum"><a name="Seite_34" id="Seite_34">[S. 34]</a></span> von ihm bringen — doch — nein, die Liebe -ist unausstehlich! sie macht alles möglich, sie setzt sich über alles -weg; das Allerunwahrscheinlichste wird dem liebenden Glauben zur -unumstößlichen Thatsache. Suschen war ein dummes gutherziges Ding; der -junge Fremde hatte sich, seiner Geschäfte wegen, bei dem Vater, dem -Schiffsmakler gemeldet; das Gespräch war auf dieß und jenes gekommen, -am Ende auch auf den Herrn Admiralitätsrath Splügen, und dessen Jungfer -Tochter; der Herr Fremde hatte — denn <em class="gesperrt">der</em> konnte sich nicht -verstellen, das hatte ihm Hulda nun schon abgemerkt, — geäußert, daß -er dieser Hulda Splügen gar nicht gram sey, Mamsell Suschen, die sich -nur zu gern in alles mengte, hatte in ihrer lieben Unbefangenheit sich -erboten —</p> - -<p>Der Vater lachte laut auf, denn, eben von seiner Erholung zu Hause -gekommen, hatte er auf dem Flur der Tochter schon lange zugesehen, die, -in Gedanken verloren, wie eine Bildsäule stand, das Wachslicht dicht -vor das Näschen hielt und, mit beiden Augen starr in das milde Licht -schauend, die Flammengluth nicht ahnete, zu der die ersten Liebesfunken -in der<span class="pagenum"><a name="Seite_35" id="Seite_35">[S. 35]</a></span> geheimsten Tiefe ihres Innern, binnen wenigen Stunden, -emporgelodert waren.</p> - -<p>Hulda erschrak über die unvermuthete Nähe des Vaters und sein -ironisches Lachen so heftig, daß das Licht auslöschte, und das war auch -recht gut, denn sonst hätte der Vater den Scharlach gewahren müssen, -der sich über das Zaubergesichtchen der liebholden Träumerinn, mit -Blitzesschnelle ergossen hatte.</p> - -<p>Sie ging zurück, das Licht wieder anzuzünden, und als sie es brachte, -war der Vater, der vorhin so fröhlich geschienen hatte, verstimmt und -befangen; er sah den Liebling seines Herzens mit ungewissem Blicke -an, ging im Zimmer auf und ab, gab seiner Frau die Hand, schüttelte -schweigend den Kopf, sagte still vor sich hin, nein, — nein, und ging -in sein Kabinet.</p> - -<p>Was war dem Vater? fragte Hulda besorglich — die Mutter aber -entgegnete, nichts, Kind, Du weißt ja, wie die Männer sind.</p> - -<p>Hulda schwieg, aber es ward ihr, sie konnte sich selbst nicht sagen, -warum, bange in der beklommenen Brust, denn ohne Bedeutung war des -Vaters: nein, nein! und der Mutter un<span class="pagenum"><a name="Seite_36" id="Seite_36">[S. 36]</a></span>terdrückte Verdrüßlichkeit nicht; -und daß sie im Spiele war, lag klar am Tage; der Vater sah sie gar zu -sonderbar an. Am Ende — ganz gewiß hatte die Mutter den Brief, den ihr -Suschen brachte, und in welchem der da unten im Hafen ihrer erwähnte, -dem Vater mitgetheilt, und dieser zu dem Antrage des Tollkühnen, sein -einziges Kind ihm mit nach Amerika zu geben, — das vorbedeutende nein, -nein gesagt — aber das konnte es ja auch nicht seyn! denn der Mutter -schien dieses hingeworfene nein nein, gar nicht recht! — Je mehr sie -sich alle Umstände zusammensetzte, desto verwirrter ward sie in ihrer -Logik; und sie zagte jetzt dem Abendbrode entgegen, wo sie zwischen den -beiden räthselvollen Aeltern sitzen sollte, ohne zu wissen, woran sie -sey. Sie glaubte, die Mutter werde wegen des Unfalles von heute Mittag, -nicht mit zu Tische gehen, aber, als wolle diese Vater und Tochter -absichtlich mit einander nicht allein lassen, sie behauptete, daß ihr -recht wohl sey, und kam.</p> - -<p>Der Vater — das war so seine Art, wenn er mit der Mutter eine kleine -vorübergehende Unannehmlichkeit gehabt hatte, — entfernte sich<span class="pagenum"><a name="Seite_37" id="Seite_37">[S. 37]</a></span> auf -einige Minuten in sein Kabinet, kam dann mit erzwungener Laune zurück, -gedachte des Vorfalls mit keiner Sylbe weiter, und bemühte sich, das -gute Vernehmen, durch erkünstelte Heiterkeit, möglichst bald wieder -herzustellen; der Vater brachte seinen, in aller Geschwindigkeit -zusammengestoppelten Humor mit zu Tische; wenn er aber, mitten im -Gespräch, Hulda ansah, dann schien dieser es immer, als wenn sein Blick -ihr verstohlen sagen wollte, mein armes Kind, wenn Du doch wüßtest, was -sie mit dir vorhätten. Doch späterhin, als er die Galle, die in ihm -mochte rege werden, mit seinem vortrefflichen Loignon verdünnte, schien -er das Krüppelchen, was ihm das Schicksal, vor dem Traualtare, an sein -Lebensglück gebunden hatte, auf einige Augenblicke wieder vergessen zu -haben; er ward freundlicher, und erzählte von den Begebnissen des Tages -mit seiner gewohnten Lebhaftigkeit und fröhlichen Laune.</p> - -<p>Apropos, begann er unter andern, zu Hulda gewendet: Du brauchst Dich -morgen bei Direktors nach dem jungen Fremden nicht zu erkundigen. Hulda -schlug die Augen auf den Teller nieder, und ärgerte sich über sich -selbst, denn<span class="pagenum"><a name="Seite_38" id="Seite_38">[S. 38]</a></span> schon dieß einzige Wort jagte ihr eine stechende Röthe -auf die Wangen; die Mutter aber legte Messer und Gabel weg, als vergehe -ihr Essen und Trinken.</p> - -<p>Beides bemerkte der Vater nicht, und berichtete nun, daß der junge -Mann aus Mexiko sey. Ich weiß jetzt alles, fuhr er fort: er ist am -Bord seines eigenen Schiffes, mit einer reichen Ladung von Vanille, -Seide, Balsam und Kakao, aus dem Südseehafen Acapulco in See gegangen, -und will hier Leinwand, als Rückfracht nehmen. Am Isthmus von Panama -hat er weitläufige Kolonien; und aus den undurchdringlichen Wäldern -seiner Heimath, versieht er mit Schiffsbauholz die Häfen von Veracrux -und ganz Nordamerika. Mit den Tschipewäern, den Missuriern und den -Biberindianern oben am Eismeere und mit den Huronen und Algonkinen in -Kanada, hat er einen ausgebreiteten Handel mit Pelzwaaren, und von -Yukatan an der Hondurasbai zieht er jährlich ungeheure Quantitäten -Kampecheholz, mit dem ihr violett färbt, und unsere Aerzte die Ruhr -vertreiben; und an den unerschöpflichen Gold- und Silbergruben seines -Vaterlandes, deren<span class="pagenum"><a name="Seite_39" id="Seite_39">[S. 39]</a></span> Ausbeute jährlich 23 Millionen Piaster beträgt, -hat er einen namhaften Antheil; seht Kinder, das ist ein Kaufmännchen, -gegen den die Krämer unserer kleinbürgerlichen Seestadt sich alle -verstecken müssen. Das Schiff, mit dem er gekommen ist, heißt, wie Du -Frauchen, Antoinette, und —</p> - -<p>Der Mutter ward wieder übel und wehe; sie lehnte sich in den Sessel -zurück, wehrte mit der Hand, als wolle sie sagen: nichts mehr, nichts -mehr davon, und verlangte zu Bette. Sie rief zweimal Hulda, dem -Dienstmädchen zu klingeln, aber diese war ja in Acapulco, und sah ihn -mit seiner Vanille und Seide, mit seinem Kakao und Balsam, dort die -Anker lichten, und durchwandelte mit ihm seine Pflanzungen auf der -Erdenge von Panama und hüllte sich in die prächtigsten Pelze, die er -bei den Huronen und Biberindianern so eben erkauft hatte, und nahm sich -vor, von nun an nichts als violett zu tragen, weil aus <em class="gesperrt">seinen</em> -Händen die Farbe kam; selbst ein wenig Ruhr hätte sie nicht übel -genommen, denn <em class="gesperrt">er</em> war es ja, der ihr das Heilmittel dagegen, aus -dem fernen Welttheil brachte.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_40" id="Seite_40">[S. 40]</a></span></p> - -<p>Aber Hulda, Du sollst ja der Babette klingeln; sagte der Vater -verwundert, und sah der Stillverzückten in das starr auf einen Punkt -vor sich hin geheftete Auge.</p> - -<p>Gleich, gleich! entgegnete das Mädchen, aus seinen seligen Träumen -schnell auffahrend, eilte, statt zur Klingelschnur am Sopha, auf den -Flur hinaus, und zog an der Thürklingel, daß alle Domestiken zusammen -kamen und, in der Meinung, ein Fremder läute den rasenden Sturm, von -Ferne schon riefen: nun, nun, nur sachte, wir sind ja nicht taub.</p> - -<p>Hulda aber war über das laut schellende Gebimmel der dummen Glocke, -die, einmal so heftig in Bewegung gesetzt, nicht wieder schweigen -wollte, längst wieder zu sich gekommen, und flüchtete, um dem Gefrage -der Aeltern und der Leute, die sie alle für halb verrückt ansehen -mußten, aus dem Wege zu gehen, in den Garten.</p> - -<p>Nein, sagte sie zu sich selbst, das muß anders werden; das taugt -nicht. Bei Gott, ich finge an, selbst an meinem Verstande zu zweifeln, -wenn das länger so fortgehen sollte. Er muß heraus aus dem Kopfe -und aus — sie<span class="pagenum"><a name="Seite_41" id="Seite_41">[S. 41]</a></span> wollte hinzusetzen, und aus dem Herzen, aber in dem -Augenblick ertönte ein mit ungemeiner Zartheit geblasener Flötenaccord; -schmeichelnde Nachtlüftchen trugen ihn ihr zum lauschenden Ohr, und -säuselten ihr zu: das ist von ihm.</p> - -<p>Sie stand wie angewurzelt —</p> - -<p>Das ist von ihm? fragte sie lächelnd, und horchte mit stockendem Athem -nach den lieblichen Lauten, die ihr zum Herzen sprachen! aber sie waren -im Dunkel der sie umgebenden Stille verhallt; sie hörte nichts weiter.</p> - -<p>Albernes Ding, sprach sie, sich selbst verweisend, von ihm — als ob es -nicht tausend Andere im Hafen und in den benachbarten Gärten, und am -Gestade des Meeres, auch seyn könnten. Die Flöte blasen mehr ehrliche -Leute — Nur noch einmal möchte sie es hören, und sie wollte dann -bestimmt wissen, wo der Vogel sitze.</p> - -<p>Am Ende saß er oben, auf dem Balkon des Gartenhauses, wo sie vorhin -gesessen; dort oben regte sich wahrhaftig etwas, und die Balkonthüre -öffnete sich langsam. Aber, um Gotteswillen, wie hier heraufgekommen? -— doch — der Kletterkatze, die vorhin von dem Schiffe<span class="pagenum"><a name="Seite_42" id="Seite_42">[S. 42]</a></span> zur Schlupe an -dem Baumtau hinab gerutscht, und von da, auf demselben halsbrechenden -Wege, wieder hinauf gekommen war, mit einer Sicherheit, als sey das -schwankende Tau eine breite Prachttreppe mit eisernen Geländern — was -war <em class="gesperrt">der</em> nicht möglich? Es bewegte sich oben wieder. —</p> - -<p>Etwas war da —</p> - -<p>Hinaufgehen und nachsehen? —</p> - -<p>Um keinen Preis! War er es, was mußte er von ihr denken! — War es ein -Dritter, so setzte sie sich der Gefahr aus, einen Todesschreck davon zu -tragen. — Die Leute aus dem Hause rufen? — wenn er es nun war, — die -Geschichte wäre ja morgen in der ganzen Stadt bekannt geworden! — War -es gar nichts, hatte sie sich getäuscht, so mußten die Leute, die sie -vorhin erst hatten Sturm läuten sehen, und fest von ihr aufgefordert -wurden, etwas zu suchen, was gar nicht da war, in allem Ernste glauben, -sie sey zum Tollhause reif, und ein Dritter — konnte in dem leeren -Gartenhause nicht viel nehmen.</p> - -<p>Sie stand, unverwandten Blickes auf den Balkon gerichtet. Das -Auge, jetzt mehr an<span class="pagenum"><a name="Seite_43" id="Seite_43">[S. 43]</a></span> die Dunkelheit gewöhnt, erkannte endlich in -dem Verdächtigen, den unschuldigen Orangeriebaum; und die daneben -befindlichen großen Levkoibüsche bewegten sich, wenn sie wirklich -vielleicht ein wenig auf und ab geschwankt hatten, vom Windzuge -berührt, der aus der halb offen gelassenen Balkonthür kommen mochte.</p> - -<p>Es zog sie unwiderstehlich auf den Balkon; sie mußte ja die Thür -zumachen.</p> - -<p>Im Hinaufgehen — es war, als hörte sie die Flöte wieder. Sie eilte auf -den Balkon!</p> - -<p>Millionen Sterne flimmerten am schwarzen Himmelszelte; am fernen -Gestade rauschte das Meer in sanfter Brandung; im Hafen aber schlief -alles; nur die kupferne Lampe im Nachthause, wo der Steuercompaß steht, -brannte auf jedem Schiffe, und hier und da war noch ein Lichtchen in -den Kajüten sichtbar. Auch den Bord der Antoinette schien der Gott des -Schlafes geentert zu haben, denn es rührte sich da unten kein Mäuschen. -Aber — jetzt ertönte die himmlische Flöte noch einmal. Es klang, wie -das Locken der Liebe, in dem der Sprosser zu seinem Nachtigallweibchen -spricht; so sehnsüchtig und so schmelzend; erst bittender<span class="pagenum"><a name="Seite_44" id="Seite_44">[S. 44]</a></span> Scherz, -in kurzen, rund abgebrochenen Sätzen, dann lange, lange Töne gezogen -durch die Gluth der zärtlichsten Leidenschaft, und immer stärker und -stärker werdend, und hoch hinausgehend über das Reich alles Irdischen, -und endlich, zum Zeichen des Glaubens an freundliche Erhörung der -schüchternen Bitte, ein sich bald in kräftige Volltöne, bald in ein -süßes, hinsterbendes Pianissimo auflösender Doppeltriller.</p> - -<p>Allerliebst, allerliebst, sagte Hulda leise, und holte jetzt erst -wieder Athem, denn sie hatte ihn in der überseligen Brust verhalten, -so lange die süßen Laute zu ihr sprachen, um von der Sphärenmusik -nichts zu verlieren. Sie kamen ja doch vom Deck der Antoinette herauf; -sie sah, so viel die Sternenhelle es gestattete, ganz deutlich da -unten, auf der Tasche<a name="FNAnker_6_6" id="FNAnker_6_6"></a><a href="#Fussnote_6_6" class="fnanchor">[6]</a> des Schiffes, nach ihrer Seite zu, etwas -sich bewegen, und aus dem wehmüthigen spanischen Liedchen, das die -Flöte spielte, zog Hulda die Ueberzeugung, daß sie sich nicht irrte. -Der Mexikaner mußte ja ein spanisches Lied blasen! Ihr kam<span class="pagenum"><a name="Seite_45" id="Seite_45">[S. 45]</a></span> es recht -eigentlich spanisch vor. Konsuls Alwine besaß bei einem vollständigen -Musikalien-Vorrath aller National-Melodien, dasselbe Lied, und hatte es -früher schon zwanzigmal wohl gesungen, aber so klang es nie.</p> - -<p>Man konnte aber auch nichts weicheres, nichts rührenderes hören, als -diese Melodie aus dieser Brust. Es war, als wollte der junge hübsche -Mensch da unten, seine ganze Seele aushauchen, so deutlich sprach das -Instrument den süßen Schmerz seines liebekranken Herzens aus. Vorhin so -läppisch, und jetzt so sanft, so leidend, so schmachtend.</p> - -<p>Was für ein kurioser Mensch muß das seyn, dachte Hulda bei sich selbst, -heimlich lachend, und fragte nach einer Weile, durch seine süße Klage -weich geworden, halb leise herab: warum so traurig mein Freund? und die -milden Sterne am dunkeln Himmelszelte, spiegelten sich in den Perlen, -die ihr an den seidenen Wimpern hingen. Das Wasser war ihr in die Augen -gekommen, sie wußte selbst nicht wie. Sie hätte zerfließen mögen in nie -gekannte Lust und Freude. Seine zarte Klage that ihr unaussprechlich -wohl; sie verstand jeden<span class="pagenum"><a name="Seite_46" id="Seite_46">[S. 46]</a></span> Hauch seiner Lippen; sie verriethen ihr, -durch das heimliche Dunkel der Nacht, die frischblutende Wunde, die ihr -Liebreiz dem Schwärmer schlug, das süße Wehe, in dem der glückliche -Dulder schier zu vergehen glaubte, und die Südgluth seiner Leidenschaft.</p> - -<p>Aber vom Meere herüber zog jetzt der Wind schärfer, durchreifte -die warme Sommernacht mit eisigen Schauern und mahnte Hulda an das -Nachhausegehen. Sie warf — es sah es ja niemand, als der liebe Herr -Gott, der die ungeheure Gewalt der Liebe in die Brust des Menschen -gesenkt hat, und dieser deutete es gewiß nicht übel, — sie warf, -zum Danke für das hübsche Abendständchen, einen recht herzlichen Kuß -herab, und sagte kaum hörbar, gute Nacht, mein lieber, lieber Freund, -gute Nacht, und eilte in das Haus zurück; noch im Gehen warf sie -einen scheuen Blick in die Himmelsgegend, wo sie, heute Abend, die -sonderbaren Figuren und Gestalten sah; aber der Grabstein und das -Kreuz, und das Drohbild der zürnenden Mutter, hatten die schwarzen -Nachtwolken längst mit undurchdringlichem Schleier verhüllt.</p> - -<p>Reiße, mitleidiges Schicksal, den Vorhang<span class="pagenum"><a name="Seite_47" id="Seite_47">[S. 47]</a></span> vor den Schrecknissen der -Zukunft nicht zu früh von einander; laß den armen Menschen ihren Wahn, -daß sie geboren sind, um immer glücklich zu seyn.</p> - -<p>Hulda hatte sich gefreut, von ihm zu träumen, aber damit war es dießmal -nichts; sie träumte wohl, doch nicht von ihm. Tante Sophie sandte ihr -von Lima aus, schwarzen Krepp zu einem Ballkleide, und einen Schmuck -von böhmischen Glasperlen, und schrieb ihr einen solchen launigen, -verwirrten Brief dazu, daß sie, als sie am Morgen erwachte, noch -darüber lachen mußte. Sie erzählte der Mutter davon, diese lachte mit, -und sagte mit sonderbarer Betonung, schwarzer Krepp von daher, hat -eine recht eigene Bedeutung; Hulda wollte fragen, welche, aber die -Mutter fuhr, des Ballkleides Erwähnung eingedenk, gleich fort, von -Huldas heutigem Anzuge zu sprechen, und meinte, daß, wie sie hörte, bei -Directors sehr große Gesellschaft seyn werde, und äußerte daher den -Wunsch, daß Hulda heute vorzüglich elegant erscheinen möge.</p> - -<p>Diese schien dazu keine rechte Lust zu haben, denn Er war ja doch nicht -dort, und Anderen<span class="pagenum"><a name="Seite_48" id="Seite_48">[S. 48]</a></span> gefallen zu wollen, kam ihr nicht im entferntesten -in den Sinn; indessen um der Mutter den Willen zu thun, schmückte sie -sich mit dem Beßten ihrer geschmackvollen Garderobe.</p> - -<p>Sie war verstimmt und konnte den ganzen Tag platterdings ihren Frohsinn -nicht wieder finden. Zweimal war sie auf dem Balkon gewesen; verkaufte -er an seiner mitgebrachten Ladung, oder lief er nach der Leinwand zur -Rückfracht herum, oder hatte er eine Andere gefunden, die ihm — als -schnitt ihr Jemand mit scharfschneidigem Stahle das Herz mitten von -einander, so zuckte sie bei dem Gedanken zusammen — sie krampfte die -Hand in einander, und sah mit recht bösem Blick hinab auf das Deck -der Antoinette; aber er war nicht da; zum vierten Male, kurz zuvor, -ehe sie zu Directors fuhr, bestieg sie noch einmal den Balkon; sie -mußte sich da noch einen recht schönen Orangenzweig holen, und all -die hundert Orangerie-Bäume im Garten unten, blühten nicht so schön, -als der auf dem Balkon. Wie ein Engel vom Himmel gekommen, sah das -bildschöne Mädchen in ihrem blendendweißen Prachtgewande, auf dem, in -luftiger Höhe kühn schwe<span class="pagenum"><a name="Seite_49" id="Seite_49">[S. 49]</a></span>benden Balkon aus. Von den Verdecken aller -Schiffe im Hafen, sahen sie nach der himmlischen Gestalt herauf, und -in den Sprachen aller Völker der Erde, ertönte einstimmig das Urtheil, -daß das ein wunderhübsches Kind sey; aber Er — Er war immer noch -nicht da. Abscheulicher Mexikaner, rief sie im drohenden Scherz leise -hinab: wo steckst Du? In dem Augenblick kommandirte eine Stimme auf der -Antoinette, spanisch: <span class="antiqua">Saldat a la banda</span>, (fallt auf’s Fallreep) -und die Matrosen ließen die Fallreepstreppe an der Steuerbordseite -hinab, und der alte Doctor Brehme stieg am Bord.</p> - -<p>Er ist krank, sagte sie mit gebrochener Stimme: und er hat keine, die -ihn pflegt, und ich bin böse auf ihn gewesen, daß er nicht da war, und -er ist doch so unschuldig. Ich, ich bin die Ursache seiner Krankheit, -denn bestimmt hat er sich gestern Abend, da draußen auf der Galerie, in -dem kalten Meeres-Thau erkältet, und nun kann ich ihm meine Sorgfalt, -meine herzliche Theilnahme mit nichts, mit gar nichts beweisen. Gott, -wenn es nur nicht gefährlich ist — der Tante schwarzes Kreppkleid aus -Lima! — da habe ich ja die schreckliche Lösung des Trau<span class="pagenum"><a name="Seite_50" id="Seite_50">[S. 50]</a></span>mes, über den -ich und die Mutter heute früh noch lachten.</p> - -<p>Aber hier sind Sie? unterbrach ihr Selbstgespräch die athemlose -Köchinn: die vierrädrige Barkasse liegt vor der Thür schon länger denn -eine halbe Stunde. Der Steuermann vorn auf dem Bratspill klatscht, zum -Zeichen, daß er da sey, mit seinem Steuerruderchen, daß alle Leute -auf der Straße stehen bleiben; er hat schon, Gott weiß wie lange, die -Pitsjahrs-Flagge am Vortop aufgehießt,<a name="FNAnker_7_7" id="FNAnker_7_7"></a><a href="#Fussnote_7_7" class="fnanchor">[7]</a> und ich kann Sie nirgends -finden. Wollen Sie nicht Extraliegegeld zahlen, so kommen Sie ja gleich.</p> - -<p>Sie mußte fort, in die widrige Gesellschaft, in der sie keine Freude -finden konnte.</p> - -<p>Das ist kein Ballgesicht, sagte die Mutter, als sie kam, um sich bei -dieser zu verabschieden: was fehlt dir Kind? Du hast ja nasse Augen, -Mädchen?</p> - -<p>Nichts, mein Mütterchen, man hat so seine Tage, entgegnete Hulda -lächelnd: ich bliebe heute<span class="pagenum"><a name="Seite_51" id="Seite_51">[S. 51]</a></span> viel lieber zu Hause; die Mutter aber -meinte, wenn sie nicht krank sey, so müsse sie sich dergleichen -Mißlaunen nicht so hingeben; sie werde sich bestimmt recht wohl -dort befinden, und da viel Fremde eingeladen wären, gewiß manche -interessante Bekanntschaften machen. Dein Englisch, setzte sie -mütterlich wohlwollend hinzu: mußt Du noch viel mehr üben; wenn Du mit -jungen Britten sprichst, bist Du immer etwas befangen; hast Du daher -Gelegenheit, heute englisch zu sprechen, so versäume sie nicht; das ist -so gut, als hättest Du beim Lehrmeister zwei Stunden.</p> - -<p>Desto geläufiger geht es jetzt mit dem Spanischen, entgegnete Hulda -selbstzufrieden, und dachte im Stillen, daß sie mit dem jungen -Mexikaner sich gewiß recht gut verständigen wollte, wenn sie ihn nur -einmal spräche; die Mutter aber erwiederte scharf, daß <em class="gesperrt">die</em> -Sprache ihr eigentlich ganz überflüssig, und der Unterricht darin, -gleich vom Anbeginn an, ihrem Willen ganz entgegen gewesen sey; -sie empfahl ihr, beim Tanze sich recht in Acht zu nehmen, wünschte -ihr recht viel Vergnügen, und freute sich, morgen früh von ihr -umständlichen Bericht über das Fest zu vernehmen.</p> - -<p>Der Wirrkopf mit den blauen Augen krank<span class="pagenum"><a name="Seite_52" id="Seite_52">[S. 52]</a></span> in der Kajüte, und sie auf dem -Balle! Ein recht widriger Kontrast! Sie nahm sich vor, keinen Schritt -zu tanzen, und recht zeitig nach Hause zu fahren; vielleicht war es -doch noch möglich, heute Abend, auf seinem Verdeck, von ihm etwas zu -erspähen, und wenn es auch nur das Licht in seiner Kajüte sey. In dem -Augenblick, als sie in das Vorzimmer des Gesellschaftsaales trat, holte -sie der Doktor Brehme ein, der ebenfalls als Gast hier erschien. Sie -waren, fragte sie, vom Zufall überrascht: eben am Bord der Antoinette -im Hafen; haben Sie dort einen Kranken? Sie erschrak, als sie die Frage -glücklich heraus hatte, aber so gestellt, konnte der Doctor ja ihren -Grund unmöglich bemerken; doch die Antwort blieb ihr der Gefragte -schuldig; denn die Flügel der Saalthüre öffneten sich, und sie mußte -eintreten.</p> - -<p>Sie verneigte sich mit holder Anmuth gegen den großen glänzenden -Halbkreis der geschmückten Versammlung, und ein halbleiser Beifallslaut -in der ganzen Gesellschaft, sprach das stille Entzücken aus, mit dem -die Erscheinung der Liebreizenden alle Anwesenden überrascht hatte. -Schönheit, Unschuld und Jugend, diesen drei Grazien<span class="pagenum"><a name="Seite_53" id="Seite_53">[S. 53]</a></span> wird überall -die zarteste Huldigung zu Theil. Aber zauberischer als heute, hatten -auch des Mädchens älteste Bekanntinnen es nie gesehen. Hulda schaute -mit schüchterner Befangenheit im Zirkel umher, um die Frau vom Hause -herauszufinden, da traf ihr Blick auf den jungen Mexikaner. Der Wirth -des Hause wisperte ihm in das Ohr: das ist unser Admiralschiff, das -schönste Mädchen der Stadt, und der junge Fremde erwiederte freundlich -lächelnd: ich streiche die Flagge.<a name="FNAnker_8_8" id="FNAnker_8_8"></a><a href="#Fussnote_8_8" class="fnanchor">[8]</a> Der Director näherte sich dem -holden Mädchen, um es zu bewillkommen, führte es seiner Gattinn zu, -fragte nach dem Befinden der Mutter, und betheuerte mit schönen Worten, -daß Hulda immer liebenswürdig sey, aber heute müßte Adonis selbst ihre -Toilette gemacht haben, denn reizvoller sey sie nie gewesen. Europa, -setzte er scherzend hinzu: Europa nicht allein, liegt Ihnen zu Füßen; -die fernsten Welttheile bringen Ihnen sogar ihre Huldigungen dar.</p> - -<p>Der glatte Freund aller schönen Mädchen und<span class="pagenum"><a name="Seite_54" id="Seite_54">[S. 54]</a></span> Frauen, ein deckenhoher -Spiegel, vor dem sie eben stand, und auf den sie verstohlen einen -halben Seitenblick warf, flüsterte ihrer kleinen Eitelkeit zu, daß sie -heute recht hübsch sey, und des Mexikaners seemännisches Kompliment -vom Streichen der Flagge, hatte ihrem Ohre wohlgefällig geschmeichelt. -Der junge Mann schien das Deutsche recht gut zu sprechen. Schade! -— sie hätte sich lieber spanisch mit ihm unterhalten; die andern -hätten dann ihr Gespräch nicht verstanden, und ihm, meinte sie, wäre -es gewiß angenehm auffallend gewesen, hier ein Mädchen zu finden, das -seine Muttersprache verstehe. Sie war, wie wohl jedes anspruchlose -Mädchen, mit einer Art von Beklommenheit, in den großen eleganten -Kreis getreten, aber jetzt, — war es der Beifall, den sie in jedem -Auge gelesen, oder das, was der Herr vom Hause, der Director, von den -Huldigungen der fernen Welttheile gesagt, oder was da drüben der junge -hübsche Mensch mit den dunkelblauen Augen, vom Flaggen hatte fallen -lassen, kurz sie fühlte, daß sie hier das Admiralschiff führe. Aber so -kühn sie auch jetzt in See stach, so konnte sie doch ihr Auge nicht -zu ihm selbst wenden; das Herz klopfte ihr unter<span class="pagenum"><a name="Seite_55" id="Seite_55">[S. 55]</a></span> dem Blumenstrauß am -Busen, daß alle Blätterchen zitterten.</p> - -<p>Maklers Suschen war auch da. Hulda ging auf sie zu, um über ihren -gestrigen Sturmbesuch, von ihr näheren Aufschluß zu erhalten, diese -aber stellte der Neugierigen den neben ihr stehenden Herrn vor, und -fragte heimlich lachend, ob sie ihn nicht mehr kenne?</p> - -<p>Ein linkischer, dürrer langer Stock, mit hängenden Knieen; mit, bis -über die klapperbeinigen Waden, herabhängenden endlosen Rockschößen -und, dem ganzen, allem Geschmack und allem Anstande Hohn sprechenden -Aeußern nach, ein forcirter Engländer; das Auge grau und matt; das -durch die enge Halsbinde roth geschnürte Gesicht mit Blüthchen und -Schwären bedeckt, und in jedem Zuge Spuren eines Londoner Wüstlings, -der nur in den <span class="antiqua">Passages of Leicester, Fitzroy Square, Straffort -Street</span>, und ähnlichen Orten, seinen Freuden nachgejagt, und nichts, -als Langeweile und Lebensüberdruß aus jener Nebelinsel mitgebracht -hatte. Er redete Hulda englisch an, und versicherte, daß er das -Deutsche während der sechs Jahre seiner Abwesenheit fast ganz vergessen -habe, und Hulda erkannte in ihm,<span class="pagenum"><a name="Seite_56" id="Seite_56">[S. 56]</a></span> Suschens Bruder, Kasperchen, einen -sonst gewaltig dummen Jungen, den die ganze Stadt ehedem hänselte, -und der, als Deutschlands männliche Jugend das Schwerdt ergriff, um -Napoleons Tyrannenketten zu zerhauen, sich aus angeborner Abneigung -gegen das Kriegsleben, nach London verkrümelte, um dort die Sache -in Ruhe abzuwarten. Mit dem Vermögen und dem Kredit seines Vaters, -eines sehr wohlhabenden Mannes, führte ihm der Zufall einen jungen -mittellosen, aber höchst speculativen Engländer zu, der sich mit ihm -verband, und ihm, in der goldnen Zeit der brittischen Alleinherrschaft -auf allen Meeren, sehr große Reichthümer erwarb, und jetzt war -Kasperchen, nachdem die dummen Teufel, seine wackern Jugendbekannten, -Arm und Beine, Blut und Leben verloren hatten, mit fast einer Million -Thalern, auf dem gestrigen Kutter, nach Hause gekommen, weil in der -einfältigen Friedenszeit, drüben auf der Krämer-Insel, nichts Rechtes -mehr zu verdienen war. Das Alles erzählte Kasperchen der überraschten -Hulda englisch, und lag dabei mit dem lüsternen Blick seiner verlebten -Augen, so starr auf des wunderlieblichen Kindes frischen Liebesreizen, -daß diesem<span class="pagenum"><a name="Seite_57" id="Seite_57">[S. 57]</a></span> vor den Faunenblicken des achtundzwanzigjährigen Greises, -angst und bange ward, und sie mit heimlichem Grauen sich von ihm -wandte, denn es war ihr in seiner Nähe, als stände sie in einem -Dunstkreise von allerlei schmorenden Giften.</p> - -<p>Die junge Welt rüstete sich zum Tanze, und Suschen fragte den Bruder, -ob er nicht Hulda auffordern wolle; dieser meinte aber, in London tanze -ein junger Mann von feinem Geschmack gar nicht; man stelle sich, den -Hut in der Hand, unter die Zuschauer und spiele ein Bischen Moquirens, -das wäre ein göttliches Vergnügen, und ergötze im geistreichen Cirkel -viel mehr, als die albernen Hopsasas, bei denen die Tänzer mehr Schweiß -vergössen, als das ganze Fest des einfältigen Wirthes gewöhnlich werth -sey.</p> - -<p>Suschen lachte beifällig, und fragte Hulda, ob der Bruder sich -in den paar Jahren nicht sehr zu seinem Vortheil geändert habe. -Außerordentlich, erwiederte diese, von kaltem Schauder überreift, und -dankte ihrem Schöpfer, als der Director kam, und sie durch das Gesuch, -mit ihm den Ball zu eröffnen, der Fortsetzung dieser Unterhaltung -überhob.</p> - -<p>Die Flügelthüren des hocherleuchteten Ball<span class="pagenum"><a name="Seite_58" id="Seite_58">[S. 58]</a></span>saales flogen auf. -Eine herrliche Polonaise mit Trompeten und Pauken, begrüßte die -Eintretenden, an deren Spitze die engelschöne Hulda, an der Hand -des gastlichen Wirthes voranschwebte. Sie tanzte mit hinreißender -Anmuth, aber ihr war es, als hätte sie Blei in allen Gelenken, denn -der Mexikaner — warum hatte sie aber auch hingesehen! doch, nur -vorbeigestreift war ihr Blick, ach nur so halb vorbei geflogen — er -tanzte mit Gustchen, der Tochter vom Hause, und war, einen Augenblick -nur von ihr in einer Tour abgekommen, so verwirrt geworden, daß er alle -Gissing<a name="FNAnker_9_9" id="FNAnker_9_9"></a><a href="#Fussnote_9_9" class="fnanchor">[9]</a> verlor, einen wahren Wan-Cours in lauter loxodromischen -Linien<a name="FNAnker_10_10" id="FNAnker_10_10"></a><a href="#Fussnote_10_10" class="fnanchor">[10]</a> steuerte, und, wie ohne Compaß, verweht und verschlagen, im -Saale herumirrte, bis sein Convoi, Directors Gustchen, ihn wieder in -die Colonne bugsirte.</p> - -<p>Der kühne Mensch, der die halbe Welt umsegelt, der mehr denn zwanzigmal -den dringend<span class="pagenum"><a name="Seite_59" id="Seite_59">[S. 59]</a></span>sten Gefahren des Lebens die Brust muthig gewiesen, und -wenn alles um ihn herum zu verzagen angefangen, den Kopf allein oben -behalten hatte — jetzt — ein einziger Blick von diesem zauberholden -Mädchen — und er war in den Grund gebohrt. Ohne es selbst zu wissen, -legte er seine Rechte, so oft er sie in der Polonaise frei bekam, auf -das Herz, als ras’ten in diesem alle zwei und dreißig Compaß-Striche -vom Boreas bis zum Mesocircius gegen einander.</p> - -<p>Ihr Schiff hat einen Leck gesprungen, sagte Gustchen lachend, darf ich -mit einem gespickten Bonnet<a name="FNAnker_11_11" id="FNAnker_11_11"></a><a href="#Fussnote_11_11" class="fnanchor">[11]</a> aufwarten, oder am Ende ist wohl gar -ein Pfröpfchen nöthig?<a name="FNAnker_12_12" id="FNAnker_12_12"></a><a href="#Fussnote_12_12" class="fnanchor">[12]</a></p> - -<p>Seyn Sie ein mitleidiger Lotsen, erwiederte der junge Mexikaner -bittend: und bringen Sie mich in die Docke<a name="FNAnker_13_13" id="FNAnker_13_13"></a><a href="#Fussnote_13_13" class="fnanchor">[13]</a>; Sie kennen das -Fahr<span class="pagenum"><a name="Seite_60" id="Seite_60">[S. 60]</a></span>wasser hier, und die Untiefen und Bänke; meine Anker und Taue sind -klar<a name="FNAnker_14_14" id="FNAnker_14_14"></a><a href="#Fussnote_14_14" class="fnanchor">[14]</a> und meine Pässe in beßter Ordnung.</p> - -<p>Ich verstehe, mein Freund, entgegnete Gustchen schalkhaft: behalten Sie -aber nur die freundlich leuchtende Blüse da vorn an der Spitze unserer -Polonaisenzunge, hübsch im Auge, und Sie werden alle Bänke und Klippen -glücklich umfahren.</p> - -<p>Während dieses sinnigen Zwiesprachs, in dem Gustchen, Hulda’s innern -Werth, des breiteren auseinandersetzte, fragte diese der Vater, was -sie denn zu dem englisirten Casperchen gesagt habe, und zog über den -unausstehlichen Gast waidlich her; nein, fuhr er fort und tanzte neben -der Horchenden plaudernd weiter: nein, da lobe ich mir den jungen -Mexikaner; das ist ein flottes Kerlchen; wie eine Tanne gewachsen, -Licht im Kopfe, Gesundheit auf den Wangen, Kraft im Arme, und Courage -in der Brust. Im vier<span class="pagenum"><a name="Seite_61" id="Seite_61">[S. 61]</a></span>zehnten Jahre schon hat er als Cadett bei der -Marine gedient, und zwei Seegefechte mitgemacht; Huldchen, das will -was sagen; so eine Geschichte ist wahrhaftig nicht spaßhaft; ringsum -Tod, und nirgends Rettung — erlauben Sie! mein Sopha ist mir lieber; -so viel Haare der Mensch auch auf den Zähnen hat, aber davon spricht -er doch mit allem Respekt. Vom Despensero<a name="FNAnker_15_15" id="FNAnker_15_15"></a><a href="#Fussnote_15_15" class="fnanchor">[15]</a> hat er sich nach und -nach bis zum Teniente<a name="FNAnker_16_16" id="FNAnker_16_16"></a><a href="#Fussnote_16_16" class="fnanchor">[16]</a> hinauf geschwungen, und nach dem Frieden als -Capitain seinen Abschied genommen; seitdem hat er den Geschäften seines -früher schon verstorbenen Vaters sich selbst unterzogen und, Huldchen, -die gehen in das Ganze; solcher Schiffe, als er hier im Hafen liegen -hat, besitzt er netto ein Dutzend, und was kosten die, und was bringen -die ein! Huldchen, der Mensch scheint zum Anker gehen zu wollen, wird -— er tippte ihr schelmisch-lächelnd auf das Herz — wird hier der -Flügel<a name="FNAnker_17_17" id="FNAnker_17_17"></a><a href="#Fussnote_17_17" class="fnanchor">[17]</a> wohl Grund fassen?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_62" id="Seite_62">[S. 62]</a></span></p> - -<p>Herr Direktor, entgegnete Hulda, im dunkelsten Purpur erglühend, und -haschte mit Hast nach einem andern Gegenstande des Gesprächs: wir -tanzen jetzt vor, und sollen nicht plaudern.</p> - -<p>Lassen Sie, Huldchen, entgegnete der Tänzer mit gutmüthigem Spötteln: -die andern kommen schon nach, ich weiß, was ich weiß; umsonst klettert -so ein seefüßiges<a name="FNAnker_18_18" id="FNAnker_18_18"></a><a href="#Fussnote_18_18" class="fnanchor">[18]</a> Eichhörnchen nicht auf den Mars, umsonst bläs’t -der blöde Schäfer nicht stundenlang die zartesten Lieder seiner Leiden, -auf der schmachtenden Flöte; umsonst legt er sich am hellen lichten -Tage nicht auf die Astronomie! Huldchen erlauben Sie mir aber nun auch -bei Ihnen ein kleines Lothchen zu werfen.<a name="FNAnker_19_19" id="FNAnker_19_19"></a><a href="#Fussnote_19_19" class="fnanchor">[19]</a></p> - -<p>Unsere Polonaise nimmt kein Ende, sagte Hulda, — halb todt vor -Schrecken, daß der Direktor, Gott weiß woher, des Mexikaners gestrige -Faseleien kannte, als hätte er sie selbst mit angesehen, — wir werden -aufhören müssen.</p> - -<p>Gleich, erwiederte der Direktor: sobald Sie<span class="pagenum"><a name="Seite_63" id="Seite_63">[S. 63]</a></span> mir gesagt haben, wie es -mit Ihrem Ankergrunde aussieht; und sollten wir bis morgen früh hier -herum polonisiren, eher lasse ich Sie nicht los.</p> - -<p>Fürchten Sie, auf scharfen<a name="FNAnker_20_20" id="FNAnker_20_20"></a><a href="#Fussnote_20_20" class="fnanchor">[20]</a> oder auf Wellgrund<a name="FNAnker_21_21" id="FNAnker_21_21"></a><a href="#Fussnote_21_21" class="fnanchor">[21]</a> zu stoßen? fragte -Hulda lächelnd, und verbeugte sich, um den Tanz zu beendigen und dem -weitern Examen zu entgehen; da folgten denn die übrigen Tanzenden dem -Signale des Schlusses, und Gustchen kam als treuer Lotse, und führte -den blanken See-Capitain durch das Gewirre der aufgelös’ten Tanzpaare, -und stellte ihn der Lieblichen vor, mit der Bemerkung, daß er gekommen, -um sie um den nächsten Walzer zu bitten.</p> - -<p>Der Capitain hatte unterdessen wieder Besinnung und Ruhe gewonnen; -er näherte sich der Königinn des Balles zwar Anfangs mit einiger<span class="pagenum"><a name="Seite_64" id="Seite_64">[S. 64]</a></span> -Schüchternheit, die ihm jedoch recht gut ließ, aber nach und nach ward -er unbefangener; er nannte Hulda seine schöne Nachbarinn, und machte -ihr im Scherz Vorwürfe über die Härte, mit der sie ihre armen Blumen -auf dem Balkon habe bisher verschmachten lassen. Gestern, meinte er, -hätten sie von ihrer stiefmütterlichen Milde die ersten Tröpfchen -Wasser endlich einmal bekommen, und so viel er von Weitem erkenne, -wären doch Blumen darunter, die täglich wollten begossen seyn. Die -schöne Zeit ihrer Blüthe, setzte er mit einem halb unterdrückten -Seufzer hinzu: dauert ja ohnehin nur einige Wochen noch; dann sind sie -vergangen, und dann ruft sie die herzlichste Pflege nicht wieder in das -Leben zurück.</p> - -<p>Hulda — kein Mensch in der Welt hatte sie die Spitzbuben Sprache der -Liebe gelehrt, aber, so sind die allerdurchtriebensten Spitzbuben -unter der Sonne, die Mädchen, wenn es die Linguistik des Herzens gilt; -Schlauköpfchen Hulda verstand jedes Wort.</p> - -<p>Nach ihrer Grammaire übersetzte sie sich die sinnige Rede des -jungen Capitains, den sie jetzt in der Nähe noch viel tausendmal -liebenswürdiger fand, und dessen schönes, reines Deutsch ih<span class="pagenum"><a name="Seite_65" id="Seite_65">[S. 65]</a></span>rem Ohr -unbeschreiblich wohlklingend lautete, also: Seit ich im Hafen liege, -bist Du ein einziges Mal nur auf Deinem Balkon sichtbar gewesen. Ich -sehne mich nach Dir, wie deine Blumen nach frischem Wasser; in Kurzem -lichte ich die Anker. Sey barmherzig, und schenke mir bis dahin die -Freude, Dich zu sehen, täglich.</p> - -<p>Es entspann sich von da ab, das Gespräch immer lebendiger, beide -waren bald wie vertraute Bekannte; in dem ganzen Wesen des jungen -Seemannes lag so etwas herzliches, offenes, biederes, und Hulda, das -reizende Himmelskind, ward so ungebunden, und entfaltete ihren tiefen -Werth mit solcher Anmuth, und gab sich ihm so natürlich hin, daß der -Handelsgerichts-Direktor, der Beide von Ferne bemerkte, zu Gustchen und -deren Bräutigam sagte: Kinder, die da drüben segeln vor dem Winde<a name="FNAnker_22_22" id="FNAnker_22_22"></a><a href="#Fussnote_22_22" class="fnanchor">[22]</a>, -das Schiffchen lüstert auf’s Steuer, wie ein Häring<a name="FNAnker_23_23" id="FNAnker_23_23"></a><a href="#Fussnote_23_23" class="fnanchor">[23]</a>.</p> - -<p>Je mehr der Ueberglückliche das Mädchen an<span class="pagenum"><a name="Seite_66" id="Seite_66">[S. 66]</a></span>sah, desto bestimmter -überzeugte er sich, dieses Gesicht schon irgendwo im Leben gesehen -zu haben, nur war es, wie ihm dünkte, blässer, und vielleicht etwas -weniger schön gewesen. Er sann und sann, aber das war ja nicht möglich. -Es war dieß der erste europäische Hafen, den er besuchte, und Hulda war -keine zehn Meilen über die Küste des Meeres hinaus gekommen.</p> - -<p>Endlich — ja, jetzt hatte er es. Ein musterhaft gearbeitetes -Miniatur-Bild mit goldenem Reif — bei seinem verstorbenen Vater hatte -er es einmal — doch eben begann der muntere Walzer.</p> - -<p>Brust an Brust, Auge im Auge, die Arme süß verschlungen, drehte das -bildschöne Paar, im getäfelten spiegelglatten Saale lustig auf und -ab, daß die rasche Musik kaum Athem hatte, den beiden sausenden -Wirbelwinden zu folgen. Wie eine Luft-Säule um ihre Achse mit -Schnelligkeit sich dreht, und dabei immer weiter und weiter von dannen -braus’t, wie der gewaltsame Küsel<a name="FNAnker_24_24" id="FNAnker_24_24"></a><a href="#Fussnote_24_24" class="fnanchor">[24]</a> auf des Meeres Spiegelfläche, -so luftig und leicht flogen sie, eng in einander verschränkt, dahin,<span class="pagenum"><a name="Seite_67" id="Seite_67">[S. 67]</a></span> -und entzückten, durch ihre zauberische Anmuth, den ganzen Saal. Selbst -Caspar, der bei einem Ausfluge nach Paris, Anatole und die Bigottini, -den gewandten Hoguet und die vierte Grazie, die liebliche Lemiere, -und in London die Milanie und Lupino gesehen hatte, und alles, was -nicht von daher war, gern herabwürdigte, gerieth über die Federkraft -dieses Zephyrpaares in eine solche Exstase, daß er, von der haardünnen -Scheitel bis zu den schlotternden Knieen, ein hüpfendes Zucken im -ganzen Leibe verspürte, und jetzt gern mitgetanzt hätte, wenn die -kranken Röhren seiner schwachen Gebeine solches zu leisten nur irgend -im Stande gewesen wären.</p> - -<p>Er trat, als der Walzer endete, näher zu Hulda, und wollte ihr etwas -Schönes sagen, aber es war ihr, als überflöge sie ein eisiger Reif, -so kalt wurden ihr Stirn und Wange, Hals und Busen, in der Nähe des -englischen Narren. Den Capitain ignorirte er, das war, meinte er, -brittische Sitte; wollte der Mensch Bekanntschaft mit ihm machen, so -konnte er ihn anreden; aber dazu schien der Mexikaner nicht viel Lust -zu haben. Hulda hatte Casperchen stehen lassen, ein Gleiches that der -Capitain; diese suchte dafür<span class="pagenum"><a name="Seite_68" id="Seite_68">[S. 68]</a></span> Hulda auf, und setzte sich auf den neben -ihr befindlichen Sessel.</p> - -<p>Die deutschen Engländer sind mir in den Tod zuwider, sagte Hulda: der -Mensch ist bei uns geboren und erzogen, ein Paar Jahre nur in London -gewesen, und thut nun, als ob er von seiner lieben Muttersprache kein -Wort mehr kennte.</p> - -<p>Unsere Eskimo’s, hob der Capitain lachend an, sehen nicht viel -besser aus; ziehen sie dem Patron einen grönländischen Frack von -Seehundsfellen an, so haben Sie in dem olivenfarbenen Gesichte mit dem -starren, dünnen kohlenschwarzen Haar, einen Grand von Labrador, wie er -leibt und lebt.</p> - -<p>Hulda erschrack über das hingeworfene Gleichniß des Scherzenden; denn -sie gedachte des Eskimo’s am gestrigen Abendhimmel, dem Casperchen, bei -näherer Betrachtung, wie ein Ei dem andern glich. Der Capitain aber, -der jetzt Hulda in tiefem Sinnen bemerkt hatte, sprang auf, und rief: -sie ist es wahrhaftig selbst; — nur bleibt mir ewig unbegreiflich, wie -das Bild —</p> - -<p>Kolonne, Kolonne, ertönte es im Saale; man trat zur Ecossaise an, und -Hulda ward ihm von einem Dritten entführt.</p> - -<p>Er sah ihr nach, und in seinem schmachten<span class="pagenum"><a name="Seite_69" id="Seite_69">[S. 69]</a></span>den Blicke lag das Uebermaß -seines Entzückens, das Mädchen gefunden zu haben, das von der frühesten -Jugend ab, in jenem ferneren Welttheile, sein Herz so wunderbar -beschäftigt, und den ersten Träumen seiner Schwärmerei, wie ein -zauberisches Ideal vorgeschwebt hatte.</p> - -<p>Gustchen, Bräutchen, Schutzgeist, rief er, als diese zufällig eben -bei ihm vorüberging, seiner nicht mehr mächtig: seyn Sie meine -Vermittlerinn.</p> - -<p>Gustchen stutzte freundlich, und sah ihm staunend in das Gesicht.</p> - -<p>Sie sind Braut, fuhr er fort: Sie verstehen mich daher, Sie müssen, -Sie werden mich verstehen. Sagen Sie dem Götterkinde mit den großen -brennenden Augen da drüben, daß es mich zum Glücklichsten aller -Glücklichen machen kann. Der Orizava bei uns, hat zwanzig Jahre lang -Feuer gespieen, aber er ist gegen die Glut, die mir hier in der Brust -lodert, ein wahrer Bärenberg<a name="FNAnker_25_25" id="FNAnker_25_25"></a><a href="#Fussnote_25_25" class="fnanchor">[25]</a> auf der Iwan-Maien-Insel.</p> - -<p>Gustchen wehete sich, das Lachen verhaltend, Kühlung mit dem -Taschentuche zu.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_70" id="Seite_70">[S. 70]</a></span></p> - -<p>Sprechen Sie mit dem Engelskinde, sagte der Capitain ängstlich bittend -und nahm Gustchens Hand zwischen die seinen: ohne Hulda kann ich nicht -zurück; ich bin ihr fremd, und in den Paar Tagen meines Hierseyns kann -sie mich nicht kennen lernen, nicht liebgewinnen; aber — ach Gott, -wenn ich mich ihr nur so recht — ich weiß selber nicht, wie ich sagen -soll; so ist mir in meinem Leben nicht gewesen; ich möchte, daß sie -durch mich durchsehen könnte, sie würde keinen Schattenfleck in mir -finden; ich bin rein und klar, und was ihr Herz nur wünschte, will ich -ihr gewähren. Auf den Händen will ich sie tragen, sie soll ein Leben -haben, wie im Himmel. Gustchen, liebes englisches Gustchen, sprechen -Sie mit ihr, aber heute noch; morgen ist dann unsere Verbindung, und —</p> - -<p>Warum nicht lieber heute gleich? fiel ihm Gustchen, dem die -entsetzliche Eile höchst komisch vorkam, in das Wort.</p> - -<p>Mir auch recht, fuhr er ernsthaft und dringend fort: auch heute noch. -Meine Ladung ist gelöscht, mein Schiff hat die Rückfracht eingenommen, -ich kann morgen fort — mit ihr, mit ihr in See.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_71" id="Seite_71">[S. 71]</a></span></p> - -<p>Aber, mein Himmel, fragte Gustchen, und schüttelte über den -unaufhaltsamen Ehelustigen den Kopf: warum denn das alles so rasch?</p> - -<p>Ich kann, ich darf nicht warten, entgegnete der Capitain: ich gehe -von hier nach Vera Cruz, verweile ich hier zu lange, so komme ich im -März hin — und Kind, dann wirthschaften dort unter dem brennenden -Himmel der Tropen-Länder, die Nordwestwinde so fürchterlich, daß das -auftobende Meer oft hoch über Stadtmauer schlägt — dann ginge meine -Antoinette mit Mann und Maus zu Grunde — und ach Gott, meine Hulda, -mein liebes, niedliches Herzensmäuschen — ich gäbe mich ja selbst -jenseits nicht zufrieden, wenn diese durch mein Zaudern hier, dort im -Angesichte des <em class="gesperrt">Cofers von Perote</em> und der Gebirge von <em class="gesperrt">Villa -Ricca</em> ihr Blüthenleben in der Tiefe des Meeres endete. Gustchen, -seyn Sie christlich. Sprechen Sie für mich. Im Tempel des Mondes, -der auf dem Hügel von <em class="gesperrt">Toatihuacan</em> noch aus den Zeiten der -<em class="gesperrt">Olmeken</em> dicht vor Mexico prangt, lasse ich, zum ewigen Danke, -Ihren Namen in Gold graben.</p> - -<p>Liebster Capitain, erwiederte Gustchen und<span class="pagenum"><a name="Seite_72" id="Seite_72">[S. 72]</a></span> legte sorglich die Hand auf -seine Stirn: haben Sie Pulk<a name="FNAnker_26_26" id="FNAnker_26_26"></a><a href="#Fussnote_26_26" class="fnanchor">[26]</a> am Bord ihrer Fregatte?</p> - -<p>Berauscht bin ich, Gustchen, versetzte Alonso: aber nur von der Liebe, -und dieser selige Rausch soll nicht eher verfliegen, als bis die -Granitwände des Hafens <em class="gesperrt">Acapulco</em> zu Staub zermürmelt sind.</p> - -<p>Aber lieber Freund, erwiederte Gustchen, mit herzlicher Theilnahme: -Ihre Liebe, verzeihen Sie meiner Offenheit, aber sie kommt mir vor, wie -die <em class="gesperrt">Nortes de Hueso colorado</em>, in ihrem Meerbusen, von denen Sie -uns heute Mittag erzählten.</p> - -<p>Ein Windstoß — ein rasender Windstoß nur sollte meine Liebe seyn? -fragte Alonso laut lachend. Mein Kind, lesen Sie <em class="gesperrt">Halley</em>, und -<em class="gesperrt">d’Alembert</em>, <em class="gesperrt">Bernoulli</em> und <em class="gesperrt">de Luc</em>; die werden Ihnen -von den <em class="gesperrt">beständigen</em> Ostwinden zwischen den Wendekreisen ein -Mehreres erzählen; zu <em class="gesperrt">der</em> Sorte, Engel, gehört meine Liebe.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_73" id="Seite_73">[S. 73]</a></span></p> - -<p>Also immer doch Wind, und Wind und Wind, fiel ihm Gustchen bedenklich -in das Wort.</p> - -<p>Der Wind ist mein Element, Gustchen, sagte Alonso entschuldigend: er -führte mich hierher und mit seiner Hülfe werde ich meine himmlische -Hulda, die glänzendste aller Prisen, glücklich aufbringen.</p> - -<p>Haben Sie denn schon den Marquebrief dazu, mein Herr Capitain, fragte -scherzend Gustchen: ohne diesen, nehmen Sie sich in Acht, unsere -See-Gesetze sind streng, ohne diesen sehen wir Sie als Räuber an.</p> - -<p>Sie sollen mir den Marquebrief ausfertigen, Gustchen, Sie, entgegnete -Alonso, und schien die Idee zu haben, daß sie die Sache gleich in’s -Werk setzen sollte; aber Gustchen fragte, was er wohl glaube, daß -Hulda von ihm denken werde, wenn er nach der ersten Unterhaltung von -wenigen Minuten ihr, ohne sie im mindesten näher zu kennen, seine Hand -antrage, und von ihr verlangen wolle, sich hierüber gleich stehenden -Fußes zu erklären. Vater und Mutter auf immer und ewig zu verlassen, -setzte Gustchen hinzu: und einem Manne, mit dem man keine tausend Worte -gewechselt, den man kaum sechszig Mi<span class="pagenum"><a name="Seite_74" id="Seite_74">[S. 74]</a></span>nuten gesehen hat, zwei tausend -Meilen weit zu folgen, und ihm die ganze Lebenszeit zu gehören, Freund -Capitain, ist diese Idee kein Windstoß? und dann, Sie selbst, Sie -wissen ja vom Mädchen nichts, als daß es hübsch ist. Von seinem frommen -Wandel, von der Reinheit seiner Sitte, von seiner Häuslichkeit, von -seinen Kenntnissen und Fähigkeiten, von seinem fröhlichen, heiteren -Sinn, von seiner himmlischen Herzensgüte, wissen Sie noch kein Wort! -Lernen Sie dieses seltene Wesen, mit seinem rein kindlichen Gemüth, -mit seinem Zartgefühl, im ganzen Umfange seines Werthes erst kennen, -recht genau kennen, ergründen Sie in der Tiefe dieser schönen Seele, -die in ihrer Lage wahrhaft heilige Gabe, zwischen Vater und Mutter, -die ewig kalt neben einander durch das Leben gehen, die versöhnende -Vermittlerinn zu seyn; betrachten Sie die namenlose Liebe, mit der -jedes der unter sich heimlich verfeindeten Eltern, an diesem ihnen, im -eigentlichen Sinne des Worts, von Gott gesandten Kinde hängt, und wie -es jedem derselben, das, durch ihre sonderbare gegenseitige Stellung -freudenleere Leben, durch die zarteste Pflichterfüllung, durch die -anständigste Beseitigung aller Veranlassungen<span class="pagenum"><a name="Seite_75" id="Seite_75">[S. 75]</a></span> zu Mißhelligkeiten, und -durch Scherz und Frohsinn zu versüßen weiß, und Sie werden es lieben -müssen.</p> - -<p>Aber da soll doch mein großes Raa-Segel, mit allen Bolten, Schoten, -Halsen und Nockbindseln, wie mitten von einander reißen! Gott verzeih -mir die schwere Sünde, aber ich liebe das Mädchen ja schon bis zum -Rasendwerden. Gustchen, wenn Sie das noch nicht weg haben, so ist ihr -Peil-Compaß keinen Schuß Pulver werth. Sie reden vom Kennenlernen; -als ob ich das Himmelskind nicht schon durch und durch kennte; alle -Menschen, die ich hier spreche, sagen, was Sie sagen; überall höre ich -nichts als Gutes — und ach, schon in Mexico — ich war, glaube ich, -noch nicht einmal wohlbestallter Seecadet — betete ich dieses Ideal -schon an, mit einer Gluth, mit einer —</p> - -<p>In Mexiko? fragte Gustchen gespannter und war nahe daran, ihn für -wenigstens halb wahnsinnig zu erklären.</p> - -<p>Sagen Sie, hob er über etwas tief brütend an: hat sich Hulda je mahlen -— doch das ist ja wieder nicht möglich; ich sah das Bild vor länger -denn zehn Jahren, und da war Hulda ja noch ein Kind.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_76" id="Seite_76">[S. 76]</a></span></p> - -<p>Wahrhaftig, ich glaube, Sie reden irre, hob Gustchen scherzend an: was -denn vor ein Bild?</p> - -<p>Hat Hulda, versetzte Alonso, im Sinnen und Nachdenken ganz verloren: -irgend eine ältere Person ihrer Familie, etwa die Mutter oder eine -Verwandte, der sie ähnlich, aber sehr ähnlich sieht?</p> - -<p>Der Mutter, entgegnete Gustchen, den Sinn der sonderbaren Frage nicht -verstehend: gleicht sie zum Sprechen, nur daß diese natürlich 20–22 -Jahre älter ist und durch beständiges Kränkeln —</p> - -<p>Zum Sprechen? fiel er ihr hastig in das Wort; ist die Mutter hier?</p> - -<p>Die finden Sie in keiner Gesellschaft; seit dem ersten Augenblicke -ihres Hierseyns ist, wie die Eltern mir oft erzählt haben, die Kirche -der einzige Ort gewesen, den sie besucht; sie scheint mit der Welt -zerfallen zu seyn, und meidet alle Menschen. Außer alten Maklers, die -zu den Stillen im Lande gehören, geht sie mit keiner Seele um.</p> - -<p>Seit dem ersten Augenblicke ihres Hierseyns sagen Sie, fuhr Alonso in -großer Spannung fort: ist die Mutter nicht von hier?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_77" id="Seite_77">[S. 77]</a></span></p> - -<p>Nein, erwiederte Gustchen, und konnte nicht begreifen, was der -Großinquisitor mit allen diesen umständlichen Fragen wollte: sie ist, -wenn ich nicht irre, aus Frankfurt am Main.</p> - -<p>Alonso fuhr bei dem Worte, wie vom Blitz getroffen auf. Merkwürdig, -rief er und legte sich die Hand vor die Augen, als starre er vor dem -verworrenen Gewebe der menschlichen Schicksale, zu dem er den Faden -fand, erschrocken zurück: aus Frankfurt am Main? Gustchen, wäre ich -Intendant von Mexico, für diese Nachricht beliehe ich Sie auf ewige -Zeiten mit den Silbergängen von <em class="gesperrt">Guanaxuato</em>, <em class="gesperrt">Zacatacas</em> und -<em class="gesperrt">Tasco</em>.</p> - -<p>Gustchen hielt lachend die Hand hin, um den Muthschein auf diese -unermeßlichen Gruben in Empfang zu nehmen, aber Alonso eilte fort, ging -in eines der entlegensten Zimmer, das eine Alabaster-Lampe mit ihrem -traulichen Halbdunkel beleuchtete, warf sich dann auf das Sopha, und -verlor sich in die Erinnerung seiner Jugend, und in die Pläne seiner -Zukunft. Die Stille des Kabinets that ihm unendlich wohl, und das -Rauschen der fernen Tanzmusik wiegte ihn in die süßesten Träume.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_78" id="Seite_78">[S. 78]</a></span></p> - -<p>Nach länger denn einer Stunde fand ihn Gustchen, das mit dem Bräutigam -jetzt kam, um ihn aufzusuchen.</p> - -<p>Ist das, hob die Muthwillige an: auf Ihren mexikanischen Bällen Mode, -daß die jungen Herren, statt fröhlich zu tanzen und guter Dinge zu -seyn, — sie wollte weiter reden, aber da fiel ihr Blick in seine -nassen Augen, die durch zerdrückte Thränen die sanfte Bitte thaten, -seiner nicht zu spotten.</p> - -<p>Was ist Ihnen, Freund? fragte Woldemar, der Bräutigam, mit milder Rede: -Auguste hat mir mitgetheilt, was Sie ihr vertraut; seyn Sie offen gegen -uns, wir meinen es ehrlich und gut; was ist Ihnen?</p> - -<p>Nichts, nichts, entgegnete Alonso wehmüthig lächelnd: ich dachte nur an -meinen Vater! wenn der noch lebte, und ich führte ihm Hulda als Tochter -zu — ich kenne kein seligeres Glück. Laßt, ich bitte Euch Kinder, -laßt Euch durch das sonderbare Gefühl, was mich überrascht hat, in -Eurer Freude nicht stören. Auf der ganzen Erde, in Eurer alten und in -meiner neuen Welt, habe ich Niemand, der die entsetzliche Leere füllt, -die mir das Herz so weit<span class="pagenum"><a name="Seite_79" id="Seite_79">[S. 79]</a></span> und so öde macht; ich habe mich in Arbeit -und Geschäfte gestürzt, und meinte, darüber das himmlische Sehnen -zu vergessen, was mit süßem Schmerze die Brust mir zerquält. Aber -an all dem Gelde, womit Fleiß und Ordnung sich bei uns so reichlich -belohnt sehen, konnte ich keine Freude haben; es fehlte mir immer -und immer, was ich zu nennen nicht vermochte, da sah ich Euch Beide, -vom trauten Familienkreise umschlossen, täglich im Arme bräutlicher -Liebe, hörte von Euren Lippen Euer Glück preisen, las in Euern Augen -Euer neidenswerthes Loos, und wußte nun, was mir gefehlt hatte. Hulda -— Ihr kennt ja die Scham der Liebe; sie kann und mag die Geschichte -ihres Geheimnisses nicht verrathen; ich weiß auch selbst nicht mehr, -wie das Alles kam; aber wie ich sie das Erstemal sah — mein Vater, -ich war noch Kind, als er starb, aber jene Stunde, die letzte seines -Lebens, werde ich nie vergessen — der ließ sich von Manuel, seinem -treuen Sclaven, aus dem Wand-Schränkchen, wozu er Schlüssel unterm -Kopfkissen hervorholte, ein Miniaturgemälde bringen — ich sehe es noch -vor mir; ein schön gestalteter Frauenkopf; vor<span class="pagenum"><a name="Seite_80" id="Seite_80">[S. 80]</a></span> allem fiel mir die -Lockenpracht des dunkelen Haares auf; accurat so hatte mein Vater einen -Onyx, auf dem sich eine herrliche Camee der Julia, der Tochter des -Kaisers August befand; mit kindischer Neugierde fragte ich ihn, ob das -die Kaisertochter Julia sey; aber, als ich das schwarze brennende Auge -sah, und die Purpurlippen und das Lächeln in den Mundwinkeln, da meinte -ich, es sey wohl meine selige Mutter, denn so hatte Manuel mir sie oft -beschrieben, der sie gesehen, als sie mit dem Vater eben aus Europa -gekommen war.</p> - -<p>Sie sollte es seyn, entgegnete mein Vater, und betrachtete das Bild -lange mit thränenschwerem Auge, und drückte es an seine, in leisen -Todesschauern zuckenden Lippen. Seitdem habe ich das Bild nie wieder -gesehen, ich weiß auch nicht, wohin es nach dem Tode des Vaters kam, -aber die sanften Züge dieses himmlischen Gesichts, waren mir geblieben; -allmählich war die Idee an die wunderschöne Kaisertochter und an die -Mutter, aus meiner Seele geschwunden, und an beider Stelle ein Wesen -mir vor die Phantasie getreten, das meine Heilige ward. Ich sah es in -meinen Träumen,<span class="pagenum"><a name="Seite_81" id="Seite_81">[S. 81]</a></span> ich liebte es als meinen Schutzgeist, bis ich nach und -nach älter ward, und dieß Nebelbild meiner jugendlichen Schwärmereien -allmählich aus dem Gedächtnisse verlor. Aber als ich hier Hulda das -erste Mal sah, das schwarzbraune Haar in Flechten und Locken wie die -Camee der römischen Kaisertochter; die seelenvollen großen Augen unter -den schön geschweiften Bogen; die würzigen Lippen; den Carmin auf der -pfirsichsammetnen Wange, den zartgeformten Hals; die volle, in frommer -Keuschheit ruhig wogende Schwanenbrust, und über das alles den Geist -der höchsten Anmuth, den Himmelsglanz der reinsten Unschuld, den -unnennbaren Zauber der süßesten Liebe, da hatte ich meinen Schutzgeist, -die Heilige meiner Jugend wiedergefunden. Sie oder keine! hat mein Herz -laut gesprochen. Jetzt wißt Ihr, meine Freunde, wie es mit mir steht! -helft mir, mein Glück mit erringen. Ohne Hulda kann ich nicht leben.</p> - -<p>Der Bräutigam schloß Alonso herzlich an seine Brust, und stimmte in -Gustchens Versicherung ein, daß, so viel sie wüßten, Hulda’s Herz -noch frei sey, und — doch sie trat mit Emma, Gustchens Schwester, -eben selbst in<span class="pagenum"><a name="Seite_82" id="Seite_82">[S. 82]</a></span> das Kabinet. Beide Mädchen hatten das Brautpaar in -allen Zimmern gesucht, und Hulda war nicht wenig überrascht, dasselbe -in tiefem und wie es schien, in recht ernstem Gespräch mit Alonso -verloren, hier zu finden.</p> - -<p>Wir sprechen von Ihnen, hob Alonso an und erfaßte ihre Hand, und machte -ein so feierliches Gesicht dazu, daß Gustchen angst und bange wurde, -denn sie meinte, er würde gleich auf dem Fleck um Hulda förmlich -anhalten. Bei Unterhaltungen dieser Art war, nach ihrer Ansicht, jeder -Zeuge lästig; sie entfernte sich also mit ihrem Bräutigam und Emma -heimlich, und Alonso wußte dieß ihr Dank, denn er mußte seinem Herzen -Luft machen, und Hulda sagen, wie unendlich er sie liebe.</p> - -<p>Hulda hörte ihm mit stillem Wohlgefallen zu; er sprach mit sanfter, -ernster Rede, wie es dem Manne ziemt, wenn er das heilige Geheimniß -seines Herzens dem Mädchen gesteht, das er sich zur Lebensgefährtinn -erkohr. Sie wußte selbst nicht, wie ihr geschah; sie hörte das -Geständniß seiner Liebe mit einer Fassung, als wäre sie darauf -vorbereitet. — Sie war es ja auch wirklich; sein Benehmen, seine -Blicke<span class="pagenum"><a name="Seite_83" id="Seite_83">[S. 83]</a></span> hatten ihr ja längst gesagt, was jetzt seine Lippen mit so -reizender Schüchternheit wiederholten. Er setzte ihr mit der Offenheit, -die er ihr als rechtlicher Mann schuldig war, die Lage seiner Umstände -aus einander, und aus seinen schlichten Aeußerungen über diesen Punkt, -der ihr, einzig und allein um der Eltern willen, der Berücksichtigung -nicht unwerth zu seyn schien, konnte sie wohl abnehmen, daß Alonso, in -seinem Vaterlande, in welchem Personen von zehn und zwölf Millionen -Piastern<a name="FNAnker_27_27" id="FNAnker_27_27"></a><a href="#Fussnote_27_27" class="fnanchor">[27]</a> nichts Seltenes sind, nicht der Aermste war, und einen -ganz vorzüglichen Werth legte sie auf den Schluß seines Antrages, in -welchem er sich erbot, seinen Wohnsitz, wenn es ihr in Mexico nicht -gefallen sollte, künftig nach Europa, an jeden ihr beliebigen Ort -verlegen zu wollen. An ihrer Seite, meine Hulda, setzte er herzlich -und mit unbeschreiblicher Zartheit hinzu: werde ich in den milden -Bambuswäldern von Loxa, wie in den wüsten Steppen des goldreichen -Choco, in den ewig sanften Frühlingsländern von Xaleppa und Tasco, wie -zwischen den grauenhaften tod<span class="pagenum"><a name="Seite_84" id="Seite_84">[S. 84]</a></span>tenstillen Eiswänden auf Smeerenborg an -der Spitze des Nordpols, glücklich und zufrieden leben; Sie schaffen -mir in der neuen, wie in der alten Welt, mein Paradies, und eben -so wenig, als der Vulkan von Masaya, dessen goldige Flammensäule, -beständig und immer, zwanzig Meilen weit in das Land leuchtet, seines -Feuerstrahls je beraubt werden wird, eben so wenig wird die Gluth -meiner Liebe je verl —</p> - -<p>Herr Kapitain, unterbrach ihn Hulda mädchenhaft züchtig, und schlug den -Zauberblick ihrer zärtlichen Augen, in welchen das Entzücken der Liebe -lächelte, vor dem lodernden Liebesvulkan zur Erde nieder: Sie sehen -mich heute zum ersten Mal; diese Raschheit — ich weiß nicht —</p> - -<p>Entschuldigen Sie diese, hob Alonso bittend an, und legte ihre Hand auf -sein stürmisch bewegtes Herz: mit der heißen Zone meines Geburtlandes; -dort, wo die Ananas und der Pisang, das Zuckerrohr und die Fächerpalme, -die Sie hier nur mit Glasfenstern und Oefen treiben, wild wachsen, wo -alle, auch hier heimische Früchte, saftreicher und frischer gedeihen, -wo manches, wie z. B. die Mimosen, die Sie<span class="pagenum"><a name="Seite_85" id="Seite_85">[S. 85]</a></span> hier im Blumentopfe als -ärmliches Pflänzchen ziehen, mannhohes Buschwerk ist, wo die Tannen, -wie z. B. auf dem Olymp in Neugeorgien, eine Höhe von dreihundert -Fuß erreichen, dort sind auch die Menschen anders; ihre Leidenschaft -ist glühender, ihr Handeln rascher, ihr Wirken kräftiger. Langes -Zaudern, wie es das Ceremonielle der europäischen Sitte verlangen -mag, verstattet mir meine Lage nicht. Schlagen Sie ein, meine einzige -Hulda; mein Herz ist gediegen und schlackenfrei, wie das Gold im -Berge <em class="gesperrt">Ilimani</em>,<a name="FNAnker_28_28" id="FNAnker_28_28"></a><a href="#Fussnote_28_28" class="fnanchor">[28]</a> krystallrein meine Seele, gesund und frisch -mein Blut; Gott sey mein Zeuge, daß ich Keine liebe, als nur Sie; die -allererste Liebe, Hulda, Himmelskind, sind Sie, und neben Ihnen kann -ich Keine denken.</p> - -<p>Er umschlang das wunderschöne Mädchen, das in süßer Verwirrung sich -vergaß und, ohne es zu wissen, das schmachtende Auge zu ihm aufhob, -und ihm, mit beredtem Blicke, seine Gegenliebe schweigend gestand; da -zog der Ueberglückliche die Heißgeliebte enger an die, in Freude<span class="pagenum"><a name="Seite_86" id="Seite_86">[S. 86]</a></span> und -Seligkeit überströmende Brust, und die stummen Lippen näherten sich -einander zum feierlichen Verlobung-K —</p> - -<p>Aber Kinder, rief der Bräutigam, und klatschte lachend in die Hände, -daß Beide auseinander prallten: der ganze Ball fragt nach dem Herrn -Mexicaner und nach Ihnen, meine Hulda, und unterdessen steht Ihr hier, -am fernsten Ende des Hauses, und raspelt mit einander Süßholz! Ja, wenn -man heut zu Tage das junge Volk nur eine Minute aus den Augen läßt! -Geben Sie mir den Arm, Hulda, und Sie, Capitain, folgen in einer Weile -nach.</p> - -<p>Hulda ging willenlos, und ihrer selbst sich unbewußt, neben dem -Bräutigam her, denn sie war in diesem Augenblick mehr in Neuspanien, -als auf dem Balle; Alonso aber stand eine lange Weile noch, in -lautloser Verzückung in dem Cabinet, faltete die Hände hoch in die Luft -hinaus, und rief endlich, als hätte es ihm bis dahin an Athem gefehlt: -Hulda! Dein! mit treuer Liebe bis zum Tode, Dein.</p> - -<p>Hulda hatte unterdessen zur Francaise antreten müssen; aber mit dem -Tanzen ging es<span class="pagenum"><a name="Seite_87" id="Seite_87">[S. 87]</a></span> heute platterdings nicht; sie machte nichts als lauter -Unordnung im ganzen Quarree, denn er stand ja da in dem Fensterbogen -des Saales, mit verschränkten Armen, und starrte bald nach ihr herüber, -bald sah er durch die schwitzenden Scheiben hinauf zu den Sternen. -Droben waren Vater und Mutter. Beide hatte er kaum recht gekannt, aber -es war ihm, als müsse er heute mit ihnen sprechen, ihnen sein Glück -erzählen, und Sie um ihren Segen bitten.</p> - -<p>Ein bildschöner Abend, sagte Hafencapitains Lina, die schon lange -die Gelegenheit abgepaßt hatte, mit dem crösusreichen Capitain, -das Gespräch anzuknüpfen, näherte sich ihm mit einer leichten -Verbeugung, warf das Auge in den flimmernden Sternenhimmel, streifte -auf dem Rückwege auf die arme Erdenwelt, mit ihren Blicken an dem -reizenden Fremdling vorüber, und drückte die dürre Brust aus dem -kaffeegelben brabanter Kantenbesatz ihres heidnisch zusammengeschnürten -Ballleibchens möglichst heraus.</p> - -<p>Bildschön, bildschön! entgegnete er, noch in tiefen Gedanken, und -beantwortete ihre entgegenkommende Verbeugung mit einem kurzen -Bückling.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_88" id="Seite_88">[S. 88]</a></span></p> - -<p>Bei Ihnen zu Hause, fuhr sie fort, und fand den jungen Piaster-Adonis, -den sie bisher immer nur von ferne gesehen hatte, im Geheimen ganz -unaussprechlich liebenswürdig: ist es dort jetzt Tag oder Nacht?</p> - -<p>Stockfinster, stockfinster, antwortete Alonso, ohne zu wissen, was er -sprach, denn er hatte in die Sterne am Himmel, und in die der Augen -seines Engels drüben in der Francaise gesehen, und sie hatten ihm -freundlich geleuchtet.</p> - -<p>Des Hafencapitains eitles Töchterchen vermeinte, in seiner -Kurzsylbigkeit ein stummes Zeichen seiner Huldigung zu finden; ihr -Liebesreiz hatte den blöden Schäfer befangen gemacht, er hatte vor -Entzücken die Sprache verloren; ich habe mir, hob sie, um das Gespräch -weiter zu führen, und nach und nach die unsichtbaren Fesseln zu lösen, -in die ihn ihr zartes Entgegenkommen geschlagen hatte, traulich an: ich -habe mir dort alle Menschen schwarz gedacht; indessen —</p> - -<p>Pechschwarz, pechschwarz! fiel er ihr in das Wort, und ging aus dem -Fenster, als triebe ihn die Unleidliche von dannen; sie aber sah ihm -zärtlich lächelnd nach; zehnmal wiederholte<span class="pagenum"><a name="Seite_89" id="Seite_89">[S. 89]</a></span> sie sich sein bildschön, -stockfinster, und pechschwarz; mehr, als die drei Worte hatte sie von -ihm nicht gehört; aber sie hallten in ihrem girrenden Taubenherzen -wieder, als hätte sie ein Seraph zu ihr gesprochen.</p> - -<p>Allen ihren Bekanntinnen erzählte sie, was der Mexikaner für ein ganz -allerliebster Mensch sey; ihr guter Geist müsse ihr gerathen haben, die -Francaise nicht mit zu tanzen; sie habe unterdessen eine Unterhaltung -mit dem Manne gehabt, die ihr tausendmal lieber gewesen sey, als -zehn Cottillons und alle Francaisen der Welt. Hulda, deren Tanz eben -beendigt war, stand in der Nähe und hörte jedes Wort.</p> - -<p>Ein Glück war, setzte Lina mit recht feiner Koketterie hinzu: daß uns -Niemand behorchte, denn der Mensch hat die Gabe, einem so niedliche -Schmeicheleien zu sagen, daß man wahrhaftig recht bescheiden seyn muß, -um nicht ein Bischen sehr eitel zu werden.</p> - -<p>Was sprach er denn von pechschwarz? fragte des reichen Rheders -goldgelockte Tochter Alma, die in ihrem Quarree, dem Fenster zunächst -gestanden hatte.</p> - -<p>Was mußt Du für Oehrchen haben, erwie<span class="pagenum"><a name="Seite_90" id="Seite_90">[S. 90]</a></span>derte Lina mit sichtbarer Freude, -von ihm länger reden zu können. Wir sprachen von den Mexikanerinnen; er -lobte ihr schwarzes, seidenes Haar, aber solch pechrabenschwarzes, wie -das meine, betheuerte er, in ganz Südamerika nicht gefunden zu haben; -er bestand darauf, daß ich ihm eine Locke mitgeben sollte, — da kann -der gute Freund aber lange warten.</p> - -<p>Nun, und was war denn das mit dem stockfinster, fragte Alma weiter -und die umstehenden Mädchen stießen sich heimlich mit den Elnbogen -und ergötzten sich an des einfältigen Dinges ihnen längst bekanntem -unerträglichem Dünkel; Hulda aber fühlte, wie die bitterste Galle sich -auf die Frühlingssaat ihrer Liebe ergoß, und die frischen Keime alle, -wie Mehlthau, vergiftete.</p> - -<p>Nein, auch das hast Du gehört, sagte staunend Lina, und lachte: ei, -das war nichts, als dummes verrücktes Zeug; ich lobte nämlich die -Beleuchtung des Saals, und sagte, bei ihm, unterm Aequator könnte es in -der Mittagsstunde nicht heller seyn; da meinte er aber, und legte die -Hand sich auf das Herz, ihm sey alles stockfinster gewesen, bis ich in -den<span class="pagenum"><a name="Seite_91" id="Seite_91">[S. 91]</a></span> Saal getreten; da habe ich ihm aber gut darauf gedient. Ich sage -Euch, er kann einem Dinge weiß machen, man traut seinen eigenen Ohren -nicht mehr. Aber liebste Alma, weiter hast Du doch nichts gehört?</p> - -<p>Von bildschön war noch die Rede, versetzte diese, und wollte weiter -reden, aber Linchen hielt ihr den kleinen Schelmenmund zu, und rief: -nein das ist abscheulich von Dir; aber warte nur, ich will mich bei -Dir auch einmal auf’s Horchen legen, und dann alles ausplaudern, ohne -Schonung. Ich konnte ja nichts dafür, wenn Du Achtung gegeben hast, -so wirst Du gesehen haben, wie er mir auf allen Schritten und Tritten -nachging, und mich wie ein Schatten verfolgte, bis ich da, wo Du -tanztest, an das Fenster kam; da konnte ich vor vier, fünf Herren, die -dort standen, nicht weiter, und fing an zu sprechen, und —</p> - -<p>Platz da, Platz da! erscholl es im Saale, und ein auf des Sturmwindes -brausenden Flügeln heranwalzendes Paar schob Linchen, des Teufels -Lügenkind, meuchlings auf die Seite, und sprengte das kleine, um sie -versammelte Auditorium aus einander; Hulda wendete sich,<span class="pagenum"><a name="Seite_92" id="Seite_92">[S. 92]</a></span> sagte, -im ganzen Gesicht kreideweiß und den zerreissendsten Krampf in der -gequälten Brust, halb laut vor sich hin: das ist abscheulich! und stand -vor Alonso, der sie zum Walzer aufforderte.</p> - -<p>Was ist abscheulich, fragte Alonso freundlich, und wollte sich mit ihr -in die Reihe der Tanzpaare stellen; sie aber wand sich aus seinem Arme, -gab eine sie schnell anwandelnde Unpäßlichkeit vor, und eilte in das -nächste Seitenzimmer.</p> - -<p>Alonso folgte ihr, doch sie bat ihn, sie allein zu lassen, so dringend, -daß er, in der Voraussetzung, weiblicher Hülfe zu bedürfen, zu Gustchen -eilte, und diese ersuchte, ihr Beistand zu leisten.</p> - -<p>Gustchen fand sie in Thränen; auf alle Fragen, was ihr fehle, erhielt -die Bereitwillige keine Antwort, und als Gustchen erzählte, mit welcher -Todesangst Alonso sie aufsuchte und wie ängstlich Händeringend er bat, -ihr auf das Schleunigste beizuspringen, erwiederte sie schneidend kurz: -nichts von ihm, ich bitte Dich, um Gotteswillen, nie wieder ein Wort -von ihm; laß mir meinen Wagen holen, ich kann nicht bleiben.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_93" id="Seite_93">[S. 93]</a></span></p> - -<p>Aber sage Mädchen, begann Gustchen theilnehmend: was hast Du, was ist -Dir?</p> - -<p>Morgen, erwiederte bittend Hulda, und zitterte am ganzen Körper: morgen -will ich Dir alles erzählen; jetzt nur den Wagen.</p> - -<p>Gustchen schüttelte bedenklich den Kopf; das Mädchen war vorhin, wie -sie kam, leichenbleich gewesen, jetzt brannte ihm dunkele Röthe auf -Stirn, Wange und Brust; es weinte schluchzend, und das Blut jagte ihm -mit solch’ tobendem Rasen durch alle Pulse, daß der Busen fieberhaft -schnell auf- und abwogte.</p> - -<p>Gustchen ging, und Hulda sank auf das Sopha, und gab sich ihrem -Schmerze mit kindischer Schwäche hin.</p> - -<p>Du bist nicht wohl, höre ich, fragte sie Alma, und legte ihr sorglich -die Hand auf die brennende Stirn; Hulda aber that sich Gewalt an, sich -vor ihr zu verbergen, und versicherte, ihr kleiner Unfall habe nicht -viel auf sich, und werde hoffentlich bald vorübergehen; was sagst -Du, hob Alma, um die Leidende ein wenig zu zerstreuen, lachend an: -was sagst Du zu der göttlichen Geschichte mit dem alten Dinge, der -Caroline? sieh, ich stand drei Schritte von<span class="pagenum"><a name="Seite_94" id="Seite_94">[S. 94]</a></span> ihr, und habe jede Sylbe -gehört; an dem ganzen Auftritte ist doch kein wahres Wort; das Mädchen -kann lügen, wie gedruckt.</p> - -<p>Hulda horchte hoch auf, und Gustchen kam zurück, und berichtete, daß -der Wagen bestellt sey.</p> - -<p>Sie — fuhr Alma unbefangen fort, und ahnte nicht, welchen heilenden -Balsam sie auf die blutenden Wunden in Hulda’s zerrissenem Herzen -legte: <em class="gesperrt">sie</em> kam auf ihn zu! <em class="gesperrt">sie</em> drängte sich an ihn heran; -<em class="gesperrt">sie</em> knüpfte die Unterhaltung an! und er, Gott weiß, was ihm im -Kopfe stecken mochte, er hörte gar nicht auf sie, er antwortete, ohne -sie anzusehen, kurz und einsylbig, und ließ sie, da sie ihm anfing -unerträglich zu werden, im Fensterbogen stehen.</p> - -<p>Und die Locke? fragte Hulda, wie aus bösem Traume erwachend, und die -Wolkenschleier, die ihren Blick trübten, verschwanden und das Auge -glänzte wieder, wie die Sonne nach schwerem überstandenem Gewitter.</p> - -<p>Der Mensch hat nicht daran gedacht, entgegnete Alma: ich sage Dir -ja, die Caroline hat uns da, in aller Geschwindigkeit, eine Komödie -vorgelogen, an der auch nicht ein einziges —</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_95" id="Seite_95">[S. 95]</a></span></p> - -<p>Wieder besser? fragte Alonso zärtlich besorgt und steckte den braunen -Lockenkopf zur Thür herein, und in Hulda’s freundlichem Lächeln lag die -Versicherung ihrer völligen Genesung; sie hatte ihm ungeheuer Unrecht -gethan, und mußte das schon ein Bischen wieder gut machen; sie bot -ihm die zarte weiche Hand, und — der Mensch ist seiner nicht immer -mächtig — und drückte seine Rechte zum Dank für seine Theilnahme recht -herzlich; dieser sanfte Druck, so unmerklich er auch seyn mochte, -schlug in das südamerikanische glühende Blut so allmächtig ein, -daß Alonso, überglücklich, Hulda’s Händchen mit leidenschaftlicher -Heftigkeit an seine Lippen zog, und komisch naiv versicherte, daß er -ihrer Unpäßlichkeit noch recht viele kleine Rückfälle wünsche; denn -Krankheiten dieser Symptome machten sie unendlich liebenswürdig. Der -schuldlose Mensch! hätte er nur ihre Krankheit gekannt!</p> - -<p>Der Bediente, der jetzt meldete, daß der Wagen vorgefahren sey, -setzte Hulda in unbeschreibliche Verlegenheit. Gustchen, das Alma’s -Erzählung mit angehört, und sich aus dieser Hulda’s plötzliches -Erkranken sattsam erklärt<span class="pagenum"><a name="Seite_96" id="Seite_96">[S. 96]</a></span> hatte, that, aus neckender Schadenfreude, -der Gepreßten nicht den Gefallen, ihr zum Bleiben zuzureden. Alma aber, -das schlaue Kind, das sich, die beiden Menschen einander gegenüber, -Hulda’s schnelles Uebelbefinden, die Heilkraft ihrer Erzählung, und -Hulda’s Freundlichkeit gegen Alonso, in der eine förmliche Abbitte -für begangenes schweres Unrecht lag, mit mathematischer Gewißheit aus -einandersetzte, sagte zum Bedienten mit einem launigen Seitenblick auf -Hulda: wir sind jetzt wieder besser, der Wagen kann abbestellt werden. -Gott gebe, setzte die Scharfsichtige, als der Bediente abgetreten war, -hinzu, und sah dabei recht drohend aus: Gott gebe, daß wir auf immer -kurirt sind.</p> - -<p>Gustchen lachte laut auf, und klatschte vor Freude über Alma’s tiefen -Blick in die Hände; Hulda aber sagte, halb böse: das ist nicht hübsch -von Euch; sie legte das erglühende Gesichtchen auf Alma’s Achsel, denn -sie schämte sich vor den beiden Mädchen, denen die Geschichte der -viertelstündigen Krankheit und Genesung das Geheimniß ihrer unendlichen -Liebe, so wie die Gewalt der Eifersucht über ihr armes Herz, verrathen -hatte.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_97" id="Seite_97">[S. 97]</a></span></p> - -<p>Mein liebreizendes Mädchen, flisterte ihr Alma, die Purpurwange -streichelnd, heimlich in das Ohr: zieh hin in Frieden, und hüte Dich -vor solchem Krankwerden. Dein Mexikaner ist entsetzlich hübsch, dem -kann kein Mädchen gram seyn; wehrst Du der Eifersucht nicht, so stirbst -Du in den ersten acht Tagen nach der Hochzeit.</p> - -<p>Haben Sie Anfälle der Art schon öfter gehabt? fragte Alonso mit -gutmüthiger Besorglichkeit. Alle drei Mädchen mußten ihm in das Gesicht -lachen, und Alma versicherte, daß dieß der guten Hulda zum ersten -Male in ihrem Leben widerfahren sey; dießmal habe sie die arme Kranke -geheilt, hinsichtlich der Zukunft aber hänge es vorzüglich von ihm ab, -ob sich der Anlaß zu öfteren Rückfällen zeigen werde.</p> - -<p>Aber Alma, rief Hulda verlegen und unwillig, und eilte, um den -Neckereien der beiden heillosen Mädchen zu entkommen, in den Saal; -Alonso, dem dieß alles Hieroglyphen waren, fragte Gustchen scherzend, -ob er verrathen oder verkauft sey, und diese entgegnete ihm mit -schäkerndem Muthwillen: verrathen <em class="gesperrt">und</em> verkauft.</p> - -<p>Ein kurzer Trompetenschmetter rief zur langen Tafel. Alonso, dem dieses -europäische Spei<span class="pagenum"><a name="Seite_98" id="Seite_98">[S. 98]</a></span>sesignal fremd war, fragte Alma nach der Bedeutung -desselben, und während ihm diese erklärte, daß der Trompetenschall für -jeden Herrn das Zeichen sey, der Dame, neben der er bei Tafel sitzen -sollte, den Arm zu bieten, und sie in den Speisesaal zu führen, war -Casperchen gekommen, und hatte der erschrockenen Hulda eröffnet, daß -ihm das Glück zu Theil worden sey, für diesen Abend ihr Tischnachbar -zu seyn; Alma, die im Gespräch mit Alonso, davon so wenig, als dieser -selbst bemerkt hatte, ward von einem jungen Herrn abgeholt; Gustchen -flog bereits mit ihrem Bräutigam der Tafel zu, und Alonso, der jetzt -allein im Ballsaale stand, und sich in der süßen Hoffnung, neben Hulda -zu sitzen, nach dieser umsah, bekam vor Unmuth fast eine Ohnmacht, als -Hafen-Capitains unausstehliches Linchen auf ihn zueilte, sich Glück -wünschte, vom umsichtigen Wirth des Hauses, einem so interessanten -Manne, zur Tischnachbarinn bestimmt zu seyn, ihn um seinen Arm bat, und -die Versicherung hinzufügte, daß sie sich über alle Maßen freue, recht -viel von seinem Vaterlande zu hören, daß Neuspanien ihr Lieblingsland, -und es, von ihrer frühesten Ju<span class="pagenum"><a name="Seite_99" id="Seite_99">[S. 99]</a></span>gend an, ihr höchster Wunsch sey, in -jenen herrlichen Gefilden, wo Gold und Silber, wie hier zu Lande die -Feldsteine, umher lägen, das Hüttchen ihres häuslichen Friedens für -immer zu bauen.</p> - -<p>Der häßliche Mischmasch mit den Tischplätzen war von Suschen und -Linchen gekartet worden. Caspar hatte, nach Gustchens Anordnung neben -letzterer, und Alonso, wie sich von selbst verstand, neben Hulda sitzen -sollen. Casperchen aber erklärte seiner Schwester, daß, wenn er nicht -neben Hulda zu sitzen komme, er gleich nach Hause fahre, und Linchen -steckte Suschen, der junge Mexikaner habe sich recht bitterlich bei ihr -beklagt, beim Tische ihre Nachbarschaft einzubüßen, und so hatte denn -Maklers Suschen den Wechsel der Plätze eigenmächtig veranstaltet, und -freute sich, dem Bruder der Freundinn und dem armen Capitain geholfen -zu haben; auch Hulda, meinte sie, werde ihr heimlich Dank wissen, -denn was konnte ihr an dem Amerikaner liegen, der in wenigen Tagen, -vielleicht auf ewig, wieder in See stach, statt daß Casperchen sich -mit seinem in London ihm zugeströmten Gelde hier niederließ, und nach -dem, zwischen den beiden Müt<span class="pagenum"><a name="Seite_100" id="Seite_100">[S. 100]</a></span>tern längst verabredeten, der armen Hulda -aber noch nicht bekannten Plane, dieser ehestens seine Hand zu bieten -bestimmt war.</p> - -<p>Hulda aß, vor Unmuth über den unwillkommenen Nachbar, an dessen Stelle -sie sich einen ganz andern gedacht hatte, keinen Bissen, und sprach -kein Wort. Casperchen erzählte ihr von London, von seinen Geschäften -und von seinem Gelde, lobte ihre schöne, weiße Haut und ihr Fleisch, -und versicherte recht spaßhafter Weise, daß eine Brittinn, mit der -er eine kleine vorübergehende Liebschaft gehabt habe, ihr ähnlich -sehe, wie eine Schwester der andern, ließ nicht undeutlich fallen, -daß er, des Herumschwärmens müde, nunmehr in den Stand der heiligen -Ehe zu treten, nicht übel Willens sey, daß er, wie er sich recht zart -ausdrückte, glaube, seine Hörner abgelaufen zu haben, und nun eine Frau -suche, die sich in der Welt zu zeigen wisse, ihn seinen Gang gehen -lasse, und dabei so hübsch sey, daß sich alle Leute wundern müßten, wie -er zu der schönen Frau kam.</p> - -<p>Hulda hörte von dem unerträglichen Gespräche keine Sylbe; sie sah -links weg; schräg über, weit unten am Ende der fast unabsehbaren -langen<span class="pagenum"><a name="Seite_101" id="Seite_101">[S. 101]</a></span> Tafel, saß Alonso; er aß und trank, als sollte er von morgen -an, zeitlebens auf der Hungerinsel Kodiak hausen; man sah es ihm an, -er aß und trank nur aus Verdruß. Der zudringlichen Karoline, die -ihn mit tausend Fragen peinigte, antwortete er nur mit Kopfnicken -oder Schütteln, denn sprechen konnte er nicht, weil er beständig -entweder volle Backen, oder das Glas am Munde hatte. So ärgerlich -Hulda auch war, sie mußte doch über ihn lachen; je zärtlicher ihm -Karoline zusetzte, desto größere Bissen steckte er sich in den Mund; -je deutlicher die Ausbrüche ihres Liebesdranges wurden, in desto -längeren Zügen schlürfte er seinen Wein, so daß, als sie alle Register -vergeblich gezogen hatte, und er auf alles nichts, oder höchstens ein -kurzes hm, erwiederte, sie eher neben einem Kannibalen, als neben einem -Neuspanier zu sitzen wähnte.</p> - -<p>Jetzt kam — der Spaßvogel, der Herr Oberkonstabler hatte die witzige -Gesundheit:</p> - -<div class="poetry-container s5"> - <div class="poetry"> - <div class="stanza"> - <div class="verse">Es lebe, wer gern trinkt und liebt,</div> - <div class="verse">Und seiner Nachbarinn ein Küßchen giebt</div> - </div> - </div> -</div> - -<p class="p0">ausgebracht, — die Reihe an Alonso. Linchen machte die Schalkhafte; -sie breitete die Serviette,<span class="pagenum"><a name="Seite_102" id="Seite_102">[S. 102]</a></span> wie einen Vorhang, zwischen sich und ihm, -und versteckte sich schäkernd dahinter, den Sturm des liebeglühenden -Amerikaners mit Verlangen erwartend. Alonso aber that, als habe er von -der ganzen Gesundheit keine Sylbe gehört, und als Linchen des längern -Harrens müde, den zärtlichen Schelmenblick über den obern Rand ihres -Keuschheitserviettchens warf, saß er ganz ruhig und bearbeitete die -gutgespickte Brust eines feisten Fasans, mit unendlichem Appetite; die -Umsitzenden lachten laut, und Linchen schmollte mit dem mexikanischen -Klotze, wie sie ihn nun nannte, von Grund des Herzens.</p> - -<p>Gustchen, das am ganz entgegengesetzten Ende der Tafel saß, und in -der Meinung stand, Alonso und Hulda im traulichsten Gespräch zusammen -zu finden, erstaunte, als sie jetzt an des Bräutigams Arm die Runde -machte, um mit den Gästen ihres Vaters ein freundliches Tischwort zu -wechseln, nicht wenig, Freund Alonso hier neben Hafencapitains Linchen, -und drüben schräg über, Hulda neben Casperchen zu finden. Sie fragte -Alonso heimlich, was ihn bewog, seinen Platz, den sie ihm neben Hulda -bestimmte, zu wechseln; dieser aber, da er hörte, daß ihm<span class="pagenum"><a name="Seite_103" id="Seite_103">[S. 103]</a></span> sein Recht, -durch die Eigenmächtigkeit eines Dritten, gekürzt wurde, sprang auf, -eilte, mit zornfunkelnder Röthe im ganzen Gesichte, zu Casperchen, -tippte ihm so kräftig auf die Achseln, daß dieser noch acht Tage daran -zu fühlen hatte, und ersuchte ihn, augenblicklich aufzustehen, und -ihm Platz zu machen. Hulda zitterte vor Schreck am ganzen Körper, -Casperchen aber sah sich um, affektirte den Unbefangenen, und that, als -verstände er die sonderbare Zumuthung nicht.</p> - -<p>Herr, sagte Alonso, seiner Wuth fast nicht mehr Meister: ich breche -Ihnen hier auf dem Fleck Ihre kranken morschen Knochen in einander, -wenn Sie mir nicht den Augenblick meinen Platz räumen. Zaudern Sie nur -eine Sekunde, so trete ich Ihnen das Lebenslicht mit den Beinen aus. -Er blickte ihm dabei so grimmig in die Augen, und griff ihm in das -mürbe Schulterblatt, auf dem zufällig seine Hand lag, so gräßlich, daß -Casperchen wohl abnahm, wie mit dieser Riesenkraft nicht zu spaßen sey.</p> - -<p>Um kein Aufsehen zu machen! entgegnete Casperchen, und die Lippen -flogen ihm, daß er kaum reden, und die Kniee schlotterten ihm, daß -er kaum gehen konnte; und so schlich er, hinter<span class="pagenum"><a name="Seite_104" id="Seite_104">[S. 104]</a></span> der Tafel, die ihn -fast laut bespöttelte, zur böslicher Weise verlassenen Lina, die das -erbärmliche Surrogat ihres verlornen Mexikaners kaum eines Blickes -würdigte.</p> - -<p>Was haben Sie gemacht? fragte Hulda den siegreichen Alonso, mit -verhaltenem Unwillen. Die ganze Gesellschaft sieht mit zweideutigem -Blick auf mich; ich sitze wie am Pranger, und morgen bin ich das -Gespräch aller Zirkel in der ganzen Stadt.</p> - -<p>Was ich gemacht habe? erwiederte Alonso, bis zum Muthwillen fröhlich -— mir mein Recht bewahrt, und das ist jedes Ehrenmannes Pflicht. So -lange ich glaubte, daß der Wirth des Hauses mich da hinüber neben die -Schmachtlampe bestimmt hatte, so lange mußte ich, als Gast, seine -getroffene Einrichtung ehren; sobald aber Gustchen mir sagte, daß mir -Unrecht geschah, sobald mußte der Patron, der mir schon vom ersten -Eintritt in die Gesellschaft, wie Brechpulver war, wieder herausgeben, -was er mir raubte; und hätte es mir, oder ihm, auf der Stelle das -Leben kosten sollen, ich wäre nicht gewichen. Der Seelenverkäufer hat -mir eine Stunde gestohlen, die mir mit dem ganzen Lumpenleben dieses -Lur<span class="pagenum"><a name="Seite_105" id="Seite_105">[S. 105]</a></span>rendrehers<a name="FNAnker_29_29" id="FNAnker_29_29"></a><a href="#Fussnote_29_29" class="fnanchor">[29]</a> nicht ersetzt werden kann — und was die Stadt -anbelangt, die lassen Sie sprechen, was sie will; sie soll hoffentlich -noch mehr von uns zu erzählen bekommen; glauben Sie, die meisten -Menschen, selbst in den Zirkeln der höheren Stände, die wir für die -geistreichern halten sollen, wüßten oft gar nichts zu reden, wenn sie -nicht über die Leute sprechen dürften. Die Stadt wird uns ordentlich -verbindlich seyn, wenn wir ihr einmal etwas zu reden geben. — Hulda, -setzte er ernster werdend hinzu: meine einzige, liebe Hulda, reichen -Sie mir Ihre Hand, ich bringe Ihre Gesundheit aus, und die ganze Stadt -weiß alsdann, woran sie ist. —</p> - -<p>Hulda verging fast vor Todesangst, denn er griff schon zum Glase, und -wollte sich vom Stuhle erheben.</p> - -<p>Stürmisches Ungethüm, sagte sie, und wollte böse seyn, und konnte -doch nicht auf ihn grollen; aber mit Wort und Blick bat sie auf -das dringendste, sie nicht in diese entsetzliche Verlegenheit zu -setzen. Sie haben vorhin Ihrer Eltern erwähnt,<span class="pagenum"><a name="Seite_106" id="Seite_106">[S. 106]</a></span> fügte sie, mit -niedergeschlagenen Augen hinzu, denn sie fühlte, daß das, was sie sagen -wollte, mehr, als ein halbes Jawort war, aber der Dränger — preßte er -es ihr nicht durch den kecken Vorsatz ab, ihre und seine Gesundheit, -als Braut und Bräutigam, ausbringen zu wollen? Mußte sie, um ihn davon -abzuhalten, nicht zum letzten Mittel greifen? Sie haben vorhin Ihrer -Eltern erwähnt; was würden die meinigen von Ihnen halten müssen, wenn -Sie hier, ohne ihnen ein Wort gegönnt zu haben —</p> - -<p>Darf ich kommen? wann? morgen früh? wie viel Uhr? fiel er ihr in die -Rede, und küßte, vor Freude halb unsinnig, ihr die Hand bald wund.</p> - -<p>Aber Alonso, sagte flehentlich die vom ganzen Umkreise mit Lorgnetten -und Brillen Beliebäugelte: die ganze Gesellschaft sieht ja auf uns; wir -sind ja nicht allein!</p> - -<p>Wollte doch Gott, erwiederte er lachend: wir säßen auf den berüchtigten -Inseln zwischen dem Nordcap Tschalaginskoi und Siberien; die sind von -Rhinoceros- und Elephantenknochen zusammen gefroren; auf denen wohnt -kein Mensch; dort sähe uns Niemand!</p> - -<p>Hulda wollte sich dieses paradisische Eldorado<span class="pagenum"><a name="Seite_107" id="Seite_107">[S. 107]</a></span> verbitten, aber eben -kam Gustchen, und meldete ihr den Wunsch des Vaters, baldigst zu Hause -zu kommen, weil die Mutter wieder recht krank sey. Sie stand daher -eilig auf, bat, vorfahren zu lassen, und hörte, von der unerwarteten -Nachricht erschüttert, nur mit halbem Ohr, Alonso’s Bedauern, daß sie -die Gesellschaft so zeitig verlasse, so wie seine wiederholte Frage, -ob und wann er morgen früh kommen dürfe, und seine kaum gewagte Bitte, -heute Abend noch, oder wenn dieß nicht möglich seyn sollte, wenigstens -morgen ihrer Blumen auf dem Balkon zu gedenken. Er begleitete sie -bis zum Wagen, und schien wohl auf einen Gutenachtkuß im Stillen -gerechnet zu haben, aber, vor dem Kutscher und den zwei Bedienten mit -Windlichtern und Fackeln, hatte der Schüchterne doch nicht den Muth, -sich vielleicht einer abschlägigen Weisung auszusetzen.</p> - -<p>Was sollte er jetzt noch in der Gesellschaft! er flüchtete in seine -stille Kajüte, und blickte, von Zeit zu Zeit, mit der stillen -Sehnsucht glühender Liebe, nach dem Balkon hinauf, aber es ward tiefe -Mitternacht, und Hulda blieb aus.</p> - -<p>Die Kindespflicht fesselte sie an das Bette der<span class="pagenum"><a name="Seite_108" id="Seite_108">[S. 108]</a></span> leidenden Mutter, die -wieder recht krank gewesen war, jetzt aber ein wenig mehr Ruhe bekam, -und nach einer Weile einschlummerte.</p> - -<p>Der Vater winkte dem Mädchen in das Nebenzimmer.</p> - -<p>Wie ist es gekommen, fragte Hulda ängstlich, daß Mutterchen so -plötzlich wieder erkrankt ist? sie befand sich heute Mittag so wohl! -hätte ich den Rückfall nur ahnen können, ich hätte ja keinen Fuß aus -dem Hause gesetzt; ich mache mir jetzt ordentlich ein Gewissen daraus!</p> - -<p>Wie ist es gekommen, erwiederte der Vater verdrüßlich: Du warst kaum -fort, so ließen sich Maklers melden; ich kann die scheinheiligen -Menschen, die ewig und immer die Gottesfurcht im Munde und die -unmenschlichste Kälte im Herzen haben, nicht leiden, und bat, daß sie -ihnen absagen lasse; aber sie meinte, daß ihr recht wohl sey, daß sie -sich nach Unterhaltung sehne, daß sie die Veranlassung des Besuches -schon wisse, und sie daher nur kommen möchten. Ich ging, weil ich das -frömmelnde Wesen der beiden Menschen nun einmal platterdings nicht -ausstehen kann, auf die Ressource, und kam vor einer Stunde erst -wieder. Da rief mich denn die Mut<span class="pagenum"><a name="Seite_109" id="Seite_109">[S. 109]</a></span>ter an das Bette, und machte mich, -nach einer langen, weit ausgeholten Einleitung über die Nothwendigkeit, -auf Dein zeitliches Glück nun mit Ernst bedacht zu seyn, mit dem ihr, -diesen Nachmittag, eröffneten Antrage der Eltern bekannt, Dich ihrem -Caspar zur Frau zu geben?</p> - -<p>Mich? — dem Caspar? fragte Hulda erbleicht.</p> - -<p>Mach’, was Du willst, fuhr der Vater fort: aber ich kann mir nicht -denken, daß ein reines keusches Mädchen, wie Du, meine Hulda, mit dem -ausgemergelten Menschen glücklich seyn kann. Ich habe ihn heute früh -gesehen. Wie die leibhaftige Sünde sieht er aus, und dabei so brutal, -so plump, so ungeschlacht! das soll englisch seyn! der Narr! Die -Britten sind Ehrenleute, die auf feine Manier und Anstand, auf Sitte -und Anspruchlosigkeit eben so streng halten, als wir. — Mein einziges -Kind diesem entnervten Wüstlinge in die Arme zu legen! — nein, es wäre -mir nicht möglich. — Ich entgegnete dieß der Mutter, aber sie bestand -mit ungewohnter Festigkeit darauf; sie lobte die Eltern, als fromme -christliche Leute, den Sohn als gewandten, mit Glücksgütern reich -begabten Kaufmann; und das<span class="pagenum"><a name="Seite_110" id="Seite_110">[S. 110]</a></span> Suschen, das einfältige Ding, das allen -Menschen nach dem Munde redet, um sich bei allen einzuschmeicheln, als -ein gefügiges liebenswürdiges Wesen, versicherte wiederholentlich, daß -sie für Dich und uns kein größeres Glück kenne, als Dich in diesem -Hause aufgehoben zu wissen, in welchem Religion und Tugend heimisch -wären, und wo in einem Tage mehr und frömmer und andächtiger gebetet -werde, als in der ganzen Stadt in einem Jahre, und bestürmte mich um -meine Einwilligung in die Verbindung.</p> - -<p>Ich war bis dahin recht ruhig geblieben, und hatte mich möglichst -zu fassen gesucht; als ich aber aus ihren Reden merkte, daß von -Caspars Eltern, die, wie Du weißt, auf die Mutter von je an, einen -unbegreiflichen Einfluß gehabt haben, diese Parthie schon seit -längerer Zeit abgekartet war, und ich gewahrte, daß sie, ohne meinen -Einwendungen vorhaltende Gründe entgegen zu setzen, auf ihrem Willen -fest beharrte, mochte ich — es galt ja Dein ganzes Lebensglück, mein -einzig liebes Kind — mochte ich wohl etwas zu heftig geworden seyn. -Unser Zweisprach ward immer lebhafter, ich vergaß, daß die arme Mutter -krank war, ich platzte mit dem, seit Jahren<span class="pagenum"><a name="Seite_111" id="Seite_111">[S. 111]</a></span> schon verhaltenem Grolle -gegen das Schleichervolk, die Maklers, aus der Brust heraus, und das -erschütterte dann die Mutter so, daß sie in die heftigsten Krämpfe -verfiel, und ihr Zustand so bedenklich ward, daß ich Dich holen lassen -mußte. Habe ich gefehlt, so mag mir Gott verzeihen, aber sprach ich -nicht für Dich, wer sollte Deiner sich annehmen, und wo ist der Vater, -der bei ruhigem Blute bleiben kann, wenn er sieht, daß sein Kind, sein -einziges Kind, aus bloßem Vorurtheil, aus blinder Geistesbefangenheit, -um das Heil seines ganzen Lebens hienieden gebracht werden soll. Jetzt -geh, meine Tochter, und leg’ Dich nieder, und bete zu Gott, daß er der -Mutter erkaltetes Herz erwärme, damit sie von Dir nicht fordere, was -Deinen Vater in die Grube bringen würde; denn den Menschen an Deiner -Seite als meinen Schwiegersohn, zu sehen, würde ich kein halbes Jahr -überleben.</p> - -<p>Seyn Sie auf die Mutter nicht böse, mein Vater, hob Hulda an, und -weinte kindlich fromme Thränen: sie meint es gut mit mir, und glaubt, -mein Glück durch diese Verbindung zu begründen; wenn ich ihr aber -sagen werde, daß ich den Menschen <em class="gesperrt">nie</em> lieben <em class="gesperrt">kann</em>, wird -sie<span class="pagenum"><a name="Seite_112" id="Seite_112">[S. 112]</a></span> sicher von dem Plane abstehen. Sie ist ja gut und verständig; ich -will schon mit ihr reden, daß meine Worte Eingang finden sollen in ihr -mütterliches Herz.</p> - -<p>Thue das, mein Kind, sagte der Vater: und leg Dich nun zur Ruhe, und -bereite Dich zu morgen vor, daß Du gefaßt bist, und ihre Wünsche -zurückweisen kannst, ohne Gefährdung ihrer Gesundheit.</p> - -<p>Hulda legte sich wohl nieder, aber schlafen konnte sie nicht; die Augen -fielen ihr vor Müdigkeit zwar hundertmal zu, aber sie schlug sie auch -hundertmal wieder auf, denn bald umklammerte sie Caspar mit seinen -langen dürren Armen, bald sah sie sich von einem Schlangenindianer -an den Gewässern der Columbia verfolgt; bald lustwandelte sie mit -Alonso am Meerbusen von Florida, umduftet von den hier wild wachsenden -Orangen, im Schatten der breitblättrigen Banane und des zierlichen -Bambusbusches; bald sprang das sanftmüthige flüchtige Thier, die -Antelope, an den himmelhohen Basaltwänden des obern Missuri vor ihnen -vorüber; — bald hörte sie seine sanfte Rede, und sah in das dunkele -Veilchenblau seiner großen Augen und fühlte das Schwellen sei<span class="pagenum"><a name="Seite_113" id="Seite_113">[S. 113]</a></span>ner -frischen Lippen auf ihrem rosigen Munde. Bald schwebte sie, umschlungen -von seinem kräftigen Arm, und unter vollstimmiger Begleitung eines -köstlichen Walzers, zum Ballsaal hinaus, über die blauen Berge am -Kanhawa, über die goldgedeckten Tempel der Omegas im Innern von Guyana -hin, bis zu den blumenreichen Küsten des stillen Meeres; — bald kamen -wieder die Bilder am gestrigen Abendhimmel ihr vor die träumende -Seele, und das lange hohe Kreuz und die drohende Mutter und die dürre -Gestalt des Eskimos auf Labrador. — Da habe ich ja, sagte sie von der -Stille der Mitternacht umdunkelt, leise zu sich selbst: da habe ich ja -die Deutung jener Himmelsbilder! das Kreuz — ach es ist so schwarz -und so schwer, und das Gesicht der Mutter so kalt und finster — und -der entsetzliche Eskimo mit der grausenden Larve — weg, weg mit den -schrecklichen Bildern — an ihn will ich denken, der so freundlich -mit mir sprach, dessen Rede mir so wohl klang, dessen Seele so klar -vor mir liegt, wie die Krystallquellen am Fuße der Luftvulkane<a name="FNAnker_30_30" id="FNAnker_30_30"></a><a href="#Fussnote_30_30" class="fnanchor">[30]</a> -bei Turbako; in dessen Armen<span class="pagenum"><a name="Seite_114" id="Seite_114">[S. 114]</a></span> mir war, als stände ich kühl beschattet -vom silberglänzenden Laubwerk des Riesenbaums.<a name="FNAnker_31_31" id="FNAnker_31_31"></a><a href="#Fussnote_31_31" class="fnanchor">[31]</a> — Aber, kann ich -denn auch im Traume nicht aus dem verwünschten Amerika heraus, sagte -sie jetzt völlig erwacht, und konnte nun nicht mehr schlafen, und -wiederholte sich, vom Frühroth des ersten Morgengoldes im Bettchen -freundlich begrüßt, alles, was er gesprochen, und hatte vor der -heutigen Unterhaltung mit der Mutter keine Angst mehr, denn er wollte -ja selbst kommen, und mit ihm hielt Casperchen keinen Vergleich aus; -sah die Mutter auf zeitliches Gut, so wog der zwanzigste Theil von -Alonsos Vermögen, den ganzen Caspar auf, und da Alonso erklärt hatte, -daß die Wahl des künftigen Wohnorts lediglich von ihr abhängen solle; -so verstand es sich, daß sie ihrem gestrigen Versprechen eingedenk, die -Mutter nicht verlassen, sondern wenigstens so lange als diese lebe, -hier bleiben werde, und somit war jede Schwierigkeit beseitiget.</p> - -<p>Armes, getäuschtes Mädchen!</p> - -<p>Beim Frühstück schon, trat die Mutter mit<span class="pagenum"><a name="Seite_115" id="Seite_115">[S. 115]</a></span> den Absichten hervor, -die ihr Caspars Eltern gestern eröffnet hatten; sie erinnerte Hulda -an deren gegebenes Versprechen, sich nicht außerhalb des Orts zu -verheirathen; hielt der Familie, in deren Kreise sie künftig leben -werde, die gebührende Lobrede, und ließ sich über Caspars wohlgeordnete -Vermögensumstände und seine, im Auslande erworbene Bildung des weiteren -aus; vergaß auch nicht die Schwierigkeit, bei der gegenwärtigen -Heirathscheu der meisten jungen Leute im Orte, eine ähnliche -vortheilhafte Parthie sobald wieder zu finden, in das gehörige Licht -zu setzen, und schloß mit der Bemerkung, daß sie auf dieß alles, von -der gehorsamen und liebenden Tochter, eine, den elterlichen Wünschen -entsprechende Erklärung erwarte.</p> - -<p>Hulda bog freundlich lächelnd aus; kam Alonso, der blühend schöne, -frische Mann, dem der liebe Herr Gott die Reinheit des unverdorbensten -Herzens, die Unschuld der zartesten Sitte, und die Gediegenheit der -ehrenfesten Grundsätze auf jeden Zug seines einnehmenden Gesichts -geprägt hatte, und hörte die Mutter von den zehn Millionen Piaster, die -ihm der alte Handelsgerichtsdirector nachrechnen wollte, und erfuhr -sie, daß<span class="pagenum"><a name="Seite_116" id="Seite_116">[S. 116]</a></span> ihr Hulda nicht aus dem Hause geführt werden, sondern bis -an des Lebens Ende bei ihr bleiben sollte, so war von dem Casperchen -keine Rede mehr; das stand mit mathematischer Gewißheit ihr im Köpfchen -geschrieben; und kommen wollte er ja; er hatte es versprochen, und -dieser wunderhübsche Mund hatte gewiß noch keine Lüge gesagt. Sie -küßte der Mutter die Hand, nahm die ganze Sache als einen leichten -Scherz, indem es bei ihrer Jugend keine Eile habe, meinte, daß es -ihr ordentlich lächerlich sey, jetzt an das Heirathen zu denken, und -betheuerte, daß vor allem erst die geliebte Mutter gesund werden müsse, -und sich dann hierüber ja wohl werde ein Mehreres sprechen lassen.</p> - -<p>Damit kam die Schlaue aber nicht los. Die Mutter ward empfindlich und -begriff nicht, wie der besonnenen Hulda, die kein Kind mehr sey, ein -so wichtiger Schritt, als die Verbindung eines Mädchens mit einem -jungen Manne, auf die ganze Lebenszeit wäre, lächerlich seyn könne, -und bat sie, dem sehr wichtigen Gegenstande einen Augenblick ernster -Betrachtung zu schenken. Meine Tage, setzte sie hinzu: sind gezählt, -ich habe auf dieser Welt keinen Wunsch mehr, als Dich glück<span class="pagenum"><a name="Seite_117" id="Seite_117">[S. 117]</a></span>lich zu -wissen; ich habe zu Gott gebetet, daß er mir in dieser letzten Sorge -hienieden, seinen Beistand nicht versage; er hat mir in den Eltern -des, Dir vom Schicksal Bestimmten, christlich gesinnte Rathgeber -geschenkt, und daß der Himmel unsern Beschluß segnet, beweis’t, daß der -junge Mann, der Deine Hand begehrt, noch ehe ich die Augen schließe, -glücklich und mit dem reichen Erwerbe seines redlichen Fleißes hier -eintrifft, und ich die Freude noch erlebe, Dir den Brautkranz in das -Haar zu flechten, und Deinen Ehrentag mit zu feiern. Ich bin daher fest -überzeugt, daß das Werk, was wir mit frommem Gebet begannen, ein Gott -wohlgefälliges sey, und Dein Glück und Deine Zufriedenheit begründen -werde. Ich sehe also keinen Grund ab, warum Du mit Deiner Erklärung -bis zu dem sehr ungewissen, und wahrscheinlich nie eintretenden -Zeitpunkt meiner Genesung, Anstand nehmen willst, besonders da eine -Menge Eltern hier, welche unbescholtene und mannbare Töchter haben, -den von Dir herbeigeführten Aufschub mit Freuden benutzen, und den -Entschluß des jungen Mannes, Dir seine Hand zu bieten, durch allerhand -Zwischenträgereien schwankend, und ihn, am Ende, Dir<span class="pagenum"><a name="Seite_118" id="Seite_118">[S. 118]</a></span> selbst abwendig -zu machen suchen würden. Alle diese Umstände bestimmen mich, Deine -Erklärung und, da Du gegen das Haus so wenig als gegen ihn selbst -etwas einwenden kannst, Dein Jawort in dieser Sache <em class="gesperrt">jetzt</em> zu -gewärtigen.</p> - -<p>Die arme Hulda verlor fast die Fassung. In diesem Augenblicke der -Mutter zu sagen, daß ihr Herz nicht mehr frei sey, war nicht möglich. -Die Mutter kannte ja den nicht, dem es gehörte. — Sie hatte, als der -Vater zum ersten Male von ihm sprach, und ihn vom Kopfe bis zum Fuß -beschrieb, gesagt: nichts weiter, wenn ihr nicht wollt, daß ich sterben -soll; als der Vater vorgestern Abend bei Tische von ihm wieder anfing, -legte sie Messer und Gabel weg; wie dieser äusserte, daß des -jungen Mannes Schiff ihren Namen führe, klagte sie über heftigeres -Uebelseyn; gestern früh erregte der schwarze Krepp, den Tante Sophie, -von Lima aus, im Traume sandte, ihr spöttelndes Gelächter. Sie eiferte -gegen die spanische Sprache; — alles das zusammen genommen, webte in -dem feinfühlenden Mädchen eine Ahnung, deren Daseyn es sich kaum selbst -recht bewußt war; aber es mußte etwas seyn, was mit ihm, wenn auch, -wie natürlich, in ganz ent<span class="pagenum"><a name="Seite_119" id="Seite_119">[S. 119]</a></span>fernter Beziehung stand, und was der Mutter -an ihm unlieb war; doch sie hatte ihn selbst ja noch nicht gesehen, -ihm konnte, nach Almas Geständniß, kein Mädchen gram seyn; bei seinem -Anblick war bestimmt auch die Mutter gewonnen; er kam gewiß heute, -spätestens morgen, allerspätestens übermorgen. Drei Tage also bat sich -Hulda Bedenkzeit aus, küßte der Mutter beide Hände, und ärgerte sich, -daß sie nicht einmal so viel Gewalt über sich hatte, wenigstens ein -ernsthaftes Gesicht zu machen. Aber der ewig wolkenlose Südhimmel des -paradisischen Climas, in dem ihr Alonso geboren wurde, lag in ihrer -Seele, in ihrem Auge; die heimliche Freude, die Mutter mit einem -zehntausendmal bessern Schwiegersohne zu überraschen, blitzte ihr aus -allen Mienen, und sich zu verstellen, hatte ja das reine Wesen nie -gelernt.</p> - -<p>Die drei Tage sind Dir vergönnt, sagte die Mutter nach einigem Besinnen -höchst mißgelaunt; aber ich begreife Dich nicht; Du behandelst den -Schritt, zu dem jedes wohlgesittete Mädchen mit feierlichem Ernst sich -vorbereitet, so leichtsinnig, als wäre es eine Ballangelegenheit; wenn -Du vorliesest, so steht Dir bei irgend einer sentimen<span class="pagenum"><a name="Seite_120" id="Seite_120">[S. 120]</a></span>talen Stelle -gleich das Wasser in den Augen, und jetzt ist Dir das Lachen näher, als -das Weinen, und wo hier zwanzig Mädchen aus den ersten Familien mit -beiden Händen zugreifen würden, thust Du, als ob Dir die angetragene, -weiß Gott, doch höchst ehrenwerthe Parthie noch nicht gut genug wäre. -Auf was willst Du denn warten? Auf was bildest Du Dir denn ein, -Ansprüche machen zu können. Unsere Umstände sind, wie Du weißt, im -Gegensatz vieler hier weit reicheren Häuser, nicht glänzend; und Dein -Bischen Larve — mein Kind, es hat schönere Mädchen gegeben, und sie -sind alle verblüht. Also sehe ich nicht ab, auf was Du glaubst groß -pochen zu können, oder — fragte sie nach einer kurzen Pause, die Worte -scharf und hart betonend, und durchbohrte das Mädchen mit stechendem -Blick: steckt Dir etwas anders im Kopfe?</p> - -<p>Nichts, als der gestrige Ball, entgegnete erschrocken das wahrhafte -Kind, das noch nie gelogen, und bückte sich auf die Hand der Mutter -tief nieder, denn das erste Morgenroth der heimlichen Liebe überhauchte -die Lilienwangen der Liebreizenden, mit dem dunkelsten Purpur.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_121" id="Seite_121">[S. 121]</a></span></p> - -<p>Warum nicht auch Deine Puppen, erwiederte die Mutter mit saurer -Bitterkeit: wahrhaftig, man sollte denken, Du hättest noch gestern -damit gespielt, so kindisch benimmst Du Dich heute. Geh und sammle -Dich; und wenn Du Deinen Ball, und Deine Narrenpossen verschlafen hast, -so komme wieder, daß wir, wie es einem Mädchen Deines Alters ziemt, ein -verständiges Wort weiter über die Sache reden können.</p> - -<p>Sie wendete sich in ihrem Bette verdrüßlich nach der Wand zu, und -Hulda, der es nun anfing recht ernsthaft zu Muthe zu werden, flüchtete -zum Vater, der von einem Geschäftsgange eben jetzt zu Hause kam.</p> - -<p>Nun Mädchen, rief dieser ihr entgegen: Du siehst ja recht bedeutsam -aus! hat die Mutter mit Dir schon gesprochen?</p> - -<p>Ich habe drei Tage Bedenkzeit, entgegnete triumphirend die Tochter, und -sah den Vater, der sie so unaussprechlich liebte, der so herzensgut -war, und von dem jungen Seemanne gestern und vorgestern nichts als -Liebes und Gutes gesprochen hatte, mit einem Blicke an, als fragte -sie sich, ob sie es wagen dürfe, ihm ehrlich und offen zu beichten. -Väterchen, hob sie an, und lehnte<span class="pagenum"><a name="Seite_122" id="Seite_122">[S. 122]</a></span> die Wange an seine Brust, damit er -ihr zu dem, was sie ihm zu sagen habe, nicht in das Gesicht sehen möge: -liebes Väterchen, mit dem Caspar ist es nichts.</p> - -<p>Gut, mein Kind, erwiederte der Alte lächelnd: darüber sind wir, Gott -sey Dank, einverstanden, und die Mutter wird am Ende auch die Idee -aufgeben.</p> - -<p>Aber, fuhr sie leiser fort, und senkte die Augenlieder, als schäme sie -sich vor sich selber: aber mit einem andern — vielleicht — da ist es -nicht ganz richtig. Sie lag mit dem Ohr dicht an des Vaters Herzen; sie -hörte es schlagen — das Herz, das es so redlich mit ihr meinte, es -schlug ruhig fort — der Vater sprach kein Wort, er schien noch Näheres -von ihr zu gewärtigen.</p> - -<p>Dir, mein liebes Väterchen, fuhr sie mit verhaltener Stimme fort, und -schlang beide Arme dichter um ihn: muß ich mich vertrauen; noch ist das -heilige Geheimniß über meine Lippen nicht gekommen, noch weiß es, außer -Dir —</p> - -<p>Die ganze Stadt, fiel ihr der Vater lachend in das Wort, und küßte -segnend dem einzigen, dem lieblichen Kinde Stirne und Mund, und die -hellen Thränen der süßesten Freude des Menschen,<span class="pagenum"><a name="Seite_123" id="Seite_123">[S. 123]</a></span> der Elternfreude über -das Glück des geliebten Kindes, zitterten ihm im Auge.</p> - -<p>Die ganze Stadt? wiederholte Hulda staunend, und sah dem Vater in das -freundlich naße Auge, und las in diesem ihr Glück und ihre Hoffnungen.</p> - -<p>Wo ich bei unsern Bekannten heute früh hinkam, versetzte der Vater: -machte man mir große Gratulationen; die Menschen waren gestern auf -dem Balle gewesen, und hatten von da das Gerücht Deiner Brautschaft -mitgebracht; ich werde neugierig, der Sache näher auf die Spur zu -kommen, steige zu Directors, und höre denn da zu meiner nicht geringen -Verwunderung, daß mein Herr Mexikaner — o, nun weiß ich wohl, warum -mich der Patron immer bei der Hauptwache abgepaßt hat. Höre, Huldchen, -etwas Schlechtes hast Du Dir nicht ausgesucht, den alten Linsing hat er -zu seinem Brautwerber erkohren, und sich an den Rechten gewendet; der -Mann ist in ihn selber verliebt, wie ein Mädchen. Wenn er nur halb so -brav und gut ist, als der Director ihn schildert, so mag er um Deine -Hand werben, Hulda, und er soll mir willkommen seyn.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_124" id="Seite_124">[S. 124]</a></span></p> - -<p>Mein Vater, mein einziger lieber englischer Vater! rief Hulda im -Uebermaße ihres Entzückens, und sank ihm, trunken vor Freude und Wonne, -in die Arme.</p> - -<p>Sein Vermögen, fuhr der Alte fort, und hob die Brust höher, denn -es that ihm wohl, seine Tochter im Besitz solcher unermeßlichen -Reichthümer zu sehen, — der alte wackere Linsing hat ihm gesagt, daß, -wenn er sich mit der Sache befassen solle, der junge Mann ihm über -seine Lage reinen Wein einschenken, und seine Angaben ihm möglichst -belegen müsse; die Nachweisung seines Vermögens wird nur glaubhaft, -wenn man sie nach dem Maßstabe berechnet, der nur dort, in jener -Heimath des Reichthums und Ueberflusses denkbar ist. Nach unserm Gelde -angeschlagen, reicht Dir der Ehrenmann mit seiner Hand, ein Besitzthum -von ungefähr funfzehn Millionen<a name="FNAnker_32_32" id="FNAnker_32_32"></a><a href="#Fussnote_32_32" class="fnanchor">[32]</a> Thalern — ich kann Dir zehn -deut<span class="pagenum"><a name="Seite_125" id="Seite_125">[S. 125]</a></span>sche Fürsten nennen, die mit diesem mexikanischen Krösus gern -tauschen würden, und von <em class="gesperrt">der</em> Seite also betrachtet, ist das -Glück meines Kindes gesichert; er hat zwar geäußert, sich, wenn Du -es durchaus wünschest, hier ansiedeln zu wollen: allein, wenn es ihm -irgend schwer wird, sein Vaterland Preis zu geben — ich ziehe mit -der Mutter den Augenblick hin; dort, wo der Oelbaum gedeiht, und der -Paradiesfeigenbaum, wo der Weitzen dreißigfältig trägt, die Ananas, wie -bei uns die Heidelbeeren, in den Wäldern überall wild wachsen, und die -Sonnenblume sechsmal größer ist, als hier zu Lande; dort, wo ein ewiger -Frühling blüht, und den dunkelblauen Himmel keine Wolke trübt; wo nur -leichte Morgennebel und des Thaues Perlentropfen die blumenbedeckten -Fluren netzen, und des Meeres Winde die Lüfte kühlen; dort muß ja auch -der Mensch kräftiger aufleben und der Kranke genesen — Der einzige -Zweifel —</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_126" id="Seite_126">[S. 126]</a></span></p> - -<p>Hulda zog die schönen Augenbrauen zusammen, und harrte mit ängstlichem -Blick auf die Zweifel des Vaters, der recht bedenklich den Kopf wiegte, -und mit der Sprache nicht heraus zu wollen schien.</p> - -<p>Der einzige Zweifel ist jetzt daher nur der, ob auch Du, meine Hulda, -in seine und meine Wünsche Dich fügen, ob Du Dich entschließen wirst, -ihm Deine Hand, und Dein Herz —</p> - -<p>Mein Väterchen — unterbrach ihn Hulda verschämt lächelnd: was können -Sie einem angst machen! Dieser einzige Zweifel wird sich wohl heben -lassen. Sprechen Sie ihn nur erst selbst, und sein treues biederes -Herz, sein fröhlicher Sinn, sein offenes trauliches Wesen, seine -anspruchlose Natürlichkeit werden Ihnen gewiß gefallen; auch ist er -— setzte sie, mit gesenktem Köpfchen schmunzelnd hinzu: nicht ganz -häßlich.</p> - -<p>Nun aber sag’ mir Kind, fragte der Vater, das Lächeln mit Mühe -verhaltend: wie hat sich das alles so schnell gemacht? Du bist ja kaum -drei, vier Stunden auf dem Balle gewesen?</p> - -<p>Mit der Liebe? entgegnete Hulda, und machte<span class="pagenum"><a name="Seite_127" id="Seite_127">[S. 127]</a></span> ein recht naives -Professorgesicht dazu: mit der Liebe, ich meine die so recht -eigentliche liebe Liebe, ist es, glaube ich, wie mit der Ewigkeit; -sie hat keinen Anfang und kein Ende. Ich weiß selbst nicht, wie das -alles kam. Auf dem Balle aber sahen wir uns auch nicht zum ersten -Male; wir kennen uns schon viel länger, und nun erzählte sie, wie er -ihr in der Kirche gegenüber saß, und von dem Zusammentreffen in der -Modehandlung, und von der Unglücksgeschichte mit der Glashändlerinn und -dem Gipsitaliener, und von den Kinderstreichen auf dem Verdecke seines -Dreimasters, und oben im Mars, und von dem verwünschten Sehrohre, und -der schmachtenden Flöte, und von — Babette platzte zum Zimmer herein, -und meldete den Capitain Don Mantequilla.</p> - -<p>Hulda rief fröhlich: das ist er! schlüpfte — denn wie sie war, im -nachlässigsten Morgenputz, konnte sie sich nicht vor ihm sehen lassen, -— schlüpfte durch eine Seitenthür und eilte auf ihr Zimmer, um sich -anzukleiden.</p> - -<p>Er war gekommen, er hatte Wort gehalten. Er sprach die Eltern um ihre -Hand an.</p> - -<p>Wer mahlt des Mädchens Entzücken, wer<span class="pagenum"><a name="Seite_128" id="Seite_128">[S. 128]</a></span> das süße Beben ihres in Liebe -und Freude erglühenden Busens!</p> - -<p>Blumen, Band, Perlen, Häubchen, nichts paßte ihr heute in das Haar; -die Locken liefen nicht, wie sie sollten; beide Händchen flogen ihr -zitternd; sie konnte nicht zu Stande kommen. Das Morgenkleid war zu -einfach, <em class="gesperrt">das</em> zu geschmückt, alle Kasten standen offen, alle -Kommodenfächer, alle Schränke, alle Cartons! Sie holte aus allen das -Beßte, und nichts war gut genug; der Spiegel — sie kam sich bleich, -reizlos, nicht ein Bischen hübsch vor; nein der Spiegel war Schuld -daran, der hing im allerschlechtesten Lichte — aber der in der -Toilette, den sie nach allen Weltgegenden richtete, gab ihr Bild um -kein Haar besser zurück; am Ende war sie in ein blaßblaues Kleid und in -rothe Schuhe gefahren, und hatte auf den gelben Morgenhut ein grünes -Bouquet gesteckt — blau, roth, gelb und grün — i Gott bewahre, rief -sie lachend: lieber gar alle Farben mit einander, daß er denkt, es -komme ein lebendiges Prisma, — in zwei Minuten hatte sie alles wieder -von sich geworfen, und machte ihre Toilette von Neuem — lassen wir die -Selige in<span class="pagenum"><a name="Seite_129" id="Seite_129">[S. 129]</a></span> dem bunten Chaos ihrer Garderobenherrlichkeiten fröhlich -gewähren — es war ja ohnehin fast das letzte Scheide-Lächeln ihrer -untergehenden Freudensonne; denn ach! nur zu bald trübten sich am -Horizonte ihres Lebens die Wolken, aus denen der Sturm sich gestaltete, -der alle ihre Blumen entblättern, alle ihre Bänder zerreißen, alle ihre -Hoffnungen zertrümmern, ihr ganzes Lebens-Glück auf immer und ewig -vernichten sollte! —</p> - -<p>Wahr und ehrlich, kurz und offen hatte Alonso mit dem Vater gesprochen. -Es bedurfte keines weitläufigen Eingangs; Director Linsing hatte beiden -schon die nöthigen Präliminarien eröffnet. Alonso machte seinen Antrag -mit so zarter Bescheidenheit; legte in denselben so viel Feierliches; -sprach von der Unmöglichkeit, ohne Hulda leben zu können, mit so vieler -Rührung; entschuldigte seine, durch den Drang der für den Seemann -vollgiltigen Umstände herbeigeführte Eile, die ihn nöthige, vielleicht -schon in wenigen Tagen die Anker zu lichten, so wahr und einfach, und -gelobte, den Pflichten des Gatten und des Sohnes bis zu seinem Tode -treu zu seyn, mit solch’ frommer Rede, daß der alte<span class="pagenum"><a name="Seite_130" id="Seite_130">[S. 130]</a></span> Herr sich der -Thränen nicht länger enthalten konnte, den jungen Mann an sein Herz -drückte, und ihm, aus voller Brust und im heiligsten Vertrauen auf -dessen Rechtlichkeit, sein einziges Kind, das Liebste dieser Welt, in -die neue mitzugeben unbedenklich versprach.</p> - -<p>Auf Alonso’s Wunsch, der Mutter jetzt vorgestellt zu werden, erwiederte -indessen der Vater, daß er sie, ihrer Kränklichkeit halber, erst dazu -ein wenig vorbereiten müsse; er bäte daher, ihn morgen wieder mit -seinem Besuche zu beehren, wo er ihn bei ihr einführen wolle; zugleich -ersuchte er ihn, nicht gleich das erste Mal, des eigentlichen Zwecks -seines Besuches zu erwähnen, sondern unter dem Vorwand zu kommen, daß -er hörte, sie habe eine Schwester in Lima, und er wolle sich daher -erkundigen, ob sie dahin ihm etwa Aufträge mitgeben wolle.</p> - -<p>Auch Hulda darf ich nicht sehen? fragte Alonso mit kindlicher -Befangenheit, und versicherte, daß ihm die Zeit von gestern Abend bis -jetzt eine halbe Ewigkeit gedauert habe; da ließ denn der Vater das -Mädchen holen, und es kam im einfachsten Hauskleide, bloß, dem neuen -Vaterlande zu Ehren, eine prächtige, blühende<span class="pagenum"><a name="Seite_131" id="Seite_131">[S. 131]</a></span> Datura<a name="FNAnker_33_33" id="FNAnker_33_33"></a><a href="#Fussnote_33_33" class="fnanchor">[33]</a> am Busen, und -drei von Tante Sophie zum Geschenk erhaltene Schnüre californischer -Perlen um den Hals. Aber schön war Hulda zum Entzücken; die Liebe hatte -ihre Wangen geröthet, die Freude lachte ihr im ganzen Gesichtchen, und -das bräutliche Schmachten der keuschesten Jungfräulichkeit schwamm in -dem Feuerblick ihres großen himmlischen Auges. Mit frommer Weihe legte -der Alte das unberührte Kleinod seines Vaterherzens an die Brust des -schönen jungen Mannes aus der neuen Welt, den der Zufall zweitausend -Meilen weit hergeführt hatte, um zu den Füßen eines der reizendsten -Mädchen unsers alten ehrlichen Welttheils, das zarte Geständniß -abzulegen, daß das eigentliche wahre Glück des Menschen nur in den -Armen einer liebenden Gattinn heimisch sey, die unsere Freuden und -Leiden redlich theile, und durch ihre Reize, wie durch ihre Tugenden, -unsere Tage verschönere.</p> - -<p>Braut Hulda hob den Entzückten an ihre treue Brust, und wie die -bekannte wunderschöne<span class="pagenum"><a name="Seite_132" id="Seite_132">[S. 132]</a></span> Gruppe von Amor und Psyche, so lieblich in -einander verschlungen, stand das Paar, Auge in Auge, Mund an Mund, -und feierte die seligste Minute glücklich Liebender, die Minute des -Verlobung-Kusses.</p> - -<p>Alonso zog sich einen prächtigen Smaragdring vom Finger, überreichte -ihn der überraschten Hulda, und sagte: aus <em class="gesperrt">Deinen</em> Brüchen an der -Küste von Manta<a name="FNAnker_34_34" id="FNAnker_34_34"></a><a href="#Fussnote_34_34" class="fnanchor">[34]</a> nimm dieß als Morgengabe von mir gütig an, doch -mein ganzes Hab’ ist ja Dein. Den leisesten Deiner Wünsche — vertrau’ -ihn mir, meine einzige, meine himmlische Hulda, und ich werde kein -größeres Glück kennen, als ihn Dir zu erfüllen. Ich könnte zehnmal -reicher seyn, als ich es bin; allein ich achtete des eiteln Geldes -nicht, weil ich tausendmal mehr hatte, als ich brauchte; jetzt Dir die -Welt zum Paradies zu schaffen, ist mein Streben; nun will ich erst mit -Freuden mich in die Geschäfte werfen; ich habe einen Zweck, das Lächeln -Deiner Huld! Des Meeres Wogen, der Winde Hauch, des Nor<span class="pagenum"><a name="Seite_133" id="Seite_133">[S. 133]</a></span>dens Eis und -Schnee, der Sonne Gluth in unserm Süden, kurz, alle Elemente will ich -mir zinsbar machen, und meines Vaterlandes Kern ist rein gediegenes -Gold; heraus aus meiner Erde tiefen Schachten sollen, meine Hulda, -Dir, mein Fleiß und meine Kunst das mächtige Metall im Ueberflusse -fördern! Vor Dir will ich die Früchte meines Fleißes, die Schätze, -die des Handels Treiben mir zusammen häufet, niederlegen, und Deiner -Lippen süßer Kuß, ein Blick aus Deinem Augenpaar, und das Geständniß -Deines Rosenmundes, daß Dich es nicht gereut, Dein Herz und Deine Hand -mir fremdem Mann vertraut zu haben, — dieß, Hulda, dieß soll mehr mir -seyn, als all das kalte Gold, das im ersten beßten Brennspiegel sich zu -<em class="gesperrt">nichts</em> verflüchtiget, das immer irdisch bleibt, und droben gar -nichts gilt.</p> - -<p>Ehe sich Alonso verabschiedete, lud er den Vater und Hulda ein, sich es -bei ihm heute Abend, am Bord seiner Antoinette gefallen zu lassen.</p> - -<p>Der Vater sah die Tochter, die Tochter den Vater an. Beiden war es um -die Mutter zu thun; sah man das Mädchen mit dem Vater<span class="pagenum"><a name="Seite_134" id="Seite_134">[S. 134]</a></span> am Bord des -mexikanischen Dreimasters, so war Huldas Verbindung mit Alonso, von dem -zur Zeit die Mutter noch kein Wort wußte, in den Augen der ganzen Stadt -keinem Zweifel mehr unterworfen, und daß dieß gegen die Mutter nicht -gerechtfertigt werden konnte, fühlten beide, indessen Hulda richtete -den bittenden Blick, daß er zusagen möge, zu freundlich auf den Vater, -und diesem that die kleine Eitelkeit, den Leuten möglichst bald kund -zu thun, daß der mexikanische Capitain Mantequilla mit dem Dutzend -dreimastigen Schiffen auf der See, und den Silbergruben in Loretto, den -Goldbergwerken in Oaxaca, den Zuckerplantagen unfern Vera-Crux und den -15 Millionen Thalern, und den andern unzähligen Herrlichkeiten, der -Herr Schwiegersohn des Herrn Admiralitätraths Splügen sey, zu wohl, -auch hatte der lebensfrohe Alte einen vergnügten Abend zu lieb, als daß -er abschlagen konnte.</p> - -<p>Alonso eilte fröhlich von dannen, und der Vater und Hulda überboten -sich einander in dem Lobe des Liebenswürdigen; — doch die Mutter, die -Mutter fiel beiden nur zu bald ein, aber sie wichen von einander in den -An<span class="pagenum"><a name="Seite_135" id="Seite_135">[S. 135]</a></span>sichten ab, wie ihr die Sache, die den Plänen mit Casperchen so ganz -entgegen war, am beßten beizubringen sey.</p> - -<p>Hulda, welche in ihrem süßen Liebeswahn die Ueberzeugung hatte, daß -Alonso’s persönliche Anmuth die Mutter am meisten bestimmen würde, -den werthlosen Caspar fallen zu lassen, war der Meinung, daß es -das Gerathenste gewesen wäre, den Capitain gleich jetzt der Mutter -vorzustellen, sie jedoch später erst, wenn sie den liebenswerthen -Mann hätte selbst näher kennen gelernt, von seinen Heirathanträgen -zu unterrichten; der Vater hingegen, der, wie alle fröhliche Leute, -jede Unannehmlichkeit gern so weit als möglich hinaus schob, der im -Voraus sah, daß die Erscheinung des jungen Mannes, welcher der Mutter -längst entworfenen Pläne mit einem Male vernichten sollte, sehr harte -Auftritte herbeiführen würde, und, nach seiner Ansicht sehr richtig -berechnete, daß, wenn er mit Hulda diesen Nachmittag den Capitain am -Bord besuchte, und sich dadurch das Gerücht von dessen Verbindung -mit seiner Tochter gehörig in der Stadt verbreitet habe, die Mutter -dann, um der Ehre ihres Kindes willen, diesen<span class="pagenum"><a name="Seite_136" id="Seite_136">[S. 136]</a></span> einmal geschehenen -öffentlichen Schritt nicht zurück nehmen könnte, behauptete, daß es -viel besser sey, wenn er ihr heute den Mexikaner vorläufig auf morgen -anmelde, daß man, bei der Reizbarkeit ihres Charakters überhaupt alles -sogenannte, mit der Thüre in das Haus fallen, vermeiden müsse, und daß -daher alles viel besser gehen werde, wenn es nicht zu übertrieben rasch -gehe, weil, wie auch Hulda selbst wisse, der Mutter, im Allgemeinen, -jeder Schein von Uebereilung, besonders in einer so delikaten -Angelegenheit, verhaßt sey.</p> - -<p>Hulda äußerte, auch wieder sehr richtig, die Besorgniß, daß Caspars -Eltern, die von ihrem bekannt gewordenen Verhältniß zu Alonso eben -so genau unterrichtet wären, als alle andere Leute auf dem gestrigen -Balle, es gewiß an nichts fehlen lassen würden, um die Mutter davon -in Kenntniß zu setzen; dadurch aber würde Alonso’s Spiel unendlich -erschwert werden, denn, daß ihn diese schleichende Kopfhänger-Familie -dabei in das allernachtheiligste Licht setzen werde, sey im Voraus -anzunehmen; doch der Vater beschwichtigte ihre Furcht durch die -Versicherung, dem vorzubauen. Er gab zu dem Ende allen<span class="pagenum"><a name="Seite_137" id="Seite_137">[S. 137]</a></span> Domestiken im -Hause, unter dem Vorwande, daß seine Frau, ihrer Gesundheit wegen, -aller lästigen Besuche heute überhoben seyn wolle, den Befehl, -Niemand, ohne Unterschied, zu ihr zu lassen, und um ihr, wenn sie es -etwa klingeln hörte, keinen Anlaß zu geben, zu fragen, wer da war, so -umwickelte er den Klöppel der Hausglocke eigenhändig mit Papier und -Leinwand.</p> - -<p>So glaubte er, in jeder Hinsicht seine Sache ganz vortrefflich gemacht -zu haben, und lächelte bei sich selbst über die Heimlichkeit, zu der er -sich, wie er es entschuldigte, durch den Drang der Umstände bequemen -müsse.</p> - -<p>Dem Zartfühlenden regte sich wohl etwas in der Brust, was ihm sagte, -daß nicht recht sey, was er thue, daß alle Heimlichkeiten zwischen -Eheleuten nichts taugen, und daß aber — beruhigte er sein Gewissen: -hat es nicht Antoinette an Dich gebracht? warum besteht sie auf Hulda’s -Verbindung mit dem unerträglichen Caspar, als läge alles Heil der -Erden in diesem widrigen Menschen? Warum hört sie auf das Zuflistern -gehaltloser Frömmelei mehr, als auf das Wort der Vernunft und des -Herzens? Warum gibt sie gleich Krämpfe und<span class="pagenum"><a name="Seite_138" id="Seite_138">[S. 138]</a></span> Schwindel und Anwandelung -von Ohnmachten vor, wenn irgend ein Gegenstand im Gespräch berührt -wird, von dem sie nicht sprechen will? Mit den Waffen, mit denen -sie, aus blinder Vorliebe für eine einmal eingewurzelte Marotte, auf -das Glück ihres eigenen Kindes los geht, als wollte und müßte sie es -vernichten, wollen wir ihre Batterie demontiren. Maklers müssen außer -Einfluß gesetzt, das heißt, entfernt gehalten werden; heute sind wir -auf dem Dreimaster unten im Hafen noch recht lustig, und morgen stelle -ich meine Heeresmasse in Schlachtordnung; die Mutter wird totaliter -aus dem Felde geschlagen, und über’s Jahr, wenn wir das Kind in seinem -Mexiko besuchen, und dieses uns einen bausbäckigen Enkel entgegen -bringt, und unser europäisches genügsames Auge fast erblindet, vor dem -Glanz des Ueberflusses und des Glücks, in dem Hulda dort schwelgt, -und ihr Mund freudig bekennet, daß sie, an Alonso’s Seite, die -neidenswertheste Frau in allen fünf Welttheilen sey, da, da — soll -die Mutter mir danken, daß ich ihrem kleinen Eigensinne nicht fröhnte, -sondern dem herz- und marklosen Casperchen die Thür wies, und —</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_139" id="Seite_139">[S. 139]</a></span></p> - -<p>Die gedämpfte Klingel klapperte draußen; der Admiralitätrath hielt -lauschend mitten in seinem Monologe inne.</p> - -<p>Es war richtig Casperchen. Die Frau Räthinn schlafe, hieß es, und -der Ehelustige zog ab. Später kam Suschen; dann der Herr Makler; den -Beschluß machte dessen liebwertheste Hälfte.</p> - -<p>Dasselbe Manöuvre begann auch nach dem Essen; alle viere kamen einzeln -und alle viere wurden abgewiesen.</p> - -<p>Schlafen, schlafen, und immer schlafen, hatte die Maklerinn, vor -innerer Bosheit kochend, mit freundlichem Lächeln zu Babette gesagt: -sie haben der Frau am Ende ein Ruhepülverchen gegeben, aber, und wenn -sie Mithridat genossen, ich muß sie aufwecken, aufrütteln muß ich sie, -da es noch Zeit ist; ich komme wieder, mein Lämmchen, und zum dritten -Male laß ich mich nicht abweisen.</p> - -<p>Meine Frau will allein seyn, entgegnete der Admiralitätrath der -berichtenden Babette: verstehst Du, sie <em class="gesperrt">will</em> heute Niemand -sprechen; darnach wird sich gerichtet.</p> - -<p>Mit diesen Worten ging er, Hulda am Arme, in den Hafen. Der Mutter -hatte er<span class="pagenum"><a name="Seite_140" id="Seite_140">[S. 140]</a></span> gesagt, sie wollten nur einen kleinen Spaziergang machen, -weil der Nachmittag gar zu schön sey.</p> - -<p>Schon lange lag Alonso’s große Barkasse nebst der Travalje und -der Kapitains-Schaluppe am Lande; alle drei Fahrzeuge hatten sich -unterdessen allmählig mit den eingeladenen Gästen aus der Stadt -gefüllt, und sobald jetzt Hulda und der Admiralitätrath an den Bord -der Barkasse gekommen waren, und sich die drei Fahrzeuge, nach der -Antoinette zu, in Bewegung setzten, gab der mexikanische stolze -Dreimaster eine Kanonensalve, daß alle Fenster in der Stadt klirrten; -— und sämmtliche, im Hafen liegende Schiffe begrüßten die Ankommenden -mit dem Donner ihres Geschützes, denn auf alle Fahrzeuge klein und groß -im ganzen Hafen, hatte der überglückliche Alonso, Speise und Trank in -Ueberfluß vertheilt, so daß die Matrosen, ohne Ausnahme, des süßen -Weines voll waren und die neue Capitainfrau immer drauf los leben -ließen, noch ehe sie dieselbe gesehen hatten; alle Capitaine aber, so -viel ihrer im Hafen vor Anker lagen, hatte Alonso auf seinem Schiffe, -heute Mittag schon, stattlich<span class="pagenum"><a name="Seite_141" id="Seite_141">[S. 141]</a></span> bewirthet, und hielt sie noch um sich -versammelt, so daß die Herren lustig und guter Dinge waren, und der -heranschwimmenden jungen, himmelschönen Frau Kolleginn zur See, die -gebührende Ehre, von den, unter ihren Befehlen stehenden Schiffen aus, -geziemend erweisen zu lassen, sich nicht versagen mochten. Und Alonso’s -scharf gebautes Prachtschiff, und die Fahrzeuge aller Nationen im -Hafen, strichen vor der liebreizenden Königinn des Tages, Flaggen und -Segel, und von den buntbewimpelten Masten und im hohen Tauwerk aller -Schiffe, erscholl aus dem Munde des Schiffvolks aller Welttheile, ein -tausendstimmiges Hurrah, Hurrah, Hurrah! und in dieß alles schmetterte -und wirbelte das, aus der Stadt geholte große Musikchor auf der -Antoinette, mit Trompeten und Pauken, daß kein Mensch sein eigenes Wort -zu hören im Stande war. Alonso selbst, in der herrlichen Uniform der -spanischen Marine, stand, kräftig und schön, wie ein junger Gott, auf -der Steuerbordseite der Antoinette, und kommandirte <span class="antiqua">Listo, Saltad -a la banda!</span><a name="FNAnker_35_35" id="FNAnker_35_35"></a><a href="#Fussnote_35_35" class="fnanchor">[35]</a><span class="pagenum"><a name="Seite_142" id="Seite_142">[S. 142]</a></span> und ein Theil seiner Neger, die alle sich in das -beßte Zeug geworfen hatten, und recht stattlich aussahen, stellten sich -eilends an beiden Seiten der Fallreepstreppe, von oben nach unten, -in Parade; und das Fallreep<a name="FNAnker_36_36" id="FNAnker_36_36"></a><a href="#Fussnote_36_36" class="fnanchor">[36]</a> selbst war oben am Schiffe, an einem -metallenen Köcher mit Kupidos goldenen Pfeilen befestiget, und mit -purpurrothem Tuche überzogen, und von Knopf zu Knopf<a name="FNAnker_37_37" id="FNAnker_37_37"></a><a href="#Fussnote_37_37" class="fnanchor">[37]</a> hingen leichte -Gewinde von brennender Liebe, deren Deutung Hulda, bei der Erinnerung -ihrer ersten Bekanntschaft mit Alonso im Putzladen, nicht schwer ward.</p> - -<p>Die allgemeine Huldigung, mit der die Bescheidene, vor den Augen der, -am Ufer, in dichten Massen zusammengedrängten Neugierigen, vom ganzen -Hafen bewillkommt wurde,<span class="pagenum"><a name="Seite_143" id="Seite_143">[S. 143]</a></span> hatte Hulda sonderbar bewegt; es traten ihr, -als sie den Fuß auf die unterste Stufe der Fallreepstreppe setzte, und -mit diesem gleichsam den ersten Schritt in ihr nunmehriges Vaterland, -in die neue Welt that, Thränen in’s fröhlich lachende Auge. Alonso -umschlang öffentlich, vor Hafen und Stadt, im Angesichte seines Meeres -und ihrer Erde, die liebreizende Braut, und seine Neger, über funfzig -an der Zahl, riefen dreimal Hurrah, und warfen sich ihrer milden -Gebieterinn zu Füßen. Der Pilot,<a name="FNAnker_38_38" id="FNAnker_38_38"></a><a href="#Fussnote_38_38" class="fnanchor">[38]</a> der Primero Contramaestro<a name="FNAnker_39_39" id="FNAnker_39_39"></a><a href="#Fussnote_39_39" class="fnanchor">[39]</a> -und der Guardian<a name="FNAnker_40_40" id="FNAnker_40_40"></a><a href="#Fussnote_40_40" class="fnanchor">[40]</a> aber, näherten sich der neuen Herrinn, und -überreichten ihr, nach ächt altmexikanischer Sitte,<a name="FNAnker_41_41" id="FNAnker_41_41"></a><a href="#Fussnote_41_41" class="fnanchor">[41]</a> einen Strauß -von frischen Blumen; der Pilot, ein kräftig schöner, schwarzer<span class="pagenum"><a name="Seite_144" id="Seite_144">[S. 144]</a></span> -Mann, redete die Gefeierte spanisch an, prieß Don Alonso, als ihren -gütigen Herrn, und wünschte sich und all den tausend Sclaven in der -fernen Heimath Glück, daß der Kapitain ihnen eine Mutter zuführe, -deren Tugenden Don Alonso’s Auswahl verbürge. Du bist, setzte er im -Ueberwallen seines Gefühls, und im Glauben seiner Väter, hinzu: Du -bist herrlich, wie die Sonne, und freundlich, wie der Mond, und wer -den milden Sternen Deiner Augen folgt, wird den Pfad zum Himmel nicht -verfehlen. Sey, Du blendend weißer Engel, uns und unsern Kindern unsere -Sonne, unser Mond; Tonatiuh<a name="FNAnker_42_42" id="FNAnker_42_42"></a><a href="#Fussnote_42_42" class="fnanchor">[42]</a> hat Dich geschmückt mit ihrem Roth, -und Meztli Dich mit seinem Glanze; Du bist so schön, als wärest Du das -Kind von beiden; wir werden göttlich Dich verehren, denn nur in Deiner -zarten Hand liegt unser Glück. Sey immer gütig uns. Die Sonne zürnt -ja nie, und nie der Mond, und schwebst Du einstens spät hinüber, wo -keine Stürme heulen, und keine Donner brausen,<span class="pagenum"><a name="Seite_145" id="Seite_145">[S. 145]</a></span> so soll der Weg nach -Deinem Hügel unserer Enkel Alameda<a name="FNAnker_43_43" id="FNAnker_43_43"></a><a href="#Fussnote_43_43" class="fnanchor">[43]</a> seyn; sie werden räuchern Dir -das stille Blumen-Grab mit Cobans beßtem Weihrauch und mit Ambra von -Masaya, und Dir die Gruft umpflanzen mit Pomeranzen und Limonen, und -mit Cypressen und mit des ewigen Friedens schattenreichen Palmen. Da -sollst Du schlummern kühl, denn, unserer Enkel Thränen um die verlorne -Mutter, werden netzen jene Bäume, daß sie gedeihen, und noch in -fernster Zeit, wie feste Denksäulen des Dankes, hoch hinaus ragen in -unsers Himmels schöne Luft.</p> - -<p>Hulda reichte dem Sprecher, dem die hellen Zähren über die schwarzen -Backen rollten, die weiße Hand, und beantwortete seine herzliche Rede, -in recht geläufigem Spanisch.</p> - -<p>Der alte Admiralitätrath dachte, es wäre Pfingsten, so hatte sich der -Geist des Herrn über sein gelehriges Töchterlein ergossen. Es war aber -der heilige Geist der Liebe, der das holde Mädchen, das im Spanischen -früher wohl hinlänglichen Unterricht, aber wenige Uebung gehabt hatte, -jetzt ohne Anstoß und Furcht in<span class="pagenum"><a name="Seite_146" id="Seite_146">[S. 146]</a></span> fremder Zunge reden ließ, daß die -ganze Mannschaft der Antoinette darob laut entzückt war.</p> - -<p>Der blendend weiße Engel, das himmlische Kind der Sonne und des -Mondes, versprach ihnen, ihr und der Ihrigen Schutzgeist zu seyn; -ihre Frauen und ihre Kinder begrüßte sie in der Ferne, als ihre -Pfleglinge; ihr Wohlstand solle das Ziel ihrer Wünsche werden, und im -Zauberergusse ihres glühenden Gefühls, gelobte sie ihnen und allen -ihren Familien, mit dem Beistande ihres Gottes, und von Don Alonso’s -menschenfreundlicher Güte unterstützt, ihr zeitliches Glück nach -Kräften begründen zu wollen.</p> - -<p>Sämmtliche Neger drängten sich, von den Reizen des schneezarten -Seraphs, und dessen einfacher Rede tief ergriffen, um sie herum, und -küßten ihr den Saum ihres Gewandes, und schworen ihr unaufgefordert -Liebe, Treue und Gehorsam. Alonso aber, hingerissen von dem Entzücken -seiner ehrlichen Neger, und bezaubert von der, in ihrer Art einzigen -Gruppe der schwarzen Figuren, um seine schlanke Lilie, schenkte -mit feierlichen Worten, zum ewigen Andenken des heutigen Festes, -den Sclaven ihre Freiheit, und Hulda mischte in den Jubel<span class="pagenum"><a name="Seite_147" id="Seite_147">[S. 147]</a></span> der -Freigelassenen, ihren herzlichen Dank, und betheuerte dem edlen -Menschen, daß er ihr kein erfreulicheres Brautgeschenk hätte ersinnen -können.</p> - -<p>Jetzt ging es zur Tafel, und was beide Welten, und das Meer und -die Erde dem leckern Gaum zu bieten nur vermochten, das war mit -verschwenderischer Pracht hier aufgetischt. So gegessen und getrunken -war in der ehrsamen Hafenstadt, seit der Legung ihres ersten -Grundsteins, nicht geworden, und alle Gäste versicherten einstimmig, -daß Capitain Mantequilla der vortrefflichste Mensch unter der Sonne -sey. Die Seeluft macht durstig; wenigstens leerte man alle Flaschen -des köstlichen Weins, so daß viele Gäste, die rank<a name="FNAnker_44_44" id="FNAnker_44_44"></a><a href="#Fussnote_44_44" class="fnanchor">[44]</a> worden waren -und übervolle Ladung hatten, das Wasser des ganzen Binnenhafens, für -lauter Champagner ansahen, andere den großen Mastbaum, als ihren -dicksten Freund, inbrünstiglich umarmten, und andere wieder, in der -Weinrührung, so windelweich wurden, daß sie in das Besahnsegel, -heimlicher Weise Thränen der zärtlichsten Freundschaft weinten. Alonso<span class="pagenum"><a name="Seite_148" id="Seite_148">[S. 148]</a></span> -hatte den Nachtisch mit lauter amerikanischen Früchten besetzen lassen; -Aepfel von Gili, von der Größe eines Menschenkopfs; sechszehnlöthige -Pfirsichen von Valparayso und Mendoza; zwölfpfündige Weintrauben von -Talca, Vanille von Paraguay, Pisangäpfel, Pomeranzen und Limonen, und -zwanzig andere saftreiche und kühlende Obstarten; jetzt aber zu guter -Letzt, credenzte er den feurigsten Liqueurwein seines Vaterlandes, den -kostbaren Rebensaft von Passo del Norte.<a name="FNAnker_45_45" id="FNAnker_45_45"></a><a href="#Fussnote_45_45" class="fnanchor">[45]</a> <em class="gesperrt">Der</em> brachte mit -seinem dunkelflüssigen Golde alle gute Geister in Aufruhr, und Alles -erklärte, mit tausend Freuden dahin zu gehen, wo dieses Götterblut -flösse. Alonso stand, vom rauschenden Gewühl der Gäste entfernt, mit -Hulda vorn am Bratspill, hielt die Glückliche im Arme, und fragte -scherzend: ob er die Anker lichten, und mit der ganzen Gesellschaft, -wie sie hier wäre, in die neue Welt segeln solle?</p> - -<p>Ich bin wohl bereit, entgegnete Hulda mit bräutlicher Liebe, und -schmiegte sich dichter an den Mann, der sie zweitausend Meilen weit, -über das Meer führen wollte, und an dem sie sich fest<span class="pagenum"><a name="Seite_149" id="Seite_149">[S. 149]</a></span> halten sollte in -allen Stürmen des Lebens: die alle hier aber mag ich nicht mitnehmen. -Mit Dir allein, Alonso, will ich seyn; an Deiner Seite bedarf ich -keines Menschen. Dir will ich folgen, wohin Du willst. Auf Deinem -Eigenthume, hier auf Deinem Schiffe, auf dem Dein kühner Arm mich durch -des Meeres wilde Wogen, und durch der Winde grausende Gewalt hinüber -führen will, in Deines Vaterlandes weite Ferne, hier laß mich Liebe -Dir, und Treue schwören. Dein menschlich fühlend Herz, gab Deinen -armen Negern das höchste Gut, die Freiheit. Mir kann es Höheres nicht -geben, als sich selbst. Schwöre mir Alonso Deine Liebe, und auf Dein -Herz will ich meine Rechte legen, und Gott der Herr soll meinen Eid der -Treue hören. Ihr glaubig frommer Blick flog auf zu dem, den sie zum -Zeugen ihres Schwures gefordert hatte, da schwebte am Wolkenhimmel — -auf derselben Stelle — sie schrak zurück, und barg das geisterbleiche -Antlitz an Don Alonso’s Brust.</p> - -<p>Was ist Dir, Hulda? fragte dieser erstaunt; sie aber schauerte kalt in -einander, und wieß, ohne aufzusehen, nach dem Abendroth, und fragte: -siehst Du nichts?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_150" id="Seite_150">[S. 150]</a></span></p> - -<p>Dort, erwiederte Alonso lächelnd: die Gottheit meiner Schwarzen, -schließt dort ihr müdes Auge, und zieht sich vor ihr Lager den -Wolkenvorhang lauschig zu; mit Gold hat sie die Zipfel all gesäumt; sie -macht das stets recht zierlich; und rechts am Bette steht ein Baum, ein -blühend schöner Bananas.</p> - -<p>Ein Baum? fuhr Hulda ängstlich auf! Ein Kreuz, Alonso, ist’s. Ein -hohes, langes Kreuz — und dicht daneben liegt — mein Heiland und mein -Gott — am Stamme des Kreuzes betet meine Mutter —</p> - -<p>Aber liebholdes Wesen, entgegnete beruhigend Alonso: was regt Dich so -allmächtig auf! Ein Kreuz? — nun ja, wenn Du ein Bischen davon, und -ein Bischen dazu thust, und überall mit Deiner Phantasie nachhelfen -willst, verwandelt sich am Ende mein Paradiesfeigenbaum<a name="FNAnker_46_46" id="FNAnker_46_46"></a><a href="#Fussnote_46_46" class="fnanchor">[46]</a> in Dein -Kreuz, und — die Wolke da unten — hm — ja — eine weibliche Figur -ist es — aber, was bringst Du Deine gute Mutter in dieses Nebelspiel, -und wie, ich bitte Dich, wie kann ein<span class="pagenum"><a name="Seite_151" id="Seite_151">[S. 151]</a></span> bischen Wasserdunst solch -Gaukelwerk erhitzter Phantasie Dir gleich zusammen treiben? der Passo -del Norte hat Dich nicht etwa, setzte er in süßer Liebeständelei hinzu, -und tippte auf Hulda’s Stirn: mein trautes Kind, berückt?</p> - -<p>O scherze nicht, Alonso, entgegnete Hulda erschüttert, und bat, sie und -den Vater bald zu entlassen, weil sie zur Mutter müsse.</p> - -<p>Du kömmst mir nicht vom Bord, erwiederte Alonso, und umfaßte Hulda mit -inniger Liebe: ich bin fest segelklar<a name="FNAnker_47_47" id="FNAnker_47_47"></a><a href="#Fussnote_47_47" class="fnanchor">[47]</a> und warte nur auf guten Wind. -Beim ersten Lüftchen setze ich meine Segel bei, und steche frisch und -wohlgemuth, mit meinem Bräutchen, in die hohe See.</p> - -<p>Alonso, doch nicht ohne meiner Mutter Segen? fragte Hulda ernst: und -doch nicht ohne des Dieners Christi fromme Weihe?</p> - -<p>Das wird mir alles viel zu lang, entgegnete Alonso mit heißer Ungeduld. -Die Mutter — ja; die werd’ ich morgen sprechen; sie soll uns segnen, -Hulda. Was aber das Copuliren hier betrifft — ich bitte Dich, eh’ sich -das alles ordnet, der Trauschein meiner Eltern, das Zeugniß<span class="pagenum"><a name="Seite_152" id="Seite_152">[S. 152]</a></span> meiner -Taufe — das alles muß herbei, ehe wir das Aufgebot verlangen können. -— So lange kann und darf ich hier nicht warten. Viel besser ist’s, -Du gehst als Braut zu mir an Bord. Auch mitten auf der See ist unser -Gott bei uns. Wirf Deine Anker in mein Herz, sie greifen da in festen -Grund. Als Braut, vertraue mir, als unberührte Braut führt Dich Alonso -heim. Es liegt für mich ein namenloser Zauber in dem Gedanken! Gewähre -mir, zum Zeichen Deines Glaubens an meine Ehrfurcht vor Deiner Tugend, -diesen Wunsch. Sechs Monden sind es nur, dann steigt die Jungfrau an -das Land der neuen Welt, und sinkt in Mexiko, vor Gottes Hochaltar in -unsrer goldgeschmückten Kathedrale, als junge Frau an meine Brust, zu -lohnen mir die uns selbst aufgelegte süße Pein der schmerzlichsten -Entsagung, durch ihrer Liebe Vollgenuß.</p> - -<p>Gib den Gedanken auf, versetzte bittend Hulda: ich traue Dir und mir, -denn keuscher Liebe ist die schwerste Prüfung leicht; die Eltern -aber würden darein sich nimmer fügen; doch morgen früh darüber mehr! -Vielleicht läßt sich das alles leichter machen, als Du denkst, das -liebe Gold ist ja der beßte Hebel aller Hindernisse, und auch<span class="pagenum"><a name="Seite_153" id="Seite_153">[S. 153]</a></span> die gute -Kirche läßt das Dispensiren sich bezahlen. Jetzt lebe wohl, Alonso, -gute Nacht, und süße Träume!</p> - -<p>Ein langer, langer Abschiedkuß, und Hulda fuhr mit ihrem Vater an das -Land zurück. Trompeten schmetterten ihr nach, und wilde Paukenwirbel; -und Hurrah schrie das Schiffsvolk aller Decke, und des Kanonendonners -furchtbares Krachen verkündete dem Hafen und der Stadt, daß jetzt des -Mexikaners schöne Braut nach Hause fahre. Alonso wehte ihr mit weißem -Tuche, so lang sein Blick sie noch erreichen konnte, den Wunsch der -guten Nacht noch nach, und alle seine Gäste, die Becher in der Hand, -schrien Vivat, Vivat hoch, und blieben bis zur späten Mitternacht, und -tollten auf des Bräutigams Schiffe, als wäre morgen Hochzeit, und heute -Polterabend.</p> - -<p>Alonso nahm, sobald Hulda ihn verlassen hatte, an dem Tanz und dem -rasenden Lärmen der fast überlustigen Gäste keinen unmittelbaren -Antheil; er blieb zwar der Rolle des gastlichen Wirths, mit der -artigsten Aufmerksamkeit, treu; aber, wo er konnte entfernte er sich, -und wenn er allein war, und ungesehen, so stellte er sich<span class="pagenum"><a name="Seite_154" id="Seite_154">[S. 154]</a></span> hin, und -schaute durch die Dunkelheit der Nacht hinauf nach dem bewußten Balkon.</p> - -<p>Endlich erschien etwas Weißes da oben, und kaum gewahrten dieß einige, -die ihn belauscht hatten, als der Spektakel von neuem begann, und die -ganze Gesellschaft der weißen Erscheinung mit Trompeten und Pauken, und -dem Hurrah der Neger, ein Vivat ausbrachte, daß es drüben an den Mauern -der schlummernden Stadt widerhallte.</p> - -<p>In dem Augenblicke zündeten die Mexikaner, und hundert Matrosen anderer -Schiffe, die sie sich zur Hülfe geholt hatten, mehrere tausend Laternen -an, die an den Seiten des Schiffes, am Tauwerk, und an den Mastbäumen, -bis zum Mars hinauf, in zierlicher Ordnung hingen, und einen -unbeschreiblich schönen Anblick gewährten. Oben auf dem Topp des großen -und des Fockmastes, waren Sonne und Mond in herrlichen Transparents -zu sehen, und die unzähligen Lichter auf dem kaum merkbar hin und her -schwankenden Schiffe, die sich in dem schillernden Wasser rings um, -hundertmal wiederspiegelten, stellten den ganzen hochbeleuchteten -Dreimaster in einen zauberisch schönen Feuerkreis.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_155" id="Seite_155">[S. 155]</a></span></p> - -<p>Alonso freute sich, daß diese feenartige Ueberraschung, die er Hulda -zu Ehren veranstaltet hatte, nicht von ihr unbemerkt geblieben war; -sie hatte ihm, von der Höhe ihres Balkons herab, einen herzlichen -Kuß zugeworfen, und er schwamm nun in einem Meere von Fröhlichkeit. -Er gab noch heraus, was Butlerei<a name="FNAnker_48_48" id="FNAnker_48_48"></a><a href="#Fussnote_48_48" class="fnanchor">[48]</a> und Kambüse<a name="FNAnker_49_49" id="FNAnker_49_49"></a><a href="#Fussnote_49_49" class="fnanchor">[49]</a> vermochten, und -man schwärmte bis zum hellen Morgen, wo die armen, diese Nacht oft -gestörten gelbgefiederten Schreihälse auf dem benachbarten canarischen -Schiffe, den Tag verkündeten, und man die gastliche Antoinette verließ.</p> - -<p>Doch einen Augenblick noch auf Hulda zurück. Als sie mit dem Vater zu -Hause kam, empfing sie die Mutter mit verweinten Augen.</p> - -<p>Ihr habt Euch auf Eurem Spaziergange ja recht lange verweilt, sagte sie -kalt, und durchbohrte Hulda mit einem pfeilscharfen Blicke.</p> - -<p>Wir sind in Gesellschaft gewesen, entgegnete Hulda offen, und morgen -früh wird —</p> - -<p>Erspare Deine Bekenntnisse, fiel sie dem<span class="pagenum"><a name="Seite_156" id="Seite_156">[S. 156]</a></span> Mädchen, das ihr jetzt das -Geständniß seiner glücklichen Liebe ablegen wollte, bitter in das Wort. -— Deine zärtliche — fuhr sie zum Manne fort: Deine zärtliche Vorsorge -für meine Ruhe hat Dir wenig geholfen; ich weiß alles, leider durch -Fremde. Mein Kind hat sein Vertrauen zu mir verloren; wo Vertrauen -fehlt, ist auch keine Liebe, Hulda, ich bitte Dich um Gotteswillen, -womit habe ich dieß verdient? Ich habe seit Empfang dieser Zeilen -— sie wies auf ein Billet der Maklerin — Stunden gelebt, die mir -den Abschied aus diesem Leben leider recht erleichtern. Ich träumte, -wenigstens von meinem einzigen Kinde geliebt zu seyn! — und dieses -hintergeht mich, hintergeht mich da, wo andere gute Töchter sich der -Mutter, ihrer ersten, ihrer treuesten Freundin, vor allen andern -vertrauen. — Die ganze Stadt weiß, was mir, von Dir, von meinem Kinde -verborgen wird. Gott im Himmel! habe ich denn auf der ganzen Welt -keinen Freund mehr, als den Tod? —</p> - -<p>Antoinette! hob der Vater ruhig an: seit Du mir Deine Hand gabst, habe -ich nie hinter Deinem Rücken gehandelt; traue mir so viel Selbstgefühl -zu, daß ich jetzt nicht anfangen werde,<span class="pagenum"><a name="Seite_157" id="Seite_157">[S. 157]</a></span> mich einem Fehler Preis zu -geben, der — er sagte das mit weicher Stimme — auch den letzten -Pfeiler unsers häuslichen Glücks untergraben würde. Was ich gethan -habe, kann jeder wissen. Der Mann, der sich um Hulda’s Hand bewirbt, -wollte heute früh schon Dich begrüßen; ich hielt ihn davon ab, und -bat um Aufschub bis morgen, weil ich auf den Besuch Dich vorbereiten -wollte; von seiner jugendlichen Raschheit mußte ich fürchten, daß -er gleich heute mit seinem Anliegen hervortreten möchte; von Deiner -Liebe zum einmal gefaßten Plane aber, daß Du, krank und mißgelaunt, -nicht möchtest Dich ihm so erklären, wie wir mit ihm es wünschen. Ein -<em class="gesperrt">solcher</em> Schwiegersohn, ist er einmal gekränkt, kömmt nicht -leicht wieder, und darum rieth mir die Vernunft, mit Vorsicht hier -an’s Werk zu gehen. Er lud uns beide zu sich ein; ich sagte zu, um -unterdessen, bis ich mit Dir darüber sprechen konnte, den Mann, dem -wir das Kind auf Lebenszeit hingeben sollen, noch näher zu ergründen. -Daß seine Absicht ruchtbar ward, daß Maklers sie Dir hinterbringen, -und ihres Sohnes Nebenbuhler in schwarzen Schatten stellen würden, -konnte ich mir denken, und darum suchte ich die Men<span class="pagenum"><a name="Seite_158" id="Seite_158">[S. 158]</a></span>schen, wenigstens -bis morgen, von Dir zu entfernen, damit Du ihn dann ohne Vorurtheil -sähest, und zwischen ihm und Maklers Caspar freie Wahl hättest. Wenn -ich hierinn gefehlt habe, so verzeihe mir Gott; ich that es nur, um -Hulda’s Beßten willen. Du liebst das Kind, wie ich, und darum wirst -auch Du mir gern vergeben, wenn mein Verfahren Dich beleidigt hat. -Wehe wollte ich damit, beim Himmel, Dir nicht thun. Den Zweck, Alonso -näher zu erforschen, habe ich nun zwar ganz verfehlt, denn in dem Saus -und Braus von hundert frohen Gästen, ließ sich des Menschen Herz nicht -sonderlich sondiren; indeß, was ich sah und was ich hörte, bezeichnet -wohl den Mann, der unserm Kinde, außer Glanz und Reichthum, ein reines -Herz darbringt, und, gute Antoinette, das ist in der Liebe und in der -Ehe, ja doch immer der beßte Hausrath!</p> - -<p>Die mexikanischen Weine müssen Euch über die europäischen Hindernisse -hinweggehoben haben, oder ich begreife Dich und Hulda nicht, entgegnete -die Mutter mit erzwungener Ruhe: lies doch den Brief meiner ehrlichen -Maklerin. Der Mensch kann der gefährlichste Abenteurer<span class="pagenum"><a name="Seite_159" id="Seite_159">[S. 159]</a></span> seyn; das -kümmert euch nicht. Er lügt Euch seine Piaster millionen weise her, -und ihr seyd, mit der ganzen Stadt, gutmüthig genug, seine Prahlereien -ihm auf’s Wort zu glauben. Er will von deutscher Abkunft seyn, und -nennt sich Mantequilla! er hat gar, hie und da, den kecken tollen -Wunsch geäußert, das Kind als Braut nach Mexiko zu nehmen, weil ihm der -Trauschein seiner Aeltern und sein Tauf-Zeugniß nicht herzuschaffen -seyen. Wer weiß, was für verlaufenes Gesindel seine Eltern sind! daß -sie niemals getraut, und daß er nicht getauft — beweis’t sein leerer -Vorwand! Und einem solchen soll mein Kind, mein einziges Kind, geopfert -werden? Nein — nimmermehr. Wär’ frommer Sinn in seiner Heidenbrust, -und hätte alles, was er sagt, recht seinen Grund, so gäbe er der Sache -Raum, und käm nach Jahresfrist zurück, und brächte die Documente alle -mit, die wir verlangen müssen, wenn uns der Vorwurf unsrer Mitwelt -nicht treffen soll, daß wir ganz ohne Kopf handelten.</p> - -<p>Das alles, liebe Frau, begann der Vater sanft: läßt morgen sich -besprechen; das Mädchen ist noch jung, und kann das Jahr noch warten.<span class="pagenum"><a name="Seite_160" id="Seite_160">[S. 160]</a></span> -Zwei tausend Meilen hin, zwei tausend Meilen her, sind wohl kein -kleiner Weg; indessen muß Alonso sich, bestehest Du darauf, mit -kindlichem Gehorsam darein fügen; die Liebe mag ihm Zeit und Weg -verkürzen. Auch hat er sich, wenn Du es wünschest, schon erklärt, sein -Vaterland ganz aufzugeben, und hier bei uns sein Lebenlang zu bleiben; -ich mochte ihm sein Wort deßhalb nicht fodern, denn aus dem ungeheuern -Geschäft, was dort sich um ihn treibt, sich hieher in unsern Hökerkram -zu setzen, kann seine Jugendkraft, die immer höher strebt, nicht -reizen. Der zärtlichen Mutter aber, die das Kind ungern von sich ziehen -sieht, ist wohl ein Vorschlag dieser Art nicht zu verargen. Sprich -morgen selbst mit ihm. Vielleicht erfüllt er Deine Wünsche.</p> - -<p>Die Mutter hatte still und ruhig zugehört; ihr Gesicht schien sich bei -dem, was der Vater zuletzt anführte, ein wenig aufzuheitern.</p> - -<p>Hulda kniete neben dem Bette nieder, und küßte ihre Hand, und fragte -leise, ob Mütterchen noch böse sey.</p> - -<p>Sie schwieg und lächelte, und eine stille Thräne zitterte ihr im halb -erloschenen Auge.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_161" id="Seite_161">[S. 161]</a></span></p> - -<p>Der Vater benutzte die in ihrem Innern vorgehende mildere Stimmung, und -erzählte, daß der alte Linsing, der recht geläufig spanisch spreche, -sich mit dem Steuermann und dem Guardian, so wie mit einigen Matrosen -auf der Antoinette unterhalten, und sie, hinsichtlich der Vermögenslage -ihres Capitains, recht umständlich über dieß und jenes ausgefragt, daß -aber, nach dem was sie darüber hätten fallen lassen, Alonso eher zu -wenig, als zu viel davon gesagt habe. Er kann, setzte er hinzu, weil er -bemerkt hatte, daß die Idee von Alonso’s hiesiger Niederlassung, der -Mutter vorzüglich zusagte: mit seinen funfzehn Millionen hier leben, -wie ein Fürst.</p> - -<p>Und meine Hulda liebt den fremden Mann? fragte die Mutter mit mildem -Worte.</p> - -<p>Wie keinen andern, lispelte Hulda leise, und bog sich auf der Mutter -Hand herab.</p> - -<p>Ich werde, versetzte die Mutter mit einem Tone, als wolle sie Hulda und -den Vater überzeugen, daß beide sich in ihr geirrt hatten: ich werde -meines Kindes Glück nicht stören. Ich habe zwar geglaubt, daß der, den -ich im Stillen erwählte, auch Hulda werde wohlgefallen, doch, wenn das -nicht soll seyn, kann ich mich gern fü<span class="pagenum"><a name="Seite_162" id="Seite_162">[S. 162]</a></span>gen. Ist das, was von Alonso’s -fabelhaftem Reichthum Ihr erzählt, zur Hälfte nur gegründet, und ist -er meines Kindes Liebe werth, und kann er meinen Wunsch erfüllen, und -seinen Wohnplatz bald, auf immer her verlegen! so kenne ich meine -Mutterpflicht, und werde ihr nichts schuldig bleiben. Mit Freuden -opfere ich dann jene kleine Grille, und segne Euren Bund.</p> - -<p>Hulda traute ihrem Ohre kaum; sie umschlang die zärtliche Mutter, und -bedeckte ihre bleiche Wange mit den Küssen der kindlichsten Liebe. Noch -danke nicht, mein Kind, sagte die Mutter freundlich: erst wünsche ich -den Mann zu sehen, dem es gelang, dieß reine Herz so schnell für sich -zu gewinnen; doch — jetzt nichts, nichts mehr davon. Ihr wißt, ich -liebe nicht viel Worte.</p> - -<p>Da eilte Hulda von dannen und flog in den Garten, um dem vor Freude -und Entzücken fast zerspringenden Herzen Luft zu machen. So rasch, so -leicht der Mutter Sinn zu wenden, hatte sie sich nicht gedacht. Die -Schickung wollte alles so; der Finger dessen, der das Herz des Menschen -lenkt, ließ sich hier nicht verkennen. Den ganzen Tag war sie noch -nicht auf dem Balkon gewesen, und hatte es Alonso doch versprochen! Ein -we<span class="pagenum"><a name="Seite_163" id="Seite_163">[S. 163]</a></span>nig mußte sie hinauf, und kaum, als sie sich sehen ließ, stand, wie -durch einen Zauberschlag, das ganze Schiff, vom Wasserspiegel bis zum -Topp, so herrlich groß beleuchtet — ganz oben — höher noch als sie, -die Sonne und der Mond — der Mexikaner sanfte Götter! verschwunden -war am schwarzen Himmel das Kreuz und alle dräuende Gestalten. Nur -Jauchzen hörte sie vom Schiff herauf und laute Freude, und mit der -Liebe glücklichstem Entzücken warf sie dem schönen Mann, der beide Arme -ihr entgegen breitete, die süßesten der Küsse zu.</p> - -<p>Er kam den folgenden Morgen bei früher Tageszeit, hörte von Hulda und -dem Vater, wie die Sachen sich unterdessen gestaltet hatten, und welche -Wünsche ihm würden eröffnet werden, und trat, in beider Mitte, in das -Zimmer der Mutter.</p> - -<p>Ein Fieberblitz zuckte dieser durch alle Glieder, als sie seiner -ansichtig ward; sie schrie laut auf und verhüllte das Gesicht mit ihrem -Tuche, als hätte sie ein Gespenst gesehen.</p> - -<p>Der Capitain Don Mantequila, hob der Vater, wegen dieses sonderbaren -Auftritts, sehr verlegen an, und wollte ihr Alonso vorstellen. Sie aber -rief: um Gotteswillen weg, weg<span class="pagenum"><a name="Seite_164" id="Seite_164">[S. 164]</a></span> — das ist sein Gesicht — das ist er -selbst. Warum — ich frage Dich furchtbare Allmacht, warum mir hier, am -Rande des Grabes, noch diese ungeheure Qual! —</p> - -<p>Antoinette, sagte der Vater höchlich bestürzt: was ist Dir? Mütterchen, -rief Hulda, und stürzte vor ihr Bette auf die Knie nieder: um -Gotteswillen sprich — was hast Du für ein böses Traumgesicht?</p> - -<p>Laßt mich sterben! tödtet mich! macht meinem entsetzlichen Leben ein -Ende! entgegnete die Mutter aus schwer gepreßter Brust, und rang die -Hände mit abgewendetem Gesicht — <em class="gesperrt">das</em>, <em class="gesperrt">das</em> soll Hulda’s -Gatte seyn? Ein Teufel ist es, den die Hölle ausgespien! Ich habe ihm -geflucht! Sie richtete sich in die Höhe, die Augen rollten funkelnd -ihr im Kopfe, die bleichen Wangen brannten dunkelroth, und krampfhaft -bebten ihr die blassen Lippen — Es ist die letzte Stunde meines -Lebens! des Todes Schauer rieseln kalt mir durch die Seele — die Rache -Gottes führt Dich Sünder zum Gericht. Ich fluche dreimal Dir — Fluch, -Fluch, Fluch, Dir schauderhaftem Ungeheuer! —</p> - -<p>Um Jesus Christi willen, Mutter! schrie Hulda<span class="pagenum"><a name="Seite_165" id="Seite_165">[S. 165]</a></span> außer sich, und faßte -die drohende Rechte der Schrecklichen, die vor ihr grausend lag, wie -jenes Wolkenbild am Himmel.</p> - -<p>Der Mutter aber war der Athem ausgegangen — der Tod schlug grinsend -seine kalten Arme um die sichere Beute — die Pulse stockten, und wie -das letzte Gift des unversöhnlichsten Ingrimms, so trat ihr der weiße -Schaum auf die zuckenden Lippen. —</p> - -<p>Alonso schwankte vom Vater begleitet lautlos zur Thüre hinaus.</p> - -<p>Der Mutter brechendes Auge suchte ihn, und da es ihn nicht mehr fand, -ward sie ruhiger. — Sie athmete schwer. — Sie seufzte tief — eine -Riesenlast lag ihr auf dem Herzen. Sie hatte aber nicht die Kraft mehr, -sich sie abzuwälzen. Nur abgebrochene Worte, die kaum mehr verständlich -waren, konnte sie hervorbringen.</p> - -<p>Sie faßte Hulda’s Hand, und drückte sie heftig in die ihrigen. Mit -höchster Anstrengung sammelte sie den Rest ihrer Kräfte, und sprach in -kurzen Sätzen, halb laut — Die letzte Bitte Deiner Mutter! schwöre -mir, ihm nimmer zu gehören —</p> - -<p>Du bist krank, meine Mutter, sagte Hulda weinend: Deine Phantasie —</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_166" id="Seite_166">[S. 166]</a></span></p> - -<p>Nein, erwiederte die Sterbende: ist er es nicht, so ist’s sein Sohn; -ich habe ihm geflucht bis in das dritte Glied — Sophie wird Dir alles -sagen.</p> - -<p>Der Heiland hat verziehen, entgegnete Hulda: er betete für seine -Feinde; und Du, mein Mütterchen, willst scheiden aus der Welt mit -solchem Groll, und wie — wie kann Alonso den verdienen, da Du ihn nie -sahest?</p> - -<p>Gott strafte auch der Väter Sünde bis in’s vierte Glied. Alonso soll -des Vaters Sünde büßen.</p> - -<p>Kennst Du den Vater denn?</p> - -<p>Ein schwerer Seufzer war die Antwort; das Auge fand die letzten -Thränen; — die Arme schluchzte laut, das hart gequälte Herz ward -endlich weich und milde.</p> - -<p>Nimm Mutter, Deinen Fluch zurück, bat Hulda christlich fromm, in Angst -und Schmerz ganz aufgelös’t. Der Tod versöhnt ja alles! Laß beten mich -für Deiner Seele Ruhe. O — Mutter richte nicht! Ich weiß nicht, was -man gegen Dich verbrochen hat. Alonso aber ist nicht schuldig! Und Gott -allein ist unser Richter. Mach’ Dir die Sterbestunde leicht. Vergib, -so<span class="pagenum"><a name="Seite_167" id="Seite_167">[S. 167]</a></span> wird auch Gott Dir gern vergeben, und Engel werden Deine fromme -Seele zu seinen Himmeln sanft geleiten.</p> - -<p>Da fiel ein Schuß, ein zweiter, und ein dritter, und von dem Hafenfort -erdonnerte des Abschiedgrusses Antwort.</p> - -<p>Alonso geht in See, schrie händeringend Hulda, und sank ohnmächtig in -einander. —</p> - -<hr class="tb" /> - -<p>Die Unglückliche hatte sich nicht getäuscht.</p> - -<p>Alonso, bis in den Grund der Seele erschüttert, des Mutterfluches -grause Worte in dem Herzen, kam todtenbleich an seines Schiffes Bord.</p> - -<p>Er fand den alten Linsing, warf weinend sich ihm in die Arme und rief, -vom scharfen Schmerz zerrissen: Ich muß von dannen, ich muß fort. -Allmählig nur gelang dem antheilvollen Freunde, das schreckliche -Begebniß ihm abzufragen.</p> - -<p>Alonso, hob er tröstend an: nur hier nicht gleich so rasch gehandelt. -Die Frau hat phantasirt; ein Mißverständniß seltner Art muß hier zum -Grunde liegen. Mein Freund, mein lieber Sohn, sey ruhig. Es wird, es -muß sich alles noch enträthseln.</p> - -<p>Kann Hulda den je lieben, den ihrer Mut<span class="pagenum"><a name="Seite_168" id="Seite_168">[S. 168]</a></span>ter Fluch getroffen hat? fragte -Alonso und starrte dunkeln Blickes vor sich hin. Ich ahne Gräßliches! -Ein Mißverständniß ist es nicht. Die Frau gehörte dieser Welt schon -nicht mehr an, und drüben sieht man heller, als wir blöde Menschen. -Sie hat sich nicht geirrt. Mein Vater — und ihr Bild! Im Sterben noch -war sie sich ähnlich. — Antoinette nannte sie der Mann — des Vaters -Lieblingsname — zu ehren ihn, hab’ ich mein Schiff also genannt. -— Aus Frankfurt sagt Auguste — aus jedem Umstand press’ ich einen -Tropfen zu dem Gifte, das mir in ihrem Fluche liegt. Und Hulda — mein -ganzes Glück, mein Leben — dem Fluchbedeckten darf sie ja die reine -Hand in Ewigkeit nicht reichen. — O — hätt’ ich doch aus meinem -Scherze Ernst gemacht; ich wollte gestern mit ihr fort, — da hielt -sie mich, um ihrer Mutter Segen willen. Statt dessen schleuderte die -Sterbende, aus ihres Grabes Schauertiefe, mir ihren Fluch in’s todte -Leben nach! — So wahr mein Gott im hohen reinen Himmel — ich büße -eine fremde Schuld. — Was helfen nun mir alle Millionen! Das Höchste -meines Lebens, das Herz des Engels ist mir freventlich geraubt, und ich -bin bettelarm!<span class="pagenum"><a name="Seite_169" id="Seite_169">[S. 169]</a></span> So lang ich athme, wird das meine ihr allein gehören. -— Nein, außer ihr kann Keine ich je lieben! — Mein alter Herr und -Freund, bringt meine Schwüre ihr. Der Sonne Strahl soll langsam quälend -mich vertrocknen, des Mondes mildes Licht mir nimmer wieder scheinen, -und meines großen Gottes Rache fort und fort mich überall verfolgen, -wenn meinen Schwur der Treue ich je breche. Bringt, Freund, ihr diesen -Kuß! Ich kann sie nimmer wieder sehen.</p> - -<p>Alonso, liebster Freund, ermahnte bittend der Director: ach haltet -diesesmal nur Euern raschen Sinn im Zügel. Die Mutter ist ja krank, sie -kann sich bessern; das böse Wort, dem Irrthum bloß enteilt, kann sie -ja widerrufen. — Sie kann vielleicht auch sterben, und dann ist Hulda -frei! —</p> - -<p>So denkt Ihr hier in Eurer alten Welt? fragte Alonso bitter. Ein -Irrthum war es nicht! Der Geist des höhern Lichts sprach aus des -Todtenrichters Munde. Und lebt sie Jahre noch, sie wird, sie kann nicht -widerrufen. Und thät sie es — meint Ihr, daß sie damit den in Gift -getauchten Dolch mir aus dem Herzen ziehen könnte, den sie tief hinein -gestoßen hat? Was<span class="pagenum"><a name="Seite_170" id="Seite_170">[S. 170]</a></span> ich hörte, ich kann es nicht ungehört machen. Ich -könnte nimmermehr mit Liebe mich ihr nahen; ich könnte nie Vertrauen zu -ihr fassen. Sie könnte Mutter nimmermehr mir seyn. — Und frei, sagt -Ihr, sey Hulda wenn sie stürbe? Wohl werden Wunder nicht geschehn, wenn -Hulda mir die Hand nach ihrer Mutter Tode gäbe. Kann Hulda aber das? -Kann Hulda an der Seite des Verfluchten sich eine Stunde nur des Lebens -freuen? — Beim kleinsten Mißgeschick — muß sie nicht immer gleich des -Mutterfluches harte Folgen fürchten? — Das Drohbild, was sie gestern -in den Wolken sah! — Mein Gott und Herr, soll das ein Vorgefühl des -Jammers, den der Zorn der Mutter uns bereitet hat, gewesen seyn? — -Ich kann nicht bleiben; — ich muß fort. Sie noch einmal zu sehen, ist -mehr als ich ertragen kann. — Mein Arm darf sie nicht mehr umfangen! -Sie muß mich fliehen, ich bin geächtet. — In wenig Stunden bin ich der -ganzen Stadt Gespött! man zeigt mit Fingern auf den kühnen Fremden, der -sich erdreistete, der Blumen lieblichste Europa’s Gärten zu entführen, -und den ein Weib mit Fluch und Bann belegte! — Nein! fort von hier! -hinaus in’s wilde Meer!<span class="pagenum"><a name="Seite_171" id="Seite_171">[S. 171]</a></span> vielleicht wirft bald eine Welle mich in des -Abgrunds dunkle Tiefe! — Gott sey mir Armen gnädig.</p> - -<p>Mit wildem Ungestüm sprang er zum Fockmast vor, und schrie den Negern -zu: <span class="antiqua">Listo! levad el ancla</span>,<a name="FNAnker_50_50" id="FNAnker_50_50"></a><a href="#Fussnote_50_50" class="fnanchor">[50]</a> und andern: <span class="antiqua">Listo! dad -vela</span><a name="FNAnker_51_51" id="FNAnker_51_51"></a><a href="#Fussnote_51_51" class="fnanchor">[51]</a>; und pfeilschnell flogen sie auf ihre Posten. Die schweren -Anker wanden sich aus ihrem Grunde, und in die aufgehießten Segel blies -der leichte Landwind seewärts.</p> - -<p>Alonso ließ ein kleines Boot aussetzen, um den alten Linsing an das -Land zu bringen. Noch einmal schloß er ihn in seine Arme. Ein heißer -Thränenstrom entstürzte seinen Augen. Mein letztes Wort ist Hulda! rief -er im Schmerz der Trennung fast vergehend. Beschwöret sie, mit Liebe -meiner immer eingedenk zu bleiben. — Doch ihre Hand sey frei. Kann -sie mit einem Andern glücklich seyn, so segne ich den Bund, mag es mir -auch das Leben kosten. Kein Bild, kein Blatt, nicht eine Locke, ich -habe nichts<span class="pagenum"><a name="Seite_172" id="Seite_172">[S. 172]</a></span> von ihr, das süße Wehe nur in der gequälten Brust. Noch -höre ich den Wohllaut ihrer Stimme, noch sehe ich die reizende Gestalt; -mein guter Gott, laß mir dies beides nur, so lange ich das Leben hier -noch friste. — Noch einmal laßt mich athmen tief — es ist die Luft -in der sie lebt, laßt ihres Athems Würze mich einsaugen. — Ich sehe -sie ja <em class="gesperrt">nie</em> — verstehst Du alter Freund, verstehst Du dieses -Schreckenswort? — Ich sehe nie sie wieder; — die Lootsen kommen an -den Bord, aus Euerm Hafen mich zu bringen. Gehabt Euch wohl. Ich steure -meinen Cours in’s Grab. Mein Herzensfreund, wenn Du mich liebst, so -bitte mit mir Gott, daß er das liebeleere Leben mir bald ende. Dort -oben gilt kein Fluch. Dort seh ich Hulda wieder! — Dank Dir, mein -alter Freund, daß Du die bittere Scheidestunde mir versüßest. Bring -Frau und Kindern meinen Gruß. Dieß, Linsing, meiner Hulda!</p> - -<p>Er gab ihm aus einem neben ihm stehenden Blumentopfe, einen Zweig -brennender Liebe, drückte ihm einen Kuß auf die Lippen, zog ihn noch -einmal an sein Herz, und die Kanonen seines Schiffes sagten dem Hafen -Lebewohl.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_173" id="Seite_173">[S. 173]</a></span></p> - -<p>Linsing ließ sich an das Land setzen, und Alonso stand wie ein -Wahnsinniger, mit starrem Blicke nach dem Balkon gerichtet.</p> - -<p>Weiter und weiter trieb der Wind die Antoinette hinaus, dem -unermeßlichen Weltmeere zu — Hulda erschien nicht — Alonso’s Kräfte -schwanden. Die starke Eiche brach, wie mürbes Rohr, zusammen. Er stieß -der bittersten Verzweiflung lauten Schrei aus der zerrissenen Brust, -und stürzte halb todt auf das Verdeck; da eilten seine treuen Neger -schnell herbei, und trugen ihren Herrn erstarrt in die Kajütte.</p> - -<hr class="tb" /> - -<p>Wer mahlt der armen Hulda namenlosen Schmerz, als sie erwachte. Die -Mutter lag entseelt vor ihr im Bette. Das Herz, es schlug nicht mehr, -kein Athemzug — das starre Auge hatte nicht mehr Leben, vom bittern -Todeskampf war das Gesicht entstellt — der Fluch — es war, als hätte -sie ihn nicht zurück genommen, als wäre sie mit ihm zur Unterwelt -gefahren.</p> - -<p>Des Kindes Angstgeschrei rief den Vater und die Bedienung herbei. -Auch der Arzt kam. Alle Mittel, des Todes Macht zu bannen, blieben -erfolglos.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_174" id="Seite_174">[S. 174]</a></span></p> - -<p>Hulda konnte nicht bleiben; das furchtbar zürnende Gesicht der — mein -Jesus, rief sie laut: ich will ja, Mutter, Deinen Willen thun, nur -zürne mir im Tode nicht! Ich war Dein liebes Kind ja immer, und Gott -wird Kraft mir geben, daß ich — O Mutter, Mutter, höre noch aus Deiner -fernen Welt auf Deines Kindes banges Flehen — geh’ nicht mit diesem -Groll in Deine stille Gruft.</p> - -<p>Der Vater bat weinend die Umstehenden, Hulda auf ihr Zimmer zu bringen. -Bete mein Kind, sagte er, ihr ängstliches Zagen beschwichtigend: auf -Deinen Knieen um die Ruhe der Verklärten. Alles meines Bestrebens -ungeachtet, hat ihr das Leben der Freuden wenig nur geboten. Sie nannte -oft den Tod nur ihren einzigen Freund. Sein sanfter Schlaf möge ihr die -Erquickung schenken, die sie hier nirgends finden konnte, und jenseits, -wo uns kein Kummer trüben soll und wo wir klarer schauen werden, wird -sich vielleicht auch mir des Trübsinns Grund eröffnen, der überall die -Rosen ihres Lebens bleichte.</p> - -<p>Hulda, in Thränen der kindlichsten Wehmuth zerfließend, lag in ihrem -Zimmer, vor ihrem<span class="pagenum"><a name="Seite_175" id="Seite_175">[S. 175]</a></span> Gott gebeugt, als der alte Linsing eintrat, die -brennende Liebe ihr reichte, Alonso’s Scheidekuß ihr auf die Lippen -drückte, und ihre vorhin geäußerte, über das plötzliche Verscheiden der -Mutter aber wieder entschwundene Ahnung von Alonsos Abreise, durch die -einfachen, im Munde des tief gerührten Mannes kaum vernehmbaren Worte: -Er ist fort! bestätigte.</p> - -<p>Sie sah den Todesboten mit thränenschweren Augen an, that aus der -blutenden Brust einen lauten Schmerzensschrei und sank, dem Jammer des -Lebens auf ewig verfallen, ohne Besinnung zu Boden.</p> - -<p>Nach einer Stunde erst kam sie so weit wieder zu sich, daß sie ihrer -Sinne mächtig ward. Unter dem Vorwande, frische Luft zu schöpfen, ging -sie in den Garten, trat später in den Saal und bestieg den Balkon.</p> - -<p>Auf der Stelle im Hafen, wo die prächtige Antoinette vor Anker lag, -befand sich jetzt ein unansehnlicher Grönlandsfahrer; draußen auf dem -Meere, ganz oben, auf der fernsten Höhe des Wasserspiegels, gewahrte -sie einen schwarzen Punkt. Das war Alonso’s Schiff; mit gebrochenem -Herzen rief sie dem Entschwindenden, der<span class="pagenum"><a name="Seite_176" id="Seite_176">[S. 176]</a></span> unauslöschlichen Liebe -verzweiflungvolles Lebewohl, leise nach, und sah, still vor sich -weinend, starren Auges, nach dem immer mehr und mehr enteilenden Punkte -hin, bis er verschwand.</p> - -<p>Zehnmal wischte sie sich die aus der gepreßten Brust unaufhaltsam -hervorquellenden Thränen von den Wimpern, um noch einmal, nur noch ein -einziges Mal das fliehende Schiff zu erspähen. Aber ihr Auge erreichte -es nicht mehr! —</p> - -<p>Die Mutter todt, Alonso fort! — Vielleicht auf immer und ewig fort! —</p> - -<p>Die Unglückliche drückte das letzte Zeichen seiner Treue, die -brennende Liebe, an die Lippen, und überließ sich, still weinend, der -schmerzlichsten Trauer.</p> - -<hr class="tb" /> - -<p>Die Leiche der Mutter zu sehen, hatte sie absichtlich gemieden; das -zürnende Drohgesicht — es wich nicht von ihrem innern Auge; sie sah es -wachend und träumend.</p> - -<p>Am Begräbnißtage — sie hatte den entsetzlichen Augenblick lange -gefürchtet, wo sie der Hülle der Vorangegangenen zum letzten Mal sich -nähern sollte, um ihr der Kindesliebe frommen Dank zu bringen, und ihr -zur Nacht des langen<span class="pagenum"><a name="Seite_177" id="Seite_177">[S. 177]</a></span> Schlafs, die Ruhe der Seligen zu wünschen — am -Begräbnißtage trat sie an den Sarg.</p> - -<p>Der Mutter Züge hatten sich verändert; nichts trübte mehr die -qualerfüllte Brust, in der das frömmste Herz geschlagen. Der Kummer -dieses Lebens drückte nicht mehr auf die Engelreine. Versöhnt mit dem -Geschick, und harrend ihres Lohns, der droben guter Menschen wartet, -lag sie, wie eine Gottverklärte da. Ein mildes Lächeln schwebte in -jedem ihrer Züge; es war, als spräch’ ihr blasser Mund, mein Glück war -nicht von dieser Welt. Jetzt ist mir wohl. Der Gott, der jede still -geweinte Thräne zählt, wiegt jede mir durch tausend Freuden auf.</p> - -<p>Mein Mütterchen, sagte Hulda mit der Wehmuth leisestem Tone, und kniete -am Sarge nieder: Du zürnest nicht mehr mit mir? Du behältst mir drüben -Deine Liebe? Dein Kind darf furchtlos an das Wiedersehen denken? — -Der in den letzten Augenblicken Deines Lebens den Frieden Deiner Seele -störte, er hat zum Opfer sich und mich gebracht. Das Kind soll folgsam -seiner Mutter seyn. So hat sein edles Herz gewollt. Laß nun auch ab -von Deinem Hasse gegen ihn, und kann aus jenen Lichtgefilden, in<span class="pagenum"><a name="Seite_178" id="Seite_178">[S. 178]</a></span> -denen Deine Seele schwebt, auf Dein verwais’tes Kind Dein mütterlicher -Segen wirken, so gib mir Kräfte, daß ich ertrage, was Dein Gebot mir -auferlegt; und ist es in dem Plane des Geschicks, daß des irdischen -Lebens Glück unwiderruflich mir verloren sey, so rufe Du mich bald, -daß ich Dir folge, denn diese arme Welt gewährt mir keine Freude mehr. -Schlaf sanft, mein Mütterchen! die Klage meiner Leiden soll in Deiner -Ruhe Dich nicht stören. Kein Vorwurf soll in Deine stille Kammer Dich -begleiten. Mein Heiland starb am martervollen Kreuze; er duldete und -schwieg; auch ich will schweigend dulden. Vergebung flehete er, weil -sie nicht wußten, was sie thaten. Vielleicht hast Du, mein Mütterchen, -auch nicht gewußt, warum Du mir gethan, was meines Lebens Blüthe -vernichtet hat, auf ewig. Mein Jesus lehrte mich, in diesem Fall, -Vergebung Dir erbitten; und so soll Gott sich Deiner mild erbarmen, und -wenn Du fehltest, mit seiner Liebe nur Dich richten. In Deinem Willen -lag gewiß mein Wohl, und darum sey entladen aller Schuld, und kehre ein -in Deiner Freuden Reich.</p> - -<p>Sie neigte ihr Haupt auf die gefalteten Hände,<span class="pagenum"><a name="Seite_179" id="Seite_179">[S. 179]</a></span> und wimmerte, leise -schluchzend. Da traten die mit schwarzem Krepp umflorten Träger -ein, und verschlossen den Sarg. Einen Blick noch warf sie auf die -Entschlafene, einen Blick der Liebe, der Verzeihung und des Friedens; -und der Gott, der den schuldlosen Kindern das Himmelreich verheißet, -und in seinem unerforschlichen Willen von seinen Auserwählten oft der -Prüfung schwere Opfer fodert, schenkte ihrem Herzen wohlthätige Thränen -und sanften Trost.</p> - -<hr class="tb" /> - -<p>Mit einem spanischen Schiffe, das einige Wochen später nach dem Hafen -von Calao<a name="FNAnker_52_52" id="FNAnker_52_52"></a><a href="#Fussnote_52_52" class="fnanchor">[52]</a> abging, hatte Hulda den Tod der Mutter deren Schwester, -der Tante Sophie in Lima berichtet, sie von ihren Verhältnissen zu -Alonso in Kenntniß gesetzt, und sie zugleich um die Aufschlüsse über -der Mutter unerklärliche Abneigung gegen letztern gebeten.</p> - -<hr class="tb" /> - -<p>Der Kummer über den Verlornen; der Schmerz, daß die erste Freundinn -ihres Herzens, ihre Mutter, ein Bündniß nicht gebilliget hatte, in dem<span class="pagenum"><a name="Seite_180" id="Seite_180">[S. 180]</a></span> -Hulda ihr ganzes Lebensglück zu finden meinte; die zweitausend Meilen -weite Trennung von dem Treugeliebten; der sich täglich mehr begründete -Zweifel eines möglichen Wiedersehens; das heimliche Spötteln mancher -werthlosen Menschen; die heimtückische Rachsucht der Makler-Familie, -die sich freute, das unglückliche Mädchen auf alle ersinnliche Art zu -kränken; das lange vergebliche Harren auf eine endliche Nachricht von -ihm und der Tante — Alles dieß nagte zerstörend an Hulda’s frischer -Jugendkraft. Sie verlor allen Reiz am Leben, zog sich aus allen -gesellschaftlichen Kreisen, mied alle Zerstreuungen, und lebte nur -ihrem stillen Kummer und der Erinnerung der seligen Stunden, die ihr in -Alonso’s Nähe vom Geschick, nur viel zu spärlich, zugemessen gewesen -waren.</p> - -<p>Einem reinen, zartfühlenden Mädchen ist kein Gift gefährlicher, als das -des Grams der Liebe. Wie schmerzlich hatte dieses hier gewüthet! Die -schöne Knospe, sie war geknickt. Verwelkt waren Blätter und Zweige; -verdorrt der Saft des Lebens!</p> - -<p>Ich kannte Hulda’s Lage, und meine herzliche Theilnahme erwarb mir ihr -freundliches Wohlwollen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_181" id="Seite_181">[S. 181]</a></span></p> - -<p>Sie sprach, wenn sie mit Gustchen, ihrer vertrautesten Freundinn allein -war, gern von Alonso, — aus der geheimsten Tiefe ihrer Seele schien -dann immer noch ein schwacher Strahl der Hoffnung aufzublitzen, daß -eine Verbindung mit dem Geliebten ihres Herzens doch möglich sey.</p> - -<p>Ihre blasse Wange röthete sich dann ein wenig, und das thränenmüde Auge -blickte mit wehmüthigem Lächeln in die Zukunft. Sie glich der Sonne -am frühen Herbstabend, die, hinter trüben Wolken hinabsinkend, noch -einmal der Erde den freundlichen Scheideblick zuwirft. In ihrem großen, -geistvollen Auge lag ein Himmel voll Seligkeit, und wenn sie vom Herzen -zum Herzen sprach, glaubte man eine Heilige der christlichen Vorwelt zu -hören, so demüthig war ihr Sinn, so gottergeben ihr engelreines Gemüth, -so vorbereitet ihre Seele auf das Jenseit, dem sie, durch Vollendung -ihres edlen Selbst, entgegen reifte. Nur wenn die Rede auf ihn kam, an -dem ihr Herz mit unaussprechlicher Liebe hing, trat die Anhänglichkeit -an das Irdische mit all ihrem Zauber wieder vor; sie erschrak dann -über die kalte Hand des Todes, die ihr den Blüthenreiz der Jugend so -grausam abgestreift, das frische Pur<span class="pagenum"><a name="Seite_182" id="Seite_182">[S. 182]</a></span>purroth auf ihrer Lilienwange in -kranke Leichenblässe gewandelt, und des Fleisches kräftige Frische -so unerbittlich gewelkt hatte. Ihr Lieblingsaufenthalt war auf dem -Balkon; wer die süßeste Sehnsucht der Liebe mahlen wollte, mußte dieß -Mädchen sehen, wenn es oft Stunden lang, unverwendeten Blickes, in das -unermeßliche Weltmeer schauete; und dann, heimlich vor sich hin, die -Augen voll Wasser, den Kopf schüttelte, und leise sagte: er kömmt immer -noch nicht.</p> - -<hr class="tb" /> - -<p>Endlich, nach vierzehn langen Monaten, trafen Briefe von der Tante -Sophie ein.</p> - -<p>Der Mutter Wille, schrieb diese unter andern: ist, wie Du mir sagst, -daß ich Dir das dunkele Räthsel löse, das der Unglücklichen Leben bis -zur letzten Stunde trübte, und Dir, meine theure Hulda, alle Deine -Hoffnungen, all’ Dein Glück, unwiederbringlich vernichtet hat.</p> - -<p>Ich erfülle diesen Willen mit schwerem Herzen, weil ich des -Unerforschlichen Wege, auf denen sich Folgen an Ursachen in ewiger -Kette fortreihen, hier so sichtbar gezeichnet finde, daß ich alle -Menschen laut und dringend beschwören möchte, jeden ihrer Schritte, -jede ihrer Handlungen, und<span class="pagenum"><a name="Seite_183" id="Seite_183">[S. 183]</a></span> alles, was der Natur der Dinge nach, daraus -entstehen muß, prüfend zu berathen, um seine Seele nicht mit Vorwürfen -zu belasten, die keine Macht der Welt von uns zu nehmen vermag.</p> - -<p>Antoinette ward, in der Blüthe ihrer Jahre, von einem jungen Manne -geliebt, der ihren Reizen und ihren Tugenden mit unbeschreiblicher -Leidenschaftlichkeit huldigte. Selbst ohne Vermögen, bot er, in -leichter Hoffnung auf künftiges Glück, und ohne zu überrechnen, was zur -Führung eines auch nur mittelmäßigen Hausstandes unentbehrlich nöthig -ist, dem Mädchen seines Herzens die Hand; unsere Eltern aber, wie die -seinigen, konnten diesen raschen Schritt nicht billigen, und empfahlen -dem Heirathlustigen, die Verbesserung seiner Lage abzuwarten, die ihm, -bei seinen Kenntnissen, mit der Zeit nicht entstehen könne.</p> - -<p>Man hielt die Trennung beider Liebenden für das zweckmäßigste Mittel, -ihn von allen Zerstreuungen abzuhalten, um sich desto bestimmter seinem -Berufe widmen, und die Begründung seiner künftigen Selbständigkeit -desto ungestörter bewirken zu können.</p> - -<p>Er verließ, unter den heiligsten Schwüren ewiger Treue, unser -Frankfurt, und ging nach<span class="pagenum"><a name="Seite_184" id="Seite_184">[S. 184]</a></span> Hamburg, um auf dem Comptoir eines der ersten -dasigen Häuser zu arbeiten. Mangel an festen Grundsätzen, rasches -Temperament, und Gelegenheit — wie viele junge Männer unsrer Zeit -mögen diesen verführerischen Dämonen ihres Lebensglücks sich nicht -schon in die Arme geworfen haben, ohne die Folgen ihrer Unbesonnenheit -zu berechnen — Ein junges, unerfahrnes Mädchen von gutem Herkommen, -wohnt mit ihm in einem und dem nämlichen Hause; sie sehen sich -täglich; ihr beiderseitiger Umgang wird vertrauter, und der Mann, der -vor wenigen Monaten noch, zu Antoinettens Füßen die Reinheit seiner -Liebe mit tausend Eiden bekräftigte, mußte, um die Gefallene nicht -dem Spotte der Welt Preis zu geben, mit ihr flüchten. In Mexiko gebar -sie Alonso, und starb vor Gram über ihren Leichtsinn, der sie aus dem -Kreise ihrer achtbaren Familie in einen fremden Erdstrich bannte, worin -sie sich arm und verlassen fühlte und, nachdem der erste Rausch der -Leidenschaft verflogen war, sich von dem nicht mehr geliebt sah, dem -sie alles geopfert hatte. Alonso’s Vater machte seine Talente bald -geltend; wer hier Thätigkeit mit Umsicht verbindet, <em class="gesperrt">muß</em> sein -Ziel erreichen; das<span class="pagenum"><a name="Seite_185" id="Seite_185">[S. 185]</a></span> Glück war dem Manne, der sich nun mit rastlosem -Eifer in die Geschäfte warf, vorzüglich günstig, und so hinterließ er -seinem eingebornen Sohne ein Vermögen, welches, selbst nach hiesigem -Maßstabe, zu den bedeutendern gehört. Seinen deutschen Namen, Schmalz, -hatte er, wahrscheinlich um unentdeckt zu bleiben, oder weil die sechs -Consonanten in Einer Sylbe, dem spanischen und indischen Munde seiner -Geschäftsverbündeten und Untergebenen unaussprechbar waren, in das -Spanische übersetzt, und sich daher Mantequilla genannt; oft schon -hatte ich von dem reichen Mantequilla in Mexiko gehört, ohne zu ahnen, -daß dieß der Unbesonnene sey, der meiner Antoinette das Herz gebrochen -hat.</p> - -<p>Auf diese hatte seine Treulosigkeit einen furchtbaren Eindruck -gemacht. Sie war von dem Augenblicke an, da sie die Nachricht seiner -Flucht hörte, wie umgewandelt; sonst die fröhliche Unbefangenheit, -die Gutmüthigkeit, die Liebe selbst, ward sie kalt und verschlossen; -sie haßte das Leben und seine Freuden; in ihrem Innern gährte eine -Säure, eine Bitterkeit, die sie gegen alle Menschen immer mehr und mehr -verfeindeten; ihre Vernunft nur und ihr Pflichtgefühl, zügelten<span class="pagenum"><a name="Seite_186" id="Seite_186">[S. 186]</a></span> ihren -heimlichen Ingrimm gegen die ganze Welt; sie glaubte an keine Eide -mehr; sie hielt das ganze Menschengeschlecht für entwürdiget.</p> - -<p>Dein Vater, von dem Reize ihrer blendenden Schönheit hingerissen, -warb um ihre Hand; er ward von allen seinen Freunden gewarnt; allein -der joviale Mann hielt ihre Kälte für Tiefe des Gemüths; ihre -Zurückgezogenheit für Folge ihrer bisher eingeschränkten Lebensweise; -ihre Bitterkeit, für Witz. Sie gab ihm ihre Hand ohne Liebe; sie gab -sie ihm, weil es unsere Aeltern wünschten, weil sie jede ihrer Wünsche -als unwiderrufliches Gesetz ansah, und weil sie jede ihrer Pflichten -mit einer Strenge gegen sich selbst erfüllte, die an Märtyrerwahn -gränzte. Es that ihr wohl, sich dem älterlichen Willen zum Opfer -zu bringen; ihr Leben hatte, nach ihrer trüben Ansicht, doch nun -wenigstens <em class="gesperrt">einen</em> Zweck gehabt.</p> - -<p>Es gibt, für den Mann von Gefühl, kein entsetzlicheres Loos unter dem -Monde, als mit einer Gattinn verbunden zu seyn, die ihm, aus mehreren -bewegenden Nebenumständen, nur nicht aus dem Drange ihres Herzens, -ihre Hand gegeben. Antoinette erkannte alle Bemühungen<span class="pagenum"><a name="Seite_187" id="Seite_187">[S. 187]</a></span> Deines Vaters, -ihr das Leben angenehm zu machen, sich in ihre unermüdlichen Launen -zu fügen, und ihr Beweise seines herzlichsten Wohlwollens, seiner -innigsten Liebe zu geben, an; aber sie konnte ihm dafür nichts, als -bloßen Dank wiedergeben; sie haßte sich darüber selbst; sie klagte, in -jedem ihrer Briefe, sich deßhalb selber an; die engelgleiche Schonung, -mit der Dein Vater ihr zurückstoßendes Benehmen trug, und gegen andere -sogar entschuldigte, drückte sie noch tiefer nieder; sie setzte sich -in ihren schwermüthigen Selbstbetrachtungen zusammen, daß sie ihm und -andern eine Last sey, und zerfiel so mit dem innern Glauben an sich -und ihren Werth immer mehr. Eine sonderbare Frömmelei, der sie sich, -nach ihren Briefen, besonders in der spätern Zeit, hingegeben zu haben, -und in der sie, wie aus mehreren ihrer Aeußerungen hervorging, von -einem dortigen mit ihr befreundetem Hause, bestärkt zu werden schien, -dämpfte ihre zuweilen rege werdenden Bemühungen, sich aus sich selbst -heraus zu reißen, noch mehr. Sie hielt jede Widerwärtigkeit für eine -ausdrückliche Schickung Gottes, welcher die züchtige, die er lieb -habe, und fügte sich zur<span class="pagenum"><a name="Seite_188" id="Seite_188">[S. 188]</a></span> Duldsamkeit der strengsten Büßerinnen unsrer -christlichen Vorzeit. Ewig und ewig wühlte aber das Andenken an die -Wehthat des Meineidigen, in ihrem tausendfach zerrissenen Herzen. Ach -könnten die Männer das Unermeßliche der Liebe ahnen, das im keuschen -Busen der Jungfrau so allmächtig wogt, sie würden die ungeheure Qual -verstehen, die eine solche Liebe leidet, wenn sie betrogen wird! -Verdamme nicht Deine unglückliche Mutter, wenn sie, — diese brennende -Qual mehr denn zwanzig Jahre im gewaltsam verschlossenen Herzen, in -der Stunde des ersehnten Todes, Alonso erkennend, — den wortbrüchigen -Vater verfluchte! Es liegt in diesem Fluche etwas so schauderhaft -Gräßliches, daß mir die Sinne vergingen, als ich ihn las. Hörten ihn -doch alle, die sich eines gleichen Verbrechens schuldig wissen!</p> - -<p>Deine Briefe, meine Hulda, bestimmten mich zu einer Reise nach Mexiko. -Nach meiner festen Ueberzeugung galten die grausenden Verwünschungen -der Sterbenden nicht dem schuldlosen Sohne, sondern der Sünde des -Vaters. Alonso’s Aehnlichkeit mit diesem hatte der Unglücklichen, die -auf der furchtbaren Schauer<span class="pagenum"><a name="Seite_189" id="Seite_189">[S. 189]</a></span>brücke zwischen dieß und jenseits stand, wo -alle Sehnen, alle Nerven, alle Fibern im Kampfe mit dem wüthenden Tode, -bis zum Zerspringen gereizt, wo ihre Sinne krampfhaft zerrüttet, wo die -unsichtbaren Bande zwischen Seele und Körper, von der erbarmunglosen -Parze schon halb zerschnitten waren, jene Aehnlichkeit, sage ich, hatte -in diesem entsetzlichen Augenblicke, ihrer verworrenen Phantasie das -Bild des Treulosen wie mit einem Zauberschlage vorgeführt; dem Jahre -lang, unter der Gewalt der Vernunft erlegenen Herzen entstürzte fest -das bitterste aller Gifte, das Gift gekränkter Liebe. Das Recht, was -sie sich anmaßte, den Vater im Sohne noch zu hassen, ist ein Beweis -ihres Wahnsinns mehr. Ihr frommer Geist war schon von ihr gewichen; -diese Aeußerung war nur die letzte Zuckung ihres verblutenden Herzens. -Nur einen lichten Augenblick hätte sie noch haben dürfen, nur der -ernsten Zusprache eines verständigen Freundes hätte es bedurft, und -jene unseligen Worte wären über ihre Lippen nicht gekommen, oder von -ihr, mit ihrem milden christlichen Sinne, widerrufen worden.</p> - -<p>Im Plane der Vorsehung hat es anders<span class="pagenum"><a name="Seite_190" id="Seite_190">[S. 190]</a></span> gelegen! Jene Sünde des Vaters -hat den schuldlosen Sohn zum Opfer gefordert.</p> - -<p>Bereite Dich vor, meine Hulda, das Schmerzlichste zu hören.</p> - -<p>Ein Schwarzer empfing mich und meinen Gatten in Alonso’s fürstlichem -Palaste.</p> - -<p>Auf unsere Frage nach seinem Herrn, brach der Mann in sanfte Thränen -aus. Nur zu seiner Ruhestätte kann ich Euch geleiten, entgegnete er, -mein edler Herr ist todt!</p> - -<p>Hulda, halte fest an Gott und seinen Glauben! Alonso ist in der Blüthe -seines Lebens, in des Todes kalte Arme gesunken.</p> - -<p>Wenige Tage nach seiner Abfahrt aus Euerm Hafen, hatte ihn, wie der -Neger erzählte, ein hitziges Fieber befallen. Der Steuermann, der -Bootsmann, der Guardian, alle bitten ihn, zurückzukehren; er aber -besteht auf der Fortsetzung der Fahrt; nach zwei langen Monaten fängt -die Kraft des Rüstigen endlich an, sich allmählig wieder zu regen; -alles preis’t Gott, der ihn, ohne ärztliche Hülfe wieder genesen ließ; -nur ihm macht die Rückkehr in das Leben keine Freude; er, sonst der -Lebendigste, der Heiterste auf dem Schiffe, sitzt in sich gekehrt<span class="pagenum"><a name="Seite_191" id="Seite_191">[S. 191]</a></span> -und still, mit dem Gesichte nach Europa gewendet; spricht kein Wort, -ist weich wie ein Kind, und hat oft heiße Thränen im Auge. Der Pilot, -ein verständiger Mann, naht sich ihm mit bescheidener Frage nach der -Ursache seines Kummers, glaubt, daß er körperlich leide, und bitter, -seinen Cours auf die zunächst liegende Insel richten zu dürfen, um da -für seine Gesundheit besser sorgen zu können; Alonso aber reicht ihm -freundlich dankend die Hand, bittet, die Fahrt nach Vera-Cruz möglichst -zu beschleunigen, behauptet, daß ihm auf dieser Welt Niemand helfen -könne, setzt späterhin sein Testament auf, und übergibt es, für den -Fall seines Todes auf der See, gedachten drei Schiffsoffizieren mit den -gewöhnlichen Förmlichkeiten.</p> - -<p>Ein anhaltender, sehr bedeutender Sturm, der das Schiff mehrere -hundert Meilen verschlägt, und die angreifendsten Anstrengungen -nöthig macht, deren sich Alonso, um die Mannschaft zu retten, Tag und -Nacht unterzieht, bewirken in seiner Krankheit einen gefährlichen -Rückfall. Seine Kräfte schwinden immer mehr, und nur mit Mühe gelingt -es ihm, kaum noch lebend nach einer höchst mühvollen Fahrt, im Hafen<span class="pagenum"><a name="Seite_192" id="Seite_192">[S. 192]</a></span> -von Vera-Cruz, endlich an das Land zu setzen. Man bringt ihn in das -benachbarte Xalappa<a name="FNAnker_53_53" id="FNAnker_53_53"></a><a href="#Fussnote_53_53" class="fnanchor">[53]</a>, das eine gesündere und angenehmere Lage hat, -als Vera-Cruz selbst; allein er dringt darauf, nach Mexiko geschafft zu -werden; die erdrückende Hitze auf den Dünen<a name="FNAnker_54_54" id="FNAnker_54_54"></a><a href="#Fussnote_54_54" class="fnanchor">[54]</a>, über die ihn, in einem -Ruhebette, seine treuen Sclaven tragen, verschlimmert seine Krankheit, -und kaum in Mexiko angelangt, verscheidet er nach kurzem Leiden.</p> - -<p>Sein letztes Wort war Dein Name, meine unglückliche Hulda. An Dich -sind die Zeilen gerichtet, die er am Bord der Antoinette geschrieben, -und unter Deiner Adresse versiegelt hinterlassen hat, und die mir, da -ich mich als Deiner Mutter Schwester auswies, zur Weiterbeförderung -an Dich, ausgehändigt worden sind. Alonso muß ein sehr edler Mensch -gewesen seyn.<span class="pagenum"><a name="Seite_193" id="Seite_193">[S. 193]</a></span> Er hat im Testamente seinen sämmtlichen Sclaven die -Freiheit geschenkt, und sie mit Mitteln zur Rückkehr in ihre Heimath -versehen. Ganz Mexiko rühmt ihn, als ein Muster von Sittenreinheit; der -Ruf seiner Tugend, seiner Kenntnisse und seines Wandels hat ihm die -Liebe und Achtung der ganzen Stadt gewonnen, und ein recht rührender -Beweis der zarten Anhänglichkeit seiner Umgebungen war, daß uns alle -Personen im Hause, als wir nach seinem Grabmal wandelten, schweigend -Hand und Fuß küßten, als wollten sie uns für die letzte Ehre danken, -die wir ihrem angebeteten Herrn erwiesen. Das Monument, unter dem seine -Hülle ruht, ist ein einfacher Würfel von weißlich grauem, sehr schön -geschliffenen Granit. Es liegt unfern der Stadt, auf dem Hügel von -Toatihuacan, zwischen den majestätischen Trümmern der, den indischen -Göttern, dem Monde und der Sonne, geweihten Pyramiden, in der Mitte -eines heiligen Palmenhains, rings umgeben von einem Kranze frisch -gepflanzter brennender Liebe. Wir knieten, vom Dunkel der stillen -Friedens-Palmen umschattet, am Grabe nieder, und beteten für Alonso und -für Dich. —</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_194" id="Seite_194">[S. 194]</a></span></p> - -<p>Alonso’s mit schwacher Hand geschriebene Zeilen lauten also:</p> - -<p>Meine ewig einzige Hulda! Nur, wenn ich hinüber gegangen bin in die -Gefilde der Seligen, empfängst Du dieses Blatt. Ruht Dein Auge also -darauf, so bin ich schon drüben in dem Lande des Friedens, in dem keine -Täuschung mehr gilt, in dem nur die Wahrheit und das Recht dem Throne -des Allmächtigen zur Seite stehen.</p> - -<p>Ich habe eine schwere Krankheit überstanden; meine Leute glauben -mich genesen, aber ich fühle, daß meiner Stunden nur wenige noch -sind. Erinnert an meine Sterblichkeit, habe ich meinen letzten Willen -aufgesetzt, Kraft dessen Du die alleinige Erbinn dessen bist, was die -Menschen zeitliches Glück nennen. Danke mir dafür nicht, denn es war -seit dem Augenblicke, als Du mir Deine Hand gabst, ja schon Dein. Das -Testament selbst, das gleich nach meiner Landung unserm Alcalde Mayor -wird eingehändigt werden, bedarf, nach unserm Gesetz, die Bestätigung -des Vicekönigs, für deren Bewirkung die nöthige Sorge getragen werden -soll.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_195" id="Seite_195">[S. 195]</a></span></p> - -<p>Ich mag und kann nicht mehr leben. Ohne Dich, meine angebetete Hulda, -hat die ganze Welt keinen Werth für mich. Zwischen uns hat sich der -Fluch der sterbenden Mutter, wie ein glühender Markstein gestellt. Der -Geächtete, der Verfluchte konnte Dir nie seine Hand bieten! Es ist -mir gewesen, als wäre mein Gehirn aus dem Schädel gebrannt, denn ich -habe den Gedanken, Dich, Dich meine Hulda, auf diese Weise aufgeben zu -müssen, nicht fassen können.</p> - -<p>Im Wahnwitz des hitzigen Fiebers, an dem ich krank lag, war mir am -wohlsten. Da hielt ich Dich noch für mein; da spann ich mir die -Sekunde, die ich mit Dir lebte, zu Tagen aus; jedes Wort, jeder Blick, -jedes Lächeln von Dir, Du alleiniger Engel meines Lebens, war mir -gegenwärtig, und in meiner glücklichen Einsamkeit störte mich nichts, -als das Toben der Wellen, die sich an den Seiten meines Dreimasters -schäumend brachen. Ich sprach, ich kos’te mit Dir; ich sog aus Deinen -Augen, von Deinen Lippen, aus Deinen tausendfachen Reizen das Süßeste -der Liebe.</p> - -<p>Nach und nach verflogen meine Fieber<span class="pagenum"><a name="Seite_196" id="Seite_196">[S. 196]</a></span>träume; ich kehrte in das -schauerkalte, der Verzweiflung heimgefallene Leben zurück, und bin -unterdessen tausend Meilen von Dir weggekommen. Sonst, Du in diesen -meinen Armen, an dieser meiner Brust! — jetzt — ein halbes Weltmeer -zwischen uns! — Ich sehe und sehe, aber mitten auf dem unermeßlichen -Ozean erspähe ich nichts, als Himmel und Wasser, Dunst und Nebel; dieß -armselige Gewand unsers ganzen Erdballs begränzt mir den Blick nach -Deinen Küsten, und meine Einsamkeit ist fürchterlich, weil sie ewig -ist. Ich kann mit glühender Sehnsucht hinabblicken in den Abgrund des -Meeres, denn nur mit meinem Tode hört mein Unglück auf.</p> - -<p>Jenseits sollen die in Gott Entschlafenen sich wieder finden! Hast -Du dieß Blatt in Deinen Händen, so habe ich, wenn jene wohlthuende -Hoffnung des himmlischen Wiedersehens kein leeres Trostwort unsers -Glaubens ist, und Deine Mutter unterdessen den letzten Todeskampf auch -überstanden hat, sie gefunden, und bin von ihr jener Unheil bringenden -Verwünschung entlastet worden. Ich bin dann rein von aller Sünde, auch -von der, die aus falscher Ansicht<span class="pagenum"><a name="Seite_197" id="Seite_197">[S. 197]</a></span> mir aufgebürdet wurde, und Du kannst -und darfst an mich denken, ohne mit Deinem engelreinen Herzen Dich -meiner zu schämen!</p> - -<p>Weine um mich nicht, Hulda. Ich fürchte den Tod nicht, und wenn Du -diese Zeilen liesest, habe ich ja den letzten Kampf schon glücklich -gekämpft. Die Trennung von Dir, meine einzige geliebte Hulda, war mir -wahrhaftig schwerer, als mir die vom Leben werden kann. Nun Du mir -fehlst, fehlt mir alles. Athemholen und Essen und Trinken heißt noch -nicht Leben. Ehe ich Dich kannte, liebte ich neben Gott meinem Herrn, -meiner Neger sanfte Gottheiten, den Mond und die Sonne. Seit Dich mein -Auge sah, vergaß ich beide, denn beide, die alles belebende Kraft der -Sonne, und die stille Milde des freundlichen Mondes, fand ich in Dir -wieder. Nun ich Dich nicht mehr sehen kann, mag ich auch die Götter -meiner Neger nicht; nur nach des Grabes Dunkel sehnt sich mein müdes -Herz.</p> - -<p>Lebe wohl, meine Treugeliebte! behalte die Ueberzeugung fest, daß der -Fluch Deiner Mutter mich unschuldig traf. Du warst meine erste, meine -einzige Liebe. Schuldlos wie das Kind,<span class="pagenum"><a name="Seite_198" id="Seite_198">[S. 198]</a></span> das in der frühesten Jugend -der himmlische Vater zu sich ruft, scheide ich aus diesem Leben. Die -Gluth der Liebe, die von Deinen zauberischen Reizen angefacht, in -meinem Herzen mit Riesengewalt empor loderte, sie soll nur im engen -finstern Grabe, oder wenn ich auf der See noch sterbe, nur in der -unergründlichen Tiefe des großen Weltmeeres erkalten. — Dir meine -Hulda — das Laster des Neides ist dem Sterbenden fremd — Dir gebe -ich Dein Gelöbniß der Treue hiermit feierlich zurück. Findest Du einen -Mann Deiner Liebe werth, so reiche ihm Deine Hand, und sey mit ihm -glücklich. Vergiß meiner nie, und bete für das Heil meiner Seele.</p> - -<p>Weiter hatte Alonso, vermuthlich wegen Körperschwäche, nicht schreiben -können; die letzten Worte waren ohnehin schon fast ganz unleserlich. -Hulda reichte leichenbleich die Blätter dem Vater. Sie war vom Schreck -so durchbebt, daß sie kein Wort sprechen konnte; ein Schauer jagte nach -dem andern ihr durch Mark und Blut, sie zitterte an allen Gliedern, und -das starre Auge netzte keine Thräne.</p> - -<p>Ich konnte, sagte sie endlich nach langer<span class="pagenum"><a name="Seite_199" id="Seite_199">[S. 199]</a></span> Weile, ihre -Leichtgläubigkeit sich selbst verweisend, mit erschütternder Kälte: ich -konnte noch hoffen, und die Mutter hatte mir in jenem Wolkenbilde doch -schon seinen Grabstein gezeigt! Weißlich grau war damals das Gestein, -und daß jener schreckliche Spiegel meiner Zukunft nicht lüge, schleifen -sie den Würfel, der auf seinem Grabe ruht, von weißlich grauem Granit!</p> - -<p>Mehr sprach sie keine Sylbe; sie ging, wie im Traume, nach dem -Garten-Saal, und trat auf den Balkon. Da erst, als sie in die Gegend -hinschaute, in die er gesegelt war, ohne je wieder zurückzukommen, trat -ihr das Wasser in die Augen, da erst fand das schwer belastete Herz -Erleichterung durch sanfte Thränen.</p> - -<p>Ich will, sagte sie, und reichte dem Vater wehmüthig die Hand: mit der -Vorsehung nicht hadern; ich will nicht murren! aber womit habe ich -dieses entsetzliche Loos verdient? Was habe ich gegen den Allgerechten -verbrochen, daß ich dieser Strafe werth wäre? Für meinen Verlust ist -hienieden kein Ersatz denkbar; mißbillige daher, mein armer Vater, -mißbillige es nicht, wenn ich meinen Gott im Himmel bitte, mich bald -von hier abzurufen. Drüben<span class="pagenum"><a name="Seite_200" id="Seite_200">[S. 200]</a></span> soll ich ihn ja wieder sehen, dort darf -ich ihn ja lieben. Einen Vortheil, ja einen habe ich aus meinem -unermeßlichen Unglück gerettet, den Vortheil des leichten Todes. -Die letzte Stunde dieses freudenleeren Lebens — wann schlägt sie -mir? Andere schaudern ihr entgegen, mir ist sie das Einzige, wornach -ich mich hier noch sehne. Allgütiger, ende bald mit mir. Sie sah -noch einmal über das Meer hinüber, sie lispelte leise: Mein Alonso, -schlummere im Schatten Deiner Friedenspalmen sanft und ruhig. Deine -brennende Liebe nehme ich mit in meine Gruft. Noch einen Blick — es -war der letzte — warf sie rund um auf Land und Meer, verließ, sanft -weinend, ihren Lieblingsplatz, den Balkon, und hat ihn nie wieder -betreten.</p> - -<p>Denselben Abend noch — dieß zarte Gemüth konnte die ungeheure Last -eines solchen Schmerzes nicht lange ertragen, der Gram zerfraß diese -noch nicht einmal ganz entfaltete Blüthenknospe mit eiliger Gier — -denselben Abend noch mußte sich Hulda legen; sie sandte nach Gustchen -und deren Bräutigam; sie fühlte das allmählige Verrinnen ihrer -Lebenskraft, und<span class="pagenum"><a name="Seite_201" id="Seite_201">[S. 201]</a></span> freute sich der Gewißheit dieses Gefühls. Sie sandte -zu der Familie, die durch heuchlerische Frömmelei Einfluß auf die -Mutter gehabt, und dadurch wohl manches Unheil gestiftet hatte, und -ließ ihr sagen, daß sie ohne Groll von hinnen scheide; sie ordnete ihr -Begräbniß an, und bat um das heilige Abendmahl.</p> - -<p>Es war Mitternacht, als der Prediger, der nämliche, der Hulda getauft, -der sie confirmirt hatte, und der von ihr im Stillen schon bestimmt -gewesen war, den Bund ihrer Liebe mit Alonso vor dem Traualtar -einzusegnen, an ihr Lager trat, um ihr das letzte Mahl der Liebe und -Versöhnung zu reichen, und der Kirche Segen ihr in das dunkle Reich des -Todes mitzugeben.</p> - -<p>Die Umstehenden knieten an ihrem Bette nieder; sie reichte ihnen allen -die Hand, als wolle sie Abschied von ihnen nehmen, um dann die letzten -Augenblicke ihres Lebens ungestört sich allein zu gehören, und nahm -nun mit unbeschreiblicher Rührung, aus der Hand des Dieners Christi, -eines ehrwürdigen alten Mannes, das Mahl, das der zu seinem Gedächtniß -einsetzte, der den Menschen die<span class="pagenum"><a name="Seite_202" id="Seite_202">[S. 202]</a></span> reinste Liebe und den Leidenden -das höchste Bild der frommen Duldung war, der in der strengsten -Pflichterfüllung unser Aller Meister ist, und der den Sterbenden -seine schützenden Engel mit dem Freudenlichte seines Worts und seiner -Hoffnungen entgegen sendet, daß sie die Gläubigen sicher geleiten durch -das Dunkel der langen Todesnacht.</p> - -<p>Vor dem Hause hob jetzt das Schülerchor, mit gedämpfter Stimme, das -fromme Lied: <em class="gesperrt">Jesus meine Zuversicht</em>, an; der Geistliche segnete -sie zur ewigen Ruhe ein, und noch hatte das Lied nicht geendiget, als -Hulda, des Lebens müde, ihr Haupt neigte, und lautlos, ohne Schmerz und -ohne Klage hinüber schlummerte in das Reich der Seligen. — Noch ein -leiser Seufzer, und die Engelreine hatte vollendet.</p> - -<p>Die Glocken der Stadt schlugen Eins. <em class="gesperrt">Ihr</em> dämmerte der Morgen der -ewigen Verklärung.</p> - -<p>Auguste, ihre treueste Freundinn, drückte ihr die Augen zu — Alonso’s -letztes Andenken, die brennende Liebe schmückte Hulda’s Brust im Sarge.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_203" id="Seite_203">[S. 203]</a></span></p> - -<p>Auch ihr Grab deckt ein großer Würfel von geschliffenem Granit; statt -der nur in Alonso’s Heimath, im Freien gedeihenden Palmen, beschatten -Trauerweiden ihre Gruft. —</p> - -<p>Sie ruhe in Frieden!</p> - -<hr class="tb" /> - -<p>Uns allen aber einst solch einen sanften Tod.</p> - -<hr class="r65" /> - -<p class="center break-before">Gedruckt in der Gerlachischen Buchdruckerei.</p> - -<hr class="full" /> - -<div class="reklame"> - -<div class="chapter padtop3"> - -<p class="p0"><span class="initial">B</span>ei der <em class="gesperrt">Arnoldischen</em> Buchhandlung in Dresden sind folgende -schöngeistige Schriften erschienen und um die beigesetzten Preise -durch alle Buchhandlungen zu bekommen:</p> - -</div> - -<p class="p0">Abendzeitung, herausgegeben von Th. Hell u. Fr. Kind, -auf das Jahr 1817. 6 Thlr. 1818. 6 Thlr. 1819. 6 Thlr. 1820. -6 Thlr. 1822. 6 Thlr. 1823. 9 Thlr.</p> - -<p class="p0">A. Apel, die Aitolier. Tragödie m. K. 1 Thlr.<br /> -— —   Kunz von Kauffung. Trauerspiel. 20 Gr.</p> - -<p class="p0">Das Gespenst. Drei Erzählungen von Fr. Laun, Fr. Kind und -G. Schilling. 1 Thlr. 6 gl.</p> - -<p class="p0">Der Mantel. Drei Erzählungen v. Fr. Laun, K. Streckfuß und G. -Schilling. 1 Thlr. 6 gl.</p> - -<p class="p0">Ich und meine Frau. Drei Erzählungen von Fr. Laun, W. A. Lindau -und G. Schilling. 1 Thlr. 6 gl.</p> - -<p class="p0">H. Clauren. Lustspiele. 2 Thle. 1818. 2 Thlr. 6 gl.<br /> -—   —   Scherz und Ernst. 10 Theile. 10 Thlr.<br /> -—   —   des Lebens Höchstes ist die Liebe. 2 Thle. 1822. 2 Thlr.<br /> -—   —   Das Pfänderspiel. 1820. 1 Thlr. 6 gl.<br /> -—   —   Der Vorposten. Schauspiel. 1821. 16 gl.<br /> -—   —   Das Vogelschießen. Lustspiel. 1822. 21 gl.<br /> -—   —   Der Liebe reinstes Opfer. 1821. 18 gl.<br /> -—   —   Rangsucht und Wahnglaube. 1821. 22 gl.<br /> -—   —   Liesli und Elsi, zwei Schweizergeschichten. 1821. geb.1 Thlr. 8 gl.<br /> -—   —   Das Schlachtschwert. Eine Erzählung. 1821. 18 gl.</p> - -<p class="p0">C. W. Contessa. Erzählungen. 2 Theile. 1819. 2 Thlr.</p> - -<p class="p0">Th. Hell, Bühne der Ausländer. 3 Bde. 3 Thlr. 6 gl.<br /> -— —  Lyratöne. 2 Thle. m. K. 1821. 2 Thlr.</p> - -<p class="p0">E. v. Houwald, Erzählungen. 1819. 1 Thlr. 4 gl.</p> - -<p class="p0">Fr. Laun, der wilde Jäger. 1820. 1 Thlr. 6 gl.<br /> -—  —   Welcher? Drei Erzählungen verwandten Inhalts. 1821. -1 Thlr. 3 gl.</p> - -<p class="p0">W. A. Lindau, Lebensbilder. 2 Thle. 1816. 1 Thlr. 12 gl.<br /> -—  —  —   Die Braut. Ein Gemälde nach W. -Scott. 3 Thle. 1822. 2te Aufl. 3 Thlr.<br /> -—  —  —   Eduard, nach Walter Scott. 4 -Thle. 1822. 4 Thlr. 18 gl.<br /> -—  —  —   Das Herz von Mid-Lothian, nach W. -Scott, 1r, 2r Thl. 1822. 2 Thlr.<br /> -—  —  —   Erzählungen nach Washington -Irwing, a. d. Engl. 1822. 21 gl.<br /> -—  —  —   Anastasius, Abenteuer eines -Griechen. Nach dem Engl. 2 Thle. 1822. 2 Thlr. 16 gl.<br /> -          dessen 3r Theil. 1823.1 Thlr. 8 gl.</p> - -<p class="p0">R. Roos. Gedichte. 1820. 1 Thlr.<br /> -               deren 2r Theil. 1823. 1 Thlr. 3 gl.<br /> -—  —   Erzählungen. 1820. 1 Thlr. 3 gl.</p> - -<p class="p0">Salomon, Parabeln. 1819. 1 Thlr.</p> - -<p class="p0">St. Schütze, Heitere Stunden, 1r Theil. 1821. 1 Thlr. 3 gl.<br /> -         deren 2r Thl. 1822. 1 Thlr. 3 gl.</p> - -<p class="p0">K. Streckfuß, Erzählungen. 1812. 1 Thlr.</p> - -<p class="p0">Taillefas, Schreckensscenen aus dem Norden. 1820. 1 Thlr.</p> - -<p class="p0">C. F. van der Velde, Erzstufen. 3 Thle. 1819. 2 Thlr. 18 gl.<br /> -— — — —  Prinz Friedrich. 1820. 1 Thlr. 12 gl.<br /> -— — — —  Die Eroberung von Mexiko, 3 Thle. 1821. 3 Thlr.<br /> -— — — —  Der Maltheser. 1822. 1 Thlr. 12 gl.<br /> -— — — —  Die Lichtensteiner. 1822. 1 Thlr.<br /> -— — — —  Die Wiedertäufer. 1822. 1 Thlr. 3 gl.<br /> -— — — —  Die Patrizier. 1823.<br /> -— — — —  Arwed Gyllnstierna. 2 Theile 1823.</p> - -<p class="p0">Die erste Sammlung der Schriften von Gustav Schilling besteht -aus 50 Bänden, welche im Ladenpreise 50 Thlr. kosten. Um aber -den Freunden einer neuen Sammlung den Ankauf der frühern zu -erleichtern, geben wir solche für 33 Thlr. Sächs. Cour., wofür sie -durch alle solide Buchhandlungen zu erlangen ist.</p> - -<p class="p0">Es sind in jener Sammlung enthalten: 1) das Weib wie es ist. 3te -verb. Aufl. 2. 3. 4.) Die Ignoranten. 3 Thle. 3te verb. Aufl. 5. -6. 7. 8.) Der Liebesdienst. 3 Thle. 9. 10.) Die schöne Sibille. 2 -Thle. 3te verb. Aufl. 11.) Bagatellen v. Z. Kukuck. 2te verb. Aufl. -12. 13. 14. 15.) Erzählungen. 4 Thle. 16. 17. 18.) Geschichten. 3 -Thle. 19. 20. 21.) Irrlichter. 3 Thle. 22. 23.) Abendgenossen. 2 -Thle. 2te verb. Aufl. 24.) Das Orakel. 25. 26.) Laura im Bade. 2 -Thle. 27.) Der Beichtvater. 2te aus 2 in 1 Bd. gedrängte Aufl. 31.) -Die Wunderapotheke. 32.) Der Weihnachtabend. 2te verb. Aufl. 33.) -Die Neuntödter. 34.) Die Geister des Erzgebirges. 35. 36.) Flocken. -2 Thle. 37. 38.) Gottholds Abenteuer. 2 Thle. 2te verb. Aufl. 39.) -Wallmann der Schütze. 40.) Die Nachwehen. 41.) Freudengeister. 42.) -Die Bedrängten. 43. 44.) Der Roman im Romane. 2 Thle. 2te verb. -Aufl. 45.) Die Heimsuchung. 46.) Blätter aus dem Buche der Vorzeit. -47.) Orangen. 2te aus 2 in 1 Bd. gedrängte Aufl. 48.) Flämmchen. -49.) Die Versucherinnen. 2te verb. Aufl. 50.) Das Teufelshäuschen.</p> - -<p class="p0">Die zweite Sammlung erscheint in Lieferungen zu 5 Bänden, welche im -Ladenpreise 5 Thlr., gegen Vorausbezahlung aber nur 4 Thlr. kosten.</p> - -<p class="p0">In der ersten Lieferung sind enthalten: 1.) Der Mann wie er ist. -2te verb. Aufl. 2. 3. 4.) Verkümmerung. 3 Thle. 5.) Heimchen. 6. -7.) Stoffe. 2 Theile. 8. 9. 10.) Die Familie Bürger. 3 Theile 1820.</p> - -<p class="p0">In der zweiten: 6. 7.) Stoffe. 2 Thle. 8. 9. 10.) Die Familie -Bürger. 3 Thle.</p> - -<p class="p0">In der dritten sind enthalten: 11. 12. 13.) Wallows Töchter. 3 Thle. -1821. 3 Thlr. 6 gr. 14. 15.) Zeichnungen. 2 Thle. 1 Thlr. 18 gl.</p> - -<p class="p0">In der vierten: 16. 17.) Wolfgang. 2 Thle. 2 Thlr. 6 gr. 18. 19. -20.) Häusliche Bilder. 3 Theile. 1822. 2 Thlr. 18 gr.</p> - -<p class="s4 mtop2 right">Arnoldische Buchhandlung.</p> - -</div> - -<hr class="full" /> - -<div class="chapter"> - -<div class="footnotes"> - -<p class="s2 center">FUSSNOTEN:</p> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_1_1" id="Fussnote_1_1"></a><a href="#FNAnker_1_1"><span class="label">[1]</span></a> Eine Art großer Heidelbeeren (<span class="antiqua">vaccinium macro -carcon</span>) in der Gegend von Buffalo-Creek zu Hause.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_2_2" id="Fussnote_2_2"></a><a href="#FNAnker_2_2"><span class="label">[2]</span></a> Die nördlichste Niederlassung der Herrnhuter in Grönland -72° 82, N. B.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_3_3" id="Fussnote_3_3"></a><a href="#FNAnker_3_3"><span class="label">[3]</span></a> Eigentlich sagt der Seemann nicht Mastkorb, sondern Mars. -Da indessen nur wenige Leser der Schiffssprache dürften kundig seyn, -glaubte ich den ersteren, ihnen bekannteren Ausdruck beibehalten zu -müssen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_4_4" id="Fussnote_4_4"></a><a href="#FNAnker_4_4"><span class="label">[4]</span></a> Bei großen Kauffahrern von 500 Lasten, (zwanzigtausend -Centnern) hat der Mastbaum gewöhnlich eine Länge von 110 Fuß.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_5_5" id="Fussnote_5_5"></a><a href="#FNAnker_5_5"><span class="label">[5]</span></a> Dieß heißt, etliche von den Segeln backbrassen und andere -beiprassen, so daß sie unter einander eine entgegengesetzte Richtung -haben, und das Schiff beinahe auf einer Stelle liegen bleibt.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_6_6" id="Fussnote_6_6"></a><a href="#FNAnker_6_6"><span class="label">[6]</span></a> Taschen heißen die drei Fuß breiten Gallerien, die an den -Seiten des Schiffes nach dem Hintertheile zu, angebracht werden.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_7_7" id="Fussnote_7_7"></a><a href="#FNAnker_7_7"><span class="label">[7]</span></a> Dieß ist das Zeichen, durch welches ein segelfertiges -Schiff, den am Lande befindlichen Passagieren zu verstehen gibt, sich -baldigst an Bord zu verfügen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_8_8" id="Fussnote_8_8"></a><a href="#FNAnker_8_8"><span class="label">[8]</span></a> Die Flagge niederlassen, oder die Flagge streichen, ist -der seemännische ehrfurchtvollste Bückling.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_9_9" id="Fussnote_9_9"></a><a href="#FNAnker_9_9"><span class="label">[9]</span></a> Gissing ist die muthmaßliche Berechnung der Stellen, auf -der sich das Schiff in See befindet, ohne Sonne und Sterne beobachten -zu können.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_10_10" id="Fussnote_10_10"></a><a href="#FNAnker_10_10"><span class="label">[10]</span></a> Ein falscher Cours mit Schneckenlinien.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_11_11" id="Fussnote_11_11"></a><a href="#FNAnker_11_11"><span class="label">[11]</span></a> Ein Stück Bonnetsegel mit Werg benäht und mit Asche -bestreut, mit dem man an der äußern Seite des Schiffs die schadhafte -Stelle unter dem Wasser bedeckt.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_12_12" id="Fussnote_12_12"></a><a href="#FNAnker_12_12"><span class="label">[12]</span></a> Haben in Seeschlachten die Seiten des Schiffes, durch -Kanonenkugeln lecke Stellen bekommen, so werden letztere durch Pfropfen -von Holz, mit Werg umzogen, verstopft.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_13_13" id="Fussnote_13_13"></a><a href="#FNAnker_13_13"><span class="label">[13]</span></a> Ein gemauerter Raum im Hafen, zum Ausbessern leck -gewordener Schiffe.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_14_14" id="Fussnote_14_14"></a><a href="#FNAnker_14_14"><span class="label">[14]</span></a> Klar nennt man das Tauwerk, wenn es unverworren, nicht -verwickelt ist, den Anker aber, wenn er dergestalt in Ordnung liegt, -daß man alsbald die Parturlinie losmachen, und den Anker fallen lassen -kann, auf daß er Grund fasse.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_15_15" id="Fussnote_15_15"></a><a href="#FNAnker_15_15"><span class="label">[15]</span></a> Im Spanischen das, was auf andern Schiffen der Bottelier -heißt; der Aufseher über die Lebensmittel, Magazine.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_16_16" id="Fussnote_16_16"></a><a href="#FNAnker_16_16"><span class="label">[16]</span></a> Schiffslieutenant.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_17_17" id="Fussnote_17_17"></a><a href="#FNAnker_17_17"><span class="label">[17]</span></a> Die platte dreieckige Spitze des Ankerarms.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_18_18" id="Fussnote_18_18"></a><a href="#FNAnker_18_18"><span class="label">[18]</span></a> Seefüßig seyn, heißt, den Seedienst gewohnt seyn, und -selbst beim Schlingern des Schiffes, am Tauwerk auf- und abklettern zu -können.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_19_19" id="Fussnote_19_19"></a><a href="#FNAnker_19_19"><span class="label">[19]</span></a> Die Tiefe und Beschaffenheit des Meergrundes durch das -Loth zu untersuchen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_20_20" id="Fussnote_20_20"></a><a href="#FNAnker_20_20"><span class="label">[20]</span></a> Scharfer Grund besteht aus spitzigen Klippen, und ist -darum dem Kabeltau gefährlich. Die Griechen nannten unser Kabeltau, -Kamelos. Die Stelle im Evangelisten Matth. „<em class="gesperrt">Es ist leichter, daß ein -Kameel durch ein Nadelöhr gehe</em>“, ist daher wohl falsch übersetzt, -und sollte eigentlich heißen: es ist leichter, daß ein Kabeltau (ein -Ankertau) durch ein Nadelöhr gehe etc.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_21_21" id="Fussnote_21_21"></a><a href="#FNAnker_21_21"><span class="label">[21]</span></a> Unbeständiger, aus Triebsand bestehender Grund.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_22_22" id="Fussnote_22_22"></a><a href="#FNAnker_22_22"><span class="label">[22]</span></a> Vor dem Winde segeln heißt, den Wind so hinter sich -haben, daß er gerade in die vollen Segel bläs’t.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_23_23" id="Fussnote_23_23"></a><a href="#FNAnker_23_23"><span class="label">[23]</span></a> Ein bei Seeleuten übliches Sprichwort, welches so viel -sagt, als, das Schiff fährt sich gut.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_24_24" id="Fussnote_24_24"></a><a href="#FNAnker_24_24"><span class="label">[24]</span></a> Eine Art sehr heftiger Wirbelwind.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_25_25" id="Fussnote_25_25"></a><a href="#FNAnker_25_25"><span class="label">[25]</span></a> Ein ungeheurer Eisberg am Nordpol.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_26_26" id="Fussnote_26_26"></a><a href="#FNAnker_26_26"><span class="label">[26]</span></a> Gegohrner Saft von <em class="gesperrt">Agaven</em>, den die mexikanischen -Indianer wegen des leichten Champagner-Rausches, den er bewirkt, -ungemein lieben. Die Franzosen nennen das Getränke <em class="gesperrt">Pulgue de -Maguay</em>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_27_27" id="Fussnote_27_27"></a><a href="#FNAnker_27_27"><span class="label">[27]</span></a> Ein Piaster ist ungefähr 1½ Thaler werth.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_28_28" id="Fussnote_28_28"></a><a href="#FNAnker_28_28"><span class="label">[28]</span></a> Man findet daselbst Stücke reines, gediegenes Gold, von -denen ein einziges 50 Pfund und oft noch mehr, wiegt.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_29_29" id="Fussnote_29_29"></a><a href="#FNAnker_29_29"><span class="label">[29]</span></a> Ein im Seerechte gebräuchliches Wort, das einen Menschen -bezeichnet, der sich durch allerlei Winkelzüge, einen schlechten Namen -gemacht hat.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_30_30" id="Fussnote_30_30"></a><a href="#FNAnker_30_30"><span class="label">[30]</span></a> Die Volcantitos in Goldcastilien.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_31_31" id="Fussnote_31_31"></a><a href="#FNAnker_31_31"><span class="label">[31]</span></a> <span class="antiqua">Anacardium caracoli</span> erreicht gewöhnlich die Höhe -von 350–380 Fuß.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_32_32" id="Fussnote_32_32"></a><a href="#FNAnker_32_32"><span class="label">[32]</span></a> Ein solches Vermögen in der Hand eines Privatmannes -kann nur denen fabelhaft klingen, welche von den, in den Gegenden von -Mexiko, Lima und Peru heimischen Reichthümern keinen Begriff haben. -</p> -<p> -Um ungefähr eine Idee von dem zu geben, was man, in jenem Mutterlande -der Gold- und Silberschätze, Wohlhabenheit nennt, darf ich nur -anführen, daß in der Nationalgarde zu Lima, keiner aufgenommen wird, -welcher nicht ein baares Vermögen von 4 Millionen Piaster (6 Millionen -Thaler) nachweisen kann, und daß dieses respectable Corps, im Jahre -1804, aus 386 Mann bestand.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_33_33" id="Fussnote_33_33"></a><a href="#FNAnker_33_33"><span class="label">[33]</span></a> Unstreitig eine der schönsten Blumen der amerikanischen -Flora.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_34_34" id="Fussnote_34_34"></a><a href="#FNAnker_34_34"><span class="label">[34]</span></a> Im Gouvernement Atacames im obern Peru. Die dortigen -Smaragdgruben sind vielleicht die reichsten der ganzen Welt.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_35_35" id="Fussnote_35_35"></a><a href="#FNAnker_35_35"><span class="label">[35]</span></a> „Fallt auf’s Fallreep.“ Dieß ist eine der größten -Ehrenbezeigungen, zu der die Mannschaft nur beordert wird, wenn sehr -vornehme Personen an Bord eines Schiffs kommen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_36_36" id="Fussnote_36_36"></a><a href="#FNAnker_36_36"><span class="label">[36]</span></a> Das Tau, welches an beiden Seiten der Treppe befindlich -ist, um sich beim Hinaufsteigen daran zu halten.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_37_37" id="Fussnote_37_37"></a><a href="#FNAnker_37_37"><span class="label">[37]</span></a> Am Fallreep befinden sich in einer Entfernung von einem -Fuß, kleine Knöpfe oder Knoten, um sich besser am Tau halten zu können; -man nennt einen solchen Knopf bei manchen Völkern auch Maus, Stegmaus, -bei den Spaniern <span class="antiqua">Barrilete de estay</span>.</p></div> - -<div class="footnote"> -<p><a name="Fussnote_38_38" id="Fussnote_38_38"></a><a href="#FNAnker_38_38"><span class="label">[38]</span></a> -Steuermann<a name="FNAnker_40_41" id="FNAnker_40_41"></a><a href="#Fussnote_40_41" class="fnanchor">*</a></p> -</div> - -<div class="footnote"> -<p><a name="Fussnote_39_39" id="Fussnote_39_39"></a><a href="#FNAnker_39_39"><span class="label">[39]</span></a> -Bootsmann<a name="FNAnker_40_42" id="FNAnker_40_42"></a><a href="#Fussnote_40_41" class="fnanchor">*</a></p> -</div> - -<div class="footnote"> -<p><a name="Fussnote_40_40" id="Fussnote_40_40"></a><a href="#FNAnker_40_40"><span class="label">[40]</span></a> -Schimann<a name="FNAnker_40_43" id="FNAnker_40_43"></a><a href="#Fussnote_40_41" class="fnanchor">*</a></p> -</div> - -<div class="footnote"> -<p><a name="Fussnote_40_41" id="Fussnote_40_41"></a><a href="#FNAnker_40_41"><span class="label">*</span></a>die -nach dem Capitain folgenden Offiziere auf einem Kauffahrteischiffe.</p> -</div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_41_41" id="Fussnote_41_41"></a><a href="#FNAnker_41_41"><span class="label">[41]</span></a> Auch Malte-Brün beurkundet in seinem neuesten Gemälde von -Amerika (Buch 9.) daß die schöne, zu Cortez Zeiten übliche Gewohnheit, -einen Blumenstrauß, als das köstlichste Geschenk anzusehen, das man -einem verehrten Gaste überreichen kann, sich in Mexiko und Guatimala, -noch bis auf den heutigen Tag unter den Indianern erhalten habe.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_42_42" id="Fussnote_42_42"></a><a href="#FNAnker_42_42"><span class="label">[42]</span></a> Bekanntlich verehren die Mexikaner unter diesem Namen -Sonne und Mond, als ihre einzigen Gottheiten.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_43_43" id="Fussnote_43_43"></a><a href="#FNAnker_43_43"><span class="label">[43]</span></a> Hauptspaziergang.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_44_44" id="Fussnote_44_44"></a><a href="#FNAnker_44_44"><span class="label">[44]</span></a> Ein Schiff nennt man rank, das sich, weil es im obern -Raum überladen ist, leicht auf die Seite neigt.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_45_45" id="Fussnote_45_45"></a><a href="#FNAnker_45_45"><span class="label">[45]</span></a> Unweit <span class="antiqua">Santa-Fe</span>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_46_46" id="Fussnote_46_46"></a><a href="#FNAnker_46_46"><span class="label">[46]</span></a> Bananas, und Paradiesfeigenbaum und Pisang, ist ein und -dasselbe. Ein einziger Zweig hat oft 200 Früchte, und wiegt 80–90 -Pfund.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_47_47" id="Fussnote_47_47"></a><a href="#FNAnker_47_47"><span class="label">[47]</span></a> Ich bin mit dem ganzen Schiff zum Abgehen in völliger -Bereitschaft.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_48_48" id="Fussnote_48_48"></a><a href="#FNAnker_48_48"><span class="label">[48]</span></a> Die Kammer in einem Schiffe, welche statt des Kellers und -Speisegewölbes dient.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_49_49" id="Fussnote_49_49"></a><a href="#FNAnker_49_49"><span class="label">[49]</span></a> Die Schiffsküche.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_50_50" id="Fussnote_50_50"></a><a href="#FNAnker_50_50"><span class="label">[50]</span></a> Das auf spanischen Schiffen gewöhnliche Kommando, die -Anker zu lichten.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_51_51" id="Fussnote_51_51"></a><a href="#FNAnker_51_51"><span class="label">[51]</span></a> Der Befehl, die Segel beizusetzen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_52_52" id="Fussnote_52_52"></a><a href="#FNAnker_52_52"><span class="label">[52]</span></a> Einige Stunden von diesem Hafen liegt Lima.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_53_53" id="Fussnote_53_53"></a><a href="#FNAnker_53_53"><span class="label">[53]</span></a> Die bekannte Heilwurzel Jalapa hat von dieser Stadt ihren -Namen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_54_54" id="Fussnote_54_54"></a><a href="#FNAnker_54_54"><span class="label">[54]</span></a> Rings um Vera-Cruz sind die Ebenen mit brennendem -Flugsande bedeckt, der die hier ohnehin heimische Hitze fast -unerträglich macht, und in Verbindung mit dem stehenden Wasser des -<span class="antiqua">Baxio de la Tembladera</span> die hier ewigen Wechselfieber und das -gefährliche <span class="antiqua">Vomito prieto</span> (schwarze Erbrechen) verursacht.</p></div> - -</div> - -</div> - - - - - - - - -<pre> - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Des Vaters Sünde, der Mutter Fluch, by -Heinrich Clauren - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DES VATERS SÜNDE, DER MUTTER FLUCH *** - -***** This file should be named 54353-h.htm or 54353-h.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/4/3/5/54353/ - -Produced by the Online Distributed Proofreading Team at -http://www.pgdp.net (This file was produced from images -generously made available by The Internet Archive) - - -Updated editions will replace the previous one--the old editions -will be renamed. - -Creating the works from public domain print editions means that no -one owns a United States copyright in these works, so the Foundation -(and you!) can copy and distribute it in the United States without -permission and without paying copyright royalties. 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It exists -because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from -people in all walks of life. - -Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need, are critical to reaching Project Gutenberg-tm's -goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. -To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation -and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 -and the Foundation web page at http://www.pglaf.org. - - -Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive -Foundation - -The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit -501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the -state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal -Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification -number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at -http://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent -permitted by U.S. federal laws and your state's laws. - -The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. -Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered -throughout numerous locations. Its business office is located at -809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email -business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact -information can be found at the Foundation's web site and official -page at http://pglaf.org - -For additional contact information: - Dr. Gregory B. Newby - Chief Executive and Director - gbnewby@pglaf.org - - -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. - -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. 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