diff options
| -rw-r--r-- | .gitattributes | 4 | ||||
| -rw-r--r-- | LICENSE.txt | 11 | ||||
| -rw-r--r-- | README.md | 2 | ||||
| -rw-r--r-- | old/54573-0.txt | 8258 | ||||
| -rw-r--r-- | old/54573-0.zip | bin | 189318 -> 0 bytes | |||
| -rw-r--r-- | old/54573-h.zip | bin | 445637 -> 0 bytes | |||
| -rw-r--r-- | old/54573-h/54573-h.htm | 11416 | ||||
| -rw-r--r-- | old/54573-h/images/anzeige.jpg | bin | 148231 -> 0 bytes | |||
| -rw-r--r-- | old/54573-h/images/cover.jpg | bin | 91281 -> 0 bytes |
9 files changed, 17 insertions, 19674 deletions
diff --git a/.gitattributes b/.gitattributes new file mode 100644 index 0000000..d7b82bc --- /dev/null +++ b/.gitattributes @@ -0,0 +1,4 @@ +*.txt text eol=lf +*.htm text eol=lf +*.html text eol=lf +*.md text eol=lf diff --git a/LICENSE.txt b/LICENSE.txt new file mode 100644 index 0000000..6312041 --- /dev/null +++ b/LICENSE.txt @@ -0,0 +1,11 @@ +This eBook, including all associated images, markup, improvements, +metadata, and any other content or labor, has been confirmed to be +in the PUBLIC DOMAIN IN THE UNITED STATES. + +Procedures for determining public domain status are described in +the "Copyright How-To" at https://www.gutenberg.org. + +No investigation has been made concerning possible copyrights in +jurisdictions other than the United States. Anyone seeking to utilize +this eBook outside of the United States should confirm copyright +status under the laws that apply to them. diff --git a/README.md b/README.md new file mode 100644 index 0000000..15e8f02 --- /dev/null +++ b/README.md @@ -0,0 +1,2 @@ +Project Gutenberg (https://www.gutenberg.org) public repository for +eBook #54573 (https://www.gutenberg.org/ebooks/54573) diff --git a/old/54573-0.txt b/old/54573-0.txt deleted file mode 100644 index 39c5b15..0000000 --- a/old/54573-0.txt +++ /dev/null @@ -1,8258 +0,0 @@ -The Project Gutenberg eBook, Lustreise ins Morgenland, Erster Theil (von -2), by Titus Tobler - - -This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most -other parts of the world at no cost and with almost no restrictions -whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of -the Project Gutenberg License included with this eBook or online at -www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - - - - -Title: Lustreise ins Morgenland, Erster Theil (von 2) - - -Author: Titus Tobler - - - -Release Date: April 19, 2017 [eBook #54573] - -Language: German - -Character set encoding: UTF-8 - - -***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK LUSTREISE INS MORGENLAND, ERSTER -THEIL (VON 2)*** - - -E-text prepared by the Online Distributed Proofreading Team -(http://www.pgdp.net) from page images generously made available by the -Google Books Library Project (https://books.google.com) - - - -Note: Images of the original pages are available through - the Google Books Library Project. See - https://books.google.com/books?id=iu4oAAAAYAAJ&hl=en - - Project Gutenberg has the other volume of this work. - Zweiter Theil: see http://www.gutenberg.org/ebooks/54574 - - -Anmerkungen zur Transkription - - Der vorliegende Text wurde anhand der 1839 erschienenen - Buchausgabe so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. - Ungewöhnliche, altertümliche und inkonsistente Schreibweisen - wurden, auch bei Eigennamen, beibehalten, insbesondere wenn - es sich um Übertragungen fremdsprachlicher Begriffe handelt - oder diese im Text mehrfach auftreten. Zeichensetzung und - offensichtliche typographische Fehler wurden stillschweigend - korrigiert. - - Das gesamte Inhaltsverzeichnis beider Bände sowie die Liste - der Verbesserungen befinden sich in der Originalausgabe - lediglich am Ende des zweiten Buches. Der Übersichtlichkeit - halber wurde das Verzeichnis des betreffenden Bandes an dessen - Anfang gestellt, das Inhaltsverzeichnis des jeweils anderen - Bandes dagegen an das Ende des Buches. Die Verbesserungen - erscheinen am Ende des jeweiligen Bandes; diese sind, soweit - sie vom Autor als relevant eingestuft wurden, bereits in das - vorliegende Buch eingearbeitet worden. - - Die Buchversion wurde in Frakturschrift gedruckt. Die von - der Normalschrift abweichenden Schriftschnitte wurden in der - vorliegenden Fassung mit den folgenden Sonderzeichen - gekennzeichnet: - - kursiv: _Unterstriche_ - fett: =Gleichheitszeichen= - gesperrt: +Pluszeichen+ - Antiqua: ~Tilden~ - - - - - - Lustreise ins Morgenland. - - - - - Lustreise - - ins - - Morgenland. - - Unternommen und geschildert - - von - - ~Dr.~ Titus Tobler. - - Erster Theil. - - Zürich, - - bei Orell, Füßli und Compagnie. - 1839. - - - - -Inhalt des ersten Bandes. - - - Seite - - Reise nach Triest 1. - - Mein Aufenthalt auf dem Eilande Lossin oder Ossero 10. - - Fahrt nach Alexandrien 25. - - - =Alexandrien.= - - Lage 58. - - Gebäude 59. - - Krankenhäuser 67. - - Auch das Observazionsspital oder die Observazionshütten 70. - - Die Katakomben und der Pferdestall 78. - - Die Nadeln der +Kleopatra+ und der Flohfänger 80. - - Die Pompejussäule und die Schandsäule 82. - - Die Nachgrabungen 85. - - Leute. Bevölkerung 88. - - Der Ritt zur Beschneidung 91. - - Primarschule 92. - - Die Zeichenschule 93. - - Weiberhändel 95. - - Geld und Geldnoth 97. - - Das Schiff der Wüste 99. - - Anleitung für den Reisenden 100. - - Die Nilfahrt nach Kairo 104. - - - =Kairo.= - - Lage der Stadt, Strich des Himmels und Gesundheitszustand - der Menschen 134. - - Die Stadt nach ihrer Bauart 140. - - Das Schloß, der Jussufsbrunnen und die Grabmale von - Kâyd-Bei 148. - - Das Militärkrankenhaus 155. - - Die Narrenmenagerie 157. - - Die Stadt der Einäugigen und der Blinden 162. - - Das öffentliche Bad 163. - - Wie die Egypzier im sechszehnten Jahrhundert die Bäder - gebrauchten 168. - - Der Sklavenmarkt 173. - - Das Katzenstift 177. - - Gärten 181. - - Die Esbekieh 183. - - Physiologischer und psychologischer Karakter der Einwohner 184. - - Tracht 194. - - Speisen und Getränke 198. - - Kaffeehäuser 204. - - Schneller Justizgang 208. - - Der egyptische Tanz 210. - - Der Brautzug 213. - - Der Leichenzug 216. - - Der Straßensänger 218. - - Der Versteigerer 219. - - Der Barbier 220. - - Der Lagerstellenmacher 221. - - Der Glaser 222. - - Der Schuhmacher 223. - - Der Töpferwaarenflicker 224. - - Die Missionarien 226. - - Die Renegaten 228. - - Müsterchen von Europäern in Egypten, oder ein Porträt - über Kairo aus Europa 230. - - Undank für treue Liebe 233. - - Unter österreichischer Protekzion 235. - - Meine Wohnung 236. - - Meine Nahrung und Getränke 238. - - Umgebung von Kairo: - - Todtenstadt el-Seydeh Omm Kâsim 242. - - Die Wasserleitung 244. - - Altkairo und das armenische Kloster 246. - - Das griechische Kloster und der Altar der h. Frau im - koptischen Kloster 247. - - Der Tempel +A’mrus+ 250. - - Der Garten +Ibrahim-Paschas+ und der Nilometer auf - der Insel Ruda 253. - - Ausflug nach Heliopolis und Abusabel 258. - - Geschichtlicher Rückflug nach Mattarieh 280. - - Abenteuerlicher Ritt nach den Pyramiden von Gizeh 281. - - Wegweiser in und um Kairo 295. - - Rückblick auf Kairo 297. - - Reise durch die Wüste nach El-Arysch 297. - - Die Quarantäne in El-Arysch 321. - - - - -Vorwort. - - -Von manchen Seiten her wurde ich aufgefordert, die Beschreibung meiner -Lustreise in das Morgenland der Presse zu übergeben. Ich hätte es -vielleicht nicht thun sollen, -- ich entsprach der Aufforderung. Wohl -wäre es möglich, daß die Sache allzu leicht genommen würde. Es ist viel -minder schwierig, zu reisen, als eine Reise, zum Behufe öffentlicher -Mittheilung, zu beschreiben. Wer einzig zur Erholung herumwandern -will, ferne vom Vorsatze, etwaige Wahrnehmungen, Beobachtungen und -Erfahrungen ans Tageslicht zu ziehen, darf sich nur den Paß und dessen -goldenen Rahmen verschaffen; legt er den Wanderstab hin, so verlangt -man von ihm im Ernste kaum Rechenschaft darüber, ob er viel oder wenig, -richtig oder unrichtig aufgefaßt habe. Umgekehrt verhält es sich mit -dem Reisenden, der eine Beschreibung durch den Druck bekannt macht; -das Wort ist nicht mehr sein eigen, sondern Gemeingut der Leser, der -Gewährsmann wird in die Schranken des öffentlichen Gerichtes gerufen. - -Ich sehe gut die weithin langenden Folgen meines Versprechens, und -gleichwohl rücke ich heraus mit meinen Tageblättern. Wenn ich die -Aufforderung recht verstanden habe, so will man, ohne meine wirklichen -Mühseligkeiten, im Geiste mir nachreisen; man erwartet keine neue -Entdeckungen weder aus der Vor-, noch Mitwelt, weder in Beziehung -auf die Kenntniß des Himmels, noch der Erde, weder ihrer Bewohner, -noch Hervorbringnisse; man will Bekanntes in einem traulichen Kreise -zusammenplaudern; man denkt billig genug, daß ein Lustreisender, -der in einer Spanne Zeit drei Welttheile berührt, der Wissenschaft -keine Dienste leistet. Ich rücke +darum+ mit meinen Tageblättern -heraus, +weil die Erwartungen nicht über meine geringen Ansprüche -hinaufreichen+. - -Aber warum wurde denn die Beschreibung nicht zeitungswarm geliefert? -So höre ich die Frage an mich richten. Mit einer Antwort bin ich -keinesweges verlegen. Ich mochte nun einmal nicht in den bestaubten -Reisekleidern unter so anständige Leute treten. Weil es anders -nicht schicklich gewesen wäre, so begann ich den egyptischen und -palästinischen Staub herauszubürsten. Freilich da merkte ich bald, -daß in meinem Heimathlande nicht mehr die stillen Klostermauern mich -umfangen; ein Hinderniß häufte sich auf das andere. Das Reise-Tagebuch -lag neben meinem Krankenbuche, und Jedermann weiß, daß die Leidenden -in der Regel durch etwas ganz Anderes genesen, als durch Schildereien -aus dem Leben eines Pilgers. Kurz, ich stellte die Reisebogen in den -Hintergrund, und widmete meine Feder vorzüglich den Tageblättern -für meine Kranken. Doch nach und nach schaffte ich, so gut es in der -vielzersplitterten Muße gehen wollte, wenigstens einige Ordnung, daß -ich nun endlich die Schwelle des Hauses verlasse, um -- der Geneigtheit -und Nachsicht der Leser mich zu empfehlen. - - +Lutzenberg+, im Appenzeller-Lande, - an Ostern 1839. - - - - -=Reise nach Triest= - -Am 22. August 1835 trat ich, vom schweizerischen Kanton Appenzell aus, -meine Reise an. Sie nahm ihre Richtung über den Arlberg, über Insbruck, -Bozen, Trient, Vicenza, Padua und Venedig nach Triest. Ich werde diese -Reise durch eine Gegend, welche, so zu sagen, nur einen Sprung weit -von meinem Heimatlande entfernt ist, nicht näher berühren. Ich erwähne -bloß, daß ich dießmal mit ungleich mehr Zufriedenheit durch diesen -Theil Welschlands reisete, als im Jahre 1826, wohin ich von Wien aus -einen Abstecher gemacht hatte. Ich wählte vorzüglich italienische -Wirthshäuser, und die Wahrheit heischt von mir das Bekenntniß, -daß ich nicht den mindesten Grund zu Klagen über Betrügereien in -denselben fand. Niemals handelte ich mit den Wirthsleuten zum Voraus -die Mahlzeit ab. Bei deutschen Wirthen dieses Landes befand ich mich -eher schlimmer. Zank und Streit mit zwei Vetturini waren ganz unsere -Schuld, oder vielmehr die meines Reisegefährten, eines Kroaten, der -+weniger+ bezahlen wollte, als wir bereits schon übereingekommen -waren. Es bot ein rührendes Schauspiel dar, wie ein Vetturino nur das -+Seinige+ verfechten mußte. Wenn die Deutschen oder wenigstens -die deutsch Redenden auf diese Weise fortfahren, es dürften sich traun -die italienischen Vetturini brüsten, um dem deutschen Uebermuthe die -Flügel zu stutzen. Die Deutschen, welche nach Italien reisen wollen, -hauen darum leicht über die Schnur, daß sie auf erster Linie mit den -Schlechtigkeiten der Italiener allzusehr sich vertraut machen, statt -daß sie es sich angelegen sein lassen, die Gedanken in ihrer Sprache -auszutauschen. Der Deutsche, gewohnt, beinahe in jedem schlechten -italienischen Gewande eine schlechte Seele zu suchen, richtet auch -nach dieser, über das Gebirge geschleppten vorgefaßten Meinung, die -Behandlung des Italieners. So wie aber dieser wahrnimmt, daß der -Fremde an ihm keinen grünen Zweig erblickt, mag es ihn freuen, daß der -Reisende sich ja nicht täusche. - - -+Den 29. August.+ - -Ich langte in der überaus lebhaften Handelsstadt Triest an. Meine -Empfehlungen an dasige Häuser thaten erwünschte Wirkung. Ein Landsmann -gab Anleitung zum Einkaufe der für die Seereise nöthigen Effekten. Ein -jüdisches Haus kam mir zuvor, um später den Aufenthalt in Alexandrien -mir angenehm zu machen, und versah mich mit Schreiben, damit mir die -Reise nach Egypten in finanzieller Beziehung gesichert werden sollte. - -Sechs Tage mußte ich warten, bis ein Schiff unter Segel ging. Mein -Vertrag mit dem Kapitän, Herrn +Simon Budinich+ aus Lossin, wurde -doppelt ausgefertigt, und in demselben ausdrücklich bemerkt, daß ich -freie Hand behalten wolle, wenn zur bestimmten Frist die Abfahrt nicht -erfolgen würde. Der Vertrag beschlug übrigens, um nach Landart zu -sprechen, nicht bloß Logis, sondern auch Kost. - - -+Donnerstag den 3. September.+ - -Ich ließ mein Bett, (ein Kissen, eine Stramatze [~Stramazzo~, -Matratze], eine Wolldecke, [Kotze], zwei Leintücher) und meine übrigen -Effekten an Bord bringen. Vom Kai holten sie unsere Matrosen ab, ohne -daß ich mich vor der Hand weiter darum bekümmerte. Abends neun Uhr -rief ich den Matrosen unsers Schiffes, ~il Giusto~. Gleich ruderten -sie mir entgegen, und ich nahm Abschied vom Lande. Frohmüthig bestieg -ich meine neue Behausung. Mein Auge weidete sich zuerst an dem Walde -von Mastbäumen und an dem sternenreichen Himmel; dann trat ich in die -Kajüte, wo ich meine Effekten in Ordnung fand. Ein fester Bursche, der -Buchhalter (~scrivano~), saß eben an einer wohlbesetzten Tafel; ein -mit rothem Wein gefülltes Glas wurde nicht selten von seinem Munde -magnetisch angezogen. Derselbe plauderte an Einem fort anmuthig und -offenherzig; er nannte ohne Umschweif die Regierung von Triest eine -strenge. Als er inne ward, ich sei ein schweizerischer Republikaner, -gab er Freude zu erkennen. Im Politischen faßte ich mich kurz. Ich -suchte darzuthun, daß die Regierungsform nicht immer wesentlich die -Wohlfahrt eines Volkes untergrabe oder begründe, und fügte hinzu, daß -die Schweizer im Allgemeinen zufrieden leben. Ich sprach mit einer -Mäßigung und Zurückhaltung, daß kein Schein da war, als wolle ich den -Republikanismus außer meinem Vaterlande verkündigen. - -Die Kajüte gefiel mir; blau angestrichen und geräumig; in der Mitte ein -Tisch, ringsum Stühle und ein Kanape von hartem Holz. Zum Ueberflusse -eingerahmte Bilder: hier das Sinnbild der Dreieinigkeit; dort ein -pausbäckiger Zweimaster mit österreichischer Flagge; ferner weibliche -Schönheiten aus allen vier Welttheilen. In einer Ecke ein Käfich mit -zwei Kanarienvögeln. Für mein Lager war zur Seite der Kajüte ein -Kasten, den man ~cuccietta~ nennt, und der durch zwei Flügelthürchen -verschlossen werden kann. Der Kapitän hatte noch ein besonderes -Schlafgemach, welches durch Thüre und Vorhang von der Kajüte getrennt -war. - -Um zehn Uhr sollte der Kapitän ankommen; allein die Vergnügungen auf -dem Lande fesselten ihn über die Zeit. Mich überfiel Schläfrigkeit; -ich begab mich zu Bette, nicht ohne einige Besorgniß, auf einem Lager, -welches durch seine Weichheit sich nicht zum Besten empfahl, nur -mit Mühe den Schlaf zu finden. Bald langte der Hauptmann mit meinem -Reisegefährten an. Es dauerte nur noch kurze Zeit, und ich schlief. - - -+Den 4. September.+ - -Nach Mitternacht hörte ich lautes Getrampel. Die Matrosen waren -beschäftigt, das Schiff in segelfertigen Stand zu stellen. Erst in -der Frühe wurden die Segel dem Winde gegeben. Doch wir mußten zuerst -laviren; denn einiger Proviant und das unter polizeilicher Aufsicht -gelegene Schießpulver waren noch nicht eingetroffen. - -Ein zureichender Grund bewegt mich, meinen Reisegefährten +Cesare+ -nicht bei seinem Familiennamen in den Kreis meiner Leser einzuführen. -Aus einem großen Dorfe bei Mailand gebürtig, studirte er in Pavia, -hielt sich als Apothekergehülfe in Venedig, und die letzten vierthalb -Jahre in Triest auf. Er theilte mir, auf verdankenswerthe Weise, -eine Reisebeschreibung, ~Viaggio in Siria e nella Terra Santa~ von -+Giovanni Failoni+ (~Verona, 1833, Pietro Bisesti~), mit. Ein anderer -Passagier blieb zu nicht geringem Verdrusse des Schiffmäcklers aus, -wiewohl er sein Jawort zur Abreise gegeben hatte. Er war ein Deutscher, -dem Vermögen nach unabhängig, und nur Reiselust entzog ihn seinem -Familienschooße. Wenige Tage vor meiner Abreise erhielt er aus Kairo -Nachricht vom 31. Juli, daß dort die Cholera herrsche, und eines -Mehrern bedurfte der bewegliche Mann nicht, um den Reiseplan vorläufig -auf sich beruhen zu lassen. Mittlerweile lief noch denselben Tag, auf -welchen unsere Abreise festgestellt war, ein Schiff von Alexandria -ein, mit der günstigen Zeitung, daß der Gesundheitszustand in Egypten -befriedigend sei. +Von Hezels+ arabische Grammatik, aus der freigebigen -Hand des zurückgebliebenen Deutschen, war wohl ein geringer Ersatz für -eine Gesellschaft, auf die ich vergeblich mich so lebhaft freute. - -Der Kapitän, ein starkbärtiger Mann, von gedrungenem Körperbau, noch -nicht dreiundzwanzig Jahre alt, war nicht ohne Bildung. Er sprach -etwas Französisch, benahm sich Anfangs zuvorkommend, und beantwortete -willig die Fragen, welche dem Reisenden auf der Zunge liegen. Die -ganze Bemannung des Schiffes machte keinen widrigern Eindruck, als die -Floßknechte, mit denen man auf der Isar und Donau von München nach Wien -reist. - -Der erste Ort, der mir an der Küste auffiel, war das Kap von Istrien -(~Capo d’Istria~). Ein langes Gebäude bezeichnet das Gefängniß. -Dann Isola auf einer Landzunge; la Punta del Salvore. Die Nacht war -herrlich; der Mond verbreitete sanft seinen himmlischen Glanz über das -schweigende Meer. Triest war noch nicht verschwunden; man erblickte -immer noch seinen Leuchtthurm. - - -+Den 5. September.+ - -Endlich sieht man nichts mehr von Triest. Die Luft regt sich ein wenig, -und wir machen dabei einige Fortschritte. Das Schaukeln des Schiffes -vermochte mir leichten Schwindel zu verursachen, der sich nach einem -Trunk mit Rhum vermischten Wassers sogleich verminderte. Ich glaube, -die sattelfestesten Legitimisten könnten auf dem Meere Schwindelköpfe -werden. Mittags kehrte mein Taumel zurück, und ich fand für gut, mich -während des Mittagessens mit der einen Hand am Tische zu halten. -Uebrigens schmeckte mir die Suppe vortrefflich, und gleichzeitig -erging sich mein Auge an den Mehlperlen, weßwegen sie Paternoster -genannt wird; auch mußte ich über die Suppe lachen, daß sie, in allem -Ernst, mir im Teller die Ebbe und Fluth des Meeres anschaulich machte. -Unsern Cesare wollte der Schwindel ebenfalls übernehmen, er verließ -den wohlbedeckten Tisch, und begab sich auf das Verdeck. Der Sirocco -(Südostwind), der heute ziemlich stark blies, rieth uns, von der Küste -sich mehr zu entfernen, so daß man den Küstensaum in Osten, als einen -Spiegelrahmen, wohl wahrnehmen, aber keine Ortschaften unterscheiden -konnte. - - -+Den 6. September.+ - -Ein eingetretener Nordostwind brachte uns über Nacht beträchtlich -weiter. Wir näherten uns ziemlich dem Ufer. Des Morgens erblickte man -zur Linken, uns gerade gegenüber, den hoch über die Hügel emporragenden -Berg Caldiera; dann südöstlich das Promontore, wo bei Nacht den -Seeleuten eine Laterne leuchtet, und wo wir bald vorbeigeschifft waren; -ferner deckte den Hintergrund, in der gleichen Richtung, der Monte -d’Ossero, eine breite Bergkuppe, der erhabenste Punkt des Eilandes -Lossin. Jenes Promontore bildet den südwestlichen Grenzwinkel des -Festlandes, von Istrien. An dem Promontore vorbei; und es beginnt -das Mare Ouarenaro, an dessen Ende die Stadt Fiume liegt; auf diesem -Meere schlugen die Wellen wilder gegen das Schiff. Nach dem Zeugnisse -der Seemänner macht das Ouarenaromeer, im Winter, wenn der Nordwind -(~tramontana~) brauset, die Schifffahrt sehr schwierig. Ich genoß kaum -je in meinem Leben so entzückende Augenblicke, als an diesem Morgen. -Majestätisch jagte unser Giusto die tobenden Wellen aus einander, die -selbst auf das Verdeck stoben. Der Anblick der entstehenden und gleich -wieder verschwindenden kleinen Hügel und Thäler war zu köstlich. Süß -verschmolzen vaterländische Erinnerungen in den wirklichen Genuß der -Seereise. - -Ich vernahm, daß in der Nähe des Promontore eine alte griechische -Kolonie ihre Sprache und Sitten beibehalten habe. Ich gedenke dessen -nicht, weil ich glaube, etwas Neues zu schreiben, sondern weil es -mich nicht minder ansprach, als die Thatsache, daß, in der Nähe von -Verona, die Bewohner der Sette comuni, als Abkömmlinge deutscher -Auswanderer, noch ein deutsches Sprachgerippe reden, obschon sie von -der italienischen Sprache umringt sind. - -Wir geriethen in eine Inselgruppe: zur Linken Unie, Canidole, zur -Rechten die kleine, jedoch nicht minder merkwürdige Insel Sansego, weil -sich auf ihr keinerlei Gestein findet, während der Archipel gleichsam -nur Steinhaufen vorstellt. Aus Sand und wenig Erde bestehend, wird -diese Insel von ungefähr fünfhundert Einwohnern zum Weinbau benutzt, -die sich in der Zwischenzeit mit dem Fischfang abgeben. - - -+Den 7. September.+ - -Nach dem Erwachen stellte sich zur Rechten die Insel Pietro di Nembo, -und östlich im Hintergrunde eine bergichte Küste dar, welche zu -Kroazien gehört. Noch Vormittag erreichten wir den sogenannten Hafen -von Lossin grande. - - - - -Mein Aufenthalt auf dem Eilande Lossin oder Ossero. - - -Lossin interessirte mich ungemein, weil mein Auge so viel Fremdartigem -begegnete. Das ganze Eiland besteht aus Kalkstein, der an den meisten -Orten nackt hervorguckt. Er lagert sich schief von Westen nach Osten, -und öffnet kleine Buchten oder, mit andern Worten, natürliche Häfen -in Menge. Derjenige in Lossin grande gewährt ziemliche Sicherheit -vor dem Ungestüm des Windes, faßt aber bloß drei größere Schiffe -(~bastimenti~). Um so geräumiger dagegen ist der Hafen von Lossin -piccolo, der wenig zu wünschen übrig läßt. Zwischen den so zahlreichen -Steinblöcken, welche der Insel ein ziemlich ödes Ansehen verleihen, -erscheint hie und da eine röthliche Erde, welche, obwohl sie nie -gedüngt wird, leicht hervorbringt. Die Vegetazion überraschte mich -besonders. Fast überall stark- und wohlriechende Pflanzen, welche -den freigebigen Süden begleiten. Wenn ich ausging, so war es meine -Wonne, einen wohlriechenden Strauß zu pflücken. Die Einwohner selbst -scheinen durch die Gewohnheit für die Genüsse, welche die Flora -darbietet, unempfänglich geworden zu sein. Nirgends sah ich auch nur -einen Blumentopf; nirgends ein Mädchen mit einer Blume oder einem -Strauße geschmückt. Unter den angebauten Gewächsen stehen der Oelbaum, -der Feigenbaum und die Rebe oben an. Beinahe so oft ich den Oelbaum -betrachtete, trug die Phantasie mich in das gelobte Land, wovon das -Buch aller Bücher so viel Denkwürdiges erzählt. Vor allen andern -ein zahlreich gepflanzter Baum, bemüht er sich an den Abdachungen -Lossins, von den Steinen den Charakter der Traurigkeit auszulöschen. -Das Lossiner-Baumöl ist sehr gut, und soll selbst demjenigen von Lucca -nicht nachstehen. Hundert Pfund (zu 16 Unzen) Oliven geben beiläufig -vierzig Pfund Oel. So rechnen die Leute. Außer, daß die Feige frisch -gegessen wird, vermengt man sie auch mit Gewürz und bereitet eine Art -Teig, der in etwa vier Zoll hohe Kegel geformt und dann an der Sonne -getrocknet wird. Man nennt diese Mischung Feigenbrot (~pane di fichi~), -und wird im Winter als Leckerbissen genossen. Auf die Rebe wird -möglichst wenig Sorgfalt verwendet; man enthebt sich der Mühe, sie zu -pfählen; nur an wenigen Orten wird sie etwa an einer Mauer aufgezogen; -sie kriecht daher auf dem Boden fort, wie der Himbeerstrauch. Bei -meiner Anwesenheit war die Weinlese zum Theile schon vorüber. Die -gesammelten Trauben bringt man in einen Schlauch, von der Gestalt -eines mißgeborenen, ausgestopften Kalbes. Es ist recht drollig zu -sehen, wie die Weiber solche Mißgestalten auf ihren Köpfen tragen. Der -Sack ist in der That nichts Anderes, als das Fell eines Ziegenbockes, -welches ganz nahe geschoren, gleich hinter den Vorderbeinen ringsum -abgeschnitten und dann umstülpt wird. Die den Hinterbeinen und dem -Schweife entsprechenden Oeffnungen zugebunden, wird das abgezogene Fell -bloß mit dem Athem aufgeblasen und an der Luft getrocknet. Hierin liegt -alle Kunst der Sackbereitung. Der Wein ist stark, aber herbe, schwer, -etwas bitterlich. Es gibt auch sehr guten, süßen und geistigen Wein, -dessen Bereitung aber auf besonders delikate Weise geschieht, und der -nur auf die Tafel fashionabler Lebeleute gesetzt wird. Als Seltenheit -wächst auch der Dattel-, Granat-, Zitronen- und Pomeranzenbaum. - -Lossin grande wie piccolo bieten kein übles Aussehen. Die Häuser sind -von Stein gebaut; das Wenigste daran von Holz. Die Dächer bestehen aus -Hohlziegeln. An einigen Häusern Rinnen, durch welche das Wasser ins -Innere der Wohnungen zum Hausgebrauche geleitet wird. Von andern aber -rieselt das Wasser in der Rinne, wenn es nicht in Kübeln aufgefangen -wird, auf die Straße herunter, wo es fortfließt, um bei starkem Regen -ein ordentliches Bächlein zu bilden. Auf Brunnenquellen würde man -sich umsonst trösten. Ihre Stelle vertreten Ziehbrunnen. Nicht von -allen Häusern erheben sich Kamine. Im Freien, an den Eckmauern der -Wohngebäude sah ich an vielen Orten eine Art Herd. Die Mauern schienen -mir sehr fest, wozu sich der harte Kalkstein vortrefflich eignet, und -der Mörtel zeichnet sich durch Güte aus. Ueberhaupt mögen hier die -Mauern viel länger halten, als in nördlichen Gegenden, wo die Kälte -unermeßlichen Schaden anrichtet, wie besonders das Jahr 1830 bezeugen -kann. Um Gassen anzulegen, wurde an vielen Orten nur der Kalkfelsen -ein wenig ausgeebnet. Sie werden länger dauern, als anderwärts die -auf’s kunstreichste und kostbarste gepflasterten Straßen. Allein sie -laden eben nicht am freundlichsten ein. Die spitzigen Geschiebsteine -schneiden beinahe in das Leder der Schuhe, und leicht gleitet man auf -den Flächen des Felsen -- nicht in den Himmel, wohl aber auf den Boden. -Besonders mühsam wird das Gehen außer den Dörfern. Wer einmal in der -Schweiz einen recht steinigen, doch bessern Bergweg wandelte, kann sich -das Gehen auf den hiesigen Landwegen gar leicht vorstellen. Ueber große -Unreinlichkeit auf Plätzen, Wegen u. s. f. könnte man gerade nicht -klagen. Keine Misthaufen. Das Vieh ist aber nicht zahlreich; wenig Kühe -werden gehalten; am meisten noch Schafe und Ziegen. Letztere haben -lange, seidenartige Haare und liefern einen schmackhaften Käse. Nur ein -einziges Pferd nahm ich wahr; es ritt darauf eine kranke Frau, sich -Bewegung zu verschaffen. Ein Fuhrwerk rollte schon gar nicht vorüber. -Es zieht sich zwar eine schmale Straße von dem großen Lossin nach dem -kleinen, die allerdings fahrbar wäre, wenn man auf eine Lustfahrt -Verzicht leisten wollte. Es darf übrigens nicht unerwähnt bleiben, daß -auch hier die französischen Umwälzungsmänner eine Spur ihres Wirkens -zurückließen, indem +sie+ diese Straße bauten. Andere, als solche -Thiere, welche der Hauswirthschaft, so zu sagen, angehören, sind selten. - -Um die Bewohner zu beobachten, war mir +Mariens+ Geburtstag -willkommen. Soll ich im Namen Lossin grande beklagen, daß die dortigen -Frommen die obere Kirche nicht ausfüllten? Wie ich in das Gotteshaus -trat, spielte eine Musik, die hätte zum Tanze ermuntern können. Erst -als die Orgel ertönte, hob eine ernstere Melodie an. Die Frauen knieten -bald auf den Boden, bald ließen sie sich auf die Fersen nieder, andere -saßen auf dem Boden, indem sie die Füße auf einer Seite an sich zogen, -noch andere kauerten bloß auf einer Ferse, und streckten den andern Fuß -vorwärts, daß das Bein der Länge nach auf dem Boden ruhete. Uebrigens -wußten sich alle gar züchtig niederzusetzen. Man durfte wenigstens -drei Viertheile Frauen auf nur einen Viertheil Männer annehmen: ein -Mißverhältniß der Leute beiderlei Geschlechtes, das später klar wird. -Ein ziemlicher Theil Frauenzimmer war gar schön aufgeputzt, und ihre -Andacht spendete dann und wann einen Blick auf die Seite in die Welt, -und vermochte ein weltliches Schmunzeln nicht zu überwinden. Die Zahl -der Priester fiel mir auf. Das große Lossin zählt zu seinen 2400 -Einwohnern vierzehn Priester, darunter vier, welchen die eigentliche -Seelsorge obliegt. Einige Male traf ich einen alten, gutmüthigen -Priester auf der Straße: seine Kleidung lieferte einen ansehnlichen -Beitrag zu Löchern und Lappen, das heißt, zur Bescheidenheit und Demuth. - -Die Leute kleiden sich wohl. Selbst in der Hitze des Tages umgibt -die Jacke den Oberleib. Von der Kleidung der Männer springt nichts -Besonderes in die Augen. Dem weiblichen Geschlechte gebührt das Lob -oder der Tadel eines eigenthümlichen Kopfputzes. Ein Flor von Musseline -bildet auf jeder Seite einen Ring, ohne den Kopf zuzudecken. Wer möchte -diesen Rückprall einer Kinderei schön nennen? - -Die Lossiner thun sich durch Körpergröße hervor. Man muß zwei -Menschenschläge unterscheiden, einen italienischen und slavischen. -Die Venezianer eroberten zu seiner Zeit die Insel. Vom italienischen -Schlage sind sowohl reine, als mit dem slavischen vermischte Sprößlinge -vorhanden. Auf den Leuten vom italienischen Schlage ruht der Zug der -Schönheit, von etwas Edlem, von Stolz, welcher Zug sich in der Regel -charakteristisch beim Herrscher ausspricht. Das pechschwarze Haar -und die Gluth der schwarzen Augen könnten uns in die Mauern Padua’s -versetzen. Die Bewohner vom slavischen Schlage, weitaus die Mehrzahl, -zeichnet ein breites Gesicht, hervorstehende Backenknochen (selten -volle Backen), eine etwas ausgebogene Nase, üppiges, bräunliches oder -blondes Haar aus. Wie es zwei Schläge gibt, so zwei Sprachen. Der -Sieger brachte das Italienische, welches jetzt noch in den Kreisen der -Wohlhabendern geredet wird; bei den Uebrigen das Kroatische, welches -vorherrscht, oder die eigentliche Landessprache ist. - -Die Leute beschränken sich in ihren Beschäftigungen nicht bloß auf -Viehzucht, Ackerbau, die Weiber auf Spinnen, Sticken u. dgl., sondern -die Lossiner beziehen ihre Nahrung auch vom Fischfang, und, die -Hauptsache, ein bedeutender Theil verlegt sich auf die Schifffahrt. -Die Lossiner bilden mit den Bocchesen den Kern der österreichischen -Seemacht. Lossin piccolo nennt mit Stolz allein über achtzig größere -Kauffahrteischiffe (~bastimenti~). Da stößt man auf eine Menge -Kapitäne, welche die Meere durchsegelten, und von Konstantinopel, -Alexandrien, Algier, London u. s. f. erzählen, nur nicht von Stürmen, -als etwas Abgedroschenem. Bewog Liebe zu ihren Ehemännern selbst -Frauen, sich auf unsichern Fluthen zu entfernen, um zugleich angenehme -Berührungen mit den berühmten Städten der Welt herüber zu nehmen. - -Der Vater des Kapitäns, Podestà (Gemeindspräsident) +Budinich+, empfing -uns mit vieler Gewogenheit. Am zweiten Tage nach der Ankunft in Lossin -wurden +Cesare+ und ich von ihm zu einem Mittagsmahle eingeladen. Gern -entsprachen wir der Einladung. Zwei Familien vereinigten sich, um sich -und uns Gesellschaft zu leisten; die Menge Kinder dabei lachte, lärmte, -befahl u. dgl., so daß Einem die Zeit nicht lange werden konnte. Das -Gespräch verbreitete sich größtentheils über Seereisen. Ich wurde als -Mann mit deutscher Zunge auf recht schonende Weise behandelt. Einmal -sagte der Signor’ Patrong’ zu +Cesare+, als dieser nicht trinken -wollte: ~Italiani~, ~Sociani~. Er sagte es in so gutem, so wenig -exkommunizirendem Tone, daß ich es ihm nicht im mindesten übel nehmen -durfte. Die Tafel war üppig bestellt, und deßwegen schon ein Dorn in -meinem Auge, um mich an einem andern Tage nochmals zu ihr hinzusetzen. -Der freundliche Ton der Familien gefiel mir unaussprechlich. Ich möchte -behaupten: Familienliebe ist eines der erhabensten religiösen Gefühle. -Unser Hauptmann saß neben dem Vater, bescheiden und wenig redend, -der innigsten Liebe Blicke brüderlich erwiedernd, welche auf ihn die -daneben sitzende Schwester heftete; für ihn plauderte der erfahrnere -Vater; der Sohn gebot auf dem Schiffe, wo er an seinem Platze war. - -Der Umstand, daß wir wider Erwarten lange nicht in die See stechen -konnten, trug dazu bei, daß ich die Insel noch genauer kennen lernte. -Die Lebensmittel sind zum Theile sehr wohlfeil. Ein Seidel Wein, d. h. -ein Viertel eines Triestiner-Pokale, kostet nicht einmal 5 Pfennige R. -V. So wenig haushälterisch geht man mit den Trauben um, daß solche hie -und da auf den Wegen herumliegen. Dagegen ist die Milch überaus theuer. -Ein Pokale Schaf- oder Ziegenmilch kostet 12 Kr. R. V., also über die -Hälfte mehr, denn so viel Wein. - -Als ich eines Nachmittags nach dem kleinen Lossin ging, zog eine -Weberin meinen Blick auf sich. Ich trat sogleich in das Zimmer. Eine -alte Frau, mit einer Brille auf der Nase, jagte mühsam das Schiff durch -die Kette. Der Webstuhl war sehr einfach, klein und so eingerichtet, -daß er mit leichter Mühe an einen andern Ort gebracht werden kann. Das -Weib wob grobes Tuch. Indem es mit beiden Füßen zugleich, jetzt auf -die einen zwei, dann auf die andern zwei Schemmel, überhüpfte, setzte -es diese in Bewegung. Gleich hernach nahmen meine Aufmerksamkeit dem -Webstuhle gegenüber sich befindende zwei Steine in Anspruch. Es waren -Mühlsteine, die von Menschenhand herumgedreht werden, um das Speisemehl -zu bereiten. Solche Mühlsteine trifft man in den meisten Bauernhäusern. -Dürftigkeit ruft der Einfachheit. Auch dieses Mahl-, Web-, Wohnzimmer -u. s. f. war etwas sparsam durch das Fenster beleuchtet, und das meiste -Licht trat durch die Thüre. Das Nämliche gilt auch von vielen andern -Häusern. So sah ich ein Mädchen nicht ohne Kunst auf einem Rahmen -nähen; um aber die, die Augen etwas mehr anstrengende Arbeit verrichten -zu können, mußte es sich an die Thüröffnung setzen. - -Lossin grande kann sich eines Kalvarienberges rühmen, dessen Aussicht -das Meer ringsumher beherrscht. Im Hintergrunde des Ostens steigt das -Küstenland Kroaziens himmelan. Doch welch öder Anblick! Fast nichts als -Stein oder Felsen bieten sich dem Auge dar. Wenn der Himmel recht hell -sei, soll man im Westen selbst Ankona sehen. Da die Bewohner von Lossin -keine tiefe Erde aufzuweisen vermögen, so leuchtet bald ein, daß sie -keine Gottesäcker, dafür aber Todtengrüfte besitzen. In Lossin grande -öffnet sich gleich neben der untern Kirche eine Gruft. Durch eine -der fünf Oeffnungen wird die Leiche an Stricken in dieselbe versenkt. -Ein Sarg würde zu viel Raum einnehmen, und so werden die sterblichen -Ueberreste bloß in ein Tuch gewickelt, um sie beizusetzen. Es kann sich -bisweilen ereignen, daß eine Leiche auf eine andere geschichtet wird; -doch sucht man dieß bestmöglich zu vermeiden. Die Oeffnung wird nach -jeder Beisetzung durch eine Steinplatte geschlossen und zugemauert, -damit die kadaverösen Aushauchungen der Gesundheit keinen Schaden -zufügen. Der Boden der Gruft ist siebartig durchlöchert, und deckt eine -andere Höhle, welche mit dem Meere in Verbindung steht. Durch dieses -Sieb finden nun diejenigen Theile des menschlichen Körpers, welche der -Verwesung zufallen, einen Ausweg, und das bloße Gerippe bleibt am Ende -zurück. Wehe einem Scheintodten, welcher in einer solchen Gruft wieder -lebendig würde. Grauenvolleres könnte man sich kaum vorstellen, als -das Leben unter faulen, stinkenden Leichen, wo die Aussicht, dasselbe -zu retten, so gut, als ganz abgeschnitten wäre. Ich bedaure es, daß -ich die Gruft selbst nicht sah. Wohl nahm ich in der Kirche einen -ausgesetzten, nur mit einem dünnen Tuche verhüllten Leichnam wahr. -Im Hause des Herrn +Marco Sopranich+ zeigte man mir einen Sarg, -worin Wachskerzen aufbewahrt werden, auf den Fall, daß im Hause Jemand -sterbe. - -Die Festtage scheinen die Lossiner nicht so strenge zu feiern, als -die Katholiken der deutschen Lande. In Lossin piccolo war an +Mariä+ -Geburt die Fleischbude offen, und Einer blies so eben das Fell eines -Ziegenbockes auf. Lumpige und unreinliche Leute trugen sich auch an -diesem Tage nicht anders, als an Werktagen. Einen großen Theil des -Volkes soll die Armuth in hohem Grade drücken. Es ist voreilig, wenn -man von vielen Reichen gleich auf den Wohlstand der Bewohner eines -Landes im Allgemeinen schließt. Wenn allerdings unter den Lossinern -manche sich ansehnlicher Schätze erfreuen, so muß man indeß bedenken, -daß das Eiland der See +eine Menge Matrosen+ liefert, welche zu Hause -ein Weib mit Kindern unterhalten müssen, und +wie+ unterhalten? -Kärglich. - -Es war am 10. Abends, als ich dem Podestà, dem Vater des Kapitäns, -meine Aufwartung machte, weil die Abfahrt des Schiffes auf den 11. -bestimmt war. Ich wurde dießmal über das Befinden der Frau Podestà -befragt, und Tages darauf sollte ich mehrern Frauen von Lossin meinen -ärztlichen Rath ertheilen. Ich entsprach dem Ansuchen um so lieber, -einerseits, als die Wiederaufnahme meiner Geschäfte, wenn auch nur -auf kurze Zeit, am ehesten geeignet war, den entstehenden Ueberdruß -zu verscheuchen, und um so lieber andererseits, als ich wußte, daß -der Arzt mit Dingen in Berührung kommt, die andern Reisenden leichter -entgehen. Darf ich mir ein Urtheil zutrauen, so läßt man sich auch -in Lossin viel verschreiben, um wenig zu nehmen; man will die Aerzte -aushorchen, um aus ihren Ansichten diejenigen zu wählen, die gleichsam -am meisten schmeicheln, um nicht zu sagen -- die Bequemlichkeit am -wenigsten stören. Die alten Frauen zeigten ungemein viel Lebhaftigkeit -in der Rede, wie im Benehmen; ich hörte nicht den leisesten Ton der -Klage. Die Sprache legte dem Krankenexamen einige Hindernisse in den -Weg. Da ich mich im Italienischen nur mit vieler Mühe ausgedrückt -haben würde, so begleitete mich der Kapitän, und übersetzte meine in -französischer Sprache gestellten Fragen ins Italienische, und bei einer -Magd mußte dieses dann erst noch ins Kroatische übertragen werden, weil -der Hauptmann von seiner Landessprache zu wenig verstand. - -Ein alter Schiffseigenthümer, der an einem Lippenkrebse litt, kam -zu mir an Bord, um ärztliche Hülfe zu suchen. Ich hielt deßwegen -mit dem achtungswerthen ~Dr.~ +Boselli+, welcher in Lossin piccolo -niedergelassen ist, eine Konsultation. Es wurde diese am Borde -gepflogen, weil ich wegen der Ruhr nicht ausging, die mich seit zwei -Tagen plagte. - - -+Den 14. Herbstmonat.+ - -Dem Eigenthümer des Schiffes, einem reichen Manne, machte es Vergnügen, -den Giusto in dem Hafen zu sehen, und so konnten wir einmal wegen -dieses fatalen Vergnügens nicht weg. Doch heute war es ihm selbst daran -gelegen, daß die Abreise nicht länger verzögert werde. Indessen hatten -unglücklicher Weise der Herr +Marco+ und der Himmel ungleiche -Launen. Man wollte die Brigg aus dem engen Hafen herausbugsiren; allein -der Wind blies so widerlich, daß man den Versuch aufgeben mußte. - -Mittlerweile umgab uns Gesellschaft. Der Vater des Kapitäns nebst -seiner Gattin und einer hübschen Anzahl Kinder waren am Borde -- -im Abschiedsgeleite und auf dem Wege zum Landgute. Mich freute es, -dießmal die Familie in alltäglichem Putze zu sehen. Der Podestà, ein -ziemlich betagter Mann, mit kahlem Kopfe, von fettem Leibe, trug -eine hinten breit abgeschnittene Jacke, an der hie und da die Naht -von einander gähnte; die schwarze Weste war mit hellbraunem Tabake -übersäet; die Schuhe roth, ordentlich schuppig, ein langes Register von -Lobsprüchen auf den Schuhflicker. Der gute Mann war stets aufgeräumt; -die alltäglichste Frage pflegte er zu deklamiren; er plünderte gerne -Stellen aus französischen Schriften, besonders aus +Rousseau+, welcher -so unbarmherzig die Geißel über die Aerzte schwang. Der französischen -Sprache keineswegs fremde, überwarf er sich leicht in der Aussprache; -z. B. +but+ statt bü (~but~). Sogar mit lateinischen Brocken sättigte -er zuweilen das Gespräche. Auf dem geschichtlichen Felde spielte er -am liebsten und beßten. Auf echt italienisch erzählte er, daß Lossin, -die Absorus der Alten, +früher+ bevölkert worden sei, als Rom. Die -Italiener führen den Adel auf ihre Urväter zurück, wie die wirklichen -Adelichen auf den Wipfel ihres hohen Stammbaumes hinauf. So lange die -heutigen Italiener nicht mehr leisten, erscheint ihr Adel possirlich -genug. Madame, eine Frau von Geist und sehr eingezogenem, stillem -Karakter, übernahm die Rolle als Kranke. Während des Mittagmahles -setzten ihr die Bewegungen des Schiffes so zu, daß ich nicht eilig -genug mein Felleisen öffnen, und ein Fläschchen herausziehen konnte. -Die verheirathete Tochter, eine fette, große Gestalt, mit der -Adlernase, mit Haaren, deren Farbe am wenigsten gefällt, von Ansehen -überaus gutmüthig, in der Rede äußerst nachläßig, schien das größte -Wohlgefallen am Lachen zu finden, auf daß sie ihre blendend weißen -Zähne weisen könne. Es fiel mir auf, daß die Kinder ihren Vater Signore -und ihre Mutter ~Signora~ titulirten. Uebrigens will der Titel mit -größerem Recht einen Platz, wenn man Jemandem +Herr+ sagt, der mehr -oder weniger über Einen herrscht, als einem Andern, dessen Herrschaft -man sich gelindestens verbitten würde. - -Hatte der Herr Podestà sich satt gegessen, wozu, als zu einem -Lieblingsthema, er sich recht Zeit nahm, so suchten wir Unterhaltung im -Spiele. Ich konnte ihm die entzückenden Lorbeeren des Gewinnes leicht -gönnen, weil ich das Damenspiel auf italienische Weise erst lernen -mußte. Mit den Damen wechselten noch das Karten- und Dominospiel. - -Ich vernahm, daß die ganze Familie, mit Ausnahme der verheiratheten -Tochter, die Nacht am Borde zubringen werde. Das wird wunderlich -hergehen, dachte ich bei mir selbst. Doch schickte sich die Sache -ziemlich gut. Matratzen wurden auf den Boden ausgebreitet, und nach -langem Aufbleiben legte sich Alles bunt darauf, der Dorfschulze, -versteht sich, am breitesten, +Cesare+ und ich steckten uns ohne -Komplimente in unsere Bettkasten (~cuccietta~). - - -+Den 16. Herbstmonat.+ - -Gestern wurden vergebens Versuche gemacht, um die offene See zu -erreichen. Die Familie blieb am Borde, essend, trinkend, gähnend, -schlafend, strickend, spielend, plaudernd, ganz wie den Tag vorher. - -In aller Frühe hörte man Lärm auf dem Verdecke. Man bereitete sich -vor, das Schiff flott zu machen. Am Eingange des Hafens scheiterten -wieder alle Versuche, den Giusto weiter zu bugsiren. Unter einem -azurblauen Himmel, der von keiner Wolke getrübt war, durften wir wieder -liegen bleiben. -- Alles ~in majorem gloriam~ einer Laune. - -Es war Mittag, der Tisch gedeckt, das Mahl bereitet. Der Scrivano -kam zu melden, daß ein wenig Windstille eingetreten sei, welche die -Ausfahrt erlauben dürfte. Sogleich Lärmen und Laufen. Endlich gelang -die Zangengeburt. Neun Tage mußten wir uns in dem Hafen von Lossin -grande aufhalten. Bei der Ausfahrt pikirte mich eine alte Figur -von neunzig Jahren. Es war ein etwas lumpig gekleideter, ehrwürdig -aussehender Chorherr, der in einem Kahne herumfischte. So muß die -Uebermenge Priester hier ihr Brot verdienen. - -Bald erhielt unser Podestà einen Besuch am Borde von seinem -Stellvertreter. Ich möchte wohl um keinen Preis dessen Kupfernase -gekauft haben, aus lauter Besorgniß für einen Trinker, Notabene für -keinen Wassertrinker, gehalten zu werden. - -Abends verließ uns die Familie +Budinich+, welche sich auf ihr -Landgut begab. Der Podestà drückte mir zwei Küsse auf den Mund, und -der Anstand forderte von mir ein Gleiches. Nichts widersinniger, als -daß die Männer sich küssen, und dabei die Bärte aneinander reiben. -Mein Urtheil über diese Familie fällt mit Entschiedenheit günstig. -Tugendhaftigkeit, Religiosität, die von Bigottismus weit abliegt, -hinderten jedoch keinesweges, daß mehr Ordnungsliebe noch eine äußere -Zierde wäre. Unsere Matrosen ruderten, vom Kapitän begleitet, die Gäste -ans Land, und nach anderthalb Stunden setzten wir unsere Seereise fort. -Diesen Tag ergötzten mich zwei Delphine, die drollig davon schwammen. - - -+Den 17.+ - -Links endete der Gebirgszug von Kroazien. Dort in der Nähe liegt Sarah. -Südwestlich erblickten wir den Berg von Ankona, dem wir, vom Sirocco -genöthiget, uns immer mehr näherten. Der Wind nahm Abends so zu, daß es -stürmte. - - -+Den 18.+ - -Diese Nacht brauste der Meeressturm, welcher uns zur Rückkehr zwang. -Die Wuth des Meeres vergönnte mir keinen Schlaf, und ich mußte mich -selbst in der Cuccietta halten, um nicht von einer Seite auf die andere -geworfen zu werden. In der Kajüte purzelte bald dieses, bald anderes -Geräthe. Des Morgens wollte ich auch Zeuge des Schauspieles sein. Ich -möchte es nicht beschreiben, weil es zu gewöhnlich ist, und beinahe -in alle Schilderungen von Seereisen, manchmal selbst da, wohin es im -Ernste nicht gehört, als Würze eingestreut wird. Auf dem Verdecke -fragte mich der Hauptmann: Wie gefällt es Ihnen? Das ist sehr schön, -antwortete ich, hingerissen vom Anblicke. Doch die angenehmen Momente -dauerten nicht lange. Auf die Einladung des Hauptmanns ließ ich mich am -Steuerborde nieder, im tröstlichen Glauben, daß ich von diesem, wie von -einer Brustwehr, geschützt würde. Kaum war ich recht festgesessen, als -eine Welle über Bord schlug, mich zudeckte und durch und durchnäßte. -Ich legte mich zu Bette um darin das Ende der Szene zu erwarten. - -Kurz nach Mittag warfen wir im Hafen San Pietro di Nembo Anker, wo -wir schon gestern Abends vorbeigesegelt waren. Unangenehme Gefühle -bemächtigten sich meiner, weil das Schicksal mir nicht besser zum -Vorwärtskommen dienen wollte. - - -+Den 19.+ - -Wir begaben uns zur Kirche von San Pietro di Nembo. Ohne Thurm, -ungemein ärmlich und klein ist sie. Unter einem Dache vereinigen sich -brüderlich das Wirths- und Pfarrhaus. Dieses nämlich stellt eine Kammer -im obern Stocke vor. +Cesare+ und ich besuchten den Pfarrer. Ein fetter -Herr mit einer Perrücke, wußte er über sein Elend viel zu klagen. Er -beseufzete sein Schicksal das ihn der Carità unterwerfe. Es sei nicht -zu unserer Ehre gesagt, daß die Börse dabei nicht das mindeste Mitleid -empfand. Lateinisch verstand der Mann Gottes nicht; höchstens mag ihm -das Latein bei der Messe verständlich sein. Auf meine Frage: ~Quomodo -nominatur haec insula?~ erwiederte er: ~Ego sum parocho hic.~ Dieser -Mann kann sich, wie der Anschein lehrt, in einer Gemeinde, die nur -etwas mehr denn zweihundert Seelen zählt, fett essen. - -Ich rede mit meinen Lesern wohl ab. Es ist ebensosehr meinen Ansichten, -als meinen Neigungen entgegen, konfessionistische Plänkeleien zu -eröffnen. Ich ehre die katholische Religion, aber nicht alle ihre -Bekenner, nicht alle ihre Priester. Ich habe es mit +Personen+ zu -thun, aber nicht mit der +Dogmatik+. So sehr ich dem Zartgefühl gegen -Andersdenkende und Andersgläubige Rechnung trage, so wenig nehme -ich Anstand, ein freies Wort über Personen, ohne Unterschied ihres -Glaubensbekenntnisses, zu führen. - -Nachmittags besuchte ich die Wohnungen auf der südlich gelegenen Insel -San Pietro di Nembo. Dieses Eiland ist im Allgemeinen sehr gedeihlich, -und dem größten Theile nach ein Weingarten köstlich schmeckender -Trauben. Die Feigen wachsen üppig neben den Oliven. Würde der Bischof -in Veglia, +Giovanni Antonio+, welchem das Eiland angehört, diesem mehr -Aufmerksamkeit zulenken, es müßte beinahe zu einem Paradiese erblühen. - -Die Wohnungen theilen mit dem Lande nicht das gleiche Lob. Wie die -ungarischen, in die Länge gebaut, haben sie nur ein Erdgeschoß; den -Kamin trifft man zur Seltenheit, und seine Stelle vertritt die Thüre -oder eine Queröffnung im Dache. Nicht minder selten sind die Fenster; -ich sah nicht ein einziges. Des Sommers tritt genug Licht durch die -Thüre, und wenn, was selten, im Winter die Kälte es nicht erlaubt, -die Thüre offen zu halten, so macht man auf dem Herde ein Feuer an, -und umlagert dieses, sich zu wärmen. Ich erinnere mich, des Sommers -auf Schweizerbergen mich aufgehalten zu haben, da es schneite, und da -es nicht weniger kalt war, als es in San Pietro di Nembo mitten im -Winter sein dürfte. Ich litt auf dem Berge von der Kälte sehr wenig. -Ich setzte mich ans Feuer, oder legte mich ins Bett, wie auch die -Hirten zu thun pflegen. Die Häuser von San Pietro di Nembo sind von -Stein gebaut und mit Hohlziegeln gedeckt. Anstalten für Bedürfnisse, -die ich nicht weiter bezeichne, nahm ich nicht wahr. Das Feld sei -ja thätig genug, mögen die Leute denken, indem sie die Reinlichkeit -zu niedrig anschlagen. Man suche in San Pietro keine eigentliche -Backhäuser. Als ich einem Haufen Steine begegnete, schaute ich hinein, -und siehe, es war ein Backofen mit kleinen Broten angefüllt; er mußte -wohl zu dem etwas weiter unten stehenden Häuschen gehören. Besonders -zog meine Aufmerksamkeit ein Haus auf sich, dessen Mauern bloß aus -übereinandergelegten Steinen bestanden, ohne daß sie mit Mörtel -verbunden gewesen waren. Ich ging mit ~buona sera~ hinein, und -fand zwar, daß das Innere der Mauern übermörtelt war. Wer aber hätte -hier einen Keller, eine Kammer, eine Küche, eine Stube, eine Mühle -gesucht? -- Um das Maß der Wirthschaft zu füllen, gleich außen an -der Mauer fand sich ein Backofen. Die Gesetze sind gegen die Winzer -nachsichtig. Jedes Häuschen verkauft sein eigen Gewächs, und so besteht -das Dörfchen aus lauter Schenkhäusern. - -Die Bewohner, nicht ausgezeichnet groß, nicht schön, sind meist von -heller Farbe. Uebrigens sehen sie lebhaft und fröhlich aus. Zwei -Weibspersonen fanden gar großes Vergnügen, mit den Füßen im Meere, -den Saum ihrer Röcke, die sie trugen, zu waschen, und ihr schallendes -Gelächter bei diesem Geschäfte konnte sogar mich ergötzen. Was die -Leute indeß auszeichnet, ist die Unreinlichkeit und Lumpigkeit. Es ging -ein Weib vor mir her, an dem ich nichts unbegreiflicher fand, als daß -es einen Rock trug; denn dieser war so in aller Aufrichtigkeit voller -Löcher, daß -- --. Ich sah größere Kinder, die halb entblößt umher -gingen. Wegen des Schmutzes konnte man an vielen Kleidern, und unter -den Kindern an vielen Gesichtern die Farbe nicht gehörig erkennen. Nur -das Auge sah man rein, schön, unschuldig; wäre es aber möglich gewesen, -auch dieses zu verunreinigen, man würde es sonder Zweifel gethan haben. - -Von diesen unzierlichen Leuten kommt ein guter Wein in den Handel. Es -war eben die Weinlese vorüber, als ich das Eiland besuchte, und mich -belustigte die einfache Bereitung des Nektars. Ein Böttcher hämmert in -dem dunkeln Häuschen die Fässer zurecht, und ein Mann steht im Fasse, -um Trauben herauszuschöpfen. Man wird da nichts weiter sehen; man gehe -nur gleich auf die Seite des Häuschens. Da zertritt und zerdrückt ein -Mann, im Freien tanzend, die Trauben. Sie stehen über einem Brete, in -einem hölzernen walzenförmigen Käfiche. Wenn der Treter darin keinen -Saft mehr auszupressen vermag, so wird derselbe weggehoben; der Treber -mit einem dicken Seile schneckenartig umwunden, und dann, einen Deckel -darüber, gekeltert. Wo man hinblickte, überall Weinfässer. Hier, -wo die Einfachheit ihren Sitz aufschlug, hat doch der Bauer seine -Fässer voll Wein, und würzt damit täglich seine Gerichte; hier, wo -Unzierlichkeiten allen Anstand auslachen, findet man wohl noch einen -Mörser oder eine Bank von Marmor. Doch allenthalben wenigstens einiger -Kontrast! - -Ich wollte die Schafmilch kosten; allein die Schafe werden bloß im -Frühjahre gemolken. - -Es gibt Leute, welche die Schulen mit schelen Augen ansehen. Sie werden -sich freuen, daß die San-Pietrianer einer Schule entbehren. Der Bischof -gehört nicht zu manchen edeln Bischöfen der katholischen Kirche, -die es sich zur Gewissenssache machen, für die Geistesbildung und -Herzensveredlung alle Sorge zu tragen. - - -+Sonntags, den 20. Herbstmonat.+ - -Der Nordwind stellte endlich sich ein. Wir lichteten die Anker. Allein -um den Kapitän abzuholen, mußten wir rückwärts steuern, in kräftigem -Kampfe gegen denjenigen, der uns für die Fahrt nach Alexandrien nicht -mehr Gunst hätte erweisen können. Der Kapitän ließ uns zudem beinahe -ans Ufer segeln, und damit Alles ja recht langsam und zeremoniös -hergehe, sich von seiner ganzen Familie bis an Bord begleiten. Durch -die Schuld des Hauptmanns verloren wir fünf der günstigsten Stunden. -Dießmal wich von mir die Geduld, und auf meiner ganzen bisherigen -Reise hatte ich keine trübern Augenblicke. Ich lasse mir die Geduld -gerne gefallen, wenn ein ungünstiger Wind, dem kein Mensch den Lauf -befiehlt, die Fahrt hemmt; wo aber diese rein vom menschlichen Willen -abhängt, erscheint die Sache in einem andern Lichte. Es wäre Pflicht -des Kapitäns gewesen, an Bord zu bleiben, und er hätte beherzigen -sollen, daß, nachdem bereits fünfzehn Tage auf der kleinen Reise von -Triest nach Lossin verstrichen waren, jeder günstige Augenblick für -den Reisenden ein goldener sein mußte. Ich kann diejenigen, welche von -Triest aus das adriatische Meer in seiner Länge befahren, nicht genug -warnen, daß sie sich einem Kapitän von Lossin grande anvertrauen, darum -schon, weil es sehr schwer hält, bisweilen gar unmöglich ist, aus dem -Hafen zu dringen, selbst beim günstigsten Winde. - -Links sah ich die Isola grossa, welche Dalmatien angehört. - - -+Den 21.+ - -Bei der Isola grossa vorbei; die Eiländer San Andrea und Lissa. - - -+Den 22.+ - -Windstille und schönes Wetter. - - -+Den 23.+ - -Vor dem Winde. Meist sah ich nichts, als Himmel und Wasser. Es ist -fürwahr ein eigener Anblick. Das Meer bildet eine Scheibe, dessen -Mittelpunkt das Schiff ist. Der Himmel wölbt sich wie ein Deckel über -die Wasserscheibe. Das ist nun freilich Alles, was man sieht. - -Der Abend war ungemein lieblich und angenehm. Keine herbstliche Kühle, -kein Nebel. Nach dem Untergange der Sonne schien der Horizont auf der -Abendseite lange wie glühend. Als ich mich zu Bette legte, fühlte ich -ungefähr die nämliche Wärme, wie bei uns mitten im Sommer. - - -+Den 24.+ - -Albaniens Gebirge unterbrachen das Einerlei von Himmel und Wasser. -Eine frohe Stimmung entströmte dem Gedanken, daß ich schon einen Theil -der Türkei erblicke. Bisher sah ich keine andere, als christliche -Länder. Auf einmal drängten sich in meiner Phantasie die eigenen -Religionsgebräuche, die Moscheen, der Halbmond, der Turban vor. -Begreiflich wurde meine Sehnsucht nur um so reger, einmal das Land der -Mohammetaner zu betreten. -- Bis Abend waren wir so weit vorgerückt, -daß auch die Küste von Italien, gegen Otranto hin, als ein schmaler, -unansehnlicher Streifen dem Auge sich darstellte, indeß das türkische -Gebirge, der ~Monte della Pegola~ (Pechberg, weil dort Schiffspech -ausgebeutet wird), nunmehr sich in die Ferne verbarg. - -Ich bestätige die Erfahrung manches Reisenden, daß man mit den -natürlichsten Fragen die Seemänner leicht in Unmuth bringt. Als ich dem -Kapitän einen konditionellen Satz über den Wind mittheilte, brummte er -beinahe kopfschüttelnd: +Wenn+ sagt alle Welt. Er schimpfte früher auf -die Trockenheit der Engländer, und ich ergriff diesen Anlaß, ihm zu -erwiedern: Es wäre mehr, als englische Trockenheit, wenn man sich der -+Wenn+ fürder enthalten wollte. Ich überzeugte mich, daß ich anderwärts -einlenken müsse. Meine Neugierde fand Mittel. Theils waren die Matrosen -mittheilender, wenn ich den Namen eines Landes, das ich eben erblickte, -erfragen wollte, theils sah’ ich dem Tagebuchhalter (~scrivano~) nach, -wenn er täglich den Standpunkt in Bezug auf geographische Länge und -Breite; wenn er die Richtung, welche der Wind und das Schiff nahm, wenn -er den stündlich zurückgelegten, in Seemeilen ausgedrückten Weg in das -Buch eintrug. Was wollte ich mehr? Denn durch die Güte des Kapitäns -stand mir doch die hydrographische Karte und der Teleskop zu Gebote, -daß im Grunde nichts mehr zu wünschen übrig blieb. Nur das Gespräch -ging ab, und wollte ich es erzwingen, mußte ich meine Seele in zwei -Theile spalten, damit wenigstens meine Seelenhälften mit einander -plaudern können. Die Zukunft entzifferte der Kapitän in der That nicht -viel besser, als ich und unsere Wetterpropheten, welche auf ein Jahr in -den Himmel hineingucken, um die Kalender zu schreiben. - -Schon früher verlangte mich, die Apotheke des Kapitäns zu sehen. Nun -keine erwünschtere Gelegenheit, als heute. Der Kapitän benutzte die -Anwesenheit des Pharmazisten, um mit ihm die Arzneien durchzugehen, ob -sie noch brauchbar und ob sie richtig angeschrieben seien oder nicht. -Ich hätte meine Ohren zustopfen mögen, so sehr wurde gequacksalbert und -in den Markt geschrieen. Auch in der Arzneikiste des Kapitäns spielt -le Roi, und ich vergesse nie den Fanatismus, mit dem ein Deutscher in -Triest für diesen Arzt sprach, ihn den einzigen wahren Heilkünstler -nannte, und ihn als Heiland der Medizin nicht genug preisen konnte. -Ich glaubte, die Geschichte könnte uns vor Thorheiten solcher Art -schützen; aber nein, immer kehren sie zurück, und selbst in unserm -zu oft aufgeklärt genannten Jahrhunderte, nistet der tollste Unsinn, -nicht etwa bloß in den untern, sondern auch in den höhern Kreisen der -menschlichen Gesellschaft. - -Vor Mitternacht noch verließen wir das adriatische Meer. Es endet auf -der türkischen Seite in Valona, und in Otranto auf der italienischen -Küste. - - -+Den 25.+ - -Immer guter Wind. Wir waren so fern, daß ich von der Insel Korfu -(~Corcyra~) das Gebirge undeutlich erblicken konnte. Ich sah heute -zum ersten Male das mittelländische, oder, wenn man näher will, das -jonische Meer; aber Wasser ist Wasser. Abends die Luft so warm, als -an unsern Sommerabenden. Ich durfte, bei offener Kajüte, mich nur mit -einem Leintuche bedecken. - - -+Den 26.+ - -Ich erblickte in der Ferne Santa Maura (~Leucadia~), etwas näher -Cephalonien (~Cephallenia~) und südöstlich das Eiland Zante -(~Zacynthus~). Cephalonien lag deutlich vor den Blicken. Wie -blau gefärbt erhoben sich die Berge im Süden. Abends gab die -hinuntersinkende Sonne diesem Eilande ein besonders malerisches -Aussehen. Jedes Uebel hat wieder sein Gutes. Wäre mir nicht der -köstliche Ausblick entzogen worden, wenn guter Wind unsere Segel -geschwellt hätte? - - -+Sonntags, den 27. Herbstmonat.+ - -Cephalonien stellte sich in den Hintergrund; dafür breitete Zante -sich immer mehr aus. Neben vielen Einkerbungen des Landes unterschied -ich Wohnungen der Zanteser. Ausgezeichnet schön konnte ich die mir -zugewendete Seite der Insel nicht finden. - -Endlich tauchte aus dem Meere ein Theil vom griechischen Festlande, -der Peloponnes der Alten, das heutige +Morea+. Gefühle der Bewunderung -für die alten Griechen, waren die ersten, die mich ergriffen. Der -Bewunderung folgte dann Freude, daß ich so glücklich war, einen Theil -ihres Landes zu sehen. Ach, als ich die Feldherren des +Kornelius -Nepos+ las, deren Beschreibung mein junges Gemüth so lebhaft anzog, wie -hätte ich damals glauben dürfen, daß mein Auge es erreiche? So ungefähr -dachte ich beim Anblicke der griechischen Halbinsel. - -Abends erkannte man das Licht des Leuchtthurms auf der Insel Stanfagni. -Hier soll auch ein griechisches Kloster stehen. - - -+Den 28.+ - -Heftiger Gegenwind, der üble Sirocco hielt mich den ganzen Tag gefangen -im Bette. Wir mußten laviren. - - -+Den 29.+ - -Zum Glücke wieder Abendwind, daß die Wellen sich aufbäumten. Er blies -uns hübsch weiter. - -Für das Auge nur Himmel und Meer. - -Abends lief ein Schiff in unsere Nähe. Die Flaggen wurden beiderseits -aufgezogen. Durch ein kurzes Sprachrohr ward zu einander gesprochen. -Aus den Fragen ergab sich, daß der Hauptmann, mit Reisenden am -Borde, von Alexandrien den Weg nach Marseille nehme, und daß +in -Alexandrien Pest und Cholera herrschen+. Diese Nachricht schlug meinen -Reisegefährten +Cesare+ ganz nieder, weil er keine Rezepte für die -Cholera mitgebracht habe. Der Kapitän seufzte aus Besorgniß, daß die -Schiffsladung schwer halten werde. Hat doch ein Jeglicher seinen Grund. -Es ist etwas Angenehmes, auf der Wasserwüste Leuten zu begegnen. Der -entzückende Abend bewog uns, auf dem Verdecke zu speisen. - - -+Den 30.+ - -Heute fühlte ich zum ersten Male so völlig, daß ich unter einem ganz -andern, dem schönsten blauen, aber heißen Himmel lebe. Von der Hitze -litt ich zwar nicht, weil ich den Schatten sorgfältig aufsuchte. Schon -waren wir über den 36ten Grad nördlicher Breite hinausgerückt. - - -+Den 1. Weinmonat.+ - -Schöne Witterung fuhr fort. Morgens schon erspähete ich einen -Gebirgsstreifen von Kandien, welcher über Wolken oder Nebel emporragte. -Bescheiden trat die winzige Insel Gozzo auf. Wir wurden bisweilen von -Schwalben besucht. - - -+Den 2.+ - -Windstille. Heerrauch, so daß man nicht immer Kreta (Kandien) -erblickte. Das Farbenspiel beim Untergange der Sonne gewährte ein -herrliches Schauspiel. Westwärts bis zum Schiffe schien das Meer in -flüssiges Gold verwandelt. Der Spiegel war glatt, außer den sanften -langsamen Wallungen. Das Wasser zeigte sich so liebsam, als lüde es -ein, mit ihm den Abschied der Sonne zu verherrlichen. Doch unter dieser -gefälligen Schminke grausiger Abgrund. Die Sonne selbst, wie glühendes -Erz, goß eine helle, lodernde Säule in das Meer -- uns zu. Als die -Spanier nach Amerikas Schätzen dürsteten, konnten sie das Gold nicht -schöner, nicht reizender sich vorstellen, als es mir vor Augen schwebte. - - -+Den 3.+ - -Windstille. Mittags erhob sich ein leiser Wind, und die Focklee-, -so wie die Vormarsleesegel rechterseits bekamen Pausbacken. Indeß -stand die Kandia immer noch nahe, und Abends zeigte sich der -weitherumschauende Idaberg in seiner ganzen Pracht. - - -+Sonntags den 4. Weinmonat.+ - -Ein wenig Wind. Das schönste Wetter, so warm und so heiter, als in -unsern Heumonaten. Der Gedanke erfüllte mich sehr oft mit Freude, daß -ich die sommerlichste Witterung genieße, während es zu gleicher Zeit -bei uns kalte Morgen und Abende, unfreundlichen Regen und Nebel gebe. -Das Land war entschwunden aus dem Gesichtskreise. - - -+Den 5.+ - -Schöne Witterung; wenig Wind. Abends spannte mich die lange Weile so -recht auf die Folterbank; doch unberechnete Umstände können sie oft -schnell verscheuchen. So flog eine Schwalbe daher, müde, schläfrig -und so kirre, daß ich sie schmeichelnd streicheln konnte, zu meiner -innigsten Freude. Endlich fing ich sie ohne Mühe mit der Hand. Die -Philosophie wappnete und wehrte sich vergebens gegen die Langeweile, -und ein kleiner Vogel machte allen Kampf der erstern zu Schanden. - - -+Den 6.+ - -Zum ersten Male waren wir überall vom Nebel eingeschlossen, doch nur -auf sehr kurze Dauer. Was hat ein Haus auf dem Lande zu rühmen, wenn -Nebel es umgibt? Man sieht Haus und -- Nebel; hier sehe ich Schiff und -Nebel, und doch noch zur Unterhaltung das frohe Spiel des Windes an den -Segeln -- -- --. - -Endlich fing Mittags an ein frischer Nordwest zu blasen, der unser -Schiff beflügelte. - -Seit zwei Tagen steuerte ein Schiff hinter uns. Wir waren 200 Seemeilen -von Alexandrien entfernt, als es die Flagge aufsteckte, zum Zeichen, -daß es der Hülfe bedürfe. Das Nothzeichen besteht darin, daß die -große Flagge gehißt und in die Quere zusammengezogen wird. Wir -segelten dem Schiffe, das wir früher für ein griechisches hielten, -sogleich entgegen und bald bekamen wir es in die Schußweite. Welch ein -Anblick für mich. Die Flagge ganz roth; am Borde Barbaresken, welche -nach Mekka zu wallfahrten vorhatten. Der Kapitän, ein Alexandriner, -mit seinem schwarzen Gesichte, dem Turban und den Pluderhosen war -ein gar rühriges, lebhaftes Wesen. Ein Matrose mit einem türkischen -Bunde bestieg behende die Strickleiter. Unser Schiffshauptmann -entsandte jenem auf italienisch den Gruß: Guten Abend. Er wurde von -dem alexandrinischen Kapitän in der gleichen Sprache erwiedert. Was -verlangen Sie? fragte unser Hauptmann. Er versetzte, daß er Mangel -an Wasser bekommen werde, und wenn solches unter den Pilgern ruchbar -würde, eine Empörung im Schiffe zu besorgen stände. Unser Hauptmann -fragte ihn weiter, ob er keine Krankheit am Borde hätte? Nein, -antwortete er, es ist Alles sauber. +Budinich+ versprach ihm Wasser, -doch wolle er Windstille abwarten, weil sonst die Fahrt zu viel -einbüßen müßte. Um zu beurtheilen, mit wie viel nautischen Kenntnissen -der arabische Seemann ausgerüstet ist, genügt einzig noch zu wissen, -daß der Reis (Kapitän) die Frage stellte, wie weit es bis Alexandrien -wäre? Als er dann die Entfernung erfuhr, erschien er hoch erfreut, und -fügte hinzu, daß wir morgen in Alexandrien einträfen. Der Auftritt -ergötzte mich ungemein. Ich besah mit bewaffnetem Auge die hingehockten -Hadschi (Pilger) in die Runde. Unser Kapitän hatte keinen Gedanken -an einen Streifer (Korsar). Ich wußte es nicht, und vertraute dem -Hauptmann und -- unsern Kanonen. - - -+Den 7.+ - -Vor gutem Winde. Obschon unsere Brigg nicht der beßte Segler war, blieb -das egyptische Fahrzeug dennoch zurück, so daß wir es ganz aus den -Augen verloren. Unter solchen Umständen wäre es überaus schmerzlich -gewesen, einige Segel einzuziehen, bis der Araber uns eingeholt haben -würde. Was werden aber die ohne Hilfe zurückgebliebenen Mohammetaner -von der christlichen Liebe denken? Als es gestern hieß, daß ein Schiff -auf der weiten, hohen See Hilfe begehre, so entzückte mich der Gedanke, -daß man selbst auf diesem treulosen Elemente nicht ganz verlassen sei, -und ich sagte zum Hauptmann, es sei Christenpflicht, Andern in der Noth -zu helfen. Nein, entgegnete er, es sei moralische Pflicht. Noch besser. -Denn wenn es bloß Christenpflicht wäre, dem Nebenmenschen beizustehen, -was wollten die Mohammetaner, nothleidenden Christen gegenüber, thun, -jene Andersgläubigen, welche die +christliche+ Pflicht als solche -nicht kennen? Es muß also eine allgemeinere, als bloße Christenpflicht -geben. Es ist Menschenpflicht, Andern in der bedrängten Lage hilfreiche -Hand zu reichen. - -Nun ein weiteres Wort über meinen Hauptmann und den Gefährten -+Cesare+. Jenem macht die Gutmüthigkeit Ehre, die Launenhaftigkeit -Mühe, das jugendliche Alter Belehrung fühlbar. Der Pharmazist, eine -lange, hagere Gestalt mit glänzend schwarzen Haaren, mit einer -schmalen, kurzen Stirne, einer vollen Baßstimme, ist ein seltenes -Muster von einem rechthaberischen, anmaßenden Menschen[1]. Selbst -über arzneiwissenschaftliche Dinge mußte ich ihm Recht lassen, nur um -unangenehme Auftritte zu vermeiden. Qualvoller kann man sich die Lage -eines Arztes kaum denken, als die meinige war. Wo nur etwas Weniges -haperte, war +Cesare+ mit Arzneien, z. B. mit einem Abführmittel, -bereit. Er zeigte sich unerschöpflich, dem Hauptmann Rezepte zu -diktiren. Ich schwieg, weil ich zu gut einsah, daß die Quacksalberei -ihr Hauptlager hier aufgeschlagen hatte. Von solchen Querköpfen als -Arzt anerkannt zu werden, konnte mich nicht begierig machen. Betrübend -und ergötzlich war es zu gleicher Zeit für mich, wahrzunehmen, daß die -Quacksalberei im Ganzen wenig Segen hatte. Der Kapitän befand sich erst -besser, als er auf das Einnehmen der Arzneien Verzicht that. Ich suchte -ihm begreiflich zu machen, daß man der Natur mehr vertrauen müsse, und -daß, bei fortwährendem Verschlucken von Arzneistoffen, bisweilen der -Körper in einem Grade von Abhängigkeit sich daran gewöhne, wofern jene -ihn nicht ganz zerrütten. +Cesare+ selbst litt nicht am wenigsten, -vielleicht nicht am unverdientesten. Um durch ein Beispiel anschaulich -zu machen, was für seichte Gespräche mitunter geführt wurden, so -zankten sich die Helden lange, indem +Cesare+ behauptete, daß Egypten, -so zu sagen, in Europa liege. Er las in dem ~Universo pittoresco~, -einem, aus dem Französischen ins Italienische übersetzten Werke, daß -Egypten, zwischen Asien und Afrika, von den Geographen bald zu jenem, -bald zu diesem Welttheile gezählt werde. Er faßte die Stelle unrichtig -auf, und behauptete, daß es heiße, Egypten gehöre weder +Asien+, noch -+Afrika+ an. Nun schloß er, es müsse Europa zufallen. +Cesare+ wandert -nach Egypten, um sich Schätze zu sammeln. In wie weit ihn edle Gründe -leiten, konnte ich nicht erschauen; so viel wurde mir klar, daß er ein -überspannter Glücksritter war. Als er in der gleichen Schrift las, -daß, nach +Pariset+, der Verbreitung der Pest durch Verbrennung der -Leichen, wie vor Alters, ein Ziel gesetzt werden könne, gerieth er in -gänzliche Wallung, und äußerte sich, daß man dieses Mittel ausführen -sollte, ja ausführen müsse, weil er an die Untrüglichkeit schon -glaubte. Je mehr dem Menschen an gründlichem Wissen gebricht, desto -mehr läuft er Gefahr, eine Beute der Leichtgläubigkeit zu werden. - -Seit einigen Nächten fühlte ich eine Plage, die ich früher nie kannte. -Ich mag die neue Auflage lebendiger Pfennige nicht nennen. - - -+Den 8. Weinmonat.+ - -+Diesen Morgen entdeckte der Hauptmann auf dem Mastkorbe Alexandrien.+ -Ich fühlte keine besondere Freude bei der Mittheilung dieser Nachricht, -einestheils, weil die Witterung in der letzten Zeit, seit mehr -denn drei Wochen, die schönste war, die je mein Leben erheiterte, -anderntheils, weil ich die Zeit recht leicht mit Lesen, Schreiben, z. -B. mit Uebersetzen aus dem Italienischen, mit der Tagebuchhaltung, -früher auch mit Spiel, hinbringen konnte, so daß mich nur wenige -Stunden eigentliche Langeweile folterte, -- dann auch, weil das Landen -an einem Orte mit zwei Pestilenzen einige unangenehme Gefühle erregte, -so sehr das Interesse der Wissenschaft die Resignazion vorbereiten -mochte. - -Daß ich ruhrkrank wurde, habe ich oben erwähnt. Es entging mir nicht, -daß die Ruhr einen ernsthaftern Karakter hätte annehmen können. -Ich hege die Ueberzeugung, daß ich die schnelle Wiederherstellung -vorzüglich einer ganz geregelten Lebensart, namentlich dem Aufenthalte -im Bette, verdanke. Bei den Worten, daß ich leide, rief +Cesare+ -aus: ~Corpo di Dio~, er macht mit der ganzen Krankheit die Reise. -Ein Matrose setzte kaltblütig hinzu: Er wird bald abreisen. Das war -richtig der Fall, aber in einem andern Sinne. Ich konnte so ganz bequem -zuhören. Ich widerlegte den falschen Propheten damit, daß ich mich -mindestens bald eben so gut befand, als zu Hause. - -Die Seekrankheit konnte mir so wenig etwas anhaben, als +Cesare+. Wenn -die See hoch ging, bekamen wir höchstens einen schweren, schwindlichten -Kopf, und die Eßlust verminderte sich, welche bei mir sonst sich sehr -lebhaft ankündigte. Ich verzichtete auf ein einziges Nachtessen. - -Die Beschwerden zur See entspringen unstreitig aus den +unordentlichen+ -Bewegungen des Schiffes. Der wärmere Wind trägt das Seinige bei, -um dieselben zu vermehren; allein die sogenannte Seekrankheit -hervorzubringen, wird er kaum vermögen. Ich sage mit Fleiß: -+unordentliche+ Bewegungen; denn die gleichmäßigen würden wenig zu -bedeuten haben, und das Schaukeln bald hin und her, der Länge und -Breite nach, bald auf- und abwärts, zumal das +stoßweise+, kommt in -Anklagezustand. Das Schaukeln zur See läßt sich platterdings nicht mit -dem Schaukeln zu Lande auf gleiche Linie stellen. Andere Beschwerden -rühren offenbar vom übeln Geruche faulender Stoffe, z. B. des faulenden -Wassers im Schiffsraume, her, einem Geruche, welcher um so stärker -wird, je unordentlicher das Schiff bewegt wird. Ich hörte selbst den -Hauptmann oft über die ~sentina~ klagen, welche ihm Kopfweh verursachte. - -Man rühmt gegen die Seekrankheit Limonade, oder schwarzen Kaffee mit -Zitronensaft, ohne Zucker. So lange die Ursache, das Schaukeln oder -der üble Geruch, dauert, leisten wohl +wenig+ Mittel +viel+. Essen, -wenn man sogar vom Appetite nicht eingeladen wird, schadet nichts, es -nützt eher, wie ich aus Erfahrung weiß. Wenn die Witterung es zuläßt, -begibt man sich am beßten auf das Verdeck, und statt zu liegen oder -zu sitzen, steht man, indem man trachtet, den Bewegungen des Schiffes -auszuweichen, und den Körper in möglichst senkrechter Stellung zu -erhalten. Zudem zügle man die Einbildungskraft. Wer sich in den Kopf -setzt, daß er speien müsse, kann es leicht dahin bringen. Man erwägt zu -wenig, welcher Menge von Uebeln die Selbstherrschaft vorbeugt. - -Ich habe von der Seekrankheit der Thiere wenig gelesen. Sie werden -zuversichtlich von derselben nichts Großes sich vorstellen. Daß -den Thieren das Unglück zu Theil ward, keine Vernunft zu besitzen, -genießen sie andererseits das Glück, sich nicht durch Vormalung einer -unglücklichen Zukunft, mittelst der Vernunft, die Tage des Lebens zu -beunruhigen. An unsern Thieren, den Kanarienvögeln, Katzen, Ratten, -Hühnern, nahm man keine Störung durch den Aufenthalt auf dem Schiffe -wahr. Man sieht -- doch, daß wir in guter Gesellschaft lebten. Wir -hatten gebetene und ungebetene Gäste. - -Schon seit der Frühe sah ich das Wasser des Meeres rothgelblich, -trüber. Es war mit dem Nilwasser getränkt. Es fing an von Schiffen und -Vögeln belebter zu werden. Erst um neun Uhr ungefähr erblickte ich mit -bewaffnetem Auge Alexandrien, nämlich den Palast des Pascha -- freilich -nur geometrische Linien, ein todtes, vom Meere auftauchendes Viereck im -Sonnenglanze. Wir waren bloß noch zehn Seemeilen von Alexandrien. - -Bald näherte sich die Küste, die rechts, ein röthlicher, wenig -erhabener Sandhügel, sich gleichsam ins Meer verlor; Häuser, -deren Umrisse undeutlich waren, erhoben sich immer zahlreicher; -im Hintergrunde aber, wie auf einen Hügel gepflanzt, strebte die -Pompejussäule und, ein wenig links, der Obelisk der +Kleopatra+ empor. -Alles schien eine Insel zu sein, und hatte so wenig Ungefälliges, daß -man hätte glauben mögen, von Lido aus Venedig sich zu nähern. - -Es fuhr ein Schiff in solcher Entfernung an uns vorüber, daß wir -es beinahe hätten entern können; seine Flagge trug das Zeichen des -Halbmondes. Alles überraschte mein Auge, ausgenommen das Schiff. -Wir waren schon so weit vorgerückt, daß wir den Lothsen, das ist -der Wegweiser für unser Schiff, erwarteten. Endlich wimmelte ein -schwarzer Punkt, der fortan größer wurde, bis man die Ruderknechte -unterscheiden konnte. Doch wurden sie bisweilen von einer Wellenwand -fast ganz verborgen. Weil die Einfahrt wegen der Bänke gefährlich -ist, so sind Lothsen unerläßlich. Schon hat der Lothse uns eingeholt. -Wir fragten nach dem Gesundheitszustande. Es steht gut, antwortete -er, weder Pest, noch Cholera. Das Gespräch wurde auf italienisch -geführt. Der Araber, ein großer Mann von tiefbrauner Gesichtsfarbe, -mit großer Bognase, schwarzem Barte, und von etwas stolzer Haltung, -sprach fertig +fränkisch+, wie man das Gemisch von Italienischem und -wenig Morgenländischem in der Levante nennt. Er saß auf dem spitzigen -Hintertheile seiner Barke, so daß die Füße von den aufliegenden -Oberschenkeln bedeckt waren. Mit einer Hand lenkte er das kleine -Steuer wie im Zauber. Nachdem sein Kahn an das Schlepptau unserer Brigg -genommen war, erhielt er das Kommando, und unser Kapitän durfte es nur -wiederholen[2]. - -Bald flog ein anderer Kahn mit zwei lateinischen Segeln daher. Er war -mit vielen Männern besetzt. Eine dicke Figur mit einem Schulzenbauche, -einem langen Schnurrbarte und einer rothen Mütze, von deren Mitte -eine große Troddel herunterschwabbelte, fiel mir am meisten auf, kaum -aber die bedenkliche Hintansetzung der Etikette, daß er einen Fuß auf -der Bank, den andern unten hatte. Beim Anlegen schlugen die Wellen -hoch auf, und er runzelte, nicht gegen diese, sondern gegen die heiße -Sonne die Stirne. Es war ein Polizeikommissär. Neben ihm stand ein -junger Dolmetsche, der nach dem Namen des Kapitäns und des Schiffes, -nach der Zahl der Passagiere, nach dem Orte der Abfahrt, der Dauer -der Reise und nach der Befrachtung fragte. Er zog eine Bleifeder und -ein vielfach in das Viereck zusammengelegtes Papier heraus, welches -er auf den Handteller nahm, darauf etwas zu schreiben. Weil wir der -Angabe des Lothsen über den Gesundheitszustand wenig Glauben beimaßen, -so wurde die gleiche Frage wiederholt, und eben so befriedigend -beantwortet. Schon stieß der lateinische Segler von hinnen. Wie eine -eben sich öffnende Blüthenknospe erschloß sich die Freude sichtbar -auf den Antlitzen unserer Leute. +Cesare+, welcher seit wenigen Tagen -gegen mich den Stummen machte, bekam die Sprache auf einmal wieder. -Nimmersatt am Sehen, so sehr reizte Alles meine Aufmerksamkeit, -vergaß ich das Geschehene, und wir fanden den Faden der Mittheilung, --- -- durch die merkwürdigen Araber angeknüpft. Freude und Leid sind -oft Bindemittel, indem vor ihrer mächtigen Erschütterung kleinere -Erscheinungen auf dem Gebiete des Gemüths leichter und standloser als -Flaum entfliehen. - -Bald fuhr in einer andern Barke ein mit einem Hute bedeckter, -wohlgekleideter Mann einher. Aehnliche Fragen wie früher. Noch ein -Kahn mit einem hübschen Manne, der einen Hut trug, stieß gegen unser -Fahrzeug. Dieser Herr erkundigte sich über den Gesundheitszustand. -So weit bekümmern sich die Mohammetaner, oder doch Andere in ihrem -Namen. Die Antwort lautete freilich sehr wohl. Unser Kapitän -übergab sofort eine Ausweisschrift, welche nicht ohne Beobachtung -der Gesundheitsvorschriften angenommen wurde. Der Steuermann des -Gesundheitsbeamten hob nämlich auf einmal eine große, weißblechene, -viereckige, offene Büchse empor, und in diese ließ unser Kapitän seine -Schrift fallen. Der Gesundheitsbeamtete selbst ergriff mit einer Hand -ein Stückchen Holz, mit der andern ein vorne abgerundetes Messer, -das einen hölzernen Griff hatte, er wendete dann die zusammengelegte -Schrift mit diesen Werkzeugen um, bis sie entfaltet vorlag. Nach Lesung -der Schrift wurde die Strickleiter erstiegen, und auf der Stelle -eröffnete sich freier Verkehr an unserm Borde. Es war, wie wenn man -aus dem Regen in die Sonne tritt, wie wenn den eingesperrten Bienen im -Korbe Luft gemacht wird. Ein Araber, der an einer Traubengeschwulst des -Auges litt, erinnerte mich bei Zeiten an die egyptische Augenplage. - -Aber schon sind wir im Hafen, und noch hoch am Tage, sinkt der Anker. -Rechts von den Ruinen bewegen sich in langsamen Kreisen zierliche -Windmühlen, dreißig bis vierzig an der Zahl; links preiset der -stattliche Palast des Statthalters europäischen Geschmack; die Mitte -der Schaubühne schließt ein Gesäe unansehnlicher Häuser hinter einem -Walde von Masten. Man mußte von dem Gedanken durchdrungen werden, daß -man in einem andern Welttheile athme, und sah man bloß ins Meer, so -fragte man sich neugierig über das trübe, in der Sonne rothgelblich -schillernde Wasser, worüber ein Schwarm Vögel flatterte. - -Ich schickte mich an, ans Land zu gehen. Neben mir Kriegsschiffe, -über deren Größe ich erstaunte; vorwärts wieder Halbmonde auf den -Flaggen; dort eine Barke mit trommelnden Soldaten; hier guckt eine -Europäerin aus der Kajüte heraus, und fragt nach Neuigkeiten; dort ein -Morgenländer mit der Pfeife im Munde, hinter einer behaglich auf dem -Schiffsrande hockenden, den Schweif um die Beine niedlich windenden -Katze, und hinter dem Netze von Tauen; ein englisches Dampfboot; ein -hellenisches Schiff, dessen Name mit großen griechischen Buchstaben -geschrieben war; kurz, eine Menge Fahrzeuge, rechts und links, vorwärts -und rückwärts, ein bewohntes Meer. Ich höre Musik, vom Lande her Lärm, -als wäre ich einer Kirmes nahe. Hurtig stieg ich auf den breternen -Steg, und wenig Schritte, ich war zu Land, auf Sand, in Afrika, in -Egypten, in +Alexandrien+. Unbeschreibliche Freude erfüllte mein -Gemüth. In ~Deo gratias~ ergoß sich beinahe unwillkürlich das Herz, --- meine ersten Worte in Afrika. Die mir nächste Person auf dem Lande -war linker Hand ein halb entblößter Mensch von ungefähr dreißig Jahren -und schwarzbrauner Farbe. Er lag abwechselnd auf den Knien und warf -sich auf den Staub nieder, faltete manchmal die Hände, verdrehte oft -die Züge des Gesichtes. Das ist ein Verrückter, dachte ich, und wenn -er es nicht ist, so verwendet er doch seine gesunde Vernunft zur -Verrücktheit. Was soll ich sagen? Er verrichtete, nach dem Gesetze -Mohammets, das dritte Gebet zwischen Sonnenhöhe und Sonnenuntergang -(el-Asser); aber ich sehe ein, daß ich mit meinem verwerfenden Urtheile -zurückhalten muß. Die religiöse Mimik will tiefer gewürdiget sein. -Hat denn, frage ich, das Zusammenstrecken der zehn Finger bei den -Protestanten mehr Bedeutung, als die Niederwerfung vor Gott bei den -Morgenländern, oder das Niedersinken auf die Knie bei den römischen -Katholiken? - -Der alte Hafen ist jetzt den Europäern direkte geöffnet, und, außer -den wiederholten Anfragen, deren gedacht ward, gibt es keinerlei -Umstände, um in denselben zu gelangen. Wie vieles hat sich nun seit -fünfzig Jahren umgestaltet. Das Traurigste aber ist, daß das türkische -Regierungssystem auf keine sichere Grundlage sich stützt, da beinahe -mit jeder neuen Besetzung eines Paschaliks (Statthalterschaft) -eine neue, bald vor-, bald rückwärts schreitende Ordnung der Dinge -eingeführt wird. - -Ich miethete in der Stadt ein Zimmer, und begab mich wieder an Bord, -an welchem ich die letzte Nacht hinbringen soll. - -Ich konnte vor Freude über den jetzigen Aufenthalt den Schlaf kaum -finden. Indessen bemerkte ich, daß es etwas kühler wurde, mein Kopf -unbedeckt war, und die Frische, die ich an jenem fühlte, meinen Schlaf -verhindere. Ich zog das Oberleintuch herauf und machte eine Kaputze. In -wenig Minuten war ich eingenickt. Lärm weckte mich. - - -+Den 9.+ - -Schon in aller Frühe. Ich hörte zwar nicht mehr das Geklingel im -Hintertheile des Schiffes und die antwortenden Glockenschläge über -der Kajüte der Matrosen, zum Zeichen, wie lange das Geschäft des -Ruderbesteurers dauere; ich hörte nicht mehr: ~Rende la guardia al -timone, a che tocca la (terza)~; in dem Kastenbette hörte ich nicht -mehr den Wellenschlag neben mir an der Wandung, oder das Kollern, oder -bei günstiger Fahrt das Gezische, ähnlich demjenigen beim Pumpen des -dicker gewordenen Rahms: aber das taktmäßige, weinerliche Rufen und -Singen ganz eigener Art erklang noch, der Losungsruf der Matrosen, daß -sie vereint und gleichzeitig große Kraft anwenden, z. B. um eine Last -zu heben, aber das monotone, grelle Pfeifen der egyptischen Seetruppen -tönte jetzt herüber. Wie ich den Matrosenruf zum ersten Male vernahm, -machte er einen höchst unangenehmen Eindruck auf mich, welchen -nur nach und nach die Gewohnheit mildern konnte. Unser ~ragazzo~ -(Schiffsjunge), beinahe immer auf dem Meere, ohne viel Anderes singen -zu hören, trillerte das Geleier der Matrosen zu seiner Ergötzung daher. - -Endlich hieß es: eingepackt, und ich setzte Fuß ans Land, um mit meinem -Gepäcke das Zimmer zu beziehen. - -Ohne Tagesordnung bringe ich verschiedene Denkwürdigkeiten von -Alexandrien. - - - - -=Alexandrien.= - - -Lage. - -Die Stadt +Alexanders+ (Skanderun) liegt auf einer Landzunge, die in -der Richtung gegen Nordwest ins Meer sich verliert. Die Spitze verläuft -in einen Lappen, der sich südwestlich umbiegt, und in einen Faden, -der sich in entgegengesetzter Richtung bis zu einer kleinen Festung -ausdehnt. Hier, an der Stelle dieses Vertheidigungswerkes, soll einst -der Pharus gestanden haben. Der westliche Zungenrand begränzt den -+alten+ Hafen und der östliche den +neuen+, welcher letztere indeß -wegen seiner Untiefe, durch die gränzenlose Nachlässigkeit der jetzigen -Beherrscher Egyptens, sehr wenig belebt ist, immerhin aber sich sehr -hübsch herausstellt. Auf der Wurzel der Zunge hatte sich das alte -Alexandrien ausgebreitet, und dieselbe ist jetzt nur wenig angebaut. -Dagegen strotzt es gleichsam von Ruinen, sobald man den Schutt weghebt. -Die schönsten Marmorsäulen sind von diesem bedeckt, und eben grub man -eine hervor. Unlängst zog man auch ziemlich viel Goldmünzen heraus. - -Man kann heutzutage nicht mehr behaupten, daß die Stadt landwärts von -einer Wüste umgeben sei. Gegen Mittag schließen sich schöne Gärten an, -woraus die Dattelpalme den neu angekommenen Europäer dem Afrikaner -willkommen heißt. Der am nördlichen Ufer des Mareotis angelegte Garten -des +Ibrahim-Pascha+ verdient vor andern Lob. In der Nähe desselben -übernimmt ein Strich angebauten Landes die versöhnende Rolle zwischen -dem üppigen Garten und dem kahlen Sandmeere der Sahara. Der Mareotissee -selbst, mit seinen wenig aufragenden, wüsten, gelbsandigen Ufern, sieht -eher einem Sumpfe gleich, und gewährt daher keinen angenehmen Anblick. - - -Gebäude. - -Die Moscheen sind meistens häßlich; die Minarets oder Thürme steigen -nicht hoch empor. Beide weiß, überkalkt, ohne Schmuck, ohne ein Bild, -mit dem Gepräge des Zerfalles. Antike Säulen tragen hie und da den -Söller (Decke) des Tempels oder den Thurm. Der Zerstörungswuth, die vor -Zeiten den Ton angegeben hatte, entgingen doch zum Theile die Säulen, -und als brauchbare Baustoffe trifft man sie auch an andern Gebäuden. -Indeß liegen Säulenstücke noch müßig herum. Eine einzige Moschee -erspähete ich, die man schön nennen darf. - -Der Sommerpalast des Vizekönigs liegt auf dem bezeichneten Zungenlappen -(Ras-el-tin), vortheilhaft für das Auge. Auf der Morgenseite trat ich -durch ein bewachtes Thor der Umfangsmauer, und ich gelangte auf einen -schönen, geräumigen Platz. Mit gespanntem Gemüthe richtete ich meinen -Blick umher, rechts auf das einstöckige, statt der Glasfenster -- mit -hölzernem Gitterwerke versehene Harem, links auf den Palast des Pascha, -der, ebenfalls nur ein Geschoß hoch, in einen Giebel sich aufdachet. -Das Wohn- oder Audienzzimmer des Vizekönigs schaut gegen den Hof oder -gegen Mitternacht. Diese Lage erklärt sich leicht, da unter einem so -heißen Himmel die Sonne geflohen und der Schatten gesucht wird. Den -Eingang in den Palast bildet eine Halle, welche schöner, weißer Marmor -auskleidet. Hier immerwährender Schatten, angenehme Kühlung. Da sieht -man Höflinge in ihren orientalischen Prachtgewändern ein- und ausgehen, -um nicht zu sagen, ein- und ausschlendern. Die Hoflakaien warten ihrer -Herren. Stolze Hengste stehen an einer Reihe gesattelt in Bereitschaft. -Das Roß des Pascha, mit nicht sehr ausgezeichnetem Schmucke, wird vom -Sattel nie befreit, auf daß es immer gerüstet sei, seinen Herrn von -hinnen zu tragen. - -Ich sah eben eine Truppe Araber in ihren mitunter schmutzigen Mänteln -einherschreiten, denen man zwar Fassung genug, aber doch so viel ansah, -daß sie sich zu einer Vorstellung vorbereiteten, indem sie die Mäntel -etwas zurecht legten und ihre Köpfe zusammensteckten. Die Truppe zog -festen und weidlichen Schrittes die breite Marmorstiege hinauf. Als sie -vor dem Pascha erschien, erblickte ich diesen vom Hofe aus; denn das -Fenster war offen. +Mehemet-Ali+ imponirte durch seine Haltung, trug -eine rothe Mütze, einen auf die Brust herabwallenden, dichten, grauen -Bart, und hatte das schöne Aussehen eines muntern Greises. Ich schaute -neugierig hinauf, und keine Seele hinderte mich daran. Man sagte mir -später, daß ich hätte hinaufgehen und an der Thüre des Audienzzimmers -zusehen dürfen. Solche Dinge geschehen im Morgenlande weniger geheim, -als in Europa. Freilich darf man nicht unberücksichtiget lassen, daß -die physische Kälte die Europäer so oft zum Schließen der Fenster und -Thüren nöthiget. Die Leibwache des Pascha ist mit blauem Tuche, einer -rothen Mütze und mit gelben, plumpen Schuhen bekleidet. Ein Wachposten -kam aus dem Palaste, die Füße ungleich bewegend, die Schuhe gleichsam -nachschleppend, lachend, beinahe spielend. Bei aller Leichtigkeit des -Karakters fällt es dem französischen Militär doch nie ein, am Posten -oder unterwegs von einem Posten zum andern Spaß zu treiben. Selbst -unsere Knaben von acht bis vierzehn Jahren benehmen sich ernster, wenn -sie sich in den Waffen üben. - -Die Häuser sind von dreierlei Art: europäische, türkisch-egyptische und -die Hütten. - -+Die europäischen Häuser+ liegen im Frankenviertel. Ein Theil derselben -hat flache Dächer oder Söller. +Ibrahim-Pascha+ ließ ansehnliche -aufbauen -- um einen sehr geräumigen Platz. +Ibrahim+ (Abraham) thut -wirklich zur Verschönerung und Belebung der Stadt sehr viel, wobei er -durch Beziehung schwerer Hauszinse seine Rechnung recht gut findet. -Die Konsulatsgebäude stehen nahe beisammen. Hoch über ihren Dächern -flattern die Flaggen, welche dem Abendländer einen sehr wohlthuenden -Anblick gewähren, und ihm gleichsam Schutz und Sicherheit zulispeln. -Wenn ein Schutzempfohlener stirbt, so wird eine besondere Flagge, doch -minder hoch gehißt. Den Söller der hohen fränkischen Häuser heißt man -+Terrasse+, auf der man sich angenehm aufhält. Von derselben erhebt -sich ein offenes Thürmchen, +Belvedere+ genannt, und mit Recht, da man -darauf eine schöne Aussicht genießt. Man kann auf einem Thürmchen die -ganze Stadt und die Häfen übersehen. Die Flachheit der Dächer beklagen -manche Europäer. Während der Regenzeit dringt durch das Deck Wasser, -welches das Wohnen nicht weniger unangenehm, als ungesund macht. - -Man will behaupten, daß der Regen, welcher im Winter tageweise und -in starken Güssen anhalte, in Alexandrien von Jahr zu Jahr häufiger -falle, und man schreibt dieß den im Weichbilde angepflanzten Bäumen -zu. In der That ist der Regen in Mexiko seltener geworden, seit der -in seiner Nähe belegene Wald ausgehauen ist. Die Franken scheinen -sich zu überzeugen, daß geneigte Dächer zum Bedürfnisse gehören, und -während meiner Anwesenheit zog man einen Kanal durch die Frankengasse, -um das Regenwasser abzuführen. Weil ohnehin in der Stadt keine Gasse -gepflastert ist, so wird der Schmutz, bei starkem Regen, tief und -lästig. Ich vermuthe aber, daß man von rascher Abänderung des Klima und -vom jährlich zuwachsenden Regen ein wenig träume, wie denn auch die -Vorstellung von der sengenden Gluth der egyptischen Sonne bei Manchen -übertrieben sein mag. Ich könnte den Doktor +Prosper Alpinus+[3], der -vor zwei Jahrhunderten Egypten bereiset hat, zum Zeugen anrufen. -Er bemerkt, daß in einem Theile dieses Landes, wie in Kairo, der -Regen eine seltene Erscheinung sei, wogegen es an der Meeresküste, -in Alexandrien und Damiat, oft und sehr stark regne. Wenn auch, vor -+Christo+, +Pomponius Mela+ das wahrscheinlich viel baumreichere -Egypten ein regenloses Land („~terra expers imbrium~“) nennt, so darf -man wohl immerhin nicht glauben, daß dieß zur Zeit des Autors durchhin -wahr sein mochte, sondern vielmehr, daß er die Regenlosigkeit auf -einzelne Gegenden bezogen, und diese für das Ganze genommen hat. - -Mischten die Egypzier sich nicht in das Schauspiel, wenn man in das am -neuen Hafen liegende Frankenquartier kommt, man würde gerne läugnen, -daß man den Boden Afrikas unter den Füßen hätte, so sehr ist Alles -über den europäischen Leisten geschlagen. Laden an Laden, Kaffeehäuser -und zwei Wirthshäuser sorgen für die Bequemlichkeiten der Europäer. -Alexandrien ist halb europäisch, halb afrikanisch, und darum erscheint -es dem europäischen Ankömmlinge eben so freundlich, als merkwürdig. - -+Die türkischen Häuser+, in der Regel ziemlich niedrig, haben gegen -die Gasse einen großen Vorsprung oder Erker, worin man zu faulenzen -pflegt; die Fenster werden meist von einem niedlich gearbeiteten -engen Holzgitter versehen. Solches kann unter einem milden Himmel -gut angehen; allein es dürften nur Kälte und Regen stärker werden, so -würden die empfindsamen Bewohner unfehlbar leiden. Manchen Häusern -verleiht der Kalk ein schneeichtes Weiß. - -+Die Hütten+ zeugen von Einfachheit und Elend. Von der Form eines -unordentlich kantigen Würfels, enthält die Hütte bloß ein Gemach, und -in dieses führt eine einzige Oeffnung zur Aufnahme der Thüre, welche -mit einem hölzernen Schlosse gesperrt werden kann. Wenn man nicht -mehr als das Hausgeräthe auf arabisch nennen müßte, so würde man im -Nu arabisch verstehen. Der Boden dient als Sessel, als Tisch, als -Bettstelle u. dgl., und ist somit ein wahres Wunderding. Mann und Weib, -Kinder, Freunde und Verwandte legen sich neben einander, und füllen, -wenigstens auf dem Boden, den Raum der Hütte. Die Kleider, womit Manche -sich des Tages bedecken, sind im guten Falle die einzige Bettung für -die Nacht, und die Leute entkleiden sich in der Regel nur dann, wenn -sie der allzu dienstfertigen Kreaturen auf die anständigste Weise -los werden wollen. Es soll die Armuth eines Theiles der Alexandriner -so groß sein, daß nicht beide, welche eine Hütte bewohnen, ausgehen -können, weil sie nur +ein+ Kleid besitzen. Darum warte der eine -Elende nackt in der Hütte, bis der andere in dem gemeinschaftlichen -Kleide zurücktreffe. Die Hütten sind von Erde aufgeführt und von -Farbe schwarzgrau. Sie vermögen lange andauernden Regen nicht zu -bestehen. Es ist nicht lange her, daß in einer kalten Regennacht viele -Hütten einstürzten; eine Menge obdachloser Bewohner erkrankte und -starb. Erst jetzt mochten die Leute den Segen ihres Himmels dankbarer -erkennen. Wie viel Schweißtropfen rinnen über die Stirne herunter, -bis der Europäer sein Heizungsholz, seine Strümpfe, Schuhe, seine -Winterkleider zusammengebracht, bis er seine Wohnung mit allem Nöthigen -ausgerüstet hat. Ein Theil der Hütten gefällt sich in der Nähe des -vizeköniglichen Palastes. Dort bietet sich die beste Gelegenheit dar, -über den schroffsten Gegensatz von „Herr und Unterthan“ Betrachtungen -anzustellen. Eine andere Abtheilung von Hütten besetzt den Süden -der Stadt, neben den vielen schönen Zisternen des Alterthums, und -verspottet die Ruinen, jene Mauern, welche Jahrtausenden widerstanden, -und noch die baufälligen Hütten unserer Tage tragen müssen. - -Das sind die polsterarmen Hütten, und werden so viele Alexandriner -darin geboren, und wo anders strecken sich diese auf das Sterbelager? -Und doch werden die polsterreichen Europäer mit nicht minder Schmerzen -geboren, und doch müssen sie auch sterben, todt werden müssen sie -trotz ihrer Eiderdunen. - - -Krankenhäuser. - - Das europäische, das am Mahmudiehkanal, das auf dem Ras-el-tin und - die Observationshütten. - -Das +europäische Krankenhaus+ ist für die Europäer bestimmt, wie -schon der Name bezeichnet. Es liegt, von kleinen Araber-Hütten auf -der einen Seite umgeben, unweit des Frankenquartiers. Das Gebäude, -nach europäischem Geschmack, nimmt sich für das Auge recht gut aus[4]. -So weit mir ein Blick in das Krankenhaus, das wenigstens eine gute -Verwaltung ankündigt, vergönnt war, schöpfte ich die Ueberzeugung, -daß der Europäer in seinen kranken Tagen hier gut verpflegt wird, und -in dieser Beziehung Europa ihn nicht mit schmerzlichen Erinnerungen -quält. Diejenigen, welche mehr (täglich einen levantischen Thaler) -bezahlen, bekommen ein eigenes Zimmer, damit ihren Wünschen noch -besser entsprochen werden könne. Was vielleicht am hemmendsten auf die -Unternehmung einer Reise ins Morgenland wirkt, ist die Vorstellung -von der Verlassenheit und den Scheusalen in den kranken Tagen; die -Bemerkungen über die Krankenanstalt aber können kaum verfehlen, diese -irrige Vorstellung zu verdrängen. - -Das +Mahmudiehkrankenhaus+ steht nahe am Mahmudiehkanale, den großen -Baumwollenmagazinen gegenüber. Ehe man zum Gebäude kommt, geht man -durch ein Gitterthor, womit eine Art Verschlag oder ein Pfahlzaun -geschlossen wird. Der Eintritt durch diesen ist Jedermann gestattet. -Von der Gitterthüre bis zum Krankenhause beträgt die Entfernung nur -wenige Schritte. Den Zwischenraum kleiden, dem Auge sehr wohlthuend, -Garten- und Wildgewächse. Am Thore des Krankenhauses selbst stieß ich -auf Schwierigkeiten. Der Soldat, welcher Wache hielt, wies mich zurück, -doch nicht unsanft. Ich wurde eben einen Mann gewahr der schrieb, -und der mir ein Arzt zu sein schien. Ich redete ihn in französischer -Sprache an. Es war ein französischer Arzt, mit Namen +Etienne+, der mir -sogleich die Gefälligkeit erzeigte, mich im Krankenhause herumzuführen. - -Von allen Krankheiten interessirte mich am meisten die egyptische -Augenentzündung. Die daran Leidenden füllen mehrere Säle. Sie ist -beinahe ein größeres Uebel zu nennen, als Pest und Cholera. Denn -entweder genesen die an diesen beiden Krankheiten Leidenden, wie -meistens, ganz, oder sie sterben -- ganz. Der letztere Fall kann für -die +Betreffenden+ im Grunde nicht unglücklich sein. Welch ein Uebel -dagegen ist es, völlig blind zu werden. Von zehn Arabern wird man -einen entweder Halb- oder Ganzblinden finden. Ich sah weniger blinde -Weiber, als blinde Männer, und die Krankheit scheint den Erwachsenen -feindlicher als den Unerwachsenen. - -Aus den Krankenzimmern trug ich die Ueberzeugung, daß die Leidenden, -wo nicht auf eine glänzende, doch auf eine befriedigende Weise -behandelt werden. Meine Erwartung ward übertroffen. Mag ein Anderer -das Krankenhaus eine Nachäfferei der europäischen heißen, es wird in -demselben so zu sagen Alles geleistet, was sich unter den obwaltenden -Umständen thun läßt. Davon, wie Diät und Regimen gehalten wird, kann -ich übrigens nichts mittheilen, wenn nicht das Wenige, daß in der -Küche Reinlichkeit und guter Geruch mich bewillkommten. Das Haus -ward von etlichen neunzig Kranken bewohnt. Beiläufig erwähne ich, -daß diejenigen, welche außer dem Bette sich aufhielten, Achtung für -+Etienne+ erwiesen, indem sie militärisch sich stellten. Ich konnte -nicht umhin meine Glossen zu machen, wenn der Eingeborene gegen den -Fremden sich so unterwürfig geberdete. - -Geht man zu dem Palaste des Vizekönigs, so sieht man rechts, in -der Nähe des Residenzschlosses, ein dem Umfange nach großes, aber -niedriges, einstöckiges Gebäude, das von Pallisaden umzingelt ist: -wie das letzte, ein Militärspital. Es ist das +Krankenhaus auf -dem Ras-el-tin+ (Feigenkap) oder das Tasikispital. Früherhin eine -Kaserne, bildet es mehrere Höfe, und ich konnte keine regelmäßige -Bauart wahrnehmen. In der Bade- und Dampfbadeanstalt, deren -Pracht mich überraschte, begegnet das Auge allenthalben weißem, -geschliffenem Marmor bis an die Kuppeln, welche von zahlreichen, -runden, mit Glasscheiben verstopften Oeffnungen zum Einlassen des -Lichtes durchbrochen sind. Auch dieses Krankenhaus erfreut sich einer -Einrichtung, welche den Bedürfnissen abhelfen dürfte. - - -Das Observazionsspital oder die Observazionshütten. - -Ich ritt eines Nachmittags dahin; allein der Arzt war noch nicht -eingetroffen. Ich ging unterdessen zum Mahmudiehkrankenhause, welches, -dem Meere etwas näher, den Observazionshütten gegenüber liegt. ~Dr.~ -+Etienne+ ritt eben auf einem Esel daher. Kaum unterhielt ich mich -mit ihm, als ein Kranker plötzlich umfiel. Ich sagte: Es ist ein -Cholerakranker. ~Dr.~ +Etienne+ verneinte, wahrscheinlich weil er -glaubte, er könne mir einen Schrecken ersparen. Seine Geschäfte riefen -ihn hinweg, und ich begab mich zu den Observazionshütten. Hören wir -später das Weitere. - -Diese Hütten sind mit einer Pallisadirung umgeben. Man lasse aber den -Pinsel der Einbildung fallen, welcher schöne Gemälde entwirft; zur -Seltenheit ist ein Pfahl genau so dick, und so hoch wie der andere. Die -Pallisadirung fesselt durch ihre Unordentlichkeit schon von weitem das -Auge, und wenn ein Europäer das Militär noch nicht kennte, welches, -mit dem schwarzbraunen Gesichte, zwar einen Säbel und ein Kleingewehr -trägt, aber sonst in Wenigem einem der europäischen Krieger gleich, -oder auch bloß ähnlich sieht, so würde er schlechterdings die Hütten -für Alles eher, als für ein Staatsgebäude erklären. Die Pallisadirung -wird vom Militär bewacht, und dieses läßt Niemand, wenigstens den -Europäer nicht, durchschlüpfen. Ich wartete wenige Minuten am Gatter -der Observationshütten, und es kam der Arzt, Herr +Gallo+, ein Grieche, -auf dem Esel geritten. Ich machte schon in einem geselligen Kreise -seine Bekanntschaft, und so durft’ ich auf seine wohlwollende Aufnahme -zählen. - -So eben trug man einen Kranken daher über die Gatterschwelle. -Plötzlicher Lärm entstand. Die Wärter eilten mit Pestzangen herbei, -seinen Träger zurückzustoßen. Nun wurde der Kranke auf den Boden -gestellt; allein zu schwach, um sich aufrecht halten zu können, sank er -auf die Erde nieder: Der nämliche Kranke, welchen ich an der Pforte des -Mahmudiehkrankenhauses umfallen sah. +Er war wirklich cholerakrank.+ - -Die Observazionshütten sind nichts, als Hütten, und zwar elende, -fensterlose, schlecht ausgezimmerte, daß zwischen den Bretern, -woraus die Wände bestehen, Licht eintrat, und zu einer andern Zeit -unzweifelhaft Wind und Regen eindringen werden. Die Thüren werden mit -einem Vorlegeschlosse gesperrt. Der Boden ist die nackte Erde, und -+Brutus+ hätte nur den Spitalboden küssen dürfen, um den Götterspruch -von Delphi zu erfüllen. Das Ganze stellt eine Art Dörfchen vor. Die -Hütten sind dazu bestimmt, eines pestartigen Uebels verdächtige Fälle, -Pest- oder Cholerakranke, so wie auch kranke Sträflinge aufzunehmen. -Einen schauderhaften Anblick für mich erregte die Kette, welche von -einem Krankenbette zum andern, von einem Leidenden zum andern in -gesenktem Halbbogen hinüberlangte. Die Bettstellen sind ein hölzerner -Käfich, welchen ich zum ersten Male im Krankenhause auf dem Ras-el-tin -wahrnahm. Wenige lagen nur auf einem Strohteppich, und auf etwas -Wollenzeug, welche die Blöße der Erde zudeckten. - -Die erste Hütte, in die ich geführt wurde, war zur Observazion -bestimmt. Nicht Bettstellen darf man hier suchen, noch Sönderung. -Cholerakranke und ein von Wechselfieber Befallener waren neben einander -auf nackter Erde ausgestreckt; einer der erstern kreuzte seine Beine -über den andern. Im Ganzen fanden sich drei neu hereingebrachte Kranke -zur Observazion, wovon einer als nichtcholerisch erklärt wurde. -Ueberdieß sah’ ich noch etwa sechs andere Choleristen. - -Ich nahm die Weltcholera in den Hütten zum ersten Male wahr, und ich -werde nun bei dieser Seuche ein wenig mich aufhalten. Man setzt in -denselben voraus, daß die Cholera sich durch einen Ansteckungsstoff -fortpflanze, und es werden gegen sie ungefähr die nämlichen Maßregeln -ausgeführt, wie gegen die morgenländische Pest. Ehe Herr +Gallo+ einem -Kranken den Puls fühlte, ließ er sich die Hände mit Baumöl begießen, -ohne daß jedoch die Schuhsohlen beölt worden wären. - -Das Bild der Cholera ist dasselbe wie in Europa. Gänzliche oder -fast gänzliche Abwesenheit des Pulses an der Hand, die Haut kalt, -über den Phalangen schrumpfig, wie bei einer Wäscherin, der Abgang -einer wässerigen, weißlichen Flüssigkeit ~sursum et deorsum~, das -Auge gläsern, wie erstorben, der Blick stier und bedeutungslos, die -Nase dünn und spitzig, die Löcher mit Staub, die Lippen trocken und -bläulich, die Zunge beinahe starr und wird vom stoßweise Lallenden nur -mit Mühe gezeigt, die Backen zu eckigen Vertiefungen eingefallen u. s. -f. Kurz, im höhern Grade der Krankheit hat man einen lebendigen Todten -vor sich. Der Anblick von Cholerakranken ergriff mich nicht besonders; -denn die schwarzbraune Farbe der Araber ist nach europäischen Begriffen -ohnehin widerlich, und sie veränderte sich nicht bedeutend, außer daß -sie schmutziger wurde. Die Kranken schienen mir keineswegs auffallend -zu leiden; sie gaben kein Gestöhne oder irgend einen Schmerzlaut von -sich. Die asphyktisch Cholerischen waren vom tiefen Schlafe trunken. -Diejenigen, welche in den Hütten untergebracht werden, ziehen beinahe -Alle das traurige Loos eines frühzeitigen Todes. - -So angenehm das Mahmudieh- und Ras-el-tin-Krankenhaus meine Erwartungen -übertrafen, so sehr ich auch geneigt wäre, ein günstiges Urtheil zu -fällen, so wenig kann ich der Observazionsanstalt Lobsprüche ertheilen. -Es stellt sich in der That zwischen einer solchen und keiner Anstalt -wenig Unterschied heraus. Dagegen lauten die Forderungen, daß gerade -das Pestlazareth auf dem humansten Fuße stehe. Wo ist die Hülfe -dringender, als bei Pest und Cholera? Wo ist es für einen Kranken, mag -er selbst ein gefesselter Sträfling sein, peinlicher, als zwischen -oder doch in der Nähe solcher Kranken, welche der ganze Rüstzeug der -Regierung und die öffentliche Meinung der Franken für ansteckend -ausgibt? Wie leicht werden die Erkältungen in der Regenzeit. Es ist für -den Ruhm nicht genug gesorgt, daß man einen Obersten des Landes reich -besolde, oder einen fremden Marschall mit Ehrenbezeugungen überhäufe, -so lange die Noth armseliger und beladener Unterthanen aus einem -Krankenstalle schreit. - -Nach der einmal gefaßten oder vorgefaßten Meinung von dem ansteckenden -Karakter der Cholera sperren sich die meisten Europäer in Alexandrien -gegen diese Seuche, wie gegen die Pest, ab. Ich kann nicht umhin, -das völlig umgekehrte Verfahren der Kontagionisten in Europa, ins -Gedächtniß zurückzurufen, nach welchem die Kranken selbst isolirt -werden. Ein sicheres und das beste, aber das inhumanste, die -Pflichterfüllung und Berufstreue schnurstracks verhöhnende Mittel, sich -vor der Cholera zu schirmen, ist +die zeitige Entfernung vom Orte, wo -die Krankheit herrscht, an einen solchen, welcher davon frei ist+. - -Ebenso betrachten die europäischen Alexandriner die Pest durchaus als -kontagiös. Sie schließen sich ihretwillen ein, doch nicht überall so, -daß gar nicht mehr ausgegangen wird. So besorgte ein Handelsmann die -Geschäfte außer dem Hause, in welchem seine Mitarbeiter und das Gesinde -stets eingesperrt waren. Er stülpte unten die Beinkleider auf, beölte -die Schuhsohlen und, mit einem großen Stocke bewaffnet, machte er sich -auf der Gasse Bahn, damit ihn Niemand berühre. Der Araber weicht ohne -Anstand aus. Jener Mann, den ich zum Beispiele wählte, rettete sich -durch die Pestzeit[5]. - -Wenn sonst auf der Straße die häßlichsten Weiber jeden Augenblick -erhaschen, ihr Antlitz vor dem Europäer zu verhüllen, so überraschte -es mich, in einer der Pesthütten kranke Weiber unverschleiert zu -sehen. Sie verriethen beim Erscheinen des Arztes, seines Assistenten -und meiner Person nicht die mindeste Verlegenheit, und rollten ihre -schwarzen Augen rechts und links, so oft es sie gelüstete. Unter den -Kranken befand sich, wie sich etwa der Pariser vornehm ausdrücken -würde, auch eine Galante. - - * * - * - -Die Gesundheitspolizei würde in der Stadt noch Manches aufzuräumen -haben. Dem Garstigsten vom Menschen begegnet man an den meisten -Orten. Ueber dem Bassar, nämlich auf den Deckbretern, häufen sich -Unreinigkeiten fast jeder Art, die wohl selten weggeschafft werden. -Aeser erblickte ich wenige. Wie dem auch sei, so werden immerhin einige -Gassen gekehrt und etliche Plätze mit Wasser besprengt[6]. Gleichwie -die Unreinigkeiten am Gesichte auf Nachlässigkeit und schlechte -Gesundheitspolizei des Mikrokosmus schließen lassen, so zeigen die -Unreinigkeiten an den Gebäuden und auf den öffentlichen Plätzen mit -der Gewißheit der Uhr an, wie wenig sich der Staat um das öffentliche -Gesundheitswohl bekümmere. - - -Die Katakomben und der Pferdestall. - -Hat man den Mahmudiehkanal überschritten, und ist man an den großen -Baumwollenmagazinen vorüber, so leitet der Weg durch eine wüste -Gegend, und bald gelangt man zu den Katakomben, welche, südwestlich -von Alexandrien, an der Seeküste sich hinziehen. Wo das Meer in -Gemächer fließt, heißen diese +die Bäder Kleopatra’s+. Sie waren es -auch wahrscheinlich, und jetzt noch könnte man hier mit Bequemlichkeit -Seebäder gebrauchen. Von da ging ich in eine der vielen Oeffnungen. -Der Eingang bildet eine geräumige Höhle, welche jetzt als Pferdestall -dient. Am Lichte der Fackel wendete ich mich links. Ich trat in einen -Tempel, welcher, mit sorgfältiger Hand in den Felsen ausgehauen, -durch seinen einfachen und edeln Styl mir ungemein gefiel. Weiter -kam ich in eine Menge viereckiger, kleinerer und größerer Gemächer. -Bald durfte ich aufrecht gehen, bald mußte ich durch eine Oeffnung -oder einen Gang geduckt mich durchhelfen; selbst war ich genöthiget, -durchzuschlüpfen oder durchzukriechen. Ich hatte mich wie in einem -Labyrinthe verloren. Der Araber, die einzige Seele mit mir, hätte mich -an den Ort des Verderbnisses führen können, ich würde ihm nachgegangen -oder nachgekrochen sein, wenigstens bis an die Schwelle. Die Größe -der unterirdischen Arbeit beschäftigte in diesem Augenblicke am -meisten meinen Geist. Ich vergaß der Schakals und Hyänen, die Herr -von +Prokesch+ in den Katakomben hausen läßt. Denn ich sah nichts -Böses, nur Alles leer, öde, ausgestorben, höchstens einige Gebeine -herumliegen, oder ein Käuzlein auffliegen[7]. Ich athmete bei meinem -unterirdischen Spazierengehen und Spazierenkriechen keine erstickende -Luft, wie Herr von +Prokesch+ (I. 23). Allerdings fühlte ich Hitze, -doch keine drückende. An den Wänden konnte ich weder Zeichen, noch -Farben finden. - -Wer mochte wohl die Katakomben geleert, geraubt, entweiht haben? Wie -sehr sind die Religionsformen der Wandelbarkeit unterworfen. Mit saurer -Mühe brach man einst die Zellen in den Felsen, mit religiöser Verehrung -setzte man die Todten bei; nun ist Alles Heilige aus den heiligen -Oertern entwichen, und es fehlt dem Araber nur noch der Geldreiz, daß -er seinen Auswurf nicht in den Zellen aufhäuft. Mich beschämte der -Gedanke, wie viel mehr Ehre die Alten den menschlichen Ueberresten -erwiesen haben, als unsere Zeitgenossen bezeugen. Vielleicht würden -sie, wenn sie wieder lebendig wären, uns der Unmenschlichkeit oder -des Barbarismus beschuldigen, weil wir den Leichen so wenig Rechnung -tragen, daß sie in unlanger Zeit spurlos verschwinden, und auch nicht -+einen+ Haltpunkt des Andenkens darreichen, etwa mit Ausnahme der -Leichenbeine, welche, unter Zerstörung des Individualitätswerthes, -herumgeworfen, oder in der größten Unordnung aufgestapelt werden. - - -Die Nadeln der Kleopatra und der Flohfänger. - -Hart am neuen Hafen sieht man die Nadeln oder Obelisken der -+Kleopatra+, den einen stehen und den andern liegen. Ich näherte -mich dem stehenden Obelisken von der Südseite. Ich erblickte einen -verwitterten Stein. Ich wendete mich um, die Ostseite zu besehen. -Gleicher Anblick. Wie ich mich gegen die Nordseite wendete, siehe, da -saß am Schatten des Obelisken ein nackter, erwachsener Mann, welcher -die Nähte seines Hemdes durchspionirte und an dem Todschlage oder -Toddrucke eines gewissen Missethäters wahrscheinlich eben so sehr sich -ergötzte, als ich mich an den Obelisken. Daß es ernsthaft zuging, mußte -ich daran merken, daß der neue Adam kaum aufschaute, und ein daneben -sitzendes Mädchen in aller Unschuld ihn in seinen Bestrebungen bestens -unterstützte. - -Ist es nicht eine halbe Gotteslästerung, daß man vor einem so erhabenen -Denkmale, welchem die Seele in edler Begeisterung zugelenkt wird, ein -Scheusal von Prosa auskramt? In der Natur ist aber überall Gegensatz --- neben dem Erhabenen das Niedrige, neben dem Edeln das Unedle. -Wenn wir uns dergleichen erhabene Monumente vorstellen, so dichtet -freilich unsere Einbildungskraft Allem um sie herum den Anstrich -des Erhabenen an; es dürfen keine lumpige oder entblößte Leute in -ihrer Nähe herumstehen, herumwandeln oder herumsitzen, sondern nur -edle, halbverklärte Geister müssen herumschweben. Wie denn von jeher -das Große, Erhabene und Edle seine Verächter und Spötter fand, so -wiederholt sich diese Verachtung und dieser Spott im Angesichte der -Obelisken. Kann man sich wohl eine größere Verachtung oder einen -ironischern Spott auf ein Werk, welches die vereinte Anstrengung so -vieler Menschen kostete, denken, als einen Flohfänger, der von aller -Pracht +nichts+ wollte, +als den Schatten+? Ein solches Schauspiel -gewinnt selbst höhern Sinn in poetischer und politischer Beziehung. - -Schon beherrscht mein Auge die Nordseite des Obelisken. Diese hat -sich mit den Hieroglyphen noch in gutem Zustande erhalten; so auch -die Westseite. Der Obelisk besteht aus rothem Granit und erhebt sich -siebzig Pariserfuß. Nicht durch seine Größe, noch durch seine Form -macht er Eindruck, sondern man betrachtet diesen Stein erst mit rechter -Aufmerksamkeit, wenn man weiß, daß er ein einziges Stück und ein sehr -altes Geschichtbuch ist. Die Sache beim Lichte besehen, bewundern -wir nicht den Stein selbst, sondern einzig den ihm aufgeprägten -Geist der Menschen. Sonst dürften wir jede Handvoll Erde, die so gut -ein Alterthum ist, wie der Obeliskenstein selbst, in die Liste der -Denkwürdigkeiten aufzeichnen. - -Der zweite Obelisk +liegt+ gleich neben dem stehenden. Die Hälfte -bedeckt der vielmächtige Sand; die andere verzeigt Hieroglyphen. Die -Engländer sollen ihn umgestürzt haben, in der Absicht, denselben -nach ihrem Vaterlande zu bringen, wovon sie bloß die Berechnung des -kostspieligen Transportes abgehalten hätte. Der Luxor wurde in der That -von den Franzosen freundlicher behandelt. - - -Die Pompejussäule und die Schandsäule. - -Man hat mir so viel von der Pompejussäule vorgeschwatzt, daß ich sie -zuerst nicht sehen wollte. Ich stand lieber still bei den Kameelen, in -dem Bassar und zu aufmerksam bei den elenden, beinah mehr mit Ketten, -als mit Kleidern bedeckten Sträflingen. - -Die Säule wurde zu Ehren des Kaisers +Diokletian+ errichtet. Die Statue -steht nicht mehr. Die Engländer, welche 1776 den Schaft bestiegen, -und auf dem Fußgestelle eine Schale Punsch tranken, entdeckten noch -einen Fuß. Die Säule ruht auf einer vortheilhaft erhobenen Stelle im -Süden der Stadt. Gleich an ihrem Fuße breitet sich ein Leichenacker -aus, auf welchem ich die Turbane durchmusterte. So eben lag eine, in -ein blaues Tuch gewickelte Leiche auf einer Bahre, neben Weibern ohne -Klage, während gegraben wurde. An manchen Orten Europens hat man das -Grab im Vorrathe, und hier muß die Leiche darauf warten. Um keine -Verletzung der Sitten und Gebräuche mir zu Schulden kommen zu lassen, -stieg ich vom Esel und ging zu Fuß querein durch den Leichenacker. Der -Treiber wollte den Esel mir nachführen; allein er wurde angewiesen, -mit dem Thiere den Weg um das Leichenfeld einzuschlagen. Man mußte -dießmal von der Ansicht geleitet worden sein, daß der Esel nicht würdig -wäre, auf den Gräbern der Menschen zu wandeln. Mit dem Purismus ist -es aber eine kitzliche Sache; immer und immer wirft er den Fallstrick -des Widerspruchs vor. Läßt man jetzt den Esel nicht +über+ die Gräber -traben, so versenkt man vielleicht später Ungeziefer in die Gräber. -Ich muß es ganz herausbrocken; sonst haben die Worte keine Kraft. - -Vom Leichenacker aus gesehen, prangt die Säule des +Pompejus+ als ein -großartiges Denkmal, auf welchem das Auge mit Lust weilt. Die ganze -Höhe der Säule, nämlich des Schaftes mit Knauf und Piedestal, mißt -98 Pariserfuß. Der Schaft besteht aus einem einzigen Stücke rothen -Granits. Billig staunt man darüber, wie ein 68 Pariserfuß langer und -7 bis 8 Fuß im Durchmesser haltender Stein (der Schaft) gebrochen, -fortgeschafft, ausgearbeitet und aufgestellt werden konnte. - -Das Verdienst, daß die Säule noch aufrecht steht, verdankt sie -dem Umstande, daß sie von stummem Stein und schwer ist. Wäre sie -mit ~D. O. M.~ überschrieben gewesen, so würde sie wahrscheinlich -zerstört worden sein, wie die Alexandriner-Bibliothek, deren Verlust -einer der unersetzlichsten für die Menschheit genannt werden darf. -Es erregt Abscheu im höchsten Grade, daß die Leidenschaften der -Menschen schadenfroh zerstören, was Andere Schönes und Erhabenes -mühsam zu Stande brachten, und nichts vermag mehr, den Hochmuth -unseres Zeitalters zu beugen, als die Betrachtung, daß die gleichen -Leidenschaften den Krieger ohne Aufhören in den barbarischen Kampf -rufen, in welchem so manches unschuldige Leben verblutet. - -Reisende, welche die Säule bestiegen, bezeichneten diese mit ihren -Namen. So viel Namen; so viel Entweihungen, so viel Beschuldigungen der -Eitelkeit, so viel Stoff zum Aergernisse. Man würde sich scheuen, einen -altrömischen Kriegsmann in eine Pariser-Jacke zu zwingen, aber die -gleiche Thorheit an der alten, ehrwürdigen Säule zu begehen, trägt man -kein Bedenken. - -Bei der Pompejussäule genießt man eine schöne Aussicht auf Stadt und -Land, Gärten und Wüsten, Hafen und Meer. - - -Die Nachgrabungen. - -Wenn auch nicht das wissenschaftliche, so regt sich ein anderes -Interesse, welches die Nachgrabungen im Schutte veranlaßt. -+Ibrahim-Pascha+ will neue Bauwerke, und so läßt er die von den -längst entschwundenen Vorfahren gemeißelten Bausteine aus dem Schutte -heraufholen. Daher sieht man an den im modernen Style sich erhebenden -Gebäuden Steine aus der grauen Vergangenheit, die man bloß zurechtsägt, -damit sie sich desto besser in die lästige Gegenwart fügen. - -Ich sah zwei Schachte, in denen man Nachgrabungen anstellte, und meine -Aufmerksamkeit wurde doppelt angespannt: in den Rahmen der neuen Welt -waren die Arbeiter und die Behandlung derselben, so wie die Art und -Weise in Verrichtung der Arbeit u. s. f., in denjenigen der alten Welt -die Antiquitäten gefaßt. Wenn die lebensreiche Jetztwelt mich mit -größerer und unwiderstehlicherer Macht zu ihr hinreißt, so wolle der -Vorweltler mir nach Herzenslust grollen, aber nur nicht eher, als bis -er sich den Alterthumsschlaf aus den Augen gerieben hat. Es standen -zwei Aufseher da, ein Grieche, ein dem Anscheine nach unwissender -Mensch, und ein farbiger Mohammetaner. Beide hielten Peitschen in -den Händen. Mich empörte es, wie der letzte ein etwa zwanzigjähriges -Mädchen, welches eine ungemeine Lebhaftigkeit zeigte, und seine Arbeit -mit Gesang begleitete, liebkosete, und später ihm mit der Peitsche -aufmaß, so daß es entsetzlich schrie, freilich nicht ohne Verstellung. -Mehr noch, als das Schlagen ärgerte mich, daß man es duldet. Schimpft -nicht auf die Tyrannen, aber auf diejenigen, welche sie leiden. Wenn -die Leute nicht in eine Art thierischer Unterwürfigkeit versunken -wären, wenn bei ihnen die Selbstachtung nicht gleichsam erloschen wäre, -so würde bald eine andere Saite aufgezogen sein. Die Europäerin meint -nun zum allermindesten, daß jenes egyptische Mädchen vom bittersten -Zorne und Hasse gegen den Aufseher ergriffen wurde. Nichts weniger, -als dieß. Kaum schien der Schmerz ausgesumset zu haben, so kehrte -die frühere Fröhlichkeit zurück, und man konnte aus dem freundlichen -Benehmen des Aufsehers gegen das ihm wieder freundlich zulächelnde -Mädchen deutlich schließen, daß nach der Arbeit zwischen diesen zwei -Leutchen ein herzlicheres Verhältniß obwalten müsse. - -Fast ganz nackte Männer hoben den Schutt hervor; man dürfte wohl sagen, -ganz nackte, weil so nichts vor den Blicken verborgen war, indem die -Lumpen bald diesen, bald jenen Theil kümmerlich verhüllten. Ich war an -den Anblick solcher Leute noch nicht gewöhnt; allein die kleineren und -größern Mädchen schienen das nicht zu beachten, was in der Meinung des -Europäers die Wohlanständigkeit so tief verletzen würde. Der Schutt -wurde in, aus Dattelblättern geflochtene, kleine, runde Körbe geworfen, -und so auf dem Kopfe weggetragen. Zugleich richteten es die Lastträger, -um sie scherzweise so zu nennen, gar fein ein, dergestalt, daß der eine -auf den andern warten konnte, damit ja wieder einige Augenblicke in -süßem Nichtsthun dahinfließen. Man las auf den Gesichtern der Arbeiter, -und auch alle ihre Bewegungen verriethen es, daß nicht die mindeste -Lust zur Arbeit sie beseelte, und daß sie lediglich aus Furcht vor -der Gewalt oder aus Zwang sich dazu anschickten. Viele in Alexandrien -wohnende Europäer hegen die Ueberzeugung, daß ohne Peitsche und Stock -der Araber von seinem Hange zum Müßiggange nicht loszurütteln und zur -Arbeit zu bewegen wäre. So bald er etwas erspart habe, behaupten sie, -lege er sich auf die Bärenhaut, und verthue oder vergeude wieder Alles. -Uebrigens sorgt der Pascha mit väterlicher Theilnahme dafür, daß die -Arbeiter nicht zu viel Geld in die Hände bekommen; denn die 30 bis 40 -Para, welche er ihnen täglich in die Hand +preßt+, reichen kümmerlich -für die allernothwendigsten Bedürfnisse hin. Würden +Mehemet-Ali+ -und +Mahmud+ den abendländischen Fürsten darin nachahmen, daß sie, -statt der Chiffres, ihre Köpfe auf der Silbermünze abprägen ließen, -sie dürften gewiß nicht besorgt sein, daß sie in den Händen dieser -egyptischen Arbeiter rothe Backen bekämen. - - -Leute. Bevölkerung. - -Auf den Straßen ist es ungemein lebhaft. Die Budengassen (Bassar) -sind theilweise gedrängt voll. Man darf sich mit Recht wundern, -daß, bei allem Gedränge, die in ein bloßes Hemde gekleideten -mohammetanischen Weiber den Franken selten berühren. Die bunte Kumpanei -von so verschiedenen Menschen mit ihren abweichenden Sitten und -Religionsformen, der bunte Wechsel von so verschiedenen Thierarten, -als von Kameelen, Büffeln, Eseln, Pferden, hin und wieder das Knarren -von Lastkarren (welche der Regierung gehören) wirkt beinahe betäubend. -Nirgends traf ich mehr Getriebe und mehr Rührigkeit, als im Arsenale -und in den Schiffswerften. Tief in die Nacht dauert der Lärm, und wenn -das Getümmel der Menschen verstummt, so erhebt sich das Gebell der -herrenlosen Hunde. Schwerlich wird dem Schlaflosen je eine feierliche -Stille vergönnt. - -Der arabische Alexandriner ist eine wahre Lärmtrompete. Er lernt laut; -arbeitet er, so singt er. Wenn dreißig bis vierzig Arbeiter eine Last -heben, so tönt nicht unangenehm für das Ohr der Chor der Menge, welcher -dem Solo des Kommandirenden antwortet. Alle die Lärmereien sollen eine -religiöse Bedeutung haben. So rufen die Mohammetaner gar oft ihren -Propheten an, der auch +Hamma+ heißt. - -Ueber die Bevölkerung der Stadt konnte ich nichts Zuverlässiges -in Erfahrung bringen. Jährlich sollen, nach einem eben so gut -unterrichteten, als angesehenen morgenländischen Bewohner Alexandriens, -im Durchschnitte dreitausend Menschen sterben. Es leidet kaum einen -Zweifel, daß die Sterblichkeit in Alexandrien, dessen Lage allgemein -für ungesund gehalten wird, groß ist. Lassen wir, wie in Rußland, den -fünfundzwanzigsten Theil der Bevölkerung jährlich sterben, so erhalten -wir eine Gesammtheit von fünfundsiebzigtausend Menschen. Jedenfalls -steigt die Einwohnerzahl weit höher, als man sie in Europa glaubt. -Uebrigens hat sie durch die letzte Pest (1834/5) bedeutend abgenommen, -obwohl man, wie man mich versicherte, am Gedränge in den Gassen keinen -Unterschied bemerke. Nach den Einen sollen unter dem Todesstreiche -der letzten Pest 13,000, nach Andern selbst 20,000 Menschen gefallen -sein. Man muthmaßt, daß die Regierung geflissentlich die Zahl der -Gestorbenen minder groß (etwa 11,000) angab, und man will bestimmt -wissen, daß manche in den Hütten an der Pest Verstorbene gleich unter -denselben in die Erde verscharrt wurden, weil die Gesundheitspolizei -gegen verpestete Hütten sogleich zu Maßregeln schritt, welche den -Araber belästigten. Die Bevölkerung Alexandriens gleicht einem -Polypen. Schneidet man ein Stück davon, alsbald wird das Verlorene -wieder ergänzt. Wenn die arabische Bevölkerung der Stadt auch viel -einbüßt, so wird der Verlust doch wieder in kurzer Zeit ersetzt, -theils weil das arabische Weib gerne und leicht Kinder bringt, theils -weil vom Lande immerfort Lückenbüßer einrücken. Es mag nebenbei die -Bemerkung nicht überflüssig erscheinen, daß der Pascha seine Stärke -in der größtmöglichen Vermehrung seiner Unterthanen sucht. Er thut -ihr daher jeden Vorschub. So darf ein Seesoldat nicht ans Land gehen, -wenn er kein Weib nimmt. Wie wenig wurzelfest ein solches Prinzip -sei, könnte er von unsern Lehrern der politischen Oekonomie lernen. -Hohl und trügerisch ist der Gewinn für das Ganze, wenn die Zunahme -und der Verlust der Bevölkerung in gleichem Grade steigen. Eine klein -scheinende Sache ist manchmal von großer Wichtigkeit, und hier +die -Erhaltung der Bevölkerung+, und wollte der Pascha nach diesem Ziele -ringen, so könnte er nicht nur über die gleiche, sondern selbst über -eine intensiv stärkere Bevölkerung gebieten, sich nicht nur einen -Theil seiner Laufbahn von Dornen säubern, sondern auch Andern tausend -Unbilligkeiten und Ungerechtigkeiten, tausend Kümmernisse und Seufzer -ersparen. - - -Der Ritt zur Beschneidung. - -Was ist das für ein Reuter dort auf stolzem Rosse, den Bassar -durchziehend? Was für eine gellende Musik? Was für ein rufendes, -wogendes Menschengedränge, aus dem -- Salz gegen das Roß anstäubt? -Ach, eine Komödieankündigung; mit solchen Ausposaunungen füllt man die -Ohren in allen Krähwinkeln der Welt. O Wahnsinn, welcher dergleichen -verdeutet! Das wohlaufgeputzte Kind, welches der Reuter auf dem Schooße -hält, ist ein mohammetanischer Knabe, mit dem man an den Ort reitet, wo -die Beschneidung vorgenommen werden +soll+. Freilich +soll+, +muß+ u. -s. f., mögen nun seine Augen triefen von Krankheiten und naß sein vor -Wehmuth. Was -- Wehmuth? Sein Weinen hört man ja nicht, weil das Ohr -von Pauken und Tambour und Schalmeien übertäubt wird. - -Die Mohammetaner halten auf der Beschneidung sehr viel. Erst wenn -der Knabe beschnitten, ist er ein Moslim (Rechtgläubiger). Die -Großen begleiten dieselbe mit sehr viel Gepränge. Die Beschneidung -des nachherigen Sultans +Mehemet+ dauerte vom 21. Mai bis zum 30. -Brachmonat 1582. Die abgeschnittene Vorhaut wurde in einer goldenen -Schale der Mutter des Sultans, und das Barbiermesser blutig der -Großmutter zugeschickt. Wenn man damit zugleich die Rohheit der -türkischen Sitte bezeichnen möchte, so versteht sich von selbst, daß -auch +Sauls+ Forderung (1. +Samuel+, 18, 26 und 27) in der Vorderreihe -roher Sittenzüge steht. - - -Primarschule. - -Du gehst auf den Gassen. Du hörst einen Lärm, ein Brumsen und Sumsen. -Auf einmal erblickst du eine Menge Kinder, die in einer offenen, über -die Gasse nur wenig erhöheten Bude hocken[8], den Körper vor- und -rückwärts bewegen, eine weiß bemalte, hölzerne Schreibtafel in der Hand -halten. An einer Wand hockt der Schulmeister, und macht mit seinem -Körper eben so komische Bewegungen. Er lehrt und ißt Bohnen zu gleicher -Zeit. - -Das ist eine Kinderschule. Nirgends sah ich die fröhliche -Ausgelassenheit der Kleinen in höherm Grade als hier. - -In Alexandrien gibt es mehrere Schulen. Ich glaube nicht, daß sie -gesetzlich bestehen. Weil in den Schulen die Religion nach dem Koran -gelehrt wird, so schickt der Mohammetaner aus religiösem Eifer die -Kinder in dieselben. Der Schreiber wird unter dem Volke sehr geachtet. -Mädchen nahm ich unter den Schülern nicht wahr. - - -Die Zeichenschule. - -Ich begegnete im Arsenale einem Europäer, den ich um Auskunft fragte. -Sein Aeußeres wollte eben nicht viel versprechen. Mit zuvorkommender -Gefälligkeit führte er mich in ein Zimmer, wo etwa zwanzig ältere -Zöglinge zeichneten, davon mehrere schon an zwei Weiber verheirathete. -Mein Führer, aus Marseille gebürtig, stand der Schule, die er erst -vor kurzem gegründet hat, selbst vor. Die Araber saßen auf Bänken vor -Tischen, und die Muster lagen oder hingen vor ihnen. Mir schienen -die Zöglinge Eifer an den Tag zu legen, und ihre Arbeiten, Laub- und -Blumenwerk, z. B. für Tapeten, geriethen nicht übel. Der Zeichenlehrer -eröffnete mir, daß der Araber viel Talente besitze, daß er aber zu sehr -Schlaraffe sei, um sie anbauen zu wollen. Er bestätigte, was ich von -Andern vernahm, daß er denselben nur durch strenge Zucht zur Arbeit und -zum Fortschritte bringe. Von Stockschlägen faselte der Franzose ganz -geläufig, als wäre er mit ihnen aufgewachsen. Der Mangel gründlicher -Kenntniß in der arabischen Sprache stellt dem Lehrer viele Hindernisse -in den Weg. Indessen bemüht er sich eifrig, diese Sprache in seinen -Besitz zu erlangen, damit seine Mittheilungen leichter werden. Da der -Lehrer selbst nicht gar viel Zeit im Schulzimmer zubringt, so sucht er -sich durch eine Art +Lancasterschen+ Unterrichtes zu helfen. Während -seiner Abwesenheit vertritt der beßte Zögling die Stelle eines Lehrers. -Die Lehrlinge werden im Ganzen strenge gehalten. Des Mittags dürfen -sie nicht ausgehen, und sie speisen im Zimmer. Eben hockten zwei auf -dem Boden, und langten mit ihren Fingern eine Art Brei aus einem großen -Teller heraus. - -Der Pascha verbindet mit dieser Schule offenbar den Zweck, sich von -dem Abendländer mehr und mehr unabhängig zu machen. Vielleicht sind -die goldenen Tage des letztern in Egypten vorüber, so bald er den -Pascha und seine Leute einen solchen Schatz gelehrt haben wird, daß die -Anleitung und die Mithilfe des Fremdlings entübrigt werden können. - - -Weiberhändel. - -Zum Troste der Europäerinnen gibt es auch in Afrika Weiberhändel. - -Ich lag unter dem Fenster, über einem Bassar. Auf einmal wendete sich -eine Mohrin kreischend und, mit einem Schäufelchen drohend, rasch -gegen einen Türken. Das Weiße des Auges gegen die Schwärze der Haut, -wie das Licht gegen den Schatten, abstechend, warf den lebhaften Glanz -der Gemüthsbewegung. Der Türke stand in stolzer Ruhe; fest heftete er -seinen Blick an das Weib. Auf einmal fiel ein minder schwarzes Weib der -ersten in diejenige Hand, welche das Schäufelchen hielt. Die Weiber -wetteiferten mit Lärmen. Was für ein Ende wird der Auftritt noch -nehmen? Wie treffen doch die zierlichen Europäerinnen und die plumpen -Afrikanerinnen den gleichen Punkt, ob auch nicht so +haargenau+; denn -in Europa raufen sich Weiber die Haare, hier dagegen greifen sie -nicht nach dem Kopfe, sondern halten sich einander die Hand, oder -kneipen und reißen an den Kleidern. Daß die auf einander erbosten -afrikanischen Damen mehr nach dem in der Gemüthsaufwallung gepreßten -Herzen greifen, ist es etwa instinktmäßiger? Ich glaube nicht, daß, -wenn es keine Männer gäbe, die Welt aussterben, sondern bloß, daß die -übrig bleibenden Weiber von einander aufgerieben würden, nämlich zuerst -die guten von den bösen, dann die bösen von den bösesten. Und das habe -ich nicht nur schon im Stillen gedacht, sondern ich wollte es auch vor -Männiglich sagen, wozu es freilich keines Muthes bedarf; denn sollte -ich mit meinem harten Urtheile irgend eine Schöne zum Zorne aufregen, -so bin ich überzeugt, daß sie sich selbst, im Schmucke desselben, vor -dem Mann mißfiele, und daß sie ihn viel lieber an einer schwachen -Mitschwester entlüde. - -Es kam, um zu unserm Spektakel zurückzukehren, Polizei dazwischen, -und so nahm der Handel flugs ein Ende. Natürlich wurde ich an der -Fortsetzung meiner nicht ganz unangenehmen Beobachtung gestört. - - -Geld und Geldnoth. - -Eine englische Guinee gilt 100 Piaster (Krusch); 40 Para (Medi) -machen einen Piaster aus. Beiläufig 8 Piaster kommen einem Gulden -Reichswährung gleich. Die egyptischen Goldmünzen sind 10, 9, 4 und 3 -Piasterstücke. Diese letztern empfehlen sich wegen ihrer Kleinheit -wenig. Man darf ordentlich auf der Hut sein, um sie nicht zu verlieren. -Die Silbermünzen sind 1, ½, ¼ und ⅛ Piaster, selbst ein Para. Es -gibt übrigens auch ¼, ¼ Piaster und 1 Parastück in Kupfer. Dieß die -Hauptmünzen. Man könnte wohl noch mehr angeben, wenn man weitläufiger -sein wollte. - -In Alexandrien ist Noth an Scheidemünze, so daß bisweilen für das -Wechseln von 4 Piaster in Gold ohne Anstand 10 Para abgezogen werden. -Ich war einmal genöthigt, einem Araber, der meine Sprachen nicht besser -als ich seine verstand, so viel Para zu bezahlen. Anfänglich glaubte -ich freilich hintergangen worden zu sein, weil eine so beschaffene -Ordnung von Unordnung mich allzusehr befremdete. In Kaffee- und -Wirthshäusern tritt gewöhnlich der Fall ein, daß man nicht quitt -rechnet. Bald bleibt der Wirth, bald der Gast schuldig. Einmal konnte -der Wirth mir keine kleine Münzen zurückgeben, und erklärte, mit -Annahme der Zahlung zu warten. Wie staunte ich über das gastwirthliche -Zutrauen, welches das Morgenland so lieblich verkündiget. Man fasse -sich wohl, dieses Zutrauen ging auf den Stelzen der Münznoth. Ein -andermal blieb ein Kaffeewirth, aber ein Grieche, mir eine Kleinigkeit -schuldig. Die Begehr nach Scheidemünze fällt, wenigstens dem Fremden, -ungemein beschwerlich; man muß gleichsam auf dieselbe Jagd machen, -indem man jede Gelegenheit auffängt, um eine größere Münze auszugeben, -die beim Umwechseln kleinere zurückwirft. Dazu kommt noch eine andere -Unbeliebigkeit, daß schwierig zu erkennende falsche, oder gebrochene -und beschädigte Münze im Umlaufe ist, welche nicht angenommen wird. - -Zählen wir doch nichts zu den Unmöglichkeiten. Vielleicht rührt die -Scheidemünznoth vom +Kometen+ her, den ich in Egypten gerade zum -ersten Male, als einen hübschen, langen Schweif, in der nördlichen -Himmelsgegend zur Sicht bekam. Im Kaffeehause erregte diese Erscheinung -plötzlich ernstes Rufen, lautes Lärmen, eiliges Laufen, anders nicht -fürwahr, als wäre Feuer ausgebrochen. Wenn der Schwanzstern nun -dieses zu bewirken, und, wie es denn bekannt ist, Krieg und Pest -heraufzubeschwören vermag, wie soll er die Leute nicht auch in die -Klemme des kleinen Geldes treiben können? Uebrigens bin ich selbst -froh, daß die Sterngucker den Spaß dort ungefähr errathen haben; denn -mich bangte nicht wenig, der Komet werde gar ausbleiben, dieweil er aus -dem Wirrwarr der Himmelspropheten sich etwa nicht herauszufinden wisse, -die in der Festsetzung des Tages oder der Nacht für das Stelldichein so -nicht einig werden wollten oder konnten. - - -Das Schiff der Wüste. - -Auf Alexandriens Boden reichten auch die vielen Kameele meiner -Neugierde Nahrung dar. Zu Lande werden meist auf dem Rücken dieser -Vierfüßer die Lasten fortgeschafft. Wie ein Faden spinnt sich eine -lange Reihe von Kameelen oft mitten durch das Menschengedränge in den -Gassen, eines hinter das andere gebunden. In ein weitfenstriges Netz -von Stricken werden größtentheils die Lasten aufgeladen; so Steine, so -Säcke, so Anderes. Das hohe Kameel bewegt sich in gemessenen langen und -eher langsamen Schritten, während der niedrige Esel mit seinen kurzen -Füßen trippelt. Der Fuß des Kameels ist wie das Pendul einer Thurmuhr, -der Fuß des Esels wie dasjenige einer Taschenuhr. Und noch mehr -Gegensatz. Das Kameel ernst, der Esel flatterhaft; das Ohr des großen -Kameels klein, des kleinen Esels groß. Es macht Spaß, diese zwei Thiere -neben einander zu sehen. - - -Anleitung für den Reisenden. - -Langt man im Hafen an, so fährt der Kapitän in seiner Schaluppe ans -Land. Ergreift man nicht gleich diese Gelegenheit, so holt man später -auf einer der Barken, die im Hafen jederzeit bereit liegen, die -Effekten, höchstens für einen Piaster. Zu Lande wird das Gepäcke von -den Mauthbeamteten untersucht, welche einen Piaster von mir forderten. -Ein Lastträger bringt für einen Piaster das Gepäcke bis ins Logis. Eine -größere Last würde man am beßten auf Esel oder auf Kameele laden, und -auch auf letztern kostet die Fortschaffung des Gepäckes nicht viel. -Ehe ich das Zimmer im Wirthshause zu den drei Ankern (welches sonst -dem kostspieligeren zum goldenen Adler nachgesetzt wird) bezog, fand -ich mich mit dem Wirthe ab. Das Zimmer war geräumig, mit der Aussicht -auf einen Bassar, das Bett rein; die Flügelthüren mußten mit einem -Vorlegeschloß gesperrt werden. - -Mein Paß war von der Polizei in Triest mit nicht mehr Umständlichkeiten -nach Alexandrien visirt, als reisete ich von dort nach Venedig, und der -Kapitän händigte am Orte der Bestimmung ihn selbst dem österreichischen -Konsul ein. An das Reisen nach Egypten binden sich überhaupt keine -polizeiliche Schwierigkeiten. Nachdem mein Paß in meinem Kantone -ausgefertigt war, wurde er einzig dem österreichischen Gesandten bei -der schweizerischen Eidgenossenschaft zum visiren übersandt, weil ich -in Europa keinen andern als österreichischen Boden beschreiten wollte. -Die Polizei abgerechnet, fiel er hier weder in die Hände eines Konsuls, -noch sonst Jemandes. Als ich mich beim österreichischen Konsulate in -Alexandrien anmeldete, eröffnete es mir, daß es mir den Paß nach Kairo -unterschreiben werde, wenn ich hinauf reisen wolle, und daß ich ihn -dann abholen könne. Das Visum erhielt ich „gratis“, und ich mußte nur -einem egyptischen Angestellten, welcher sich auf der Konsulatskanzlei -befand, für einen Vorweis bei der Douane am Mahmudiehkanale einen oder -zwei Piaster, so wie den Douaniers selbst, welche auf eine den Fremden -sehr belästigende Weise die Effekten durchsuchen, wiederum einen -kleinen Tribut bezahlen. Manche bedecken den Statthalter mit Ruhm wegen -seiner Liebe zu den Abendländern, und die gleichen Abendländer dürfen -bloß den Fuß auf Egypten setzen, und er benützt, wie es am Tage liegt, -jede Gelegenheit, um ihnen das Geld aus der Tasche herauszudrücken. -Als Arzt hatte ich nur meine nothwendigsten Effekten mit einer Zugabe -weniger Arzneien bei mir, und demungeachtet mußte ich den Inhalt des -Felleisens in Alexandrien zweimal untersuchen lassen. - -Wer sich mit Empfehlungsschreiben versieht, thut wohl daran. Die -meinigen leisteten mir wesentliche Dienste, was ich auch dankbar -anerkenne. Ich stellte mir etwas schwer vor, daß ich, als Ankömmling -auf Afrika, in Mitte arabischer Zungen mich zurecht finden werde. Mein -Erstes war, durch einen Araber geführt, meine Empfehlungsschreiben -an einen Schweizer aus Schaffhausen abzugeben. Ich fand ihn -- einen -Freund; ich fühlte mich in seiner Nähe so traulich wie zu Hause. Er -ertheilte mir zu Allem Anweisungen, deren ich so sehr bedurfte. In -der Gesellschaft der Herren +Ott+, +Wehrli+, +Wyß+, Korvettenkapitäns -+Baumgartner+, welche Schweizer sind, und des Oberarztes der Marine, -~Dr.~ +Koch+ aus München, hatte ich erfreuliche Gelegenheit, die -nöthigen Erkundigungen einzuziehen. - -Wenn man einen entferntern Gegenstand besehen will, so bedient man -sich am beßten eines Esels. Fiacres gibt es gar nicht und im Ganzen -äußerst wenig Gefährte. Man kann aber auch zu Fuß gehen, was ich -meistens that, und selten wurde ich von den Eseltreibern bestürmt. -Diese fangen eigentlich nur an, in Jemand zu dringen, oder sich in -den Weg zu stellen, und ihn so aufzuhalten, wenn sie ihm anmerken, -daß er einen Esel sucht. Alsdann ist er augenblicklich von zwölf- bis -zwanzigjährigen Leuten umringt, welche, laut lärmend, sich anbieten -und so nahe sich andrängen, daß sie Einem die Kleider verunreinigen. -Das unverschämte Andrängen war mir immer höchst widerlich, selbst wenn -ich dadurch im beengten Raume nicht gehindert worden wäre, den mir -beliebigen Esel und Treiber auszuwählen. Man schwingt sich endlich auf -ein Thier, bloß um die Stürmer los zu werden; denn sobald man auf dem -Esel sitzt, ändert sich die Szene, als wäre ein Licht ausgeblasen, -- -gänzliche Stille tritt plötzlich ein. Außer dieser Kriegslist schützt -auch noch die Peitsche vor der Unverschämtheit. Einige Male folgten -mir Eseltreiber, Esel voran, mit dem ermüdenden: ~Volete un’ buon’ -burrico?~ weit nach. Ich kehrte rasch um, und dann wandelte ich wieder -vorwärts. Es half wenig. Die Drohung mit der geballten Faust wies zu -guter Letze die Meister in der Zudringlichkeit zurecht. - -In einem halben Tage kann man das Sehenswürdigste finden. Man -reitet zuerst zu den Katakomben, wo Leute aus den arabischen Hütten -den Wißbegierigen unter die Erde führen. Von da zu dem Garten -+Ibrahim-Paschas+, mit den Blicken über den See Mareotis. Weiter zu der -Pompejussäule, zu den Obelisken und zuletzt zum Pharus. Für den Ritt -nach den Katakomben, zur Pompejussäule und zu den Nadeln +Kleopatras+ -gibt sich der Eseltreiber mit vier Piaster zufrieden. Vielleicht -verdienen auch die Ruinen der Athanasiuskirche und der Katharinakirche -besehen zu werden. - - - - -Die Nilfahrt nach Kairo. - - Linkische Lastträger; seichter Kanal; ~licentia poetica~; - Kornspeicher; Fruchtbarkeit des Nilthals; possirlicher - Hühnerhandel; eine Abendunterhaltung; das Schlachten eines Lammes; - Gewandtheit der Barkenknechte; die reisende Familie; Truppe nackter - Kinder; Einerlei der Aussicht; Kaffeewinkel; Bewässerung des - Landes; seltsame Schiffsladung; Pyramidenanblick; Telegraphen; - Bulak; ~hôtel de l’Europe~. - - -+Freitags den 16. Weinmonat.+ - -Ich schied von Alexandrien. Aus Rücksicht für die gute Gesellschaft -mit einem Dragoman der französischen Regierung und einem jungen, -piemontesischen Kaufmanne reisete ich nicht eher ab, wie ich vorhatte, -ja ich ließ mich sogar lieber während dieses Tages bis gegen Abend ins -Wirthshaus einsperren. Denn da die Cholera immer weiter um sich griff, -und der Wirth keine Maßregel dagegen versäumen wollte, so unterstellte -er sein ganzes Haus der Quarantäne. Ich weiß nicht, wie ich sagen soll, -ob die neue Ordnung der Dinge, z. B. der Einkauf von Lebensmitteln, -das Parlamentiren vom Rastelle aus bei dem Besuche eines Freundes, mich -mehr betrübte oder belustigte. Noch wunderlicher kam es mir vor, wie -der italienische Wirth mich als Verpesteten behandelte, weil ich über -Nacht Brechen und Anderes litt, und eine Zeitlang mich wirklich von der -morgenländischen Brechruhr ernsteren Grades befallen glaubte. Die mit -Reiswasser gefüllte Flasche übergab der kummervolle Italiener nicht mir -unmittelbar, sondern mittelst eines vor meiner Zimmerthüre stehenden -Geschirres, in welches die Flasche ging. In das Weise der Menschen -flicht sich auch manchmal so viel Thörichtes, daß man oft nicht weiß, -wo der Verstand aufhört oder anfängt. - -Ich sorgte für einen kleinen Vorrath an Lebensmitteln, auch Holz, -und zwar kaufte ich dieses nach dem Gewichte. Die eine Fürsorge ist -vergeblich, und nur für Leckergaumen räthlich. Ueberall am Nil bekommt -man gutes Brot, Hühner, Eier, auch Reis, und in den meisten Dörfern -Milch, Alles in geringem Preise. Einzig Zitronen, Zucker und Rhum mögen -nebst Kohlen und einem Kochofen dienen. Ich kann voraussetzen, daß der -über Meer Gelangte auch ein Bett mit sich schleppe. - -Von zwei Arabern wurde mein Gepäcke aus der Ankertaverne nach -dem Mahmudiehkanal getragen, aber täppisch oder träge genug, -indem dieselben, im Schweiße gebadet, die Bürde bald los- bald -zusammenbanden, jetzt niederlegten, dann aufnahmen. Ich traf eben -da meine Reisegefährten. Es sollte mein Gepäcke nur noch unter den -bekannten Förmlichkeiten die Zolllinie überschreiten; ich bestieg das -Fahrzeug, und wir stießen in den Kanal. Der Wind blies günstig. Bald -verschwand die Pompejussäule aus unsern Augen -- und der Tag. - - -+Den 17.+ - -Die Ufer des Kanals sind niedrig, oft wüst, genußarm. Der Kanal -ist schmal, hie und da seicht, und Manche glauben, daß in kurzer -Zeit der immer mehr anwachsende Niederschlag des Nilschlammes ihn -unschiffbar machen werde. Dergestalt würde das glänzende Unternehmen -+Mehemet-Alis+, den Nil mit der See Alexandriens zu verbinden, in -Schatten sinken, nachdem es in aller Welt so hochgepriesen war. - -Wir segelten einer französischen Dame voran. Vornehm steckte sie durch -einen baufälligen Laden ihren Kopf heraus. Von einem Monsieur unserer -Barke wurde sie nur befragt, ob sie des Nachts viele Flöhe gehabt -hätte. Das war eine schlechte ~licentia poetica~, aber eine natürliche. -Gegenseitige Theilnahme an den Plagen ist wenigstens ein Erguß der -Gemüthlichkeit. - -Um Mittag langten wir in Atse an. Hier verbindet sich der Kanal -mit dem westlichen Arme des Nils. Das Dorf mit seinen elenden, -schwarzgrauen Hütten gleicht einem Ameisenhaufen, so viel Leben und -Regsamkeit zeigt sich in dem Bassar und an den Stapelplätzen. In der -Kornhalle, aber keinem Konterfei der Pariser, liegt das Getreide -auf dem Boden an einem Haufen unter freiem Himmel. Der Kornhändler -hockt auf dem Kornkegel und schmaucht mit aller Behaglichkeit -eine Pfeife. Auf diesen Markt soll man nicht gehen, um Eßlust zu -fördern. Solche Getreidemärkte besitzt auch das übrige Egypten. -Die Kornspeicher stellen indeß andere Male einen, mit einer Mauer -umfangenen, unbedeckten Platz vor. Ich wollte im Bassar eine Limonade -trinken; allein den widerlichen Geschmack dieses mit Meth oder Melis -zubereiteten Getränkes konnte ich nicht überwinden. Ich war noch nicht -so weit in das Reisen eingeschossen, daß ich Alles verschlingen wollte. -Im Bassar gewahrte ich eine Höckerin mit einem nackten Kinde, das an -den Blattern litt. In Egypten hausen diese auf eine schreckliche Weise. - -Billig nahm der +Nil+ mit seinem weißgelblichen Schiller meine -Aufmerksamkeit in Anspruch. So habe ich denn ein Ziel meiner Reise -erreicht. Mit Recht danken dir, o Nil, die Bewohner des Landes, daß du -die von dir überschwemmten Ländereien segnest. An andern Orten schadet -im Gegentheile der Fluß durch Ueberschwemmung. In der Mitte zwischen -den Quellen und Mündungen ist der Weltstrom am größten, und an andern -Orten wird der Fluß um so größer, je näher er gegen das Meer anströmt. -Nicht durch majestätische Größe, mehr aber durch den reißend schnellen -Lauf zeichnet sich dieser Nilarm aus. Und welch’ eine Fruchtbarkeit -der Nilufer! Alles keimt üppig, und man sieht der Natur an, daß sie -mit der größten Leichtigkeit hervorbringt. Sie scheint den Bewohnern -zuzurufen: „Nehmet von mir, so viel ihr wollet; denn ich ermüde nicht -mit Wiedergeben.“ Der Karakter der Nilgegend ist eigentlich kein -schwerer, sondern ein leichter, kein ernster, sondern ein frohmüthiger, -ein jugendlicher. Das alte, das schon so oft und oft geerntete Land ist -noch ein Kind. - -Es war Mittag. Die Sonne brannte durch einen Flor atmosphärischer -Dünste. Wir verweilten einige Stunden, weil die Waaren von unserer -Barke auf eine andere umgepackt werden mußten. Gepäcke um Gepäcke aus -den Händen legend, schrie der das Schiff beladende Araber Zahl um Zahl -laut: für mich eine gute Gelegenheit, die arabischen Zahlen zu lernen. -Bei diesem und andern Auftritten verging mir die Zeit leicht, doch -angenehmer, als gegen Abend ein herrlicher Wind dahersäuselte, die -etwas drückende Hitze zu mildern. In Atfe hält sich ein französischer -Konsularagent auf, welcher uns besuchte. - -Gegen die Neige des Tages stachen wir in den Nil. Die zwei lateinischen -Segel schwollen lustig an, wie die Backen der Kinder, welche dem Aeolus -ins Handwerk greifen wollen. Bald lagen wir vor der Stadt Fuah, in der -ein Thurm am andern emporragt. Jetzt trat Windstille ein. Der Abend war -lieblich warm. Die Leute vertrieben ihn mit Spiel und Tanz, und ich -glaube zuversichtlich, daß sie wenig Empfänglichkeit für die Lehren -unserer Mystiker gehabt hätten, nach denen das lachende Nilthal ein -Jammerthal wäre oder hoffentlich werden sollte. - - -+Sonntags, den 18.+ - -Gegenwind. Das Schiff an einem Seile gezogen. - -Ich kaufte drei Hühner für etwa 30 Kreuzer R. V. Man darf aber Eines -nicht außer Auge setzen: die egyptischen Hühner erlangen keineswegs -die Größe der unserigen. Eine Henne sieht aus wie bei uns ein junges -Huhn. Es fiel mir zum ersten Male nicht wenig auf, wie eine Gluckhenne -(von der Größe eines europäischen, halbausgewachsenen Huhns) sich -bemühte, ihre so außerordentlich winzigen Küchelchen mit den Flügeln zu -beschirmen. Hätte ein Säugling an die Brust eines zehnjährigen Mädchens -sich geschmiegt, es wäre mir kaum spaßhafter vorgekommen. Auch die -Eier der egyptischen Hühner sind bedeutend kleiner. - -Ich nahm sofort meine angekauften Hühner zur Hand, wendete mich gegen -das Nilufer und ging an diesem hinauf, um an einer vortheilhaften -Stelle zu warten, wo ich wieder in den Kahn steigen könnte. Auf einmal -verfolgte mich ein Weib wehklagend, +juh, juh+ schreiend. Ich wußte -nicht recht was es wollte; nur glaubte ich aus seiner Stimme und aus -seinen Geberden entnehmen zu müssen, daß es wähne, ich hätte die -Hühner ihm gestohlen. Schon umzingelten mich Leute, selbst von der -Polizei; ich sollte mein Eigenthum abtreten. Was anfangen? Ich suchte -durch Deuten verständlich zu machen, daß ich mich zur Barke begeben -wolle, wo man Aufschluß ertheilen werde. Das Glück brachte gerade den -Piemonteser. Meine Vermuthung wich der Gewißheit. Er sagte mir, das -Weib habe seine Hühner bezeichnet, und ich solle sie ihm zeigen. Ich -that es, und die Bestohlene -- überzeugte sich sogleich von ihrem -Irrthume. Das Weib war wenigstens moralisch so gut, daß es diesen -eingestand. Es gehört zur Macht des Irrthums, wie kleine Zwiste, so -selbst blutige Kriege zu entzünden, und ich durfte mich in der That -glücklich preisen, daß aus diesem Handel nicht gar ein Krieg entsprang. - -Wir rückten heute vor bis +Mohalèt-Abu-Ali+, einem Orte am Ufer des -Delta. Nach einem nebelichten Tage war der Abend sehr schön und wie -ergötzlich, das will ich in Kürze erzählen. - -In diesem Dorfe wohnt eine Art Großer, welchem die Barken des -westlichen Nilarms zugehören sollen. Er kannte den Vater des -Piemontesen. Wir schickten ihm Rhum, oder er ließ vielmehr holen. Bald -beehrte er uns selbst mit seiner Gegenwart, und trank den Rhum vor -Aller Augen. Er erfreute die Gesellschaft zugleich mit einer blinden -Sängerin. So wurde der Abend mit rauschendem Vergnügen, unter Sang, -Tanz und Spiel verbracht. Wenn die Egypzier mit der Schalmei (Surna) -und dem Tambur (Deff) spielen, so klatschen sie mit den Händen den -Takt, manchmal unter dem Rufe +Hamma+. Mich belustigte das fröhliche -Geberdenspiel. Man versicherte mich, daß die Sängerin ihre Rolle -vortrefflich spielte. Es fesselte mich vor Allem das lange Pausiren, -die vielen Molltöne und der Liebeston, eine Art +Ach+ (a-a), der -letzte, ersterbende Seufzer der Liebe. Dem Dragoman, einem mit den -Sitten und der Sprache des Landes vertrauten Manne, schmeckte die -Soirée überaus köstlich. Ich genoß dabei im Ganzen wenig. Weil ich die -Nachtluft im Freien fürchtete, stellte ich mich bloß dann und wann, -kein Vaterunser lang, unter die Thüröffnung der Kajüte. Ein Kind würde -kaum scheuer, unter den Polizeiaugen des sparsamen Vaters, in den -Honigtopf gelangt sein. Wenn die Araber mich auslachten, so hatten sie --- Recht. - -Ich lasse nun ein Verzeichniß der an den Nilufern gelegenen Ortschaften -in der Reiheordnung folgen, wie wir an ihnen vorübergefahren sind[9]. - - +Rechtes Ufer.+ +Linkes Ufer.+ - - Allah-uhu. Sanahbahdieh. - Schurafa. Iluieh. - Salamunih. Kaffer-Schech-Hasan. - Mahalèt-Malèk. Somchroat. - Dissuh. Rachmanieh. - Kaffer-Ibrahim. Margass. - Dimikunum. Miniet-Selamme. - Mahalèt-Abu-Ali. - - -+Den 19.+ - -Es wird ein Schaf von einem Manne auf dem Rücken in die Barke getragen: -ein Geschenk von Seite des Barkeninhabers, der uns gestern Abend einen -Besuch abstattete. Das schien mir echt morgenländischer Ton. Das -Geschenk galt dem Piemonteser. Kurz darnach kam der Barkeninhaber mit -seinem jungen Sohne. Sie ließen sich voller Würde am Borde nieder und -wurden mit Kaffee bewirthet. Mich wunderte, wie gar der Junge sich -so ernst, männlich und geschickt benahm. Mißtrauen wir doch nie dem -vielvermögenden Einflüsse des Beispiels in der Erziehung. Vater und -Sohn begleiteten uns eine Strecke weit, und ließen sich sodann ans Land -tragen. - -Bald ward das Schaf geschlachtet und zerhauen. Ein Jeglicher hoffte auf -einen guten Bissen. Wir feierten munter die Ostern. - -Die Barkenknechte sind Leute von erprobter Geschicklichkeit. Wenn, -aus Mangel an Wind, die Barke am Seile geschleppt werden sollte, so -nahmen sie die Kleider, wickelten diese zusammen, legten sie über den -Kopf, sprangen ins Wasser, schwammen davon, bis sie waten konnten, und, -ans Ufer gekommen, zogen sie, bisweilen ohne einen Faden am Leibe, -das Schiff. So geschieht es bei Tage, wie bei Nacht, und nicht einmal -selten. Auch dem aufsitzenden Fahrzeuge zu Hülfe springen die Amphibien -ins Wasser, und heben mit Rücken und Händen die Barke vom Strande. Zu -diesem Ende sind sie genöthigt, unterzutauchen, und bemerkenswerthe -Zeit bleiben sie manchmal unter Wasser, um die Last zu bewegen. - -Wir kamen an einem Landhause des Pascha vorbei. - -Unsere Gesellschaft auf der Barke war zahlreich. Stelle man sich vor -die gebieterischen Franken und die beugsame Mannschaft des Schiffes, -ein Weib mit Kindern und einen alten, magern Kuppler, ein altes Weib -neben einem jungen, welches Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte, und -seinen häßlichen, großen Mund mit Aengstlichkeit verbarg, und man hat -das bunte Bild von unserer reisenden Familie. Beinahe aber hätte ich -die liebenswürdige Puppe vergessen, welche, eher einer Vogelscheuche -ähnlich, einem kleinen Mädchen viel Freude bereitete. Eine Mutter -behandelte ihren Säugling mit einer Grausamkeit, welche dem zarten -Geschlechte wenig zur Ehre gereicht. Wenn er weinte, so schlug sie ihm -mit der Hand fort und fort auf den Mund. Das ist die liebenswürdige -Kunst der Egypzierin das Weinen zu zerschlagen. Bei den arabischen -Müttern überhaupt nahm ich wenig Zärtlichkeit für ihre kleinen Kinder -wahr. Die Brust reichen sie zwar jeden Augenblick, aber, wie es beinahe -scheint, mehr aus Gewohnheit und darum, weil sie selbst daran Freude -finden, als weil sie solche den Kindern gönnen. - -Die Beschreibung meines Zahnwehes dürfte Niemandem angenehm sein. Man -wird lieber vernehmen, daß den Araber in der Regel schön weiße Zähne -zieren, und daß er selten an Zahnschmerzen leidet. Das zweite Zahnen -erfolgt bei den egyptischen Kindern in einem Alter von 6½ Jahren. -Sogar ältere Leute erfreuen sich noch weißer Zähne. Es wird allgemein -von den Franken behauptet, daß die arabischen Weiber früh altern. -Dieß dürfte nicht so durchgängig wahr sein. Eben weil bei ihnen die -blendend weißen Zähne lange erhalten werden, so erscheinen sie nicht -besonders alt. Die Franken hätten auch bedenken können, daß die geringe -Korpulenz, welche so gerne die Jahre multiplizirt, unter den Arabern -jedes Alter begleite. Bis +Tunup+. - - +Rechtes Ufer.+ +Linkes Ufer.+ - - Dimènki. Kaffer-Osmann. - Kaffer-Megẻr. Sibréchît. - Saffiéh. Maéssra. - Móhalédié. Hali-Dächmèt. - Minidschéhnâ. Sibirîs. - Kaffer-Dówâe. Kaffer-Senâgli. - Génaht. Kaffer-Chadẻr. - Salhadschar. Niklé. - El-Kótabé. Dahrygieh. - Férahstak. Amié. - Mohallèt-el-Läbben. Kaffer-Ibn-Schäet. - Abîtsch. Kaffer-Laihs. - Kufur-Bilsẻ. Schabûr. - Kaffer-Hósâr. Sèlamûn. - Kaffer-Schech-Ali. Kaffer-Harimm. - Manûfur. Chäli-Dächmèt (Hali-Dächmet). - Kaffer-Sajàd. - Tschalgamûn. - Kufur-Haschasch. - Kaffer-Jukûb (Jabobsdorf). - Kaffer-Bâgi. - Kaffer-Tschèddid. - Kaffer-Mischléh. - Mischléh. - Sahyahra. - Tunup. - - -+Den 20.+ - -Am Ufer standen mehrere Bettler, die auch in andern Gegenden von -Egypten nicht selten sind. Doch laufen oder rennen sie nicht so -unverschämt nach, als in einigen Schweizer-Gauen. Wie in Europa, so -spaziren hier die Fliegen auf Zucker. Man jammere nun aber nicht über -den Fliegenschwarm, so lange man den Zucker nicht weghebt. - -Die Reisebeschreiber erwähnen der Weiber die zahlreich in Krügen aus -dem Nile Wasser holen. Ich sah sie sehr selten, und ihre Scheu vor -den Männern konnte ich nicht bestätigen. Nichts weniger, als daß sie -aus Zartgefühl mit ihren Händen das Gesicht verhüllten. Es muß seit -einiger Zeit Manches anders geworden sein. Mich wundert, daß die -Reisebeschreiber die ungemein geringe Menge Wassers nicht hervorhoben. -Bei uns würde man ein Mädchen ausspotten, wenn es nur einen Krug voll -Wasser holte. Man weiß, daß unsere Weibsleute große Gelten voll Wasser -auf dem Kopfe oder an den Händen tragen. - -An vielen Fellahs (Bauern) würde man vergebens mehr suchen, womit sie -ihren Leib bedecken, als eine Lendenschürze. Ich fand jedoch wenig -Unanständiges in dieser Kleidungsart, vielmehr etwas Vernünftiges -in Beziehung auf die heiße Sonne. Gar viele Kinder, selbst größere, -wandeln völlig entblößt herum. Der Anblick einer Truppe nackter Kinder -unter freiem Himmel hat immerhin etwas Eigenes. Ihre auffallend großen -Bäuche könnten sie wahrscheinlich mit andern Kindern theilen, wenn -diese nackt ausgingen, und somit ihre Bäuche den Blicken zugänglicher -würden. - -Mir thut es leid, den Nilufern nachsagen zu müssen, daß sie, in die -Dauer besehen, langweilen. Beinahe immer das nämliche Einerlei. Keine -Hügel, keine Berge, keine Seen, dafür flaches Uferland, welches -unmerklich in den Horizont verfließt. Selten stützt sich der Himmel -auf eine Landlehne. Am Nilufer erblickt man zwar viele Dörfer, aber -auch +die+ sehen in der Regel einander beinahe gleich, wie ein Ei -dem andern. Aus der Ferne verheißen sie eine seltene Pracht, schon -bewundert man antike Paläste, über welche der schlanke Minaret -emporsteigt; die runde Moschee füllt das Maß der Täuschung. Alles -scheint in Palmen und Sykomoren gebettet. Ja recht viel Reiz in der -Ferne, aber in der Nähe Kothhaufen als Mauern, enge, von armseligen -Leuten betretene Gäßchen, krumme Minarets, kärgliche, von schönen -Waschhäusern überbotene Moscheen. Nichts schmerzt so sehr, als -fortwährend getäuscht zu werden. Einfacheres kaum, als ein Häuschen -an den Nilufern. Ein viereckiges Zimmer ohne Fenster, mit einer -Thüröffnung über dem Erdboden; das Dach platt; der Baustoff aus einer -Art von Backsteinen, welche von Schlamm und Mist geformt und an der -Sonne gedörrt werden. So die große Mehrzahl der Häuser. In Ghisahi -bieten sie eine andere Gestalt. Sie erheben sich kegelförmig. Diese -Zuckerhüte dienen den Tauben zur Wohnung. - -Gegen Abend langten wir in +Nadîr+, einem Marktflecken, an. Hier sprach -ich deutsch mit einem Hannoveraner, welcher auf einer andern Barke -hergefahren war. In Kaffeewinkeln schienen zwei Frauenzimmer sich wenig -zu freuen, daß der Vizekönig das berüchtigte Patent zurückgezogen hat. -Der Aufenthalt der französischen Armee in Egypten, während dessen -freier Verkehr unter den Leuten beiderlei Geschlechts gestattet war, -so wie die vom Pascha ausgefertigten Patente lehren, zu welcher -unsäglichen Ausgelassenheit der heiße Himmelsstrich führte. Der -Vizekönig hat wohl weniger aus religiösen Gewissensbissen diese Patente -zernichtet, als vielmehr aus dem Grunde gesellschaftlicher Ordnung. - -Auf unserer Barke wurde mancher Spaß getrieben, mitunter auch solcher, -welchen zu beschreiben die Feder sich weigert. Der Reis (Kapitän) -schlug z. B. einen Barkenknecht. Er genießt übrigens das Recht, seine -Leute zu schlagen, wenn sie sich gegen ihn vergehen. Ein Knabe von etwa -zwölf Jahren wurde von Jedem, wer wollte, durchgeprügelt. Er bekommt -als Barkenjunge monatlich fünf Piaster zum Lohne. Es gibt europäische -Burschen, welche sich für 38 Kreuzer nicht so viel prügeln ließen, -geschweige daß sie noch als Zugabe einen Monat lang arbeiten würden. - -Die meisten Nächte brachte ich ziemlich gut zu. Das Schiff fuhr selten, -und wenn es auch unter Segel ging, so gleitete es so sanft dahin, -daß ich keine Bewegung verspürte. Alles, was ich während der Nächte -erlauschte, war das Bellen der Schäferhunde, das Krähen der Hähne, das -Quacken der Frösche und das eigene Pfeifen der Nachtvögel. Hingestreckt -auf mein Bett in einem engen und dunkeln Winkel wurde ich, bei meinen -Gedankenausflügen in die weite Ferne, durch die Laute jener Thiere an -die Wirklichkeit meiner Lage erinnert. - -Wir kamen heute bis +Abu-Néschâbe+. - - +Rechtes Ufer.+ +Linkes Ufer.+ - - Gómâsi. Nigil. - Amrûß. Sauüt-èl-Bacher. - Béstâma. Sawaff. - Sanüt-èl-Bagli. Machnîm. - Danasûr. Kóm-Scherîk. - Kaffer-Hédglâsi. Darîeh. - Gésiret-èl-Hagar. Abu-Chaui. - Nadîr. El-Gamm. - Schabschir. Dimischlé. - Dannaléhé. Buratschatt. - Ghisahi. Kaffer-Dahûd (Davidsdorf). - Sónsóft. Térânéh. - Kómmagnuß. Lèchmas. - Abu-Néschâbe. - - -+Den 21.+ - -Man würde irren, wenn man den egyptischen Himmel sich wolkenlos -vorstellte. Beinahe alle Tage trübten Wolken den unserigen; einmal -warfen sie uns so schwarze Schatten, daß der Europäer gewettet hätte, -es müßte aus ihnen Regen platzen. Allein vor Nacht verstrich in der -Regel das Gewölke. - -Ich höre ein schwerfälliges Geknirre vom Ufer her. Was soll denn -das? -- Blindgebundene Thiere treiben in ihrem kreisenden Gange ein -Wasserrad (Sakyeh). Das Wasser wird entweder mit einem fächerigen -Rade oder mit an einem Rade befestigten Krügen aus dem Nile geschöpft -und in einen Graben ausgeleert, welcher das Wasser dem Felde zuführt. -Man begreift leicht, daß die Fächer oder Krüge unten am Rade aufwärts -stehen, um so das Wasser zu schöpfen. Wenn das Rad sich halb um seine -Achse gedreht hat, so stellen sich dieselben umgekehrt und gießen das -Wasser aus. Das einige Schritte vom Nilufer abliegende Wasserwerk, -zu welchem ein Kanal gegraben ist, besteht aber nicht bloß aus dem -beschriebenen Schöpfrade, sondern noch aus zwei andern Rädern. Ein -wagerechtes greift in ein kleines, perpendikuläres, welches mit dem -Schöpfrade +eine+ Achse hat. Das Thier, der Büffel z. B., zieht bloß -an einem Stricke, womit das wagerechte Rad in Bewegung gesetzt wird. -Diese Wasserräder sind meistens so einfach und mit so wenig Eisen -zusammengehalten, daß sie nicht viel ausdauern. Es wird daher manche -Zeit nur mit dem Nachbessern verloren. Mag meine Beschreibung des -Paternosterwerkes auch ein wenig schwierig zu fassen sein, es ist doch -die Wasserschöpfung so einleuchtend und so leicht zu bewerkstelligen. -Als Aufseher oder Treiber faullenzt in der Nähe ein Knabe oder -Mann, nie ein Weib; bei ihm steht eine kleine Kocheinrichtung. Den -Treiber scheint kaum so viel Lust zur Arbeit anzuspornen, daß er beim -Stillestehen des Thieres +chòh chòh+ ruft, um es aufzumuntern. Nach den -Gesetzen der strafenden Gerechtigkeit fällt dem Faullenzer das Leichte -so schwer, als dem Arbeitssamen das Schwerste. - -Das Wasser wird überdieß, ohne eine solche Vorrichtung von Menschen aus -dem Nile geschöpft. An dem Arme eines Hebebaumes ist ein Gewicht, gegen -das Land, -- an dem andern der an einem Stricke befestigte Wasserkorb, -gegen den Nil. Ein Mann schöpft, und das Gewicht des Hebebaumes -hilft ihm den mit Wasser gefüllten Korb heben. Weil das Schöpfen und -Ausleeren mit großer Schnelligkeit nach einander geschieht, so verliert -dieses enge geflochtene Gefäß wenig Wasser. Gewöhnlich schöpfen, statt -eines, zwei Männer neben einander, die Gesichter sich zuwendend, fast -nackt, vom Wasser benetzt, von der Sonne gebrannt und so fleißig, -daß sie kaum sich umsehen, wenn ein Schiff vorübersegelt. Sie bilden -den schroffen Gegensatz zu den Thierhütern an den Wasserrädern und -zu andern arbeitsscheuen Arabern. Es geschieht wohl auch, daß, ohne -weitere Vorrichtung, ein Mann mit einem Korbe aus dem Nile Wasser -schöpft und in einen Kanal ausschüttet. Wenn die Egypzier freilich so -viel Stammholz besäßen, wie die Europäer und Amerikaner, so würden -sie unzweifelhaft ihre Körbe an wasserdichte Kübel vertauschen. Eine -Menge Wassergräben durchkreuzen netzweise die Feldereien, damit diese -überall bewässert werden. Daher die kleinen Feldbeete, ähnlich unsern -Gartenbeeten. Gewöhnlich zieht man bei uns Gräben, um das Wasser -+ab+zuleiten, bei den Egypziern aber, um dasselbe +zu+zuleiten. Es wäre -voraus zu sehen, daß die egyptischen Gräben nicht tief sein dürfen, -während ihnen in Europa, wo man dem Wasser Abfluß verschaffen will, -die entgegengesetzte Eigenschaft zur Tugend angerechnet wird. Wenn man -in Egypten das Wasser nicht mehr in ein Beet fließen lassen will, so -wird, vermittelst der Hände, der Graben mit Koth und Schlamm zugedämmt. -Um einen Begriff zu geben, wie stark die Pflanzen unter Wasser gesetzt -werden, so stand der Mais, welcher hier blühte, dort klein war, hie und -da einige Zoll hoch in zugeleitetem Wasser. - -Die Bewässerung ist die Hauptarbeit, welche der Boden erfordert. -Sicher bereitet sich der egyptische Bauer mit Wasser, sofern, im -seltenen Falle, der Nil es ihm weder zu reichlich, noch zu sparsam -zutheilt, den Feldsegen. Der europäische Bauer schwankt wie der -Segelmann. Will dieser glücklich fahren, so muß günstiger Wind wehen; -will jener ernten, so muß lauer Regen das Feld netzen. Der Wind aber, -wie der Regen, kommen von der unsichtbar waltenden Hand, welche kein -Sterblicher zu leiten vermag. Und wenn auch dem europäischen Bauer ein -lauer Regen Segen zuwinkt, ach, es muß ihn noch bangen, daß das Wasser -des Himmels nicht durch Ueberschwenglichkeit, oder daß kein harter -Frost, kein schwerer Hagel die Hoffnung auf Ernte vereiteln. Wenigstens -kann kein Hagel die Hoffnung des egyptischen Fellah zernichten. - -Neben dem Bewässerungsgeschäfte sind Säen, Hacken oder Pflügen und -Ernten die Arbeiten des Ackerbauers. Man machte mir die Mittheilung, -daß, wenn das Ueberschwemmungswasser ganz niedrig stehe, bloß der -Same auf das Wasser ausgestreut werde. Mit dem Versiegen des Wassers, -hieß es, ziehe sich der Same in die Erde, und man dürfe nur die Ernte -abwarten. Das erzähle ich einem Franken nach; ich will nun aber dessen -gedenken, wovon ich selbst Zeuge war. Ich sah säen und hacken oder -pflügen. Sobald das Wasser verschwunden war, wurde der Same mit einer -krückenförmigen Hacke oberflächlich unter die Erde gebracht oder viel -eher gescharrt. Ich glaube nicht, daß die Hacke sechs Pariser-Zoll tief -griff. Der Pflug, welchen ich genauer ins Auge faßte, hatte nur ein -Sech, keine Schar. Er ging nicht tief, und ließ eine undeutliche Furche -zurück. Es konnte mit diesem Pfluge lediglich bezweckt werden, die Erde -etwas durch einander zu wühlen. Zwei Thiere zogen ihn, jedes an einem -Stricke, welcher am Halse festgemacht war. - -Von den Ackergewächsen erwähne ich einzig des Hanfes und der -Baumwollpflanze. Der Hanf wird sehr hoch, ja manneshoch und riecht -gewürzhaft. Wegen seines angenehmen Geruchs ist es eine Lust, in -der Nähe eines Hanffeldes zu wandeln. Eben bereitete er sich zum -Blühen vor. Ohne an mein Vaterland mich zu erinnern, wo die Baumwolle -mit vielem Fleiße verarbeitet wird, konnte ich den merkwürdigen -Pflanzenstengel nicht betrachten. Dieses Gewächs bedeckt ungeheure -Strecken des Delta. Es wuchs gleichsam vor den Augen beinahe durch alle -seine Entwickelungsperioden heran: Hier Knospen, dort Blüthen, hüben -Kapseln, drüben Wolle, gerade so, als würden alle Aufzüge und Auftritte -eines Schauspieles auf einmal sich aufrollen. - -Wenn der Herr des Himmels und der Erde ein besonderes Füllhorn des -Segens über das Egyptenland ausgegossen zu haben scheint, so wird -befremdlich, daß das Wenigste dem Bauer angehört, was er dem Boden -abgewinnt. Den Stoff zur Kleidung, welche er sich verfertigt, verkauft -er an den Pascha, und dieser gibt ihn um die Hälfte theurer zurück. -Der Fellah darf keinen Faden am Leibe tragen, wenn er ihn nicht dem -Pascha, dem ersten Kaufmanne in Egypten, abgekauft hat. Die ganze Last -von Baumwolle drängt sich in die Hand des Vizekönigs zusammen, welcher -damit +allein+ Handel treibt. Kurz, die Bauern sind nur Lehenbauern. -Der Pascha ist der Grundherr, der Grundbesitzer des Landes, und dieses -Verwaltungssystem bewirkt, daß der Fellah, unter dem Drucke des -Monopols, selbst zur frohen Erntezeit seufzet. Es ist seltsam, daß noch -kein fränkischer Ulema die Härte des Pascha darum vertheidiget, weil -sie dem rechtgläubigen Bauer den Anlaß gebe, sich um so inniger nach -den Freuden des ewigen Lebens in dem immergrünen Garten zu sehnen. - -Wir begegneten einer Schiffsladung getrockneter Mistfläden. Wo das -Holz, wie hier, so theuer ist, läßt man sich selbst den Gebrauch -solcher Dinge gefallen; sie dienen als Brennstoff, und kann der -Abendländer glauben, daß sogar mit dem Eckelhaftesten vom Menschen -geheizt wird? und wenn es der St. Louisianer in Amerika glaubte, würde -er sich nicht davor entsetzen, da er nicht einmal die Milch von einer -Kuh genießt, welche Gras von einer mit Hausjauche besprengten Wiese -fraß? - -Ueber Warnâm begann rechts die Düne; links Weideland und Hirtenzelte. -Ich erging mich an einer Herde schwarzer Büffel. Dieses Thier ist für -Egypten gar nützlich. Der Büffel hält sich sehr gern im Wasser auf, -auch liegend und wiederkauend. Es ist kurzweilig, zu sehen, wie er über -das Wasser schwimmt, um an den Ort zu gelangen, wo er zu übernachten -pflegt. Der behende Hirte schwingt sich wohl auch auf den Rücken des -Thieres, das ihn schwimmend ans Land trägt. - -Erst von Schmûn aus erblickte ich die Pyramiden von Gizeh. Sie halten -mit der aufragenden Düne gleiche Höhe, und ich hielt sie zuerst für -Schiffssegel, vielleicht weil ich kurzsichtig (~myops~) bin. -- Bis -+Abu-èl Gheied+. - - +Rechtes Ufer.+ +Linkes Ufer.+ - - Samüt-Rosiéh. Èl-Chatabẻ. - Sagiéh. Bini-Sèlâmé. - Tagwueh. Awlatt-Fèradsch. - Èl-Hamum. Dé-Rîß. - Karfòrtereiné. Wardàn. - Munsi. Abu-Ghalibb. - Èl-Manschîé. Èl-Katta. - Dschures. Gisahijeh. - Abu-Awuali. Niklé. - Sidi-Ibrahîm. - Schmûn. - Tâlié. - Gawâdi. - Èl-Baraniéh. - Èl-Gonamiéh. - Mimèt-èl-Arûß. - Kaffer-Mansûr. - Schaschâ. - Schatanỏff. - Darawû. - Schalakan. - Charabaniéh. - Abu-èl-Gheied. - - -+Donnerstags den 22. Weinmonat.+ - -Die Nachricht, daß wir in der Nacht an der Spitze des Delta -vorüberfuhren, betrübte mich zum Theile, weil ich von ihr nichts sah. -Des Morgens lagerte ein wenig Nebel, der aber bald sich verzog. Durch -die Vereinigung der Nilarme erscheint der Nil kaum breiter, wohl aber -geben ihm zahlreichere Schiffe mehr Leben. Der Berg Mokatam, links -oben die westliche Kuppe des arabischen Gebirges, der Basanites Lapis -der Alten, an dessen Fuße Kairo sich ausbreitet, brachte angenehmen -Wechsel in die Aussicht. Seit einiger Zeit mußte ich den Anblick eines -höhern Hügels entbehren, und darum ruhte auf jener Kuppe mein Auge mit -besonderm Wohlgefallen. Man fühlt eine gewisse Leere in der Seele, wenn -liebgewonnene größere Eindrücke auf längere Zeit keine Nahrung finden, -und ein neues, erquickliches Aufleben durchzuckt das Innere, wenn liebe -alte Eindrücke durch verwandte neue in einem Male aufgeweckt werden. -Mittlerweile wuchsen die Pyramiden immer stattlicher heran. - -Meine Reise fiel in die Ueberschwemmungszeit. Die Wasser, wiewohl im -Fallen, strömten doch noch in ziemlicher Höhe, ein Umstand, der für uns -gerade günstig war, da bei niedrigem Wasserstande das Fahrzeug leicht -strandet; denn es kostet oftmals viel Anstrengungen, bis es flott wird. - -Eine neue Erscheinung für Egypten sind die Telegraphenthürme. Dann und -wann unterbrechen sie während der Nilfahrt die Gleichförmigkeit der -Aussicht. Für ein Zeichen der höhern Kultur mochte ich sie eben nicht -ausgeben, und wahrscheinlich thun sie ihr nicht den leisesten Vorschub. -Dem Europäer mögen sie Vergnügen gewähren, indem sie ihn an das Land -seiner Väter zurückmahnen, und indem er sich aufs neue der Wahrheit -bewußt wird, daß nun Europa mit seinem Tochterlande Amerika den -eigentlichen Brennpunkt der Wissenschaften und Künste, der Entdeckungen -und Erfindungen bildet. Vielleicht kommen die Telegraphen, die -schnellen Ueberbringer oberherrlicher Befehle, in Egypten der seidenen -Schnur trefflich zu Statten. - -Links sahen wir noch nach Schubbra, welches sich eines vizeköniglichen -Gartens von seltener Schönheit rühmt, und an einer Stadt ergötzte sich -das Auge schon von Ferne her. Es war +Bulâk+, in dessen Hafen wir bald -einliefen. - - +Rechtes Ufer.+ +Linkes Ufer.+ - - Galiubb. Burgaschi. - Basûß. Errahauwi. - Mid-Halfé. Òm-dinâr. - Damanhur. Dikelkó. - Schubbra. Èl-Achsâß. - Minièt-èl-Sirik. Dschaladmé. - Gésiret-èl-Batrân. Hassan-inn. - Bulâk. Èl-Górótin-Hin. - Russim. - Sigîl. - Tanâsch. - Gésiret-Mohammet. - Waran. - Embâbé. - -Wir langten in Bulâk eben in der größten Sonnenhitze an, und wir -konnten zwischen der großen Menge von Kähnen uns nur mit Mühe Platz -verschaffen, auf daß wir das Ufer erreichten. In Atfue zerschmetterten -wir beim Anlanden den Hintertheil einer Barke, ohne daß es viel Krieg -absetzte. - -Unsere Barke war nicht schön, doch gut. Der europäische Holzarbeiter -würde an ihr Manches ausgesetzt haben. Dafür leistete sie reichlichen -Ersatz mit Mäusen und andern Plaggeistern. Ich wußte mehr als einmal -beinahe nicht: Wo wehren? In der Kajüte stand, nach der Uebersetzung -des französischen Dragoman, an der Wand auf arabisch, daß man sich -den Verordnungen zu unterziehen habe. Etwa den Verordnungen dieser -Unholden? Ueber unserer Barke schwebte die dreifarbige Flagge der -Franzosen. - -Nachdem meine Effekten untersucht waren, wurden sie auf einen Esel -gepackt, und einen andern bestieg ich. An hohen Häusern, zwischen -denen angenehme Kühlung herrschte, ritt ich vorüber, und bald war -ich außerhalb der Stadt. Jetzt, im Freien, erblickte ich das große -+Kairo+, ehedem das Kahira, jetzt das Maser des Arabers. Ergreifendes -Schauspiel. Keine halbe Stunde mehr, und ich befand mich in den -Ringmauern der Hauptstadt. Da verließen mich die beiden Franken, und, -mit einem Eseltreiber allein, zog ich fürbas. Kairo machte gleich -Anfangs einen ungemein günstigen Eindruck auf mich. In dem Wirrwarre -von Häusern und Gassen folgte ich getrost der Führung des Eseltreibers. -Er hätte mich in eine ~Casa di Diavolo~ verführen können. Ich wollte -freilich nicht dahin, sondern ins Quartier der Franken (el-Musky), die -übrigens in Kairo vielmehr zwischen den Mohammetanern zerstreut leben, -als in Alexandrien. Lange ritt ich durch Gassen und Gassen, jetzt krumm -herum, dann gerade dahin, ohne daß ich einem Abendländer begegnete. -Ich war auf dem Punkte, Zweifel zu fassen, daß mein Geleitsmann das -Quartier der Franken wisse. Auf einmal bog er um, und ich erblickte -Hüte. Ich war richtig im Quartiere; umsonst aber suchte ich die -Lokanda, die man mir empfahl. Und kurzen Prozeß, -- ich ritt zum ersten -besten Wirthshause. - -Der Wirth des ~Hôtel de l’Europe~ wies mir ein gefälliges und hohes -Zimmer an; aber kaum sah ich mich recht um, so fand ich ein Licht ohne -Glasfenster. Das fiel mir schwer; denn bei offenem Fenster wollte -ich nicht schlafen. Dem Uebel war auch bald geholfen; der Gastgeber -eröffnete mir ein anderes Zimmer, welches mit Thüre und Fenster -gesperrt werden konnte. Die heimatlichen Gefühle erneuerten sich, als -wäre ich in einem Gasthause des Abendlandes; eine Mousquetiere (Vorhang -um das Bette, gegen die Stechfliegen) und eine gute, reine Bettung -ließen mit Recht eine süße Schlafnacht erwarten. Man lernt den ruhigen -Genuß des Schlafes erst recht schätzen, wenn man desselben, sei es -durch die Plage des Ungeziefers, oder durch andere störende Einflüsse, -eine Zeitlang beraubt war. - - - - -Kairo. - -Lage der Stadt, Strich des Himmels und Gesundheitszustand der Menschen. - - -Kairo oder Großkairo liegt fünfzig deutsche Meilen südlich von -Alexandrien, unweit vom rechten Ufer des Nilstroms und auf einer Ebene -bis an den Hügel Mokatam. - -In hohem Grade beneidenswerth sind die Europäer in Alexandrien und -Kairo. Die Alexandriner rühmen das Klima von Alexandrien und tadeln -dasjenige von Kairo. Die Kairaner dagegen erheben den Himmel von Kairo -auf Kosten desjenigen von Alexandrien. Es ist mit besonderer Güte -dafür gesorgt, daß die Einen mit dem zufrieden sind, womit die Andern -unzufrieden wären. - -Kairo streift an den 30. Grad nördlicher Breite. Wenn die Sonne am -höchsten steht, brennt sie sehr heftig. Indessen wird die Hitze eines -Windes aus der Wüste, von den Pyramiden her, weit weniger leicht -ertragen, als die größte Hitze des Sommers. Diesen Wind nennt der -Araber +Chamsîn+, das heißt, +Fünfzig+; denn er weht fünfzig Tage und -fünfzig Nächte, aber einige Tage und Nächte mit ausnehmender Stärke und -Verderben. Er hebt Mitte Aprils an, und treibt viel Staub vor sich hin, -so daß vor demselben, auch mit möglichster Sorgfalt, die zubereitete -Nahrung auf dem Tische des wohl verschlossenen Zimmers nicht leicht -geschützt wird. Im Winter fällt der Regen, doch in der Regel sehr -wenig. Gewölke sah ich auch hier zur Genüge, und ich zählte keinen -einzigen wolkenlosen Tag. Man will ebenfalls in dieser Gegend von -Egypten eine Veränderung des Klimas zu Gunsten des Wasserniederschlages -wahrgenommen haben. - -Um mich des Gesundheitszustandes einigermaßen zu +vergewissern+, -suchte ich in dem Tauf- und Sterberegister der lateinischen Gemeinde -bei den Kapuzinern (Kloster ~de propaganda fide~) nach. Ich rühme -die Freundlichkeit und Bereitwilligkeit, womit der würdige Guardian -meine Nachforschungen unterstützte. So wenig meine Erwartung durch die -Anlage des Todtenbuches gerechtfertiget wurde, so wäre noch weit minder -bei den Mohammetanern auszubeuten gewesen, die auf dem Kissen des -Fatalismus gar zu sanft schlafen. Ich möchte das von der lateinischen -Gemeinde (die namentlich auch Levantiner zählt) gewonnene Resultat -allerdings nicht als Maßstab für die gesammte Bevölkerung von Kairo -vorhalten. So viel leidet indessen kaum einen Widerspruch, daß es, -weil es eben von Einwohnern dieser Stadt abgezogen wurde, eher im -Allgemeinen die Bevölkerung Kairo’s ankündigt, als irgend eine andere. -Im jährlichen Durchschnitte starben, mit Ausnahme des Jahres 1831, -in den 10 Jahren 1824 bis und mit 1834, 36 Personen, und 47 wurden -getauft. Wenn der Getaufte zur Bevölkerung sich verhielte gleich 22 zu -1, wie in dem französischen Finistère-Departement, wo gerade 1 auf 22 -geboren wird, so wäre die lateinische Gemeinde 1034 Seelen stark. Jeder -Sachkundige sieht ein, daß dieser Schluß um so mehr Mißtrauen erregt, -je gewisser die Gemeinde eine sehr zusammengesetzte und wandelbare -Bevölkerung enthält. Das Alter der Verstorbenen fand ich bloß in den -Jahren 1833 und 1834 genügend verzeichnet. In diesen Jahrgängen fehlt -es einzig bei zwei erwachsenen Personen, denen ich willkürlich 20 -Jahre gab. Die insgesammt (durch diese zwei Jahre) 114 Verstorbenen -hatten zusammen ein Alter von 2180 Jahren, 10 Monaten und 14 Tagen. Die -durchschnittliche Lebensdauer beträgt demnach 19 Jahre. Die älteste -Person, welche ich im Sterberegister traf, war eine +Maria Hadad+ aus -Jerusalem; sie brachte ihr Leben auf 95 Jahre. +Prosper Alpinus+ gibt -den Egypziern ein sehr langes, und selbst ein längeres Leben, als den -Europäern, ohne jedoch einen Beweis für seine Behauptung anzuführen. In -den genannten Jahren starben im Durchschnitte während der Monate Julius -und August am meisten, und während des Hornungs am wenigsten. Der -Weinmonat gilt als der gesundeste Monat des Jahres. Kaum weniger gesund -dürften November, Jenner und Hornung sein, wie die Sterbeliste andeutet. - -Die Krankheiten, welche vor den übrigen Schrecken verbreiten, sind Pest -und Cholera. - -Die Bubonenpest verschonte Egypten in der neuern Zeit seit dem Jahre -1824 bis zum Christmonat 1834, hiemit ein ganzes Jahrzehn. Indessen -wüthete sie im Jahr 1824 nicht besonders heftig, und es gingen aus der -lateinischen Gemeinde bloß 37 Personen in den Monaten Merz, April und -Mai mit Tode ab. Nach ältern Beobachtungen beginnt sie im Jenner oder -Hornung, schreitet verheerender während des +Chamsîns+ vorwärts, und -wird durch die größte Sonnenhitze gleichsam abgeschnitten. Am +St. -Johannestage+ glaubt der Europäer sich sicher. Im ersten Halbjahre und -im Monate Julius 1835 verlor die lateinische Gemeinde +zweihundert und -elf+ Pesttodte, und zwar weitaus die größte Zahl im April und Mai. -Man schätzte die Summe aller in Kairo an der Pest Hingeschiedenen, -wohl doch in übertriebenem Maße, auf 100,000. Die Europäer, welchen in -der letzten Pestzeit die Mittel zu Gebote standen, sperrten sich ein. -Unter alle Eingesperrte schlich sich während der letzten Seuche die -Pestkrankheit nie und nirgends ein. In einem Hause brach zwar die Pest -aus; allein sie wurde durch einen besonderen Fall eingeschleppt. Aus -einem verpesteten Hause ließ man ohne alle Gefährde einen sogenannten -Drachen zur Belustigung auffliegen. Ein Kind jenes Hauses befand sich -auf dem Söller, der Drache fiel auf dasselbe, und in wenig Stunden -erkrankte es und erlag dem Drachen -- der Pest. So lange keine -Todtenregister geführt werden, dürfen die Sterbeziffern nicht anders, -als mit Zweifel betrachtet werden. Dieß gilt namentlich auch von der -geschichtlichen Angabe, daß zu Kairo im Jahr 1472 während sechs Monaten -600,000 und, nach +Prosper Alpinus+, im Jahr 1580, 500,000 Menschen in -ebenso viel Zeit an der Pest starben. - -In der neuern Zeit erklärten vorzüglich die französischen Aerzte, an -ihrer Spitze +Clot-Bei+, aber auch der besonnenere +Gaëtani+ die Seuche -für miasmatisch. Mit einiger Vorsicht öffneten sie viele Leichname -und blieben verschont. Mittlerweile verschwanden drei deutsche Aerzte -als ein Opfer der Pest. Die Bravour +Clots+ gefiel +Mehemet-Ali+ in -so hohem Grade, daß letzterer ihn in den Generalsstand erhob, und der -glänzende Halbmond hängt als Ehrenzeichen an der Brust von +Clot+, -wie beim vizeköniglichen Muselmann von Auszeichnung. Die Ansicht der -neuen Propheten, daß die Pest nicht anstecke, erfreute sich übrigens -zu meiner Zeit keiner Popularität bei den Europäern in Kairo. Diese -verwarfen sie vielmehr fortwährend als überspannt. Sie werden mit -höchster Wahrscheinlichkeit sich durch den neuen Pestfirman inskünftige -am Beobachten der Quarantäne nicht im mindesten stören lassen. -Huldigten doch öffentliche Anstalten, wie die Kadettenschule, dem -Grundsatze der Sperrung, ungeachtet der Pascha einen Miasmatiker zum -Bei adelte. - -Die Cholera ist eine frisch gebrochene Geißel Egyptens. In den Monaten -August, September und Oktober 1831 zwickte sie aus der lateinischen -Gemeinde in Kairo 94 Personen hinweg. Manche Kairaner fürchten die -Cholera mehr, als die Pest, weil die Sperre dagegen nichts oder gar -wenig vermöge. - -Führe ich fort, von andern Krankheiten der Egypzier, wie von den -Pocken, den Augenentzündungen, den Ruhren, umständlicher zu reden, -manche Abendländer würden einen allzu trüben Gesichtskreis finden, und -das Land der Fleischtöpfe als ein Land unnennbarer Plagen ansehen. -Ich möchte aber nicht zu Vorurtheilen Stoff darbieten, deren Angel -man begierig verschlingt, ohne zu beherzigen, daß man an derselben -gefangen und gequält werde. Die Natur vergißt nicht, darüber zu wachen, -daß, wo die menschliche Vernunft ihre Aufgabe löset, das Gesetz des -Gleichgewichtes erfüllt werde. - - -Die Stadt nach ihrer Bauart. - -Die Häuser bestehen aus Mauern, und das Holz ward dazu ziemlich sparsam -verwendet. Daher die Seltenheit der Feuersbrünste in Kairo. Das häufige -Brandunglück des hölzernen Konstantinopel kennt das steinerne Kairo -nicht. Als vor wenigen Jahren eine Feuersbrunst ausbrach, wurde sie -bald gedämpft, ohne einen großen Rüstzeug von Spritzen, Feuerordnungen, -Feuerpolizei, Feuerkompagnien u. dgl. - -Von Mittag nach Mitternacht bildet die Stadt die längste Linie, und -in dieser Richtung wird man den Weg von einem Thore zum andern vor -anderthalb Stunden zu Fuße schwerlich zurücklegen. Lange, gerade Gassen -gibt es nicht. Sie lenken meist bald um, und verlaufen oft in ein -Gewölbe, in eine Art Passage oder Schwibbogen. Manche sind sehr schmal, -und in der Judengasse können nicht zwei Personen neben einander gehen, -ohne an einander zu streifen. Hier langen die Erker bereits zu der -entgegengesetzten Seite der Gasse hinüber. Auch springen dieselben hie -und da in andern Gassen, wenigstens über die Mitte in diese, hervor. -Dann und wann sieht man eine Brücke über dem Haupte. Manche Gassen sind -mit einer Art Dach versehen oder auch zeltartig zugedeckt, zumal die -Bassar. Wegen der Enge der Gassen und der Höhe der Häuser herrscht in -manchen der ersteren ein gewisses Halbdunkel, das mich nicht unangenehm -stimmte. Die Gassen darf man nicht beurtheilen, ohne das Klima in -Anschlag zu bringen. Große, offene, gerade Gassen würden in der heißen -Jahreszeit den Aufenthalt fast unerträglich machen; wie sie aber -wirklich angelegt sind, gewähren sie die möglichste Kühlung, und stehen -in einem sehr verständigen Verhältnisse zum Himmelsstriche. - -Hier, wo selten Regentage eintreten, und wo kein Wagenrad den Boden -durchfurcht, wäre das Straßenpflaster überflüssig. Es ist ungleich -angenehmer, auf der hart getretenen Erde dieser Stadt zu gehen, als -auf den schönen Pflastersteinen zu Paris und Wien, und der Esel, in -leisem Tritte, gleitet beinahe über die Gasse hinweg. Wenn es aber -regnet, so werden die Klagen groß, und voraus dem Kameel ist das Gehen -beschwerlich. Dann ereignen sich wohl auch Unglücksfälle. Es verdient -bemerkt zu werden, daß in den neuntehalb Jahrhunderten seit Erbauung -der Stadt die Gassen so wenig ausgetreten worden sind. - -Unreinigkeiten eckeln nicht öfter an, als in italienischen Städten. Man -glaubt im Anfange nicht, wie schnell ein Theil der Garstigkeiten von -der heißen Sonne in Staub verwandelt wird. - -Auf Aeser stieß ich nie im Umfange der Mauern, wohl aber zur Seltenheit -in der Umgebung der Stadt. Auf dem Wege nach Abu-Sabel labte sich eben -ein halb Dutzend herrenloser Hunde an einem todten Thiere. - -Ueberall, wo der Mensch lebt, ist ihm beim Baue der Wohnungen die -ferne Sonne am Himmel das erste Augenmerk. Bei der Bauart der Häuser -von Kairo fasse man, wie bei den Gassen, das Bedürfniß wohl ins Auge. -Sie müssen gegen die Hitze schützen, während sie in Europa gegen die -Kälte schirmen sollen. Man findet daher die Zimmer in den nördlichern -Gegenden gewöhnlich klein, d. h., nicht breit und nicht tief. In Kairo -sind die Gemächer umgekehrt sehr geräumig, tief, kapellenartig. Ja -es übertreffen viel Zimmer der Stadt an Raum europäische Kirchen. -Manches staunte ich mit Wohlgefallen an, theils auch wegen der hohen -Bögen und der maurischen Zierathen. Wie dem Fußgänger und Reiter -auf der Gasse die hohen, einander nahe gegenüber stehenden Häuser -lieblichen Schatten werfen, so beschatten sie einander selbst, und -je schattenreicher ein Zimmer ist, desto mehr wird es geschätzt. Die -Dächer sind flach oder nur ein Boden (Söller), und das Licht fällt -nicht bloß durch Fenster, die über einander sich folgen, herein, -sondern auch durch das Dach. Ueber die Oeffnung an diesem wirft sich -gegen Mitternacht eine Nase auf, welche geschlossen werden kann. So -strömt erfrischende Luft an der Spitze des Hauses bis unten auf den -Boden von Erde oder Stein. Die Fensterscheiben selbst sind viereckig, -und es wird an einigen Orten Europas keineswegs eine neue Mode -eingeführt, wenn man dort auf runde Scheiben verzichtet, um viereckigen -Platz zu machen. Viele Häuser sind einstöckig. Ein großes Thor führt -durch den Eingang in einen Hof, wo die Küche frei steht; der Hof ist -zugleich der Rauchfang. Manches große Thor wird selten geöffnet. Dafür -steht in demselben eine kleine Thüre offen, durch die man geduckt und -mit hochgehobenem Fuße schreiten muß. Ueber dem Eingange, wenn man will -über dem Erdgeschoße, finden sich die Zimmer, welche bis zum Dache 15 -bis 25 Fuß sich erheben. Es gibt wohl auch Zimmer, die von ebener Erde -an 40 Fuß hoch anstreben. Zweistöckige Häuser gehören zwar immerhin -nicht zur Seltenheit, aber drei- und vierstöckige. Der Europäer kann -sich sehr leicht täuschen, wenn er die Häuser bloß von Außen besieht. -Er stellt sich hohe Gebäude vor, in denen drei Familien über einander -wohnen würden. Verschwenderisch birgt hier manchmal nur ein Stockwerk -eine Familie. Dieses berücksichtigend, könnte man nicht begreifen, daß -etwa 300,000 Menschen in Kairo wohnen oder einst gewohnt haben, sofern -man nicht wüßte, daß viele Araber einer Wohnung entbehren. Wandelte ich -Nachts nach Hause, so wurde es mir zuerst unangenehm zu Muthe, wenn ich -hier auf dem Boden der Gasse, dort auf der Bettstelle an einem Hause -einen vermummten Araber ruhen sah. In der offenen Herberge der Gasse -brachte er die Nacht hin. Die Milde eines Himmelstriches bettet den -Menschen mit wenig Mühe. - -An oder in den Häusern verdienen zwei Dinge noch besondere Erwähnung; -das Schloß und die Stiege. Die meisten Schlösser sind von Holz. Ein -Joch, an der Thüre befestiget, nimmt den Riegel auf. An dem obern -Theile der für den Riegel bestimmten Jochöffnung ragen, ohne strenge -Ordnung der Entfernung von einander, mehrere drähtene Stifte hervor, -die gehoben werden können, und ohne eine hebende Kraft von selber -herunterfallen. In den Riegel, als den zweiten Theil des Schlosses, -dringt auf einer Seite und an dem einen Ende eine kantige Rinne. Oben -besitzt der Riegel den Stiften entsprechende Oeffnungen, und diese -sind in solcher Ordnung angebracht, daß, wenn er vorgeschoben ist, die -drähtenen Stifte vom Joche herunterspringen und eingreifen, wodurch der -Riegel gesperrt wird. Der Schlüssel, als der dritte Theil des Schlosses -und gleichfalls von Holz, ist ebenso einfach, als die vorigen Theile. -An einem Ende, das in die Rinne des Riegels läuft, stehen gerade so -viel drähtene Stifte unbeweglich herauf, als der Riegel Oeffnungen -zählt. Drückt man die Stifte des Schlüssels in diese, so heben sie die -Stifte des Joches, und der Riegel kann herausgezogen werden. -- Mit -der Konstrukzion der Stiegen konnte ich nicht ins Klare kommen. Sie -sind von Stein, und von der Gestalt eines gezahnten Rades, wenn dieses -keinen Zirkel beschriebe. Sie haben ihre Befestigung nur an einer -Seite, an der Mauer des Hauses; im Uebrigen liegen sie ganz frei heraus. - -Aus Furcht vor dem gräuelvollen Götzendienste verbietet der Islam die -Abbildung von Menschen und Thieren. Es fehlt indessen noch viel, daß -dem Verbote von allen Mohammetanern nachgelebt wird. Es wird schon -von +Selim+ I. erzählt, daß er dem Sohne +Soliman+ II. sein Bildniß -hinterließ, über dem man die Worte las: Sultan +Selim Ottoman+, ein -König aller Könige, ein Herr aller Herren, ein Fürst aller Fürsten, ein -Sohn und Kindskind Gottes. Von dem jetzigen Sultan +Mahmud+ II. weiß -man, daß er, zum Verdrusse der Gesetzlehrer, sein Porträt dem Pascha -zuschickt. Bei Beschneidungsfestlichkeiten im Jahr 1582, zu Ehren des -nachherigen Sultan +Mehemet+, wurde in einem Prachtzuge Zuckerwerk -herumgetragen, das verschiedene Arten von Thieren vorstellte, z. B. -Elephanten, Löwen, Tiger, Leoparden, Affen, Pferde, Kameele, Giraffen, -Syrenen, Falken, Habichte, Sperber, Storchen, Kraniche, Enten, Pfauen, -ein Ungethüm von riesenhafter Mannesgröße, nackt und sitzend wie ein -Schneider. Kehren wir nach Kairo zurück. - -Gemälde trifft man an den Häusern selten, und wenn noch, so lassen -sie allenthalben die Schülerhaftigkeit durchblicken. Europäische -Primarschüler von acht Jahren würden treuer und geschmackvoller malen. -Die Malereien an den Mauern der Häuser stellen meistentheils Laub- oder -Blumenwerk dar, das etwa aus schnörkelreichen Töpfen sich entfaltet. -Die rothe Farbe herrscht vor. Auch trägt die Mauer einiger Häuser, -rechts und links an der Thüre, einen gemalten angebundenen Löwen zur -Schau. An einem Hause ist auf ein Thier ein kleines Gebäude gepackt; -allein ich konnte nicht errathen, was für ein groteskes Ding es war, -weil die Pfuscherei wirklich zu hoch sich überboten hat. An andern -Häusern, und zwar an vielen, wechselt einfach die rothe und weiße -Farbe, so daß, wenn eine Reihe Quader weiß, die erste darüber roth ist. -Hie und da steht über den oben abgerundeten Thüren ein Stern. Mehr, als -an Farben versucht sich der Kairaner an Formen, und diese sind es, die -seine Geschicklichkeit verkündigen. Wo Holz verbaut ist, da liefert -es beinahe durchgängig Beweise von kunstreichen Schnitzarbeiten. Noch -triumphirender aber zeigen die Mauern das Gepräge der Kunst. Die -Moscheen (Gâma’) empfehlen sich in der Regel durch ihre Pracht, und die -hohen Thürme sind bis an die Spitze von lauter Quadern aufgeführt. Die -meisten umkrämpen zwei frei herausragende Galerien mit Geländer, und -auf dem Helme schießen Arme schief hinauf, um daran, zu Verherrlichung -der Festtage, Laternen zu hängen. Auf den Galerien hingegen wird -vom Thürmer (Muezeinn) singend der Gläubige zum Gebete ermahnt. -Dadurch wird die fehlende Glocke entbehrlich. Ueberall erregten die -sarazenischen oder maurischen Werke meine Bewunderung. Obschon ich in -meiner Kunsteinfalt einem einfachern Styl mehr Geschmack abzugewinnen -vermag, so ergötzte ich mich gleichwohl manchmal an dem Laub- und -Blumenwerk, an den bizarren geometrischen Figuren oder Arabesken. -Eine Bildsäule würde man vergebens suchen. Es geschieht nicht selten, -daß man beim Ausjäten des Unkrautes auch das nützliche Gewächs -herausreißt. So hat der Islam, bei Zerstörung der Götzendienerei, die -bildende Kunst überhaupt mit Füßen getreten. - -Aufschriften in arabischer Sprache liest man ungemein selten. -Paris sieht gegen Kairo wie ein aufgeschlagenes geschriebenes Buch -aus. Die Tochter Mokatams ist Album. Die europäischen Städte sind -Erklärungswörterbücher (Reallexika), belehrend für Kinder und Fremde, -ein ~Cornu Copiae~ von Pleonasmen für die Unterrichteten. In Italien -lernte ich manche Handwerksnamen über den Buden, und Niemand hätte es -mir verarget[10]. - - -Das Schloß, der Jussufsbrunnen und die Grabmale von Kâyd-Bei. - -Wollen die Europäer wohin gehen, laufen, reiten, fahren, so werden -die gebieterischen Witterungs-+Wenn+ angeknüpft. +Morgen, wenn es gut -Wetter ist+, heißt es. Wenn das Frauenzimmer schon seinen Flitter -bereit hielt, wenn Pferde und Wagen bestellt waren, wenn die Liebe und -Freude den Schlaf verscheuchten, und wenn dann in der Frühe Wasser oder -Schnee vom Himmel fällt; -- ach, welch saures Gesicht wird geschnitten, -welche Seufzer werden ausgestoßen, wie werden mit beklommenem Herzen -die Hände zusammen und über einander gerungen, weil -- es regnet oder -schneit, und weil der Regen oder Schnee den Gang, den Lauf, den Ritt, -die Fahrt hindern. Man darf in Kairo während der sichern Jahreszeit -gut Wetter auf morgen so zuversichtlich erwarten, als das Tageslicht -selbst. Die europäischen Witterungs-Wenn sind hier daher außer -Tagesordnung und werden, Wunder genug, nicht einmal gewünscht, um sich -damit zu europäisiren. - -Ich lud einen Freund zu einem Spazierritte ein. Ich zählte auf diesen -mit einer Sicherheit, welche nicht vom fernsten Zweifel beengt -war. Doch haben, daß ich es zu melden nicht vergesse, die Kairaner -manchmal ein anderes Wenn und zwar ein noch schlimmeres; ich meine das -Pest-Wenn. Du ladest Abends einen muntern Freund auf morgen zu einem -Spazierritte ein; ehe der Tag graut, ereilt ihn die Pest mit ihrem -tödtlichen Gifte. - -Es war Sonntag. Am frühen Morgen trugen uns die Esel im -Geschwindschritte durch die Gassen und Bassar. Die Läden waren noch -nicht überall offen. Die sarazenischen Schnörkeleien an den Häusern, -Thürmen und Tempeln, die arbeitenden Mohammetaner eigneten sich gleich -sehr, die Aufmerksamkeit zu fesseln. Nun etwas bergan. Der Esel schritt -immer noch schnell, und der Eseltreiber rannte keuchend nach. Schon -erblickte ich das Schloß in der Nähe. Ich verging in Staunen. Wir bogen -rechts ein, um auf der günstigsten Stelle die Stadt und ihre Umgebung -zu überschauen. Man kommt an stehenden und gestürzten mächtigen -Granitsäulen vorbei, welche, wahrscheinlich Trümmer von Memphis, über -dem Grabe der Altzeit prangen. - -Das ist nun Kairo unter meinen Füßen, seit Jahrhunderten ein Gegenstand -der Bewunderung, früher weniger gekannt und von den Europäern nicht -selten mit Fabeln angefüllt, von den französischen Heerschaaren -bezwungen, von ihren Gelehrten gemessen, beschrieben, gezeichnet bis -auf die kleinsten Einzelnheiten; das ist nun Kairo vor meinen Augen, -die größte bekannte Stadt in Afrika, die zweitgrößte des osmanischen -Reichs, eine der größten der Welt, mit den vierhundert Tempeln, -mit den graulichen plattdächigen, kaminlosen Häusern in dem weiten -Umkreise, mit den 200,000 Einwohnern[11]. Kaum kann das Auge ausruhen. -Südwestlich liegt Altkairo, weiter weg der die Inseln umspülende Nil, -dann die hoch aufragenden Pyramiden von Gizeh (Gîsa) und Sakâra, der -wüste lybische Hügelstrich, und gegen Morgen der letzte Absenker des -arabischen Gebirges. Vor allen Gebäuden zeichnet sich durch Größe der -Hassantempel und gegen Sonnenaufgang die vielen Grabmale aus. Wo ist -aber Babylon, wo Memphis? Du bist stumm, Maser el-A’tykah, und du, -Gelände jenseits des Nilstroms. - -Das Schloß stützt sich auf einen Abfall des Berges Mokatam, im -Süden der Stadt. Es ist von festem Mauerwerk und sehr groß, so daß -es für sich schon eine ordentliche Stadt bildet[12]. Das Stockhaus -liegt im Umfange der Burg. Wegen der Schönheit wäre das Harem -nicht nennenswerth. In der Nähe desselben standen Entmannte. Ein -ungewöhnlich großer Mohr verrieth durch Haltung und Geberde, durch -Stimme und Gesichtszug so völlig das bis zum kindischen unmännliche -Wesen, daß der Kontrast sich tief in meine Seele prägte. Dem Auge des -Kastraten fehlt der Glanz der Kraft und Liebe. Die ersten Frauenhüter -sah ich eben in einem Schloßhofe um ein Pferd stehen, das, mit -zusammengebundenen Füßen, auf dem Boden ausgestreckt war. Man schnitt -demselben den Schweif ab, brannte dessen Stumpf mit einem Glüheisen, -und brühte ihn dann in einer mir nicht bekannten Flüssigkeit. Die -Kastraten schienen mit Wohlgefallen der blutigen Operazion zuzusehen. -Man kann sich doch nicht bergen, daß man in Kairo leichter und -schneller die Rosse englisirt, als die Araber zivilisirt. - -Vom Militär, durch welches das Residenzschloß bewacht wird, stellt -der Abendländer sicher nichts Geringeres sich vor, als von der -orientalischen Pracht geblendet zu werden. Nichts weniger als Luxus. -Dafür findet man zerrissene Kleider in Menge. - -Wir traten in viele Hallen und Zimmer des Schlosses. Die Kanzlei hatte -ganz den orientalischen Zuschnitt; ringsum der Diwan, d. h. eine -niedrige, breite Polsterbank, ohne einen Tisch, bloß ein unbemaltes -Pult steht einsam in einem Winkel. Die Kanzlei war heute leer, weil -die Kanzlisten, koptische Christen, eben den Sonntag begingen. Es -klingt in Wahrheit sonderbar, daß in Egypten die Staatskanzlei eines -mohammetanischen Fürsten den christlichen Sonntag feiert. An den -Werktagen wird der Diwan um und um von den Schreibern besetzt, um nicht -zu sagen, belagert. - -Was auf dem Schlosse meinen Geist am meisten und mein Gemüth am -angenehmsten beschäftigte, war der sogenannte +Jussufsbrunnen+. Ein -mohammetanisches Weib führte mit brennender Kerze mich hinunter. Es war -unverschleiert; doch bisweilen schnappte es in das Kopftuch, um das -häßliche, schwarzbraune Gesicht zu verhüllen. Zwei Kinder leuchteten -mir nach. Der Brunnen, über 280 Fuß tief in den Kalkfelsen gearbeitet, -ist viereckig. Man steigt auf einer Felsentreppe hinunter. Die Stufen -lassen sich jedoch an vielen Orten wegen der darauf liegenden Erde -nicht erkennen. Die innere Wand der Treppe durchdringen an vielen -Orten Oeffnungen zum Einlassen des Lichtes. Wenn man zu einer gewissen -Tiefe hinabgelangt, endet die Treppe, und mittelst eines Rades wird -das Wasser in Krügen, welche an einem Seile befestiget sind und mit -diesem umherlaufen, aus der Tiefe geschöpft und hier ausgeleert. Ein -zweites Rad findet sich oben, welches mittelst der Krüge das Wasser -von der nächsten Stazion heraufholt, um es dort ans Tageslicht zu -bringen. Von dem Orte, wo das untere Wasserrad angebracht ist, senkt -sich der Brunnen bis zum Wasserspiegel, welcher mit dem Nil die Höhe -theilt, so tief, daß einige Sekunden verstreichen, bis man den Fall -des hinabgeworfenen Steins vernimmt. Neben dem untern Rade greift eine -Kerbe in den Fels, wo ein weiß marmorner Turban, das Grabmal des +Jusef -Salâh el-Dyn+ (des berühmten +Saladin+), ruht. Man fühlt in der Tiefe -eine angenehme Temperatur, und es fällt eben so leicht, als es die Mühe -lohnt, Zeuge eines so merkwürdigen Denkmals zu sein. Mich erinnerte -dieser Erdenthurm und die Treppe an den Markusthurm und dessen Treppe -in Venedig. - -Vom Schlosse weg wendeten wir uns, indem wir die auf einen Schutthügel -gebauten Batterien zur Linken ließen, gegen den nach Suez führenden -Wüstenweg, um die Moscheen und Grabmale der Großen (Turâb Kâyd-Bei) zu -durchstreifen. Jener Hügel verdeckte unsern Blicken die Stadt, und das -Schloß sperrte die Aussicht nach Süden. Die Grabmale, in einem Thale -auf sandigem Grunde, stellen meist Thürme oder Moscheen dar. Von diesen -umringt, glaubt man sich mitten in einer Stadt; man +ist+ in einer -Leichenstadt. In der Bauart der Grabmale bespiegelt sich offenbar der -schmuckselige Sarazene, welcher Fleiß mit Geschmack verband. Große -Schätze sind an den unbewohnten ansehnlichen Gebäuden aufgegangen; aber -leider zerfallen diese, und lassen den Genossen unserer Tage eine Reihe -von Jahrhunderten aus der Urne der Zeit verwünschen, damit er dieselben -in dem Zustande der Unversehrtheit bewundere. Beim Anblicke zerstörter -oder der Zerstörung entgegeneilender, ausgezeichneter Kunstwerke möchte -man beinahe vorziehen, daß sie nie entstanden wären, nur um des bittern -Schmerzes über ihren Zerfall überhoben zu werden. - - -Das Militärkrankenhaus. - -In der Esbekieh nimmt ein Krankenhaus den Kriegsmann auf. Für das Zivil -würde man eines nach europäischer Einrichtung vergebens suchen, -- doch -mit Ausschluß der Franken, welche in ihren kranken Tagen allerdings -öffentliche Pflege erhalten, indem sie in dem Militärkrankenhause -untergebracht werden. Ausnahmsweise hat das arabische Zivil ins -Spital ein junges Mädchen geliefert, bei welchem die Steinoperation -vorgenommen werden mußte. - -Das Gebäude ist massiv von Stein erbaut, und begreift zwei Höfe in -sich. Es enthält große Säle; so einen mit 24, einen andern mit 60 -Kranken. Die Krankenzimmer sind auch licht; aber in einigen kam dem -Eintretenden ein unangenehmer Geruch entgegen, das +zuverlässigste -Zeichen+, daß sie nicht reinlich genug gehalten werden. - -Man traut den eigenen Augen kaum, wenn man zu einem Araber -geführt wird, welcher mit Arsenik das Gesicht sich raubte, um des -Militärdienstes unfähig zu werden. Fälle, daß die Araber in dieser -Absicht sich mit Blindheit schlagen, ereignen sich nicht selten. Aus -dem gleichen Grunde werden auch Finger verstümmelt, Zähne ausgebrochen -u. s. f. Eine +Mutter+ stach ihrem Sohne ein Auge heraus, um ihn nicht -verlieren zu müssen. - -Die Apotheke des Spitals sieht sehr unscheinbar aus. Es ist merkwürdig, -wie hier Leute zu Apothekern geschnellbleicht werden. Ein polnischer -Offizier berechnete, daß er als Apotheker besser stehen würde. Er -meldete sich an, ist gegenwärtig als Apotheker angestellt, und bildet -sich auf seine Kunst sehr viel ein. Unwissenheit und Eigendünkel -gehen Hand in Hand. Ein weiland österreichischer Aide-Major hielt -sich einst eine Zeitlang in einer Droguerie auf. Er bewarb sich um -eine Apothekerstelle, bekam Anstellung, und eben während meines -Aufenthaltes in Kairo durchsprang er einen Theil der kurzen Lehrzeit -(von beiläufig einem Monate). Dieser Leichtsinn, womit die Stellen -im Gesundheitsdienste verliehen werden, erscheint indeß in einem -mildern Lichte, wenn man den großen Mangel geeigneter Subjekte ins -Gedächtniß zurückruft. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Regierung -der Aufnahme solcher Glücksritter in den Staatsdienst einen Riegel -vorschöbe, wenn ihr eine Auswahl zu Gebote stände. Man macht in -Egypten, wie anderwärts, aus der Noth eine Tugend. - - -Die Narrenmenagerie. - -Es gibt Leute, die sich an den Namen mehr ärgern, als an den Dingen. -Bei solchen besorge ich wohl, daß sie an dieser Ueberschrift Anstoß -nehmen. Vorläufig möchte ich sie aber damit beruhigen, daß der -Ausdruck, so hart er klingen mag, doch nicht härter ist, als die Sache, -die er bezeichnet. - -Um dem Eseltreiber verständlich zu machen, wohin ich wolle, ließ ich -ihm sagen, daß er mich dahin führe, wo die Narren und die Närrinnen -seien. - -Ich kam in einen Palast, das berühmte Spital +Muristan+, welches mit -der schönen Moschee gleichen Namens zusammenhängt. Ein geduckter, -etwas kleiner Mann mit einem grauen Barte, stand in einem Vorzimmer; -er fiel mir zuerst nicht auf. Es war der Menagerieinspektor. Mein -Führer eröffnete ihm meine Absicht, -- denn ich konnte durchaus nicht -arabisch, -- und ohne Anstand ward mir der Eintritt bewilliget. Noch -aber ließ ich Brote holen, um sie unter die Kranken zu vertheilen. -Die Zufriedenheit mit Wenigem ist in der Regel ein Zeichen echter -Selbstbeherrschung; die Zufriedenheit mit einem geringen Geschenke -zeugt gemeinhin von wahrer Dürftigkeit. Auf diese zählend, hoffte ich -mit meinen Kleinigkeiten Liebes zu thun. - -Nun wurde die Thüre aufgeschlossen. Ich war nur Auge, nur Ohr. Ein -viereckiger Hof, in dessen Mitte ein steinernes Becken, selbst mit -dem unlautern Wasser, fürs Auge gute Wirkung macht, zieht voraus den -Blick an sich. Der erste Eindruck verspricht Gutes; allein er trügt -nur zu gewiß: denn den gefälligen Hof umgeben lauter Käfiche, an -Stattlichkeit und Solidität gleich denjenigen für die Thiere, welche -zur Schau gestellt werden. Um den Schein einer Menagerie zu vollenden, -erheben sich die Krankenzellen bühnenartig. Das Licht und die -Speisen gelangen durch ein eisernes Gitter, welches nicht Manneshöhe -erreicht. Die Zelle ist schmal, doch hoch. Ich konnte die Zellen und -die Kranken nicht zählen; denn der Menagerieinspektor sputete sich -zu sehr, weil er vielleicht meinte, daß die Kranken beim Anblicke -eines Giaur (Ungläubigen) gewaltig beunruhiget würden. Ich glaube, -daß den Hof sechszehn Zellen umfassen. Sie sind sämmtlich von festem -Mauerwerk. In den meisten Zellen fand ich einzig einen Kranken, in -einer andern aber selbst drei, wovon einer angekettet war. Der letzte -nämlich trug ein Halseisen mit einer langen Kette. Diese lief durch -das Gitter, und ward so weit unten festgemacht, daß der Kranke mit -den Händen die Endglieder derselben nicht ergreifen konnte. Hände -und Füße blieben dabei ungefesselt. In Europa würde man bei solcher -Anfesselung das Selbsterdrosseln befürchten. Zur Bettung dient dem -Kranken im besten Falle etwas Stroh, sonst der harte Boden. Dieß -ist nicht das Herbste des Schicksals. Wie der Hunger die Küche bald -gut bestellt, so bereitet der Mangel an Schlaf dem schwankenden und -trunkenen Haupte ohne Schwierigkeit einen Polster, und am Ende macht -sich die Macht der Gewohnheit geltend. Vielleicht werde ich letztern -Satz gelegentlich einmal wiederholen, weil dessen Wahrheit beinahe nie -genug ausgesprochen und beherziget werden kann. Einige Kranke waren -ordentlich gekleidet, andere aber wenig oder fast gar nicht. - -Wie ich vor die ersten Käfiche trat, wollte ich das Brot selbst -austheilen; allein der Menagerieinspektor wand mir es mit einer -Meisterfertigkeit aus der Hand, und mir war klar, was ich thun oder -lassen sollte. Meine fränkische Person schien den Unglücklichen -wenig Aergerniß zu geben; sie haschten, wie kleine Kinder, nach dem -Geschenke, welches ihre Aufmerksamkeit für den Augenblick verschlingen -mochte. Nur ein Andächtiger, der betend auf den Knieen lag, und den -Boden anglotzte, nahm von Allem, was vorging, keine Notiz. Dagegen -betrug sich sein Nachbar um so rühriger, und er erhob ein betäubendes -Geschrei. Der Aufseher warf einen Lappen Brot ihm zu. Das war der -Friedensbote, welcher alsobald den Sturm besänftigte, nachdem eine Art -Mensch, vielleicht ein Menagerieknecht, vergeblich den Stock über ihn -geschwungen hatte. Schlagen sah ich nicht. - -Uebrigens hält man mit dem Schlagen oder Peitschen in Egypten keine -genaue Rechnung. Jeder Herr peitscht oder prügelt seinen Diener. Das -Schlagen des kranken Irren wird in Egypten unzweifelhaft nicht die -gleiche Wirkung hervorbringen, welche man sich in Europa versprechen -würde, und wenn in diesem Welttheile mit dem verwerflichen, -barbarischen Mittel zur Seltenheit Heilungen erzielt wurden, so würde -es von dem ans Schlagen beinahe mehr als ans Brotessen gewöhnten Araber -mit Gleichgültigkeit, wenigstens mit abprallender Härte ertragen werden. - -In der Flüchtigkeit ward ich ruhige Gesichter und gut genährte Leute -in den Käfichen gewahr. Es beschwichtiget gewissermaßen zuletzt der -gegründete Glaube, daß die Eingekerkerten doch nicht mit Hunger gequält -werden. - -Als ich schon zur Thüre hinaus war, hörte ich noch den Lärm der Irren, -selbst vor dem Geklirre der Ketten. Von der Besorgung der Närrinnen -weiß ich weder etwas Rühmliches, noch etwas Tadelnswerthes. Den Männern -ist der Eintritt in die Weiberzellen untersagt, wohl aber +Knaben+ bis -zum Alter von ungefähr neun Jahren erlaubt. - -Bei einem zweiten Besuche vergönnte man mir mehr Zeit. Ich konnte -achtzehn Käfiche zählen. Dießmal überzeugte ich mich von der -zurückstoßenden Unreinlichkeit. Daß in diesen Krankenställen keinerlei -Versuche zur Heilung vorgenommen werden, versteht sich von selbst. - -Das kultivirte Europa schaudert wie vor der Einrichtung der -Observazionsanstalt in Alexandrien, so vor einer solchen Behandlung -unglücklicher Irren. Wie lange her ist es aber, daß dort das -Licht der Humanität glänzt? Noch vor einem Jahrhunderte wurden -die unschuldigsten Gemüthskranken, gleichwie die schuldigsten -Verbrecher, fast durchgehends in Ketten geworfen. Vielleicht werden -die bemitleidenswerthen Gemüthskranken an das eiserne Kriegsherz des -Pascha klopfen, daß es erweicht wird, und falls er dem gräßlichen -Uebelstande wehrt, so flicht er sich schönere Lorbeeren um sein -Haupt, als wenn er noch einmal Militärkrankenhäuser, Arzneischulen und -andere Anstalten, Pulvermühlen und andere Fabriken ins Dasein riefe, -und er bleibt unsterblicher unter den Sterblichen, als wenn auf sein -Machtwort der Anbau einer zweiten Baumwolle und eines zweiten Oelbaumes -u. dgl. gediehe. Insbesondere die edeln Züge des Zartgefühles für -das Wohl und Weh aller Menschen, ohne Ansehung des Standes und des -Vermögens, erwartet das aufmerksame Europa von dem schöpferischen und -durchgreifenden Vizekönige des Egyptenlandes. - - -Die Stadt der Einäugigen und der Blinden. - -Man nennt wohl keine Stadt in der Welt, worin so viel Einäugige und -Blinde wohnen wie in Kairo. In keiner Stadt, würde der Spötter sagen, -wird öfter ein Auge zugedrückt, und ist die Liebe blinder. Man ziehe -bloß die Gasse hin und her, und bald wird die Aufmerksamkeit von einem -Manne gereizt, der mit einem Stocke den Weg befühlt, oder seine Rechte -auf den Kopf oder die Schulter einer Person legt, die als Wegweiser -vorangeht. Selbst die Blinden wandeln nicht mit Andern wie in Europa, -wo sie am Arme geführt werden. Man weiß beinahe nicht, ob man über das -Glück Unglücklicher lachen darf, wenn man wahrnimmt, wie etwa drei -Blinde einander leiten und leiten +können+. - -Einst schilderte man das Gedränge in der Stadt als so groß, daß man -jeden Augenblick Gefahr laufe, Jemand umzubringen oder umgebracht zu -werden. Diese Schilderung kann für die jetzige Zeit nicht gelten. -Ich sah in einer sehr besuchten und belebten Gasse, gleich vor der -Hauptwache über der Brücke, einen +blinden+ Greis +allein+, freilich in -kurzen und furchtsamen Schritten, sich vorwärts bewegen, ohne daß er -umgebracht oder auch nur unsanfter berührt wurde. Es ist hinwieder eine -natürliche Sache, daß die Sehenden noch gefahrloser ihres Weges gehen, -als die Blinden. - - -Das öffentliche Bad. - -Die Südländer haben eine fischartige Natur. Bäder sind ihnen -Bedürfnisse. - -Ich trete in ein großes, von oben beleuchtetes Zimmer. In der Mitte ein -Wasserbecken. Darum ein mit Marmor ausgelegter Boden. An den Wänden -eine Bühne; darauf Bettpolster in Menge. Neben der Pforte eine Art -Kanzel. Von der Bühne streben jonische Säulen empor. Am Eingange in das -Dampfgewölbe eine kleine Kaffeeküche, aussehend wie ein Doppelkästchen -mit einem Raume dazwischen[13]. Ich bin im Entkleidezimmer; auf den -Polstern der Bühne die Badegäste; auf der Kanzel der Geldeinnehmer. - -Der Badende steigt auf die Bühne. Er entkleidet sich. An der flinken -Hand des Badeknappen fliegt im Nu ein weißes Tuch ihm um die Lenden. -Ein Tuch von bunter Farbe schlägt der Badeknecht ihm über die Brust, -und ein anderes über den Rücken, das erste hinten und das letztere -vorne bindend. Den Kopf umwickelt er, auf daß ihn ein Turban schütze -und ziere. Das die vollkommene Bademontur, es fehlen einzig noch die -Kapuzinerschuhe, in die man schlüpft, sobald man von der Bühne herunter -gestiegen ist. - -Jetzt geht der Badende behutsam davon, damit er nicht auf dem nassen -und glatten Marmorboden niederglitsche. Durch einen engen, düstern, -gewölbten Gang gelangt er in ein Zimmer: das Ent- und Ankleidezimmer in -der kältern Jahreszeit, weil es gewärmt werden kann. - -Er kommt durch eine Thüre in ein Gewölbe. Das Licht dringt mühsam -und spärlich durch kleine, runde, mit Glas hermetisch verschlossene -Oeffnungen von der Kuppel herab. In der Mitte ruht ein Wasserbecken. -Aber er weilt dießmal hier nicht. - -Durch den warmen Dampf links oder rechts einige Treppenstufen hinauf, -er befindet sich in einem kleinen, noch düstrern Gewölbe, worin -warmer Nebel ihn umschwebt. In der Mitte ein Wasserbecken, tief bis -an das Kinn. Der Knappe entwindet ihm all’ das Badegewand bis an -die Lendenschürze. Es ist das Wasser aber allzu heiß, und er taucht -nicht unter. Andere scheuen indeß die Hitze minder, und man erblickt, -spaßhaft genug, bloß noch ihre Köpfe. Er begnügt sich, neben dem -Wasserbecken auf dem harten Marmorboden sich hinzustrecken und daraus -auf seinen Körper fleißig Wasser zu schwenken. Ein Araber, nur mit -einem Tuche an den Hüften umschürzt, legt ihn zurecht, und, mit einem -wollenen Handschuhe versehen, reibt er seine Haut in geschäftigem Hin -und Her, doch sanft und ohne wehe zu thun. - -Hierauf in das letzte Gewölbe zurück. Hier seift ein Bursche den ganzen -Körper ein, und der Badende tritt mit dem schaumigen, seifenweißen -Leibe in ein kleines Nebengewölbe, wo zwei Röhren mit Hähnen über ein -Becken sich krümmen. Aus der einen Röhre fließt warmes und aus der -andern kaltes Wasser. Hier wird die Seife am Leibe abgespült, indem -dieser den prallen Strahl der Röhre bricht, und zu guter Letze hilft -die Hand dem schwemmenden Brunnen. - -Zurück in das gleiche größere Gewölbe der Mitte. Hier hätte der -Badende, statt die Stiege hinaufzugehen, in einem Becken an der Wand, -wie in einer Badewanne, sitzen können, worein das Wasser mit der -beliebigen Wärme geströmt wäre. - -Schon ist der Badende ausgedämpft, ausgespült, ausgerieben, -ausgewaschen, hoffentlich fix und fertig. Er tritt, allenthalben von -trockenen Schürzen und Quehlen umfangen, aus der Dämmerung ans Licht, -aus dem Qualm ans Trockene, aus dem heißen Mittag in den kalten Nord. -Er besteigt die Ankleidebühne, beinahe vor Kälte schaudernd. Er lagert -sich auf dem Polster. Ein Bursche deckt ihn zu. Sanft drückt dieser -ihm die trocknenden Hüllen an den Körper. Er will den Badenden an der -Fußsohle kitzeln. Dieser kann es nicht leiden, und weigert sich dessen. -Er hat Zeit genug, seine Schaulust an Andern zu befriedigen, welche -dort eben eintreffen, hier zum Ausgehen sich anschicken. Er ist frei -vom Naß, und es fehlt nichts mehr, als daß er sich anziehe und dem -Geldeinnehmer eine Kleinigkeit gebe. - -Der Dampf in den Gewölben übte weder den beklemmenden Einfluß auf mich, -wie auf andere Franken, aus, noch wirkte die kältere Atmosphäre im -Ankleidezimmer mit ausnehmend erfrischender Kraft. Ich fühlte mich -nach dem Bade allerdings leicht, und damit vertrieb ich eine leichte -Unpäßlichkeit, welche ich dem Zurücktreten der Hautausdünstung in einem -innern Theil zuschrieb. - -Bei dem morgenländischen Bade müssen drei Dinge erwogen werden: der -Dampf, das warme oder heiße Wasser und die Reibungen. Es sind dieß -so wirksame Agenzien, daß die hohe medizinische Wirksamkeit selbst -demjenigen, dem gründlichere Kenntnisse in der Arzneiwissenschaft -abgehen, nicht begreiflich gemacht werden darf. Andrerseits will ich -nicht verhehlen, daß der schnelle Uebergang aus dem heißen in ein -kaltes Mittel, also der rasche, schnelle Wechsel der Temperatur, -manchmal Schaden zufügt. Einen solchen Fall nahm auch ich wahr. - -Der Apparat des Bades scheint ursprünglich nur die +Reinigung des -Leibes+ zum Ziele sich gesetzt zu haben, mithin mehr der Hygieia, -als der Heilkunde anzugehören. Diesen Zweck erreicht das Bad mit -Leichtigkeit. Nach dem Bade erscheint viel geschmeidiger auch die Haut, -von welcher die Unreinigkeiten sich ordentlich abschuppen, so völlig -rein wird sie. - -Der Dampf wird nicht förmlich bereitet. Er steigt von den heißen -Wassern auf, und man wendet bloß Sorgfalt an, ihm jeden Ausweg -abzusperren. Es liegt am Tage, daß darunter die Reinheit der Luft -leidet. Ich soll übrigens bekennen, daß kein besonders unangenehmer -Geruch in den Gewölben mir aufstieß. - -Man liest in den Schriften, daß von Seite der Bader, außer dem Kneten -der Glieder, auch eine Art Aus- und Einrenken geschehe. Ich ließ diese -Manipulation an mir nicht vornehmen, noch sah ich sie an Andern. - -Das komplizirte Bad ist so außerordentlich wohlfeil, daß es auch der -ärmere Araber benutzen, und dadurch dem Gesetze +Mohammets+ nachleben -kann. - -Man darf die Badeanstalt des Morgenlandes nicht verlassen, ohne zu -bedauern, wie sehr die Hautkultur im Abendlande vernachlässigt wird. - - -Wie die Egypzier im sechszehnten Jahrhunderte die Bäder gebrauchten. - -Ich wähle einen treuen Beobachter, den Doktor +Prosper Alpinus+, als -Führer in die Hallen der Vorzeit. Darf denn der Reisende nicht auch -bisweilen einen Schritt in dieselben wagen? - -Wie die Nordländer, so überliefert +Prosper Alpinus+, Vieles zum -Wärmen, so haben die Egypzier Vieles zum Kühlen, als: die vielen -Brunnen in den Wohnungen, insbesondere aber die Süßwasserbäder, diese -jedoch auch zu Verschönerung des Körpers. Zu den Bädern nimmt man -einfaches, geläutertes Nilwasser, ohne Beimengung von Medikamenten. -Die Badeanstalten sind sehr zahlreich, geräumig und prachtvoll. Das -Badehaus besteht aus mehrern von einander geschiedenen Gewölben, worin -die Leute schwitzen, gerieben und gewaschen (gebadet) werden. Ungefähr -im Mittelpunkte der Badeanstalt steht das An- und Entkleidegemach. - -In den verschiedenen Badegewölben herrscht ungleiche Temperatur, nach -den Bedürfnissen der Badenden. Die Böden sind mit Marmor zierlich -ausgelegt, und jeder abgeschlossene Raum hat zwei marmorne Becken, -in welche das Wasser herabfällt. An dem gewölbten Dache sind die -Glasscheiben gleichsam eine Zierde, und fügen sich so genau, daß von -Außen keine Luft eindringen kann. Die Badegewölbe empfangen ihre Wärme -vom Dampfe des in die Marmorbecken fallenden heißen Wassers. Wer da -will, kann jederzeit zwischen heißen, lauwarmen und kalten Bädern -wählen. Die mäßig warmen sind die gemeinsten. - -Weil die Egypzier das ganze Jahr vom Staube umgeben sind, und beständig -von Schweiß triefen, so werden sie der Träger vieler Unreinigkeiten, -weßwegen sie übel riechen, und an Ungeziefer nichts weniger als Mangel -leiden. Darum ist bei den Egypziern das Baden so gebräuchlich, -zumal beim weiblichen Geschlechte, das sich mehr angelegen sein -läßt, durch Beseitigung der Unreinigkeiten und durch Verscheuchung -des übeln Geruches den Körper gefällig zu machen, auf daß es den -Männern um so lieber sei. Die Frauenzimmer waschen sehr oft den Körper -in den Bädern, und überziehen ihn mit wohlriechenden Salben, die -vermöglichen mit solchen von Bisam, Ambra, Aloe. Beinahe unglaublich -groß ist der Gebrauch von Salben zu Verbesserung des Geruches und zu -Weckung sinnlicher Begierden. Wie aber die Italienerinnen und andere -Abendländerinnen allen Fleiß auf den Haarputz und auf die Verschönerung -des Gesichtes verwenden, so vernachlässigen die Egypzierinnen -wenigstens erstern. - -Viele Weibsleute trachten durch das Baden auch fetter zu werden. Je -dickleibiger sie sind, desto lebhafter werden sie von den Männern -begehrt. Man wird daher eine große Menge ungemein fetter Frauenzimmer -antreffen. Es hielt sich in Kairo ein Weib auf, welches in der Kunst, -fett zu machen, ihren Broterwerb suchte. Man legt es ordentlich -darauf an, fett zu werden. Zu dem Ende baden die Frauenzimmer in -lauem Süßwasser +viele Tage hinter einander+. Indeß sie lange im Bade -verweilen, essen und trinken sie darin, und gebrauchen Lavements, die -aus verschiedenen fetten Substanzen bereitet werden. Gleichzeitig -nehmen sie viele innerliche Medikamente ein. Es steht durch -eigene Erfahrung fest, daß mehrere Frauenzimmer durch ein solches -Badeverfahren viele Tage hinter einander, in Verbindung mit reichlicher -Ernährung durch den Mund, fett wurden. Unter den Speisen wählen die -Kandidatinnen der Fettigkeit viel fette Brühen mit Bammia, Melochia -und Kulkassia, gewöhnlich eine Suppe von fetten Hühnern, auf egyptisch -+Maluf+. Jedwedes Frauenzimmer trinkt die ganze Suppe von einem Huhne, -und verzehrt hernach dieses selbst. Viele dürftige Weiber nehmen das -sogenannte +Thaine+, oder das Oel von indischen Nüssen, oder den Absud -von Chinawurzeln, oder den Sesamölkuchen, welcher mit dem Fleische -fetter Hühner und mit der indischen Nuß zugleich gekocht wird u. dgl. -Allein vor Allem preist man den täglichen Genuß zehn gerösteter, -gemeiner Zwiebeln vor Schlafengehen, und zwar etwa fünfzehn bis zwanzig -Tage hinter einander. Bei dieser Kur verspüren die Frauenzimmer nicht -die mindeste Beschwerde. - -In Egypten verläßt Niemand das Bad, ohne gerieben zu werden. Die -Reibknechte lassen die Person, welche zuerst beinahe eine Stunde im -Bade ausgehalten, und absichtlich gebrochen oder wenigstens geschwitzt -hat, auf einen Stuhl sitzen, sie kneten und behandeln alle Körpertheile -des Dasitzenden auf verschiedene Weise. Sie fangen bei den Füßen an, -und bewegen sie vorwärts, rückwärts und seitwärts, bald dann die Unter- -und Oberschenkel nach allen Richtungen; sodann die Hände, jeden Finger -besonders, darauf die Arme, die Schulter und ihre Blätter, hernach -den Hals, den Kopf, die Brust und den Rücken nach allen Seiten. Es -geschehen diese Bewegungen drei- bis viermal. - -Darauf heißen die Reibknechte den Badenden auf den Marmorboden -rücklings sich legen, und beginnen den ganzen Körper zu reiben. Es gibt -dreierlei Reibungen: 1) die sanfte und mittelmaßige, mit der bloßen -flachen Hand, welche manchmal mit Sesamöl eingerieben wird, 2) die -mittelmäßige und häufige, welche mit roher Leinwand geschieht, und 3) -die harte und mittelmäßige, mit rauhem Tuche von Ziegenhaaren. Man -fängt, beim Reiben der vordern Körperfläche, an den Füßen an, ihre -Muskeln werden der Länge nach gerieben, indem die Hände von oben nach -unten fahren -- von Gelenke zu Gelenke, was mit großer Geschicklichkeit -und Zierlichkeit ausgeführt wird, ohne ein Gelenk zu überhüpfen; -dann kommt die Reihe an alle Gelenke und Muskeln der Schienbeine, -Wadenbeine, Kniescheiben, Oberschenkel, hernach der Hände, Arme, der -Schultern und Schulterblätter, so wie des Gesichtes, des Halses, der -Brust, der mittlern Gegend des Abdomens. Nachdem dieses geschehen, wird -der Körper auf den Bauch umgelegt, und die hintere Fläche nicht anders -behandelt, als die vordere. Die drei Arten von Reibungen werden eine um -die andere, von der sanften zur harten ansteigend, vorgenommen. - -Nach den Reibungen wird der Körper von der Fußsohle bis zum Scheitel -hinauf eingeseift, darauf in heißem Süßwasser abgewaschen und der -Schmutz abgestreift. Ueberdieß bringen die Badeknappen die Füße des -Badenden in eine gewisse Pflastermasse, welche gegen die feuchten und -übel riechenden Füße herrliche Dienste leistet, auch diese orangegelb -färbt. Es ist Sitte gemeiner Frauen, die Nägel der Hände und Füße so zu -färben. - - -Der Sklavenmarkt. - -Den fühlenden Menschen nimmt nicht leicht etwas lebhafter in Anspruch, -als der Sklavenmarkt. - -Wie die Welt anfing, zu glauben, daß Gott die Hände und Fäuste nicht -derb genug geschaffen habe, womit sie sich plagen und züchtigen könne, -entsprangen die Waffen. Diese sind nun die seltsamsten Wappen des -Menschenadels. Mit solchen Gedanken betrachten wir die Karbatschen oder -Peitschen, die aus der Haut des Nilpferdes gearbeitet sein sollen. Dort -werden sie am Eingange eines Hofes verkauft, und deuten den Markt so -gut an, als wäre er mit großen Buchstaben überschrieben. Sklaven in -einem Hofraume, andere in daran liegenden Zimmern, andere hinwieder -oben in Kammern und auf einer Gallerie -- das ist das Sklavenokel. -Die schwarze Farbe, die Blöße der Weiber bis zu den Lenden herab, das -müßige Sitzen oder Liegen der Sklaven auf kleinen Gerüsten (egyptischen -Bettstellen) oder auf dem Boden befremden den Ankömmling in gleichem -Grade. Ich sah keinen Sklaven weinen, manchen lachen und scherzen. Die -meisten waren jung; ein einziges altes Weib erblickte ich. Wie ich das -erste Mal in den Sklavenmarkt trat, mochten an zweihundert Sklaven zum -Verkaufe ausgestellt gewesen sein. In wenigen Tagen waren davon viele -aufgekauft. Die Sklavenverkäufer, welche, mit der Pfeife im Mund, -wie ein Krämer auf den Käufer mit gespannter Seele harren, verübten -vor meinen Augen keine Grausamkeit an den Sklaven. Einer unter ihnen -bemühte sich nicht wenig, ein weißes junges Mädchen, die einzige weiße -oder doch halbweiße Sklavin, mir aufzuschwatzen. - -Mehrere Weiber besuchten den Markt und waren eben im Kaufe begriffen, -ohne daß sie die Sklaven berührten. Diese werden zu sehr ungleichen -Preisen losgeschlagen; ein junger Bursche etwa zu 50 bis 60 -Reichsgulden und ein ausgewachsenes schwarzes Mädchen zu 120 Gulden R. -W. Auch dem Europäer wird der Kauf von Sklaven gestattet. Auch +er+ -erzählt mit Freude oder Reue, was für einen guten Handel von Menschen -er getroffen habe. Die Polizei mischt sich nicht ein, welche Laster -er an den Sklaven, als seinem Eigenthume, abkühlen würde. Ihr gilt -völlig gleich, wenn er zwanzig Sklavinnen, zu jedem beliebigen Zwecke, -erhandeln sollte, selbst wenn sie sich schon zum Mohammetanismus -bekennen. - -Jüngere Sklaven zeigten sich noch in ihrer ganzen Nazionaltracht, wie -man bei uns die Wilden abgezeichnet findet. Von einem Gürtel um die -Hüften hangen etwa einen halben Fuß lange Fransen herunter. Den Hals -schmücken Korallen, darunter weiße, welche mit den weißen Zähnen, -und dem Weißen im Auge gegen die schwarze Hautfarbe grell abstechen. -Unter den Mohren gab es selten einen mit schlechten Zähnen. Mehrere -Sklaven waren über und über blatternnarbig; andere litten an einer Art -Krätze, welche man Nilkrätze nennt. Die meisten Weibsleute behielten -den Haarputz aus ihrem Geburtslande, so viel ich weiß, Nubien oder -Abyssinien. Winzig gerollte und ziemlich lange Locken erwecken eine -günstige Meinung; allein der Schmutz widert im höchsten Grade an. -Manche trugen die Locken scheitelförmig. - -Der häßliche Geruch, welchen das Zusammenleben vieler Menschen -begleitet, macht den Sklavenmarkt zu einem wenig einladenden Orte. -Die Stiege, welche auf die Gallerie führt, deckt das Garstigste, was -der Mensch von sich wirft, in dem Maße, daß man ihm kaum ausweichen -kann, sofern man jene ersteigen will. Die Unreinigkeiten würden auf -dem Sklavenmarkte wahrscheinlich noch mehr sich häufen, wenn nicht das -Interesse wohlthätig ins Mittel griffe. Zuviel Nachsicht schadet der -Gesundheit -- so studirt man praktisch die ~humaniora~ -- und -- -- -kranke Sklaven gelten minder, und todte verderben den Handel ganz. Es -sucht doch allenthalben die Natur an der Unnatur sich zu rächen. - -Nirgendwo mag man ernster aufgefordert werden, Betrachtungen über -Selbstständigkeit und Freiheit des Menschen anzustellen, als auf -dem Sklavenmarkte, dort wo nicht die Vernunft über dem Materiellen, -sondern das Geld über der Vernunft steht. Für was Anderes wird denn die -Vernunft angesehen, als für etwas grobes Wägbares, wenn man so und so -viel Gold oder Silber in die eine und die von Gott verliehene Vernunft -in die andere Wagschale legt? Da wird das zerknirschte Herz jubelnd dem -Schöpfer danken, daß man frei geboren ist, und daß man nicht, wie das -Vieh ohne freien Willen, einem Herrschlinge blinden Gehorsam leisten -muß. So lange indeß der Sklavenhandel nicht abgeschafft wird, so lange -ist unser jubelnder Dank nicht völlig ungetrübt von Besorgnissen, -so lange ist Niemand sicher vor dem traurigen, wiewohl für die große -Mehrzahl von Menschen höchst unwahrscheinlichen Schicksale der -Knechtschaft. Sowohl Mitleiden, das man für den Nächsten hegen sollte, -als der mögliche Fall, daß man selbst in Sklaverei gerathen könnte, -fordern so laut die Verstopfung jener unmenschlichen Erwerbsquelle mit -einer Festigkeit, daß sie auf immer versiege. - - -Das Katzenstift. - -Wenn man an der schönen Gâma’ (Tempel) el-Muristân vorbeikommt, -so lenkt man in eine gewölbte Gasse ein. Im Halbdunkel windet man -gleichsam sich fort. Endlich erblickt man ein heiteres Gebäude. Man ist -schon im Hofe des Kadi und Mufti, wo die Katzen gefüttert werden. Das -Gebäude heißt, meines Wissens, das +Muristàn-el-Kadym+. Wir waren noch -zu frühe, um der Fütterung zusehen zu können; wir mußten el-Asser (etwa -viertehalb Stunden nach Mittag) abwarten. - -Indeß wir müßig herumstanden, näherte sich uns ein Mann in sehr -freundlichem Tone. Weil wir in dem Hofe des Hohenpriesters oder Mufti -uns befanden, so meinte er, daß wir unsere christliche Religion -abschwören wollen, und er fragte, wer beschnitten zu werden wünsche. -Er bot sich an, die Beschneidung für 20 Para zu unternehmen. So -verteutschte einer der Franken, wenn diesem anders zu trauen war. Es -bedurfte nur eines Jawortes, und wir vier wären sämmtlich, ohne weitern -Vorgang, in einer Viertelstunde Moslim geworden. Wie vieles Fragen, -Bekennen, Schreiben und Laufen dagegen in Europa, bis man in den Schooß -einer andern Kirche treten darf, während doch so viel Zeit aufgeopfert -wird, um Andere zu bekehren, welche Zeit der Mohammetaner in der Regel, -mit der Pfeife Tabak, auf dem Diwan zubringt. - -Wir wollten begreiflich keine Mohammetaner werden. Inzwischen folgten -wir der Einladung zum Kadi. Erst traten wir durch den offenen -Gerichtssaal, der leer war; dann schritten wir durch die Vorsäle. -Ein rother Vorhang vertrat an einem Orte die Thüre. Wir wurden hier -durch in den großen Saal geführt, worin sich der Kadi aufhielt. Es -gibt nichts Einfacheres, als den Saal. Den weiten Raum schmückt nicht -eine einzige Geräthschaft, außer dem Diwan, welcher an den Wänden -herumläuft. Daß man keinen Glanz suche. Bloß die Decke des Zimmers war -bemalt, doch nicht mit Figuren und ohne Geschmack. Der Kadi hockte auf -dem Diwan, in einer Ecke am Fenster, die Pfeife im Munde: ein Mann von -etwa vierzig Jahren, mit blassem Angesichte, lieblichem, schwarzem -Auge, und schwarzem Bartbusche. Er trug einen dunkelfarbigen Turban und -Rock. Kein Buch lag ihm zur Seite. Nur las neben ihm ein Mann für sich -ein großes, geschriebenes Blatt. - -Wir machten unsere Komplimente, so gut wir konnten. Wir fuhren mit der -Rechten auf Brust, Mund und Stirne, und senkten unsere Köpfe, worauf -die Mützen fein blieben. Der Kadi lud uns ein, Platz zu nehmen. Wir -setzten uns, nach europäischer Art, auf den Diwan. Sogleich wurden wir -mit schwarzem, unversüßtem Kaffee bewirthet. Die Diener trugen ihn in -kleinen Schalen, welche, von bemaltem Porzellan, in einem goldenen -Becher ruhten. Der Kaffee dampfte vor Hitze, wie man ihn in Kairo zu -trinken pflegt. Ich befand mich in einiger Verlegenheit, weil ich ihn -schnell trinken sollte, und ich mir nicht gerne wehe thun wollte. Trotz -meines fleißigen Blasens, als hätte ich verfrorene Hände aufzuwärmen, -und trotz meines langsamen Trinkens, so daß ich als der letzte die -Schale dem auflauernden Diener zurückgab, brennte ich mich doch ein -wenig an der Zunge. Die Gesellschaft fordert allezeit von der Freiheit -ein Opfer. - -Fragte der Kadi, ob unser Gewissen in Ordnung wäre, ob wir Beruf -fühlten, es bei den Mohammetanern gehörig einrichten zu lassen. O -nein. Unsere Unterhaltung berührte weltliche Dinge. Er erkundigte sich -nach dem Vaterland eines Jeglichen von uns. Nachdem wir sodann seine -Neugierde und wir mit Herumschauen die unserige befriedigt hatten, -wiederholten wir unsere Komplimente und gingen hinweg. - -Endlich war Mahlzeit für die Katzen. Ein Knabe rief mit einem eigenen -Laute, und plötzlich sammelten sich etwa zwölf Katzen. Er warf ihnen -Fleischstücke vor, die sie sogleich verschlangen. Kaum aber lag das -Fleisch auf dem Boden, so wurde der Hofhimmel plötzlich lebendig von -mehr denn einem Dutzende herumflatternder Raubvögel. Diese erfrechten -sich so weit, daß sie das Fleisch zwischen den Katzen wegpickten, und -hart an meinem Kopfe vorbeischwirrten. Die Katzen selbst, auf ihre -Speisen nicht minder versessen, achteten nicht einmal der fliegenden -Räuber. Der Knabe schleuderte einige Male Stücke Fleisch nur ungefähr -in die Luft, und sie fielen nicht mehr herunter; denn die Vögel pickten -im Fluge sie weg. Es ist nicht ohne Werth, zu beobachten, wie sich auch -die Thiere an eine Zeitordnung gewöhnen. Warum sollen denn gewisse -Menschen allein so ordnungslos leben? - -Eine Frau, unzweifelhaft eine Liebhaberin der Katzen, stiftete, heißt -es, ein Vermächtniß zu dem Zwecke, daß Katzen, namentlich auch kranke, -gefüttert werden. Somit erklärt sich das Katzenstift. Wahrscheinlich -werden die Pfaffen das Vermächtniß so gut verwalten, daß mehr in ihre -Magen, als in die Katzenmagen spazirt. - -Man trifft auch an andern Orten des Islams, z. B. in Damaskus, -Katzenspitäler. „Es ist bräuchlich“, erzählt +Salomon Schweigger+, -„daß die Türken den Katzen und Hunden Almosen geben; denn bei dem -Stifte +Sultan Mehemet-Jeni+ in Konstantinopel pflegen sich durchweg -um Vesperzeit dreißig oder vierzig elende Katzen zu versammeln, und -diesen werfen etliche Türken, die auf demselben Platz vorhanden, -etliche Brocken Fleisch oder gebratene Leber vor, die man an kleinen -Spießlein herumträgt. Solches wird für ein herrlich Almosen gehalten.“ -Es liegt ein eigener Zug in dem Mohammetaner, daß er die Katzen so -gütig bepflegt. Es soll daher kommen: Dem Propheten +Mohammet+ warf -eine Katze in den Rockärmel Junge. Um diese aber nicht zu beunruhigen, -schnitt er den Aermel ab. Daraus schlossen die Mohammetaner, daß ihr -Religionsstifter die Katzen verehrte, und darum verehren sie die Katzen -bis auf den heutigen Tag. - - -Gärten. - -Einen ziemlich großen Theil der Stadt nehmen Gärten ein[14]. Doch -fallen sie wenig auf, und gleichsam verstecken sie sich, wie die -Ochsen darin, welche, phlegmatisch in der gleichen Runde herumtappend, -das Wasserrad treiben. Der Europäer geht nicht ohne unangenehme Gefühle -in den Garten, worin der General +Kleber+ ermordet wurde. Der von den -fränkischen Spaziergängern besuchteste Garten ist der +Rosettische+. -Wenn in den europäischen Gärten die Kunst mehr prangt, mehr Nettheit -in der Anordnung, mehr Regelmäßigkeit in der Eintheilung, mehr Fleiß -in der Behandlung angetroffen wird, so übertrifft hier die Natur jene -weitaus an Pracht und Fülle. - -Niemand erwartet einen Roman oder eine Novelle aus einem der -Lustgärten, und ich wäre wenig geneigt und, meines Dafürhaltens, nicht -berufen, dergleichen zu schreiben. Nur möchte ich den Wunsch äußern, -daß ein europäischer Romanschreiber, dessen Kopf einen Bankerott -machte, einen Garten von Kairo besuchte. Hier dürfte er einzig seine -Augen aufschließen, und dann in seinem Kämmerlein den Bogen füllen, -es würde der Roman über manche von Europa den Sieg davon tragen, daß -er zugleich die Leserin und den Leser, auf belehrende Weise, in so -abweichende Sitten einweihte. - - -Die Esbekieh. - -Man fühlt sich in den schmalen Gassen, die von hohen Häusern -eingemauert sind, manchmal so beengt wie in einer Felsenkluft. Man -sehnt sich nach einem geräumigen Platze. Das Auge will unumschränkter -sehen, und die Brust freier athmen. Im Freien ist Wonne. - -Der berühmte und berüchtigte Platz Esbekieh versöhnt Einen vollkommen. -Bei meiner Ankunft in Kairo bot er das Aussehen eines der reizendsten -Seen dar. Ich konnte mich beinahe nicht satt an dem Wasserspiegel -ergötzen, dessen Rahmen ringsum Häuser vorstellten; weiße neben -schwärzlichen malten ihn bunt, hohe neben niedrigen machten ihn -vielzackig. Ich wandelte am Ufer hin und her, und fortan ergriff mich -die zauberhafte Stelle der Stadt. Ich schwebte in einer Feenwelt. Wo -ist eine europäische Stadt, welche dergleichen besitzt? Der Zauber -wächst bei dem Gedanken, daß der Grund dieses kurz dauernden Sees, -nach der Austrocknung als Spaziergang und Feld benutzt wird. Auf dem -gleichen Platze spaltet abwechselnd zu einer Zeit der Schiffskiel das -Wasser und zur andern das Feldgeräthe den Wassergrund. - -Ich weilte in Kairo gerade zur Zeit, da der Esbekiehsee abnahm und nach -und nach fast ganz eintrocknete. Kaum kam der schlammige Boden recht -zum Vorschein, als ihn schon das Grün wuchernd überspann, und wenn ich -zuerst, die ansehnliche Wasserfläche betrachtend, stutzte, daß darunter -in einer andern Jahreszeit die schönsten Feldfrüchte gedeihen sollen, -so ward mir nachher klar, da ich mit eigenen Augen sah, wie die nackt -hervortretende Erde so bald mit einem grünen Teppiche sich bekleidete. - -In Egypten zeigt die Natur, ich möchte sagen, ihre Reize unverhüllt. Im -Wesentlichen würde der See nicht gewinnen, wenn der alte Römer seine -Kunst und seinen Luxus daran verschwendete; bloß würde so etwas mehr -berauschen und dem verwöhnten Geschmacke mehr schmeicheln. Wo aber wäre -wohl die Kunst ohne die Natur? - - -Physiologischer und psychologischer Karakter der Einwohner. - -Die Bevölkerung Egyptens ist ein Mischmasch aus Türken und Mamelucken, -aus Kopten und Mohren, aus Arabern und Beduinen, aus Juden und Franken -und aus andern Fremdlingen. Erstände +Adam+ aus dem Grabe, er -würde sich verwundern, daß so viele Enkel von verschiedenen Hautfarben, -Religionen und Sprachen im Frieden beisammen wohnen. - -Der +Kopte+, der wahrscheinliche Abkömmling der alten Egypzier, und -noch im Besitze einer eigenthümlichen, wenn auch todten, Sprache, ist -nicht groß, aber wohl untersetzt; der Teint weißgelblich; Haupthaare, -Augenbraunen und Iris schwarz; das Gesicht voll, kurz, breit; die -Stirne breit, nicht hoch; die Augen etwas tief liegend, der Blick -mehr brütend, als lebhaft, mehr ernst, als lieblich; die Nase kurz -und ausgebogen; der Mund ziemlich weit gespalten und die Lippen dünn; -die Zähne senkrecht und schön weiß; der Unterkiefer hervorstehend und -stark. Die Koptinnen, so viel ich sah, haben roth gefärbte Fingernägel, -und tragen auf der Haut des Kinnes und in der Nähe des Handgelenkes -blaue Figuren. Sie treffen, unter uns gesagt, den europäischen -Geschmack nicht ganz genau. Man muthmaßt, daß etwa 200,000 Kopten -Egypten bewohnen. - -Der +Araber+ bildet weitaus die größte Anzahl der Egypzier. Unter -diesem letztern Namen sind auch vorzugsweise die Araber begriffen, -welche den meisten Boden anbauen. Die Masse der egyptischen Bevölkerung -ist daher kein alter eingeborener Volksstamm, sondern ein im Laufe der -jüngern Zeit eingewanderter und fremder, der sich selbst als fremde zu -betrachten scheint. - -Der Araber, in der Regel nicht schön, ist mittelgroß; die Leibesfarbe -schwarzbraun oder auch kaffeebraun; das Haar, wenn es nicht wegrasirt -wird, klein gelockt (doch nicht wollig) und schwarz; der Schädel nicht -geräumig, das Hinterhaupt etwas zugespitzt; die Stirne ziemlich hoch, -nicht breit; die Regenbogenhaut schwarz, die Augenlieder meist dick, -wie aufgewulstet; die Augenbraunen nicht stark; die Nase kurz, die -Flügel weit aus einander gesprengt; der Rücken gerade oder ein wenig -konkav, der Rand der Scheidewand etwas aufwärts geneigt; der Mund groß, -die Lippen dick und auswärts geworfen; die Zähne ein wenig auswärts -stehend, weiß, an einander geschlossen; das Kinn etwas hervorragend, -die Kinnbacken stark; das Ohr wulstig; die Linie von der Nase bis zum -Kinne lang; der Gesichtswinkel demjenigen der Aethiopen sich nähernd. -Das Fleisch ist sehr derbe, der Fettapparat unbedeutend, und die Formen -nehmen einen Grad von Niedlichkeit an, welcher bei den europäischen -plumpen Gebilden, die noch für Vollkommenheiten gehen, vermißt -wird. Also der eigentliche Typus der Araber, welche mit den Weißen -unvermischt sind. - -Der schwarzbraune Araber hält das Uebergangsglied zu den Mohren. Die -Mischung dieses Arabers mit Weißen artet in unzählige Mittelformen aus, -welche zuerst den Beobachter verwirren. Des Arabers tiefgelbe Farbe, -seine gebogene Nase, seine breite Stirne, sein starker Gesichtswinkel -u. s. f. zeugen offenbar von der Vermischung und Verwischung der Typen. - -Die Weiber werden von den Männern an Schönheit übertroffen, und der -häßlichere Theil ist mithin das schöne Geschlecht. - -Es gibt Mädchen, die schön genannt zu werden verdienen, allein zu der -Lieblichkeit einen eigenthümlichen Schmerz ausdrücken; dieser aber -vermehrt nur ihr anziehendes Wesen. Der eigenthümliche Zug, den ich -sonst nirgends wahrnahm, liegt in den Mundwinkeln. - -Hauptsächlich um die Schönheit zu erhöhen, zeichnen beide Geschlechter, -nach alter Sitte, verschiedene blaue Figuren auf die Haut des -Vorderarmes und des Handrückens, meist Sterne, z. B. in Zirkelform, -manchmal auch im Zikzak laufende Striche, etwa drei an der Zahl. Die -Weiber haben überdieß blaue, senkrechte Striche auf dem Kinne, manche --- gefärbte Augendeckel. Es gibt Männer, welche auch auf jeder Seite -der Brust mit blauen Punkten bezeichnet sind. Alle Zeichnungen auf der -Haut erschienen in meinen Augen höchst überflüssig, um nicht zu sagen, -sehr häßlich, und niemals konnte ich mich in den sonderbaren Geschmack -finden. Das Sprichwort freilich will, daß man über den Geschmack nicht -hin- und widerreden dürfe. - -Der Kopf der Männer ist, wie beim Morgenländer überhaupt, bis auf -die Haut geschoren. Nur ausnahmsweise tragen gewisse Religiose oder -Heilige[15] fliegende Haare auf dem ganzen Kopfe. Die Muselmänner -lassen übrigens nicht den ganzen Kopf scheren, sondern auf dem Scheitel -eine kleine Scheibe groß Haar wachsen, das manchmal geflochten, bis -zum Nacken herabfliegt, und unter der rothen Mütze mitunter hinten -hervorguckt. Mit diesem Büschel Haare könnte man genau die Tonsur der -römisch-katholischen Priester decken[16]. Ich geißele die Kopfschur -als eine abscheuliche Mode, mögen ihre Bequemlichkeit auf dem heißen -Erdgürtel immerhin manche Franken aus eigener Erfahrung preisen. Wenn -wahr ist, daß das Barbieren unter den Abendländern deswegen aufkam, -weil die gütige Natur, die hoch über die Fürsten erhabene, einmal -einem französischen Könige einen Bart zu schenken vergessen hatte, so -dürfte man mit eben so viel Recht glauben, daß die Morgenländer ihre -Kopfschur einem kahlköpfigen Großen verdanken. Man weiß auch, wie gerne -+Julius Cäsar+ seinen Kopf vertauscht hätte, nämlich seinen kahlen -an einen haarichten, und wie sehr der große Geist sich abmühte, die -ausfallende Kleinigkeit zu ersetzen. Der Bart des Arabers ist schwarz, -undicht, und wird nicht lang. Er zerschiert ihn zu den wunderlichsten -Dingen. Es lassen die Wenigsten ihn ganz stehen; Andere rasiren -bloß einen Halbmond über dem Adamsapfel; die Meisten tragen nur den -Schnurrbart und den Bart neben den Ohren und über dem Kinnbacken, den -Kinntheil nicht ausgenommen. Dies thut so üble Wirkung, als wenn man -einem Hahne den Kragen abschneiden würde. - -Die Bewegungen der Araber sind leicht und angenehm, man dürfte -beinahe sagen, graziös. Der Mann geht in gerader Stellung und mit -Schnelligkeit; ebenso das Weib, welches dabei die gebogenen Arme, mit -einer niedlichen Haltung der Finger, ein wenig emporzuheben pflegt. -Die antikförmigen Wasserkrüge trägt es sehr leicht und zierlich. Es -nimmt keine Lasten auf den Rücken, selten auf die eine Schulter. So -darf das Kind ihm wie ein Reiter auf die Achsel sitzen, indem es ein -Bein über die Brust, das andere über den Rücken hängen und mit den -Händen ihren Kopf umklammern läßt. Von dem Weibe selbst wird das -Kleine nicht gefaßt, und ich mußte mich ordentlich wundern, wie sich -kleinere Kinder in dieser Stellung gut zu erhalten wußten, während -die Tragende davon eilte. Der Kopf ist der eigentliche Träger, und -sogar winzige Dinge müssen auf demselben getragen werden. Kauft ein -Mädchen in einer Bude für einen Piaster Kaffee, so wird es ihn auf -dem Kopfe nach Hause bringen. Es wurde in Alexandrien auf eine Mauer, -die man eben aufführte, einmal über das andere so wenig Mörtel und -am Orte der Nachgrabungen so wenig Schutt auf dem Kopfe weggetragen, -daß fast jede Europäerin sich weigern würde, die Wenigkeit zu tragen. -In Kairo wird übrigens so spärlich gebaut, daß man diese Wahrnehmung -nicht immer leicht wiederholen könnte. Der Mann schafft die Lasten am -liebsten so fort, daß er den Strick über die Stirne anlegt, welcher die -Bürde umfängt. Diese liegt am Rücken auf. Er trägt mithin ebenfalls -am liebsten auf dem Kopfe, aber zu gleicher Zeit auf dem Rücken. Etwa -das Wasser, in ein Ziegenfell aufgefaßt, trägt er über einer Schulter, -wie der europäische Jäger seine Waidtasche. Der Lastträger bietet das -Eigenthümliche, daß er, außer dem Singen, auch stöhnt. Es ist dieß mit -nichten gleichsam das letzte Zeichen der Kraftanstrengung, welches das -Mitleiden erregen sollte, sondern der Araber, im Lärmen ein Meister, -sucht sich nur durch das Gestöhne das Geschäfte zu erleichtern. Als -Lastträger macht sich der Araber eben nicht bemerklich; darin aber -thut derselbe es dem Europäer zuvor, daß er leichtere Bewegungen, wie -das Gehen oder Laufen, außerordentlich lange ausdauert, ohne daß er -Speisen oder Getränke zu sich nehmen muß. Dem Araber sind, wenn ich -mich so ausdrücken darf, federleichte Lungen und stählerne Muskelfibern -gegeben. Wollte man den arabischen Soldaten nach den nicht selten -schlechten Kleidern beurtheilen, man würde zur Einseitigkeit verleitet -werden. Zu anhaltenden Märschen, bei kärglicher Nahrung taugt kaum ein -Soldat besser, als der arabische. Neben dem Schatten erblickt man immer -auch Licht. - -Was den psychischen Karakter des Arabers anbelangt, so ist er -mohammetanisch finster, und haßt im Grunde seines Herzens den -Andersgläubigen. Viele besitzen bemerkenswerthe Geistesfähigkeiten, -doch keine ausgezeichnete, wofern man nicht zur Annahme berechtigt -ist, daß ein großer Schatz schlummert. Ruhe und Faullenzen geht nicht -bloß dem Alexandrinischen- und Deltaaraber, sondern auch andern über -Alles. Damit er nicht die Mühe zu denken sich geben müsse, leiert er -gedankenlos nach, was seit Jahrhunderten wahrscheinlich schon gesungen -war. Er lebt blind in den Tag hinein; blindlings nimmt er Weiber und -zeugt Kinder. Wenn ihm die Kunst, durch Ersparnisse eine, wo möglich, -sichere Zukunft zu begründen, abgeht, so dürfte man freilich auch -anfragen: Wird in einem Lande, wo das Eigenthum vor der Regierung nicht -sicher steht, zur Sparsamkeit aufgemuntert? Vielleicht beschleicht -den Araber dann und wann der Gedanke, daß er am Ende doch nicht mehr, -als Hungers sterben könne. In ihm wohnt eine wahre Diebesseele, aber -eine feige. Große Diebstähle begeht er nicht leicht, allein keineswegs -aus Gewissensbissen, sondern aus Feigheit oder Trägheit. Am liebsten -stiehlt er Eßwaaren; denn, ein Kind des Augenblickes, weiß er, daß -dieselben ihm ohne ein Weiteres nützen. Um Anderes als Eßwaaren zu -entwenden, wäre schon mehr Ueberlegung erforderlich, z. B. wie man sie -an den Mann bringen könnte, um dafür Nahrung zu bekommen. Immerhin -schaut man jeden Araber für einen Dieb an, und wenn der Fremde nicht -bestohlen werden will, so muß er in Beziehung auf denselben stets auf -der Hut sein. Ein ernstes, muthiges, karakterfestes Benehmen hält ihn -leicht im Zaum. Im Uebrigen ist er von Natur fröhlich und aufgeräumt; -diese Fröhlichkeit und Aufgeräumtheit streift aber mehr an Leichtsinn, -selbst an feile, für den Zuschauer ekele Ausgelassenheit. - -Ich beobachtete den +Beduinen+, diesen unsteten Sohn der Wüste, zu -wenig ungestört, als daß ich mir erlaube, von ihm ein Karaktergemälde -zu entwerfen. Er schreitet oder reitet stolz einher, selten ohne -Feuergewehr, Säbel oder Pistolen. - -Das Land, wo ein +Josef+, +Moses+ und +Aaron+ gelebt hatten, zählt -immer noch +Kinder Israels+, aber nicht mehr in jenem Hause der -Knechtschaft. Der Mangel an Bekanntschaft mit den Juden Kairo’s nöthigt -mich, den Faden eher abzureißen, als mir lieb ist. - -Und die +Franken+ in Kairo will ich hie und da, mehr oder minder leise -berühren. Bloß mag ich es hier nicht thun; denn da sie überall ihre -Besonderheiten, ihr Frankenquartier wollen oder haben, so ist billig, -daß ich ihnen auch in diesen Blättern ein Frankenquartier anweise. -Einzig die +levantischen Christen+, welche ich wegen ihres Anzuges -zuerst immer für Türken hielt, so wie die Griechen, darf ich, ohne eine -große Lücke fühlbar zu machen, mit Stillschweigen übergehen. - - -Tracht. - -Bei der Tracht der Araber muß diejenige des Mannes von derjenigen des -Weibes unterschieden werden. - -Der gemeine Araber geht beinahe immer barfuß. Der aufs einfachste -gekleidete hat im Sommer und Winter ein grobes, weißes, gegürtetes -Hemde an, und eine weiße oder rothe Mütze auf. Andere tragen dieses -Hemde und darüber einen grauen, blauen, schwarzen oder weiß und schwarz -gestreiften Rock mit weiten Aermeln (Abba). Zu einer zusammengesetztern -Kleidung gehören weite Hosen, welche, unmittelbar auf dem Leibe -getragen, um den Lenden und unter dem Knie zusammengebunden -werden. Diese zusammengesetzte Kleidung ist jedoch nicht echt -egyptisch-arabisch. Ueber den Röcken auf dem Rücken trägt der Araber -wohl auch ein Thierfell, dessen Pelzseite nach innen gewendet wird. -Außer einem Rocke mit weiten Aermeln, hüllt der Araber sich in einen -Mantel der nicht umschließt, und der oft über beide, meist aber -über die eine oder andere Schulter geworfen wird. Mit diesem Mantel -bekommen die Männer ein alttestamentisches Aussehen, und stattlich -ging derselbe schon unserm Steuermanne. Die Franken in ihren engen -Kleidern erscheinen gegen so gekleidete Araber als närrische Fratzen. -Mich belustigte oftmals, wie der Araber den Mantel in so verschiedenen -Gestalten umhängen konnte. So wenig ich darin etwas Spaßhaftes oder -Spotthaftes fand, so konnte ich mich dennoch der Vergleichung mit -dem geschmeidig die Gestalt wechselnden Hute eines Harlekins nicht -erwehren. Dieser Mantel oder Ueberrock leistet den Arabern die besten -Dienste. Brennt die Sonne, so legen sie sich nieder, und beschatten -damit ihr Angesicht; vor dem Regen schützt er nicht minder wohlthätig, -und Nachts sinkt das müde Haupt auf dieses unentbehrliche Gewand. Die -Kopfbedeckung hält sehr warm. Wer nur die Kosten zu bestreiten vermag, -tragt unmittelbar über dem Kopfe eine weiße Mütze, welche sich zum -Waschen eignet. Diese wird von einer rothen mit einer blauen Troddel -(Fẻs) bedeckt, welche der Turban, eine Auszeichnung des Orientalen, -umfängt. Den kleinen Finger schmückt der Araber mit einem Ringe, z. B. -von Silber. - -Die einfachste Kleidung der +Weiber+ ist ein blaues weites Hemde mit -einem Schlitze über der Brust, so daß diese selten vor den Blicken sich -verbirgt; dazu noch ein Kopf- und Gesichtstuch. Die zusammengesetztere -Kleidung erfordert Hosen, die, um die bloßen Lenden geschürzt, in -der Mitte geschlitzt, dabei weit sind und um den Knöcheln enden, wo -sie fest gebunden werden. Das Kopftuch ist viereckig und eine Art -Schleier. Damit wird der ganze Kopf bis zu den Augenbraunen verhüllt, -ohne daß es den übrigen Theil des Gesichtes berührt. Dafür fällt -es in zierlichen Falten über Schultern und Rücken, beinahe bis zu -den Fersen herunter. Dieser Kopfschleier ist nicht immer blau, am -Rande oft buntfarbig gestreift und mit Fransen besetzt. Ein anderes -Kleidungsstück, vielleicht das überflüssigste von allen -- -- das -Gesichtstuch oder der Gesichtsschleier. Diesen stellt ein einige -Zoll oder die Breite des Gesichts haltender schwarzer Lappen vor, -welcher nichts als die Augen frei läßt, abwärts aber das ganze Gesicht -verhüllt, ja manchmal, schmäler werdend, bis zu den Füßen reicht. Was -der offene Brustschlitz des Hemdes unbedeckt läßt, wird bisweilen mehr -oder minder kümmerlich von diesem Gesichtstuche verschleiert. Es wird -durch zwei Bänder befestigt: durch eines, welches in der Quere um den -Kopf herumläuft, und durch ein anderes, welches zwischen den Augen -gerade zum Kopfschleier hinaufsteigt. Das letztere Band wird oft auch -durch eine Kette oder Spange vertreten. Hier schlägt eigentlich der -Putz seinen Hauptsitz auf. Goldstücke, eines unter dem andern, sind in -gerader Linie mitten auf das Gesichtstuch genäht. Diese Goldstücke, oft -christliche Münze, Dukaten z. B., besetzen meist die ganze Länge der -Gesichtskleidung. Die Araberin lockt die Aufmerksamkeit des Mannes auf -das Gold über dem Gesichtstuche, als wollte sie damit andeuten, daß -unter demselben noch mehr Gold glänze. Die Mehrzahl der Weiber trägt -keine Schuhe. Mit Ringen schmücken die Araberinnen Finger und Ohren. -Auch sah ich zwei Weiber mit einem großen Ringe am rechten Nasenflügel. -Es ist ein seltsam Sprichwort: ~Circulus aureus in naribus ejus mulier -pulchra.~ - - Die Jüdinnen tragen sich ganz levantisch. Ich konnte sie von den -Türkinnen nicht erkennen. Die Franken sind am launigsten. Viele -richten sich nach der Tracht der Morgenländer; Andere halten steif an -dem Europäer, wieder Andern beliebt ein profosmäßiges Durcheinander. -Wenige lassen den Bart ganz wachsen, wie hauptsächlich die Trümmer -des Saint-Simonismus. Klage man noch nicht über die Flatterhaftigkeit -des Franken in seiner Kleidungsart. Die Tracht ist ein Spiegel der -Seele. Jeden Weg, welcher in diese führt, muß der Beobachter willkommen -heißen. Wenn wir gerecht sein wollen, müssen wir im Allgemeinen +die -Flatterhaftigkeit des Frankengeistes+ anklagen, der als ein wahrer -Proteus erscheint. -- Die Griechen verläugnen sich ungleich weniger, -als die Franken. - - -Speisen und Getränke. - -Das Brot macht eine Hauptspeise auch der Araber aus. In Alexandrien -findet man recht schön weißes und schmackhaftes (gesäuertes) Brot -(~pane Francese~), welches aber vom Araber bloß als Leckerbissen -genossen wird. Sein gewöhnliches Brot ist von schlechter -Beschaffenheit. Er nimmt zermahlene Gerste oder anderes Mehl, knetet -bloß mit Wasser einen Teig in einem großen, dicken Napfe, und bäckt -denselben, in Form eines großen, flachen Kuchens, in der heißen Asche. -Dieser Kuchen wird für eine Mahlzeit gebacken und meistens warm -genossen. Er ist nicht unschmackhaft, doch etwas schwer verdaulich. -Besser, als dieses grobe Hausmannsbrot, aber minder fein und weiß als -das ~pane Francese~, ist jenes egyptische Brot, welches arabische -Weiber, z. B. in Alexandrien, mittelst einer breiten Unterlage auf dem -Kopfe in den Gassen herumtragen, und unter Anpreisungen: „Kauf Brot, es -ist schön und gut“, feil bieten. - -Die eigentliche Hauptnahrung der dürftigern Klasse sind Datteln, -Feldbohnen (Fûl) und Mais, letzterer als Sange, indem er ohne Weiteres, -wo es angeht, in dem Ofen gesengt (geröstet) und dann abgespeist wird. -Als eine häufige Nahrung dienen auch Zwiebeln und Rüben oder Rettiche. -Beide werden frisch genossen. +Alpinus+ nennt vor allen Speisen saure -Milch und das gekochte Zuckerrohr. - -Wenn man delikater essen will, so greift man nach Gallerte (Sulze), -viereckigen oder runden, fetten Kuchen, auch nach kleinen Stücken -fetten Fleisches, die, mit Petersilie durchwürzt, über dem Feuer -geröstet werden u. dgl. Hühner werden viel gegessen[17]. Die Würste -sind von schlechtem Geschmacke, die Zuckerbrote dagegen vortrefflich. -Von Pillau (in kochendem Wasser erweichter und dann mit Butter -gewürzter Reis) hörte ich, wo nicht selten, doch nicht häufig. Der -inländische Reis enthält zugleich viel beigemischtes Salz, entweder -des Gewichtes, oder der bessern Erhaltung willen. Man muß ihn daher, -vor dem Kochen, fleißig schwemmen, und wäscht man das ausgeschwemmte -Salz, so nimmt dieses eine sehr schöne weiße Farbe an, und eignet sich -vortrefflich zum Gebrauche. Das käufliche Salz ist von schmutzig gelber -Farbe und unrein. Die Milch ist gut; die Abendländer aber behaupten, -daß sie zu fett für sie sei. Häufig wird Milch genossen, nachdem sie -künstlich gesäuert, und zum Schlottern gebracht worden. Die Butter -schmeckt gut; man darf nur das Salz auswaschen, ehe man sie genießt. -Wie bei uns der Maibutter, so wird in Egypten der Christmonat- oder -Jennerbutter der Vorzug eingeräumt. Der Käse mürbe, schmackhaft, aber -übersalzen. - -Der Araber ißt im Ganzen wenig und frugal, sagten die Alten, und -diese Frugalität hat sich bis auf heute erhalten. Das Rauchen bleibt -immer seine Hauptsache. Gebietet er über die volle Pfeife, so gibt er -sich zufrieden, wenn er vor dem Einschlafen nur wenige Rettiche zu -zerbeißen hat. Die meisten Speisen werden kalt genossen, ohne Löffel -und Gabel. Die gelenkigen Finger müssen diese ungelenken Werkzeuge -vertreten. Man darf die Einfachheit tadeln; aber man muß dann zugleich -die vielfältigen Bedürfnisse und ihre strenge Herrschaft loben. Wenn -irgend eine Regel sich aufstellen ließe, so speist der Araber bei -Sonnenaufgang, bei Sonnenhöhe und nach Sonnenuntergang. - -Unter den +Getränken+ steht das schlammige Nilwasser oben an. Es -wird aus dem Nile geschöpft, und in Menge getrunken, ohne vorher -gereinigt zu werden. Es war zur Zeit meines Aufenthaltes, nämlich zur -Ueberschwemmungszeit, im Glase gelblichweiß. Filtrirt man es, was bei -den Großen geschieht, so wird es lauter und farblos. Es gibt in vielen -Häusern Krüge (Bardâka), welche, von einer besondern Erde gebildet, die -Eigenthümlichkeit besitzen, daß sie das Wasser langsam durchsickern -lassen. Dadurch wird es kühl und angenehm. Das Nilwasser wird aus -dem Flusse auf dem Rücken der Kameele in die zahlreichen Zisternen -Kairo’s geschafft, und aus diesen können es die Einwohner unentgeltlich -holen[18]. - -Man wähne übrigens nicht, daß die Araber sich des berauschenden -Getränkes gänzlich enthalten. Ein solches heißt +Bỏsa+ oder +Busa+, -eine Art Bier, das aus Getreide gegohren wird. Es ist von Farbe -weißgrau und schäumt wie Bier, wenn man es rasch rüttelt. Mit dem -Bỏsa berauschen sich Viele. +Salomo Schweigger+ sagt vom „Bỏsa“, -daß es ein gedörrtes, mit Wasser angerührtes Griesmehl sei, und von -Türken, wie Egypziern getrunken werde. Nach +Prosper Alpinus+ ward -„Bỏsa“ aus Lülchmehl (~farina loliacea~), aus Hanfsamen und Wasser -zu einem Getränke oder zu einem Teige bereitet, und es soll in einem -gleichen oder noch höhern Grade als Hanfkraut (Assis) einen Zustand -der Berauschung, der Entzückung und süßer Träumereien herbeiführen. -Zum feierlichen Konstantinopler-Umzuge vom Jahre 1582 gehören die -+Bosatschi+, so einen graulichen Trank von Brei wie ein Bier machen; -den Laden zogen zwei Ochsen, worin ein Knabe den Brei oder Hirsen -rieb, der andere das Bỏsa oder den Trank bereitete. Gleichermaßen wird -nach +Tavernier+ das „Bỏsa“ mit Hirsen zubereitet und macht, sagt er, -einen Rausch wie der Wein. Allein nach +Burckhardt+ ist Durra der -Lieferungsstoff zum Busa. - -Wein oder Branntewein trinkt der gemeine Araber nicht oder selten, -wohl aber der vornehmere Mohammetaner, am liebsten geheim. Ich sah -einen solchen in einer +fränkischen+ Wirthschaft, in welcher beinahe -nur Franken einkehren, so gewandt den Spiritus trinken, daß ich mich -bewogen fand, mich über den Mann zu erkundigen, und ich vernahm, daß -er regelmäßig zuspreche. Es verdient Erwähnung, daß mir auf der Fahrt -von Alexandrien nach Kairo nichts gestohlen wurde, als eine halbe -Flasche Rhum, mein ganzer Rest. Ich sah zwar während derselben keinen -Barkenknecht nach dem geistigen Getränke langen, oder sich damit -berauschen, welche Enthaltsamkeit den Europäer angenehm überraschte; -selbst als man mir einen kranken Barkenknecht vorstellte, und ich -ihn Rhum trinken hieß, so geberdete er sich ziemlich unwillig, und -schluckte möglichst in Duodez. Indessen konnte die Lüsternheit im -Verborgenen nicht gefehlt haben. Ueberall wird der Damm, welcher -der Trunkenheit wehren sollte, eingerissen. Sollte man es nicht dem -Schöpfer klagen, daß er den Menschen Vernunft gab, weil sie, nur -vermöge dieser himmlischen Gabe, so viel Mittel erdenken können, um -dieselbe in ihrer Thätigkeit zu verirren oder zu hemmen? - -Von einem echt morgenländischen, und wenn auch nicht unter den Fellah, -doch unter der wohlhabendern Klasse sehr häufigen Getränke will ich so -eben besonders reden. - - -Kaffeehäuser. - -Es gibt sehr viel Kaffeehäuser. Ich besuchte dasjenige, welches nach -fränkischer Weise eingerichtet war. Im Vorübergehen konnte ich wohl die -egyptischen sehen. Sie liefern aber, ihrer Einfachheit willen, wenig -Stoff zum Beschreiben. Sähe man nicht einen Kochofen und die rauchende -Kaffeeschale, so würde man das Kaffeehaus verkennen; man müßte vielmehr -glauben, daß die Leute nur deßwegen den einsamen Diwan belagern, um -Tabak zu rauchen. Allerdings ist in einem Kaffeehause das Tabakrauchen -nicht das Geringste, und der Egypzier läßt sich nicht minder gern mit -Pfeife und Tabak bedienen, als mit Kaffee. Die Morgenländer genießen -den Kaffee ohne Milch und ohne Zucker. Die Franken heißen einen solchen -Kaffee türkischen (~alla Turca~). - -Der Genuß des Kaffees ist in einem großen Theile der Welt gleichsam -zum Bedürfnisse geworden, und tausend +Napoleone+ wären wahrscheinlich -nicht im Stande, ihn vom Erdballe zu verbannen. Und doch haben unsere -alten Vorväter vor nicht einmal anderthalb Jahrhunderten ohne den -Kaffee gelebt. - -Es macht ungemein viel Spaß, wenn man über den Kaffee, als ein den -Abendländern unbekanntes Getränke, in den Beschreibungen derjenigen -lieset, welche Egypten und Konstantinopel gegen Ende des sechszehnten -und zu Anfange des siebenzehnten Jahrhunderts besucht haben. - -Ich führe zuerst +Salomo Schweigger+, welcher im Jahr 1581 in Egypten -war, redend ein: Ein anderes Trank wird +Chaube+ genannt, welches man -in den Tabernen ausschenkt, ist schwarzbraun von Farbe. Das gebrauchen -Etliche des Morgens. Da versammeln sich viel Türken (des Egyptenlandes) -vor der Taberna, lassen ihrer etliche in einer Kumpanei ihnen eine -Schale oder ein irdenes Schüsselein voll nach dem andern hergeben. Das -trinken sie nach einander fein höflich aus, so heiß, als sie es mögen -erleiden. Gleichwie das deutsche gemeine Volk den Branntewein oder -Wermuthsgeist des Morgens trinkt, also soll jenes auch den Magen zu -erwärmen dienstlich sein. - -+Prosper Alpinus+, welcher im nämlichen Jahre, gleich auf +Schweigger+, -nach Egypten kam, gibt eine genaue Beschreibung von dem Absude -(~decoctum~) +Chaova+. Sehr häufig im Gebrauche, sagt er, ist der Absud -+Chaova+, welchen man aus gewissen schwarzen, den Bohnen ähnlichen -Samen zu bereiten pflegt. Er wird übrigens auch aus den Samendecken -bereitet, und im letzteren Falle zeigt er sich kräftiger. Die -Bereitungsart ist folgende: Man nimmt anderthalb Pfund von den Hüllen -befreite Samen, röstet diese ein wenig über dem Feuer und siedet sie -in zwanzig Pfund Wasser, während Andere von den gerösteten und in -kleine Stücke zerbröckelten Samen einen Aufguß machen und solche einen -Tag lang am Wasser stehen lassen, diejenigen aber, welche die Samen -ohne Aufguß behandeln, die Hälfte Wasser einkochen. Die durchgeseihte -Abkochung dient in wohl verschlossenen irdenen Gefäßen zum Gebrauche. -Werden die Samendecken abgekocht, so nimmt man davon sechs bis neun -Unzen auf zwanzig Pfund Wasser, wovon die Hälfte eingekocht wird. Der -Same heißt +bon+, und den Baum, welcher ihn trägt, sah ich in dem -Garten eines türkischen Bei, wohin er aus Arabien verpflanzt war. Die -Egypzier sind dem +Chaova+ nicht minder leidenschaftlich ergeben, als -die Franken in ihren Kneipen dem Weine. - -In der „Hoffhaltung des Türckhischen Keysers,“ worin ein im Jahr 1582 -zu Konstantinopel gehaltener feierlicher Umzug beschrieben wird, heißt -es: „Die +Caahuetschi+, so einen schwarzen, warmen Trank verkaufen, -welcher zu Verdauung der Speisen, +Verhinderung des Schlafes+ und der -Traurigkeit dienen soll, mit rothen und weißen Fahnen, darinnen etliche -Buchstaben. Zwei und dreißig haben Verehrung getragen; der andern, -Knaben, jungen Leute und Meister, sind in die zweihundert gewesen.“ - -+Johann Jakob Ammann+, welcher im Jahr 1612 in Konstantinopel -weilte, läßt sich dahin vernehmen: „Auch haben die Türken noch andere -Wirthshäuser, darinnen die Wirthe nichts Anders geben, als schwarz -Wasser zu trinken, von ihnen +Gahwe+ und von Arabern Lorbeeren genannt, -welches mehrentheils von Gerste und andern Sachen gemacht wird. Sie -kochen ganze Kessel voll, pflegen es den Gästen in kleinen irdenen -oder porzellanenen Schüsseln siedheiß zu geben. Solches trinken die -Türken, wie auch die Araber, so warm sie immer können, jederzeit ein -Schlücklein auf einmal, bis es aus ist. Welches gar ein gemeiner Brauch -bei ihnen, dieses Wasser zu trinken, bei Tage, wie auch Morgens und -Abends. Etwa bei fünfzig mehr und minder sitzen da und dort beisammen; -währet oft lang mit Trinken, Reden und Konversiren; wird aber Keiner -von dem gedachten Wasser betrunken. Sie vermeinen, es trockne die -Flüsse auf, und sei gar ein gesundes Wasser.“ - -Ich vergesse des +Adam Wenner+ nicht, welcher im Jahr 1616 nach -Konstantinopel gereiset ist. „Die Kafuannen,“ sagt er, „sind Häuser, -in welchen schwarz Wasser gesotten und von Türken und Andern täglich -warm getrunken wird, so dem Magen und sonst sehr dienlich. Sie sitzen -gemeiniglich einen halben Tag dabei, spielen im Schach und Bret -(darinnen sie trefflich erfahren), aber um kein aufgesetzt Geld, -sondern wer für den Andern die Zeche zahlt. Eben an solchen Orten -finden sich auch Personen, welche unterdessen von ihrer Kaiser und -anderer Vorfahren Thaten, auch Historien öffentlich lesen, und hernach -deßwegen von den umsitzenden Zuhörern etwas Geld bekommen.“ - -Wie mühsam mußte man ehemals thun, um sich den Abendländern -verständlich zu machen, daß von Kaffee die Rede sei. Dieser Fremdling -war damals ein selten Ding in der großen Schatzkammer der Gelehrten, -und jetzt kennt ihn jedwedes Kind. Haben +Rauwolf+ und +Schweigger+, -+Alpinus+ und +Ammann+, +Wenner+ und Andere geahnt, daß das schwarze -Wasser einst eine Weltherrschaft ausüben, und die besorglichen Aerzte -des Abendlandes dasselbe beklagen werden? Die Götter allein entziffern -die Zukunft. - - -Schneller Justizgang. - -In Egypten wird gerichtet und sogleich vollzogen. Das hat wohl sein -Gutes, aber auch sein Schlimmes. Durch den +langsamen+ Gang der Justiz -windet sich am Ende mancher Schuldige hinweg, und im +kurzen+ Gange -wird mancher Unschuldige erdrückt. - -Ein Deutscher geht mit einer Flinte auf die Jagd. Auf dem Wege -bleibt er in einer Nilbarke über Nacht. Er legt seine Flinte neben -sich. Morgen ist sie nicht mehr. Er wendet sich an die Polizei; der -Barkenführer (el-Reis) mit ihm. Der Polizeidirektor läßt auf den -Vortrag des Franken, ohne weitere Umstände, dem Barkenführer hundert -und zwanzig Hiebe auf die Fußsohlen messen, weil er nicht besser für -das Eigenthum des Reisenden gesorgt habe, und es kaum möglich sei, daß -ohne sein Einverständniß hätte etwas gestohlen werden können. Zugleich -muß der Reis für den Schaden einstehen. - -Das ist ein Beispiel von dem schnellen egyptischen Justizgange; der -Fall ereignete sich eben während meines Aufenthaltes in Kairo. - -Die Sache von geringem Belange richtet und exequirt der Franke selbst. -Hochmüthig treibt er sich ordentlich in Kairo mit der Peitsche herum, -und traktirt damit den Araber, sobald dieser ihm nicht den Weg -räumt. Lebt in Egypten nicht noch die alte flotte Zeit der deutschen -Studenten, welche eben so hoch über die obskuren Philister trabten? -Andere Male regalirt der Franke mit Stockschlägen, mit Ohrfeigen oder -Fußstreichen. Kaum wehrt sich der Araber dagegen; viel weniger würde er -Gleiches mit Gleichem vergelten. Wie müssen die Leute gesunken sein, -welche, der Zahl nach, die Herrscher des Landes sein könnten, und sich -von Fremden, ich will nicht sagen, von Andersgläubigen, auf eine Weise -mißhandeln lassen, wie man in Europa nicht überall die Thiere behandelt. - - -Der egyptische Tanz. - -Man machte früher viel Aufhebens von den Bajaderen. Man bekommt sie -heutzutage minder oft zu sehen. Gleichsam ein Spiel des Zufalles rief -mich auf den Schauplatz des so seltsamen Tanzes. - -Ein arabisches, züchtig gekleidetes Mädchen oder, wenn ich der -Versicherung trauen darf, gar ein Soldatenweib stellte sich in die -Mitte des Zimmers. Es wollte seinen Gesichtsschleier nicht lüften, -denn ein häßlicher Mund versäuerte das sonst süßliche Gesicht. -Nirgends zeigt man dasjenige gerne, was eine vortheilhafte Meinung -trüben könnte. Die Hände stemmte die Tänzerin auf die Flanken des -Leibes. Nun bestand der Tanz darin, daß das Mädchen die Hüften rasch -in die mannigfachsten Bewegungen setzte, während der Körper, so viel -als möglich, steif gehalten wurde. Dieß nahm ein ganz sonderbares -Aussehen an, und ich mußte die eigenthümliche Art, das Becken zu -bewegen, in der That bewundern. Der Schein meiner Bilder blieb weit -hinter der Wirklichkeit zurück. Diese Bewegungen kosteten gewiß -Mühe und Anstrengung[19], letztere augenscheinlich in dem Maße, daß -den tiefbraunen Grund des Gesichtes ein dunkles Blau überflog. Mit -den Füßen machte das Mädchen wenig Bewegungen, nicht einmal viel -trippelte es, und nicht das Kreisende zeichnet den egyptischen Tanz -aus. Die Bajaderen singen wohl auch; unsere ließ sich selten hören. Ein -ältliches Weib pauckte mit ausgelassenen Geberden und schmetterndem -Sange einen Tambour zum Tanze. - -Nachdem die junge Bajadere ihre Rolle geendet, wollte auch die ältere -Matrone eine übernehmen. Sie schürzte den Rock ein wenig auf, und -gürtete ihn also um den Leib. Wie wahnsinnig trieb sie den Schooß nach -allen Richtungen. Das Alter schützt vor Thorheit nicht. Jetzt bedurfte -ich nicht des Mehrern, um mich von dem Unanständigen des Tanzes -vollkommen zu überzeugen. - -Noch unanständiger erscheint der Tanz beim Manne. Er schürzt ebenso den -Rock auf, und rüttelt auf gleiche Weise das Becken. Derjenige Tänzer, -welcher seine Fantasien auf unserer Nilfahrt zum Beßten gab, führte -auch ein Stöckchen in der Faust, und Männer an der Reihe klatschten mit -den Händen den Takt. - -Wenn der Fremde diesem Beckentanze zuerst zuschaut, so kann er Anfangs -wohl das Lachen nicht verhalten. Nachher gewinnt er Zeit, seine -moralischen Betrachtungen anzustellen. - -Ich möchte den egyptischen Tanz nicht verlassen, ohne einer -Merkwürdigkeit aus dem Jahre 1582 zu gedenken. - -An dem mehrerwähnten großen Prachtzug, zu Ehren des neubeschnittenen -kaiserlichen Prinzen +Mehemet+, schloß sich der Dulumtschi-Pascha -oder der Hauptmann der Fünfhundert mit den geschmierten Ziegenhäuten. -Er entblößte sich oberhalb des Gürtels, entkleidete sich bis aufs -Hemde, geberdete sich seltsam mit Kopf und Augen, Händen und Füßen. -Hierauf zog er das Hemde über den Kopf, machte in dünnen leinenen Hosen -seltsame Sprünge, tanzte, zog den Bauch bald ein, bald trieb er ihn -hervor, warf die Hüften hin und her, daß es schändlich und abscheulich -zu sehen war. Allein die Türken fanden daran Wohlgefallen, lachten -des Tänzers und lobten ihn. Es wäre freilich voreilig, von dieser -Einzelnheit auf den sittlichen Karakter überhaupt zu schließen. Große -Volksfeste haben jederzeit einzelne Ausbrüche von Rohheit in ihrem -Gefolge. - - -Der Brautzug. - -Voran lärmen Tambour und Pauken. Hier Männer, dort Knaben, hier -ein Halbblinder, dort ein Zerlumpter schlagen darauf los: Alle in -Unordnung, in ungleicher Reihe, in ungleichem Schritte, ohne Ernst, -herumgaffend, und die Knebel oder Stäbchen scheinen ohne Takt auf die -Felle zu fallen, wie die Regentropfen auf die Erde. Im Reiche der -Töne Mangel an Takt, wie an den Gebäuden Mangel an Ebenmaß. Daß dem -Egypzier etwas gefalle, muß es ein Spiel der Einbildung sein, das -kaum Schranken kennt. Jetzt kommen hübsch geputzte Knaben in besserer -Reihe, in geschlossener Ordnung. Sie tragen schönfarbige Krüge von -antiker Form. Daraus sprengen sie wohlriechende Flüssigkeiten; so das -Rosenwasser, welches, wie frische Rosen im Garten, den süßen Geruch -düftet. Die Weiber mit ihren Lappen über das Gesicht, diese Masken -schreiten zierlicher daher, je zwei neben einander, eines mehr wie das -andere bestrebt, damit hochlaut aus ihrer Kehle das Freudengeschrei -erschalle, welches dem Froschgequak am Nile oder dem Laute ähnlich ist, -wenn bei uns die Kinder, die Stimme erhebend, mit dem Finger über die -etwas hervorgestreckten Lippen auf- und abwärts klimpern. Je näher -dem Traghimmel, desto schmuckreicher die Weiber; ihr Gesichtsschleier -prangt von größern und kleinern Goldstücken, und sie heben ihre -Arme aus den weiten, faltigen Seidengewändern, gleich dem Priester, -welcher das Volk benedeit. Einen runden Wedel, auf dessen einer Seite -die Eitelkeit ein Spiegelchen anbrachte, hält ein Weib in der Hand. -Es bietet alle seine Rührigkeit auf, damit die Braut zu befächeln. -Andere Weiber spritzen wohlriechende Flüssigkeiten. Männer mit kleinen -Stäben gebieten und schaffen zur Seite links und rechts Ordnung. In -der Mitte zwei schön gekleideter Weiber, unter dem von vier Männern -getragenen blutrothen Baldachin +erblickst du die Braut+. Der Europäer -möchte gern ihre Schönheit bewundern. Vergeblich; sie ist in einem -rothen Schleier so ganz und gar verhüllt. Den Kopf kleidet fürstlich -ein kronartiger Aufsatz. Um die Stirne und das Gesicht drängt sich -ein Goldstück an das andere, ein Edelstein an den andern; die Braut -legt mit morgenländischer Ueppigkeit hier Alles zur Schau, was sie -nur Glänzendes auftreiben konnte. Geblendet von den ausgehängten -Kostbarkeiten, wünscht man beinahe nicht weiter zu schauen, obschon -das Geheimnißvolle die Neugierde stachelt; denn man fürchtet, bei -gelichtetem Schleier, mit getäuschter Phantasie das Auge wegwenden zu -müssen. Hinter dem Baldachine schalmeien sie in das Getümmel der Pauken -und Tambour. Langsam schreitet der Zug, aber immer noch rasch für das -neugierige Auge, um das Mannigfaltige aufzufassen. - -Wenn der Zug mehr oder weniger pompös ist, so gibt es noch manche -Zugaben und Anderes mangelt. - -Einmal gerieth der Brautzug ins Gedränge in einer ziemlich schmalen -Gasse; denn es kam ein langer Zug Kameele, deren Ladung am Bauche -wie ein Kobold hin- und herpurzelte, und durch ihre Gespenstergröße -die Gasse buchstäblich mehr als halb füllte. Ich befand mich eben -am Baldachine, und die kleine Braut rückte mir nahe. Nur ihre Nase -prägte sich unter dem anliegenden, rothen Schleier aus. Die Sonne -lauerte fortwährend hinter dem rosigen Gewölke. Auf der Stelle ward die -Bedrängte von dienstbaren Geistern umringt, und ein Schwarm von Fingern -flog auf den Kopf, seinen Putz zu halten, nicht anders, als führe man -eine Glasfigur herum, die man an dieser gefährlichen Stelle mit allen -Händen beschirmen müsse, auf daß sie ja nicht breche. - -An der äußerst reich ausgeschmückten Mohammetanerin fiel mir ein -goldenes Kreuz auf, welches von der Stirne herunter hing. Dieser -Theil des Kopfputzes war wahrscheinlich ursprünglich im Besitze der -Christen. Putzliebe überwiegt nicht selten sogar religiösen Skrupel. -Die Mohammetanerin fragt wenig nach der Form, wenn nur Glanz, nur Gold, -nur Flitter. Sie versteht die mit Brüchen rechnende Engherzigkeit -mancher Protestantinnen nicht, welche, Gott weiß, wie tief sie in die -Finsterniß des Papstthums plötzlich gerathen würden, wenn sich einmal -ein Kreuz auf ihre Stirne verirrte. - -Wo der Brautzug aufhörte, und wie die weiteren Festlichkeiten waren, -dessen war ich nicht Zeuge, und das ist der Grund, warum ich nicht -davon rede. - - -Der Leichenzug. - -Knaben mit fröhlichen Mienen gehen voran in Reihe und schlagen -Liedeslärm. Ihnen folgen blinde Männer, Hand in Hand, mit vereintem -Gesang, ohne Sinn für einen geregelten Zug. Drei Männer tragen -hier einen vierkantigen, dort einen mit einer Firste versehenen -fünfkantigen, so flüchtig verfertigten, breternen Sarg, daß der Blick -in die Fugen unschwer sich stiehlt. Von ihm erhebt sich ein Turban, -auf dem Sarge das Kreuz des Mohammetaners. Liegt ein Mann in den -Bretern, so werden sie mit einem rothen Tuche umwunden, beim Weibe -- -drängt sich dessen Kopfschmuck darum. Hinter dem Sarge selten ein -Mann, aber Weiber, verwandte und bekannte, voll bitterer Klagen über -den Verlust. Die Hände und das Gesicht dieser Klageweiber sind, zum -Zeichen der Trauer, blau gefärbt. Am Nile das Trauerblau, bei uns -das Trauerschwarz, anderwärts das Trauerweiß, -- was ist denn die -Trauerfarbe? Ein hellblaues Tuch, um in der Schilderung fortzufahren, -umflattert über dem gewöhnlichen Schleier den Kopf, -- und ein blaues -Tuch, an den Zipfeln mit beiden Händen fassend, schleudern die -Klagefrauen mit gellendem Schrei gegen den Sarg, als wollten sie dem -Sensentrager die Beute abringen. Nur die weiblichen Verwandten tragen -die blaue Trauerfarbe, kein einziges Trauerzeichen die Uebrigen. - -Ach, der Todte bleibt todt, todtenbleich und todtenstarr, mögen ihm die -Einen leise nachweinen oder laut nachschluchzen, die Andern gellend -nachschreien. - -In Alexandrien hörte ich von einem Hause herab zuerst den unvergeßlich -gellenden Lärm; ich wußte nicht, ob von einigen verrückten oder im -Zanke begriffenen Weibern. Ich stand wie verdutzt da, als man mir die -Erscheinung dahin aufklärte, daß darin eine Person gestorben wäre, und -daß, zur Bezeugung der Trauer, so lange in demselben Hause geschrieen, -bis sie daraus getragen wurde. Es wäre manchmal an einem Trauerfalle -so genug, daß man diesen nicht überlaut verkündigen oder amplifiziren -dürfte. - - -Der Straßensänger. - -Da steht ein Jüngling, der mit der einen Hand das Ohr zuhält, mit der -andern dann und wann hinter den schwarzbraunen Nacken fährt. Er scheint -+Galls+ Tonorgan nachfühlen zu wollen. Er trägt eine Mütze und eine -Jacke, weiter aber keinen Faden am Leibe. Das ist ein Sänger in einer -der Hauptstädte des osmanischen Reichs. - -Die Stimme klang nicht unangenehm; aber wenig Wechsel in der Singweise, -zum Unglücke verstand ich kein Wort. Ich zweifle nicht, daß Alles -artig und poetisch gewesen sei; denn es hatte ja sich in dem Sänger -selbst der Ausbund von Poesie personifizirt. Was ich gut verstand -und mich zum herzlichen Lachen rührte, war das Gekrähe eines jungen -Hahns, das Gebell eines Schoßhündchens und das Gefauche einer Katze, -welche anmuthigen Töne der Virtuose nach jeder Strophe vortrefflich -nachahmte. Die Nachahmung der Thiere ist freilich mehr ergötzlich, als -des Menschen würdig. - -Der Europäer meinte in Egypten, er lebe in einer ganz andern Welt, -wenn ihn nur zur rechten Zeit und zur Unzeit, mit Erlaubniß zu sagen, -die Flöhe und die Wanzen nicht stächen, wenn nur die Sonne viereckig -und der Mond hornlos, das Feuer kalt und das Wasser trocken wären, -wenn nur, worauf es eben jetzt ankommt, nach einer andern Melodie die -Hähne krähten, die Hunde bellten, die Katzen fauchten; aber sogar -die egyptischen +Menschen+ kennt der Europäer auf dem Resonanzboden -Europas, wenn sie schwatzen, wie die egyptischen Hähne, Hunde und -Katzen. Dagegen liefert Europa manchmal Konterfeie seiner selbst, -welche dem Urbilde gleichen wie John Bull einem Känguruh. - - -Der Versteigerer. - -Um etwas dem Meistbietenden zu überlassen, sind in Europa erst lange -Berathungen, Edikte, Zeitungen, Lizitazionskommissarien nöthig. Niemand -versteht besser, auf krummem Wege das Ziel zu verfolgen, als der -Abendländer. - -Ein Araber ging in die Frankengasse, in der Hand ein Hausgeräthe, womit -er die Schaulust möglichst reizte, und rief den Preis desselben mit -lauter Stimme aus. Er hört aus einer Bude ein Gebot; er wiederholt es; -aus einer andern Bude vernimmt er ein höheres Gebot; er wiederholt -auch dieses. Hin- und herrennend, als hätten ihn die Bremsen angebohrt, -wiederholt er die Gebote, bald in arabischer, bald in italienischer -Sprache. Sobald die Gebote nicht höher steigen, und das höchste dem -Versteigerer anständig ist, so überläßt derselbe den Gegenstand dem -Meistbietenden. Hier befindet sich der Araber in der That auf dem -rechten Flecke, wo es ihm denn trefflich zu Statten kommen mag, daß er -so gerne lärmt und schreit. - - -Der Barbier. - -Es ist ein kurios Ding um den Bart, daß er am Antlitze des Mannes zur -Schererei entsprossen sein soll. - -Die bessern Barbierstuben Kairos sind prächtig ausgestattet. An die -Wände lehnen sich unbewegliche Reihen schnörkelhafter Sitze von hartem -Holze, wie in einem Kirchenchore. - -Da zwängt man Einem den Kopf über die Brust, um die Schwarte nackt zu -scheren; dort wird die Lippe straff angestreckt, um die Mundwinkel -auszuputzen, dort der Kopf rücklings umgebogen, über dem Adamsapfel -einen Streifen wegzubarbieren. Wenn in einer Stube Mehrere barbiert -werden, so machen die Köpfe so verschiedene Richtungen, als wären sie -aufs allergutmüthigste illuminirt. In den Barbierstuben wird man nicht -in hockender Stellung rasirt, wohl aber auf den Gassen. Der Barbier -schneidet die Stoppeln völlig auf der Haut, schier wie ätzend, und -er versteht in Summa seine Kunst meisterhaft. Leicht handhabt er das -scharfe Messer, es bald auf- bald abwärts, bald seitwärts führend -über fast alle Theile des Kopfes. Jeder mag sich im runden Spiegel, -welcher, in einen schmucken Rahmen gefaßt, von dem Barbier mit -Selbstzufriedenheit unfehlbar dargeboten wird, selbst überzeugen, ob -ich in guten Treuen schilderte. - - -Der Lagerstellenmacher. - -Die Lagerstellen der Egypzier haben etwas eigenthümliches, da sie -gleich einem Käfiche zusammengestäbelt sind. Lagerstellenmacher, wie -hier, dürften in Europa schwerlich gefunden werden. Die Noth schuf im -Nilthale die Eigenthümlichkeit; es gebricht an größerm Holze, welches -den Hobel zuläßt. - -Der Lagerstellenmacher besitzt keine Bude; er begnügt sich, in dem -Winkel einer Gasse oder sonst wo zu hocken. Ein Schneide- und ein -Hohlmesser sind seine Werkzeuge. Mit ersterm schnitzelt er die -Holzstäbchen etwas zurecht, und gibt ihnen die gehörige Länge; mit -letzterm schlägt er Oeffnungen, dadurch die rundlichen Stäbchen zu -ziehen. - -Kein Pinsel beleidigt je diese Lagerstellen. Sie tragen den Schweren, -wie den Leichten, den Müden wie den Muntern, den Schlafenden wie -den Wachenden; dem Sünder aber nehmen sie die Last seines Herzens -ebenso wenig ab, auf daß ihn eher der sanfte Schlaf erquicke, als die -europäischen köstlichen und bequemen Bettstellen solch ein Wunder zu -bewirken vermögen. - - -Der Glaser. - -Als ich die Einsetzung von Scheiben verlangte, kamen zwei Menschen, -ein gesetzter Mann und ein Jüngling von etwa sechszehn Jahren. Der -Kontrakt in Betreff der Scheiben war bereits geschlossen. Wer sich eine -Bedeutung geben will, muß doch die Kleinigkeiten umständlich behandeln. - -Der Glaser ließ sich auf den Boden nieder; der Gehülfe ihm gegenüber. -Sorgfältig schlug jener die hölzernen Nägel aus den Fensterrahmen. -Er arbeitete langsam, aber sicher; so war sein Augenmaß. Statt eines -Diamants bediente er sich eines Bröckchens Granit. Wenn dieser nicht -tief genug schnitt, so führte er ihn auch über die Rückseite des -Glases. Dann ballte er die rechte Hand, nahm die Scheibe zwischen den -Zeigefinger und den auslangenden Daumen, und drückte solchergestalt -mit Behutsamkeit abwärts, um das Glas über den Riß abzubrechen. Dieß -gelang ihm freilich nicht, daß er eine schöne, ebene Linie bekam, doch -brach er auch nicht fehl. - -Ich glaube, der beste europäische Glasermeister würde mit einem solchen -Hülfsmittel kaum besser das Glas gebrochen haben. Es ist immer eine -Kunst, mit Wenigem gehörig auszureichen. - - -Der Schuhmacher. - -Ohne eine lederne oder tüchene Schürze, ohne pechschwarze Hände -+sitzt+ der Schuhmacher auf einem niedrigen Stuhle vor einem runden, -ebenfalls niedrigen Tische, welcher der Querabschnitt eines Baumstammes -und auf drei breite Füße gestützt ist. Die Schuhleisten weichen von -den europäischen kaum ab, wenn nicht darin, daß sie, ohne den Moden -unterworfen zu sein, alle spitz sind. Wie oft wird der europäische -Schuhmacher durch die Modesucht Anderer geplagt, und wie ruhig kann -deßhalb der egyptische schlafen. Der Flattersinn der Modenjournalisten -erzeugt fürwahr eine Menge Qualen. - -Mit einem Stücke Messing, welches die Form eines Mörserpistills, nur -eine breitere Birne zum Schlagen hat und kürzer ist, werden Leder -und Nähte geklopft. Flink schneidet dasselbe mit einem leichten -Schroteisen der Schuster, der überhaupt mit einer großen Fertigkeit -arbeitet. Der Mohammetaner näht nicht mit Schweinborsten, weil nach -seiner Ansicht Alles, was vom Schweine kommt, unrein macht. Den gelben -und grobkörnigen Stoff oder den Kleister, womit ein Lederstück auf das -andere gekleibt wird, erkannte ich nicht. Die egyptischen Schuhe sind -dem Klima angemessen: leicht, halten sie wenig warm, werden aber bald -durchnäßt. - - -Der Töpferwaarenflicker. - -In einem Lande, wo man mit schönen Porzellangefäßen so viel Aufwand -treibt, ist es oft keine Kleinigkeit, wenn etwa eines bricht. Porzellan -kommt hoch zu stehen, und so wird leicht erhellen, daß man sich Mühe -gibt, die Bruchstücke zu einem Ganzen zu vereinigen. - -In Europa fehlt es nicht an gutem Kitte für Töpferwaaren; doch hält -selten einer längere Zeit, und in die Bauernhäuser fand er den Weg noch -nicht. Sehr pfuschermäßig werden bei uns die Bruchstücke mit einem -Drahte auf die Weise zusammengeheftet, daß er, nachdem er an beiden -Enden sich berührt, gezwirnet, und an das Gefäß gedrückt wird. - -Was ist denn das für eine Bude? fragte ich mich, als ich darin einen -Haufen gemalter Scherben, davon die meisten von Porzellan, erblickte. -Ein Mann hockte an der einen Wand, und bog den rechten Fuß auf den -linken Schenkel. Er legte eine Scherbe auf die große Zehe, an der -Stelle, wo er bohren wollte. Ohne jene mit einer Hand zu fixiren, -setzte er den Bohrer an. Diesen brachte er mit einer Art Geigenbogen -in Bewegung. Nämlich die Schnur des letztern umschlang den Bohrer -einmal, ungefähr in der Mitte, und indem der Arbeiter den Bogen hin- -und herbewegte, drehte sich der Bohrer bald rechts, bald links um -die Achse. Das Loch ließ der gewandte Handwerker nicht durchdringen. -Nachdem zu den Seiten des Bruches ein Loch neben dem andern angebracht -war, wurde der klammerförmige Draht, indem er quer über den Bruch sich -zog, unter sanften Schlägen eingehämmert. Die Bruch- und Bohrstelle -bestrich der Tausendkünstler mit einem Kitte, welchen er sogleich -bereitete. Er knetete bloß Eierklar und Gips ohne Feuer zu einem Teige. -Ich darf nicht erst beifügen, daß die Hefte beinahe niedlich aussahen, -und an der innern Seite des Gefässes nahm man sie nicht einmal -wahr, eben weil die Bohröffnungen nicht durchdrangen. Die fleißige -Arbeit verfehlt den Beifall nicht, und schiene sie selbst ihrer -Geringfügigkeit willen keinen Fleiß zu verdienen. - - -Die Missionarien. - -Das protestantische Frommthum und Frommthun bewacht Kairo mit nicht -weniger denn drei Missionarien, und zwar mit lauter Teutschen: -+Kruse+, +Lieder+ und +Müller+. Ich erblickte in diesem Missionariate -weniger minder, als protestantischen Luxus. Die vielen Bemühungen, -bisweilen nicht ohne übertriebenen Eifer, werden äußerst selten mit -einer Bekehrung belohnt. Auch darf das Christenthum nicht durch die -Zahl seiner Bekenner nach einem arithmetischen Scheinwerthe gelüsten, -sondern es soll durch seinen innern Reinwerth glänzen. - -Den in Kairo angekommenen und niedergelassenen Fremden aus dem -Abendlande, mögen die Missionarien nicht überflüssig erscheinen. Wenn -der Ankömmling nicht gerne in das Gewühl der fränkischen Kumpanei sich -wagt, so kann er sicher sein, bei diesen Männern gute Gesellschaft -zu finden. Er leite das Gespräche nur anfänglich so, daß sie ihn -nicht mit überfrommen Dingen bestürmen. Nirgends stieße man sonst -auf größeren Kontrast. Dießseits die Jesusherzeleien, jenseits die -unfläthigste und unzüchtigste Zunge und zwischen zwei Enden -- -- -Einsamkeit und Langeweile, wofern man nicht glücklich genug ist, in -der Mitte derselben Gleichgesinnten sich anschließen zu können. Mit -Lehren und Predigen, Briefeschreiben und Diskuriren verbringen die -Missionarien ihre meiste Zeit. Manchem Abendländer helfen sie auch -wohlthätig aus der Noth. Der Sonderbarkeit muß ich gedenken, daß das -Auditorium der Prediger eben auszusterben im Begriffe war, und daß bloß -noch +zwei Katholiken+, doch mehr aus Liebe zur deutschen Sprache, den -+protestantischen Predigern+ zuhörten. +Lieder+ macht auch den Arzt -nach den Grundsätzen der Homöopathie. +Müller+ langweilte mich durch -seine mystische Deutelei des +Hahnemannianismus+ außerordentlich, und -ich überzeugte mich aufs Neue, daß die Homöopathie der Mystizismus der -Medizin ist. - -Daß die neuen Apostel nicht bloß lehren und predigen, schreiben und -diskuriren, liegt in der Natur des Menschen. Ein wohlbestellter Tisch -wird nicht etwa nur angeschaut, und +Kruse+ ritt einen ebenso schönen, -als prächtig gesattelten Esel. Es ist ein Zeichen unserer Zeit, daß man -hie und da die Demuth, gleich einem Kruzifix, in Gold einfaßt. - - -Die Renegaten. - -Frankreich schuf die neue Lehre des St. Simonismus. Die Anhänger -desselben, in ihrem Vaterlande von allen Seiten beunruhigt, ausgelacht, -verspottet, gehaßt, verminderten sich dadurch, daß ein Theil den -Wanderstab ergriff. Der Pabst +Enfantin+ und Andere zogen nach Egypten. - -Man zeigte mir in Kairo öfter Saint-Simonisten. Sie zeichneten sich -vor den übrigen Franken durch einen langen Bart aus. Sie führten ein -ziemlich gesondertes Leben. Auch +eine+ St. Simonistin sah ich, und -billig machte ich meine Glossen. +Enfantin+ scheint entweder wenig -gekannt, oder beinahe vergessen zu sein. Wenn ich auch nach ihm mich -erkundigte, so wollte man doch in der Regel nichts von ihm wissen. -Nach den Einen lebe er, von dem Geräusche der Städte entfernt, in der -Einsamkeit; nach einem Andern habe er das Zeitliche gesegnet[20]. - -Egypten gibt allen Glaubensbekennern Zuflucht, ohne daß es jedoch mit -der eigentlichen Toleranz, Humanität und Liebe den Andersgläubigen -begegnet. So werden von den Abendländern die Juden geduldet. - -In der neuern Zeit zogen die St. Simonisten deßwegen das Gerede auf -sich, weil einer um den andern zum Mohammetanismus hinübertrat, ob aus -Ueberzeugung oder aus Habgierde, oder aus Rache gegen die Christen, -weiß derjenige, welcher die Nieren der Menschen prüft. Es gibt indessen -hin und wieder auch andere Franken, welche ihren Glauben verläugnen. -Ich habe, um mich selbst anzuklagen, mit meiner Toleranz es noch -nicht so weit gebracht, daß nicht unangenehme Gefühle sich meiner -bemächtigten, wenn ich einen Renegaten erblickte. Im Falle wirklich -reine Ueberzeugung als Triebfeder zur Renegazion wirkte, so lasse ich -mir diese gefallen. Wie schwer hält es aber, daran +zu glauben+, wenn -man lediglich erwägt, daß die Renegaten die Religion der Zivilisirten -unsers Erdballs verlassen, um sich zu derjenigen der Halbbarbaren zu -bekennen. - -Ich kannte einen Renegaten, welcher in Verachtungswürdigkeit -seinesgleichen sucht. Durch die Abschwörung seines Glaubens hoffte er -steif und fest auf Beförderung. Er sprach von nichts lieber, als von -einem zu erhaltenden Orden, z. B. wie er die beste Wirkung für das Auge -thun werde. Er wählte sich ein Weib. Die Hochzeit verschlang seine -Barschaft. Er wünschte ein hübsches Mädchen. Er bekam, im Sinne der -Egypzier, eine Vettel. Er verstieß sie. Wenn die Sperlingseele würdig -wäre, dem großen +Cäsar+ verglichen zu werden, so träfen ihn die -Worte, deren +Curio+ für diesen Römer sich bediente, daß er der Mann -aller Weiber und das Weib aller Männer sei (~omnium mulierum virum et -omnium virorum mulierem~). Mehr darf man nicht sagen, um den niedrigen -sittlichen Standpunkt anzugeben. +Und das ist ein Renegat+, ein -gewesener Christ und ein nunmehriger Mohammetaner. Soll die Religion -dienen, zu irdischem Wohlleben und Glanze emporzuhelfen, so würdiget -man sie mit ruchlosem Herzen zur Magd roher Sinnlichkeit herab. - - -Müsterchen von Europäern in Egypten, oder ein Porträt über Kairo aus -Europa. - -Zu den pikanteren Dingen, nach meinem Geschmacke, rechne ich den -Lebenslauf der nach Kairo zerstobenen Europäer. Weil diese Stadt so -weit von Europa abliegt, so müssen Neigungen und Verumständungen -seltener Art die große Reise veranlassen. - -Die Europäer in Kairo verdienen im Ganzen den Ruf der Lockerheit. Gut -essen und trinken, reiten und müßig gehen u. dgl. treten als Hauptzüge -in ihrem Leben hervor. Das Schuldenmachen ist das Allerunschuldigste, -und das Nichtbezahlen der Schulden etwas Gewöhnliches. Daß auch -Personen höhern Ranges in Schulden stecken, ist freilich nichts -Bezeichnendes für die egyptischen Franken, und, dem guten Tone der -Europäer zu lieb, möchte ich es ja nicht tadeln. Ich kannte einen -General, welcher einem armen Schlucker an 100 Piaster schuldete. Dieser -begab sich oft zu ihm, die Anforderung zu erledigen. Es hieß immer -+morgen+. Und warum: +Morgen?+ Weil der Sold schon ein Jahr lang beim -Pascha ausstehe. Uebrigens bewegt sich dieser General auf einem sehr -glänzenden Fuße; viel Gesinde, Pferd und Kameel, Strauß und Fasan -und dgl. reden von seiner Herrlichkeit. Solchen Aufwand zieht er dem -Abtragen der Schulden und der Erleichterung eines geldbedürftigen -Mannes vor. Ein Angestellter, welcher bei einem monatlichen Einkommen -von 500 Piaster (an 200 Gulden R. W.) demselben ehrlichen Schlucker -schuldig war, überschwemmte sich lieber die Nacht hindurch in der -rauschenden Gesellschaft des theuren Bacchus, lieber bezahlte er Andern -die Zeche, lieber hielt er einen eigenen Esel, lieber bereitete er sich -andere Lustbarkeiten und Bequemlichkeiten, als daß er seinen Gläubiger -zufrieden stellte. Ich hüte mich wohl, den großen Ton lächerlich zu -machen, aus Besorgniß, daß man mich des kleinen Tones zeihe. - -Wer frisch in Kairo ankommt, und gerne Geld aushängt, der rechne -zuversichtlich auf Freundschaft, aber, mit Erlaubniß zu sagen, auf -eine Zungen-, keine Herzensfreundschaft. Der schwärzeste Undank folgt -meistens der Gabe oder dem beßtgemeinten Darlehen. - -Manche Europäer langen in Kairo an, ohne daß sie etwas mitschleppen, -als das Kleid am Leibe; denn auf alsbaldige Anstellung und damit auf -Eröffnung der Goldgruben zählen sie so sicher, als der gläubige Christ -auf das Erbe des Himmels. Wenn sie dann nicht geradezu betteln oder, -nach ihrer vornehmen Redensweise, Geld entlehnen, so schenkt ihnen noch -ein Gastwirth Kredit. Wunderbar sind die Künste der Berechnung. Bei -aller Armuth aber sind sie, in ihrer verbindlichen Stellung gegen den -Wirth, genöthigt, wohl zu leben, z. B. Wein zu trinken. So natürlich; -je mehr der Wirth aufschreibt, desto mehr gewinnt er; denn an irgend -einer Anstellung zweifelt Niemand. Aus einem Militär erstümpert man -exempelsweise einen Zeichenlehrer für die medizinische Schule. Der -Wirth spielt mit den neuangekommenen und geldentblößten Abendländern -Lotterie, welche ihm jedenfalls Vortheil bringt, muß er auch hin und -wieder eine Niete ausbezahlen. - -Daß Stümper, Weltlinge, am meisten noch Glücksritter, manche -Verschuldete, selbst auch Verbrecher eine große Zahl der Franken -in Kairo bilden, leidet wohl keinen Zweifel. In dem Kaffeehause, -wo Spanier, Franzosen, Engländer, Deutsche, Polen, Italiener und -Griechen bunt durch einander gemengt waren, konnte ich mich oft der -wunderlichsten Gedanken nicht erwehren: links saß vielleicht ein -Betrüger, rechts ein Dieb, vor mir ein Todtschläger. Ich will nun eine -biographische Skizze der Mittheilung nicht vorenthalten, ohne daß ich -jede Einzelnheit verbürgen möchte. - - -Undank für treue Liebe. - -Ein junger Mann gewann ein Mädchen lieb. Er war Katholik und sie -Protestantin. In seiner heimatlichen Gegend warf die Eingehung einer -gemischten Ehe ungemein viel Staub auf. Um die Schwierigkeiten auf dem -richtigsten Wege zu beseitigen, unternahm er eine Reise nach Rom. Hier -erlangte er von der Kurie die Erlaubniß zu einer paritätischen Ehe. -Auf der Heimreise hielt er sich eine Zeit lang in Triest auf, wo er, -als Mechaniker, das Auskommen zu seiner gänzlichen Zufriedenheit fand. -Er schrieb seiner Geliebten, daß ihm die Heirathsbewilligung ertheilt -worden sei, und daß auch sie die weitern Schritte thun solle, wodann -er ohne Verzug zurücktreffen werde. Die Eltern indeß, schon lange dem -katholischen Freier ungünstig, wußten während der Abwesenheit des -Liebhabers überwiegenden Einfluß bei der Tochter geltend zu machen. -Kurz, sie knüpfte eine andere Bekanntschaft an. - -Wem auch schon ruhige Augenblicke vergönnt waren, das Seelenleben nach -seinen Ursachen und Wirkungen zu durchschauen, findet in der Liebe eine -mächtige Triebfeder zu vielen eigenthümlichen und außerordentlichen -Unternehmungen. Tief ergriff die Nachricht von der Untreue des -Mädchens den Geliebten, welcher ein so großes Opfer, wie die Reise -nach dem entfernten Sitze des römisch-katholischen Oberhauptes, nicht -scheute. Es verdüsterte sich sein Gemüth in dem Grade, daß er Europens -überdrüssig wurde. Er reisete nach Jerusalem, und von dort nach Kairo. -In der Hauptstadt Egyptens suchte und erhielt er als musikalischer -Instrumentenmacher eine Anstellung bei der Regierung, obschon er von -der Musik so viel als nichts verstand, mithin auch die Instrumente -nicht stimmen konnte. Musikanten von seiner Bekanntschaft halfen ihm -aus der Klemme. Mittlerweile vervollkommnete er sich in der Kunst, -bis er durch Ohrenbläsereien und durch geheime Untergrabungen von -seiner Stelle verdrängt wurde. Später eröffnete er eine Bude, worin er -arabische Bibeln[21], andere Bücher und auch andere Dinge feil bot. -Hart prüften langwierige Ruhr und andere Mißgeschicke sein Leben. - - -Unter österreichischer Protekzion. - -In Ermangelung eines schweizerischen Konsulates mußte ich mich in ein -fremdes fügen. Ich hatte Ursache, das österreichische zu wählen. Als -ich in Wien die Arzneiwissenschaft studirte, wurde mir von Seite der -Hochschule zu viel Gutes zu Theil, um Oesterreich undankbar vergessen -zu können; als ich im Jahr 1834, zum Theile in schriftstellerischer -Absicht, eine Reise nach Wien unternahm, ward mir so viel Unterstützung -gewährt, wie ich sie kaum erwarten durfte. Zudem war es Anfangs schon -nicht ganz unwahrscheinlich, daß ich über Oesterreich zurückreisen -werde, in welchem Falle, dachte ich, am zweckmäßigsten der Reisepaß mit -den Visa der österreichischen Konsuln versehen wäre. - -In Kairo bedarf man, strenge genommen, keiner Aufenthaltsbewilligung. -Die egyptische Polizei bekümmert sich in der Regel um die Franken wenig -oder gar nicht. Einen Tag nach meiner Ankunft stellte ich mich bei -dem österreichischen Konsul, Herrn +Champion+, und drückte ihm meinen -Wunsch für österreichischen Schutz aus. Er nahm auf eine verbindliche -Art den Paß in Verwahrung, und damit war Alles in Ordnung. Der Aufnahme -von Seite des Herrn +Champion+ sowohl als des österreichischen -Generalkonsuls in Alexandrien, eines eifrigen Freundes der schönen -Künste und des Besitzers einer ansehnlichen Gemäldesammlung, zolle -ich meine wärmste Anerkennung. Ich fand an beiden Männern ebenso gut -unterrichtete als gefällige Rathgeber. Vielleicht würde man es missen, -wenn ich mit Stillschweigen überginge, daß mein Paß auch an der letzten -Stelle „gratis“ visirt wurde, weil es nicht überall der Fall ist. - -Ehemals herrschte die nicht selten lästige Sitte, daß die Reisenden von -den Konsuln zu Mahlzeiten eingeladen wurden. Es scheint sich dieselbe -zu verlieren. - - -Meine Wohnung. - -Am Tage meiner Ankunft suchte mich ein Schweizer auf, weil er vernahm, -daß ein Landsmann angelangt sei. Die Ferne nähert die Gemüther. -Wiewohl ich mich außerordentlich freute, einem Schweizer in so -großer Entfernung die Hand zu schütteln, so wollte ich dennoch mit -einiger Vorsicht mich einlassen. Denn die Schilderung der in Kairo -sich aufhaltenden Franken, die mir zu Gesichte kam, machte mich bei -Anknüpfung freundschaftlicher Bande eher furchtsam. Ich erfuhr aus -guter Quelle, daß der Schweizer ein wackerer Mann sei, und da ich dieß -bei jeder Gelegenheit selbst bestätigen konnte, so nahm ich keinen -Anstand mehr, mit ihm in freundschaftliche Verhältnisse zu treten. Er -ist aus dem schweizerischen Kanton Thurgau gebürtig, und sein Name -+Karl Baumgartner+: gewiß einer der edelsinnigsten Franken, die in -Kairo leben, ein Mann, dessen Andenken mir immer theuer bleibt[22]. - -+Baumgartner+ hatte ein halbes Haus in Miethe, und bei ihm lebte ich -in Aftermiethe. Daß ich auch hier auf zerbrochene Scheiben stieß, -dessen verwundere man sich nicht. In keiner größern Stadt sah ich so -wenig auf die Glasscheiben verwendet, als in Kairo. Blind vor Staub ist -die Menge, man läßt sich die Mühe zum Waschen reuen, und zerbrochene -Scheiben oder Scheibenlücken verunzieren selbst manches bessere Haus. -Die zerbrochenen Scheiben mochte ich aber auch hier nicht leiden. Wir -ließen den Glaser rufen. - -Ich wohnte im Frankenquartiere (Hârah el-Musky). Wo? kann ich hier so -wenig +genau+ angeben, als ich es vor dem Konsul konnte. Die Franken -sagen, bei wem sie wohnen, oder nennen auch einen Hauptplatz, ein Thor -u. s. f. Mein Zimmer war so hoch, wie eine Kapelle, und man hätte nur -einen Altar bauen dürfen, um in einer wirklichen Kapelle zu wohnen. -Eine Fledermaus, welche Nachts herum flog, erfreute sich eines so -großen Spielraums, daß sie, hin- und herflatternd, nie nöthig fand, an -meinen Kopf zu streifen. - - -Meine Nahrung und Getränke. - -Aus dem gebirgigen und kaltwinterigen Lande Europas in das niedrige und -heiße Land der Afrikaner versetzt, nahm ich mir vor, Alles pünktlich -zu meiden, was meine Gesundheit beleidigen könnte. Der Magen würde -schwerlich +unter+ dem Haupte liegen, wenn +er+ Herr im Leibe sein -müßte. Vorzüglich hütete ich mich vor dem Gemüse, vor grünen Früchten, -als: Bananen, Granatäpfeln, Datteln, Melonen, so gerne sie mich -verführt hätten. Sogar +gekochtes+ Gemüse schlug ich aus. Dadurch war -ich an den Tischen freilich nicht wenig geplagt. Man wartet hier mit -Fleisch und immer wieder mit Fleisch auf; viel Fleisch aber bekam mir -nicht gut. Zudem genießt es der Franke mehrentheils geröstet oder -gebraten, daß es leicht +Durst+ verursacht, +dem man beinahe um jeden -Preis vorbauen soll+. - -Neben leichtem Fleisch aß ich Reis, mit besonderer Vorliebe Milchreis -(~riso con latte e zucchero~), und nicht selten genoß ich Kartoffeln. -Die Fische kostete ich nickt einmal, weil sie Niemand für gesund hält. -Des Morgens erquickte ich mich am Milchkaffee, oder ich begnügte mich -auch nur mit Milch und Brot. Es trieb in der Frühe ein Araber Ziegen -vor die Hausthüre. Wenn ich ein Schnalzen mit der Zunge hörte, so -waltete kein Zweifel, daß der Melker angelangt war. Vor meinen Augen -molk er mit der geballten Hand, indeß er mit der andern Hand das Gefäß -vorhielt. Ich konnte mich überzeugen, daß ich unverfälschte Milch -bekomme. Noch warm getrunken schmeckte sie mir köstlich, und ich spürte -davon nicht im mindesten nachtheilige Wirkungen. Ich füge dem Gesagten -bei, daß die Milch der egyptischen Ziegen mit ihren Schafsohren, -angenehmer und milder schmeckt, als diejenige der Schweizerziege. - -Mein +Hauptgetränke+ war Nilwasser. Ich trank es meistentheils so, -wie es aus dem Flusse kam, bisweilen jedoch mit einem geringen Zusatze -von Rhum. Ich wußte recht gut, daß viele Arten von Unreinigkeiten in -den Nil fallen. Ich schöpfte mit der Hand aus dem Nil in den durstigen -Mund, während Stroh herumschwamm. Was hätte hier zögern und prüfen -gefrommt? Durst quälte mich, und mir stand nur ein +einziges+ Wasser -zu Gebote. Darum überließ ich das Grübeln Andern, und trank mit -Herzenslust. Das Nilwasser ist leicht und schmeckt vortrefflich. Von -jeher wurde dessen seiner gesunden Eigenschaft wegen mit Lob gedacht. -Es soll selbst auf den Tisch des Sultans in Konstantinopel gesetzt -werden. Man will beobachtet haben, daß der Nilschwamm, welcher mit -dem Wasser häufig getrunken wird, auf der Haut Knötchen (~boutons~) -erzeuge. Davon nahm ich an mir nichts wahr, ohne daß ich diese -Beobachtung in Abrede stellen möchte. +Alpinus+ sagt geradezu, daß sich -gewöhnlich alle Ankömmlinge in Kairo eine Diarrhöe zuziehen. - -In den fränkischen Wirthshäusern, will sagen, sowohl in dem Gasthause -(~locanda~), als in den Speisehäusern (~trattoria~), wird viel Wein -ausgeschenkt. Ich vermied ihn sorgfältig. Mich wunderte, daß die -Franken nach diesem schlechten Getränke, wie es in Kairo beschaffen -ist, so begierig haschen, wenn sie auch vor der Schuldenlast nicht -wissen, was sie anfangen sollen. Es schlenderten so häßlich berauschte -Franken auf der Gasse herum, daß ich mich für sie, des fränkischen -Namens willen, schämte. Willkommen war mir dagegen das fränkische -Kaffeehaus eines Griechen, wo ich keinen Tag fehlte, um Kaffee zu -trinken, dessen man sich unter diesem heißen Himmel nicht enthalten -darf. Ich trank ihn meist ~alla Franca~, d. h. mit Zucker, seltener -~alla Turca~, und in letzterem Falle, wie Andere, mit dem Satze, was -mir wenig Mühe kostete. Bisweilen genoß ich die köstlich bereitete -Orgeade oder eine Limonade. - -+Nachlese.+ Bei diesem Anlasse will ich mit wenig Worten meines -regiminellen Verhaltens erwähnen. Mehr als die Morgen- und Abendkühle -floh ich die Mittagshitze, welche, meines Bedünkens, am schädlichsten -wirkt. Der Abendkühle könnte ich nichts Nachtheiliges nachreden. Sie -war während meiner Anwesenheit in Kairo nicht vorhanden, sondern es -herrschte vielmehr des Abends bis zehn Uhr eine +gemäßigte+ Temperatur, -die nicht angenehmer hätte sein können. Wenn ich des Abends, bei der -lieblichen Witterung des Wintermonats, im windoffenen Kaffeehause -saß, konnte ich das herrliche Klima nicht genug preisen. Außer der -Mittagshitze, klage ich allerdings noch die Morgenkühle an. Der -Zureisende bringt, gleich den wohlhabenden Einwohnern, die frühen -Morgen am besten im Bette zu. Immerhin suchte ich den Unterleib warm -zu pflegen, und das Duften der Haut, wenn es einmal begonnen, zu -unterhalten. Es sollte Niemanden schwer fallen, eines so großen Gutes -willen, wie die Gesundheit ist, in gewissen Schranken zu leben. - - -Umgebung von Kairo. - -Bereits besuchte ich außerhalb der Stadt die Grabmale der Großen -(Turâb Kâyd-Bei). Die Umgegend verdient, daß man sich weiter umsehe. -Rückerinnerungen an erstere erweckte der Anblick +der Todtenstadt -el-Seydeh Omm Kâsim+. - -Reitet man von Altkairo gegen die Burg, so tönt es oft hohl unter -den Hufen des Thieres; es scheinen die Geister der grauen Vorwelt zu -klagen; man kommt über Schutt, über sandichte Schutthügel, welchen die -vielen rothen Ziegelscherben ein scheckiges Ansehen verleihen; es ist -Wüste; das Auge erholt sich nicht an einem einzigen grünen Gräschen. - -Das Turâb (Todtenstadt) el-Seydeh Omm Kâsim liegt südlich unter der -schroffen Wand des Mokatam, gleich am Fuße des Schlosses. An Umfang -gibt dasselbe einer kleinen Stadt nicht nach. Selbst das Bauwerk stellt -sich ansehnlich heraus, und mit dessen Kosten hätten mehrere hundert -egyptische Dörfer gebaut werden können. Auf diesem Leichenfelde verirrt -man sich staunend mit dem Auge in den Wald von kleinen Moscheen und -Minarets. Manches Prachtwerk aber zerfällt in einen Wirrwarr öder -Steine. Immerhin bleibt es eine Seltsamkeit, daß die Mohammetaner den -Todten mehr Ehre erweisen, als den Lebendigen. - -Wie sich allerwärts bei den Muselmännern der Unterschied zwischen den -Großen und den Geringern durch das Aeußere laut ankündigt, daß z. B. -der Große sein Weib einsperrt, während der Geringe das seine frei -herumgehen, selbst bei einem Christen den Hausdienst versehen läßt, -so besonders zeichnen sich der Großen Denkmäler, diese feierlichen -Grabesdome, aus. Was ist das Grab und Grabmal des Geringen? Wenige Fuß -tief wird Erde aufgeworfen, die Leiche hineingelegt, und darüber ein -kleines Gewölbe flüchtig gemauert; obenher bringt man einen, aus Stein -gehauenen, auf einer dünnen Unterlage ruhenden Turban an, welchen ich -deßwegen so nenne, weil ich weiß, daß er einen vorstellen +muß+, und an -der entgegengesetzten Seite erhebt sich etwa ein plumper Halbmond mit -seinen stumpfen Hörnern. Wenige Jahre halten die zusammengepfuschten -Steine aus, und sie verlieren ihren Zusammenhang, als wären sie -bloß zusammengedacht gewesen, werden jetzt aber dem Grabmaurer als -Baustoff erst wieder nützlich. Das ist das Grab und Grabmal eines -muselmännischen Geringen. Selbst auf dem stummen Leichenacker, -möchte man ausrufen, herrscht unter den Mohammetanern der schreiende -Despotismus der Großen; allein im Innern der Gräber bebt derselbe -beschämt vor der Wahrheit zurück: Der Staub aller Todten ist gleich. - -Die Nekropolis steht an Pracht und Aufwand weit hinter dem Gottesacker -Kâyd-Bei zurück. - -Auf den Grabstätten erzeigen sich diejenigen Moslims, welche dem -Christen den Eintritt in ihre Kirchen verweigern oder erschweren, sehr -tolerant. Ungehindert ritt ich in Kairo auf einem Esel kreuz und quer -über die Gräber. -- Die größten Todtenfelder liegen außer dem Umkreise -der Stadt[23]. - - -Die Wasserleitung. - -Schon auf der Burg empfahl sich meiner besondern Aufmerksamkeit -eine auf vielen Pfeilern ruhende, lange, steinerne Brücke, die -Wasserleitung, und ich war sehr begierig, in der Nähe sie zu besehen. -Will man nach Altkairo sich begeben, so ist es ihrer Bögen einer, -unter welchem der Weg durchführt. Der Wasserthurm (el-Migreh), als das -Haupt des Aquädukts, steht rechts am Rande des Nils. Man kann auf ihn -in einer unbedeckten Bahn reiten. Eben traf ich einige Weiber, welche -die Brustwehre mauerten; ihr Mörtel war Viehmist, welchen sie mit -heitern Mienen und zierlich mit ihren kleinen Fingern herumdrückten. -Die Hände der Schönen waren Mörtelkellen, um welche diese Egypzierinnen -von den Schönen Europas wahrscheinlich nicht wenig beneidet werden. -Oben kirren sechs Räder, von zwölf Ochsen getrieben, um das Wasser aus -der Tiefe zu schöpfen. Dasselbe wird in ein Becken ausgeleert, das in -den Kanal ausmündet. Der liefert das Wasser in die Burg. Eine weite -Strecke erhebt er sich hoch über die Erde. Erst in der Todtenstadt -el-Seydeh Omm Kâsim greift er in das Erdreich. Die Rinne selbst mißt -etwa zwei Fuß in der Breite und Tiefe. Der Nilschlamm, welcher sich aus -dem Wasser niederschlägt, wird mit Sorgfalt herausgeschafft. Ich ging -ein Stück weit neben der Rinne bis an einen Ort, wo die Wasserleitung -ausgebessert wurde. - -Nahe an dem Wasserthurme fängt der ungemauerte Nilkanal an. Dieser wird -jährlich zu seiner Zeit mit einem Damme querüber gesperrt, dessen -Durchschneidung dann die Anwohner mit großem Jubel feiern. Allahu akbar -(Gott ist groß); Gott läßt keinem Volke des Elendes so viel werden, daß -er nicht dann und wann in dasselbe eine Rose der Freude streute. - - -Altkairo und das armenische Kloster. - -+Altkairo+ oder ehemals +Fostât+, dann +Maser el-A’tykah+ der Araber -ist eine besondere, mit Mauern und Thoren verwahrte, nicht unbedeutende -Stadt im Süden und eine halbe Stunde von Großkairo, hart am Nil. Es -gewährt ein einförmiges, schwarzgraues Aussehen. Die Häuser sind hoch -und von Thürmen weit überragt; die Gassen enge und belebt, letzteres -wenigstens diejenigen am Hafen. - -Altkairo wurde im 20. Jahre der Heschira gegründet und 564. in Brand -gesteckt. - -Weil ich noch nie in einer armenischen Kirche war, so hatte ich kein -geringes Verlangen, das Kloster der Armenier zu sehen. Ich weiß nicht, -mit welchem Rechte man den Namen +Kloster+ gebraucht, da ich eben -keine klösterliche Einrichtung fand, wenigstens keine Mönche antraf. -Die Kirche stellte einen Saal mit weiß überkalkten Wänden vor, ohne -Glocke, ohne Beichtstuhl, ohne Stühle oder Bänke, ohne Seitenaltar. -Der Choraltar vergegenwärtigte mir die römisch-katholische Kirche. Als -der Führer in die Kirche trat, fuhr er mit der Hand öfter vom Herzen -zum Munde, nachdem er sie in einem kleinen Becken benetzt hatte, das -an der Mauer sich befand. Ich machte keine Zeremonie, so wenig als -ein Muselmann sich in Zeremonien eingelassen hätte, und der Führer -glotzte mich sehr seltsam an. Meinerseits konnte ich mich damit nicht -befreunden, daß er als Christ im Wesentlichen wie der Mohammetaner -gekleidet war. Vom armenischen Kloster wird nördlich Altkairo -geschlossen. - - -Das griechische Kloster und der Altar der heiligen Frau im koptischen -Kloster. - -Das griechische und koptische Kloster liegen nicht im Umfange von -Altkairo, sondern in einiger, wiewohl sehr geringer Entfernung davon, -nämlich in +Kaser-el-Schàma+, und sie bilden mit den um sie gedrängten -Häusern ein eigenes Städtchen. Noch nirgends sah ich die Häuser so nahe -beisammen, gleichsam auf einander geschoben wie hier. Der Sonnenstrahl -kann an den wenigsten Orten die Gasse erreichen. Mir kam es vor, als -sei ich von hohen, unförmlichen Felsenriffen umlagert, als wären die -ersten Einwohner in der Verwirrung hieher geflüchtet, und als hätten -sie sich in der gleichen Verwirrung ihre Gebäude aufgeführt. - -Als ich in das +griechische+ Kloster des seligen +Georgius+ kam, wollte -ich gleich wieder umkehren; denn es zeugte hier das wenigste von einem -Kloster. Wie in der Verborgenheit fand sich auf dem anderobersten -Stockwerke die griechische Kirche, die ich nur flüchtig anschaute. -Mehr sprach mich einen Stock weiter unten eine Säulenhalle an. Ich -entscheide nicht, ob ich mich glücklich preisen soll, daß ich keines -griechischen Priesters ansichtig werden konnte[24]. - -Nicht weit vom griechischen Kloster liegt, an einer sehr schmalen -Gasse, das +koptische+ zum seligen +Sergius+. Ich war schon ein -Stockwerk hoch und kehrte wieder um, weil sich mir nichts Klösterliches -darbieten wollte. Mein Geruchsorgan hatte sich an den Weihrauch und -an das Kellerichte feuchter Mauern, denen man in den Klöstern der -Lateiner begegnet, so sehr gewöhnt, daß ich an kein Kloster glaubte, -wenn jene fehlen. Doch alsbald trat ein alter, langbärtiger Mann mit -einem Turban daher; er hielt in seiner Hand einen großen, hölzernen -Schlüssel, mit dem er rüttelnd das Schloß öffnete. Ich war in hohem -Maße gespannt, die koptische Kirche zu sehen. Was ich von ihr sagen muß --- -- sie ist nicht schön, und im Zerfalle begriffen; vor dem Altare -erhob sich etwas Pultartiges wie bei den Griechen; am Altare selbst -nahm ich das Christusbild nicht wahr. Mehrere Bilder, z. B. eines, -welches die +Jesum+ auf dem Schooße haltende +Maria+ vorstellte, waren -um den Altar auf eine zu überladene Weise gehängt, sogar wenn sie keine -Stümpereien gewesen wären. Ist es wohl dem heiligen Zwecke gemäß, -daß ehrfurchtsvolle Erinnerungen durch stümperhafte Bilder beleidigt -werden? Nur blinder Fanatismus, verbunden mit krasser Unwissenheit auf -dem Gebiete der Kunst, kann an geweihter Stätte Fratzen leiden. - -Zwei Treppen führen in ein Gewölbe, an den Ort, wohin die heilige Frau -mit +Josef+ und dem +Christus+kinde geflohen sein +soll+. Am Lichte -einer Kerze stieg ich hinunter. Vergebens, daß man hier eine Grotte -oder Höhle suche. Alles ist Mauerwerk. Zudem müßte, meines Erinnerns, -die Höhle eine überirdische sein, weil die Kirche einen Stock hoch -liegt, und man gerade ebenso tief bis zu jener hinabsteigen muß. Die -Katholiken und Kopten haben ihre Verehrungsstellen durch eine Mauer -gesondert, und, um recht billig zu sein, möchte ich fragen: Wer weiß -es, daß die gefeierten Flüchtlinge gerade die Stelle am meisten berührt -haben, welche die Eifersucht der in verschiedenen Meinungen lebenden -Christen mit einer Mauer zudeckte? Den Lateinern gehört ein kleines, -ganz niedriges Gewölbe, auf dessen Boden ein Kreuz eingegraben ist. -Davor hängt ein Oelgemälde auf Holz, welches die heilige Familie -vorstellt. Die Kopten besitzen ebenfalls ein Gewölbe, auf dessen Boden -aber ein viereckiger Stein oder ein Altar ohne ein Zeichen steht. - -Beim Herausgehen aus der Kirche fielen mir in einem Winkel mehrere -Krücken auf. Sie werden von denjenigen, welche während des langen -Gebetes durch Stehen müde geworden sind, als eine Stütze gebraucht. - - -Der Tempel A’mrus. - -Bei dem alten Kairo liegt die älteste Moschee des Mohammetanismus, -nach ihrem Gründer A’mru genannt. Sie ist bereits verlassen, und -leicht wird den Andersgläubigen der Zutritt gestattet. Ich möchte -diese Moschee, von der noch zwei Thürme emporstreben, den Säulentempel -nennen; denn durch die Zahl der Säulen, welche auf 244 ansteigt, hat -sie etwas Ueberraschendes. In den Tempel getreten, und der Blick wird -gleichsam irre vor der Menge der Säulen. Die Eingangsseite, so wie die -östliche und westliche Seite sind zwar nicht sehr breit, wohl aber die -mittägliche, die allein über hundert Säulen zählt. Die Mitte zwischen -den Säulenhallen steht unter freiem Gotteshimmel, und in diesem -offenem Raume des Tempels bietet ein Kuppelbrunnen ein freundliches -Aussehen. Die Kuppel wölbt sich über ein Becken voll Wassers, und -den Brunnen umgibt außen eine Reihe kleiner Röhren, welche mit dem -Wasserbecken in Verbindung gebracht sind. Ich zog den Stöpfel einer -solchen Röhre und das Wasser quoll sogleich heraus. Dieser Brunnen -dient den Mohammetanern zu der religiösen Handlung der Waschungen. -In der Nähe des Brunnens erholt sich der trümmermüde Beobachter an -dem Grün einer Palme, und gleich daneben an den Blüthen eines andern, -in eine Mauer eingesperrten Baumes. Diese Bäume werden unzweifelhaft -für heilig gehalten. Vermag das Abendland auch unter freiem Himmel -aufwachsende Bäume in den Kirchen aufzuweisen? Die mittägliche Seite -der Gâma’ +A’mrus+ will als der eigentliche Tempel betrachtet werden. -Gegen den offenen Hofraum findet sich eine kleine Emporkirche von -mühsam gearbeitetem Holze. An der Mauer erhebt sich in der Mitte -eine Kanzel (Mambar) ebenfalls von Holz. Weiter greifen in die Mauer -etliche Nischen (Mahrab). Nach den Mahrab wendet sich das Volk beim -Beten, indem sie genau die Lage der Kâba in der großen Moschee zu -Mekka angeben. Vom platten Dache hängen Vorrichtungen zur Beleuchtung -herunter. Der Hauptkarakter der Kirche ist ein frohmüthiger, offener, -und der völlig entgegengesetzte mancher katholischer Kirchen, in -welche das Sonnenlicht erst fallen darf, nachdem es durch farbige -Scheiben gebrochen worden. Oder nicht zufrieden mit dem Düsterlichte -in der Kirche, welches zur Wehmuth stimmt, gräbt man sich Kapellen, um -während des Tages die Nacht heraufzubeschwören, welche man durch ein -künstliches, von vielen Seiten her zusammengebetetes Lichtchen erhellt. -Das Licht der Sonne, als Geschenk des Himmels, wird sonderbarerweise -ungern gelitten. - -Um auf die Säulen zurückzugehen, so sind, wo nicht alle, doch die -meisten antik. An vielen haben sich die korinthischen Knäufe recht -schön erhalten. Von Säule zu Säule springt ein Bogen. Eine Reihe Säulen -ist am offenen Raume verwittert. Es scheint, der saumselige Vizekönig -erwarte eine Subskripzion von Seite abendländischer Christen, um die -älteste Moschee Egyptens vor gänzlicher Zertrümmerung zu retten. -Schwerlich macht der herschende Moslim das Vernachlässigte dadurch gut, -daß er mit den Großen, Beamteten und Offizieren des Reichs jährlich -einmal die greise Gâma’ des Helden A’mru besucht. Aeußerer Pomp wird -von der Welt oft für innige Herzlichkeit tausch- oder täuschweise -gegeben und genommen. - - -Der Garten Ibrahim-Paschas und der Nilometer auf der Insel Ruda. - -Man geht durch die fruchtbaren Felder Gabel, ehe man zum Nilarme -gelangt, über den man setzt, um das Eiland Ruda zu erreichen. - -+Der Garten Ibrahim-Paschas+, welcher von einem Engländer angelegt -ward, gewährt einen paradiesischen Anblick. Manches, welches der -Okzident und der Orient spenden, findet man hier geschmackvoll -zusammengestellt. So schön der Schwarzenbergische und Lichtensteinische -Garten in Wien sind, so gewiß erscheinen sie als Gerippe, wenn man -sie dem Garten +Ibrahims+ entgegenhalten wollte. Datteln, Sykomoren, -Pappeln, Maulbeerbäume, Birken, Aloe und so viel einjährige Pflanzen -sind alle in einen Rahmen gefaßt. In den Armen dieser schwelgerischen -Natur beneidete ich, ich darf bei meiner Treue versichern, den -Nordländer um seinen Herbst nicht im mindesten. Einzig die gepflückte -Rebe vergilbte zum Theile, trieb indeß neben dem gelb gewordenen Laube -die schönsten grünen Schosse. Die Rebe wächst zahlreich, und wird -ebenso wenig an Pfählen aufgezogen wie in Lossin. - -Das Lusthaus im Garten birgt eine künstliche Grotte, die mit prächtigen -Muscheln vom rothen Meere ausgekleidet und eine wahre Augenweide ist. -Manche, welche den Garten besuchen, denken jedoch nicht billig genug; -schon sind mehrere Muscheln weggerissen, weil diese zum Andenken -mitgenommen wurden. Der Selbstsüchtige zerstört Andern, was er selbst -bewundert. In dem Haupttheile des Gebäudes, gegen Mittag, steht ein -großes Wasserbecken. An den Wänden desselben befinden sich mehrere -Oeffnungen, wodurch das Wasser fließt, um das Becken zu füllen. Es -stand leer, und mir schien das Pavillon nicht ganz ausgebaut zu sein. - -Mich zog noch ein ungemein poetischer Gegenstand an, wenn man anders -für des Abbate +Casti+ ~gli animali parlanti~ Begeisterung fühlt; ich -meine, ~sit venia verbo~, den -- Viehstall. Eine Mauer schließt das -Vieh ein; kein Dach schützt vor Sonnenhitze. Der Viehstall ist daher -nur eine Art Viehhof oder eine Art Pferch. Zwei Krippen liegen neben -einander, von einer Mauer getrennt, welche die Höhe des Viehes hat. -Ich zählte im Hofe fünf und zwanzig Ochsen, welche die erforderlichen -Eigenschaften besessen hätten, ein Küheharem zu bewachen. Alle Ochsen -waren mit einem Stricke um den Hals an die Krippe gebunden. Durch diese -drang zu solchem Zwecke an der Vorderwand eine längliche Oeffnung. -Der Stallboden war die Erde und zwar so trocken, als unsere hölzernen -Stallböden. Als Futter erhält das Vieh gehacktes Stroh, welches in -einem Winkel des Hofes unter freiem Himmel aufgespeichert war. Das Vieh -scheint mit dem Häcksel zufrieden zu sein. Die europäischen Viehärzte -dürften sich hier nicht darüber ärgern, daß die zu sparsame Lüftung der -Ställe eine Menge Krankheiten hervorrufe. - -Der +Nilometer+ oder +Mekia+, auf der Spitze der Insel Ruda, liegt -+Altkairo+ gegenüber. Ehe ich den eingefangenen Nil zu sehen -bekam, mußte ich mich zu einem Effendi verfügen, um von ihm die -Erlaubniß auszubitten. Ein graubärtiger, schöner Mann hockte auf dem -Diwan, die Pfeife im Munde; daneben mehrere Männer, wahrscheinlich -Schreibgesellen. Ich zog den Hut ab, wozu mich der Dragoman anwies, und -dieser fragte mich, was ich wünsche? Ich möchte den Nilometer sehen, -antwortete ich ihm ohne Titel und Komplimente. Es bedurfte des Weitern -nicht, noch der Bezahlung einer Gebühr, die Erlaubniß ward ertheilt, -und der Dragoman ging mit mir von hinnen. - -Wir kamen an der polternden Pulvermühle und an der Salpeterfabrik -vorbei. Ich schüttelte beinahe ungläubig den Kopf, als der Dragoman -mir eröffnete, daß wir beim Nilmesser waren, so wenig wurde meine -Erwartung befriedigt. Ueberspannte Erwartungen schaden gerne der -treuen Anschauung des Gegenwärtigen; denn von der Höhe stürzt die -Phantasie in die Tiefe, und verfehlt so die rechte Mitte. Der -Nilmesser wird von zerfallenen Mauern umgeben, welche einen sehr übeln -Eindruck hervorbringen und zurücklassen. Er sieht wie ein viereckiger -Brunnenkasten aus. Der Mitte entsteigt eine nicht sehr dicke, -achteckige, maurische, mit einem ganz kunstlosen Vierecke bedeckte -Säule. Diese bezeichnen, wie einen Zollstab, regelmäßig von einander -entfernte, jedoch nicht mehr sehr scharfe Kerben. Das Wasser in dem -Nilmesser steht mit dem Wasserspiegel des Nils in gleicher Höhe, und -darum kann man an der Säule das Steigen und Fallen des Nils genau -beobachten. Früher soll der Aufseher über die Nilmessung sein Leben -im Spiele gehabt haben, wenn er die bestimmte Höhe nicht sogleich -verzeigte. Man leitete meine Aufmerksamkeit auf den hohen Stand des -Wassers, welcher der Befruchtung des Nilthales günstig sei. - -Man glaubt hie und da in Europa irrig, daß je höher der Nil steige, -desto mehr Vortheil dadurch Egypten erwachse. Gerade in einem -der letzten Jahre verstieg sich der Nil, und die Ernte einiger -Bodenerzeugnisse fiel minder ergiebig aus. - -Der Nil fängt in der Mitte Brachmonates an zu schwellen, und Ende -Herbstmonates nimmt er seinen höchsten Standpunkt ein, wo dann viele -Gegenden unter Wasser gesetzt sind[25]. - -Die Goldader Egyptens gibt zum größten Volksfeste Anlaß, wenn sie am -stärksten angelaufen ist. Früher soll die barbarische Sitte geherrscht -haben, daß man, zu Erhöhung des Festes, allemal eine Jungfrau in den -Nil warf. Von der Sitte blieb nur noch die reich ausgeschmückte Barke -übrig, in welcher man auf dem Flusse herumfährt. - - -Ausflug nach Heliopolis und Abusabel. - -Es war Frühlingsanfang, der letzte Tag des Weinmonates und der erste -des Wintermonates. - -Verläßt man auf der Morgenseite die Stadt, da stellt sich der stattlich -emporsteigende Mokatam, und selbst der Schweizer muß diese Kuppe des -arabischen Gebirges der Aufmerksamkeit würdigen. In der Nähe hörte man -zur Linken das Rauschen der Marktleute, zur Rechten das Trommeln und -Trompeten der Kriegsknechte; zur Linken sah man hier ein Kaffeezelt, -einen Garkochofen, dort für ein Soldatenweib eine Hütte von solcher -Höhe, daß es darin weder stehen, noch gehen, sondern nur kriechen kann, -manche Wohnung selbst ohne Obdach, und zur Rechten eine Menge Zelten, -unter denen das Kriegsvolk gelagert ist, zur Linken den dornreichen -Kaktus in üppiger Zahl, und zur Rechten weiterhin das Nichts der -Sandwüste. Mein schauendes Auge wetteiferte mit dem horchenden Ohre, -und der Nebel, welcher jenem die Seheweite streitig machte, konnte den -Wetteifer nicht lähmen. - -Kaum hatte ich das Freie gewonnen, so wendete ich mich links. Die -noch nicht gänzlich zurückgetretenen Wasser der Überschwemmung -erschwerten mir ein wenig das Reiten. Ich lustwandelte in einem -Walde von Zitronenbäumen, auf denen, selbst auf dem gleichen -Baume, wohlriechende Blüthen mit grünen und reifen, gelben Zitronen -wechselten, und schon stand ich +in Mattarieh vor dem Baume, wo die -heilige Familie ausgeruht haben soll+. Ich dachte zum Voraus, die -Araber werden mich nicht täuschen können, weil die geschäftigen -Christen ohne Zweifel ihre Namen in den Baumstamm eingeschnitzt -haben würden. Und dem war also. Frömmigkeit, mit Eitelkeit gepaart, -hinterließ mehrere Denkmäler, welche dießmal übrigens den Nutzen -stiften, daß sie den Baum den Neugierigen kenntlich machen. Mitten -in einem Zitronenwalde erhebt sich ein sehr dicker, ein gespaltener, -leicht zu ersteigender Strunk. Darauf trieb ein dünner, kaum zehn Fuß -hoher Stamm mit frischem, grünem Laube, eine Sykomore. Das ist +der -Marienbaum+. Der Schatten desselben zerfließt in den Schatten der -umstehenden Zitronenbäume, und verbreitet angenehme Kühlung. Ich möchte -sein hohes Alter nicht bezweifeln. - -Außer dem Walde erblickt man gleich nordwärts den Obelisken bei Samur -Baosbeh oder in der verschwundenen Stadt +Heliopolis+ (On)[26]. Elende -Hütten stolziren jetzt auf einer Stätte, die so reich an Erinnerungen -ist. Das Hinschwinden der aus den Händen der Menschen hervorgegangenen -schönsten Werke quälte auch hier meine Seele mit bittern Gefühlen. -Wie werden die Werke unserer Tage nach Jahrhunderten zerschlagen und -zerstört sein? Der einzige heliopolitanische Ueberrest von Bedeutung -ist ein Obelisk, dem ich mich mit geflügeltem Fuße näherte. Derselbe -steht aufrecht, scheint mir aber etwas niedriger, als die Nadel der -+Kleopatra+. Die Hieroglyphen sind auf allen vier Seiten deutlich, -zumal diejenigen auf der nördlichen und westlichen Seite. Die südliche -Seite wurde von der Sonne etwas gebleicht. Sogar der Farbstoff im -rothen Granit des Obelisken vermag sich nicht in die Länge unverändert -zu erhalten. Die Stabilität kann vor den immermehr sich erneuernden -und häufenden Lehren der Wandelbarkeit nicht +bestehen+; allein dieß -hindert sie nicht, sich recht bequem zu machen und niederzulegen, -und so vegetirt sie, wenigstens in der Einbildung, doch fort. Die -Hieroglyphenfurchen auf der östlichen Seite sind mit Sand vollgeblasen. -Der Regen bildete mit dem Staube eine Paste, welche sich in jenen -Furchen ansetzte. Die Nordseite hat die frischeste Farbe und ist -am schönsten. Vergleicht man die Obelisken der +Kleopatra+ und der -Heliopolis, so fragt man sich: Warum hat das Denkmal zu Alexandrien im -Laufe der Zeit weit mehr gelitten als letzteres? Es wird einleuchten, -daß der an der Küste, häufiger als in Heliopolis, fallende Regen -zerstörender wirken mußte. Die Erhaltung mancher Alterthümer in dem -guten oder erträglichen Zustande hat Egypten dem seltenen Regen zu -danken. Es rettet manchmal, wenn man so sagen darf, ein blindes -Geschick, indeß vor den offenen Augen der Vorsicht und Sorgfalt etwas -zu Grunde geht. Hätten die egyptischen Denkmäler, z. B. die Pyramiden, -Europa gehört, so wären sie viel unscheinbarer, manche wohl nicht mehr. -In 2000 Jahren wird der Obelisk von Luxor in Paris von dem Gesagten -Zeugniß ablegen. In Egypten gab es einen wunderbaren Zusammenfluß -günstiger Umstände, um der spätern Nachwelt so Vieles zu überliefern. - -Der Obelisk stand so einsam als ehrwürdig mitten in halbgroßem Mais. -Eines Fellahs konnte ich nicht so leicht los werden. Er meinte, -ich sollte ihn dafür beschenken, daß ich einen Stein im Freien der -Welt Gottes betrachtete. Wären derlei Leute Gebieter, so würden sie -vielleicht einen jährlichen Tribut von dem Mitmenschen dafür erpressen, -daß er sich am Scheine der Sonne erquicken dürfe. Wo die Leute im -blindesten Despotismus erzogen werden, da verschließt sich auch ihr -Sinn, wie des Despoten selber, für die natürlichen Rechte der Menschen. - -Dieser Sehenswürdigkeit wegen mußte ich einen kleinen Abstecher machen. -Bald aber hatte ich den breiten Weg der Wüste wieder eingeholt. Ich -dachte an unsere wohllöblichen Straßenbaukommissionen und Baumeister, -an unsere Zölle und Zöllner, an unsere Straßenbüreaukraten und Bauern, -welche den Schweiß ihres Angesichtes wie den Kies auf die Straße -schütten u. dgl. Zwischen Kairo und Abusabel nichts von Allem. Die -Wüste ist die breite Straße für Jedermann sonder Hinderniß eines -Schlagbaumes. Ohne den Staat oder die Ortschaft mit Kosten zu belasten, -treten die Kameele in ihren langen Zügen gleichsam Geleise in den Sand, -und das Abfordern des Zolles wäre eine Stimme in der Wüste. - -Ich kam nach El-Mark. Hier steht ein Kaffeehaus ~alla Turca~. Ich -sprach zu. Die arabischen Kaffeehäuser stellen einen, um es schlicht -zu nennen, offenen Schuppen vor. Das Wandwerk ist von Mauer. Vom -irdenen Boden des Kaffeehauses genießt das Auge Freiheit bis ans -- -Dach hinauf. Auf einer Seite sieht man die Kaffeeküche, auf der andern -den mit Strohteppichen belegten Diwan, welcher wie ein Sims die Mauer -begleitet. Da hocken denn die arabischen Kaffeetrinker, deren lange -Pfeife bis auf den Boden herabsteigt. - -In El-Mark beginnt ein bedeutender Wald schattenarmer Dattelpalmen. -Darauf erreichte ich den belebten Ort Chanka. Von da führte mich -der Weg durch eine wüste Gegend, die häßlichste Einöde, nach der -egyptischen medizinischen Fakultät Abusabel; das biblische Gosen zur -Rechten. - -Der in Egypten angekommene Abendländer ist in der ersten Zeit von -mancherlei Aengstlichkeiten befangen. Er glaubt sich unter die Araber -kaum recht mischen zu dürfen; mit Unrecht. Der Weg von Kairo nach -Abusabel beträgt vier Stunden, und ich ritt unbedenklich allein, und -man hat überhaupt weder bei Tage, noch bei Nacht Lebensgefahr zu -befürchten. Ich fand den Weg durch die vielen wandernden Menschen, -die Kameele, Esel, Pferde so lebhaft, wie irgend eine europäische -Hauptstraße, sogar in der Nähe einer Stadt. Im Vergleiche mit Europa -bewegen sich weit mehr Leute auf den Straßen als auf den Feldern. -Wegen der Lebhaftigkeit ergötzt auch die Straße nach Abusabel, man -durchmustert die fremdartigen Gesichter und Geberden, Trachten und -Ladungen u. s. f. Stolz sitzt der Beduine auf dem Pferde, einen kurzen -Säbel und Pistolen im Gürtel. Zuerst macht der Anblick dieser Waffen -einen unangenehmen Eindruck; bald aber gewöhnt man sich so vollkommen -daran, daß man sie nicht mehr beachtet. Uebrigens tragen die wenigsten -Leute Waffen. So bestellt der Bauer (Fellah) unbewaffnet sein Feld. -Erinnern sich alle Europäer, daß vordem, sich mit einem Säbel zu -versehen, auch bei ihnen Sitte war? - -Wenn man auf diesem Wege durch topfebene und wüste Gegenden, in -denen selten ein kleiner Garten prangt, wandert, so wird man -sich überzeugen, daß ein Theil der Wüste lediglich auf Rechnung -menschlicher Nachlässigkeit fällt; er könnte bald in ein lachendes -Gelände umgeschaffen werden. „Sorgfalt ersetzte oft, was hie Natur -versagte (+Strabo+)“. Wirklich erblickt man hin und wieder Spuren von -Bewässerungskanälen, den unwidersprechlichen Zeugen einer vormaligen -Bodenkultur. Würde der Pascha geruhen, den Bauer dadurch aufzumuntern, -daß dieser seiner Ernte sicher und froh werden könnte, große Striche -Landes müßten in kurzer Zeit der Wüste abgedrungen werden. Ueberdieß -verkündigen die +angebauten+ Felder nicht allenthalben Fleiß und -Sparsamkeit. Wahr ist, daß z. B. das Delta die Arbeit des Fellah -mit schweren Ernten lohnt; allein ein so fruchtbares Land muß etwas -hervorbringen, wenn man damit auch nur ein wenig sich bemühen mag; -etwas im Feldbaue müssen die Leute jenes unermüdlichen Landes doch -wohl verstehen, auf welchem so viele Jahrtausende hindurch unaufhörlich -Früchte gediehen. Man gebe den Bienen des Nordens die gleiche Sonne, -den gleichen Nilschlamm, die gleichen Ueberlieferungen, -- was +neue+ -Wunder würden erstehen. - -Bei +Abusabel+ ward ich an einen Italiener empfohlen, und diese -Empfehlung erwies sich sehr nützlich; ein Wirthshaus mangelt, und -in die arabischen Hütten zu kriechen, wandelte mich eben keine Lust -an. Es ist eigentlich früh genug, das Kreuz aufzunehmen, wenn man -dazu gezwungen wird, vorausgesetzt, daß man sich überhaupt -- nicht -verweichliche. Dießmal wäre es um so umständlicher gewesen, über Nacht -ein ordentliches Obdach zu finden, da die Nilüberschwemmung seit einem -Monate das eigentliche Dorf Abusabel von den medizinischen Anstalten -trennt, und man nur zu Schiffe von einem Orte zum andern gelangt; nicht -eher als in zehn bis fünfzehn Tagen werde, hieß es, die Verbindung zu -Lande wieder hergestellt. - -Die medizinischen Anstalten bei Abusabel, im Nordost von Kairo, liegen -in einer fruchtbaren Gegend. In der gegenwärtigen Ueberschwemmungszeit -gefiel sie mir nicht. Das Land war mit zu viel Wasser bedeckt, woraus -Gebüsche und Bäume einsam auftauchten; und wo es vom Wasser nicht -bespült wurde, behauptete die Wüste ihre grause Herrschaft. - -Das niedrige, einstöckige Gebäude verspricht wenig von Ferne. Es -bildet vier Höfe. Die nähern zwei gehören der Veterinärschule, und -die entferntern oder dem Dorfe Abusabel nähern bilden den Sitz der -medizinischen Schule. Zuerst sei von dieser die Rede. - -Nähert man sich der Hochschule von Chanka aus, so steht links ein -ungewöhnlich langes Haus, die Wohnungen für die Angestellten, die -Professoren, Pharmazisten, Uebersetzer u. s. f. Es öffnen sich eine -Menge Thüren ebener Erde nach einander. Jede führt zu einer Wohnung. -Rechtshin tritt man in die eigentliche +medizinische Schulanstalt+. -Diese besteht aus einem viereckigen Gebäude, welches einen geräumigen -Hof umfängt, und im Umfange des letzteren breitet sich, neben dem -besonders stehenden Anatomiegebäude, der sogenannte botanische Garten -aus. - -+Das anatomische Theater+, ganz nach europäischem Geschmacke, schön -gemalt und mit arabischen Schnörkeln überschrieben, ist sehr hell, -und entspricht seinem Zwecke vollkommen. Eine in ein Tuch gehüllte -Wachsfigur stand beinahe in der Mitte. An einer Wand fesselt die -Aufmerksamkeit ein Glaskasten, worin der Anfang einer ornithologischen -Sammlung aufbewahrt wird. Vor dem Theater, im gleichen Gebäude, aber -auf der mittäglichen Seite, tritt man in den +Sezirsaal+. Auch an -diesem wußte ich nichts auszusetzen. Es lagen eben vier, mit einem -Tuche zugedeckte, halbschwarze Leichen auf den Sezirtischen, jede -auf einem. Zwei waren von der beginnenden Verwesung schon häßlich -gefärbt, und erfüllten die Luft mit einem sehr übeln Geruche. Das -heiße Klima stellt den Sezirübungen in Egypten viele Schwierigkeiten -entgegen, wenigstens viele Unannehmlichkeiten zur Seite. Bereits -hatten Ferien begonnen. Gleichwohl begünstigte mich das Glück, einen -Vortrag zu hören, nämlich dem Operazionskurse des Herrn Duvigneau[27] -beizuwohnen. Der Lehrer in europäischer Kleidung, auch mit einer -Schürze angethan, stand am Sezirtische, gleich neben ihm der Dragoman, -ein Araber von etwa fünfundzwanzig Jahren. Die arabischen Studenten -schaarten sich um den Tisch. Sie trugen rothe Mützen, eine weiße, -über der Brust zugeknöpfte Weste mit Ermeln, weiße, den untern -Theil der Weste umfassende Pumphosen und Schuhe, die weiter nicht -auffielen, doch keine Strümpfe. Die jungen Leute mochten ein Alter -von fünfzehn bis fünfundzwanzig Jahren zurückgelegt haben. Der -Professor hob damit an, über die Amputazionen Lehren zu ertheilen; -er unterschied sie in solche, die in und außer der Kontinuität des -Knochens vorgenommen werden. Jede Phrase übersetzte ein Araber leicht -und schnell aus dem Französischen des Professors ins Arabische. Daß -dergestalt die Mittheilung mühsam sich dahinschleppe, sieht Jedermann -ein. Ohne Noth aber verstrickt der Professor seine Gedanken in lange -Perioden mit Zwischensätzen. Daraus folgt unzertrennlich, daß die -Aufmerksamkeit der Zuhörer mehr zerstreut wird. Uebrigens schauten -und horchten diese möglichst aufmerksam, als wären sie die Erfinder -der Aufmerksamkeit. Einer gab oft zu vermerken, daß er den Vortrag -begreife. Ein empfindsamer Araber hatte seine Nase mit Papier oder -etwas Anderem vor dem Wohlgeruche der Leichen verstopft, ungefähr so, -wie man es einer sentimentalen Miß von London verzeihen würde. Unter -den Augen der Zuhörer unternahm der Professor, nachdem er das blutige -Heilverfahren aus einander gesetzt hatte, die Amputazion eines Fingers. -Weder der Vortrag, noch die Art, wie der Lehrer operirte, verhieß -Ausgezeichnetes. Er schien indeß mit Gewissenhaftigkeit seinem Berufe -abzuwarten. Jeder Mensch mag sich beruhigen, welcher sein Pfund redlich -gebraucht. - -+Apotheke.+ Es wäre unnöthig, eine europäische zu beschreiben. - -+Laboratorium+: Dieses ist hübsch ausgestattet, und sicher gebricht -es nicht am Lehrstoffe, wenn nur die Zöglinge genug Lust und genug -Fähigkeit zum Lernen besitzen. - -Die +Krankensäle+ sind zugleich die klinischen Säle, und sehr ähnlich -denen in den Abtheilungen des allgemeinen Zivilkrankenhauses zu Wien. -Der gefüllte Bettsack ruht entweder auf dem hölzernen Käfiche, der -gewöhnlichen egyptischen Bettstelle von Palmzweigen, oder auf einem -eisernen Gestelle. Das Kissen fehlt nicht; die Bettdecke ist von -grober Wolle. Neben dem Bette befindet sich ein Trinkgeschirr oben -und ein Pot de Chambre unten. Ueber die ärztliche und wundärztliche -Behandlung der Kranken kann ich, leider, das Wort nicht ergreifen. -Die Visiten geschehen Abends 9 Uhr und Morgens um 11 Uhr. Alles aber -empfahl sich nicht minder durch Reinheit und Ordnung, als durch einen -bessern europäischen Geschmack, daß ich an der zweckmäßigen Behandlung -nicht zweifle. Abends (zur Asserzeit) wurden die Speisen ausgetheilt. -Ich kostete die Reissuppe, und, wegen ihrer Schmackhaftigkeit, würde -ich gerne sogleich eine Portion genossen haben. Das Schicksal der -hiesigen arabischen Kranken leiht nicht den entferntesten Grund, von -den Europäern bemitleidet zu werden. Die Säle enthalten die Krankheiten -nach der Eintheilung in innere und äußere (~internes et externes~). -Diese Eintheilung ist in französischer Sprache über den Thüren -aufgeschrieben. Hinwieder trägt jeder Saal eine Nummer. Demnach durften -die Franzosen, wie es scheint, ihre Heiligen aus dem ~Hôtel-Dieu~ in -Paris nicht herüberbringen. Um nicht den Verdacht zu wecken, daß ich -bloß ein neugieriger Laie sei, wollte ich den Saal der Lustsiechen -nicht betreten. In den Krankenzimmern führten mich etliche Studenten -herum; denn sobald sie die Anwesenheit eines europäischen Hakim (Arzt) -erfuhren, kamen sie mir mit Freundlichkeit zuvor. Sie drückten sich in -französischer Sprache leidlich aus. Die Zahl der sämmtlichen Studenten, -d. h., der Mediziner, Chirurgen und Pharmazeuten, wußten sie mir nicht -anzugeben. Man muß gestehen, daß die europäischen Studiosi lieber -kalkuliren. Ich vernahm aus dem Munde der Abusabler-Studenten nur so -viel, daß 41 die Klinik besuchen. Die Gesammtzahl der Zöglinge beläuft -sich etwa auf 200. - -Von den +Hörsälen+ sah ich zwei. Sie waren eben angefüllt; allein -man ertheilte bloß Unterricht, der Methode nach wechselseitigen, -in der französischen Sprache, indem man den Koran übersetzte. Das -laute Brummen in tiefem Basse sticht schroff ab gegen das feinere -Bienengesumse unserer Primarschüler in Europa. Die Hörsäle haben in -ihrer Bauart nichts Ausgezeichnetes für den Abendländer. Ein Katheder -ist vorne für den Lehrer angebracht; Bänke folgen sich in regelmäßiger -Reihung, so daß die auf europäische Weise sitzenden Schüler dem Lehrer -ins Gesicht sehen. Auch während des Kollegiums bedeckte die rothe Mütze -den Kopf. Es herrschte Ordnung und Ernst; kein Hin- und Hergehen, um -sich zu zerstreuen. - -Die +Steindruckerei+. Ich wurde überrascht, als eine solche mir gezeigt -wurde. Zwei Araber druckten eben etwas zum Behufe des Krankenhauses. -Französisches und Arabisches standen neben einander auf den Druckbogen. -Die französische Schrift war korrekt, der Abdruck aber dießmal ein -wenig schmutzig. Die Korrektheit freute mich um so mehr, als man in -europäischen Winkeln, nicht so gar selten, von den gröbsten Verstößen -geärgert wird. Diese Steindruckerei ist einzig für die höhere -Lehranstalt bei Abusabel bestimmt. - -Der +botanische Garten+. So heißt man im Hofe einen Garten, welcher an -Ueppigkeit und Pracht wohl die europäischen Gärten übertrifft, dagegen -der eigentlich wenigen Pflanzen wegen diesen Namen in der That nicht -verdient, gewiß nicht einmal den eines ~Egyptiacum~ verdienen würde. -Wie viel kann hier noch geleistet werden. - -An der medizinisch-chirurgischen Lehranstalt, die im Jahr 1828 ihren -Wirkungskreis eröffnete, sind folgende Professoren angestellt: - - für +Botanik+ und +Arzneimittellehre+: +Figari+; - - für +Physiologie+: +Seisson+; - - für +Pharmazie+: +Pacthon+; - - für +Chemie+: +Berron+; - - für +Pathologie+ und +Therapie+, so wie für +medizinische Klinik+: - +Duvigneau+; - - für +Chirurgie und chirurgische Klinik+: +Seisson+. - -(Sonderbar aber, daß nicht +Seisson+ den Operazionskurs gab.) - -Der Lehrstuhl der +Anatomie+ ist seit dem Austritte +Fischers+ -einstweilen erledigt. Durch Eifersucht verdrängt, erwarb sich -dieser Deutsche doch die bleibende Achtung der Bessern. Es ist für -den Tugendhaften sehr aufmunternd, daß er, bei Mißkennung seiner -Bestrebungen, an den Rath seines vor Gott offenen Gewissens und an das -Synedrium der Besseren in der Welt appelliren kann. - -Die +Veterinärschule+ stößt an die eben beschriebene medizinische. Der -Vorsteher derselben, mit Namen +Ammon+, ein junger Franzose, bezieht -von der Regierung einen monatlichen Gehalt von 5000 Piaster (über 600 -Gulden R. W.). - -Das Vieh mit äußeren und inneren, so wie insbesondere mit ansteckenden -Krankheiten ist in den Ställen geschieden. Diese, mit einem Dache -versehen, werden reinlich gehalten. Ein Gesimse von Mauerwerke nimmt -ziemlich große, irdene Töpfe auf. Je einer für ein Stück Vieh, -vertreten sie die Stelle einer Krippe. Harnrinnen sucht man indeß -vergebens. Auch hier fressen die Thiere Strohhäcksel. Bei eintretendem -Mangel des Platzes in den Krankenställen werden die Thiere unter freiem -Himmel gehalten. Wie in Egypten die Augenentzündung den Menschen häufig -befällt, ebenso ist ihr das Thier unterworfen. Die Veterinärschüler -empfangen außer ihrem Fache Unterricht im Reiten, so daß eine wirkliche -Reitschule besteht. Hörsäle, anatomisches Theater, Sezirsaal, Apotheke -und Laboratorium lassen an der guten Einrichtung keinen Zweifel übrig. -Auf einer Tafel im Sezirsaale liest man die Namen derer, welchen der -Operazionskurs vorgeschrieben war: +Akmet Abdrahman+, +Akmet Ibrahim+ -u. s. f. Das klingt nun einmal unchristlich. Im anatomischen Theater -trifft man bloß einige Skelete. Es ist Schade, daß unter diesem heißen -Himmel überhaupt der wissenschaftliche Eifer leicht erkaltet. Die -Veterinärschule zählt 120 Zöglinge: ein bemerkenswerthes Mißverhältnis -zu der Zahl der Mediziner. - -Die Zucht der Zöglinge beider Schulen ist eine klösterliche oder -militärische. Einmal schon werden die Anstalten von Militär bewacht. -Die Schüler sind Alumnen; fast alle arm, werden sie auf Kosten des -Staates unterhalten und gelehrt. Sie schlafen in großen Gemächern, die -Thierarzneischüler auf dem Boden, unter ihnen nur eine Strohmatratze -und über ihnen die Kleider; für die Mediziner hingegen sind ordentliche -Betten aufgeschlagen. Wenn man in solchen Gemächern, wo so viel -Morgenländer beisammen leben, der orientalischen Laster sich erinnert, -so wird man von einem ordentlichen Abscheu ergriffen. Neben den -Schlafgemächern gibt es für die Studenten noch besondere Speisesäle -nach europäischer Art. Ich sah gerade eine ungemein lange Tafel -gedeckt. Unzweifelhaft werden die Alumnen gut genährt. - -Die Studenten hatten kurz vor Sonnenniedergang Feierabend. Es muß -zwischen Arbeit und Ruhe ein Ebenmaß sein, sonst leiden beide, Leib -und Seele. Die jungen Leute zogen, je zwei und zwei neben einander -aus. Am Thore gegen Abusabel hielt der Flöter und Trommler an, und -flugs zerstob die Reihe, um sich in die Barke zu werfen, welche sie -nach Abusabel führen sollte, darunter manche zu den Weibern. Jeder -wollte der erste in dem Kahne sein. Auf die Rückfahrt der Barke -wartende Studenten vergnügten sich daran, daß sie Steine ins Wasser -schleuderten, die wechselweise in diesem niedertauchten und wieder -hervorhüpften (Epostrakismos der Griechen). Um neun Uhr Abends mußten -die Einen zurückkehren; die Uebrigen durften bis morgen in der Frühe -ausbleiben. Letzteres erzähle ich nach Andern. - -Das Leben der bei Abusabel Angestellten gleicht so ziemlich einem -Schlaraffenleben, und sie können die Zeit mit genauer Noth hinbringen. -Wenn ein europäischer Fremder die Anstalten besucht, so ist er beinahe -Fingerzeig. Das Auge weilt fast lieber bei den die Höfe zierenden -Dattel- und Akazienbäumen, als bei Leuten, wiewohl aus dem gleichen -Welttheile, welche dem Schöpfer das Meiste vom Tage abstehlen. Gilt -denn etwa hier die +Ausnahme+ von der Regel, daß der Müßiggang -aller Tugenden Anfang sei? - -Von der Zugänglichkeit der Mohammetanerin hörte ich bei Abusabel Dinge, -welche Erstaunen erregen. In ältern Zeiten wurde eine solche, welche -sich mit einem Christen verging, den Wellen des Nils preisgegeben. Ob -nun die Mittheilungen beweiskräftig genug seien, um zu entscheiden, daß -der religiöse Fanatismus um manche Grade sich abgekühlt habe, wage ich -kaum anzudeuten, und wenn ich andeuten +müßte+, so fiele die Bemerkung, -daß die geschlechtlichen Verirrungen auf eine +höhere+ Sphäre -konfessioneller Nachgiebigkeit oder Strenge selten schließen lassen, -weil sie aus einer tiefsinnlichen Quelle hervorsprudeln. Wahrscheinlich -würden sich, wie zur Zeit der Franzosen- und Patentherrschaft, wenige -Araberinnen gegen die Verbindung mit einem Christen sträuben. Wenn sie -auch nicht die Liebe dazu lockte, so doch das tönende Erz. Eröffnungen -über das ~punctum sexus~ strömen unter den Franken in diesem Lande -so ohne Rückhalt daher, daß der galante Großstädter des Abendlandes -nicht offenherziger sein kann. Wenn die Konkubinen in die Hoffnung -kommen, so werden sie von Manchen ohne Theilnahme und Hülfe verstoßen. -Die Mohammetanerin könnte vor dem Richter keine Ansprachen geltend -machen; wohl aber ist gewiß, daß derselbe die Sache, sobald sie vor ihn -gebracht würde, zum Nachtheile des gefallenen Mädchens nicht ungeahndet -hingehen lassen könnte. Hinwieder steht der Europäer, in seiner großen -Freiheit und Unabhängigkeit, nicht unter dem ordentlichen egyptischen -Richter, sondern unter dem Konsulate, um dessen Schutz er nachsuchte. -Etwa im Falle eines Ehebruches oder einer Defloration, im Falle, daß -über die mohammetanische Religion geschimpft, oder daß falsche Münze -geprägt würde, müßte die Auslieferung an den egyptischen Richter -erfolgen. Wie weit diese Unabhängigkeit getrieben wird, lehrte unlängst -ein handfester Engländer. Es wollte ihn die Polizei aufgreifen, weil -er Mohammetanerinnen ins Haus aufnahm, in einer Absicht, die leicht -errathen werden konnte. Statt alles Fernern schlug er die Polizei -nieder. Das Konsulat schützte ihn doch so sehr, daß er von der -vizeköniglichen Polizei in Kairo nicht weiter beunruhiget wurde. - -Ich machte früher in Wirklichkeit einen Abstecher zu Lande, und jetzt -einen auf den Schwingen des Geistes. Kehren wir zurück, um einen -Rückblick auf die Schulanstalten bei Abusabel zu werfen. - -Im Andenken unferner Zeiten, da noch das ganze Egyptenland, seit der -Herrschaft der Türken, in tiefe Barbarei versunken war, wird man -billig ein Loblied auf den nunmehrigen Herrscher, +Mehemet-Ali+, -anstimmen, welcher für jenes Land wirklich großartige, hoffentlich -segensreiche Anstalten ins Dasein rief. Angenommen, daß die Stellen -immer mit tüchtigen Professoren und keinen Stümpern, mit Freunden der -Wissenschaft und keinen Abenteurern, mit gewissenhaften Arbeitern und -keinen bloßen Glücksrittern besetzt werden, so dürfen die Anstalten mit -den medizinischen Fakultäten kleinerer deutscher Hochschulen in die -Wette laufen; ich möchte noch weiter gehen, in praktischer Beziehung -werden sie letzteren den Vorrang ablaufen. Beherzige man nur, wie -oft der Mangel an Leichen zum Behufe von Zergliederung auf manchen -Hochschulen beklagt wird. Umgekehrt werden die egyptischen Anstalten -in theoretischem Bezuge gar keinen Vergleich aushalten, und bis ein -echt wissenschaftlicher Geist dieselben durchdringt, beseelt, erwärmt, -kann über die viel zu neue Grundlage, selbst unter den günstigern -Umständen, ein ganzes Jahrhundert verstreichen. Jedenfalls wird der -Pascha mehr oder minder brauchbare Aerzte für die Armee bekommen, und -das ist es, was er zunächst bezweckt. Es würde ihn wahrscheinlich gar -wenig befriedigen, wenn die Zöglinge sich in medizinische Spekulazionen -vertieften, und in diesem Gebiete der Schriftstellerei sich versuchten, -um vielleicht durch gelungene Arbeiten einen neuen Glanz auf das Leben -des Regenten zu werfen. Der Gedanke thut wahrhaftig bis in das Innerste -der Seele wohl, daß in dem Lande, wo einst Heliopolis und Alexandrien -durch die Schätze der Wissenschaft weithin leuchteten, nach den vielen -Jahren der traurigsten Finsterniß, wenigstens einige Schritte versucht -werden, um die Verlassenschaft der erhabenen Vorfahren, ob auch nicht -in ihrem vollen Werthe, doch einigermaßen zu würdigen. - -Tages darauf trat ich meinen Rückweg an. Ein kühler Wind wehte sogar -noch Mittags. Bald sah ich den erwähnten Obelisken, weiter oben die -Pyramiden von Gizeh, dann den Mokatam, und aus ziemlicher Ferne schon -Kairo. Den Weg belagerten mehrere Bettler, die aber, bequemer oder -anständiger als die unsrigen in der Schweiz, nicht nachrannten. Ein -Knabe legte es darauf an, durch seine Klumpfüße Mitleiden zu erwecken. -Der auffallendste Bettler hielt sich behaglich in einer kleinen Höhle -auf, die mit einem löcherigen Dache versehen war. Beinahe immer lief -mein Eseltreiber den weiten Weg. Den Lauf setzen die Eseltreiber vier -Stunden lang an Einem fort, während die Hitze den nördlichen Europäer -gleichsam erdrückt. Die Uebung hat jene Leute gestählt. - -Wie gestern Nebel, so verdunkelten heute die Atmosphäre herumfliegender -Sand und schwarze, regnerische Wolken, an deren Schatten ich beinahe -bis Kairo ritt, und zwar ein Stück weit neben dem Direktor +Ammon+, der -sich freundlich anließ. Ich traf gerade Mittags im Frankenviertel ein. -Ich begrüßte es mit ebenso froher Stimmung des Gemüthes, als ich der -Gegend von Abusabel mein Lebewohl sagte. Es ist schwer, zu begreifen, -daß +Mehemet-Ali+ die medizinische Lehranstalt der Hauptstadt so weit -entrückte. Großköpfe sind mit Querköpfen nicht selten verwandt. Jede -Berührung mit wissenschaftlichen oder gebildeten Leuten hätte den -Professoren sowohl, als den Studenten leicht gemacht werden sollen. Was -entbietet ein elendes Dorf armseliger Araber? - - -Geschichtlicher Rückflug nach Mattarieh. - -+Prosper Alpinus+ erzählt: In „el-Mattharia“ wird eine gewisse Sykomore -besucht, welche von den Einwohnern für so heilig gehalten wird, daß -es bei ihnen eine ausgemachte Sache ist, es habe die Frau +Maria+, um -dem Zorne des +Herodes+ von Jerusalem zu entgehen, in eine Höhle des -Stammes sich geflüchtet und dort das Kind +Christus+, unsern Heiland, -für einige Tage verborgen. Es wird daher dieser Baum von Vielen in -hohen Ehren gehalten; dieß gilt zumal von den Aushöhlungen desselben, -welche +Christus+ bargen. Fabelhaft ist, was +Matthiolus+ anführt, daß -die Stämme und Aeste des Baumes nie verdorren, wenn sie zuvor ins -Wasser getaucht werden, und darin eine Zeitlang liegen bleiben. -- Der -Pascha von Egypten, des Namens +Messir+, besuchte in der letzten Hälfte -des sechszehnten Jahrhunderts aus Verehrung der gottseligen Frau den -Ort el-Mattharia an jedem Freitage, als dem Sonntage der Mohammetaner, -und er pflegte daselbst sein Gebet zu verrichten. So weit +Alpinus+. - -Hören wir noch einen andern Naturforscher, +Johann Wesling+, welcher -im dritten Jahrzehn des siebzehnten Jahrhunderts in Kairo lebte: -„El-Mataaria“ ist ein Garten um Memphis, ein hehrer Name durch die -Verehrung der Christen. Dort treibt eine ungeheure Sykomore, umdämmt -mit einer niedrigen Rasenbank zur Bequemlichkeit der Besuchenden, und -ehrwürdig, wegen des von +Alpinus+ angegebenen Grundes, schon seit -anderthalb Jahrtausenden in den Augen der Christen. Munter grünen die -Zweige, obschon der Stamm über dem Wurzelstocke auf eine häßliche -Weise zerstümmelt ist, weil diejenigen, welche den Baum mit dem -Kusse benetzen, ein Stück davon, aus thörichter Liebe zu Reliquien, -wegschneiden, während es doch besser wäre, den Baum in fromm ehrendem -Gedächtnisse zu bewahren. (~_Joannis Veslingii_ Mindani de plantis -Aegyptiis observationes et notae ad _Prosperum Alpinum_~. ~Patavii ap. -P. Frambottum 1638. P. 10.~) - - -Abenteuerlicher Ritt nach den Pyramiden von Gizeh. - -Ich fragte oft und oft nach Gesellschaft, um in solcher die Pyramiden -von Gîsa zu besuchen. Vergebens. Da wählte ich einen Eseltreiber, der -etwas italienisch verstand, und brach, auf guten Ritt hoffend, am -Mittage des fünften Wintermonates auf. Noch aber war ich nicht auf dem -Esbekiehplatze, als er seinen rothäugigen Bruder mir zurückließ. Zudem -war dieser in Aussehen und Wahrheit kreuzdumm, und mehr als ~buono~ -konnte er kaum etwas vom Italienischen. - -In Gottes Namen -- vorwärts. In Altkairo über den Nil gefahren, -gelangte ich zu einem Graben. Jetzt sprang mein Esel hinüber, er fiel -und ich mit ihm. +Erste Stazion des Elendes.+ - -Später leitete der Weg zu einem ziemlich breiten Abzugsgraben des Nils; -wir durchschnitten diesen in einem Kahne ohne Schwierigkeit. Bald traf -ich seichtes Wasser. Es liefen zwei Männer daher, und einer trug mich -über dasselbe. Ich wußte nicht, daß diese -- Führer sein sollten. Der -Eseltreiber, voll jämmerlicher Angst vor dem Wege nach den Pyramiden, -rief sie ohne mein Wissen und meinen Willen. Der eine, ein Scheik, mit -nicht unangenehmen Gesichtszügen, war mit einer Flinte, der andere mit -einem langen Stocke bewaffnet. Mehrere Male wurde ich von den Leuten -über das seichte Ueberschwemmungswasser getragen. +Zweite Stazion des -Elendes.+ - -Ungefähr anderthalb Stunden vor Sonnenuntergang erreichte ich eine -große Wasserfläche, welche man für einen breiten Fluß hätte halten -können. Darüber sollten wir im Kahne. Es erschallte der Mahnruf an den -Fährmann. Die Sonne verschwand hinter die libyschen Hügel, ohne daß -man mich holte. Es kamen mehrere Männer, die, wie ich, die Abfahrt -erwarteten; dann auch Weiber. Diese kauerten an einem besonderen Orte, -unordentlich im Kreise, schwatzten viel, lachten viel, guckten gerne, -aßen Datteln, einzelne rauchten auch Tabak. Die Männer trugen ihre -Worte auf den Flügeln des Gelächters, und schauten kaum gegen die -Weiber. Nach zweistündigem Warten langte endlich der Fährmann an. Ich -freute mich sehr wenig auf die Nachtfahrt, und doch brannte ich vor -Verlangen, wegzukommen. Ein fester Blick nach einem Ausgange der Dinge -kann den Menschen dahin bewegen, daß er sich nach Unangenehmem sehnt. -+Dritte Stazion des Elendes.+ - -Die Nacht war hereingebrochen; der schöne Mond suchte indessen die -Finsterniß derselben zu verdrängen. Stelle man sich Jemand vor ohne -Kenntniß der arabischen Sprache, mit einem albernen Eseltreiber, -bei Nacht, unter lauter Fremden, im fernen Auslande, und in der -Ungewißheit, wo er die Nacht über sein Haupt niederlegen könne, und -man fühlt jetzt das Peinliche meiner Lage. Geschehe, was Gott will, -dachte ich. Man wies mir den beßten und geräumigsten Platz in dem -Fahrzeuge an. Es durften jedoch hier, wegen der Untiefe, nur wenige -von den anwesenden Leuten die Barke beschweren; die übrigen, auch -die Weiber, hoben ihre Röcke, so hoch ihnen die Tiefe des Wassers -gebot, und wateten uns nach. Der Mond, seiner Schalkhaftigkeit -eingedenk, lachte, während dieses Auftrittes die keusch und anständig -in schwarzen Flor gekleidete Nacht ein wenig aus. Wie wir tieferen -Grund gewonnen, bestiegen endlich alle den Kahn, natürlich nicht ohne -viel arabischen Lärm. Es währte ziemlich lange, bis wir den vom Mond -vergoldeten Spiegel in die Quere durchspalteten. Das lange Warten auf -den Fährmann, die Fahrt auf Ueberschwemmungswasser beim Mondesscheine -und andere Umstände prägten die Nilüberschwemmung unauslöschlich in -mein Gedächtniß. Wir landeten glücklich. Ich ritt vorwärts -- zwischen -ausgetretenen Wassern. Allein jetzt kam es ernster. Tiefes Wasser -sollte durchwatet werden. Unzufrieden mit dem niedrigen Esel, setzte -ich mich auf die Schultern zweier Araber, faßte sie um die Köpfe, und -streckte die Beine wagrecht aus, so gut ich vermochte. Es half nichts, --- ich ertränkte einmal einen Schuh. +Vierte Stazion des Elendes.+ - -Ich konnte doch wieder auf dem Esel davon reiten, und ruhiger an dem -herrlichen Schauspiele mich abletzen, das sich mir darbot. Der Mond -entfaltete all’ die Pracht seines Lichtes, auf daß ich die Pyramiden -bewundere. Diese schienen nun so nahe, daß mich bald gelüstet hätte, -sie mit der Hand zu berühren. Allmälig verminderten sich unsere -Gefährten. Wo die Freihunde bellten, dahin zogen beide, Männer und -Weiber. Mich begleiteten bloß noch der Eseltreiber und drei andere -Araber, Alle mir zu Schutz und Trutz. Jetzt hatte meine Gesellschaft -ihre bestimmten Umrisse; die Lage war seltsam; Furcht wurde von -Vertrauen überwogen. Ich warne den Leser bei Zeiten. Es geschieht wohl -auch, daß größere Gefahr in den Büchern aufgefaßt und gefühlt wird, als -sie wirklich war. - -Es mußte dem Eseltreiber schon in Kairo erklärt worden sein, daß ich -am gleichen Tage noch bis zum Dorfe wolle, welches von den Pyramiden -am wenigsten entfernt liege. Ich schrie dem Eseltreiber oft ins Ohr, -in den mannigfaltigsten Wortwindungen und Radebrechereien, um es ihm -ja recht verständlich zu machen, daß ich in einem +Hause+ die Nacht -hinbringen wolle. Zum Ueberflusse gacksete ich noch etwas arabisch; -reden konnte ich so nichts. Es war mir, als sollte ich einen Berg von -der Stelle wälzen. Nicht ohne Ursache drang ich so begierig auf ein -Dorf oder auf ein Haus. Als Lebensmittel hatte ich nichts, als etwas -Brot und Zucker mit mir genommen. Ehe ich mich versah, saß ich vor -den Pyramiden, vor den Trümmern an ihrem Fuße, vor dem Sphinxe. Nicht -zu den Pyramiden, sondern in ein Dorf will ich, sagte ich mit dem -Nachdrucke eines bebenden Gemüthes. Ja, ja, erwiederte der Araber. Es -ging an der großen Pyramide hinauf -- zum Eingange. Da sei das Haus, -und gut zu liegen, stammelte der Bube. Durstig und hungrig sollte -ich auf Stein mich niederwerfen, an der Wüste mich sättigen, und das -Gebläse des kühlen Nordens athmen. Ich war kein Engländer, um meine -Gesundheit an das Rühmchen zu setzen, daß man eine mondhelle Nacht in -der dunkeln großen Pyramide verlebt habe. Hier wollte ich mit nichten -bleiben. - -Allah, rief ich und ich stieg hinunter. Mittlerweile fing ich an, -etwas umsichtiger zu überlegen: zu essen brauche ich wenig, und -wenn ich bloß vor dem Winde geschützt sei, so dürfte die Nacht wohl -erträglich werden. Ich ließ mich auf einige Zugeständnisse ein; meine -Leute hatten ohnehin keine Zuglust nach dem Dorfe. Im Reisen darf man -nicht mit Unbeugsamkeit an Nebendingen hangen. Ich konnte mehr oder -minder merken, daß in der Nähe ein Haus des englischen Konsuls uns als -Herberge dienen sollte. Wie ich ankam -- wieder kein Leben, nur ein mit -einer Thüre verschlossener Pyramidenstumpf. Zu meinem Troste erspähte -ich neben jener eine Art Fensterloch, das nicht unbequem schien, um -mich zu beherbergen. Der Zugluft und den Thieren zu wehren, ließ ich -die Lichtöffnung nach innen mit Steinen ausfüllen. Ich kroch hinein; -den Kopf auf einem Gesimse, den Leib auf dem Steine, eine wollene -Decke unter, den Mantel über mir, so lag ich, und noch nie auf einem -antikeren, nur einmal auf einem ebenso schlechten Bette. - -Die Leute thaten zu meinen Füßen an der Pyramide und auf dem Sande -so recht behaglich, kauten mit Lustigkeit schmatzend ihre frischen -Rettiche, und plauderten in fröhlichem Tone. Meines Durstes und -meines Hungers nicht achtend, prüften sie eine Zeitlang meine Geduld. -Ungeduldig endlich und drohend griff ich zur Karbatsche, mit den -Worten: Bringet Milch und Wasser; ~voi mangiate ed io ho fame~ (ihr -esset und ich habe Hunger). Das Ding war gut; zwei Männer rückten -bewaffnet aus. Sie brachten, schon spät gegen Mitternacht, mit einem -Drittmanne Milch und Wasser. Ich schätzte mich so glücklich, als unsere -Väter, denen Manna vom Himmel herabfiel. Ich ließ die Milch aufkochen, -und noch nichts auf der Welt schmeckte mir besser. Den Durst gelöscht, -den Hunger gestillt, was wollte ich mehr? Zufriedenheit goß wieder -ihren erheiternden und erwärmenden Sonnenstrahl in meine Seele, und -nicht mehr drückte mich der Gedanke an eine Nacht im Freien. Wiewohl -in der Wüste und unter unbekannten Menschen fand ich keine Gründe, um -für Leben, und wenige, um für Eigenthum besorgt zu sein. Ich schlief -ziemlich gut, ohne zu frieren, und ich würde noch besser geschlafen -haben, wäre ich nicht von einer Maus und Fledermaus gestört worden. -+Fünfte Stazion des Elendes.+ - -Als der Morgen des 6. herannahte, grübelte ich mit meinen, gegen -Sonnenaufgang gewendeten Augen, das schwächste Grau ungeduldig aus -dem hehren Dome. Die Morgendämmerung täuschte mich nicht mehr, nein, -sie täuschte mich nicht mehr; auch verkündigte sie von Kairo her der -Donner der Kanonen; ich begrüßte sie mit kindlich freudigem Herzen. -Sobald der Tag heller war, verließ ich mit den fünf Männern den -Pyramidenstumpf. Ich kam an einer Stelle vorüber, wo Nachgrabungen -veranstaltet wurden. Es lagen auf der Oberfläche viel Menschenknochen, -so wie Einbalsamirungsmaterie, wovon ich zum Andenken aufhob. Im -Augenblicke, da ich hart an der mittäglichen Seite der großen Pyramide -stand, empfing ich den demüthigenden Eindruck einer hohen Majestät; sie -strebte gewaltig empor, wie auf den Bergen die letzte erhabene Zacke. - -Bald befand ich mich wieder da, wo gestern, nämlich am Eingange der -großen Pyramide. Am Lichte einer Kerze stieg ich hinunter, ging fort -und hinauf. Ich beschreibe nicht die Gänge und Höhlen. Der Grabstichel -des Künstlers stellt anderwärts deutlich vor Augen, was die Feder -nur undeutlich vermöchte. Meine Bemerkungen beschränken sich auf -Weniges. Der Besuch der Heiligthümer kostet wenig Schwierigkeiten. -Ueberall guter Stand oder Halt oder beides. Der Saal des Königs ist -sehr hoch, und einzig ein Sarg aus Granit unterbricht in demselben die -Einförmigkeit. - -Nach den französischen Gelehrten ergeben sich für die große Pyramide -folgende Maße, die Verkleidung inbegriffen: - - Höhe, 456′ 3″ 2‴ Wiener-Maß. - Kante, 689′ 6″ 6‴ „ - Apothem, 584′ 8″ 8‴ „ - Basis, 710′ 1″ 7‴ „ - -Der Flächeninhalt der Basis beträgt: - - 57,804′ 8″ 3‴ Wiener-Maß. - -An den Pyramiden bewundert man mehr die Masse und Ausdauer der -menschlichen Leibeskräfte, als die Feinheit und den Geschmack der -menschlichen Geisteskräfte. Wenn man die ungeheuern Granitblöcke auf -einander geschichtet sieht, so drängt sich zuerst die Frage auf: -Wie war es möglich, dergleichen Lasten herbeizuschaffen? Darüber zu -erstaunen, hat man nicht das größte Recht. Sobald man über viel -Menschenkräfte und Hilfsmittel verfügen kann, läßt sich Großes -vollenden. Vielleicht hält es nirgends leichter, mehr Menschenkräfte -für Anderes, als für Brot und Hülle und Obdach zu verwenden, wie in -Egypten. Denn der Boden gibt leicht und üppig; die Sonne übernimmt -so viel Tagewerke, daß zur Erwärmung des Körpers, in und außer der -Wohnung, wenig benöthiget wird u. dgl. Es kann nicht fehlen, daß, -bei solcher Bewandtniß der Dinge, viel Hände, oder doch die Hände -viel Zeit müßig bleiben. Wem entschwebt nicht die Muthmaßung, daß die -Pharaonen den Müßiggang der Unterthanen als Quelle von Nachtheilen für -den Einzelnen und als Träger von Gefährden für den, Staat ansahen, und -daß sie darum auf Mittel sannen, um den Müßiggang nützlich abzuleiten? -Ein Machtwort ohne Grund würde wahrscheinlich Murren unter dem Volke -erzeugt haben; sie warfen den Mantel der Religion über die tief -liegenden Plane, und es entstanden die größten, massivsten, wenn gleich -nicht die kunstreichsten Grabmäler unsers Erdkreises. +Die Pyramiden -sind Grabhügel.+ Und so sagte ich treu, was ich einmal meine. - -Jede der vier äußern Flächen der großen Pyramide läuft in Stufen -bis auf die Spitze. Diese kann von außen leicht bestiegen werden; -allein weil sie eben vom Nebel umschlichen war, leistete ich auf das -Besteigen, als ein eiteles Geschäft, Verzicht. Hier wollte ich ebenso -wenig die Rolle eines Engländers spielen, was ich gerne und offen -gestehe. - -Man wollte schon an dem Vorabende Bagschisch (Geschenk), darauf -in, dann außer der Pyramide, und später, als ich gegen eine ihrer -Schwestern fortritt. Hier konnte ich die Leute nicht mehr mit dem -Versprechen beschwichtigen, daß ich am Ende ausbezahlen wolle. Ich -hatte in Kairo nur so viel Geld eingesteckt, um den Eseltreiber und -etwa zwei Führer aus dem letzten Dorfe befriedigen zu können, von der -Ansicht geleitet, daß, bei meiner Unbekanntschaft mit der arabischen -Sprache, alles Geld mir aus der Tasche geschwatzt werden könnte. -Für die Milch bezahlte ich über Maßen. Jetzt schon war meine ganze -Baarschaft auf vier Piaster heruntergeschmolzen. Einer der Führer fiel -meinem Esel in den Zügel. Ich zeigte all’ mein Geld, und bezeugte, daß -ich nicht mehr bei mir habe, daß ich aber das einzige Vierpiasterstück -glatterdings nicht entübrigen könne, weil ich an einigen Orten für -das Fahren über das Nilwasser bezahlen müsse, welche Kosten nicht -vorangeschlagen waren, und weil ich ohne Geld nicht einmal zurückkehren -könnte; es solle einer der drei Männer mich nach Kairo begleiten, wo -ich +dann+ denselben und zu seinen Händen auch die Uebrigen gehörig -zufrieden stellen werde. Ich kann nicht glauben, daß ich verstanden -wurde; denn man gab dem Anerbieten kein Gehör, und schwatzte mir das -Goldstück und meinen Zucker aus der Tasche. Man ließ zu guter Letzte -den Zügel los. +Sechste Stazion des Elendes.+ - -Ich ritt weiter, sah indessen keine Pyramide mehr an; selbst thäte ich -den ungeheuern Androsphinx mit schelen Blicken regaliren, als ich, -seinen Hügel von Kopf zur Linken, über den Rücken ritt, den tiefer -Sand begräbt[28]. Ich seufzte unter dem Joche des Mißmuthes. Meine -Beschützer gingen sämmtlich hinweg, und, allein mit dem Eseltreiber, -sollte ich nach Kairo ohne Geld, durch Nebel, über Wüste und durch -Wasser. Von meiner Unpäßlichkeit ohnedieß gereizt, hörte ich schon -einige Krankheiten an der Pforte meiner Gesundheit pochen; ich rechnete -hin und her, wie ich meine Peitsche zum Kaufe weggeben werde, um über -das größere Wasser zu setzen u. s. f. Kurz, es war Nacht in meinem -Gemüthe. Je fester Jemanden die gewöhnlichen Auswege versperrt werden, -desto gewisser rafft er seine Kräfte zusammen, um ungewöhnliche -ausfindig zu machen. - -Plötzlich ging ein Stern der Hoffnung auf. Ich hatte die Gewohnheit, -in einer Geheimtasche in Papier gepacktes Gold mitzunehmen. Ich wußte, -daß das Päckchen fehlte; indeß dachte ich, daß ein Stück herausgefallen -sein könnte. Ich spürte nach und, o holdes Glück, richtig glitt mir -ein Goldstück in die Finger. Ich fühlte mich nun reicher, als hätte -ich über Millionen zu gebieten, weil ich die Mittel besaß, fortan in -pekuniärer Beziehung sorgenfrei nach Kairo zu ziehen. Daß der Begriff -von Reichthum sehr relativ sei, mag einen Theil der Reichen verdrießen, -aber doch die minder Begüterten trösten. - -Zudem wählte der Eseltreiber einen andern und bessern Weg. Er richtete -sich mehr gegen Mittag, und die Pyramiden von Sakâra rückten ziemlich -nahe. Es war angenehm, über die vielen Dämme zu reiten; Wasser rechts -und links; bald Feld, das aus dem Wasser eben auftauchte, noch naß, -doch vom Fellachen betreten, bald Früchte tragendes Land. Ich konnte -mich nie lebhafter als heute überzeugen, wie vielfach die Verbindungen -zwischen den Dörfern von der Nilüberschwemmung erschwert werden. Der -Weg führte über mehrere Brücken, unter welchen das Wasser rauschte, als -wäre es fließend. - -Die Ueberschwemmungszeit ist der Winter Egyptens und das -Ueberschwemmungswasser der Winterschnee. Der Schnee ist auch Wasser, -bloß gefrorenes. Wenn das Wasser abgeflossen, kommt der Frühling; so -wenn der Schnee geschmolzen. Beide, Wasser und Schnee, decken das -Erdreich. - -Auf dem Rückwege wurde ich nur über drei kurze Strecken getragen, -einmal vom Esel, dann aber vom Eseltreiber, weil jener das zweite Mal, -gleich Anfangs, sammt dem Reiter, in den Schlamm stürzte. +Siebente -Stazion des Elendes.+ - -Der Anblick Kairos und des Mokatam stimmten mein Herz zur innigsten -Freude. Nach vierundzwanzigstündiger Abwesenheit war ich wieder -in der Hauptstadt, die mich wie eine zweite Heimath ansprach. Die -vierundzwanzig Stunden machen mir das Pyramidenland unvergeßlich. Diese -Schilderung belehrt, daß zur Ueberschwemmungszeit an den Besuch der -Pyramiden von Memphis (Gizeh) sich ungewöhnliche Mühseligkeiten knüpfen. - -Es gibt nichts angenehmeres, als nach großen Anstrengungen wieder -auszuruhen, und nichts Süßeres, als den Widerwärtigkeiten des Lebens -aufrichtig zu zürnen. Es war mir ein Labsal, den ganzen Zorn auf -die Wasser, die Führer und die Pyramiden zu entladen. Ich wollte -über trockenes Land, da denn die mannigfaltigen Hindernisse der -ausgetretenen Wasser; ich wollte zu rechter Zeit mich mit Speise -und Trank erquicken, da denn die geschäftige Folter des Hungers und -Durstes; ich wollte eine Wohnung unter Lebendigen, da denn das harte -Ruhekissen der Pyramide in der wüsten Todtenstadt. Wie ein Kind, dem -man einen Spiegel vorhält, nach seinem Bilde greift, so langte ich nach -einer Reihe von Truggestalten. Wer kennt nicht die Gespenster, die -unablässig sich bemühen, die arme Seele des Menschen irre zu leiten? - - -Wegweiser in und um Kairo. - -+Erster Tag.+ Man verfügt sich an einem Morgen frühe nach dem Nile, -darüber zum Garten +Ibrahim-Paschas+. Von da nach dem Aquädukt. Von -hier nach Altkairo und dem Nilometer. Nun sieht man das armenische und -koptische Kloster, in letzterem +Mariens+ Altar, und dann die große -Moschee +A’mrus+. Man reitet über Turâb-el-Seydeh Omm Kàsim zurück. -Nachmittags begibt man sich zum Konsul, der bis zum folgenden Tage die -Erlaubniß für den Eintritt in den Garten von Schubbra auswirkt. - -+Zweiter Tag.+ Man reitet, aber nur nicht an einem Sonntage, auf die -Burg; hier der Jussufsbrunnen. Auf dem Rückwege bewundert man die -Gräber von Kâyd-Bei. Abends reitet man nach dem Schubbragarten. - -+Dritter Tag.+ Man kann das Militärkrankenhaus, den Esbekiehplatz, etwa -einen Brutofen ansehen, zur Zeit der Fütterung im Katzenstifte sich -einfinden. - -+Vierter Tag.+ Gehe man zu Fuß, um die verschiedenen Bassar zu -durchmustern, denn auf dem Esel, der manchmal gallopirt, schwinden die -Gegenstände zu schnell am Auge vorüber. - -Zwei Tage erfordert der Weg nach Abusabel, und ebenso viel derjenige -über Sakâra nach den Pyramiden von Gizeh. - -Daraus erhellt, daß die Merkwürdigkeiten, dazu noch der Hassantempel, -die Kadettenschule u. dgl. in wenigen Tagen besehen werden können, wenn -man sie nur gehörig in die Zeit zu vertheilen weiß. - -Die Ritte sind nicht kostspielig. Für einen Tag rechnet man fünf -Piaster (nicht einmal 40 Kreuzer R. W.). Reitet man den Esel einen -halben Tag, so gibt man dem Treiber höchstens drei Piaster (etwa 23 -Kreuzer R. W.). - - -Rückblick auf Kairo. - -In dieser weitläufigen Stadt verbrachte ich mehrere der angenehmeren -Tage meines Lebens, und ich gestehe, daß ich mich ungerne von -ihr trennte. Die Verschiedenheit der klimatischen Einflüsse und -Hervorbringnisse, die Ungleichheit der Sitten und Religionsgebräuche, -die Sonderbarkeit in den politischen Einrichtungen und so vieles Andere -hielten meine Seele stets in reger Gespanntheit, dergestalt, daß -+Langeweile+ in Kairo mich nie angähnte. - -Kairo ist ein großes, altes Weib, das falsche Haartouren, Brillen und -Krücke trägt; aber es vermag seine Runzeln nicht spurlos auszuglätten, -noch seine grauen Haare ganz zu verbergen, noch seinen halbblinden -Augen die volle Sehkraft zurückzugeben, noch seinen gekrümmten Rücken -in das Senkblei zu bringen. Wofern nicht ein wundersam belebender Hauch -aufs neue die Adern der Alten durchdringt, so wird sie über nicht -sehr lange von hinnen scheiden, und ihr Grabmal wird dann wegen der -schauerlichen Größe über die Grabmale beider Todtenstädte spotten. - - -Reise durch die Wüste nach El-Arysch. - - Verspätete Abreise; Dromedarwechsel; der Pole; Hunger; - Hochzeitsspektakulum; Postillon; Dromedarthränen; Kartoffelkunst; - Ausmöblirung der Wüste mit Kameelgerippen; Kinderspiel mit - Datteldornen; Eremitage ~à la~ +Rousseau+; Dorfschaft Kâtieh mit - Allerlei; Fata Morgana; ~Sirbonis lacus~; ein besseres Getränke als - Champagner; Idumäa u. s. w. - - -Ich war Willens während der sehr angenehmen Frühlingszeit länger in -Kairo mich aufzuhalten; der Umstand aber, daß ich in der kältern -oder Regenzeit durch die Wüste reisen müßte, und daß eben ein Pole, -ein Kapitän aus der letzten Umwälzung, welcher des Arabischen kundig -war, über El-Arysch nach Syrien sich begeben wollte, bewog mich, den -Aufenthalt abzukürzen. - -Weh that es mir, daß sich keine Gesellschaft zur Unternehmung der Reise -über Suez nach Jerusalem hervorthun wollte. - -Um an die syrische Küste zu gelangen, hätte ich zwar über Damiate zu -Wasser reisen können; allein mehr denn ein Grund leitete mich durch -die Wildniß: nicht nur lauteten die Nachrichten, daß zu Lande keine -Kontumaz gehalten werde, sondern ich wollte auch die Süßigkeiten und -Bitterkeiten einer Wüste selbst kosten. Lebenserfahrungen sind echte -Reichthümer des Menschen. - -Der polnische Offizier besorgte die Thiere. Er zog Dromedare vor, weil -sie sanfter gehen, und die Hälfte Wegs mehr in einem Tage zurücklegen -als die Kameele. Jeder von uns nahm ein Thier für sich, und eines -bestimmten wir für den Geleitsmann. Die Gepäcke wurden mehr oder -weniger gleichmäßig auf die Lastthiere vertheilt. - -Am Tage meiner Abreise hatte ich keine geringe Noth. Ich sollte mich -bereit halten, daß ich vor Sonnenaufgang aufbrechen könne. Schon des -Morgens verfügte ich mich zum österreichischen Konsul, um den Reisepaß -zu holen. Jetzt stellte sich eine Schwierigkeit entgegen. Ich sollte -den städtischen Auslaßschein haben, und der Ausfertiger war abwesend; -ich beschwerte den Konsul an diesem Tage mehrere Male. Er ließ sich -die Sache sehr angelegen sein, und wie sich die Aussicht allenthalben -trüben wollte, befahl er seinen Leuten, daß man auf die Ausfertigung -dringen sollte, koste es, was es wolle. Schon lag die Nacht eine Stunde -über Kairo, als ich eines Auslaßscheines noch entbehrte, indeß der Pole -zur Abreise fest entschlossen war. Endlich langte der Dragoman sammt -dem Janitscharen und einem Menschen in dem Hause, wo ich wohnte, an, -um mir den Auslaßschein und die Erlaubnißkarte für den Eintritt in den -Schubbragarten zu überreichen. Letztere traf freilich zu spät ein. - - -+Sonntags den 8. Wintermonat.+ - -Ich bin nicht im Klaren, ob der Pole oder der Besitzer der Dromedare -mich in unnütze Geschäftigkeit jagte. Der Geleitsmann kam mit seinen -hochbuckeligen Thieren erst etwa zwei Uhr nach Mittag. Die getäuschte -Erwartung spannt auf die Folter. - -Der Dromedar stand so schnell auf, daß ich mich zusammennehmen -mußte, um nicht zu stürzen. Noch beschaute ich die Gassen Kairos, -die Leute und -- Esel unter meinen Füßen. Wir ritten aus einer Stadt -in die andere, von einem Thore zum andern, bis wir, wenn ich mich so -ausdrücken darf, das Ufer des Meeres von Häusern erreichten. - -Kairo ist gleichsam ein Gemengsel von Städten. Außer den Umfangsthoren, -womit nach Außen die Stadt gesperrt wird, besitzt jedes Quartier seine -eigenen Thore, damit es geschlossen werden könne. Das Isoliren der -Stadt in ihre Viertel haben die Despoten gar weise berechnet. Bricht -in einem Quartiere eine Empörung aus, so werden die Thore desselben -auf der Stelle gesperrt, und der Aufruhr beschränkt sich auf einen -Theil der Bevölkerung und zwar so völlig, daß man in den übrigen -Stadtvierteln die Vorfallenheiten manchmal erst später erfährt, mag -auch im heißen Kampfe nicht wenig Blut geflossen sein. - -Schon begann der Dromedar zu traben. Er schüttelte mich so kräftig, -daß ich das Reiten nicht hätte aushalten können. Ich bestieg einen -andern, und nun ging es recht gut. Das Reiten machte mir nur geringe -Schwierigkeiten; es war mir bloß nicht am beßten zu Muthe, wenn der -Dromedar aufstand oder sich niederließ. - -Steht der Dromedar oder das Kameel auf, so stellen sie erst die -Vorderbeine auf. Dabei neigt sich der Rücken von vorne nach hinten, und -der Reiter bewegt seinen Körper vorwärts. Darauf stellen die Thiere -sich auf die Hinterbeine und der Rücken des Dromedars oder Kameels -bekommt die entgegengesetzte Neigung nach vornen, wobei der Reiter -seinen Körper rückwärts bewegen soll. Lassen die Thiere sich nieder, -so fallen sie zuerst auf die vordern, dann auf die hintern Knie, wobei -der Reiter sich verhalten muß, wie wenn jene aufstehen. Eigentlich -senkt sich der vordere und hintere Theil des Körpers abwechselnd unter -zwei Malen. Nach und nach gewöhnt man sich auch an diese Bewegungen -der Thiere recht leicht. Die eigene Art Gebrüll, welche sie dabei und -beim Packen erheben, spricht den Fremden Anfangs unangenehm an, so -daß er versucht werden könnte, zu wähnen, sie seien böse und bissig. -In den Jahren der Kindheit hatte ich keine geringe Furcht vor dem -Kameele mit seiner wunderlichen fremdartigen Figur, und wenn ich damals -sah, wie ein Mensch sich erkühnte, solch’ einen Brüller zu besteigen, -so erlangte mein Mitleiden für jenen den höchsten Grad. Die fremde -buckelige Gestalt und das starke Gebrüll täuschen in gleichem Maße. -Kameel und Dromedar gehören zu den zahmsten Hausthieren unter dem -Monde. - -Vor der Stadt sahen wir eben die Rekruten sich in den Waffen üben, -unter wildem Pfeifen und Getrommel. - -Beim Einbruche der Nacht kehrten wir in +Chanka+, dem ehemaligen großen -Lagerplatze der egyptischen Armee, zu. Ich war müde und hungrig. Wir -betraten die Hausschwelle eines polnischen Angestellten, und er segnete -uns mit einem freudigen Empfange. Seine Frau, eine Koptin, war eben -auf Besuch in Abusabel bei ihrer Schwester, einer Prosessorin. Er ging -die Heirath unter der Bedingung ein, daß er treu sein wolle, so lange -er sich in Egypten aufhalte. Ein Kind, welches ich sah, hatte weit -mehr ein koptisches als ein polnisches Gepräge. Dieser Pole soll ein -tüchtiger Gelehrter sein. Er sprach in der That sehr unterrichtet, z. -B. über den Unterschied der koptischen Religion; allein, erst müde -und hungrig, dann schläfrig, verlor ich fast alle Aufmerksamkeit. Der -Geist mag sich noch so unabhängig dünken, er muß doch abwechselnd die -Herrschaft dem Körper abtreten. Unser Gastfreund setzte Pillau vor, der -mir vortrefflich schmeckte. - -Zu Hause kann ein ganzes Jahr vergehen, bis ich +hungere+. Die -Befriedigung des Hungers ist wirklich ein großer irdischer Genuß. -Ich war, wie viele Andere, ein Stundenmann. Wenn die Glocke schlug, -mußte, ohne viel Nachfrage nach der Eßlust, gegessen werden. Auf der -Reise wird diese Rechenkunst zur Null, und der Verbrauch der Kräfte -durch die Uebungen des Leibes weckt dem gesunden Menschen Appetit. Man -sollte daheim sich +zur Richtschnur nehmen, mehr aus Nothdurft, als aus -Gewohnheit zu essen, und man würde eine Menge Genüsse sich bereiten, -und manche Uebel verhüten+. Es gehört zu andern Verkehrtheiten des -Menschen, daß er die schlichte Wahrheit im Ganzen so wenig würdigt, und -daß die blendende Lüge so bald und so leicht in sein Herz eindrückt. - - -+Den 9.+ - -Um zwei Uhr Morgens reiseten wir bei hellem Mondscheine ab. Gegen -Morgen blitzte es dann und wann, was ich unter unserm Himmel bei heißer -Witterung wahrnahm, ohne daß sie sich zum Donnern und Regen entschied. - -Wir kamen durch schön bebaute Landschaften und kurz nach Sonnenaufgang -zu dem Dorfe +Bèlbeys+, wo wir bei der Post auf einer Anhöhe im Freien -uns niederlegten, um zu speisen. - -Abends erreichten wir das Dorf +Légrẻn+, und blieben auf der Post in -einem Zimmer über Nacht. Ich holte meinen ganzen Schulwitz heraus, um -Feuer anzumachen. Ich vergeudete so viel egyptische Schwefelfäden, daß -der Schwefeldampf unsern europäischen Lungen bedeutend zusetzte. Ein -Araber, naturwitziger, als ich schulwitzig, zauberte das Feuer flugs -daher, und ich buk Eier in meinem Kochgeschirre. Das Gericht gerieth so -gut, daß es auch meinem Reisegefährten mundete. - -Als ich mich schon schlafen legte, erhob sich ein wildes Gelärm -und Gejauchze unter Schalmei- und Tamburtönen. Es ward eine -Hochzeit gefeiert. Ungefähr so lärmt man in der Schweiz, wenn man, -mit Erlaubniß, einen Ochsen im Triumphe von der Schießstätte zum -Wirthshause führt. - -Morgens hatten wir einen Begleiter; von Bèlbeys wollte er uns in die -Wüste führen. Wir trauten ihm nicht, vielleicht mit Unrecht, und wir -ließen ihn reiten, seelenvergnügt, daß wir seiner los wurden. - - -+Den 10.+ - -Auch diese Nacht nahm ich das gleiche Blitzen wahr. Als ich vom -Schlafgemache herunterstieg, lagen andere Leute noch im Schlafe auf -dem Dache. Früh Morgens ritten wir mit einem Polizeidiener (Kafaß) von -Gaza, welcher seinen Kondukteur hatte, davon. - -Die letzte und diese Poststazion sind, wenn die Mittheilung des -Kapitäns Glauben verdient, wegen der Räuber am gefährlichsten. Wir -frühstückten in +Salehyeh+, einem Dorfe mit einer Post, wo die -eigentliche Wüste beginnt. - -Es langte eben die Post an. Der Postillon trug um dem Haupte einen -Turban, und unter dem Kinne einen langen Bart, und über dem Leibe -einen langen, faltigen Mantel (Abba). Das Posthorn schmetterte nicht, -noch knirrte das Rad; nur sanft patschte die Hufe des Dromedars auf, -und kein besonderes Abzeichen war an der Kleidung des Wüstenpostillons -erkenntlich. Darin sind die Europäer sehr erfinderisch, einem Jeglichen -sein passendes Hanswurstkleid zu geben. Einzig trug der langtrabende -Dromedar am krummen Straußhalse eine kleine Glocke, was sich wohl -schickt, damit die Räuber zu rechter Zeit erinnert werden. - -Jetzt ging es in die Wüste, und als wir tiefer in derselben uns -befanden, begegnete uns zu Fuße ein Derwisch (ein mohammetanischer -Pfaffe) mit fliegenden Kopfhaaren und langem Barte. Es ist merkwürdig, -daß die Wüste immer noch ihre Weltüberwinder begeistert. Es wäre -vielleicht doch schon mit den alten Säulenheiligen genug gewesen. Sage -wenigstens dem blinden Religionszwange: In der Wüste ist Freiheit des -Glaubens. - -Die Wüste war nicht so kahl, wie ich sie mir vorstellte. Viele -Sodagewächse bekleiden sie zur Steppe. An den meisten Orten zeigte sich -dieselbe so, wie ein Kartoffelfeld mit seinem einsam stehenden jungen -Kraute. Hie und da erhoben sich kleine Hügel, uns in der Aussicht -Abwechselung zu verschaffen. - -Auf meinem Dromedare traf mich ziemlich ferne von menschlichen -Wohnungen der Unfall, daß er sich reisemüde niederließ. Unverzüglich -hob der Geleitsmann das Gepäcke ab; jener stand auf, und trug mich -weiter. Es ist eine bekannte Thatsache, daß die Kameele oder die -Dromedare auf die Kniee sinken, sobald man sie überladet. Uebrigens -war mein armes, an einer Lungenkrankheit leidendes Thier sehr schwach, -so daß es beinahe umfiel. Der polnische Reisegefährte rief in seiner -Hastigkeit, daß unser Unglück mehr als gewiß sei. Auf dem ermüdeten, -kranken Thiere wäre allerdings bei einem etwaigen Ueberfalle die Flucht -unausführbar gewesen. Ich war kalter Skeptiker und ritt weiter mit -Gelassenheit. Fürchtet man Alles, so hat man doch nichts +mehr+ -zu befürchten, und so gewährt wenigstens der Blick in die Zukunft -Beruhigung. - -Mit unnennbarer Freude erblickte ich gegen Abend auf einer kleinen -Anhöhe das Posthaus. Ehe wir dabei anlangten, kamen wir hie und da über -einen aufgedämmten Weg (Brücke), arabisch +Kantâra+. Der Europäer -würde das Posthaus zu +Kantâra+ nicht erkennen, und winkt es dem -Wanderer doch freundlicher, als der stattliche Postpalast in Paris. Man -denkt mit wonnigem Gefühle beim Anblicke der Posthütte, daß man hier -unter Menschen Schutz und Ruhe finde. Dem plattdächigen Posthäuschen -gegenüber stand mittagwärts eine Art Pavillon, von Dattelblättern -gebaut. Weiterhin gruppirten sich einige Zelte für die Polizeisoldaten. -Bei Kantâra zieht vor den Blick eine kleine Bucht des Sees von Menzaleh -(~Tanis lacus~), und in seiner Nähe steht ein Brunnen, welcher, wenn -ich nicht irre, Byr-el-Dueydar heißt. - -Wir waren von dem Durste stark geplagt. Wir schleppten bloß eine -Wenigkeit Wasser, nicht einmal in den festesten Thierfellen, mit, so -daß eines Morgens mein Bein ganz naß wurde, weil, wegen der schlecht -angeordneten Ladung, dasselbe über einen Wasserschlauch gehalten werden -mußte. Diese kleinen Vorräthe sollten bis El-Arysch ausreichen. Ich -kostete das Wasser zu Kantâra, und fand es salzig (kochsalzig); weil -mein Durst aber sich wenig um den Gaumen bekümmerte, so gab ich mich -zufrieden und trank. Ich lasse andere Aerzte ihre Qualen erzählen, -welche sie von den immer anderes und anderes Getränke verlangenden -Kranken zu erdulden haben; ich beschränke mich auf die Bemerkung, -daß nur der schwache Durst schwer befriedigt wird, und +daß man bei -wahrem Durste trinkt, was flüssig ist+. Um meine heiße Trinklust einmal -ordentlich zu löschen, kochte ich Kartoffeln (die 75 Prozent Wasser -enthalten), nachher stößerte ich sie und versetzte sie mit Wasser, -worauf sie mit Butter abgekocht wurden. Diese Speise hatte gerade die -erwünschte Salzigkeit und schmeckte dem Hungrigen. Sonst verursachte -mir das Wasser weder Erbrechen, noch andere Beschwerden. - -Begreiflich suchten wir hier den Unfall, welchen uns der Dromedar -bereitete, wieder auszusöhnen. Wir versprachen dem Posthalter, einem -schön gestalteten und bieder scheinenden Manne, hundert Piaster -für einen Dromedar bis El-Arysch. Die Verheißung einer nicht ganz -unbeträchtlichen Geldsumme und die Thränen des Reisegefährten, -welche dieser über unser Mißgeschick vergoß, vermochten den treuen -Postbeamteten nicht zu erschüttern. Er antwortete mit kurzen Worten, -daß auf Auslieferung der Thiere, ohne Requisizion der Regierung, das -Leben hafte. Was war wohl zu thun? Man mußte sich, ob gerne oder -ungerne, in das eiserne Schicksal fügen. Wir vereinigten uns zuletzt -in dem Vorhaben, morgen meinen Dromedar ohne Gepäcke versuchsweise zu -reiten, was er wahrscheinlich aushalten werde. Verläßt uns die Hilfe -der Menschen, so vertrauen wir wieder gerne der Vorsehung. - - -+Den 11.+ - -Wir brachen bei Zeiten auf. Mein Dromedar lebte einmal noch, und -zappelte unter mir weiter, damit doch die Augen des Hauptmanns, nein, -ich sage, unsers Schicksals trocken werden. Wir hatten den ganzen Tag -Sandhügel vor den Augen, und wären diese wirklich naß geblieben, so -hätte es uns an Stoff nicht gefehlt, sie trocken zu streuen. Der Weg -führte uns über mehrere Hügel und war beschwerlich wegen des lockeren -Sandes. Das Thier glitt bei jedem Schritte einen halben Fuß tief in -denselben. An der Post +Duedâr+, welche an die Abendseite eines -Hügels sich lehnt, ritten wir vorüber. - -Um meinem armen Thiere Erleichterung zu verschaffen, stieg ich hier -ab. Mein Gehen war außerordentlich mühselig, gerade so, wie bei uns, -wenn der Schnee sehr weich ist, daß man mit dem Fuße tief einsinkt -und rutscht. Wie der Sandstaub, so ist eine lügenhafte, trügerische -Seele ohne Festigkeit, ohne Halt, ohne Zusammenhang. Ich dauerte das -Reisen zu Fuße nicht lang aus; denn ich fühlte Leere im Magen, und -bald drückte die Hitze. Den Weg fand ich übrigens ziemlich angenehm. -Fortan waren in den Sand die Sodagewächse gesteppt, worin sich die -Vögel belustigten. Bald sprang Gewild vorüber, wenigstens Gazellen -und ein Schakal (Fuchs). Auf dem meistens deutlichen und breiten -Wege durchmusterte ich die Stapfen der Menschen und Thiere, oder -die Kameelgerippe, welche, wie gebleicht, auf dem ganzen Wege oft -wahrzunehmen sind. Allerdings athmet mehr Leben in der Wüste, als auf -dem Meere; selten aber begegnete uns ein Sterblicher. - -In der kleinen Oase (Wüsteninsel) +Bir-Anoß+, welche die Dattelbäume -freundlich stimmen möchten, kehrten wir an, uns zu erfrischen. Hier -ergötzte mich ein Spiel der Kinder. Sie spießten an drei Datteldorne -eine Dattel. Da vergruben sie Datteln nahe an einander in den Sand. -Jetzt warf Einer nach dem Andern jene drei an der Dattel vereinigte -Dorne nach den unsichtbaren im Sande vergrabenen Datteln, und wer am -meisten an den Dornen hervorzog, trug den Sieg davon. Das Spiel will -eben nicht viel Gewandtheit, und zeugt von Gewinnlust. - -Als wir dann weiter rückten, entzückte mich ein Palmenwäldchen am -Fuße der Morgenseite eines Hügels. Die Schalmei erklang lieblich aus -dem einsamen Haine. Dort waren Hirten angesiedelt. Diejenigen Araber, -welche die Freiheit der Unterwürfigkeit vorziehen, entfernen sich -lieber von den Menschen, als daß sie nach den Gesetzen und Launen -eines Fürsten leben. Daher wurde selbst die Wüste zum Theile bewohnt. -Mich mahnte oft die Wüstenei an unsere Berge und die Leute der Wüste -an unsere Bergleute. Einst trieb die Freiheitsliebe die Allemanen -vom Rheine auf die Berge der Schweiz. An beiden Orten, in der Wüste -der Berge wie der Niederung, waltet mehr oder minder Oede für ein -einsiedlerisches Leben. Es ist denkbar, daß man sich an die mit -Sodagewächsen bekleidete und mit Hügeln bedeckte Sandwüste ohne viel -Ueberwindung gewöhnen könne. - -Es verdient, bemerkt zu werden, daß in dieser Gegend die Sandhügel, -ihrer eigenthümlichen Form wegen, Pyramiden gleichen. Dieselben sind so -glatt vom Winde ausgeblasen, wie unser Schnee oder unsere Windwehen. -Sie ziehen im Allgemeinen von Osten nach Westen. - -Ehe wir die Post erreichten, genossen wir auf dem letzten Hügel eine -sehr ausgedehnte und wahrhaft erquickende Aussicht -- Wieder etwas -Wassermangel. -- Der Dromedar trug mich bis hieher die meiste Zeit, und -mit Leichtsinn vergaßen wir bald den gestrigen Kummer. - -Wir entschlossen uns, in +Kâtyeh+ zu übernachten. Man wies uns in -der Post ein Zimmer an. Es waren so eben auch Mann, Weib und Kinder -eingetroffen. Um sich das Reiten bequem zu machen, saßen sie in -geflochtenen Kasten (Schekdof), einander das Gleichgewicht haltend. -Die Frau begab sich in das Harem. - -Kâtyeh ist ein kleines Dorf mit zwei kleinen Moscheen ohne Minaret. Die -Gebete werden an denselben gar fleißig und laut vom Muezeinn (Thürmer) -gesungen. Abends, etwa anderthalb Stunden nach Sonnenuntergang, glaubte -ich in der Schlaftrunkenheit den Nachtwächterruf zu hören; ich vernahm -die silberne, lieblich ernste Stimme des Asche (des fünften Gebetes). -Die Wohnungen der Dorfleute, einfacher als alle, so ich bisher sah, -sind ohne Dachung. Dattelblätter bilden die große Einzäunung einer -Vorrathskammer; darin lag eben ein Haufe Mais. Weil aber der Wind -bisweilen den Sand hineinstäubt, so werden die Leute genöthigt, den -letztern von Zeit zu Zeit wegzuseihen. Der Vorrathskammer schließen -sich die Wohnungen in Form des griechischen Π an; sie sind mithin auf -einer Seite ganz offen für Sonnenhitze und Regen. - -Auf die Kunde, welche sich in dem wilden Dorfe verbreitete, daß ich ein -Arzt sei, kam ein etwa fünfzigjähriger, dürrer, kinderloser Mann mit -seiner zum Geschenke bestimmten, rothen Mütze voll Datteln, mich zu -fragen, was zu thun sei, damit er Kinder bekomme? Ich hätte den Mann -mir jung gewünscht, um wegen einer Antwort nicht in Verlegenheit zu -gerathen. Als ich in der Runde spazieren ging, schauten die Weiber und -Kinder wie närrisch meine gelb metallenen, glänzenden Knöpfe an, und -als ich ihnen meine Taschenuhr zeigte, so sperrte die Bewunderung gar -im höchsten Grade ihre großen Augen auf. Laut lachten die weitmundigen, -entschleierten Weiber. - - -+Den 12.+ - -Der Weg zog über Hügel gegen +Berlaupt+. Als ich hier abstieg, fror es -mich so nachhaltig, daß ich mich ans Feuer setzte, und nach der Spende -der Sonne sehnte. Junge Burschen, die uns umgaben, machten freundliche -Mienen, und ich glaubte an ihnen schon einen Uebergang in den weißen -Stamm zu bemerken. Vor meinen Augen wandten sie mit ebenso viel -Gleichmuth, als Gewandtheit das Glüheisen bei einem Pferde an. - -In der Besorgniß, daß mein Dromedar mitten auf dem Wege erliege, -sahen wir uns nach einem andern um. Der Posthalter war vor wenigen -Tagen gestorben, und die jungen Sprößlinge von leichtem Stoffe, wie -Spinnengewebe, trugen kein Bedenken, uns ein Thier anzuvertrauen, -so ernstlich auch die im Harem verborgenen Weiber, als würdige -Stellvertreterinnen des zarten Geschlechtes, dagegen schreien mochten; -nur forderten jene zu stark. Wir wurden endlich einig; schnell ging -man, den weidenden Dromedar zu holen. - -Nun hatte ich einmal einen guten Läufer, und die Wüste wurde für mich -ein Paradies. Indeß bot die Gegend hier auch wirklich die reizendsten -Partien dar. Auf einmal kamen wir in einen großen Kessel. Ein Theil des -Bodens sah aus, als wenn er mit gefrorenem Wasser und Wasserpfützen -überzogen wäre. Dieses Schauspiel gab unser Weg öfter, und eines -Morgens konnte ich mich kaum überzeugen, daß ich, statt gefrorenen -Wassers, krystallisirtes Salz vor mir hätte. Wie wir aus dem Kessel -herausrückten, welch’ Entzücken. Eine ungeheure Ebene, gleich einer -Eisdecke, dehnte sich aus, mit einer Lehne gegen Sonnenaufgang, welche -die Einbildung zu Seeufern umschuf. Im Nordost spielte die Täuschung -mit Palästen einer in großer Ferne liegenden Stadt, und im Norden -mit dem Meere. Man durfte dem frohlockenden Herzen kaum offenbaren, -daß die Fata Morgana eine Wüste ohne ein einziges Grün sei. In -meinem Leben noch nie sah ich eine so vollendete Landebene. Wie sehr -ergötzt schon ein kleines, ebenes Gartenbeet; hier aber stelle man -sich die stundenlange und stundenbreite Fläche vor. Freilich findet -man dergleichen bloß auf kurz angenehm; auf längere Zeit widert die -Einförmigkeit an. Wir durchschnitten jetzt andere große Salzebenen, -und erst begriff ich die einsamen Schrecknisse der +eigentlichen -Wüste+. Gegen Mitternacht gewann der weiße Salzboden ein so gefälliges -Ansehen, daß er an glänzendem Weiß dem Alabaster nicht nachstand. -Ein dumpfes Brausen, das ich von der Linken her hörte, blieb mir -lange unerklärlich. Den Gruß entsandte das gleichsam hinter der Bühne -schwebende Meer; denn von Salzfluthen bot sich nicht eine dem Auge dar. -Daß der durchrittene, muschelreiche Boden ein Wassergrund war, leidet -keinen Zweifel. Wahrscheinlich breitete sich hier der ~Sirbonis lacus~ -(Sirbu) aus, der einst 150 Meilen im Umfange hielt und zur Zeit des -+Plinius+ nur ein mäßiger Sumpf mehr war. Von der alten Stadt Ostracine -(Straki) erblickte ich keine Spur. - -Die Poststazion war überaus groß. Doch langten wir vor Untergang -der Sonne in +Choanat+, dem Ziele unserer heutigen Reise, an. Der -Postmeister, ein recht artiger Mann, bewirthete uns mit süßem -Trinkwasser aus El-Arysch, womit uns ungemein gedient war. Wir würden -Champagner-Wein nicht vorgezogen haben. Auch durften wir uns etwas -darauf zu gute thun, daß er uns nicht, gleich andern Reisenden, unter -freiem Himmel lagern ließ, sondern gastlich in seine Wohnung aufnahm. - -Die Posthütte war für mich nicht ohne Interesse. An ihren Mauern -bemerkte ich mehrere Versteinerungen. Der kranke Postmeister verlangte -von mir ärztliche Hilfe. Es liegen indessen solche Wünsche so -augenscheinlich auf der Hand, daß ich sie in der Folge schwerlich mehr -berühren werde. - - -+Freitags den 13. Wintermonat.+ - -Mit Tagesanbruch bestiegen wir die Dromedare; ich wieder meinen alten. -Rechts erging sich mein Auge an den Sandbergen. Unter den Füßen starrte -Salz und Salz. An manchen Stellen bildete dasselbe weißen Krystall, -an andern lag es zerbröckelt, grau und mit Sandkörnern vermengt. Eine -Weile lang machte ich allein den Weg in der Wüste. Da schritt ein -Beduine daher; bald kam auch ein anderer, und beide grüßten einander. -Mir schien die Sache nicht geheuer. Ich machte mich in Gedanken mit -einem Angriffe vertraut. Auf Hilfe hätte ich wohl nicht zählen können; -in der Wüste wäre jeder Hilferuf umsonst verhallt. Ich erblickte kein -anderes Wesen in der weiten Runde, als die zwei Beduinen. Ich ritt -theilnahmlos an ihnen vorüber; sie schauten mir einige Augenblicke -nach, und dann gingen auch sie ihres Weges. Ein solches Begegniß wäre -unter andern Umständen ganz unbedeutend gewesen, und auch unter diesen -will ich keineswegs mir einbilden, daß ich in Lebensgefahr gestanden -habe. Die übrige Zeit hatte ich den Kameeltreiber zum Gesellschafter, -der sich fort und fort in seinem kopfstimmigen Singsang gefiel. Nach -einem mehrstündigen Ritte erhob sich endlich am Horizonte zu meiner -Freude das Meer, das brausende. - -Heute begegneten uns überhaupt nicht selten Menschen und viel beladene -Kameele. Am Meeresstrande ging es dann fort bis zu einem mit Grün -umgebenen Brunnen, wo ich den Polen mitten unter mehrern Leuten und -Thieren einholte; denn da mein Dromedar schlecht trabte, ritt jener -rücksichtslos weiter. Menschen, die sich um Andere nicht bekümmern, -sollten, zu ihrem eigenen Beßten, eine geraume Zeitlang weder ein -vernünftiges Geschöpf sehen, noch hören. Unter den am Brunnen -gelagerten Leuten befand sich ein Beduine, auf dessen Luntenflinte man -mich aufmerksam machte. Von dieser lachenden, kleinen Au, in deren -Umgegend wahrscheinlich das alte Rhinocorura in Idumäa (Edom) oder -genauer im Lande der Amalekiter (Beduinen), nach Andern in Egypten lag, -waren wir bald bei +El-Arysch+. - -Werfen wir einen Rückblick auf die Reise. Unzweifelhaft gewährt sie -ihre eigenthümlichen Reize und Vortheile. Wer möchte in der theilweise -kahlen und leblosen Wüste von Gespensterfurcht geplagt werden, weil -etwa ein Baumwipfel lispelnd sich neigte, eine alte Eiche knarrte, -ein faules Holz schimmerte, eine Maus nagte, ein Holzbock bohrte? Wer -möchte sich bangen, daß eine Eule schrie, gleich als wenn unsere alten -Mütterchen ohne das Eulengeschrei nicht sterben könnten, und so alt -werden mußten, wie der ewige Jude +Ahasverus+? Und so ungehindert -kann man in der Wüste wandeln. Weder einem glänzenden Könige muß man -ausweichen, noch von einem lumpigen Bettler wird man angehalten. -Wenden wir uns jetzt von der Lichtseite auf die Schattenseite. Wiewohl -Person und Eigenthum während der Reise durch die Wüste, so zu sagen, -sicher sind, so möchte ich dieselbe nicht geradezu rathen, weil sie in -überwiegendem Maße beschwerlich und mehr Unglücksfällen preisgegeben -ist. Wer seltene Merkwürdigkeiten schauen will, darf aber Opfer nicht -scheuen. - -Es verdient Würdigung, daß durch die Wüste Posteinrichtungen bestehen, -und daß somit das menschenarme Land gleichsam in den Bereich der -Kultur gezogen wurde. Dem schaffenden und durchgreifenden Geiste des -+Mehemet-Ali+ müssen wir auch hier Gerechtigkeit widerfahren -lassen. Wir dürfen indeß nicht in Vergessenheit bringen, daß die -Posteinrichtungen keinen allgemeinen, sondern einen speziellen, keinen -bürgerlichen, sondern einen militärischen oder Regierungszweck haben. -Der Postillon nimmt keine Pakete an. Die Briefe gehen nicht regelmäßig. -Es scheint, daß diejenigen Privaten einer besondern Begünstigung -bedürfen, welche der Wohlthat einer ordentlichen Verbindung durch die -Post theilhaftig werden wollen. - -Uebrigens sind Kameel- oder Dromedarposten nicht das Erdachtniß -unserer Zeit. Schon +Salomo Schweigger+ redet von der Kameel- oder -Dromedarpost. Zu Rosette, sagt er, hab’ er eines Tages Einen sehen auf -der Post reiten „auff einem Cameel“ oder „Dromedar.“ - -Unsere Reise dauerte fünf Tage und fünf Nächte. Wir brachen in der -Regel sehr frühzeitig bei Nacht auf, lagerten und ruheten am Morgen und -Abend, im letztern Falle bis über Mitternacht. Wir legten ebenso in der -Regel täglich zwei Posten, nur einmal drei zurück, so daß im Ganzen -von Kairo bis El-Arysch elf Stazionen gezählt werden. Mit Wassermangel -würde man sich im Grunde vergeblich martern, weil das Wasser auf allen -Posten genießbar ist, und von den Leuten daselbst wirklich genossen -wird. Wir haben freilich lieber einigen Wassermangel gelitten, als mit -salzigem Wasser unsern Durst gänzlich gestillt. - -Die Witterung war während der Reise schön, die Nächte vom Monde -beleuchtet, die Mittagshitze auf dem Thiere leicht erträglich, und nur -an ein paar Morgenstunden verspürte ich strengere Kühle. Es ist gut, -wenn man sich gegen die Morgenkühle durch Kleider wohl verwahrt. Das -Bedürfniß dem Auge ringsum sich anschließender Steppenbrillen gegen -den Sandstaub fühlte ich niemals bei der Windstille oder bei dem sehr -leisen Winde, die während meiner Reise herrschten, so angelegentlich -man mir jene, als etwas Unentbehrliches, in Kairo empfahl. - -Statt mit Freudigkeit, erblickte ich die auf einem Sandhügel einsam -stehende, niedrige Moschee von El-Arysch eher mit Mißmuth; denn hier -wartete auf uns die Quarantäne. Zelt an Zelt, Leute, Kameele, Esel -bezeichneten im bunten Neben- und Durcheinander die Gesundheitsanstalt. -Wir schauten nach einem Zeltplatze. Eben gefiel uns einer, als es hieß, -daß heute dort drei Personen an der Cholera starben. Unter solchen -Umständen suchten wir uns, so viel als möglich, abzusondern, und wir -schlugen unser Zelt an einem erhabenen Orte, mit der Aussicht auf das -Meer und die Wüste, auf das Gebirge des steinigen Arabiens in der -Ferne, und auf die in der nahen Vertiefung liegenden Zelte eines Bei, -mit Namen +Mustafa+, eines Gardeobersten. An das Zeltleben noch nicht -gewöhnt, sollte ich zwölf Tage hier verbringen, ein Gedanke, der wie -Blei auf mein Herz drückte. - -Mir that es leid, mit dem Oberaufseher der Quarantäne gleich Anfangs -mich zu zerwerfen, als er uns auf einer günstig gelegenen Stelle nicht -sitzen lassen wollte. Ich machte ihm vorstellig, daß es unsere Pflicht -sei, für die Gesundheit beßtens zu sorgen, daß keine Regierung, welche -für die Menschheit mit Achtung durchdrungen sei, uns die Besetzung -eines Lagerplatzes von Krankheiten zumuthen könne, und daß, wenn man -meinem Wunsche nicht willfahre, mir in Aussicht gestellt sei, die -Anstalt nach Verdienen in Europa bekannt zu machen. Dieser Worte -Stachel empfand der Mann so lebhaft, daß er einige Schritte vorwärts -ging und dann bemerkte: „Ich schicke Sie zurück, wenn -- --“ Er wurde -endlich nachgiebig, indem er uns an dem ausgewählten Orte das Zelt -aufrichten ließ, worauf ich nun gerne schwieg. - - - - -Die Quarantäne in El-Arysch. - - Gefängniß unter dem Zelte; Regen; Mangel und Ueberfluß; Koch - und Küche; Schreibpult und Schreibsand; Macht der Gewohnheit; - +Mustafa-Bei+ und seine Frauen; Minnesinger; ein freies Wort über - die Einrichtung der Quarantäne. - - -Der Oberaufseher der Anstalt war aus Livorno gebürtig und von Beruf -ein Apotheker. Er schien ein guter Mann zu seyn; auch ließ er sich -später mit uns recht freundlich an. Ich vernahm aus seinem Munde kein -einziges wissenschaftliches Wort. Wenn ich fragte, welche Krankheiten -in diesem Dorfe endemisch herrschen, wie die Sterblichkeit sich -verhalte, ob die Cholera in der Nähe oder Umgegend seuche u. s. f., so -erwiederte er selbstzufrieden mit nichtssagenden Empfindungswörtern. -Oefter wiederholte er den Schmatzlaut, dessen sich der Araber bedient, -um sein +la+ (nein) zu ersetzen. Kenntnisse sind keine Last, nur ihr -Erwerb ist schwer. Es würden weit mehr Menschen ernster nach jenen -streben, wenn sie nur, ohne eine Dornenbahn zu betreten, dazu gelangen -könnten. So wenig hassen sie, selbst unwissendere und unthätigere, die -Kenntnisse, daß sie vielmehr solche häufig genug an Andern beneiden. Es -ist übrigens eine über Geisteshoheit und Gemüthsglück Gedanken mächtig -anregende Eigenthümlichkeit, daß wissenschaftlicher Indifferentismus -oder Liebe zum Leeren und Leichten manchmal aus nicht minder heiterem -Auge strahlen, als große Schocke von Wissen. - -In Begleitung eines Arztes oder Halbarztes aus der Abusabler-Schule[29] -und eines Effendi Dragoman kam der Direktor zu Pferde in der Regel -täglich zweimal, am Morgen und Nachmittage, bloß um nachzusehen, ob die -Zahl vollständig sei. Als wir, ein Trupp von fünf Männern, anlangten, -ließ er den Namen mehr nicht, als eines Einzigen aufschreiben; man -erkundigte sich nicht einmal, woher wir kämen. Nach dem Gepäcke ward -so wenig gefragt, als dieses untersucht. Mein Reisegefährte, der -polnische Kapitän, schüttelte den Direktor scherzend an den Schultern. -Ein benachbarter, kontumazirender Türke, der mehrere Tage nach uns -eintrat, hieß, in der Lust, einen unserer Dromedare zu kaufen, seinen -Bedienten das Thier reiten. Ich möchte das merkwürdige Schauspiel des -Wettrennens auf den Dromedaren +im Lazarethe+ jedem Europäer gegönnt -haben. -- Einmal ging ein Knecht des +Mustafa-Bei+ ohne Erlaubniß, -die Esel auszutreiben. Er wurde dafür mit Stockschlägen bestraft. Ich -kann dies so weit bezeugen, daß ich selbst den Schatten des fliegenden -Prügels hätte wahrnehmen können, wäre ich darauf aufmerksam gewesen. -Der Bei selbst stattete uns einmal einen Besuch ab. Tages vorher pfiff -eine Kugel über unsere Köpfe und sank ermattet einige Schritte von -uns in den Sand. Ich richtete meinen Blick umher und erkannte den Bei -als Thäter. Er wollte eben persönlich sich damit entschuldigen, daß -er bloß nach dem Meere geschossen habe, um die Flinte von der Ladung -zu befreien; und der Mann, der bei einem Franken wegen eines Schusses -sich entschuldigte, +ist ein Türke+. Es traf sich gerade zu, daß der -Direktor in die Quarantäne ritt, als der Bei bei uns weilte. Er fuhr -diesen barsch an, daß er die Gesundheitslinie überschreite. Kennst du -den Befehl der Regierung nicht? fragte er ihn. Wenn man erwägt, wie oft -die Quarantäneordnung, um den mildesten Ausdruck zu wählen, verletzt -wird, so muß eine solche einseitige Strenge als lächerlich oder gar -als eine Kinderposse erscheinen. Strenge kann immerhin ihren beredten -Anwalt bekommen, wenn ihre Nothwendigkeit und Nützlichkeit über den -Zweifel hinausliegen; es glättet sich um so mehr ihr rauhes Aeußere ab, -je gleichmäßiger und gerechter sie in allen Theilen gehandhabt und je -Größeres und Edleres ihr zum Lohne wird. An der Anstalt befinden sich -mehrere Marketender. Der eine ließ das Geld eher in den Sand werfen, -bis er es annahm; der andere ergriff es aus dem Wasser, wenigstens vor -den Augen des Direktors; der dritte steckte das Geld ohne Zeremonie -ein, je mehr je lieber. Die Marketender setzen sich keineswegs außer -alle Berührung mit den Kontumazirenden. Ich nehme keinen Anstand, die -Behauptung aufzustellen, daß von ihnen eine ansteckende Krankheit -verschleppt würde. - -Wüste und Meer sind Gottes Mauern, welche die Quarantäne umringen. -Ohne Aufsicht, doch mit Erlaubniß, begaben sich der Kapitän und ein -Türke, jener Kafaß (Polizeidiener), der durch einen Theil der Wüste -in unserer Gesellschaft reisete, ans Meer, um sich darin zu baden. Zum -Spazieren lag weiter Raum offen. Die Kameelführer trieben ihre Thiere -zur Weidung in die Steppe. Nachts konnte man unschwer einen Abstecher -ins Dorf machen, von wo man auch Besuche erhielt. Man war sicher, daß -von den trägen Quarantäneaufsehern die Leute der Anstalt zur Nachtzeit -nie überrascht wurden. - -Auf der Wanderung durch die Wüste wiegte ich mich in der süßen -Hoffnung wenigstens auf ein ordentliches Obdach. Kleine Sandhügel -mit den Vertiefungen dazwischen waren der Quarantäneplatz und Zelte -das Wohngebäude. Ich hoffe, daß die Verfasser von Handbüchern -die Definizion einer Quarantäneanstalt erweitern, und wen die -morgenländische Sitte mit Zaubergewalt an sich zieht, dem möchte ich -den Aufenthalt in der El-Aryscher-Quarantäneanstalt empfehlen. Er kann -da unter Zelt schlafen, wie unsere Erzväter +Abraham+, +Isaak+ und -+Jakob+; ihn werden die Kameele höchlich ergötzen, das eine liegend, -ein Wiederkauer mit mürrischen Hänglefzen, das andere auf allen Vieren -stehend, das dritte auf drei Beinen, weil, um das Thier im Gehen -zu hemmen, das vierte aufgebunden wurde; die Esel werden unseren -Dilettanten vor Tagesanbruch mit einer Ouvertüre entzücken, gegen -welche die sogenannten Meisterwerke +Rossini’s+ nichts, als klägliche -Machwerke sind. - -Und nun zu unserem Zelte. Ein schmutziges, übelriechendes, löcheriges, -kleines Zelt war das ganze Obdach zweier Männer. Ich wußte nicht, ob -es den nämlichen Tag, als ich mich unter ihm legte, Leichname gedeckt -habe. Ich mußte diesen Gedanken immer plötzlich entfernen, damit er in -meinem Gemüthe nicht das Gleichgewicht störe. El-Arysch besitzt einen -Reichthum an süßem, gutem Wasser, und die Vorsteher der Anstalt geizen -mit ihm, daß sie nicht einmal die Zelte waschen lassen, obschon die -Zeit des waschenden Regens nicht vier Monate lang dauert. - -Ich richtete mein Bett möglichst gut ein, deckte des Nachts mich -ganz, selbst über dem Gesichte, zu, und ich schlief leidlich, ohne zu -frieren. Mehrere Tage machte es unter dem Zelte sehr heiß, ja heißer, -als in Alexandrien und Kairo. Schwarzes Gewölke drohte einige Tage mit -Wasser. Ich hoffte immer, es werde, uns verschonend, sich zerstreuen. -Es war vergebene Hoffnung. Der Regen, der so lange nicht mehr in meiner -Nähe fiel, netzte unser Zelt und unsere Kleider. Das Schicksal war in -der That etwas herbe, und wenn ich es rühmen wollte, so müßte ich der -Wahrheit untreu werden. Die Hälfte unserer Quarantänezeit begleitete -regnerische Witterung. Doch darf man sich die Sache nicht gar so -böse vormalen. Die Witterung beobachtete ihre Nachlässe, und während -der letzteren fanden wir leicht Zeit, Zelt und Kleidung zu trocknen. -Die Temperatur war über die Regenzeit nicht kalt, vielmehr günstiger, -wie vorher, insofern, daß sie weit minder wechselte. Bei wenigen -Graden blieb sie Tag und Nacht dieselbe. Ich muß gestehen, daß sie mir -vollkommen behagte. - -Mit den Marketendern hatten wir mehr, als einmal Schwierigkeiten, -da sie die Speisen nicht zu rechter Zeit brachten. Die ersten zwei -Tage fühlten wir auf befremdende Weise einigen Nahrungsmangel; denn -wir konnten, außer Brot, keine Lebensmittel uns verschaffen. Später -hingegen hatten wir eher Nahrungsüberfluß, wenigstens Butter und -Schaffleisch, Hühner und Eier, Reis und Brot genug. Dessen konnten sich -wohl nicht alle Kontumazirende rühmen. Einen Tag nach unserer Ankunft -verlautete es, daß drei Personen starben, -- nach der Versicherung -des Direktors, an der Cholera. Es wäre möglich, daß diese Personen -den Folgen des Hungers oder einer schlechten Ernährung erlagen. Keine -Oberaufsicht auf die Lebensmittel haltend, überläßt der Direktor die -Kontumazirenden den Launen und Erpressungen der Marketender. Man wäre -fast geneigt, vor Gott den Mangel der Anordnung zu beklagen, daß -derjenige, welcher am Unglücke Anderer aus Theilnahmlosigkeit Schuld -ist, nicht sogleich mitfühlt. Die Fahrlässigkeit des Direktors geht so -weit, daß er nicht einmal für eine Apotheke sorgt. Es möchte nun in -der Quarantäne erkranken, wer nur wollte, an eine geregelte ärztliche -Behandlung dürfte man nicht denken; ein blinder Zufall oder die Kraft -der heilenden Natur müßte des Kranken sich erbarmen und ihm die -Gesundheit wieder schenken. - -Butter, Reis und Fleisch waren unsere Elemente zu schmackhaften -Gerichten. Ich kochte selten. Ich war allezeit linkisch ohne die -häuslichen Bequemlichkeiten, und mit dem Feueranmachen kam ich bei -den wenigen Hilfsmitteln am wenigsten zurecht. Auch unser arabischer -Geleitsmann, -- ich nenne ihn erst jetzt bei seinem Namen +Abu-Tropo+, --- übertraf mich weitaus in dieser Sache[30]. Wenn er nur ein Glimmchen -hatte, so umstreute er es mit Stroh, hielt dieses an den Wind und bald -fing es Feuer. Gelang es auf diese Weise nicht, so befächelte er jenes -mit seinem breit gestreiften Abba. Dagegen kochte beinahe immer der -Kapitän, und zwar verstand er dieses Geschäft vortrefflich. Ueber dem -englischen Halbbraten aus unserer Küche im Freien vergaß ich wegen -seiner Güte jeden aus einem Gasthofe. Der Holzmangel machte uns mehrere -Male guten Rath theuer. Bald krabbelte +Abu-Tropo+ den Dromedarmist -zusammen und zündete ihn unter unsern Kochgeschirren an; bald, und -das meist, ging er aus, Holz, Stroh oder das staudige Sodagewächs der -Steppe zusammenzulesen. Man half sich wohl oder übel, übel zumal dann, -wenn der ungezügelte Wind den Regen in das Feuer peitschte. Der Kafaß -lebte ein wenig einfacher, als wir. Knetete sein Bedienter den Brotteig -in dem dicken und großen Napfe, welchen er auf der Reise mit sich -schleppte, so brannte schon ein Haufen Kameelkugeln. Sobald diese in -Asche verwandelt waren, legte er den in einen großen Kuchen geformten -Teig in die heiße Mistasche. Ein wenig gebacken, und man brach und aß. -Mit Zwiebeln, solchen Kuchen, altem arabischen Käse und mit Wasser -bereitete sich der Kafaß ein Mahl, welches mein eigensinniger Gaumen -verschmähte. Auch wir rösteten einmal, in Ermangelung des Bessern, den -Kaffee in der heißen Asche des Dromedarmistes. Schlimmer, als unsere -Küche war jedoch das Viktualienmagazin bestellt. Einmal über das andere -wurde uns Brot, das dritte Mal eine Keule Fleisch, das vierte Mal ein -hübscher Holländer-Käse gestohlen. Durch diese Erfahrung wurden wir zum -mindesten +etwas+ vorsichtiger gegen die Raubthiere. Weil +Abu-Tropo+ -während der Reise mit zu langen Fingern nach unserm Brote langte, so -schöpften wir zuerst auf ihn Verdacht, bis ich in einer Nacht das -raubende Thier mit der Beute aus unserm Zelte eilen sah. - -Die Zeit vertrieb ich mit Schreiben, Lesen, Kochen, Spazieren und -Schlafen. An zehn Tagen setzte ich mein Tagebuch so weit fort, daß -ich an jedem Tage beinahe müde ward, und im Ganzen wenig Zeit verlor. -Die Noth macht erfinderisch. Ich vermißte mein Federmesser, und -ein chirurgisches Bistouri versah seine Dienste. Ich saß auf meine -Matratze, nahm das Kissen auf die seitlich gesenkten Kniee, legte das -Papier auf diesen Polstertisch und schrieb in solcher Beschränkung -recht leicht; ich dachte sogar selten an Unbequemlichkeit, selbst wenn -die Regentropfen auf dem Papiere die Tinte neckten. Ich genoß doch des -Vortheiles, keinen Mangel an Schreibsand zu leiden; denn nicht nur mein -Lager umränderte schöner und feiner Sand, nämlich derjenige der Wüste, -sondern selbst aus dem Bette konnte ich ihn fassen, welcher des Nachts -sich die ungebetene Mühe gab, zum Ersatze des Stundenrufes mich an die -Sandwüste zu erinnern. - -Besonders während meines Aufenthaltes in der Quarantäne stellte sich -die Wahrheit in lebhaften Farben vor die Seele, wie viel Bedürfnisse -und Bequemlichkeiten der Mensch entbehren kann, wenn er nur will oder, -so zu sagen, muß. Wie würde ich zu Hause oder in einem Wirthshause -gemurrt haben, wenn man mir keinen Tisch zum Schreiben oder keinen -Sessel zum Sitzen gebracht hätte? Ohne diese Bequemlichkeit schrieb -ich Vieles und, ich darf bei guten Treuen versichern, nicht mehr -Undenkwürdigkeiten, als vor dem glatten Tische und auf dem weichen -Lehnstuhle. Wenn nur ein Wind unsanft ins Zimmer bläst, wie runzelt man -die Stirne? Unser Zelt war so löcherig, daß der Wind oben freiherrlich -lustwandelte, ohne sich vor den Kopf zu stoßen, und ich nahm gar -keine Notiz mehr von der Wind -- beutelei. In dem Brotkuchen, einem -schlechten und schweren Gebäcke, fand ich Haare und Spreue. Anderes -Brot war nicht zu bekommen, und ich schätzte es so sehr, als unser -weißes. Läßt die Köchin ein einziges Haar in die Suppe fallen, man -hebt einen Spektakel an, daß die Balken des Hauses sich biegen; welch -ein Kapitalverbrechen hat sie begangen; allerwenigstens packt man -die Verbrecherin bei den Zöpfen und jagt sie fort. Ich liebe die -Reinlichkeit von Hause aus; bei der Unausweichlichkeit aber, im Leben -draußen mit unreinen Dingen hin und wieder fürlieb nehmen zu müssen, -drängten sich mir manche Widersprüche der Europäer auf. Kann man viel -Unreinlicheres ersinnen, als jenes Ekelhafte in ein Tuch auffangen und -+bei sich aufbewahren+? Der Athem eines Andern kann höchst unreine -Stoffe ausführen, und wir athmen diese ganz vergnüglich ein. Beinahe -jedes Geldstück trägt seinen Schmutz. Wir betasten gleichwohl das Geld -und das Brot so oft und oft am gleichen Tage und mit der gleichen Hand, -ohne diese zu waschen. - -+Die Macht der Gewohnheit ist groß, und man denke sich nicht bald -etwas so schlimm, an das man sich nicht mit Zeit und Weile ziemlich -leicht gewöhnen könnte.+ Die Gewohnheit macht das Schwere nach und nach -leichter, das Harte gelinder, das Bittere süßer. Die +Vorstellungen+ -verdüstern das menschliche Leben am meisten. Die Gegenwart erscheint -selten so herbe, als das ängstlich wartende Gemüth sie noch unten in -der Zukunft zu fühlen glaubt. - -Unser Nachbar, der mehrerwähnte +Mustafa-Bei+, hatte seine Zelte -in einer Telle aufgeschlagen, welche unser Auge beherrschte. Den -Preis des schönsten Zeltes verdiente das Haremzelt, das heißt, der -abgesonderte Ort der Frauen Beiïnnen. Dieses Zelt war grün, und als -Zierde verbreitete oben ein Stern seine goldenen Strahlen. Von dem -Hauptzelte lief ein Zeltgang in ein kleines Zelt, dessen Nutzen sich -leicht errathen läßt. Die Frauen, vier an der Zahl, gingen selten -aus. Die Kinder hörte ich zuweilen bis in unser Zelt weinen. Die -Dienerschaft des Offiziers war sehr zahlreich. Das Aufbrechen aus den -Zelten zwei Tage vor unserer Abreise gewährte einen köstlichen Anblick. -Der morgenländische Luxus belud über zwanzig Kameele mit Gepäcke. Die -Frauen verließen wie Gefangene das Harem, die Erstbegünstigte voran. -Schöner grüner, auch rother Zeug umkleidete die Sitze (das Schekdof) -auf jeder Seite des Lastthieres. - -Unsere Luft erfüllten die Vögel mit vielstimmigem Gesange. Der Rabe -krächzte, die Schwalbe zwitscherte, der Staar pfiff, wie bei uns der -eben flügge gewordene, und der Sperling schnarrte in die Leier des -Zeisigs. Vor dem Witterungswechsel und während desselben sah ich -Staare mehrere Male in der Richtung von Sonnenaufgang gegen Niedergang -schaarenweise vorüberziehen. Einmal schwärmte der Storch hoch gegen -Kairo. Nachts, bei Grabesstille, brausten die in unzähligen Muscheln -des Meerufers gefangenen Wellen mein Ohr voll. - -Erheben wir uns jetzt mit ruhiger Fassung auf den Standpunkt, um -einen Gesammtüberblick auf die Quarantäne zu werfen, so wird man die -gute Absicht, Länder, hier Syrien, vor der Pest zu sichern, nicht -mißkennen, man wird sie ehren; man kann sich aber nicht bergen, daß, -in dem gegebenen Falle, das Mittel dazu nicht nur unzureichend ist, -sondern sogar die Menschen herabwürdiget. Denn das Sittengesetz erlaubt -nie, daß man +krankmachende+ Anstalten, gleich der vor Augen liegenden -Quarantäne, ins Dasein rufe, um einen krankheitsschützenden Zweck zu -erstreben, wenn zu gleicher Zeit, wie hier, vom krankmachenden Mittel, -wenigstens zum Theile, Umgang genommen werden kann. Will +Mehemet-Ali+ -das zweckmäßige Sperrsystem der Europäer nachahmen, so soll er -ihm nicht Kopf und Hände abschneiden, er soll es in seinem ganzen -Umfange aufnehmen, er soll wenigstens Gebäude aufführen, worin der -Kontumazirende doch vor dem Ungestüme der Witterung möglichst sicher -bleibt. Wie froh wäre ich gewesen, wenn nur eine elende Araber-Hütte, -dergleichen man in Alexandrien und an den Gestaden des Nils und auf den -Hosch in Kairo sieht, zu meiner Verfügung gestellt worden wäre. Man -wird vermuthlich entgegnen, daß das europäische Sperrsystem in seiner -Ganzheit befolgt, bloß den Sitten und den Verhältnissen der Leute und -des Landes angeeignet ward. Diesen schweren Irrthum widerlegt nichts -gründlicher und triftiger, als die Quarantäneanstalt zu El-Arysch -selbst, insofern man sie mit unbefangenen Augen betrachtet. So lange -man in der That dem unwidersprechlich großen Uebel nicht steuert; so -lange wird der aufmerksame Beobachter in der fraglichen Anstalt nichts, -als ein Blendwerk für die Bewohner der vorwärts liegenden Länder -erblicken, so lange kann er auch den Gedanken an eine ungerechte und -grausame Behandlung der Kontumazirenden nicht daniederhalten. - -In Kairo besteht ein Gesundheitsrath, welcher das Gesundheitswohl der -vizeköniglichen Unterthanen, eigentlich mehr der Soldaten, überwacht. -Es wäre gut, wenn er nicht nur die anzustellenden Aerzte der Armee und -der Quarantänen, die Lehrer der Schule zu Abusabel dem Kriegsminister -vorschlüge, etwa einige Arzneiformeln für die angestellten Aerzte -entwärfe, die Pestordnung abfaßte, sondern wenn er allenthalben -genauer +beaufsichtigte+. Die Inspekzionsreise eines gewissenhaften -Arztes nach El-Arysch müßte die Frucht bringen, daß einem Unwesen, -welches das menschliche Gefühl in seiner Tiefe beleidigt, Einhalt -gethan würde. Wenn mich jemals ein Kitzel zum Schreiben an eine -fremde Behörde angewandelt hätte, so würde ich ihn diesmal gefühlt -haben, um dem Präsidenten des Gesundheitsrathes, +Clot-Bei+, und dem -zweiten Mitgliede, ~Dr.~ +Gaëtani+, die Schattenseite der Quarantäne -zu schildern. Ich ging für einmal über die Sache mit Stillschweigen -hinweg, mich glücklich genug schätzend, daß ich während der Zeit meines -Gefängnisses von keiner Krankheit ergriffen ward. - -Die letzte Nacht in der Quarantäne verlief nicht, ohne daß uns ein -Kapitel über das Eigenthumsrecht gelesen wurde. Thiere schlichen in -unser Lager, und wirklich ward ein, mittels einer Schnur innen an das -Zelt gebundenes lebendes Huhn von einem Hunde oder Schakal geraubt. - - -+Ende des ersten Bandes.+ - - - - -Verbesserungen im ersten Bande. - - - S. 7 Z. 4 von oben lies +Salvore+ statt +Savore+. - „ 25 „ 1 „ „ „ +einem Andern+ st. +einen Andern+. - „ „ „ 10 „ unten „ bunt darauf, der Dorfschulze, versteht - sich, am breitesten. +Cesare+ etc. - „ 36 „ 1 „ oben setze nach +Gebirge+ ein , - „ 44 „ 10 „ „ lies +Vor+ gutem Winde. - „ 48 „ 12 „ unten „ +anhaben+ st. +anheben+. - „ 53 „ 11 „ „ „ +vor+ st. +von+. - „ 64 „ 5 „ oben streiche nach +Mela+ das , - „ 68 „ 9 „ unten lies +Wild-+ st. +Waldgewächse+. - „ „ „ 7 „ „ „ +unsanft+ st. +umsonst+. - „ 72 „ 5 u. 4 von unten streiche +zu observiren+. - „ 74 „ 8 von unten lies +asphyktisch+ st. +asphytisch+. - „ 92 „ 1 „ oben „ +welcher+ st. +welches+. - „ 95 „ 6 „ „ „ von dem +Abendländer+. - „ 122 „ 3 „ „ „ +Geknirre+ st. +Gewirre+. - „ 131 „ 6 „ „ „ +Schubbra+ st. +Subbra+. - „ 137 „ 6 „ unten „ +Chamsîn+ st. +Chamasîn+. - „ 142 „ 11 „ oben „ +lebt+ st. +liebt+. - „ 148 „ 6 „ unten „ +seinen Flitter+. - „ 151 „ 3 „ oben „ +Gîsa+ st. +Gisâ+. - „ 163 „ 9 „ unten „ +fischartige+ st. +frischartige+. - „ 170 „ 8 „ oben „ +Gebrauch+ st. +Geruch+. - „ 178 „ 8 „ „ „ +bekehren+ st. +belehren+. - „ 212 „ 9 „ unten „ +des Gürtels+ st. +der Gürtel+. - „ 213 „ 11 „ oben lösche +es+. - „ 219 „ 2 „ „ lies +stächen+ st. +stechen+. - „ 254 „ 4 „ unten „ Abbate +Casti+ ~gli animali~. - „ 261 „ 1 „ „ „ von +dem+ Mitmenschen. - „ 272 „ 11 „ oben setze ein: nach +Klinik+. - „ 278 „ 7 „ „ lies +echt+ st. +recht+. - „ 279 „ 8 „ „ „ +erwecken+ st. +erzwecken+. - „ 280 „ 9 „ unten „ +Matthiolus+. - „ 284 „ 9 „ „ „ +ritt+ st. +will+. - „ 287 „ 10 „ „ „ ~ed~ st. ~e~. - „ 298 „ 4 „ oben setze ein ; vor +Idumäa+. - „ 305 „ 9 „ „ lies +knirrte+ st. +kirrte+. - „ 306 „ 8 „ „ „ +er+ st. +es+. - -Nicht sinnstörende Druckfehler (z. B. 1, 19 Schemmel st. +Schemel+, -1, 103 Letze st. +Letzte+, 1, 123 faullenzt st. +faulenzt+, 1, 181 -schlossen st. +schloßen+, 1, 211 pauckte st. +paukte+, 1, 303 Regen st. -+Regnen+, 2, 162 Montag st. +Montags+), insbesondere der Interpunkzion, -wenigstens im ersten Bande (z. B. S. 8, 26, 28), so wie auch die -Ungleichheit in der Rechtschreibung (z. B. +Kroazien+ neben +Kroatien+, -+lange Weile+ neben +Langeweile+, +Pfennige+ neben +Pfenninge+, +Bogen+ -neben +Bögen+, +Reiß+ neben +Reis+) wolle der Leser selbst verbessern. - - - - -Inhalt des zweiten Bandes. - - Seite - - Reise nach Jerusalem 1. - - Einige geographische Bemerkungen über Syrien 13. - - Einige Bemerkungen über die verschiedenen - Religionsbekenntnisse der Bewohner in Syrien 15. - - Gaza 28. - - Fortsetzung der Reise nach Jerusalem 30. - - Ende der Reise dahin 38. - - =Jerusalem.= - - Oertliche und klimatische Verhältnisse 46. - - Gesundheitszustand und Bevölkerung 52. - - Bauart der Stadt 53. - - Die Kirche des Christusgrabes 56. - - Liegt das Grab +Christi+ in oder außer der jetzigen - Stadt Jerusalem? 63. - - Die Gräber der Könige 69. - - Die Grabhöhle der +Maria+ 71. - - Die Grabmale +Absaloms+, +Josaphats+ und - +Zachariassen+ 72. - - Der Brunnen Siloah 73. - - Die Felsanhöhe Zion 75. - - Der Oelberg 79. - - Die übrigen Merkwürdigkeiten 81. - - Physiologischer Karakter der Einwohner 82. - - Sitten und Gebräuche 83. - - Die Tracht 84. - - Das Kriegsvolk 87. - - Die Pilger 94. - - Der Geist der Christen 97. - - Der Ablaß der römisch-katholischen Kirche 99. - - Der alte deutsche Pater und die große Apotheke 102. - - Meine Zelle im Kloster des Erlösers 104. - - Der Führer um und in Jerusalem 106. - - Rückblick auf Jerusalem 108. - - Ausflug nach Bethlehem 110. - - Die Beschiffung des Lothssees 115. - - Nach Jaffa am Mittelmeere 116. - - - =Jaffa.= - - Lage, Gassen, Hafen, Bevölkerung 121. - - Jaffa, wie es ehemals war 123. - - Die Tageslänge 125. - - Witterungsbeschaffenheit 127. - - Der Meeressturm und der Schiffbruch 128. - - Gesundheitszustand 132. - - Auf dem Hospizdache 136. - - Das Bauernhäuschen 138. - - Das Quarantänegebäude oder Pestlazareth 145. - - Die Jaffanerin kommunizirt, besprengt sich 147. - - Der Jaffaner 149. - - Die Pilger 150. - - Die arabische Knabenschule der Lateiner 152. - - Der Gruß 156. - - Die Brautwerbung und die Hochzeit 159. - - Die Wöchnerin und das Kind 167. - - Wiegenlied und Kinderjucks 170. - - Die Verehrung der Todten 173. - - Die Rekruten oder die Konskribirten 176. - - Das Weinen oder die Raserei am Neujahrstage 1836 179. - - +Ibrahim-Pascha+ 184. - - Kleine Petschaften oder Siegel 186. - - Der Hakim 187. - - Die Fleischbank 189. - - Der Zuckerrohrmarkt 191. - - Der Tabakschneider 193. - - Der Nargilebediente; die Rauchvirtuosität 196. - - Der Kaffeeröster und Kaffeezerstößer 197. - - Der Baumwollereiniger und Schilfdeckenweber 199. - - Der wandernde Schiffer und Kinderspiele 201. - - Spiel der älteren Leute 202. - - Meine Lebensart 205. - - Ich lese die Bibel 209. - - Ein Pater sagt, ich werde des Teufels 210. - - Wie die Gleißnerei im Namen der heiligen Religion einen - Unschuldigen prügelt; laue Konsulats- und Mönchspolizei 212. - - Der Konsul +Damiani+; mein Besuch in seinem Hause 217. - - Vorbereitung zur Abreise 222. - - Nach Rhodos 226. - - - =Rhodos.= - - Lage, Himmel, Volkszahl 236. - - Die Stadt Rhodos 238. - - Das Leichenfeld 241. - - Die Bewohner; das lateinische Hospiz; - Knabenspiel; große Hähne 243. - - Der Abend im Schiffsraume 247. - - Spaziergang gegen Trianda 248. - - Nach Konstantinopel, Triest und heim 251. - - Anleitung zu der Pilgerfahrt nach Jerusalem 256. - - Schlußbetrachtungen 267. - - - - -Bei +Orell+, +Füßli+ u. Comp. in +Zürich+ ist erschienen und in allen -Buchhandlungen zu finden: - -Appenzellischer - -=+Sprachschatz+.= - -=(~Idioticon.~)= - -Eine Sammlung - - appenzellischer Wörter, Redensarten, Sprüchwörter, Räthsel, - Anekdoten, Sagen, Haus- und Witterungsregeln, abergläubischer - Dinge, Gebräuche und Spiele, würzender Lieder oder Reime; nebst - analogischer, historischer und etymologischer Bearbeitung einer - Menge von Landeswörtern, zum Theil nach altteutschen Handschriften - der katholischen Kantonsbibliothek in St. Gallen, - -+Herausgegeben+ - -von - -=~Dr.~ Titus Tobler.= - - gr. Real-8. 522 Seiten. Weiß Druckpapier. - Preis: 8 Schweizerfranken. - -Es bedarf nur eines flüchtigen Blickes in diese ausgezeichnete, -verdienstvolle Sammlung, um ihren Werth zu erkennen und sie lieb zu -gewinnen. Hier ist der weltbekannte, fröhliche, kräftige Witz des -Appenzellers in seiner originellen Volkssprache, sein heiterer, freier -Geist in den mannigfaltigsten Aeußerungen und Beziehungen auf das Leben -reichlich ausgebreitet. Gründliche Sprachforschung und gleichzeitig -anziehende Unterhaltung wechseln in buntem Gemische. - -Freunde des schönen Alpenlandes, die Kurgäste, so jährlich Gais und die -übrigen Kurorte des Kantons Appenzell besuchen und mit den Bewohnern -desselben in Berührung kommen, erhalten durch diesen Sprachschatz den -Schlüssel zu mancher geistreichen und originellen Aeußerung, die sonst -größtentheils für sie verloren geht oder unverständlich bleibt. Ihnen, -sowie den gelehrten Sprachforschern überhaupt, darf dieses, von dem -achtungswerthen Herrn Verfasser mit unermüdlichem Fleiß entworfene, -lebendige Volksgemälde, eine wahre Bereicherung öffentlicher -Bibliotheken, mit Zuversicht anempfohlen werden. - - - - -FUSSNOTEN: - -[1] ~Unicuique dedit vitium natura creato. Catull.~ II. 18. - -[2] Das so oft vorkommende Wort Araber kann keinen Anstoß geben. Man -nennt Araber, die arabisch sprechen, Deutsche, die deutsch reden, und -auch die Schweizer heißen zum Theile Deutsche. Die arabische Sprache -herrscht aber nicht bloß in Arabien, sondern auch in Syrien und im -ganzen Norden von Afrika. Darum wird der Egypzier so oft Araber genannt. - -[3] ~_Prosperi Alpini_ medicina Aegyptiorum. Editio nova. L. B., -officina Boutesteinia, 1719.~ - -[4] Da ich eine genauere Beschreibung der Krankenhäuser für das größere -Publikum nicht berechnen durfte, so übersandte ich sie dem Herausgeber -der schweizerischen Zeitschrift für Natur- und Heilkunde, (Heilbronn -bei Drechsler), Herrn Professor +von Pommer+, wo auch andere auf der -Reise gesammelte medizinische Kleinigkeiten aus meiner Feder sich -finden. S. II. Band 2. Heft S. 314 ff., III. Bd. 1. Heft S. 130 ff., -und III. Bd. 3. Heft S. 435 ff. - -[5] Er erlag der Pest in der pestfreien Zeit, wenigstens in einer -Zeit, da die Europäer keine Vorsichtsmaßregeln gegen die Pest nahmen. -Die Nachricht seines Ablebens erhielt ich, nachdem ich schon von -Alexandrien abgereist war. Vierzehn Tage vorher drückte ich die Hand -des wackern Landsmannes, Herrn +Wehrli+, wenn ich nicht irre, aus dem -Kanton Aargau. - -[6] „~... ut a propinquarum urbium plebe verri sibi vias, et conspergi -propter pulverem exigeret.~“ +Suetonius+ aus dem Leben +Caligula’s+ -(XLIII). - -[7] „Ich wagte nicht“, sagt ~Dr.~ +Jakob Röser+ (224), „in die Höhlen -zu kriechen, theils wegen meines Uebelbefindens, von dem ich noch nicht -ganz frei war, theils der Schlangen und des Ungeziefers wegen, das sich -häufig darin aufhält.“ - -[8] Ich kenne im Deutschen kein Wort für den morgenländischen Sitz mit -kreuzweise über einander geschlagenen Beinen. Um kurz zu reden, wählte -ich +hocken+; +von Prokesch+ schreibt +hockern+. Wenn die Leute, zumal -häufig die Weiber, +eigentlich+ kauerten, oder mit aufgehobenen Knieen -saßen, so will ich mich auch so ausdrücken. +Hocken+ klingt für die -Abendländer freilich niedrig; aber es wäre für diese auch nicht fein, -schneidermäßig hinzusitzen. - -[9] Um der Wahrheit nichts zu vergeben, finde ich mich zu der -für mich unangenehmen Bemerkung verpflichtet, daß die an einem -Tage zurückgelegten Ortschaften nur für dasjenige Ufer eigentlich -verläßlich sind, wo wir ankehrten, weil ich damals der Sache nicht -genug Aufmerksamkeit schenkte, um zugleich den Namen des Ortes am -anderseitigen Ufer zu erfragen, welcher dem Uebernachtungsplatze am -nächsten lag. Meine Ortsnamen weichen hin und wieder von denen des -+von Prokesch+ ab, indem ich der verbessernden Hülfe des französischen -Dragoman vertraute. Wenn z. B. eine Dorfschaft nicht wieder in diesem -Verzeichnisse aufgeführt wird, so muß der Grund darin gesucht werden, -daß sie seit +von Prokeschs+ Nilfahrt verschwunden ist. Müssen im -Abendlande außerordentliche Umstände zusammenfließen, bis ein Dorf -der Erde gleich wird, so ist es in Egypten anders, wo das furchtbare -Szepter des Wütherichs am Haare der Laune hängt, und die leichtfertige -Hand der Landesknechte sich Schwalbennester baut. Wer auf eine -richtigere Aussprache der Ortsnamen einiges Gewicht legen möchte, -findet die Zeichen im folgenden, von mir herausgegebenen Werke erklärt: -+Appenzellischer Sprachschatz.+ Zürich, 1837, bei Orell, Füßli und -Comp. S. XXVI. und XXVII. - -[10] Die Hütten, noch aus Alexandrien in frischem Andenken, erwähne -ich nicht. Die Gelehrten des französischen Feldzuges zählten in Kairo -zwei und dreißig mit Hütten besetzte Plätze (Hôsch, ~place avec des -cahutes~). - -[11] Nach den Gelehrten des französischen Feldzuges hatte Kairo 233 -mohammetanische Großkirchen (Gâma’), 158 Kleinkirchen (Kapellen, -Sâuyeh), 27 christliche Kirchen (in Alt- und Großkairo), 10 Synagogen, -45 Hauptbäder, 171 Außen- und Binnenpforten. - -[12] Die Gelehrten des französischen Feldzuges geben, ohne eine -zertrümmerte Moschee zu rechnen, der Burg allein sieben Gâma’, nämlich: -Gâma’ Tâg el-Dyn, Gâma’ el-Schâryeh, Gâma’ el-Dahâysche, Gâma’ sultân -Kalaun, Gâma’ el-A’ssab, Gâma’ el-Moyed, Gâma’ el-Mustafâujeh. -~Description de l’Égypte, 2. édit. Tome XVIII. (E. M.) 2. part. Paris, -Panckoucke, 1829. Pag. 288. sqq.~ - -[13] Schweizerisch +Buffert+. - -[14] Die Gelehrten des französischen Feldzuges zählten über -achtunddreißig. - -[15] Früher gab es sogenannte +Santone+ (Heilige), welche fadennackend -auf Pferden herumritten. Es ist nicht lange her, daß der Vizekönig -sie in ein Versorgungshaus schickte, und so begegnet der ärgerliche -Auftritt nicht mehr. - -[16] +Salomo Schweigger+ fragte in Konstantinopel nach dem Grunde -dieses „Schöpfleins.“ Es ward ihm geantwortet, daß, wenn der Moslim -dem Feinde zu Theil werde, und um das Haupt komme, alsdann der Kopf am -Haarbüschel gefaßt, und ihm nicht mit der Hand in den Maulkorb (Mund) -gegriffen werde, die ihn verunreinigen würde. - -[17] Es ist bekannt, daß es in Egypten Oefen gibt, worin die Hühnereier -ausgebrütet werden. Es verdrießt mich, keinen gesehen zu haben. Hundert -eben aus dem Ei gekrochene Küchelchen gelten drei bis vier Piaster -(höchstens einen Reichsgulden) bei Kairo. Zur Brütung gehört Wärme -überhaupt. Die Hühnerwärme ist nicht unerläßlich. Als +Livia+, die -Mutter des +Tiberius+, ein Kind unter ihrem Herzen trug, wollte sie -durch verschiedene Wahrzeichen erfahren, ob es ein Knäbchen sei. Von -einer Bruthenne nahm sie auch ein Ei, erwärmte dieses bald mit ihrer -Hand, bald mit derjenigen ihrer Zofen, so lange, bis ein Küchelchen mit -einem ausgezeichneten Kamme herausschlüpfte. - -[18] Die Gelehrten des französischen Feldzuges zählten 120 Zisternen. -Der obere Stock dieser Wassergebäude nimmt gewöhnlich eine Freischule -ein. Es waren nach einer Beschreibung von Alt-Kairo aus dem -sechszehnten Jahrhunderte in dieser Stadt bei 8000 Menschen, die -allein mit Kameelen Wasser von dem Nil in dieselbe schafften, um es zu -verkaufen, wovon der größere Theil dazu diente, die Gassen zu benetzen, -und dadurch den Staub niederzuschlagen. - -[19] Man mag eine Stelle des +Juvenal+ (_Jun. Juvenalis sat._ II. -~v.~ 19) beliebig mit der Bajadere in Verbindung bringen. Von den -aufrichtigen Sündern redend, fährt er fort: - - ~Sed pejores, qui talia verbis - Herculis invadunt et de virtute loquuti - Clunem agitant.~ - - -[20] Später kehrte +Enfantin+ wieder nach Frankreich zurück. - -[21] Sie gehörten dem protestantischen Missionariate. Es wurden -ungemein wenig abgesetzt. Ich sah einmal einen vorübergehenden -Mohammetaner anhalten und eine Bibel aufschlagen; kaum schielte er den -Titel recht an, als er sie wieder aus der Hand legte. - -[22] Der Mann starb auf einer Kurreise nach Oberegypten im Jahr 1837. - -[23] Die Gelehrten des französischen Feldzuges rechneten sechszehn -Leichenfelder auf das Innere der Stadt. Die Franken werden in Altkairo -begraben. - -[24] Der Leser darf der Bezeichnung des armenischen und griechischen -Klosters nicht mehr trauen, als ich selbst traue, +unter der Leitung -eines Arabers+. Im griechischen Kloster schon wollte er mich im -koptischen wissen. Hier gelang es nicht, mich zu täuschen, da ich -nichts einer Höhle ähnliches erkannte. Am armenischen und griechischen -Kloster liegt indessen sehr wenig, und am koptischen Alles; letzteres -aber zu bezweifeln, wäre Zweifelsucht. - -[25] Die Schriftsteller verlegen den Anfang des Nilwachses in ein -wenig verschiedene Zeitpunkte; in den ersten Neumond nach dem längsten -Tag +Plinius+, in den sechszehnten Tag nach demselben die offizielle -Mittheilung des französischen Feldzuges, in den 5. Junius +Alpinus+, -in den 19. +Volney+, in das Ende vom Junius +Rifaud+. +Alpinus+ -erzählte von sehr interessanten Versuchen, um nach gewissen Zeichen -vorauszusagen, wie hoch der Nilstrom steigen werde. - -[26] Auch die Bibel hat uns das Andenken dieser Stadt bewahrt. Wir -lesen aus dem 1. Buche +Moses+ im 45. Verse des 41. Kapitels, daß der -egyptische König oder Pharao dem Statthalter +Josef+, +Jakobs+ Sohn, -+Aseneth+, die Tochter +Potiphars+, eines Priesters zu Heliopolis -(Sonnenstadt), zum Weibe gab. - -[27] Ich gebe zu, daß ich hier, wie weiter unten, in Schreibung der -Namen vielleicht fehle; allein auch dieses Fehlen wird von Werth sein; -denn ich verließ mich auf einen als Apotheker Angestellten, und so -läßt sich dann mehr und minder beurtheilen, auf welcher Stufe von -Kenntnissen dergleichen hochgestellte Männer bei Abusabel stehen. - -[28] Der Reisende, sagt ~Dr.~ +Röser+, wird durch das ihn umschwärmende -und gefährliche Beduinengesindel, die mit Keulen und Pistolen bewaffnet -sind, von der ernsten und ruhigen Betrachtung abgezogen, daher Jedem, -der die Pyramiden besuchen will, zahlreiche Gesellschaft und Vorsicht -anzurathen ist; denn es ist bekannt, daß dies arme, nackte Volk wegen -einer Kleinigkeit einen Menschen todtschlägt. - -[29] Wie hoch die Aerzte aus der Abusabler-Schule gewerthet werden, -erhellt schon daraus, daß man einem Europäer, welcher von der Medizin -rein nichts versteht, einen solchen Arzt unterordnet. - -[30] Auf arabisch +Abu+, Vater. Sobald der Araber Vater eines Sohnes -ist, so wird er nach dem Namen desselben geheißen. Hatte bei uns der -Vater einen Sohn mit Namen Wilhelm, so wurde der Araber im bessern Tone -erstern nie anders, als +Vater Wilhelms+ heißen. - - - -***END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK LUSTREISE INS MORGENLAND, ERSTER -THEIL (VON 2)*** - - -******* This file should be named 54573-0.txt or 54573-0.zip ******* - - -This and all associated files of various formats will be found in: -http://www.gutenberg.org/dirs/5/4/5/7/54573 - - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part -of this license, apply to copying and distributing Project -Gutenberg-tm electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG-tm -concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, -and may not be used if you charge for the eBooks, unless you receive -specific permission. If you do not charge anything for copies of this -eBook, complying with the rules is very easy. You may use this eBook -for nearly any purpose such as creation of derivative works, reports, -performances and research. They may be modified and printed and given -away--you may do practically ANYTHING in the United States with eBooks -not protected by U.S. copyright law. Redistribution is subject to the -trademark license, especially commercial redistribution. - -START: FULL LICENSE - -THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK - -To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase "Project -Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full -Project Gutenberg-tm License available with this file or online at -www.gutenberg.org/license. - -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project -Gutenberg-tm electronic works - -1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all -the terms of this agreement, you must cease using and return or -destroy all copies of Project Gutenberg-tm electronic works in your -possession. If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a -Project Gutenberg-tm electronic work and you do not agree to be bound -by the terms of this agreement, you may obtain a refund from the -person or entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph -1.E.8. - -1.B. "Project Gutenberg" is a registered trademark. It may only be -used on or associated in any way with an electronic work by people who -agree to be bound by the terms of this agreement. There are a few -things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works -even without complying with the full terms of this agreement. See -paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project -Gutenberg-tm electronic works if you follow the terms of this -agreement and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm -electronic works. See paragraph 1.E below. - -1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the -Foundation" or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection -of Project Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual -works in the collection are in the public domain in the United -States. If an individual work is unprotected by copyright law in the -United States and you are located in the United States, we do not -claim a right to prevent you from copying, distributing, performing, -displaying or creating derivative works based on the work as long as -all references to Project Gutenberg are removed. Of course, we hope -that you will support the Project Gutenberg-tm mission of promoting -free access to electronic works by freely sharing Project Gutenberg-tm -works in compliance with the terms of this agreement for keeping the -Project Gutenberg-tm name associated with the work. You can easily -comply with the terms of this agreement by keeping this work in the -same format with its attached full Project Gutenberg-tm License when -you share it without charge with others. - -1.D. The copyright laws of the place where you are located also govern -what you can do with this work. Copyright laws in most countries are -in a constant state of change. If you are outside the United States, -check the laws of your country in addition to the terms of this -agreement before downloading, copying, displaying, performing, -distributing or creating derivative works based on this work or any -other Project Gutenberg-tm work. The Foundation makes no -representations concerning the copyright status of any work in any -country outside the United States. - -1.E. Unless you have removed all references to Project Gutenberg: - -1.E.1. The following sentence, with active links to, or other -immediate access to, the full Project Gutenberg-tm License must appear -prominently whenever any copy of a Project Gutenberg-tm work (any work -on which the phrase "Project Gutenberg" appears, or with which the -phrase "Project Gutenberg" is associated) is accessed, displayed, -performed, viewed, copied or distributed: - - This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and - most other parts of the world at no cost and with almost no - restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it - under the terms of the Project Gutenberg License included with this - eBook or online at www.gutenberg.org. If you are not located in the - United States, you'll have to check the laws of the country where you - are located before using this ebook. - -1.E.2. If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is -derived from texts not protected by U.S. copyright law (does not -contain a notice indicating that it is posted with permission of the -copyright holder), the work can be copied and distributed to anyone in -the United States without paying any fees or charges. If you are -redistributing or providing access to a work with the phrase "Project -Gutenberg" associated with or appearing on the work, you must comply -either with the requirements of paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 or -obtain permission for the use of the work and the Project Gutenberg-tm -trademark as set forth in paragraphs 1.E.8 or 1.E.9. - -1.E.3. If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is posted -with the permission of the copyright holder, your use and distribution -must comply with both paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 and any -additional terms imposed by the copyright holder. Additional terms -will be linked to the Project Gutenberg-tm License for all works -posted with the permission of the copyright holder found at the -beginning of this work. - -1.E.4. Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg-tm -License terms from this work, or any files containing a part of this -work or any other work associated with Project Gutenberg-tm. - -1.E.5. Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this -electronic work, or any part of this electronic work, without -prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with -active links or immediate access to the full terms of the Project -Gutenberg-tm License. - -1.E.6. You may convert to and distribute this work in any binary, -compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including -any word processing or hypertext form. However, if you provide access -to or distribute copies of a Project Gutenberg-tm work in a format -other than "Plain Vanilla ASCII" or other format used in the official -version posted on the official Project Gutenberg-tm web site -(www.gutenberg.org), you must, at no additional cost, fee or expense -to the user, provide a copy, a means of exporting a copy, or a means -of obtaining a copy upon request, of the work in its original "Plain -Vanilla ASCII" or other form. Any alternate format must include the -full Project Gutenberg-tm License as specified in paragraph 1.E.1. - -1.E.7. Do not charge a fee for access to, viewing, displaying, -performing, copying or distributing any Project Gutenberg-tm works -unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9. - -1.E.8. You may charge a reasonable fee for copies of or providing -access to or distributing Project Gutenberg-tm electronic works -provided that - -* You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from - the use of Project Gutenberg-tm works calculated using the method - you already use to calculate your applicable taxes. The fee is owed - to the owner of the Project Gutenberg-tm trademark, but he has - agreed to donate royalties under this paragraph to the Project - Gutenberg Literary Archive Foundation. Royalty payments must be paid - within 60 days following each date on which you prepare (or are - legally required to prepare) your periodic tax returns. Royalty - payments should be clearly marked as such and sent to the Project - Gutenberg Literary Archive Foundation at the address specified in - Section 4, "Information about donations to the Project Gutenberg - Literary Archive Foundation." - -* You provide a full refund of any money paid by a user who notifies - you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he - does not agree to the terms of the full Project Gutenberg-tm - License. You must require such a user to return or destroy all - copies of the works possessed in a physical medium and discontinue - all use of and all access to other copies of Project Gutenberg-tm - works. - -* You provide, in accordance with paragraph 1.F.3, a full refund of - any money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the - electronic work is discovered and reported to you within 90 days of - receipt of the work. - -* You comply with all other terms of this agreement for free - distribution of Project Gutenberg-tm works. - -1.E.9. If you wish to charge a fee or distribute a Project -Gutenberg-tm electronic work or group of works on different terms than -are set forth in this agreement, you must obtain permission in writing -from both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and The -Project Gutenberg Trademark LLC, the owner of the Project Gutenberg-tm -trademark. Contact the Foundation as set forth in Section 3 below. - -1.F. - -1.F.1. Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable -effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread -works not protected by U.S. copyright law in creating the Project -Gutenberg-tm collection. Despite these efforts, Project Gutenberg-tm -electronic works, and the medium on which they may be stored, may -contain "Defects," such as, but not limited to, incomplete, inaccurate -or corrupt data, transcription errors, a copyright or other -intellectual property infringement, a defective or damaged disk or -other medium, a computer virus, or computer codes that damage or -cannot be read by your equipment. - -1.F.2. LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the "Right -of Replacement or Refund" described in paragraph 1.F.3, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project -Gutenberg-tm trademark, and any other party distributing a Project -Gutenberg-tm electronic work under this agreement, disclaim all -liability to you for damages, costs and expenses, including legal -fees. YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT -LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE -PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3. YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE -TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE -LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR -INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH -DAMAGE. - -1.F.3. LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a -defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can -receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a -written explanation to the person you received the work from. If you -received the work on a physical medium, you must return the medium -with your written explanation. The person or entity that provided you -with the defective work may elect to provide a replacement copy in -lieu of a refund. If you received the work electronically, the person -or entity providing it to you may choose to give you a second -opportunity to receive the work electronically in lieu of a refund. If -the second copy is also defective, you may demand a refund in writing -without further opportunities to fix the problem. - -1.F.4. Except for the limited right of replacement or refund set forth -in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS', WITH NO -OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT -LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE. - -1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied -warranties or the exclusion or limitation of certain types of -damages. If any disclaimer or limitation set forth in this agreement -violates the law of the state applicable to this agreement, the -agreement shall be interpreted to make the maximum disclaimer or -limitation permitted by the applicable state law. The invalidity or -unenforceability of any provision of this agreement shall not void the -remaining provisions. - -1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the -trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone -providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in -accordance with this agreement, and any volunteers associated with the -production, promotion and distribution of Project Gutenberg-tm -electronic works, harmless from all liability, costs and expenses, -including legal fees, that arise directly or indirectly from any of -the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this -or any Project Gutenberg-tm work, (b) alteration, modification, or -additions or deletions to any Project Gutenberg-tm work, and (c) any -Defect you cause. - -Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm - -Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of -electronic works in formats readable by the widest variety of -computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It -exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations -from people in all walks of life. - -Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's -goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg-tm and future -generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see -Sections 3 and 4 and the Foundation information page at -www.gutenberg.org - -Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation - -The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit -501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the -state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal -Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification -number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by -U.S. federal laws and your state's laws. - -The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the -mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its -volunteers and employees are scattered throughout numerous -locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt -Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to -date contact information can be found at the Foundation's web site and -official page at www.gutenberg.org/contact - -For additional contact information: - - Dr. Gregory B. Newby - Chief Executive and Director - gbnewby@pglaf.org - -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. - -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. Compliance requirements are not uniform and it takes a -considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up -with these requirements. We do not solicit donations in locations -where we have not received written confirmation of compliance. To SEND -DONATIONS or determine the status of compliance for any particular -state visit www.gutenberg.org/donate - -While we cannot and do not solicit contributions from states where we -have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition -against accepting unsolicited donations from donors in such states who -approach us with offers to donate. - -International donations are gratefully accepted, but we cannot make -any statements concerning tax treatment of donations received from -outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff. - -Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation -methods and addresses. Donations are accepted in a number of other -ways including checks, online payments and credit card donations. To -donate, please visit: www.gutenberg.org/donate - -Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works. - -Professor Michael S. Hart was the originator of the Project -Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be -freely shared with anyone. For forty years, he produced and -distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of -volunteer support. - -Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed -editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in -the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not -necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper -edition. - -Most people start at our Web site which has the main PG search -facility: www.gutenberg.org - -This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. - diff --git a/old/54573-0.zip b/old/54573-0.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index 97ae1f4..0000000 --- a/old/54573-0.zip +++ /dev/null diff --git a/old/54573-h.zip b/old/54573-h.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index 3c1102e..0000000 --- a/old/54573-h.zip +++ /dev/null diff --git a/old/54573-h/54573-h.htm b/old/54573-h/54573-h.htm deleted file mode 100644 index c5af0ea..0000000 --- a/old/54573-h/54573-h.htm +++ /dev/null @@ -1,11416 +0,0 @@ -<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Strict//EN" - "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-strict.dtd"> -<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> -<head> -<meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=UTF-8" /> -<title>The Project Gutenberg eBook of Lustreise ins Morgenland, Erster Theil (von 2), by Titus Tobler</title> - <link rel="coverpage" href="images/cover.jpg" /> - <style type="text/css"> - -body { - margin-left: 10%; - margin-right: 10%; -} - -div.chapter,div.section {page-break-before: always;} - -div.titel {margin: auto 10%;} -div.reklame {margin: auto 15%;} - -.break-before {page-break-before: always;} - -h1,h2,h3,h4 { - text-align: center; /* all headings centered */ - clear: both; - font-weight: normal;} - -h1,.s1 {font-size: 225%;} -h2,.s2 {font-size: 175%;} -h3,.s3 {font-size: 125%;} -h4,.s4 {font-size: 110%;} -.s5 {font-size: 90%;} -.s6 {font-size: 70%;} - -h1 { - page-break-before: always; - padding-top: 3em;} - -h2.nobreak { - page-break-before: avoid; - padding-top: 3em;} - -h3 {padding-top: 2em;} -h3.nopad {padding-top: 0;} - -p { - margin-top: .51em; - text-align: justify; - margin-bottom: .49em; - text-indent: 1.5em;} - -p.p0,p.center {text-indent: 0;} - -p.hang1 { - padding-left: 2em; - text-indent: -1em;} - -.mtop1 {margin-top: 1em;} -.mtop2 {margin-top: 2em;} -.mtop3 {margin-top: 3em;} -.mbot1 {margin-bottom: 1em;} -.mbot2 {margin-bottom: 2em;} -.mleft0_2 {margin-left: 0.2em;} -.mleft1 {margin-left: 1em;} -.mleft3 {margin-left: 3em;} -.mleft8 {margin-left: 8em;} - -.padtop1 {padding-top: 1em;} -.padtop3 {padding-top: 3em;} -.padr0_5 {padding-right: 0.5em;} - -hr { - width: 33%; - margin-top: 2em; - margin-bottom: 2em; - margin-left: auto; - margin-right: auto; - clear: both;} - -hr.chap {width: 65%; margin: 2em 17.5%;} -hr.full {width: 95%; margin: 2.5em 2.5%;} -hr.titel { - width: 70%; - margin: 1em 15%; - height: 0.3em; - border-top: 3px black solid; - border-bottom: thin black solid; - border-right: none; - border-left: none;} - -hr.r10 {width: 10%; margin: 2em 45%;} - -table { - margin-left: auto; - margin-right: auto;} - -table.toc,table.verbesserungen {width: 65%;} - -td.kap { - font-size: 115%; - font-weight: bold; - padding-top: 1em; - padding-bottom: 0.5em;} - -td.ukap { - vertical-align: top; - padding-left: 1em; - text-indent: -1em;} -td.ukap1 { - vertical-align: top; - padding-left: 2.5em; - text-indent: -1em;} -td.ukap2 { - vertical-align: top; - padding-left: 4em; - text-indent: -1em;} - -td.ste { - vertical-align: bottom; - text-align: right;} - -table.ortschaften {margin: 0.5em auto 0.5em 1.5em;} -table.ortschaften td {padding-right: 1.5em;} - -table.pyramiden {margin-left: 3em;} - -.tdc {text-align: center;} - -.vat {vertical-align: top;} -.vab {vertical-align: bottom;} - -.pagenum { /* uncomment the next line for invisible page numbers */ - /* visibility: hidden; */ - position: absolute; - left: 95%; - font-size: 70%; - color: #aaaaaa; - text-align: right; - font-style: normal; - text-indent: 0; - letter-spacing: 0;} /* page numbers */ - -.blockquot { - margin: 1.5em 5%; - font-size: 90%;} - -.center {text-align: center;} - -.antiqua {font-style: italic;} - -.antiqua i {text-decoration: underline;} - -.gesperrt { - letter-spacing: 0.2em; - margin-right: -0.2em; } - -em.gesperrt { - font-style: normal; } - -.caption { - text-align: center; - font-weight: bold; - text-indent: 0;} - -/* Images */ -.figcenter { - margin: auto; - text-align: center;} - -img {max-width: 100%; height: auto;} - -/* Footnotes */ -.footnotes { - border: thin black dotted; - background-color: #ffffcc; - color: black;} - -.footnote { - margin-left: 10%; - margin-right: 10%; - font-size: 0.9em;} - -.footnote .label { - position: absolute; - right: 84%; - text-align: right;} - -.fnanchor { - vertical-align: top; - font-size: 70%; - text-decoration: none;} - -/* Poetry */ -.poetry-container {text-align: center;} - -.poetry { - display: inline-block; - text-align: left;} - -.poetry .stanza {margin: 1em auto;} - -.poetry .verse { - text-indent: -3em; - padding-left: 3em;} - -/* Transcriber's notes */ -.transnote { - background-color: #E6E6FA; - color: black; - font-size:smaller; - padding:0.5em; - margin-bottom:5em;} - -.htmlnoshow {display: none;} - -@media handheld { - -.htmlnoshow {display: inline;} - -.ebnoshow {display: none;} - -table.toc,table.verbesserungen {width: 100%;} - -div.titel {margin: auto;} -div.reklame {margin: auto 5%;} - -em.gesperrt { - font-family: sans-serif, serif; - font-size: 90%; - margin-right: 0;} - -.poetry { - display: block; - text-align: left; - margin-left: 2.5em;} -} - - h1.pg,h2.pg,h3.pg,h4.pg { font-weight: bold; } - h1.pg { font-size: 190%; - padding-top: 0em; } - h2.pg { font-size: 135%; } - h3.pg { font-size: 110%; } - h4.pg { font-size: 100%; } - hr.pg { width: 100%; - margin-top: 3em; - margin-bottom: 0em; - margin-left: auto; - margin-right: auto; - height: 4px; - border-width: 4px 0 0 0; /* remove all borders except the top one */ - border-style: solid; - border-color: #000000; - clear: both; } - </style> -</head> -<body> -<h1 class="pg">The Project Gutenberg eBook, Lustreise ins Morgenland, Erster Theil (von -2), by Titus Tobler</h1> -<p>This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States -and most other parts of the world at no cost and with almost no -restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it -under the terms of the Project Gutenberg License included with this -eBook or online at <a -href="http://www.gutenberg.org">www.gutenberg.org</a>. If you are not -located in the United States, you'll have to check the laws of the -country where you are located before using this ebook.</p> -<p>Title: Lustreise ins Morgenland, Erster Theil (von 2)</p> -<p>Author: Titus Tobler</p> -<p>Release Date: April 19, 2017 [eBook #54573]</p> -<p>Language: German</p> -<p>Character set encoding: UTF-8</p> -<p>***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK LUSTREISE INS MORGENLAND, ERSTER THEIL (VON 2)***</p> -<p> </p> -<h4 class="pg">E-text prepared by the Online Distributed Proofreading Team<br /> - (<a href="http://www.pgdp.net">http://www.pgdp.net</a>)<br /> - from page images generously made available by<br /> - the Google Books Library Project<br /> - (<a href="https://books.google.com">https://books.google.com</a>)</h4> -<p> </p> -<table border="0" style="background-color: #ccccff;margin: 0 auto;" cellpadding="10"> - <tr> - <td valign="top"> - Note: - </td> - <td> - Images of the original pages are available through - the Google Books Library Project. See - <a href="https://books.google.com/books?id=iu4oAAAAYAAJ&hl=en"> - https://books.google.com/books?id=iu4oAAAAYAAJ&hl=en</a><br /> - <br /> - Project Gutenberg has the other volume of this work.<br /> - <a href="http://www.gutenberg.org/files/54574/54574-h/54574-h.htm">Zweiter Theil</a>: see http://www.gutenberg.org/files/54574/54574-h/54574-h.htm - </td> - </tr> -</table> -<p> </p> -<p> </p> -<div class="transnote"> - -<p class="s3 center"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p> - -<p class="p0">Der vorliegende Text wurde anhand der 1839 erschienenen -Buchausgabe so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. -Ungewöhnliche, altertümliche und inkonsistente Schreibweisen wurden, -auch bei Eigennamen, beibehalten, insbesondere wenn es sich um -Übertragungen fremdsprachlicher Begriffe handelt oder diese im Text -mehrfach auftreten. Zeichensetzung und offensichtliche typographische -Fehler wurden stillschweigend korrigiert.</p> - -<p class="p0">Das gesamte Inhaltsverzeichnis beider Bände sowie die Liste der -Verbesserungen befinden sich in der Originalausgabe lediglich am Ende des -zweiten Buches. Der Übersichtlichkeit halber wurde das Verzeichnis des -betreffenden Bandes an dessen Anfang gestellt, das Inhaltsverzeichnis -des jeweils anderen Bandes dagegen an das Ende des Buches. Die -Verbesserungen erscheinen am Ende des jeweiligen Bandes; diese sind, -soweit sie vom Autor als relevant eingestuft wurden, bereits in das -vorliegende Buch eingearbeitet worden.</p> - -<p class="p0">Die Buchversion wurde in Frakturschrift gedruckt; diese wird hier -in Normalschrift dargestellt; Antiquaschrift erscheint dagegen <span class="antiqua">kursiv</span>. -Kursive Antiquaschrift wird hier zusätzlich <span class="antiqua"><i>unterstrichen</i></span> -dargestellt.</p> - -<p class="p0 htmlnoshow">Abhängig von der im jeweiligen Lesegerät -installierten Schriftart können die im Original <em class="gesperrt">gesperrt</em> -gedruckten Passagen gesperrt, in serifenloser Schrift, oder aber sowohl -serifenlos als auch gesperrt erscheinen.</p> - -</div> -<p> </p> -<hr class="pg" /> -<p> </p> -<p> </p> -<p> </p> - - -<div class="figcenter"> - <a id="cover" name="cover"> - <img src="images/cover.jpg" - alt="" /></a> - <p class="ebnoshow caption s5">Original-Umschlag</p> -</div> - -<div class="titel"> - -<p class="s2 center padtop3 break-before">Lustreise ins Morgenland.</p> - -<h1><span class="s6">Lustreise<br /> - -<span class="s6">ins</span></span><br /> - -<b><span class="mleft0_2">M</span><span class="mleft0_2">o</span><span class="mleft0_2">r</span><span class="mleft0_2">g</span><span class="mleft0_2">e</span><span class="mleft0_2">n</span><span class="mleft0_2">l</span><span class="mleft0_2">a</span><span class="mleft0_2">n</span><span class="mleft0_2">d</span>.</b></h1> - -<hr class="r10" /> - -<p class="center mtop3">Unternommen und geschildert</p> - -<p class="center mtop1">von</p> - -<p class="s3 center mtop1 mbot2"><b><span class="antiqua">Dr.</span> Titus Tobler.</b></p> - -<p class="s4 center">Erster Theil.</p> - -<hr class="titel" /> - -<p class="s3 center"><b><span class="mleft0_2">Z</span><span class="mleft0_2">ü</span><span class="mleft0_2">r</span><span class="mleft0_2">i</span><span class="mleft0_2">c</span><span class="mleft0_2">h</span>,</b></p> - -<p class="center">bei Orell, Füßli und Compagnie.</p> - -<p class="s3 center"><span class="mleft0_2">1</span><span class="mleft0_2">8</span><span class="mleft0_2">3</span><span class="mleft0_2">9</span>.</p> - -</div> - -<hr class="full" /> - -<div class="chapter"> - -<p class="s3 center"><b>Inhalt des ersten Bandes</b>.</p> - -</div> - -<table class="toc" summary="Inhaltsverzeichnis 1. Band"> - <tr> - <td class="ukap"> - - </td> - <td class="ste"> - Seite - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Reise nach Triest - </td> - <td class="ste"> -   <a href="#Reise_nach_Triest">1.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Mein Aufenthalt auf dem Eilande Lossin oder Ossero - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Mein_Aufenthalt_auf_dem_Eilande_Lossin_oder_Ossero">10.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Fahrt nach Alexandrien - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Fahrt_nach_Alexandrien">25.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="kap"> -  <a href="#Alexandrien">Alexandrien.</a> - </td> - <td class="ste"> - - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Lage - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Alexandrien_Lage">58.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Gebäude - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Alexandrien_Gebaeude">59.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Krankenhäuser - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Alexandrien_Krankenhaeuser">67.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Auch das Observazionsspital oder die Observazionshütten - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Alexandrien_Observazionsspital">70.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Katakomben und der Pferdestall - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Alexandrien_Katakomben">78.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Nadeln der <em class="gesperrt">Kleopatra</em> und der Flohfänger - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Alexandrien_Nadeln_der_Kleopatra">80.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Pompejussäule und die Schandsäule - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Alexandrien_Pompejussaeule">82.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Nachgrabungen - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Alexandrien_Nachgrabungen">85.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Leute. Bevölkerung - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Alexandrien_Leute">88.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Ritt zur Beschneidung - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Alexandrien_Beschneidung">91.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Primarschule - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Alexandrien_Primarschule">92.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Zeichenschule - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Alexandrien_Zeichenschule">93.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Weiberhändel - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Alexandrien_Weiberhaendel">95.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Geld und Geldnoth - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Alexandrien_Geld_und_Geldnoth">97.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Schiff der Wüste - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Alexandrien_Schiff_der_Wueste">99.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Anleitung für den Reisenden - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Alexandrien_Anleitung">100.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Die Nilfahrt nach Kairo - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Alexandrien_Nilfahrt_nach_Kairo">104.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="kap"> - <a href="#Kairo">Kairo.</a> - </td> - <td class="ste"> - - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Lage der Stadt, Strich des Himmels und Gesundheitszustand - der Menschen - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Lage">134.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Stadt nach ihrer Bauart - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Bauart">140.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Schloß, der Jussufsbrunnen und die Grabmale von Kâyd-Bei - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Schloss">148.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Militärkrankenhaus - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Militaerkrankenhaus">155.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Narrenmenagerie - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Narrenmenagerie">157.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Stadt der Einäugigen und der Blinden - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Stadt_der_Einaeugigen">162.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das öffentliche Bad - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Das_oeffentliche_Bad">163.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Wie die Egypzier im sechszehnten Jahrhundert die Bäder gebrauchten - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_oeffentliche_Baeder_im_16_Jahrhundert">168.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Sklavenmarkt - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Sklavenmarkt">173.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Katzenstift - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Katzenstift">177.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Gärten - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Gaerten">181.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Esbekieh - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Esbekieh">183.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Physiologischer und psychologischer Karakter der Einwohner - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Karakter_der_Einwohner">184.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Tracht - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Tracht">194.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Speisen und Getränke - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Speisen_und_Getraenke">198.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Kaffeehäuser - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Kaffeehaeuser">204.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Schneller Justizgang - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Schneller_Justizgang">208.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der egyptische Tanz - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Der_egyptische_Tanz">210.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Brautzug - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Brautzug">213.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Leichenzug - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Leichenzug">216.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Straßensänger - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Strassensaenger">218.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Versteigerer - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Versteigerer">219.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Barbier - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Barbier">220.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Lagerstellenmacher - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Lagerstellenmacher">221.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Glaser - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Glaser">222.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Schuhmacher - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Schuhmacher">223.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Töpferwaarenflicker - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Toepferwaarenflicker">224.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Missionarien - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Missionarien">226.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Renegaten - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Renegaten">228.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Müsterchen von Europäern in Egypten, oder ein Porträt - über Kairo aus Europa - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Muesterchen_von_Europaeern">230.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Undank für treue Liebe - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Undank">233.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Unter österreichischer Protekzion - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Unter_oesterreichischer_Protekzion">235.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Meine Wohnung - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Meine_Wohnung">236.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Meine Nahrung und Getränke - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Meine_Nahrung">238.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Umgebung von Kairo: - </td> - <td class="ste"> - - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Todtenstadt el-Seydeh Omm Kâsim - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Umgebung">242.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Die Wasserleitung - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Umgebung_Wasserleitung">244.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Altkairo und das armenische Kloster - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Umgebung_Altkairo">246.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Das griechische Kloster und der Altar der h. Frau im koptischen - Kloster - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Umgebung_Das_griechische_Kloster">247.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Der Tempel <em class="gesperrt">A’mrus</em> - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Umgebung_Der_Tempel_Amrus">250.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Der Garten <em class="gesperrt">Ibrahim-Paschas</em> und der - Nilometer auf der Insel Ruda - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Umgebung_Der_Garten_Ibrahim_Paschas">253.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Ausflug nach Heliopolis und Abusabel - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Umgebung_Ausflug_nach_Heliopolis">258.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Geschichtlicher Rückflug nach Mattarieh - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Umgebung_Geschichtlicher_Rueckflug">280.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Abenteuerlicher Ritt nach den Pyramiden von Gizeh - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Umgebung_Abenteuerlicher_Ritt">281.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Wegweiser in und um Kairo - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Wegweiser">295.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Rückblick auf Kairo - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Rueckblick">297.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Reise durch die Wüste nach El-Arysch - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kairo_Reise_durch_die_Wueste">297.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Quarantäne in El-Arysch - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Die_Quarantaene_in_El_Arysch">321.</a> - </td> - </tr> -</table> - -<div class="chapter"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_v" id="Seite_v">[S. v]</a></span></p> - -<h2 class="nobreak" id="Vorwort">Vorwort.</h2> - -</div> - -<p>Von manchen Seiten her wurde ich aufgefordert, die Beschreibung meiner -Lustreise in das Morgenland der Presse zu übergeben. Ich hätte es -vielleicht nicht thun sollen, — ich entsprach der Aufforderung. Wohl -wäre es möglich, daß die Sache allzu leicht genommen würde. Es ist viel -minder schwierig, zu reisen, als eine Reise, zum Behufe öffentlicher -Mittheilung, zu beschreiben. Wer einzig zur Erholung herumwandern -will, ferne vom Vorsatze, etwaige Wahrnehmungen,<span class="pagenum"><a name="Seite_vi" id="Seite_vi">[S. vi]</a></span> Beobachtungen und -Erfahrungen ans Tageslicht zu ziehen, darf sich nur den Paß und dessen -goldenen Rahmen verschaffen; legt er den Wanderstab hin, so verlangt -man von ihm im Ernste kaum Rechenschaft darüber, ob er viel oder wenig, -richtig oder unrichtig aufgefaßt habe. Umgekehrt verhält es sich mit -dem Reisenden, der eine Beschreibung durch den Druck bekannt macht; -das Wort ist nicht mehr sein eigen, sondern Gemeingut der Leser, der -Gewährsmann wird in die Schranken des öffentlichen Gerichtes gerufen.</p> - -<p>Ich sehe gut die weithin langenden Folgen meines Versprechens, und -gleichwohl rücke ich heraus mit meinen Tageblättern. Wenn ich die -Aufforderung recht verstanden habe, so will man, ohne meine wirklichen -Mühseligkeiten, im Geiste mir nachreisen; man erwartet keine neue -Entdeckungen weder aus der Vor-, noch Mitwelt, weder in Beziehung -auf die Kenntniß des Himmels, noch der Erde, weder ihrer Bewohner, -noch Hervorbringnisse; man will Bekanntes in einem traulichen Kreise -zusammenplaudern; man denkt billig genug,<span class="pagenum"><a name="Seite_vii" id="Seite_vii">[S. vii]</a></span> daß ein Lustreisender, -der in einer Spanne Zeit drei Welttheile berührt, der Wissenschaft -keine Dienste leistet. Ich rücke <em class="gesperrt">darum</em> mit meinen Tageblättern -heraus, <em class="gesperrt">weil die Erwartungen nicht über meine geringen Ansprüche -hinaufreichen</em>.</p> - -<p>Aber warum wurde denn die Beschreibung nicht zeitungswarm geliefert? -So höre ich die Frage an mich richten. Mit einer Antwort bin ich -keinesweges verlegen. Ich mochte nun einmal nicht in den bestaubten -Reisekleidern unter so anständige Leute treten. Weil es anders -nicht schicklich gewesen wäre, so begann ich den egyptischen und -palästinischen Staub herauszubürsten. Freilich da merkte ich bald, -daß in meinem Heimathlande nicht mehr die stillen Klostermauern mich -umfangen; ein Hinderniß häufte sich auf das andere. Das Reise-Tagebuch -lag neben meinem Krankenbuche, und Jedermann weiß, daß die Leidenden -in der Regel durch etwas ganz Anderes genesen, als durch Schildereien -aus dem Leben eines Pilgers. Kurz, ich stellte die Reisebogen in den -Hintergrund, und<span class="pagenum"><a name="Seite_viii" id="Seite_viii">[S. viii]</a></span> widmete meine Feder vorzüglich den Tageblättern -für meine Kranken. Doch nach und nach schaffte ich, so gut es in der -vielzersplitterten Muße gehen wollte, wenigstens einige Ordnung, daß -ich nun endlich die Schwelle des Hauses verlasse, um — der Geneigtheit -und Nachsicht der Leser mich zu empfehlen.</p> - -<p class="mleft1"><em class="gesperrt">Lutzenberg</em>, im Appenzeller-Lande,<br /> -<span class="mleft3">an Ostern 1839.</span></p> - -<hr class="chap" /> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_1" id="Seite_1">[S. 1]</a></span></p> - -<div class="chapter"> - -<h2 class="s3 nobreak" id="Reise_nach_Triest">Reise nach Triest</h2> - -</div> - -<p>Am 22. August 1835 trat ich, vom schweizerischen Kanton Appenzell aus, -meine Reise an. Sie nahm ihre Richtung über den Arlberg, über Insbruck, -Bozen, Trient, Vicenza, Padua und Venedig nach Triest. Ich werde diese -Reise durch eine Gegend, welche, so zu sagen, nur einen Sprung weit -von meinem Heimatlande entfernt ist, nicht näher berühren. Ich erwähne -bloß, daß ich dießmal mit ungleich mehr Zufriedenheit durch diesen -Theil Welschlands reisete, als im Jahre 1826, wohin ich von Wien aus -einen Abstecher gemacht hatte. Ich wählte vorzüglich italienische -Wirthshäuser, und die Wahrheit heischt von mir das Bekenntniß, -daß ich nicht den mindesten Grund zu Klagen über Betrügereien in -denselben fand. Niemals handelte ich mit den Wirthsleuten zum Voraus -die Mahlzeit ab. Bei deutschen Wirthen dieses Landes befand ich mich -eher schlimmer. Zank und Streit mit zwei Vetturini waren ganz unsere -Schuld, oder vielmehr die meines Reisegefährten, eines Kroaten, der -<em class="gesperrt">weniger</em> bezahlen wollte, -<span class="pagenum"><a name="Seite_2" id="Seite_2">[S. 2]</a></span> -als wir bereits schon übereingekommen -waren. Es bot ein rührendes Schauspiel dar, wie ein Vetturino nur das -<em class="gesperrt">Seinige</em> verfechten mußte. Wenn die Deutschen oder wenigstens -die deutsch Redenden auf diese Weise fortfahren, es dürften sich traun -die italienischen Vetturini brüsten, um dem deutschen Uebermuthe die -Flügel zu stutzen. Die Deutschen, welche nach Italien reisen wollen, -hauen darum leicht über die Schnur, daß sie auf erster Linie mit den -Schlechtigkeiten der Italiener allzusehr sich vertraut machen, statt -daß sie es sich angelegen sein lassen, die Gedanken in ihrer Sprache -auszutauschen. Der Deutsche, gewohnt, beinahe in jedem schlechten -italienischen Gewande eine schlechte Seele zu suchen, richtet auch -nach dieser, über das Gebirge geschleppten vorgefaßten Meinung, die -Behandlung des Italieners. So wie aber dieser wahrnimmt, daß der -Fremde an ihm keinen grünen Zweig erblickt, mag es ihn freuen, daß der -Reisende sich ja nicht täusche.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 29. August.</em></p> - -<p>Ich langte in der überaus lebhaften Handelsstadt Triest an. Meine -Empfehlungen an dasige Häuser thaten erwünschte Wirkung. Ein Landsmann -gab Anleitung zum Einkaufe der für die Seereise nöthigen Effekten. Ein -jüdisches Haus kam mir zuvor, um später den Aufenthalt in<span class="pagenum"><a name="Seite_3" id="Seite_3">[S. 3]</a></span> Alexandrien -mir angenehm zu machen, und versah mich mit Schreiben, damit mir die -Reise nach Egypten in finanzieller Beziehung gesichert werden sollte.</p> - -<p>Sechs Tage mußte ich warten, bis ein Schiff unter Segel ging. Mein -Vertrag mit dem Kapitän, Herrn <em class="gesperrt">Simon Budinich</em> aus Lossin, wurde -doppelt ausgefertigt, und in demselben ausdrücklich bemerkt, daß ich -freie Hand behalten wolle, wenn zur bestimmten Frist die Abfahrt nicht -erfolgen würde. Der Vertrag beschlug übrigens, um nach Landart zu -sprechen, nicht bloß Logis, sondern auch Kost.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Donnerstag den 3. -September.</em></p> - -<p>Ich ließ mein Bett, (ein Kissen, eine Stramatze [<span class="antiqua">Stramazzo</span>, -Matratze], eine Wolldecke, [Kotze], zwei Leintücher) und meine übrigen -Effekten an Bord bringen. Vom Kai holten sie unsere Matrosen ab, ohne -daß ich mich vor der Hand weiter darum bekümmerte. Abends neun Uhr rief -ich den Matrosen unsers Schiffes, <span class="antiqua">il Giusto</span>. Gleich ruderten -sie mir entgegen, und ich nahm Abschied vom Lande. Frohmüthig bestieg -ich meine neue Behausung. Mein Auge weidete sich zuerst an dem Walde -von Mastbäumen und an dem sternenreichen Himmel; dann trat ich in die -Kajüte, wo ich meine Effekten in Ordnung fand. Ein fester Bursche, der -Buchhalter (<span class="antiqua">scrivano</span>), saß eben<span class="pagenum"><a name="Seite_4" id="Seite_4">[S. 4]</a></span> an einer wohlbesetzten Tafel; -ein mit rothem Wein gefülltes Glas wurde nicht selten von seinem Munde -magnetisch angezogen. Derselbe plauderte an Einem fort anmuthig und -offenherzig; er nannte ohne Umschweif die Regierung von Triest eine -strenge. Als er inne ward, ich sei ein schweizerischer Republikaner, -gab er Freude zu erkennen. Im Politischen faßte ich mich kurz. Ich -suchte darzuthun, daß die Regierungsform nicht immer wesentlich die -Wohlfahrt eines Volkes untergrabe oder begründe, und fügte hinzu, daß -die Schweizer im Allgemeinen zufrieden leben. Ich sprach mit einer -Mäßigung und Zurückhaltung, daß kein Schein da war, als wolle ich den -Republikanismus außer meinem Vaterlande verkündigen.</p> - -<p>Die Kajüte gefiel mir; blau angestrichen und geräumig; in der Mitte -ein Tisch, ringsum Stühle und ein Kanape von hartem Holz. Zum -Ueberflusse eingerahmte Bilder: hier das Sinnbild der Dreieinigkeit; -dort ein pausbäckiger Zweimaster mit österreichischer Flagge; ferner -weibliche Schönheiten aus allen vier Welttheilen. In einer Ecke ein -Käfich mit zwei Kanarienvögeln. Für mein Lager war zur Seite der -Kajüte ein Kasten, den man <span class="antiqua">cuccietta</span> nennt, und der durch zwei -Flügelthürchen verschlossen werden kann. Der Kapitän hatte noch ein -besonderes Schlafgemach, welches durch Thüre und Vorhang von der Kajüte -getrennt war.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_5" id="Seite_5">[S. 5]</a></span></p> - -<p>Um zehn Uhr sollte der Kapitän ankommen; allein die Vergnügungen auf -dem Lande fesselten ihn über die Zeit. Mich überfiel Schläfrigkeit; -ich begab mich zu Bette, nicht ohne einige Besorgniß, auf einem Lager, -welches durch seine Weichheit sich nicht zum Besten empfahl, nur -mit Mühe den Schlaf zu finden. Bald langte der Hauptmann mit meinem -Reisegefährten an. Es dauerte nur noch kurze Zeit, und ich schlief.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 4. September.</em></p> - -<p>Nach Mitternacht hörte ich lautes Getrampel. Die Matrosen waren -beschäftigt, das Schiff in segelfertigen Stand zu stellen. Erst in -der Frühe wurden die Segel dem Winde gegeben. Doch wir mußten zuerst -laviren; denn einiger Proviant und das unter polizeilicher Aufsicht -gelegene Schießpulver waren noch nicht eingetroffen.</p> - -<p>Ein zureichender Grund bewegt mich, meinen Reisegefährten <em class="gesperrt">Cesare</em> -nicht bei seinem Familiennamen in den Kreis meiner Leser einzuführen. -Aus einem großen Dorfe bei Mailand gebürtig, studirte er in Pavia, -hielt sich als Apothekergehülfe in Venedig, und die letzten vierthalb -Jahre in Triest auf. Er theilte mir, auf verdankenswerthe Weise, -eine Reisebeschreibung, <span class="antiqua">Viaggio in Siria e nella Terra Santa</span> -von <em class="gesperrt">Giovanni Failoni</em> (<span class="antiqua">Verona, 1833, Pietro<span class="pagenum"><a name="Seite_6" id="Seite_6">[S. 6]</a></span> Bisesti</span>), -mit. Ein anderer Passagier blieb zu nicht geringem Verdrusse des -Schiffmäcklers aus, wiewohl er sein Jawort zur Abreise gegeben hatte. -Er war ein Deutscher, dem Vermögen nach unabhängig, und nur Reiselust -entzog ihn seinem Familienschooße. Wenige Tage vor meiner Abreise -erhielt er aus Kairo Nachricht vom 31. Juli, daß dort die Cholera -herrsche, und eines Mehrern bedurfte der bewegliche Mann nicht, um -den Reiseplan vorläufig auf sich beruhen zu lassen. Mittlerweile lief -noch denselben Tag, auf welchen unsere Abreise festgestellt war, -ein Schiff von Alexandria ein, mit der günstigen Zeitung, daß der -Gesundheitszustand in Egypten befriedigend sei. <em class="gesperrt">Von Hezels</em> -arabische Grammatik, aus der freigebigen Hand des zurückgebliebenen -Deutschen, war wohl ein geringer Ersatz für eine Gesellschaft, auf die -ich vergeblich mich so lebhaft freute.</p> - -<p>Der Kapitän, ein starkbärtiger Mann, von gedrungenem Körperbau, noch -nicht dreiundzwanzig Jahre alt, war nicht ohne Bildung. Er sprach -etwas Französisch, benahm sich Anfangs zuvorkommend, und beantwortete -willig die Fragen, welche dem Reisenden auf der Zunge liegen. Die -ganze Bemannung des Schiffes machte keinen widrigern Eindruck, als die -Floßknechte, mit denen man auf der Isar und Donau von München nach Wien -reist.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_7" id="Seite_7">[S. 7]</a></span></p> - -<p>Der erste Ort, der mir an der Küste auffiel, war das Kap von Istrien -(<span class="antiqua">Capo d’Istria</span>). Ein langes Gebäude bezeichnet das Gefängniß. -Dann Isola auf einer Landzunge; <a name="Salvore" id="Salvore"></a>la Punta del Salvore. Die Nacht war -herrlich; der Mond verbreitete sanft seinen himmlischen Glanz über das -schweigende Meer. Triest war noch nicht verschwunden; man erblickte -immer noch seinen Leuchtthurm.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 5. September.</em></p> - -<p>Endlich sieht man nichts mehr von Triest. Die Luft regt sich ein wenig, -und wir machen dabei einige Fortschritte. Das Schaukeln des Schiffes -vermochte mir leichten Schwindel zu verursachen, der sich nach einem -Trunk mit Rhum vermischten Wassers sogleich verminderte. Ich glaube, -die sattelfestesten Legitimisten könnten auf dem Meere Schwindelköpfe -werden. Mittags kehrte mein Taumel zurück, und ich fand für gut, mich -während des Mittagessens mit der einen Hand am Tische zu halten. -Uebrigens schmeckte mir die Suppe vortrefflich, und gleichzeitig -erging sich mein Auge an den Mehlperlen, weßwegen sie Paternoster -genannt wird; auch mußte ich über die Suppe lachen, daß sie, in allem -Ernst, mir im Teller die Ebbe und Fluth des Meeres anschaulich machte. -Unsern Cesare wollte der Schwindel ebenfalls übernehmen, er verließ -den wohlbedeckten Tisch,<span class="pagenum"><a name="Seite_8" id="Seite_8">[S. 8]</a></span> und begab sich auf das Verdeck. Der Sirocco -(Südostwind), der heute ziemlich stark blies, rieth uns, von der Küste -sich mehr zu entfernen, so daß man den Küstensaum in Osten, als einen -Spiegelrahmen, wohl wahrnehmen, aber keine Ortschaften unterscheiden -konnte.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 6. September.</em></p> - -<p>Ein eingetretener Nordostwind brachte uns über Nacht beträchtlich -weiter. Wir näherten uns ziemlich dem Ufer. Des Morgens erblickte man -zur Linken, uns gerade gegenüber, den hoch über die Hügel emporragenden -Berg Caldiera; dann südöstlich das Promontore, wo bei Nacht den -Seeleuten eine Laterne leuchtet, und wo wir bald vorbeigeschifft waren; -ferner deckte den Hintergrund, in der gleichen Richtung, der Monte -d’Ossero, eine breite Bergkuppe, der erhabenste Punkt des Eilandes -Lossin. Jenes Promontore bildet den südwestlichen Grenzwinkel des -Festlandes, von Istrien. An dem Promontore vorbei; und es beginnt -das Mare Ouarenaro, an dessen Ende die Stadt Fiume liegt; auf diesem -Meere schlugen die Wellen wilder gegen das Schiff. Nach dem Zeugnisse -der Seemänner macht das Ouarenaromeer, im Winter, wenn der Nordwind -(<span class="antiqua">tramontana</span>) brauset, die Schifffahrt sehr schwierig. Ich -genoß kaum je in meinem Leben so entzückende Augenblicke,<span class="pagenum"><a name="Seite_9" id="Seite_9">[S. 9]</a></span> als an -diesem Morgen. Majestätisch jagte unser Giusto die tobenden Wellen -aus einander, die selbst auf das Verdeck stoben. Der Anblick der -entstehenden und gleich wieder verschwindenden kleinen Hügel und Thäler -war zu köstlich. Süß verschmolzen vaterländische Erinnerungen in den -wirklichen Genuß der Seereise.</p> - -<p>Ich vernahm, daß in der Nähe des Promontore eine alte griechische -Kolonie ihre Sprache und Sitten beibehalten habe. Ich gedenke dessen -nicht, weil ich glaube, etwas Neues zu schreiben, sondern weil es -mich nicht minder ansprach, als die Thatsache, daß, in der Nähe von -Verona, die Bewohner der Sette comuni, als Abkömmlinge deutscher -Auswanderer, noch ein deutsches Sprachgerippe reden, obschon sie von -der italienischen Sprache umringt sind.</p> - -<p>Wir geriethen in eine Inselgruppe: zur Linken Unie, Canidole, zur -Rechten die kleine, jedoch nicht minder merkwürdige Insel Sansego, weil -sich auf ihr keinerlei Gestein findet, während der Archipel gleichsam -nur Steinhaufen vorstellt. Aus Sand und wenig Erde bestehend, wird -diese Insel von ungefähr fünfhundert Einwohnern zum Weinbau benutzt, -die sich in der Zwischenzeit mit dem Fischfang abgeben.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 7. September.</em></p> - -<p>Nach dem Erwachen stellte sich zur Rechten die Insel<span class="pagenum"><a name="Seite_10" id="Seite_10">[S. 10]</a></span> Pietro di Nembo, -und östlich im Hintergrunde eine bergichte Küste dar, welche zu -Kroazien gehört. Noch Vormittag erreichten wir den sogenannten Hafen -von Lossin grande.</p> - -<h2 class="s3 nobreak" id="Mein_Aufenthalt_auf_dem_Eilande_Lossin_oder_Ossero">Mein -Aufenthalt auf dem Eilande Lossin oder Ossero.</h2> - -<p>Lossin interessirte mich ungemein, weil mein Auge so viel Fremdartigem -begegnete. Das ganze Eiland besteht aus Kalkstein, der an den meisten -Orten nackt hervorguckt. Er lagert sich schief von Westen nach Osten, -und öffnet kleine Buchten oder, mit andern Worten, natürliche Häfen -in Menge. Derjenige in Lossin grande gewährt ziemliche Sicherheit -vor dem Ungestüm des Windes, faßt aber bloß drei größere Schiffe -(<span class="antiqua">bastimenti</span>). Um so geräumiger dagegen ist der Hafen von Lossin -piccolo, der wenig zu wünschen übrig läßt. Zwischen den so zahlreichen -Steinblöcken, welche der Insel ein ziemlich ödes Ansehen verleihen, -erscheint hie und da eine röthliche Erde, welche, obwohl sie nie -gedüngt wird, leicht hervorbringt. Die Vegetazion überraschte mich -besonders. Fast überall stark- und wohlriechende Pflanzen, welche -den freigebigen Süden begleiten. Wenn ich ausging, so war es meine -Wonne, einen wohlriechenden Strauß zu pflücken. Die Einwohner selbst -scheinen durch die Gewohnheit für die Genüsse, welche<span class="pagenum"><a name="Seite_11" id="Seite_11">[S. 11]</a></span> die Flora -darbietet, unempfänglich geworden zu sein. Nirgends sah ich auch nur -einen Blumentopf; nirgends ein Mädchen mit einer Blume oder einem -Strauße geschmückt. Unter den angebauten Gewächsen stehen der Oelbaum, -der Feigenbaum und die Rebe oben an. Beinahe so oft ich den Oelbaum -betrachtete, trug die Phantasie mich in das gelobte Land, wovon das -Buch aller Bücher so viel Denkwürdiges erzählt. Vor allen andern -ein zahlreich gepflanzter Baum, bemüht er sich an den Abdachungen -Lossins, von den Steinen den Charakter der Traurigkeit auszulöschen. -Das Lossiner-Baumöl ist sehr gut, und soll selbst demjenigen von Lucca -nicht nachstehen. Hundert Pfund (zu 16 Unzen) Oliven geben beiläufig -vierzig Pfund Oel. So rechnen die Leute. Außer, daß die Feige frisch -gegessen wird, vermengt man sie auch mit Gewürz und bereitet eine -Art Teig, der in etwa vier Zoll hohe Kegel geformt und dann an der -Sonne getrocknet wird. Man nennt diese Mischung Feigenbrot (<span class="antiqua">pane -di fichi</span>), und wird im Winter als Leckerbissen genossen. Auf die -Rebe wird möglichst wenig Sorgfalt verwendet; man enthebt sich der -Mühe, sie zu pfählen; nur an wenigen Orten wird sie etwa an einer -Mauer aufgezogen; sie kriecht daher auf dem Boden fort, wie der -Himbeerstrauch. Bei meiner Anwesenheit war die Weinlese zum Theile -schon vorüber. Die gesammelten Trauben bringt<span class="pagenum"><a name="Seite_12" id="Seite_12">[S. 12]</a></span> man in einen Schlauch, -von der Gestalt eines mißgeborenen, ausgestopften Kalbes. Es ist -recht drollig zu sehen, wie die Weiber solche Mißgestalten auf ihren -Köpfen tragen. Der Sack ist in der That nichts Anderes, als das Fell -eines Ziegenbockes, welches ganz nahe geschoren, gleich hinter den -Vorderbeinen ringsum abgeschnitten und dann umstülpt wird. Die den -Hinterbeinen und dem Schweife entsprechenden Oeffnungen zugebunden, -wird das abgezogene Fell bloß mit dem Athem aufgeblasen und an der Luft -getrocknet. Hierin liegt alle Kunst der Sackbereitung. Der Wein ist -stark, aber herbe, schwer, etwas bitterlich. Es gibt auch sehr guten, -süßen und geistigen Wein, dessen Bereitung aber auf besonders delikate -Weise geschieht, und der nur auf die Tafel fashionabler Lebeleute -gesetzt wird. Als Seltenheit wächst auch der Dattel-, Granat-, -Zitronen- und Pomeranzenbaum.</p> - -<p>Lossin grande wie piccolo bieten kein übles Aussehen. Die Häuser sind -von Stein gebaut; das Wenigste daran von Holz. Die Dächer bestehen aus -Hohlziegeln. An einigen Häusern Rinnen, durch welche das Wasser ins -Innere der Wohnungen zum Hausgebrauche geleitet wird. Von andern aber -rieselt das Wasser in der Rinne, wenn es nicht in Kübeln aufgefangen -wird, auf die Straße herunter, wo es fortfließt, um bei starkem Regen -ein ordentliches Bäch<span class="pagenum"><a name="Seite_13" id="Seite_13">[S. 13]</a></span>lein zu bilden. Auf Brunnenquellen würde man -sich umsonst trösten. Ihre Stelle vertreten Ziehbrunnen. Nicht von -allen Häusern erheben sich Kamine. Im Freien, an den Eckmauern der -Wohngebäude sah ich an vielen Orten eine Art Herd. Die Mauern schienen -mir sehr fest, wozu sich der harte Kalkstein vortrefflich eignet, und -der Mörtel zeichnet sich durch Güte aus. Ueberhaupt mögen hier die -Mauern viel länger halten, als in nördlichen Gegenden, wo die Kälte -unermeßlichen Schaden anrichtet, wie besonders das Jahr 1830 bezeugen -kann. Um Gassen anzulegen, wurde an vielen Orten nur der Kalkfelsen -ein wenig ausgeebnet. Sie werden länger dauern, als anderwärts die -auf’s kunstreichste und kostbarste gepflasterten Straßen. Allein sie -laden eben nicht am freundlichsten ein. Die spitzigen Geschiebsteine -schneiden beinahe in das Leder der Schuhe, und leicht gleitet man auf -den Flächen des Felsen — nicht in den Himmel, wohl aber auf den Boden. -Besonders mühsam wird das Gehen außer den Dörfern. Wer einmal in der -Schweiz einen recht steinigen, doch bessern Bergweg wandelte, kann sich -das Gehen auf den hiesigen Landwegen gar leicht vorstellen. Ueber große -Unreinlichkeit auf Plätzen, Wegen u. s. f. könnte man gerade nicht -klagen. Keine Misthaufen. Das Vieh ist aber nicht zahlreich; wenig Kühe -werden gehalten; am meisten noch Schafe und<span class="pagenum"><a name="Seite_14" id="Seite_14">[S. 14]</a></span> Ziegen. Letztere haben -lange, seidenartige Haare und liefern einen schmackhaften Käse. Nur ein -einziges Pferd nahm ich wahr; es ritt darauf eine kranke Frau, sich -Bewegung zu verschaffen. Ein Fuhrwerk rollte schon gar nicht vorüber. -Es zieht sich zwar eine schmale Straße von dem großen Lossin nach dem -kleinen, die allerdings fahrbar wäre, wenn man auf eine Lustfahrt -Verzicht leisten wollte. Es darf übrigens nicht unerwähnt bleiben, daß -auch hier die französischen Umwälzungsmänner eine Spur ihres Wirkens -zurückließen, indem <em class="gesperrt">sie</em> diese Straße bauten. Andere, als solche -Thiere, welche der Hauswirthschaft, so zu sagen, angehören, sind selten.</p> - -<p>Um die Bewohner zu beobachten, war mir <em class="gesperrt">Mariens</em> Geburtstag -willkommen. Soll ich im Namen Lossin grande beklagen, daß die dortigen -Frommen die obere Kirche nicht ausfüllten? Wie ich in das Gotteshaus -trat, spielte eine Musik, die hätte zum Tanze ermuntern können. Erst -als die Orgel ertönte, hob eine ernstere Melodie an. Die Frauen knieten -bald auf den Boden, bald ließen sie sich auf die Fersen nieder, andere -saßen auf dem Boden, indem sie die Füße auf einer Seite an sich zogen, -noch andere kauerten bloß auf einer Ferse, und streckten den andern Fuß -vorwärts, daß das Bein der Länge nach auf dem Boden ruhete. Uebrigens -wußten sich alle gar züchtig niederzu<span class="pagenum"><a name="Seite_15" id="Seite_15">[S. 15]</a></span>setzen. Man durfte wenigstens -drei Viertheile Frauen auf nur einen Viertheil Männer annehmen: ein -Mißverhältniß der Leute beiderlei Geschlechtes, das später klar wird. -Ein ziemlicher Theil Frauenzimmer war gar schön aufgeputzt, und ihre -Andacht spendete dann und wann einen Blick auf die Seite in die Welt, -und vermochte ein weltliches Schmunzeln nicht zu überwinden. Die Zahl -der Priester fiel mir auf. Das große Lossin zählt zu seinen 2400 -Einwohnern vierzehn Priester, darunter vier, welchen die eigentliche -Seelsorge obliegt. Einige Male traf ich einen alten, gutmüthigen -Priester auf der Straße: seine Kleidung lieferte einen ansehnlichen -Beitrag zu Löchern und Lappen, das heißt, zur Bescheidenheit und Demuth.</p> - -<p>Die Leute kleiden sich wohl. Selbst in der Hitze des Tages umgibt -die Jacke den Oberleib. Von der Kleidung der Männer springt nichts -Besonderes in die Augen. Dem weiblichen Geschlechte gebührt das Lob -oder der Tadel eines eigenthümlichen Kopfputzes. Ein Flor von Musseline -bildet auf jeder Seite einen Ring, ohne den Kopf zuzudecken. Wer möchte -diesen Rückprall einer Kinderei schön nennen?</p> - -<p>Die Lossiner thun sich durch Körpergröße hervor. Man muß zwei -Menschenschläge unterscheiden, einen italienischen und slavischen. -Die Venezianer eroberten zu seiner Zeit<span class="pagenum"><a name="Seite_16" id="Seite_16">[S. 16]</a></span> die Insel. Vom italienischen -Schlage sind sowohl reine, als mit dem slavischen vermischte Sprößlinge -vorhanden. Auf den Leuten vom italienischen Schlage ruht der Zug der -Schönheit, von etwas Edlem, von Stolz, welcher Zug sich in der Regel -charakteristisch beim Herrscher ausspricht. Das pechschwarze Haar -und die Gluth der schwarzen Augen könnten uns in die Mauern Padua’s -versetzen. Die Bewohner vom slavischen Schlage, weitaus die Mehrzahl, -zeichnet ein breites Gesicht, hervorstehende Backenknochen (selten -volle Backen), eine etwas ausgebogene Nase, üppiges, bräunliches oder -blondes Haar aus. Wie es zwei Schläge gibt, so zwei Sprachen. Der -Sieger brachte das Italienische, welches jetzt noch in den Kreisen der -Wohlhabendern geredet wird; bei den Uebrigen das Kroatische, welches -vorherrscht, oder die eigentliche Landessprache ist.</p> - -<p>Die Leute beschränken sich in ihren Beschäftigungen nicht bloß auf -Viehzucht, Ackerbau, die Weiber auf Spinnen, Sticken u. dgl., sondern -die Lossiner beziehen ihre Nahrung auch vom Fischfang, und, die -Hauptsache, ein bedeutender Theil verlegt sich auf die Schifffahrt. -Die Lossiner bilden mit den Bocchesen den Kern der österreichischen -Seemacht. Lossin piccolo nennt mit Stolz allein über achtzig größere -Kauffahrteischiffe (<span class="antiqua">bastimenti</span>). Da stößt man auf eine Menge -Kapitäne, welche die Meere durchsegelten, und von<span class="pagenum"><a name="Seite_17" id="Seite_17">[S. 17]</a></span> Konstantinopel, -Alexandrien, Algier, London u. s. f. erzählen, nur nicht von Stürmen, -als etwas Abgedroschenem. Bewog Liebe zu ihren Ehemännern selbst -Frauen, sich auf unsichern Fluthen zu entfernen, um zugleich angenehme -Berührungen mit den berühmten Städten der Welt herüber zu nehmen.</p> - -<p>Der Vater des Kapitäns, Podestà (Gemeindspräsident) <em class="gesperrt">Budinich</em>, -empfing uns mit vieler Gewogenheit. Am zweiten Tage nach der Ankunft -in Lossin wurden <em class="gesperrt">Cesare</em> und ich von ihm zu einem Mittagsmahle -eingeladen. Gern entsprachen wir der Einladung. Zwei Familien -vereinigten sich, um sich und uns Gesellschaft zu leisten; die Menge -Kinder dabei lachte, lärmte, befahl u. dgl., so daß Einem die Zeit -nicht lange werden konnte. Das Gespräch verbreitete sich größtentheils -über Seereisen. Ich wurde als Mann mit deutscher Zunge auf recht -schonende Weise behandelt. Einmal sagte der Signor’ Patrong’ zu -<em class="gesperrt">Cesare</em>, als dieser nicht trinken wollte: <span class="antiqua">Italiani</span>, -<span class="antiqua">Sociani</span>. Er sagte es in so gutem, so wenig exkommunizirendem -Tone, daß ich es ihm nicht im mindesten übel nehmen durfte. Die Tafel -war üppig bestellt, und deßwegen schon ein Dorn in meinem Auge, um -mich an einem andern Tage nochmals zu ihr hinzusetzen. Der freundliche -Ton der Familien gefiel mir unaussprechlich. Ich möchte behaupten:<span class="pagenum"><a name="Seite_18" id="Seite_18">[S. 18]</a></span> -Familienliebe ist eines der erhabensten religiösen Gefühle. Unser -Hauptmann saß neben dem Vater, bescheiden und wenig redend, der -innigsten Liebe Blicke brüderlich erwiedernd, welche auf ihn die -daneben sitzende Schwester heftete; für ihn plauderte der erfahrnere -Vater; der Sohn gebot auf dem Schiffe, wo er an seinem Platze war.</p> - -<p>Der Umstand, daß wir wider Erwarten lange nicht in die See stechen -konnten, trug dazu bei, daß ich die Insel noch genauer kennen lernte. -Die Lebensmittel sind zum Theile sehr wohlfeil. Ein Seidel Wein, d. h. -ein Viertel eines Triestiner-Pokale, kostet nicht einmal 5 Pfenninge R. -V. So wenig haushälterisch geht man mit den Trauben um, daß solche hie -und da auf den Wegen herumliegen. Dagegen ist die Milch überaus theuer. -Ein Pokale Schaf- oder Ziegenmilch kostet 12 Kr. R. V., also über die -Hälfte mehr, denn so viel Wein.</p> - -<p>Als ich eines Nachmittags nach dem kleinen Lossin ging, zog eine -Weberin meinen Blick auf sich. Ich trat sogleich in das Zimmer. Eine -alte Frau, mit einer Brille auf der Nase, jagte mühsam das Schiff durch -die Kette. Der Webstuhl war sehr einfach, klein und so eingerichtet, -daß er mit leichter Mühe an einen andern Ort gebracht werden kann. Das -Weib wob grobes Tuch. Indem es mit beiden Füßen zugleich, jetzt auf -die einen zwei, dann auf<span class="pagenum"><a name="Seite_19" id="Seite_19">[S. 19]</a></span> -die andern zwei <a name="Schemmel" id="Schemmel"></a>Schemmel, überhüpfte, setzte -es diese in Bewegung. Gleich hernach nahmen meine Aufmerksamkeit dem -Webstuhle gegenüber sich befindende zwei Steine in Anspruch. Es waren -Mühlsteine, die von Menschenhand herumgedreht werden, um das Speisemehl -zu bereiten. Solche Mühlsteine trifft man in den meisten Bauernhäusern. -Dürftigkeit ruft der Einfachheit. Auch dieses Mahl-, Web-, Wohnzimmer -u. s. f. war etwas sparsam durch das Fenster beleuchtet, und das meiste -Licht trat durch die Thüre. Das Nämliche gilt auch von vielen andern -Häusern. So sah ich ein Mädchen nicht ohne Kunst auf einem Rahmen -nähen; um aber die, die Augen etwas mehr anstrengende Arbeit verrichten -zu können, mußte es sich an die Thüröffnung setzen.</p> - -<p>Lossin grande kann sich eines Kalvarienberges rühmen, dessen Aussicht -das Meer ringsumher beherrscht. Im Hintergrunde des Ostens steigt das -Küstenland Kroaziens himmelan. Doch welch öder Anblick! Fast nichts als -Stein oder Felsen bieten sich dem Auge dar. Wenn der Himmel recht hell -sei, soll man im Westen selbst Ankona sehen. Da die Bewohner von Lossin -keine tiefe Erde aufzuweisen vermögen, so leuchtet bald ein, daß sie -keine Gottesäcker, dafür aber Todtengrüfte besitzen. In Lossin grande -öffnet sich gleich neben der untern Kirche eine Gruft. Durch<span class="pagenum"><a name="Seite_20" id="Seite_20">[S. 20]</a></span> eine -der fünf Oeffnungen wird die Leiche an Stricken in dieselbe versenkt. -Ein Sarg würde zu viel Raum einnehmen, und so werden die sterblichen -Ueberreste bloß in ein Tuch gewickelt, um sie beizusetzen. Es kann sich -bisweilen ereignen, daß eine Leiche auf eine andere geschichtet wird; -doch sucht man dieß bestmöglich zu vermeiden. Die Oeffnung wird nach -jeder Beisetzung durch eine Steinplatte geschlossen und zugemauert, -damit die kadaverösen Aushauchungen der Gesundheit keinen Schaden -zufügen. Der Boden der Gruft ist siebartig durchlöchert, und deckt eine -andere Höhle, welche mit dem Meere in Verbindung steht. Durch dieses -Sieb finden nun diejenigen Theile des menschlichen Körpers, welche der -Verwesung zufallen, einen Ausweg, und das bloße Gerippe bleibt am Ende -zurück. Wehe einem Scheintodten, welcher in einer solchen Gruft wieder -lebendig würde. Grauenvolleres könnte man sich kaum vorstellen, als -das Leben unter faulen, stinkenden Leichen, wo die Aussicht, dasselbe -zu retten, so gut, als ganz abgeschnitten wäre. Ich bedaure es, daß -ich die Gruft selbst nicht sah. Wohl nahm ich in der Kirche einen -ausgesetzten, nur mit einem dünnen Tuche verhüllten Leichnam wahr. -Im Hause des Herrn <em class="gesperrt">Marco Sopranich</em> zeigte man mir einen Sarg, -worin Wachskerzen aufbewahrt werden, auf den Fall, daß im Hause Jemand -sterbe.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_21" id="Seite_21">[S. 21]</a></span></p> - -<p>Die Festtage scheinen die Lossiner nicht so strenge zu feiern, als die -Katholiken der deutschen Lande. In Lossin piccolo war an <em class="gesperrt">Mariä</em> -Geburt die Fleischbude offen, und Einer blies so eben das Fell eines -Ziegenbockes auf. Lumpige und unreinliche Leute trugen sich auch an -diesem Tage nicht anders, als an Werktagen. Einen großen Theil des -Volkes soll die Armuth in hohem Grade drücken. Es ist voreilig, wenn -man von vielen Reichen gleich auf den Wohlstand der Bewohner eines -Landes im Allgemeinen schließt. Wenn allerdings unter den Lossinern -manche sich ansehnlicher Schätze erfreuen, so muß man indeß bedenken, -daß das Eiland der See <em class="gesperrt">eine Menge Matrosen</em> liefert, welche -zu Hause ein Weib mit Kindern unterhalten müssen, und <em class="gesperrt">wie</em> -unterhalten? Kärglich.</p> - -<p>Es war am 10. Abends, als ich dem Podestà, dem Vater des Kapitäns, -meine Aufwartung machte, weil die Abfahrt des Schiffes auf den 11. -bestimmt war. Ich wurde dießmal über das Befinden der Frau Podestà -befragt, und Tages darauf sollte ich mehrern Frauen von Lossin meinen -ärztlichen Rath ertheilen. Ich entsprach dem Ansuchen um so lieber, -einerseits, als die Wiederaufnahme meiner Geschäfte, wenn auch nur -auf kurze Zeit, am ehesten geeignet war, den entstehenden Ueberdruß -zu verscheuchen, und um so lieber andererseits, als ich wußte, daß<span class="pagenum"><a name="Seite_22" id="Seite_22">[S. 22]</a></span> -der Arzt mit Dingen in Berührung kommt, die andern Reisenden leichter -entgehen. Darf ich mir ein Urtheil zutrauen, so läßt man sich auch -in Lossin viel verschreiben, um wenig zu nehmen; man will die Aerzte -aushorchen, um aus ihren Ansichten diejenigen zu wählen, die gleichsam -am meisten schmeicheln, um nicht zu sagen — die Bequemlichkeit am -wenigsten stören. Die alten Frauen zeigten ungemein viel Lebhaftigkeit -in der Rede, wie im Benehmen; ich hörte nicht den leisesten Ton der -Klage. Die Sprache legte dem Krankenexamen einige Hindernisse in den -Weg. Da ich mich im Italienischen nur mit vieler Mühe ausgedrückt -haben würde, so begleitete mich der Kapitän, und übersetzte meine in -französischer Sprache gestellten Fragen ins Italienische, und bei einer -Magd mußte dieses dann erst noch ins Kroatische übertragen werden, weil -der Hauptmann von seiner Landessprache zu wenig verstand.</p> - -<p>Ein alter Schiffseigenthümer, der an einem Lippenkrebse litt, kam zu -mir an Bord, um ärztliche Hülfe zu suchen. Ich hielt deßwegen mit -dem achtungswerthen <span class="antiqua">Dr.</span> <em class="gesperrt">Boselli</em>, welcher in Lossin -piccolo niedergelassen ist, eine Konsultation. Es wurde diese am Borde -gepflogen, weil ich wegen der Ruhr nicht ausging, die mich seit zwei -Tagen plagte.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_23" id="Seite_23">[S. 23]</a></span></p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 14. -Herbstmonat.</em></p> - -<p>Dem Eigenthümer des Schiffes, einem reichen Manne, machte es Vergnügen, -den Giusto in dem Hafen zu sehen, und so konnten wir einmal wegen -dieses fatalen Vergnügens nicht weg. Doch heute war es ihm selbst daran -gelegen, daß die Abreise nicht länger verzögert werde. Indessen hatten -unglücklicher Weise der Herr <em class="gesperrt">Marco</em> und der Himmel ungleiche -Launen. Man wollte die Brigg aus dem engen Hafen herausbugsiren; allein -der Wind blies so widerlich, daß man den Versuch aufgeben mußte.</p> - -<p>Mittlerweile umgab uns Gesellschaft. Der Vater des Kapitäns nebst -seiner Gattin und einer hübschen Anzahl Kinder waren am Borde — -im Abschiedsgeleite und auf dem Wege zum Landgute. Mich freute es, -dießmal die Familie in alltäglichem Putze zu sehen. Der Podestà, -ein ziemlich betagter Mann, mit kahlem Kopfe, von fettem Leibe, -trug eine hinten breit abgeschnittene Jacke, an der hie und da die -Naht von einander gähnte; die schwarze Weste war mit hellbraunem -Tabake übersäet; die Schuhe roth, ordentlich schuppig, ein langes -Register von Lobsprüchen auf den Schuhflicker. Der gute Mann war -stets aufgeräumt; die alltäglichste Frage pflegte er zu deklamiren; -er plünderte gerne Stellen aus französischen Schriften, besonders aus -<em class="gesperrt">Rousseau</em>, welcher so unbarmherzig die Geißel über die<span class="pagenum"><a name="Seite_24" id="Seite_24">[S. 24]</a></span> Aerzte -schwang. Der französischen Sprache keineswegs fremde, überwarf er sich -leicht in der Aussprache; z. B. <em class="gesperrt">but</em> statt bü (<span class="antiqua">but</span>). -Sogar mit lateinischen Brocken sättigte er zuweilen das Gespräche. -Auf dem geschichtlichen Felde spielte er am liebsten und beßten. Auf -echt italienisch erzählte er, daß Lossin, die Absorus der Alten, -<em class="gesperrt">früher</em> bevölkert worden sei, als Rom. Die Italiener führen den -Adel auf ihre Urväter zurück, wie die wirklichen Adelichen auf den -Wipfel ihres hohen Stammbaumes hinauf. So lange die heutigen Italiener -nicht mehr leisten, erscheint ihr Adel possirlich genug. Madame, eine -Frau von Geist und sehr eingezogenem, stillem Karakter, übernahm die -Rolle als Kranke. Während des Mittagmahles setzten ihr die Bewegungen -des Schiffes so zu, daß ich nicht eilig genug mein Felleisen öffnen, -und ein Fläschchen herausziehen konnte. Die verheirathete Tochter, eine -fette, große Gestalt, mit der Adlernase, mit Haaren, deren Farbe am -wenigsten gefällt, von Ansehen überaus gutmüthig, in der Rede äußerst -nachläßig, schien das größte Wohlgefallen am Lachen zu finden, auf daß -sie ihre blendend weißen Zähne weisen könne. Es fiel mir auf, daß die -Kinder ihren Vater Signore und ihre Mutter <span class="antiqua">Signora</span> titulirten. -Uebrigens will der Titel mit größerem Recht einen Platz, wenn man -Jemandem <em class="gesperrt">Herr</em> sagt, der mehr<span class="pagenum"><a name="Seite_25" id="Seite_25">[S. 25]</a></span> oder weniger über Einen herrscht, -als <a name="einem" id="einem"></a>einem Andern, dessen Herrschaft man sich gelindestens verbitten -würde.</p> - -<p>Hatte der Herr Podestà sich satt gegessen, wozu, als zu einem -Lieblingsthema, er sich recht Zeit nahm, so suchten wir Unterhaltung im -Spiele. Ich konnte ihm die entzückenden Lorbeeren des Gewinnes leicht -gönnen, weil ich das Damenspiel auf italienische Weise erst lernen -mußte. Mit den Damen wechselten noch das Karten- und Dominospiel.</p> - -<p>Ich vernahm, daß die ganze Familie, mit Ausnahme der verheiratheten -Tochter, die Nacht am Borde zubringen werde. Das wird wunderlich -hergehen, dachte ich bei mir selbst. Doch schickte sich die Sache -ziemlich gut. Matratzen wurden auf den Boden ausgebreitet, und nach -langem Aufbleiben legte sich Alles <a name="bunt" id="bunt"></a>bunt darauf, der Dorfschulze, -versteht sich, am breitesten, <em class="gesperrt">Cesare</em> und ich steckten uns ohne -Komplimente in unsere Bettkasten (<span class="antiqua">cuccietta</span>).</p> - -<p class="center mtop2 mbot1" id="Fahrt_nach_Alexandrien"><em class="gesperrt">Den 16. -Herbstmonat.</em></p> - -<p>Gestern wurden vergebens Versuche gemacht, um die offene See zu -erreichen. Die Familie blieb am Borde, essend, trinkend, gähnend, -schlafend, strickend, spielend, plaudernd, ganz wie den Tag vorher.</p> - -<p>In aller Frühe hörte man Lärm auf dem Verdecke.<span class="pagenum"><a name="Seite_26" id="Seite_26">[S. 26]</a></span> Man bereitete sich -vor, das Schiff flott zu machen. Am Eingange des Hafens scheiterten -wieder alle Versuche, den Giusto weiter zu bugsiren. Unter einem -azurblauen Himmel, der von keiner Wolke getrübt war, durften wir wieder -liegen bleiben. — Alles <span class="antiqua">in majorem gloriam</span> einer Laune.</p> - -<p>Es war Mittag, der Tisch gedeckt, das Mahl bereitet. Der Scrivano -kam zu melden, daß ein wenig Windstille eingetreten sei, welche die -Ausfahrt erlauben dürfte. Sogleich Lärmen und Laufen. Endlich gelang -die Zangengeburt. Neun Tage mußten wir uns in dem Hafen von Lossin -grande aufhalten. Bei der Ausfahrt pikirte mich eine alte Figur -von neunzig Jahren. Es war ein etwas lumpig gekleideter, ehrwürdig -aussehender Chorherr, der in einem Kahne herumfischte. So muß die -Uebermenge Priester hier ihr Brot verdienen.</p> - -<p>Bald erhielt unser Podestà einen Besuch am Borde von seinem -Stellvertreter. Ich möchte wohl um keinen Preis dessen Kupfernase -gekauft haben, aus lauter Besorgniß für einen Trinker, Notabene für -keinen Wassertrinker, gehalten zu werden.</p> - -<p>Abends verließ uns die Familie <em class="gesperrt">Budinich</em>, welche sich auf ihr -Landgut begab. Der Podestà drückte mir zwei Küsse auf den Mund, und -der Anstand forderte von mir<span class="pagenum"><a name="Seite_27" id="Seite_27">[S. 27]</a></span> ein Gleiches. Nichts widersinniger, als -daß die Männer sich küssen, und dabei die Bärte aneinander reiben. -Mein Urtheil über diese Familie fällt mit Entschiedenheit günstig. -Tugendhaftigkeit, Religiosität, die von Bigottismus weit abliegt, -hinderten jedoch keinesweges, daß mehr Ordnungsliebe noch eine äußere -Zierde wäre. Unsere Matrosen ruderten, vom Kapitän begleitet, die Gäste -ans Land, und nach anderthalb Stunden setzten wir unsere Seereise fort. -Diesen Tag ergötzten mich zwei Delphine, die drollig davon schwammen.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 17.</em></p> - -<p>Links endete der Gebirgszug von Kroazien. Dort in der Nähe liegt Sarah. -Südwestlich erblickten wir den Berg von Ankona, dem wir, vom Sirocco -genöthiget, uns immer mehr näherten. Der Wind nahm Abends so zu, daß es -stürmte.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 18.</em></p> - -<p>Diese Nacht brauste der Meeressturm, welcher uns zur Rückkehr zwang. -Die Wuth des Meeres vergönnte mir keinen Schlaf, und ich mußte mich -selbst in der Cuccietta halten, um nicht von einer Seite auf die andere -geworfen zu werden. In der Kajüte purzelte bald dieses, bald anderes -Geräthe. Des Morgens wollte ich auch Zeuge des Schauspieles sein. Ich -möchte es nicht beschreiben,<span class="pagenum"><a name="Seite_28" id="Seite_28">[S. 28]</a></span> weil es zu gewöhnlich ist, und beinahe -in alle Schilderungen von Seereisen, manchmal selbst da, wohin es im -Ernste nicht gehört, als Würze eingestreut wird. Auf dem Verdecke -fragte mich der Hauptmann: Wie gefällt es Ihnen? Das ist sehr schön, -antwortete ich, hingerissen vom Anblicke. Doch die angenehmen Momente -dauerten nicht lange. Auf die Einladung des Hauptmanns ließ ich mich am -Steuerborde nieder, im tröstlichen Glauben, daß ich von diesem, wie von -einer Brustwehr, geschützt würde. Kaum war ich recht festgesessen, als -eine Welle über Bord schlug, mich zudeckte und durch und durchnäßte. -Ich legte mich zu Bette um darin das Ende der Szene zu erwarten.</p> - -<p>Kurz nach Mittag warfen wir im Hafen San Pietro di Nembo Anker, wo -wir schon gestern Abends vorbeigesegelt waren. Unangenehme Gefühle -bemächtigten sich meiner, weil das Schicksal mir nicht besser zum -Vorwärtskommen dienen wollte.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 19.</em></p> - -<p>Wir begaben uns zur Kirche von San Pietro di Nembo. Ohne Thurm, -ungemein ärmlich und klein ist sie. Unter einem Dache vereinigen sich -brüderlich das Wirths- und Pfarrhaus. Dieses nämlich stellt eine Kammer -im obern Stocke vor. <em class="gesperrt">Cesare</em> und ich besuchten den Pfarrer. Ein -fetter Herr mit einer Perrücke, wußte er über sein Elend<span class="pagenum"><a name="Seite_29" id="Seite_29">[S. 29]</a></span> viel zu -klagen. Er beseufzete sein Schicksal das ihn der Carità unterwerfe. -Es sei nicht zu unserer Ehre gesagt, daß die Börse dabei nicht das -mindeste Mitleid empfand. Lateinisch verstand der Mann Gottes nicht; -höchstens mag ihm das Latein bei der Messe verständlich sein. Auf meine -Frage: <span class="antiqua">Quomodo nominatur haec insula?</span> erwiederte er: <span class="antiqua">Ego sum -parocho hic.</span> Dieser Mann kann sich, wie der Anschein lehrt, in -einer Gemeinde, die nur etwas mehr denn zweihundert Seelen zählt, fett -essen.</p> - -<p>Ich rede mit meinen Lesern wohl ab. Es ist ebensosehr meinen Ansichten, -als meinen Neigungen entgegen, konfessionistische Plänkeleien zu -eröffnen. Ich ehre die katholische Religion, aber nicht alle ihre -Bekenner, nicht alle ihre Priester. Ich habe es mit <em class="gesperrt">Personen</em> zu -thun, aber nicht mit der <em class="gesperrt">Dogmatik</em>. So sehr ich dem Zartgefühl -gegen Andersdenkende und Andersgläubige Rechnung trage, so wenig nehme -ich Anstand, ein freies Wort über Personen, ohne Unterschied ihres -Glaubensbekenntnisses, zu führen.</p> - -<p>Nachmittags besuchte ich die Wohnungen auf der südlich gelegenen Insel -San Pietro di Nembo. Dieses Eiland ist im Allgemeinen sehr gedeihlich, -und dem größten Theile nach ein Weingarten köstlich schmeckender -Trauben. Die Feigen wachsen üppig neben den Oliven. Würde der<span class="pagenum"><a name="Seite_30" id="Seite_30">[S. 30]</a></span> Bischof -in Veglia, <em class="gesperrt">Giovanni Antonio</em>, welchem das Eiland angehört, diesem -mehr Aufmerksamkeit zulenken, es müßte beinahe zu einem Paradiese -erblühen.</p> - -<p>Die Wohnungen theilen mit dem Lande nicht das gleiche Lob. Wie die -ungarischen, in die Länge gebaut, haben sie nur ein Erdgeschoß; den -Kamin trifft man zur Seltenheit, und seine Stelle vertritt die Thüre -oder eine Queröffnung im Dache. Nicht minder selten sind die Fenster; -ich sah nicht ein einziges. Des Sommers tritt genug Licht durch die -Thüre, und wenn, was selten, im Winter die Kälte es nicht erlaubt, -die Thüre offen zu halten, so macht man auf dem Herde ein Feuer an, -und umlagert dieses, sich zu wärmen. Ich erinnere mich, des Sommers -auf Schweizerbergen mich aufgehalten zu haben, da es schneite, und da -es nicht weniger kalt war, als es in San Pietro di Nembo mitten im -Winter sein dürfte. Ich litt auf dem Berge von der Kälte sehr wenig. -Ich setzte mich ans Feuer, oder legte mich ins Bett, wie auch die -Hirten zu thun pflegen. Die Häuser von San Pietro di Nembo sind von -Stein gebaut und mit Hohlziegeln gedeckt. Anstalten für Bedürfnisse, -die ich nicht weiter bezeichne, nahm ich nicht wahr. Das Feld sei -ja thätig genug, mögen die Leute denken, indem sie die Reinlichkeit -zu niedrig anschlagen. Man suche in San Pietro keine<span class="pagenum"><a name="Seite_31" id="Seite_31">[S. 31]</a></span> eigentliche -Backhäuser. Als ich einem Haufen Steine begegnete, schaute ich hinein, -und siehe, es war ein Backofen mit kleinen Broten angefüllt; er mußte -wohl zu dem etwas weiter unten stehenden Häuschen gehören. Besonders -zog meine Aufmerksamkeit ein Haus auf sich, dessen Mauern bloß aus -übereinandergelegten Steinen bestanden, ohne daß sie mit Mörtel -verbunden gewesen waren. Ich ging mit <span class="antiqua">buona sera</span> hinein, und -fand zwar, daß das Innere der Mauern übermörtelt war. Wer aber hätte -hier einen Keller, eine Kammer, eine Küche, eine Stube, eine Mühle -gesucht? — Um das Maß der Wirthschaft zu füllen, gleich außen an -der Mauer fand sich ein Backofen. Die Gesetze sind gegen die Winzer -nachsichtig. Jedes Häuschen verkauft sein eigen Gewächs, und so besteht -das Dörfchen aus lauter Schenkhäusern.</p> - -<p>Die Bewohner, nicht ausgezeichnet groß, nicht schön, sind meist von -heller Farbe. Uebrigens sehen sie lebhaft und fröhlich aus. Zwei -Weibspersonen fanden gar großes Vergnügen, mit den Füßen im Meere, -den Saum ihrer Röcke, die sie trugen, zu waschen, und ihr schallendes -Gelächter bei diesem Geschäfte konnte sogar mich ergötzen. Was die -Leute indeß auszeichnet, ist die Unreinlichkeit und Lumpigkeit. Es ging -ein Weib vor mir her, an dem ich nichts unbegreiflicher fand, als daß -es einen Rock trug;<span class="pagenum"><a name="Seite_32" id="Seite_32">[S. 32]</a></span> denn dieser war so in aller Aufrichtigkeit voller -Löcher, daß — —. Ich sah größere Kinder, die halb entblößt umher -gingen. Wegen des Schmutzes konnte man an vielen Kleidern, und unter -den Kindern an vielen Gesichtern die Farbe nicht gehörig erkennen. Nur -das Auge sah man rein, schön, unschuldig; wäre es aber möglich gewesen, -auch dieses zu verunreinigen, man würde es sonder Zweifel gethan haben.</p> - -<p>Von diesen unzierlichen Leuten kommt ein guter Wein in den Handel. Es -war eben die Weinlese vorüber, als ich das Eiland besuchte, und mich -belustigte die einfache Bereitung des Nektars. Ein Böttcher hämmert in -dem dunkeln Häuschen die Fässer zurecht, und ein Mann steht im Fasse, -um Trauben herauszuschöpfen. Man wird da nichts weiter sehen; man gehe -nur gleich auf die Seite des Häuschens. Da zertritt und zerdrückt ein -Mann, im Freien tanzend, die Trauben. Sie stehen über einem Brete, in -einem hölzernen walzenförmigen Käfiche. Wenn der Treter darin keinen -Saft mehr auszupressen vermag, so wird derselbe weggehoben; der Treber -mit einem dicken Seile schneckenartig umwunden, und dann, einen Deckel -darüber, gekeltert. Wo man hinblickte, überall Weinfässer. Hier, -wo die Einfachheit ihren Sitz aufschlug, hat doch der Bauer seine -Fässer voll Wein, und würzt damit<span class="pagenum"><a name="Seite_33" id="Seite_33">[S. 33]</a></span> täglich seine Gerichte; hier, wo -Unzierlichkeiten allen Anstand auslachen, findet man wohl noch einen -Mörser oder eine Bank von Marmor. Doch allenthalben wenigstens einiger -Kontrast!</p> - -<p>Ich wollte die Schafmilch kosten; allein die Schafe werden bloß im -Frühjahre gemolken.</p> - -<p>Es gibt Leute, welche die Schulen mit schelen Augen ansehen. Sie werden -sich freuen, daß die San-Pietrianer einer Schule entbehren. Der Bischof -gehört nicht zu manchen edeln Bischöfen der katholischen Kirche, -die es sich zur Gewissenssache machen, für die Geistesbildung und -Herzensveredlung alle Sorge zu tragen.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Sonntags, den 20. -Herbstmonat.</em></p> - -<p>Der Nordwind stellte endlich sich ein. Wir lichteten die Anker. Allein -um den Kapitän abzuholen, mußten wir rückwärts steuern, in kräftigem -Kampfe gegen denjenigen, der uns für die Fahrt nach Alexandrien nicht -mehr Gunst hätte erweisen können. Der Kapitän ließ uns zudem beinahe -ans Ufer segeln, und damit Alles ja recht langsam und zeremoniös -hergehe, sich von seiner ganzen Familie bis an Bord begleiten. Durch -die Schuld des Hauptmanns verloren wir fünf der günstigsten Stunden. -Dießmal wich von mir die Geduld, und auf meiner gan<span class="pagenum"><a name="Seite_34" id="Seite_34">[S. 34]</a></span>zen bisherigen -Reise hatte ich keine trübern Augenblicke. Ich lasse mir die Geduld -gerne gefallen, wenn ein ungünstiger Wind, dem kein Mensch den Lauf -befiehlt, die Fahrt hemmt; wo aber diese rein vom menschlichen Willen -abhängt, erscheint die Sache in einem andern Lichte. Es wäre Pflicht -des Kapitäns gewesen, an Bord zu bleiben, und er hätte beherzigen -sollen, daß, nachdem bereits fünfzehn Tage auf der kleinen Reise von -Triest nach Lossin verstrichen waren, jeder günstige Augenblick für -den Reisenden ein goldener sein mußte. Ich kann diejenigen, welche von -Triest aus das adriatische Meer in seiner Länge befahren, nicht genug -warnen, daß sie sich einem Kapitän von Lossin grande anvertrauen, darum -schon, weil es sehr schwer hält, bisweilen gar unmöglich ist, aus dem -Hafen zu dringen, selbst beim günstigsten Winde.</p> - -<p>Links sah ich die Isola grossa, welche Dalmatien angehört.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 21.</em></p> - -<p>Bei der Isola grossa vorbei; die Eiländer San Andrea und Lissa.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 22.</em></p> - -<p>Windstille und schönes Wetter.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_35" id="Seite_35">[S. 35]</a></span></p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 23.</em></p> - -<p>Vor dem Winde. Meist sah ich nichts, als Himmel und Wasser. Es ist -fürwahr ein eigener Anblick. Das Meer bildet eine Scheibe, dessen -Mittelpunkt das Schiff ist. Der Himmel wölbt sich wie ein Deckel über -die Wasserscheibe. Das ist nun freilich Alles, was man sieht.</p> - -<p>Der Abend war ungemein lieblich und angenehm. Keine herbstliche Kühle, -kein Nebel. Nach dem Untergange der Sonne schien der Horizont auf der -Abendseite lange wie glühend. Als ich mich zu Bette legte, fühlte ich -ungefähr die nämliche Wärme, wie bei uns mitten im Sommer.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 24.</em></p> - -<p>Albaniens Gebirge unterbrachen das Einerlei von Himmel und Wasser. -Eine frohe Stimmung entströmte dem Gedanken, daß ich schon einen Theil -der Türkei erblicke. Bisher sah ich keine andere, als christliche -Länder. Auf einmal drängten sich in meiner Phantasie die eigenen -Religionsgebräuche, die Moscheen, der Halbmond, der Turban vor. -Begreiflich wurde meine Sehnsucht nur um so reger, einmal das Land der -Mohammetaner zu betreten. — Bis Abend waren wir so weit vorgerückt, -daß auch die Küste von Italien, gegen Otranto hin, als ein schmaler, -unansehnlicher Streifen dem Auge sich darstellte, indeß<span class="pagenum"><a name="Seite_36" id="Seite_36">[S. 36]</a></span> das türkische -<a name="nach_Gebirge" id="nach_Gebirge"></a>Gebirge, der <span class="antiqua">Monte della Pegola</span> (Pechberg, weil dort Schiffspech -ausgebeutet wird), nunmehr sich in die Ferne verbarg.</p> - -<p>Ich bestätige die Erfahrung manches Reisenden, daß man mit den -natürlichsten Fragen die Seemänner leicht in Unmuth bringt. Als ich dem -Kapitän einen konditionellen Satz über den Wind mittheilte, brummte er -beinahe kopfschüttelnd: <em class="gesperrt">Wenn</em> sagt alle Welt. Er schimpfte früher -auf die Trockenheit der Engländer, und ich ergriff diesen Anlaß, ihm -zu erwiedern: Es wäre mehr, als englische Trockenheit, wenn man sich -der <em class="gesperrt">Wenn</em> fürder enthalten wollte. Ich überzeugte mich, daß ich -anderwärts einlenken müsse. Meine Neugierde fand Mittel. Theils waren -die Matrosen mittheilender, wenn ich den Namen eines Landes, das ich -eben erblickte, erfragen wollte, theils sah’ ich dem Tagebuchhalter -(<span class="antiqua">scrivano</span>) nach, wenn er täglich den Standpunkt in Bezug auf -geographische Länge und Breite; wenn er die Richtung, welche der Wind -und das Schiff nahm, wenn er den stündlich zurückgelegten, in Seemeilen -ausgedrückten Weg in das Buch eintrug. Was wollte ich mehr? Denn durch -die Güte des Kapitäns stand mir doch die hydrographische Karte und der -Teleskop zu Gebote, daß im Grunde nichts mehr zu wünschen übrig blieb. -Nur das Gespräch ging ab, und wollte ich es er<span class="pagenum"><a name="Seite_37" id="Seite_37">[S. 37]</a></span>zwingen, mußte ich meine -Seele in zwei Theile spalten, damit wenigstens meine Seelenhälften mit -einander plaudern können. Die Zukunft entzifferte der Kapitän in der -That nicht viel besser, als ich und unsere Wetterpropheten, welche auf -ein Jahr in den Himmel hineingucken, um die Kalender zu schreiben.</p> - -<p>Schon früher verlangte mich, die Apotheke des Kapitäns zu sehen. Nun -keine erwünschtere Gelegenheit, als heute. Der Kapitän benutzte die -Anwesenheit des Pharmazisten, um mit ihm die Arzneien durchzugehen, ob -sie noch brauchbar und ob sie richtig angeschrieben seien oder nicht. -Ich hätte meine Ohren zustopfen mögen, so sehr wurde gequacksalbert und -in den Markt geschrieen. Auch in der Arzneikiste des Kapitäns spielt -le Roi, und ich vergesse nie den Fanatismus, mit dem ein Deutscher in -Triest für diesen Arzt sprach, ihn den einzigen wahren Heilkünstler -nannte, und ihn als Heiland der Medizin nicht genug preisen konnte. -Ich glaubte, die Geschichte könnte uns vor Thorheiten solcher Art -schützen; aber nein, immer kehren sie zurück, und selbst in unserm -zu oft aufgeklärt genannten Jahrhunderte, nistet der tollste Unsinn, -nicht etwa bloß in den untern, sondern auch in den höhern Kreisen der -menschlichen Gesellschaft.</p> - -<p>Vor Mitternacht noch verließen wir das adriatische<span class="pagenum"><a name="Seite_38" id="Seite_38">[S. 38]</a></span> Meer. Es endet auf -der türkischen Seite in Valona, und in Otranto auf der italienischen -Küste.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 25.</em></p> - -<p>Immer guter Wind. Wir waren so fern, daß ich von der Insel Korfu -(<span class="antiqua">Corcyra</span>) das Gebirge undeutlich erblicken konnte. Ich sah heute -zum ersten Male das mittelländische, oder, wenn man näher will, das -jonische Meer; aber Wasser ist Wasser. Abends die Luft so warm, als -an unsern Sommerabenden. Ich durfte, bei offener Kajüte, mich nur mit -einem Leintuche bedecken.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 26.</em></p> - -<p>Ich erblickte in der Ferne Santa Maura (<span class="antiqua">Leucadia</span>), etwas -näher Cephalonien (<span class="antiqua">Cephallenia</span>) und südöstlich das Eiland -Zante (<span class="antiqua">Zacynthus</span>). Cephalonien lag deutlich vor den Blicken. -Wie blau gefärbt erhoben sich die Berge im Süden. Abends gab die -hinuntersinkende Sonne diesem Eilande ein besonders malerisches -Aussehen. Jedes Uebel hat wieder sein Gutes. Wäre mir nicht der -köstliche Ausblick entzogen worden, wenn guter Wind unsere Segel -geschwellt hätte?</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Sonntags, den 27. -Herbstmonat.</em></p> - -<p>Cephalonien stellte sich in den Hintergrund; dafür breitete Zante -sich immer mehr aus. Neben vielen Einkerbungen des Landes unterschied -ich Wohnungen der Zanteser.<span class="pagenum"><a name="Seite_39" id="Seite_39">[S. 39]</a></span> Ausgezeichnet schön konnte ich die mir -zugewendete Seite der Insel nicht finden.</p> - -<p>Endlich tauchte aus dem Meere ein Theil vom griechischen Festlande, der -Peloponnes der Alten, das heutige <em class="gesperrt">Morea</em>. Gefühle der Bewunderung -für die alten Griechen, waren die ersten, die mich ergriffen. Der -Bewunderung folgte dann Freude, daß ich so glücklich war, einen Theil -ihres Landes zu sehen. Ach, als ich die Feldherren des <em class="gesperrt">Kornelius -Nepos</em> las, deren Beschreibung mein junges Gemüth so lebhaft anzog, -wie hätte ich damals glauben dürfen, daß mein Auge es erreiche? So -ungefähr dachte ich beim Anblicke der griechischen Halbinsel.</p> - -<p>Abends erkannte man das Licht des Leuchtthurms auf der Insel Stanfagni. -Hier soll auch ein griechisches Kloster stehen.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 28.</em></p> - -<p>Heftiger Gegenwind, der üble Sirocco hielt mich den ganzen Tag gefangen -im Bette. Wir mußten laviren.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 29.</em></p> - -<p>Zum Glücke wieder Abendwind, daß die Wellen sich aufbäumten. Er blies -uns hübsch weiter.</p> - -<p>Für das Auge nur Himmel und Meer.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_40" id="Seite_40">[S. 40]</a></span></p> - -<p>Abends lief ein Schiff in unsere Nähe. Die Flaggen wurden beiderseits -aufgezogen. Durch ein kurzes Sprachrohr ward zu einander gesprochen. -Aus den Fragen ergab sich, daß der Hauptmann, mit Reisenden am Borde, -von Alexandrien den Weg nach Marseille nehme, und daß <em class="gesperrt">in Alexandrien -Pest und Cholera herrschen</em>. Diese Nachricht schlug meinen -Reisegefährten <em class="gesperrt">Cesare</em> ganz nieder, weil er keine Rezepte für die -Cholera mitgebracht habe. Der Kapitän seufzte aus Besorgniß, daß die -Schiffsladung schwer halten werde. Hat doch ein Jeglicher seinen Grund. -Es ist etwas Angenehmes, auf der Wasserwüste Leuten zu begegnen. Der -entzückende Abend bewog uns, auf dem Verdecke zu speisen.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 30.</em></p> - -<p>Heute fühlte ich zum ersten Male so völlig, daß ich unter einem ganz -andern, dem schönsten blauen, aber heißen Himmel lebe. Von der Hitze -litt ich zwar nicht, weil ich den Schatten sorgfältig aufsuchte. Schon -waren wir über den 36ten Grad nördlicher Breite hinausgerückt.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 1. Weinmonat.</em></p> - -<p>Schöne Witterung fuhr fort. Morgens schon erspähete ich einen -Gebirgsstreifen von Kandien, welcher über Wolken oder Nebel emporragte. -Bescheiden trat die winzige Insel Gozzo auf. Wir wurden bisweilen von -Schwalben besucht.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_41" id="Seite_41">[S. 41]</a></span></p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 2.</em></p> - -<p>Windstille. Heerrauch, so daß man nicht immer Kreta (Kandien) -erblickte. Das Farbenspiel beim Untergange der Sonne gewährte ein -herrliches Schauspiel. Westwärts bis zum Schiffe schien das Meer in -flüssiges Gold verwandelt. Der Spiegel war glatt, außer den sanften -langsamen Wallungen. Das Wasser zeigte sich so liebsam, als lüde es -ein, mit ihm den Abschied der Sonne zu verherrlichen. Doch unter dieser -gefälligen Schminke grausiger Abgrund. Die Sonne selbst, wie glühendes -Erz, goß eine helle, lodernde Säule in das Meer — uns zu. Als die -Spanier nach Amerikas Schätzen dürsteten, konnten sie das Gold nicht -schöner, nicht reizender sich vorstellen, als es mir vor Augen schwebte.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 3.</em></p> - -<p>Windstille. Mittags erhob sich ein leiser Wind, und die Focklee-, -so wie die Vormarsleesegel rechterseits bekamen Pausbacken. Indeß -stand die Kandia immer noch nahe, und Abends zeigte sich der -weitherumschauende Idaberg in seiner ganzen Pracht.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Sonntags den 4. -Weinmonat.</em></p> - -<p>Ein wenig Wind. Das schönste Wetter, so warm und so heiter, als in -unsern Heumonaten. Der Gedanke erfüllte mich sehr oft mit Freude, daß -ich die sommerlichste Witterung genieße, während es zu gleicher Zeit -bei uns<span class="pagenum"><a name="Seite_42" id="Seite_42">[S. 42]</a></span> kalte Morgen und Abende, unfreundlichen Regen und Nebel gebe. -Das Land war entschwunden aus dem Gesichtskreise.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 5.</em></p> - -<p>Schöne Witterung; wenig Wind. Abends spannte mich die lange Weile so -recht auf die Folterbank; doch unberechnete Umstände können sie oft -schnell verscheuchen. So flog eine Schwalbe daher, müde, schläfrig -und so kirre, daß ich sie schmeichelnd streicheln konnte, zu meiner -innigsten Freude. Endlich fing ich sie ohne Mühe mit der Hand. Die -Philosophie wappnete und wehrte sich vergebens gegen die Langeweile, -und ein kleiner Vogel machte allen Kampf der erstern zu Schanden.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 6.</em></p> - -<p>Zum ersten Male waren wir überall vom Nebel eingeschlossen, doch nur -auf sehr kurze Dauer. Was hat ein Haus auf dem Lande zu rühmen, wenn -Nebel es umgibt? Man sieht Haus und — Nebel; hier sehe ich Schiff und -Nebel, und doch noch zur Unterhaltung das frohe Spiel des Windes an den -Segeln — — —.</p> - -<p>Endlich fing Mittags an ein frischer Nordwest zu blasen, der unser -Schiff beflügelte.</p> - -<p>Seit zwei Tagen steuerte ein Schiff hinter uns. Wir waren 200 Seemeilen -von Alexandrien entfernt, als es die Flagge aufsteckte, zum Zeichen, -daß es der Hülfe be<span class="pagenum"><a name="Seite_43" id="Seite_43">[S. 43]</a></span>dürfe. Das Nothzeichen besteht darin, daß die -große Flagge gehißt und in die Quere zusammengezogen wird. Wir -segelten dem Schiffe, das wir früher für ein griechisches hielten, -sogleich entgegen und bald bekamen wir es in die Schußweite. Welch ein -Anblick für mich. Die Flagge ganz roth; am Borde Barbaresken, welche -nach Mekka zu wallfahrten vorhatten. Der Kapitän, ein Alexandriner, -mit seinem schwarzen Gesichte, dem Turban und den Pluderhosen war -ein gar rühriges, lebhaftes Wesen. Ein Matrose mit einem türkischen -Bunde bestieg behende die Strickleiter. Unser Schiffshauptmann -entsandte jenem auf italienisch den Gruß: Guten Abend. Er wurde von -dem alexandrinischen Kapitän in der gleichen Sprache erwiedert. Was -verlangen Sie? fragte unser Hauptmann. Er versetzte, daß er Mangel -an Wasser bekommen werde, und wenn solches unter den Pilgern ruchbar -würde, eine Empörung im Schiffe zu besorgen stände. Unser Hauptmann -fragte ihn weiter, ob er keine Krankheit am Borde hätte? Nein, -antwortete er, es ist Alles sauber. <em class="gesperrt">Budinich</em> versprach ihm -Wasser, doch wolle er Windstille abwarten, weil sonst die Fahrt zu viel -einbüßen müßte. Um zu beurtheilen, mit wie viel nautischen Kenntnissen -der arabische Seemann ausgerüstet ist, genügt einzig noch zu wissen, -daß der Reis (Kapitän) die Frage stellte, wie weit<span class="pagenum"><a name="Seite_44" id="Seite_44">[S. 44]</a></span> es bis Alexandrien -wäre? Als er dann die Entfernung erfuhr, erschien er hoch erfreut, und -fügte hinzu, daß wir morgen in Alexandrien einträfen. Der Auftritt -ergötzte mich ungemein. Ich besah mit bewaffnetem Auge die hingehockten -Hadschi (Pilger) in die Runde. Unser Kapitän hatte keinen Gedanken -an einen Streifer (Korsar). Ich wußte es nicht, und vertraute dem -Hauptmann und — unsern Kanonen.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 7.</em></p> - -<p><a name="Vor" id="Vor"></a>Vor gutem Winde. Obschon unsere Brigg nicht der beßte Segler war, blieb -das egyptische Fahrzeug dennoch zurück, so daß wir es ganz aus den -Augen verloren. Unter solchen Umständen wäre es überaus schmerzlich -gewesen, einige Segel einzuziehen, bis der Araber uns eingeholt haben -würde. Was werden aber die ohne Hilfe zurückgebliebenen Mohammetaner -von der christlichen Liebe denken? Als es gestern hieß, daß ein Schiff -auf der weiten, hohen See Hilfe begehre, so entzückte mich der Gedanke, -daß man selbst auf diesem treulosen Elemente nicht ganz verlassen sei, -und ich sagte zum Hauptmann, es sei Christenpflicht, Andern in der Noth -zu helfen. Nein, entgegnete er, es sei moralische Pflicht. Noch besser. -Denn wenn es bloß Christenpflicht wäre, dem Nebenmenschen beizustehen, -was wollten die Mohammetaner, nothleidenden Christen<span class="pagenum"><a name="Seite_45" id="Seite_45">[S. 45]</a></span> gegenüber, thun, -jene Andersgläubigen, welche die <em class="gesperrt">christliche</em> Pflicht als solche -nicht kennen? Es muß also eine allgemeinere, als bloße Christenpflicht -geben. Es ist Menschenpflicht, Andern in der bedrängten Lage hilfreiche -Hand zu reichen.</p> - -<p>Nun ein weiteres Wort über meinen Hauptmann und den Gefährten -<em class="gesperrt">Cesare</em>. Jenem macht die Gutmüthigkeit Ehre, die Launenhaftigkeit -Mühe, das jugendliche Alter Belehrung fühlbar. Der Pharmazist, eine -lange, hagere Gestalt mit glänzend schwarzen Haaren, mit einer -schmalen, kurzen Stirne, einer vollen Baßstimme, ist ein seltenes -Muster von einem rechthaberischen, anmaßenden Menschen<a name="FNAnker_1_1" id="FNAnker_1_1"></a><a href="#Fussnote_1_1" class="fnanchor">[1]</a>. Selbst -über arzneiwissenschaftliche Dinge mußte ich ihm Recht lassen, nur -um unangenehme Auftritte zu vermeiden. Qualvoller kann man sich die -Lage eines Arztes kaum denken, als die meinige war. Wo nur etwas -Weniges haperte, war <em class="gesperrt">Cesare</em> mit Arzneien, z. B. mit einem -Abführmittel, bereit. Er zeigte sich unerschöpflich, dem Hauptmann -Rezepte zu diktiren. Ich schwieg, weil ich zu gut einsah, daß die -Quacksalberei ihr Hauptlager hier aufgeschlagen hatte. Von solchen -Querköpfen als Arzt anerkannt zu werden, konnte mich nicht begierig -machen. Be<span class="pagenum"><a name="Seite_46" id="Seite_46">[S. 46]</a></span>trübend und ergötzlich war es zu gleicher Zeit für mich, -wahrzunehmen, daß die Quacksalberei im Ganzen wenig Segen hatte. Der -Kapitän befand sich erst besser, als er auf das Einnehmen der Arzneien -Verzicht that. Ich suchte ihm begreiflich zu machen, daß man der Natur -mehr vertrauen müsse, und daß, bei fortwährendem Verschlucken von -Arzneistoffen, bisweilen der Körper in einem Grade von Abhängigkeit -sich daran gewöhne, wofern jene ihn nicht ganz zerrütten. <em class="gesperrt">Cesare</em> -selbst litt nicht am wenigsten, vielleicht nicht am unverdientesten. -Um durch ein Beispiel anschaulich zu machen, was für seichte Gespräche -mitunter geführt wurden, so zankten sich die Helden lange, indem -<em class="gesperrt">Cesare</em> behauptete, daß Egypten, so zu sagen, in Europa liege. -Er las in dem <span class="antiqua">Universo pittoresco</span>, einem, aus dem Französischen -ins Italienische übersetzten Werke, daß Egypten, zwischen Asien und -Afrika, von den Geographen bald zu jenem, bald zu diesem Welttheile -gezählt werde. Er faßte die Stelle unrichtig auf, und behauptete, -daß es heiße, Egypten gehöre weder <em class="gesperrt">Asien</em>, noch <em class="gesperrt">Afrika</em> -an. Nun schloß er, es müsse Europa zufallen. <em class="gesperrt">Cesare</em> wandert -nach Egypten, um sich Schätze zu sammeln. In wie weit ihn edle Gründe -leiten, konnte ich nicht erschauen; so viel wurde mir klar, daß er ein -überspannter Glücksritter war. Als er in der gleichen Schrift las, daß, -nach <em class="gesperrt">Pa<span class="pagenum"><a name="Seite_47" id="Seite_47">[S. 47]</a></span>riset</em>, der Verbreitung der Pest durch Verbrennung der -Leichen, wie vor Alters, ein Ziel gesetzt werden könne, gerieth er in -gänzliche Wallung, und äußerte sich, daß man dieses Mittel ausführen -sollte, ja ausführen müsse, weil er an die Untrüglichkeit schon -glaubte. Je mehr dem Menschen an gründlichem Wissen gebricht, desto -mehr läuft er Gefahr, eine Beute der Leichtgläubigkeit zu werden.</p> - -<p>Seit einigen Nächten fühlte ich eine Plage, die ich früher nie kannte. -Ich mag die neue Auflage lebendiger Pfennige nicht nennen.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 8. -Weinmonat.</em></p> - -<p><em class="gesperrt">Diesen Morgen entdeckte der Hauptmann auf dem Mastkorbe -Alexandrien.</em> Ich fühlte keine besondere Freude bei der Mittheilung -dieser Nachricht, einestheils, weil die Witterung in der letzten -Zeit, seit mehr denn drei Wochen, die schönste war, die je mein -Leben erheiterte, anderntheils, weil ich die Zeit recht leicht mit -Lesen, Schreiben, z. B. mit Uebersetzen aus dem Italienischen, mit -der Tagebuchhaltung, früher auch mit Spiel, hinbringen konnte, so daß -mich nur wenige Stunden eigentliche Langeweile folterte, — dann auch, -weil das Landen an einem Orte mit zwei Pestilenzen einige unangenehme -Gefühle erregte, so sehr das Interesse der Wissenschaft die Resignazion -vorbereiten mochte.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_48" id="Seite_48">[S. 48]</a></span></p> - -<p>Daß ich ruhrkrank wurde, habe ich oben erwähnt. Es entging mir nicht, -daß die Ruhr einen ernsthaftern Karakter hätte annehmen können. -Ich hege die Ueberzeugung, daß ich die schnelle Wiederherstellung -vorzüglich einer ganz geregelten Lebensart, namentlich dem Aufenthalte -im Bette, verdanke. Bei den Worten, daß ich leide, rief <em class="gesperrt">Cesare</em> -aus: <span class="antiqua">Corpo di Dio</span>, er macht mit der ganzen Krankheit die Reise. -Ein Matrose setzte kaltblütig hinzu: Er wird bald abreisen. Das war -richtig der Fall, aber in einem andern Sinne. Ich konnte so ganz bequem -zuhören. Ich widerlegte den falschen Propheten damit, daß ich mich -mindestens bald eben so gut befand, als zu Hause.</p> - -<p>Die Seekrankheit konnte mir so wenig etwas <a name="anhaben" id="anhaben"></a>anhaben, als <em class="gesperrt">Cesare</em>. -Wenn die See hoch ging, bekamen wir höchstens einen schweren, -schwindlichten Kopf, und die Eßlust verminderte sich, welche bei mir -sonst sich sehr lebhaft ankündigte. Ich verzichtete auf ein einziges -Nachtessen.</p> - -<p>Die Beschwerden zur See entspringen unstreitig aus den -<em class="gesperrt">unordentlichen</em> Bewegungen des Schiffes. Der wärmere Wind trägt -das Seinige bei, um dieselben zu vermehren; allein die sogenannte -Seekrankheit hervorzubringen, wird er kaum vermögen. Ich sage mit -Fleiß: <em class="gesperrt">unordentliche</em> Bewegungen; denn die gleichmäßigen würden -wenig zu bedeuten haben, und das Schaukeln bald hin und her,<span class="pagenum"><a name="Seite_49" id="Seite_49">[S. 49]</a></span> der Länge -und Breite nach, bald auf- und abwärts, zumal das <em class="gesperrt">stoßweise</em>, -kommt in Anklagezustand. Das Schaukeln zur See läßt sich platterdings -nicht mit dem Schaukeln zu Lande auf gleiche Linie stellen. Andere -Beschwerden rühren offenbar vom übeln Geruche faulender Stoffe, z. B. -des faulenden Wassers im Schiffsraume, her, einem Geruche, welcher um -so stärker wird, je unordentlicher das Schiff bewegt wird. Ich hörte -selbst den Hauptmann oft über die <span class="antiqua">sentina</span> klagen, welche ihm -Kopfweh verursachte.</p> - -<p>Man rühmt gegen die Seekrankheit Limonade, oder schwarzen Kaffee mit -Zitronensaft, ohne Zucker. So lange die Ursache, das Schaukeln oder -der üble Geruch, dauert, leisten wohl <em class="gesperrt">wenig</em> Mittel <em class="gesperrt">viel</em>. -Essen, wenn man sogar vom Appetite nicht eingeladen wird, schadet -nichts, es nützt eher, wie ich aus Erfahrung weiß. Wenn die Witterung -es zuläßt, begibt man sich am beßten auf das Verdeck, und statt zu -liegen oder zu sitzen, steht man, indem man trachtet, den Bewegungen -des Schiffes auszuweichen, und den Körper in möglichst senkrechter -Stellung zu erhalten. Zudem zügle man die Einbildungskraft. Wer sich -in den Kopf setzt, daß er speien müsse, kann es leicht dahin bringen. -Man erwägt zu wenig, welcher Menge von Uebeln die Selbstherrschaft -vorbeugt.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_50" id="Seite_50">[S. 50]</a></span></p> - -<p>Ich habe von der Seekrankheit der Thiere wenig gelesen. Sie werden -zuversichtlich von derselben nichts Großes sich vorstellen. Daß -den Thieren das Unglück zu Theil ward, keine Vernunft zu besitzen, -genießen sie andererseits das Glück, sich nicht durch Vormalung einer -unglücklichen Zukunft, mittelst der Vernunft, die Tage des Lebens zu -beunruhigen. An unsern Thieren, den Kanarienvögeln, Katzen, Ratten, -Hühnern, nahm man keine Störung durch den Aufenthalt auf dem Schiffe -wahr. Man sieht — doch, daß wir in guter Gesellschaft lebten. Wir -hatten gebetene und ungebetene Gäste.</p> - -<p>Schon seit der Frühe sah ich das Wasser des Meeres rothgelblich, -trüber. Es war mit dem Nilwasser getränkt. Es fing an von Schiffen und -Vögeln belebter zu werden. Erst um neun Uhr ungefähr erblickte ich mit -bewaffnetem Auge Alexandrien, nämlich den Palast des Pascha — freilich -nur geometrische Linien, ein todtes, vom Meere auftauchendes Viereck im -Sonnenglanze. Wir waren bloß noch zehn Seemeilen von Alexandrien.</p> - -<p>Bald näherte sich die Küste, die rechts, ein röthlicher, wenig -erhabener Sandhügel, sich gleichsam ins Meer verlor; Häuser, -deren Umrisse undeutlich waren, erhoben sich immer zahlreicher; -im Hintergrunde aber, wie auf einen Hügel gepflanzt, strebte die -Pompejussäule und, ein wenig<span class="pagenum"><a name="Seite_51" id="Seite_51">[S. 51]</a></span> links, der Obelisk der <em class="gesperrt">Kleopatra</em> -empor. Alles schien eine Insel zu sein, und hatte so wenig -Ungefälliges, daß man hätte glauben mögen, von Lido aus Venedig sich zu -nähern.</p> - -<p>Es fuhr ein Schiff in solcher Entfernung an uns vorüber, daß wir -es beinahe hätten entern können; seine Flagge trug das Zeichen des -Halbmondes. Alles überraschte mein Auge, ausgenommen das Schiff. -Wir waren schon so weit vorgerückt, daß wir den Lothsen, das ist -der Wegweiser für unser Schiff, erwarteten. Endlich wimmelte ein -schwarzer Punkt, der fortan größer wurde, bis man die Ruderknechte -unterscheiden konnte. Doch wurden sie bisweilen von einer Wellenwand -fast ganz verborgen. Weil die Einfahrt wegen der Bänke gefährlich ist, -so sind Lothsen unerläßlich. Schon hat der Lothse uns eingeholt. Wir -fragten nach dem Gesundheitszustande. Es steht gut, antwortete er, -weder Pest, noch Cholera. Das Gespräch wurde auf italienisch geführt. -Der Araber, ein großer Mann von tiefbrauner Gesichtsfarbe, mit großer -Bognase, schwarzem Barte, und von etwas stolzer Haltung, sprach -fertig <em class="gesperrt">fränkisch</em>, wie man das Gemisch von Italienischem und -wenig Morgenländischem in der Levante nennt. Er saß auf dem spitzigen -Hintertheile seiner Barke, so daß die Füße von den aufliegenden -Oberschenkeln bedeckt waren. Mit einer Hand lenkte<span class="pagenum"><a name="Seite_52" id="Seite_52">[S. 52]</a></span> er das kleine -Steuer wie im Zauber. Nachdem sein Kahn an das Schlepptau unserer Brigg -genommen war, erhielt er das Kommando, und unser Kapitän durfte es nur -wiederholen<a name="FNAnker_2_2" id="FNAnker_2_2"></a><a href="#Fussnote_2_2" class="fnanchor">[2]</a>.</p> - -<p>Bald flog ein anderer Kahn mit zwei lateinischen Segeln daher. Er war -mit vielen Männern besetzt. Eine dicke Figur mit einem Schulzenbauche, -einem langen Schnurrbarte und einer rothen Mütze, von deren Mitte -eine große Troddel herunterschwabbelte, fiel mir am meisten auf, kaum -aber die bedenkliche Hintansetzung der Etikette, daß er einen Fuß auf -der Bank, den andern unten hatte. Beim Anlegen schlugen die Wellen -hoch auf, und er runzelte, nicht gegen diese, sondern gegen die heiße -Sonne die Stirne. Es war ein Polizeikommissär. Neben ihm stand ein -junger Dolmetsche, der nach dem Namen des Kapitäns und des Schiffes, -nach der Zahl der Passagiere, nach dem Orte der Abfahrt, der Dauer -der Reise und nach der Befrachtung fragte. Er zog eine Bleifeder und -ein vielfach in das<span class="pagenum"><a name="Seite_53" id="Seite_53">[S. 53]</a></span> Viereck zusammengelegtes Papier heraus, welches -er auf den Handteller nahm, darauf etwas zu schreiben. Weil wir der -Angabe des Lothsen über den Gesundheitszustand wenig Glauben beimaßen, -so wurde die gleiche Frage wiederholt, und eben so befriedigend -beantwortet. Schon stieß der lateinische Segler von hinnen. Wie eine -eben sich öffnende Blüthenknospe erschloß sich die Freude sichtbar -auf den Antlitzen unserer Leute. <em class="gesperrt">Cesare</em>, welcher seit wenigen -Tagen gegen mich den Stummen machte, bekam die Sprache auf einmal -wieder. Nimmersatt am Sehen, so sehr reizte Alles meine Aufmerksamkeit, -vergaß ich das Geschehene, und wir fanden den Faden der Mittheilung, -— — durch die merkwürdigen Araber angeknüpft. Freude und Leid sind -oft Bindemittel, indem <a name="von" id="von"></a>vor ihrer mächtigen Erschütterung kleinere -Erscheinungen auf dem Gebiete des Gemüths leichter und standloser als -Flaum entfliehen.</p> - -<p>Bald fuhr in einer andern Barke ein mit einem Hute bedeckter, -wohlgekleideter Mann einher. Aehnliche Fragen wie früher. Noch ein -Kahn mit einem hübschen Manne, der einen Hut trug, stieß gegen unser -Fahrzeug. Dieser Herr erkundigte sich über den Gesundheitszustand. -So weit bekümmern sich die Mohammetaner, oder doch Andere in ihrem -Namen. Die Antwort lautete freilich sehr wohl. Unser Kapitän -übergab sofort eine Ausweisschrift, welche<span class="pagenum"><a name="Seite_54" id="Seite_54">[S. 54]</a></span> nicht ohne Beobachtung -der Gesundheitsvorschriften angenommen wurde. Der Steuermann des -Gesundheitsbeamten hob nämlich auf einmal eine große, weißblechene, -viereckige, offene Büchse empor, und in diese ließ unser Kapitän seine -Schrift fallen. Der Gesundheitsbeamtete selbst ergriff mit einer Hand -ein Stückchen Holz, mit der andern ein vorne abgerundetes Messer, -das einen hölzernen Griff hatte, er wendete dann die zusammengelegte -Schrift mit diesen Werkzeugen um, bis sie entfaltet vorlag. Nach Lesung -der Schrift wurde die Strickleiter erstiegen, und auf der Stelle -eröffnete sich freier Verkehr an unserm Borde. Es war, wie wenn man -aus dem Regen in die Sonne tritt, wie wenn den eingesperrten Bienen im -Korbe Luft gemacht wird. Ein Araber, der an einer Traubengeschwulst des -Auges litt, erinnerte mich bei Zeiten an die egyptische Augenplage.</p> - -<p>Aber schon sind wir im Hafen, und noch hoch am Tage, sinkt der Anker. -Rechts von den Ruinen bewegen sich in langsamen Kreisen zierliche -Windmühlen, dreißig bis vierzig an der Zahl; links preiset der -stattliche Palast des Statthalters europäischen Geschmack; die Mitte -der Schaubühne schließt ein Gesäe unansehnlicher Häuser hinter einem -Walde von Masten. Man mußte von dem Gedanken durchdrungen werden, daß -man in einem andern Welttheile athme, und<span class="pagenum"><a name="Seite_55" id="Seite_55">[S. 55]</a></span> sah man bloß ins Meer, so -fragte man sich neugierig über das trübe, in der Sonne rothgelblich -schillernde Wasser, worüber ein Schwarm Vögel flatterte.</p> - -<p>Ich schickte mich an, ans Land zu gehen. Neben mir Kriegsschiffe, -über deren Größe ich erstaunte; vorwärts wieder Halbmonde auf den -Flaggen; dort eine Barke mit trommelnden Soldaten; hier guckt eine -Europäerin aus der Kajüte heraus, und fragt nach Neuigkeiten; dort ein -Morgenländer mit der Pfeife im Munde, hinter einer behaglich auf dem -Schiffsrande hockenden, den Schweif um die Beine niedlich windenden -Katze, und hinter dem Netze von Tauen; ein englisches Dampfboot; ein -hellenisches Schiff, dessen Name mit großen griechischen Buchstaben -geschrieben war; kurz, eine Menge Fahrzeuge, rechts und links, vorwärts -und rückwärts, ein bewohntes Meer. Ich höre Musik, vom Lande her Lärm, -als wäre ich einer Kirmes nahe. Hurtig stieg ich auf den breternen -Steg, und wenig Schritte, ich war zu Land, auf Sand, in Afrika, in -Egypten, in <em class="gesperrt">Alexandrien</em>. Unbeschreibliche Freude erfüllte mein -Gemüth. In <span class="antiqua">Deo gratias</span> ergoß sich beinahe unwillkürlich das -Herz, — meine ersten Worte in Afrika. Die mir nächste Person auf dem -Lande war linker Hand ein halb entblößter Mensch von ungefähr dreißig -Jahren und schwarzbrauner Farbe. Er lag abwechselnd auf den Knien und<span class="pagenum"><a name="Seite_56" id="Seite_56">[S. 56]</a></span> -warf sich auf den Staub nieder, faltete manchmal die Hände, verdrehte -oft die Züge des Gesichtes. Das ist ein Verrückter, dachte ich, und -wenn er es nicht ist, so verwendet er doch seine gesunde Vernunft zur -Verrücktheit. Was soll ich sagen? Er verrichtete, nach dem Gesetze -Mohammets, das dritte Gebet zwischen Sonnenhöhe und Sonnenuntergang -(el-Asser); aber ich sehe ein, daß ich mit meinem verwerfenden Urtheile -zurückhalten muß. Die religiöse Mimik will tiefer gewürdiget sein. -Hat denn, frage ich, das Zusammenstrecken der zehn Finger bei den -Protestanten mehr Bedeutung, als die Niederwerfung vor Gott bei den -Morgenländern, oder das Niedersinken auf die Knie bei den römischen -Katholiken?</p> - -<p>Der alte Hafen ist jetzt den Europäern direkte geöffnet, und, außer -den wiederholten Anfragen, deren gedacht ward, gibt es keinerlei -Umstände, um in denselben zu gelangen. Wie vieles hat sich nun seit -fünfzig Jahren umgestaltet. Das Traurigste aber ist, daß das türkische -Regierungssystem auf keine sichere Grundlage sich stützt, da beinahe -mit jeder neuen Besetzung eines Paschaliks (Statthalterschaft) -eine neue, bald vor-, bald rückwärts schreitende Ordnung der Dinge -eingeführt wird.</p> - -<p>Ich miethete in der Stadt ein Zimmer, und begab<span class="pagenum"><a name="Seite_57" id="Seite_57">[S. 57]</a></span> mich wieder an Bord, -an welchem ich die letzte Nacht hinbringen soll.</p> - -<p>Ich konnte vor Freude über den jetzigen Aufenthalt den Schlaf kaum -finden. Indessen bemerkte ich, daß es etwas kühler wurde, mein Kopf -unbedeckt war, und die Frische, die ich an jenem fühlte, meinen Schlaf -verhindere. Ich zog das Oberleintuch herauf und machte eine Kaputze. In -wenig Minuten war ich eingenickt. Lärm weckte mich.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 9.</em></p> - -<p>Schon in aller Frühe. Ich hörte zwar nicht mehr das Geklingel im -Hintertheile des Schiffes und die antwortenden Glockenschläge über -der Kajüte der Matrosen, zum Zeichen, wie lange das Geschäft des -Ruderbesteurers dauere; ich hörte nicht mehr: <span class="antiqua">Rende la guardia al -timone, a che tocca la (terza)</span>; in dem Kastenbette hörte ich nicht -mehr den Wellenschlag neben mir an der Wandung, oder das Kollern, oder -bei günstiger Fahrt das Gezische, ähnlich demjenigen beim Pumpen des -dicker gewordenen Rahms: aber das taktmäßige, weinerliche Rufen und -Singen ganz eigener Art erklang noch, der Losungsruf der Matrosen, daß -sie vereint und gleichzeitig große Kraft anwenden, z. B. um eine Last -zu heben, aber das monotone, grelle Pfeifen der egyptischen Seetruppen -tönte jetzt herüber. Wie ich den Matrosenruf zum ersten Male vernahm, -machte er<span class="pagenum"><a name="Seite_58" id="Seite_58">[S. 58]</a></span> einen höchst unangenehmen Eindruck auf mich, welchen nur -nach und nach die Gewohnheit mildern konnte. Unser <span class="antiqua">ragazzo</span> -(Schiffsjunge), beinahe immer auf dem Meere, ohne viel Anderes singen -zu hören, trillerte das Geleier der Matrosen zu seiner Ergötzung daher.</p> - -<p>Endlich hieß es: eingepackt, und ich setzte Fuß ans Land, um mit meinem -Gepäcke das Zimmer zu beziehen.</p> - -<p>Ohne Tagesordnung bringe ich verschiedene Denkwürdigkeiten von -Alexandrien.</p> - -<div class="chapter"> - -<h2 class="nobreak" id="Alexandrien"><b>Alexandrien.</b></h2> - -</div> - -<h3 class="nopad" id="Alexandrien_Lage"><b>Lage.</b></h3> - -<p>Die Stadt <em class="gesperrt">Alexanders</em> (Skanderun) liegt auf einer Landzunge, -die in der Richtung gegen Nordwest ins Meer sich verliert. Die Spitze -verläuft in einen Lappen, der sich südwestlich umbiegt, und in einen -Faden, der sich in entgegengesetzter Richtung bis zu einer kleinen -Festung ausdehnt. Hier, an der Stelle dieses Vertheidigungswerkes, soll -einst der Pharus gestanden haben. Der westliche Zungenrand begränzt den -<em class="gesperrt">alten</em> Hafen und der östliche den <em class="gesperrt">neuen</em>, welcher letztere -indeß wegen seiner Untiefe, durch die gränzenlose Nachlässigkeit der -jetzigen Beherrscher Egyptens, sehr wenig belebt ist, immerhin aber -sich sehr hübsch herausstellt. Auf der Wurzel der Zunge hatte sich -das alte Alexandrien ausgebreitet, und dieselbe ist jetzt nur wenig<span class="pagenum"><a name="Seite_59" id="Seite_59">[S. 59]</a></span> -angebaut. Dagegen strotzt es gleichsam von Ruinen, sobald man den -Schutt weghebt. Die schönsten Marmorsäulen sind von diesem bedeckt, -und eben grub man eine hervor. Unlängst zog man auch ziemlich viel -Goldmünzen heraus.</p> - -<p>Man kann heutzutage nicht mehr behaupten, daß die Stadt landwärts von -einer Wüste umgeben sei. Gegen Mittag schließen sich schöne Gärten an, -woraus die Dattelpalme den neu angekommenen Europäer dem Afrikaner -willkommen heißt. Der am nördlichen Ufer des Mareotis angelegte -Garten des <em class="gesperrt">Ibrahim-Pascha</em> verdient vor andern Lob. In der Nähe -desselben übernimmt ein Strich angebauten Landes die versöhnende Rolle -zwischen dem üppigen Garten und dem kahlen Sandmeere der Sahara. Der -Mareotissee selbst, mit seinen wenig aufragenden, wüsten, gelbsandigen -Ufern, sieht eher einem Sumpfe gleich, und gewährt daher keinen -angenehmen Anblick.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Alexandrien_Gebaeude"><b>Gebäude.</b></h3> - -</div> - -<p>Die Moscheen sind meistens häßlich; die Minarets oder Thürme steigen -nicht hoch empor. Beide weiß, überkalkt, ohne Schmuck, ohne ein Bild, -mit dem Gepräge des Zerfalles. Antike Säulen tragen hie und da den -Söller (Decke) des Tempels oder den Thurm. Der Zerstörungswuth, die vor -Zeiten den Ton angegeben hatte, entgingen doch zum<span class="pagenum"><a name="Seite_60" id="Seite_60">[S. 60]</a></span> Theile die Säulen, -und als brauchbare Baustoffe trifft man sie auch an andern Gebäuden. -Indeß liegen Säulenstücke noch müßig herum. Eine einzige Moschee -erspähete ich, die man schön nennen darf.</p> - -<p>Der Sommerpalast des Vizekönigs liegt auf dem bezeichneten Zungenlappen -(Ras-el-tin), vortheilhaft für das Auge. Auf der Morgenseite trat ich -durch ein bewachtes Thor der Umfangsmauer, und ich gelangte auf einen -schönen, geräumigen Platz. Mit gespanntem Gemüthe richtete ich meinen -Blick umher, rechts auf das einstöckige, statt der Glasfenster — mit -hölzernem Gitterwerke versehene Harem, links auf den Palast des Pascha, -der, ebenfalls nur ein Geschoß hoch, in einen Giebel sich aufdachet. -Das Wohn- oder Audienzzimmer des Vizekönigs schaut gegen den Hof oder -gegen Mitternacht. Diese Lage erklärt sich leicht, da unter einem so -heißen Himmel die Sonne geflohen und der Schatten gesucht wird. Den -Eingang in den Palast bildet eine Halle, welche schöner, weißer Marmor -auskleidet. Hier immerwährender Schatten, angenehme Kühlung. Da sieht -man Höflinge in ihren orientalischen Prachtgewändern ein- und ausgehen, -um nicht zu sagen, ein- und ausschlendern. Die Hoflakaien warten ihrer -Herren. Stolze Hengste stehen an einer Reihe gesattelt in Bereitschaft. -Das Roß des Pascha, mit nicht sehr ausgezeichnetem<span class="pagenum"><a name="Seite_61" id="Seite_61">[S. 61]</a></span> Schmucke, wird vom -Sattel nie befreit, auf daß es immer gerüstet sei, seinen Herrn von -hinnen zu tragen.</p> - -<p>Ich sah eben eine Truppe Araber in ihren mitunter schmutzigen Mänteln -einherschreiten, denen man zwar Fassung genug, aber doch so viel ansah, -daß sie sich zu einer Vorstellung vorbereiteten, indem sie die Mäntel -etwas zurecht legten und ihre Köpfe zusammensteckten. Die Truppe -zog festen und weidlichen Schrittes die breite Marmorstiege hinauf. -Als sie vor dem Pascha erschien, erblickte ich diesen vom Hofe aus; -denn das Fenster war offen. <em class="gesperrt">Mehemet-Ali</em> imponirte durch seine -Haltung, trug eine rothe Mütze, einen auf die Brust herabwallenden, -dichten, grauen Bart, und hatte das schöne Aussehen eines muntern -Greises. Ich schaute neugierig hinauf, und keine Seele hinderte mich -daran. Man sagte mir später, daß ich hätte hinaufgehen und an der -Thüre des Audienzzimmers zusehen dürfen. Solche Dinge geschehen im -Morgenlande weniger geheim, als in Europa. Freilich darf man nicht -unberücksichtiget lassen, daß die physische Kälte die Europäer so -oft zum Schließen der Fenster und Thüren nöthiget. Die Leibwache -des Pascha ist mit blauem Tuche, einer rothen Mütze und mit gelben, -plumpen Schuhen bekleidet. Ein Wachposten kam aus dem Palaste, die -Füße ungleich bewegend, die Schuhe gleichsam nachschleppend, lachend, -beinahe spielend.<span class="pagenum"><a name="Seite_62" id="Seite_62">[S. 62]</a></span> Bei aller Leichtigkeit des Karakters fällt es dem -französischen Militär doch nie ein, am Posten oder unterwegs von einem -Posten zum andern Spaß zu treiben. Selbst unsere Knaben von acht bis -vierzehn Jahren benehmen sich ernster, wenn sie sich in den Waffen üben.</p> - -<p>Die Häuser sind von dreierlei Art: europäische, türkisch-egyptische und -die Hütten.</p> - -<p><em class="gesperrt">Die europäischen Häuser</em> liegen im Frankenviertel. Ein Theil -derselben hat flache Dächer oder Söller. <em class="gesperrt">Ibrahim-Pascha</em> ließ -ansehnliche aufbauen — um einen sehr geräumigen Platz. <em class="gesperrt">Ibrahim</em> -(Abraham) thut wirklich zur Verschönerung und Belebung der Stadt sehr -viel, wobei er durch Beziehung schwerer Hauszinse seine Rechnung recht -gut findet. Die Konsulatsgebäude stehen nahe beisammen. Hoch über -ihren Dächern flattern die Flaggen, welche dem Abendländer einen sehr -wohlthuenden Anblick gewähren, und ihm gleichsam Schutz und Sicherheit -zulispeln. Wenn ein Schutzempfohlener stirbt, so wird eine besondere -Flagge, doch minder hoch gehißt. Den Söller der hohen fränkischen -Häuser heißt man <em class="gesperrt">Terrasse</em>, auf der man sich angenehm aufhält. -Von derselben erhebt sich ein offenes Thürmchen, <em class="gesperrt">Belvedere</em> -genannt, und mit Recht, da man darauf eine schöne Aussicht genießt. Man -kann auf einem Thürmchen die ganze Stadt und die Häfen<span class="pagenum"><a name="Seite_63" id="Seite_63">[S. 63]</a></span> übersehen. Die -Flachheit der Dächer beklagen manche Europäer. Während der Regenzeit -dringt durch das Deck Wasser, welches das Wohnen nicht weniger -unangenehm, als ungesund macht.</p> - -<p>Man will behaupten, daß der Regen, welcher im Winter tageweise und -in starken Güssen anhalte, in Alexandrien von Jahr zu Jahr häufiger -falle, und man schreibt dieß den im Weichbilde angepflanzten Bäumen -zu. In der That ist der Regen in Mexiko seltener geworden, seit der -in seiner Nähe belegene Wald ausgehauen ist. Die Franken scheinen -sich zu überzeugen, daß geneigte Dächer zum Bedürfnisse gehören, und -während meiner Anwesenheit zog man einen Kanal durch die Frankengasse, -um das Regenwasser abzuführen. Weil ohnehin in der Stadt keine Gasse -gepflastert ist, so wird der Schmutz, bei starkem Regen, tief und -lästig. Ich vermuthe aber, daß man von rascher Abänderung des Klima -und vom jährlich zuwachsenden Regen ein wenig träume, wie denn -auch die Vorstellung von der sengenden Gluth der egyptischen Sonne -bei Manchen übertrieben sein mag. Ich könnte den Doktor <em class="gesperrt">Prosper -Alpinus</em><a name="FNAnker_3_3" id="FNAnker_3_3"></a><a href="#Fussnote_3_3" class="fnanchor">[3]</a>, der vor zwei Jahrhunderten Egypten<span class="pagenum"><a name="Seite_64" id="Seite_64">[S. 64]</a></span> bereiset hat, zum -Zeugen anrufen. Er bemerkt, daß in einem Theile dieses Landes, wie -in Kairo, der Regen eine seltene Erscheinung sei, wogegen es an der -Meeresküste, in Alexandrien und Damiat, oft und sehr stark regne. Wenn -auch, vor <em class="gesperrt">Christo</em>, <a name="keinkomma" id="keinkomma"></a><em class="gesperrt">Pomponius Mela</em> das wahrscheinlich -viel baumreichere Egypten ein regenloses Land („<span class="antiqua">terra expers -imbrium</span>“) nennt, so darf man wohl immerhin nicht glauben, daß dieß -zur Zeit des Autors durchhin wahr sein mochte, sondern vielmehr, daß -er die Regenlosigkeit auf einzelne Gegenden bezogen, und diese für das -Ganze genommen hat.</p> - -<p>Mischten die Egypzier sich nicht in das Schauspiel, wenn man in das am -neuen Hafen liegende Frankenquartier kommt, man würde gerne läugnen, -daß man den Boden Afrikas unter den Füßen hätte, so sehr ist Alles -über den europäischen Leisten geschlagen. Laden an Laden, Kaffeehäuser -und zwei Wirthshäuser sorgen für die Bequemlichkeiten der Europäer. -Alexandrien ist halb europäisch, halb afrikanisch, und darum erscheint -es dem europäischen Ankömmlinge eben so freundlich, als merkwürdig.</p> - -<p><em class="gesperrt">Die türkischen Häuser</em>, in der Regel ziemlich niedrig, haben -gegen die Gasse einen großen Vorsprung oder Erker, worin man zu -faulenzen pflegt; die Fenster werden meist von einem niedlich -gearbeiteten engen Holzgitter ver<span class="pagenum"><a name="Seite_65" id="Seite_65">[S. 65]</a></span>sehen. Solches kann unter einem -milden Himmel gut angehen; allein es dürften nur Kälte und Regen -stärker werden, so würden die empfindsamen Bewohner unfehlbar leiden. -Manchen Häusern verleiht der Kalk ein schneeichtes Weiß.</p> - -<p><em class="gesperrt">Die Hütten</em> zeugen von Einfachheit und Elend. Von der Form eines -unordentlich kantigen Würfels, enthält die Hütte bloß ein Gemach, und -in dieses führt eine einzige Oeffnung zur Aufnahme der Thüre, welche -mit einem hölzernen Schlosse gesperrt werden kann. Wenn man nicht -mehr als das Hausgeräthe auf arabisch nennen müßte, so würde man im -Nu arabisch verstehen. Der Boden dient als Sessel, als Tisch, als -Bettstelle u. dgl., und ist somit ein wahres Wunderding. Mann und Weib, -Kinder, Freunde und Verwandte legen sich neben einander, und füllen, -wenigstens auf dem Boden, den Raum der Hütte. Die Kleider, womit Manche -sich des Tages bedecken, sind im guten Falle die einzige Bettung für -die Nacht, und die Leute entkleiden sich in der Regel nur dann, wenn -sie der allzu dienstfertigen Kreaturen auf die anständigste Weise -los werden wollen. Es soll die Armuth eines Theiles der Alexandriner -so groß sein, daß nicht beide, welche eine Hütte bewohnen, ausgehen -können, weil sie nur <em class="gesperrt">ein</em> Kleid besitzen. Darum warte der eine -Elende nackt in der Hütte,<span class="pagenum"><a name="Seite_66" id="Seite_66">[S. 66]</a></span> bis der andere in dem gemeinschaftlichen -Kleide zurücktreffe. Die Hütten sind von Erde aufgeführt und von -Farbe schwarzgrau. Sie vermögen lange andauernden Regen nicht zu -bestehen. Es ist nicht lange her, daß in einer kalten Regennacht viele -Hütten einstürzten; eine Menge obdachloser Bewohner erkrankte und -starb. Erst jetzt mochten die Leute den Segen ihres Himmels dankbarer -erkennen. Wie viel Schweißtropfen rinnen über die Stirne herunter, -bis der Europäer sein Heizungsholz, seine Strümpfe, Schuhe, seine -Winterkleider zusammengebracht, bis er seine Wohnung mit allem Nöthigen -ausgerüstet hat. Ein Theil der Hütten gefällt sich in der Nähe des -vizeköniglichen Palastes. Dort bietet sich die beste Gelegenheit dar, -über den schroffsten Gegensatz von „Herr und Unterthan“ Betrachtungen -anzustellen. Eine andere Abtheilung von Hütten besetzt den Süden -der Stadt, neben den vielen schönen Zisternen des Alterthums, und -verspottet die Ruinen, jene Mauern, welche Jahrtausenden widerstanden, -und noch die baufälligen Hütten unserer Tage tragen müssen.</p> - -<p>Das sind die polsterarmen Hütten, und werden so viele Alexandriner -darin geboren, und wo anders strecken sich diese auf das Sterbelager? -Und doch werden die polsterreichen Europäer mit nicht minder Schmerzen -geboren, und<span class="pagenum"><a name="Seite_67" id="Seite_67">[S. 67]</a></span> doch müssen sie auch sterben, todt werden müssen sie -trotz ihrer Eiderdunen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Alexandrien_Krankenhaeuser"><b>Krankenhäuser.</b></h3> - -</div> - -<div class="blockquot"> - -<p class="center">Das europäische, das am Mahmudiehkanal, das auf dem Ras-el-tin und -die Observationshütten.</p></div> - -<p>Das <em class="gesperrt">europäische Krankenhaus</em> ist für die Europäer bestimmt, wie -schon der Name bezeichnet. Es liegt, von kleinen Araber-Hütten auf -der einen Seite umgeben, unweit des Frankenquartiers. Das Gebäude, -nach europäischem Geschmack, nimmt sich für das Auge recht gut aus<a name="FNAnker_4_4" id="FNAnker_4_4"></a><a href="#Fussnote_4_4" class="fnanchor">[4]</a>. -So weit mir ein Blick in das Krankenhaus, das wenigstens eine gute -Verwaltung ankündigt, vergönnt war, schöpfte ich die Ueberzeugung, -daß der Europäer in seinen kranken Tagen hier gut verpflegt wird, und -in dieser Beziehung Europa ihn nicht mit schmerzlichen Erinnerungen -quält. Diejenigen, welche mehr (täglich einen levantischen<span class="pagenum"><a name="Seite_68" id="Seite_68">[S. 68]</a></span> Thaler) -bezahlen, bekommen ein eigenes Zimmer, damit ihren Wünschen noch -besser entsprochen werden könne. Was vielleicht am hemmendsten auf die -Unternehmung einer Reise ins Morgenland wirkt, ist die Vorstellung -von der Verlassenheit und den Scheusalen in den kranken Tagen; die -Bemerkungen über die Krankenanstalt aber können kaum verfehlen, diese -irrige Vorstellung zu verdrängen.</p> - -<p>Das <em class="gesperrt">Mahmudiehkrankenhaus</em> steht nahe am Mahmudiehkanale, den -großen Baumwollenmagazinen gegenüber. Ehe man zum Gebäude kommt, geht -man durch ein Gitterthor, womit eine Art Verschlag oder ein Pfahlzaun -geschlossen wird. Der Eintritt durch diesen ist Jedermann gestattet. -Von der Gitterthüre bis zum Krankenhause beträgt die Entfernung nur -wenige Schritte. Den Zwischenraum kleiden, dem Auge sehr wohlthuend, -Garten- und <a name="Wild" id="Wild"></a>Wildgewächse. Am Thore des Krankenhauses selbst stieß ich -auf Schwierigkeiten. Der Soldat, welcher Wache hielt, wies mich zurück, -doch nicht <a name="unsanft" id="unsanft"></a>unsanft. Ich wurde eben einen Mann gewahr der schrieb, und der mir -ein Arzt zu sein schien. Ich redete ihn in französischer Sprache an. Es -war ein französischer Arzt, mit Namen <em class="gesperrt">Etienne</em>, der mir sogleich -die Gefälligkeit erzeigte, mich im Krankenhause herumzuführen.</p> - -<p>Von allen Krankheiten interessirte mich am meisten die<span class="pagenum"><a name="Seite_69" id="Seite_69">[S. 69]</a></span> egyptische -Augenentzündung. Die daran Leidenden füllen mehrere Säle. Sie ist -beinahe ein größeres Uebel zu nennen, als Pest und Cholera. Denn -entweder genesen die an diesen beiden Krankheiten Leidenden, wie -meistens, ganz, oder sie sterben — ganz. Der letztere Fall kann für -die <em class="gesperrt">Betreffenden</em> im Grunde nicht unglücklich sein. Welch ein -Uebel dagegen ist es, völlig blind zu werden. Von zehn Arabern wird man -einen entweder Halb- oder Ganzblinden finden. Ich sah weniger blinde -Weiber, als blinde Männer, und die Krankheit scheint den Erwachsenen -feindlicher als den Unerwachsenen.</p> - -<p>Aus den Krankenzimmern trug ich die Ueberzeugung, daß die Leidenden, -wo nicht auf eine glänzende, doch auf eine befriedigende Weise -behandelt werden. Meine Erwartung ward übertroffen. Mag ein Anderer -das Krankenhaus eine Nachäfferei der europäischen heißen, es wird in -demselben so zu sagen Alles geleistet, was sich unter den obwaltenden -Umständen thun läßt. Davon, wie Diät und Regimen gehalten wird, kann -ich übrigens nichts mittheilen, wenn nicht das Wenige, daß in der -Küche Reinlichkeit und guter Geruch mich bewillkommten. Das Haus -ward von etlichen neunzig Kranken bewohnt. Beiläufig erwähne ich, -daß diejenigen, welche außer dem Bette sich aufhielten, Achtung für -<em class="gesperrt">Etienne</em> erwiesen, indem sie mi<span class="pagenum"><a name="Seite_70" id="Seite_70">[S. 70]</a></span>litärisch sich stellten. Ich -konnte nicht umhin meine Glossen zu machen, wenn der Eingeborene gegen -den Fremden sich so unterwürfig geberdete.</p> - -<p>Geht man zu dem Palaste des Vizekönigs, so sieht man rechts, in -der Nähe des Residenzschlosses, ein dem Umfange nach großes, aber -niedriges, einstöckiges Gebäude, das von Pallisaden umzingelt ist: -wie das letzte, ein Militärspital. Es ist das <em class="gesperrt">Krankenhaus auf dem -Ras-el-tin</em> (Feigenkap) oder das Tasikispital. Früherhin eine -Kaserne, bildet es mehrere Höfe, und ich konnte keine regelmäßige -Bauart wahrnehmen. In der Bade- und Dampfbadeanstalt, deren -Pracht mich überraschte, begegnet das Auge allenthalben weißem, -geschliffenem Marmor bis an die Kuppeln, welche von zahlreichen, -runden, mit Glasscheiben verstopften Oeffnungen zum Einlassen des -Lichtes durchbrochen sind. Auch dieses Krankenhaus erfreut sich einer -Einrichtung, welche den Bedürfnissen abhelfen dürfte.</p> - -<h3 id="Alexandrien_Observazionsspital"><b>Das Observazionsspital oder -die Observazionshütten.</b></h3> - -<p>Ich ritt eines Nachmittags dahin; allein der Arzt war noch nicht -eingetroffen. Ich ging unterdessen zum Mahmudiehkrankenhause, -welches, dem Meere etwas näher,<span class="pagenum"><a name="Seite_71" id="Seite_71">[S. 71]</a></span> den Observazionshütten gegenüber -liegt. <span class="antiqua">Dr.</span> <em class="gesperrt">Etienne</em> ritt eben auf einem Esel daher. -Kaum unterhielt ich mich mit ihm, als ein Kranker plötzlich umfiel. -Ich sagte: Es ist ein Cholerakranker. <span class="antiqua">Dr.</span> <em class="gesperrt">Etienne</em> -verneinte, wahrscheinlich weil er glaubte, er könne mir einen Schrecken -ersparen. Seine Geschäfte riefen ihn hinweg, und ich begab mich zu den -Observazionshütten. Hören wir später das Weitere.</p> - -<p>Diese Hütten sind mit einer Pallisadirung umgeben. Man lasse aber den -Pinsel der Einbildung fallen, welcher schöne Gemälde entwirft; zur -Seltenheit ist ein Pfahl genau so dick, und so hoch wie der andere. Die -Pallisadirung fesselt durch ihre Unordentlichkeit schon von weitem das -Auge, und wenn ein Europäer das Militär noch nicht kennte, welches, -mit dem schwarzbraunen Gesichte, zwar einen Säbel und ein Kleingewehr -trägt, aber sonst in Wenigem einem der europäischen Krieger gleich, -oder auch bloß ähnlich sieht, so würde er schlechterdings die Hütten -für Alles eher, als für ein Staatsgebäude erklären. Die Pallisadirung -wird vom Militär bewacht, und dieses läßt Niemand, wenigstens den -Europäer nicht, durchschlüpfen. Ich wartete wenige Minuten am Gatter -der Observationshütten, und es kam der Arzt, Herr <em class="gesperrt">Gallo</em>, ein -Grieche, auf dem Esel geritten. Ich machte schon in einem gesel<span class="pagenum"><a name="Seite_72" id="Seite_72">[S. 72]</a></span>ligen -Kreise seine Bekanntschaft, und so durft’ ich auf seine wohlwollende -Aufnahme zählen.</p> - -<p>So eben trug man einen Kranken daher über die Gatterschwelle. -Plötzlicher Lärm entstand. Die Wärter eilten mit Pestzangen herbei, -seinen Träger zurückzustoßen. Nun wurde der Kranke auf den Boden -gestellt; allein zu schwach, um sich aufrecht halten zu können, sank -er auf die Erde nieder: Der nämliche Kranke, welchen ich an der -Pforte des Mahmudiehkrankenhauses umfallen sah. <em class="gesperrt">Er war wirklich -cholerakrank.</em></p> - -<p>Die Observazionshütten sind nichts, als Hütten, und zwar elende, -fensterlose, schlecht ausgezimmerte, daß zwischen den Bretern, -woraus die Wände bestehen, Licht eintrat, und zu einer andern Zeit -unzweifelhaft Wind und Regen eindringen werden. Die Thüren werden -mit einem Vorlegeschlosse gesperrt. Der Boden ist die nackte Erde, -und <em class="gesperrt">Brutus</em> hätte nur den Spitalboden küssen dürfen, um den -Götterspruch von Delphi zu erfüllen. Das Ganze stellt eine Art -Dörfchen vor. Die Hütten sind dazu bestimmt, eines pestartigen Uebels -verdächtige <a name="zu_observieren" id="zu_observieren"></a>Fälle, Pest- oder Cholerakranke, so wie -auch kranke Sträflinge aufzunehmen. Einen schauderhaften Anblick für -mich erregte die Kette, welche von einem Krankenbette zum andern, von -einem Leidenden zum andern in gesenktem<span class="pagenum"><a name="Seite_73" id="Seite_73">[S. 73]</a></span> Halbbogen hinüberlangte. Die -Bettstellen sind ein hölzerner Käfich, welchen ich zum ersten Male im -Krankenhause auf dem Ras-el-tin wahrnahm. Wenige lagen nur auf einem -Strohteppich, und auf etwas Wollenzeug, welche die Blöße der Erde -zudeckten.</p> - -<p>Die erste Hütte, in die ich geführt wurde, war zur Observazion -bestimmt. Nicht Bettstellen darf man hier suchen, noch Sönderung. -Cholerakranke und ein von Wechselfieber Befallener waren neben einander -auf nackter Erde ausgestreckt; einer der erstern kreuzte seine Beine -über den andern. Im Ganzen fanden sich drei neu hereingebrachte Kranke -zur Observazion, wovon einer als nichtcholerisch erklärt wurde. -Ueberdieß sah’ ich noch etwa sechs andere Choleristen.</p> - -<p>Ich nahm die Weltcholera in den Hütten zum ersten Male wahr, und ich -werde nun bei dieser Seuche ein wenig mich aufhalten. Man setzt in -denselben voraus, daß die Cholera sich durch einen Ansteckungsstoff -fortpflanze, und es werden gegen sie ungefähr die nämlichen Maßregeln -ausgeführt, wie gegen die morgenländische Pest. Ehe Herr <em class="gesperrt">Gallo</em> -einem Kranken den Puls fühlte, ließ er sich die Hände mit Baumöl -begießen, ohne daß jedoch die Schuhsohlen beölt worden wären.</p> - -<p>Das Bild der Cholera ist dasselbe wie in Europa.<span class="pagenum"><a name="Seite_74" id="Seite_74">[S. 74]</a></span> Gänzliche oder fast -gänzliche Abwesenheit des Pulses an der Hand, die Haut kalt, über -den Phalangen schrumpfig, wie bei einer Wäscherin, der Abgang einer -wässerigen, weißlichen Flüssigkeit <span class="antiqua">sursum et deorsum</span>, das -Auge gläsern, wie erstorben, der Blick stier und bedeutungslos, die -Nase dünn und spitzig, die Löcher mit Staub, die Lippen trocken und -bläulich, die Zunge beinahe starr und wird vom stoßweise Lallenden nur -mit Mühe gezeigt, die Backen zu eckigen Vertiefungen eingefallen -u. s. f. Kurz, im höhern Grade der Krankheit hat man einen lebendigen -Todten vor sich. Der Anblick von Cholerakranken ergriff mich -nicht besonders; denn die schwarzbraune Farbe der Araber ist nach -europäischen Begriffen ohnehin widerlich, und sie veränderte sich nicht -bedeutend, außer daß sie schmutziger wurde. Die Kranken schienen mir -keineswegs auffallend zu leiden; sie gaben kein Gestöhne oder irgend -einen Schmerzlaut von sich. Die <a name="asphyktisch" id="asphyktisch"></a>asphyktisch Cholerischen waren vom -tiefen Schlafe trunken. Diejenigen, welche in den Hütten untergebracht -werden, ziehen beinahe Alle das traurige Loos eines frühzeitigen Todes.</p> - -<p>So angenehm das Mahmudieh- und Ras-el-tin-Krankenhaus meine Erwartungen -übertrafen, so sehr ich auch geneigt wäre, ein günstiges Urtheil zu -fällen, so wenig kann ich der Observazionsanstalt Lobsprüche ertheilen. -Es<span class="pagenum"><a name="Seite_75" id="Seite_75">[S. 75]</a></span> stellt sich in der That zwischen einer solchen und keiner Anstalt -wenig Unterschied heraus. Dagegen lauten die Forderungen, daß gerade -das Pestlazareth auf dem humansten Fuße stehe. Wo ist die Hülfe -dringender, als bei Pest und Cholera? Wo ist es für einen Kranken, mag -er selbst ein gefesselter Sträfling sein, peinlicher, als zwischen -oder doch in der Nähe solcher Kranken, welche der ganze Rüstzeug der -Regierung und die öffentliche Meinung der Franken für ansteckend -ausgibt? Wie leicht werden die Erkältungen in der Regenzeit. Es ist für -den Ruhm nicht genug gesorgt, daß man einen Obersten des Landes reich -besolde, oder einen fremden Marschall mit Ehrenbezeugungen überhäufe, -so lange die Noth armseliger und beladener Unterthanen aus einem -Krankenstalle schreit.</p> - -<p>Nach der einmal gefaßten oder vorgefaßten Meinung von dem ansteckenden -Karakter der Cholera sperren sich die meisten Europäer in Alexandrien -gegen diese Seuche, wie gegen die Pest, ab. Ich kann nicht umhin, -das völlig umgekehrte Verfahren der Kontagionisten in Europa, ins -Gedächtniß zurückzurufen, nach welchem die Kranken selbst isolirt -werden. Ein sicheres und das beste, aber das inhumanste, die -Pflichterfüllung und Berufstreue schnurstracks verhöhnende Mittel, -sich vor der Cholera zu schirmen, ist <em class="gesperrt">die zeitige Entfernung vom -Orte, wo<span class="pagenum"><a name="Seite_76" id="Seite_76">[S. 76]</a></span> die Krankheit herrscht, an einen solchen, welcher davon frei -ist</em>.</p> - -<p>Ebenso betrachten die europäischen Alexandriner die Pest durchaus als -kontagiös. Sie schließen sich ihretwillen ein, doch nicht überall so, -daß gar nicht mehr ausgegangen wird. So besorgte ein Handelsmann die -Geschäfte außer dem Hause, in welchem seine Mitarbeiter und das Gesinde -stets eingesperrt waren. Er stülpte unten die Beinkleider auf, beölte -die Schuhsohlen und, mit einem großen Stocke bewaffnet, machte er sich -auf der Gasse Bahn, damit ihn Niemand berühre. Der Araber weicht ohne -Anstand aus. Jener Mann, den ich zum Beispiele wählte, rettete sich -durch die Pestzeit<a name="FNAnker_5_5" id="FNAnker_5_5"></a><a href="#Fussnote_5_5" class="fnanchor">[5]</a>.</p> - -<p>Wenn sonst auf der Straße die häßlichsten Weiber jeden Augenblick -erhaschen, ihr Antlitz vor dem Europäer zu verhüllen, so überraschte -es mich, in einer der Pesthütten kranke Weiber unverschleiert zu -sehen. Sie verriethen beim Erscheinen des Arztes, seines Assistenten -und<span class="pagenum"><a name="Seite_77" id="Seite_77">[S. 77]</a></span> meiner Person nicht die mindeste Verlegenheit, und rollten ihre -schwarzen Augen rechts und links, so oft es sie gelüstete. Unter den -Kranken befand sich, wie sich etwa der Pariser vornehm ausdrücken -würde, auch eine Galante.</p> - -<p class="center">*<span class="mleft8">*</span><br /> -*</p> - -<p>Die Gesundheitspolizei würde in der Stadt noch Manches aufzuräumen -haben. Dem Garstigsten vom Menschen begegnet man an den meisten -Orten. Ueber dem Bassar, nämlich auf den Deckbretern, häufen sich -Unreinigkeiten fast jeder Art, die wohl selten weggeschafft werden. -Aeser erblickte ich wenige. Wie dem auch sei, so werden immerhin einige -Gassen gekehrt und etliche Plätze mit Wasser besprengt<a name="FNAnker_6_6" id="FNAnker_6_6"></a><a href="#Fussnote_6_6" class="fnanchor">[6]</a>. Gleichwie -die Unreinigkeiten am Gesichte auf Nachlässigkeit und schlechte -Gesundheitspolizei des Mikrokosmus schließen lassen, so zeigen die -Unreinigkeiten an den Gebäuden und auf den öffentlichen Plätzen mit -der Gewißheit der Uhr an, wie wenig sich der Staat um das öffentliche -Gesundheitswohl bekümmere.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_78" id="Seite_78">[S. 78]</a></span></p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Alexandrien_Katakomben"><b>Die Katakomben und der -Pferdestall.</b></h3> - -</div> - -<p>Hat man den Mahmudiehkanal überschritten, und ist man an den großen -Baumwollenmagazinen vorüber, so leitet der Weg durch eine wüste Gegend, -und bald gelangt man zu den Katakomben, welche, südwestlich von -Alexandrien, an der Seeküste sich hinziehen. Wo das Meer in Gemächer -fließt, heißen diese <em class="gesperrt">die Bäder Kleopatra’s</em>. Sie waren es auch -wahrscheinlich, und jetzt noch könnte man hier mit Bequemlichkeit -Seebäder gebrauchen. Von da ging ich in eine der vielen Oeffnungen. -Der Eingang bildet eine geräumige Höhle, welche jetzt als Pferdestall -dient. Am Lichte der Fackel wendete ich mich links. Ich trat in einen -Tempel, welcher, mit sorgfältiger Hand in den Felsen ausgehauen, -durch seinen einfachen und edeln Styl mir ungemein gefiel. Weiter -kam ich in eine Menge viereckiger, kleinerer und größerer Gemächer. -Bald durfte ich aufrecht gehen, bald mußte ich durch eine Oeffnung -oder einen Gang geduckt mich durchhelfen; selbst war ich genöthiget, -durchzuschlüpfen oder durchzukriechen. Ich hatte mich wie in einem -Labyrinthe verloren. Der Araber, die einzige Seele mit mir, hätte mich -an den Ort des Verderbnisses führen können, ich würde ihm nachgegangen -oder nachgekrochen sein, wenigstens bis an die<span class="pagenum"><a name="Seite_79" id="Seite_79">[S. 79]</a></span> Schwelle. Die Größe -der unterirdischen Arbeit beschäftigte in diesem Augenblicke am -meisten meinen Geist. Ich vergaß der Schakals und Hyänen, die Herr von -<em class="gesperrt">Prokesch</em> in den Katakomben hausen läßt. Denn ich sah nichts -Böses, nur Alles leer, öde, ausgestorben, höchstens einige Gebeine -herumliegen, oder ein Käuzlein auffliegen<a name="FNAnker_7_7" id="FNAnker_7_7"></a><a href="#Fussnote_7_7" class="fnanchor">[7]</a>. Ich athmete bei meinem -unterirdischen Spazierengehen und Spazierenkriechen keine erstickende -Luft, wie Herr von <em class="gesperrt">Prokesch</em> (I. 23). Allerdings fühlte -ich Hitze, doch keine drückende. An den Wänden konnte ich weder -Zeichen, noch Farben finden.</p> - -<p>Wer mochte wohl die Katakomben geleert, geraubt, entweiht haben? Wie -sehr sind die Religionsformen der Wandelbarkeit unterworfen. Mit saurer -Mühe brach man einst die Zellen in den Felsen, mit religiöser Verehrung -setzte man die Todten bei; nun ist Alles Heilige aus den heiligen -Oertern entwichen, und es fehlt dem Araber nur noch der Geldreiz, daß -er seinen Auswurf nicht in den Zellen aufhäuft. Mich beschämte der -Gedanke, wie viel<span class="pagenum"><a name="Seite_80" id="Seite_80">[S. 80]</a></span> mehr Ehre die Alten den menschlichen Ueberresten -erwiesen haben, als unsere Zeitgenossen bezeugen. Vielleicht würden -sie, wenn sie wieder lebendig wären, uns der Unmenschlichkeit oder -des Barbarismus beschuldigen, weil wir den Leichen so wenig Rechnung -tragen, daß sie in unlanger Zeit spurlos verschwinden, und auch nicht -<em class="gesperrt">einen</em> Haltpunkt des Andenkens darreichen, etwa mit Ausnahme der -Leichenbeine, welche, unter Zerstörung des Individualitätswerthes, -herumgeworfen, oder in der größten Unordnung aufgestapelt werden.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Alexandrien_Nadeln_der_Kleopatra"><b>Die Nadeln der Kleopatra und -der Flohfänger.</b></h3> - -</div> - -<p>Hart am neuen Hafen sieht man die Nadeln oder Obelisken der -<em class="gesperrt">Kleopatra</em>, den einen stehen und den andern liegen. Ich näherte -mich dem stehenden Obelisken von der Südseite. Ich erblickte einen -verwitterten Stein. Ich wendete mich um, die Ostseite zu besehen. -Gleicher Anblick. Wie ich mich gegen die Nordseite wendete, siehe, da -saß am Schatten des Obelisken ein nackter, erwachsener Mann, welcher -die Nähte seines Hemdes durchspionirte und an dem Todschlage oder -Toddrucke eines gewissen Missethäters wahrscheinlich eben so sehr sich -ergötzte, als ich mich an den Obelisken. Daß es ernsthaft zuging, mußte -ich daran merken, daß der neue Adam kaum auf<span class="pagenum"><a name="Seite_81" id="Seite_81">[S. 81]</a></span>schaute, und ein daneben -sitzendes Mädchen in aller Unschuld ihn in seinen Bestrebungen bestens -unterstützte.</p> - -<p>Ist es nicht eine halbe Gotteslästerung, daß man vor einem so erhabenen -Denkmale, welchem die Seele in edler Begeisterung zugelenkt wird, ein -Scheusal von Prosa auskramt? In der Natur ist aber überall Gegensatz -— neben dem Erhabenen das Niedrige, neben dem Edeln das Unedle. -Wenn wir uns dergleichen erhabene Monumente vorstellen, so dichtet -freilich unsere Einbildungskraft Allem um sie herum den Anstrich -des Erhabenen an; es dürfen keine lumpige oder entblößte Leute in -ihrer Nähe herumstehen, herumwandeln oder herumsitzen, sondern nur -edle, halbverklärte Geister müssen herumschweben. Wie denn von jeher -das Große, Erhabene und Edle seine Verächter und Spötter fand, so -wiederholt sich diese Verachtung und dieser Spott im Angesichte der -Obelisken. Kann man sich wohl eine größere Verachtung oder einen -ironischern Spott auf ein Werk, welches die vereinte Anstrengung so -vieler Menschen kostete, denken, als einen Flohfänger, der von aller -Pracht <em class="gesperrt">nichts</em> wollte, <em class="gesperrt">als den Schatten</em>? Ein solches -Schauspiel gewinnt selbst höhern Sinn in poetischer und politischer -Beziehung.</p> - -<p>Schon beherrscht mein Auge die Nordseite des Obelisken. Diese hat -sich mit den Hieroglyphen noch in gu<span class="pagenum"><a name="Seite_82" id="Seite_82">[S. 82]</a></span>tem Zustande erhalten; so auch -die Westseite. Der Obelisk besteht aus rothem Granit und erhebt sich -siebzig Pariserfuß. Nicht durch seine Größe, noch durch seine Form -macht er Eindruck, sondern man betrachtet diesen Stein erst mit rechter -Aufmerksamkeit, wenn man weiß, daß er ein einziges Stück und ein sehr -altes Geschichtbuch ist. Die Sache beim Lichte besehen, bewundern -wir nicht den Stein selbst, sondern einzig den ihm aufgeprägten -Geist der Menschen. Sonst dürften wir jede Handvoll Erde, die so gut -ein Alterthum ist, wie der Obeliskenstein selbst, in die Liste der -Denkwürdigkeiten aufzeichnen.</p> - -<p>Der zweite Obelisk <em class="gesperrt">liegt</em> gleich neben dem stehenden. Die Hälfte -bedeckt der vielmächtige Sand; die andere verzeigt Hieroglyphen. Die -Engländer sollen ihn umgestürzt haben, in der Absicht, denselben -nach ihrem Vaterlande zu bringen, wovon sie bloß die Berechnung des -kostspieligen Transportes abgehalten hätte. Der Luxor wurde in der That -von den Franzosen freundlicher behandelt.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Alexandrien_Pompejussaeule"><b>Die Pompejussäule und die -Schandsäule.</b></h3> - -</div> - -<p>Man hat mir so viel von der Pompejussäule vorgeschwatzt, daß ich sie -zuerst nicht sehen wollte. Ich stand lieber still bei den Kameelen, in -dem Bassar und zu auf<span class="pagenum"><a name="Seite_83" id="Seite_83">[S. 83]</a></span>merksam bei den elenden, beinah mehr mit Ketten, -als mit Kleidern bedeckten Sträflingen.</p> - -<p>Die Säule wurde zu Ehren des Kaisers <em class="gesperrt">Diokletian</em> errichtet. -Die Statue steht nicht mehr. Die Engländer, welche 1776 den Schaft -bestiegen, und auf dem Fußgestelle eine Schale Punsch tranken, -entdeckten noch einen Fuß. Die Säule ruht auf einer vortheilhaft -erhobenen Stelle im Süden der Stadt. Gleich an ihrem Fuße breitet -sich ein Leichenacker aus, auf welchem ich die Turbane durchmusterte. -So eben lag eine, in ein blaues Tuch gewickelte Leiche auf einer -Bahre, neben Weibern ohne Klage, während gegraben wurde. An manchen -Orten Europens hat man das Grab im Vorrathe, und hier muß die Leiche -darauf warten. Um keine Verletzung der Sitten und Gebräuche mir zu -Schulden kommen zu lassen, stieg ich vom Esel und ging zu Fuß querein -durch den Leichenacker. Der Treiber wollte den Esel mir nachführen; -allein er wurde angewiesen, mit dem Thiere den Weg um das Leichenfeld -einzuschlagen. Man mußte dießmal von der Ansicht geleitet worden -sein, daß der Esel nicht würdig wäre, auf den Gräbern der Menschen zu -wandeln. Mit dem Purismus ist es aber eine kitzliche Sache; immer und -immer wirft er den Fallstrick des Widerspruchs vor. Läßt man jetzt den -Esel nicht <em class="gesperrt">über</em> die Gräber traben, so ver<span class="pagenum"><a name="Seite_84" id="Seite_84">[S. 84]</a></span>senkt man vielleicht -später Ungeziefer in die Gräber. Ich muß es ganz herausbrocken; sonst -haben die Worte keine Kraft.</p> - -<p>Vom Leichenacker aus gesehen, prangt die Säule des <em class="gesperrt">Pompejus</em> -als ein großartiges Denkmal, auf welchem das Auge mit Lust weilt. Die -ganze Höhe der Säule, nämlich des Schaftes mit Knauf und Piedestal, -mißt 98 Pariserfuß. Der Schaft besteht aus einem einzigen Stücke rothen -Granits. Billig staunt man darüber, wie ein 68 Pariserfuß langer und -7 bis 8 Fuß im Durchmesser haltender Stein (der Schaft) gebrochen, -fortgeschafft, ausgearbeitet und aufgestellt werden konnte.</p> - -<p>Das Verdienst, daß die Säule noch aufrecht steht, verdankt sie dem -Umstande, daß sie von stummem Stein und schwer ist. Wäre sie mit -<span class="antiqua">D. O. M.</span> überschrieben gewesen, so würde sie wahrscheinlich -zerstört worden sein, wie die Alexandriner-Bibliothek, deren Verlust -einer der unersetzlichsten für die Menschheit genannt werden darf. -Es erregt Abscheu im höchsten Grade, daß die Leidenschaften der -Menschen schadenfroh zerstören, was Andere Schönes und Erhabenes -mühsam zu Stande brachten, und nichts vermag mehr, den Hochmuth -unseres Zeitalters zu beugen, als die Betrachtung, daß die gleichen -Leidenschaften den<span class="pagenum"><a name="Seite_85" id="Seite_85">[S. 85]</a></span> Krieger ohne Aufhören in den barbarischen Kampf -rufen, in welchem so manches unschuldige Leben verblutet.</p> - -<p>Reisende, welche die Säule bestiegen, bezeichneten diese mit ihren -Namen. So viel Namen; so viel Entweihungen, so viel Beschuldigungen der -Eitelkeit, so viel Stoff zum Aergernisse. Man würde sich scheuen, einen -altrömischen Kriegsmann in eine Pariser-Jacke zu zwingen, aber die -gleiche Thorheit an der alten, ehrwürdigen Säule zu begehen, trägt man -kein Bedenken.</p> - -<p>Bei der Pompejussäule genießt man eine schöne Aussicht auf Stadt und -Land, Gärten und Wüsten, Hafen und Meer.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Alexandrien_Nachgrabungen"><b>Die Nachgrabungen.</b></h3> - -</div> - -<p>Wenn auch nicht das wissenschaftliche, so regt sich ein anderes -Interesse, welches die Nachgrabungen im Schutte veranlaßt. -<em class="gesperrt">Ibrahim-Pascha</em> will neue Bauwerke, und so läßt er die von den -längst entschwundenen Vorfahren gemeißelten Bausteine aus dem Schutte -heraufholen. Daher sieht man an den im modernen Style sich erhebenden -Gebäuden Steine aus der grauen Vergangenheit, die man bloß zurechtsägt, -damit sie sich desto besser in die lästige Gegenwart fügen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_86" id="Seite_86">[S. 86]</a></span></p> - -<p>Ich sah zwei Schachte, in denen man Nachgrabungen anstellte, und meine -Aufmerksamkeit wurde doppelt angespannt: in den Rahmen der neuen Welt -waren die Arbeiter und die Behandlung derselben, so wie die Art und -Weise in Verrichtung der Arbeit u. s. f., in denjenigen der alten Welt -die Antiquitäten gefaßt. Wenn die lebensreiche Jetztwelt mich mit -größerer und unwiderstehlicherer Macht zu ihr hinreißt, so wolle der -Vorweltler mir nach Herzenslust grollen, aber nur nicht eher, als bis -er sich den Alterthumsschlaf aus den Augen gerieben hat. Es standen -zwei Aufseher da, ein Grieche, ein dem Anscheine nach unwissender -Mensch, und ein farbiger Mohammetaner. Beide hielten Peitschen in -den Händen. Mich empörte es, wie der letzte ein etwa zwanzigjähriges -Mädchen, welches eine ungemeine Lebhaftigkeit zeigte, und seine Arbeit -mit Gesang begleitete, liebkosete, und später ihm mit der Peitsche -aufmaß, so daß es entsetzlich schrie, freilich nicht ohne Verstellung. -Mehr noch, als das Schlagen ärgerte mich, daß man es duldet. Schimpft -nicht auf die Tyrannen, aber auf diejenigen, welche sie leiden. Wenn -die Leute nicht in eine Art thierischer Unterwürfigkeit versunken -wären, wenn bei ihnen die Selbstachtung nicht gleichsam erloschen wäre, -so würde bald eine andere Saite aufgezogen sein. Die Europäerin meint -nun zum allermindesten, daß jenes<span class="pagenum"><a name="Seite_87" id="Seite_87">[S. 87]</a></span> egyptische Mädchen vom bittersten -Zorne und Hasse gegen den Aufseher ergriffen wurde. Nichts weniger, -als dieß. Kaum schien der Schmerz ausgesumset zu haben, so kehrte -die frühere Fröhlichkeit zurück, und man konnte aus dem freundlichen -Benehmen des Aufsehers gegen das ihm wieder freundlich zulächelnde -Mädchen deutlich schließen, daß nach der Arbeit zwischen diesen zwei -Leutchen ein herzlicheres Verhältniß obwalten müsse.</p> - -<p>Fast ganz nackte Männer hoben den Schutt hervor; man dürfte wohl sagen, -ganz nackte, weil so nichts vor den Blicken verborgen war, indem die -Lumpen bald diesen, bald jenen Theil kümmerlich verhüllten. Ich war an -den Anblick solcher Leute noch nicht gewöhnt; allein die kleineren und -größern Mädchen schienen das nicht zu beachten, was in der Meinung des -Europäers die Wohlanständigkeit so tief verletzen würde. Der Schutt -wurde in, aus Dattelblättern geflochtene, kleine, runde Körbe geworfen, -und so auf dem Kopfe weggetragen. Zugleich richteten es die Lastträger, -um sie scherzweise so zu nennen, gar fein ein, dergestalt, daß der eine -auf den andern warten konnte, damit ja wieder einige Augenblicke in -süßem Nichtsthun dahinfließen. Man las auf den Gesichtern der Arbeiter, -und auch alle ihre Bewegungen verriethen es, daß nicht die mindeste -Lust zur Arbeit sie beseelte, und daß sie ledig<span class="pagenum"><a name="Seite_88" id="Seite_88">[S. 88]</a></span>lich aus Furcht vor -der Gewalt oder aus Zwang sich dazu anschickten. Viele in Alexandrien -wohnende Europäer hegen die Ueberzeugung, daß ohne Peitsche und Stock -der Araber von seinem Hange zum Müßiggange nicht loszurütteln und -zur Arbeit zu bewegen wäre. So bald er etwas erspart habe, behaupten -sie, lege er sich auf die Bärenhaut, und verthue oder vergeude wieder -Alles. Uebrigens sorgt der Pascha mit väterlicher Theilnahme dafür, -daß die Arbeiter nicht zu viel Geld in die Hände bekommen; denn die -30 bis 40 Para, welche er ihnen täglich in die Hand <em class="gesperrt">preßt</em>, -reichen kümmerlich für die allernothwendigsten Bedürfnisse hin. Würden -<em class="gesperrt">Mehemet-Ali</em> und <em class="gesperrt">Mahmud</em> den abendländischen Fürsten darin -nachahmen, daß sie, statt der Chiffres, ihre Köpfe auf der Silbermünze -abprägen ließen, sie dürften gewiß nicht besorgt sein, daß sie in den -Händen dieser egyptischen Arbeiter rothe Backen bekämen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Alexandrien_Leute"><b>Leute. Bevölkerung.</b></h3> - -</div> - -<p>Auf den Straßen ist es ungemein lebhaft. Die Budengassen (Bassar) -sind theilweise gedrängt voll. Man darf sich mit Recht wundern, -daß, bei allem Gedränge, die in ein bloßes Hemde gekleideten -mohammetanischen Weiber den Franken selten berühren. Die bunte Kumpanei -von so verschiedenen Menschen mit ihren abweichenden Sitten<span class="pagenum"><a name="Seite_89" id="Seite_89">[S. 89]</a></span> und -Religionsformen, der bunte Wechsel von so verschiedenen Thierarten, -als von Kameelen, Büffeln, Eseln, Pferden, hin und wieder das Knarren -von Lastkarren (welche der Regierung gehören) wirkt beinahe betäubend. -Nirgends traf ich mehr Getriebe und mehr Rührigkeit, als im Arsenale -und in den Schiffswerften. Tief in die Nacht dauert der Lärm, und wenn -das Getümmel der Menschen verstummt, so erhebt sich das Gebell der -herrenlosen Hunde. Schwerlich wird dem Schlaflosen je eine feierliche -Stille vergönnt.</p> - -<p>Der arabische Alexandriner ist eine wahre Lärmtrompete. Er lernt laut; -arbeitet er, so singt er. Wenn dreißig bis vierzig Arbeiter eine Last -heben, so tönt nicht unangenehm für das Ohr der Chor der Menge, welcher -dem Solo des Kommandirenden antwortet. Alle die Lärmereien sollen eine -religiöse Bedeutung haben. So rufen die Mohammetaner gar oft ihren -Propheten an, der auch <em class="gesperrt">Hamma</em> heißt.</p> - -<p>Ueber die Bevölkerung der Stadt konnte ich nichts Zuverlässiges -in Erfahrung bringen. Jährlich sollen, nach einem eben so gut -unterrichteten, als angesehenen morgenländischen Bewohner Alexandriens, -im Durchschnitte dreitausend Menschen sterben. Es leidet kaum einen -Zweifel, daß die Sterblichkeit in Alexandrien, dessen Lage allgemein<span class="pagenum"><a name="Seite_90" id="Seite_90">[S. 90]</a></span> -für ungesund gehalten wird, groß ist. Lassen wir, wie in Rußland, den -fünfundzwanzigsten Theil der Bevölkerung jährlich sterben, so erhalten -wir eine Gesammtheit von fünfundsiebzigtausend Menschen. Jedenfalls -steigt die Einwohnerzahl weit höher, als man sie in Europa glaubt. -Uebrigens hat sie durch die letzte Pest (1834/5) bedeutend abgenommen, -obwohl man, wie man mich versicherte, am Gedränge in den Gassen keinen -Unterschied bemerke. Nach den Einen sollen unter dem Todesstreiche -der letzten Pest 13,000, nach Andern selbst 20,000 Menschen gefallen -sein. Man muthmaßt, daß die Regierung geflissentlich die Zahl der -Gestorbenen minder groß (etwa 11,000) angab, und man will bestimmt -wissen, daß manche in den Hütten an der Pest Verstorbene gleich unter -denselben in die Erde verscharrt wurden, weil die Gesundheitspolizei -gegen verpestete Hütten sogleich zu Maßregeln schritt, welche den -Araber belästigten. Die Bevölkerung Alexandriens gleicht einem -Polypen. Schneidet man ein Stück davon, alsbald wird das Verlorene -wieder ergänzt. Wenn die arabische Bevölkerung der Stadt auch viel -einbüßt, so wird der Verlust doch wieder in kurzer Zeit ersetzt, -theils weil das arabische Weib gerne und leicht Kinder bringt, theils -weil vom Lande immerfort Lückenbüßer einrücken. Es mag nebenbei die -Bemerkung nicht überflüssig erscheinen, daß der<span class="pagenum"><a name="Seite_91" id="Seite_91">[S. 91]</a></span> Pascha seine Stärke -in der größtmöglichen Vermehrung seiner Unterthanen sucht. Er thut -ihr daher jeden Vorschub. So darf ein Seesoldat nicht ans Land gehen, -wenn er kein Weib nimmt. Wie wenig wurzelfest ein solches Prinzip -sei, könnte er von unsern Lehrern der politischen Oekonomie lernen. -Hohl und trügerisch ist der Gewinn für das Ganze, wenn die Zunahme -und der Verlust der Bevölkerung in gleichem Grade steigen. Eine klein -scheinende Sache ist manchmal von großer Wichtigkeit, und hier <em class="gesperrt">die -Erhaltung der Bevölkerung</em>, und wollte der Pascha nach diesem Ziele -ringen, so könnte er nicht nur über die gleiche, sondern selbst über -eine intensiv stärkere Bevölkerung gebieten, sich nicht nur einen -Theil seiner Laufbahn von Dornen säubern, sondern auch Andern tausend -Unbilligkeiten und Ungerechtigkeiten, tausend Kümmernisse und Seufzer -ersparen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Alexandrien_Beschneidung"><b>Der Ritt zur Beschneidung.</b></h3> - -</div> - -<p>Was ist das für ein Reuter dort auf stolzem Rosse, den Bassar -durchziehend? Was für eine gellende Musik? Was für ein rufendes, -wogendes Menschengedränge, aus dem — Salz gegen das Roß anstäubt? -Ach, eine Komödieankündigung; mit solchen Ausposaunungen füllt man die -Ohren in allen Krähwinkeln der Welt. O Wahnsinn,<span class="pagenum"><a name="Seite_92" id="Seite_92">[S. 92]</a></span> -<a name="welcher" id="welcher"></a>welcher dergleichen -verdeutet! Das wohlaufgeputzte Kind, welches der Reuter auf dem Schooße -hält, ist ein mohammetanischer Knabe, mit dem man an den Ort reitet, wo -die Beschneidung vorgenommen werden <em class="gesperrt">soll</em>. Freilich <em class="gesperrt">soll</em>, -<em class="gesperrt">muß</em> u. s. f., mögen nun seine Augen triefen von Krankheiten und -naß sein vor Wehmuth. Was — Wehmuth? Sein Weinen hört man ja nicht, -weil das Ohr von Pauken und Tambour und Schalmeien übertäubt wird.</p> - -<p>Die Mohammetaner halten auf der Beschneidung sehr viel. Erst wenn der -Knabe beschnitten, ist er ein Moslim (Rechtgläubiger). Die Großen -begleiten dieselbe mit sehr viel Gepränge. Die Beschneidung des -nachherigen Sultans <em class="gesperrt">Mehemet</em> dauerte vom 21. Mai bis zum 30. -Brachmonat 1582. Die abgeschnittene Vorhaut wurde in einer goldenen -Schale der Mutter des Sultans, und das Barbiermesser blutig der -Großmutter zugeschickt. Wenn man damit zugleich die Rohheit der -türkischen Sitte bezeichnen möchte, so versteht sich von selbst, daß -auch <em class="gesperrt">Sauls</em> Forderung (1. <em class="gesperrt">Samuel</em>, 18, 26 und 27) in der -Vorderreihe roher Sittenzüge steht.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Alexandrien_Primarschule"><b>Primarschule.</b></h3> - -</div> - -<p>Du gehst auf den Gassen. Du hörst einen Lärm, ein Brumsen und Sumsen. -Auf einmal erblickst du eine Menge<span class="pagenum"><a name="Seite_93" id="Seite_93">[S. 93]</a></span> Kinder, die in einer offenen, über -die Gasse nur wenig erhöheten Bude hocken<a name="FNAnker_8_8" id="FNAnker_8_8"></a><a href="#Fussnote_8_8" class="fnanchor">[8]</a>, den Körper vor- und -rückwärts bewegen, eine weiß bemalte, hölzerne Schreibtafel in der Hand -halten. An einer Wand hockt der Schulmeister, und macht mit seinem -Körper eben so komische Bewegungen. Er lehrt und ißt Bohnen zu gleicher -Zeit.</p> - -<p>Das ist eine Kinderschule. Nirgends sah ich die fröhliche -Ausgelassenheit der Kleinen in höherm Grade als hier.</p> - -<p>In Alexandrien gibt es mehrere Schulen. Ich glaube nicht, daß sie -gesetzlich bestehen. Weil in den Schulen die Religion nach dem Koran -gelehrt wird, so schickt der Mohammetaner aus religiösem Eifer die -Kinder in dieselben. Der Schreiber wird unter dem Volke sehr geachtet. -Mädchen nahm ich unter den Schülern nicht wahr.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Alexandrien_Zeichenschule"><b>Die Zeichenschule.</b></h3> - -</div> - -<p>Ich begegnete im Arsenale einem Europäer, den ich um Auskunft fragte. -Sein Aeußeres wollte eben nicht viel<span class="pagenum"><a name="Seite_94" id="Seite_94">[S. 94]</a></span> versprechen. Mit zuvorkommender -Gefälligkeit führte er mich in ein Zimmer, wo etwa zwanzig ältere -Zöglinge zeichneten, davon mehrere schon an zwei Weiber verheirathete. -Mein Führer, aus Marseille gebürtig, stand der Schule, die er erst -vor kurzem gegründet hat, selbst vor. Die Araber saßen auf Bänken vor -Tischen, und die Muster lagen oder hingen vor ihnen. Mir schienen -die Zöglinge Eifer an den Tag zu legen, und ihre Arbeiten, Laub- und -Blumenwerk, z. B. für Tapeten, geriethen nicht übel. Der Zeichenlehrer -eröffnete mir, daß der Araber viel Talente besitze, daß er aber zu sehr -Schlaraffe sei, um sie anbauen zu wollen. Er bestätigte, was ich von -Andern vernahm, daß er denselben nur durch strenge Zucht zur Arbeit und -zum Fortschritte bringe. Von Stockschlägen faselte der Franzose ganz -geläufig, als wäre er mit ihnen aufgewachsen. Der Mangel gründlicher -Kenntniß in der arabischen Sprache stellt dem Lehrer viele Hindernisse -in den Weg. Indessen bemüht er sich eifrig, diese Sprache in seinen -Besitz zu erlangen, damit seine Mittheilungen leichter werden. Da der -Lehrer selbst nicht gar viel Zeit im Schulzimmer zubringt, so sucht -er sich durch eine Art <em class="gesperrt">Lancasterschen</em> Unterrichtes zu helfen. -Während seiner Abwesenheit vertritt der beßte Zögling die Stelle eines -Lehrers. Die Lehrlinge werden im Ganzen strenge gehalten.<span class="pagenum"><a name="Seite_95" id="Seite_95">[S. 95]</a></span> Des Mittags -dürfen sie nicht ausgehen, und sie speisen im Zimmer. Eben hockten zwei -auf dem Boden, und langten mit ihren Fingern eine Art Brei aus einem -großen Teller heraus.</p> - -<p>Der Pascha verbindet mit dieser Schule offenbar den Zweck, sich von -<a name="Abendlaender" id="Abendlaender"></a>dem Abendländer mehr und mehr unabhängig zu machen. Vielleicht sind -die goldenen Tage des letztern in Egypten vorüber, so bald er den -Pascha und seine Leute einen solchen Schatz gelehrt haben wird, daß die -Anleitung und die Mithilfe des Fremdlings entübrigt werden können.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Alexandrien_Weiberhaendel"><b>Weiberhändel.</b></h3> - -</div> - -<p>Zum Troste der Europäerinnen gibt es auch in Afrika Weiberhändel.</p> - -<p>Ich lag unter dem Fenster, über einem Bassar. Auf einmal wendete sich -eine Mohrin kreischend und, mit einem Schäufelchen drohend, rasch -gegen einen Türken. Das Weiße des Auges gegen die Schwärze der Haut, -wie das Licht gegen den Schatten, abstechend, warf den lebhaften Glanz -der Gemüthsbewegung. Der Türke stand in stolzer Ruhe; fest heftete er -seinen Blick an das Weib. Auf einmal fiel ein minder schwarzes Weib der -ersten in diejenige Hand, welche das Schäufelchen hielt. Die Weiber -wett<span class="pagenum"><a name="Seite_96" id="Seite_96">[S. 96]</a></span>eiferten mit Lärmen. Was für ein Ende wird der Auftritt noch -nehmen? Wie treffen doch die zierlichen Europäerinnen und die plumpen -Afrikanerinnen den gleichen Punkt, ob auch nicht so <em class="gesperrt">haargenau</em>; -denn in Europa raufen sich Weiber die Haare, hier dagegen greifen sie -nicht nach dem Kopfe, sondern halten sich einander die Hand, oder -kneipen und reißen an den Kleidern. Daß die auf einander erbosten -afrikanischen Damen mehr nach dem in der Gemüthsaufwallung gepreßten -Herzen greifen, ist es etwa instinktmäßiger? Ich glaube nicht, daß, -wenn es keine Männer gäbe, die Welt aussterben, sondern bloß, daß die -übrig bleibenden Weiber von einander aufgerieben würden, nämlich zuerst -die guten von den bösen, dann die bösen von den bösesten. Und das habe -ich nicht nur schon im Stillen gedacht, sondern ich wollte es auch vor -Männiglich sagen, wozu es freilich keines Muthes bedarf; denn sollte -ich mit meinem harten Urtheile irgend eine Schöne zum Zorne aufregen, -so bin ich überzeugt, daß sie sich selbst, im Schmucke desselben, vor -dem Mann mißfiele, und daß sie ihn viel lieber an einer schwachen -Mitschwester entlüde.</p> - -<p>Es kam, um zu unserm Spektakel zurückzukehren, Polizei dazwischen, -und so nahm der Handel flugs ein Ende. Natürlich wurde ich an der -Fortsetzung meiner nicht ganz unangenehmen Beobachtung gestört.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_97" id="Seite_97">[S. 97]</a></span></p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Alexandrien_Geld_und_Geldnoth"><b>Geld und Geldnoth.</b></h3> - -</div> - -<p>Eine englische Guinee gilt 100 Piaster (Krusch); 40 Para (Medi) -machen einen Piaster aus. Beiläufig 8 Piaster kommen einem Gulden -Reichswährung gleich. Die egyptischen Goldmünzen sind 10, 9, 4 und 3 -Piasterstücke. Diese letztern empfehlen sich wegen ihrer Kleinheit -wenig. Man darf ordentlich auf der Hut sein, um sie nicht zu verlieren. -Die Silbermünzen sind 1, ½, ¼ und ⅛ Piaster, selbst ein Para. Es -gibt übrigens auch ¼, ¼ Piaster und 1 Parastück in Kupfer. Dieß die -Hauptmünzen. Man könnte wohl noch mehr angeben, wenn man weitläufiger -sein wollte.</p> - -<p>In Alexandrien ist Noth an Scheidemünze, so daß bisweilen für das -Wechseln von 4 Piaster in Gold ohne Anstand 10 Para abgezogen werden. -Ich war einmal genöthigt, einem Araber, der meine Sprachen nicht besser -als ich seine verstand, so viel Para zu bezahlen. Anfänglich glaubte -ich freilich hintergangen worden zu sein, weil eine so beschaffene -Ordnung von Unordnung mich allzusehr befremdete. In Kaffee- und -Wirthshäusern tritt gewöhnlich der Fall ein, daß man nicht quitt -rechnet. Bald bleibt der Wirth, bald der Gast schuldig. Einmal konnte -der Wirth mir keine kleine Münzen zurückgeben, und erklärte, mit -An<span class="pagenum"><a name="Seite_98" id="Seite_98">[S. 98]</a></span>nahme der Zahlung zu warten. Wie staunte ich über das gastwirthliche -Zutrauen, welches das Morgenland so lieblich verkündiget. Man fasse -sich wohl, dieses Zutrauen ging auf den Stelzen der Münznoth. Ein -andermal blieb ein Kaffeewirth, aber ein Grieche, mir eine Kleinigkeit -schuldig. Die Begehr nach Scheidemünze fällt, wenigstens dem Fremden, -ungemein beschwerlich; man muß gleichsam auf dieselbe Jagd machen, -indem man jede Gelegenheit auffängt, um eine größere Münze auszugeben, -die beim Umwechseln kleinere zurückwirft. Dazu kommt noch eine andere -Unbeliebigkeit, daß schwierig zu erkennende falsche, oder gebrochene -und beschädigte Münze im Umlaufe ist, welche nicht angenommen wird.</p> - -<p>Zählen wir doch nichts zu den Unmöglichkeiten. Vielleicht rührt die -Scheidemünznoth vom <em class="gesperrt">Kometen</em> her, den ich in Egypten gerade zum -ersten Male, als einen hübschen, langen Schweif, in der nördlichen -Himmelsgegend zur Sicht bekam. Im Kaffeehause erregte diese Erscheinung -plötzlich ernstes Rufen, lautes Lärmen, eiliges Laufen, anders nicht -fürwahr, als wäre Feuer ausgebrochen. Wenn der Schwanzstern nun -dieses zu bewirken, und, wie es denn bekannt ist, Krieg und Pest -heraufzubeschwören vermag, wie soll er die Leute nicht auch in die -Klemme des kleinen Geldes treiben können? Uebrigens bin ich selbst -froh, daß die<span class="pagenum"><a name="Seite_99" id="Seite_99">[S. 99]</a></span> Sterngucker den Spaß dort ungefähr errathen haben; denn -mich bangte nicht wenig, der Komet werde gar ausbleiben, dieweil er aus -dem Wirrwarr der Himmelspropheten sich etwa nicht herauszufinden wisse, -die in der Festsetzung des Tages oder der Nacht für das Stelldichein so -nicht einig werden wollten oder konnten.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Alexandrien_Schiff_der_Wueste"><b>Das Schiff der Wüste.</b></h3> - -</div> - -<p>Auf Alexandriens Boden reichten auch die vielen Kameele meiner -Neugierde Nahrung dar. Zu Lande werden meist auf dem Rücken dieser -Vierfüßer die Lasten fortgeschafft. Wie ein Faden spinnt sich eine -lange Reihe von Kameelen oft mitten durch das Menschengedränge in den -Gassen, eines hinter das andere gebunden. In ein weitfenstriges Netz -von Stricken werden größtentheils die Lasten aufgeladen; so Steine, so -Säcke, so Anderes. Das hohe Kameel bewegt sich in gemessenen langen und -eher langsamen Schritten, während der niedrige Esel mit seinen kurzen -Füßen trippelt. Der Fuß des Kameels ist wie das Pendul einer Thurmuhr, -der Fuß des Esels wie dasjenige einer Taschenuhr. Und noch mehr -Gegensatz. Das Kameel ernst, der Esel flatterhaft; das Ohr des großen -Kameels klein, des kleinen Esels groß. Es macht Spaß, diese zwei Thiere -neben einander zu sehen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_100" id="Seite_100">[S. 100]</a></span></p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Alexandrien_Anleitung"><b>Anleitung für den Reisenden.</b></h3> - -</div> - -<p>Langt man im Hafen an, so fährt der Kapitän in seiner Schaluppe ans -Land. Ergreift man nicht gleich diese Gelegenheit, so holt man später -auf einer der Barken, die im Hafen jederzeit bereit liegen, die -Effekten, höchstens für einen Piaster. Zu Lande wird das Gepäcke von -den Mauthbeamteten untersucht, welche einen Piaster von mir forderten. -Ein Lastträger bringt für einen Piaster das Gepäcke bis ins Logis. Eine -größere Last würde man am beßten auf Esel oder auf Kameele laden, und -auch auf letztern kostet die Fortschaffung des Gepäckes nicht viel. -Ehe ich das Zimmer im Wirthshause zu den drei Ankern (welches sonst -dem kostspieligeren zum goldenen Adler nachgesetzt wird) bezog, fand -ich mich mit dem Wirthe ab. Das Zimmer war geräumig, mit der Aussicht -auf einen Bassar, das Bett rein; die Flügelthüren mußten mit einem -Vorlegeschloß gesperrt werden.</p> - -<p>Mein Paß war von der Polizei in Triest mit nicht mehr Umständlichkeiten -nach Alexandrien visirt, als reisete ich von dort nach Venedig, und der -Kapitän händigte am Orte der Bestimmung ihn selbst dem österreichischen -Konsul ein. An das Reisen nach Egypten binden sich überhaupt keine -polizeiliche Schwierigkeiten. Nachdem mein Paß in<span class="pagenum"><a name="Seite_101" id="Seite_101">[S. 101]</a></span> meinem Kantone -ausgefertigt war, wurde er einzig dem österreichischen Gesandten bei -der schweizerischen Eidgenossenschaft zum visiren übersandt, weil ich -in Europa keinen andern als österreichischen Boden beschreiten wollte. -Die Polizei abgerechnet, fiel er hier weder in die Hände eines Konsuls, -noch sonst Jemandes. Als ich mich beim österreichischen Konsulate in -Alexandrien anmeldete, eröffnete es mir, daß es mir den Paß nach Kairo -unterschreiben werde, wenn ich hinauf reisen wolle, und daß ich ihn -dann abholen könne. Das Visum erhielt ich „gratis“, und ich mußte nur -einem egyptischen Angestellten, welcher sich auf der Konsulatskanzlei -befand, für einen Vorweis bei der Douane am Mahmudiehkanale einen oder -zwei Piaster, so wie den Douaniers selbst, welche auf eine den Fremden -sehr belästigende Weise die Effekten durchsuchen, wiederum einen -kleinen Tribut bezahlen. Manche bedecken den Statthalter mit Ruhm wegen -seiner Liebe zu den Abendländern, und die gleichen Abendländer dürfen -bloß den Fuß auf Egypten setzen, und er benützt, wie es am Tage liegt, -jede Gelegenheit, um ihnen das Geld aus der Tasche herauszudrücken. -Als Arzt hatte ich nur meine nothwendigsten Effekten mit einer Zugabe -weniger Arzneien bei mir, und demungeachtet mußte ich den Inhalt des -Felleisens in Alexandrien zweimal untersuchen lassen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_102" id="Seite_102">[S. 102]</a></span></p> - -<p>Wer sich mit Empfehlungsschreiben versieht, thut wohl daran. Die -meinigen leisteten mir wesentliche Dienste, was ich auch dankbar -anerkenne. Ich stellte mir etwas schwer vor, daß ich, als Ankömmling -auf Afrika, in Mitte arabischer Zungen mich zurecht finden werde. Mein -Erstes war, durch einen Araber geführt, meine Empfehlungsschreiben -an einen Schweizer aus Schaffhausen abzugeben. Ich fand ihn — einen -Freund; ich fühlte mich in seiner Nähe so traulich wie zu Hause. Er -ertheilte mir zu Allem Anweisungen, deren ich so sehr bedurfte. In -der Gesellschaft der Herren <em class="gesperrt">Ott</em>, <em class="gesperrt">Wehrli</em>, <em class="gesperrt">Wyß</em>, -Korvettenkapitäns <em class="gesperrt">Baumgartner</em>, welche Schweizer sind, und des -Oberarztes der Marine, <span class="antiqua">Dr.</span> <em class="gesperrt">Koch</em> aus München, hatte ich -erfreuliche Gelegenheit, die nöthigen Erkundigungen einzuziehen.</p> - -<p>Wenn man einen entferntern Gegenstand besehen will, so bedient man -sich am beßten eines Esels. Fiacres gibt es gar nicht und im Ganzen -äußerst wenig Gefährte. Man kann aber auch zu Fuß gehen, was ich -meistens that, und selten wurde ich von den Eseltreibern bestürmt. -Diese fangen eigentlich nur an, in Jemand zu dringen, oder sich in -den Weg zu stellen, und ihn so aufzuhalten, wenn sie ihm anmerken, -daß er einen Esel sucht. Alsdann ist er augenblicklich von zwölf- bis -zwanzigjährigen Leuten umringt,<span class="pagenum"><a name="Seite_103" id="Seite_103">[S. 103]</a></span> welche, laut lärmend, sich anbieten -und so nahe sich andrängen, daß sie Einem die Kleider verunreinigen. -Das unverschämte Andrängen war mir immer höchst widerlich, selbst wenn -ich dadurch im beengten Raume nicht gehindert worden wäre, den mir -beliebigen Esel und Treiber auszuwählen. Man schwingt sich endlich auf -ein Thier, bloß um die Stürmer los zu werden; denn sobald man auf dem -Esel sitzt, ändert sich die Szene, als wäre ein Licht ausgeblasen, — -gänzliche Stille tritt plötzlich ein. Außer dieser Kriegslist schützt -auch noch die Peitsche vor der Unverschämtheit. Einige Male folgten -mir Eseltreiber, Esel voran, mit dem ermüdenden: <span class="antiqua">Volete un’ buon’ -burrico?</span> weit nach. Ich kehrte rasch um, und dann wandelte ich -wieder vorwärts. Es half wenig. Die Drohung mit der geballten Faust -wies zu guter <a name="Letze" id="Letze"></a>Letze die Meister in der Zudringlichkeit zurecht.</p> - -<p>In einem halben Tage kann man das Sehenswürdigste finden. Man -reitet zuerst zu den Katakomben, wo Leute aus den arabischen Hütten -den Wißbegierigen unter die Erde führen. Von da zu dem Garten -<em class="gesperrt">Ibrahim-Paschas</em>, mit den Blicken über den See Mareotis. Weiter -zu der Pompejussäule, zu den Obelisken und zuletzt zum Pharus. Für -den Ritt nach den Katakomben, zur Pompejussäule und zu den Nadeln -<em class="gesperrt">Kleopatras</em> gibt sich der<span class="pagenum"><a name="Seite_104" id="Seite_104">[S. 104]</a></span> Eseltreiber mit vier Piaster -zufrieden. Vielleicht verdienen auch die Ruinen der Athanasiuskirche -und der Katharinakirche besehen zu werden.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Alexandrien_Nilfahrt_nach_Kairo"><b>Die Nilfahrt nach Kairo.</b></h3> - -</div> - -<div class="blockquot"> - -<p class="p0">Linkische Lastträger; seichter Kanal; <span class="antiqua">licentia poetica</span>; -Kornspeicher; Fruchtbarkeit des Nilthals; possirlicher -Hühnerhandel; eine Abendunterhaltung; das Schlachten eines Lammes; -Gewandtheit der Barkenknechte; die reisende Familie; Truppe nackter -Kinder; Einerlei der Aussicht; Kaffeewinkel; Bewässerung des -Landes; seltsame Schiffsladung; Pyramidenanblick; Telegraphen; -Bulak; <span class="antiqua">hôtel de l’Europe</span>.</p></div> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Freitags den 16. -Weinmonat.</em></p> - -<p>Ich schied von Alexandrien. Aus Rücksicht für die gute Gesellschaft -mit einem Dragoman der französischen Regierung und einem jungen, -piemontesischen Kaufmanne reisete ich nicht eher ab, wie ich vorhatte, -ja ich ließ mich sogar lieber während dieses Tages bis gegen Abend ins -Wirthshaus einsperren. Denn da die Cholera immer weiter um sich griff, -und der Wirth keine Maßregel dagegen versäumen wollte, so unterstellte -er sein ganzes Haus der Quarantäne. Ich weiß nicht, wie ich sagen soll, -ob die neue Ordnung der Dinge, z. B. der Einkauf von Lebensmit<span class="pagenum"><a name="Seite_105" id="Seite_105">[S. 105]</a></span>teln, -das Parlamentiren vom Rastelle aus bei dem Besuche eines Freundes, mich -mehr betrübte oder belustigte. Noch wunderlicher kam es mir vor, wie -der italienische Wirth mich als Verpesteten behandelte, weil ich über -Nacht Brechen und Anderes litt, und eine Zeitlang mich wirklich von der -morgenländischen Brechruhr ernsteren Grades befallen glaubte. Die mit -Reiswasser gefüllte Flasche übergab der kummervolle Italiener nicht mir -unmittelbar, sondern mittelst eines vor meiner Zimmerthüre stehenden -Geschirres, in welches die Flasche ging. In das Weise der Menschen -flicht sich auch manchmal so viel Thörichtes, daß man oft nicht weiß, -wo der Verstand aufhört oder anfängt.</p> - -<p>Ich sorgte für einen kleinen Vorrath an Lebensmitteln, auch Holz, -und zwar kaufte ich dieses nach dem Gewichte. Die eine Fürsorge ist -vergeblich, und nur für Leckergaumen räthlich. Ueberall am Nil bekommt -man gutes Brot, Hühner, Eier, auch Reis, und in den meisten Dörfern -Milch, Alles in geringem Preise. Einzig Zitronen, Zucker und Rhum mögen -nebst Kohlen und einem Kochofen dienen. Ich kann voraussetzen, daß der -über Meer Gelangte auch ein Bett mit sich schleppe.</p> - -<p>Von zwei Arabern wurde mein Gepäcke aus der Ankertaverne nach -dem Mahmudiehkanal getragen, aber täppisch oder träge genug, -indem dieselben, im Schweiße gebadet,<span class="pagenum"><a name="Seite_106" id="Seite_106">[S. 106]</a></span> die Bürde bald los- bald -zusammenbanden, jetzt niederlegten, dann aufnahmen. Ich traf eben -da meine Reisegefährten. Es sollte mein Gepäcke nur noch unter den -bekannten Förmlichkeiten die Zolllinie überschreiten; ich bestieg das -Fahrzeug, und wir stießen in den Kanal. Der Wind blies günstig. Bald -verschwand die Pompejussäule aus unsern Augen — und der Tag.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 17.</em></p> - -<p>Die Ufer des Kanals sind niedrig, oft wüst, genußarm. Der Kanal -ist schmal, hie und da seicht, und Manche glauben, daß in kurzer -Zeit der immer mehr anwachsende Niederschlag des Nilschlammes ihn -unschiffbar machen werde. Dergestalt würde das glänzende Unternehmen -<em class="gesperrt">Mehemet-Alis</em>, den Nil mit der See Alexandriens zu verbinden, in -Schatten sinken, nachdem es in aller Welt so hochgepriesen war.</p> - -<p>Wir segelten einer französischen Dame voran. Vornehm steckte sie durch -einen baufälligen Laden ihren Kopf heraus. Von einem Monsieur unserer -Barke wurde sie nur befragt, ob sie des Nachts viele Flöhe gehabt -hätte. Das war eine schlechte <span class="antiqua">licentia poetica</span>, aber eine -natürliche. Gegenseitige Theilnahme an den Plagen ist wenigstens ein -Erguß der Gemüthlichkeit.</p> - -<p>Um Mittag langten wir in Atse an. Hier verbindet<span class="pagenum"><a name="Seite_107" id="Seite_107">[S. 107]</a></span> sich der Kanal -mit dem westlichen Arme des Nils. Das Dorf mit seinen elenden, -schwarzgrauen Hütten gleicht einem Ameisenhaufen, so viel Leben und -Regsamkeit zeigt sich in dem Bassar und an den Stapelplätzen. In der -Kornhalle, aber keinem Konterfei der Pariser, liegt das Getreide -auf dem Boden an einem Haufen unter freiem Himmel. Der Kornhändler -hockt auf dem Kornkegel und schmaucht mit aller Behaglichkeit -eine Pfeife. Auf diesen Markt soll man nicht gehen, um Eßlust zu -fördern. Solche Getreidemärkte besitzt auch das übrige Egypten. -Die Kornspeicher stellen indeß andere Male einen, mit einer Mauer -umfangenen, unbedeckten Platz vor. Ich wollte im Bassar eine Limonade -trinken; allein den widerlichen Geschmack dieses mit Meth oder Melis -zubereiteten Getränkes konnte ich nicht überwinden. Ich war noch nicht -so weit in das Reisen eingeschossen, daß ich Alles verschlingen wollte. -Im Bassar gewahrte ich eine Höckerin mit einem nackten Kinde, das an -den Blattern litt. In Egypten hausen diese auf eine schreckliche Weise.</p> - -<p>Billig nahm der <em class="gesperrt">Nil</em> mit seinem weißgelblichen Schiller meine -Aufmerksamkeit in Anspruch. So habe ich denn ein Ziel meiner Reise -erreicht. Mit Recht danken dir, o Nil, die Bewohner des Landes, daß du -die von dir überschwemmten Ländereien segnest. An andern Orten schadet -im Ge<span class="pagenum"><a name="Seite_108" id="Seite_108">[S. 108]</a></span>gentheile der Fluß durch Ueberschwemmung. In der Mitte zwischen -den Quellen und Mündungen ist der Weltstrom am größten, und an andern -Orten wird der Fluß um so größer, je näher er gegen das Meer anströmt. -Nicht durch majestätische Größe, mehr aber durch den reißend schnellen -Lauf zeichnet sich dieser Nilarm aus. Und welch’ eine Fruchtbarkeit -der Nilufer! Alles keimt üppig, und man sieht der Natur an, daß sie -mit der größten Leichtigkeit hervorbringt. Sie scheint den Bewohnern -zuzurufen: „Nehmet von mir, so viel ihr wollet; denn ich ermüde nicht -mit Wiedergeben.“ Der Karakter der Nilgegend ist eigentlich kein -schwerer, sondern ein leichter, kein ernster, sondern ein frohmüthiger, -ein jugendlicher. Das alte, das schon so oft und oft geerntete Land ist -noch ein Kind.</p> - -<p>Es war Mittag. Die Sonne brannte durch einen Flor atmosphärischer -Dünste. Wir verweilten einige Stunden, weil die Waaren von unserer -Barke auf eine andere umgepackt werden mußten. Gepäcke um Gepäcke aus -den Händen legend, schrie der das Schiff beladende Araber Zahl um Zahl -laut: für mich eine gute Gelegenheit, die arabischen Zahlen zu lernen. -Bei diesem und andern Auftritten verging mir die Zeit leicht, doch -angenehmer, als gegen Abend ein herrlicher Wind dahersäuselte, die -etwas drückende<span class="pagenum"><a name="Seite_109" id="Seite_109">[S. 109]</a></span> Hitze zu mildern. In Atfe hält sich ein französischer -Konsularagent auf, welcher uns besuchte.</p> - -<p>Gegen die Neige des Tages stachen wir in den Nil. Die zwei lateinischen -Segel schwollen lustig an, wie die Backen der Kinder, welche dem Aeolus -ins Handwerk greifen wollen. Bald lagen wir vor der Stadt Fuah, in der -ein Thurm am andern emporragt. Jetzt trat Windstille ein. Der Abend war -lieblich warm. Die Leute vertrieben ihn mit Spiel und Tanz, und ich -glaube zuversichtlich, daß sie wenig Empfänglichkeit für die Lehren -unserer Mystiker gehabt hätten, nach denen das lachende Nilthal ein -Jammerthal wäre oder hoffentlich werden sollte.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Sonntags, den 18.</em></p> - -<p>Gegenwind. Das Schiff an einem Seile gezogen.</p> - -<p>Ich kaufte drei Hühner für etwa 30 Kreuzer R. V. Man darf aber Eines -nicht außer Auge setzen: die egyptischen Hühner erlangen keineswegs -die Größe der unserigen. Eine Henne sieht aus wie bei uns ein junges -Huhn. Es fiel mir zum ersten Male nicht wenig auf, wie eine Gluckhenne -(von der Größe eines europäischen, halbausgewachsenen Huhns) sich -bemühte, ihre so außerordentlich winzigen Küchelchen mit den Flügeln zu -beschirmen. Hätte ein Säugling an die Brust eines zehnjährigen Mädchens -sich<span class="pagenum"><a name="Seite_110" id="Seite_110">[S. 110]</a></span> geschmiegt, es wäre mir kaum spaßhafter vorgekommen. Auch die -Eier der egyptischen Hühner sind bedeutend kleiner.</p> - -<p>Ich nahm sofort meine angekauften Hühner zur Hand, wendete mich gegen -das Nilufer und ging an diesem hinauf, um an einer vortheilhaften -Stelle zu warten, wo ich wieder in den Kahn steigen könnte. Auf einmal -verfolgte mich ein Weib wehklagend, <em class="gesperrt">juh, juh</em> schreiend. Ich -wußte nicht recht was es wollte; nur glaubte ich aus seiner Stimme und -aus seinen Geberden entnehmen zu müssen, daß es wähne, ich hätte die -Hühner ihm gestohlen. Schon umzingelten mich Leute, selbst von der -Polizei; ich sollte mein Eigenthum abtreten. Was anfangen? Ich suchte -durch Deuten verständlich zu machen, daß ich mich zur Barke begeben -wolle, wo man Aufschluß ertheilen werde. Das Glück brachte gerade den -Piemonteser. Meine Vermuthung wich der Gewißheit. Er sagte mir, das -Weib habe seine Hühner bezeichnet, und ich solle sie ihm zeigen. Ich -that es, und die Bestohlene — überzeugte sich sogleich von ihrem -Irrthume. Das Weib war wenigstens moralisch so gut, daß es diesen -eingestand. Es gehört zur Macht des Irrthums, wie kleine Zwiste, so -selbst blutige Kriege zu entzünden, und ich durfte mich<span class="pagenum"><a name="Seite_111" id="Seite_111">[S. 111]</a></span> in der That -glücklich preisen, daß aus diesem Handel nicht gar ein Krieg entsprang.</p> - -<p>Wir rückten heute vor bis <em class="gesperrt">Mohalèt-Abu-Ali</em>, einem Orte am Ufer -des Delta. Nach einem nebelichten Tage war der Abend sehr schön und wie -ergötzlich, das will ich in Kürze erzählen.</p> - -<p>In diesem Dorfe wohnt eine Art Großer, welchem die Barken des -westlichen Nilarms zugehören sollen. Er kannte den Vater des -Piemontesen. Wir schickten ihm Rhum, oder er ließ vielmehr holen. -Bald beehrte er uns selbst mit seiner Gegenwart, und trank den Rhum -vor Aller Augen. Er erfreute die Gesellschaft zugleich mit einer -blinden Sängerin. So wurde der Abend mit rauschendem Vergnügen, unter -Sang, Tanz und Spiel verbracht. Wenn die Egypzier mit der Schalmei -(Surna) und dem Tambur (Deff) spielen, so klatschen sie mit den Händen -den Takt, manchmal unter dem Rufe <em class="gesperrt">Hamma</em>. Mich belustigte das -fröhliche Geberdenspiel. Man versicherte mich, daß die Sängerin ihre -Rolle vortrefflich spielte. Es fesselte mich vor Allem das lange -Pausiren, die vielen Molltöne und der Liebeston, eine Art <em class="gesperrt">Ach</em> -(a-a), der letzte, ersterbende Seufzer der Liebe. Dem Dragoman, einem -mit den Sitten und der Sprache des Landes vertrauten Manne, schmeckte -die Soirée überaus köstlich. Ich genoß dabei im<span class="pagenum"><a name="Seite_112" id="Seite_112">[S. 112]</a></span> Ganzen wenig. Weil -ich die Nachtluft im Freien fürchtete, stellte ich mich bloß dann und -wann, kein Vaterunser lang, unter die Thüröffnung der Kajüte. Ein Kind -würde kaum scheuer, unter den Polizeiaugen des sparsamen Vaters, in den -Honigtopf gelangt sein. Wenn die Araber mich auslachten, so hatten sie -— Recht.</p> - -<p>Ich lasse nun ein Verzeichniß der an den Nilufern gelegenen Ortschaften -in der Reiheordnung folgen, wie wir an ihnen vorübergefahren sind<a name="FNAnker_9_9" id="FNAnker_9_9"></a><a href="#Fussnote_9_9" class="fnanchor">[9]</a>.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_113" id="Seite_113">[S. 113]</a></span></p> - -<table class="ortschaften" summary="Ortschaften am Nilufer, I"> - <tr> - <td class="tdc"> - <em class="gesperrt">Rechtes Ufer.</em> - </td> - <td class="tdc"> - <em class="gesperrt">Linkes Ufer.</em> - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Allah-uhu. - </td> - <td> - Sanahbahdieh. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Schurafa. - </td> - <td> - Iluieh. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Salamunih. - </td> - <td> - Kaffer-Schech-Hasan. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Mahalèt-Malèk. - </td> - <td> - Somchroat. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Dissuh. - </td> - <td> - Rachmanieh. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Kaffer-Ibrahim. - </td> - <td> - Margass. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Dimikunum. - </td> - <td> - Miniet-Selamme. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Mahalèt-Abu-Ali. - </td> - <td> - - </td> - </tr> -</table> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 19.</em></p> - -<p>Es wird ein Schaf von einem Manne auf dem Rücken in die Barke getragen: -ein Geschenk von Seite des Barkeninhabers, der uns gestern Abend einen -Besuch abstattete. Das schien mir echt morgenländischer Ton. Das -Geschenk galt dem Piemonteser. Kurz darnach kam der Barkeninhaber mit -seinem jungen Sohne. Sie ließen sich voller Würde am Borde nieder und -wurden mit Kaffee bewirthet. Mich wunderte, wie gar der Junge sich -so ernst, männlich und geschickt benahm. Mißtrauen wir doch nie dem<span class="pagenum"><a name="Seite_114" id="Seite_114">[S. 114]</a></span> -vielvermögenden Einflüsse des Beispiels in der Erziehung. Vater und -Sohn begleiteten uns eine Strecke weit, und ließen sich sodann ans Land -tragen.</p> - -<p>Bald ward das Schaf geschlachtet und zerhauen. Ein Jeglicher hoffte auf -einen guten Bissen. Wir feierten munter die Ostern.</p> - -<p>Die Barkenknechte sind Leute von erprobter Geschicklichkeit. Wenn, -aus Mangel an Wind, die Barke am Seile geschleppt werden sollte, so -nahmen sie die Kleider, wickelten diese zusammen, legten sie über den -Kopf, sprangen ins Wasser, schwammen davon, bis sie waten konnten, und, -ans Ufer gekommen, zogen sie, bisweilen ohne einen Faden am Leibe, -das Schiff. So geschieht es bei Tage, wie bei Nacht, und nicht einmal -selten. Auch dem aufsitzenden Fahrzeuge zu Hülfe springen die Amphibien -ins Wasser, und heben mit Rücken und Händen die Barke vom Strande. Zu -diesem Ende sind sie genöthigt, unterzutauchen, und bemerkenswerthe -Zeit bleiben sie manchmal unter Wasser, um die Last zu bewegen.</p> - -<p>Wir kamen an einem Landhause des Pascha vorbei.</p> - -<p>Unsere Gesellschaft auf der Barke war zahlreich. Stelle man sich vor -die gebieterischen Franken und die beugsame Mannschaft des Schiffes, -ein Weib mit Kindern und einen alten, magern Kuppler, ein altes Weib -neben einem<span class="pagenum"><a name="Seite_115" id="Seite_115">[S. 115]</a></span> jungen, welches Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte, und -seinen häßlichen, großen Mund mit Aengstlichkeit verbarg, und man hat -das bunte Bild von unserer reisenden Familie. Beinahe aber hätte ich -die liebenswürdige Puppe vergessen, welche, eher einer Vogelscheuche -ähnlich, einem kleinen Mädchen viel Freude bereitete. Eine Mutter -behandelte ihren Säugling mit einer Grausamkeit, welche dem zarten -Geschlechte wenig zur Ehre gereicht. Wenn er weinte, so schlug sie ihm -mit der Hand fort und fort auf den Mund. Das ist die liebenswürdige -Kunst der Egypzierin das Weinen zu zerschlagen. Bei den arabischen -Müttern überhaupt nahm ich wenig Zärtlichkeit für ihre kleinen Kinder -wahr. Die Brust reichen sie zwar jeden Augenblick, aber, wie es beinahe -scheint, mehr aus Gewohnheit und darum, weil sie selbst daran Freude -finden, als weil sie solche den Kindern gönnen.</p> - -<p>Die Beschreibung meines Zahnwehes dürfte Niemandem angenehm sein. Man -wird lieber vernehmen, daß den Araber in der Regel schön weiße Zähne -zieren, und daß er selten an Zahnschmerzen leidet. Das zweite Zahnen -erfolgt bei den egyptischen Kindern in einem Alter von 6½ Jahren. -Sogar ältere Leute erfreuen sich noch weißer Zähne. Es wird allgemein -von den Franken behauptet, daß die arabischen Weiber früh altern. -Dieß dürfte nicht<span class="pagenum"><a name="Seite_116" id="Seite_116">[S. 116]</a></span> so durchgängig wahr sein. Eben weil bei ihnen die -blendend weißen Zähne lange erhalten werden, so erscheinen sie nicht -besonders alt. Die Franken hätten auch bedenken können, daß die geringe -Korpulenz, welche so gerne die Jahre multiplizirt, unter den Arabern -jedes Alter begleite. Bis <em class="gesperrt">Tunup</em>.</p> - -<table class="ortschaften" summary="Ortschaften am Nilufer, II"> - <tr> - <td class="tdc"> - <em class="gesperrt">Rechtes Ufer.</em> - </td> - <td class="tdc"> - <em class="gesperrt">Linkes Ufer.</em> - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Dimènki. - </td> - <td> - Kaffer-Osmann. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Kaffer-Megẻr. - </td> - <td> - Sibréchît. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Saffiéh. - </td> - <td> - Maéssra. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Móhalédié. - </td> - <td> - Hali-Dächmèt. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Minidschéhnâ. - </td> - <td> - Sibirîs. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Kaffer-Dówâe. - </td> - <td> - Kaffer-Senâgli. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Génaht. - </td> - <td> - Kaffer-Chadẻr. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Salhadschar. - </td> - <td> - Niklé. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - El-Kótabé. - </td> - <td> - Dahrygieh. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Férahstak. - </td> - <td> - Amié. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Mohallèt-el-Läbben. - </td> - <td> - Kaffer-Ibn-Schäet. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Abîtsch. - </td> - <td> - Kaffer-Laihs. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Kufur-Bilsẻ. - </td> - <td> - Schabûr. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Kaffer-Hósâr. - </td> - <td> - Sèlamûn. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Kaffer-Schech-Ali. - </td> - <td> - Kaffer-Harimm. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Manûfur. - </td> - <td> - Chäli-Dächmèt (Hali-Dächmet). - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Kaffer-Sajàd. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> -<span class="pagenum"><a name="Seite_117" id="Seite_117">[S. 117]</a></span> - Tschalgamûn. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Kufur-Haschasch. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Kaffer-Jukûb (Jabobsdorf). - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Kaffer-Bâgi. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Kaffer-Tschèddid. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Kaffer-Mischléh. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Mischléh. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Sahyahra. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Tunup. - </td> - <td> - - </td> - </tr> -</table> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 20.</em></p> - -<p>Am Ufer standen mehrere Bettler, die auch in andern Gegenden von -Egypten nicht selten sind. Doch laufen oder rennen sie nicht so -unverschämt nach, als in einigen Schweizer-Gauen. Wie in Europa, so -spaziren hier die Fliegen auf Zucker. Man jammere nun aber nicht über -den Fliegenschwarm, so lange man den Zucker nicht weghebt.</p> - -<p>Die Reisebeschreiber erwähnen der Weiber die zahlreich in Krügen aus -dem Nile Wasser holen. Ich sah sie sehr selten, und ihre Scheu vor -den Männern konnte ich nicht bestätigen. Nichts weniger, als daß sie -aus Zartgefühl mit ihren Händen das Gesicht verhüllten. Es muß seit -einiger Zeit Manches anders geworden sein. Mich wundert, daß die -Reisebeschreiber die ungemein geringe Menge<span class="pagenum"><a name="Seite_118" id="Seite_118">[S. 118]</a></span> Wassers nicht hervorhoben. -Bei uns würde man ein Mädchen ausspotten, wenn es nur einen Krug voll -Wasser holte. Man weiß, daß unsere Weibsleute große Gelten voll Wasser -auf dem Kopfe oder an den Händen tragen.</p> - -<p>An vielen Fellahs (Bauern) würde man vergebens mehr suchen, womit sie -ihren Leib bedecken, als eine Lendenschürze. Ich fand jedoch wenig -Unanständiges in dieser Kleidungsart, vielmehr etwas Vernünftiges -in Beziehung auf die heiße Sonne. Gar viele Kinder, selbst größere, -wandeln völlig entblößt herum. Der Anblick einer Truppe nackter Kinder -unter freiem Himmel hat immerhin etwas Eigenes. Ihre auffallend großen -Bäuche könnten sie wahrscheinlich mit andern Kindern theilen, wenn -diese nackt ausgingen, und somit ihre Bäuche den Blicken zugänglicher -würden.</p> - -<p>Mir thut es leid, den Nilufern nachsagen zu müssen, daß sie, in die -Dauer besehen, langweilen. Beinahe immer das nämliche Einerlei. Keine -Hügel, keine Berge, keine Seen, dafür flaches Uferland, welches -unmerklich in den Horizont verfließt. Selten stützt sich der Himmel -auf eine Landlehne. Am Nilufer erblickt man zwar viele Dörfer, aber -auch <em class="gesperrt">die</em> sehen in der Regel einander beinahe gleich, wie ein -Ei dem andern. Aus der Ferne verheißen sie eine seltene Pracht, schon -bewundert man antike Pa<span class="pagenum"><a name="Seite_119" id="Seite_119">[S. 119]</a></span>läste, über welche der schlanke Minaret -emporsteigt; die runde Moschee füllt das Maß der Täuschung. Alles -scheint in Palmen und Sykomoren gebettet. Ja recht viel Reiz in der -Ferne, aber in der Nähe Kothhaufen als Mauern, enge, von armseligen -Leuten betretene Gäßchen, krumme Minarets, kärgliche, von schönen -Waschhäusern überbotene Moscheen. Nichts schmerzt so sehr, als -fortwährend getäuscht zu werden. Einfacheres kaum, als ein Häuschen -an den Nilufern. Ein viereckiges Zimmer ohne Fenster, mit einer -Thüröffnung über dem Erdboden; das Dach platt; der Baustoff aus einer -Art von Backsteinen, welche von Schlamm und Mist geformt und an der -Sonne gedörrt werden. So die große Mehrzahl der Häuser. In Ghisahi -bieten sie eine andere Gestalt. Sie erheben sich kegelförmig. Diese -Zuckerhüte dienen den Tauben zur Wohnung.</p> - -<p>Gegen Abend langten wir in <em class="gesperrt">Nadîr</em>, einem Marktflecken, an. Hier -sprach ich deutsch mit einem Hannoveraner, welcher auf einer andern -Barke hergefahren war. In Kaffeewinkeln schienen zwei Frauenzimmer -sich wenig zu freuen, daß der Vizekönig das berüchtigte Patent -zurückgezogen hat. Der Aufenthalt der französischen Armee in Egypten, -während dessen freier Verkehr unter den Leuten beiderlei Geschlechts -gestattet war, so wie die vom<span class="pagenum"><a name="Seite_120" id="Seite_120">[S. 120]</a></span> Pascha ausgefertigten Patente lehren, zu -welcher unsäglichen Ausgelassenheit der heiße Himmelsstrich führte. Der -Vizekönig hat wohl weniger aus religiösen Gewissensbissen diese Patente -zernichtet, als vielmehr aus dem Grunde gesellschaftlicher Ordnung.</p> - -<p>Auf unserer Barke wurde mancher Spaß getrieben, mitunter auch solcher, -welchen zu beschreiben die Feder sich weigert. Der Reis (Kapitän) -schlug z. B. einen Barkenknecht. Er genießt übrigens das Recht, seine -Leute zu schlagen, wenn sie sich gegen ihn vergehen. Ein Knabe von etwa -zwölf Jahren wurde von Jedem, wer wollte, durchgeprügelt. Er bekommt -als Barkenjunge monatlich fünf Piaster zum Lohne. Es gibt europäische -Burschen, welche sich für 38 Kreuzer nicht so viel prügeln ließen, -geschweige daß sie noch als Zugabe einen Monat lang arbeiten würden.</p> - -<p>Die meisten Nächte brachte ich ziemlich gut zu. Das Schiff fuhr selten, -und wenn es auch unter Segel ging, so gleitete es so sanft dahin, -daß ich keine Bewegung verspürte. Alles, was ich während der Nächte -erlauschte, war das Bellen der Schäferhunde, das Krähen der Hähne, das -Quacken der Frösche und das eigene Pfeifen der Nachtvögel. Hingestreckt -auf mein Bett in einem engen und dunkeln Winkel wurde ich, bei meinen -Gedankenausflügen in<span class="pagenum"><a name="Seite_121" id="Seite_121">[S. 121]</a></span> die weite Ferne, durch die Laute jener Thiere an -die Wirklichkeit meiner Lage erinnert.</p> - -<p>Wir kamen heute bis <em class="gesperrt">Abu-Néschâbe</em>.</p> - -<table class="ortschaften" summary="Ortschaften am Nilufer, III"> - <tr> - <td class="tdc"> - <em class="gesperrt">Rechtes Ufer.</em> - </td> - <td class="tdc"> - <em class="gesperrt">Linkes Ufer.</em> - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Gómâsi. - </td> - <td> - Nigil. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Amrûß. - </td> - <td> - Sauüt-èl-Bacher. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Béstâma. - </td> - <td> - Sawaff. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Sanüt-èl-Bagli. - </td> - <td> - Machnîm. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Danasûr. - </td> - <td> - Kóm-Scherîk. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Kaffer-Hédglâsi. - </td> - <td> - Darîeh. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Gésiret-èl-Hagar. - </td> - <td> - Abu-Chaui. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Nadîr. - </td> - <td> - El-Gamm. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Schabschir. - </td> - <td> - Dimischlé. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Dannaléhé. - </td> - <td> - Buratschatt. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Ghisahi. - </td> - <td> - Kaffer-Dahûd (Davidsdorf). - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Sónsóft. - </td> - <td> - Térânéh. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Kómmagnuß. - </td> - <td> - Lèchmas. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - - </td> - <td> - Abu-Néschâbe. - </td> - </tr> -</table> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 21.</em></p> - -<p>Man würde irren, wenn man den egyptischen Himmel sich wolkenlos -vorstellte. Beinahe alle Tage trübten Wolken den unserigen; einmal -warfen sie uns so schwarze Schatten, daß der Europäer gewettet hätte, -es müßte aus<span class="pagenum"><a name="Seite_122" id="Seite_122">[S. 122]</a></span> ihnen Regen platzen. Allein vor Nacht verstrich in der -Regel das Gewölke.</p> - -<p>Ich höre ein schwerfälliges <a name="Geknirre" id="Geknirre"></a>Geknirre vom Ufer her. Was soll denn das? — -Blindgebundene Thiere treiben in ihrem kreisenden Gange ein Wasserrad -(Sakyeh). Das Wasser wird entweder mit einem fächerigen Rade oder mit -an einem Rade befestigten Krügen aus dem Nile geschöpft und in einen -Graben ausgeleert, welcher das Wasser dem Felde zuführt. Man begreift -leicht, daß die Fächer oder Krüge unten am Rade aufwärts stehen, um so -das Wasser zu schöpfen. Wenn das Rad sich halb um seine Achse gedreht -hat, so stellen sich dieselben umgekehrt und gießen das Wasser aus. -Das einige Schritte vom Nilufer abliegende Wasserwerk, zu welchem ein -Kanal gegraben ist, besteht aber nicht bloß aus dem beschriebenen -Schöpfrade, sondern noch aus zwei andern Rädern. Ein wagerechtes greift -in ein kleines, perpendikuläres, welches mit dem Schöpfrade <em class="gesperrt">eine</em> -Achse hat. Das Thier, der Büffel z. B., zieht bloß an einem Stricke, -womit das wagerechte Rad in Bewegung gesetzt wird. Diese Wasserräder -sind meistens so einfach und mit so wenig Eisen zusammengehalten, -daß sie nicht viel ausdauern. Es wird daher manche Zeit nur mit dem -Nachbessern verloren. Mag meine Beschreibung des Paternosterwerkes auch -ein wenig<span class="pagenum"><a name="Seite_123" id="Seite_123">[S. 123]</a></span> schwierig zu fassen sein, es ist doch die Wasserschöpfung -so einleuchtend und so leicht zu bewerkstelligen. Als Aufseher oder -Treiber <a name="faullenzt" id="faullenzt"></a>faullenzt in der Nähe ein Knabe oder Mann, nie ein Weib; bei -ihm steht eine kleine Kocheinrichtung. Den Treiber scheint kaum so -viel Lust zur Arbeit anzuspornen, daß er beim Stillestehen des Thieres -<em class="gesperrt">chòh chòh</em> ruft, um es aufzumuntern. Nach den Gesetzen der -strafenden Gerechtigkeit fällt dem Faullenzer das Leichte so schwer, -als dem Arbeitssamen das Schwerste.</p> - -<p>Das Wasser wird überdieß, ohne eine solche Vorrichtung von Menschen aus -dem Nile geschöpft. An dem Arme eines Hebebaumes ist ein Gewicht, gegen -das Land, — an dem andern der an einem Stricke befestigte Wasserkorb, -gegen den Nil. Ein Mann schöpft, und das Gewicht des Hebebaumes -hilft ihm den mit Wasser gefüllten Korb heben. Weil das Schöpfen und -Ausleeren mit großer Schnelligkeit nach einander geschieht, so verliert -dieses enge geflochtene Gefäß wenig Wasser. Gewöhnlich schöpfen, statt -eines, zwei Männer neben einander, die Gesichter sich zuwendend, fast -nackt, vom Wasser benetzt, von der Sonne gebrannt und so fleißig, -daß sie kaum sich umsehen, wenn ein Schiff vorübersegelt. Sie bilden -den schroffen Gegensatz zu den Thierhütern an den Wasserrädern und -zu andern arbeitsscheuen Arabern. Es geschieht wohl auch, daß, ohne -wei<span class="pagenum"><a name="Seite_124" id="Seite_124">[S. 124]</a></span>tere Vorrichtung, ein Mann mit einem Korbe aus dem Nile Wasser -schöpft und in einen Kanal ausschüttet. Wenn die Egypzier freilich so -viel Stammholz besäßen, wie die Europäer und Amerikaner, so würden -sie unzweifelhaft ihre Körbe an wasserdichte Kübel vertauschen. -Eine Menge Wassergräben durchkreuzen netzweise die Feldereien, -damit diese überall bewässert werden. Daher die kleinen Feldbeete, -ähnlich unsern Gartenbeeten. Gewöhnlich zieht man bei uns Gräben, um -das Wasser <em class="gesperrt">ab</em>zuleiten, bei den Egypziern aber, um dasselbe -<em class="gesperrt">zu</em>zuleiten. Es wäre voraus zu sehen, daß die egyptischen Gräben -nicht tief sein dürfen, während ihnen in Europa, wo man dem Wasser -Abfluß verschaffen will, die entgegengesetzte Eigenschaft zur Tugend -angerechnet wird. Wenn man in Egypten das Wasser nicht mehr in ein Beet -fließen lassen will, so wird, vermittelst der Hände, der Graben mit -Koth und Schlamm zugedämmt. Um einen Begriff zu geben, wie stark die -Pflanzen unter Wasser gesetzt werden, so stand der Mais, welcher hier -blühte, dort klein war, hie und da einige Zoll hoch in zugeleitetem -Wasser.</p> - -<p>Die Bewässerung ist die Hauptarbeit, welche der Boden erfordert. -Sicher bereitet sich der egyptische Bauer mit Wasser, sofern, im -seltenen Falle, der Nil es ihm weder zu reichlich, noch zu sparsam -zutheilt, den Feldsegen. Der<span class="pagenum"><a name="Seite_125" id="Seite_125">[S. 125]</a></span> europäische Bauer schwankt wie der -Segelmann. Will dieser glücklich fahren, so muß günstiger Wind wehen; -will jener ernten, so muß lauer Regen das Feld netzen. Der Wind aber, -wie der Regen, kommen von der unsichtbar waltenden Hand, welche kein -Sterblicher zu leiten vermag. Und wenn auch dem europäischen Bauer ein -lauer Regen Segen zuwinkt, ach, es muß ihn noch bangen, daß das Wasser -des Himmels nicht durch Ueberschwenglichkeit, oder daß kein harter -Frost, kein schwerer Hagel die Hoffnung auf Ernte vereiteln. Wenigstens -kann kein Hagel die Hoffnung des egyptischen Fellah zernichten.</p> - -<p>Neben dem Bewässerungsgeschäfte sind Säen, Hacken oder Pflügen und -Ernten die Arbeiten des Ackerbauers. Man machte mir die Mittheilung, -daß, wenn das Ueberschwemmungswasser ganz niedrig stehe, bloß der -Same auf das Wasser ausgestreut werde. Mit dem Versiegen des Wassers, -hieß es, ziehe sich der Same in die Erde, und man dürfe nur die Ernte -abwarten. Das erzähle ich einem Franken nach; ich will nun aber dessen -gedenken, wovon ich selbst Zeuge war. Ich sah säen und hacken oder -pflügen. Sobald das Wasser verschwunden war, wurde der Same mit einer -krückenförmigen Hacke oberflächlich unter die Erde gebracht oder viel -eher gescharrt. Ich glaube nicht, daß die Hacke sechs Pariser-Zoll tief -griff. Der<span class="pagenum"><a name="Seite_126" id="Seite_126">[S. 126]</a></span> Pflug, welchen ich genauer ins Auge faßte, hatte nur ein -Sech, keine Schar. Er ging nicht tief, und ließ eine undeutliche Furche -zurück. Es konnte mit diesem Pfluge lediglich bezweckt werden, die Erde -etwas durch einander zu wühlen. Zwei Thiere zogen ihn, jedes an einem -Stricke, welcher am Halse festgemacht war.</p> - -<p>Von den Ackergewächsen erwähne ich einzig des Hanfes und der -Baumwollpflanze. Der Hanf wird sehr hoch, ja manneshoch und riecht -gewürzhaft. Wegen seines angenehmen Geruchs ist es eine Lust, in -der Nähe eines Hanffeldes zu wandeln. Eben bereitete er sich zum -Blühen vor. Ohne an mein Vaterland mich zu erinnern, wo die Baumwolle -mit vielem Fleiße verarbeitet wird, konnte ich den merkwürdigen -Pflanzenstengel nicht betrachten. Dieses Gewächs bedeckt ungeheure -Strecken des Delta. Es wuchs gleichsam vor den Augen beinahe durch alle -seine Entwickelungsperioden heran: Hier Knospen, dort Blüthen, hüben -Kapseln, drüben Wolle, gerade so, als würden alle Aufzüge und Auftritte -eines Schauspieles auf einmal sich aufrollen.</p> - -<p>Wenn der Herr des Himmels und der Erde ein besonderes Füllhorn des -Segens über das Egyptenland ausgegossen zu haben scheint, so wird -befremdlich, daß das Wenigste dem Bauer angehört, was er dem Boden -abgewinnt.<span class="pagenum"><a name="Seite_127" id="Seite_127">[S. 127]</a></span> Den Stoff zur Kleidung, welche er sich verfertigt, verkauft -er an den Pascha, und dieser gibt ihn um die Hälfte theurer zurück. -Der Fellah darf keinen Faden am Leibe tragen, wenn er ihn nicht dem -Pascha, dem ersten Kaufmanne in Egypten, abgekauft hat. Die ganze -Last von Baumwolle drängt sich in die Hand des Vizekönigs zusammen, -welcher damit <em class="gesperrt">allein</em> Handel treibt. Kurz, die Bauern sind nur -Lehenbauern. Der Pascha ist der Grundherr, der Grundbesitzer des -Landes, und dieses Verwaltungssystem bewirkt, daß der Fellah, unter -dem Drucke des Monopols, selbst zur frohen Erntezeit seufzet. Es ist -seltsam, daß noch kein fränkischer Ulema die Härte des Pascha darum -vertheidiget, weil sie dem rechtgläubigen Bauer den Anlaß gebe, sich um -so inniger nach den Freuden des ewigen Lebens in dem immergrünen Garten -zu sehnen.</p> - -<p>Wir begegneten einer Schiffsladung getrockneter Mistfläden. Wo das -Holz, wie hier, so theuer ist, läßt man sich selbst den Gebrauch -solcher Dinge gefallen; sie dienen als Brennstoff, und kann der -Abendländer glauben, daß sogar mit dem Eckelhaftesten vom Menschen -geheizt wird? und wenn es der St. Louisianer in Amerika glaubte, würde -er sich nicht davor entsetzen, da er nicht einmal die Milch<span class="pagenum"><a name="Seite_128" id="Seite_128">[S. 128]</a></span> von einer -Kuh genießt, welche Gras von einer mit Hausjauche besprengten Wiese -fraß?</p> - -<p>Ueber Warnâm begann rechts die Düne; links Weideland und Hirtenzelte. -Ich erging mich an einer Herde schwarzer Büffel. Dieses Thier ist für -Egypten gar nützlich. Der Büffel hält sich sehr gern im Wasser auf, -auch liegend und wiederkauend. Es ist kurzweilig, zu sehen, wie er über -das Wasser schwimmt, um an den Ort zu gelangen, wo er zu übernachten -pflegt. Der behende Hirte schwingt sich wohl auch auf den Rücken des -Thieres, das ihn schwimmend ans Land trägt.</p> - -<p>Erst von Schmûn aus erblickte ich die Pyramiden von Gizeh. Sie halten -mit der aufragenden Düne gleiche Höhe, und ich hielt sie zuerst für -Schiffssegel, vielleicht weil ich kurzsichtig (<span class="antiqua">myops</span>) bin. — -Bis <em class="gesperrt">Abu-èl Gheied</em>.</p> - -<table class="ortschaften" summary="Ortschaften am Nilufer, IV"> - <tr> - <td class="tdc"> - <em class="gesperrt">Rechtes Ufer.</em> - </td> - <td class="tdc"> - <em class="gesperrt">Linkes Ufer.</em> - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Samüt-Rosiéh. - </td> - <td> - Èl-Chatabẻ. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Sagiéh. - </td> - <td> - Bini-Sèlâmé. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Tagwueh. - </td> - <td> - Awlatt-Fèradsch. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Èl-Hamum. - </td> - <td> - Dé-Rîß. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Karfòrtereiné. - </td> - <td> - Wardàn. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Munsi. - </td> - <td> - Abu-Ghalibb. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Èl-Manschîé. - </td> - <td> - Èl-Katta. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Dschures. - </td> - <td> - Gisahijeh. - </td> - </tr> - <tr> - <td> -<span class="pagenum"><a name="Seite_129" id="Seite_129">[S. 129]</a></span> - Abu-Awuali. - </td> - <td> - Niklé. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Sidi-Ibrahîm. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Schmûn. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Tâlié. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Gawâdi. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Èl-Baraniéh. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Èl-Gonamiéh. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Mimèt-èl-Arûß. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Kaffer-Mansûr. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Schaschâ. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Schatanỏff. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Darawû. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Schalakan. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Charabaniéh. - </td> - <td> - - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Abu-èl-Gheied. - </td> - <td> - - </td> - </tr> -</table> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Donnerstags den 22. -Weinmonat.</em></p> - -<p>Die Nachricht, daß wir in der Nacht an der Spitze des Delta -vorüberfuhren, betrübte mich zum Theile, weil ich von ihr nichts sah. -Des Morgens lagerte ein wenig Nebel, der aber bald sich verzog. Durch -die Vereinigung der Nilarme erscheint der Nil kaum breiter, wohl aber -geben ihm zahlreichere Schiffe mehr Leben. Der Berg Mokatam, links -oben die westliche Kuppe des arabischen Ge<span class="pagenum"><a name="Seite_130" id="Seite_130">[S. 130]</a></span>birges, der Basanites Lapis -der Alten, an dessen Fuße Kairo sich ausbreitet, brachte angenehmen -Wechsel in die Aussicht. Seit einiger Zeit mußte ich den Anblick eines -höhern Hügels entbehren, und darum ruhte auf jener Kuppe mein Auge mit -besonderm Wohlgefallen. Man fühlt eine gewisse Leere in der Seele, wenn -liebgewonnene größere Eindrücke auf längere Zeit keine Nahrung finden, -und ein neues, erquickliches Aufleben durchzuckt das Innere, wenn liebe -alte Eindrücke durch verwandte neue in einem Male aufgeweckt werden. -Mittlerweile wuchsen die Pyramiden immer stattlicher heran.</p> - -<p>Meine Reise fiel in die Ueberschwemmungszeit. Die Wasser, wiewohl im -Fallen, strömten doch noch in ziemlicher Höhe, ein Umstand, der für uns -gerade günstig war, da bei niedrigem Wasserstande das Fahrzeug leicht -strandet; denn es kostet oftmals viel Anstrengungen, bis es flott wird.</p> - -<p>Eine neue Erscheinung für Egypten sind die Telegraphenthürme. Dann und -wann unterbrechen sie während der Nilfahrt die Gleichförmigkeit der -Aussicht. Für ein Zeichen der höhern Kultur mochte ich sie eben nicht -ausgeben, und wahrscheinlich thun sie ihr nicht den leisesten Vorschub. -Dem Europäer mögen sie Vergnügen gewähren, indem sie ihn an das Land -seiner Väter zurückmahnen, und indem er sich aufs neue der Wahrheit -bewußt wird, daß nun Eu<span class="pagenum"><a name="Seite_131" id="Seite_131">[S. 131]</a></span>ropa mit seinem Tochterlande Amerika den -eigentlichen Brennpunkt der Wissenschaften und Künste, der Entdeckungen -und Erfindungen bildet. Vielleicht kommen die Telegraphen, die -schnellen Ueberbringer oberherrlicher Befehle, in Egypten der seidenen -Schnur trefflich zu Statten.</p> - -<p>Links sahen wir noch nach <a name="Schubbra" id="Schubbra"></a>Schubbra, welches sich eines vizeköniglichen -Gartens von seltener Schönheit rühmt, und an einer Stadt ergötzte sich -das Auge schon von Ferne her. Es war <em class="gesperrt">Bulâk</em>, in dessen Hafen wir -bald einliefen.</p> - -<table class="ortschaften" summary="Ortschaften am Nilufer, V"> - <tr> - <td class="tdc"> - <em class="gesperrt">Rechtes Ufer.</em> - </td> - <td class="tdc"> - <em class="gesperrt">Linkes Ufer.</em> - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Galiubb. - </td> - <td> - Burgaschi. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Basûß. - </td> - <td> - Errahauwi. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Mid-Halfé. - </td> - <td> - Òm-dinâr. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Damanhur. - </td> - <td> - Dikelkó. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Schubbra. - </td> - <td> - Èl-Achsâß. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Minièt-èl-Sirik. - </td> - <td> - Dschaladmé. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Gésiret-èl-Batrân. - </td> - <td> - Hassan-inn. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Bulâk. - </td> - <td> - Èl-Górótin-Hin. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - - </td> - <td> - Russim. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - - </td> - <td> - Sigîl. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - - </td> - <td> - Tanâsch. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - - </td> - <td> - Gésiret-Mohammet. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - - </td> - <td> - Waran. - </td> - </tr> - <tr> - <td> - - </td> - <td> - Embâbé. - </td> - </tr> -</table> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_132" id="Seite_132">[S. 132]</a></span></p> - -<p>Wir langten in Bulâk eben in der größten Sonnenhitze an, und wir -konnten zwischen der großen Menge von Kähnen uns nur mit Mühe Platz -verschaffen, auf daß wir das Ufer erreichten. In Atfue zerschmetterten -wir beim Anlanden den Hintertheil einer Barke, ohne daß es viel Krieg -absetzte.</p> - -<p>Unsere Barke war nicht schön, doch gut. Der europäische Holzarbeiter -würde an ihr Manches ausgesetzt haben. Dafür leistete sie reichlichen -Ersatz mit Mäusen und andern Plaggeistern. Ich wußte mehr als einmal -beinahe nicht: Wo wehren? In der Kajüte stand, nach der Uebersetzung -des französischen Dragoman, an der Wand auf arabisch, daß man sich -den Verordnungen zu unterziehen habe. Etwa den Verordnungen dieser -Unholden? Ueber unserer Barke schwebte die dreifarbige Flagge der -Franzosen.</p> - -<p>Nachdem meine Effekten untersucht waren, wurden sie auf einen Esel -gepackt, und einen andern bestieg ich. An hohen Häusern, zwischen -denen angenehme Kühlung herrschte, ritt ich vorüber, und bald war -ich außerhalb der Stadt. Jetzt, im Freien, erblickte ich das große -<em class="gesperrt">Kairo</em>, ehedem das Kahira, jetzt das Maser des Arabers. -Ergreifendes Schauspiel. Keine halbe Stunde mehr, und ich befand -mich in den Ringmauern der Hauptstadt. Da verließen mich die beiden -Franken, und, mit einem Eseltreiber allein,<span class="pagenum"><a name="Seite_133" id="Seite_133">[S. 133]</a></span> zog ich fürbas. Kairo -machte gleich Anfangs einen ungemein günstigen Eindruck auf mich. In -dem Wirrwarre von Häusern und Gassen folgte ich getrost der Führung des -Eseltreibers. Er hätte mich in eine <span class="antiqua">Casa di Diavolo</span> verführen -können. Ich wollte freilich nicht dahin, sondern ins Quartier der -Franken (el-Musky), die übrigens in Kairo vielmehr zwischen den -Mohammetanern zerstreut leben, als in Alexandrien. Lange ritt ich durch -Gassen und Gassen, jetzt krumm herum, dann gerade dahin, ohne daß ich -einem Abendländer begegnete. Ich war auf dem Punkte, Zweifel zu fassen, -daß mein Geleitsmann das Quartier der Franken wisse. Auf einmal bog er -um, und ich erblickte Hüte. Ich war richtig im Quartiere; umsonst aber -suchte ich die Lokanda, die man mir empfahl. Und kurzen Prozeß, — ich -ritt zum ersten besten Wirthshause.</p> - -<p>Der Wirth des <span class="antiqua">Hôtel de l’Europe</span> wies mir ein gefälliges und -hohes Zimmer an; aber kaum sah ich mich recht um, so fand ich ein Licht -ohne Glasfenster. Das fiel mir schwer; denn bei offenem Fenster wollte -ich nicht schlafen. Dem Uebel war auch bald geholfen; der Gastgeber -eröffnete mir ein anderes Zimmer, welches mit Thüre und Fenster -gesperrt werden konnte. Die heimatlichen Gefühle erneuerten sich, als -wäre ich in einem Gasthause des Abendlandes; eine Mousquetiere (Vorhang -um das Bette, gegen<span class="pagenum"><a name="Seite_134" id="Seite_134">[S. 134]</a></span> die Stechfliegen) und eine gute, reine Bettung -ließen mit Recht eine süße Schlafnacht erwarten. Man lernt den ruhigen -Genuß des Schlafes erst recht schätzen, wenn man desselben, sei es -durch die Plage des Ungeziefers, oder durch andere störende Einflüsse, -eine Zeitlang beraubt war.</p> - -<div class="chapter"> - -<h2 class="nobreak" id="Kairo"><b>Kairo.</b></h2> - -</div> - -<h3 class="nopad" id="Kairo_Lage"><b>Lage der Stadt, Strich des Himmels und -Gesundheitszustand der Menschen.</b></h3> - -<p>Kairo oder Großkairo liegt fünfzig deutsche Meilen südlich von -Alexandrien, unweit vom rechten Ufer des Nilstroms und auf einer Ebene -bis an den Hügel Mokatam.</p> - -<p>In hohem Grade beneidenswerth sind die Europäer in Alexandrien und -Kairo. Die Alexandriner rühmen das Klima von Alexandrien und tadeln -dasjenige von Kairo. Die Kairaner dagegen erheben den Himmel von Kairo -auf Kosten desjenigen von Alexandrien. Es ist mit besonderer Güte -dafür gesorgt, daß die Einen mit dem zufrieden sind, womit die Andern -unzufrieden wären.</p> - -<p>Kairo streift an den 30. Grad nördlicher Breite. Wenn die Sonne am -höchsten steht, brennt sie sehr heftig. Indessen wird die Hitze eines -Windes aus der Wüste, von<span class="pagenum"><a name="Seite_135" id="Seite_135">[S. 135]</a></span> den Pyramiden her, weit weniger leicht -ertragen, als die größte Hitze des Sommers. Diesen Wind nennt der -Araber <em class="gesperrt">Chamsîn</em>, das heißt, <em class="gesperrt">Fünfzig</em>; denn er weht fünfzig -Tage und fünfzig Nächte, aber einige Tage und Nächte mit ausnehmender -Stärke und Verderben. Er hebt Mitte Aprils an, und treibt viel Staub -vor sich hin, so daß vor demselben, auch mit möglichster Sorgfalt, -die zubereitete Nahrung auf dem Tische des wohl verschlossenen -Zimmers nicht leicht geschützt wird. Im Winter fällt der Regen, doch -in der Regel sehr wenig. Gewölke sah ich auch hier zur Genüge, und -ich zählte keinen einzigen wolkenlosen Tag. Man will ebenfalls in -dieser Gegend von Egypten eine Veränderung des Klimas zu Gunsten des -Wasserniederschlages wahrgenommen haben.</p> - -<p>Um mich des Gesundheitszustandes einigermaßen zu <em class="gesperrt">vergewissern</em>, -suchte ich in dem Tauf- und Sterberegister der lateinischen Gemeinde -bei den Kapuzinern (Kloster <span class="antiqua">de propaganda fide</span>) nach. Ich rühme -die Freundlichkeit und Bereitwilligkeit, womit der würdige Guardian -meine Nachforschungen unterstützte. So wenig meine Erwartung durch die -Anlage des Todtenbuches gerechtfertiget wurde, so wäre noch weit minder -bei den Mohammetanern auszubeuten gewesen, die auf dem Kissen des -Fatalismus gar zu sanft schlafen. Ich möchte das von der lateinischen<span class="pagenum"><a name="Seite_136" id="Seite_136">[S. 136]</a></span> -Gemeinde (die namentlich auch Levantiner zählt) gewonnene Resultat -allerdings nicht als Maßstab für die gesammte Bevölkerung von Kairo -vorhalten. So viel leidet indessen kaum einen Widerspruch, daß es, -weil es eben von Einwohnern dieser Stadt abgezogen wurde, eher im -Allgemeinen die Bevölkerung Kairo’s ankündigt, als irgend eine andere. -Im jährlichen Durchschnitte starben, mit Ausnahme des Jahres 1831, -in den 10 Jahren 1824 bis und mit 1834, 36 Personen, und 47 wurden -getauft. Wenn der Getaufte zur Bevölkerung sich verhielte gleich 22 zu -1, wie in dem französischen Finistère-Departement, wo gerade 1 auf 22 -geboren wird, so wäre die lateinische Gemeinde 1034 Seelen stark. Jeder -Sachkundige sieht ein, daß dieser Schluß um so mehr Mißtrauen erregt, -je gewisser die Gemeinde eine sehr zusammengesetzte und wandelbare -Bevölkerung enthält. Das Alter der Verstorbenen fand ich bloß in den -Jahren 1833 und 1834 genügend verzeichnet. In diesen Jahrgängen fehlt -es einzig bei zwei erwachsenen Personen, denen ich willkürlich 20 -Jahre gab. Die insgesammt (durch diese zwei Jahre) 114 Verstorbenen -hatten zusammen ein Alter von 2180 Jahren, 10 Monaten und 14 Tagen. Die -durchschnittliche Lebensdauer beträgt demnach 19 Jahre. Die älteste -Person, welche ich im Sterberegister traf, war eine <em class="gesperrt">Maria Hadad</em> -aus Jerusalem;<span class="pagenum"><a name="Seite_137" id="Seite_137">[S. 137]</a></span> sie brachte ihr Leben auf 95 Jahre. <em class="gesperrt">Prosper -Alpinus</em> gibt den Egypziern ein sehr langes, und selbst ein längeres -Leben, als den Europäern, ohne jedoch einen Beweis für seine Behauptung -anzuführen. In den genannten Jahren starben im Durchschnitte während -der Monate Julius und August am meisten, und während des Hornungs am -wenigsten. Der Weinmonat gilt als der gesundeste Monat des Jahres. -Kaum weniger gesund dürften November, Jenner und Hornung sein, wie die -Sterbeliste andeutet.</p> - -<p>Die Krankheiten, welche vor den übrigen Schrecken verbreiten, sind Pest -und Cholera.</p> - -<p>Die Bubonenpest verschonte Egypten in der neuern Zeit seit dem Jahre -1824 bis zum Christmonat 1834, hiemit ein ganzes Jahrzehn. Indessen -wüthete sie im Jahr 1824 nicht besonders heftig, und es gingen aus der -lateinischen Gemeinde bloß 37 Personen in den Monaten Merz, April und -Mai mit Tode ab. Nach ältern Beobachtungen beginnt sie im Jenner oder -Hornung, schreitet verheerender während des <a name="Chamsin" id="Chamsin"></a><em class="gesperrt">Chamsîns</em> vorwärts, -und wird durch die größte Sonnenhitze gleichsam abgeschnitten. Am -<em class="gesperrt">St. Johannestage</em> glaubt der Europäer sich sicher. Im ersten -Halbjahre und im Monate Julius 1835 verlor die lateinische Gemeinde -<em class="gesperrt">zweihundert und elf</em> Pesttodte, und zwar weitaus die größte Zahl -im April und Mai. Man<span class="pagenum"><a name="Seite_138" id="Seite_138">[S. 138]</a></span> schätzte die Summe aller in Kairo an der Pest -Hingeschiedenen, wohl doch in übertriebenem Maße, auf 100,000. Die -Europäer, welchen in der letzten Pestzeit die Mittel zu Gebote standen, -sperrten sich ein. Unter alle Eingesperrte schlich sich während der -letzten Seuche die Pestkrankheit nie und nirgends ein. In einem Hause -brach zwar die Pest aus; allein sie wurde durch einen besonderen Fall -eingeschleppt. Aus einem verpesteten Hause ließ man ohne alle Gefährde -einen sogenannten Drachen zur Belustigung auffliegen. Ein Kind jenes -Hauses befand sich auf dem Söller, der Drache fiel auf dasselbe, und in -wenig Stunden erkrankte es und erlag dem Drachen — der Pest. So lange -keine Todtenregister geführt werden, dürfen die Sterbeziffern nicht -anders, als mit Zweifel betrachtet werden. Dieß gilt namentlich auch -von der geschichtlichen Angabe, daß zu Kairo im Jahr 1472 während sechs -Monaten 600,000 und, nach <em class="gesperrt">Prosper Alpinus</em>, im Jahr 1580, 500,000 -Menschen in ebenso viel Zeit an der Pest starben.</p> - -<p>In der neuern Zeit erklärten vorzüglich die französischen Aerzte, an -ihrer Spitze <em class="gesperrt">Clot-Bei</em>, aber auch der besonnenere <em class="gesperrt">Gaëtani</em> -die Seuche für miasmatisch. Mit einiger Vorsicht öffneten sie viele -Leichname und blieben verschont. Mittlerweile verschwanden drei -deutsche Aerzte als ein Opfer der Pest. Die Bravour <em class="gesperrt">Clots</em> -gefiel <em class="gesperrt">Mehemet-Ali</em><span class="pagenum"><a name="Seite_139" id="Seite_139">[S. 139]</a></span> in so hohem Grade, daß letzterer ihn in den -Generalsstand erhob, und der glänzende Halbmond hängt als Ehrenzeichen -an der Brust von <em class="gesperrt">Clot</em>, wie beim vizeköniglichen Muselmann von -Auszeichnung. Die Ansicht der neuen Propheten, daß die Pest nicht -anstecke, erfreute sich übrigens zu meiner Zeit keiner Popularität -bei den Europäern in Kairo. Diese verwarfen sie vielmehr fortwährend -als überspannt. Sie werden mit höchster Wahrscheinlichkeit sich durch -den neuen Pestfirman inskünftige am Beobachten der Quarantäne nicht -im mindesten stören lassen. Huldigten doch öffentliche Anstalten, wie -die Kadettenschule, dem Grundsatze der Sperrung, ungeachtet der Pascha -einen Miasmatiker zum Bei adelte.</p> - -<p>Die Cholera ist eine frisch gebrochene Geißel Egyptens. In den Monaten -August, September und Oktober 1831 zwickte sie aus der lateinischen -Gemeinde in Kairo 94 Personen hinweg. Manche Kairaner fürchten die -Cholera mehr, als die Pest, weil die Sperre dagegen nichts oder gar -wenig vermöge.</p> - -<p>Führe ich fort, von andern Krankheiten der Egypzier, wie von den -Pocken, den Augenentzündungen, den Ruhren, umständlicher zu reden, -manche Abendländer würden einen allzu trüben Gesichtskreis finden, und -das Land der Fleischtöpfe als ein Land unnennbarer Plagen ansehen. -Ich<span class="pagenum"><a name="Seite_140" id="Seite_140">[S. 140]</a></span> möchte aber nicht zu Vorurtheilen Stoff darbieten, deren Angel -man begierig verschlingt, ohne zu beherzigen, daß man an derselben -gefangen und gequält werde. Die Natur vergißt nicht, darüber zu wachen, -daß, wo die menschliche Vernunft ihre Aufgabe löset, das Gesetz des -Gleichgewichtes erfüllt werde.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Bauart"><b>Die Stadt nach ihrer Bauart.</b></h3> - -</div> - -<p>Die Häuser bestehen aus Mauern, und das Holz ward dazu ziemlich sparsam -verwendet. Daher die Seltenheit der Feuersbrünste in Kairo. Das häufige -Brandunglück des hölzernen Konstantinopel kennt das steinerne Kairo -nicht. Als vor wenigen Jahren eine Feuersbrunst ausbrach, wurde sie -bald gedämpft, ohne einen großen Rüstzeug von Spritzen, Feuerordnungen, -Feuerpolizei, Feuerkompagnien u. dgl.</p> - -<p>Von Mittag nach Mitternacht bildet die Stadt die längste Linie, und -in dieser Richtung wird man den Weg von einem Thore zum andern vor -anderthalb Stunden zu Fuße schwerlich zurücklegen. Lange, gerade Gassen -gibt es nicht. Sie lenken meist bald um, und verlaufen oft in ein -Gewölbe, in eine Art Passage oder Schwibbogen. Manche sind sehr schmal, -und in der Judengasse können nicht zwei Personen neben einander gehen, -ohne an einander zu streifen. Hier langen die Erker bereits zu der -entgegengesetzten<span class="pagenum"><a name="Seite_141" id="Seite_141">[S. 141]</a></span> Seite der Gasse hinüber. Auch springen dieselben hie -und da in andern Gassen, wenigstens über die Mitte in diese, hervor. -Dann und wann sieht man eine Brücke über dem Haupte. Manche Gassen sind -mit einer Art Dach versehen oder auch zeltartig zugedeckt, zumal die -Bassar. Wegen der Enge der Gassen und der Höhe der Häuser herrscht in -manchen der ersteren ein gewisses Halbdunkel, das mich nicht unangenehm -stimmte. Die Gassen darf man nicht beurtheilen, ohne das Klima in -Anschlag zu bringen. Große, offene, gerade Gassen würden in der heißen -Jahreszeit den Aufenthalt fast unerträglich machen; wie sie aber -wirklich angelegt sind, gewähren sie die möglichste Kühlung, und stehen -in einem sehr verständigen Verhältnisse zum Himmelsstriche.</p> - -<p>Hier, wo selten Regentage eintreten, und wo kein Wagenrad den Boden -durchfurcht, wäre das Straßenpflaster überflüssig. Es ist ungleich -angenehmer, auf der hart getretenen Erde dieser Stadt zu gehen, als -auf den schönen Pflastersteinen zu Paris und Wien, und der Esel, in -leisem Tritte, gleitet beinahe über die Gasse hinweg. Wenn es aber -regnet, so werden die Klagen groß, und voraus dem Kameel ist das Gehen -beschwerlich. Dann ereignen sich wohl auch Unglücksfälle. Es verdient -bemerkt zu werden, daß in den neuntehalb Jahrhunderten seit Er<span class="pagenum"><a name="Seite_142" id="Seite_142">[S. 142]</a></span>bauung -der Stadt die Gassen so wenig ausgetreten worden sind.</p> - -<p>Unreinigkeiten eckeln nicht öfter an, als in italienischen Städten. Man -glaubt im Anfange nicht, wie schnell ein Theil der Garstigkeiten von -der heißen Sonne in Staub verwandelt wird.</p> - -<p>Auf Aeser stieß ich nie im Umfange der Mauern, wohl aber zur Seltenheit -in der Umgebung der Stadt. Auf dem Wege nach Abu-Sabel labte sich eben -ein halb Dutzend herrenloser Hunde an einem todten Thiere.</p> - -<p>Ueberall, wo der Mensch <a name="lebt" id="lebt"></a>lebt, ist ihm beim Baue der Wohnungen die -ferne Sonne am Himmel das erste Augenmerk. Bei der Bauart der Häuser -von Kairo fasse man, wie bei den Gassen, das Bedürfniß wohl ins Auge. -Sie müssen gegen die Hitze schützen, während sie in Europa gegen die -Kälte schirmen sollen. Man findet daher die Zimmer in den nördlichern -Gegenden gewöhnlich klein, d. h., nicht breit und nicht tief. In Kairo -sind die Gemächer umgekehrt sehr geräumig, tief, kapellenartig. Ja -es übertreffen viel Zimmer der Stadt an Raum europäische Kirchen. -Manches staunte ich mit Wohlgefallen an, theils auch wegen der hohen -Bögen und der maurischen Zierathen. Wie dem Fußgänger und Reiter -auf der Gasse die hohen, einander nahe gegenüber stehenden Häuser -lieblichen<span class="pagenum"><a name="Seite_143" id="Seite_143">[S. 143]</a></span> Schatten werfen, so beschatten sie einander selbst, und -je schattenreicher ein Zimmer ist, desto mehr wird es geschätzt. Die -Dächer sind flach oder nur ein Boden (Söller), und das Licht fällt -nicht bloß durch Fenster, die über einander sich folgen, herein, -sondern auch durch das Dach. Ueber die Oeffnung an diesem wirft sich -gegen Mitternacht eine Nase auf, welche geschlossen werden kann. So -strömt erfrischende Luft an der Spitze des Hauses bis unten auf den -Boden von Erde oder Stein. Die Fensterscheiben selbst sind viereckig, -und es wird an einigen Orten Europas keineswegs eine neue Mode -eingeführt, wenn man dort auf runde Scheiben verzichtet, um viereckigen -Platz zu machen. Viele Häuser sind einstöckig. Ein großes Thor führt -durch den Eingang in einen Hof, wo die Küche frei steht; der Hof ist -zugleich der Rauchfang. Manches große Thor wird selten geöffnet. Dafür -steht in demselben eine kleine Thüre offen, durch die man geduckt und -mit hochgehobenem Fuße schreiten muß. Ueber dem Eingange, wenn man will -über dem Erdgeschoße, finden sich die Zimmer, welche bis zum Dache 15 -bis 25 Fuß sich erheben. Es gibt wohl auch Zimmer, die von ebener Erde -an 40 Fuß hoch anstreben. Zweistöckige Häuser gehören zwar immerhin -nicht zur Seltenheit, aber drei- und vierstöckige. Der Europäer kann -sich sehr leicht täuschen, wenn er die Häuser bloß von<span class="pagenum"><a name="Seite_144" id="Seite_144">[S. 144]</a></span> Außen besieht. -Er stellt sich hohe Gebäude vor, in denen drei Familien über einander -wohnen würden. Verschwenderisch birgt hier manchmal nur ein Stockwerk -eine Familie. Dieses berücksichtigend, könnte man nicht begreifen, daß -etwa 300,000 Menschen in Kairo wohnen oder einst gewohnt haben, sofern -man nicht wüßte, daß viele Araber einer Wohnung entbehren. Wandelte ich -Nachts nach Hause, so wurde es mir zuerst unangenehm zu Muthe, wenn ich -hier auf dem Boden der Gasse, dort auf der Bettstelle an einem Hause -einen vermummten Araber ruhen sah. In der offenen Herberge der Gasse -brachte er die Nacht hin. Die Milde eines Himmelstriches bettet den -Menschen mit wenig Mühe.</p> - -<p>An oder in den Häusern verdienen zwei Dinge noch besondere Erwähnung; -das Schloß und die Stiege. Die meisten Schlösser sind von Holz. Ein -Joch, an der Thüre befestiget, nimmt den Riegel auf. An dem obern -Theile der für den Riegel bestimmten Jochöffnung ragen, ohne strenge -Ordnung der Entfernung von einander, mehrere drähtene Stifte hervor, -die gehoben werden können, und ohne eine hebende Kraft von selber -herunterfallen. In den Riegel, als den zweiten Theil des Schlosses, -dringt auf einer Seite und an dem einen Ende eine kantige Rinne. Oben -besitzt der Riegel den Stiften entsprechende Oeffnun<span class="pagenum"><a name="Seite_145" id="Seite_145">[S. 145]</a></span>gen, und diese -sind in solcher Ordnung angebracht, daß, wenn er vorgeschoben ist, die -drähtenen Stifte vom Joche herunterspringen und eingreifen, wodurch der -Riegel gesperrt wird. Der Schlüssel, als der dritte Theil des Schlosses -und gleichfalls von Holz, ist ebenso einfach, als die vorigen Theile. -An einem Ende, das in die Rinne des Riegels läuft, stehen gerade so -viel drähtene Stifte unbeweglich herauf, als der Riegel Oeffnungen -zählt. Drückt man die Stifte des Schlüssels in diese, so heben sie die -Stifte des Joches, und der Riegel kann herausgezogen werden. — Mit -der Konstrukzion der Stiegen konnte ich nicht ins Klare kommen. Sie -sind von Stein, und von der Gestalt eines gezahnten Rades, wenn dieses -keinen Zirkel beschriebe. Sie haben ihre Befestigung nur an einer -Seite, an der Mauer des Hauses; im Uebrigen liegen sie ganz frei heraus.</p> - -<p>Aus Furcht vor dem gräuelvollen Götzendienste verbietet der Islam -die Abbildung von Menschen und Thieren. Es fehlt indessen noch -viel, daß dem Verbote von allen Mohammetanern nachgelebt wird. Es -wird schon von <em class="gesperrt">Selim</em> I. erzählt, daß er dem Sohne -<em class="gesperrt">Soliman</em> II. sein Bildniß hinterließ, über dem man die -Worte las: Sultan <em class="gesperrt">Selim Ottoman</em>, ein König aller Könige, ein -Herr aller Herren, ein Fürst aller Fürsten, ein Sohn und Kindskind<span class="pagenum"><a name="Seite_146" id="Seite_146">[S. 146]</a></span> -Gottes. Von dem jetzigen Sultan <em class="gesperrt">Mahmud</em> II. weiß man, -daß er, zum Verdrusse der Gesetzlehrer, sein Porträt dem Pascha -zuschickt. Bei Beschneidungsfestlichkeiten im Jahr 1582, zu Ehren des -nachherigen Sultan <em class="gesperrt">Mehemet</em>, wurde in einem Prachtzuge Zuckerwerk -herumgetragen, das verschiedene Arten von Thieren vorstellte, z. B. -Elephanten, Löwen, Tiger, Leoparden, Affen, Pferde, Kameele, Giraffen, -Syrenen, Falken, Habichte, Sperber, Storchen, Kraniche, Enten, Pfauen, -ein Ungethüm von riesenhafter Mannesgröße, nackt und sitzend wie ein -Schneider. Kehren wir nach Kairo zurück.</p> - -<p>Gemälde trifft man an den Häusern selten, und wenn noch, so lassen -sie allenthalben die Schülerhaftigkeit durchblicken. Europäische -Primarschüler von acht Jahren würden treuer und geschmackvoller malen. -Die Malereien an den Mauern der Häuser stellen meistentheils Laub- oder -Blumenwerk dar, das etwa aus schnörkelreichen Töpfen sich entfaltet. -Die rothe Farbe herrscht vor. Auch trägt die Mauer einiger Häuser, -rechts und links an der Thüre, einen gemalten angebundenen Löwen zur -Schau. An einem Hause ist auf ein Thier ein kleines Gebäude gepackt; -allein ich konnte nicht errathen, was für ein groteskes Ding es war, -weil die Pfuscherei wirklich zu hoch sich überboten hat. An andern -Häusern, und zwar an vielen, wech<span class="pagenum"><a name="Seite_147" id="Seite_147">[S. 147]</a></span>selt einfach die rothe und weiße -Farbe, so daß, wenn eine Reihe Quader weiß, die erste darüber roth ist. -Hie und da steht über den oben abgerundeten Thüren ein Stern. Mehr, als -an Farben versucht sich der Kairaner an Formen, und diese sind es, die -seine Geschicklichkeit verkündigen. Wo Holz verbaut ist, da liefert -es beinahe durchgängig Beweise von kunstreichen Schnitzarbeiten. Noch -triumphirender aber zeigen die Mauern das Gepräge der Kunst. Die -Moscheen (Gâma’) empfehlen sich in der Regel durch ihre Pracht, und die -hohen Thürme sind bis an die Spitze von lauter Quadern aufgeführt. Die -meisten umkrämpen zwei frei herausragende Galerien mit Geländer, und -auf dem Helme schießen Arme schief hinauf, um daran, zu Verherrlichung -der Festtage, Laternen zu hängen. Auf den Galerien hingegen wird -vom Thürmer (Muezeinn) singend der Gläubige zum Gebete ermahnt. -Dadurch wird die fehlende Glocke entbehrlich. Ueberall erregten die -sarazenischen oder maurischen Werke meine Bewunderung. Obschon ich in -meiner Kunsteinfalt einem einfachern Styl mehr Geschmack abzugewinnen -vermag, so ergötzte ich mich gleichwohl manchmal an dem Laub- und -Blumenwerk, an den bizarren geometrischen Figuren oder Arabesken. -Eine Bildsäule würde man vergebens suchen. Es geschieht nicht selten, -daß man beim Ausjäten des Unkrautes auch das<span class="pagenum"><a name="Seite_148" id="Seite_148">[S. 148]</a></span> nützliche Gewächs -herausreißt. So hat der Islam, bei Zerstörung der Götzendienerei, die -bildende Kunst überhaupt mit Füßen getreten.</p> - -<p>Aufschriften in arabischer Sprache liest man ungemein selten. -Paris sieht gegen Kairo wie ein aufgeschlagenes geschriebenes Buch -aus. Die Tochter Mokatams ist Album. Die europäischen Städte sind -Erklärungswörterbücher (Reallexika), belehrend für Kinder und Fremde, -ein <span class="antiqua">Cornu Copiae</span> von Pleonasmen für die Unterrichteten. In -Italien lernte ich manche Handwerksnamen über den Buden, und Niemand -hätte es mir verarget<a name="FNAnker_10_10" id="FNAnker_10_10"></a><a href="#Fussnote_10_10" class="fnanchor">[10]</a>.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Schloss"><b>Das Schloß, der Jussufsbrunnen und die Grabmale -von Kâyd-Bei.</b></h3> - -</div> - -<p>Wollen die Europäer wohin gehen, laufen, reiten, fahren, so werden die -gebieterischen Witterungs-<em class="gesperrt">Wenn</em> angeknüpft. <em class="gesperrt">Morgen, wenn es -gut Wetter ist</em>, heißt es. Wenn das Frauenzimmer schon <a name="Flitter" id="Flitter"></a>seinen Flitter -bereit hielt, wenn Pferde und Wagen bestellt waren, wenn die<span class="pagenum"><a name="Seite_149" id="Seite_149">[S. 149]</a></span> Liebe und -Freude den Schlaf verscheuchten, und wenn dann in der Frühe Wasser oder -Schnee vom Himmel fällt; — ach, welch saures Gesicht wird geschnitten, -welche Seufzer werden ausgestoßen, wie werden mit beklommenem Herzen -die Hände zusammen und über einander gerungen, weil — es regnet oder -schneit, und weil der Regen oder Schnee den Gang, den Lauf, den Ritt, -die Fahrt hindern. Man darf in Kairo während der sichern Jahreszeit -gut Wetter auf morgen so zuversichtlich erwarten, als das Tageslicht -selbst. Die europäischen Witterungs-Wenn sind hier daher außer -Tagesordnung und werden, Wunder genug, nicht einmal gewünscht, um sich -damit zu europäisiren.</p> - -<p>Ich lud einen Freund zu einem Spazierritte ein. Ich zählte auf diesen -mit einer Sicherheit, welche nicht vom fernsten Zweifel beengt -war. Doch haben, daß ich es zu melden nicht vergesse, die Kairaner -manchmal ein anderes Wenn und zwar ein noch schlimmeres; ich meine das -Pest-Wenn. Du ladest Abends einen muntern Freund auf morgen zu einem -Spazierritte ein; ehe der Tag graut, ereilt ihn die Pest mit ihrem -tödtlichen Gifte.</p> - -<p>Es war Sonntag. Am frühen Morgen trugen uns die Esel im -Geschwindschritte durch die Gassen und Bassar. Die Läden waren noch -nicht überall offen. Die sarazeni<span class="pagenum"><a name="Seite_150" id="Seite_150">[S. 150]</a></span>schen Schnörkeleien an den Häusern, -Thürmen und Tempeln, die arbeitenden Mohammetaner eigneten sich gleich -sehr, die Aufmerksamkeit zu fesseln. Nun etwas bergan. Der Esel schritt -immer noch schnell, und der Eseltreiber rannte keuchend nach. Schon -erblickte ich das Schloß in der Nähe. Ich verging in Staunen. Wir bogen -rechts ein, um auf der günstigsten Stelle die Stadt und ihre Umgebung -zu überschauen. Man kommt an stehenden und gestürzten mächtigen -Granitsäulen vorbei, welche, wahrscheinlich Trümmer von Memphis, über -dem Grabe der Altzeit prangen.</p> - -<p>Das ist nun Kairo unter meinen Füßen, seit Jahrhunderten ein Gegenstand -der Bewunderung, früher weniger gekannt und von den Europäern nicht -selten mit Fabeln angefüllt, von den französischen Heerschaaren -bezwungen, von ihren Gelehrten gemessen, beschrieben, gezeichnet bis -auf die kleinsten Einzelnheiten; das ist nun Kairo vor meinen Augen, -die größte bekannte Stadt in Afrika, die zweitgrößte des osmanischen -Reichs, eine der größten der Welt, mit den vierhundert Tempeln, -mit den graulichen plattdächigen, kaminlosen Häusern in dem weiten -Umkreise, mit den 200,000 Einwohnern<a name="FNAnker_11_11" id="FNAnker_11_11"></a><a href="#Fussnote_11_11" class="fnanchor">[11]</a>. Kaum kann das Auge<span class="pagenum"><a name="Seite_151" id="Seite_151">[S. 151]</a></span> ausruhen. -Südwestlich liegt Altkairo, weiter weg der die Inseln umspülende Nil, -dann die hoch aufragenden Pyramiden von Gizeh <a name="Gisa" id="Gisa"></a>(Gîsa) und Sakâra, der -wüste lybische Hügelstrich, und gegen Morgen der letzte Absenker des -arabischen Gebirges. Vor allen Gebäuden zeichnet sich durch Größe der -Hassantempel und gegen Sonnenaufgang die vielen Grabmale aus. Wo ist -aber Babylon, wo Memphis? Du bist stumm, Maser el-A’tykah, und du, -Gelände jenseits des Nilstroms.</p> - -<p>Das Schloß stützt sich auf einen Abfall des Berges Mokatam, im -Süden der Stadt. Es ist von festem Mauerwerk und sehr groß, so daß -es für sich schon eine ordentliche Stadt bildet<a name="FNAnker_12_12" id="FNAnker_12_12"></a><a href="#Fussnote_12_12" class="fnanchor">[12]</a>. Das Stockhaus -liegt im Umfange der Burg. Wegen der Schönheit wäre das Harem -nicht nennenswerth. In der Nähe desselben standen Ent<span class="pagenum"><a name="Seite_152" id="Seite_152">[S. 152]</a></span>mannte. Ein -ungewöhnlich großer Mohr verrieth durch Haltung und Geberde, durch -Stimme und Gesichtszug so völlig das bis zum kindischen unmännliche -Wesen, daß der Kontrast sich tief in meine Seele prägte. Dem Auge des -Kastraten fehlt der Glanz der Kraft und Liebe. Die ersten Frauenhüter -sah ich eben in einem Schloßhofe um ein Pferd stehen, das, mit -zusammengebundenen Füßen, auf dem Boden ausgestreckt war. Man schnitt -demselben den Schweif ab, brannte dessen Stumpf mit einem Glüheisen, -und brühte ihn dann in einer mir nicht bekannten Flüssigkeit. Die -Kastraten schienen mit Wohlgefallen der blutigen Operazion zuzusehen. -Man kann sich doch nicht bergen, daß man in Kairo leichter und -schneller die Rosse englisirt, als die Araber zivilisirt.</p> - -<p>Vom Militär, durch welches das Residenzschloß bewacht wird, stellt -der Abendländer sicher nichts Geringeres sich vor, als von der -orientalischen Pracht geblendet zu werden. Nichts weniger als Luxus. -Dafür findet man zerrissene Kleider in Menge.</p> - -<p>Wir traten in viele Hallen und Zimmer des Schlosses. Die Kanzlei hatte -ganz den orientalischen Zuschnitt; ringsum der Diwan, d. h. eine -niedrige, breite Polsterbank, ohne einen Tisch, bloß ein unbemaltes -Pult steht einsam in einem Winkel. Die Kanzlei war heute leer,<span class="pagenum"><a name="Seite_153" id="Seite_153">[S. 153]</a></span> weil -die Kanzlisten, koptische Christen, eben den Sonntag begingen. Es -klingt in Wahrheit sonderbar, daß in Egypten die Staatskanzlei eines -mohammetanischen Fürsten den christlichen Sonntag feiert. An den -Werktagen wird der Diwan um und um von den Schreibern besetzt, um nicht -zu sagen, belagert.</p> - -<p>Was auf dem Schlosse meinen Geist am meisten und mein Gemüth am -angenehmsten beschäftigte, war der sogenannte <em class="gesperrt">Jussufsbrunnen</em>. -Ein mohammetanisches Weib führte mit brennender Kerze mich hinunter. Es -war unverschleiert; doch bisweilen schnappte es in das Kopftuch, um das -häßliche, schwarzbraune Gesicht zu verhüllen. Zwei Kinder leuchteten -mir nach. Der Brunnen, über 280 Fuß tief in den Kalkfelsen gearbeitet, -ist viereckig. Man steigt auf einer Felsentreppe hinunter. Die Stufen -lassen sich jedoch an vielen Orten wegen der darauf liegenden Erde -nicht erkennen. Die innere Wand der Treppe durchdringen an vielen -Orten Oeffnungen zum Einlassen des Lichtes. Wenn man zu einer gewissen -Tiefe hinabgelangt, endet die Treppe, und mittelst eines Rades wird -das Wasser in Krügen, welche an einem Seile befestiget sind und mit -diesem umherlaufen, aus der Tiefe geschöpft und hier ausgeleert. Ein -zweites Rad findet sich oben, welches mittelst der Krüge das Wasser -von der nächsten Stazion<span class="pagenum"><a name="Seite_154" id="Seite_154">[S. 154]</a></span> heraufholt, um es dort ans Tageslicht zu -bringen. Von dem Orte, wo das untere Wasserrad angebracht ist, senkt -sich der Brunnen bis zum Wasserspiegel, welcher mit dem Nil die Höhe -theilt, so tief, daß einige Sekunden verstreichen, bis man den Fall -des hinabgeworfenen Steins vernimmt. Neben dem untern Rade greift -eine Kerbe in den Fels, wo ein weiß marmorner Turban, das Grabmal des -<em class="gesperrt">Jusef Salâh el-Dyn</em> (des berühmten <em class="gesperrt">Saladin</em>), ruht. Man -fühlt in der Tiefe eine angenehme Temperatur, und es fällt eben so -leicht, als es die Mühe lohnt, Zeuge eines so merkwürdigen Denkmals -zu sein. Mich erinnerte dieser Erdenthurm und die Treppe an den -Markusthurm und dessen Treppe in Venedig.</p> - -<p>Vom Schlosse weg wendeten wir uns, indem wir die auf einen Schutthügel -gebauten Batterien zur Linken ließen, gegen den nach Suez führenden -Wüstenweg, um die Moscheen und Grabmale der Großen (Turâb Kâyd-Bei) zu -durchstreifen. Jener Hügel verdeckte unsern Blicken die Stadt, und das -Schloß sperrte die Aussicht nach Süden. Die Grabmale, in einem Thale -auf sandigem Grunde, stellen meist Thürme oder Moscheen dar. Von diesen -umringt, glaubt man sich mitten in einer Stadt; man <em class="gesperrt">ist</em> in einer -Leichenstadt. In der Bauart der Grabmale bespiegelt sich offenbar der -schmuckselige Sarazene, welcher Fleiß<span class="pagenum"><a name="Seite_155" id="Seite_155">[S. 155]</a></span> mit Geschmack verband. Große -Schätze sind an den unbewohnten ansehnlichen Gebäuden aufgegangen; aber -leider zerfallen diese, und lassen den Genossen unserer Tage eine Reihe -von Jahrhunderten aus der Urne der Zeit verwünschen, damit er dieselben -in dem Zustande der Unversehrtheit bewundere. Beim Anblicke zerstörter -oder der Zerstörung entgegeneilender, ausgezeichneter Kunstwerke möchte -man beinahe vorziehen, daß sie nie entstanden wären, nur um des bittern -Schmerzes über ihren Zerfall überhoben zu werden.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Militaerkrankenhaus"><b>Das Militärkrankenhaus.</b></h3> - -</div> - -<p>In der Esbekieh nimmt ein Krankenhaus den Kriegsmann auf. Für das Zivil -würde man eines nach europäischer Einrichtung vergebens suchen, — doch -mit Ausschluß der Franken, welche in ihren kranken Tagen allerdings -öffentliche Pflege erhalten, indem sie in dem Militärkrankenhause -untergebracht werden. Ausnahmsweise hat das arabische Zivil ins -Spital ein junges Mädchen geliefert, bei welchem die Steinoperation -vorgenommen werden mußte.</p> - -<p>Das Gebäude ist massiv von Stein erbaut, und begreift zwei Höfe in -sich. Es enthält große Säle; so einen mit 24, einen andern mit 60 -Kranken. Die Krankenzim<span class="pagenum"><a name="Seite_156" id="Seite_156">[S. 156]</a></span>mer sind auch licht; aber in einigen kam dem -Eintretenden ein unangenehmer Geruch entgegen, das <em class="gesperrt">zuverlässigste -Zeichen</em>, daß sie nicht reinlich genug gehalten werden.</p> - -<p>Man traut den eigenen Augen kaum, wenn man zu einem Araber -geführt wird, welcher mit Arsenik das Gesicht sich raubte, um des -Militärdienstes unfähig zu werden. Fälle, daß die Araber in dieser -Absicht sich mit Blindheit schlagen, ereignen sich nicht selten. Aus -dem gleichen Grunde werden auch Finger verstümmelt, Zähne ausgebrochen -u. s. f. Eine <em class="gesperrt">Mutter</em> stach ihrem Sohne ein Auge heraus, um ihn -nicht verlieren zu müssen.</p> - -<p>Die Apotheke des Spitals sieht sehr unscheinbar aus. Es ist merkwürdig, -wie hier Leute zu Apothekern geschnellbleicht werden. Ein polnischer -Offizier berechnete, daß er als Apotheker besser stehen würde. Er -meldete sich an, ist gegenwärtig als Apotheker angestellt, und bildet -sich auf seine Kunst sehr viel ein. Unwissenheit und Eigendünkel -gehen Hand in Hand. Ein weiland österreichischer Aide-Major hielt -sich einst eine Zeitlang in einer Droguerie auf. Er bewarb sich um -eine Apothekerstelle, bekam Anstellung, und eben während meines -Aufenthaltes in Kairo durchsprang er einen Theil der kurzen Lehrzeit -(von beiläufig einem Monate). Dieser Leichtsinn, womit die Stellen -im Gesundheitsdienste verliehen werden, erscheint indeß in einem -mil<span class="pagenum"><a name="Seite_157" id="Seite_157">[S. 157]</a></span>dern Lichte, wenn man den großen Mangel geeigneter Subjekte ins -Gedächtniß zurückruft. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Regierung -der Aufnahme solcher Glücksritter in den Staatsdienst einen Riegel -vorschöbe, wenn ihr eine Auswahl zu Gebote stände. Man macht in -Egypten, wie anderwärts, aus der Noth eine Tugend.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Narrenmenagerie"><b>Die Narrenmenagerie.</b></h3> - -</div> - -<p>Es gibt Leute, die sich an den Namen mehr ärgern, als an den Dingen. -Bei solchen besorge ich wohl, daß sie an dieser Ueberschrift Anstoß -nehmen. Vorläufig möchte ich sie aber damit beruhigen, daß der -Ausdruck, so hart er klingen mag, doch nicht härter ist, als die Sache, -die er bezeichnet.</p> - -<p>Um dem Eseltreiber verständlich zu machen, wohin ich wolle, ließ ich -ihm sagen, daß er mich dahin führe, wo die Narren und die Närrinnen -seien.</p> - -<p>Ich kam in einen Palast, das berühmte Spital <em class="gesperrt">Muristan</em>, welches -mit der schönen Moschee gleichen Namens zusammenhängt. Ein geduckter, -etwas kleiner Mann mit einem grauen Barte, stand in einem Vorzimmer; -er fiel mir zuerst nicht auf. Es war der Menagerieinspektor. Mein -Führer eröffnete ihm meine Absicht, — denn ich<span class="pagenum"><a name="Seite_158" id="Seite_158">[S. 158]</a></span> konnte durchaus nicht -arabisch, — und ohne Anstand ward mir der Eintritt bewilliget. Noch -aber ließ ich Brote holen, um sie unter die Kranken zu vertheilen. -Die Zufriedenheit mit Wenigem ist in der Regel ein Zeichen echter -Selbstbeherrschung; die Zufriedenheit mit einem geringen Geschenke -zeugt gemeinhin von wahrer Dürftigkeit. Auf diese zählend, hoffte ich -mit meinen Kleinigkeiten Liebes zu thun.</p> - -<p>Nun wurde die Thüre aufgeschlossen. Ich war nur Auge, nur Ohr. Ein -viereckiger Hof, in dessen Mitte ein steinernes Becken, selbst mit -dem unlautern Wasser, fürs Auge gute Wirkung macht, zieht voraus den -Blick an sich. Der erste Eindruck verspricht Gutes; allein er trügt -nur zu gewiß: denn den gefälligen Hof umgeben lauter Käfiche, an -Stattlichkeit und Solidität gleich denjenigen für die Thiere, welche -zur Schau gestellt werden. Um den Schein einer Menagerie zu vollenden, -erheben sich die Krankenzellen bühnenartig. Das Licht und die -Speisen gelangen durch ein eisernes Gitter, welches nicht Manneshöhe -erreicht. Die Zelle ist schmal, doch hoch. Ich konnte die Zellen und -die Kranken nicht zählen; denn der Menagerieinspektor sputete sich -zu sehr, weil er vielleicht meinte, daß die Kranken beim Anblicke -eines Giaur (Ungläubigen) gewaltig beunruhiget würden. Ich glaube, -daß<span class="pagenum"><a name="Seite_159" id="Seite_159">[S. 159]</a></span> den Hof sechszehn Zellen umfassen. Sie sind sämmtlich von festem -Mauerwerk. In den meisten Zellen fand ich einzig einen Kranken, in -einer andern aber selbst drei, wovon einer angekettet war. Der letzte -nämlich trug ein Halseisen mit einer langen Kette. Diese lief durch -das Gitter, und ward so weit unten festgemacht, daß der Kranke mit -den Händen die Endglieder derselben nicht ergreifen konnte. Hände -und Füße blieben dabei ungefesselt. In Europa würde man bei solcher -Anfesselung das Selbsterdrosseln befürchten. Zur Bettung dient dem -Kranken im besten Falle etwas Stroh, sonst der harte Boden. Dieß -ist nicht das Herbste des Schicksals. Wie der Hunger die Küche bald -gut bestellt, so bereitet der Mangel an Schlaf dem schwankenden und -trunkenen Haupte ohne Schwierigkeit einen Polster, und am Ende macht -sich die Macht der Gewohnheit geltend. Vielleicht werde ich letztern -Satz gelegentlich einmal wiederholen, weil dessen Wahrheit beinahe nie -genug ausgesprochen und beherziget werden kann. Einige Kranke waren -ordentlich gekleidet, andere aber wenig oder fast gar nicht.</p> - -<p>Wie ich vor die ersten Käfiche trat, wollte ich das Brot selbst -austheilen; allein der Menagerieinspektor wand mir es mit einer -Meisterfertigkeit aus der Hand, und mir war klar, was ich thun oder -lassen sollte. Meine fränki<span class="pagenum"><a name="Seite_160" id="Seite_160">[S. 160]</a></span>sche Person schien den Unglücklichen -wenig Aergerniß zu geben; sie haschten, wie kleine Kinder, nach dem -Geschenke, welches ihre Aufmerksamkeit für den Augenblick verschlingen -mochte. Nur ein Andächtiger, der betend auf den Knieen lag, und den -Boden anglotzte, nahm von Allem, was vorging, keine Notiz. Dagegen -betrug sich sein Nachbar um so rühriger, und er erhob ein betäubendes -Geschrei. Der Aufseher warf einen Lappen Brot ihm zu. Das war der -Friedensbote, welcher alsobald den Sturm besänftigte, nachdem eine Art -Mensch, vielleicht ein Menagerieknecht, vergeblich den Stock über ihn -geschwungen hatte. Schlagen sah ich nicht.</p> - -<p>Uebrigens hält man mit dem Schlagen oder Peitschen in Egypten keine -genaue Rechnung. Jeder Herr peitscht oder prügelt seinen Diener. Das -Schlagen des kranken Irren wird in Egypten unzweifelhaft nicht die -gleiche Wirkung hervorbringen, welche man sich in Europa versprechen -würde, und wenn in diesem Welttheile mit dem verwerflichen, -barbarischen Mittel zur Seltenheit Heilungen erzielt wurden, so würde -es von dem ans Schlagen beinahe mehr als ans Brotessen gewöhnten Araber -mit Gleichgültigkeit, wenigstens mit abprallender Härte ertragen werden.</p> - -<p>In der Flüchtigkeit ward ich ruhige Gesichter und gut<span class="pagenum"><a name="Seite_161" id="Seite_161">[S. 161]</a></span> genährte Leute -in den Käfichen gewahr. Es beschwichtiget gewissermaßen zuletzt der -gegründete Glaube, daß die Eingekerkerten doch nicht mit Hunger gequält -werden.</p> - -<p>Als ich schon zur Thüre hinaus war, hörte ich noch den Lärm der Irren, -selbst vor dem Geklirre der Ketten. Von der Besorgung der Närrinnen -weiß ich weder etwas Rühmliches, noch etwas Tadelnswerthes. Den Männern -ist der Eintritt in die Weiberzellen untersagt, wohl aber <em class="gesperrt">Knaben</em> -bis zum Alter von ungefähr neun Jahren erlaubt.</p> - -<p>Bei einem zweiten Besuche vergönnte man mir mehr Zeit. Ich konnte -achtzehn Käfiche zählen. Dießmal überzeugte ich mich von der -zurückstoßenden Unreinlichkeit. Daß in diesen Krankenställen keinerlei -Versuche zur Heilung vorgenommen werden, versteht sich von selbst.</p> - -<p>Das kultivirte Europa schaudert wie vor der Einrichtung der -Observazionsanstalt in Alexandrien, so vor einer solchen Behandlung -unglücklicher Irren. Wie lange her ist es aber, daß dort das -Licht der Humanität glänzt? Noch vor einem Jahrhunderte wurden -die unschuldigsten Gemüthskranken, gleichwie die schuldigsten -Verbrecher, fast durchgehends in Ketten geworfen. Vielleicht werden -die bemitleidenswerthen Gemüthskranken an das eiserne Kriegsherz des -Pascha klopfen, daß es erweicht wird, und falls er dem gräßlichen -Uebelstande wehrt, so flicht er sich schönere<span class="pagenum"><a name="Seite_162" id="Seite_162">[S. 162]</a></span> Lorbeeren um sein -Haupt, als wenn er noch einmal Militärkrankenhäuser, Arzneischulen und -andere Anstalten, Pulvermühlen und andere Fabriken ins Dasein riefe, -und er bleibt unsterblicher unter den Sterblichen, als wenn auf sein -Machtwort der Anbau einer zweiten Baumwolle und eines zweiten Oelbaumes -u. dgl. gediehe. Insbesondere die edeln Züge des Zartgefühles für -das Wohl und Weh aller Menschen, ohne Ansehung des Standes und des -Vermögens, erwartet das aufmerksame Europa von dem schöpferischen und -durchgreifenden Vizekönige des Egyptenlandes.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Stadt_der_Einaeugigen"><b>Die Stadt der Einäugigen und -der Blinden.</b></h3> - -</div> - -<p>Man nennt wohl keine Stadt in der Welt, worin so viel Einäugige und -Blinde wohnen wie in Kairo. In keiner Stadt, würde der Spötter sagen, -wird öfter ein Auge zugedrückt, und ist die Liebe blinder. Man ziehe -bloß die Gasse hin und her, und bald wird die Aufmerksamkeit von einem -Manne gereizt, der mit einem Stocke den Weg befühlt, oder seine Rechte -auf den Kopf oder die Schulter einer Person legt, die als Wegweiser -vorangeht. Selbst die Blinden wandeln nicht mit Andern wie in Europa, -wo sie am Arme geführt werden. Man weiß beinahe nicht, ob man über das -Glück Unglücklicher lachen darf, wenn<span class="pagenum"><a name="Seite_163" id="Seite_163">[S. 163]</a></span> man wahrnimmt, wie etwa drei -Blinde einander leiten und leiten <em class="gesperrt">können</em>.</p> - -<p>Einst schilderte man das Gedränge in der Stadt als so groß, daß man -jeden Augenblick Gefahr laufe, Jemand umzubringen oder umgebracht zu -werden. Diese Schilderung kann für die jetzige Zeit nicht gelten. -Ich sah in einer sehr besuchten und belebten Gasse, gleich vor der -Hauptwache über der Brücke, einen <em class="gesperrt">blinden</em> Greis <em class="gesperrt">allein</em>, -freilich in kurzen und furchtsamen Schritten, sich vorwärts bewegen, -ohne daß er umgebracht oder auch nur unsanfter berührt wurde. Es ist -hinwieder eine natürliche Sache, daß die Sehenden noch gefahrloser -ihres Weges gehen, als die Blinden.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Das_oeffentliche_Bad"><b>Das öffentliche Bad.</b></h3> - -</div> - -<p>Die Südländer haben eine <a name="fischartige" id="fischartige"></a>fischartige Natur. Bäder sind ihnen -Bedürfnisse.</p> - -<p>Ich trete in ein großes, von oben beleuchtetes Zimmer. In der Mitte ein -Wasserbecken. Darum ein mit Marmor ausgelegter Boden. An den Wänden -eine Bühne; darauf Bettpolster in Menge. Neben der Pforte eine Art -Kanzel. Von der Bühne streben jonische Säulen empor. Am Eingange in das -Dampfgewölbe eine kleine Kaffeeküche, aussehend wie ein Doppelkästchen -mit einem Raume da<span class="pagenum"><a name="Seite_164" id="Seite_164">[S. 164]</a></span>zwischen<a name="FNAnker_13_13" id="FNAnker_13_13"></a><a href="#Fussnote_13_13" class="fnanchor">[13]</a>. Ich bin im Entkleidezimmer; auf den -Polstern der Bühne die Badegäste; auf der Kanzel der Geldeinnehmer.</p> - -<p>Der Badende steigt auf die Bühne. Er entkleidet sich. An der flinken -Hand des Badeknappen fliegt im Nu ein weißes Tuch ihm um die Lenden. -Ein Tuch von bunter Farbe schlägt der Badeknecht ihm über die Brust, -und ein anderes über den Rücken, das erste hinten und das letztere -vorne bindend. Den Kopf umwickelt er, auf daß ihn ein Turban schütze -und ziere. Das die vollkommene Bademontur, es fehlen einzig noch die -Kapuzinerschuhe, in die man schlüpft, sobald man von der Bühne herunter -gestiegen ist.</p> - -<p>Jetzt geht der Badende behutsam davon, damit er nicht auf dem nassen -und glatten Marmorboden niederglitsche. Durch einen engen, düstern, -gewölbten Gang gelangt er in ein Zimmer: das Ent- und Ankleidezimmer in -der kältern Jahreszeit, weil es gewärmt werden kann.</p> - -<p>Er kommt durch eine Thüre in ein Gewölbe. Das Licht dringt mühsam -und spärlich durch kleine, runde, mit Glas hermetisch verschlossene -Oeffnungen von der Kuppel<span class="pagenum"><a name="Seite_165" id="Seite_165">[S. 165]</a></span> herab. In der Mitte ruht ein Wasserbecken. -Aber er weilt dießmal hier nicht.</p> - -<p>Durch den warmen Dampf links oder rechts einige Treppenstufen hinauf, -er befindet sich in einem kleinen, noch düstrern Gewölbe, worin -warmer Nebel ihn umschwebt. In der Mitte ein Wasserbecken, tief bis -an das Kinn. Der Knappe entwindet ihm all’ das Badegewand bis an -die Lendenschürze. Es ist das Wasser aber allzu heiß, und er taucht -nicht unter. Andere scheuen indeß die Hitze minder, und man erblickt, -spaßhaft genug, bloß noch ihre Köpfe. Er begnügt sich, neben dem -Wasserbecken auf dem harten Marmorboden sich hinzustrecken und daraus -auf seinen Körper fleißig Wasser zu schwenken. Ein Araber, nur mit -einem Tuche an den Hüften umschürzt, legt ihn zurecht, und, mit einem -wollenen Handschuhe versehen, reibt er seine Haut in geschäftigem Hin -und Her, doch sanft und ohne wehe zu thun.</p> - -<p>Hierauf in das letzte Gewölbe zurück. Hier seift ein Bursche den ganzen -Körper ein, und der Badende tritt mit dem schaumigen, seifenweißen -Leibe in ein kleines Nebengewölbe, wo zwei Röhren mit Hähnen über ein -Becken sich krümmen. Aus der einen Röhre fließt warmes und aus der -andern kaltes Wasser. Hier wird die Seife am Leibe abgespült, indem -dieser den prallen Strahl der Röhre bricht,<span class="pagenum"><a name="Seite_166" id="Seite_166">[S. 166]</a></span> und zu guter Letze hilft -die Hand dem schwemmenden Brunnen.</p> - -<p>Zurück in das gleiche größere Gewölbe der Mitte. Hier hätte der -Badende, statt die Stiege hinaufzugehen, in einem Becken an der Wand, -wie in einer Badewanne, sitzen können, worein das Wasser mit der -beliebigen Wärme geströmt wäre.</p> - -<p>Schon ist der Badende ausgedämpft, ausgespült, ausgerieben, -ausgewaschen, hoffentlich fix und fertig. Er tritt, allenthalben von -trockenen Schürzen und Quehlen umfangen, aus der Dämmerung ans Licht, -aus dem Qualm ans Trockene, aus dem heißen Mittag in den kalten Nord. -Er besteigt die Ankleidebühne, beinahe vor Kälte schaudernd. Er lagert -sich auf dem Polster. Ein Bursche deckt ihn zu. Sanft drückt dieser -ihm die trocknenden Hüllen an den Körper. Er will den Badenden an der -Fußsohle kitzeln. Dieser kann es nicht leiden, und weigert sich dessen. -Er hat Zeit genug, seine Schaulust an Andern zu befriedigen, welche -dort eben eintreffen, hier zum Ausgehen sich anschicken. Er ist frei -vom Naß, und es fehlt nichts mehr, als daß er sich anziehe und dem -Geldeinnehmer eine Kleinigkeit gebe.</p> - -<p>Der Dampf in den Gewölben übte weder den beklemmenden Einfluß auf mich, -wie auf andere Franken, aus, noch wirkte die kältere Atmosphäre im -Ankleidezimmer mit<span class="pagenum"><a name="Seite_167" id="Seite_167">[S. 167]</a></span> ausnehmend erfrischender Kraft. Ich fühlte mich -nach dem Bade allerdings leicht, und damit vertrieb ich eine leichte -Unpäßlichkeit, welche ich dem Zurücktreten der Hautausdünstung in einem -innern Theil zuschrieb.</p> - -<p>Bei dem morgenländischen Bade müssen drei Dinge erwogen werden: der -Dampf, das warme oder heiße Wasser und die Reibungen. Es sind dieß -so wirksame Agenzien, daß die hohe medizinische Wirksamkeit selbst -demjenigen, dem gründlichere Kenntnisse in der Arzneiwissenschaft -abgehen, nicht begreiflich gemacht werden darf. Andrerseits will ich -nicht verhehlen, daß der schnelle Uebergang aus dem heißen in ein -kaltes Mittel, also der rasche, schnelle Wechsel der Temperatur, -manchmal Schaden zufügt. Einen solchen Fall nahm auch ich wahr.</p> - -<p>Der Apparat des Bades scheint ursprünglich nur die <em class="gesperrt">Reinigung des -Leibes</em> zum Ziele sich gesetzt zu haben, mithin mehr der Hygieia, -als der Heilkunde anzugehören. Diesen Zweck erreicht das Bad mit -Leichtigkeit. Nach dem Bade erscheint viel geschmeidiger auch die Haut, -von welcher die Unreinigkeiten sich ordentlich abschuppen, so völlig -rein wird sie.</p> - -<p>Der Dampf wird nicht förmlich bereitet. Er steigt von den heißen -Wassern auf, und man wendet bloß Sorgfalt an, ihm jeden Ausweg -abzusperren. Es liegt am Tage,<span class="pagenum"><a name="Seite_168" id="Seite_168">[S. 168]</a></span> daß darunter die Reinheit der Luft -leidet. Ich soll übrigens bekennen, daß kein besonders unangenehmer -Geruch in den Gewölben mir aufstieß.</p> - -<p>Man liest in den Schriften, daß von Seite der Bader, außer dem Kneten -der Glieder, auch eine Art Aus- und Einrenken geschehe. Ich ließ diese -Manipulation an mir nicht vornehmen, noch sah ich sie an Andern.</p> - -<p>Das komplizirte Bad ist so außerordentlich wohlfeil, daß es auch der -ärmere Araber benutzen, und dadurch dem Gesetze <em class="gesperrt">Mohammets</em> -nachleben kann.</p> - -<p>Man darf die Badeanstalt des Morgenlandes nicht verlassen, ohne zu -bedauern, wie sehr die Hautkultur im Abendlande vernachlässigt wird.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_oeffentliche_Baeder_im_16_Jahrhundert"><b>Wie die Egypzier im -sechszehnten Jahrhunderte die Bäder gebrauchten.</b></h3> - -</div> - -<p>Ich wähle einen treuen Beobachter, den Doktor <em class="gesperrt">Prosper Alpinus</em>, -als Führer in die Hallen der Vorzeit. Darf denn der Reisende nicht auch -bisweilen einen Schritt in dieselben wagen?</p> - -<p>Wie die Nordländer, so überliefert <em class="gesperrt">Prosper Alpinus</em>, Vieles -zum Wärmen, so haben die Egypzier Vieles zum Kühlen, als: die vielen -Brunnen in den Wohnungen, insbesondere aber die Süßwasserbäder, diese -jedoch auch zu<span class="pagenum"><a name="Seite_169" id="Seite_169">[S. 169]</a></span> Verschönerung des Körpers. Zu den Bädern nimmt man -einfaches, geläutertes Nilwasser, ohne Beimengung von Medikamenten. -Die Badeanstalten sind sehr zahlreich, geräumig und prachtvoll. Das -Badehaus besteht aus mehrern von einander geschiedenen Gewölben, worin -die Leute schwitzen, gerieben und gewaschen (gebadet) werden. Ungefähr -im Mittelpunkte der Badeanstalt steht das An- und Entkleidegemach.</p> - -<p>In den verschiedenen Badegewölben herrscht ungleiche Temperatur, nach -den Bedürfnissen der Badenden. Die Böden sind mit Marmor zierlich -ausgelegt, und jeder abgeschlossene Raum hat zwei marmorne Becken, -in welche das Wasser herabfällt. An dem gewölbten Dache sind die -Glasscheiben gleichsam eine Zierde, und fügen sich so genau, daß von -Außen keine Luft eindringen kann. Die Badegewölbe empfangen ihre Wärme -vom Dampfe des in die Marmorbecken fallenden heißen Wassers. Wer da -will, kann jederzeit zwischen heißen, lauwarmen und kalten Bädern -wählen. Die mäßig warmen sind die gemeinsten.</p> - -<p>Weil die Egypzier das ganze Jahr vom Staube umgeben sind, und beständig -von Schweiß triefen, so werden sie der Träger vieler Unreinigkeiten, -weßwegen sie übel riechen, und an Ungeziefer nichts weniger als Mangel -leiden. Darum ist bei den Egypziern das Baden so gebräuchlich,<span class="pagenum"><a name="Seite_170" id="Seite_170">[S. 170]</a></span> zumal -beim weiblichen Geschlechte, das sich mehr angelegen sein läßt, durch -Beseitigung der Unreinigkeiten und durch Verscheuchung des übeln -Geruches den Körper gefällig zu machen, auf daß es den Männern um so -lieber sei. Die Frauenzimmer waschen sehr oft den Körper in den Bädern, -und überziehen ihn mit wohlriechenden Salben, die vermöglichen mit -solchen von Bisam, Ambra, Aloe. Beinahe unglaublich groß ist der <a name="Gebrauch" id="Gebrauch"></a>Gebrauch -von Salben zu Verbesserung des Geruches und zu Weckung sinnlicher -Begierden. Wie aber die Italienerinnen und andere Abendländerinnen -allen Fleiß auf den Haarputz und auf die Verschönerung des Gesichtes -verwenden, so vernachlässigen die Egypzierinnen wenigstens erstern.</p> - -<p>Viele Weibsleute trachten durch das Baden auch fetter zu werden. Je -dickleibiger sie sind, desto lebhafter werden sie von den Männern -begehrt. Man wird daher eine große Menge ungemein fetter Frauenzimmer -antreffen. Es hielt sich in Kairo ein Weib auf, welches in der Kunst, -fett zu machen, ihren Broterwerb suchte. Man legt es ordentlich -darauf an, fett zu werden. Zu dem Ende baden die Frauenzimmer in -lauem Süßwasser <em class="gesperrt">viele Tage hinter einander</em>. Indeß sie lange -im Bade verweilen, essen und trinken sie darin, und gebrauchen -Lavements, die aus verschiedenen fetten Substanzen bereitet werden. -Gleichzeitig<span class="pagenum"><a name="Seite_171" id="Seite_171">[S. 171]</a></span> nehmen sie viele innerliche Medikamente ein. Es steht -durch eigene Erfahrung fest, daß mehrere Frauenzimmer durch ein solches -Badeverfahren viele Tage hinter einander, in Verbindung mit reichlicher -Ernährung durch den Mund, fett wurden. Unter den Speisen wählen die -Kandidatinnen der Fettigkeit viel fette Brühen mit Bammia, Melochia -und Kulkassia, gewöhnlich eine Suppe von fetten Hühnern, auf egyptisch -<em class="gesperrt">Maluf</em>. Jedwedes Frauenzimmer trinkt die ganze Suppe von einem -Huhne, und verzehrt hernach dieses selbst. Viele dürftige Weiber nehmen -das sogenannte <em class="gesperrt">Thaine</em>, oder das Oel von indischen Nüssen, -oder den Absud von Chinawurzeln, oder den Sesamölkuchen, welcher -mit dem Fleische fetter Hühner und mit der indischen Nuß zugleich -gekocht wird u. dgl. Allein vor Allem preist man den täglichen Genuß -zehn gerösteter, gemeiner Zwiebeln vor Schlafengehen, und zwar etwa -fünfzehn bis zwanzig Tage hinter einander. Bei dieser Kur verspüren die -Frauenzimmer nicht die mindeste Beschwerde.</p> - -<p>In Egypten verläßt Niemand das Bad, ohne gerieben zu werden. Die -Reibknechte lassen die Person, welche zuerst beinahe eine Stunde im -Bade ausgehalten, und absichtlich gebrochen oder wenigstens geschwitzt -hat, auf einen Stuhl sitzen, sie kneten und behandeln alle Körpertheile -des Dasitzenden auf verschiedene Weise. Sie fangen bei den<span class="pagenum"><a name="Seite_172" id="Seite_172">[S. 172]</a></span> Füßen an, -und bewegen sie vorwärts, rückwärts und seitwärts, bald dann die Unter- -und Oberschenkel nach allen Richtungen; sodann die Hände, jeden Finger -besonders, darauf die Arme, die Schulter und ihre Blätter, hernach -den Hals, den Kopf, die Brust und den Rücken nach allen Seiten. Es -geschehen diese Bewegungen drei- bis viermal.</p> - -<p>Darauf heißen die Reibknechte den Badenden auf den Marmorboden -rücklings sich legen, und beginnen den ganzen Körper zu reiben. Es gibt -dreierlei Reibungen: 1) die sanfte und mittelmaßige, mit der bloßen -flachen Hand, welche manchmal mit Sesamöl eingerieben wird, 2) die -mittelmäßige und häufige, welche mit roher Leinwand geschieht, und 3) -die harte und mittelmäßige, mit rauhem Tuche von Ziegenhaaren. Man -fängt, beim Reiben der vordern Körperfläche, an den Füßen an, ihre -Muskeln werden der Länge nach gerieben, indem die Hände von oben nach -unten fahren — von Gelenke zu Gelenke, was mit großer Geschicklichkeit -und Zierlichkeit ausgeführt wird, ohne ein Gelenk zu überhüpfen; -dann kommt die Reihe an alle Gelenke und Muskeln der Schienbeine, -Wadenbeine, Kniescheiben, Oberschenkel, hernach der Hände, Arme, der -Schultern und Schulterblätter, so wie des Gesichtes, des Halses, der -Brust, der mittlern Gegend des Abdomens. Nachdem dieses geschehen, wird -der Körper auf den Bauch umgelegt,<span class="pagenum"><a name="Seite_173" id="Seite_173">[S. 173]</a></span> und die hintere Fläche nicht anders -behandelt, als die vordere. Die drei Arten von Reibungen werden eine um -die andere, von der sanften zur harten ansteigend, vorgenommen.</p> - -<p>Nach den Reibungen wird der Körper von der Fußsohle bis zum Scheitel -hinauf eingeseift, darauf in heißem Süßwasser abgewaschen und der -Schmutz abgestreift. Ueberdieß bringen die Badeknappen die Füße des -Badenden in eine gewisse Pflastermasse, welche gegen die feuchten und -übel riechenden Füße herrliche Dienste leistet, auch diese orangegelb -färbt. Es ist Sitte gemeiner Frauen, die Nägel der Hände und Füße so zu -färben.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Sklavenmarkt"><b>Der Sklavenmarkt.</b></h3> - -</div> - -<p>Den fühlenden Menschen nimmt nicht leicht etwas lebhafter in Anspruch, -als der Sklavenmarkt.</p> - -<p>Wie die Welt anfing, zu glauben, daß Gott die Hände und Fäuste nicht -derb genug geschaffen habe, womit sie sich plagen und züchtigen könne, -entsprangen die Waffen. Diese sind nun die seltsamsten Wappen des -Menschenadels. Mit solchen Gedanken betrachten wir die Karbatschen oder -Peitschen, die aus der Haut des Nilpferdes gearbeitet sein sollen. Dort -werden sie am Eingange eines Hofes verkauft, und deuten den Markt so -gut an, als wäre er mit großen Buchstaben überschrieben. Sklaven in -einem<span class="pagenum"><a name="Seite_174" id="Seite_174">[S. 174]</a></span> Hofraume, andere in daran liegenden Zimmern, andere hinwieder -oben in Kammern und auf einer Gallerie — das ist das Sklavenokel. -Die schwarze Farbe, die Blöße der Weiber bis zu den Lenden herab, das -müßige Sitzen oder Liegen der Sklaven auf kleinen Gerüsten (egyptischen -Bettstellen) oder auf dem Boden befremden den Ankömmling in gleichem -Grade. Ich sah keinen Sklaven weinen, manchen lachen und scherzen. Die -meisten waren jung; ein einziges altes Weib erblickte ich. Wie ich das -erste Mal in den Sklavenmarkt trat, mochten an zweihundert Sklaven zum -Verkaufe ausgestellt gewesen sein. In wenigen Tagen waren davon viele -aufgekauft. Die Sklavenverkäufer, welche, mit der Pfeife im Mund, -wie ein Krämer auf den Käufer mit gespannter Seele harren, verübten -vor meinen Augen keine Grausamkeit an den Sklaven. Einer unter ihnen -bemühte sich nicht wenig, ein weißes junges Mädchen, die einzige weiße -oder doch halbweiße Sklavin, mir aufzuschwatzen.</p> - -<p>Mehrere Weiber besuchten den Markt und waren eben im Kaufe begriffen, -ohne daß sie die Sklaven berührten. Diese werden zu sehr ungleichen -Preisen losgeschlagen; ein junger Bursche etwa zu 50 bis 60 -Reichsgulden und ein ausgewachsenes schwarzes Mädchen zu 120 Gulden -R. W. Auch dem Europäer wird der Kauf von Sklaven gestattet.<span class="pagenum"><a name="Seite_175" id="Seite_175">[S. 175]</a></span> Auch -<em class="gesperrt">er</em> erzählt mit Freude oder Reue, was für einen guten Handel -von Menschen er getroffen habe. Die Polizei mischt sich nicht ein, -welche Laster er an den Sklaven, als seinem Eigenthume, abkühlen -würde. Ihr gilt völlig gleich, wenn er zwanzig Sklavinnen, zu jedem -beliebigen Zwecke, erhandeln sollte, selbst wenn sie sich schon zum -Mohammetanismus bekennen.</p> - -<p>Jüngere Sklaven zeigten sich noch in ihrer ganzen Nazionaltracht, wie -man bei uns die Wilden abgezeichnet findet. Von einem Gürtel um die -Hüften hangen etwa einen halben Fuß lange Fransen herunter. Den Hals -schmücken Korallen, darunter weiße, welche mit den weißen Zähnen, -und dem Weißen im Auge gegen die schwarze Hautfarbe grell abstechen. -Unter den Mohren gab es selten einen mit schlechten Zähnen. Mehrere -Sklaven waren über und über blatternnarbig; andere litten an einer Art -Krätze, welche man Nilkrätze nennt. Die meisten Weibsleute behielten -den Haarputz aus ihrem Geburtslande, so viel ich weiß, Nubien oder -Abyssinien. Winzig gerollte und ziemlich lange Locken erwecken eine -günstige Meinung; allein der Schmutz widert im höchsten Grade an. -Manche trugen die Locken scheitelförmig.</p> - -<p>Der häßliche Geruch, welchen das Zusammenleben vieler Menschen -begleitet, macht den Sklavenmarkt zu einem<span class="pagenum"><a name="Seite_176" id="Seite_176">[S. 176]</a></span> wenig einladenden Orte. -Die Stiege, welche auf die Gallerie führt, deckt das Garstigste, was -der Mensch von sich wirft, in dem Maße, daß man ihm kaum ausweichen -kann, sofern man jene ersteigen will. Die Unreinigkeiten würden auf -dem Sklavenmarkte wahrscheinlich noch mehr sich häufen, wenn nicht das -Interesse wohlthätig ins Mittel griffe. Zuviel Nachsicht schadet der -Gesundheit — so studirt man praktisch die <span class="antiqua">humaniora</span> — und — -— kranke Sklaven gelten minder, und todte verderben den Handel ganz. -Es sucht doch allenthalben die Natur an der Unnatur sich zu rächen.</p> - -<p>Nirgendwo mag man ernster aufgefordert werden, Betrachtungen über -Selbstständigkeit und Freiheit des Menschen anzustellen, als auf -dem Sklavenmarkte, dort wo nicht die Vernunft über dem Materiellen, -sondern das Geld über der Vernunft steht. Für was Anderes wird denn die -Vernunft angesehen, als für etwas grobes Wägbares, wenn man so und so -viel Gold oder Silber in die eine und die von Gott verliehene Vernunft -in die andere Wagschale legt? Da wird das zerknirschte Herz jubelnd dem -Schöpfer danken, daß man frei geboren ist, und daß man nicht, wie das -Vieh ohne freien Willen, einem Herrschlinge blinden Gehorsam leisten -muß. So lange indeß der Sklavenhandel nicht abgeschafft wird, so lange -ist unser jubelnder Dank<span class="pagenum"><a name="Seite_177" id="Seite_177">[S. 177]</a></span> nicht völlig ungetrübt von Besorgnissen, -so lange ist Niemand sicher vor dem traurigen, wiewohl für die große -Mehrzahl von Menschen höchst unwahrscheinlichen Schicksale der -Knechtschaft. Sowohl Mitleiden, das man für den Nächsten hegen sollte, -als der mögliche Fall, daß man selbst in Sklaverei gerathen könnte, -fordern so laut die Verstopfung jener unmenschlichen Erwerbsquelle mit -einer Festigkeit, daß sie auf immer versiege.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Katzenstift"><b>Das Katzenstift.</b></h3> - -</div> - -<p>Wenn man an der schönen Gâma’ (Tempel) el-Muristân vorbeikommt, -so lenkt man in eine gewölbte Gasse ein. Im Halbdunkel windet man -gleichsam sich fort. Endlich erblickt man ein heiteres Gebäude. Man ist -schon im Hofe des Kadi und Mufti, wo die Katzen gefüttert werden. Das -Gebäude heißt, meines Wissens, das <em class="gesperrt">Muristàn-el-Kadym</em>. Wir waren -noch zu frühe, um der Fütterung zusehen zu können; wir mußten el-Asser -(etwa viertehalb Stunden nach Mittag) abwarten.</p> - -<p>Indeß wir müßig herumstanden, näherte sich uns ein Mann in sehr -freundlichem Tone. Weil wir in dem Hofe des Hohenpriesters oder Mufti -uns befanden, so meinte er, daß wir unsere christliche Religion -abschwören wollen, und er fragte, wer beschnitten zu werden wünsche. -Er bot sich<span class="pagenum"><a name="Seite_178" id="Seite_178">[S. 178]</a></span> an, die Beschneidung für 20 Para zu unternehmen. So -verteutschte einer der Franken, wenn diesem anders zu trauen war. Es -bedurfte nur eines Jawortes, und wir vier wären sämmtlich, ohne weitern -Vorgang, in einer Viertelstunde Moslim geworden. Wie vieles Fragen, -Bekennen, Schreiben und Laufen dagegen in Europa, bis man in den Schooß -einer andern Kirche treten darf, während doch so viel Zeit aufgeopfert -wird, um Andere zu <a name="bekehren" id="bekehren"></a>bekehren, welche Zeit der Mohammetaner in der Regel, -mit der Pfeife Tabak, auf dem Diwan zubringt.</p> - -<p>Wir wollten begreiflich keine Mohammetaner werden. Inzwischen folgten -wir der Einladung zum Kadi. Erst traten wir durch den offenen -Gerichtssaal, der leer war; dann schritten wir durch die Vorsäle. -Ein rother Vorhang vertrat an einem Orte die Thüre. Wir wurden hier -durch in den großen Saal geführt, worin sich der Kadi aufhielt. Es -gibt nichts Einfacheres, als den Saal. Den weiten Raum schmückt nicht -eine einzige Geräthschaft, außer dem Diwan, welcher an den Wänden -herumläuft. Daß man keinen Glanz suche. Bloß die Decke des Zimmers war -bemalt, doch nicht mit Figuren und ohne Geschmack. Der Kadi hockte auf -dem Diwan, in einer Ecke am Fenster, die Pfeife im Munde: ein Mann von -etwa vierzig Jahren, mit blassem Angesichte, lieblichem, schwar<span class="pagenum"><a name="Seite_179" id="Seite_179">[S. 179]</a></span>zem -Auge, und schwarzem Bartbusche. Er trug einen dunkelfarbigen Turban und -Rock. Kein Buch lag ihm zur Seite. Nur las neben ihm ein Mann für sich -ein großes, geschriebenes Blatt.</p> - -<p>Wir machten unsere Komplimente, so gut wir konnten. Wir fuhren mit der -Rechten auf Brust, Mund und Stirne, und senkten unsere Köpfe, worauf -die Mützen fein blieben. Der Kadi lud uns ein, Platz zu nehmen. Wir -setzten uns, nach europäischer Art, auf den Diwan. Sogleich wurden wir -mit schwarzem, unversüßtem Kaffee bewirthet. Die Diener trugen ihn in -kleinen Schalen, welche, von bemaltem Porzellan, in einem goldenen -Becher ruhten. Der Kaffee dampfte vor Hitze, wie man ihn in Kairo zu -trinken pflegt. Ich befand mich in einiger Verlegenheit, weil ich ihn -schnell trinken sollte, und ich mir nicht gerne wehe thun wollte. Trotz -meines fleißigen Blasens, als hätte ich verfrorene Hände aufzuwärmen, -und trotz meines langsamen Trinkens, so daß ich als der letzte die -Schale dem auflauernden Diener zurückgab, brennte ich mich doch ein -wenig an der Zunge. Die Gesellschaft fordert allezeit von der Freiheit -ein Opfer.</p> - -<p>Fragte der Kadi, ob unser Gewissen in Ordnung wäre, ob wir Beruf -fühlten, es bei den Mohammetanern gehörig einrichten zu lassen. O -nein. Unsere Unterhaltung berührte weltliche Dinge. Er erkundigte sich -nach dem Va<span class="pagenum"><a name="Seite_180" id="Seite_180">[S. 180]</a></span>terland eines Jeglichen von uns. Nachdem wir sodann seine -Neugierde und wir mit Herumschauen die unserige befriedigt hatten, -wiederholten wir unsere Komplimente und gingen hinweg.</p> - -<p>Endlich war Mahlzeit für die Katzen. Ein Knabe rief mit einem eigenen -Laute, und plötzlich sammelten sich etwa zwölf Katzen. Er warf ihnen -Fleischstücke vor, die sie sogleich verschlangen. Kaum aber lag das -Fleisch auf dem Boden, so wurde der Hofhimmel plötzlich lebendig von -mehr denn einem Dutzende herumflatternder Raubvögel. Diese erfrechten -sich so weit, daß sie das Fleisch zwischen den Katzen wegpickten, und -hart an meinem Kopfe vorbeischwirrten. Die Katzen selbst, auf ihre -Speisen nicht minder versessen, achteten nicht einmal der fliegenden -Räuber. Der Knabe schleuderte einige Male Stücke Fleisch nur ungefähr -in die Luft, und sie fielen nicht mehr herunter; denn die Vögel pickten -im Fluge sie weg. Es ist nicht ohne Werth, zu beobachten, wie sich auch -die Thiere an eine Zeitordnung gewöhnen. Warum sollen denn gewisse -Menschen allein so ordnungslos leben?</p> - -<p>Eine Frau, unzweifelhaft eine Liebhaberin der Katzen, stiftete, heißt -es, ein Vermächtniß zu dem Zwecke, daß Katzen, namentlich auch kranke, -gefüttert werden. Somit erklärt sich das Katzenstift. Wahrscheinlich -werden die<span class="pagenum"><a name="Seite_181" id="Seite_181">[S. 181]</a></span> Pfaffen das Vermächtniß so gut verwalten, daß mehr in ihre -Magen, als in die Katzenmagen spazirt.</p> - -<p>Man trifft auch an andern Orten des Islams, z. B. in Damaskus, -Katzenspitäler. „Es ist bräuchlich“, erzählt <em class="gesperrt">Salomon Schweigger</em>, -„daß die Türken den Katzen und Hunden Almosen geben; denn bei -dem Stifte <em class="gesperrt">Sultan Mehemet-Jeni</em> in Konstantinopel pflegen -sich durchweg um Vesperzeit dreißig oder vierzig elende Katzen zu -versammeln, und diesen werfen etliche Türken, die auf demselben Platz -vorhanden, etliche Brocken Fleisch oder gebratene Leber vor, die -man an kleinen Spießlein herumträgt. Solches wird für ein herrlich -Almosen gehalten.“ Es liegt ein eigener Zug in dem Mohammetaner, daß -er die Katzen so gütig bepflegt. Es soll daher kommen: Dem Propheten -<em class="gesperrt">Mohammet</em> warf eine Katze in den Rockärmel Junge. Um diese aber -nicht zu beunruhigen, schnitt er den Aermel ab. Daraus <a name="schlossen" id="schlossen"></a>schlossen die -Mohammetaner, daß ihr Religionsstifter die Katzen verehrte, und darum -verehren sie die Katzen bis auf den heutigen Tag.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Gaerten"><b>Gärten.</b></h3> - -</div> - -<p>Einen ziemlich großen Theil der Stadt nehmen Gärten ein<a name="FNAnker_14_14" id="FNAnker_14_14"></a><a href="#Fussnote_14_14" class="fnanchor">[14]</a>. Doch -fallen sie wenig auf, und gleichsam ver<span class="pagenum"><a name="Seite_182" id="Seite_182">[S. 182]</a></span>stecken sie sich, wie die -Ochsen darin, welche, phlegmatisch in der gleichen Runde herumtappend, -das Wasserrad treiben. Der Europäer geht nicht ohne unangenehme -Gefühle in den Garten, worin der General <em class="gesperrt">Kleber</em> ermordet -wurde. Der von den fränkischen Spaziergängern besuchteste Garten ist -der <em class="gesperrt">Rosettische</em>. Wenn in den europäischen Gärten die Kunst -mehr prangt, mehr Nettheit in der Anordnung, mehr Regelmäßigkeit in -der Eintheilung, mehr Fleiß in der Behandlung angetroffen wird, so -übertrifft hier die Natur jene weitaus an Pracht und Fülle.</p> - -<p>Niemand erwartet einen Roman oder eine Novelle aus einem der -Lustgärten, und ich wäre wenig geneigt und, meines Dafürhaltens, nicht -berufen, dergleichen zu schreiben. Nur möchte ich den Wunsch äußern, -daß ein europäischer Romanschreiber, dessen Kopf einen Bankerott -machte, einen Garten von Kairo besuchte. Hier dürfte er einzig seine -Augen aufschließen, und dann in seinem Kämmerlein den Bogen füllen, -es würde der Roman über manche von Europa den Sieg davon tragen, daß -er zugleich die Leserin und den Leser, auf belehrende Weise, in so -abweichende Sitten einweihte.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_183" id="Seite_183">[S. 183]</a></span></p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Esbekieh"><b>Die Esbekieh.</b></h3> - -</div> - -<p>Man fühlt sich in den schmalen Gassen, die von hohen Häusern -eingemauert sind, manchmal so beengt wie in einer Felsenkluft. Man -sehnt sich nach einem geräumigen Platze. Das Auge will unumschränkter -sehen, und die Brust freier athmen. Im Freien ist Wonne.</p> - -<p>Der berühmte und berüchtigte Platz Esbekieh versöhnt Einen vollkommen. -Bei meiner Ankunft in Kairo bot er das Aussehen eines der reizendsten -Seen dar. Ich konnte mich beinahe nicht satt an dem Wasserspiegel -ergötzen, dessen Rahmen ringsum Häuser vorstellten; weiße neben -schwärzlichen malten ihn bunt, hohe neben niedrigen machten ihn -vielzackig. Ich wandelte am Ufer hin und her, und fortan ergriff mich -die zauberhafte Stelle der Stadt. Ich schwebte in einer Feenwelt. Wo -ist eine europäische Stadt, welche dergleichen besitzt? Der Zauber -wächst bei dem Gedanken, daß der Grund dieses kurz dauernden Sees, -nach der Austrocknung als Spaziergang und Feld benutzt wird. Auf dem -gleichen Platze spaltet abwechselnd zu einer Zeit der Schiffskiel das -Wasser und zur andern das Feldgeräthe den Wassergrund.</p> - -<p>Ich weilte in Kairo gerade zur Zeit, da der Esbekiehsee abnahm und nach -und nach fast ganz eintrocknete.<span class="pagenum"><a name="Seite_184" id="Seite_184">[S. 184]</a></span> Kaum kam der schlammige Boden recht -zum Vorschein, als ihn schon das Grün wuchernd überspann, und wenn ich -zuerst, die ansehnliche Wasserfläche betrachtend, stutzte, daß darunter -in einer andern Jahreszeit die schönsten Feldfrüchte gedeihen sollen, -so ward mir nachher klar, da ich mit eigenen Augen sah, wie die nackt -hervortretende Erde so bald mit einem grünen Teppiche sich bekleidete.</p> - -<p>In Egypten zeigt die Natur, ich möchte sagen, ihre Reize unverhüllt. Im -Wesentlichen würde der See nicht gewinnen, wenn der alte Römer seine -Kunst und seinen Luxus daran verschwendete; bloß würde so etwas mehr -berauschen und dem verwöhnten Geschmacke mehr schmeicheln. Wo aber wäre -wohl die Kunst ohne die Natur?</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Karakter_der_Einwohner"><b>Physiologischer und psychologischer -Karakter der Einwohner.</b></h3> - -</div> - -<p>Die Bevölkerung Egyptens ist ein Mischmasch aus Türken und Mamelucken, -aus Kopten und Mohren, aus Arabern und Beduinen, aus Juden und Franken -und aus andern Fremdlingen. Erstände <em class="gesperrt">Adam</em> aus dem Grabe, er -würde sich verwundern, daß so viele Enkel von verschiedenen Hautfarben, -Religionen und Sprachen im Frieden beisammen wohnen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_185" id="Seite_185">[S. 185]</a></span></p> - -<p>Der <em class="gesperrt">Kopte</em>, der wahrscheinliche Abkömmling der alten Egypzier, -und noch im Besitze einer eigenthümlichen, wenn auch todten, Sprache, -ist nicht groß, aber wohl untersetzt; der Teint weißgelblich; -Haupthaare, Augenbraunen und Iris schwarz; das Gesicht voll, kurz, -breit; die Stirne breit, nicht hoch; die Augen etwas tief liegend, -der Blick mehr brütend, als lebhaft, mehr ernst, als lieblich; die -Nase kurz und ausgebogen; der Mund ziemlich weit gespalten und die -Lippen dünn; die Zähne senkrecht und schön weiß; der Unterkiefer -hervorstehend und stark. Die Koptinnen, so viel ich sah, haben roth -gefärbte Fingernägel, und tragen auf der Haut des Kinnes und in der -Nähe des Handgelenkes blaue Figuren. Sie treffen, unter uns gesagt, den -europäischen Geschmack nicht ganz genau. Man muthmaßt, daß etwa 200,000 -Kopten Egypten bewohnen.</p> - -<p>Der <em class="gesperrt">Araber</em> bildet weitaus die größte Anzahl der Egypzier. Unter -diesem letztern Namen sind auch vorzugsweise die Araber begriffen, -welche den meisten Boden anbauen. Die Masse der egyptischen Bevölkerung -ist daher kein alter eingeborener Volksstamm, sondern ein im Laufe der -jüngern Zeit eingewanderter und fremder, der sich selbst als fremde zu -betrachten scheint.</p> - -<p>Der Araber, in der Regel nicht schön, ist mittelgroß;<span class="pagenum"><a name="Seite_186" id="Seite_186">[S. 186]</a></span> die Leibesfarbe -schwarzbraun oder auch kaffeebraun; das Haar, wenn es nicht wegrasirt -wird, klein gelockt (doch nicht wollig) und schwarz; der Schädel nicht -geräumig, das Hinterhaupt etwas zugespitzt; die Stirne ziemlich hoch, -nicht breit; die Regenbogenhaut schwarz, die Augenlieder meist dick, -wie aufgewulstet; die Augenbraunen nicht stark; die Nase kurz, die -Flügel weit aus einander gesprengt; der Rücken gerade oder ein wenig -konkav, der Rand der Scheidewand etwas aufwärts geneigt; der Mund groß, -die Lippen dick und auswärts geworfen; die Zähne ein wenig auswärts -stehend, weiß, an einander geschlossen; das Kinn etwas hervorragend, -die Kinnbacken stark; das Ohr wulstig; die Linie von der Nase bis zum -Kinne lang; der Gesichtswinkel demjenigen der Aethiopen sich nähernd. -Das Fleisch ist sehr derbe, der Fettapparat unbedeutend, und die Formen -nehmen einen Grad von Niedlichkeit an, welcher bei den europäischen -plumpen Gebilden, die noch für Vollkommenheiten gehen, vermißt -wird. Also der eigentliche Typus der Araber, welche mit den Weißen -unvermischt sind.</p> - -<p>Der schwarzbraune Araber hält das Uebergangsglied zu den Mohren. Die -Mischung dieses Arabers mit Weißen artet in unzählige Mittelformen aus, -welche zuerst den Beobachter verwirren. Des Arabers tiefgelbe Farbe, -seine gebogene Nase, seine breite Stirne, sein starker Gesichts<span class="pagenum"><a name="Seite_187" id="Seite_187">[S. 187]</a></span>winkel -u. s. f. zeugen offenbar von der Vermischung und Verwischung der Typen.</p> - -<p>Die Weiber werden von den Männern an Schönheit übertroffen, und der -häßlichere Theil ist mithin das schöne Geschlecht.</p> - -<p>Es gibt Mädchen, die schön genannt zu werden verdienen, allein zu der -Lieblichkeit einen eigenthümlichen Schmerz ausdrücken; dieser aber -vermehrt nur ihr anziehendes Wesen. Der eigenthümliche Zug, den ich -sonst nirgends wahrnahm, liegt in den Mundwinkeln.</p> - -<p>Hauptsächlich um die Schönheit zu erhöhen, zeichnen beide Geschlechter, -nach alter Sitte, verschiedene blaue Figuren auf die Haut des -Vorderarmes und des Handrückens, meist Sterne, z. B. in Zirkelform, -manchmal auch im Zikzak laufende Striche, etwa drei an der Zahl. Die -Weiber haben überdieß blaue, senkrechte Striche auf dem Kinne, manche -— gefärbte Augendeckel. Es gibt Männer, welche auch auf jeder Seite -der Brust mit blauen Punkten bezeichnet sind. Alle Zeichnungen auf der -Haut erschienen in meinen Augen höchst überflüssig, um nicht zu sagen, -sehr häßlich, und niemals konnte ich mich in den sonderbaren Geschmack -finden. Das Sprichwort freilich will, daß man über den Geschmack nicht -hin- und widerreden dürfe.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_188" id="Seite_188">[S. 188]</a></span></p> - -<p>Der Kopf der Männer ist, wie beim Morgenländer überhaupt, bis auf -die Haut geschoren. Nur ausnahmsweise tragen gewisse Religiose oder -Heilige<a name="FNAnker_15_15" id="FNAnker_15_15"></a><a href="#Fussnote_15_15" class="fnanchor">[15]</a> fliegende Haare auf dem ganzen Kopfe. Die Muselmänner -lassen übrigens nicht den ganzen Kopf scheren, sondern auf dem Scheitel -eine kleine Scheibe groß Haar wachsen, das manchmal geflochten, bis -zum Nacken herabfliegt, und unter der rothen Mütze mitunter hinten -hervorguckt. Mit diesem Büschel Haare könnte man genau die Tonsur der -römisch-katholischen Priester decken<a name="FNAnker_16_16" id="FNAnker_16_16"></a><a href="#Fussnote_16_16" class="fnanchor">[16]</a>. Ich geißele die Kopfschur -als eine abscheuliche Mode, mögen ihre Bequemlichkeit auf dem heißen -Erdgürtel immerhin manche Franken aus eigener Erfahrung preisen. Wenn -wahr ist, daß das Barbieren unter den Abendländern deswegen aufkam, -weil die gütige Natur, die hoch über die Fürsten erhabene, ein<span class="pagenum"><a name="Seite_189" id="Seite_189">[S. 189]</a></span>mal -einem französischen Könige einen Bart zu schenken vergessen hatte, so -dürfte man mit eben so viel Recht glauben, daß die Morgenländer ihre -Kopfschur einem kahlköpfigen Großen verdanken. Man weiß auch, wie gerne -<em class="gesperrt">Julius Cäsar</em> seinen Kopf vertauscht hätte, nämlich seinen kahlen -an einen haarichten, und wie sehr der große Geist sich abmühte, die -ausfallende Kleinigkeit zu ersetzen. Der Bart des Arabers ist schwarz, -undicht, und wird nicht lang. Er zerschiert ihn zu den wunderlichsten -Dingen. Es lassen die Wenigsten ihn ganz stehen; Andere rasiren -bloß einen Halbmond über dem Adamsapfel; die Meisten tragen nur den -Schnurrbart und den Bart neben den Ohren und über dem Kinnbacken, den -Kinntheil nicht ausgenommen. Dies thut so üble Wirkung, als wenn man -einem Hahne den Kragen abschneiden würde.</p> - -<p>Die Bewegungen der Araber sind leicht und angenehm, man dürfte -beinahe sagen, graziös. Der Mann geht in gerader Stellung und mit -Schnelligkeit; ebenso das Weib, welches dabei die gebogenen Arme, mit -einer niedlichen Haltung der Finger, ein wenig emporzuheben pflegt. -Die antikförmigen Wasserkrüge trägt es sehr leicht und zierlich. Es -nimmt keine Lasten auf den Rücken, selten auf die eine Schulter. So -darf das Kind ihm wie ein Reiter auf die Achsel sitzen, indem es ein -Bein über die<span class="pagenum"><a name="Seite_190" id="Seite_190">[S. 190]</a></span> Brust, das andere über den Rücken hängen und mit den -Händen ihren Kopf umklammern läßt. Von dem Weibe selbst wird das -Kleine nicht gefaßt, und ich mußte mich ordentlich wundern, wie sich -kleinere Kinder in dieser Stellung gut zu erhalten wußten, während -die Tragende davon eilte. Der Kopf ist der eigentliche Träger, und -sogar winzige Dinge müssen auf demselben getragen werden. Kauft ein -Mädchen in einer Bude für einen Piaster Kaffee, so wird es ihn auf -dem Kopfe nach Hause bringen. Es wurde in Alexandrien auf eine Mauer, -die man eben aufführte, einmal über das andere so wenig Mörtel und -am Orte der Nachgrabungen so wenig Schutt auf dem Kopfe weggetragen, -daß fast jede Europäerin sich weigern würde, die Wenigkeit zu tragen. -In Kairo wird übrigens so spärlich gebaut, daß man diese Wahrnehmung -nicht immer leicht wiederholen könnte. Der Mann schafft die Lasten am -liebsten so fort, daß er den Strick über die Stirne anlegt, welcher die -Bürde umfängt. Diese liegt am Rücken auf. Er trägt mithin ebenfalls -am liebsten auf dem Kopfe, aber zu gleicher Zeit auf dem Rücken. Etwa -das Wasser, in ein Ziegenfell aufgefaßt, trägt er über einer Schulter, -wie der europäische Jäger seine Waidtasche. Der Lastträger bietet das -Eigenthümliche, daß er, außer dem Singen, auch stöhnt. Es ist dieß mit -nichten gleichsam das letzte<span class="pagenum"><a name="Seite_191" id="Seite_191">[S. 191]</a></span> Zeichen der Kraftanstrengung, welches das -Mitleiden erregen sollte, sondern der Araber, im Lärmen ein Meister, -sucht sich nur durch das Gestöhne das Geschäfte zu erleichtern. Als -Lastträger macht sich der Araber eben nicht bemerklich; darin aber -thut derselbe es dem Europäer zuvor, daß er leichtere Bewegungen, wie -das Gehen oder Laufen, außerordentlich lange ausdauert, ohne daß er -Speisen oder Getränke zu sich nehmen muß. Dem Araber sind, wenn ich -mich so ausdrücken darf, federleichte Lungen und stählerne Muskelfibern -gegeben. Wollte man den arabischen Soldaten nach den nicht selten -schlechten Kleidern beurtheilen, man würde zur Einseitigkeit verleitet -werden. Zu anhaltenden Märschen, bei kärglicher Nahrung taugt kaum ein -Soldat besser, als der arabische. Neben dem Schatten erblickt man immer -auch Licht.</p> - -<p>Was den psychischen Karakter des Arabers anbelangt, so ist er -mohammetanisch finster, und haßt im Grunde seines Herzens den -Andersgläubigen. Viele besitzen bemerkenswerthe Geistesfähigkeiten, -doch keine ausgezeichnete, wofern man nicht zur Annahme berechtigt -ist, daß ein großer Schatz schlummert. Ruhe und Faullenzen geht nicht -bloß dem Alexandrinischen- und Deltaaraber, sondern auch andern über -Alles. Damit er nicht die Mühe zu denken sich geben müsse, leiert er -gedankenlos nach, was seit Jahr<span class="pagenum"><a name="Seite_192" id="Seite_192">[S. 192]</a></span>hunderten wahrscheinlich schon gesungen -war. Er lebt blind in den Tag hinein; blindlings nimmt er Weiber und -zeugt Kinder. Wenn ihm die Kunst, durch Ersparnisse eine, wo möglich, -sichere Zukunft zu begründen, abgeht, so dürfte man freilich auch -anfragen: Wird in einem Lande, wo das Eigenthum vor der Regierung nicht -sicher steht, zur Sparsamkeit aufgemuntert? Vielleicht beschleicht -den Araber dann und wann der Gedanke, daß er am Ende doch nicht mehr, -als Hungers sterben könne. In ihm wohnt eine wahre Diebesseele, aber -eine feige. Große Diebstähle begeht er nicht leicht, allein keineswegs -aus Gewissensbissen, sondern aus Feigheit oder Trägheit. Am liebsten -stiehlt er Eßwaaren; denn, ein Kind des Augenblickes, weiß er, daß -dieselben ihm ohne ein Weiteres nützen. Um Anderes als Eßwaaren zu -entwenden, wäre schon mehr Ueberlegung erforderlich, z. B. wie man sie -an den Mann bringen könnte, um dafür Nahrung zu bekommen. Immerhin -schaut man jeden Araber für einen Dieb an, und wenn der Fremde nicht -bestohlen werden will, so muß er in Beziehung auf denselben stets auf -der Hut sein. Ein ernstes, muthiges, karakterfestes Benehmen hält ihn -leicht im Zaum. Im Uebrigen ist er von Natur fröhlich und aufgeräumt; -diese Fröhlichkeit und Aufgeräumtheit streift<span class="pagenum"><a name="Seite_193" id="Seite_193">[S. 193]</a></span> aber mehr an Leichtsinn, -selbst an feile, für den Zuschauer ekele Ausgelassenheit.</p> - -<p>Ich beobachtete den <em class="gesperrt">Beduinen</em>, diesen unsteten Sohn der Wüste, zu -wenig ungestört, als daß ich mir erlaube, von ihm ein Karaktergemälde -zu entwerfen. Er schreitet oder reitet stolz einher, selten ohne -Feuergewehr, Säbel oder Pistolen.</p> - -<p>Das Land, wo ein <em class="gesperrt">Josef</em>, <em class="gesperrt">Moses</em> und <em class="gesperrt">Aaron</em> gelebt -hatten, zählt immer noch <em class="gesperrt">Kinder Israels</em>, aber nicht mehr in -jenem Hause der Knechtschaft. Der Mangel an Bekanntschaft mit den Juden -Kairo’s nöthigt mich, den Faden eher abzureißen, als mir lieb ist.</p> - -<p>Und die <em class="gesperrt">Franken</em> in Kairo will ich hie und da, mehr oder minder -leise berühren. Bloß mag ich es hier nicht thun; denn da sie überall -ihre Besonderheiten, ihr Frankenquartier wollen oder haben, so ist -billig, daß ich ihnen auch in diesen Blättern ein Frankenquartier -anweise. Einzig die <em class="gesperrt">levantischen Christen</em>, welche ich wegen -ihres Anzuges zuerst immer für Türken hielt, so wie die Griechen, -darf ich, ohne eine große Lücke fühlbar zu machen, mit Stillschweigen -übergehen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_194" id="Seite_194">[S. 194]</a></span></p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Tracht"><b>Tracht.</b></h3> - -</div> - -<p>Bei der Tracht der Araber muß diejenige des Mannes von derjenigen des -Weibes unterschieden werden.</p> - -<p>Der gemeine Araber geht beinahe immer barfuß. Der aufs einfachste -gekleidete hat im Sommer und Winter ein grobes, weißes, gegürtetes -Hemde an, und eine weiße oder rothe Mütze auf. Andere tragen dieses -Hemde und darüber einen grauen, blauen, schwarzen oder weiß und schwarz -gestreiften Rock mit weiten Aermeln (Abba). Zu einer zusammengesetztern -Kleidung gehören weite Hosen, welche, unmittelbar auf dem Leibe -getragen, um den Lenden und unter dem Knie zusammengebunden -werden. Diese zusammengesetzte Kleidung ist jedoch nicht echt -egyptisch-arabisch. Ueber den Röcken auf dem Rücken trägt der Araber -wohl auch ein Thierfell, dessen Pelzseite nach innen gewendet wird. -Außer einem Rocke mit weiten Aermeln, hüllt der Araber sich in einen -Mantel der nicht umschließt, und der oft über beide, meist aber -über die eine oder andere Schulter geworfen wird. Mit diesem Mantel -bekommen die Männer ein alttestamentisches Aussehen, und stattlich -ging derselbe schon unserm Steuermanne. Die Franken in ihren engen -Kleidern erscheinen gegen so gekleidete Araber als närrische Fratzen. -Mich belustigte oftmals,<span class="pagenum"><a name="Seite_195" id="Seite_195">[S. 195]</a></span> wie der Araber den Mantel in so verschiedenen -Gestalten umhängen konnte. So wenig ich darin etwas Spaßhaftes oder -Spotthaftes fand, so konnte ich mich dennoch der Vergleichung mit -dem geschmeidig die Gestalt wechselnden Hute eines Harlekins nicht -erwehren. Dieser Mantel oder Ueberrock leistet den Arabern die besten -Dienste. Brennt die Sonne, so legen sie sich nieder, und beschatten -damit ihr Angesicht; vor dem Regen schützt er nicht minder wohlthätig, -und Nachts sinkt das müde Haupt auf dieses unentbehrliche Gewand. Die -Kopfbedeckung hält sehr warm. Wer nur die Kosten zu bestreiten vermag, -tragt unmittelbar über dem Kopfe eine weiße Mütze, welche sich zum -Waschen eignet. Diese wird von einer rothen mit einer blauen Troddel -(Fẻs) bedeckt, welche der Turban, eine Auszeichnung des Orientalen, -umfängt. Den kleinen Finger schmückt der Araber mit einem Ringe, z. B. -von Silber.</p> - -<p>Die einfachste Kleidung der <em class="gesperrt">Weiber</em> ist ein blaues weites -Hemde mit einem Schlitze über der Brust, so daß diese selten vor den -Blicken sich verbirgt; dazu noch ein Kopf- und Gesichtstuch. Die -zusammengesetztere Kleidung erfordert Hosen, die, um die bloßen Lenden -geschürzt, in der Mitte geschlitzt, dabei weit sind und um den Knöcheln -enden, wo sie fest gebunden werden. Das Kopftuch ist<span class="pagenum"><a name="Seite_196" id="Seite_196">[S. 196]</a></span> viereckig und -eine Art Schleier. Damit wird der ganze Kopf bis zu den Augenbraunen -verhüllt, ohne daß es den übrigen Theil des Gesichtes berührt. Dafür -fällt es in zierlichen Falten über Schultern und Rücken, beinahe bis -zu den Fersen herunter. Dieser Kopfschleier ist nicht immer blau, am -Rande oft buntfarbig gestreift und mit Fransen besetzt. Ein anderes -Kleidungsstück, vielleicht das überflüssigste von allen — — das -Gesichtstuch oder der Gesichtsschleier. Diesen stellt ein einige -Zoll oder die Breite des Gesichts haltender schwarzer Lappen vor, -welcher nichts als die Augen frei läßt, abwärts aber das ganze Gesicht -verhüllt, ja manchmal, schmäler werdend, bis zu den Füßen reicht. Was -der offene Brustschlitz des Hemdes unbedeckt läßt, wird bisweilen mehr -oder minder kümmerlich von diesem Gesichtstuche verschleiert. Es wird -durch zwei Bänder befestigt: durch eines, welches in der Quere um den -Kopf herumläuft, und durch ein anderes, welches zwischen den Augen -gerade zum Kopfschleier hinaufsteigt. Das letztere Band wird oft auch -durch eine Kette oder Spange vertreten. Hier schlägt eigentlich der -Putz seinen Hauptsitz auf. Goldstücke, eines unter dem andern, sind in -gerader Linie mitten auf das Gesichtstuch genäht. Diese Goldstücke, oft -christliche Münze, Dukaten z. B., besetzen meist die ganze Länge der -Gesichtsklei<span class="pagenum"><a name="Seite_197" id="Seite_197">[S. 197]</a></span>dung. Die Araberin lockt die Aufmerksamkeit des Mannes auf -das Gold über dem Gesichtstuche, als wollte sie damit andeuten, daß -unter demselben noch mehr Gold glänze. Die Mehrzahl der Weiber trägt -keine Schuhe. Mit Ringen schmücken die Araberinnen Finger und Ohren. -Auch sah ich zwei Weiber mit einem großen Ringe am rechten Nasenflügel. -Es ist ein seltsam Sprichwort: <span class="antiqua">Circulus aureus in naribus ejus -mulier pulchra.</span></p> - -<p>Die Jüdinnen tragen sich ganz levantisch. Ich konnte sie von den -Türkinnen nicht erkennen. Die Franken sind am launigsten. Viele -richten sich nach der Tracht der Morgenländer; Andere halten steif an -dem Europäer, wieder Andern beliebt ein profosmäßiges Durcheinander. -Wenige lassen den Bart ganz wachsen, wie hauptsächlich die Trümmer -des Saint-Simonismus. Klage man noch nicht über die Flatterhaftigkeit -des Franken in seiner Kleidungsart. Die Tracht ist ein Spiegel der -Seele. Jeden Weg, welcher in diese führt, muß der Beobachter willkommen -heißen. Wenn wir gerecht sein wollen, müssen wir im Allgemeinen <em class="gesperrt">die -Flatterhaftigkeit des Frankengeistes</em> anklagen, der als ein wahrer -Proteus erscheint. — Die Griechen verläugnen sich ungleich weniger, -als die Franken.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_198" id="Seite_198">[S. 198]</a></span></p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Speisen_und_Getraenke"><b>Speisen und Getränke.</b></h3> - -</div> - -<p>Das Brot macht eine Hauptspeise auch der Araber aus. In Alexandrien -findet man recht schön weißes und schmackhaftes (gesäuertes) -Brot (<span class="antiqua">pane Francese</span>), welches aber vom Araber bloß als -Leckerbissen genossen wird. Sein gewöhnliches Brot ist von schlechter -Beschaffenheit. Er nimmt zermahlene Gerste oder anderes Mehl, knetet -bloß mit Wasser einen Teig in einem großen, dicken Napfe, und bäckt -denselben, in Form eines großen, flachen Kuchens, in der heißen Asche. -Dieser Kuchen wird für eine Mahlzeit gebacken und meistens warm -genossen. Er ist nicht unschmackhaft, doch etwas schwer verdaulich. -Besser, als dieses grobe Hausmannsbrot, aber minder fein und weiß als -das <span class="antiqua">pane Francese</span>, ist jenes egyptische Brot, welches arabische -Weiber, z. B. in Alexandrien, mittelst einer breiten Unterlage auf dem -Kopfe in den Gassen herumtragen, und unter Anpreisungen: „Kauf Brot, es -ist schön und gut“, feil bieten.</p> - -<p>Die eigentliche Hauptnahrung der dürftigern Klasse sind Datteln, -Feldbohnen (Fûl) und Mais, letzterer als Sange, indem er ohne Weiteres, -wo es angeht, in dem Ofen gesengt (geröstet) und dann abgespeist wird. -Als eine häufige Nahrung dienen auch Zwiebeln und Rüben oder Ret<span class="pagenum"><a name="Seite_199" id="Seite_199">[S. 199]</a></span>tiche. -Beide werden frisch genossen. <em class="gesperrt">Alpinus</em> nennt vor allen Speisen -saure Milch und das gekochte Zuckerrohr.</p> - -<p>Wenn man delikater essen will, so greift man nach Gallerte (Sulze), -viereckigen oder runden, fetten Kuchen, auch nach kleinen Stücken -fetten Fleisches, die, mit Petersilie durchwürzt, über dem Feuer -geröstet werden u. dgl. Hühner werden viel gegessen<a name="FNAnker_17_17" id="FNAnker_17_17"></a><a href="#Fussnote_17_17" class="fnanchor">[17]</a>. Die Würste -sind von schlechtem Geschmacke, die Zuckerbrote dagegen vortrefflich. -Von Pillau (in kochendem Wasser erweichter und dann mit Butter -gewürzter Reis) hörte ich, wo nicht selten, doch nicht häufig. Der -inländische Reis enthält zugleich viel beigemischtes Salz, entweder -des Gewichtes, oder der bessern Erhaltung willen. Man muß ihn daher, -vor dem Kochen,<span class="pagenum"><a name="Seite_200" id="Seite_200">[S. 200]</a></span> fleißig schwemmen, und wäscht man das ausgeschwemmte -Salz, so nimmt dieses eine sehr schöne weiße Farbe an, und eignet sich -vortrefflich zum Gebrauche. Das käufliche Salz ist von schmutzig gelber -Farbe und unrein. Die Milch ist gut; die Abendländer aber behaupten, -daß sie zu fett für sie sei. Häufig wird Milch genossen, nachdem sie -künstlich gesäuert, und zum Schlottern gebracht worden. Die Butter -schmeckt gut; man darf nur das Salz auswaschen, ehe man sie genießt. -Wie bei uns der Maibutter, so wird in Egypten der Christmonat- oder -Jennerbutter der Vorzug eingeräumt. Der Käse mürbe, schmackhaft, aber -übersalzen.</p> - -<p>Der Araber ißt im Ganzen wenig und frugal, sagten die Alten, und -diese Frugalität hat sich bis auf heute erhalten. Das Rauchen bleibt -immer seine Hauptsache. Gebietet er über die volle Pfeife, so gibt er -sich zufrieden, wenn er vor dem Einschlafen nur wenige Rettiche zu -zerbeißen hat. Die meisten Speisen werden kalt genossen, ohne Löffel -und Gabel. Die gelenkigen Finger müssen diese ungelenken Werkzeuge -vertreten. Man darf die Einfachheit tadeln; aber man muß dann zugleich -die vielfältigen Bedürfnisse und ihre strenge Herrschaft loben. Wenn -irgend eine Regel sich aufstellen ließe, so speist der Araber bei<span class="pagenum"><a name="Seite_201" id="Seite_201">[S. 201]</a></span> -Sonnenaufgang, bei Sonnenhöhe und nach Sonnenuntergang.</p> - -<p>Unter den <em class="gesperrt">Getränken</em> steht das schlammige Nilwasser oben an. -Es wird aus dem Nile geschöpft, und in Menge getrunken, ohne vorher -gereinigt zu werden. Es war zur Zeit meines Aufenthaltes, nämlich zur -Ueberschwemmungszeit, im Glase gelblichweiß. Filtrirt man es, was bei -den Großen geschieht, so wird es lauter und farblos. Es gibt in vielen -Häusern Krüge (Bardâka), welche, von einer besondern Erde gebildet, die -Eigenthümlichkeit besitzen, daß sie das Wasser langsam durchsickern -lassen. Dadurch wird es kühl und angenehm. Das Nilwasser wird aus -dem Flusse auf dem Rücken der Kameele in die zahlreichen Zisternen -Kairo’s geschafft, und aus diesen können es die Einwohner unentgeltlich -holen<a name="FNAnker_18_18" id="FNAnker_18_18"></a><a href="#Fussnote_18_18" class="fnanchor">[18]</a>.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_202" id="Seite_202">[S. 202]</a></span></p> - -<p>Man wähne übrigens nicht, daß die Araber sich des berauschenden -Getränkes gänzlich enthalten. Ein solches heißt <em class="gesperrt">Bỏsa</em> oder -<em class="gesperrt">Busa</em>, eine Art Bier, das aus Getreide gegohren wird. Es ist -von Farbe weißgrau und schäumt wie Bier, wenn man es rasch rüttelt. -Mit dem Bỏsa berauschen sich Viele. <em class="gesperrt">Salomo Schweigger</em> sagt -vom „Bỏsa“, daß es ein gedörrtes, mit Wasser angerührtes Griesmehl -sei, und von Türken, wie Egypziern getrunken werde. Nach <em class="gesperrt">Prosper -Alpinus</em> ward „Bỏsa“ aus Lülchmehl (<span class="antiqua">farina loliacea</span>), aus -Hanfsamen und Wasser zu einem Getränke oder zu einem Teige bereitet, -und es soll in einem gleichen oder noch höhern Grade als Hanfkraut -(Assis) einen Zustand der Berauschung, der Entzückung und süßer -Träumereien herbeiführen. Zum feierlichen Konstantinopler-Umzuge vom -Jahre 1582 gehören die <em class="gesperrt">Bosatschi</em>, so einen graulichen Trank -von Brei wie ein Bier machen; den Laden zogen zwei Ochsen, worin ein -Knabe den Brei oder Hirsen rieb, der andere das Bỏsa oder den Trank -bereitete. Gleichermaßen wird nach <em class="gesperrt">Tavernier</em> das „Bỏsa“ mit -Hirsen zubereitet und macht, sagt er, einen Rausch wie der Wein. Allein -nach <em class="gesperrt">Burckhardt</em> ist Durra der Lieferungsstoff zum Busa.</p> - -<p>Wein oder Branntewein trinkt der gemeine Araber nicht oder selten, -wohl aber der vornehmere Mohammetaner,<span class="pagenum"><a name="Seite_203" id="Seite_203">[S. 203]</a></span> am liebsten geheim. Ich sah -einen solchen in einer <em class="gesperrt">fränkischen</em> Wirthschaft, in welcher -beinahe nur Franken einkehren, so gewandt den Spiritus trinken, daß -ich mich bewogen fand, mich über den Mann zu erkundigen, und ich -vernahm, daß er regelmäßig zuspreche. Es verdient Erwähnung, daß mir -auf der Fahrt von Alexandrien nach Kairo nichts gestohlen wurde, -als eine halbe Flasche Rhum, mein ganzer Rest. Ich sah zwar während -derselben keinen Barkenknecht nach dem geistigen Getränke langen, oder -sich damit berauschen, welche Enthaltsamkeit den Europäer angenehm -überraschte; selbst als man mir einen kranken Barkenknecht vorstellte, -und ich ihn Rhum trinken hieß, so geberdete er sich ziemlich unwillig, -und schluckte möglichst in Duodez. Indessen konnte die Lüsternheit -im Verborgenen nicht gefehlt haben. Ueberall wird der Damm, welcher -der Trunkenheit wehren sollte, eingerissen. Sollte man es nicht dem -Schöpfer klagen, daß er den Menschen Vernunft gab, weil sie, nur -vermöge dieser himmlischen Gabe, so viel Mittel erdenken können, um -dieselbe in ihrer Thätigkeit zu verirren oder zu hemmen?</p> - -<p>Von einem echt morgenländischen, und wenn auch nicht unter den Fellah, -doch unter der wohlhabendern Klasse sehr häufigen Getränke will ich so -eben besonders reden.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_204" id="Seite_204">[S. 204]</a></span></p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Kaffeehaeuser"><b>Kaffeehäuser.</b></h3> - -</div> - -<p>Es gibt sehr viel Kaffeehäuser. Ich besuchte dasjenige, welches nach -fränkischer Weise eingerichtet war. Im Vorübergehen konnte ich wohl die -egyptischen sehen. Sie liefern aber, ihrer Einfachheit willen, wenig -Stoff zum Beschreiben. Sähe man nicht einen Kochofen und die rauchende -Kaffeeschale, so würde man das Kaffeehaus verkennen; man müßte vielmehr -glauben, daß die Leute nur deßwegen den einsamen Diwan belagern, um -Tabak zu rauchen. Allerdings ist in einem Kaffeehause das Tabakrauchen -nicht das Geringste, und der Egypzier läßt sich nicht minder gern mit -Pfeife und Tabak bedienen, als mit Kaffee. Die Morgenländer genießen -den Kaffee ohne Milch und ohne Zucker. Die Franken heißen einen solchen -Kaffee türkischen (<span class="antiqua">alla Turca</span>).</p> - -<p>Der Genuß des Kaffees ist in einem großen Theile der Welt gleichsam zum -Bedürfnisse geworden, und tausend <em class="gesperrt">Napoleone</em> wären wahrscheinlich -nicht im Stande, ihn vom Erdballe zu verbannen. Und doch haben unsere -alten Vorväter vor nicht einmal anderthalb Jahrhunderten ohne den -Kaffee gelebt.</p> - -<p>Es macht ungemein viel Spaß, wenn man über den Kaffee, als ein den -Abendländern unbekanntes Getränke,<span class="pagenum"><a name="Seite_205" id="Seite_205">[S. 205]</a></span> in den Beschreibungen derjenigen -lieset, welche Egypten und Konstantinopel gegen Ende des sechszehnten -und zu Anfange des siebenzehnten Jahrhunderts besucht haben.</p> - -<p>Ich führe zuerst <em class="gesperrt">Salomo Schweigger</em>, welcher im Jahr 1581 in -Egypten war, redend ein: Ein anderes Trank wird <em class="gesperrt">Chaube</em> genannt, -welches man in den Tabernen ausschenkt, ist schwarzbraun von Farbe. Das -gebrauchen Etliche des Morgens. Da versammeln sich viel Türken (des -Egyptenlandes) vor der Taberna, lassen ihrer etliche in einer Kumpanei -ihnen eine Schale oder ein irdenes Schüsselein voll nach dem andern -hergeben. Das trinken sie nach einander fein höflich aus, so heiß, -als sie es mögen erleiden. Gleichwie das deutsche gemeine Volk den -Branntewein oder Wermuthsgeist des Morgens trinkt, also soll jenes auch -den Magen zu erwärmen dienstlich sein.</p> - -<p><em class="gesperrt">Prosper Alpinus</em>, welcher im nämlichen Jahre, gleich auf -<em class="gesperrt">Schweigger</em>, nach Egypten kam, gibt eine genaue Beschreibung -von dem Absude (<span class="antiqua">decoctum</span>) <em class="gesperrt">Chaova</em>. Sehr häufig im -Gebrauche, sagt er, ist der Absud <em class="gesperrt">Chaova</em>, welchen man aus -gewissen schwarzen, den Bohnen ähnlichen Samen zu bereiten pflegt. -Er wird übrigens auch aus den Samendecken bereitet, und im letzteren -Falle zeigt er sich kräftiger. Die Bereitungsart ist folgende: Man -nimmt anderthalb Pfund von den Hüllen befreite Samen, röstet<span class="pagenum"><a name="Seite_206" id="Seite_206">[S. 206]</a></span> diese -ein wenig über dem Feuer und siedet sie in zwanzig Pfund Wasser, -während Andere von den gerösteten und in kleine Stücke zerbröckelten -Samen einen Aufguß machen und solche einen Tag lang am Wasser stehen -lassen, diejenigen aber, welche die Samen ohne Aufguß behandeln, die -Hälfte Wasser einkochen. Die durchgeseihte Abkochung dient in wohl -verschlossenen irdenen Gefäßen zum Gebrauche. Werden die Samendecken -abgekocht, so nimmt man davon sechs bis neun Unzen auf zwanzig Pfund -Wasser, wovon die Hälfte eingekocht wird. Der Same heißt <em class="gesperrt">bon</em>, -und den Baum, welcher ihn trägt, sah ich in dem Garten eines türkischen -Bei, wohin er aus Arabien verpflanzt war. Die Egypzier sind dem -<em class="gesperrt">Chaova</em> nicht minder leidenschaftlich ergeben, als die Franken in -ihren Kneipen dem Weine.</p> - -<p>In der „Hoffhaltung des Türckhischen Keysers,“ worin ein im Jahr 1582 -zu Konstantinopel gehaltener feierlicher Umzug beschrieben wird, -heißt es: „Die <em class="gesperrt">Caahuetschi</em>, so einen schwarzen, warmen Trank -verkaufen, welcher zu Verdauung der Speisen, <em class="gesperrt">Verhinderung des -Schlafes</em> und der Traurigkeit dienen soll, mit rothen und weißen -Fahnen, darinnen etliche Buchstaben. Zwei und dreißig haben Verehrung -getragen; der andern, Knaben, jungen Leute und Meister, sind in die -zweihundert gewesen.“</p> - -<p><em class="gesperrt">Johann Jakob Ammann</em>, welcher im Jahr 1612<span class="pagenum"><a name="Seite_207" id="Seite_207">[S. 207]</a></span> in Konstantinopel -weilte, läßt sich dahin vernehmen: „Auch haben die Türken noch andere -Wirthshäuser, darinnen die Wirthe nichts Anders geben, als schwarz -Wasser zu trinken, von ihnen <em class="gesperrt">Gahwe</em> und von Arabern Lorbeeren -genannt, welches mehrentheils von Gerste und andern Sachen gemacht -wird. Sie kochen ganze Kessel voll, pflegen es den Gästen in kleinen -irdenen oder porzellanenen Schüsseln siedheiß zu geben. Solches trinken -die Türken, wie auch die Araber, so warm sie immer können, jederzeit -ein Schlücklein auf einmal, bis es aus ist. Welches gar ein gemeiner -Brauch bei ihnen, dieses Wasser zu trinken, bei Tage, wie auch Morgens -und Abends. Etwa bei fünfzig mehr und minder sitzen da und dort -beisammen; währet oft lang mit Trinken, Reden und Konversiren; wird -aber Keiner von dem gedachten Wasser betrunken. Sie vermeinen, es -trockne die Flüsse auf, und sei gar ein gesundes Wasser.“</p> - -<p>Ich vergesse des <em class="gesperrt">Adam Wenner</em> nicht, welcher im Jahr 1616 -nach Konstantinopel gereiset ist. „Die Kafuannen,“ sagt er, „sind -Häuser, in welchen schwarz Wasser gesotten und von Türken und Andern -täglich warm getrunken wird, so dem Magen und sonst sehr dienlich. -Sie sitzen gemeiniglich einen halben Tag dabei, spielen im Schach und -Bret (darinnen sie trefflich erfahren), aber um kein aufgesetzt Geld, -sondern wer für den Andern die Zeche<span class="pagenum"><a name="Seite_208" id="Seite_208">[S. 208]</a></span> zahlt. Eben an solchen Orten -finden sich auch Personen, welche unterdessen von ihrer Kaiser und -anderer Vorfahren Thaten, auch Historien öffentlich lesen, und hernach -deßwegen von den umsitzenden Zuhörern etwas Geld bekommen.“</p> - -<p>Wie mühsam mußte man ehemals thun, um sich den Abendländern -verständlich zu machen, daß von Kaffee die Rede sei. Dieser Fremdling -war damals ein selten Ding in der großen Schatzkammer der Gelehrten, -und jetzt kennt ihn jedwedes Kind. Haben <em class="gesperrt">Rauwolf</em> und -<em class="gesperrt">Schweigger</em>, <em class="gesperrt">Alpinus</em> und <em class="gesperrt">Ammann</em>, <em class="gesperrt">Wenner</em> -und Andere geahnt, daß das schwarze Wasser einst eine Weltherrschaft -ausüben, und die besorglichen Aerzte des Abendlandes dasselbe beklagen -werden? Die Götter allein entziffern die Zukunft.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Schneller_Justizgang"><b>Schneller Justizgang.</b></h3> - -</div> - -<p>In Egypten wird gerichtet und sogleich vollzogen. Das hat wohl sein -Gutes, aber auch sein Schlimmes. Durch den <em class="gesperrt">langsamen</em> Gang -der Justiz windet sich am Ende mancher Schuldige hinweg, und im -<em class="gesperrt">kurzen</em> Gange wird mancher Unschuldige erdrückt.</p> - -<p>Ein Deutscher geht mit einer Flinte auf die Jagd. Auf dem Wege -bleibt er in einer Nilbarke über Nacht. Er legt seine Flinte neben -sich. Morgen ist sie nicht mehr.<span class="pagenum"><a name="Seite_209" id="Seite_209">[S. 209]</a></span> Er wendet sich an die Polizei; der -Barkenführer (el-Reis) mit ihm. Der Polizeidirektor läßt auf den -Vortrag des Franken, ohne weitere Umstände, dem Barkenführer hundert -und zwanzig Hiebe auf die Fußsohlen messen, weil er nicht besser für -das Eigenthum des Reisenden gesorgt habe, und es kaum möglich sei, daß -ohne sein Einverständniß hätte etwas gestohlen werden können. Zugleich -muß der Reis für den Schaden einstehen.</p> - -<p>Das ist ein Beispiel von dem schnellen egyptischen Justizgange; der -Fall ereignete sich eben während meines Aufenthaltes in Kairo.</p> - -<p>Die Sache von geringem Belange richtet und exequirt der Franke selbst. -Hochmüthig treibt er sich ordentlich in Kairo mit der Peitsche herum, -und traktirt damit den Araber, sobald dieser ihm nicht den Weg -räumt. Lebt in Egypten nicht noch die alte flotte Zeit der deutschen -Studenten, welche eben so hoch über die obskuren Philister trabten? -Andere Male regalirt der Franke mit Stockschlägen, mit Ohrfeigen oder -Fußstreichen. Kaum wehrt sich der Araber dagegen; viel weniger würde er -Gleiches mit Gleichem vergelten. Wie müssen die Leute gesunken sein, -welche, der Zahl nach, die Herrscher des Landes sein könnten, und sich -von Fremden, ich will nicht sagen, von Andersgläubi<span class="pagenum"><a name="Seite_210" id="Seite_210">[S. 210]</a></span>gen, auf eine Weise -mißhandeln lassen, wie man in Europa nicht überall die Thiere behandelt.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Der_egyptische_Tanz"><b>Der egyptische Tanz.</b></h3> - -</div> - -<p>Man machte früher viel Aufhebens von den Bajaderen. Man bekommt sie -heutzutage minder oft zu sehen. Gleichsam ein Spiel des Zufalles rief -mich auf den Schauplatz des so seltsamen Tanzes.</p> - -<p>Ein arabisches, züchtig gekleidetes Mädchen oder, wenn ich der -Versicherung trauen darf, gar ein Soldatenweib stellte sich in die -Mitte des Zimmers. Es wollte seinen Gesichtsschleier nicht lüften, -denn ein häßlicher Mund versäuerte das sonst süßliche Gesicht. -Nirgends zeigt man dasjenige gerne, was eine vortheilhafte Meinung -trüben könnte. Die Hände stemmte die Tänzerin auf die Flanken des -Leibes. Nun bestand der Tanz darin, daß das Mädchen die Hüften rasch -in die mannigfachsten Bewegungen setzte, während der Körper, so viel -als möglich, steif gehalten wurde. Dieß nahm ein ganz sonderbares -Aussehen an, und ich mußte die eigenthümliche Art, das Becken zu -bewegen, in der That bewundern. Der Schein meiner Bilder blieb weit -hinter der Wirklichkeit zurück. Diese<span class="pagenum"><a name="Seite_211" id="Seite_211">[S. 211]</a></span> Bewegungen kosteten gewiß -Mühe und Anstrengung<a name="FNAnker_19_19" id="FNAnker_19_19"></a><a href="#Fussnote_19_19" class="fnanchor">[19]</a>, letztere augenscheinlich in dem Maße, daß -den tiefbraunen Grund des Gesichtes ein dunkles Blau überflog. Mit -den Füßen machte das Mädchen wenig Bewegungen, nicht einmal viel -trippelte es, und nicht das Kreisende zeichnet den egyptischen Tanz -aus. Die Bajaderen singen wohl auch; unsere ließ sich selten hören. Ein -ältliches Weib <a name="pauckte" id="pauckte"></a>pauckte mit ausgelassenen Geberden und schmetterndem -Sange einen Tambour zum Tanze.</p> - -<p>Nachdem die junge Bajadere ihre Rolle geendet, wollte auch die ältere -Matrone eine übernehmen. Sie schürzte den Rock ein wenig auf, und -gürtete ihn also um den Leib. Wie wahnsinnig trieb sie den Schooß nach -allen Richtungen. Das Alter schützt vor Thorheit nicht. Jetzt bedurfte -ich nicht des Mehrern, um mich von dem Unanständigen des Tanzes -vollkommen zu überzeugen.</p> - -<p>Noch unanständiger erscheint der Tanz beim Manne. Er schürzt ebenso den -Rock auf, und rüttelt auf gleiche<span class="pagenum"><a name="Seite_212" id="Seite_212">[S. 212]</a></span> Weise das Becken. Derjenige Tänzer, -welcher seine Fantasien auf unserer Nilfahrt zum Beßten gab, führte -auch ein Stöckchen in der Faust, und Männer an der Reihe klatschten mit -den Händen den Takt.</p> - -<p>Wenn der Fremde diesem Beckentanze zuerst zuschaut, so kann er Anfangs -wohl das Lachen nicht verhalten. Nachher gewinnt er Zeit, seine -moralischen Betrachtungen anzustellen.</p> - -<p>Ich möchte den egyptischen Tanz nicht verlassen, ohne einer -Merkwürdigkeit aus dem Jahre 1582 zu gedenken.</p> - -<p>An dem mehrerwähnten großen Prachtzug, zu Ehren des neubeschnittenen -kaiserlichen Prinzen <em class="gesperrt">Mehemet</em>, schloß sich der Dulumtschi-Pascha -oder der Hauptmann der Fünfhundert mit den geschmierten Ziegenhäuten. -Er entblößte sich oberhalb <a name="des_Guertels" id="des_Guertels"></a>des Gürtels, entkleidete sich bis aufs -Hemde, geberdete sich seltsam mit Kopf und Augen, Händen und Füßen. -Hierauf zog er das Hemde über den Kopf, machte in dünnen leinenen Hosen -seltsame Sprünge, tanzte, zog den Bauch bald ein, bald trieb er ihn -hervor, warf die Hüften hin und her, daß es schändlich und abscheulich -zu sehen war. Allein die Türken fanden daran Wohlgefallen, lachten -des Tänzers und lobten ihn. Es wäre freilich voreilig, von dieser -Einzelnheit auf den sittlichen Karakter<span class="pagenum"><a name="Seite_213" id="Seite_213">[S. 213]</a></span> überhaupt zu schließen. Große -Volksfeste haben jederzeit einzelne Ausbrüche von Rohheit in ihrem -Gefolge.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Brautzug"><b>Der Brautzug.</b></h3> - -</div> - -<p>Voran lärmen Tambour und Pauken. Hier Männer, dort Knaben, hier -ein Halbblinder, dort ein Zerlumpter schlagen darauf los: Alle in -Unordnung, in ungleicher Reihe, in ungleichem Schritte, ohne Ernst, -herumgaffend, und die Knebel oder Stäbchen scheinen ohne Takt auf die -Felle zu fallen, wie die Regentropfen auf die Erde. Im Reiche der -Töne Mangel an Takt, wie an den Gebäuden Mangel an Ebenmaß. <a name="kein_es" id="kein_es"></a>Daß -dem Egypzier etwas gefalle, muß es ein Spiel der Einbildung sein, das -kaum Schranken kennt. Jetzt kommen hübsch geputzte Knaben in besserer -Reihe, in geschlossener Ordnung. Sie tragen schönfarbige Krüge von -antiker Form. Daraus sprengen sie wohlriechende Flüssigkeiten; so das -Rosenwasser, welches, wie frische Rosen im Garten, den süßen Geruch -düftet. Die Weiber mit ihren Lappen über das Gesicht, diese Masken -schreiten zierlicher daher, je zwei neben einander, eines mehr wie das -andere bestrebt, damit hochlaut aus ihrer Kehle das Freudengeschrei -erschalle, welches dem Froschgequak am Nile oder dem Laute ähnlich ist, -wenn bei uns<span class="pagenum"><a name="Seite_214" id="Seite_214">[S. 214]</a></span> die Kinder, die Stimme erhebend, mit dem Finger über die -etwas hervorgestreckten Lippen auf- und abwärts klimpern. Je näher -dem Traghimmel, desto schmuckreicher die Weiber; ihr Gesichtsschleier -prangt von größern und kleinern Goldstücken, und sie heben ihre -Arme aus den weiten, faltigen Seidengewändern, gleich dem Priester, -welcher das Volk benedeit. Einen runden Wedel, auf dessen einer Seite -die Eitelkeit ein Spiegelchen anbrachte, hält ein Weib in der Hand. -Es bietet alle seine Rührigkeit auf, damit die Braut zu befächeln. -Andere Weiber spritzen wohlriechende Flüssigkeiten. Männer mit kleinen -Stäben gebieten und schaffen zur Seite links und rechts Ordnung. In -der Mitte zwei schön gekleideter Weiber, unter dem von vier Männern -getragenen blutrothen Baldachin <em class="gesperrt">erblickst du die Braut</em>. Der -Europäer möchte gern ihre Schönheit bewundern. Vergeblich; sie ist -in einem rothen Schleier so ganz und gar verhüllt. Den Kopf kleidet -fürstlich ein kronartiger Aufsatz. Um die Stirne und das Gesicht drängt -sich ein Goldstück an das andere, ein Edelstein an den andern; die -Braut legt mit morgenländischer Ueppigkeit hier Alles zur Schau, was -sie nur Glänzendes auftreiben konnte. Geblendet von den ausgehängten -Kostbarkeiten, wünscht man beinahe nicht weiter zu schauen, obschon -das Geheimnißvolle die Neugierde stachelt; denn man fürchtet, bei<span class="pagenum"><a name="Seite_215" id="Seite_215">[S. 215]</a></span> -gelichtetem Schleier, mit getäuschter Phantasie das Auge wegwenden zu -müssen. Hinter dem Baldachine schalmeien sie in das Getümmel der Pauken -und Tambour. Langsam schreitet der Zug, aber immer noch rasch für das -neugierige Auge, um das Mannigfaltige aufzufassen.</p> - -<p>Wenn der Zug mehr oder weniger pompös ist, so gibt es noch manche -Zugaben und Anderes mangelt.</p> - -<p>Einmal gerieth der Brautzug ins Gedränge in einer ziemlich schmalen -Gasse; denn es kam ein langer Zug Kameele, deren Ladung am Bauche -wie ein Kobold hin- und herpurzelte, und durch ihre Gespenstergröße -die Gasse buchstäblich mehr als halb füllte. Ich befand mich eben -am Baldachine, und die kleine Braut rückte mir nahe. Nur ihre Nase -prägte sich unter dem anliegenden, rothen Schleier aus. Die Sonne -lauerte fortwährend hinter dem rosigen Gewölke. Auf der Stelle ward die -Bedrängte von dienstbaren Geistern umringt, und ein Schwarm von Fingern -flog auf den Kopf, seinen Putz zu halten, nicht anders, als führe man -eine Glasfigur herum, die man an dieser gefährlichen Stelle mit allen -Händen beschirmen müsse, auf daß sie ja nicht breche.</p> - -<p>An der äußerst reich ausgeschmückten Mohammetanerin fiel mir ein -goldenes Kreuz auf, welches von der Stirne herunter hing. Dieser -Theil des Kopfputzes war wahr<span class="pagenum"><a name="Seite_216" id="Seite_216">[S. 216]</a></span>scheinlich ursprünglich im Besitze der -Christen. Putzliebe überwiegt nicht selten sogar religiösen Skrupel. -Die Mohammetanerin fragt wenig nach der Form, wenn nur Glanz, nur Gold, -nur Flitter. Sie versteht die mit Brüchen rechnende Engherzigkeit -mancher Protestantinnen nicht, welche, Gott weiß, wie tief sie in die -Finsterniß des Papstthums plötzlich gerathen würden, wenn sich einmal -ein Kreuz auf ihre Stirne verirrte.</p> - -<p>Wo der Brautzug aufhörte, und wie die weiteren Festlichkeiten waren, -dessen war ich nicht Zeuge, und das ist der Grund, warum ich nicht -davon rede.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Leichenzug"><b>Der Leichenzug.</b></h3> - -</div> - -<p>Knaben mit fröhlichen Mienen gehen voran in Reihe und schlagen -Liedeslärm. Ihnen folgen blinde Männer, Hand in Hand, mit vereintem -Gesang, ohne Sinn für einen geregelten Zug. Drei Männer tragen -hier einen vierkantigen, dort einen mit einer Firste versehenen -fünfkantigen, so flüchtig verfertigten, breternen Sarg, daß der Blick -in die Fugen unschwer sich stiehlt. Von ihm erhebt sich ein Turban, -auf dem Sarge das Kreuz des Mohammetaners. Liegt ein Mann in den -Bretern, so werden sie mit einem rothen Tuche umwunden, beim Weibe — -drängt sich dessen<span class="pagenum"><a name="Seite_217" id="Seite_217">[S. 217]</a></span> Kopfschmuck darum. Hinter dem Sarge selten ein -Mann, aber Weiber, verwandte und bekannte, voll bitterer Klagen über -den Verlust. Die Hände und das Gesicht dieser Klageweiber sind, zum -Zeichen der Trauer, blau gefärbt. Am Nile das Trauerblau, bei uns -das Trauerschwarz, anderwärts das Trauerweiß, — was ist denn die -Trauerfarbe? Ein hellblaues Tuch, um in der Schilderung fortzufahren, -umflattert über dem gewöhnlichen Schleier den Kopf, — und ein blaues -Tuch, an den Zipfeln mit beiden Händen fassend, schleudern die -Klagefrauen mit gellendem Schrei gegen den Sarg, als wollten sie dem -Sensentrager die Beute abringen. Nur die weiblichen Verwandten tragen -die blaue Trauerfarbe, kein einziges Trauerzeichen die Uebrigen.</p> - -<p>Ach, der Todte bleibt todt, todtenbleich und todtenstarr, mögen ihm die -Einen leise nachweinen oder laut nachschluchzen, die Andern gellend -nachschreien.</p> - -<p>In Alexandrien hörte ich von einem Hause herab zuerst den unvergeßlich -gellenden Lärm; ich wußte nicht, ob von einigen verrückten oder im -Zanke begriffenen Weibern. Ich stand wie verdutzt da, als man mir die -Erscheinung dahin aufklärte, daß darin eine Person gestorben wäre, und -daß, zur Bezeugung der Trauer, so lange in demselben Hause geschrieen, -bis sie daraus getragen wurde. Es wäre manch<span class="pagenum"><a name="Seite_218" id="Seite_218">[S. 218]</a></span>mal an einem Trauerfalle -so genug, daß man diesen nicht überlaut verkündigen oder amplifiziren -dürfte.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Strassensaenger"><b>Der Straßensänger.</b></h3> - -</div> - -<p>Da steht ein Jüngling, der mit der einen Hand das Ohr zuhält, mit der -andern dann und wann hinter den schwarzbraunen Nacken fährt. Er scheint -<em class="gesperrt">Galls</em> Tonorgan nachfühlen zu wollen. Er trägt eine Mütze und -eine Jacke, weiter aber keinen Faden am Leibe. Das ist ein Sänger in -einer der Hauptstädte des osmanischen Reichs.</p> - -<p>Die Stimme klang nicht unangenehm; aber wenig Wechsel in der Singweise, -zum Unglücke verstand ich kein Wort. Ich zweifle nicht, daß Alles -artig und poetisch gewesen sei; denn es hatte ja sich in dem Sänger -selbst der Ausbund von Poesie personifizirt. Was ich gut verstand -und mich zum herzlichen Lachen rührte, war das Gekrähe eines jungen -Hahns, das Gebell eines Schoßhündchens und das Gefauche einer Katze, -welche anmuthigen Töne der Virtuose nach jeder Strophe vortrefflich -nachahmte. Die Nachahmung der Thiere ist freilich mehr ergötzlich, als -des Menschen würdig.</p> - -<p>Der Europäer meinte in Egypten, er lebe in einer ganz andern Welt, -wenn ihn nur zur rechten Zeit und<span class="pagenum"><a name="Seite_219" id="Seite_219">[S. 219]</a></span> zur Unzeit, mit Erlaubniß zu sagen, -die Flöhe und die Wanzen nicht <a name="staechen" id="staechen"></a>stächen, wenn nur die Sonne viereckig -und der Mond hornlos, das Feuer kalt und das Wasser trocken wären, -wenn nur, worauf es eben jetzt ankommt, nach einer andern Melodie die -Hähne krähten, die Hunde bellten, die Katzen fauchten; aber sogar die -egyptischen <em class="gesperrt">Menschen</em> kennt der Europäer auf dem Resonanzboden -Europas, wenn sie schwatzen, wie die egyptischen Hähne, Hunde und -Katzen. Dagegen liefert Europa manchmal Konterfeie seiner selbst, -welche dem Urbilde gleichen wie John Bull einem Känguruh.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Versteigerer"><b>Der Versteigerer.</b></h3> - -</div> - -<p>Um etwas dem Meistbietenden zu überlassen, sind in Europa erst lange -Berathungen, Edikte, Zeitungen, Lizitazionskommissarien nöthig. Niemand -versteht besser, auf krummem Wege das Ziel zu verfolgen, als der -Abendländer.</p> - -<p>Ein Araber ging in die Frankengasse, in der Hand ein Hausgeräthe, womit -er die Schaulust möglichst reizte, und rief den Preis desselben mit -lauter Stimme aus. Er hört aus einer Bude ein Gebot; er wiederholt es; -aus einer andern Bude vernimmt er ein höheres Gebot; er wieder<span class="pagenum"><a name="Seite_220" id="Seite_220">[S. 220]</a></span>holt -auch dieses. Hin- und herrennend, als hätten ihn die Bremsen angebohrt, -wiederholt er die Gebote, bald in arabischer, bald in italienischer -Sprache. Sobald die Gebote nicht höher steigen, und das höchste dem -Versteigerer anständig ist, so überläßt derselbe den Gegenstand dem -Meistbietenden. Hier befindet sich der Araber in der That auf dem -rechten Flecke, wo es ihm denn trefflich zu Statten kommen mag, daß er -so gerne lärmt und schreit.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Barbier"><b>Der Barbier.</b></h3> - -</div> - -<p>Es ist ein kurios Ding um den Bart, daß er am Antlitze des Mannes zur -Schererei entsprossen sein soll.</p> - -<p>Die bessern Barbierstuben Kairos sind prächtig ausgestattet. An die -Wände lehnen sich unbewegliche Reihen schnörkelhafter Sitze von hartem -Holze, wie in einem Kirchenchore.</p> - -<p>Da zwängt man Einem den Kopf über die Brust, um die Schwarte nackt zu -scheren; dort wird die Lippe straff angestreckt, um die Mundwinkel -auszuputzen, dort der Kopf rücklings umgebogen, über dem Adamsapfel -einen Streifen wegzubarbieren. Wenn in einer Stube Mehrere barbiert -werden, so machen die Köpfe so verschiedene Richtungen, als wären sie -aufs allergutmüthigste illuminirt.<span class="pagenum"><a name="Seite_221" id="Seite_221">[S. 221]</a></span> In den Barbierstuben wird man nicht -in hockender Stellung rasirt, wohl aber auf den Gassen. Der Barbier -schneidet die Stoppeln völlig auf der Haut, schier wie ätzend, und -er versteht in Summa seine Kunst meisterhaft. Leicht handhabt er das -scharfe Messer, es bald auf- bald abwärts, bald seitwärts führend -über fast alle Theile des Kopfes. Jeder mag sich im runden Spiegel, -welcher, in einen schmucken Rahmen gefaßt, von dem Barbier mit -Selbstzufriedenheit unfehlbar dargeboten wird, selbst überzeugen, ob -ich in guten Treuen schilderte.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Lagerstellenmacher"><b>Der Lagerstellenmacher.</b></h3> - -</div> - -<p>Die Lagerstellen der Egypzier haben etwas eigenthümliches, da sie -gleich einem Käfiche zusammengestäbelt sind. Lagerstellenmacher, wie -hier, dürften in Europa schwerlich gefunden werden. Die Noth schuf im -Nilthale die Eigenthümlichkeit; es gebricht an größerm Holze, welches -den Hobel zuläßt.</p> - -<p>Der Lagerstellenmacher besitzt keine Bude; er begnügt sich, in dem -Winkel einer Gasse oder sonst wo zu hocken. Ein Schneide- und ein -Hohlmesser sind seine Werkzeuge. Mit ersterm schnitzelt er die -Holzstäbchen etwas zurecht, und gibt ihnen die gehörige Länge; mit -letzterm schlägt er Oeffnungen, dadurch die rundlichen Stäbchen zu -ziehen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_222" id="Seite_222">[S. 222]</a></span></p> - -<p>Kein Pinsel beleidigt je diese Lagerstellen. Sie tragen den Schweren, -wie den Leichten, den Müden wie den Muntern, den Schlafenden wie -den Wachenden; dem Sünder aber nehmen sie die Last seines Herzens -ebenso wenig ab, auf daß ihn eher der sanfte Schlaf erquicke, als die -europäischen köstlichen und bequemen Bettstellen solch ein Wunder zu -bewirken vermögen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Glaser"><b>Der Glaser.</b></h3> - -</div> - -<p>Als ich die Einsetzung von Scheiben verlangte, kamen zwei Menschen, -ein gesetzter Mann und ein Jüngling von etwa sechszehn Jahren. Der -Kontrakt in Betreff der Scheiben war bereits geschlossen. Wer sich eine -Bedeutung geben will, muß doch die Kleinigkeiten umständlich behandeln.</p> - -<p>Der Glaser ließ sich auf den Boden nieder; der Gehülfe ihm gegenüber. -Sorgfältig schlug jener die hölzernen Nägel aus den Fensterrahmen. -Er arbeitete langsam, aber sicher; so war sein Augenmaß. Statt eines -Diamants bediente er sich eines Bröckchens Granit. Wenn dieser nicht -tief genug schnitt, so führte er ihn auch über die Rückseite des -Glases. Dann ballte er die rechte Hand, nahm die Scheibe zwischen den -Zeigefinger und den auslangenden<span class="pagenum"><a name="Seite_223" id="Seite_223">[S. 223]</a></span> Daumen, und drückte solchergestalt -mit Behutsamkeit abwärts, um das Glas über den Riß abzubrechen. Dieß -gelang ihm freilich nicht, daß er eine schöne, ebene Linie bekam, doch -brach er auch nicht fehl.</p> - -<p>Ich glaube, der beste europäische Glasermeister würde mit einem solchen -Hülfsmittel kaum besser das Glas gebrochen haben. Es ist immer eine -Kunst, mit Wenigem gehörig auszureichen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Schuhmacher"><b>Der Schuhmacher.</b></h3> - -</div> - -<p>Ohne eine lederne oder tüchene Schürze, ohne pechschwarze Hände -<em class="gesperrt">sitzt</em> der Schuhmacher auf einem niedrigen Stuhle vor einem -runden, ebenfalls niedrigen Tische, welcher der Querabschnitt eines -Baumstammes und auf drei breite Füße gestützt ist. Die Schuhleisten -weichen von den europäischen kaum ab, wenn nicht darin, daß sie, -ohne den Moden unterworfen zu sein, alle spitz sind. Wie oft wird -der europäische Schuhmacher durch die Modesucht Anderer geplagt, und -wie ruhig kann deßhalb der egyptische schlafen. Der Flattersinn der -Modenjournalisten erzeugt fürwahr eine Menge Qualen.</p> - -<p>Mit einem Stücke Messing, welches die Form eines Mörserpistills, nur -eine breitere Birne zum Schlagen hat und kürzer ist, werden Leder -und Nähte geklopft. Flink<span class="pagenum"><a name="Seite_224" id="Seite_224">[S. 224]</a></span> schneidet dasselbe mit einem leichten -Schroteisen der Schuster, der überhaupt mit einer großen Fertigkeit -arbeitet. Der Mohammetaner näht nicht mit Schweinborsten, weil nach -seiner Ansicht Alles, was vom Schweine kommt, unrein macht. Den gelben -und grobkörnigen Stoff oder den Kleister, womit ein Lederstück auf das -andere gekleibt wird, erkannte ich nicht. Die egyptischen Schuhe sind -dem Klima angemessen: leicht, halten sie wenig warm, werden aber bald -durchnäßt.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Toepferwaarenflicker"><b>Der Töpferwaarenflicker.</b></h3> - -</div> - -<p>In einem Lande, wo man mit schönen Porzellangefäßen so viel Aufwand -treibt, ist es oft keine Kleinigkeit, wenn etwa eines bricht. Porzellan -kommt hoch zu stehen, und so wird leicht erhellen, daß man sich Mühe -gibt, die Bruchstücke zu einem Ganzen zu vereinigen.</p> - -<p>In Europa fehlt es nicht an gutem Kitte für Töpferwaaren; doch hält -selten einer längere Zeit, und in die Bauernhäuser fand er den Weg noch -nicht. Sehr pfuschermäßig werden bei uns die Bruchstücke mit einem -Drahte auf die Weise zusammengeheftet, daß er, nachdem er an beiden -Enden sich berührt, gezwirnet, und an das Gefäß gedrückt wird.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_225" id="Seite_225">[S. 225]</a></span></p> - -<p>Was ist denn das für eine Bude? fragte ich mich, als ich darin einen -Haufen gemalter Scherben, davon die meisten von Porzellan, erblickte. -Ein Mann hockte an der einen Wand, und bog den rechten Fuß auf den -linken Schenkel. Er legte eine Scherbe auf die große Zehe, an der -Stelle, wo er bohren wollte. Ohne jene mit einer Hand zu fixiren, -setzte er den Bohrer an. Diesen brachte er mit einer Art Geigenbogen -in Bewegung. Nämlich die Schnur des letztern umschlang den Bohrer -einmal, ungefähr in der Mitte, und indem der Arbeiter den Bogen hin- -und herbewegte, drehte sich der Bohrer bald rechts, bald links um -die Achse. Das Loch ließ der gewandte Handwerker nicht durchdringen. -Nachdem zu den Seiten des Bruches ein Loch neben dem andern angebracht -war, wurde der klammerförmige Draht, indem er quer über den Bruch sich -zog, unter sanften Schlägen eingehämmert. Die Bruch- und Bohrstelle -bestrich der Tausendkünstler mit einem Kitte, welchen er sogleich -bereitete. Er knetete bloß Eierklar und Gips ohne Feuer zu einem Teige. -Ich darf nicht erst beifügen, daß die Hefte beinahe niedlich aussahen, -und an der innern Seite des Gefässes nahm man sie nicht einmal -wahr, eben weil die Bohröffnungen nicht durchdrangen. Die fleißige -Arbeit verfehlt den Beifall<span class="pagenum"><a name="Seite_226" id="Seite_226">[S. 226]</a></span> nicht, und schiene sie selbst ihrer -Geringfügigkeit willen keinen Fleiß zu verdienen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Missionarien"><b>Die Missionarien.</b></h3> - -</div> - -<p>Das protestantische Frommthum und Frommthun bewacht Kairo mit nicht -weniger denn drei Missionarien, und zwar mit lauter Teutschen: -<em class="gesperrt">Kruse</em>, <em class="gesperrt">Lieder</em> und <em class="gesperrt">Müller</em>. Ich erblickte in diesem -Missionariate weniger minder, als protestantischen Luxus. Die vielen -Bemühungen, bisweilen nicht ohne übertriebenen Eifer, werden äußerst -selten mit einer Bekehrung belohnt. Auch darf das Christenthum nicht -durch die Zahl seiner Bekenner nach einem arithmetischen Scheinwerthe -gelüsten, sondern es soll durch seinen innern Reinwerth glänzen.</p> - -<p>Den in Kairo angekommenen und niedergelassenen Fremden aus dem -Abendlande, mögen die Missionarien nicht überflüssig erscheinen. Wenn -der Ankömmling nicht gerne in das Gewühl der fränkischen Kumpanei sich -wagt, so kann er sicher sein, bei diesen Männern gute Gesellschaft zu -finden. Er leite das Gespräche nur anfänglich so, daß sie ihn nicht mit -überfrommen Dingen bestürmen. Nirgends stieße man sonst auf größeren -Kontrast. Dießseits die Jesusherzeleien, jenseits die unfläthigste -und unzüchtigste<span class="pagenum"><a name="Seite_227" id="Seite_227">[S. 227]</a></span> Zunge und zwischen zwei Enden — — Einsamkeit -und Langeweile, wofern man nicht glücklich genug ist, in der Mitte -derselben Gleichgesinnten sich anschließen zu können. Mit Lehren und -Predigen, Briefeschreiben und Diskuriren verbringen die Missionarien -ihre meiste Zeit. Manchem Abendländer helfen sie auch wohlthätig aus -der Noth. Der Sonderbarkeit muß ich gedenken, daß das Auditorium -der Prediger eben auszusterben im Begriffe war, und daß bloß noch -<em class="gesperrt">zwei Katholiken</em>, doch mehr aus Liebe zur deutschen Sprache, den -<em class="gesperrt">protestantischen Predigern</em> zuhörten. <em class="gesperrt">Lieder</em> macht auch -den Arzt nach den Grundsätzen der Homöopathie. <em class="gesperrt">Müller</em> langweilte -mich durch seine mystische Deutelei des <em class="gesperrt">Hahnemannianismus</em> -außerordentlich, und ich überzeugte mich aufs Neue, daß die Homöopathie -der Mystizismus der Medizin ist.</p> - -<p>Daß die neuen Apostel nicht bloß lehren und predigen, schreiben und -diskuriren, liegt in der Natur des Menschen. Ein wohlbestellter Tisch -wird nicht etwa nur angeschaut, und <em class="gesperrt">Kruse</em> ritt einen ebenso -schönen, als prächtig gesattelten Esel. Es ist ein Zeichen unserer -Zeit, daß man hie und da die Demuth, gleich einem Kruzifix, in Gold -einfaßt.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_228" id="Seite_228">[S. 228]</a></span></p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Renegaten"><b>Die Renegaten.</b></h3> - -</div> - -<p>Frankreich schuf die neue Lehre des St. Simonismus. Die Anhänger -desselben, in ihrem Vaterlande von allen Seiten beunruhigt, ausgelacht, -verspottet, gehaßt, verminderten sich dadurch, daß ein Theil den -Wanderstab ergriff. Der Pabst <em class="gesperrt">Enfantin</em> und Andere zogen nach -Egypten.</p> - -<p>Man zeigte mir in Kairo öfter Saint-Simonisten. Sie zeichneten sich -vor den übrigen Franken durch einen langen Bart aus. Sie führten ein -ziemlich gesondertes Leben. Auch <em class="gesperrt">eine</em> St. Simonistin sah ich, -und billig machte ich meine Glossen. <em class="gesperrt">Enfantin</em> scheint entweder -wenig gekannt, oder beinahe vergessen zu sein. Wenn ich auch nach ihm -mich erkundigte, so wollte man doch in der Regel nichts von ihm wissen. -Nach den Einen lebe er, von dem Geräusche der Städte entfernt, in der -Einsamkeit; nach einem Andern habe er das Zeitliche gesegnet<a name="FNAnker_20_20" id="FNAnker_20_20"></a><a href="#Fussnote_20_20" class="fnanchor">[20]</a>.</p> - -<p>Egypten gibt allen Glaubensbekennern Zuflucht, ohne daß es jedoch mit -der eigentlichen Toleranz, Humanität und Liebe den Andersgläubigen -begegnet. So werden von den Abendländern die Juden geduldet.</p> - -<p>In der neuern Zeit zogen die St. Simonisten deßwe<span class="pagenum"><a name="Seite_229" id="Seite_229">[S. 229]</a></span>gen das Gerede -auf sich, weil einer um den andern zum Mohammetanismus hinübertrat, -ob aus Ueberzeugung oder aus Habgierde, oder aus Rache gegen die -Christen, weiß derjenige, welcher die Nieren der Menschen prüft. Es -gibt indessen hin und wieder auch andere Franken, welche ihren Glauben -verläugnen. Ich habe, um mich selbst anzuklagen, mit meiner Toleranz -es noch nicht so weit gebracht, daß nicht unangenehme Gefühle sich -meiner bemächtigten, wenn ich einen Renegaten erblickte. Im Falle -wirklich reine Ueberzeugung als Triebfeder zur Renegazion wirkte, so -lasse ich mir diese gefallen. Wie schwer hält es aber, daran <em class="gesperrt">zu -glauben</em>, wenn man lediglich erwägt, daß die Renegaten die Religion -der Zivilisirten unsers Erdballs verlassen, um sich zu derjenigen der -Halbbarbaren zu bekennen.</p> - -<p>Ich kannte einen Renegaten, welcher in Verachtungswürdigkeit -seinesgleichen sucht. Durch die Abschwörung seines Glaubens hoffte -er steif und fest auf Beförderung. Er sprach von nichts lieber, als -von einem zu erhaltenden Orden, z. B. wie er die beste Wirkung für -das Auge thun werde. Er wählte sich ein Weib. Die Hochzeit verschlang -seine Barschaft. Er wünschte ein hübsches Mädchen. Er bekam, im Sinne -der Egypzier, eine Vettel. Er verstieß sie. Wenn die Sperlingseele -würdig wäre,<span class="pagenum"><a name="Seite_230" id="Seite_230">[S. 230]</a></span> dem großen <em class="gesperrt">Cäsar</em> verglichen zu werden, so träfen -ihn die Worte, deren <em class="gesperrt">Curio</em> für diesen Römer sich bediente, daß -er der Mann aller Weiber und das Weib aller Männer sei (<span class="antiqua">omnium -mulierum virum et omnium virorum mulierem</span>). Mehr darf man nicht -sagen, um den niedrigen sittlichen Standpunkt anzugeben. <em class="gesperrt">Und -das ist ein Renegat</em>, ein gewesener Christ und ein nunmehriger -Mohammetaner. Soll die Religion dienen, zu irdischem Wohlleben und -Glanze emporzuhelfen, so würdiget man sie mit ruchlosem Herzen zur Magd -roher Sinnlichkeit herab.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Muesterchen_von_Europaeern"><b>Müsterchen von Europäern in -Egypten, oder ein Porträt über Kairo aus Europa.</b></h3> - -</div> - -<p>Zu den pikanteren Dingen, nach meinem Geschmacke, rechne ich den -Lebenslauf der nach Kairo zerstobenen Europäer. Weil diese Stadt so -weit von Europa abliegt, so müssen Neigungen und Verumständungen -seltener Art die große Reise veranlassen.</p> - -<p>Die Europäer in Kairo verdienen im Ganzen den Ruf der Lockerheit. Gut -essen und trinken, reiten und müßig gehen u. dgl. treten als Hauptzüge -in ihrem Leben hervor. Das Schuldenmachen ist das Allerunschuldigste, -und das Nichtbezahlen der Schulden etwas Gewöhnliches. Daß<span class="pagenum"><a name="Seite_231" id="Seite_231">[S. 231]</a></span> auch -Personen höhern Ranges in Schulden stecken, ist freilich nichts -Bezeichnendes für die egyptischen Franken, und, dem guten Tone der -Europäer zu lieb, möchte ich es ja nicht tadeln. Ich kannte einen -General, welcher einem armen Schlucker an 100 Piaster schuldete. Dieser -begab sich oft zu ihm, die Anforderung zu erledigen. Es hieß immer -<em class="gesperrt">morgen</em>. Und warum: <em class="gesperrt">Morgen?</em> Weil der Sold schon ein Jahr -lang beim Pascha ausstehe. Uebrigens bewegt sich dieser General auf -einem sehr glänzenden Fuße; viel Gesinde, Pferd und Kameel, Strauß und -Fasan und dgl. reden von seiner Herrlichkeit. Solchen Aufwand zieht er -dem Abtragen der Schulden und der Erleichterung eines geldbedürftigen -Mannes vor. Ein Angestellter, welcher bei einem monatlichen Einkommen -von 500 Piaster (an 200 Gulden R. W.) demselben ehrlichen Schlucker -schuldig war, überschwemmte sich lieber die Nacht hindurch in der -rauschenden Gesellschaft des theuren Bacchus, lieber bezahlte er Andern -die Zeche, lieber hielt er einen eigenen Esel, lieber bereitete er sich -andere Lustbarkeiten und Bequemlichkeiten, als daß er seinen Gläubiger -zufrieden stellte. Ich hüte mich wohl, den großen Ton lächerlich zu -machen, aus Besorgniß, daß man mich des kleinen Tones zeihe.</p> - -<p>Wer frisch in Kairo ankommt, und gerne Geld aushängt, der rechne -zuversichtlich auf Freundschaft, aber, mit<span class="pagenum"><a name="Seite_232" id="Seite_232">[S. 232]</a></span> Erlaubniß zu sagen, auf -eine Zungen-, keine Herzensfreundschaft. Der schwärzeste Undank folgt -meistens der Gabe oder dem beßtgemeinten Darlehen.</p> - -<p>Manche Europäer langen in Kairo an, ohne daß sie etwas mitschleppen, -als das Kleid am Leibe; denn auf alsbaldige Anstellung und damit auf -Eröffnung der Goldgruben zählen sie so sicher, als der gläubige Christ -auf das Erbe des Himmels. Wenn sie dann nicht geradezu betteln oder, -nach ihrer vornehmen Redensweise, Geld entlehnen, so schenkt ihnen noch -ein Gastwirth Kredit. Wunderbar sind die Künste der Berechnung. Bei -aller Armuth aber sind sie, in ihrer verbindlichen Stellung gegen den -Wirth, genöthigt, wohl zu leben, z. B. Wein zu trinken. So natürlich; -je mehr der Wirth aufschreibt, desto mehr gewinnt er; denn an irgend -einer Anstellung zweifelt Niemand. Aus einem Militär erstümpert man -exempelsweise einen Zeichenlehrer für die medizinische Schule. Der -Wirth spielt mit den neuangekommenen und geldentblößten Abendländern -Lotterie, welche ihm jedenfalls Vortheil bringt, muß er auch hin und -wieder eine Niete ausbezahlen.</p> - -<p>Daß Stümper, Weltlinge, am meisten noch Glücksritter, manche -Verschuldete, selbst auch Verbrecher eine große Zahl der Franken -in Kairo bilden, leidet wohl keinen Zweifel. In dem Kaffeehause, -wo Spanier, Franzosen,<span class="pagenum"><a name="Seite_233" id="Seite_233">[S. 233]</a></span> Engländer, Deutsche, Polen, Italiener und -Griechen bunt durch einander gemengt waren, konnte ich mich oft der -wunderlichsten Gedanken nicht erwehren: links saß vielleicht ein -Betrüger, rechts ein Dieb, vor mir ein Todtschläger. Ich will nun eine -biographische Skizze der Mittheilung nicht vorenthalten, ohne daß ich -jede Einzelnheit verbürgen möchte.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Undank"><b>Undank für treue Liebe.</b></h3> - -</div> - -<p>Ein junger Mann gewann ein Mädchen lieb. Er war Katholik und sie -Protestantin. In seiner heimatlichen Gegend warf die Eingehung einer -gemischten Ehe ungemein viel Staub auf. Um die Schwierigkeiten auf dem -richtigsten Wege zu beseitigen, unternahm er eine Reise nach Rom. Hier -erlangte er von der Kurie die Erlaubniß zu einer paritätischen Ehe. -Auf der Heimreise hielt er sich eine Zeit lang in Triest auf, wo er, -als Mechaniker, das Auskommen zu seiner gänzlichen Zufriedenheit fand. -Er schrieb seiner Geliebten, daß ihm die Heirathsbewilligung ertheilt -worden sei, und daß auch sie die weitern Schritte thun solle, wodann -er ohne Verzug zurücktreffen werde. Die Eltern indeß, schon lange dem -katholischen Freier ungünstig, wußten während der Abwesenheit des -Liebhabers überwie<span class="pagenum"><a name="Seite_234" id="Seite_234">[S. 234]</a></span>genden Einfluß bei der Tochter geltend zu machen. -Kurz, sie knüpfte eine andere Bekanntschaft an.</p> - -<p>Wem auch schon ruhige Augenblicke vergönnt waren, das Seelenleben nach -seinen Ursachen und Wirkungen zu durchschauen, findet in der Liebe eine -mächtige Triebfeder zu vielen eigenthümlichen und außerordentlichen -Unternehmungen. Tief ergriff die Nachricht von der Untreue des -Mädchens den Geliebten, welcher ein so großes Opfer, wie die Reise -nach dem entfernten Sitze des römisch-katholischen Oberhauptes, nicht -scheute. Es verdüsterte sich sein Gemüth in dem Grade, daß er Europens -überdrüssig wurde. Er reisete nach Jerusalem, und von dort nach Kairo. -In der Hauptstadt Egyptens suchte und erhielt er als musikalischer -Instrumentenmacher eine Anstellung bei der Regierung, obschon er von -der Musik so viel als nichts verstand, mithin auch die Instrumente -nicht stimmen konnte. Musikanten von seiner Bekanntschaft halfen ihm -aus der Klemme. Mittlerweile vervollkommnete er sich in der Kunst, -bis er durch Ohrenbläsereien und durch geheime Untergrabungen von -seiner Stelle verdrängt wurde. Später eröffnete er eine Bude, worin er -arabische Bibeln<a name="FNAnker_21_21" id="FNAnker_21_21"></a><a href="#Fussnote_21_21" class="fnanchor">[21]</a>, andere Bücher und auch an<span class="pagenum"><a name="Seite_235" id="Seite_235">[S. 235]</a></span>dere Dinge feil bot. -Hart prüften langwierige Ruhr und andere Mißgeschicke sein Leben.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Unter_oesterreichischer_Protekzion"><b>Unter österreichischer -Protekzion.</b></h3> - -</div> - -<p>In Ermangelung eines schweizerischen Konsulates mußte ich mich in ein -fremdes fügen. Ich hatte Ursache, das österreichische zu wählen. Als -ich in Wien die Arzneiwissenschaft studirte, wurde mir von Seite der -Hochschule zu viel Gutes zu Theil, um Oesterreich undankbar vergessen -zu können; als ich im Jahr 1834, zum Theile in schriftstellerischer -Absicht, eine Reise nach Wien unternahm, ward mir so viel Unterstützung -gewährt, wie ich sie kaum erwarten durfte. Zudem war es Anfangs schon -nicht ganz unwahrscheinlich, daß ich über Oesterreich zurückreisen -werde, in welchem Falle, dachte ich, am zweckmäßigsten der Reisepaß mit -den Visa der österreichischen Konsuln versehen wäre.</p> - -<p>In Kairo bedarf man, strenge genommen, keiner Aufenthaltsbewilligung. -Die egyptische Polizei bekümmert sich in der Regel um die Franken wenig -oder gar nicht. Einen<span class="pagenum"><a name="Seite_236" id="Seite_236">[S. 236]</a></span> Tag nach meiner Ankunft stellte ich mich bei dem -österreichischen Konsul, Herrn <em class="gesperrt">Champion</em>, und drückte ihm meinen -Wunsch für österreichischen Schutz aus. Er nahm auf eine verbindliche -Art den Paß in Verwahrung, und damit war Alles in Ordnung. Der Aufnahme -von Seite des Herrn <em class="gesperrt">Champion</em> sowohl als des österreichischen -Generalkonsuls in Alexandrien, eines eifrigen Freundes der schönen -Künste und des Besitzers einer ansehnlichen Gemäldesammlung, zolle -ich meine wärmste Anerkennung. Ich fand an beiden Männern ebenso gut -unterrichtete als gefällige Rathgeber. Vielleicht würde man es missen, -wenn ich mit Stillschweigen überginge, daß mein Paß auch an der letzten -Stelle „gratis“ visirt wurde, weil es nicht überall der Fall ist.</p> - -<p>Ehemals herrschte die nicht selten lästige Sitte, daß die Reisenden von -den Konsuln zu Mahlzeiten eingeladen wurden. Es scheint sich dieselbe -zu verlieren.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Meine_Wohnung"><b>Meine Wohnung.</b></h3> - -</div> - -<p>Am Tage meiner Ankunft suchte mich ein Schweizer auf, weil er vernahm, -daß ein Landsmann angelangt sei. Die Ferne nähert die Gemüther. -Wiewohl ich mich außerordentlich freute, einem Schweizer in so -großer Entfernung die<span class="pagenum"><a name="Seite_237" id="Seite_237">[S. 237]</a></span> Hand zu schütteln, so wollte ich dennoch mit -einiger Vorsicht mich einlassen. Denn die Schilderung der in Kairo -sich aufhaltenden Franken, die mir zu Gesichte kam, machte mich bei -Anknüpfung freundschaftlicher Bande eher furchtsam. Ich erfuhr aus -guter Quelle, daß der Schweizer ein wackerer Mann sei, und da ich dieß -bei jeder Gelegenheit selbst bestätigen konnte, so nahm ich keinen -Anstand mehr, mit ihm in freundschaftliche Verhältnisse zu treten. Er -ist aus dem schweizerischen Kanton Thurgau gebürtig, und sein Name -<em class="gesperrt">Karl Baumgartner</em>: gewiß einer der edelsinnigsten Franken, die in -Kairo leben, ein Mann, dessen Andenken mir immer theuer bleibt<a name="FNAnker_22_22" id="FNAnker_22_22"></a><a href="#Fussnote_22_22" class="fnanchor">[22]</a>.</p> - -<p><em class="gesperrt">Baumgartner</em> hatte ein halbes Haus in Miethe, und bei ihm lebte -ich in Aftermiethe. Daß ich auch hier auf zerbrochene Scheiben stieß, -dessen verwundere man sich nicht. In keiner größern Stadt sah ich so -wenig auf die Glasscheiben verwendet, als in Kairo. Blind vor Staub ist -die Menge, man läßt sich die Mühe zum Waschen reuen, und zerbrochene -Scheiben oder Scheibenlücken verunzieren selbst manches bessere Haus. -Die zerbrochenen Schei<span class="pagenum"><a name="Seite_238" id="Seite_238">[S. 238]</a></span>ben mochte ich aber auch hier nicht leiden. Wir -ließen den Glaser rufen.</p> - -<p>Ich wohnte im Frankenquartiere (Hârah el-Musky). Wo? kann ich hier -so wenig <em class="gesperrt">genau</em> angeben, als ich es vor dem Konsul konnte. Die -Franken sagen, bei wem sie wohnen, oder nennen auch einen Hauptplatz, -ein Thor u. s. f. Mein Zimmer war so hoch, wie eine Kapelle, und man -hätte nur einen Altar bauen dürfen, um in einer wirklichen Kapelle zu -wohnen. Eine Fledermaus, welche Nachts herum flog, erfreute sich eines -so großen Spielraums, daß sie, hin- und herflatternd, nie nöthig fand, -an meinen Kopf zu streifen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Meine_Nahrung"><b>Meine Nahrung und Getränke.</b></h3> - -</div> - -<p>Aus dem gebirgigen und kaltwinterigen Lande Europas in das niedrige und -heiße Land der Afrikaner versetzt, nahm ich mir vor, Alles pünktlich -zu meiden, was meine Gesundheit beleidigen könnte. Der Magen würde -schwerlich <em class="gesperrt">unter</em> dem Haupte liegen, wenn <em class="gesperrt">er</em> Herr im Leibe -sein müßte. Vorzüglich hütete ich mich vor dem Gemüse, vor grünen -Früchten, als: Bananen, Granatäpfeln, Datteln, Melonen, so gerne sie -mich verführt hätten. Sogar <em class="gesperrt">gekochtes</em> Gemüse schlug ich aus. -Dadurch war ich an den<span class="pagenum"><a name="Seite_239" id="Seite_239">[S. 239]</a></span> Tischen freilich nicht wenig geplagt. Man -wartet hier mit Fleisch und immer wieder mit Fleisch auf; viel Fleisch -aber bekam mir nicht gut. Zudem genießt es der Franke mehrentheils -geröstet oder gebraten, daß es leicht <em class="gesperrt">Durst</em> verursacht, <em class="gesperrt">dem -man beinahe um jeden Preis vorbauen soll</em>.</p> - -<p>Neben leichtem Fleisch aß ich Reis, mit besonderer Vorliebe Milchreis -(<span class="antiqua">riso con latte e zucchero</span>), und nicht selten genoß ich -Kartoffeln. Die Fische kostete ich nickt einmal, weil sie Niemand -für gesund hält. Des Morgens erquickte ich mich am Milchkaffee, oder -ich begnügte mich auch nur mit Milch und Brot. Es trieb in der Frühe -ein Araber Ziegen vor die Hausthüre. Wenn ich ein Schnalzen mit -der Zunge hörte, so waltete kein Zweifel, daß der Melker angelangt -war. Vor meinen Augen molk er mit der geballten Hand, indeß er mit -der andern Hand das Gefäß vorhielt. Ich konnte mich überzeugen, daß -ich unverfälschte Milch bekomme. Noch warm getrunken schmeckte sie -mir köstlich, und ich spürte davon nicht im mindesten nachtheilige -Wirkungen. Ich füge dem Gesagten bei, daß die Milch der egyptischen -Ziegen mit ihren Schafsohren, angenehmer und milder schmeckt, als -diejenige der Schweizerziege.</p> - -<p>Mein <em class="gesperrt">Hauptgetränke</em> war Nilwasser. Ich trank<span class="pagenum"><a name="Seite_240" id="Seite_240">[S. 240]</a></span> es meistentheils -so, wie es aus dem Flusse kam, bisweilen jedoch mit einem geringen -Zusatze von Rhum. Ich wußte recht gut, daß viele Arten von -Unreinigkeiten in den Nil fallen. Ich schöpfte mit der Hand aus dem -Nil in den durstigen Mund, während Stroh herumschwamm. Was hätte -hier zögern und prüfen gefrommt? Durst quälte mich, und mir stand -nur ein <em class="gesperrt">einziges</em> Wasser zu Gebote. Darum überließ ich das -Grübeln Andern, und trank mit Herzenslust. Das Nilwasser ist leicht -und schmeckt vortrefflich. Von jeher wurde dessen seiner gesunden -Eigenschaft wegen mit Lob gedacht. Es soll selbst auf den Tisch des -Sultans in Konstantinopel gesetzt werden. Man will beobachtet haben, -daß der Nilschwamm, welcher mit dem Wasser häufig getrunken wird, auf -der Haut Knötchen (<span class="antiqua">boutons</span>) erzeuge. Davon nahm ich an mir -nichts wahr, ohne daß ich diese Beobachtung in Abrede stellen möchte. -<em class="gesperrt">Alpinus</em> sagt geradezu, daß sich gewöhnlich alle Ankömmlinge in -Kairo eine Diarrhöe zuziehen.</p> - -<p>In den fränkischen Wirthshäusern, will sagen, sowohl in dem Gasthause -(<span class="antiqua">locanda</span>), als in den Speisehäusern (<span class="antiqua">trattoria</span>), wird -viel Wein ausgeschenkt. Ich vermied ihn sorgfältig. Mich wunderte, daß -die Franken nach diesem schlechten Getränke, wie es in Kairo beschaffen -ist, so begierig haschen, wenn sie auch vor der Schuldenlast<span class="pagenum"><a name="Seite_241" id="Seite_241">[S. 241]</a></span> nicht -wissen, was sie anfangen sollen. Es schlenderten so häßlich berauschte -Franken auf der Gasse herum, daß ich mich für sie, des fränkischen -Namens willen, schämte. Willkommen war mir dagegen das fränkische -Kaffeehaus eines Griechen, wo ich keinen Tag fehlte, um Kaffee zu -trinken, dessen man sich unter diesem heißen Himmel nicht enthalten -darf. Ich trank ihn meist <span class="antiqua">alla Franca</span>, d. h. mit Zucker, -seltener <span class="antiqua">alla Turca</span>, und in letzterem Falle, wie Andere, mit dem -Satze, was mir wenig Mühe kostete. Bisweilen genoß ich die köstlich -bereitete Orgeade oder eine Limonade.</p> - -<p><em class="gesperrt">Nachlese.</em> Bei diesem Anlasse will ich mit wenig Worten meines -regiminellen Verhaltens erwähnen. Mehr als die Morgen- und Abendkühle -floh ich die Mittagshitze, welche, meines Bedünkens, am schädlichsten -wirkt. Der Abendkühle könnte ich nichts Nachtheiliges nachreden. Sie -war während meiner Anwesenheit in Kairo nicht vorhanden, sondern es -herrschte vielmehr des Abends bis zehn Uhr eine <em class="gesperrt">gemäßigte</em> -Temperatur, die nicht angenehmer hätte sein können. Wenn ich des -Abends, bei der lieblichen Witterung des Wintermonats, im windoffenen -Kaffeehause saß, konnte ich das herrliche Klima nicht genug preisen. -Außer der Mittagshitze, klage ich allerdings noch die Morgenkühle an. -Der Zureisende bringt, gleich den wohlhabenden Einwohnern, die frühen -Morgen am besten im Bette<span class="pagenum"><a name="Seite_242" id="Seite_242">[S. 242]</a></span> zu. Immerhin suchte ich den Unterleib warm -zu pflegen, und das Duften der Haut, wenn es einmal begonnen, zu -unterhalten. Es sollte Niemanden schwer fallen, eines so großen Gutes -willen, wie die Gesundheit ist, in gewissen Schranken zu leben.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Umgebung"><b>Umgebung von Kairo.</b></h3> - -</div> - -<p id="Todtenstadt">Bereits besuchte ich außerhalb der Stadt die Grabmale der Großen -(Turâb Kâyd-Bei). Die Umgegend verdient, daß man sich weiter umsehe. -Rückerinnerungen an erstere erweckte der Anblick <em class="gesperrt">der Todtenstadt -el-Seydeh Omm Kâsim</em>.</p> - -<p>Reitet man von Altkairo gegen die Burg, so tönt es oft hohl unter -den Hufen des Thieres; es scheinen die Geister der grauen Vorwelt zu -klagen; man kommt über Schutt, über sandichte Schutthügel, welchen die -vielen rothen Ziegelscherben ein scheckiges Ansehen verleihen; es ist -Wüste; das Auge erholt sich nicht an einem einzigen grünen Gräschen.</p> - -<p>Das Turâb (Todtenstadt) el-Seydeh Omm Kâsim liegt südlich unter der -schroffen Wand des Mokatam, gleich am Fuße des Schlosses. An Umfang -gibt dasselbe einer kleinen Stadt nicht nach. Selbst das Bauwerk stellt -sich ansehn<span class="pagenum"><a name="Seite_243" id="Seite_243">[S. 243]</a></span>lich heraus, und mit dessen Kosten hätten mehrere hundert -egyptische Dörfer gebaut werden können. Auf diesem Leichenfelde verirrt -man sich staunend mit dem Auge in den Wald von kleinen Moscheen und -Minarets. Manches Prachtwerk aber zerfällt in einen Wirrwarr öder -Steine. Immerhin bleibt es eine Seltsamkeit, daß die Mohammetaner den -Todten mehr Ehre erweisen, als den Lebendigen.</p> - -<p>Wie sich allerwärts bei den Muselmännern der Unterschied zwischen den -Großen und den Geringern durch das Aeußere laut ankündigt, daß z. B. -der Große sein Weib einsperrt, während der Geringe das seine frei -herumgehen, selbst bei einem Christen den Hausdienst versehen läßt, -so besonders zeichnen sich der Großen Denkmäler, diese feierlichen -Grabesdome, aus. Was ist das Grab und Grabmal des Geringen? Wenige -Fuß tief wird Erde aufgeworfen, die Leiche hineingelegt, und darüber -ein kleines Gewölbe flüchtig gemauert; obenher bringt man einen, -aus Stein gehauenen, auf einer dünnen Unterlage ruhenden Turban an, -welchen ich deßwegen so nenne, weil ich weiß, daß er einen vorstellen -<em class="gesperrt">muß</em>, und an der entgegengesetzten Seite erhebt sich etwa ein -plumper Halbmond mit seinen stumpfen Hörnern. Wenige Jahre halten die -zusammengepfuschten Steine aus, und sie verlieren ihren Zusammenhang, -als wären sie bloß zusammengedacht gewesen, wer<span class="pagenum"><a name="Seite_244" id="Seite_244">[S. 244]</a></span>den jetzt aber dem -Grabmaurer als Baustoff erst wieder nützlich. Das ist das Grab und -Grabmal eines muselmännischen Geringen. Selbst auf dem stummen -Leichenacker, möchte man ausrufen, herrscht unter den Mohammetanern der -schreiende Despotismus der Großen; allein im Innern der Gräber bebt -derselbe beschämt vor der Wahrheit zurück: Der Staub aller Todten ist -gleich.</p> - -<p>Die Nekropolis steht an Pracht und Aufwand weit hinter dem Gottesacker -Kâyd-Bei zurück.</p> - -<p>Auf den Grabstätten erzeigen sich diejenigen Moslims, welche dem -Christen den Eintritt in ihre Kirchen verweigern oder erschweren, sehr -tolerant. Ungehindert ritt ich in Kairo auf einem Esel kreuz und quer -über die Gräber. — Die größten Todtenfelder liegen außer dem Umkreise -der Stadt<a name="FNAnker_23_23" id="FNAnker_23_23"></a><a href="#Fussnote_23_23" class="fnanchor">[23]</a>.</p> - -<h4 class="s3" id="Kairo_Umgebung_Wasserleitung"><b>Die Wasserleitung.</b></h4> - -<p>Schon auf der Burg empfahl sich meiner besondern Aufmerksamkeit -eine auf vielen Pfeilern ruhende, lange, stei<span class="pagenum"><a name="Seite_245" id="Seite_245">[S. 245]</a></span>nerne Brücke, die -Wasserleitung, und ich war sehr begierig, in der Nähe sie zu besehen. -Will man nach Altkairo sich begeben, so ist es ihrer Bögen einer, -unter welchem der Weg durchführt. Der Wasserthurm (el-Migreh), als das -Haupt des Aquädukts, steht rechts am Rande des Nils. Man kann auf ihn -in einer unbedeckten Bahn reiten. Eben traf ich einige Weiber, welche -die Brustwehre mauerten; ihr Mörtel war Viehmist, welchen sie mit -heitern Mienen und zierlich mit ihren kleinen Fingern herumdrückten. -Die Hände der Schönen waren Mörtelkellen, um welche diese Egypzierinnen -von den Schönen Europas wahrscheinlich nicht wenig beneidet werden. -Oben kirren sechs Räder, von zwölf Ochsen getrieben, um das Wasser aus -der Tiefe zu schöpfen. Dasselbe wird in ein Becken ausgeleert, das in -den Kanal ausmündet. Der liefert das Wasser in die Burg. Eine weite -Strecke erhebt er sich hoch über die Erde. Erst in der Todtenstadt -el-Seydeh Omm Kâsim greift er in das Erdreich. Die Rinne selbst mißt -etwa zwei Fuß in der Breite und Tiefe. Der Nilschlamm, welcher sich aus -dem Wasser niederschlägt, wird mit Sorgfalt herausgeschafft. Ich ging -ein Stück weit neben der Rinne bis an einen Ort, wo die Wasserleitung -ausgebessert wurde.</p> - -<p>Nahe an dem Wasserthurme fängt der ungemauerte Nilkanal an. Dieser wird -jährlich zu seiner Zeit mit einem<span class="pagenum"><a name="Seite_246" id="Seite_246">[S. 246]</a></span> Damme querüber gesperrt, dessen -Durchschneidung dann die Anwohner mit großem Jubel feiern. Allahu akbar -(Gott ist groß); Gott läßt keinem Volke des Elendes so viel werden, daß -er nicht dann und wann in dasselbe eine Rose der Freude streute.</p> - -<h4 class="s3" id="Kairo_Umgebung_Altkairo"><b>Altkairo und das armenische -Kloster.</b></h4> - -<p><em class="gesperrt">Altkairo</em> oder ehemals <em class="gesperrt">Fostât</em>, dann <em class="gesperrt">Maser -el-A’tykah</em> der Araber ist eine besondere, mit Mauern und Thoren -verwahrte, nicht unbedeutende Stadt im Süden und eine halbe Stunde -von Großkairo, hart am Nil. Es gewährt ein einförmiges, schwarzgraues -Aussehen. Die Häuser sind hoch und von Thürmen weit überragt; die -Gassen enge und belebt, letzteres wenigstens diejenigen am Hafen.</p> - -<p>Altkairo wurde im 20. Jahre der Heschira gegründet und 564. in Brand -gesteckt.</p> - -<p>Weil ich noch nie in einer armenischen Kirche war, so hatte ich kein -geringes Verlangen, das Kloster der Armenier zu sehen. Ich weiß nicht, -mit welchem Rechte man den Namen <em class="gesperrt">Kloster</em> gebraucht, da ich eben -keine klösterliche Einrichtung fand, wenigstens keine Mönche antraf. -Die Kirche stellte einen Saal mit weiß überkalkten Wänden vor,<span class="pagenum"><a name="Seite_247" id="Seite_247">[S. 247]</a></span> ohne -Glocke, ohne Beichtstuhl, ohne Stühle oder Bänke, ohne Seitenaltar. -Der Choraltar vergegenwärtigte mir die römisch-katholische Kirche. Als -der Führer in die Kirche trat, fuhr er mit der Hand öfter vom Herzen -zum Munde, nachdem er sie in einem kleinen Becken benetzt hatte, das -an der Mauer sich befand. Ich machte keine Zeremonie, so wenig als -ein Muselmann sich in Zeremonien eingelassen hätte, und der Führer -glotzte mich sehr seltsam an. Meinerseits konnte ich mich damit nicht -befreunden, daß er als Christ im Wesentlichen wie der Mohammetaner -gekleidet war. Vom armenischen Kloster wird nördlich Altkairo -geschlossen.</p> - -<h4 class="s3" id="Kairo_Umgebung_Das_griechische_Kloster"><b>Das -griechische Kloster und der Altar der heiligen Frau im koptischen Kloster.</b></h4> - -<p>Das griechische und koptische Kloster liegen nicht im Umfange von -Altkairo, sondern in einiger, wiewohl sehr geringer Entfernung davon, -nämlich in <em class="gesperrt">Kaser-el-Schàma</em>, und sie bilden mit den um sie -gedrängten Häusern ein eigenes Städtchen. Noch nirgends sah ich die -Häuser so nahe beisammen, gleichsam auf einander geschoben wie hier. -Der Sonnenstrahl kann an den wenigsten Orten die Gasse erreichen. Mir -kam es vor, als sei ich<span class="pagenum"><a name="Seite_248" id="Seite_248">[S. 248]</a></span> von hohen, unförmlichen Felsenriffen umlagert, -als wären die ersten Einwohner in der Verwirrung hieher geflüchtet, und -als hätten sie sich in der gleichen Verwirrung ihre Gebäude aufgeführt.</p> - -<p>Als ich in das <em class="gesperrt">griechische</em> Kloster des seligen <em class="gesperrt">Georgius</em> -kam, wollte ich gleich wieder umkehren; denn es zeugte hier das -wenigste von einem Kloster. Wie in der Verborgenheit fand sich auf dem -anderobersten Stockwerke die griechische Kirche, die ich nur flüchtig -anschaute. Mehr sprach mich einen Stock weiter unten eine Säulenhalle -an. Ich entscheide nicht, ob ich mich glücklich preisen soll, daß ich -keines griechischen Priesters ansichtig werden konnte<a name="FNAnker_24_24" id="FNAnker_24_24"></a><a href="#Fussnote_24_24" class="fnanchor">[24]</a>.</p> - -<p>Nicht weit vom griechischen Kloster liegt, an einer sehr schmalen -Gasse, das <em class="gesperrt">koptische</em> zum seligen <em class="gesperrt">Sergius</em>. Ich war -schon ein Stockwerk hoch und kehrte wieder um, weil sich mir nichts -Klösterliches darbieten wollte. Mein<span class="pagenum"><a name="Seite_249" id="Seite_249">[S. 249]</a></span> Geruchsorgan hatte sich an den -Weihrauch und an das Kellerichte feuchter Mauern, denen man in den -Klöstern der Lateiner begegnet, so sehr gewöhnt, daß ich an kein -Kloster glaubte, wenn jene fehlen. Doch alsbald trat ein alter, -langbärtiger Mann mit einem Turban daher; er hielt in seiner Hand einen -großen, hölzernen Schlüssel, mit dem er rüttelnd das Schloß öffnete. -Ich war in hohem Maße gespannt, die koptische Kirche zu sehen. Was ich -von ihr sagen muß — — sie ist nicht schön, und im Zerfalle begriffen; -vor dem Altare erhob sich etwas Pultartiges wie bei den Griechen; am -Altare selbst nahm ich das Christusbild nicht wahr. Mehrere Bilder, -z. B. eines, welches die <em class="gesperrt">Jesum</em> auf dem Schooße haltende -<em class="gesperrt">Maria</em> vorstellte, waren um den Altar auf eine zu überladene -Weise gehängt, sogar wenn sie keine Stümpereien gewesen wären. Ist es -wohl dem heiligen Zwecke gemäß, daß ehrfurchtsvolle Erinnerungen durch -stümperhafte Bilder beleidigt werden? Nur blinder Fanatismus, verbunden -mit krasser Unwissenheit auf dem Gebiete der Kunst, kann an geweihter -Stätte Fratzen leiden.</p> - -<p>Zwei Treppen führen in ein Gewölbe, an den Ort, wohin die heilige -Frau mit <em class="gesperrt">Josef</em> und dem <em class="gesperrt">Christus</em>kinde geflohen sein -<em class="gesperrt">soll</em>. Am Lichte einer Kerze stieg ich hinunter. Vergebens, -daß man hier eine Grotte oder<span class="pagenum"><a name="Seite_250" id="Seite_250">[S. 250]</a></span> Höhle suche. Alles ist Mauerwerk. -Zudem müßte, meines Erinnerns, die Höhle eine überirdische sein, -weil die Kirche einen Stock hoch liegt, und man gerade ebenso tief -bis zu jener hinabsteigen muß. Die Katholiken und Kopten haben ihre -Verehrungsstellen durch eine Mauer gesondert, und, um recht billig zu -sein, möchte ich fragen: Wer weiß es, daß die gefeierten Flüchtlinge -gerade die Stelle am meisten berührt haben, welche die Eifersucht der -in verschiedenen Meinungen lebenden Christen mit einer Mauer zudeckte? -Den Lateinern gehört ein kleines, ganz niedriges Gewölbe, auf dessen -Boden ein Kreuz eingegraben ist. Davor hängt ein Oelgemälde auf Holz, -welches die heilige Familie vorstellt. Die Kopten besitzen ebenfalls -ein Gewölbe, auf dessen Boden aber ein viereckiger Stein oder ein Altar -ohne ein Zeichen steht.</p> - -<p>Beim Herausgehen aus der Kirche fielen mir in einem Winkel mehrere -Krücken auf. Sie werden von denjenigen, welche während des langen -Gebetes durch Stehen müde geworden sind, als eine Stütze gebraucht.</p> - -<h4 class="s3" id="Kairo_Umgebung_Der_Tempel_Amrus"><b>Der Tempel A’mrus.</b></h4> - -<p>Bei dem alten Kairo liegt die älteste Moschee des Mohammetanismus, -nach ihrem Gründer A’mru genannt. Sie ist bereits verlassen, und -leicht wird den Andersgläu<span class="pagenum"><a name="Seite_251" id="Seite_251">[S. 251]</a></span>bigen der Zutritt gestattet. Ich möchte -diese Moschee, von der noch zwei Thürme emporstreben, den Säulentempel -nennen; denn durch die Zahl der Säulen, welche auf 244 ansteigt, hat -sie etwas Ueberraschendes. In den Tempel getreten, und der Blick wird -gleichsam irre vor der Menge der Säulen. Die Eingangsseite, so wie die -östliche und westliche Seite sind zwar nicht sehr breit, wohl aber die -mittägliche, die allein über hundert Säulen zählt. Die Mitte zwischen -den Säulenhallen steht unter freiem Gotteshimmel, und in diesem -offenem Raume des Tempels bietet ein Kuppelbrunnen ein freundliches -Aussehen. Die Kuppel wölbt sich über ein Becken voll Wassers, und -den Brunnen umgibt außen eine Reihe kleiner Röhren, welche mit dem -Wasserbecken in Verbindung gebracht sind. Ich zog den Stöpfel einer -solchen Röhre und das Wasser quoll sogleich heraus. Dieser Brunnen -dient den Mohammetanern zu der religiösen Handlung der Waschungen. -In der Nähe des Brunnens erholt sich der trümmermüde Beobachter an -dem Grün einer Palme, und gleich daneben an den Blüthen eines andern, -in eine Mauer eingesperrten Baumes. Diese Bäume werden unzweifelhaft -für heilig gehalten. Vermag das Abendland auch unter freiem Himmel -aufwachsende Bäume in den Kirchen aufzuweisen? Die mittägliche Seite -der Gâma’ <em class="gesperrt">A’mrus</em> will als der eigent<span class="pagenum"><a name="Seite_252" id="Seite_252">[S. 252]</a></span>liche Tempel betrachtet -werden. Gegen den offenen Hofraum findet sich eine kleine Emporkirche -von mühsam gearbeitetem Holze. An der Mauer erhebt sich in der Mitte -eine Kanzel (Mambar) ebenfalls von Holz. Weiter greifen in die Mauer -etliche Nischen (Mahrab). Nach den Mahrab wendet sich das Volk beim -Beten, indem sie genau die Lage der Kâba in der großen Moschee zu -Mekka angeben. Vom platten Dache hängen Vorrichtungen zur Beleuchtung -herunter. Der Hauptkarakter der Kirche ist ein frohmüthiger, offener, -und der völlig entgegengesetzte mancher katholischer Kirchen, in -welche das Sonnenlicht erst fallen darf, nachdem es durch farbige -Scheiben gebrochen worden. Oder nicht zufrieden mit dem Düsterlichte -in der Kirche, welches zur Wehmuth stimmt, gräbt man sich Kapellen, um -während des Tages die Nacht heraufzubeschwören, welche man durch ein -künstliches, von vielen Seiten her zusammengebetetes Lichtchen erhellt. -Das Licht der Sonne, als Geschenk des Himmels, wird sonderbarerweise -ungern gelitten.</p> - -<p>Um auf die Säulen zurückzugehen, so sind, wo nicht alle, doch die -meisten antik. An vielen haben sich die korinthischen Knäufe recht -schön erhalten. Von Säule zu Säule springt ein Bogen. Eine Reihe Säulen -ist am offenen Raume verwittert. Es scheint, der saumselige Vize<span class="pagenum"><a name="Seite_253" id="Seite_253">[S. 253]</a></span>könig -erwarte eine Subskripzion von Seite abendländischer Christen, um die -älteste Moschee Egyptens vor gänzlicher Zertrümmerung zu retten. -Schwerlich macht der herschende Moslim das Vernachlässigte dadurch gut, -daß er mit den Großen, Beamteten und Offizieren des Reichs jährlich -einmal die greise Gâma’ des Helden A’mru besucht. Aeußerer Pomp wird -von der Welt oft für innige Herzlichkeit tausch- oder täuschweise -gegeben und genommen.</p> - -<h4 class="s3" id="Kairo_Umgebung_Der_Garten_Ibrahim_Paschas"><b>Der Garten -Ibrahim-Paschas und der Nilometer auf der Insel Ruda.</b></h4> - -<p>Man geht durch die fruchtbaren Felder Gabel, ehe man zum Nilarme -gelangt, über den man setzt, um das Eiland Ruda zu erreichen.</p> - -<p><em class="gesperrt">Der Garten Ibrahim-Paschas</em>, welcher von einem Engländer -angelegt ward, gewährt einen paradiesischen Anblick. Manches, welches -der Okzident und der Orient spenden, findet man hier geschmackvoll -zusammengestellt. So schön der Schwarzenbergische und Lichtensteinische -Garten in Wien sind, so gewiß erscheinen sie als Gerippe, wenn man sie -dem Garten <em class="gesperrt">Ibrahims</em> entgegenhalten wollte. Datteln, Sykomoren, -Pappeln, Maulbeerbäume, Birken, Aloe und so viel einjährige Pflanzen -sind<span class="pagenum"><a name="Seite_254" id="Seite_254">[S. 254]</a></span> alle in einen Rahmen gefaßt. In den Armen dieser schwelgerischen -Natur beneidete ich, ich darf bei meiner Treue versichern, den -Nordländer um seinen Herbst nicht im mindesten. Einzig die gepflückte -Rebe vergilbte zum Theile, trieb indeß neben dem gelb gewordenen Laube -die schönsten grünen Schosse. Die Rebe wächst zahlreich, und wird -ebenso wenig an Pfählen aufgezogen wie in Lossin.</p> - -<p>Das Lusthaus im Garten birgt eine künstliche Grotte, die mit prächtigen -Muscheln vom rothen Meere ausgekleidet und eine wahre Augenweide ist. -Manche, welche den Garten besuchen, denken jedoch nicht billig genug; -schon sind mehrere Muscheln weggerissen, weil diese zum Andenken -mitgenommen wurden. Der Selbstsüchtige zerstört Andern, was er selbst -bewundert. In dem Haupttheile des Gebäudes, gegen Mittag, steht ein -großes Wasserbecken. An den Wänden desselben befinden sich mehrere -Oeffnungen, wodurch das Wasser fließt, um das Becken zu füllen. Es -stand leer, und mir schien das Pavillon nicht ganz ausgebaut zu sein.</p> - -<p>Mich zog noch ein ungemein poetischer Gegenstand an, wenn man anders -für des <a name="Abbate" id="Abbate"></a>Abbate <em class="gesperrt">Casti</em> <span class="antiqua">gli animali parlanti</span> Begeisterung -fühlt; ich meine, <span class="antiqua">sit venia verbo</span>, den — Viehstall. Eine -Mauer schließt das Vieh ein; kein Dach schützt vor Sonnenhitze. Der -Viehstall ist daher nur<span class="pagenum"><a name="Seite_255" id="Seite_255">[S. 255]</a></span> eine Art Viehhof oder eine Art Pferch. Zwei -Krippen liegen neben einander, von einer Mauer getrennt, welche die -Höhe des Viehes hat. Ich zählte im Hofe fünf und zwanzig Ochsen, -welche die erforderlichen Eigenschaften besessen hätten, ein Küheharem -zu bewachen. Alle Ochsen waren mit einem Stricke um den Hals an die -Krippe gebunden. Durch diese drang zu solchem Zwecke an der Vorderwand -eine längliche Oeffnung. Der Stallboden war die Erde und zwar so -trocken, als unsere hölzernen Stallböden. Als Futter erhält das Vieh -gehacktes Stroh, welches in einem Winkel des Hofes unter freiem Himmel -aufgespeichert war. Das Vieh scheint mit dem Häcksel zufrieden zu sein. -Die europäischen Viehärzte dürften sich hier nicht darüber ärgern, daß -die zu sparsame Lüftung der Ställe eine Menge Krankheiten hervorrufe.</p> - -<p>Der <em class="gesperrt">Nilometer</em> oder <em class="gesperrt">Mekia</em>, auf der Spitze der Insel Ruda, -liegt <em class="gesperrt">Altkairo</em> gegenüber. Ehe ich den eingefangenen Nil zu -sehen bekam, mußte ich mich zu einem Effendi verfügen, um von ihm die -Erlaubniß auszubitten. Ein graubärtiger, schöner Mann hockte auf dem -Diwan, die Pfeife im Munde; daneben mehrere Männer, wahrscheinlich -Schreibgesellen. Ich zog den Hut ab, wozu mich der Dragoman anwies, und -dieser fragte mich, was ich wünsche? Ich möchte den Nilometer sehen, -antwortete ich<span class="pagenum"><a name="Seite_256" id="Seite_256">[S. 256]</a></span> ihm ohne Titel und Komplimente. Es bedurfte des Weitern -nicht, noch der Bezahlung einer Gebühr, die Erlaubniß ward ertheilt, -und der Dragoman ging mit mir von hinnen.</p> - -<p>Wir kamen an der polternden Pulvermühle und an der Salpeterfabrik -vorbei. Ich schüttelte beinahe ungläubig den Kopf, als der Dragoman -mir eröffnete, daß wir beim Nilmesser waren, so wenig wurde meine -Erwartung befriedigt. Ueberspannte Erwartungen schaden gerne der -treuen Anschauung des Gegenwärtigen; denn von der Höhe stürzt die -Phantasie in die Tiefe, und verfehlt so die rechte Mitte. Der -Nilmesser wird von zerfallenen Mauern umgeben, welche einen sehr übeln -Eindruck hervorbringen und zurücklassen. Er sieht wie ein viereckiger -Brunnenkasten aus. Der Mitte entsteigt eine nicht sehr dicke, -achteckige, maurische, mit einem ganz kunstlosen Vierecke bedeckte -Säule. Diese bezeichnen, wie einen Zollstab, regelmäßig von einander -entfernte, jedoch nicht mehr sehr scharfe Kerben. Das Wasser in dem -Nilmesser steht mit dem Wasserspiegel des Nils in gleicher Höhe, und -darum kann man an der Säule das Steigen und Fallen des Nils genau -beobachten. Früher soll der Aufseher über die Nilmessung sein Leben -im Spiele gehabt haben, wenn er die bestimmte Höhe nicht sogleich -verzeigte. Man leitete meine Aufmerksamkeit auf<span class="pagenum"><a name="Seite_257" id="Seite_257">[S. 257]</a></span> den hohen Stand des -Wassers, welcher der Befruchtung des Nilthales günstig sei.</p> - -<p>Man glaubt hie und da in Europa irrig, daß je höher der Nil steige, -desto mehr Vortheil dadurch Egypten erwachse. Gerade in einem -der letzten Jahre verstieg sich der Nil, und die Ernte einiger -Bodenerzeugnisse fiel minder ergiebig aus.</p> - -<p>Der Nil fängt in der Mitte Brachmonates an zu schwellen, und Ende -Herbstmonates nimmt er seinen höchsten Standpunkt ein, wo dann viele -Gegenden unter Wasser gesetzt sind<a name="FNAnker_25_25" id="FNAnker_25_25"></a><a href="#Fussnote_25_25" class="fnanchor">[25]</a>.</p> - -<p>Die Goldader Egyptens gibt zum größten Volksfeste Anlaß, wenn sie am -stärksten angelaufen ist. Früher soll die barbarische Sitte geherrscht -haben, daß man, zu Erhöhung des Festes, allemal eine Jungfrau in den -Nil warf. Von der Sitte blieb nur noch die reich ausgeschmückte Barke -übrig, in welcher man auf dem Flusse herumfährt.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_258" id="Seite_258">[S. 258]</a></span></p> - -<h4 class="s3" id="Kairo_Umgebung_Ausflug_nach_Heliopolis"><b>Ausflug nach -Heliopolis und Abusabel.</b></h4> - -<p>Es war Frühlingsanfang, der letzte Tag des Weinmonates und der erste -des Wintermonates.</p> - -<p>Verläßt man auf der Morgenseite die Stadt, da stellt sich der stattlich -emporsteigende Mokatam, und selbst der Schweizer muß diese Kuppe des -arabischen Gebirges der Aufmerksamkeit würdigen. In der Nähe hörte man -zur Linken das Rauschen der Marktleute, zur Rechten das Trommeln und -Trompeten der Kriegsknechte; zur Linken sah man hier ein Kaffeezelt, -einen Garkochofen, dort für ein Soldatenweib eine Hütte von solcher -Höhe, daß es darin weder stehen, noch gehen, sondern nur kriechen kann, -manche Wohnung selbst ohne Obdach, und zur Rechten eine Menge Zelten, -unter denen das Kriegsvolk gelagert ist, zur Linken den dornreichen -Kaktus in üppiger Zahl, und zur Rechten weiterhin das Nichts der -Sandwüste. Mein schauendes Auge wetteiferte mit dem horchenden Ohre, -und der Nebel, welcher jenem die Seheweite streitig machte, konnte den -Wetteifer nicht lähmen.</p> - -<p>Kaum hatte ich das Freie gewonnen, so wendete ich mich links. Die -noch nicht gänzlich zurückgetretenen Wasser der Überschwemmung -erschwerten mir ein wenig das Reiten. Ich lustwandelte in einem -Walde von Zitronen<span class="pagenum"><a name="Seite_259" id="Seite_259">[S. 259]</a></span>bäumen, auf denen, selbst auf dem gleichen -Baume, wohlriechende Blüthen mit grünen und reifen, gelben Zitronen -wechselten, und schon stand ich <em class="gesperrt">in Mattarieh vor dem Baume, wo -die heilige Familie ausgeruht haben soll</em>. Ich dachte zum Voraus, -die Araber werden mich nicht täuschen können, weil die geschäftigen -Christen ohne Zweifel ihre Namen in den Baumstamm eingeschnitzt -haben würden. Und dem war also. Frömmigkeit, mit Eitelkeit gepaart, -hinterließ mehrere Denkmäler, welche dießmal übrigens den Nutzen -stiften, daß sie den Baum den Neugierigen kenntlich machen. Mitten -in einem Zitronenwalde erhebt sich ein sehr dicker, ein gespaltener, -leicht zu ersteigender Strunk. Darauf trieb ein dünner, kaum zehn Fuß -hoher Stamm mit frischem, grünem Laube, eine Sykomore. Das ist <em class="gesperrt">der -Marienbaum</em>. Der Schatten desselben zerfließt in den Schatten der -umstehenden Zitronenbäume, und verbreitet angenehme Kühlung. Ich möchte -sein hohes Alter nicht bezweifeln.</p> - -<p>Außer dem Walde erblickt man gleich nordwärts den Obelisken bei Samur -Baosbeh oder in der verschwundenen Stadt <em class="gesperrt">Heliopolis</em> (On)<a name="FNAnker_26_26" id="FNAnker_26_26"></a><a href="#Fussnote_26_26" class="fnanchor">[26]</a>. -Elende Hütten stolziren<span class="pagenum"><a name="Seite_260" id="Seite_260">[S. 260]</a></span> jetzt auf einer Stätte, die so reich an -Erinnerungen ist. Das Hinschwinden der aus den Händen der Menschen -hervorgegangenen schönsten Werke quälte auch hier meine Seele mit -bittern Gefühlen. Wie werden die Werke unserer Tage nach Jahrhunderten -zerschlagen und zerstört sein? Der einzige heliopolitanische Ueberrest -von Bedeutung ist ein Obelisk, dem ich mich mit geflügeltem Fuße -näherte. Derselbe steht aufrecht, scheint mir aber etwas niedriger, als -die Nadel der <em class="gesperrt">Kleopatra</em>. Die Hieroglyphen sind auf allen vier -Seiten deutlich, zumal diejenigen auf der nördlichen und westlichen -Seite. Die südliche Seite wurde von der Sonne etwas gebleicht. Sogar -der Farbstoff im rothen Granit des Obelisken vermag sich nicht in die -Länge unverändert zu erhalten. Die Stabilität kann vor den immermehr -sich erneuernden und häufenden Lehren der Wandelbarkeit nicht -<em class="gesperrt">bestehen</em>; allein dieß hindert sie nicht, sich recht bequem -zu machen und niederzulegen, und so vegetirt sie, wenigstens in der -Einbildung, doch fort. Die Hieroglyphenfurchen auf der östlichen Seite -sind mit Sand vollgeblasen. Der Regen bildete mit dem Staube eine -Paste,<span class="pagenum"><a name="Seite_261" id="Seite_261">[S. 261]</a></span> welche sich in jenen Furchen ansetzte. Die Nordseite hat die -frischeste Farbe und ist am schönsten. Vergleicht man die Obelisken -der <em class="gesperrt">Kleopatra</em> und der Heliopolis, so fragt man sich: Warum hat -das Denkmal zu Alexandrien im Laufe der Zeit weit mehr gelitten als -letzteres? Es wird einleuchten, daß der an der Küste, häufiger als in -Heliopolis, fallende Regen zerstörender wirken mußte. Die Erhaltung -mancher Alterthümer in dem guten oder erträglichen Zustande hat Egypten -dem seltenen Regen zu danken. Es rettet manchmal, wenn man so sagen -darf, ein blindes Geschick, indeß vor den offenen Augen der Vorsicht -und Sorgfalt etwas zu Grunde geht. Hätten die egyptischen Denkmäler, -z. B. die Pyramiden, Europa gehört, so wären sie viel unscheinbarer, -manche wohl nicht mehr. In 2000 Jahren wird der Obelisk von Luxor -in Paris von dem Gesagten Zeugniß ablegen. In Egypten gab es einen -wunderbaren Zusammenfluß günstiger Umstände, um der spätern Nachwelt so -Vieles zu überliefern.</p> - -<p>Der Obelisk stand so einsam als ehrwürdig mitten in halbgroßem Mais. -Eines Fellahs konnte ich nicht so leicht los werden. Er meinte, -ich sollte ihn dafür beschenken, daß ich einen Stein im Freien der -Welt Gottes betrachtete. Wären derlei Leute Gebieter, so würden sie -vielleicht einen jährlichen Tribut von <a name="dem_Mitmenschen" id="dem_Mitmenschen"></a>dem Mitmenschen dafür erpressen, -daß<span class="pagenum"><a name="Seite_262" id="Seite_262">[S. 262]</a></span> er sich am Scheine der Sonne erquicken dürfe. Wo die Leute im -blindesten Despotismus erzogen werden, da verschließt sich auch ihr -Sinn, wie des Despoten selber, für die natürlichen Rechte der Menschen.</p> - -<p>Dieser Sehenswürdigkeit wegen mußte ich einen kleinen Abstecher machen. -Bald aber hatte ich den breiten Weg der Wüste wieder eingeholt. Ich -dachte an unsere wohllöblichen Straßenbaukommissionen und Baumeister, -an unsere Zölle und Zöllner, an unsere Straßenbüreaukraten und Bauern, -welche den Schweiß ihres Angesichtes wie den Kies auf die Straße -schütten u. dgl. Zwischen Kairo und Abusabel nichts von Allem. Die -Wüste ist die breite Straße für Jedermann sonder Hinderniß eines -Schlagbaumes. Ohne den Staat oder die Ortschaft mit Kosten zu belasten, -treten die Kameele in ihren langen Zügen gleichsam Geleise in den Sand, -und das Abfordern des Zolles wäre eine Stimme in der Wüste.</p> - -<p>Ich kam nach El-Mark. Hier steht ein Kaffeehaus <span class="antiqua">alla Turca</span>. Ich -sprach zu. Die arabischen Kaffeehäuser stellen einen, um es schlicht -zu nennen, offenen Schuppen vor. Das Wandwerk ist von Mauer. Vom -irdenen Boden des Kaffeehauses genießt das Auge Freiheit bis ans — -Dach hinauf. Auf einer Seite sieht man die Kaffeeküche, auf der andern -den mit Strohteppichen belegten Diwan,<span class="pagenum"><a name="Seite_263" id="Seite_263">[S. 263]</a></span> welcher wie ein Sims die Mauer -begleitet. Da hocken denn die arabischen Kaffeetrinker, deren lange -Pfeife bis auf den Boden herabsteigt.</p> - -<p>In El-Mark beginnt ein bedeutender Wald schattenarmer Dattelpalmen. -Darauf erreichte ich den belebten Ort Chanka. Von da führte mich -der Weg durch eine wüste Gegend, die häßlichste Einöde, nach der -egyptischen medizinischen Fakultät Abusabel; das biblische Gosen zur -Rechten.</p> - -<p>Der in Egypten angekommene Abendländer ist in der ersten Zeit von -mancherlei Aengstlichkeiten befangen. Er glaubt sich unter die Araber -kaum recht mischen zu dürfen; mit Unrecht. Der Weg von Kairo nach -Abusabel beträgt vier Stunden, und ich ritt unbedenklich allein, und -man hat überhaupt weder bei Tage, noch bei Nacht Lebensgefahr zu -befürchten. Ich fand den Weg durch die vielen wandernden Menschen, -die Kameele, Esel, Pferde so lebhaft, wie irgend eine europäische -Hauptstraße, sogar in der Nähe einer Stadt. Im Vergleiche mit Europa -bewegen sich weit mehr Leute auf den Straßen als auf den Feldern. -Wegen der Lebhaftigkeit ergötzt auch die Straße nach Abusabel, man -durchmustert die fremdartigen Gesichter und Geberden, Trachten und -Ladungen u. s. f. Stolz sitzt der Beduine auf dem Pferde, einen kurzen -Säbel und Pistolen im Gürtel. Zuerst macht der Anblick dieser Waffen<span class="pagenum"><a name="Seite_264" id="Seite_264">[S. 264]</a></span> -einen unangenehmen Eindruck; bald aber gewöhnt man sich so vollkommen -daran, daß man sie nicht mehr beachtet. Uebrigens tragen die wenigsten -Leute Waffen. So bestellt der Bauer (Fellah) unbewaffnet sein Feld. -Erinnern sich alle Europäer, daß vordem, sich mit einem Säbel zu -versehen, auch bei ihnen Sitte war?</p> - -<p>Wenn man auf diesem Wege durch topfebene und wüste Gegenden, in -denen selten ein kleiner Garten prangt, wandert, so wird man sich -überzeugen, daß ein Theil der Wüste lediglich auf Rechnung menschlicher -Nachlässigkeit fällt; er könnte bald in ein lachendes Gelände -umgeschaffen werden. „Sorgfalt ersetzte oft, was hie Natur versagte -(<em class="gesperrt">Strabo</em>)“. Wirklich erblickt man hin und wieder Spuren von -Bewässerungskanälen, den unwidersprechlichen Zeugen einer vormaligen -Bodenkultur. Würde der Pascha geruhen, den Bauer dadurch aufzumuntern, -daß dieser seiner Ernte sicher und froh werden könnte, große Striche -Landes müßten in kurzer Zeit der Wüste abgedrungen werden. Ueberdieß -verkündigen die <em class="gesperrt">angebauten</em> Felder nicht allenthalben Fleiß -und Sparsamkeit. Wahr ist, daß z. B. das Delta die Arbeit des Fellah -mit schweren Ernten lohnt; allein ein so fruchtbares Land muß etwas -hervorbringen, wenn man damit auch nur ein wenig sich bemühen mag; -etwas im Feldbaue müssen die Leute jenes unermüdlichen<span class="pagenum"><a name="Seite_265" id="Seite_265">[S. 265]</a></span> Landes doch -wohl verstehen, auf welchem so viele Jahrtausende hindurch unaufhörlich -Früchte gediehen. Man gebe den Bienen des Nordens die gleiche Sonne, -den gleichen Nilschlamm, die gleichen Ueberlieferungen, — was -<em class="gesperrt">neue</em> Wunder würden erstehen.</p> - -<p>Bei <em class="gesperrt">Abusabel</em> ward ich an einen Italiener empfohlen, und diese -Empfehlung erwies sich sehr nützlich; ein Wirthshaus mangelt, und -in die arabischen Hütten zu kriechen, wandelte mich eben keine Lust -an. Es ist eigentlich früh genug, das Kreuz aufzunehmen, wenn man -dazu gezwungen wird, vorausgesetzt, daß man sich überhaupt — nicht -verweichliche. Dießmal wäre es um so umständlicher gewesen, über Nacht -ein ordentliches Obdach zu finden, da die Nilüberschwemmung seit einem -Monate das eigentliche Dorf Abusabel von den medizinischen Anstalten -trennt, und man nur zu Schiffe von einem Orte zum andern gelangt; nicht -eher als in zehn bis fünfzehn Tagen werde, hieß es, die Verbindung zu -Lande wieder hergestellt.</p> - -<p>Die medizinischen Anstalten bei Abusabel, im Nordost von Kairo, liegen -in einer fruchtbaren Gegend. In der gegenwärtigen Ueberschwemmungszeit -gefiel sie mir nicht. Das Land war mit zu viel Wasser bedeckt, woraus -Gebüsche und Bäume einsam auftauchten; und wo es vom<span class="pagenum"><a name="Seite_266" id="Seite_266">[S. 266]</a></span> Wasser nicht -bespült wurde, behauptete die Wüste ihre grause Herrschaft.</p> - -<p>Das niedrige, einstöckige Gebäude verspricht wenig von Ferne. Es -bildet vier Höfe. Die nähern zwei gehören der Veterinärschule, und -die entferntern oder dem Dorfe Abusabel nähern bilden den Sitz der -medizinischen Schule. Zuerst sei von dieser die Rede.</p> - -<p>Nähert man sich der Hochschule von Chanka aus, so steht links ein -ungewöhnlich langes Haus, die Wohnungen für die Angestellten, die -Professoren, Pharmazisten, Uebersetzer u. s. f. Es öffnen sich -eine Menge Thüren ebener Erde nach einander. Jede führt zu einer -Wohnung. Rechtshin tritt man in die eigentliche <em class="gesperrt">medizinische -Schulanstalt</em>. Diese besteht aus einem viereckigen Gebäude, welches -einen geräumigen Hof umfängt, und im Umfange des letzteren breitet -sich, neben dem besonders stehenden Anatomiegebäude, der sogenannte -botanische Garten aus.</p> - -<p><em class="gesperrt">Das anatomische Theater</em>, ganz nach europäischem Geschmacke, -schön gemalt und mit arabischen Schnörkeln überschrieben, ist sehr -hell, und entspricht seinem Zwecke vollkommen. Eine in ein Tuch -gehüllte Wachsfigur stand beinahe in der Mitte. An einer Wand -fesselt die Aufmerksamkeit ein Glaskasten, worin der Anfang einer -ornithologischen Sammlung aufbewahrt wird. Vor dem<span class="pagenum"><a name="Seite_267" id="Seite_267">[S. 267]</a></span> Theater, im -gleichen Gebäude, aber auf der mittäglichen Seite, tritt man in den -<em class="gesperrt">Sezirsaal</em>. Auch an diesem wußte ich nichts auszusetzen. Es lagen -eben vier, mit einem Tuche zugedeckte, halbschwarze Leichen auf den -Sezirtischen, jede auf einem. Zwei waren von der beginnenden Verwesung -schon häßlich gefärbt, und erfüllten die Luft mit einem sehr übeln -Geruche. Das heiße Klima stellt den Sezirübungen in Egypten viele -Schwierigkeiten entgegen, wenigstens viele Unannehmlichkeiten zur -Seite. Bereits hatten Ferien begonnen. Gleichwohl begünstigte mich das -Glück, einen Vortrag zu hören, nämlich dem Operazionskurse des Herrn -Duvigneau<a name="FNAnker_27_27" id="FNAnker_27_27"></a><a href="#Fussnote_27_27" class="fnanchor">[27]</a> beizuwohnen. Der Lehrer in europäischer Kleidung, auch -mit einer Schürze angethan, stand am Sezirtische, gleich neben ihm der -Dragoman, ein Araber von etwa fünfundzwanzig Jahren. Die arabischen -Studenten schaarten sich um den Tisch. Sie trugen rothe Mützen, -eine weiße, über der Brust zugeknöpfte Weste mit Ermeln, weiße, den -untern Theil der<span class="pagenum"><a name="Seite_268" id="Seite_268">[S. 268]</a></span> Weste umfassende Pumphosen und Schuhe, die weiter -nicht auffielen, doch keine Strümpfe. Die jungen Leute mochten ein -Alter von fünfzehn bis fünfundzwanzig Jahren zurückgelegt haben. Der -Professor hob damit an, über die Amputazionen Lehren zu ertheilen; -er unterschied sie in solche, die in und außer der Kontinuität des -Knochens vorgenommen werden. Jede Phrase übersetzte ein Araber leicht -und schnell aus dem Französischen des Professors ins Arabische. Daß -dergestalt die Mittheilung mühsam sich dahinschleppe, sieht Jedermann -ein. Ohne Noth aber verstrickt der Professor seine Gedanken in lange -Perioden mit Zwischensätzen. Daraus folgt unzertrennlich, daß die -Aufmerksamkeit der Zuhörer mehr zerstreut wird. Uebrigens schauten -und horchten diese möglichst aufmerksam, als wären sie die Erfinder -der Aufmerksamkeit. Einer gab oft zu vermerken, daß er den Vortrag -begreife. Ein empfindsamer Araber hatte seine Nase mit Papier oder -etwas Anderem vor dem Wohlgeruche der Leichen verstopft, ungefähr so, -wie man es einer sentimentalen Miß von London verzeihen würde. Unter -den Augen der Zuhörer unternahm der Professor, nachdem er das blutige -Heilverfahren aus einander gesetzt hatte, die Amputazion eines Fingers. -Weder der Vortrag, noch die Art, wie der Lehrer operirte, verhieß -Ausgezeichnetes. Er schien indeß mit<span class="pagenum"><a name="Seite_269" id="Seite_269">[S. 269]</a></span> Gewissenhaftigkeit seinem Berufe -abzuwarten. Jeder Mensch mag sich beruhigen, welcher sein Pfund redlich -gebraucht.</p> - -<p><em class="gesperrt">Apotheke.</em> Es wäre unnöthig, eine europäische zu beschreiben.</p> - -<p><em class="gesperrt">Laboratorium</em>: Dieses ist hübsch ausgestattet, und sicher -gebricht es nicht am Lehrstoffe, wenn nur die Zöglinge genug Lust und -genug Fähigkeit zum Lernen besitzen.</p> - -<p>Die <em class="gesperrt">Krankensäle</em> sind zugleich die klinischen Säle, und sehr -ähnlich denen in den Abtheilungen des allgemeinen Zivilkrankenhauses zu -Wien. Der gefüllte Bettsack ruht entweder auf dem hölzernen Käfiche, -der gewöhnlichen egyptischen Bettstelle von Palmzweigen, oder auf -einem eisernen Gestelle. Das Kissen fehlt nicht; die Bettdecke ist von -grober Wolle. Neben dem Bette befindet sich ein Trinkgeschirr oben -und ein Pot de Chambre unten. Ueber die ärztliche und wundärztliche -Behandlung der Kranken kann ich, leider, das Wort nicht ergreifen. -Die Visiten geschehen Abends 9 Uhr und Morgens um 11 Uhr. Alles aber -empfahl sich nicht minder durch Reinheit und Ordnung, als durch einen -bessern europäischen Geschmack, daß ich an der zweckmäßigen Behandlung -nicht zweifle. Abends (zur Asserzeit) wurden die Speisen ausgetheilt. -Ich kostete die Reissuppe, und, wegen ihrer Schmackhaftigkeit, würde -ich gerne sogleich eine Portion genossen haben. Das Schick<span class="pagenum"><a name="Seite_270" id="Seite_270">[S. 270]</a></span>sal der -hiesigen arabischen Kranken leiht nicht den entferntesten Grund, -von den Europäern bemitleidet zu werden. Die Säle enthalten die -Krankheiten nach der Eintheilung in innere und äußere (<span class="antiqua">internes et -externes</span>). Diese Eintheilung ist in französischer Sprache über -den Thüren aufgeschrieben. Hinwieder trägt jeder Saal eine Nummer. -Demnach durften die Franzosen, wie es scheint, ihre Heiligen aus dem -<span class="antiqua">Hôtel-Dieu</span> in Paris nicht herüberbringen. Um nicht den Verdacht -zu wecken, daß ich bloß ein neugieriger Laie sei, wollte ich den -Saal der Lustsiechen nicht betreten. In den Krankenzimmern führten -mich etliche Studenten herum; denn sobald sie die Anwesenheit eines -europäischen Hakim (Arzt) erfuhren, kamen sie mir mit Freundlichkeit -zuvor. Sie drückten sich in französischer Sprache leidlich aus. Die -Zahl der sämmtlichen Studenten, d. h., der Mediziner, Chirurgen und -Pharmazeuten, wußten sie mir nicht anzugeben. Man muß gestehen, daß -die europäischen Studiosi lieber kalkuliren. Ich vernahm aus dem Munde -der Abusabler-Studenten nur so viel, daß 41 die Klinik besuchen. Die -Gesammtzahl der Zöglinge beläuft sich etwa auf 200.</p> - -<p>Von den <em class="gesperrt">Hörsälen</em> sah ich zwei. Sie waren eben angefüllt; allein -man ertheilte bloß Unterricht, der Methode nach wechselseitigen, -in der französischen Sprache,<span class="pagenum"><a name="Seite_271" id="Seite_271">[S. 271]</a></span> indem man den Koran übersetzte. Das -laute Brummen in tiefem Basse sticht schroff ab gegen das feinere -Bienengesumse unserer Primarschüler in Europa. Die Hörsäle haben in -ihrer Bauart nichts Ausgezeichnetes für den Abendländer. Ein Katheder -ist vorne für den Lehrer angebracht; Bänke folgen sich in regelmäßiger -Reihung, so daß die auf europäische Weise sitzenden Schüler dem Lehrer -ins Gesicht sehen. Auch während des Kollegiums bedeckte die rothe Mütze -den Kopf. Es herrschte Ordnung und Ernst; kein Hin- und Hergehen, um -sich zu zerstreuen.</p> - -<p>Die <em class="gesperrt">Steindruckerei</em>. Ich wurde überrascht, als eine solche -mir gezeigt wurde. Zwei Araber druckten eben etwas zum Behufe des -Krankenhauses. Französisches und Arabisches standen neben einander auf -den Druckbogen. Die französische Schrift war korrekt, der Abdruck aber -dießmal ein wenig schmutzig. Die Korrektheit freute mich um so mehr, -als man in europäischen Winkeln, nicht so gar selten, von den gröbsten -Verstößen geärgert wird. Diese Steindruckerei ist einzig für die höhere -Lehranstalt bei Abusabel bestimmt.</p> - -<p>Der <em class="gesperrt">botanische Garten</em>. So heißt man im Hofe einen Garten, -welcher an Ueppigkeit und Pracht wohl die europäischen Gärten -übertrifft, dagegen der eigentlich wenigen Pflanzen wegen diesen -Namen in der That nicht ver<span class="pagenum"><a name="Seite_272" id="Seite_272">[S. 272]</a></span>dient, gewiß nicht einmal den eines -<span class="antiqua">Egyptiacum</span> verdienen würde. Wie viel kann hier noch geleistet -werden.</p> - -<p>An der medizinisch-chirurgischen Lehranstalt, die im Jahr 1828 ihren -Wirkungskreis eröffnete, sind folgende Professoren angestellt:</p> - -<p class="hang1">für <em class="gesperrt">Botanik</em> und <em class="gesperrt">Arzneimittellehre</em>: <em class="gesperrt">Figari</em>;</p> - -<p class="hang1">für <em class="gesperrt">Physiologie</em>: <em class="gesperrt">Seisson</em>;</p> - -<p class="hang1">für <em class="gesperrt">Pharmazie</em>: <em class="gesperrt">Pacthon</em>;</p> - -<p class="hang1">für <em class="gesperrt">Chemie</em>: <em class="gesperrt">Berron</em>;</p> - -<p class="hang1">für <em class="gesperrt">Pathologie</em> und <em class="gesperrt">Therapie</em>, so wie für -<a name="Doppelpunkt" id="Doppelpunkt"></a><em class="gesperrt">medizinische Klinik</em>: <em class="gesperrt">Duvigneau</em>;</p> - -<p class="hang1">für <em class="gesperrt">Chirurgie und chirurgische Klinik</em>: <em class="gesperrt">Seisson</em>.</p> - -<p>(Sonderbar aber, daß nicht <em class="gesperrt">Seisson</em> den Operazionskurs gab.)</p> - -<p>Der Lehrstuhl der <em class="gesperrt">Anatomie</em> ist seit dem Austritte -<em class="gesperrt">Fischers</em> einstweilen erledigt. Durch Eifersucht verdrängt, -erwarb sich dieser Deutsche doch die bleibende Achtung der Bessern. -Es ist für den Tugendhaften sehr aufmunternd, daß er, bei Mißkennung -seiner Bestrebungen, an den Rath seines vor Gott offenen Gewissens und -an das Synedrium der Besseren in der Welt appelliren kann.</p> - -<p>Die <em class="gesperrt">Veterinärschule</em> stößt an die eben beschriebene medizinische. -Der Vorsteher derselben, mit Namen <em class="gesperrt">Ammon</em>, ein junger Franzose, -bezieht von der Regierung einen<span class="pagenum"><a name="Seite_273" id="Seite_273">[S. 273]</a></span> monatlichen Gehalt von 5000 Piaster -(über 600 Gulden R. W.).</p> - -<p>Das Vieh mit äußeren und inneren, so wie insbesondere mit ansteckenden -Krankheiten ist in den Ställen geschieden. Diese, mit einem Dache -versehen, werden reinlich gehalten. Ein Gesimse von Mauerwerke nimmt -ziemlich große, irdene Töpfe auf. Je einer für ein Stück Vieh, -vertreten sie die Stelle einer Krippe. Harnrinnen sucht man indeß -vergebens. Auch hier fressen die Thiere Strohhäcksel. Bei eintretendem -Mangel des Platzes in den Krankenställen werden die Thiere unter freiem -Himmel gehalten. Wie in Egypten die Augenentzündung den Menschen häufig -befällt, ebenso ist ihr das Thier unterworfen. Die Veterinärschüler -empfangen außer ihrem Fache Unterricht im Reiten, so daß eine wirkliche -Reitschule besteht. Hörsäle, anatomisches Theater, Sezirsaal, Apotheke -und Laboratorium lassen an der guten Einrichtung keinen Zweifel -übrig. Auf einer Tafel im Sezirsaale liest man die Namen derer, -welchen der Operazionskurs vorgeschrieben war: <em class="gesperrt">Akmet Abdrahman</em>, -<em class="gesperrt">Akmet Ibrahim</em> u. s. f. Das klingt nun einmal unchristlich. Im -anatomischen Theater trifft man bloß einige Skelete. Es ist Schade, daß -unter diesem heißen Himmel überhaupt der wissenschaftliche Eifer leicht -erkaltet. Die Veterinärschule zählt 120 Zög<span class="pagenum"><a name="Seite_274" id="Seite_274">[S. 274]</a></span>linge: ein bemerkenswerthes -Mißverhältnis zu der Zahl der Mediziner.</p> - -<p>Die Zucht der Zöglinge beider Schulen ist eine klösterliche oder -militärische. Einmal schon werden die Anstalten von Militär bewacht. -Die Schüler sind Alumnen; fast alle arm, werden sie auf Kosten des -Staates unterhalten und gelehrt. Sie schlafen in großen Gemächern, die -Thierarzneischüler auf dem Boden, unter ihnen nur eine Strohmatratze -und über ihnen die Kleider; für die Mediziner hingegen sind ordentliche -Betten aufgeschlagen. Wenn man in solchen Gemächern, wo so viel -Morgenländer beisammen leben, der orientalischen Laster sich erinnert, -so wird man von einem ordentlichen Abscheu ergriffen. Neben den -Schlafgemächern gibt es für die Studenten noch besondere Speisesäle -nach europäischer Art. Ich sah gerade eine ungemein lange Tafel -gedeckt. Unzweifelhaft werden die Alumnen gut genährt.</p> - -<p>Die Studenten hatten kurz vor Sonnenniedergang Feierabend. Es muß -zwischen Arbeit und Ruhe ein Ebenmaß sein, sonst leiden beide, Leib -und Seele. Die jungen Leute zogen, je zwei und zwei neben einander -aus. Am Thore gegen Abusabel hielt der Flöter und Trommler an, und -flugs zerstob die Reihe, um sich in die Barke zu werfen, welche sie -nach Abusabel führen sollte, darunter manche zu<span class="pagenum"><a name="Seite_275" id="Seite_275">[S. 275]</a></span> den Weibern. Jeder -wollte der erste in dem Kahne sein. Auf die Rückfahrt der Barke -wartende Studenten vergnügten sich daran, daß sie Steine ins Wasser -schleuderten, die wechselweise in diesem niedertauchten und wieder -hervorhüpften (Epostrakismos der Griechen). Um neun Uhr Abends mußten -die Einen zurückkehren; die Uebrigen durften bis morgen in der Frühe -ausbleiben. Letzteres erzähle ich nach Andern.</p> - -<p>Das Leben der bei Abusabel Angestellten gleicht so ziemlich einem -Schlaraffenleben, und sie können die Zeit mit genauer Noth hinbringen. -Wenn ein europäischer Fremder die Anstalten besucht, so ist er beinahe -Fingerzeig. Das Auge weilt fast lieber bei den die Höfe zierenden -Dattel- und Akazienbäumen, als bei Leuten, wiewohl aus dem gleichen -Welttheile, welche dem Schöpfer das Meiste vom Tage abstehlen. Gilt -denn etwa hier die <em class="gesperrt">Ausnahme</em> von der Regel, daß der Müßiggang -aller Tugenden Anfang sei?</p> - -<p>Von der Zugänglichkeit der Mohammetanerin hörte ich bei Abusabel Dinge, -welche Erstaunen erregen. In ältern Zeiten wurde eine solche, welche -sich mit einem Christen verging, den Wellen des Nils preisgegeben. Ob -nun die Mittheilungen beweiskräftig genug seien, um zu entscheiden, -daß der religiöse Fanatismus um manche Grade sich abge<span class="pagenum"><a name="Seite_276" id="Seite_276">[S. 276]</a></span>kühlt habe, -wage ich kaum anzudeuten, und wenn ich andeuten <em class="gesperrt">müßte</em>, so -fiele die Bemerkung, daß die geschlechtlichen Verirrungen auf eine -<em class="gesperrt">höhere</em> Sphäre konfessioneller Nachgiebigkeit oder Strenge -selten schließen lassen, weil sie aus einer tiefsinnlichen Quelle -hervorsprudeln. Wahrscheinlich würden sich, wie zur Zeit der Franzosen- -und Patentherrschaft, wenige Araberinnen gegen die Verbindung mit -einem Christen sträuben. Wenn sie auch nicht die Liebe dazu lockte, -so doch das tönende Erz. Eröffnungen über das <span class="antiqua">punctum sexus</span> -strömen unter den Franken in diesem Lande so ohne Rückhalt daher, -daß der galante Großstädter des Abendlandes nicht offenherziger sein -kann. Wenn die Konkubinen in die Hoffnung kommen, so werden sie von -Manchen ohne Theilnahme und Hülfe verstoßen. Die Mohammetanerin -könnte vor dem Richter keine Ansprachen geltend machen; wohl aber ist -gewiß, daß derselbe die Sache, sobald sie vor ihn gebracht würde, zum -Nachtheile des gefallenen Mädchens nicht ungeahndet hingehen lassen -könnte. Hinwieder steht der Europäer, in seiner großen Freiheit und -Unabhängigkeit, nicht unter dem ordentlichen egyptischen Richter, -sondern unter dem Konsulate, um dessen Schutz er nachsuchte. Etwa im -Falle eines Ehebruches oder einer Defloration, im Falle, daß über die -mohammetanische Religion geschimpft, oder daß falsche<span class="pagenum"><a name="Seite_277" id="Seite_277">[S. 277]</a></span> Münze geprägt -würde, müßte die Auslieferung an den egyptischen Richter erfolgen. -Wie weit diese Unabhängigkeit getrieben wird, lehrte unlängst ein -handfester Engländer. Es wollte ihn die Polizei aufgreifen, weil er -Mohammetanerinnen ins Haus aufnahm, in einer Absicht, die leicht -errathen werden konnte. Statt alles Fernern schlug er die Polizei -nieder. Das Konsulat schützte ihn doch so sehr, daß er von der -vizeköniglichen Polizei in Kairo nicht weiter beunruhiget wurde.</p> - -<p>Ich machte früher in Wirklichkeit einen Abstecher zu Lande, und jetzt -einen auf den Schwingen des Geistes. Kehren wir zurück, um einen -Rückblick auf die Schulanstalten bei Abusabel zu werfen.</p> - -<p>Im Andenken unferner Zeiten, da noch das ganze Egyptenland, seit der -Herrschaft der Türken, in tiefe Barbarei versunken war, wird man -billig ein Loblied auf den nunmehrigen Herrscher, <em class="gesperrt">Mehemet-Ali</em>, -anstimmen, welcher für jenes Land wirklich großartige, hoffentlich -segensreiche Anstalten ins Dasein rief. Angenommen, daß die Stellen -immer mit tüchtigen Professoren und keinen Stümpern, mit Freunden der -Wissenschaft und keinen Abenteurern, mit gewissenhaften Arbeitern und -keinen bloßen Glücksrittern besetzt werden, so dürfen die Anstalten mit -den medizinischen Fakultäten kleinerer deutscher Hochschulen<span class="pagenum"><a name="Seite_278" id="Seite_278">[S. 278]</a></span> in die -Wette laufen; ich möchte noch weiter gehen, in praktischer Beziehung -werden sie letzteren den Vorrang ablaufen. Beherzige man nur, wie -oft der Mangel an Leichen zum Behufe von Zergliederung auf manchen -Hochschulen beklagt wird. Umgekehrt werden die egyptischen Anstalten -in theoretischem Bezuge gar keinen Vergleich aushalten, und bis ein -<a name="echt" id="echt"></a>echt wissenschaftlicher Geist dieselben durchdringt, beseelt, erwärmt, -kann über die viel zu neue Grundlage, selbst unter den günstigern -Umständen, ein ganzes Jahrhundert verstreichen. Jedenfalls wird der -Pascha mehr oder minder brauchbare Aerzte für die Armee bekommen, und -das ist es, was er zunächst bezweckt. Es würde ihn wahrscheinlich gar -wenig befriedigen, wenn die Zöglinge sich in medizinische Spekulazionen -vertieften, und in diesem Gebiete der Schriftstellerei sich versuchten, -um vielleicht durch gelungene Arbeiten einen neuen Glanz auf das Leben -des Regenten zu werfen. Der Gedanke thut wahrhaftig bis in das Innerste -der Seele wohl, daß in dem Lande, wo einst Heliopolis und Alexandrien -durch die Schätze der Wissenschaft weithin leuchteten, nach den vielen -Jahren der traurigsten Finsterniß, wenigstens einige Schritte versucht -werden, um die Verlassenschaft der erhabenen Vorfahren, ob auch nicht -in ihrem vollen Werthe, doch einigermaßen zu würdigen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_279" id="Seite_279">[S. 279]</a></span></p> - -<p>Tages darauf trat ich meinen Rückweg an. Ein kühler Wind wehte sogar -noch Mittags. Bald sah ich den erwähnten Obelisken, weiter oben die -Pyramiden von Gizeh, dann den Mokatam, und aus ziemlicher Ferne schon -Kairo. Den Weg belagerten mehrere Bettler, die aber, bequemer oder -anständiger als die unsrigen in der Schweiz, nicht nachrannten. Ein -Knabe legte es darauf an, durch seine Klumpfüße Mitleiden zu <a name="erwecken" id="erwecken"></a>erwecken. -Der auffallendste Bettler hielt sich behaglich in einer kleinen Höhle -auf, die mit einem löcherigen Dache versehen war. Beinahe immer lief -mein Eseltreiber den weiten Weg. Den Lauf setzen die Eseltreiber vier -Stunden lang an Einem fort, während die Hitze den nördlichen Europäer -gleichsam erdrückt. Die Uebung hat jene Leute gestählt.</p> - -<p>Wie gestern Nebel, so verdunkelten heute die Atmosphäre herumfliegender -Sand und schwarze, regnerische Wolken, an deren Schatten ich -beinahe bis Kairo ritt, und zwar ein Stück weit neben dem Direktor -<em class="gesperrt">Ammon</em>, der sich freundlich anließ. Ich traf gerade Mittags -im Frankenviertel ein. Ich begrüßte es mit ebenso froher Stimmung -des Gemüthes, als ich der Gegend von Abusabel mein Lebewohl -sagte. Es ist schwer, zu begreifen, daß <em class="gesperrt">Mehemet-Ali</em> die -medizinische Lehranstalt der Hauptstadt so weit entrückte. Großköpfe -sind mit Querköpfen<span class="pagenum"><a name="Seite_280" id="Seite_280">[S. 280]</a></span> nicht selten verwandt. Jede Berührung mit -wissenschaftlichen oder gebildeten Leuten hätte den Professoren sowohl, -als den Studenten leicht gemacht werden sollen. Was entbietet ein -elendes Dorf armseliger Araber?</p> - -<h4 class="s3" id="Kairo_Umgebung_Geschichtlicher_Rueckflug"><b>Geschichtlicher -Rückflug nach Mattarieh.</b></h4> - -<p><em class="gesperrt">Prosper Alpinus</em> erzählt: In „el-Mattharia“ wird eine gewisse -Sykomore besucht, welche von den Einwohnern für so heilig gehalten -wird, daß es bei ihnen eine ausgemachte Sache ist, es habe die Frau -<em class="gesperrt">Maria</em>, um dem Zorne des <em class="gesperrt">Herodes</em> von Jerusalem zu -entgehen, in eine Höhle des Stammes sich geflüchtet und dort das -Kind <em class="gesperrt">Christus</em>, unsern Heiland, für einige Tage verborgen. Es -wird daher dieser Baum von Vielen in hohen Ehren gehalten; dieß gilt -zumal von den Aushöhlungen desselben, welche <em class="gesperrt">Christus</em> bargen. -Fabelhaft ist, was <a name="Matthiolus" id="Matthiolus"></a><em class="gesperrt">Matthiolus</em> anführt, daß die Stämme und Aeste -des Baumes nie verdorren, wenn sie zuvor ins Wasser getaucht werden, -und darin eine Zeitlang liegen bleiben. — Der Pascha von Egypten, des -Namens <em class="gesperrt">Messir</em>, besuchte in der letzten Hälfte des sechszehnten -Jahrhunderts aus Verehrung der gottseligen Frau den Ort el-Mattharia -an jedem Freitage, als dem Sonntage der Mohammetaner, und er pflegte -daselbst sein Gebet zu verrichten. So weit <em class="gesperrt">Alpinus</em>.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_281" id="Seite_281">[S. 281]</a></span></p> - -<p>Hören wir noch einen andern Naturforscher, <em class="gesperrt">Johann Wesling</em>, -welcher im dritten Jahrzehn des siebzehnten Jahrhunderts in Kairo -lebte: „El-Mataaria“ ist ein Garten um Memphis, ein hehrer Name durch -die Verehrung der Christen. Dort treibt eine ungeheure Sykomore, -umdämmt mit einer niedrigen Rasenbank zur Bequemlichkeit der -Besuchenden, und ehrwürdig, wegen des von <em class="gesperrt">Alpinus</em> angegebenen -Grundes, schon seit anderthalb Jahrtausenden in den Augen der Christen. -Munter grünen die Zweige, obschon der Stamm über dem Wurzelstocke -auf eine häßliche Weise zerstümmelt ist, weil diejenigen, welche den -Baum mit dem Kusse benetzen, ein Stück davon, aus thörichter Liebe zu -Reliquien, wegschneiden, während es doch besser wäre, den Baum in fromm -ehrendem Gedächtnisse zu bewahren. (<span class="antiqua"><i>Joannis Veslingii</i> Mindani de -plantis Aegyptiis observationes et notae ad <i>Prosperum Alpinum</i></span>. -<span class="antiqua">Patavii ap. P. Frambottum 1638. P. 10.</span>)</p> - -<h4 class="s3" id="Kairo_Umgebung_Abenteuerlicher_Ritt"><b>Abenteuerlicher -Ritt nach den Pyramiden von Gizeh.</b></h4> - -<p>Ich fragte oft und oft nach Gesellschaft, um in solcher die Pyramiden -von Gîsa zu besuchen. Vergebens. Da wählte ich einen Eseltreiber, der -etwas italienisch verstand,<span class="pagenum"><a name="Seite_282" id="Seite_282">[S. 282]</a></span> und brach, auf guten Ritt hoffend, am -Mittage des fünften Wintermonates auf. Noch aber war ich nicht auf -dem Esbekiehplatze, als er seinen rothäugigen Bruder mir zurückließ. -Zudem war dieser in Aussehen und Wahrheit kreuzdumm, und mehr als -<span class="antiqua">buono</span> konnte er kaum etwas vom Italienischen.</p> - -<p>In Gottes Namen — vorwärts. In Altkairo über den Nil gefahren, -gelangte ich zu einem Graben. Jetzt sprang mein Esel hinüber, er fiel -und ich mit ihm. <em class="gesperrt">Erste Stazion des Elendes.</em></p> - -<p>Später leitete der Weg zu einem ziemlich breiten Abzugsgraben des Nils; -wir durchschnitten diesen in einem Kahne ohne Schwierigkeit. Bald traf -ich seichtes Wasser. Es liefen zwei Männer daher, und einer trug mich -über dasselbe. Ich wußte nicht, daß diese — Führer sein sollten. Der -Eseltreiber, voll jämmerlicher Angst vor dem Wege nach den Pyramiden, -rief sie ohne mein Wissen und meinen Willen. Der eine, ein Scheik, mit -nicht unangenehmen Gesichtszügen, war mit einer Flinte, der andere mit -einem langen Stocke bewaffnet. Mehrere Male wurde ich von den Leuten -über das seichte Ueberschwemmungswasser getragen. <em class="gesperrt">Zweite Stazion des -Elendes.</em></p> - -<p>Ungefähr anderthalb Stunden vor Sonnenuntergang erreichte ich eine -große Wasserfläche, welche man für einen<span class="pagenum"><a name="Seite_283" id="Seite_283">[S. 283]</a></span> breiten Fluß hätte halten -können. Darüber sollten wir im Kahne. Es erschallte der Mahnruf an den -Fährmann. Die Sonne verschwand hinter die libyschen Hügel, ohne daß -man mich holte. Es kamen mehrere Männer, die, wie ich, die Abfahrt -erwarteten; dann auch Weiber. Diese kauerten an einem besonderen Orte, -unordentlich im Kreise, schwatzten viel, lachten viel, guckten gerne, -aßen Datteln, einzelne rauchten auch Tabak. Die Männer trugen ihre -Worte auf den Flügeln des Gelächters, und schauten kaum gegen die -Weiber. Nach zweistündigem Warten langte endlich der Fährmann an. Ich -freute mich sehr wenig auf die Nachtfahrt, und doch brannte ich vor -Verlangen, wegzukommen. Ein fester Blick nach einem Ausgange der Dinge -kann den Menschen dahin bewegen, daß er sich nach Unangenehmem sehnt. -<em class="gesperrt">Dritte Stazion des Elendes.</em></p> - -<p>Die Nacht war hereingebrochen; der schöne Mond suchte indessen die -Finsterniß derselben zu verdrängen. Stelle man sich Jemand vor ohne -Kenntniß der arabischen Sprache, mit einem albernen Eseltreiber, -bei Nacht, unter lauter Fremden, im fernen Auslande, und in der -Ungewißheit, wo er die Nacht über sein Haupt niederlegen könne, und -man fühlt jetzt das Peinliche meiner Lage. Geschehe, was Gott will, -dachte ich. Man wies mir den beßten und<span class="pagenum"><a name="Seite_284" id="Seite_284">[S. 284]</a></span> geräumigsten Platz in dem -Fahrzeuge an. Es durften jedoch hier, wegen der Untiefe, nur wenige -von den anwesenden Leuten die Barke beschweren; die übrigen, auch -die Weiber, hoben ihre Röcke, so hoch ihnen die Tiefe des Wassers -gebot, und wateten uns nach. Der Mond, seiner Schalkhaftigkeit -eingedenk, lachte, während dieses Auftrittes die keusch und anständig -in schwarzen Flor gekleidete Nacht ein wenig aus. Wie wir tieferen -Grund gewonnen, bestiegen endlich alle den Kahn, natürlich nicht ohne -viel arabischen Lärm. Es währte ziemlich lange, bis wir den vom Mond -vergoldeten Spiegel in die Quere durchspalteten. Das lange Warten auf -den Fährmann, die Fahrt auf Ueberschwemmungswasser beim Mondesscheine -und andere Umstände prägten die Nilüberschwemmung unauslöschlich in -mein Gedächtniß. Wir landeten glücklich. Ich <a name="ritt" id="ritt"></a>ritt vorwärts — zwischen -ausgetretenen Wassern. Allein jetzt kam es ernster. Tiefes Wasser -sollte durchwatet werden. Unzufrieden mit dem niedrigen Esel, setzte -ich mich auf die Schultern zweier Araber, faßte sie um die Köpfe, und -streckte die Beine wagrecht aus, so gut ich vermochte. Es half nichts, -— ich ertränkte einmal einen Schuh. <em class="gesperrt">Vierte Stazion des Elendes.</em></p> - -<p>Ich konnte doch wieder auf dem Esel davon reiten, und ruhiger an dem -herrlichen Schauspiele mich abletzen, das<span class="pagenum"><a name="Seite_285" id="Seite_285">[S. 285]</a></span> sich mir darbot. Der Mond -entfaltete all’ die Pracht seines Lichtes, auf daß ich die Pyramiden -bewundere. Diese schienen nun so nahe, daß mich bald gelüstet hätte, -sie mit der Hand zu berühren. Allmälig verminderten sich unsere -Gefährten. Wo die Freihunde bellten, dahin zogen beide, Männer und -Weiber. Mich begleiteten bloß noch der Eseltreiber und drei andere -Araber, Alle mir zu Schutz und Trutz. Jetzt hatte meine Gesellschaft -ihre bestimmten Umrisse; die Lage war seltsam; Furcht wurde von -Vertrauen überwogen. Ich warne den Leser bei Zeiten. Es geschieht wohl -auch, daß größere Gefahr in den Büchern aufgefaßt und gefühlt wird, als -sie wirklich war.</p> - -<p>Es mußte dem Eseltreiber schon in Kairo erklärt worden sein, daß ich am -gleichen Tage noch bis zum Dorfe wolle, welches von den Pyramiden am -wenigsten entfernt liege. Ich schrie dem Eseltreiber oft ins Ohr, in -den mannigfaltigsten Wortwindungen und Radebrechereien, um es ihm ja -recht verständlich zu machen, daß ich in einem <em class="gesperrt">Hause</em> die Nacht -hinbringen wolle. Zum Ueberflusse gacksete ich noch etwas arabisch; -reden konnte ich so nichts. Es war mir, als sollte ich einen Berg von -der Stelle wälzen. Nicht ohne Ursache drang ich so begierig auf ein -Dorf oder auf ein Haus. Als Lebensmittel hatte ich nichts, als etwas -Brot und Zucker mit mir genommen. Ehe ich mich ver<span class="pagenum"><a name="Seite_286" id="Seite_286">[S. 286]</a></span>sah, saß ich vor -den Pyramiden, vor den Trümmern an ihrem Fuße, vor dem Sphinxe. Nicht -zu den Pyramiden, sondern in ein Dorf will ich, sagte ich mit dem -Nachdrucke eines bebenden Gemüthes. Ja, ja, erwiederte der Araber. Es -ging an der großen Pyramide hinauf — zum Eingange. Da sei das Haus, -und gut zu liegen, stammelte der Bube. Durstig und hungrig sollte -ich auf Stein mich niederwerfen, an der Wüste mich sättigen, und das -Gebläse des kühlen Nordens athmen. Ich war kein Engländer, um meine -Gesundheit an das Rühmchen zu setzen, daß man eine mondhelle Nacht in -der dunkeln großen Pyramide verlebt habe. Hier wollte ich mit nichten -bleiben.</p> - -<p>Allah, rief ich und ich stieg hinunter. Mittlerweile fing ich an, -etwas umsichtiger zu überlegen: zu essen brauche ich wenig, und -wenn ich bloß vor dem Winde geschützt sei, so dürfte die Nacht wohl -erträglich werden. Ich ließ mich auf einige Zugeständnisse ein; meine -Leute hatten ohnehin keine Zuglust nach dem Dorfe. Im Reisen darf man -nicht mit Unbeugsamkeit an Nebendingen hangen. Ich konnte mehr oder -minder merken, daß in der Nähe ein Haus des englischen Konsuls uns als -Herberge dienen sollte. Wie ich ankam — wieder kein Leben, nur ein mit -einer Thüre verschlossener Pyramidenstumpf. Zu meinem Troste erspähte -ich neben jener eine Art Fensterloch, das nicht unbequem<span class="pagenum"><a name="Seite_287" id="Seite_287">[S. 287]</a></span> schien, um -mich zu beherbergen. Der Zugluft und den Thieren zu wehren, ließ ich -die Lichtöffnung nach innen mit Steinen ausfüllen. Ich kroch hinein; -den Kopf auf einem Gesimse, den Leib auf dem Steine, eine wollene -Decke unter, den Mantel über mir, so lag ich, und noch nie auf einem -antikeren, nur einmal auf einem ebenso schlechten Bette.</p> - -<p>Die Leute thaten zu meinen Füßen an der Pyramide und auf dem Sande -so recht behaglich, kauten mit Lustigkeit schmatzend ihre frischen -Rettiche, und plauderten in fröhlichem Tone. Meines Durstes und -meines Hungers nicht achtend, prüften sie eine Zeitlang meine Geduld. -Ungeduldig endlich und drohend griff ich zur Karbatsche, mit den -Worten: Bringet Milch und Wasser; <a name="ed" id="ed"></a><span class="antiqua">voi mangiate ed io ho fame</span> -(ihr esset und ich habe Hunger). Das Ding war gut; zwei Männer rückten -bewaffnet aus. Sie brachten, schon spät gegen Mitternacht, mit einem -Drittmanne Milch und Wasser. Ich schätzte mich so glücklich, als unsere -Väter, denen Manna vom Himmel herabfiel. Ich ließ die Milch aufkochen, -und noch nichts auf der Welt schmeckte mir besser. Den Durst gelöscht, -den Hunger gestillt, was wollte ich mehr? Zufriedenheit goß wieder -ihren erheiternden und erwärmenden Sonnenstrahl in meine Seele, und -nicht mehr drückte mich der Gedanke an eine Nacht im<span class="pagenum"><a name="Seite_288" id="Seite_288">[S. 288]</a></span> Freien. Wiewohl -in der Wüste und unter unbekannten Menschen fand ich keine Gründe, um -für Leben, und wenige, um für Eigenthum besorgt zu sein. Ich schlief -ziemlich gut, ohne zu frieren, und ich würde noch besser geschlafen -haben, wäre ich nicht von einer Maus und Fledermaus gestört worden. -<em class="gesperrt">Fünfte Stazion des Elendes.</em></p> - -<p>Als der Morgen des 6. herannahte, grübelte ich mit meinen, gegen -Sonnenaufgang gewendeten Augen, das schwächste Grau ungeduldig aus -dem hehren Dome. Die Morgendämmerung täuschte mich nicht mehr, nein, -sie täuschte mich nicht mehr; auch verkündigte sie von Kairo her der -Donner der Kanonen; ich begrüßte sie mit kindlich freudigem Herzen. -Sobald der Tag heller war, verließ ich mit den fünf Männern den -Pyramidenstumpf. Ich kam an einer Stelle vorüber, wo Nachgrabungen -veranstaltet wurden. Es lagen auf der Oberfläche viel Menschenknochen, -so wie Einbalsamirungsmaterie, wovon ich zum Andenken aufhob. Im -Augenblicke, da ich hart an der mittäglichen Seite der großen Pyramide -stand, empfing ich den demüthigenden Eindruck einer hohen Majestät; sie -strebte gewaltig empor, wie auf den Bergen die letzte erhabene Zacke.</p> - -<p>Bald befand ich mich wieder da, wo gestern, nämlich am Eingange der -großen Pyramide. Am Lichte einer Kerze stieg ich hinunter, ging fort -und hinauf. Ich be<span class="pagenum"><a name="Seite_289" id="Seite_289">[S. 289]</a></span>schreibe nicht die Gänge und Höhlen. Der Grabstichel -des Künstlers stellt anderwärts deutlich vor Augen, was die Feder -nur undeutlich vermöchte. Meine Bemerkungen beschränken sich auf -Weniges. Der Besuch der Heiligthümer kostet wenig Schwierigkeiten. -Ueberall guter Stand oder Halt oder beides. Der Saal des Königs ist -sehr hoch, und einzig ein Sarg aus Granit unterbricht in demselben die -Einförmigkeit.</p> - -<p>Nach den französischen Gelehrten ergeben sich für die große Pyramide -folgende Maße, die Verkleidung inbegriffen:</p> - -<table class="pyramiden" summary="Pyramidenmaße"> - <tr> - <td class="padr0_5"> - Höhe, - </td> - <td class="padr0_5"> - 456′ 3″ 2‴ - </td> - <td> - Wiener-Maß. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="padr0_5"> - Kante, - </td> - <td class="padr0_5"> - 689′ 6″ 6‴ - </td> - <td> -    „ - </td> - </tr> - <tr> - <td class="padr0_5"> - Apothem, - </td> - <td class="padr0_5"> - 584′ 8″ 8‴ - </td> - <td> -    „ - </td> - </tr> - <tr> - <td class="padr0_5"> - Basis, - </td> - <td class="padr0_5"> - 710′ 1″ 7‴ - </td> - <td> -    „ - </td> - </tr> -</table> - -<p>Der Flächeninhalt der Basis beträgt:</p> - -<p class="p0 mleft3">57,804′ 8″ 3‴ Wiener-Maß.</p> - -<p>An den Pyramiden bewundert man mehr die Masse und Ausdauer der -menschlichen Leibeskräfte, als die Feinheit und den Geschmack der -menschlichen Geisteskräfte. Wenn man die ungeheuern Granitblöcke auf -einander geschichtet sieht, so drängt sich zuerst die Frage auf: -Wie war es möglich, dergleichen Lasten herbeizuschaffen? Darüber zu -erstaunen, hat man nicht das größte Recht. Sobald<span class="pagenum"><a name="Seite_290" id="Seite_290">[S. 290]</a></span> man über viel -Menschenkräfte und Hilfsmittel verfügen kann, läßt sich Großes -vollenden. Vielleicht hält es nirgends leichter, mehr Menschenkräfte -für Anderes, als für Brot und Hülle und Obdach zu verwenden, wie in -Egypten. Denn der Boden gibt leicht und üppig; die Sonne übernimmt -so viel Tagewerke, daß zur Erwärmung des Körpers, in und außer der -Wohnung, wenig benöthiget wird u. dgl. Es kann nicht fehlen, daß, -bei solcher Bewandtniß der Dinge, viel Hände, oder doch die Hände -viel Zeit müßig bleiben. Wem entschwebt nicht die Muthmaßung, daß die -Pharaonen den Müßiggang der Unterthanen als Quelle von Nachtheilen für -den Einzelnen und als Träger von Gefährden für den, Staat ansahen, und -daß sie darum auf Mittel sannen, um den Müßiggang nützlich abzuleiten? -Ein Machtwort ohne Grund würde wahrscheinlich Murren unter dem Volke -erzeugt haben; sie warfen den Mantel der Religion über die tief -liegenden Plane, und es entstanden die größten, massivsten, wenn gleich -nicht die kunstreichsten Grabmäler unsers Erdkreises. <em class="gesperrt">Die Pyramiden -sind Grabhügel.</em> Und so sagte ich treu, was ich einmal meine.</p> - -<p>Jede der vier äußern Flächen der großen Pyramide läuft in Stufen -bis auf die Spitze. Diese kann von außen leicht bestiegen werden; -allein weil sie eben vom Nebel umschlichen<span class="pagenum"><a name="Seite_291" id="Seite_291">[S. 291]</a></span> war, leistete ich auf das -Besteigen, als ein eiteles Geschäft, Verzicht. Hier wollte ich ebenso -wenig die Rolle eines Engländers spielen, was ich gerne und offen -gestehe.</p> - -<p>Man wollte schon an dem Vorabende Bagschisch (Geschenk), darauf -in, dann außer der Pyramide, und später, als ich gegen eine ihrer -Schwestern fortritt. Hier konnte ich die Leute nicht mehr mit dem -Versprechen beschwichtigen, daß ich am Ende ausbezahlen wolle. Ich -hatte in Kairo nur so viel Geld eingesteckt, um den Eseltreiber und -etwa zwei Führer aus dem letzten Dorfe befriedigen zu können, von der -Ansicht geleitet, daß, bei meiner Unbekanntschaft mit der arabischen -Sprache, alles Geld mir aus der Tasche geschwatzt werden könnte. -Für die Milch bezahlte ich über Maßen. Jetzt schon war meine ganze -Baarschaft auf vier Piaster heruntergeschmolzen. Einer der Führer fiel -meinem Esel in den Zügel. Ich zeigte all’ mein Geld, und bezeugte, daß -ich nicht mehr bei mir habe, daß ich aber das einzige Vierpiasterstück -glatterdings nicht entübrigen könne, weil ich an einigen Orten für -das Fahren über das Nilwasser bezahlen müsse, welche Kosten nicht -vorangeschlagen waren, und weil ich ohne Geld nicht einmal zurückkehren -könnte; es solle einer der drei Männer mich nach Kairo begleiten, -wo ich <em class="gesperrt">dann</em> denselben und zu seinen Händen auch die Uebrigen -gehörig zufrieden stellen<span class="pagenum"><a name="Seite_292" id="Seite_292">[S. 292]</a></span> werde. Ich kann nicht glauben, daß ich -verstanden wurde; denn man gab dem Anerbieten kein Gehör, und schwatzte -mir das Goldstück und meinen Zucker aus der Tasche. Man ließ zu guter -Letzte den Zügel los. <em class="gesperrt">Sechste Stazion des Elendes.</em></p> - -<p>Ich ritt weiter, sah indessen keine Pyramide mehr an; selbst thäte ich -den ungeheuern Androsphinx mit schelen Blicken regaliren, als ich, -seinen Hügel von Kopf zur Linken, über den Rücken ritt, den tiefer -Sand begräbt<a name="FNAnker_28_28" id="FNAnker_28_28"></a><a href="#Fussnote_28_28" class="fnanchor">[28]</a>. Ich seufzte unter dem Joche des Mißmuthes. Meine -Beschützer gingen sämmtlich hinweg, und, allein mit dem Eseltreiber, -sollte ich nach Kairo ohne Geld, durch Nebel, über Wüste und durch -Wasser. Von meiner Unpäßlichkeit ohnedieß gereizt, hörte ich schon -einige Krankheiten an der Pforte meiner Gesundheit pochen; ich rechnete -hin und her, wie ich meine Peitsche zum Kaufe weggeben werde, um über -das größere Wasser zu setzen u. s. f. Kurz, es war<span class="pagenum"><a name="Seite_293" id="Seite_293">[S. 293]</a></span> Nacht in meinem -Gemüthe. Je fester Jemanden die gewöhnlichen Auswege versperrt werden, -desto gewisser rafft er seine Kräfte zusammen, um ungewöhnliche -ausfindig zu machen.</p> - -<p>Plötzlich ging ein Stern der Hoffnung auf. Ich hatte die Gewohnheit, -in einer Geheimtasche in Papier gepacktes Gold mitzunehmen. Ich wußte, -daß das Päckchen fehlte; indeß dachte ich, daß ein Stück herausgefallen -sein könnte. Ich spürte nach und, o holdes Glück, richtig glitt mir -ein Goldstück in die Finger. Ich fühlte mich nun reicher, als hätte -ich über Millionen zu gebieten, weil ich die Mittel besaß, fortan in -pekuniärer Beziehung sorgenfrei nach Kairo zu ziehen. Daß der Begriff -von Reichthum sehr relativ sei, mag einen Theil der Reichen verdrießen, -aber doch die minder Begüterten trösten.</p> - -<p>Zudem wählte der Eseltreiber einen andern und bessern Weg. Er richtete -sich mehr gegen Mittag, und die Pyramiden von Sakâra rückten ziemlich -nahe. Es war angenehm, über die vielen Dämme zu reiten; Wasser rechts -und links; bald Feld, das aus dem Wasser eben auftauchte, noch naß, -doch vom Fellachen betreten, bald Früchte tragendes Land. Ich konnte -mich nie lebhafter als heute überzeugen, wie vielfach die Verbindungen -zwischen den Dörfern von der Nilüberschwemmung erschwert werden. Der<span class="pagenum"><a name="Seite_294" id="Seite_294">[S. 294]</a></span> -Weg führte über mehrere Brücken, unter welchen das Wasser rauschte, als -wäre es fließend.</p> - -<p>Die Ueberschwemmungszeit ist der Winter Egyptens und das -Ueberschwemmungswasser der Winterschnee. Der Schnee ist auch Wasser, -bloß gefrorenes. Wenn das Wasser abgeflossen, kommt der Frühling; so -wenn der Schnee geschmolzen. Beide, Wasser und Schnee, decken das -Erdreich.</p> - -<p>Auf dem Rückwege wurde ich nur über drei kurze Strecken getragen, -einmal vom Esel, dann aber vom Eseltreiber, weil jener das zweite Mal, -gleich Anfangs, sammt dem Reiter, in den Schlamm stürzte. <em class="gesperrt">Siebente -Stazion des Elendes.</em></p> - -<p>Der Anblick Kairos und des Mokatam stimmten mein Herz zur innigsten -Freude. Nach vierundzwanzigstündiger Abwesenheit war ich wieder -in der Hauptstadt, die mich wie eine zweite Heimath ansprach. Die -vierundzwanzig Stunden machen mir das Pyramidenland unvergeßlich. Diese -Schilderung belehrt, daß zur Ueberschwemmungszeit an den Besuch der -Pyramiden von Memphis (Gizeh) sich ungewöhnliche Mühseligkeiten knüpfen.</p> - -<p>Es gibt nichts angenehmeres, als nach großen Anstrengungen wieder -auszuruhen, und nichts Süßeres, als den Widerwärtigkeiten des Lebens -aufrichtig zu zürnen. Es war mir ein Labsal, den ganzen Zorn auf -die Wasser, die Füh<span class="pagenum"><a name="Seite_295" id="Seite_295">[S. 295]</a></span>rer und die Pyramiden zu entladen. Ich wollte -über trockenes Land, da denn die mannigfaltigen Hindernisse der -ausgetretenen Wasser; ich wollte zu rechter Zeit mich mit Speise -und Trank erquicken, da denn die geschäftige Folter des Hungers und -Durstes; ich wollte eine Wohnung unter Lebendigen, da denn das harte -Ruhekissen der Pyramide in der wüsten Todtenstadt. Wie ein Kind, dem -man einen Spiegel vorhält, nach seinem Bilde greift, so langte ich nach -einer Reihe von Truggestalten. Wer kennt nicht die Gespenster, die -unablässig sich bemühen, die arme Seele des Menschen irre zu leiten?</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Wegweiser"><b>Wegweiser in und um Kairo.</b></h3> - -</div> - -<p><em class="gesperrt">Erster Tag.</em> Man verfügt sich an einem Morgen frühe nach dem -Nile, darüber zum Garten <em class="gesperrt">Ibrahim-Paschas</em>. Von da nach dem -Aquädukt. Von hier nach Altkairo und dem Nilometer. Nun sieht man -das armenische und koptische Kloster, in letzterem <em class="gesperrt">Mariens</em> -Altar, und dann die große Moschee <em class="gesperrt">A’mrus</em>. Man reitet über -Turâb-el-Seydeh Omm Kàsim zurück. Nachmittags begibt man sich zum -Konsul, der bis zum folgenden Tage die Erlaubniß für den Eintritt in -den Garten von Schubbra auswirkt.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_296" id="Seite_296">[S. 296]</a></span></p> - -<p><em class="gesperrt">Zweiter Tag.</em> Man reitet, aber nur nicht an einem Sonntage, auf -die Burg; hier der Jussufsbrunnen. Auf dem Rückwege bewundert man die -Gräber von Kâyd-Bei. Abends reitet man nach dem Schubbragarten.</p> - -<p><em class="gesperrt">Dritter Tag.</em> Man kann das Militärkrankenhaus, den Esbekiehplatz, -etwa einen Brutofen ansehen, zur Zeit der Fütterung im Katzenstifte -sich einfinden.</p> - -<p><em class="gesperrt">Vierter Tag.</em> Gehe man zu Fuß, um die verschiedenen Bassar zu -durchmustern, denn auf dem Esel, der manchmal gallopirt, schwinden die -Gegenstände zu schnell am Auge vorüber.</p> - -<p>Zwei Tage erfordert der Weg nach Abusabel, und ebenso viel derjenige -über Sakâra nach den Pyramiden von Gizeh.</p> - -<p>Daraus erhellt, daß die Merkwürdigkeiten, dazu noch der Hassantempel, -die Kadettenschule u. dgl. in wenigen Tagen besehen werden können, wenn -man sie nur gehörig in die Zeit zu vertheilen weiß.</p> - -<p>Die Ritte sind nicht kostspielig. Für einen Tag rechnet man fünf -Piaster (nicht einmal 40 Kreuzer R. W.). Reitet man den Esel einen -halben Tag, so gibt man dem Treiber höchstens drei Piaster (etwa 23 -Kreuzer R. W.).</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_297" id="Seite_297">[S. 297]</a></span></p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Rueckblick"><b>Rückblick auf Kairo.</b></h3> - -</div> - -<p>In dieser weitläufigen Stadt verbrachte ich mehrere der angenehmeren -Tage meines Lebens, und ich gestehe, daß ich mich ungerne von -ihr trennte. Die Verschiedenheit der klimatischen Einflüsse und -Hervorbringnisse, die Ungleichheit der Sitten und Religionsgebräuche, -die Sonderbarkeit in den politischen Einrichtungen und so vieles Andere -hielten meine Seele stets in reger Gespanntheit, dergestalt, daß -<em class="gesperrt">Langeweile</em> in Kairo mich nie angähnte.</p> - -<p>Kairo ist ein großes, altes Weib, das falsche Haartouren, Brillen und -Krücke trägt; aber es vermag seine Runzeln nicht spurlos auszuglätten, -noch seine grauen Haare ganz zu verbergen, noch seinen halbblinden -Augen die volle Sehkraft zurückzugeben, noch seinen gekrümmten Rücken -in das Senkblei zu bringen. Wofern nicht ein wundersam belebender Hauch -aufs neue die Adern der Alten durchdringt, so wird sie über nicht -sehr lange von hinnen scheiden, und ihr Grabmal wird dann wegen der -schauerlichen Größe über die Grabmale beider Todtenstädte spotten.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kairo_Reise_durch_die_Wueste"><b>Reise durch die Wüste nach -El-Arysch.</b></h3> - -</div> - -<div class="blockquot"> - -<p class="p0">Verspätete Abreise; Dromedarwechsel; der Pole; Hunger; -Hochzeitsspektakulum; Postillon; Dromedarthränen; Kartoffel<span class="pagenum"><a name="Seite_298" id="Seite_298">[S. 298]</a></span>kunst; -Ausmöblirung der Wüste mit Kameelgerippen; Kinderspiel mit -Datteldornen; Eremitage <span class="antiqua">à la</span> <em class="gesperrt">Rousseau</em>; Dorfschaft -Kâtieh mit Allerlei; Fata Morgana; <span class="antiqua">Sirbonis lacus</span>; ein -besseres Getränke als <a name="Semikolon" id="Semikolon"></a>Champagner; Idumäa u. s. w.</p></div> - -<p>Ich war Willens während der sehr angenehmen Frühlingszeit länger in -Kairo mich aufzuhalten; der Umstand aber, daß ich in der kältern -oder Regenzeit durch die Wüste reisen müßte, und daß eben ein Pole, -ein Kapitän aus der letzten Umwälzung, welcher des Arabischen kundig -war, über El-Arysch nach Syrien sich begeben wollte, bewog mich, den -Aufenthalt abzukürzen.</p> - -<p>Weh that es mir, daß sich keine Gesellschaft zur Unternehmung der Reise -über Suez nach Jerusalem hervorthun wollte.</p> - -<p>Um an die syrische Küste zu gelangen, hätte ich zwar über Damiate zu -Wasser reisen können; allein mehr denn ein Grund leitete mich durch -die Wildniß: nicht nur lauteten die Nachrichten, daß zu Lande keine -Kontumaz gehalten werde, sondern ich wollte auch die Süßigkeiten und -Bitterkeiten einer Wüste selbst kosten. Lebenserfahrungen sind echte -Reichthümer des Menschen.</p> - -<p>Der polnische Offizier besorgte die Thiere. Er zog Dromedare vor, weil -sie sanfter gehen, und die Hälfte Wegs mehr in einem Tage zurücklegen -als die Kameele.<span class="pagenum"><a name="Seite_299" id="Seite_299">[S. 299]</a></span> Jeder von uns nahm ein Thier für sich, und eines -bestimmten wir für den Geleitsmann. Die Gepäcke wurden mehr oder -weniger gleichmäßig auf die Lastthiere vertheilt.</p> - -<p>Am Tage meiner Abreise hatte ich keine geringe Noth. Ich sollte mich -bereit halten, daß ich vor Sonnenaufgang aufbrechen könne. Schon des -Morgens verfügte ich mich zum österreichischen Konsul, um den Reisepaß -zu holen. Jetzt stellte sich eine Schwierigkeit entgegen. Ich sollte -den städtischen Auslaßschein haben, und der Ausfertiger war abwesend; -ich beschwerte den Konsul an diesem Tage mehrere Male. Er ließ sich -die Sache sehr angelegen sein, und wie sich die Aussicht allenthalben -trüben wollte, befahl er seinen Leuten, daß man auf die Ausfertigung -dringen sollte, koste es, was es wolle. Schon lag die Nacht eine Stunde -über Kairo, als ich eines Auslaßscheines noch entbehrte, indeß der Pole -zur Abreise fest entschlossen war. Endlich langte der Dragoman sammt -dem Janitscharen und einem Menschen in dem Hause, wo ich wohnte, an, -um mir den Auslaßschein und die Erlaubnißkarte für den Eintritt in den -Schubbragarten zu überreichen. Letztere traf freilich zu spät ein.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Sonntags den 8. -Wintermonat.</em></p> - -<p>Ich bin nicht im Klaren, ob der Pole oder der Besitzer der Dromedare -mich in unnütze Geschäftigkeit jagte. Der<span class="pagenum"><a name="Seite_300" id="Seite_300">[S. 300]</a></span> Geleitsmann kam mit seinen -hochbuckeligen Thieren erst etwa zwei Uhr nach Mittag. Die getäuschte -Erwartung spannt auf die Folter.</p> - -<p>Der Dromedar stand so schnell auf, daß ich mich zusammennehmen -mußte, um nicht zu stürzen. Noch beschaute ich die Gassen Kairos, -die Leute und — Esel unter meinen Füßen. Wir ritten aus einer Stadt -in die andere, von einem Thore zum andern, bis wir, wenn ich mich so -ausdrücken darf, das Ufer des Meeres von Häusern erreichten.</p> - -<p>Kairo ist gleichsam ein Gemengsel von Städten. Außer den Umfangsthoren, -womit nach Außen die Stadt gesperrt wird, besitzt jedes Quartier seine -eigenen Thore, damit es geschlossen werden könne. Das Isoliren der -Stadt in ihre Viertel haben die Despoten gar weise berechnet. Bricht -in einem Quartiere eine Empörung aus, so werden die Thore desselben -auf der Stelle gesperrt, und der Aufruhr beschränkt sich auf einen -Theil der Bevölkerung und zwar so völlig, daß man in den übrigen -Stadtvierteln die Vorfallenheiten manchmal erst später erfährt, mag -auch im heißen Kampfe nicht wenig Blut geflossen sein.</p> - -<p>Schon begann der Dromedar zu traben. Er schüttelte mich so kräftig, -daß ich das Reiten nicht hätte aushalten können. Ich bestieg einen -andern, und nun ging es recht gut. Das Reiten machte mir nur geringe -Schwierigkeiten;<span class="pagenum"><a name="Seite_301" id="Seite_301">[S. 301]</a></span> es war mir bloß nicht am beßten zu Muthe, wenn der -Dromedar aufstand oder sich niederließ.</p> - -<p>Steht der Dromedar oder das Kameel auf, so stellen sie erst die -Vorderbeine auf. Dabei neigt sich der Rücken von vorne nach hinten, und -der Reiter bewegt seinen Körper vorwärts. Darauf stellen die Thiere -sich auf die Hinterbeine und der Rücken des Dromedars oder Kameels -bekommt die entgegengesetzte Neigung nach vornen, wobei der Reiter -seinen Körper rückwärts bewegen soll. Lassen die Thiere sich nieder, -so fallen sie zuerst auf die vordern, dann auf die hintern Knie, wobei -der Reiter sich verhalten muß, wie wenn jene aufstehen. Eigentlich -senkt sich der vordere und hintere Theil des Körpers abwechselnd unter -zwei Malen. Nach und nach gewöhnt man sich auch an diese Bewegungen -der Thiere recht leicht. Die eigene Art Gebrüll, welche sie dabei und -beim Packen erheben, spricht den Fremden Anfangs unangenehm an, so -daß er versucht werden könnte, zu wähnen, sie seien böse und bissig. -In den Jahren der Kindheit hatte ich keine geringe Furcht vor dem -Kameele mit seiner wunderlichen fremdartigen Figur, und wenn ich damals -sah, wie ein Mensch sich erkühnte, solch’ einen Brüller zu besteigen, -so erlangte mein Mitleiden für jenen den höchsten Grad. Die fremde -buckelige Gestalt und das starke Gebrüll täuschen in gleichem Maße. -Ka<span class="pagenum"><a name="Seite_302" id="Seite_302">[S. 302]</a></span>meel und Dromedar gehören zu den zahmsten Hausthieren unter dem -Monde.</p> - -<p>Vor der Stadt sahen wir eben die Rekruten sich in den Waffen üben, -unter wildem Pfeifen und Getrommel.</p> - -<p>Beim Einbruche der Nacht kehrten wir in <em class="gesperrt">Chanka</em>, dem ehemaligen -großen Lagerplatze der egyptischen Armee, zu. Ich war müde und hungrig. -Wir betraten die Hausschwelle eines polnischen Angestellten, und er -segnete uns mit einem freudigen Empfange. Seine Frau, eine Koptin, war -eben auf Besuch in Abusabel bei ihrer Schwester, einer Prosessorin. Er -ging die Heirath unter der Bedingung ein, daß er treu sein wolle, so -lange er sich in Egypten aufhalte. Ein Kind, welches ich sah, hatte -weit mehr ein koptisches als ein polnisches Gepräge. Dieser Pole soll -ein tüchtiger Gelehrter sein. Er sprach in der That sehr unterrichtet, -z. B. über den Unterschied der koptischen Religion; allein, erst müde -und hungrig, dann schläfrig, verlor ich fast alle Aufmerksamkeit. Der -Geist mag sich noch so unabhängig dünken, er muß doch abwechselnd die -Herrschaft dem Körper abtreten. Unser Gastfreund setzte Pillau vor, der -mir vortrefflich schmeckte.</p> - -<p>Zu Hause kann ein ganzes Jahr vergehen, bis ich <em class="gesperrt">hungere</em>. Die -Befriedigung des Hungers ist wirklich ein großer irdischer Genuß. Ich -war, wie viele Andere, ein<span class="pagenum"><a name="Seite_303" id="Seite_303">[S. 303]</a></span> Stundenmann. Wenn die Glocke schlug, mußte, -ohne viel Nachfrage nach der Eßlust, gegessen werden. Auf der Reise -wird diese Rechenkunst zur Null, und der Verbrauch der Kräfte durch die -Uebungen des Leibes weckt dem gesunden Menschen Appetit. Man sollte -daheim sich <em class="gesperrt">zur Richtschnur nehmen, mehr aus Nothdurft, als aus -Gewohnheit zu essen, und man würde eine Menge Genüsse sich bereiten, -und manche Uebel verhüten</em>. Es gehört zu andern Verkehrtheiten des -Menschen, daß er die schlichte Wahrheit im Ganzen so wenig würdigt, und -daß die blendende Lüge so bald und so leicht in sein Herz eindrückt.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 9.</em></p> - -<p>Um zwei Uhr Morgens reiseten wir bei hellem Mondscheine ab. Gegen -Morgen blitzte es dann und wann, was ich unter unserm Himmel bei heißer -Witterung wahrnahm, ohne daß sie sich zum Donnern und <a name="Regen" id="Regen"></a>Regen entschied.</p> - -<p>Wir kamen durch schön bebaute Landschaften und kurz nach Sonnenaufgang -zu dem Dorfe <em class="gesperrt">Bèlbeys</em>, wo wir bei der Post auf einer Anhöhe im -Freien uns niederlegten, um zu speisen.</p> - -<p>Abends erreichten wir das Dorf <em class="gesperrt">Légrẻn</em>, und blieben auf -der Post in einem Zimmer über Nacht. Ich holte<span class="pagenum"><a name="Seite_304" id="Seite_304">[S. 304]</a></span> meinen ganzen -Schulwitz heraus, um Feuer anzumachen. Ich vergeudete so viel -egyptische Schwefelfäden, daß der Schwefeldampf unsern europäischen -Lungen bedeutend zusetzte. Ein Araber, naturwitziger, als ich -schulwitzig, zauberte das Feuer flugs daher, und ich buk Eier in -meinem Kochgeschirre. Das Gericht gerieth so gut, daß es auch meinem -Reisegefährten mundete.</p> - -<p>Als ich mich schon schlafen legte, erhob sich ein wildes Gelärm -und Gejauchze unter Schalmei- und Tamburtönen. Es ward eine -Hochzeit gefeiert. Ungefähr so lärmt man in der Schweiz, wenn man, -mit Erlaubniß, einen Ochsen im Triumphe von der Schießstätte zum -Wirthshause führt.</p> - -<p>Morgens hatten wir einen Begleiter; von Bèlbeys wollte er uns in die -Wüste führen. Wir trauten ihm nicht, vielleicht mit Unrecht, und wir -ließen ihn reiten, seelenvergnügt, daß wir seiner los wurden.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 10.</em></p> - -<p>Auch diese Nacht nahm ich das gleiche Blitzen wahr. Als ich vom -Schlafgemache herunterstieg, lagen andere Leute noch im Schlafe auf -dem Dache. Früh Morgens ritten wir mit einem Polizeidiener (Kafaß) von -Gaza, welcher seinen Kondukteur hatte, davon.</p> - -<p>Die letzte und diese Poststazion sind, wenn die Mit<span class="pagenum"><a name="Seite_305" id="Seite_305">[S. 305]</a></span>theilung des -Kapitäns Glauben verdient, wegen der Räuber am gefährlichsten. Wir -frühstückten in <em class="gesperrt">Salehyeh</em>, einem Dorfe mit einer Post, wo die -eigentliche Wüste beginnt.</p> - -<p>Es langte eben die Post an. Der Postillon trug um dem Haupte einen -Turban, und unter dem Kinne einen langen Bart, und über dem Leibe -einen langen, faltigen Mantel (Abba). Das Posthorn schmetterte nicht, -noch <a name="knirrte" id="knirrte"></a>knirrte das Rad; nur sanft patschte die Hufe des Dromedars auf, -und kein besonderes Abzeichen war an der Kleidung des Wüstenpostillons -erkenntlich. Darin sind die Europäer sehr erfinderisch, einem Jeglichen -sein passendes Hanswurstkleid zu geben. Einzig trug der langtrabende -Dromedar am krummen Straußhalse eine kleine Glocke, was sich wohl -schickt, damit die Räuber zu rechter Zeit erinnert werden.</p> - -<p>Jetzt ging es in die Wüste, und als wir tiefer in derselben uns -befanden, begegnete uns zu Fuße ein Derwisch (ein mohammetanischer -Pfaffe) mit fliegenden Kopfhaaren und langem Barte. Es ist merkwürdig, -daß die Wüste immer noch ihre Weltüberwinder begeistert. Es wäre -vielleicht doch schon mit den alten Säulenheiligen genug gewesen. Sage -wenigstens dem blinden Religionszwange: In der Wüste ist Freiheit des -Glaubens.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_306" id="Seite_306">[S. 306]</a></span></p> - -<p>Die Wüste war nicht so kahl, wie ich sie mir vorstellte. Viele -Sodagewächse bekleiden sie zur Steppe. An den meisten Orten zeigte sich -dieselbe so, wie ein Kartoffelfeld mit seinem einsam stehenden jungen -Kraute. Hie und da erhoben sich kleine Hügel, uns in der Aussicht -Abwechselung zu verschaffen.</p> - -<p>Auf meinem Dromedare traf mich ziemlich ferne von menschlichen -Wohnungen der Unfall, <a name="er" id="er"></a>daß er sich reisemüde niederließ. Unverzüglich -hob der Geleitsmann das Gepäcke ab; jener stand auf, und trug mich -weiter. Es ist eine bekannte Thatsache, daß die Kameele oder die -Dromedare auf die Kniee sinken, sobald man sie überladet. Uebrigens -war mein armes, an einer Lungenkrankheit leidendes Thier sehr schwach, -so daß es beinahe umfiel. Der polnische Reisegefährte rief in seiner -Hastigkeit, daß unser Unglück mehr als gewiß sei. Auf dem ermüdeten, -kranken Thiere wäre allerdings bei einem etwaigen Ueberfalle die Flucht -unausführbar gewesen. Ich war kalter Skeptiker und ritt weiter mit -Gelassenheit. Fürchtet man Alles, so hat man doch nichts <em class="gesperrt">mehr</em> -zu befürchten, und so gewährt wenigstens der Blick in die Zukunft -Beruhigung.</p> - -<p>Mit unnennbarer Freude erblickte ich gegen Abend auf einer kleinen -Anhöhe das Posthaus. Ehe wir dabei anlangten, kamen wir hie und da über -einen aufgedämmten<span class="pagenum"><a name="Seite_307" id="Seite_307">[S. 307]</a></span> Weg (Brücke), arabisch <em class="gesperrt">Kantâra</em>. Der Europäer -würde das Posthaus zu <em class="gesperrt">Kantâra</em> nicht erkennen, und winkt es dem -Wanderer doch freundlicher, als der stattliche Postpalast in Paris. Man -denkt mit wonnigem Gefühle beim Anblicke der Posthütte, daß man hier -unter Menschen Schutz und Ruhe finde. Dem plattdächigen Posthäuschen -gegenüber stand mittagwärts eine Art Pavillon, von Dattelblättern -gebaut. Weiterhin gruppirten sich einige Zelte für die Polizeisoldaten. -Bei Kantâra zieht vor den Blick eine kleine Bucht des Sees von Menzaleh -(<span class="antiqua">Tanis lacus</span>), und in seiner Nähe steht ein Brunnen, welcher, -wenn ich nicht irre, Byr-el-Dueydar heißt.</p> - -<p>Wir waren von dem Durste stark geplagt. Wir schleppten bloß eine -Wenigkeit Wasser, nicht einmal in den festesten Thierfellen, mit, so -daß eines Morgens mein Bein ganz naß wurde, weil, wegen der schlecht -angeordneten Ladung, dasselbe über einen Wasserschlauch gehalten werden -mußte. Diese kleinen Vorräthe sollten bis El-Arysch ausreichen. Ich -kostete das Wasser zu Kantâra, und fand es salzig (kochsalzig); weil -mein Durst aber sich wenig um den Gaumen bekümmerte, so gab ich mich -zufrieden und trank. Ich lasse andere Aerzte ihre Qualen erzählen, -welche sie von den immer anderes und anderes Getränke verlangenden -Kranken zu erdulden haben; ich beschränke<span class="pagenum"><a name="Seite_308" id="Seite_308">[S. 308]</a></span> mich auf die Bemerkung, -daß nur der schwache Durst schwer befriedigt wird, und <em class="gesperrt">daß man bei -wahrem Durste trinkt, was flüssig ist</em>. Um meine heiße Trinklust -einmal ordentlich zu löschen, kochte ich Kartoffeln (die 75 Prozent -Wasser enthalten), nachher stößerte ich sie und versetzte sie mit -Wasser, worauf sie mit Butter abgekocht wurden. Diese Speise hatte -gerade die erwünschte Salzigkeit und schmeckte dem Hungrigen. Sonst -verursachte mir das Wasser weder Erbrechen, noch andere Beschwerden.</p> - -<p>Begreiflich suchten wir hier den Unfall, welchen uns der Dromedar -bereitete, wieder auszusöhnen. Wir versprachen dem Posthalter, einem -schön gestalteten und bieder scheinenden Manne, hundert Piaster -für einen Dromedar bis El-Arysch. Die Verheißung einer nicht ganz -unbeträchtlichen Geldsumme und die Thränen des Reisegefährten, -welche dieser über unser Mißgeschick vergoß, vermochten den treuen -Postbeamteten nicht zu erschüttern. Er antwortete mit kurzen Worten, -daß auf Auslieferung der Thiere, ohne Requisizion der Regierung, das -Leben hafte. Was war wohl zu thun? Man mußte sich, ob gerne oder -ungerne, in das eiserne Schicksal fügen. Wir vereinigten uns zuletzt -in dem Vorhaben, morgen meinen Dromedar ohne Gepäcke versuchsweise zu -reiten, was er wahrscheinlich aushalten<span class="pagenum"><a name="Seite_309" id="Seite_309">[S. 309]</a></span> werde. Verläßt uns die Hilfe -der Menschen, so vertrauen wir wieder gerne der Vorsehung.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 11.</em></p> - -<p>Wir brachen bei Zeiten auf. Mein Dromedar lebte einmal noch, und -zappelte unter mir weiter, damit doch die Augen des Hauptmanns, nein, -ich sage, unsers Schicksals trocken werden. Wir hatten den ganzen Tag -Sandhügel vor den Augen, und wären diese wirklich naß geblieben, so -hätte es uns an Stoff nicht gefehlt, sie trocken zu streuen. Der Weg -führte uns über mehrere Hügel und war beschwerlich wegen des lockeren -Sandes. Das Thier glitt bei jedem Schritte einen halben Fuß tief in -denselben. An der Post <em class="gesperrt">Duedâr</em>, welche an die Abendseite eines -Hügels sich lehnt, ritten wir vorüber.</p> - -<p>Um meinem armen Thiere Erleichterung zu verschaffen, stieg ich hier -ab. Mein Gehen war außerordentlich mühselig, gerade so, wie bei uns, -wenn der Schnee sehr weich ist, daß man mit dem Fuße tief einsinkt -und rutscht. Wie der Sandstaub, so ist eine lügenhafte, trügerische -Seele ohne Festigkeit, ohne Halt, ohne Zusammenhang. Ich dauerte das -Reisen zu Fuße nicht lang aus; denn ich fühlte Leere im Magen, und -bald drückte die Hitze. Den Weg fand ich übrigens ziemlich angenehm. -Fortan waren in den<span class="pagenum"><a name="Seite_310" id="Seite_310">[S. 310]</a></span> Sand die Sodagewächse gesteppt, worin sich die -Vögel belustigten. Bald sprang Gewild vorüber, wenigstens Gazellen -und ein Schakal (Fuchs). Auf dem meistens deutlichen und breiten -Wege durchmusterte ich die Stapfen der Menschen und Thiere, oder -die Kameelgerippe, welche, wie gebleicht, auf dem ganzen Wege oft -wahrzunehmen sind. Allerdings athmet mehr Leben in der Wüste, als auf -dem Meere; selten aber begegnete uns ein Sterblicher.</p> - -<p>In der kleinen Oase (Wüsteninsel) <em class="gesperrt">Bir-Anoß</em>, welche die -Dattelbäume freundlich stimmen möchten, kehrten wir an, uns zu -erfrischen. Hier ergötzte mich ein Spiel der Kinder. Sie spießten an -drei Datteldorne eine Dattel. Da vergruben sie Datteln nahe an einander -in den Sand. Jetzt warf Einer nach dem Andern jene drei an der Dattel -vereinigte Dorne nach den unsichtbaren im Sande vergrabenen Datteln, -und wer am meisten an den Dornen hervorzog, trug den Sieg davon. Das -Spiel will eben nicht viel Gewandtheit, und zeugt von Gewinnlust.</p> - -<p>Als wir dann weiter rückten, entzückte mich ein Palmenwäldchen am -Fuße der Morgenseite eines Hügels. Die Schalmei erklang lieblich aus -dem einsamen Haine. Dort waren Hirten angesiedelt. Diejenigen Araber, -welche die Freiheit der Unterwürfigkeit vorziehen, entfernen sich -lieber von den Menschen, als daß sie nach den Gesetzen und Lau<span class="pagenum"><a name="Seite_311" id="Seite_311">[S. 311]</a></span>nen -eines Fürsten leben. Daher wurde selbst die Wüste zum Theile bewohnt. -Mich mahnte oft die Wüstenei an unsere Berge und die Leute der Wüste -an unsere Bergleute. Einst trieb die Freiheitsliebe die Allemanen -vom Rheine auf die Berge der Schweiz. An beiden Orten, in der Wüste -der Berge wie der Niederung, waltet mehr oder minder Oede für ein -einsiedlerisches Leben. Es ist denkbar, daß man sich an die mit -Sodagewächsen bekleidete und mit Hügeln bedeckte Sandwüste ohne viel -Ueberwindung gewöhnen könne.</p> - -<p>Es verdient, bemerkt zu werden, daß in dieser Gegend die Sandhügel, -ihrer eigenthümlichen Form wegen, Pyramiden gleichen. Dieselben sind so -glatt vom Winde ausgeblasen, wie unser Schnee oder unsere Windwehen. -Sie ziehen im Allgemeinen von Osten nach Westen.</p> - -<p>Ehe wir die Post erreichten, genossen wir auf dem letzten Hügel eine -sehr ausgedehnte und wahrhaft erquickende Aussicht — Wieder etwas -Wassermangel. — Der Dromedar trug mich bis hieher die meiste Zeit, und -mit Leichtsinn vergaßen wir bald den gestrigen Kummer.</p> - -<p>Wir entschlossen uns, in <em class="gesperrt">Kâtyeh</em> zu übernachten. Man wies uns in -der Post ein Zimmer an. Es waren so eben auch Mann, Weib und Kinder -eingetroffen. Um sich das Reiten bequem zu machen, saßen sie in -geflochtenen Kasten<span class="pagenum"><a name="Seite_312" id="Seite_312">[S. 312]</a></span> (Schekdof), einander das Gleichgewicht haltend. -Die Frau begab sich in das Harem.</p> - -<p>Kâtyeh ist ein kleines Dorf mit zwei kleinen Moscheen ohne Minaret. Die -Gebete werden an denselben gar fleißig und laut vom Muezeinn (Thürmer) -gesungen. Abends, etwa anderthalb Stunden nach Sonnenuntergang, glaubte -ich in der Schlaftrunkenheit den Nachtwächterruf zu hören; ich vernahm -die silberne, lieblich ernste Stimme des Asche (des fünften Gebetes). -Die Wohnungen der Dorfleute, einfacher als alle, so ich bisher sah, -sind ohne Dachung. Dattelblätter bilden die große Einzäunung einer -Vorrathskammer; darin lag eben ein Haufe Mais. Weil aber der Wind -bisweilen den Sand hineinstäubt, so werden die Leute genöthigt, den -letztern von Zeit zu Zeit wegzuseihen. Der Vorrathskammer schließen -sich die Wohnungen in Form des griechischen Π an; sie sind mithin auf -einer Seite ganz offen für Sonnenhitze und Regen.</p> - -<p>Auf die Kunde, welche sich in dem wilden Dorfe verbreitete, daß ich ein -Arzt sei, kam ein etwa fünfzigjähriger, dürrer, kinderloser Mann mit -seiner zum Geschenke bestimmten, rothen Mütze voll Datteln, mich zu -fragen, was zu thun sei, damit er Kinder bekomme? Ich hätte den Mann -mir jung gewünscht, um wegen einer Antwort nicht in Verlegenheit zu -gerathen. Als ich in der Runde spazieren<span class="pagenum"><a name="Seite_313" id="Seite_313">[S. 313]</a></span> ging, schauten die Weiber und -Kinder wie närrisch meine gelb metallenen, glänzenden Knöpfe an, und -als ich ihnen meine Taschenuhr zeigte, so sperrte die Bewunderung gar -im höchsten Grade ihre großen Augen auf. Laut lachten die weitmundigen, -entschleierten Weiber.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 12.</em></p> - -<p>Der Weg zog über Hügel gegen <em class="gesperrt">Berlaupt</em>. Als ich hier abstieg, -fror es mich so nachhaltig, daß ich mich ans Feuer setzte, und nach -der Spende der Sonne sehnte. Junge Burschen, die uns umgaben, machten -freundliche Mienen, und ich glaubte an ihnen schon einen Uebergang in -den weißen Stamm zu bemerken. Vor meinen Augen wandten sie mit ebenso -viel Gleichmuth, als Gewandtheit das Glüheisen bei einem Pferde an.</p> - -<p>In der Besorgniß, daß mein Dromedar mitten auf dem Wege erliege, -sahen wir uns nach einem andern um. Der Posthalter war vor wenigen -Tagen gestorben, und die jungen Sprößlinge von leichtem Stoffe, wie -Spinnengewebe, trugen kein Bedenken, uns ein Thier anzuvertrauen, -so ernstlich auch die im Harem verborgenen Weiber, als würdige -Stellvertreterinnen des zarten Geschlechtes, dagegen schreien mochten; -nur forderten jene zu stark. Wir wurden endlich einig; schnell ging -man, den weidenden Dromedar zu holen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_314" id="Seite_314">[S. 314]</a></span></p> - -<p>Nun hatte ich einmal einen guten Läufer, und die Wüste wurde für mich -ein Paradies. Indeß bot die Gegend hier auch wirklich die reizendsten -Partien dar. Auf einmal kamen wir in einen großen Kessel. Ein Theil des -Bodens sah aus, als wenn er mit gefrorenem Wasser und Wasserpfützen -überzogen wäre. Dieses Schauspiel gab unser Weg öfter, und eines -Morgens konnte ich mich kaum überzeugen, daß ich, statt gefrorenen -Wassers, krystallisirtes Salz vor mir hätte. Wie wir aus dem Kessel -herausrückten, welch’ Entzücken. Eine ungeheure Ebene, gleich einer -Eisdecke, dehnte sich aus, mit einer Lehne gegen Sonnenaufgang, welche -die Einbildung zu Seeufern umschuf. Im Nordost spielte die Täuschung -mit Palästen einer in großer Ferne liegenden Stadt, und im Norden -mit dem Meere. Man durfte dem frohlockenden Herzen kaum offenbaren, -daß die Fata Morgana eine Wüste ohne ein einziges Grün sei. In -meinem Leben noch nie sah ich eine so vollendete Landebene. Wie sehr -ergötzt schon ein kleines, ebenes Gartenbeet; hier aber stelle man -sich die stundenlange und stundenbreite Fläche vor. Freilich findet -man dergleichen bloß auf kurz angenehm; auf längere Zeit widert die -Einförmigkeit an. Wir durchschnitten jetzt andere große Salzebenen, -und erst begriff ich die einsamen Schrecknisse der <em class="gesperrt">eigentlichen -Wüste</em>. Gegen Mitternacht gewann der weiße Salzboden<span class="pagenum"><a name="Seite_315" id="Seite_315">[S. 315]</a></span> ein so -gefälliges Ansehen, daß er an glänzendem Weiß dem Alabaster nicht -nachstand. Ein dumpfes Brausen, das ich von der Linken her hörte, blieb -mir lange unerklärlich. Den Gruß entsandte das gleichsam hinter der -Bühne schwebende Meer; denn von Salzfluthen bot sich nicht eine dem -Auge dar. Daß der durchrittene, muschelreiche Boden ein Wassergrund -war, leidet keinen Zweifel. Wahrscheinlich breitete sich hier der -<span class="antiqua">Sirbonis lacus</span> (Sirbu) aus, der einst 150 Meilen im Umfange -hielt und zur Zeit des <em class="gesperrt">Plinius</em> nur ein mäßiger Sumpf mehr war. -Von der alten Stadt Ostracine (Straki) erblickte ich keine Spur.</p> - -<p>Die Poststazion war überaus groß. Doch langten wir vor Untergang -der Sonne in <em class="gesperrt">Choanat</em>, dem Ziele unserer heutigen Reise, an. -Der Postmeister, ein recht artiger Mann, bewirthete uns mit süßem -Trinkwasser aus El-Arysch, womit uns ungemein gedient war. Wir würden -Champagner-Wein nicht vorgezogen haben. Auch durften wir uns etwas -darauf zu gute thun, daß er uns nicht, gleich andern Reisenden, unter -freiem Himmel lagern ließ, sondern gastlich in seine Wohnung aufnahm.</p> - -<p>Die Posthütte war für mich nicht ohne Interesse. An ihren Mauern -bemerkte ich mehrere Versteinerungen. Der kranke Postmeister verlangte -von mir ärztliche Hilfe. Es liegen indessen solche Wünsche so -augenscheinlich auf der<span class="pagenum"><a name="Seite_316" id="Seite_316">[S. 316]</a></span> Hand, daß ich sie in der Folge schwerlich mehr -berühren werde.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Freitags den 13. -Wintermonat.</em></p> - -<p>Mit Tagesanbruch bestiegen wir die Dromedare; ich wieder meinen alten. -Rechts erging sich mein Auge an den Sandbergen. Unter den Füßen starrte -Salz und Salz. An manchen Stellen bildete dasselbe weißen Krystall, -an andern lag es zerbröckelt, grau und mit Sandkörnern vermengt. Eine -Weile lang machte ich allein den Weg in der Wüste. Da schritt ein -Beduine daher; bald kam auch ein anderer, und beide grüßten einander. -Mir schien die Sache nicht geheuer. Ich machte mich in Gedanken mit -einem Angriffe vertraut. Auf Hilfe hätte ich wohl nicht zählen können; -in der Wüste wäre jeder Hilferuf umsonst verhallt. Ich erblickte kein -anderes Wesen in der weiten Runde, als die zwei Beduinen. Ich ritt -theilnahmlos an ihnen vorüber; sie schauten mir einige Augenblicke -nach, und dann gingen auch sie ihres Weges. Ein solches Begegniß wäre -unter andern Umständen ganz unbedeutend gewesen, und auch unter diesen -will ich keineswegs mir einbilden, daß ich in Lebensgefahr gestanden -habe. Die übrige Zeit hatte ich den Kameeltreiber zum Gesellschafter, -der sich fort und fort in seinem kopfstimmigen Singsang gefiel. Nach -einem mehrstündigen<span class="pagenum"><a name="Seite_317" id="Seite_317">[S. 317]</a></span> Ritte erhob sich endlich am Horizonte zu meiner -Freude das Meer, das brausende.</p> - -<p>Heute begegneten uns überhaupt nicht selten Menschen und viel beladene -Kameele. Am Meeresstrande ging es dann fort bis zu einem mit Grün -umgebenen Brunnen, wo ich den Polen mitten unter mehrern Leuten und -Thieren einholte; denn da mein Dromedar schlecht trabte, ritt jener -rücksichtslos weiter. Menschen, die sich um Andere nicht bekümmern, -sollten, zu ihrem eigenen Beßten, eine geraume Zeitlang weder ein -vernünftiges Geschöpf sehen, noch hören. Unter den am Brunnen -gelagerten Leuten befand sich ein Beduine, auf dessen Luntenflinte man -mich aufmerksam machte. Von dieser lachenden, kleinen Au, in deren -Umgegend wahrscheinlich das alte Rhinocorura in Idumäa (Edom) oder -genauer im Lande der Amalekiter (Beduinen), nach Andern in Egypten lag, -waren wir bald bei <em class="gesperrt">El-Arysch</em>.</p> - -<p>Werfen wir einen Rückblick auf die Reise. Unzweifelhaft gewährt sie -ihre eigenthümlichen Reize und Vortheile. Wer möchte in der theilweise -kahlen und leblosen Wüste von Gespensterfurcht geplagt werden, weil -etwa ein Baumwipfel lispelnd sich neigte, eine alte Eiche knarrte, -ein faules Holz schimmerte, eine Maus nagte, ein Holzbock bohrte? Wer -möchte sich bangen, daß eine Eule schrie, gleich als wenn<span class="pagenum"><a name="Seite_318" id="Seite_318">[S. 318]</a></span> unsere alten -Mütterchen ohne das Eulengeschrei nicht sterben könnten, und so alt -werden mußten, wie der ewige Jude <em class="gesperrt">Ahasverus</em>? Und so ungehindert -kann man in der Wüste wandeln. Weder einem glänzenden Könige muß man -ausweichen, noch von einem lumpigen Bettler wird man angehalten. -Wenden wir uns jetzt von der Lichtseite auf die Schattenseite. Wiewohl -Person und Eigenthum während der Reise durch die Wüste, so zu sagen, -sicher sind, so möchte ich dieselbe nicht geradezu rathen, weil sie in -überwiegendem Maße beschwerlich und mehr Unglücksfällen preisgegeben -ist. Wer seltene Merkwürdigkeiten schauen will, darf aber Opfer nicht -scheuen.</p> - -<p>Es verdient Würdigung, daß durch die Wüste Posteinrichtungen bestehen, -und daß somit das menschenarme Land gleichsam in den Bereich der -Kultur gezogen wurde. Dem schaffenden und durchgreifenden Geiste des -<em class="gesperrt">Mehemet-Ali</em> müssen wir auch hier Gerechtigkeit widerfahren -lassen. Wir dürfen indeß nicht in Vergessenheit bringen, daß die -Posteinrichtungen keinen allgemeinen, sondern einen speziellen, keinen -bürgerlichen, sondern einen militärischen oder Regierungszweck haben. -Der Postillon nimmt keine Pakete an. Die Briefe gehen nicht regelmäßig. -Es scheint, daß diejenigen Privaten einer besondern Begünstigung -be<span class="pagenum"><a name="Seite_319" id="Seite_319">[S. 319]</a></span>dürfen, welche der Wohlthat einer ordentlichen Verbindung durch die -Post theilhaftig werden wollen.</p> - -<p>Uebrigens sind Kameel- oder Dromedarposten nicht das Erdachtniß unserer -Zeit. Schon <em class="gesperrt">Salomo Schweigger</em> redet von der Kameel- oder -Dromedarpost. Zu Rosette, sagt er, hab’ er eines Tages Einen sehen auf -der Post reiten „auff einem Cameel“ oder „Dromedar.“</p> - -<p>Unsere Reise dauerte fünf Tage und fünf Nächte. Wir brachen in der -Regel sehr frühzeitig bei Nacht auf, lagerten und ruheten am Morgen und -Abend, im letztern Falle bis über Mitternacht. Wir legten ebenso in der -Regel täglich zwei Posten, nur einmal drei zurück, so daß im Ganzen -von Kairo bis El-Arysch elf Stazionen gezählt werden. Mit Wassermangel -würde man sich im Grunde vergeblich martern, weil das Wasser auf allen -Posten genießbar ist, und von den Leuten daselbst wirklich genossen -wird. Wir haben freilich lieber einigen Wassermangel gelitten, als mit -salzigem Wasser unsern Durst gänzlich gestillt.</p> - -<p>Die Witterung war während der Reise schön, die Nächte vom Monde -beleuchtet, die Mittagshitze auf dem Thiere leicht erträglich, und nur -an ein paar Morgenstunden verspürte ich strengere Kühle. Es ist gut, -wenn man sich gegen die Morgenkühle durch Kleider wohl verwahrt. Das -Bedürfniß dem Auge ringsum sich anschließender Steppen<span class="pagenum"><a name="Seite_320" id="Seite_320">[S. 320]</a></span>brillen gegen -den Sandstaub fühlte ich niemals bei der Windstille oder bei dem sehr -leisen Winde, die während meiner Reise herrschten, so angelegentlich -man mir jene, als etwas Unentbehrliches, in Kairo empfahl.</p> - -<p>Statt mit Freudigkeit, erblickte ich die auf einem Sandhügel einsam -stehende, niedrige Moschee von El-Arysch eher mit Mißmuth; denn hier -wartete auf uns die Quarantäne. Zelt an Zelt, Leute, Kameele, Esel -bezeichneten im bunten Neben- und Durcheinander die Gesundheitsanstalt. -Wir schauten nach einem Zeltplatze. Eben gefiel uns einer, als es hieß, -daß heute dort drei Personen an der Cholera starben. Unter solchen -Umständen suchten wir uns, so viel als möglich, abzusondern, und wir -schlugen unser Zelt an einem erhabenen Orte, mit der Aussicht auf das -Meer und die Wüste, auf das Gebirge des steinigen Arabiens in der -Ferne, und auf die in der nahen Vertiefung liegenden Zelte eines Bei, -mit Namen <em class="gesperrt">Mustafa</em>, eines Gardeobersten. An das Zeltleben noch -nicht gewöhnt, sollte ich zwölf Tage hier verbringen, ein Gedanke, der -wie Blei auf mein Herz drückte.</p> - -<p>Mir that es leid, mit dem Oberaufseher der Quarantäne gleich Anfangs -mich zu zerwerfen, als er uns auf einer günstig gelegenen Stelle nicht -sitzen lassen wollte. Ich machte ihm vorstellig, daß es unsere Pflicht -sei, für<span class="pagenum"><a name="Seite_321" id="Seite_321">[S. 321]</a></span> die Gesundheit beßtens zu sorgen, daß keine Regierung, welche -für die Menschheit mit Achtung durchdrungen sei, uns die Besetzung -eines Lagerplatzes von Krankheiten zumuthen könne, und daß, wenn man -meinem Wunsche nicht willfahre, mir in Aussicht gestellt sei, die -Anstalt nach Verdienen in Europa bekannt zu machen. Dieser Worte -Stachel empfand der Mann so lebhaft, daß er einige Schritte vorwärts -ging und dann bemerkte: „Ich schicke Sie zurück, wenn — —“ Er wurde -endlich nachgiebig, indem er uns an dem ausgewählten Orte das Zelt -aufrichten ließ, worauf ich nun gerne schwieg.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_Quarantaene_in_El_Arysch"><b>Die Quarantäne in El-Arysch.</b></h3> - -</div> - -<div class="blockquot"> - -<p class="p0">Gefängniß unter dem Zelte; Regen; Mangel und Ueberfluß; Koch -und Küche; Schreibpult und Schreibsand; Macht der Gewohnheit; -<em class="gesperrt">Mustafa-Bei</em> und seine Frauen; Minnesinger; ein freies Wort -über die Einrichtung der Quarantäne.</p></div> - -<p>Der Oberaufseher der Anstalt war aus Livorno gebürtig und von Beruf -ein Apotheker. Er schien ein guter Mann zu seyn; auch ließ er sich -später mit uns recht freundlich an. Ich vernahm aus seinem Munde kein -einziges wissenschaftliches Wort. Wenn ich fragte, welche Krankheiten -in diesem Dorfe endemisch herrschen, wie die Sterblichkeit sich -verhalte, ob die Cholera in der Nähe<span class="pagenum"><a name="Seite_322" id="Seite_322">[S. 322]</a></span> oder Umgegend seuche u. s. f., so -erwiederte er selbstzufrieden mit nichtssagenden Empfindungswörtern. -Oefter wiederholte er den Schmatzlaut, dessen sich der Araber bedient, -um sein <em class="gesperrt">la</em> (nein) zu ersetzen. Kenntnisse sind keine Last, nur -ihr Erwerb ist schwer. Es würden weit mehr Menschen ernster nach jenen -streben, wenn sie nur, ohne eine Dornenbahn zu betreten, dazu gelangen -könnten. So wenig hassen sie, selbst unwissendere und unthätigere, die -Kenntnisse, daß sie vielmehr solche häufig genug an Andern beneiden. Es -ist übrigens eine über Geisteshoheit und Gemüthsglück Gedanken mächtig -anregende Eigenthümlichkeit, daß wissenschaftlicher Indifferentismus -oder Liebe zum Leeren und Leichten manchmal aus nicht minder heiterem -Auge strahlen, als große Schocke von Wissen.</p> - -<p>In Begleitung eines Arztes oder Halbarztes aus der Abusabler-Schule<a name="FNAnker_29_29" id="FNAnker_29_29"></a><a href="#Fussnote_29_29" class="fnanchor">[29]</a> -und eines Effendi Dragoman kam der Direktor zu Pferde in der Regel -täglich zweimal, am Morgen und Nachmittage, bloß um nachzusehen, ob die -Zahl vollständig sei. Als wir, ein Trupp von fünf Män<span class="pagenum"><a name="Seite_323" id="Seite_323">[S. 323]</a></span>nern, anlangten, -ließ er den Namen mehr nicht, als eines Einzigen aufschreiben; man -erkundigte sich nicht einmal, woher wir kämen. Nach dem Gepäcke ward so -wenig gefragt, als dieses untersucht. Mein Reisegefährte, der polnische -Kapitän, schüttelte den Direktor scherzend an den Schultern. Ein -benachbarter, kontumazirender Türke, der mehrere Tage nach uns eintrat, -hieß, in der Lust, einen unserer Dromedare zu kaufen, seinen Bedienten -das Thier reiten. Ich möchte das merkwürdige Schauspiel des Wettrennens -auf den Dromedaren <em class="gesperrt">im Lazarethe</em> jedem Europäer gegönnt haben. — -Einmal ging ein Knecht des <em class="gesperrt">Mustafa-Bei</em> ohne Erlaubniß, die Esel -auszutreiben. Er wurde dafür mit Stockschlägen bestraft. Ich kann dies -so weit bezeugen, daß ich selbst den Schatten des fliegenden Prügels -hätte wahrnehmen können, wäre ich darauf aufmerksam gewesen. Der Bei -selbst stattete uns einmal einen Besuch ab. Tages vorher pfiff eine -Kugel über unsere Köpfe und sank ermattet einige Schritte von uns in -den Sand. Ich richtete meinen Blick umher und erkannte den Bei als -Thäter. Er wollte eben persönlich sich damit entschuldigen, daß er -bloß nach dem Meere geschossen habe, um die Flinte von der Ladung zu -befreien; und der Mann, der bei einem Franken wegen eines Schusses sich -entschuldigte, <em class="gesperrt">ist ein Türke</em>. Es traf sich gerade zu, daß der<span class="pagenum"><a name="Seite_324" id="Seite_324">[S. 324]</a></span> -Direktor in die Quarantäne ritt, als der Bei bei uns weilte. Er fuhr -diesen barsch an, daß er die Gesundheitslinie überschreite. Kennst du -den Befehl der Regierung nicht? fragte er ihn. Wenn man erwägt, wie oft -die Quarantäneordnung, um den mildesten Ausdruck zu wählen, verletzt -wird, so muß eine solche einseitige Strenge als lächerlich oder gar -als eine Kinderposse erscheinen. Strenge kann immerhin ihren beredten -Anwalt bekommen, wenn ihre Nothwendigkeit und Nützlichkeit über den -Zweifel hinausliegen; es glättet sich um so mehr ihr rauhes Aeußere ab, -je gleichmäßiger und gerechter sie in allen Theilen gehandhabt und je -Größeres und Edleres ihr zum Lohne wird. An der Anstalt befinden sich -mehrere Marketender. Der eine ließ das Geld eher in den Sand werfen, -bis er es annahm; der andere ergriff es aus dem Wasser, wenigstens vor -den Augen des Direktors; der dritte steckte das Geld ohne Zeremonie -ein, je mehr je lieber. Die Marketender setzen sich keineswegs außer -alle Berührung mit den Kontumazirenden. Ich nehme keinen Anstand, die -Behauptung aufzustellen, daß von ihnen eine ansteckende Krankheit -verschleppt würde.</p> - -<p>Wüste und Meer sind Gottes Mauern, welche die Quarantäne umringen. -Ohne Aufsicht, doch mit Erlaubniß, begaben sich der Kapitän und ein -Türke, jener Kafaß<span class="pagenum"><a name="Seite_325" id="Seite_325">[S. 325]</a></span> (Polizeidiener), der durch einen Theil der Wüste -in unserer Gesellschaft reisete, ans Meer, um sich darin zu baden. Zum -Spazieren lag weiter Raum offen. Die Kameelführer trieben ihre Thiere -zur Weidung in die Steppe. Nachts konnte man unschwer einen Abstecher -ins Dorf machen, von wo man auch Besuche erhielt. Man war sicher, daß -von den trägen Quarantäneaufsehern die Leute der Anstalt zur Nachtzeit -nie überrascht wurden.</p> - -<p>Auf der Wanderung durch die Wüste wiegte ich mich in der süßen -Hoffnung wenigstens auf ein ordentliches Obdach. Kleine Sandhügel -mit den Vertiefungen dazwischen waren der Quarantäneplatz und Zelte -das Wohngebäude. Ich hoffe, daß die Verfasser von Handbüchern -die Definizion einer Quarantäneanstalt erweitern, und wen die -morgenländische Sitte mit Zaubergewalt an sich zieht, dem möchte -ich den Aufenthalt in der El-Aryscher-Quarantäneanstalt empfehlen. -Er kann da unter Zelt schlafen, wie unsere Erzväter <em class="gesperrt">Abraham</em>, -<em class="gesperrt">Isaak</em> und <em class="gesperrt">Jakob</em>; ihn werden die Kameele höchlich -ergötzen, das eine liegend, ein Wiederkauer mit mürrischen Hänglefzen, -das andere auf allen Vieren stehend, das dritte auf drei Beinen, weil, -um das Thier im Gehen zu hemmen, das vierte aufgebunden wurde; die -Esel werden unseren Dilettanten vor Tagesanbruch mit einer Ouvertüre -entzücken, gegen welche<span class="pagenum"><a name="Seite_326" id="Seite_326">[S. 326]</a></span> die sogenannten Meisterwerke <em class="gesperrt">Rossini’s</em> -nichts, als klägliche Machwerke sind.</p> - -<p>Und nun zu unserem Zelte. Ein schmutziges, übelriechendes, löcheriges, -kleines Zelt war das ganze Obdach zweier Männer. Ich wußte nicht, ob -es den nämlichen Tag, als ich mich unter ihm legte, Leichname gedeckt -habe. Ich mußte diesen Gedanken immer plötzlich entfernen, damit er in -meinem Gemüthe nicht das Gleichgewicht störe. El-Arysch besitzt einen -Reichthum an süßem, gutem Wasser, und die Vorsteher der Anstalt geizen -mit ihm, daß sie nicht einmal die Zelte waschen lassen, obschon die -Zeit des waschenden Regens nicht vier Monate lang dauert.</p> - -<p>Ich richtete mein Bett möglichst gut ein, deckte des Nachts mich -ganz, selbst über dem Gesichte, zu, und ich schlief leidlich, ohne zu -frieren. Mehrere Tage machte es unter dem Zelte sehr heiß, ja heißer, -als in Alexandrien und Kairo. Schwarzes Gewölke drohte einige Tage mit -Wasser. Ich hoffte immer, es werde, uns verschonend, sich zerstreuen. -Es war vergebene Hoffnung. Der Regen, der so lange nicht mehr in meiner -Nähe fiel, netzte unser Zelt und unsere Kleider. Das Schicksal war in -der That etwas herbe, und wenn ich es rühmen wollte, so müßte ich der -Wahrheit untreu werden. Die Hälfte unserer Quarantänezeit begleitete -regnerische Witterung. Doch darf man<span class="pagenum"><a name="Seite_327" id="Seite_327">[S. 327]</a></span> sich die Sache nicht gar so -böse vormalen. Die Witterung beobachtete ihre Nachlässe, und während -der letzteren fanden wir leicht Zeit, Zelt und Kleidung zu trocknen. -Die Temperatur war über die Regenzeit nicht kalt, vielmehr günstiger, -wie vorher, insofern, daß sie weit minder wechselte. Bei wenigen -Graden blieb sie Tag und Nacht dieselbe. Ich muß gestehen, daß sie mir -vollkommen behagte.</p> - -<p>Mit den Marketendern hatten wir mehr, als einmal Schwierigkeiten, -da sie die Speisen nicht zu rechter Zeit brachten. Die ersten zwei -Tage fühlten wir auf befremdende Weise einigen Nahrungsmangel; denn -wir konnten, außer Brot, keine Lebensmittel uns verschaffen. Später -hingegen hatten wir eher Nahrungsüberfluß, wenigstens Butter und -Schaffleisch, Hühner und Eier, Reis und Brot genug. Dessen konnten sich -wohl nicht alle Kontumazirende rühmen. Einen Tag nach unserer Ankunft -verlautete es, daß drei Personen starben, — nach der Versicherung -des Direktors, an der Cholera. Es wäre möglich, daß diese Personen -den Folgen des Hungers oder einer schlechten Ernährung erlagen. Keine -Oberaufsicht auf die Lebensmittel haltend, überläßt der Direktor die -Kontumazirenden den Launen und Erpressungen der Marketender. Man wäre -fast geneigt, vor Gott den Mangel der Anordnung zu beklagen, daß -derjenige, welcher am<span class="pagenum"><a name="Seite_328" id="Seite_328">[S. 328]</a></span> Unglücke Anderer aus Theilnahmlosigkeit Schuld -ist, nicht sogleich mitfühlt. Die Fahrlässigkeit des Direktors geht so -weit, daß er nicht einmal für eine Apotheke sorgt. Es möchte nun in -der Quarantäne erkranken, wer nur wollte, an eine geregelte ärztliche -Behandlung dürfte man nicht denken; ein blinder Zufall oder die Kraft -der heilenden Natur müßte des Kranken sich erbarmen und ihm die -Gesundheit wieder schenken.</p> - -<p>Butter, Reis und Fleisch waren unsere Elemente zu schmackhaften -Gerichten. Ich kochte selten. Ich war allezeit linkisch ohne die -häuslichen Bequemlichkeiten, und mit dem Feueranmachen kam ich -bei den wenigen Hilfsmitteln am wenigsten zurecht. Auch unser -arabischer Geleitsmann, — ich nenne ihn erst jetzt bei seinem Namen -<em class="gesperrt">Abu-Tropo</em>, — übertraf mich weitaus in dieser Sache<a name="FNAnker_30_30" id="FNAnker_30_30"></a><a href="#Fussnote_30_30" class="fnanchor">[30]</a>. Wenn -er nur ein Glimmchen hatte, so umstreute er es mit Stroh, hielt dieses -an den Wind und bald fing es Feuer. Gelang es auf diese Weise nicht, -so befächelte er jenes mit seinem breit gestreiften Abba. Dagegen -kochte beinahe im<span class="pagenum"><a name="Seite_329" id="Seite_329">[S. 329]</a></span>mer der Kapitän, und zwar verstand er dieses Geschäft -vortrefflich. Ueber dem englischen Halbbraten aus unserer Küche im -Freien vergaß ich wegen seiner Güte jeden aus einem Gasthofe. Der -Holzmangel machte uns mehrere Male guten Rath theuer. Bald krabbelte -<em class="gesperrt">Abu-Tropo</em> den Dromedarmist zusammen und zündete ihn unter -unsern Kochgeschirren an; bald, und das meist, ging er aus, Holz, -Stroh oder das staudige Sodagewächs der Steppe zusammenzulesen. Man -half sich wohl oder übel, übel zumal dann, wenn der ungezügelte Wind -den Regen in das Feuer peitschte. Der Kafaß lebte ein wenig einfacher, -als wir. Knetete sein Bedienter den Brotteig in dem dicken und großen -Napfe, welchen er auf der Reise mit sich schleppte, so brannte schon -ein Haufen Kameelkugeln. Sobald diese in Asche verwandelt waren, -legte er den in einen großen Kuchen geformten Teig in die heiße -Mistasche. Ein wenig gebacken, und man brach und aß. Mit Zwiebeln, -solchen Kuchen, altem arabischen Käse und mit Wasser bereitete sich -der Kafaß ein Mahl, welches mein eigensinniger Gaumen verschmähte. -Auch wir rösteten einmal, in Ermangelung des Bessern, den Kaffee in -der heißen Asche des Dromedarmistes. Schlimmer, als unsere Küche war -jedoch das Viktualienmagazin bestellt. Einmal über das andere wurde -uns Brot, das dritte Mal eine Keule Fleisch, das vierte<span class="pagenum"><a name="Seite_330" id="Seite_330">[S. 330]</a></span> Mal ein -hübscher Holländer-Käse gestohlen. Durch diese Erfahrung wurden wir -zum mindesten <em class="gesperrt">etwas</em> vorsichtiger gegen die Raubthiere. Weil -<em class="gesperrt">Abu-Tropo</em> während der Reise mit zu langen Fingern nach unserm -Brote langte, so schöpften wir zuerst auf ihn Verdacht, bis ich in -einer Nacht das raubende Thier mit der Beute aus unserm Zelte eilen sah.</p> - -<p>Die Zeit vertrieb ich mit Schreiben, Lesen, Kochen, Spazieren und -Schlafen. An zehn Tagen setzte ich mein Tagebuch so weit fort, daß -ich an jedem Tage beinahe müde ward, und im Ganzen wenig Zeit verlor. -Die Noth macht erfinderisch. Ich vermißte mein Federmesser, und -ein chirurgisches Bistouri versah seine Dienste. Ich saß auf meine -Matratze, nahm das Kissen auf die seitlich gesenkten Kniee, legte das -Papier auf diesen Polstertisch und schrieb in solcher Beschränkung -recht leicht; ich dachte sogar selten an Unbequemlichkeit, selbst wenn -die Regentropfen auf dem Papiere die Tinte neckten. Ich genoß doch des -Vortheiles, keinen Mangel an Schreibsand zu leiden; denn nicht nur mein -Lager umränderte schöner und feiner Sand, nämlich derjenige der Wüste, -sondern selbst aus dem Bette konnte ich ihn fassen, welcher des Nachts -sich die ungebetene Mühe gab, zum Ersatze des Stundenrufes mich an die -Sandwüste zu erinnern.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_331" id="Seite_331">[S. 331]</a></span></p> - -<p>Besonders während meines Aufenthaltes in der Quarantäne stellte sich -die Wahrheit in lebhaften Farben vor die Seele, wie viel Bedürfnisse -und Bequemlichkeiten der Mensch entbehren kann, wenn er nur will oder, -so zu sagen, muß. Wie würde ich zu Hause oder in einem Wirthshause -gemurrt haben, wenn man mir keinen Tisch zum Schreiben oder keinen -Sessel zum Sitzen gebracht hätte? Ohne diese Bequemlichkeit schrieb -ich Vieles und, ich darf bei guten Treuen versichern, nicht mehr -Undenkwürdigkeiten, als vor dem glatten Tische und auf dem weichen -Lehnstuhle. Wenn nur ein Wind unsanft ins Zimmer bläst, wie runzelt man -die Stirne? Unser Zelt war so löcherig, daß der Wind oben freiherrlich -lustwandelte, ohne sich vor den Kopf zu stoßen, und ich nahm gar -keine Notiz mehr von der Wind — beutelei. In dem Brotkuchen, einem -schlechten und schweren Gebäcke, fand ich Haare und Spreue. Anderes -Brot war nicht zu bekommen, und ich schätzte es so sehr, als unser -weißes. Läßt die Köchin ein einziges Haar in die Suppe fallen, man -hebt einen Spektakel an, daß die Balken des Hauses sich biegen; welch -ein Kapitalverbrechen hat sie begangen; allerwenigstens packt man -die Verbrecherin bei den Zöpfen und jagt sie fort. Ich liebe die -Reinlichkeit von Hause aus; bei der Unausweichlichkeit aber, im Leben -draußen mit unreinen Dingen hin und wie<span class="pagenum"><a name="Seite_332" id="Seite_332">[S. 332]</a></span>der fürlieb nehmen zu müssen, -drängten sich mir manche Widersprüche der Europäer auf. Kann man viel -Unreinlicheres ersinnen, als jenes Ekelhafte in ein Tuch auffangen und -<em class="gesperrt">bei sich aufbewahren</em>? Der Athem eines Andern kann höchst unreine -Stoffe ausführen, und wir athmen diese ganz vergnüglich ein. Beinahe -jedes Geldstück trägt seinen Schmutz. Wir betasten gleichwohl das Geld -und das Brot so oft und oft am gleichen Tage und mit der gleichen Hand, -ohne diese zu waschen.</p> - -<p><em class="gesperrt">Die Macht der Gewohnheit ist groß, und man denke sich nicht bald -etwas so schlimm, an das man sich nicht mit Zeit und Weile ziemlich -leicht gewöhnen könnte.</em> Die Gewohnheit macht das Schwere nach -und nach leichter, das Harte gelinder, das Bittere süßer. Die -<em class="gesperrt">Vorstellungen</em> verdüstern das menschliche Leben am meisten. Die -Gegenwart erscheint selten so herbe, als das ängstlich wartende Gemüth -sie noch unten in der Zukunft zu fühlen glaubt.</p> - -<p>Unser Nachbar, der mehrerwähnte <em class="gesperrt">Mustafa-Bei</em>, hatte seine Zelte -in einer Telle aufgeschlagen, welche unser Auge beherrschte. Den -Preis des schönsten Zeltes verdiente das Haremzelt, das heißt, der -abgesonderte Ort der Frauen Beiïnnen. Dieses Zelt war grün, und als -Zierde verbreitete oben ein Stern seine goldenen Strahlen. Von<span class="pagenum"><a name="Seite_333" id="Seite_333">[S. 333]</a></span> dem -Hauptzelte lief ein Zeltgang in ein kleines Zelt, dessen Nutzen sich -leicht errathen läßt. Die Frauen, vier an der Zahl, gingen selten -aus. Die Kinder hörte ich zuweilen bis in unser Zelt weinen. Die -Dienerschaft des Offiziers war sehr zahlreich. Das Aufbrechen aus den -Zelten zwei Tage vor unserer Abreise gewährte einen köstlichen Anblick. -Der morgenländische Luxus belud über zwanzig Kameele mit Gepäcke. Die -Frauen verließen wie Gefangene das Harem, die Erstbegünstigte voran. -Schöner grüner, auch rother Zeug umkleidete die Sitze (das Schekdof) -auf jeder Seite des Lastthieres.</p> - -<p>Unsere Luft erfüllten die Vögel mit vielstimmigem Gesange. Der Rabe -krächzte, die Schwalbe zwitscherte, der Staar pfiff, wie bei uns der -eben flügge gewordene, und der Sperling schnarrte in die Leier des -Zeisigs. Vor dem Witterungswechsel und während desselben sah ich -Staare mehrere Male in der Richtung von Sonnenaufgang gegen Niedergang -schaarenweise vorüberziehen. Einmal schwärmte der Storch hoch gegen -Kairo. Nachts, bei Grabesstille, brausten die in unzähligen Muscheln -des Meerufers gefangenen Wellen mein Ohr voll.</p> - -<p>Erheben wir uns jetzt mit ruhiger Fassung auf den Standpunkt, um -einen Gesammtüberblick auf die Quarantäne zu werfen, so wird man -die gute Absicht, Länder,<span class="pagenum"><a name="Seite_334" id="Seite_334">[S. 334]</a></span> hier Syrien, vor der Pest zu sichern, -nicht mißkennen, man wird sie ehren; man kann sich aber nicht -bergen, daß, in dem gegebenen Falle, das Mittel dazu nicht nur -unzureichend ist, sondern sogar die Menschen herabwürdiget. Denn das -Sittengesetz erlaubt nie, daß man <em class="gesperrt">krankmachende</em> Anstalten, -gleich der vor Augen liegenden Quarantäne, ins Dasein rufe, um einen -krankheitsschützenden Zweck zu erstreben, wenn zu gleicher Zeit, wie -hier, vom krankmachenden Mittel, wenigstens zum Theile, Umgang genommen -werden kann. Will <em class="gesperrt">Mehemet-Ali</em> das zweckmäßige Sperrsystem der -Europäer nachahmen, so soll er ihm nicht Kopf und Hände abschneiden, -er soll es in seinem ganzen Umfange aufnehmen, er soll wenigstens -Gebäude aufführen, worin der Kontumazirende doch vor dem Ungestüme -der Witterung möglichst sicher bleibt. Wie froh wäre ich gewesen, -wenn nur eine elende Araber-Hütte, dergleichen man in Alexandrien und -an den Gestaden des Nils und auf den Hosch in Kairo sieht, zu meiner -Verfügung gestellt worden wäre. Man wird vermuthlich entgegnen, daß -das europäische Sperrsystem in seiner Ganzheit befolgt, bloß den -Sitten und den Verhältnissen der Leute und des Landes angeeignet -ward. Diesen schweren Irrthum widerlegt nichts gründlicher und -triftiger, als die Quarantäneanstalt zu El-Arysch selbst, insofern -man sie mit unbe<span class="pagenum"><a name="Seite_335" id="Seite_335">[S. 335]</a></span>fangenen Augen betrachtet. So lange man in der That -dem unwidersprechlich großen Uebel nicht steuert; so lange wird der -aufmerksame Beobachter in der fraglichen Anstalt nichts, als ein -Blendwerk für die Bewohner der vorwärts liegenden Länder erblicken, -so lange kann er auch den Gedanken an eine ungerechte und grausame -Behandlung der Kontumazirenden nicht daniederhalten.</p> - -<p>In Kairo besteht ein Gesundheitsrath, welcher das Gesundheitswohl der -vizeköniglichen Unterthanen, eigentlich mehr der Soldaten, überwacht. -Es wäre gut, wenn er nicht nur die anzustellenden Aerzte der Armee und -der Quarantänen, die Lehrer der Schule zu Abusabel dem Kriegsminister -vorschlüge, etwa einige Arzneiformeln für die angestellten Aerzte -entwärfe, die Pestordnung abfaßte, sondern wenn er allenthalben genauer -<em class="gesperrt">beaufsichtigte</em>. Die Inspekzionsreise eines gewissenhaften -Arztes nach El-Arysch müßte die Frucht bringen, daß einem Unwesen, -welches das menschliche Gefühl in seiner Tiefe beleidigt, Einhalt -gethan würde. Wenn mich jemals ein Kitzel zum Schreiben an eine fremde -Behörde angewandelt hätte, so würde ich ihn diesmal gefühlt haben, um -dem Präsidenten des Gesundheitsrathes, <em class="gesperrt">Clot-Bei</em>, und dem zweiten -Mitgliede, <span class="antiqua">Dr.</span> <em class="gesperrt">Gaëtani</em>, die Schattenseite der Quarantäne -zu schildern. Ich ging für einmal über die Sache mit Stillschweigen<span class="pagenum"><a name="Seite_336" id="Seite_336">[S. 336]</a></span> -hinweg, mich glücklich genug schätzend, daß ich während der Zeit meines -Gefängnisses von keiner Krankheit ergriffen ward.</p> - -<p>Die letzte Nacht in der Quarantäne verlief nicht, ohne daß uns ein -Kapitel über das Eigenthumsrecht gelesen wurde. Thiere schlichen in -unser Lager, und wirklich ward ein, mittels einer Schnur innen an das -Zelt gebundenes lebendes Huhn von einem Hunde oder Schakal geraubt.</p> - -<p class="center mtop3"><em class="gesperrt">Ende des ersten Bandes.</em></p> - -<hr class="full" /> - -<div class="chapter"> - -<p class="s3 center padtop3"><b>Verbesserungen im ersten Bande</b>.</p> - -</div> - -<table class="verbesserungen" summary="Verbesserungen im ersten Band"> - <tr> - <td class="vat"> - S. - </td> - <td class="vat"> -   7 - </td> - <td class="vat"> - Z. - </td> - <td class="vat"> -  4 - </td> - <td class="vat"> - von - </td> - <td class="vat"> - oben - </td> - <td class="vat"> - lies - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#Salvore">Salvore</a></em> statt - <em class="gesperrt">Savore</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  25 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  1 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#einem">einem Andern</a></em> st. - <em class="gesperrt">einen Andern</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -   „ - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 10 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - unten - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - bunt <a href="#bunt">darauf, der</a> Dorfschulze, versteht sich, am breitesten. - <em class="gesperrt">Cesare</em> etc. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  36 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  1 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - oben - </td> - <td class="vat" colspan="2"> - setze <a href="#nach_Gebirge">nach - <em class="gesperrt">Gebirge</em> ein ,</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  44 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 10 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - lies - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#Vor">Vor</a></em> gutem Winde. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  48 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 12 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - unten - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#anhaben">anhaben</a></em> st. - <em class="gesperrt">anheben</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  53 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 11 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#von">vor</a></em> st. <em class="gesperrt">von</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  64 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  5 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - oben - </td> - <td class="vat" colspan="2"> - streiche <a href="#keinkomma">nach - <em class="gesperrt">Mela</em> das ,</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  68 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  9 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - unten - </td> - <td class="vat"> - lies - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#Wild">Wild-</a></em> st. - <em class="gesperrt">Waldgewächse</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  7 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#unsanft">unsanft</a></em> st. - <em class="gesperrt">umsonst</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  72 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat" colspan="5"> - 5 u. 4 von unten streiche - <em class="gesperrt"><a href="#zu_observieren">zu observiren</a></em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  74 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  8 - </td> - <td class="vat"> - von - </td> - <td class="vat"> - unten - </td> - <td class="vat"> - lies - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#asphyktisch">asphyktisch</a></em> st. - <em class="gesperrt">asphytisch</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  92 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  1 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - oben - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#welcher">welcher</a></em> st. - <em class="gesperrt">welches</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  95 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  6 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - von <a href="#Abendlaender">dem - <em class="gesperrt">Abendländer</em></a>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 122 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  3 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#Geknirre">Geknirre</a></em> st. - <em class="gesperrt">Gewirre</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 131 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  6 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#Schubbra">Schubbra</a></em> st. - <em class="gesperrt">Subbra</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 137 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  6 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - unten - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#Chamsin">Chamsîn</a></em> st. - <em class="gesperrt">Chamasîn</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 142 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 11 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - oben - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#lebt">lebt</a></em> st. - <em class="gesperrt">liebt</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 148 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  6 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - unten - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#Flitter">seinen Flitter</a></em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 151 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  3 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - oben - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#Gisa">Gîsa</a></em> st. - <em class="gesperrt">Gisâ</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 163 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  9 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - unten - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#fischartige">fischartige</a></em> st. - <em class="gesperrt">frischartige</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 170 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  8 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - oben - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#Gebrauch">Gebrauch</a></em> st. - <em class="gesperrt">Geruch</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 178 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  8 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#bekehren">bekehren</a></em> st. - <em class="gesperrt">belehren</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 212 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  9 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - unten - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#des_Guertels">des Gürtels</a></em> st. - <em class="gesperrt">der Gürtel</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 213 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 11 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - oben - </td> - <td class="vat" colspan="2"> - lösche <em class="gesperrt"><a href="#kein_es">es</a></em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 219 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  2 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - lies - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#staechen">stächen</a></em> st. - <em class="gesperrt">stechen</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 254 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  4 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - unten - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - Abbate <a href="#Abbate"><em class="gesperrt">Casti</em> - <span class="antiqua">gli animali</span></a>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 261 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  1 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - von <em class="gesperrt"><a href="#dem_Mitmenschen">dem</a></em> Mitmenschen. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 272 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 11 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - oben - </td> - <td class="vat" colspan="2"> - setze ein <a href="#Doppelpunkt">: nach <em class="gesperrt">Klinik</em></a>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 278 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  7 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - lies - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#echt">echt</a></em> st. - <em class="gesperrt">recht</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 279 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  8 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#erwecken">erwecken</a></em> st. - <em class="gesperrt">erzwecken</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 280 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  9 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - unten - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#Matthiolus">Matthiolus</a></em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 284 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  9 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#ritt">ritt</a></em> st. - <em class="gesperrt">will</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 287 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 10 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <span class="antiqua"><a href="#ed">ed</a></span> st. - <span class="antiqua">e</span>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 298 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  4 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - oben - </td> - <td class="vat" colspan="2"> - setze ein <a href="#Semikolon">; vor - <em class="gesperrt">Idumäa</em></a>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 305 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  9 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - lies - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#knirrte">knirrte</a></em> st. - <em class="gesperrt">kirrte</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 306 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  8 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#er">er</a></em> st. - <em class="gesperrt">es</em>. - </td> - </tr> -</table> - -<p>Nicht sinnstörende Druckfehler (z. B. 1, 19 <a href="#Schemmel">Schemmel</a> -st. <em class="gesperrt">Schemel</em>, 1, 103 <a href="#Letze">Letze</a> st. -<em class="gesperrt">Letzte</em>, 1, 123 <a href="#faullenzt">faullenzt</a> st. -<em class="gesperrt">faulenzt</em>, 1, 181 <a href="#schlossen">schlossen</a> st. -<em class="gesperrt">schloßen</em>, 1, 211 <a href="#pauckte">pauckte</a> -st. <em class="gesperrt">paukte</em>, 1, 303 <a href="#Regen">Regen</a> st. -<em class="gesperrt">Regnen</em>, 2, 162 Montag st. <em class="gesperrt">Montags</em>), insbesondere der Interpunkzion, -wenigstens im ersten Bande (z. B. <a href="#Seite_8">S. 8</a>, -<a href="#Seite_26">26</a>, <a href="#Seite_28">28</a>), so wie auch die -Ungleichheit in der Rechtschreibung (z. B. <em class="gesperrt">Kroazien</em> neben <em class="gesperrt">Kroatien</em>, -<em class="gesperrt">lange Weile</em> neben <em class="gesperrt">Langeweile</em>, <em class="gesperrt">Pfennige</em> neben <em class="gesperrt">Pfenninge</em>, <em class="gesperrt">Bogen</em> -neben <em class="gesperrt">Bögen</em>, <em class="gesperrt">Reiß</em> neben <em class="gesperrt">Reis</em>) wolle der Leser selbst verbessern.</p> - -<hr class="chap" /> - -<div class="chapter"> - -<p class="s3 center padtop3"><b>Inhalt des zweiten Bandes</b>.</p> - -</div> - -<table class="toc" summary="Inhaltsverzeichnis 2. Band"> - <tr> - <td class="ukap"> - - </td> - <td class="ste"> - Seite - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Reise nach Jerusalem - </td> - <td class="ste"> -   1. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Einige geographische Bemerkungen über Syrien - </td> - <td class="ste"> -  13. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Einige Bemerkungen über die verschiedenen Religionsbekenntnisse - der Bewohner in Syrien - </td> - <td class="ste"> -  15. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Gaza - </td> - <td class="ste"> -  28. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Fortsetzung der Reise nach Jerusalem - </td> - <td class="ste"> -  30. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Ende der Reise dahin - </td> - <td class="ste"> -  38. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="kap"> - Jerusalem. - </td> - <td class="ste"> - - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Oertliche und klimatische Verhältnisse - </td> - <td class="ste"> -  46. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Gesundheitszustand und Bevölkerung - </td> - <td class="ste"> -  52. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Bauart der Stadt - </td> - <td class="ste"> -  53. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Kirche des Christusgrabes - </td> - <td class="ste"> -  56. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Liegt das Grab <em class="gesperrt">Christi</em> in oder außer der - jetzigen Stadt Jerusalem? - </td> - <td class="ste"> -  63. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Gräber der Könige - </td> - <td class="ste"> -  69. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Grabhöhle der <em class="gesperrt">Maria</em> - </td> - <td class="ste"> -  71. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Grabmale <em class="gesperrt">Absaloms</em>, <em class="gesperrt">Josaphats</em> und - <em class="gesperrt">Zachariassen</em> - </td> - <td class="ste"> -  72. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Brunnen Siloah - </td> - <td class="ste"> -  73. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Felsanhöhe Zion - </td> - <td class="ste"> -  75. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Oelberg - </td> - <td class="ste"> -  79. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die übrigen Merkwürdigkeiten - </td> - <td class="ste"> -  81. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Physiologischer Karakter der Einwohner - </td> - <td class="ste"> -  82. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Sitten und Gebräuche - </td> - <td class="ste"> -  83. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Tracht - </td> - <td class="ste"> -  84. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Kriegsvolk - </td> - <td class="ste"> -  87. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Pilger - </td> - <td class="ste"> -  94. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Geist der Christen - </td> - <td class="ste"> -  97. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Ablaß der römisch-katholischen Kirche - </td> - <td class="ste"> -  99. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der alte deutsche Pater und die große Apotheke - </td> - <td class="ste"> - 102. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Meine Zelle im Kloster des Erlösers - </td> - <td class="ste"> - 104. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Führer um und in Jerusalem - </td> - <td class="ste"> - 106. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Rückblick auf Jerusalem - </td> - <td class="ste"> - 108. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Ausflug nach Bethlehem - </td> - <td class="ste"> - 110. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Die Beschiffung des Lothssees - </td> - <td class="ste"> - 115. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Nach Jaffa am Mittelmeere - </td> - <td class="ste"> - 116. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="kap"> - Jaffa. - </td> - <td class="ste"> - - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Lage, Gassen, Hafen, Bevölkerung - </td> - <td class="ste"> - 121. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Jaffa, wie es ehemals war - </td> - <td class="ste"> - 123. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Tageslänge - </td> - <td class="ste"> - 125. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Witterungsbeschaffenheit - </td> - <td class="ste"> - 127. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Meeressturm und der Schiffbruch - </td> - <td class="ste"> - 128. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Gesundheitszustand - </td> - <td class="ste"> - 132. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Auf dem Hospizdache - </td> - <td class="ste"> - 136. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Bauernhäuschen - </td> - <td class="ste"> - 138. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Quarantänegebäude oder Pestlazareth - </td> - <td class="ste"> - 145. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Jaffanerin kommunizirt, besprengt sich - </td> - <td class="ste"> - 147. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Jaffaner - </td> - <td class="ste"> - 149. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Pilger - </td> - <td class="ste"> - 150. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die arabische Knabenschule der Lateiner - </td> - <td class="ste"> - 152. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Gruß - </td> - <td class="ste"> - 156. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Brautwerbung und die Hochzeit - </td> - <td class="ste"> - 159. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Wöchnerin und das Kind - </td> - <td class="ste"> - 167. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Wiegenlied und Kinderjucks - </td> - <td class="ste"> - 170. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Verehrung der Todten - </td> - <td class="ste"> - 173. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Rekruten oder die Konskribirten - </td> - <td class="ste"> - 176. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Weinen oder die Raserei am Neujahrstage 1836 - </td> - <td class="ste"> - 179. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - <em class="gesperrt">Ibrahim-Pascha</em> - </td> - <td class="ste"> - 184. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Kleine Petschaften oder Siegel - </td> - <td class="ste"> - 186. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Hakim - </td> - <td class="ste"> - 187. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Fleischbank - </td> - <td class="ste"> - 189. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Zuckerrohrmarkt - </td> - <td class="ste"> - 191. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Tabakschneider - </td> - <td class="ste"> - 193. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Nargilebediente; die Rauchvirtuosität - </td> - <td class="ste"> - 196. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Kaffeeröster und Kaffeezerstößer - </td> - <td class="ste"> - 197. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Baumwollereiniger und Schilfdeckenweber - </td> - <td class="ste"> - 199. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der wandernde Schiffer und Kinderspiele - </td> - <td class="ste"> - 201. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Spiel der älteren Leute - </td> - <td class="ste"> - 202. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Meine Lebensart - </td> - <td class="ste"> - 205. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Ich lese die Bibel - </td> - <td class="ste"> - 209. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Ein Pater sagt, ich werde des Teufels - </td> - <td class="ste"> - 210. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Wie die Gleißnerei im Namen der heiligen Religion einen - Unschuldigen prügelt; laue Konsulats- und Mönchspolizei - </td> - <td class="ste"> - 212. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Konsul <em class="gesperrt">Damiani</em>; mein Besuch in - seinem Hause - </td> - <td class="ste"> - 217. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Vorbereitung zur Abreise - </td> - <td class="ste"> - 222. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Nach Rhodos - </td> - <td class="ste"> - 226. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="kap"> - Rhodos. - </td> - <td class="ste"> - - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Lage, Himmel, Volkszahl - </td> - <td class="ste"> - 236. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Stadt Rhodos - </td> - <td class="ste"> - 238. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Leichenfeld - </td> - <td class="ste"> - 241. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Bewohner; das lateinische Hospiz; Knabenspiel; große Hähne - </td> - <td class="ste"> - 243. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Abend im Schiffsraume - </td> - <td class="ste"> - 247. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Spaziergang gegen Trianda - </td> - <td class="ste"> - 248. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Nach Konstantinopel, Triest und heim - </td> - <td class="ste"> - 251. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Anleitung zu der Pilgerfahrt nach Jerusalem - </td> - <td class="ste"> - 256. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Schlußbetrachtungen - </td> - <td class="ste"> - 267. - </td> - </tr> -</table> - -<hr class="full" /> - -<div class="reklame"> - -<p class="center break-before padtop1">Bei <em class="gesperrt">Orell</em>, -<em class="gesperrt">Füßli</em> u. Comp. in <em class="gesperrt">Zürich</em> -ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu finden:</p> - -<p class="s3 center mtop1">Appenzellischer</p> - -<p class="s1 center"><em class="gesperrt"><b>Sprachschatz.</b></em></p> - -<p class="s3 center"><b>(<span class="antiqua">Idioticon.</span>)</b></p> - -<p class="s3 center">Eine Sammlung</p> - -<p class="hang1">appenzellischer Wörter, Redensarten, Sprüchwörter, Räthsel, -Anekdoten, Sagen, Haus- und Witterungsregeln, abergläubischer -Dinge, Gebräuche und Spiele, würzender Lieder oder Reime; nebst -analogischer, historischer und etymologischer Bearbeitung einer -Menge von Landeswörtern, zum Theil nach altteutschen Handschriften -der katholischen Kantonsbibliothek in St. Gallen,</p> - -<p class="center"><em class="gesperrt">Herausgegeben</em></p> - -<p class="center">von</p> - -<p class="s3 center"><b><span class="antiqua">Dr.</span> Titus Tobler.</b></p> - -<p class="center">gr. Real-8. 522 Seiten. Weiß Druckpapier.<br /> -Preis: 8 Schweizerfranken.</p> - -<p>Es bedarf nur eines flüchtigen Blickes in diese ausgezeichnete, -verdienstvolle Sammlung, um ihren Werth zu erkennen und sie lieb zu -gewinnen. Hier ist der weltbekannte, fröhliche, kräftige Witz des -Appenzellers in seiner originellen Volkssprache, sein heiterer, freier -Geist in den mannigfaltigsten Aeußerungen und Beziehungen auf das Leben -reichlich ausgebreitet. Gründliche Sprachforschung und gleichzeitig -anziehende Unterhaltung wechseln in buntem Gemische.</p> - -<p>Freunde des schönen Alpenlandes, die Kurgäste, so jährlich Gais und die -übrigen Kurorte des Kantons Appenzell besuchen und mit den Bewohnern -desselben in Berührung kommen, erhalten durch diesen Sprachschatz den -Schlüssel zu mancher geistreichen und originellen Aeußerung, die sonst -größtentheils für sie verloren geht oder unverständlich bleibt. Ihnen, -sowie den gelehrten Sprachforschern überhaupt, darf dieses, von dem -achtungswerthen Herrn Verfasser mit unermüdlichem Fleiß entworfene, -lebendige Volksgemälde, eine wahre Bereicherung öffentlicher -Bibliotheken, mit Zuversicht anempfohlen werden.</p> - -</div> - -<div class="figcenter"> - <a id="anzeige" name="anzeige"> - <img class="mtop2" src="images/anzeige.jpg" - alt="" /></a> - <p class="caption s5">Original-Abbildung</p> -</div> - -<hr class="full" /> - -<div class="chapter"> - -<div class="footnotes"> - -<p class="s2 center"><b>Fußnoten:</b></p> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_1_1" id="Fussnote_1_1"></a><a href="#FNAnker_1_1"><span class="label">[1]</span></a> <span class="antiqua">Unicuique dedit vitium natura creato. -Catull.</span> II. 18.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_2_2" id="Fussnote_2_2"></a><a href="#FNAnker_2_2"><span class="label">[2]</span></a> Das so oft vorkommende Wort Araber kann keinen Anstoß -geben. Man nennt Araber, die arabisch sprechen, Deutsche, die deutsch -reden, und auch die Schweizer heißen zum Theile Deutsche. Die arabische -Sprache herrscht aber nicht bloß in Arabien, sondern auch in Syrien -und im ganzen Norden von Afrika. Darum wird der Egypzier so oft Araber -genannt.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_3_3" id="Fussnote_3_3"></a><a href="#FNAnker_3_3"><span class="label">[3]</span></a> <i>Prosperi Alpini</i> <span class="antiqua">medicina Aegyptiorum</span>. <span class="antiqua">Editio -nova. L. B., officina Boutesteinia, 1719.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_4_4" id="Fussnote_4_4"></a><a href="#FNAnker_4_4"><span class="label">[4]</span></a> Da ich eine genauere Beschreibung der Krankenhäuser für -das größere Publikum nicht berechnen durfte, so übersandte ich sie dem -Herausgeber der schweizerischen Zeitschrift für Natur- und Heilkunde, -(Heilbronn bei Drechsler), Herrn Professor <em class="gesperrt">von Pommer</em>, wo auch -andere auf der Reise gesammelte medizinische Kleinigkeiten aus meiner -Feder sich finden. S. II. Band 2. Heft S. 314 ff., III. -Bd. 1. Heft S. 130 ff., und III. Bd. 3. Heft S. 435 ff.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_5_5" id="Fussnote_5_5"></a><a href="#FNAnker_5_5"><span class="label">[5]</span></a> Er erlag der Pest in der pestfreien Zeit, wenigstens in -einer Zeit, da die Europäer keine Vorsichtsmaßregeln gegen die Pest -nahmen. Die Nachricht seines Ablebens erhielt ich, nachdem ich schon -von Alexandrien abgereist war. Vierzehn Tage vorher drückte ich die -Hand des wackern Landsmannes, Herrn <em class="gesperrt">Wehrli</em>, wenn ich nicht irre, -aus dem Kanton Aargau.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_6_6" id="Fussnote_6_6"></a><a href="#FNAnker_6_6"><span class="label">[6]</span></a> „<span class="antiqua">... ut a propinquarum urbium plebe verri sibi vias, -et conspergi propter pulverem exigeret.</span>“ <em class="gesperrt">Suetonius</em> aus dem -Leben <em class="gesperrt">Caligula’s</em> (XLIII).</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_7_7" id="Fussnote_7_7"></a><a href="#FNAnker_7_7"><span class="label">[7]</span></a> „Ich wagte nicht“, sagt <span class="antiqua">Dr.</span> <em class="gesperrt">Jakob Röser</em> -(224), „in die Höhlen zu kriechen, theils wegen meines Uebelbefindens, -von dem ich noch nicht ganz frei war, theils der Schlangen und des -Ungeziefers wegen, das sich häufig darin aufhält.“</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_8_8" id="Fussnote_8_8"></a><a href="#FNAnker_8_8"><span class="label">[8]</span></a> Ich kenne im Deutschen kein Wort für den morgenländischen -Sitz mit kreuzweise über einander geschlagenen Beinen. Um -kurz zu reden, wählte ich <em class="gesperrt">hocken</em>; <em class="gesperrt">von Prokesch</em> -schreibt <em class="gesperrt">hockern</em>. Wenn die Leute, zumal häufig die Weiber, -<em class="gesperrt">eigentlich</em> kauerten, oder mit aufgehobenen Knieen saßen, -so will ich mich auch so ausdrücken. <em class="gesperrt">Hocken</em> klingt für die -Abendländer freilich niedrig; aber es wäre für diese auch nicht fein, -schneidermäßig hinzusitzen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_9_9" id="Fussnote_9_9"></a><a href="#FNAnker_9_9"><span class="label">[9]</span></a> Um der Wahrheit nichts zu vergeben, finde ich mich zu -der für mich unangenehmen Bemerkung verpflichtet, daß die an einem -Tage zurückgelegten Ortschaften nur für dasjenige Ufer eigentlich -verläßlich sind, wo wir ankehrten, weil ich damals der Sache nicht -genug Aufmerksamkeit schenkte, um zugleich den Namen des Ortes am -anderseitigen Ufer zu erfragen, welcher dem Uebernachtungsplatze -am nächsten lag. Meine Ortsnamen weichen hin und wieder von denen -des <em class="gesperrt">von Prokesch</em> ab, indem ich der verbessernden Hülfe des -französischen Dragoman vertraute. Wenn z. B. eine Dorfschaft nicht -wieder in diesem Verzeichnisse aufgeführt wird, so muß der Grund darin -gesucht werden, daß sie seit <em class="gesperrt">von Prokeschs</em> Nilfahrt verschwunden -ist. Müssen im Abendlande außerordentliche Umstände zusammenfließen, -bis ein Dorf der Erde gleich wird, so ist es in Egypten anders, wo das -furchtbare Szepter des Wütherichs am Haare der Laune hängt, und die -leichtfertige Hand der Landesknechte sich Schwalbennester baut. Wer auf -eine richtigere Aussprache der Ortsnamen einiges Gewicht legen möchte, -findet die Zeichen im folgenden, von mir herausgegebenen Werke erklärt: -<em class="gesperrt">Appenzellischer Sprachschatz.</em> Zürich, 1837, bei Orell, Füßli und -Comp. S. XXVI. und XXVII.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_10_10" id="Fussnote_10_10"></a><a href="#FNAnker_10_10"><span class="label">[10]</span></a> Die Hütten, noch aus Alexandrien in frischem Andenken, -erwähne ich nicht. Die Gelehrten des französischen Feldzuges zählten in -Kairo zwei und dreißig mit Hütten besetzte Plätze (Hôsch, <span class="antiqua">place avec -des cahutes</span>).</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_11_11" id="Fussnote_11_11"></a><a href="#FNAnker_11_11"><span class="label">[11]</span></a> Nach den Gelehrten des französischen Feldzuges hatte -Kairo 233 mohammetanische Großkirchen (Gâma’), 158 Kleinkirchen -(Kapellen, Sâuyeh), 27 christliche Kirchen (in Alt- und Großkairo), 10 -Synagogen, 45 Hauptbäder, 171 Außen- und Binnenpforten.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_12_12" id="Fussnote_12_12"></a><a href="#FNAnker_12_12"><span class="label">[12]</span></a> Die Gelehrten des französischen Feldzuges geben, ohne -eine zertrümmerte Moschee zu rechnen, der Burg allein sieben Gâma’, -nämlich: Gâma’ Tâg el-Dyn, Gâma’ el-Schâryeh, Gâma’ el-Dahâysche, Gâma’ -sultân Kalaun, Gâma’ el-A’ssab, Gâma’ el-Moyed, Gâma’ el-Mustafâujeh. -<span class="antiqua">Description de l’Égypte, 2. édit. Tome XVIII. (E. M.) 2. part. -Paris, Panckoucke, 1829. Pag. 288. sqq.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_13_13" id="Fussnote_13_13"></a><a href="#FNAnker_13_13"><span class="label">[13]</span></a> Schweizerisch <em class="gesperrt">Buffert</em>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_14_14" id="Fussnote_14_14"></a><a href="#FNAnker_14_14"><span class="label">[14]</span></a> Die Gelehrten des französischen Feldzuges zählten über -achtunddreißig.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_15_15" id="Fussnote_15_15"></a><a href="#FNAnker_15_15"><span class="label">[15]</span></a> Früher gab es sogenannte <em class="gesperrt">Santone</em> (Heilige), welche -fadennackend auf Pferden herumritten. Es ist nicht lange her, daß der -Vizekönig sie in ein Versorgungshaus schickte, und so begegnet der -ärgerliche Auftritt nicht mehr.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_16_16" id="Fussnote_16_16"></a><a href="#FNAnker_16_16"><span class="label">[16]</span></a> <em class="gesperrt">Salomo Schweigger</em> fragte in Konstantinopel nach -dem Grunde dieses „Schöpfleins.“ Es ward ihm geantwortet, daß, wenn der -Moslim dem Feinde zu Theil werde, und um das Haupt komme, alsdann der -Kopf am Haarbüschel gefaßt, und ihm nicht mit der Hand in den Maulkorb -(Mund) gegriffen werde, die ihn verunreinigen würde.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_17_17" id="Fussnote_17_17"></a><a href="#FNAnker_17_17"><span class="label">[17]</span></a> Es ist bekannt, daß es in Egypten Oefen gibt, worin die -Hühnereier ausgebrütet werden. Es verdrießt mich, keinen gesehen zu -haben. Hundert eben aus dem Ei gekrochene Küchelchen gelten drei bis -vier Piaster (höchstens einen Reichsgulden) bei Kairo. Zur Brütung -gehört Wärme überhaupt. Die Hühnerwärme ist nicht unerläßlich. Als -<em class="gesperrt">Livia</em>, die Mutter des <em class="gesperrt">Tiberius</em>, ein Kind unter ihrem -Herzen trug, wollte sie durch verschiedene Wahrzeichen erfahren, ob es -ein Knäbchen sei. Von einer Bruthenne nahm sie auch ein Ei, erwärmte -dieses bald mit ihrer Hand, bald mit derjenigen ihrer Zofen, so lange, -bis ein Küchelchen mit einem ausgezeichneten Kamme herausschlüpfte.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_18_18" id="Fussnote_18_18"></a><a href="#FNAnker_18_18"><span class="label">[18]</span></a> Die Gelehrten des französischen Feldzuges zählten 120 -Zisternen. Der obere Stock dieser Wassergebäude nimmt gewöhnlich eine -Freischule ein. Es waren nach einer Beschreibung von Alt-Kairo aus -dem sechszehnten Jahrhunderte in dieser Stadt bei 8000 Menschen, die -allein mit Kameelen Wasser von dem Nil in dieselbe schafften, um es zu -verkaufen, wovon der größere Theil dazu diente, die Gassen zu benetzen, -und dadurch den Staub niederzuschlagen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_19_19" id="Fussnote_19_19"></a><a href="#FNAnker_19_19"><span class="label">[19]</span></a> Man mag eine Stelle des <em class="gesperrt">Juvenal</em> (<i>Jun. Juvenalis -sat.</i> II. <span class="antiqua">v.</span> 19) beliebig mit der Bajadere in Verbindung -bringen. Von den aufrichtigen Sündern redend, fährt er fort:</p> - -<div class="poetry-container antiqua"> - <div class="poetry"> - <div class="stanza"> - <div class="verse">Sed pejores, qui talia verbis</div> - <div class="verse">Herculis invadunt et de virtute loquuti</div> - <div class="verse">Clunem agitant.</div> - </div> - </div> -</div> - -</div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_20_20" id="Fussnote_20_20"></a><a href="#FNAnker_20_20"><span class="label">[20]</span></a> Später kehrte <em class="gesperrt">Enfantin</em> wieder nach Frankreich -zurück.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_21_21" id="Fussnote_21_21"></a><a href="#FNAnker_21_21"><span class="label">[21]</span></a> Sie gehörten dem protestantischen Missionariate. Es -wurden ungemein wenig abgesetzt. Ich sah einmal einen vorübergehenden -Mohammetaner anhalten und eine Bibel aufschlagen; kaum schielte er den -Titel recht an, als er sie wieder aus der Hand legte.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_22_22" id="Fussnote_22_22"></a><a href="#FNAnker_22_22"><span class="label">[22]</span></a> Der Mann starb auf einer Kurreise nach Oberegypten im -Jahr 1837.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_23_23" id="Fussnote_23_23"></a><a href="#FNAnker_23_23"><span class="label">[23]</span></a> Die Gelehrten des französischen Feldzuges rechneten -sechszehn Leichenfelder auf das Innere der Stadt. Die Franken werden in -Altkairo begraben.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_24_24" id="Fussnote_24_24"></a><a href="#FNAnker_24_24"><span class="label">[24]</span></a> Der Leser darf der Bezeichnung des armenischen und -griechischen Klosters nicht mehr trauen, als ich selbst traue, <em class="gesperrt">unter -der Leitung eines Arabers</em>. Im griechischen Kloster schon wollte -er mich im koptischen wissen. Hier gelang es nicht, mich zu täuschen, -da ich nichts einer Höhle ähnliches erkannte. Am armenischen und -griechischen Kloster liegt indessen sehr wenig, und am koptischen -Alles; letzteres aber zu bezweifeln, wäre Zweifelsucht.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_25_25" id="Fussnote_25_25"></a><a href="#FNAnker_25_25"><span class="label">[25]</span></a> Die Schriftsteller verlegen den Anfang des Nilwachses -in ein wenig verschiedene Zeitpunkte; in den ersten Neumond nach dem -längsten Tag <em class="gesperrt">Plinius</em>, in den sechszehnten Tag nach demselben -die offizielle Mittheilung des französischen Feldzuges, in den 5. -Junius <em class="gesperrt">Alpinus</em>, in den 19. <em class="gesperrt">Volney</em>, in das Ende vom -Junius <em class="gesperrt">Rifaud</em>. <em class="gesperrt">Alpinus</em> erzählte von sehr interessanten -Versuchen, um nach gewissen Zeichen vorauszusagen, wie hoch der -Nilstrom steigen werde.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_26_26" id="Fussnote_26_26"></a><a href="#FNAnker_26_26"><span class="label">[26]</span></a> Auch die Bibel hat uns das Andenken dieser Stadt bewahrt. -Wir lesen aus dem 1. Buche <em class="gesperrt">Moses</em> im 45. Verse des 41. Kapitels, -daß der egyptische König oder Pharao dem Statthalter <em class="gesperrt">Josef</em>, -<em class="gesperrt">Jakobs</em> Sohn, <em class="gesperrt">Aseneth</em>, die Tochter <em class="gesperrt">Potiphars</em>, eines -Priesters zu Heliopolis (Sonnenstadt), zum Weibe gab.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_27_27" id="Fussnote_27_27"></a><a href="#FNAnker_27_27"><span class="label">[27]</span></a> Ich gebe zu, daß ich hier, wie weiter unten, in -Schreibung der Namen vielleicht fehle; allein auch dieses Fehlen -wird von Werth sein; denn ich verließ mich auf einen als Apotheker -Angestellten, und so läßt sich dann mehr und minder beurtheilen, auf -welcher Stufe von Kenntnissen dergleichen hochgestellte Männer bei -Abusabel stehen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_28_28" id="Fussnote_28_28"></a><a href="#FNAnker_28_28"><span class="label">[28]</span></a> Der Reisende, sagt <span class="antiqua">Dr.</span> <em class="gesperrt">Röser</em>, wird durch -das ihn umschwärmende und gefährliche Beduinengesindel, die mit Keulen -und Pistolen bewaffnet sind, von der ernsten und ruhigen Betrachtung -abgezogen, daher Jedem, der die Pyramiden besuchen will, zahlreiche -Gesellschaft und Vorsicht anzurathen ist; denn es ist bekannt, daß dies -arme, nackte Volk wegen einer Kleinigkeit einen Menschen todtschlägt.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_29_29" id="Fussnote_29_29"></a><a href="#FNAnker_29_29"><span class="label">[29]</span></a> Wie hoch die Aerzte aus der Abusabler-Schule gewerthet -werden, erhellt schon daraus, daß man einem Europäer, welcher von der -Medizin rein nichts versteht, einen solchen Arzt unterordnet.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_30_30" id="Fussnote_30_30"></a><a href="#FNAnker_30_30"><span class="label">[30]</span></a> Auf arabisch <em class="gesperrt">Abu</em>, Vater. Sobald der Araber Vater -eines Sohnes ist, so wird er nach dem Namen desselben geheißen. Hatte -bei uns der Vater einen Sohn mit Namen Wilhelm, so wurde der Araber im -bessern Tone erstern nie anders, als <em class="gesperrt">Vater Wilhelms</em> heißen.</p></div> - -</div> - -</div> - -<p> </p> -<p> </p> -<hr class="pg" /> -<p>***END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK LUSTREISE INS MORGENLAND, ERSTER THEIL (VON 2)***</p> -<p>******* This file should be named 54573-h.htm or 54573-h.zip *******</p> -<p>This and all associated files of various formats will be found in:<br /> -<a href="http://www.gutenberg.org/dirs/5/4/5/7/54573">http://www.gutenberg.org/5/4/5/7/54573</a></p> -<p> -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed.</p> - -<p>Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part -of this license, apply to copying and distributing Project -Gutenberg-tm electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG-tm -concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, -and may not be used if you charge for the eBooks, unless you receive -specific permission. If you do not charge anything for copies of this -eBook, complying with the rules is very easy. You may use this eBook -for nearly any purpose such as creation of derivative works, reports, -performances and research. They may be modified and printed and given -away--you may do practically ANYTHING in the United States with eBooks -not protected by U.S. copyright law. Redistribution is subject to the -trademark license, especially commercial redistribution. -</p> - -<h2 class="pg">START: FULL LICENSE<br /> -<br /> -THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE<br /> -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK</h2> - -<p>To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase "Project -Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full -Project Gutenberg-tm License available with this file or online at -www.gutenberg.org/license.</p> - -<h3 class="pg">Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project -Gutenberg-tm electronic works</h3> - -<p>1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all -the terms of this agreement, you must cease using and return or -destroy all copies of Project Gutenberg-tm electronic works in your -possession. If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a -Project Gutenberg-tm electronic work and you do not agree to be bound -by the terms of this agreement, you may obtain a refund from the -person or entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph -1.E.8.</p> - -<p>1.B. "Project Gutenberg" is a registered trademark. It may only be -used on or associated in any way with an electronic work by people who -agree to be bound by the terms of this agreement. There are a few -things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works -even without complying with the full terms of this agreement. See -paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project -Gutenberg-tm electronic works if you follow the terms of this -agreement and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm -electronic works. See paragraph 1.E below.</p> - -<p>1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the -Foundation" or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection -of Project Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual -works in the collection are in the public domain in the United -States. If an individual work is unprotected by copyright law in the -United States and you are located in the United States, we do not -claim a right to prevent you from copying, distributing, performing, -displaying or creating derivative works based on the work as long as -all references to Project Gutenberg are removed. Of course, we hope -that you will support the Project Gutenberg-tm mission of promoting -free access to electronic works by freely sharing Project Gutenberg-tm -works in compliance with the terms of this agreement for keeping the -Project Gutenberg-tm name associated with the work. You can easily -comply with the terms of this agreement by keeping this work in the -same format with its attached full Project Gutenberg-tm License when -you share it without charge with others.</p> - -<p>1.D. The copyright laws of the place where you are located also govern -what you can do with this work. Copyright laws in most countries are -in a constant state of change. If you are outside the United States, -check the laws of your country in addition to the terms of this -agreement before downloading, copying, displaying, performing, -distributing or creating derivative works based on this work or any -other Project Gutenberg-tm work. The Foundation makes no -representations concerning the copyright status of any work in any -country outside the United States.</p> - -<p>1.E. Unless you have removed all references to Project Gutenberg:</p> - -<p>1.E.1. The following sentence, with active links to, or other -immediate access to, the full Project Gutenberg-tm License must appear -prominently whenever any copy of a Project Gutenberg-tm work (any work -on which the phrase "Project Gutenberg" appears, or with which the -phrase "Project Gutenberg" is associated) is accessed, displayed, -performed, viewed, copied or distributed:</p> - -<blockquote><p>This eBook is for the use of anyone anywhere in the United - States and most other parts of the world at no cost and with almost - no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use - it under the terms of the Project Gutenberg License included with - this eBook or online - at <a href="http://www.gutenberg.org">www.gutenberg.org</a>. If you - are not located in the United States, you'll have to check the laws - of the country where you are located before using this - ebook.</p></blockquote> - -<p>1.E.2. If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is -derived from texts not protected by U.S. copyright law (does not -contain a notice indicating that it is posted with permission of the -copyright holder), the work can be copied and distributed to anyone in -the United States without paying any fees or charges. If you are -redistributing or providing access to a work with the phrase "Project -Gutenberg" associated with or appearing on the work, you must comply -either with the requirements of paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 or -obtain permission for the use of the work and the Project Gutenberg-tm -trademark as set forth in paragraphs 1.E.8 or 1.E.9.</p> - -<p>1.E.3. If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is posted -with the permission of the copyright holder, your use and distribution -must comply with both paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 and any -additional terms imposed by the copyright holder. Additional terms -will be linked to the Project Gutenberg-tm License for all works -posted with the permission of the copyright holder found at the -beginning of this work.</p> - -<p>1.E.4. Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg-tm -License terms from this work, or any files containing a part of this -work or any other work associated with Project Gutenberg-tm.</p> - -<p>1.E.5. Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this -electronic work, or any part of this electronic work, without -prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with -active links or immediate access to the full terms of the Project -Gutenberg-tm License.</p> - -<p>1.E.6. You may convert to and distribute this work in any binary, -compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including -any word processing or hypertext form. However, if you provide access -to or distribute copies of a Project Gutenberg-tm work in a format -other than "Plain Vanilla ASCII" or other format used in the official -version posted on the official Project Gutenberg-tm web site -(www.gutenberg.org), you must, at no additional cost, fee or expense -to the user, provide a copy, a means of exporting a copy, or a means -of obtaining a copy upon request, of the work in its original "Plain -Vanilla ASCII" or other form. Any alternate format must include the -full Project Gutenberg-tm License as specified in paragraph 1.E.1.</p> - -<p>1.E.7. Do not charge a fee for access to, viewing, displaying, -performing, copying or distributing any Project Gutenberg-tm works -unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9.</p> - -<p>1.E.8. You may charge a reasonable fee for copies of or providing -access to or distributing Project Gutenberg-tm electronic works -provided that</p> - -<ul> -<li>You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from - the use of Project Gutenberg-tm works calculated using the method - you already use to calculate your applicable taxes. The fee is owed - to the owner of the Project Gutenberg-tm trademark, but he has - agreed to donate royalties under this paragraph to the Project - Gutenberg Literary Archive Foundation. Royalty payments must be paid - within 60 days following each date on which you prepare (or are - legally required to prepare) your periodic tax returns. Royalty - payments should be clearly marked as such and sent to the Project - Gutenberg Literary Archive Foundation at the address specified in - Section 4, "Information about donations to the Project Gutenberg - Literary Archive Foundation."</li> - -<li>You provide a full refund of any money paid by a user who notifies - you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he - does not agree to the terms of the full Project Gutenberg-tm - License. You must require such a user to return or destroy all - copies of the works possessed in a physical medium and discontinue - all use of and all access to other copies of Project Gutenberg-tm - works.</li> - -<li>You provide, in accordance with paragraph 1.F.3, a full refund of - any money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the - electronic work is discovered and reported to you within 90 days of - receipt of the work.</li> - -<li>You comply with all other terms of this agreement for free - distribution of Project Gutenberg-tm works.</li> -</ul> - -<p>1.E.9. If you wish to charge a fee or distribute a Project -Gutenberg-tm electronic work or group of works on different terms than -are set forth in this agreement, you must obtain permission in writing -from both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and The -Project Gutenberg Trademark LLC, the owner of the Project Gutenberg-tm -trademark. Contact the Foundation as set forth in Section 3 below.</p> - -<p>1.F.</p> - -<p>1.F.1. Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable -effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread -works not protected by U.S. copyright law in creating the Project -Gutenberg-tm collection. Despite these efforts, Project Gutenberg-tm -electronic works, and the medium on which they may be stored, may -contain "Defects," such as, but not limited to, incomplete, inaccurate -or corrupt data, transcription errors, a copyright or other -intellectual property infringement, a defective or damaged disk or -other medium, a computer virus, or computer codes that damage or -cannot be read by your equipment.</p> - -<p>1.F.2. LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the "Right -of Replacement or Refund" described in paragraph 1.F.3, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project -Gutenberg-tm trademark, and any other party distributing a Project -Gutenberg-tm electronic work under this agreement, disclaim all -liability to you for damages, costs and expenses, including legal -fees. YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT -LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE -PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3. YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE -TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE -LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR -INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH -DAMAGE.</p> - -<p>1.F.3. LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a -defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can -receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a -written explanation to the person you received the work from. If you -received the work on a physical medium, you must return the medium -with your written explanation. The person or entity that provided you -with the defective work may elect to provide a replacement copy in -lieu of a refund. If you received the work electronically, the person -or entity providing it to you may choose to give you a second -opportunity to receive the work electronically in lieu of a refund. If -the second copy is also defective, you may demand a refund in writing -without further opportunities to fix the problem.</p> - -<p>1.F.4. Except for the limited right of replacement or refund set forth -in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS', WITH NO -OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT -LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.</p> - -<p>1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied -warranties or the exclusion or limitation of certain types of -damages. If any disclaimer or limitation set forth in this agreement -violates the law of the state applicable to this agreement, the -agreement shall be interpreted to make the maximum disclaimer or -limitation permitted by the applicable state law. The invalidity or -unenforceability of any provision of this agreement shall not void the -remaining provisions.</p> - -<p>1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the -trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone -providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in -accordance with this agreement, and any volunteers associated with the -production, promotion and distribution of Project Gutenberg-tm -electronic works, harmless from all liability, costs and expenses, -including legal fees, that arise directly or indirectly from any of -the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this -or any Project Gutenberg-tm work, (b) alteration, modification, or -additions or deletions to any Project Gutenberg-tm work, and (c) any -Defect you cause. </p> - -<h3 class="pg">Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm</h3> - -<p>Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of -electronic works in formats readable by the widest variety of -computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It -exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations -from people in all walks of life.</p> - -<p>Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's -goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg-tm and future -generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see -Sections 3 and 4 and the Foundation information page at -www.gutenberg.org.</p> - -<h3 class="pg">Section 3. Information about the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation</h3> - -<p>The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit -501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the -state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal -Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification -number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by -U.S. federal laws and your state's laws.</p> - -<p>The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the -mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its -volunteers and employees are scattered throughout numerous -locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt -Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to -date contact information can be found at the Foundation's web site and -official page at www.gutenberg.org/contact</p> - -<p>For additional contact information:</p> - -<p> Dr. Gregory B. Newby<br /> - Chief Executive and Director<br /> - gbnewby@pglaf.org</p> - -<h3 class="pg">Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation</h3> - -<p>Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS.</p> - -<p>The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. Compliance requirements are not uniform and it takes a -considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up -with these requirements. We do not solicit donations in locations -where we have not received written confirmation of compliance. To SEND -DONATIONS or determine the status of compliance for any particular -state visit <a href="http://www.gutenberg.org/donate">www.gutenberg.org/donate</a>.</p> - -<p>While we cannot and do not solicit contributions from states where we -have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition -against accepting unsolicited donations from donors in such states who -approach us with offers to donate.</p> - -<p>International donations are gratefully accepted, but we cannot make -any statements concerning tax treatment of donations received from -outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.</p> - -<p>Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation -methods and addresses. Donations are accepted in a number of other -ways including checks, online payments and credit card donations. To -donate, please visit: www.gutenberg.org/donate</p> - -<h3 class="pg">Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works.</h3> - -<p>Professor Michael S. Hart was the originator of the Project -Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be -freely shared with anyone. For forty years, he produced and -distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of -volunteer support.</p> - -<p>Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed -editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in -the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not -necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper -edition.</p> - -<p>Most people start at our Web site which has the main PG search -facility: www.gutenberg.org</p> - -<p>This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.</p> - -</body> -</html> - diff --git a/old/54573-h/images/anzeige.jpg b/old/54573-h/images/anzeige.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 17039b9..0000000 --- a/old/54573-h/images/anzeige.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/54573-h/images/cover.jpg b/old/54573-h/images/cover.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 004035f..0000000 --- a/old/54573-h/images/cover.jpg +++ /dev/null |
