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-The Project Gutenberg eBook, Lustreise ins Morgenland, Zweiter Theil (von
-2), by Titus Tobler
-
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
-other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
-whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
-the Project Gutenberg License included with this eBook or online at
-www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have
-to check the laws of the country where you are located before using this ebook.
-
-
-
-
-Title: Lustreise ins Morgenland, Zweiter Theil (von 2)
-
-
-Author: Titus Tobler
-
-
-
-Release Date: April 20, 2017 [eBook #54574]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: UTF-8
-
-
-***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK LUSTREISE INS MORGENLAND, ZWEITER
-THEIL (VON 2)***
-
-
-E-text prepared by the Online Distributed Proofreading Team
-(http://www.pgdp.net) from page images digitized by the Google Books
-Library Project (https://books.google.com) and generously made available
-by HathiTrust Digital Library (http://www.hathitrust.org/digital_library)
-
-
-
-Note: Images of the original pages are available through
- HathiTrust Digital Library. See
- https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=hvd.32044010412369;view=1up;seq=355
-
- Project Gutenberg has the other volume of this work.
- Erster Theil: see http://www.gutenberg.org/ebooks/54573
-
-
-Anmerkungen zur Transkription
-
- Der vorliegende Text wurde anhand der 1839 erschienenen
- Buchausgabe so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben.
- Ungewöhnliche, altertümliche und inkonsistente Schreibweisen
- wurden, auch bei Eigennamen, beibehalten, insbesondere wenn
- es sich um Übertragungen fremdsprachlicher Begriffe handelt
- oder diese im Text mehrfach auftreten. Zeichensetzung und
- offensichtliche typographische Fehler wurden stillschweigend
- korrigiert.
-
- Das gesamte Inhaltsverzeichnis beider Bände sowie die Liste
- der Verbesserungen befinden sich in der Originalausgabe
- lediglich am Ende des zweiten Buches. Der Übersichtlichkeit
- halber wurde das Verzeichnis des betreffenden Bandes an
- dessen Anfang gestellt, das Inhaltsverzeichnis des jeweils
- anderen Bandes dagegen an das Ende des Buches. Die
- Verbesserungen erscheinen am Ende des jeweiligen Bandes;
- diese sind, soweit sie vom Autor als relevant eingestuft
- wurden, bereits in das vorliegende Buch eingearbeitet worden.
-
- Die Buchversion wurde in Frakturschrift gedruckt. Die von
- der Normalschrift abweichenden Schriftschnitte wurden in
- der vorliegenden Fassung mit den folgenden Sonderzeichen
- gekennzeichnet:
-
- kursiv: _Unterstriche_
- fett: =Gleichheitszeichen=
- gesperrt: +Pluszeichen+
- Antiqua: ~Tilden~
-
-
-
-
-
- Lustreise ins Morgenland.
-
-
-
-
- Lustreise
-
- ins
-
- Morgenland.
-
- Unternommen und geschildert
-
- von
-
- ~Dr.~ Titus Tobler.
-
- Zweiter Theil.
-
- Zürich,
- bei Orell, Füßli und Compagnie.
- 1839.
-
-
-
-
-Inhalt des zweiten Bandes.
-
- Seite
-
-
- Reise nach Jerusalem 1.
-
- Einige geographische Bemerkungen über Syrien 13.
-
- Einige Bemerkungen über die verschiedenen
- Religionsbekenntnisse der Bewohner in Syrien 15.
-
- Gaza 28.
-
- Fortsetzung der Reise nach Jerusalem 30.
-
- Ende der Reise dahin 38.
-
- =Jerusalem.=
-
- Oertliche und klimatische Verhältnisse 46.
-
- Gesundheitszustand und Bevölkerung 52.
-
- Bauart der Stadt 53.
-
- Die Kirche des Christusgrabes 56.
-
- Liegt das Grab +Christi+ in oder außer der jetzigen
- Stadt Jerusalem? 63.
-
- Die Gräber der Könige 69.
-
- Die Grabhöhle der +Maria+ 71.
-
- Die Grabmale +Absaloms+, +Josaphats+ und
- +Zachariassen+ 72.
-
- Der Brunnen Siloah 73.
-
- Die Felsanhöhe Zion 75.
-
- Der Oelberg 79.
-
- Die übrigen Merkwürdigkeiten 81.
-
- Physiologischer Karakter der Einwohner 82.
-
- Sitten und Gebräuche 83.
-
- Die Tracht 84.
-
- Das Kriegsvolk 87.
-
- Die Pilger 94.
-
- Der Geist der Christen 97.
-
- Der Ablaß der römisch-katholischen Kirche 99.
-
- Der alte deutsche Pater und die große Apotheke 102.
-
- Meine Zelle im Kloster des Erlösers 104.
-
- Der Führer um und in Jerusalem 106.
-
- Rückblick auf Jerusalem 108.
-
- Ausflug nach Bethlehem 110.
-
- Die Beschiffung des Lothssees 115.
-
- Nach Jaffa am Mittelmeere 116.
-
-
- =Jaffa.=
-
- Lage, Gassen, Hafen, Bevölkerung 121.
-
- Jaffa, wie es ehemals war 123.
-
- Die Tageslänge 125.
-
- Witterungsbeschaffenheit 127.
-
- Der Meeressturm und der Schiffbruch 128.
-
- Gesundheitszustand 132.
-
- Auf dem Hospizdache 136.
-
- Das Bauernhäuschen 138.
-
- Das Quarantänegebäude oder Pestlazareth 145.
-
- Die Jaffanerin kommunizirt, besprengt sich 147.
-
- Der Jaffaner 149.
-
- Die Pilger 150.
-
- Die arabische Knabenschule der Lateiner 152.
-
- Der Gruß 156.
-
- Die Brautwerbung und die Hochzeit 159.
-
- Die Wöchnerin und das Kind 167.
-
- Wiegenlied und Kinderjucks 170.
-
- Die Verehrung der Todten 173.
-
- Die Rekruten oder die Konskribirten 176.
-
- Das Weinen oder die Raserei am Neujahrstage 1836 179.
-
- +Ibrahim-Pascha+ 184.
-
- Kleine Petschaften oder Siegel 186.
-
- Der Hakim 187.
-
- Die Fleischbank 189.
-
- Der Zuckerrohrmarkt 191.
-
- Der Tabakschneider 193.
-
- Der Nargilebediente; die Rauchvirtuosität 196.
-
- Der Kaffeeröster und Kaffeezerstößer 197.
-
- Der Baumwollereiniger und Schilfdeckenweber 199.
-
- Der wandernde Schiffer und Kinderspiele 201.
-
- Spiel der älteren Leute 202.
-
- Meine Lebensart 205.
-
- Ich lese die Bibel 209.
-
- Ein Pater sagt, ich werde des Teufels 210.
-
- Wie die Gleißnerei im Namen der heiligen Religion einen
- Unschuldigen prügelt; laue Konsulats- und Mönchspolizei 212.
-
- Der Konsul +Damiani+; mein Besuch in seinem Hause 217.
-
- Vorbereitung zur Abreise. 222.
-
- Nach Rhodos 226.
-
-
- =Rhodos.=
-
- Lage, Himmel, Volkszahl 236.
-
- Die Stadt Rhodos 238.
-
- Das Leichenfeld 241.
-
- Die Bewohner; das lateinische Hospiz;
- Knabenspiel; große Hähne 243.
-
- Der Abend im Schiffsraume 247.
-
- Spaziergang gegen Trianda 248.
-
- Nach Konstantinopel, Triest und heim 251.
-
- Anleitung zu der Pilgerfahrt nach Jerusalem 256.
-
- Schlußbetrachtungen 267.
-
-
-
-
-Reise nach Jerusalem.
-
-Gepurzel; Gelage; Kameelschädel als Verzierungen; die angebaute
-Gegend entzückt; Grenzscheide zweier Welttheile; Raphia und Jenisus;
-Schattenriß des Reisegesellschafters.
-
-
-Dinstags gegen Abend des 24. Wintermonates, als am zwölften so heiß
-ersehnten Kontumaztage, brachen wir fröhlich auf. Die wiedererlangte
-Freiheit schmeckte süßer, als Honigseim. Mein hochbuckeliger
-Kontumazist schien Eile zu haben. Kaum wollte ich auf ihn steigen, so
-stand er auf. Ich konnte mich nicht mehr halten und purzelte, das Rad
-schlagend, hinunter. Die Freude meines türkischen Nachbars, welcher
-dem Gepurzel zusah, dauerte jedoch nicht lange; gleich saß ich auf
-dem Dromedar fest und wir trabten von dannen. Echt morgenländisch
-bewirthete uns der Quarantänedirektor, dessen Einladung in seine
-Wohnung wir mit Geneigtheit entsprachen. Beim Anblicke der vielen
-Trachten, die sich am Abendmahle folgten, hätte man nicht glauben
-sollen, daß so viel Ueppigkeit an einem Orte anzutreffen wäre, wo uns
-an den ersten Tagen die Lebensmittel zum Theile mangelten. Da weder
-Messer, noch Gabel vorgelegt wurden, so mußten wir zum Gerichte die
-Finger orientalisiren. Dieser patriarchalische Gebrauch ist wirklich
-sehr bequem; nur wollte mir der Sitz auf dem Boden am kleinen,
-niedrigen, runden Tische nicht behagen.
-
-Ich könnte die Wonne nicht beschreiben, welche im Hause des
-Pharmazisten mich, als Freigelassenen aus dem Zelte, beseelte. Ganz
-komfortable fand ich das Gebäude mit einem einzigen Zimmer, mit blinden
-Wänden, mit dem Boden von Erde, mit dem Dache von Palmstämmen, von
-Reisern und Laub. Wieder einmal ordentlich stehen und herumgehen zu
-können, ohne immer mit dem Kopfe karamboliren zu müssen, war ein
-unaussprechliches Vergnügen. Nicht mehr plagte die Furcht vor den
-Thränen des Himmels.
-
-+El-Arysch+, das Dorf selbst, liegt etwa eine halbe Stunde südöstlich
-von der Quarantäne. Von Aloe, Datteln und indischen Feigen umkränzt,
-lacht es so traulich aus der Wüste entgegen. Eben blühten die Bohnen
-und Alles athmete den Frühling. Der Ort, obwohl nicht groß, hat
-einen Bassar. Ueber den Thüren der Häuser stehen als Verzierungen
-Kameelschädel. Die Bevölkerung besteht größtentheils aus Weißen, und
-gerne begegnet man dieser Menschenfarbe wieder, wenn man eine Zeitlang
-fast lauter Halbschwarze gesehen hat.
-
-Am Abende zeigte ich dem Pharmazisten einen Theil meiner wenigen,
-aus Kairo mitgebrachten Alterthümer. Eine aus Stein gehauene Figur
-faßte eben ein Araber recht ins Auge, als er bemerkte, daß er auch
-schon Steine auf dem Wege gesehen, aber keine Lust gehabt hätte,
-sie mitzunehmen. Weil ich nicht arabisch konnte, so hielt mich ein
-arabischer Jüngling für erzdumm und verglich mich einem Kameele,
-welches auch nicht reden könne. Während wir schon in unsern Betten
-ruhten, wurden von arabischen Jünglingen einige Tänze aufgeführt.
-
-
-+Den 25.+
-
-Vor Tagesanbruch rief der Pharmazist seine jungen Burschen herein, um
-die Pfeifen anzünden und einen schwarzen Kaffee bereiten zu lassen. Sie
-brachten die glühende Kohle in der Zange auf die gestopfte Pfeife, und
-wir rauchten; sie trugen den heißen Kaffee herbei, und wir tranken.
-Unser Gastwirth hat die morgenländischen Sitten aufs gutherzigste
-eingeschlürft, und oft pries er sie als echter Lebemann.
-
-Der Hauptmann und ich ritten mit drei Dromedaren weg. Auch dieser Theil
-der Wüste war hie und da mit Gewächsen bedeckt. Auf dem Wege erblickten
-wir dann und wann eine Kameel-, Schaf- oder Ziegenherde. Mittags
-gelangten wir zu einer Post, um welche ein zahlreiches Volk Hühner
-wimmelte. Vor derselben erinnerte eine Strecke Salzboden an die Gegend
-von Choanat. Bei der Post, wo wir nur kurz anhielten, begann angebautes
-Feld inmitten wüster Ländereien zu meinem Entzücken; es übersiedelte
-mich wieder nach Europa. Entbehrungen haben doch das Gute, daß sie
-meistens mit erhöhtem Genusse enden.
-
-In Egypten streift keine Ackerfurche durch Hügelabhänge. Neu waren
-mir wieder die durchfurchten Abdachungen. Ein Kameel zog an zwei
-Stricken mit den Schulterblättern den Pflug, welcher nur kleine,
-etwa vier bis fünf Zoll von einander entfernte Gräben aufwühlte. Dem
-Ackerfelde folgten Triften, worauf viele Schafe und Ziegen unter der
-Hut von Mädchen weideten. Die Erde hatte ein anderes Kleid an. Die
-unermüdlichen Vögel sangen ohne Unterlaß.
-
-Der Weg strich gegen Nordost. Als ich einmal das Meer wahrnahm, lag
-es gegen Abend. Es stieg in mir der Gedanke auf, daß ich nicht mehr
-in Egypten, nicht mehr in Afrika, sondern in +Asien+ sei. Dieser
-Gedanke versetzte meine Seele in angenehme Schwingung. Ich durfte
-wohl die Grenze des asiatischen Bodens nicht überschreiten, ohne
-lebhafte Begeisterung für die folgenreichen Thaten seiner längst
-entschwundenen, ehrwürdigen Bewohner, welche jetzt noch bei uns zum
-Vorbilde genommen werden. Staunend senkte sich mein Blick auf den alten
-Welttheil, das Geburtsland von +Christus+ aus Nazareth, das Stromgebiet
-religiöser Grundansichten, welche mir schon in früher Jugend am fernen
-Alpengebirge Europens eingeflößt wurden. Ich möchte meine Gedanken
-und meine Gefühle beim Betreten Asiens nicht näher bezeichnen, aus
-Besorgniß, daß man sie als unzeitige Ergüsse mißdeuten könnte. Statt
-alles Mehreren werfe ich bloß die schlichte Frage auf: Kann ein
-Unterrichteter ohne eine Regung des Geistes und ohne eine Bewegung
-des Gemüthes den Boden dieses Welttheils berühren? Ich erinnere mich
-noch der Kinderjahre, in denen ich mir das biblische Asien, die Gegend
-meiner Sehnsucht, als die Hälfte des Weges in die Ewigkeit vorstellte.
-Die Träumereien der Jugend verdienen keinesweges die Verachtung, die
-ihnen gemeiniglich widerfährt; sie haben allerdings nicht selten
-Bedeutung und Werth; sie sind ein trüber Waldbach, der nur durch die
-Seihe der reiferen Jahre fließen darf, um klar und genießbar zu werden.
-
-+Rafa+, Raphia bei den Alten, ist fast ganz vergangen. Eine halb in
-die Erde gestürzte Säule trauert am Wege in Gesellschaft von zwei
-aufrecht stehenden. Jene soll die Grenzsäule zwischen Asien und Afrika
-sein.
-
-Wir kamen diesen Nachmittag neuerdings in die Wüste und über mehrere
-Sandhügel. -- Einmal verlor ich den Hauptmann und unsern neuen Führer,
-einen Mohren, völlig aus den Augen. Auf einem Scheidewege fiel die
-Wahl mir schwer. Ich schlug den linken Weg ein, ungeachtet ich dazu
-den Dromedar, der gerade vorwärts wollte, nur mit Mühe bewegen konnte.
-Kaum aber war eine Anhöhe erstiegen, so verschwand der Weg und ringsum
-verdüsterte die Wüste den Ausblick. Ich wendete mich wiederum rechts,
-der Dromedar fand richtig den Weg und bald verkündigte fleißigerer
-Bodenbau die Nähe einer Ortschaft. Wir waren schon im Städtchen
-Kan-Yunos.
-
-+Yunos+, Jenisus der Alten, ist in Feigen-, Dattel- und Oelbäume
-gebettet. Im lebhaften Bassar lächelten den Wüsteentronnenen die Dinge
-an, welche so verschiedene Bedürfnisse beschwichtigen. Erinnerungen an
-mein Heimathland wurden beim Anblicke grüner Wiesen, des Viehes und der
-weißen Bevölkerung aufgefrischt; sogar die Breter, als eine Seltenheit
-in Egypten, erregten meine Aufmerksamkeit. Die große Moschee, von
-sarazenischem Geschmacke, erhielt sich in gutem Zustande.
-
-Wir mußten diesmal in einem Kân oder Karawanserai einkehren. Es hatte
-ein Obdach, war aber von zwei Seiten offen. Auf der einen lag ein
-korinthischer Knauf. Man trifft in Jenisus überhaupt manche Trümmer,
-mehr oder minder versehrte Denkmäler des Alterthums. Im Karawanserai
-befand sich eben der Stadtgouverneur. Die Herankommenden küßten ihm
-den Saum des Kleides. Er ließ in gastfreundlicher Gesinnung durch
-seinen Bedienten vorzüglich gute Brote und eine dicke Kräutersuppe uns
-zureichen, die, von Farbe grün, Kaldaunenstücke und Fleischbröckchen
-enthielt und mir nicht sonderlich schmeckte. Es war indeß mein Appetit
-ein wenig verdorben; wir wollten den Rest der Butter in der Quarantäne
-noch zu Rathe ziehen und buken in derselben Brotkuchen, welche zwar dem
-Gaumen zusagten, allein dem Magen nicht wohl bekamen. Wir belohnten
-unsern Gastfreund, nach morgenländischer Sitte, mit Stillschweigen.
-
-Ein Kerl versuchte eine seltsame Betrügerei. Mein Reisegesellschafter
-schickt ihn, ein Geldstück zu wechseln. Er bringt die Münze, aber nicht
-vollständig. Vor Zorn wie rasend schilt der Hauptmann den Jungen aus,
-und schon zuckt er die Peitsche gegen ihn. Er öffnet den Mund und das
-Fehlende tritt unter der Zunge zum Vorscheine.
-
-Mit Sonnenuntergang legte ich mich und schlief zwar fest ein, aber
-nicht ruhig fort; denn einmal hörte ich undeutlich, daß ein Mann in
-einem Streite lärmte, ein anderes Mal beschnüffelte ein Hund mein Bein,
-und ein drittes Mal kam die Katze, sich einer Beute zu bemächtigen.
-
-
-+Den 26.+
-
-Gott sei Dank, die Wüste, die beschwerliche, die armselige, die
-langweilige, ist am Rücken. Von jetzt an leitet der Weg durch lauter
-besseres Land, bald gepflügtes, bald Weideland. Die Vögel schienen in
-ihrem unaufhörlichen Geschwätze über die Gegend so hoch erfreut, als
-ich. Selbst mein Reisegefährte sang in das Tutti, und gerne hätte ich
-ihn in einen der nächsten Singvögel verwandeln mögen, so lieblich klang
-seine Stimme. Das Gepräge des Winters auf ganz dürren, abgestorbenen
-Pflanzen konnte hin und wieder nicht verkannt werden; hingegen war
-dazwischen der frisch angeschossene, kurze, feine Grasteppich mit um so
-größerem Zauber des Lenzes gewoben. Der schönste Frühlingsmorgen bei
-uns kann den heutigen Wintermorgen gegen Gaza nicht übertreffen. Ueber
-fließendes Wasser setzten wir nie, nur zweimal über tiefere Bachbetten,
-wie über dasjenige des Besor, an dessen Mündung ins Mittelmeer das
-alte Anthedon sich ausbreitete. Von Bethagla, zwischen Anthedon und
-Jenisus, bemerkte ich nicht eine Spur.
-
-Minarets glänzten gegen Norden in einem grünen Haine; es war +Gaza+,
-die Hauptstadt der Philister, die Stadt des Starken, des +Samson+,
-welcher, nach der Schrift, ein eisernes Thor auf den Berg getragen hat.
-Wir durften nicht mehr weit, und dann einzig noch an der Menge von
-stämmigen Kaktus vorbei, und wir ritten durch ein enges Thor in die
-Stadt. Der Hauptmann begab sich in seine Herberge, und jetzt war der
-Augenblick der Trennung da, nachdem wir mit einander drittehalb Wochen
-verlebt hatten.
-
-Nun ein Wort über den Reisegefährten. Eine solche persönliche
-Seltsamkeit lernte ich noch niemals kennen, und darum lohnt es der
-Mühe, von ihm einen Umriß zu liefern. Er ist aus Galizien und von Adel.
-Ich weiß seinen Namen recht gut; ich will ihn aber verschweigen und
-vergessen. Zuerst Kämpfer als Hauptmann in den Reihen der polnischen
-Umwälzer, entfloh er dann nach Frankreich und schloß sich der Schaar
-Polen an, welche aus dem „neuen Vaterlande“ in die Schweiz einbrach.
-Er wußte sich später Mittel zu verschaffen, um von Marseille auf einem
-französischen Kriegsschiffe nach Egypten zu kommen. Hier trat er in
-Kriegsdienst unter dem Feldherrn +Abraham+ (+Ibrahim-Pascha+) als
-Kavallerieinstruktor.
-
-Ein Selbstling im wahrsten Sinne des Wortes, sucht er immer seine
-+eigenen+ Zwecke. Er schmeichelt den Großen und verachtet die Kleinen,
-damit die einen ihn befördern, und weil die andern ihm nichts nützen.
-Er wählte sich überall das Beßte aus, so immer den beßten Dromedar, den
-bequemsten Sattel, die leichteste Ladung, die schmackhafteste Speise
-u. s. f., um das Uebrige mir zu überlassen. Wenn ich mich über das
-Reiten beklagte, so tadelte er mich, daß ich nicht reiten könne, und
-dennoch hielt ich, bei meinem kräftigern Körperbau, das Reiten besser
-aus, als dieser Rittmeister.
-
-Dabei hegt der Hauptmann wenig Liebe für Wahrheit. Was er erzählte,
-mußte ich auf der Goldwage prüfen. Auf einer Lüge ertappt, hatte +er+
-natürlich Recht, und würde gern in Schimpfungen auf mich losgebrochen
-sein. Sonst besaß er eine Fülle von Lebensgewandtheit, und im Bezahlen
-war er redlich; nie belog er mich in Geldangelegenheiten.
-
-Weil mir die Kenntniß der arabischen Sprache abging, so leistete er mir
-unläugbar wesentliche Dienste, und er übernahm in der Kontumazanstalt
-fast das ganze Geschäft der Küche, indeß ich ruhig unter Zelt schrieb,
-und am Ende lüstern in das gute Gericht biß. Mich tyrannisirte
-übrigens noch kein Mensch so eigentlich, wie dieser polnische
-Freiheitsmann. Meine Lage fing sich erst zu bessern an, als ich mit
-dem Oberaufseher der Quarantäne auf freundlicherem Fuße stand und dem
-Hauptmanne erklärte, daß ich nun sorgenlos sei; denn auch im Nothfalle
-könnte ich recht gut weiter kommen, weil jener für meine Kameele sorgen
-würde. Er sah seine Entbehrlichkeit jetzt selbst ein. Selbstständigkeit
-und Unabhängigkeit, dieser Schwerpunkt des geistigen und sittlichen
-Menschen, hängt an einem dünnen Faden, dessen Riß uns, wo nicht
-augenblicklich, doch in seinen Folgen wehe thut.
-
-Ich kann nicht umhin, noch zwei Dinge zu erwähnen. Zu Choanat wurde der
-Reisegefährte von einer Krankheit heftig überfallen. Ich stand ihm mit
-Rath und That bei, ich brachte ihm Reis u. dgl. Tags darauf befand er
-sich wieder wohl. Der Dank war, daß er für meinen schlechten Dromedar
-keine Geduld wußte. Einmal wollte ich absteigen, um ein Stückchen
-Natursalz aufzuheben und mitzunehmen. Da regnete es zentnerschwere
-Vorwürfe über Tändelwaare u. s. f. Es gibt Menschen, welche die Sterne
-am Himmel gleichgültiger beschauen, als messingene Knöpfe an einem
-Rocke.
-
-Der Kapitän, mag er auch immer seiner sorgfältigen höhern Bildung
-und seinem Adel keinen geringen Werth beilegen, ist ein Auswurf des
-Menschengeschlechts. An der Spitze eines Volkes wäre er spröde, ohne
-Mitleiden, ein Wütherich. Er hatte indeß, wie andere Tyrannenseelen,
-bewegte Zeitpunkte, da das Herz aufthaute; er würde sich dann, der
-männlichen Würde uneingedenk, wie ein Kind hingegeben haben. Er wäre
-unzweifelhaft Muselmann; allein er muß es fühlen, daß der kindliche
-Schmelz seines Gemüthes, in gewissen Augenblicken, nach der Abschwörung
-des Glaubens ihm das Herz zum Bruche drängte.
-
-Am Ende der Reise bat der Gefährte mich um Verzeihung, wenn er mich
-etwa beleidigt haben sollte. Ich achte einen solchen Zug, und doch
-empfand ich ein wahres Vergnügen bei der Scheidung von einem solchen
-Menschen, dessen Gesellschaft eine Qual und Pein war, und zwar eine um
-so größere in der Wüste und in einer spottschlechten Quarantäne.
-
-Ehe ich Gaza näher beleuchte, schicke ich einige einleitende
-Bemerkungen über Syrien nach seinen topographischen
-Eigenthümlichkeiten, sowie über die Leute, die es bewohnen, nach den
-Verschiedenheiten ihrer religiösen Grundansichten voraus. Zuerst
-
-
-Einige geographische Bemerkungen über Syrien.
-
-Das eigentliche +Syrien+ gränzt im Norden an Kleinasien, im Westen
-ans Mittelmeer, im Süden an Egypten und im Osten an Arabien, also,
-daß es mit letzterem umfangsreichen Lande gleichsam eine große Insel
-bildet, welche vom mittelländischen und rothen Meere, dem Ozean, dem
-persischen Meerbusen und dem Euphrat umspült wird.
-
-Syrien sticht mehr oder minder schroff ab gegen das Egyptenland, nehme
-man die Einwohner, den Himmelsstrich oder das Erdreich in Anschlag.
-Egypten hat einen flachen Boden, der ein Thal mit einem der größten
-Ströme unseres Erdenrundes vorstellt; Syrien dagegen wird von einer
-Menge Thäler durchschnitten, woneben Hügel und Berge, am Maßstabe
-fünf Sechstheile, sich erheben. Eine Gebirgskette zieht durch ganz
-Syrien, Schritt für Schritt mit der Küste des Mittelmeeres, nur einige
-Wegstunden davon. Der Libanon (der Weiße) und ihm gegenüber der
-Antilibanon, der Thabor und der Karmel, der Oelberg und der Hebron,
-wem sind diese Kuppen des Gebirges nicht bekannt? Der Orontes und
-der Jordan (el-Arden), die Hauptflüsse Syriens, entspringen auf dem
-Antilibanon. Denn +der+ und der Libanon schürzen den Knoten des
-ganzen Gebirges. Von da fließt der Orontes gegen Mitternacht; ihm zur
-Linken Berg an Berg, zur Rechten theilweise Arabien. So wälzt er seine
-Gewässer über siebenzig Wegstunden fort und schüttet es in die See,
-nahe an der Bucht von Antiochien. Der Jordan entquillt keine zwanzig
-Wegstunden vom Orontes, richtet sich von Mitternacht gegen Mittag und
-verliert sich im todten Meere oder asphaltischen See (Birket-Luth),
-welcher von den Jordanquellen bei vierzig Wegstunden abliegt.
-
-In manchen Gegenden von Syrien regnet es ungefähr wie in heißern
-Gegenden Europas. Das Klima ist im Ganzen sehr gesund. Viele Lagen
-des Landes sind reizend. In Menge gibt es Berge und Thäler mit
-zahlreichen Weiden, worauf große Viehherden sich nähren. Man sieht
-Bäume gar verschiedener Art, vor allem viel Oelbäume. Die christlichen
-Dorfbewohner, auch die Drusen bereiten vorzüglichen Wein.
-
-Die ganze Statthalterei zerfällt in vier Paschalik: dasjenige von
-Tripolis und Akre, Aleppo und Damaskus. Zu letzterem gehört das alte
-heilige Land. Alle Paschalik wurden im Jahre 1833 von +Ibrahim-Pascha+,
-dem Stiefsohne des Vizekönigs von Egypten, erobert und demzufolge vom
-türkischen Kaiser demselben abgetreten.
-
-Haleb und Damask übertreffen an Größe und Wichtigkeit weit alle
-übrigen Städte Syriens. Am Mittelmeere ist Beirut (~Berytus~) noch am
-wichtigsten mit seinem ziemlich sichern und geräumigen Hafen, in den
-europäische Kauffahrer nicht sehr selten einlaufen.
-
-Beinahe von allen Kriegen des elften, zwölften und dreizehnten
-Jahrhunderts, als den blutigen Begleitern der Kreuzzüge, wurde Syrien
-heimgesucht; am drückendsten die drei Städte Jaffa und Akre und
-Damaskus. Bis auf den heutigen Tag sind die Spuren von den Waffen
-und dem Aufenthalte der alten Kreuzfahrer, welcher Jahrhunderte lang
-dauerte, nicht verwischt.
-
-
-Nun einige Bemerkungen über die verschiedenen Religionsbekenntnisse der
-Bewohner in Syrien.
-
-I. Der +Mohammetanismus+ heißt auch +Islamismus+, nach dem arabischen
-Worte +Islam+, welches +Ergebenheit in Gott+ bedeutet. Vom berühmten
-+Mohammet+ gestiftet, begann er in Arabien gegen das Jahr 611 der
-christlichen Zeitrechnung. Wie damals das Juden- und Christenthum unter
-den Arabern große Fortschritte machte und der Stamm, dem +Mohammet+
-angehörte, der Abkunft von +Abraham+ und +Ismael+ sich rühmte, so
-glaubte der neue Prediger beiden Religionen einige Grundansichten
-abborgen zu dürfen, um sie in diejenige Religion überzutragen, welche
-er zu stiften im Begriffe war. Er nahm das alte und neue Testament
-großentheils an, indem er +Moses+, +David+ und +Jesus+ als Gesandte
-Gottes anerkannte. Er aber ging von der Ansicht aus, daß ihre Lehren
-mit der Zeit verderbt worden seien, und behielt sich darum vor, der
-wahren Verehrung des höchsten Wesens auf dem ganzen Erdkreise Bahn zu
-brechen.
-
-Die +Hauptglaubenslehren+ des Islams sind: Es ist nur +ein+ Gott (Allah
-uhu) und außer Gott ist kein Gott, und +Mohammet+ ist sein Prophet
-(Nabi). Es gibt böse und gute Engel. Jene verfolgen unablässig den
-Menschen, damit er Böses thue; diese sind von Gott beauftragt, ihn auf
-dem Wege der Versuchung im Guten zu unterstützen. Das Schicksal eines
-Jeglichen, das Gute, wie das Böse, ist vorausbestimmt und erfolgt
-unabänderlich, was man +Fatalismus+ heißt. Die Seele ist unsterblich,
-und am jüngsten Gerichte wird Jeder den Lohn nach seinen Werken
-empfangen. Unter dem heißen Himmel gleichsam glühend, suchen die Moslim
-ihr größtes Gut in den sinnlichen Vergnügungen und glauben auch, daß
-die Auserwählten des Himmels inmitten frischer Gebüsche, am Gestade
-lauterer Bäche, am Rande reicher Brunnquellen ruhen, umgeben von den
-verführerischen Huris mit ihren schönen, immerdar jugendlichen Augen,
-umkoset von jenen Jungfrauen, welche nichts zu thun haben, als den
-Seligen Genuß zu verschaffen.
-
-Die +Hauptsittenlehren+ sind überhaupt Ehrerbietung, Vertrauen
-und Gehorsam gegen Gott, Gerechtigkeit, Versöhnlichkeit und
-Mildthätigkeit gegen die Menschen und Gehorsam der Kinder gegen
-die Aeltern. Insbesondere aber wird den Gläubigen vorgeschrieben:
-1) Die Reinlichkeit, zumal durch die Waschungen. 2) Das Gebet. Es
-wird im Tage fünfmal verrichtet, allein oder mit Andern und wo? ist
-freigestellt; nur am Freitage muß es in der Moschee oder in Versammlung
-geschehen. Obgleich dieser Tag der eigentlich Gott geweihete Tag ist,
-so können dennoch die Gläubigen an demselben die Zeit vor und nach dem
-Gottesdienste mit Arbeiten zubringen, welche jeder Stand und Beruf
-erfordert. Lediglich zwei Feste verlangen gänzliche Ruhe der Arbeit,
-nämlich das große und kleine Bairam. 3) Das Fasten durch einen Monat
-(Ramasan), während dessen man die ganze Tageszeit hindurch weder
-Speisen, noch Getränke zu sich nehmen, selbst nicht Tabak rauchen darf.
-4) Das Entrichten des Zehnten. 5) Die Wallfahrt nach dem Heiligthume
-zu Mekka, welche jeder freie Mohammetaner wenigstens einmal in seinem
-Leben unternehmen soll, insofern seine Gesundheit es zuläßt.
-
-Das Beispiel der alten Araber und +Ismaels+, des Sohnes +Abrahams+,
-befolgend, verrichten die Mohammetaner die Beschneidung. Sie
-unterscheiden nach +Moses+ die unreinen Thiere. Der Islam verbietet
-den Genuß des Weins und jedes andern berauschenden Getränkes. Hingegen
-gestattet er dem Manne zur nämlichen Zeit vier Weiber und daneben so
-viel Beischläferinnen (Sklavinnen), als er halten will oder kann.
-
-Die Lehren und Vorschriften der Moslim stehen geschrieben in einem
-Buche, welches man nach dem Arabischen +el-Koran+ nennt. Die Anhänger
-geben vor, daß die verschiedenen Abschnitte dieses Buches von Zeit
-zu Zeit +Mohammet+, ihrem Propheten, von dem Erzengel +Gabriel+
-geoffenbaret worden seien. Ausgenommen die Lehrsätze des Glaubens,
-handelt der Koran auch von der Sittenlehre, von der Ehe, von der
-Scheidung, der Nachfolge. Mit einem Worte, er vertritt, in dem
-religiösen Gewande, mehr oder minder ein Zivil- und Kriminalgesetzbuch.
-Da er arabisch abgefaßt ist, so wurde diese Sprache die heilige der
-Perser, Türken und anderer mohammetanischer Völker, welche sämmtlich
-darin übereinstimmen, daß sie ihre Zeitrechnung mit der im Jahre
-+Christi+ 622 erfolgten Flucht +Mohammets+ von Mekka nach Medina
-beginnen. Diese Zeitrechnung nennen sie Hedschra, was +Auswanderung+
-oder +Flucht+ bedeutet. Das Jahr der Mohammetaner ist übrigens ein
-Mondenjahr, das heißt, es zählt elf Tage weniger, als das unsrige.
-
-Unter den Mohammetanern gibt es ebenfalls Leute, welche ein frommes
-Leben in der Zurückgezogenheit wählen. Diese Art von Mönchen wird mit
-einem Namen belegt, welcher einen Dürftigen bezeichnet; im Arabischen
-+Fakir+, im Türkischen und Persischen +Derwisch+. Diejenigen, welche
-sich einem beschaulichen Leben überlassen, tragen den Namen +Ssûfi+.
-Die mohammetanischen Mönche bilden verschiedene Orden, deren Alter auf
-die ersten Khalife zurückreicht. Die meisten +Brüder+, wie sie sich
-gegenseitig nennen, haben ein strenges Noviziat und lange Prüfungen
-zu bestehen, bevor sie in den Orden aufgenommen werden. Viele leben
-gemeinsam in einem Kloster; Andere führen ein Einsiedlerleben; noch
-Andere lassen sich in einer Gegend nieder, oder ziehen Land auf Land
-ab. Allen steht es frei, ihren Stand zu ändern und das Leben so
-einzurichten, wie es ihnen am beßten gefällt. Die meisten Brüder,
-welche einem beschaulichen Leben sich ergeben, befleißen sich einer
-Weltüberwindung, die man nicht weiter treiben könnte, und beträchtlich
-ist die Anzahl Bücher, worin ihre Hirngespinste verzeichnet sind. Die
-anderen Brüder dagegen, welche die Welt lieben, leben zügellos, und man
-vermag nichts so Ausschweifendes auszusprechen, das von ihnen nicht
-begangen würde. Solche heißen +Kalendris+ und +Santone+.
-
-Die mohammetanische Kirche war zu allen Zeiten in viele Sekten
-gespalten, welche, nicht besser, als die Christen gegen einander, sich
-grausam bekriegten. Der Krieg hob gleich nach dem Ableben +Mohammets+
-das Haupt empor. Der Prophet vergaß, seinen Neffen und den Gemahl
-seiner eigenen Tochter +Fatima+, mit Namen +Ali+, zu seinem Nachfolger
-zu erklären. Als daher die Anhänger +Mohammets+ das Khalifat nach
-einander +Abubeker+, +Omar+ und +Othman+ übertrugen, gab es damals
-Rechtgläubige, welche wider die Ungerechtigkeit Lärm schlugen und sich
-weigerten, einen andern für einen gesetzlichen Fürsten anzuerkennen,
-als +Ali+. Wie dann später dieser zum Khalifen erhoben ward, warfen
-sich viele von den Widersachern gegen ihn auf, und der Bürgerkrieg
-tränkte mit Blut alle Gegenden, in welchen das neue Gesetz Eingang
-fand. Dies ist der Ursprung der beiden Hauptsekten, in welche heute
-noch die Anhänger +Mohammets+ zerfallen, und welche von diesen durch
-die Namen +Sunniten+ und +Schiiten+ unterschieden werden.
-
-II. Das +Judenthum+ zählt eine große Anzahl von Gläubigen fast im
-ganzen Morgenlande, vorzüglich aber in Syrien, wo viele von ihnen
-heilig gehaltene Denkmäler angetroffen werden. Diese Religion nimmt
-keine andere Offenbarung an, als die Jehovas durch +Moses+ und die
-Propheten für das auserwählte Volk. Die Juden, oder, wie man sie auch
-heißt, die Hebräer oder Israeliten betrachten in Gott nur eine Person.
-Ihre heiligen Bücher sind das +alte Testament+, zum größten Theile
-in hebräischer Sprache geschrieben. Sie erwarten die Ankunft eines
-Messias, welcher für die Gläubigen ein großes Reich gründen soll. Sie
-nehmen die Beschneidung vor, haben viel Zeremonien und heiligen den
-Sabbath. Als sie Judäa im Besitze hatten, standen ihnen Opferpriester
-vor, genannt +Leviten+ nach dem Stamme +Levi+. Statt derselben lehren
-nun Meister in der Schrift, unter dem Namen +Rabbiner+, in den
-Synagogen oder in den jüdischen Tempeln das Gesetz. Auch diese Religion
-zählt ihre Spaltungsgläubigen. Am meisten geltend machten sich die
-+Talmudisten+ und +Rabbinisten+, letztere so geheißen wegen ihrer
-Achtung für die Lehren der Rabbiner, erstere wegen ihrer Verehrung des
-+Talmud+, eines Buches, das viel gute, mitunter aber auch wenig gesunde
-Dinge enthält.
-
-III. Mitten unter Mohammetanern und Maroniten leben die +Drusen+
-auf den Bergen Libanon und Antilibanon. Sie machen aus ihrem
-Glaubensbekenntnisse, einem bunten Gemische christlicher und
-mohammetanischer Religionsvorschriften, ein großes Geheimniß. Sie
-hassen die Mohammetaner, bekennen sich aber äußerlich doch zum Islam.
-Sie wollen die Nachkommen jener Christen sein, welche in den ersten
-Zeiten des Nazarenismus über den Jordan sich zurückgezogen hatten. Die
-Akal sind eine Art Priester; selbst Weiber werden in den Orden der
-Akal aufgenommen. Dieselben stehen dem Gottesdienste in den Kapellen
-oder Khalue vor. Die Kinder werden bei den Drusen nicht beschnitten.
-Gastfreundlichkeit wird an dieser Völkerschaft vor Allem gepriesen.
-
-IV. Unter den eigentlichen +Christen+ versteht man solche, welche, ohne
-an die Lehren +Moses+ und der Propheten sich ausschließlich und streng
-zu binden, an die Offenbarung im neuen Testamente, an +Christus+,
-an die Vergebung der Sünden und an die Auferstehung des Fleisches
-glauben. Sie nehmen die Taufe vor und feiern den Sonntag. Von so vielen
-Glaubensbekenntnissen, in die sich die Christen theilen, nimmt man in
-Syrien neun wahr, welche sämmtlich einige Priester in Jerusalem und zum
-Theil im großen Tempel des +Christus+-Grabes unterhalten.
-
-1. Die +griechische+ oder morgenländische +Kirche+. Die
-Hauptunterschiede derselben von der römisch-katholischen Kirche
-betreffen die hierarchische Selbstständigkeit außer der Linie der
-päpstlichen Oberherrschaft, die Lehre, wonach der heilige Geist nur vom
-Vater ausgeht, das Abendmahl unter zwei Gestalten und die Priesterehe.
-Die Griechen haben sieben Sakramente, welche sie +Geheimnisse+ nennen;
-allein sie verknüpfen damit nicht den gleichen Begriff, wie die
-Lateiner. Sie betrachten nur zwei als von Gott eingesetzt, nämlich die
-Taufe und das Abendmahl. Die übrigen fünf Sakramente halten sie für
-Anordnungen der Kirche. Sie verrichten die Firmelung zugleich mit der
-Taufe, welche letztere in einer dreimaligen Eintauchung des ganzen
-Körpers in Wasser besteht. Sie verwerfen die Unauflöslichkeit der Ehe,
-z. B. bei Ehebruch, und sie verbieten das Heirathen zum vierten Male.
-Sie unterwerfen sich den strengsten und den härtesten Bußübungen. Sie
-halten an den Beschlüssen der ersten und zweiten nizänischen, der
-ersten, zweiten und dritten konstantinopolitanischen, der ephesischen
-und chalcedonischen ökumenischen (allgemeinen) Kirchenversammlung. Der
-ökumenische Patriarch in Konstantinopel gilt als das Oberhaupt der
-nicht-russischen Kirche.
-
-2. Die +armenische Kirche+, welcher beinahe alle Armenier angehören.
-Diese Christen begehen wenig Feste, und verwerfen die Verehrung der
-Heiligen. Sie haben etliche Patriarchen. Der erste unter ihnen führt
-den Titel: +Katholikos+, und hat seinen Sitz in Etschmiazim bei
-Eriwan. Ihre Abweichungen von der lateinischen Kirche stimmen mit denen
-der griechischen ungefähr überein. Viele Armenier traten in den Schooß
-der römischen Kirche.
-
-3. Die +Kopten+, die auch unter dem Namen der Christen von Egypten,
-Nubien und Habesch bekannt sind. Diese Monophysiten haben die Verehrung
-der Bilder angenommen, und zwei Sonderbarkeiten zeichnete sie aus: Sie
-behielten, obschon sie die Taufe einführten, die Beschneidung bei,
-welche indeß mehr als angeerbte alte Volkssitte, denn als religiöse
-Zeremonie angesehen werden darf; sie heiligen den Sonntag und einen
-Theil des Sabbaths. Ihr Patriarch, ziemlich arm, hat seinen Sitz in
-Kairo, den Titel: +Patriarch von Alexandrien und Jerusalem+, und er
-bestellt für Habesch einen Generalverweser, welcher +Abunak+ heißt.
-
-4. Die +Kirche der Maroniten+, genannt nach +Maron+, ihrem Stifter,
-der im fünften Jahrhunderte lebte, und welcher der Kirche eine eigene
-Verfassung gab. Die meisten Maroniten halten sich am Berge Libanon
-und in Zypern auf. Sie unterwerfen sich den Beschlüssen der vier
-ersten ökumenischen Kirchenversammlungen, und erkennen in +Christus+
-eine Person und zwei Naturen. Allein als +Monotheleten+ lassen sie
-diesen zwei Naturen nur einen Willen zu. Ein großer Theil dieser
-Glaubensbekenner schloß sich den Lateinern an, hielt jedoch beinahe an
-allen Gebräuchen der morgenländischen Kirche fest. Diesen Maroniten
-wird das Oberhaupt von Rom gegeben. Es führt den Titel: +Patriarch von
-Antiochien+, und wohnt im Kloster auf dem Libanon.
-
-5. Die +chaldäische+ (syrische) oder +Nestorianische Kirche+. Ihre
-Anhänger verwerfen die Beschlüsse der dritten, zu Ephesus gehaltenen
-ökumenischen Kirchenversammlung, wo ihre Lehre verdammt wurde. Sie
-nehmen in +Christus+ zwei +Personen+ an, und weigern sich, +Marien+,
-der Gattin +Josefs+, den Namen Gottesgebärerin zu verleihen. Sie
-verabscheuen die Verehrung der Bilder. Seit dem Jahr 1599 vereinigten
-sich viele +Nestorianer+ mit den römischen Katholiken, unter Vorbehalt
-der Priesterehe und des Abendmahls in zwei Gestalten.
-
-6. Die Kirche der +Eutychianer+ oder +Monophysiten+ heißt nur die drei
-ersten ökumenischen Kirchenversammlungen gut, und nimmt in +Christus+
-einzig die Mensch gewordene göttliche Natur an. Deswegen wird das
-Zeichen mit einem Finger gemacht.
-
-7. Die +Jakobiten+. Sie nennen sich also nach +Jakob Baradai+, einem
-syrischen Mönche des sechsten Jahrhunderts, welcher in der Absicht
-Syrien und Mesopotamien durchzog, um die Monophysiten in eine Kirche
-zu vereinigen. Er brachte sie in der That unter eine kirchliche
-Oberherrschaft. Sie stehen unter zwei Patriarchen, unter dem syrischen
-zu Diarbeker oder Aleppo und unter dem mesopotamischen im Kloster
-Saphran bei Medin. Die Jakobiten haben mit den koptischen Christen
-die Gewohnheit der Beschneidung gemein, verehren die Bilder, und die
-meisten traten zur lateinischen Kirche über, indem sie jedoch einigen
-eigenthümlichen kirchlichen Gebräuchen forthuldigten.
-
-8. Die alte abendländische, die lateinische oder +römisch-katholische
-Kirche+. Alle Welt weiß, daß sie den römischen Papst als Statthalter
-+Jesu Christi+ und ihr Oberhaupt anerkennt, welchem die meisten
-Lateiner die Eigenschaft der Unfehlbarkeit in Glaubenssachen
-ausschließlich zutrauen. Die Römischen haben sieben von Gott
-eingesetzte Sakramente; sie verrichten die Taufe durch Begießung
-mit Wasser; sie nehmen beim Abendmahle die Verwandlung an; sie
-halten Ohrenbeichte, verehren Heilige, glauben an ein Fegfeuer, thun
-Werke der Buße, empfangen Ablaß der Sünden, die Mönche werden durch
-Gelübde gebunden, die Priester müssen im ledigen Stande leben. Die
-Kirchenversammlungen sind unfehlbar, nicht bloß die allgemeinen,
-welche vor der Trennung der morgenländischen und abendländischen
-Kirche gehalten wurden, mit Ausnahme des ~Concilium Trullanum~ oder
-~Quinisextum~, sondern auch viele andere. Die letzte Kirchenversammlung
-war in Trient vom Jahre 1545 bis 1563.
-
-9. Man darf sich nicht wundern, daß die abendländischen Christen ohne
-ein sichtbares Oberhaupt der Kirche, nämlich die +Protestanten+, welche
-für die Bekehrung der Heiden eine rastlose Thätigkeit entwickeln, auch
-Geistliche aufweisen können, die, aus Religionsabsichten, in Jerusalem
-festen Sitz genommen haben.
-
-Die Mannigfaltigkeit der Religionsbekenntnisse fordert zur ernstesten
-Betrachtung auf. Es ehren bis auf diesen Tag die Menschen Gott auf ihre
-verschiedenen Weisen, trotz des Glaubenszwanges, trotz der Bannflüche,
-trotz der Blutströme. Dem überstrengen Vater entläuft der Sohn im
-Augenblicke seiner Ermannung. Die Sadduzäer, die abendländischen
-Christen, die Protestanten waren nicht aus sich selbst erzeugt, sondern
-sie hatten ihre rechtmäßigen Erzeuger in dem Pharisäismus, in der
-morgenländischen Kirche, in dem römischen Papstthume. Wir feiern die
-Männer, welche Duldsamkeit predigen. Wie todt muß die Wahrheit der
-Geschichte sein. Die Duldsamkeit sollte sich wohl von selbst verstehen.
-
-So viel als einleitende Bemerkungen.
-
-
-Gaza.
-
-+Gaza+, sprich Gâsa, liegt reizend auf einer kleinen Anhöhe, drei
-Viertelstunden vom Meere (vom alten Hafen Majumas). Gegen Aufgang
-stellt sich der Hebron. Bäume, Fruchtfelder und Wiesen wechseln in
-der Umgegend, um das Auge zu ergötzen. Eben sah ich die Kühe im
-Grünen friedlich weiden. Die Stadt ist nicht groß, und enthält, nach
-den Versicherungen des Militärarztes daselbst, ~Dr.~ +Tarabra+,
-eines durchaus kenntnißreichen und einsichtsvollen Mannes, sechs-
-bis siebentausend Einwohner. Die Gassen sind schmal, krumm, uneben,
-ungepflastert; die einen Häuser haben platte, andere dagegen
-kuppelförmige Dächer. Die Moschee, einst eine griechische Kirche, ist
-groß und schön. Man findet viele alte Ruinen, z. B. Säulen mit Knäufen,
-und Nachgrabungen müßten Schätze aufdecken.
-
-Die Bevölkerung ist weiß; viele Männer zeichnen sich durch Schönheit
-aus; das verschleierte Antlitz der Frauenspersonen entzieht sich
-der Beurtheilung; die Kinder sind blaß oder gelblich. Die Bassar
-durchrauschet viel Leben. Unweit von denselben erblickte ich wieder die
-Zelte unsers Kontumaznachbars +Mustafa-Bei+ und in ihren Sternen viel
-Freundlichkeit.
-
-Ich hatte eine Empfehlung an den ~Dr.~ +Tarabra+, welcher mich sehr
-gastfreundlich aufnahm und behandelte. Ich verdanke ihm, außer den
-Mittheilungen über die Größe der Bevölkerung, noch andere, welchen
-ich hier zum Theile einen Platz anweisen werde. Die arabischen Weiber
-empfangen in Gaza sehr leicht; sie gebären ohne Hebammen, selten
-aber fünf bis sechs Male. Als die Pest ihre Verheerungen anrichtete,
-mußte +Tarabra+, in der Eigenschaft eines Physikus der Provinz, alle
-Todesfälle bewahrheiten, und da fand er das Verhältniß der gestorbenen
-Kinder zu den gestorbenen Erwachsenen wie 5 zu 1. Dieses Verhältniß
-beweiset eine schreckliche Sterblichkeit der Kinder, selbst wenn sich
-dasselbe wie 3 zu 1 umwendet. Am meisten klagte +Tarabra+ über die
-griechischen Weiber. Durch ihr unsinnig strenges Fasten, welches sich
-beinahe einzig auf schlecht gekochte Linsen und Oliven beschränke,
-bedingen sie die Absonderung einer schlechten Milch, welche den
-Säugling bisweilen nicht zu ernähren vermöge. Er sah sich bewogen,
-den griechischen Bischof deshalb um Dispensen anzugehen. Die Bewohner
-von Gaza leiden vorzugsweise an Rheumatismen und Katarrh (nicht aber
-an Lungenkatarrh). Oft verschlimmern sie letztere Krankheit durch die
-landesüblichen Bäder. Auch kommt der Scharbock nicht selten vor. Die
-Araber werfen sich am liebsten in die Arme unwissender Menschen. Eine
-große Plage anderer Länder, nämlich die Lungenschwindsucht, geißelt
-die Einwohner von Gaza sehr selten, und hier dürfte vielleicht der
-Schwindsüchtige mehr Linderung hoffen, als in dem gepriesenen Nizza.
-
-
-
-
-Fortsetzung der Reise nach Jerusalem.
-
-Allee; Um- und Unfall; Ebene Sephela; Aushaltigkeit der Thiere;
-verführerischer Weg; Nutzen des Hundegebells; Länge des
-Philisterlandes; Freude über eine fränkische Herberge in Ramle.
-
-
-+Den 27. Wintermonat.+
-
-Ich faßte ungerne den Entschluß, das anmuthige Gaza so bald zu
-verlassen.
-
-In Egypten zauderte ich immer noch mit der Ausführung der Reise
-nach Asien. Wäre sie unterblieben, ich würde einen unverzeihlichen
-Unterlassungsfehler begangen haben.
-
-~Dr.~ +Tarabra+ hatte die Güte, Alles für die Abreise zu veranstalten.
-Die Regierung raffte für den Bedarf der nach Arabien beorderten Truppen
-alle Kameele zusammen, und ohne die menschenfreundlichen Bemühungen
-meines Kunstgenossen für die Auswirkung eines Regierungsbefehles
-würde ich zuversichtlich keines sogleich bekommen haben. Ich nahm in
-dankbaren Ausdrücken Abschied von meinem Gastfreunde, und schwang mich
-auf das Kameel; mein ganzes Gepäcke lag neben und unter mir. Einen
-Schritt vor Gaza wurde ich angehalten. Die Sonne ging immer höher, ohne
-daß ich um die Ursache des Stillstandes wußte. Es sammelten sich immer
-mehr Zuschauer um mich herum. Endlich verlor ich -- die Geduld. Ich
-krächzte in der Sprache der Kameeltreiber ch ch, das Kameel fiel auf
-die Kniee, und ich stieg ab, im Vorhaben, bei +Tarabra+ meine Klage
-vorzubringen. Im Nu kam mein Treiber auf einem Esel dahergeritten.
-Wahrscheinlich wollte man durch die Verzögerung ein Geschenk erzwingen,
-oder der Treiber harrte auf der Lauer, um Zeit zu gewinnen, damit ich
-heute nicht mehr in Ramle anlange. Kurz, jetzt ging es.
-
-Der Weg zog durch einen Wald alter, in Menge zerklüfteter, in
-regelmäßigen Reihen stehender Oelbäume. Gaza muß nach dem Zeugnisse
-unserer Tage ehedem von großer Bedeutung gewesen sein.
-
-Wenn man die ausgetretenen Wege besieht, so träumt man sich hinter
-Jahrtausende zurück, da auf ihnen der Fuß der Menschen, um nur der
-alten Kananäer, Philister und Juden zu gedenken, schon wandeln
-mochte; überschaut man den Boden des Feldes, so wird man seine Güte
-lobpreisen, daß er ohne Speisung fort und fort mit Ueppigkeit die
-Früchte hervorbringt.
-
-Beinahe mitten auf dem Wege nach Ramle hatte mein Thier einen
-kerngesunden Einfall. Um den Reiter los zu werden, fiel es auf die
-Kniee und legte sich auf die Seite. Ich kroch vom Sattel hinweg. Mit
-bestaubten Kleidern setzte ich mich sogleich wieder auf das Kameel,
-welches dann ohne weitere Umfälle den Weg fortsetzte.
-
-Der Kalkstein senkt sich von Südwest nach Nordost, und guckt mit seinen
-Höckern hie und da hervor. Die Erde ist fahl bis gegen Ramle, wo sie
-röthlich zu werden beginnt.
-
-Etwa an acht Dörfern auf der Ebene Sephelah kam ich vorüber. Wie nahe
-ich an den alten Ortschaften Askolon, Astod, Gath, Jabueh und Ekron
-vorüberritt, vermag ich freilich nicht zu bestimmen. So viel ist gewiß,
-daß kein +fließender+ Bach, weder der Eschkol (Traubenbach), noch
-der Jarkon, überschritten wurde, und die gerühmten Weinpflanzungen
-entgingen meinem Auge. Die Häuser Sephelahs stehen alle städteartig
-beisammen. Weil sie niedrig und die Dächer bauchig oder gewölbt sind,
-so erkennt man von der Ferne ein Dorf mit einiger Schwierigkeit; anders
-verhält es sich, wenn der Giebel hoch aufragt. Das palästinische
-Dorf sieht häßlich aus. Die Häuser sind von unbearbeiteten Steinen
-aufgeführt, die Dächer derselben sehr dick, mit einer feuerfesten
-Rinde von Erde, so daß sich darauf hie und da ein geschlossenes Grün
-ansetzt. Dieser Umstand vermehrt noch die Schwierigkeit, mit der man
-ein Dorf aus der Ferne erkennt.
-
-Die Weiber auf dem Felde, deren Gesichter ich mit meinem Auge gleichsam
-erhaschen konnte, waren hübsch. Andern sah ich nur einen Streifen
-vom Antlitze, welches der Schleier in ein noch größeres Geheimniß
-verhüllte, als bei den Egypzierinnen.
-
-Bis Ramle sind zwölf Kameelstunden. Das Thier mußte diesen Weg
-unaufhörlich gehen, ohne daß es Nahrung bekam. Selbst dem kleinen Esel
-ward kein besseres Loos zu Theil, und durch den größten Theil des Weges
-trug er den Führer. Die Thiere halten im Morgenlande mehr aus, als in
-Europa. Sind sie etwa in diesem Welttheile verwöhnt oder verzärtelt?
-Ich sah, erzählt +Wesling+, unter der heißen Sonne ziemlich locker
-angebundene Pferde der Beduinen mit zwei oder vier Loth Wasser für
-einen ganzen Tag und eine ganze Nacht hinlänglich gelabt werden.
-
-Zwei Männer zu Esel schloßen sich nicht weit von Gaza als
-Reisegefährten an. Bei einem Dorfe wollte einer von ihnen links auf
-einen kleinen Weg mich leiten, der mir ein verführerischer Feldweg
-zu sein schien. Ich sagte: +Nein+, ritt rechts davon, und man folgte
-mir auf dem wirklich richtigen Wege. Etwa drei Stunden von Ramle
-verließen mich diese Leute, und lenkten in ein Dorf, wohin sie auch
-mich locken wollten. Uebrigens darf ich nicht verschweigen, daß dieser
-Reisegefährten einer mir eine Mütze einhändigte, die ich verloren
-hatte. Es scheint der gute Eindruck noch nachgewirkt zu haben, den er
-dadurch bekommen mochte, daß ihm ein wenig Speisen aus meinem Vorrathe
-dargereicht wurden. Ich gab sie zwar nicht ihm selbst, sondern dem
-Treiber; allein die Araber haben es im Brauche, die Speisen Andern
-mitzutheilen, und dem Geber in aufrichtiger Gefälligkeit erkenntlich zu
-sein.
-
-Ich hätte wohl ein ganzes Register von Klagen über meinen Treiber. Er
-war ein junger, unbärtiger Kerl, und wußte nicht einmal den Weg nach
-Ramle. Darum fragte er oft darnach; darum wollte er das Uebernachten
-in einem Dorfe erpochen. Die Sonne war untergegangen, und ich ritt
-mit diesem unwissenden Jungen. Gegen acht Uhr hörte ich das Gebell
-eines Hundes. Dasselbe gab mir die Gewißheit, daß ich von Hunden und
--- folglich auch von Leuten nicht mehr ferne sei. So unwillkommen das
-Hundegebell sonst, so willkommen war es mir dieses Mal.
-
-Schon zeugte der Boden von fleißigerem Anbaue; die indischen Feigen
-begleiteten wie ein Geländer die breiter werdende Straße; nun
-schon entdeckte ich Licht; das Minaret glänzte in der frei- und
-festtäglichen Beleuchtung; es erscholl ein Chor von Hundegebell.
-Völlig verschwanden meine Zweifel über die Nähe der Stadt. Unser Weg
-aber kreuzte sich, und der unwissende Bursche fragte deutend mich um
-Weisung. Ich war entschlossen, nach der Gegend, wo die Hunde bellten,
-zu reiten, und winkte sogleich mit der Hand.
-
-Noch sollte mir ein kleiner Unfall begegnen. Nahe schon am Orte meiner
-Bestimmung trank ich gerade in vollen Zügen das süße Glück, als ein
-niedriger Baumzweig mir ins Auge fuhr, daß ich im Augenblicke nichts,
-als einige Funken sah, und daß ich wund und blau wurde. Endlich bin ich
-in der Stadt Ramle.
-
-Um den Umfang des Philisterlandes zu würdigen, darf ich nur daran
-erinnern, daß ich es an einem Tage in seiner Länge durchritt; die
-Breite desselben ist nur unbedeutend. Die Erzählung von den Kriegen,
-welche die Juden mit den Philistern führten, ist geeignet, die
-Vorstellung von der Größe des Philisterlandes irre zu leiten.
-
-Müde, aber sehr müde, gleichsam wie zerschlagen stieg ich am Stadtthore
-ab. Man versicherte mich, daß man beim Reiten auf einem Kameele oder
-Dromedare ähnlichen Beschwerden ausgesetzt sei, wie auf dem Schiffe.
-Dies war bei mir wenigstens nicht der Fall, ohne daß ich die Aussage
-eines Deutschen bezweifeln möchte, welcher dieses Reiten glatterdings
-nicht ertragen konnte, und daher mit dem Reitthiere zu Fuß ging. Als
-ein gutes Vorbauungsmittel gegen die Beschwerden, welche das Reiten
-etwa verursachen könnte, empfiehlt man allgemein das feste Gürten des
-Unterleibes. Auch ich bediente mich dieses Mittels, das mir in der That
-sehr behagte.
-
-Ich hatte Empfehlungen an zwei im Dienste des Vizekönigs stehende
-Franken. Wie sollte ich sie bei Nacht in den menschenleeren Gassen
-aufsuchen? Ich ließ an einem Hause derb anklopfen. Die Stille in
-demselben verkündigte die Ruhe aller Hausgenossen. Doch man ließ vom
-Klopfen nicht ab. Zum Glücke endlich öffnete ein halb gekleideter Mann
-die Thüre. Er wußte die Wohnungen der bezeichneten Franken. Der Antheil
-nehmende, gute Mann war bald beredet, mir jene zu zeigen. Leider
-verfehlte ich die Franken, die sich in Akre befanden. Mir blieb nichts
-übrig, als in dem lateinischen Hospizium der Spanier, die man mir eben
-nicht zu ihrem Vortheile schilderte, Herberge zu nehmen.
-
-Dieser Tag war ein unsriger Sommertag. Die Wolken, durch welche die
-Strahlen der Sonne in Strähnen brachen, arbeiteten an einem Schauer,
-und der Regen drohte bei der schwülen Witterung. Tags lärmten in großer
-Menge die Thiere der Luft, die Vögel, und Nachts die Thiere der Erde,
-die Insekten. Alles, was da lebt auf und über der Erde, singt Tag und
-Nacht das Hochzeitlied, zur Freude der Menschen.
-
-Ach, wie war ich bei meiner Müdigkeit froh, in einer fränkischen
-Herberge ausruhen zu können. Von den Patres freundlich begrüßt, ward
-ich ins Refektorium eingeladen. Sie setzten mir Eier, Fische, Käse,
-Brot und Wein vor, und ich sättigte mich mit Wohlgefallen.
-
-
-+Den 28.+
-
-Ueber Nacht rollte Sommerdonner.
-
-Ich wollte nach Jerusalem abreisen; allein da der Eseltreiber noch
-durch das Beladen der Esel mit Fischen (vom Hospizium, welches mir
-es verheimlichte) mich zum Warten nöthigte, und da ich unter solchen
-Umständen nicht glauben durfte, daß ich noch bei Tageszeit in Jerusalem
-anlangen würde, so blieb ich, obwohl sehr ungerne, zurück. Bereits
-nämlich verließ ich das Hospizium. Ich stand schon am Orte, wo die
-Esel beladen wurden; das Felleisen war schon aufgepackt. Ich drängte
-auf schnelle Abreise. Es half nichts, indem der Muchero (Eseltreiber)
-wähnen mochte, daß ich weder selbst das Felleisen forttragen, noch bei
-der schwachen Morgendämmerung das Hospiz finden werde. Der Mann aber
-thäte sich verrechnen. Ich hob das Felleisen auf die Schulter und trug
-es ins Hospiz.
-
-+Rama+, +Ramla+ oder +Ramle+, ungewiß das Arimathia der Bibel, ist
-weder hübsch, noch groß, aber in einer sehr fruchtbaren Gegend
-und unter einem milden Himmel. Auch hier liegen Ueberbleibsel von
-Alterthümern, z. B. Säulen, herum. Von der Stadt aus eröffnet sich eine
-köstliche Aussicht ins Gebirge Juda bis zum Ephraim.
-
-Der Bassar ist unansehnlich. Ich konnte der Anlockung nicht
-widerstehen, Brot und einige Früchte zu kaufen, die ich mit Lust
-verzehrte.
-
-Zum Zeitvertreibe besuchte ich das griechische Kloster, welches
-ebenfalls Pilger beherbergt. Der Erzpriester empfing mich mit vieler
-Freundlichkeit, verstand aber keine der fränkischen Sprachen, und so
-mußten wir uns begnügen, einander anzuschauen, was doch unstreitig viel
-bequemer ist, als eine auf Nadeln setzende Anrede von Komplimenten zu
-halten.
-
-
-Ende der Reise nach Jerusalem.
-
-Uebereinkunft unter den Augen der ~reverendissimi patres~; Abreise um
-vier Uhr Morgens; Trümmerchroniken; St. Jeremias und sein Brunnen;
-Terebinthenthal; Einförmigkeit des Judagebirges; ~si mira Gerusalemme~;
-im Neuhause abgestiegen; vortrefflicher Wein; vor Freude fast Leid am
-Moriah.
-
-
-+Sonntags den 29. Wintermonat.+
-
-Ich habe mich einen Abend vorher mit dem asiatischen Eseltreiber des
-Hospiziums unter den Augen der Mönche abgefunden. Heute griff man der
-gestrigen Vergeßlichkeit damit unter die Arme, daß man mein Gepäcke
-ohne größere Bezahlung nicht mitnehmen wollte. Mit dem Hospizium
-war kein Streit anzufangen. Froh, von nicht sehr würdigen Vätern
-mich einmal entfernen zu können, gab ich nach, obgleich ich über das
-Vorgefallene ein wenig schmollte. Weit mehr ärgerte mich, daß der roth-
-und triefäugige Knecht des Hospiz mir die Flasche voll Rhum zerschlug
-oder zerbrechen ließ.
-
-Etwa um vier Uhr in der Frühe reiste ich einzig in Begleit eines jungen
-Menschen ab. Ich durchritt eine Ebene, welche die Nacht mir verbarg.
-Beim Grauen des Tages erreichte ich den Anfang des Gebirges von Juda.
-Auf einem Hügel hart am Wege stand ein Dörfchen. Nun schlängelte sich
-der Weg gegen Morgen durch ein Thal, dessen Hügel allmälig zu Bergen
-sich aufthürmten. Der Paß ist nur eine kurze Strecke enge. Hie und
-da unterbrechen den Boden Bäume und der Pflug. Ueberdies wird die
-Gegend durch die lärmenden Hirten belebt. Bevor man den Scheitel
-des nächsten Berges gewinnt, wo eine schöne Fernsicht bis auf das
-Mittelmeer sich aufschließt, erblickt man rechter Hand, auf einem
-Hügel, vom Wege unfern ein Dorf inmitten von Oelbäumen. Dort mag die
-Hälfte des Weges von Ramle bis Jerusalem sein. Von dem Scheitel jenes
-Berges läuft der Weg zuerst ziemlich eben, dann hinunter und hinauf.
-Jetzt hinuntersteigend, kommt man an dem Dorfe St. Jeremias vorüber,
-welches an die nördliche Abdachung eines Berges gebaut ist. Den heitern
-Blick desselben erwiedern mit einem ernsten und finstern einige Ruinen
-daneben, welche wohl aus den Zeiten der Kreuzzüge stammen. Diese, wie
-andere Trümmer an verschiedenen Stellen im Gesichtskreise auf der
-Bergreise sprechen wie Chroniken. In Jeremias ist das jüdische Gebirge
-milde; der Feigenbaum trug noch die Blätter, während die Kälte sie in
-höhern Gegenden gepflückt hat.
-
-Gelangt man von St. Jeremias ins Thal, so zieht rechterseits ein
-Brunnen die Aufmerksamkeit auf sich. Es liegen jetzt noch Stücke einer
-Marmorsäule herum. Sie war vielleicht ein Bestandtheil der Verzierung
-eines Brunnentempels. Weiter beginnt das Weinland. Die Rebe steht da
-stämmig wie ein Baum, ohne Stütze, ohne Band. Der Blätter gelbe Farbe
-feierte den Herbst. Auch anderwärts am Wege nach Jerusalem trifft man
-Weinfeld.
-
-Ich bestieg dann eine Bergspitze mit malerischer Aussicht -- auf den
-wenigstens anderthalb Stunden offen liegenden Weg. Darauf kam ich
-in eine tiefe Thalschlucht, ins Terebinthenthal, ehe ich aber sie
-erreichte, an einem Brunnen vorüber, auf dem eine arabische Inschrift
-steht. Die Sitte der alten Morgenländer befolgend, errichten die
-Mohammetaner über den Quellen kleine Tempel. In der Thalschlucht
-selbst, welche von dem Laub der Feigen- und Zitronenbäume beschattet
-wird, weilt das Auge des Wanderers auf einem ziemlich freundlichen
-kleinen Dorfe. Von dem Bollwerk einer Ruine herunter redete mich ein
-Mann an, der vielleicht mich gastlich einladen wollte.
-
-Jetzt ging es auf die letzte Bergkuppe, fast oben neben einer langen
-Reihe von Kameelen langsamen Schrittes gegen Sonnenuntergang.
-
-Der Weg auf dem Juda ist zwar ein wenig schmal, doch schwierig
-nirgends, vielmehr überall deutlich, fest ausgetreten, in Summa
-fürtrefflich für den, welcher die schweizerischen Berge bereiset hat.
-Neben diesem Wege erhebt sich das Land hier und da stufenförmig, gleich
-Weingärten, was unzweifelhaft läßt, daß der Anbau des Bodens einst weit
-mehr geblühet hatte. Gleich am Eingange ins Gebirge erkennt man ohne
-Mühe die Vierecke der Felder, nunmehr voll kleineren Steingerölles.
-Auf Geschiebe stößt man im Gebirge ungemein häufig, und der Hauptzug
-desselben ist Kahlheit. Zwischen den Steinen und Felsen gedeihen
-wohl gewürzhafte Kräuter, grüne Gebüsche, lachende Bäume; allein
-diese sind unvermögend, die Gegend im Ganzen lieblich und freundlich
-zu kleiden. Im Uebrigen verdient der Juda wirklich den Namen eines
-Gebirges, selbst nach dem Wörterbuche des Hochländers; nur mangeln
-höhere Berge, die einen majestätischen Eindruck machen. Meist sind die
-jüdischen abgerundet, und böschen sich gleichmäßig. Kein Bach wälzte
-sich rauschend bergab durch die Schluchten und Thäler; nirgends tosete
-der Berggeist in wildem Schaum über einen Felsabsturz; ich konnte im
-Terebinthenthale höchstens über eine Brücke setzen, welche über einen
-trockenen Bach sich wölbte.
-
-Auf dem Wege über das Gebirge begegneten mir nicht selten Leute,
-darunter unverschleierte, aber eben nicht schöne Frauen und
-Mädchen, auch ein Weib auf einem Kameele. Mein Hut vor Allem schien
-sie zu befremden. Einigen las man auf ihren Gesichtern: Ach wäre
-nur die Polizei nicht so strenge, wie gerne wollte ich diesen
-Menschen ausplündern. Möchten die leidenschaftlichsten Gegner
-einen +Mehemet-Ali+ und +Ibrahim-Pascha+ nur als Urheber zahlloser
-Ungerechtigkeiten und Verbrechen auslästern, so viel Unparteilichkeit
-werden auch sie besitzen, um diesen Männern nachzurühmen, daß unter
-ihrem mächtigen Arme die Abendländer eines unschätzbaren Gutes, nämlich
-öffentlicher Sicherheit, sich erfreuen.
-
-Wie ich auf dem letzten Bergscheitel stand, entschwebte mir der
-Gedanke, daß ich von der Tochter Zions nicht mehr ferne sein
-könne. Ich durfte eine kurze, nicht sehr merklich abschüssige
-Strecke fortrücken, bis ich weißgraue Thürme und Streifen von Mauern
-erblickte. Ich hielt sie für +Jerusalem+. Ich wurde in dieser Meinung
-bestärkt, weil Weiber, nach Art der Marktleute, mit beladenen Köpfen
-uns begegneten. Als ich zudem das Schmettern der Trompeten vernahm,
-gerieth meine Seele in den Zustand der größten Spannung. Noch ein wenig
-weiter, und der Führer, ein arabischer Jüngling, schlug auf einmal
-meine Ungewißheit aus dem Felde, mit den fränkischen Worten: ~Si mira
-Gerusalemme~ (Man sieht Jerusalem). Da ist denn die Schaubühne so
-verschiedenartiger Auftritte, so schroffer Zerwürfnisse, so blutiger
-Kriege, so mächtiger Umwälzungen, so harter Drangsale, so freudiger
-Begeisterungen. Das ist die vielgenannte Stadt, wie keine auf dem
-ganzen Erdballe so reich an Erinnerungen für den gläubigen Christen und
-den Staub von Israel.
-
-Glaubst du Jerusalem in einem Thale, wo es von oben her einen
-köstlichen Anblick darbiete? Du lebst in der Täuschung. Es liegt
-nur wenig tiefer, als der letzte Bergscheitel und von diesem in der
-Entfernung etwa einer kleinen Stunde. Glaubst du Jerusalem in der
-Mitte anmuthiger Fluren? Du wirst dir der lieblichen Trugbilder
-aufs schmerzlichste bewußt. Der Weg leitete bloß durch steinigen
-Boden, wie ihn +Strabo+ schon nannte, selbst bis zu den Mauern; das
-seltene Grün zwischen den Felsen und Geschieben leistet wenig oder
-keine Entschädigung. Als die Stadt ganz nahe vor mir lag, so erschien
-sie ohne eigentliche Bedeutung und ohne Pracht. Eben übte sich das
-egyptische Militär in den Waffen vor den Mauern am Berge Gihon, und
-die Einsilbigkeit der Stadt ließ mir Muße übrig, das Kriegsvolk zu
-durchmustern.
-
-Ich kam etwa um zwei Uhr Nachmittags im Zickzack durch das Jaffathor,
-und wenn auf dem ganzen Wege mein Auge in keinem einzigen murmelnden
-Bächlein sich badete, so fiel mir gleich eine Pfütze auf, mitten
-in der äußerst schlecht gepflasterten Gasse. Diese Pfütze, dieses
-Straßenpflaster und elende Häuser, -- das ist, was in Jerusalem zuerst
-meinen Blick fesselte. In die zweite Gasse links bogen wir ab. Bald
-erreichten wir das Neuhaus (~casa nuova~), ein Gebäude, welches
-dem Kloster der Franziskaner oder des Erlösers (S. Salvatore) angehört,
-wiewohl ein Gäßchen jenes von letzterem trennt.
-
-Mein Gepäcke wurde in den Hof des Neuhauses gelegt und, nachdem mir von
-dem freundlichen Klosterverwalter der Aufenthalt bewilliget worden,
-in ein Zimmer geschafft. Ich schnitt ein saures Gesicht, als ich
-vergebens Fenster suchte. Auf meiner Wanderung über das Judengebirge
-war es kühl, jetzt fing es mich an den Füßen ordentlich zu frieren an,
-und später fror es mich so stark, daß ich Mühe hatte, mich zu erwärmen.
-
-Da das Mittagessen schon vorüber war, so mußte ich mit übrig
-gebliebenen Speisen mich begnügen. Der reichlich vorgesetzte Wein
-schmeckte mir vortrefflich, und je mehr ich nippte, desto herrlicher
-mundete mir der edle Saft der Rebe. Auch genoß ich seit meiner Abreise
-von Kairo kein schöneres und besseres Brot.
-
-Ich verspürte einige Müdigkeit, zwar nicht vom Gehen, obschon ich den
-weitaus größten Theil des Gebirgsweges zu Fuß zurücklegte, sondern vom
-Reiten wegen des unförmlich breiten Sattels. Darum unternahm ich diesen
-Tag nur noch einen kleinen Spaziergang durch etliche Gassen der Stadt.
-In meiner frohmüthigen Stimmung zu Jerusalem zwischen dem Gehinnon und
-Josaphat, dem Zion und Oelberg und Golgatha sang ich mitten durch den
-Bassar unter der Menge von Menschen. Mein Gesang aber hörte plötzlich
-auf. Warum? Das will ich erzählen. Bei meinem Mangel der nähern
-Kenntnisse von der Stadt schritt ich arglos durch das Thor an der
-Vormauer der Omarsmoschee, welche auf der Stelle des Salomonstempels
-erbaut sein soll. Die Mohammetaner liefen gegen mich drohend heran,
-ich merkte, den Tempel im Angesichte, daß ich mich verging, und
-unverzüglich kehrte ich um. Mein unsaumseliges Benehmen hatte jedoch
-keine andere Folge, als die, daß der Gesang sich in Pausen auflöste.
-
-
-
-
-Jerusalem.
-
-
-Oertliche und klimatische Verhältnisse.
-
-Jerusalem oder Soliman, bei den Arabern El-Kots (die Heilige),
-liegt an einem ziemlich steilen Bergabhange. Der Berg beginnt eben
-sich schroffer zu senken, und es erheben sich die Mauern der Stadt,
-auf drei Seiten von einem tiefen und schmalen Thale, wie von einem
-Festungsgraben, umgeben. Die Natur war so zuvorkommend, um die Stadt zu
-befestigen, daß die Kunst aus Dankbarkeit ihren Theil beitragen sollte.
-Beinahe in der Mitte der Abendseite der Stadtmauern steht das Jaffathor
-(Bab-el-Kalil). Hier beginnt das Thal Gihon, streicht, den Berg Gihon
-zur Rechten, eine kurze Strecke gegen Mittag, und läßt kaum einen zum
-Theil verschütteten, zur Zeit wasserleeren Teich, den Teich Berseba
-(nach +Jonas Korte+) oder Bethsabe (nach einem andern Schriftsteller),
-zurück, als es sich gegen Morgen wendet, unter dem Namen Gehinnon etwa
-eine halbe Viertelstunde weit, um links mit dem Thale Kidron oder
-Josaphat zusammenzustoßen. Das letztere Thal, von der Brücke an keine
-Viertelstunde lang, geht von Mitternacht gegen Mittag. In dem Thale
-Gihon fließt der Bach Gihon, und in dem Thale Kidron der Bach Kidron.
-Der Wasserüberfluß ergießt sich in den Lothssee (todte Meer). Also
-auf drei Seiten ist Jerusalem von einer Thalschlucht umfangen: auf
-der Bethlehem nähern Abendseite vom Gihon, auf der Mittagsseite vom
-Gehinnon und auf der Morgenseite vom Kidron. Indeß ist vom Jaffathor an
-gegen Mitternacht, wo die Stadtmauer gegen Sonnenaufgang umlenkt, gegen
-Emaus und vor dem Damaskusthore kein Thal, sondern ziemlich ebenes,
-aber rauhes Land.
-
-Der Boden der Stadt ist uneben; im Allgemeinen neigt er sich nach der
-aufgehenden Sonne. Eine Felsanhöhe und zwei Hügel sind deutlich zu
-unterscheiden. Der Zion steigt von Mitternacht sehr sanft an. Desto
-schroffer stürzt er gegen die Bergthäler Gihon und Gehinnon. Zion
-nennen die heutigen Schriftsteller die Felsanhöhe im Winkel dieser
-Thäler. Das Thor, welches auf den Zion sich öffnet, heißt Zions- oder
-Davidsthor (Bab-el-Nabi-Daud), und man gelangt nicht geradenweges
-über die Schlucht Gehinnon zu der gegenüberstehenden Schluchtlehne
-Hinnon, über welche der Weg nach Bethlehem weiset, sondern man geht
-durch das Zionsthor und das Jaffathor, bis man auf langem Umwege
-dem Zion gegenüber sich befindet. -- Das Franziskanerkloster liegt
-im Nordwest der Stadt. Beim Neuhause geht es steil hügelan. Wenn man
-durch die Thüre von Mitternacht her zu ebener Erde eingeht, so muß
-man mehrere Treppenstufen hinuntersteigen, bis man auf der Südseite
-zu ebener Erde herauskommt. Selbst die Gasse südlich am Kloster fällt
-gähe gegen Morgen. Ich will den Liebhabern alter Namen die Freude nicht
-mißgönnen, diesen Hügel im Nordwest der Stadt +Akra+ zu benennen, ob
-er gleich, darf ich meinen Augen trauen, an Höhe den Zion übertrifft,
-welcher, wenn ich recht deute, einst die Oberstadt hieß. -- Unter dem
-Akra, dem Josaphatsthale näher, im Nordwest der Stadt erhebt sich
-ein anderer Hügel. Der Bequemlichkeit willen in der Beschreibung und
-des geschichtlichen Anklanges wegen belege ich ihn mit dem Namen
-+Bezetha+. Der Anfang der sogenannten Schmerzensgasse (~via dolorosa~)
-richtet sich in ziemlicher Neigung von Morgen gegen Abend, und von
-dort zieht eine andere Gasse auf der entgegengesetzten Seite und in
-entgegengesetzter Neigung von Abend gegen Morgen, nämlich gegen das
-Josaphatsthal. Unter den Stadtmauern durchgängig hat dieses Thal
-besonders gähe Wände. -- Die Moschee +Omars+ soll auf der Felsnadel
-+Moriah+ stehen, wo der weise König +Salomo+ die Baustelle für den
-Tempel kaum groß genug fand, weil sie, „überall gähe, gegen das Thal
-hing (+Flavius Josephus+)“. Die Felsnadel war längst abgetragen. Moriah
-steht von Mittag dem Bezetha gegenüber, wie der Zion dem Akra. Und die
-vier Anhöhen oder Hügel in Jerusalem heißen, nach den alten Urkunden,
-Moriah und Bezetha, Zion und Akra. Ich aber unterschied mehr nicht, als
-zwei Hügel; denn Zion ist eine Felsanhöhe, und der Name Berg verwirrt
-in der Sprache der Deutschen den Sinn.
-
-Ich ermangelte nicht, +Flavius Josephus+, welcher nicht lange nach
-+Christus+ lebte, so genau, als möglich zu vergleichen. Aufrichtiges
-Geständniß der Unzulänglichkeit im Verstehen fördert das Gedeihen
-der Wahrheit mehr, als unklare, anmaßende Vielwisserei. Wie man mich
-auch immer beurtheilen mag, ich gestehe frischweg, daß ich nicht im
-Stande war, das Dunkel völlig zu verdrängen, welches einige Stellen
-in der Lagebeschreibung des Jerusalemers +Josephus+ umschwebt. Mich
-spornt keine Lust an, gesehen zu haben, was ich nicht gesehen hatte.
-Denjenigen, welche sich mit der Erklärung behelfen, daß durch gewaltige
-Naturereignisse der Boden Jerusalems eine andere Gestalt angenommen
-habe, erwiedere ich mit den Worten: Warum ragen noch so merkwürdige
-Ueberbleibsel des hohen Alterthums in unser Zeitalter herein, hier
-der Brunnen in der Tiefe zwischen Moriah und Zion, jenseits am Kidron
-die Grabmale, dort außer der Stadt gegen Mitternacht die Grabhöhlen?
-Ich will allerdings die außerordentliche Zerstörung und Umwandlung
-Jerusalems gerne zugeben, und in Kraft dessen selbst bemerken, daß
-ich keinen einzigen von jenen +ganzen+ Steinen antraf, welche, nach
-der Geschichte, zwanzig Ellen lang und zehn breit waren. Man fragt
-mit Erstaunen: Wohin sind sie denn verschwunden? Wer hat sogar diese
-schweren Massen entführt oder zerstört? So wenig oder schwer ich
-+Flavius Josephus+ verstehe, so treu und faßlich finde ich dagegen die
-Ortszeichnung des Pilgers +Hans Jakob Ammann+, welcher ihr mit den
-Schweizer-Wörtern „Halden“ und, dem „Tobel“ Josaphat gleichsam eine
-vaterländische Farbe auftrug.
-
-Zur Zeit meines Aufenthaltes flossen in Jerusalem keine Bäche, weder
-der Kidron, noch der Gihon. Jener ist ein wildes Wasser bei stärkerem
-und anhaltenderem Regen.
-
-Die Grundlage ist etwas röthlicher und so harter Kalkfelsen, daß er
-die Politur nicht versagt. An vielen Orten tritt er nackt hervor, und
-an andern überkleidet ihn eine dünne Schichte von Erde und vielen
-kleinen Geröllen. Der Boden ist demnach weder gut zur Weide, noch
-zum Anbaue. Mit Mühe sucht das Auge die Palmen, gleich wären sie aus
-Egypten hieher verbannt. Oel- und Feigenbäume, fast die einzigen
-Stammgewächse, verdichten sich nicht zu Wäldern wie bei Gaza und Ramle,
-sondern stehen ziemlich einzeln. Von unausdauernden, wildwachsenden
-Pflanzen verbreiten mehrere einen gar angenehmen Geruch. An wenigen
-Stellen wird das Grün der Wiesen von den Steinen nicht unterbrochen.
-Wo man es erblickt, wirkt seine Lebhaftigkeit wohlthuend, und wenn man
-die Kühe darauf grasen sieht, möchte man in patriarchalischem Entzücken
-die Steine und Gerölle der Wüste vergessen. Langsam gleitet der Pflug
-an den Abhängen des Kidrons und Gehinnons. Derselbe ist einfach genug,
-daß er die Steingeschiebe oder die Schuttsteine nicht scheuen darf. Ein
-Eisen, das in die Erde wühlt, ein dünner Baum, welcher dieses Eisen
-hält und den Zugstrick aufnimmt, noch eine Handhabe hinten für den
-Ackermann, -- das ist der Pflug unter dem Moriah, auf welchem ehemals
-der reiche Tempel des israelitischen Volkes stolz emporstrebte. In
-den Thälern, worin einst so heilige Stimmen hinauf zum Throne Jehovas
-erhallten, zittert jetzt die Luft von dem rohen Geschrei des Pflügers.
-Nicht allein der Strich gegen Ramle, wohl aber die ganze Umgegend trägt
-überhaupt das Gepräge der Unebenheit, der Zerrissenheit, der Kahlheit,
-der Unergibigkeit. Was ist nachsichtiger, als die Vaterlandsliebem
-welche die Häßlichkeit einer Gegend läugnen kann?
-
-Der Himmel ist weit minder heiß, als in Kairo. Der Ostwind wehte
-kalt. Während des Sommers regnet es äußerst selten, und die strengern
-Wintermonate sind die eigentliche Regenzeit. In der regenreichern Zeit
-herrscht nasse Kälte und fällt manchmal Schnee[1]. Mir dünkt, daß
-die Einwohner, vorzüglich die Weiber, zu wenig gegen die Kälte sich
-schützen. Auch sind die Fensterscheiben eine Seltenheit, während sie
-doch zu Kairo in Menge vorgefunden werden.
-
-
-Gesundheitszustand und Bevölkerung.
-
-Jerusalems Lage und Himmelsstrich hält man für ungesund. Wechselfieber,
-Durchfälle und Ruhren kommen häufig vor. Der in dieser Stadt
-stazionirte egyptische Militärarzt, ein Italiener, machte mir die
-Mittheilung, daß es gegenwärtig mehrere Ruhrfälle unter den Truppen
-gebe. Selbst die Pest verschont die Stadt +Davids+ keinesweges und
-im laufenden Jahre sah man sie übel haushalten. Die Egypzier sollen
-in der Regel im ersten Monate ihres Aufenthaltes zu Jerusalem von
-einer Unpäßlichkeit befallen werden, nach und nach aber sich gut
-an die Gegend gewöhnen. Es gebrach mir an Zeit zur Einsicht in die
-Todtenbücher, um über die Sterblichkeit ein haltbareres Urtheil zu
-fällen. Ebenso wenig darf ich rühmen, etwas Zuverlässiges über die
-Bevölkerung vorführen zu können. Den bisherigen Angaben mangelt es an
-Gründlichkeit, und neue Vermuthungen, die meinige von 12,000 Seelen,
-würden sich gerade mit dem gleichen Vorwurfe strafen.
-
-
-Bauart der Stadt.
-
-Die Stadt ist von zickzackigen, hohen, hin und wieder zu Thürmen
-emporragenden, massiven, festen Mauern umringt. Außerhalb läuft neben
-diesen ein Fußweg im ganzen Umfange. Die Stadt, immerhin nicht groß,
-ist von Südwest nach Nordost am längsten. Wäre eine gerade und gute
-Straße angelegt, so würde man sie in einer starken halben Viertelstunde
-gehen.
-
-Die Gassen sind krumm, dabei zwar gepflastert, aber ungemein schlecht.
-Ein oder mehrere Pflastersteine fehlen häufig. Die Gasse hat zur Seite
-einen unebenen, erhabenen Weg für die Fußgänger und eine tiefere,
-hier und da sehr schmale Mitte für eine andere Art Fußgänger, -- für
-die Thiere. Oft stockt hier übelriechendes Wasser, zum mindesten
-in der Regenzeit, und der große Schmutz macht das Gehen zu einem
-überaus lästigen Geschäfte. Die erhabenen Fußwege sind so schmal,
-daß zwei Personen, die einander begegnen, sich, oft nicht ohne Mühe,
-umdrehen müssen, um vorüberzuschreiten. Wie treffend wären +Ammanns+
-Worte: +Jerusalem hat viele wüste, unsaubere Gassen+, für das heutige
-Soliman. Man kann sich nicht verhehlen, Jerusalem eignet sich nicht am
-schlechtesten zum Sitze einer gewissen weltweisen Schule.
-
-Die Bassar sehen aus, wie in andern Städten, sind aber an
-Unansehnlichkeit und Schmutzigkeit vielen überlegen. Einer ist gewölbt,
-und das Gewölbe von einer Entfernung zur andern mit einer viereckigen
-Oeffnung durchbrochen, wodurch das Licht der Sonne auf Gasse und Buden
-strömt.
-
-Die Stadt besitzt viele unterirdische Gänge zur Ableitung der
-Unreinigkeiten und des Wassers. Eben grub man auf dem Hügel Bezetha, wo
-jetzt eine Kaserne steht, und wo einst der Palast des Herodes gestanden
-haben soll. Man stieß etwa zehn Fuß in der Tiefe der Gasse auf einen
-alten Gang, dessen Mauerwerk man von einander riß, um daraus einen
-neuen zu bauen.
-
-Die Häuser haben entweder platte, oder kuppelförmige Dächer ohne
-Ziegel, sind nicht hoch und durchwegs von Stein; viele altern und
-weichen aus dem Senkel. Thüren und Läden scheinen zufällig durch den
-Wind hingeweht. Im Abendlande würde man über die meisten Häuser als
-Armseligkeiten die Achsel zucken und diejenigen bedauern, welche
-darin wohnen müßten. Eine große Zahl europäischer Beuchhütten
-verdiente im Vergleiche mit einer Menge Jerusalemer-Häuser den Namen
-schöner Gebäude. Neben und mit so manchen bewohnten Häusern im
-beßten Einvernehmen erhalten sich nicht selten Ruinen, wie: Gewölbe,
-umgestürzte Marmorsäulen oder aufrecht stehende Säulenstümpfe. Von
-Wehmuth ergriffen, wandelte ich unter diesen Siechen und Leichen,
-welche in unsern Tagen den Dienst erfüllen, daß sie das Andenken an
-die Größe und den Reichthum der Vorwelt auffrischen, während jetzt
-Kleinliches und Armseliges den Blick ermüden und verdüstern. Aus
-Jerusalem insbesondere ergeht der ernste Ruf, über den Wechsel der
-Dinge Betrachtungen anzustellen. Vor zwei Jahrtausenden würden es gewiß
-Wenige vom Volke Israel geglaubt haben, wenn man prophezeit hätte,
-daß die aramäische Sprache im Fortschritte der Zeit innerhalb der
-Markung Judäas die Herrschaft verlöre. Dafür wimmelt heute in der Stadt
-ein Babylon von Sprachen: das Arabische, Griechische, Lateinische,
-Italienische u. s. f., das Arabische selbst im Munde der Hebräer.
-Eroberungen von Ländern und Völkern folgt immer zuletzt und am
-zähesten die Eroberung des geistigen Volksschatzes, der Sprache.
-
-Und da ich gerade von den Sprachen rede, so bemerke ich im Vorbeigehen,
-daß in dem Theile des Morgenlandes, welchen ich bereisete, unter den
-abendländischen Sprachen die italienische oder die sogenannte ~lingua
-franca~ überwiegt. Man würde zwar mit der französischen Sprache in
-Kairo recht gut, nicht aber an allen übrigen Frankenorten ausreichen.
-
-
-Die Kirche des Christusgrabes.
-
-Der Geist, in dem man die gefeierten Stellen besucht, darf weder zu
-zweiflerisch, noch allzu gläubig sein. Es unterliegt keiner Frage,
-daß mehrere große Ereignisse, deren die Schrift erwähnt, in Jerusalem
-und seinem Weichbilde sich aufgerollt haben; aber: Wo? -- ob nun denn
-beim Fuß und Zoll hier und nicht dort, hüben und nicht drüben, oben
-und nicht unten, -- das stelle man doch, bei der Fülle allwissender
-Ueberlieferungen und bei der Dürftigkeit an rein geschichtlichen
-Haltpunkten, in den heiligen Zufluchtsort der Menschenseele, ohne zu
-verunglimpfen oder -- zu verketzern. Zur Annahme der Wunder selbst sich
-zu bekennen, gehört nicht einmal zur Recht- und Strenggläubigkeit im
-engern Verstande, damit auch nicht zur Ketzerei, so man anders dieses
-Wort hier gebrauchen darf.
-
-Wenn der Anblick der Häuser für die Anstrengungen der Reise wenig
-Entschädigung verspricht, so überrascht hingegen aufs angenehmste die
-Kirche des Christusgrabes durch ihre Größe und den Adel ihres Baustyls.
-Der majestätische Dom rührt den Christen, zieht ihn an, ladet ihn
-ein. Die Kirche liegt unter dem Kloster des Erlösers und über der
-Omarsmoschee, ungefähr in der Mitte des Dreiecks, wenn man eine Linie
-vom Zion zum Bezetha, vom Bezetha zum Akra und vom Akra zum Zion zieht.
-
-Es war an einem Montage, als ich den Tempel besuchen wollte. Ich
-ging mehr, denn einmal vergeblich zur Thüre. Indeß öffneten die
-Griechen dieselbe ebenso wenig ihren glaubensverwandten Pilgern,
-welche sich vor der Kirche in ziemlicher Anzahl versammelten. Tages
-darauf hatte ich die Freude, die Grabeskirche offen zu sehen. Ich
-trat hinein, und siehe, da hockten zur Linken zwei Türken in aller
-Bequemlichkeit auf dem Diwane, indem sie eine Pfeife rauchten und
-ihre lebhaften, schwarzen Augen sehr weltlich herumdrehten. Ehemals
-galt es als eine Art Begünstigung, wenn man gegen Erlegung eines
-Kopfgeldes das Christusgrab besuchen durfte. Ohne Anstand wird jetzt
-der Zutritt zu den Heiligthümern gestattet. Die Christen verdanken
-die Abschaffung der mannigfachen Scherereien dem Bezwinger Syriens,
-+Ibrahim-Pascha+.
-
-Hier bin ich nun im Tempel, der, nach der Behauptung der Gläubigen,
-sich über Golgatha und das Grab +Christi+ wölbt. Wer zählt die
-Andächtigen, welche in dem Gotteshause schon Labsal tranken? Wer möchte
-aber auch die abscheulichen Auftritte des Parteihasses unter den
-verschiedenen Bekennern der christlichen Religion schildern? Gleich
-beim Eintritt in die Kirche fallen marmorne Steinplatten, nahe in
-der Mitte zwischen Golgatha und dem Grabe, auf. Dort soll +Christus+
-gesalbet worden sein. Wendet man sich links, d. h., gegen Abend, so
-sieht man eine über den Boden der Kirche und des Kirchenplatzes sich
-erhebende kleine Kapelle, welcher die Merkzeichen des Felsens oder
-der Felsenhöhle abgehen. Sie heißt Grabeskapelle. Wenn sie äußerlich
-nicht dem Künstler genügt, so mag sie doch den Freund irdischen Glanzes
-befriedigen. Der Eingang in das Innere ist so enge, daß nicht zwei
-Menschen neben einander durchkommen könnten. Darin wird +das heilige
-Grab+ oder das Grab +Jesu Christi+ verehrt. Dem Eintretenden steht zur
-Rechten, als das Grabmal, ein platt gedeckter, etwa einen halben Fuß
-hoher, von Morgen gegen Abend gerichteter Sarg, aus weißem Marmor,
-worüber eine schwere Menge blendend funkelnder Goldleuchter hängt. Auf
-der andern Seite der Kirche, gegen Morgen, führt, wie es heißt, +unter
-dem Kalvarienfelsen+ eine Treppe in einen Keller, die Kapelle +Adams+.
-Was ich aber von Golgatha und dem Grabe im wahren Grunde halte, werde
-ich später mit Umständlichkeit erörtern.
-
-An der Wandung der Kirche wechseln viele Altäre. Die Lateiner besitzen
-eine besondere Kapelle. Lateinische Pilger weilen wohl auch drei Tage
-und drei Nächte in dem Tempel. Man bringt dannzumal die Speisen aus
-dem Kloster in die Küche der Kirche, um sie hier aufzuwärmen und zu
-vertheilen.
-
-Die Griechen können unmöglich verbergen, daß sie über das Christusgrab
-den Meister spielen. Sie betragen sich sehr hochmüthig, und schauen
-mit Verachtung auf die andersdenkenden Christen herab. Es ist in der
-That eine wohlthätige Maßregel, daß die +Mohammetaner in der ersten
-Kirche der Christenheit Polizei halten+. Unzweifelhaft wären sonst
-die Zänkereien und Balgereien unter den Nazarenern des verschiedenen
-Kirchengebrauches weit häufiger und ernster. -- Einige Gläubige konnten
-sich nicht oft genug niederwerfen und bekreuzen.
-
-Vor und in der Kirche schwärmen zudringliche Bettler herum, die
-wahrhaft Aergerniß erregen. Neben denselben werden von Andern an der
-Kirchenpforte Kreuze und andere ~sante cose~ (Heiligthümer), z. B.
-der ausgeschnitzte +Christus+ am Kreuze, feil geboten. Die Christen
-in Jerusalem sorgen gar wohl dafür, daß der Pilger, ehe er die
-Schwelle der Grabeskirche überschreitet, das Einmaleins wiederhole,
-und sich der vergänglichen Güter, des Geldes, erinnere. Es verdient
-doch wohl die Beherzigung eines Jeglichen, daß um den Baum eines zwar
-unerschütterlichen, aber nicht verdauten Glaubens an die Lehren aus
-dem Munde der Priester und Gesetzkenner -- die Wucherpflanzen der
-Weltbegierde gerne ihre Netze stricken, wenn diese Priester und diese
-Gesetzkenner in ihrem Eifer vergessen, auf den Stamm des Glaubens die
-Zweige der Tugend zu pfropfen.
-
-Ich kann mich vom Grabe +Christi+ nicht entfernen, ohne einer
-schaudervollen Begebenheit zu gedenken. Als um das Neujahr 1834 der
-Feldherr +Ibrahim+ dasselbe besuchte, entstand ein solches Gedränge,
-daß in der Kirche zweihundert Menschen vom Leben abgerufen wurden,
-ohne diejenigen in Rechnung zu bringen, welche an der Pforte im
-Gedränge sogleich oder später in Folge desselben starben. Ein Pater
-erzählte mir, wie er über die Todten wandeln mußte, und einen andern
-erschütterte das gräuelvolle Schauspiel so tief, daß er seither an
-Schwermuth leidet.
-
-Und nun halte ich stille, um auf die Schädel- und Grabstätte
-zurückzublicken. Habe ich denn viel Lohnendes wahrgenommen? Wurden
-meine Erwartungen erfüllt? Ich will meiner Antwort einige Worte
-vorausschicken, in Erinnerung der Menge, von welcher die Jetztzeit
-unbedenklich des Unglaubens beschuldiget wird. Ich will zuerst Männer
-reden lassen, welche, nach der Volksmeinung, in der guten Vorzeit
-des Glaubens lebten. Nachdem +Salomo Schweigger+, der Pilger des
-sechszehnten Jahrhunderts, die Heiligthümer Jerusalems angeführt,
-bricht er in das unumwundene Geständniß aus: Ich für meine Person
-habe all’ dergleichen Heiligthümer anders nicht gesehen, sind mir
-auch weniger zu Herzen gegangen, als das geringste Ding. Ich kann
-auch +weniger davon sagen, als wenn ich nie wäre daselbst gewesen,
-ausgenommen das heilig Grab+. So weit +Schweigger+, dem ich die
-Unparteilichkeit schuldig bin, seine Worte über dieses Heiligthum
-anzuführen. Das heilig Grab, spricht er, bedünkt mich aber kein
-erdichtet Heilthum, sondern in Wahrheit das Grab +Christi+ zu sein,
-in Ansehung, daß dasselbige ohne Schrecken und +ohn’ Entsetzen von
-Niemand+, es seien Christen oder Türken, +mag gesehen werden+. Denn als
-ich’s gesehen, ging ich nicht dergestalt hinein, als hielt’ ich’s für
-das Grab +Christi+, sondern, wie alle anderen Heilthümer mir verdächtig
-waren, als wenn es nur erdichtete Heilthümer wären oder Geldnetze, also
-auch dies. Als ich aber hineinkam in das Gewölb, kam mich und auch die
-Herren aus der Gesellschaft solche Furcht und Schrecken an, daß uns
-alle Härlein gen Berg standen, und uns bedünkte, wir schwebten zwischen
-Himmel und Erden, ja als wären wir von der Erden verzuckt. Es erweckt
-auch eine solche herzliche Andacht und Eifer in uns gegen +Christo+
-zum Gebet und christlicher Danksagung, daß’s über alle Maßen ist. Wie
-man eben von +Schweigger+ vernimmt, unterlag er am Christusgrabe einem
-so außerordentlichen Eindrucke, daß man seine Worte zwar nicht in
-Abrede stellt, aber doch kaum begreift, weil so Manche heutzutage dahin
-wallen, ohne über die Maßen ergriffen zu werden. +Hans Jakob Ammann+,
-der im Jahre 1613 das Christusgrab besuchte, drückt sich so aus: Auf
-jetzt beschriebene Weise wird das +heilig Grab+ gezeigt, und +siehet,
-der dahin reiset, von dem Orte des Felses, da Christus begraben, ebenso
-viel, als der, so gar nicht dahin kommt+........ Ob man schon die Leute
-also bereden will, es sei das rechte in Felsen gehauene Grab, so hab
-ich doch das Widerspiel augenscheinlich gefunden, da ich mit einem
-Messer den Kalk zwischen den Fugen, da die marmelsteinernen Tafeln
-zusammengestoßen, herausgestochen, und keinen Felsen, sondern nur
-Mauern gefunden habe.
-
-So sprachen vor Jahrhunderten +Schweigger+ und +Ammann+, der eine gegen
-die Echtheit von Golgatha, der andere gegen die des Christusgrabes.
-Jetzt werde ich mich selbst bestreben, eine der wichtigsten Fragen aus
-der Ortsbeschreibung Jerusalems zu lösen.
-
-
-Liegt das Grab Christi in oder außer der jetzigen Stadt Jerusalem?
-
-Es schiene im hohen Grade befremdend, wenn eine so wichtige Stätte,
-wie das Christusgrab, von den Urchristen nicht genau ins Auge gefaßt,
-und diese Ortskunde nicht von Geschlecht auf Geschlecht mündlich
-überliefert worden wäre. Schenkt man, wird man entgegenhalten, so
-vielen weltlichen Stellen Aufmerksamkeit und Glauben, so fordert die
-Gerechtigkeit, daß man auch heiligen Stätten die Aufmerksamkeit nicht
-entreiße, und den Glauben an sie nicht tödte. Dazu kommt noch, was die
-Weltgeschichte erzählt. +Hadrianus+ ließ nämlich, zum Aergernisse der
-Christen, am Orte, wo +Christus+ hingerichtet und begraben worden,
-einen Götzentempel erbauen; allein schon im vierten Jahrhundert unserer
-Zeitrechnung erhob sich unter +Helena+, der Mutter +Konstantins+ des
-Großen, an der Stelle des im heiligen Eifer geschleiften Götzentempels
-die Grabeskirche.
-
-Offen lege ich das Geständnis ab, daß die mündlichen und diese
-schriftlichen Ueberlieferungen für mich völlig genügend wären, um
-die Echtheit der Schädel- und Grabstätte anzunehmen. Man darf indeß
-nicht einseitig und nicht zu rasch vorgehen; es müssen nothwendig
-und vor Allem die biblischen Urkunden geprüft und verglichen werden.
-Schweigen sie über die Oertlichkeit, so ergänze ich die Lücke mit der
-Weltgeschichte und den mündlichen Ueberlieferungen; reden sie, so
-stelle ich auf ihren Entscheid ab.
-
-Die vier Evangelisten +Matthäus+ und +Markus+, +Lukas+ und +Johannes+
-erzählen, daß +Christus+ auf der Schädelstätte (~mons calvariæ~,
-hebräisch Golgatha) gekreuziget, und dann daneben in dem Felsengrabe
-eines Gartens beigesetzt worden sei.
-
-Wo liegt Golgatha mit dem Grabe daneben? Nahe der Stadt Jerusalem
-war der Ort, wo +Jesus+ gekreuziget worden, überliefert der Jünger
-+Johannes+ (19, 20). Ist es von allem Zweifel ferne, daß Golgatha
-außer, doch nahe bei der Stadt lag, so bleibt man gleichwohl bei
-Ausmittelung der Stelle nahe um Jerusalem, d. h., in seinem ganzen
-Umkreise, im Ungewissen, und diejenigen, welche die fragliche Nähe bei
-der Stadt auf dem Gihon erblicken, haben, wenigstens meines Wissens,
-nichts für sich, als Schlußfolgerungen.
-
-Wo Gihon und die Grabeskirche liegen, darüber wurde früher Aufschluß
-ertheilt, und +es leuchtet aus Allem aufs gewisseste hervor, daß die
-jetzige Grabeskirche dem Gihon nicht angehört+. Ich urtheile nicht
-bloß nach dem Augenmaße, sondern auch nach einem Grundrisse der
-Stadt, welchen ein Ingenieur, +Failoni+, gezeichnet hat, und welcher
-ganz besonders deutlich darlegt, daß das alte Jerusalem eine aller
-Wahrscheinlichkeit widersprechende, beinahe krüpplichte, gleichsam
-kerbthierförmige Lage oder Gestalt haben mußte, wenn man das heutige
-Christusgrab außer die alte Stadt versetzte. Man wird genöthiget,
-zwischen dem Zion und Akra von West einen tiefen Ausschnitt zu machen,
-von welchem auch bei +Flavius Josephus+ überall nicht die Rede ist.
-Wer auch nie das Glück hatte, in Jerusalems Mauern zu leben, wem bloß
-vergönnt ist, eine treuere Abbildung von der Stadt zu sehen, der wird
-beim ersten Anblicke der Grabeskirche gleich über der Omarsmoschee,
-gleich über dem Moriah, die Bedenklichkeiten nicht unterdrücken können.
-
-So lange mir nicht mehr Belege zu Gebote stehen, dürfte ich freilich
-nicht geradezu mit unbiegsamer Hartnäckigkeit behaupten, daß das
-von den christlichen Priestern gezeigte Golgatha und Christusgrab
-eine geschichtliche Täuschung seien; ich habe aber hinlänglichen
-Grund, zu neuem Denken und Forschen in dieser Sache aufzumuntern.
-Wollte man sich denn in Erläuterungen einlassen, so mochte eine
-solche Täuschung um so leichter Wurzel schlagen, je sehnlicher man
-die Baustelle für den Grabestempel dort wünschen mußte, wo man vor
-feindlichen oder räuberischen Ueberfällen sicherer sein konnte. Es
-kann Niemanden entgehen, daß eben die Mauern der Stadt diese größere
-Sicherheit gewähren. Schon die einzige Thatsache -- um auf andere
-nicht zurückzukommen -- daß ein christliches Kloster auf dem Zion,
-will heißen, außer den Stadtmauern, den Türken abgetreten werden
-mußte, nimmt entschieden Partei für solche, die eine Täuschung für
-wahrscheinlich halten, und hätte dieser Fall niemals sich ereignet, so
-würde man vernünftigerweise zwischen einem armseligen Kloster und einer
-Kirche mit ansehnlichen Schätzen eine Unterscheidungslinie durchführen.
-
-Das +Grab selbst+ oder die +Kapelle+ desselben, +welche die Grabeshöhle
-vorstellen soll+, ist überdies, sie kann nicht besser, zu Erregung von
-Zweifeln geeignet. Nach der Erzählung der Evangelisten wickelte +Josef+
-von Arimathia den Leichnam +Christi+ in Leinwand, legte ihn ins Grab
-(κατέθηκεν), welches in Felsen gehauen war, und wälzte einen Stein
-über die Grabesöffnung (ἐπὶ τὴν θύραν)[2]. Das ist ebenso einfach,
-als gegründet in den morgenländischen Sitten. Man wickelt in unsern
-Tagen den Leichnam in weiße Leinwand, und versenkt ihn uneingesargt
-ins Grab. Im Evangelium geschieht des Umstandes keine Erwähnung, daß
-+Christus+ in einen Sarg gebracht wurde. Es meldet vielmehr, ohne ein
-Weiteres, daß derselbe eingewickelt ins Grab gelegt wurde, welches
-dann ein Stein deckte. Wenn man in der Grabeskirche, an der Stätte,
-da +Christus+ gekreuziget ward, einen Garten, und im Garten ein neues
-Grab (+Johannes+ 19, 41) sucht, so lacht heute kein Garten, und es thut
-sich kein Grab auf; aber das Auge überrascht ein Sarg, unzweifelhaft
-die fromme Zugabe von Priestern. Allerdings wüßten Zweifler, wenn man
-selbst die Todesgruft, selbst den Stein, selbst die Spezereien heute
-noch auf das klarste sähe, einen Ausweg dahin, daß Alles nachgekünstelt
-sei; allein die Einfalt hat vor ältern Zeiten viel zu wenig erwogen,
-daß der treueste Befund nach dem Wortlaute der biblischen Urkunden vor
-den Angriffen der Zweifelsucht weitaus am sichersten schützen würde.
-
-Es war zwar die Grabeskapelle früherhin nicht ganz so, wie jetzt,
-aber doch im Wesentlichen gleich: stets enge, wenig zugänglich, mit
-brennenden Leuchtern. Vormals mußte man sogar, um zum Grabmale zu
-gelangen, durch eine kleine viereckige Oeffnung, als eine seltsame
-Grabesöffnung, schlüpfen, wovon +Salomo Schweigger+ in seiner alten
-Treuherzigkeit eine Abbildung lieferte. Ich werde mich jedoch wohl
-hüten, die Abbildung von diesem Schlüpfen in Worten ausführlich
-auszudrücken, weil ich besorgen müßte, den Besuch des Grabes ins
-Lächerliche herabzuziehen. Man war, wie es scheint, schon beim Bau
-der Kapelle beflissen, die Wirkung hervorzubringen, daß das Gefühl
-vorherrsche, und der überall beengte Geist vor demselben erstumme.
-
-Dem übertriebenen Eiferer widerfährt oft das Loos des Lügners,
-welchem man zuletzt die Wahrheit nicht mehr glaubt. Es bedarf keines
-Beweises, daß, zumal im Streite für die Religion, der überspannte
-Eiferer in seinen Seitensprüngen gerne die einfachsten Dinge mit
-Wundern vergoldet, und so kann er auch in der Regel auf den Beifall
-der Männer mit nüchterner Urtheilskraft wenig rechnen, +wie willig
-und gerne sie immer die Wahrheit vernehmen und glauben+. Die Menschen,
-in deren Brust die Flamme maßloser Leidenschaft auflodert, haben die
-Schuld offenbar sich selbst zuzumessen, wenn ihnen der unwissende oder
-wenig unterrichtete Haufe mehr glaubt und vertraut, als Leute, die mit
-einem größeren Vorrathe an Kenntnissen ausgerüstet sind. Es ist sehr
-wahrscheinlich, daß überhaupt der religiöse Glaube besser und fester
-stände, wenn nur nicht die Verkündiger und Verbreiter desselben über
-die Schale (die Form) den Kern (das Wesen) zu oft übersehen hätten.
-
-
-Die Gräber der Könige.
-
-Außerhalb des Thores von Damaskus (Bab-el-Scham) liegt gleich zur
-rechten Hand die gegen die Stadt schauende Felsenhöhle, in welcher
-+Jeremias+ seine Klagelieder gesungen haben soll, und ungefähr in einer
-halben Viertelstunde davon erreicht man die sogenannten Gräber der
-Könige. Der Boden zwischen der Stadt und den Gräbern ist mit vielen
-Steinen übersäet. Darunter zeichnen sich hin und wieder Mosaiksteine
-aus, an welchen ich den festen Mörtel deutlich unterscheiden konnte.
-Will man die Gräber besehen, so tritt man durch ein mit Schutt mehr,
-als bis zur Hälfte gefülltes Thor in einen großen, unbedeckten Raum,
-welcher, wie dieses, aus dem Kalkfelsen gehauen ist. Der Grund war
-grün, und diente den Kühen zur Weidung. An der Abendseite dieses Raumes
-öffnet sich der Eingang zu den Grabhöhlen. Ihn zieren halb erhabene
-Arbeiten, welche von einem so einfachen, als edeln Geschmacke zeugen.
-Man kommt, nicht ohne Komplimente zu schneiden, durch den theilweise
-verwitterten Eingang in einen Vorsaal. Dieser führt in vier Kammern,
-die sich hinwieder in Nebenkammern verzweigen. Alle sind Hauwerke im
-Felsen ohne Schmuck und Inschrift. Dagegen tragen die Grabdeckel, hohle
-Halbwalzen von Stein, auf der einen Seite Verblümungen als Zierath. Die
-dicken Thüren der Todtenkammern von gleichem Felsen haben auf der einen
-Fläche einfache Zeichnungen von Vierecken, wie Täfelthüren. Man findet
-sowohl ganze Thüren, als auch Bruchstücke, keine aber eingehängt. Vor
-zwei Jahrhunderten liefen dieselben noch in ihren Angeln.
-
-Die Aushöhlung des harten Felsens muß ein mühsames, kostspieliges Werk
-gewesen und jedenfalls von Vielvermögenden des Landes angeordnet worden
-sein. Man schreibt jetzt die Todtenkammern den Römern zu. In frühern
-Zeiten hielt man sie für die Gräber der Könige von Juda.
-
-
-Die Grabhöhle der Maria.
-
-Hinweg durch das Stephansthor, vorbei am Stephansplatze, vorwärts über
-die kleine, steinerne Brücke des Kidrons, -- und man sieht gleich
-linker Hand den Eingang in eine Höhle. Siebenundvierzig Stufen von
-glattem Marmor leiten in ihre Tiefe. Es ist die Grabhöhle unserer
-lieben Frau, ihres Gemahls und ihrer Mutter. Eine Menge Blendwerk,
-Goldleuchter, geschliffene Steine der Kapelle verkümmern den Gedanken
-an eine natürliche Höhle. Eben lasen die griechischen Priester ihre
-Messe. Das Näselnde der Stimme widerte mich in hohem Grade an. Noch
-am widerlichsten näselte ein Knabe das +Kyrie+ (Herr). Ich habe am
-Gottesdienste wenig Ernst, wenig Würdigkeit zu rühmen.
-
-Hart an +Mariens+ Grabhöhle stößt eine Höhle der Lateiner, worin die
-Apostel geschlafen haben sollen. Sie bildet den schroffesten Gegensatz
-der erstern: +einfach+ und +glanzlos+.
-
-Ueber der Marienhöhle stand in ältern Zeiten eine Kirche, bekannt unter
-dem Namen Marienkirche.
-
-
-Die Grabmale Absaloms, Josaphats und Zachariassen.
-
-Ueberschreitet man die Kidronbrücke, und hält man am Fuße des Oelberges
-stille, so wird man staunend den Blick gegen Morgen auf Denkmale
-heften, die sich aus der grauen Vorzeit so gut erhalten haben, als die
-Pyramiden und Obelisken Egyptens. Es sind die Grabmale +Absaloms+,
-+Josaphats+ und +Zachariassen+.
-
-Das Grabmal +Absaloms+ ist zum Theil aus dem Felsen gehauen; der
-thurmähnliche Aufsatz dagegen besteht aus Mauerwerk. Im Widerspruche
-mit der Ueberlieferung aber wurde, nach +Flavius Josephus+, zwei
-Stadien von Jerusalem dem +Absalom+ eine marmorene Säule errichtet.
-Das Grabmal +Josaphats+, ein einziger, aus dem Felsen gehauener Stein,
-stellt ein kleines Häuschen vor. Schutt füllt fast das ganze Innere,
-welcher mit einem so geringen Aufwande wegzuschaffen wäre, und der
-mehr ein Denkmal auf die Trägheit der Zeitgenossen, als das Denkmal
-eines Verstorbenen zu sein scheint. Unverantwortlicherweise hält man
-es nicht einmal der Mühe werth, dasjenige recht zu betrachten, was die
-Urväter mit Anstrengung und Sorgfalt ausgearbeitet hatten. Nahe dem
-Grabmale +Josaphats+ liegt jenes des +Zacharias+ und an der westlichen
-Abdachung des Oelberges überhaupt eine Menge gehauener Grabhöhlen und
-jüdischer Grabsteine. Diese sind unförmliche Grabdeckel, höchstens an
-ihrer Oberseite glatt gemeißelt und mit einer hebräischen Grabschrift
-versehen.
-
-Kenner stimmen mit einander nicht überein, ob die Grabmale +Absaloms+,
-+Josaphats+ und +Zachariassen+ wirklich jüdische seien. So lange dieser
-Hauptstreit nicht geschlichtet ist, bleibt es unerheblich, das erste,
-zweite oder dritte Denkmal nach +Absalom+, +Josaphat+ oder +Zacharias+
-zu nennen. Niemand aber bezweifelt ihr hohes Alterthum.
-
-
-Der Brunnen Siloah.
-
-Geht man vom Zionsthore links hinunter, steigt man an der Südostseite
-Jerusalems, gegenüber dem Dorfe Siloah, nicht hoch über dem Kidron
-einige Stufen in die Tiefe, schreitet man vorüber an dem baufälligen,
-kleinen, steinernen, einst von Säulen überragten Wasserbehälter, die
-vielleicht den Siloahthurm getragen haben; so bemüht man sich dann
-noch eine Treppe hinunter, und wen gelüstet oder dürstet, der darf nur
-sich neigen, um aus dem unverschlossenen, gänzlich in den Kalkfelsen
-greifenden Brunnen Siloah zu schöpfen und zu trinken. Ein Gang von
-zwei Fuß Breite, durchläuft er eine Ebene von dreihundertundsiebenzehn
-Schritten. Anfangs ist er zwei Mann hoch; nach zweihundert Schritten
-aber nimmt die Höhe ab, bis man zuletzt nicht anders, als auf
-beschwerliche Weise, mit geducktem Leibe, sich vorwärts bewegen
-kann. Schutt verhindert das weitere Vordringen gegen den Moriah. Das
-Wasser hat überall die gleiche Höhe von etwas mehr als einem Fuß. Die
-auftretende Sohle fühlt Sand und unter diesem den Stein. Der Gang
-wendet sich rechts. So erzählte mir der sonst nicht sehr verläßliche
-Führer, welchen ich zu diesem unterirdischen Spaziergange bewog.
-
-Der über fünfhundert Fuß in den Kalkfelsen eingehauene Brunnen ist
-unstreitig ein ungeheures Werk. Der Tiefe und Breite nach verdient
-er kaum Erwähnung; allein wegen seiner beträchtlichen Länge enthält
-er einen Reichthum an süßem Wasser, das wohl auch vor Alters zu
-Bewässerung naher Gartenanlagen benützt worden sein mag. Wäre von den
-Alten ein solcher Gang unter dem Felsenbette eines Stromes getrieben
-worden, so würde er ein denkwürdiger Vorgänger des Londoner-Tunnel sein.
-
-+Ammann+ gedachte des Siloah-Brunnens mit mehr Bestimmtheit, als
-andere, die nach ihm denselben beschrieben haben: Unten an dem Berg
-Zion fleußt ein ziemlicher Bach aus dem Felsen heraus. Der Wege oder
-Gang dieses Wassers ist in den Felsen künstlich gehauen, daß man weit
-dem Wasser nach in den Felsen schliefen kann. Und fleußt dieses Wasser
-in den Felsen vom Tempel und der Stadt Jerusalem hinab. Auf der Höhe
-dieses Felsens soll auch der Thurm Siloah gestanden sein. Und gleich
-vor diesem Felsen gibt es ein klein Teichlein. Darinnen soll sich der
-Blinde im Evangelio gewaschen haben, da +Christus+ zu ihm gesagt: Gehe
-hin, und wasche dich im Teich Siloah. So weit +Ammann+.
-
-Zwischen dem Stephansplatze und dem Siloahbrunnen zeigte man mir
-noch eine Quelle unter dem Namen +Marienquelle+, vielleicht den
-Drachenbrunnen +Nehemias+.
-
-
-Die Felsanhöhe Zion.
-
-Am Jaffathore gegen Mittag erhebt sich ein großer, alter Thurm, ehemals
-das Pisaner-Schloß, jetzt aber von den Wegweisern +Davidsthurm+
-genannt. Man verdeutete mir sogar das Fenster, durch welches der König
-+David+ seine Augenweide an der sich badenden +Bath Seba+ fand, obschon
-der Verfasser der Bücher +Samuels+ (2, 11, 2) erzählt: +Von dem Dache+
-des königlichen Palastes sah +David+ ein schönes Weib sich baden.
-
-Nähert man sich von da dem Zion, so liegt links an der Gasse +das
-Kloster der Armenier+. Es gibt beinahe nichts Glänzenderes, als die
-Kirche desselben. Niemand unterbrach darin die feierliche Stille, kein
-Sterblicher war da, meine Aufmerksamkeit abzulenken, und so konnte man
-um so ungestörter sich ergehen an dem morgenländischen Prunke, an den
-edeln Steinen und Metallen, die überall zur Schau gelegt sind, und das
-Auge schier blenden. Es mag für die Morgenländer tief berechnet sein,
-daß die Priester ihre heiligen Stellen mit Dingen ausschmücken, welche
-einen mächtigen Eindruck auf die Sinne erregen. Dem kalt forschenden
-Verstande des Abendländers ist damit freilich wenig gedient, welcher
-auf höherem Standpunkte die Beschaulichkeit gerade von der Sinnlichkeit
-unabhängig machen möchte. Die Kirche soll über dem Orte aufgeführt
-sein, wo der Apostel +Jakob+ enthauptet worden war. Man öffnete sie mir
-ohne alle Schwierigkeit.
-
-Außer dem Zionsthore, gegen den Brunnen Siloah, sieht man einen
-Theil der alten Wasserleitung von Bethlehem, welche die Stadtmauer
-durchdringt. Von dem Thore kommt man +beinahe eben+ bis zur Moschee
-und zum Spitale auf dem Zion. Man wird vielleicht diesen Worten mit
-Mühe Glauben schenken, und ich möchte nicht zürnen. Der Wegweiser mußte
-mir selbst an Ort und Stelle mehrmal betheuern, daß Zion der Zion sei,
-weil meine Einbildungskraft so ungerne von einem Berge lassen wollte.
-Auch der ehrliche +Ammann+, welcher aufs allernaiveste die Risse des
-Kalvarienfelsens beschreibt, ging „fast eben hinaus auf den Berg Zion.“
-
-Man will auf der Felsanhöhe die Hausstelle des jüdischen Hohenpriesters
-+Kaiphas+ gleich vor dem Zionsthore noch wissen. Beinahe blindes
-Mauerwerk, ein armenisches Bruderhaus, sichert ihr bei den Gläubigen
-ein bleibendes Andenken. Einige Schritte weiter vorne und links
-gegen den Blutacker, näher der Gehinnonschlucht, steht eine Moschee
-und ein Spital, nach der dragomanischen Sage, am Platze, welchen
-die Burg +Davids+ eingenommen und auf welchem +Jesus+ das Abendmahl
-eingesetzt habe. Andere verlegen die alte Burg in die Mitte oben auf
-der Felsanhöhe, wo der Finger einiger Mauertrümmer in die inhaltschwere
-Vergangenheit hinaufzeigt. Gewiß ist, daß die Moschee und das Spital
-ein Kloster der Barfüßermönche war, woraus sie vor zwei Jahrhunderten
-von den Türken verjagt wurden. Wenig erquicken Grabsteine den ziemlich
-kleinen und eher öden Scheitel des Zions.
-
-Mit gerührter Seele begrüßte ich den Ort, wo, nach den
-Ueberlieferungen, jene Psalmen gesungen wurden, die, voll religiöser
-Wärme, durch Jahrtausende tönten bis auf heute, und fortwährend noch
-so viele Gemüther mit Begeisterung für die Gottheit erfüllen. Wie
-denn, dürfte man fragen, konnte man in einer Gegend, welche im ganzen
-Umkreise das felsichte Trauerkleid trägt, zum Dichten der erhabenen
-Psalmen bewegt, wie angefeuert werden? Das Geräusch und der Glanz der
-großen Stadt in der Nähe mochten das Herz des königlichen Sängers, in
-welchem die Eindrücke des frühern Hirtenlebens noch nicht erloschen
-waren, zur kindlichen Einfalt und Frömmigkeit stimmen. Gihon und
-Gehinnon und Josaphat ziehen das Auge in die Tiefe; auf den Oelberg
-und den Berg des bösen Rathes muß es aufwärts im Fluge; es schwebt
-in der Furche von Mitternacht gegen Mittag, um darin vergebens nach
-dem Jordan zu spähen; es ruht auf dem fernen, bläulichen Gebirge des
-ostjordanischen Landes; jetzt steigt es in den azurblauen Himmel,
-ins Unendliche empor. Empfängt das Auge denn in der That nicht ein
-großes und großartiges Bild, dessen ganze Farbenfrische in ein
-reicheres Gemüth zurückgeworfen werden muß? Wenn in der Nähe die
-vielen Steine dem düstern Gefühle rufen, so leiht ihnen die Ferne eine
-gefällige Gestalt und Farbe, und in der weitesten Ferne, welche an
-den Himmel streift, träumt man sich gar schon die Herrlichkeiten des
-Ueberirdischen.
-
-
-Der Oelberg.
-
-In der Stadt, links am Wege zur Stephanspforte und in der Nähe der
-letztern bemerkte ich einen ausgemauerten Wasserbehälter. Man nennt
-ihn den Teich +Bethesda+. Er stand einsam, und es sind um ihn die
-Kranken verschwunden, welche in demselben einst ihr Heil suchten.
-Kein Engel durchfächelt mehr den Spiegel des Wassers. Es scheinen die
-Bethesdaengel ins Abendland, zu den Priestern +Aeskulaps+ entflohen zu
-sein. Durch die Stephanspforte und über den Stephansplatz erreichte
-ich bald +Mariens+ Grabhöhle. Von da an aber ging es ziemlich gähe
-hinan, auf einem breiten Fußwege, kaum eine Viertelstunde lang bis zum
-Gipfel des Oelberges, welcher über ganz Jerusalem emporragt. Nicht die
-günstigste Stimmung bewirkt auf der Höhe ein arabisches Dorf elender
-Häuser mit Kothdächern. Ich sah am Wege ein Weib, wie es Mist in die
-Hand nahm, um damit eine Einfriedigung von Steinen zu beklecksen oder,
-wie es meinte, zu bemörteln.
-
-Auf dem Oelberge verwahrt der Moslim den Schlüssel zu der Stelle,
-welche der Christ verehrt, nämlich zu der kleinen Moschee, welche über
-jene sich wölbt. Man erblickt in der Mitte derselben das Stück eines
-nackten Felsens, von dem aus +Jesus+ in den Himmel gefahren sein soll.
-Vertiefungen des Steines gibt man für Eindrücke der Fußtritte aus.
-
-Ich bestieg den Thurm der Moschee, um die Aussicht freier zu genießen.
-Ich brannte vor Begierde, Jerusalem, in der Tiefe gegenüber, zu
-überschauen. Von hier aus gewährt die Stadt einen angenehmen,
-merkwürdigen Anblick. Der Prachttempel +Omars+, groß und buntfarbig,
-unten grün, daneben gegen Mittag der Tempel der Präsentazion, nunmehr
-eine Moschee, und die Dome des Grabes +Christi+ zeichnen sich
-vortheilhaft aus. Nördlich thürmt sich das Gebirge Ephraim auf, so die
-Berge Garizim und Ebal in Samaria; östlich zunächst liegt Bethanien
-weiter weg die Ebene von Jericho, dann die Senkung, welche das Thal
-des Jordans andeutet, und selbst ein kurzer, glänzender Streif
-dieses Flusses, so wie auch das obere Ende des Lothssees, im fernen
-Hintergrunde Peräa, ein Theil des Gebirges Gilead; südlich erheben
-sich die Anhöhen von Bethlehem, südlich und westlich das Hochland
-Juda. Wären auch die Gegenstände, über die man in wenig Augenblicken
-dahineilt, nicht voll hehrer Erinnerungen, so würde man die Aussicht
-köstlich heißen, und man scheidet ungerne von dem wahrhaft fesselnden
-Standpunkte. Der Oelberg, wiewohl er nicht eigentlich hoch ist,
-übertraf weitaus meine Erwartungen.
-
-Unten am Wege auf den Oelhügel stehen acht +ungemein alt aussehende
-Oelbäume+, wie man versichert, im Garten Gethsemane. Es wachsen
-übrigens am Oelberge auch andere Oelbäume und auch Feigenbäume, aber in
-dünner Zerstreutheit, und die Steine maßen sich daneben so viel an, daß
-der Hügel eher über Unfruchtbarkeit klagt.
-
-
-Die übrigen Merkwürdigkeiten,
-
-welche in Jerusalem und seiner Nähe gezeigt werden, will ich hier, nach
-den Mittheilungen der Führer, bloß in Kürze berühren. Der eine Dragoman
-weiß wohl auch etwas mehr, als der andere, und der dritte und vierte zu
-viel oder zu wenig.
-
-Das zugemauerte goldene Thor unter der Omarsmoschee in der Stadtmauer;
-der Palast des +Pilatus+; die Häuser der heiligen Frauen, des +Markus+,
-+Thomas+, +Jakob+; der Bogen des Ecce Homo, der verfluchte Feigenbaum,
-die Schweißhöhle, der Jeremiasbrunnen; die Stellen, wo +Jesus+ das
-Unser Vater lehrte, sein Todesurtheil voraussagte, wo er gefangen
-genommen wurde, wo er seiner Mutter, wo er den heiligen Frauen
-begegnete, wo er das Schicksal Jerusalems beweinte, wo er fiel oder
-sich auflehnte, und dadurch Gepräge auf dem Steine zurückließ, wo
-+Petrus+ seine Sünden beweinte, dem +Malchus+ ein Ohr abschnitt, und
-wo er gegeißelt ward, wo +Simon+ genöthiget, das Kreuz aufzunehmen, wo
-Judas sich erhängte, wo +Stephan+ gesteiniget wurde (der Stephansplatz
-zwischen dem Damaskusthor und der Kidronbrücke); das Lager der
-römischen Armee, als +Titus+ Jerusalem belagerte, das Lager des Grafen
-der Normandie, das Quartier des Grafen von +Flandern+, +di Paolo+,
-+Eustach Tankred+, des +Gottfried von Bouillon+ und des Grafen von
-+Toulouse+, u. dgl.
-
-
-Physiologischer Karakter der Einwohner.
-
-Wenn ich mich befleißigen werde, den Jerusalemer nach seinen
-körperlichen Eigenschaften hervorzuheben, so verstehe ich unter
-demselben hauptsächlich die Bauersleute der Umgebung, weil sie wohl
-das Bild der Vorältern treuer bewahrt haben werden, als der städtische
-Mischmasch.
-
-Die Haarfarbe ist schwarz, die Hautfarbe weiß oder bräunlich;
-insbesondere macht sich ein schöner Anflug eines zarten Wangenroths
-bemerkbar. Rothe, blauäugige und blonde Leute gibt es selten. Der
-Körper eher groß, dabei gut und fest gebaut; das Zellgewebe mit
-ziemlich viel Fett. Die Stirne nicht sehr hoch und mäßig breit. Die
-Nase lang, gebogen, mit herabstehender Spitze und dünnen Flügeln, im
-Ganzen ziemlich groß. Die Lippen eher dünn und der Mund groß. Die Zähne
-schön. Das Gesicht spitzt sich, nach dem Umrisse eines Eies, von der
-Stirne nach dem Kinne zu. Das Ohr von mittelmäßiger Größe schließt sich
-dem Haupte an. Der Gang und überhaupt die Bewegung ist lebhaft, die
-Haltung des Leibes gerade. Die Weiber stehen den Männern an Schönheit
-nach. Vielleicht waren aber die schönen weiblichen Schätzbarkeiten
-verschleiert oder zu Hause. Aus den Augen der Männer, worunter
-bildschöne, strahlt eine ruhige Gluth. Ich sah nicht leicht etwas
-Ausdruckloseres, als den Blick und namentlich den halboffenen Mund der
-Frauen und Mädchen, welche sich vor dem Denken ordentlich zu fürchten
-scheinen.
-
-
-Sitten und Gebräuche.
-
-Sie herrschen im Allgemeinen ungefähr so, wie in Alexandrien, wo sie
-bei meiner Ankunft aus Europa mich beinahe betäubten. Wenn ich in
-+Alexanders+ Pflanzstadt über die Gasse ging, so überraschte mein Ohr
-eine Art Gerassel. Ich trat näher; es war eine Mühle; ein Thier mit
-verbundenen Augen trieb im Zuge das Mühlerad. Also traf ich es auch
-in Jerusalem. Ein Mann, in den Gassen Großkairos herumziehend, bemüht
-sich, mit einem Kruge unter dem Arme, die Aufmerksamkeit der Menschen
-dadurch zu wecken, daß er, zwei Schüsselchen auf einander schlagend,
-ein hohes Geklingel verursacht. Es ist ein Meth- oder Sorbetverkäufer.
-Also sah ich es auch in Jerusalem. Auch hier hockt man bei Arbeiten.
-Lange Reihen von Kameelen, eines oder zwei mit einer Klingel, schreiten
-gleichsam als lebendige Alterthümer durch die Stadt.
-
-Eine besondere Würdigung verdient
-
-
-Die Tracht.
-
-Ich will die Kleidung des Weibes voranschicken; denn da dieses
-überhaupt so viel Werth auf sie setzt, so gebührt ihm doch wohl der
-Vorrang.
-
-Das +Weib+ trägt ein blaues Hemde (Leibrock), das bis auf die
-Fersen flattert, und dessen Aermel in ein langes, spitzes, frei
-herumfliegendes Band enden. Dieser Leibrock, welcher durch einen
-Brustschlitz angezogen und mit einer Binde um die Lenden gegürtet wird,
-ist die einfachste Kleidung. Zu der zusammengesetztern gehört ein
-gestreiftes Ueberhemde (Ueberrock), welches bloß bis an die Knie und
-mit den Aermeln bis an die Ellbogen reicht, so daß der Leibrock die
-Vorderarme und Unterschenkel allein deckt. Vorne gespalten, kann das
-Ueberhemde wie eine Jacke angezogen werden. Die Leibkleidung wird der
-Morgenländer nicht als unzüchtig bezeichnen, welcher kaum beachtet,
-daß sie einen Theil des Busens den Blicken nicht entzieht. Den Kopf
-verhüllt ein weißer Schleier, ein lumpiger bei der armen Klasse, ein
-grober und schmutziger bei der mittlern, ein feiner und zierlicher
-bei der reichen. Die Schleier bei der letztern sind ungemein groß,
-fallen über die Schultern, die Brust und den Rücken, und verlaufen
-in Spitzen über den Fersen. Dieser Kopfschleier vertritt die Hauben
-und Hüte der Europäerinnen. Die Christinnen tragen im Durchschnitte
-keinen Gesichtsschleier. Die Mehrzahl der Weiber geht barfuß. Sogar
-an ziemlich kalten Tagen des Christmonats sah ich viele über die
-schmutzige Gasse barfuß ziehen. Die Uebrigen gehen in Schuhen von
-verschiedener Form, die meisten in rothen mit langem Ueberleder. Dabei
-fiel mir das Schuhgestelle außerordentlich auf. Um nämlich die Schuhe,
-die im Morgenlande auf die Dauer nicht wasserdicht sind, trocken zu
-erhalten, befestiget man auf jede Sohle querüber zwei etwa vier Zoll
-hohe Bretchen, und man wandelt mit einer solchen Vorrichtung trocken
-des Weges. Allein dieses Gehen kostet Mühe, zumal auf den glatten und
-nassen Steinen der unebenen Gasse. Ein Weib ging so langsam auf den
-Schuhbretchen einher, daß es mir verleidet und ich beinahe lieber bis
-auf die Haut durchnäßt worden wäre.
-
-
-Ohren- und Fingerringe nahm ich nicht wahr, wohl aber silberne oder
-messingene Spangen am Vorderarme. Für jene Ringe tragen indeß die
-Frauensleute andere Zierden, die so recht in den wilden Kram noch
-taugen. Gleich unter den Nasenöffnungen wird ein Fleck des Gesichtes
-auf jeder Seite blau gefärbt, und, die Wahrheit gestanden, es würde
-sich dies ohne weitere Zugabe nicht einmal sehr übel ausnehmen. Dann
-sitzt ein solcher Fleck auf der Stirne zwischen den Augenbraunen;
-oder zur Seite des Kinns die Figur ÷÷ oder mitten im Kinne ⸬; oder
-zur Seite der Mundwinkel ⁛ Eines oder Mehreres, wo nicht Alles
-zusammen, befremdet den Abendländer bald bei dieser, bald bei jener
-Frauensperson. Andere Beobachter könnten, wie ich nicht zweifle, noch
-mehr erzählen. Mir schien schon das Gegebene zu viel, selbst wenn die
-Punktirung eine sinnige Schrift vorstellen sollte. Es wäre für die
-Abendländer ein neuer Quell des Gewerbefleißes geöffnet, geriethen sie
-je auf den Einfall, Bücher an sich abzutatowiren oder auf Menschen
-Büchersäle zu bauen.
-
-Der +Mann+ trägt ein langes, vorne in der Länge gespaltenes, um
-die Lenden zugegürtetes Hemde meist von blauer Farbe. Das kürzere
-Ueberhemde steht am Vordertheile der Länge nach offen, und hat, wie
-dasjenige der Weiber, ebenfalls breite Streifen, z. B. von rother
-Farbe. Ich durfte mich ordentlich zusammenfassen, um die Tracht der
-Jerusalemer festzuhalten; denn in einer Stadt, wo so viel Trachten
-durch einander wimmeln, wird die Aufmerksamkeit gar leicht zerstreut.
-Bald ein polnischer Jude, bald ein russischer Edelmann, bald ein
-Grieche, bald ein Franke etc. mischen sich in das dem Landeseingebornen
-Eigenthümliche. Die Tracht europäischer Juden hat viel Gemeinsames
-mit derjenigen der Eingebornen; sie gewinnt unstreitig geschichtliche
-Bedeutsamkeit, und keinen Augenblick schwebe ich im Zweifel, daß die
-Israeliten des alten Testamentes sich ähnlich kleideten, wie die
-neuen Rabbinisten oder Talmudisten. Der Bauer des Landes trägt seinen
-üppigen Bart ungeschoren; hingegen lassen die meisten Städter bloß den
-Schnurrbart stehen und scheren den übrigen Bart, alle aber den Kopf.
-Der morgenländische Christ bedeckt sein Haupt mit einem Turban gleich
-andern Morgenländern. Man sieht rothe, grüne, weiße, blaue, bunte
-Turbane. Viele Mohammetaner haben, wie in Egypten, eine rothe Mütze
-(Fes) auf ohne Bund.
-
-
-Das Kriegsvolk.
-
-Seit Syrien unter egyptische Botmäßigkeit gebracht ist, wird es von
-Kriegern überschwemmt. Einzig und allein mit einer zahlreichen,
-bewaffneten Mannschaft vermag der Statthalter Egyptens die Syrier zu
-zügeln, auf daß sie ihm nicht abtrünnig werden. Es ist eine ausgemachte
-Sache, daß das Land unter der Last Pflastertreter schwer leidet. Es
-drängt sich die beherzigenswerthe Frage auf: Würde der Vizekönig nicht
-mehr besitzen, wenn er mit Egypten sich begnügt hätte?
-
-Man kann sich auch in Jerusalem nicht bergen, daß die neue Ordnung der
-Dinge +in Bezug auf Polizei+ sich aufs herrlichste bewährt. Ob aber
-das Alles sich halten werde, wenn einmal die Menge achtunggebietender
-und furchteinflößender, fremder Wehrmänner das unterjochte Land
-räume, liegt unenthüllt im Schoße der Zukunft. Freilich verheißt die
-Art und Weise, wie die Verbesserungen eingeführt wurden, nicht die
-sicherste Gewähr. Denn der neue Verwalter begann sie nicht von Grund
-und Wurzel aus; er trachtete nicht, die Hauptsache, in der eigentlichen
-Volksschule die Landeskinder in Kenntnissen vom Guten und Nützlichen
-mehr unterrichten zu lassen. Nur durch eine Schreckenherrschaft,
-vor der jedwedes menschliche Gefühl zurückbebt, verscheuchte er die
-Weglagerer, die Räuber, die Mörder. Diese unterlassen Frevel, Raub und
-Mord nicht, weil sie von Gott und dem Fürsten verbotene Handlungen
-sind, sondern weil sie vor der unausbleiblichen strengen Strafe
-zittern. Beseelte die feigen Syrier ein Gran Muthes, so würde die
-schöne Polizei des neuen Gebieters wie eine Seifenblase zerplatzen.
-
-+Strabo+ nennt die Bewohner der Gegend, woher ich gebürtig bin, Räuber,
-Streifhorden, und schildert in Beziehung auf Geistesbildung die alten
-Syrier zu ihrem Vortheile. Ich wandere nun in Palästina, und kann hier
-erzählen, daß bei uns die Sicherheit der Person und des Eigenthums auf
-einer sittlichen Grundlage, dem gewissen Zeichen der Entwachsenheit aus
-dem barbarischen oder rohen Zustande, ruht. Was würde der Kappadozier
-heute dazu sagen?
-
-Um zu den Verbesserungen +Mehemet-Ali’s+ zurückzukehren, so will ich
-nicht verhehlen, daß er eine neue medizinische Schule in Damaskus
-gündete. Man müßte indessen eine Binde vor den Augen haben, wofern
-man nicht die blutige Richtung selbst in dieser so menschenfreundlich
-scheinenden Maßregel erblickte. Zum Kriegen braucht man Leute, und
-sobald man Leute braucht, so muß es Einem daran liegen, daß sie am
-Leben erhalten werden.
-
-Die Regierung +Mehemet-Ali’s+ reibt sich an so manchen Gegensätzen:
-Ernst neben Spiel, Geschäftigkeit neben Faulenzerei, Geizen neben
-Verschwenden. Es verdient Erwähnung, daß selten einer der europäischen
-Angestellten die Regierung aufrichtig lobt. Wenn einige unbestritten
-vom edeln Triebe zu Vermehrung der Kenntnisse in Künsten und
-Wissenschaften geleitet werden, womit sie einmal ihrem Vaterlande zu
-nützen hoffen; so verrichten dagegen die meisten ihre Geschäfte nicht
-aus Liebe zum Fortschritte auf dem geistigen Gebiete, sondern aus
-Liebe zu einer guten Bezahlung, nicht aus Liebe zur Regierung, sondern
-aus Liebe zu Ehr und Ansehen, zu einem bequemen und üppigen Leben vor
-einer reich besetzten Tafel, bei Weibern und auf der Jagd. Hat einmal
-der Mensch seine sittliche Spannkraft verloren, so bleibt er bloß noch
-ein sieches Schattengewächs. Ich kann nicht aussprechen, wie sehr mein
-Herz beklommen ward, wenn ich dem kalten, lahmen, maschinenmäßigen,
-selbstsüchtigen Gange der Regierung zusah.
-
-So viel als allgemeine Bemerkungen über die egyptische Regierung. Sie
-sind kurz, wie die Prüfungszeit selbst war.
-
-Begeben wir uns wieder zu den Heerschaaren, so führt der Faden der
-Beschreibung zur Bemerkung, daß ebenfalls Jerusalem von der egyptischen
-Plage, dem Militär, heimgesucht wird.
-
-Ich hätte schon an andern Orten, voraus in Kairo, Gelegenheit gefunden,
-über die egyptischen Truppen ein einläßlicheres Wort fallen zu lassen.
-Ich bin dem Militär von jeher fremde geblieben, und was man am
-wenigsten versteht, berührt man am ungernsten.
-
-Ich schilderte früherhin, daß, bei meinem wenig feierlichen Einzuge in
-Jerusalem auf dem müden, fast kniefälligen Esel, vor den Mauern der
-Stadt Truppen meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Die Gewandtheit und
-Regelmäßigkeit bei ihren Waffenübungen überstiegen alle Erwartung. Wie
-der Künstler seine Bildsäulen in einer geraden Reihe aufstellt, so
-stehen die Wehrmänner neben einander, nur darnach schauend, was sie
-ablernen sollen, und darnach horchend, was man ihnen befahl.
-
-Die Bewaffnung des Soldaten besteht in einem wohlgeputzten Gewehre,
-wozu ein Säbel und eine kleine Patrontasche gehören. Letztere trägt der
-Soldat an einem gelbledernen Riemen über dem Rücken, auf welchem er
-zugleich in einem Habersacke die nöthigsten Bedürfnisse nachschleppt.
-
-Die Kleidung ist bald von weißem, bald von rothem, bald von
-anderfarbigem Zeuge. Pumphosen umgeben enge die Unterschenkel, und
-enden innen und außen halbmondförmig, dergestalt, daß die Bogenlinie
-nach unten gekehrt ist. Den Oberleib und den Hals umschließt genau
-eine vorne zugeknüpfte Weste, und von den Aermeln derselben werden die
-Arme klamm umspannt. Eine Bauchbinde hält die Hosen und deckt ihre
-Verbindung mit der Weste. Die Kopfbedeckung ist eine rothe (Fẻs) und
-darunter eine weiße Mütze (Tarbusch), welche letztere gewaschen wird.
-Strümpfe fehlen. Der Schuh hat ein sehr langes Ueberleder. Der Soldat
-bewegt sich in der ganzen Kleidung mit Leichtigkeit, nur in den Schuhen
-nicht. Niemand wird abredig sein, daß man in der Montur die fränkische
-und morgenländische Tracht mit Klugheit zu vereinigen wußte. Die
-egyptische Soldatenkleidung von grünem oder blauem Tuche nimmt, etwas
-Plumpes abgerechnet, sich recht gut aus. Indeß vermochten die Europäer
-ihren Einfluß noch keinesweges in dem Grade geltend zu machen, daß das
-Pfeifen und Trommeln nicht etwas Wildes, Türkisches verriethe. Noch
-mehr aber fällt auf, wenn der wachhaltende Soldat mit dem Gewehre im
-Arme niederhockt u. dgl.
-
-Zur Nahrung erhält der Soldat für zehn Tage das Quantum Reis, Bohnen,
-Linsen und Butter. Fleisch bekommt er zweimal in der Woche, im
-Fastenmonat aber alle Tage nach Untergang der Sonne. Die Speisen kocht
-der Soldat sich selbst, und das Getränke mag er holen, wo er will.
-
-Was die Ausrüstung anbelangt, so gibt die Regierung dem Gemeinen alle
-sechs Monate ein Paar Schuhe und Hosen, eine Weste (Jacke) und ein
-Hemde, alle Jahre dagegen die rothe Mütze, einen Kaputrock und einen
-Teppich zum Lager oder als Bettung. Die weiße Mütze, die Bauchbinde und
-etwa Strümpfe schafft er sich selbst an. Beim Eintritte in den Dienst
-wird er sogleich vollständig bewaffnet; er ist jedoch gehalten, die
-Waffen auf eigene Kosten auszubessern.
-
-Der monatliche Sold des Gemeinen beträgt 14½ Piaster; es fallen somit
-auf einen Tag nicht einmal 4 Kreuzer R. W. Ueberdies wird der Sold auch
-in Syrien sehr nachlässig ausbezahlt. Zur Zeit war er schon vierzehn
-Monate im Rückstande. Und wenn noch die Bezahlung erfolgt, so macht sie
-nicht reinen Tisch, sondern sie tilgt bloß einen Theil der Schulden.
-Ueber nachlässige Zahlung wird allgemein Klage geführt, und mit ihr
-vorzüglich ist der Leichtsinn oder vielleicht gar die Nothwendigkeit
-des Schuldenmachens eingerissen. Einmal über das andere langweilt
-man sich mit der Frage: Wann wird der rückständige Sold ausbezahlt?
-+Ich hörte übrigens nie, daß die Zahlung, mag sie auch noch so spät
-geleistet werden, je ausblieb.+
-
-Je geringer der Lohn ist, welchen der gemeine Söldner empfängt, desto
-glänzender werden die Offiziere besoldet. Ohne den +Taib+ (gut,
-Vergütung, Entschädigung) zu rechnen, steigt die monatliche Besoldung
-eines Obersten auf 16 Beutel (Seckel); den Beutel zu 500 Piaster.
-Er kann somit täglich etwa 34 Gulden R. W. verzehren. Der General
-erhält monatlich 24 Beutel. Die Verleihung des Generalstitels hatte
-für +Clot+ auch besonders in Beziehung auf das Einkommen eine
-vortheilhafte Seite. Dem Bataillonsarzte (~medico maggiore~) sind
-für den Monat 750 Piaster Sold, 140 Piaster Taib und überdies jährlich
-1000 Piaster für die Ausrüstung ausgesetzt. Die Anstellung gewährt
-wenigstens das Bequeme, daß sie nicht bindet, weil zu jeder beliebigen
-Zeit die Entlassung angenommen werden muß, sobald man sie einreicht.
-
-
-Die Pilger.
-
-Die griechische Kirche liefert am meisten Pilger, nicht nur viel
-Griechen, sondern auch viel Russen, und die verschiedenen Trachten
-vergönnen einen ergötzlichen Anblick. Wenn der russische Krieger sein
-Blut in den Schlachten nicht gespart hat, wenn er schon nicht mehr
-fähig ist, die Waffe zu tragen; er kehrt doch nicht zur Ruhe zurück,
-es erwacht in ihm, statt des weltlichen, der religiöse Kampf, und er
-wallfahrtet nach Jerusalem, um mit seinen Heiligthümern einen Frieden,
-nicht für das Hienieden, aber für die Ewigkeit abzuschließen. Die
-Griechen, sogar arme, verlassen ihren heimathlichen Herd, um Gott
-ihre Dienste anzubieten. Würden sie sonst das Leben mit Kargheit
-dahinbringen, so scheuen sie die Auslagen für die Wallfahrt und den
-Aufenthalt nicht. Ich sage ausdrücklich: den +Aufenthalt+; denn die
-griechischen Priester reichen ihren Pilgern die Nahrung nicht auf
-Kosten des Klosters. Die Pilgrime müssen, wie verlautet, vielmehr froh
-sein, wenn ihre Seelsorger sich nicht von ihnen bereichern.
-
-Lateinische Christen unternehmen die Pilgerfahrt ungemein selten.
-Zu ihrer Beherbergung ist das Kloster des Erlösers bestimmt. +Freie
-Bewirthung, selbst auch für Protestanten, ward großmüthig vom Papste
-geboten.+ Unter den abendländischen Pilgern gibt es nicht lauter
-fromme, sondern auch solche, die von Kloster zu Kloster herumstreifen,
-und darin gut essen und trinken, damit die auf solche Weise
-zurückgelegte Prachtreise ihnen am Ende daheim zur Fundgrube eines
-müßigen Glückes werde. Ich kannte einen solchen Pilger, der durch ganz
-Palästina ohne einen Reisegefährten zu Fuß herumwandelte. Einen Andern
-traf ich in Ramle, später auch in Jerusalem. Ein Schlesier, sprach er
-deutsch. Ich erinnere mich kaum einer schmutzigern Kleidung, als dieser
-deutsche Gärtner trug. Man muß die Beweggründe zu seiner Reise hören,
-um den Gehalt des Mannes zu prüfen. Zweimal sei er auf den Tod krank
-gewesen, und habe zuletzt das Gelübde gethan, das heilige Land einmal
-zu besuchen. Mit nichts, als mit dem schmutzigen Hemde am Leibe, mit
-Hosen, einem Rocke, Hute, Halstuch und mit schlechten Schuhen, mit
-wenigen in Tücher verpackten Habseligkeiten, die er an einem Stocke
-auf der Schulter trug, durchstrich er das jüdische Land bis auf den
-Libanon, und zwar ohne Kenntniß des Arabischen oder Türkischen, des
-Griechischen oder Lateinischen, des Französischen oder Italienischen.
-Drei Tage hielt er sich in Damaskus auf, ohne den Namen der Stadt zu
-wissen. Heuchlerisch suchte er mich zu überreden, daß er auf einer
-abenteuerlichen Nachtreise das Zeugniß vom Kloster des Erlösers
-verloren habe. Weil ihm die Sprache abging, um sich den Mönchen
-verständlich zu machen, konnte er mich bewegen, daß ich mich für ihn
-als Dolmetscher verwendete, und die Patres waren gutmüthig genug, ein
-zweites Zeugniß auszufertigen. Mich erfüllte ein seltsam Erstaunen,
-als er mir später erzählte, daß er Alles erlogen habe. Es ist der
-Nämliche, welcher, nach eigenem Geständnisse, einen österreichischen
-Reisepaß sich zu erschleichen wußte. Ein Franzose ohne Habe, aber mit
-einer reichen Lügenzunge, ebenfalls ein Pilger, verwendete all’ seinen
-Witz, um mich zu betrügen. Der Umstand, daß ich immer schußfertig auf
-dem Anstande war, machte ihn gegen mich unmuthig und bitter. Solches
-Gesindel betet unter Kniebeugungen und Bekreuzungen an den heiligen
-Stellen, wo, nach den biblischen Urkunden, +Christus+ für die Menschen
-sein Blut vergoß, und wo sein Leichnam ins Grab gelegt wurde.
-
-Es ist zudem merkwürdig, daß derlei geldentblößte Leute, die sich gegen
-den Gastfreund mit einem Geschenke nicht erkenntlich zeigen können, am
-lautesten aufbegehren und die Unverschämtheit am weitesten treiben.
-
-Die Speisen und Getränke sollen in den Klöstern des jüdischen Landes
-durchgängig sehr gut sein. Vorzüglich rühmt man die Freundlichkeit der
-Klosterleute auf dem Libanon und ihren köstlichen Wein.
-
-
-Der Geist der Christen.
-
-Die heilige Stadt -- welcher Wortmißbrauch. Man tadelt allgemein
-den Geist der Christen zu Jerusalem. Hier, wo man zum reinsten
-Christussinne aufgefordert werden sollte, wächst so viel Unkraut unter
-so wenig Waizen. Schlaffheit vertritt lebendiges Streben nach Wahrheit,
-Formenwesen geläuterte Begriffe, Pharisäismus religiöse Wärme. Man
-räumt dem Mohammetaner den Vorzug ein, ich glaube, mit Recht. Viele der
-verschiedenen christlichen Glaubensbekenner benehmen sich so unwürdig,
-daß man sich beinahe schämen möchte, ein Christ zu heißen. Eine weite
-Kluft unauslöschlichen Hasses gähnt zwischen den vielfarbigen Bekennern
-des Christenthums.
-
-Die Griechen verdienen zuerst den Tadel. Um zu einem Zwecke zu
-gelangen, lassen sie keine Mittel unversucht. Man weiß kaum, wie
-man von Leuten denken soll, welche, wie die griechischen Priester,
-ausdrücklich berufen sind, Heiligthümer zu verehren, und an
-ihrem eigenen Heile zu arbeiten, und welche gleichwohl so viele
-Heillosigkeiten begehen. Daß sie vom Glauben an einen vergeltenden
-Gott durchdrungen sind, hält zu begreifen schwer, und wenn sie diesen
-Glauben noch hegen, so ist er ein schlechter, weil er mit der Annahme
-gepaart sein muß, daß +der Glaube ohne Tugend selig mache+. Ich
-will zwar nicht behaupten, daß es unter den griechischen Priestern
-nicht auch wackere Männer gebe; nur sind diese, nach übereinstimmenden
-Aeußerungen, nicht häufig.
-
-Die lateinischen Priester sehen im Allgemeinen ziemlich alltäglich
-aus. Wenige liebten das lateinische Gespräche, und doch lesen alle
-die +Messe in lateinischer Zunge+. Freilich begnügen sich manche
-Menschen dieses Schlages, ~in majorem Dei gloriam~ auf der Oberfläche
-herumzuschwimmen, ohne daß ihnen der Gedanke beifällt, in der
-Taucherglocke vom Grunde die Schätze heraufzuholen. Ich darf kaum
-bemerken, daß die lateinischen Mönche gemeiniglich alle Andersgläubige
-bemitleiden, weswegen man mir wohlmeinend rieth, ja nirgends den
-Protestantismus durchblicken zu lassen. Der rothbäckige Verwalter
-rühmte eines Abends die Gastfreundschaft des Klosters mit den Worten,
-daß es alle Franken beherberge, klopfe ein Katholik oder ein -- -- --
-an. Ich verzeihe dem guten Pater eine solche wenig würdige Sprache,
-für die ich Gedankenstriche, als die geeignetesten Schriftzeichen
-in unserer Zeit, wählte. Vom Pater Superior, unter dem Titel
-+Reverendissimus+, spricht Jedermann mit Achtung.
-
-Es befinden sich jetzt, wie man mich versicherte, zwei protestantische
-Missionarien, ein englischer und amerikanischer, in Jerusalem. Man lobt
-sie, und die protestantischen Fremden, wenigstens die Engländer, ziehen
-größtentheils ins Missionariat. Ich besuchte weder den einen, noch den
-andern. Hätte ich mich aber in der Stadt länger aufgehalten, so würde
-ich ihre Bekanntschaft gerne gemacht haben. Sie stehen, meines Wissens,
-mit den übrigen Christen in kaltem, jedoch in keinem feindlichen
-Verhältnisse.
-
-
-Der Ablaß der römisch-katholischen Kirche.
-
-1) +Gänzlichen Sündenablaß+ erhält man:
-
- a) beim Betreten des heiligen Landes, wenn man sieben Vater unser
- und Ave Maria betet; denn die Mühseligkeiten und Gefahren, welche
- mit der langen Reise verbunden sind, werden als eine Buße für die
- eigenen Sünden betrachtet;
-
- b) beim Eintritte ins Thor von Jerusalem, nach Verrichtung von
- ebensoviel Gebeten;
-
- c) in der Franziskanerkirche zum Erlöser in Jerusalem, und zwar am
- Altare der Verkündigung sowohl, als des Abendmahls von +Christus+
- und seiner Erscheinung vor +Thomas+;
-
- d) in der Kirche des Christusgrabes, nämlich an den Altären der
- Kreuzerhöhung und Kreuzigung, am Steine der Salbung, an der Säule
- der Geißelung, in der Kapelle des Christusgrabes und der +Helena+,
- am Orte der Kreuzerfindung;
-
- e) in Jerusalem an den Plätzen, wo +Maria+, die Mutter des
- +Christus+, empfangen und geboren ward, am Bogen des Ecce Homo, im
- Palaste des +Pilatus+, nahe am Orte der Geißelung;
-
- f) in der Umgegend vor Jerusalem, nämlich bei der Ankunft auf
- dem Zion, im Besondern im Hause des Hohenpriesters +Kaiphas+,
- am Bächlein Kidron, auf der Brücke, wo +Christus+ seine Kniee
- eindrückte, am Grabe seiner Mutter +Maria+ und des +Lazarus+ in
- Bethanien, auf der Burg von Magdalo, an der goldenen Pforte;
-
- g) in Bethlehem, und zwar am Altare, wo +Christus+ geboren ward,
- am Altare der Krippe, so wie der Anbetung der Weisen aus dem
- Morgenlande;
-
- h) in der Umgebung Bethlehems, im Lande der Hirten, wie am Orte der
- jetzt verlassenen Kapelle, wo denselben der Engel erschien;
-
- i) in +St. Johannes+ auf dem Berge, am Altare seiner Geburt, in der
- Wüste, wo er das Evangelium predigte;
-
- k) in Nazareth, nach dem Eintritte in die Stadt und am Altare der
- Empfängniß;
-
- l) in der Umgegend von Nazareth und in Galiläa und zwar auf dem
- Berge Thabor, in der Stadt Nain, in Sephoris (Szaffad), wo die
- Aeltern +Marias+ geboren wurden, in Kana, am Geburtsorte der drei
- Apostel +Bartholomäus+, +Matthäus+ und +Simon+, am Jordan.
-
-
-2) +Ablaß auf sieben Jahre und zweihundertundachtzig Tage:+
-
- a) zu Jerusalem in der Grabeskirche, am Altare der
- Kleidervertheilung, an der Kleidersäule, ferner im Gefängnisse auf
- dem Bezetha und am Orte, wo +Christus Magdalenen+ erschien;
-
- b) in Bethlehem, am Grabe der Unschuldigen, im Oratorium des
- +Hieronymus+, an seinem Grabe, am Grabe der +Paula+, ihrer Tochter
- +Eustochia+ und des +Eusebius+, in der Schule des +Hieronymus+;
-
- c) in der Umgegend von Bethlehem, am Grabe der +Rahel+, im
- griechischen Eliaskloster, auf dem Felde, wo der Engel den
- +Habakuk+ wegtrug, in der Zisterne der heiligen drei Könige, am
- Terebinthenbaume, in St. Saba;
-
- d) in +St. Johannes+ auf dem Berge, an der sogenannten
- Marienquelle, am Orte, wo die zwei Basen einander begegneten, an
- dem Orte, wo +Philip+ den Eunuchen der Königin von Aethiopien
- taufte;
-
- e) in Nazareth, im Hause +Josefs+, am Tische des Herrn, an der
- Quelle der Jungfrau;
-
- f) in der Umgegend von Nazareth und in Galiläa, bei der +Maria+
- der Furcht, auf dem Seligkeitsberge, dem Aehrenfelde, am Orte der
- Speisung mit Broten und Fischen, am See Genesareth, in Bethsaida
- und Kapernaum.
-
-Ich glaubte irrig die Ablaßstellen, wovon ich mehrere besuchte,
-wenigstens durch Kreuze bezeichnet. Ohne einen Führer würde man, im
-Geiste des Ablasses, sehr wichtige Stellen unbeachtet überschreiten.
-
-
-Der alte deutsche Pater und die große Apotheke.
-
-Im Kloster des Erlösers lebt ein grauer Achtziger aus Mähren, Pater
-+Vital+. Mich verlangte, den Greis zu sehen. Ein schöner Mann mit
-blauen Augen, rosigem Wangenschimmer und gebeugtem Körper begrüßte mich
-mit der einnehmendsten Herzlichkeit. Mir wollte Jerusalem und seine
-Umgebung nicht gefallen, und ich fragte ihn um seine Meinung über das
-Leben in diesem Lande. „Ja, was ist es?“ antwortete er. „Man ist nun
-einmal da. Es muß gut sein.“ Der Sinn der Worte war leicht zu deuten.
-
-Ich traf den Pater gerade in der Werkstätte. Er treibt im Kloster das
-Geschäft eines Apothekers und Arztes. Dazu ist er also noch Pater. Alle
-gute Dinge sind drei. Von der Werkstätte gingen wir in die Apotheke.
-Wenn nur das Halbe wahr ist, was an den Büchsen und Gläsern geschrieben
-steht, so besitzt sie einen reichen Schatz von Arzneistoffen, daß man
-sich in der That verwundern muß, wenn man die Lage Jerusalems in einer
-bildungsarmen Gegend berücksichtigt.
-
-Die herrschende widrige Witterung machte mich ein wenig unpäßlich. Ich
-ermangelte nicht, dies dem Pater +Vital+ zu eröffnen, zugleich aber die
-Bemerkung beifügend, daß ich ein Arzt sei. Ohne irgend zu untersuchen,
-trug mir der Mann Gottes einen Schnapps Rosoli aus der Apotheke mit
-einer Schnelligkeit und Zuversicht an, daß ich unwillkürlich auf die
-Vermuthung geführt wurde, es mögen hin und wieder die Klagen eines
-Preßhaften mit diesem leckern Safte beschwichtiget werden. Ich
-verbat mir dieses Mittel darum, weil es mein Uebelbefinden nothwendig
-verschlimmern würde. So mag denn hier die Arzneigeberei beschaffen
-sein. Schnappskuren wären gar zu schmackhaft[3].
-
-
-Meine Zelle im Kloster des Erlösers.
-
-Ich hatte eben kein fürstliches Aussehen, und ich kann mir es wohl
-erklären, wenn man mir nicht aller Orten die beßten Zimmer anwies.
-
-Ich habe früher die freundliche Aufnahme von Seite des
-Klosterverwalters erwähnt, und diesmal bloß nachzutragen, daß er dem
-Klosterbedienten +Elias+ zu verstehen gab, er solle mir ein kleines,
-doch gutes Kämmerlein einräumen, weil man die andern Zimmer für die
-hohen Personen, die man eben erwarte, bereit halten müsse.
-
-Mein Zimmer, mit einem Bette, Tisch und Sessel, war durchaus schlecht,
-ohne Fenster, nicht einmal mit gut schließenden Läden, und eine
-Oeffnung über der Thüre hatte gar keine Vorrichtung zum Sperren. Lustig
-pfiff der gefällige Wind, die zum Theil schlaflosen Nächte mir zu
-vertreiben. Es scheint allenthalben dafür gesorgt, daß die Welt zum
-Himmel hinauf lacht. Wäre es nur nicht ziemlich kalt gewesen, ich würde
-die Orgeltöne des Windes noch süßer gefunden haben. Beim Schreiben war
-ich in einen Mantel, die Füße in eine wollene Decke gewickelt, und
-dennoch konnte ich mich auf diese Art mit genauer Noth wärmen. Die
-Ueberzeugung wurzelte in mir fest, daß ich in einem solchen Zimmer von
-meiner Unpäßlichkeit nicht genesen könne, und daß ich daher auf die
-Abreise dringen müsse, wenn mir anders die Gesundheit am Herzen liege.
-
-Die Schattenseite des Lebens bietet doch ungemein viel Abstufungen dar.
-
-Auf dem Meere dachte ich: Wenn ich nur zu Lande wäre, ich wollte
-zufrieden sein.
-
-Bei den Pyramiden von Memphis dachte ich: Wenn ich nur wieder unter
-Franken wäre, ich wollte zufrieden sein.
-
-Und in Kairo dachte ich: Wenn ich nur wieder in einem kältern
-Himmelsstriche wäre, ich wollte zufrieden sein.
-
-Und in der Wüste dachte ich: Wenn ich nur wieder auf bewohnten Boden
-meinen Fuß setzen könnte, ich wollte zufrieden sein.
-
-Und in dem Gefängnisse unter dem Zelte dachte ich: Wenn ich nur wieder
-ein vor dem Regen schützendes Zimmer und die Freiheit hätte, ich wollte
-zufrieden sein.
-
-Und beim beschwerlichen Ritte von Gaza dachte ich: Wenn ich nur einmal
-wieder Ramle erreichte, oder wenn mir nur wieder die Bequemlichkeiten
-des Schiffes auf der See vergönnt wären, ich wollte zufrieden sein.
-
-Wie vielmal wollte ich zufrieden sein, und wie vielmal war ich
-es nicht? Das kann sich so fügen: Im Augenblicke, da man eine
-Widerwärtigkeit fühlt, erscheint sie am größten; die vergangene tritt
-in dem Grade kleiner vor die Seele, als ein Gegenstand vor das Auge,
-der sich immer weiter entfernt.
-
-Billig stimme ich in das allgemeine Lob auf die gute Bewirthung des
-Klosters. Die Speisen waren alle schmackhaft. Mir that es wehe, daß
-ich die in einem zinnernen Becher mir zugereichte Porzion weißen Wein
-wegen meiner eine strengere Lebensweise gebietenden Unpäßlichkeit nicht
-ganz trinken durfte. Ich kostete noch keinen edlern Wein, und ich nahm
-davon sogar als Arznei auf die Reise mit. Nach der Versicherung des
-Klosterbedienten wächst er in Bethlehem.
-
-
-Der Führer um und in Jerusalem.
-
-Zu den Sehenswürdigkeiten ist ein Führer vonnöthen. Wendet man sich --
-das Vorzüglichste, das man thun kann -- ans lateinische Kloster, so
-wird es für einen Dragoman sorgen.
-
-Die Kirche des Christusgrabes ist nicht immer offen. Deswegen muß man
-im Kloster darnach fragen, wann sie aufgeschlossen werde, um nicht
-vergeblich sich hin- und herzutreiben. +Diese Kirche zu sehen, soll
-das erste Augenmerk sein.+ Zu ihrer Aufsuchung wird kein Führer gerade
-nothwendig. Es weiß den Tempel Jedermann. Viele auf der Gasse verstehen
-italienisch. Doch in der Grabeskirche selbst bedarf man einiger
-Anleitung.
-
-Man schlägt mit dem Führer folgende Wege ein:
-
-1) +Um die Stadt.+ Durch das Thor von Damaskus zur Jeremiasgrotte.
-Dann zu den Gräbern der Könige. Nun richtet man sich gegen das
-Josaphatsthal; man überschreitet die Kidronbrücke. Jetzt nach einander
-die Grabhöhle +Mariens+ und der Apostel, sowie der Garten Gethsemane.
-Hernach auf den Oelberg. Herab zu den Gräbern +Absaloms+, +Josaphats+
-und +Zachariassen+. Zurück über den Kidron. Unter dem Moriah (Moschee
-+Omars+) die Brunnen, insbesondere derjenige Siloahs. Auf letzterem
-Wege lasse man sich das blinde Thor des, wie man vorgibt, ehemaligen
-Salomonstempels zeigen. Jetzt ersteige man den Zion; die Hausstelle
-des +Kaiphas+ und die Stelle der Davidsburg. Das Alles wird man ohne
-Hinderniß besuchen können; einzig die Mariengruft ist meist gesperrt.
-Es genügt, daß der Führer sie einmal weise. Man fragt, wann sie
-offen sei, und man macht allein einen Spaziergang dahin, da sie sehr
-leicht zu finden ist. In das Dunkel der königlichen Gräber und des
-Siloahbrunnens muß man sich leuchten.
-
-2) +In der Stadt.+ Wir waren schon in der Kirche des Christusgrabes.
-Unweit von hier glaubt man den Palast des +Pilatus+; man gehe durch die
-sogenannte Schmerzensgasse bis zum vorgeblichen Palast des +Herodes+
-und zum sogeheißenen Kerker +Christi+. Von da begibt man sich in die
-Nähe der Omarskirche, die man doch von außen ein wenig besehen kann.
-
-Der Führer wird nicht umhin können, mannigfaltige Erinnerungen und
-Erzählungen, z. B. von heiligen Eindrücken in Steinen, von Häusern
-heiliger Weiber und Männer, an die Wege zu knüpfen. Ich geleitete bloß
-zum Sehenswürdigsten.
-
-Bei guter Witterung wird man in einem Tage, bei schlechter in zwei
-Tagen zuversichtlich allenthalben herumkommen.
-
-
-Rückblick auf Jerusalem.
-
-So wenig der erste Anblick der Stadt meiner Erwartung entsprach, so
-tief, ich muß es laut gestehen, wurde sie beschämt, als ich anfing,
-die Denkwürdige mit Aufmerksamkeit zu zergliedern. Wenn auch nicht
-der Buchstabengläubige und der ungestüme Zweifler, so kehrt doch der
-ruhige Prüfer aus der gefeierten Stadt zurück. Jerusalem verdient mit
-vollem Rechte von dem Alterthumsforscher, zumal aber von dem Israeliten
-und Christen, besucht zu werden. Es erscheint nicht wenig auffallend,
-daß hier die Nachgrabungen, um Alterthümer zu entdecken, nicht nach
-einem durchgreifenden Plane, wie an so manchen andern, geschichtlich
-vielleicht weniger wichtigen Orten veranstaltet werden. Es liegt über
-allen Zweifel hinaus, daß der Nachgrabende in Jerusalem mannigfaltige
-Schätze der Vorwelt hervorziehen würde, die zu Erklärung des alten und
-neuen Testamentes ungefähr so viel beitragen könnten, als das ganze
-Heer von Stuben- und Schriftgelehrten seit Jahrhunderten wirklich
-dazu beigetragen haben. Es versteht sich wohl von selbst, daß, um
-so zu sagen, keinerlei heilige oder unheilige Besorgnisse von den
-Nachgrabungen abhalten dürfen. Die Wahrheit ist in der That heiliger
-zu achten, als daß es erlaubt wäre, auf das Erforschen derselben zu
-verzichten, weder den Einen, weil sie etwa fürchten, daß der neue Fund
-den bisherigen Glauben schwäche, noch den Andern, weil sie besorgen,
-daß er ihn stärke.
-
-
-
-
-Ausflug nach Bethlehem.
-
-Holperiger Weg; das unscheinbare +Elias+ mit einer reizenden
-Aussicht nach Jerusalem und Bethlehem; +Rahels+ Grab; in Bethlehem
-Pfützenreichthum, das Franziskanerkloster, der Stall und die Krippe;
-die Bethlehemiten und Bethlehemitinnen; zu Fuß nach Jerusalem zurück.
-
-
-Durch die Erzählung der Unannehmlichkeiten mit einem Eseltreiber will
-ich Niemand belästigen; man hat manchmal mit solchen Leuten so viel
-Mißliches, daß man beinahe das alte Gebot zurückwünschen möchte, nach
-welchem den Christen untersagt war, in und um Jerusalem zu reiten.
-
-Ich ging durch das Jaffathor, wendete mich links über das Thal Gihon,
-und bald war ich auf der Thallehne Hinnon, Jerusalem gegenüber und mit
-diesem ungefähr in gleicher Höhe. Der Anblick der Stadt verheißt von
-hier aus nicht viel; kaum zeichnet sich der Zion aus.
-
-Der holperige Weg gleicht unsern Bergwegen. Die Leute lassen sich die
-Mühe reuen, ein kleines Sträßchen anzulegen, so leicht es wäre. Man hat
-nicht ganz Unrecht, vom Zustande der Straßen auf die Bildungsstufe der
-umwohnenden Menschen zu schließen.
-
-Jetzt bekam ich über dem Hinnon einen Esel. Ich ritt durch eine
-Ebene in der Richtung gegen Mittag. Wo dieselbe zu einem langen,
-von Abend gegen Morgen oder gegen das uneigentlich sogenannte todte
-Meer streichenden Hügel aufschwillt, liegt in der Mitte und auf dem
-Rücken selbst das griechische Kloster des +Elias+: wenig vorstellende
-Mauern, welche schwerlich ein Abendländer für ein Gotteshaus ansähe.
-Das reizlose Aeußere mag der Lüsternheit des Beduinengesindels am
-beßten wehren. An dem +Eliaskloster+ vorüber, und auf dem Scheitel
-des Hügels erweitert sich die Aussicht nach Mittag und Mitternacht.
-Rückwärts nimmt man Abschied von Jerusalem, und vorwärts gegen Mittag
-begrüßt man Bethlehem, welches wie an einen Abhang gekleibt ist. Im
-Glanze der Abendsonne fiel dasselbe vortheilhaft ins Auge. Es scheint
-hier sehr nahe, und doch haben wir erst die Hälfte des Weges am Rücken.
-Vom Lothssee erblickt man nur ein kleines Silberdreieck, welches
-von Gebirgen des ostjordanischen Landes majestätisch überragt wird.
-Zwischen dem Eliaskloster und Bethlehem steht an dem, von +Elias+ aus,
-sehr unebenen Wege rechts, nach der Ueberlieferung, +Rahels+ Grab unter
-einer mohammetanischen Kuppel.
-
-Man kommt vor Bethlehem gerne aus der steinichten, mehr oder minder
-öden Gegend in eine gewächsreichere, worin wenigstens Rebe und Feige
-und Kohl gedeihen. Unter einem Gewölbe hindurch tritt man ins Dorf.
-Kaum weiß man vor Wasser und Schlamm, wo man den Fuß hinstellen darf.
-
-Bethlehem, an der nördlichen Abdachung eines Hügels, gewährt keine
-erhebende Aussicht. Den zwar gut gemauerten Häusern mangeln Fenster.
-
-Im Franziskanerkloster stieg ich ab. Der Pater Guardianus, ein
-einsichtiger und kenntnißreicher Mann, empfing mich mit Freundlichkeit,
-und es wurde mir ein gutes, großes Zimmer angewiesen. Abends ereilte
-mich das Mißgeschick, von der Prozession, mit brennender Kerze in
-der Hand, gleichsam fortgerissen zu werden. So gerne würde ich mit
-einem Führer allein und in der Stille den Ort, wo, der Ueberlieferung
-zufolge, +Christus+ geboren ward, besucht haben. Es ist diese Stelle,
-unmittelbar unter der Kirche, von einer köstlich gezierten Kapelle
-überwölbt. Als die Patres in diese herabgestiegen waren, sanken sie
-in Demuth auf die Kniee, und erhoben die Stimmen des Gebetes. Der
-Guardian schenkte mir die Aufmerksamkeit, daß er mir ein gedrucktes
-lateinisches Büchlein mit den Gebeten einhändigte, welche vor jedem
-Altare verrichtet werden. Wer würde auf dieser Stätte sich nicht in
-ernste Betrachtungen vertiefen? Welche große Eröffnungen sind, nach dem
-Glauben der Christen, von dem Manne ausgegangen, dessen Geburtsstätte
-vor meinen Augen lag („~hic de virgine _Maria Jesus Christus_ natus
-est~“). Aber auch welches Unheil erzeugte der Aberwitz, welcher mit
-Herrschsucht im Reiche der Meinungen sich in den Sinn der Worte unsers
-großen Meisters hinaufwagte? Wie lange noch bleibt es bloß frommer
-Wunsch, daß nur +einen+ Hirten +eine+ Heerde umgeben möchte? Man zeigt
-auch die Krippe, welche zum Lager des neugebornen Kindes gewählt worden
-sein soll. Außer der Geburtskapelle wallt man in mehrere Höhlen,
-worin die fromme Erinnerung Altäre und Grabmale gebaut hat, einen
-z. B. auf +Hieronymus+, einen hochwürdigen Mann. Es ist von einem
-Engländer behauptet worden, daß, im Widerspruche mit den Urkunden, die
-Geburtskapelle unterirdisch sei. Ich möchte dieser Behauptung aus guten
-Gründen nicht beipflichten. An der Baustelle des Klosters schießt der
-Boden der Erde gähe ab, und wenn der Boden der Kirche in ebener Linie
-durchgeführt wurde, so konnte der Stall den Raum zwischen dem Erd- und
-Kirchenboden einnehmen.
-
-Das Kloster ist ziemlich groß; seine Mauern sind so dick und massiv,
-wie die einer Festung. Großen Schaden litt es letztes Jahr durch ein
-Erdbeben, und eben war man mit Verbessern des Gebäudes beschäftiget.
-Mehrere Mädchen gingen aus und ein, um die Maurer zu bedienen. Diese,
-wie andere Bethlehemitinnen gewannen in meinen Augen nicht den Preis
-der Schönheit, welchen Reisende ihnen zudachten.
-
-Die Bethlehemiten sind lauter Christen, und zwar beinahe alle
-lateinische, nur in geringer Zahl griechische. Aus ihren Gesichtern
-sprechen die Züge von Schlaffheit, Schlauheit, von Niederträchtigkeit.
-Ich verdanke dem Pfarrer des Klosters, einem Spanier, die Mittheilung,
-daß im verwichenen Jahr 122 (lateinische) Kinder geboren wurden.
-Die ganze Gemeinde von Bethlehem nähert sich der Zahl von 4000. Im
-laufenden Jahre starben binnen fünfzehn Tagen über 40 Kinder an den
-wahren Menschenpocken und bloß +eine+ erwachsene Person.
-
-Es werden in Bethlehem sehr viel heilige Dinge, meist aus Perlmutter,
-gearbeitet. Kurz nach meiner Ankunft begab sich zu mir ins Zimmer ein
-Bethlehemit mit einer Menge Kruzifixe, Marienbilder, Rosenkränze
-u. s. f., wovon ich mehreres einkaufte.
-
-Zu spät in Bethlehem, das zwei leichte Wegstunden von Jerusalem
-entfernt ist, eingetroffen, blieb ich daselbst über Nacht. Ich rühme
-billigermaßen die freundliche Bewirthung und den guten Wein; nur war es
-mir unangenehm, daß ich, in Berücksichtigung meiner Gesundheit, nicht
-nach allen aufgetragenen Speisen langen durfte.
-
-Am folgenden Morgen wollte ich zu Fuß zurückkehren; allein man -- --
---. Ich wußte zum Glücke noch, daß ich nicht weit von meinem Kopfe Füße
-habe, und ohne Worte zu machen, trat ich den Rückweg an. Meine kurze
-Fußreise war ein Lustwandel, während dessen ich die Gegend mehr genoß,
-als es bei einem Ritte hätte der Fall sein können. Und Gewinn war
-schon der lebendigere Gedanke, daß Tausende und Tausende von Menschen
-vor längst verflossenen Jahrhunderten von Bethlehem nach Jerusalem
-zu Fuße einherwandelten, wie ich nun dahin ziehe. Verläßt man das
-Dorf Bethlehem, so schaut linker Hand oben das Kloster Johannes auf
-uns herab. Ungefähr auf der Hälfte Weges holte ich Gesellschaft ein,
-nämlich einige Marktweiber, welche auf dem Kopfe Holzreiser trugen.
-Nicht sehr lange aber hielten sie Schritt mit mir; es war eine Strecke
-über +Elias+, als ich sie verließ. In dem ungestörten Besitze meiner
-Gedankenwelt, in der frohen Vergegenwärtigung der Vorzeit, welche der
-alte Boden unter meinen Füßen heraufbeschwor, ging ich wieder meines
-Weges allein, wie vor Bethlehem, und ohne irgend ein unangenehmes
-Begebniß erreichte ich Jerusalem.
-
-
-Die Beschiffung des Lothssees.
-
-Obgleich ich den Lothssee, in den sich der Jordan ergießt, ohne daß er
-einen sichtbaren Ausfluß hat, nicht selbst besuchte, so scheint es mir
-doch am Platze, mitzutheilen, was ich zu wiederholten Malen erfuhr,
-daß dieses gefürchtete Wasser, in dessen Nähe +Tacitus+ ein großes
-Naturereigniß (Kräuter der Wiesen und Saaten des Feldes verwandelten
-sich gleichsam in Asche) verlegte, im Sommer des Jahres 1834 von einem
-Engländer (vielleicht vom Irländer +Carnagan+) beschifft wurde. Er
-ließ von Jaffa einen Kahn hinüberschaffen, und mit einem Bedienten
-beschiffte er den See. Der Unternehmer starb nach der Seefahrt; der
-Bediente aber lebt noch. Die übrigen Mähren zu erzählen, will ich am
-liebsten schuldig bleiben.
-
-
-
-
-Nach Jaffa am Mittelmeer.
-
-Abermals allein gereist; der Regen des heiligen Landes behagt mir
-nicht; Beschwerden vom Reiten her; ein Araber, der ein Huhn verloren,
-redet mich auf italienisch an; Nachts in Ramle; ~Clausura per le donne,
-quoique~ und ~parceque~; durch die Ebene Saron mit nassem Sack und
-Pack; bald in Jaffa.
-
-
-Freitags den vierten Christmonat schied ich von Jerusalem. Den Rückweg
-bis Ramle kennen wir. Ich bemerke bloß ein paar Dinge:
-
-Ich reiste abermals allein, nach der goldenen Regel: Lieber keine, als
-eine schlechte Gesellschaft. Ein Franzose, dem ich mich anheischig
-machte, die Reise nach Jaffa zu bezahlen, wenn er die Merkwürdigkeiten
-Jerusalems mir zeige[4], sollte zwar mitreisen; weil er aber ein
-Trunkenbold und ohnehin ein unzuverlässiger Mann war, so zog ich vor,
-ihn vorangehen zu lassen. Daher kam es, daß ich über das Gebirge bloß
-einen Araber, den Führer, zum Gefährten hatte.
-
-Erst gegen eilf Uhr Mittags verließ ich das Neuhaus, nachdem ich den
-Führer lange umsonst erwartet hatte. Daraus erwuchs mir der Nachtheil,
-daß gerade schlimme Witterung sich einstellte, die sich während
-des ganzen Zuges über das Judengebirge wirklich sehr unordentlich
-aufführte. Der Regen goß in Strömen hernieder, indeß dann und wann der
-Nebel in seiner gespenstergrauen Farbe herumschlich. Einmal wollte
-ich mich gerade in einer tiefen Gebirgsschlucht trocken decken. Ich
-entfaltete den Polster, auf dem ich saß, um mich in denselben, wie in
-einen Mantel, zu hüllen. Naß, müde, ja halb krumm unter der Regentraufe
-und für den Augenblick der Besinnung gleichsam bar, legte ich den
-durchnäßten Deckmantel, den ich bisher trug, auf den Sattel. Nun wurde
-ich natürlich auch da, wo ich bis jetzt trocken blieb, benäßt. Um das
-Maß der Unannehmlichkeiten zu füllen, trat noch ein anderer übler
-Umstand hinzu. Der Sattel des Thieres war ungebührlich breit und
-überhaupt schlecht, so daß mein rechtes Bein roth und blau sich rieb[5].
-
-Von der Bergreise will ich noch eine Begebenheit berühren. Es kamen
-Araber entgegen, welche mit Hühnern beladene Esel vor sich hin trieben.
-Einer derselben fragte mich auf italienisch, wie viel Uhr es sei. Ohne
-anzuhalten, antwortete ich: ~Non sò~ (ich weiß es nicht). Ich möchte
-mich für den Verdacht nicht bestimmt erklären, daß der Fragesteller
-gerne meine Uhr gesehen und als gelegene Beute mitgenommen hätte.
-Verdacht wäre sonst um so gegründeter, als die Uhren oder die Werkzeuge
-zur Zeitmessung unter den Arabern, insbesondere unter den Beduinen,
-als eine große Seltenheit gelten, weil sie das Bedürfniß künstlicher
-Zeitmessung in ihrem, dem Naturzustande nahe stehenden Leben bereits
-gar nicht fühlen. Schon waren die Araber wenige Schußweiten von uns
-entfernt, als ich ein Huhn, unzweifelhaft einen verlorenen Theil der
-Ladung, am Wege daliegen sah. Ich war im Begriffe, die Araber, als
-die höchst wahrscheinlichen Eigenthümer, zu rufen; allein der Grund
-überwog, den verdächtigen Burschen nicht gleichsam die Hand zur
-Rückkehr zu bieten, und mein Führer unterließ beides, zu rufen und das
-Huhn für sich aufzuheben.
-
-Kaum recht aus dem Gebirge, kaum die Ebene von Ramle vor den Augen,
-und die Nacht ließ ihren dunkeln Vorhang vor mir, dem bis auf die Haut
-Durchnäßten, fallen. Mich fror es inzwischen nicht eigentlich; denn
-die Witterung, auf den Bergen und dem Niederlande so verschieden, wie
-dort Tag und hier Nacht, war jetzt lieblich, gleich dem milden Blicke
-unschuldiger Kinder. Ein Regenbogen beim Mondesscheine (erstes Viertel)
-entzückte mich zum ersten Male.
-
-Ich langte wiederum Nachts in Ramle an. Ich nahm schon deswegen die
-Einkehr im lateinischen Hospiz, weil ein Theil meines Gepäckes dort
-zurückblieb. Es wäre ungerecht, wenn ich das Nachtessen tadeln wollte;
-aber zur Schmeichelei werde ich ebenso wenig hinunterkriechen, daß im
-Hospiz Reinlichkeit an der Tagesordnung sei. Bei uns speiset mancher
-Bettler mit einem saubern Löffel, mit einem reinern Messer und einer
-gefälligern Gabel, als der Reisende in diesem mönchischen Gasthause.
-Ueber einem Gange steht, wie im Erlöserkloster zu Jerusalem, in
-italienischer Sprache geschrieben (~clausura per le donne~), daß den
-Frauen der Eintritt verboten sei. Ganz wohl; denn die unreinlichen
-Männer müßten sich vor den Weibern schämen, die in der Küche nach einem
-bessern Geschmacke sich einzurichten wissen.
-
-
-+Den 5.+
-
-Mit nassen Hand- und Druckschriften im Felleisen und selber noch
-nicht in trockenen Kleidern, setzte ich, bei guter Witterung und in
-Gesellschaft eines Militärinstruktors, eines italienischen politischen
-Flüchtlings, den Weg fort nach Jaffa durch eine ausgedehnte Ebene,
-die Saron, welche mit dem Brautgewande des Lenzes geschmückt war.
-Man erblickt die Küstenstadt schon in einer Stunde Entfernung von
-einer sanften Anhöhe aus, wodurch die Saronebene beinahe nichts
-Nennenswerthes an ihrer Einförmigkeit verliert. Gleichsam zur
-Entschädigung dafür belebt vor den Mauern der Stadt den Ankömmling der
-angenehme Geruch üppiger Gärten, worin Goldäpfel die Bäume beschweren.
-Vor Mittag schon ritt ich durch das Thor von Jaffa.
-
-Von Gaza bis Ramle sind zwölf Stunden zu Fuß, von Jerusalem bis Ramle
-ebenso neun Stunden und von hier bis Jaffa viertehalb Stunden.
-
-
-
-
-Jaffa.
-
-
-Lage, Gassen, Hafen, Bevölkerung.
-
-Das heutige Jaffa, das Joppe der Bibel, ist größer, als eine
-Abbildung es mir vorstellte. Es liegt am Meere auf einem Hügel, den
-es vollständig umhüllt. Von Mitternacht aus, auf dem mohammetanischen
-Gottesacker, genießt man den günstigsten An- und Ueberblick, und die
-vielen Kugeldächer rufen Gaza ins Gedächtniß zurück. An die Stadtmauern
-sind inwendig die elendesten Hütten gebaut.
-
-Die Mohammetaner haben zwei Moscheen. Die eine, mit einem niedrigen
-Thurme, steht unten am Meere, einige Schritte vom armenischen Kloster;
-die andere, größere oben im nördlichen Stadtviertel. Daneben in Mitte
-des Doppelthores, welches auf das Land führt, spendet ein prächtiger
-Brunnen sein erfrischend Wasser, wovon auch die christlichen Pilger
-fleißig holen. Die Gassen sind unregelmäßig, enge, löcherig, in
-der Regenzeit schmutzig. Die Hauptgasse streicht einerseits an dem
-griechischen, lateinischen und armenischen Hospizium, andererseits an
-dem Hafen als Kai vorbei, und gegen Mitternacht eben davon bis zur
-kleinen Moschee. Hier biegt sie sich um, und steigt neben Handwerks-
-und Kaufbuden ein wenig gähe hinan, um sich in einen kleinen, ziemlich
-ebenen Platz zu öffnen. Hier herrscht besonders viel Regsamkeit, schon
-der Fleischbänke willen. Von diesem Marktplatze ziehen gegen Morgen
-drei Gassen: die eine zu den Getreideläden, einem großen Kaffeehause
-und zur großen Moschee; die andere und mittlere zum Thore auf das Land;
-die dritte als Nebengäßchen zur Stadtmauer. Neben der Hauptgasse, deren
-Richtung dem lateinischen ~S~ am nächsten kommt, öffnet sich eine enge
-Gasse in den Marktplatz, welche erst gähe zu dem auf der Höhe der Stadt
-oder des Stadthügels liegenden Festungsschlosse hinauf-, von diesem
-aber herabsteigt. Die Gassen auf dem Gipfel und im südlichen Theile der
-Stadt sind, mit Ausnahme der letztern Gasse, ziemlich menschenleer, und
-verdienen auch keine nähere Würdigung.
-
-Der Hafen, wenig Rührigkeit darbietend, ist eher eine Rhede, schlecht
-und klein, von Klippen umfangen, für größere Schiffe unzugänglich. In
-der Rhede lagen bei meiner Ankunft fünf Schiffe vor Anker; auf offener
-See in viertelstündiger Entfernung eine griechische Brigg[6].
-
-Wie soll ich muthmaßen, daß die Stadt von 5000 Menschen bevölkert sei?
-Ich bin, wie in Jerusalem, so auch hier mit nackten Muthmaßungen
-über die Zahl der Bevölkerung, ohne über sichere Angaben gebieten zu
-können, selber vielleicht am meisten unzufrieden, und ich würde diese
-mit großem Vergnügen verzeichnen, wären sie nur erhältlich gewesen.
-Haben die ungefähren Ansichten von der Volkszahl weiter keinen Werth,
-so mögen sie doch als Wink dienen, andern Angaben nicht sicher zu
-vertrauen. Die Anzahl der Christen ist nicht geringe; die Lateiner
-und Maroniten zählen aber bloß 340 Seelen. Die Christen bewohnen den
-untern oder Hafentheil der Stadt, in welchem am Sonntage viele Läden
-geschlossen waren.
-
-
-Jaffa, wie es ehemals war.
-
-Ich will keine Geschichte von Jaffa liefern; nur kann ich mich nicht
-enthalten, drei Schriften aus der jüngern Vergangenheit Auszüge zu
-entheben.
-
-„Jetziger Zeit“ (1581), sagt +Salomo Schweigger+, „ist keine Behausung
-mehr vorhanden, denn auf einem nicht gar hohen Berge zwei Gebäu, groß
-und weit, ziemlich stark. Darinnen eine türkische Besatzung etlicher
-Araber von wegen der Anlände aus Egypten. Sonst sieht man am Berge
-etliche alte Gewölbe. Die meiste Waare, so dahin gebracht wird aus
-Egypten, ist Salz und Reis. Dagegen ladet man Oel. Haben derhalb keine
-Herberg funden, sondern mußten unterm freien Himmel für gut nehmen im
-Sande zunächst am Meere.“
-
-Vernehmen wir +de la Mottraye+: „Nach einer Fahrt von sechszehn Tagen
-und nach verschiedenem Ungemach kamen wir den 19. Merz 1697 auf der
-Rhede vor Jaffa an. Dieser Ort ist von so vielen Reisenden beschrieben,
-daß ich mich der Mühe überheben kann, eine neue Beschreibung davon
-zu geben, zumal da derselbe jetzt kaum mehr den Namen eines Dorfes
-verdient. Von dieser uralten Stadt ist nichts mehr übrig, als ein
-großer, halb eingefallener Thurm, und zwei kleinere, die noch ganz
-sind, auf dem Gipfel eines benachbarten Berges, und einige in den Berg
-gegrabene Höhlen; denn Häuser sind es wahrlich nicht. Nur eine Herberge
-für den Fremden, welche den Namen eines Hauses verdient, steht am Ufer
-des Meeres. Der Hafen ist nicht sonderlich, und wird, aus Mangel der
-Unterhaltung, von Tage zu Tage schlechter. Einige Spuren von dicken,
-wohl zämentirten Mauern, die nicht weit vom Ufer aus dem Wasser
-hervorragen, scheinen die Ueberbleibsel eines Dammes oder Molo zu
-sein, der noch heutzutage sehr nützlich sein würde, um den Nordostwind
-abzuhalten, welcher die Gebäude hier ziemlich in Gefahr setzt, wenn er
-heftig weht.“
-
-+Jonas Korte+ fand vor bald einem Jahrhunderte (1738) in Jaffa
-ein Haus, Hospiz genannt, worin beständig ein Pater und Frater vom
-Franziskanerorden sei, und sagt dann weiter: „Das Hospizium, darin
-ich war, gehört auch den ~Patribus de Terra Sancta~. Es liegt just am
-Meere, und man steigt nur etliche Stufen dazu hinauf, und ist an einen
-Berg, worauf die Stadt meist liegt, angebauet. Die Kapelle und ein
-paar Kammern waren auch in den Felsen oder Berg hineingemacht und also
-schön kühl. Die Herren Patres behaupten, dieses Haus stehe an derselben
-Stätte, wo +Simon+, der Gerber, gewohnt, und wo +Petrus+ das Gesicht
-oder Offenbarung gehabt, wiewohl man mit Augen sehen kann, daß die See
-viel von dem Berge abgerissen, und Stücke von den alten Stadtmauern und
-Thürmen über zwei Steinwurf in der See liegen.“
-
-
-Die Tageslänge.
-
-Wenn man einmal Reisender ist, so richtet man die Aufmerksamkeit
-auf alle Verschiedenheiten, notabene auf alle, die Einem nicht
-entschlüpfen. Außer den Temperatur- und Witterungsverschiedenheiten
-wird man in Syrien unter dem 32. Grade nördlicher Erdbreite einen
-bedeutenden Abstand in Bezug auf die Tageslänge wahrnehmen. Ich hielt
-mich während des kürzesten Tages in Jaffa auf, und sieben Uhr Morgens
-schon und noch fünf Uhr Abends konnte man an einem hellern Orte leicht
-lesen.
-
-Für die Klöster im jüdischen Lande (~Tabula secunda pro Conventibus
-Judaeæ sub elevato Polo per gradus 32~) liegt eine gedruckte Tabelle
-vor mir, worauf in der Regel von sechs zu sechs Tagen die Zeit des
-Sonnenauf- und Untergangs durch das ganze Jahr angegeben ist. Ich
-will am liebsten die Tabelle selbst redend einführen, da sie, längst
-ansäßig in Syrien, mir aus einer Verlegenheit helfen und auch Auskunft
-ertheilen kann, wie weit der längste Tag seine Flügel von einander
-ausspanne. Am kürzesten Tage schläft die Sonne allerdings nicht so
-lange, wie bei uns; denn sie steht um sieben Uhr und drei Minuten auf,
-und sie legt sich um vier Uhr und siebenundfünfzig Minuten nieder.
-Dafür läßt sich die Sonne am längsten Tage zum Aufstehen mehr Zeit,
-indem sie um vier Uhr und siebenundfünfzig Minuten aufgeht; und als
-wenn sie durch ihren heißen Schein leichter sich erschöpfte, sie nimmt
-schon um sieben Uhr und drei Minuten Reiß -- unter.
-
-Und nun denn den ersten beßten Kalender zur Hand, ist eine Vergleichung
-der Tageslänge in dem jüdischen und dem Abendlande nicht ebenso
-belehrend, als die Betrachtung des Aderlaßmännchens, dem man wohl
-Blut, aber den Geist nicht, der auf dem Blute schwimmt, nämlich die
-Vorurtheile, opfert?
-
-
-Witterungsbeschaffenheit.
-
-Während meines Aufenthaltes in Jaffa ließ sich die Witterung im Ganzen
-milde an. Viele Leute gingen barfuß; andere badeten sich im Meere. Das
-Bedürfniß des Heizens machte sich nicht fühlbar. Die Regentage waren,
-nach dem Gefühle zu urtheilen, nicht kälter, als bei uns manche des
-Sommers, und zudem nicht so eigentliche, wie die unserigen zu sein
-pflegen. Nach kurzem Regen oder Schauer blickte die Sonne zwischen den
-Wolkenklößen freundlich hervor. Bei dieser veränderlichen Witterung
-wechselte fast jeden Tag das Schauspiel des Sonnenscheins und Regens;
-bloß an einem einzigen Tage war die Sonne vom Gewölke allenthalben
-verhüllt. Zur Seltenheit sollen Schneeflocken fallen. Ich sah reichlich
-schloßen.
-
-Die Regenzeit dieses Landes ist unsere Schneezeit, die Zeit der
-Regenlosigkeit unsere Regenzeit. Gott gab uns also zwei Dinge mehr, im
-Sommer den Regen und im Winter den Schnee.
-
-Zur Zeit der Regenlosigkeit wird das Erdreich ungemein trocken, und
-klafft an vielen Stellen breit und tief von einander. Die Pflanzenwelt
-verliert dann das fröhliche Aussehen, welches ihr die Regenzeit, der
-eigentliche Frühling, verleiht. Diese Zeit beginnt Ende Wintermonats,
-dauert über den Christmonat und Jenner, und der Hornung mag etwa vier
-bis fünf Regentage zählen.
-
-
-Der Meeressturm und der Schiffbruch.
-
- Nun aber hatte Joppe von Natur aus keinen Hafen und keine Anfurt;
- denn das Ufer war hoch und gähe, auch beiderseits mit krummen und
- rauhen Felsen, daran das Meer heftig schlägt und brauset, wohl
- verwahret.
-
- +Flavius Josephus.+
-
- Zu beiden Seiten der Stadt Joppe liegen große Steine und Felsen,
- die aus dem Meere hervorgucken. Die Lage des Ortes und die Gestalt
- der Sachen zeigen an, daß +Andromeda+ hier gewesen und dem
- Wallfische sei vorgeworfen worden, wie die alten Fabeln glaubwürdig
- sagen. Wenn der Nordwind gegen das Ufer geht, so treibt er das
- Wasser über sich, und schlägt es an die Felsen, daß es ein groß
- Getöse gibt, und daß das Meer davon gar ungestüm wird, wenn die
- Wasserwellen zurückfallen. Daher ist es viel gefährlicher am
- selbigen Orte als in den Wüsten.
-
- +Egesippus.+
-
-Vor meinem Fenster tauchen Klippen aus dem Meere. Schäumend brechen
-sich die Wellen an den Felsen, selbst bei anscheinender Meeresstille.
-
-In der Nacht des 28. Christmondes weckte mich so lauter Donner, daß der
-Blitz in der Nähe niedergezuckt sein muß. Den Donner begleitete ein
-Chor von Geheul der erzürnten See. Wenn die Wogen über die Wehrmauer
-platschten, bebte unser Gotteshaus. Ich konnte den Schlaf nicht leicht
-wieder finden.
-
-Endlich leuchtete mir der Tag auf das furchtbar schöne Schauspiel.
-Der Nordwind wühlte in den Wassern. Wäre von dem Meere, wie von einem
-Kochkessel, Dampf emporgestiegen, so hätte man sich nicht täuschen
-können, daß es in Sud gerathen sei. Die Wogen spritzten ihren
-schaumigen Bogen über Mauer und Gasse, über Schiffe und Häuser. Ich
-wohnte im Hospiz durch Mauer und Gasse vom Ufer getrennt und über dem
-Erdgeschoße im zweiten Stockwerke, und selbst am Fenster ereilte mich
-der Sprengwisch des Meeres.
-
-Auf der Gasse schaukelten die Fässer im Meerwasser. Die griechischen
-Pilger, sonst jederzeit ziemlich langfingerige Holzaufleser,
-rafften abgesprungene Reife im Vorbeigehen zusammen. Mußte doch
-den Christusdurstigen selbst der Sturm behilflich sein. Pflaster-
-und Mauersteine löseten sich vor der Gewalt. Die Gasse bildete ein
-Wassergerinne im Augenblicke, da die Woge überschlug. Wer vorüberging,
-war unsicherer, als unter dem Platzregen. Ehe er sich versah, stand er
-unter der Meerestraufe. Weiße Flocken flogen zierlich umher -- etwa
-Schneeflocken? Es waren vom Winde zerzettelte Bäuschchen schneeichter
-Baumwolle. Von einem Hause am Hafen, über dessen Zinne die Wellen
-gleichsam scherzend hüpften, flüchtete man Waaren. Schon schwamm Wrack.
-Es war der Fingerzeig, daß es Ernst gelte. Richtig wälzten die Fluthen
-ein unbemanntes Schiff mit zerknicktem Fockmaste daher. Das Fahrzeug,
-gleichsam unwillig über die treulose Rhede, riß sich von den Tauen los.
-Dem Beherrscher der Meere, dem Sturme, zu wohlfeilem Preise überlassen,
-wippte es sich zuerst unsicher umher, bis es, gegen Mitternacht gleich
-an der Stadt, am halbmondigen Strande scheiterte. Im Ausfahren aus der
-Rhede riß indeß dieses Schiff das Tau eines andern ab, welches ohnehin
-mit genauer Noth sich hielt. Und so kam es, daß bald auch dieses
-Schiff flott war, nackt, gleich einem entblätterten Baume, doch noch
-mit einiger Bemannung. Grausig, wie der Anblick einer menschenleeren
-Brandstätte, war derjenige des erstern entvölkerten Schiffes;
-beängstigend ist der Anblick eines der Menschengewalt entzogenen und
-der Willkühr des Windes und Wassers dienstbar gewordenen, unstät
-umherwiegenden Fahrzeuges, wie der Anblick eines kleinen Kindes, das
-mit einem scharfen Messer spielt. Die Mannschaft, welche dem zweiten
-Schiffe vertraute, schien ihre Hoffnung auf den Nordwind zu bauen,
-welcher nur gegen das Land treiben werde. Wirklich rannte es sich bei
-der Stadtmauer fest, ohne den größten Schaden zu erleiden, und gerettet
-waren die Schiffleute.
-
-Auf der Stelle bewegte sich eine Last Leute nach den losgerissenen
-Schiffen. Eilends mischte ich mich unter die Menge. Ich sah viel Augen
-und lauter trockene; die meisten drückten weit mehr Neugierde, als
-Theilnahme an dem Unglücke aus.
-
-Abends und in der darauf folgenden Nacht wichen der Macht des Sturmes
-noch drei andere Schiffe. Eines ward mit Wuth ans Land geworfen, und
-in viele Stücke zerschmettert. Nur +ein+ Schiff trotzte standhaft im
-sogenannten Hafen. Der Meeressturm soll seit einem Jahrzehn nie mehr so
-heftig geworden sein.
-
-Vor einem Jahre ereigneten sich hier ähnliche Unfälle. Ich sprach in
-Jerusalem eine Deutsche, die, wie sie sagte, einzig durch Zufall ihr
-Leben davon brachte; manche Habseligkeiten gingen über dem Schiffbruche
-zu Grunde.
-
-Es wäre vielleicht unschwer, in Jaffa einen Hafen anzulegen. Die Araber
-kennen freilich den Gemeinsinn, der solche nützliche Einrichtungen ins
-Dasein rufen würde, nicht mehr, und laufen lieber alle Jahre Gefahr,
-Schiffe und Leute zu verlieren. Die Reisenden erzählen einstimmig,
-daß die Menge gescheiterter Fahrzeuge an der phönizischen Küste in
-Erstaunen und Grausen setze. Wer aber gleichgültig genug ist, für die
-Gesundheit seines Beines keine Sorge zu tragen, klage denn auch nicht,
-wenn dasselbe, wegen der Unheilbarkeit, abgeschnitten und mit einem
-hölzernen vertauscht wird.
-
-
-Gesundheitszustand.
-
-Die Witterung übt im Ganzen keinen ungünstigen Einfluß auf die
-Bewohner. Man sieht viele Graubärte und alte Weiber. Spaß bei Seite, je
-mehr es alte Weiber in einem Lande gibt, desto gesunder ist es.
-
-Um in den Gesundheitszustand der Jaffaner einzutreten, so sah ich im
-Todtenbuche der Lateiner und Maroniten nach. Die Kopfzahl der Gemeinde
-beträgt, wie ich oben anführte, in runder Summe 340. Die Pfarrkinder,
-unter der Seelsorge des Hospiz, sind beinahe lauter Eingeborne mit all’
-der morgenländischen Tracht, Sitten, Gebräuchen, Gewohnheiten, der
-geistigen und sittlichen Erschlaffung. Obschon das Todtenbuch Manches
-zu wünschen übrig ließ, indem, statt genauer Verzeichnung des Alters,
-meist nur eine runde Zahl mit den Worten „~plus minusve, circiter~“
-(mehr oder minder, ungefähr) oder „~plus~“ (darüber) genannt war, so
-verdiente es in der Hauptsache doch Vertrauen. Aus der Gesammtzahl
-der Verstorbenen ließ ich, bei der Berechnung der wahrscheinlichen
-und durchschnittlichen Lebensdauer, zwei „~peregrini~“, Fremde oder
-Pilger, und ebenso einen Erwachsenen weg, dessen Alter nicht angemerkt
-war. In den 9 Jahren 1824 bis und mit 1827[7] und 1829 bis und mit
-1833 starben 123 Personen, im jährlichen Durchschnitte 13, und im
-gleichen neunjährigen Zeitraum wurden 155, im jährlichen Durchschnitte
-16 geboren. Das wahrscheinliche Leben fällt zwischen 5 und 6 Jahre,
-und wenn einige, vermuthlich übergangene, Todtgeburten hinzugerechnet
-werden, so müßte es noch niedriger stehen.
-
- Unter 5 Jahren starben 56
- Zwischen 5 und 10 Jahren starben 9
- „ 10 „ 20 „ „ 5
- „ 20 „ 30 „ „ 7
- „ 30 „ 40 „ „ 3
- „ 40 „ 50 „ „ 14
- „ 50 „ 60 „ „ 14
- „ 60 „ 70 „ „ 9
- „ 70 „ 80 „ „ 3
- „ 80 „ 90 „ „ 3
- ---------------
- 123
-
-Das höchste Alter (einer Frau) ging auf 84 Jahre. Der lateinische
-Schullehrer, ein geborner Palästiner, der mich durch verschiedene
-Mittheilungen über die Sitten und Gebräuche des Landes zu steter
-Erkenntlichkeit verpflichtete, ist mein Gewährsmann für die Angabe,
-daß unlängst ein mehr denn hundertjähriger Grieche gestorben sei, und
-es sollen auch Mohammetaner 120 Jahre alt geworden sein. In diesem
-Punkte aber darf man nicht schlechthin glauben; denn Verzeichnisse der
-Todtenbücher gehen ab, und man knüpft die Geburtszeit etwa an eine
-merkwürdige Begebenheit. Ließ ich in Egypten nach dem Alter eines
-Kranken fragen, so erhielt ich meist zur Antwort, daß man es nicht
-wisse.
-
-Die 123 Verstorbenen besaßen zusammen ein Alter von 2873 Jahren, 3
-Monaten und 5 Tagen, was einen Durchschnitt von 23 Jahren gibt.
-
-Folgendes ist das Verhältniß der Verstorbenen nach den Monaten:
-
-a) in den 16 Jahren 1808 bis 1823:
-
-Jenner 3; Hornung 14; Merz 2; April 8; Mai 9; Juni 8; Juli 7; August
-5; September 11; Oktober 15; November 11; Dezember 7. Summa 100.
-Jährlicher Durchschnitt 6.
-
-b) in den 10 Jahren 1824 bis 1833 (nebst den zwei Pilgern und dem
-Erwachsenen ohne Altersangabe):
-
- ----------+----------+-----+------+----+-----+
- Jahre. |Jan.|Febr.|Merz.|April.|Mai.|Juni.|
- ----------+----------+-----+------+----+-----+
- 1824 | 0 | 0 | 1 | 1 | 0 | 2 |
- 1825 | 0 | 0 | 1 | 0 | 1 | 2 |
- 1826 | 1 | 0 | 4 | 0 | 1 | 0 |
- 1827 | 3 | 0 | 1 | 1 | 4 | 3 |
- 1828 | 1 | 0 | 2 | 12 | 6 | 0 |
- 1829 | 1 | 0 | 1 | 1 | 0 | 0 |
- 1830 | 0 | 1 | 6 | 0 | 2 | 0 |
- 1831 | 2 | 0 | 0 | 0 | 1 | 3 |
- 1832 | 0 | 2 | 0 | 0 | 2 | 2 |
- 1833 | 3 | 0 | 1 | 1 | 2 | 1 |
- ----------+----+-----+-----+------+----+-----+
- Mit 1828 | 11 | 3 | 17 | 16 | 19 | 13 |
- ----------+----+-----+-----+------+----+-----+
- Ohne 1828 | 10 | 3 | 15 | 4 | 13 | 13 |
- Und obige | 3 | 14 | 2 | 8 | 9 | 8 |
- ----------+----+-----+-----+------+----+-----+
- Zusammen | 13 | 17 | 17 | 12 | 22 | 21 |
- ----------+----+-----+-----+------+----+-----+
-
- ----------+-----+------+-----+----+----+----+------+
- Jahre. |Juli.|Augst.|Sept.|Okt.|Nov.|Dez.|Summa.|
- ----------+-----+------+-----+----+----+----+------+
- 1824 | 1 | 2 | 0 | 1 | 2 | 1 | 11 |
- 1825 | 0 | 0 | 2 | 0 | 1 | 0 | 7 |
- 1826 | 1 | 3 | 0 | 0 | 3 | 2 | 15 |
- 1827 | 1 | 1 | 0 | 0 | 2 | 0 | 16 |
- 1828 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 | 22 |
- 1829 | 0 | 0 | 1 | 1 | 3 | 2 | 10 |
- 1830 | 0 | 1 | 2 | 1 | 3 | 8 | 24 |
- 1831 | 1 | 3 | 5 | 3 | 0 | 0 | 18 |
- 1832 | 1 | 1 | 0 | 0 | 0 | 1 | 9 |
- 1833 | 1 | 2 | 0 | 0 | 1 | 4 | 16 |
- ----------+-----+------+-----+----+----+----+------+
- Mit 1828 | 6 | 13 | 10 | 6 | 15 | 19 | 148 |
- ----------+-----+------+-----+----+----+----+------+
- Ohne 1828 | 6 | 13 | 10 | 6 | 15 | 18 | 126 |
- Und obige | 7 | 5 | 11 | 15 | 11 | 7 | 100 |
- ----------+-----+------+-----+----+----+----+------+
- Zusammen | 13 | 18 | 21 | 21 | 26 | 25 | 226 |
- ----------+-----+------+-----+----+----+----+------+
-
-Die heißesten Monate zeichnen sich in Jaffa durch die Menge der
-Todesfälle keineswegs aus. Der Jenner erscheint am unschuldigsten;
-nach ihm der April. Dagegen sind die vier letzten Monate des Jahres
-die reichsten an Todten; vor allen der Wintermonat, in welchem der
-Uebergang zu einer kältern Jahreszeit sich besonders merklich macht,
-und welcher der erste ganze Regenmonat ist.
-
-Im verwichenen Weinmonate herrschte, wie in Gaza, auch hier die
-indische Cholera, doch richtete sie keine große Verheerungen an,
-indem ihr bloß 40 bis 50 Opfer fielen. Indeß aber die Pest Jerusalem
-heimsuchte, litt Joppe nichts von dieser Seuche.
-
-
-Auf dem Hospizdache.
-
-In mehreren Stufen erheben sich die Plattdächer des lateinischen
-Hospiz. Sie sind mit einer Brustwehr versehen, und weißer, beinahe
-glänzender, sehr fester Mörtel überkleidet dieselben, auf daß der Regen
-nicht durchdringe. Die Fußböden der Häuser haben im Morgenlande nicht
-selten einen Ueberzug von Pflaster (~pavimentum~), welches mit kleinen
-Steinchen von verschiedener Farbe durchsprengt ist. Wenn es hart
-geworden, so werden diese Steinchen abgeschliffen und der Boden bekommt
-dann ein schön glattes, lebhaft marmorartiges Aussehen.
-
-Die Plattdächer sind zugleich ein angenehmer Spazierplatz. Mit
-Entzücken betrachtete ich auf dem Hospizsöller in Ramle den Gebirgszug
-von Juda bis zum Ephraim, die fruchtbare Ebene im Umkreise und
-die Tempel und Wohnungen der Stadt. Oft weilte ich in Jaffa auf
-dem Söller des Hospiz, einmal in singender Gesellschaft, manchmal
-neben einem Ordensmanne in seiner röthlichen, groben Kutte und mit
-dem herunterbammelnden Kreuze, andere Male allein, bis ich den Ruf
-zum ~mangiare~ (Essen) vernahm; oft rollte ich mein Auge auf das
-Gebirge, insbesondere gegen Mitternacht auf den Ausläufer ins Meer,
-den man mir als den Karmel bezeichnete; oft sah ich dem Getriebe der
-griechischen Pilger und dem Spiele der Meereswellen zu; oft suchte ich
-mit vergebener Sehnsucht das Fahrzeug meines Hauptmannes, mit dem ich,
-man verzeihe mir die Wortwendung, das heilige Land verlassen könne.
-Ich möchte Niemand glauben machen, daß die Sonne schöner unterging,
-als in unserer Gegend während der Sommermonde; jedenfalls schloß ich
-mit herzlicher Freude den Tag vor den letzten Blicken der himmlischen
-Tochter. Wenn diese in die hohe See sank, so sank auch ich ins Meer --
-meiner Gedanken, Gefühle und Entschließungen. Vergäße ich Alles von
-Palästina, so bliebe mir der Lieblingsort auf dem Hospiz zu Jaffa in
-süßer Erinnerung.
-
-Es wäre Undank, wenn ich die Wohlthätigkeit der Klöster und Hospizien
-in Judäa nicht anerkennen würde. Sie sind die willkommtnen Herbergen
-und Zufluchtsorte der Reisenden und Pilger, ohne behaupten zu wollen,
-daß das Leben in den arabischen Khan nicht leicht erträglich wäre. Die
-Hospizien aber und die Klöster sorgen für eine Menge Bequemlichkeiten,
-welche sonst der Europäer entbehren müßte. Ueberdies bringe ich noch
-die Sprache in Anschlag, die Gelegenheit, die Gedanken auszutauschen,
-weil den wenigsten fränkischen Reisenden das Arabische geläufig ist.
-
-
-Das Bauernhäuschen.
-
-Nachdem ich meinen Mittagstisch zu mir genommen hatte, ergriff ich
-meine Peitsche, die gewöhnliche Waffe des fränkischen Fußgängers, um zu
-lustwandeln.
-
-Wenn ich durch das lange Thor der Stadt ziehe, so sehe ich fast jedes
-Mal etwas Neues. Diesmal ergötzte mich die über meinem Wege grün
-emporrankende Rebe. Noch einen Tag, und es beginnt das Weihnachtsfest
-und für den Mann des Nordens war dieses grüne Ding etwas Einziges.
-
-Die Blumen schillerten im Grün der Au; die Schwalben und andere
-Vögel des Himmels lobten in angenehmen Weisen den Herrn; ein weißer
-Schmetterling schwenkte im bebernden Fluge ab. Ach, dachte ich bei
-mir selber, so viel Herrlichkeiten der Natur, womit sie den Lenz
-ausschmückt, umgaukeln deine Sinne. Wie magst du in der Klosterzelle
-dich länger abhärmen? Gehe öfter hinaus in das Freie, und verschließe
-dich nicht vor dem köstlichen Genusse, welchen die gütige Natur so
-gerne einem Jeglichen darbietet.
-
-Indem ich den Weg nach Gaza einschlug, erblickte ich links mehrere
-Schilfhütten. Ihre Gestalt glich einer Halbkugel, und sie waren
-nicht höher, als anderthalb Mann. Ich guckte nur ein wenig in eine
-der Hütten. Da hockte ein Weib inmitten der Hausgeräthe auf dem
-Boden in einem so engen Loche, daß für Jemand anders wenig Raum mehr
-gewesen wäre. Ich warf zuletzt der von Stroh geflochtenen Thüre einen
-flüchtigen Blick zu, und setzte meinen Spaziergang fort.
-
-Am Wege nach Gaza, ungefähr eine kleine Viertelstunde von Jaffa, kommt
-man zu einem Weiler von gemauerten Bauernhütten. Das freundliche
-Dörfchen umringten Mandelbäume, die eben in Blüthe gingen. Zwischen den
-Häuschen arbeitete ein Bauer auf dem Felde. Er behieb mit einer Axt die
-blätterlosen Feigenbäume. Die Axt war wie die unsrige, nur schlanker
-gegen das Oehr. Diese Beilart fiel mir hier auf, weil ich eine solche
-auf meinen Wanderungen im Morgenlande nie wahrgenommen hatte. Das
-Schlichtbeil des Zimmermannes z. B. sieht aus wie unser Hammer, mit
-dem Unterschiede, daß der abgeplattete breite Theil scharf, und das
-ganze Werkzeug größer ist. Muß denn ein Baum geschlichtet werden, so
-darf man, wegen der vor dem Stiele queren Richtung der Schärfe, den
-Baum nicht aufheben, und ihn somit in einiger Höhe bearbeiten, sondern
-er kann mit diesem Werkzeuge aus dem Boden bequem behauen werden.
-Desgleichen braucht der Holzhacker kein anderes Werkzeug, als diesen
-Hauhammer, richtet aber viel minder aus, als ein abendländischer. Dabei
-ist freilich nicht zu vergessen, daß stämmiges Holz hier zwar weniger,
-wie in Egypten, doch immerhin zur Seltenheit gehört.
-
-Ich wußte nicht recht, wie ich es anfangen solle, damit ich in eine
-Hütte gelassen werde. Die Frage nach Milch führte mich nicht zum
-Zwecke, weil keine zu erhalten war. Oft bringt das stumme Geld Rath,
-wenn man sich keinen mehr weiß. Ich zeigte dem Bauer, welcher die Bäume
-behieb, eine kleine Münze, und fügte in meiner Geberdensprache bei,
-daß ich in seine Wohnung eingehen möchte. Eine grüne Hecke verbot mir
-den geraden Weg dahin; derselbe aber deutete mir den Umweg, den ich
-unschwer fand.
-
-Das Häuschen bildete ein Viereck. Die Mauern, theils von Stein und
-Mörtel, theils bloß von einer Art Mörtel und viel besser, als in San
-Pietro di Nembo, halten Wind und Regen ab, und ihre Höhe mochte etwa
-zehn Fuß messen. Der Eingang, oben abgerundet, öffnete sich gegen
-Südost und so hoch, daß er dem Eintretenden die Bücklinge ersparte.
-Das etwa einen Fuß dicke Dach gestaltete sich nur insofern zu einer
-Wölbung, als die obern Kanten der Dachdicke fehlten. Um zur Bauart des
-Daches überzugehen, so liefen Stützbalken und Sparren wagerecht von
-einer Mauer zur andern. Die Zwischenräume, welche das Balkengerippe
-übrig ließ, waren von kleinern Baumästen und von Heckengesträuche
-ausgekleidet. Darüber lag eine Schichte von Erde. Daher kommt es, daß
-die Dächer, wie die Wiesen, grünen, und so eben keimte das zarte Gras
-auf dem Hausdache. Ich nahm es sinnbildlich und las: „Mögen immer
-Friede und Freude in dem Hause grünen“, und mir schien es ungefähr so
-sinnig, als wenn darauf der alte Satz der aufrichtigen, guten Schwaben
-und Schweizer geschrieben gewesen wäre: „Dieses Haus steht in Gottes
-Hand.“ Eigentliche Dachrinnen sind an dem palästinischen Häuschen
-nicht angebracht, wohl aber gegen Morgen und Mittag etwa drei kurze,
-röhrenförmige Ziegel, welche dem Regen leichtern Abfluß verschaffen
-sollten. Die Wandung neben der Thüre war recht einladend. Auf rothem
-Grunde figurirten weißfarbige Händeabdrücke: eine Malerei, die an einem
-arabischen Bauernhäuschen etwas heißen will.
-
-Ich betrat dann das Innere der Wohnung durch eine von Holz nicht übel
-gezimmerte Thüre, die mit einem hölzernen Riegel gesperrt wird, und
-nach innen sich aufschließt. Jene bestand aus einem einzigen Raume oder
-Gemache. Ungefähr drei Fuß von der Thüre erhob sich der Boden in einem
-Absatze etwa um einen halben Fuß. Der Boden war durchaus von Erde, aber
-fest gestampft. Weder Mauer, noch Dach hatten eine Oeffnung für Licht
-oder Rauch. Dazu hilft die Thüröffnung aus. Die Wand der Mauer war
-mit einer rothen Farbe überzogen, in der ebenfalls die weißen Flecken
-vom Andrücken der Handflächen, eines neumodischen Pinsels, spielten.
-Den Raum wollen wir, der Bequemlichkeit willen für abendländische
-Anschauung, in Stube, Kammer, Küche, Holzschuppen, Getreidehalle
-und Mühle eintheilen. Jeder übrige Platz wird benützt, um sich da
-aufzuhalten, da zu essen, da zu arbeiten.
-
-An der einen Mauerwand ragte ein kleines, aufgemauertes, hohles
-Gestelle hervor. Darin saß als Lampe ein schalenförmiges Gefäß mit
-einer Schnauze für den Docht. Daneben stand, ebenfalls auf einem
-Mauergestelle, ein Oelkrug. An einer andern Wand war ein Gestelle
-gemauert, worin Nähzeug stak. Weder ein Tisch, noch Stühle oder Bänke,
-nichts dergleichen, versteht sich, fand sich vor.
-
-Ich schaute nach der Stelle, wo die Leute sich schlafen legen. Sie
-war durch nichts angedeutet. Alte Kleider und diejenigen, welche die
-Leute tragen, dienen zur Bettung; der Boden in der Nähe einer Wand,
-wo am meisten Platz ist, ersetzt die Bettstelle. Jammern ja nicht
-die Verweichlichten über eine solche Armseligkeit. Von Kindheit an
-auf keinem andern Lager, würden diese Leute auf dem erhitzenden und
-kitzelnden Polster der Federn mit Schwierigkeit zum Schlafe gelangen.
-
-Fast mitten in der Wohnung ist ein kleiner Raum auf drei Seiten, vom
-Boden an, nicht hoch ummauert, selbst etwas zierartig, indem die Ränder
-in Zähne sich endeten, -- das war der Kochofen, rings die Küche.
-
-In einem Winkel neben der Thüre lag dürres Buschwerk. Vor diesem
-bläheten sich ungeheure, faßartige Töpfe auf, zwei an der Zahl.
-Meine Neugierde wollte wissen, was der Inhalt derselben sein möchte.
-Der Hauswirth, ohne Mißtrauen gegen mich, nahm daraus gereinigtes,
-geschältes Getreide. Wenn die Bauern hier solche Vorräthe besitzen, so
-stehen sie nicht hinter manchen schweizerischen Webern zurück, welche
-vom Arbeitsherrn zum Voraus einen Theil des Lohnes beziehen, damit sie
-die Kosten für ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Dieser Bauer,
-welcher das schönste Häuschen im Dörfchen bewohnte, schien indessen
-einer der wohlhabendern. Meine Beschreibung darf daher nicht strenge
-als Maßstab zu Beurtheilung der Bauernhäuschen gelten.
-
-Wir lassen ja nicht unberücksichtiget den letzten Bestandtheil der
-Wohnung, einen Theil, der auch in andern Häusern selten fehlen wird:
-die Mühle. Gleich wenn man zur Thüre eintritt, liegen die Mühlsteine,
-ähnlich jenen in Lossin piccolo, vor den Füßen und nur ein paar Ellen
-weit von dem Kochofen.
-
-Ich traf in dem Häuschen bloß den Bauer, ein Weib und ein Kind. Der
-Gebieter machte eine etwas saure Miene, schien jedoch guten Gemüthes
-zu sein. Das Weib trug einen Schleier. Nach dem, was ich vom Gesichte
-erblicken konnte, und dafür zeugten auch die Hände und Arme, hielt
-ich die Frau für jung und für nicht häßlich. Ein Knabe, von etwa
-zehn Jahren, mit Schmutz bedeckt, der ihm vielleicht von Geburt an
-anhänglich blieb, überdies aufgedunsen wie ein geschlachtetes --
-Zicklein, stand neben der Mutter. Die Kinder fürchten in der Regel
-die Franken ärger, als Vögel die Scheuchen. Ging ich auf der Straße,
-so wichen sie oft auf die Seite, etwa hinter einen Baum, wie der
-Furchtsame, welcher unter das Laubwerk flieht, um nicht vom Blitze
-berührt zu werden. Sind denn aber unsere Kinder, obwohl unter dem
-steten Einflusse der Gesittung und Weltaufklärung, in diesem Stücke
-besser? Es sollte ein Türke in einem Bergdorfe sich herumtreiben, wie
-sehr würden sie von Furcht ergriffen. Mich wunderte, daß der Knabe im
-Bauernhäuschen seinen Mund noch nicht verzerrte. Ich liebkosete ihn an
-den Wangen, und der Himmel war immer noch heiter. Da zogen sich auf
-einmal Regenwolken über dem Antlitze zusammen, und ich merkte bald auch
-am Knaben, daß die Regenzeit herrscht. Die lang dauernde gute Witterung
-durfte ich wohl dem Schutzgeiste der daneben hockenden Mutter, welche
-Kräuter zur Nahrung zerschnitt, beimessen. Daß ich nirgends ein
-Kochfeuer, nirgends einen Geruch von Speisen wahrnahm, leitete mich
-auf die Vermuthung, daß die Leute das Fastengesetz +Mohammets+ strenge
-beobachten; denn schon vor etlichen Tagen verkündigte der Donner der
-Kanonen den Anfang des Fastenmonates.
-
-Der palästinische Bauer scheint mir wohler zu stehen, als der
-egyptische. In der Saronebene trägt der Boden unermüdlich Früchte, ohne
-gedüngt zu werden. Diese sind Eigenthum des Anbauers, welcher selbst
-sie an den Mann bringt.
-
-
-Das Quarantänegebäude oder Pestlazareth.
-
-So eben baut man über den Ruinen an der Küste und bei den Mauern
-von Jaffa, gegen Mittag, eine Kontumazanstalt. Sie zerfällt in zwei
-Abtheilungen. Die obere enthält vierzehn Zimmer oder Häuschen.
-Jedes Zimmer, geräumig und hoch, hat Läden für das Licht und zwei
-Thüren, die eine gegen den Hof (Mitternacht) und die andere gegen
-die Einfangsmauern (Mittag). Es wäre nicht am Platze, die Anstalt
-weitläufig zu beschreiben. Ich bin überzeugt, daß sie, unter übrigens
-günstigen Umständen, ihren Zweck nicht verfehlen wird, obschon an ihr
-Mehreres ausgestellt werden dürfte. So wurde ein Theil des griechischen
-Leichenackers in den Umfang des Gebäudes gezogen, in welchem
-wirklich einige Leichensteine hervorragen. Für die Unreinigkeiten
-sind einige, aber ungenügende Einrichtungen getroffen. Unten besitzt
-die sonst ziemlich hohe Einfangsmauer Stufen, daß man sie leicht
-überklimmen kann, wenn man von innen aus Hilfe bekommt. Will man das
-Quarantänegebäude gleichsam vollpfropfen, so wird es 500 bis 600
-Bewohner zählen.
-
-Dir Anstalt soll vorzüglich für die christlichen Pilger bestimmt sein.
-Ich hörte aus mehr, als einem Munde, daß in Beirut, wohin dieselben
-sich begeben mußten, die Kontumazirenden sehr schlecht gehalten und
-himmelschreiend geprellt wurden, und man betheuerte sogar, daß mehrere
-Pilger in der dasigen Quarantäneanstalt wegen schlechter Verpflegung
-eine Beute des Todes wurden.
-
-Gott behüte Jeden davor, daß er einen Lebensabschnitt in einem
-Pestlazareth vergähnen muß. Wirft aber Jemand das unerbittliche
-Schicksal in +dieses+ Gefängniß, so genießt er doch die Aussicht auf
-die Stadt und das Meer, und er wird von frischer Luft angeweht. In
-El-Arysch wäre ich über eine Unterbringung, wie man sie hier erwarten
-darf, überaus froh gewesen. Das Lazareth wird vorzugsweise demjenigen
-willkommen sein, der von Egypten aus nach Jaffa zu reisen gedenkt; denn
-seit der Errichtung einer Quarantäne in Beirut mußte er sich den Umweg
-über diese Stadt gefallen lassen.
-
-Die pfiffigen Egypzier wußten die noch nicht völlig ausgebaute
-Quarantäne schon zu einem Nebenzwecke zu benützen. Es rückte ein
-Bataillon Fußsoldaten, auf ihrem Zuge nach Egypten, in Jaffa ein, und
-man war nicht verlegen, so viel Mannschaft, als nur thunlich, in der
-Quarantäne Obdach anzuweisen.
-
-
-Die Jaffanerin kommunizirt, besprengt sich...; der Jaffaner.
-
-Die Kirche des Hospizium steht im zweiten Stockwerke, und von Morgen
-dem Zimmer des Pater Superior gegenüber. Obwohl klein, ist sie doch ein
-artiger Bau mit einigen schönen Gemälden. Ich wohnte in derselben dem
-Gottesdienste mehrere Male bei, und ich mußte mich über die geringe
-Anzahl der Anwesenden, im Verhältnisse zur Bevölkerung der Gemeinde,
-verwundern. Wenig feierlich schien mir die gottesdienstliche Handlung
-wegen des Marktgeschreies einer Handorgel, wenn man mir diesen Ausdruck
-erlaubt. Der Araber, welcher zwischen den Tönen verschiedener Orgeln
-kaum unterscheidet, und die Gassenorgeln unserer Straßensänger nicht
-kennt, wird mit mir den übeln Eindruck schwerlich theilen. Lieber hörte
-ich das Klosterglöckchen, welches mit bescheiden hellem Klange die
-Gläubigen zur Andacht aufforderte.
-
-Als ich einmal die Kirche besuchte, sah ich zwei Levantinerinnen
-kommuniziren. Sie waren in einen großen, weißen Schleier gehüllt. Der
-Priester reichte in seiner feierlichen Amtskleidung ihnen die Hostie.
-Wie sehr befremdete mich, unter dem großen Kopfschleier einen schwarzen
-Schleier vor dem Gesichte der Morgenländerinnen gewahr zu werden,
-den sie doch beim Kommuniziren lüften mußten. Mühsam langten andere
-in die Kirche tretende Frauen unter dem Schleier hervor, um sich mit
-Weihwasser zu besprengen.
-
-Auf der Gasse begegnete ich ebenfalls weißen Damen, die in einen
-Schleier völlig verhüllt waren. An diese Maskerade war ich freilich
-gewöhnt, aber nicht daran, daß es an derselben rasselte. Ich spähte
-zuerst immer umher, und nichts gab Stoff, das Gerassel zu erklären.
-Endlich glückte mir der Aufschluß: Es rasselten die unsichtbaren
-Goldstücke, welche um das Haupt angelegt waren. Wird unsern
-Jaffanerinnen, unsern Araberinnen die belebende Hoffnung, mit den
-unverhüllten Gesichtchen die Männer zu bezaubern, so grausam geraubt,
--- billig läßt man ihnen doch den Geschmeidekram und +den+ Ersatz, daß
-sie +frei+ durch den Schleier sehen und schmarotzen, während umgekehrt
-die züchtige und ziererische Abendländerin mit dem +offenen+ Auge
-im Freien nur spärliche Blickchen sich erlaubt. Hinwieder erdenken
-die Schönen Europas, wer möchte es leugnen? auch Manches, um sich
-bei den Männern einzuschmeicheln, und es erschließt sich ihnen ein
-um so weiteres Feld, als sie mit letztern die unschätzbare Freiheit
-und Gleichheit der Gesichts -- öffentlichkeit genießen. Und nicht
-zufrieden, nur das Auge zu entzücken, sie suchen auch das Ohr zu
-fesseln, und geben sich gar viel Mühe, mit Wohlgerüchen zu berauschen.
-
-Die morgenländischen Christenmänner, welche der Bauernklasse nicht
-angehören, sind durch Schönheit ausgezeichnet. Ruhig brennet das
-schwarze Auge; auf dem ganzen Antlitze liegt der Ausdruck der Ruhe,
-der Bedächtlichkeit, der Unterwürfigkeit, der Schlenderei. Groß von
-Leibe, haben sie etwas Stattliches in ihren faltigen Gewändern, und
-mir schien, als wären sie auf ihren hochwulstigen, schief um das Haupt
-gewundenen Turban stolz. Sogar während des Gottesdienstes tragen sie
-auf dem Boden hockend den Turban, und bloß bei der Wandelung heben die
-Wenigsten ihn ab, wodann man ihre häßlichen Schurköpfe erblickt. Dafür
-werfen sie sich gottesfürchtig nieder, indem sie selbst mit der Stirne
-den Boden berühren.
-
-Auch in Jaffa hält man den morgenländischen Christen für schlimmer,
-wenigstens für unredlicher, als den Türken. Bei einem Schneider, einem
-morgenländischen Christen, ließ ich an einem Kleide umändern. Er
-entwendete von meinem Tuche so viel, als er nur konnte, was schwerlich
-ein Kleidermacher im Lande des Niederganges gethan haben würde. Dabei
-stellte jener für die äußerst schlechte Arbeit eine unverschämte
-Forderung, und ich darf versichern, daß ich selten einen verstocktern
-Schuft antraf. Andere Züge will ich auf einen andern Ort versparen.
-
-
-Die Pilger.
-
-Die Bombarda (eine Art Fahrzeug), worauf ich mich begeben sollte,
-brachte christliche Pilgrime. Auch auf andern Schiffen langten solche
-in Jaffa an, und eines Tages zählte ich zwölf Schiffe, theils in,
-theils außer dem sogenannten Hafen. Die Menge christlicher Pilger
-belebte den Kai. Man ergötzt sich an ihren verschiedenen Trachten,
-welche der französischen schon ein wenig ähneln. So nenne ich die
-häufigen Schürzen oder Halbröcke, welche diesen Gegenden fremde sind.
-Einige tragen Regenschirme, die ich in Egypten nie und zum ersten Male
-wieder in Jerusalem zu Gesichte bekam. Die Pilger schleppen ungemein
-viel Gepäcke, auch einen beträchtlichen Mundvorrath mit sich. Es
-wird dasselbe in dieser Hafenstadt, manchmal nicht ohne Zänkereien
-der Pilger sowohl unter sich, als mit dem Kameel- oder Eseltreiber,
-auf Kameele, Esel oder Maulthiere geladen, um es nach Jerusalem,
-dem Wallfahrtsorte, zu befördern. Die Pilger, der größten Zahl nach
-Christen aus der europäischen Türkei, werden bis auf 10,000 geschätzt,
-die alljährlich durch Jaffa ziehen, und hier im griechischen oder
-armenischen Kloster mehr oder minder lange beherbergt werden[8]. Das
-Wallfahrten der griechischen Christen dauert bis Ostern, nicht ohne
-Meeresgefahren[9]. Ein Mönch aus Krakau, welcher nach mir in Jaffa
-eintraf, erzählte mit Schrecken von seinen Erlebnissen, und freute sich
-mit kindlichem Herzen, daß er nun auf festem Boden fußen könne.
-
-
-Die arabische Knabenschule der Lateiner.
-
-Oefter besuchte ich die Schule am Hospizium. Das Zimmer ist ziemlich
-dunkel und eher enge, aber ein hohes Gewölbe. Vorne, der Thüre
-gegenüber, hing an der Wand ein Frauenbild. Zur einen Seite desselben
-las man das mit großen lateinischen Buchstaben geschriebene ~ROMA~ und
-zur andern ~Carta GO~ (wahrscheinlich Landkarte). Den Raum schmälerte
-kein Tisch, außer dem für den Schulmeister; zu beiden Seiten des
-Zimmers war eine niedrige Wandbank angebracht, auf welcher die Schüler,
-beiläufig zwanzig, lauter Knaben, unordentlich saßen oder hockten.
-Sie hatten an der Hand oder auf den Knieen Blätter oder Bücher vor
-sich, aus denen sie mit schaukelndem Leibe nach einer eigenthümlichen
-morgenländischen Weise (Melodie) laut schreiend oder leiernd im Takte
-lasen. Das Geschrei oder Geleier war so wild, daß man weiter nichts
-hörte, als bisweilen das Klopfen mit einem Stocke. Die Unterrichtsart
-wurde mir nicht ganz klar. Ich glaube, sie beschränke sich lediglich
-auf das Lesen und Auswendiglernen. Einmal las ein Schüler in Gegenwart
-des Lehrers und Meisters, welcher verbessernd nachhalf.
-
-Bei meinem ersten Besuche war der Schulmeister nicht gegenwärtig. Ein
-älterer Knabe mit übergroßen Stiefeln leitete das Unterrichtsgeschäft.
-Eine kleine Ruthe schwang er so häufig über die Kinder, als wären sie
-Reitthiere. Am Schlusse des Unterrichtes stellten sich alle Schüler vor
-das Frauenbild und hoben einen wilden Gesang an. Ich ging und sagte
-den neben der Schulstubenthüre gelagerten Weibern einen Gruß, den sie
-wahrscheinlich nicht verstanden.
-
-Die Schulzucht ist ziemlich roh. Wenn ein Knabe durch seine
-Fortschritte sich auszeichnet, so wird ihm eine steife Mütze
-aufgesetzt. Führt er sich schlimm auf, so wird er auf drei Hauptarten
-gezüchtiget. Man legt ihm das Zerrbild eines Esels um den Hals und
-nennt ihn +Eselführer+ (~muchero~). Oder man ertheilt ihm Klappse auf
-die flache Hand mit einer hölzernen, gestielten, fein durchlöcherten,
-kleinen, doch derben Scheibe. Ein Knabe schien mir nicht übel und
-unfleißig in Gegenwart des Schulmeisters zu lesen. Nach hergelesener
-Aufgabe bekam der Schüler von dem Lehrer ohne weitere Umständlichkeit
-eine Anzahl Schläge, indem letzterer die Worte hinzusetzte: ~Così si
-impara~ (So lernt man). Oder auch man mißt Fußsohlenstreiche auf. Das
-Bändigungsmittel dazu war an einem Nagel des Schulzimmers aufgehängt.
-Es besteht aus einem Knüttel, durch dessen Mitte zwei Oeffnungen in
-gegenseitiger Entfernung von etwa zwei Handbreiten gebohrt sind. Die
-Bohrlöcher nehmen einen Strick auf, den aber Knoten hindern, damit er
-nicht durch dieselben ausschlüpfe. Dieses Mittel wendet man so an: Die
-Füße der Knaben werden zwischen den Knüttel und den Strick geschoben.
-Jenen ergreifen zwei Gehilfen, jeder ihn an einem Ende. Jetzt drehen
-sie den Knüttel um seine Achse, und wickeln den übrigen Theil des
-Strickes um ihn herum, so lange, bis der Knebel die Knöchel oder Beine
-zusammenklemmt. Nachdem die Knaben solchergestalt die Beine nicht mehr
-rühren können, erhalten sie die Tracht Schläge auf die Fußsohlen.
-
-Das Essen wird in der Schule nicht geahndet. Ein Knabe brachte kleine
-Rettiche, wovon er auch verschenkte. Einem andern trug man etwas
-Gekochtes zu. Er aß es im Vorzimmer des Schulgewölbes, in welchem eben
-Schule gehalten wurde.
-
-Die Vergleichung mit dem, was +Salomo Schweigger+ von den Kinderschulen
-Konstantinopels aus dem sechszehnten Jahrhunderte überliefert, hat
-zu viel Prickelndes, als daß ich es nicht hier beifügen sollte: Die
-Kinder, sagt +Schweigger+, werden nicht in solcher harten Zucht und
-großen Furcht gehalten, wie die Deutschen, die mit Pochen, Poltern,
-Schlagen und Stoßen den Kindern alle Lust zum Lernen nehmen. Die
-Schulmeister strafen zwar die Kinder auch, aber mit Bescheidenheit, und
-können mit ihnen Geduld haben, welches denn die fürnehmste Tugend an
-einem Schulmeister ist. Wenn sie die Kinder schlagen, so schmeißen sie
-dieselben auf die bloßen Schuhsohlen mit einem Stäblein und brauchen
-die Ruthen nicht, wie bei den Christen bräuchig. Die Knaben haben
-eine feindselige Gewohnheit, daß sie durch einander das Lesen laut
-verrichten, davon sie sollten toll werden und einander irre machen.
-Dabei sitzen sie nicht still, sondern wanken von einer Seite stets auf
-die andere wie ein Schlafender oder Trunkener.
-
-Damit stimmt aber nicht völlig überein, was die „Hoffhaltung Des
-Türckhischen Keysers“ (1596) von den Knaben des Serai erzählt: Die
-Meister und Lehrer haben einen Befelch von dem Türken, daß sie keinen
-Knaben mehr, als des Tages einmal schlagen und strafen dörfen, und
-mögen keinem mehr, als zehen Streich mit einer kleinen subtilen Ruthen
-geben, und wann sie die Jugend mit Ruthen stäupen, geht es also zu:
-Sie legen den Knaben nach der Länge auf die Erden nieder, stoßen ihm
-die Füß durch einen Stock oder Bret, welches durchgebohrt, und dazu
-gemacht, daß sie fest und still liegen müssen. Alsdann geben sie ihm
-mit der Ruthen unten auf der Sohlen des Fußes zehen Schläge über die
-+Borzachinlein+, das ist, kleine Stiefeln, die sie tragen. Nach dem
-lassen sie ihn wieder aus. Und wo der Meister oder Präzeptor einem
-mehr, dann zehen Streich gäbe, oder sie ohne des Kaisers Willen und
-Befelch stäupte oder schlüge, wird ihm alsbald die Hand abgelöst.
-
-
-Der Gruß.
-
-Im aufgeklärteren Theile der Welt waltet die Mode, daß man beim
-Gruße als Zeichen der Aufmerksamkeit oder Achtung den Hut oder die
-Mütze rückt oder, mit einem Worte, das Haupt entblößt. Im Lande der
-Turbane wäre diese Mode glücklicherweise eine wahre Pein. Es gäbe
-den Morgenländern, wenn sie ihren Turban oder den zusammengedrehten,
-in vielen Gängen quer um den Kopf gewundenen Schleier auflösen und
-wieder umbinden oder auch nur mit den unsteifen Mützen, die er unten
-umfängt, ab- und aufheben müßten, ebensoviel zu schaffen, als den
-abendländischen Frauenzimmern, bis ihre zarte Haube über Flechte
-und Kamm sich gehörig fügt. Es ist übrigens erstaunlich, daß die
-Frauenzimmer, die doch mit keiner Mütze und mit keinem Hute sich und
-Andere bekomplimentiren, noch existiren und bei den Männern Gnade
-finden.
-
-Wenn hier zwei Männer im Freien zusammenkommen, so legen sie sich
-die rechte Hand auf Mund und Stirne. Sind sie einander nahe, so sagt
-der Eine, wenn er ein Christ ist: „Gott mit euch“, und der Andere
-erwiedert: „Gott erhalte euch.“ Des Mohammetaners Gruß aber lautet:
-„Friede sei mit euch,“ und der Gegengruß: „Mit euch sei Friede.“ So
-zu grüßen, war früher den Christen verboten. Der Mohammetaner nährte
-den Wahn, daß die Nazarener nicht würdig wären, über die Lippen die
-erhabenen Worte fallen zu lassen, welche vom Propheten +Mohammet+
-verkündiget worden seien. Wiewohl dieser Gruß unter +Mehemet-Ali+ und
-+Ibrahim+ geduldet ist, so hören ihn doch die Mohammetaner aus dem
-Munde der Christen noch jetzt mit Murren.
-
-Stattet ein Christ dem innigen Freunde einen Besuch ab, so umarmen sich
-beide, und küssen einander einmal die Schultern. Ebenso umarmen sich
-die Mohammetaner, versetzen aber den Kuß auf die Wangen. Ist man nicht
-in vorzüglichem Grade befreundet, so bietet man einander schlichtweg
-die Hände, wobei man eine besondere Rücksicht beobachtet. Es behält
-nämlich die Person höhern Ranges die Hand oberhalb, so daß der Rücken
-derselben aufwärts schaut. Stehen beide auf der gleichen Stufe des
-Ranges, so nehmen die Hände eine senkrechte Stellung neben einander
-an, daß also weder die eine, noch die andere Hand nach oben kommt.
-Wenn anders der Gruß die verschiedene Stellung in der bürgerlichen
-Gesellschaft ausdrücken soll, so gewinnt in der That die verschiedene
-Richtung der Hände, zumal die Oberhand und die Unterhand, ungleich mehr
-Sinnigkeit, als alle Abstufungen beim Entblößen des Kopfes unter den
-Abendländern.
-
-Die bisher berührten Grußweisen der Palästiner umfassen bloß das
-alltägliche Leben.
-
-Auf Sitzen zur Rechten oder Linken wird nicht geachtet.
-
-Nach Empfang dargereichter Speisen und Getränke bezeugt man in der
-Regel keinen Dank. Nur nach dem Kaffee hallen die Worte des Dankes:
-„Möget ihr euch immer erhalten.“ Trinkt der Gast Wasser aus dem Kruge
-(Bardaka), was allezeit ohne Absetzen geschieht, so rufen sämmtliche
-Anwesende: „Wohl bekomme es“, und jener erwiedert: „Ich sage Dank.“
-Also bei Mohammetanern und Christen. Beim Lebenswasser (Aquavit)
-verhält man sich stumm.
-
-Begegnen sich die Frauen außer den Häusern, so sind sie still und
-rühren sich nicht. Macht eine Frau einen Besuch, so entschleiert sie
-sich beim Eintritte in das Zimmer, und eröffnet das Gespräche mit
-den Worten: „Ich komme, euch zu sehen.“ Die Frau, welche den Besuch
-annimmt, lüftet auch ihrerseits den weißen Gesichtsschleier und
-antwortet: „Willkommen.“ Da wird denn nach dem Befinden, nach den
-Kindern und nach Andrem gefragt, obendrein viel eitel Zeug geplaudert,
-etwas Süßes, etwa Konfekt, genascht oder auch eine Pfeife geraucht.
-Kürzer, als drei oder vier Stunden dauern die Frauenbesuche nicht. Die
-Mohammetanerinnen besuchen einander seltener, als die Christinnen.
-
-
-Die Brautwerbung und die Hochzeit.
-
-Will der Jüngling oder Mann heirathen, so geht sein Vater, seine
-Mutter, sein Bruder, seine Schwester oder ein anderer Verwandter oder
-ein Freund zum Pfarrer, diesem das Vorhaben zu offenbaren, unter
-Bezeichnung des Mädchens, welches zu heirathen gewünscht wird.
-
-Darauf begibt sich der Pfarrer zu den Aeltern des Mädchens, den
-Heirathsantrag zu hinterbringen, und Auskunft zu verlangen, ob man ihn
-annehmen wolle oder nicht, und sucht dann den Brautwerber in seinem
-Hause auf, um demselben die Antwort zu vermelden. Im bejahenden Falle
-schickt die Familie desjenigen, welcher den Heirathsantrag stellte,
-sich jetzt an, einen Gesichtsschleier (zu 30 bis 35 Piaster) oder
-auch zwei Schleier nebst einem goldenen Fingerringe zu kaufen. Die
-weiblichen Mitglieder der Familie des Brautwerbers gehen, in Begleitung
-vieler Frauen, mit den eingekauften Kostbarkeiten zu der Familie des
-Mädchens, um sie diesem als Geschenk einzuhändigen. Bei dem Besuche
-benimmt sich die Holdselige ungemein schüchtern, sanftmüthig wie ein
-Lamm; keinen Laut läßt sie hören; sie ist rein wie ein Engel. Um so
-munterer sind die Frauen, welche auf Besuch kommen; sie lachen und
-scherzen und singen wohl auch.
-
-Danach veranstalten die Aeltern des Mädchens einen Gegenbesuch in das
-Haus des Brautwerbers. Der Vater ladet Männer und die Mutter Frauen,
-nie aber unverheirathete Frauenzimmer ein. Im Hause des Brautwerbers
-treten die Männer in ein besonderes Gemach, und so die Frauen. Grüßend
-sagt man zu ihm: „Gesegnet,“ und diejenigen Frauen, welche sich nicht
-enthüllen, sagen es auch seiner Mutter. Das Mädchen bleibt eingezogen
-zu Hause. Die Gäste, wenigstens die Männer, vertreiben die Zeit mit
-Rauchen und Kaffeetrinken, mit Konfektnaschen und Plaudern.
-
-Nach dem Gegenbesuche geschehen zwei Monate hindurch keine weitere
-Schritte, und zudem wartet man auf ein großes Fest, um der Braut ein
-Geschenk zu überbringen. Dieser Besuch, der dritte und letzte vor der
-Hochzeit, heißt auf arabisch +schỏfe+ (die Sicht), und ist der Vorbote
-baldiger Vermählung. Das Geschenk hält an Werth von einigen hundert
-bis auf einige tausend Piaster. Es besteht aus ungeschnittenem und
-ungenähtem Kleidungsstoffe, so wie aus einem Kleinode zur Zierung der
-Stirne oder anderer Gebilde des Körpers. Die Reichsten ergreifen diesen
-Anlaß, um den Glanz ihrer Diamanten zu verbreiten. Es ist die Mutter
-des Bräutigams, welche, am erwarteten großen Feste selbst, das Geschenk
-der Braut überreicht und zwar so, daß sie unter spaßhaften Bemerkungen
-das Kleinod der Braut auf der gehörigen Stelle anlegt. Das +schỏfe+
-dauert etwa zwei Stunden.
-
-Nun bereitet man sich zur Hochzeit vor. Die Aeltern des Bräutigams und
-der Braut besprechen den festlichen Tag. Vom Heirathsantrage bis zum
-Hochzeitstage verfließt gemeinhin ein Jahr, selten nur ein Vierteljahr.
-Dreimal kündigt der Pfarrer die Hochzeit ab. Am Sonnabende vor dem
-Vermählungstage wird die Reinigung durch die Bäder vorgenommen. Die
-Braut sendet, zum Zeichen der Einladung, an jede Frau ein Stück
-Seife. Bei Männern ist dieses Zeichen eine Kerze, umhüllt von einem
-Zettelchen, worauf der Karakter des Gastes (z. B. französischer Konsul,
-Schulmeister) geschrieben steht. Die Braut besucht mit den Frauen, der
-Bräutigam mit den Männern, die einen und die andern in gesönderten
-Schaaren, ein öffentliches Bad. An diesem glücklichen Orte bekommt die
-Mutter oder die Schwester des Bräutigams die +Entschleierte+ zu sehen,
-und sie mögen dann zu Hause dem Sehnsuchtsvollen die Entdeckung der
-Schönheit oder Häßlichkeit mittheilen. Darauf am Sonntagsabende gehen
-die einen Männer in das Haus des Bräutigams, die andern und die Frauen
-in dasjenige der Braut, wo sie sich in das +Frauenzimmer+ scheiden. Die
-Nacht wird in gespannter Erwartung hingebracht.
-
-Um vier Uhr in der Frühe des Montag eröffnen Bräutigam und Braut, jener
-ein wenig voran, den großen hochzeitlichen Zug nach der Kirche unter
-dem Jubel von Schalmeien und Tambur und Pauken, selten von Geigen.
-Der Bräutigam sieht sich in dem Tempel zum ersten Male neben der
-künftigen Lebensgefährtin; noch aber ist ihr Antlitz dem forschenden
-Blicke ebenso unzugänglich, als von Anfang der Bekanntschaft oder,
-besser gesagt, der Unbekanntschaft an. Das ganze Gepränge der
-römisch-morgenländischen Kirche mag das Seinige beitragen, das Gefühl
-des Geheimnißvollen und des Ehrwürdigen zu steigern. Fragt der
-Priester am Altare die Braut um ihren Willen, so verbietet ihr die
-Schamhaftigkeit, ihn zu benicken. Wie gut ist, daß es in Fällen der
-Verzweiflung eine Erbarmung auf Erden gibt. Die Gevatterin, deren
-Wohlthätigkeit erst jetzt sich auf das glänzendste bewährt, leiht den
-unentbehrlichen Arm der Hilfe; sie steht hinter der Braut und stößt
-das bräutlich geschmückte Haupt nach vorne, -- -- nur ja, weil einmal
-genickt werden muß, sei es aus freien Stücken oder aus Zwang. Williger
-entschließt sich der Bräutigam zum Jaworte, aber für kein ordentliches
-Weib, sondern für eine vermummte Gestalt, für ein Larvengesicht. Er
-erschaut vor sich einen mit einem rothen Schleier bedeckten Kopf und
-einen in ein weißes Gewand gehüllten Leib; der Reichthum an Gold
-mag etwa sein Auge blenden: aber kein Auge der Liebe strahlt ihm
-entgegen, kein Mund der Freude lächelt ihm zu. Ich möchte indessen den
-bescheidenen Zweifel äußern, daß eine solche beharrliche Strenge der
-Vermummung +oft+ beobachtet werde. Ich weiß selbst zu erzählen, daß
-ich, als ich ohne Anmeldung in das Haus des Konsuls +Damiani+ trat,
-seine Tochter unverschleiert antraf, die sich dann freilich schnell
-entfernte. Wie ich einmal durch ein Gäßchen spazierte, begegnete ich
-einem verschleierten Frauenzimmer, welches im Augenblicke, da sie sich
-von Niemanden bemerkt glaubte, den Schleier auf die Seite schwenkte, um
-ihr schönes Gesichtchen zu zeigen.
-
-Nach empfangenem Priestersegen ziehen die Neuverlobten ins Haus des
-Bräutigams, dieser zuerst. Sie und das Gefolge von Gästen genießen
-dort das Frühstück; reich wird das Hochzeitpaar von den Zeugen der
-Hochzeitlichkeit mit Worten gesegnet. Schon aber verläßt ein Theil der
-Gäste die Gesellschaft, es bleiben bloß noch die Verwandten, endlich
-nur die Frauen. Nun sitzt die Braut auf einem thronartigen Polster
-in einem besondern Zimmer, in welches die neugierigen Frauen treten.
-Derlei Dinge schmecken für sie viel zu süß, als daß sie nicht davon
-kosten sollten. Bis zum Throne der Unsichtbaren machen die Frauen eine
-Gasse. Schwere Augenblicke harren des Bräutigams. Man muß sich an ihm
-abmühen, daß er allen Muth zusammenfasse[10]. Da schreitet er mit
-kochendem Herzen durch die Gasse, und gleichsam in der Wuth streift er
-den Schleier von einer unschuldigen Jungfrau hinweg. Zum ersten Male
-erblickt der +Ehemann+ das Antlitz eines jungfräulichen Weibes, dem er
-für die guten und bösen Tage des Lebens Treue geschworen hat. Mag ihn
-jetzt die Erwartung betrogen haben, es ist zu spät, er bekümmert sich
-nur umsonst; wurde seine Hoffnung erfüllt, desto glücklicher für ihn
-der Wurf des Spiels.
-
-Wie der Schleier der Braut sich lüftet, fliegen alle Schleier der
-Zuschauerinnen auf die Seite. Es erhebt sich die enthüllte Braut, sie
-küßt eine Hand des Gemahls, beide lassen sich neben einander auf den
-Polster nieder und beobachten einige Minuten ein tiefes Stillschweigen,
-indeß der Bräutigam die Verheißene gleichsam ins Auge verschlingt.
-Damit endet das Fest für die neugierigen Frauen, welche sofort das
-Zimmer räumen. Die Verwandten dagegen bleiben bis Mittag, und erst nach
-dem Mittagsmahle kehren sie in ihre Wohnungen zurück. Jedermann gönnt
-dem Bräutigam und der Braut, daß sie sich von der schlaflosen Nacht
-erholen.
-
-Nachdem der Mann seine Frau erkennt hat, thut er sich mit einem weißen
-und sie mit einem rosenrothen Gewande an.
-
-Auf den siebenten Tag nach der Hochzeit wird der Schlußbesuch in das
-Haus des Ehegemahls veranstaltet. Die Frauen werden vom älterlichen
-Hause des neuverlobten Weibes eingeladen; die Männer gehen diesmal
-uneingeladen. Der Besuch ist den Geschenken für das neue Ehepaar
-gewidmet. Wenn z. B. die Frau A der Frau B das Geschenk P verehrt
-hat, und heirathet dann C, die Tochter der A, so gibt B das P zurück.
-Und kann man nicht mehr das Gleiche zurückerstatten, so zielt man auf
-ein solches Geschenk ab, welches dem Werthe eines der Familie früher
-verliehenen möglichst nahe kommt.
-
-Die Schilderung trifft eigentlich die hiesigen eingebornen Christen,
-in den meisten Theilen aber überhaupt die christlichen Palästiner, in
-manchen sogar die Mohammetaner.
-
-Das geheimnißreiche Vorgehen in der Heirath kann schwerlich auf den
-Beifall des Abendländers hoffen. Die Sitte der Verhüllung reihe ich
-unter die sonderbarsten Dinge, so fest sie eingewurzelt und so alt sie
-sein mag. +Rebekka+ verhüllte sich zwar vor +Isaak+ (1. Buch +Moses+
-24, 65), doch nicht vor dem Liebhaber. Wenn der strengen Verhüllung,
-welcher das Mädchen vom reifern Alter bis zur Verheirathung wie einem
-Gesetze sich unterwirft, ein Lobesspruch gespendet werden soll, so kann
-man ihr oder doch der Vereinzelung der genau beaufsichtigten Jungfrau
-nachrühmen, daß Fehltritte beinahe bis zur Unmöglichkeit erschwert
-werden.
-
-Noch besitzen die Aeltern in Palästina die erzväterliche Gewalt über
-ihre Kinder bei der Verlobung, wobei letztern der Athem des freien
-Willens fast gänzlich gehemmt ist. Doch mangelt es aus den Zeiten der
-Erzväter nicht an Beispielen, welche für eine gelindere Gesinnung
-sprechen. So fragten die Aeltern der +Rebekka+ in milder Weise, ob sie
-mit dem Knechte +Abrahams+ ziehen wolle (1. Buch +Moses+ 24, 57 und
-58). Zur Schließung des Ehevertrages gehört vor Allen dem Bräutigam und
-der Braut entscheidende Stimme.
-
-
-Die Wöchnerin und das Kind.
-
-Im zwölften Jahre verheirathen sich die Mädchen sehr selten, selten
-noch im dreizehnten, nicht mehr selten aber im vierzehnten Jahre. Es
-ist daher keine Seltenheit, daß das Weib im fünfzehnten Lebensjahre
-gebiert.
-
-Nachdem die Frau geboren, ißt sie die ersten drei Tage nichts, als
-Hühnerbrühe ohne Salz und Schmalz. Zum Getränke erhält sie mit
-Zimmet versetztes Wasser oder auch ein wenig Wein, welchen jedoch
-die Mohammetanerinnen, in Gemäßheit ihrer Religionsbegriffe, nicht
-bekommen. Nach Verfluß der drei ersten Wochentage geht die Kindbetterin
-zu einer kräftigern Nahrung über. Sie genießt dann nicht bloß die
-Brühe, sondern auch das Fleisch vom Huhn; Andere essen wohl abwechselnd
-das Halsfleisch des Lammes.
-
-In den ersten sieben Tagen wäscht die Wöchnerin ihre Hände nach dem
-Essen nie mit Wasser, aber mit Wein. Gehört sie der Mittelklasse, so
-steht sie am siebenten Tage vom Bette auf, die reiche nach vierzehn
-Tagen. Der Reichthum ist da nicht zu beneiden, wo er den Menschen
-länger in Fesseln schlägt. Allgemein herrscht die Sitte, daß die
-Wöchnerin nach dem Aufstehen das öffentliche Bad, und unter den
-Christen zugleich, daß sie die Kirche besucht. In jenem reibt man, zu
-Stärkung, in den Körper ein scharfes Mittel. Im vierzigsten Tage wird
-das Bad wiederholt.
-
-Sobald das Kind ans Licht der Welt gelangt, wird seine Nabelschnur
-mit einem Faden unterbunden, abgeschnitten und die Schnittfläche auf
-der Kindesseite mit einer Wachskerze gebrennt. Darauf badet man es
-im lauen Wasser, um es zu reinigen. Hat das Kind drei Tage seines
-Lebens zurückgelegt, so wäscht man das Zahnfleisch und die allgemeinen
-Hautbedeckungen mit Salzwasser oder mit Wein, der mit Wasser verdünnt
-wurde, um einen guten Geruch mitzutheilen. Sonst wird bloß alle Wochen
-einmal das Gesicht und der Körper vom Nabel bis zu den Füßen gewaschen.
-Ja es gibt Mütter, welche ihr Kind ein halbes Jahr ungewaschen lassen.
-
-Zur Bekleidung dient eine Binde, in welche der Körper so gewickelt
-wird, daß die Arme an der Seite des Körpers in ausgestreckter
-Richtung bleiben. Ein Schleier deckt das Gesicht. Die Einwickelung
-(Einfatschung) dauert vier Monate. Sodann flattern die Röckchen um
-das Kind, und manchen Knaben schmückt bei Zeiten über der kleinen,
-anschließenden Mütze der Turban. Als eine ausgezeichnete Zierde sah ich
-um den Fußknöcheln eines Kleinen rothe Bändchen mit mehreren Schellen.
-
-Zur Nahrung erhalten die Kinder die Milch ihrer Mutter, manche zwei
-bis drei Jahre hindurch. Es ist bemerkenswerth, daß die Jaffanerin das
-Schnüren des Oberleibes nicht kennt. Solches mögen die gepriesenen,
-geschnürten Zierfräulein Europens beherzigen, welche ihr besseres
-Gefühl nicht befragen, ob sie Hoffahrt mit demjenigen treiben dürfen,
-was Gott zu einem ganz andern Zwecke erschuf. Wenn die Jaffanerin außer
-Stande ist, Milch von der Mutterbrust darzureichen, so behilft man sich
-wohl auch mit einer Amme, oder man streicht das Honig- und Granatsüß in
-den Mund des Kindes. Sogenannte künstliche Nährung aber, wie mit Kuh-
-oder Ziegenmilch, findet nicht statt. Daraus allein schon ließe sich
-die große Sterblichkeit der Kinder erklären.
-
-Zum Sauglappen, als Beschwichtigungsmittel, nimmt keine Mutter die
-Zuflucht; im beßten Falle flößt sie ein wenig Honig in den weinenden
-Mund. Hingegen scheint die Wiege im Ansehen von etwas Unentbehrlichem
-zu stehen. Die Reichen haben eine eigentliche +Wiege+, wie bei
-uns. Die Mittelklasse spannt zwei Schnüre unter der Zimmerdecke aus,
-welche ein Leintuch aufnehmen. Auf dieses wird das Kind, wie auf eine
-Hängmatte, gelegt, und will man es schaukeln, so setzt man die eine
-Schnur, die durch ein Zwischenstäbchen von der andern ferne gehalten
-wird, in Bewegung. Die arme Klasse bedient sich einer Vorrichtung, die
-einer großen, ebenen Wagschale gleicht. Sie wird, wie ein Käfich, an
-der Decke des Zimmers oder sonst in der Höhe aufgehängt.
-
-Mit Säftchen führt man das Kind nicht ab, noch schneidet man dessen
-Zungenbändchen ein. Der Schulmeister am Hospiz stutzte gewaltig, als er
-inne wurde, daß wir gelöste Zungen hätten. Das Zahngeschäft geht nicht
-sehr leicht von statten. Zur Erleichterung desselben wird gar nichts
-vorgekehrt, und viele Kinder sterben während dieser Lebenszeit. Die
-fratt gewordenen Stellen wäscht man nicht ab, sondern man behandelt
-sie mit einem Stoffe, welcher im Arabischen serakûn heißt, mir
-aber nicht genauer bezeichnet wurde. Bei der hinkenden Reinlichkeit
-darf man sich wundern, daß diese Krankheit nicht viel hartnäckiger
-und qualvoller auftritt. Gegen die Mundschwämmchen gebraucht man die
-Asche von einem Knochen so, daß der mit Speichel benetzte Finger sie
-auffängt, und damit die kranken Stellen im Munde reibt.
-
-
-Wiegenlied und Kinderjucks.
-
-Das Wiegenlied singt die Mutter nach einer ganz eigenthümlichen Weise,
-und ich bedaure nur, daß ich kein Tonsetzer bin, um sie beifügen zu
-können. Die Worte zum Einlullen lauten so: „O mein Kind, schlafe; mein
-Auge, ich hoffe, daß ich dich nie aus dem Auge verlieren werde.“ Zum
-schon schlafenden Kinde singt die Mutter: „Meine Taube, dein Auge ist
-verschlossen; aber das Auge Gottes ist aufgeschlossen, und daß kein
-Leid dir wiederfahren kann, hat Gott den Menschen nicht auf immer
-verhärtet.“ Die Worte sind gemüthlich und erhaben zugleich.
-
-Bei aller meiner Unbekanntschaft mit der Sprache und dem Bücherthume
-der Araber genieße ich vielleicht das Vergnügen, den Abendländern einen
-ihnen unbekannten Lappen arabischer Dichtungen überbringen zu können.
-Es fiel mir in Jaffa nicht wenig auf, als ich beim Einbruche der Nacht
-eben heimgekehrte Kinder anredend und antwortend in geregelten Weisen
-lärmen hörte. Auf meine Nachfrage darüber wurde sogleich von der
-Gasse ein Kind geholt; es sagte in Anwesenheit mehrerer Eingebornen
-das Gespräche her; einer davon übersetzte es ins Italienische, und
-ich schrieb dieses deutsch nieder. So viel zur Rechtfertigung meines
-Botengeschäftes.
-
-Das Zweigespräch, wovon die Rede ist, halten übrigens nicht bloß
-fünfjährige und ältere Kinder als Nachtgruß, wenn sie sich trennen,
-sondern auch türkische Knaben, indem sie von Hause zu Hause ziehen, um
-etwas zu verdienen.
-
- A. O Gott.
-
- B. O Gott.
-
- A. Möge es uns hier wohl ergehen.
-
- B. O Gott.
-
- A. Was haben wir?
-
- B. Maria (denn es muß immer Jemand genannt werden) --, eine Braut
- wie der Mond.
-
- A. Gott gebe es.
-
- B. Unter der Veste sahe ich sie in zierlichem Gewande.
-
- A. Gott gebe es.
-
- B. Ich erblickte sie abwärts vom Diwane, die in Seide Gehüllte.
-
- A. Gott gebe es.
-
- B. Ich sah sie abwärts vom Gemache ein Papier mit Zügen füllen,
- welche rühren das Herz.
-
- A. Gott gebe es.
-
- B. -- -- -- abwärts von einer Urne.
-
- A. Ach, wie schön.
-
-Das Zweigespräch, wahrscheinlich nur ein Bruchstück, behandelt die
-Liebe auf eine nicht sehr schickliche Weise für Kinder. Bei diesen
-scheint jedoch Alles bloßes Lippenwerk geworden zu sein.
-
-
-Die Verehrung der Todten.
-
-Stirbt eine Person, so hüllt man sie in ein gewöhnliches Gewand;
-nur muß es ein besseres und weißes sein. Bei Nacht stellt man zwei
-brennende Kerzen neben die Leiche. Reichere legen ihre Verstorbenen
-in einen viereckigen Sarg; die Armen oder die weniger Vermöglichen
-deckt die Erde unmittelbar. Der Sarg oder die Leiche wird auf einer
-Bahre in den Gottesacker getragen. Ihr folgen im Zuge Männer und
-Weiber, jene aber voran, diese ihr Klagegeschrei erhebend und ein Tuch
-drehend. Alle nahe Anverwandte sind mit einem schwarzen Trauerkleide
-angethan. Wenn ein Ehemann stirbt, so geht die Wittwe, welche sich in
-der Hoffnung glaubt, am Grabe einmal unter der Bahre des Todten durch,
-jetzt ausnahmsweise ohne Schleier. Sie will damit alle Anwesende zu
-Zeugen der Reinigkeit ihres Wandels auffordern. Ehe die Leiche noch
-im Grabe liegt, wird sie, zumal an der Hand, geküßt; der Ehemann küßt
-auch das Gesicht und das Kleid der verblichenen Geliebten; -- sogar des
-Pestopfers?
-
-Von der Todesstunde an bis zum Begräbnisse dauern meist nur zwei oder
-drei Stunden. Erfolgt indeß der Tod spät Abends oder vor Mitternacht,
-so wird mit der Beerdigung bis morgen in der Frühe zugewartet.
-
-Ich sah die Beerdigung einer mohammetanischen Leiche bei Jaffa. Das
-Grab war etwa vier Fuß tief bis zur Stelle, wo es sich in zwei Absätzen
-verengerte, und von hier noch einen starken Fuß tief, aber gemauert.
-Nachdem auf den Grund des gemauerten Grabes ein Pulver gestreut war,
-wurden die in ein schönes und weißes Tuch gehüllten sterblichen
-Ueberreste seitlings, das Gesicht gegen Mekka gewendet, mit Schonung
-in die Tiefe versenkt, und dann darüber Steinplatten, die zur Seite
-auf den Maueransätzen ruhten, gelegt, so daß die Erde den Todten nicht
-drückte. Während des Beerdigens heulten die Weiber, das eine stehend,
-das andere hockend. Den Männern schien meine Gegenwart ein Dorn zu
-sein; indeß fügten sie mir nicht das mindeste Leid zu. Die ganze
-Beerdigungsweise verrieth nichts Rohes.
-
-Zum Andenken des Gestorbenen werden in dessen Hause die ersten drei
-Abende nach einander gemeinschaftliche Gebete verrichtet. Am Ende
-dieser religiösen Handlung wird allen Beiwesenden, manchmal bis hundert
-an der Zahl, ein Todtenmahl gegeben. Die Reichsten sprechen dabei
-ungerne oder gar nicht zu, um so lieber aber die Armen. Desgleichen
-besuchen die Weiber drei Tage hinter einander in der Morgenstunde das
-Grab, und sie vergessen nicht, sich mit einem Mundbedarf zu versehen,
-auf daß sie im Felde der Leichen mit Kaffee sich laben können.
-
-Dem Vater oder der Mutter, dem Bruder oder der Schwester, dem Manne
-oder der Männin wird ein Jahr hindurch Trauer getragen. Während dieser
-Zeit hüten sich die Trauernden vor Leckerbissen und dem Spiele, sie
-besuchen weder die öffentlichen Bäder, noch heirathen Wittwer und
-Wittwe.
-
-Von den eben geschilderten Sitten der römisch-maronitischen Christen
-zu Jaffa weichen diejenigen der Nazarener und Bethlehemiten mehr oder
-minder ab. Im Hause des Leichnams und später in der Nähe des Grabes
-stellen sich zwei Weiber, wie Fechtkämpferinnen, und schlagen die
-klirrenden Degen an einander. Dann antwortet ein Chor Weiber singend
-und heulend, händeklatschend und tanzend. Darauf neues Degengeklirre
-der zwei Weiber; ihm nach der entsetzliche Lärm. Das ist die wilde,
-verwegene Todesjagd -- in Nazareth und Bethlehem.
-
-Zwei Dinge verdienen vor allen eine nähere Betrachtung: Das Durchgehen
-unter der Bahre und die frühe Beerdigung des Todten. Dem Falle
-vorzubeugen, daß für einen lebenden Lüstling der hingeschiedene Ehemann
-als Vater unterschoben werde, strengte sich in Europa die ganze
-Weisheit der Gesetzgeber, wie der Gerichtsärzte an, ohne daß es ihnen
-gelang, dem Betruge einen festen Riegel zu stoßen. Vielleicht versteige
-ich mich nicht, wenn ich behaupte, daß die Sitte der Jaffaner einem in
-diesen Punkt einschlagenden europäischen Gesetze den Vorrang ablaufe.
-Drücken wir die Sitte in Form eines Gesetzes aus: „Jede Wittwe ist
-gehalten, innerhalb drei Stunden vom Ableben ihres Ehemannes an (beim
-gehörigen Orte) anzuzeigen, ob sie sich von ihm schwanger glaube oder
-nicht.“ Einem so klar ausgesprochenen Gesetze müßte jede Erläuterung
-beschwerlich fallen. Doch Eines will ich berühren. Man kann dasselbe
-der Grausamkeit zeihen. Wie dem auch immer sei, nur beherzige man bei
-dieser Gelegenheit, daß die Sitten, die freiwilligen Gesetze (ohne
-förmlichen Vertrag), worüber die Wenigsten klagen, oft minder milde
-sind, als die Zwangsgesetze (laut förmlichen Vertrages), welche beinahe
-aus Aller Munde mit Klagen überschüttet werden.
-
-Die frühen Leichenbestattungen verlieren sich unzweifelhaft in das
-graueste Alterthum. Sie gründen sich wohl auf die Ansicht, daß sie ein
-nothwendiges Gebot des heißen Himmelsstriches seien.
-
-
-Die Rekruten oder die Konskribirten.
-
-Eines Abends überraschte mich nicht wenig ein Schauspiel. Einem
-Vortrabe zu Pferde folgte eine geschlossene Menge Männer. Es waren für
-den Kriegsdienst eingeschriebene Leute, schwarze, halbschwarze und
-weiße, paarweise so an einander gebunden, daß allemal die Rechte des
-Einen und die Linke des Andern in einer Art Hamen staken. Eine hölzerne
-Spange nahm in Kerben die Handwurzeln auf und, so viel ich erblicken
-konnte, war jene seitlich mit eisernen Schrauben versehen, wodurch zwei
-Spangen, als Handklemmen, festgeschlossen wurden. Ueberdies war mit
-einem Stricke ein Mann hinter den andern, wie ein Kameel hinter das
-andere, gebunden. Einmal führte ein Soldat einen Bauer am Gürtel des
-Bauches in die Stadt. Hinter ihm ging ein wehklagend Weib. In einem
-Hause von Jaffa war ein anderes Mal eine bedeutende Anzahl Ausgehobener
-einquartirt, und etwa fünfzig Weiber heulten und schluchzten vor
-demselben, die einen mit dem Säugling an der Brust. Noch nie drangen so
-viel und so trübe Wehklagen in mein Ohr.
-
-Die Regierung machte mir einen langen Strich durch die Rechnung. Um
-größere Schiffe hier zu laden, muß man, wegen des unsichern Hafens,
-Meeresstille oder leisen Wind abwarten, wodann sie auf offener See
-von Kähnen aus befrachtet werden. Eben trat günstige Witterung zum
-Laden ein. Da hieß es, daß die Regierung zwei Schiffe befrachte,
-und alle Kähne in Anspruch nehme. Mein Schiffshauptmann mochte sich
-verwenden, wie er wollte, er durfte am Ende nur müßig zuschauen,
-wie nach Alexandrette Rekruten eingeschifft wurden. Unvergeßlich
-bleibt mir dabei ein rührender Auftritt. Ein Weib, in einem blauen
-Hemde voll Löcher und Lappen, kauerte am Hafen in einem Winkel; es
-weinte bitterlich und schluchzte bitterlich; es deutete, daß ein ihr
-Theurer, vielleicht ihr Sohn, zu Wasser weggeschleppt werde. Und andere
-Weiber standen da und weinten bitterlich über das Schicksal einiger
-Eingeschifften, bis die Polizei sie unschonlich verjagte. Ich konnte
-bei diesem Auftritte den Gedanken nicht daniederhalten: Es muß unter
-den häßlichen Lumpen auch noch zartes Gefühl sich regen; ein Mutterherz
-bleibt Mutterherz -- bei einer Christin oder Mohammetanerin; unter
-den unscheinbarsten Lumpen pocht manchmal ein wärmeres Mutterherz,
-als unter Atlas und Sammet. Diese Wahrnehmung freute mich um so mehr,
-da ich bei den arabischen Mannsleuten eine ungemeine Gefühllosigkeit,
-zumal gegen die Thiere, zu bemerken glaubte.
-
-Ich möchte das Gesagte durch Thatsachen erhärten. Als ich auf meinem
-Ausfluge nach den Pyramiden am Wasser lange warten mußte, hatte der
-Esel mit angelegtem Zaume unter den Hufen gutes Gras, das, wie mir
-däuchte, keinem Einzelnen, sondern aller Welt gehörte. Dem Treiber
-fiel es nicht ein, das Gebiß abzunehmen, bis ich ihn dazu ermunterte.
-Als ich ein Kameel ritt, welches von einem Insekte am Bauche gequält
-wurde, wollte ich dem Führer zu verstehen geben, daß er jenes von der
-Plage befreie; allein ich konnte ihn glatterdings nicht dahin bewegen.
-Wie ich von Ramle nach Jerusalem wanderte, überließ ich am Fuße des
-Juda dem Treiber das Maulthier sammt dem belästigenden Felleisen, und
-ich ritt den Esel, welcher keine Ladung weiter trug. Theils um dem
-Thiere Erleichterung zu verschaffen, ging ich sehr oft zu Fuß, und
-kam schneller davon. Ich dachte immer, der Führer werde mein Beispiel
-nachahmen. Es mochte der Weg noch so steil sein, der Stumpfsinnige
-saß auf dem langsamen Läufer, und ließ mich eher aus den Augen. So
-gefühllos können Araber sein, während die gemüthreichen Türken mit der
-herzlichsten Freude einen Vogel in seinem Käfich kaufen, um ihn von der
-Gefangenschaft zu erlösen.
-
-
-Fortsetzung: Das Weinen oder die Raserei am Neujahrstag 1836.
-
-Das Weinen ist der Ausbruch der Freude oder Traurigkeit bei Gescheiden
-und -- Narren.
-
-Bei uns will die Züchtigkeit der Sitte oder der Anstand, daß man im
-Weinen sich mäßige, daß die Gefühle nicht ohne Rückhalt entströmen.
-Das eigentliche Choralweinen nach dem Laufe der Natur scheint man bei
-uns kaum zu kennen. Bei uns weint man ~piano~ oder ~pianissimo~, in
-Jaffa ~forte~ oder ~fortissimo~. In den Landen der Gesittung hält man
-es für besonders schön und rührend, wenn etwa eine Thränenperle aus dem
-unumwölkten Himmel herabfällt.
-
-Als ich nach Tische die andere Hälfte des Neujahrstages von 1836
-verlustwandeln wollte, da hörte ich von einer Gasse her ein
-wildes, klägliches Geschrei. Ich rückte näher. Vor der Thüre einer
-Truppenherberge harrte eine Menge Weiber, diesmal nur die wenigsten mit
-einem Schleier, und die entschleierten Gesichter verbreiteten einen
-solchen Zauber, daß Jedem die ungelegenen Heirathsgedanken verschwunden
-wären. Ich sah und hörte kaum jemals etwas Wilderes. Die Einen standen,
-die Andern kauerten. Die Einen konnten nicht genug ihre Hände um
-einander kreisen lassen, ohne daß diese sich berührten. Andere schlugen
-die Hand auf die Stirne oder auf die Brust, oder sie klatschten mit den
-Händen, indem abwechselnd bald die Rechte, bald die Linke die Oberhand
-war, und während der Oberleib vor- und rückwärts geschaukelt wurde. Die
-Meisten drehten unaufhörlich einen Zipfel des Kopftuches. Wieder Andere
-nahmen das kleine Kopftuch herunter, welches sonst den Kopf kronförmig
-umgibt, und das große Kopftuch befestiget; mit jeder Hand faßten sie
-ein Ende des heruntergenommenen Tuches, drehten es, und hielten es
-bisweilen in die Höhe. Auch eine alte Frau mit zahnlosem Kiefer und
-vorspringendem Kinne und gebeugtem Leibe und wogenden Schultern hob
-ein solches Tuch empor, lärmend und herumtrippelnd; es mangelte der
-Rolle einer europäischen Tänzerin nichts, als die fröhliche Miene. Das
-schlug unverkennbar auf die erzkomische Seite. Ein Theil wimpelte mit
-den Händen, wie unsere Prediger auf den Kanzeln. Die meisten Augen
-schwammen in Thränen. Dabei war der Mund angelweit aufgesperrt. Die
-Einen begnügten sich fast einzig mit lautem Rufen. Andere gefielen
-sich darin, Empfindungslaute, manchmal quieksende, auszustoßen. Es gab
-auch solche Doppelsingspiele, indem unter schaukelnden Bewegungen die
-Eine der Andern auf die Schulter klopfte, oder ein Stück des Kleides
-packte. Nur die Kinder, von ihren Müttern getragen, waren alle --
-ohne Sauglappen ruhig und still. Sie schienen vielmehr an dem wilden
-Leben sich zu belustigen, und sie hätten, wie ich glaube, unfehlbar
-geweint, wenn die erwachsenen Leute in den Zustand der Beschwichtigung
-zurückgekehrt wären. Das ganze Schauspiel bot dem Europäer das Bild
-einer Raserei. Es war das Weinen in seiner Zügellosigkeit und unter
-allen Eingebungen der Traurigkeit.
-
-Es ist nicht in Ferne meine Absicht, das Gefühl der Theilnahme mit
-meiner Schilderung zu beleidigen. In dem Rührenden fand ich, vom
-Hause aus mit andern Sitten, so viel Possirliches, daß ich mich hin
-und wieder des Lachens nicht erwehren konnte. Es verfehlt auch nicht
-die Feuersbrunst, ungeachtet ihrer betrübendsten Folgen, auf das
-Gemüth einige angenehme Eindrücke +im Augenblicke+ hervorzubringen,
-da das Element in aller Pracht seiner Farbe und in seiner siegreichen
-Ungebundenheit gegen den Himmel emporlechzet.
-
-Weiber, seid ihr nun die Erbinnen der uralten Sitten? fragte ich sie im
-Gedanken. Das Schauspiel dürfte vielleicht alterthümlicher sein, als
-der Sphinx, jener Riese bei Memphis. Die Verfasser der alten heiligen
-Urkunden mochten so oft Zeugen ähnlicher Auftritte gewesen sein.
-
-Zuerst wußte ich das Klageschrei nicht zu deuten; später aber erfuhr
-ich, daß Mütter ihre Söhne, Weiber ihre Männer, Schwestern ihre Brüder
-beklagten, weil die dem Familienschooße Entrissenen sich auf die
-Laufbahn des Kriegers werfen mußten. Ich besorge inzwischen, langweilig
-zu werden, weil ich das alte Trauerlied auf die Kriegsknechte wieder
-anstimmte. Ich verspreche mir jedoch durch das Langeweilen den
-Nutzen, daß die wiederholten bösen Einschreibungen neuen Kriegsvolkes
-sich um so lebhafter vor die Seele stellen, und daß die nunmehrige
-peinliche Lage der Syrier um so ernster sich vergegenwärtige. Die
-Mannschaftsaushebungen befleckt eine Grausamkeit, die Ihresgleichen
-sucht. Manchmal werden alle Mehrjährigen männlichen Geschlechtes aus
-einem Hause weggeräumt. Wer wird hinter dem Pfluge gehen? Wer wird die
-Stütze einer alten Mutter sein? Was für eine Zukunft thut sich vor
-der militärischen Gewaltherrschaft auf? Die Mütter und Schwestern,
-denen die Anhänglichkeit an die Ihrigen zur Ehre gereicht, klagen
-nicht umsonst so laut, so rasend; denn ist der Ausgehobene einmal
-Soldat, so bleibt er es sein Lebenlang, wofern ihn nicht eine Laune
-des Gewalthabers entläßt. Auch die Weiber werden mit Recht klagen,
-wenn ihnen die Hoffnung abgeschnitten wird, den Mann begleiten zu
-können, mit welchem nicht mehr, als +ein+ Weib ziehen darf. Das ist
-freilich nach christlichen Begriffen genug, und hierin erscheint die
-Unbarmherzigkeit wirklich in einer viel mildern Gestalt. Uebrigens
-gestattet der Herrscher offenbar nicht aus edeln Beweggründen dem
-Krieger sein Weib, sondern aus dem frostigen Grunde, damit aus altem
-Militär junges werde. Bereits schon bei einem andern Anlasse wurde
-darauf aufmerksam gemacht.
-
-
-Ibrahim-Pascha.
-
-Er ist unstreitig der größte jetztlebende Feldherr unter den Osmanen.
-Das Schicksal verlieh mir die Gunst nicht, ihn zu sehen, obschon er
-sich in Syrien aufhielt. Ich beschränke mich darauf, Einiges aus
-ziemlich glaubwürdiger Quelle nachzuerzählen.
-
-+Ibrahim+ besitzt ein sehr fröhliches Gemüth. Er lacht beinahe
-an Einem fort. Die Franken hat er lieb; wenigstens überhäuft er
-sie mit Beweisen von Freundlichkeit. Gründliche Kenntnisse im
-Militärfache gehen ihm gänzlich ab, und Unterrichtetere schreiben
-das Kriegsglück hauptsächlich dem französischen Abtrünnigen +Seve+
-oder +Soliman-Pascha+ zu, welcher selbst von +Mehemet-Ali+ vorgezogen
-werden soll. Immerhin zeichnen +Ibrahim+ Geistesgegenwart, kluge
-Benützung der Umstände und persönlicher Muth aus. Voran in Anführung
-der Schlachten, befeuert er durch seine Erscheinung den Soldaten,
-an den ihn das Band gegenseitiger Liebe knüpft. Indessen wußte der
-Feldherr dieses Band bisher nicht so fest zu schürzen, daß er dem
-Araber höhere Offiziersstellen anvertrauen dürfte, die hinfort von
-Türken oder Ausländern besetzt werden. Als auf einem Feldzuge eine
-ziemliche Anzahl Soldaten vor Durst starb, und als ihm dann der Fund
-jenes unentbehrlichen Lebensmittels glückte, das man beim Mangel nicht
-minder hochschätzt, als beim Ueberflusse geringschätzt oder verwünscht,
-so reichte er persönlich den Uebriggebliebenen den Labungstrank.
-
-Diesem milden Zuge reihe ich zwei grausame gegenüber. In Alexandrien
-erhob sich ein Sturm mit seltener Macht. Eine dort vor Anker liegende
-Fregatte litt Noth. Der Hauptmann, in der Voraussicht, daß sie auf der
-Rhede zu Grunde gehen würde, steuerte in den Hafen. +Ibrahim+ beschied
-den Fregattenhauptmann vor sich. Erst wälzte er den Vorwurf auf ihn,
-daß er ohne Befehl von der angewiesenen Stelle sich entfernte, dann
-fügte er hinzu, daß er sich dem Schiffbruche und der Lebensgefahr hätte
-preisgeben sollen, und auf das hin schlug er sogleich dem Offiziere mit
-höchsteigener Hand den Kopf ab. Im Abendlande würde freilich Jemand
-wenig Herzen erobern, wenn man ihm nachsagen müßte, daß er oberster
-Feldherr und Henker zugleich sei.
-
-Eine andere Handlung legt kein geringeres Gewicht auf den grausamen
-Karakter +Ibrahims+. Ein Engländer zeigte ihm in Syrien eine
-ausgezeichnet schöne Flinte. +Ibrahim+ wollte ihre Güte erproben. Er
-ließ sie laden, und da eben ein Araber am Hause vorüberging, so trug
-er kein Bedenken, auf ihn zu zielen. Puff! der Unglückliche fiel todt
-nieder, und der Pascha ermangelte nicht, die Flinte zu preisen.
-
-
-Kleine Petschaften oder Siegel.
-
-Kleine Männer haben gerne große Schriftzüge und große Petschaften
-oder Siegel. Sie wollen ihre Neigung, größer zu werden, auch darin
-nicht verleugnen, daß sie ein hohes I-Tüpfel auf den Kopf und eine
-lange Semikolonkurve unter die Füße hinmalen. Die Beobachtung ist mit
-nichten gesucht. Sie wird sogar ohne den Scharfsinn möglich, welchen
-ein Ornithologe, wie ich neulich las, im Ernste an diesem und jenem
-Vogel hervorhob. Und ich? -- wußte noch niemals, daß ich Scharfsinn
-besitze. Jetzt freue ich mich natürlich der glücklichen Entdeckung,
-den Fall vorausgesetzt, daß die Herren Ornithologen einen Menschen den
-gefiederten Thieren nicht unterordnen.
-
-Lasset uns aber die Beobachtung einmal näher würdigen. Wir drückten
-vielleicht das Petschaft oder Sigill zu stark auf. ~Quod valet de
-toto, valet quoque de singulo~, sagt die Universitätsfibel. In Egypten
-und Palästina fand ich +durchwegs+ auffallend kleine Petschaften
-oder Siegel, wovon zwei etwa ein abendländisches geben würden. Also
-gilt mein allgemein aufgestellter Satz nicht von diesen Ländern
-insbesondere. Wie ich zum ersten Male in Alexandrien den kleinen
-Fleck auf dem Amtspapiere erblickte, glaubte ich, es wäre ein Spaß,
-und ich schmunzelte bei mir selber, so viel man immer über etwas
-Amtliches schmunzeln darf. Bisher hielt ich, als guter Abendländer,
-das amtliche Ansehen für unzertrennlich mit einem großen Siegel oder
-einem grandiösen Stempel, und in der Erste schien mir die egyptische
-Regierung gerade um das minder werth, als das Siegel, gegen einem
-europäischen Amtssiegel, kleiner war. Auch mit solchen Begriffen
-verläßt man das gescheute Franken-Land.
-
-Noch mehr. Sogar das kleine egyptische Regierungssiegel hatte eine
-unnütze Größe. Wie kann das sein? Ich bekam in Großkairo einen
-gestempelten Thorschein; allein keine Zunge bekümmerte sich darum,
-weder am Thore, noch in und über der Wüste, und, außer dem meinigen,
-sah kein Auge den Stempel. Sollten etwa die Europäer auch so unnütze
-stempeln, es ginge bei ihnen so gewiß, als zweimal zwei vier machen,
-mehr verlustig, und der Vortheil fiele offenbar auf die Seite der
-Egypzier; man versteht mich -- der Vortheil oder Gewinn, weniger zu
-verlieren.
-
-
-Der Hakim.
-
-Mehrmals las ich, daß die Palästiner sich von den Europäern den Puls
-fühlen lassen, in der Meinung, alle Franken wären +Hakim+ (Aerzte).
-Letzteres kann ich bestätigen, nicht aber ersteres; denn selten
-begehrte man in Palästina von mir ärztlichen Rath oder Beistand. Um
-aber doch ein Beispiel anzuführen, so traten einmal in Jerusalem
-drei bis vier verschleierte Frauenzimmer in meine Klosterzelle und
-verlangten den Arzt. Ich hatte eben Besuch, und sie wurden von meinem
-Gaste ziemlich derbe hinausgewiesen. Seit Syrien von egyptischen
-Truppen besetzt ist, zählt es mehr europäische Aerzte, und es bleiben,
-meines Wissens, die reisenden Franken so ziemlich ungeschoren.
-
-In Jaffa weilte ein herumziehender Arzt, ein Grieche. Vergebens
-wollte ich mit ihm ein ärztliches Gespräche anbinden. Wahrscheinlich
-hat der Mann Arzneiwissenschaft gar nie studirt. Ich rühme an ihm,
-als etwas Ausgezeichnetes, einen goldenen Uhrschlüssel, den er mit
-Selbstgefälligkeit recht tüchtig auf dem Bauche bammeln ließ. Um die
-Höhe seiner wissenschaftlichen Bildung muthmaßlich und unmaßgeblich
-zu bezeichnen, will ich ihm den Glauben in das Herz legen, welchen
-das alte Wörterbuch ~Gemma gemmarum~ (Ausgabe von 1508) über das
-~Nolimetangere~, auf deutsch: Rühre mich nicht an oder Krebs,
-ausspricht: „Es ist eine gewisse Krankheit, welche am Gesicht ~ex
-mictura glirium entsteht~.“ Das heißt, firm gesprochen. Damals wußte
-man also die Ursache vollkommen gut; jetzt zweifelt man. Oft werden
-wir weiser, wenn wir weniger wissen wollen. Unser griechischer Arzt
-verfügte sich, nach Verrichtung gelungener und mißlungener Kuren, sowie
-auch guter Geldgeschäfte, in die Stadt Jerusalem. Solche herumirrende
-Kurirer erinnern mich an die italienischen Zinngießer und die
-französischen Scherenschleifer, welche das Schweizer-Land durchkreuzen.
-Sind sie in einem Dorfe fertig, alsbald in einem andern zünden sie
-das Kohlenfeuer an und stellen den Schleifstuhl auf, um die Kunden zu
-befriedigen.
-
-
-Die Fleischbank.
-
-In der Absicht, meinen faden Reistisch zu verbessern, ging ich zur
-Fleischbank am Marktplatze. Ausgezogene Schafe hingen an Haken. Die
-herumstehende Menge war so groß, daß man sich, wie bei uns zu den
-Osterrindern, ordentlich durchdrängen mußte. Endlich öffnete sich eine
-Lücke am hölzernen Geländer, und ich füllte sie auf der Stelle, von
-allen Seiten gedrückt, nur von der Bank her nicht. Ein sauertöpfischer
-Fleischer konnte nicht genug abschneiden und abhauen, so sehr rissen
-sich die Leute um das Fleisch. Ein Wohlgenährter saß auf seinen Beinen
-und nahm die Zahlung an. Ein Anderer war damit beschäftigt, die
-sonderbar geformten Gewichte in die Wagschale zu werfen und daraus
-zu nehmen. Bereit lag ein Schreibzeug, eine lange metallene Büchse,
-welche sonst der Schriftgelehrte vor der Brust zwischen das Oberkleid
-schiebt, und nicht ohne einigen Stolz einen Theil davon hervorschauen
-läßt. Man sieht, daß der Fleischverkauf ja auf eine großartige Weise
-betrieben ward. Schon harrte ich längere Zeit; jetzt wurde ich aber des
-Wartens überdrüssig. Man hat mich als Fremden und Franken doch zu wenig
-beachtet. Ich verließ die Schlachtbank.
-
-Um meiner Mißstimmung mit einem Balsam zu begegnen, spazirte ich die
-Stadt hinaus. Besser, als das saure Gesicht des Schlächters gefiel mir
-das üppige Grün im Mauergraben, welcher die Stadt in einen Halbzirkel
-sperrt. Indessen wollte es mir auf dem mohammetanischen Leichenacker
-auch nicht behagen. Meine Gedanken richteten sich noch immer nach dem
-übelriechenden Aas, welches in demselben eine Woche früher ein Rudel
-Hunde mit einer Begierde aufzehrte, daß der Fraß mit Raufhändeln
-gewürzt wurde. Heute war Alles aufgefressen bis an die größern
-Knochen; nicht mehr verpestete das Aas den lieblichen Ort, -- Dank der
-einsichtigen, wohllöblichen Gesundheitspolizei -- der Hunde.
-
-Ich kehrte um. Vor mir schritt ein Offizier durch das Thor. Die Wache,
-ein alter Kerl mit einem magern Gesichte, präsentirte unverzüglich
-das Gewehr. Kaum aber hatte er es zur Seite genommen, als er mit
-der rechten Hand buckelmachend die Lenden rieb, wahrscheinlich aus
-Ehrerbietigkeit gegen seine Leibwache.
-
-Umsonst war ich Willens, im Rückwege gegen meinen Fleischer eine recht
-mürrische Miene aufzupflanzen. Es stand eine andere Fleischbank offen,
-und ich säumte nicht, mein Glück hier zu versuchen. Ich rief aus voller
-Kehle, und es half. Unter dem Nachrufe von +haidi+ entfernte ich mich
-mit meinem Fleische in fröhlicher Stimmung.
-
-Die Araber, diese klugen Leute, glauben, daß der Fremde ein Strohkopf
-sei, sofern er, in Beobachtung der Bescheidenheit und des Anstandes,
-nicht spreche oder, um es genauer auszudrücken, nicht maule. Wenn er
-nur den Mund spaltet, gleich viel, was er donnere, er wird sogleich ein
-Gegenstand der Ehrfurcht. Ich machte diese Erfahrung nicht nur dieses,
-sondern auch andere Male. Kurz und gut, im Nu ward, auf meinen Lärm,
-mir Fleisch zugewogen.
-
-
-Der Zuckerrohrmarkt.
-
-Niemand in Europa hat die absterbenden Zähne gerne; doch hätschelt
-man dort die Dinge, welche ihnen das frische Weiß rauben. Oder sind
-sie, mit Erlaubniß zu fragen, liebenswürdig, die Zähne von der Farbe
--- geräucherter Schinken und mit den Höhlen, worin die Schmerzen mit
-Vorliebe wüthen? Ach, wären nur die Zähne durch und durch Schinken, so
-könnte man sie anschneiden, und mit dem speckweißen Liebreize das ganze
-Menschengeschlecht entzücken. Allein selbst die Aeuglerin kann sich im
-dienstfertigsten Spiegel nicht ganz zurecht gucken die tintenen Zähne
-mit deren malerischen Schluchten, in welchen die balsamischen Quellen
-der Schmätze entspringen. Es thut mir leid; aber ich kann es nicht
-ändern.
-
-Es ist zwar nicht der daumensdicke, manneshohe Pflanzenhalm, nicht
-die binsenartigen, langen Blätter, welche zu drei Fingerbreiten
-über einander um denselben sich ansetzen, nein, nicht dieses Gras,
-dieses Zuckergras, dieses Zuckerrohr ist es, welches den Zähnen so
-viel Verderben bringt, sondern der Saft dieses Gewächses, nachdem er
-durch Kochen eingedickt und dann geläutert oder raffinirt worden: der
-+Zucker+.
-
-Sehnlichst verlangte mich, den Vater eines so raffinirten Kopfes und
-Verwüsters der schönen Welt näher kennen zu lernen. Außer dem Thore der
-Stadt ist eine Menge frisches Zuckerrohr an einer Reihe ausgebreitet,
-worum Verkäufer und Käufer wimmeln, unter welch’ letztern ich
-namentlich Soldaten mit ihren halbschwarzen Gesichtern bemerkte. Ich
-wollte mich zuerst satt +sehen+; allein das Sehen nur verschafft nicht
-sehr viel Vergnügen, weil -- es nichts kostet. Dachte ich doch, ich
-werde den Saft des Rohrs im Munde auch ausziehen können, wenn es Andere
-mit so vieler Lust thun. Ist man einmal draußen in der weiten Welt, so
-muß man etwas mitmachen, damit man daheim etwas erzählen kann, hört’
-ich so oft schon sagen. Ich kaufte ein Zuckerrohr. Ich biß wohl oben;
-aber das Süßsalzige mundete mir nicht. Der Zuckerrohrhändler, meinen
-Fehler gewahrend, warf den obern Theil des Halmes gleich weg, und ich
-biß in den untern, der besser schmeckte. Ganz rein schmeckte das Süß
-hart über der Wurzel. Wie aber oben das Rohr weniger rein schmeckt,
-so schmeckt das unterste, zum Theil in der Erde steckende Glied nach
-Wurzeligem. Die grüne Pflanze enthält bedeutend viel Saft, welcher,
-wie im eingedickten und geläuterten, so auch im frischen Zustande, die
-angenehme, reine Zuckersüßigkeit besitzt. Das Rohr wird so genossen,
-daß man rohe Stücke in den Mund nimmt, und sie zerbeißt, um daraus den
-Saft zu verschlingen. Die faserigen Theile werden weggespieen.
-
-
-Der Tabakschneider.
-
-+Roman Pane+, welcher die alte Welt mit dem Tabak bescherte, geschieht
-fürwahr in alle Zeiten Unrecht, daß er nicht wenigstens zur Linken
-+Mohammets+ von den Moslim verehrt wird; denn wer möchte in Abrede
-stellen, daß diese den Tabak minder leicht entübrigen könnten, als den
-Koran?
-
-Hätte ein Bursche nicht so lächerlich gelacht, als er an der Hand einen
-türkischen Pfeifenkopf drechselte, nach den Gedanken der alten Zeit
-umwendend, schier gedankenlos modelte, durchstach und in wenig Zeit
-fertig hudelte, ich würde eher zum Tabakschneider geeilt sein.
-
-Hinter dem Handwerksmanne jene drei Wände von Mauer mit der offenen
-Seite und dem Thürverschlusse gegen die Gasse, mit dem platten
-Dache von Holz müssen ja das Audienzzimmer sein, welches er nur
-zur Seltenheit betritt. Denn -- er hockt mit diesem Raume zwar
-auf gleicher Höhe, aber auf einem Mauervorsprunge und unter einem
-Vordache, vielleicht auch damit er mit seinen Kunden leichter verkehren
-könne. Wie mag den Glücklichen ein Anderer beneiden, dem bloß von
-außen an einer Bude ein kleiner obdachloser Winkel zu Verrichtung
-seiner Kunst vergönnt ist. Zu einem buchstäblichen Winkelhandwerke
-verurtheilt, begrenzt sich die Handthierung des armen Teufels einzig
-auf Zerschneidung und Zerschnitzelung des kundschaftsweise anvertrauten
-Rauchtabaks, und für einen Piaster schneidet er ein ordentlich Schock.
-
-Wenden wir uns wieder zu dem Tabakschneider in der Bude. Es sind bei
-ihm so wenig Artikel ausgekramt, daß er sein Gedächtniß damit nicht
-überladen darf. Haufen von unzerschnittenem und zerschnittenem Tabak
-liegen unordentlich herum. Eine Wage mit messingenen Schalen und einem
-hölzernen Balken lauert auf den Käufer. Damit aber den Verkäufer selbst
-das Warten nicht verdrieße, schneidet er für sich -- und Andere Tabak
-in gar hübschen Nadeln. Ein der Länge nach gespaltenes, ziemlich großes
-Rohr oder Halbrohr dient zur Aufnahme des Tabaks. Jenes ist mit Eisen
-gerändert, wo das Schneidemesser hart vorbeifährt. Letzteres, auf einer
-Seite so befestiget, daß es mit geringer Mühe herab- und hinaufläuft,
-ähnelt in den wesentlichsten Beziehungen unserem Schneidemesser mit
-der Vorrichtung dazu, wie selbes die Apotheker zu Zerschneidung von
-Arzneien, z. B. von Wurzeln, und die Liebhaber des Tabaks zu anderem
-Behufe gebrauchen. Noch ähnlicher, als unserm Schneidemesser der
-Apotheker ist es dem Schneidestuhle, mittelst dessen der Häckerling
-bereitet wird. Drückt der morgenländische Tabakschneider mit der
-Hand das ungeschnittene Kraut im Halbstiefel wohl zusammen und ein
-wenig über den Rand, so schiert er mit dem herunterschwirrenden
-Messer gleichsam eine Scheibe ab, die, sogleich in viele Schnitzel
-zerzottelnd, auf eine Schilfdecke zu Boden fällt.
-
-
-Der Nargilebediente; die Rauchvirtuosität.
-
-Von den vielen Handwerkern, welche dem Abendlande angehören, dagegen im
-Morgenlande vergebens gesucht werden, will ich bloß den Kunstgärtner
-(im strengeren Sinne des Wortes) nennen. Ein Deutscher, dessen erwähnt
-ward, that sich für einen Gärtner aus, und kannte wirklich einige
-Gewächse nach ihren lateinischen Namen. Hier aber beklagte er seinen
-Beruf, weil die Natur ohne Kunsthilfe Alles viel schöner hervortreibe,
-als es der erfahrungsreiche Gärtner Europas den dortigen Anlagen und
-Treibhäusern abdringe.
-
-Dem abendländischen Kunstgärtner hält indessen der Morgenländer
-einen andern Berufsmann entgegen, welchen gerade das Abendland
-nicht aufzuweisen vermag; ich meine den +Nargilebedienten+, den
-Nargileträger. Argile oder Nargile heißt eine Tabakspfeife mit einer
-Tasche voll Wasser, durch welches der Rauch gesogen wird. Mit drei bis
-vier Nargilen geht der Gewinnlustige auf der Gasse umher, und erhascht
-er einen Liebhaber, so stopft er ihm die Pfeife mit Tabak und setzt
-überhaupt Alles so in Bereitschaft, daß der Rauchlüstling bloß das
-Mundstück der Pfeife zwischen die Lippen und die Hand in den Geldbeutel
-schieben darf.
-
-Kaum sättiget man sich an diesem Auftritte, so schreitet ein
-wohlhabender Morgenländer stattlich daher; schweigsam und treu wie der
-Schatten folgt ihm ein schwarzer Sklave, welcher die lange, brennende
-Pfeife seines Herrn trägt. Nun mache ich einen Besuch. Alsbald füllt
-der Diener oder gar die Dame des Hauses die mit einem bernsteinernen
-Mundstücke versehene Pfeife und raucht sie an, um sie mir darzubieten.
-Ich wische das Mundstück hübsch fein ab, und rauche mit der größten
-Bequemlichkeit. So reicht auch der Diener seinem Herrn immer die
-angerauchte Pfeife.
-
-Im Rauchen sind die abendländischen Christen, im Vergleiche mit den
-Morgenländern, gleichsam Stümper. Es ist übrigens für den Reisenden
-eben nicht unumgängliche Nothwendigkeit, daß er mitrauche. Ich lernte
-zwar das Rauchen erst auf der Reise, verzichtete darauf jedoch öfter
-längere Zeit.
-
-
-Der Kaffeeröster und Kaffeezerstößer.
-
-Ich trete in ein großes Gewölbe. An der Wand brennt es in einer Höhle.
-Ueber dem Feuer steht schief ein irdenes, großbäuchiges und ziemlich
-enghälsiges Gefäß zur Röstung des Kaffees. Dieser wird von einem Manne
-mit einem Stäbchen fleißig umgerührt, bis er gar ist. In einer offenen
-Pfanne würden während des Röstens offenbar mehr kräftige Bestandtheile
-sich verflüchtigen.
-
-Neben dem Herde nimmt der Mörser seine Stelle ein. Eine runde, tiefe
-Aushöhlung des Fußwerkes von einer alten Marmorsäule ist er -- fest
-ummauert. Ein Mann beschäftigt sich eigens mit dem Zerstoßen oder
-Zermörsern des Kaffees. Er handhabt eine große, eiserne Mörserkeule,
-die durch ihren schweren Fall zermalmt. Dazu musizirt der Arbeiter
-stöhnend auf echt arabisch bei jedem Plumps. Hat der Kaffee eine
-mehlichte Beschaffenheit erreicht, so wird er durch ein Sieb gebeutelt.
-Das Seihsel fällt auf einen platten, großen, fein geflochtenen
-Strohteller; das Ueberbleibsel im Siebe wird in den Mörser geschüttet,
-um es aufs neue zu zermalmen. Den letzten Ueberrest betrachtet der
-Araber als Auswurf; allein leicht kann man hier übervortheilt werden.
-Der betrügerische Araber rechnet zu jenem gerne solchen Kaffee, den er
-noch gar wohl benützen kann.
-
-Ein Italiener von meiner Bekanntschaft kauft, um Einiges zu ersparen,
-unzerstoßenen Mokkakaffee. Er bringt ihn in die Werkstätte. Er muß
-warten; denn so eben wird für einen andern schon Dastehenden Kaffee
-geröstet. Nun geht es an den seinigen. Es faßt das irdene Gefäß und
-bald der Mörser den Kaffee, und für die Röstung und Pülverung bezahlt
-er eine Kleinigkeit. Fein wie Mehl ist der zermörserte Kaffee.
-
-
-Der Baumwollereiniger und der Schilfdeckenweber.
-
-Die Baumwolle wird in der Nähe von Jaffa, aber nicht auf einem Baume,
-wie das deutsche Wort zu allgemein sich ausdrückt, obschon es auch
-Baumwolle gibt, sondern an einem wenige Fuß hohen, strauchartigen
-Gewächse gewonnen. Genug, daß sie gedeiht, und zu den nützlichsten
-Erzeugnissen des Erdbodens gezählt werden darf.
-
-Die Baumwolle beschäftigt manche Hände, bis sie gereiniget ist.
-In einer Werkstätte setzte Einer ein größeres Rad mittelst eines
-Tretschemels und ein kleineres mit der einen Hand an der Kurbel in
-Bewegung. Diese zwei Räder trieben zwei Walzen, die nahe über einander
-und in ungleicher Richtung liefen. Wird die durchsämte Baumwolle mit
-der noch freien Hand in die Walzenfuge gehalten, so erschnappt diese
-den wollenen Theil und läßt ihn auf der andern Seite fallen; auf der
-nähern Seite bleiben die Samenkörner zurück. Selbst auf der Neige des
-Wintermonates verrichteten in Ramle das Geschäft der Samenabklappsung
-beinahe nackte Männer.
-
-Ich entfernte mich vom Baumwollereiniger, und wollte lieber dem
-Schilfdeckenweber zuschauen. Der Webstuhl ist sehr niedrig, kaum
-über einen halben Fuß hoch vom Boden, und von Baum zu Baum sind als
-Kette Schnüre angestreckt. Abwechselnd stehen zwei Schnüre sich nahe,
-um einen Zwischenraum von beiläufig drei Zoll offen zu lassen. Der
-hölzerne Kamm mit so viel Bohrlöchern, als Kettenschnüre sind, hängt
-nicht, sondern lastet auf den letztern, nachdem die Schnüre durch den
-Kamm gezogen worden. Da das Gewebe, nämlich die Decke, in der Breite
-etwa fünf Fuß mißt, so weben zwei Burschen einträchtig neben einander,
-ein jeder die Hälfte der Breite, während jedoch der eine allein den
-Eintrag mit dem Kamme zuschlägt. Beide hocken vor diesem Werkzeuge
-auf dem Gewebe, und in dem Maße, daß sie weiter weben, rutschen sie
-vorwärts, wie unsere Kinder, welche noch nicht gehen können. In der
-Nähe der Weber liegt der Schilf, bei dem einen unter den Füßen. Behende
-spalten sie ihn mit dem bereit gehaltenen Messer. Das Schilfband ziehen
-sie mit den drollig davon hüpfenden Händen abwechselnd über und unter
-zwei Schnüre des Aufzuges durch, auf gleiche Weise das nächste Band,
-nur gegenüber und schließend, u. s. f. Von den Schilfbändern werden die
-Schnüre ebenso umschlungen, wie beim Flechten der Körbe von den Weiden
-die Stäbchen. Die Burschen weben mit großer Fertigkeit, und haben
-sie zugewoben, so müssen die Schnüre durchschnitten, und allemal die
-zwei näher stehenden zusammengeknüpft werden, damit sie den Schilf da
-festhalten, wo er im Weben sich kreuzt.
-
-Man macht von den Schilfdecken ungemein viel Gebrauch. Unter Zelten,
-in Häusern und Kirchen deckt er die Erde oder Steine. Der Betende
-zieht zuerst seine Schuhe aus, und dann wirft er sich in dem Tempel
-auf einer Schilf- oder Strohdecke nieder. Betet unter freiem Himmel
-der Mohammetaner, sein Antlitz gegen Mekka gewendet, und hat er gerade
-eine Schilf- oder Strohdecke bei der Hand, so breitet er sie, oft unter
-seinen nackten Füßen, aus.
-
-
-Der wandernde Schiffer und Kinderspiele.
-
-Ich konnte zuerst nicht klug werden, als ich etwas erblickte, das aus
-Schwarzem herausragte und im Meere herumzappelte. Es war ein bis an
-die Lenden entblößter Schiffer. Er saß in einem so kleinen Kahne, daß
-dieser dem Manne mit ausgestreckten Beinen kümmerlich Platz gestattete.
-Er ruderte mit keinen eigentlichen Rudern, sondern mit kleinen
-Plattschaufeln. Er hielt diese in den Händen fest, je eine Schaufel in
-einer Hand, und platschte damit in das Wasser, wie, man wird mir die
-Vergleichung erlauben, der schwimmende Hund mit den Vorderpfoten. Das
-Schiffchen fuhr ziemlich schnell von einem größern Schiffe zum andern,
-von Riff zu Riff, und wenn es in den Grund lief, so trug der Schiffer
-es gleich weiter, bis er es wieder flott machen konnte.
-
-Um ja Alles auszuplaudern: Ein noch kleineres Schiffchen ließen die
-Knaben vor dem lateinischen Hospize auf der Gassenpfütze herumfahren.
-Ich lobe an diesen Schiffchen, ich darf wohl sagen, die treffliche
-Eigenschaft, daß es keine Kameelfüße hatte; denn wenn die Buckeligen
-mit ihren schweren, breiten Füßen durch die große Pfütze trabeten, so
-entstieg dieser ein sehr unangenehmer Geruch bis in meine Zelle. Außer
-der kindischen Schifffahrt nahm ich bei den Kleinen sonst keine andere
-Spiele wahr, als eine Art Wettlauf und das Gleiten auf einer geneigten
-Fläche, z. B. indem ein Kind, Kopf voran, sich von einem andern an den
-Armen herunterschleifen ließ.
-
-
-Spiel der älteren Leute.
-
-Die Araber überlassen sich nicht sehr häufig dem Spiele. Karten trifft
-man allerdings bei ihnen, allein ziemlich selten. In Kaffeehäusern zu
-Kairo spielten Araber Schach, aber mit possenhaft plumpen Figuren.
-
-An der kleinen Meeresbucht bei Jaffa sah ich ebenfalls beim Spiele
-Morgenländer, welche das Schachbret in den Sand gezeichnet hatten.
-
-Eines Tages bemerkte ich am Hafen von Jaffa zwei im Spiele begriffene
-Soldaten. Schnell trat ich näher. In ein Bret waren vierzehn
-schalenförmige Vertiefungen gearbeitet, wovon je sieben eine Reihe
-bildeten. Eine ziemliche Anzahl Ziegelbröckchen legten sie in die
-mittlern sechs Gruben. Mir wurde der Zusammenhang des Spieles nicht
-völlig deutlich; doch so viel nahm ich wahr, daß aus einer Grube die
-Steine gehoben und davon einer allemal in eine Vertiefung um die
-andere gesetzt wurde. Wenn dann der letzte Stein in eine leere Grube
-fällt oder nicht, so bringt es dem Spielenden Verlust oder Gewinn. Das
-Spiel ist wohl kein anderes, als das von +Niebuhr+ und +Burckhardt+
-beschriebene +Mangal+.
-
-Der eine der spielenden Soldaten war der am Hafenthore wachehaltende
-Soldat. Mit der linken Hand hielt er das Feuergewehr, und mit der
-rechten spielte er. Da gesellte sich ein dritter Soldat hinzu. Er
-hatte nichts Eiligeres vor, als seinen Mantel hart am Spielbrete
-niederzuwerfen und, nach Ablegung der Schuhe, sich aus denselben
-barfuß zu stellen; denn nach solcher Vorbereitung verrichten viele
-Mohammetaner das Gebet. Dieser Soldat mochte im Beten stehen oder
-hocken, oder auf das Gesicht niederfallen, die Spielenden ließen
-sich nicht im mindesten stören. Der Eine lachte unterdessen manchmal
-mit aller Herzlichkeit, andere Male kicherte er. Es ist eine
-bemerkenswerthe Sache, daß, so viele Sprachen auch in der Welt den
-Tausch der Gedanken und Gefühle vermitteln, dennoch das Lachen,
-welches vom leisen Schmunzeln bis zum schallenden Gelächter so viele
-Gemüthszustände ausdrückt, meines Wissens -- allenthalben gleich
-ist sowohl in Beziehung auf die Beschaffenheit, als auf das Maß der
-Töne. Das gilt im Wesentlichen auch vom Weinen. Die afrikanischen
-und asiatischen Kinder können so unharmonisch weinen, wie die
-unserigen. Die Erscheinung erklärt sich dadurch, daß die Lach- und
-Weinlaute Naturlaute sind, welchen die Kunst weder Mark abbettelte,
-noch andichtete. Kehren wir zu den lachenden Spielern zurück. Der
-Neuangekommene näherte sich, nach vollendeter +Andacht+ (Asser),
-alsogleich dem Spielbrete, und ohne Umständlichkeit schob er einen der
-Spielenden weg. Jetzt betrachtete ich erst mit mehr Aufmerksamkeit eine
-große Narbe am Vorderarme des neuen Spielers, und wirklich glaubte ich
-dieselbe als ein Ordenszeichen kriegerischer Tapferkeit mit seinem
-herrischen Benehmen in Einklang bringen zu sollen.
-
-
-Meine Lebensart.
-
-Meine Lebensart würde nicht jeder Europäer gepriesen haben. Ich kam in
-die römische Fastenzeit. Die lateinischen Mönche aßen nichts, als Brot,
-Kräutersuppen, Hülsenfrüchte, Gemüse, Fische, Oelbeeren u. dgl. Zudem
-dürfen diese Speisen nicht mit Butter oder Schmalz, sondern sie müssen
-mit Oel abgekocht werden. Das wäre allerdings eine engherzige und harte
-Vorschrift für Bewohner von Ländern, wo das Oel selten und theuer, die
-Butter hingegen im Ueberflusse und zu wohlfeilem Preise zu haben ist.
-Uebrigens wird von Kundigen die Thatsache nicht bestritten, daß das
-Pflanzenfett weniger reizende Eigenschaften besitzt, als das Thierfett,
-wie: die Butter.
-
-Die magere oder Fastenkost (~il magro~) eignet sich, beim Lichte
-betrachtet, in der That, die sinnlichen, d. h., die thierischen
-Gelüste des Menschen abzutödten, mithin die Weltüberwindung eher in
-den Kreis der Möglichkeit hereinzuziehen. Wundern muß man aber sich,
-daß der gemeine Genuß des Weins, welchen die strengste Diät, wie die
-mohammetanische Rechtgläubigkeit verbietet, und welcher schon so
-manche Sünde veranlaßte, im römischen Fastenspeisezettel einen Platz
-behauptet. Gibt man nun auch zu, daß man mit dem Fasten den Zweck der
-Weltüberwindung näher oder minder nahe erstrebt, so darf man darum auf
-der andern Seite das Nachtheilige nicht verschweigen, daß es hier und
-da den Zunder zu Krankheiten legt, nicht bloß, wenn auch vorzüglich bei
-den Griechen, wie wir schon oben in Gaza vernommen haben, sondern auch
-bei den Lateinern.
-
-Da ich von einer Unpäßlichkeit immer nicht hergestellt ward, so
-unterwarf ich meine Ernährungsweise der ernstesten Prüfung, deren
-Ergebniß war, daß ich anfing, die Ursache meiner Nichtwiedergenesung in
-der Fastenspeise zu suchen. Ich sann auf Abhilfe der magern Kost. Auf
-meine der Gesundheit geltenden Gründe erlaubte mir der Pater Superior
-mit aller Bereitwilligkeit, was ich wollte; bloß eine Kleinigkeit
-fehlte, nämlich der Koch vollführte nicht. Ich wünschte unter Anderem
-Milch. Ich wendete mich deswegen an den Pater Superior, an den Koch,
-an den Konsul +Damiani+, an den Schulmeister der Maroniten, an einen
-Italiener, dem ich empfohlen war, und der sie täglich trank, -- ich
-goß nur Wasser ins Meer. Schienen die Einen vergeßlich zu sein, so war
-die Vergeßlichkeit in der That eine milde und tröstliche im Gegenhalte
-derjenigen des Kaisers +Klaudius+, der Viele dem Tode überlieferte und
-einen Tag nach der Hinrichtung sie wieder zu Tische und zum Spiele
-einlud.
-
-Zwei Tage aß ich freiwillig nichts, als Brot und im Wasser gekochten
-Reiß, ohne Oel, ohne Butter, ohne Salz, kurz, ohne eine Zugabe; Wasser
-diente als Getränke. Besorgt endlich für meine bevorstehende Seereise
-bei dieser entkräftenden Nahrung, ging ich zu Markte, verschaffte mir
-ein Huhn, und so wurde mir nach Belieben gekocht. Ueberdies kaufte ich
-Butter und Honig, -- und Brot, Butter und Honig auf einander schmeckten
-mir eben so köstlich, als einst auf den Kindsbeinen, wenn ich diesen
-Leckerbissen aus der freigebigen Hand meiner alten Großmutter empfing.
-
-Indessen würde man sich um die jaffanische Butter, neben der
-vorarlbergischen und schweizerischen in der Gebirgsgegend, schwerlich
-reißen. Wer leicht Ekel empfindet, isset sie nicht. Sie sieht schmutzig
-aus, und die Haare sind in solcher Menge in sie geflochten, als wäre
-es mit Fleiß geschehen, damit sie nicht von einander falle. Dessen
-ungeachtet schmeckt die Butter nicht übel, einzig etwas säuerlich,
-keineswegs aber ranzicht. Sie wird auf dem Markte feil geboten. Ein
-Verkäufer hatte einen hohen, unordentlich gekneteten Haufen auf dem
-Teller. Zum Zeichen meiner Kauflust streckte ich ihm einen Piaster
-dar. Gleich ergriff er die kupferne Schalenwage, krabbelte mit den
-ausgebreiteten Fingern flink von der Butter, wog ab und ich bekam,
-nackt von Hand zu Hand, mehr, als ich erwartete. Ich vergesse nicht,
-beizufügen, daß der Verkäufer ein Mohammetaner war. Wäre er ein
-morgenländischer Christ gewesen, ich würde wahrscheinlich minder
-erhalten haben. Ich muß dieser Vermuthung an der Fackel einer neuen
-Thatsache leuchten. Beim Einkaufe des Mundvorraths sah ich mich um
-Zwieback um. Der käufliche aus Zypern ist sehr gut: kleine, runde, etwa
-zwei Daumen dicke Brote, oben mit fünf Punktirungen. In einer Bude, in
-die ich zufällig trat, machte man das Anerbieten, mir sogleich Zwieback
-zu holen. Die Leute in der Bude benahmen sich mit so vieler Artigkeit,
-daß sie mir Zutrauen einflößten; sie bezeugten auch Freude darüber,
-daß ich ein Christ, und zwar kein griechischer sei. Sie forderten für
-eine Ocke drei Piaster. Wirklich kaufte ich sieben Ocken. Nach dem
-Kaufe fragte ich gelegentlich vor den mohammetanischen Buden. +Keiner
-verlangte mehr, als drittehalb Piaster.+ Der Abendländer erzählt mit
-Schmerz eine solche Thatsache, die einen so auffallenden Unterschied
-zwischen Christen und Moslim herausstellt.
-
-Honig findet man in einigen Buden. Man bewahrt ihn in einem enghälsigen
-Kruge, schöpft ihn mit einem hölzernen Löffel, und wägt ihn auf der
-Schalenwage. Zuerst, um eines kleinen Versuches willen, legte ich
-ein Kohlblatt auf meine Hand, und begehrte für wenige Kreuzer. Ein
-Mohammetaner wies mich ab. Ein Anderer weigerte sich Anfangs, später
-aber deutete er mir, daß ich, weil ich mit keinem Gefäße versehen war,
-die Hand recht hohl machen solle. Als in der Folge für sieben bis
-acht Kreuzer (R. V.) eine Achtelsmaß (ein halber Schoppen) Honig in
-mein Trinkglas gewogen wurde, konnte ich mir leicht erklären, warum
-der erste Mohammetaner an mich keinen verkaufen wollte; denn für das
-Geldstück, das ich ihm zeigte, würde mir mehr gehört haben, als ich
-hätte versorgen können. Der Honig, wenn auch ein wenig trübe, schmeckt
-gut.
-
-
-Ich lese die Bibel.
-
-Was mir ein hohes Vergnügen gewährte, war das Lesen in der Bibel,
-während ich eben auf dem Schauplatze stand, worauf dieselbe so
-oft führt; denn Joppe ward zu Judäa gezählt. Die Patres gaben mir
-eine Vulgata ohne irgend einen Anstand. Ich würde zwar +Luthers+
-ausgezeichneter, kraftdeutschen Uebersetzung den Vorzug eingeräumt
-haben; allein eine solche war nicht aufzubringen, und unter den
-lateinischen Uebersetzungen verdient die Vulgata gewiß eine
-Ehrenstelle. Das Latein des ehrwürdigen +Hieronymus+ erhebt sich weit
-über das Mittelmäßige.
-
-Das alte Testament enthält einen so großen Reichthum an
-Eigenthümlichem aus dem Leben der Israeliten, daß es ein wahres
-jüdisches Volksbuch ist. Es überrascht insbesondere mit der Schilderung
-von Sitten und Gebräuchen. Hier, wo ich als Reisender die Aufgabe,
-diejenigen der heutigen Einwohner im alten Lande der Juden zu
-beobachten, nach Maßgabe meiner Zeit und Kräfte löste, fühlte ich in
-mir gleichsam einen Drang, zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart
-Vergleichungen anzustellen, wofür mir der süße Lohn zu Theil ward, in
-der Bibel so treuen Zeichnungen zu begegnen.
-
-
-Ein Pater sagt, ich werde des Teufels.
-
-Der Umstand, daß ich nicht in die Messe ging, schien die sechs Mönche,
-welche das Hospiz bewohnen, unangenehm zu berühren. Die Stimmung
-derselben war mir bald nicht mehr zweifelhaft. Es fragte mich nämlich
-eines Mittags der Koch, Frater +Emanuel+, ob ich die Messe angehört
-hätte. Ich antwortete: Nein. Der Eifer wimmelte in seinen Händen,
-und ich merkte ihm an, daß er es darauf anlegen wollte, mich recht
-auszuholen. Ich fertigte ihn kurz mit den Worten ab, daß ich nur auf
-lateinisch in religiöse Gegenstände mich tiefer einlassen würde.
-
-Im Nu schritt der Pfarrer (~padre curato~) mit zwei Mönchen daher.
-Der Meinungskampf begann in der Kirchensprache der Katholiken. Jener
-stolperte unglücklich genug über seine lateinischen Fehlbrocken. Um
-aber doch seinen Worten einen salbungsvollen Nachdruck zu verleihen,
-schlug er mit der Faust auf dem Tische den Takt, und glühender Eifer
-rollte seine Augen. Der ganze Rüstzeug von Verstand und Vernunft
-würde dem Menschen wahrlich wenig mehr nützen, wenn das Gepolter
-einer Faust Beweiskraft hätte. Der Pfarrer trieb sich auf dem Boden
-der faden Jesuitenlogik herum, und ich merkte, daß mit ihm kein Satz
-ordentlich durchzuführen sei. Ich erklärte geradezu, daß ich mich
-zum Protestantismus bekenne. Auf diese Erklärung suchte man mir
-den bekannten Satz ins Herz zu prägen, daß einzig und allein die
-römisch-katholische Kirche selig mache; ich sei verdammt, hieß es,
-und laut rief ein Mönch mit einem buntscheckigen Barte, daß ich in
-die Hölle fahren werde[11]. Ich sei mit meinem religiösen Schatze
-zufrieden, erwiederte ich; ich wolle den Frieden meiner Seele wahren;
-ich könne glatterdings nicht bekehrt werden. Sofort erloschen die
-Flammen der Patres, und ich wurde nimmermehr mit derlei Zwisten gequält.
-
-Ich warne, aus dieser einzelnen Vorfallenheit allgemeine Sätze
-herauszufolgern. Die Patres haben höhern Auftrag, ihren Glauben zu
-verbreiten, und der Bekehrungsversuch darf wohl nicht befremden. Ich
-meine sogar, daß mein Tagebuch dadurch eher gewonnen, als verloren habe.
-
-
-Wie die Gleißnerei im Namen der heiligen Religion einen Unschuldigen
-prügelt; laue Konsulats- und Mönchspolizei.
-
-Der Franzose, einer meiner Wegweiser in Jerusalem, machte eines Abends
-in seiner Trunkenheit nicht wenig Spektakel in und vor meiner Zelle.
-Weil mit einem Berauschten nichts anzufangen war, so stieg ich hinunter
-zum Pater Superior. Mir nach eilte der Franzose bis zur Kirche, worin
-die Mönche beteten. Dies hinderte jedoch den Zornentbrannten nicht, vor
-der geweihten Stätte so ungestüm zu lärmen, daß jene die Kirchenthüre
-zuschlossen. Und sich nicht begnügend mit bloßem Lärmen, schlug er mich
-mit der Hand und versetzte mir mit seinen Reitstiefeln einen Fußtritt.
-Gegen die Ueberfälle vertheidigte ich mich mit genauer Noth, in der
-Ueberzeugung, daß eine ernste Gegenwehr mit Händen und eine kräftige
-Vertheidigung mit Worten Anlaß darböten, einer falschen Anklage Gewicht
-zu geben, und mich nicht minder zu beschuldigen, als den Angreifenden.
-Eben drohte der Franzose mit dem Messer, als endlich die Patres
-herzutraten, denselben beschwichtigten und mir beistanden. Der Pater
-Superior mußte wohl einsehen, daß unser von den Mönchszellen ziemlich
-gesondertes Wohnen zur Seite hoch oben in den Pilgerkämmerlein den
-Unfrieden allzu sehr begünstigen würde. Er befahl Trennung; da ich aber
-mein Gepäcke holen wollte, spektakelte der Franzose von neuem auf dem
-Dache, und hob, unter Drohungen gegen mich, einen Stein. Indeß hatte
-das rohe Benehmen die gute Folge, daß ich +neben den Patres+ eine
-weit bessere Zelle bekam.
-
-Tages darauf war es mein erstes Geschäft, den Schutz des
-österreichischen Konsuls anzuflehen. Diesen Vorfall zuerst tief
-bedauernd, äußerte er sich dann, daß er nicht einschreiten könne, und
-daß ich mich mit den Worten zufrieden geben sollte: ~Questo è finito~
-(die Sache ist abgethan), indem wir einander die Hand reichen und
-umarmen würden. Hiezu konnte ich mich deswegen um so weniger verstehen,
-weil der eben anwesende Franzose seine im Rausche ausgestoßenen
-Beschimpfungen jetzt im nüchternen Zustande wiederholte, und weil er
-noch aus dem Grunde Recht haben wollte, +daß ich kein Christ sei+.
-Mit dieser Gleißnerei hat er auch die Mönche zu berücken gesucht.
-+Der Pater Superior bemerkte inzwischen ganz wohl, daß Schimpfen
-und Schlagen von seiner (des Franzosen) Seite nimmer angehe, welcher
-Religion ich auch zugethan sein möge.+ Ich verlangte beim Konsulate
-förmliche Genugthuung und Sicherheitserklärung, die ich denn auch mit
-Zähigkeit erhielt.
-
-Der Konsul scheint dasjenige zu glauben, was der erste ihm vormalt.
-Die Dreieinigkeit theilte er ein in Gott, als Obersten, in unsere
-liebe Frau (Madonna) und in +Jesus Christus+. War der Konsul sich der
-Zeitfolge bewußt, so soll vor der Hand keine Einwendung geschehen,
-besonders dann, wenn er, ein öfterer Fall, in gewisser irdischer
-Begeisterung sprach. Der Konsul erregte erst meinen großen Unwillen
-gegen ihn, als hart neben seinen Ohren ein Mann mir erzählte, daß der
-Franzose den Vater desselben am gleichen Abende mit Stockschlägen
-mißhandeln wollte. Still, still, lispelte der etwas verlegene Konsul,
-welcher die Sache zu vertuschen suchte, und als er sie nicht mehr
-leugnen konnte, beschönigte er den Franzosen damit, daß dieser, in
-der Wuth über mich, auch einen andern Handel angesponnen habe. Es
-war erdichtet; denn das Hospiz wird gleich nach Einbruch der Nacht
-gesperrt, in welcher ich unter die unsanften Hände gerathen bin. Viel
-vermag fürwahr bei einem Morgenländer die glatte Zunge und die rothen,
-unten mit Leder überschlagenen Reitknechthosen eines Franzosen, solche
-mit einer weiter gediehenen Bildung natürlich unzertrennliche herrliche
-Erscheinungen des Abendlandes.
-
-Doch die Sicherheitserklärung ist da nur Schein, wo man straflos
-schimpfen und schlagen darf. Mit persönlicher Sicherheit wanderte ich
-bisher unter der arabischen Polizei, aber nicht unter der fränkischen.
-Im Unwillen über die Lauheit oder Machtlosigkeit des Konsuls, welcher
-österreichischer und französischer zugleich ist, entschlüpften
-mir einige Worte, welche den Mann stachelten und in etwelche
-Bestürzung brachten. Vater und Sohn, welcher letztere eigentlich die
-Konsulatsgeschäfte besorgt, arbeiteten von nun an, in Verbindung mit
-dem Superior, angelegentlich an der Herstellung des Friedens. Im Zimmer
-des Paters bat der Franzose kniefällig ab, und, die Hand auf ein Buch
-haltend, schwor er bei einem Heiligenbilde und legte das Handgelübde
-ab, daß er mir nie etwas Leides zufügen wolle. Diese plötzliche Demuth
-des Kerls mußte mich neuerdings mißtrauisch machen.
-
-In einer solchen Lage war kaum ein anderer, ehrenhafter Entschluß mehr
-möglich, als der, die Abreise nach Beirut in Gesellschaft des Franzosen
-auf das bestimmteste abzulehnen. Einem Menschen, der sich mehr, als
-viermal treulos zeigte, darf man nicht trauen. Mein Entschluß wurde
-noch dadurch befestigt, daß der Vater des Rais, mit welchem wir nach
-Beirut übersetzen sollten, und der kein fränkisches Wort verstand,
-in +Gegenwart des Konsuls+ für die Ueberfahrt zweimal mehr forderte,
-als man gewöhnlich bezahlt. Ich glaubte die Falle zu erkennen.
-Wahrscheinlich war verabredet, die Ueberfahrtskosten für den Franzosen
-und Deutschen auf mich zu wälzen. Immer lebhafter überzeugte ich mich,
-daß es hohe Zeit sei, diese zwei besitzlosen Leute, die wahrsten
-Abenteurer auf Erden, vom Halse zu schütteln. Nach einem siebentägigen
-Aufenthalte in Jaffa begaben sie sich an Bord.
-
-Wie sind doch die Verhältnisse so eigenartig, welche die Furchen der
-Stirne auszuebnen vermögen? Unter andern Umständen wäre das längere
-Warten auf eine Reisegelegenheit für mich eine Pein gewesen, während
-ich es unter diesen leicht erträglich fand. Ich miethete mich in eine
-Bombarda des Hauptmanns +Kiriako Bagsîno+, eines Hydrioten, bis in die
-Nähe (sechs Stunden) von Smyrna. Das Schiff war nach Konstantinopel
-bestimmt; ich glaubte aber den Weg nach Smyrna wählen zu müssen,
-weil ich eine kleine Geldanweisung +für den Nothfall+ an das Haus
-+Sturzenegger+ und +Prélat+ in Smyrna bei mir hatte. Das größere
-Kreditschreiben lautete auf den österreichischen Konsul in Beirut,
-Herrn +Laurella+, bei welchem das Geld wirklich bereit lag, ohne daß
-ich es der angeführten Verumständigungen wegen wirklich bezog.
-
-
-Der Konsul Damiani; mein Besuch in seinem Hause.
-
-Nach der Ankunft in Jaffa stieg ich beim Herrn Konsul +Damiani+ ab.
-Heute noch trägt er im morgenländischen Gewande den Militärhut aus den
-Zeiten +Napoleons+. Der Hut geht zur morgenländischen Tracht gerade so
-gut, als zur europäischen; denn das häßlichste Kleidungsstück, das man
-erdenken konnte, steht nirgends gut.
-
-Der ehrwürdig aussehende Greis nahm mich freundlich auf. Sein Sohn
-geleitete mich sogleich in eine Zelle des Gastgebäudes (~ospizio della
-Terra Santa~).
-
-Ich sah den Konsul bisher nur in seinem Waarenlager am Kai, gleich
-neben dem armenischen Kloster. Ich wurde von Andern in sein Haus
-geführt, ohne daß ich den Besuch beabsichtigte. Täusche man sich nicht
-über die Wohnung des Konsuls. Sie ist sehr unansehnlich, so daß unsere
-Bauern in schönern Häusern wohnen. Der Konsul saß unten im Hofe. Den
-Hut vertrat diesmal eine abgeblichen rothe Mütze, und um den Kopf über
-die Ohren war ein Tuch gebunden; denn die Zähne litten Schmerzen.
-Man prangt immer mit der Weltweisheit, man verehrt die Seele als das
-Ewigwährende am Menschen, man schmäht auf den vergänglichen Staub
-des Körpers, man lehrt Verachtung der Kleiderpracht, und doch vermag
-man nur mit Mühe den widerlichen Eindruck zu besiegen, den man beim
-Anblick einer mit häßlichen Kleidern bedeckten, höher gestellten Person
-empfängt, selbst wenn noch so hoch deren Seelenadel emporflackerte.
-Hätte ich nicht schon gewußt, daß +Damiani+ Konsul wäre, ich würde
-ihn schwerlich beachtet haben. Er pflegte sonst seinen langen, grauen
-Schnurrbart hinauszustreichen und zu zwirnen. Diesmal ließ er ihn fein
-in Ruhe, weil er überzeugt sein durfte, daß zwischen dem unreinen Tuche
-um dem Kopfe keine Hoffahrt mehr möglich sei.
-
-Nicht die köstlichsten Treppen leiteten hinauf ins Gastzimmer. Darin
-hing eben die Wäsche an zwei Reihen von der Linne herab. Der Christ
-beging seinen Sonntag und die Wäsche deswillen doch keinen Fehler,
-weil -- das Trockenwerden keine Hände erfordert. Zuerst wurde ich
-im Zimmer Niemand gewahr; bald dann erschien der Sohn des Konsuls
-hinter der Wäsche, so ganz theatermäßig, wie der Schauspieler hinter
-der Blendewand. Nach den theilweise erzählten Vorgängen durfte ich
-auf keine andere, als auf eine kalte Aufnahme rechnen. Nach der
-Begrüßung setzte sich der junge Mann wieder auf den Strohteppich,
-von Papier und Siebensachen umgeben, die alle kreuz und quer durch
-einander lagen, wie ein Nest voll junger Kaninchen. Es wurde durch
-einen schwarzen Sklaven mit Tabak und Kaffee aufgewartet. Mehr, als
-dies interessirte mich die Ausstattung des Zimmers mit Hausgeräthen.
-Fratzen aus Europa, z. B. Gipsfiguren, schämten sich vor reich
-gestickten morgenländischen Gewändern. Um das christliche Europa noch
-feierlicher herüberzubeschwören, stand an einem Orte der ans Kreuz
-genagelte +Christus+. Der Sohn war nicht wenig bemüht, mit den Schätzen
-des Hauses die Bewunderung des Zuschauers zu erwecken. Es wurde
-angeblich ein Gegengift in Form eines Steines, das Horn einer Schlange,
-Alterthümer, ein massiver Klumpen Silber u. s. f. vorgewiesen. Ich
-wurde dabei, zu meinem Leidwesen, nicht im mindesten gerührt.
-
-Dem gutmüthigen und gesprächigen Konsul, der schon eine hohe Stufe des
-Alters erklommen hat, horchte ich mit gespannter Aufmerksamkeit zu.
-Freilich sichern nicht gerade die Jahre, nicht die Silberlocken (die
-im Morgenlande dem Barbier und Turban gehören), nicht der höhere Rang,
-nicht die größere Macht als Familienhaupt dem Greise Aufmerksamkeit
-und Liebe, Ehrfurcht und Vertrauen, sondern die reichern und reifern
-Kenntnisse und Erfahrungen, die weisen Sprüche und Warnungen,
-ja die lebendige Geschichte eines Menschenalters, die er auf der
-Zunge herumträgt. +Damiani+ erzählte eine breite Historia von
-einem Mylord, und als ich gelegentlich die Bemerkung einwob, daß im
-Abendlande Manche nicht rauchen, daß hier dagegen das Rauchen den
-Hauptgenuß verschaffe, so erwiederte er: In Jerusalem ist es wieder
-anders; dort schnupfen sie mehr; schon kleine Dingerchen (er deutete
-die Höhe mit der Hand) fangen das Schnupfen an. Es war ein Wunder, daß
-der Herr Sohn nicht immer in unser Gespräch einfiel. Sonst kann er sich
-des Plauderns mitten hinein so wenig enthalten, als hin und wieder eine
-mit seltenen Rednertalenten begabte Jungfer Köchin, wenn man mit dem
-geistlichen Herrn ein paar Worte reden möchte.
-
-Mein Besuch währte länger, als dem Konsularschutze angemessen war, und
-wie ich mich vom Sitze erhob, im Begriffe, zur Thüre hinauszugehen,
-duckte ich mich recht höflich, um nicht an der Wäsche anzustreifen, die
-ich, den Spuren ihrer irdischen Vergänglichkeit zum Trotze, wegen der
-Schönnähtereien bereits angestaunt hatte.
-
-Ich besuchte schon früher den griechischen Konsul. +Der+ ist ganz nach
-europäischem Geschmacke gekleidet, dazu sehr gewandt und gefällig. Die
-abendländische Kleidung flößt dermalen hier zu Lande Achtung ein.
-Der Konsul kredenzte mir Punsch. Ich lächelte über mein gutes Europa,
-dem in manchen Dingen mehr Ehre widerfährt, als es verdient. +Echte+
-Bildung ist dort keineswegs so heimisch, wie man gemeiniglich glaubt.
-Bei Vielen beschränkt sie sich darauf, nach der Mode sich zu kleiden,
-die Komplimente gehörig zu schneiden, die Formeln der Begrüßung und
-Unterhaltung sich geläufig eingetrichtert zu haben, über Konzerte,
-Theater und Dichter ein wenig zu plaudern, wo nicht französisch zu
-sprechen, doch die Kinder oder Verwandten, das Möpschen, einige
-Geräthschaften, Kleidungsstücke, Speisen oder Getränke französisch zu
-nennen, wenn man nicht gerne einen Besuch annimmt, zu Hause zu sagen,
-daß man nicht zu Hause sei, oder auf dem Gipfel der Gesundheit zu
-erklären, daß man sich unwohl befinde, etwa zu einer Zither zu singen,
-niedlich zu spielen und zu tanzen u. dgl. Ich bitt’ um Vergebung. Diese
-~Toilette -- serviteur -- souffleur -- charade -- Jeannette -- nièce
--- joli -- secrétaire -- corsette -- côtelette -- liqueur -- excuse
--- guittare -- dames -- écossaise~ -- Bildung, wenigstens ein sehr
-honnetes Wort, klingt doch allerlieblichst ins Ohr.
-
-Auch die Russen haben einen Konsul, in der Person eines Griechen. An
-den Festtagen wehen die Flaggen der verschiedenen Konsuln ganz zierlich
-über Jaffa, und so stolz, als wären hier die Christen Meister. -- --
-Ich fand die Festtage üb er an diesen Flaggen doch Freude.
-
-
-Vorbereitung zur Abreise.
-
-In Jaffa hatte ich zwei Stunden früher Tag, als die Leute in meiner
-Heimath. Ich saß oft am hellen Morgen mit der Feder am Tische, indeß
-sie im finstern Zimmer -- zweifelsohne schliefen. Ungeachtet dieses
-heitern Glückes wollte ich nicht länger im alten Kanaan weilen; ich
-sehnte mich immer heißer nach -- der Morgennacht meines Vaterlandes.
-
-Es war nun meine Abreise gewiß. Man zimmerte, freilich erzlangsam, mehr
-und mehr sturmbeschädigte Kähne zurecht, um die Befrachtung unseres
-Schiffes zu fördern. O freudige Aussicht für mich, der ich länger denn
-fünf Wochen auf günstige Witterung für die Abfahrt hoffte und harrte.
-Wiewohl in Jaffa, Kaifa, Akre, Said und Beirut achtzehn Schiffe durch
-den letzten Sturm losgerissen oder zerschmettert wurden, so bemächtigte
-sich dennoch meiner nicht die mindeste Bedenklichkeit, dem Winde
-und Wasser mich anzuvertrauen. Mein Hauptmann hatte ja sein Schiff
-gerettet, und wie hätte ich zu ihm nicht Zuversicht fassen sollen. Auch
-rechnet heiße Sehnsucht nicht mit dem Griffel der Aengstlichkeit.
-
-Ohne Zahlung zu leisten, konnte und wollte ich billigerweise nicht
-abreisen. Ich darf versichern, daß die Patres nichts weniger, als
-unfreundlich wurden, so oft sich mein Geldbeutel öffnete. Ich hielt
-für gerathener, kurze Zeit nach meiner Ankunft mich mit denselben zum
-Voraus über Kost und Wohnung förmlich einzuverstehen. Die Zahlung dafür
-war, nach der Versicherung +Damianis+, ziemlich stark; ich habe indeß
-keine Ursache zur Unzufriedenheit. Es mag aber vielleicht befremden,
-daß noch Keiner mit größerer Strenge meine Goldstücke untersuchte und
-erlas, als der Präsident (Pater Superior) +Martin+; fast alle von ihm
-ausgeworfene Stücke brachte ich an, die einen vollzählig, die wenigen
-mit sehr geringem Verlust. Mehr noch stutzte ich, als nach der Räumung
-meiner Zelle, gleich vor der Abreise, der Superior mit dem langfädenen
-Kohlenbarte sogleich spähend in dieselbe trat, vielleicht in Kraft des
-von ihm unter dem 11. Jenner mir ausgestellten Zeugnisses, „daß ich
-musterhaft gelebt habe.“ Ich erwähne solches nicht, um meinem Herzen
-gegen Ordensleute, als solche, Luft zu machen. Ich liefere nachgerade
-den schlagendsten Beweis dadurch, daß ich Alles nachtragen werde, was
-ich von den Patres Rühmliches weiß. Ich setze dabei voraus, daß man
-die Vorurtheile, welche die Spanier in ihrem Vaterlande einsaugen,
-kenne, und daß man Niemanden ein gewisses Mißtrauen gegen die Franken
-im Allgemeinen verübele, weil durchschnittlich lockere Abendländer vom
-Schlage der Glücksritter in Syrien sich herumtummeln. Der Deutsche,
-dessen ich oben gedachte, wurde weit schlimmer behandelt, als ich,
-ob er gleich sich für einen guten Katholiken ausgab, und die Messe
-alle Tage barfuß anhörte. Er bewohnte ein schlechtes Zimmer, welches
-dem Winde und Regen nicht ganz zu wehren vermochte. Seine Bettdecke
-war feucht und schmutzig. Es ist der Welt Brauch, die Leute so zu
-empfangen, wie sie entgegenkommen. Auch reichte man ihm schlechtere
-Nahrung, als mir. Diese Behandlung wirft zwar allerdings im Grunde
-kein vortheilhaftes Licht auf die Patres; allein es erhellt daraus
-doch +das+ Günstige, daß dieselben hier gar keinen Unterschied der
-Glaubensbekenntnisse berücksichtigten. Ueberdies legte man mir seit dem
-oben berührten Strauße nicht das geringste Hinderniß in den Weg. Als
-ich mich, zum Zeichen, daß ich den Sonntag der Christen ehre, gegen
-den Pater Superior äußerte, ich wolle während der Messe mich in die
-Kirche begeben, erwiederte er: Thun Sie, was Sie wollen. Mit dem Frater
-+Emanuel+ lustwandelte ich nach jenem Wortwechsel mehr, als einmal,
-und half ihm für unsere Küche Spargeln suchen, die in der Umgegend
-von Jaffa wild wachsen. Ich kann zum Ueberflusse beifügen, daß die
-Ordensmänner sehr viel Zeit mit Beten hinbringen und, so viel ich
-bemerkte, ein durchaus sittliches, eingezogenes Leben führen.
-
-Den Reisepaß holte ich, ohne ihn unterschreiben zu lassen. Von
-einem Konsulate, das mich nicht schützen konnte, wollte ich keine
-Unterschrift.
-
-Mit dem Schiffshauptmanne war die Uebereinkunft getroffen, daß ich die
-Lebensmittel selbst mir anschaffen müsse. Ich kaufte einen Vorrath
-von Aquavit, Kaffee, Zwieback, Reis, Zucker, Zitronen, Pomeranzen,
-Fleisch, Hühnern und Durra, letzteren zur Fütterung dieser Hausthiere.
-Schon aber im Hospiz aß ich wegen der schmalen Fastenbrocken oft vom
-Zwieback. Weil der Hauptmann auf Einschiffung drang, so übertrug ich
-den Ankauf von Hühnern einem fränkischen Knaben, welchen ich dazu mit
-dem nöthigen Gelde versah. Er kehrte nicht wieder, und ich mußte selber
-zu Markte gehen. Auf dem Rückwege erwischte ich den losen Jungen in
-der lateinisch-maronitischen Schule; meine Piaster waren unter den
-Aermeln verborgen. Fast zu oberst am Kai besitzt die Stadt das einzige
-Schenkhaus, wo man Aquavit, Wein und kalte Speisen bekommen kann.
-
-
-
-
-Nach Rhodos.
-
- Griechische Stille; das Meer raset; Reiseerfahrungen; das herrliche
- Zypern; der Taurus; der Spiegel meiner Reisegefährten; Wolken
- von Weihrauch; der griechische Fasttag war für mich ein Fetttag;
- der griechische Koch; im östlichen Hafen der Kolosser vor Anker
- gegangen.
-
-
-+Dinstags den 12. Jenner 1836.+
-
-Abends beim Einbruche der Nacht kam der Hauptmann +Bagsino+ an Bord.
-Die Schaluppe wurde schnell eingehoben, die Anker gelichtet, die Segel
-ausgespannt -- Alles mit so wenig Kommandiren und Geräusche, daß der
-italienische Lärm einen grellen Gegensatz zu dieser griechischen Stille
-bildete. Heftig brauste der Nordwind.
-
-
-+Den 13.+
-
-Seit vor San Pietro di Nembo das Meer mit mir Schmollis machte, könnte
-ich es dann und wann ordentlich liebherzen. Ich betrachtete die
-rauschenden Wogen als lauter scherzende Kinder, welche nur daseien, um
-den Griesgram des Alters zu verscheuchen. Die Natur meint es gar nicht
-so böse, wie man oft ihr wildes Aeußeres mißdeutet. Uebrigens tobte in
-der Nacht gewaltiger Sturm. Wäre man Rahm gewesen, man würde ohnfehlbar
-bis morgen Butter geworden sein.
-
-Allerdings muß man auch das Reisen lernen. Anfangs war ich gar
-linkisch. Auf der Fahrt von Alexandrien nach Bulak verwahrte ich den
-Reis so schlecht, daß dieser, vielleicht aus langer Weile, zu dem
-darunter liegenden Holze hinabspazierte. Der Kaffee wußte aus dem
-Papiere Auswege zu finden. Auf der Reise von Kairo nach El-Arysch
-sorgte ich so nachlässig für den Zucker, daß ich ihn schaben mußte,
-bevor er zum Gebrauche sich eignete. Der Rhum floß zur Hälfte weg, weil
-ich die Flasche schlecht verstopft hatte. Durch Schaden gewitziget,
-verwahrte ich nun einmal meine Lebensmittel mit besonderer Sorgfalt.
-Ich mußte aber auch darüber wachen, daß nichts davon entwendet werde;
-denn man weiß, daß sich in manchen Menschen die wunderliche Begierde
-regt, mehr zu nehmen, als ihnen gehört. Ich stellte den Mundbedarf in
-meine Nähe. Da langte einmal in der Nacht ein knöpfiger Arm in meinen
-Brotkorb. Ich ergriff und erkannte ihn. Nur +ein+ Reisegefährte, ein
-Maure, trug Aermel mit Knöpfen. Ich wurde gerade zur rechten Zeit
-erinnert, wie ich mich gegen ihn verhalten müsse. Kaum aber war der
-fremde Arm aus dem Brotkorbe entwichen, so wurde dieser von einer Welle
-geneckt, weswegen ich ihn alles Ernstes in die Sicherheit flüchtete.
-
-Das Meer hat mir +Ibrahim+, +Ali+, +Mansur+, +Mustafa+ und all’ die
-Namen der Moslim verrauscht, die ich auf Gassen und Wegen so oft hörte.
-Anders tönt es jetzt in meinen Ohren; im Schiffe gilt es dem +Mitri+
-oder +Dimitri+ (~Demetrius~), +Kiriako+ (~Ciriacus~) u. s. f. Ach,
-beurkundeten christliche Namen nur immer christlichen Sinn.
-
-Mittags wurde mir eine Suppe mit rothem, lebendigem Gewürze vorgesetzt.
-Auf der Reise ißt man, und man murmelt höchstens mit saurer Miene
-einige für den Koch unvortheilhafte Bemerkungen.
-
-
-+Den 14.+
-
-Nie werde ich das herrliche Schauspiel vergessen. Wir lagen auf der
-Höhe der Insel +Zypern+. Hoch streckte der beschneite H. Kreuzberg
-(~monte di Santa Croce~, der Olymp der Alten) sein Haupt empor. Diese
-schweizerische Gebirgswelt wühlte in mir beinahe das Heimweh herauf.
-Den Tag über erfreute mich das beßte Befinden; bloß gestern fühlte ich
-ein wenig Unbehagen im Kopfe wegen der stark bewegten See.
-
-
-+Den 15.+
-
-Ich sah einen Küstenstrich von Karamanien. Veränderlicher Wind und
-Wetter trübten hin und wieder meine gute Laune.
-
-
-+Den 16.+
-
-Wir segelten einem Vorsprunge des Taurusgebirges, dem Kap Chelidonium,
-nahe, und verloren die Küste von Kleinasien nie aus den Augen. Die
-Fahrt ist von nun an mehr derjenigen auf einem Landsee zu vergleichen.
-Schon sind wir von Jaffa gegen den Nordpol vier Grade vorgerückt, und
-man konnte auch wirklich einige klimatische Verschiedenheit wahrnehmen.
-
-
-+Sonntags den 17.+
-
-Wir segelten vorüber an Castelori und andern Ortschaften von
-Natolien. Vor dem nahen, hohen Gebirge der alten Lykier träumte ich
-mich auf einige Stellen des Vierwaldstätter-Sees in der Schweiz, so
-ähnlich war der Ausblick. Die Fahrt gewährt in der That recht viel
-Unterhaltung. Die Umrisse der schweizerischen, wie dieser Berge sind
-mit ausnehmender Kühnheit gezeichnet. Wir bewundern einen solchen Zug
-auch an Kunstwerken, -- wie einen vorhängenden Fels, so den Thurm von
-Pisa. Hingegen sind die Berge um Jerusalem träge Massen, Kegel oder
-Halbkugeln, gleichsam nur gut zum Faulenzen für das Auge.
-
-Ein frischer Wind jagte uns so muthig vorwärts, daß wir schon vor der
-Mitte des Tages im pamphylischen Meere ein Korn, +Rhodos+, erblickten,
-und bis zum Eintritte der Nacht steuerten wir diesem Eilande ziemlich
-nahe. Ein Berg hatte eben einen Wolkenhut auf, als die Sonne unterging.
-
-Ich halte nun einen Augenblick an, um meine Reisegesellschaft zu
-zergliedern. Ein Engländer und ein Grieche, ein Maure und ein Jude, so
-wie ein griechischer, schiffbrüchiger Hauptmann und seine Matrosen, das
-waren meine Reisegefährten.
-
-Der Engländer, ein Geistlicher, besaß einen edeln, gutmüthigen
-Karakter. Ich schätzte mich glücklich, in Jaffa seine Bekanntschaft zu
-machen, wo er bei dem englischen Konsul, einem Morgenländer, einkehrte,
-allein die morgenländische Kräuter- und Hühnerküche nicht besonders
-rühmte. Das Französische sprach er als guter Englishman. Wenn er in
-der fremden Sprache redete, war mit ihm so schwer nachzukommen, als
-mit einer schlechten Tänzerin. Ich erzähle von ihm zwei echt britische
-Züge. Er wanderte durch die Wüste bis in die Nähe von El-Arysch. Jetzt
-vernahm er, daß er der Quarantäne sich unterwerfen müsse. Alsbald
-entschloß er sich zum Rückfluge nach Kairo, um über Alexandrien und
-Beirut nach Jerusalem zu reisen. Ein paar Male des Morgens rief ich
-den Geistlichen, wenn sich ein merkwürdiges Schauspiel darbot. Er
-hatte die Artigkeit, zu antworten, und seine Nichttheilnahme damit
-zu entschuldigen, daß es bei ihm Gesetz sei, in der Frühe so und so
-lange zu lesen oder zu schreiben. Die Gottheit hat dem Menschen ein
-bestimmt abgegrenztes Gebiet angewiesen, worüber er Herr und Meister
-ist. Man frage indessen nicht nach der geographischen Länge und Breite
-desselben; denn es erscheint sehr klein am Maßstabe. Es ist nun gut,
-wenn der Mensch in diesem seinem Gebiete, d. h., sich gewisse Gesetze
-vorschreibt; es ist aber nicht gut, wenn er solche in untergeordneten
-Dingen mit eigensinniger Strenge vollstreckt und so zum Sklaven seiner
-selbst hinabsinkt. Ich sah unsern Reisegenossen nicht sehr oft, weil er
-in das Zimmer des Schiffsherrn und ich in den Schiffsraum eingemiethet
-war. Letzteren Platz hatte ich einzig dem Pater Präsidenten des
-lateinischen Hospizium in Jaffa zu danken, weil er sich mit einem
-ungewöhnlichen Eifer in die Abschließung des Vertrages mischte, und
-jene so sehr beschleunigte, daß es mir an Zeit gebrach, zu fragen, wo
-ich wohl im Schiffe untergebracht würde. Doch, außer der Kehrseite,
-wendete die Sache auch diesmal ihre Lichtseite zu. Ich lernte so dem
-Schiffsraumleben auf den Puls fühlen. Hier liefere ich denn eine
-flüchtige Zeichnung meiner Gefährten im Schiffsraume.
-
-+Demetrius+, aus Chios (Scio) und Handelsmann, hatte eine schöne
-Gesichtsbildung und sprach griechisch, arabisch und türkisch. Seine
-Umgänglichkeit ließ mich wünschen, in einer seiner Sprachen meine
-Gedanken mit ihm auszutauschen.
-
-Der Maure aus Algier, ein Hadschi (Mekkapilger), mit einem gemeinen
-Gesichtsausdrucke, einem langen Barte und einem Turban, ließ keinen
-edlern Zug seiner überaus lockeren Seele durchblicken. Er plauderte zum
-Arabischen das Wenige fränkisch, womit er zwischen +Demetrius+
-und mir kümmerlich den Dolmetscher spielte. Während unserer Fahrt
-von Jaffa nach Rhodos endete der mohammetanische Fastenmonat; allein
-dieser Anhänger des Islam nahm es nicht sehr genau, und er aß manchmal
-Kleinigkeiten bei Tage während der Fastenzeit. In Jaffa verletzten
-auch andere Mohammetaner vor meinen Augen das Fastengebot. Der Hadschi
-trank Wein und Branntewein. Dem Kleinhandel obliegend, kaufte er
-in Jerusalem Rosenkränze, um sie in Konstantinopel zu verkaufen.
-Es ist überhaupt bei den Morgenländern Sitte, die selbst von den
-protestantischen Franken nachgeahmt wurde, mit einem Rosenkranze müßige
-Stunden zu vertreiben, indem sie eine Perle nach der andern von ihrer
-Stelle verschieben. Wenn die Leute des Niederganges bei ihren Besuchen
-nicht selten kaum wissen, welche schickliche Haltung sie ihren Händen
-geben sollen, um so weniger verlegen ist der Morgenländer, welcher
-mit Bequemlichkeit auf dem Diwane hockt, und mit den Händen anständig
-den Rosenkranz durchtändelt. Der Algierer hatte, als französischer
-Unterthan, einen französischen Paß bei sich. Er schien die Franzosen zu
-hassen. In Alexandrien besuchte er seinen alten Fürsten, den Dei.
-
-Der Jude, ein Konstantinopler und Rentner, begleitete seine Frau nach
-Jerusalem, um in der heiligen Gegend mit ihr die Tage des Lebens zu
-beschließen. Sie starb ihm weg, und darum war er auf der Rückreise
-nach Konstantinopel begriffen, um vielleicht für den schmerzlichen
-Verlust der alten Geliebten bei einer jungen -- Trost zu schöpfen.
-Viele Israeliten folgen bekanntlich einem religiösen Berufe, sich
-in der alten Königsstadt anzusiedeln, wenn sie sich bis zu einem
-gewissen Grade von ökonomischer Unabhängigkeit emporgearbeitet haben.
-Der Mann war hochbetagt und grau. Ich gewahrte an ihm keine einzige
-Untugend; nur war er schmutzig und voll Ungeziefer, das selbst seinen
-ehrwürdigen Bart zu einem Parke für die komischen Jagden mit der
-Brille -- auserkohr. Die schönen Gesichtszüge und das ganze Benehmen,
-mit Vorbehalt einiger seltsamen Liebhabereien, gewannen dem Greise
-Zuneigung und Vertrauen. Das Beten verstand er aus dem Fundamente.
-Während des Gebetes konnte er sich die Kaffeeporzion zutheilen
-und andere Arbeiten unter fast krampfhaften Zuckungen der Lippen
-verrichten. Seine Augen strahlten hinauf zu Jehova demüthig aus den
-Lumpen, in die er sich genistet hatte, und aus den, irgendwo mit einem
-Tuchanschrote zugeschnürten Lumpensäcken, die ihn umschanzten. Das
-+Schallah+ (wenn es Gott gefällt, so Gottes Wille) wiederholte er oft
-und kräftig im Flusse der Rede. Von fröhlichem Gemüthe, stimmte unser
-Konstantinopler bisweilen ein Lied oder gar die „~Cara Cascatella~“ an.
-Und siehe, da tanzte er einmal mit seinen krummen, vor Alter unwilligen
-Beinen, mit seinem gebogenen, steifen Rücken und mit seinen Eisschollen
-am Kinne. Man hätte dabei herzlich lachen müssen, wenn man selbst von
-keinem kleineren Unmuthe gebeugt gewesen wäre, als bei +Hans Sachs+ die
-Bäurin wegen der saubern Wirthschaft ihres tölpischen Mannes:
-
- Wie hast du kocht, daß dich Bock schändt,
- Das Fleisch verschütt, das Kraut verbrennt,
- Die Katzn erschlagn, das Kalb ertränkt.
-
-Die Regungen der Freude sind verschieden und groß bei Jung und Alt.
-Tanzte doch +David+ aus allen Kräften und jauchzend, als er die
-Bundeslade holte.
-
-Nachdem ich einige Zeit in Mitte der Mohammetaner gelebt hatte, war die
-Gelegenheit mir recht erwünscht, die griechischen Christen in der Nähe
-ein wenig kennen zu lernen. Morgends und Abends zog der Schiffsjunge
-(Friandol) mit einem brennenden Weihrauchfasse von Mann zu Mann, und an
-dem emporwirbelnden, angenehmen Rauche bekreuzte man sich gar vielmal
-und schnell über einander, unter leisem und kurzem Gebete. Damit der
-Weihrauch ja nicht verfehle, wehte man ihn mit der Hand gegen das
-Gesicht. Der Koch war eine drollige Fettmasse auf Kosten Anderer, und
-ein Muster von kleiner Spitzbüberei. Das Fleisch kochte er gleichsam zu
-dürren Holzfasern aus, damit er die Brühe schlürfen könne. Glücklich
-trat ein griechischer Fasttag ein, da mir doch eine natürliche Suppe
-bereitet ward. Das erste Mal zwackte der Koch mir Reis. Beim zweiten
-Male, als er ein größeres Quantum wollte, erklärte ich ihm, ich kenne
-das Reiskochen zu gut, als daß er mehr benöthige. Wie er dann einsah,
-daß er mich nicht belugsen könne, meinte er: Etwas für die Herren in
-dem Zimmer des Hauptmanns. O nein, antwortete ich. Aber etwas für den
-Koch. Da war es ausgeplappert. Sogar Pappenstiele, wie diese, welche
-beinahe nicht die Tinte werth sind, können ins Innere des Menschen
-zeigen.
-
-
-+Montags den 18. Jenner.+
-
-Erwacht, aufgestanden, und die Stadt +Rhodos+ schwebte im Schleier
-der Morgendämmerung vor den Blicken. Mit Ungeduld wollte ich denselben
-lüften; doch bald entschwand er von selbst, und deutlich erschienen
-die Umrisse der Stadt. Auf eine niedrige Anhöhe gepflanzt, fiel sie
-lieblich ins Auge. Neben dem freudigen Grün der Wiesen, welche die
-Stadt halb umkränzen, streben die düsteren Festungsthürme empor. Wir
-ließen die Quarantäneanstalt, ein schloßartiges Gebäude, rechter Hand,
-und legten im östlichen Hafen an; ein Tannicht von Masten deutete auf
-den westlichen.
-
-Billig konnte ich nicht ans Land steigen -- ohne Ehrfurcht und
-Dankbarkeit gegen die alten Hellenen, welche, der Ruhm des
-Menschengeschlechtes, Denkmäler eines so nützlichen und edeln Daseins
-aufrichteten; hier insbesondere pries ich die Kolosser.
-
-
-Rhodos.
-
-
-Lage, Himmel, Volkszahl.
-
-Diese einst der Sonne geweihte Insel der Rosen, nach Kandia die größte
-des griechischen Archipels und die berühmteste der Sporaden, erstreckt
-sich von Nordwest nach Südost in die Länge, und erhebt den Atabyris
-(Artamit) zum höchsten Berge. Die Fruchtbarkeit des Eilandes auf dem
-glücklichen Erdstriche sucht Ihresgleichen. Der Himmel in Syrakus
-und Rhodos, rühmte schon +Plinius+, wird nie so bewölkt, daß die
-Sonne nicht an einer Stunde des Tages herabblicke. In die Sommerhitze
-fächeln unermüdliche Winde angenehme Kühlung, und milde fließt der
-Winter dahin. Der gegenwärtige aber war ein wenig strenger: selbst das
-Wasser wurde von Eis überschossen, was freilich mit außerordentlicher
-Seltenheit sich ereignet. Jedoch begrüßten mich auf einem Spaziergange
-im Freien die Auen im schweizerischen Maiengewande. In Jaffa, wo zwar
-die Blöker auch in der kältesten Zeit graseten, ward das Grün durch den
-Frost ein wenig erschreckt und bleich. Hier, vier Grade weiter gegen
-Norden, scheint es minder gelitten zu haben.
-
-Die Bewohner des Eilandes theilen sich, wie der Sohn des
-österreichischen Konsuls in Rhodos, des Herrn +Josef Anton Giulianich+,
-mir bezeugte, in beiläufig 26,000 Griechen, 11,000 Türken und 2000
-Juden. Gering sind an der Zahl die Lateiner, noch viel geringer die
-Protestanten. Man darf gar nicht zweifeln, daß die Insel eine weit
-größere Bevölkerung ertragen würde, wäre der Boden besser angebaut.
-Sie wird von einem türkischen Pascha regiert. Griechen beklagen den
-jetzigen als einen Wütherich.
-
-
-Die Stadt Rhodos.
-
-Kaum war ich angelandet, als ich einen Scioten traf, der mir in einem
-Athem seine Schicksale, seine Leiden schilderte. Leidensgefährten
-leihen einander gerne das Ohr. Er erzählte, daß er, den 5. Christmonat
-des vergangenen Jahres von Beirut abgereist, wegen der entsetzlichen
-Stürme erst vor acht Tagen hier anlangte. So schlimm diese Nachricht
-an und für sich lautete, so sehr durfte ich nun froh sein, daß ich
-über das böse Wetter in Jaffa verblieb. Ich war doch auf festem Boden
-und unter trockenem Obdache, und, wenn man so sagen will, auch bei
-trockenen Mönchen.
-
-Rhodos sprach mich sogleich freundlich an. Ich brachte Gott meinen Dank
-dar, daß ich den häßlichen Städten Palästinens entronnen war. Die Stadt
-nebst den einen Büchsenschuß abliegenden, städtisch gebauten Dörfern
-ist von nicht ganz unbedeutender Größe, und steht dem Umfange nach dem
-schweizerischen St. Gallen nicht nach.
-
-Die Häuser, mit meistens platten Dächern, sind ziemlich hoch, ihre
-Mauern gerade, davon manche mit Kalk übertüncht. Die Vorderseite vieler
-Wohnungen, gleich über den Pforten, schmücken die Wappen der alten
-Johanniter. Man freut sich hier ordentlich wieder der Glasfenster,
-von denen Wohnlichkeit entgegenglänzt. Die Kamine ragen als kleine
-Thürmchen hinauf, die eine Pyramidenspitze und auf dieser etwas
-Spießartiges tragen. Mehr, als neun runde, dünne Moscheethürme steigen
-empor, und, Abends beleuchtet, goßen sie goldene Säulen über den
-schwarzen Wasserspiegel des Hafens bis zum -- vergangenen Riesenbilde.
-
- +Anmerkung.+ Bekanntlich soll als eines von den sieben Wundern
- der alten Welt eine eherne Riesensäule des +Helios Phöbus+ am
- Eingange des Hafens gestanden und als Leuchtthurm gedient haben.
- Dieser Koloß, woher die Rhodier Kolosser genannt wurden, war
- nach +Plinius+ siebenzig, nach Andern achtzig Ellen hoch; allein
- sechsundfünfzig Jahre nach der Aufstellung des Riesen stürzte der
- Stolz menschlicher Unternehmungen durch ein Erdbeben zusammen. So
- baut der Mensch mit Zuversicht in die Gegenwart, damit die Nachwelt
- staune, doch weniger über seine größten Werke, als vielmehr über
- das Wunder, womit eine andere Hand, als die seinige die Zukunft
- leitet. Noch die Trümmer wurden bewundert. Wenige vermochten den
- Daumen des Riesenbildes mit den Armen zu umspannen. Die Trümmer
- blieben bis zum Jahre 656 n. Chr., da sie an einen jüdischen
- Handelsmann verkauft wurden, welcher damit neunhundert Kameele
- belud.
-
-Die Gassen sind enge und krumm. Ueber denselben wölbt sich an manchen
-Stellen von einer Häuserreihe zur andern eine schmale Bogenbrücke, jene
-zu verbinden, und so eher den Schaden der Erdbeben zu verhüten, die,
-wie sie in den alten Zeiten, z. B. beim Sturze der Riesensäule, ihre
-Stärke durch Verheerungen ankündigten, so bis auf den heutigen Tag von
-den Rhodiern gefürchtet werden.
-
-Der Kai ergötzte mich mit seinem feinen Straßenpflaster, das überhaupt
-in der Stadt sehr schön ist, selbst mit seinen wohlgemeinten Zierereien
-nicht überall in den Hauptstädten Europens Nebenbuhler findet. Es
-drängt sich das schneidende Gegentheil auf: In Syrien die elendesten
-Gassen, in Rhodos reine und zierliche. Die Pflaster sind wohl eine der
-Hauptzierden und ein Ehrenpunkt bei den Rhodiern. Man betritt sogar
-hübsch gepflasterte Landwege. Man hat Ursache, das Lob, das +Salomo
-Schweigger+ vor drittehalb Jahrhunderten dem Pflaster spendete,
-vollkommen zu bestätigen. Die Bassar sind schön, gewiß schöner, als
-viele der unsrigen, aber nicht sehr belebt. In einigen Gassen frohlockt
-als ein Siegeszeichen der Christenfeinde eine Gruppe sehr großer
-Steinkugeln, die von den türkischen Erobern hereingeschleudert worden.
-
-Die Stadt wird von einer mehrfachen Mauer und einem doppelten
-Wallgraben umzingelt. An den sehr starken Thoren, wie an andern Theilen
-des Festungswerkes, sind die Spuren der alten christlichen Machthaber,
-der Johanniter-Ritter, noch nicht ausgelöscht. So erblickt man über den
-Thoren Kreuze, welche den Verehrern des Halbmondes wenig Anstößiges
-darzubieten schienen. Wie bald würden manche Christen Mond und Sterne
-zerstören, sobald sie ein Mond- und Sternland unter ihre Botmäßigkeit
-gebracht hätten. Ich sah über einem Thore, selbst in halb erhabener
-Arbeit, das Bild eines Mannes, wenn ich nicht irre, des Apostels
-+Paulus+. Ich verwunderte mich um so lebhafter darüber, als bekanntlich
-sonst der Islam die Erzeugnisse der bildenden Künste nicht duldet.
-
-In und bei der Stadt bewegen sich mehrere Windmühlen; eine neben einer
-großen, in den Felsen geteuften uralten Zisterne.
-
-
-Das Leichenfeld.
-
-Rings um die Stadt von Meer zu Meer streicht der Leichenacker. Den
-Leichen räumen die Mohammetaner ungemein viel Feld ein, weil sie
-ungerne ein altes Grab ruhestörerisch aufzubrechen scheinen. Das
-steppenartige Weichbild bewirkt daher wegen der vielen Steine einen
-unangenehmen Eindruck. Es würde dieser allenfalls leidlich gemildert,
-wenn die Grabsteine, wie die Gebäude, zu Rathe gehalten und vom
-Zerfalle gerettet würden; allein deswillen ladet man keine Sorge sich
-auf. Der eine Leichenstein steht gerade aufrecht und schön erhalten
-mit einem wohlausgehauenen und hohen Turbane, der andere ist halb,
-der dritte ganz umgestürzt, ein vierter zertrümmert, und zwischen
-den in frommer Erinnerung an die Verstorbenen gesetzten Zeichen
-lockt wucherndes Gras das Vieh zur Weidung daher. Soll in der wilden
-Zerfallenheit der Grabmäler etwa das Sinnbild sich abspiegeln, daß eben
-noch hinfälliger und vergänglicher die Hülle des Menschen sei, als
-der fallende und zerbrechliche Stein? Eine solche Betrachtung dürfte
-indessen über dem Gesichtskreise des gemeinen Muselmannes hinausliegen.
-Auch die Kinder, mehr oder minder der Wiederhall der Erwachsenen,
-beweisen, wie wenig man sich um die Leichensteine bekümmere. Zwei Buben
-warfen nach einem Ziele, und dieses war ein Turban auf dem Grabe. Es
-wäre schade, wenn die Menschen nicht stürben; sonst könnten die Rosse
-nicht nach Lust in den Todtenkammern zu Alexandrien ein Freudenlied
-wiehern, noch die Rhodier-Buben die Turbane der Gräber zur Zielscheibe
-der Vergnügungen nehmen.
-
-Im Uebrigen wird in Rhodos für die Stiftung von Grabmälern weit
-mehr gethan, als in Jaffa, von dessen Leichenacker man das Auge am
-liebsten wegwendet, weil es darin vergebens sich erbauen würde; in
-Joppe sogar zerschneidet die Grabhügel ein Weg, als ein gepflasterter
-da, wo Denksteine mit Füßen getreten werden. In Rhodos gibt es auch,
-mitten im großen Leichenfelde, mehrere kleinere Leichenhöfe, in deren
-Einfangsmauer an der Außenseite dreieckige Ziegelbröckchen eingesprengt
-sind.
-
-Das heilige Feld (~Campo Santo~) erhält das Andenken der einst für den
-Schiffsbau im Dienste des Großherrn gestandenen Schweden.
-
-
-Die Bewohner; das lateinische Hospiz; ein Knabenspiel; große Hähne.
-
-Die Bewohner zeichnen sich durch Schönheit aus. Ich begegnete
-auffallend hübschen Frauenzimmern. Die Griechinnen verschleierten sich
-vor mir nicht; sie sollen sich jedoch vor dem Mohammetaner verhüllen.
-Es mag ersprießlich sein, daß die Schwärmerei den Gesichtsschleier
-befängt. Hinwieder sind die Türkinnen um kein Haar besser. Ich ging
-durch eine Gasse, worin mohammetanische Weiber einen kleinen Kreis,
-wie es schien, zu Disputirübungen bildeten; ein großer Knabe daneben
-ergriff ängstlich und lärmend sogleich den Schleier eines Weibes, um
-dessen Gesicht vor mir zu verbergen. Ich brach in Lachen aus, und
-kehrte den närrischen Leuten den Rücken. In der höflichern Manier ist
-der Rücken der abendländische Schleier des Gesichtes.
-
-Nunmehr in dem Lande, wo der Sultan unmittelbarer herrscht,
-durchmusterte ich mit Verwunderung die Kleidung des Militärs. Sieht man
-einen Theil desselben, so glaubt man sich kaum mehr unter den Türken.
-Auch gibt es, außer den Kriegsleuten, nicht wenig fränkisch gekleidete
-Personen, und da ich in Syrien von den Weltneuigkeiten beinahe ganz
-abgeschieden war, so lebte ich gleichsam neu auf, als ich wieder so
-Manches erfuhr; denn Rhodos zählt immer eine beträchtliche Anzahl
-Schiffe in seinen Häfen, weil es die Straße von Konstantinopel und
-Smyrna nach Alexandrien und aufwärts nach der ganzen Küste bis hin zu
-dem gegenüber Himmel und Meer trennenden Streifen Natoliens berührt,
-und weil viele Schiffe vor der Insel sich mit frischem Mundvorrathe
-versehen, letzteres um so gewisser, als die Lebensmittel in sehr
-billigem Preise stehen. Ich bekam für zwei Kreuzer so viel Pomeranzen,
-daß ich geflissentlich kleinere auslas, um sie in den Taschen bequem
-tragen zu können. Eine kleine Maß (Ocke) vortrefflicher Wein kostet
-sechs Kreuzer R. W. Leute, wie die Bewohner dieses Landes, die sich
-besser ausfinden, wissen ihn noch um die Hälfte wohlfeiler zu kaufen.
-Eine Ocke Honig kostet sechszig bis achtzig Para (12 bis 16 Kreuzer).
-Nur das Brot ist theuer und schlecht; denn der Pascha, welcher sich
-mit Alleinhandel befaßt, zog die Bäckereien an sich. Sollte man etwa
-bedauern, daß nicht auch die höhern und edlern Güter des Menschen in
-den Bereich des Handels, des Alleinhandels fallen? Gewaltige der Erde
-fänden doch eine viel mächtigere Quelle zu Vermehrung ihrer Schätze,
-und ohne Widerrede wäre es für einzelne Begüterte ein herrlicher
-Gewinn, wenn sie auf dem Ruhepolster das, worüber sie noch nicht
-verfügten, nämlich einen hellern Verstand und ein lautereres Gemüth,
-durch Geld sich aneignen könnten.
-
-Die Konsuln wohnen in einem griechischen Dorfe gegen West außerhalb der
-Stadt. In demselben besitzen die Lateiner auch ein Hospiz, welches von
-zwei Patres bedient wird. Die lateinische Gemeinde ist etwa 120 Seelen
-stark. Der eine Pater, ein gar freundlicher und gefälliger Mann, zeigte
-mir in der Kirche ein Frauenbild von gehauenem und gemaltem Marmor,
-welches sehr alt sein soll. Der Pater erzählte: In einem Grundstücke
-des Eilandes ward von einem Sklaven umgegraben. Da vernahm dieser eine
-Stimme: „Laß mich gehen.“ Als er tiefer drang, stieß er auf etwas
-Hartes, und siehe, es war ein Frauenbild, ein sehr wunderthätiges
-(~molto miracolosa~).
-
-Griechische Knaben belustigten sich, indem sie unter scherzenden
-Bewegungen über den Weg sangen, und türkische --, indem sie spielten.
-Diese übten sich in einem Spiele, welches einem in der Schweiz unter
-verschiedenen Namen bekannten durchaus ähnelt. Ein Knabe stellt sich
-vorne, der andere hinten. Der vordere setzt ein Pflöckchen vor eine
-Grube, in welche er ein kleines Stäbchen steckt. Treibt er dieses nach
-vornen und aufwärts, so fliegt das von ihm getroffene Pflöckchen gegen
-den hintern Knaben. Wenn der letztere mit der Hand das noch fliegende
-Pflöckchen erhaschen kann, so ist der vordere besiegt, und beide
-wechseln ihre Rollen; wo nicht, so wirft der hintere nach der Grube.
-Bleibt das Pflöckchen in einer gewissen Nähe von derselben liegen, so
-ist es Gewinn; kommt es nicht nahe genug, so schlägt der vordere Knabe
-mit einem Stäbchen darauf, damit es aufhüpfe, und damit er es sodann
-im Fluge -- fortschlage. Fliegt das Pflöckchen jetzt nur so weit, daß
-der hintere Knabe die Grube von jenem an erspringen kann, so ist er
-verloren, sonst aber nicht. Gleichermaßen darf der vordere Knabe nur
-bestimmte Male auf das Pflöckchen schlagen, um es flügge zu machen.
-Schlägt er diese Male erfolglos, so ist er überwunden. Ich möchte den
-Alterthumsforscher mit nichten tadeln, wenn er sogar Staub und Moder
-ausbeutet; er darf aber auch mir nicht verargen, wenn ich in manchen
-Kinderspielen nichts minder, als Kinderspiele für den Freund der alten
-Welt erblicke. Ueberlieferungen von Munde zu Munde können sich so rein
-bewahren, als Ueberbleibsel von Werken der Menschenhand.
-
-Es würde der, im Vergleiche selbst mit palästinischen, auffallend
-großen Hähne keine Erwähnung geschehen, wenn nicht schon die Alten die
-großen und streithaften Hähne von Rhodos gepriesen hätten.
-
-
-Der Abend im Schiffsraume.
-
-Man führte mich in ein jüdisches Haus, wo ein ausnehmend guter Wein
-ausgeschenkt werde. Ich kaufte einen großen Krug mit herrlichem rothen
-Rhodier.
-
-Der Rhodier-Wein, zu meinen Füßen gestellt, schwänkt mir den Zwieback.
-Der Krug mahnt mich an die Weinkrüge, welche untreue Weiber oder
-Mägde in irgend einen Winkel verbergen, um daraus gelegentlich Muth
-zu Verblendung der Männer oder Meister zu schöpfen. Ich sitze auf
-Wrack, einer niedrigen Windenscheibe, die mit einem großen Damenbrete
-ausgemalt war. Unter mir breitet sich ein Strohteppich aus, neben mir
-das Bett mit einer Pomeranze darauf, damit sie den Wein mir kühle,
--- dann meine Habseligkeiten, vor allen der Spender des Segens, der
-Brotkorb. Gegenüber lagert der unsäuberliche Jude mit einem Graubarte,
-der schmutzig auf die Brust herunterkräuselt. Nahe über ihm steht eine
-Katze, deren Augen von der Begierde nach Beute glänzen. Würde der
-lauernde Vierfüßer ein wenig abwärts gerückt sein, -- der Judenkopf
-wäre das segelnde Schiff unter der ehernen Riesensäule der -- Katze
-gewesen. Der Mann des Hebrons schläft fest und schnarcht, daß die
-Nasenflügel zittern wie Espenlaub. Vielleicht hörte das hebräische
-Schnarchen selbst der Maure, welcher, voll Freude über das eingetretene
-mohammetanische Jubelfest (das große Beiram), in der Stadt sich gütlich
-that, und einmal eine ganze Nacht im Kaffeehause zubrachte. So hängt
-man gemeinhin an die Fasten ein Gegengewicht: Man enthält sich kürzer
-oder länger, mehr oder minder der Speisen und Getränke, man sammelt die
-Eßlust, und man leert nach der Hand um so leckerer größere Schüsseln
-und Becher. Bloß drei Fuß über der Schiffsladung von Sesam hängt vom
-Verdecke ein Laternchen herunter, welches die Höhle erleuchtet.
-
-All’ diese Armseligkeiten betrachtend, bin ich doch zufrieden, und
-nun blicke ich durch die Oeffnung des Verdeckes gen Himmel zu Gott
-empor, dem ich mit gerührter Seele meinen Dank für die goldene Gabe der
-Gesundheit darbringe. Sie war mehrmals auf der Neige, und ich lernte
-sie schätzen, die mich von so manchem Joche befreite; unbesorgt genieße
-ich jetzt die frische Luft der Nacht, die grünen Früchte des Südens und
-seine glühenden Weine.
-
-
-Spaziergang gegen Trianda.
-
-Mich gelüstete, eine griechische Dorfschaft in einiger Entfernung von
-der Stadt zu besehen. Ich erstieg zuerst den Hügel gleich über Rhodos;
-der Weg durchstach einmal einen Felsen. Jener soll heute +Smiths+ Höhe
-heißen, weil der englische Admiral +Sidney Smith+ auf demselben wohnte,
-ehe seine Flotte nach Egypten absegelte. Auf der Höhe eröffnet sich die
-köstliche Aussicht über die Stadt und einen Theil der Insel, auf andere
-Eiländer und an die Küste des alten Karien. Von den schneebedeckten,
-kühn in den blauen Aether tauchenden Ausläufern des Taurus schwang sich
-mein Gedanke beinahe unwillkührlich in die Gegend des Bodensees; denn
-das Meer, in engen Schranken zwischen Kleinasien und den Eiländern,
-glich einem See. Ich ging sofort eine Strecke weit auf dem Scheitel
-des Hügels, und lenkte dann rechts hinunter zum Meeresstrande, wo mir
-mehrere Marktleute mit Eseln und Maulthieren begegneten; Kameele traf
-ich nicht. Vor dem Siechenhause (~casa dei leprosi~) saßen einige
-Menschen, die bettelnd ihre Hand schüsselförmig hervorstreckten;
-eben ruhte auf ihren Gesichtern die erwärmende Sonne, von dem kalten
-Nordwinde sich erholend. Eine starke Stunde im Westen von Rhodos liegt
-eine sehr weitläufig gebaute Dorfschaft mit fest gemauerten Häusern,
-die in Höfe eingesperrt sind. Eine Menge Oelbäume trägt dazu bei, daß
-die Häuser noch mehr in der Verborgenheit erscheinen. Die alte Stadt
-Rhodos soll in der bedeutenden Länge vom Vorgebirge Bovo, dem gleich
-nördlich die neue Stadt Rhodos sich anschließt, die nach Trianda sich
-ausgedehnt haben.
-
-Die Männer auf dem Lande waren mit einem Turbane bedeckt. Die meisten
-von denjenigen, welche an mir vorübergingen, hatten eine wilde,
-unfreundliche Miene. Ein Mann, der viele Jahre auf der Insel verlebte,
-versicherte mich, daß die rhodischen Griechen durchaus wackere Leute
-seien, und daß man unter ihnen völlig sicher reise, bei Tag und Nacht,
-über Berg und Thal. Nach dem Aeussern würde ich in der That ein
-ungünstiges Urtheil gefällt haben. Damit nicht dem Irrthume der Fang
-gelinge, soll Niemand verkündigen, daß er Fische gefangen habe, sobald
-er die Schwere des Netzes in der Tiefe des trüben Wassers verspürt,
-sondern erst dann, wenn er die Fische fühlt oder sieht.
-
-Auf dem Rückwege, immer am Meere vorbei, hörte ich, seit ich Triest
-verlassen habe, wieder zum ersten Male einen Brunnen plätschern, zum
-ersten Male sah ich wieder den lautern Wasserstrahl mit den Perlen
-scherzen. Man nennt die Insel sehr reich an Brunnquellen, welche auf
-wohlthätige Weise in der wolkenlosen oder wolkenarmen Jahreszeit die
-Stelle des Regens übernehmen, um, durch die Hand des berechnenden
-Landmannes geleitet, das Feld zu berieseln und zu befruchten.
-
-
-Nach Konstantinopel, Triest und heim.
-
-Wir gingen am 20. Jenner schon unter Segel; allein ein heftiger
-Gegenwind jagte uns gegen die nun öden Feuerschlünde zurück, die zu
-Ehren des Beiram so laut gedonnert haben, er verbannte uns in den
-Hafen von Rhodos. Ich benützte diesmal die Zeit, meinen Reisepaß bei
-dem österreichischen Konsul, Herrn +Giulianich+, unterschreiben zu
-lassen. Die Hausfrau ist eine Deutsche, und mit einem innigen Vergnügen
-sprach ich wieder einmal mit deutscher Zunge. Die freundliche Aufnahme
-im Schoße einer europäisch gebildeten Familie erquickte mich wie ein
-Frühlingslüftchen.
-
-Die Rückreise über Konstantinopel werde ich nicht ausführlich
-schildern. Die Sehnsucht nach dem Abendlande, wirkliche Reisesattheit,
-ungewöhnlich ungünstige Umstände machten mich nachlässiger im
-Beobachten und im Aufzeichnen des Beobachteten, obschon ich mein
-Tagebuch fortsetzte.
-
-Am 24. Jenner steuerten wir endlich von Rhodos weg. Links erhoben
-sich die Sporaden, rechts bald das Vorgebirge Krio (Knidus der Alten)
-und linker Hand vorwärts die Insel +Kos+. Mit ehrfurchtsvollen
-Erinnerungen heftete ich auf dieselbe meinen Blick; denn Kos ist
-das Geburtsland von +Hippokrates+. An der Morgenseite spielte das
-Halbgrün der Weiden bis an den Gipfel des Berges in der Sonne,
-welche von Karien lieblich herüberleuchtete. Wie vor Jahrtausenden
-kreiset noch die gleiche Sonne, noch umschweben das gleiche Land die
-Lüfte, noch bespülen das gleiche die Fluthen des Meeres, ach, muß
-es denn unabänderlicher Wille sein, daß der gleiche Sterbliche dort
-nicht umherwandle, und lehre, wie Andere, gleich ihm, die Krone der
-Unsterblichkeit verdienen? Der Theil der Morgenseite, welcher, gegen
-Mitternacht, völlig in die Nähe trat, war unbewohnt. Als wir umbogen,
-kam die Stadt +Kos+ zum Vorscheine, großartig in der Schminke der
-Ferne. Die Thürme trugen sich schlank über den Moscheedom, und die
-vielen weißen Landhäuser verliehen dem schönen Landschaftsbilde einen
-besondern Reiz. Nahe der Stadt belebten die Küste mehrere Windmühlen,
-auf welche das Schloß Putrun (das alte Halikarnaß) von Kleinasien
-herabschaute. Eben trieb ein Kahn die Meerstraße querein, schief in
-den Wind, gegen Kos. Ich beneidete die Leute in dem Fahrzeuge, in
-das ich hätte hinüberhüpfen mögen, um in die gefeierte Stadt der
-Aerzte zu wallfahrten; ich zürnte dem Winde, vor dem unsere Segel so
-bereitwillig sich blähten, damit mein Auge an dem Lande der Koer um so
-minder sich weiden könne. Es ist wohl verzeihlich, wenn ein Arzt, vor
-der Insel Kos vom Strome seiner Gefühle hingerissen, die Fesseln der
-Kürze in der Beschreibung ausnahmsweise abwirft.
-
-Wir segelten vorüber an den Inseln Kalmino (Kalymna), Leros und
-Pathmos, Samos und Ikaria (Nikarie) nach Tschesme, wo ich mich mit
-dem Hauptmanne +Bagsîno+ über die Mitfahrt nach Konstantinopel
-verständigte. Chios lag herrlich vor den Blicken und nahe; ringsum
-Ionier-Land. In Tschesme wechselte ich ein freundlich Wort mit dem
-wackern österreichischen Konsul. Ipsara, Metelino, (das alte Lesbos);
-das sigrische Vorgebirge doublirt; Blitz und Donner begleitete den
-Regen auf dem ägäischen Meere vor +Tenedos+ (Bogdscha), gegenüber
-von Troas. Ich setzte meinen Fuß auf den Boden dieses Eilandes. Der
-thrazische Chersonesus gewährte wieder den ersten Anblick Europens;
-die Dardanellen (Hellespont), ihre Schlösser; die Flüsse Simois und
-Rhodius; Abydos und Gallipolis; wir ankerten vor dem asiatischen
-Dorfe Kamares, dem Lande der Mysier; dann schwamm unser Fahrzeug im
-Marmarameere (Propontis) an der Marmarainsel (Prokonnesus) vorüber.
-Donnerstags den 4. Hornung Morgens liefen wir beim Mondesscheine in
-den Bospor und, vorbei an Skutari, mit Tagesanbruch in den Hafen von
-+Konstantinopel+ (Stambul). +Einzig war das Schauspiel.+ In der großen
-Kaiserstadt, welche meine nicht geringen Erwartungen sogar überbot,
-weilte ich bis zum 17. Hornung. Auf dem Dampfschiffe reiste ich ab;
-der Olympus thronte vor den Augen; es entzückte mich die Fahrt längs
-des trojischen Feldes, vor dem Kap Baba (~promontorium Lectum~),
-neben dem Ida, zwischen Lesbos und Äolien; und deutlich sah ich die
-Stadt Metelino (Mitylene). Spät Abends den 18. Hornung erreichten wir
-den Hafen von Smyrna (Ismir). Mich durchströmte die seltene Freude,
-einen Landsmann, Herrn +Sturzenegger+ von Trogen, so wie früher
-in Konstantinopel einen andern Schweizer-Bürger, Herrn +Morelli+,
-Handelsmann aus Bern, zu treffen.
-
-Am 23. Hornung reisete ich am Bord der Brigg Macacco, Kapitän
-+Radonicich+, mit dem Sohne des österreichischen Konsuls in Rhodos
-von Smyrna ab. Das Ankertau hielt uns später im Meerbusen, dessen
-Hafen wir verlassen haben; wir fuhren durch die Seestraße von Chios;
-zwischen den Inseln Tino (Tenos) und Mykone, zwischen Syra (Syros) und
-Delos, zwischen Paros und Thermia (Cythnus), zwischen Serfo (Seriphus)
-und Sifanto (Siphnus); ein Sturm zwang uns zurück gegen Hydrea vor
-Argolis; vorwärts segelten wir dann gegen Cerigo -- rechts das Gebiet
-der alten Spartaner, links die Cykladen -- und vorüber am Kap St.
-Angelo (Vorgebirge Malea der alten Lakedemonier). Statt die Meerenge
-nach der Bucht von Kolokythia (~Laconicus sinus~) zwischen Lakonien und
-dem englischen Cerigo (Cythera) zu wählen, umsteuerten wir diese Insel;
-dort das Kap Matapan (tänarische Vorgebirge) und das Mainagebirge
-(Taygetus); die Küste von Messene (Navarin sehr deutlich); weiter
-Zante, Cephalonia, Santa Maura, Antipaxos und Paxos; durch die Straße
-der Insel Korfu und nahe der freundlichen Stadt gleichen Namens; zum
-letzten Male erblickte ich einen Moscheethurm im Epirus; wegen eines
-stürmischen Windes warfen wir die Anker aus im Hafen von Arcangelo der
-Dalmazier.
-
-Dinstags den 15. Merz langte ich mit einem Herzen voll Wonne zu Triest
-an. Schon waren die Bäume auf dem Felde mit ihrem Blüthenstrauße
-geschmückt. Der jugendliche Lenz erwies mir die Gefälligkeit, das
-harte, +vierzigtägige+ Gefängniß im Theresienlazarethe wenigstens
-einigermaßen zu lindern. Unbeschreibliche Freude athmete meine Brust,
-als ich mit dem neubesiegelten Freibriefe am 23. April aus der
-Quarantäneanstalt trat. Ich berührte einige Städte Oberitaliens, in
-denen die indische Cholera wüthete; in Tirol, +von Meran bis Mals
-ging ich zu Fuß+; am 1. und 2. Mai +fuhr ich über Schnee+, selbst am
-3. noch im Schlitten, und am 4. schüttelte ich, im vollen Besitze der
-Gesundheit, zu Hause die Hand der Meinigen.
-
-
-Anleitung zu der Pilgerfahrt nach Jerusalem.
-
-Es würden vielleicht mehr Abendländer nach Palästina pilgern, wenn
-ihnen eine umfassende Anleitung zur Reise bekannt wäre. Ich will
-trachten, dieselbe so zu geben, daß ich eine Antwort auf Fragen über
-wesentliche Dinge nicht schuldig bleibe.
-
-+Was für polizeiliche Schriften werden erfordert?+ Um in der Türkei, in
-Syrien und Egypten zu reisen, bedarf man keines Passes der herrschenden
-Landesbehörde. Ein +Reisepaß+ aus der Heimath genügt, sofern er von
-der Gesandtschaft desjenigen Staates beglaubigt ist, durch den man zu
-wandern vorhat. In der Türkei, in Syrien und Egypten wendet der Pilgrim
-sich an den Konsul, unter dessen Schutz er sich stellen will.
-
-+Wie versieht man sich am beßten in Beziehung auf die
-Geldangelegenheiten?+ Außer dem Reisescheine ist denn freilich der Nerv
-der Unternehmungen nöthig. Den Vorzug verdient ein Kreditschreiben
-oder auch, an dessen Statt, mehrere Wechsel an Handelshäuser der
-Hauptstädte, durch die man reiset. Es wäre aus einleuchtenden Gründen
-unrathsam, viel Geld mitzuschleppen. Bis an den Ort, wo man sich
-einschifft, weiß ein Jeder den Kurs des Geldes. Hier aber räth am
-beßten das Handelshaus, an welches man addressirt ist. Zu meiner Zeit
-kursirten in der Türkei, in Syrien und Egypten z. B. die levantischen
-Thaler (~tallero~, österreichische Münze am Werthe von beiläufig 2
-Gl. 24 Kr. R. W.). Auch Goldmünzen gehen, als: die österreichischen
-und holländischen Dukaten, die venezianische Zechine. Das ist
-zuverlässig. Für Syrien nehme man bares Geld mit sich wegen der wenig
-häufigen Geldgeschäfte mit diesem Lande und wegen vorauszusehender
-Unannehmlichkeiten oder Schwierigkeiten, welche ein an ein syrisches
-Haus addressirtes Kreditschreiben oder Wechsel verursachen könnte.
-Bezieht man in Alexandrien oder sonst wo egyptische Münze, so läuft sie
-in Syrien; von Konstantinopel gehen dort wenigstens die Silbermünzen,
-z. B. die Beschlik (Fünfpiasterstücke). Faßt man die Sache fest und
-klar auf, so wird man nicht leicht in Geldverlegenheit gerathen. Ich,
-für meinen Theil, wählte am liebsten Goldmünzen, und verwahrte sie in
-einem Papiere so, daß sie weder bemerkt, noch bei einiger Vorsicht
-verloren werden konnten, noch auch im mindesten mich belästigten.
-
-+Mit welcher Sprache kommt man am beßten aus?+ Ich wiederhole, daß die
-italienische schon seit Jahrhunderten die herrschende unter den Franken
-im Morgenlande ist.
-
-+Welches ist der kürzeste und beßte Weg nach Jerusalem und wieder nach
-Hause zurück?+ Ich rathe, zuerst nach Marseille, Livorno oder Triest
-zu reisen. Letzterer Hafen dürfte der beachtenswertheste sein, weil
-die Gelegenheiten zur Abfahrt sich häufiger darbieten, wenigstens
-öfter, als in demjenigen von Livorno[12]. In Triest kann man manchmal
-schon am Tage der Ankunft auf einem Segelschiffe abreisen, und selten
-muß man nur eine Woche lang auf ein solches warten. Der gerade Weg
-führte allerdings nach Jaffa; allein hieher findet man, meines
-Wissens, keine, nach Beirut selten eine Gelegenheit, welche übrigens
-schon deswillen vorzüglicher wäre, weil man eine Quarantäne ersparen
-würde. Von Beirut nach Jaffa und umgekehrt sind in der regenfreien
-Zeit, nach Versicherung des Konsuls +Damiani+, die Gelegenheiten,
-wenigstens auf arabischen Fahrzeugen, häufig. Sonst schiffe man sich
-nach Alexandrien in Egypten ein. Es mag auch dem Umstande, daß man
-meist nur auf Umwegen zum Ziele gelangt, der seltene Besuch Jerusalems
-durch die Abendländer zugeschrieben werden. +Der römische Hof+, in
-manchen andern Dingen doch wohl über das Maß eifrig, +thut nichts oder
-wenig zu stärkerer Bevölkerung der Hospizien im verheißenen Lande
-und zu Belebung der Wallfahrt nach dem wichtigsten Wallfahrtsorte+,
-und sie könnte nur so leicht, zum mindesten alle Jahre einmal, auf
-eigene Rechnung ein Dampfschiff nach Jaffa ausrüsten, nachdem die
-Gläubigen vom Orte und von der Zeit der Abreise gehörig in Kenntniß
-gesetzt worden wären. Oder warum sorgt in unserm unternehmenden
-Zeitalter nicht eine Dampfschiffahrtsgesellschaft, wie diejenige in
-Triest, +einmal+ für eine +direkte+ Fahrt nach Jaffa? Wie angenehm
-müßte es für Manche sein, wenn sie, selbst in der Mitte Deutschlands,
-voraussagen könnten: In drei Wochen werde ich die Ostern in Jerusalem
-feiern. Von Alexandrien nach Jaffa legte ich den Seeweg zwar nicht
-zurück; allein nach einem Gewährsmanne, +Failoni+, segeln täglich
-arabische, zwar nicht reinliche, aber sichere Küstenfahrer dahin
-ab. Ich glaube auf das Wort; ich denke bloß hinzu: +außer der
-Regenzeit+, da der Himmel heller ist, und sollte noch ein heftiger
-Wind die Sicherheit bedrohen, so ersteuert der Küstenfahrer bald das
-Land. Als ich +Failonis+ Angabe las, wurmten in mir zuerst manche
-Bedenklichkeiten; die Worte +arabisch+, +Barke+, +Meer+ waren mir
-anstößig, und ich würde mich einem arabischen Seemanne mit Widerwillen
-und Besorgniß anvertraut haben: seit ich aber den nachgibigen Araber,
-die bedachtsame Küstenfahrt und die stillere, bessere Jahreszeit,
-theilweise aus eigener Erfahrung, kenne, so wollte ich mit einem
-arabischen Küstenfahrer unbedenklich reisen. -- Von Jaffa erreicht man
-bald Jerusalem. Dann kehre man nach Jaffa zurück. Hier miethe man sich
-an Bord eines griechischen, nach Konstantinopel laufenden Schiffes.
-Von Stambul bis Wien wird das Boot vom Dampfe getrieben. Ich überlasse
-nun einem Jeglichen selbst, den Weg nach Hause zu suchen. An der
-türkisch-österreichischen Grenze währt die Quarantäne kürzere Zeit, als
-in Triest; auch soll sie nicht so theuer sein. Von Alexandrien nach
-Jaffa fährt man mit und ohne Dragoman, mit einem solchen schon darum
-angenehmer und bequemer, weil ihm zugleich auch das Geschäft eines
-Koches übertragen wird.
-
-+Wann soll man die Reise antreten?+ Der Pilger will in Jerusalem ein
-bedeutendes Fest feiern. An Ostern mögen bei 10,000 griechische
-und armenische Pilgrime die Stadt besuchen, und wegen dieses Festes
-warten Schiffe auf der Rhede von Jaffa, welche ihre Bestimmung nach
-Konstantinopel haben. Darauf muß man durchaus das Augenmerk richten,
-wenn man nicht gleichsam an Jaffa gefesselt sein will, wie +Andromeda+
-an die Felsen. Im Hornung oder Merz in die See zu stechen, darf
-Niemanden bangen. Vor Korfu schon koset ein blauer Himmel, und der
-Merz und April Palästinas, noch mehr des Egyptenlandes gehören zu der
-warmen, regenfreien Jahreszeit, in welcher die Küstenfahrt gewöhnlich
-mit keinen, selten mit einigen Gefahren kämpft. Ich ertheile den Rath,
-die Reise, wo möglich, so zu veranstalten, daß man inmitten des Monates
-Hornung die Seefahrt beginnt.
-
-+Wie lange dauert die Reise?+ Ich will nun die Dauer annähernd
-berechnen, und lieber zu lang, als zu kurz.
-
- Von Triest nach Alexandrien 20 Tage.
- Aufenthalt in Alexandrien 3 „
- Seefahrt von Alexandrien nach Jaffa 4 „
- Quarantäne in Jaffa 19 „
- Wanderung von Jaffa nach Jerusalem 2 „
- Aufenthalt in Jerusalem, den Ausflug nach
- Bethlehem inbegriffen 8 „
- ~Nb.~ Kürze oder Länge des Aufenthalts
- würde hauptsächlich vom Erwarten
- des Festes bestimmt.
- Zurück nach Jaffa 1 „
- ~Nb.~ Die Rückreise, auf der man sich
- nicht, wie auf der Hinreise nach
- Jerusalem, in Arimathia aufhält, wird
- deswegen einen Tag kürzer angegeben,
- als letztere.
- Abwarten eines Schiffes 4 „
- Reise nach Konstantinopel 20 „
- Aufenthalt in Konstantinopel 14 „
- Wasserreise nach Wien mit Einschluß der
- Quarantäne (kürzestens 30 Tage) 41 „
- ----------
- Zusammen 136 Tage.
-
-Man könnte bis Ende Brachmonates wieder zu Hause eintreffen, nach einer
-Abwesenheit von etwa fünftehalb Monaten.
-
-+Wie lebt man?+ Man kauft in Triest zwei Leintücher, eine Wollendecke,
-eine Matratze und ein Kissen: die Schiffsbettung, deren man, wenn
-auch nicht auf dem Dampfschiffe, doch auf der Küstenfahrt nach Joppe
-und später bedarf. In jenem Schiffe kann man auf eine Beköstigung
-zählen, wie in einem Gasthofe. Alexandrien besitzt Wirthshäuser nach
-fränkischer Einrichtung. Hier versehe man sich für die Fahrt nach
-Jaffa mit Nahrungsmitteln, z. B. mit gewöhnlichem Brote (Zwieback
-ist für die kleine Reise kaum nöthig), das acht Tage gut bleibt, mit
-frischem Fleische, mit Hühnern, mit Reis, Kartoffeln, Zucker, Kaffee,
-mit Zitronen und einer Flasche Aquavit, und man schaue vor der Abfahrt
-besonders nach, ob der Rais süßes Wasser in gehöriger Menge gefaßt
-habe. Ohnehin wird man nicht vergessen, eine kleine Kaffeekanne von
-Weißblech, eine eiserne Kasserole (zum Kochen des Fleisches u. dgl.)
-mit einem schüsselförmigen, als Teller dienenden Deckel, so wie
-Messer, Gabel und Löffel, einen Becher und Holzkohlen zu kaufen. Es
-gibt Araber, die sich so gerne auf Andere stützen, daß man wohl thut,
-selbst an Salz und Feuerzeug sich nicht mangeln zu lassen. Nimmt man
-gleich von Hause aus etwas mit, um wenigstens den Zucker, Kaffee und
-Reis gehörig aufzubewahren, so wird man es nicht bereuen. Für den
-Mundbedarf schafft man sich zugleich einen Korb nach egyptischer
-Art an[13]. Im jüdischen Lande spricht man bei den Bewohnern der
-Klöster oder Hospizien zu. In Jaffa trifft man zweifelsohne einen
-+griechischen+ Schiffshauptmann; seine Kost ist eher schlecht.
-Beköstiget man sich selbst, so lebt man besser und freier, während
-man zugleich um ein Bedeutendes wohlfeiler durchkommt. Man kaufe also
-einen Vorrath an Lebensmitteln etwa auf zwanzig Tage, Zwieback aber
-etwa auf dreißig Tage, auf längere Zeit ja nicht, da die Griechen
-bei schlimmer Witterung gerne in einen Hafen steuern, wo man wieder
-frischen Mundbedarf aufkaufen kann. Beim Abschlusse der Uebereinkunft
-mit dem Schiffshauptmanne muß das Kochen und das hiezu nöthige Holz
-wohl bedungen werden. Wenn man sich recht deutlich erklärt, so ist
-vom griechischen Hauptmanne, welcher wenig zu schreiben pflegt, ein
-schriftlicher Aufsatz nicht geradezu erforderlich. Meine Uebereinkunft
-mit dem Hydrioten geschah mündlich; ich schrieb sie bloß in meine
-Brieftasche, worauf ich sie noch dem griechischen Konsul anzeigte. Zu
-Konstantinopel, nämlich in Galata und Pera, laden den Reisenden, neben
-einem ~ospizio della Terra Santa~, fränkische Wirthshäuser ein. Auf
-allen Dampfschiffen sorgt die Küche für ein üppiges Leben. Ich müßte
-eine recht saure Mühe mir aufbürden, wenn ich, nach dem Beispiele der
-abendländischen Reisehandbücher, angeben sollte, welches das beßte
-Wirthshaus in Wien sei. Der Ankömmling aus dem Lande des Aufganges
-kennt mehr Genügsamkeit.
-
-+Wie viel kostet die Reise?+ Es wäre leicht, zu antworten, würden
-nur die Preise zu verschiedenen Zeiten nicht schwanken. So waren
-die Lebensmittel zu meiner Zeit in Jaffa mindestens um ein Drittel
-kostspieliger, als vor der Besetzung Palästinas mit egyptischen
-Truppen. Und davon abgesehen, läßt sich der Voranschlag der Kosten
-nur beiläufig bestimmen. Wer gesonnen ist, den Reiseplan geradenweges
-zu verfolgen, und nirgends sich längere Zeit aufzuhalten, wer weder
-wissenschaftliche Forschungen anstellen, noch durch großen Aufwand
-Aufsehen erregen will, immer und überall aber für die Gesundheit,
-als eine unschätzbare Juwele, Sorge trägt, und in steter Rücksicht
-auf dieselbe die verschiedenartigen Vergnügungen der Reise genießt:
-der wird diese mit 600 Gl. R. W. bestreiten können. Es fiele nicht
-schwer, in die Einzelnheiten einzugehen. Jeder, welcher die Reise zu
-unternehmen Willens ist, wird übrigens leichter durch Erfahrung das
-Nähere finden, als durch die Uebung des Gedächtnisses in Angaben aus
-dem todten Munde eines Buches.
-
-
-
-
-Schlußbetrachtungen.
-
-
-Hier an meinem Ziele, wo ein weites Feld von Rückerinnerungen sich
-schließt, kann ich nicht umhin, darüber Rechenschaft abzulegen, +wie+
-ich die Reise in den gegenwärtigen Blättern erzählte.
-
-Alles Wesentliche schrieb ich auf der Reise zwischen Triest und Afrika,
-in Alexandrien und in Kairo, in El-Arysch und in Ramle, in Jerusalem
-und in Jaffa, in Rhodos und Tschesme (auf dem Meere zwischen Ionien
-und dem thrazischen Bospor, in Konstantinopel und in Smyrna, auf dem
-Seewege nach Triest) und im Theresienlazarethe, am meisten jedoch in
-Kairo, El-Arysch, Jaffa und Triest, und selten blieb ich in bedeutendem
-Rückstande. Mit dieser Arbeit, ich gestehe es, raubte ich mir
-manchen ruhigen Genuß; hingegen auch würzte ich damit, zu reichlicher
-Vergeltung, viele Stunden, zumal von denjenigen, welche in den
-Quarantäneanstalten vergingen. Im Garten bereitet man dem Rosenstrauche
-ein Beetchen, und er treibt Blätter und Dornen; aber man pflanzt ihn
-nicht wegen der Blätter und Dornen, sondern in der Hoffnung, daß mit
-der Zeit noch duftende Blumen aufquellen, womit die Freude sich einen
-Kranz winde.
-
-Ich fühle wohl, daß ich hätte zwei Dinge thun können: erstens
-das Geschichtliche einweben, und zweitens mit Auszügen neuerer
-Reisebeschreibungen meine ergänzen. Ich wollte weder das Eine, noch das
-Andere; das Eine nicht, weil auf der Reise zur Seltenheit eine kleine
-Garbe geerntet wird, sondern weil jeder Unterrichtete die Hauptsache am
-Schreibpulte ausbeuten kann; das Andere nicht, weil ich die Rolle eines
-Plünderers verabscheue, und weil ich vermuthe, daß Manche ebenso gerne
-einen Rundreisenden begleiten, als den Zusammenstoppeler und Erklärer
-inmitten eines Bücherhaufens. Ich behaupte zwar nicht, daß ich die eben
-bezeichnete Bahn aufs allerstrengste verfolgte, ohne ausnahmsweise in
-einen Seitenweg abzuweichen, indem ich glaubte, wenigstens einige,
-vielleicht nicht mit Gebühr gewürdigte Männer des sechszehnten
-und siebenzehnten Jahrhundertes, wie sie mir gerade in meiner
-literarischen Einsamkeit begegneten, in diesen Sprechsaal einladen zu
-dürfen[14].
-
-Als Lustreisender hätte ich denn auch nicht dem Schulzwange gehorchen
-mögen, um ein Ebenmaß zu beobachten. Bald ernst, bald scherzhaft, jetzt
-ausführlich und vielleicht gar gedehnt, dann kurz und abgebrochen,
--- so schrieb ich je nach meinen Lagen und Launen. Das Wanderbuch
-ist ein Spiegel verschiedener Gemüthsstimmungen. Wie sollte ich nun
-am Ende meiner Fahrten, etwa zu Gunsten untergeordneter Rücksichten,
-das Tagebuch anders zuschneiden, damit das Bild meines Reiselebens
-erbleiche? Es wäre ein wenig zu hart, wenn man stets nach den Geboten
-der Schule leben müßte, wie der Karthäuser nach seiner Klosterregel.
-
-Nicht die Städte der Welt sind das Ziel einer Reise, sondern die
-Wahrheit. Mit Andern will ich in nichts wetteifern, als in dem
-aufrichtigen Streben, der Wahrheit zu dienen. Das letzte Reiseziel
-aber ist viel schwieriger zu erreichen, als Alexandrien und Kairo,
-Jerusalem und Bethlehem. Man gibt wieder, was ein Eingeborener oder
-ein schon längere Zeit im Morgenlande weilender Franke erzählte;
-allein es hält nicht immer leicht, den rechten Mann zu finden. Man ist
-das Werkzeug der öffentlichen Meinung unter den Franken; allein man
-kann die Ansichten Einzelner mit derselben verwechseln. Man verfaßt
-es in Schrift, was man selbst durch die Sinne wahrnahm; allein diese
-werden gerne von Täuschungen getrübt. Mehrmals stellte ich mich vom
-Schreibpulte aufmerksam auf die Gasse, auf daß ich dann wieder an jenem
-die Feder sicherer handhabe. Um die körperlichen Eigenthümlichkeiten,
-so wie die Tracht der Jerusalemer mit möglichster Genauigkeit zu
-schildern, setzte ich mich im Bassar auf eine steinerne Bank, und
-schrieb, von den Leuten ungestört, gleich nieder, was mein Auge
-erspähte. Wenn ich auch nicht die leiseste Neigung hege, den Zweifel
-deshalb mundtodt zu erklären, so brachte ich nun einmal, was ich
-vermochte, treulich und ohne Gefährde.
-
-Nützt meine Reisebeschreibung Niemanden, so nützte sie doch mir, mehr
-aber noch die Reise selbst. Als Wanderer lernte ich Welt und Menschen
-an einem größeren Maßstabe kennen.
-
-Oft beschmollte ich unsern Schnee, und träumte mich mit Wonnegefühl
-unter einen lindern, lachenden Himmel. Ich konnte im Egyptenlande
-während des Wintermonats ahnen, welche Gluth die Sonne des Sommers
-auf dasselbe aussprühe. Uebrigens frieren die Leute im Winter auch
-an andern Orten, wie in dem gar sommerheißen Konstantinopel, obschon
-kürzere Zeit, ohne daß sie durchgängig die bequemen Heizeinrichtungen
-besitzen, die uns, den von Eis Umringten, jenen lieblichen künstlichen
-Sommer in die Stube zaubern. Wahrlich, wir stehen nicht schlimmer.
-
-Ich sah jenseit des Mittelmeeres fruchtbarere Gegenden, als in der
-Schweiz und in Teutschland, als selbst in Frankreich und Italien.
-Was frommt jedoch dem Bauer die Ergibigkeit der Fluren, wenn er die
-Bodenerzeugnisse zusammt dem daran klebenden Schweiße dem Machthaber
-unter die Füße legen muß? Ich sah aber auch viel unfruchtbarere
-Gegenden, wie in der Nähe von Jerusalem, wo die Menschen Zähne haben
-müßten, um die Steine zu zermalmen, einen Magen, um sie zu verdauen,
-eine Werkstätte, um sie in Blut zu verwandeln, falls jene in +der+
-Nacktheit ihnen viel nützlicher werden sollten. Wir stehen nicht
-schlimmer mit unsern grünen Hochweiden, vor denen viele Berge Syriens
-und Kleinasiens, Thraziens und des peloponnesischen Archipels ihre
-Häupter ehrerbietig senken würden.
-
-Ich traf tugendsame Menschen, aber auch den schlimmen, den feigen
-Araber, den schlauen, den treulosen Griechen. Bei uns versüßen mein
-Leben viel wackere Leute, die zugleich die Träger einer umfassenderen
-Bildung und Weltaufklärung sind, nicht zu gedenken, daß ich durch die
-Bande der Sprache, wie der Sitten, der Religion, wie des Vaterlandes
-und, ich will noch beifügen, der Vorurtheile an sie geknüpft bin. Und
-wer möchte vom Bande der Familie schweigen? Wir stehen einmal nicht
-schlimmer.
-
-Ich reisete durch gesunde Gegenden, so Jaffa und Gaza in der pestfreien
-Zeit, aber auch durch solche, welche, außer der Pest, noch von andern
-schrecklichen Geißeln der Menschheit geplagt werden. Bei uns fallen
-wohl zahlreiche Opfer der langsam tödtenden Schwindsucht, aber seit
-Menschenaltern nimmermehr jenem Ungeheuer. Wir stehen in der That nicht
-schlimmer.
-
-Nein, +wir stehen nicht schlimmer, aber besser+. Nichts trug zur
-Aussöhnung mit den heimathlichen Verhältnissen williger bei, als meine
-Reise und gerade diese mittlerweile gewonnene Wahrheit. Der Gedanke,
-daß das Schicksal gegen uns mehr Milde erzeigt, als gegen die Einen,
-hat jederzeit etwas Tröstliches, mag auch sonst ein herberes Schicksal
-uns beugen, als Andere. Ich darf die volleste Zufriedenheit mit der
-Entwerfung und Ausführung meines Reiseplanes ausdrücken.
-
-Soll ich nun Andern die gleiche Reise, insonderheit die Pilgerfahrt
-nach Jerusalem, wie ich sie angab, rathen? Wem die Wanderlust beinahe
-im gebieterischen Tone zuspricht, und wem gleichzeitig es nicht an
-Mitteln ermangelt, dieselbe zu befriedigen, der trete die Reise an mit
-heiterer Entschlossenheit. Wenn er einerseits freilich einen Kelch voll
-Bitterkeiten an die Lippen setzt, wenn er vielleicht der Gefahr sich in
-die offenen Arme stürzt; so werden ihm andererseits der angenehmsten
-Augenblicke manche vergönnt, und mit einem güldenen Schatze neuer
-Kenntnisse und Erfahrungen wird er sich bereichern. Geht auch ein
-kleiner Weltschatz verlustig, dieser wird von den Kleinoden, welche man
-für Kopf und Herz sammelt, weit aufgewogen.
-
-Ich bin kein Schwärmer. Ich möchte die Erneuerung der Kreuzzüge nach
-dem jüdischen Lande nicht herbeiwünschen. Es taucht inzwischen aus
-dem Meere der Weltereignisse die merkwürdige Erscheinung, daß die
-meisten Gemüther der abendländischen Christen für Jerusalem in seiner
-örtlichen Bedeutung gleichsam erstorben sind, und daß seit länger, denn
-einem halben Jahrtausende kein zweiter +Petrus von Amiens+ sich erhob,
-die Abendwelt für das gelobte Land zu entflammen. Der Mensch liebt
-bisweilen die Hindernisse, um sich im Kampfe gegen sie zu messen. Je
-zahlreicher dieselben aus dem Wege geräumt wurden, desto mehr lenkten
-in der Folge die Abendländer ihre Aufmerksamkeit von Palästina ab.
-Man möchte bereits beklagen, daß, nach Beseitigung aller Hindernisse,
-nunmehr der Entschuldigung oder Beschönigung jede Ausflucht
-abgeschnitten ist.
-
-Immerhin glaube ich, daß die Pilgerfahrt nicht nutzlos wäre für einen
-Schriftgelehrten. Derjenige, welcher daheim in seinem Stübchen sich an
-einer Beschreibung von Jerusalem schier preßhaft zerarbeitet, indem
-er staubbedeckte Schriften gleichsam hungerig durchwühlt, und mit
-mühsam erborgten Stellen das magere Buch kaum genug ausspicken kann,
-würde doch nicht übel thun, wenn er hinginge, die Brust in Jerusalem
-zu durchlüften, und das Auge auf der Wache Zions im Buche der Natur zu
-erfrischen.
-
-Ich glaube nicht, daß die Pilgerfahrt nutzlos wäre für den Bibelfreund.
-Sogar der beßte denkgläubige Christ kann die Bibel, zum wenigsten
-ihren Einschlag örtlicher Beziehungen, weder mit der Klarheit und
-Lebendigkeit der Vorstellungen, noch mit der Fülle und Tiefe der
-Gefühle erfassen, wie der Pilgrim, welchem insbesondere das Lesen
-der Urkunden einen Vollgenuß verheißen muß. Die unübertreffliche
-Schilderung, wie jener fromme und treue Knecht zu +Rebekka+ kam, wie
-die holdselige Jungfrau, mit ihrem Wassergefäße auf den Schultern,
-heranschreitet, wie sie dem Ankömmlinge einen Trunk Wassers anbietet,
-wie sie für seine Kameele aus dem Brunnen schöpft u. dgl. --,
-solche Züge mögen Jedermann anmuthen; allein sie erregen wohl einen
-ganz eigenthümlichen Eindruck im schauenden Pilger, welcher in der
-seelenvollen Schilderung die heutigen Sitten des Morgenländers als eine
-Verjüngung der alten bewundert.
-
-Auch glaube ich nicht, daß die Pilgerfahrt nutzlos wäre für manche
-Mühselige und Beladene, Leichtsinnige und Welttrunkene. In Gaza weht
-gesunde, eine milde, die herrlichste Luft. Dort und in Jaffa fühlte ich
-mich, so zu sagen, noch einmal so leicht auf der Brust. Beide Städte
-befällt die Lungenschwindsucht als eine große Seltenheit. Man darf
-ebenfalls von der Seereise Heil erwarten, bei gehöriger Behutsamkeit,
-z. B. vor dem Zuge des Windes. +Nach der Rückkehr ins Vaterland
-stand meine Gesundheit auf besserem Fuße, als vor dem Anbeginne
-der Reise.+ Beleuchten wir jetzt die andere Seite. Unsere gnädigen
-Frauen und Fräulein, so wie ihre ergebenen Herren und Jünkerlein
-unternehmen im Laufe der günstigeren Jahreszeit glänzende Badereisen
-zu Wiederherstellung der Gesundheit, viele aber aus Lust zu einem
-üppigeren Leben, zu Liebe und Spiel, zu Tafel und Tanz, und mehrere von
-den üppig lebenden, liebenden und spielenden, tafel- und tanzfreudigen
-Kurgästen wallfahrten vielleicht später reumüthig und bußfertig
-nach einem winzigen Gnadenorte; nur wollen sie diesen Glanz ihres
-Ueberflusses an irdischen Gütern und diesen Schatten ihrer Hoffnung
-auf himmlische Schätze nicht nach ihrem Gnadenorte aller Gnadenorte,
-nach Golgatha, tragen. Sei es, daß die gewöhnlichen Wallfahrten des
-Abendländers, selbst im Schoße der Kirche, die sie anordnet, einen
-übeln Klang haben, es will die Pilgerreise in ein so entferntes Land,
-wie diejenige nach Jerusalem, wenigstens zum Theile von einem ganz
-andern Standpunkte aus beurtheilt werden. Große Luftveränderungen sind
-ein kräftiger Balsam für verzärtelte oder siechende Geschlechter; große
-Wanderungen sind ein starker Hebel der Kultur und Zivilisazion.
-
-
-
-
-Verbesserungen im zweiten Bande.
-
-
- S. 50 Z. 1 von oben lies +in der Tiefe zwischen Moriah+
- +und Zion+; +jenseits+ am.
- „ 64 „ 3 „ „ „ +wären+ für +waren+.
- „ 80 „ 11 „ unten lösche das ; vor +weiter+.
- „ 125 statt 152.
- „ 156 Z. 4 von unten lies +heben+ für +haben+.
- „ 159 „ 8 „ „ „ +heirathen+ für +heitathen+.
- „ 161 „ 10 „ oben „ +schỏfe+ für +schṓfe+.
-
-Nicht sinnstörende Druckfehler (z. B. 1, 19 Schemmel st. +Schemel+,
-1, 103 Letze st. +Letzte+, 1, 123 faullenzt st. +faulenzt+, 1, 181
-schlossen st. +schloßen+, 1, 211 pauckte st. +paukte+, 1, 303 Regen st.
-+Regnen+, 2, 162 Montag st. +Montags+), insbesondere der Interpunkzion,
-wenigstens im ersten Bande (z. B. S. 8, 26, 28), so wie auch die
-Ungleichheit in der Rechtschreibung (z. B. +Kroazien+ neben +Kroatien+,
-+lange Weile+ neben +Langeweile+, +Pfennige+ neben +Pfenninge+, +Bogen+
-neben +Bögen+, +Reiß+ neben +Reis+) wolle der Leser selbst verbessern.
-
-
-
-
-Inhalt des ersten Bandes.
-
-
- Seite
-
- Reise nach Triest 1.
-
- Mein Aufenthalt auf dem Eilande Lossin oder Ossero 10.
-
- Fahrt nach Alexandrien 25.
-
-
- =Alexandrien.=
-
- Lage 58.
-
- Gebäude 59.
-
- Krankenhäuser 67.
-
- Auch das Observazionsspital oder die Observazionshütten 70.
-
- Die Katakomben und der Pferdestall 78.
-
- Die Nadeln der +Kleopatra+ und der Flohfänger 80.
-
- Die Pompejussäule und die Schandsäule 82.
-
- Die Nachgrabungen 85.
-
- Leute. Bevölkerung 88.
-
- Der Ritt zur Beschneidung 91.
-
- Primarschule 92.
-
- Die Zeichenschule 93.
-
- Weiberhändel 95.
-
- Geld und Geldnoth 97.
-
- Das Schiff der Wüste 99.
-
- Anleitung für den Reisenden 100.
-
- Die Nilfahrt nach Kairo 104.
-
-
- =Kairo.=
-
- Lage der Stadt, Strich des Himmels und Gesundheitszustand
- der Menschen 134.
-
- Die Stadt nach ihrer Bauart 140.
-
- Das Schloß, der Jussufsbrunnen und die Grabmale von
- Kâyd-Bei 148.
-
- Das Militärkrankenhaus 155.
-
- Die Narrenmenagerie 157.
-
- Die Stadt der Einäugigen und der Blinden 162.
-
- Das öffentliche Bad 163.
-
- Wie die Egypzier im sechszehnten Jahrhundert die Bäder
- gebrauchten 168.
-
- Der Sklavenmarkt 173.
-
- Das Katzenstift 177.
-
- Gärten 181.
-
- Die Esbekieh 183.
-
- Physiologischer und psychologischer Karakter der Einwohner 184.
-
- Tracht 194.
-
- Speisen und Getränke 198.
-
- Kaffeehäuser 204.
-
- Schneller Justizgang 208.
-
- Der egyptische Tanz 210.
-
- Der Brautzug 213.
-
- Der Leichenzug 216.
-
- Der Straßensänger 218.
-
- Der Versteigerer 219.
-
- Der Barbier 220.
-
- Der Lagerstellenmacher 221.
-
- Der Glaser 222.
-
- Der Schuhmacher 223.
-
- Der Töpferwaarenflicker 224.
-
- Die Missionarien 226.
-
- Die Renegaten 228.
-
- Müsterchen von Europäern in Egypten, oder ein Porträt
- über Kairo aus Europa 230.
-
- Undank für treue Liebe 233.
-
- Unter österreichischer Protekzion 235.
-
- Meine Wohnung 236.
-
- Meine Nahrung und Getränke 238.
-
- Umgebung von Kairo:
-
- Todtenstadt el-Seydeh Omm Kâsim 242.
-
- Die Wasserleitung 244.
-
- Altkairo und das armenische Kloster 246.
-
- Das griechische Kloster und der Altar der h. Frau im
- koptischen Kloster 247.
-
- Der Tempel +A’mrus+ 250.
-
- Der Garten +Ibrahim-Paschas+ und der Nilometer auf
- der Insel Ruda 253.
-
- Ausflug nach Heliopolis und Abusabel 258.
-
- Geschichtlicher Rückflug nach Mattarieh 280.
-
- Abenteuerlicher Ritt nach den Pyramiden von Gizeh 281.
-
- Wegweiser in und um Kairo 295.
-
- Rückblick auf Kairo 297.
-
- Reise durch die Wüste nach El-Arysch 297.
-
- Die Quarantäne in El-Arysch 321.
-
-
-
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-Nützlichstes und wohlfeiles Geschenk für die Jugend.
-
-
- Hand- und Hausbuch
- für jeden Schweizer
- und
- zweckmäßigste Anleitung,
- die Schweiz zu bereisen.
-
-
-Bei +Orell+, +Füßli+ und +Comp.+ ist erschienen und durch alle
-Buchhandlungen zu beziehen:
-
- Die zweite, umgearbeitete Ausgabe
- der
-
- Erdkunde
- der
- Schweizerischen Eidgenossenschaft.
-
- Von
-
- Gerold Meyer von Knonau.
-
- 1ster Band. gr. 8. 872 Seiten, in Umschlag.
- 1 Rthlr. 16 Gr. -- 2 fl. 30 kr.
-
-Der 2te Band, Schluß des Werkes, erscheint Ende Juni 1839.
-
-Herr +v. Meyer+ hat sich schon als Leiter der ausgezeichneten „+Gemälde
-der Schweiz+“, die in 22 Bänden die Schweiz schildern sollen, und
-als Verfasser der Schilderungen der Kantone Zürich und Schwyz einen
-bleibenden Ruf gesichert.
-
-
-
-
-FUSSNOTEN:
-
-[1] Es kam später ein Engländer von Jerusalem über die reißenden
-Waldströme des Gebirges Juda mit Lebensgefahr nach Jaffa, und er
-erzählte mir, daß in jener Stadt ein knietiefer Schnee sich legte,
-welcher ihm den Besuch mancher Stellen erschwerte.
-
-[2] +Markus+ 15 K. 46 V. Es scheint diese Stelle für ein senkrecht
-eingehauenes Felsengrab zu sprechen, während andere Stellen und die
-drei übrigen Evangelisten nicht eigentlich dagegen aussagen. Man bückte
-sich, um genauer nachzusehen, und man ging ins Grab. Man würde heute
-noch in ein gewöhnliches Grab steigen, wenn ein Leichnam fehlte, um
-sich der erstaunlichen Erscheinung recht zu vergewissern.
-
-[3] Es macht mir Mühe, alles Obige stehen zu lassen. Nicht lange
-nach meiner Abreise, nämlich am Vorabende der Weihnachten, starb der
-liebens- und ehrwürdige Greis.
-
-[4] Zu einem Theile davon führte er mich in Begleitung eines
-eingebornen Ortskundigen.
-
-[5] Das Wadengeschwür, welches in Folge dieses Rittes über das Gebirge
-entstand, heilte erst nach Verlauf von zwei oder drei Wochen.
-
-[6] Ich besprach schon vorläufig den Vertrag mit dem Schiffshauptmanne.
-Er wäre unerfüllt geblieben, weil das Schiff in Kaifa Bruch litt.
-
-[7] Ich übersprang das Jahr 1828, in welchem die Pest herrschte. Sie
-allein raffte vom 24. Merz bis zum 30. Mai 19 Menschen hinweg.
-
-[8] Neben dem lateinischen Hospiz gegen Mittag steht, nur durch eine
-schmale Stiegengasse getrennt, das griechische Kloster. Von unserm
-Dache sah ich auf dasjenige dieses Klosters hinunter. Ich konnte die
-Pilger täglich beobachten, wollte sie aber zuerst nicht für Mitchristen
-halten, weil sie auch des Sonntags arbeiteten. Die Pilgerinnen putzten
-sich auf dem Dache, als sähe sie Niemand, und als hätten sie einem
-Lustanlasse beizuwohnen. Eine junge Griechin wollte nicht einmal so
-viel Rücksicht nehmen, wie die halbschwarze Egypzierin.
-
-[9] Viele wurden ehedem auf dem Landwege nach Jerusalem
-meuchelmörderisch überfallen. Eine Menge fand schon in dem Abgrunde des
-Meeres den Tod. In der letzten Sturmeszeit sollen in einem Nachbarhafen
-140 Pilger um das Leben gekommen sein.
-
-[10] Es gibt benachbarte Gegenden, wo der schüchterne Jüngling mit
-Stockprügeln zur Lüftung des Schleiers getrieben werden muß. ~Risum
-teneatis, amici.~ Wie weit weg vom ritterlichen Heldenmuthe.
-
-[11] Diese Männer Gottes verdammen wahrscheinlich nach der Lehre der
-Schrift: ~Nolite judicare, ut non judicemini~ (Urtheilet nicht, damit
-ihr nicht beurtheilet werdet.)
-
-[12] Wenn man nicht lieber auf dem Dampfboote des österreichischen
-Lloyd reisen will, welches allemal im Anfange und in der Mitte eines
-Monats von Triest abfährt (1839).
-
-[13] Wer bequemer reisen will, dem kann ich nicht nachdrücklich genug
-empfehlen, daß er auf irgend eine Vorrichtung zum Schutze vor den
-+Stechfliegen+, den Schlafräubern, denke. Ich verbrachte die erste
-Nacht in Alexandrien wegen der Stechfliegen sehr unangenehm. Ich
-betrachtete den Bettvorhang mit nordischen Augen, und glaubte, er
-sollte das Bett umhüllen. Ich erzählte meine Widerwärtigkeit, und da
-vernahm ich, daß er ein +Fliegenvorhang+ (Mosquetière) sei. Ich solle,
-hieß es, vor dem Schlafengehen nur alle Fliegen hinausjagen, und
-dann das Bett mit dem Vorhang umschließen. Ich that es, und schlief
-ungestört. In meinem Zimmer brumsete eine solche Menge Fliegen, daß
-sie meinen Zucker buchstäblich schwärzte. Eine Limonade zu bereiten,
-kostete viel Mühe, und bei aller Vorsicht konnte ich nicht hindern, daß
-nicht einige Fliegen in das Getränke fielen. In Abusabel bettete man
-mir vortrefflich auf dem Diwane; es fehlte aber ein Fliegenvorhang;
-ich deckte das Gesicht mit einem Tuche; dieses hielt zu warm, und
-ich mußte es entfernen. Die Fliegenqual gestattete mir wenig Schlaf.
-Ehe ich bei meinem Freunde in Kairo einzog, machte ich darum auch
-Schwierigkeiten, weil er keinen Fliegenvorhang besitze. In seinem Hause
-seien wenig Fliegen, erwiederte er. In der That beunruhigte mich nur
-selten eine Fliege. Man unterscheidet in Kairo die Häuser in solche,
-worin es viel, und in andere, worin es wenig oder keine Fliegen gibt,
-je nachdem ohne Zweifel die Häuser von der Sonne mehr oder minder
-beschienen werden, und für jene mehr oder minder Köder enthalten. Die
-letzten, doch nicht viele, Stechfliegen plagten mich in Ramle. In Jaffa
-sollen sie selbst in der Mitte des Sommers sehr selten schwärmen. Die
-Bücher englischer Reisender sind überaus erbaulich, wenn sie über die
-Stechfliegen so gewaltig Lärm schlagen. Von Leuten, die auf eine Reise
-+viel+ verwenden, sich aber wegen der +wichtigen Kleinigkeit+ nicht
-vorsehen, wie leicht man sich auch vor den Fliegen schützen könnte, muß
-man beinahe glauben, daß sie Stoff zu Klagen lieben und suchen.
-
-[14] Die Bemerkungen über die verschiedenen Religionsbekenntnisse
-der Bewohner in Syrien +übersetzte+ ich während meiner Wanderung
-größtentheils aus der vorne [S. 5 des 1. Bandes] genannten
-italienischen Schrift von +Failoni+.
-
-
-
-***END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK LUSTREISE INS MORGENLAND, ZWEITER
-THEIL (VON 2)***
-
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-</head>
-<body>
-<h1 class="pg">The Project Gutenberg eBook, Lustreise ins Morgenland, Zweiter Theil (von
-2), by Titus Tobler</h1>
-<p>This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States
-and most other parts of the world at no cost and with almost no
-restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it
-under the terms of the Project Gutenberg License included with this
-eBook or online at <a
-href="http://www.gutenberg.org">www.gutenberg.org</a>. If you are not
-located in the United States, you'll have to check the laws of the
-country where you are located before using this ebook.</p>
-<p>Title: Lustreise ins Morgenland, Zweiter Theil (von 2)</p>
-<p>Author: Titus Tobler</p>
-<p>Release Date: April 20, 2017 [eBook #54574]</p>
-<p>Language: German</p>
-<p>Character set encoding: UTF-8</p>
-<p>***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK LUSTREISE INS MORGENLAND, ZWEITER THEIL (VON 2)***</p>
-<p>&nbsp;</p>
-<h4 class="pg">E-text prepared by the Online Distributed Proofreading Team<br />
- (<a href="http://www.pgdp.net">http://www.pgdp.net</a>)<br />
- from page images digitized by the Google Books Library Project<br />
- (<a href="https://books.google.com">https://books.google.com</a>)<br />
- and generously made available by HathiTrust Digital Library<br />
- (<a href="http://www.hathitrust.org/digital_library">http://www.hathitrust.org/digital_library</a>)</h4>
-<p>&nbsp;</p>
-<table border="0" style="background-color: #ccccff;margin: 0 auto;" cellpadding="10">
- <tr>
- <td valign="top">
- Note:
- </td>
- <td>
- Images of the original pages are available through
- HathiTrust Digital Library. See
- <a href="https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=hvd.32044010412369;view=1up;seq=355">
- https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=hvd.32044010412369;view=1up;seq=355</a><br />
- <br />
- Project Gutenberg has the other volume of this work.<br />
- <a href="http://www.gutenberg.org/files/54573/54573-h/54573-h.htm">Erster Theil</a>: see http://www.gutenberg.org/files/54573/54573-h/54573-h.htm
- </td>
- </tr>
-</table>
-<p>&nbsp;</p>
-<p>&nbsp;</p>
-
-<div class="transnote">
-
-<p class="s3 center"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p>
-
-<p class="p0">Der vorliegende Text wurde anhand der 1839 erschienenen
-Buchausgabe so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben.
-Ungewöhnliche, altertümliche und inkonsistente Schreibweisen wurden,
-auch bei Eigennamen, beibehalten, insbesondere wenn es sich um
-Übertragungen fremdsprachlicher Begriffe handelt oder diese im Text
-mehrfach auftreten. Zeichensetzung und offensichtliche typographische
-Fehler wurden stillschweigend korrigiert.</p>
-
-<p class="p0">Das gesamte Inhaltsverzeichnis beider Bände sowie die Liste der
-Verbesserungen befinden sich in der Originalausgabe lediglich am Ende des
-zweiten Buches. Der Übersichtlichkeit halber wurde das Verzeichnis des
-betreffenden Bandes an dessen Anfang gestellt, das Inhaltsverzeichnis
-des jeweils anderen Bandes dagegen an das Ende des Buches. Die
-Verbesserungen erscheinen am Ende des jeweiligen Bandes; diese sind,
-soweit sie vom Autor als relevant eingestuft wurden, bereits in das
-vorliegende Buch eingearbeitet worden.</p>
-
-<p class="p0">Die Buchversion wurde in Frakturschrift gedruckt; diese wird hier
-in Normalschrift dargestellt; Antiquaschrift erscheint dagegen <span class="antiqua">kursiv</span>.
-Kursive Antiquaschrift wird hier zusätzlich <span class="antiqua"><i>unterstrichen</i></span>
-dargestellt.</p>
-
-<p class="p0 htmlnoshow">Abhängig von der im jeweiligen Lesegerät
-installierten Schriftart können die im Original <em class="gesperrt">gesperrt</em>
-gedruckten Passagen gesperrt, in serifenloser Schrift, oder aber sowohl
-serifenlos als auch gesperrt erscheinen.</p>
-</div>
-<p>&nbsp;</p>
-<hr class="pg" />
-<p>&nbsp;</p>
-<p>&nbsp;</p>
-<p>&nbsp;</p>
-
-<div class="figcenter">
- <a id="cover" name="cover">
- <img src="images/cover.jpg"
- alt="" /></a>
- <p class="ebnoshow caption s5">Original-Umschlag</p>
-</div>
-
-<div class="titel">
-
-<p class="s2 center padtop3 break-before">Lustreise ins Morgenland.</p>
-
-<h1><span class="s6">Lustreise<br />
-
-<span class="s6">ins</span></span><br />
-
-<b><span class="mleft0_2">M</span><span class="mleft0_2">o</span><span class="mleft0_2">r</span><span class="mleft0_2">g</span><span class="mleft0_2">e</span><span class="mleft0_2">n</span><span class="mleft0_2">l</span><span class="mleft0_2">a</span><span class="mleft0_2">n</span><span class="mleft0_2">d</span>.</b></h1>
-
-<hr class="r10" />
-
-<p class="center mtop3">Unternommen und geschildert</p>
-
-<p class="center mtop1">von</p>
-
-<p class="s3 center mtop1 mbot2"><b><span class="antiqua">Dr.</span> Titus Tobler.</b></p>
-
-<p class="s4 center">Zweiter Theil.</p>
-
-<hr class="titel" />
-
-<p class="s3 center"><b><span class="mleft0_2">Z</span><span class="mleft0_2">ü</span><span class="mleft0_2">r</span><span class="mleft0_2">i</span><span class="mleft0_2">c</span><span class="mleft0_2">h</span>,</b></p>
-
-<p class="center">bei Orell, Füßli und Compagnie.</p>
-
-<p class="s3 center"><span class="mleft0_2">1</span><span class="mleft0_2">8</span><span class="mleft0_2">3</span><span class="mleft0_2">9</span>.</p>
-</div>
-
-<hr class="full" />
-
-<div class="chapter">
-
-<p class="s3 center padtop3"><b>Inhalt des zweiten Bandes</b>.</p>
-
-</div>
-
-<table class="toc" summary="Inhaltsverzeichnis 2. Band">
- <tr>
- <td class="ukap">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="ste">
- Seite
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Reise nach Jerusalem
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;&#8199;<a href="#Reise_nach_Jerusalem">1.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Einige geographische Bemerkungen über Syrien
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Einige_geographische_Bemerkungen">13.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Einige Bemerkungen über die verschiedenen Religionsbekenntnisse
- der Bewohner in Syrien
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Einige_Bemerkungen">15.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Gaza
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Gaza">28.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Fortsetzung der Reise nach Jerusalem
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Fortsetzung_der_Reise_nach_Jerusalem">30.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Ende der Reise dahin
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Ende_der_Reise_nach_Jerusalem">38.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="kap">
- <a href="#Jerusalem">Jerusalem.</a>
- </td>
- <td class="ste">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Oertliche und klimatische Verhältnisse
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Oertliche_und_klimatische_Verhaeltnisse">46.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Gesundheitszustand und Bevölkerung
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Gesundheitszustand_und_Bevoelkerung">52.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Bauart der Stadt
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Bauart_der_Stadt">53.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Kirche des Christusgrabes
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Die_Kirche_des_Christusgrabes">56.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Liegt das Grab <em class="gesperrt">Christi</em> in oder außer der
- jetzigen Stadt Jerusalem?
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Liegt_das_Grab_Christi_in_oder_ausser">63.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Gräber der Könige
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Die_Graeber_der_Koenige">69.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Grabhöhle der <em class="gesperrt">Maria</em>
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Die_Grabhoehle_der_Maria">71.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Grabmale <em class="gesperrt">Absaloms</em>, <em class="gesperrt">Josaphats</em> und
- <em class="gesperrt">Zachariassen</em>
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Die_Grabmale_Absaloms_Josaphats_und_Zachariassen">72.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Brunnen Siloah
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Der_Brunnen_Siloah">73.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Felsanhöhe Zion
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Die_Felsanhoehe_Zion">75.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Oelberg
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Der_Oelberg">79.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die übrigen Merkwürdigkeiten
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Die_uebrigen_Merkwuerdigkeiten">81.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Physiologischer Karakter der Einwohner
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Physiologischer_Karakter_der_Einwohner">82.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Sitten und Gebräuche
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Sitten_und_Gebraeuche">83.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Tracht
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Die_Tracht">84.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Das Kriegsvolk
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Das_Kriegsvolk">87.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Pilger
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Das_Kriegsvolk">94.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Geist der Christen
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Der_Geist_der_Christen">97.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Ablaß der römisch-katholischen Kirche
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;<a href="#Der_Ablass">99.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der alte deutsche Pater und die große Apotheke
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Der_alte_deutsche_Pater">102.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Meine Zelle im Kloster des Erlösers
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Meine_Zelle_im_Kloster_des_Erloesers">104.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Führer um und in Jerusalem
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Der_Fuehrer_um_und_in_Jerusalem">106.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Rückblick auf Jerusalem
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Rueckblick_auf_Jerusalem">108.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Ausflug nach Bethlehem
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Ausflug_nach_Bethlehem">110.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Die Beschiffung des Lothssees
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Die_Beschiffung_des_Lothsees">115.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Nach Jaffa am Mittelmeere
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Nach_Jaffa_am_Mittelmeer">116.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="kap">
- <a href="#Jaffa">Jaffa.</a>
- </td>
- <td class="ste">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Lage, Gassen, Hafen, Bevölkerung
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Lage_Gassen_Hafen_Bevoelkerung">121.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Jaffa, wie es ehemals war
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Jaffa_wie_es_ehemals_war">123.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Tageslänge
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Die_Tageslaenge">125.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Witterungsbeschaffenheit
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Witterungsbeschaffenheit">127.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Meeressturm und der Schiffbruch
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Der_Meeressturm_und_der_Schiffbruch">128.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Gesundheitszustand
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Gesundheitszustand">132.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Auf dem Hospizdache
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Auf_dem_Hospizdache">136.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Das Bauernhäuschen
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Das_Bauernhaeuschen">138.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Das Quarantänegebäude oder Pestlazareth
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Das_Quarantaenegebaeude">145.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Jaffanerin kommunizirt, besprengt sich
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Die_Jaffanerin_kommunizirt">147.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Jaffaner
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Der_Jaffaner">149.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Pilger
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Die_Pilger_Jaffa">150.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die arabische Knabenschule der Lateiner
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Die_arabische_Knabenschule_der_Lateiner">152.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Gruß
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Der_Gruss">156.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Brautwerbung und die Hochzeit
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Die_Brautwerbung_und_die_Hochzeit">159.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Wöchnerin und das Kind
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Die_Woechnerin_und_das_Kind">167.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Wiegenlied und Kinderjucks
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Wiegenlied_und_Kinderjucks">170.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Verehrung der Todten
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Die_Verehrung_der_Todten">173.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Rekruten oder die Konskribirten
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Die_Rekruten_oder_die_Konskribierten">176.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Das Weinen oder die Raserei am Neujahrstage 1836
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Das_Weinen_oder_die_Raserei">179.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- <em class="gesperrt">Ibrahim-Pascha</em>
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Ibrahim_Pascha">184.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Kleine Petschaften oder Siegel
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Kleine_Petschaften_oder_Siegel">186.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Hakim
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Der_Hakim">187.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Fleischbank
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Die_Fleischbank">189.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Zuckerrohrmarkt
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Der_Zuckerrohrmarkt">191.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Tabakschneider
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Der_Tabakschneider">193.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Nargilebediente; die Rauchvirtuosität
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Der_Nargilebediente">196.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Kaffeeröster und Kaffeezerstößer
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Der_Kaffeeroester">197.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Baumwollereiniger und Schilfdeckenweber
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Der_Baumwollereiniger">199.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der wandernde Schiffer und Kinderspiele
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Der_wandernde_Schiffer">201.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Spiel der älteren Leute
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Spiel_der_aelteren_Leute">202.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Meine Lebensart
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Meine_Lebensart">205.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Ich lese die Bibel
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Ich_lese_die_Bibel">209.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Ein Pater sagt, ich werde des Teufels
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Ein_Pater_sagt">210.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Wie die Gleißnerei im Namen der heiligen Religion einen
- Unschuldigen prügelt; laue Konsulats- und Mönchspolizei
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Wie_die_Gleissnerei">212.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Konsul <em class="gesperrt">Damiani</em>; mein Besuch in
- seinem Hause
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Der_Konsul_Damiani">217.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Vorbereitung zur Abreise
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Vorbereitung_zur_Abreise">222.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Nach Rhodos
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Nach_Rhodos">226.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="kap">
- <a href="#Rhodos">Rhodos.</a>
- </td>
- <td class="ste">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Lage, Himmel, Volkszahl
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Lage_Himmel_Volkszahl">236.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Stadt Rhodos
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Die_Stadt_Rhodos">238.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Das Leichenfeld
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Das_Leichenfeld">241.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Bewohner; das lateinische Hospiz; Knabenspiel; große Hähne
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Die_Bewohner">243.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Abend im Schiffsraume
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Der_Abend_im_Schiffsraume">247.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Spaziergang gegen Trianda
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Spaziergang_gegen_Trianda">248.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Nach Konstantinopel, Triest und heim
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Nach_Konstantinopel">251.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Anleitung zu der Pilgerfahrt nach Jerusalem
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Anleitung_zu_der_Pilgerfahrt">256.</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Schlußbetrachtungen
- </td>
- <td class="ste">
- <a href="#Schlussbetrachtungen">267.</a>
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_1" id="Seite_1">[S. 1]</a></span></p>
-
-<h3 id="Reise_nach_Jerusalem">Reise nach Jerusalem.</h3>
-
-</div>
-
-<div class="blockquot">
-
-<p class="p0">Gepurzel; Gelage; Kameelschädel als Verzierungen; die angebaute Gegend
-entzückt; Grenzscheide zweier Welttheile; Raphia und Jenisus;
-Schattenriß des Reisegesellschafters.</p>
-
-</div>
-
-<p>Dinstags gegen Abend des 24. Wintermonates, als am zwölften so heiß
-ersehnten Kontumaztage, brachen wir fröhlich auf. Die wiedererlangte
-Freiheit schmeckte süßer, als Honigseim. Mein hochbuckeliger
-Kontumazist schien Eile zu haben. Kaum wollte ich auf ihn steigen, so
-stand er auf. Ich konnte mich nicht mehr halten und purzelte, das Rad
-schlagend, hinunter. Die Freude meines türkischen Nachbars, welcher
-dem Gepurzel zusah, dauerte jedoch nicht lange; gleich saß ich auf
-dem Dromedar fest und wir trabten von dannen. Echt morgenländisch
-bewirthete uns der Quarantänedirektor, dessen Einladung in seine
-Wohnung<span class="pagenum"><a name="Seite_2" id="Seite_2">[S. 2]</a></span> wir mit Geneigtheit entsprachen. Beim Anblicke der vielen
-Trachten, die sich am Abendmahle folgten, hätte man nicht glauben
-sollen, daß so viel Ueppigkeit an einem Orte anzutreffen wäre, wo uns
-an den ersten Tagen die Lebensmittel zum Theile mangelten. Da weder
-Messer, noch Gabel vorgelegt wurden, so mußten wir zum Gerichte die
-Finger orientalisiren. Dieser patriarchalische Gebrauch ist wirklich
-sehr bequem; nur wollte mir der Sitz auf dem Boden am kleinen,
-niedrigen, runden Tische nicht behagen.</p>
-
-<p>Ich könnte die Wonne nicht beschreiben, welche im Hause des
-Pharmazisten mich, als Freigelassenen aus dem Zelte, beseelte. Ganz
-komfortable fand ich das Gebäude mit einem einzigen Zimmer, mit blinden
-Wänden, mit dem Boden von Erde, mit dem Dache von Palmstämmen, von
-Reisern und Laub. Wieder einmal ordentlich stehen und herumgehen zu
-können, ohne immer mit dem Kopfe karamboliren zu müssen, war ein
-unaussprechliches Vergnügen. Nicht mehr plagte die Furcht vor den
-Thränen des Himmels.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">El-Arysch</em>, das Dorf selbst, liegt etwa eine halbe Stunde
-südöstlich von der Quarantäne. Von Aloe, Datteln und indischen Feigen
-umkränzt, lacht es so traulich aus der Wüste entgegen. Eben blühten die
-Bohnen und Alles athmete den Frühling. Der Ort, obwohl nicht groß,<span class="pagenum"><a name="Seite_3" id="Seite_3">[S. 3]</a></span>
-hat einen Bassar. Ueber den Thüren der Häuser stehen als Verzierungen
-Kameelschädel. Die Bevölkerung besteht größtentheils aus Weißen, und
-gerne begegnet man dieser Menschenfarbe wieder, wenn man eine Zeitlang
-fast lauter Halbschwarze gesehen hat.</p>
-
-<p>Am Abende zeigte ich dem Pharmazisten einen Theil meiner wenigen,
-aus Kairo mitgebrachten Alterthümer. Eine aus Stein gehauene Figur
-faßte eben ein Araber recht ins Auge, als er bemerkte, daß er auch
-schon Steine auf dem Wege gesehen, aber keine Lust gehabt hätte,
-sie mitzunehmen. Weil ich nicht arabisch konnte, so hielt mich ein
-arabischer Jüngling für erzdumm und verglich mich einem Kameele,
-welches auch nicht reden könne. Während wir schon in unsern Betten
-ruhten, wurden von arabischen Jünglingen einige Tänze aufgeführt.</p>
-
-<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 25.</em></p>
-
-<p>Vor Tagesanbruch rief der Pharmazist seine jungen Burschen herein, um
-die Pfeifen anzünden und einen schwarzen Kaffee bereiten zu lassen. Sie
-brachten die glühende Kohle in der Zange auf die gestopfte Pfeife, und
-wir rauchten; sie trugen den heißen Kaffee herbei, und wir tranken.
-Unser Gastwirth hat die morgenländischen Sitten aufs gutherzigste
-eingeschlürft, und oft pries er sie als echter Lebemann.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_4" id="Seite_4">[S. 4]</a></span></p>
-
-<p>Der Hauptmann und ich ritten mit drei Dromedaren weg. Auch dieser Theil
-der Wüste war hie und da mit Gewächsen bedeckt. Auf dem Wege erblickten
-wir dann und wann eine Kameel-, Schaf- oder Ziegenherde. Mittags
-gelangten wir zu einer Post, um welche ein zahlreiches Volk Hühner
-wimmelte. Vor derselben erinnerte eine Strecke Salzboden an die Gegend
-von Choanat. Bei der Post, wo wir nur kurz anhielten, begann angebautes
-Feld inmitten wüster Ländereien zu meinem Entzücken; es übersiedelte
-mich wieder nach Europa. Entbehrungen haben doch das Gute, daß sie
-meistens mit erhöhtem Genusse enden.</p>
-
-<p>In Egypten streift keine Ackerfurche durch Hügelabhänge. Neu waren
-mir wieder die durchfurchten Abdachungen. Ein Kameel zog an zwei
-Stricken mit den Schulterblättern den Pflug, welcher nur kleine,
-etwa vier bis fünf Zoll von einander entfernte Gräben aufwühlte. Dem
-Ackerfelde folgten Triften, worauf viele Schafe und Ziegen unter der
-Hut von Mädchen weideten. Die Erde hatte ein anderes Kleid an. Die
-unermüdlichen Vögel sangen ohne Unterlaß.</p>
-
-<p>Der Weg strich gegen Nordost. Als ich einmal das Meer wahrnahm, lag
-es gegen Abend. Es stieg in mir der Gedanke auf, daß ich nicht mehr
-in Egypten, nicht mehr in Afrika, sondern in <em class="gesperrt">Asien</em> sei. Dieser
-Gedanke<span class="pagenum"><a name="Seite_5" id="Seite_5">[S. 5]</a></span> versetzte meine Seele in angenehme Schwingung. Ich durfte wohl
-die Grenze des asiatischen Bodens nicht überschreiten, ohne lebhafte
-Begeisterung für die folgenreichen Thaten seiner längst entschwundenen,
-ehrwürdigen Bewohner, welche jetzt noch bei uns zum Vorbilde genommen
-werden. Staunend senkte sich mein Blick auf den alten Welttheil,
-das Geburtsland von <em class="gesperrt">Christus</em> aus Nazareth, das Stromgebiet
-religiöser Grundansichten, welche mir schon in früher Jugend am fernen
-Alpengebirge Europens eingeflößt wurden. Ich möchte meine Gedanken
-und meine Gefühle beim Betreten Asiens nicht näher bezeichnen, aus
-Besorgniß, daß man sie als unzeitige Ergüsse mißdeuten könnte. Statt
-alles Mehreren werfe ich bloß die schlichte Frage auf: Kann ein
-Unterrichteter ohne eine Regung des Geistes und ohne eine Bewegung
-des Gemüthes den Boden dieses Welttheils berühren? Ich erinnere mich
-noch der Kinderjahre, in denen ich mir das biblische Asien, die Gegend
-meiner Sehnsucht, als die Hälfte des Weges in die Ewigkeit vorstellte.
-Die Träumereien der Jugend verdienen keinesweges die Verachtung, die
-ihnen gemeiniglich widerfährt; sie haben allerdings nicht selten
-Bedeutung und Werth; sie sind ein trüber Waldbach, der nur durch die
-Seihe der reiferen Jahre fließen darf, um klar und genießbar zu werden.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Rafa</em>, Raphia bei den Alten, ist fast ganz vergangen.<span class="pagenum"><a name="Seite_6" id="Seite_6">[S. 6]</a></span> Eine halb
-in die Erde gestürzte Säule trauert am Wege in Gesellschaft von zwei
-aufrecht stehenden. Jene soll die Grenzsäule zwischen Asien und Afrika
-sein.</p>
-
-<p>Wir kamen diesen Nachmittag neuerdings in die Wüste und über mehrere
-Sandhügel. &mdash; Einmal verlor ich den Hauptmann und unsern neuen Führer,
-einen Mohren, völlig aus den Augen. Auf einem Scheidewege fiel die
-Wahl mir schwer. Ich schlug den linken Weg ein, ungeachtet ich dazu
-den Dromedar, der gerade vorwärts wollte, nur mit Mühe bewegen konnte.
-Kaum aber war eine Anhöhe erstiegen, so verschwand der Weg und ringsum
-verdüsterte die Wüste den Ausblick. Ich wendete mich wiederum rechts,
-der Dromedar fand richtig den Weg und bald verkündigte fleißigerer
-Bodenbau die Nähe einer Ortschaft. Wir waren schon im Städtchen
-Kan-Yunos.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Yunos</em>, Jenisus der Alten, ist in Feigen-, Dattel- und Oelbäume
-gebettet. Im lebhaften Bassar lächelten den Wüsteentronnenen die Dinge
-an, welche so verschiedene Bedürfnisse beschwichtigen. Erinnerungen an
-mein Heimathland wurden beim Anblicke grüner Wiesen, des Viehes und der
-weißen Bevölkerung aufgefrischt; sogar die Breter, als eine Seltenheit
-in Egypten, erregten meine Aufmerksamkeit. Die große Moschee, von
-sarazenischem Geschmacke, erhielt sich in gutem Zustande.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_7" id="Seite_7">[S. 7]</a></span></p>
-
-<p>Wir mußten diesmal in einem Kân oder Karawanserai einkehren. Es hatte
-ein Obdach, war aber von zwei Seiten offen. Auf der einen lag ein
-korinthischer Knauf. Man trifft in Jenisus überhaupt manche Trümmer,
-mehr oder minder versehrte Denkmäler des Alterthums. Im Karawanserai
-befand sich eben der Stadtgouverneur. Die Herankommenden küßten ihm
-den Saum des Kleides. Er ließ in gastfreundlicher Gesinnung durch
-seinen Bedienten vorzüglich gute Brote und eine dicke Kräutersuppe uns
-zureichen, die, von Farbe grün, Kaldaunenstücke und Fleischbröckchen
-enthielt und mir nicht sonderlich schmeckte. Es war indeß mein Appetit
-ein wenig verdorben; wir wollten den Rest der Butter in der Quarantäne
-noch zu Rathe ziehen und buken in derselben Brotkuchen, welche zwar dem
-Gaumen zusagten, allein dem Magen nicht wohl bekamen. Wir belohnten
-unsern Gastfreund, nach morgenländischer Sitte, mit Stillschweigen.</p>
-
-<p>Ein Kerl versuchte eine seltsame Betrügerei. Mein Reisegesellschafter
-schickt ihn, ein Geldstück zu wechseln. Er bringt die Münze, aber nicht
-vollständig. Vor Zorn wie rasend schilt der Hauptmann den Jungen aus,
-und schon zuckt er die Peitsche gegen ihn. Er öffnet den Mund und das
-Fehlende tritt unter der Zunge zum Vorscheine.</p>
-
-<p>Mit Sonnenuntergang legte ich mich und schlief zwar<span class="pagenum"><a name="Seite_8" id="Seite_8">[S. 8]</a></span> fest ein, aber
-nicht ruhig fort; denn einmal hörte ich undeutlich, daß ein Mann in
-einem Streite lärmte, ein anderes Mal beschnüffelte ein Hund mein Bein,
-und ein drittes Mal kam die Katze, sich einer Beute zu bemächtigen.</p>
-
-<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 26.</em></p>
-
-<p>Gott sei Dank, die Wüste, die beschwerliche, die armselige, die
-langweilige, ist am Rücken. Von jetzt an leitet der Weg durch lauter
-besseres Land, bald gepflügtes, bald Weideland. Die Vögel schienen in
-ihrem unaufhörlichen Geschwätze über die Gegend so hoch erfreut, als
-ich. Selbst mein Reisegefährte sang in das Tutti, und gerne hätte ich
-ihn in einen der nächsten Singvögel verwandeln mögen, so lieblich klang
-seine Stimme. Das Gepräge des Winters auf ganz dürren, abgestorbenen
-Pflanzen konnte hin und wieder nicht verkannt werden; hingegen war
-dazwischen der frisch angeschossene, kurze, feine Grasteppich mit um so
-größerem Zauber des Lenzes gewoben. Der schönste Frühlingsmorgen bei
-uns kann den heutigen Wintermorgen gegen Gaza nicht übertreffen. Ueber
-fließendes Wasser setzten wir nie, nur zweimal über tiefere Bachbetten,
-wie über dasjenige des Besor, an dessen Mündung ins Mittelmeer das
-alte Anthedon sich ausbreitete. Von Bethagla,<span class="pagenum"><a name="Seite_9" id="Seite_9">[S. 9]</a></span> zwischen Anthedon und
-Jenisus, bemerkte ich nicht eine Spur.</p>
-
-<p>Minarets glänzten gegen Norden in einem grünen Haine; es war
-<em class="gesperrt">Gaza</em>, die Hauptstadt der Philister, die Stadt des Starken, des
-<em class="gesperrt">Samson</em>, welcher, nach der Schrift, ein eisernes Thor auf den
-Berg getragen hat. Wir durften nicht mehr weit, und dann einzig noch
-an der Menge von stämmigen Kaktus vorbei, und wir ritten durch ein
-enges Thor in die Stadt. Der Hauptmann begab sich in seine Herberge,
-und jetzt war der Augenblick der Trennung da, nachdem wir mit einander
-drittehalb Wochen verlebt hatten.</p>
-
-<p>Nun ein Wort über den Reisegefährten. Eine solche persönliche
-Seltsamkeit lernte ich noch niemals kennen, und darum lohnt es der
-Mühe, von ihm einen Umriß zu liefern. Er ist aus Galizien und von Adel.
-Ich weiß seinen Namen recht gut; ich will ihn aber verschweigen und
-vergessen. Zuerst Kämpfer als Hauptmann in den Reihen der polnischen
-Umwälzer, entfloh er dann nach Frankreich und schloß sich der Schaar
-Polen an, welche aus dem „neuen Vaterlande“ in die Schweiz einbrach.
-Er wußte sich später Mittel zu verschaffen, um von Marseille auf einem
-französischen Kriegsschiffe nach Egypten zu kommen.<span class="pagenum"><a name="Seite_10" id="Seite_10">[S. 10]</a></span> Hier trat er in
-Kriegsdienst unter dem Feldherrn <em class="gesperrt">Abraham</em> (<em class="gesperrt">Ibrahim-Pascha</em>)
-als Kavallerieinstruktor.</p>
-
-<p>Ein Selbstling im wahrsten Sinne des Wortes, sucht er immer seine
-<em class="gesperrt">eigenen</em> Zwecke. Er schmeichelt den Großen und verachtet die
-Kleinen, damit die einen ihn befördern, und weil die andern ihm
-nichts nützen. Er wählte sich überall das Beßte aus, so immer den
-beßten Dromedar, den bequemsten Sattel, die leichteste Ladung, die
-schmackhafteste Speise u. s. f., um das Uebrige mir zu überlassen. Wenn
-ich mich über das Reiten beklagte, so tadelte er mich, daß ich nicht
-reiten könne, und dennoch hielt ich, bei meinem kräftigern Körperbau,
-das Reiten besser aus, als dieser Rittmeister.</p>
-
-<p>Dabei hegt der Hauptmann wenig Liebe für Wahrheit. Was er erzählte,
-mußte ich auf der Goldwage prüfen. Auf einer Lüge ertappt, hatte
-<em class="gesperrt">er</em> natürlich Recht, und würde gern in Schimpfungen auf mich
-losgebrochen sein. Sonst besaß er eine Fülle von Lebensgewandtheit, und
-im Bezahlen war er redlich; nie belog er mich in Geldangelegenheiten.</p>
-
-<p>Weil mir die Kenntniß der arabischen Sprache abging, so leistete er mir
-unläugbar wesentliche Dienste, und er übernahm in der Kontumazanstalt
-fast das ganze Geschäft der Küche, indeß ich ruhig unter Zelt schrieb,
-und am<span class="pagenum"><a name="Seite_11" id="Seite_11">[S. 11]</a></span> Ende lüstern in das gute Gericht biß. Mich tyrannisirte
-übrigens noch kein Mensch so eigentlich, wie dieser polnische
-Freiheitsmann. Meine Lage fing sich erst zu bessern an, als ich mit
-dem Oberaufseher der Quarantäne auf freundlicherem Fuße stand und dem
-Hauptmanne erklärte, daß ich nun sorgenlos sei; denn auch im Nothfalle
-könnte ich recht gut weiter kommen, weil jener für meine Kameele sorgen
-würde. Er sah seine Entbehrlichkeit jetzt selbst ein. Selbstständigkeit
-und Unabhängigkeit, dieser Schwerpunkt des geistigen und sittlichen
-Menschen, hängt an einem dünnen Faden, dessen Riß uns, wo nicht
-augenblicklich, doch in seinen Folgen wehe thut.</p>
-
-<p>Ich kann nicht umhin, noch zwei Dinge zu erwähnen. Zu Choanat wurde der
-Reisegefährte von einer Krankheit heftig überfallen. Ich stand ihm mit
-Rath und That bei, ich brachte ihm Reis u. dgl. Tags darauf befand er
-sich wieder wohl. Der Dank war, daß er für meinen schlechten Dromedar
-keine Geduld wußte. Einmal wollte ich absteigen, um ein Stückchen
-Natursalz aufzuheben und mitzunehmen. Da regnete es zentnerschwere
-Vorwürfe über Tändelwaare u. s. f. Es gibt Menschen, welche die Sterne
-am Himmel gleichgültiger beschauen, als messingene Knöpfe an einem
-Rocke.</p>
-
-<p>Der Kapitän, mag er auch immer seiner sorgfältigen<span class="pagenum"><a name="Seite_12" id="Seite_12">[S. 12]</a></span> höhern Bildung
-und seinem Adel keinen geringen Werth beilegen, ist ein Auswurf des
-Menschengeschlechts. An der Spitze eines Volkes wäre er spröde, ohne
-Mitleiden, ein Wütherich. Er hatte indeß, wie andere Tyrannenseelen,
-bewegte Zeitpunkte, da das Herz aufthaute; er würde sich dann, der
-männlichen Würde uneingedenk, wie ein Kind hingegeben haben. Er wäre
-unzweifelhaft Muselmann; allein er muß es fühlen, daß der kindliche
-Schmelz seines Gemüthes, in gewissen Augenblicken, nach der Abschwörung
-des Glaubens ihm das Herz zum Bruche drängte.</p>
-
-<p>Am Ende der Reise bat der Gefährte mich um Verzeihung, wenn er mich
-etwa beleidigt haben sollte. Ich achte einen solchen Zug, und doch
-empfand ich ein wahres Vergnügen bei der Scheidung von einem solchen
-Menschen, dessen Gesellschaft eine Qual und Pein war, und zwar eine um
-so größere in der Wüste und in einer spottschlechten Quarantäne.</p>
-
-<p>Ehe ich Gaza näher beleuchte, schicke ich einige einleitende
-Bemerkungen über Syrien nach seinen topographischen
-Eigenthümlichkeiten, sowie über die Leute, die es bewohnen, nach den
-Verschiedenheiten ihrer religiösen Grundansichten voraus. Zuerst</p>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_13" id="Seite_13">[S. 13]</a></span></p>
-
-<h3 id="Einige_geographische_Bemerkungen">Einige
-geographische Bemerkungen über Syrien.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Das eigentliche <em class="gesperrt">Syrien</em> gränzt im Norden an Kleinasien, im Westen
-ans Mittelmeer, im Süden an Egypten und im Osten an Arabien, also,
-daß es mit letzterem umfangsreichen Lande gleichsam eine große Insel
-bildet, welche vom mittelländischen und rothen Meere, dem Ozean, dem
-persischen Meerbusen und dem Euphrat umspült wird.</p>
-
-<p>Syrien sticht mehr oder minder schroff ab gegen das Egyptenland, nehme
-man die Einwohner, den Himmelsstrich oder das Erdreich in Anschlag.
-Egypten hat einen flachen Boden, der ein Thal mit einem der größten
-Ströme unseres Erdenrundes vorstellt; Syrien dagegen wird von einer
-Menge Thäler durchschnitten, woneben Hügel und Berge, am Maßstabe
-fünf Sechstheile, sich erheben. Eine Gebirgskette zieht durch ganz
-Syrien, Schritt für Schritt mit der Küste des Mittelmeeres, nur einige
-Wegstunden davon. Der Libanon (der Weiße) und ihm gegenüber der
-Antilibanon, der Thabor und der Karmel, der Oelberg und der Hebron,
-wem sind diese Kuppen des Gebirges nicht bekannt? Der Orontes und
-der Jordan (el-Arden), die Hauptflüsse Syriens, entspringen auf dem
-Antilibanon. Denn <em class="gesperrt">der</em> und der Libanon schürzen den Knoten des
-ganzen Gebirges. Von da fließt der Orontes gegen Mitter<span class="pagenum"><a name="Seite_14" id="Seite_14">[S. 14]</a></span>nacht; ihm zur
-Linken Berg an Berg, zur Rechten theilweise Arabien. So wälzt er seine
-Gewässer über siebenzig Wegstunden fort und schüttet es in die See,
-nahe an der Bucht von Antiochien. Der Jordan entquillt keine zwanzig
-Wegstunden vom Orontes, richtet sich von Mitternacht gegen Mittag und
-verliert sich im todten Meere oder asphaltischen See (Birket-Luth),
-welcher von den Jordanquellen bei vierzig Wegstunden abliegt.</p>
-
-<p>In manchen Gegenden von Syrien regnet es ungefähr wie in heißern
-Gegenden Europas. Das Klima ist im Ganzen sehr gesund. Viele Lagen
-des Landes sind reizend. In Menge gibt es Berge und Thäler mit
-zahlreichen Weiden, worauf große Viehherden sich nähren. Man sieht
-Bäume gar verschiedener Art, vor allem viel Oelbäume. Die christlichen
-Dorfbewohner, auch die Drusen bereiten vorzüglichen Wein.</p>
-
-<p>Die ganze Statthalterei zerfällt in vier Paschalik: dasjenige
-von Tripolis und Akre, Aleppo und Damaskus. Zu letzterem gehört
-das alte heilige Land. Alle Paschalik wurden im Jahre 1833 von
-<em class="gesperrt">Ibrahim-Pascha</em>, dem Stiefsohne des Vizekönigs von Egypten,
-erobert und demzufolge vom türkischen Kaiser demselben abgetreten.</p>
-
-<p>Haleb und Damask übertreffen an Größe und Wichtigkeit weit alle übrigen
-Städte Syriens. Am Mittelmeere ist<span class="pagenum"><a name="Seite_15" id="Seite_15">[S. 15]</a></span> Beirut (<span class="antiqua">Berytus</span>) noch am
-wichtigsten mit seinem ziemlich sichern und geräumigen Hafen, in den
-europäische Kauffahrer nicht sehr selten einlaufen.</p>
-
-<p>Beinahe von allen Kriegen des elften, zwölften und dreizehnten
-Jahrhunderts, als den blutigen Begleitern der Kreuzzüge, wurde Syrien
-heimgesucht; am drückendsten die drei Städte Jaffa und Akre und
-Damaskus. Bis auf den heutigen Tag sind die Spuren von den Waffen
-und dem Aufenthalte der alten Kreuzfahrer, welcher Jahrhunderte lang
-dauerte, nicht verwischt.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Einige_Bemerkungen">Nun einige Bemerkungen über
-die verschiedenen Religionsbekenntnisse der Bewohner in Syrien.</h3>
-
-</div>
-
-<p>I. Der <em class="gesperrt">Mohammetanismus</em> heißt auch <em class="gesperrt">Islamismus</em>,
-nach dem arabischen Worte <em class="gesperrt">Islam</em>, welches <em class="gesperrt">Ergebenheit in
-Gott</em> bedeutet. Vom berühmten <em class="gesperrt">Mohammet</em> gestiftet, begann
-er in Arabien gegen das Jahr 611 der christlichen Zeitrechnung. Wie
-damals das Juden- und Christenthum unter den Arabern große Fortschritte
-machte und der Stamm, dem <em class="gesperrt">Mohammet</em> angehörte, der Abkunft von
-<em class="gesperrt">Abraham</em> und <em class="gesperrt">Ismael</em> sich rühmte, so glaubte der neue
-Prediger beiden Religionen einige Grundansichten abborgen zu dürfen,
-um sie in diejenige Religion<span class="pagenum"><a name="Seite_16" id="Seite_16">[S. 16]</a></span> überzutragen, welche er zu stiften im
-Begriffe war. Er nahm das alte und neue Testament großentheils an,
-indem er <em class="gesperrt">Moses</em>, <em class="gesperrt">David</em> und <em class="gesperrt">Jesus</em> als Gesandte
-Gottes anerkannte. Er aber ging von der Ansicht aus, daß ihre Lehren
-mit der Zeit verderbt worden seien, und behielt sich darum vor, der
-wahren Verehrung des höchsten Wesens auf dem ganzen Erdkreise Bahn zu
-brechen.</p>
-
-<p>Die <em class="gesperrt">Hauptglaubenslehren</em> des Islams sind: Es ist nur <em class="gesperrt">ein</em>
-Gott (Allah uhu) und außer Gott ist kein Gott, und <em class="gesperrt">Mohammet</em>
-ist sein Prophet (Nabi). Es gibt böse und gute Engel. Jene verfolgen
-unablässig den Menschen, damit er Böses thue; diese sind von Gott
-beauftragt, ihn auf dem Wege der Versuchung im Guten zu unterstützen.
-Das Schicksal eines Jeglichen, das Gute, wie das Böse, ist
-vorausbestimmt und erfolgt unabänderlich, was man <em class="gesperrt">Fatalismus</em>
-heißt. Die Seele ist unsterblich, und am jüngsten Gerichte wird
-Jeder den Lohn nach seinen Werken empfangen. Unter dem heißen Himmel
-gleichsam glühend, suchen die Moslim ihr größtes Gut in den sinnlichen
-Vergnügungen und glauben auch, daß die Auserwählten des Himmels
-inmitten frischer Gebüsche, am Gestade lauterer Bäche, am Rande reicher
-Brunnquellen ruhen, umgeben von den verführerischen Huris mit ihren
-schönen, immerdar jugendlichen Augen, umkoset von jenen<span class="pagenum"><a name="Seite_17" id="Seite_17">[S. 17]</a></span> Jungfrauen,
-welche nichts zu thun haben, als den Seligen Genuß zu verschaffen.</p>
-
-<p>Die <em class="gesperrt">Hauptsittenlehren</em> sind überhaupt Ehrerbietung, Vertrauen
-und Gehorsam gegen Gott, Gerechtigkeit, Versöhnlichkeit und
-Mildthätigkeit gegen die Menschen und Gehorsam der Kinder gegen
-die Aeltern. Insbesondere aber wird den Gläubigen vorgeschrieben:
-1) Die Reinlichkeit, zumal durch die Waschungen. 2) Das Gebet. Es
-wird im Tage fünfmal verrichtet, allein oder mit Andern und wo? ist
-freigestellt; nur am Freitage muß es in der Moschee oder in Versammlung
-geschehen. Obgleich dieser Tag der eigentlich Gott geweihete Tag ist,
-so können dennoch die Gläubigen an demselben die Zeit vor und nach dem
-Gottesdienste mit Arbeiten zubringen, welche jeder Stand und Beruf
-erfordert. Lediglich zwei Feste verlangen gänzliche Ruhe der Arbeit,
-nämlich das große und kleine Bairam. 3) Das Fasten durch einen Monat
-(Ramasan), während dessen man die ganze Tageszeit hindurch weder
-Speisen, noch Getränke zu sich nehmen, selbst nicht Tabak rauchen darf.
-4) Das Entrichten des Zehnten. 5) Die Wallfahrt nach dem Heiligthume
-zu Mekka, welche jeder freie Mohammetaner wenigstens einmal in seinem
-Leben unternehmen soll, insofern seine Gesundheit es zuläßt.</p>
-
-<p>Das Beispiel der alten Araber und <em class="gesperrt">Ismaels</em>, des<span class="pagenum"><a name="Seite_18" id="Seite_18">[S. 18]</a></span> Sohnes
-<em class="gesperrt">Abrahams</em>, befolgend, verrichten die Mohammetaner die
-Beschneidung. Sie unterscheiden nach <em class="gesperrt">Moses</em> die unreinen Thiere.
-Der Islam verbietet den Genuß des Weins und jedes andern berauschenden
-Getränkes. Hingegen gestattet er dem Manne zur nämlichen Zeit vier
-Weiber und daneben so viel Beischläferinnen (Sklavinnen), als er halten
-will oder kann.</p>
-
-<p>Die Lehren und Vorschriften der Moslim stehen geschrieben in einem
-Buche, welches man nach dem Arabischen <em class="gesperrt">el-Koran</em> nennt.
-Die Anhänger geben vor, daß die verschiedenen Abschnitte dieses
-Buches von Zeit zu Zeit <em class="gesperrt">Mohammet</em>, ihrem Propheten, von dem
-Erzengel <em class="gesperrt">Gabriel</em> geoffenbaret worden seien. Ausgenommen die
-Lehrsätze des Glaubens, handelt der Koran auch von der Sittenlehre,
-von der Ehe, von der Scheidung, der Nachfolge. Mit einem Worte, er
-vertritt, in dem religiösen Gewande, mehr oder minder ein Zivil- und
-Kriminalgesetzbuch. Da er arabisch abgefaßt ist, so wurde diese Sprache
-die heilige der Perser, Türken und anderer mohammetanischer Völker,
-welche sämmtlich darin übereinstimmen, daß sie ihre Zeitrechnung mit
-der im Jahre <em class="gesperrt">Christi</em> 622 erfolgten Flucht <em class="gesperrt">Mohammets</em> von
-Mekka nach Medina beginnen. Diese Zeitrechnung nennen sie Hedschra,
-was <em class="gesperrt">Auswanderung</em> oder <em class="gesperrt">Flucht</em> bedeutet. Das Jahr der
-Mohammetaner ist<span class="pagenum"><a name="Seite_19" id="Seite_19">[S. 19]</a></span> übrigens ein Mondenjahr, das heißt, es zählt elf Tage
-weniger, als das unsrige.</p>
-
-<p>Unter den Mohammetanern gibt es ebenfalls Leute, welche ein frommes
-Leben in der Zurückgezogenheit wählen. Diese Art von Mönchen wird
-mit einem Namen belegt, welcher einen Dürftigen bezeichnet; im
-Arabischen <em class="gesperrt">Fakir</em>, im Türkischen und Persischen <em class="gesperrt">Derwisch</em>.
-Diejenigen, welche sich einem beschaulichen Leben überlassen, tragen
-den Namen <em class="gesperrt">Ssûfi</em>. Die mohammetanischen Mönche bilden verschiedene
-Orden, deren Alter auf die ersten Khalife zurückreicht. Die meisten
-<em class="gesperrt">Brüder</em>, wie sie sich gegenseitig nennen, haben ein strenges
-Noviziat und lange Prüfungen zu bestehen, bevor sie in den Orden
-aufgenommen werden. Viele leben gemeinsam in einem Kloster; Andere
-führen ein Einsiedlerleben; noch Andere lassen sich in einer Gegend
-nieder, oder ziehen Land auf Land ab. Allen steht es frei, ihren
-Stand zu ändern und das Leben so einzurichten, wie es ihnen am beßten
-gefällt. Die meisten Brüder, welche einem beschaulichen Leben sich
-ergeben, befleißen sich einer Weltüberwindung, die man nicht weiter
-treiben könnte, und beträchtlich ist die Anzahl Bücher, worin ihre
-Hirngespinste verzeichnet sind. Die anderen Brüder dagegen, welche die
-Welt lieben, leben zügellos, und man vermag nichts so Ausschweifendes
-auszusprechen, das von ihnen nicht be<span class="pagenum"><a name="Seite_20" id="Seite_20">[S. 20]</a></span>gangen würde. Solche heißen
-<em class="gesperrt">Kalendris</em> und <em class="gesperrt">Santone</em>.</p>
-
-<p>Die mohammetanische Kirche war zu allen Zeiten in viele Sekten
-gespalten, welche, nicht besser, als die Christen gegen einander,
-sich grausam bekriegten. Der Krieg hob gleich nach dem Ableben
-<em class="gesperrt">Mohammets</em> das Haupt empor. Der Prophet vergaß, seinen
-Neffen und den Gemahl seiner eigenen Tochter <em class="gesperrt">Fatima</em>, mit
-Namen <em class="gesperrt">Ali</em>, zu seinem Nachfolger zu erklären. Als daher die
-Anhänger <em class="gesperrt">Mohammets</em> das Khalifat nach einander <em class="gesperrt">Abubeker</em>,
-<em class="gesperrt">Omar</em> und <em class="gesperrt">Othman</em> übertrugen, gab es damals Rechtgläubige,
-welche wider die Ungerechtigkeit Lärm schlugen und sich weigerten,
-einen andern für einen gesetzlichen Fürsten anzuerkennen, als
-<em class="gesperrt">Ali</em>. Wie dann später dieser zum Khalifen erhoben ward, warfen
-sich viele von den Widersachern gegen ihn auf, und der Bürgerkrieg
-tränkte mit Blut alle Gegenden, in welchen das neue Gesetz Eingang
-fand. Dies ist der Ursprung der beiden Hauptsekten, in welche heute
-noch die Anhänger <em class="gesperrt">Mohammets</em> zerfallen, und welche von diesen
-durch die Namen <em class="gesperrt">Sunniten</em> und <em class="gesperrt">Schiiten</em> unterschieden
-werden.</p>
-
-<p>II. Das <em class="gesperrt">Judenthum</em> zählt eine große Anzahl von Gläubigen
-fast im ganzen Morgenlande, vorzüglich aber in Syrien, wo viele von
-ihnen heilig gehaltene Denkmäler<span class="pagenum"><a name="Seite_21" id="Seite_21">[S. 21]</a></span> angetroffen werden. Diese Religion
-nimmt keine andere Offenbarung an, als die Jehovas durch <em class="gesperrt">Moses</em>
-und die Propheten für das auserwählte Volk. Die Juden, oder, wie man
-sie auch heißt, die Hebräer oder Israeliten betrachten in Gott nur
-eine Person. Ihre heiligen Bücher sind das <em class="gesperrt">alte Testament</em>, zum
-größten Theile in hebräischer Sprache geschrieben. Sie erwarten die
-Ankunft eines Messias, welcher für die Gläubigen ein großes Reich
-gründen soll. Sie nehmen die Beschneidung vor, haben viel Zeremonien
-und heiligen den Sabbath. Als sie Judäa im Besitze hatten, standen
-ihnen Opferpriester vor, genannt <em class="gesperrt">Leviten</em> nach dem Stamme
-<em class="gesperrt">Levi</em>. Statt derselben lehren nun Meister in der Schrift, unter
-dem Namen <em class="gesperrt">Rabbiner</em>, in den Synagogen oder in den jüdischen
-Tempeln das Gesetz. Auch diese Religion zählt ihre Spaltungsgläubigen.
-Am meisten geltend machten sich die <em class="gesperrt">Talmudisten</em> und
-<em class="gesperrt">Rabbinisten</em>, letztere so geheißen wegen ihrer Achtung für die
-Lehren der Rabbiner, erstere wegen ihrer Verehrung des <em class="gesperrt">Talmud</em>,
-eines Buches, das viel gute, mitunter aber auch wenig gesunde Dinge
-enthält.</p>
-
-<p>III. Mitten unter Mohammetanern und Maroniten leben die
-<em class="gesperrt">Drusen</em> auf den Bergen Libanon und Antilibanon. Sie machen aus
-ihrem Glaubensbekenntnisse, einem<span class="pagenum"><a name="Seite_22" id="Seite_22">[S. 22]</a></span> bunten Gemische christlicher und
-mohammetanischer Religionsvorschriften, ein großes Geheimniß. Sie
-hassen die Mohammetaner, bekennen sich aber äußerlich doch zum Islam.
-Sie wollen die Nachkommen jener Christen sein, welche in den ersten
-Zeiten des Nazarenismus über den Jordan sich zurückgezogen hatten. Die
-Akal sind eine Art Priester; selbst Weiber werden in den Orden der
-Akal aufgenommen. Dieselben stehen dem Gottesdienste in den Kapellen
-oder Khalue vor. Die Kinder werden bei den Drusen nicht beschnitten.
-Gastfreundlichkeit wird an dieser Völkerschaft vor Allem gepriesen.</p>
-
-<p>IV. Unter den eigentlichen <em class="gesperrt">Christen</em> versteht man
-solche, welche, ohne an die Lehren <em class="gesperrt">Moses</em> und der Propheten
-sich ausschließlich und streng zu binden, an die Offenbarung im neuen
-Testamente, an <em class="gesperrt">Christus</em>, an die Vergebung der Sünden und an
-die Auferstehung des Fleisches glauben. Sie nehmen die Taufe vor und
-feiern den Sonntag. Von so vielen Glaubensbekenntnissen, in die sich
-die Christen theilen, nimmt man in Syrien neun wahr, welche sämmtlich
-einige Priester in Jerusalem und zum Theil im großen Tempel des
-<em class="gesperrt">Christus</em>-Grabes unterhalten.</p>
-
-<p>1. Die <em class="gesperrt">griechische</em> oder morgenländische <em class="gesperrt">Kirche</em>. Die
-Hauptunterschiede derselben von der römisch-katholischen<span class="pagenum"><a name="Seite_23" id="Seite_23">[S. 23]</a></span> Kirche
-betreffen die hierarchische Selbstständigkeit außer der Linie der
-päpstlichen Oberherrschaft, die Lehre, wonach der heilige Geist nur vom
-Vater ausgeht, das Abendmahl unter zwei Gestalten und die Priesterehe.
-Die Griechen haben sieben Sakramente, welche sie <em class="gesperrt">Geheimnisse</em>
-nennen; allein sie verknüpfen damit nicht den gleichen Begriff, wie
-die Lateiner. Sie betrachten nur zwei als von Gott eingesetzt, nämlich
-die Taufe und das Abendmahl. Die übrigen fünf Sakramente halten sie
-für Anordnungen der Kirche. Sie verrichten die Firmelung zugleich mit
-der Taufe, welche letztere in einer dreimaligen Eintauchung des ganzen
-Körpers in Wasser besteht. Sie verwerfen die Unauflöslichkeit der Ehe,
-z. B. bei Ehebruch, und sie verbieten das Heirathen zum vierten Male.
-Sie unterwerfen sich den strengsten und den härtesten Bußübungen. Sie
-halten an den Beschlüssen der ersten und zweiten nizänischen, der
-ersten, zweiten und dritten konstantinopolitanischen, der ephesischen
-und chalcedonischen ökumenischen (allgemeinen) Kirchenversammlung. Der
-ökumenische Patriarch in Konstantinopel gilt als das Oberhaupt der
-nicht-russischen Kirche.</p>
-
-<p>2. Die <em class="gesperrt">armenische Kirche</em>, welcher beinahe alle Armenier
-angehören. Diese Christen begehen wenig Feste, und verwerfen die
-Verehrung der Heiligen. Sie haben etliche Patriarchen. Der erste unter
-ihnen führt den Titel:<span class="pagenum"><a name="Seite_24" id="Seite_24">[S. 24]</a></span> <em class="gesperrt">Katholikos</em>, und hat seinen Sitz in
-Etschmiazim bei Eriwan. Ihre Abweichungen von der lateinischen Kirche
-stimmen mit denen der griechischen ungefähr überein. Viele Armenier
-traten in den Schooß der römischen Kirche.</p>
-
-<p>3. Die <em class="gesperrt">Kopten</em>, die auch unter dem Namen der Christen von
-Egypten, Nubien und Habesch bekannt sind. Diese Monophysiten haben die
-Verehrung der Bilder angenommen, und zwei Sonderbarkeiten zeichnete
-sie aus: Sie behielten, obschon sie die Taufe einführten, die
-Beschneidung bei, welche indeß mehr als angeerbte alte Volkssitte,
-denn als religiöse Zeremonie angesehen werden darf; sie heiligen den
-Sonntag und einen Theil des Sabbaths. Ihr Patriarch, ziemlich arm,
-hat seinen Sitz in Kairo, den Titel: <em class="gesperrt">Patriarch von Alexandrien und
-Jerusalem</em>, und er bestellt für Habesch einen Generalverweser,
-welcher <em class="gesperrt">Abunak</em> heißt.</p>
-
-<p>4. Die <em class="gesperrt">Kirche der Maroniten</em>, genannt nach <em class="gesperrt">Maron</em>,
-ihrem Stifter, der im fünften Jahrhunderte lebte, und welcher der
-Kirche eine eigene Verfassung gab. Die meisten Maroniten halten
-sich am Berge Libanon und in Zypern auf. Sie unterwerfen sich den
-Beschlüssen der vier ersten ökumenischen Kirchenversammlungen, und
-erkennen in <em class="gesperrt">Christus</em> eine Person und zwei Naturen. Allein als
-<em class="gesperrt">Monotheleten</em> lassen sie diesen zwei Naturen nur<span class="pagenum"><a name="Seite_25" id="Seite_25">[S. 25]</a></span> einen Willen
-zu. Ein großer Theil dieser Glaubensbekenner schloß sich den Lateinern
-an, hielt jedoch beinahe an allen Gebräuchen der morgenländischen
-Kirche fest. Diesen Maroniten wird das Oberhaupt von Rom gegeben. Es
-führt den Titel: <em class="gesperrt">Patriarch von Antiochien</em>, und wohnt im Kloster
-auf dem Libanon.</p>
-
-<p>5. Die <em class="gesperrt">chaldäische</em> (syrische) oder <em class="gesperrt">Nestorianische Kirche</em>.
-Ihre Anhänger verwerfen die Beschlüsse der dritten, zu Ephesus
-gehaltenen ökumenischen Kirchenversammlung, wo ihre Lehre verdammt
-wurde. Sie nehmen in <em class="gesperrt">Christus</em> zwei <em class="gesperrt">Personen</em> an, und
-weigern sich, <em class="gesperrt">Marien</em>, der Gattin <em class="gesperrt">Josefs</em>, den Namen
-Gottesgebärerin zu verleihen. Sie verabscheuen die Verehrung der
-Bilder. Seit dem Jahr 1599 vereinigten sich viele <em class="gesperrt">Nestorianer</em>
-mit den römischen Katholiken, unter Vorbehalt der Priesterehe und des
-Abendmahls in zwei Gestalten.</p>
-
-<p>6. Die Kirche der <em class="gesperrt">Eutychianer</em> oder <em class="gesperrt">Monophysiten</em> heißt
-nur die drei ersten ökumenischen Kirchenversammlungen gut, und nimmt
-in <em class="gesperrt">Christus</em> einzig die Mensch gewordene göttliche Natur an.
-Deswegen wird das Zeichen mit einem Finger gemacht.</p>
-
-<p>7. Die <em class="gesperrt">Jakobiten</em>. Sie nennen sich also nach <em class="gesperrt">Jakob
-Baradai</em>, einem syrischen Mönche des sechsten Jahrhunderts, welcher
-in der Absicht Syrien und Mesopotamien<span class="pagenum"><a name="Seite_26" id="Seite_26">[S. 26]</a></span> durchzog, um die Monophysiten
-in eine Kirche zu vereinigen. Er brachte sie in der That unter eine
-kirchliche Oberherrschaft. Sie stehen unter zwei Patriarchen, unter
-dem syrischen zu Diarbeker oder Aleppo und unter dem mesopotamischen
-im Kloster Saphran bei Medin. Die Jakobiten haben mit den koptischen
-Christen die Gewohnheit der Beschneidung gemein, verehren die Bilder,
-und die meisten traten zur lateinischen Kirche über, indem sie jedoch
-einigen eigenthümlichen kirchlichen Gebräuchen forthuldigten.</p>
-
-<p>8. Die alte abendländische, die lateinische oder <em class="gesperrt">römisch-katholische
-Kirche</em>. Alle Welt weiß, daß sie den römischen Papst als
-Statthalter <em class="gesperrt">Jesu Christi</em> und ihr Oberhaupt anerkennt,
-welchem die meisten Lateiner die Eigenschaft der Unfehlbarkeit in
-Glaubenssachen ausschließlich zutrauen. Die Römischen haben sieben
-von Gott eingesetzte Sakramente; sie verrichten die Taufe durch
-Begießung mit Wasser; sie nehmen beim Abendmahle die Verwandlung an;
-sie halten Ohrenbeichte, verehren Heilige, glauben an ein Fegfeuer,
-thun Werke der Buße, empfangen Ablaß der Sünden, die Mönche werden
-durch Gelübde gebunden, die Priester müssen im ledigen Stande leben.
-Die Kirchenversammlungen sind unfehlbar, nicht bloß die allgemeinen,
-welche vor der Trennung der morgenländischen und abendländischen
-Kirche gehalten wurden, mit Ausnahme des<span class="pagenum"><a name="Seite_27" id="Seite_27">[S. 27]</a></span> <span class="antiqua">Concilium Trullanum</span>
-oder <span class="antiqua">Quinisextum</span>, sondern auch viele andere. Die letzte
-Kirchenversammlung war in Trient vom Jahre 1545 bis 1563.</p>
-
-<p>9. Man darf sich nicht wundern, daß die abendländischen
-Christen ohne ein sichtbares Oberhaupt der Kirche, nämlich die
-<em class="gesperrt">Protestanten</em>, welche für die Bekehrung der Heiden eine rastlose
-Thätigkeit entwickeln, auch Geistliche aufweisen können, die, aus
-Religionsabsichten, in Jerusalem festen Sitz genommen haben.</p>
-
-<p>Die Mannigfaltigkeit der Religionsbekenntnisse fordert zur ernstesten
-Betrachtung auf. Es ehren bis auf diesen Tag die Menschen Gott auf ihre
-verschiedenen Weisen, trotz des Glaubenszwanges, trotz der Bannflüche,
-trotz der Blutströme. Dem überstrengen Vater entläuft der Sohn im
-Augenblicke seiner Ermannung. Die Sadduzäer, die abendländischen
-Christen, die Protestanten waren nicht aus sich selbst erzeugt, sondern
-sie hatten ihre rechtmäßigen Erzeuger in dem Pharisäismus, in der
-morgenländischen Kirche, in dem römischen Papstthume. Wir feiern die
-Männer, welche Duldsamkeit predigen. Wie todt muß die Wahrheit der
-Geschichte sein. Die Duldsamkeit sollte sich wohl von selbst verstehen.</p>
-
-<p>So viel als einleitende Bemerkungen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_28" id="Seite_28">[S. 28]</a></span></p>
-
-<h3 id="Gaza">Gaza.</h3>
-
-</div>
-
-<p><em class="gesperrt">Gaza</em>, sprich Gâsa, liegt reizend auf einer kleinen Anhöhe, drei
-Viertelstunden vom Meere (vom alten Hafen Majumas). Gegen Aufgang
-stellt sich der Hebron. Bäume, Fruchtfelder und Wiesen wechseln in der
-Umgegend, um das Auge zu ergötzen. Eben sah ich die Kühe im Grünen
-friedlich weiden. Die Stadt ist nicht groß, und enthält, nach den
-Versicherungen des Militärarztes daselbst, <span class="antiqua">Dr.</span> <em class="gesperrt">Tarabra</em>,
-eines durchaus kenntnißreichen und einsichtsvollen Mannes, sechs-
-bis siebentausend Einwohner. Die Gassen sind schmal, krumm, uneben,
-ungepflastert; die einen Häuser haben platte, andere dagegen
-kuppelförmige Dächer. Die Moschee, einst eine griechische Kirche, ist
-groß und schön. Man findet viele alte Ruinen, z. B. Säulen mit Knäufen,
-und Nachgrabungen müßten Schätze aufdecken.</p>
-
-<p>Die Bevölkerung ist weiß; viele Männer zeichnen sich durch Schönheit
-aus; das verschleierte Antlitz der Frauenspersonen entzieht sich
-der Beurtheilung; die Kinder sind blaß oder gelblich. Die Bassar
-durchrauschet viel Leben. Unweit von denselben erblickte ich wieder die
-Zelte unsers Kontumaznachbars <em class="gesperrt">Mustafa-Bei</em> und in ihren Sternen
-viel Freundlichkeit.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_29" id="Seite_29">[S. 29]</a></span></p>
-
-<p>Ich hatte eine Empfehlung an den <span class="antiqua">Dr.</span> <em class="gesperrt">Tarabra</em>, welcher
-mich sehr gastfreundlich aufnahm und behandelte. Ich verdanke ihm,
-außer den Mittheilungen über die Größe der Bevölkerung, noch andere,
-welchen ich hier zum Theile einen Platz anweisen werde. Die arabischen
-Weiber empfangen in Gaza sehr leicht; sie gebären ohne Hebammen, selten
-aber fünf bis sechs Male. Als die Pest ihre Verheerungen anrichtete,
-mußte <em class="gesperrt">Tarabra</em>, in der Eigenschaft eines Physikus der Provinz,
-alle Todesfälle bewahrheiten, und da fand er das Verhältniß der
-gestorbenen Kinder zu den gestorbenen Erwachsenen wie 5 zu 1. Dieses
-Verhältniß beweiset eine schreckliche Sterblichkeit der Kinder,
-selbst wenn sich dasselbe wie 3 zu 1 umwendet. Am meisten klagte
-<em class="gesperrt">Tarabra</em> über die griechischen Weiber. Durch ihr unsinnig
-strenges Fasten, welches sich beinahe einzig auf schlecht gekochte
-Linsen und Oliven beschränke, bedingen sie die Absonderung einer
-schlechten Milch, welche den Säugling bisweilen nicht zu ernähren
-vermöge. Er sah sich bewogen, den griechischen Bischof deshalb um
-Dispensen anzugehen. Die Bewohner von Gaza leiden vorzugsweise
-an Rheumatismen und Katarrh (nicht aber an Lungenkatarrh). Oft
-verschlimmern sie letztere Krankheit durch die landesüblichen Bäder.
-Auch kommt der Scharbock nicht selten vor. Die Araber werfen sich am
-liebsten in die Arme<span class="pagenum"><a name="Seite_30" id="Seite_30">[S. 30]</a></span> unwissender Menschen. Eine große Plage anderer
-Länder, nämlich die Lungenschwindsucht, geißelt die Einwohner von
-Gaza sehr selten, und hier dürfte vielleicht der Schwindsüchtige mehr
-Linderung hoffen, als in dem gepriesenen Nizza.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Fortsetzung_der_Reise_nach_Jerusalem">Fortsetzung
-der Reise nach Jerusalem.</h3>
-
-</div>
-
-<div class="blockquot">
-
-<p>Allee; Um- und Unfall; Ebene Sephela; Aushaltigkeit der Thiere;
-verführerischer Weg; Nutzen des Hundegebells; Länge des
-Philisterlandes; Freude über eine fränkische Herberge in Ramle.</p>
-
-</div>
-
-<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 27. Wintermonat.</em></p>
-
-<p>Ich faßte ungerne den Entschluß, das anmuthige Gaza so bald zu
-verlassen.</p>
-
-<p>In Egypten zauderte ich immer noch mit der Ausführung der Reise
-nach Asien. Wäre sie unterblieben, ich würde einen unverzeihlichen
-Unterlassungsfehler begangen haben.</p>
-
-<p><span class="antiqua">Dr.</span> <em class="gesperrt">Tarabra</em> hatte die Güte, Alles für die Abreise
-zu veranstalten. Die Regierung raffte für den Bedarf der nach
-Arabien beorderten Truppen alle Kameele zusammen, und ohne die
-menschenfreundlichen Bemühungen meines Kunstgenossen für die Auswirkung
-eines Regierungsbefehles würde ich zuversichtlich keines sogleich
-bekommen haben.<span class="pagenum"><a name="Seite_31" id="Seite_31">[S. 31]</a></span> Ich nahm in dankbaren Ausdrücken Abschied von meinem
-Gastfreunde, und schwang mich auf das Kameel; mein ganzes Gepäcke lag
-neben und unter mir. Einen Schritt vor Gaza wurde ich angehalten. Die
-Sonne ging immer höher, ohne daß ich um die Ursache des Stillstandes
-wußte. Es sammelten sich immer mehr Zuschauer um mich herum. Endlich
-verlor ich &mdash; die Geduld. Ich krächzte in der Sprache der Kameeltreiber
-ch ch, das Kameel fiel auf die Kniee, und ich stieg ab, im Vorhaben,
-bei <em class="gesperrt">Tarabra</em> meine Klage vorzubringen. Im Nu kam mein Treiber
-auf einem Esel dahergeritten. Wahrscheinlich wollte man durch die
-Verzögerung ein Geschenk erzwingen, oder der Treiber harrte auf der
-Lauer, um Zeit zu gewinnen, damit ich heute nicht mehr in Ramle
-anlange. Kurz, jetzt ging es.</p>
-
-<p>Der Weg zog durch einen Wald alter, in Menge zerklüfteter, in
-regelmäßigen Reihen stehender Oelbäume. Gaza muß nach dem Zeugnisse
-unserer Tage ehedem von großer Bedeutung gewesen sein.</p>
-
-<p>Wenn man die ausgetretenen Wege besieht, so träumt man sich hinter
-Jahrtausende zurück, da auf ihnen der Fuß der Menschen, um nur der
-alten Kananäer, Philister und Juden zu gedenken, schon wandeln
-mochte; überschaut man den Boden des Feldes, so wird man seine Güte
-lob<span class="pagenum"><a name="Seite_32" id="Seite_32">[S. 32]</a></span>preisen, daß er ohne Speisung fort und fort mit Ueppigkeit die
-Früchte hervorbringt.</p>
-
-<p>Beinahe mitten auf dem Wege nach Ramle hatte mein Thier einen
-kerngesunden Einfall. Um den Reiter los zu werden, fiel es auf die
-Kniee und legte sich auf die Seite. Ich kroch vom Sattel hinweg. Mit
-bestaubten Kleidern setzte ich mich sogleich wieder auf das Kameel,
-welches dann ohne weitere Umfälle den Weg fortsetzte.</p>
-
-<p>Der Kalkstein senkt sich von Südwest nach Nordost, und guckt mit seinen
-Höckern hie und da hervor. Die Erde ist fahl bis gegen Ramle, wo sie
-röthlich zu werden beginnt.</p>
-
-<p>Etwa an acht Dörfern auf der Ebene Sephelah kam ich vorüber. Wie nahe
-ich an den alten Ortschaften Askolon, Astod, Gath, Jabueh und Ekron
-vorüberritt, vermag ich freilich nicht zu bestimmen. So viel ist gewiß,
-daß kein <em class="gesperrt">fließender</em> Bach, weder der Eschkol (Traubenbach), noch
-der Jarkon, überschritten wurde, und die gerühmten Weinpflanzungen
-entgingen meinem Auge. Die Häuser Sephelahs stehen alle städteartig
-beisammen. Weil sie niedrig und die Dächer bauchig oder gewölbt sind,
-so erkennt man von der Ferne ein Dorf mit einiger Schwierigkeit; anders
-verhält es sich, wenn der Giebel hoch aufragt. Das palästinische
-Dorf sieht häßlich aus. Die Häuser sind von unbearbeiteten Steinen
-aufgeführt, die Dächer derselben sehr<span class="pagenum"><a name="Seite_33" id="Seite_33">[S. 33]</a></span> dick, mit einer feuerfesten
-Rinde von Erde, so daß sich darauf hie und da ein geschlossenes Grün
-ansetzt. Dieser Umstand vermehrt noch die Schwierigkeit, mit der man
-ein Dorf aus der Ferne erkennt.</p>
-
-<p>Die Weiber auf dem Felde, deren Gesichter ich mit meinem Auge gleichsam
-erhaschen konnte, waren hübsch. Andern sah ich nur einen Streifen
-vom Antlitze, welches der Schleier in ein noch größeres Geheimniß
-verhüllte, als bei den Egypzierinnen.</p>
-
-<p>Bis Ramle sind zwölf Kameelstunden. Das Thier mußte diesen Weg
-unaufhörlich gehen, ohne daß es Nahrung bekam. Selbst dem kleinen Esel
-ward kein besseres Loos zu Theil, und durch den größten Theil des Weges
-trug er den Führer. Die Thiere halten im Morgenlande mehr aus, als in
-Europa. Sind sie etwa in diesem Welttheile verwöhnt oder verzärtelt?
-Ich sah, erzählt <em class="gesperrt">Wesling</em>, unter der heißen Sonne ziemlich locker
-angebundene Pferde der Beduinen mit zwei oder vier Loth Wasser für
-einen ganzen Tag und eine ganze Nacht hinlänglich gelabt werden.</p>
-
-<p>Zwei Männer zu Esel schloßen sich nicht weit von Gaza als
-Reisegefährten an. Bei einem Dorfe wollte einer von ihnen links auf
-einen kleinen Weg mich leiten, der mir ein verführerischer Feldweg zu
-sein schien. Ich sagte: <em class="gesperrt">Nein</em>, ritt rechts davon, und man folgte
-mir auf dem wirklich<span class="pagenum"><a name="Seite_34" id="Seite_34">[S. 34]</a></span> richtigen Wege. Etwa drei Stunden von Ramle
-verließen mich diese Leute, und lenkten in ein Dorf, wohin sie auch
-mich locken wollten. Uebrigens darf ich nicht verschweigen, daß dieser
-Reisegefährten einer mir eine Mütze einhändigte, die ich verloren
-hatte. Es scheint der gute Eindruck noch nachgewirkt zu haben, den er
-dadurch bekommen mochte, daß ihm ein wenig Speisen aus meinem Vorrathe
-dargereicht wurden. Ich gab sie zwar nicht ihm selbst, sondern dem
-Treiber; allein die Araber haben es im Brauche, die Speisen Andern
-mitzutheilen, und dem Geber in aufrichtiger Gefälligkeit erkenntlich zu
-sein.</p>
-
-<p>Ich hätte wohl ein ganzes Register von Klagen über meinen Treiber. Er
-war ein junger, unbärtiger Kerl, und wußte nicht einmal den Weg nach
-Ramle. Darum fragte er oft darnach; darum wollte er das Uebernachten
-in einem Dorfe erpochen. Die Sonne war untergegangen, und ich ritt
-mit diesem unwissenden Jungen. Gegen acht Uhr hörte ich das Gebell
-eines Hundes. Dasselbe gab mir die Gewißheit, daß ich von Hunden und
-&mdash; folglich auch von Leuten nicht mehr ferne sei. So unwillkommen das
-Hundegebell sonst, so willkommen war es mir dieses Mal.</p>
-
-<p>Schon zeugte der Boden von fleißigerem Anbaue; die indischen Feigen
-begleiteten wie ein Geländer die breiter werdende Straße; nun
-schon entdeckte ich Licht; das Minaret<span class="pagenum"><a name="Seite_35" id="Seite_35">[S. 35]</a></span> glänzte in der frei- und
-festtäglichen Beleuchtung; es erscholl ein Chor von Hundegebell.
-Völlig verschwanden meine Zweifel über die Nähe der Stadt. Unser Weg
-aber kreuzte sich, und der unwissende Bursche fragte deutend mich um
-Weisung. Ich war entschlossen, nach der Gegend, wo die Hunde bellten,
-zu reiten, und winkte sogleich mit der Hand.</p>
-
-<p>Noch sollte mir ein kleiner Unfall begegnen. Nahe schon am Orte meiner
-Bestimmung trank ich gerade in vollen Zügen das süße Glück, als ein
-niedriger Baumzweig mir ins Auge fuhr, daß ich im Augenblicke nichts,
-als einige Funken sah, und daß ich wund und blau wurde. Endlich bin ich
-in der Stadt Ramle.</p>
-
-<p>Um den Umfang des Philisterlandes zu würdigen, darf ich nur daran
-erinnern, daß ich es an einem Tage in seiner Länge durchritt; die
-Breite desselben ist nur unbedeutend. Die Erzählung von den Kriegen,
-welche die Juden mit den Philistern führten, ist geeignet, die
-Vorstellung von der Größe des Philisterlandes irre zu leiten.</p>
-
-<p>Müde, aber sehr müde, gleichsam wie zerschlagen stieg ich am Stadtthore
-ab. Man versicherte mich, daß man beim Reiten auf einem Kameele oder
-Dromedare ähnlichen Beschwerden ausgesetzt sei, wie auf dem Schiffe.
-Dies war bei mir wenigstens nicht der Fall, ohne daß ich die Aussage
-eines Deutschen bezweifeln möchte, welcher dieses<span class="pagenum"><a name="Seite_36" id="Seite_36">[S. 36]</a></span> Reiten glatterdings
-nicht ertragen konnte, und daher mit dem Reitthiere zu Fuß ging. Als
-ein gutes Vorbauungsmittel gegen die Beschwerden, welche das Reiten
-etwa verursachen könnte, empfiehlt man allgemein das feste Gürten des
-Unterleibes. Auch ich bediente mich dieses Mittels, das mir in der That
-sehr behagte.</p>
-
-<p>Ich hatte Empfehlungen an zwei im Dienste des Vizekönigs stehende
-Franken. Wie sollte ich sie bei Nacht in den menschenleeren Gassen
-aufsuchen? Ich ließ an einem Hause derb anklopfen. Die Stille in
-demselben verkündigte die Ruhe aller Hausgenossen. Doch man ließ vom
-Klopfen nicht ab. Zum Glücke endlich öffnete ein halb gekleideter Mann
-die Thüre. Er wußte die Wohnungen der bezeichneten Franken. Der Antheil
-nehmende, gute Mann war bald beredet, mir jene zu zeigen. Leider
-verfehlte ich die Franken, die sich in Akre befanden. Mir blieb nichts
-übrig, als in dem lateinischen Hospizium der Spanier, die man mir eben
-nicht zu ihrem Vortheile schilderte, Herberge zu nehmen.</p>
-
-<p>Dieser Tag war ein unsriger Sommertag. Die Wolken, durch welche die
-Strahlen der Sonne in Strähnen brachen, arbeiteten an einem Schauer,
-und der Regen drohte bei der schwülen Witterung. Tags lärmten in großer
-Menge die Thiere der Luft, die Vögel, und Nachts die Thiere der<span class="pagenum"><a name="Seite_37" id="Seite_37">[S. 37]</a></span> Erde,
-die Insekten. Alles, was da lebt auf und über der Erde, singt Tag und
-Nacht das Hochzeitlied, zur Freude der Menschen.</p>
-
-<p>Ach, wie war ich bei meiner Müdigkeit froh, in einer fränkischen
-Herberge ausruhen zu können. Von den Patres freundlich begrüßt, ward
-ich ins Refektorium eingeladen. Sie setzten mir Eier, Fische, Käse,
-Brot und Wein vor, und ich sättigte mich mit Wohlgefallen.</p>
-
-<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 28.</em></p>
-
-<p>Ueber Nacht rollte Sommerdonner.</p>
-
-<p>Ich wollte nach Jerusalem abreisen; allein da der Eseltreiber noch
-durch das Beladen der Esel mit Fischen (vom Hospizium, welches mir
-es verheimlichte) mich zum Warten nöthigte, und da ich unter solchen
-Umständen nicht glauben durfte, daß ich noch bei Tageszeit in Jerusalem
-anlangen würde, so blieb ich, obwohl sehr ungerne, zurück. Bereits
-nämlich verließ ich das Hospizium. Ich stand schon am Orte, wo die
-Esel beladen wurden; das Felleisen war schon aufgepackt. Ich drängte
-auf schnelle Abreise. Es half nichts, indem der Muchero (Eseltreiber)
-wähnen mochte, daß ich weder selbst das Felleisen forttragen, noch bei
-der schwachen Morgendämmerung das Hospiz finden werde. Der Mann aber
-thäte sich verrechnen. Ich hob das Felleisen auf die Schulter und trug
-es ins Hospiz.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_38" id="Seite_38">[S. 38]</a></span></p>
-
-<p><em class="gesperrt">Rama</em>, <em class="gesperrt">Ramla</em> oder <em class="gesperrt">Ramle</em>, ungewiß das Arimathia der
-Bibel, ist weder hübsch, noch groß, aber in einer sehr fruchtbaren
-Gegend und unter einem milden Himmel. Auch hier liegen Ueberbleibsel
-von Alterthümern, z. B. Säulen, herum. Von der Stadt aus eröffnet sich
-eine köstliche Aussicht ins Gebirge Juda bis zum Ephraim.</p>
-
-<p>Der Bassar ist unansehnlich. Ich konnte der Anlockung nicht
-widerstehen, Brot und einige Früchte zu kaufen, die ich mit Lust
-verzehrte.</p>
-
-<p>Zum Zeitvertreibe besuchte ich das griechische Kloster, welches
-ebenfalls Pilger beherbergt. Der Erzpriester empfing mich mit vieler
-Freundlichkeit, verstand aber keine der fränkischen Sprachen, und so
-mußten wir uns begnügen, einander anzuschauen, was doch unstreitig viel
-bequemer ist, als eine auf Nadeln setzende Anrede von Komplimenten zu
-halten.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Ende_der_Reise_nach_Jerusalem">Ende der Reise nach
-Jerusalem.</h3>
-
-</div>
-
-<div class="blockquot">
-
-<p>Uebereinkunft unter den Augen der <span class="antiqua">reverendissimi patres</span>;
-Abreise um vier Uhr Morgens; Trümmerchroniken; St. Jeremias und sein
-Brunnen; Terebinthenthal; Einförmigkeit des Judagebirges; <span class="antiqua">si mira
-Gerusalemme</span>; im Neuhause abgestiegen; vortrefflicher Wein; vor
-Freude fast Leid am Moriah.</p>
-
-</div>
-
-<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Sonntags den 29.
-Wintermonat.</em></p>
-
-<p>Ich habe mich einen Abend vorher mit dem asiatischen Eseltreiber des
-Hospiziums unter den Augen der Mönche<span class="pagenum"><a name="Seite_39" id="Seite_39">[S. 39]</a></span> abgefunden. Heute griff man der
-gestrigen Vergeßlichkeit damit unter die Arme, daß man mein Gepäcke
-ohne größere Bezahlung nicht mitnehmen wollte. Mit dem Hospizium
-war kein Streit anzufangen. Froh, von nicht sehr würdigen Vätern
-mich einmal entfernen zu können, gab ich nach, obgleich ich über das
-Vorgefallene ein wenig schmollte. Weit mehr ärgerte mich, daß der roth-
-und triefäugige Knecht des Hospiz mir die Flasche voll Rhum zerschlug
-oder zerbrechen ließ.</p>
-
-<p>Etwa um vier Uhr in der Frühe reiste ich einzig in Begleit eines jungen
-Menschen ab. Ich durchritt eine Ebene, welche die Nacht mir verbarg.
-Beim Grauen des Tages erreichte ich den Anfang des Gebirges von Juda.
-Auf einem Hügel hart am Wege stand ein Dörfchen. Nun schlängelte sich
-der Weg gegen Morgen durch ein Thal, dessen Hügel allmälig zu Bergen
-sich aufthürmten. Der Paß ist nur eine kurze Strecke enge. Hie und
-da unterbrechen den Boden Bäume und der Pflug. Ueberdies wird die
-Gegend durch die lärmenden Hirten belebt. Bevor man den Scheitel
-des nächsten Berges gewinnt, wo eine schöne Fernsicht bis auf das
-Mittelmeer sich aufschließt, erblickt man rechter Hand, auf einem
-Hügel, vom Wege unfern ein Dorf inmitten von Oelbäumen. Dort mag die
-Hälfte des Weges von Ramle bis Jerusalem sein. Von dem<span class="pagenum"><a name="Seite_40" id="Seite_40">[S. 40]</a></span> Scheitel jenes
-Berges läuft der Weg zuerst ziemlich eben, dann hinunter und hinauf.
-Jetzt hinuntersteigend, kommt man an dem Dorfe St. Jeremias vorüber,
-welches an die nördliche Abdachung eines Berges gebaut ist. Den heitern
-Blick desselben erwiedern mit einem ernsten und finstern einige Ruinen
-daneben, welche wohl aus den Zeiten der Kreuzzüge stammen. Diese, wie
-andere Trümmer an verschiedenen Stellen im Gesichtskreise auf der
-Bergreise sprechen wie Chroniken. In Jeremias ist das jüdische Gebirge
-milde; der Feigenbaum trug noch die Blätter, während die Kälte sie in
-höhern Gegenden gepflückt hat.</p>
-
-<p>Gelangt man von St. Jeremias ins Thal, so zieht rechterseits ein
-Brunnen die Aufmerksamkeit auf sich. Es liegen jetzt noch Stücke einer
-Marmorsäule herum. Sie war vielleicht ein Bestandtheil der Verzierung
-eines Brunnentempels. Weiter beginnt das Weinland. Die Rebe steht da
-stämmig wie ein Baum, ohne Stütze, ohne Band. Der Blätter gelbe Farbe
-feierte den Herbst. Auch anderwärts am Wege nach Jerusalem trifft man
-Weinfeld.</p>
-
-<p>Ich bestieg dann eine Bergspitze mit malerischer Aussicht &mdash; auf den
-wenigstens anderthalb Stunden offen liegenden Weg. Darauf kam ich
-in eine tiefe Thalschlucht, ins Terebinthenthal, ehe ich aber sie
-erreichte, an einem Brunnen vorüber, auf dem eine arabische Inschrift
-steht.<span class="pagenum"><a name="Seite_41" id="Seite_41">[S. 41]</a></span> Die Sitte der alten Morgenländer befolgend, errichten die
-Mohammetaner über den Quellen kleine Tempel. In der Thalschlucht
-selbst, welche von dem Laub der Feigen- und Zitronenbäume beschattet
-wird, weilt das Auge des Wanderers auf einem ziemlich freundlichen
-kleinen Dorfe. Von dem Bollwerk einer Ruine herunter redete mich ein
-Mann an, der vielleicht mich gastlich einladen wollte.</p>
-
-<p>Jetzt ging es auf die letzte Bergkuppe, fast oben neben einer langen
-Reihe von Kameelen langsamen Schrittes gegen Sonnenuntergang.</p>
-
-<p>Der Weg auf dem Juda ist zwar ein wenig schmal, doch schwierig
-nirgends, vielmehr überall deutlich, fest ausgetreten, in Summa
-fürtrefflich für den, welcher die schweizerischen Berge bereiset hat.
-Neben diesem Wege erhebt sich das Land hier und da stufenförmig, gleich
-Weingärten, was unzweifelhaft läßt, daß der Anbau des Bodens einst weit
-mehr geblühet hatte. Gleich am Eingange ins Gebirge erkennt man ohne
-Mühe die Vierecke der Felder, nunmehr voll kleineren Steingerölles.
-Auf Geschiebe stößt man im Gebirge ungemein häufig, und der Hauptzug
-desselben ist Kahlheit. Zwischen den Steinen und Felsen gedeihen
-wohl gewürzhafte Kräuter, grüne Gebüsche, lachende Bäume; allein
-diese sind unvermögend, die Gegend im Ganzen lieblich und freundlich
-zu kleiden. Im Uebrigen verdient der<span class="pagenum"><a name="Seite_42" id="Seite_42">[S. 42]</a></span> Juda wirklich den Namen eines
-Gebirges, selbst nach dem Wörterbuche des Hochländers; nur mangeln
-höhere Berge, die einen majestätischen Eindruck machen. Meist sind die
-jüdischen abgerundet, und böschen sich gleichmäßig. Kein Bach wälzte
-sich rauschend bergab durch die Schluchten und Thäler; nirgends tosete
-der Berggeist in wildem Schaum über einen Felsabsturz; ich konnte im
-Terebinthenthale höchstens über eine Brücke setzen, welche über einen
-trockenen Bach sich wölbte.</p>
-
-<p>Auf dem Wege über das Gebirge begegneten mir nicht selten Leute,
-darunter unverschleierte, aber eben nicht schöne Frauen und
-Mädchen, auch ein Weib auf einem Kameele. Mein Hut vor Allem schien
-sie zu befremden. Einigen las man auf ihren Gesichtern: Ach wäre
-nur die Polizei nicht so strenge, wie gerne wollte ich diesen
-Menschen ausplündern. Möchten die leidenschaftlichsten Gegner einen
-<em class="gesperrt">Mehemet-Ali</em> und <em class="gesperrt">Ibrahim-Pascha</em> nur als Urheber zahlloser
-Ungerechtigkeiten und Verbrechen auslästern, so viel Unparteilichkeit
-werden auch sie besitzen, um diesen Männern nachzurühmen, daß unter
-ihrem mächtigen Arme die Abendländer eines unschätzbaren Gutes, nämlich
-öffentlicher Sicherheit, sich erfreuen.</p>
-
-<p>Wie ich auf dem letzten Bergscheitel stand, entschwebte mir der
-Gedanke, daß ich von der Tochter Zions nicht mehr<span class="pagenum"><a name="Seite_43" id="Seite_43">[S. 43]</a></span> ferne sein könne.
-Ich durfte eine kurze, nicht sehr merklich abschüssige Strecke
-fortrücken, bis ich weißgraue Thürme und Streifen von Mauern erblickte.
-Ich hielt sie für <em class="gesperrt">Jerusalem</em>. Ich wurde in dieser Meinung
-bestärkt, weil Weiber, nach Art der Marktleute, mit beladenen Köpfen
-uns begegneten. Als ich zudem das Schmettern der Trompeten vernahm,
-gerieth meine Seele in den Zustand der größten Spannung. Noch ein wenig
-weiter, und der Führer, ein arabischer Jüngling, schlug auf einmal
-meine Ungewißheit aus dem Felde, mit den fränkischen Worten: <span class="antiqua">Si mira
-Gerusalemme</span> (Man sieht Jerusalem). Da ist denn die Schaubühne so
-verschiedenartiger Auftritte, so schroffer Zerwürfnisse, so blutiger
-Kriege, so mächtiger Umwälzungen, so harter Drangsale, so freudiger
-Begeisterungen. Das ist die vielgenannte Stadt, wie keine auf dem
-ganzen Erdballe so reich an Erinnerungen für den gläubigen Christen und
-den Staub von Israel.</p>
-
-<p>Glaubst du Jerusalem in einem Thale, wo es von oben her einen
-köstlichen Anblick darbiete? Du lebst in der Täuschung. Es liegt
-nur wenig tiefer, als der letzte Bergscheitel und von diesem in der
-Entfernung etwa einer kleinen Stunde. Glaubst du Jerusalem in der
-Mitte anmuthiger Fluren? Du wirst dir der lieblichen Trugbilder aufs
-schmerzlichste<span class="pagenum"><a name="Seite_44" id="Seite_44">[S. 44]</a></span> bewußt. Der Weg leitete bloß durch steinigen Boden,
-wie ihn <em class="gesperrt">Strabo</em> schon nannte, selbst bis zu den Mauern; das
-seltene Grün zwischen den Felsen und Geschieben leistet wenig oder
-keine Entschädigung. Als die Stadt ganz nahe vor mir lag, so erschien
-sie ohne eigentliche Bedeutung und ohne Pracht. Eben übte sich das
-egyptische Militär in den Waffen vor den Mauern am Berge Gihon, und
-die Einsilbigkeit der Stadt ließ mir Muße übrig, das Kriegsvolk zu
-durchmustern.</p>
-
-<p>Ich kam etwa um zwei Uhr Nachmittags im Zickzack durch das Jaffathor,
-und wenn auf dem ganzen Wege mein Auge in keinem einzigen murmelnden
-Bächlein sich badete, so fiel mir gleich eine Pfütze auf, mitten
-in der äußerst schlecht gepflasterten Gasse. Diese Pfütze, dieses
-Straßenpflaster und elende Häuser, &mdash; das ist, was in Jerusalem zuerst
-meinen Blick fesselte. In die zweite Gasse links bogen wir ab. Bald
-erreichten wir das Neuhaus (<span class="antiqua">casa nuova</span>), ein Gebäude, welches
-dem Kloster der Franziskaner oder des Erlösers (S. Salvatore) angehört,
-wiewohl ein Gäßchen jenes von letzterem trennt.</p>
-
-<p>Mein Gepäcke wurde in den Hof des Neuhauses gelegt und, nachdem mir von
-dem freundlichen Klosterverwalter der Aufenthalt bewilliget worden,
-in ein Zimmer geschafft. Ich schnitt ein saures Gesicht, als ich
-vergebens<span class="pagenum"><a name="Seite_45" id="Seite_45">[S. 45]</a></span> Fenster suchte. Auf meiner Wanderung über das Judengebirge
-war es kühl, jetzt fing es mich an den Füßen ordentlich zu frieren an,
-und später fror es mich so stark, daß ich Mühe hatte, mich zu erwärmen.</p>
-
-<p>Da das Mittagessen schon vorüber war, so mußte ich mit übrig
-gebliebenen Speisen mich begnügen. Der reichlich vorgesetzte Wein
-schmeckte mir vortrefflich, und je mehr ich nippte, desto herrlicher
-mundete mir der edle Saft der Rebe. Auch genoß ich seit meiner Abreise
-von Kairo kein schöneres und besseres Brot.</p>
-
-<p>Ich verspürte einige Müdigkeit, zwar nicht vom Gehen, obschon ich den
-weitaus größten Theil des Gebirgsweges zu Fuß zurücklegte, sondern vom
-Reiten wegen des unförmlich breiten Sattels. Darum unternahm ich diesen
-Tag nur noch einen kleinen Spaziergang durch etliche Gassen der Stadt.
-In meiner frohmüthigen Stimmung zu Jerusalem zwischen dem Gehinnon und
-Josaphat, dem Zion und Oelberg und Golgatha sang ich mitten durch den
-Bassar unter der Menge von Menschen. Mein Gesang aber hörte plötzlich
-auf. Warum? Das will ich erzählen. Bei meinem Mangel der nähern
-Kenntnisse von der Stadt schritt ich arglos durch das Thor an der
-Vormauer der Omarsmoschee, welche auf der Stelle des Salomonstempels
-erbaut sein soll. Die Mohammetaner liefen gegen mich drohend heran,
-ich<span class="pagenum"><a name="Seite_46" id="Seite_46">[S. 46]</a></span> merkte, den Tempel im Angesichte, daß ich mich verging, und
-unverzüglich kehrte ich um. Mein unsaumseliges Benehmen hatte jedoch
-keine andere Folge, als die, daß der Gesang sich in Pausen auflöste.</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<h2 class="nobreak" id="Jerusalem"><em class="gesperrt">Jerusalem</em>.</h2>
-
-</div>
-
-<h3 class="nopad" id="Oertliche_und_klimatische_Verhaeltnisse">Oertliche
-und klimatische Verhältnisse.</h3>
-
-<p>Jerusalem oder Soliman, bei den Arabern El-Kots (die Heilige),
-liegt an einem ziemlich steilen Bergabhange. Der Berg beginnt eben
-sich schroffer zu senken, und es erheben sich die Mauern der Stadt,
-auf drei Seiten von einem tiefen und schmalen Thale, wie von einem
-Festungsgraben, umgeben. Die Natur war so zuvorkommend, um die Stadt
-zu befestigen, daß die Kunst aus Dankbarkeit ihren Theil beitragen
-sollte. Beinahe in der Mitte der Abendseite der Stadtmauern steht das
-Jaffathor (Bab-el-Kalil). Hier beginnt das Thal Gihon, streicht, den
-Berg Gihon zur Rechten, eine kurze Strecke gegen Mittag, und läßt
-kaum einen zum Theil verschütteten, zur Zeit wasserleeren Teich, den
-Teich Berseba (nach <em class="gesperrt">Jonas Korte</em>) oder Bethsabe (nach einem
-andern Schriftsteller), zurück, als es sich gegen Morgen wendet, unter
-dem Namen Gehinnon etwa eine halbe Viertelstunde weit, um links mit<span class="pagenum"><a name="Seite_47" id="Seite_47">[S. 47]</a></span>
-dem Thale Kidron oder Josaphat zusammenzustoßen. Das letztere Thal,
-von der Brücke an keine Viertelstunde lang, geht von Mitternacht
-gegen Mittag. In dem Thale Gihon fließt der Bach Gihon, und in dem
-Thale Kidron der Bach Kidron. Der Wasserüberfluß ergießt sich in den
-Lothssee (todte Meer). Also auf drei Seiten ist Jerusalem von einer
-Thalschlucht umfangen: auf der Bethlehem nähern Abendseite vom Gihon,
-auf der Mittagsseite vom Gehinnon und auf der Morgenseite vom Kidron.
-Indeß ist vom Jaffathor an gegen Mitternacht, wo die Stadtmauer gegen
-Sonnenaufgang umlenkt, gegen Emaus und vor dem Damaskusthore kein Thal,
-sondern ziemlich ebenes, aber rauhes Land.</p>
-
-<p>Der Boden der Stadt ist uneben; im Allgemeinen neigt er sich nach der
-aufgehenden Sonne. Eine Felsanhöhe und zwei Hügel sind deutlich zu
-unterscheiden. Der Zion steigt von Mitternacht sehr sanft an. Desto
-schroffer stürzt er gegen die Bergthäler Gihon und Gehinnon. Zion
-nennen die heutigen Schriftsteller die Felsanhöhe im Winkel dieser
-Thäler. Das Thor, welches auf den Zion sich öffnet, heißt Zions- oder
-Davidsthor (Bab-el-Nabi-Daud), und man gelangt nicht geradenweges
-über die Schlucht Gehinnon zu der gegenüberstehenden Schluchtlehne
-Hinnon, über welche der Weg nach Bethlehem weiset, sondern man geht
-durch<span class="pagenum"><a name="Seite_48" id="Seite_48">[S. 48]</a></span> das Zionsthor und das Jaffathor, bis man auf langem Umwege
-dem Zion gegenüber sich befindet. &mdash; Das Franziskanerkloster liegt
-im Nordwest der Stadt. Beim Neuhause geht es steil hügelan. Wenn man
-durch die Thüre von Mitternacht her zu ebener Erde eingeht, so muß
-man mehrere Treppenstufen hinuntersteigen, bis man auf der Südseite
-zu ebener Erde herauskommt. Selbst die Gasse südlich am Kloster fällt
-gähe gegen Morgen. Ich will den Liebhabern alter Namen die Freude
-nicht mißgönnen, diesen Hügel im Nordwest der Stadt <em class="gesperrt">Akra</em> zu
-benennen, ob er gleich, darf ich meinen Augen trauen, an Höhe den Zion
-übertrifft, welcher, wenn ich recht deute, einst die Oberstadt hieß. &mdash;
-Unter dem Akra, dem Josaphatsthale näher, im Nordwest der Stadt erhebt
-sich ein anderer Hügel. Der Bequemlichkeit willen in der Beschreibung
-und des geschichtlichen Anklanges wegen belege ich ihn mit dem Namen
-<em class="gesperrt">Bezetha</em>. Der Anfang der sogenannten Schmerzensgasse (<span class="antiqua">via
-dolorosa</span>) richtet sich in ziemlicher Neigung von Morgen gegen
-Abend, und von dort zieht eine andere Gasse auf der entgegengesetzten
-Seite und in entgegengesetzter Neigung von Abend gegen Morgen, nämlich
-gegen das Josaphatsthal. Unter den Stadtmauern durchgängig hat dieses
-Thal besonders gähe Wände. &mdash; Die Moschee <em class="gesperrt">Omars</em> soll auf der
-Felsnadel <em class="gesperrt">Moriah</em> stehen, wo der weise König <em class="gesperrt">Salomo</em> die
-Bau<span class="pagenum"><a name="Seite_49" id="Seite_49">[S. 49]</a></span>stelle für den Tempel kaum groß genug fand, weil sie, „überall
-gähe, gegen das Thal hing (<em class="gesperrt">Flavius Josephus</em>)“. Die Felsnadel war
-längst abgetragen. Moriah steht von Mittag dem Bezetha gegenüber, wie
-der Zion dem Akra. Und die vier Anhöhen oder Hügel in Jerusalem heißen,
-nach den alten Urkunden, Moriah und Bezetha, Zion und Akra. Ich aber
-unterschied mehr nicht, als zwei Hügel; denn Zion ist eine Felsanhöhe,
-und der Name Berg verwirrt in der Sprache der Deutschen den Sinn.</p>
-
-<p>Ich ermangelte nicht, <em class="gesperrt">Flavius Josephus</em>, welcher nicht lange
-nach <em class="gesperrt">Christus</em> lebte, so genau, als möglich zu vergleichen.
-Aufrichtiges Geständniß der Unzulänglichkeit im Verstehen fördert das
-Gedeihen der Wahrheit mehr, als unklare, anmaßende Vielwisserei. Wie
-man mich auch immer beurtheilen mag, ich gestehe frischweg, daß ich
-nicht im Stande war, das Dunkel völlig zu verdrängen, welches einige
-Stellen in der Lagebeschreibung des Jerusalemers <em class="gesperrt">Josephus</em>
-umschwebt. Mich spornt keine Lust an, gesehen zu haben, was ich nicht
-gesehen hatte. Denjenigen, welche sich mit der Erklärung behelfen,
-daß durch gewaltige Naturereignisse der Boden Jerusalems eine andere
-Gestalt angenommen habe, erwiedere ich mit den Worten: Warum ragen noch
-so merkwürdige Ueberbleibsel des hohen Alterthums in unser Zeitalter
-herein, hier der Brunnen<span class="pagenum"><a name="Seite_50" id="Seite_50">[S. 50]</a></span>
-<a name="Moriah" id="Moriah"></a>in der Tiefe zwischen Moriah und Zion, jenseits
-am Kidron die Grabmale, dort außer der Stadt gegen Mitternacht die
-Grabhöhlen? Ich will allerdings die außerordentliche Zerstörung und
-Umwandlung Jerusalems gerne zugeben, und in Kraft dessen selbst
-bemerken, daß ich keinen einzigen von jenen <em class="gesperrt">ganzen</em> Steinen
-antraf, welche, nach der Geschichte, zwanzig Ellen lang und zehn breit
-waren. Man fragt mit Erstaunen: Wohin sind sie denn verschwunden? Wer
-hat sogar diese schweren Massen entführt oder zerstört? So wenig oder
-schwer ich <em class="gesperrt">Flavius Josephus</em> verstehe, so treu und faßlich finde
-ich dagegen die Ortszeichnung des Pilgers <em class="gesperrt">Hans Jakob Ammann</em>,
-welcher ihr mit den Schweizer-Wörtern „Halden“ und, dem „Tobel“
-Josaphat gleichsam eine vaterländische Farbe auftrug.</p>
-
-<p>Zur Zeit meines Aufenthaltes flossen in Jerusalem keine Bäche, weder
-der Kidron, noch der Gihon. Jener ist ein wildes Wasser bei stärkerem
-und anhaltenderem Regen.</p>
-
-<p>Die Grundlage ist etwas röthlicher und so harter Kalkfelsen, daß er
-die Politur nicht versagt. An vielen Orten tritt er nackt hervor, und
-an andern überkleidet ihn eine dünne Schichte von Erde und vielen
-kleinen Geröllen. Der Boden ist demnach weder gut zur Weide, noch
-zum Anbaue. Mit Mühe sucht das Auge die Palmen, gleich wären sie aus
-Egypten hieher verbannt. Oel- und Feigenbäume, fast<span class="pagenum"><a name="Seite_51" id="Seite_51">[S. 51]</a></span> die einzigen
-Stammgewächse, verdichten sich nicht zu Wäldern wie bei Gaza und Ramle,
-sondern stehen ziemlich einzeln. Von unausdauernden, wildwachsenden
-Pflanzen verbreiten mehrere einen gar angenehmen Geruch. An wenigen
-Stellen wird das Grün der Wiesen von den Steinen nicht unterbrochen.
-Wo man es erblickt, wirkt seine Lebhaftigkeit wohlthuend, und wenn man
-die Kühe darauf grasen sieht, möchte man in patriarchalischem Entzücken
-die Steine und Gerölle der Wüste vergessen. Langsam gleitet der Pflug
-an den Abhängen des Kidrons und Gehinnons. Derselbe ist einfach genug,
-daß er die Steingeschiebe oder die Schuttsteine nicht scheuen darf. Ein
-Eisen, das in die Erde wühlt, ein dünner Baum, welcher dieses Eisen
-hält und den Zugstrick aufnimmt, noch eine Handhabe hinten für den
-Ackermann, &mdash; das ist der Pflug unter dem Moriah, auf welchem ehemals
-der reiche Tempel des israelitischen Volkes stolz emporstrebte. In
-den Thälern, worin einst so heilige Stimmen hinauf zum Throne Jehovas
-erhallten, zittert jetzt die Luft von dem rohen Geschrei des Pflügers.
-Nicht allein der Strich gegen Ramle, wohl aber die ganze Umgegend trägt
-überhaupt das Gepräge der Unebenheit, der Zerrissenheit, der Kahlheit,
-der Unergibigkeit. Was ist nachsichtiger, als die Vaterlandsliebem
-welche die Häßlichkeit einer Gegend läugnen kann?</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_52" id="Seite_52">[S. 52]</a></span></p>
-
-<p>Der Himmel ist weit minder heiß, als in Kairo. Der Ostwind wehte
-kalt. Während des Sommers regnet es äußerst selten, und die strengern
-Wintermonate sind die eigentliche Regenzeit. In der regenreichern Zeit
-herrscht nasse Kälte und fällt manchmal Schnee<a name="FNAnker_1_1" id="FNAnker_1_1"></a><a href="#Fussnote_1_1" class="fnanchor">[1]</a>. Mir dünkt, daß
-die Einwohner, vorzüglich die Weiber, zu wenig gegen die Kälte sich
-schützen. Auch sind die Fensterscheiben eine Seltenheit, während sie
-doch zu Kairo in Menge vorgefunden werden.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Gesundheitszustand_und_Bevoelkerung">Gesundheitszustand
-und Bevölkerung.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Jerusalems Lage und Himmelsstrich hält man für ungesund. Wechselfieber,
-Durchfälle und Ruhren kommen häufig vor. Der in dieser Stadt
-stazionirte egyptische Militärarzt, ein Italiener, machte mir die
-Mittheilung, daß es gegenwärtig mehrere Ruhrfälle unter den Truppen
-gebe. Selbst die Pest verschont die Stadt <em class="gesperrt">Davids</em> keinesweges
-und im laufenden Jahre sah man sie übel haushalten. Die Egyp<span class="pagenum"><a name="Seite_53" id="Seite_53">[S. 53]</a></span>zier
-sollen in der Regel im ersten Monate ihres Aufenthaltes zu Jerusalem
-von einer Unpäßlichkeit befallen werden, nach und nach aber sich gut
-an die Gegend gewöhnen. Es gebrach mir an Zeit zur Einsicht in die
-Todtenbücher, um über die Sterblichkeit ein haltbareres Urtheil zu
-fällen. Ebenso wenig darf ich rühmen, etwas Zuverlässiges über die
-Bevölkerung vorführen zu können. Den bisherigen Angaben mangelt es an
-Gründlichkeit, und neue Vermuthungen, die meinige von 12,000 Seelen,
-würden sich gerade mit dem gleichen Vorwurfe strafen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Bauart_der_Stadt">Bauart der Stadt.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Die Stadt ist von zickzackigen, hohen, hin und wieder zu Thürmen
-emporragenden, massiven, festen Mauern umringt. Außerhalb läuft neben
-diesen ein Fußweg im ganzen Umfange. Die Stadt, immerhin nicht groß,
-ist von Südwest nach Nordost am längsten. Wäre eine gerade und gute
-Straße angelegt, so würde man sie in einer starken halben Viertelstunde
-gehen.</p>
-
-<p>Die Gassen sind krumm, dabei zwar gepflastert, aber ungemein schlecht.
-Ein oder mehrere Pflastersteine fehlen häufig. Die Gasse hat zur Seite
-einen unebenen, erhabenen Weg für die Fußgänger und eine tiefere,
-hier und da sehr schmale Mitte für eine andere Art Fußgänger, &mdash; für
-die<span class="pagenum"><a name="Seite_54" id="Seite_54">[S. 54]</a></span> Thiere. Oft stockt hier übelriechendes Wasser, zum mindesten in
-der Regenzeit, und der große Schmutz macht das Gehen zu einem überaus
-lästigen Geschäfte. Die erhabenen Fußwege sind so schmal, daß zwei
-Personen, die einander begegnen, sich, oft nicht ohne Mühe, umdrehen
-müssen, um vorüberzuschreiten. Wie treffend wären <em class="gesperrt">Ammanns</em> Worte:
-<em class="gesperrt">Jerusalem hat viele wüste, unsaubere Gassen</em>, für das heutige
-Soliman. Man kann sich nicht verhehlen, Jerusalem eignet sich nicht am
-schlechtesten zum Sitze einer gewissen weltweisen Schule.</p>
-
-<p>Die Bassar sehen aus, wie in andern Städten, sind aber an
-Unansehnlichkeit und Schmutzigkeit vielen überlegen. Einer ist gewölbt,
-und das Gewölbe von einer Entfernung zur andern mit einer viereckigen
-Oeffnung durchbrochen, wodurch das Licht der Sonne auf Gasse und Buden
-strömt.</p>
-
-<p>Die Stadt besitzt viele unterirdische Gänge zur Ableitung der
-Unreinigkeiten und des Wassers. Eben grub man auf dem Hügel Bezetha, wo
-jetzt eine Kaserne steht, und wo einst der Palast des Herodes gestanden
-haben soll. Man stieß etwa zehn Fuß in der Tiefe der Gasse auf einen
-alten Gang, dessen Mauerwerk man von einander riß, um daraus einen
-neuen zu bauen.</p>
-
-<p>Die Häuser haben entweder platte, oder kuppelförmige Dächer ohne
-Ziegel, sind nicht hoch und durchwegs von<span class="pagenum"><a name="Seite_55" id="Seite_55">[S. 55]</a></span> Stein; viele altern und
-weichen aus dem Senkel. Thüren und Läden scheinen zufällig durch den
-Wind hingeweht. Im Abendlande würde man über die meisten Häuser als
-Armseligkeiten die Achsel zucken und diejenigen bedauern, welche
-darin wohnen müßten. Eine große Zahl europäischer Beuchhütten
-verdiente im Vergleiche mit einer Menge Jerusalemer-Häuser den Namen
-schöner Gebäude. Neben und mit so manchen bewohnten Häusern im
-beßten Einvernehmen erhalten sich nicht selten Ruinen, wie: Gewölbe,
-umgestürzte Marmorsäulen oder aufrecht stehende Säulenstümpfe. Von
-Wehmuth ergriffen, wandelte ich unter diesen Siechen und Leichen,
-welche in unsern Tagen den Dienst erfüllen, daß sie das Andenken an
-die Größe und den Reichthum der Vorwelt auffrischen, während jetzt
-Kleinliches und Armseliges den Blick ermüden und verdüstern. Aus
-Jerusalem insbesondere ergeht der ernste Ruf, über den Wechsel der
-Dinge Betrachtungen anzustellen. Vor zwei Jahrtausenden würden es gewiß
-Wenige vom Volke Israel geglaubt haben, wenn man prophezeit hätte,
-daß die aramäische Sprache im Fortschritte der Zeit innerhalb der
-Markung Judäas die Herrschaft verlöre. Dafür wimmelt heute in der Stadt
-ein Babylon von Sprachen: das Arabische, Griechische, Lateinische,
-Italienische u. s. f., das Arabische selbst im Munde der Hebräer.
-Eroberungen von Ländern und Völkern folgt<span class="pagenum"><a name="Seite_56" id="Seite_56">[S. 56]</a></span> immer zuletzt und am
-zähesten die Eroberung des geistigen Volksschatzes, der Sprache.</p>
-
-<p>Und da ich gerade von den Sprachen rede, so bemerke ich im Vorbeigehen,
-daß in dem Theile des Morgenlandes, welchen ich bereisete, unter den
-abendländischen Sprachen die italienische oder die sogenannte <span class="antiqua">lingua
-franca</span> überwiegt. Man würde zwar mit der französischen Sprache in
-Kairo recht gut, nicht aber an allen übrigen Frankenorten ausreichen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_Kirche_des_Christusgrabes">Die Kirche des Christusgrabes.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Der Geist, in dem man die gefeierten Stellen besucht, darf weder zu
-zweiflerisch, noch allzu gläubig sein. Es unterliegt keiner Frage,
-daß mehrere große Ereignisse, deren die Schrift erwähnt, in Jerusalem
-und seinem Weichbilde sich aufgerollt haben; aber: Wo? &mdash; ob nun denn
-beim Fuß und Zoll hier und nicht dort, hüben und nicht drüben, oben
-und nicht unten, &mdash; das stelle man doch, bei der Fülle allwissender
-Ueberlieferungen und bei der Dürftigkeit an rein geschichtlichen
-Haltpunkten, in den heiligen Zufluchtsort der Menschenseele, ohne zu
-verunglimpfen oder &mdash; zu verketzern. Zur Annahme der Wunder selbst sich
-zu bekennen, gehört nicht einmal zur Recht- und Strenggläubigkeit im
-engern<span class="pagenum"><a name="Seite_57" id="Seite_57">[S. 57]</a></span> Verstande, damit auch nicht zur Ketzerei, so man anders dieses
-Wort hier gebrauchen darf.</p>
-
-<p>Wenn der Anblick der Häuser für die Anstrengungen der Reise wenig
-Entschädigung verspricht, so überrascht hingegen aufs angenehmste die
-Kirche des Christusgrabes durch ihre Größe und den Adel ihres Baustyls.
-Der majestätische Dom rührt den Christen, zieht ihn an, ladet ihn
-ein. Die Kirche liegt unter dem Kloster des Erlösers und über der
-Omarsmoschee, ungefähr in der Mitte des Dreiecks, wenn man eine Linie
-vom Zion zum Bezetha, vom Bezetha zum Akra und vom Akra zum Zion zieht.</p>
-
-<p>Es war an einem Montage, als ich den Tempel besuchen wollte. Ich
-ging mehr, denn einmal vergeblich zur Thüre. Indeß öffneten die
-Griechen dieselbe ebenso wenig ihren glaubensverwandten Pilgern,
-welche sich vor der Kirche in ziemlicher Anzahl versammelten. Tages
-darauf hatte ich die Freude, die Grabeskirche offen zu sehen. Ich
-trat hinein, und siehe, da hockten zur Linken zwei Türken in aller
-Bequemlichkeit auf dem Diwane, indem sie eine Pfeife rauchten und
-ihre lebhaften, schwarzen Augen sehr weltlich herumdrehten. Ehemals
-galt es als eine Art Begünstigung, wenn man gegen Erlegung eines
-Kopfgeldes das Christusgrab besuchen durfte. Ohne Anstand wird jetzt
-der Zutritt zu den Heiligthümern gestattet. Die Christen verdanken
-die<span class="pagenum"><a name="Seite_58" id="Seite_58">[S. 58]</a></span> Abschaffung der mannigfachen Scherereien dem Bezwinger Syriens,
-<em class="gesperrt">Ibrahim-Pascha</em>.</p>
-
-<p>Hier bin ich nun im Tempel, der, nach der Behauptung der Gläubigen,
-sich über Golgatha und das Grab <em class="gesperrt">Christi</em> wölbt. Wer zählt die
-Andächtigen, welche in dem Gotteshause schon Labsal tranken? Wer möchte
-aber auch die abscheulichen Auftritte des Parteihasses unter den
-verschiedenen Bekennern der christlichen Religion schildern? Gleich
-beim Eintritt in die Kirche fallen marmorne Steinplatten, nahe in der
-Mitte zwischen Golgatha und dem Grabe, auf. Dort soll <em class="gesperrt">Christus</em>
-gesalbet worden sein. Wendet man sich links, d. h., gegen Abend, so
-sieht man eine über den Boden der Kirche und des Kirchenplatzes sich
-erhebende kleine Kapelle, welcher die Merkzeichen des Felsens oder
-der Felsenhöhle abgehen. Sie heißt Grabeskapelle. Wenn sie äußerlich
-nicht dem Künstler genügt, so mag sie doch den Freund irdischen Glanzes
-befriedigen. Der Eingang in das Innere ist so enge, daß nicht zwei
-Menschen neben einander durchkommen könnten. Darin wird <em class="gesperrt">das heilige
-Grab</em> oder das Grab <em class="gesperrt">Jesu Christi</em> verehrt. Dem Eintretenden
-steht zur Rechten, als das Grabmal, ein platt gedeckter, etwa einen
-halben Fuß hoher, von Morgen gegen Abend gerichteter Sarg, aus weißem
-Marmor, worüber eine schwere Menge blendend funkelnder Goldleuchter
-hängt. Auf der an<span class="pagenum"><a name="Seite_59" id="Seite_59">[S. 59]</a></span>dern Seite der Kirche, gegen Morgen, führt, wie es
-heißt, <em class="gesperrt">unter dem Kalvarienfelsen</em> eine Treppe in einen Keller,
-die Kapelle <em class="gesperrt">Adams</em>. Was ich aber von Golgatha und dem Grabe im
-wahren Grunde halte, werde ich später mit Umständlichkeit erörtern.</p>
-
-<p>An der Wandung der Kirche wechseln viele Altäre. Die Lateiner besitzen
-eine besondere Kapelle. Lateinische Pilger weilen wohl auch drei Tage
-und drei Nächte in dem Tempel. Man bringt dannzumal die Speisen aus
-dem Kloster in die Küche der Kirche, um sie hier aufzuwärmen und zu
-vertheilen.</p>
-
-<p>Die Griechen können unmöglich verbergen, daß sie über das Christusgrab
-den Meister spielen. Sie betragen sich sehr hochmüthig, und schauen
-mit Verachtung auf die andersdenkenden Christen herab. Es ist in der
-That eine wohlthätige Maßregel, daß die <em class="gesperrt">Mohammetaner in der ersten
-Kirche der Christenheit Polizei halten</em>. Unzweifelhaft wären sonst
-die Zänkereien und Balgereien unter den Nazarenern des verschiedenen
-Kirchengebrauches weit häufiger und ernster. &mdash; Einige Gläubige konnten
-sich nicht oft genug niederwerfen und bekreuzen.</p>
-
-<p>Vor und in der Kirche schwärmen zudringliche Bettler herum, die
-wahrhaft Aergerniß erregen. Neben denselben werden von Andern an der
-Kirchenpforte Kreuze und andere<span class="pagenum"><a name="Seite_60" id="Seite_60">[S. 60]</a></span> <span class="antiqua">sante cose</span> (Heiligthümer), z.
-B. der ausgeschnitzte <em class="gesperrt">Christus</em> am Kreuze, feil geboten. Die
-Christen in Jerusalem sorgen gar wohl dafür, daß der Pilger, ehe er die
-Schwelle der Grabeskirche überschreitet, das Einmaleins wiederhole,
-und sich der vergänglichen Güter, des Geldes, erinnere. Es verdient
-doch wohl die Beherzigung eines Jeglichen, daß um den Baum eines zwar
-unerschütterlichen, aber nicht verdauten Glaubens an die Lehren aus
-dem Munde der Priester und Gesetzkenner &mdash; die Wucherpflanzen der
-Weltbegierde gerne ihre Netze stricken, wenn diese Priester und diese
-Gesetzkenner in ihrem Eifer vergessen, auf den Stamm des Glaubens die
-Zweige der Tugend zu pfropfen.</p>
-
-<p>Ich kann mich vom Grabe <em class="gesperrt">Christi</em> nicht entfernen, ohne einer
-schaudervollen Begebenheit zu gedenken. Als um das Neujahr 1834 der
-Feldherr <em class="gesperrt">Ibrahim</em> dasselbe besuchte, entstand ein solches
-Gedränge, daß in der Kirche zweihundert Menschen vom Leben abgerufen
-wurden, ohne diejenigen in Rechnung zu bringen, welche an der Pforte
-im Gedränge sogleich oder später in Folge desselben starben. Ein Pater
-erzählte mir, wie er über die Todten wandeln mußte, und einen andern
-erschütterte das gräuelvolle Schauspiel so tief, daß er seither an
-Schwermuth leidet.</p>
-
-<p>Und nun halte ich stille, um auf die Schädel- und Grabstätte
-zurückzublicken. Habe ich denn viel Lohnendes<span class="pagenum"><a name="Seite_61" id="Seite_61">[S. 61]</a></span> wahrgenommen? Wurden
-meine Erwartungen erfüllt? Ich will meiner Antwort einige Worte
-vorausschicken, in Erinnerung der Menge, von welcher die Jetztzeit
-unbedenklich des Unglaubens beschuldiget wird. Ich will zuerst Männer
-reden lassen, welche, nach der Volksmeinung, in der guten Vorzeit des
-Glaubens lebten. Nachdem <em class="gesperrt">Salomo Schweigger</em>, der Pilger des
-sechszehnten Jahrhunderts, die Heiligthümer Jerusalems angeführt,
-bricht er in das unumwundene Geständniß aus: Ich für meine Person
-habe all’ dergleichen Heiligthümer anders nicht gesehen, sind mir
-auch weniger zu Herzen gegangen, als das geringste Ding. Ich kann
-auch <em class="gesperrt">weniger davon sagen, als wenn ich nie wäre daselbst gewesen,
-ausgenommen das heilig Grab</em>. So weit <em class="gesperrt">Schweigger</em>, dem ich
-die Unparteilichkeit schuldig bin, seine Worte über dieses Heiligthum
-anzuführen. Das heilig Grab, spricht er, bedünkt mich aber kein
-erdichtet Heilthum, sondern in Wahrheit das Grab <em class="gesperrt">Christi</em>
-zu sein, in Ansehung, daß dasselbige ohne Schrecken und <em class="gesperrt">ohn’
-Entsetzen von Niemand</em>, es seien Christen oder Türken, <em class="gesperrt">mag
-gesehen werden</em>. Denn als ich’s gesehen, ging ich nicht dergestalt
-hinein, als hielt’ ich’s für das Grab <em class="gesperrt">Christi</em>, sondern,
-wie alle anderen Heilthümer mir verdächtig waren, als wenn es nur
-erdichtete Heilthümer wären oder Geldnetze, also auch dies.<span class="pagenum"><a name="Seite_62" id="Seite_62">[S. 62]</a></span> Als ich
-aber hineinkam in das Gewölb, kam mich und auch die Herren aus der
-Gesellschaft solche Furcht und Schrecken an, daß uns alle Härlein
-gen Berg standen, und uns bedünkte, wir schwebten zwischen Himmel
-und Erden, ja als wären wir von der Erden verzuckt. Es erweckt auch
-eine solche herzliche Andacht und Eifer in uns gegen <em class="gesperrt">Christo</em>
-zum Gebet und christlicher Danksagung, daß’s über alle Maßen ist. Wie
-man eben von <em class="gesperrt">Schweigger</em> vernimmt, unterlag er am Christusgrabe
-einem so außerordentlichen Eindrucke, daß man seine Worte zwar nicht
-in Abrede stellt, aber doch kaum begreift, weil so Manche heutzutage
-dahin wallen, ohne über die Maßen ergriffen zu werden. <em class="gesperrt">Hans Jakob
-Ammann</em>, der im Jahre 1613 das Christusgrab besuchte, drückt sich so
-aus: Auf jetzt beschriebene Weise wird das <em class="gesperrt">heilig Grab</em> gezeigt,
-und <em class="gesperrt">siehet, der dahin reiset, von dem Orte des Felses, da Christus
-begraben, ebenso viel, als der, so gar nicht dahin kommt</em>........
-Ob man schon die Leute also bereden will, es sei das rechte in
-Felsen gehauene Grab, so hab ich doch das Widerspiel augenscheinlich
-gefunden, da ich mit einem Messer den Kalk zwischen den Fugen, da die
-marmelsteinernen Tafeln zusammengestoßen, herausgestochen, und keinen
-Felsen, sondern nur Mauern gefunden habe.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_63" id="Seite_63">[S. 63]</a></span></p>
-
-<p>So sprachen vor Jahrhunderten <em class="gesperrt">Schweigger</em> und <em class="gesperrt">Ammann</em>,
-der eine gegen die Echtheit von Golgatha, der andere gegen die des
-Christusgrabes. Jetzt werde ich mich selbst bestreben, eine der
-wichtigsten Fragen aus der Ortsbeschreibung Jerusalems zu lösen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Liegt_das_Grab_Christi_in_oder_ausser">Liegt das Grab Christi
-in oder außer der jetzigen Stadt Jerusalem?</h3>
-
-</div>
-
-<p>Es schiene im hohen Grade befremdend, wenn eine so wichtige Stätte,
-wie das Christusgrab, von den Urchristen nicht genau ins Auge gefaßt,
-und diese Ortskunde nicht von Geschlecht auf Geschlecht mündlich
-überliefert worden wäre. Schenkt man, wird man entgegenhalten, so
-vielen weltlichen Stellen Aufmerksamkeit und Glauben, so fordert die
-Gerechtigkeit, daß man auch heiligen Stätten die Aufmerksamkeit nicht
-entreiße, und den Glauben an sie nicht tödte. Dazu kommt noch, was die
-Weltgeschichte erzählt. <em class="gesperrt">Hadrianus</em> ließ nämlich, zum Aergernisse
-der Christen, am Orte, wo <em class="gesperrt">Christus</em> hingerichtet und begraben
-worden, einen Götzentempel erbauen; allein schon im vierten Jahrhundert
-unserer Zeitrechnung erhob sich unter <em class="gesperrt">Helena</em>, der Mutter
-<em class="gesperrt">Konstantins</em> des Großen, an der Stelle des im heiligen Eifer
-geschleiften Götzentempels die Grabeskirche.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_64" id="Seite_64">[S. 64]</a></span></p>
-
-<p>Offen lege ich das Geständnis ab, daß die mündlichen und diese
-schriftlichen Ueberlieferungen für mich völlig genügend <a name="waeren" id="waeren"></a>wären, um
-die Echtheit der Schädel- und Grabstätte anzunehmen. Man darf indeß
-nicht einseitig und nicht zu rasch vorgehen; es müssen nothwendig
-und vor Allem die biblischen Urkunden geprüft und verglichen werden.
-Schweigen sie über die Oertlichkeit, so ergänze ich die Lücke mit der
-Weltgeschichte und den mündlichen Ueberlieferungen; reden sie, so
-stelle ich auf ihren Entscheid ab.</p>
-
-<p>Die vier Evangelisten <em class="gesperrt">Matthäus</em> und <em class="gesperrt">Markus</em>, <em class="gesperrt">Lukas</em>
-und <em class="gesperrt">Johannes</em> erzählen, daß <em class="gesperrt">Christus</em> auf der Schädelstätte
-(<span class="antiqua">mons calvariæ</span>, hebräisch Golgatha) gekreuziget, und dann
-daneben in dem Felsengrabe eines Gartens beigesetzt worden sei.</p>
-
-<p>Wo liegt Golgatha mit dem Grabe daneben? Nahe der Stadt Jerusalem war
-der Ort, wo <em class="gesperrt">Jesus</em> gekreuziget worden, überliefert der Jünger
-<em class="gesperrt">Johannes</em> (19, 20). Ist es von allem Zweifel ferne, daß Golgatha
-außer, doch nahe bei der Stadt lag, so bleibt man gleichwohl bei
-Ausmittelung der Stelle nahe um Jerusalem, d. h., in seinem ganzen
-Umkreise, im Ungewissen, und diejenigen, welche die fragliche Nähe bei
-der Stadt auf dem Gihon erblicken, haben, wenigstens meines Wissens,
-nichts für sich, als Schlußfolgerungen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_65" id="Seite_65">[S. 65]</a></span></p>
-
-<p>Wo Gihon und die Grabeskirche liegen, darüber wurde früher Aufschluß
-ertheilt, und <em class="gesperrt">es leuchtet aus Allem aufs gewisseste hervor, daß
-die jetzige Grabeskirche dem Gihon nicht angehört</em>. Ich urtheile
-nicht bloß nach dem Augenmaße, sondern auch nach einem Grundrisse
-der Stadt, welchen ein Ingenieur, <em class="gesperrt">Failoni</em>, gezeichnet hat,
-und welcher ganz besonders deutlich darlegt, daß das alte Jerusalem
-eine aller Wahrscheinlichkeit widersprechende, beinahe krüpplichte,
-gleichsam kerbthierförmige Lage oder Gestalt haben mußte, wenn man
-das heutige Christusgrab außer die alte Stadt versetzte. Man wird
-genöthiget, zwischen dem Zion und Akra von West einen tiefen Ausschnitt
-zu machen, von welchem auch bei <em class="gesperrt">Flavius Josephus</em> überall nicht
-die Rede ist. Wer auch nie das Glück hatte, in Jerusalems Mauern zu
-leben, wem bloß vergönnt ist, eine treuere Abbildung von der Stadt
-zu sehen, der wird beim ersten Anblicke der Grabeskirche gleich über
-der Omarsmoschee, gleich über dem Moriah, die Bedenklichkeiten nicht
-unterdrücken können.</p>
-
-<p>So lange mir nicht mehr Belege zu Gebote stehen, dürfte ich freilich
-nicht geradezu mit unbiegsamer Hartnäckigkeit behaupten, daß das
-von den christlichen Priestern gezeigte Golgatha und Christusgrab
-eine geschichtliche Täuschung seien; ich habe aber hinlänglichen
-Grund, zu neuem<span class="pagenum"><a name="Seite_66" id="Seite_66">[S. 66]</a></span> Denken und Forschen in dieser Sache aufzumuntern.
-Wollte man sich denn in Erläuterungen einlassen, so mochte eine
-solche Täuschung um so leichter Wurzel schlagen, je sehnlicher man
-die Baustelle für den Grabestempel dort wünschen mußte, wo man vor
-feindlichen oder räuberischen Ueberfällen sicherer sein konnte. Es
-kann Niemanden entgehen, daß eben die Mauern der Stadt diese größere
-Sicherheit gewähren. Schon die einzige Thatsache &mdash; um auf andere
-nicht zurückzukommen &mdash; daß ein christliches Kloster auf dem Zion,
-will heißen, außer den Stadtmauern, den Türken abgetreten werden
-mußte, nimmt entschieden Partei für solche, die eine Täuschung für
-wahrscheinlich halten, und hätte dieser Fall niemals sich ereignet, so
-würde man vernünftigerweise zwischen einem armseligen Kloster und einer
-Kirche mit ansehnlichen Schätzen eine Unterscheidungslinie durchführen.</p>
-
-<p>Das <em class="gesperrt">Grab selbst</em> oder die <em class="gesperrt">Kapelle</em> desselben, <em class="gesperrt">welche die
-Grabeshöhle vorstellen soll</em>, ist überdies, sie kann nicht besser,
-zu Erregung von Zweifeln geeignet. Nach der Erzählung der Evangelisten
-wickelte <em class="gesperrt">Josef</em> von Arimathia den Leichnam <em class="gesperrt">Christi</em> in
-Leinwand, legte ihn ins Grab (κατέθηκεν), welches in Felsen gehauen
-war, und wälzte einen Stein über die Grabesöffnung<span class="pagenum"><a name="Seite_67" id="Seite_67">[S. 67]</a></span> (ἐπὶ τὴν θύραν)<a name="FNAnker_2_2" id="FNAnker_2_2"></a><a href="#Fussnote_2_2" class="fnanchor">[2]</a>.
-Das ist ebenso einfach, als gegründet in den morgenländischen Sitten.
-Man wickelt in unsern Tagen den Leichnam in weiße Leinwand, und
-versenkt ihn uneingesargt ins Grab. Im Evangelium geschieht des
-Umstandes keine Erwähnung, daß <em class="gesperrt">Christus</em> in einen Sarg gebracht
-wurde. Es meldet vielmehr, ohne ein Weiteres, daß derselbe eingewickelt
-ins Grab gelegt wurde, welches dann ein Stein deckte. Wenn man in der
-Grabeskirche, an der Stätte, da <em class="gesperrt">Christus</em> gekreuziget ward, einen
-Garten, und im Garten ein neues Grab (<em class="gesperrt">Johannes</em> 19, 41) sucht, so
-lacht heute kein Garten, und es thut sich kein Grab auf; aber das Auge
-überrascht ein Sarg, unzweifelhaft die fromme Zugabe von Priestern.
-Allerdings wüßten Zweifler, wenn man selbst die Todesgruft, selbst den
-Stein, selbst die Spezereien heute noch auf das klarste sähe, einen
-Ausweg dahin, daß Alles nachgekünstelt sei; allein die Einfalt hat vor
-ältern Zeiten viel zu wenig erwogen, daß<span class="pagenum"><a name="Seite_68" id="Seite_68">[S. 68]</a></span> der treueste Befund nach dem
-Wortlaute der biblischen Urkunden vor den Angriffen der Zweifelsucht
-weitaus am sichersten schützen würde.</p>
-
-<p>Es war zwar die Grabeskapelle früherhin nicht ganz so, wie jetzt,
-aber doch im Wesentlichen gleich: stets enge, wenig zugänglich, mit
-brennenden Leuchtern. Vormals mußte man sogar, um zum Grabmale zu
-gelangen, durch eine kleine viereckige Oeffnung, als eine seltsame
-Grabesöffnung, schlüpfen, wovon <em class="gesperrt">Salomo Schweigger</em> in seiner
-alten Treuherzigkeit eine Abbildung lieferte. Ich werde mich jedoch
-wohl hüten, die Abbildung von diesem Schlüpfen in Worten ausführlich
-auszudrücken, weil ich besorgen müßte, den Besuch des Grabes ins
-Lächerliche herabzuziehen. Man war, wie es scheint, schon beim Bau
-der Kapelle beflissen, die Wirkung hervorzubringen, daß das Gefühl
-vorherrsche, und der überall beengte Geist vor demselben erstumme.</p>
-
-<p>Dem übertriebenen Eiferer widerfährt oft das Loos des Lügners, welchem
-man zuletzt die Wahrheit nicht mehr glaubt. Es bedarf keines Beweises,
-daß, zumal im Streite für die Religion, der überspannte Eiferer
-in seinen Seitensprüngen gerne die einfachsten Dinge mit Wundern
-vergoldet, und so kann er auch in der Regel auf den Beifall der Männer
-mit nüchterner Urtheilskraft wenig rechnen, <em class="gesperrt">wie<span class="pagenum"><a name="Seite_69" id="Seite_69">[S. 69]</a></span> willig und gerne
-sie immer die Wahrheit vernehmen und glauben</em>. Die Menschen, in
-deren Brust die Flamme maßloser Leidenschaft auflodert, haben die
-Schuld offenbar sich selbst zuzumessen, wenn ihnen der unwissende oder
-wenig unterrichtete Haufe mehr glaubt und vertraut, als Leute, die mit
-einem größeren Vorrathe an Kenntnissen ausgerüstet sind. Es ist sehr
-wahrscheinlich, daß überhaupt der religiöse Glaube besser und fester
-stände, wenn nur nicht die Verkündiger und Verbreiter desselben über
-die Schale (die Form) den Kern (das Wesen) zu oft übersehen hätten.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_Graeber_der_Koenige">Die Gräber der Könige.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Außerhalb des Thores von Damaskus (Bab-el-Scham) liegt gleich zur
-rechten Hand die gegen die Stadt schauende Felsenhöhle, in welcher
-<em class="gesperrt">Jeremias</em> seine Klagelieder gesungen haben soll, und ungefähr in
-einer halben Viertelstunde davon erreicht man die sogenannten Gräber
-der Könige. Der Boden zwischen der Stadt und den Gräbern ist mit vielen
-Steinen übersäet. Darunter zeichnen sich hin und wieder Mosaiksteine
-aus, an welchen ich den festen Mörtel deutlich unterscheiden konnte.
-Will man die Gräber besehen, so tritt man durch ein mit Schutt mehr,
-als bis zur Hälfte gefülltes Thor in einen großen, unbedeckten Raum,
-welcher,<span class="pagenum"><a name="Seite_70" id="Seite_70">[S. 70]</a></span> wie dieses, aus dem Kalkfelsen gehauen ist. Der Grund war
-grün, und diente den Kühen zur Weidung. An der Abendseite dieses Raumes
-öffnet sich der Eingang zu den Grabhöhlen. Ihn zieren halb erhabene
-Arbeiten, welche von einem so einfachen, als edeln Geschmacke zeugen.
-Man kommt, nicht ohne Komplimente zu schneiden, durch den theilweise
-verwitterten Eingang in einen Vorsaal. Dieser führt in vier Kammern,
-die sich hinwieder in Nebenkammern verzweigen. Alle sind Hauwerke im
-Felsen ohne Schmuck und Inschrift. Dagegen tragen die Grabdeckel, hohle
-Halbwalzen von Stein, auf der einen Seite Verblümungen als Zierath. Die
-dicken Thüren der Todtenkammern von gleichem Felsen haben auf der einen
-Fläche einfache Zeichnungen von Vierecken, wie Täfelthüren. Man findet
-sowohl ganze Thüren, als auch Bruchstücke, keine aber eingehängt. Vor
-zwei Jahrhunderten liefen dieselben noch in ihren Angeln.</p>
-
-<p>Die Aushöhlung des harten Felsens muß ein mühsames, kostspieliges Werk
-gewesen und jedenfalls von Vielvermögenden des Landes angeordnet worden
-sein. Man schreibt jetzt die Todtenkammern den Römern zu. In frühern
-Zeiten hielt man sie für die Gräber der Könige von Juda.</p>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_71" id="Seite_71">[S. 71]</a></span></p>
-
-<h3 id="Die_Grabhoehle_der_Maria">Die Grabhöhle der Maria.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Hinweg durch das Stephansthor, vorbei am Stephansplatze, vorwärts über
-die kleine, steinerne Brücke des Kidrons, &mdash; und man sieht gleich
-linker Hand den Eingang in eine Höhle. Siebenundvierzig Stufen von
-glattem Marmor leiten in ihre Tiefe. Es ist die Grabhöhle unserer
-lieben Frau, ihres Gemahls und ihrer Mutter. Eine Menge Blendwerk,
-Goldleuchter, geschliffene Steine der Kapelle verkümmern den Gedanken
-an eine natürliche Höhle. Eben lasen die griechischen Priester ihre
-Messe. Das Näselnde der Stimme widerte mich in hohem Grade an. Noch am
-widerlichsten näselte ein Knabe das <em class="gesperrt">Kyrie</em> (Herr). Ich habe am
-Gottesdienste wenig Ernst, wenig Würdigkeit zu rühmen.</p>
-
-<p>Hart an <em class="gesperrt">Mariens</em> Grabhöhle stößt eine Höhle der Lateiner, worin
-die Apostel geschlafen haben sollen. Sie bildet den schroffesten
-Gegensatz der erstern: <em class="gesperrt">einfach</em> und <em class="gesperrt">glanzlos</em>.</p>
-
-<p>Ueber der Marienhöhle stand in ältern Zeiten eine Kirche, bekannt unter
-dem Namen Marienkirche.</p>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_72" id="Seite_72">[S. 72]</a></span></p>
-
-<h3 id="Die_Grabmale_Absaloms_Josaphats_und_Zachariassen">Die Grabmale
-Absaloms, Josaphats und Zachariassen.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Ueberschreitet man die Kidronbrücke, und hält man am Fuße des Oelberges
-stille, so wird man staunend den Blick gegen Morgen auf Denkmale
-heften, die sich aus der grauen Vorzeit so gut erhalten haben, als die
-Pyramiden und Obelisken Egyptens. Es sind die Grabmale <em class="gesperrt">Absaloms</em>,
-<em class="gesperrt">Josaphats</em> und <em class="gesperrt">Zachariassen</em>.</p>
-
-<p>Das Grabmal <em class="gesperrt">Absaloms</em> ist zum Theil aus dem Felsen gehauen; der
-thurmähnliche Aufsatz dagegen besteht aus Mauerwerk. Im Widerspruche
-mit der Ueberlieferung aber wurde, nach <em class="gesperrt">Flavius Josephus</em>,
-zwei Stadien von Jerusalem dem <em class="gesperrt">Absalom</em> eine marmorene Säule
-errichtet. Das Grabmal <em class="gesperrt">Josaphats</em>, ein einziger, aus dem Felsen
-gehauener Stein, stellt ein kleines Häuschen vor. Schutt füllt fast
-das ganze Innere, welcher mit einem so geringen Aufwande wegzuschaffen
-wäre, und der mehr ein Denkmal auf die Trägheit der Zeitgenossen, als
-das Denkmal eines Verstorbenen zu sein scheint. Unverantwortlicherweise
-hält man es nicht einmal der Mühe werth, dasjenige recht zu betrachten,
-was die Urväter mit Anstrengung und Sorgfalt ausgearbeitet hatten. Nahe
-dem Grabmale<span class="pagenum"><a name="Seite_73" id="Seite_73">[S. 73]</a></span> <em class="gesperrt">Josaphats</em> liegt jenes des <em class="gesperrt">Zacharias</em> und an
-der westlichen Abdachung des Oelberges überhaupt eine Menge gehauener
-Grabhöhlen und jüdischer Grabsteine. Diese sind unförmliche Grabdeckel,
-höchstens an ihrer Oberseite glatt gemeißelt und mit einer hebräischen
-Grabschrift versehen.</p>
-
-<p>Kenner stimmen mit einander nicht überein, ob die Grabmale
-<em class="gesperrt">Absaloms</em>, <em class="gesperrt">Josaphats</em> und <em class="gesperrt">Zachariassen</em> wirklich
-jüdische seien. So lange dieser Hauptstreit nicht geschlichtet ist,
-bleibt es unerheblich, das erste, zweite oder dritte Denkmal nach
-<em class="gesperrt">Absalom</em>, <em class="gesperrt">Josaphat</em> oder <em class="gesperrt">Zacharias</em> zu nennen.
-Niemand aber bezweifelt ihr hohes Alterthum.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Der_Brunnen_Siloah">Der Brunnen Siloah.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Geht man vom Zionsthore links hinunter, steigt man an der Südostseite
-Jerusalems, gegenüber dem Dorfe Siloah, nicht hoch über dem Kidron
-einige Stufen in die Tiefe, schreitet man vorüber an dem baufälligen,
-kleinen, steinernen, einst von Säulen überragten Wasserbehälter, die
-vielleicht den Siloahthurm getragen haben; so bemüht man sich dann
-noch eine Treppe hinunter, und wen gelüstet oder dürstet, der darf nur
-sich neigen, um aus dem unverschlossenen, gänzlich in den Kalkfelsen
-greifenden Brunnen Siloah zu schöpfen und zu trinken. Ein Gang von
-zwei<span class="pagenum"><a name="Seite_74" id="Seite_74">[S. 74]</a></span> Fuß Breite, durchläuft er eine Ebene von dreihundertundsiebenzehn
-Schritten. Anfangs ist er zwei Mann hoch; nach zweihundert Schritten
-aber nimmt die Höhe ab, bis man zuletzt nicht anders, als auf
-beschwerliche Weise, mit geducktem Leibe, sich vorwärts bewegen
-kann. Schutt verhindert das weitere Vordringen gegen den Moriah. Das
-Wasser hat überall die gleiche Höhe von etwas mehr als einem Fuß. Die
-auftretende Sohle fühlt Sand und unter diesem den Stein. Der Gang
-wendet sich rechts. So erzählte mir der sonst nicht sehr verläßliche
-Führer, welchen ich zu diesem unterirdischen Spaziergange bewog.</p>
-
-<p>Der über fünfhundert Fuß in den Kalkfelsen eingehauene Brunnen ist
-unstreitig ein ungeheures Werk. Der Tiefe und Breite nach verdient
-er kaum Erwähnung; allein wegen seiner beträchtlichen Länge enthält
-er einen Reichthum an süßem Wasser, das wohl auch vor Alters zu
-Bewässerung naher Gartenanlagen benützt worden sein mag. Wäre von den
-Alten ein solcher Gang unter dem Felsenbette eines Stromes getrieben
-worden, so würde er ein denkwürdiger Vorgänger des Londoner-Tunnel sein.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Ammann</em> gedachte des Siloah-Brunnens mit mehr Bestimmtheit, als
-andere, die nach ihm denselben beschrieben haben: Unten an dem Berg
-Zion fleußt ein ziemlicher Bach aus dem Felsen heraus. Der Wege oder
-Gang dieses Wassers<span class="pagenum"><a name="Seite_75" id="Seite_75">[S. 75]</a></span> ist in den Felsen künstlich gehauen, daß man weit
-dem Wasser nach in den Felsen schliefen kann. Und fleußt dieses Wasser
-in den Felsen vom Tempel und der Stadt Jerusalem hinab. Auf der Höhe
-dieses Felsens soll auch der Thurm Siloah gestanden sein. Und gleich
-vor diesem Felsen gibt es ein klein Teichlein. Darinnen soll sich der
-Blinde im Evangelio gewaschen haben, da <em class="gesperrt">Christus</em> zu ihm gesagt:
-Gehe hin, und wasche dich im Teich Siloah. So weit <em class="gesperrt">Ammann</em>.</p>
-
-<p>Zwischen dem Stephansplatze und dem Siloahbrunnen zeigte man mir
-noch eine Quelle unter dem Namen <em class="gesperrt">Marienquelle</em>, vielleicht den
-Drachenbrunnen <em class="gesperrt">Nehemias</em>.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_Felsanhoehe_Zion">Die Felsanhöhe Zion.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Am Jaffathore gegen Mittag erhebt sich ein großer, alter Thurm, ehemals
-das Pisaner-Schloß, jetzt aber von den Wegweisern <em class="gesperrt">Davidsthurm</em>
-genannt. Man verdeutete mir sogar das Fenster, durch welches der König
-<em class="gesperrt">David</em> seine Augenweide an der sich badenden <em class="gesperrt">Bath Seba</em>
-fand, obschon der Verfasser der Bücher <em class="gesperrt">Samuels</em> (2, 11, 2)
-erzählt: <em class="gesperrt">Von dem Dache</em> des königlichen Palastes sah <em class="gesperrt">David</em>
-ein schönes Weib sich baden.</p>
-
-<p>Nähert man sich von da dem Zion, so liegt links an<span class="pagenum"><a name="Seite_76" id="Seite_76">[S. 76]</a></span> der Gasse <em class="gesperrt">das
-Kloster der Armenier</em>. Es gibt beinahe nichts Glänzenderes, als die
-Kirche desselben. Niemand unterbrach darin die feierliche Stille, kein
-Sterblicher war da, meine Aufmerksamkeit abzulenken, und so konnte man
-um so ungestörter sich ergehen an dem morgenländischen Prunke, an den
-edeln Steinen und Metallen, die überall zur Schau gelegt sind, und das
-Auge schier blenden. Es mag für die Morgenländer tief berechnet sein,
-daß die Priester ihre heiligen Stellen mit Dingen ausschmücken, welche
-einen mächtigen Eindruck auf die Sinne erregen. Dem kalt forschenden
-Verstande des Abendländers ist damit freilich wenig gedient, welcher
-auf höherem Standpunkte die Beschaulichkeit gerade von der Sinnlichkeit
-unabhängig machen möchte. Die Kirche soll über dem Orte aufgeführt
-sein, wo der Apostel <em class="gesperrt">Jakob</em> enthauptet worden war. Man öffnete
-sie mir ohne alle Schwierigkeit.</p>
-
-<p>Außer dem Zionsthore, gegen den Brunnen Siloah, sieht man einen
-Theil der alten Wasserleitung von Bethlehem, welche die Stadtmauer
-durchdringt. Von dem Thore kommt man <em class="gesperrt">beinahe eben</em> bis zur
-Moschee und zum Spitale auf dem Zion. Man wird vielleicht diesen Worten
-mit Mühe Glauben schenken, und ich möchte nicht zürnen. Der Wegweiser
-mußte mir selbst an Ort und Stelle mehrmal betheuern, daß Zion der Zion
-sei, weil meine Ein<span class="pagenum"><a name="Seite_77" id="Seite_77">[S. 77]</a></span>bildungskraft so ungerne von einem Berge lassen
-wollte. Auch der ehrliche <em class="gesperrt">Ammann</em>, welcher aufs allernaiveste die
-Risse des Kalvarienfelsens beschreibt, ging „fast eben hinaus auf den
-Berg Zion.“</p>
-
-<p>Man will auf der Felsanhöhe die Hausstelle des jüdischen Hohenpriesters
-<em class="gesperrt">Kaiphas</em> gleich vor dem Zionsthore noch wissen. Beinahe blindes
-Mauerwerk, ein armenisches Bruderhaus, sichert ihr bei den Gläubigen
-ein bleibendes Andenken. Einige Schritte weiter vorne und links gegen
-den Blutacker, näher der Gehinnonschlucht, steht eine Moschee und ein
-Spital, nach der dragomanischen Sage, am Platze, welchen die Burg
-<em class="gesperrt">Davids</em> eingenommen und auf welchem <em class="gesperrt">Jesus</em> das Abendmahl
-eingesetzt habe. Andere verlegen die alte Burg in die Mitte oben auf
-der Felsanhöhe, wo der Finger einiger Mauertrümmer in die inhaltschwere
-Vergangenheit hinaufzeigt. Gewiß ist, daß die Moschee und das Spital
-ein Kloster der Barfüßermönche war, woraus sie vor zwei Jahrhunderten
-von den Türken verjagt wurden. Wenig erquicken Grabsteine den ziemlich
-kleinen und eher öden Scheitel des Zions.</p>
-
-<p>Mit gerührter Seele begrüßte ich den Ort, wo, nach den
-Ueberlieferungen, jene Psalmen gesungen wurden, die, voll religiöser
-Wärme, durch Jahrtausende tönten bis auf heute, und fortwährend noch
-so viele Gemüther mit Be<span class="pagenum"><a name="Seite_78" id="Seite_78">[S. 78]</a></span>geisterung für die Gottheit erfüllen. Wie
-denn, dürfte man fragen, konnte man in einer Gegend, welche im ganzen
-Umkreise das felsichte Trauerkleid trägt, zum Dichten der erhabenen
-Psalmen bewegt, wie angefeuert werden? Das Geräusch und der Glanz der
-großen Stadt in der Nähe mochten das Herz des königlichen Sängers, in
-welchem die Eindrücke des frühern Hirtenlebens noch nicht erloschen
-waren, zur kindlichen Einfalt und Frömmigkeit stimmen. Gihon und
-Gehinnon und Josaphat ziehen das Auge in die Tiefe; auf den Oelberg
-und den Berg des bösen Rathes muß es aufwärts im Fluge; es schwebt
-in der Furche von Mitternacht gegen Mittag, um darin vergebens nach
-dem Jordan zu spähen; es ruht auf dem fernen, bläulichen Gebirge des
-ostjordanischen Landes; jetzt steigt es in den azurblauen Himmel,
-ins Unendliche empor. Empfängt das Auge denn in der That nicht ein
-großes und großartiges Bild, dessen ganze Farbenfrische in ein
-reicheres Gemüth zurückgeworfen werden muß? Wenn in der Nähe die
-vielen Steine dem düstern Gefühle rufen, so leiht ihnen die Ferne eine
-gefällige Gestalt und Farbe, und in der weitesten Ferne, welche an
-den Himmel streift, träumt man sich gar schon die Herrlichkeiten des
-Ueberirdischen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_79" id="Seite_79">[S. 79]</a></span></p>
-
-<h3 id="Der_Oelberg">Der Oelberg.</h3>
-
-</div>
-
-<p>In der Stadt, links am Wege zur Stephanspforte und in der Nähe der
-letztern bemerkte ich einen ausgemauerten Wasserbehälter. Man nennt
-ihn den Teich <em class="gesperrt">Bethesda</em>. Er stand einsam, und es sind um ihn
-die Kranken verschwunden, welche in demselben einst ihr Heil suchten.
-Kein Engel durchfächelt mehr den Spiegel des Wassers. Es scheinen
-die Bethesdaengel ins Abendland, zu den Priestern <em class="gesperrt">Aeskulaps</em>
-entflohen zu sein. Durch die Stephanspforte und über den Stephansplatz
-erreichte ich bald <em class="gesperrt">Mariens</em> Grabhöhle. Von da an aber ging es
-ziemlich gähe hinan, auf einem breiten Fußwege, kaum eine Viertelstunde
-lang bis zum Gipfel des Oelberges, welcher über ganz Jerusalem
-emporragt. Nicht die günstigste Stimmung bewirkt auf der Höhe ein
-arabisches Dorf elender Häuser mit Kothdächern. Ich sah am Wege ein
-Weib, wie es Mist in die Hand nahm, um damit eine Einfriedigung von
-Steinen zu beklecksen oder, wie es meinte, zu bemörteln.</p>
-
-<p>Auf dem Oelberge verwahrt der Moslim den Schlüssel zu der Stelle,
-welche der Christ verehrt, nämlich zu der kleinen Moschee, welche über
-jene sich wölbt. Man erblickt<span class="pagenum"><a name="Seite_80" id="Seite_80">[S. 80]</a></span> in der Mitte derselben das Stück eines
-nackten Felsens, von dem aus <em class="gesperrt">Jesus</em> in den Himmel gefahren sein
-soll. Vertiefungen des Steines gibt man für Eindrücke der Fußtritte aus.</p>
-
-<p>Ich bestieg den Thurm der Moschee, um die Aussicht freier zu
-genießen. Ich brannte vor Begierde, Jerusalem, in der Tiefe
-gegenüber, zu überschauen. Von hier aus gewährt die Stadt einen
-angenehmen, merkwürdigen Anblick. Der Prachttempel <em class="gesperrt">Omars</em>,
-groß und buntfarbig, unten grün, daneben gegen Mittag der Tempel
-der Präsentazion, nunmehr eine Moschee, und die Dome des Grabes
-<em class="gesperrt">Christi</em> zeichnen sich vortheilhaft aus. Nördlich thürmt sich das
-Gebirge Ephraim auf, so die Berge Garizim und Ebal in Samaria; östlich
-zunächst liegt <a name="weiter" id="weiter"></a>Bethanien weiter weg die Ebene von Jericho, dann die
-Senkung, welche das Thal des Jordans andeutet, und selbst ein kurzer,
-glänzender Streif dieses Flusses, so wie auch das obere Ende des
-Lothssees, im fernen Hintergrunde Peräa, ein Theil des Gebirges Gilead;
-südlich erheben sich die Anhöhen von Bethlehem, südlich und westlich
-das Hochland Juda. Wären auch die Gegenstände, über die man in wenig
-Augenblicken dahineilt, nicht voll hehrer Erinnerungen, so würde man
-die Aussicht köstlich heißen, und man scheidet ungerne von dem wahrhaft
-fesselnden Standpunkte. Der Oelberg,<span class="pagenum"><a name="Seite_81" id="Seite_81">[S. 81]</a></span> wiewohl er nicht eigentlich hoch
-ist, übertraf weitaus meine Erwartungen.</p>
-
-<p>Unten am Wege auf den Oelhügel stehen acht <em class="gesperrt">ungemein alt aussehende
-Oelbäume</em>, wie man versichert, im Garten Gethsemane. Es wachsen
-übrigens am Oelberge auch andere Oelbäume und auch Feigenbäume, aber in
-dünner Zerstreutheit, und die Steine maßen sich daneben so viel an, daß
-der Hügel eher über Unfruchtbarkeit klagt.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_uebrigen_Merkwuerdigkeiten">Die übrigen Merkwürdigkeiten,</h3>
-
-</div>
-
-<p class="p0">welche in Jerusalem und seiner Nähe gezeigt werden, will ich hier, nach
-den Mittheilungen der Führer, bloß in Kürze berühren. Der eine Dragoman
-weiß wohl auch etwas mehr, als der andere, und der dritte und vierte zu
-viel oder zu wenig.</p>
-
-<p>Das zugemauerte goldene Thor unter der Omarsmoschee in der Stadtmauer;
-der Palast des <em class="gesperrt">Pilatus</em>; die Häuser der heiligen Frauen, des
-<em class="gesperrt">Markus</em>, <em class="gesperrt">Thomas</em>, <em class="gesperrt">Jakob</em>; der Bogen des Ecce Homo,
-der verfluchte Feigenbaum, die Schweißhöhle, der Jeremiasbrunnen; die
-Stellen, wo <em class="gesperrt">Jesus</em> das Unser Vater lehrte, sein Todesurtheil
-voraussagte, wo er gefangen genommen wurde, wo er seiner Mutter, wo
-er den heiligen Frauen begegnete, wo er das Schicksal Jerusalems
-beweinte, wo er fiel oder sich auflehnte,<span class="pagenum"><a name="Seite_82" id="Seite_82">[S. 82]</a></span> und dadurch Gepräge auf
-dem Steine zurückließ, wo <em class="gesperrt">Petrus</em> seine Sünden beweinte, dem
-<em class="gesperrt">Malchus</em> ein Ohr abschnitt, und wo er gegeißelt ward, wo
-<em class="gesperrt">Simon</em> genöthiget, das Kreuz aufzunehmen, wo Judas sich erhängte,
-wo <em class="gesperrt">Stephan</em> gesteiniget wurde (der Stephansplatz zwischen dem
-Damaskusthor und der Kidronbrücke); das Lager der römischen Armee, als
-<em class="gesperrt">Titus</em> Jerusalem belagerte, das Lager des Grafen der Normandie,
-das Quartier des Grafen von <em class="gesperrt">Flandern</em>, <em class="gesperrt">di Paolo</em>,
-<em class="gesperrt">Eustach Tankred</em>, des <em class="gesperrt">Gottfried von Bouillon</em> und des
-Grafen von <em class="gesperrt">Toulouse</em>, u. dgl.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Physiologischer_Karakter_der_Einwohner">Physiologischer
-Karakter der Einwohner.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Wenn ich mich befleißigen werde, den Jerusalemer nach seinen
-körperlichen Eigenschaften hervorzuheben, so verstehe ich unter
-demselben hauptsächlich die Bauersleute der Umgebung, weil sie wohl
-das Bild der Vorältern treuer bewahrt haben werden, als der städtische
-Mischmasch.</p>
-
-<p>Die Haarfarbe ist schwarz, die Hautfarbe weiß oder bräunlich;
-insbesondere macht sich ein schöner Anflug eines zarten Wangenroths
-bemerkbar. Rothe, blauäugige und blonde Leute gibt es selten. Der
-Körper eher groß, dabei gut und fest gebaut; das Zellgewebe mit
-ziemlich viel Fett. Die Stirne nicht sehr hoch und mäßig breit. Die
-Nase<span class="pagenum"><a name="Seite_83" id="Seite_83">[S. 83]</a></span> lang, gebogen, mit herabstehender Spitze und dünnen Flügeln, im
-Ganzen ziemlich groß. Die Lippen eher dünn und der Mund groß. Die Zähne
-schön. Das Gesicht spitzt sich, nach dem Umrisse eines Eies, von der
-Stirne nach dem Kinne zu. Das Ohr von mittelmäßiger Größe schließt sich
-dem Haupte an. Der Gang und überhaupt die Bewegung ist lebhaft, die
-Haltung des Leibes gerade. Die Weiber stehen den Männern an Schönheit
-nach. Vielleicht waren aber die schönen weiblichen Schätzbarkeiten
-verschleiert oder zu Hause. Aus den Augen der Männer, worunter
-bildschöne, strahlt eine ruhige Gluth. Ich sah nicht leicht etwas
-Ausdruckloseres, als den Blick und namentlich den halboffenen Mund der
-Frauen und Mädchen, welche sich vor dem Denken ordentlich zu fürchten
-scheinen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Sitten_und_Gebraeuche">Sitten und Gebräuche.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Sie herrschen im Allgemeinen ungefähr so, wie in Alexandrien, wo sie
-bei meiner Ankunft aus Europa mich beinahe betäubten. Wenn ich in
-<em class="gesperrt">Alexanders</em> Pflanzstadt über die Gasse ging, so überraschte mein
-Ohr eine Art Gerassel. Ich trat näher; es war eine Mühle; ein Thier mit
-verbundenen Augen trieb im Zuge das Mühlerad. Also traf ich es auch
-in Jerusalem. Ein Mann, in den Gassen Großkairos herumziehend, bemüht
-sich, mit einem<span class="pagenum"><a name="Seite_84" id="Seite_84">[S. 84]</a></span> Kruge unter dem Arme, die Aufmerksamkeit der Menschen
-dadurch zu wecken, daß er, zwei Schüsselchen auf einander schlagend,
-ein hohes Geklingel verursacht. Es ist ein Meth- oder Sorbetverkäufer.
-Also sah ich es auch in Jerusalem. Auch hier hockt man bei Arbeiten.
-Lange Reihen von Kameelen, eines oder zwei mit einer Klingel, schreiten
-gleichsam als lebendige Alterthümer durch die Stadt.</p>
-
-<p>Eine besondere Würdigung verdient</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_Tracht">Die Tracht.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Ich will die Kleidung des Weibes voranschicken; denn da dieses
-überhaupt so viel Werth auf sie setzt, so gebührt ihm doch wohl der
-Vorrang.</p>
-
-<p>Das <em class="gesperrt">Weib</em> trägt ein blaues Hemde (Leibrock), das bis auf die
-Fersen flattert, und dessen Aermel in ein langes, spitzes, frei
-herumfliegendes Band enden. Dieser Leibrock, welcher durch einen
-Brustschlitz angezogen und mit einer Binde um die Lenden gegürtet wird,
-ist die einfachste Kleidung. Zu der zusammengesetztern gehört ein
-gestreiftes Ueberhemde (Ueberrock), welches bloß bis an die Knie und
-mit den Aermeln bis an die Ellbogen reicht, so daß der Leibrock die
-Vorderarme und Unterschenkel allein deckt. Vorne gespalten, kann das
-Ueberhemde wie eine Jacke angezogen werden. Die Leibkleidung wird der
-Morgenländer<span class="pagenum"><a name="Seite_85" id="Seite_85">[S. 85]</a></span> nicht als unzüchtig bezeichnen, welcher kaum beachtet,
-daß sie einen Theil des Busens den Blicken nicht entzieht. Den Kopf
-verhüllt ein weißer Schleier, ein lumpiger bei der armen Klasse, ein
-grober und schmutziger bei der mittlern, ein feiner und zierlicher
-bei der reichen. Die Schleier bei der letztern sind ungemein groß,
-fallen über die Schultern, die Brust und den Rücken, und verlaufen
-in Spitzen über den Fersen. Dieser Kopfschleier vertritt die Hauben
-und Hüte der Europäerinnen. Die Christinnen tragen im Durchschnitte
-keinen Gesichtsschleier. Die Mehrzahl der Weiber geht barfuß. Sogar
-an ziemlich kalten Tagen des Christmonats sah ich viele über die
-schmutzige Gasse barfuß ziehen. Die Uebrigen gehen in Schuhen von
-verschiedener Form, die meisten in rothen mit langem Ueberleder. Dabei
-fiel mir das Schuhgestelle außerordentlich auf. Um nämlich die Schuhe,
-die im Morgenlande auf die Dauer nicht wasserdicht sind, trocken zu
-erhalten, befestiget man auf jede Sohle querüber zwei etwa vier Zoll
-hohe Bretchen, und man wandelt mit einer solchen Vorrichtung trocken
-des Weges. Allein dieses Gehen kostet Mühe, zumal auf den glatten und
-nassen Steinen der unebenen Gasse. Ein Weib ging so langsam auf den
-Schuhbretchen einher, daß es mir verleidet und ich beinahe lieber bis
-auf die Haut durchnäßt worden wäre.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_86" id="Seite_86">[S. 86]</a></span></p>
-
-<p>Ohren- und Fingerringe nahm ich nicht wahr, wohl aber silberne oder
-messingene Spangen am Vorderarme. Für jene Ringe tragen indeß die
-Frauensleute andere Zierden, die so recht in den wilden Kram noch
-taugen. Gleich unter den Nasenöffnungen wird ein Fleck des Gesichtes
-auf jeder Seite blau gefärbt, und, die Wahrheit gestanden, es würde
-sich dies ohne weitere Zugabe nicht einmal sehr übel ausnehmen. Dann
-sitzt ein solcher Fleck auf der Stirne zwischen den Augenbraunen;
-oder zur Seite des Kinns die Figur <b>÷÷</b> oder mitten im Kinne
-<b>⸬</b>; oder zur Seite der Mundwinkel <b>⁛</b> Eines oder Mehreres,
-wo nicht Alles zusammen, befremdet den Abendländer bald bei dieser,
-bald bei jener Frauensperson. Andere Beobachter könnten, wie ich nicht
-zweifle, noch mehr erzählen. Mir schien schon das Gegebene zu viel,
-selbst wenn die Punktirung eine sinnige Schrift vorstellen sollte. Es
-wäre für die Abendländer ein neuer Quell des Gewerbefleißes geöffnet,
-geriethen sie je auf den Einfall, Bücher an sich abzutatowiren oder auf
-Menschen Büchersäle zu bauen.</p>
-
-<p>Der <em class="gesperrt">Mann</em> trägt ein langes, vorne in der Länge gespaltenes, um
-die Lenden zugegürtetes Hemde meist von blauer Farbe. Das kürzere
-Ueberhemde steht am Vordertheile der Länge nach offen, und hat, wie
-dasjenige der Weiber, ebenfalls breite Streifen, z. B. von rother
-Farbe. Ich<span class="pagenum"><a name="Seite_87" id="Seite_87">[S. 87]</a></span> durfte mich ordentlich zusammenfassen, um die Tracht der
-Jerusalemer festzuhalten; denn in einer Stadt, wo so viel Trachten
-durch einander wimmeln, wird die Aufmerksamkeit gar leicht zerstreut.
-Bald ein polnischer Jude, bald ein russischer Edelmann, bald ein
-Grieche, bald ein Franke etc. mischen sich in das dem Landeseingebornen
-Eigenthümliche. Die Tracht europäischer Juden hat viel Gemeinsames
-mit derjenigen der Eingebornen; sie gewinnt unstreitig geschichtliche
-Bedeutsamkeit, und keinen Augenblick schwebe ich im Zweifel, daß die
-Israeliten des alten Testamentes sich ähnlich kleideten, wie die
-neuen Rabbinisten oder Talmudisten. Der Bauer des Landes trägt seinen
-üppigen Bart ungeschoren; hingegen lassen die meisten Städter bloß den
-Schnurrbart stehen und scheren den übrigen Bart, alle aber den Kopf.
-Der morgenländische Christ bedeckt sein Haupt mit einem Turban gleich
-andern Morgenländern. Man sieht rothe, grüne, weiße, blaue, bunte
-Turbane. Viele Mohammetaner haben, wie in Egypten, eine rothe Mütze
-(Fes) auf ohne Bund.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Das_Kriegsvolk">Das Kriegsvolk.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Seit Syrien unter egyptische Botmäßigkeit gebracht ist, wird es von
-Kriegern überschwemmt. Einzig und allein mit einer zahlreichen,
-bewaffneten Mannschaft vermag der<span class="pagenum"><a name="Seite_88" id="Seite_88">[S. 88]</a></span> Statthalter Egyptens die Syrier zu
-zügeln, auf daß sie ihm nicht abtrünnig werden. Es ist eine ausgemachte
-Sache, daß das Land unter der Last Pflastertreter schwer leidet. Es
-drängt sich die beherzigenswerthe Frage auf: Würde der Vizekönig nicht
-mehr besitzen, wenn er mit Egypten sich begnügt hätte?</p>
-
-<p>Man kann sich auch in Jerusalem nicht bergen, daß die neue Ordnung
-der Dinge <em class="gesperrt">in Bezug auf Polizei</em> sich aufs herrlichste
-bewährt. Ob aber das Alles sich halten werde, wenn einmal die Menge
-achtunggebietender und furchteinflößender, fremder Wehrmänner das
-unterjochte Land räume, liegt unenthüllt im Schoße der Zukunft.
-Freilich verheißt die Art und Weise, wie die Verbesserungen eingeführt
-wurden, nicht die sicherste Gewähr. Denn der neue Verwalter begann sie
-nicht von Grund und Wurzel aus; er trachtete nicht, die Hauptsache,
-in der eigentlichen Volksschule die Landeskinder in Kenntnissen
-vom Guten und Nützlichen mehr unterrichten zu lassen. Nur durch
-eine Schreckenherrschaft, vor der jedwedes menschliche Gefühl
-zurückbebt, verscheuchte er die Weglagerer, die Räuber, die Mörder.
-Diese unterlassen Frevel, Raub und Mord nicht, weil sie von Gott
-und dem Fürsten verbotene Handlungen sind, sondern weil sie vor der
-unausbleiblichen strengen Strafe zittern. Beseelte die feigen Syrier
-ein Gran Muthes, so<span class="pagenum"><a name="Seite_89" id="Seite_89">[S. 89]</a></span> würde die schöne Polizei des neuen Gebieters wie
-eine Seifenblase zerplatzen.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Strabo</em> nennt die Bewohner der Gegend, woher ich gebürtig bin,
-Räuber, Streifhorden, und schildert in Beziehung auf Geistesbildung
-die alten Syrier zu ihrem Vortheile. Ich wandere nun in Palästina,
-und kann hier erzählen, daß bei uns die Sicherheit der Person und des
-Eigenthums auf einer sittlichen Grundlage, dem gewissen Zeichen der
-Entwachsenheit aus dem barbarischen oder rohen Zustande, ruht. Was
-würde der Kappadozier heute dazu sagen?</p>
-
-<p>Um zu den Verbesserungen <em class="gesperrt">Mehemet-Ali’s</em> zurückzukehren, so will
-ich nicht verhehlen, daß er eine neue medizinische Schule in Damaskus
-gündete. Man müßte indessen eine Binde vor den Augen haben, wofern
-man nicht die blutige Richtung selbst in dieser so menschenfreundlich
-scheinenden Maßregel erblickte. Zum Kriegen braucht man Leute, und
-sobald man Leute braucht, so muß es Einem daran liegen, daß sie am
-Leben erhalten werden.</p>
-
-<p>Die Regierung <em class="gesperrt">Mehemet-Ali’s</em> reibt sich an so manchen
-Gegensätzen: Ernst neben Spiel, Geschäftigkeit neben Faulenzerei,
-Geizen neben Verschwenden. Es verdient Erwähnung, daß selten einer der
-europäischen Angestellten die Regierung aufrichtig lobt. Wenn einige
-unbe<span class="pagenum"><a name="Seite_90" id="Seite_90">[S. 90]</a></span>stritten vom edeln Triebe zu Vermehrung der Kenntnisse in Künsten
-und Wissenschaften geleitet werden, womit sie einmal ihrem Vaterlande
-zu nützen hoffen; so verrichten dagegen die meisten ihre Geschäfte
-nicht aus Liebe zum Fortschritte auf dem geistigen Gebiete, sondern aus
-Liebe zu einer guten Bezahlung, nicht aus Liebe zur Regierung, sondern
-aus Liebe zu Ehr und Ansehen, zu einem bequemen und üppigen Leben vor
-einer reich besetzten Tafel, bei Weibern und auf der Jagd. Hat einmal
-der Mensch seine sittliche Spannkraft verloren, so bleibt er bloß noch
-ein sieches Schattengewächs. Ich kann nicht aussprechen, wie sehr mein
-Herz beklommen ward, wenn ich dem kalten, lahmen, maschinenmäßigen,
-selbstsüchtigen Gange der Regierung zusah.</p>
-
-<p>So viel als allgemeine Bemerkungen über die egyptische Regierung. Sie
-sind kurz, wie die Prüfungszeit selbst war.</p>
-
-<p>Begeben wir uns wieder zu den Heerschaaren, so führt der Faden der
-Beschreibung zur Bemerkung, daß ebenfalls Jerusalem von der egyptischen
-Plage, dem Militär, heimgesucht wird.</p>
-
-<p>Ich hätte schon an andern Orten, voraus in Kairo, Gelegenheit gefunden,
-über die egyptischen Truppen ein einläßlicheres Wort fallen zu lassen.
-Ich bin dem Militär von jeher fremde geblieben, und was man am
-wenigsten versteht, berührt man am ungernsten.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_91" id="Seite_91">[S. 91]</a></span></p>
-
-<p>Ich schilderte früherhin, daß, bei meinem wenig feierlichen Einzuge in
-Jerusalem auf dem müden, fast kniefälligen Esel, vor den Mauern der
-Stadt Truppen meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Die Gewandtheit und
-Regelmäßigkeit bei ihren Waffenübungen überstiegen alle Erwartung. Wie
-der Künstler seine Bildsäulen in einer geraden Reihe aufstellt, so
-stehen die Wehrmänner neben einander, nur darnach schauend, was sie
-ablernen sollen, und darnach horchend, was man ihnen befahl.</p>
-
-<p>Die Bewaffnung des Soldaten besteht in einem wohlgeputzten Gewehre,
-wozu ein Säbel und eine kleine Patrontasche gehören. Letztere trägt der
-Soldat an einem gelbledernen Riemen über dem Rücken, auf welchem er
-zugleich in einem Habersacke die nöthigsten Bedürfnisse nachschleppt.</p>
-
-<p>Die Kleidung ist bald von weißem, bald von rothem, bald von
-anderfarbigem Zeuge. Pumphosen umgeben enge die Unterschenkel, und
-enden innen und außen halbmondförmig, dergestalt, daß die Bogenlinie
-nach unten gekehrt ist. Den Oberleib und den Hals umschließt genau
-eine vorne zugeknüpfte Weste, und von den Aermeln derselben werden die
-Arme klamm umspannt. Eine Bauchbinde hält die Hosen und deckt ihre
-Verbindung mit der Weste. Die Kopfbedeckung ist eine rothe (Fẻs) und
-darunter eine weiße Mütze (Tarbusch), welche letztere gewaschen wird.
-Strümpfe<span class="pagenum"><a name="Seite_92" id="Seite_92">[S. 92]</a></span> fehlen. Der Schuh hat ein sehr langes Ueberleder. Der Soldat
-bewegt sich in der ganzen Kleidung mit Leichtigkeit, nur in den Schuhen
-nicht. Niemand wird abredig sein, daß man in der Montur die fränkische
-und morgenländische Tracht mit Klugheit zu vereinigen wußte. Die
-egyptische Soldatenkleidung von grünem oder blauem Tuche nimmt, etwas
-Plumpes abgerechnet, sich recht gut aus. Indeß vermochten die Europäer
-ihren Einfluß noch keinesweges in dem Grade geltend zu machen, daß das
-Pfeifen und Trommeln nicht etwas Wildes, Türkisches verriethe. Noch
-mehr aber fällt auf, wenn der wachhaltende Soldat mit dem Gewehre im
-Arme niederhockt u. dgl.</p>
-
-<p>Zur Nahrung erhält der Soldat für zehn Tage das Quantum Reis, Bohnen,
-Linsen und Butter. Fleisch bekommt er zweimal in der Woche, im
-Fastenmonat aber alle Tage nach Untergang der Sonne. Die Speisen kocht
-der Soldat sich selbst, und das Getränke mag er holen, wo er will.</p>
-
-<p>Was die Ausrüstung anbelangt, so gibt die Regierung dem Gemeinen alle
-sechs Monate ein Paar Schuhe und Hosen, eine Weste (Jacke) und ein
-Hemde, alle Jahre dagegen die rothe Mütze, einen Kaputrock und einen
-Teppich zum Lager oder als Bettung. Die weiße Mütze, die Bauchbinde und
-etwa Strümpfe schafft er sich selbst an. Beim<span class="pagenum"><a name="Seite_93" id="Seite_93">[S. 93]</a></span> Eintritte in den Dienst
-wird er sogleich vollständig bewaffnet; er ist jedoch gehalten, die
-Waffen auf eigene Kosten auszubessern.</p>
-
-<p>Der monatliche Sold des Gemeinen beträgt 14&frac12; Piaster; es fallen
-somit auf einen Tag nicht einmal 4 Kreuzer R. W. Ueberdies wird der
-Sold auch in Syrien sehr nachlässig ausbezahlt. Zur Zeit war er schon
-vierzehn Monate im Rückstande. Und wenn noch die Bezahlung erfolgt,
-so macht sie nicht reinen Tisch, sondern sie tilgt bloß einen Theil
-der Schulden. Ueber nachlässige Zahlung wird allgemein Klage geführt,
-und mit ihr vorzüglich ist der Leichtsinn oder vielleicht gar die
-Nothwendigkeit des Schuldenmachens eingerissen. Einmal über das andere
-langweilt man sich mit der Frage: Wann wird der rückständige Sold
-ausbezahlt? <em class="gesperrt">Ich hörte übrigens nie, daß die Zahlung, mag sie auch
-noch so spät geleistet werden, je ausblieb.</em></p>
-
-<p>Je geringer der Lohn ist, welchen der gemeine Söldner empfängt, desto
-glänzender werden die Offiziere besoldet. Ohne den <em class="gesperrt">Taib</em> (gut,
-Vergütung, Entschädigung) zu rechnen, steigt die monatliche Besoldung
-eines Obersten auf 16 Beutel (Seckel); den Beutel zu 500 Piaster.
-Er kann somit täglich etwa 34 Gulden R. W. verzehren. Der General
-erhält monatlich 24 Beutel. Die Verleihung des<span class="pagenum"><a name="Seite_94" id="Seite_94">[S. 94]</a></span> Generalstitels hatte
-für <em class="gesperrt">Clot</em> auch besonders in Beziehung auf das Einkommen eine
-vortheilhafte Seite. Dem Bataillonsarzte (<span class="antiqua">medico maggiore</span>) sind
-für den Monat 750 Piaster Sold, 140 Piaster Taib und überdies jährlich
-1000 Piaster für die Ausrüstung ausgesetzt. Die Anstellung gewährt
-wenigstens das Bequeme, daß sie nicht bindet, weil zu jeder beliebigen
-Zeit die Entlassung angenommen werden muß, sobald man sie einreicht.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_Pilger">Die Pilger.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Die griechische Kirche liefert am meisten Pilger, nicht nur viel
-Griechen, sondern auch viel Russen, und die verschiedenen Trachten
-vergönnen einen ergötzlichen Anblick. Wenn der russische Krieger sein
-Blut in den Schlachten nicht gespart hat, wenn er schon nicht mehr
-fähig ist, die Waffe zu tragen; er kehrt doch nicht zur Ruhe zurück,
-es erwacht in ihm, statt des weltlichen, der religiöse Kampf, und er
-wallfahrtet nach Jerusalem, um mit seinen Heiligthümern einen Frieden,
-nicht für das Hienieden, aber für die Ewigkeit abzuschließen. Die
-Griechen, sogar arme, verlassen ihren heimathlichen Herd, um Gott
-ihre Dienste anzubieten. Würden sie sonst das Leben mit Kargheit
-dahinbringen, so scheuen sie die Auslagen für die Wallfahrt und den
-Aufenthalt nicht. Ich sage ausdrücklich: den <em class="gesperrt">Auf<span class="pagenum"><a name="Seite_95" id="Seite_95">[S. 95]</a></span>enthalt</em>; denn
-die griechischen Priester reichen ihren Pilgern die Nahrung nicht auf
-Kosten des Klosters. Die Pilgrime müssen, wie verlautet, vielmehr froh
-sein, wenn ihre Seelsorger sich nicht von ihnen bereichern.</p>
-
-<p>Lateinische Christen unternehmen die Pilgerfahrt ungemein selten. Zu
-ihrer Beherbergung ist das Kloster des Erlösers bestimmt. <em class="gesperrt">Freie
-Bewirthung, selbst auch für Protestanten, ward großmüthig vom Papste
-geboten.</em> Unter den abendländischen Pilgern gibt es nicht lauter
-fromme, sondern auch solche, die von Kloster zu Kloster herumstreifen,
-und darin gut essen und trinken, damit die auf solche Weise
-zurückgelegte Prachtreise ihnen am Ende daheim zur Fundgrube eines
-müßigen Glückes werde. Ich kannte einen solchen Pilger, der durch ganz
-Palästina ohne einen Reisegefährten zu Fuß herumwandelte. Einen Andern
-traf ich in Ramle, später auch in Jerusalem. Ein Schlesier, sprach er
-deutsch. Ich erinnere mich kaum einer schmutzigern Kleidung, als dieser
-deutsche Gärtner trug. Man muß die Beweggründe zu seiner Reise hören,
-um den Gehalt des Mannes zu prüfen. Zweimal sei er auf den Tod krank
-gewesen, und habe zuletzt das Gelübde gethan, das heilige Land einmal
-zu besuchen. Mit nichts, als mit dem schmutzigen Hemde am Leibe, mit
-Hosen, einem Rocke, Hute, Halstuch und mit schlechten Schuhen, mit
-wenigen<span class="pagenum"><a name="Seite_96" id="Seite_96">[S. 96]</a></span> in Tücher verpackten Habseligkeiten, die er an einem Stocke
-auf der Schulter trug, durchstrich er das jüdische Land bis auf den
-Libanon, und zwar ohne Kenntniß des Arabischen oder Türkischen, des
-Griechischen oder Lateinischen, des Französischen oder Italienischen.
-Drei Tage hielt er sich in Damaskus auf, ohne den Namen der Stadt zu
-wissen. Heuchlerisch suchte er mich zu überreden, daß er auf einer
-abenteuerlichen Nachtreise das Zeugniß vom Kloster des Erlösers
-verloren habe. Weil ihm die Sprache abging, um sich den Mönchen
-verständlich zu machen, konnte er mich bewegen, daß ich mich für ihn
-als Dolmetscher verwendete, und die Patres waren gutmüthig genug, ein
-zweites Zeugniß auszufertigen. Mich erfüllte ein seltsam Erstaunen,
-als er mir später erzählte, daß er Alles erlogen habe. Es ist der
-Nämliche, welcher, nach eigenem Geständnisse, einen österreichischen
-Reisepaß sich zu erschleichen wußte. Ein Franzose ohne Habe, aber mit
-einer reichen Lügenzunge, ebenfalls ein Pilger, verwendete all’ seinen
-Witz, um mich zu betrügen. Der Umstand, daß ich immer schußfertig auf
-dem Anstande war, machte ihn gegen mich unmuthig und bitter. Solches
-Gesindel betet unter Kniebeugungen und Bekreuzungen an den heiligen
-Stellen, wo, nach den biblischen Urkunden, <em class="gesperrt">Christus</em> für die
-Menschen sein Blut vergoß, und wo sein Leichnam ins Grab gelegt wurde.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_97" id="Seite_97">[S. 97]</a></span></p>
-
-<p>Es ist zudem merkwürdig, daß derlei geldentblößte Leute, die sich gegen
-den Gastfreund mit einem Geschenke nicht erkenntlich zeigen können, am
-lautesten aufbegehren und die Unverschämtheit am weitesten treiben.</p>
-
-<p>Die Speisen und Getränke sollen in den Klöstern des jüdischen Landes
-durchgängig sehr gut sein. Vorzüglich rühmt man die Freundlichkeit der
-Klosterleute auf dem Libanon und ihren köstlichen Wein.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Der_Geist_der_Christen">Der Geist der Christen.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Die heilige Stadt &mdash; welcher Wortmißbrauch. Man tadelt allgemein
-den Geist der Christen zu Jerusalem. Hier, wo man zum reinsten
-Christussinne aufgefordert werden sollte, wächst so viel Unkraut unter
-so wenig Waizen. Schlaffheit vertritt lebendiges Streben nach Wahrheit,
-Formenwesen geläuterte Begriffe, Pharisäismus religiöse Wärme. Man
-räumt dem Mohammetaner den Vorzug ein, ich glaube, mit Recht. Viele der
-verschiedenen christlichen Glaubensbekenner benehmen sich so unwürdig,
-daß man sich beinahe schämen möchte, ein Christ zu heißen. Eine weite
-Kluft unauslöschlichen Hasses gähnt zwischen den vielfarbigen Bekennern
-des Christenthums.</p>
-
-<p>Die Griechen verdienen zuerst den Tadel. Um zu einem Zwecke zu
-gelangen, lassen sie keine Mittel unversucht. Man<span class="pagenum"><a name="Seite_98" id="Seite_98">[S. 98]</a></span> weiß kaum, wie
-man von Leuten denken soll, welche, wie die griechischen Priester,
-ausdrücklich berufen sind, Heiligthümer zu verehren, und an
-ihrem eigenen Heile zu arbeiten, und welche gleichwohl so viele
-Heillosigkeiten begehen. Daß sie vom Glauben an einen vergeltenden
-Gott durchdrungen sind, hält zu begreifen schwer, und wenn sie diesen
-Glauben noch hegen, so ist er ein schlechter, weil er mit der Annahme
-gepaart sein muß, daß <em class="gesperrt">der Glaube ohne Tugend selig mache</em>. Ich
-will zwar nicht behaupten, daß es unter den griechischen Priestern
-nicht auch wackere Männer gebe; nur sind diese, nach übereinstimmenden
-Aeußerungen, nicht häufig.</p>
-
-<p>Die lateinischen Priester sehen im Allgemeinen ziemlich alltäglich
-aus. Wenige liebten das lateinische Gespräche, und doch lesen alle
-die <em class="gesperrt">Messe in lateinischer Zunge</em>. Freilich begnügen sich manche
-Menschen dieses Schlages, <span class="antiqua">in majorem Dei gloriam</span> auf der
-Oberfläche herumzuschwimmen, ohne daß ihnen der Gedanke beifällt, in
-der Taucherglocke vom Grunde die Schätze heraufzuholen. Ich darf kaum
-bemerken, daß die lateinischen Mönche gemeiniglich alle Andersgläubige
-bemitleiden, weswegen man mir wohlmeinend rieth, ja nirgends den
-Protestantismus durchblicken zu lassen. Der rothbäckige Verwalter
-rühmte eines Abends die Gastfreundschaft des Klosters mit den Worten,<span class="pagenum"><a name="Seite_99" id="Seite_99">[S. 99]</a></span>
-daß es alle Franken beherberge, klopfe ein Katholik oder ein &mdash; &mdash; &mdash;
-an. Ich verzeihe dem guten Pater eine solche wenig würdige Sprache,
-für die ich Gedankenstriche, als die geeignetesten Schriftzeichen
-in unserer Zeit, wählte. Vom Pater Superior, unter dem Titel
-<em class="gesperrt">Reverendissimus</em>, spricht Jedermann mit Achtung.</p>
-
-<p>Es befinden sich jetzt, wie man mich versicherte, zwei protestantische
-Missionarien, ein englischer und amerikanischer, in Jerusalem. Man lobt
-sie, und die protestantischen Fremden, wenigstens die Engländer, ziehen
-größtentheils ins Missionariat. Ich besuchte weder den einen, noch den
-andern. Hätte ich mich aber in der Stadt länger aufgehalten, so würde
-ich ihre Bekanntschaft gerne gemacht haben. Sie stehen, meines Wissens,
-mit den übrigen Christen in kaltem, jedoch in keinem feindlichen
-Verhältnisse.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Der_Ablass">Der Ablaß der römisch-katholischen Kirche.</h3>
-
-</div>
-
-<ol>
- <li><em class="gesperrt">Gänzlichen Sündenablaß</em> erhält man:
- <ol class="lower_alpha">
- <li><span class="pagenum"><a name="Seite_100" id="Seite_100">[S. 100]</a></span>
-beim Betreten des heiligen Landes, wenn man sieben Vater unser
-und Ave Maria betet; denn die Mühseligkeiten und Gefahren, welche
-mit der langen Reise verbunden sind, werden als eine Buße für die
-eigenen Sünden betrachtet;</li>
- <li>beim Eintritte ins Thor von Jerusalem, nach Verrichtung von
-ebensoviel Gebeten;</li>
- <li>in der Franziskanerkirche zum Erlöser in Jerusalem, und
-zwar am Altare der Verkündigung sowohl, als des Abendmahls von
-<em class="gesperrt">Christus</em> und seiner Erscheinung vor <em class="gesperrt">Thomas</em>;</li>
- <li>in der Kirche des Christusgrabes, nämlich an den Altären der
-Kreuzerhöhung und Kreuzigung, am Steine der Salbung, an der
-Säule der Geißelung, in der Kapelle des Christusgrabes und der
-<em class="gesperrt">Helena</em>, am Orte der Kreuzerfindung;</li>
- <li>in Jerusalem an den Plätzen, wo <em class="gesperrt">Maria</em>, die Mutter des
-<em class="gesperrt">Christus</em>, empfangen und geboren ward, am Bogen des Ecce
-Homo, im Palaste des <em class="gesperrt">Pilatus</em>, nahe am Orte der Geißelung;</li>
- <li>in der Umgegend vor Jerusalem, nämlich bei der Ankunft auf dem
-Zion, im Besondern im Hause des Hohenpriesters <em class="gesperrt">Kaiphas</em>,
-am Bächlein Kidron, auf der Brücke, wo <em class="gesperrt">Christus</em> seine
-Kniee eindrückte, am Grabe seiner Mutter <em class="gesperrt">Maria</em> und des
-<em class="gesperrt">Lazarus</em> in Bethanien, auf der Burg von Magdalo, an der
-goldenen Pforte;</li>
- <li>in Bethlehem, und zwar am Altare, wo <em class="gesperrt">Christus</em> geboren
-ward, am Altare der Krippe, so wie der Anbetung der Weisen aus dem
-Morgenlande;</li>
- <li><span class="pagenum"><a name="Seite_101" id="Seite_101">[S. 101]</a></span>
-in der Umgebung Bethlehems, im Lande der Hirten, wie am Orte der
-jetzt verlassenen Kapelle, wo denselben der Engel erschien;</li>
- <li>in <em class="gesperrt">St. Johannes</em> auf dem Berge, am Altare seiner Geburt,
-in der Wüste, wo er das Evangelium predigte;</li>
- <li>in Nazareth, nach dem Eintritte in die Stadt und am Altare der
-Empfängniß;</li>
- <li>in der Umgegend von Nazareth und in Galiläa und zwar auf dem
-Berge Thabor, in der Stadt Nain, in Sephoris (Szaffad), wo die
-Aeltern <em class="gesperrt">Marias</em> geboren wurden, in Kana, am Geburtsorte der
-drei Apostel <em class="gesperrt">Bartholomäus</em>, <em class="gesperrt">Matthäus</em> und <em class="gesperrt">Simon</em>,
-am Jordan.</li>
- </ol></li>
- <li><em class="gesperrt">Ablaß auf sieben Jahre und
- zweihundertundachtzig Tage:</em>
- <ol class="lower_alpha">
- <li>zu Jerusalem in der Grabeskirche, am Altare der
-Kleidervertheilung, an der Kleidersäule, ferner im Gefängnisse auf
-dem Bezetha und am Orte, wo <em class="gesperrt">Christus Magdalenen</em> erschien;</li>
- <li>in Bethlehem, am Grabe der Unschuldigen, im Oratorium des
-<em class="gesperrt">Hieronymus</em>, an seinem Grabe, am Grabe der <em class="gesperrt">Paula</em>,
-ihrer Tochter <em class="gesperrt">Eustochia</em> und des <em class="gesperrt">Eusebius</em>, in der
-Schule des <em class="gesperrt">Hieronymus</em>;</li>
- <li><span class="pagenum"><a name="Seite_102" id="Seite_102">[S. 102]</a></span>
-in der Umgegend von Bethlehem, am Grabe der <em class="gesperrt">Rahel</em>,
-im griechischen Eliaskloster, auf dem Felde, wo der Engel den
-<em class="gesperrt">Habakuk</em> wegtrug, in der Zisterne der heiligen drei Könige,
-am Terebinthenbaume, in St. Saba;</li>
- <li>in <em class="gesperrt">St. Johannes</em> auf dem Berge, an der sogenannten
-Marienquelle, am Orte, wo die zwei Basen einander begegneten, an
-dem Orte, wo <em class="gesperrt">Philip</em> den Eunuchen der Königin von Aethiopien
-taufte;</li>
- <li>in Nazareth, im Hause <em class="gesperrt">Josefs</em>, am Tische des Herrn, an der
-Quelle der Jungfrau;</li>
- <li>in der Umgegend von Nazareth und in Galiläa, bei der
-<em class="gesperrt">Maria</em> der Furcht, auf dem Seligkeitsberge, dem Aehrenfelde,
-am Orte der Speisung mit Broten und Fischen, am See Genesareth, in
-Bethsaida und Kapernaum.</li>
- </ol>
- </li>
-</ol>
-
-<p>Ich glaubte irrig die Ablaßstellen, wovon ich mehrere besuchte,
-wenigstens durch Kreuze bezeichnet. Ohne einen Führer würde man, im
-Geiste des Ablasses, sehr wichtige Stellen unbeachtet überschreiten.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Der_alte_deutsche_Pater">Der alte deutsche Pater und die
-große Apotheke.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Im Kloster des Erlösers lebt ein grauer Achtziger aus Mähren, Pater
-<em class="gesperrt">Vital</em>. Mich verlangte, den Greis zu<span class="pagenum"><a name="Seite_103" id="Seite_103">[S. 103]</a></span> sehen. Ein schöner Mann mit
-blauen Augen, rosigem Wangenschimmer und gebeugtem Körper begrüßte mich
-mit der einnehmendsten Herzlichkeit. Mir wollte Jerusalem und seine
-Umgebung nicht gefallen, und ich fragte ihn um seine Meinung über das
-Leben in diesem Lande. „Ja, was ist es?“ antwortete er. „Man ist nun
-einmal da. Es muß gut sein.“ Der Sinn der Worte war leicht zu deuten.</p>
-
-<p>Ich traf den Pater gerade in der Werkstätte. Er treibt im Kloster das
-Geschäft eines Apothekers und Arztes. Dazu ist er also noch Pater. Alle
-gute Dinge sind drei. Von der Werkstätte gingen wir in die Apotheke.
-Wenn nur das Halbe wahr ist, was an den Büchsen und Gläsern geschrieben
-steht, so besitzt sie einen reichen Schatz von Arzneistoffen, daß man
-sich in der That verwundern muß, wenn man die Lage Jerusalems in einer
-bildungsarmen Gegend berücksichtigt.</p>
-
-<p>Die herrschende widrige Witterung machte mich ein wenig unpäßlich.
-Ich ermangelte nicht, dies dem Pater <em class="gesperrt">Vital</em> zu eröffnen,
-zugleich aber die Bemerkung beifügend, daß ich ein Arzt sei. Ohne
-irgend zu untersuchen, trug mir der Mann Gottes einen Schnapps Rosoli
-aus der Apotheke mit einer Schnelligkeit und Zuversicht an, daß ich
-unwillkürlich auf die Vermuthung geführt wurde, es mögen hin und wieder
-die Klagen eines Preßhaften mit diesem<span class="pagenum"><a name="Seite_104" id="Seite_104">[S. 104]</a></span> leckern Safte beschwichtiget
-werden. Ich verbat mir dieses Mittel darum, weil es mein Uebelbefinden
-nothwendig verschlimmern würde. So mag denn hier die Arzneigeberei
-beschaffen sein. Schnappskuren wären gar zu schmackhaft<a name="FNAnker_3_3" id="FNAnker_3_3"></a><a href="#Fussnote_3_3" class="fnanchor">[3]</a>.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Meine_Zelle_im_Kloster_des_Erloesers">Meine Zelle im Kloster
-des Erlösers.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Ich hatte eben kein fürstliches Aussehen, und ich kann mir es wohl
-erklären, wenn man mir nicht aller Orten die beßten Zimmer anwies.</p>
-
-<p>Ich habe früher die freundliche Aufnahme von Seite des
-Klosterverwalters erwähnt, und diesmal bloß nachzutragen, daß er dem
-Klosterbedienten <em class="gesperrt">Elias</em> zu verstehen gab, er solle mir ein
-kleines, doch gutes Kämmerlein einräumen, weil man die andern Zimmer
-für die hohen Personen, die man eben erwarte, bereit halten müsse.</p>
-
-<p>Mein Zimmer, mit einem Bette, Tisch und Sessel, war durchaus schlecht,
-ohne Fenster, nicht einmal mit gut schließenden Läden, und eine
-Oeffnung über der Thüre hatte gar keine Vorrichtung zum Sperren. Lustig
-pfiff der gefällige Wind, die zum Theil schlaflosen Nächte mir zu<span class="pagenum"><a name="Seite_105" id="Seite_105">[S. 105]</a></span>
-vertreiben. Es scheint allenthalben dafür gesorgt, daß die Welt zum
-Himmel hinauf lacht. Wäre es nur nicht ziemlich kalt gewesen, ich würde
-die Orgeltöne des Windes noch süßer gefunden haben. Beim Schreiben war
-ich in einen Mantel, die Füße in eine wollene Decke gewickelt, und
-dennoch konnte ich mich auf diese Art mit genauer Noth wärmen. Die
-Ueberzeugung wurzelte in mir fest, daß ich in einem solchen Zimmer von
-meiner Unpäßlichkeit nicht genesen könne, und daß ich daher auf die
-Abreise dringen müsse, wenn mir anders die Gesundheit am Herzen liege.</p>
-
-<p>Die Schattenseite des Lebens bietet doch ungemein viel Abstufungen dar.</p>
-
-<p>Auf dem Meere dachte ich: Wenn ich nur zu Lande wäre, ich wollte
-zufrieden sein.</p>
-
-<p>Bei den Pyramiden von Memphis dachte ich: Wenn ich nur wieder unter
-Franken wäre, ich wollte zufrieden sein.</p>
-
-<p>Und in Kairo dachte ich: Wenn ich nur wieder in einem kältern
-Himmelsstriche wäre, ich wollte zufrieden sein.</p>
-
-<p>Und in der Wüste dachte ich: Wenn ich nur wieder auf bewohnten Boden
-meinen Fuß setzen könnte, ich wollte zufrieden sein.</p>
-
-<p>Und in dem Gefängnisse unter dem Zelte dachte ich: Wenn ich nur wieder
-ein vor dem Regen schützendes Zimmer und die Freiheit hätte, ich wollte
-zufrieden sein.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_106" id="Seite_106">[S. 106]</a></span></p>
-
-<p>Und beim beschwerlichen Ritte von Gaza dachte ich: Wenn ich nur einmal
-wieder Ramle erreichte, oder wenn mir nur wieder die Bequemlichkeiten
-des Schiffes auf der See vergönnt wären, ich wollte zufrieden sein.</p>
-
-<p>Wie vielmal wollte ich zufrieden sein, und wie vielmal war ich
-es nicht? Das kann sich so fügen: Im Augenblicke, da man eine
-Widerwärtigkeit fühlt, erscheint sie am größten; die vergangene tritt
-in dem Grade kleiner vor die Seele, als ein Gegenstand vor das Auge,
-der sich immer weiter entfernt.</p>
-
-<p>Billig stimme ich in das allgemeine Lob auf die gute Bewirthung des
-Klosters. Die Speisen waren alle schmackhaft. Mir that es wehe, daß
-ich die in einem zinnernen Becher mir zugereichte Porzion weißen Wein
-wegen meiner eine strengere Lebensweise gebietenden Unpäßlichkeit nicht
-ganz trinken durfte. Ich kostete noch keinen edlern Wein, und ich nahm
-davon sogar als Arznei auf die Reise mit. Nach der Versicherung des
-Klosterbedienten wächst er in Bethlehem.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Der_Fuehrer_um_und_in_Jerusalem">Der Führer um und in
-Jerusalem.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Zu den Sehenswürdigkeiten ist ein Führer vonnöthen. Wendet man sich &mdash;
-das Vorzüglichste, das man thun kann &mdash; ans lateinische Kloster, so
-wird es für einen Dragoman sorgen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_107" id="Seite_107">[S. 107]</a></span></p>
-
-<p>Die Kirche des Christusgrabes ist nicht immer offen. Deswegen muß man
-im Kloster darnach fragen, wann sie aufgeschlossen werde, um nicht
-vergeblich sich hin- und herzutreiben. <em class="gesperrt">Diese Kirche zu sehen, soll
-das erste Augenmerk sein.</em> Zu ihrer Aufsuchung wird kein Führer
-gerade nothwendig. Es weiß den Tempel Jedermann. Viele auf der Gasse
-verstehen italienisch. Doch in der Grabeskirche selbst bedarf man
-einiger Anleitung.</p>
-
-<p>Man schlägt mit dem Führer folgende Wege ein:</p>
-
-<p>1) <em class="gesperrt">Um die Stadt.</em> Durch das Thor von Damaskus zur Jeremiasgrotte.
-Dann zu den Gräbern der Könige. Nun richtet man sich gegen das
-Josaphatsthal; man überschreitet die Kidronbrücke. Jetzt nach
-einander die Grabhöhle <em class="gesperrt">Mariens</em> und der Apostel, sowie der
-Garten Gethsemane. Hernach auf den Oelberg. Herab zu den Gräbern
-<em class="gesperrt">Absaloms</em>, <em class="gesperrt">Josaphats</em> und <em class="gesperrt">Zachariassen</em>. Zurück
-über den Kidron. Unter dem Moriah (Moschee <em class="gesperrt">Omars</em>) die Brunnen,
-insbesondere derjenige Siloahs. Auf letzterem Wege lasse man sich das
-blinde Thor des, wie man vorgibt, ehemaligen Salomonstempels zeigen.
-Jetzt ersteige man den Zion; die Hausstelle des <em class="gesperrt">Kaiphas</em> und
-die Stelle der Davidsburg. Das Alles wird man ohne Hinderniß besuchen
-können; einzig die Mariengruft ist meist gesperrt. Es genügt, daß der
-Führer sie einmal<span class="pagenum"><a name="Seite_108" id="Seite_108">[S. 108]</a></span> weise. Man fragt, wann sie offen sei, und man macht
-allein einen Spaziergang dahin, da sie sehr leicht zu finden ist. In
-das Dunkel der königlichen Gräber und des Siloahbrunnens muß man sich
-leuchten.</p>
-
-<p>2) <em class="gesperrt">In der Stadt.</em> Wir waren schon in der Kirche des
-Christusgrabes. Unweit von hier glaubt man den Palast des
-<em class="gesperrt">Pilatus</em>; man gehe durch die sogenannte Schmerzensgasse bis zum
-vorgeblichen Palast des <em class="gesperrt">Herodes</em> und zum sogeheißenen Kerker
-<em class="gesperrt">Christi</em>. Von da begibt man sich in die Nähe der Omarskirche, die
-man doch von außen ein wenig besehen kann.</p>
-
-<p>Der Führer wird nicht umhin können, mannigfaltige Erinnerungen und
-Erzählungen, z. B. von heiligen Eindrücken in Steinen, von Häusern
-heiliger Weiber und Männer, an die Wege zu knüpfen. Ich geleitete bloß
-zum Sehenswürdigsten.</p>
-
-<p>Bei guter Witterung wird man in einem Tage, bei schlechter in zwei
-Tagen zuversichtlich allenthalben herumkommen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Rueckblick_auf_Jerusalem">Rückblick auf Jerusalem.</h3>
-
-</div>
-
-<p>So wenig der erste Anblick der Stadt meiner Erwartung entsprach, so
-tief, ich muß es laut gestehen, wurde sie beschämt, als ich anfing,
-die Denkwürdige mit Auf<span class="pagenum"><a name="Seite_109" id="Seite_109">[S. 109]</a></span>merksamkeit zu zergliedern. Wenn auch nicht
-der Buchstabengläubige und der ungestüme Zweifler, so kehrt doch der
-ruhige Prüfer aus der gefeierten Stadt zurück. Jerusalem verdient mit
-vollem Rechte von dem Alterthumsforscher, zumal aber von dem Israeliten
-und Christen, besucht zu werden. Es erscheint nicht wenig auffallend,
-daß hier die Nachgrabungen, um Alterthümer zu entdecken, nicht nach
-einem durchgreifenden Plane, wie an so manchen andern, geschichtlich
-vielleicht weniger wichtigen Orten veranstaltet werden. Es liegt über
-allen Zweifel hinaus, daß der Nachgrabende in Jerusalem mannigfaltige
-Schätze der Vorwelt hervorziehen würde, die zu Erklärung des alten und
-neuen Testamentes ungefähr so viel beitragen könnten, als das ganze
-Heer von Stuben- und Schriftgelehrten seit Jahrhunderten wirklich
-dazu beigetragen haben. Es versteht sich wohl von selbst, daß, um
-so zu sagen, keinerlei heilige oder unheilige Besorgnisse von den
-Nachgrabungen abhalten dürfen. Die Wahrheit ist in der That heiliger
-zu achten, als daß es erlaubt wäre, auf das Erforschen derselben zu
-verzichten, weder den Einen, weil sie etwa fürchten, daß der neue Fund
-den bisherigen Glauben schwäche, noch den Andern, weil sie besorgen,
-daß er ihn stärke.</p>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_110" id="Seite_110">[S. 110]</a></span></p>
-
-<h3 id="Ausflug_nach_Bethlehem">Ausflug nach Bethlehem.</h3>
-
-</div>
-
-<div class="blockquot">
-
-<p>Holperiger Weg; das unscheinbare <em class="gesperrt">Elias</em> mit einer reizenden
-Aussicht nach Jerusalem und Bethlehem; <em class="gesperrt">Rahels</em> Grab; in Bethlehem
-Pfützenreichthum, das Franziskanerkloster, der Stall und die Krippe;
-die Bethlehemiten und Bethlehemitinnen; zu Fuß nach Jerusalem zurück.</p>
-
-</div>
-
-<p>Durch die Erzählung der Unannehmlichkeiten mit einem Eseltreiber will
-ich Niemand belästigen; man hat manchmal mit solchen Leuten so viel
-Mißliches, daß man beinahe das alte Gebot zurückwünschen möchte, nach
-welchem den Christen untersagt war, in und um Jerusalem zu reiten.</p>
-
-<p>Ich ging durch das Jaffathor, wendete mich links über das Thal Gihon,
-und bald war ich auf der Thallehne Hinnon, Jerusalem gegenüber und mit
-diesem ungefähr in gleicher Höhe. Der Anblick der Stadt verheißt von
-hier aus nicht viel; kaum zeichnet sich der Zion aus.</p>
-
-<p>Der holperige Weg gleicht unsern Bergwegen. Die Leute lassen sich die
-Mühe reuen, ein kleines Sträßchen anzulegen, so leicht es wäre. Man hat
-nicht ganz Unrecht, vom Zustande der Straßen auf die Bildungsstufe der
-umwohnenden Menschen zu schließen.</p>
-
-<p>Jetzt bekam ich über dem Hinnon einen Esel. Ich ritt durch eine Ebene
-in der Richtung gegen Mittag. Wo<span class="pagenum"><a name="Seite_111" id="Seite_111">[S. 111]</a></span> dieselbe zu einem langen, von
-Abend gegen Morgen oder gegen das uneigentlich sogenannte todte Meer
-streichenden Hügel aufschwillt, liegt in der Mitte und auf dem Rücken
-selbst das griechische Kloster des <em class="gesperrt">Elias</em>: wenig vorstellende
-Mauern, welche schwerlich ein Abendländer für ein Gotteshaus ansähe.
-Das reizlose Aeußere mag der Lüsternheit des Beduinengesindels am
-beßten wehren. An dem <em class="gesperrt">Eliaskloster</em> vorüber, und auf dem Scheitel
-des Hügels erweitert sich die Aussicht nach Mittag und Mitternacht.
-Rückwärts nimmt man Abschied von Jerusalem, und vorwärts gegen Mittag
-begrüßt man Bethlehem, welches wie an einen Abhang gekleibt ist. Im
-Glanze der Abendsonne fiel dasselbe vortheilhaft ins Auge. Es scheint
-hier sehr nahe, und doch haben wir erst die Hälfte des Weges am Rücken.
-Vom Lothssee erblickt man nur ein kleines Silberdreieck, welches
-von Gebirgen des ostjordanischen Landes majestätisch überragt wird.
-Zwischen dem Eliaskloster und Bethlehem steht an dem, von <em class="gesperrt">Elias</em>
-aus, sehr unebenen Wege rechts, nach der Ueberlieferung, <em class="gesperrt">Rahels</em>
-Grab unter einer mohammetanischen Kuppel.</p>
-
-<p>Man kommt vor Bethlehem gerne aus der steinichten, mehr oder minder
-öden Gegend in eine gewächsreichere, worin wenigstens Rebe und Feige
-und Kohl gedeihen. Unter einem Gewölbe hindurch tritt man ins Dorf.
-Kaum weiß<span class="pagenum"><a name="Seite_112" id="Seite_112">[S. 112]</a></span> man vor Wasser und Schlamm, wo man den Fuß hinstellen darf.</p>
-
-<p>Bethlehem, an der nördlichen Abdachung eines Hügels, gewährt keine
-erhebende Aussicht. Den zwar gut gemauerten Häusern mangeln Fenster.</p>
-
-<p>Im Franziskanerkloster stieg ich ab. Der Pater Guardianus, ein
-einsichtiger und kenntnißreicher Mann, empfing mich mit Freundlichkeit,
-und es wurde mir ein gutes, großes Zimmer angewiesen. Abends ereilte
-mich das Mißgeschick, von der Prozession, mit brennender Kerze in
-der Hand, gleichsam fortgerissen zu werden. So gerne würde ich mit
-einem Führer allein und in der Stille den Ort, wo, der Ueberlieferung
-zufolge, <em class="gesperrt">Christus</em> geboren ward, besucht haben. Es ist diese
-Stelle, unmittelbar unter der Kirche, von einer köstlich gezierten
-Kapelle überwölbt. Als die Patres in diese herabgestiegen waren, sanken
-sie in Demuth auf die Kniee, und erhoben die Stimmen des Gebetes. Der
-Guardian schenkte mir die Aufmerksamkeit, daß er mir ein gedrucktes
-lateinisches Büchlein mit den Gebeten einhändigte, welche vor jedem
-Altare verrichtet werden. Wer würde auf dieser Stätte sich nicht in
-ernste Betrachtungen vertiefen? Welche große Eröffnungen sind, nach dem
-Glauben der Christen, von dem Manne ausgegangen, dessen Geburtsstätte
-vor meinen Augen lag („<span class="antiqua">hic de virgine <i>Maria Jesus Christus</i><span class="pagenum"><a name="Seite_113" id="Seite_113">[S. 113]</a></span>
-natus est</span>“). Aber auch welches Unheil erzeugte der Aberwitz,
-welcher mit Herrschsucht im Reiche der Meinungen sich in den Sinn der
-Worte unsers großen Meisters hinaufwagte? Wie lange noch bleibt es bloß
-frommer Wunsch, daß nur <em class="gesperrt">einen</em> Hirten <em class="gesperrt">eine</em> Heerde umgeben
-möchte? Man zeigt auch die Krippe, welche zum Lager des neugebornen
-Kindes gewählt worden sein soll. Außer der Geburtskapelle wallt man in
-mehrere Höhlen, worin die fromme Erinnerung Altäre und Grabmale gebaut
-hat, einen z. B. auf <em class="gesperrt">Hieronymus</em>, einen hochwürdigen Mann. Es
-ist von einem Engländer behauptet worden, daß, im Widerspruche mit
-den Urkunden, die Geburtskapelle unterirdisch sei. Ich möchte dieser
-Behauptung aus guten Gründen nicht beipflichten. An der Baustelle des
-Klosters schießt der Boden der Erde gähe ab, und wenn der Boden der
-Kirche in ebener Linie durchgeführt wurde, so konnte der Stall den Raum
-zwischen dem Erd- und Kirchenboden einnehmen.</p>
-
-<p>Das Kloster ist ziemlich groß; seine Mauern sind so dick und massiv,
-wie die einer Festung. Großen Schaden litt es letztes Jahr durch ein
-Erdbeben, und eben war man mit Verbessern des Gebäudes beschäftiget.
-Mehrere Mädchen gingen aus und ein, um die Maurer zu bedienen. Diese,
-wie andere Bethlehemitinnen gewannen in meinen Augen nicht den Preis
-der Schönheit, welchen Reisende ihnen zudachten.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_114" id="Seite_114">[S. 114]</a></span></p>
-
-<p>Die Bethlehemiten sind lauter Christen, und zwar beinahe alle
-lateinische, nur in geringer Zahl griechische. Aus ihren Gesichtern
-sprechen die Züge von Schlaffheit, Schlauheit, von Niederträchtigkeit.
-Ich verdanke dem Pfarrer des Klosters, einem Spanier, die Mittheilung,
-daß im verwichenen Jahr 122 (lateinische) Kinder geboren wurden.
-Die ganze Gemeinde von Bethlehem nähert sich der Zahl von 4000. Im
-laufenden Jahre starben binnen fünfzehn Tagen über 40 Kinder an den
-wahren Menschenpocken und bloß <em class="gesperrt">eine</em> erwachsene Person.</p>
-
-<p>Es werden in Bethlehem sehr viel heilige Dinge, meist aus Perlmutter,
-gearbeitet. Kurz nach meiner Ankunft begab sich zu mir ins Zimmer ein
-Bethlehemit mit einer Menge Kruzifixe, Marienbilder, Rosenkränze u. s.
-f., wovon ich mehreres einkaufte.</p>
-
-<p>Zu spät in Bethlehem, das zwei leichte Wegstunden von Jerusalem
-entfernt ist, eingetroffen, blieb ich daselbst über Nacht. Ich rühme
-billigermaßen die freundliche Bewirthung und den guten Wein; nur war es
-mir unangenehm, daß ich, in Berücksichtigung meiner Gesundheit, nicht
-nach allen aufgetragenen Speisen langen durfte.</p>
-
-<p>Am folgenden Morgen wollte ich zu Fuß zurückkehren; allein man &mdash; &mdash;
-&mdash;. Ich wußte zum Glücke noch, daß ich nicht weit von meinem Kopfe Füße
-habe, und ohne<span class="pagenum"><a name="Seite_115" id="Seite_115">[S. 115]</a></span> Worte zu machen, trat ich den Rückweg an. Meine kurze
-Fußreise war ein Lustwandel, während dessen ich die Gegend mehr genoß,
-als es bei einem Ritte hätte der Fall sein können. Und Gewinn war
-schon der lebendigere Gedanke, daß Tausende und Tausende von Menschen
-vor längst verflossenen Jahrhunderten von Bethlehem nach Jerusalem
-zu Fuße einherwandelten, wie ich nun dahin ziehe. Verläßt man das
-Dorf Bethlehem, so schaut linker Hand oben das Kloster Johannes auf
-uns herab. Ungefähr auf der Hälfte Weges holte ich Gesellschaft ein,
-nämlich einige Marktweiber, welche auf dem Kopfe Holzreiser trugen.
-Nicht sehr lange aber hielten sie Schritt mit mir; es war eine Strecke
-über <em class="gesperrt">Elias</em>, als ich sie verließ. In dem ungestörten Besitze
-meiner Gedankenwelt, in der frohen Vergegenwärtigung der Vorzeit,
-welche der alte Boden unter meinen Füßen heraufbeschwor, ging ich
-wieder meines Weges allein, wie vor Bethlehem, und ohne irgend ein
-unangenehmes Begebniß erreichte ich Jerusalem.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_Beschiffung_des_Lothsees">Die Beschiffung des Lothssees.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Obgleich ich den Lothssee, in den sich der Jordan ergießt, ohne daß er
-einen sichtbaren Ausfluß hat, nicht selbst besuchte, so scheint es mir
-doch am Platze, mitzutheilen, was ich zu wiederholten Malen erfuhr, daß
-dieses<span class="pagenum"><a name="Seite_116" id="Seite_116">[S. 116]</a></span> gefürchtete Wasser, in dessen Nähe <em class="gesperrt">Tacitus</em> ein großes
-Naturereigniß (Kräuter der Wiesen und Saaten des Feldes verwandelten
-sich gleichsam in Asche) verlegte, im Sommer des Jahres 1834 von einem
-Engländer (vielleicht vom Irländer <em class="gesperrt">Carnagan</em>) beschifft wurde.
-Er ließ von Jaffa einen Kahn hinüberschaffen, und mit einem Bedienten
-beschiffte er den See. Der Unternehmer starb nach der Seefahrt; der
-Bediente aber lebt noch. Die übrigen Mähren zu erzählen, will ich am
-liebsten schuldig bleiben.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Nach_Jaffa_am_Mittelmeer">Nach Jaffa am Mittelmeer.</h3>
-
-</div>
-
-<div class="blockquot">
-
-<p>Abermals allein gereist; der Regen des heiligen Landes behagt mir
-nicht; Beschwerden vom Reiten her; ein Araber, der ein Huhn verloren,
-redet mich auf italienisch an; Nachts in Ramle; <span class="antiqua">Clausura per le
-donne, quoique</span> und <span class="antiqua">parceque</span>; durch die Ebene Saron mit
-nassem Sack und Pack; bald in Jaffa.</p>
-
-</div>
-
-<p>Freitags den vierten Christmonat schied ich von Jerusalem. Den Rückweg
-bis Ramle kennen wir. Ich bemerke bloß ein paar Dinge:</p>
-
-<p>Ich reiste abermals allein, nach der goldenen Regel: Lieber keine, als
-eine schlechte Gesellschaft. Ein Franzose, dem ich mich anheischig
-machte, die Reise nach Jaffa zu bezahlen, wenn er die Merkwürdigkeiten
-Jerusalems mir<span class="pagenum"><a name="Seite_117" id="Seite_117">[S. 117]</a></span> zeige<a name="FNAnker_4_4" id="FNAnker_4_4"></a><a href="#Fussnote_4_4" class="fnanchor">[4]</a>, sollte zwar mitreisen; weil er aber ein
-Trunkenbold und ohnehin ein unzuverlässiger Mann war, so zog ich vor,
-ihn vorangehen zu lassen. Daher kam es, daß ich über das Gebirge bloß
-einen Araber, den Führer, zum Gefährten hatte.</p>
-
-<p>Erst gegen eilf Uhr Mittags verließ ich das Neuhaus, nachdem ich den
-Führer lange umsonst erwartet hatte. Daraus erwuchs mir der Nachtheil,
-daß gerade schlimme Witterung sich einstellte, die sich während
-des ganzen Zuges über das Judengebirge wirklich sehr unordentlich
-aufführte. Der Regen goß in Strömen hernieder, indeß dann und wann der
-Nebel in seiner gespenstergrauen Farbe herumschlich. Einmal wollte
-ich mich gerade in einer tiefen Gebirgsschlucht trocken decken. Ich
-entfaltete den Polster, auf dem ich saß, um mich in denselben, wie in
-einen Mantel, zu hüllen. Naß, müde, ja halb krumm unter der Regentraufe
-und für den Augenblick der Besinnung gleichsam bar, legte ich den
-durchnäßten Deckmantel, den ich bisher trug, auf den Sattel. Nun wurde
-ich natürlich auch da, wo ich bis jetzt trocken blieb, benäßt. Um das
-Maß der Unannehmlichkeiten zu füllen, trat noch ein anderer übler
-Umstand hinzu. Der<span class="pagenum"><a name="Seite_118" id="Seite_118">[S. 118]</a></span> Sattel des Thieres war ungebührlich breit und
-überhaupt schlecht, so daß mein rechtes Bein roth und blau sich rieb<a name="FNAnker_5_5" id="FNAnker_5_5"></a><a href="#Fussnote_5_5" class="fnanchor">[5]</a>.</p>
-
-<p>Von der Bergreise will ich noch eine Begebenheit berühren. Es kamen
-Araber entgegen, welche mit Hühnern beladene Esel vor sich hin
-trieben. Einer derselben fragte mich auf italienisch, wie viel Uhr
-es sei. Ohne anzuhalten, antwortete ich: <span class="antiqua">Non sò</span> (ich weiß es
-nicht). Ich möchte mich für den Verdacht nicht bestimmt erklären,
-daß der Fragesteller gerne meine Uhr gesehen und als gelegene Beute
-mitgenommen hätte. Verdacht wäre sonst um so gegründeter, als die Uhren
-oder die Werkzeuge zur Zeitmessung unter den Arabern, insbesondere
-unter den Beduinen, als eine große Seltenheit gelten, weil sie das
-Bedürfniß künstlicher Zeitmessung in ihrem, dem Naturzustande nahe
-stehenden Leben bereits gar nicht fühlen. Schon waren die Araber wenige
-Schußweiten von uns entfernt, als ich ein Huhn, unzweifelhaft einen
-verlorenen Theil der Ladung, am Wege daliegen sah. Ich war im Begriffe,
-die Araber, als die höchst wahrscheinlichen Eigenthümer, zu rufen;
-allein der Grund überwog, den verdächtigen Burschen nicht gleich<span class="pagenum"><a name="Seite_119" id="Seite_119">[S. 119]</a></span>sam
-die Hand zur Rückkehr zu bieten, und mein Führer unterließ beides, zu
-rufen und das Huhn für sich aufzuheben.</p>
-
-<p>Kaum recht aus dem Gebirge, kaum die Ebene von Ramle vor den Augen,
-und die Nacht ließ ihren dunkeln Vorhang vor mir, dem bis auf die Haut
-Durchnäßten, fallen. Mich fror es inzwischen nicht eigentlich; denn
-die Witterung, auf den Bergen und dem Niederlande so verschieden, wie
-dort Tag und hier Nacht, war jetzt lieblich, gleich dem milden Blicke
-unschuldiger Kinder. Ein Regenbogen beim Mondesscheine (erstes Viertel)
-entzückte mich zum ersten Male.</p>
-
-<p>Ich langte wiederum Nachts in Ramle an. Ich nahm schon deswegen die
-Einkehr im lateinischen Hospiz, weil ein Theil meines Gepäckes dort
-zurückblieb. Es wäre ungerecht, wenn ich das Nachtessen tadeln wollte;
-aber zur Schmeichelei werde ich ebenso wenig hinunterkriechen, daß im
-Hospiz Reinlichkeit an der Tagesordnung sei. Bei uns speiset mancher
-Bettler mit einem saubern Löffel, mit einem reinern Messer und einer
-gefälligern Gabel, als der Reisende in diesem mönchischen Gasthause.
-Ueber einem Gange steht, wie im Erlöserkloster zu Jerusalem, in
-italienischer Sprache geschrieben (<span class="antiqua">clausura per le donne</span>), daß
-den Frauen der Eintritt verboten sei. Ganz wohl; denn die<span class="pagenum"><a name="Seite_120" id="Seite_120">[S. 120]</a></span> unreinlichen
-Männer müßten sich vor den Weibern schämen, die in der Küche nach einem
-bessern Geschmacke sich einzurichten wissen.</p>
-
-<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 5.</em></p>
-
-<p>Mit nassen Hand- und Druckschriften im Felleisen und selber noch
-nicht in trockenen Kleidern, setzte ich, bei guter Witterung und in
-Gesellschaft eines Militärinstruktors, eines italienischen politischen
-Flüchtlings, den Weg fort nach Jaffa durch eine ausgedehnte Ebene,
-die Saron, welche mit dem Brautgewande des Lenzes geschmückt war.
-Man erblickt die Küstenstadt schon in einer Stunde Entfernung von
-einer sanften Anhöhe aus, wodurch die Saronebene beinahe nichts
-Nennenswerthes an ihrer Einförmigkeit verliert. Gleichsam zur
-Entschädigung dafür belebt vor den Mauern der Stadt den Ankömmling der
-angenehme Geruch üppiger Gärten, worin Goldäpfel die Bäume beschweren.
-Vor Mittag schon ritt ich durch das Thor von Jaffa.</p>
-
-<p>Von Gaza bis Ramle sind zwölf Stunden zu Fuß, von Jerusalem bis Ramle
-ebenso neun Stunden und von hier bis Jaffa viertehalb Stunden.</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_121" id="Seite_121">[S. 121]</a></span></p>
-
-<h2 class="nobreak" id="Jaffa"><em class="gesperrt">Jaffa</em>.</h2>
-
-</div>
-
-<h3 class="nopad" id="Lage_Gassen_Hafen_Bevoelkerung">Lage, Gassen,
-Hafen, Bevölkerung.</h3>
-
-<p>Das heutige Jaffa, das Joppe der Bibel, ist größer, als eine
-Abbildung es mir vorstellte. Es liegt am Meere auf einem Hügel, den
-es vollständig umhüllt. Von Mitternacht aus, auf dem mohammetanischen
-Gottesacker, genießt man den günstigsten An- und Ueberblick, und die
-vielen Kugeldächer rufen Gaza ins Gedächtniß zurück. An die Stadtmauern
-sind inwendig die elendesten Hütten gebaut.</p>
-
-<p>Die Mohammetaner haben zwei Moscheen. Die eine, mit einem niedrigen
-Thurme, steht unten am Meere, einige Schritte vom armenischen Kloster;
-die andere, größere oben im nördlichen Stadtviertel. Daneben in Mitte
-des Doppelthores, welches auf das Land führt, spendet ein prächtiger
-Brunnen sein erfrischend Wasser, wovon auch die christlichen Pilger
-fleißig holen. Die Gassen sind unregelmäßig, enge, löcherig, in
-der Regenzeit schmutzig. Die Hauptgasse streicht einerseits an dem
-griechischen, lateinischen und armenischen Hospizium, andererseits an
-dem Hafen als Kai vorbei, und gegen Mitternacht eben davon bis zur
-kleinen Moschee. Hier biegt sie sich um, und steigt neben Handwerks-
-und Kaufbuden ein wenig gähe hinan, um sich in<span class="pagenum"><a name="Seite_122" id="Seite_122">[S. 122]</a></span> einen kleinen, ziemlich
-ebenen Platz zu öffnen. Hier herrscht besonders viel Regsamkeit, schon
-der Fleischbänke willen. Von diesem Marktplatze ziehen gegen Morgen
-drei Gassen: die eine zu den Getreideläden, einem großen Kaffeehause
-und zur großen Moschee; die andere und mittlere zum Thore auf das Land;
-die dritte als Nebengäßchen zur Stadtmauer. Neben der Hauptgasse, deren
-Richtung dem lateinischen <span class="antiqua">S</span> am nächsten kommt, öffnet sich eine
-enge Gasse in den Marktplatz, welche erst gähe zu dem auf der Höhe der
-Stadt oder des Stadthügels liegenden Festungsschlosse hinauf-, von
-diesem aber herabsteigt. Die Gassen auf dem Gipfel und im südlichen
-Theile der Stadt sind, mit Ausnahme der letztern Gasse, ziemlich
-menschenleer, und verdienen auch keine nähere Würdigung.</p>
-
-<p>Der Hafen, wenig Rührigkeit darbietend, ist eher eine Rhede, schlecht
-und klein, von Klippen umfangen, für größere Schiffe unzugänglich. In
-der Rhede lagen bei meiner Ankunft fünf Schiffe vor Anker; auf offener
-See in viertelstündiger Entfernung eine griechische Brigg<a name="FNAnker_6_6" id="FNAnker_6_6"></a><a href="#Fussnote_6_6" class="fnanchor">[6]</a>.</p>
-
-<p>Wie soll ich muthmaßen, daß die Stadt von 5000 Menschen bevölkert sei?
-Ich bin, wie in Jerusalem, so<span class="pagenum"><a name="Seite_123" id="Seite_123">[S. 123]</a></span> auch hier mit nackten Muthmaßungen
-über die Zahl der Bevölkerung, ohne über sichere Angaben gebieten zu
-können, selber vielleicht am meisten unzufrieden, und ich würde diese
-mit großem Vergnügen verzeichnen, wären sie nur erhältlich gewesen.
-Haben die ungefähren Ansichten von der Volkszahl weiter keinen Werth,
-so mögen sie doch als Wink dienen, andern Angaben nicht sicher zu
-vertrauen. Die Anzahl der Christen ist nicht geringe; die Lateiner
-und Maroniten zählen aber bloß 340 Seelen. Die Christen bewohnen den
-untern oder Hafentheil der Stadt, in welchem am Sonntage viele Läden
-geschlossen waren.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Jaffa_wie_es_ehemals_war">Jaffa, wie es ehemals war.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Ich will keine Geschichte von Jaffa liefern; nur kann ich mich nicht
-enthalten, drei Schriften aus der jüngern Vergangenheit Auszüge zu
-entheben.</p>
-
-<p>„Jetziger Zeit“ (1581), sagt <em class="gesperrt">Salomo Schweigger</em>, „ist keine
-Behausung mehr vorhanden, denn auf einem nicht gar hohen Berge zwei
-Gebäu, groß und weit, ziemlich stark. Darinnen eine türkische Besatzung
-etlicher Araber von wegen der Anlände aus Egypten. Sonst sieht man am
-Berge etliche alte Gewölbe. Die meiste Waare, so dahin gebracht wird
-aus Egypten, ist Salz und Reis. Dagegen ladet man Oel. Haben derhalb
-keine Herberg funden,<span class="pagenum"><a name="Seite_124" id="Seite_124">[S. 124]</a></span> sondern mußten unterm freien Himmel für gut
-nehmen im Sande zunächst am Meere.“</p>
-
-<p>Vernehmen wir <em class="gesperrt">de la Mottraye</em>: „Nach einer Fahrt von sechszehn
-Tagen und nach verschiedenem Ungemach kamen wir den 19. Merz 1697
-auf der Rhede vor Jaffa an. Dieser Ort ist von so vielen Reisenden
-beschrieben, daß ich mich der Mühe überheben kann, eine neue
-Beschreibung davon zu geben, zumal da derselbe jetzt kaum mehr den
-Namen eines Dorfes verdient. Von dieser uralten Stadt ist nichts mehr
-übrig, als ein großer, halb eingefallener Thurm, und zwei kleinere, die
-noch ganz sind, auf dem Gipfel eines benachbarten Berges, und einige
-in den Berg gegrabene Höhlen; denn Häuser sind es wahrlich nicht. Nur
-eine Herberge für den Fremden, welche den Namen eines Hauses verdient,
-steht am Ufer des Meeres. Der Hafen ist nicht sonderlich, und wird, aus
-Mangel der Unterhaltung, von Tage zu Tage schlechter. Einige Spuren von
-dicken, wohl zämentirten Mauern, die nicht weit vom Ufer aus dem Wasser
-hervorragen, scheinen die Ueberbleibsel eines Dammes oder Molo zu
-sein, der noch heutzutage sehr nützlich sein würde, um den Nordostwind
-abzuhalten, welcher die Gebäude hier ziemlich in Gefahr setzt, wenn er
-heftig weht.“</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Jonas Korte</em> fand vor bald einem Jahrhunderte (1738)<span class="pagenum"><a name="Seite_125" id="Seite_125">[S. 125]</a></span> in Jaffa
-ein Haus, Hospiz genannt, worin beständig ein Pater und Frater vom
-Franziskanerorden sei, und sagt dann weiter: „Das Hospizium, darin ich
-war, gehört auch den <span class="antiqua">Patribus de Terra Sancta</span>. Es liegt just am
-Meere, und man steigt nur etliche Stufen dazu hinauf, und ist an einen
-Berg, worauf die Stadt meist liegt, angebauet. Die Kapelle und ein
-paar Kammern waren auch in den Felsen oder Berg hineingemacht und also
-schön kühl. Die Herren Patres behaupten, dieses Haus stehe an derselben
-Stätte, wo <em class="gesperrt">Simon</em>, der Gerber, gewohnt, und wo <em class="gesperrt">Petrus</em> das
-Gesicht oder Offenbarung gehabt, wiewohl man mit Augen sehen kann,
-daß die See viel von dem Berge abgerissen, und Stücke von den alten
-Stadtmauern und Thürmen über zwei Steinwurf in der See liegen.“</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_Tageslaenge">Die Tageslänge.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Wenn man einmal Reisender ist, so richtet man die Aufmerksamkeit
-auf alle Verschiedenheiten, notabene auf alle, die Einem nicht
-entschlüpfen. Außer den Temperatur- und Witterungsverschiedenheiten
-wird man in Syrien unter dem 32. Grade nördlicher Erdbreite einen
-bedeutenden Abstand in Bezug auf die Tageslänge wahrnehmen. Ich hielt
-mich während des kürzesten Tages in Jaffa auf, und sieben Uhr<span class="pagenum"><a name="Seite_126" id="Seite_126">[S. 126]</a></span> Morgens
-schon und noch fünf Uhr Abends konnte man an einem hellern Orte leicht
-lesen.</p>
-
-<p>Für die Klöster im jüdischen Lande (<span class="antiqua">Tabula secunda pro Conventibus
-Judaeæ sub elevato Polo per gradus 32</span>) liegt eine gedruckte Tabelle
-vor mir, worauf in der Regel von sechs zu sechs Tagen die Zeit des
-Sonnenauf- und Untergangs durch das ganze Jahr angegeben ist. Ich
-will am liebsten die Tabelle selbst redend einführen, da sie, längst
-ansäßig in Syrien, mir aus einer Verlegenheit helfen und auch Auskunft
-ertheilen kann, wie weit der längste Tag seine Flügel von einander
-ausspanne. Am kürzesten Tage schläft die Sonne allerdings nicht so
-lange, wie bei uns; denn sie steht um sieben Uhr und drei Minuten auf,
-und sie legt sich um vier Uhr und siebenundfünfzig Minuten nieder.
-Dafür läßt sich die Sonne am längsten Tage zum Aufstehen mehr Zeit,
-indem sie um vier Uhr und siebenundfünfzig Minuten aufgeht; und als
-wenn sie durch ihren heißen Schein leichter sich erschöpfte, sie nimmt
-schon um sieben Uhr und drei Minuten Reiß &mdash; unter.</p>
-
-<p>Und nun denn den ersten beßten Kalender zur Hand, ist eine Vergleichung
-der Tageslänge in dem jüdischen und dem Abendlande nicht ebenso
-belehrend, als die Betrachtung des Aderlaßmännchens, dem man wohl
-Blut, aber den Geist nicht, der auf dem Blute schwimmt, nämlich die
-Vorurtheile, opfert?</p>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_127" id="Seite_127">[S. 127]</a></span></p>
-
-<h3 id="Witterungsbeschaffenheit">Witterungsbeschaffenheit.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Während meines Aufenthaltes in Jaffa ließ sich die Witterung im Ganzen
-milde an. Viele Leute gingen barfuß; andere badeten sich im Meere. Das
-Bedürfniß des Heizens machte sich nicht fühlbar. Die Regentage waren,
-nach dem Gefühle zu urtheilen, nicht kälter, als bei uns manche des
-Sommers, und zudem nicht so eigentliche, wie die unserigen zu sein
-pflegen. Nach kurzem Regen oder Schauer blickte die Sonne zwischen den
-Wolkenklößen freundlich hervor. Bei dieser veränderlichen Witterung
-wechselte fast jeden Tag das Schauspiel des Sonnenscheins und Regens;
-bloß an einem einzigen Tage war die Sonne vom Gewölke allenthalben
-verhüllt. Zur Seltenheit sollen Schneeflocken fallen. Ich sah reichlich
-schloßen.</p>
-
-<p>Die Regenzeit dieses Landes ist unsere Schneezeit, die Zeit der
-Regenlosigkeit unsere Regenzeit. Gott gab uns also zwei Dinge mehr, im
-Sommer den Regen und im Winter den Schnee.</p>
-
-<p>Zur Zeit der Regenlosigkeit wird das Erdreich ungemein trocken, und
-klafft an vielen Stellen breit und tief von einander. Die Pflanzenwelt
-verliert dann das fröhliche Aussehen, welches ihr die Regenzeit, der
-eigentliche Frühling, verleiht. Diese Zeit beginnt Ende Wintermonats,
-dauert<span class="pagenum"><a name="Seite_128" id="Seite_128">[S. 128]</a></span> über den Christmonat und Jenner, und der Hornung mag etwa vier
-bis fünf Regentage zählen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Der_Meeressturm_und_der_Schiffbruch">Der Meeressturm und der
-Schiffbruch.</h3>
-
-</div>
-
-<div class="blockquot">
-
-<p>Nun aber hatte Joppe von Natur aus keinen Hafen und keine Anfurt;
-denn das Ufer war hoch und gähe, auch beiderseits mit krummen und
-rauhen Felsen, daran das Meer heftig schlägt und brauset, wohl
-verwahret.</p>
-
-<p class="right mright2 mbot1"><em class="gesperrt">Flavius Josephus.</em></p>
-
-<p>Zu beiden Seiten der Stadt Joppe liegen große Steine und Felsen,
-die aus dem Meere hervorgucken. Die Lage des Ortes und die Gestalt
-der Sachen zeigen an, daß <em class="gesperrt">Andromeda</em> hier gewesen und dem
-Wallfische sei vorgeworfen worden, wie die alten Fabeln glaubwürdig
-sagen. Wenn der Nordwind gegen das Ufer geht, so treibt er das
-Wasser über sich, und schlägt es an die Felsen, daß es ein groß
-Getöse gibt, und daß das Meer davon gar ungestüm wird, wenn die
-Wasserwellen zurückfallen. Daher ist es viel gefährlicher am
-selbigen Orte als in den Wüsten.</p>
-
-<p class="right mright2 mbot1"><em class="gesperrt">Egesippus.</em></p>
-
-</div>
-
-<p>Vor meinem Fenster tauchen Klippen aus dem Meere. Schäumend brechen
-sich die Wellen an den Felsen, selbst bei anscheinender Meeresstille.</p>
-
-<p>In der Nacht des 28. Christmondes weckte mich so lauter Donner, daß der
-Blitz in der Nähe niedergezuckt sein muß. Den Donner begleitete ein
-Chor von Geheul der erzürnten See. Wenn die Wogen über die Wehrmauer
-platschten, bebte unser Gotteshaus. Ich konnte den Schlaf nicht leicht
-wieder finden.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_129" id="Seite_129">[S. 129]</a></span></p>
-
-<p>Endlich leuchtete mir der Tag auf das furchtbar schöne Schauspiel.
-Der Nordwind wühlte in den Wassern. Wäre von dem Meere, wie von einem
-Kochkessel, Dampf emporgestiegen, so hätte man sich nicht täuschen
-können, daß es in Sud gerathen sei. Die Wogen spritzten ihren
-schaumigen Bogen über Mauer und Gasse, über Schiffe und Häuser. Ich
-wohnte im Hospiz durch Mauer und Gasse vom Ufer getrennt und über dem
-Erdgeschoße im zweiten Stockwerke, und selbst am Fenster ereilte mich
-der Sprengwisch des Meeres.</p>
-
-<p>Auf der Gasse schaukelten die Fässer im Meerwasser. Die griechischen
-Pilger, sonst jederzeit ziemlich langfingerige Holzaufleser,
-rafften abgesprungene Reife im Vorbeigehen zusammen. Mußte doch
-den Christusdurstigen selbst der Sturm behilflich sein. Pflaster-
-und Mauersteine löseten sich vor der Gewalt. Die Gasse bildete ein
-Wassergerinne im Augenblicke, da die Woge überschlug. Wer vorüberging,
-war unsicherer, als unter dem Platzregen. Ehe er sich versah, stand er
-unter der Meerestraufe. Weiße Flocken flogen zierlich umher &mdash; etwa
-Schneeflocken? Es waren vom Winde zerzettelte Bäuschchen schneeichter
-Baumwolle. Von einem Hause am Hafen, über dessen Zinne die Wellen
-gleichsam scherzend hüpften, flüchtete man Waaren. Schon schwamm Wrack.
-Es war der Fingerzeig, daß es Ernst<span class="pagenum"><a name="Seite_130" id="Seite_130">[S. 130]</a></span> gelte. Richtig wälzten die Fluthen
-ein unbemanntes Schiff mit zerknicktem Fockmaste daher. Das Fahrzeug,
-gleichsam unwillig über die treulose Rhede, riß sich von den Tauen los.
-Dem Beherrscher der Meere, dem Sturme, zu wohlfeilem Preise überlassen,
-wippte es sich zuerst unsicher umher, bis es, gegen Mitternacht gleich
-an der Stadt, am halbmondigen Strande scheiterte. Im Ausfahren aus der
-Rhede riß indeß dieses Schiff das Tau eines andern ab, welches ohnehin
-mit genauer Noth sich hielt. Und so kam es, daß bald auch dieses
-Schiff flott war, nackt, gleich einem entblätterten Baume, doch noch
-mit einiger Bemannung. Grausig, wie der Anblick einer menschenleeren
-Brandstätte, war derjenige des erstern entvölkerten Schiffes;
-beängstigend ist der Anblick eines der Menschengewalt entzogenen und
-der Willkühr des Windes und Wassers dienstbar gewordenen, unstät
-umherwiegenden Fahrzeuges, wie der Anblick eines kleinen Kindes, das
-mit einem scharfen Messer spielt. Die Mannschaft, welche dem zweiten
-Schiffe vertraute, schien ihre Hoffnung auf den Nordwind zu bauen,
-welcher nur gegen das Land treiben werde. Wirklich rannte es sich bei
-der Stadtmauer fest, ohne den größten Schaden zu erleiden, und gerettet
-waren die Schiffleute.</p>
-
-<p>Auf der Stelle bewegte sich eine Last Leute nach den losgerissenen
-Schiffen. Eilends mischte ich mich unter<span class="pagenum"><a name="Seite_131" id="Seite_131">[S. 131]</a></span> die Menge. Ich sah viel Augen
-und lauter trockene; die meisten drückten weit mehr Neugierde, als
-Theilnahme an dem Unglücke aus.</p>
-
-<p>Abends und in der darauf folgenden Nacht wichen der Macht des Sturmes
-noch drei andere Schiffe. Eines ward mit Wuth ans Land geworfen, und in
-viele Stücke zerschmettert. Nur <em class="gesperrt">ein</em> Schiff trotzte standhaft im
-sogenannten Hafen. Der Meeressturm soll seit einem Jahrzehn nie mehr so
-heftig geworden sein.</p>
-
-<p>Vor einem Jahre ereigneten sich hier ähnliche Unfälle. Ich sprach in
-Jerusalem eine Deutsche, die, wie sie sagte, einzig durch Zufall ihr
-Leben davon brachte; manche Habseligkeiten gingen über dem Schiffbruche
-zu Grunde.</p>
-
-<p>Es wäre vielleicht unschwer, in Jaffa einen Hafen anzulegen. Die Araber
-kennen freilich den Gemeinsinn, der solche nützliche Einrichtungen ins
-Dasein rufen würde, nicht mehr, und laufen lieber alle Jahre Gefahr,
-Schiffe und Leute zu verlieren. Die Reisenden erzählen einstimmig,
-daß die Menge gescheiterter Fahrzeuge an der phönizischen Küste in
-Erstaunen und Grausen setze. Wer aber gleichgültig genug ist, für die
-Gesundheit seines Beines keine Sorge zu tragen, klage denn auch nicht,
-wenn dasselbe, wegen der Unheilbarkeit, abgeschnitten und mit einem
-hölzernen vertauscht wird.</p>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_132" id="Seite_132">[S. 132]</a></span></p>
-
-<h3 id="Gesundheitszustand">Gesundheitszustand.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Die Witterung übt im Ganzen keinen ungünstigen Einfluß auf die
-Bewohner. Man sieht viele Graubärte und alte Weiber. Spaß bei Seite, je
-mehr es alte Weiber in einem Lande gibt, desto gesunder ist es.</p>
-
-<p>Um in den Gesundheitszustand der Jaffaner einzutreten, so sah ich im
-Todtenbuche der Lateiner und Maroniten nach. Die Kopfzahl der Gemeinde
-beträgt, wie ich oben anführte, in runder Summe 340. Die Pfarrkinder,
-unter der Seelsorge des Hospiz, sind beinahe lauter Eingeborne mit
-all’ der morgenländischen Tracht, Sitten, Gebräuchen, Gewohnheiten,
-der geistigen und sittlichen Erschlaffung. Obschon das Todtenbuch
-Manches zu wünschen übrig ließ, indem, statt genauer Verzeichnung des
-Alters, meist nur eine runde Zahl mit den Worten „<span class="antiqua">plus minusve,
-circiter</span>“ (mehr oder minder, ungefähr) oder „<span class="antiqua">plus</span>“ (darüber)
-genannt war, so verdiente es in der Hauptsache doch Vertrauen.
-Aus der Gesammtzahl der Verstorbenen ließ ich, bei der Berechnung
-der wahrscheinlichen und durchschnittlichen Lebensdauer, zwei
-„<span class="antiqua">peregrini</span>“, Fremde oder Pilger, und ebenso einen Erwachsenen
-weg, dessen Alter nicht angemerkt war. In<span class="pagenum"><a name="Seite_133" id="Seite_133">[S. 133]</a></span> den 9 Jahren 1824 bis
-und mit 1827<a name="FNAnker_7_7" id="FNAnker_7_7"></a><a href="#Fussnote_7_7" class="fnanchor">[7]</a> und 1829 bis und mit 1833 starben 123 Personen, im
-jährlichen Durchschnitte 13, und im gleichen neunjährigen Zeitraum
-wurden 155, im jährlichen Durchschnitte 16 geboren. Das wahrscheinliche
-Leben fällt zwischen 5 und 6 Jahre, und wenn einige, vermuthlich
-übergangene, Todtgeburten hinzugerechnet werden, so müßte es noch
-niedriger stehen.</p>
-
-<table class="collapse" summary="Sterberate">
- <tr>
- <td colspan="6">
- Unter 5 Jahren starben
- </td>
- <td>
- &#8199;56
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td>
- Zwischen
- </td>
- <td>
- &#8199;5
- </td>
- <td>
- und
- </td>
- <td>
- 10
- </td>
- <td>
- Jahren
- </td>
- <td>
- starben
- </td>
- <td>
- &#8199;&#8199;9
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td>
- &emsp;&ensp;„
- </td>
- <td>
- 10
- </td>
- <td>
- &ensp;„
- </td>
- <td>
- 20
- </td>
- <td>
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td>
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td>
- &#8199;&#8199;5
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td>
- &emsp;&ensp;„
- </td>
- <td>
- 20
- </td>
- <td>
- &ensp;„
- </td>
- <td>
- 30
- </td>
- <td>
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td>
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td>
- &#8199;&#8199;7
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td>
- &emsp;&ensp;„
- </td>
- <td>
- 30
- </td>
- <td>
- &ensp;„
- </td>
- <td>
- 40
- </td>
- <td>
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td>
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td>
- &#8199;&#8199;3
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td>
- &emsp;&ensp;„
- </td>
- <td>
- 40
- </td>
- <td>
- &ensp;„
- </td>
- <td>
- 50
- </td>
- <td>
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td>
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td>
- &#8199;14
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td>
- &emsp;&ensp;„
- </td>
- <td>
- 50
- </td>
- <td>
- &ensp;„
- </td>
- <td>
- 60
- </td>
- <td>
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td>
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td>
- &#8199;14
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td>
- &emsp;&ensp;„
- </td>
- <td>
- 60
- </td>
- <td>
- &ensp;„
- </td>
- <td>
- 70
- </td>
- <td>
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td>
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td>
- &#8199;&#8199;9
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td>
- &emsp;&ensp;„
- </td>
- <td>
- 70
- </td>
- <td>
- &ensp;„
- </td>
- <td>
- 80
- </td>
- <td>
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td>
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td>
- &#8199;&#8199;3
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td>
- &emsp;&ensp;„
- </td>
- <td>
- 80
- </td>
- <td>
- &ensp;„
- </td>
- <td>
- 90
- </td>
- <td>
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td class="bbot">
- &emsp;&nbsp;„
- </td>
- <td class="bbot">
- &#8199;&#8199;3
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td>
- &nbsp;
- </td>
- <td>
- &nbsp;
- </td>
- <td>
- &nbsp;
- </td>
- <td>
- &nbsp;
- </td>
- <td>
- &nbsp;
- </td>
- <td>
- &nbsp;
- </td>
- <td>
- 123
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p>Das höchste Alter (einer Frau) ging auf 84 Jahre. Der lateinische
-Schullehrer, ein geborner Palästiner, der<span class="pagenum"><a name="Seite_134" id="Seite_134">[S. 134]</a></span> mich durch verschiedene
-Mittheilungen über die Sitten und Gebräuche des Landes zu steter
-Erkenntlichkeit verpflichtete, ist mein Gewährsmann für die Angabe,
-daß unlängst ein mehr denn hundertjähriger Grieche gestorben sei, und
-es sollen auch Mohammetaner 120 Jahre alt geworden sein. In diesem
-Punkte aber darf man nicht schlechthin glauben; denn Verzeichnisse der
-Todtenbücher gehen ab, und man knüpft die Geburtszeit etwa an eine
-merkwürdige Begebenheit. Ließ ich in Egypten nach dem Alter eines
-Kranken fragen, so erhielt ich meist zur Antwort, daß man es nicht
-wisse.</p>
-
-<p>Die 123 Verstorbenen besaßen zusammen ein Alter von 2873 Jahren, 3
-Monaten und 5 Tagen, was einen Durchschnitt von 23 Jahren gibt.</p>
-
-<p>Folgendes ist das Verhältniß der Verstorbenen nach den Monaten:</p>
-
-<p>a) in den 16 Jahren 1808 bis 1823:</p>
-
-<p>Jenner 3; Hornung 14; Merz 2; April 8; Mai 9; Juni 8; Juli 7; August
-5; September 11; Oktober 15; November 11; Dezember 7. Summa 100.
-Jährlicher Durchschnitt 6.</p>
-
-<p>b) in den 10 Jahren 1824 bis 1833 (nebst den zwei Pilgern und dem
-Erwachsenen ohne Altersangabe):</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_135" id="Seite_135">[S. 135]</a></span></p>
-
-<table class="verstorbene" summary="Verstorbene 1824-1833">
- <tr>
- <td class="tdc bbot bbright">
- Jahre.
- </td>
- <td class="s5 tdc bbot bright">
- Jan.
- </td>
- <td class="s5 tdc bbot bright">
- Febr.
- </td>
- <td class="s5 tdc bbot bright">
- Merz.
- </td>
- <td class="s5 tdc bbot bright">
- April.
- </td>
- <td class="s5 tdc bbot bright">
- Mai.
- </td>
- <td class="s5 tdc bbot bright">
- Juni.
- </td>
- <td class="s5 tdc bbot bright">
- Juli.
- </td>
- <td class="s5 tdc bbot bright">
- Augst.
- </td>
- <td class="s5 tdc bbot bright">
- Sept.
- </td>
- <td class="s5 tdc bbot bright">
- Okt.
- </td>
- <td class="s5 tdc bbot bright">
- Nov.
- </td>
- <td class="s5 tdc bbot bbright">
- Dez.
- </td>
- <td class="tdc bbot">
- Summa.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc bbright">
- 1824
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;2
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;2
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;2
- </td>
- <td class="tdc bbright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;11
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc bbright">
- 1825
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;2
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;2
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bbright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;7
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc bbright">
- 1826
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;4
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;3
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;3
- </td>
- <td class="tdc bbright">
- &#8199;2
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;15
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc bbright">
- 1827
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;3
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;4
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;3
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;2
- </td>
- <td class="tdc bbright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;16
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc bbright">
- 1828
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;2
- </td>
- <td class="tdc bright">
- 12
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;6
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bbright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;22
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc bbright">
- 1829
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;3
- </td>
- <td class="tdc bbright">
- &#8199;2
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;10
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc bbright">
- 1830
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;6
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;2
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;0
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;2
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;3
- </td>
- <td class="tdc bbright">
- &#8199;8
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;24
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc bbright">
- 1831
- </td>
- <td class="tdc bright">
- &#8199;2
- </td>
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- </tr>
- <tr>
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- 1832
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- </tr>
- <tr>
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- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc bbot bbright">
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- </td>
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- </td>
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- </td>
- </tr>
- <tr>
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- Ohne 1828
- </td>
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- 10
- </td>
- <td class="tdc bright">
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- </td>
- <td class="tdc bright">
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- </td>
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- 13
- </td>
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- </td>
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- 126
- </td>
- </tr>
- <tr>
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- </td>
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- </td>
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- &#8199;8
- </td>
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- &#8199;7
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- &#8199;5
- </td>
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- </td>
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- </td>
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- 11
- </td>
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- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc bbright">
- Zusammen
- </td>
- <td class="tdc bright">
- 13
- </td>
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- 17
- </td>
- <td class="tdc bright">
- 17
- </td>
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- 12
- </td>
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- 22
- </td>
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- </td>
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- 13
- </td>
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- </td>
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- 21
- </td>
- <td class="tdc bright">
- 21
- </td>
- <td class="tdc bright">
- 26
- </td>
- <td class="tdc bbright">
- 25
- </td>
- <td class="tdc">
- 226
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_136" id="Seite_136">[S. 136]</a></span></p>
-
-<p>Die heißesten Monate zeichnen sich in Jaffa durch die Menge der
-Todesfälle keineswegs aus. Der Jenner erscheint am unschuldigsten;
-nach ihm der April. Dagegen sind die vier letzten Monate des Jahres
-die reichsten an Todten; vor allen der Wintermonat, in welchem der
-Uebergang zu einer kältern Jahreszeit sich besonders merklich macht,
-und welcher der erste ganze Regenmonat ist.</p>
-
-<p>Im verwichenen Weinmonate herrschte, wie in Gaza, auch hier die
-indische Cholera, doch richtete sie keine große Verheerungen an,
-indem ihr bloß 40 bis 50 Opfer fielen. Indeß aber die Pest Jerusalem
-heimsuchte, litt Joppe nichts von dieser Seuche.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Auf_dem_Hospizdache">Auf dem Hospizdache.</h3>
-
-</div>
-
-<p>In mehreren Stufen erheben sich die Plattdächer des lateinischen
-Hospiz. Sie sind mit einer Brustwehr versehen, und weißer, beinahe
-glänzender, sehr fester Mörtel überkleidet dieselben, auf daß der Regen
-nicht durchdringe. Die Fußböden der Häuser haben im Morgenlande nicht
-selten einen Ueberzug von Pflaster (<span class="antiqua">pavimentum</span>), welches mit
-kleinen Steinchen von verschiedener Farbe durchsprengt ist. Wenn es
-hart geworden, so werden diese Steinchen abgeschliffen und der Boden
-bekommt dann ein schön glattes, lebhaft marmorartiges Aussehen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_137" id="Seite_137">[S. 137]</a></span></p>
-
-<p>Die Plattdächer sind zugleich ein angenehmer Spazierplatz. Mit
-Entzücken betrachtete ich auf dem Hospizsöller in Ramle den Gebirgszug
-von Juda bis zum Ephraim, die fruchtbare Ebene im Umkreise und die
-Tempel und Wohnungen der Stadt. Oft weilte ich in Jaffa auf dem
-Söller des Hospiz, einmal in singender Gesellschaft, manchmal neben
-einem Ordensmanne in seiner röthlichen, groben Kutte und mit dem
-herunterbammelnden Kreuze, andere Male allein, bis ich den Ruf zum
-<span class="antiqua">mangiare</span> (Essen) vernahm; oft rollte ich mein Auge auf das
-Gebirge, insbesondere gegen Mitternacht auf den Ausläufer ins Meer,
-den man mir als den Karmel bezeichnete; oft sah ich dem Getriebe der
-griechischen Pilger und dem Spiele der Meereswellen zu; oft suchte ich
-mit vergebener Sehnsucht das Fahrzeug meines Hauptmannes, mit dem ich,
-man verzeihe mir die Wortwendung, das heilige Land verlassen könne.
-Ich möchte Niemand glauben machen, daß die Sonne schöner unterging,
-als in unserer Gegend während der Sommermonde; jedenfalls schloß ich
-mit herzlicher Freude den Tag vor den letzten Blicken der himmlischen
-Tochter. Wenn diese in die hohe See sank, so sank auch ich ins Meer &mdash;
-meiner Gedanken, Gefühle und Entschließungen. Vergäße ich Alles von
-Palästina, so bliebe mir der Lieblingsort auf dem Hospiz zu Jaffa in
-süßer Erinnerung.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_138" id="Seite_138">[S. 138]</a></span></p>
-
-<p>Es wäre Undank, wenn ich die Wohlthätigkeit der Klöster und Hospizien
-in Judäa nicht anerkennen würde. Sie sind die willkommtnen Herbergen
-und Zufluchtsorte der Reisenden und Pilger, ohne behaupten zu wollen,
-daß das Leben in den arabischen Khan nicht leicht erträglich wäre. Die
-Hospizien aber und die Klöster sorgen für eine Menge Bequemlichkeiten,
-welche sonst der Europäer entbehren müßte. Ueberdies bringe ich noch
-die Sprache in Anschlag, die Gelegenheit, die Gedanken auszutauschen,
-weil den wenigsten fränkischen Reisenden das Arabische geläufig ist.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Das_Bauernhaeuschen">Das Bauernhäuschen.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Nachdem ich meinen Mittagstisch zu mir genommen hatte, ergriff ich
-meine Peitsche, die gewöhnliche Waffe des fränkischen Fußgängers, um zu
-lustwandeln.</p>
-
-<p>Wenn ich durch das lange Thor der Stadt ziehe, so sehe ich fast jedes
-Mal etwas Neues. Diesmal ergötzte mich die über meinem Wege grün
-emporrankende Rebe. Noch einen Tag, und es beginnt das Weihnachtsfest
-und für den Mann des Nordens war dieses grüne Ding etwas Einziges.</p>
-
-<p>Die Blumen schillerten im Grün der Au; die Schwalben und andere
-Vögel des Himmels lobten in angenehmen Weisen den Herrn; ein weißer
-Schmetterling schwenkte im bebernden Fluge ab. Ach, dachte ich bei
-mir selber, so viel Herr<span class="pagenum"><a name="Seite_139" id="Seite_139">[S. 139]</a></span>lichkeiten der Natur, womit sie den Lenz
-ausschmückt, umgaukeln deine Sinne. Wie magst du in der Klosterzelle
-dich länger abhärmen? Gehe öfter hinaus in das Freie, und verschließe
-dich nicht vor dem köstlichen Genusse, welchen die gütige Natur so
-gerne einem Jeglichen darbietet.</p>
-
-<p>Indem ich den Weg nach Gaza einschlug, erblickte ich links mehrere
-Schilfhütten. Ihre Gestalt glich einer Halbkugel, und sie waren
-nicht höher, als anderthalb Mann. Ich guckte nur ein wenig in eine
-der Hütten. Da hockte ein Weib inmitten der Hausgeräthe auf dem
-Boden in einem so engen Loche, daß für Jemand anders wenig Raum mehr
-gewesen wäre. Ich warf zuletzt der von Stroh geflochtenen Thüre einen
-flüchtigen Blick zu, und setzte meinen Spaziergang fort.</p>
-
-<p>Am Wege nach Gaza, ungefähr eine kleine Viertelstunde von Jaffa, kommt
-man zu einem Weiler von gemauerten Bauernhütten. Das freundliche
-Dörfchen umringten Mandelbäume, die eben in Blüthe gingen. Zwischen den
-Häuschen arbeitete ein Bauer auf dem Felde. Er behieb mit einer Axt die
-blätterlosen Feigenbäume. Die Axt war wie die unsrige, nur schlanker
-gegen das Oehr. Diese Beilart fiel mir hier auf, weil ich eine solche
-auf meinen Wanderungen im Morgenlande nie wahrgenommen hatte. Das
-Schlichtbeil des Zimmermannes z. B. sieht aus wie unser Hammer,<span class="pagenum"><a name="Seite_140" id="Seite_140">[S. 140]</a></span> mit
-dem Unterschiede, daß der abgeplattete breite Theil scharf, und das
-ganze Werkzeug größer ist. Muß denn ein Baum geschlichtet werden, so
-darf man, wegen der vor dem Stiele queren Richtung der Schärfe, den
-Baum nicht aufheben, und ihn somit in einiger Höhe bearbeiten, sondern
-er kann mit diesem Werkzeuge aus dem Boden bequem behauen werden.
-Desgleichen braucht der Holzhacker kein anderes Werkzeug, als diesen
-Hauhammer, richtet aber viel minder aus, als ein abendländischer. Dabei
-ist freilich nicht zu vergessen, daß stämmiges Holz hier zwar weniger,
-wie in Egypten, doch immerhin zur Seltenheit gehört.</p>
-
-<p>Ich wußte nicht recht, wie ich es anfangen solle, damit ich in eine
-Hütte gelassen werde. Die Frage nach Milch führte mich nicht zum
-Zwecke, weil keine zu erhalten war. Oft bringt das stumme Geld Rath,
-wenn man sich keinen mehr weiß. Ich zeigte dem Bauer, welcher die Bäume
-behieb, eine kleine Münze, und fügte in meiner Geberdensprache bei,
-daß ich in seine Wohnung eingehen möchte. Eine grüne Hecke verbot mir
-den geraden Weg dahin; derselbe aber deutete mir den Umweg, den ich
-unschwer fand.</p>
-
-<p>Das Häuschen bildete ein Viereck. Die Mauern, theils von Stein und
-Mörtel, theils bloß von einer Art Mörtel und viel besser, als in San
-Pietro di Nembo, halten Wind und Regen ab, und ihre Höhe mochte etwa
-zehn Fuß<span class="pagenum"><a name="Seite_141" id="Seite_141">[S. 141]</a></span> messen. Der Eingang, oben abgerundet, öffnete sich gegen
-Südost und so hoch, daß er dem Eintretenden die Bücklinge ersparte.
-Das etwa einen Fuß dicke Dach gestaltete sich nur insofern zu einer
-Wölbung, als die obern Kanten der Dachdicke fehlten. Um zur Bauart des
-Daches überzugehen, so liefen Stützbalken und Sparren wagerecht von
-einer Mauer zur andern. Die Zwischenräume, welche das Balkengerippe
-übrig ließ, waren von kleinern Baumästen und von Heckengesträuche
-ausgekleidet. Darüber lag eine Schichte von Erde. Daher kommt es, daß
-die Dächer, wie die Wiesen, grünen, und so eben keimte das zarte Gras
-auf dem Hausdache. Ich nahm es sinnbildlich und las: „Mögen immer
-Friede und Freude in dem Hause grünen“, und mir schien es ungefähr so
-sinnig, als wenn darauf der alte Satz der aufrichtigen, guten Schwaben
-und Schweizer geschrieben gewesen wäre: „Dieses Haus steht in Gottes
-Hand.“ Eigentliche Dachrinnen sind an dem palästinischen Häuschen
-nicht angebracht, wohl aber gegen Morgen und Mittag etwa drei kurze,
-röhrenförmige Ziegel, welche dem Regen leichtern Abfluß verschaffen
-sollten. Die Wandung neben der Thüre war recht einladend. Auf rothem
-Grunde figurirten weißfarbige Händeabdrücke: eine Malerei, die an einem
-arabischen Bauernhäuschen etwas heißen will.</p>
-
-<p>Ich betrat dann das Innere der Wohnung durch eine<span class="pagenum"><a name="Seite_142" id="Seite_142">[S. 142]</a></span> von Holz nicht übel
-gezimmerte Thüre, die mit einem hölzernen Riegel gesperrt wird, und
-nach innen sich aufschließt. Jene bestand aus einem einzigen Raume oder
-Gemache. Ungefähr drei Fuß von der Thüre erhob sich der Boden in einem
-Absatze etwa um einen halben Fuß. Der Boden war durchaus von Erde, aber
-fest gestampft. Weder Mauer, noch Dach hatten eine Oeffnung für Licht
-oder Rauch. Dazu hilft die Thüröffnung aus. Die Wand der Mauer war
-mit einer rothen Farbe überzogen, in der ebenfalls die weißen Flecken
-vom Andrücken der Handflächen, eines neumodischen Pinsels, spielten.
-Den Raum wollen wir, der Bequemlichkeit willen für abendländische
-Anschauung, in Stube, Kammer, Küche, Holzschuppen, Getreidehalle
-und Mühle eintheilen. Jeder übrige Platz wird benützt, um sich da
-aufzuhalten, da zu essen, da zu arbeiten.</p>
-
-<p>An der einen Mauerwand ragte ein kleines, aufgemauertes, hohles
-Gestelle hervor. Darin saß als Lampe ein schalenförmiges Gefäß mit
-einer Schnauze für den Docht. Daneben stand, ebenfalls auf einem
-Mauergestelle, ein Oelkrug. An einer andern Wand war ein Gestelle
-gemauert, worin Nähzeug stak. Weder ein Tisch, noch Stühle oder Bänke,
-nichts dergleichen, versteht sich, fand sich vor.</p>
-
-<p>Ich schaute nach der Stelle, wo die Leute sich schlafen legen. Sie
-war durch nichts angedeutet. Alte Kleider und<span class="pagenum"><a name="Seite_143" id="Seite_143">[S. 143]</a></span> diejenigen, welche die
-Leute tragen, dienen zur Bettung; der Boden in der Nähe einer Wand,
-wo am meisten Platz ist, ersetzt die Bettstelle. Jammern ja nicht
-die Verweichlichten über eine solche Armseligkeit. Von Kindheit an
-auf keinem andern Lager, würden diese Leute auf dem erhitzenden und
-kitzelnden Polster der Federn mit Schwierigkeit zum Schlafe gelangen.</p>
-
-<p>Fast mitten in der Wohnung ist ein kleiner Raum auf drei Seiten, vom
-Boden an, nicht hoch ummauert, selbst etwas zierartig, indem die Ränder
-in Zähne sich endeten, &mdash; das war der Kochofen, rings die Küche.</p>
-
-<p>In einem Winkel neben der Thüre lag dürres Buschwerk. Vor diesem
-bläheten sich ungeheure, faßartige Töpfe auf, zwei an der Zahl.
-Meine Neugierde wollte wissen, was der Inhalt derselben sein möchte.
-Der Hauswirth, ohne Mißtrauen gegen mich, nahm daraus gereinigtes,
-geschältes Getreide. Wenn die Bauern hier solche Vorräthe besitzen, so
-stehen sie nicht hinter manchen schweizerischen Webern zurück, welche
-vom Arbeitsherrn zum Voraus einen Theil des Lohnes beziehen, damit sie
-die Kosten für ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Dieser Bauer,
-welcher das schönste Häuschen im Dörfchen bewohnte, schien indessen
-einer der wohlhabendern. Meine Beschreibung darf daher nicht strenge
-als Maßstab zu Beurtheilung der Bauernhäuschen gelten.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_144" id="Seite_144">[S. 144]</a></span></p>
-
-<p>Wir lassen ja nicht unberücksichtiget den letzten Bestandtheil der
-Wohnung, einen Theil, der auch in andern Häusern selten fehlen wird:
-die Mühle. Gleich wenn man zur Thüre eintritt, liegen die Mühlsteine,
-ähnlich jenen in Lossin piccolo, vor den Füßen und nur ein paar Ellen
-weit von dem Kochofen.</p>
-
-<p>Ich traf in dem Häuschen bloß den Bauer, ein Weib und ein Kind. Der
-Gebieter machte eine etwas saure Miene, schien jedoch guten Gemüthes
-zu sein. Das Weib trug einen Schleier. Nach dem, was ich vom Gesichte
-erblicken konnte, und dafür zeugten auch die Hände und Arme, hielt
-ich die Frau für jung und für nicht häßlich. Ein Knabe, von etwa
-zehn Jahren, mit Schmutz bedeckt, der ihm vielleicht von Geburt an
-anhänglich blieb, überdies aufgedunsen wie ein geschlachtetes &mdash;
-Zicklein, stand neben der Mutter. Die Kinder fürchten in der Regel
-die Franken ärger, als Vögel die Scheuchen. Ging ich auf der Straße,
-so wichen sie oft auf die Seite, etwa hinter einen Baum, wie der
-Furchtsame, welcher unter das Laubwerk flieht, um nicht vom Blitze
-berührt zu werden. Sind denn aber unsere Kinder, obwohl unter dem
-steten Einflusse der Gesittung und Weltaufklärung, in diesem Stücke
-besser? Es sollte ein Türke in einem Bergdorfe sich herumtreiben, wie
-sehr würden sie von Furcht ergriffen. Mich wunderte, daß der Knabe im<span class="pagenum"><a name="Seite_145" id="Seite_145">[S. 145]</a></span>
-Bauernhäuschen seinen Mund noch nicht verzerrte. Ich liebkosete ihn an
-den Wangen, und der Himmel war immer noch heiter. Da zogen sich auf
-einmal Regenwolken über dem Antlitze zusammen, und ich merkte bald auch
-am Knaben, daß die Regenzeit herrscht. Die lang dauernde gute Witterung
-durfte ich wohl dem Schutzgeiste der daneben hockenden Mutter, welche
-Kräuter zur Nahrung zerschnitt, beimessen. Daß ich nirgends ein
-Kochfeuer, nirgends einen Geruch von Speisen wahrnahm, leitete mich auf
-die Vermuthung, daß die Leute das Fastengesetz <em class="gesperrt">Mohammets</em> strenge
-beobachten; denn schon vor etlichen Tagen verkündigte der Donner der
-Kanonen den Anfang des Fastenmonates.</p>
-
-<p>Der palästinische Bauer scheint mir wohler zu stehen, als der
-egyptische. In der Saronebene trägt der Boden unermüdlich Früchte, ohne
-gedüngt zu werden. Diese sind Eigenthum des Anbauers, welcher selbst
-sie an den Mann bringt.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Das_Quarantaenegebaeude">Das Quarantänegebäude oder
-Pestlazareth.</h3>
-
-</div>
-
-<p>So eben baut man über den Ruinen an der Küste und bei den Mauern
-von Jaffa, gegen Mittag, eine Kontumazanstalt. Sie zerfällt in zwei
-Abtheilungen. Die obere enthält vierzehn Zimmer oder Häuschen.
-Jedes Zimmer, ge<span class="pagenum"><a name="Seite_146" id="Seite_146">[S. 146]</a></span>räumig und hoch, hat Läden für das Licht und zwei
-Thüren, die eine gegen den Hof (Mitternacht) und die andere gegen
-die Einfangsmauern (Mittag). Es wäre nicht am Platze, die Anstalt
-weitläufig zu beschreiben. Ich bin überzeugt, daß sie, unter übrigens
-günstigen Umständen, ihren Zweck nicht verfehlen wird, obschon an ihr
-Mehreres ausgestellt werden dürfte. So wurde ein Theil des griechischen
-Leichenackers in den Umfang des Gebäudes gezogen, in welchem
-wirklich einige Leichensteine hervorragen. Für die Unreinigkeiten
-sind einige, aber ungenügende Einrichtungen getroffen. Unten besitzt
-die sonst ziemlich hohe Einfangsmauer Stufen, daß man sie leicht
-überklimmen kann, wenn man von innen aus Hilfe bekommt. Will man das
-Quarantänegebäude gleichsam vollpfropfen, so wird es 500 bis 600
-Bewohner zählen.</p>
-
-<p>Dir Anstalt soll vorzüglich für die christlichen Pilger bestimmt sein.
-Ich hörte aus mehr, als einem Munde, daß in Beirut, wohin dieselben
-sich begeben mußten, die Kontumazirenden sehr schlecht gehalten und
-himmelschreiend geprellt wurden, und man betheuerte sogar, daß mehrere
-Pilger in der dasigen Quarantäneanstalt wegen schlechter Verpflegung
-eine Beute des Todes wurden.</p>
-
-<p>Gott behüte Jeden davor, daß er einen Lebensabschnitt in einem
-Pestlazareth vergähnen muß. Wirft aber Jemand das<span class="pagenum"><a name="Seite_147" id="Seite_147">[S. 147]</a></span> unerbittliche
-Schicksal in <em class="gesperrt">dieses</em> Gefängniß, so genießt er doch die Aussicht
-auf die Stadt und das Meer, und er wird von frischer Luft angeweht. In
-El-Arysch wäre ich über eine Unterbringung, wie man sie hier erwarten
-darf, überaus froh gewesen. Das Lazareth wird vorzugsweise demjenigen
-willkommen sein, der von Egypten aus nach Jaffa zu reisen gedenkt; denn
-seit der Errichtung einer Quarantäne in Beirut mußte er sich den Umweg
-über diese Stadt gefallen lassen.</p>
-
-<p>Die pfiffigen Egypzier wußten die noch nicht völlig ausgebaute
-Quarantäne schon zu einem Nebenzwecke zu benützen. Es rückte ein
-Bataillon Fußsoldaten, auf ihrem Zuge nach Egypten, in Jaffa ein, und
-man war nicht verlegen, so viel Mannschaft, als nur thunlich, in der
-Quarantäne Obdach anzuweisen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_Jaffanerin_kommunizirt">Die Jaffanerin kommunizirt,
-besprengt sich...; der Jaffaner.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Die Kirche des Hospizium steht im zweiten Stockwerke, und von Morgen
-dem Zimmer des Pater Superior gegenüber. Obwohl klein, ist sie doch ein
-artiger Bau mit einigen schönen Gemälden. Ich wohnte in derselben dem
-Gottesdienste mehrere Male bei, und ich mußte mich über die geringe
-Anzahl der Anwesenden, im Verhältnisse zur<span class="pagenum"><a name="Seite_148" id="Seite_148">[S. 148]</a></span> Bevölkerung der Gemeinde,
-verwundern. Wenig feierlich schien mir die gottesdienstliche Handlung
-wegen des Marktgeschreies einer Handorgel, wenn man mir diesen Ausdruck
-erlaubt. Der Araber, welcher zwischen den Tönen verschiedener Orgeln
-kaum unterscheidet, und die Gassenorgeln unserer Straßensänger nicht
-kennt, wird mit mir den übeln Eindruck schwerlich theilen. Lieber hörte
-ich das Klosterglöckchen, welches mit bescheiden hellem Klange die
-Gläubigen zur Andacht aufforderte.</p>
-
-<p>Als ich einmal die Kirche besuchte, sah ich zwei Levantinerinnen
-kommuniziren. Sie waren in einen großen, weißen Schleier gehüllt. Der
-Priester reichte in seiner feierlichen Amtskleidung ihnen die Hostie.
-Wie sehr befremdete mich, unter dem großen Kopfschleier einen schwarzen
-Schleier vor dem Gesichte der Morgenländerinnen gewahr zu werden,
-den sie doch beim Kommuniziren lüften mußten. Mühsam langten andere
-in die Kirche tretende Frauen unter dem Schleier hervor, um sich mit
-Weihwasser zu besprengen.</p>
-
-<p>Auf der Gasse begegnete ich ebenfalls weißen Damen, die in einen
-Schleier völlig verhüllt waren. An diese Maskerade war ich freilich
-gewöhnt, aber nicht daran, daß es an derselben rasselte. Ich spähte
-zuerst immer umher, und nichts gab Stoff, das Gerassel zu erklären.
-Endlich glückte mir der Aufschluß: Es rasselten die unsichtbaren<span class="pagenum"><a name="Seite_149" id="Seite_149">[S. 149]</a></span>
-Goldstücke, welche um das Haupt angelegt waren. Wird unsern
-Jaffanerinnen, unsern Araberinnen die belebende Hoffnung, mit den
-unverhüllten Gesichtchen die Männer zu bezaubern, so grausam geraubt,
-&mdash; billig läßt man ihnen doch den Geschmeidekram und <em class="gesperrt">den</em>
-Ersatz, daß sie <em class="gesperrt">frei</em> durch den Schleier sehen und schmarotzen,
-während umgekehrt die züchtige und ziererische Abendländerin mit dem
-<em class="gesperrt">offenen</em> Auge im Freien nur spärliche Blickchen sich erlaubt.
-Hinwieder erdenken die Schönen Europas, wer möchte es leugnen? auch
-Manches, um sich bei den Männern einzuschmeicheln, und es erschließt
-sich ihnen ein um so weiteres Feld, als sie mit letztern die
-unschätzbare Freiheit und Gleichheit der Gesichts &mdash; öffentlichkeit
-genießen. Und nicht zufrieden, nur das Auge zu entzücken, sie suchen
-auch das Ohr zu fesseln, und geben sich gar viel Mühe, mit Wohlgerüchen
-zu berauschen.</p>
-
-<p id="Der_Jaffaner">Die morgenländischen Christenmänner, welche der Bauernklasse nicht
-angehören, sind durch Schönheit ausgezeichnet. Ruhig brennet das
-schwarze Auge; auf dem ganzen Antlitze liegt der Ausdruck der Ruhe,
-der Bedächtlichkeit, der Unterwürfigkeit, der Schlenderei. Groß von
-Leibe, haben sie etwas Stattliches in ihren faltigen Gewändern, und
-mir schien, als wären sie auf ihren hochwulstigen, schief um das Haupt
-gewundenen Turban stolz. Sogar während des<span class="pagenum"><a name="Seite_150" id="Seite_150">[S. 150]</a></span> Gottesdienstes tragen sie
-auf dem Boden hockend den Turban, und bloß bei der Wandelung heben die
-Wenigsten ihn ab, wodann man ihre häßlichen Schurköpfe erblickt. Dafür
-werfen sie sich gottesfürchtig nieder, indem sie selbst mit der Stirne
-den Boden berühren.</p>
-
-<p>Auch in Jaffa hält man den morgenländischen Christen für schlimmer,
-wenigstens für unredlicher, als den Türken. Bei einem Schneider, einem
-morgenländischen Christen, ließ ich an einem Kleide umändern. Er
-entwendete von meinem Tuche so viel, als er nur konnte, was schwerlich
-ein Kleidermacher im Lande des Niederganges gethan haben würde. Dabei
-stellte jener für die äußerst schlechte Arbeit eine unverschämte
-Forderung, und ich darf versichern, daß ich selten einen verstocktern
-Schuft antraf. Andere Züge will ich auf einen andern Ort versparen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_Pilger_Jaffa">Die Pilger.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Die Bombarda (eine Art Fahrzeug), worauf ich mich begeben sollte,
-brachte christliche Pilgrime. Auch auf andern Schiffen langten solche
-in Jaffa an, und eines Tages zählte ich zwölf Schiffe, theils in,
-theils außer dem sogenannten Hafen. Die Menge christlicher Pilger
-belebte den Kai. Man ergötzt sich an ihren verschiedenen Trachten,
-welche der französischen schon ein wenig ähneln. So nenne ich die<span class="pagenum"><a name="Seite_151" id="Seite_151">[S. 151]</a></span>
-häufigen Schürzen oder Halbröcke, welche diesen Gegenden fremde sind.
-Einige tragen Regenschirme, die ich in Egypten nie und zum ersten Male
-wieder in Jerusalem zu Gesichte bekam. Die Pilger schleppen ungemein
-viel Gepäcke, auch einen beträchtlichen Mundvorrath mit sich. Es
-wird dasselbe in dieser Hafenstadt, manchmal nicht ohne Zänkereien
-der Pilger sowohl unter sich, als mit dem Kameel- oder Eseltreiber,
-auf Kameele, Esel oder Maulthiere geladen, um es nach Jerusalem,
-dem Wallfahrtsorte, zu befördern. Die Pilger, der größten Zahl nach
-Christen aus der europäischen Türkei, werden bis auf 10,000 geschätzt,
-die alljährlich durch Jaffa ziehen, und hier im griechischen oder
-armenischen Kloster mehr oder minder lange beherbergt werden<a name="FNAnker_8_8" id="FNAnker_8_8"></a><a href="#Fussnote_8_8" class="fnanchor">[8]</a>. Das
-Wallfahrten der griechischen Christen dauert<span class="pagenum"><a name="Seite_152" id="Seite_152">[S. 152]</a></span> bis Ostern, nicht ohne
-Meeresgefahren<a name="FNAnker_9_9" id="FNAnker_9_9"></a><a href="#Fussnote_9_9" class="fnanchor">[9]</a>. Ein Mönch aus Krakau, welcher nach mir in Jaffa
-eintraf, erzählte mit Schrecken von seinen Erlebnissen, und freute sich
-mit kindlichem Herzen, daß er nun auf festem Boden fußen könne.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_arabische_Knabenschule_der_Lateiner">Die arabische
-Knabenschule der Lateiner.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Oefter besuchte ich die Schule am Hospizium. Das Zimmer ist ziemlich
-dunkel und eher enge, aber ein hohes Gewölbe. Vorne, der Thüre
-gegenüber, hing an der Wand ein Frauenbild. Zur einen Seite desselben
-las man das mit großen lateinischen Buchstaben geschriebene <span class="antiqua">ROMA</span>
-und zur andern <span class="antiqua">Carta GO</span> (wahrscheinlich Landkarte). Den Raum
-schmälerte kein Tisch, außer dem für den Schulmeister; zu beiden
-Seiten des Zimmers war eine niedrige Wandbank angebracht, auf welcher
-die Schüler, beiläufig zwanzig, lauter Knaben, unordentlich saßen
-oder hockten. Sie hatten an der Hand oder auf den Knieen Blätter oder
-Bücher vor sich, aus denen sie mit schaukelndem Leibe nach einer
-eigenthümlichen morgenländischen Weise (Melodie) laut schreiend oder
-leiernd im Takte lasen. Das Geschrei oder Ge<span class="pagenum"><a name="Seite_153" id="Seite_153">[S. 153]</a></span>leier war so wild, daß man
-weiter nichts hörte, als bisweilen das Klopfen mit einem Stocke. Die
-Unterrichtsart wurde mir nicht ganz klar. Ich glaube, sie beschränke
-sich lediglich auf das Lesen und Auswendiglernen. Einmal las ein
-Schüler in Gegenwart des Lehrers und Meisters, welcher verbessernd
-nachhalf.</p>
-
-<p>Bei meinem ersten Besuche war der Schulmeister nicht gegenwärtig. Ein
-älterer Knabe mit übergroßen Stiefeln leitete das Unterrichtsgeschäft.
-Eine kleine Ruthe schwang er so häufig über die Kinder, als wären sie
-Reitthiere. Am Schlusse des Unterrichtes stellten sich alle Schüler vor
-das Frauenbild und hoben einen wilden Gesang an. Ich ging und sagte
-den neben der Schulstubenthüre gelagerten Weibern einen Gruß, den sie
-wahrscheinlich nicht verstanden.</p>
-
-<p>Die Schulzucht ist ziemlich roh. Wenn ein Knabe durch seine
-Fortschritte sich auszeichnet, so wird ihm eine steife Mütze
-aufgesetzt. Führt er sich schlimm auf, so wird er auf drei Hauptarten
-gezüchtiget. Man legt ihm das Zerrbild eines Esels um den Hals und
-nennt ihn <em class="gesperrt">Eselführer</em> (<span class="antiqua">muchero</span>). Oder man ertheilt ihm
-Klappse auf die flache Hand mit einer hölzernen, gestielten, fein
-durchlöcherten, kleinen, doch derben Scheibe. Ein Knabe schien mir
-nicht übel und unfleißig in Gegenwart des Schulmeisters zu lesen. Nach
-hergelesener Aufgabe bekam der Schüler von dem Lehrer ohne weitere
-Umständlichkeit eine Anzahl<span class="pagenum"><a name="Seite_154" id="Seite_154">[S. 154]</a></span> Schläge, indem letzterer die Worte
-hinzusetzte: <span class="antiqua">Così si impara</span> (So lernt man). Oder auch man mißt
-Fußsohlenstreiche auf. Das Bändigungsmittel dazu war an einem Nagel
-des Schulzimmers aufgehängt. Es besteht aus einem Knüttel, durch
-dessen Mitte zwei Oeffnungen in gegenseitiger Entfernung von etwa zwei
-Handbreiten gebohrt sind. Die Bohrlöcher nehmen einen Strick auf,
-den aber Knoten hindern, damit er nicht durch dieselben ausschlüpfe.
-Dieses Mittel wendet man so an: Die Füße der Knaben werden zwischen
-den Knüttel und den Strick geschoben. Jenen ergreifen zwei Gehilfen,
-jeder ihn an einem Ende. Jetzt drehen sie den Knüttel um seine Achse,
-und wickeln den übrigen Theil des Strickes um ihn herum, so lange, bis
-der Knebel die Knöchel oder Beine zusammenklemmt. Nachdem die Knaben
-solchergestalt die Beine nicht mehr rühren können, erhalten sie die
-Tracht Schläge auf die Fußsohlen.</p>
-
-<p>Das Essen wird in der Schule nicht geahndet. Ein Knabe brachte kleine
-Rettiche, wovon er auch verschenkte. Einem andern trug man etwas
-Gekochtes zu. Er aß es im Vorzimmer des Schulgewölbes, in welchem eben
-Schule gehalten wurde.</p>
-
-<p>Die Vergleichung mit dem, was <em class="gesperrt">Salomo Schweigger</em> von den
-Kinderschulen Konstantinopels aus dem sechszehnten Jahrhunderte
-überliefert, hat zu viel Prickelndes,<span class="pagenum"><a name="Seite_155" id="Seite_155">[S. 155]</a></span> als daß ich es nicht hier
-beifügen sollte: Die Kinder, sagt <em class="gesperrt">Schweigger</em>, werden nicht in
-solcher harten Zucht und großen Furcht gehalten, wie die Deutschen,
-die mit Pochen, Poltern, Schlagen und Stoßen den Kindern alle Lust zum
-Lernen nehmen. Die Schulmeister strafen zwar die Kinder auch, aber
-mit Bescheidenheit, und können mit ihnen Geduld haben, welches denn
-die fürnehmste Tugend an einem Schulmeister ist. Wenn sie die Kinder
-schlagen, so schmeißen sie dieselben auf die bloßen Schuhsohlen mit
-einem Stäblein und brauchen die Ruthen nicht, wie bei den Christen
-bräuchig. Die Knaben haben eine feindselige Gewohnheit, daß sie durch
-einander das Lesen laut verrichten, davon sie sollten toll werden und
-einander irre machen. Dabei sitzen sie nicht still, sondern wanken von
-einer Seite stets auf die andere wie ein Schlafender oder Trunkener.</p>
-
-<p>Damit stimmt aber nicht völlig überein, was die „Hoffhaltung Des
-Türckhischen Keysers“ (1596) von den Knaben des Serai erzählt: Die
-Meister und Lehrer haben einen Befelch von dem Türken, daß sie keinen
-Knaben mehr, als des Tages einmal schlagen und strafen dörfen, und
-mögen keinem mehr, als zehen Streich mit einer kleinen subtilen Ruthen
-geben, und wann sie die Jugend mit Ruthen stäupen, geht es also zu:
-Sie legen den Knaben nach der Länge auf die Erden nieder, stoßen ihm
-die Füß durch<span class="pagenum"><a name="Seite_156" id="Seite_156">[S. 156]</a></span> einen Stock oder Bret, welches durchgebohrt, und dazu
-gemacht, daß sie fest und still liegen müssen. Alsdann geben sie ihm
-mit der Ruthen unten auf der Sohlen des Fußes zehen Schläge über die
-<em class="gesperrt">Borzachinlein</em>, das ist, kleine Stiefeln, die sie tragen. Nach
-dem lassen sie ihn wieder aus. Und wo der Meister oder Präzeptor einem
-mehr, dann zehen Streich gäbe, oder sie ohne des Kaisers Willen und
-Befelch stäupte oder schlüge, wird ihm alsbald die Hand abgelöst.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Der_Gruss">Der Gruß.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Im aufgeklärteren Theile der Welt waltet die Mode, daß man beim
-Gruße als Zeichen der Aufmerksamkeit oder Achtung den Hut oder die
-Mütze rückt oder, mit einem Worte, das Haupt entblößt. Im Lande der
-Turbane wäre diese Mode glücklicherweise eine wahre Pein. Es gäbe
-den Morgenländern, wenn sie ihren Turban oder den zusammengedrehten,
-in vielen Gängen quer um den Kopf gewundenen Schleier auflösen und
-wieder umbinden oder auch nur mit den unsteifen Mützen, die er unten
-umfängt, <a name="heben" id="heben"></a>ab- und aufheben müßten, ebensoviel zu schaffen, als den
-abendländischen Frauenzimmern, bis ihre zarte Haube über Flechte
-und Kamm sich gehörig fügt. Es ist übrigens erstaunlich, daß die
-Frauenzimmer, die doch mit keiner Mütze und mit<span class="pagenum"><a name="Seite_157" id="Seite_157">[S. 157]</a></span> keinem Hute sich und
-Andere bekomplimentiren, noch existiren und bei den Männern Gnade
-finden.</p>
-
-<p>Wenn hier zwei Männer im Freien zusammenkommen, so legen sie sich
-die rechte Hand auf Mund und Stirne. Sind sie einander nahe, so sagt
-der Eine, wenn er ein Christ ist: „Gott mit euch“, und der Andere
-erwiedert: „Gott erhalte euch.“ Des Mohammetaners Gruß aber lautet:
-„Friede sei mit euch,“ und der Gegengruß: „Mit euch sei Friede.“ So
-zu grüßen, war früher den Christen verboten. Der Mohammetaner nährte
-den Wahn, daß die Nazarener nicht würdig wären, über die Lippen die
-erhabenen Worte fallen zu lassen, welche vom Propheten <em class="gesperrt">Mohammet</em>
-verkündiget worden seien. Wiewohl dieser Gruß unter <em class="gesperrt">Mehemet-Ali</em>
-und <em class="gesperrt">Ibrahim</em> geduldet ist, so hören ihn doch die Mohammetaner aus
-dem Munde der Christen noch jetzt mit Murren.</p>
-
-<p>Stattet ein Christ dem innigen Freunde einen Besuch ab, so umarmen sich
-beide, und küssen einander einmal die Schultern. Ebenso umarmen sich
-die Mohammetaner, versetzen aber den Kuß auf die Wangen. Ist man nicht
-in vorzüglichem Grade befreundet, so bietet man einander schlichtweg
-die Hände, wobei man eine besondere Rücksicht beobachtet. Es behält
-nämlich die Person höhern Ranges die Hand oberhalb, so daß der Rücken
-derselben aufwärts schaut.<span class="pagenum"><a name="Seite_158" id="Seite_158">[S. 158]</a></span> Stehen beide auf der gleichen Stufe des
-Ranges, so nehmen die Hände eine senkrechte Stellung neben einander
-an, daß also weder die eine, noch die andere Hand nach oben kommt.
-Wenn anders der Gruß die verschiedene Stellung in der bürgerlichen
-Gesellschaft ausdrücken soll, so gewinnt in der That die verschiedene
-Richtung der Hände, zumal die Oberhand und die Unterhand, ungleich mehr
-Sinnigkeit, als alle Abstufungen beim Entblößen des Kopfes unter den
-Abendländern.</p>
-
-<p>Die bisher berührten Grußweisen der Palästiner umfassen bloß das
-alltägliche Leben.</p>
-
-<p>Auf Sitzen zur Rechten oder Linken wird nicht geachtet.</p>
-
-<p>Nach Empfang dargereichter Speisen und Getränke bezeugt man in der
-Regel keinen Dank. Nur nach dem Kaffee hallen die Worte des Dankes:
-„Möget ihr euch immer erhalten.“ Trinkt der Gast Wasser aus dem Kruge
-(Bardaka), was allezeit ohne Absetzen geschieht, so rufen sämmtliche
-Anwesende: „Wohl bekomme es“, und jener erwiedert: „Ich sage Dank.“
-Also bei Mohammetanern und Christen. Beim Lebenswasser (Aquavit)
-verhält man sich stumm.</p>
-
-<p>Begegnen sich die Frauen außer den Häusern, so sind sie still und
-rühren sich nicht. Macht eine Frau einen Besuch, so entschleiert sie
-sich beim Eintritte in das Zimmer,<span class="pagenum"><a name="Seite_159" id="Seite_159">[S. 159]</a></span> und eröffnet das Gespräche mit
-den Worten: „Ich komme, euch zu sehen.“ Die Frau, welche den Besuch
-annimmt, lüftet auch ihrerseits den weißen Gesichtsschleier und
-antwortet: „Willkommen.“ Da wird denn nach dem Befinden, nach den
-Kindern und nach Andrem gefragt, obendrein viel eitel Zeug geplaudert,
-etwas Süßes, etwa Konfekt, genascht oder auch eine Pfeife geraucht.
-Kürzer, als drei oder vier Stunden dauern die Frauenbesuche nicht. Die
-Mohammetanerinnen besuchen einander seltener, als die Christinnen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_Brautwerbung_und_die_Hochzeit">Die Brautwerbung und die
-Hochzeit.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Will der Jüngling oder Mann heirathen, so geht sein Vater, seine
-Mutter, sein Bruder, seine Schwester oder ein anderer Verwandter oder
-ein Freund zum Pfarrer, diesem das Vorhaben zu offenbaren, unter
-Bezeichnung des Mädchens, welches zu <a name="heirathen" id="heirathen"></a>heirathen gewünscht wird.</p>
-
-<p>Darauf begibt sich der Pfarrer zu den Aeltern des Mädchens, den
-Heirathsantrag zu hinterbringen, und Auskunft zu verlangen, ob man ihn
-annehmen wolle oder nicht, und sucht dann den Brautwerber in seinem
-Hause auf, um demselben die Antwort zu vermelden. Im bejahenden Falle
-schickt die Familie desjenigen, welcher den Heirathsantrag stellte,
-sich jetzt an, einen Gesichtsschleier (zu 30 bis 35<span class="pagenum"><a name="Seite_160" id="Seite_160">[S. 160]</a></span> Piaster) oder
-auch zwei Schleier nebst einem goldenen Fingerringe zu kaufen. Die
-weiblichen Mitglieder der Familie des Brautwerbers gehen, in Begleitung
-vieler Frauen, mit den eingekauften Kostbarkeiten zu der Familie des
-Mädchens, um sie diesem als Geschenk einzuhändigen. Bei dem Besuche
-benimmt sich die Holdselige ungemein schüchtern, sanftmüthig wie ein
-Lamm; keinen Laut läßt sie hören; sie ist rein wie ein Engel. Um so
-munterer sind die Frauen, welche auf Besuch kommen; sie lachen und
-scherzen und singen wohl auch.</p>
-
-<p>Danach veranstalten die Aeltern des Mädchens einen Gegenbesuch in das
-Haus des Brautwerbers. Der Vater ladet Männer und die Mutter Frauen,
-nie aber unverheirathete Frauenzimmer ein. Im Hause des Brautwerbers
-treten die Männer in ein besonderes Gemach, und so die Frauen. Grüßend
-sagt man zu ihm: „Gesegnet,“ und diejenigen Frauen, welche sich nicht
-enthüllen, sagen es auch seiner Mutter. Das Mädchen bleibt eingezogen
-zu Hause. Die Gäste, wenigstens die Männer, vertreiben die Zeit mit
-Rauchen und Kaffeetrinken, mit Konfektnaschen und Plaudern.</p>
-
-<p>Nach dem Gegenbesuche geschehen zwei Monate hindurch keine weitere
-Schritte, und zudem wartet man auf ein großes Fest, um der Braut ein
-Geschenk zu überbringen. Dieser Besuch, der dritte und letzte vor der
-Hochzeit, heißt auf arabisch <em class="gesperrt">schỏfe</em> (die Sicht), und ist der
-Vorbote baldiger<span class="pagenum"><a name="Seite_161" id="Seite_161">[S. 161]</a></span> Vermählung. Das Geschenk hält an Werth von einigen
-hundert bis auf einige tausend Piaster. Es besteht aus ungeschnittenem
-und ungenähtem Kleidungsstoffe, so wie aus einem Kleinode zur Zierung
-der Stirne oder anderer Gebilde des Körpers. Die Reichsten ergreifen
-diesen Anlaß, um den Glanz ihrer Diamanten zu verbreiten. Es ist die
-Mutter des Bräutigams, welche, am erwarteten großen Feste selbst, das
-Geschenk der Braut überreicht und zwar so, daß sie unter spaßhaften
-Bemerkungen das Kleinod der Braut auf der gehörigen Stelle anlegt. Das
-<a name="schofe" id="schofe"></a><em class="gesperrt">schỏfe</em> dauert etwa zwei Stunden.</p>
-
-<p>Nun bereitet man sich zur Hochzeit vor. Die Aeltern des Bräutigams und
-der Braut besprechen den festlichen Tag. Vom Heirathsantrage bis zum
-Hochzeitstage verfließt gemeinhin ein Jahr, selten nur ein Vierteljahr.
-Dreimal kündigt der Pfarrer die Hochzeit ab. Am Sonnabende vor dem
-Vermählungstage wird die Reinigung durch die Bäder vorgenommen. Die
-Braut sendet, zum Zeichen der Einladung, an jede Frau ein Stück
-Seife. Bei Männern ist dieses Zeichen eine Kerze, umhüllt von einem
-Zettelchen, worauf der Karakter des Gastes (z. B. französischer Konsul,
-Schulmeister) geschrieben steht. Die Braut besucht mit den Frauen, der
-Bräutigam mit den Männern, die einen und die andern in gesönderten
-Schaaren, ein öffentliches<span class="pagenum"><a name="Seite_162" id="Seite_162">[S. 162]</a></span> Bad. An diesem glücklichen Orte bekommt die
-Mutter oder die Schwester des Bräutigams die <em class="gesperrt">Entschleierte</em> zu
-sehen, und sie mögen dann zu Hause dem Sehnsuchtsvollen die Entdeckung
-der Schönheit oder Häßlichkeit mittheilen. Darauf am Sonntagsabende
-gehen die einen Männer in das Haus des Bräutigams, die andern und die
-Frauen in dasjenige der Braut, wo sie sich in das <em class="gesperrt">Frauenzimmer</em>
-scheiden. Die Nacht wird in gespannter Erwartung hingebracht.</p>
-
-<p>Um vier Uhr in der Frühe des <a name="Montags" id="Montags"></a>Montag eröffnen Bräutigam und Braut, jener
-ein wenig voran, den großen hochzeitlichen Zug nach der Kirche unter
-dem Jubel von Schalmeien und Tambur und Pauken, selten von Geigen.
-Der Bräutigam sieht sich in dem Tempel zum ersten Male neben der
-künftigen Lebensgefährtin; noch aber ist ihr Antlitz dem forschenden
-Blicke ebenso unzugänglich, als von Anfang der Bekanntschaft oder,
-besser gesagt, der Unbekanntschaft an. Das ganze Gepränge der
-römisch-morgenländischen Kirche mag das Seinige beitragen, das
-Gefühl des Geheimnißvollen und des Ehrwürdigen zu steigern. Fragt
-der Priester am Altare die Braut um ihren Willen, so verbietet ihr
-die Schamhaftigkeit, ihn zu benicken. Wie gut ist, daß es in Fällen
-der Verzweiflung eine Erbarmung auf Erden gibt. Die Gevatterin,
-deren Wohlthätigkeit erst jetzt sich auf das<span class="pagenum"><a name="Seite_163" id="Seite_163">[S. 163]</a></span> glänzendste bewährt,
-leiht den unentbehrlichen Arm der Hilfe; sie steht hinter der Braut
-und stößt das bräutlich geschmückte Haupt nach vorne, &mdash; &mdash; nur ja,
-weil einmal genickt werden muß, sei es aus freien Stücken oder aus
-Zwang. Williger entschließt sich der Bräutigam zum Jaworte, aber für
-kein ordentliches Weib, sondern für eine vermummte Gestalt, für ein
-Larvengesicht. Er erschaut vor sich einen mit einem rothen Schleier
-bedeckten Kopf und einen in ein weißes Gewand gehüllten Leib; der
-Reichthum an Gold mag etwa sein Auge blenden: aber kein Auge der Liebe
-strahlt ihm entgegen, kein Mund der Freude lächelt ihm zu. Ich möchte
-indessen den bescheidenen Zweifel äußern, daß eine solche beharrliche
-Strenge der Vermummung <em class="gesperrt">oft</em> beobachtet werde. Ich weiß selbst
-zu erzählen, daß ich, als ich ohne Anmeldung in das Haus des Konsuls
-<em class="gesperrt">Damiani</em> trat, seine Tochter unverschleiert antraf, die sich
-dann freilich schnell entfernte. Wie ich einmal durch ein Gäßchen
-spazierte, begegnete ich einem verschleierten Frauenzimmer, welches im
-Augenblicke, da sie sich von Niemanden bemerkt glaubte, den Schleier
-auf die Seite schwenkte, um ihr schönes Gesichtchen zu zeigen.</p>
-
-<p>Nach empfangenem Priestersegen ziehen die Neuverlobten ins Haus des
-Bräutigams, dieser zuerst. Sie und das Gefolge von Gästen genießen
-dort das Frühstück; reich<span class="pagenum"><a name="Seite_164" id="Seite_164">[S. 164]</a></span> wird das Hochzeitpaar von den Zeugen der
-Hochzeitlichkeit mit Worten gesegnet. Schon aber verläßt ein Theil der
-Gäste die Gesellschaft, es bleiben bloß noch die Verwandten, endlich
-nur die Frauen. Nun sitzt die Braut auf einem thronartigen Polster
-in einem besondern Zimmer, in welches die neugierigen Frauen treten.
-Derlei Dinge schmecken für sie viel zu süß, als daß sie nicht davon
-kosten sollten. Bis zum Throne der Unsichtbaren machen die Frauen eine
-Gasse. Schwere Augenblicke harren des Bräutigams. Man muß sich an ihm
-abmühen, daß er allen Muth zusammenfasse<a name="FNAnker_10_10" id="FNAnker_10_10"></a><a href="#Fussnote_10_10" class="fnanchor">[10]</a>. Da schreitet er mit
-kochendem Herzen durch die Gasse, und gleichsam in der Wuth streift
-er den Schleier von einer unschuldigen Jungfrau hinweg. Zum ersten
-Male erblickt der <em class="gesperrt">Ehemann</em> das Antlitz eines jungfräulichen
-Weibes, dem er für die guten und bösen Tage des Lebens Treue geschworen
-hat. Mag ihn jetzt die Erwartung betrogen haben, es ist zu spät,
-er bekümmert sich nur umsonst; wurde seine Hoffnung erfüllt, desto
-glücklicher für ihn der Wurf des Spiels.</p>
-
-<p>Wie der Schleier der Braut sich lüftet, fliegen alle<span class="pagenum"><a name="Seite_165" id="Seite_165">[S. 165]</a></span> Schleier der
-Zuschauerinnen auf die Seite. Es erhebt sich die enthüllte Braut, sie
-küßt eine Hand des Gemahls, beide lassen sich neben einander auf den
-Polster nieder und beobachten einige Minuten ein tiefes Stillschweigen,
-indeß der Bräutigam die Verheißene gleichsam ins Auge verschlingt.
-Damit endet das Fest für die neugierigen Frauen, welche sofort das
-Zimmer räumen. Die Verwandten dagegen bleiben bis Mittag, und erst nach
-dem Mittagsmahle kehren sie in ihre Wohnungen zurück. Jedermann gönnt
-dem Bräutigam und der Braut, daß sie sich von der schlaflosen Nacht
-erholen.</p>
-
-<p>Nachdem der Mann seine Frau erkennt hat, thut er sich mit einem weißen
-und sie mit einem rosenrothen Gewande an.</p>
-
-<p>Auf den siebenten Tag nach der Hochzeit wird der Schlußbesuch in das
-Haus des Ehegemahls veranstaltet. Die Frauen werden vom älterlichen
-Hause des neuverlobten Weibes eingeladen; die Männer gehen diesmal
-uneingeladen. Der Besuch ist den Geschenken für das neue Ehepaar
-gewidmet. Wenn z. B. die Frau A der Frau B das Geschenk P verehrt
-hat, und heirathet dann C, die Tochter der A, so gibt B das P zurück.
-Und kann man nicht mehr das Gleiche zurückerstatten, so zielt man auf
-ein solches Geschenk ab, welches dem Werthe eines der Familie früher
-verliehenen möglichst nahe kommt.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_166" id="Seite_166">[S. 166]</a></span></p>
-
-<p>Die Schilderung trifft eigentlich die hiesigen eingebornen Christen,
-in den meisten Theilen aber überhaupt die christlichen Palästiner, in
-manchen sogar die Mohammetaner.</p>
-
-<p>Das geheimnißreiche Vorgehen in der Heirath kann schwerlich auf den
-Beifall des Abendländers hoffen. Die Sitte der Verhüllung reihe ich
-unter die sonderbarsten Dinge, so fest sie eingewurzelt und so alt
-sie sein mag. <em class="gesperrt">Rebekka</em> verhüllte sich zwar vor <em class="gesperrt">Isaak</em>
-(1. Buch <em class="gesperrt">Moses</em> 24, 65), doch nicht vor dem Liebhaber. Wenn
-der strengen Verhüllung, welcher das Mädchen vom reifern Alter bis
-zur Verheirathung wie einem Gesetze sich unterwirft, ein Lobesspruch
-gespendet werden soll, so kann man ihr oder doch der Vereinzelung der
-genau beaufsichtigten Jungfrau nachrühmen, daß Fehltritte beinahe bis
-zur Unmöglichkeit erschwert werden.</p>
-
-<p>Noch besitzen die Aeltern in Palästina die erzväterliche Gewalt über
-ihre Kinder bei der Verlobung, wobei letztern der Athem des freien
-Willens fast gänzlich gehemmt ist. Doch mangelt es aus den Zeiten der
-Erzväter nicht an Beispielen, welche für eine gelindere Gesinnung
-sprechen. So fragten die Aeltern der <em class="gesperrt">Rebekka</em> in milder Weise, ob
-sie mit dem Knechte <em class="gesperrt">Abrahams</em> ziehen wolle (1. Buch <em class="gesperrt">Moses</em>
-24, 57 und 58). Zur Schließung des Ehevertrages gehört vor Allen dem
-Bräutigam und der Braut entscheidende Stimme.</p>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_167" id="Seite_167">[S. 167]</a></span></p>
-
-<h3 id="Die_Woechnerin_und_das_Kind">Die Wöchnerin und das Kind.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Im zwölften Jahre verheirathen sich die Mädchen sehr selten, selten
-noch im dreizehnten, nicht mehr selten aber im vierzehnten Jahre. Es
-ist daher keine Seltenheit, daß das Weib im fünfzehnten Lebensjahre
-gebiert.</p>
-
-<p>Nachdem die Frau geboren, ißt sie die ersten drei Tage nichts, als
-Hühnerbrühe ohne Salz und Schmalz. Zum Getränke erhält sie mit
-Zimmet versetztes Wasser oder auch ein wenig Wein, welchen jedoch
-die Mohammetanerinnen, in Gemäßheit ihrer Religionsbegriffe, nicht
-bekommen. Nach Verfluß der drei ersten Wochentage geht die Kindbetterin
-zu einer kräftigern Nahrung über. Sie genießt dann nicht bloß die
-Brühe, sondern auch das Fleisch vom Huhn; Andere essen wohl abwechselnd
-das Halsfleisch des Lammes.</p>
-
-<p>In den ersten sieben Tagen wäscht die Wöchnerin ihre Hände nach dem
-Essen nie mit Wasser, aber mit Wein. Gehört sie der Mittelklasse, so
-steht sie am siebenten Tage vom Bette auf, die reiche nach vierzehn
-Tagen. Der Reichthum ist da nicht zu beneiden, wo er den Menschen
-länger in Fesseln schlägt. Allgemein herrscht die Sitte, daß die
-Wöchnerin nach dem Aufstehen das öffentliche Bad, und unter den
-Christen zugleich, daß sie die Kirche besucht.<span class="pagenum"><a name="Seite_168" id="Seite_168">[S. 168]</a></span> In jenem reibt man, zu
-Stärkung, in den Körper ein scharfes Mittel. Im vierzigsten Tage wird
-das Bad wiederholt.</p>
-
-<p>Sobald das Kind ans Licht der Welt gelangt, wird seine Nabelschnur
-mit einem Faden unterbunden, abgeschnitten und die Schnittfläche auf
-der Kindesseite mit einer Wachskerze gebrennt. Darauf badet man es
-im lauen Wasser, um es zu reinigen. Hat das Kind drei Tage seines
-Lebens zurückgelegt, so wäscht man das Zahnfleisch und die allgemeinen
-Hautbedeckungen mit Salzwasser oder mit Wein, der mit Wasser verdünnt
-wurde, um einen guten Geruch mitzutheilen. Sonst wird bloß alle Wochen
-einmal das Gesicht und der Körper vom Nabel bis zu den Füßen gewaschen.
-Ja es gibt Mütter, welche ihr Kind ein halbes Jahr ungewaschen lassen.</p>
-
-<p>Zur Bekleidung dient eine Binde, in welche der Körper so gewickelt
-wird, daß die Arme an der Seite des Körpers in ausgestreckter
-Richtung bleiben. Ein Schleier deckt das Gesicht. Die Einwickelung
-(Einfatschung) dauert vier Monate. Sodann flattern die Röckchen um
-das Kind, und manchen Knaben schmückt bei Zeiten über der kleinen,
-anschließenden Mütze der Turban. Als eine ausgezeichnete Zierde sah ich
-um den Fußknöcheln eines Kleinen rothe Bändchen mit mehreren Schellen.</p>
-
-<p>Zur Nahrung erhalten die Kinder die Milch ihrer Mut<span class="pagenum"><a name="Seite_169" id="Seite_169">[S. 169]</a></span>ter, manche zwei
-bis drei Jahre hindurch. Es ist bemerkenswerth, daß die Jaffanerin das
-Schnüren des Oberleibes nicht kennt. Solches mögen die gepriesenen,
-geschnürten Zierfräulein Europens beherzigen, welche ihr besseres
-Gefühl nicht befragen, ob sie Hoffahrt mit demjenigen treiben dürfen,
-was Gott zu einem ganz andern Zwecke erschuf. Wenn die Jaffanerin außer
-Stande ist, Milch von der Mutterbrust darzureichen, so behilft man sich
-wohl auch mit einer Amme, oder man streicht das Honig- und Granatsüß in
-den Mund des Kindes. Sogenannte künstliche Nährung aber, wie mit Kuh-
-oder Ziegenmilch, findet nicht statt. Daraus allein schon ließe sich
-die große Sterblichkeit der Kinder erklären.</p>
-
-<p>Zum Sauglappen, als Beschwichtigungsmittel, nimmt keine Mutter die
-Zuflucht; im beßten Falle flößt sie ein wenig Honig in den weinenden
-Mund. Hingegen scheint die Wiege im Ansehen von etwas Unentbehrlichem
-zu stehen. Die Reichen haben eine eigentliche <em class="gesperrt">Wiege</em>, wie bei
-uns. Die Mittelklasse spannt zwei Schnüre unter der Zimmerdecke aus,
-welche ein Leintuch aufnehmen. Auf dieses wird das Kind, wie auf eine
-Hängmatte, gelegt, und will man es schaukeln, so setzt man die eine
-Schnur, die durch ein Zwischenstäbchen von der andern ferne gehalten
-wird, in Bewegung. Die arme Klasse bedient sich einer Vorrichtung,<span class="pagenum"><a name="Seite_170" id="Seite_170">[S. 170]</a></span> die
-einer großen, ebenen Wagschale gleicht. Sie wird, wie ein Käfich, an
-der Decke des Zimmers oder sonst in der Höhe aufgehängt.</p>
-
-<p>Mit Säftchen führt man das Kind nicht ab, noch schneidet man dessen
-Zungenbändchen ein. Der Schulmeister am Hospiz stutzte gewaltig, als er
-inne wurde, daß wir gelöste Zungen hätten. Das Zahngeschäft geht nicht
-sehr leicht von statten. Zur Erleichterung desselben wird gar nichts
-vorgekehrt, und viele Kinder sterben während dieser Lebenszeit. Die
-fratt gewordenen Stellen wäscht man nicht ab, sondern man behandelt
-sie mit einem Stoffe, welcher im Arabischen serakûn heißt, mir
-aber nicht genauer bezeichnet wurde. Bei der hinkenden Reinlichkeit
-darf man sich wundern, daß diese Krankheit nicht viel hartnäckiger
-und qualvoller auftritt. Gegen die Mundschwämmchen gebraucht man die
-Asche von einem Knochen so, daß der mit Speichel benetzte Finger sie
-auffängt, und damit die kranken Stellen im Munde reibt.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Wiegenlied_und_Kinderjucks">Wiegenlied und Kinderjucks.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Das Wiegenlied singt die Mutter nach einer ganz eigenthümlichen Weise,
-und ich bedaure nur, daß ich kein Tonsetzer bin, um sie beifügen zu
-können. Die Worte zum Einlullen lauten so: „O mein Kind, schlafe; mein
-Auge,<span class="pagenum"><a name="Seite_171" id="Seite_171">[S. 171]</a></span> ich hoffe, daß ich dich nie aus dem Auge verlieren werde.“ Zum
-schon schlafenden Kinde singt die Mutter: „Meine Taube, dein Auge ist
-verschlossen; aber das Auge Gottes ist aufgeschlossen, und daß kein
-Leid dir wiederfahren kann, hat Gott den Menschen nicht auf immer
-verhärtet.“ Die Worte sind gemüthlich und erhaben zugleich.</p>
-
-<p>Bei aller meiner Unbekanntschaft mit der Sprache und dem Bücherthume
-der Araber genieße ich vielleicht das Vergnügen, den Abendländern einen
-ihnen unbekannten Lappen arabischer Dichtungen überbringen zu können.
-Es fiel mir in Jaffa nicht wenig auf, als ich beim Einbruche der Nacht
-eben heimgekehrte Kinder anredend und antwortend in geregelten Weisen
-lärmen hörte. Auf meine Nachfrage darüber wurde sogleich von der
-Gasse ein Kind geholt; es sagte in Anwesenheit mehrerer Eingebornen
-das Gespräche her; einer davon übersetzte es ins Italienische, und
-ich schrieb dieses deutsch nieder. So viel zur Rechtfertigung meines
-Botengeschäftes.</p>
-
-<p>Das Zweigespräch, wovon die Rede ist, halten übrigens nicht bloß
-fünfjährige und ältere Kinder als Nachtgruß, wenn sie sich trennen,
-sondern auch türkische Knaben, indem sie von Hause zu Hause ziehen, um
-etwas zu verdienen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_172" id="Seite_172">[S. 172]</a></span></p>
-
-<div class="blockquot_2">
-
-<p>A. O Gott.</p>
-
-<p>B. O Gott.</p>
-
-<p>A. Möge es uns hier wohl ergehen.</p>
-
-<p>B. O Gott.</p>
-
-<p>A. Was haben wir?</p>
-
-<p>B. Maria (denn es muß immer Jemand genannt werden) &mdash;, eine Braut
-wie der Mond.</p>
-
-<p>A. Gott gebe es.</p>
-
-<p>B. Unter der Veste sahe ich sie in zierlichem Gewande.</p>
-
-<p>A. Gott gebe es.</p>
-
-<p>B. Ich erblickte sie abwärts vom Diwane, die in Seide Gehüllte.</p>
-
-<p>A. Gott gebe es.</p>
-
-<p>B. Ich sah sie abwärts vom Gemache ein Papier mit Zügen füllen,
-welche rühren das Herz.</p>
-
-<p>A. Gott gebe es.</p>
-
-<p>B. &mdash; &mdash; &mdash; abwärts von einer Urne.</p>
-
-<p>A. Ach, wie schön.</p></div>
-
-<p>Das Zweigespräch, wahrscheinlich nur ein Bruchstück, behandelt die
-Liebe auf eine nicht sehr schickliche Weise für Kinder. Bei diesen
-scheint jedoch Alles bloßes Lippenwerk geworden zu sein.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_173" id="Seite_173">[S. 173]</a></span></p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_Verehrung_der_Todten">Die Verehrung der Todten.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Stirbt eine Person, so hüllt man sie in ein gewöhnliches Gewand;
-nur muß es ein besseres und weißes sein. Bei Nacht stellt man zwei
-brennende Kerzen neben die Leiche. Reichere legen ihre Verstorbenen
-in einen viereckigen Sarg; die Armen oder die weniger Vermöglichen
-deckt die Erde unmittelbar. Der Sarg oder die Leiche wird auf einer
-Bahre in den Gottesacker getragen. Ihr folgen im Zuge Männer und
-Weiber, jene aber voran, diese ihr Klagegeschrei erhebend und ein Tuch
-drehend. Alle nahe Anverwandte sind mit einem schwarzen Trauerkleide
-angethan. Wenn ein Ehemann stirbt, so geht die Wittwe, welche sich in
-der Hoffnung glaubt, am Grabe einmal unter der Bahre des Todten durch,
-jetzt ausnahmsweise ohne Schleier. Sie will damit alle Anwesende zu
-Zeugen der Reinigkeit ihres Wandels auffordern. Ehe die Leiche noch
-im Grabe liegt, wird sie, zumal an der Hand, geküßt; der Ehemann küßt
-auch das Gesicht und das Kleid der verblichenen Geliebten; &mdash; sogar des
-Pestopfers?</p>
-
-<p>Von der Todesstunde an bis zum Begräbnisse dauern meist nur zwei oder
-drei Stunden. Erfolgt indeß der Tod spät Abends oder vor Mitternacht,
-so wird mit der Beerdigung bis morgen in der Frühe zugewartet.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_174" id="Seite_174">[S. 174]</a></span></p>
-
-<p>Ich sah die Beerdigung einer mohammetanischen Leiche bei Jaffa. Das
-Grab war etwa vier Fuß tief bis zur Stelle, wo es sich in zwei Absätzen
-verengerte, und von hier noch einen starken Fuß tief, aber gemauert.
-Nachdem auf den Grund des gemauerten Grabes ein Pulver gestreut war,
-wurden die in ein schönes und weißes Tuch gehüllten sterblichen
-Ueberreste seitlings, das Gesicht gegen Mekka gewendet, mit Schonung
-in die Tiefe versenkt, und dann darüber Steinplatten, die zur Seite
-auf den Maueransätzen ruhten, gelegt, so daß die Erde den Todten nicht
-drückte. Während des Beerdigens heulten die Weiber, das eine stehend,
-das andere hockend. Den Männern schien meine Gegenwart ein Dorn zu
-sein; indeß fügten sie mir nicht das mindeste Leid zu. Die ganze
-Beerdigungsweise verrieth nichts Rohes.</p>
-
-<p>Zum Andenken des Gestorbenen werden in dessen Hause die ersten drei
-Abende nach einander gemeinschaftliche Gebete verrichtet. Am Ende
-dieser religiösen Handlung wird allen Beiwesenden, manchmal bis hundert
-an der Zahl, ein Todtenmahl gegeben. Die Reichsten sprechen dabei
-ungerne oder gar nicht zu, um so lieber aber die Armen. Desgleichen
-besuchen die Weiber drei Tage hinter einander in der Morgenstunde das
-Grab, und sie vergessen nicht, sich mit einem Mundbedarf zu versehen,
-auf daß sie im Felde der Leichen mit Kaffee sich laben können.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_175" id="Seite_175">[S. 175]</a></span></p>
-
-<p>Dem Vater oder der Mutter, dem Bruder oder der Schwester, dem Manne
-oder der Männin wird ein Jahr hindurch Trauer getragen. Während dieser
-Zeit hüten sich die Trauernden vor Leckerbissen und dem Spiele, sie
-besuchen weder die öffentlichen Bäder, noch heirathen Wittwer und
-Wittwe.</p>
-
-<p>Von den eben geschilderten Sitten der römisch-maronitischen Christen
-zu Jaffa weichen diejenigen der Nazarener und Bethlehemiten mehr oder
-minder ab. Im Hause des Leichnams und später in der Nähe des Grabes
-stellen sich zwei Weiber, wie Fechtkämpferinnen, und schlagen die
-klirrenden Degen an einander. Dann antwortet ein Chor Weiber singend
-und heulend, händeklatschend und tanzend. Darauf neues Degengeklirre
-der zwei Weiber; ihm nach der entsetzliche Lärm. Das ist die wilde,
-verwegene Todesjagd &mdash; in Nazareth und Bethlehem.</p>
-
-<p>Zwei Dinge verdienen vor allen eine nähere Betrachtung: Das Durchgehen
-unter der Bahre und die frühe Beerdigung des Todten. Dem Falle
-vorzubeugen, daß für einen lebenden Lüstling der hingeschiedene Ehemann
-als Vater unterschoben werde, strengte sich in Europa die ganze
-Weisheit der Gesetzgeber, wie der Gerichtsärzte an, ohne daß es ihnen
-gelang, dem Betruge einen festen Riegel zu stoßen. Vielleicht versteige
-ich mich nicht, wenn ich behaupte, daß<span class="pagenum"><a name="Seite_176" id="Seite_176">[S. 176]</a></span> die Sitte der Jaffaner einem in
-diesen Punkt einschlagenden europäischen Gesetze den Vorrang ablaufe.
-Drücken wir die Sitte in Form eines Gesetzes aus: „Jede Wittwe ist
-gehalten, innerhalb drei Stunden vom Ableben ihres Ehemannes an (beim
-gehörigen Orte) anzuzeigen, ob sie sich von ihm schwanger glaube oder
-nicht.“ Einem so klar ausgesprochenen Gesetze müßte jede Erläuterung
-beschwerlich fallen. Doch Eines will ich berühren. Man kann dasselbe
-der Grausamkeit zeihen. Wie dem auch immer sei, nur beherzige man bei
-dieser Gelegenheit, daß die Sitten, die freiwilligen Gesetze (ohne
-förmlichen Vertrag), worüber die Wenigsten klagen, oft minder milde
-sind, als die Zwangsgesetze (laut förmlichen Vertrages), welche beinahe
-aus Aller Munde mit Klagen überschüttet werden.</p>
-
-<p>Die frühen Leichenbestattungen verlieren sich unzweifelhaft in das
-graueste Alterthum. Sie gründen sich wohl auf die Ansicht, daß sie ein
-nothwendiges Gebot des heißen Himmelsstriches seien.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_Rekruten_oder_die_Konskribierten">Die Rekruten oder die
-Konskribirten.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Eines Abends überraschte mich nicht wenig ein Schauspiel. Einem
-Vortrabe zu Pferde folgte eine geschlossene Menge Männer. Es waren für
-den Kriegsdienst eingeschriebene Leute, schwarze, halbschwarze und
-weiße, paar<span class="pagenum"><a name="Seite_177" id="Seite_177">[S. 177]</a></span>weise so an einander gebunden, daß allemal die Rechte des
-Einen und die Linke des Andern in einer Art Hamen staken. Eine hölzerne
-Spange nahm in Kerben die Handwurzeln auf und, so viel ich erblicken
-konnte, war jene seitlich mit eisernen Schrauben versehen, wodurch zwei
-Spangen, als Handklemmen, festgeschlossen wurden. Ueberdies war mit
-einem Stricke ein Mann hinter den andern, wie ein Kameel hinter das
-andere, gebunden. Einmal führte ein Soldat einen Bauer am Gürtel des
-Bauches in die Stadt. Hinter ihm ging ein wehklagend Weib. In einem
-Hause von Jaffa war ein anderes Mal eine bedeutende Anzahl Ausgehobener
-einquartirt, und etwa fünfzig Weiber heulten und schluchzten vor
-demselben, die einen mit dem Säugling an der Brust. Noch nie drangen so
-viel und so trübe Wehklagen in mein Ohr.</p>
-
-<p>Die Regierung machte mir einen langen Strich durch die Rechnung. Um
-größere Schiffe hier zu laden, muß man, wegen des unsichern Hafens,
-Meeresstille oder leisen Wind abwarten, wodann sie auf offener See
-von Kähnen aus befrachtet werden. Eben trat günstige Witterung zum
-Laden ein. Da hieß es, daß die Regierung zwei Schiffe befrachte,
-und alle Kähne in Anspruch nehme. Mein Schiffshauptmann mochte sich
-verwenden, wie er wollte, er durfte am Ende nur müßig zuschauen,
-wie nach Alexan<span class="pagenum"><a name="Seite_178" id="Seite_178">[S. 178]</a></span>drette Rekruten eingeschifft wurden. Unvergeßlich
-bleibt mir dabei ein rührender Auftritt. Ein Weib, in einem blauen
-Hemde voll Löcher und Lappen, kauerte am Hafen in einem Winkel; es
-weinte bitterlich und schluchzte bitterlich; es deutete, daß ein ihr
-Theurer, vielleicht ihr Sohn, zu Wasser weggeschleppt werde. Und andere
-Weiber standen da und weinten bitterlich über das Schicksal einiger
-Eingeschifften, bis die Polizei sie unschonlich verjagte. Ich konnte
-bei diesem Auftritte den Gedanken nicht daniederhalten: Es muß unter
-den häßlichen Lumpen auch noch zartes Gefühl sich regen; ein Mutterherz
-bleibt Mutterherz &mdash; bei einer Christin oder Mohammetanerin; unter
-den unscheinbarsten Lumpen pocht manchmal ein wärmeres Mutterherz,
-als unter Atlas und Sammet. Diese Wahrnehmung freute mich um so mehr,
-da ich bei den arabischen Mannsleuten eine ungemeine Gefühllosigkeit,
-zumal gegen die Thiere, zu bemerken glaubte.</p>
-
-<p>Ich möchte das Gesagte durch Thatsachen erhärten. Als ich auf meinem
-Ausfluge nach den Pyramiden am Wasser lange warten mußte, hatte der
-Esel mit angelegtem Zaume unter den Hufen gutes Gras, das, wie mir
-däuchte, keinem Einzelnen, sondern aller Welt gehörte. Dem Treiber
-fiel es nicht ein, das Gebiß abzunehmen, bis ich ihn dazu ermunterte.
-Als ich ein Kameel ritt, welches von einem In<span class="pagenum"><a name="Seite_179" id="Seite_179">[S. 179]</a></span>sekte am Bauche gequält
-wurde, wollte ich dem Führer zu verstehen geben, daß er jenes von der
-Plage befreie; allein ich konnte ihn glatterdings nicht dahin bewegen.
-Wie ich von Ramle nach Jerusalem wanderte, überließ ich am Fuße des
-Juda dem Treiber das Maulthier sammt dem belästigenden Felleisen, und
-ich ritt den Esel, welcher keine Ladung weiter trug. Theils um dem
-Thiere Erleichterung zu verschaffen, ging ich sehr oft zu Fuß, und
-kam schneller davon. Ich dachte immer, der Führer werde mein Beispiel
-nachahmen. Es mochte der Weg noch so steil sein, der Stumpfsinnige
-saß auf dem langsamen Läufer, und ließ mich eher aus den Augen. So
-gefühllos können Araber sein, während die gemüthreichen Türken mit der
-herzlichsten Freude einen Vogel in seinem Käfich kaufen, um ihn von der
-Gefangenschaft zu erlösen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Das_Weinen_oder_die_Raserei">Fortsetzung: Das Weinen oder die
-Raserei am Neujahrstag 1836.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Das Weinen ist der Ausbruch der Freude oder Traurigkeit bei Gescheiden
-und &mdash; Narren.</p>
-
-<p>Bei uns will die Züchtigkeit der Sitte oder der Anstand, daß man im
-Weinen sich mäßige, daß die Gefühle nicht ohne Rückhalt entströmen. Das
-eigentliche Choral<span class="pagenum"><a name="Seite_180" id="Seite_180">[S. 180]</a></span>weinen nach dem Laufe der Natur scheint man bei uns
-kaum zu kennen. Bei uns weint man <span class="antiqua">piano</span> oder <span class="antiqua">pianissimo</span>,
-in Jaffa <span class="antiqua">forte</span> oder <span class="antiqua">fortissimo</span>. In den Landen der
-Gesittung hält man es für besonders schön und rührend, wenn etwa eine
-Thränenperle aus dem unumwölkten Himmel herabfällt.</p>
-
-<p>Als ich nach Tische die andere Hälfte des Neujahrstages von 1836
-verlustwandeln wollte, da hörte ich von einer Gasse her ein
-wildes, klägliches Geschrei. Ich rückte näher. Vor der Thüre einer
-Truppenherberge harrte eine Menge Weiber, diesmal nur die wenigsten mit
-einem Schleier, und die entschleierten Gesichter verbreiteten einen
-solchen Zauber, daß Jedem die ungelegenen Heirathsgedanken verschwunden
-wären. Ich sah und hörte kaum jemals etwas Wilderes. Die Einen standen,
-die Andern kauerten. Die Einen konnten nicht genug ihre Hände um
-einander kreisen lassen, ohne daß diese sich berührten. Andere schlugen
-die Hand auf die Stirne oder auf die Brust, oder sie klatschten mit den
-Händen, indem abwechselnd bald die Rechte, bald die Linke die Oberhand
-war, und während der Oberleib vor- und rückwärts geschaukelt wurde. Die
-Meisten drehten unaufhörlich einen Zipfel des Kopftuches. Wieder Andere
-nahmen das kleine Kopftuch herunter, welches sonst den Kopf kronförmig
-umgibt, und das große Kopf<span class="pagenum"><a name="Seite_181" id="Seite_181">[S. 181]</a></span>tuch befestiget; mit jeder Hand faßten sie
-ein Ende des heruntergenommenen Tuches, drehten es, und hielten es
-bisweilen in die Höhe. Auch eine alte Frau mit zahnlosem Kiefer und
-vorspringendem Kinne und gebeugtem Leibe und wogenden Schultern hob
-ein solches Tuch empor, lärmend und herumtrippelnd; es mangelte der
-Rolle einer europäischen Tänzerin nichts, als die fröhliche Miene. Das
-schlug unverkennbar auf die erzkomische Seite. Ein Theil wimpelte mit
-den Händen, wie unsere Prediger auf den Kanzeln. Die meisten Augen
-schwammen in Thränen. Dabei war der Mund angelweit aufgesperrt. Die
-Einen begnügten sich fast einzig mit lautem Rufen. Andere gefielen
-sich darin, Empfindungslaute, manchmal quieksende, auszustoßen. Es gab
-auch solche Doppelsingspiele, indem unter schaukelnden Bewegungen die
-Eine der Andern auf die Schulter klopfte, oder ein Stück des Kleides
-packte. Nur die Kinder, von ihren Müttern getragen, waren alle &mdash;
-ohne Sauglappen ruhig und still. Sie schienen vielmehr an dem wilden
-Leben sich zu belustigen, und sie hätten, wie ich glaube, unfehlbar
-geweint, wenn die erwachsenen Leute in den Zustand der Beschwichtigung
-zurückgekehrt wären. Das ganze Schauspiel bot dem Europäer das Bild
-einer Raserei. Es war das Weinen in seiner Zügellosigkeit und unter
-allen Eingebungen der Traurigkeit.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_182" id="Seite_182">[S. 182]</a></span></p>
-
-<p>Es ist nicht in Ferne meine Absicht, das Gefühl der Theilnahme mit
-meiner Schilderung zu beleidigen. In dem Rührenden fand ich, vom Hause
-aus mit andern Sitten, so viel Possirliches, daß ich mich hin und
-wieder des Lachens nicht erwehren konnte. Es verfehlt auch nicht die
-Feuersbrunst, ungeachtet ihrer betrübendsten Folgen, auf das Gemüth
-einige angenehme Eindrücke <em class="gesperrt">im Augenblicke</em> hervorzubringen, da
-das Element in aller Pracht seiner Farbe und in seiner siegreichen
-Ungebundenheit gegen den Himmel emporlechzet.</p>
-
-<p>Weiber, seid ihr nun die Erbinnen der uralten Sitten? fragte ich sie im
-Gedanken. Das Schauspiel dürfte vielleicht alterthümlicher sein, als
-der Sphinx, jener Riese bei Memphis. Die Verfasser der alten heiligen
-Urkunden mochten so oft Zeugen ähnlicher Auftritte gewesen sein.</p>
-
-<p>Zuerst wußte ich das Klageschrei nicht zu deuten; später aber erfuhr
-ich, daß Mütter ihre Söhne, Weiber ihre Männer, Schwestern ihre Brüder
-beklagten, weil die dem Familienschooße Entrissenen sich auf die
-Laufbahn des Kriegers werfen mußten. Ich besorge inzwischen, langweilig
-zu werden, weil ich das alte Trauerlied auf die Kriegsknechte wieder
-anstimmte. Ich verspreche mir jedoch durch das Langeweilen den
-Nutzen, daß die wiederholten bösen Einschreibungen neuen Kriegsvolkes
-sich um so leb<span class="pagenum"><a name="Seite_183" id="Seite_183">[S. 183]</a></span>hafter vor die Seele stellen, und daß die nunmehrige
-peinliche Lage der Syrier um so ernster sich vergegenwärtige. Die
-Mannschaftsaushebungen befleckt eine Grausamkeit, die Ihresgleichen
-sucht. Manchmal werden alle Mehrjährigen männlichen Geschlechtes aus
-einem Hause weggeräumt. Wer wird hinter dem Pfluge gehen? Wer wird die
-Stütze einer alten Mutter sein? Was für eine Zukunft thut sich vor
-der militärischen Gewaltherrschaft auf? Die Mütter und Schwestern,
-denen die Anhänglichkeit an die Ihrigen zur Ehre gereicht, klagen
-nicht umsonst so laut, so rasend; denn ist der Ausgehobene einmal
-Soldat, so bleibt er es sein Lebenlang, wofern ihn nicht eine Laune
-des Gewalthabers entläßt. Auch die Weiber werden mit Recht klagen,
-wenn ihnen die Hoffnung abgeschnitten wird, den Mann begleiten zu
-können, mit welchem nicht mehr, als <em class="gesperrt">ein</em> Weib ziehen darf. Das
-ist freilich nach christlichen Begriffen genug, und hierin erscheint
-die Unbarmherzigkeit wirklich in einer viel mildern Gestalt. Uebrigens
-gestattet der Herrscher offenbar nicht aus edeln Beweggründen dem
-Krieger sein Weib, sondern aus dem frostigen Grunde, damit aus altem
-Militär junges werde. Bereits schon bei einem andern Anlasse wurde
-darauf aufmerksam gemacht.</p>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_184" id="Seite_184">[S. 184]</a></span></p>
-
-<h3 id="Ibrahim_Pascha">Ibrahim-Pascha.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Er ist unstreitig der größte jetztlebende Feldherr unter den Osmanen.
-Das Schicksal verlieh mir die Gunst nicht, ihn zu sehen, obschon er
-sich in Syrien aufhielt. Ich beschränke mich darauf, Einiges aus
-ziemlich glaubwürdiger Quelle nachzuerzählen.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Ibrahim</em> besitzt ein sehr fröhliches Gemüth. Er lacht beinahe
-an Einem fort. Die Franken hat er lieb; wenigstens überhäuft er
-sie mit Beweisen von Freundlichkeit. Gründliche Kenntnisse im
-Militärfache gehen ihm gänzlich ab, und Unterrichtetere schreiben das
-Kriegsglück hauptsächlich dem französischen Abtrünnigen <em class="gesperrt">Seve</em>
-oder <em class="gesperrt">Soliman-Pascha</em> zu, welcher selbst von <em class="gesperrt">Mehemet-Ali</em>
-vorgezogen werden soll. Immerhin zeichnen <em class="gesperrt">Ibrahim</em>
-Geistesgegenwart, kluge Benützung der Umstände und persönlicher Muth
-aus. Voran in Anführung der Schlachten, befeuert er durch seine
-Erscheinung den Soldaten, an den ihn das Band gegenseitiger Liebe
-knüpft. Indessen wußte der Feldherr dieses Band bisher nicht so fest
-zu schürzen, daß er dem Araber höhere Offiziersstellen anvertrauen
-dürfte, die hinfort von Türken oder Ausländern besetzt werden. Als
-auf einem Feldzuge eine ziemliche Anzahl Soldaten vor Durst starb,
-und als ihm dann der Fund jenes unent<span class="pagenum"><a name="Seite_185" id="Seite_185">[S. 185]</a></span>behrlichen Lebensmittels
-glückte, das man beim Mangel nicht minder hochschätzt, als beim
-Ueberflusse geringschätzt oder verwünscht, so reichte er persönlich den
-Uebriggebliebenen den Labungstrank.</p>
-
-<p>Diesem milden Zuge reihe ich zwei grausame gegenüber. In Alexandrien
-erhob sich ein Sturm mit seltener Macht. Eine dort vor Anker liegende
-Fregatte litt Noth. Der Hauptmann, in der Voraussicht, daß sie auf der
-Rhede zu Grunde gehen würde, steuerte in den Hafen. <em class="gesperrt">Ibrahim</em>
-beschied den Fregattenhauptmann vor sich. Erst wälzte er den Vorwurf
-auf ihn, daß er ohne Befehl von der angewiesenen Stelle sich entfernte,
-dann fügte er hinzu, daß er sich dem Schiffbruche und der Lebensgefahr
-hätte preisgeben sollen, und auf das hin schlug er sogleich dem
-Offiziere mit höchsteigener Hand den Kopf ab. Im Abendlande würde
-freilich Jemand wenig Herzen erobern, wenn man ihm nachsagen müßte, daß
-er oberster Feldherr und Henker zugleich sei.</p>
-
-<p>Eine andere Handlung legt kein geringeres Gewicht auf den grausamen
-Karakter <em class="gesperrt">Ibrahims</em>. Ein Engländer zeigte ihm in Syrien eine
-ausgezeichnet schöne Flinte. <em class="gesperrt">Ibrahim</em> wollte ihre Güte erproben.
-Er ließ sie laden, und da eben ein Araber am Hause vorüberging, so trug
-er kein Bedenken, auf ihn zu zielen. Puff! der Unglückliche fiel todt<span class="pagenum"><a name="Seite_186" id="Seite_186">[S. 186]</a></span>
-nieder, und der Pascha ermangelte nicht, die Flinte zu preisen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Kleine_Petschaften_oder_Siegel">Kleine Petschaften oder
-Siegel.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Kleine Männer haben gerne große Schriftzüge und große Petschaften
-oder Siegel. Sie wollen ihre Neigung, größer zu werden, auch darin
-nicht verleugnen, daß sie ein hohes I-Tüpfel auf den Kopf und eine
-lange Semikolonkurve unter die Füße hinmalen. Die Beobachtung ist mit
-nichten gesucht. Sie wird sogar ohne den Scharfsinn möglich, welchen
-ein Ornithologe, wie ich neulich las, im Ernste an diesem und jenem
-Vogel hervorhob. Und ich? &mdash; wußte noch niemals, daß ich Scharfsinn
-besitze. Jetzt freue ich mich natürlich der glücklichen Entdeckung,
-den Fall vorausgesetzt, daß die Herren Ornithologen einen Menschen den
-gefiederten Thieren nicht unterordnen.</p>
-
-<p>Lasset uns aber die Beobachtung einmal näher würdigen. Wir drückten
-vielleicht das Petschaft oder Sigill zu stark auf. <span class="antiqua">Quod valet de
-toto, valet quoque de singulo</span>, sagt die Universitätsfibel. In
-Egypten und Palästina fand ich <em class="gesperrt">durchwegs</em> auffallend kleine
-Petschaften oder Siegel, wovon zwei etwa ein abendländisches geben
-würden. Also gilt mein allgemein aufgestellter Satz nicht von diesen
-Ländern insbesondere. Wie ich zum ersten Male in Alexan<span class="pagenum"><a name="Seite_187" id="Seite_187">[S. 187]</a></span>drien den
-kleinen Fleck auf dem Amtspapiere erblickte, glaubte ich, es wäre ein
-Spaß, und ich schmunzelte bei mir selber, so viel man immer über etwas
-Amtliches schmunzeln darf. Bisher hielt ich, als guter Abendländer,
-das amtliche Ansehen für unzertrennlich mit einem großen Siegel oder
-einem grandiösen Stempel, und in der Erste schien mir die egyptische
-Regierung gerade um das minder werth, als das Siegel, gegen einem
-europäischen Amtssiegel, kleiner war. Auch mit solchen Begriffen
-verläßt man das gescheute Franken-Land.</p>
-
-<p>Noch mehr. Sogar das kleine egyptische Regierungssiegel hatte eine
-unnütze Größe. Wie kann das sein? Ich bekam in Großkairo einen
-gestempelten Thorschein; allein keine Zunge bekümmerte sich darum,
-weder am Thore, noch in und über der Wüste, und, außer dem meinigen,
-sah kein Auge den Stempel. Sollten etwa die Europäer auch so unnütze
-stempeln, es ginge bei ihnen so gewiß, als zweimal zwei vier machen,
-mehr verlustig, und der Vortheil fiele offenbar auf die Seite der
-Egypzier; man versteht mich &mdash; der Vortheil oder Gewinn, weniger zu
-verlieren.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Der_Hakim">Der Hakim.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Mehrmals las ich, daß die Palästiner sich von den Europäern den Puls
-fühlen lassen, in der Meinung, alle<span class="pagenum"><a name="Seite_188" id="Seite_188">[S. 188]</a></span> Franken wären <em class="gesperrt">Hakim</em>
-(Aerzte). Letzteres kann ich bestätigen, nicht aber ersteres; denn
-selten begehrte man in Palästina von mir ärztlichen Rath oder Beistand.
-Um aber doch ein Beispiel anzuführen, so traten einmal in Jerusalem
-drei bis vier verschleierte Frauenzimmer in meine Klosterzelle und
-verlangten den Arzt. Ich hatte eben Besuch, und sie wurden von meinem
-Gaste ziemlich derbe hinausgewiesen. Seit Syrien von egyptischen
-Truppen besetzt ist, zählt es mehr europäische Aerzte, und es bleiben,
-meines Wissens, die reisenden Franken so ziemlich ungeschoren.</p>
-
-<p>In Jaffa weilte ein herumziehender Arzt, ein Grieche. Vergebens
-wollte ich mit ihm ein ärztliches Gespräche anbinden. Wahrscheinlich
-hat der Mann Arzneiwissenschaft gar nie studirt. Ich rühme an ihm,
-als etwas Ausgezeichnetes, einen goldenen Uhrschlüssel, den er mit
-Selbstgefälligkeit recht tüchtig auf dem Bauche bammeln ließ. Um die
-Höhe seiner wissenschaftlichen Bildung muthmaßlich und unmaßgeblich
-zu bezeichnen, will ich ihm den Glauben in das Herz legen, welchen
-das alte Wörterbuch <span class="antiqua">Gemma gemmarum</span> (Ausgabe von 1508) über das
-<span class="antiqua">Nolimetangere</span>, auf deutsch: Rühre mich nicht an oder Krebs,
-ausspricht: „Es ist eine gewisse Krankheit, welche am Gesicht <span class="antiqua">ex
-mictura glirium entsteht</span>.“ Das heißt, firm gesprochen. Damals wußte
-man also die Ursache vollkommen gut; jetzt<span class="pagenum"><a name="Seite_189" id="Seite_189">[S. 189]</a></span> zweifelt man. Oft werden
-wir weiser, wenn wir weniger wissen wollen. Unser griechischer Arzt
-verfügte sich, nach Verrichtung gelungener und mißlungener Kuren, sowie
-auch guter Geldgeschäfte, in die Stadt Jerusalem. Solche herumirrende
-Kurirer erinnern mich an die italienischen Zinngießer und die
-französischen Scherenschleifer, welche das Schweizer-Land durchkreuzen.
-Sind sie in einem Dorfe fertig, alsbald in einem andern zünden sie
-das Kohlenfeuer an und stellen den Schleifstuhl auf, um die Kunden zu
-befriedigen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_Fleischbank">Die Fleischbank.</h3>
-
-</div>
-
-<p>In der Absicht, meinen faden Reistisch zu verbessern, ging ich zur
-Fleischbank am Marktplatze. Ausgezogene Schafe hingen an Haken. Die
-herumstehende Menge war so groß, daß man sich, wie bei uns zu den
-Osterrindern, ordentlich durchdrängen mußte. Endlich öffnete sich eine
-Lücke am hölzernen Geländer, und ich füllte sie auf der Stelle, von
-allen Seiten gedrückt, nur von der Bank her nicht. Ein sauertöpfischer
-Fleischer konnte nicht genug abschneiden und abhauen, so sehr rissen
-sich die Leute um das Fleisch. Ein Wohlgenährter saß auf seinen Beinen
-und nahm die Zahlung an. Ein Anderer war damit beschäftigt, die
-sonderbar geformten Gewichte in die Wagschale zu<span class="pagenum"><a name="Seite_190" id="Seite_190">[S. 190]</a></span> werfen und daraus
-zu nehmen. Bereit lag ein Schreibzeug, eine lange metallene Büchse,
-welche sonst der Schriftgelehrte vor der Brust zwischen das Oberkleid
-schiebt, und nicht ohne einigen Stolz einen Theil davon hervorschauen
-läßt. Man sieht, daß der Fleischverkauf ja auf eine großartige Weise
-betrieben ward. Schon harrte ich längere Zeit; jetzt wurde ich aber des
-Wartens überdrüssig. Man hat mich als Fremden und Franken doch zu wenig
-beachtet. Ich verließ die Schlachtbank.</p>
-
-<p>Um meiner Mißstimmung mit einem Balsam zu begegnen, spazirte ich die
-Stadt hinaus. Besser, als das saure Gesicht des Schlächters gefiel mir
-das üppige Grün im Mauergraben, welcher die Stadt in einen Halbzirkel
-sperrt. Indessen wollte es mir auf dem mohammetanischen Leichenacker
-auch nicht behagen. Meine Gedanken richteten sich noch immer nach dem
-übelriechenden Aas, welches in demselben eine Woche früher ein Rudel
-Hunde mit einer Begierde aufzehrte, daß der Fraß mit Raufhändeln
-gewürzt wurde. Heute war Alles aufgefressen bis an die größern
-Knochen; nicht mehr verpestete das Aas den lieblichen Ort, &mdash; Dank der
-einsichtigen, wohllöblichen Gesundheitspolizei &mdash; der Hunde.</p>
-
-<p>Ich kehrte um. Vor mir schritt ein Offizier durch das Thor. Die Wache,
-ein alter Kerl mit einem magern Ge<span class="pagenum"><a name="Seite_191" id="Seite_191">[S. 191]</a></span>sichte, präsentirte unverzüglich
-das Gewehr. Kaum aber hatte er es zur Seite genommen, als er mit
-der rechten Hand buckelmachend die Lenden rieb, wahrscheinlich aus
-Ehrerbietigkeit gegen seine Leibwache.</p>
-
-<p>Umsonst war ich Willens, im Rückwege gegen meinen Fleischer eine recht
-mürrische Miene aufzupflanzen. Es stand eine andere Fleischbank offen,
-und ich säumte nicht, mein Glück hier zu versuchen. Ich rief aus voller
-Kehle, und es half. Unter dem Nachrufe von <em class="gesperrt">haidi</em> entfernte ich
-mich mit meinem Fleische in fröhlicher Stimmung.</p>
-
-<p>Die Araber, diese klugen Leute, glauben, daß der Fremde ein Strohkopf
-sei, sofern er, in Beobachtung der Bescheidenheit und des Anstandes,
-nicht spreche oder, um es genauer auszudrücken, nicht maule. Wenn er
-nur den Mund spaltet, gleich viel, was er donnere, er wird sogleich ein
-Gegenstand der Ehrfurcht. Ich machte diese Erfahrung nicht nur dieses,
-sondern auch andere Male. Kurz und gut, im Nu ward, auf meinen Lärm,
-mir Fleisch zugewogen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Der_Zuckerrohrmarkt">Der Zuckerrohrmarkt.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Niemand in Europa hat die absterbenden Zähne gerne; doch hätschelt
-man dort die Dinge, welche ihnen das frische Weiß rauben. Oder sind
-sie, mit Erlaubniß zu fragen, liebenswürdig, die Zähne von der Farbe
-&mdash; geräucherter<span class="pagenum"><a name="Seite_192" id="Seite_192">[S. 192]</a></span> Schinken und mit den Höhlen, worin die Schmerzen mit
-Vorliebe wüthen? Ach, wären nur die Zähne durch und durch Schinken, so
-könnte man sie anschneiden, und mit dem speckweißen Liebreize das ganze
-Menschengeschlecht entzücken. Allein selbst die Aeuglerin kann sich im
-dienstfertigsten Spiegel nicht ganz zurecht gucken die tintenen Zähne
-mit deren malerischen Schluchten, in welchen die balsamischen Quellen
-der Schmätze entspringen. Es thut mir leid; aber ich kann es nicht
-ändern.</p>
-
-<p>Es ist zwar nicht der daumensdicke, manneshohe Pflanzenhalm, nicht
-die binsenartigen, langen Blätter, welche zu drei Fingerbreiten
-über einander um denselben sich ansetzen, nein, nicht dieses Gras,
-dieses Zuckergras, dieses Zuckerrohr ist es, welches den Zähnen so
-viel Verderben bringt, sondern der Saft dieses Gewächses, nachdem er
-durch Kochen eingedickt und dann geläutert oder raffinirt worden: der
-<em class="gesperrt">Zucker</em>.</p>
-
-<p>Sehnlichst verlangte mich, den Vater eines so raffinirten Kopfes und
-Verwüsters der schönen Welt näher kennen zu lernen. Außer dem Thore der
-Stadt ist eine Menge frisches Zuckerrohr an einer Reihe ausgebreitet,
-worum Verkäufer und Käufer wimmeln, unter welch’ letztern ich
-namentlich Soldaten mit ihren halbschwarzen Gesichtern bemerkte. Ich
-wollte mich zuerst satt <em class="gesperrt">sehen</em>; allein das Sehen nur ver<span class="pagenum"><a name="Seite_193" id="Seite_193">[S. 193]</a></span>schafft
-nicht sehr viel Vergnügen, weil &mdash; es nichts kostet. Dachte ich doch,
-ich werde den Saft des Rohrs im Munde auch ausziehen können, wenn es
-Andere mit so vieler Lust thun. Ist man einmal draußen in der weiten
-Welt, so muß man etwas mitmachen, damit man daheim etwas erzählen kann,
-hört’ ich so oft schon sagen. Ich kaufte ein Zuckerrohr. Ich biß wohl
-oben; aber das Süßsalzige mundete mir nicht. Der Zuckerrohrhändler,
-meinen Fehler gewahrend, warf den obern Theil des Halmes gleich weg,
-und ich biß in den untern, der besser schmeckte. Ganz rein schmeckte
-das Süß hart über der Wurzel. Wie aber oben das Rohr weniger rein
-schmeckt, so schmeckt das unterste, zum Theil in der Erde steckende
-Glied nach Wurzeligem. Die grüne Pflanze enthält bedeutend viel Saft,
-welcher, wie im eingedickten und geläuterten, so auch im frischen
-Zustande, die angenehme, reine Zuckersüßigkeit besitzt. Das Rohr wird
-so genossen, daß man rohe Stücke in den Mund nimmt, und sie zerbeißt,
-um daraus den Saft zu verschlingen. Die faserigen Theile werden
-weggespieen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Der_Tabakschneider">Der Tabakschneider.</h3>
-
-</div>
-
-<p><em class="gesperrt">Roman Pane</em>, welcher die alte Welt mit dem Tabak bescherte,
-geschieht fürwahr in alle Zeiten Unrecht, daß er nicht wenigstens
-zur Linken <em class="gesperrt">Mohammets</em> von den Mos<span class="pagenum"><a name="Seite_194" id="Seite_194">[S. 194]</a></span>lim verehrt wird; denn wer
-möchte in Abrede stellen, daß diese den Tabak minder leicht entübrigen
-könnten, als den Koran?</p>
-
-<p>Hätte ein Bursche nicht so lächerlich gelacht, als er an der Hand einen
-türkischen Pfeifenkopf drechselte, nach den Gedanken der alten Zeit
-umwendend, schier gedankenlos modelte, durchstach und in wenig Zeit
-fertig hudelte, ich würde eher zum Tabakschneider geeilt sein.</p>
-
-<p>Hinter dem Handwerksmanne jene drei Wände von Mauer mit der offenen
-Seite und dem Thürverschlusse gegen die Gasse, mit dem platten
-Dache von Holz müssen ja das Audienzzimmer sein, welches er nur
-zur Seltenheit betritt. Denn &mdash; er hockt mit diesem Raume zwar
-auf gleicher Höhe, aber auf einem Mauervorsprunge und unter einem
-Vordache, vielleicht auch damit er mit seinen Kunden leichter verkehren
-könne. Wie mag den Glücklichen ein Anderer beneiden, dem bloß von
-außen an einer Bude ein kleiner obdachloser Winkel zu Verrichtung
-seiner Kunst vergönnt ist. Zu einem buchstäblichen Winkelhandwerke
-verurtheilt, begrenzt sich die Handthierung des armen Teufels einzig
-auf Zerschneidung und Zerschnitzelung des kundschaftsweise anvertrauten
-Rauchtabaks, und für einen Piaster schneidet er ein ordentlich Schock.</p>
-
-<p>Wenden wir uns wieder zu dem Tabakschneider in der<span class="pagenum"><a name="Seite_195" id="Seite_195">[S. 195]</a></span> Bude. Es sind bei
-ihm so wenig Artikel ausgekramt, daß er sein Gedächtniß damit nicht
-überladen darf. Haufen von unzerschnittenem und zerschnittenem Tabak
-liegen unordentlich herum. Eine Wage mit messingenen Schalen und einem
-hölzernen Balken lauert auf den Käufer. Damit aber den Verkäufer selbst
-das Warten nicht verdrieße, schneidet er für sich &mdash; und Andere Tabak
-in gar hübschen Nadeln. Ein der Länge nach gespaltenes, ziemlich großes
-Rohr oder Halbrohr dient zur Aufnahme des Tabaks. Jenes ist mit Eisen
-gerändert, wo das Schneidemesser hart vorbeifährt. Letzteres, auf einer
-Seite so befestiget, daß es mit geringer Mühe herab- und hinaufläuft,
-ähnelt in den wesentlichsten Beziehungen unserem Schneidemesser mit
-der Vorrichtung dazu, wie selbes die Apotheker zu Zerschneidung von
-Arzneien, z. B. von Wurzeln, und die Liebhaber des Tabaks zu anderem
-Behufe gebrauchen. Noch ähnlicher, als unserm Schneidemesser der
-Apotheker ist es dem Schneidestuhle, mittelst dessen der Häckerling
-bereitet wird. Drückt der morgenländische Tabakschneider mit der
-Hand das ungeschnittene Kraut im Halbstiefel wohl zusammen und ein
-wenig über den Rand, so schiert er mit dem herunterschwirrenden
-Messer gleichsam eine Scheibe ab, die, sogleich in viele Schnitzel
-zerzottelnd, auf eine Schilfdecke zu Boden fällt.</p>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_196" id="Seite_196">[S. 196]</a></span></p>
-
-<h3 id="Der_Nargilebediente">Der Nargilebediente; die
-Rauchvirtuosität.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Von den vielen Handwerkern, welche dem Abendlande angehören, dagegen im
-Morgenlande vergebens gesucht werden, will ich bloß den Kunstgärtner
-(im strengeren Sinne des Wortes) nennen. Ein Deutscher, dessen erwähnt
-ward, that sich für einen Gärtner aus, und kannte wirklich einige
-Gewächse nach ihren lateinischen Namen. Hier aber beklagte er seinen
-Beruf, weil die Natur ohne Kunsthilfe Alles viel schöner hervortreibe,
-als es der erfahrungsreiche Gärtner Europas den dortigen Anlagen und
-Treibhäusern abdringe.</p>
-
-<p>Dem abendländischen Kunstgärtner hält indessen der Morgenländer
-einen andern Berufsmann entgegen, welchen gerade das Abendland nicht
-aufzuweisen vermag; ich meine den <em class="gesperrt">Nargilebedienten</em>, den
-Nargileträger. Argile oder Nargile heißt eine Tabakspfeife mit einer
-Tasche voll Wasser, durch welches der Rauch gesogen wird. Mit drei bis
-vier Nargilen geht der Gewinnlustige auf der Gasse umher, und erhascht
-er einen Liebhaber, so stopft er ihm die Pfeife mit Tabak und setzt
-überhaupt Alles so in Bereitschaft, daß der Rauchlüstling bloß das
-Mundstück der Pfeife zwischen die Lippen und die Hand in den Geldbeutel
-schieben darf.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_197" id="Seite_197">[S. 197]</a></span></p>
-
-<p>Kaum sättiget man sich an diesem Auftritte, so schreitet ein
-wohlhabender Morgenländer stattlich daher; schweigsam und treu wie der
-Schatten folgt ihm ein schwarzer Sklave, welcher die lange, brennende
-Pfeife seines Herrn trägt. Nun mache ich einen Besuch. Alsbald füllt
-der Diener oder gar die Dame des Hauses die mit einem bernsteinernen
-Mundstücke versehene Pfeife und raucht sie an, um sie mir darzubieten.
-Ich wische das Mundstück hübsch fein ab, und rauche mit der größten
-Bequemlichkeit. So reicht auch der Diener seinem Herrn immer die
-angerauchte Pfeife.</p>
-
-<p>Im Rauchen sind die abendländischen Christen, im Vergleiche mit den
-Morgenländern, gleichsam Stümper. Es ist übrigens für den Reisenden
-eben nicht unumgängliche Nothwendigkeit, daß er mitrauche. Ich lernte
-zwar das Rauchen erst auf der Reise, verzichtete darauf jedoch öfter
-längere Zeit.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Der_Kaffeeroester">Der Kaffeeröster und Kaffeezerstößer.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Ich trete in ein großes Gewölbe. An der Wand brennt es in einer Höhle.
-Ueber dem Feuer steht schief ein irdenes, großbäuchiges und ziemlich
-enghälsiges Gefäß zur Röstung des Kaffees. Dieser wird von einem Manne
-mit einem Stäbchen fleißig umgerührt, bis er gar ist. In<span class="pagenum"><a name="Seite_198" id="Seite_198">[S. 198]</a></span> einer offenen
-Pfanne würden während des Röstens offenbar mehr kräftige Bestandtheile
-sich verflüchtigen.</p>
-
-<p>Neben dem Herde nimmt der Mörser seine Stelle ein. Eine runde, tiefe
-Aushöhlung des Fußwerkes von einer alten Marmorsäule ist er &mdash; fest
-ummauert. Ein Mann beschäftigt sich eigens mit dem Zerstoßen oder
-Zermörsern des Kaffees. Er handhabt eine große, eiserne Mörserkeule,
-die durch ihren schweren Fall zermalmt. Dazu musizirt der Arbeiter
-stöhnend auf echt arabisch bei jedem Plumps. Hat der Kaffee eine
-mehlichte Beschaffenheit erreicht, so wird er durch ein Sieb gebeutelt.
-Das Seihsel fällt auf einen platten, großen, fein geflochtenen
-Strohteller; das Ueberbleibsel im Siebe wird in den Mörser geschüttet,
-um es aufs neue zu zermalmen. Den letzten Ueberrest betrachtet der
-Araber als Auswurf; allein leicht kann man hier übervortheilt werden.
-Der betrügerische Araber rechnet zu jenem gerne solchen Kaffee, den er
-noch gar wohl benützen kann.</p>
-
-<p>Ein Italiener von meiner Bekanntschaft kauft, um Einiges zu ersparen,
-unzerstoßenen Mokkakaffee. Er bringt ihn in die Werkstätte. Er muß
-warten; denn so eben wird für einen andern schon Dastehenden Kaffee
-geröstet. Nun geht es an den seinigen. Es faßt das irdene Gefäß und
-bald der Mörser den Kaffee, und für die Röstung und<span class="pagenum"><a name="Seite_199" id="Seite_199">[S. 199]</a></span> Pülverung bezahlt
-er eine Kleinigkeit. Fein wie Mehl ist der zermörserte Kaffee.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Der_Baumwollereiniger">Der Baumwollereiniger und der
-Schilfdeckenweber.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Die Baumwolle wird in der Nähe von Jaffa, aber nicht auf einem Baume,
-wie das deutsche Wort zu allgemein sich ausdrückt, obschon es auch
-Baumwolle gibt, sondern an einem wenige Fuß hohen, strauchartigen
-Gewächse gewonnen. Genug, daß sie gedeiht, und zu den nützlichsten
-Erzeugnissen des Erdbodens gezählt werden darf.</p>
-
-<p>Die Baumwolle beschäftigt manche Hände, bis sie gereiniget ist.
-In einer Werkstätte setzte Einer ein größeres Rad mittelst eines
-Tretschemels und ein kleineres mit der einen Hand an der Kurbel in
-Bewegung. Diese zwei Räder trieben zwei Walzen, die nahe über einander
-und in ungleicher Richtung liefen. Wird die durchsämte Baumwolle mit
-der noch freien Hand in die Walzenfuge gehalten, so erschnappt diese
-den wollenen Theil und läßt ihn auf der andern Seite fallen; auf der
-nähern Seite bleiben die Samenkörner zurück. Selbst auf der Neige des
-Wintermonates verrichteten in Ramle das Geschäft der Samenabklappsung
-beinahe nackte Männer.</p>
-
-<p>Ich entfernte mich vom Baumwollereiniger, und wollte<span class="pagenum"><a name="Seite_200" id="Seite_200">[S. 200]</a></span> lieber dem
-Schilfdeckenweber zuschauen. Der Webstuhl ist sehr niedrig, kaum
-über einen halben Fuß hoch vom Boden, und von Baum zu Baum sind als
-Kette Schnüre angestreckt. Abwechselnd stehen zwei Schnüre sich nahe,
-um einen Zwischenraum von beiläufig drei Zoll offen zu lassen. Der
-hölzerne Kamm mit so viel Bohrlöchern, als Kettenschnüre sind, hängt
-nicht, sondern lastet auf den letztern, nachdem die Schnüre durch den
-Kamm gezogen worden. Da das Gewebe, nämlich die Decke, in der Breite
-etwa fünf Fuß mißt, so weben zwei Burschen einträchtig neben einander,
-ein jeder die Hälfte der Breite, während jedoch der eine allein den
-Eintrag mit dem Kamme zuschlägt. Beide hocken vor diesem Werkzeuge
-auf dem Gewebe, und in dem Maße, daß sie weiter weben, rutschen sie
-vorwärts, wie unsere Kinder, welche noch nicht gehen können. In der
-Nähe der Weber liegt der Schilf, bei dem einen unter den Füßen. Behende
-spalten sie ihn mit dem bereit gehaltenen Messer. Das Schilfband ziehen
-sie mit den drollig davon hüpfenden Händen abwechselnd über und unter
-zwei Schnüre des Aufzuges durch, auf gleiche Weise das nächste Band,
-nur gegenüber und schließend, u. s. f. Von den Schilfbändern werden die
-Schnüre ebenso umschlungen, wie beim Flechten der Körbe von den Weiden
-die Stäbchen. Die Burschen weben mit großer Fertigkeit, und haben
-sie<span class="pagenum"><a name="Seite_201" id="Seite_201">[S. 201]</a></span> zugewoben, so müssen die Schnüre durchschnitten, und allemal die
-zwei näher stehenden zusammengeknüpft werden, damit sie den Schilf da
-festhalten, wo er im Weben sich kreuzt.</p>
-
-<p>Man macht von den Schilfdecken ungemein viel Gebrauch. Unter Zelten,
-in Häusern und Kirchen deckt er die Erde oder Steine. Der Betende
-zieht zuerst seine Schuhe aus, und dann wirft er sich in dem Tempel
-auf einer Schilf- oder Strohdecke nieder. Betet unter freiem Himmel
-der Mohammetaner, sein Antlitz gegen Mekka gewendet, und hat er gerade
-eine Schilf- oder Strohdecke bei der Hand, so breitet er sie, oft unter
-seinen nackten Füßen, aus.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Der_wandernde_Schiffer">Der wandernde Schiffer und
-Kinderspiele.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Ich konnte zuerst nicht klug werden, als ich etwas erblickte, das aus
-Schwarzem herausragte und im Meere herumzappelte. Es war ein bis an
-die Lenden entblößter Schiffer. Er saß in einem so kleinen Kahne, daß
-dieser dem Manne mit ausgestreckten Beinen kümmerlich Platz gestattete.
-Er ruderte mit keinen eigentlichen Rudern, sondern mit kleinen
-Plattschaufeln. Er hielt diese in den Händen fest, je eine Schaufel in
-einer Hand, und platschte damit in das Wasser, wie, man wird mir die
-Vergleichung erlauben, der schwimmende Hund mit den Vorderpfoten.<span class="pagenum"><a name="Seite_202" id="Seite_202">[S. 202]</a></span> Das
-Schiffchen fuhr ziemlich schnell von einem größern Schiffe zum andern,
-von Riff zu Riff, und wenn es in den Grund lief, so trug der Schiffer
-es gleich weiter, bis er es wieder flott machen konnte.</p>
-
-<p>Um ja Alles auszuplaudern: Ein noch kleineres Schiffchen ließen die
-Knaben vor dem lateinischen Hospize auf der Gassenpfütze herumfahren.
-Ich lobe an diesen Schiffchen, ich darf wohl sagen, die treffliche
-Eigenschaft, daß es keine Kameelfüße hatte; denn wenn die Buckeligen
-mit ihren schweren, breiten Füßen durch die große Pfütze trabeten, so
-entstieg dieser ein sehr unangenehmer Geruch bis in meine Zelle. Außer
-der kindischen Schifffahrt nahm ich bei den Kleinen sonst keine andere
-Spiele wahr, als eine Art Wettlauf und das Gleiten auf einer geneigten
-Fläche, z. B. indem ein Kind, Kopf voran, sich von einem andern an den
-Armen herunterschleifen ließ.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Spiel_der_aelteren_Leute">Spiel der älteren Leute.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Die Araber überlassen sich nicht sehr häufig dem Spiele. Karten trifft
-man allerdings bei ihnen, allein ziemlich selten. In Kaffeehäusern zu
-Kairo spielten Araber Schach, aber mit possenhaft plumpen Figuren.</p>
-
-<p>An der kleinen Meeresbucht bei Jaffa sah ich ebenfalls<span class="pagenum"><a name="Seite_203" id="Seite_203">[S. 203]</a></span> beim Spiele
-Morgenländer, welche das Schachbret in den Sand gezeichnet hatten.</p>
-
-<p>Eines Tages bemerkte ich am Hafen von Jaffa zwei im Spiele begriffene
-Soldaten. Schnell trat ich näher. In ein Bret waren vierzehn
-schalenförmige Vertiefungen gearbeitet, wovon je sieben eine Reihe
-bildeten. Eine ziemliche Anzahl Ziegelbröckchen legten sie in die
-mittlern sechs Gruben. Mir wurde der Zusammenhang des Spieles nicht
-völlig deutlich; doch so viel nahm ich wahr, daß aus einer Grube die
-Steine gehoben und davon einer allemal in eine Vertiefung um die andere
-gesetzt wurde. Wenn dann der letzte Stein in eine leere Grube fällt
-oder nicht, so bringt es dem Spielenden Verlust oder Gewinn. Das Spiel
-ist wohl kein anderes, als das von <em class="gesperrt">Niebuhr</em> und <em class="gesperrt">Burckhardt</em>
-beschriebene <em class="gesperrt">Mangal</em>.</p>
-
-<p>Der eine der spielenden Soldaten war der am Hafenthore wachehaltende
-Soldat. Mit der linken Hand hielt er das Feuergewehr, und mit der
-rechten spielte er. Da gesellte sich ein dritter Soldat hinzu. Er
-hatte nichts Eiligeres vor, als seinen Mantel hart am Spielbrete
-niederzuwerfen und, nach Ablegung der Schuhe, sich aus denselben
-barfuß zu stellen; denn nach solcher Vorbereitung verrichten viele
-Mohammetaner das Gebet. Dieser Soldat mochte im Beten stehen oder
-hocken, oder auf das Gesicht<span class="pagenum"><a name="Seite_204" id="Seite_204">[S. 204]</a></span> niederfallen, die Spielenden ließen
-sich nicht im mindesten stören. Der Eine lachte unterdessen manchmal
-mit aller Herzlichkeit, andere Male kicherte er. Es ist eine
-bemerkenswerthe Sache, daß, so viele Sprachen auch in der Welt den
-Tausch der Gedanken und Gefühle vermitteln, dennoch das Lachen,
-welches vom leisen Schmunzeln bis zum schallenden Gelächter so viele
-Gemüthszustände ausdrückt, meines Wissens &mdash; allenthalben gleich
-ist sowohl in Beziehung auf die Beschaffenheit, als auf das Maß der
-Töne. Das gilt im Wesentlichen auch vom Weinen. Die afrikanischen
-und asiatischen Kinder können so unharmonisch weinen, wie die
-unserigen. Die Erscheinung erklärt sich dadurch, daß die Lach- und
-Weinlaute Naturlaute sind, welchen die Kunst weder Mark abbettelte,
-noch andichtete. Kehren wir zu den lachenden Spielern zurück. Der
-Neuangekommene näherte sich, nach vollendeter <em class="gesperrt">Andacht</em> (Asser),
-alsogleich dem Spielbrete, und ohne Umständlichkeit schob er einen der
-Spielenden weg. Jetzt betrachtete ich erst mit mehr Aufmerksamkeit eine
-große Narbe am Vorderarme des neuen Spielers, und wirklich glaubte ich
-dieselbe als ein Ordenszeichen kriegerischer Tapferkeit mit seinem
-herrischen Benehmen in Einklang bringen zu sollen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_205" id="Seite_205">[S. 205]</a></span></p>
-
-<h3 id="Meine_Lebensart">Meine Lebensart.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Meine Lebensart würde nicht jeder Europäer gepriesen haben. Ich kam in
-die römische Fastenzeit. Die lateinischen Mönche aßen nichts, als Brot,
-Kräutersuppen, Hülsenfrüchte, Gemüse, Fische, Oelbeeren u. dgl. Zudem
-dürfen diese Speisen nicht mit Butter oder Schmalz, sondern sie müssen
-mit Oel abgekocht werden. Das wäre allerdings eine engherzige und harte
-Vorschrift für Bewohner von Ländern, wo das Oel selten und theuer, die
-Butter hingegen im Ueberflusse und zu wohlfeilem Preise zu haben ist.
-Uebrigens wird von Kundigen die Thatsache nicht bestritten, daß das
-Pflanzenfett weniger reizende Eigenschaften besitzt, als das Thierfett,
-wie: die Butter.</p>
-
-<p>Die magere oder Fastenkost (<span class="antiqua">il magro</span>) eignet sich, beim Lichte
-betrachtet, in der That, die sinnlichen, d. h., die thierischen
-Gelüste des Menschen abzutödten, mithin die Weltüberwindung eher in
-den Kreis der Möglichkeit hereinzuziehen. Wundern muß man aber sich,
-daß der gemeine Genuß des Weins, welchen die strengste Diät, wie die
-mohammetanische Rechtgläubigkeit verbietet, und welcher schon so
-manche Sünde veranlaßte, im römischen Fastenspeisezettel einen Platz
-behauptet. Gibt man nun auch zu, daß man mit dem Fasten<span class="pagenum"><a name="Seite_206" id="Seite_206">[S. 206]</a></span> den Zweck der
-Weltüberwindung näher oder minder nahe erstrebt, so darf man darum auf
-der andern Seite das Nachtheilige nicht verschweigen, daß es hier und
-da den Zunder zu Krankheiten legt, nicht bloß, wenn auch vorzüglich bei
-den Griechen, wie wir schon oben in Gaza vernommen haben, sondern auch
-bei den Lateinern.</p>
-
-<p>Da ich von einer Unpäßlichkeit immer nicht hergestellt ward, so
-unterwarf ich meine Ernährungsweise der ernstesten Prüfung, deren
-Ergebniß war, daß ich anfing, die Ursache meiner Nichtwiedergenesung in
-der Fastenspeise zu suchen. Ich sann auf Abhilfe der magern Kost. Auf
-meine der Gesundheit geltenden Gründe erlaubte mir der Pater Superior
-mit aller Bereitwilligkeit, was ich wollte; bloß eine Kleinigkeit
-fehlte, nämlich der Koch vollführte nicht. Ich wünschte unter Anderem
-Milch. Ich wendete mich deswegen an den Pater Superior, an den Koch, an
-den Konsul <em class="gesperrt">Damiani</em>, an den Schulmeister der Maroniten, an einen
-Italiener, dem ich empfohlen war, und der sie täglich trank, &mdash; ich
-goß nur Wasser ins Meer. Schienen die Einen vergeßlich zu sein, so war
-die Vergeßlichkeit in der That eine milde und tröstliche im Gegenhalte
-derjenigen des Kaisers <em class="gesperrt">Klaudius</em>, der Viele dem Tode überlieferte
-und einen Tag nach der Hinrichtung sie wieder zu Tische und zum Spiele
-einlud.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_207" id="Seite_207">[S. 207]</a></span></p>
-
-<p>Zwei Tage aß ich freiwillig nichts, als Brot und im Wasser gekochten
-Reiß, ohne Oel, ohne Butter, ohne Salz, kurz, ohne eine Zugabe; Wasser
-diente als Getränke. Besorgt endlich für meine bevorstehende Seereise
-bei dieser entkräftenden Nahrung, ging ich zu Markte, verschaffte mir
-ein Huhn, und so wurde mir nach Belieben gekocht. Ueberdies kaufte ich
-Butter und Honig, &mdash; und Brot, Butter und Honig auf einander schmeckten
-mir eben so köstlich, als einst auf den Kindsbeinen, wenn ich diesen
-Leckerbissen aus der freigebigen Hand meiner alten Großmutter empfing.</p>
-
-<p>Indessen würde man sich um die jaffanische Butter, neben der
-vorarlbergischen und schweizerischen in der Gebirgsgegend, schwerlich
-reißen. Wer leicht Ekel empfindet, isset sie nicht. Sie sieht schmutzig
-aus, und die Haare sind in solcher Menge in sie geflochten, als wäre
-es mit Fleiß geschehen, damit sie nicht von einander falle. Dessen
-ungeachtet schmeckt die Butter nicht übel, einzig etwas säuerlich,
-keineswegs aber ranzicht. Sie wird auf dem Markte feil geboten. Ein
-Verkäufer hatte einen hohen, unordentlich gekneteten Haufen auf dem
-Teller. Zum Zeichen meiner Kauflust streckte ich ihm einen Piaster
-dar. Gleich ergriff er die kupferne Schalenwage, krabbelte mit den
-ausgebreiteten Fingern flink von der Butter, wog ab und ich be<span class="pagenum"><a name="Seite_208" id="Seite_208">[S. 208]</a></span>kam,
-nackt von Hand zu Hand, mehr, als ich erwartete. Ich vergesse nicht,
-beizufügen, daß der Verkäufer ein Mohammetaner war. Wäre er ein
-morgenländischer Christ gewesen, ich würde wahrscheinlich minder
-erhalten haben. Ich muß dieser Vermuthung an der Fackel einer neuen
-Thatsache leuchten. Beim Einkaufe des Mundvorraths sah ich mich um
-Zwieback um. Der käufliche aus Zypern ist sehr gut: kleine, runde, etwa
-zwei Daumen dicke Brote, oben mit fünf Punktirungen. In einer Bude, in
-die ich zufällig trat, machte man das Anerbieten, mir sogleich Zwieback
-zu holen. Die Leute in der Bude benahmen sich mit so vieler Artigkeit,
-daß sie mir Zutrauen einflößten; sie bezeugten auch Freude darüber,
-daß ich ein Christ, und zwar kein griechischer sei. Sie forderten für
-eine Ocke drei Piaster. Wirklich kaufte ich sieben Ocken. Nach dem
-Kaufe fragte ich gelegentlich vor den mohammetanischen Buden. <em class="gesperrt">Keiner
-verlangte mehr, als drittehalb Piaster.</em> Der Abendländer erzählt mit
-Schmerz eine solche Thatsache, die einen so auffallenden Unterschied
-zwischen Christen und Moslim herausstellt.</p>
-
-<p>Honig findet man in einigen Buden. Man bewahrt ihn in einem enghälsigen
-Kruge, schöpft ihn mit einem hölzernen Löffel, und wägt ihn auf der
-Schalenwage. Zuerst, um eines kleinen Versuches willen, legte ich
-ein Kohlblatt<span class="pagenum"><a name="Seite_209" id="Seite_209">[S. 209]</a></span> auf meine Hand, und begehrte für wenige Kreuzer. Ein
-Mohammetaner wies mich ab. Ein Anderer weigerte sich Anfangs, später
-aber deutete er mir, daß ich, weil ich mit keinem Gefäße versehen war,
-die Hand recht hohl machen solle. Als in der Folge für sieben bis
-acht Kreuzer (R. V.) eine Achtelsmaß (ein halber Schoppen) Honig in
-mein Trinkglas gewogen wurde, konnte ich mir leicht erklären, warum
-der erste Mohammetaner an mich keinen verkaufen wollte; denn für das
-Geldstück, das ich ihm zeigte, würde mir mehr gehört haben, als ich
-hätte versorgen können. Der Honig, wenn auch ein wenig trübe, schmeckt
-gut.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Ich_lese_die_Bibel">Ich lese die Bibel.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Was mir ein hohes Vergnügen gewährte, war das Lesen in der Bibel,
-während ich eben auf dem Schauplatze stand, worauf dieselbe so oft
-führt; denn Joppe ward zu Judäa gezählt. Die Patres gaben mir eine
-Vulgata ohne irgend einen Anstand. Ich würde zwar <em class="gesperrt">Luthers</em>
-ausgezeichneter, kraftdeutschen Uebersetzung den Vorzug eingeräumt
-haben; allein eine solche war nicht aufzubringen, und unter den
-lateinischen Uebersetzungen verdient die Vulgata gewiß eine
-Ehrenstelle. Das Latein des ehrwürdigen <em class="gesperrt">Hieronymus</em> erhebt sich
-weit über das Mittelmäßige.</p>
-
-<p>Das alte Testament enthält einen so großen Reichthum<span class="pagenum"><a name="Seite_210" id="Seite_210">[S. 210]</a></span> an
-Eigenthümlichem aus dem Leben der Israeliten, daß es ein wahres
-jüdisches Volksbuch ist. Es überrascht insbesondere mit der Schilderung
-von Sitten und Gebräuchen. Hier, wo ich als Reisender die Aufgabe,
-diejenigen der heutigen Einwohner im alten Lande der Juden zu
-beobachten, nach Maßgabe meiner Zeit und Kräfte löste, fühlte ich in
-mir gleichsam einen Drang, zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart
-Vergleichungen anzustellen, wofür mir der süße Lohn zu Theil ward, in
-der Bibel so treuen Zeichnungen zu begegnen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Ein_Pater_sagt">Ein Pater sagt, ich werde des Teufels.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Der Umstand, daß ich nicht in die Messe ging, schien die sechs Mönche,
-welche das Hospiz bewohnen, unangenehm zu berühren. Die Stimmung
-derselben war mir bald nicht mehr zweifelhaft. Es fragte mich nämlich
-eines Mittags der Koch, Frater <em class="gesperrt">Emanuel</em>, ob ich die Messe
-angehört hätte. Ich antwortete: Nein. Der Eifer wimmelte in seinen
-Händen, und ich merkte ihm an, daß er es darauf anlegen wollte, mich
-recht auszuholen. Ich fertigte ihn kurz mit den Worten ab, daß ich nur
-auf lateinisch in religiöse Gegenstände mich tiefer einlassen würde.</p>
-
-<p>Im Nu schritt der Pfarrer (<span class="antiqua">padre curato</span>) mit zwei Mönchen daher.
-Der Meinungskampf begann in der Kir<span class="pagenum"><a name="Seite_211" id="Seite_211">[S. 211]</a></span>chensprache der Katholiken. Jener
-stolperte unglücklich genug über seine lateinischen Fehlbrocken. Um
-aber doch seinen Worten einen salbungsvollen Nachdruck zu verleihen,
-schlug er mit der Faust auf dem Tische den Takt, und glühender Eifer
-rollte seine Augen. Der ganze Rüstzeug von Verstand und Vernunft
-würde dem Menschen wahrlich wenig mehr nützen, wenn das Gepolter
-einer Faust Beweiskraft hätte. Der Pfarrer trieb sich auf dem Boden
-der faden Jesuitenlogik herum, und ich merkte, daß mit ihm kein Satz
-ordentlich durchzuführen sei. Ich erklärte geradezu, daß ich mich
-zum Protestantismus bekenne. Auf diese Erklärung suchte man mir
-den bekannten Satz ins Herz zu prägen, daß einzig und allein die
-römisch-katholische Kirche selig mache; ich sei verdammt, hieß es,
-und laut rief ein Mönch mit einem buntscheckigen Barte, daß ich in
-die Hölle fahren werde<a name="FNAnker_11_11" id="FNAnker_11_11"></a><a href="#Fussnote_11_11" class="fnanchor">[11]</a>. Ich sei mit meinem religiösen Schatze
-zufrieden, erwiederte ich; ich wolle den Frieden meiner Seele wahren;
-ich könne glatterdings nicht bekehrt werden. Sofort erloschen die
-Flammen der Patres, und ich wurde nimmermehr mit derlei Zwisten
-gequält.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_212" id="Seite_212">[S. 212]</a></span></p>
-
-<p>Ich warne, aus dieser einzelnen Vorfallenheit allgemeine Sätze
-herauszufolgern. Die Patres haben höhern Auftrag, ihren Glauben zu
-verbreiten, und der Bekehrungsversuch darf wohl nicht befremden. Ich
-meine sogar, daß mein Tagebuch dadurch eher gewonnen, als verloren habe.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Wie_die_Gleissnerei">Wie die Gleißnerei im Namen der heiligen
-Religion einen Unschuldigen prügelt; laue Konsulats- und
-Mönchspolizei.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Der Franzose, einer meiner Wegweiser in Jerusalem, machte eines Abends
-in seiner Trunkenheit nicht wenig Spektakel in und vor meiner Zelle.
-Weil mit einem Berauschten nichts anzufangen war, so stieg ich hinunter
-zum Pater Superior. Mir nach eilte der Franzose bis zur Kirche, worin
-die Mönche beteten. Dies hinderte jedoch den Zornentbrannten nicht, vor
-der geweihten Stätte so ungestüm zu lärmen, daß jene die Kirchenthüre
-zuschlossen. Und sich nicht begnügend mit bloßem Lärmen, schlug er mich
-mit der Hand und versetzte mir mit seinen Reitstiefeln einen Fußtritt.
-Gegen die Ueberfälle vertheidigte ich mich mit genauer Noth, in der
-Ueberzeugung, daß eine ernste Gegenwehr mit Händen und eine kräftige
-Vertheidigung mit Worten Anlaß darböten, einer falschen Anklage Gewicht
-zu geben, und mich nicht minder zu beschuldigen, als den Angreifenden.
-Eben drohte der Fran<span class="pagenum"><a name="Seite_213" id="Seite_213">[S. 213]</a></span>zose mit dem Messer, als endlich die Patres
-herzutraten, denselben beschwichtigten und mir beistanden. Der Pater
-Superior mußte wohl einsehen, daß unser von den Mönchszellen ziemlich
-gesondertes Wohnen zur Seite hoch oben in den Pilgerkämmerlein den
-Unfrieden allzu sehr begünstigen würde. Er befahl Trennung; da ich aber
-mein Gepäcke holen wollte, spektakelte der Franzose von neuem auf dem
-Dache, und hob, unter Drohungen gegen mich, einen Stein. Indeß hatte
-das rohe Benehmen die gute Folge, daß ich <em class="gesperrt">neben den Patres</em> eine
-weit bessere Zelle bekam.</p>
-
-<p>Tages darauf war es mein erstes Geschäft, den Schutz des
-österreichischen Konsuls anzuflehen. Diesen Vorfall zuerst tief
-bedauernd, äußerte er sich dann, daß er nicht einschreiten könne,
-und daß ich mich mit den Worten zufrieden geben sollte: <span class="antiqua">Questo
-è finito</span> (die Sache ist abgethan), indem wir einander die Hand
-reichen und umarmen würden. Hiezu konnte ich mich deswegen um so
-weniger verstehen, weil der eben anwesende Franzose seine im Rausche
-ausgestoßenen Beschimpfungen jetzt im nüchternen Zustande wiederholte,
-und weil er noch aus dem Grunde Recht haben wollte, <em class="gesperrt">daß ich kein
-Christ sei</em>. Mit dieser Gleißnerei hat er auch die Mönche zu
-berücken gesucht. <em class="gesperrt">Der Pater Superior bemerkte inzwischen ganz<span class="pagenum"><a name="Seite_214" id="Seite_214">[S. 214]</a></span> wohl,
-daß Schimpfen und Schlagen von seiner (des Franzosen) Seite nimmer
-angehe, welcher Religion ich auch zugethan sein möge.</em> Ich verlangte
-beim Konsulate förmliche Genugthuung und Sicherheitserklärung, die ich
-denn auch mit Zähigkeit erhielt.</p>
-
-<p>Der Konsul scheint dasjenige zu glauben, was der erste ihm vormalt. Die
-Dreieinigkeit theilte er ein in Gott, als Obersten, in unsere liebe
-Frau (Madonna) und in <em class="gesperrt">Jesus Christus</em>. War der Konsul sich der
-Zeitfolge bewußt, so soll vor der Hand keine Einwendung geschehen,
-besonders dann, wenn er, ein öfterer Fall, in gewisser irdischer
-Begeisterung sprach. Der Konsul erregte erst meinen großen Unwillen
-gegen ihn, als hart neben seinen Ohren ein Mann mir erzählte, daß der
-Franzose den Vater desselben am gleichen Abende mit Stockschlägen
-mißhandeln wollte. Still, still, lispelte der etwas verlegene Konsul,
-welcher die Sache zu vertuschen suchte, und als er sie nicht mehr
-leugnen konnte, beschönigte er den Franzosen damit, daß dieser, in
-der Wuth über mich, auch einen andern Handel angesponnen habe. Es
-war erdichtet; denn das Hospiz wird gleich nach Einbruch der Nacht
-gesperrt, in welcher ich unter die unsanften Hände gerathen bin. Viel
-vermag fürwahr bei einem Morgenländer die glatte Zunge und die rothen,
-unten mit Leder überschlagenen Reitknechthosen ei<span class="pagenum"><a name="Seite_215" id="Seite_215">[S. 215]</a></span>nes Franzosen, solche
-mit einer weiter gediehenen Bildung natürlich unzertrennliche herrliche
-Erscheinungen des Abendlandes.</p>
-
-<p>Doch die Sicherheitserklärung ist da nur Schein, wo man straflos
-schimpfen und schlagen darf. Mit persönlicher Sicherheit wanderte ich
-bisher unter der arabischen Polizei, aber nicht unter der fränkischen.
-Im Unwillen über die Lauheit oder Machtlosigkeit des Konsuls, welcher
-österreichischer und französischer zugleich ist, entschlüpften
-mir einige Worte, welche den Mann stachelten und in etwelche
-Bestürzung brachten. Vater und Sohn, welcher letztere eigentlich die
-Konsulatsgeschäfte besorgt, arbeiteten von nun an, in Verbindung mit
-dem Superior, angelegentlich an der Herstellung des Friedens. Im Zimmer
-des Paters bat der Franzose kniefällig ab, und, die Hand auf ein Buch
-haltend, schwor er bei einem Heiligenbilde und legte das Handgelübde
-ab, daß er mir nie etwas Leides zufügen wolle. Diese plötzliche Demuth
-des Kerls mußte mich neuerdings mißtrauisch machen.</p>
-
-<p>In einer solchen Lage war kaum ein anderer, ehrenhafter Entschluß mehr
-möglich, als der, die Abreise nach Beirut in Gesellschaft des Franzosen
-auf das bestimmteste abzulehnen. Einem Menschen, der sich mehr, als
-viermal treulos zeigte, darf man nicht trauen. Mein Entschluß<span class="pagenum"><a name="Seite_216" id="Seite_216">[S. 216]</a></span> wurde
-noch dadurch befestigt, daß der Vater des Rais, mit welchem wir nach
-Beirut übersetzen sollten, und der kein fränkisches Wort verstand, in
-<em class="gesperrt">Gegenwart des Konsuls</em> für die Ueberfahrt zweimal mehr forderte,
-als man gewöhnlich bezahlt. Ich glaubte die Falle zu erkennen.
-Wahrscheinlich war verabredet, die Ueberfahrtskosten für den Franzosen
-und Deutschen auf mich zu wälzen. Immer lebhafter überzeugte ich mich,
-daß es hohe Zeit sei, diese zwei besitzlosen Leute, die wahrsten
-Abenteurer auf Erden, vom Halse zu schütteln. Nach einem siebentägigen
-Aufenthalte in Jaffa begaben sie sich an Bord.</p>
-
-<p>Wie sind doch die Verhältnisse so eigenartig, welche die Furchen der
-Stirne auszuebnen vermögen? Unter andern Umständen wäre das längere
-Warten auf eine Reisegelegenheit für mich eine Pein gewesen, während
-ich es unter diesen leicht erträglich fand. Ich miethete mich in eine
-Bombarda des Hauptmanns <em class="gesperrt">Kiriako Bagsîno</em>, eines Hydrioten, bis in
-die Nähe (sechs Stunden) von Smyrna. Das Schiff war nach Konstantinopel
-bestimmt; ich glaubte aber den Weg nach Smyrna wählen zu müssen, weil
-ich eine kleine Geldanweisung <em class="gesperrt">für den Nothfall</em> an das Haus
-<em class="gesperrt">Sturzenegger</em> und <em class="gesperrt">Prélat</em> in Smyrna bei mir hatte. Das
-größere Kreditschreiben lautete auf den österreichischen Konsul in
-Beirut, Herrn <em class="gesperrt">Lau<span class="pagenum"><a name="Seite_217" id="Seite_217">[S. 217]</a></span>rella</em>, bei welchem das Geld wirklich bereit
-lag, ohne daß ich es der angeführten Verumständigungen wegen wirklich
-bezog.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Der_Konsul_Damiani">Der Konsul Damiani; mein Besuch in
-seinem Hause.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Nach der Ankunft in Jaffa stieg ich beim Herrn Konsul <em class="gesperrt">Damiani</em>
-ab. Heute noch trägt er im morgenländischen Gewande den Militärhut
-aus den Zeiten <em class="gesperrt">Napoleons</em>. Der Hut geht zur morgenländischen
-Tracht gerade so gut, als zur europäischen; denn das häßlichste
-Kleidungsstück, das man erdenken konnte, steht nirgends gut.</p>
-
-<p>Der ehrwürdig aussehende Greis nahm mich freundlich auf. Sein Sohn
-geleitete mich sogleich in eine Zelle des Gastgebäudes (<span class="antiqua">ospizio
-della Terra Santa</span>).</p>
-
-<p>Ich sah den Konsul bisher nur in seinem Waarenlager am Kai, gleich
-neben dem armenischen Kloster. Ich wurde von Andern in sein Haus
-geführt, ohne daß ich den Besuch beabsichtigte. Täusche man sich nicht
-über die Wohnung des Konsuls. Sie ist sehr unansehnlich, so daß unsere
-Bauern in schönern Häusern wohnen. Der Konsul saß unten im Hofe. Den
-Hut vertrat diesmal eine abgeblichen rothe Mütze, und um den Kopf über
-die Ohren war ein Tuch gebunden; denn die Zähne litten Schmerzen.
-Man<span class="pagenum"><a name="Seite_218" id="Seite_218">[S. 218]</a></span> prangt immer mit der Weltweisheit, man verehrt die Seele als das
-Ewigwährende am Menschen, man schmäht auf den vergänglichen Staub
-des Körpers, man lehrt Verachtung der Kleiderpracht, und doch vermag
-man nur mit Mühe den widerlichen Eindruck zu besiegen, den man beim
-Anblick einer mit häßlichen Kleidern bedeckten, höher gestellten Person
-empfängt, selbst wenn noch so hoch deren Seelenadel emporflackerte.
-Hätte ich nicht schon gewußt, daß <em class="gesperrt">Damiani</em> Konsul wäre, ich würde
-ihn schwerlich beachtet haben. Er pflegte sonst seinen langen, grauen
-Schnurrbart hinauszustreichen und zu zwirnen. Diesmal ließ er ihn fein
-in Ruhe, weil er überzeugt sein durfte, daß zwischen dem unreinen Tuche
-um dem Kopfe keine Hoffahrt mehr möglich sei.</p>
-
-<p>Nicht die köstlichsten Treppen leiteten hinauf ins Gastzimmer. Darin
-hing eben die Wäsche an zwei Reihen von der Linne herab. Der Christ
-beging seinen Sonntag und die Wäsche deswillen doch keinen Fehler,
-weil &mdash; das Trockenwerden keine Hände erfordert. Zuerst wurde ich im
-Zimmer Niemand gewahr; bald dann erschien der Sohn des Konsuls hinter
-der Wäsche, so ganz theatermäßig, wie der Schauspieler hinter der
-Blendewand. Nach den theilweise erzählten Vorgängen durfte ich auf
-keine andere, als auf eine kalte Aufnahme rechnen. Nach der Begrüßung<span class="pagenum"><a name="Seite_219" id="Seite_219">[S. 219]</a></span>
-setzte sich der junge Mann wieder auf den Strohteppich, von Papier
-und Siebensachen umgeben, die alle kreuz und quer durch einander
-lagen, wie ein Nest voll junger Kaninchen. Es wurde durch einen
-schwarzen Sklaven mit Tabak und Kaffee aufgewartet. Mehr, als dies
-interessirte mich die Ausstattung des Zimmers mit Hausgeräthen. Fratzen
-aus Europa, z. B. Gipsfiguren, schämten sich vor reich gestickten
-morgenländischen Gewändern. Um das christliche Europa noch feierlicher
-herüberzubeschwören, stand an einem Orte der ans Kreuz genagelte
-<em class="gesperrt">Christus</em>. Der Sohn war nicht wenig bemüht, mit den Schätzen
-des Hauses die Bewunderung des Zuschauers zu erwecken. Es wurde
-angeblich ein Gegengift in Form eines Steines, das Horn einer Schlange,
-Alterthümer, ein massiver Klumpen Silber u. s. f. vorgewiesen. Ich
-wurde dabei, zu meinem Leidwesen, nicht im mindesten gerührt.</p>
-
-<p>Dem gutmüthigen und gesprächigen Konsul, der schon eine hohe Stufe des
-Alters erklommen hat, horchte ich mit gespannter Aufmerksamkeit zu.
-Freilich sichern nicht gerade die Jahre, nicht die Silberlocken (die
-im Morgenlande dem Barbier und Turban gehören), nicht der höhere Rang,
-nicht die größere Macht als Familienhaupt dem Greise Aufmerksamkeit
-und Liebe, Ehrfurcht und Vertrauen, sondern die reichern und reifern
-Kenntnisse und Erfahrungen,<span class="pagenum"><a name="Seite_220" id="Seite_220">[S. 220]</a></span> die weisen Sprüche und Warnungen,
-ja die lebendige Geschichte eines Menschenalters, die er auf der
-Zunge herumträgt. <em class="gesperrt">Damiani</em> erzählte eine breite Historia von
-einem Mylord, und als ich gelegentlich die Bemerkung einwob, daß im
-Abendlande Manche nicht rauchen, daß hier dagegen das Rauchen den
-Hauptgenuß verschaffe, so erwiederte er: In Jerusalem ist es wieder
-anders; dort schnupfen sie mehr; schon kleine Dingerchen (er deutete
-die Höhe mit der Hand) fangen das Schnupfen an. Es war ein Wunder, daß
-der Herr Sohn nicht immer in unser Gespräch einfiel. Sonst kann er sich
-des Plauderns mitten hinein so wenig enthalten, als hin und wieder eine
-mit seltenen Rednertalenten begabte Jungfer Köchin, wenn man mit dem
-geistlichen Herrn ein paar Worte reden möchte.</p>
-
-<p>Mein Besuch währte länger, als dem Konsularschutze angemessen war, und
-wie ich mich vom Sitze erhob, im Begriffe, zur Thüre hinauszugehen,
-duckte ich mich recht höflich, um nicht an der Wäsche anzustreifen, die
-ich, den Spuren ihrer irdischen Vergänglichkeit zum Trotze, wegen der
-Schönnähtereien bereits angestaunt hatte.</p>
-
-<p>Ich besuchte schon früher den griechischen Konsul. <em class="gesperrt">Der</em> ist
-ganz nach europäischem Geschmacke gekleidet, dazu sehr gewandt und
-gefällig. Die abendländische Kleidung flößt<span class="pagenum"><a name="Seite_221" id="Seite_221">[S. 221]</a></span> dermalen hier zu Lande
-Achtung ein. Der Konsul kredenzte mir Punsch. Ich lächelte über mein
-gutes Europa, dem in manchen Dingen mehr Ehre widerfährt, als es
-verdient. <em class="gesperrt">Echte</em> Bildung ist dort keineswegs so heimisch, wie
-man gemeiniglich glaubt. Bei Vielen beschränkt sie sich darauf, nach
-der Mode sich zu kleiden, die Komplimente gehörig zu schneiden, die
-Formeln der Begrüßung und Unterhaltung sich geläufig eingetrichtert zu
-haben, über Konzerte, Theater und Dichter ein wenig zu plaudern, wo
-nicht französisch zu sprechen, doch die Kinder oder Verwandten, das
-Möpschen, einige Geräthschaften, Kleidungsstücke, Speisen oder Getränke
-französisch zu nennen, wenn man nicht gerne einen Besuch annimmt, zu
-Hause zu sagen, daß man nicht zu Hause sei, oder auf dem Gipfel der
-Gesundheit zu erklären, daß man sich unwohl befinde, etwa zu einer
-Zither zu singen, niedlich zu spielen und zu tanzen u. dgl. Ich bitt’
-um Vergebung. Diese <span class="antiqua">Toilette &mdash; serviteur &mdash; souffleur &mdash; charade
-&mdash; Jeannette &mdash; nièce &mdash; joli &mdash; secrétaire &mdash; corsette &mdash; côtelette
-&mdash; liqueur &mdash; excuse &mdash; guittare &mdash; dames &mdash; écossaise</span> &mdash; Bildung,
-wenigstens ein sehr honnetes Wort, klingt doch allerlieblichst ins Ohr.</p>
-
-<p>Auch die Russen haben einen Konsul, in der Person eines Griechen. An
-den Festtagen wehen die Flaggen der verschiedenen Konsuln ganz zierlich
-über Jaffa, und so<span class="pagenum"><a name="Seite_222" id="Seite_222">[S. 222]</a></span> stolz, als wären hier die Christen Meister. &mdash; &mdash;
-Ich fand die Festtage üb er an diesen Flaggen doch Freude.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Vorbereitung_zur_Abreise">Vorbereitung zur Abreise.</h3>
-
-</div>
-
-<p>In Jaffa hatte ich zwei Stunden früher Tag, als die Leute in meiner
-Heimath. Ich saß oft am hellen Morgen mit der Feder am Tische, indeß
-sie im finstern Zimmer &mdash; zweifelsohne schliefen. Ungeachtet dieses
-heitern Glückes wollte ich nicht länger im alten Kanaan weilen; ich
-sehnte mich immer heißer nach &mdash; der Morgennacht meines Vaterlandes.</p>
-
-<p>Es war nun meine Abreise gewiß. Man zimmerte, freilich erzlangsam, mehr
-und mehr sturmbeschädigte Kähne zurecht, um die Befrachtung unseres
-Schiffes zu fördern. O freudige Aussicht für mich, der ich länger denn
-fünf Wochen auf günstige Witterung für die Abfahrt hoffte und harrte.
-Wiewohl in Jaffa, Kaifa, Akre, Said und Beirut achtzehn Schiffe durch
-den letzten Sturm losgerissen oder zerschmettert wurden, so bemächtigte
-sich dennoch meiner nicht die mindeste Bedenklichkeit, dem Winde
-und Wasser mich anzuvertrauen. Mein Hauptmann hatte ja sein Schiff
-gerettet, und wie hätte ich zu ihm nicht Zuversicht fassen sollen. Auch
-rechnet heiße Sehnsucht nicht mit dem Griffel der Aengstlichkeit.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_223" id="Seite_223">[S. 223]</a></span></p>
-
-<p>Ohne Zahlung zu leisten, konnte und wollte ich billigerweise nicht
-abreisen. Ich darf versichern, daß die Patres nichts weniger, als
-unfreundlich wurden, so oft sich mein Geldbeutel öffnete. Ich hielt
-für gerathener, kurze Zeit nach meiner Ankunft mich mit denselben
-zum Voraus über Kost und Wohnung förmlich einzuverstehen. Die
-Zahlung dafür war, nach der Versicherung <em class="gesperrt">Damianis</em>, ziemlich
-stark; ich habe indeß keine Ursache zur Unzufriedenheit. Es mag aber
-vielleicht befremden, daß noch Keiner mit größerer Strenge meine
-Goldstücke untersuchte und erlas, als der Präsident (Pater Superior)
-<em class="gesperrt">Martin</em>; fast alle von ihm ausgeworfene Stücke brachte ich an,
-die einen vollzählig, die wenigen mit sehr geringem Verlust. Mehr noch
-stutzte ich, als nach der Räumung meiner Zelle, gleich vor der Abreise,
-der Superior mit dem langfädenen Kohlenbarte sogleich spähend in
-dieselbe trat, vielleicht in Kraft des von ihm unter dem 11. Jenner mir
-ausgestellten Zeugnisses, „daß ich musterhaft gelebt habe.“ Ich erwähne
-solches nicht, um meinem Herzen gegen Ordensleute, als solche, Luft
-zu machen. Ich liefere nachgerade den schlagendsten Beweis dadurch,
-daß ich Alles nachtragen werde, was ich von den Patres Rühmliches
-weiß. Ich setze dabei voraus, daß man die Vorurtheile, welche die
-Spanier in ihrem Vaterlande einsaugen, kenne, und daß man Niemanden ein
-gewisses Mißtrauen gegen die<span class="pagenum"><a name="Seite_224" id="Seite_224">[S. 224]</a></span> Franken im Allgemeinen verübele, weil
-durchschnittlich lockere Abendländer vom Schlage der Glücksritter in
-Syrien sich herumtummeln. Der Deutsche, dessen ich oben gedachte, wurde
-weit schlimmer behandelt, als ich, ob er gleich sich für einen guten
-Katholiken ausgab, und die Messe alle Tage barfuß anhörte. Er bewohnte
-ein schlechtes Zimmer, welches dem Winde und Regen nicht ganz zu
-wehren vermochte. Seine Bettdecke war feucht und schmutzig. Es ist der
-Welt Brauch, die Leute so zu empfangen, wie sie entgegenkommen. Auch
-reichte man ihm schlechtere Nahrung, als mir. Diese Behandlung wirft
-zwar allerdings im Grunde kein vortheilhaftes Licht auf die Patres;
-allein es erhellt daraus doch <em class="gesperrt">das</em> Günstige, daß dieselben hier
-gar keinen Unterschied der Glaubensbekenntnisse berücksichtigten.
-Ueberdies legte man mir seit dem oben berührten Strauße nicht das
-geringste Hinderniß in den Weg. Als ich mich, zum Zeichen, daß ich
-den Sonntag der Christen ehre, gegen den Pater Superior äußerte, ich
-wolle während der Messe mich in die Kirche begeben, erwiederte er:
-Thun Sie, was Sie wollen. Mit dem Frater <em class="gesperrt">Emanuel</em> lustwandelte
-ich nach jenem Wortwechsel mehr, als einmal, und half ihm für unsere
-Küche Spargeln suchen, die in der Umgegend von Jaffa wild wachsen. Ich
-kann zum Ueberflusse beifügen, daß die Ordensmänner sehr viel Zeit mit
-Beten hinbringen<span class="pagenum"><a name="Seite_225" id="Seite_225">[S. 225]</a></span> und, so viel ich bemerkte, ein durchaus sittliches,
-eingezogenes Leben führen.</p>
-
-<p>Den Reisepaß holte ich, ohne ihn unterschreiben zu lassen. Von
-einem Konsulate, das mich nicht schützen konnte, wollte ich keine
-Unterschrift.</p>
-
-<p>Mit dem Schiffshauptmanne war die Uebereinkunft getroffen, daß ich die
-Lebensmittel selbst mir anschaffen müsse. Ich kaufte einen Vorrath
-von Aquavit, Kaffee, Zwieback, Reis, Zucker, Zitronen, Pomeranzen,
-Fleisch, Hühnern und Durra, letzteren zur Fütterung dieser Hausthiere.
-Schon aber im Hospiz aß ich wegen der schmalen Fastenbrocken oft vom
-Zwieback. Weil der Hauptmann auf Einschiffung drang, so übertrug ich
-den Ankauf von Hühnern einem fränkischen Knaben, welchen ich dazu mit
-dem nöthigen Gelde versah. Er kehrte nicht wieder, und ich mußte selber
-zu Markte gehen. Auf dem Rückwege erwischte ich den losen Jungen in
-der lateinisch-maronitischen Schule; meine Piaster waren unter den
-Aermeln verborgen. Fast zu oberst am Kai besitzt die Stadt das einzige
-Schenkhaus, wo man Aquavit, Wein und kalte Speisen bekommen kann.</p>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_226" id="Seite_226">[S. 226]</a></span></p>
-
-<h3 id="Nach_Rhodos">Nach Rhodos.</h3>
-
-</div>
-
-<div class="blockquot">
-
-<p>Griechische Stille; das Meer raset; Reiseerfahrungen; das herrliche
-Zypern; der Taurus; der Spiegel meiner Reisegefährten; Wolken
-von Weihrauch; der griechische Fasttag war für mich ein Fetttag;
-der griechische Koch; im östlichen Hafen der Kolosser vor Anker
-gegangen.</p>
-
-</div>
-
-<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Dinstags den 12.
-Jenner 1836.</em></p>
-
-<p>Abends beim Einbruche der Nacht kam der Hauptmann <em class="gesperrt">Bagsino</em> an
-Bord. Die Schaluppe wurde schnell eingehoben, die Anker gelichtet, die
-Segel ausgespannt &mdash; Alles mit so wenig Kommandiren und Geräusche, daß
-der italienische Lärm einen grellen Gegensatz zu dieser griechischen
-Stille bildete. Heftig brauste der Nordwind.</p>
-
-<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 13.</em></p>
-
-<p>Seit vor San Pietro di Nembo das Meer mit mir Schmollis machte, könnte
-ich es dann und wann ordentlich liebherzen. Ich betrachtete die
-rauschenden Wogen als lauter scherzende Kinder, welche nur daseien, um
-den Griesgram des Alters zu verscheuchen. Die Natur meint es gar nicht
-so böse, wie man oft ihr wildes Aeußeres mißdeutet. Uebrigens tobte in
-der Nacht gewaltiger Sturm. Wäre man Rahm gewesen, man würde ohnfehlbar
-bis morgen Butter geworden sein.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_227" id="Seite_227">[S. 227]</a></span></p>
-
-<p>Allerdings muß man auch das Reisen lernen. Anfangs war ich gar
-linkisch. Auf der Fahrt von Alexandrien nach Bulak verwahrte ich den
-Reis so schlecht, daß dieser, vielleicht aus langer Weile, zu dem
-darunter liegenden Holze hinabspazierte. Der Kaffee wußte aus dem
-Papiere Auswege zu finden. Auf der Reise von Kairo nach El-Arysch
-sorgte ich so nachlässig für den Zucker, daß ich ihn schaben mußte,
-bevor er zum Gebrauche sich eignete. Der Rhum floß zur Hälfte weg, weil
-ich die Flasche schlecht verstopft hatte. Durch Schaden gewitziget,
-verwahrte ich nun einmal meine Lebensmittel mit besonderer Sorgfalt.
-Ich mußte aber auch darüber wachen, daß nichts davon entwendet werde;
-denn man weiß, daß sich in manchen Menschen die wunderliche Begierde
-regt, mehr zu nehmen, als ihnen gehört. Ich stellte den Mundbedarf in
-meine Nähe. Da langte einmal in der Nacht ein knöpfiger Arm in meinen
-Brotkorb. Ich ergriff und erkannte ihn. Nur <em class="gesperrt">ein</em> Reisegefährte,
-ein Maure, trug Aermel mit Knöpfen. Ich wurde gerade zur rechten Zeit
-erinnert, wie ich mich gegen ihn verhalten müsse. Kaum aber war der
-fremde Arm aus dem Brotkorbe entwichen, so wurde dieser von einer Welle
-geneckt, weswegen ich ihn alles Ernstes in die Sicherheit flüchtete.</p>
-
-<p>Das Meer hat mir <em class="gesperrt">Ibrahim</em>, <em class="gesperrt">Ali</em>, <em class="gesperrt">Mansur</em>,<span class="pagenum"><a name="Seite_228" id="Seite_228">[S. 228]</a></span>
-<em class="gesperrt">Mustafa</em> und all’ die Namen der Moslim verrauscht, die ich
-auf Gassen und Wegen so oft hörte. Anders tönt es jetzt in meinen
-Ohren; im Schiffe gilt es dem <em class="gesperrt">Mitri</em> oder <em class="gesperrt">Dimitri</em>
-(<span class="antiqua">Demetrius</span>), <em class="gesperrt">Kiriako</em> (<span class="antiqua">Ciriacus</span>) u. s. f. Ach,
-beurkundeten christliche Namen nur immer christlichen Sinn.</p>
-
-<p>Mittags wurde mir eine Suppe mit rothem, lebendigem Gewürze vorgesetzt.
-Auf der Reise ißt man, und man murmelt höchstens mit saurer Miene
-einige für den Koch unvortheilhafte Bemerkungen.</p>
-
-<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 14.</em></p>
-
-<p>Nie werde ich das herrliche Schauspiel vergessen. Wir lagen auf der
-Höhe der Insel <em class="gesperrt">Zypern</em>. Hoch streckte der beschneite H. Kreuzberg
-(<span class="antiqua">monte di Santa Croce</span>, der Olymp der Alten) sein Haupt empor.
-Diese schweizerische Gebirgswelt wühlte in mir beinahe das Heimweh
-herauf. Den Tag über erfreute mich das beßte Befinden; bloß gestern
-fühlte ich ein wenig Unbehagen im Kopfe wegen der stark bewegten See.</p>
-
-<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 15.</em></p>
-
-<p>Ich sah einen Küstenstrich von Karamanien. Veränderlicher Wind und
-Wetter trübten hin und wieder meine gute Laune.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_229" id="Seite_229">[S. 229]</a></span></p>
-
-<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 16.</em></p>
-
-<p>Wir segelten einem Vorsprunge des Taurusgebirges, dem Kap Chelidonium,
-nahe, und verloren die Küste von Kleinasien nie aus den Augen. Die
-Fahrt ist von nun an mehr derjenigen auf einem Landsee zu vergleichen.
-Schon sind wir von Jaffa gegen den Nordpol vier Grade vorgerückt, und
-man konnte auch wirklich einige klimatische Verschiedenheit wahrnehmen.</p>
-
-<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Sonntags den 17.</em></p>
-
-<p>Wir segelten vorüber an Castelori und andern Ortschaften von
-Natolien. Vor dem nahen, hohen Gebirge der alten Lykier träumte ich
-mich auf einige Stellen des Vierwaldstätter-Sees in der Schweiz, so
-ähnlich war der Ausblick. Die Fahrt gewährt in der That recht viel
-Unterhaltung. Die Umrisse der schweizerischen, wie dieser Berge sind
-mit ausnehmender Kühnheit gezeichnet. Wir bewundern einen solchen Zug
-auch an Kunstwerken, &mdash; wie einen vorhängenden Fels, so den Thurm von
-Pisa. Hingegen sind die Berge um Jerusalem träge Massen, Kegel oder
-Halbkugeln, gleichsam nur gut zum Faulenzen für das Auge.</p>
-
-<p>Ein frischer Wind jagte uns so muthig vorwärts, daß wir schon vor
-der Mitte des Tages im pamphylischen Meere ein Korn, <em class="gesperrt">Rhodos</em>,
-erblickten, und bis zum Eintritte<span class="pagenum"><a name="Seite_230" id="Seite_230">[S. 230]</a></span> der Nacht steuerten wir diesem
-Eilande ziemlich nahe. Ein Berg hatte eben einen Wolkenhut auf, als die
-Sonne unterging.</p>
-
-<p>Ich halte nun einen Augenblick an, um meine Reisegesellschaft zu
-zergliedern. Ein Engländer und ein Grieche, ein Maure und ein Jude, so
-wie ein griechischer, schiffbrüchiger Hauptmann und seine Matrosen, das
-waren meine Reisegefährten.</p>
-
-<p>Der Engländer, ein Geistlicher, besaß einen edeln, gutmüthigen
-Karakter. Ich schätzte mich glücklich, in Jaffa seine Bekanntschaft zu
-machen, wo er bei dem englischen Konsul, einem Morgenländer, einkehrte,
-allein die morgenländische Kräuter- und Hühnerküche nicht besonders
-rühmte. Das Französische sprach er als guter Englishman. Wenn er in
-der fremden Sprache redete, war mit ihm so schwer nachzukommen, als
-mit einer schlechten Tänzerin. Ich erzähle von ihm zwei echt britische
-Züge. Er wanderte durch die Wüste bis in die Nähe von El-Arysch. Jetzt
-vernahm er, daß er der Quarantäne sich unterwerfen müsse. Alsbald
-entschloß er sich zum Rückfluge nach Kairo, um über Alexandrien und
-Beirut nach Jerusalem zu reisen. Ein paar Male des Morgens rief ich
-den Geistlichen, wenn sich ein merkwürdiges Schauspiel darbot. Er
-hatte die Artigkeit, zu antworten, und seine Nichttheilnahme<span class="pagenum"><a name="Seite_231" id="Seite_231">[S. 231]</a></span> damit
-zu entschuldigen, daß es bei ihm Gesetz sei, in der Frühe so und so
-lange zu lesen oder zu schreiben. Die Gottheit hat dem Menschen ein
-bestimmt abgegrenztes Gebiet angewiesen, worüber er Herr und Meister
-ist. Man frage indessen nicht nach der geographischen Länge und Breite
-desselben; denn es erscheint sehr klein am Maßstabe. Es ist nun gut,
-wenn der Mensch in diesem seinem Gebiete, d. h., sich gewisse Gesetze
-vorschreibt; es ist aber nicht gut, wenn er solche in untergeordneten
-Dingen mit eigensinniger Strenge vollstreckt und so zum Sklaven seiner
-selbst hinabsinkt. Ich sah unsern Reisegenossen nicht sehr oft, weil er
-in das Zimmer des Schiffsherrn und ich in den Schiffsraum eingemiethet
-war. Letzteren Platz hatte ich einzig dem Pater Präsidenten des
-lateinischen Hospizium in Jaffa zu danken, weil er sich mit einem
-ungewöhnlichen Eifer in die Abschließung des Vertrages mischte, und
-jene so sehr beschleunigte, daß es mir an Zeit gebrach, zu fragen, wo
-ich wohl im Schiffe untergebracht würde. Doch, außer der Kehrseite,
-wendete die Sache auch diesmal ihre Lichtseite zu. Ich lernte so dem
-Schiffsraumleben auf den Puls fühlen. Hier liefere ich denn eine
-flüchtige Zeichnung meiner Gefährten im Schiffsraume.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Demetrius</em>, aus Chios (Scio) und Handelsmann, hatte eine schöne
-Gesichtsbildung und sprach griechisch, ara<span class="pagenum"><a name="Seite_232" id="Seite_232">[S. 232]</a></span>bisch und türkisch. Seine
-Umgänglichkeit ließ mich wünschen, in einer seiner Sprachen meine
-Gedanken mit ihm auszutauschen.</p>
-
-<p>Der Maure aus Algier, ein Hadschi (Mekkapilger), mit einem gemeinen
-Gesichtsausdrucke, einem langen Barte und einem Turban, ließ keinen
-edlern Zug seiner überaus lockeren Seele durchblicken. Er plauderte zum
-Arabischen das Wenige fränkisch, womit er zwischen <em class="gesperrt">Demetrius</em>
-und mir kümmerlich den Dolmetscher spielte. Während unserer Fahrt
-von Jaffa nach Rhodos endete der mohammetanische Fastenmonat; allein
-dieser Anhänger des Islam nahm es nicht sehr genau, und er aß manchmal
-Kleinigkeiten bei Tage während der Fastenzeit. In Jaffa verletzten
-auch andere Mohammetaner vor meinen Augen das Fastengebot. Der Hadschi
-trank Wein und Branntewein. Dem Kleinhandel obliegend, kaufte er
-in Jerusalem Rosenkränze, um sie in Konstantinopel zu verkaufen.
-Es ist überhaupt bei den Morgenländern Sitte, die selbst von den
-protestantischen Franken nachgeahmt wurde, mit einem Rosenkranze müßige
-Stunden zu vertreiben, indem sie eine Perle nach der andern von ihrer
-Stelle verschieben. Wenn die Leute des Niederganges bei ihren Besuchen
-nicht selten kaum wissen, welche schickliche Haltung sie ihren Händen
-geben sollen, um so weniger verlegen ist der Morgenländer,<span class="pagenum"><a name="Seite_233" id="Seite_233">[S. 233]</a></span> welcher
-mit Bequemlichkeit auf dem Diwane hockt, und mit den Händen anständig
-den Rosenkranz durchtändelt. Der Algierer hatte, als französischer
-Unterthan, einen französischen Paß bei sich. Er schien die Franzosen zu
-hassen. In Alexandrien besuchte er seinen alten Fürsten, den Dei.</p>
-
-<p>Der Jude, ein Konstantinopler und Rentner, begleitete seine Frau nach
-Jerusalem, um in der heiligen Gegend mit ihr die Tage des Lebens zu
-beschließen. Sie starb ihm weg, und darum war er auf der Rückreise
-nach Konstantinopel begriffen, um vielleicht für den schmerzlichen
-Verlust der alten Geliebten bei einer jungen &mdash; Trost zu schöpfen.
-Viele Israeliten folgen bekanntlich einem religiösen Berufe, sich
-in der alten Königsstadt anzusiedeln, wenn sie sich bis zu einem
-gewissen Grade von ökonomischer Unabhängigkeit emporgearbeitet haben.
-Der Mann war hochbetagt und grau. Ich gewahrte an ihm keine einzige
-Untugend; nur war er schmutzig und voll Ungeziefer, das selbst seinen
-ehrwürdigen Bart zu einem Parke für die komischen Jagden mit der
-Brille &mdash; auserkohr. Die schönen Gesichtszüge und das ganze Benehmen,
-mit Vorbehalt einiger seltsamen Liebhabereien, gewannen dem Greise
-Zuneigung und Vertrauen. Das Beten verstand er aus dem Fundamente.
-Während des Gebetes konnte er sich die Kaffeeporzion zutheilen
-und andere Arbeiten un<span class="pagenum"><a name="Seite_234" id="Seite_234">[S. 234]</a></span>ter fast krampfhaften Zuckungen der Lippen
-verrichten. Seine Augen strahlten hinauf zu Jehova demüthig aus den
-Lumpen, in die er sich genistet hatte, und aus den, irgendwo mit einem
-Tuchanschrote zugeschnürten Lumpensäcken, die ihn umschanzten. Das
-<em class="gesperrt">Schallah</em> (wenn es Gott gefällt, so Gottes Wille) wiederholte er
-oft und kräftig im Flusse der Rede. Von fröhlichem Gemüthe, stimmte
-unser Konstantinopler bisweilen ein Lied oder gar die „<span class="antiqua">Cara
-Cascatella</span>“ an. Und siehe, da tanzte er einmal mit seinen
-krummen, vor Alter unwilligen Beinen, mit seinem gebogenen, steifen
-Rücken und mit seinen Eisschollen am Kinne. Man hätte dabei herzlich
-lachen müssen, wenn man selbst von keinem kleineren Unmuthe gebeugt
-gewesen wäre, als bei <em class="gesperrt">Hans Sachs</em> die Bäurin wegen der saubern
-Wirthschaft ihres tölpischen Mannes:</p>
-
-<div class="poetry-container">
- <div class="poetry">
- <div class="stanza">
- <div class="verse">Wie hast du kocht, daß dich Bock schändt,</div>
- <div class="verse">Das Fleisch verschütt, das Kraut verbrennt,</div>
- <div class="verse">Die Katzn erschlagn, das Kalb ertränkt.</div>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<p>Die Regungen der Freude sind verschieden und groß bei Jung und Alt.
-Tanzte doch <em class="gesperrt">David</em> aus allen Kräften und jauchzend, als er die
-Bundeslade holte.</p>
-
-<p>Nachdem ich einige Zeit in Mitte der Mohammetaner gelebt hatte, war die
-Gelegenheit mir recht erwünscht, die griechischen Christen in der Nähe
-ein wenig kennen zu<span class="pagenum"><a name="Seite_235" id="Seite_235">[S. 235]</a></span> lernen. Morgends und Abends zog der Schiffsjunge
-(Friandol) mit einem brennenden Weihrauchfasse von Mann zu Mann, und an
-dem emporwirbelnden, angenehmen Rauche bekreuzte man sich gar vielmal
-und schnell über einander, unter leisem und kurzem Gebete. Damit der
-Weihrauch ja nicht verfehle, wehte man ihn mit der Hand gegen das
-Gesicht. Der Koch war eine drollige Fettmasse auf Kosten Anderer, und
-ein Muster von kleiner Spitzbüberei. Das Fleisch kochte er gleichsam zu
-dürren Holzfasern aus, damit er die Brühe schlürfen könne. Glücklich
-trat ein griechischer Fasttag ein, da mir doch eine natürliche Suppe
-bereitet ward. Das erste Mal zwackte der Koch mir Reis. Beim zweiten
-Male, als er ein größeres Quantum wollte, erklärte ich ihm, ich kenne
-das Reiskochen zu gut, als daß er mehr benöthige. Wie er dann einsah,
-daß er mich nicht belugsen könne, meinte er: Etwas für die Herren in
-dem Zimmer des Hauptmanns. O nein, antwortete ich. Aber etwas für den
-Koch. Da war es ausgeplappert. Sogar Pappenstiele, wie diese, welche
-beinahe nicht die Tinte werth sind, können ins Innere des Menschen
-zeigen.</p>
-
-<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Montags den 18.
-Jenner.</em></p>
-
-<p>Erwacht, aufgestanden, und die Stadt <em class="gesperrt">Rhodos</em><span class="pagenum"><a name="Seite_236" id="Seite_236">[S. 236]</a></span> schwebte im
-Schleier der Morgendämmerung vor den Blicken. Mit Ungeduld wollte ich
-denselben lüften; doch bald entschwand er von selbst, und deutlich
-erschienen die Umrisse der Stadt. Auf eine niedrige Anhöhe gepflanzt,
-fiel sie lieblich ins Auge. Neben dem freudigen Grün der Wiesen, welche
-die Stadt halb umkränzen, streben die düsteren Festungsthürme empor.
-Wir ließen die Quarantäneanstalt, ein schloßartiges Gebäude, rechter
-Hand, und legten im östlichen Hafen an; ein Tannicht von Masten deutete
-auf den westlichen.</p>
-
-<p>Billig konnte ich nicht ans Land steigen &mdash; ohne Ehrfurcht und
-Dankbarkeit gegen die alten Hellenen, welche, der Ruhm des
-Menschengeschlechtes, Denkmäler eines so nützlichen und edeln Daseins
-aufrichteten; hier insbesondere pries ich die Kolosser.</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<h2 class="nobreak" id="Rhodos"><em class="gesperrt">Rhodos</em>.</h2>
-
-</div>
-
-<h3 class="nopad" id="Lage_Himmel_Volkszahl">Lage, Himmel, Volkszahl.</h3>
-
-<p>Diese einst der Sonne geweihte Insel der Rosen, nach Kandia die größte
-des griechischen Archipels und die berühmteste der Sporaden, erstreckt
-sich von Nordwest nach Südost in die Länge, und erhebt den Atabyris
-(Artamit) zum höchsten Berge. Die Fruchtbarkeit des Eilandes auf<span class="pagenum"><a name="Seite_237" id="Seite_237">[S. 237]</a></span> dem
-glücklichen Erdstriche sucht Ihresgleichen. Der Himmel in Syrakus und
-Rhodos, rühmte schon <em class="gesperrt">Plinius</em>, wird nie so bewölkt, daß die
-Sonne nicht an einer Stunde des Tages herabblicke. In die Sommerhitze
-fächeln unermüdliche Winde angenehme Kühlung, und milde fließt der
-Winter dahin. Der gegenwärtige aber war ein wenig strenger: selbst das
-Wasser wurde von Eis überschossen, was freilich mit außerordentlicher
-Seltenheit sich ereignet. Jedoch begrüßten mich auf einem Spaziergange
-im Freien die Auen im schweizerischen Maiengewande. In Jaffa, wo zwar
-die Blöker auch in der kältesten Zeit graseten, ward das Grün durch den
-Frost ein wenig erschreckt und bleich. Hier, vier Grade weiter gegen
-Norden, scheint es minder gelitten zu haben.</p>
-
-<p>Die Bewohner des Eilandes theilen sich, wie der Sohn des
-österreichischen Konsuls in Rhodos, des Herrn <em class="gesperrt">Josef Anton
-Giulianich</em>, mir bezeugte, in beiläufig 26,000 Griechen, 11,000
-Türken und 2000 Juden. Gering sind an der Zahl die Lateiner, noch viel
-geringer die Protestanten. Man darf gar nicht zweifeln, daß die Insel
-eine weit größere Bevölkerung ertragen würde, wäre der Boden besser
-angebaut. Sie wird von einem türkischen Pascha regiert. Griechen
-beklagen den jetzigen als einen Wütherich.</p>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_238" id="Seite_238">[S. 238]</a></span></p>
-
-<h3 id="Die_Stadt_Rhodos">Die Stadt Rhodos.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Kaum war ich angelandet, als ich einen Scioten traf, der mir in einem
-Athem seine Schicksale, seine Leiden schilderte. Leidensgefährten
-leihen einander gerne das Ohr. Er erzählte, daß er, den 5. Christmonat
-des vergangenen Jahres von Beirut abgereist, wegen der entsetzlichen
-Stürme erst vor acht Tagen hier anlangte. So schlimm diese Nachricht
-an und für sich lautete, so sehr durfte ich nun froh sein, daß ich
-über das böse Wetter in Jaffa verblieb. Ich war doch auf festem Boden
-und unter trockenem Obdache, und, wenn man so sagen will, auch bei
-trockenen Mönchen.</p>
-
-<p>Rhodos sprach mich sogleich freundlich an. Ich brachte Gott meinen Dank
-dar, daß ich den häßlichen Städten Palästinens entronnen war. Die Stadt
-nebst den einen Büchsenschuß abliegenden, städtisch gebauten Dörfern
-ist von nicht ganz unbedeutender Größe, und steht dem Umfange nach dem
-schweizerischen St. Gallen nicht nach.</p>
-
-<p>Die Häuser, mit meistens platten Dächern, sind ziemlich hoch, ihre
-Mauern gerade, davon manche mit Kalk übertüncht. Die Vorderseite vieler
-Wohnungen, gleich über den Pforten, schmücken die Wappen der alten
-Johanniter. Man freut sich hier ordentlich wieder der Glasfenster,
-von denen Wohnlichkeit entgegenglänzt. Die Kamine ragen als kleine<span class="pagenum"><a name="Seite_239" id="Seite_239">[S. 239]</a></span>
-Thürmchen hinauf, die eine Pyramidenspitze und auf dieser etwas
-Spießartiges tragen. Mehr, als neun runde, dünne Moscheethürme steigen
-empor, und, Abends beleuchtet, goßen sie goldene Säulen über den
-schwarzen Wasserspiegel des Hafens bis zum &mdash; vergangenen Riesenbilde.</p>
-
-<div class="blockquot">
-
-<p><em class="gesperrt">Anmerkung.</em> Bekanntlich soll als eines von den sieben Wundern
-der alten Welt eine eherne Riesensäule des <em class="gesperrt">Helios Phöbus</em> am
-Eingange des Hafens gestanden und als Leuchtthurm gedient haben.
-Dieser Koloß, woher die Rhodier Kolosser genannt wurden, war nach
-<em class="gesperrt">Plinius</em> siebenzig, nach Andern achtzig Ellen hoch; allein
-sechsundfünfzig Jahre nach der Aufstellung des Riesen stürzte der
-Stolz menschlicher Unternehmungen durch ein Erdbeben zusammen. So
-baut der Mensch mit Zuversicht in die Gegenwart, damit die Nachwelt
-staune, doch weniger über seine größten Werke, als vielmehr über
-das Wunder, womit eine andere Hand, als die seinige die Zukunft
-leitet. Noch die Trümmer wurden bewundert. Wenige vermochten den
-Daumen des Riesenbildes mit den Armen zu umspannen. Die Trümmer
-blieben bis zum Jahre 656 n. Chr., da sie an einen jüdischen
-Handelsmann verkauft wurden, welcher damit neunhundert Kameele
-belud.</p></div>
-
-<p>Die Gassen sind enge und krumm. Ueber denselben wölbt sich an manchen
-Stellen von einer Häuserreihe zur andern eine schmale Bogenbrücke, jene
-zu verbinden, und so eher den Schaden der Erdbeben zu verhüten, die,
-wie sie in den alten Zeiten, z. B. beim Sturze der Riesen<span class="pagenum"><a name="Seite_240" id="Seite_240">[S. 240]</a></span>säule, ihre
-Stärke durch Verheerungen ankündigten, so bis auf den heutigen Tag von
-den Rhodiern gefürchtet werden.</p>
-
-<p>Der Kai ergötzte mich mit seinem feinen Straßenpflaster, das überhaupt
-in der Stadt sehr schön ist, selbst mit seinen wohlgemeinten Zierereien
-nicht überall in den Hauptstädten Europens Nebenbuhler findet. Es
-drängt sich das schneidende Gegentheil auf: In Syrien die elendesten
-Gassen, in Rhodos reine und zierliche. Die Pflaster sind wohl eine der
-Hauptzierden und ein Ehrenpunkt bei den Rhodiern. Man betritt sogar
-hübsch gepflasterte Landwege. Man hat Ursache, das Lob, das <em class="gesperrt">Salomo
-Schweigger</em> vor drittehalb Jahrhunderten dem Pflaster spendete,
-vollkommen zu bestätigen. Die Bassar sind schön, gewiß schöner, als
-viele der unsrigen, aber nicht sehr belebt. In einigen Gassen frohlockt
-als ein Siegeszeichen der Christenfeinde eine Gruppe sehr großer
-Steinkugeln, die von den türkischen Erobern hereingeschleudert worden.</p>
-
-<p>Die Stadt wird von einer mehrfachen Mauer und einem doppelten
-Wallgraben umzingelt. An den sehr starken Thoren, wie an andern Theilen
-des Festungswerkes, sind die Spuren der alten christlichen Machthaber,
-der Johanniter-Ritter, noch nicht ausgelöscht. So erblickt man über den
-Thoren Kreuze, welche den Verehrern des Halbmondes wenig Anstößiges
-darzubieten schienen. Wie bald wür<span class="pagenum"><a name="Seite_241" id="Seite_241">[S. 241]</a></span>den manche Christen Mond und Sterne
-zerstören, sobald sie ein Mond- und Sternland unter ihre Botmäßigkeit
-gebracht hätten. Ich sah über einem Thore, selbst in halb erhabener
-Arbeit, das Bild eines Mannes, wenn ich nicht irre, des Apostels
-<em class="gesperrt">Paulus</em>. Ich verwunderte mich um so lebhafter darüber, als
-bekanntlich sonst der Islam die Erzeugnisse der bildenden Künste nicht
-duldet.</p>
-
-<p>In und bei der Stadt bewegen sich mehrere Windmühlen; eine neben einer
-großen, in den Felsen geteuften uralten Zisterne.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Das_Leichenfeld">Das Leichenfeld.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Rings um die Stadt von Meer zu Meer streicht der Leichenacker. Den
-Leichen räumen die Mohammetaner ungemein viel Feld ein, weil sie
-ungerne ein altes Grab ruhestörerisch aufzubrechen scheinen. Das
-steppenartige Weichbild bewirkt daher wegen der vielen Steine einen
-unangenehmen Eindruck. Es würde dieser allenfalls leidlich gemildert,
-wenn die Grabsteine, wie die Gebäude, zu Rathe gehalten und vom
-Zerfalle gerettet würden; allein deswillen ladet man keine Sorge sich
-auf. Der eine Leichenstein steht gerade aufrecht und schön erhalten
-mit einem wohlausgehauenen und hohen Turbane, der andere ist halb,
-der<span class="pagenum"><a name="Seite_242" id="Seite_242">[S. 242]</a></span> dritte ganz umgestürzt, ein vierter zertrümmert, und zwischen
-den in frommer Erinnerung an die Verstorbenen gesetzten Zeichen
-lockt wucherndes Gras das Vieh zur Weidung daher. Soll in der wilden
-Zerfallenheit der Grabmäler etwa das Sinnbild sich abspiegeln, daß eben
-noch hinfälliger und vergänglicher die Hülle des Menschen sei, als
-der fallende und zerbrechliche Stein? Eine solche Betrachtung dürfte
-indessen über dem Gesichtskreise des gemeinen Muselmannes hinausliegen.
-Auch die Kinder, mehr oder minder der Wiederhall der Erwachsenen,
-beweisen, wie wenig man sich um die Leichensteine bekümmere. Zwei Buben
-warfen nach einem Ziele, und dieses war ein Turban auf dem Grabe. Es
-wäre schade, wenn die Menschen nicht stürben; sonst könnten die Rosse
-nicht nach Lust in den Todtenkammern zu Alexandrien ein Freudenlied
-wiehern, noch die Rhodier-Buben die Turbane der Gräber zur Zielscheibe
-der Vergnügungen nehmen.</p>
-
-<p>Im Uebrigen wird in Rhodos für die Stiftung von Grabmälern weit
-mehr gethan, als in Jaffa, von dessen Leichenacker man das Auge am
-liebsten wegwendet, weil es darin vergebens sich erbauen würde; in
-Joppe sogar zerschneidet die Grabhügel ein Weg, als ein gepflasterter
-da, wo Denksteine mit Füßen getreten werden. In Rhodos gibt es auch,
-mitten im großen Leichenfelde, mehrere<span class="pagenum"><a name="Seite_243" id="Seite_243">[S. 243]</a></span> kleinere Leichenhöfe, in deren
-Einfangsmauer an der Außenseite dreieckige Ziegelbröckchen eingesprengt
-sind.</p>
-
-<p>Das heilige Feld (<span class="antiqua">Campo Santo</span>) erhält das Andenken der einst für
-den Schiffsbau im Dienste des Großherrn gestandenen Schweden.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Die_Bewohner">Die Bewohner; das lateinische Hospiz; ein
-Knabenspiel; große Hähne.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Die Bewohner zeichnen sich durch Schönheit aus. Ich begegnete
-auffallend hübschen Frauenzimmern. Die Griechinnen verschleierten sich
-vor mir nicht; sie sollen sich jedoch vor dem Mohammetaner verhüllen.
-Es mag ersprießlich sein, daß die Schwärmerei den Gesichtsschleier
-befängt. Hinwieder sind die Türkinnen um kein Haar besser. Ich ging
-durch eine Gasse, worin mohammetanische Weiber einen kleinen Kreis,
-wie es schien, zu Disputirübungen bildeten; ein großer Knabe daneben
-ergriff ängstlich und lärmend sogleich den Schleier eines Weibes, um
-dessen Gesicht vor mir zu verbergen. Ich brach in Lachen aus, und
-kehrte den närrischen Leuten den Rücken. In der höflichern Manier ist
-der Rücken der abendländische Schleier des Gesichtes.</p>
-
-<p>Nunmehr in dem Lande, wo der Sultan unmittelbarer herrscht,
-durchmusterte ich mit Verwunderung die Kleidung des Militärs. Sieht man
-einen Theil desselben, so glaubt<span class="pagenum"><a name="Seite_244" id="Seite_244">[S. 244]</a></span> man sich kaum mehr unter den Türken.
-Auch gibt es, außer den Kriegsleuten, nicht wenig fränkisch gekleidete
-Personen, und da ich in Syrien von den Weltneuigkeiten beinahe ganz
-abgeschieden war, so lebte ich gleichsam neu auf, als ich wieder so
-Manches erfuhr; denn Rhodos zählt immer eine beträchtliche Anzahl
-Schiffe in seinen Häfen, weil es die Straße von Konstantinopel und
-Smyrna nach Alexandrien und aufwärts nach der ganzen Küste bis hin zu
-dem gegenüber Himmel und Meer trennenden Streifen Natoliens berührt,
-und weil viele Schiffe vor der Insel sich mit frischem Mundvorrathe
-versehen, letzteres um so gewisser, als die Lebensmittel in sehr
-billigem Preise stehen. Ich bekam für zwei Kreuzer so viel Pomeranzen,
-daß ich geflissentlich kleinere auslas, um sie in den Taschen bequem
-tragen zu können. Eine kleine Maß (Ocke) vortrefflicher Wein kostet
-sechs Kreuzer R. W. Leute, wie die Bewohner dieses Landes, die sich
-besser ausfinden, wissen ihn noch um die Hälfte wohlfeiler zu kaufen.
-Eine Ocke Honig kostet sechszig bis achtzig Para (12 bis 16 Kreuzer).
-Nur das Brot ist theuer und schlecht; denn der Pascha, welcher sich
-mit Alleinhandel befaßt, zog die Bäckereien an sich. Sollte man etwa
-bedauern, daß nicht auch die höhern und edlern Güter des Menschen in
-den Bereich des Handels, des Alleinhandels fallen? Gewaltige der Erde
-fänden doch eine viel mächtigere<span class="pagenum"><a name="Seite_245" id="Seite_245">[S. 245]</a></span> Quelle zu Vermehrung ihrer Schätze,
-und ohne Widerrede wäre es für einzelne Begüterte ein herrlicher
-Gewinn, wenn sie auf dem Ruhepolster das, worüber sie noch nicht
-verfügten, nämlich einen hellern Verstand und ein lautereres Gemüth,
-durch Geld sich aneignen könnten.</p>
-
-<p>Die Konsuln wohnen in einem griechischen Dorfe gegen West außerhalb der
-Stadt. In demselben besitzen die Lateiner auch ein Hospiz, welches von
-zwei Patres bedient wird. Die lateinische Gemeinde ist etwa 120 Seelen
-stark. Der eine Pater, ein gar freundlicher und gefälliger Mann, zeigte
-mir in der Kirche ein Frauenbild von gehauenem und gemaltem Marmor,
-welches sehr alt sein soll. Der Pater erzählte: In einem Grundstücke
-des Eilandes ward von einem Sklaven umgegraben. Da vernahm dieser eine
-Stimme: „Laß mich gehen.“ Als er tiefer drang, stieß er auf etwas
-Hartes, und siehe, es war ein Frauenbild, ein sehr wunderthätiges
-(<span class="antiqua">molto miracolosa</span>).</p>
-
-<p>Griechische Knaben belustigten sich, indem sie unter scherzenden
-Bewegungen über den Weg sangen, und türkische &mdash;, indem sie spielten.
-Diese übten sich in einem Spiele, welches einem in der Schweiz unter
-verschiedenen Namen bekannten durchaus ähnelt. Ein Knabe stellt sich
-vorne, der andere hinten. Der vordere setzt ein Pflöckchen vor eine
-Grube, in welche er ein kleines Stäbchen steckt.<span class="pagenum"><a name="Seite_246" id="Seite_246">[S. 246]</a></span> Treibt er dieses nach
-vornen und aufwärts, so fliegt das von ihm getroffene Pflöckchen gegen
-den hintern Knaben. Wenn der letztere mit der Hand das noch fliegende
-Pflöckchen erhaschen kann, so ist der vordere besiegt, und beide
-wechseln ihre Rollen; wo nicht, so wirft der hintere nach der Grube.
-Bleibt das Pflöckchen in einer gewissen Nähe von derselben liegen, so
-ist es Gewinn; kommt es nicht nahe genug, so schlägt der vordere Knabe
-mit einem Stäbchen darauf, damit es aufhüpfe, und damit er es sodann
-im Fluge &mdash; fortschlage. Fliegt das Pflöckchen jetzt nur so weit, daß
-der hintere Knabe die Grube von jenem an erspringen kann, so ist er
-verloren, sonst aber nicht. Gleichermaßen darf der vordere Knabe nur
-bestimmte Male auf das Pflöckchen schlagen, um es flügge zu machen.
-Schlägt er diese Male erfolglos, so ist er überwunden. Ich möchte den
-Alterthumsforscher mit nichten tadeln, wenn er sogar Staub und Moder
-ausbeutet; er darf aber auch mir nicht verargen, wenn ich in manchen
-Kinderspielen nichts minder, als Kinderspiele für den Freund der alten
-Welt erblicke. Ueberlieferungen von Munde zu Munde können sich so rein
-bewahren, als Ueberbleibsel von Werken der Menschenhand.</p>
-
-<p>Es würde der, im Vergleiche selbst mit palästinischen, auffallend
-großen Hähne keine Erwähnung geschehen, wenn<span class="pagenum"><a name="Seite_247" id="Seite_247">[S. 247]</a></span> nicht schon die Alten die
-großen und streithaften Hähne von Rhodos gepriesen hätten.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Der_Abend_im_Schiffsraume">Der Abend im Schiffsraume.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Man führte mich in ein jüdisches Haus, wo ein ausnehmend guter Wein
-ausgeschenkt werde. Ich kaufte einen großen Krug mit herrlichem rothen
-Rhodier.</p>
-
-<p>Der Rhodier-Wein, zu meinen Füßen gestellt, schwänkt mir den Zwieback.
-Der Krug mahnt mich an die Weinkrüge, welche untreue Weiber oder
-Mägde in irgend einen Winkel verbergen, um daraus gelegentlich Muth
-zu Verblendung der Männer oder Meister zu schöpfen. Ich sitze auf
-Wrack, einer niedrigen Windenscheibe, die mit einem großen Damenbrete
-ausgemalt war. Unter mir breitet sich ein Strohteppich aus, neben mir
-das Bett mit einer Pomeranze darauf, damit sie den Wein mir kühle,
-&mdash; dann meine Habseligkeiten, vor allen der Spender des Segens, der
-Brotkorb. Gegenüber lagert der unsäuberliche Jude mit einem Graubarte,
-der schmutzig auf die Brust herunterkräuselt. Nahe über ihm steht eine
-Katze, deren Augen von der Begierde nach Beute glänzen. Würde der
-lauernde Vierfüßer ein wenig abwärts gerückt sein, &mdash; der Judenkopf
-wäre das segelnde Schiff unter der ehernen Riesensäule der &mdash; Katze
-gewesen. Der Mann des Hebrons<span class="pagenum"><a name="Seite_248" id="Seite_248">[S. 248]</a></span> schläft fest und schnarcht, daß die
-Nasenflügel zittern wie Espenlaub. Vielleicht hörte das hebräische
-Schnarchen selbst der Maure, welcher, voll Freude über das eingetretene
-mohammetanische Jubelfest (das große Beiram), in der Stadt sich gütlich
-that, und einmal eine ganze Nacht im Kaffeehause zubrachte. So hängt
-man gemeinhin an die Fasten ein Gegengewicht: Man enthält sich kürzer
-oder länger, mehr oder minder der Speisen und Getränke, man sammelt die
-Eßlust, und man leert nach der Hand um so leckerer größere Schüsseln
-und Becher. Bloß drei Fuß über der Schiffsladung von Sesam hängt vom
-Verdecke ein Laternchen herunter, welches die Höhle erleuchtet.</p>
-
-<p>All’ diese Armseligkeiten betrachtend, bin ich doch zufrieden, und
-nun blicke ich durch die Oeffnung des Verdeckes gen Himmel zu Gott
-empor, dem ich mit gerührter Seele meinen Dank für die goldene Gabe der
-Gesundheit darbringe. Sie war mehrmals auf der Neige, und ich lernte
-sie schätzen, die mich von so manchem Joche befreite; unbesorgt genieße
-ich jetzt die frische Luft der Nacht, die grünen Früchte des Südens und
-seine glühenden Weine.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Spaziergang_gegen_Trianda">Spaziergang gegen Trianda.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Mich gelüstete, eine griechische Dorfschaft in einiger Entfernung von
-der Stadt zu besehen. Ich erstieg zuerst<span class="pagenum"><a name="Seite_249" id="Seite_249">[S. 249]</a></span> den Hügel gleich über Rhodos;
-der Weg durchstach einmal einen Felsen. Jener soll heute <em class="gesperrt">Smiths</em>
-Höhe heißen, weil der englische Admiral <em class="gesperrt">Sidney Smith</em> auf
-demselben wohnte, ehe seine Flotte nach Egypten absegelte. Auf der Höhe
-eröffnet sich die köstliche Aussicht über die Stadt und einen Theil
-der Insel, auf andere Eiländer und an die Küste des alten Karien. Von
-den schneebedeckten, kühn in den blauen Aether tauchenden Ausläufern
-des Taurus schwang sich mein Gedanke beinahe unwillkührlich in die
-Gegend des Bodensees; denn das Meer, in engen Schranken zwischen
-Kleinasien und den Eiländern, glich einem See. Ich ging sofort eine
-Strecke weit auf dem Scheitel des Hügels, und lenkte dann rechts
-hinunter zum Meeresstrande, wo mir mehrere Marktleute mit Eseln und
-Maulthieren begegneten; Kameele traf ich nicht. Vor dem Siechenhause
-(<span class="antiqua">casa dei leprosi</span>) saßen einige Menschen, die bettelnd ihre
-Hand schüsselförmig hervorstreckten; eben ruhte auf ihren Gesichtern
-die erwärmende Sonne, von dem kalten Nordwinde sich erholend. Eine
-starke Stunde im Westen von Rhodos liegt eine sehr weitläufig gebaute
-Dorfschaft mit fest gemauerten Häusern, die in Höfe eingesperrt
-sind. Eine Menge Oelbäume trägt dazu bei, daß die Häuser noch mehr
-in der Verborgenheit erscheinen. Die alte Stadt Rhodos soll in der
-bedeutenden<span class="pagenum"><a name="Seite_250" id="Seite_250">[S. 250]</a></span> Länge vom Vorgebirge Bovo, dem gleich nördlich die neue
-Stadt Rhodos sich anschließt, die nach Trianda sich ausgedehnt haben.</p>
-
-<p>Die Männer auf dem Lande waren mit einem Turbane bedeckt. Die meisten
-von denjenigen, welche an mir vorübergingen, hatten eine wilde,
-unfreundliche Miene. Ein Mann, der viele Jahre auf der Insel verlebte,
-versicherte mich, daß die rhodischen Griechen durchaus wackere Leute
-seien, und daß man unter ihnen völlig sicher reise, bei Tag und Nacht,
-über Berg und Thal. Nach dem Aeussern würde ich in der That ein
-ungünstiges Urtheil gefällt haben. Damit nicht dem Irrthume der Fang
-gelinge, soll Niemand verkündigen, daß er Fische gefangen habe, sobald
-er die Schwere des Netzes in der Tiefe des trüben Wassers verspürt,
-sondern erst dann, wenn er die Fische fühlt oder sieht.</p>
-
-<p>Auf dem Rückwege, immer am Meere vorbei, hörte ich, seit ich Triest
-verlassen habe, wieder zum ersten Male einen Brunnen plätschern, zum
-ersten Male sah ich wieder den lautern Wasserstrahl mit den Perlen
-scherzen. Man nennt die Insel sehr reich an Brunnquellen, welche auf
-wohlthätige Weise in der wolkenlosen oder wolkenarmen Jahreszeit die
-Stelle des Regens übernehmen, um, durch<span class="pagenum"><a name="Seite_251" id="Seite_251">[S. 251]</a></span> die Hand des berechnenden
-Landmannes geleitet, das Feld zu berieseln und zu befruchten.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Nach_Konstantinopel">Nach Konstantinopel, Triest und heim.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Wir gingen am 20. Jenner schon unter Segel; allein ein heftiger
-Gegenwind jagte uns gegen die nun öden Feuerschlünde zurück, die zu
-Ehren des Beiram so laut gedonnert haben, er verbannte uns in den Hafen
-von Rhodos. Ich benützte diesmal die Zeit, meinen Reisepaß bei dem
-österreichischen Konsul, Herrn <em class="gesperrt">Giulianich</em>, unterschreiben zu
-lassen. Die Hausfrau ist eine Deutsche, und mit einem innigen Vergnügen
-sprach ich wieder einmal mit deutscher Zunge. Die freundliche Aufnahme
-im Schoße einer europäisch gebildeten Familie erquickte mich wie ein
-Frühlingslüftchen.</p>
-
-<p>Die Rückreise über Konstantinopel werde ich nicht ausführlich
-schildern. Die Sehnsucht nach dem Abendlande, wirkliche Reisesattheit,
-ungewöhnlich ungünstige Umstände machten mich nachlässiger im
-Beobachten und im Aufzeichnen des Beobachteten, obschon ich mein
-Tagebuch fortsetzte.</p>
-
-<p>Am 24. Jenner steuerten wir endlich von Rhodos weg. Links erhoben
-sich die Sporaden, rechts bald das Vorgebirge Krio (Knidus der Alten)
-und linker Hand vorwärts<span class="pagenum"><a name="Seite_252" id="Seite_252">[S. 252]</a></span> die Insel <em class="gesperrt">Kos</em>. Mit ehrfurchtsvollen
-Erinnerungen heftete ich auf dieselbe meinen Blick; denn Kos ist
-das Geburtsland von <em class="gesperrt">Hippokrates</em>. An der Morgenseite spielte
-das Halbgrün der Weiden bis an den Gipfel des Berges in der Sonne,
-welche von Karien lieblich herüberleuchtete. Wie vor Jahrtausenden
-kreiset noch die gleiche Sonne, noch umschweben das gleiche Land die
-Lüfte, noch bespülen das gleiche die Fluthen des Meeres, ach, muß
-es denn unabänderlicher Wille sein, daß der gleiche Sterbliche dort
-nicht umherwandle, und lehre, wie Andere, gleich ihm, die Krone der
-Unsterblichkeit verdienen? Der Theil der Morgenseite, welcher, gegen
-Mitternacht, völlig in die Nähe trat, war unbewohnt. Als wir umbogen,
-kam die Stadt <em class="gesperrt">Kos</em> zum Vorscheine, großartig in der Schminke der
-Ferne. Die Thürme trugen sich schlank über den Moscheedom, und die
-vielen weißen Landhäuser verliehen dem schönen Landschaftsbilde einen
-besondern Reiz. Nahe der Stadt belebten die Küste mehrere Windmühlen,
-auf welche das Schloß Putrun (das alte Halikarnaß) von Kleinasien
-herabschaute. Eben trieb ein Kahn die Meerstraße querein, schief in
-den Wind, gegen Kos. Ich beneidete die Leute in dem Fahrzeuge, in
-das ich hätte hinüberhüpfen mögen, um in die gefeierte Stadt der
-Aerzte zu wallfahrten; ich zürnte dem Winde, vor dem unsere Segel so
-bereitwillig<span class="pagenum"><a name="Seite_253" id="Seite_253">[S. 253]</a></span> sich blähten, damit mein Auge an dem Lande der Koer um so
-minder sich weiden könne. Es ist wohl verzeihlich, wenn ein Arzt, vor
-der Insel Kos vom Strome seiner Gefühle hingerissen, die Fesseln der
-Kürze in der Beschreibung ausnahmsweise abwirft.</p>
-
-<p>Wir segelten vorüber an den Inseln Kalmino (Kalymna), Leros und
-Pathmos, Samos und Ikaria (Nikarie) nach Tschesme, wo ich mich mit
-dem Hauptmanne <em class="gesperrt">Bagsîno</em> über die Mitfahrt nach Konstantinopel
-verständigte. Chios lag herrlich vor den Blicken und nahe; ringsum
-Ionier-Land. In Tschesme wechselte ich ein freundlich Wort mit dem
-wackern österreichischen Konsul. Ipsara, Metelino, (das alte Lesbos);
-das sigrische Vorgebirge doublirt; Blitz und Donner begleitete den
-Regen auf dem ägäischen Meere vor <em class="gesperrt">Tenedos</em> (Bogdscha), gegenüber
-von Troas. Ich setzte meinen Fuß auf den Boden dieses Eilandes. Der
-thrazische Chersonesus gewährte wieder den ersten Anblick Europens;
-die Dardanellen (Hellespont), ihre Schlösser; die Flüsse Simois und
-Rhodius; Abydos und Gallipolis; wir ankerten vor dem asiatischen
-Dorfe Kamares, dem Lande der Mysier; dann schwamm unser Fahrzeug im
-Marmarameere (Propontis) an der Marmarainsel (Prokonnesus) vorüber.
-Donnerstags den 4. Hornung Morgens liefen wir beim Mondesscheine in
-den Bospor<span class="pagenum"><a name="Seite_254" id="Seite_254">[S. 254]</a></span> und, vorbei an Skutari, mit Tagesanbruch in den Hafen von
-<em class="gesperrt">Konstantinopel</em> (Stambul). <em class="gesperrt">Einzig war das Schauspiel.</em> In
-der großen Kaiserstadt, welche meine nicht geringen Erwartungen sogar
-überbot, weilte ich bis zum 17. Hornung. Auf dem Dampfschiffe reiste
-ich ab; der Olympus thronte vor den Augen; es entzückte mich die
-Fahrt längs des trojischen Feldes, vor dem Kap Baba (<span class="antiqua">promontorium
-Lectum</span>), neben dem Ida, zwischen Lesbos und Äolien; und deutlich
-sah ich die Stadt Metelino (Mitylene). Spät Abends den 18. Hornung
-erreichten wir den Hafen von Smyrna (Ismir). Mich durchströmte die
-seltene Freude, einen Landsmann, Herrn <em class="gesperrt">Sturzenegger</em> von Trogen,
-so wie früher in Konstantinopel einen andern Schweizer-Bürger, Herrn
-<em class="gesperrt">Morelli</em>, Handelsmann aus Bern, zu treffen.</p>
-
-<p>Am 23. Hornung reisete ich am Bord der Brigg Macacco, Kapitän
-<em class="gesperrt">Radonicich</em>, mit dem Sohne des österreichischen Konsuls in Rhodos
-von Smyrna ab. Das Ankertau hielt uns später im Meerbusen, dessen
-Hafen wir verlassen haben; wir fuhren durch die Seestraße von Chios;
-zwischen den Inseln Tino (Tenos) und Mykone, zwischen Syra (Syros) und
-Delos, zwischen Paros und Thermia (Cythnus), zwischen Serfo (Seriphus)
-und Sifanto (Siphnus); ein Sturm zwang uns zurück gegen<span class="pagenum"><a name="Seite_255" id="Seite_255">[S. 255]</a></span> Hydrea vor
-Argolis; vorwärts segelten wir dann gegen Cerigo &mdash; rechts das Gebiet
-der alten Spartaner, links die Cykladen &mdash; und vorüber am Kap St.
-Angelo (Vorgebirge Malea der alten Lakedemonier). Statt die Meerenge
-nach der Bucht von Kolokythia (<span class="antiqua">Laconicus sinus</span>) zwischen
-Lakonien und dem englischen Cerigo (Cythera) zu wählen, umsteuerten
-wir diese Insel; dort das Kap Matapan (tänarische Vorgebirge) und das
-Mainagebirge (Taygetus); die Küste von Messene (Navarin sehr deutlich);
-weiter Zante, Cephalonia, Santa Maura, Antipaxos und Paxos; durch
-die Straße der Insel Korfu und nahe der freundlichen Stadt gleichen
-Namens; zum letzten Male erblickte ich einen Moscheethurm im Epirus;
-wegen eines stürmischen Windes warfen wir die Anker aus im Hafen von
-Arcangelo der Dalmazier.</p>
-
-<p>Dinstags den 15. Merz langte ich mit einem Herzen voll Wonne zu Triest
-an. Schon waren die Bäume auf dem Felde mit ihrem Blüthenstrauße
-geschmückt. Der jugendliche Lenz erwies mir die Gefälligkeit, das
-harte, <em class="gesperrt">vierzigtägige</em> Gefängniß im Theresienlazarethe wenigstens
-einigermaßen zu lindern. Unbeschreibliche Freude athmete meine Brust,
-als ich mit dem neubesiegelten Freibriefe am 23. April aus der
-Quarantäneanstalt trat. Ich berührte einige Städte Oberitaliens, in
-denen die indische<span class="pagenum"><a name="Seite_256" id="Seite_256">[S. 256]</a></span> Cholera wüthete; in Tirol, <em class="gesperrt">von Meran bis Mals
-ging ich zu Fuß</em>; am 1. und 2. Mai <em class="gesperrt">fuhr ich über Schnee</em>,
-selbst am 3. noch im Schlitten, und am 4. schüttelte ich, im vollen
-Besitze der Gesundheit, zu Hause die Hand der Meinigen.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Anleitung_zu_der_Pilgerfahrt">Anleitung zu der Pilgerfahrt
-nach Jerusalem.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Es würden vielleicht mehr Abendländer nach Palästina pilgern, wenn
-ihnen eine umfassende Anleitung zur Reise bekannt wäre. Ich will
-trachten, dieselbe so zu geben, daß ich eine Antwort auf Fragen über
-wesentliche Dinge nicht schuldig bleibe.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Was für polizeiliche Schriften werden erfordert?</em> Um in der
-Türkei, in Syrien und Egypten zu reisen, bedarf man keines Passes der
-herrschenden Landesbehörde. Ein <em class="gesperrt">Reisepaß</em> aus der Heimath genügt,
-sofern er von der Gesandtschaft desjenigen Staates beglaubigt ist,
-durch den man zu wandern vorhat. In der Türkei, in Syrien und Egypten
-wendet der Pilgrim sich an den Konsul, unter dessen Schutz er sich
-stellen will.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Wie versieht man sich am beßten in Beziehung auf die
-Geldangelegenheiten?</em> Außer dem Reisescheine ist denn freilich
-der Nerv der Unternehmungen<span class="pagenum"><a name="Seite_257" id="Seite_257">[S. 257]</a></span> nöthig. Den Vorzug verdient ein
-Kreditschreiben oder auch, an dessen Statt, mehrere Wechsel an
-Handelshäuser der Hauptstädte, durch die man reiset. Es wäre aus
-einleuchtenden Gründen unrathsam, viel Geld mitzuschleppen. Bis an
-den Ort, wo man sich einschifft, weiß ein Jeder den Kurs des Geldes.
-Hier aber räth am beßten das Handelshaus, an welches man addressirt
-ist. Zu meiner Zeit kursirten in der Türkei, in Syrien und Egypten
-z. B. die levantischen Thaler (<span class="antiqua">tallero</span>, österreichische Münze
-am Werthe von beiläufig 2 Gl. 24 Kr. R. W.). Auch Goldmünzen gehen,
-als: die österreichischen und holländischen Dukaten, die venezianische
-Zechine. Das ist zuverlässig. Für Syrien nehme man bares Geld mit sich
-wegen der wenig häufigen Geldgeschäfte mit diesem Lande und wegen
-vorauszusehender Unannehmlichkeiten oder Schwierigkeiten, welche
-ein an ein syrisches Haus addressirtes Kreditschreiben oder Wechsel
-verursachen könnte. Bezieht man in Alexandrien oder sonst wo egyptische
-Münze, so läuft sie in Syrien; von Konstantinopel gehen dort wenigstens
-die Silbermünzen, z. B. die Beschlik (Fünfpiasterstücke). Faßt man die
-Sache fest und klar auf, so wird man nicht leicht in Geldverlegenheit
-gerathen. Ich, für meinen Theil, wählte am liebsten Goldmünzen, und
-verwahrte sie in einem Papiere so, daß sie weder bemerkt,<span class="pagenum"><a name="Seite_258" id="Seite_258">[S. 258]</a></span> noch bei
-einiger Vorsicht verloren werden konnten, noch auch im mindesten mich
-belästigten.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Mit welcher Sprache kommt man am beßten aus?</em> Ich wiederhole, daß
-die italienische schon seit Jahrhunderten die herrschende unter den
-Franken im Morgenlande ist.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Welches ist der kürzeste und beßte Weg nach Jerusalem und wieder
-nach Hause zurück?</em> Ich rathe, zuerst nach Marseille, Livorno oder
-Triest zu reisen. Letzterer Hafen dürfte der beachtenswertheste sein,
-weil die Gelegenheiten zur Abfahrt sich häufiger darbieten, wenigstens
-öfter, als in demjenigen von Livorno<a name="FNAnker_12_12" id="FNAnker_12_12"></a><a href="#Fussnote_12_12" class="fnanchor">[12]</a>. In Triest kann man manchmal
-schon am Tage der Ankunft auf einem Segelschiffe abreisen, und selten
-muß man nur eine Woche lang auf ein solches warten. Der gerade Weg
-führte allerdings nach Jaffa; allein hieher findet man, meines Wissens,
-keine, nach Beirut selten eine Gelegenheit, welche übrigens schon
-deswillen vorzüglicher wäre, weil man eine Quarantäne ersparen würde.
-Von Beirut nach Jaffa und umgekehrt sind in der regenfreien Zeit, nach<span class="pagenum"><a name="Seite_259" id="Seite_259">[S. 259]</a></span>
-Versicherung des Konsuls <em class="gesperrt">Damiani</em>, die Gelegenheiten, wenigstens
-auf arabischen Fahrzeugen, häufig. Sonst schiffe man sich nach
-Alexandrien in Egypten ein. Es mag auch dem Umstande, daß man meist nur
-auf Umwegen zum Ziele gelangt, der seltene Besuch Jerusalems durch die
-Abendländer zugeschrieben werden. <em class="gesperrt">Der römische Hof</em>, in manchen
-andern Dingen doch wohl über das Maß eifrig, <em class="gesperrt">thut nichts oder wenig
-zu stärkerer Bevölkerung der Hospizien im verheißenen Lande und zu
-Belebung der Wallfahrt nach dem wichtigsten Wallfahrtsorte</em>, und
-sie könnte nur so leicht, zum mindesten alle Jahre einmal, auf eigene
-Rechnung ein Dampfschiff nach Jaffa ausrüsten, nachdem die Gläubigen
-vom Orte und von der Zeit der Abreise gehörig in Kenntniß gesetzt
-worden wären. Oder warum sorgt in unserm unternehmenden Zeitalter
-nicht eine Dampfschiffahrtsgesellschaft, wie diejenige in Triest,
-<em class="gesperrt">einmal</em> für eine <em class="gesperrt">direkte</em> Fahrt nach Jaffa? Wie angenehm
-müßte es für Manche sein, wenn sie, selbst in der Mitte Deutschlands,
-voraussagen könnten: In drei Wochen werde ich die Ostern in Jerusalem
-feiern. Von Alexandrien nach Jaffa legte ich den Seeweg zwar nicht
-zurück; allein nach einem Gewährsmanne, <em class="gesperrt">Failoni</em>, segeln täglich
-arabische, zwar nicht reinliche, aber sichere Küstenfahrer dahin
-ab. Ich glaube<span class="pagenum"><a name="Seite_260" id="Seite_260">[S. 260]</a></span> auf das Wort; ich denke bloß hinzu: <em class="gesperrt">außer der
-Regenzeit</em>, da der Himmel heller ist, und sollte noch ein heftiger
-Wind die Sicherheit bedrohen, so ersteuert der Küstenfahrer bald
-das Land. Als ich <em class="gesperrt">Failonis</em> Angabe las, wurmten in mir zuerst
-manche Bedenklichkeiten; die Worte <em class="gesperrt">arabisch</em>, <em class="gesperrt">Barke</em>,
-<em class="gesperrt">Meer</em> waren mir anstößig, und ich würde mich einem arabischen
-Seemanne mit Widerwillen und Besorgniß anvertraut haben: seit ich aber
-den nachgibigen Araber, die bedachtsame Küstenfahrt und die stillere,
-bessere Jahreszeit, theilweise aus eigener Erfahrung, kenne, so wollte
-ich mit einem arabischen Küstenfahrer unbedenklich reisen. &mdash; Von
-Jaffa erreicht man bald Jerusalem. Dann kehre man nach Jaffa zurück.
-Hier miethe man sich an Bord eines griechischen, nach Konstantinopel
-laufenden Schiffes. Von Stambul bis Wien wird das Boot vom Dampfe
-getrieben. Ich überlasse nun einem Jeglichen selbst, den Weg nach Hause
-zu suchen. An der türkisch-österreichischen Grenze währt die Quarantäne
-kürzere Zeit, als in Triest; auch soll sie nicht so theuer sein. Von
-Alexandrien nach Jaffa fährt man mit und ohne Dragoman, mit einem
-solchen schon darum angenehmer und bequemer, weil ihm zugleich auch das
-Geschäft eines Koches übertragen wird.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Wann soll man die Reise antreten?</em> Der Pilger will in Jerusalem
-ein bedeutendes Fest feiern. An<span class="pagenum"><a name="Seite_261" id="Seite_261">[S. 261]</a></span> Ostern mögen bei 10,000 griechische
-und armenische Pilgrime die Stadt besuchen, und wegen dieses Festes
-warten Schiffe auf der Rhede von Jaffa, welche ihre Bestimmung
-nach Konstantinopel haben. Darauf muß man durchaus das Augenmerk
-richten, wenn man nicht gleichsam an Jaffa gefesselt sein will, wie
-<em class="gesperrt">Andromeda</em> an die Felsen. Im Hornung oder Merz in die See zu
-stechen, darf Niemanden bangen. Vor Korfu schon koset ein blauer
-Himmel, und der Merz und April Palästinas, noch mehr des Egyptenlandes
-gehören zu der warmen, regenfreien Jahreszeit, in welcher die
-Küstenfahrt gewöhnlich mit keinen, selten mit einigen Gefahren kämpft.
-Ich ertheile den Rath, die Reise, wo möglich, so zu veranstalten, daß
-man inmitten des Monates Hornung die Seefahrt beginnt.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Wie lange dauert die Reise?</em> Ich will nun die Dauer annähernd
-berechnen, und lieber zu lang, als zu kurz.</p>
-
-<table class="reise" summary="Reise nach Jerusalem">
- <tr>
- <td class="abschnitt">
- Von Triest nach Alexandrien
- </td>
- <td class="vab">
- &#8199;20
- </td>
- <td class="vab">
- Tage.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abschnitt">
- Aufenthalt in Alexandrien
- </td>
- <td class="vab">
- &#8199;&#8199;3
- </td>
- <td class="vab">
- &ensp;&nbsp;„
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abschnitt">
- Seefahrt von Alexandrien nach Jaffa
- </td>
- <td class="vab">
- &#8199;&#8199;4
- </td>
- <td class="vab">
- &ensp;&nbsp;„
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abschnitt">
- Quarantäne in Jaffa
- </td>
- <td class="vab">
- &#8199;19
- </td>
- <td class="vab">
- &ensp;&nbsp;„
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abschnitt">
- Wanderung von Jaffa nach Jerusalem
- </td>
- <td class="vab">
- &#8199;&#8199;2
- </td>
- <td class="vab">
- &ensp;&nbsp;„
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abschnitt">
-<span class="pagenum"><a name="Seite_262" id="Seite_262">[S. 262]</a></span>
- Aufenthalt in Jerusalem, den Ausflug nach Bethlehem inbegriffen
- </td>
- <td class="vab">
- &#8199;&#8199;8
- </td>
- <td class="vab">
- &ensp;&nbsp;„
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abschnitt s5">
- <span class="padl1_5"><span class="antiqua">Nb.</span> Kürze oder Länge des Aufenthalts
- würde hauptsächlich vom Erwarten des Festes bestimmt.</span>
- </td>
- <td class="vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abschnitt">
- Zurück nach Jaffa
- </td>
- <td class="vab">
- &#8199;&#8199;1
- </td>
- <td class="vab">
- &ensp;&nbsp;„
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abschnitt s5">
- <span class="padl1_5"><span class="antiqua">Nb.</span> Die Rückreise, auf der man sich
- nicht, wie auf der Hinreise nach Jerusalem, in Arimathia aufhält,
- wird deswegen einen Tag kürzer angegeben, als letztere.</span>
- </td>
- <td class="vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abschnitt">
- Abwarten eines Schiffes
- </td>
- <td class="vab">
- &#8199;&#8199;4
- </td>
- <td class="vab">
- &ensp;&nbsp;„
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abschnitt">
- Reise nach Konstantinopel
- </td>
- <td class="vab">
- &#8199;20
- </td>
- <td class="vab">
- &ensp;&nbsp;„
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abschnitt">
- Aufenthalt in Konstantinopel
- </td>
- <td class="vab">
- &#8199;14
- </td>
- <td class="vab">
- &ensp;&nbsp;„
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abschnitt">
- Wasserreise nach Wien mit Einschluß der Quarantäne
- (kürzestens 30 Tage)
- </td>
- <td class="bbot">
- &#8199;41
- </td>
- <td class="bbot">
- &ensp;&nbsp;„
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="right padr0_5">
- Zusammen
- </td>
- <td class="vab">
- 136
- </td>
- <td class="vab">
- Tage.
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p>Man könnte bis Ende Brachmonates wieder zu Hause eintreffen, nach einer
-Abwesenheit von etwa fünftehalb Monaten.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Wie lebt man?</em> Man kauft in Triest zwei Leintücher, eine
-Wollendecke, eine Matratze und ein Kissen: die Schiffsbettung, deren
-man, wenn auch nicht auf dem Dampf<span class="pagenum"><a name="Seite_263" id="Seite_263">[S. 263]</a></span>schiffe, doch auf der Küstenfahrt
-nach Joppe und später bedarf. In jenem Schiffe kann man auf eine
-Beköstigung zählen, wie in einem Gasthofe. Alexandrien besitzt
-Wirthshäuser nach fränkischer Einrichtung. Hier versehe man sich für
-die Fahrt nach Jaffa mit Nahrungsmitteln, z. B. mit gewöhnlichem Brote
-(Zwieback ist für die kleine Reise kaum nöthig), das acht Tage gut
-bleibt, mit frischem Fleische, mit Hühnern, mit Reis, Kartoffeln,
-Zucker, Kaffee, mit Zitronen und einer Flasche Aquavit, und man schaue
-vor der Abfahrt besonders nach, ob der Rais süßes Wasser in gehöriger
-Menge gefaßt habe. Ohnehin wird man nicht vergessen, eine kleine
-Kaffeekanne von Weißblech, eine eiserne Kasserole (zum Kochen des
-Fleisches u. dgl.) mit einem schüsselförmigen, als Teller dienenden
-Deckel, so wie Messer, Gabel und Löffel, einen Becher und Holzkohlen
-zu kaufen. Es gibt Araber, die sich so gerne auf Andere stützen,
-daß man wohl thut, selbst an Salz und Feuerzeug sich nicht mangeln
-zu lassen. Nimmt man gleich von Hause aus etwas mit, um wenigstens
-den Zucker, Kaffee und Reis gehörig aufzubewahren, so wird man es
-nicht bereuen. Für den Mundbedarf schafft man sich zugleich einen
-Korb nach egyptischer Art an<a name="FNAnker_13_13" id="FNAnker_13_13"></a><a href="#Fussnote_13_13" class="fnanchor">[13]</a>. Im jüdischen<span class="pagenum"><a name="Seite_264" id="Seite_264">[S. 264]</a></span> Lande spricht man
-bei den Bewohnern der Klöster oder Hospizien zu. In Jaffa trifft man
-zweifelsohne einen <em class="gesperrt">grie<span class="pagenum"><a name="Seite_265" id="Seite_265">[S. 265]</a></span>chischen</em> Schiffshauptmann; seine Kost
-ist eher schlecht. Beköstiget man sich selbst, so lebt man besser und
-freier, während man zugleich um ein Bedeutendes wohlfeiler durchkommt.
-Man kaufe also einen Vorrath an Lebensmitteln etwa auf zwanzig Tage,
-Zwieback aber etwa auf dreißig Tage, auf längere Zeit ja nicht, da
-die Griechen bei schlimmer Witterung gerne in einen Hafen steuern,
-wo man wieder frischen Mundbedarf aufkaufen kann. Beim Abschlusse
-der Uebereinkunft mit dem Schiffshauptmanne muß das Kochen und das
-hiezu nöthige Holz wohl bedungen werden. Wenn man sich recht deutlich
-erklärt, so ist vom griechischen Hauptmanne, welcher wenig zu schreiben
-pflegt, ein schriftlicher Aufsatz nicht geradezu erforderlich. Meine
-Uebereinkunft mit dem Hydrioten geschah mündlich; ich schrieb sie bloß
-in meine Brieftasche, worauf ich sie noch dem griechischen Konsul
-anzeigte. Zu Konstantinopel, nämlich in Galata und Pera, laden den
-Reisenden, neben einem <span class="antiqua">ospizio della Terra Santa</span>, fränkische
-Wirthshäuser ein. Auf allen Dampfschiffen sorgt die Küche für ein
-üppiges<span class="pagenum"><a name="Seite_266" id="Seite_266">[S. 266]</a></span> Leben. Ich müßte eine recht saure Mühe mir aufbürden, wenn
-ich, nach dem Beispiele der abendländischen Reisehandbücher, angeben
-sollte, welches das beßte Wirthshaus in Wien sei. Der Ankömmling aus
-dem Lande des Aufganges kennt mehr Genügsamkeit.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Wie viel kostet die Reise?</em> Es wäre leicht, zu antworten, würden
-nur die Preise zu verschiedenen Zeiten nicht schwanken. So waren
-die Lebensmittel zu meiner Zeit in Jaffa mindestens um ein Drittel
-kostspieliger, als vor der Besetzung Palästinas mit egyptischen
-Truppen. Und davon abgesehen, läßt sich der Voranschlag der Kosten
-nur beiläufig bestimmen. Wer gesonnen ist, den Reiseplan geradenweges
-zu verfolgen, und nirgends sich längere Zeit aufzuhalten, wer weder
-wissenschaftliche Forschungen anstellen, noch durch großen Aufwand
-Aufsehen erregen will, immer und überall aber für die Gesundheit,
-als eine unschätzbare Juwele, Sorge trägt, und in steter Rücksicht
-auf dieselbe die verschiedenartigen Vergnügungen der Reise genießt:
-der wird diese mit 600 Gl. R. W. bestreiten können. Es fiele nicht
-schwer, in die Einzelnheiten einzugehen. Jeder, welcher die Reise zu
-unternehmen Willens ist, wird übrigens leichter durch Erfahrung das
-Nähere finden, als durch die Uebung des Gedächtnisses in Angaben aus
-dem todten Munde eines Buches.</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_267" id="Seite_267">[S. 267]</a></span></p>
-
-<h2 class="nobreak" id="Schlussbetrachtungen">Schlußbetrachtungen.</h2>
-
-</div>
-
-<p>Hier an meinem Ziele, wo ein weites Feld von Rückerinnerungen sich
-schließt, kann ich nicht umhin, darüber Rechenschaft abzulegen,
-<em class="gesperrt">wie</em> ich die Reise in den gegenwärtigen Blättern erzählte.</p>
-
-<p>Alles Wesentliche schrieb ich auf der Reise zwischen Triest und Afrika,
-in Alexandrien und in Kairo, in El-Arysch und in Ramle, in Jerusalem
-und in Jaffa, in Rhodos und Tschesme (auf dem Meere zwischen Ionien
-und dem thrazischen Bospor, in Konstantinopel und in Smyrna, auf dem
-Seewege nach Triest) und im Theresienlazarethe, am meisten jedoch in
-Kairo, El-Arysch, Jaffa und Triest, und selten blieb ich in bedeutendem
-Rückstande.<span class="pagenum"><a name="Seite_268" id="Seite_268">[S. 268]</a></span> Mit dieser Arbeit, ich gestehe es, raubte ich mir
-manchen ruhigen Genuß; hingegen auch würzte ich damit, zu reichlicher
-Vergeltung, viele Stunden, zumal von denjenigen, welche in den
-Quarantäneanstalten vergingen. Im Garten bereitet man dem Rosenstrauche
-ein Beetchen, und er treibt Blätter und Dornen; aber man pflanzt ihn
-nicht wegen der Blätter und Dornen, sondern in der Hoffnung, daß mit
-der Zeit noch duftende Blumen aufquellen, womit die Freude sich einen
-Kranz winde.</p>
-
-<p>Ich fühle wohl, daß ich hätte zwei Dinge thun können: erstens
-das Geschichtliche einweben, und zweitens mit Auszügen neuerer
-Reisebeschreibungen meine ergänzen. Ich wollte weder das Eine, noch das
-Andere; das Eine nicht, weil auf der Reise zur Seltenheit eine kleine
-Garbe geerntet wird, sondern weil jeder Unterrichtete die Hauptsache am
-Schreibpulte ausbeuten kann; das Andere nicht, weil ich die Rolle eines
-Plünderers verabscheue, und weil ich vermuthe, daß Manche ebenso gerne
-einen Rundreisenden begleiten, als den Zusammenstoppeler und Erklärer
-inmitten eines Bücherhaufens. Ich behaupte zwar nicht, daß ich die eben
-bezeichnete Bahn aufs allerstrengste verfolgte, ohne ausnahmsweise in
-einen Seitenweg abzuweichen, indem ich glaubte, wenigstens einige,
-vielleicht nicht mit Gebühr gewürdigte Männer des sechszehnten
-und sie<span class="pagenum"><a name="Seite_269" id="Seite_269">[S. 269]</a></span>benzehnten Jahrhundertes, wie sie mir gerade in meiner
-literarischen Einsamkeit begegneten, in diesen Sprechsaal einladen zu
-dürfen<a name="FNAnker_14_14" id="FNAnker_14_14"></a><a href="#Fussnote_14_14" class="fnanchor">[14]</a>.</p>
-
-<p>Als Lustreisender hätte ich denn auch nicht dem Schulzwange gehorchen
-mögen, um ein Ebenmaß zu beobachten. Bald ernst, bald scherzhaft, jetzt
-ausführlich und vielleicht gar gedehnt, dann kurz und abgebrochen,
-&mdash; so schrieb ich je nach meinen Lagen und Launen. Das Wanderbuch
-ist ein Spiegel verschiedener Gemüthsstimmungen. Wie sollte ich nun
-am Ende meiner Fahrten, etwa zu Gunsten untergeordneter Rücksichten,
-das Tagebuch anders zuschneiden, damit das Bild meines Reiselebens
-erbleiche? Es wäre ein wenig zu hart, wenn man stets nach den Geboten
-der Schule leben müßte, wie der Karthäuser nach seiner Klosterregel.</p>
-
-<p>Nicht die Städte der Welt sind das Ziel einer Reise, sondern die
-Wahrheit. Mit Andern will ich in nichts wetteifern, als in dem
-aufrichtigen Streben, der Wahrheit zu dienen. Das letzte Reiseziel
-aber ist viel schwieriger zu erreichen, als Alexandrien und Kairo,
-Jerusalem und Beth<span class="pagenum"><a name="Seite_270" id="Seite_270">[S. 270]</a></span>lehem. Man gibt wieder, was ein Eingeborener oder
-ein schon längere Zeit im Morgenlande weilender Franke erzählte;
-allein es hält nicht immer leicht, den rechten Mann zu finden. Man ist
-das Werkzeug der öffentlichen Meinung unter den Franken; allein man
-kann die Ansichten Einzelner mit derselben verwechseln. Man verfaßt
-es in Schrift, was man selbst durch die Sinne wahrnahm; allein diese
-werden gerne von Täuschungen getrübt. Mehrmals stellte ich mich vom
-Schreibpulte aufmerksam auf die Gasse, auf daß ich dann wieder an jenem
-die Feder sicherer handhabe. Um die körperlichen Eigenthümlichkeiten,
-so wie die Tracht der Jerusalemer mit möglichster Genauigkeit zu
-schildern, setzte ich mich im Bassar auf eine steinerne Bank, und
-schrieb, von den Leuten ungestört, gleich nieder, was mein Auge
-erspähte. Wenn ich auch nicht die leiseste Neigung hege, den Zweifel
-deshalb mundtodt zu erklären, so brachte ich nun einmal, was ich
-vermochte, treulich und ohne Gefährde.</p>
-
-<p>Nützt meine Reisebeschreibung Niemanden, so nützte sie doch mir, mehr
-aber noch die Reise selbst. Als Wanderer lernte ich Welt und Menschen
-an einem größeren Maßstabe kennen.</p>
-
-<p>Oft beschmollte ich unsern Schnee, und träumte mich mit Wonnegefühl
-unter einen lindern, lachenden Himmel.<span class="pagenum"><a name="Seite_271" id="Seite_271">[S. 271]</a></span> Ich konnte im Egyptenlande
-während des Wintermonats ahnen, welche Gluth die Sonne des Sommers
-auf dasselbe aussprühe. Uebrigens frieren die Leute im Winter auch
-an andern Orten, wie in dem gar sommerheißen Konstantinopel, obschon
-kürzere Zeit, ohne daß sie durchgängig die bequemen Heizeinrichtungen
-besitzen, die uns, den von Eis Umringten, jenen lieblichen künstlichen
-Sommer in die Stube zaubern. Wahrlich, wir stehen nicht schlimmer.</p>
-
-<p>Ich sah jenseit des Mittelmeeres fruchtbarere Gegenden, als in der
-Schweiz und in Teutschland, als selbst in Frankreich und Italien.
-Was frommt jedoch dem Bauer die Ergibigkeit der Fluren, wenn er die
-Bodenerzeugnisse zusammt dem daran klebenden Schweiße dem Machthaber
-unter die Füße legen muß? Ich sah aber auch viel unfruchtbarere
-Gegenden, wie in der Nähe von Jerusalem, wo die Menschen Zähne haben
-müßten, um die Steine zu zermalmen, einen Magen, um sie zu verdauen,
-eine Werkstätte, um sie in Blut zu verwandeln, falls jene in <em class="gesperrt">der</em>
-Nacktheit ihnen viel nützlicher werden sollten. Wir stehen nicht
-schlimmer mit unsern grünen Hochweiden, vor denen viele Berge Syriens
-und Kleinasiens, Thraziens und des peloponnesischen Archipels ihre
-Häupter ehrerbietig senken würden.</p>
-
-<p>Ich traf tugendsame Menschen, aber auch den schlim<span class="pagenum"><a name="Seite_272" id="Seite_272">[S. 272]</a></span>men, den feigen
-Araber, den schlauen, den treulosen Griechen. Bei uns versüßen mein
-Leben viel wackere Leute, die zugleich die Träger einer umfassenderen
-Bildung und Weltaufklärung sind, nicht zu gedenken, daß ich durch die
-Bande der Sprache, wie der Sitten, der Religion, wie des Vaterlandes
-und, ich will noch beifügen, der Vorurtheile an sie geknüpft bin. Und
-wer möchte vom Bande der Familie schweigen? Wir stehen einmal nicht
-schlimmer.</p>
-
-<p>Ich reisete durch gesunde Gegenden, so Jaffa und Gaza in der pestfreien
-Zeit, aber auch durch solche, welche, außer der Pest, noch von andern
-schrecklichen Geißeln der Menschheit geplagt werden. Bei uns fallen
-wohl zahlreiche Opfer der langsam tödtenden Schwindsucht, aber seit
-Menschenaltern nimmermehr jenem Ungeheuer. Wir stehen in der That nicht
-schlimmer.</p>
-
-<p>Nein, <em class="gesperrt">wir stehen nicht schlimmer, aber besser</em>. Nichts trug zur
-Aussöhnung mit den heimathlichen Verhältnissen williger bei, als meine
-Reise und gerade diese mittlerweile gewonnene Wahrheit. Der Gedanke,
-daß das Schicksal gegen uns mehr Milde erzeigt, als gegen die Einen,
-hat jederzeit etwas Tröstliches, mag auch sonst ein herberes Schicksal
-uns beugen, als Andere. Ich darf die volleste Zufriedenheit mit der
-Entwerfung und Ausführung meines Reiseplanes ausdrücken.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_273" id="Seite_273">[S. 273]</a></span></p>
-
-<p>Soll ich nun Andern die gleiche Reise, insonderheit die Pilgerfahrt
-nach Jerusalem, wie ich sie angab, rathen? Wem die Wanderlust beinahe
-im gebieterischen Tone zuspricht, und wem gleichzeitig es nicht an
-Mitteln ermangelt, dieselbe zu befriedigen, der trete die Reise an mit
-heiterer Entschlossenheit. Wenn er einerseits freilich einen Kelch voll
-Bitterkeiten an die Lippen setzt, wenn er vielleicht der Gefahr sich in
-die offenen Arme stürzt; so werden ihm andererseits der angenehmsten
-Augenblicke manche vergönnt, und mit einem güldenen Schatze neuer
-Kenntnisse und Erfahrungen wird er sich bereichern. Geht auch ein
-kleiner Weltschatz verlustig, dieser wird von den Kleinoden, welche man
-für Kopf und Herz sammelt, weit aufgewogen.</p>
-
-<p>Ich bin kein Schwärmer. Ich möchte die Erneuerung der Kreuzzüge nach
-dem jüdischen Lande nicht herbeiwünschen. Es taucht inzwischen aus
-dem Meere der Weltereignisse die merkwürdige Erscheinung, daß die
-meisten Gemüther der abendländischen Christen für Jerusalem in seiner
-örtlichen Bedeutung gleichsam erstorben sind, und daß seit länger,
-denn einem halben Jahrtausende kein zweiter <em class="gesperrt">Petrus von Amiens</em>
-sich erhob, die Abendwelt für das gelobte Land zu entflammen. Der
-Mensch liebt bisweilen die Hindernisse, um sich im Kampfe gegen sie
-zu messen. Je zahlreicher dieselben aus dem Wege geräumt<span class="pagenum"><a name="Seite_274" id="Seite_274">[S. 274]</a></span> wurden,
-desto mehr lenkten in der Folge die Abendländer ihre Aufmerksamkeit
-von Palästina ab. Man möchte bereits beklagen, daß, nach Beseitigung
-aller Hindernisse, nunmehr der Entschuldigung oder Beschönigung jede
-Ausflucht abgeschnitten ist.</p>
-
-<p>Immerhin glaube ich, daß die Pilgerfahrt nicht nutzlos wäre für einen
-Schriftgelehrten. Derjenige, welcher daheim in seinem Stübchen sich an
-einer Beschreibung von Jerusalem schier preßhaft zerarbeitet, indem
-er staubbedeckte Schriften gleichsam hungerig durchwühlt, und mit
-mühsam erborgten Stellen das magere Buch kaum genug ausspicken kann,
-würde doch nicht übel thun, wenn er hinginge, die Brust in Jerusalem
-zu durchlüften, und das Auge auf der Wache Zions im Buche der Natur zu
-erfrischen.</p>
-
-<p>Ich glaube nicht, daß die Pilgerfahrt nutzlos wäre für den Bibelfreund.
-Sogar der beßte denkgläubige Christ kann die Bibel, zum wenigsten
-ihren Einschlag örtlicher Beziehungen, weder mit der Klarheit und
-Lebendigkeit der Vorstellungen, noch mit der Fülle und Tiefe der
-Gefühle erfassen, wie der Pilgrim, welchem insbesondere das Lesen
-der Urkunden einen Vollgenuß verheißen muß. Die unübertreffliche
-Schilderung, wie jener fromme und treue Knecht zu <em class="gesperrt">Rebekka</em>
-kam, wie die holdselige Jungfrau, mit ihrem Wassergefäße auf den
-Schultern, heranschreitet, wie sie dem<span class="pagenum"><a name="Seite_275" id="Seite_275">[S. 275]</a></span> Ankömmlinge einen Trunk Wassers
-anbietet, wie sie für seine Kameele aus dem Brunnen schöpft u. dgl. &mdash;,
-solche Züge mögen Jedermann anmuthen; allein sie erregen wohl einen
-ganz eigenthümlichen Eindruck im schauenden Pilger, welcher in der
-seelenvollen Schilderung die heutigen Sitten des Morgenländers als eine
-Verjüngung der alten bewundert.</p>
-
-<p>Auch glaube ich nicht, daß die Pilgerfahrt nutzlos wäre für manche
-Mühselige und Beladene, Leichtsinnige und Welttrunkene. In Gaza weht
-gesunde, eine milde, die herrlichste Luft. Dort und in Jaffa fühlte ich
-mich, so zu sagen, noch einmal so leicht auf der Brust. Beide Städte
-befällt die Lungenschwindsucht als eine große Seltenheit. Man darf
-ebenfalls von der Seereise Heil erwarten, bei gehöriger Behutsamkeit,
-z. B. vor dem Zuge des Windes. <em class="gesperrt">Nach der Rückkehr ins Vaterland
-stand meine Gesundheit auf besserem Fuße, als vor dem Anbeginne der
-Reise.</em> Beleuchten wir jetzt die andere Seite. Unsere gnädigen
-Frauen und Fräulein, so wie ihre ergebenen Herren und Jünkerlein
-unternehmen im Laufe der günstigeren Jahreszeit glänzende Badereisen
-zu Wiederherstellung der Gesundheit, viele aber aus Lust zu einem
-üppigeren Leben, zu Liebe und Spiel, zu Tafel und Tanz, und mehrere von
-den üppig lebenden,<span class="pagenum"><a name="Seite_276" id="Seite_276">[S. 276]</a></span> liebenden und spielenden, tafel- und tanzfreudigen
-Kurgästen wallfahrten vielleicht später reumüthig und bußfertig
-nach einem winzigen Gnadenorte; nur wollen sie diesen Glanz ihres
-Ueberflusses an irdischen Gütern und diesen Schatten ihrer Hoffnung
-auf himmlische Schätze nicht nach ihrem Gnadenorte aller Gnadenorte,
-nach Golgatha, tragen. Sei es, daß die gewöhnlichen Wallfahrten des
-Abendländers, selbst im Schoße der Kirche, die sie anordnet, einen
-übeln Klang haben, es will die Pilgerreise in ein so entferntes Land,
-wie diejenige nach Jerusalem, wenigstens zum Theile von einem ganz
-andern Standpunkte aus beurtheilt werden. Große Luftveränderungen sind
-ein kräftiger Balsam für verzärtelte oder siechende Geschlechter; große
-Wanderungen sind ein starker Hebel der Kultur und Zivilisazion.</p>
-
-<hr class="full" />
-
-<div class="chapter">
-
-<p class="s3 center padtop3"><b>Verbesserungen im zweiten Bande</b>.</p>
-
-</div>
-
-<table class="verbesserungen" summary="Verbesserungen im ersten Band">
- <tr>
- <td class="vat">
- S.
- </td>
- <td class="vat">
- &#8199;50
- </td>
- <td class="vat">
- Z.
- </td>
- <td class="vat">
- &#8199;1
- </td>
- <td class="vat">
- von
- </td>
- <td class="vat">
- oben
- </td>
- <td class="vat">
- lies
- </td>
- <td class="vab">
- <a href="#Moriah"><em class="gesperrt">in der Tiefe zwischen Moriah und Zion</em>
- ; <em class="gesperrt">jenseits</em> am</a>.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- &nbsp;„
- </td>
- <td class="vat">
- &#8199;64
- </td>
- <td class="vat">
- &nbsp;„
- </td>
- <td class="vat">
- &#8199;3
- </td>
- <td class="vat">
- &ensp;„
- </td>
- <td class="vat">
- &nbsp;&ensp;„
- </td>
- <td class="vat">
- &ensp;„
- </td>
- <td class="vab">
- <em class="gesperrt"><a href="#waeren">wären</a></em> für
- <em class="gesperrt">waren</em>.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- &nbsp;„
- </td>
- <td class="vat">
- &#8199;80
- </td>
- <td class="vat">
- &nbsp;„
- </td>
- <td class="vat">
- 11
- </td>
- <td class="vat">
- &ensp;„
- </td>
- <td class="vat">
- unten
- </td>
- <td class="vat" colspan="2">
- lösche das ; vor <em class="gesperrt"><a href="#weiter">weiter</a></em>.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- &nbsp;„
- </td>
- <td class="vat">
- <a href="#Seite_125">125</a>
- </td>
- <td class="vat" colspan="6">
- statt 152.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- &nbsp;„
- </td>
- <td class="vat">
- 156
- </td>
- <td class="vat">
- Z.
- </td>
- <td class="vat">
- &#8199;4
- </td>
- <td class="vat">
- von
- </td>
- <td class="vat">
- unten
- </td>
- <td class="vat">
- lies
- </td>
- <td class="vab">
- <em class="gesperrt"><a href="#heben">heben</a></em> für
- <em class="gesperrt">haben</em>.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- &nbsp;„
- </td>
- <td class="vat">
- 159
- </td>
- <td class="vat">
- &nbsp;„
- </td>
- <td class="vat">
- &#8199;8
- </td>
- <td class="vat">
- &ensp;„
- </td>
- <td class="vat">
- &nbsp;&ensp;„
- </td>
- <td class="vat">
- &ensp;„
- </td>
- <td class="vab">
- <em class="gesperrt"><a href="#heirathen">heirathen</a></em> für
- <em class="gesperrt">heitathen</em>.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- &nbsp;„
- </td>
- <td class="vat">
- 161
- </td>
- <td class="vat">
- &nbsp;„
- </td>
- <td class="vat">
- 10
- </td>
- <td class="vat">
- &ensp;„
- </td>
- <td class="vat">
- oben
- </td>
- <td class="vat">
- &ensp;„
- </td>
- <td class="vab">
- <em class="gesperrt"><a href="#schofe">schỏfe</a></em> für
- <em class="gesperrt">schṓfe</em>.
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p>Nicht sinnstörende Druckfehler (z. B. 1, 19 Schemmel st.
-<em class="gesperrt">Schemel</em>, 1, 103 Letze st. <em class="gesperrt">Letzte</em>, 1, 123 faullenzt st.
-<em class="gesperrt">faulenzt</em>, 1, 181 schlossen st. <em class="gesperrt">schloßen</em>, 1, 211 pauckte
-st. <em class="gesperrt">paukte</em>, 1, 303 Regen st. <em class="gesperrt">Regnen</em>, 2, 162 <a href="#Montags">Montag</a>
-st. <em class="gesperrt">Montags</em>), insbesondere der Interpunkzion, wenigstens im
-ersten Bande (z. B. S. 8, 26, 28), so wie auch die Ungleichheit in
-der Rechtschreibung (z. B. <em class="gesperrt">Kroazien</em> neben <em class="gesperrt">Kroatien</em>,
-<em class="gesperrt">lange Weile</em> neben <em class="gesperrt">Langeweile</em>, <em class="gesperrt">Pfennige</em> neben
-<em class="gesperrt">Pfenninge</em>, <em class="gesperrt">Bogen</em> neben <em class="gesperrt">Bögen</em>, <em class="gesperrt">Reiß</em> neben
-<em class="gesperrt">Reis</em>) wolle der Leser selbst verbessern.</p>
-
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-
-<p class="s3 center"><b>Inhalt des ersten Bandes</b>.</p>
-
-</div>
-
-<table class="toc" summary="Inhaltsverzeichnis 1. Band">
- <tr>
- <td class="ukap">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="ste">
- Seite
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Reise nach Triest
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;&#8199;1.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Mein Aufenthalt auf dem Eilande Lossin oder Ossero
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;10.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Fahrt nach Alexandrien
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;25.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="kap">
- Alexandrien.
- </td>
- <td class="ste">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Lage
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;58.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Gebäude
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;59.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Krankenhäuser
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;67.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Auch das Observazionsspital oder die Observazionshütten
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;70.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Katakomben und der Pferdestall
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;78.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Nadeln der <em class="gesperrt">Kleopatra</em> und der Flohfänger
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;80.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Pompejussäule und die Schandsäule
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;82.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Nachgrabungen
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;85.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Leute. Bevölkerung
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;88.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Ritt zur Beschneidung
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;91.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Primarschule
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;92.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Zeichenschule
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;93.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Weiberhändel
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;95.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Geld und Geldnoth
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;97.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Das Schiff der Wüste
- </td>
- <td class="ste">
- &#8199;99.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Anleitung für den Reisenden
- </td>
- <td class="ste">
- 100.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap">
- Die Nilfahrt nach Kairo
- </td>
- <td class="ste">
- 104.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="kap">
- Kairo.
- </td>
- <td class="ste">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Lage der Stadt, Strich des Himmels und Gesundheitszustand
- der Menschen
- </td>
- <td class="ste">
- 134.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Stadt nach ihrer Bauart
- </td>
- <td class="ste">
- 140.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Das Schloß, der Jussufsbrunnen und die Grabmale von Kâyd-Bei
- </td>
- <td class="ste">
- 148.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Das Militärkrankenhaus
- </td>
- <td class="ste">
- 155.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Narrenmenagerie
- </td>
- <td class="ste">
- 157.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Stadt der Einäugigen und der Blinden
- </td>
- <td class="ste">
- 162.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Das öffentliche Bad
- </td>
- <td class="ste">
- 163.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Wie die Egypzier im sechszehnten Jahrhundert die Bäder gebrauchten
- </td>
- <td class="ste">
- 168.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Sklavenmarkt
- </td>
- <td class="ste">
- 173.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Das Katzenstift
- </td>
- <td class="ste">
- 177.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Gärten
- </td>
- <td class="ste">
- 181.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Esbekieh
- </td>
- <td class="ste">
- 183.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Physiologischer und psychologischer Karakter der Einwohner
- </td>
- <td class="ste">
- 184.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Tracht
- </td>
- <td class="ste">
- 194.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Speisen und Getränke
- </td>
- <td class="ste">
- 198.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Kaffeehäuser
- </td>
- <td class="ste">
- 204.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Schneller Justizgang
- </td>
- <td class="ste">
- 208.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der egyptische Tanz
- </td>
- <td class="ste">
- 210.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Brautzug
- </td>
- <td class="ste">
- 213.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Leichenzug
- </td>
- <td class="ste">
- 216.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Straßensänger
- </td>
- <td class="ste">
- 218.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Versteigerer
- </td>
- <td class="ste">
- 219.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Barbier
- </td>
- <td class="ste">
- 220.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Lagerstellenmacher
- </td>
- <td class="ste">
- 221.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Glaser
- </td>
- <td class="ste">
- 222.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Schuhmacher
- </td>
- <td class="ste">
- 223.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Der Töpferwaarenflicker
- </td>
- <td class="ste">
- 224.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Missionarien
- </td>
- <td class="ste">
- 226.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Renegaten
- </td>
- <td class="ste">
- 228.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Müsterchen von Europäern in Egypten, oder ein Porträt
- über Kairo aus Europa
- </td>
- <td class="ste">
- 230.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Undank für treue Liebe
- </td>
- <td class="ste">
- 233.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Unter österreichischer Protekzion
- </td>
- <td class="ste">
- 235.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Meine Wohnung
- </td>
- <td class="ste">
- 236.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Meine Nahrung und Getränke
- </td>
- <td class="ste">
- 238.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Umgebung von Kairo:
- </td>
- <td class="ste">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap2">
- Todtenstadt el-Seydeh Omm Kâsim
- </td>
- <td class="ste">
- 242.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap2">
- Die Wasserleitung
- </td>
- <td class="ste">
- 244.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap2">
- Altkairo und das armenische Kloster
- </td>
- <td class="ste">
- 246.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap2">
- Das griechische Kloster und der Altar der h. Frau im koptischen
- Kloster
- </td>
- <td class="ste">
- 247.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap2">
- Der Tempel <em class="gesperrt">A’mrus</em>
- </td>
- <td class="ste">
- 250.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap2">
- Der Garten <em class="gesperrt">Ibrahim-Paschas</em> und der
- Nilometer auf der Insel Ruda
- </td>
- <td class="ste">
- 253.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap2">
- Ausflug nach Heliopolis und Abusabel
- </td>
- <td class="ste">
- 258.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap2">
- Geschichtlicher Rückflug nach Mattarieh
- </td>
- <td class="ste">
- 280.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap2">
- Abenteuerlicher Ritt nach den Pyramiden von Gizeh
- </td>
- <td class="ste">
- 281.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Wegweiser in und um Kairo
- </td>
- <td class="ste">
- 295.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Rückblick auf Kairo
- </td>
- <td class="ste">
- 297.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Reise durch die Wüste nach El-Arysch
- </td>
- <td class="ste">
- 297.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="ukap1">
- Die Quarantäne in El-Arysch
- </td>
- <td class="ste">
- 321.
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<hr class="full" />
-
-<div class="chapter">
-
-<div class="reklame">
-
-<p class="s3 center mbot2">Nützlichstes und wohlfeiles Geschenk für die Jugend.</p>
-
-<hr class="r10" />
-
-<p class="s2 center"><b>Hand- und Hausbuch</b><br />
-<span class="s6">für jeden Schweizer<br />
-<span class="s5">und</span><br />
-<b>zweckmäßigste Anleitung,</b></span><br />
-<span class="s5">die Schweiz zu bereisen.</span></p>
-
-<hr class="r10" />
-
-<p class="mbot1">Bei <em class="gesperrt">Orell</em>, <em class="gesperrt">Füßli</em> und <em class="gesperrt">Comp.</em> ist erschienen und
-durch alle Buchhandlungen zu beziehen:</p>
-
-<p class="s4 center">Die zweite, umgearbeitete Ausgabe<br />
-<span class="s5"><span class="mleft0_3">d</span><span class="mleft0_3">e</span><span class="mleft0_3">r</span></span><br />
-<span class="s4"><b><span class="mleft0_2">E</span><span class="mleft0_2">r</span><span class="mleft0_2">d</span><span class="mleft0_2">k</span><span class="mleft0_2">u</span><span class="mleft0_2">n</span><span class="mleft0_2">d</span><span class="mleft0_2">e</span></b></span><br />
-<span class="s5">der</span><br />
-<span class="s3"><b>Schweizerischen Eidgenossenschaft.</b></span></p>
-
-<p class="s4 center mtop1"><span class="mleft0_3">V</span><span class="mleft0_3">o</span><span class="mleft0_3">n</span><br />
-
-<b>Gerold Meyer von Knonau.</b></p>
-
-<p class="center">1ster Band. gr. 8. 872 Seiten, in Umschlag.</p>
-
-<p class="center">1 Rthlr. 16 Gr. &mdash; 2 fl. 30 kr.</p>
-
-<p>Der 2te Band, Schluß des Werkes, erscheint Ende Juni 1839.</p>
-
-<p>Herr <em class="gesperrt">v. Meyer</em> hat sich schon als Leiter der ausgezeichneten
-„<em class="gesperrt">Gemälde der Schweiz</em>“, die in 22 Bänden die Schweiz schildern
-sollen, und als Verfasser der Schilderungen der Kantone Zürich und
-Schwyz einen bleibenden Ruf gesichert.</p>
-
-</div>
-
-<div class="figcenter">
- <a id="anzeige" name="anzeige">
- <img class="mtop2" src="images/anzeige.jpg"
- alt="" /></a>
- <p class="caption s5">Original-Abbildung</p>
-</div>
-
-</div>
-
-<hr class="full" />
-
-<div class="chapter">
-
-<div class="footnotes">
-
-<p class="s2 center"><b>Fußnoten:</b></p>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_1_1" id="Fussnote_1_1"></a><a href="#FNAnker_1_1"><span class="label">[1]</span></a> Es kam später ein Engländer von Jerusalem über die
-reißenden Waldströme des Gebirges Juda mit Lebensgefahr nach Jaffa, und
-er erzählte mir, daß in jener Stadt ein knietiefer Schnee sich legte,
-welcher ihm den Besuch mancher Stellen erschwerte.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_2_2" id="Fussnote_2_2"></a><a href="#FNAnker_2_2"><span class="label">[2]</span></a> <em class="gesperrt">Markus</em> 15 K. 46 V. Es scheint diese Stelle für ein
-senkrecht eingehauenes Felsengrab zu sprechen, während andere Stellen
-und die drei übrigen Evangelisten nicht eigentlich dagegen aussagen.
-Man bückte sich, um genauer nachzusehen, und man ging ins Grab. Man
-würde heute noch in ein gewöhnliches Grab steigen, wenn ein Leichnam
-fehlte, um sich der erstaunlichen Erscheinung recht zu vergewissern.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_3_3" id="Fussnote_3_3"></a><a href="#FNAnker_3_3"><span class="label">[3]</span></a> Es macht mir Mühe, alles Obige stehen zu lassen. Nicht
-lange nach meiner Abreise, nämlich am Vorabende der Weihnachten, starb
-der liebens- und ehrwürdige Greis.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_4_4" id="Fussnote_4_4"></a><a href="#FNAnker_4_4"><span class="label">[4]</span></a> Zu einem Theile davon führte er mich in Begleitung eines
-eingebornen Ortskundigen.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_5_5" id="Fussnote_5_5"></a><a href="#FNAnker_5_5"><span class="label">[5]</span></a> Das Wadengeschwür, welches in Folge dieses Rittes über das
-Gebirge entstand, heilte erst nach Verlauf von zwei oder drei Wochen.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_6_6" id="Fussnote_6_6"></a><a href="#FNAnker_6_6"><span class="label">[6]</span></a> Ich besprach schon vorläufig den Vertrag mit dem
-Schiffshauptmanne. Er wäre unerfüllt geblieben, weil das Schiff in
-Kaifa Bruch litt.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_7_7" id="Fussnote_7_7"></a><a href="#FNAnker_7_7"><span class="label">[7]</span></a> Ich übersprang das Jahr 1828, in welchem die Pest
-herrschte. Sie allein raffte vom 24. Merz bis zum 30. Mai 19 Menschen
-hinweg.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_8_8" id="Fussnote_8_8"></a><a href="#FNAnker_8_8"><span class="label">[8]</span></a> Neben dem lateinischen Hospiz gegen Mittag steht, nur
-durch eine schmale Stiegengasse getrennt, das griechische Kloster.
-Von unserm Dache sah ich auf dasjenige dieses Klosters hinunter. Ich
-konnte die Pilger täglich beobachten, wollte sie aber zuerst nicht
-für Mitchristen halten, weil sie auch des Sonntags arbeiteten. Die
-Pilgerinnen putzten sich auf dem Dache, als sähe sie Niemand, und als
-hätten sie einem Lustanlasse beizuwohnen. Eine junge Griechin wollte
-nicht einmal so viel Rücksicht nehmen, wie die halbschwarze Egypzierin.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_9_9" id="Fussnote_9_9"></a><a href="#FNAnker_9_9"><span class="label">[9]</span></a> Viele wurden ehedem auf dem Landwege nach Jerusalem
-meuchelmörderisch überfallen. Eine Menge fand schon in dem Abgrunde des
-Meeres den Tod. In der letzten Sturmeszeit sollen in einem Nachbarhafen
-140 Pilger um das Leben gekommen sein.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_10_10" id="Fussnote_10_10"></a><a href="#FNAnker_10_10"><span class="label">[10]</span></a> Es gibt benachbarte Gegenden, wo der schüchterne
-Jüngling mit Stockprügeln zur Lüftung des Schleiers getrieben werden
-muß. <span class="antiqua">Risum teneatis, amici.</span> Wie weit weg vom ritterlichen
-Heldenmuthe.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_11_11" id="Fussnote_11_11"></a><a href="#FNAnker_11_11"><span class="label">[11]</span></a> Diese Männer Gottes verdammen wahrscheinlich nach der
-Lehre der Schrift: <span class="antiqua">Nolite judicare, ut non judicemini</span> (Urtheilet
-nicht, damit ihr nicht beurtheilet werdet.)</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_12_12" id="Fussnote_12_12"></a><a href="#FNAnker_12_12"><span class="label">[12]</span></a> Wenn man nicht lieber auf dem Dampfboote des
-österreichischen Lloyd reisen will, welches allemal im Anfange und in
-der Mitte eines Monats von Triest abfährt (1839).</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_13_13" id="Fussnote_13_13"></a><a href="#FNAnker_13_13"><span class="label">[13]</span></a> Wer bequemer reisen will, dem kann ich nicht
-nachdrücklich genug empfehlen, daß er auf irgend eine Vorrichtung
-zum Schutze vor den <em class="gesperrt">Stechfliegen</em>, den Schlafräubern, denke.
-Ich verbrachte die erste Nacht in Alexandrien wegen der Stechfliegen
-sehr unangenehm. Ich betrachtete den Bettvorhang mit nordischen
-Augen, und glaubte, er sollte das Bett umhüllen. Ich erzählte meine
-Widerwärtigkeit, und da vernahm ich, daß er ein <em class="gesperrt">Fliegenvorhang</em>
-(Mosquetière) sei. Ich solle, hieß es, vor dem Schlafengehen nur alle
-Fliegen hinausjagen, und dann das Bett mit dem Vorhang umschließen. Ich
-that es, und schlief ungestört. In meinem Zimmer brumsete eine solche
-Menge Fliegen, daß sie meinen Zucker buchstäblich schwärzte. Eine
-Limonade zu bereiten, kostete viel Mühe, und bei aller Vorsicht konnte
-ich nicht hindern, daß nicht einige Fliegen in das Getränke fielen. In
-Abusabel bettete man mir vortrefflich auf dem Diwane; es fehlte aber
-ein Fliegenvorhang; ich deckte das Gesicht mit einem Tuche; dieses
-hielt zu warm, und ich mußte es entfernen. Die Fliegenqual gestattete
-mir wenig Schlaf. Ehe ich bei meinem Freunde in Kairo einzog, machte
-ich darum auch Schwierigkeiten, weil er keinen Fliegenvorhang besitze.
-In seinem Hause seien wenig Fliegen, erwiederte er. In der That
-beunruhigte mich nur selten eine Fliege. Man unterscheidet in Kairo die
-Häuser in solche, worin es viel, und in andere, worin es wenig oder
-keine Fliegen gibt, je nachdem ohne Zweifel die Häuser von der Sonne
-mehr oder minder beschienen werden, und für jene mehr oder minder Köder
-enthalten. Die letzten, doch nicht viele, Stechfliegen plagten mich in
-Ramle. In Jaffa sollen sie selbst in der Mitte des Sommers sehr selten
-schwärmen. Die Bücher englischer Reisender sind überaus erbaulich, wenn
-sie über die Stechfliegen so gewaltig Lärm schlagen. Von Leuten, die
-auf eine Reise <em class="gesperrt">viel</em> verwenden, sich aber wegen der <em class="gesperrt">wichtigen
-Kleinigkeit</em> nicht vorsehen, wie leicht man sich auch vor den
-Fliegen schützen könnte, muß man beinahe glauben, daß sie Stoff zu
-Klagen lieben und suchen.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_14_14" id="Fussnote_14_14"></a><a href="#FNAnker_14_14"><span class="label">[14]</span></a> Die Bemerkungen über die verschiedenen
-Religionsbekenntnisse der Bewohner in Syrien <em class="gesperrt">übersetzte</em> ich
-während meiner Wanderung größtentheils aus der vorne [S. 5 des 1.
-Bandes] genannten italienischen Schrift von <em class="gesperrt">Failoni</em>.</p></div>
-
-</div>
-
-</div>
-
-<p>&nbsp;</p>
-<p>&nbsp;</p>
-<hr class="pg" />
-<p>***END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK LUSTREISE INS MORGENLAND, ZWEITER THEIL (VON 2)***</p>
-<p>******* This file should be named 54574-h.htm or 54574-h.zip *******</p>
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-<p>
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-eBook, complying with the rules is very easy. You may use this eBook
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-<br />
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-1.E.8.</p>
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-things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works
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- of the country where you are located before using this
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-contain a notice indicating that it is posted with permission of the
-copyright holder), the work can be copied and distributed to anyone in
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-Gutenberg" associated with or appearing on the work, you must comply
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-with the permission of the copyright holder, your use and distribution
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-additional terms imposed by the copyright holder. Additional terms
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-beginning of this work.</p>
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-provided that</p>
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-<ul>
-<li>You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from
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- you already use to calculate your applicable taxes. The fee is owed
- to the owner of the Project Gutenberg-tm trademark, but he has
- agreed to donate royalties under this paragraph to the Project
- Gutenberg Literary Archive Foundation. Royalty payments must be paid
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- Gutenberg Literary Archive Foundation at the address specified in
- Section 4, "Information about donations to the Project Gutenberg
- Literary Archive Foundation."</li>
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- License. You must require such a user to return or destroy all
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- works.</li>
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-<li>You provide, in accordance with paragraph 1.F.3, a full refund of
- any money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the
- electronic work is discovered and reported to you within 90 days of
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-<li>You comply with all other terms of this agreement for free
- distribution of Project Gutenberg-tm works.</li>
-</ul>
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-Gutenberg-tm electronic work or group of works on different terms than
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-from both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and The
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-<p>1.F.</p>
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-in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS', WITH NO
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-LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.</p>
-
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-warranties or the exclusion or limitation of certain types of
-damages. If any disclaimer or limitation set forth in this agreement
-violates the law of the state applicable to this agreement, the
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-limitation permitted by the applicable state law. The invalidity or
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-remaining provisions.</p>
-
-<p>1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
-trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
-providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in
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-production, promotion and distribution of Project Gutenberg-tm
-electronic works, harmless from all liability, costs and expenses,
-including legal fees, that arise directly or indirectly from any of
-the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this
-or any Project Gutenberg-tm work, (b) alteration, modification, or
-additions or deletions to any Project Gutenberg-tm work, and (c) any
-Defect you cause. </p>
-
-<h3 class="pg">Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm</h3>
-
-<p>Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
-electronic works in formats readable by the widest variety of
-computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It
-exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations
-from people in all walks of life.</p>
-
-<p>Volunteers and financial support to provide volunteers with the
-assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
-goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
-remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
-Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
-and permanent future for Project Gutenberg-tm and future
-generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
-Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
-Sections 3 and 4 and the Foundation information page at
-www.gutenberg.org.</p>
-
-<h3 class="pg">Section 3. Information about the Project Gutenberg
-Literary Archive Foundation</h3>
-
-<p>The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
-501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
-state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
-Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
-number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary
-Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
-U.S. federal laws and your state's laws.</p>
-
-<p>The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the
-mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its
-volunteers and employees are scattered throughout numerous
-locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt
-Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to
-date contact information can be found at the Foundation's web site and
-official page at www.gutenberg.org/contact</p>
-
-<p>For additional contact information:</p>
-
-<p> Dr. Gregory B. Newby<br />
- Chief Executive and Director<br />
- gbnewby@pglaf.org</p>
-
-<h3 class="pg">Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
-Literary Archive Foundation</h3>
-
-<p>Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
-spread public support and donations to carry out its mission of
-increasing the number of public domain and licensed works that can be
-freely distributed in machine readable form accessible by the widest
-array of equipment including outdated equipment. Many small donations
-($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
-status with the IRS.</p>
-
-<p>The Foundation is committed to complying with the laws regulating
-charities and charitable donations in all 50 states of the United
-States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
-considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
-with these requirements. We do not solicit donations in locations
-where we have not received written confirmation of compliance. To SEND
-DONATIONS or determine the status of compliance for any particular
-state visit <a href="http://www.gutenberg.org/donate">www.gutenberg.org/donate</a>.</p>
-
-<p>While we cannot and do not solicit contributions from states where we
-have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
-against accepting unsolicited donations from donors in such states who
-approach us with offers to donate.</p>
-
-<p>International donations are gratefully accepted, but we cannot make
-any statements concerning tax treatment of donations received from
-outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.</p>
-
-<p>Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
-methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
-ways including checks, online payments and credit card donations. To
-donate, please visit: www.gutenberg.org/donate</p>
-
-<h3 class="pg">Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works.</h3>
-
-<p>Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
-Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be
-freely shared with anyone. For forty years, he produced and
-distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of
-volunteer support.</p>
-
-<p>Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
-editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in
-the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not
-necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper
-edition.</p>
-
-<p>Most people start at our Web site which has the main PG search
-facility: www.gutenberg.org</p>
-
-<p>This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
-including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
-Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
-subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.</p>
-
-</body>
-</html>
-
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