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If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - - - - -Title: Lustreise ins Morgenland, Zweiter Theil (von 2) - - -Author: Titus Tobler - - - -Release Date: April 20, 2017 [eBook #54574] - -Language: German - -Character set encoding: UTF-8 - - -***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK LUSTREISE INS MORGENLAND, ZWEITER -THEIL (VON 2)*** - - -E-text prepared by the Online Distributed Proofreading Team -(http://www.pgdp.net) from page images digitized by the Google Books -Library Project (https://books.google.com) and generously made available -by HathiTrust Digital Library (http://www.hathitrust.org/digital_library) - - - -Note: Images of the original pages are available through - HathiTrust Digital Library. See - https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=hvd.32044010412369;view=1up;seq=355 - - Project Gutenberg has the other volume of this work. - Erster Theil: see http://www.gutenberg.org/ebooks/54573 - - -Anmerkungen zur Transkription - - Der vorliegende Text wurde anhand der 1839 erschienenen - Buchausgabe so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. - Ungewöhnliche, altertümliche und inkonsistente Schreibweisen - wurden, auch bei Eigennamen, beibehalten, insbesondere wenn - es sich um Übertragungen fremdsprachlicher Begriffe handelt - oder diese im Text mehrfach auftreten. Zeichensetzung und - offensichtliche typographische Fehler wurden stillschweigend - korrigiert. - - Das gesamte Inhaltsverzeichnis beider Bände sowie die Liste - der Verbesserungen befinden sich in der Originalausgabe - lediglich am Ende des zweiten Buches. Der Übersichtlichkeit - halber wurde das Verzeichnis des betreffenden Bandes an - dessen Anfang gestellt, das Inhaltsverzeichnis des jeweils - anderen Bandes dagegen an das Ende des Buches. Die - Verbesserungen erscheinen am Ende des jeweiligen Bandes; - diese sind, soweit sie vom Autor als relevant eingestuft - wurden, bereits in das vorliegende Buch eingearbeitet worden. - - Die Buchversion wurde in Frakturschrift gedruckt. Die von - der Normalschrift abweichenden Schriftschnitte wurden in - der vorliegenden Fassung mit den folgenden Sonderzeichen - gekennzeichnet: - - kursiv: _Unterstriche_ - fett: =Gleichheitszeichen= - gesperrt: +Pluszeichen+ - Antiqua: ~Tilden~ - - - - - - Lustreise ins Morgenland. - - - - - Lustreise - - ins - - Morgenland. - - Unternommen und geschildert - - von - - ~Dr.~ Titus Tobler. - - Zweiter Theil. - - Zürich, - bei Orell, Füßli und Compagnie. - 1839. - - - - -Inhalt des zweiten Bandes. - - Seite - - - Reise nach Jerusalem 1. - - Einige geographische Bemerkungen über Syrien 13. - - Einige Bemerkungen über die verschiedenen - Religionsbekenntnisse der Bewohner in Syrien 15. - - Gaza 28. - - Fortsetzung der Reise nach Jerusalem 30. - - Ende der Reise dahin 38. - - =Jerusalem.= - - Oertliche und klimatische Verhältnisse 46. - - Gesundheitszustand und Bevölkerung 52. - - Bauart der Stadt 53. - - Die Kirche des Christusgrabes 56. - - Liegt das Grab +Christi+ in oder außer der jetzigen - Stadt Jerusalem? 63. - - Die Gräber der Könige 69. - - Die Grabhöhle der +Maria+ 71. - - Die Grabmale +Absaloms+, +Josaphats+ und - +Zachariassen+ 72. - - Der Brunnen Siloah 73. - - Die Felsanhöhe Zion 75. - - Der Oelberg 79. - - Die übrigen Merkwürdigkeiten 81. - - Physiologischer Karakter der Einwohner 82. - - Sitten und Gebräuche 83. - - Die Tracht 84. - - Das Kriegsvolk 87. - - Die Pilger 94. - - Der Geist der Christen 97. - - Der Ablaß der römisch-katholischen Kirche 99. - - Der alte deutsche Pater und die große Apotheke 102. - - Meine Zelle im Kloster des Erlösers 104. - - Der Führer um und in Jerusalem 106. - - Rückblick auf Jerusalem 108. - - Ausflug nach Bethlehem 110. - - Die Beschiffung des Lothssees 115. - - Nach Jaffa am Mittelmeere 116. - - - =Jaffa.= - - Lage, Gassen, Hafen, Bevölkerung 121. - - Jaffa, wie es ehemals war 123. - - Die Tageslänge 125. - - Witterungsbeschaffenheit 127. - - Der Meeressturm und der Schiffbruch 128. - - Gesundheitszustand 132. - - Auf dem Hospizdache 136. - - Das Bauernhäuschen 138. - - Das Quarantänegebäude oder Pestlazareth 145. - - Die Jaffanerin kommunizirt, besprengt sich 147. - - Der Jaffaner 149. - - Die Pilger 150. - - Die arabische Knabenschule der Lateiner 152. - - Der Gruß 156. - - Die Brautwerbung und die Hochzeit 159. - - Die Wöchnerin und das Kind 167. - - Wiegenlied und Kinderjucks 170. - - Die Verehrung der Todten 173. - - Die Rekruten oder die Konskribirten 176. - - Das Weinen oder die Raserei am Neujahrstage 1836 179. - - +Ibrahim-Pascha+ 184. - - Kleine Petschaften oder Siegel 186. - - Der Hakim 187. - - Die Fleischbank 189. - - Der Zuckerrohrmarkt 191. - - Der Tabakschneider 193. - - Der Nargilebediente; die Rauchvirtuosität 196. - - Der Kaffeeröster und Kaffeezerstößer 197. - - Der Baumwollereiniger und Schilfdeckenweber 199. - - Der wandernde Schiffer und Kinderspiele 201. - - Spiel der älteren Leute 202. - - Meine Lebensart 205. - - Ich lese die Bibel 209. - - Ein Pater sagt, ich werde des Teufels 210. - - Wie die Gleißnerei im Namen der heiligen Religion einen - Unschuldigen prügelt; laue Konsulats- und Mönchspolizei 212. - - Der Konsul +Damiani+; mein Besuch in seinem Hause 217. - - Vorbereitung zur Abreise. 222. - - Nach Rhodos 226. - - - =Rhodos.= - - Lage, Himmel, Volkszahl 236. - - Die Stadt Rhodos 238. - - Das Leichenfeld 241. - - Die Bewohner; das lateinische Hospiz; - Knabenspiel; große Hähne 243. - - Der Abend im Schiffsraume 247. - - Spaziergang gegen Trianda 248. - - Nach Konstantinopel, Triest und heim 251. - - Anleitung zu der Pilgerfahrt nach Jerusalem 256. - - Schlußbetrachtungen 267. - - - - -Reise nach Jerusalem. - -Gepurzel; Gelage; Kameelschädel als Verzierungen; die angebaute -Gegend entzückt; Grenzscheide zweier Welttheile; Raphia und Jenisus; -Schattenriß des Reisegesellschafters. - - -Dinstags gegen Abend des 24. Wintermonates, als am zwölften so heiß -ersehnten Kontumaztage, brachen wir fröhlich auf. Die wiedererlangte -Freiheit schmeckte süßer, als Honigseim. Mein hochbuckeliger -Kontumazist schien Eile zu haben. Kaum wollte ich auf ihn steigen, so -stand er auf. Ich konnte mich nicht mehr halten und purzelte, das Rad -schlagend, hinunter. Die Freude meines türkischen Nachbars, welcher -dem Gepurzel zusah, dauerte jedoch nicht lange; gleich saß ich auf -dem Dromedar fest und wir trabten von dannen. Echt morgenländisch -bewirthete uns der Quarantänedirektor, dessen Einladung in seine -Wohnung wir mit Geneigtheit entsprachen. Beim Anblicke der vielen -Trachten, die sich am Abendmahle folgten, hätte man nicht glauben -sollen, daß so viel Ueppigkeit an einem Orte anzutreffen wäre, wo uns -an den ersten Tagen die Lebensmittel zum Theile mangelten. Da weder -Messer, noch Gabel vorgelegt wurden, so mußten wir zum Gerichte die -Finger orientalisiren. Dieser patriarchalische Gebrauch ist wirklich -sehr bequem; nur wollte mir der Sitz auf dem Boden am kleinen, -niedrigen, runden Tische nicht behagen. - -Ich könnte die Wonne nicht beschreiben, welche im Hause des -Pharmazisten mich, als Freigelassenen aus dem Zelte, beseelte. Ganz -komfortable fand ich das Gebäude mit einem einzigen Zimmer, mit blinden -Wänden, mit dem Boden von Erde, mit dem Dache von Palmstämmen, von -Reisern und Laub. Wieder einmal ordentlich stehen und herumgehen zu -können, ohne immer mit dem Kopfe karamboliren zu müssen, war ein -unaussprechliches Vergnügen. Nicht mehr plagte die Furcht vor den -Thränen des Himmels. - -+El-Arysch+, das Dorf selbst, liegt etwa eine halbe Stunde südöstlich -von der Quarantäne. Von Aloe, Datteln und indischen Feigen umkränzt, -lacht es so traulich aus der Wüste entgegen. Eben blühten die Bohnen -und Alles athmete den Frühling. Der Ort, obwohl nicht groß, hat -einen Bassar. Ueber den Thüren der Häuser stehen als Verzierungen -Kameelschädel. Die Bevölkerung besteht größtentheils aus Weißen, und -gerne begegnet man dieser Menschenfarbe wieder, wenn man eine Zeitlang -fast lauter Halbschwarze gesehen hat. - -Am Abende zeigte ich dem Pharmazisten einen Theil meiner wenigen, -aus Kairo mitgebrachten Alterthümer. Eine aus Stein gehauene Figur -faßte eben ein Araber recht ins Auge, als er bemerkte, daß er auch -schon Steine auf dem Wege gesehen, aber keine Lust gehabt hätte, -sie mitzunehmen. Weil ich nicht arabisch konnte, so hielt mich ein -arabischer Jüngling für erzdumm und verglich mich einem Kameele, -welches auch nicht reden könne. Während wir schon in unsern Betten -ruhten, wurden von arabischen Jünglingen einige Tänze aufgeführt. - - -+Den 25.+ - -Vor Tagesanbruch rief der Pharmazist seine jungen Burschen herein, um -die Pfeifen anzünden und einen schwarzen Kaffee bereiten zu lassen. Sie -brachten die glühende Kohle in der Zange auf die gestopfte Pfeife, und -wir rauchten; sie trugen den heißen Kaffee herbei, und wir tranken. -Unser Gastwirth hat die morgenländischen Sitten aufs gutherzigste -eingeschlürft, und oft pries er sie als echter Lebemann. - -Der Hauptmann und ich ritten mit drei Dromedaren weg. Auch dieser Theil -der Wüste war hie und da mit Gewächsen bedeckt. Auf dem Wege erblickten -wir dann und wann eine Kameel-, Schaf- oder Ziegenherde. Mittags -gelangten wir zu einer Post, um welche ein zahlreiches Volk Hühner -wimmelte. Vor derselben erinnerte eine Strecke Salzboden an die Gegend -von Choanat. Bei der Post, wo wir nur kurz anhielten, begann angebautes -Feld inmitten wüster Ländereien zu meinem Entzücken; es übersiedelte -mich wieder nach Europa. Entbehrungen haben doch das Gute, daß sie -meistens mit erhöhtem Genusse enden. - -In Egypten streift keine Ackerfurche durch Hügelabhänge. Neu waren -mir wieder die durchfurchten Abdachungen. Ein Kameel zog an zwei -Stricken mit den Schulterblättern den Pflug, welcher nur kleine, -etwa vier bis fünf Zoll von einander entfernte Gräben aufwühlte. Dem -Ackerfelde folgten Triften, worauf viele Schafe und Ziegen unter der -Hut von Mädchen weideten. Die Erde hatte ein anderes Kleid an. Die -unermüdlichen Vögel sangen ohne Unterlaß. - -Der Weg strich gegen Nordost. Als ich einmal das Meer wahrnahm, lag -es gegen Abend. Es stieg in mir der Gedanke auf, daß ich nicht mehr -in Egypten, nicht mehr in Afrika, sondern in +Asien+ sei. Dieser -Gedanke versetzte meine Seele in angenehme Schwingung. Ich durfte -wohl die Grenze des asiatischen Bodens nicht überschreiten, ohne -lebhafte Begeisterung für die folgenreichen Thaten seiner längst -entschwundenen, ehrwürdigen Bewohner, welche jetzt noch bei uns zum -Vorbilde genommen werden. Staunend senkte sich mein Blick auf den alten -Welttheil, das Geburtsland von +Christus+ aus Nazareth, das Stromgebiet -religiöser Grundansichten, welche mir schon in früher Jugend am fernen -Alpengebirge Europens eingeflößt wurden. Ich möchte meine Gedanken -und meine Gefühle beim Betreten Asiens nicht näher bezeichnen, aus -Besorgniß, daß man sie als unzeitige Ergüsse mißdeuten könnte. Statt -alles Mehreren werfe ich bloß die schlichte Frage auf: Kann ein -Unterrichteter ohne eine Regung des Geistes und ohne eine Bewegung -des Gemüthes den Boden dieses Welttheils berühren? Ich erinnere mich -noch der Kinderjahre, in denen ich mir das biblische Asien, die Gegend -meiner Sehnsucht, als die Hälfte des Weges in die Ewigkeit vorstellte. -Die Träumereien der Jugend verdienen keinesweges die Verachtung, die -ihnen gemeiniglich widerfährt; sie haben allerdings nicht selten -Bedeutung und Werth; sie sind ein trüber Waldbach, der nur durch die -Seihe der reiferen Jahre fließen darf, um klar und genießbar zu werden. - -+Rafa+, Raphia bei den Alten, ist fast ganz vergangen. Eine halb in -die Erde gestürzte Säule trauert am Wege in Gesellschaft von zwei -aufrecht stehenden. Jene soll die Grenzsäule zwischen Asien und Afrika -sein. - -Wir kamen diesen Nachmittag neuerdings in die Wüste und über mehrere -Sandhügel. -- Einmal verlor ich den Hauptmann und unsern neuen Führer, -einen Mohren, völlig aus den Augen. Auf einem Scheidewege fiel die -Wahl mir schwer. Ich schlug den linken Weg ein, ungeachtet ich dazu -den Dromedar, der gerade vorwärts wollte, nur mit Mühe bewegen konnte. -Kaum aber war eine Anhöhe erstiegen, so verschwand der Weg und ringsum -verdüsterte die Wüste den Ausblick. Ich wendete mich wiederum rechts, -der Dromedar fand richtig den Weg und bald verkündigte fleißigerer -Bodenbau die Nähe einer Ortschaft. Wir waren schon im Städtchen -Kan-Yunos. - -+Yunos+, Jenisus der Alten, ist in Feigen-, Dattel- und Oelbäume -gebettet. Im lebhaften Bassar lächelten den Wüsteentronnenen die Dinge -an, welche so verschiedene Bedürfnisse beschwichtigen. Erinnerungen an -mein Heimathland wurden beim Anblicke grüner Wiesen, des Viehes und der -weißen Bevölkerung aufgefrischt; sogar die Breter, als eine Seltenheit -in Egypten, erregten meine Aufmerksamkeit. Die große Moschee, von -sarazenischem Geschmacke, erhielt sich in gutem Zustande. - -Wir mußten diesmal in einem Kân oder Karawanserai einkehren. Es hatte -ein Obdach, war aber von zwei Seiten offen. Auf der einen lag ein -korinthischer Knauf. Man trifft in Jenisus überhaupt manche Trümmer, -mehr oder minder versehrte Denkmäler des Alterthums. Im Karawanserai -befand sich eben der Stadtgouverneur. Die Herankommenden küßten ihm -den Saum des Kleides. Er ließ in gastfreundlicher Gesinnung durch -seinen Bedienten vorzüglich gute Brote und eine dicke Kräutersuppe uns -zureichen, die, von Farbe grün, Kaldaunenstücke und Fleischbröckchen -enthielt und mir nicht sonderlich schmeckte. Es war indeß mein Appetit -ein wenig verdorben; wir wollten den Rest der Butter in der Quarantäne -noch zu Rathe ziehen und buken in derselben Brotkuchen, welche zwar dem -Gaumen zusagten, allein dem Magen nicht wohl bekamen. Wir belohnten -unsern Gastfreund, nach morgenländischer Sitte, mit Stillschweigen. - -Ein Kerl versuchte eine seltsame Betrügerei. Mein Reisegesellschafter -schickt ihn, ein Geldstück zu wechseln. Er bringt die Münze, aber nicht -vollständig. Vor Zorn wie rasend schilt der Hauptmann den Jungen aus, -und schon zuckt er die Peitsche gegen ihn. Er öffnet den Mund und das -Fehlende tritt unter der Zunge zum Vorscheine. - -Mit Sonnenuntergang legte ich mich und schlief zwar fest ein, aber -nicht ruhig fort; denn einmal hörte ich undeutlich, daß ein Mann in -einem Streite lärmte, ein anderes Mal beschnüffelte ein Hund mein Bein, -und ein drittes Mal kam die Katze, sich einer Beute zu bemächtigen. - - -+Den 26.+ - -Gott sei Dank, die Wüste, die beschwerliche, die armselige, die -langweilige, ist am Rücken. Von jetzt an leitet der Weg durch lauter -besseres Land, bald gepflügtes, bald Weideland. Die Vögel schienen in -ihrem unaufhörlichen Geschwätze über die Gegend so hoch erfreut, als -ich. Selbst mein Reisegefährte sang in das Tutti, und gerne hätte ich -ihn in einen der nächsten Singvögel verwandeln mögen, so lieblich klang -seine Stimme. Das Gepräge des Winters auf ganz dürren, abgestorbenen -Pflanzen konnte hin und wieder nicht verkannt werden; hingegen war -dazwischen der frisch angeschossene, kurze, feine Grasteppich mit um so -größerem Zauber des Lenzes gewoben. Der schönste Frühlingsmorgen bei -uns kann den heutigen Wintermorgen gegen Gaza nicht übertreffen. Ueber -fließendes Wasser setzten wir nie, nur zweimal über tiefere Bachbetten, -wie über dasjenige des Besor, an dessen Mündung ins Mittelmeer das -alte Anthedon sich ausbreitete. Von Bethagla, zwischen Anthedon und -Jenisus, bemerkte ich nicht eine Spur. - -Minarets glänzten gegen Norden in einem grünen Haine; es war +Gaza+, -die Hauptstadt der Philister, die Stadt des Starken, des +Samson+, -welcher, nach der Schrift, ein eisernes Thor auf den Berg getragen hat. -Wir durften nicht mehr weit, und dann einzig noch an der Menge von -stämmigen Kaktus vorbei, und wir ritten durch ein enges Thor in die -Stadt. Der Hauptmann begab sich in seine Herberge, und jetzt war der -Augenblick der Trennung da, nachdem wir mit einander drittehalb Wochen -verlebt hatten. - -Nun ein Wort über den Reisegefährten. Eine solche persönliche -Seltsamkeit lernte ich noch niemals kennen, und darum lohnt es der -Mühe, von ihm einen Umriß zu liefern. Er ist aus Galizien und von Adel. -Ich weiß seinen Namen recht gut; ich will ihn aber verschweigen und -vergessen. Zuerst Kämpfer als Hauptmann in den Reihen der polnischen -Umwälzer, entfloh er dann nach Frankreich und schloß sich der Schaar -Polen an, welche aus dem „neuen Vaterlande“ in die Schweiz einbrach. -Er wußte sich später Mittel zu verschaffen, um von Marseille auf einem -französischen Kriegsschiffe nach Egypten zu kommen. Hier trat er in -Kriegsdienst unter dem Feldherrn +Abraham+ (+Ibrahim-Pascha+) als -Kavallerieinstruktor. - -Ein Selbstling im wahrsten Sinne des Wortes, sucht er immer seine -+eigenen+ Zwecke. Er schmeichelt den Großen und verachtet die Kleinen, -damit die einen ihn befördern, und weil die andern ihm nichts nützen. -Er wählte sich überall das Beßte aus, so immer den beßten Dromedar, den -bequemsten Sattel, die leichteste Ladung, die schmackhafteste Speise -u. s. f., um das Uebrige mir zu überlassen. Wenn ich mich über das -Reiten beklagte, so tadelte er mich, daß ich nicht reiten könne, und -dennoch hielt ich, bei meinem kräftigern Körperbau, das Reiten besser -aus, als dieser Rittmeister. - -Dabei hegt der Hauptmann wenig Liebe für Wahrheit. Was er erzählte, -mußte ich auf der Goldwage prüfen. Auf einer Lüge ertappt, hatte +er+ -natürlich Recht, und würde gern in Schimpfungen auf mich losgebrochen -sein. Sonst besaß er eine Fülle von Lebensgewandtheit, und im Bezahlen -war er redlich; nie belog er mich in Geldangelegenheiten. - -Weil mir die Kenntniß der arabischen Sprache abging, so leistete er mir -unläugbar wesentliche Dienste, und er übernahm in der Kontumazanstalt -fast das ganze Geschäft der Küche, indeß ich ruhig unter Zelt schrieb, -und am Ende lüstern in das gute Gericht biß. Mich tyrannisirte -übrigens noch kein Mensch so eigentlich, wie dieser polnische -Freiheitsmann. Meine Lage fing sich erst zu bessern an, als ich mit -dem Oberaufseher der Quarantäne auf freundlicherem Fuße stand und dem -Hauptmanne erklärte, daß ich nun sorgenlos sei; denn auch im Nothfalle -könnte ich recht gut weiter kommen, weil jener für meine Kameele sorgen -würde. Er sah seine Entbehrlichkeit jetzt selbst ein. Selbstständigkeit -und Unabhängigkeit, dieser Schwerpunkt des geistigen und sittlichen -Menschen, hängt an einem dünnen Faden, dessen Riß uns, wo nicht -augenblicklich, doch in seinen Folgen wehe thut. - -Ich kann nicht umhin, noch zwei Dinge zu erwähnen. Zu Choanat wurde der -Reisegefährte von einer Krankheit heftig überfallen. Ich stand ihm mit -Rath und That bei, ich brachte ihm Reis u. dgl. Tags darauf befand er -sich wieder wohl. Der Dank war, daß er für meinen schlechten Dromedar -keine Geduld wußte. Einmal wollte ich absteigen, um ein Stückchen -Natursalz aufzuheben und mitzunehmen. Da regnete es zentnerschwere -Vorwürfe über Tändelwaare u. s. f. Es gibt Menschen, welche die Sterne -am Himmel gleichgültiger beschauen, als messingene Knöpfe an einem -Rocke. - -Der Kapitän, mag er auch immer seiner sorgfältigen höhern Bildung -und seinem Adel keinen geringen Werth beilegen, ist ein Auswurf des -Menschengeschlechts. An der Spitze eines Volkes wäre er spröde, ohne -Mitleiden, ein Wütherich. Er hatte indeß, wie andere Tyrannenseelen, -bewegte Zeitpunkte, da das Herz aufthaute; er würde sich dann, der -männlichen Würde uneingedenk, wie ein Kind hingegeben haben. Er wäre -unzweifelhaft Muselmann; allein er muß es fühlen, daß der kindliche -Schmelz seines Gemüthes, in gewissen Augenblicken, nach der Abschwörung -des Glaubens ihm das Herz zum Bruche drängte. - -Am Ende der Reise bat der Gefährte mich um Verzeihung, wenn er mich -etwa beleidigt haben sollte. Ich achte einen solchen Zug, und doch -empfand ich ein wahres Vergnügen bei der Scheidung von einem solchen -Menschen, dessen Gesellschaft eine Qual und Pein war, und zwar eine um -so größere in der Wüste und in einer spottschlechten Quarantäne. - -Ehe ich Gaza näher beleuchte, schicke ich einige einleitende -Bemerkungen über Syrien nach seinen topographischen -Eigenthümlichkeiten, sowie über die Leute, die es bewohnen, nach den -Verschiedenheiten ihrer religiösen Grundansichten voraus. Zuerst - - -Einige geographische Bemerkungen über Syrien. - -Das eigentliche +Syrien+ gränzt im Norden an Kleinasien, im Westen -ans Mittelmeer, im Süden an Egypten und im Osten an Arabien, also, -daß es mit letzterem umfangsreichen Lande gleichsam eine große Insel -bildet, welche vom mittelländischen und rothen Meere, dem Ozean, dem -persischen Meerbusen und dem Euphrat umspült wird. - -Syrien sticht mehr oder minder schroff ab gegen das Egyptenland, nehme -man die Einwohner, den Himmelsstrich oder das Erdreich in Anschlag. -Egypten hat einen flachen Boden, der ein Thal mit einem der größten -Ströme unseres Erdenrundes vorstellt; Syrien dagegen wird von einer -Menge Thäler durchschnitten, woneben Hügel und Berge, am Maßstabe -fünf Sechstheile, sich erheben. Eine Gebirgskette zieht durch ganz -Syrien, Schritt für Schritt mit der Küste des Mittelmeeres, nur einige -Wegstunden davon. Der Libanon (der Weiße) und ihm gegenüber der -Antilibanon, der Thabor und der Karmel, der Oelberg und der Hebron, -wem sind diese Kuppen des Gebirges nicht bekannt? Der Orontes und -der Jordan (el-Arden), die Hauptflüsse Syriens, entspringen auf dem -Antilibanon. Denn +der+ und der Libanon schürzen den Knoten des -ganzen Gebirges. Von da fließt der Orontes gegen Mitternacht; ihm zur -Linken Berg an Berg, zur Rechten theilweise Arabien. So wälzt er seine -Gewässer über siebenzig Wegstunden fort und schüttet es in die See, -nahe an der Bucht von Antiochien. Der Jordan entquillt keine zwanzig -Wegstunden vom Orontes, richtet sich von Mitternacht gegen Mittag und -verliert sich im todten Meere oder asphaltischen See (Birket-Luth), -welcher von den Jordanquellen bei vierzig Wegstunden abliegt. - -In manchen Gegenden von Syrien regnet es ungefähr wie in heißern -Gegenden Europas. Das Klima ist im Ganzen sehr gesund. Viele Lagen -des Landes sind reizend. In Menge gibt es Berge und Thäler mit -zahlreichen Weiden, worauf große Viehherden sich nähren. Man sieht -Bäume gar verschiedener Art, vor allem viel Oelbäume. Die christlichen -Dorfbewohner, auch die Drusen bereiten vorzüglichen Wein. - -Die ganze Statthalterei zerfällt in vier Paschalik: dasjenige von -Tripolis und Akre, Aleppo und Damaskus. Zu letzterem gehört das alte -heilige Land. Alle Paschalik wurden im Jahre 1833 von +Ibrahim-Pascha+, -dem Stiefsohne des Vizekönigs von Egypten, erobert und demzufolge vom -türkischen Kaiser demselben abgetreten. - -Haleb und Damask übertreffen an Größe und Wichtigkeit weit alle -übrigen Städte Syriens. Am Mittelmeere ist Beirut (~Berytus~) noch am -wichtigsten mit seinem ziemlich sichern und geräumigen Hafen, in den -europäische Kauffahrer nicht sehr selten einlaufen. - -Beinahe von allen Kriegen des elften, zwölften und dreizehnten -Jahrhunderts, als den blutigen Begleitern der Kreuzzüge, wurde Syrien -heimgesucht; am drückendsten die drei Städte Jaffa und Akre und -Damaskus. Bis auf den heutigen Tag sind die Spuren von den Waffen -und dem Aufenthalte der alten Kreuzfahrer, welcher Jahrhunderte lang -dauerte, nicht verwischt. - - -Nun einige Bemerkungen über die verschiedenen Religionsbekenntnisse der -Bewohner in Syrien. - -I. Der +Mohammetanismus+ heißt auch +Islamismus+, nach dem arabischen -Worte +Islam+, welches +Ergebenheit in Gott+ bedeutet. Vom berühmten -+Mohammet+ gestiftet, begann er in Arabien gegen das Jahr 611 der -christlichen Zeitrechnung. Wie damals das Juden- und Christenthum unter -den Arabern große Fortschritte machte und der Stamm, dem +Mohammet+ -angehörte, der Abkunft von +Abraham+ und +Ismael+ sich rühmte, so -glaubte der neue Prediger beiden Religionen einige Grundansichten -abborgen zu dürfen, um sie in diejenige Religion überzutragen, welche -er zu stiften im Begriffe war. Er nahm das alte und neue Testament -großentheils an, indem er +Moses+, +David+ und +Jesus+ als Gesandte -Gottes anerkannte. Er aber ging von der Ansicht aus, daß ihre Lehren -mit der Zeit verderbt worden seien, und behielt sich darum vor, der -wahren Verehrung des höchsten Wesens auf dem ganzen Erdkreise Bahn zu -brechen. - -Die +Hauptglaubenslehren+ des Islams sind: Es ist nur +ein+ Gott (Allah -uhu) und außer Gott ist kein Gott, und +Mohammet+ ist sein Prophet -(Nabi). Es gibt böse und gute Engel. Jene verfolgen unablässig den -Menschen, damit er Böses thue; diese sind von Gott beauftragt, ihn auf -dem Wege der Versuchung im Guten zu unterstützen. Das Schicksal eines -Jeglichen, das Gute, wie das Böse, ist vorausbestimmt und erfolgt -unabänderlich, was man +Fatalismus+ heißt. Die Seele ist unsterblich, -und am jüngsten Gerichte wird Jeder den Lohn nach seinen Werken -empfangen. Unter dem heißen Himmel gleichsam glühend, suchen die Moslim -ihr größtes Gut in den sinnlichen Vergnügungen und glauben auch, daß -die Auserwählten des Himmels inmitten frischer Gebüsche, am Gestade -lauterer Bäche, am Rande reicher Brunnquellen ruhen, umgeben von den -verführerischen Huris mit ihren schönen, immerdar jugendlichen Augen, -umkoset von jenen Jungfrauen, welche nichts zu thun haben, als den -Seligen Genuß zu verschaffen. - -Die +Hauptsittenlehren+ sind überhaupt Ehrerbietung, Vertrauen -und Gehorsam gegen Gott, Gerechtigkeit, Versöhnlichkeit und -Mildthätigkeit gegen die Menschen und Gehorsam der Kinder gegen -die Aeltern. Insbesondere aber wird den Gläubigen vorgeschrieben: -1) Die Reinlichkeit, zumal durch die Waschungen. 2) Das Gebet. Es -wird im Tage fünfmal verrichtet, allein oder mit Andern und wo? ist -freigestellt; nur am Freitage muß es in der Moschee oder in Versammlung -geschehen. Obgleich dieser Tag der eigentlich Gott geweihete Tag ist, -so können dennoch die Gläubigen an demselben die Zeit vor und nach dem -Gottesdienste mit Arbeiten zubringen, welche jeder Stand und Beruf -erfordert. Lediglich zwei Feste verlangen gänzliche Ruhe der Arbeit, -nämlich das große und kleine Bairam. 3) Das Fasten durch einen Monat -(Ramasan), während dessen man die ganze Tageszeit hindurch weder -Speisen, noch Getränke zu sich nehmen, selbst nicht Tabak rauchen darf. -4) Das Entrichten des Zehnten. 5) Die Wallfahrt nach dem Heiligthume -zu Mekka, welche jeder freie Mohammetaner wenigstens einmal in seinem -Leben unternehmen soll, insofern seine Gesundheit es zuläßt. - -Das Beispiel der alten Araber und +Ismaels+, des Sohnes +Abrahams+, -befolgend, verrichten die Mohammetaner die Beschneidung. Sie -unterscheiden nach +Moses+ die unreinen Thiere. Der Islam verbietet -den Genuß des Weins und jedes andern berauschenden Getränkes. Hingegen -gestattet er dem Manne zur nämlichen Zeit vier Weiber und daneben so -viel Beischläferinnen (Sklavinnen), als er halten will oder kann. - -Die Lehren und Vorschriften der Moslim stehen geschrieben in einem -Buche, welches man nach dem Arabischen +el-Koran+ nennt. Die Anhänger -geben vor, daß die verschiedenen Abschnitte dieses Buches von Zeit -zu Zeit +Mohammet+, ihrem Propheten, von dem Erzengel +Gabriel+ -geoffenbaret worden seien. Ausgenommen die Lehrsätze des Glaubens, -handelt der Koran auch von der Sittenlehre, von der Ehe, von der -Scheidung, der Nachfolge. Mit einem Worte, er vertritt, in dem -religiösen Gewande, mehr oder minder ein Zivil- und Kriminalgesetzbuch. -Da er arabisch abgefaßt ist, so wurde diese Sprache die heilige der -Perser, Türken und anderer mohammetanischer Völker, welche sämmtlich -darin übereinstimmen, daß sie ihre Zeitrechnung mit der im Jahre -+Christi+ 622 erfolgten Flucht +Mohammets+ von Mekka nach Medina -beginnen. Diese Zeitrechnung nennen sie Hedschra, was +Auswanderung+ -oder +Flucht+ bedeutet. Das Jahr der Mohammetaner ist übrigens ein -Mondenjahr, das heißt, es zählt elf Tage weniger, als das unsrige. - -Unter den Mohammetanern gibt es ebenfalls Leute, welche ein frommes -Leben in der Zurückgezogenheit wählen. Diese Art von Mönchen wird mit -einem Namen belegt, welcher einen Dürftigen bezeichnet; im Arabischen -+Fakir+, im Türkischen und Persischen +Derwisch+. Diejenigen, welche -sich einem beschaulichen Leben überlassen, tragen den Namen +Ssûfi+. -Die mohammetanischen Mönche bilden verschiedene Orden, deren Alter auf -die ersten Khalife zurückreicht. Die meisten +Brüder+, wie sie sich -gegenseitig nennen, haben ein strenges Noviziat und lange Prüfungen -zu bestehen, bevor sie in den Orden aufgenommen werden. Viele leben -gemeinsam in einem Kloster; Andere führen ein Einsiedlerleben; noch -Andere lassen sich in einer Gegend nieder, oder ziehen Land auf Land -ab. Allen steht es frei, ihren Stand zu ändern und das Leben so -einzurichten, wie es ihnen am beßten gefällt. Die meisten Brüder, -welche einem beschaulichen Leben sich ergeben, befleißen sich einer -Weltüberwindung, die man nicht weiter treiben könnte, und beträchtlich -ist die Anzahl Bücher, worin ihre Hirngespinste verzeichnet sind. Die -anderen Brüder dagegen, welche die Welt lieben, leben zügellos, und man -vermag nichts so Ausschweifendes auszusprechen, das von ihnen nicht -begangen würde. Solche heißen +Kalendris+ und +Santone+. - -Die mohammetanische Kirche war zu allen Zeiten in viele Sekten -gespalten, welche, nicht besser, als die Christen gegen einander, sich -grausam bekriegten. Der Krieg hob gleich nach dem Ableben +Mohammets+ -das Haupt empor. Der Prophet vergaß, seinen Neffen und den Gemahl -seiner eigenen Tochter +Fatima+, mit Namen +Ali+, zu seinem Nachfolger -zu erklären. Als daher die Anhänger +Mohammets+ das Khalifat nach -einander +Abubeker+, +Omar+ und +Othman+ übertrugen, gab es damals -Rechtgläubige, welche wider die Ungerechtigkeit Lärm schlugen und sich -weigerten, einen andern für einen gesetzlichen Fürsten anzuerkennen, -als +Ali+. Wie dann später dieser zum Khalifen erhoben ward, warfen -sich viele von den Widersachern gegen ihn auf, und der Bürgerkrieg -tränkte mit Blut alle Gegenden, in welchen das neue Gesetz Eingang -fand. Dies ist der Ursprung der beiden Hauptsekten, in welche heute -noch die Anhänger +Mohammets+ zerfallen, und welche von diesen durch -die Namen +Sunniten+ und +Schiiten+ unterschieden werden. - -II. Das +Judenthum+ zählt eine große Anzahl von Gläubigen fast im -ganzen Morgenlande, vorzüglich aber in Syrien, wo viele von ihnen -heilig gehaltene Denkmäler angetroffen werden. Diese Religion nimmt -keine andere Offenbarung an, als die Jehovas durch +Moses+ und die -Propheten für das auserwählte Volk. Die Juden, oder, wie man sie auch -heißt, die Hebräer oder Israeliten betrachten in Gott nur eine Person. -Ihre heiligen Bücher sind das +alte Testament+, zum größten Theile -in hebräischer Sprache geschrieben. Sie erwarten die Ankunft eines -Messias, welcher für die Gläubigen ein großes Reich gründen soll. Sie -nehmen die Beschneidung vor, haben viel Zeremonien und heiligen den -Sabbath. Als sie Judäa im Besitze hatten, standen ihnen Opferpriester -vor, genannt +Leviten+ nach dem Stamme +Levi+. Statt derselben lehren -nun Meister in der Schrift, unter dem Namen +Rabbiner+, in den -Synagogen oder in den jüdischen Tempeln das Gesetz. Auch diese Religion -zählt ihre Spaltungsgläubigen. Am meisten geltend machten sich die -+Talmudisten+ und +Rabbinisten+, letztere so geheißen wegen ihrer -Achtung für die Lehren der Rabbiner, erstere wegen ihrer Verehrung des -+Talmud+, eines Buches, das viel gute, mitunter aber auch wenig gesunde -Dinge enthält. - -III. Mitten unter Mohammetanern und Maroniten leben die +Drusen+ -auf den Bergen Libanon und Antilibanon. Sie machen aus ihrem -Glaubensbekenntnisse, einem bunten Gemische christlicher und -mohammetanischer Religionsvorschriften, ein großes Geheimniß. Sie -hassen die Mohammetaner, bekennen sich aber äußerlich doch zum Islam. -Sie wollen die Nachkommen jener Christen sein, welche in den ersten -Zeiten des Nazarenismus über den Jordan sich zurückgezogen hatten. Die -Akal sind eine Art Priester; selbst Weiber werden in den Orden der -Akal aufgenommen. Dieselben stehen dem Gottesdienste in den Kapellen -oder Khalue vor. Die Kinder werden bei den Drusen nicht beschnitten. -Gastfreundlichkeit wird an dieser Völkerschaft vor Allem gepriesen. - -IV. Unter den eigentlichen +Christen+ versteht man solche, welche, ohne -an die Lehren +Moses+ und der Propheten sich ausschließlich und streng -zu binden, an die Offenbarung im neuen Testamente, an +Christus+, -an die Vergebung der Sünden und an die Auferstehung des Fleisches -glauben. Sie nehmen die Taufe vor und feiern den Sonntag. Von so vielen -Glaubensbekenntnissen, in die sich die Christen theilen, nimmt man in -Syrien neun wahr, welche sämmtlich einige Priester in Jerusalem und zum -Theil im großen Tempel des +Christus+-Grabes unterhalten. - -1. Die +griechische+ oder morgenländische +Kirche+. Die -Hauptunterschiede derselben von der römisch-katholischen Kirche -betreffen die hierarchische Selbstständigkeit außer der Linie der -päpstlichen Oberherrschaft, die Lehre, wonach der heilige Geist nur vom -Vater ausgeht, das Abendmahl unter zwei Gestalten und die Priesterehe. -Die Griechen haben sieben Sakramente, welche sie +Geheimnisse+ nennen; -allein sie verknüpfen damit nicht den gleichen Begriff, wie die -Lateiner. Sie betrachten nur zwei als von Gott eingesetzt, nämlich die -Taufe und das Abendmahl. Die übrigen fünf Sakramente halten sie für -Anordnungen der Kirche. Sie verrichten die Firmelung zugleich mit der -Taufe, welche letztere in einer dreimaligen Eintauchung des ganzen -Körpers in Wasser besteht. Sie verwerfen die Unauflöslichkeit der Ehe, -z. B. bei Ehebruch, und sie verbieten das Heirathen zum vierten Male. -Sie unterwerfen sich den strengsten und den härtesten Bußübungen. Sie -halten an den Beschlüssen der ersten und zweiten nizänischen, der -ersten, zweiten und dritten konstantinopolitanischen, der ephesischen -und chalcedonischen ökumenischen (allgemeinen) Kirchenversammlung. Der -ökumenische Patriarch in Konstantinopel gilt als das Oberhaupt der -nicht-russischen Kirche. - -2. Die +armenische Kirche+, welcher beinahe alle Armenier angehören. -Diese Christen begehen wenig Feste, und verwerfen die Verehrung der -Heiligen. Sie haben etliche Patriarchen. Der erste unter ihnen führt -den Titel: +Katholikos+, und hat seinen Sitz in Etschmiazim bei -Eriwan. Ihre Abweichungen von der lateinischen Kirche stimmen mit denen -der griechischen ungefähr überein. Viele Armenier traten in den Schooß -der römischen Kirche. - -3. Die +Kopten+, die auch unter dem Namen der Christen von Egypten, -Nubien und Habesch bekannt sind. Diese Monophysiten haben die Verehrung -der Bilder angenommen, und zwei Sonderbarkeiten zeichnete sie aus: Sie -behielten, obschon sie die Taufe einführten, die Beschneidung bei, -welche indeß mehr als angeerbte alte Volkssitte, denn als religiöse -Zeremonie angesehen werden darf; sie heiligen den Sonntag und einen -Theil des Sabbaths. Ihr Patriarch, ziemlich arm, hat seinen Sitz in -Kairo, den Titel: +Patriarch von Alexandrien und Jerusalem+, und er -bestellt für Habesch einen Generalverweser, welcher +Abunak+ heißt. - -4. Die +Kirche der Maroniten+, genannt nach +Maron+, ihrem Stifter, -der im fünften Jahrhunderte lebte, und welcher der Kirche eine eigene -Verfassung gab. Die meisten Maroniten halten sich am Berge Libanon -und in Zypern auf. Sie unterwerfen sich den Beschlüssen der vier -ersten ökumenischen Kirchenversammlungen, und erkennen in +Christus+ -eine Person und zwei Naturen. Allein als +Monotheleten+ lassen sie -diesen zwei Naturen nur einen Willen zu. Ein großer Theil dieser -Glaubensbekenner schloß sich den Lateinern an, hielt jedoch beinahe an -allen Gebräuchen der morgenländischen Kirche fest. Diesen Maroniten -wird das Oberhaupt von Rom gegeben. Es führt den Titel: +Patriarch von -Antiochien+, und wohnt im Kloster auf dem Libanon. - -5. Die +chaldäische+ (syrische) oder +Nestorianische Kirche+. Ihre -Anhänger verwerfen die Beschlüsse der dritten, zu Ephesus gehaltenen -ökumenischen Kirchenversammlung, wo ihre Lehre verdammt wurde. Sie -nehmen in +Christus+ zwei +Personen+ an, und weigern sich, +Marien+, -der Gattin +Josefs+, den Namen Gottesgebärerin zu verleihen. Sie -verabscheuen die Verehrung der Bilder. Seit dem Jahr 1599 vereinigten -sich viele +Nestorianer+ mit den römischen Katholiken, unter Vorbehalt -der Priesterehe und des Abendmahls in zwei Gestalten. - -6. Die Kirche der +Eutychianer+ oder +Monophysiten+ heißt nur die drei -ersten ökumenischen Kirchenversammlungen gut, und nimmt in +Christus+ -einzig die Mensch gewordene göttliche Natur an. Deswegen wird das -Zeichen mit einem Finger gemacht. - -7. Die +Jakobiten+. Sie nennen sich also nach +Jakob Baradai+, einem -syrischen Mönche des sechsten Jahrhunderts, welcher in der Absicht -Syrien und Mesopotamien durchzog, um die Monophysiten in eine Kirche -zu vereinigen. Er brachte sie in der That unter eine kirchliche -Oberherrschaft. Sie stehen unter zwei Patriarchen, unter dem syrischen -zu Diarbeker oder Aleppo und unter dem mesopotamischen im Kloster -Saphran bei Medin. Die Jakobiten haben mit den koptischen Christen -die Gewohnheit der Beschneidung gemein, verehren die Bilder, und die -meisten traten zur lateinischen Kirche über, indem sie jedoch einigen -eigenthümlichen kirchlichen Gebräuchen forthuldigten. - -8. Die alte abendländische, die lateinische oder +römisch-katholische -Kirche+. Alle Welt weiß, daß sie den römischen Papst als Statthalter -+Jesu Christi+ und ihr Oberhaupt anerkennt, welchem die meisten -Lateiner die Eigenschaft der Unfehlbarkeit in Glaubenssachen -ausschließlich zutrauen. Die Römischen haben sieben von Gott -eingesetzte Sakramente; sie verrichten die Taufe durch Begießung -mit Wasser; sie nehmen beim Abendmahle die Verwandlung an; sie -halten Ohrenbeichte, verehren Heilige, glauben an ein Fegfeuer, thun -Werke der Buße, empfangen Ablaß der Sünden, die Mönche werden durch -Gelübde gebunden, die Priester müssen im ledigen Stande leben. Die -Kirchenversammlungen sind unfehlbar, nicht bloß die allgemeinen, -welche vor der Trennung der morgenländischen und abendländischen -Kirche gehalten wurden, mit Ausnahme des ~Concilium Trullanum~ oder -~Quinisextum~, sondern auch viele andere. Die letzte Kirchenversammlung -war in Trient vom Jahre 1545 bis 1563. - -9. Man darf sich nicht wundern, daß die abendländischen Christen ohne -ein sichtbares Oberhaupt der Kirche, nämlich die +Protestanten+, welche -für die Bekehrung der Heiden eine rastlose Thätigkeit entwickeln, auch -Geistliche aufweisen können, die, aus Religionsabsichten, in Jerusalem -festen Sitz genommen haben. - -Die Mannigfaltigkeit der Religionsbekenntnisse fordert zur ernstesten -Betrachtung auf. Es ehren bis auf diesen Tag die Menschen Gott auf ihre -verschiedenen Weisen, trotz des Glaubenszwanges, trotz der Bannflüche, -trotz der Blutströme. Dem überstrengen Vater entläuft der Sohn im -Augenblicke seiner Ermannung. Die Sadduzäer, die abendländischen -Christen, die Protestanten waren nicht aus sich selbst erzeugt, sondern -sie hatten ihre rechtmäßigen Erzeuger in dem Pharisäismus, in der -morgenländischen Kirche, in dem römischen Papstthume. Wir feiern die -Männer, welche Duldsamkeit predigen. Wie todt muß die Wahrheit der -Geschichte sein. Die Duldsamkeit sollte sich wohl von selbst verstehen. - -So viel als einleitende Bemerkungen. - - -Gaza. - -+Gaza+, sprich Gâsa, liegt reizend auf einer kleinen Anhöhe, drei -Viertelstunden vom Meere (vom alten Hafen Majumas). Gegen Aufgang -stellt sich der Hebron. Bäume, Fruchtfelder und Wiesen wechseln in -der Umgegend, um das Auge zu ergötzen. Eben sah ich die Kühe im -Grünen friedlich weiden. Die Stadt ist nicht groß, und enthält, nach -den Versicherungen des Militärarztes daselbst, ~Dr.~ +Tarabra+, -eines durchaus kenntnißreichen und einsichtsvollen Mannes, sechs- -bis siebentausend Einwohner. Die Gassen sind schmal, krumm, uneben, -ungepflastert; die einen Häuser haben platte, andere dagegen -kuppelförmige Dächer. Die Moschee, einst eine griechische Kirche, ist -groß und schön. Man findet viele alte Ruinen, z. B. Säulen mit Knäufen, -und Nachgrabungen müßten Schätze aufdecken. - -Die Bevölkerung ist weiß; viele Männer zeichnen sich durch Schönheit -aus; das verschleierte Antlitz der Frauenspersonen entzieht sich -der Beurtheilung; die Kinder sind blaß oder gelblich. Die Bassar -durchrauschet viel Leben. Unweit von denselben erblickte ich wieder die -Zelte unsers Kontumaznachbars +Mustafa-Bei+ und in ihren Sternen viel -Freundlichkeit. - -Ich hatte eine Empfehlung an den ~Dr.~ +Tarabra+, welcher mich sehr -gastfreundlich aufnahm und behandelte. Ich verdanke ihm, außer den -Mittheilungen über die Größe der Bevölkerung, noch andere, welchen -ich hier zum Theile einen Platz anweisen werde. Die arabischen Weiber -empfangen in Gaza sehr leicht; sie gebären ohne Hebammen, selten -aber fünf bis sechs Male. Als die Pest ihre Verheerungen anrichtete, -mußte +Tarabra+, in der Eigenschaft eines Physikus der Provinz, alle -Todesfälle bewahrheiten, und da fand er das Verhältniß der gestorbenen -Kinder zu den gestorbenen Erwachsenen wie 5 zu 1. Dieses Verhältniß -beweiset eine schreckliche Sterblichkeit der Kinder, selbst wenn sich -dasselbe wie 3 zu 1 umwendet. Am meisten klagte +Tarabra+ über die -griechischen Weiber. Durch ihr unsinnig strenges Fasten, welches sich -beinahe einzig auf schlecht gekochte Linsen und Oliven beschränke, -bedingen sie die Absonderung einer schlechten Milch, welche den -Säugling bisweilen nicht zu ernähren vermöge. Er sah sich bewogen, -den griechischen Bischof deshalb um Dispensen anzugehen. Die Bewohner -von Gaza leiden vorzugsweise an Rheumatismen und Katarrh (nicht aber -an Lungenkatarrh). Oft verschlimmern sie letztere Krankheit durch die -landesüblichen Bäder. Auch kommt der Scharbock nicht selten vor. Die -Araber werfen sich am liebsten in die Arme unwissender Menschen. Eine -große Plage anderer Länder, nämlich die Lungenschwindsucht, geißelt -die Einwohner von Gaza sehr selten, und hier dürfte vielleicht der -Schwindsüchtige mehr Linderung hoffen, als in dem gepriesenen Nizza. - - - - -Fortsetzung der Reise nach Jerusalem. - -Allee; Um- und Unfall; Ebene Sephela; Aushaltigkeit der Thiere; -verführerischer Weg; Nutzen des Hundegebells; Länge des -Philisterlandes; Freude über eine fränkische Herberge in Ramle. - - -+Den 27. Wintermonat.+ - -Ich faßte ungerne den Entschluß, das anmuthige Gaza so bald zu -verlassen. - -In Egypten zauderte ich immer noch mit der Ausführung der Reise -nach Asien. Wäre sie unterblieben, ich würde einen unverzeihlichen -Unterlassungsfehler begangen haben. - -~Dr.~ +Tarabra+ hatte die Güte, Alles für die Abreise zu veranstalten. -Die Regierung raffte für den Bedarf der nach Arabien beorderten Truppen -alle Kameele zusammen, und ohne die menschenfreundlichen Bemühungen -meines Kunstgenossen für die Auswirkung eines Regierungsbefehles -würde ich zuversichtlich keines sogleich bekommen haben. Ich nahm in -dankbaren Ausdrücken Abschied von meinem Gastfreunde, und schwang mich -auf das Kameel; mein ganzes Gepäcke lag neben und unter mir. Einen -Schritt vor Gaza wurde ich angehalten. Die Sonne ging immer höher, ohne -daß ich um die Ursache des Stillstandes wußte. Es sammelten sich immer -mehr Zuschauer um mich herum. Endlich verlor ich -- die Geduld. Ich -krächzte in der Sprache der Kameeltreiber ch ch, das Kameel fiel auf -die Kniee, und ich stieg ab, im Vorhaben, bei +Tarabra+ meine Klage -vorzubringen. Im Nu kam mein Treiber auf einem Esel dahergeritten. -Wahrscheinlich wollte man durch die Verzögerung ein Geschenk erzwingen, -oder der Treiber harrte auf der Lauer, um Zeit zu gewinnen, damit ich -heute nicht mehr in Ramle anlange. Kurz, jetzt ging es. - -Der Weg zog durch einen Wald alter, in Menge zerklüfteter, in -regelmäßigen Reihen stehender Oelbäume. Gaza muß nach dem Zeugnisse -unserer Tage ehedem von großer Bedeutung gewesen sein. - -Wenn man die ausgetretenen Wege besieht, so träumt man sich hinter -Jahrtausende zurück, da auf ihnen der Fuß der Menschen, um nur der -alten Kananäer, Philister und Juden zu gedenken, schon wandeln -mochte; überschaut man den Boden des Feldes, so wird man seine Güte -lobpreisen, daß er ohne Speisung fort und fort mit Ueppigkeit die -Früchte hervorbringt. - -Beinahe mitten auf dem Wege nach Ramle hatte mein Thier einen -kerngesunden Einfall. Um den Reiter los zu werden, fiel es auf die -Kniee und legte sich auf die Seite. Ich kroch vom Sattel hinweg. Mit -bestaubten Kleidern setzte ich mich sogleich wieder auf das Kameel, -welches dann ohne weitere Umfälle den Weg fortsetzte. - -Der Kalkstein senkt sich von Südwest nach Nordost, und guckt mit seinen -Höckern hie und da hervor. Die Erde ist fahl bis gegen Ramle, wo sie -röthlich zu werden beginnt. - -Etwa an acht Dörfern auf der Ebene Sephelah kam ich vorüber. Wie nahe -ich an den alten Ortschaften Askolon, Astod, Gath, Jabueh und Ekron -vorüberritt, vermag ich freilich nicht zu bestimmen. So viel ist gewiß, -daß kein +fließender+ Bach, weder der Eschkol (Traubenbach), noch -der Jarkon, überschritten wurde, und die gerühmten Weinpflanzungen -entgingen meinem Auge. Die Häuser Sephelahs stehen alle städteartig -beisammen. Weil sie niedrig und die Dächer bauchig oder gewölbt sind, -so erkennt man von der Ferne ein Dorf mit einiger Schwierigkeit; anders -verhält es sich, wenn der Giebel hoch aufragt. Das palästinische -Dorf sieht häßlich aus. Die Häuser sind von unbearbeiteten Steinen -aufgeführt, die Dächer derselben sehr dick, mit einer feuerfesten -Rinde von Erde, so daß sich darauf hie und da ein geschlossenes Grün -ansetzt. Dieser Umstand vermehrt noch die Schwierigkeit, mit der man -ein Dorf aus der Ferne erkennt. - -Die Weiber auf dem Felde, deren Gesichter ich mit meinem Auge gleichsam -erhaschen konnte, waren hübsch. Andern sah ich nur einen Streifen -vom Antlitze, welches der Schleier in ein noch größeres Geheimniß -verhüllte, als bei den Egypzierinnen. - -Bis Ramle sind zwölf Kameelstunden. Das Thier mußte diesen Weg -unaufhörlich gehen, ohne daß es Nahrung bekam. Selbst dem kleinen Esel -ward kein besseres Loos zu Theil, und durch den größten Theil des Weges -trug er den Führer. Die Thiere halten im Morgenlande mehr aus, als in -Europa. Sind sie etwa in diesem Welttheile verwöhnt oder verzärtelt? -Ich sah, erzählt +Wesling+, unter der heißen Sonne ziemlich locker -angebundene Pferde der Beduinen mit zwei oder vier Loth Wasser für -einen ganzen Tag und eine ganze Nacht hinlänglich gelabt werden. - -Zwei Männer zu Esel schloßen sich nicht weit von Gaza als -Reisegefährten an. Bei einem Dorfe wollte einer von ihnen links auf -einen kleinen Weg mich leiten, der mir ein verführerischer Feldweg -zu sein schien. Ich sagte: +Nein+, ritt rechts davon, und man folgte -mir auf dem wirklich richtigen Wege. Etwa drei Stunden von Ramle -verließen mich diese Leute, und lenkten in ein Dorf, wohin sie auch -mich locken wollten. Uebrigens darf ich nicht verschweigen, daß dieser -Reisegefährten einer mir eine Mütze einhändigte, die ich verloren -hatte. Es scheint der gute Eindruck noch nachgewirkt zu haben, den er -dadurch bekommen mochte, daß ihm ein wenig Speisen aus meinem Vorrathe -dargereicht wurden. Ich gab sie zwar nicht ihm selbst, sondern dem -Treiber; allein die Araber haben es im Brauche, die Speisen Andern -mitzutheilen, und dem Geber in aufrichtiger Gefälligkeit erkenntlich zu -sein. - -Ich hätte wohl ein ganzes Register von Klagen über meinen Treiber. Er -war ein junger, unbärtiger Kerl, und wußte nicht einmal den Weg nach -Ramle. Darum fragte er oft darnach; darum wollte er das Uebernachten -in einem Dorfe erpochen. Die Sonne war untergegangen, und ich ritt -mit diesem unwissenden Jungen. Gegen acht Uhr hörte ich das Gebell -eines Hundes. Dasselbe gab mir die Gewißheit, daß ich von Hunden und --- folglich auch von Leuten nicht mehr ferne sei. So unwillkommen das -Hundegebell sonst, so willkommen war es mir dieses Mal. - -Schon zeugte der Boden von fleißigerem Anbaue; die indischen Feigen -begleiteten wie ein Geländer die breiter werdende Straße; nun -schon entdeckte ich Licht; das Minaret glänzte in der frei- und -festtäglichen Beleuchtung; es erscholl ein Chor von Hundegebell. -Völlig verschwanden meine Zweifel über die Nähe der Stadt. Unser Weg -aber kreuzte sich, und der unwissende Bursche fragte deutend mich um -Weisung. Ich war entschlossen, nach der Gegend, wo die Hunde bellten, -zu reiten, und winkte sogleich mit der Hand. - -Noch sollte mir ein kleiner Unfall begegnen. Nahe schon am Orte meiner -Bestimmung trank ich gerade in vollen Zügen das süße Glück, als ein -niedriger Baumzweig mir ins Auge fuhr, daß ich im Augenblicke nichts, -als einige Funken sah, und daß ich wund und blau wurde. Endlich bin ich -in der Stadt Ramle. - -Um den Umfang des Philisterlandes zu würdigen, darf ich nur daran -erinnern, daß ich es an einem Tage in seiner Länge durchritt; die -Breite desselben ist nur unbedeutend. Die Erzählung von den Kriegen, -welche die Juden mit den Philistern führten, ist geeignet, die -Vorstellung von der Größe des Philisterlandes irre zu leiten. - -Müde, aber sehr müde, gleichsam wie zerschlagen stieg ich am Stadtthore -ab. Man versicherte mich, daß man beim Reiten auf einem Kameele oder -Dromedare ähnlichen Beschwerden ausgesetzt sei, wie auf dem Schiffe. -Dies war bei mir wenigstens nicht der Fall, ohne daß ich die Aussage -eines Deutschen bezweifeln möchte, welcher dieses Reiten glatterdings -nicht ertragen konnte, und daher mit dem Reitthiere zu Fuß ging. Als -ein gutes Vorbauungsmittel gegen die Beschwerden, welche das Reiten -etwa verursachen könnte, empfiehlt man allgemein das feste Gürten des -Unterleibes. Auch ich bediente mich dieses Mittels, das mir in der That -sehr behagte. - -Ich hatte Empfehlungen an zwei im Dienste des Vizekönigs stehende -Franken. Wie sollte ich sie bei Nacht in den menschenleeren Gassen -aufsuchen? Ich ließ an einem Hause derb anklopfen. Die Stille in -demselben verkündigte die Ruhe aller Hausgenossen. Doch man ließ vom -Klopfen nicht ab. Zum Glücke endlich öffnete ein halb gekleideter Mann -die Thüre. Er wußte die Wohnungen der bezeichneten Franken. Der Antheil -nehmende, gute Mann war bald beredet, mir jene zu zeigen. Leider -verfehlte ich die Franken, die sich in Akre befanden. Mir blieb nichts -übrig, als in dem lateinischen Hospizium der Spanier, die man mir eben -nicht zu ihrem Vortheile schilderte, Herberge zu nehmen. - -Dieser Tag war ein unsriger Sommertag. Die Wolken, durch welche die -Strahlen der Sonne in Strähnen brachen, arbeiteten an einem Schauer, -und der Regen drohte bei der schwülen Witterung. Tags lärmten in großer -Menge die Thiere der Luft, die Vögel, und Nachts die Thiere der Erde, -die Insekten. Alles, was da lebt auf und über der Erde, singt Tag und -Nacht das Hochzeitlied, zur Freude der Menschen. - -Ach, wie war ich bei meiner Müdigkeit froh, in einer fränkischen -Herberge ausruhen zu können. Von den Patres freundlich begrüßt, ward -ich ins Refektorium eingeladen. Sie setzten mir Eier, Fische, Käse, -Brot und Wein vor, und ich sättigte mich mit Wohlgefallen. - - -+Den 28.+ - -Ueber Nacht rollte Sommerdonner. - -Ich wollte nach Jerusalem abreisen; allein da der Eseltreiber noch -durch das Beladen der Esel mit Fischen (vom Hospizium, welches mir -es verheimlichte) mich zum Warten nöthigte, und da ich unter solchen -Umständen nicht glauben durfte, daß ich noch bei Tageszeit in Jerusalem -anlangen würde, so blieb ich, obwohl sehr ungerne, zurück. Bereits -nämlich verließ ich das Hospizium. Ich stand schon am Orte, wo die -Esel beladen wurden; das Felleisen war schon aufgepackt. Ich drängte -auf schnelle Abreise. Es half nichts, indem der Muchero (Eseltreiber) -wähnen mochte, daß ich weder selbst das Felleisen forttragen, noch bei -der schwachen Morgendämmerung das Hospiz finden werde. Der Mann aber -thäte sich verrechnen. Ich hob das Felleisen auf die Schulter und trug -es ins Hospiz. - -+Rama+, +Ramla+ oder +Ramle+, ungewiß das Arimathia der Bibel, ist -weder hübsch, noch groß, aber in einer sehr fruchtbaren Gegend -und unter einem milden Himmel. Auch hier liegen Ueberbleibsel von -Alterthümern, z. B. Säulen, herum. Von der Stadt aus eröffnet sich eine -köstliche Aussicht ins Gebirge Juda bis zum Ephraim. - -Der Bassar ist unansehnlich. Ich konnte der Anlockung nicht -widerstehen, Brot und einige Früchte zu kaufen, die ich mit Lust -verzehrte. - -Zum Zeitvertreibe besuchte ich das griechische Kloster, welches -ebenfalls Pilger beherbergt. Der Erzpriester empfing mich mit vieler -Freundlichkeit, verstand aber keine der fränkischen Sprachen, und so -mußten wir uns begnügen, einander anzuschauen, was doch unstreitig viel -bequemer ist, als eine auf Nadeln setzende Anrede von Komplimenten zu -halten. - - -Ende der Reise nach Jerusalem. - -Uebereinkunft unter den Augen der ~reverendissimi patres~; Abreise um -vier Uhr Morgens; Trümmerchroniken; St. Jeremias und sein Brunnen; -Terebinthenthal; Einförmigkeit des Judagebirges; ~si mira Gerusalemme~; -im Neuhause abgestiegen; vortrefflicher Wein; vor Freude fast Leid am -Moriah. - - -+Sonntags den 29. Wintermonat.+ - -Ich habe mich einen Abend vorher mit dem asiatischen Eseltreiber des -Hospiziums unter den Augen der Mönche abgefunden. Heute griff man der -gestrigen Vergeßlichkeit damit unter die Arme, daß man mein Gepäcke -ohne größere Bezahlung nicht mitnehmen wollte. Mit dem Hospizium -war kein Streit anzufangen. Froh, von nicht sehr würdigen Vätern -mich einmal entfernen zu können, gab ich nach, obgleich ich über das -Vorgefallene ein wenig schmollte. Weit mehr ärgerte mich, daß der roth- -und triefäugige Knecht des Hospiz mir die Flasche voll Rhum zerschlug -oder zerbrechen ließ. - -Etwa um vier Uhr in der Frühe reiste ich einzig in Begleit eines jungen -Menschen ab. Ich durchritt eine Ebene, welche die Nacht mir verbarg. -Beim Grauen des Tages erreichte ich den Anfang des Gebirges von Juda. -Auf einem Hügel hart am Wege stand ein Dörfchen. Nun schlängelte sich -der Weg gegen Morgen durch ein Thal, dessen Hügel allmälig zu Bergen -sich aufthürmten. Der Paß ist nur eine kurze Strecke enge. Hie und -da unterbrechen den Boden Bäume und der Pflug. Ueberdies wird die -Gegend durch die lärmenden Hirten belebt. Bevor man den Scheitel -des nächsten Berges gewinnt, wo eine schöne Fernsicht bis auf das -Mittelmeer sich aufschließt, erblickt man rechter Hand, auf einem -Hügel, vom Wege unfern ein Dorf inmitten von Oelbäumen. Dort mag die -Hälfte des Weges von Ramle bis Jerusalem sein. Von dem Scheitel jenes -Berges läuft der Weg zuerst ziemlich eben, dann hinunter und hinauf. -Jetzt hinuntersteigend, kommt man an dem Dorfe St. Jeremias vorüber, -welches an die nördliche Abdachung eines Berges gebaut ist. Den heitern -Blick desselben erwiedern mit einem ernsten und finstern einige Ruinen -daneben, welche wohl aus den Zeiten der Kreuzzüge stammen. Diese, wie -andere Trümmer an verschiedenen Stellen im Gesichtskreise auf der -Bergreise sprechen wie Chroniken. In Jeremias ist das jüdische Gebirge -milde; der Feigenbaum trug noch die Blätter, während die Kälte sie in -höhern Gegenden gepflückt hat. - -Gelangt man von St. Jeremias ins Thal, so zieht rechterseits ein -Brunnen die Aufmerksamkeit auf sich. Es liegen jetzt noch Stücke einer -Marmorsäule herum. Sie war vielleicht ein Bestandtheil der Verzierung -eines Brunnentempels. Weiter beginnt das Weinland. Die Rebe steht da -stämmig wie ein Baum, ohne Stütze, ohne Band. Der Blätter gelbe Farbe -feierte den Herbst. Auch anderwärts am Wege nach Jerusalem trifft man -Weinfeld. - -Ich bestieg dann eine Bergspitze mit malerischer Aussicht -- auf den -wenigstens anderthalb Stunden offen liegenden Weg. Darauf kam ich -in eine tiefe Thalschlucht, ins Terebinthenthal, ehe ich aber sie -erreichte, an einem Brunnen vorüber, auf dem eine arabische Inschrift -steht. Die Sitte der alten Morgenländer befolgend, errichten die -Mohammetaner über den Quellen kleine Tempel. In der Thalschlucht -selbst, welche von dem Laub der Feigen- und Zitronenbäume beschattet -wird, weilt das Auge des Wanderers auf einem ziemlich freundlichen -kleinen Dorfe. Von dem Bollwerk einer Ruine herunter redete mich ein -Mann an, der vielleicht mich gastlich einladen wollte. - -Jetzt ging es auf die letzte Bergkuppe, fast oben neben einer langen -Reihe von Kameelen langsamen Schrittes gegen Sonnenuntergang. - -Der Weg auf dem Juda ist zwar ein wenig schmal, doch schwierig -nirgends, vielmehr überall deutlich, fest ausgetreten, in Summa -fürtrefflich für den, welcher die schweizerischen Berge bereiset hat. -Neben diesem Wege erhebt sich das Land hier und da stufenförmig, gleich -Weingärten, was unzweifelhaft läßt, daß der Anbau des Bodens einst weit -mehr geblühet hatte. Gleich am Eingange ins Gebirge erkennt man ohne -Mühe die Vierecke der Felder, nunmehr voll kleineren Steingerölles. -Auf Geschiebe stößt man im Gebirge ungemein häufig, und der Hauptzug -desselben ist Kahlheit. Zwischen den Steinen und Felsen gedeihen -wohl gewürzhafte Kräuter, grüne Gebüsche, lachende Bäume; allein -diese sind unvermögend, die Gegend im Ganzen lieblich und freundlich -zu kleiden. Im Uebrigen verdient der Juda wirklich den Namen eines -Gebirges, selbst nach dem Wörterbuche des Hochländers; nur mangeln -höhere Berge, die einen majestätischen Eindruck machen. Meist sind die -jüdischen abgerundet, und böschen sich gleichmäßig. Kein Bach wälzte -sich rauschend bergab durch die Schluchten und Thäler; nirgends tosete -der Berggeist in wildem Schaum über einen Felsabsturz; ich konnte im -Terebinthenthale höchstens über eine Brücke setzen, welche über einen -trockenen Bach sich wölbte. - -Auf dem Wege über das Gebirge begegneten mir nicht selten Leute, -darunter unverschleierte, aber eben nicht schöne Frauen und -Mädchen, auch ein Weib auf einem Kameele. Mein Hut vor Allem schien -sie zu befremden. Einigen las man auf ihren Gesichtern: Ach wäre -nur die Polizei nicht so strenge, wie gerne wollte ich diesen -Menschen ausplündern. Möchten die leidenschaftlichsten Gegner -einen +Mehemet-Ali+ und +Ibrahim-Pascha+ nur als Urheber zahlloser -Ungerechtigkeiten und Verbrechen auslästern, so viel Unparteilichkeit -werden auch sie besitzen, um diesen Männern nachzurühmen, daß unter -ihrem mächtigen Arme die Abendländer eines unschätzbaren Gutes, nämlich -öffentlicher Sicherheit, sich erfreuen. - -Wie ich auf dem letzten Bergscheitel stand, entschwebte mir der -Gedanke, daß ich von der Tochter Zions nicht mehr ferne sein -könne. Ich durfte eine kurze, nicht sehr merklich abschüssige -Strecke fortrücken, bis ich weißgraue Thürme und Streifen von Mauern -erblickte. Ich hielt sie für +Jerusalem+. Ich wurde in dieser Meinung -bestärkt, weil Weiber, nach Art der Marktleute, mit beladenen Köpfen -uns begegneten. Als ich zudem das Schmettern der Trompeten vernahm, -gerieth meine Seele in den Zustand der größten Spannung. Noch ein wenig -weiter, und der Führer, ein arabischer Jüngling, schlug auf einmal -meine Ungewißheit aus dem Felde, mit den fränkischen Worten: ~Si mira -Gerusalemme~ (Man sieht Jerusalem). Da ist denn die Schaubühne so -verschiedenartiger Auftritte, so schroffer Zerwürfnisse, so blutiger -Kriege, so mächtiger Umwälzungen, so harter Drangsale, so freudiger -Begeisterungen. Das ist die vielgenannte Stadt, wie keine auf dem -ganzen Erdballe so reich an Erinnerungen für den gläubigen Christen und -den Staub von Israel. - -Glaubst du Jerusalem in einem Thale, wo es von oben her einen -köstlichen Anblick darbiete? Du lebst in der Täuschung. Es liegt -nur wenig tiefer, als der letzte Bergscheitel und von diesem in der -Entfernung etwa einer kleinen Stunde. Glaubst du Jerusalem in der -Mitte anmuthiger Fluren? Du wirst dir der lieblichen Trugbilder -aufs schmerzlichste bewußt. Der Weg leitete bloß durch steinigen -Boden, wie ihn +Strabo+ schon nannte, selbst bis zu den Mauern; das -seltene Grün zwischen den Felsen und Geschieben leistet wenig oder -keine Entschädigung. Als die Stadt ganz nahe vor mir lag, so erschien -sie ohne eigentliche Bedeutung und ohne Pracht. Eben übte sich das -egyptische Militär in den Waffen vor den Mauern am Berge Gihon, und -die Einsilbigkeit der Stadt ließ mir Muße übrig, das Kriegsvolk zu -durchmustern. - -Ich kam etwa um zwei Uhr Nachmittags im Zickzack durch das Jaffathor, -und wenn auf dem ganzen Wege mein Auge in keinem einzigen murmelnden -Bächlein sich badete, so fiel mir gleich eine Pfütze auf, mitten -in der äußerst schlecht gepflasterten Gasse. Diese Pfütze, dieses -Straßenpflaster und elende Häuser, -- das ist, was in Jerusalem zuerst -meinen Blick fesselte. In die zweite Gasse links bogen wir ab. Bald -erreichten wir das Neuhaus (~casa nuova~), ein Gebäude, welches -dem Kloster der Franziskaner oder des Erlösers (S. Salvatore) angehört, -wiewohl ein Gäßchen jenes von letzterem trennt. - -Mein Gepäcke wurde in den Hof des Neuhauses gelegt und, nachdem mir von -dem freundlichen Klosterverwalter der Aufenthalt bewilliget worden, -in ein Zimmer geschafft. Ich schnitt ein saures Gesicht, als ich -vergebens Fenster suchte. Auf meiner Wanderung über das Judengebirge -war es kühl, jetzt fing es mich an den Füßen ordentlich zu frieren an, -und später fror es mich so stark, daß ich Mühe hatte, mich zu erwärmen. - -Da das Mittagessen schon vorüber war, so mußte ich mit übrig -gebliebenen Speisen mich begnügen. Der reichlich vorgesetzte Wein -schmeckte mir vortrefflich, und je mehr ich nippte, desto herrlicher -mundete mir der edle Saft der Rebe. Auch genoß ich seit meiner Abreise -von Kairo kein schöneres und besseres Brot. - -Ich verspürte einige Müdigkeit, zwar nicht vom Gehen, obschon ich den -weitaus größten Theil des Gebirgsweges zu Fuß zurücklegte, sondern vom -Reiten wegen des unförmlich breiten Sattels. Darum unternahm ich diesen -Tag nur noch einen kleinen Spaziergang durch etliche Gassen der Stadt. -In meiner frohmüthigen Stimmung zu Jerusalem zwischen dem Gehinnon und -Josaphat, dem Zion und Oelberg und Golgatha sang ich mitten durch den -Bassar unter der Menge von Menschen. Mein Gesang aber hörte plötzlich -auf. Warum? Das will ich erzählen. Bei meinem Mangel der nähern -Kenntnisse von der Stadt schritt ich arglos durch das Thor an der -Vormauer der Omarsmoschee, welche auf der Stelle des Salomonstempels -erbaut sein soll. Die Mohammetaner liefen gegen mich drohend heran, -ich merkte, den Tempel im Angesichte, daß ich mich verging, und -unverzüglich kehrte ich um. Mein unsaumseliges Benehmen hatte jedoch -keine andere Folge, als die, daß der Gesang sich in Pausen auflöste. - - - - -Jerusalem. - - -Oertliche und klimatische Verhältnisse. - -Jerusalem oder Soliman, bei den Arabern El-Kots (die Heilige), -liegt an einem ziemlich steilen Bergabhange. Der Berg beginnt eben -sich schroffer zu senken, und es erheben sich die Mauern der Stadt, -auf drei Seiten von einem tiefen und schmalen Thale, wie von einem -Festungsgraben, umgeben. Die Natur war so zuvorkommend, um die Stadt zu -befestigen, daß die Kunst aus Dankbarkeit ihren Theil beitragen sollte. -Beinahe in der Mitte der Abendseite der Stadtmauern steht das Jaffathor -(Bab-el-Kalil). Hier beginnt das Thal Gihon, streicht, den Berg Gihon -zur Rechten, eine kurze Strecke gegen Mittag, und läßt kaum einen zum -Theil verschütteten, zur Zeit wasserleeren Teich, den Teich Berseba -(nach +Jonas Korte+) oder Bethsabe (nach einem andern Schriftsteller), -zurück, als es sich gegen Morgen wendet, unter dem Namen Gehinnon etwa -eine halbe Viertelstunde weit, um links mit dem Thale Kidron oder -Josaphat zusammenzustoßen. Das letztere Thal, von der Brücke an keine -Viertelstunde lang, geht von Mitternacht gegen Mittag. In dem Thale -Gihon fließt der Bach Gihon, und in dem Thale Kidron der Bach Kidron. -Der Wasserüberfluß ergießt sich in den Lothssee (todte Meer). Also -auf drei Seiten ist Jerusalem von einer Thalschlucht umfangen: auf -der Bethlehem nähern Abendseite vom Gihon, auf der Mittagsseite vom -Gehinnon und auf der Morgenseite vom Kidron. Indeß ist vom Jaffathor an -gegen Mitternacht, wo die Stadtmauer gegen Sonnenaufgang umlenkt, gegen -Emaus und vor dem Damaskusthore kein Thal, sondern ziemlich ebenes, -aber rauhes Land. - -Der Boden der Stadt ist uneben; im Allgemeinen neigt er sich nach der -aufgehenden Sonne. Eine Felsanhöhe und zwei Hügel sind deutlich zu -unterscheiden. Der Zion steigt von Mitternacht sehr sanft an. Desto -schroffer stürzt er gegen die Bergthäler Gihon und Gehinnon. Zion -nennen die heutigen Schriftsteller die Felsanhöhe im Winkel dieser -Thäler. Das Thor, welches auf den Zion sich öffnet, heißt Zions- oder -Davidsthor (Bab-el-Nabi-Daud), und man gelangt nicht geradenweges -über die Schlucht Gehinnon zu der gegenüberstehenden Schluchtlehne -Hinnon, über welche der Weg nach Bethlehem weiset, sondern man geht -durch das Zionsthor und das Jaffathor, bis man auf langem Umwege -dem Zion gegenüber sich befindet. -- Das Franziskanerkloster liegt -im Nordwest der Stadt. Beim Neuhause geht es steil hügelan. Wenn man -durch die Thüre von Mitternacht her zu ebener Erde eingeht, so muß -man mehrere Treppenstufen hinuntersteigen, bis man auf der Südseite -zu ebener Erde herauskommt. Selbst die Gasse südlich am Kloster fällt -gähe gegen Morgen. Ich will den Liebhabern alter Namen die Freude nicht -mißgönnen, diesen Hügel im Nordwest der Stadt +Akra+ zu benennen, ob -er gleich, darf ich meinen Augen trauen, an Höhe den Zion übertrifft, -welcher, wenn ich recht deute, einst die Oberstadt hieß. -- Unter dem -Akra, dem Josaphatsthale näher, im Nordwest der Stadt erhebt sich -ein anderer Hügel. Der Bequemlichkeit willen in der Beschreibung und -des geschichtlichen Anklanges wegen belege ich ihn mit dem Namen -+Bezetha+. Der Anfang der sogenannten Schmerzensgasse (~via dolorosa~) -richtet sich in ziemlicher Neigung von Morgen gegen Abend, und von -dort zieht eine andere Gasse auf der entgegengesetzten Seite und in -entgegengesetzter Neigung von Abend gegen Morgen, nämlich gegen das -Josaphatsthal. Unter den Stadtmauern durchgängig hat dieses Thal -besonders gähe Wände. -- Die Moschee +Omars+ soll auf der Felsnadel -+Moriah+ stehen, wo der weise König +Salomo+ die Baustelle für den -Tempel kaum groß genug fand, weil sie, „überall gähe, gegen das Thal -hing (+Flavius Josephus+)“. Die Felsnadel war längst abgetragen. Moriah -steht von Mittag dem Bezetha gegenüber, wie der Zion dem Akra. Und die -vier Anhöhen oder Hügel in Jerusalem heißen, nach den alten Urkunden, -Moriah und Bezetha, Zion und Akra. Ich aber unterschied mehr nicht, als -zwei Hügel; denn Zion ist eine Felsanhöhe, und der Name Berg verwirrt -in der Sprache der Deutschen den Sinn. - -Ich ermangelte nicht, +Flavius Josephus+, welcher nicht lange nach -+Christus+ lebte, so genau, als möglich zu vergleichen. Aufrichtiges -Geständniß der Unzulänglichkeit im Verstehen fördert das Gedeihen -der Wahrheit mehr, als unklare, anmaßende Vielwisserei. Wie man mich -auch immer beurtheilen mag, ich gestehe frischweg, daß ich nicht im -Stande war, das Dunkel völlig zu verdrängen, welches einige Stellen -in der Lagebeschreibung des Jerusalemers +Josephus+ umschwebt. Mich -spornt keine Lust an, gesehen zu haben, was ich nicht gesehen hatte. -Denjenigen, welche sich mit der Erklärung behelfen, daß durch gewaltige -Naturereignisse der Boden Jerusalems eine andere Gestalt angenommen -habe, erwiedere ich mit den Worten: Warum ragen noch so merkwürdige -Ueberbleibsel des hohen Alterthums in unser Zeitalter herein, hier -der Brunnen in der Tiefe zwischen Moriah und Zion, jenseits am Kidron -die Grabmale, dort außer der Stadt gegen Mitternacht die Grabhöhlen? -Ich will allerdings die außerordentliche Zerstörung und Umwandlung -Jerusalems gerne zugeben, und in Kraft dessen selbst bemerken, daß -ich keinen einzigen von jenen +ganzen+ Steinen antraf, welche, nach -der Geschichte, zwanzig Ellen lang und zehn breit waren. Man fragt -mit Erstaunen: Wohin sind sie denn verschwunden? Wer hat sogar diese -schweren Massen entführt oder zerstört? So wenig oder schwer ich -+Flavius Josephus+ verstehe, so treu und faßlich finde ich dagegen die -Ortszeichnung des Pilgers +Hans Jakob Ammann+, welcher ihr mit den -Schweizer-Wörtern „Halden“ und, dem „Tobel“ Josaphat gleichsam eine -vaterländische Farbe auftrug. - -Zur Zeit meines Aufenthaltes flossen in Jerusalem keine Bäche, weder -der Kidron, noch der Gihon. Jener ist ein wildes Wasser bei stärkerem -und anhaltenderem Regen. - -Die Grundlage ist etwas röthlicher und so harter Kalkfelsen, daß er -die Politur nicht versagt. An vielen Orten tritt er nackt hervor, und -an andern überkleidet ihn eine dünne Schichte von Erde und vielen -kleinen Geröllen. Der Boden ist demnach weder gut zur Weide, noch -zum Anbaue. Mit Mühe sucht das Auge die Palmen, gleich wären sie aus -Egypten hieher verbannt. Oel- und Feigenbäume, fast die einzigen -Stammgewächse, verdichten sich nicht zu Wäldern wie bei Gaza und Ramle, -sondern stehen ziemlich einzeln. Von unausdauernden, wildwachsenden -Pflanzen verbreiten mehrere einen gar angenehmen Geruch. An wenigen -Stellen wird das Grün der Wiesen von den Steinen nicht unterbrochen. -Wo man es erblickt, wirkt seine Lebhaftigkeit wohlthuend, und wenn man -die Kühe darauf grasen sieht, möchte man in patriarchalischem Entzücken -die Steine und Gerölle der Wüste vergessen. Langsam gleitet der Pflug -an den Abhängen des Kidrons und Gehinnons. Derselbe ist einfach genug, -daß er die Steingeschiebe oder die Schuttsteine nicht scheuen darf. Ein -Eisen, das in die Erde wühlt, ein dünner Baum, welcher dieses Eisen -hält und den Zugstrick aufnimmt, noch eine Handhabe hinten für den -Ackermann, -- das ist der Pflug unter dem Moriah, auf welchem ehemals -der reiche Tempel des israelitischen Volkes stolz emporstrebte. In -den Thälern, worin einst so heilige Stimmen hinauf zum Throne Jehovas -erhallten, zittert jetzt die Luft von dem rohen Geschrei des Pflügers. -Nicht allein der Strich gegen Ramle, wohl aber die ganze Umgegend trägt -überhaupt das Gepräge der Unebenheit, der Zerrissenheit, der Kahlheit, -der Unergibigkeit. Was ist nachsichtiger, als die Vaterlandsliebem -welche die Häßlichkeit einer Gegend läugnen kann? - -Der Himmel ist weit minder heiß, als in Kairo. Der Ostwind wehte -kalt. Während des Sommers regnet es äußerst selten, und die strengern -Wintermonate sind die eigentliche Regenzeit. In der regenreichern Zeit -herrscht nasse Kälte und fällt manchmal Schnee[1]. Mir dünkt, daß -die Einwohner, vorzüglich die Weiber, zu wenig gegen die Kälte sich -schützen. Auch sind die Fensterscheiben eine Seltenheit, während sie -doch zu Kairo in Menge vorgefunden werden. - - -Gesundheitszustand und Bevölkerung. - -Jerusalems Lage und Himmelsstrich hält man für ungesund. Wechselfieber, -Durchfälle und Ruhren kommen häufig vor. Der in dieser Stadt -stazionirte egyptische Militärarzt, ein Italiener, machte mir die -Mittheilung, daß es gegenwärtig mehrere Ruhrfälle unter den Truppen -gebe. Selbst die Pest verschont die Stadt +Davids+ keinesweges und -im laufenden Jahre sah man sie übel haushalten. Die Egypzier sollen -in der Regel im ersten Monate ihres Aufenthaltes zu Jerusalem von -einer Unpäßlichkeit befallen werden, nach und nach aber sich gut -an die Gegend gewöhnen. Es gebrach mir an Zeit zur Einsicht in die -Todtenbücher, um über die Sterblichkeit ein haltbareres Urtheil zu -fällen. Ebenso wenig darf ich rühmen, etwas Zuverlässiges über die -Bevölkerung vorführen zu können. Den bisherigen Angaben mangelt es an -Gründlichkeit, und neue Vermuthungen, die meinige von 12,000 Seelen, -würden sich gerade mit dem gleichen Vorwurfe strafen. - - -Bauart der Stadt. - -Die Stadt ist von zickzackigen, hohen, hin und wieder zu Thürmen -emporragenden, massiven, festen Mauern umringt. Außerhalb läuft neben -diesen ein Fußweg im ganzen Umfange. Die Stadt, immerhin nicht groß, -ist von Südwest nach Nordost am längsten. Wäre eine gerade und gute -Straße angelegt, so würde man sie in einer starken halben Viertelstunde -gehen. - -Die Gassen sind krumm, dabei zwar gepflastert, aber ungemein schlecht. -Ein oder mehrere Pflastersteine fehlen häufig. Die Gasse hat zur Seite -einen unebenen, erhabenen Weg für die Fußgänger und eine tiefere, -hier und da sehr schmale Mitte für eine andere Art Fußgänger, -- für -die Thiere. Oft stockt hier übelriechendes Wasser, zum mindesten -in der Regenzeit, und der große Schmutz macht das Gehen zu einem -überaus lästigen Geschäfte. Die erhabenen Fußwege sind so schmal, -daß zwei Personen, die einander begegnen, sich, oft nicht ohne Mühe, -umdrehen müssen, um vorüberzuschreiten. Wie treffend wären +Ammanns+ -Worte: +Jerusalem hat viele wüste, unsaubere Gassen+, für das heutige -Soliman. Man kann sich nicht verhehlen, Jerusalem eignet sich nicht am -schlechtesten zum Sitze einer gewissen weltweisen Schule. - -Die Bassar sehen aus, wie in andern Städten, sind aber an -Unansehnlichkeit und Schmutzigkeit vielen überlegen. Einer ist gewölbt, -und das Gewölbe von einer Entfernung zur andern mit einer viereckigen -Oeffnung durchbrochen, wodurch das Licht der Sonne auf Gasse und Buden -strömt. - -Die Stadt besitzt viele unterirdische Gänge zur Ableitung der -Unreinigkeiten und des Wassers. Eben grub man auf dem Hügel Bezetha, wo -jetzt eine Kaserne steht, und wo einst der Palast des Herodes gestanden -haben soll. Man stieß etwa zehn Fuß in der Tiefe der Gasse auf einen -alten Gang, dessen Mauerwerk man von einander riß, um daraus einen -neuen zu bauen. - -Die Häuser haben entweder platte, oder kuppelförmige Dächer ohne -Ziegel, sind nicht hoch und durchwegs von Stein; viele altern und -weichen aus dem Senkel. Thüren und Läden scheinen zufällig durch den -Wind hingeweht. Im Abendlande würde man über die meisten Häuser als -Armseligkeiten die Achsel zucken und diejenigen bedauern, welche -darin wohnen müßten. Eine große Zahl europäischer Beuchhütten -verdiente im Vergleiche mit einer Menge Jerusalemer-Häuser den Namen -schöner Gebäude. Neben und mit so manchen bewohnten Häusern im -beßten Einvernehmen erhalten sich nicht selten Ruinen, wie: Gewölbe, -umgestürzte Marmorsäulen oder aufrecht stehende Säulenstümpfe. Von -Wehmuth ergriffen, wandelte ich unter diesen Siechen und Leichen, -welche in unsern Tagen den Dienst erfüllen, daß sie das Andenken an -die Größe und den Reichthum der Vorwelt auffrischen, während jetzt -Kleinliches und Armseliges den Blick ermüden und verdüstern. Aus -Jerusalem insbesondere ergeht der ernste Ruf, über den Wechsel der -Dinge Betrachtungen anzustellen. Vor zwei Jahrtausenden würden es gewiß -Wenige vom Volke Israel geglaubt haben, wenn man prophezeit hätte, -daß die aramäische Sprache im Fortschritte der Zeit innerhalb der -Markung Judäas die Herrschaft verlöre. Dafür wimmelt heute in der Stadt -ein Babylon von Sprachen: das Arabische, Griechische, Lateinische, -Italienische u. s. f., das Arabische selbst im Munde der Hebräer. -Eroberungen von Ländern und Völkern folgt immer zuletzt und am -zähesten die Eroberung des geistigen Volksschatzes, der Sprache. - -Und da ich gerade von den Sprachen rede, so bemerke ich im Vorbeigehen, -daß in dem Theile des Morgenlandes, welchen ich bereisete, unter den -abendländischen Sprachen die italienische oder die sogenannte ~lingua -franca~ überwiegt. Man würde zwar mit der französischen Sprache in -Kairo recht gut, nicht aber an allen übrigen Frankenorten ausreichen. - - -Die Kirche des Christusgrabes. - -Der Geist, in dem man die gefeierten Stellen besucht, darf weder zu -zweiflerisch, noch allzu gläubig sein. Es unterliegt keiner Frage, -daß mehrere große Ereignisse, deren die Schrift erwähnt, in Jerusalem -und seinem Weichbilde sich aufgerollt haben; aber: Wo? -- ob nun denn -beim Fuß und Zoll hier und nicht dort, hüben und nicht drüben, oben -und nicht unten, -- das stelle man doch, bei der Fülle allwissender -Ueberlieferungen und bei der Dürftigkeit an rein geschichtlichen -Haltpunkten, in den heiligen Zufluchtsort der Menschenseele, ohne zu -verunglimpfen oder -- zu verketzern. Zur Annahme der Wunder selbst sich -zu bekennen, gehört nicht einmal zur Recht- und Strenggläubigkeit im -engern Verstande, damit auch nicht zur Ketzerei, so man anders dieses -Wort hier gebrauchen darf. - -Wenn der Anblick der Häuser für die Anstrengungen der Reise wenig -Entschädigung verspricht, so überrascht hingegen aufs angenehmste die -Kirche des Christusgrabes durch ihre Größe und den Adel ihres Baustyls. -Der majestätische Dom rührt den Christen, zieht ihn an, ladet ihn -ein. Die Kirche liegt unter dem Kloster des Erlösers und über der -Omarsmoschee, ungefähr in der Mitte des Dreiecks, wenn man eine Linie -vom Zion zum Bezetha, vom Bezetha zum Akra und vom Akra zum Zion zieht. - -Es war an einem Montage, als ich den Tempel besuchen wollte. Ich -ging mehr, denn einmal vergeblich zur Thüre. Indeß öffneten die -Griechen dieselbe ebenso wenig ihren glaubensverwandten Pilgern, -welche sich vor der Kirche in ziemlicher Anzahl versammelten. Tages -darauf hatte ich die Freude, die Grabeskirche offen zu sehen. Ich -trat hinein, und siehe, da hockten zur Linken zwei Türken in aller -Bequemlichkeit auf dem Diwane, indem sie eine Pfeife rauchten und -ihre lebhaften, schwarzen Augen sehr weltlich herumdrehten. Ehemals -galt es als eine Art Begünstigung, wenn man gegen Erlegung eines -Kopfgeldes das Christusgrab besuchen durfte. Ohne Anstand wird jetzt -der Zutritt zu den Heiligthümern gestattet. Die Christen verdanken -die Abschaffung der mannigfachen Scherereien dem Bezwinger Syriens, -+Ibrahim-Pascha+. - -Hier bin ich nun im Tempel, der, nach der Behauptung der Gläubigen, -sich über Golgatha und das Grab +Christi+ wölbt. Wer zählt die -Andächtigen, welche in dem Gotteshause schon Labsal tranken? Wer möchte -aber auch die abscheulichen Auftritte des Parteihasses unter den -verschiedenen Bekennern der christlichen Religion schildern? Gleich -beim Eintritt in die Kirche fallen marmorne Steinplatten, nahe in -der Mitte zwischen Golgatha und dem Grabe, auf. Dort soll +Christus+ -gesalbet worden sein. Wendet man sich links, d. h., gegen Abend, so -sieht man eine über den Boden der Kirche und des Kirchenplatzes sich -erhebende kleine Kapelle, welcher die Merkzeichen des Felsens oder -der Felsenhöhle abgehen. Sie heißt Grabeskapelle. Wenn sie äußerlich -nicht dem Künstler genügt, so mag sie doch den Freund irdischen Glanzes -befriedigen. Der Eingang in das Innere ist so enge, daß nicht zwei -Menschen neben einander durchkommen könnten. Darin wird +das heilige -Grab+ oder das Grab +Jesu Christi+ verehrt. Dem Eintretenden steht zur -Rechten, als das Grabmal, ein platt gedeckter, etwa einen halben Fuß -hoher, von Morgen gegen Abend gerichteter Sarg, aus weißem Marmor, -worüber eine schwere Menge blendend funkelnder Goldleuchter hängt. Auf -der andern Seite der Kirche, gegen Morgen, führt, wie es heißt, +unter -dem Kalvarienfelsen+ eine Treppe in einen Keller, die Kapelle +Adams+. -Was ich aber von Golgatha und dem Grabe im wahren Grunde halte, werde -ich später mit Umständlichkeit erörtern. - -An der Wandung der Kirche wechseln viele Altäre. Die Lateiner besitzen -eine besondere Kapelle. Lateinische Pilger weilen wohl auch drei Tage -und drei Nächte in dem Tempel. Man bringt dannzumal die Speisen aus -dem Kloster in die Küche der Kirche, um sie hier aufzuwärmen und zu -vertheilen. - -Die Griechen können unmöglich verbergen, daß sie über das Christusgrab -den Meister spielen. Sie betragen sich sehr hochmüthig, und schauen -mit Verachtung auf die andersdenkenden Christen herab. Es ist in der -That eine wohlthätige Maßregel, daß die +Mohammetaner in der ersten -Kirche der Christenheit Polizei halten+. Unzweifelhaft wären sonst -die Zänkereien und Balgereien unter den Nazarenern des verschiedenen -Kirchengebrauches weit häufiger und ernster. -- Einige Gläubige konnten -sich nicht oft genug niederwerfen und bekreuzen. - -Vor und in der Kirche schwärmen zudringliche Bettler herum, die -wahrhaft Aergerniß erregen. Neben denselben werden von Andern an der -Kirchenpforte Kreuze und andere ~sante cose~ (Heiligthümer), z. B. -der ausgeschnitzte +Christus+ am Kreuze, feil geboten. Die Christen -in Jerusalem sorgen gar wohl dafür, daß der Pilger, ehe er die -Schwelle der Grabeskirche überschreitet, das Einmaleins wiederhole, -und sich der vergänglichen Güter, des Geldes, erinnere. Es verdient -doch wohl die Beherzigung eines Jeglichen, daß um den Baum eines zwar -unerschütterlichen, aber nicht verdauten Glaubens an die Lehren aus -dem Munde der Priester und Gesetzkenner -- die Wucherpflanzen der -Weltbegierde gerne ihre Netze stricken, wenn diese Priester und diese -Gesetzkenner in ihrem Eifer vergessen, auf den Stamm des Glaubens die -Zweige der Tugend zu pfropfen. - -Ich kann mich vom Grabe +Christi+ nicht entfernen, ohne einer -schaudervollen Begebenheit zu gedenken. Als um das Neujahr 1834 der -Feldherr +Ibrahim+ dasselbe besuchte, entstand ein solches Gedränge, -daß in der Kirche zweihundert Menschen vom Leben abgerufen wurden, -ohne diejenigen in Rechnung zu bringen, welche an der Pforte im -Gedränge sogleich oder später in Folge desselben starben. Ein Pater -erzählte mir, wie er über die Todten wandeln mußte, und einen andern -erschütterte das gräuelvolle Schauspiel so tief, daß er seither an -Schwermuth leidet. - -Und nun halte ich stille, um auf die Schädel- und Grabstätte -zurückzublicken. Habe ich denn viel Lohnendes wahrgenommen? Wurden -meine Erwartungen erfüllt? Ich will meiner Antwort einige Worte -vorausschicken, in Erinnerung der Menge, von welcher die Jetztzeit -unbedenklich des Unglaubens beschuldiget wird. Ich will zuerst Männer -reden lassen, welche, nach der Volksmeinung, in der guten Vorzeit -des Glaubens lebten. Nachdem +Salomo Schweigger+, der Pilger des -sechszehnten Jahrhunderts, die Heiligthümer Jerusalems angeführt, -bricht er in das unumwundene Geständniß aus: Ich für meine Person -habe all’ dergleichen Heiligthümer anders nicht gesehen, sind mir -auch weniger zu Herzen gegangen, als das geringste Ding. Ich kann -auch +weniger davon sagen, als wenn ich nie wäre daselbst gewesen, -ausgenommen das heilig Grab+. So weit +Schweigger+, dem ich die -Unparteilichkeit schuldig bin, seine Worte über dieses Heiligthum -anzuführen. Das heilig Grab, spricht er, bedünkt mich aber kein -erdichtet Heilthum, sondern in Wahrheit das Grab +Christi+ zu sein, -in Ansehung, daß dasselbige ohne Schrecken und +ohn’ Entsetzen von -Niemand+, es seien Christen oder Türken, +mag gesehen werden+. Denn als -ich’s gesehen, ging ich nicht dergestalt hinein, als hielt’ ich’s für -das Grab +Christi+, sondern, wie alle anderen Heilthümer mir verdächtig -waren, als wenn es nur erdichtete Heilthümer wären oder Geldnetze, also -auch dies. Als ich aber hineinkam in das Gewölb, kam mich und auch die -Herren aus der Gesellschaft solche Furcht und Schrecken an, daß uns -alle Härlein gen Berg standen, und uns bedünkte, wir schwebten zwischen -Himmel und Erden, ja als wären wir von der Erden verzuckt. Es erweckt -auch eine solche herzliche Andacht und Eifer in uns gegen +Christo+ -zum Gebet und christlicher Danksagung, daß’s über alle Maßen ist. Wie -man eben von +Schweigger+ vernimmt, unterlag er am Christusgrabe einem -so außerordentlichen Eindrucke, daß man seine Worte zwar nicht in -Abrede stellt, aber doch kaum begreift, weil so Manche heutzutage dahin -wallen, ohne über die Maßen ergriffen zu werden. +Hans Jakob Ammann+, -der im Jahre 1613 das Christusgrab besuchte, drückt sich so aus: Auf -jetzt beschriebene Weise wird das +heilig Grab+ gezeigt, und +siehet, -der dahin reiset, von dem Orte des Felses, da Christus begraben, ebenso -viel, als der, so gar nicht dahin kommt+........ Ob man schon die Leute -also bereden will, es sei das rechte in Felsen gehauene Grab, so hab -ich doch das Widerspiel augenscheinlich gefunden, da ich mit einem -Messer den Kalk zwischen den Fugen, da die marmelsteinernen Tafeln -zusammengestoßen, herausgestochen, und keinen Felsen, sondern nur -Mauern gefunden habe. - -So sprachen vor Jahrhunderten +Schweigger+ und +Ammann+, der eine gegen -die Echtheit von Golgatha, der andere gegen die des Christusgrabes. -Jetzt werde ich mich selbst bestreben, eine der wichtigsten Fragen aus -der Ortsbeschreibung Jerusalems zu lösen. - - -Liegt das Grab Christi in oder außer der jetzigen Stadt Jerusalem? - -Es schiene im hohen Grade befremdend, wenn eine so wichtige Stätte, -wie das Christusgrab, von den Urchristen nicht genau ins Auge gefaßt, -und diese Ortskunde nicht von Geschlecht auf Geschlecht mündlich -überliefert worden wäre. Schenkt man, wird man entgegenhalten, so -vielen weltlichen Stellen Aufmerksamkeit und Glauben, so fordert die -Gerechtigkeit, daß man auch heiligen Stätten die Aufmerksamkeit nicht -entreiße, und den Glauben an sie nicht tödte. Dazu kommt noch, was die -Weltgeschichte erzählt. +Hadrianus+ ließ nämlich, zum Aergernisse der -Christen, am Orte, wo +Christus+ hingerichtet und begraben worden, -einen Götzentempel erbauen; allein schon im vierten Jahrhundert unserer -Zeitrechnung erhob sich unter +Helena+, der Mutter +Konstantins+ des -Großen, an der Stelle des im heiligen Eifer geschleiften Götzentempels -die Grabeskirche. - -Offen lege ich das Geständnis ab, daß die mündlichen und diese -schriftlichen Ueberlieferungen für mich völlig genügend wären, um -die Echtheit der Schädel- und Grabstätte anzunehmen. Man darf indeß -nicht einseitig und nicht zu rasch vorgehen; es müssen nothwendig -und vor Allem die biblischen Urkunden geprüft und verglichen werden. -Schweigen sie über die Oertlichkeit, so ergänze ich die Lücke mit der -Weltgeschichte und den mündlichen Ueberlieferungen; reden sie, so -stelle ich auf ihren Entscheid ab. - -Die vier Evangelisten +Matthäus+ und +Markus+, +Lukas+ und +Johannes+ -erzählen, daß +Christus+ auf der Schädelstätte (~mons calvariæ~, -hebräisch Golgatha) gekreuziget, und dann daneben in dem Felsengrabe -eines Gartens beigesetzt worden sei. - -Wo liegt Golgatha mit dem Grabe daneben? Nahe der Stadt Jerusalem -war der Ort, wo +Jesus+ gekreuziget worden, überliefert der Jünger -+Johannes+ (19, 20). Ist es von allem Zweifel ferne, daß Golgatha -außer, doch nahe bei der Stadt lag, so bleibt man gleichwohl bei -Ausmittelung der Stelle nahe um Jerusalem, d. h., in seinem ganzen -Umkreise, im Ungewissen, und diejenigen, welche die fragliche Nähe bei -der Stadt auf dem Gihon erblicken, haben, wenigstens meines Wissens, -nichts für sich, als Schlußfolgerungen. - -Wo Gihon und die Grabeskirche liegen, darüber wurde früher Aufschluß -ertheilt, und +es leuchtet aus Allem aufs gewisseste hervor, daß die -jetzige Grabeskirche dem Gihon nicht angehört+. Ich urtheile nicht -bloß nach dem Augenmaße, sondern auch nach einem Grundrisse der -Stadt, welchen ein Ingenieur, +Failoni+, gezeichnet hat, und welcher -ganz besonders deutlich darlegt, daß das alte Jerusalem eine aller -Wahrscheinlichkeit widersprechende, beinahe krüpplichte, gleichsam -kerbthierförmige Lage oder Gestalt haben mußte, wenn man das heutige -Christusgrab außer die alte Stadt versetzte. Man wird genöthiget, -zwischen dem Zion und Akra von West einen tiefen Ausschnitt zu machen, -von welchem auch bei +Flavius Josephus+ überall nicht die Rede ist. -Wer auch nie das Glück hatte, in Jerusalems Mauern zu leben, wem bloß -vergönnt ist, eine treuere Abbildung von der Stadt zu sehen, der wird -beim ersten Anblicke der Grabeskirche gleich über der Omarsmoschee, -gleich über dem Moriah, die Bedenklichkeiten nicht unterdrücken können. - -So lange mir nicht mehr Belege zu Gebote stehen, dürfte ich freilich -nicht geradezu mit unbiegsamer Hartnäckigkeit behaupten, daß das -von den christlichen Priestern gezeigte Golgatha und Christusgrab -eine geschichtliche Täuschung seien; ich habe aber hinlänglichen -Grund, zu neuem Denken und Forschen in dieser Sache aufzumuntern. -Wollte man sich denn in Erläuterungen einlassen, so mochte eine -solche Täuschung um so leichter Wurzel schlagen, je sehnlicher man -die Baustelle für den Grabestempel dort wünschen mußte, wo man vor -feindlichen oder räuberischen Ueberfällen sicherer sein konnte. Es -kann Niemanden entgehen, daß eben die Mauern der Stadt diese größere -Sicherheit gewähren. Schon die einzige Thatsache -- um auf andere -nicht zurückzukommen -- daß ein christliches Kloster auf dem Zion, -will heißen, außer den Stadtmauern, den Türken abgetreten werden -mußte, nimmt entschieden Partei für solche, die eine Täuschung für -wahrscheinlich halten, und hätte dieser Fall niemals sich ereignet, so -würde man vernünftigerweise zwischen einem armseligen Kloster und einer -Kirche mit ansehnlichen Schätzen eine Unterscheidungslinie durchführen. - -Das +Grab selbst+ oder die +Kapelle+ desselben, +welche die Grabeshöhle -vorstellen soll+, ist überdies, sie kann nicht besser, zu Erregung von -Zweifeln geeignet. Nach der Erzählung der Evangelisten wickelte +Josef+ -von Arimathia den Leichnam +Christi+ in Leinwand, legte ihn ins Grab -(κατέθηκεν), welches in Felsen gehauen war, und wälzte einen Stein -über die Grabesöffnung (ἐπὶ τὴν θύραν)[2]. Das ist ebenso einfach, -als gegründet in den morgenländischen Sitten. Man wickelt in unsern -Tagen den Leichnam in weiße Leinwand, und versenkt ihn uneingesargt -ins Grab. Im Evangelium geschieht des Umstandes keine Erwähnung, daß -+Christus+ in einen Sarg gebracht wurde. Es meldet vielmehr, ohne ein -Weiteres, daß derselbe eingewickelt ins Grab gelegt wurde, welches -dann ein Stein deckte. Wenn man in der Grabeskirche, an der Stätte, -da +Christus+ gekreuziget ward, einen Garten, und im Garten ein neues -Grab (+Johannes+ 19, 41) sucht, so lacht heute kein Garten, und es thut -sich kein Grab auf; aber das Auge überrascht ein Sarg, unzweifelhaft -die fromme Zugabe von Priestern. Allerdings wüßten Zweifler, wenn man -selbst die Todesgruft, selbst den Stein, selbst die Spezereien heute -noch auf das klarste sähe, einen Ausweg dahin, daß Alles nachgekünstelt -sei; allein die Einfalt hat vor ältern Zeiten viel zu wenig erwogen, -daß der treueste Befund nach dem Wortlaute der biblischen Urkunden vor -den Angriffen der Zweifelsucht weitaus am sichersten schützen würde. - -Es war zwar die Grabeskapelle früherhin nicht ganz so, wie jetzt, -aber doch im Wesentlichen gleich: stets enge, wenig zugänglich, mit -brennenden Leuchtern. Vormals mußte man sogar, um zum Grabmale zu -gelangen, durch eine kleine viereckige Oeffnung, als eine seltsame -Grabesöffnung, schlüpfen, wovon +Salomo Schweigger+ in seiner alten -Treuherzigkeit eine Abbildung lieferte. Ich werde mich jedoch wohl -hüten, die Abbildung von diesem Schlüpfen in Worten ausführlich -auszudrücken, weil ich besorgen müßte, den Besuch des Grabes ins -Lächerliche herabzuziehen. Man war, wie es scheint, schon beim Bau -der Kapelle beflissen, die Wirkung hervorzubringen, daß das Gefühl -vorherrsche, und der überall beengte Geist vor demselben erstumme. - -Dem übertriebenen Eiferer widerfährt oft das Loos des Lügners, -welchem man zuletzt die Wahrheit nicht mehr glaubt. Es bedarf keines -Beweises, daß, zumal im Streite für die Religion, der überspannte -Eiferer in seinen Seitensprüngen gerne die einfachsten Dinge mit -Wundern vergoldet, und so kann er auch in der Regel auf den Beifall -der Männer mit nüchterner Urtheilskraft wenig rechnen, +wie willig -und gerne sie immer die Wahrheit vernehmen und glauben+. Die Menschen, -in deren Brust die Flamme maßloser Leidenschaft auflodert, haben die -Schuld offenbar sich selbst zuzumessen, wenn ihnen der unwissende oder -wenig unterrichtete Haufe mehr glaubt und vertraut, als Leute, die mit -einem größeren Vorrathe an Kenntnissen ausgerüstet sind. Es ist sehr -wahrscheinlich, daß überhaupt der religiöse Glaube besser und fester -stände, wenn nur nicht die Verkündiger und Verbreiter desselben über -die Schale (die Form) den Kern (das Wesen) zu oft übersehen hätten. - - -Die Gräber der Könige. - -Außerhalb des Thores von Damaskus (Bab-el-Scham) liegt gleich zur -rechten Hand die gegen die Stadt schauende Felsenhöhle, in welcher -+Jeremias+ seine Klagelieder gesungen haben soll, und ungefähr in einer -halben Viertelstunde davon erreicht man die sogenannten Gräber der -Könige. Der Boden zwischen der Stadt und den Gräbern ist mit vielen -Steinen übersäet. Darunter zeichnen sich hin und wieder Mosaiksteine -aus, an welchen ich den festen Mörtel deutlich unterscheiden konnte. -Will man die Gräber besehen, so tritt man durch ein mit Schutt mehr, -als bis zur Hälfte gefülltes Thor in einen großen, unbedeckten Raum, -welcher, wie dieses, aus dem Kalkfelsen gehauen ist. Der Grund war -grün, und diente den Kühen zur Weidung. An der Abendseite dieses Raumes -öffnet sich der Eingang zu den Grabhöhlen. Ihn zieren halb erhabene -Arbeiten, welche von einem so einfachen, als edeln Geschmacke zeugen. -Man kommt, nicht ohne Komplimente zu schneiden, durch den theilweise -verwitterten Eingang in einen Vorsaal. Dieser führt in vier Kammern, -die sich hinwieder in Nebenkammern verzweigen. Alle sind Hauwerke im -Felsen ohne Schmuck und Inschrift. Dagegen tragen die Grabdeckel, hohle -Halbwalzen von Stein, auf der einen Seite Verblümungen als Zierath. Die -dicken Thüren der Todtenkammern von gleichem Felsen haben auf der einen -Fläche einfache Zeichnungen von Vierecken, wie Täfelthüren. Man findet -sowohl ganze Thüren, als auch Bruchstücke, keine aber eingehängt. Vor -zwei Jahrhunderten liefen dieselben noch in ihren Angeln. - -Die Aushöhlung des harten Felsens muß ein mühsames, kostspieliges Werk -gewesen und jedenfalls von Vielvermögenden des Landes angeordnet worden -sein. Man schreibt jetzt die Todtenkammern den Römern zu. In frühern -Zeiten hielt man sie für die Gräber der Könige von Juda. - - -Die Grabhöhle der Maria. - -Hinweg durch das Stephansthor, vorbei am Stephansplatze, vorwärts über -die kleine, steinerne Brücke des Kidrons, -- und man sieht gleich -linker Hand den Eingang in eine Höhle. Siebenundvierzig Stufen von -glattem Marmor leiten in ihre Tiefe. Es ist die Grabhöhle unserer -lieben Frau, ihres Gemahls und ihrer Mutter. Eine Menge Blendwerk, -Goldleuchter, geschliffene Steine der Kapelle verkümmern den Gedanken -an eine natürliche Höhle. Eben lasen die griechischen Priester ihre -Messe. Das Näselnde der Stimme widerte mich in hohem Grade an. Noch -am widerlichsten näselte ein Knabe das +Kyrie+ (Herr). Ich habe am -Gottesdienste wenig Ernst, wenig Würdigkeit zu rühmen. - -Hart an +Mariens+ Grabhöhle stößt eine Höhle der Lateiner, worin die -Apostel geschlafen haben sollen. Sie bildet den schroffesten Gegensatz -der erstern: +einfach+ und +glanzlos+. - -Ueber der Marienhöhle stand in ältern Zeiten eine Kirche, bekannt unter -dem Namen Marienkirche. - - -Die Grabmale Absaloms, Josaphats und Zachariassen. - -Ueberschreitet man die Kidronbrücke, und hält man am Fuße des Oelberges -stille, so wird man staunend den Blick gegen Morgen auf Denkmale -heften, die sich aus der grauen Vorzeit so gut erhalten haben, als die -Pyramiden und Obelisken Egyptens. Es sind die Grabmale +Absaloms+, -+Josaphats+ und +Zachariassen+. - -Das Grabmal +Absaloms+ ist zum Theil aus dem Felsen gehauen; der -thurmähnliche Aufsatz dagegen besteht aus Mauerwerk. Im Widerspruche -mit der Ueberlieferung aber wurde, nach +Flavius Josephus+, zwei -Stadien von Jerusalem dem +Absalom+ eine marmorene Säule errichtet. -Das Grabmal +Josaphats+, ein einziger, aus dem Felsen gehauener Stein, -stellt ein kleines Häuschen vor. Schutt füllt fast das ganze Innere, -welcher mit einem so geringen Aufwande wegzuschaffen wäre, und der -mehr ein Denkmal auf die Trägheit der Zeitgenossen, als das Denkmal -eines Verstorbenen zu sein scheint. Unverantwortlicherweise hält man -es nicht einmal der Mühe werth, dasjenige recht zu betrachten, was die -Urväter mit Anstrengung und Sorgfalt ausgearbeitet hatten. Nahe dem -Grabmale +Josaphats+ liegt jenes des +Zacharias+ und an der westlichen -Abdachung des Oelberges überhaupt eine Menge gehauener Grabhöhlen und -jüdischer Grabsteine. Diese sind unförmliche Grabdeckel, höchstens an -ihrer Oberseite glatt gemeißelt und mit einer hebräischen Grabschrift -versehen. - -Kenner stimmen mit einander nicht überein, ob die Grabmale +Absaloms+, -+Josaphats+ und +Zachariassen+ wirklich jüdische seien. So lange dieser -Hauptstreit nicht geschlichtet ist, bleibt es unerheblich, das erste, -zweite oder dritte Denkmal nach +Absalom+, +Josaphat+ oder +Zacharias+ -zu nennen. Niemand aber bezweifelt ihr hohes Alterthum. - - -Der Brunnen Siloah. - -Geht man vom Zionsthore links hinunter, steigt man an der Südostseite -Jerusalems, gegenüber dem Dorfe Siloah, nicht hoch über dem Kidron -einige Stufen in die Tiefe, schreitet man vorüber an dem baufälligen, -kleinen, steinernen, einst von Säulen überragten Wasserbehälter, die -vielleicht den Siloahthurm getragen haben; so bemüht man sich dann -noch eine Treppe hinunter, und wen gelüstet oder dürstet, der darf nur -sich neigen, um aus dem unverschlossenen, gänzlich in den Kalkfelsen -greifenden Brunnen Siloah zu schöpfen und zu trinken. Ein Gang von -zwei Fuß Breite, durchläuft er eine Ebene von dreihundertundsiebenzehn -Schritten. Anfangs ist er zwei Mann hoch; nach zweihundert Schritten -aber nimmt die Höhe ab, bis man zuletzt nicht anders, als auf -beschwerliche Weise, mit geducktem Leibe, sich vorwärts bewegen -kann. Schutt verhindert das weitere Vordringen gegen den Moriah. Das -Wasser hat überall die gleiche Höhe von etwas mehr als einem Fuß. Die -auftretende Sohle fühlt Sand und unter diesem den Stein. Der Gang -wendet sich rechts. So erzählte mir der sonst nicht sehr verläßliche -Führer, welchen ich zu diesem unterirdischen Spaziergange bewog. - -Der über fünfhundert Fuß in den Kalkfelsen eingehauene Brunnen ist -unstreitig ein ungeheures Werk. Der Tiefe und Breite nach verdient -er kaum Erwähnung; allein wegen seiner beträchtlichen Länge enthält -er einen Reichthum an süßem Wasser, das wohl auch vor Alters zu -Bewässerung naher Gartenanlagen benützt worden sein mag. Wäre von den -Alten ein solcher Gang unter dem Felsenbette eines Stromes getrieben -worden, so würde er ein denkwürdiger Vorgänger des Londoner-Tunnel sein. - -+Ammann+ gedachte des Siloah-Brunnens mit mehr Bestimmtheit, als -andere, die nach ihm denselben beschrieben haben: Unten an dem Berg -Zion fleußt ein ziemlicher Bach aus dem Felsen heraus. Der Wege oder -Gang dieses Wassers ist in den Felsen künstlich gehauen, daß man weit -dem Wasser nach in den Felsen schliefen kann. Und fleußt dieses Wasser -in den Felsen vom Tempel und der Stadt Jerusalem hinab. Auf der Höhe -dieses Felsens soll auch der Thurm Siloah gestanden sein. Und gleich -vor diesem Felsen gibt es ein klein Teichlein. Darinnen soll sich der -Blinde im Evangelio gewaschen haben, da +Christus+ zu ihm gesagt: Gehe -hin, und wasche dich im Teich Siloah. So weit +Ammann+. - -Zwischen dem Stephansplatze und dem Siloahbrunnen zeigte man mir -noch eine Quelle unter dem Namen +Marienquelle+, vielleicht den -Drachenbrunnen +Nehemias+. - - -Die Felsanhöhe Zion. - -Am Jaffathore gegen Mittag erhebt sich ein großer, alter Thurm, ehemals -das Pisaner-Schloß, jetzt aber von den Wegweisern +Davidsthurm+ -genannt. Man verdeutete mir sogar das Fenster, durch welches der König -+David+ seine Augenweide an der sich badenden +Bath Seba+ fand, obschon -der Verfasser der Bücher +Samuels+ (2, 11, 2) erzählt: +Von dem Dache+ -des königlichen Palastes sah +David+ ein schönes Weib sich baden. - -Nähert man sich von da dem Zion, so liegt links an der Gasse +das -Kloster der Armenier+. Es gibt beinahe nichts Glänzenderes, als die -Kirche desselben. Niemand unterbrach darin die feierliche Stille, kein -Sterblicher war da, meine Aufmerksamkeit abzulenken, und so konnte man -um so ungestörter sich ergehen an dem morgenländischen Prunke, an den -edeln Steinen und Metallen, die überall zur Schau gelegt sind, und das -Auge schier blenden. Es mag für die Morgenländer tief berechnet sein, -daß die Priester ihre heiligen Stellen mit Dingen ausschmücken, welche -einen mächtigen Eindruck auf die Sinne erregen. Dem kalt forschenden -Verstande des Abendländers ist damit freilich wenig gedient, welcher -auf höherem Standpunkte die Beschaulichkeit gerade von der Sinnlichkeit -unabhängig machen möchte. Die Kirche soll über dem Orte aufgeführt -sein, wo der Apostel +Jakob+ enthauptet worden war. Man öffnete sie mir -ohne alle Schwierigkeit. - -Außer dem Zionsthore, gegen den Brunnen Siloah, sieht man einen -Theil der alten Wasserleitung von Bethlehem, welche die Stadtmauer -durchdringt. Von dem Thore kommt man +beinahe eben+ bis zur Moschee -und zum Spitale auf dem Zion. Man wird vielleicht diesen Worten mit -Mühe Glauben schenken, und ich möchte nicht zürnen. Der Wegweiser mußte -mir selbst an Ort und Stelle mehrmal betheuern, daß Zion der Zion sei, -weil meine Einbildungskraft so ungerne von einem Berge lassen wollte. -Auch der ehrliche +Ammann+, welcher aufs allernaiveste die Risse des -Kalvarienfelsens beschreibt, ging „fast eben hinaus auf den Berg Zion.“ - -Man will auf der Felsanhöhe die Hausstelle des jüdischen Hohenpriesters -+Kaiphas+ gleich vor dem Zionsthore noch wissen. Beinahe blindes -Mauerwerk, ein armenisches Bruderhaus, sichert ihr bei den Gläubigen -ein bleibendes Andenken. Einige Schritte weiter vorne und links -gegen den Blutacker, näher der Gehinnonschlucht, steht eine Moschee -und ein Spital, nach der dragomanischen Sage, am Platze, welchen -die Burg +Davids+ eingenommen und auf welchem +Jesus+ das Abendmahl -eingesetzt habe. Andere verlegen die alte Burg in die Mitte oben auf -der Felsanhöhe, wo der Finger einiger Mauertrümmer in die inhaltschwere -Vergangenheit hinaufzeigt. Gewiß ist, daß die Moschee und das Spital -ein Kloster der Barfüßermönche war, woraus sie vor zwei Jahrhunderten -von den Türken verjagt wurden. Wenig erquicken Grabsteine den ziemlich -kleinen und eher öden Scheitel des Zions. - -Mit gerührter Seele begrüßte ich den Ort, wo, nach den -Ueberlieferungen, jene Psalmen gesungen wurden, die, voll religiöser -Wärme, durch Jahrtausende tönten bis auf heute, und fortwährend noch -so viele Gemüther mit Begeisterung für die Gottheit erfüllen. Wie -denn, dürfte man fragen, konnte man in einer Gegend, welche im ganzen -Umkreise das felsichte Trauerkleid trägt, zum Dichten der erhabenen -Psalmen bewegt, wie angefeuert werden? Das Geräusch und der Glanz der -großen Stadt in der Nähe mochten das Herz des königlichen Sängers, in -welchem die Eindrücke des frühern Hirtenlebens noch nicht erloschen -waren, zur kindlichen Einfalt und Frömmigkeit stimmen. Gihon und -Gehinnon und Josaphat ziehen das Auge in die Tiefe; auf den Oelberg -und den Berg des bösen Rathes muß es aufwärts im Fluge; es schwebt -in der Furche von Mitternacht gegen Mittag, um darin vergebens nach -dem Jordan zu spähen; es ruht auf dem fernen, bläulichen Gebirge des -ostjordanischen Landes; jetzt steigt es in den azurblauen Himmel, -ins Unendliche empor. Empfängt das Auge denn in der That nicht ein -großes und großartiges Bild, dessen ganze Farbenfrische in ein -reicheres Gemüth zurückgeworfen werden muß? Wenn in der Nähe die -vielen Steine dem düstern Gefühle rufen, so leiht ihnen die Ferne eine -gefällige Gestalt und Farbe, und in der weitesten Ferne, welche an -den Himmel streift, träumt man sich gar schon die Herrlichkeiten des -Ueberirdischen. - - -Der Oelberg. - -In der Stadt, links am Wege zur Stephanspforte und in der Nähe der -letztern bemerkte ich einen ausgemauerten Wasserbehälter. Man nennt -ihn den Teich +Bethesda+. Er stand einsam, und es sind um ihn die -Kranken verschwunden, welche in demselben einst ihr Heil suchten. -Kein Engel durchfächelt mehr den Spiegel des Wassers. Es scheinen die -Bethesdaengel ins Abendland, zu den Priestern +Aeskulaps+ entflohen zu -sein. Durch die Stephanspforte und über den Stephansplatz erreichte -ich bald +Mariens+ Grabhöhle. Von da an aber ging es ziemlich gähe -hinan, auf einem breiten Fußwege, kaum eine Viertelstunde lang bis zum -Gipfel des Oelberges, welcher über ganz Jerusalem emporragt. Nicht die -günstigste Stimmung bewirkt auf der Höhe ein arabisches Dorf elender -Häuser mit Kothdächern. Ich sah am Wege ein Weib, wie es Mist in die -Hand nahm, um damit eine Einfriedigung von Steinen zu beklecksen oder, -wie es meinte, zu bemörteln. - -Auf dem Oelberge verwahrt der Moslim den Schlüssel zu der Stelle, -welche der Christ verehrt, nämlich zu der kleinen Moschee, welche über -jene sich wölbt. Man erblickt in der Mitte derselben das Stück eines -nackten Felsens, von dem aus +Jesus+ in den Himmel gefahren sein soll. -Vertiefungen des Steines gibt man für Eindrücke der Fußtritte aus. - -Ich bestieg den Thurm der Moschee, um die Aussicht freier zu genießen. -Ich brannte vor Begierde, Jerusalem, in der Tiefe gegenüber, zu -überschauen. Von hier aus gewährt die Stadt einen angenehmen, -merkwürdigen Anblick. Der Prachttempel +Omars+, groß und buntfarbig, -unten grün, daneben gegen Mittag der Tempel der Präsentazion, nunmehr -eine Moschee, und die Dome des Grabes +Christi+ zeichnen sich -vortheilhaft aus. Nördlich thürmt sich das Gebirge Ephraim auf, so die -Berge Garizim und Ebal in Samaria; östlich zunächst liegt Bethanien -weiter weg die Ebene von Jericho, dann die Senkung, welche das Thal -des Jordans andeutet, und selbst ein kurzer, glänzender Streif -dieses Flusses, so wie auch das obere Ende des Lothssees, im fernen -Hintergrunde Peräa, ein Theil des Gebirges Gilead; südlich erheben -sich die Anhöhen von Bethlehem, südlich und westlich das Hochland -Juda. Wären auch die Gegenstände, über die man in wenig Augenblicken -dahineilt, nicht voll hehrer Erinnerungen, so würde man die Aussicht -köstlich heißen, und man scheidet ungerne von dem wahrhaft fesselnden -Standpunkte. Der Oelberg, wiewohl er nicht eigentlich hoch ist, -übertraf weitaus meine Erwartungen. - -Unten am Wege auf den Oelhügel stehen acht +ungemein alt aussehende -Oelbäume+, wie man versichert, im Garten Gethsemane. Es wachsen -übrigens am Oelberge auch andere Oelbäume und auch Feigenbäume, aber in -dünner Zerstreutheit, und die Steine maßen sich daneben so viel an, daß -der Hügel eher über Unfruchtbarkeit klagt. - - -Die übrigen Merkwürdigkeiten, - -welche in Jerusalem und seiner Nähe gezeigt werden, will ich hier, nach -den Mittheilungen der Führer, bloß in Kürze berühren. Der eine Dragoman -weiß wohl auch etwas mehr, als der andere, und der dritte und vierte zu -viel oder zu wenig. - -Das zugemauerte goldene Thor unter der Omarsmoschee in der Stadtmauer; -der Palast des +Pilatus+; die Häuser der heiligen Frauen, des +Markus+, -+Thomas+, +Jakob+; der Bogen des Ecce Homo, der verfluchte Feigenbaum, -die Schweißhöhle, der Jeremiasbrunnen; die Stellen, wo +Jesus+ das -Unser Vater lehrte, sein Todesurtheil voraussagte, wo er gefangen -genommen wurde, wo er seiner Mutter, wo er den heiligen Frauen -begegnete, wo er das Schicksal Jerusalems beweinte, wo er fiel oder -sich auflehnte, und dadurch Gepräge auf dem Steine zurückließ, wo -+Petrus+ seine Sünden beweinte, dem +Malchus+ ein Ohr abschnitt, und -wo er gegeißelt ward, wo +Simon+ genöthiget, das Kreuz aufzunehmen, wo -Judas sich erhängte, wo +Stephan+ gesteiniget wurde (der Stephansplatz -zwischen dem Damaskusthor und der Kidronbrücke); das Lager der -römischen Armee, als +Titus+ Jerusalem belagerte, das Lager des Grafen -der Normandie, das Quartier des Grafen von +Flandern+, +di Paolo+, -+Eustach Tankred+, des +Gottfried von Bouillon+ und des Grafen von -+Toulouse+, u. dgl. - - -Physiologischer Karakter der Einwohner. - -Wenn ich mich befleißigen werde, den Jerusalemer nach seinen -körperlichen Eigenschaften hervorzuheben, so verstehe ich unter -demselben hauptsächlich die Bauersleute der Umgebung, weil sie wohl -das Bild der Vorältern treuer bewahrt haben werden, als der städtische -Mischmasch. - -Die Haarfarbe ist schwarz, die Hautfarbe weiß oder bräunlich; -insbesondere macht sich ein schöner Anflug eines zarten Wangenroths -bemerkbar. Rothe, blauäugige und blonde Leute gibt es selten. Der -Körper eher groß, dabei gut und fest gebaut; das Zellgewebe mit -ziemlich viel Fett. Die Stirne nicht sehr hoch und mäßig breit. Die -Nase lang, gebogen, mit herabstehender Spitze und dünnen Flügeln, im -Ganzen ziemlich groß. Die Lippen eher dünn und der Mund groß. Die Zähne -schön. Das Gesicht spitzt sich, nach dem Umrisse eines Eies, von der -Stirne nach dem Kinne zu. Das Ohr von mittelmäßiger Größe schließt sich -dem Haupte an. Der Gang und überhaupt die Bewegung ist lebhaft, die -Haltung des Leibes gerade. Die Weiber stehen den Männern an Schönheit -nach. Vielleicht waren aber die schönen weiblichen Schätzbarkeiten -verschleiert oder zu Hause. Aus den Augen der Männer, worunter -bildschöne, strahlt eine ruhige Gluth. Ich sah nicht leicht etwas -Ausdruckloseres, als den Blick und namentlich den halboffenen Mund der -Frauen und Mädchen, welche sich vor dem Denken ordentlich zu fürchten -scheinen. - - -Sitten und Gebräuche. - -Sie herrschen im Allgemeinen ungefähr so, wie in Alexandrien, wo sie -bei meiner Ankunft aus Europa mich beinahe betäubten. Wenn ich in -+Alexanders+ Pflanzstadt über die Gasse ging, so überraschte mein Ohr -eine Art Gerassel. Ich trat näher; es war eine Mühle; ein Thier mit -verbundenen Augen trieb im Zuge das Mühlerad. Also traf ich es auch -in Jerusalem. Ein Mann, in den Gassen Großkairos herumziehend, bemüht -sich, mit einem Kruge unter dem Arme, die Aufmerksamkeit der Menschen -dadurch zu wecken, daß er, zwei Schüsselchen auf einander schlagend, -ein hohes Geklingel verursacht. Es ist ein Meth- oder Sorbetverkäufer. -Also sah ich es auch in Jerusalem. Auch hier hockt man bei Arbeiten. -Lange Reihen von Kameelen, eines oder zwei mit einer Klingel, schreiten -gleichsam als lebendige Alterthümer durch die Stadt. - -Eine besondere Würdigung verdient - - -Die Tracht. - -Ich will die Kleidung des Weibes voranschicken; denn da dieses -überhaupt so viel Werth auf sie setzt, so gebührt ihm doch wohl der -Vorrang. - -Das +Weib+ trägt ein blaues Hemde (Leibrock), das bis auf die -Fersen flattert, und dessen Aermel in ein langes, spitzes, frei -herumfliegendes Band enden. Dieser Leibrock, welcher durch einen -Brustschlitz angezogen und mit einer Binde um die Lenden gegürtet wird, -ist die einfachste Kleidung. Zu der zusammengesetztern gehört ein -gestreiftes Ueberhemde (Ueberrock), welches bloß bis an die Knie und -mit den Aermeln bis an die Ellbogen reicht, so daß der Leibrock die -Vorderarme und Unterschenkel allein deckt. Vorne gespalten, kann das -Ueberhemde wie eine Jacke angezogen werden. Die Leibkleidung wird der -Morgenländer nicht als unzüchtig bezeichnen, welcher kaum beachtet, -daß sie einen Theil des Busens den Blicken nicht entzieht. Den Kopf -verhüllt ein weißer Schleier, ein lumpiger bei der armen Klasse, ein -grober und schmutziger bei der mittlern, ein feiner und zierlicher -bei der reichen. Die Schleier bei der letztern sind ungemein groß, -fallen über die Schultern, die Brust und den Rücken, und verlaufen -in Spitzen über den Fersen. Dieser Kopfschleier vertritt die Hauben -und Hüte der Europäerinnen. Die Christinnen tragen im Durchschnitte -keinen Gesichtsschleier. Die Mehrzahl der Weiber geht barfuß. Sogar -an ziemlich kalten Tagen des Christmonats sah ich viele über die -schmutzige Gasse barfuß ziehen. Die Uebrigen gehen in Schuhen von -verschiedener Form, die meisten in rothen mit langem Ueberleder. Dabei -fiel mir das Schuhgestelle außerordentlich auf. Um nämlich die Schuhe, -die im Morgenlande auf die Dauer nicht wasserdicht sind, trocken zu -erhalten, befestiget man auf jede Sohle querüber zwei etwa vier Zoll -hohe Bretchen, und man wandelt mit einer solchen Vorrichtung trocken -des Weges. Allein dieses Gehen kostet Mühe, zumal auf den glatten und -nassen Steinen der unebenen Gasse. Ein Weib ging so langsam auf den -Schuhbretchen einher, daß es mir verleidet und ich beinahe lieber bis -auf die Haut durchnäßt worden wäre. - - -Ohren- und Fingerringe nahm ich nicht wahr, wohl aber silberne oder -messingene Spangen am Vorderarme. Für jene Ringe tragen indeß die -Frauensleute andere Zierden, die so recht in den wilden Kram noch -taugen. Gleich unter den Nasenöffnungen wird ein Fleck des Gesichtes -auf jeder Seite blau gefärbt, und, die Wahrheit gestanden, es würde -sich dies ohne weitere Zugabe nicht einmal sehr übel ausnehmen. Dann -sitzt ein solcher Fleck auf der Stirne zwischen den Augenbraunen; -oder zur Seite des Kinns die Figur ÷÷ oder mitten im Kinne ⸬; oder -zur Seite der Mundwinkel ⁛ Eines oder Mehreres, wo nicht Alles -zusammen, befremdet den Abendländer bald bei dieser, bald bei jener -Frauensperson. Andere Beobachter könnten, wie ich nicht zweifle, noch -mehr erzählen. Mir schien schon das Gegebene zu viel, selbst wenn die -Punktirung eine sinnige Schrift vorstellen sollte. Es wäre für die -Abendländer ein neuer Quell des Gewerbefleißes geöffnet, geriethen sie -je auf den Einfall, Bücher an sich abzutatowiren oder auf Menschen -Büchersäle zu bauen. - -Der +Mann+ trägt ein langes, vorne in der Länge gespaltenes, um -die Lenden zugegürtetes Hemde meist von blauer Farbe. Das kürzere -Ueberhemde steht am Vordertheile der Länge nach offen, und hat, wie -dasjenige der Weiber, ebenfalls breite Streifen, z. B. von rother -Farbe. Ich durfte mich ordentlich zusammenfassen, um die Tracht der -Jerusalemer festzuhalten; denn in einer Stadt, wo so viel Trachten -durch einander wimmeln, wird die Aufmerksamkeit gar leicht zerstreut. -Bald ein polnischer Jude, bald ein russischer Edelmann, bald ein -Grieche, bald ein Franke etc. mischen sich in das dem Landeseingebornen -Eigenthümliche. Die Tracht europäischer Juden hat viel Gemeinsames -mit derjenigen der Eingebornen; sie gewinnt unstreitig geschichtliche -Bedeutsamkeit, und keinen Augenblick schwebe ich im Zweifel, daß die -Israeliten des alten Testamentes sich ähnlich kleideten, wie die -neuen Rabbinisten oder Talmudisten. Der Bauer des Landes trägt seinen -üppigen Bart ungeschoren; hingegen lassen die meisten Städter bloß den -Schnurrbart stehen und scheren den übrigen Bart, alle aber den Kopf. -Der morgenländische Christ bedeckt sein Haupt mit einem Turban gleich -andern Morgenländern. Man sieht rothe, grüne, weiße, blaue, bunte -Turbane. Viele Mohammetaner haben, wie in Egypten, eine rothe Mütze -(Fes) auf ohne Bund. - - -Das Kriegsvolk. - -Seit Syrien unter egyptische Botmäßigkeit gebracht ist, wird es von -Kriegern überschwemmt. Einzig und allein mit einer zahlreichen, -bewaffneten Mannschaft vermag der Statthalter Egyptens die Syrier zu -zügeln, auf daß sie ihm nicht abtrünnig werden. Es ist eine ausgemachte -Sache, daß das Land unter der Last Pflastertreter schwer leidet. Es -drängt sich die beherzigenswerthe Frage auf: Würde der Vizekönig nicht -mehr besitzen, wenn er mit Egypten sich begnügt hätte? - -Man kann sich auch in Jerusalem nicht bergen, daß die neue Ordnung der -Dinge +in Bezug auf Polizei+ sich aufs herrlichste bewährt. Ob aber -das Alles sich halten werde, wenn einmal die Menge achtunggebietender -und furchteinflößender, fremder Wehrmänner das unterjochte Land -räume, liegt unenthüllt im Schoße der Zukunft. Freilich verheißt die -Art und Weise, wie die Verbesserungen eingeführt wurden, nicht die -sicherste Gewähr. Denn der neue Verwalter begann sie nicht von Grund -und Wurzel aus; er trachtete nicht, die Hauptsache, in der eigentlichen -Volksschule die Landeskinder in Kenntnissen vom Guten und Nützlichen -mehr unterrichten zu lassen. Nur durch eine Schreckenherrschaft, -vor der jedwedes menschliche Gefühl zurückbebt, verscheuchte er die -Weglagerer, die Räuber, die Mörder. Diese unterlassen Frevel, Raub und -Mord nicht, weil sie von Gott und dem Fürsten verbotene Handlungen -sind, sondern weil sie vor der unausbleiblichen strengen Strafe -zittern. Beseelte die feigen Syrier ein Gran Muthes, so würde die -schöne Polizei des neuen Gebieters wie eine Seifenblase zerplatzen. - -+Strabo+ nennt die Bewohner der Gegend, woher ich gebürtig bin, Räuber, -Streifhorden, und schildert in Beziehung auf Geistesbildung die alten -Syrier zu ihrem Vortheile. Ich wandere nun in Palästina, und kann hier -erzählen, daß bei uns die Sicherheit der Person und des Eigenthums auf -einer sittlichen Grundlage, dem gewissen Zeichen der Entwachsenheit aus -dem barbarischen oder rohen Zustande, ruht. Was würde der Kappadozier -heute dazu sagen? - -Um zu den Verbesserungen +Mehemet-Ali’s+ zurückzukehren, so will ich -nicht verhehlen, daß er eine neue medizinische Schule in Damaskus -gündete. Man müßte indessen eine Binde vor den Augen haben, wofern -man nicht die blutige Richtung selbst in dieser so menschenfreundlich -scheinenden Maßregel erblickte. Zum Kriegen braucht man Leute, und -sobald man Leute braucht, so muß es Einem daran liegen, daß sie am -Leben erhalten werden. - -Die Regierung +Mehemet-Ali’s+ reibt sich an so manchen Gegensätzen: -Ernst neben Spiel, Geschäftigkeit neben Faulenzerei, Geizen neben -Verschwenden. Es verdient Erwähnung, daß selten einer der europäischen -Angestellten die Regierung aufrichtig lobt. Wenn einige unbestritten -vom edeln Triebe zu Vermehrung der Kenntnisse in Künsten und -Wissenschaften geleitet werden, womit sie einmal ihrem Vaterlande zu -nützen hoffen; so verrichten dagegen die meisten ihre Geschäfte nicht -aus Liebe zum Fortschritte auf dem geistigen Gebiete, sondern aus -Liebe zu einer guten Bezahlung, nicht aus Liebe zur Regierung, sondern -aus Liebe zu Ehr und Ansehen, zu einem bequemen und üppigen Leben vor -einer reich besetzten Tafel, bei Weibern und auf der Jagd. Hat einmal -der Mensch seine sittliche Spannkraft verloren, so bleibt er bloß noch -ein sieches Schattengewächs. Ich kann nicht aussprechen, wie sehr mein -Herz beklommen ward, wenn ich dem kalten, lahmen, maschinenmäßigen, -selbstsüchtigen Gange der Regierung zusah. - -So viel als allgemeine Bemerkungen über die egyptische Regierung. Sie -sind kurz, wie die Prüfungszeit selbst war. - -Begeben wir uns wieder zu den Heerschaaren, so führt der Faden der -Beschreibung zur Bemerkung, daß ebenfalls Jerusalem von der egyptischen -Plage, dem Militär, heimgesucht wird. - -Ich hätte schon an andern Orten, voraus in Kairo, Gelegenheit gefunden, -über die egyptischen Truppen ein einläßlicheres Wort fallen zu lassen. -Ich bin dem Militär von jeher fremde geblieben, und was man am -wenigsten versteht, berührt man am ungernsten. - -Ich schilderte früherhin, daß, bei meinem wenig feierlichen Einzuge in -Jerusalem auf dem müden, fast kniefälligen Esel, vor den Mauern der -Stadt Truppen meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Die Gewandtheit und -Regelmäßigkeit bei ihren Waffenübungen überstiegen alle Erwartung. Wie -der Künstler seine Bildsäulen in einer geraden Reihe aufstellt, so -stehen die Wehrmänner neben einander, nur darnach schauend, was sie -ablernen sollen, und darnach horchend, was man ihnen befahl. - -Die Bewaffnung des Soldaten besteht in einem wohlgeputzten Gewehre, -wozu ein Säbel und eine kleine Patrontasche gehören. Letztere trägt der -Soldat an einem gelbledernen Riemen über dem Rücken, auf welchem er -zugleich in einem Habersacke die nöthigsten Bedürfnisse nachschleppt. - -Die Kleidung ist bald von weißem, bald von rothem, bald von -anderfarbigem Zeuge. Pumphosen umgeben enge die Unterschenkel, und -enden innen und außen halbmondförmig, dergestalt, daß die Bogenlinie -nach unten gekehrt ist. Den Oberleib und den Hals umschließt genau -eine vorne zugeknüpfte Weste, und von den Aermeln derselben werden die -Arme klamm umspannt. Eine Bauchbinde hält die Hosen und deckt ihre -Verbindung mit der Weste. Die Kopfbedeckung ist eine rothe (Fẻs) und -darunter eine weiße Mütze (Tarbusch), welche letztere gewaschen wird. -Strümpfe fehlen. Der Schuh hat ein sehr langes Ueberleder. Der Soldat -bewegt sich in der ganzen Kleidung mit Leichtigkeit, nur in den Schuhen -nicht. Niemand wird abredig sein, daß man in der Montur die fränkische -und morgenländische Tracht mit Klugheit zu vereinigen wußte. Die -egyptische Soldatenkleidung von grünem oder blauem Tuche nimmt, etwas -Plumpes abgerechnet, sich recht gut aus. Indeß vermochten die Europäer -ihren Einfluß noch keinesweges in dem Grade geltend zu machen, daß das -Pfeifen und Trommeln nicht etwas Wildes, Türkisches verriethe. Noch -mehr aber fällt auf, wenn der wachhaltende Soldat mit dem Gewehre im -Arme niederhockt u. dgl. - -Zur Nahrung erhält der Soldat für zehn Tage das Quantum Reis, Bohnen, -Linsen und Butter. Fleisch bekommt er zweimal in der Woche, im -Fastenmonat aber alle Tage nach Untergang der Sonne. Die Speisen kocht -der Soldat sich selbst, und das Getränke mag er holen, wo er will. - -Was die Ausrüstung anbelangt, so gibt die Regierung dem Gemeinen alle -sechs Monate ein Paar Schuhe und Hosen, eine Weste (Jacke) und ein -Hemde, alle Jahre dagegen die rothe Mütze, einen Kaputrock und einen -Teppich zum Lager oder als Bettung. Die weiße Mütze, die Bauchbinde und -etwa Strümpfe schafft er sich selbst an. Beim Eintritte in den Dienst -wird er sogleich vollständig bewaffnet; er ist jedoch gehalten, die -Waffen auf eigene Kosten auszubessern. - -Der monatliche Sold des Gemeinen beträgt 14½ Piaster; es fallen somit -auf einen Tag nicht einmal 4 Kreuzer R. W. Ueberdies wird der Sold auch -in Syrien sehr nachlässig ausbezahlt. Zur Zeit war er schon vierzehn -Monate im Rückstande. Und wenn noch die Bezahlung erfolgt, so macht sie -nicht reinen Tisch, sondern sie tilgt bloß einen Theil der Schulden. -Ueber nachlässige Zahlung wird allgemein Klage geführt, und mit ihr -vorzüglich ist der Leichtsinn oder vielleicht gar die Nothwendigkeit -des Schuldenmachens eingerissen. Einmal über das andere langweilt -man sich mit der Frage: Wann wird der rückständige Sold ausbezahlt? -+Ich hörte übrigens nie, daß die Zahlung, mag sie auch noch so spät -geleistet werden, je ausblieb.+ - -Je geringer der Lohn ist, welchen der gemeine Söldner empfängt, desto -glänzender werden die Offiziere besoldet. Ohne den +Taib+ (gut, -Vergütung, Entschädigung) zu rechnen, steigt die monatliche Besoldung -eines Obersten auf 16 Beutel (Seckel); den Beutel zu 500 Piaster. -Er kann somit täglich etwa 34 Gulden R. W. verzehren. Der General -erhält monatlich 24 Beutel. Die Verleihung des Generalstitels hatte -für +Clot+ auch besonders in Beziehung auf das Einkommen eine -vortheilhafte Seite. Dem Bataillonsarzte (~medico maggiore~) sind -für den Monat 750 Piaster Sold, 140 Piaster Taib und überdies jährlich -1000 Piaster für die Ausrüstung ausgesetzt. Die Anstellung gewährt -wenigstens das Bequeme, daß sie nicht bindet, weil zu jeder beliebigen -Zeit die Entlassung angenommen werden muß, sobald man sie einreicht. - - -Die Pilger. - -Die griechische Kirche liefert am meisten Pilger, nicht nur viel -Griechen, sondern auch viel Russen, und die verschiedenen Trachten -vergönnen einen ergötzlichen Anblick. Wenn der russische Krieger sein -Blut in den Schlachten nicht gespart hat, wenn er schon nicht mehr -fähig ist, die Waffe zu tragen; er kehrt doch nicht zur Ruhe zurück, -es erwacht in ihm, statt des weltlichen, der religiöse Kampf, und er -wallfahrtet nach Jerusalem, um mit seinen Heiligthümern einen Frieden, -nicht für das Hienieden, aber für die Ewigkeit abzuschließen. Die -Griechen, sogar arme, verlassen ihren heimathlichen Herd, um Gott -ihre Dienste anzubieten. Würden sie sonst das Leben mit Kargheit -dahinbringen, so scheuen sie die Auslagen für die Wallfahrt und den -Aufenthalt nicht. Ich sage ausdrücklich: den +Aufenthalt+; denn die -griechischen Priester reichen ihren Pilgern die Nahrung nicht auf -Kosten des Klosters. Die Pilgrime müssen, wie verlautet, vielmehr froh -sein, wenn ihre Seelsorger sich nicht von ihnen bereichern. - -Lateinische Christen unternehmen die Pilgerfahrt ungemein selten. -Zu ihrer Beherbergung ist das Kloster des Erlösers bestimmt. +Freie -Bewirthung, selbst auch für Protestanten, ward großmüthig vom Papste -geboten.+ Unter den abendländischen Pilgern gibt es nicht lauter -fromme, sondern auch solche, die von Kloster zu Kloster herumstreifen, -und darin gut essen und trinken, damit die auf solche Weise -zurückgelegte Prachtreise ihnen am Ende daheim zur Fundgrube eines -müßigen Glückes werde. Ich kannte einen solchen Pilger, der durch ganz -Palästina ohne einen Reisegefährten zu Fuß herumwandelte. Einen Andern -traf ich in Ramle, später auch in Jerusalem. Ein Schlesier, sprach er -deutsch. Ich erinnere mich kaum einer schmutzigern Kleidung, als dieser -deutsche Gärtner trug. Man muß die Beweggründe zu seiner Reise hören, -um den Gehalt des Mannes zu prüfen. Zweimal sei er auf den Tod krank -gewesen, und habe zuletzt das Gelübde gethan, das heilige Land einmal -zu besuchen. Mit nichts, als mit dem schmutzigen Hemde am Leibe, mit -Hosen, einem Rocke, Hute, Halstuch und mit schlechten Schuhen, mit -wenigen in Tücher verpackten Habseligkeiten, die er an einem Stocke -auf der Schulter trug, durchstrich er das jüdische Land bis auf den -Libanon, und zwar ohne Kenntniß des Arabischen oder Türkischen, des -Griechischen oder Lateinischen, des Französischen oder Italienischen. -Drei Tage hielt er sich in Damaskus auf, ohne den Namen der Stadt zu -wissen. Heuchlerisch suchte er mich zu überreden, daß er auf einer -abenteuerlichen Nachtreise das Zeugniß vom Kloster des Erlösers -verloren habe. Weil ihm die Sprache abging, um sich den Mönchen -verständlich zu machen, konnte er mich bewegen, daß ich mich für ihn -als Dolmetscher verwendete, und die Patres waren gutmüthig genug, ein -zweites Zeugniß auszufertigen. Mich erfüllte ein seltsam Erstaunen, -als er mir später erzählte, daß er Alles erlogen habe. Es ist der -Nämliche, welcher, nach eigenem Geständnisse, einen österreichischen -Reisepaß sich zu erschleichen wußte. Ein Franzose ohne Habe, aber mit -einer reichen Lügenzunge, ebenfalls ein Pilger, verwendete all’ seinen -Witz, um mich zu betrügen. Der Umstand, daß ich immer schußfertig auf -dem Anstande war, machte ihn gegen mich unmuthig und bitter. Solches -Gesindel betet unter Kniebeugungen und Bekreuzungen an den heiligen -Stellen, wo, nach den biblischen Urkunden, +Christus+ für die Menschen -sein Blut vergoß, und wo sein Leichnam ins Grab gelegt wurde. - -Es ist zudem merkwürdig, daß derlei geldentblößte Leute, die sich gegen -den Gastfreund mit einem Geschenke nicht erkenntlich zeigen können, am -lautesten aufbegehren und die Unverschämtheit am weitesten treiben. - -Die Speisen und Getränke sollen in den Klöstern des jüdischen Landes -durchgängig sehr gut sein. Vorzüglich rühmt man die Freundlichkeit der -Klosterleute auf dem Libanon und ihren köstlichen Wein. - - -Der Geist der Christen. - -Die heilige Stadt -- welcher Wortmißbrauch. Man tadelt allgemein -den Geist der Christen zu Jerusalem. Hier, wo man zum reinsten -Christussinne aufgefordert werden sollte, wächst so viel Unkraut unter -so wenig Waizen. Schlaffheit vertritt lebendiges Streben nach Wahrheit, -Formenwesen geläuterte Begriffe, Pharisäismus religiöse Wärme. Man -räumt dem Mohammetaner den Vorzug ein, ich glaube, mit Recht. Viele der -verschiedenen christlichen Glaubensbekenner benehmen sich so unwürdig, -daß man sich beinahe schämen möchte, ein Christ zu heißen. Eine weite -Kluft unauslöschlichen Hasses gähnt zwischen den vielfarbigen Bekennern -des Christenthums. - -Die Griechen verdienen zuerst den Tadel. Um zu einem Zwecke zu -gelangen, lassen sie keine Mittel unversucht. Man weiß kaum, wie -man von Leuten denken soll, welche, wie die griechischen Priester, -ausdrücklich berufen sind, Heiligthümer zu verehren, und an -ihrem eigenen Heile zu arbeiten, und welche gleichwohl so viele -Heillosigkeiten begehen. Daß sie vom Glauben an einen vergeltenden -Gott durchdrungen sind, hält zu begreifen schwer, und wenn sie diesen -Glauben noch hegen, so ist er ein schlechter, weil er mit der Annahme -gepaart sein muß, daß +der Glaube ohne Tugend selig mache+. Ich -will zwar nicht behaupten, daß es unter den griechischen Priestern -nicht auch wackere Männer gebe; nur sind diese, nach übereinstimmenden -Aeußerungen, nicht häufig. - -Die lateinischen Priester sehen im Allgemeinen ziemlich alltäglich -aus. Wenige liebten das lateinische Gespräche, und doch lesen alle -die +Messe in lateinischer Zunge+. Freilich begnügen sich manche -Menschen dieses Schlages, ~in majorem Dei gloriam~ auf der Oberfläche -herumzuschwimmen, ohne daß ihnen der Gedanke beifällt, in der -Taucherglocke vom Grunde die Schätze heraufzuholen. Ich darf kaum -bemerken, daß die lateinischen Mönche gemeiniglich alle Andersgläubige -bemitleiden, weswegen man mir wohlmeinend rieth, ja nirgends den -Protestantismus durchblicken zu lassen. Der rothbäckige Verwalter -rühmte eines Abends die Gastfreundschaft des Klosters mit den Worten, -daß es alle Franken beherberge, klopfe ein Katholik oder ein -- -- -- -an. Ich verzeihe dem guten Pater eine solche wenig würdige Sprache, -für die ich Gedankenstriche, als die geeignetesten Schriftzeichen -in unserer Zeit, wählte. Vom Pater Superior, unter dem Titel -+Reverendissimus+, spricht Jedermann mit Achtung. - -Es befinden sich jetzt, wie man mich versicherte, zwei protestantische -Missionarien, ein englischer und amerikanischer, in Jerusalem. Man lobt -sie, und die protestantischen Fremden, wenigstens die Engländer, ziehen -größtentheils ins Missionariat. Ich besuchte weder den einen, noch den -andern. Hätte ich mich aber in der Stadt länger aufgehalten, so würde -ich ihre Bekanntschaft gerne gemacht haben. Sie stehen, meines Wissens, -mit den übrigen Christen in kaltem, jedoch in keinem feindlichen -Verhältnisse. - - -Der Ablaß der römisch-katholischen Kirche. - -1) +Gänzlichen Sündenablaß+ erhält man: - - a) beim Betreten des heiligen Landes, wenn man sieben Vater unser - und Ave Maria betet; denn die Mühseligkeiten und Gefahren, welche - mit der langen Reise verbunden sind, werden als eine Buße für die - eigenen Sünden betrachtet; - - b) beim Eintritte ins Thor von Jerusalem, nach Verrichtung von - ebensoviel Gebeten; - - c) in der Franziskanerkirche zum Erlöser in Jerusalem, und zwar am - Altare der Verkündigung sowohl, als des Abendmahls von +Christus+ - und seiner Erscheinung vor +Thomas+; - - d) in der Kirche des Christusgrabes, nämlich an den Altären der - Kreuzerhöhung und Kreuzigung, am Steine der Salbung, an der Säule - der Geißelung, in der Kapelle des Christusgrabes und der +Helena+, - am Orte der Kreuzerfindung; - - e) in Jerusalem an den Plätzen, wo +Maria+, die Mutter des - +Christus+, empfangen und geboren ward, am Bogen des Ecce Homo, im - Palaste des +Pilatus+, nahe am Orte der Geißelung; - - f) in der Umgegend vor Jerusalem, nämlich bei der Ankunft auf - dem Zion, im Besondern im Hause des Hohenpriesters +Kaiphas+, - am Bächlein Kidron, auf der Brücke, wo +Christus+ seine Kniee - eindrückte, am Grabe seiner Mutter +Maria+ und des +Lazarus+ in - Bethanien, auf der Burg von Magdalo, an der goldenen Pforte; - - g) in Bethlehem, und zwar am Altare, wo +Christus+ geboren ward, - am Altare der Krippe, so wie der Anbetung der Weisen aus dem - Morgenlande; - - h) in der Umgebung Bethlehems, im Lande der Hirten, wie am Orte der - jetzt verlassenen Kapelle, wo denselben der Engel erschien; - - i) in +St. Johannes+ auf dem Berge, am Altare seiner Geburt, in der - Wüste, wo er das Evangelium predigte; - - k) in Nazareth, nach dem Eintritte in die Stadt und am Altare der - Empfängniß; - - l) in der Umgegend von Nazareth und in Galiläa und zwar auf dem - Berge Thabor, in der Stadt Nain, in Sephoris (Szaffad), wo die - Aeltern +Marias+ geboren wurden, in Kana, am Geburtsorte der drei - Apostel +Bartholomäus+, +Matthäus+ und +Simon+, am Jordan. - - -2) +Ablaß auf sieben Jahre und zweihundertundachtzig Tage:+ - - a) zu Jerusalem in der Grabeskirche, am Altare der - Kleidervertheilung, an der Kleidersäule, ferner im Gefängnisse auf - dem Bezetha und am Orte, wo +Christus Magdalenen+ erschien; - - b) in Bethlehem, am Grabe der Unschuldigen, im Oratorium des - +Hieronymus+, an seinem Grabe, am Grabe der +Paula+, ihrer Tochter - +Eustochia+ und des +Eusebius+, in der Schule des +Hieronymus+; - - c) in der Umgegend von Bethlehem, am Grabe der +Rahel+, im - griechischen Eliaskloster, auf dem Felde, wo der Engel den - +Habakuk+ wegtrug, in der Zisterne der heiligen drei Könige, am - Terebinthenbaume, in St. Saba; - - d) in +St. Johannes+ auf dem Berge, an der sogenannten - Marienquelle, am Orte, wo die zwei Basen einander begegneten, an - dem Orte, wo +Philip+ den Eunuchen der Königin von Aethiopien - taufte; - - e) in Nazareth, im Hause +Josefs+, am Tische des Herrn, an der - Quelle der Jungfrau; - - f) in der Umgegend von Nazareth und in Galiläa, bei der +Maria+ - der Furcht, auf dem Seligkeitsberge, dem Aehrenfelde, am Orte der - Speisung mit Broten und Fischen, am See Genesareth, in Bethsaida - und Kapernaum. - -Ich glaubte irrig die Ablaßstellen, wovon ich mehrere besuchte, -wenigstens durch Kreuze bezeichnet. Ohne einen Führer würde man, im -Geiste des Ablasses, sehr wichtige Stellen unbeachtet überschreiten. - - -Der alte deutsche Pater und die große Apotheke. - -Im Kloster des Erlösers lebt ein grauer Achtziger aus Mähren, Pater -+Vital+. Mich verlangte, den Greis zu sehen. Ein schöner Mann mit -blauen Augen, rosigem Wangenschimmer und gebeugtem Körper begrüßte mich -mit der einnehmendsten Herzlichkeit. Mir wollte Jerusalem und seine -Umgebung nicht gefallen, und ich fragte ihn um seine Meinung über das -Leben in diesem Lande. „Ja, was ist es?“ antwortete er. „Man ist nun -einmal da. Es muß gut sein.“ Der Sinn der Worte war leicht zu deuten. - -Ich traf den Pater gerade in der Werkstätte. Er treibt im Kloster das -Geschäft eines Apothekers und Arztes. Dazu ist er also noch Pater. Alle -gute Dinge sind drei. Von der Werkstätte gingen wir in die Apotheke. -Wenn nur das Halbe wahr ist, was an den Büchsen und Gläsern geschrieben -steht, so besitzt sie einen reichen Schatz von Arzneistoffen, daß man -sich in der That verwundern muß, wenn man die Lage Jerusalems in einer -bildungsarmen Gegend berücksichtigt. - -Die herrschende widrige Witterung machte mich ein wenig unpäßlich. Ich -ermangelte nicht, dies dem Pater +Vital+ zu eröffnen, zugleich aber die -Bemerkung beifügend, daß ich ein Arzt sei. Ohne irgend zu untersuchen, -trug mir der Mann Gottes einen Schnapps Rosoli aus der Apotheke mit -einer Schnelligkeit und Zuversicht an, daß ich unwillkürlich auf die -Vermuthung geführt wurde, es mögen hin und wieder die Klagen eines -Preßhaften mit diesem leckern Safte beschwichtiget werden. Ich -verbat mir dieses Mittel darum, weil es mein Uebelbefinden nothwendig -verschlimmern würde. So mag denn hier die Arzneigeberei beschaffen -sein. Schnappskuren wären gar zu schmackhaft[3]. - - -Meine Zelle im Kloster des Erlösers. - -Ich hatte eben kein fürstliches Aussehen, und ich kann mir es wohl -erklären, wenn man mir nicht aller Orten die beßten Zimmer anwies. - -Ich habe früher die freundliche Aufnahme von Seite des -Klosterverwalters erwähnt, und diesmal bloß nachzutragen, daß er dem -Klosterbedienten +Elias+ zu verstehen gab, er solle mir ein kleines, -doch gutes Kämmerlein einräumen, weil man die andern Zimmer für die -hohen Personen, die man eben erwarte, bereit halten müsse. - -Mein Zimmer, mit einem Bette, Tisch und Sessel, war durchaus schlecht, -ohne Fenster, nicht einmal mit gut schließenden Läden, und eine -Oeffnung über der Thüre hatte gar keine Vorrichtung zum Sperren. Lustig -pfiff der gefällige Wind, die zum Theil schlaflosen Nächte mir zu -vertreiben. Es scheint allenthalben dafür gesorgt, daß die Welt zum -Himmel hinauf lacht. Wäre es nur nicht ziemlich kalt gewesen, ich würde -die Orgeltöne des Windes noch süßer gefunden haben. Beim Schreiben war -ich in einen Mantel, die Füße in eine wollene Decke gewickelt, und -dennoch konnte ich mich auf diese Art mit genauer Noth wärmen. Die -Ueberzeugung wurzelte in mir fest, daß ich in einem solchen Zimmer von -meiner Unpäßlichkeit nicht genesen könne, und daß ich daher auf die -Abreise dringen müsse, wenn mir anders die Gesundheit am Herzen liege. - -Die Schattenseite des Lebens bietet doch ungemein viel Abstufungen dar. - -Auf dem Meere dachte ich: Wenn ich nur zu Lande wäre, ich wollte -zufrieden sein. - -Bei den Pyramiden von Memphis dachte ich: Wenn ich nur wieder unter -Franken wäre, ich wollte zufrieden sein. - -Und in Kairo dachte ich: Wenn ich nur wieder in einem kältern -Himmelsstriche wäre, ich wollte zufrieden sein. - -Und in der Wüste dachte ich: Wenn ich nur wieder auf bewohnten Boden -meinen Fuß setzen könnte, ich wollte zufrieden sein. - -Und in dem Gefängnisse unter dem Zelte dachte ich: Wenn ich nur wieder -ein vor dem Regen schützendes Zimmer und die Freiheit hätte, ich wollte -zufrieden sein. - -Und beim beschwerlichen Ritte von Gaza dachte ich: Wenn ich nur einmal -wieder Ramle erreichte, oder wenn mir nur wieder die Bequemlichkeiten -des Schiffes auf der See vergönnt wären, ich wollte zufrieden sein. - -Wie vielmal wollte ich zufrieden sein, und wie vielmal war ich -es nicht? Das kann sich so fügen: Im Augenblicke, da man eine -Widerwärtigkeit fühlt, erscheint sie am größten; die vergangene tritt -in dem Grade kleiner vor die Seele, als ein Gegenstand vor das Auge, -der sich immer weiter entfernt. - -Billig stimme ich in das allgemeine Lob auf die gute Bewirthung des -Klosters. Die Speisen waren alle schmackhaft. Mir that es wehe, daß -ich die in einem zinnernen Becher mir zugereichte Porzion weißen Wein -wegen meiner eine strengere Lebensweise gebietenden Unpäßlichkeit nicht -ganz trinken durfte. Ich kostete noch keinen edlern Wein, und ich nahm -davon sogar als Arznei auf die Reise mit. Nach der Versicherung des -Klosterbedienten wächst er in Bethlehem. - - -Der Führer um und in Jerusalem. - -Zu den Sehenswürdigkeiten ist ein Führer vonnöthen. Wendet man sich -- -das Vorzüglichste, das man thun kann -- ans lateinische Kloster, so -wird es für einen Dragoman sorgen. - -Die Kirche des Christusgrabes ist nicht immer offen. Deswegen muß man -im Kloster darnach fragen, wann sie aufgeschlossen werde, um nicht -vergeblich sich hin- und herzutreiben. +Diese Kirche zu sehen, soll -das erste Augenmerk sein.+ Zu ihrer Aufsuchung wird kein Führer gerade -nothwendig. Es weiß den Tempel Jedermann. Viele auf der Gasse verstehen -italienisch. Doch in der Grabeskirche selbst bedarf man einiger -Anleitung. - -Man schlägt mit dem Führer folgende Wege ein: - -1) +Um die Stadt.+ Durch das Thor von Damaskus zur Jeremiasgrotte. -Dann zu den Gräbern der Könige. Nun richtet man sich gegen das -Josaphatsthal; man überschreitet die Kidronbrücke. Jetzt nach einander -die Grabhöhle +Mariens+ und der Apostel, sowie der Garten Gethsemane. -Hernach auf den Oelberg. Herab zu den Gräbern +Absaloms+, +Josaphats+ -und +Zachariassen+. Zurück über den Kidron. Unter dem Moriah (Moschee -+Omars+) die Brunnen, insbesondere derjenige Siloahs. Auf letzterem -Wege lasse man sich das blinde Thor des, wie man vorgibt, ehemaligen -Salomonstempels zeigen. Jetzt ersteige man den Zion; die Hausstelle -des +Kaiphas+ und die Stelle der Davidsburg. Das Alles wird man ohne -Hinderniß besuchen können; einzig die Mariengruft ist meist gesperrt. -Es genügt, daß der Führer sie einmal weise. Man fragt, wann sie -offen sei, und man macht allein einen Spaziergang dahin, da sie sehr -leicht zu finden ist. In das Dunkel der königlichen Gräber und des -Siloahbrunnens muß man sich leuchten. - -2) +In der Stadt.+ Wir waren schon in der Kirche des Christusgrabes. -Unweit von hier glaubt man den Palast des +Pilatus+; man gehe durch die -sogenannte Schmerzensgasse bis zum vorgeblichen Palast des +Herodes+ -und zum sogeheißenen Kerker +Christi+. Von da begibt man sich in die -Nähe der Omarskirche, die man doch von außen ein wenig besehen kann. - -Der Führer wird nicht umhin können, mannigfaltige Erinnerungen und -Erzählungen, z. B. von heiligen Eindrücken in Steinen, von Häusern -heiliger Weiber und Männer, an die Wege zu knüpfen. Ich geleitete bloß -zum Sehenswürdigsten. - -Bei guter Witterung wird man in einem Tage, bei schlechter in zwei -Tagen zuversichtlich allenthalben herumkommen. - - -Rückblick auf Jerusalem. - -So wenig der erste Anblick der Stadt meiner Erwartung entsprach, so -tief, ich muß es laut gestehen, wurde sie beschämt, als ich anfing, -die Denkwürdige mit Aufmerksamkeit zu zergliedern. Wenn auch nicht -der Buchstabengläubige und der ungestüme Zweifler, so kehrt doch der -ruhige Prüfer aus der gefeierten Stadt zurück. Jerusalem verdient mit -vollem Rechte von dem Alterthumsforscher, zumal aber von dem Israeliten -und Christen, besucht zu werden. Es erscheint nicht wenig auffallend, -daß hier die Nachgrabungen, um Alterthümer zu entdecken, nicht nach -einem durchgreifenden Plane, wie an so manchen andern, geschichtlich -vielleicht weniger wichtigen Orten veranstaltet werden. Es liegt über -allen Zweifel hinaus, daß der Nachgrabende in Jerusalem mannigfaltige -Schätze der Vorwelt hervorziehen würde, die zu Erklärung des alten und -neuen Testamentes ungefähr so viel beitragen könnten, als das ganze -Heer von Stuben- und Schriftgelehrten seit Jahrhunderten wirklich -dazu beigetragen haben. Es versteht sich wohl von selbst, daß, um -so zu sagen, keinerlei heilige oder unheilige Besorgnisse von den -Nachgrabungen abhalten dürfen. Die Wahrheit ist in der That heiliger -zu achten, als daß es erlaubt wäre, auf das Erforschen derselben zu -verzichten, weder den Einen, weil sie etwa fürchten, daß der neue Fund -den bisherigen Glauben schwäche, noch den Andern, weil sie besorgen, -daß er ihn stärke. - - - - -Ausflug nach Bethlehem. - -Holperiger Weg; das unscheinbare +Elias+ mit einer reizenden -Aussicht nach Jerusalem und Bethlehem; +Rahels+ Grab; in Bethlehem -Pfützenreichthum, das Franziskanerkloster, der Stall und die Krippe; -die Bethlehemiten und Bethlehemitinnen; zu Fuß nach Jerusalem zurück. - - -Durch die Erzählung der Unannehmlichkeiten mit einem Eseltreiber will -ich Niemand belästigen; man hat manchmal mit solchen Leuten so viel -Mißliches, daß man beinahe das alte Gebot zurückwünschen möchte, nach -welchem den Christen untersagt war, in und um Jerusalem zu reiten. - -Ich ging durch das Jaffathor, wendete mich links über das Thal Gihon, -und bald war ich auf der Thallehne Hinnon, Jerusalem gegenüber und mit -diesem ungefähr in gleicher Höhe. Der Anblick der Stadt verheißt von -hier aus nicht viel; kaum zeichnet sich der Zion aus. - -Der holperige Weg gleicht unsern Bergwegen. Die Leute lassen sich die -Mühe reuen, ein kleines Sträßchen anzulegen, so leicht es wäre. Man hat -nicht ganz Unrecht, vom Zustande der Straßen auf die Bildungsstufe der -umwohnenden Menschen zu schließen. - -Jetzt bekam ich über dem Hinnon einen Esel. Ich ritt durch eine -Ebene in der Richtung gegen Mittag. Wo dieselbe zu einem langen, -von Abend gegen Morgen oder gegen das uneigentlich sogenannte todte -Meer streichenden Hügel aufschwillt, liegt in der Mitte und auf dem -Rücken selbst das griechische Kloster des +Elias+: wenig vorstellende -Mauern, welche schwerlich ein Abendländer für ein Gotteshaus ansähe. -Das reizlose Aeußere mag der Lüsternheit des Beduinengesindels am -beßten wehren. An dem +Eliaskloster+ vorüber, und auf dem Scheitel -des Hügels erweitert sich die Aussicht nach Mittag und Mitternacht. -Rückwärts nimmt man Abschied von Jerusalem, und vorwärts gegen Mittag -begrüßt man Bethlehem, welches wie an einen Abhang gekleibt ist. Im -Glanze der Abendsonne fiel dasselbe vortheilhaft ins Auge. Es scheint -hier sehr nahe, und doch haben wir erst die Hälfte des Weges am Rücken. -Vom Lothssee erblickt man nur ein kleines Silberdreieck, welches -von Gebirgen des ostjordanischen Landes majestätisch überragt wird. -Zwischen dem Eliaskloster und Bethlehem steht an dem, von +Elias+ aus, -sehr unebenen Wege rechts, nach der Ueberlieferung, +Rahels+ Grab unter -einer mohammetanischen Kuppel. - -Man kommt vor Bethlehem gerne aus der steinichten, mehr oder minder -öden Gegend in eine gewächsreichere, worin wenigstens Rebe und Feige -und Kohl gedeihen. Unter einem Gewölbe hindurch tritt man ins Dorf. -Kaum weiß man vor Wasser und Schlamm, wo man den Fuß hinstellen darf. - -Bethlehem, an der nördlichen Abdachung eines Hügels, gewährt keine -erhebende Aussicht. Den zwar gut gemauerten Häusern mangeln Fenster. - -Im Franziskanerkloster stieg ich ab. Der Pater Guardianus, ein -einsichtiger und kenntnißreicher Mann, empfing mich mit Freundlichkeit, -und es wurde mir ein gutes, großes Zimmer angewiesen. Abends ereilte -mich das Mißgeschick, von der Prozession, mit brennender Kerze in -der Hand, gleichsam fortgerissen zu werden. So gerne würde ich mit -einem Führer allein und in der Stille den Ort, wo, der Ueberlieferung -zufolge, +Christus+ geboren ward, besucht haben. Es ist diese Stelle, -unmittelbar unter der Kirche, von einer köstlich gezierten Kapelle -überwölbt. Als die Patres in diese herabgestiegen waren, sanken sie -in Demuth auf die Kniee, und erhoben die Stimmen des Gebetes. Der -Guardian schenkte mir die Aufmerksamkeit, daß er mir ein gedrucktes -lateinisches Büchlein mit den Gebeten einhändigte, welche vor jedem -Altare verrichtet werden. Wer würde auf dieser Stätte sich nicht in -ernste Betrachtungen vertiefen? Welche große Eröffnungen sind, nach dem -Glauben der Christen, von dem Manne ausgegangen, dessen Geburtsstätte -vor meinen Augen lag („~hic de virgine _Maria Jesus Christus_ natus -est~“). Aber auch welches Unheil erzeugte der Aberwitz, welcher mit -Herrschsucht im Reiche der Meinungen sich in den Sinn der Worte unsers -großen Meisters hinaufwagte? Wie lange noch bleibt es bloß frommer -Wunsch, daß nur +einen+ Hirten +eine+ Heerde umgeben möchte? Man zeigt -auch die Krippe, welche zum Lager des neugebornen Kindes gewählt worden -sein soll. Außer der Geburtskapelle wallt man in mehrere Höhlen, -worin die fromme Erinnerung Altäre und Grabmale gebaut hat, einen -z. B. auf +Hieronymus+, einen hochwürdigen Mann. Es ist von einem -Engländer behauptet worden, daß, im Widerspruche mit den Urkunden, die -Geburtskapelle unterirdisch sei. Ich möchte dieser Behauptung aus guten -Gründen nicht beipflichten. An der Baustelle des Klosters schießt der -Boden der Erde gähe ab, und wenn der Boden der Kirche in ebener Linie -durchgeführt wurde, so konnte der Stall den Raum zwischen dem Erd- und -Kirchenboden einnehmen. - -Das Kloster ist ziemlich groß; seine Mauern sind so dick und massiv, -wie die einer Festung. Großen Schaden litt es letztes Jahr durch ein -Erdbeben, und eben war man mit Verbessern des Gebäudes beschäftiget. -Mehrere Mädchen gingen aus und ein, um die Maurer zu bedienen. Diese, -wie andere Bethlehemitinnen gewannen in meinen Augen nicht den Preis -der Schönheit, welchen Reisende ihnen zudachten. - -Die Bethlehemiten sind lauter Christen, und zwar beinahe alle -lateinische, nur in geringer Zahl griechische. Aus ihren Gesichtern -sprechen die Züge von Schlaffheit, Schlauheit, von Niederträchtigkeit. -Ich verdanke dem Pfarrer des Klosters, einem Spanier, die Mittheilung, -daß im verwichenen Jahr 122 (lateinische) Kinder geboren wurden. -Die ganze Gemeinde von Bethlehem nähert sich der Zahl von 4000. Im -laufenden Jahre starben binnen fünfzehn Tagen über 40 Kinder an den -wahren Menschenpocken und bloß +eine+ erwachsene Person. - -Es werden in Bethlehem sehr viel heilige Dinge, meist aus Perlmutter, -gearbeitet. Kurz nach meiner Ankunft begab sich zu mir ins Zimmer ein -Bethlehemit mit einer Menge Kruzifixe, Marienbilder, Rosenkränze -u. s. f., wovon ich mehreres einkaufte. - -Zu spät in Bethlehem, das zwei leichte Wegstunden von Jerusalem -entfernt ist, eingetroffen, blieb ich daselbst über Nacht. Ich rühme -billigermaßen die freundliche Bewirthung und den guten Wein; nur war es -mir unangenehm, daß ich, in Berücksichtigung meiner Gesundheit, nicht -nach allen aufgetragenen Speisen langen durfte. - -Am folgenden Morgen wollte ich zu Fuß zurückkehren; allein man -- -- ---. Ich wußte zum Glücke noch, daß ich nicht weit von meinem Kopfe Füße -habe, und ohne Worte zu machen, trat ich den Rückweg an. Meine kurze -Fußreise war ein Lustwandel, während dessen ich die Gegend mehr genoß, -als es bei einem Ritte hätte der Fall sein können. Und Gewinn war -schon der lebendigere Gedanke, daß Tausende und Tausende von Menschen -vor längst verflossenen Jahrhunderten von Bethlehem nach Jerusalem -zu Fuße einherwandelten, wie ich nun dahin ziehe. Verläßt man das -Dorf Bethlehem, so schaut linker Hand oben das Kloster Johannes auf -uns herab. Ungefähr auf der Hälfte Weges holte ich Gesellschaft ein, -nämlich einige Marktweiber, welche auf dem Kopfe Holzreiser trugen. -Nicht sehr lange aber hielten sie Schritt mit mir; es war eine Strecke -über +Elias+, als ich sie verließ. In dem ungestörten Besitze meiner -Gedankenwelt, in der frohen Vergegenwärtigung der Vorzeit, welche der -alte Boden unter meinen Füßen heraufbeschwor, ging ich wieder meines -Weges allein, wie vor Bethlehem, und ohne irgend ein unangenehmes -Begebniß erreichte ich Jerusalem. - - -Die Beschiffung des Lothssees. - -Obgleich ich den Lothssee, in den sich der Jordan ergießt, ohne daß er -einen sichtbaren Ausfluß hat, nicht selbst besuchte, so scheint es mir -doch am Platze, mitzutheilen, was ich zu wiederholten Malen erfuhr, -daß dieses gefürchtete Wasser, in dessen Nähe +Tacitus+ ein großes -Naturereigniß (Kräuter der Wiesen und Saaten des Feldes verwandelten -sich gleichsam in Asche) verlegte, im Sommer des Jahres 1834 von einem -Engländer (vielleicht vom Irländer +Carnagan+) beschifft wurde. Er -ließ von Jaffa einen Kahn hinüberschaffen, und mit einem Bedienten -beschiffte er den See. Der Unternehmer starb nach der Seefahrt; der -Bediente aber lebt noch. Die übrigen Mähren zu erzählen, will ich am -liebsten schuldig bleiben. - - - - -Nach Jaffa am Mittelmeer. - -Abermals allein gereist; der Regen des heiligen Landes behagt mir -nicht; Beschwerden vom Reiten her; ein Araber, der ein Huhn verloren, -redet mich auf italienisch an; Nachts in Ramle; ~Clausura per le donne, -quoique~ und ~parceque~; durch die Ebene Saron mit nassem Sack und -Pack; bald in Jaffa. - - -Freitags den vierten Christmonat schied ich von Jerusalem. Den Rückweg -bis Ramle kennen wir. Ich bemerke bloß ein paar Dinge: - -Ich reiste abermals allein, nach der goldenen Regel: Lieber keine, als -eine schlechte Gesellschaft. Ein Franzose, dem ich mich anheischig -machte, die Reise nach Jaffa zu bezahlen, wenn er die Merkwürdigkeiten -Jerusalems mir zeige[4], sollte zwar mitreisen; weil er aber ein -Trunkenbold und ohnehin ein unzuverlässiger Mann war, so zog ich vor, -ihn vorangehen zu lassen. Daher kam es, daß ich über das Gebirge bloß -einen Araber, den Führer, zum Gefährten hatte. - -Erst gegen eilf Uhr Mittags verließ ich das Neuhaus, nachdem ich den -Führer lange umsonst erwartet hatte. Daraus erwuchs mir der Nachtheil, -daß gerade schlimme Witterung sich einstellte, die sich während -des ganzen Zuges über das Judengebirge wirklich sehr unordentlich -aufführte. Der Regen goß in Strömen hernieder, indeß dann und wann der -Nebel in seiner gespenstergrauen Farbe herumschlich. Einmal wollte -ich mich gerade in einer tiefen Gebirgsschlucht trocken decken. Ich -entfaltete den Polster, auf dem ich saß, um mich in denselben, wie in -einen Mantel, zu hüllen. Naß, müde, ja halb krumm unter der Regentraufe -und für den Augenblick der Besinnung gleichsam bar, legte ich den -durchnäßten Deckmantel, den ich bisher trug, auf den Sattel. Nun wurde -ich natürlich auch da, wo ich bis jetzt trocken blieb, benäßt. Um das -Maß der Unannehmlichkeiten zu füllen, trat noch ein anderer übler -Umstand hinzu. Der Sattel des Thieres war ungebührlich breit und -überhaupt schlecht, so daß mein rechtes Bein roth und blau sich rieb[5]. - -Von der Bergreise will ich noch eine Begebenheit berühren. Es kamen -Araber entgegen, welche mit Hühnern beladene Esel vor sich hin trieben. -Einer derselben fragte mich auf italienisch, wie viel Uhr es sei. Ohne -anzuhalten, antwortete ich: ~Non sò~ (ich weiß es nicht). Ich möchte -mich für den Verdacht nicht bestimmt erklären, daß der Fragesteller -gerne meine Uhr gesehen und als gelegene Beute mitgenommen hätte. -Verdacht wäre sonst um so gegründeter, als die Uhren oder die Werkzeuge -zur Zeitmessung unter den Arabern, insbesondere unter den Beduinen, -als eine große Seltenheit gelten, weil sie das Bedürfniß künstlicher -Zeitmessung in ihrem, dem Naturzustande nahe stehenden Leben bereits -gar nicht fühlen. Schon waren die Araber wenige Schußweiten von uns -entfernt, als ich ein Huhn, unzweifelhaft einen verlorenen Theil der -Ladung, am Wege daliegen sah. Ich war im Begriffe, die Araber, als -die höchst wahrscheinlichen Eigenthümer, zu rufen; allein der Grund -überwog, den verdächtigen Burschen nicht gleichsam die Hand zur -Rückkehr zu bieten, und mein Führer unterließ beides, zu rufen und das -Huhn für sich aufzuheben. - -Kaum recht aus dem Gebirge, kaum die Ebene von Ramle vor den Augen, -und die Nacht ließ ihren dunkeln Vorhang vor mir, dem bis auf die Haut -Durchnäßten, fallen. Mich fror es inzwischen nicht eigentlich; denn -die Witterung, auf den Bergen und dem Niederlande so verschieden, wie -dort Tag und hier Nacht, war jetzt lieblich, gleich dem milden Blicke -unschuldiger Kinder. Ein Regenbogen beim Mondesscheine (erstes Viertel) -entzückte mich zum ersten Male. - -Ich langte wiederum Nachts in Ramle an. Ich nahm schon deswegen die -Einkehr im lateinischen Hospiz, weil ein Theil meines Gepäckes dort -zurückblieb. Es wäre ungerecht, wenn ich das Nachtessen tadeln wollte; -aber zur Schmeichelei werde ich ebenso wenig hinunterkriechen, daß im -Hospiz Reinlichkeit an der Tagesordnung sei. Bei uns speiset mancher -Bettler mit einem saubern Löffel, mit einem reinern Messer und einer -gefälligern Gabel, als der Reisende in diesem mönchischen Gasthause. -Ueber einem Gange steht, wie im Erlöserkloster zu Jerusalem, in -italienischer Sprache geschrieben (~clausura per le donne~), daß den -Frauen der Eintritt verboten sei. Ganz wohl; denn die unreinlichen -Männer müßten sich vor den Weibern schämen, die in der Küche nach einem -bessern Geschmacke sich einzurichten wissen. - - -+Den 5.+ - -Mit nassen Hand- und Druckschriften im Felleisen und selber noch -nicht in trockenen Kleidern, setzte ich, bei guter Witterung und in -Gesellschaft eines Militärinstruktors, eines italienischen politischen -Flüchtlings, den Weg fort nach Jaffa durch eine ausgedehnte Ebene, -die Saron, welche mit dem Brautgewande des Lenzes geschmückt war. -Man erblickt die Küstenstadt schon in einer Stunde Entfernung von -einer sanften Anhöhe aus, wodurch die Saronebene beinahe nichts -Nennenswerthes an ihrer Einförmigkeit verliert. Gleichsam zur -Entschädigung dafür belebt vor den Mauern der Stadt den Ankömmling der -angenehme Geruch üppiger Gärten, worin Goldäpfel die Bäume beschweren. -Vor Mittag schon ritt ich durch das Thor von Jaffa. - -Von Gaza bis Ramle sind zwölf Stunden zu Fuß, von Jerusalem bis Ramle -ebenso neun Stunden und von hier bis Jaffa viertehalb Stunden. - - - - -Jaffa. - - -Lage, Gassen, Hafen, Bevölkerung. - -Das heutige Jaffa, das Joppe der Bibel, ist größer, als eine -Abbildung es mir vorstellte. Es liegt am Meere auf einem Hügel, den -es vollständig umhüllt. Von Mitternacht aus, auf dem mohammetanischen -Gottesacker, genießt man den günstigsten An- und Ueberblick, und die -vielen Kugeldächer rufen Gaza ins Gedächtniß zurück. An die Stadtmauern -sind inwendig die elendesten Hütten gebaut. - -Die Mohammetaner haben zwei Moscheen. Die eine, mit einem niedrigen -Thurme, steht unten am Meere, einige Schritte vom armenischen Kloster; -die andere, größere oben im nördlichen Stadtviertel. Daneben in Mitte -des Doppelthores, welches auf das Land führt, spendet ein prächtiger -Brunnen sein erfrischend Wasser, wovon auch die christlichen Pilger -fleißig holen. Die Gassen sind unregelmäßig, enge, löcherig, in -der Regenzeit schmutzig. Die Hauptgasse streicht einerseits an dem -griechischen, lateinischen und armenischen Hospizium, andererseits an -dem Hafen als Kai vorbei, und gegen Mitternacht eben davon bis zur -kleinen Moschee. Hier biegt sie sich um, und steigt neben Handwerks- -und Kaufbuden ein wenig gähe hinan, um sich in einen kleinen, ziemlich -ebenen Platz zu öffnen. Hier herrscht besonders viel Regsamkeit, schon -der Fleischbänke willen. Von diesem Marktplatze ziehen gegen Morgen -drei Gassen: die eine zu den Getreideläden, einem großen Kaffeehause -und zur großen Moschee; die andere und mittlere zum Thore auf das Land; -die dritte als Nebengäßchen zur Stadtmauer. Neben der Hauptgasse, deren -Richtung dem lateinischen ~S~ am nächsten kommt, öffnet sich eine enge -Gasse in den Marktplatz, welche erst gähe zu dem auf der Höhe der Stadt -oder des Stadthügels liegenden Festungsschlosse hinauf-, von diesem -aber herabsteigt. Die Gassen auf dem Gipfel und im südlichen Theile der -Stadt sind, mit Ausnahme der letztern Gasse, ziemlich menschenleer, und -verdienen auch keine nähere Würdigung. - -Der Hafen, wenig Rührigkeit darbietend, ist eher eine Rhede, schlecht -und klein, von Klippen umfangen, für größere Schiffe unzugänglich. In -der Rhede lagen bei meiner Ankunft fünf Schiffe vor Anker; auf offener -See in viertelstündiger Entfernung eine griechische Brigg[6]. - -Wie soll ich muthmaßen, daß die Stadt von 5000 Menschen bevölkert sei? -Ich bin, wie in Jerusalem, so auch hier mit nackten Muthmaßungen -über die Zahl der Bevölkerung, ohne über sichere Angaben gebieten zu -können, selber vielleicht am meisten unzufrieden, und ich würde diese -mit großem Vergnügen verzeichnen, wären sie nur erhältlich gewesen. -Haben die ungefähren Ansichten von der Volkszahl weiter keinen Werth, -so mögen sie doch als Wink dienen, andern Angaben nicht sicher zu -vertrauen. Die Anzahl der Christen ist nicht geringe; die Lateiner -und Maroniten zählen aber bloß 340 Seelen. Die Christen bewohnen den -untern oder Hafentheil der Stadt, in welchem am Sonntage viele Läden -geschlossen waren. - - -Jaffa, wie es ehemals war. - -Ich will keine Geschichte von Jaffa liefern; nur kann ich mich nicht -enthalten, drei Schriften aus der jüngern Vergangenheit Auszüge zu -entheben. - -„Jetziger Zeit“ (1581), sagt +Salomo Schweigger+, „ist keine Behausung -mehr vorhanden, denn auf einem nicht gar hohen Berge zwei Gebäu, groß -und weit, ziemlich stark. Darinnen eine türkische Besatzung etlicher -Araber von wegen der Anlände aus Egypten. Sonst sieht man am Berge -etliche alte Gewölbe. Die meiste Waare, so dahin gebracht wird aus -Egypten, ist Salz und Reis. Dagegen ladet man Oel. Haben derhalb keine -Herberg funden, sondern mußten unterm freien Himmel für gut nehmen im -Sande zunächst am Meere.“ - -Vernehmen wir +de la Mottraye+: „Nach einer Fahrt von sechszehn Tagen -und nach verschiedenem Ungemach kamen wir den 19. Merz 1697 auf der -Rhede vor Jaffa an. Dieser Ort ist von so vielen Reisenden beschrieben, -daß ich mich der Mühe überheben kann, eine neue Beschreibung davon -zu geben, zumal da derselbe jetzt kaum mehr den Namen eines Dorfes -verdient. Von dieser uralten Stadt ist nichts mehr übrig, als ein -großer, halb eingefallener Thurm, und zwei kleinere, die noch ganz -sind, auf dem Gipfel eines benachbarten Berges, und einige in den Berg -gegrabene Höhlen; denn Häuser sind es wahrlich nicht. Nur eine Herberge -für den Fremden, welche den Namen eines Hauses verdient, steht am Ufer -des Meeres. Der Hafen ist nicht sonderlich, und wird, aus Mangel der -Unterhaltung, von Tage zu Tage schlechter. Einige Spuren von dicken, -wohl zämentirten Mauern, die nicht weit vom Ufer aus dem Wasser -hervorragen, scheinen die Ueberbleibsel eines Dammes oder Molo zu -sein, der noch heutzutage sehr nützlich sein würde, um den Nordostwind -abzuhalten, welcher die Gebäude hier ziemlich in Gefahr setzt, wenn er -heftig weht.“ - -+Jonas Korte+ fand vor bald einem Jahrhunderte (1738) in Jaffa -ein Haus, Hospiz genannt, worin beständig ein Pater und Frater vom -Franziskanerorden sei, und sagt dann weiter: „Das Hospizium, darin -ich war, gehört auch den ~Patribus de Terra Sancta~. Es liegt just am -Meere, und man steigt nur etliche Stufen dazu hinauf, und ist an einen -Berg, worauf die Stadt meist liegt, angebauet. Die Kapelle und ein -paar Kammern waren auch in den Felsen oder Berg hineingemacht und also -schön kühl. Die Herren Patres behaupten, dieses Haus stehe an derselben -Stätte, wo +Simon+, der Gerber, gewohnt, und wo +Petrus+ das Gesicht -oder Offenbarung gehabt, wiewohl man mit Augen sehen kann, daß die See -viel von dem Berge abgerissen, und Stücke von den alten Stadtmauern und -Thürmen über zwei Steinwurf in der See liegen.“ - - -Die Tageslänge. - -Wenn man einmal Reisender ist, so richtet man die Aufmerksamkeit -auf alle Verschiedenheiten, notabene auf alle, die Einem nicht -entschlüpfen. Außer den Temperatur- und Witterungsverschiedenheiten -wird man in Syrien unter dem 32. Grade nördlicher Erdbreite einen -bedeutenden Abstand in Bezug auf die Tageslänge wahrnehmen. Ich hielt -mich während des kürzesten Tages in Jaffa auf, und sieben Uhr Morgens -schon und noch fünf Uhr Abends konnte man an einem hellern Orte leicht -lesen. - -Für die Klöster im jüdischen Lande (~Tabula secunda pro Conventibus -Judaeæ sub elevato Polo per gradus 32~) liegt eine gedruckte Tabelle -vor mir, worauf in der Regel von sechs zu sechs Tagen die Zeit des -Sonnenauf- und Untergangs durch das ganze Jahr angegeben ist. Ich -will am liebsten die Tabelle selbst redend einführen, da sie, längst -ansäßig in Syrien, mir aus einer Verlegenheit helfen und auch Auskunft -ertheilen kann, wie weit der längste Tag seine Flügel von einander -ausspanne. Am kürzesten Tage schläft die Sonne allerdings nicht so -lange, wie bei uns; denn sie steht um sieben Uhr und drei Minuten auf, -und sie legt sich um vier Uhr und siebenundfünfzig Minuten nieder. -Dafür läßt sich die Sonne am längsten Tage zum Aufstehen mehr Zeit, -indem sie um vier Uhr und siebenundfünfzig Minuten aufgeht; und als -wenn sie durch ihren heißen Schein leichter sich erschöpfte, sie nimmt -schon um sieben Uhr und drei Minuten Reiß -- unter. - -Und nun denn den ersten beßten Kalender zur Hand, ist eine Vergleichung -der Tageslänge in dem jüdischen und dem Abendlande nicht ebenso -belehrend, als die Betrachtung des Aderlaßmännchens, dem man wohl -Blut, aber den Geist nicht, der auf dem Blute schwimmt, nämlich die -Vorurtheile, opfert? - - -Witterungsbeschaffenheit. - -Während meines Aufenthaltes in Jaffa ließ sich die Witterung im Ganzen -milde an. Viele Leute gingen barfuß; andere badeten sich im Meere. Das -Bedürfniß des Heizens machte sich nicht fühlbar. Die Regentage waren, -nach dem Gefühle zu urtheilen, nicht kälter, als bei uns manche des -Sommers, und zudem nicht so eigentliche, wie die unserigen zu sein -pflegen. Nach kurzem Regen oder Schauer blickte die Sonne zwischen den -Wolkenklößen freundlich hervor. Bei dieser veränderlichen Witterung -wechselte fast jeden Tag das Schauspiel des Sonnenscheins und Regens; -bloß an einem einzigen Tage war die Sonne vom Gewölke allenthalben -verhüllt. Zur Seltenheit sollen Schneeflocken fallen. Ich sah reichlich -schloßen. - -Die Regenzeit dieses Landes ist unsere Schneezeit, die Zeit der -Regenlosigkeit unsere Regenzeit. Gott gab uns also zwei Dinge mehr, im -Sommer den Regen und im Winter den Schnee. - -Zur Zeit der Regenlosigkeit wird das Erdreich ungemein trocken, und -klafft an vielen Stellen breit und tief von einander. Die Pflanzenwelt -verliert dann das fröhliche Aussehen, welches ihr die Regenzeit, der -eigentliche Frühling, verleiht. Diese Zeit beginnt Ende Wintermonats, -dauert über den Christmonat und Jenner, und der Hornung mag etwa vier -bis fünf Regentage zählen. - - -Der Meeressturm und der Schiffbruch. - - Nun aber hatte Joppe von Natur aus keinen Hafen und keine Anfurt; - denn das Ufer war hoch und gähe, auch beiderseits mit krummen und - rauhen Felsen, daran das Meer heftig schlägt und brauset, wohl - verwahret. - - +Flavius Josephus.+ - - Zu beiden Seiten der Stadt Joppe liegen große Steine und Felsen, - die aus dem Meere hervorgucken. Die Lage des Ortes und die Gestalt - der Sachen zeigen an, daß +Andromeda+ hier gewesen und dem - Wallfische sei vorgeworfen worden, wie die alten Fabeln glaubwürdig - sagen. Wenn der Nordwind gegen das Ufer geht, so treibt er das - Wasser über sich, und schlägt es an die Felsen, daß es ein groß - Getöse gibt, und daß das Meer davon gar ungestüm wird, wenn die - Wasserwellen zurückfallen. Daher ist es viel gefährlicher am - selbigen Orte als in den Wüsten. - - +Egesippus.+ - -Vor meinem Fenster tauchen Klippen aus dem Meere. Schäumend brechen -sich die Wellen an den Felsen, selbst bei anscheinender Meeresstille. - -In der Nacht des 28. Christmondes weckte mich so lauter Donner, daß der -Blitz in der Nähe niedergezuckt sein muß. Den Donner begleitete ein -Chor von Geheul der erzürnten See. Wenn die Wogen über die Wehrmauer -platschten, bebte unser Gotteshaus. Ich konnte den Schlaf nicht leicht -wieder finden. - -Endlich leuchtete mir der Tag auf das furchtbar schöne Schauspiel. -Der Nordwind wühlte in den Wassern. Wäre von dem Meere, wie von einem -Kochkessel, Dampf emporgestiegen, so hätte man sich nicht täuschen -können, daß es in Sud gerathen sei. Die Wogen spritzten ihren -schaumigen Bogen über Mauer und Gasse, über Schiffe und Häuser. Ich -wohnte im Hospiz durch Mauer und Gasse vom Ufer getrennt und über dem -Erdgeschoße im zweiten Stockwerke, und selbst am Fenster ereilte mich -der Sprengwisch des Meeres. - -Auf der Gasse schaukelten die Fässer im Meerwasser. Die griechischen -Pilger, sonst jederzeit ziemlich langfingerige Holzaufleser, -rafften abgesprungene Reife im Vorbeigehen zusammen. Mußte doch -den Christusdurstigen selbst der Sturm behilflich sein. Pflaster- -und Mauersteine löseten sich vor der Gewalt. Die Gasse bildete ein -Wassergerinne im Augenblicke, da die Woge überschlug. Wer vorüberging, -war unsicherer, als unter dem Platzregen. Ehe er sich versah, stand er -unter der Meerestraufe. Weiße Flocken flogen zierlich umher -- etwa -Schneeflocken? Es waren vom Winde zerzettelte Bäuschchen schneeichter -Baumwolle. Von einem Hause am Hafen, über dessen Zinne die Wellen -gleichsam scherzend hüpften, flüchtete man Waaren. Schon schwamm Wrack. -Es war der Fingerzeig, daß es Ernst gelte. Richtig wälzten die Fluthen -ein unbemanntes Schiff mit zerknicktem Fockmaste daher. Das Fahrzeug, -gleichsam unwillig über die treulose Rhede, riß sich von den Tauen los. -Dem Beherrscher der Meere, dem Sturme, zu wohlfeilem Preise überlassen, -wippte es sich zuerst unsicher umher, bis es, gegen Mitternacht gleich -an der Stadt, am halbmondigen Strande scheiterte. Im Ausfahren aus der -Rhede riß indeß dieses Schiff das Tau eines andern ab, welches ohnehin -mit genauer Noth sich hielt. Und so kam es, daß bald auch dieses -Schiff flott war, nackt, gleich einem entblätterten Baume, doch noch -mit einiger Bemannung. Grausig, wie der Anblick einer menschenleeren -Brandstätte, war derjenige des erstern entvölkerten Schiffes; -beängstigend ist der Anblick eines der Menschengewalt entzogenen und -der Willkühr des Windes und Wassers dienstbar gewordenen, unstät -umherwiegenden Fahrzeuges, wie der Anblick eines kleinen Kindes, das -mit einem scharfen Messer spielt. Die Mannschaft, welche dem zweiten -Schiffe vertraute, schien ihre Hoffnung auf den Nordwind zu bauen, -welcher nur gegen das Land treiben werde. Wirklich rannte es sich bei -der Stadtmauer fest, ohne den größten Schaden zu erleiden, und gerettet -waren die Schiffleute. - -Auf der Stelle bewegte sich eine Last Leute nach den losgerissenen -Schiffen. Eilends mischte ich mich unter die Menge. Ich sah viel Augen -und lauter trockene; die meisten drückten weit mehr Neugierde, als -Theilnahme an dem Unglücke aus. - -Abends und in der darauf folgenden Nacht wichen der Macht des Sturmes -noch drei andere Schiffe. Eines ward mit Wuth ans Land geworfen, und -in viele Stücke zerschmettert. Nur +ein+ Schiff trotzte standhaft im -sogenannten Hafen. Der Meeressturm soll seit einem Jahrzehn nie mehr so -heftig geworden sein. - -Vor einem Jahre ereigneten sich hier ähnliche Unfälle. Ich sprach in -Jerusalem eine Deutsche, die, wie sie sagte, einzig durch Zufall ihr -Leben davon brachte; manche Habseligkeiten gingen über dem Schiffbruche -zu Grunde. - -Es wäre vielleicht unschwer, in Jaffa einen Hafen anzulegen. Die Araber -kennen freilich den Gemeinsinn, der solche nützliche Einrichtungen ins -Dasein rufen würde, nicht mehr, und laufen lieber alle Jahre Gefahr, -Schiffe und Leute zu verlieren. Die Reisenden erzählen einstimmig, -daß die Menge gescheiterter Fahrzeuge an der phönizischen Küste in -Erstaunen und Grausen setze. Wer aber gleichgültig genug ist, für die -Gesundheit seines Beines keine Sorge zu tragen, klage denn auch nicht, -wenn dasselbe, wegen der Unheilbarkeit, abgeschnitten und mit einem -hölzernen vertauscht wird. - - -Gesundheitszustand. - -Die Witterung übt im Ganzen keinen ungünstigen Einfluß auf die -Bewohner. Man sieht viele Graubärte und alte Weiber. Spaß bei Seite, je -mehr es alte Weiber in einem Lande gibt, desto gesunder ist es. - -Um in den Gesundheitszustand der Jaffaner einzutreten, so sah ich im -Todtenbuche der Lateiner und Maroniten nach. Die Kopfzahl der Gemeinde -beträgt, wie ich oben anführte, in runder Summe 340. Die Pfarrkinder, -unter der Seelsorge des Hospiz, sind beinahe lauter Eingeborne mit all’ -der morgenländischen Tracht, Sitten, Gebräuchen, Gewohnheiten, der -geistigen und sittlichen Erschlaffung. Obschon das Todtenbuch Manches -zu wünschen übrig ließ, indem, statt genauer Verzeichnung des Alters, -meist nur eine runde Zahl mit den Worten „~plus minusve, circiter~“ -(mehr oder minder, ungefähr) oder „~plus~“ (darüber) genannt war, so -verdiente es in der Hauptsache doch Vertrauen. Aus der Gesammtzahl -der Verstorbenen ließ ich, bei der Berechnung der wahrscheinlichen -und durchschnittlichen Lebensdauer, zwei „~peregrini~“, Fremde oder -Pilger, und ebenso einen Erwachsenen weg, dessen Alter nicht angemerkt -war. In den 9 Jahren 1824 bis und mit 1827[7] und 1829 bis und mit -1833 starben 123 Personen, im jährlichen Durchschnitte 13, und im -gleichen neunjährigen Zeitraum wurden 155, im jährlichen Durchschnitte -16 geboren. Das wahrscheinliche Leben fällt zwischen 5 und 6 Jahre, -und wenn einige, vermuthlich übergangene, Todtgeburten hinzugerechnet -werden, so müßte es noch niedriger stehen. - - Unter 5 Jahren starben 56 - Zwischen 5 und 10 Jahren starben 9 - „ 10 „ 20 „ „ 5 - „ 20 „ 30 „ „ 7 - „ 30 „ 40 „ „ 3 - „ 40 „ 50 „ „ 14 - „ 50 „ 60 „ „ 14 - „ 60 „ 70 „ „ 9 - „ 70 „ 80 „ „ 3 - „ 80 „ 90 „ „ 3 - --------------- - 123 - -Das höchste Alter (einer Frau) ging auf 84 Jahre. Der lateinische -Schullehrer, ein geborner Palästiner, der mich durch verschiedene -Mittheilungen über die Sitten und Gebräuche des Landes zu steter -Erkenntlichkeit verpflichtete, ist mein Gewährsmann für die Angabe, -daß unlängst ein mehr denn hundertjähriger Grieche gestorben sei, und -es sollen auch Mohammetaner 120 Jahre alt geworden sein. In diesem -Punkte aber darf man nicht schlechthin glauben; denn Verzeichnisse der -Todtenbücher gehen ab, und man knüpft die Geburtszeit etwa an eine -merkwürdige Begebenheit. Ließ ich in Egypten nach dem Alter eines -Kranken fragen, so erhielt ich meist zur Antwort, daß man es nicht -wisse. - -Die 123 Verstorbenen besaßen zusammen ein Alter von 2873 Jahren, 3 -Monaten und 5 Tagen, was einen Durchschnitt von 23 Jahren gibt. - -Folgendes ist das Verhältniß der Verstorbenen nach den Monaten: - -a) in den 16 Jahren 1808 bis 1823: - -Jenner 3; Hornung 14; Merz 2; April 8; Mai 9; Juni 8; Juli 7; August -5; September 11; Oktober 15; November 11; Dezember 7. Summa 100. -Jährlicher Durchschnitt 6. - -b) in den 10 Jahren 1824 bis 1833 (nebst den zwei Pilgern und dem -Erwachsenen ohne Altersangabe): - - ----------+----------+-----+------+----+-----+ - Jahre. |Jan.|Febr.|Merz.|April.|Mai.|Juni.| - ----------+----------+-----+------+----+-----+ - 1824 | 0 | 0 | 1 | 1 | 0 | 2 | - 1825 | 0 | 0 | 1 | 0 | 1 | 2 | - 1826 | 1 | 0 | 4 | 0 | 1 | 0 | - 1827 | 3 | 0 | 1 | 1 | 4 | 3 | - 1828 | 1 | 0 | 2 | 12 | 6 | 0 | - 1829 | 1 | 0 | 1 | 1 | 0 | 0 | - 1830 | 0 | 1 | 6 | 0 | 2 | 0 | - 1831 | 2 | 0 | 0 | 0 | 1 | 3 | - 1832 | 0 | 2 | 0 | 0 | 2 | 2 | - 1833 | 3 | 0 | 1 | 1 | 2 | 1 | - ----------+----+-----+-----+------+----+-----+ - Mit 1828 | 11 | 3 | 17 | 16 | 19 | 13 | - ----------+----+-----+-----+------+----+-----+ - Ohne 1828 | 10 | 3 | 15 | 4 | 13 | 13 | - Und obige | 3 | 14 | 2 | 8 | 9 | 8 | - ----------+----+-----+-----+------+----+-----+ - Zusammen | 13 | 17 | 17 | 12 | 22 | 21 | - ----------+----+-----+-----+------+----+-----+ - - ----------+-----+------+-----+----+----+----+------+ - Jahre. |Juli.|Augst.|Sept.|Okt.|Nov.|Dez.|Summa.| - ----------+-----+------+-----+----+----+----+------+ - 1824 | 1 | 2 | 0 | 1 | 2 | 1 | 11 | - 1825 | 0 | 0 | 2 | 0 | 1 | 0 | 7 | - 1826 | 1 | 3 | 0 | 0 | 3 | 2 | 15 | - 1827 | 1 | 1 | 0 | 0 | 2 | 0 | 16 | - 1828 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 | 22 | - 1829 | 0 | 0 | 1 | 1 | 3 | 2 | 10 | - 1830 | 0 | 1 | 2 | 1 | 3 | 8 | 24 | - 1831 | 1 | 3 | 5 | 3 | 0 | 0 | 18 | - 1832 | 1 | 1 | 0 | 0 | 0 | 1 | 9 | - 1833 | 1 | 2 | 0 | 0 | 1 | 4 | 16 | - ----------+-----+------+-----+----+----+----+------+ - Mit 1828 | 6 | 13 | 10 | 6 | 15 | 19 | 148 | - ----------+-----+------+-----+----+----+----+------+ - Ohne 1828 | 6 | 13 | 10 | 6 | 15 | 18 | 126 | - Und obige | 7 | 5 | 11 | 15 | 11 | 7 | 100 | - ----------+-----+------+-----+----+----+----+------+ - Zusammen | 13 | 18 | 21 | 21 | 26 | 25 | 226 | - ----------+-----+------+-----+----+----+----+------+ - -Die heißesten Monate zeichnen sich in Jaffa durch die Menge der -Todesfälle keineswegs aus. Der Jenner erscheint am unschuldigsten; -nach ihm der April. Dagegen sind die vier letzten Monate des Jahres -die reichsten an Todten; vor allen der Wintermonat, in welchem der -Uebergang zu einer kältern Jahreszeit sich besonders merklich macht, -und welcher der erste ganze Regenmonat ist. - -Im verwichenen Weinmonate herrschte, wie in Gaza, auch hier die -indische Cholera, doch richtete sie keine große Verheerungen an, -indem ihr bloß 40 bis 50 Opfer fielen. Indeß aber die Pest Jerusalem -heimsuchte, litt Joppe nichts von dieser Seuche. - - -Auf dem Hospizdache. - -In mehreren Stufen erheben sich die Plattdächer des lateinischen -Hospiz. Sie sind mit einer Brustwehr versehen, und weißer, beinahe -glänzender, sehr fester Mörtel überkleidet dieselben, auf daß der Regen -nicht durchdringe. Die Fußböden der Häuser haben im Morgenlande nicht -selten einen Ueberzug von Pflaster (~pavimentum~), welches mit kleinen -Steinchen von verschiedener Farbe durchsprengt ist. Wenn es hart -geworden, so werden diese Steinchen abgeschliffen und der Boden bekommt -dann ein schön glattes, lebhaft marmorartiges Aussehen. - -Die Plattdächer sind zugleich ein angenehmer Spazierplatz. Mit -Entzücken betrachtete ich auf dem Hospizsöller in Ramle den Gebirgszug -von Juda bis zum Ephraim, die fruchtbare Ebene im Umkreise und -die Tempel und Wohnungen der Stadt. Oft weilte ich in Jaffa auf -dem Söller des Hospiz, einmal in singender Gesellschaft, manchmal -neben einem Ordensmanne in seiner röthlichen, groben Kutte und mit -dem herunterbammelnden Kreuze, andere Male allein, bis ich den Ruf -zum ~mangiare~ (Essen) vernahm; oft rollte ich mein Auge auf das -Gebirge, insbesondere gegen Mitternacht auf den Ausläufer ins Meer, -den man mir als den Karmel bezeichnete; oft sah ich dem Getriebe der -griechischen Pilger und dem Spiele der Meereswellen zu; oft suchte ich -mit vergebener Sehnsucht das Fahrzeug meines Hauptmannes, mit dem ich, -man verzeihe mir die Wortwendung, das heilige Land verlassen könne. -Ich möchte Niemand glauben machen, daß die Sonne schöner unterging, -als in unserer Gegend während der Sommermonde; jedenfalls schloß ich -mit herzlicher Freude den Tag vor den letzten Blicken der himmlischen -Tochter. Wenn diese in die hohe See sank, so sank auch ich ins Meer -- -meiner Gedanken, Gefühle und Entschließungen. Vergäße ich Alles von -Palästina, so bliebe mir der Lieblingsort auf dem Hospiz zu Jaffa in -süßer Erinnerung. - -Es wäre Undank, wenn ich die Wohlthätigkeit der Klöster und Hospizien -in Judäa nicht anerkennen würde. Sie sind die willkommtnen Herbergen -und Zufluchtsorte der Reisenden und Pilger, ohne behaupten zu wollen, -daß das Leben in den arabischen Khan nicht leicht erträglich wäre. Die -Hospizien aber und die Klöster sorgen für eine Menge Bequemlichkeiten, -welche sonst der Europäer entbehren müßte. Ueberdies bringe ich noch -die Sprache in Anschlag, die Gelegenheit, die Gedanken auszutauschen, -weil den wenigsten fränkischen Reisenden das Arabische geläufig ist. - - -Das Bauernhäuschen. - -Nachdem ich meinen Mittagstisch zu mir genommen hatte, ergriff ich -meine Peitsche, die gewöhnliche Waffe des fränkischen Fußgängers, um zu -lustwandeln. - -Wenn ich durch das lange Thor der Stadt ziehe, so sehe ich fast jedes -Mal etwas Neues. Diesmal ergötzte mich die über meinem Wege grün -emporrankende Rebe. Noch einen Tag, und es beginnt das Weihnachtsfest -und für den Mann des Nordens war dieses grüne Ding etwas Einziges. - -Die Blumen schillerten im Grün der Au; die Schwalben und andere -Vögel des Himmels lobten in angenehmen Weisen den Herrn; ein weißer -Schmetterling schwenkte im bebernden Fluge ab. Ach, dachte ich bei -mir selber, so viel Herrlichkeiten der Natur, womit sie den Lenz -ausschmückt, umgaukeln deine Sinne. Wie magst du in der Klosterzelle -dich länger abhärmen? Gehe öfter hinaus in das Freie, und verschließe -dich nicht vor dem köstlichen Genusse, welchen die gütige Natur so -gerne einem Jeglichen darbietet. - -Indem ich den Weg nach Gaza einschlug, erblickte ich links mehrere -Schilfhütten. Ihre Gestalt glich einer Halbkugel, und sie waren -nicht höher, als anderthalb Mann. Ich guckte nur ein wenig in eine -der Hütten. Da hockte ein Weib inmitten der Hausgeräthe auf dem -Boden in einem so engen Loche, daß für Jemand anders wenig Raum mehr -gewesen wäre. Ich warf zuletzt der von Stroh geflochtenen Thüre einen -flüchtigen Blick zu, und setzte meinen Spaziergang fort. - -Am Wege nach Gaza, ungefähr eine kleine Viertelstunde von Jaffa, kommt -man zu einem Weiler von gemauerten Bauernhütten. Das freundliche -Dörfchen umringten Mandelbäume, die eben in Blüthe gingen. Zwischen den -Häuschen arbeitete ein Bauer auf dem Felde. Er behieb mit einer Axt die -blätterlosen Feigenbäume. Die Axt war wie die unsrige, nur schlanker -gegen das Oehr. Diese Beilart fiel mir hier auf, weil ich eine solche -auf meinen Wanderungen im Morgenlande nie wahrgenommen hatte. Das -Schlichtbeil des Zimmermannes z. B. sieht aus wie unser Hammer, mit -dem Unterschiede, daß der abgeplattete breite Theil scharf, und das -ganze Werkzeug größer ist. Muß denn ein Baum geschlichtet werden, so -darf man, wegen der vor dem Stiele queren Richtung der Schärfe, den -Baum nicht aufheben, und ihn somit in einiger Höhe bearbeiten, sondern -er kann mit diesem Werkzeuge aus dem Boden bequem behauen werden. -Desgleichen braucht der Holzhacker kein anderes Werkzeug, als diesen -Hauhammer, richtet aber viel minder aus, als ein abendländischer. Dabei -ist freilich nicht zu vergessen, daß stämmiges Holz hier zwar weniger, -wie in Egypten, doch immerhin zur Seltenheit gehört. - -Ich wußte nicht recht, wie ich es anfangen solle, damit ich in eine -Hütte gelassen werde. Die Frage nach Milch führte mich nicht zum -Zwecke, weil keine zu erhalten war. Oft bringt das stumme Geld Rath, -wenn man sich keinen mehr weiß. Ich zeigte dem Bauer, welcher die Bäume -behieb, eine kleine Münze, und fügte in meiner Geberdensprache bei, -daß ich in seine Wohnung eingehen möchte. Eine grüne Hecke verbot mir -den geraden Weg dahin; derselbe aber deutete mir den Umweg, den ich -unschwer fand. - -Das Häuschen bildete ein Viereck. Die Mauern, theils von Stein und -Mörtel, theils bloß von einer Art Mörtel und viel besser, als in San -Pietro di Nembo, halten Wind und Regen ab, und ihre Höhe mochte etwa -zehn Fuß messen. Der Eingang, oben abgerundet, öffnete sich gegen -Südost und so hoch, daß er dem Eintretenden die Bücklinge ersparte. -Das etwa einen Fuß dicke Dach gestaltete sich nur insofern zu einer -Wölbung, als die obern Kanten der Dachdicke fehlten. Um zur Bauart des -Daches überzugehen, so liefen Stützbalken und Sparren wagerecht von -einer Mauer zur andern. Die Zwischenräume, welche das Balkengerippe -übrig ließ, waren von kleinern Baumästen und von Heckengesträuche -ausgekleidet. Darüber lag eine Schichte von Erde. Daher kommt es, daß -die Dächer, wie die Wiesen, grünen, und so eben keimte das zarte Gras -auf dem Hausdache. Ich nahm es sinnbildlich und las: „Mögen immer -Friede und Freude in dem Hause grünen“, und mir schien es ungefähr so -sinnig, als wenn darauf der alte Satz der aufrichtigen, guten Schwaben -und Schweizer geschrieben gewesen wäre: „Dieses Haus steht in Gottes -Hand.“ Eigentliche Dachrinnen sind an dem palästinischen Häuschen -nicht angebracht, wohl aber gegen Morgen und Mittag etwa drei kurze, -röhrenförmige Ziegel, welche dem Regen leichtern Abfluß verschaffen -sollten. Die Wandung neben der Thüre war recht einladend. Auf rothem -Grunde figurirten weißfarbige Händeabdrücke: eine Malerei, die an einem -arabischen Bauernhäuschen etwas heißen will. - -Ich betrat dann das Innere der Wohnung durch eine von Holz nicht übel -gezimmerte Thüre, die mit einem hölzernen Riegel gesperrt wird, und -nach innen sich aufschließt. Jene bestand aus einem einzigen Raume oder -Gemache. Ungefähr drei Fuß von der Thüre erhob sich der Boden in einem -Absatze etwa um einen halben Fuß. Der Boden war durchaus von Erde, aber -fest gestampft. Weder Mauer, noch Dach hatten eine Oeffnung für Licht -oder Rauch. Dazu hilft die Thüröffnung aus. Die Wand der Mauer war -mit einer rothen Farbe überzogen, in der ebenfalls die weißen Flecken -vom Andrücken der Handflächen, eines neumodischen Pinsels, spielten. -Den Raum wollen wir, der Bequemlichkeit willen für abendländische -Anschauung, in Stube, Kammer, Küche, Holzschuppen, Getreidehalle -und Mühle eintheilen. Jeder übrige Platz wird benützt, um sich da -aufzuhalten, da zu essen, da zu arbeiten. - -An der einen Mauerwand ragte ein kleines, aufgemauertes, hohles -Gestelle hervor. Darin saß als Lampe ein schalenförmiges Gefäß mit -einer Schnauze für den Docht. Daneben stand, ebenfalls auf einem -Mauergestelle, ein Oelkrug. An einer andern Wand war ein Gestelle -gemauert, worin Nähzeug stak. Weder ein Tisch, noch Stühle oder Bänke, -nichts dergleichen, versteht sich, fand sich vor. - -Ich schaute nach der Stelle, wo die Leute sich schlafen legen. Sie -war durch nichts angedeutet. Alte Kleider und diejenigen, welche die -Leute tragen, dienen zur Bettung; der Boden in der Nähe einer Wand, -wo am meisten Platz ist, ersetzt die Bettstelle. Jammern ja nicht -die Verweichlichten über eine solche Armseligkeit. Von Kindheit an -auf keinem andern Lager, würden diese Leute auf dem erhitzenden und -kitzelnden Polster der Federn mit Schwierigkeit zum Schlafe gelangen. - -Fast mitten in der Wohnung ist ein kleiner Raum auf drei Seiten, vom -Boden an, nicht hoch ummauert, selbst etwas zierartig, indem die Ränder -in Zähne sich endeten, -- das war der Kochofen, rings die Küche. - -In einem Winkel neben der Thüre lag dürres Buschwerk. Vor diesem -bläheten sich ungeheure, faßartige Töpfe auf, zwei an der Zahl. -Meine Neugierde wollte wissen, was der Inhalt derselben sein möchte. -Der Hauswirth, ohne Mißtrauen gegen mich, nahm daraus gereinigtes, -geschältes Getreide. Wenn die Bauern hier solche Vorräthe besitzen, so -stehen sie nicht hinter manchen schweizerischen Webern zurück, welche -vom Arbeitsherrn zum Voraus einen Theil des Lohnes beziehen, damit sie -die Kosten für ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Dieser Bauer, -welcher das schönste Häuschen im Dörfchen bewohnte, schien indessen -einer der wohlhabendern. Meine Beschreibung darf daher nicht strenge -als Maßstab zu Beurtheilung der Bauernhäuschen gelten. - -Wir lassen ja nicht unberücksichtiget den letzten Bestandtheil der -Wohnung, einen Theil, der auch in andern Häusern selten fehlen wird: -die Mühle. Gleich wenn man zur Thüre eintritt, liegen die Mühlsteine, -ähnlich jenen in Lossin piccolo, vor den Füßen und nur ein paar Ellen -weit von dem Kochofen. - -Ich traf in dem Häuschen bloß den Bauer, ein Weib und ein Kind. Der -Gebieter machte eine etwas saure Miene, schien jedoch guten Gemüthes -zu sein. Das Weib trug einen Schleier. Nach dem, was ich vom Gesichte -erblicken konnte, und dafür zeugten auch die Hände und Arme, hielt -ich die Frau für jung und für nicht häßlich. Ein Knabe, von etwa -zehn Jahren, mit Schmutz bedeckt, der ihm vielleicht von Geburt an -anhänglich blieb, überdies aufgedunsen wie ein geschlachtetes -- -Zicklein, stand neben der Mutter. Die Kinder fürchten in der Regel -die Franken ärger, als Vögel die Scheuchen. Ging ich auf der Straße, -so wichen sie oft auf die Seite, etwa hinter einen Baum, wie der -Furchtsame, welcher unter das Laubwerk flieht, um nicht vom Blitze -berührt zu werden. Sind denn aber unsere Kinder, obwohl unter dem -steten Einflusse der Gesittung und Weltaufklärung, in diesem Stücke -besser? Es sollte ein Türke in einem Bergdorfe sich herumtreiben, wie -sehr würden sie von Furcht ergriffen. Mich wunderte, daß der Knabe im -Bauernhäuschen seinen Mund noch nicht verzerrte. Ich liebkosete ihn an -den Wangen, und der Himmel war immer noch heiter. Da zogen sich auf -einmal Regenwolken über dem Antlitze zusammen, und ich merkte bald auch -am Knaben, daß die Regenzeit herrscht. Die lang dauernde gute Witterung -durfte ich wohl dem Schutzgeiste der daneben hockenden Mutter, welche -Kräuter zur Nahrung zerschnitt, beimessen. Daß ich nirgends ein -Kochfeuer, nirgends einen Geruch von Speisen wahrnahm, leitete mich -auf die Vermuthung, daß die Leute das Fastengesetz +Mohammets+ strenge -beobachten; denn schon vor etlichen Tagen verkündigte der Donner der -Kanonen den Anfang des Fastenmonates. - -Der palästinische Bauer scheint mir wohler zu stehen, als der -egyptische. In der Saronebene trägt der Boden unermüdlich Früchte, ohne -gedüngt zu werden. Diese sind Eigenthum des Anbauers, welcher selbst -sie an den Mann bringt. - - -Das Quarantänegebäude oder Pestlazareth. - -So eben baut man über den Ruinen an der Küste und bei den Mauern -von Jaffa, gegen Mittag, eine Kontumazanstalt. Sie zerfällt in zwei -Abtheilungen. Die obere enthält vierzehn Zimmer oder Häuschen. -Jedes Zimmer, geräumig und hoch, hat Läden für das Licht und zwei -Thüren, die eine gegen den Hof (Mitternacht) und die andere gegen -die Einfangsmauern (Mittag). Es wäre nicht am Platze, die Anstalt -weitläufig zu beschreiben. Ich bin überzeugt, daß sie, unter übrigens -günstigen Umständen, ihren Zweck nicht verfehlen wird, obschon an ihr -Mehreres ausgestellt werden dürfte. So wurde ein Theil des griechischen -Leichenackers in den Umfang des Gebäudes gezogen, in welchem -wirklich einige Leichensteine hervorragen. Für die Unreinigkeiten -sind einige, aber ungenügende Einrichtungen getroffen. Unten besitzt -die sonst ziemlich hohe Einfangsmauer Stufen, daß man sie leicht -überklimmen kann, wenn man von innen aus Hilfe bekommt. Will man das -Quarantänegebäude gleichsam vollpfropfen, so wird es 500 bis 600 -Bewohner zählen. - -Dir Anstalt soll vorzüglich für die christlichen Pilger bestimmt sein. -Ich hörte aus mehr, als einem Munde, daß in Beirut, wohin dieselben -sich begeben mußten, die Kontumazirenden sehr schlecht gehalten und -himmelschreiend geprellt wurden, und man betheuerte sogar, daß mehrere -Pilger in der dasigen Quarantäneanstalt wegen schlechter Verpflegung -eine Beute des Todes wurden. - -Gott behüte Jeden davor, daß er einen Lebensabschnitt in einem -Pestlazareth vergähnen muß. Wirft aber Jemand das unerbittliche -Schicksal in +dieses+ Gefängniß, so genießt er doch die Aussicht auf -die Stadt und das Meer, und er wird von frischer Luft angeweht. In -El-Arysch wäre ich über eine Unterbringung, wie man sie hier erwarten -darf, überaus froh gewesen. Das Lazareth wird vorzugsweise demjenigen -willkommen sein, der von Egypten aus nach Jaffa zu reisen gedenkt; denn -seit der Errichtung einer Quarantäne in Beirut mußte er sich den Umweg -über diese Stadt gefallen lassen. - -Die pfiffigen Egypzier wußten die noch nicht völlig ausgebaute -Quarantäne schon zu einem Nebenzwecke zu benützen. Es rückte ein -Bataillon Fußsoldaten, auf ihrem Zuge nach Egypten, in Jaffa ein, und -man war nicht verlegen, so viel Mannschaft, als nur thunlich, in der -Quarantäne Obdach anzuweisen. - - -Die Jaffanerin kommunizirt, besprengt sich...; der Jaffaner. - -Die Kirche des Hospizium steht im zweiten Stockwerke, und von Morgen -dem Zimmer des Pater Superior gegenüber. Obwohl klein, ist sie doch ein -artiger Bau mit einigen schönen Gemälden. Ich wohnte in derselben dem -Gottesdienste mehrere Male bei, und ich mußte mich über die geringe -Anzahl der Anwesenden, im Verhältnisse zur Bevölkerung der Gemeinde, -verwundern. Wenig feierlich schien mir die gottesdienstliche Handlung -wegen des Marktgeschreies einer Handorgel, wenn man mir diesen Ausdruck -erlaubt. Der Araber, welcher zwischen den Tönen verschiedener Orgeln -kaum unterscheidet, und die Gassenorgeln unserer Straßensänger nicht -kennt, wird mit mir den übeln Eindruck schwerlich theilen. Lieber hörte -ich das Klosterglöckchen, welches mit bescheiden hellem Klange die -Gläubigen zur Andacht aufforderte. - -Als ich einmal die Kirche besuchte, sah ich zwei Levantinerinnen -kommuniziren. Sie waren in einen großen, weißen Schleier gehüllt. Der -Priester reichte in seiner feierlichen Amtskleidung ihnen die Hostie. -Wie sehr befremdete mich, unter dem großen Kopfschleier einen schwarzen -Schleier vor dem Gesichte der Morgenländerinnen gewahr zu werden, -den sie doch beim Kommuniziren lüften mußten. Mühsam langten andere -in die Kirche tretende Frauen unter dem Schleier hervor, um sich mit -Weihwasser zu besprengen. - -Auf der Gasse begegnete ich ebenfalls weißen Damen, die in einen -Schleier völlig verhüllt waren. An diese Maskerade war ich freilich -gewöhnt, aber nicht daran, daß es an derselben rasselte. Ich spähte -zuerst immer umher, und nichts gab Stoff, das Gerassel zu erklären. -Endlich glückte mir der Aufschluß: Es rasselten die unsichtbaren -Goldstücke, welche um das Haupt angelegt waren. Wird unsern -Jaffanerinnen, unsern Araberinnen die belebende Hoffnung, mit den -unverhüllten Gesichtchen die Männer zu bezaubern, so grausam geraubt, --- billig läßt man ihnen doch den Geschmeidekram und +den+ Ersatz, daß -sie +frei+ durch den Schleier sehen und schmarotzen, während umgekehrt -die züchtige und ziererische Abendländerin mit dem +offenen+ Auge -im Freien nur spärliche Blickchen sich erlaubt. Hinwieder erdenken -die Schönen Europas, wer möchte es leugnen? auch Manches, um sich -bei den Männern einzuschmeicheln, und es erschließt sich ihnen ein -um so weiteres Feld, als sie mit letztern die unschätzbare Freiheit -und Gleichheit der Gesichts -- öffentlichkeit genießen. Und nicht -zufrieden, nur das Auge zu entzücken, sie suchen auch das Ohr zu -fesseln, und geben sich gar viel Mühe, mit Wohlgerüchen zu berauschen. - -Die morgenländischen Christenmänner, welche der Bauernklasse nicht -angehören, sind durch Schönheit ausgezeichnet. Ruhig brennet das -schwarze Auge; auf dem ganzen Antlitze liegt der Ausdruck der Ruhe, -der Bedächtlichkeit, der Unterwürfigkeit, der Schlenderei. Groß von -Leibe, haben sie etwas Stattliches in ihren faltigen Gewändern, und -mir schien, als wären sie auf ihren hochwulstigen, schief um das Haupt -gewundenen Turban stolz. Sogar während des Gottesdienstes tragen sie -auf dem Boden hockend den Turban, und bloß bei der Wandelung heben die -Wenigsten ihn ab, wodann man ihre häßlichen Schurköpfe erblickt. Dafür -werfen sie sich gottesfürchtig nieder, indem sie selbst mit der Stirne -den Boden berühren. - -Auch in Jaffa hält man den morgenländischen Christen für schlimmer, -wenigstens für unredlicher, als den Türken. Bei einem Schneider, einem -morgenländischen Christen, ließ ich an einem Kleide umändern. Er -entwendete von meinem Tuche so viel, als er nur konnte, was schwerlich -ein Kleidermacher im Lande des Niederganges gethan haben würde. Dabei -stellte jener für die äußerst schlechte Arbeit eine unverschämte -Forderung, und ich darf versichern, daß ich selten einen verstocktern -Schuft antraf. Andere Züge will ich auf einen andern Ort versparen. - - -Die Pilger. - -Die Bombarda (eine Art Fahrzeug), worauf ich mich begeben sollte, -brachte christliche Pilgrime. Auch auf andern Schiffen langten solche -in Jaffa an, und eines Tages zählte ich zwölf Schiffe, theils in, -theils außer dem sogenannten Hafen. Die Menge christlicher Pilger -belebte den Kai. Man ergötzt sich an ihren verschiedenen Trachten, -welche der französischen schon ein wenig ähneln. So nenne ich die -häufigen Schürzen oder Halbröcke, welche diesen Gegenden fremde sind. -Einige tragen Regenschirme, die ich in Egypten nie und zum ersten Male -wieder in Jerusalem zu Gesichte bekam. Die Pilger schleppen ungemein -viel Gepäcke, auch einen beträchtlichen Mundvorrath mit sich. Es -wird dasselbe in dieser Hafenstadt, manchmal nicht ohne Zänkereien -der Pilger sowohl unter sich, als mit dem Kameel- oder Eseltreiber, -auf Kameele, Esel oder Maulthiere geladen, um es nach Jerusalem, -dem Wallfahrtsorte, zu befördern. Die Pilger, der größten Zahl nach -Christen aus der europäischen Türkei, werden bis auf 10,000 geschätzt, -die alljährlich durch Jaffa ziehen, und hier im griechischen oder -armenischen Kloster mehr oder minder lange beherbergt werden[8]. Das -Wallfahrten der griechischen Christen dauert bis Ostern, nicht ohne -Meeresgefahren[9]. Ein Mönch aus Krakau, welcher nach mir in Jaffa -eintraf, erzählte mit Schrecken von seinen Erlebnissen, und freute sich -mit kindlichem Herzen, daß er nun auf festem Boden fußen könne. - - -Die arabische Knabenschule der Lateiner. - -Oefter besuchte ich die Schule am Hospizium. Das Zimmer ist ziemlich -dunkel und eher enge, aber ein hohes Gewölbe. Vorne, der Thüre -gegenüber, hing an der Wand ein Frauenbild. Zur einen Seite desselben -las man das mit großen lateinischen Buchstaben geschriebene ~ROMA~ und -zur andern ~Carta GO~ (wahrscheinlich Landkarte). Den Raum schmälerte -kein Tisch, außer dem für den Schulmeister; zu beiden Seiten des -Zimmers war eine niedrige Wandbank angebracht, auf welcher die Schüler, -beiläufig zwanzig, lauter Knaben, unordentlich saßen oder hockten. -Sie hatten an der Hand oder auf den Knieen Blätter oder Bücher vor -sich, aus denen sie mit schaukelndem Leibe nach einer eigenthümlichen -morgenländischen Weise (Melodie) laut schreiend oder leiernd im Takte -lasen. Das Geschrei oder Geleier war so wild, daß man weiter nichts -hörte, als bisweilen das Klopfen mit einem Stocke. Die Unterrichtsart -wurde mir nicht ganz klar. Ich glaube, sie beschränke sich lediglich -auf das Lesen und Auswendiglernen. Einmal las ein Schüler in Gegenwart -des Lehrers und Meisters, welcher verbessernd nachhalf. - -Bei meinem ersten Besuche war der Schulmeister nicht gegenwärtig. Ein -älterer Knabe mit übergroßen Stiefeln leitete das Unterrichtsgeschäft. -Eine kleine Ruthe schwang er so häufig über die Kinder, als wären sie -Reitthiere. Am Schlusse des Unterrichtes stellten sich alle Schüler vor -das Frauenbild und hoben einen wilden Gesang an. Ich ging und sagte -den neben der Schulstubenthüre gelagerten Weibern einen Gruß, den sie -wahrscheinlich nicht verstanden. - -Die Schulzucht ist ziemlich roh. Wenn ein Knabe durch seine -Fortschritte sich auszeichnet, so wird ihm eine steife Mütze -aufgesetzt. Führt er sich schlimm auf, so wird er auf drei Hauptarten -gezüchtiget. Man legt ihm das Zerrbild eines Esels um den Hals und -nennt ihn +Eselführer+ (~muchero~). Oder man ertheilt ihm Klappse auf -die flache Hand mit einer hölzernen, gestielten, fein durchlöcherten, -kleinen, doch derben Scheibe. Ein Knabe schien mir nicht übel und -unfleißig in Gegenwart des Schulmeisters zu lesen. Nach hergelesener -Aufgabe bekam der Schüler von dem Lehrer ohne weitere Umständlichkeit -eine Anzahl Schläge, indem letzterer die Worte hinzusetzte: ~Così si -impara~ (So lernt man). Oder auch man mißt Fußsohlenstreiche auf. Das -Bändigungsmittel dazu war an einem Nagel des Schulzimmers aufgehängt. -Es besteht aus einem Knüttel, durch dessen Mitte zwei Oeffnungen in -gegenseitiger Entfernung von etwa zwei Handbreiten gebohrt sind. Die -Bohrlöcher nehmen einen Strick auf, den aber Knoten hindern, damit er -nicht durch dieselben ausschlüpfe. Dieses Mittel wendet man so an: Die -Füße der Knaben werden zwischen den Knüttel und den Strick geschoben. -Jenen ergreifen zwei Gehilfen, jeder ihn an einem Ende. Jetzt drehen -sie den Knüttel um seine Achse, und wickeln den übrigen Theil des -Strickes um ihn herum, so lange, bis der Knebel die Knöchel oder Beine -zusammenklemmt. Nachdem die Knaben solchergestalt die Beine nicht mehr -rühren können, erhalten sie die Tracht Schläge auf die Fußsohlen. - -Das Essen wird in der Schule nicht geahndet. Ein Knabe brachte kleine -Rettiche, wovon er auch verschenkte. Einem andern trug man etwas -Gekochtes zu. Er aß es im Vorzimmer des Schulgewölbes, in welchem eben -Schule gehalten wurde. - -Die Vergleichung mit dem, was +Salomo Schweigger+ von den Kinderschulen -Konstantinopels aus dem sechszehnten Jahrhunderte überliefert, hat -zu viel Prickelndes, als daß ich es nicht hier beifügen sollte: Die -Kinder, sagt +Schweigger+, werden nicht in solcher harten Zucht und -großen Furcht gehalten, wie die Deutschen, die mit Pochen, Poltern, -Schlagen und Stoßen den Kindern alle Lust zum Lernen nehmen. Die -Schulmeister strafen zwar die Kinder auch, aber mit Bescheidenheit, und -können mit ihnen Geduld haben, welches denn die fürnehmste Tugend an -einem Schulmeister ist. Wenn sie die Kinder schlagen, so schmeißen sie -dieselben auf die bloßen Schuhsohlen mit einem Stäblein und brauchen -die Ruthen nicht, wie bei den Christen bräuchig. Die Knaben haben -eine feindselige Gewohnheit, daß sie durch einander das Lesen laut -verrichten, davon sie sollten toll werden und einander irre machen. -Dabei sitzen sie nicht still, sondern wanken von einer Seite stets auf -die andere wie ein Schlafender oder Trunkener. - -Damit stimmt aber nicht völlig überein, was die „Hoffhaltung Des -Türckhischen Keysers“ (1596) von den Knaben des Serai erzählt: Die -Meister und Lehrer haben einen Befelch von dem Türken, daß sie keinen -Knaben mehr, als des Tages einmal schlagen und strafen dörfen, und -mögen keinem mehr, als zehen Streich mit einer kleinen subtilen Ruthen -geben, und wann sie die Jugend mit Ruthen stäupen, geht es also zu: -Sie legen den Knaben nach der Länge auf die Erden nieder, stoßen ihm -die Füß durch einen Stock oder Bret, welches durchgebohrt, und dazu -gemacht, daß sie fest und still liegen müssen. Alsdann geben sie ihm -mit der Ruthen unten auf der Sohlen des Fußes zehen Schläge über die -+Borzachinlein+, das ist, kleine Stiefeln, die sie tragen. Nach dem -lassen sie ihn wieder aus. Und wo der Meister oder Präzeptor einem -mehr, dann zehen Streich gäbe, oder sie ohne des Kaisers Willen und -Befelch stäupte oder schlüge, wird ihm alsbald die Hand abgelöst. - - -Der Gruß. - -Im aufgeklärteren Theile der Welt waltet die Mode, daß man beim -Gruße als Zeichen der Aufmerksamkeit oder Achtung den Hut oder die -Mütze rückt oder, mit einem Worte, das Haupt entblößt. Im Lande der -Turbane wäre diese Mode glücklicherweise eine wahre Pein. Es gäbe -den Morgenländern, wenn sie ihren Turban oder den zusammengedrehten, -in vielen Gängen quer um den Kopf gewundenen Schleier auflösen und -wieder umbinden oder auch nur mit den unsteifen Mützen, die er unten -umfängt, ab- und aufheben müßten, ebensoviel zu schaffen, als den -abendländischen Frauenzimmern, bis ihre zarte Haube über Flechte -und Kamm sich gehörig fügt. Es ist übrigens erstaunlich, daß die -Frauenzimmer, die doch mit keiner Mütze und mit keinem Hute sich und -Andere bekomplimentiren, noch existiren und bei den Männern Gnade -finden. - -Wenn hier zwei Männer im Freien zusammenkommen, so legen sie sich -die rechte Hand auf Mund und Stirne. Sind sie einander nahe, so sagt -der Eine, wenn er ein Christ ist: „Gott mit euch“, und der Andere -erwiedert: „Gott erhalte euch.“ Des Mohammetaners Gruß aber lautet: -„Friede sei mit euch,“ und der Gegengruß: „Mit euch sei Friede.“ So -zu grüßen, war früher den Christen verboten. Der Mohammetaner nährte -den Wahn, daß die Nazarener nicht würdig wären, über die Lippen die -erhabenen Worte fallen zu lassen, welche vom Propheten +Mohammet+ -verkündiget worden seien. Wiewohl dieser Gruß unter +Mehemet-Ali+ und -+Ibrahim+ geduldet ist, so hören ihn doch die Mohammetaner aus dem -Munde der Christen noch jetzt mit Murren. - -Stattet ein Christ dem innigen Freunde einen Besuch ab, so umarmen sich -beide, und küssen einander einmal die Schultern. Ebenso umarmen sich -die Mohammetaner, versetzen aber den Kuß auf die Wangen. Ist man nicht -in vorzüglichem Grade befreundet, so bietet man einander schlichtweg -die Hände, wobei man eine besondere Rücksicht beobachtet. Es behält -nämlich die Person höhern Ranges die Hand oberhalb, so daß der Rücken -derselben aufwärts schaut. Stehen beide auf der gleichen Stufe des -Ranges, so nehmen die Hände eine senkrechte Stellung neben einander -an, daß also weder die eine, noch die andere Hand nach oben kommt. -Wenn anders der Gruß die verschiedene Stellung in der bürgerlichen -Gesellschaft ausdrücken soll, so gewinnt in der That die verschiedene -Richtung der Hände, zumal die Oberhand und die Unterhand, ungleich mehr -Sinnigkeit, als alle Abstufungen beim Entblößen des Kopfes unter den -Abendländern. - -Die bisher berührten Grußweisen der Palästiner umfassen bloß das -alltägliche Leben. - -Auf Sitzen zur Rechten oder Linken wird nicht geachtet. - -Nach Empfang dargereichter Speisen und Getränke bezeugt man in der -Regel keinen Dank. Nur nach dem Kaffee hallen die Worte des Dankes: -„Möget ihr euch immer erhalten.“ Trinkt der Gast Wasser aus dem Kruge -(Bardaka), was allezeit ohne Absetzen geschieht, so rufen sämmtliche -Anwesende: „Wohl bekomme es“, und jener erwiedert: „Ich sage Dank.“ -Also bei Mohammetanern und Christen. Beim Lebenswasser (Aquavit) -verhält man sich stumm. - -Begegnen sich die Frauen außer den Häusern, so sind sie still und -rühren sich nicht. Macht eine Frau einen Besuch, so entschleiert sie -sich beim Eintritte in das Zimmer, und eröffnet das Gespräche mit -den Worten: „Ich komme, euch zu sehen.“ Die Frau, welche den Besuch -annimmt, lüftet auch ihrerseits den weißen Gesichtsschleier und -antwortet: „Willkommen.“ Da wird denn nach dem Befinden, nach den -Kindern und nach Andrem gefragt, obendrein viel eitel Zeug geplaudert, -etwas Süßes, etwa Konfekt, genascht oder auch eine Pfeife geraucht. -Kürzer, als drei oder vier Stunden dauern die Frauenbesuche nicht. Die -Mohammetanerinnen besuchen einander seltener, als die Christinnen. - - -Die Brautwerbung und die Hochzeit. - -Will der Jüngling oder Mann heirathen, so geht sein Vater, seine -Mutter, sein Bruder, seine Schwester oder ein anderer Verwandter oder -ein Freund zum Pfarrer, diesem das Vorhaben zu offenbaren, unter -Bezeichnung des Mädchens, welches zu heirathen gewünscht wird. - -Darauf begibt sich der Pfarrer zu den Aeltern des Mädchens, den -Heirathsantrag zu hinterbringen, und Auskunft zu verlangen, ob man ihn -annehmen wolle oder nicht, und sucht dann den Brautwerber in seinem -Hause auf, um demselben die Antwort zu vermelden. Im bejahenden Falle -schickt die Familie desjenigen, welcher den Heirathsantrag stellte, -sich jetzt an, einen Gesichtsschleier (zu 30 bis 35 Piaster) oder -auch zwei Schleier nebst einem goldenen Fingerringe zu kaufen. Die -weiblichen Mitglieder der Familie des Brautwerbers gehen, in Begleitung -vieler Frauen, mit den eingekauften Kostbarkeiten zu der Familie des -Mädchens, um sie diesem als Geschenk einzuhändigen. Bei dem Besuche -benimmt sich die Holdselige ungemein schüchtern, sanftmüthig wie ein -Lamm; keinen Laut läßt sie hören; sie ist rein wie ein Engel. Um so -munterer sind die Frauen, welche auf Besuch kommen; sie lachen und -scherzen und singen wohl auch. - -Danach veranstalten die Aeltern des Mädchens einen Gegenbesuch in das -Haus des Brautwerbers. Der Vater ladet Männer und die Mutter Frauen, -nie aber unverheirathete Frauenzimmer ein. Im Hause des Brautwerbers -treten die Männer in ein besonderes Gemach, und so die Frauen. Grüßend -sagt man zu ihm: „Gesegnet,“ und diejenigen Frauen, welche sich nicht -enthüllen, sagen es auch seiner Mutter. Das Mädchen bleibt eingezogen -zu Hause. Die Gäste, wenigstens die Männer, vertreiben die Zeit mit -Rauchen und Kaffeetrinken, mit Konfektnaschen und Plaudern. - -Nach dem Gegenbesuche geschehen zwei Monate hindurch keine weitere -Schritte, und zudem wartet man auf ein großes Fest, um der Braut ein -Geschenk zu überbringen. Dieser Besuch, der dritte und letzte vor der -Hochzeit, heißt auf arabisch +schỏfe+ (die Sicht), und ist der Vorbote -baldiger Vermählung. Das Geschenk hält an Werth von einigen hundert -bis auf einige tausend Piaster. Es besteht aus ungeschnittenem und -ungenähtem Kleidungsstoffe, so wie aus einem Kleinode zur Zierung der -Stirne oder anderer Gebilde des Körpers. Die Reichsten ergreifen diesen -Anlaß, um den Glanz ihrer Diamanten zu verbreiten. Es ist die Mutter -des Bräutigams, welche, am erwarteten großen Feste selbst, das Geschenk -der Braut überreicht und zwar so, daß sie unter spaßhaften Bemerkungen -das Kleinod der Braut auf der gehörigen Stelle anlegt. Das +schỏfe+ -dauert etwa zwei Stunden. - -Nun bereitet man sich zur Hochzeit vor. Die Aeltern des Bräutigams und -der Braut besprechen den festlichen Tag. Vom Heirathsantrage bis zum -Hochzeitstage verfließt gemeinhin ein Jahr, selten nur ein Vierteljahr. -Dreimal kündigt der Pfarrer die Hochzeit ab. Am Sonnabende vor dem -Vermählungstage wird die Reinigung durch die Bäder vorgenommen. Die -Braut sendet, zum Zeichen der Einladung, an jede Frau ein Stück -Seife. Bei Männern ist dieses Zeichen eine Kerze, umhüllt von einem -Zettelchen, worauf der Karakter des Gastes (z. B. französischer Konsul, -Schulmeister) geschrieben steht. Die Braut besucht mit den Frauen, der -Bräutigam mit den Männern, die einen und die andern in gesönderten -Schaaren, ein öffentliches Bad. An diesem glücklichen Orte bekommt die -Mutter oder die Schwester des Bräutigams die +Entschleierte+ zu sehen, -und sie mögen dann zu Hause dem Sehnsuchtsvollen die Entdeckung der -Schönheit oder Häßlichkeit mittheilen. Darauf am Sonntagsabende gehen -die einen Männer in das Haus des Bräutigams, die andern und die Frauen -in dasjenige der Braut, wo sie sich in das +Frauenzimmer+ scheiden. Die -Nacht wird in gespannter Erwartung hingebracht. - -Um vier Uhr in der Frühe des Montag eröffnen Bräutigam und Braut, jener -ein wenig voran, den großen hochzeitlichen Zug nach der Kirche unter -dem Jubel von Schalmeien und Tambur und Pauken, selten von Geigen. -Der Bräutigam sieht sich in dem Tempel zum ersten Male neben der -künftigen Lebensgefährtin; noch aber ist ihr Antlitz dem forschenden -Blicke ebenso unzugänglich, als von Anfang der Bekanntschaft oder, -besser gesagt, der Unbekanntschaft an. Das ganze Gepränge der -römisch-morgenländischen Kirche mag das Seinige beitragen, das Gefühl -des Geheimnißvollen und des Ehrwürdigen zu steigern. Fragt der -Priester am Altare die Braut um ihren Willen, so verbietet ihr die -Schamhaftigkeit, ihn zu benicken. Wie gut ist, daß es in Fällen der -Verzweiflung eine Erbarmung auf Erden gibt. Die Gevatterin, deren -Wohlthätigkeit erst jetzt sich auf das glänzendste bewährt, leiht den -unentbehrlichen Arm der Hilfe; sie steht hinter der Braut und stößt -das bräutlich geschmückte Haupt nach vorne, -- -- nur ja, weil einmal -genickt werden muß, sei es aus freien Stücken oder aus Zwang. Williger -entschließt sich der Bräutigam zum Jaworte, aber für kein ordentliches -Weib, sondern für eine vermummte Gestalt, für ein Larvengesicht. Er -erschaut vor sich einen mit einem rothen Schleier bedeckten Kopf und -einen in ein weißes Gewand gehüllten Leib; der Reichthum an Gold -mag etwa sein Auge blenden: aber kein Auge der Liebe strahlt ihm -entgegen, kein Mund der Freude lächelt ihm zu. Ich möchte indessen den -bescheidenen Zweifel äußern, daß eine solche beharrliche Strenge der -Vermummung +oft+ beobachtet werde. Ich weiß selbst zu erzählen, daß -ich, als ich ohne Anmeldung in das Haus des Konsuls +Damiani+ trat, -seine Tochter unverschleiert antraf, die sich dann freilich schnell -entfernte. Wie ich einmal durch ein Gäßchen spazierte, begegnete ich -einem verschleierten Frauenzimmer, welches im Augenblicke, da sie sich -von Niemanden bemerkt glaubte, den Schleier auf die Seite schwenkte, um -ihr schönes Gesichtchen zu zeigen. - -Nach empfangenem Priestersegen ziehen die Neuverlobten ins Haus des -Bräutigams, dieser zuerst. Sie und das Gefolge von Gästen genießen -dort das Frühstück; reich wird das Hochzeitpaar von den Zeugen der -Hochzeitlichkeit mit Worten gesegnet. Schon aber verläßt ein Theil der -Gäste die Gesellschaft, es bleiben bloß noch die Verwandten, endlich -nur die Frauen. Nun sitzt die Braut auf einem thronartigen Polster -in einem besondern Zimmer, in welches die neugierigen Frauen treten. -Derlei Dinge schmecken für sie viel zu süß, als daß sie nicht davon -kosten sollten. Bis zum Throne der Unsichtbaren machen die Frauen eine -Gasse. Schwere Augenblicke harren des Bräutigams. Man muß sich an ihm -abmühen, daß er allen Muth zusammenfasse[10]. Da schreitet er mit -kochendem Herzen durch die Gasse, und gleichsam in der Wuth streift er -den Schleier von einer unschuldigen Jungfrau hinweg. Zum ersten Male -erblickt der +Ehemann+ das Antlitz eines jungfräulichen Weibes, dem er -für die guten und bösen Tage des Lebens Treue geschworen hat. Mag ihn -jetzt die Erwartung betrogen haben, es ist zu spät, er bekümmert sich -nur umsonst; wurde seine Hoffnung erfüllt, desto glücklicher für ihn -der Wurf des Spiels. - -Wie der Schleier der Braut sich lüftet, fliegen alle Schleier der -Zuschauerinnen auf die Seite. Es erhebt sich die enthüllte Braut, sie -küßt eine Hand des Gemahls, beide lassen sich neben einander auf den -Polster nieder und beobachten einige Minuten ein tiefes Stillschweigen, -indeß der Bräutigam die Verheißene gleichsam ins Auge verschlingt. -Damit endet das Fest für die neugierigen Frauen, welche sofort das -Zimmer räumen. Die Verwandten dagegen bleiben bis Mittag, und erst nach -dem Mittagsmahle kehren sie in ihre Wohnungen zurück. Jedermann gönnt -dem Bräutigam und der Braut, daß sie sich von der schlaflosen Nacht -erholen. - -Nachdem der Mann seine Frau erkennt hat, thut er sich mit einem weißen -und sie mit einem rosenrothen Gewande an. - -Auf den siebenten Tag nach der Hochzeit wird der Schlußbesuch in das -Haus des Ehegemahls veranstaltet. Die Frauen werden vom älterlichen -Hause des neuverlobten Weibes eingeladen; die Männer gehen diesmal -uneingeladen. Der Besuch ist den Geschenken für das neue Ehepaar -gewidmet. Wenn z. B. die Frau A der Frau B das Geschenk P verehrt -hat, und heirathet dann C, die Tochter der A, so gibt B das P zurück. -Und kann man nicht mehr das Gleiche zurückerstatten, so zielt man auf -ein solches Geschenk ab, welches dem Werthe eines der Familie früher -verliehenen möglichst nahe kommt. - -Die Schilderung trifft eigentlich die hiesigen eingebornen Christen, -in den meisten Theilen aber überhaupt die christlichen Palästiner, in -manchen sogar die Mohammetaner. - -Das geheimnißreiche Vorgehen in der Heirath kann schwerlich auf den -Beifall des Abendländers hoffen. Die Sitte der Verhüllung reihe ich -unter die sonderbarsten Dinge, so fest sie eingewurzelt und so alt sie -sein mag. +Rebekka+ verhüllte sich zwar vor +Isaak+ (1. Buch +Moses+ -24, 65), doch nicht vor dem Liebhaber. Wenn der strengen Verhüllung, -welcher das Mädchen vom reifern Alter bis zur Verheirathung wie einem -Gesetze sich unterwirft, ein Lobesspruch gespendet werden soll, so kann -man ihr oder doch der Vereinzelung der genau beaufsichtigten Jungfrau -nachrühmen, daß Fehltritte beinahe bis zur Unmöglichkeit erschwert -werden. - -Noch besitzen die Aeltern in Palästina die erzväterliche Gewalt über -ihre Kinder bei der Verlobung, wobei letztern der Athem des freien -Willens fast gänzlich gehemmt ist. Doch mangelt es aus den Zeiten der -Erzväter nicht an Beispielen, welche für eine gelindere Gesinnung -sprechen. So fragten die Aeltern der +Rebekka+ in milder Weise, ob sie -mit dem Knechte +Abrahams+ ziehen wolle (1. Buch +Moses+ 24, 57 und -58). Zur Schließung des Ehevertrages gehört vor Allen dem Bräutigam und -der Braut entscheidende Stimme. - - -Die Wöchnerin und das Kind. - -Im zwölften Jahre verheirathen sich die Mädchen sehr selten, selten -noch im dreizehnten, nicht mehr selten aber im vierzehnten Jahre. Es -ist daher keine Seltenheit, daß das Weib im fünfzehnten Lebensjahre -gebiert. - -Nachdem die Frau geboren, ißt sie die ersten drei Tage nichts, als -Hühnerbrühe ohne Salz und Schmalz. Zum Getränke erhält sie mit -Zimmet versetztes Wasser oder auch ein wenig Wein, welchen jedoch -die Mohammetanerinnen, in Gemäßheit ihrer Religionsbegriffe, nicht -bekommen. Nach Verfluß der drei ersten Wochentage geht die Kindbetterin -zu einer kräftigern Nahrung über. Sie genießt dann nicht bloß die -Brühe, sondern auch das Fleisch vom Huhn; Andere essen wohl abwechselnd -das Halsfleisch des Lammes. - -In den ersten sieben Tagen wäscht die Wöchnerin ihre Hände nach dem -Essen nie mit Wasser, aber mit Wein. Gehört sie der Mittelklasse, so -steht sie am siebenten Tage vom Bette auf, die reiche nach vierzehn -Tagen. Der Reichthum ist da nicht zu beneiden, wo er den Menschen -länger in Fesseln schlägt. Allgemein herrscht die Sitte, daß die -Wöchnerin nach dem Aufstehen das öffentliche Bad, und unter den -Christen zugleich, daß sie die Kirche besucht. In jenem reibt man, zu -Stärkung, in den Körper ein scharfes Mittel. Im vierzigsten Tage wird -das Bad wiederholt. - -Sobald das Kind ans Licht der Welt gelangt, wird seine Nabelschnur -mit einem Faden unterbunden, abgeschnitten und die Schnittfläche auf -der Kindesseite mit einer Wachskerze gebrennt. Darauf badet man es -im lauen Wasser, um es zu reinigen. Hat das Kind drei Tage seines -Lebens zurückgelegt, so wäscht man das Zahnfleisch und die allgemeinen -Hautbedeckungen mit Salzwasser oder mit Wein, der mit Wasser verdünnt -wurde, um einen guten Geruch mitzutheilen. Sonst wird bloß alle Wochen -einmal das Gesicht und der Körper vom Nabel bis zu den Füßen gewaschen. -Ja es gibt Mütter, welche ihr Kind ein halbes Jahr ungewaschen lassen. - -Zur Bekleidung dient eine Binde, in welche der Körper so gewickelt -wird, daß die Arme an der Seite des Körpers in ausgestreckter -Richtung bleiben. Ein Schleier deckt das Gesicht. Die Einwickelung -(Einfatschung) dauert vier Monate. Sodann flattern die Röckchen um -das Kind, und manchen Knaben schmückt bei Zeiten über der kleinen, -anschließenden Mütze der Turban. Als eine ausgezeichnete Zierde sah ich -um den Fußknöcheln eines Kleinen rothe Bändchen mit mehreren Schellen. - -Zur Nahrung erhalten die Kinder die Milch ihrer Mutter, manche zwei -bis drei Jahre hindurch. Es ist bemerkenswerth, daß die Jaffanerin das -Schnüren des Oberleibes nicht kennt. Solches mögen die gepriesenen, -geschnürten Zierfräulein Europens beherzigen, welche ihr besseres -Gefühl nicht befragen, ob sie Hoffahrt mit demjenigen treiben dürfen, -was Gott zu einem ganz andern Zwecke erschuf. Wenn die Jaffanerin außer -Stande ist, Milch von der Mutterbrust darzureichen, so behilft man sich -wohl auch mit einer Amme, oder man streicht das Honig- und Granatsüß in -den Mund des Kindes. Sogenannte künstliche Nährung aber, wie mit Kuh- -oder Ziegenmilch, findet nicht statt. Daraus allein schon ließe sich -die große Sterblichkeit der Kinder erklären. - -Zum Sauglappen, als Beschwichtigungsmittel, nimmt keine Mutter die -Zuflucht; im beßten Falle flößt sie ein wenig Honig in den weinenden -Mund. Hingegen scheint die Wiege im Ansehen von etwas Unentbehrlichem -zu stehen. Die Reichen haben eine eigentliche +Wiege+, wie bei -uns. Die Mittelklasse spannt zwei Schnüre unter der Zimmerdecke aus, -welche ein Leintuch aufnehmen. Auf dieses wird das Kind, wie auf eine -Hängmatte, gelegt, und will man es schaukeln, so setzt man die eine -Schnur, die durch ein Zwischenstäbchen von der andern ferne gehalten -wird, in Bewegung. Die arme Klasse bedient sich einer Vorrichtung, die -einer großen, ebenen Wagschale gleicht. Sie wird, wie ein Käfich, an -der Decke des Zimmers oder sonst in der Höhe aufgehängt. - -Mit Säftchen führt man das Kind nicht ab, noch schneidet man dessen -Zungenbändchen ein. Der Schulmeister am Hospiz stutzte gewaltig, als er -inne wurde, daß wir gelöste Zungen hätten. Das Zahngeschäft geht nicht -sehr leicht von statten. Zur Erleichterung desselben wird gar nichts -vorgekehrt, und viele Kinder sterben während dieser Lebenszeit. Die -fratt gewordenen Stellen wäscht man nicht ab, sondern man behandelt -sie mit einem Stoffe, welcher im Arabischen serakûn heißt, mir -aber nicht genauer bezeichnet wurde. Bei der hinkenden Reinlichkeit -darf man sich wundern, daß diese Krankheit nicht viel hartnäckiger -und qualvoller auftritt. Gegen die Mundschwämmchen gebraucht man die -Asche von einem Knochen so, daß der mit Speichel benetzte Finger sie -auffängt, und damit die kranken Stellen im Munde reibt. - - -Wiegenlied und Kinderjucks. - -Das Wiegenlied singt die Mutter nach einer ganz eigenthümlichen Weise, -und ich bedaure nur, daß ich kein Tonsetzer bin, um sie beifügen zu -können. Die Worte zum Einlullen lauten so: „O mein Kind, schlafe; mein -Auge, ich hoffe, daß ich dich nie aus dem Auge verlieren werde.“ Zum -schon schlafenden Kinde singt die Mutter: „Meine Taube, dein Auge ist -verschlossen; aber das Auge Gottes ist aufgeschlossen, und daß kein -Leid dir wiederfahren kann, hat Gott den Menschen nicht auf immer -verhärtet.“ Die Worte sind gemüthlich und erhaben zugleich. - -Bei aller meiner Unbekanntschaft mit der Sprache und dem Bücherthume -der Araber genieße ich vielleicht das Vergnügen, den Abendländern einen -ihnen unbekannten Lappen arabischer Dichtungen überbringen zu können. -Es fiel mir in Jaffa nicht wenig auf, als ich beim Einbruche der Nacht -eben heimgekehrte Kinder anredend und antwortend in geregelten Weisen -lärmen hörte. Auf meine Nachfrage darüber wurde sogleich von der -Gasse ein Kind geholt; es sagte in Anwesenheit mehrerer Eingebornen -das Gespräche her; einer davon übersetzte es ins Italienische, und -ich schrieb dieses deutsch nieder. So viel zur Rechtfertigung meines -Botengeschäftes. - -Das Zweigespräch, wovon die Rede ist, halten übrigens nicht bloß -fünfjährige und ältere Kinder als Nachtgruß, wenn sie sich trennen, -sondern auch türkische Knaben, indem sie von Hause zu Hause ziehen, um -etwas zu verdienen. - - A. O Gott. - - B. O Gott. - - A. Möge es uns hier wohl ergehen. - - B. O Gott. - - A. Was haben wir? - - B. Maria (denn es muß immer Jemand genannt werden) --, eine Braut - wie der Mond. - - A. Gott gebe es. - - B. Unter der Veste sahe ich sie in zierlichem Gewande. - - A. Gott gebe es. - - B. Ich erblickte sie abwärts vom Diwane, die in Seide Gehüllte. - - A. Gott gebe es. - - B. Ich sah sie abwärts vom Gemache ein Papier mit Zügen füllen, - welche rühren das Herz. - - A. Gott gebe es. - - B. -- -- -- abwärts von einer Urne. - - A. Ach, wie schön. - -Das Zweigespräch, wahrscheinlich nur ein Bruchstück, behandelt die -Liebe auf eine nicht sehr schickliche Weise für Kinder. Bei diesen -scheint jedoch Alles bloßes Lippenwerk geworden zu sein. - - -Die Verehrung der Todten. - -Stirbt eine Person, so hüllt man sie in ein gewöhnliches Gewand; -nur muß es ein besseres und weißes sein. Bei Nacht stellt man zwei -brennende Kerzen neben die Leiche. Reichere legen ihre Verstorbenen -in einen viereckigen Sarg; die Armen oder die weniger Vermöglichen -deckt die Erde unmittelbar. Der Sarg oder die Leiche wird auf einer -Bahre in den Gottesacker getragen. Ihr folgen im Zuge Männer und -Weiber, jene aber voran, diese ihr Klagegeschrei erhebend und ein Tuch -drehend. Alle nahe Anverwandte sind mit einem schwarzen Trauerkleide -angethan. Wenn ein Ehemann stirbt, so geht die Wittwe, welche sich in -der Hoffnung glaubt, am Grabe einmal unter der Bahre des Todten durch, -jetzt ausnahmsweise ohne Schleier. Sie will damit alle Anwesende zu -Zeugen der Reinigkeit ihres Wandels auffordern. Ehe die Leiche noch -im Grabe liegt, wird sie, zumal an der Hand, geküßt; der Ehemann küßt -auch das Gesicht und das Kleid der verblichenen Geliebten; -- sogar des -Pestopfers? - -Von der Todesstunde an bis zum Begräbnisse dauern meist nur zwei oder -drei Stunden. Erfolgt indeß der Tod spät Abends oder vor Mitternacht, -so wird mit der Beerdigung bis morgen in der Frühe zugewartet. - -Ich sah die Beerdigung einer mohammetanischen Leiche bei Jaffa. Das -Grab war etwa vier Fuß tief bis zur Stelle, wo es sich in zwei Absätzen -verengerte, und von hier noch einen starken Fuß tief, aber gemauert. -Nachdem auf den Grund des gemauerten Grabes ein Pulver gestreut war, -wurden die in ein schönes und weißes Tuch gehüllten sterblichen -Ueberreste seitlings, das Gesicht gegen Mekka gewendet, mit Schonung -in die Tiefe versenkt, und dann darüber Steinplatten, die zur Seite -auf den Maueransätzen ruhten, gelegt, so daß die Erde den Todten nicht -drückte. Während des Beerdigens heulten die Weiber, das eine stehend, -das andere hockend. Den Männern schien meine Gegenwart ein Dorn zu -sein; indeß fügten sie mir nicht das mindeste Leid zu. Die ganze -Beerdigungsweise verrieth nichts Rohes. - -Zum Andenken des Gestorbenen werden in dessen Hause die ersten drei -Abende nach einander gemeinschaftliche Gebete verrichtet. Am Ende -dieser religiösen Handlung wird allen Beiwesenden, manchmal bis hundert -an der Zahl, ein Todtenmahl gegeben. Die Reichsten sprechen dabei -ungerne oder gar nicht zu, um so lieber aber die Armen. Desgleichen -besuchen die Weiber drei Tage hinter einander in der Morgenstunde das -Grab, und sie vergessen nicht, sich mit einem Mundbedarf zu versehen, -auf daß sie im Felde der Leichen mit Kaffee sich laben können. - -Dem Vater oder der Mutter, dem Bruder oder der Schwester, dem Manne -oder der Männin wird ein Jahr hindurch Trauer getragen. Während dieser -Zeit hüten sich die Trauernden vor Leckerbissen und dem Spiele, sie -besuchen weder die öffentlichen Bäder, noch heirathen Wittwer und -Wittwe. - -Von den eben geschilderten Sitten der römisch-maronitischen Christen -zu Jaffa weichen diejenigen der Nazarener und Bethlehemiten mehr oder -minder ab. Im Hause des Leichnams und später in der Nähe des Grabes -stellen sich zwei Weiber, wie Fechtkämpferinnen, und schlagen die -klirrenden Degen an einander. Dann antwortet ein Chor Weiber singend -und heulend, händeklatschend und tanzend. Darauf neues Degengeklirre -der zwei Weiber; ihm nach der entsetzliche Lärm. Das ist die wilde, -verwegene Todesjagd -- in Nazareth und Bethlehem. - -Zwei Dinge verdienen vor allen eine nähere Betrachtung: Das Durchgehen -unter der Bahre und die frühe Beerdigung des Todten. Dem Falle -vorzubeugen, daß für einen lebenden Lüstling der hingeschiedene Ehemann -als Vater unterschoben werde, strengte sich in Europa die ganze -Weisheit der Gesetzgeber, wie der Gerichtsärzte an, ohne daß es ihnen -gelang, dem Betruge einen festen Riegel zu stoßen. Vielleicht versteige -ich mich nicht, wenn ich behaupte, daß die Sitte der Jaffaner einem in -diesen Punkt einschlagenden europäischen Gesetze den Vorrang ablaufe. -Drücken wir die Sitte in Form eines Gesetzes aus: „Jede Wittwe ist -gehalten, innerhalb drei Stunden vom Ableben ihres Ehemannes an (beim -gehörigen Orte) anzuzeigen, ob sie sich von ihm schwanger glaube oder -nicht.“ Einem so klar ausgesprochenen Gesetze müßte jede Erläuterung -beschwerlich fallen. Doch Eines will ich berühren. Man kann dasselbe -der Grausamkeit zeihen. Wie dem auch immer sei, nur beherzige man bei -dieser Gelegenheit, daß die Sitten, die freiwilligen Gesetze (ohne -förmlichen Vertrag), worüber die Wenigsten klagen, oft minder milde -sind, als die Zwangsgesetze (laut förmlichen Vertrages), welche beinahe -aus Aller Munde mit Klagen überschüttet werden. - -Die frühen Leichenbestattungen verlieren sich unzweifelhaft in das -graueste Alterthum. Sie gründen sich wohl auf die Ansicht, daß sie ein -nothwendiges Gebot des heißen Himmelsstriches seien. - - -Die Rekruten oder die Konskribirten. - -Eines Abends überraschte mich nicht wenig ein Schauspiel. Einem -Vortrabe zu Pferde folgte eine geschlossene Menge Männer. Es waren für -den Kriegsdienst eingeschriebene Leute, schwarze, halbschwarze und -weiße, paarweise so an einander gebunden, daß allemal die Rechte des -Einen und die Linke des Andern in einer Art Hamen staken. Eine hölzerne -Spange nahm in Kerben die Handwurzeln auf und, so viel ich erblicken -konnte, war jene seitlich mit eisernen Schrauben versehen, wodurch zwei -Spangen, als Handklemmen, festgeschlossen wurden. Ueberdies war mit -einem Stricke ein Mann hinter den andern, wie ein Kameel hinter das -andere, gebunden. Einmal führte ein Soldat einen Bauer am Gürtel des -Bauches in die Stadt. Hinter ihm ging ein wehklagend Weib. In einem -Hause von Jaffa war ein anderes Mal eine bedeutende Anzahl Ausgehobener -einquartirt, und etwa fünfzig Weiber heulten und schluchzten vor -demselben, die einen mit dem Säugling an der Brust. Noch nie drangen so -viel und so trübe Wehklagen in mein Ohr. - -Die Regierung machte mir einen langen Strich durch die Rechnung. Um -größere Schiffe hier zu laden, muß man, wegen des unsichern Hafens, -Meeresstille oder leisen Wind abwarten, wodann sie auf offener See -von Kähnen aus befrachtet werden. Eben trat günstige Witterung zum -Laden ein. Da hieß es, daß die Regierung zwei Schiffe befrachte, -und alle Kähne in Anspruch nehme. Mein Schiffshauptmann mochte sich -verwenden, wie er wollte, er durfte am Ende nur müßig zuschauen, -wie nach Alexandrette Rekruten eingeschifft wurden. Unvergeßlich -bleibt mir dabei ein rührender Auftritt. Ein Weib, in einem blauen -Hemde voll Löcher und Lappen, kauerte am Hafen in einem Winkel; es -weinte bitterlich und schluchzte bitterlich; es deutete, daß ein ihr -Theurer, vielleicht ihr Sohn, zu Wasser weggeschleppt werde. Und andere -Weiber standen da und weinten bitterlich über das Schicksal einiger -Eingeschifften, bis die Polizei sie unschonlich verjagte. Ich konnte -bei diesem Auftritte den Gedanken nicht daniederhalten: Es muß unter -den häßlichen Lumpen auch noch zartes Gefühl sich regen; ein Mutterherz -bleibt Mutterherz -- bei einer Christin oder Mohammetanerin; unter -den unscheinbarsten Lumpen pocht manchmal ein wärmeres Mutterherz, -als unter Atlas und Sammet. Diese Wahrnehmung freute mich um so mehr, -da ich bei den arabischen Mannsleuten eine ungemeine Gefühllosigkeit, -zumal gegen die Thiere, zu bemerken glaubte. - -Ich möchte das Gesagte durch Thatsachen erhärten. Als ich auf meinem -Ausfluge nach den Pyramiden am Wasser lange warten mußte, hatte der -Esel mit angelegtem Zaume unter den Hufen gutes Gras, das, wie mir -däuchte, keinem Einzelnen, sondern aller Welt gehörte. Dem Treiber -fiel es nicht ein, das Gebiß abzunehmen, bis ich ihn dazu ermunterte. -Als ich ein Kameel ritt, welches von einem Insekte am Bauche gequält -wurde, wollte ich dem Führer zu verstehen geben, daß er jenes von der -Plage befreie; allein ich konnte ihn glatterdings nicht dahin bewegen. -Wie ich von Ramle nach Jerusalem wanderte, überließ ich am Fuße des -Juda dem Treiber das Maulthier sammt dem belästigenden Felleisen, und -ich ritt den Esel, welcher keine Ladung weiter trug. Theils um dem -Thiere Erleichterung zu verschaffen, ging ich sehr oft zu Fuß, und -kam schneller davon. Ich dachte immer, der Führer werde mein Beispiel -nachahmen. Es mochte der Weg noch so steil sein, der Stumpfsinnige -saß auf dem langsamen Läufer, und ließ mich eher aus den Augen. So -gefühllos können Araber sein, während die gemüthreichen Türken mit der -herzlichsten Freude einen Vogel in seinem Käfich kaufen, um ihn von der -Gefangenschaft zu erlösen. - - -Fortsetzung: Das Weinen oder die Raserei am Neujahrstag 1836. - -Das Weinen ist der Ausbruch der Freude oder Traurigkeit bei Gescheiden -und -- Narren. - -Bei uns will die Züchtigkeit der Sitte oder der Anstand, daß man im -Weinen sich mäßige, daß die Gefühle nicht ohne Rückhalt entströmen. -Das eigentliche Choralweinen nach dem Laufe der Natur scheint man bei -uns kaum zu kennen. Bei uns weint man ~piano~ oder ~pianissimo~, in -Jaffa ~forte~ oder ~fortissimo~. In den Landen der Gesittung hält man -es für besonders schön und rührend, wenn etwa eine Thränenperle aus dem -unumwölkten Himmel herabfällt. - -Als ich nach Tische die andere Hälfte des Neujahrstages von 1836 -verlustwandeln wollte, da hörte ich von einer Gasse her ein -wildes, klägliches Geschrei. Ich rückte näher. Vor der Thüre einer -Truppenherberge harrte eine Menge Weiber, diesmal nur die wenigsten mit -einem Schleier, und die entschleierten Gesichter verbreiteten einen -solchen Zauber, daß Jedem die ungelegenen Heirathsgedanken verschwunden -wären. Ich sah und hörte kaum jemals etwas Wilderes. Die Einen standen, -die Andern kauerten. Die Einen konnten nicht genug ihre Hände um -einander kreisen lassen, ohne daß diese sich berührten. Andere schlugen -die Hand auf die Stirne oder auf die Brust, oder sie klatschten mit den -Händen, indem abwechselnd bald die Rechte, bald die Linke die Oberhand -war, und während der Oberleib vor- und rückwärts geschaukelt wurde. Die -Meisten drehten unaufhörlich einen Zipfel des Kopftuches. Wieder Andere -nahmen das kleine Kopftuch herunter, welches sonst den Kopf kronförmig -umgibt, und das große Kopftuch befestiget; mit jeder Hand faßten sie -ein Ende des heruntergenommenen Tuches, drehten es, und hielten es -bisweilen in die Höhe. Auch eine alte Frau mit zahnlosem Kiefer und -vorspringendem Kinne und gebeugtem Leibe und wogenden Schultern hob -ein solches Tuch empor, lärmend und herumtrippelnd; es mangelte der -Rolle einer europäischen Tänzerin nichts, als die fröhliche Miene. Das -schlug unverkennbar auf die erzkomische Seite. Ein Theil wimpelte mit -den Händen, wie unsere Prediger auf den Kanzeln. Die meisten Augen -schwammen in Thränen. Dabei war der Mund angelweit aufgesperrt. Die -Einen begnügten sich fast einzig mit lautem Rufen. Andere gefielen -sich darin, Empfindungslaute, manchmal quieksende, auszustoßen. Es gab -auch solche Doppelsingspiele, indem unter schaukelnden Bewegungen die -Eine der Andern auf die Schulter klopfte, oder ein Stück des Kleides -packte. Nur die Kinder, von ihren Müttern getragen, waren alle -- -ohne Sauglappen ruhig und still. Sie schienen vielmehr an dem wilden -Leben sich zu belustigen, und sie hätten, wie ich glaube, unfehlbar -geweint, wenn die erwachsenen Leute in den Zustand der Beschwichtigung -zurückgekehrt wären. Das ganze Schauspiel bot dem Europäer das Bild -einer Raserei. Es war das Weinen in seiner Zügellosigkeit und unter -allen Eingebungen der Traurigkeit. - -Es ist nicht in Ferne meine Absicht, das Gefühl der Theilnahme mit -meiner Schilderung zu beleidigen. In dem Rührenden fand ich, vom -Hause aus mit andern Sitten, so viel Possirliches, daß ich mich hin -und wieder des Lachens nicht erwehren konnte. Es verfehlt auch nicht -die Feuersbrunst, ungeachtet ihrer betrübendsten Folgen, auf das -Gemüth einige angenehme Eindrücke +im Augenblicke+ hervorzubringen, -da das Element in aller Pracht seiner Farbe und in seiner siegreichen -Ungebundenheit gegen den Himmel emporlechzet. - -Weiber, seid ihr nun die Erbinnen der uralten Sitten? fragte ich sie im -Gedanken. Das Schauspiel dürfte vielleicht alterthümlicher sein, als -der Sphinx, jener Riese bei Memphis. Die Verfasser der alten heiligen -Urkunden mochten so oft Zeugen ähnlicher Auftritte gewesen sein. - -Zuerst wußte ich das Klageschrei nicht zu deuten; später aber erfuhr -ich, daß Mütter ihre Söhne, Weiber ihre Männer, Schwestern ihre Brüder -beklagten, weil die dem Familienschooße Entrissenen sich auf die -Laufbahn des Kriegers werfen mußten. Ich besorge inzwischen, langweilig -zu werden, weil ich das alte Trauerlied auf die Kriegsknechte wieder -anstimmte. Ich verspreche mir jedoch durch das Langeweilen den -Nutzen, daß die wiederholten bösen Einschreibungen neuen Kriegsvolkes -sich um so lebhafter vor die Seele stellen, und daß die nunmehrige -peinliche Lage der Syrier um so ernster sich vergegenwärtige. Die -Mannschaftsaushebungen befleckt eine Grausamkeit, die Ihresgleichen -sucht. Manchmal werden alle Mehrjährigen männlichen Geschlechtes aus -einem Hause weggeräumt. Wer wird hinter dem Pfluge gehen? Wer wird die -Stütze einer alten Mutter sein? Was für eine Zukunft thut sich vor -der militärischen Gewaltherrschaft auf? Die Mütter und Schwestern, -denen die Anhänglichkeit an die Ihrigen zur Ehre gereicht, klagen -nicht umsonst so laut, so rasend; denn ist der Ausgehobene einmal -Soldat, so bleibt er es sein Lebenlang, wofern ihn nicht eine Laune -des Gewalthabers entläßt. Auch die Weiber werden mit Recht klagen, -wenn ihnen die Hoffnung abgeschnitten wird, den Mann begleiten zu -können, mit welchem nicht mehr, als +ein+ Weib ziehen darf. Das ist -freilich nach christlichen Begriffen genug, und hierin erscheint die -Unbarmherzigkeit wirklich in einer viel mildern Gestalt. Uebrigens -gestattet der Herrscher offenbar nicht aus edeln Beweggründen dem -Krieger sein Weib, sondern aus dem frostigen Grunde, damit aus altem -Militär junges werde. Bereits schon bei einem andern Anlasse wurde -darauf aufmerksam gemacht. - - -Ibrahim-Pascha. - -Er ist unstreitig der größte jetztlebende Feldherr unter den Osmanen. -Das Schicksal verlieh mir die Gunst nicht, ihn zu sehen, obschon er -sich in Syrien aufhielt. Ich beschränke mich darauf, Einiges aus -ziemlich glaubwürdiger Quelle nachzuerzählen. - -+Ibrahim+ besitzt ein sehr fröhliches Gemüth. Er lacht beinahe -an Einem fort. Die Franken hat er lieb; wenigstens überhäuft er -sie mit Beweisen von Freundlichkeit. Gründliche Kenntnisse im -Militärfache gehen ihm gänzlich ab, und Unterrichtetere schreiben -das Kriegsglück hauptsächlich dem französischen Abtrünnigen +Seve+ -oder +Soliman-Pascha+ zu, welcher selbst von +Mehemet-Ali+ vorgezogen -werden soll. Immerhin zeichnen +Ibrahim+ Geistesgegenwart, kluge -Benützung der Umstände und persönlicher Muth aus. Voran in Anführung -der Schlachten, befeuert er durch seine Erscheinung den Soldaten, -an den ihn das Band gegenseitiger Liebe knüpft. Indessen wußte der -Feldherr dieses Band bisher nicht so fest zu schürzen, daß er dem -Araber höhere Offiziersstellen anvertrauen dürfte, die hinfort von -Türken oder Ausländern besetzt werden. Als auf einem Feldzuge eine -ziemliche Anzahl Soldaten vor Durst starb, und als ihm dann der Fund -jenes unentbehrlichen Lebensmittels glückte, das man beim Mangel nicht -minder hochschätzt, als beim Ueberflusse geringschätzt oder verwünscht, -so reichte er persönlich den Uebriggebliebenen den Labungstrank. - -Diesem milden Zuge reihe ich zwei grausame gegenüber. In Alexandrien -erhob sich ein Sturm mit seltener Macht. Eine dort vor Anker liegende -Fregatte litt Noth. Der Hauptmann, in der Voraussicht, daß sie auf der -Rhede zu Grunde gehen würde, steuerte in den Hafen. +Ibrahim+ beschied -den Fregattenhauptmann vor sich. Erst wälzte er den Vorwurf auf ihn, -daß er ohne Befehl von der angewiesenen Stelle sich entfernte, dann -fügte er hinzu, daß er sich dem Schiffbruche und der Lebensgefahr hätte -preisgeben sollen, und auf das hin schlug er sogleich dem Offiziere mit -höchsteigener Hand den Kopf ab. Im Abendlande würde freilich Jemand -wenig Herzen erobern, wenn man ihm nachsagen müßte, daß er oberster -Feldherr und Henker zugleich sei. - -Eine andere Handlung legt kein geringeres Gewicht auf den grausamen -Karakter +Ibrahims+. Ein Engländer zeigte ihm in Syrien eine -ausgezeichnet schöne Flinte. +Ibrahim+ wollte ihre Güte erproben. Er -ließ sie laden, und da eben ein Araber am Hause vorüberging, so trug -er kein Bedenken, auf ihn zu zielen. Puff! der Unglückliche fiel todt -nieder, und der Pascha ermangelte nicht, die Flinte zu preisen. - - -Kleine Petschaften oder Siegel. - -Kleine Männer haben gerne große Schriftzüge und große Petschaften -oder Siegel. Sie wollen ihre Neigung, größer zu werden, auch darin -nicht verleugnen, daß sie ein hohes I-Tüpfel auf den Kopf und eine -lange Semikolonkurve unter die Füße hinmalen. Die Beobachtung ist mit -nichten gesucht. Sie wird sogar ohne den Scharfsinn möglich, welchen -ein Ornithologe, wie ich neulich las, im Ernste an diesem und jenem -Vogel hervorhob. Und ich? -- wußte noch niemals, daß ich Scharfsinn -besitze. Jetzt freue ich mich natürlich der glücklichen Entdeckung, -den Fall vorausgesetzt, daß die Herren Ornithologen einen Menschen den -gefiederten Thieren nicht unterordnen. - -Lasset uns aber die Beobachtung einmal näher würdigen. Wir drückten -vielleicht das Petschaft oder Sigill zu stark auf. ~Quod valet de -toto, valet quoque de singulo~, sagt die Universitätsfibel. In Egypten -und Palästina fand ich +durchwegs+ auffallend kleine Petschaften -oder Siegel, wovon zwei etwa ein abendländisches geben würden. Also -gilt mein allgemein aufgestellter Satz nicht von diesen Ländern -insbesondere. Wie ich zum ersten Male in Alexandrien den kleinen -Fleck auf dem Amtspapiere erblickte, glaubte ich, es wäre ein Spaß, -und ich schmunzelte bei mir selber, so viel man immer über etwas -Amtliches schmunzeln darf. Bisher hielt ich, als guter Abendländer, -das amtliche Ansehen für unzertrennlich mit einem großen Siegel oder -einem grandiösen Stempel, und in der Erste schien mir die egyptische -Regierung gerade um das minder werth, als das Siegel, gegen einem -europäischen Amtssiegel, kleiner war. Auch mit solchen Begriffen -verläßt man das gescheute Franken-Land. - -Noch mehr. Sogar das kleine egyptische Regierungssiegel hatte eine -unnütze Größe. Wie kann das sein? Ich bekam in Großkairo einen -gestempelten Thorschein; allein keine Zunge bekümmerte sich darum, -weder am Thore, noch in und über der Wüste, und, außer dem meinigen, -sah kein Auge den Stempel. Sollten etwa die Europäer auch so unnütze -stempeln, es ginge bei ihnen so gewiß, als zweimal zwei vier machen, -mehr verlustig, und der Vortheil fiele offenbar auf die Seite der -Egypzier; man versteht mich -- der Vortheil oder Gewinn, weniger zu -verlieren. - - -Der Hakim. - -Mehrmals las ich, daß die Palästiner sich von den Europäern den Puls -fühlen lassen, in der Meinung, alle Franken wären +Hakim+ (Aerzte). -Letzteres kann ich bestätigen, nicht aber ersteres; denn selten -begehrte man in Palästina von mir ärztlichen Rath oder Beistand. Um -aber doch ein Beispiel anzuführen, so traten einmal in Jerusalem -drei bis vier verschleierte Frauenzimmer in meine Klosterzelle und -verlangten den Arzt. Ich hatte eben Besuch, und sie wurden von meinem -Gaste ziemlich derbe hinausgewiesen. Seit Syrien von egyptischen -Truppen besetzt ist, zählt es mehr europäische Aerzte, und es bleiben, -meines Wissens, die reisenden Franken so ziemlich ungeschoren. - -In Jaffa weilte ein herumziehender Arzt, ein Grieche. Vergebens -wollte ich mit ihm ein ärztliches Gespräche anbinden. Wahrscheinlich -hat der Mann Arzneiwissenschaft gar nie studirt. Ich rühme an ihm, -als etwas Ausgezeichnetes, einen goldenen Uhrschlüssel, den er mit -Selbstgefälligkeit recht tüchtig auf dem Bauche bammeln ließ. Um die -Höhe seiner wissenschaftlichen Bildung muthmaßlich und unmaßgeblich -zu bezeichnen, will ich ihm den Glauben in das Herz legen, welchen -das alte Wörterbuch ~Gemma gemmarum~ (Ausgabe von 1508) über das -~Nolimetangere~, auf deutsch: Rühre mich nicht an oder Krebs, -ausspricht: „Es ist eine gewisse Krankheit, welche am Gesicht ~ex -mictura glirium entsteht~.“ Das heißt, firm gesprochen. Damals wußte -man also die Ursache vollkommen gut; jetzt zweifelt man. Oft werden -wir weiser, wenn wir weniger wissen wollen. Unser griechischer Arzt -verfügte sich, nach Verrichtung gelungener und mißlungener Kuren, sowie -auch guter Geldgeschäfte, in die Stadt Jerusalem. Solche herumirrende -Kurirer erinnern mich an die italienischen Zinngießer und die -französischen Scherenschleifer, welche das Schweizer-Land durchkreuzen. -Sind sie in einem Dorfe fertig, alsbald in einem andern zünden sie -das Kohlenfeuer an und stellen den Schleifstuhl auf, um die Kunden zu -befriedigen. - - -Die Fleischbank. - -In der Absicht, meinen faden Reistisch zu verbessern, ging ich zur -Fleischbank am Marktplatze. Ausgezogene Schafe hingen an Haken. Die -herumstehende Menge war so groß, daß man sich, wie bei uns zu den -Osterrindern, ordentlich durchdrängen mußte. Endlich öffnete sich eine -Lücke am hölzernen Geländer, und ich füllte sie auf der Stelle, von -allen Seiten gedrückt, nur von der Bank her nicht. Ein sauertöpfischer -Fleischer konnte nicht genug abschneiden und abhauen, so sehr rissen -sich die Leute um das Fleisch. Ein Wohlgenährter saß auf seinen Beinen -und nahm die Zahlung an. Ein Anderer war damit beschäftigt, die -sonderbar geformten Gewichte in die Wagschale zu werfen und daraus -zu nehmen. Bereit lag ein Schreibzeug, eine lange metallene Büchse, -welche sonst der Schriftgelehrte vor der Brust zwischen das Oberkleid -schiebt, und nicht ohne einigen Stolz einen Theil davon hervorschauen -läßt. Man sieht, daß der Fleischverkauf ja auf eine großartige Weise -betrieben ward. Schon harrte ich längere Zeit; jetzt wurde ich aber des -Wartens überdrüssig. Man hat mich als Fremden und Franken doch zu wenig -beachtet. Ich verließ die Schlachtbank. - -Um meiner Mißstimmung mit einem Balsam zu begegnen, spazirte ich die -Stadt hinaus. Besser, als das saure Gesicht des Schlächters gefiel mir -das üppige Grün im Mauergraben, welcher die Stadt in einen Halbzirkel -sperrt. Indessen wollte es mir auf dem mohammetanischen Leichenacker -auch nicht behagen. Meine Gedanken richteten sich noch immer nach dem -übelriechenden Aas, welches in demselben eine Woche früher ein Rudel -Hunde mit einer Begierde aufzehrte, daß der Fraß mit Raufhändeln -gewürzt wurde. Heute war Alles aufgefressen bis an die größern -Knochen; nicht mehr verpestete das Aas den lieblichen Ort, -- Dank der -einsichtigen, wohllöblichen Gesundheitspolizei -- der Hunde. - -Ich kehrte um. Vor mir schritt ein Offizier durch das Thor. Die Wache, -ein alter Kerl mit einem magern Gesichte, präsentirte unverzüglich -das Gewehr. Kaum aber hatte er es zur Seite genommen, als er mit -der rechten Hand buckelmachend die Lenden rieb, wahrscheinlich aus -Ehrerbietigkeit gegen seine Leibwache. - -Umsonst war ich Willens, im Rückwege gegen meinen Fleischer eine recht -mürrische Miene aufzupflanzen. Es stand eine andere Fleischbank offen, -und ich säumte nicht, mein Glück hier zu versuchen. Ich rief aus voller -Kehle, und es half. Unter dem Nachrufe von +haidi+ entfernte ich mich -mit meinem Fleische in fröhlicher Stimmung. - -Die Araber, diese klugen Leute, glauben, daß der Fremde ein Strohkopf -sei, sofern er, in Beobachtung der Bescheidenheit und des Anstandes, -nicht spreche oder, um es genauer auszudrücken, nicht maule. Wenn er -nur den Mund spaltet, gleich viel, was er donnere, er wird sogleich ein -Gegenstand der Ehrfurcht. Ich machte diese Erfahrung nicht nur dieses, -sondern auch andere Male. Kurz und gut, im Nu ward, auf meinen Lärm, -mir Fleisch zugewogen. - - -Der Zuckerrohrmarkt. - -Niemand in Europa hat die absterbenden Zähne gerne; doch hätschelt -man dort die Dinge, welche ihnen das frische Weiß rauben. Oder sind -sie, mit Erlaubniß zu fragen, liebenswürdig, die Zähne von der Farbe --- geräucherter Schinken und mit den Höhlen, worin die Schmerzen mit -Vorliebe wüthen? Ach, wären nur die Zähne durch und durch Schinken, so -könnte man sie anschneiden, und mit dem speckweißen Liebreize das ganze -Menschengeschlecht entzücken. Allein selbst die Aeuglerin kann sich im -dienstfertigsten Spiegel nicht ganz zurecht gucken die tintenen Zähne -mit deren malerischen Schluchten, in welchen die balsamischen Quellen -der Schmätze entspringen. Es thut mir leid; aber ich kann es nicht -ändern. - -Es ist zwar nicht der daumensdicke, manneshohe Pflanzenhalm, nicht -die binsenartigen, langen Blätter, welche zu drei Fingerbreiten -über einander um denselben sich ansetzen, nein, nicht dieses Gras, -dieses Zuckergras, dieses Zuckerrohr ist es, welches den Zähnen so -viel Verderben bringt, sondern der Saft dieses Gewächses, nachdem er -durch Kochen eingedickt und dann geläutert oder raffinirt worden: der -+Zucker+. - -Sehnlichst verlangte mich, den Vater eines so raffinirten Kopfes und -Verwüsters der schönen Welt näher kennen zu lernen. Außer dem Thore der -Stadt ist eine Menge frisches Zuckerrohr an einer Reihe ausgebreitet, -worum Verkäufer und Käufer wimmeln, unter welch’ letztern ich -namentlich Soldaten mit ihren halbschwarzen Gesichtern bemerkte. Ich -wollte mich zuerst satt +sehen+; allein das Sehen nur verschafft nicht -sehr viel Vergnügen, weil -- es nichts kostet. Dachte ich doch, ich -werde den Saft des Rohrs im Munde auch ausziehen können, wenn es Andere -mit so vieler Lust thun. Ist man einmal draußen in der weiten Welt, so -muß man etwas mitmachen, damit man daheim etwas erzählen kann, hört’ -ich so oft schon sagen. Ich kaufte ein Zuckerrohr. Ich biß wohl oben; -aber das Süßsalzige mundete mir nicht. Der Zuckerrohrhändler, meinen -Fehler gewahrend, warf den obern Theil des Halmes gleich weg, und ich -biß in den untern, der besser schmeckte. Ganz rein schmeckte das Süß -hart über der Wurzel. Wie aber oben das Rohr weniger rein schmeckt, -so schmeckt das unterste, zum Theil in der Erde steckende Glied nach -Wurzeligem. Die grüne Pflanze enthält bedeutend viel Saft, welcher, -wie im eingedickten und geläuterten, so auch im frischen Zustande, die -angenehme, reine Zuckersüßigkeit besitzt. Das Rohr wird so genossen, -daß man rohe Stücke in den Mund nimmt, und sie zerbeißt, um daraus den -Saft zu verschlingen. Die faserigen Theile werden weggespieen. - - -Der Tabakschneider. - -+Roman Pane+, welcher die alte Welt mit dem Tabak bescherte, geschieht -fürwahr in alle Zeiten Unrecht, daß er nicht wenigstens zur Linken -+Mohammets+ von den Moslim verehrt wird; denn wer möchte in Abrede -stellen, daß diese den Tabak minder leicht entübrigen könnten, als den -Koran? - -Hätte ein Bursche nicht so lächerlich gelacht, als er an der Hand einen -türkischen Pfeifenkopf drechselte, nach den Gedanken der alten Zeit -umwendend, schier gedankenlos modelte, durchstach und in wenig Zeit -fertig hudelte, ich würde eher zum Tabakschneider geeilt sein. - -Hinter dem Handwerksmanne jene drei Wände von Mauer mit der offenen -Seite und dem Thürverschlusse gegen die Gasse, mit dem platten -Dache von Holz müssen ja das Audienzzimmer sein, welches er nur -zur Seltenheit betritt. Denn -- er hockt mit diesem Raume zwar -auf gleicher Höhe, aber auf einem Mauervorsprunge und unter einem -Vordache, vielleicht auch damit er mit seinen Kunden leichter verkehren -könne. Wie mag den Glücklichen ein Anderer beneiden, dem bloß von -außen an einer Bude ein kleiner obdachloser Winkel zu Verrichtung -seiner Kunst vergönnt ist. Zu einem buchstäblichen Winkelhandwerke -verurtheilt, begrenzt sich die Handthierung des armen Teufels einzig -auf Zerschneidung und Zerschnitzelung des kundschaftsweise anvertrauten -Rauchtabaks, und für einen Piaster schneidet er ein ordentlich Schock. - -Wenden wir uns wieder zu dem Tabakschneider in der Bude. Es sind bei -ihm so wenig Artikel ausgekramt, daß er sein Gedächtniß damit nicht -überladen darf. Haufen von unzerschnittenem und zerschnittenem Tabak -liegen unordentlich herum. Eine Wage mit messingenen Schalen und einem -hölzernen Balken lauert auf den Käufer. Damit aber den Verkäufer selbst -das Warten nicht verdrieße, schneidet er für sich -- und Andere Tabak -in gar hübschen Nadeln. Ein der Länge nach gespaltenes, ziemlich großes -Rohr oder Halbrohr dient zur Aufnahme des Tabaks. Jenes ist mit Eisen -gerändert, wo das Schneidemesser hart vorbeifährt. Letzteres, auf einer -Seite so befestiget, daß es mit geringer Mühe herab- und hinaufläuft, -ähnelt in den wesentlichsten Beziehungen unserem Schneidemesser mit -der Vorrichtung dazu, wie selbes die Apotheker zu Zerschneidung von -Arzneien, z. B. von Wurzeln, und die Liebhaber des Tabaks zu anderem -Behufe gebrauchen. Noch ähnlicher, als unserm Schneidemesser der -Apotheker ist es dem Schneidestuhle, mittelst dessen der Häckerling -bereitet wird. Drückt der morgenländische Tabakschneider mit der -Hand das ungeschnittene Kraut im Halbstiefel wohl zusammen und ein -wenig über den Rand, so schiert er mit dem herunterschwirrenden -Messer gleichsam eine Scheibe ab, die, sogleich in viele Schnitzel -zerzottelnd, auf eine Schilfdecke zu Boden fällt. - - -Der Nargilebediente; die Rauchvirtuosität. - -Von den vielen Handwerkern, welche dem Abendlande angehören, dagegen im -Morgenlande vergebens gesucht werden, will ich bloß den Kunstgärtner -(im strengeren Sinne des Wortes) nennen. Ein Deutscher, dessen erwähnt -ward, that sich für einen Gärtner aus, und kannte wirklich einige -Gewächse nach ihren lateinischen Namen. Hier aber beklagte er seinen -Beruf, weil die Natur ohne Kunsthilfe Alles viel schöner hervortreibe, -als es der erfahrungsreiche Gärtner Europas den dortigen Anlagen und -Treibhäusern abdringe. - -Dem abendländischen Kunstgärtner hält indessen der Morgenländer -einen andern Berufsmann entgegen, welchen gerade das Abendland -nicht aufzuweisen vermag; ich meine den +Nargilebedienten+, den -Nargileträger. Argile oder Nargile heißt eine Tabakspfeife mit einer -Tasche voll Wasser, durch welches der Rauch gesogen wird. Mit drei bis -vier Nargilen geht der Gewinnlustige auf der Gasse umher, und erhascht -er einen Liebhaber, so stopft er ihm die Pfeife mit Tabak und setzt -überhaupt Alles so in Bereitschaft, daß der Rauchlüstling bloß das -Mundstück der Pfeife zwischen die Lippen und die Hand in den Geldbeutel -schieben darf. - -Kaum sättiget man sich an diesem Auftritte, so schreitet ein -wohlhabender Morgenländer stattlich daher; schweigsam und treu wie der -Schatten folgt ihm ein schwarzer Sklave, welcher die lange, brennende -Pfeife seines Herrn trägt. Nun mache ich einen Besuch. Alsbald füllt -der Diener oder gar die Dame des Hauses die mit einem bernsteinernen -Mundstücke versehene Pfeife und raucht sie an, um sie mir darzubieten. -Ich wische das Mundstück hübsch fein ab, und rauche mit der größten -Bequemlichkeit. So reicht auch der Diener seinem Herrn immer die -angerauchte Pfeife. - -Im Rauchen sind die abendländischen Christen, im Vergleiche mit den -Morgenländern, gleichsam Stümper. Es ist übrigens für den Reisenden -eben nicht unumgängliche Nothwendigkeit, daß er mitrauche. Ich lernte -zwar das Rauchen erst auf der Reise, verzichtete darauf jedoch öfter -längere Zeit. - - -Der Kaffeeröster und Kaffeezerstößer. - -Ich trete in ein großes Gewölbe. An der Wand brennt es in einer Höhle. -Ueber dem Feuer steht schief ein irdenes, großbäuchiges und ziemlich -enghälsiges Gefäß zur Röstung des Kaffees. Dieser wird von einem Manne -mit einem Stäbchen fleißig umgerührt, bis er gar ist. In einer offenen -Pfanne würden während des Röstens offenbar mehr kräftige Bestandtheile -sich verflüchtigen. - -Neben dem Herde nimmt der Mörser seine Stelle ein. Eine runde, tiefe -Aushöhlung des Fußwerkes von einer alten Marmorsäule ist er -- fest -ummauert. Ein Mann beschäftigt sich eigens mit dem Zerstoßen oder -Zermörsern des Kaffees. Er handhabt eine große, eiserne Mörserkeule, -die durch ihren schweren Fall zermalmt. Dazu musizirt der Arbeiter -stöhnend auf echt arabisch bei jedem Plumps. Hat der Kaffee eine -mehlichte Beschaffenheit erreicht, so wird er durch ein Sieb gebeutelt. -Das Seihsel fällt auf einen platten, großen, fein geflochtenen -Strohteller; das Ueberbleibsel im Siebe wird in den Mörser geschüttet, -um es aufs neue zu zermalmen. Den letzten Ueberrest betrachtet der -Araber als Auswurf; allein leicht kann man hier übervortheilt werden. -Der betrügerische Araber rechnet zu jenem gerne solchen Kaffee, den er -noch gar wohl benützen kann. - -Ein Italiener von meiner Bekanntschaft kauft, um Einiges zu ersparen, -unzerstoßenen Mokkakaffee. Er bringt ihn in die Werkstätte. Er muß -warten; denn so eben wird für einen andern schon Dastehenden Kaffee -geröstet. Nun geht es an den seinigen. Es faßt das irdene Gefäß und -bald der Mörser den Kaffee, und für die Röstung und Pülverung bezahlt -er eine Kleinigkeit. Fein wie Mehl ist der zermörserte Kaffee. - - -Der Baumwollereiniger und der Schilfdeckenweber. - -Die Baumwolle wird in der Nähe von Jaffa, aber nicht auf einem Baume, -wie das deutsche Wort zu allgemein sich ausdrückt, obschon es auch -Baumwolle gibt, sondern an einem wenige Fuß hohen, strauchartigen -Gewächse gewonnen. Genug, daß sie gedeiht, und zu den nützlichsten -Erzeugnissen des Erdbodens gezählt werden darf. - -Die Baumwolle beschäftigt manche Hände, bis sie gereiniget ist. -In einer Werkstätte setzte Einer ein größeres Rad mittelst eines -Tretschemels und ein kleineres mit der einen Hand an der Kurbel in -Bewegung. Diese zwei Räder trieben zwei Walzen, die nahe über einander -und in ungleicher Richtung liefen. Wird die durchsämte Baumwolle mit -der noch freien Hand in die Walzenfuge gehalten, so erschnappt diese -den wollenen Theil und läßt ihn auf der andern Seite fallen; auf der -nähern Seite bleiben die Samenkörner zurück. Selbst auf der Neige des -Wintermonates verrichteten in Ramle das Geschäft der Samenabklappsung -beinahe nackte Männer. - -Ich entfernte mich vom Baumwollereiniger, und wollte lieber dem -Schilfdeckenweber zuschauen. Der Webstuhl ist sehr niedrig, kaum -über einen halben Fuß hoch vom Boden, und von Baum zu Baum sind als -Kette Schnüre angestreckt. Abwechselnd stehen zwei Schnüre sich nahe, -um einen Zwischenraum von beiläufig drei Zoll offen zu lassen. Der -hölzerne Kamm mit so viel Bohrlöchern, als Kettenschnüre sind, hängt -nicht, sondern lastet auf den letztern, nachdem die Schnüre durch den -Kamm gezogen worden. Da das Gewebe, nämlich die Decke, in der Breite -etwa fünf Fuß mißt, so weben zwei Burschen einträchtig neben einander, -ein jeder die Hälfte der Breite, während jedoch der eine allein den -Eintrag mit dem Kamme zuschlägt. Beide hocken vor diesem Werkzeuge -auf dem Gewebe, und in dem Maße, daß sie weiter weben, rutschen sie -vorwärts, wie unsere Kinder, welche noch nicht gehen können. In der -Nähe der Weber liegt der Schilf, bei dem einen unter den Füßen. Behende -spalten sie ihn mit dem bereit gehaltenen Messer. Das Schilfband ziehen -sie mit den drollig davon hüpfenden Händen abwechselnd über und unter -zwei Schnüre des Aufzuges durch, auf gleiche Weise das nächste Band, -nur gegenüber und schließend, u. s. f. Von den Schilfbändern werden die -Schnüre ebenso umschlungen, wie beim Flechten der Körbe von den Weiden -die Stäbchen. Die Burschen weben mit großer Fertigkeit, und haben -sie zugewoben, so müssen die Schnüre durchschnitten, und allemal die -zwei näher stehenden zusammengeknüpft werden, damit sie den Schilf da -festhalten, wo er im Weben sich kreuzt. - -Man macht von den Schilfdecken ungemein viel Gebrauch. Unter Zelten, -in Häusern und Kirchen deckt er die Erde oder Steine. Der Betende -zieht zuerst seine Schuhe aus, und dann wirft er sich in dem Tempel -auf einer Schilf- oder Strohdecke nieder. Betet unter freiem Himmel -der Mohammetaner, sein Antlitz gegen Mekka gewendet, und hat er gerade -eine Schilf- oder Strohdecke bei der Hand, so breitet er sie, oft unter -seinen nackten Füßen, aus. - - -Der wandernde Schiffer und Kinderspiele. - -Ich konnte zuerst nicht klug werden, als ich etwas erblickte, das aus -Schwarzem herausragte und im Meere herumzappelte. Es war ein bis an -die Lenden entblößter Schiffer. Er saß in einem so kleinen Kahne, daß -dieser dem Manne mit ausgestreckten Beinen kümmerlich Platz gestattete. -Er ruderte mit keinen eigentlichen Rudern, sondern mit kleinen -Plattschaufeln. Er hielt diese in den Händen fest, je eine Schaufel in -einer Hand, und platschte damit in das Wasser, wie, man wird mir die -Vergleichung erlauben, der schwimmende Hund mit den Vorderpfoten. Das -Schiffchen fuhr ziemlich schnell von einem größern Schiffe zum andern, -von Riff zu Riff, und wenn es in den Grund lief, so trug der Schiffer -es gleich weiter, bis er es wieder flott machen konnte. - -Um ja Alles auszuplaudern: Ein noch kleineres Schiffchen ließen die -Knaben vor dem lateinischen Hospize auf der Gassenpfütze herumfahren. -Ich lobe an diesen Schiffchen, ich darf wohl sagen, die treffliche -Eigenschaft, daß es keine Kameelfüße hatte; denn wenn die Buckeligen -mit ihren schweren, breiten Füßen durch die große Pfütze trabeten, so -entstieg dieser ein sehr unangenehmer Geruch bis in meine Zelle. Außer -der kindischen Schifffahrt nahm ich bei den Kleinen sonst keine andere -Spiele wahr, als eine Art Wettlauf und das Gleiten auf einer geneigten -Fläche, z. B. indem ein Kind, Kopf voran, sich von einem andern an den -Armen herunterschleifen ließ. - - -Spiel der älteren Leute. - -Die Araber überlassen sich nicht sehr häufig dem Spiele. Karten trifft -man allerdings bei ihnen, allein ziemlich selten. In Kaffeehäusern zu -Kairo spielten Araber Schach, aber mit possenhaft plumpen Figuren. - -An der kleinen Meeresbucht bei Jaffa sah ich ebenfalls beim Spiele -Morgenländer, welche das Schachbret in den Sand gezeichnet hatten. - -Eines Tages bemerkte ich am Hafen von Jaffa zwei im Spiele begriffene -Soldaten. Schnell trat ich näher. In ein Bret waren vierzehn -schalenförmige Vertiefungen gearbeitet, wovon je sieben eine Reihe -bildeten. Eine ziemliche Anzahl Ziegelbröckchen legten sie in die -mittlern sechs Gruben. Mir wurde der Zusammenhang des Spieles nicht -völlig deutlich; doch so viel nahm ich wahr, daß aus einer Grube die -Steine gehoben und davon einer allemal in eine Vertiefung um die -andere gesetzt wurde. Wenn dann der letzte Stein in eine leere Grube -fällt oder nicht, so bringt es dem Spielenden Verlust oder Gewinn. Das -Spiel ist wohl kein anderes, als das von +Niebuhr+ und +Burckhardt+ -beschriebene +Mangal+. - -Der eine der spielenden Soldaten war der am Hafenthore wachehaltende -Soldat. Mit der linken Hand hielt er das Feuergewehr, und mit der -rechten spielte er. Da gesellte sich ein dritter Soldat hinzu. Er -hatte nichts Eiligeres vor, als seinen Mantel hart am Spielbrete -niederzuwerfen und, nach Ablegung der Schuhe, sich aus denselben -barfuß zu stellen; denn nach solcher Vorbereitung verrichten viele -Mohammetaner das Gebet. Dieser Soldat mochte im Beten stehen oder -hocken, oder auf das Gesicht niederfallen, die Spielenden ließen -sich nicht im mindesten stören. Der Eine lachte unterdessen manchmal -mit aller Herzlichkeit, andere Male kicherte er. Es ist eine -bemerkenswerthe Sache, daß, so viele Sprachen auch in der Welt den -Tausch der Gedanken und Gefühle vermitteln, dennoch das Lachen, -welches vom leisen Schmunzeln bis zum schallenden Gelächter so viele -Gemüthszustände ausdrückt, meines Wissens -- allenthalben gleich -ist sowohl in Beziehung auf die Beschaffenheit, als auf das Maß der -Töne. Das gilt im Wesentlichen auch vom Weinen. Die afrikanischen -und asiatischen Kinder können so unharmonisch weinen, wie die -unserigen. Die Erscheinung erklärt sich dadurch, daß die Lach- und -Weinlaute Naturlaute sind, welchen die Kunst weder Mark abbettelte, -noch andichtete. Kehren wir zu den lachenden Spielern zurück. Der -Neuangekommene näherte sich, nach vollendeter +Andacht+ (Asser), -alsogleich dem Spielbrete, und ohne Umständlichkeit schob er einen der -Spielenden weg. Jetzt betrachtete ich erst mit mehr Aufmerksamkeit eine -große Narbe am Vorderarme des neuen Spielers, und wirklich glaubte ich -dieselbe als ein Ordenszeichen kriegerischer Tapferkeit mit seinem -herrischen Benehmen in Einklang bringen zu sollen. - - -Meine Lebensart. - -Meine Lebensart würde nicht jeder Europäer gepriesen haben. Ich kam in -die römische Fastenzeit. Die lateinischen Mönche aßen nichts, als Brot, -Kräutersuppen, Hülsenfrüchte, Gemüse, Fische, Oelbeeren u. dgl. Zudem -dürfen diese Speisen nicht mit Butter oder Schmalz, sondern sie müssen -mit Oel abgekocht werden. Das wäre allerdings eine engherzige und harte -Vorschrift für Bewohner von Ländern, wo das Oel selten und theuer, die -Butter hingegen im Ueberflusse und zu wohlfeilem Preise zu haben ist. -Uebrigens wird von Kundigen die Thatsache nicht bestritten, daß das -Pflanzenfett weniger reizende Eigenschaften besitzt, als das Thierfett, -wie: die Butter. - -Die magere oder Fastenkost (~il magro~) eignet sich, beim Lichte -betrachtet, in der That, die sinnlichen, d. h., die thierischen -Gelüste des Menschen abzutödten, mithin die Weltüberwindung eher in -den Kreis der Möglichkeit hereinzuziehen. Wundern muß man aber sich, -daß der gemeine Genuß des Weins, welchen die strengste Diät, wie die -mohammetanische Rechtgläubigkeit verbietet, und welcher schon so -manche Sünde veranlaßte, im römischen Fastenspeisezettel einen Platz -behauptet. Gibt man nun auch zu, daß man mit dem Fasten den Zweck der -Weltüberwindung näher oder minder nahe erstrebt, so darf man darum auf -der andern Seite das Nachtheilige nicht verschweigen, daß es hier und -da den Zunder zu Krankheiten legt, nicht bloß, wenn auch vorzüglich bei -den Griechen, wie wir schon oben in Gaza vernommen haben, sondern auch -bei den Lateinern. - -Da ich von einer Unpäßlichkeit immer nicht hergestellt ward, so -unterwarf ich meine Ernährungsweise der ernstesten Prüfung, deren -Ergebniß war, daß ich anfing, die Ursache meiner Nichtwiedergenesung in -der Fastenspeise zu suchen. Ich sann auf Abhilfe der magern Kost. Auf -meine der Gesundheit geltenden Gründe erlaubte mir der Pater Superior -mit aller Bereitwilligkeit, was ich wollte; bloß eine Kleinigkeit -fehlte, nämlich der Koch vollführte nicht. Ich wünschte unter Anderem -Milch. Ich wendete mich deswegen an den Pater Superior, an den Koch, -an den Konsul +Damiani+, an den Schulmeister der Maroniten, an einen -Italiener, dem ich empfohlen war, und der sie täglich trank, -- ich -goß nur Wasser ins Meer. Schienen die Einen vergeßlich zu sein, so war -die Vergeßlichkeit in der That eine milde und tröstliche im Gegenhalte -derjenigen des Kaisers +Klaudius+, der Viele dem Tode überlieferte und -einen Tag nach der Hinrichtung sie wieder zu Tische und zum Spiele -einlud. - -Zwei Tage aß ich freiwillig nichts, als Brot und im Wasser gekochten -Reiß, ohne Oel, ohne Butter, ohne Salz, kurz, ohne eine Zugabe; Wasser -diente als Getränke. Besorgt endlich für meine bevorstehende Seereise -bei dieser entkräftenden Nahrung, ging ich zu Markte, verschaffte mir -ein Huhn, und so wurde mir nach Belieben gekocht. Ueberdies kaufte ich -Butter und Honig, -- und Brot, Butter und Honig auf einander schmeckten -mir eben so köstlich, als einst auf den Kindsbeinen, wenn ich diesen -Leckerbissen aus der freigebigen Hand meiner alten Großmutter empfing. - -Indessen würde man sich um die jaffanische Butter, neben der -vorarlbergischen und schweizerischen in der Gebirgsgegend, schwerlich -reißen. Wer leicht Ekel empfindet, isset sie nicht. Sie sieht schmutzig -aus, und die Haare sind in solcher Menge in sie geflochten, als wäre -es mit Fleiß geschehen, damit sie nicht von einander falle. Dessen -ungeachtet schmeckt die Butter nicht übel, einzig etwas säuerlich, -keineswegs aber ranzicht. Sie wird auf dem Markte feil geboten. Ein -Verkäufer hatte einen hohen, unordentlich gekneteten Haufen auf dem -Teller. Zum Zeichen meiner Kauflust streckte ich ihm einen Piaster -dar. Gleich ergriff er die kupferne Schalenwage, krabbelte mit den -ausgebreiteten Fingern flink von der Butter, wog ab und ich bekam, -nackt von Hand zu Hand, mehr, als ich erwartete. Ich vergesse nicht, -beizufügen, daß der Verkäufer ein Mohammetaner war. Wäre er ein -morgenländischer Christ gewesen, ich würde wahrscheinlich minder -erhalten haben. Ich muß dieser Vermuthung an der Fackel einer neuen -Thatsache leuchten. Beim Einkaufe des Mundvorraths sah ich mich um -Zwieback um. Der käufliche aus Zypern ist sehr gut: kleine, runde, etwa -zwei Daumen dicke Brote, oben mit fünf Punktirungen. In einer Bude, in -die ich zufällig trat, machte man das Anerbieten, mir sogleich Zwieback -zu holen. Die Leute in der Bude benahmen sich mit so vieler Artigkeit, -daß sie mir Zutrauen einflößten; sie bezeugten auch Freude darüber, -daß ich ein Christ, und zwar kein griechischer sei. Sie forderten für -eine Ocke drei Piaster. Wirklich kaufte ich sieben Ocken. Nach dem -Kaufe fragte ich gelegentlich vor den mohammetanischen Buden. +Keiner -verlangte mehr, als drittehalb Piaster.+ Der Abendländer erzählt mit -Schmerz eine solche Thatsache, die einen so auffallenden Unterschied -zwischen Christen und Moslim herausstellt. - -Honig findet man in einigen Buden. Man bewahrt ihn in einem enghälsigen -Kruge, schöpft ihn mit einem hölzernen Löffel, und wägt ihn auf der -Schalenwage. Zuerst, um eines kleinen Versuches willen, legte ich -ein Kohlblatt auf meine Hand, und begehrte für wenige Kreuzer. Ein -Mohammetaner wies mich ab. Ein Anderer weigerte sich Anfangs, später -aber deutete er mir, daß ich, weil ich mit keinem Gefäße versehen war, -die Hand recht hohl machen solle. Als in der Folge für sieben bis -acht Kreuzer (R. V.) eine Achtelsmaß (ein halber Schoppen) Honig in -mein Trinkglas gewogen wurde, konnte ich mir leicht erklären, warum -der erste Mohammetaner an mich keinen verkaufen wollte; denn für das -Geldstück, das ich ihm zeigte, würde mir mehr gehört haben, als ich -hätte versorgen können. Der Honig, wenn auch ein wenig trübe, schmeckt -gut. - - -Ich lese die Bibel. - -Was mir ein hohes Vergnügen gewährte, war das Lesen in der Bibel, -während ich eben auf dem Schauplatze stand, worauf dieselbe so -oft führt; denn Joppe ward zu Judäa gezählt. Die Patres gaben mir -eine Vulgata ohne irgend einen Anstand. Ich würde zwar +Luthers+ -ausgezeichneter, kraftdeutschen Uebersetzung den Vorzug eingeräumt -haben; allein eine solche war nicht aufzubringen, und unter den -lateinischen Uebersetzungen verdient die Vulgata gewiß eine -Ehrenstelle. Das Latein des ehrwürdigen +Hieronymus+ erhebt sich weit -über das Mittelmäßige. - -Das alte Testament enthält einen so großen Reichthum an -Eigenthümlichem aus dem Leben der Israeliten, daß es ein wahres -jüdisches Volksbuch ist. Es überrascht insbesondere mit der Schilderung -von Sitten und Gebräuchen. Hier, wo ich als Reisender die Aufgabe, -diejenigen der heutigen Einwohner im alten Lande der Juden zu -beobachten, nach Maßgabe meiner Zeit und Kräfte löste, fühlte ich in -mir gleichsam einen Drang, zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart -Vergleichungen anzustellen, wofür mir der süße Lohn zu Theil ward, in -der Bibel so treuen Zeichnungen zu begegnen. - - -Ein Pater sagt, ich werde des Teufels. - -Der Umstand, daß ich nicht in die Messe ging, schien die sechs Mönche, -welche das Hospiz bewohnen, unangenehm zu berühren. Die Stimmung -derselben war mir bald nicht mehr zweifelhaft. Es fragte mich nämlich -eines Mittags der Koch, Frater +Emanuel+, ob ich die Messe angehört -hätte. Ich antwortete: Nein. Der Eifer wimmelte in seinen Händen, -und ich merkte ihm an, daß er es darauf anlegen wollte, mich recht -auszuholen. Ich fertigte ihn kurz mit den Worten ab, daß ich nur auf -lateinisch in religiöse Gegenstände mich tiefer einlassen würde. - -Im Nu schritt der Pfarrer (~padre curato~) mit zwei Mönchen daher. -Der Meinungskampf begann in der Kirchensprache der Katholiken. Jener -stolperte unglücklich genug über seine lateinischen Fehlbrocken. Um -aber doch seinen Worten einen salbungsvollen Nachdruck zu verleihen, -schlug er mit der Faust auf dem Tische den Takt, und glühender Eifer -rollte seine Augen. Der ganze Rüstzeug von Verstand und Vernunft -würde dem Menschen wahrlich wenig mehr nützen, wenn das Gepolter -einer Faust Beweiskraft hätte. Der Pfarrer trieb sich auf dem Boden -der faden Jesuitenlogik herum, und ich merkte, daß mit ihm kein Satz -ordentlich durchzuführen sei. Ich erklärte geradezu, daß ich mich -zum Protestantismus bekenne. Auf diese Erklärung suchte man mir -den bekannten Satz ins Herz zu prägen, daß einzig und allein die -römisch-katholische Kirche selig mache; ich sei verdammt, hieß es, -und laut rief ein Mönch mit einem buntscheckigen Barte, daß ich in -die Hölle fahren werde[11]. Ich sei mit meinem religiösen Schatze -zufrieden, erwiederte ich; ich wolle den Frieden meiner Seele wahren; -ich könne glatterdings nicht bekehrt werden. Sofort erloschen die -Flammen der Patres, und ich wurde nimmermehr mit derlei Zwisten gequält. - -Ich warne, aus dieser einzelnen Vorfallenheit allgemeine Sätze -herauszufolgern. Die Patres haben höhern Auftrag, ihren Glauben zu -verbreiten, und der Bekehrungsversuch darf wohl nicht befremden. Ich -meine sogar, daß mein Tagebuch dadurch eher gewonnen, als verloren habe. - - -Wie die Gleißnerei im Namen der heiligen Religion einen Unschuldigen -prügelt; laue Konsulats- und Mönchspolizei. - -Der Franzose, einer meiner Wegweiser in Jerusalem, machte eines Abends -in seiner Trunkenheit nicht wenig Spektakel in und vor meiner Zelle. -Weil mit einem Berauschten nichts anzufangen war, so stieg ich hinunter -zum Pater Superior. Mir nach eilte der Franzose bis zur Kirche, worin -die Mönche beteten. Dies hinderte jedoch den Zornentbrannten nicht, vor -der geweihten Stätte so ungestüm zu lärmen, daß jene die Kirchenthüre -zuschlossen. Und sich nicht begnügend mit bloßem Lärmen, schlug er mich -mit der Hand und versetzte mir mit seinen Reitstiefeln einen Fußtritt. -Gegen die Ueberfälle vertheidigte ich mich mit genauer Noth, in der -Ueberzeugung, daß eine ernste Gegenwehr mit Händen und eine kräftige -Vertheidigung mit Worten Anlaß darböten, einer falschen Anklage Gewicht -zu geben, und mich nicht minder zu beschuldigen, als den Angreifenden. -Eben drohte der Franzose mit dem Messer, als endlich die Patres -herzutraten, denselben beschwichtigten und mir beistanden. Der Pater -Superior mußte wohl einsehen, daß unser von den Mönchszellen ziemlich -gesondertes Wohnen zur Seite hoch oben in den Pilgerkämmerlein den -Unfrieden allzu sehr begünstigen würde. Er befahl Trennung; da ich aber -mein Gepäcke holen wollte, spektakelte der Franzose von neuem auf dem -Dache, und hob, unter Drohungen gegen mich, einen Stein. Indeß hatte -das rohe Benehmen die gute Folge, daß ich +neben den Patres+ eine -weit bessere Zelle bekam. - -Tages darauf war es mein erstes Geschäft, den Schutz des -österreichischen Konsuls anzuflehen. Diesen Vorfall zuerst tief -bedauernd, äußerte er sich dann, daß er nicht einschreiten könne, und -daß ich mich mit den Worten zufrieden geben sollte: ~Questo è finito~ -(die Sache ist abgethan), indem wir einander die Hand reichen und -umarmen würden. Hiezu konnte ich mich deswegen um so weniger verstehen, -weil der eben anwesende Franzose seine im Rausche ausgestoßenen -Beschimpfungen jetzt im nüchternen Zustande wiederholte, und weil er -noch aus dem Grunde Recht haben wollte, +daß ich kein Christ sei+. -Mit dieser Gleißnerei hat er auch die Mönche zu berücken gesucht. -+Der Pater Superior bemerkte inzwischen ganz wohl, daß Schimpfen -und Schlagen von seiner (des Franzosen) Seite nimmer angehe, welcher -Religion ich auch zugethan sein möge.+ Ich verlangte beim Konsulate -förmliche Genugthuung und Sicherheitserklärung, die ich denn auch mit -Zähigkeit erhielt. - -Der Konsul scheint dasjenige zu glauben, was der erste ihm vormalt. -Die Dreieinigkeit theilte er ein in Gott, als Obersten, in unsere -liebe Frau (Madonna) und in +Jesus Christus+. War der Konsul sich der -Zeitfolge bewußt, so soll vor der Hand keine Einwendung geschehen, -besonders dann, wenn er, ein öfterer Fall, in gewisser irdischer -Begeisterung sprach. Der Konsul erregte erst meinen großen Unwillen -gegen ihn, als hart neben seinen Ohren ein Mann mir erzählte, daß der -Franzose den Vater desselben am gleichen Abende mit Stockschlägen -mißhandeln wollte. Still, still, lispelte der etwas verlegene Konsul, -welcher die Sache zu vertuschen suchte, und als er sie nicht mehr -leugnen konnte, beschönigte er den Franzosen damit, daß dieser, in -der Wuth über mich, auch einen andern Handel angesponnen habe. Es -war erdichtet; denn das Hospiz wird gleich nach Einbruch der Nacht -gesperrt, in welcher ich unter die unsanften Hände gerathen bin. Viel -vermag fürwahr bei einem Morgenländer die glatte Zunge und die rothen, -unten mit Leder überschlagenen Reitknechthosen eines Franzosen, solche -mit einer weiter gediehenen Bildung natürlich unzertrennliche herrliche -Erscheinungen des Abendlandes. - -Doch die Sicherheitserklärung ist da nur Schein, wo man straflos -schimpfen und schlagen darf. Mit persönlicher Sicherheit wanderte ich -bisher unter der arabischen Polizei, aber nicht unter der fränkischen. -Im Unwillen über die Lauheit oder Machtlosigkeit des Konsuls, welcher -österreichischer und französischer zugleich ist, entschlüpften -mir einige Worte, welche den Mann stachelten und in etwelche -Bestürzung brachten. Vater und Sohn, welcher letztere eigentlich die -Konsulatsgeschäfte besorgt, arbeiteten von nun an, in Verbindung mit -dem Superior, angelegentlich an der Herstellung des Friedens. Im Zimmer -des Paters bat der Franzose kniefällig ab, und, die Hand auf ein Buch -haltend, schwor er bei einem Heiligenbilde und legte das Handgelübde -ab, daß er mir nie etwas Leides zufügen wolle. Diese plötzliche Demuth -des Kerls mußte mich neuerdings mißtrauisch machen. - -In einer solchen Lage war kaum ein anderer, ehrenhafter Entschluß mehr -möglich, als der, die Abreise nach Beirut in Gesellschaft des Franzosen -auf das bestimmteste abzulehnen. Einem Menschen, der sich mehr, als -viermal treulos zeigte, darf man nicht trauen. Mein Entschluß wurde -noch dadurch befestigt, daß der Vater des Rais, mit welchem wir nach -Beirut übersetzen sollten, und der kein fränkisches Wort verstand, -in +Gegenwart des Konsuls+ für die Ueberfahrt zweimal mehr forderte, -als man gewöhnlich bezahlt. Ich glaubte die Falle zu erkennen. -Wahrscheinlich war verabredet, die Ueberfahrtskosten für den Franzosen -und Deutschen auf mich zu wälzen. Immer lebhafter überzeugte ich mich, -daß es hohe Zeit sei, diese zwei besitzlosen Leute, die wahrsten -Abenteurer auf Erden, vom Halse zu schütteln. Nach einem siebentägigen -Aufenthalte in Jaffa begaben sie sich an Bord. - -Wie sind doch die Verhältnisse so eigenartig, welche die Furchen der -Stirne auszuebnen vermögen? Unter andern Umständen wäre das längere -Warten auf eine Reisegelegenheit für mich eine Pein gewesen, während -ich es unter diesen leicht erträglich fand. Ich miethete mich in eine -Bombarda des Hauptmanns +Kiriako Bagsîno+, eines Hydrioten, bis in die -Nähe (sechs Stunden) von Smyrna. Das Schiff war nach Konstantinopel -bestimmt; ich glaubte aber den Weg nach Smyrna wählen zu müssen, -weil ich eine kleine Geldanweisung +für den Nothfall+ an das Haus -+Sturzenegger+ und +Prélat+ in Smyrna bei mir hatte. Das größere -Kreditschreiben lautete auf den österreichischen Konsul in Beirut, -Herrn +Laurella+, bei welchem das Geld wirklich bereit lag, ohne daß -ich es der angeführten Verumständigungen wegen wirklich bezog. - - -Der Konsul Damiani; mein Besuch in seinem Hause. - -Nach der Ankunft in Jaffa stieg ich beim Herrn Konsul +Damiani+ ab. -Heute noch trägt er im morgenländischen Gewande den Militärhut aus den -Zeiten +Napoleons+. Der Hut geht zur morgenländischen Tracht gerade so -gut, als zur europäischen; denn das häßlichste Kleidungsstück, das man -erdenken konnte, steht nirgends gut. - -Der ehrwürdig aussehende Greis nahm mich freundlich auf. Sein Sohn -geleitete mich sogleich in eine Zelle des Gastgebäudes (~ospizio della -Terra Santa~). - -Ich sah den Konsul bisher nur in seinem Waarenlager am Kai, gleich -neben dem armenischen Kloster. Ich wurde von Andern in sein Haus -geführt, ohne daß ich den Besuch beabsichtigte. Täusche man sich nicht -über die Wohnung des Konsuls. Sie ist sehr unansehnlich, so daß unsere -Bauern in schönern Häusern wohnen. Der Konsul saß unten im Hofe. Den -Hut vertrat diesmal eine abgeblichen rothe Mütze, und um den Kopf über -die Ohren war ein Tuch gebunden; denn die Zähne litten Schmerzen. -Man prangt immer mit der Weltweisheit, man verehrt die Seele als das -Ewigwährende am Menschen, man schmäht auf den vergänglichen Staub -des Körpers, man lehrt Verachtung der Kleiderpracht, und doch vermag -man nur mit Mühe den widerlichen Eindruck zu besiegen, den man beim -Anblick einer mit häßlichen Kleidern bedeckten, höher gestellten Person -empfängt, selbst wenn noch so hoch deren Seelenadel emporflackerte. -Hätte ich nicht schon gewußt, daß +Damiani+ Konsul wäre, ich würde -ihn schwerlich beachtet haben. Er pflegte sonst seinen langen, grauen -Schnurrbart hinauszustreichen und zu zwirnen. Diesmal ließ er ihn fein -in Ruhe, weil er überzeugt sein durfte, daß zwischen dem unreinen Tuche -um dem Kopfe keine Hoffahrt mehr möglich sei. - -Nicht die köstlichsten Treppen leiteten hinauf ins Gastzimmer. Darin -hing eben die Wäsche an zwei Reihen von der Linne herab. Der Christ -beging seinen Sonntag und die Wäsche deswillen doch keinen Fehler, -weil -- das Trockenwerden keine Hände erfordert. Zuerst wurde ich -im Zimmer Niemand gewahr; bald dann erschien der Sohn des Konsuls -hinter der Wäsche, so ganz theatermäßig, wie der Schauspieler hinter -der Blendewand. Nach den theilweise erzählten Vorgängen durfte ich -auf keine andere, als auf eine kalte Aufnahme rechnen. Nach der -Begrüßung setzte sich der junge Mann wieder auf den Strohteppich, -von Papier und Siebensachen umgeben, die alle kreuz und quer durch -einander lagen, wie ein Nest voll junger Kaninchen. Es wurde durch -einen schwarzen Sklaven mit Tabak und Kaffee aufgewartet. Mehr, als -dies interessirte mich die Ausstattung des Zimmers mit Hausgeräthen. -Fratzen aus Europa, z. B. Gipsfiguren, schämten sich vor reich -gestickten morgenländischen Gewändern. Um das christliche Europa noch -feierlicher herüberzubeschwören, stand an einem Orte der ans Kreuz -genagelte +Christus+. Der Sohn war nicht wenig bemüht, mit den Schätzen -des Hauses die Bewunderung des Zuschauers zu erwecken. Es wurde -angeblich ein Gegengift in Form eines Steines, das Horn einer Schlange, -Alterthümer, ein massiver Klumpen Silber u. s. f. vorgewiesen. Ich -wurde dabei, zu meinem Leidwesen, nicht im mindesten gerührt. - -Dem gutmüthigen und gesprächigen Konsul, der schon eine hohe Stufe des -Alters erklommen hat, horchte ich mit gespannter Aufmerksamkeit zu. -Freilich sichern nicht gerade die Jahre, nicht die Silberlocken (die -im Morgenlande dem Barbier und Turban gehören), nicht der höhere Rang, -nicht die größere Macht als Familienhaupt dem Greise Aufmerksamkeit -und Liebe, Ehrfurcht und Vertrauen, sondern die reichern und reifern -Kenntnisse und Erfahrungen, die weisen Sprüche und Warnungen, -ja die lebendige Geschichte eines Menschenalters, die er auf der -Zunge herumträgt. +Damiani+ erzählte eine breite Historia von -einem Mylord, und als ich gelegentlich die Bemerkung einwob, daß im -Abendlande Manche nicht rauchen, daß hier dagegen das Rauchen den -Hauptgenuß verschaffe, so erwiederte er: In Jerusalem ist es wieder -anders; dort schnupfen sie mehr; schon kleine Dingerchen (er deutete -die Höhe mit der Hand) fangen das Schnupfen an. Es war ein Wunder, daß -der Herr Sohn nicht immer in unser Gespräch einfiel. Sonst kann er sich -des Plauderns mitten hinein so wenig enthalten, als hin und wieder eine -mit seltenen Rednertalenten begabte Jungfer Köchin, wenn man mit dem -geistlichen Herrn ein paar Worte reden möchte. - -Mein Besuch währte länger, als dem Konsularschutze angemessen war, und -wie ich mich vom Sitze erhob, im Begriffe, zur Thüre hinauszugehen, -duckte ich mich recht höflich, um nicht an der Wäsche anzustreifen, die -ich, den Spuren ihrer irdischen Vergänglichkeit zum Trotze, wegen der -Schönnähtereien bereits angestaunt hatte. - -Ich besuchte schon früher den griechischen Konsul. +Der+ ist ganz nach -europäischem Geschmacke gekleidet, dazu sehr gewandt und gefällig. Die -abendländische Kleidung flößt dermalen hier zu Lande Achtung ein. -Der Konsul kredenzte mir Punsch. Ich lächelte über mein gutes Europa, -dem in manchen Dingen mehr Ehre widerfährt, als es verdient. +Echte+ -Bildung ist dort keineswegs so heimisch, wie man gemeiniglich glaubt. -Bei Vielen beschränkt sie sich darauf, nach der Mode sich zu kleiden, -die Komplimente gehörig zu schneiden, die Formeln der Begrüßung und -Unterhaltung sich geläufig eingetrichtert zu haben, über Konzerte, -Theater und Dichter ein wenig zu plaudern, wo nicht französisch zu -sprechen, doch die Kinder oder Verwandten, das Möpschen, einige -Geräthschaften, Kleidungsstücke, Speisen oder Getränke französisch zu -nennen, wenn man nicht gerne einen Besuch annimmt, zu Hause zu sagen, -daß man nicht zu Hause sei, oder auf dem Gipfel der Gesundheit zu -erklären, daß man sich unwohl befinde, etwa zu einer Zither zu singen, -niedlich zu spielen und zu tanzen u. dgl. Ich bitt’ um Vergebung. Diese -~Toilette -- serviteur -- souffleur -- charade -- Jeannette -- nièce --- joli -- secrétaire -- corsette -- côtelette -- liqueur -- excuse --- guittare -- dames -- écossaise~ -- Bildung, wenigstens ein sehr -honnetes Wort, klingt doch allerlieblichst ins Ohr. - -Auch die Russen haben einen Konsul, in der Person eines Griechen. An -den Festtagen wehen die Flaggen der verschiedenen Konsuln ganz zierlich -über Jaffa, und so stolz, als wären hier die Christen Meister. -- -- -Ich fand die Festtage üb er an diesen Flaggen doch Freude. - - -Vorbereitung zur Abreise. - -In Jaffa hatte ich zwei Stunden früher Tag, als die Leute in meiner -Heimath. Ich saß oft am hellen Morgen mit der Feder am Tische, indeß -sie im finstern Zimmer -- zweifelsohne schliefen. Ungeachtet dieses -heitern Glückes wollte ich nicht länger im alten Kanaan weilen; ich -sehnte mich immer heißer nach -- der Morgennacht meines Vaterlandes. - -Es war nun meine Abreise gewiß. Man zimmerte, freilich erzlangsam, mehr -und mehr sturmbeschädigte Kähne zurecht, um die Befrachtung unseres -Schiffes zu fördern. O freudige Aussicht für mich, der ich länger denn -fünf Wochen auf günstige Witterung für die Abfahrt hoffte und harrte. -Wiewohl in Jaffa, Kaifa, Akre, Said und Beirut achtzehn Schiffe durch -den letzten Sturm losgerissen oder zerschmettert wurden, so bemächtigte -sich dennoch meiner nicht die mindeste Bedenklichkeit, dem Winde -und Wasser mich anzuvertrauen. Mein Hauptmann hatte ja sein Schiff -gerettet, und wie hätte ich zu ihm nicht Zuversicht fassen sollen. Auch -rechnet heiße Sehnsucht nicht mit dem Griffel der Aengstlichkeit. - -Ohne Zahlung zu leisten, konnte und wollte ich billigerweise nicht -abreisen. Ich darf versichern, daß die Patres nichts weniger, als -unfreundlich wurden, so oft sich mein Geldbeutel öffnete. Ich hielt -für gerathener, kurze Zeit nach meiner Ankunft mich mit denselben zum -Voraus über Kost und Wohnung förmlich einzuverstehen. Die Zahlung dafür -war, nach der Versicherung +Damianis+, ziemlich stark; ich habe indeß -keine Ursache zur Unzufriedenheit. Es mag aber vielleicht befremden, -daß noch Keiner mit größerer Strenge meine Goldstücke untersuchte und -erlas, als der Präsident (Pater Superior) +Martin+; fast alle von ihm -ausgeworfene Stücke brachte ich an, die einen vollzählig, die wenigen -mit sehr geringem Verlust. Mehr noch stutzte ich, als nach der Räumung -meiner Zelle, gleich vor der Abreise, der Superior mit dem langfädenen -Kohlenbarte sogleich spähend in dieselbe trat, vielleicht in Kraft des -von ihm unter dem 11. Jenner mir ausgestellten Zeugnisses, „daß ich -musterhaft gelebt habe.“ Ich erwähne solches nicht, um meinem Herzen -gegen Ordensleute, als solche, Luft zu machen. Ich liefere nachgerade -den schlagendsten Beweis dadurch, daß ich Alles nachtragen werde, was -ich von den Patres Rühmliches weiß. Ich setze dabei voraus, daß man -die Vorurtheile, welche die Spanier in ihrem Vaterlande einsaugen, -kenne, und daß man Niemanden ein gewisses Mißtrauen gegen die Franken -im Allgemeinen verübele, weil durchschnittlich lockere Abendländer vom -Schlage der Glücksritter in Syrien sich herumtummeln. Der Deutsche, -dessen ich oben gedachte, wurde weit schlimmer behandelt, als ich, -ob er gleich sich für einen guten Katholiken ausgab, und die Messe -alle Tage barfuß anhörte. Er bewohnte ein schlechtes Zimmer, welches -dem Winde und Regen nicht ganz zu wehren vermochte. Seine Bettdecke -war feucht und schmutzig. Es ist der Welt Brauch, die Leute so zu -empfangen, wie sie entgegenkommen. Auch reichte man ihm schlechtere -Nahrung, als mir. Diese Behandlung wirft zwar allerdings im Grunde -kein vortheilhaftes Licht auf die Patres; allein es erhellt daraus -doch +das+ Günstige, daß dieselben hier gar keinen Unterschied der -Glaubensbekenntnisse berücksichtigten. Ueberdies legte man mir seit dem -oben berührten Strauße nicht das geringste Hinderniß in den Weg. Als -ich mich, zum Zeichen, daß ich den Sonntag der Christen ehre, gegen -den Pater Superior äußerte, ich wolle während der Messe mich in die -Kirche begeben, erwiederte er: Thun Sie, was Sie wollen. Mit dem Frater -+Emanuel+ lustwandelte ich nach jenem Wortwechsel mehr, als einmal, -und half ihm für unsere Küche Spargeln suchen, die in der Umgegend -von Jaffa wild wachsen. Ich kann zum Ueberflusse beifügen, daß die -Ordensmänner sehr viel Zeit mit Beten hinbringen und, so viel ich -bemerkte, ein durchaus sittliches, eingezogenes Leben führen. - -Den Reisepaß holte ich, ohne ihn unterschreiben zu lassen. Von -einem Konsulate, das mich nicht schützen konnte, wollte ich keine -Unterschrift. - -Mit dem Schiffshauptmanne war die Uebereinkunft getroffen, daß ich die -Lebensmittel selbst mir anschaffen müsse. Ich kaufte einen Vorrath -von Aquavit, Kaffee, Zwieback, Reis, Zucker, Zitronen, Pomeranzen, -Fleisch, Hühnern und Durra, letzteren zur Fütterung dieser Hausthiere. -Schon aber im Hospiz aß ich wegen der schmalen Fastenbrocken oft vom -Zwieback. Weil der Hauptmann auf Einschiffung drang, so übertrug ich -den Ankauf von Hühnern einem fränkischen Knaben, welchen ich dazu mit -dem nöthigen Gelde versah. Er kehrte nicht wieder, und ich mußte selber -zu Markte gehen. Auf dem Rückwege erwischte ich den losen Jungen in -der lateinisch-maronitischen Schule; meine Piaster waren unter den -Aermeln verborgen. Fast zu oberst am Kai besitzt die Stadt das einzige -Schenkhaus, wo man Aquavit, Wein und kalte Speisen bekommen kann. - - - - -Nach Rhodos. - - Griechische Stille; das Meer raset; Reiseerfahrungen; das herrliche - Zypern; der Taurus; der Spiegel meiner Reisegefährten; Wolken - von Weihrauch; der griechische Fasttag war für mich ein Fetttag; - der griechische Koch; im östlichen Hafen der Kolosser vor Anker - gegangen. - - -+Dinstags den 12. Jenner 1836.+ - -Abends beim Einbruche der Nacht kam der Hauptmann +Bagsino+ an Bord. -Die Schaluppe wurde schnell eingehoben, die Anker gelichtet, die Segel -ausgespannt -- Alles mit so wenig Kommandiren und Geräusche, daß der -italienische Lärm einen grellen Gegensatz zu dieser griechischen Stille -bildete. Heftig brauste der Nordwind. - - -+Den 13.+ - -Seit vor San Pietro di Nembo das Meer mit mir Schmollis machte, könnte -ich es dann und wann ordentlich liebherzen. Ich betrachtete die -rauschenden Wogen als lauter scherzende Kinder, welche nur daseien, um -den Griesgram des Alters zu verscheuchen. Die Natur meint es gar nicht -so böse, wie man oft ihr wildes Aeußeres mißdeutet. Uebrigens tobte in -der Nacht gewaltiger Sturm. Wäre man Rahm gewesen, man würde ohnfehlbar -bis morgen Butter geworden sein. - -Allerdings muß man auch das Reisen lernen. Anfangs war ich gar -linkisch. Auf der Fahrt von Alexandrien nach Bulak verwahrte ich den -Reis so schlecht, daß dieser, vielleicht aus langer Weile, zu dem -darunter liegenden Holze hinabspazierte. Der Kaffee wußte aus dem -Papiere Auswege zu finden. Auf der Reise von Kairo nach El-Arysch -sorgte ich so nachlässig für den Zucker, daß ich ihn schaben mußte, -bevor er zum Gebrauche sich eignete. Der Rhum floß zur Hälfte weg, weil -ich die Flasche schlecht verstopft hatte. Durch Schaden gewitziget, -verwahrte ich nun einmal meine Lebensmittel mit besonderer Sorgfalt. -Ich mußte aber auch darüber wachen, daß nichts davon entwendet werde; -denn man weiß, daß sich in manchen Menschen die wunderliche Begierde -regt, mehr zu nehmen, als ihnen gehört. Ich stellte den Mundbedarf in -meine Nähe. Da langte einmal in der Nacht ein knöpfiger Arm in meinen -Brotkorb. Ich ergriff und erkannte ihn. Nur +ein+ Reisegefährte, ein -Maure, trug Aermel mit Knöpfen. Ich wurde gerade zur rechten Zeit -erinnert, wie ich mich gegen ihn verhalten müsse. Kaum aber war der -fremde Arm aus dem Brotkorbe entwichen, so wurde dieser von einer Welle -geneckt, weswegen ich ihn alles Ernstes in die Sicherheit flüchtete. - -Das Meer hat mir +Ibrahim+, +Ali+, +Mansur+, +Mustafa+ und all’ die -Namen der Moslim verrauscht, die ich auf Gassen und Wegen so oft hörte. -Anders tönt es jetzt in meinen Ohren; im Schiffe gilt es dem +Mitri+ -oder +Dimitri+ (~Demetrius~), +Kiriako+ (~Ciriacus~) u. s. f. Ach, -beurkundeten christliche Namen nur immer christlichen Sinn. - -Mittags wurde mir eine Suppe mit rothem, lebendigem Gewürze vorgesetzt. -Auf der Reise ißt man, und man murmelt höchstens mit saurer Miene -einige für den Koch unvortheilhafte Bemerkungen. - - -+Den 14.+ - -Nie werde ich das herrliche Schauspiel vergessen. Wir lagen auf der -Höhe der Insel +Zypern+. Hoch streckte der beschneite H. Kreuzberg -(~monte di Santa Croce~, der Olymp der Alten) sein Haupt empor. Diese -schweizerische Gebirgswelt wühlte in mir beinahe das Heimweh herauf. -Den Tag über erfreute mich das beßte Befinden; bloß gestern fühlte ich -ein wenig Unbehagen im Kopfe wegen der stark bewegten See. - - -+Den 15.+ - -Ich sah einen Küstenstrich von Karamanien. Veränderlicher Wind und -Wetter trübten hin und wieder meine gute Laune. - - -+Den 16.+ - -Wir segelten einem Vorsprunge des Taurusgebirges, dem Kap Chelidonium, -nahe, und verloren die Küste von Kleinasien nie aus den Augen. Die -Fahrt ist von nun an mehr derjenigen auf einem Landsee zu vergleichen. -Schon sind wir von Jaffa gegen den Nordpol vier Grade vorgerückt, und -man konnte auch wirklich einige klimatische Verschiedenheit wahrnehmen. - - -+Sonntags den 17.+ - -Wir segelten vorüber an Castelori und andern Ortschaften von -Natolien. Vor dem nahen, hohen Gebirge der alten Lykier träumte ich -mich auf einige Stellen des Vierwaldstätter-Sees in der Schweiz, so -ähnlich war der Ausblick. Die Fahrt gewährt in der That recht viel -Unterhaltung. Die Umrisse der schweizerischen, wie dieser Berge sind -mit ausnehmender Kühnheit gezeichnet. Wir bewundern einen solchen Zug -auch an Kunstwerken, -- wie einen vorhängenden Fels, so den Thurm von -Pisa. Hingegen sind die Berge um Jerusalem träge Massen, Kegel oder -Halbkugeln, gleichsam nur gut zum Faulenzen für das Auge. - -Ein frischer Wind jagte uns so muthig vorwärts, daß wir schon vor der -Mitte des Tages im pamphylischen Meere ein Korn, +Rhodos+, erblickten, -und bis zum Eintritte der Nacht steuerten wir diesem Eilande ziemlich -nahe. Ein Berg hatte eben einen Wolkenhut auf, als die Sonne unterging. - -Ich halte nun einen Augenblick an, um meine Reisegesellschaft zu -zergliedern. Ein Engländer und ein Grieche, ein Maure und ein Jude, so -wie ein griechischer, schiffbrüchiger Hauptmann und seine Matrosen, das -waren meine Reisegefährten. - -Der Engländer, ein Geistlicher, besaß einen edeln, gutmüthigen -Karakter. Ich schätzte mich glücklich, in Jaffa seine Bekanntschaft zu -machen, wo er bei dem englischen Konsul, einem Morgenländer, einkehrte, -allein die morgenländische Kräuter- und Hühnerküche nicht besonders -rühmte. Das Französische sprach er als guter Englishman. Wenn er in -der fremden Sprache redete, war mit ihm so schwer nachzukommen, als -mit einer schlechten Tänzerin. Ich erzähle von ihm zwei echt britische -Züge. Er wanderte durch die Wüste bis in die Nähe von El-Arysch. Jetzt -vernahm er, daß er der Quarantäne sich unterwerfen müsse. Alsbald -entschloß er sich zum Rückfluge nach Kairo, um über Alexandrien und -Beirut nach Jerusalem zu reisen. Ein paar Male des Morgens rief ich -den Geistlichen, wenn sich ein merkwürdiges Schauspiel darbot. Er -hatte die Artigkeit, zu antworten, und seine Nichttheilnahme damit -zu entschuldigen, daß es bei ihm Gesetz sei, in der Frühe so und so -lange zu lesen oder zu schreiben. Die Gottheit hat dem Menschen ein -bestimmt abgegrenztes Gebiet angewiesen, worüber er Herr und Meister -ist. Man frage indessen nicht nach der geographischen Länge und Breite -desselben; denn es erscheint sehr klein am Maßstabe. Es ist nun gut, -wenn der Mensch in diesem seinem Gebiete, d. h., sich gewisse Gesetze -vorschreibt; es ist aber nicht gut, wenn er solche in untergeordneten -Dingen mit eigensinniger Strenge vollstreckt und so zum Sklaven seiner -selbst hinabsinkt. Ich sah unsern Reisegenossen nicht sehr oft, weil er -in das Zimmer des Schiffsherrn und ich in den Schiffsraum eingemiethet -war. Letzteren Platz hatte ich einzig dem Pater Präsidenten des -lateinischen Hospizium in Jaffa zu danken, weil er sich mit einem -ungewöhnlichen Eifer in die Abschließung des Vertrages mischte, und -jene so sehr beschleunigte, daß es mir an Zeit gebrach, zu fragen, wo -ich wohl im Schiffe untergebracht würde. Doch, außer der Kehrseite, -wendete die Sache auch diesmal ihre Lichtseite zu. Ich lernte so dem -Schiffsraumleben auf den Puls fühlen. Hier liefere ich denn eine -flüchtige Zeichnung meiner Gefährten im Schiffsraume. - -+Demetrius+, aus Chios (Scio) und Handelsmann, hatte eine schöne -Gesichtsbildung und sprach griechisch, arabisch und türkisch. Seine -Umgänglichkeit ließ mich wünschen, in einer seiner Sprachen meine -Gedanken mit ihm auszutauschen. - -Der Maure aus Algier, ein Hadschi (Mekkapilger), mit einem gemeinen -Gesichtsausdrucke, einem langen Barte und einem Turban, ließ keinen -edlern Zug seiner überaus lockeren Seele durchblicken. Er plauderte zum -Arabischen das Wenige fränkisch, womit er zwischen +Demetrius+ -und mir kümmerlich den Dolmetscher spielte. Während unserer Fahrt -von Jaffa nach Rhodos endete der mohammetanische Fastenmonat; allein -dieser Anhänger des Islam nahm es nicht sehr genau, und er aß manchmal -Kleinigkeiten bei Tage während der Fastenzeit. In Jaffa verletzten -auch andere Mohammetaner vor meinen Augen das Fastengebot. Der Hadschi -trank Wein und Branntewein. Dem Kleinhandel obliegend, kaufte er -in Jerusalem Rosenkränze, um sie in Konstantinopel zu verkaufen. -Es ist überhaupt bei den Morgenländern Sitte, die selbst von den -protestantischen Franken nachgeahmt wurde, mit einem Rosenkranze müßige -Stunden zu vertreiben, indem sie eine Perle nach der andern von ihrer -Stelle verschieben. Wenn die Leute des Niederganges bei ihren Besuchen -nicht selten kaum wissen, welche schickliche Haltung sie ihren Händen -geben sollen, um so weniger verlegen ist der Morgenländer, welcher -mit Bequemlichkeit auf dem Diwane hockt, und mit den Händen anständig -den Rosenkranz durchtändelt. Der Algierer hatte, als französischer -Unterthan, einen französischen Paß bei sich. Er schien die Franzosen zu -hassen. In Alexandrien besuchte er seinen alten Fürsten, den Dei. - -Der Jude, ein Konstantinopler und Rentner, begleitete seine Frau nach -Jerusalem, um in der heiligen Gegend mit ihr die Tage des Lebens zu -beschließen. Sie starb ihm weg, und darum war er auf der Rückreise -nach Konstantinopel begriffen, um vielleicht für den schmerzlichen -Verlust der alten Geliebten bei einer jungen -- Trost zu schöpfen. -Viele Israeliten folgen bekanntlich einem religiösen Berufe, sich -in der alten Königsstadt anzusiedeln, wenn sie sich bis zu einem -gewissen Grade von ökonomischer Unabhängigkeit emporgearbeitet haben. -Der Mann war hochbetagt und grau. Ich gewahrte an ihm keine einzige -Untugend; nur war er schmutzig und voll Ungeziefer, das selbst seinen -ehrwürdigen Bart zu einem Parke für die komischen Jagden mit der -Brille -- auserkohr. Die schönen Gesichtszüge und das ganze Benehmen, -mit Vorbehalt einiger seltsamen Liebhabereien, gewannen dem Greise -Zuneigung und Vertrauen. Das Beten verstand er aus dem Fundamente. -Während des Gebetes konnte er sich die Kaffeeporzion zutheilen -und andere Arbeiten unter fast krampfhaften Zuckungen der Lippen -verrichten. Seine Augen strahlten hinauf zu Jehova demüthig aus den -Lumpen, in die er sich genistet hatte, und aus den, irgendwo mit einem -Tuchanschrote zugeschnürten Lumpensäcken, die ihn umschanzten. Das -+Schallah+ (wenn es Gott gefällt, so Gottes Wille) wiederholte er oft -und kräftig im Flusse der Rede. Von fröhlichem Gemüthe, stimmte unser -Konstantinopler bisweilen ein Lied oder gar die „~Cara Cascatella~“ an. -Und siehe, da tanzte er einmal mit seinen krummen, vor Alter unwilligen -Beinen, mit seinem gebogenen, steifen Rücken und mit seinen Eisschollen -am Kinne. Man hätte dabei herzlich lachen müssen, wenn man selbst von -keinem kleineren Unmuthe gebeugt gewesen wäre, als bei +Hans Sachs+ die -Bäurin wegen der saubern Wirthschaft ihres tölpischen Mannes: - - Wie hast du kocht, daß dich Bock schändt, - Das Fleisch verschütt, das Kraut verbrennt, - Die Katzn erschlagn, das Kalb ertränkt. - -Die Regungen der Freude sind verschieden und groß bei Jung und Alt. -Tanzte doch +David+ aus allen Kräften und jauchzend, als er die -Bundeslade holte. - -Nachdem ich einige Zeit in Mitte der Mohammetaner gelebt hatte, war die -Gelegenheit mir recht erwünscht, die griechischen Christen in der Nähe -ein wenig kennen zu lernen. Morgends und Abends zog der Schiffsjunge -(Friandol) mit einem brennenden Weihrauchfasse von Mann zu Mann, und an -dem emporwirbelnden, angenehmen Rauche bekreuzte man sich gar vielmal -und schnell über einander, unter leisem und kurzem Gebete. Damit der -Weihrauch ja nicht verfehle, wehte man ihn mit der Hand gegen das -Gesicht. Der Koch war eine drollige Fettmasse auf Kosten Anderer, und -ein Muster von kleiner Spitzbüberei. Das Fleisch kochte er gleichsam zu -dürren Holzfasern aus, damit er die Brühe schlürfen könne. Glücklich -trat ein griechischer Fasttag ein, da mir doch eine natürliche Suppe -bereitet ward. Das erste Mal zwackte der Koch mir Reis. Beim zweiten -Male, als er ein größeres Quantum wollte, erklärte ich ihm, ich kenne -das Reiskochen zu gut, als daß er mehr benöthige. Wie er dann einsah, -daß er mich nicht belugsen könne, meinte er: Etwas für die Herren in -dem Zimmer des Hauptmanns. O nein, antwortete ich. Aber etwas für den -Koch. Da war es ausgeplappert. Sogar Pappenstiele, wie diese, welche -beinahe nicht die Tinte werth sind, können ins Innere des Menschen -zeigen. - - -+Montags den 18. Jenner.+ - -Erwacht, aufgestanden, und die Stadt +Rhodos+ schwebte im Schleier -der Morgendämmerung vor den Blicken. Mit Ungeduld wollte ich denselben -lüften; doch bald entschwand er von selbst, und deutlich erschienen -die Umrisse der Stadt. Auf eine niedrige Anhöhe gepflanzt, fiel sie -lieblich ins Auge. Neben dem freudigen Grün der Wiesen, welche die -Stadt halb umkränzen, streben die düsteren Festungsthürme empor. Wir -ließen die Quarantäneanstalt, ein schloßartiges Gebäude, rechter Hand, -und legten im östlichen Hafen an; ein Tannicht von Masten deutete auf -den westlichen. - -Billig konnte ich nicht ans Land steigen -- ohne Ehrfurcht und -Dankbarkeit gegen die alten Hellenen, welche, der Ruhm des -Menschengeschlechtes, Denkmäler eines so nützlichen und edeln Daseins -aufrichteten; hier insbesondere pries ich die Kolosser. - - -Rhodos. - - -Lage, Himmel, Volkszahl. - -Diese einst der Sonne geweihte Insel der Rosen, nach Kandia die größte -des griechischen Archipels und die berühmteste der Sporaden, erstreckt -sich von Nordwest nach Südost in die Länge, und erhebt den Atabyris -(Artamit) zum höchsten Berge. Die Fruchtbarkeit des Eilandes auf dem -glücklichen Erdstriche sucht Ihresgleichen. Der Himmel in Syrakus -und Rhodos, rühmte schon +Plinius+, wird nie so bewölkt, daß die -Sonne nicht an einer Stunde des Tages herabblicke. In die Sommerhitze -fächeln unermüdliche Winde angenehme Kühlung, und milde fließt der -Winter dahin. Der gegenwärtige aber war ein wenig strenger: selbst das -Wasser wurde von Eis überschossen, was freilich mit außerordentlicher -Seltenheit sich ereignet. Jedoch begrüßten mich auf einem Spaziergange -im Freien die Auen im schweizerischen Maiengewande. In Jaffa, wo zwar -die Blöker auch in der kältesten Zeit graseten, ward das Grün durch den -Frost ein wenig erschreckt und bleich. Hier, vier Grade weiter gegen -Norden, scheint es minder gelitten zu haben. - -Die Bewohner des Eilandes theilen sich, wie der Sohn des -österreichischen Konsuls in Rhodos, des Herrn +Josef Anton Giulianich+, -mir bezeugte, in beiläufig 26,000 Griechen, 11,000 Türken und 2000 -Juden. Gering sind an der Zahl die Lateiner, noch viel geringer die -Protestanten. Man darf gar nicht zweifeln, daß die Insel eine weit -größere Bevölkerung ertragen würde, wäre der Boden besser angebaut. -Sie wird von einem türkischen Pascha regiert. Griechen beklagen den -jetzigen als einen Wütherich. - - -Die Stadt Rhodos. - -Kaum war ich angelandet, als ich einen Scioten traf, der mir in einem -Athem seine Schicksale, seine Leiden schilderte. Leidensgefährten -leihen einander gerne das Ohr. Er erzählte, daß er, den 5. Christmonat -des vergangenen Jahres von Beirut abgereist, wegen der entsetzlichen -Stürme erst vor acht Tagen hier anlangte. So schlimm diese Nachricht -an und für sich lautete, so sehr durfte ich nun froh sein, daß ich -über das böse Wetter in Jaffa verblieb. Ich war doch auf festem Boden -und unter trockenem Obdache, und, wenn man so sagen will, auch bei -trockenen Mönchen. - -Rhodos sprach mich sogleich freundlich an. Ich brachte Gott meinen Dank -dar, daß ich den häßlichen Städten Palästinens entronnen war. Die Stadt -nebst den einen Büchsenschuß abliegenden, städtisch gebauten Dörfern -ist von nicht ganz unbedeutender Größe, und steht dem Umfange nach dem -schweizerischen St. Gallen nicht nach. - -Die Häuser, mit meistens platten Dächern, sind ziemlich hoch, ihre -Mauern gerade, davon manche mit Kalk übertüncht. Die Vorderseite vieler -Wohnungen, gleich über den Pforten, schmücken die Wappen der alten -Johanniter. Man freut sich hier ordentlich wieder der Glasfenster, -von denen Wohnlichkeit entgegenglänzt. Die Kamine ragen als kleine -Thürmchen hinauf, die eine Pyramidenspitze und auf dieser etwas -Spießartiges tragen. Mehr, als neun runde, dünne Moscheethürme steigen -empor, und, Abends beleuchtet, goßen sie goldene Säulen über den -schwarzen Wasserspiegel des Hafens bis zum -- vergangenen Riesenbilde. - - +Anmerkung.+ Bekanntlich soll als eines von den sieben Wundern - der alten Welt eine eherne Riesensäule des +Helios Phöbus+ am - Eingange des Hafens gestanden und als Leuchtthurm gedient haben. - Dieser Koloß, woher die Rhodier Kolosser genannt wurden, war - nach +Plinius+ siebenzig, nach Andern achtzig Ellen hoch; allein - sechsundfünfzig Jahre nach der Aufstellung des Riesen stürzte der - Stolz menschlicher Unternehmungen durch ein Erdbeben zusammen. So - baut der Mensch mit Zuversicht in die Gegenwart, damit die Nachwelt - staune, doch weniger über seine größten Werke, als vielmehr über - das Wunder, womit eine andere Hand, als die seinige die Zukunft - leitet. Noch die Trümmer wurden bewundert. Wenige vermochten den - Daumen des Riesenbildes mit den Armen zu umspannen. Die Trümmer - blieben bis zum Jahre 656 n. Chr., da sie an einen jüdischen - Handelsmann verkauft wurden, welcher damit neunhundert Kameele - belud. - -Die Gassen sind enge und krumm. Ueber denselben wölbt sich an manchen -Stellen von einer Häuserreihe zur andern eine schmale Bogenbrücke, jene -zu verbinden, und so eher den Schaden der Erdbeben zu verhüten, die, -wie sie in den alten Zeiten, z. B. beim Sturze der Riesensäule, ihre -Stärke durch Verheerungen ankündigten, so bis auf den heutigen Tag von -den Rhodiern gefürchtet werden. - -Der Kai ergötzte mich mit seinem feinen Straßenpflaster, das überhaupt -in der Stadt sehr schön ist, selbst mit seinen wohlgemeinten Zierereien -nicht überall in den Hauptstädten Europens Nebenbuhler findet. Es -drängt sich das schneidende Gegentheil auf: In Syrien die elendesten -Gassen, in Rhodos reine und zierliche. Die Pflaster sind wohl eine der -Hauptzierden und ein Ehrenpunkt bei den Rhodiern. Man betritt sogar -hübsch gepflasterte Landwege. Man hat Ursache, das Lob, das +Salomo -Schweigger+ vor drittehalb Jahrhunderten dem Pflaster spendete, -vollkommen zu bestätigen. Die Bassar sind schön, gewiß schöner, als -viele der unsrigen, aber nicht sehr belebt. In einigen Gassen frohlockt -als ein Siegeszeichen der Christenfeinde eine Gruppe sehr großer -Steinkugeln, die von den türkischen Erobern hereingeschleudert worden. - -Die Stadt wird von einer mehrfachen Mauer und einem doppelten -Wallgraben umzingelt. An den sehr starken Thoren, wie an andern Theilen -des Festungswerkes, sind die Spuren der alten christlichen Machthaber, -der Johanniter-Ritter, noch nicht ausgelöscht. So erblickt man über den -Thoren Kreuze, welche den Verehrern des Halbmondes wenig Anstößiges -darzubieten schienen. Wie bald würden manche Christen Mond und Sterne -zerstören, sobald sie ein Mond- und Sternland unter ihre Botmäßigkeit -gebracht hätten. Ich sah über einem Thore, selbst in halb erhabener -Arbeit, das Bild eines Mannes, wenn ich nicht irre, des Apostels -+Paulus+. Ich verwunderte mich um so lebhafter darüber, als bekanntlich -sonst der Islam die Erzeugnisse der bildenden Künste nicht duldet. - -In und bei der Stadt bewegen sich mehrere Windmühlen; eine neben einer -großen, in den Felsen geteuften uralten Zisterne. - - -Das Leichenfeld. - -Rings um die Stadt von Meer zu Meer streicht der Leichenacker. Den -Leichen räumen die Mohammetaner ungemein viel Feld ein, weil sie -ungerne ein altes Grab ruhestörerisch aufzubrechen scheinen. Das -steppenartige Weichbild bewirkt daher wegen der vielen Steine einen -unangenehmen Eindruck. Es würde dieser allenfalls leidlich gemildert, -wenn die Grabsteine, wie die Gebäude, zu Rathe gehalten und vom -Zerfalle gerettet würden; allein deswillen ladet man keine Sorge sich -auf. Der eine Leichenstein steht gerade aufrecht und schön erhalten -mit einem wohlausgehauenen und hohen Turbane, der andere ist halb, -der dritte ganz umgestürzt, ein vierter zertrümmert, und zwischen -den in frommer Erinnerung an die Verstorbenen gesetzten Zeichen -lockt wucherndes Gras das Vieh zur Weidung daher. Soll in der wilden -Zerfallenheit der Grabmäler etwa das Sinnbild sich abspiegeln, daß eben -noch hinfälliger und vergänglicher die Hülle des Menschen sei, als -der fallende und zerbrechliche Stein? Eine solche Betrachtung dürfte -indessen über dem Gesichtskreise des gemeinen Muselmannes hinausliegen. -Auch die Kinder, mehr oder minder der Wiederhall der Erwachsenen, -beweisen, wie wenig man sich um die Leichensteine bekümmere. Zwei Buben -warfen nach einem Ziele, und dieses war ein Turban auf dem Grabe. Es -wäre schade, wenn die Menschen nicht stürben; sonst könnten die Rosse -nicht nach Lust in den Todtenkammern zu Alexandrien ein Freudenlied -wiehern, noch die Rhodier-Buben die Turbane der Gräber zur Zielscheibe -der Vergnügungen nehmen. - -Im Uebrigen wird in Rhodos für die Stiftung von Grabmälern weit -mehr gethan, als in Jaffa, von dessen Leichenacker man das Auge am -liebsten wegwendet, weil es darin vergebens sich erbauen würde; in -Joppe sogar zerschneidet die Grabhügel ein Weg, als ein gepflasterter -da, wo Denksteine mit Füßen getreten werden. In Rhodos gibt es auch, -mitten im großen Leichenfelde, mehrere kleinere Leichenhöfe, in deren -Einfangsmauer an der Außenseite dreieckige Ziegelbröckchen eingesprengt -sind. - -Das heilige Feld (~Campo Santo~) erhält das Andenken der einst für den -Schiffsbau im Dienste des Großherrn gestandenen Schweden. - - -Die Bewohner; das lateinische Hospiz; ein Knabenspiel; große Hähne. - -Die Bewohner zeichnen sich durch Schönheit aus. Ich begegnete -auffallend hübschen Frauenzimmern. Die Griechinnen verschleierten sich -vor mir nicht; sie sollen sich jedoch vor dem Mohammetaner verhüllen. -Es mag ersprießlich sein, daß die Schwärmerei den Gesichtsschleier -befängt. Hinwieder sind die Türkinnen um kein Haar besser. Ich ging -durch eine Gasse, worin mohammetanische Weiber einen kleinen Kreis, -wie es schien, zu Disputirübungen bildeten; ein großer Knabe daneben -ergriff ängstlich und lärmend sogleich den Schleier eines Weibes, um -dessen Gesicht vor mir zu verbergen. Ich brach in Lachen aus, und -kehrte den närrischen Leuten den Rücken. In der höflichern Manier ist -der Rücken der abendländische Schleier des Gesichtes. - -Nunmehr in dem Lande, wo der Sultan unmittelbarer herrscht, -durchmusterte ich mit Verwunderung die Kleidung des Militärs. Sieht man -einen Theil desselben, so glaubt man sich kaum mehr unter den Türken. -Auch gibt es, außer den Kriegsleuten, nicht wenig fränkisch gekleidete -Personen, und da ich in Syrien von den Weltneuigkeiten beinahe ganz -abgeschieden war, so lebte ich gleichsam neu auf, als ich wieder so -Manches erfuhr; denn Rhodos zählt immer eine beträchtliche Anzahl -Schiffe in seinen Häfen, weil es die Straße von Konstantinopel und -Smyrna nach Alexandrien und aufwärts nach der ganzen Küste bis hin zu -dem gegenüber Himmel und Meer trennenden Streifen Natoliens berührt, -und weil viele Schiffe vor der Insel sich mit frischem Mundvorrathe -versehen, letzteres um so gewisser, als die Lebensmittel in sehr -billigem Preise stehen. Ich bekam für zwei Kreuzer so viel Pomeranzen, -daß ich geflissentlich kleinere auslas, um sie in den Taschen bequem -tragen zu können. Eine kleine Maß (Ocke) vortrefflicher Wein kostet -sechs Kreuzer R. W. Leute, wie die Bewohner dieses Landes, die sich -besser ausfinden, wissen ihn noch um die Hälfte wohlfeiler zu kaufen. -Eine Ocke Honig kostet sechszig bis achtzig Para (12 bis 16 Kreuzer). -Nur das Brot ist theuer und schlecht; denn der Pascha, welcher sich -mit Alleinhandel befaßt, zog die Bäckereien an sich. Sollte man etwa -bedauern, daß nicht auch die höhern und edlern Güter des Menschen in -den Bereich des Handels, des Alleinhandels fallen? Gewaltige der Erde -fänden doch eine viel mächtigere Quelle zu Vermehrung ihrer Schätze, -und ohne Widerrede wäre es für einzelne Begüterte ein herrlicher -Gewinn, wenn sie auf dem Ruhepolster das, worüber sie noch nicht -verfügten, nämlich einen hellern Verstand und ein lautereres Gemüth, -durch Geld sich aneignen könnten. - -Die Konsuln wohnen in einem griechischen Dorfe gegen West außerhalb der -Stadt. In demselben besitzen die Lateiner auch ein Hospiz, welches von -zwei Patres bedient wird. Die lateinische Gemeinde ist etwa 120 Seelen -stark. Der eine Pater, ein gar freundlicher und gefälliger Mann, zeigte -mir in der Kirche ein Frauenbild von gehauenem und gemaltem Marmor, -welches sehr alt sein soll. Der Pater erzählte: In einem Grundstücke -des Eilandes ward von einem Sklaven umgegraben. Da vernahm dieser eine -Stimme: „Laß mich gehen.“ Als er tiefer drang, stieß er auf etwas -Hartes, und siehe, es war ein Frauenbild, ein sehr wunderthätiges -(~molto miracolosa~). - -Griechische Knaben belustigten sich, indem sie unter scherzenden -Bewegungen über den Weg sangen, und türkische --, indem sie spielten. -Diese übten sich in einem Spiele, welches einem in der Schweiz unter -verschiedenen Namen bekannten durchaus ähnelt. Ein Knabe stellt sich -vorne, der andere hinten. Der vordere setzt ein Pflöckchen vor eine -Grube, in welche er ein kleines Stäbchen steckt. Treibt er dieses nach -vornen und aufwärts, so fliegt das von ihm getroffene Pflöckchen gegen -den hintern Knaben. Wenn der letztere mit der Hand das noch fliegende -Pflöckchen erhaschen kann, so ist der vordere besiegt, und beide -wechseln ihre Rollen; wo nicht, so wirft der hintere nach der Grube. -Bleibt das Pflöckchen in einer gewissen Nähe von derselben liegen, so -ist es Gewinn; kommt es nicht nahe genug, so schlägt der vordere Knabe -mit einem Stäbchen darauf, damit es aufhüpfe, und damit er es sodann -im Fluge -- fortschlage. Fliegt das Pflöckchen jetzt nur so weit, daß -der hintere Knabe die Grube von jenem an erspringen kann, so ist er -verloren, sonst aber nicht. Gleichermaßen darf der vordere Knabe nur -bestimmte Male auf das Pflöckchen schlagen, um es flügge zu machen. -Schlägt er diese Male erfolglos, so ist er überwunden. Ich möchte den -Alterthumsforscher mit nichten tadeln, wenn er sogar Staub und Moder -ausbeutet; er darf aber auch mir nicht verargen, wenn ich in manchen -Kinderspielen nichts minder, als Kinderspiele für den Freund der alten -Welt erblicke. Ueberlieferungen von Munde zu Munde können sich so rein -bewahren, als Ueberbleibsel von Werken der Menschenhand. - -Es würde der, im Vergleiche selbst mit palästinischen, auffallend -großen Hähne keine Erwähnung geschehen, wenn nicht schon die Alten die -großen und streithaften Hähne von Rhodos gepriesen hätten. - - -Der Abend im Schiffsraume. - -Man führte mich in ein jüdisches Haus, wo ein ausnehmend guter Wein -ausgeschenkt werde. Ich kaufte einen großen Krug mit herrlichem rothen -Rhodier. - -Der Rhodier-Wein, zu meinen Füßen gestellt, schwänkt mir den Zwieback. -Der Krug mahnt mich an die Weinkrüge, welche untreue Weiber oder -Mägde in irgend einen Winkel verbergen, um daraus gelegentlich Muth -zu Verblendung der Männer oder Meister zu schöpfen. Ich sitze auf -Wrack, einer niedrigen Windenscheibe, die mit einem großen Damenbrete -ausgemalt war. Unter mir breitet sich ein Strohteppich aus, neben mir -das Bett mit einer Pomeranze darauf, damit sie den Wein mir kühle, --- dann meine Habseligkeiten, vor allen der Spender des Segens, der -Brotkorb. Gegenüber lagert der unsäuberliche Jude mit einem Graubarte, -der schmutzig auf die Brust herunterkräuselt. Nahe über ihm steht eine -Katze, deren Augen von der Begierde nach Beute glänzen. Würde der -lauernde Vierfüßer ein wenig abwärts gerückt sein, -- der Judenkopf -wäre das segelnde Schiff unter der ehernen Riesensäule der -- Katze -gewesen. Der Mann des Hebrons schläft fest und schnarcht, daß die -Nasenflügel zittern wie Espenlaub. Vielleicht hörte das hebräische -Schnarchen selbst der Maure, welcher, voll Freude über das eingetretene -mohammetanische Jubelfest (das große Beiram), in der Stadt sich gütlich -that, und einmal eine ganze Nacht im Kaffeehause zubrachte. So hängt -man gemeinhin an die Fasten ein Gegengewicht: Man enthält sich kürzer -oder länger, mehr oder minder der Speisen und Getränke, man sammelt die -Eßlust, und man leert nach der Hand um so leckerer größere Schüsseln -und Becher. Bloß drei Fuß über der Schiffsladung von Sesam hängt vom -Verdecke ein Laternchen herunter, welches die Höhle erleuchtet. - -All’ diese Armseligkeiten betrachtend, bin ich doch zufrieden, und -nun blicke ich durch die Oeffnung des Verdeckes gen Himmel zu Gott -empor, dem ich mit gerührter Seele meinen Dank für die goldene Gabe der -Gesundheit darbringe. Sie war mehrmals auf der Neige, und ich lernte -sie schätzen, die mich von so manchem Joche befreite; unbesorgt genieße -ich jetzt die frische Luft der Nacht, die grünen Früchte des Südens und -seine glühenden Weine. - - -Spaziergang gegen Trianda. - -Mich gelüstete, eine griechische Dorfschaft in einiger Entfernung von -der Stadt zu besehen. Ich erstieg zuerst den Hügel gleich über Rhodos; -der Weg durchstach einmal einen Felsen. Jener soll heute +Smiths+ Höhe -heißen, weil der englische Admiral +Sidney Smith+ auf demselben wohnte, -ehe seine Flotte nach Egypten absegelte. Auf der Höhe eröffnet sich die -köstliche Aussicht über die Stadt und einen Theil der Insel, auf andere -Eiländer und an die Küste des alten Karien. Von den schneebedeckten, -kühn in den blauen Aether tauchenden Ausläufern des Taurus schwang sich -mein Gedanke beinahe unwillkührlich in die Gegend des Bodensees; denn -das Meer, in engen Schranken zwischen Kleinasien und den Eiländern, -glich einem See. Ich ging sofort eine Strecke weit auf dem Scheitel -des Hügels, und lenkte dann rechts hinunter zum Meeresstrande, wo mir -mehrere Marktleute mit Eseln und Maulthieren begegneten; Kameele traf -ich nicht. Vor dem Siechenhause (~casa dei leprosi~) saßen einige -Menschen, die bettelnd ihre Hand schüsselförmig hervorstreckten; -eben ruhte auf ihren Gesichtern die erwärmende Sonne, von dem kalten -Nordwinde sich erholend. Eine starke Stunde im Westen von Rhodos liegt -eine sehr weitläufig gebaute Dorfschaft mit fest gemauerten Häusern, -die in Höfe eingesperrt sind. Eine Menge Oelbäume trägt dazu bei, daß -die Häuser noch mehr in der Verborgenheit erscheinen. Die alte Stadt -Rhodos soll in der bedeutenden Länge vom Vorgebirge Bovo, dem gleich -nördlich die neue Stadt Rhodos sich anschließt, die nach Trianda sich -ausgedehnt haben. - -Die Männer auf dem Lande waren mit einem Turbane bedeckt. Die meisten -von denjenigen, welche an mir vorübergingen, hatten eine wilde, -unfreundliche Miene. Ein Mann, der viele Jahre auf der Insel verlebte, -versicherte mich, daß die rhodischen Griechen durchaus wackere Leute -seien, und daß man unter ihnen völlig sicher reise, bei Tag und Nacht, -über Berg und Thal. Nach dem Aeussern würde ich in der That ein -ungünstiges Urtheil gefällt haben. Damit nicht dem Irrthume der Fang -gelinge, soll Niemand verkündigen, daß er Fische gefangen habe, sobald -er die Schwere des Netzes in der Tiefe des trüben Wassers verspürt, -sondern erst dann, wenn er die Fische fühlt oder sieht. - -Auf dem Rückwege, immer am Meere vorbei, hörte ich, seit ich Triest -verlassen habe, wieder zum ersten Male einen Brunnen plätschern, zum -ersten Male sah ich wieder den lautern Wasserstrahl mit den Perlen -scherzen. Man nennt die Insel sehr reich an Brunnquellen, welche auf -wohlthätige Weise in der wolkenlosen oder wolkenarmen Jahreszeit die -Stelle des Regens übernehmen, um, durch die Hand des berechnenden -Landmannes geleitet, das Feld zu berieseln und zu befruchten. - - -Nach Konstantinopel, Triest und heim. - -Wir gingen am 20. Jenner schon unter Segel; allein ein heftiger -Gegenwind jagte uns gegen die nun öden Feuerschlünde zurück, die zu -Ehren des Beiram so laut gedonnert haben, er verbannte uns in den -Hafen von Rhodos. Ich benützte diesmal die Zeit, meinen Reisepaß bei -dem österreichischen Konsul, Herrn +Giulianich+, unterschreiben zu -lassen. Die Hausfrau ist eine Deutsche, und mit einem innigen Vergnügen -sprach ich wieder einmal mit deutscher Zunge. Die freundliche Aufnahme -im Schoße einer europäisch gebildeten Familie erquickte mich wie ein -Frühlingslüftchen. - -Die Rückreise über Konstantinopel werde ich nicht ausführlich -schildern. Die Sehnsucht nach dem Abendlande, wirkliche Reisesattheit, -ungewöhnlich ungünstige Umstände machten mich nachlässiger im -Beobachten und im Aufzeichnen des Beobachteten, obschon ich mein -Tagebuch fortsetzte. - -Am 24. Jenner steuerten wir endlich von Rhodos weg. Links erhoben -sich die Sporaden, rechts bald das Vorgebirge Krio (Knidus der Alten) -und linker Hand vorwärts die Insel +Kos+. Mit ehrfurchtsvollen -Erinnerungen heftete ich auf dieselbe meinen Blick; denn Kos ist -das Geburtsland von +Hippokrates+. An der Morgenseite spielte das -Halbgrün der Weiden bis an den Gipfel des Berges in der Sonne, -welche von Karien lieblich herüberleuchtete. Wie vor Jahrtausenden -kreiset noch die gleiche Sonne, noch umschweben das gleiche Land die -Lüfte, noch bespülen das gleiche die Fluthen des Meeres, ach, muß -es denn unabänderlicher Wille sein, daß der gleiche Sterbliche dort -nicht umherwandle, und lehre, wie Andere, gleich ihm, die Krone der -Unsterblichkeit verdienen? Der Theil der Morgenseite, welcher, gegen -Mitternacht, völlig in die Nähe trat, war unbewohnt. Als wir umbogen, -kam die Stadt +Kos+ zum Vorscheine, großartig in der Schminke der -Ferne. Die Thürme trugen sich schlank über den Moscheedom, und die -vielen weißen Landhäuser verliehen dem schönen Landschaftsbilde einen -besondern Reiz. Nahe der Stadt belebten die Küste mehrere Windmühlen, -auf welche das Schloß Putrun (das alte Halikarnaß) von Kleinasien -herabschaute. Eben trieb ein Kahn die Meerstraße querein, schief in -den Wind, gegen Kos. Ich beneidete die Leute in dem Fahrzeuge, in -das ich hätte hinüberhüpfen mögen, um in die gefeierte Stadt der -Aerzte zu wallfahrten; ich zürnte dem Winde, vor dem unsere Segel so -bereitwillig sich blähten, damit mein Auge an dem Lande der Koer um so -minder sich weiden könne. Es ist wohl verzeihlich, wenn ein Arzt, vor -der Insel Kos vom Strome seiner Gefühle hingerissen, die Fesseln der -Kürze in der Beschreibung ausnahmsweise abwirft. - -Wir segelten vorüber an den Inseln Kalmino (Kalymna), Leros und -Pathmos, Samos und Ikaria (Nikarie) nach Tschesme, wo ich mich mit -dem Hauptmanne +Bagsîno+ über die Mitfahrt nach Konstantinopel -verständigte. Chios lag herrlich vor den Blicken und nahe; ringsum -Ionier-Land. In Tschesme wechselte ich ein freundlich Wort mit dem -wackern österreichischen Konsul. Ipsara, Metelino, (das alte Lesbos); -das sigrische Vorgebirge doublirt; Blitz und Donner begleitete den -Regen auf dem ägäischen Meere vor +Tenedos+ (Bogdscha), gegenüber -von Troas. Ich setzte meinen Fuß auf den Boden dieses Eilandes. Der -thrazische Chersonesus gewährte wieder den ersten Anblick Europens; -die Dardanellen (Hellespont), ihre Schlösser; die Flüsse Simois und -Rhodius; Abydos und Gallipolis; wir ankerten vor dem asiatischen -Dorfe Kamares, dem Lande der Mysier; dann schwamm unser Fahrzeug im -Marmarameere (Propontis) an der Marmarainsel (Prokonnesus) vorüber. -Donnerstags den 4. Hornung Morgens liefen wir beim Mondesscheine in -den Bospor und, vorbei an Skutari, mit Tagesanbruch in den Hafen von -+Konstantinopel+ (Stambul). +Einzig war das Schauspiel.+ In der großen -Kaiserstadt, welche meine nicht geringen Erwartungen sogar überbot, -weilte ich bis zum 17. Hornung. Auf dem Dampfschiffe reiste ich ab; -der Olympus thronte vor den Augen; es entzückte mich die Fahrt längs -des trojischen Feldes, vor dem Kap Baba (~promontorium Lectum~), -neben dem Ida, zwischen Lesbos und Äolien; und deutlich sah ich die -Stadt Metelino (Mitylene). Spät Abends den 18. Hornung erreichten wir -den Hafen von Smyrna (Ismir). Mich durchströmte die seltene Freude, -einen Landsmann, Herrn +Sturzenegger+ von Trogen, so wie früher -in Konstantinopel einen andern Schweizer-Bürger, Herrn +Morelli+, -Handelsmann aus Bern, zu treffen. - -Am 23. Hornung reisete ich am Bord der Brigg Macacco, Kapitän -+Radonicich+, mit dem Sohne des österreichischen Konsuls in Rhodos -von Smyrna ab. Das Ankertau hielt uns später im Meerbusen, dessen -Hafen wir verlassen haben; wir fuhren durch die Seestraße von Chios; -zwischen den Inseln Tino (Tenos) und Mykone, zwischen Syra (Syros) und -Delos, zwischen Paros und Thermia (Cythnus), zwischen Serfo (Seriphus) -und Sifanto (Siphnus); ein Sturm zwang uns zurück gegen Hydrea vor -Argolis; vorwärts segelten wir dann gegen Cerigo -- rechts das Gebiet -der alten Spartaner, links die Cykladen -- und vorüber am Kap St. -Angelo (Vorgebirge Malea der alten Lakedemonier). Statt die Meerenge -nach der Bucht von Kolokythia (~Laconicus sinus~) zwischen Lakonien und -dem englischen Cerigo (Cythera) zu wählen, umsteuerten wir diese Insel; -dort das Kap Matapan (tänarische Vorgebirge) und das Mainagebirge -(Taygetus); die Küste von Messene (Navarin sehr deutlich); weiter -Zante, Cephalonia, Santa Maura, Antipaxos und Paxos; durch die Straße -der Insel Korfu und nahe der freundlichen Stadt gleichen Namens; zum -letzten Male erblickte ich einen Moscheethurm im Epirus; wegen eines -stürmischen Windes warfen wir die Anker aus im Hafen von Arcangelo der -Dalmazier. - -Dinstags den 15. Merz langte ich mit einem Herzen voll Wonne zu Triest -an. Schon waren die Bäume auf dem Felde mit ihrem Blüthenstrauße -geschmückt. Der jugendliche Lenz erwies mir die Gefälligkeit, das -harte, +vierzigtägige+ Gefängniß im Theresienlazarethe wenigstens -einigermaßen zu lindern. Unbeschreibliche Freude athmete meine Brust, -als ich mit dem neubesiegelten Freibriefe am 23. April aus der -Quarantäneanstalt trat. Ich berührte einige Städte Oberitaliens, in -denen die indische Cholera wüthete; in Tirol, +von Meran bis Mals -ging ich zu Fuß+; am 1. und 2. Mai +fuhr ich über Schnee+, selbst am -3. noch im Schlitten, und am 4. schüttelte ich, im vollen Besitze der -Gesundheit, zu Hause die Hand der Meinigen. - - -Anleitung zu der Pilgerfahrt nach Jerusalem. - -Es würden vielleicht mehr Abendländer nach Palästina pilgern, wenn -ihnen eine umfassende Anleitung zur Reise bekannt wäre. Ich will -trachten, dieselbe so zu geben, daß ich eine Antwort auf Fragen über -wesentliche Dinge nicht schuldig bleibe. - -+Was für polizeiliche Schriften werden erfordert?+ Um in der Türkei, in -Syrien und Egypten zu reisen, bedarf man keines Passes der herrschenden -Landesbehörde. Ein +Reisepaß+ aus der Heimath genügt, sofern er von -der Gesandtschaft desjenigen Staates beglaubigt ist, durch den man zu -wandern vorhat. In der Türkei, in Syrien und Egypten wendet der Pilgrim -sich an den Konsul, unter dessen Schutz er sich stellen will. - -+Wie versieht man sich am beßten in Beziehung auf die -Geldangelegenheiten?+ Außer dem Reisescheine ist denn freilich der Nerv -der Unternehmungen nöthig. Den Vorzug verdient ein Kreditschreiben -oder auch, an dessen Statt, mehrere Wechsel an Handelshäuser der -Hauptstädte, durch die man reiset. Es wäre aus einleuchtenden Gründen -unrathsam, viel Geld mitzuschleppen. Bis an den Ort, wo man sich -einschifft, weiß ein Jeder den Kurs des Geldes. Hier aber räth am -beßten das Handelshaus, an welches man addressirt ist. Zu meiner Zeit -kursirten in der Türkei, in Syrien und Egypten z. B. die levantischen -Thaler (~tallero~, österreichische Münze am Werthe von beiläufig 2 -Gl. 24 Kr. R. W.). Auch Goldmünzen gehen, als: die österreichischen -und holländischen Dukaten, die venezianische Zechine. Das ist -zuverlässig. Für Syrien nehme man bares Geld mit sich wegen der wenig -häufigen Geldgeschäfte mit diesem Lande und wegen vorauszusehender -Unannehmlichkeiten oder Schwierigkeiten, welche ein an ein syrisches -Haus addressirtes Kreditschreiben oder Wechsel verursachen könnte. -Bezieht man in Alexandrien oder sonst wo egyptische Münze, so läuft sie -in Syrien; von Konstantinopel gehen dort wenigstens die Silbermünzen, -z. B. die Beschlik (Fünfpiasterstücke). Faßt man die Sache fest und -klar auf, so wird man nicht leicht in Geldverlegenheit gerathen. Ich, -für meinen Theil, wählte am liebsten Goldmünzen, und verwahrte sie in -einem Papiere so, daß sie weder bemerkt, noch bei einiger Vorsicht -verloren werden konnten, noch auch im mindesten mich belästigten. - -+Mit welcher Sprache kommt man am beßten aus?+ Ich wiederhole, daß die -italienische schon seit Jahrhunderten die herrschende unter den Franken -im Morgenlande ist. - -+Welches ist der kürzeste und beßte Weg nach Jerusalem und wieder nach -Hause zurück?+ Ich rathe, zuerst nach Marseille, Livorno oder Triest -zu reisen. Letzterer Hafen dürfte der beachtenswertheste sein, weil -die Gelegenheiten zur Abfahrt sich häufiger darbieten, wenigstens -öfter, als in demjenigen von Livorno[12]. In Triest kann man manchmal -schon am Tage der Ankunft auf einem Segelschiffe abreisen, und selten -muß man nur eine Woche lang auf ein solches warten. Der gerade Weg -führte allerdings nach Jaffa; allein hieher findet man, meines -Wissens, keine, nach Beirut selten eine Gelegenheit, welche übrigens -schon deswillen vorzüglicher wäre, weil man eine Quarantäne ersparen -würde. Von Beirut nach Jaffa und umgekehrt sind in der regenfreien -Zeit, nach Versicherung des Konsuls +Damiani+, die Gelegenheiten, -wenigstens auf arabischen Fahrzeugen, häufig. Sonst schiffe man sich -nach Alexandrien in Egypten ein. Es mag auch dem Umstande, daß man -meist nur auf Umwegen zum Ziele gelangt, der seltene Besuch Jerusalems -durch die Abendländer zugeschrieben werden. +Der römische Hof+, in -manchen andern Dingen doch wohl über das Maß eifrig, +thut nichts oder -wenig zu stärkerer Bevölkerung der Hospizien im verheißenen Lande -und zu Belebung der Wallfahrt nach dem wichtigsten Wallfahrtsorte+, -und sie könnte nur so leicht, zum mindesten alle Jahre einmal, auf -eigene Rechnung ein Dampfschiff nach Jaffa ausrüsten, nachdem die -Gläubigen vom Orte und von der Zeit der Abreise gehörig in Kenntniß -gesetzt worden wären. Oder warum sorgt in unserm unternehmenden -Zeitalter nicht eine Dampfschiffahrtsgesellschaft, wie diejenige in -Triest, +einmal+ für eine +direkte+ Fahrt nach Jaffa? Wie angenehm -müßte es für Manche sein, wenn sie, selbst in der Mitte Deutschlands, -voraussagen könnten: In drei Wochen werde ich die Ostern in Jerusalem -feiern. Von Alexandrien nach Jaffa legte ich den Seeweg zwar nicht -zurück; allein nach einem Gewährsmanne, +Failoni+, segeln täglich -arabische, zwar nicht reinliche, aber sichere Küstenfahrer dahin -ab. Ich glaube auf das Wort; ich denke bloß hinzu: +außer der -Regenzeit+, da der Himmel heller ist, und sollte noch ein heftiger -Wind die Sicherheit bedrohen, so ersteuert der Küstenfahrer bald das -Land. Als ich +Failonis+ Angabe las, wurmten in mir zuerst manche -Bedenklichkeiten; die Worte +arabisch+, +Barke+, +Meer+ waren mir -anstößig, und ich würde mich einem arabischen Seemanne mit Widerwillen -und Besorgniß anvertraut haben: seit ich aber den nachgibigen Araber, -die bedachtsame Küstenfahrt und die stillere, bessere Jahreszeit, -theilweise aus eigener Erfahrung, kenne, so wollte ich mit einem -arabischen Küstenfahrer unbedenklich reisen. -- Von Jaffa erreicht man -bald Jerusalem. Dann kehre man nach Jaffa zurück. Hier miethe man sich -an Bord eines griechischen, nach Konstantinopel laufenden Schiffes. -Von Stambul bis Wien wird das Boot vom Dampfe getrieben. Ich überlasse -nun einem Jeglichen selbst, den Weg nach Hause zu suchen. An der -türkisch-österreichischen Grenze währt die Quarantäne kürzere Zeit, als -in Triest; auch soll sie nicht so theuer sein. Von Alexandrien nach -Jaffa fährt man mit und ohne Dragoman, mit einem solchen schon darum -angenehmer und bequemer, weil ihm zugleich auch das Geschäft eines -Koches übertragen wird. - -+Wann soll man die Reise antreten?+ Der Pilger will in Jerusalem ein -bedeutendes Fest feiern. An Ostern mögen bei 10,000 griechische -und armenische Pilgrime die Stadt besuchen, und wegen dieses Festes -warten Schiffe auf der Rhede von Jaffa, welche ihre Bestimmung nach -Konstantinopel haben. Darauf muß man durchaus das Augenmerk richten, -wenn man nicht gleichsam an Jaffa gefesselt sein will, wie +Andromeda+ -an die Felsen. Im Hornung oder Merz in die See zu stechen, darf -Niemanden bangen. Vor Korfu schon koset ein blauer Himmel, und der -Merz und April Palästinas, noch mehr des Egyptenlandes gehören zu der -warmen, regenfreien Jahreszeit, in welcher die Küstenfahrt gewöhnlich -mit keinen, selten mit einigen Gefahren kämpft. Ich ertheile den Rath, -die Reise, wo möglich, so zu veranstalten, daß man inmitten des Monates -Hornung die Seefahrt beginnt. - -+Wie lange dauert die Reise?+ Ich will nun die Dauer annähernd -berechnen, und lieber zu lang, als zu kurz. - - Von Triest nach Alexandrien 20 Tage. - Aufenthalt in Alexandrien 3 „ - Seefahrt von Alexandrien nach Jaffa 4 „ - Quarantäne in Jaffa 19 „ - Wanderung von Jaffa nach Jerusalem 2 „ - Aufenthalt in Jerusalem, den Ausflug nach - Bethlehem inbegriffen 8 „ - ~Nb.~ Kürze oder Länge des Aufenthalts - würde hauptsächlich vom Erwarten - des Festes bestimmt. - Zurück nach Jaffa 1 „ - ~Nb.~ Die Rückreise, auf der man sich - nicht, wie auf der Hinreise nach - Jerusalem, in Arimathia aufhält, wird - deswegen einen Tag kürzer angegeben, - als letztere. - Abwarten eines Schiffes 4 „ - Reise nach Konstantinopel 20 „ - Aufenthalt in Konstantinopel 14 „ - Wasserreise nach Wien mit Einschluß der - Quarantäne (kürzestens 30 Tage) 41 „ - ---------- - Zusammen 136 Tage. - -Man könnte bis Ende Brachmonates wieder zu Hause eintreffen, nach einer -Abwesenheit von etwa fünftehalb Monaten. - -+Wie lebt man?+ Man kauft in Triest zwei Leintücher, eine Wollendecke, -eine Matratze und ein Kissen: die Schiffsbettung, deren man, wenn -auch nicht auf dem Dampfschiffe, doch auf der Küstenfahrt nach Joppe -und später bedarf. In jenem Schiffe kann man auf eine Beköstigung -zählen, wie in einem Gasthofe. Alexandrien besitzt Wirthshäuser nach -fränkischer Einrichtung. Hier versehe man sich für die Fahrt nach -Jaffa mit Nahrungsmitteln, z. B. mit gewöhnlichem Brote (Zwieback -ist für die kleine Reise kaum nöthig), das acht Tage gut bleibt, mit -frischem Fleische, mit Hühnern, mit Reis, Kartoffeln, Zucker, Kaffee, -mit Zitronen und einer Flasche Aquavit, und man schaue vor der Abfahrt -besonders nach, ob der Rais süßes Wasser in gehöriger Menge gefaßt -habe. Ohnehin wird man nicht vergessen, eine kleine Kaffeekanne von -Weißblech, eine eiserne Kasserole (zum Kochen des Fleisches u. dgl.) -mit einem schüsselförmigen, als Teller dienenden Deckel, so wie -Messer, Gabel und Löffel, einen Becher und Holzkohlen zu kaufen. Es -gibt Araber, die sich so gerne auf Andere stützen, daß man wohl thut, -selbst an Salz und Feuerzeug sich nicht mangeln zu lassen. Nimmt man -gleich von Hause aus etwas mit, um wenigstens den Zucker, Kaffee und -Reis gehörig aufzubewahren, so wird man es nicht bereuen. Für den -Mundbedarf schafft man sich zugleich einen Korb nach egyptischer -Art an[13]. Im jüdischen Lande spricht man bei den Bewohnern der -Klöster oder Hospizien zu. In Jaffa trifft man zweifelsohne einen -+griechischen+ Schiffshauptmann; seine Kost ist eher schlecht. -Beköstiget man sich selbst, so lebt man besser und freier, während -man zugleich um ein Bedeutendes wohlfeiler durchkommt. Man kaufe also -einen Vorrath an Lebensmitteln etwa auf zwanzig Tage, Zwieback aber -etwa auf dreißig Tage, auf längere Zeit ja nicht, da die Griechen -bei schlimmer Witterung gerne in einen Hafen steuern, wo man wieder -frischen Mundbedarf aufkaufen kann. Beim Abschlusse der Uebereinkunft -mit dem Schiffshauptmanne muß das Kochen und das hiezu nöthige Holz -wohl bedungen werden. Wenn man sich recht deutlich erklärt, so ist -vom griechischen Hauptmanne, welcher wenig zu schreiben pflegt, ein -schriftlicher Aufsatz nicht geradezu erforderlich. Meine Uebereinkunft -mit dem Hydrioten geschah mündlich; ich schrieb sie bloß in meine -Brieftasche, worauf ich sie noch dem griechischen Konsul anzeigte. Zu -Konstantinopel, nämlich in Galata und Pera, laden den Reisenden, neben -einem ~ospizio della Terra Santa~, fränkische Wirthshäuser ein. Auf -allen Dampfschiffen sorgt die Küche für ein üppiges Leben. Ich müßte -eine recht saure Mühe mir aufbürden, wenn ich, nach dem Beispiele der -abendländischen Reisehandbücher, angeben sollte, welches das beßte -Wirthshaus in Wien sei. Der Ankömmling aus dem Lande des Aufganges -kennt mehr Genügsamkeit. - -+Wie viel kostet die Reise?+ Es wäre leicht, zu antworten, würden -nur die Preise zu verschiedenen Zeiten nicht schwanken. So waren -die Lebensmittel zu meiner Zeit in Jaffa mindestens um ein Drittel -kostspieliger, als vor der Besetzung Palästinas mit egyptischen -Truppen. Und davon abgesehen, läßt sich der Voranschlag der Kosten -nur beiläufig bestimmen. Wer gesonnen ist, den Reiseplan geradenweges -zu verfolgen, und nirgends sich längere Zeit aufzuhalten, wer weder -wissenschaftliche Forschungen anstellen, noch durch großen Aufwand -Aufsehen erregen will, immer und überall aber für die Gesundheit, -als eine unschätzbare Juwele, Sorge trägt, und in steter Rücksicht -auf dieselbe die verschiedenartigen Vergnügungen der Reise genießt: -der wird diese mit 600 Gl. R. W. bestreiten können. Es fiele nicht -schwer, in die Einzelnheiten einzugehen. Jeder, welcher die Reise zu -unternehmen Willens ist, wird übrigens leichter durch Erfahrung das -Nähere finden, als durch die Uebung des Gedächtnisses in Angaben aus -dem todten Munde eines Buches. - - - - -Schlußbetrachtungen. - - -Hier an meinem Ziele, wo ein weites Feld von Rückerinnerungen sich -schließt, kann ich nicht umhin, darüber Rechenschaft abzulegen, +wie+ -ich die Reise in den gegenwärtigen Blättern erzählte. - -Alles Wesentliche schrieb ich auf der Reise zwischen Triest und Afrika, -in Alexandrien und in Kairo, in El-Arysch und in Ramle, in Jerusalem -und in Jaffa, in Rhodos und Tschesme (auf dem Meere zwischen Ionien -und dem thrazischen Bospor, in Konstantinopel und in Smyrna, auf dem -Seewege nach Triest) und im Theresienlazarethe, am meisten jedoch in -Kairo, El-Arysch, Jaffa und Triest, und selten blieb ich in bedeutendem -Rückstande. Mit dieser Arbeit, ich gestehe es, raubte ich mir -manchen ruhigen Genuß; hingegen auch würzte ich damit, zu reichlicher -Vergeltung, viele Stunden, zumal von denjenigen, welche in den -Quarantäneanstalten vergingen. Im Garten bereitet man dem Rosenstrauche -ein Beetchen, und er treibt Blätter und Dornen; aber man pflanzt ihn -nicht wegen der Blätter und Dornen, sondern in der Hoffnung, daß mit -der Zeit noch duftende Blumen aufquellen, womit die Freude sich einen -Kranz winde. - -Ich fühle wohl, daß ich hätte zwei Dinge thun können: erstens -das Geschichtliche einweben, und zweitens mit Auszügen neuerer -Reisebeschreibungen meine ergänzen. Ich wollte weder das Eine, noch das -Andere; das Eine nicht, weil auf der Reise zur Seltenheit eine kleine -Garbe geerntet wird, sondern weil jeder Unterrichtete die Hauptsache am -Schreibpulte ausbeuten kann; das Andere nicht, weil ich die Rolle eines -Plünderers verabscheue, und weil ich vermuthe, daß Manche ebenso gerne -einen Rundreisenden begleiten, als den Zusammenstoppeler und Erklärer -inmitten eines Bücherhaufens. Ich behaupte zwar nicht, daß ich die eben -bezeichnete Bahn aufs allerstrengste verfolgte, ohne ausnahmsweise in -einen Seitenweg abzuweichen, indem ich glaubte, wenigstens einige, -vielleicht nicht mit Gebühr gewürdigte Männer des sechszehnten -und siebenzehnten Jahrhundertes, wie sie mir gerade in meiner -literarischen Einsamkeit begegneten, in diesen Sprechsaal einladen zu -dürfen[14]. - -Als Lustreisender hätte ich denn auch nicht dem Schulzwange gehorchen -mögen, um ein Ebenmaß zu beobachten. Bald ernst, bald scherzhaft, jetzt -ausführlich und vielleicht gar gedehnt, dann kurz und abgebrochen, --- so schrieb ich je nach meinen Lagen und Launen. Das Wanderbuch -ist ein Spiegel verschiedener Gemüthsstimmungen. Wie sollte ich nun -am Ende meiner Fahrten, etwa zu Gunsten untergeordneter Rücksichten, -das Tagebuch anders zuschneiden, damit das Bild meines Reiselebens -erbleiche? Es wäre ein wenig zu hart, wenn man stets nach den Geboten -der Schule leben müßte, wie der Karthäuser nach seiner Klosterregel. - -Nicht die Städte der Welt sind das Ziel einer Reise, sondern die -Wahrheit. Mit Andern will ich in nichts wetteifern, als in dem -aufrichtigen Streben, der Wahrheit zu dienen. Das letzte Reiseziel -aber ist viel schwieriger zu erreichen, als Alexandrien und Kairo, -Jerusalem und Bethlehem. Man gibt wieder, was ein Eingeborener oder -ein schon längere Zeit im Morgenlande weilender Franke erzählte; -allein es hält nicht immer leicht, den rechten Mann zu finden. Man ist -das Werkzeug der öffentlichen Meinung unter den Franken; allein man -kann die Ansichten Einzelner mit derselben verwechseln. Man verfaßt -es in Schrift, was man selbst durch die Sinne wahrnahm; allein diese -werden gerne von Täuschungen getrübt. Mehrmals stellte ich mich vom -Schreibpulte aufmerksam auf die Gasse, auf daß ich dann wieder an jenem -die Feder sicherer handhabe. Um die körperlichen Eigenthümlichkeiten, -so wie die Tracht der Jerusalemer mit möglichster Genauigkeit zu -schildern, setzte ich mich im Bassar auf eine steinerne Bank, und -schrieb, von den Leuten ungestört, gleich nieder, was mein Auge -erspähte. Wenn ich auch nicht die leiseste Neigung hege, den Zweifel -deshalb mundtodt zu erklären, so brachte ich nun einmal, was ich -vermochte, treulich und ohne Gefährde. - -Nützt meine Reisebeschreibung Niemanden, so nützte sie doch mir, mehr -aber noch die Reise selbst. Als Wanderer lernte ich Welt und Menschen -an einem größeren Maßstabe kennen. - -Oft beschmollte ich unsern Schnee, und träumte mich mit Wonnegefühl -unter einen lindern, lachenden Himmel. Ich konnte im Egyptenlande -während des Wintermonats ahnen, welche Gluth die Sonne des Sommers -auf dasselbe aussprühe. Uebrigens frieren die Leute im Winter auch -an andern Orten, wie in dem gar sommerheißen Konstantinopel, obschon -kürzere Zeit, ohne daß sie durchgängig die bequemen Heizeinrichtungen -besitzen, die uns, den von Eis Umringten, jenen lieblichen künstlichen -Sommer in die Stube zaubern. Wahrlich, wir stehen nicht schlimmer. - -Ich sah jenseit des Mittelmeeres fruchtbarere Gegenden, als in der -Schweiz und in Teutschland, als selbst in Frankreich und Italien. -Was frommt jedoch dem Bauer die Ergibigkeit der Fluren, wenn er die -Bodenerzeugnisse zusammt dem daran klebenden Schweiße dem Machthaber -unter die Füße legen muß? Ich sah aber auch viel unfruchtbarere -Gegenden, wie in der Nähe von Jerusalem, wo die Menschen Zähne haben -müßten, um die Steine zu zermalmen, einen Magen, um sie zu verdauen, -eine Werkstätte, um sie in Blut zu verwandeln, falls jene in +der+ -Nacktheit ihnen viel nützlicher werden sollten. Wir stehen nicht -schlimmer mit unsern grünen Hochweiden, vor denen viele Berge Syriens -und Kleinasiens, Thraziens und des peloponnesischen Archipels ihre -Häupter ehrerbietig senken würden. - -Ich traf tugendsame Menschen, aber auch den schlimmen, den feigen -Araber, den schlauen, den treulosen Griechen. Bei uns versüßen mein -Leben viel wackere Leute, die zugleich die Träger einer umfassenderen -Bildung und Weltaufklärung sind, nicht zu gedenken, daß ich durch die -Bande der Sprache, wie der Sitten, der Religion, wie des Vaterlandes -und, ich will noch beifügen, der Vorurtheile an sie geknüpft bin. Und -wer möchte vom Bande der Familie schweigen? Wir stehen einmal nicht -schlimmer. - -Ich reisete durch gesunde Gegenden, so Jaffa und Gaza in der pestfreien -Zeit, aber auch durch solche, welche, außer der Pest, noch von andern -schrecklichen Geißeln der Menschheit geplagt werden. Bei uns fallen -wohl zahlreiche Opfer der langsam tödtenden Schwindsucht, aber seit -Menschenaltern nimmermehr jenem Ungeheuer. Wir stehen in der That nicht -schlimmer. - -Nein, +wir stehen nicht schlimmer, aber besser+. Nichts trug zur -Aussöhnung mit den heimathlichen Verhältnissen williger bei, als meine -Reise und gerade diese mittlerweile gewonnene Wahrheit. Der Gedanke, -daß das Schicksal gegen uns mehr Milde erzeigt, als gegen die Einen, -hat jederzeit etwas Tröstliches, mag auch sonst ein herberes Schicksal -uns beugen, als Andere. Ich darf die volleste Zufriedenheit mit der -Entwerfung und Ausführung meines Reiseplanes ausdrücken. - -Soll ich nun Andern die gleiche Reise, insonderheit die Pilgerfahrt -nach Jerusalem, wie ich sie angab, rathen? Wem die Wanderlust beinahe -im gebieterischen Tone zuspricht, und wem gleichzeitig es nicht an -Mitteln ermangelt, dieselbe zu befriedigen, der trete die Reise an mit -heiterer Entschlossenheit. Wenn er einerseits freilich einen Kelch voll -Bitterkeiten an die Lippen setzt, wenn er vielleicht der Gefahr sich in -die offenen Arme stürzt; so werden ihm andererseits der angenehmsten -Augenblicke manche vergönnt, und mit einem güldenen Schatze neuer -Kenntnisse und Erfahrungen wird er sich bereichern. Geht auch ein -kleiner Weltschatz verlustig, dieser wird von den Kleinoden, welche man -für Kopf und Herz sammelt, weit aufgewogen. - -Ich bin kein Schwärmer. Ich möchte die Erneuerung der Kreuzzüge nach -dem jüdischen Lande nicht herbeiwünschen. Es taucht inzwischen aus -dem Meere der Weltereignisse die merkwürdige Erscheinung, daß die -meisten Gemüther der abendländischen Christen für Jerusalem in seiner -örtlichen Bedeutung gleichsam erstorben sind, und daß seit länger, denn -einem halben Jahrtausende kein zweiter +Petrus von Amiens+ sich erhob, -die Abendwelt für das gelobte Land zu entflammen. Der Mensch liebt -bisweilen die Hindernisse, um sich im Kampfe gegen sie zu messen. Je -zahlreicher dieselben aus dem Wege geräumt wurden, desto mehr lenkten -in der Folge die Abendländer ihre Aufmerksamkeit von Palästina ab. -Man möchte bereits beklagen, daß, nach Beseitigung aller Hindernisse, -nunmehr der Entschuldigung oder Beschönigung jede Ausflucht -abgeschnitten ist. - -Immerhin glaube ich, daß die Pilgerfahrt nicht nutzlos wäre für einen -Schriftgelehrten. Derjenige, welcher daheim in seinem Stübchen sich an -einer Beschreibung von Jerusalem schier preßhaft zerarbeitet, indem -er staubbedeckte Schriften gleichsam hungerig durchwühlt, und mit -mühsam erborgten Stellen das magere Buch kaum genug ausspicken kann, -würde doch nicht übel thun, wenn er hinginge, die Brust in Jerusalem -zu durchlüften, und das Auge auf der Wache Zions im Buche der Natur zu -erfrischen. - -Ich glaube nicht, daß die Pilgerfahrt nutzlos wäre für den Bibelfreund. -Sogar der beßte denkgläubige Christ kann die Bibel, zum wenigsten -ihren Einschlag örtlicher Beziehungen, weder mit der Klarheit und -Lebendigkeit der Vorstellungen, noch mit der Fülle und Tiefe der -Gefühle erfassen, wie der Pilgrim, welchem insbesondere das Lesen -der Urkunden einen Vollgenuß verheißen muß. Die unübertreffliche -Schilderung, wie jener fromme und treue Knecht zu +Rebekka+ kam, wie -die holdselige Jungfrau, mit ihrem Wassergefäße auf den Schultern, -heranschreitet, wie sie dem Ankömmlinge einen Trunk Wassers anbietet, -wie sie für seine Kameele aus dem Brunnen schöpft u. dgl. --, -solche Züge mögen Jedermann anmuthen; allein sie erregen wohl einen -ganz eigenthümlichen Eindruck im schauenden Pilger, welcher in der -seelenvollen Schilderung die heutigen Sitten des Morgenländers als eine -Verjüngung der alten bewundert. - -Auch glaube ich nicht, daß die Pilgerfahrt nutzlos wäre für manche -Mühselige und Beladene, Leichtsinnige und Welttrunkene. In Gaza weht -gesunde, eine milde, die herrlichste Luft. Dort und in Jaffa fühlte ich -mich, so zu sagen, noch einmal so leicht auf der Brust. Beide Städte -befällt die Lungenschwindsucht als eine große Seltenheit. Man darf -ebenfalls von der Seereise Heil erwarten, bei gehöriger Behutsamkeit, -z. B. vor dem Zuge des Windes. +Nach der Rückkehr ins Vaterland -stand meine Gesundheit auf besserem Fuße, als vor dem Anbeginne -der Reise.+ Beleuchten wir jetzt die andere Seite. Unsere gnädigen -Frauen und Fräulein, so wie ihre ergebenen Herren und Jünkerlein -unternehmen im Laufe der günstigeren Jahreszeit glänzende Badereisen -zu Wiederherstellung der Gesundheit, viele aber aus Lust zu einem -üppigeren Leben, zu Liebe und Spiel, zu Tafel und Tanz, und mehrere von -den üppig lebenden, liebenden und spielenden, tafel- und tanzfreudigen -Kurgästen wallfahrten vielleicht später reumüthig und bußfertig -nach einem winzigen Gnadenorte; nur wollen sie diesen Glanz ihres -Ueberflusses an irdischen Gütern und diesen Schatten ihrer Hoffnung -auf himmlische Schätze nicht nach ihrem Gnadenorte aller Gnadenorte, -nach Golgatha, tragen. Sei es, daß die gewöhnlichen Wallfahrten des -Abendländers, selbst im Schoße der Kirche, die sie anordnet, einen -übeln Klang haben, es will die Pilgerreise in ein so entferntes Land, -wie diejenige nach Jerusalem, wenigstens zum Theile von einem ganz -andern Standpunkte aus beurtheilt werden. Große Luftveränderungen sind -ein kräftiger Balsam für verzärtelte oder siechende Geschlechter; große -Wanderungen sind ein starker Hebel der Kultur und Zivilisazion. - - - - -Verbesserungen im zweiten Bande. - - - S. 50 Z. 1 von oben lies +in der Tiefe zwischen Moriah+ - +und Zion+; +jenseits+ am. - „ 64 „ 3 „ „ „ +wären+ für +waren+. - „ 80 „ 11 „ unten lösche das ; vor +weiter+. - „ 125 statt 152. - „ 156 Z. 4 von unten lies +heben+ für +haben+. - „ 159 „ 8 „ „ „ +heirathen+ für +heitathen+. - „ 161 „ 10 „ oben „ +schỏfe+ für +schṓfe+. - -Nicht sinnstörende Druckfehler (z. B. 1, 19 Schemmel st. +Schemel+, -1, 103 Letze st. +Letzte+, 1, 123 faullenzt st. +faulenzt+, 1, 181 -schlossen st. +schloßen+, 1, 211 pauckte st. +paukte+, 1, 303 Regen st. -+Regnen+, 2, 162 Montag st. +Montags+), insbesondere der Interpunkzion, -wenigstens im ersten Bande (z. B. S. 8, 26, 28), so wie auch die -Ungleichheit in der Rechtschreibung (z. B. +Kroazien+ neben +Kroatien+, -+lange Weile+ neben +Langeweile+, +Pfennige+ neben +Pfenninge+, +Bogen+ -neben +Bögen+, +Reiß+ neben +Reis+) wolle der Leser selbst verbessern. - - - - -Inhalt des ersten Bandes. - - - Seite - - Reise nach Triest 1. - - Mein Aufenthalt auf dem Eilande Lossin oder Ossero 10. - - Fahrt nach Alexandrien 25. - - - =Alexandrien.= - - Lage 58. - - Gebäude 59. - - Krankenhäuser 67. - - Auch das Observazionsspital oder die Observazionshütten 70. - - Die Katakomben und der Pferdestall 78. - - Die Nadeln der +Kleopatra+ und der Flohfänger 80. - - Die Pompejussäule und die Schandsäule 82. - - Die Nachgrabungen 85. - - Leute. Bevölkerung 88. - - Der Ritt zur Beschneidung 91. - - Primarschule 92. - - Die Zeichenschule 93. - - Weiberhändel 95. - - Geld und Geldnoth 97. - - Das Schiff der Wüste 99. - - Anleitung für den Reisenden 100. - - Die Nilfahrt nach Kairo 104. - - - =Kairo.= - - Lage der Stadt, Strich des Himmels und Gesundheitszustand - der Menschen 134. - - Die Stadt nach ihrer Bauart 140. - - Das Schloß, der Jussufsbrunnen und die Grabmale von - Kâyd-Bei 148. - - Das Militärkrankenhaus 155. - - Die Narrenmenagerie 157. - - Die Stadt der Einäugigen und der Blinden 162. - - Das öffentliche Bad 163. - - Wie die Egypzier im sechszehnten Jahrhundert die Bäder - gebrauchten 168. - - Der Sklavenmarkt 173. - - Das Katzenstift 177. - - Gärten 181. - - Die Esbekieh 183. - - Physiologischer und psychologischer Karakter der Einwohner 184. - - Tracht 194. - - Speisen und Getränke 198. - - Kaffeehäuser 204. - - Schneller Justizgang 208. - - Der egyptische Tanz 210. - - Der Brautzug 213. - - Der Leichenzug 216. - - Der Straßensänger 218. - - Der Versteigerer 219. - - Der Barbier 220. - - Der Lagerstellenmacher 221. - - Der Glaser 222. - - Der Schuhmacher 223. - - Der Töpferwaarenflicker 224. - - Die Missionarien 226. - - Die Renegaten 228. - - Müsterchen von Europäern in Egypten, oder ein Porträt - über Kairo aus Europa 230. - - Undank für treue Liebe 233. - - Unter österreichischer Protekzion 235. - - Meine Wohnung 236. - - Meine Nahrung und Getränke 238. - - Umgebung von Kairo: - - Todtenstadt el-Seydeh Omm Kâsim 242. - - Die Wasserleitung 244. - - Altkairo und das armenische Kloster 246. - - Das griechische Kloster und der Altar der h. Frau im - koptischen Kloster 247. - - Der Tempel +A’mrus+ 250. - - Der Garten +Ibrahim-Paschas+ und der Nilometer auf - der Insel Ruda 253. - - Ausflug nach Heliopolis und Abusabel 258. - - Geschichtlicher Rückflug nach Mattarieh 280. - - Abenteuerlicher Ritt nach den Pyramiden von Gizeh 281. - - Wegweiser in und um Kairo 295. - - Rückblick auf Kairo 297. - - Reise durch die Wüste nach El-Arysch 297. - - Die Quarantäne in El-Arysch 321. - - - - -Nützlichstes und wohlfeiles Geschenk für die Jugend. - - - Hand- und Hausbuch - für jeden Schweizer - und - zweckmäßigste Anleitung, - die Schweiz zu bereisen. - - -Bei +Orell+, +Füßli+ und +Comp.+ ist erschienen und durch alle -Buchhandlungen zu beziehen: - - Die zweite, umgearbeitete Ausgabe - der - - Erdkunde - der - Schweizerischen Eidgenossenschaft. - - Von - - Gerold Meyer von Knonau. - - 1ster Band. gr. 8. 872 Seiten, in Umschlag. - 1 Rthlr. 16 Gr. -- 2 fl. 30 kr. - -Der 2te Band, Schluß des Werkes, erscheint Ende Juni 1839. - -Herr +v. Meyer+ hat sich schon als Leiter der ausgezeichneten „+Gemälde -der Schweiz+“, die in 22 Bänden die Schweiz schildern sollen, und -als Verfasser der Schilderungen der Kantone Zürich und Schwyz einen -bleibenden Ruf gesichert. - - - - -FUSSNOTEN: - -[1] Es kam später ein Engländer von Jerusalem über die reißenden -Waldströme des Gebirges Juda mit Lebensgefahr nach Jaffa, und er -erzählte mir, daß in jener Stadt ein knietiefer Schnee sich legte, -welcher ihm den Besuch mancher Stellen erschwerte. - -[2] +Markus+ 15 K. 46 V. Es scheint diese Stelle für ein senkrecht -eingehauenes Felsengrab zu sprechen, während andere Stellen und die -drei übrigen Evangelisten nicht eigentlich dagegen aussagen. Man bückte -sich, um genauer nachzusehen, und man ging ins Grab. Man würde heute -noch in ein gewöhnliches Grab steigen, wenn ein Leichnam fehlte, um -sich der erstaunlichen Erscheinung recht zu vergewissern. - -[3] Es macht mir Mühe, alles Obige stehen zu lassen. Nicht lange -nach meiner Abreise, nämlich am Vorabende der Weihnachten, starb der -liebens- und ehrwürdige Greis. - -[4] Zu einem Theile davon führte er mich in Begleitung eines -eingebornen Ortskundigen. - -[5] Das Wadengeschwür, welches in Folge dieses Rittes über das Gebirge -entstand, heilte erst nach Verlauf von zwei oder drei Wochen. - -[6] Ich besprach schon vorläufig den Vertrag mit dem Schiffshauptmanne. -Er wäre unerfüllt geblieben, weil das Schiff in Kaifa Bruch litt. - -[7] Ich übersprang das Jahr 1828, in welchem die Pest herrschte. Sie -allein raffte vom 24. Merz bis zum 30. Mai 19 Menschen hinweg. - -[8] Neben dem lateinischen Hospiz gegen Mittag steht, nur durch eine -schmale Stiegengasse getrennt, das griechische Kloster. Von unserm -Dache sah ich auf dasjenige dieses Klosters hinunter. Ich konnte die -Pilger täglich beobachten, wollte sie aber zuerst nicht für Mitchristen -halten, weil sie auch des Sonntags arbeiteten. Die Pilgerinnen putzten -sich auf dem Dache, als sähe sie Niemand, und als hätten sie einem -Lustanlasse beizuwohnen. Eine junge Griechin wollte nicht einmal so -viel Rücksicht nehmen, wie die halbschwarze Egypzierin. - -[9] Viele wurden ehedem auf dem Landwege nach Jerusalem -meuchelmörderisch überfallen. Eine Menge fand schon in dem Abgrunde des -Meeres den Tod. In der letzten Sturmeszeit sollen in einem Nachbarhafen -140 Pilger um das Leben gekommen sein. - -[10] Es gibt benachbarte Gegenden, wo der schüchterne Jüngling mit -Stockprügeln zur Lüftung des Schleiers getrieben werden muß. ~Risum -teneatis, amici.~ Wie weit weg vom ritterlichen Heldenmuthe. - -[11] Diese Männer Gottes verdammen wahrscheinlich nach der Lehre der -Schrift: ~Nolite judicare, ut non judicemini~ (Urtheilet nicht, damit -ihr nicht beurtheilet werdet.) - -[12] Wenn man nicht lieber auf dem Dampfboote des österreichischen -Lloyd reisen will, welches allemal im Anfange und in der Mitte eines -Monats von Triest abfährt (1839). - -[13] Wer bequemer reisen will, dem kann ich nicht nachdrücklich genug -empfehlen, daß er auf irgend eine Vorrichtung zum Schutze vor den -+Stechfliegen+, den Schlafräubern, denke. Ich verbrachte die erste -Nacht in Alexandrien wegen der Stechfliegen sehr unangenehm. Ich -betrachtete den Bettvorhang mit nordischen Augen, und glaubte, er -sollte das Bett umhüllen. Ich erzählte meine Widerwärtigkeit, und da -vernahm ich, daß er ein +Fliegenvorhang+ (Mosquetière) sei. Ich solle, -hieß es, vor dem Schlafengehen nur alle Fliegen hinausjagen, und -dann das Bett mit dem Vorhang umschließen. Ich that es, und schlief -ungestört. In meinem Zimmer brumsete eine solche Menge Fliegen, daß -sie meinen Zucker buchstäblich schwärzte. Eine Limonade zu bereiten, -kostete viel Mühe, und bei aller Vorsicht konnte ich nicht hindern, daß -nicht einige Fliegen in das Getränke fielen. In Abusabel bettete man -mir vortrefflich auf dem Diwane; es fehlte aber ein Fliegenvorhang; -ich deckte das Gesicht mit einem Tuche; dieses hielt zu warm, und -ich mußte es entfernen. Die Fliegenqual gestattete mir wenig Schlaf. -Ehe ich bei meinem Freunde in Kairo einzog, machte ich darum auch -Schwierigkeiten, weil er keinen Fliegenvorhang besitze. In seinem Hause -seien wenig Fliegen, erwiederte er. In der That beunruhigte mich nur -selten eine Fliege. Man unterscheidet in Kairo die Häuser in solche, -worin es viel, und in andere, worin es wenig oder keine Fliegen gibt, -je nachdem ohne Zweifel die Häuser von der Sonne mehr oder minder -beschienen werden, und für jene mehr oder minder Köder enthalten. Die -letzten, doch nicht viele, Stechfliegen plagten mich in Ramle. In Jaffa -sollen sie selbst in der Mitte des Sommers sehr selten schwärmen. Die -Bücher englischer Reisender sind überaus erbaulich, wenn sie über die -Stechfliegen so gewaltig Lärm schlagen. Von Leuten, die auf eine Reise -+viel+ verwenden, sich aber wegen der +wichtigen Kleinigkeit+ nicht -vorsehen, wie leicht man sich auch vor den Fliegen schützen könnte, muß -man beinahe glauben, daß sie Stoff zu Klagen lieben und suchen. - -[14] Die Bemerkungen über die verschiedenen Religionsbekenntnisse -der Bewohner in Syrien +übersetzte+ ich während meiner Wanderung -größtentheils aus der vorne [S. 5 des 1. Bandes] genannten -italienischen Schrift von +Failoni+. - - - -***END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK LUSTREISE INS MORGENLAND, ZWEITER -THEIL (VON 2)*** - - -******* This file should be named 54574-0.txt or 54574-0.zip ******* - - -This and all associated files of various formats will be found in: -http://www.gutenberg.org/dirs/5/4/5/7/54574 - - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part -of this license, apply to copying and distributing Project -Gutenberg-tm electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG-tm -concept and trademark. 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You may copy it, give it away or re-use it -under the terms of the Project Gutenberg License included with this -eBook or online at <a -href="http://www.gutenberg.org">www.gutenberg.org</a>. If you are not -located in the United States, you'll have to check the laws of the -country where you are located before using this ebook.</p> -<p>Title: Lustreise ins Morgenland, Zweiter Theil (von 2)</p> -<p>Author: Titus Tobler</p> -<p>Release Date: April 20, 2017 [eBook #54574]</p> -<p>Language: German</p> -<p>Character set encoding: UTF-8</p> -<p>***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK LUSTREISE INS MORGENLAND, ZWEITER THEIL (VON 2)***</p> -<p> </p> -<h4 class="pg">E-text prepared by the Online Distributed Proofreading Team<br /> - (<a href="http://www.pgdp.net">http://www.pgdp.net</a>)<br /> - from page images digitized by the Google Books Library Project<br /> - (<a href="https://books.google.com">https://books.google.com</a>)<br /> - and generously made available by HathiTrust Digital Library<br /> - (<a href="http://www.hathitrust.org/digital_library">http://www.hathitrust.org/digital_library</a>)</h4> -<p> </p> -<table border="0" style="background-color: #ccccff;margin: 0 auto;" cellpadding="10"> - <tr> - <td valign="top"> - Note: - </td> - <td> - Images of the original pages are available through - HathiTrust Digital Library. See - <a href="https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=hvd.32044010412369;view=1up;seq=355"> - https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=hvd.32044010412369;view=1up;seq=355</a><br /> - <br /> - Project Gutenberg has the other volume of this work.<br /> - <a href="http://www.gutenberg.org/files/54573/54573-h/54573-h.htm">Erster Theil</a>: see http://www.gutenberg.org/files/54573/54573-h/54573-h.htm - </td> - </tr> -</table> -<p> </p> -<p> </p> - -<div class="transnote"> - -<p class="s3 center"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p> - -<p class="p0">Der vorliegende Text wurde anhand der 1839 erschienenen -Buchausgabe so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. -Ungewöhnliche, altertümliche und inkonsistente Schreibweisen wurden, -auch bei Eigennamen, beibehalten, insbesondere wenn es sich um -Übertragungen fremdsprachlicher Begriffe handelt oder diese im Text -mehrfach auftreten. Zeichensetzung und offensichtliche typographische -Fehler wurden stillschweigend korrigiert.</p> - -<p class="p0">Das gesamte Inhaltsverzeichnis beider Bände sowie die Liste der -Verbesserungen befinden sich in der Originalausgabe lediglich am Ende des -zweiten Buches. Der Übersichtlichkeit halber wurde das Verzeichnis des -betreffenden Bandes an dessen Anfang gestellt, das Inhaltsverzeichnis -des jeweils anderen Bandes dagegen an das Ende des Buches. Die -Verbesserungen erscheinen am Ende des jeweiligen Bandes; diese sind, -soweit sie vom Autor als relevant eingestuft wurden, bereits in das -vorliegende Buch eingearbeitet worden.</p> - -<p class="p0">Die Buchversion wurde in Frakturschrift gedruckt; diese wird hier -in Normalschrift dargestellt; Antiquaschrift erscheint dagegen <span class="antiqua">kursiv</span>. -Kursive Antiquaschrift wird hier zusätzlich <span class="antiqua"><i>unterstrichen</i></span> -dargestellt.</p> - -<p class="p0 htmlnoshow">Abhängig von der im jeweiligen Lesegerät -installierten Schriftart können die im Original <em class="gesperrt">gesperrt</em> -gedruckten Passagen gesperrt, in serifenloser Schrift, oder aber sowohl -serifenlos als auch gesperrt erscheinen.</p> -</div> -<p> </p> -<hr class="pg" /> -<p> </p> -<p> </p> -<p> </p> - -<div class="figcenter"> - <a id="cover" name="cover"> - <img src="images/cover.jpg" - alt="" /></a> - <p class="ebnoshow caption s5">Original-Umschlag</p> -</div> - -<div class="titel"> - -<p class="s2 center padtop3 break-before">Lustreise ins Morgenland.</p> - -<h1><span class="s6">Lustreise<br /> - -<span class="s6">ins</span></span><br /> - -<b><span class="mleft0_2">M</span><span class="mleft0_2">o</span><span class="mleft0_2">r</span><span class="mleft0_2">g</span><span class="mleft0_2">e</span><span class="mleft0_2">n</span><span class="mleft0_2">l</span><span class="mleft0_2">a</span><span class="mleft0_2">n</span><span class="mleft0_2">d</span>.</b></h1> - -<hr class="r10" /> - -<p class="center mtop3">Unternommen und geschildert</p> - -<p class="center mtop1">von</p> - -<p class="s3 center mtop1 mbot2"><b><span class="antiqua">Dr.</span> Titus Tobler.</b></p> - -<p class="s4 center">Zweiter Theil.</p> - -<hr class="titel" /> - -<p class="s3 center"><b><span class="mleft0_2">Z</span><span class="mleft0_2">ü</span><span class="mleft0_2">r</span><span class="mleft0_2">i</span><span class="mleft0_2">c</span><span class="mleft0_2">h</span>,</b></p> - -<p class="center">bei Orell, Füßli und Compagnie.</p> - -<p class="s3 center"><span class="mleft0_2">1</span><span class="mleft0_2">8</span><span class="mleft0_2">3</span><span class="mleft0_2">9</span>.</p> -</div> - -<hr class="full" /> - -<div class="chapter"> - -<p class="s3 center padtop3"><b>Inhalt des zweiten Bandes</b>.</p> - -</div> - -<table class="toc" summary="Inhaltsverzeichnis 2. Band"> - <tr> - <td class="ukap"> - - </td> - <td class="ste"> - Seite - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Reise nach Jerusalem - </td> - <td class="ste"> -   <a href="#Reise_nach_Jerusalem">1.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Einige geographische Bemerkungen über Syrien - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Einige_geographische_Bemerkungen">13.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Einige Bemerkungen über die verschiedenen Religionsbekenntnisse - der Bewohner in Syrien - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Einige_Bemerkungen">15.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Gaza - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Gaza">28.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Fortsetzung der Reise nach Jerusalem - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Fortsetzung_der_Reise_nach_Jerusalem">30.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Ende der Reise dahin - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Ende_der_Reise_nach_Jerusalem">38.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="kap"> - <a href="#Jerusalem">Jerusalem.</a> - </td> - <td class="ste"> - - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Oertliche und klimatische Verhältnisse - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Oertliche_und_klimatische_Verhaeltnisse">46.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Gesundheitszustand und Bevölkerung - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Gesundheitszustand_und_Bevoelkerung">52.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Bauart der Stadt - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Bauart_der_Stadt">53.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Kirche des Christusgrabes - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Die_Kirche_des_Christusgrabes">56.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Liegt das Grab <em class="gesperrt">Christi</em> in oder außer der - jetzigen Stadt Jerusalem? - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Liegt_das_Grab_Christi_in_oder_ausser">63.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Gräber der Könige - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Die_Graeber_der_Koenige">69.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Grabhöhle der <em class="gesperrt">Maria</em> - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Die_Grabhoehle_der_Maria">71.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Grabmale <em class="gesperrt">Absaloms</em>, <em class="gesperrt">Josaphats</em> und - <em class="gesperrt">Zachariassen</em> - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Die_Grabmale_Absaloms_Josaphats_und_Zachariassen">72.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Brunnen Siloah - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Der_Brunnen_Siloah">73.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Felsanhöhe Zion - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Die_Felsanhoehe_Zion">75.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Oelberg - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Der_Oelberg">79.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die übrigen Merkwürdigkeiten - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Die_uebrigen_Merkwuerdigkeiten">81.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Physiologischer Karakter der Einwohner - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Physiologischer_Karakter_der_Einwohner">82.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Sitten und Gebräuche - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Sitten_und_Gebraeuche">83.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Tracht - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Die_Tracht">84.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Kriegsvolk - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Das_Kriegsvolk">87.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Pilger - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Das_Kriegsvolk">94.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Geist der Christen - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Der_Geist_der_Christen">97.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Ablaß der römisch-katholischen Kirche - </td> - <td class="ste"> -  <a href="#Der_Ablass">99.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der alte deutsche Pater und die große Apotheke - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Der_alte_deutsche_Pater">102.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Meine Zelle im Kloster des Erlösers - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Meine_Zelle_im_Kloster_des_Erloesers">104.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Führer um und in Jerusalem - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Der_Fuehrer_um_und_in_Jerusalem">106.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Rückblick auf Jerusalem - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Rueckblick_auf_Jerusalem">108.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Ausflug nach Bethlehem - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Ausflug_nach_Bethlehem">110.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Die Beschiffung des Lothssees - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Die_Beschiffung_des_Lothsees">115.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Nach Jaffa am Mittelmeere - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Nach_Jaffa_am_Mittelmeer">116.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="kap"> - <a href="#Jaffa">Jaffa.</a> - </td> - <td class="ste"> - - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Lage, Gassen, Hafen, Bevölkerung - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Lage_Gassen_Hafen_Bevoelkerung">121.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Jaffa, wie es ehemals war - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Jaffa_wie_es_ehemals_war">123.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Tageslänge - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Die_Tageslaenge">125.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Witterungsbeschaffenheit - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Witterungsbeschaffenheit">127.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Meeressturm und der Schiffbruch - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Der_Meeressturm_und_der_Schiffbruch">128.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Gesundheitszustand - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Gesundheitszustand">132.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Auf dem Hospizdache - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Auf_dem_Hospizdache">136.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Bauernhäuschen - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Das_Bauernhaeuschen">138.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Quarantänegebäude oder Pestlazareth - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Das_Quarantaenegebaeude">145.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Jaffanerin kommunizirt, besprengt sich - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Die_Jaffanerin_kommunizirt">147.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Jaffaner - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Der_Jaffaner">149.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Pilger - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Die_Pilger_Jaffa">150.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die arabische Knabenschule der Lateiner - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Die_arabische_Knabenschule_der_Lateiner">152.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Gruß - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Der_Gruss">156.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Brautwerbung und die Hochzeit - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Die_Brautwerbung_und_die_Hochzeit">159.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Wöchnerin und das Kind - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Die_Woechnerin_und_das_Kind">167.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Wiegenlied und Kinderjucks - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Wiegenlied_und_Kinderjucks">170.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Verehrung der Todten - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Die_Verehrung_der_Todten">173.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Rekruten oder die Konskribirten - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Die_Rekruten_oder_die_Konskribierten">176.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Weinen oder die Raserei am Neujahrstage 1836 - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Das_Weinen_oder_die_Raserei">179.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - <em class="gesperrt">Ibrahim-Pascha</em> - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Ibrahim_Pascha">184.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Kleine Petschaften oder Siegel - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Kleine_Petschaften_oder_Siegel">186.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Hakim - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Der_Hakim">187.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Fleischbank - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Die_Fleischbank">189.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Zuckerrohrmarkt - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Der_Zuckerrohrmarkt">191.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Tabakschneider - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Der_Tabakschneider">193.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Nargilebediente; die Rauchvirtuosität - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Der_Nargilebediente">196.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Kaffeeröster und Kaffeezerstößer - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Der_Kaffeeroester">197.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Baumwollereiniger und Schilfdeckenweber - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Der_Baumwollereiniger">199.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der wandernde Schiffer und Kinderspiele - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Der_wandernde_Schiffer">201.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Spiel der älteren Leute - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Spiel_der_aelteren_Leute">202.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Meine Lebensart - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Meine_Lebensart">205.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Ich lese die Bibel - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Ich_lese_die_Bibel">209.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Ein Pater sagt, ich werde des Teufels - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Ein_Pater_sagt">210.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Wie die Gleißnerei im Namen der heiligen Religion einen - Unschuldigen prügelt; laue Konsulats- und Mönchspolizei - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Wie_die_Gleissnerei">212.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Konsul <em class="gesperrt">Damiani</em>; mein Besuch in - seinem Hause - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Der_Konsul_Damiani">217.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Vorbereitung zur Abreise - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Vorbereitung_zur_Abreise">222.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Nach Rhodos - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Nach_Rhodos">226.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="kap"> - <a href="#Rhodos">Rhodos.</a> - </td> - <td class="ste"> - - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Lage, Himmel, Volkszahl - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Lage_Himmel_Volkszahl">236.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Stadt Rhodos - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Die_Stadt_Rhodos">238.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Leichenfeld - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Das_Leichenfeld">241.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Bewohner; das lateinische Hospiz; Knabenspiel; große Hähne - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Die_Bewohner">243.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Abend im Schiffsraume - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Der_Abend_im_Schiffsraume">247.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Spaziergang gegen Trianda - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Spaziergang_gegen_Trianda">248.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Nach Konstantinopel, Triest und heim - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Nach_Konstantinopel">251.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Anleitung zu der Pilgerfahrt nach Jerusalem - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Anleitung_zu_der_Pilgerfahrt">256.</a> - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Schlußbetrachtungen - </td> - <td class="ste"> - <a href="#Schlussbetrachtungen">267.</a> - </td> - </tr> -</table> - -<div class="section"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_1" id="Seite_1">[S. 1]</a></span></p> - -<h3 id="Reise_nach_Jerusalem">Reise nach Jerusalem.</h3> - -</div> - -<div class="blockquot"> - -<p class="p0">Gepurzel; Gelage; Kameelschädel als Verzierungen; die angebaute Gegend -entzückt; Grenzscheide zweier Welttheile; Raphia und Jenisus; -Schattenriß des Reisegesellschafters.</p> - -</div> - -<p>Dinstags gegen Abend des 24. Wintermonates, als am zwölften so heiß -ersehnten Kontumaztage, brachen wir fröhlich auf. Die wiedererlangte -Freiheit schmeckte süßer, als Honigseim. Mein hochbuckeliger -Kontumazist schien Eile zu haben. Kaum wollte ich auf ihn steigen, so -stand er auf. Ich konnte mich nicht mehr halten und purzelte, das Rad -schlagend, hinunter. Die Freude meines türkischen Nachbars, welcher -dem Gepurzel zusah, dauerte jedoch nicht lange; gleich saß ich auf -dem Dromedar fest und wir trabten von dannen. Echt morgenländisch -bewirthete uns der Quarantänedirektor, dessen Einladung in seine -Wohnung<span class="pagenum"><a name="Seite_2" id="Seite_2">[S. 2]</a></span> wir mit Geneigtheit entsprachen. Beim Anblicke der vielen -Trachten, die sich am Abendmahle folgten, hätte man nicht glauben -sollen, daß so viel Ueppigkeit an einem Orte anzutreffen wäre, wo uns -an den ersten Tagen die Lebensmittel zum Theile mangelten. Da weder -Messer, noch Gabel vorgelegt wurden, so mußten wir zum Gerichte die -Finger orientalisiren. Dieser patriarchalische Gebrauch ist wirklich -sehr bequem; nur wollte mir der Sitz auf dem Boden am kleinen, -niedrigen, runden Tische nicht behagen.</p> - -<p>Ich könnte die Wonne nicht beschreiben, welche im Hause des -Pharmazisten mich, als Freigelassenen aus dem Zelte, beseelte. Ganz -komfortable fand ich das Gebäude mit einem einzigen Zimmer, mit blinden -Wänden, mit dem Boden von Erde, mit dem Dache von Palmstämmen, von -Reisern und Laub. Wieder einmal ordentlich stehen und herumgehen zu -können, ohne immer mit dem Kopfe karamboliren zu müssen, war ein -unaussprechliches Vergnügen. Nicht mehr plagte die Furcht vor den -Thränen des Himmels.</p> - -<p><em class="gesperrt">El-Arysch</em>, das Dorf selbst, liegt etwa eine halbe Stunde -südöstlich von der Quarantäne. Von Aloe, Datteln und indischen Feigen -umkränzt, lacht es so traulich aus der Wüste entgegen. Eben blühten die -Bohnen und Alles athmete den Frühling. Der Ort, obwohl nicht groß,<span class="pagenum"><a name="Seite_3" id="Seite_3">[S. 3]</a></span> -hat einen Bassar. Ueber den Thüren der Häuser stehen als Verzierungen -Kameelschädel. Die Bevölkerung besteht größtentheils aus Weißen, und -gerne begegnet man dieser Menschenfarbe wieder, wenn man eine Zeitlang -fast lauter Halbschwarze gesehen hat.</p> - -<p>Am Abende zeigte ich dem Pharmazisten einen Theil meiner wenigen, -aus Kairo mitgebrachten Alterthümer. Eine aus Stein gehauene Figur -faßte eben ein Araber recht ins Auge, als er bemerkte, daß er auch -schon Steine auf dem Wege gesehen, aber keine Lust gehabt hätte, -sie mitzunehmen. Weil ich nicht arabisch konnte, so hielt mich ein -arabischer Jüngling für erzdumm und verglich mich einem Kameele, -welches auch nicht reden könne. Während wir schon in unsern Betten -ruhten, wurden von arabischen Jünglingen einige Tänze aufgeführt.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 25.</em></p> - -<p>Vor Tagesanbruch rief der Pharmazist seine jungen Burschen herein, um -die Pfeifen anzünden und einen schwarzen Kaffee bereiten zu lassen. Sie -brachten die glühende Kohle in der Zange auf die gestopfte Pfeife, und -wir rauchten; sie trugen den heißen Kaffee herbei, und wir tranken. -Unser Gastwirth hat die morgenländischen Sitten aufs gutherzigste -eingeschlürft, und oft pries er sie als echter Lebemann.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_4" id="Seite_4">[S. 4]</a></span></p> - -<p>Der Hauptmann und ich ritten mit drei Dromedaren weg. Auch dieser Theil -der Wüste war hie und da mit Gewächsen bedeckt. Auf dem Wege erblickten -wir dann und wann eine Kameel-, Schaf- oder Ziegenherde. Mittags -gelangten wir zu einer Post, um welche ein zahlreiches Volk Hühner -wimmelte. Vor derselben erinnerte eine Strecke Salzboden an die Gegend -von Choanat. Bei der Post, wo wir nur kurz anhielten, begann angebautes -Feld inmitten wüster Ländereien zu meinem Entzücken; es übersiedelte -mich wieder nach Europa. Entbehrungen haben doch das Gute, daß sie -meistens mit erhöhtem Genusse enden.</p> - -<p>In Egypten streift keine Ackerfurche durch Hügelabhänge. Neu waren -mir wieder die durchfurchten Abdachungen. Ein Kameel zog an zwei -Stricken mit den Schulterblättern den Pflug, welcher nur kleine, -etwa vier bis fünf Zoll von einander entfernte Gräben aufwühlte. Dem -Ackerfelde folgten Triften, worauf viele Schafe und Ziegen unter der -Hut von Mädchen weideten. Die Erde hatte ein anderes Kleid an. Die -unermüdlichen Vögel sangen ohne Unterlaß.</p> - -<p>Der Weg strich gegen Nordost. Als ich einmal das Meer wahrnahm, lag -es gegen Abend. Es stieg in mir der Gedanke auf, daß ich nicht mehr -in Egypten, nicht mehr in Afrika, sondern in <em class="gesperrt">Asien</em> sei. Dieser -Gedanke<span class="pagenum"><a name="Seite_5" id="Seite_5">[S. 5]</a></span> versetzte meine Seele in angenehme Schwingung. Ich durfte wohl -die Grenze des asiatischen Bodens nicht überschreiten, ohne lebhafte -Begeisterung für die folgenreichen Thaten seiner längst entschwundenen, -ehrwürdigen Bewohner, welche jetzt noch bei uns zum Vorbilde genommen -werden. Staunend senkte sich mein Blick auf den alten Welttheil, -das Geburtsland von <em class="gesperrt">Christus</em> aus Nazareth, das Stromgebiet -religiöser Grundansichten, welche mir schon in früher Jugend am fernen -Alpengebirge Europens eingeflößt wurden. Ich möchte meine Gedanken -und meine Gefühle beim Betreten Asiens nicht näher bezeichnen, aus -Besorgniß, daß man sie als unzeitige Ergüsse mißdeuten könnte. Statt -alles Mehreren werfe ich bloß die schlichte Frage auf: Kann ein -Unterrichteter ohne eine Regung des Geistes und ohne eine Bewegung -des Gemüthes den Boden dieses Welttheils berühren? Ich erinnere mich -noch der Kinderjahre, in denen ich mir das biblische Asien, die Gegend -meiner Sehnsucht, als die Hälfte des Weges in die Ewigkeit vorstellte. -Die Träumereien der Jugend verdienen keinesweges die Verachtung, die -ihnen gemeiniglich widerfährt; sie haben allerdings nicht selten -Bedeutung und Werth; sie sind ein trüber Waldbach, der nur durch die -Seihe der reiferen Jahre fließen darf, um klar und genießbar zu werden.</p> - -<p><em class="gesperrt">Rafa</em>, Raphia bei den Alten, ist fast ganz vergangen.<span class="pagenum"><a name="Seite_6" id="Seite_6">[S. 6]</a></span> Eine halb -in die Erde gestürzte Säule trauert am Wege in Gesellschaft von zwei -aufrecht stehenden. Jene soll die Grenzsäule zwischen Asien und Afrika -sein.</p> - -<p>Wir kamen diesen Nachmittag neuerdings in die Wüste und über mehrere -Sandhügel. — Einmal verlor ich den Hauptmann und unsern neuen Führer, -einen Mohren, völlig aus den Augen. Auf einem Scheidewege fiel die -Wahl mir schwer. Ich schlug den linken Weg ein, ungeachtet ich dazu -den Dromedar, der gerade vorwärts wollte, nur mit Mühe bewegen konnte. -Kaum aber war eine Anhöhe erstiegen, so verschwand der Weg und ringsum -verdüsterte die Wüste den Ausblick. Ich wendete mich wiederum rechts, -der Dromedar fand richtig den Weg und bald verkündigte fleißigerer -Bodenbau die Nähe einer Ortschaft. Wir waren schon im Städtchen -Kan-Yunos.</p> - -<p><em class="gesperrt">Yunos</em>, Jenisus der Alten, ist in Feigen-, Dattel- und Oelbäume -gebettet. Im lebhaften Bassar lächelten den Wüsteentronnenen die Dinge -an, welche so verschiedene Bedürfnisse beschwichtigen. Erinnerungen an -mein Heimathland wurden beim Anblicke grüner Wiesen, des Viehes und der -weißen Bevölkerung aufgefrischt; sogar die Breter, als eine Seltenheit -in Egypten, erregten meine Aufmerksamkeit. Die große Moschee, von -sarazenischem Geschmacke, erhielt sich in gutem Zustande.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_7" id="Seite_7">[S. 7]</a></span></p> - -<p>Wir mußten diesmal in einem Kân oder Karawanserai einkehren. Es hatte -ein Obdach, war aber von zwei Seiten offen. Auf der einen lag ein -korinthischer Knauf. Man trifft in Jenisus überhaupt manche Trümmer, -mehr oder minder versehrte Denkmäler des Alterthums. Im Karawanserai -befand sich eben der Stadtgouverneur. Die Herankommenden küßten ihm -den Saum des Kleides. Er ließ in gastfreundlicher Gesinnung durch -seinen Bedienten vorzüglich gute Brote und eine dicke Kräutersuppe uns -zureichen, die, von Farbe grün, Kaldaunenstücke und Fleischbröckchen -enthielt und mir nicht sonderlich schmeckte. Es war indeß mein Appetit -ein wenig verdorben; wir wollten den Rest der Butter in der Quarantäne -noch zu Rathe ziehen und buken in derselben Brotkuchen, welche zwar dem -Gaumen zusagten, allein dem Magen nicht wohl bekamen. Wir belohnten -unsern Gastfreund, nach morgenländischer Sitte, mit Stillschweigen.</p> - -<p>Ein Kerl versuchte eine seltsame Betrügerei. Mein Reisegesellschafter -schickt ihn, ein Geldstück zu wechseln. Er bringt die Münze, aber nicht -vollständig. Vor Zorn wie rasend schilt der Hauptmann den Jungen aus, -und schon zuckt er die Peitsche gegen ihn. Er öffnet den Mund und das -Fehlende tritt unter der Zunge zum Vorscheine.</p> - -<p>Mit Sonnenuntergang legte ich mich und schlief zwar<span class="pagenum"><a name="Seite_8" id="Seite_8">[S. 8]</a></span> fest ein, aber -nicht ruhig fort; denn einmal hörte ich undeutlich, daß ein Mann in -einem Streite lärmte, ein anderes Mal beschnüffelte ein Hund mein Bein, -und ein drittes Mal kam die Katze, sich einer Beute zu bemächtigen.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 26.</em></p> - -<p>Gott sei Dank, die Wüste, die beschwerliche, die armselige, die -langweilige, ist am Rücken. Von jetzt an leitet der Weg durch lauter -besseres Land, bald gepflügtes, bald Weideland. Die Vögel schienen in -ihrem unaufhörlichen Geschwätze über die Gegend so hoch erfreut, als -ich. Selbst mein Reisegefährte sang in das Tutti, und gerne hätte ich -ihn in einen der nächsten Singvögel verwandeln mögen, so lieblich klang -seine Stimme. Das Gepräge des Winters auf ganz dürren, abgestorbenen -Pflanzen konnte hin und wieder nicht verkannt werden; hingegen war -dazwischen der frisch angeschossene, kurze, feine Grasteppich mit um so -größerem Zauber des Lenzes gewoben. Der schönste Frühlingsmorgen bei -uns kann den heutigen Wintermorgen gegen Gaza nicht übertreffen. Ueber -fließendes Wasser setzten wir nie, nur zweimal über tiefere Bachbetten, -wie über dasjenige des Besor, an dessen Mündung ins Mittelmeer das -alte Anthedon sich ausbreitete. Von Bethagla,<span class="pagenum"><a name="Seite_9" id="Seite_9">[S. 9]</a></span> zwischen Anthedon und -Jenisus, bemerkte ich nicht eine Spur.</p> - -<p>Minarets glänzten gegen Norden in einem grünen Haine; es war -<em class="gesperrt">Gaza</em>, die Hauptstadt der Philister, die Stadt des Starken, des -<em class="gesperrt">Samson</em>, welcher, nach der Schrift, ein eisernes Thor auf den -Berg getragen hat. Wir durften nicht mehr weit, und dann einzig noch -an der Menge von stämmigen Kaktus vorbei, und wir ritten durch ein -enges Thor in die Stadt. Der Hauptmann begab sich in seine Herberge, -und jetzt war der Augenblick der Trennung da, nachdem wir mit einander -drittehalb Wochen verlebt hatten.</p> - -<p>Nun ein Wort über den Reisegefährten. Eine solche persönliche -Seltsamkeit lernte ich noch niemals kennen, und darum lohnt es der -Mühe, von ihm einen Umriß zu liefern. Er ist aus Galizien und von Adel. -Ich weiß seinen Namen recht gut; ich will ihn aber verschweigen und -vergessen. Zuerst Kämpfer als Hauptmann in den Reihen der polnischen -Umwälzer, entfloh er dann nach Frankreich und schloß sich der Schaar -Polen an, welche aus dem „neuen Vaterlande“ in die Schweiz einbrach. -Er wußte sich später Mittel zu verschaffen, um von Marseille auf einem -französischen Kriegsschiffe nach Egypten zu kommen.<span class="pagenum"><a name="Seite_10" id="Seite_10">[S. 10]</a></span> Hier trat er in -Kriegsdienst unter dem Feldherrn <em class="gesperrt">Abraham</em> (<em class="gesperrt">Ibrahim-Pascha</em>) -als Kavallerieinstruktor.</p> - -<p>Ein Selbstling im wahrsten Sinne des Wortes, sucht er immer seine -<em class="gesperrt">eigenen</em> Zwecke. Er schmeichelt den Großen und verachtet die -Kleinen, damit die einen ihn befördern, und weil die andern ihm -nichts nützen. Er wählte sich überall das Beßte aus, so immer den -beßten Dromedar, den bequemsten Sattel, die leichteste Ladung, die -schmackhafteste Speise u. s. f., um das Uebrige mir zu überlassen. Wenn -ich mich über das Reiten beklagte, so tadelte er mich, daß ich nicht -reiten könne, und dennoch hielt ich, bei meinem kräftigern Körperbau, -das Reiten besser aus, als dieser Rittmeister.</p> - -<p>Dabei hegt der Hauptmann wenig Liebe für Wahrheit. Was er erzählte, -mußte ich auf der Goldwage prüfen. Auf einer Lüge ertappt, hatte -<em class="gesperrt">er</em> natürlich Recht, und würde gern in Schimpfungen auf mich -losgebrochen sein. Sonst besaß er eine Fülle von Lebensgewandtheit, und -im Bezahlen war er redlich; nie belog er mich in Geldangelegenheiten.</p> - -<p>Weil mir die Kenntniß der arabischen Sprache abging, so leistete er mir -unläugbar wesentliche Dienste, und er übernahm in der Kontumazanstalt -fast das ganze Geschäft der Küche, indeß ich ruhig unter Zelt schrieb, -und am<span class="pagenum"><a name="Seite_11" id="Seite_11">[S. 11]</a></span> Ende lüstern in das gute Gericht biß. Mich tyrannisirte -übrigens noch kein Mensch so eigentlich, wie dieser polnische -Freiheitsmann. Meine Lage fing sich erst zu bessern an, als ich mit -dem Oberaufseher der Quarantäne auf freundlicherem Fuße stand und dem -Hauptmanne erklärte, daß ich nun sorgenlos sei; denn auch im Nothfalle -könnte ich recht gut weiter kommen, weil jener für meine Kameele sorgen -würde. Er sah seine Entbehrlichkeit jetzt selbst ein. Selbstständigkeit -und Unabhängigkeit, dieser Schwerpunkt des geistigen und sittlichen -Menschen, hängt an einem dünnen Faden, dessen Riß uns, wo nicht -augenblicklich, doch in seinen Folgen wehe thut.</p> - -<p>Ich kann nicht umhin, noch zwei Dinge zu erwähnen. Zu Choanat wurde der -Reisegefährte von einer Krankheit heftig überfallen. Ich stand ihm mit -Rath und That bei, ich brachte ihm Reis u. dgl. Tags darauf befand er -sich wieder wohl. Der Dank war, daß er für meinen schlechten Dromedar -keine Geduld wußte. Einmal wollte ich absteigen, um ein Stückchen -Natursalz aufzuheben und mitzunehmen. Da regnete es zentnerschwere -Vorwürfe über Tändelwaare u. s. f. Es gibt Menschen, welche die Sterne -am Himmel gleichgültiger beschauen, als messingene Knöpfe an einem -Rocke.</p> - -<p>Der Kapitän, mag er auch immer seiner sorgfältigen<span class="pagenum"><a name="Seite_12" id="Seite_12">[S. 12]</a></span> höhern Bildung -und seinem Adel keinen geringen Werth beilegen, ist ein Auswurf des -Menschengeschlechts. An der Spitze eines Volkes wäre er spröde, ohne -Mitleiden, ein Wütherich. Er hatte indeß, wie andere Tyrannenseelen, -bewegte Zeitpunkte, da das Herz aufthaute; er würde sich dann, der -männlichen Würde uneingedenk, wie ein Kind hingegeben haben. Er wäre -unzweifelhaft Muselmann; allein er muß es fühlen, daß der kindliche -Schmelz seines Gemüthes, in gewissen Augenblicken, nach der Abschwörung -des Glaubens ihm das Herz zum Bruche drängte.</p> - -<p>Am Ende der Reise bat der Gefährte mich um Verzeihung, wenn er mich -etwa beleidigt haben sollte. Ich achte einen solchen Zug, und doch -empfand ich ein wahres Vergnügen bei der Scheidung von einem solchen -Menschen, dessen Gesellschaft eine Qual und Pein war, und zwar eine um -so größere in der Wüste und in einer spottschlechten Quarantäne.</p> - -<p>Ehe ich Gaza näher beleuchte, schicke ich einige einleitende -Bemerkungen über Syrien nach seinen topographischen -Eigenthümlichkeiten, sowie über die Leute, die es bewohnen, nach den -Verschiedenheiten ihrer religiösen Grundansichten voraus. Zuerst</p> - -<div class="section"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_13" id="Seite_13">[S. 13]</a></span></p> - -<h3 id="Einige_geographische_Bemerkungen">Einige -geographische Bemerkungen über Syrien.</h3> - -</div> - -<p>Das eigentliche <em class="gesperrt">Syrien</em> gränzt im Norden an Kleinasien, im Westen -ans Mittelmeer, im Süden an Egypten und im Osten an Arabien, also, -daß es mit letzterem umfangsreichen Lande gleichsam eine große Insel -bildet, welche vom mittelländischen und rothen Meere, dem Ozean, dem -persischen Meerbusen und dem Euphrat umspült wird.</p> - -<p>Syrien sticht mehr oder minder schroff ab gegen das Egyptenland, nehme -man die Einwohner, den Himmelsstrich oder das Erdreich in Anschlag. -Egypten hat einen flachen Boden, der ein Thal mit einem der größten -Ströme unseres Erdenrundes vorstellt; Syrien dagegen wird von einer -Menge Thäler durchschnitten, woneben Hügel und Berge, am Maßstabe -fünf Sechstheile, sich erheben. Eine Gebirgskette zieht durch ganz -Syrien, Schritt für Schritt mit der Küste des Mittelmeeres, nur einige -Wegstunden davon. Der Libanon (der Weiße) und ihm gegenüber der -Antilibanon, der Thabor und der Karmel, der Oelberg und der Hebron, -wem sind diese Kuppen des Gebirges nicht bekannt? Der Orontes und -der Jordan (el-Arden), die Hauptflüsse Syriens, entspringen auf dem -Antilibanon. Denn <em class="gesperrt">der</em> und der Libanon schürzen den Knoten des -ganzen Gebirges. Von da fließt der Orontes gegen Mitter<span class="pagenum"><a name="Seite_14" id="Seite_14">[S. 14]</a></span>nacht; ihm zur -Linken Berg an Berg, zur Rechten theilweise Arabien. So wälzt er seine -Gewässer über siebenzig Wegstunden fort und schüttet es in die See, -nahe an der Bucht von Antiochien. Der Jordan entquillt keine zwanzig -Wegstunden vom Orontes, richtet sich von Mitternacht gegen Mittag und -verliert sich im todten Meere oder asphaltischen See (Birket-Luth), -welcher von den Jordanquellen bei vierzig Wegstunden abliegt.</p> - -<p>In manchen Gegenden von Syrien regnet es ungefähr wie in heißern -Gegenden Europas. Das Klima ist im Ganzen sehr gesund. Viele Lagen -des Landes sind reizend. In Menge gibt es Berge und Thäler mit -zahlreichen Weiden, worauf große Viehherden sich nähren. Man sieht -Bäume gar verschiedener Art, vor allem viel Oelbäume. Die christlichen -Dorfbewohner, auch die Drusen bereiten vorzüglichen Wein.</p> - -<p>Die ganze Statthalterei zerfällt in vier Paschalik: dasjenige -von Tripolis und Akre, Aleppo und Damaskus. Zu letzterem gehört -das alte heilige Land. Alle Paschalik wurden im Jahre 1833 von -<em class="gesperrt">Ibrahim-Pascha</em>, dem Stiefsohne des Vizekönigs von Egypten, -erobert und demzufolge vom türkischen Kaiser demselben abgetreten.</p> - -<p>Haleb und Damask übertreffen an Größe und Wichtigkeit weit alle übrigen -Städte Syriens. Am Mittelmeere ist<span class="pagenum"><a name="Seite_15" id="Seite_15">[S. 15]</a></span> Beirut (<span class="antiqua">Berytus</span>) noch am -wichtigsten mit seinem ziemlich sichern und geräumigen Hafen, in den -europäische Kauffahrer nicht sehr selten einlaufen.</p> - -<p>Beinahe von allen Kriegen des elften, zwölften und dreizehnten -Jahrhunderts, als den blutigen Begleitern der Kreuzzüge, wurde Syrien -heimgesucht; am drückendsten die drei Städte Jaffa und Akre und -Damaskus. Bis auf den heutigen Tag sind die Spuren von den Waffen -und dem Aufenthalte der alten Kreuzfahrer, welcher Jahrhunderte lang -dauerte, nicht verwischt.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Einige_Bemerkungen">Nun einige Bemerkungen über -die verschiedenen Religionsbekenntnisse der Bewohner in Syrien.</h3> - -</div> - -<p>I. Der <em class="gesperrt">Mohammetanismus</em> heißt auch <em class="gesperrt">Islamismus</em>, -nach dem arabischen Worte <em class="gesperrt">Islam</em>, welches <em class="gesperrt">Ergebenheit in -Gott</em> bedeutet. Vom berühmten <em class="gesperrt">Mohammet</em> gestiftet, begann -er in Arabien gegen das Jahr 611 der christlichen Zeitrechnung. Wie -damals das Juden- und Christenthum unter den Arabern große Fortschritte -machte und der Stamm, dem <em class="gesperrt">Mohammet</em> angehörte, der Abkunft von -<em class="gesperrt">Abraham</em> und <em class="gesperrt">Ismael</em> sich rühmte, so glaubte der neue -Prediger beiden Religionen einige Grundansichten abborgen zu dürfen, -um sie in diejenige Religion<span class="pagenum"><a name="Seite_16" id="Seite_16">[S. 16]</a></span> überzutragen, welche er zu stiften im -Begriffe war. Er nahm das alte und neue Testament großentheils an, -indem er <em class="gesperrt">Moses</em>, <em class="gesperrt">David</em> und <em class="gesperrt">Jesus</em> als Gesandte -Gottes anerkannte. Er aber ging von der Ansicht aus, daß ihre Lehren -mit der Zeit verderbt worden seien, und behielt sich darum vor, der -wahren Verehrung des höchsten Wesens auf dem ganzen Erdkreise Bahn zu -brechen.</p> - -<p>Die <em class="gesperrt">Hauptglaubenslehren</em> des Islams sind: Es ist nur <em class="gesperrt">ein</em> -Gott (Allah uhu) und außer Gott ist kein Gott, und <em class="gesperrt">Mohammet</em> -ist sein Prophet (Nabi). Es gibt böse und gute Engel. Jene verfolgen -unablässig den Menschen, damit er Böses thue; diese sind von Gott -beauftragt, ihn auf dem Wege der Versuchung im Guten zu unterstützen. -Das Schicksal eines Jeglichen, das Gute, wie das Böse, ist -vorausbestimmt und erfolgt unabänderlich, was man <em class="gesperrt">Fatalismus</em> -heißt. Die Seele ist unsterblich, und am jüngsten Gerichte wird -Jeder den Lohn nach seinen Werken empfangen. Unter dem heißen Himmel -gleichsam glühend, suchen die Moslim ihr größtes Gut in den sinnlichen -Vergnügungen und glauben auch, daß die Auserwählten des Himmels -inmitten frischer Gebüsche, am Gestade lauterer Bäche, am Rande reicher -Brunnquellen ruhen, umgeben von den verführerischen Huris mit ihren -schönen, immerdar jugendlichen Augen, umkoset von jenen<span class="pagenum"><a name="Seite_17" id="Seite_17">[S. 17]</a></span> Jungfrauen, -welche nichts zu thun haben, als den Seligen Genuß zu verschaffen.</p> - -<p>Die <em class="gesperrt">Hauptsittenlehren</em> sind überhaupt Ehrerbietung, Vertrauen -und Gehorsam gegen Gott, Gerechtigkeit, Versöhnlichkeit und -Mildthätigkeit gegen die Menschen und Gehorsam der Kinder gegen -die Aeltern. Insbesondere aber wird den Gläubigen vorgeschrieben: -1) Die Reinlichkeit, zumal durch die Waschungen. 2) Das Gebet. Es -wird im Tage fünfmal verrichtet, allein oder mit Andern und wo? ist -freigestellt; nur am Freitage muß es in der Moschee oder in Versammlung -geschehen. Obgleich dieser Tag der eigentlich Gott geweihete Tag ist, -so können dennoch die Gläubigen an demselben die Zeit vor und nach dem -Gottesdienste mit Arbeiten zubringen, welche jeder Stand und Beruf -erfordert. Lediglich zwei Feste verlangen gänzliche Ruhe der Arbeit, -nämlich das große und kleine Bairam. 3) Das Fasten durch einen Monat -(Ramasan), während dessen man die ganze Tageszeit hindurch weder -Speisen, noch Getränke zu sich nehmen, selbst nicht Tabak rauchen darf. -4) Das Entrichten des Zehnten. 5) Die Wallfahrt nach dem Heiligthume -zu Mekka, welche jeder freie Mohammetaner wenigstens einmal in seinem -Leben unternehmen soll, insofern seine Gesundheit es zuläßt.</p> - -<p>Das Beispiel der alten Araber und <em class="gesperrt">Ismaels</em>, des<span class="pagenum"><a name="Seite_18" id="Seite_18">[S. 18]</a></span> Sohnes -<em class="gesperrt">Abrahams</em>, befolgend, verrichten die Mohammetaner die -Beschneidung. Sie unterscheiden nach <em class="gesperrt">Moses</em> die unreinen Thiere. -Der Islam verbietet den Genuß des Weins und jedes andern berauschenden -Getränkes. Hingegen gestattet er dem Manne zur nämlichen Zeit vier -Weiber und daneben so viel Beischläferinnen (Sklavinnen), als er halten -will oder kann.</p> - -<p>Die Lehren und Vorschriften der Moslim stehen geschrieben in einem -Buche, welches man nach dem Arabischen <em class="gesperrt">el-Koran</em> nennt. -Die Anhänger geben vor, daß die verschiedenen Abschnitte dieses -Buches von Zeit zu Zeit <em class="gesperrt">Mohammet</em>, ihrem Propheten, von dem -Erzengel <em class="gesperrt">Gabriel</em> geoffenbaret worden seien. Ausgenommen die -Lehrsätze des Glaubens, handelt der Koran auch von der Sittenlehre, -von der Ehe, von der Scheidung, der Nachfolge. Mit einem Worte, er -vertritt, in dem religiösen Gewande, mehr oder minder ein Zivil- und -Kriminalgesetzbuch. Da er arabisch abgefaßt ist, so wurde diese Sprache -die heilige der Perser, Türken und anderer mohammetanischer Völker, -welche sämmtlich darin übereinstimmen, daß sie ihre Zeitrechnung mit -der im Jahre <em class="gesperrt">Christi</em> 622 erfolgten Flucht <em class="gesperrt">Mohammets</em> von -Mekka nach Medina beginnen. Diese Zeitrechnung nennen sie Hedschra, -was <em class="gesperrt">Auswanderung</em> oder <em class="gesperrt">Flucht</em> bedeutet. Das Jahr der -Mohammetaner ist<span class="pagenum"><a name="Seite_19" id="Seite_19">[S. 19]</a></span> übrigens ein Mondenjahr, das heißt, es zählt elf Tage -weniger, als das unsrige.</p> - -<p>Unter den Mohammetanern gibt es ebenfalls Leute, welche ein frommes -Leben in der Zurückgezogenheit wählen. Diese Art von Mönchen wird -mit einem Namen belegt, welcher einen Dürftigen bezeichnet; im -Arabischen <em class="gesperrt">Fakir</em>, im Türkischen und Persischen <em class="gesperrt">Derwisch</em>. -Diejenigen, welche sich einem beschaulichen Leben überlassen, tragen -den Namen <em class="gesperrt">Ssûfi</em>. Die mohammetanischen Mönche bilden verschiedene -Orden, deren Alter auf die ersten Khalife zurückreicht. Die meisten -<em class="gesperrt">Brüder</em>, wie sie sich gegenseitig nennen, haben ein strenges -Noviziat und lange Prüfungen zu bestehen, bevor sie in den Orden -aufgenommen werden. Viele leben gemeinsam in einem Kloster; Andere -führen ein Einsiedlerleben; noch Andere lassen sich in einer Gegend -nieder, oder ziehen Land auf Land ab. Allen steht es frei, ihren -Stand zu ändern und das Leben so einzurichten, wie es ihnen am beßten -gefällt. Die meisten Brüder, welche einem beschaulichen Leben sich -ergeben, befleißen sich einer Weltüberwindung, die man nicht weiter -treiben könnte, und beträchtlich ist die Anzahl Bücher, worin ihre -Hirngespinste verzeichnet sind. Die anderen Brüder dagegen, welche die -Welt lieben, leben zügellos, und man vermag nichts so Ausschweifendes -auszusprechen, das von ihnen nicht be<span class="pagenum"><a name="Seite_20" id="Seite_20">[S. 20]</a></span>gangen würde. Solche heißen -<em class="gesperrt">Kalendris</em> und <em class="gesperrt">Santone</em>.</p> - -<p>Die mohammetanische Kirche war zu allen Zeiten in viele Sekten -gespalten, welche, nicht besser, als die Christen gegen einander, -sich grausam bekriegten. Der Krieg hob gleich nach dem Ableben -<em class="gesperrt">Mohammets</em> das Haupt empor. Der Prophet vergaß, seinen -Neffen und den Gemahl seiner eigenen Tochter <em class="gesperrt">Fatima</em>, mit -Namen <em class="gesperrt">Ali</em>, zu seinem Nachfolger zu erklären. Als daher die -Anhänger <em class="gesperrt">Mohammets</em> das Khalifat nach einander <em class="gesperrt">Abubeker</em>, -<em class="gesperrt">Omar</em> und <em class="gesperrt">Othman</em> übertrugen, gab es damals Rechtgläubige, -welche wider die Ungerechtigkeit Lärm schlugen und sich weigerten, -einen andern für einen gesetzlichen Fürsten anzuerkennen, als -<em class="gesperrt">Ali</em>. Wie dann später dieser zum Khalifen erhoben ward, warfen -sich viele von den Widersachern gegen ihn auf, und der Bürgerkrieg -tränkte mit Blut alle Gegenden, in welchen das neue Gesetz Eingang -fand. Dies ist der Ursprung der beiden Hauptsekten, in welche heute -noch die Anhänger <em class="gesperrt">Mohammets</em> zerfallen, und welche von diesen -durch die Namen <em class="gesperrt">Sunniten</em> und <em class="gesperrt">Schiiten</em> unterschieden -werden.</p> - -<p>II. Das <em class="gesperrt">Judenthum</em> zählt eine große Anzahl von Gläubigen -fast im ganzen Morgenlande, vorzüglich aber in Syrien, wo viele von -ihnen heilig gehaltene Denkmäler<span class="pagenum"><a name="Seite_21" id="Seite_21">[S. 21]</a></span> angetroffen werden. Diese Religion -nimmt keine andere Offenbarung an, als die Jehovas durch <em class="gesperrt">Moses</em> -und die Propheten für das auserwählte Volk. Die Juden, oder, wie man -sie auch heißt, die Hebräer oder Israeliten betrachten in Gott nur -eine Person. Ihre heiligen Bücher sind das <em class="gesperrt">alte Testament</em>, zum -größten Theile in hebräischer Sprache geschrieben. Sie erwarten die -Ankunft eines Messias, welcher für die Gläubigen ein großes Reich -gründen soll. Sie nehmen die Beschneidung vor, haben viel Zeremonien -und heiligen den Sabbath. Als sie Judäa im Besitze hatten, standen -ihnen Opferpriester vor, genannt <em class="gesperrt">Leviten</em> nach dem Stamme -<em class="gesperrt">Levi</em>. Statt derselben lehren nun Meister in der Schrift, unter -dem Namen <em class="gesperrt">Rabbiner</em>, in den Synagogen oder in den jüdischen -Tempeln das Gesetz. Auch diese Religion zählt ihre Spaltungsgläubigen. -Am meisten geltend machten sich die <em class="gesperrt">Talmudisten</em> und -<em class="gesperrt">Rabbinisten</em>, letztere so geheißen wegen ihrer Achtung für die -Lehren der Rabbiner, erstere wegen ihrer Verehrung des <em class="gesperrt">Talmud</em>, -eines Buches, das viel gute, mitunter aber auch wenig gesunde Dinge -enthält.</p> - -<p>III. Mitten unter Mohammetanern und Maroniten leben die -<em class="gesperrt">Drusen</em> auf den Bergen Libanon und Antilibanon. Sie machen aus -ihrem Glaubensbekenntnisse, einem<span class="pagenum"><a name="Seite_22" id="Seite_22">[S. 22]</a></span> bunten Gemische christlicher und -mohammetanischer Religionsvorschriften, ein großes Geheimniß. Sie -hassen die Mohammetaner, bekennen sich aber äußerlich doch zum Islam. -Sie wollen die Nachkommen jener Christen sein, welche in den ersten -Zeiten des Nazarenismus über den Jordan sich zurückgezogen hatten. Die -Akal sind eine Art Priester; selbst Weiber werden in den Orden der -Akal aufgenommen. Dieselben stehen dem Gottesdienste in den Kapellen -oder Khalue vor. Die Kinder werden bei den Drusen nicht beschnitten. -Gastfreundlichkeit wird an dieser Völkerschaft vor Allem gepriesen.</p> - -<p>IV. Unter den eigentlichen <em class="gesperrt">Christen</em> versteht man -solche, welche, ohne an die Lehren <em class="gesperrt">Moses</em> und der Propheten -sich ausschließlich und streng zu binden, an die Offenbarung im neuen -Testamente, an <em class="gesperrt">Christus</em>, an die Vergebung der Sünden und an -die Auferstehung des Fleisches glauben. Sie nehmen die Taufe vor und -feiern den Sonntag. Von so vielen Glaubensbekenntnissen, in die sich -die Christen theilen, nimmt man in Syrien neun wahr, welche sämmtlich -einige Priester in Jerusalem und zum Theil im großen Tempel des -<em class="gesperrt">Christus</em>-Grabes unterhalten.</p> - -<p>1. Die <em class="gesperrt">griechische</em> oder morgenländische <em class="gesperrt">Kirche</em>. Die -Hauptunterschiede derselben von der römisch-katholischen<span class="pagenum"><a name="Seite_23" id="Seite_23">[S. 23]</a></span> Kirche -betreffen die hierarchische Selbstständigkeit außer der Linie der -päpstlichen Oberherrschaft, die Lehre, wonach der heilige Geist nur vom -Vater ausgeht, das Abendmahl unter zwei Gestalten und die Priesterehe. -Die Griechen haben sieben Sakramente, welche sie <em class="gesperrt">Geheimnisse</em> -nennen; allein sie verknüpfen damit nicht den gleichen Begriff, wie -die Lateiner. Sie betrachten nur zwei als von Gott eingesetzt, nämlich -die Taufe und das Abendmahl. Die übrigen fünf Sakramente halten sie -für Anordnungen der Kirche. Sie verrichten die Firmelung zugleich mit -der Taufe, welche letztere in einer dreimaligen Eintauchung des ganzen -Körpers in Wasser besteht. Sie verwerfen die Unauflöslichkeit der Ehe, -z. B. bei Ehebruch, und sie verbieten das Heirathen zum vierten Male. -Sie unterwerfen sich den strengsten und den härtesten Bußübungen. Sie -halten an den Beschlüssen der ersten und zweiten nizänischen, der -ersten, zweiten und dritten konstantinopolitanischen, der ephesischen -und chalcedonischen ökumenischen (allgemeinen) Kirchenversammlung. Der -ökumenische Patriarch in Konstantinopel gilt als das Oberhaupt der -nicht-russischen Kirche.</p> - -<p>2. Die <em class="gesperrt">armenische Kirche</em>, welcher beinahe alle Armenier -angehören. Diese Christen begehen wenig Feste, und verwerfen die -Verehrung der Heiligen. Sie haben etliche Patriarchen. Der erste unter -ihnen führt den Titel:<span class="pagenum"><a name="Seite_24" id="Seite_24">[S. 24]</a></span> <em class="gesperrt">Katholikos</em>, und hat seinen Sitz in -Etschmiazim bei Eriwan. Ihre Abweichungen von der lateinischen Kirche -stimmen mit denen der griechischen ungefähr überein. Viele Armenier -traten in den Schooß der römischen Kirche.</p> - -<p>3. Die <em class="gesperrt">Kopten</em>, die auch unter dem Namen der Christen von -Egypten, Nubien und Habesch bekannt sind. Diese Monophysiten haben die -Verehrung der Bilder angenommen, und zwei Sonderbarkeiten zeichnete -sie aus: Sie behielten, obschon sie die Taufe einführten, die -Beschneidung bei, welche indeß mehr als angeerbte alte Volkssitte, -denn als religiöse Zeremonie angesehen werden darf; sie heiligen den -Sonntag und einen Theil des Sabbaths. Ihr Patriarch, ziemlich arm, -hat seinen Sitz in Kairo, den Titel: <em class="gesperrt">Patriarch von Alexandrien und -Jerusalem</em>, und er bestellt für Habesch einen Generalverweser, -welcher <em class="gesperrt">Abunak</em> heißt.</p> - -<p>4. Die <em class="gesperrt">Kirche der Maroniten</em>, genannt nach <em class="gesperrt">Maron</em>, -ihrem Stifter, der im fünften Jahrhunderte lebte, und welcher der -Kirche eine eigene Verfassung gab. Die meisten Maroniten halten -sich am Berge Libanon und in Zypern auf. Sie unterwerfen sich den -Beschlüssen der vier ersten ökumenischen Kirchenversammlungen, und -erkennen in <em class="gesperrt">Christus</em> eine Person und zwei Naturen. Allein als -<em class="gesperrt">Monotheleten</em> lassen sie diesen zwei Naturen nur<span class="pagenum"><a name="Seite_25" id="Seite_25">[S. 25]</a></span> einen Willen -zu. Ein großer Theil dieser Glaubensbekenner schloß sich den Lateinern -an, hielt jedoch beinahe an allen Gebräuchen der morgenländischen -Kirche fest. Diesen Maroniten wird das Oberhaupt von Rom gegeben. Es -führt den Titel: <em class="gesperrt">Patriarch von Antiochien</em>, und wohnt im Kloster -auf dem Libanon.</p> - -<p>5. Die <em class="gesperrt">chaldäische</em> (syrische) oder <em class="gesperrt">Nestorianische Kirche</em>. -Ihre Anhänger verwerfen die Beschlüsse der dritten, zu Ephesus -gehaltenen ökumenischen Kirchenversammlung, wo ihre Lehre verdammt -wurde. Sie nehmen in <em class="gesperrt">Christus</em> zwei <em class="gesperrt">Personen</em> an, und -weigern sich, <em class="gesperrt">Marien</em>, der Gattin <em class="gesperrt">Josefs</em>, den Namen -Gottesgebärerin zu verleihen. Sie verabscheuen die Verehrung der -Bilder. Seit dem Jahr 1599 vereinigten sich viele <em class="gesperrt">Nestorianer</em> -mit den römischen Katholiken, unter Vorbehalt der Priesterehe und des -Abendmahls in zwei Gestalten.</p> - -<p>6. Die Kirche der <em class="gesperrt">Eutychianer</em> oder <em class="gesperrt">Monophysiten</em> heißt -nur die drei ersten ökumenischen Kirchenversammlungen gut, und nimmt -in <em class="gesperrt">Christus</em> einzig die Mensch gewordene göttliche Natur an. -Deswegen wird das Zeichen mit einem Finger gemacht.</p> - -<p>7. Die <em class="gesperrt">Jakobiten</em>. Sie nennen sich also nach <em class="gesperrt">Jakob -Baradai</em>, einem syrischen Mönche des sechsten Jahrhunderts, welcher -in der Absicht Syrien und Mesopotamien<span class="pagenum"><a name="Seite_26" id="Seite_26">[S. 26]</a></span> durchzog, um die Monophysiten -in eine Kirche zu vereinigen. Er brachte sie in der That unter eine -kirchliche Oberherrschaft. Sie stehen unter zwei Patriarchen, unter -dem syrischen zu Diarbeker oder Aleppo und unter dem mesopotamischen -im Kloster Saphran bei Medin. Die Jakobiten haben mit den koptischen -Christen die Gewohnheit der Beschneidung gemein, verehren die Bilder, -und die meisten traten zur lateinischen Kirche über, indem sie jedoch -einigen eigenthümlichen kirchlichen Gebräuchen forthuldigten.</p> - -<p>8. Die alte abendländische, die lateinische oder <em class="gesperrt">römisch-katholische -Kirche</em>. Alle Welt weiß, daß sie den römischen Papst als -Statthalter <em class="gesperrt">Jesu Christi</em> und ihr Oberhaupt anerkennt, -welchem die meisten Lateiner die Eigenschaft der Unfehlbarkeit in -Glaubenssachen ausschließlich zutrauen. Die Römischen haben sieben -von Gott eingesetzte Sakramente; sie verrichten die Taufe durch -Begießung mit Wasser; sie nehmen beim Abendmahle die Verwandlung an; -sie halten Ohrenbeichte, verehren Heilige, glauben an ein Fegfeuer, -thun Werke der Buße, empfangen Ablaß der Sünden, die Mönche werden -durch Gelübde gebunden, die Priester müssen im ledigen Stande leben. -Die Kirchenversammlungen sind unfehlbar, nicht bloß die allgemeinen, -welche vor der Trennung der morgenländischen und abendländischen -Kirche gehalten wurden, mit Ausnahme des<span class="pagenum"><a name="Seite_27" id="Seite_27">[S. 27]</a></span> <span class="antiqua">Concilium Trullanum</span> -oder <span class="antiqua">Quinisextum</span>, sondern auch viele andere. Die letzte -Kirchenversammlung war in Trient vom Jahre 1545 bis 1563.</p> - -<p>9. Man darf sich nicht wundern, daß die abendländischen -Christen ohne ein sichtbares Oberhaupt der Kirche, nämlich die -<em class="gesperrt">Protestanten</em>, welche für die Bekehrung der Heiden eine rastlose -Thätigkeit entwickeln, auch Geistliche aufweisen können, die, aus -Religionsabsichten, in Jerusalem festen Sitz genommen haben.</p> - -<p>Die Mannigfaltigkeit der Religionsbekenntnisse fordert zur ernstesten -Betrachtung auf. Es ehren bis auf diesen Tag die Menschen Gott auf ihre -verschiedenen Weisen, trotz des Glaubenszwanges, trotz der Bannflüche, -trotz der Blutströme. Dem überstrengen Vater entläuft der Sohn im -Augenblicke seiner Ermannung. Die Sadduzäer, die abendländischen -Christen, die Protestanten waren nicht aus sich selbst erzeugt, sondern -sie hatten ihre rechtmäßigen Erzeuger in dem Pharisäismus, in der -morgenländischen Kirche, in dem römischen Papstthume. Wir feiern die -Männer, welche Duldsamkeit predigen. Wie todt muß die Wahrheit der -Geschichte sein. Die Duldsamkeit sollte sich wohl von selbst verstehen.</p> - -<p>So viel als einleitende Bemerkungen.</p> - -<div class="section"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_28" id="Seite_28">[S. 28]</a></span></p> - -<h3 id="Gaza">Gaza.</h3> - -</div> - -<p><em class="gesperrt">Gaza</em>, sprich Gâsa, liegt reizend auf einer kleinen Anhöhe, drei -Viertelstunden vom Meere (vom alten Hafen Majumas). Gegen Aufgang -stellt sich der Hebron. Bäume, Fruchtfelder und Wiesen wechseln in der -Umgegend, um das Auge zu ergötzen. Eben sah ich die Kühe im Grünen -friedlich weiden. Die Stadt ist nicht groß, und enthält, nach den -Versicherungen des Militärarztes daselbst, <span class="antiqua">Dr.</span> <em class="gesperrt">Tarabra</em>, -eines durchaus kenntnißreichen und einsichtsvollen Mannes, sechs- -bis siebentausend Einwohner. Die Gassen sind schmal, krumm, uneben, -ungepflastert; die einen Häuser haben platte, andere dagegen -kuppelförmige Dächer. Die Moschee, einst eine griechische Kirche, ist -groß und schön. Man findet viele alte Ruinen, z. B. Säulen mit Knäufen, -und Nachgrabungen müßten Schätze aufdecken.</p> - -<p>Die Bevölkerung ist weiß; viele Männer zeichnen sich durch Schönheit -aus; das verschleierte Antlitz der Frauenspersonen entzieht sich -der Beurtheilung; die Kinder sind blaß oder gelblich. Die Bassar -durchrauschet viel Leben. Unweit von denselben erblickte ich wieder die -Zelte unsers Kontumaznachbars <em class="gesperrt">Mustafa-Bei</em> und in ihren Sternen -viel Freundlichkeit.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_29" id="Seite_29">[S. 29]</a></span></p> - -<p>Ich hatte eine Empfehlung an den <span class="antiqua">Dr.</span> <em class="gesperrt">Tarabra</em>, welcher -mich sehr gastfreundlich aufnahm und behandelte. Ich verdanke ihm, -außer den Mittheilungen über die Größe der Bevölkerung, noch andere, -welchen ich hier zum Theile einen Platz anweisen werde. Die arabischen -Weiber empfangen in Gaza sehr leicht; sie gebären ohne Hebammen, selten -aber fünf bis sechs Male. Als die Pest ihre Verheerungen anrichtete, -mußte <em class="gesperrt">Tarabra</em>, in der Eigenschaft eines Physikus der Provinz, -alle Todesfälle bewahrheiten, und da fand er das Verhältniß der -gestorbenen Kinder zu den gestorbenen Erwachsenen wie 5 zu 1. Dieses -Verhältniß beweiset eine schreckliche Sterblichkeit der Kinder, -selbst wenn sich dasselbe wie 3 zu 1 umwendet. Am meisten klagte -<em class="gesperrt">Tarabra</em> über die griechischen Weiber. Durch ihr unsinnig -strenges Fasten, welches sich beinahe einzig auf schlecht gekochte -Linsen und Oliven beschränke, bedingen sie die Absonderung einer -schlechten Milch, welche den Säugling bisweilen nicht zu ernähren -vermöge. Er sah sich bewogen, den griechischen Bischof deshalb um -Dispensen anzugehen. Die Bewohner von Gaza leiden vorzugsweise -an Rheumatismen und Katarrh (nicht aber an Lungenkatarrh). Oft -verschlimmern sie letztere Krankheit durch die landesüblichen Bäder. -Auch kommt der Scharbock nicht selten vor. Die Araber werfen sich am -liebsten in die Arme<span class="pagenum"><a name="Seite_30" id="Seite_30">[S. 30]</a></span> unwissender Menschen. Eine große Plage anderer -Länder, nämlich die Lungenschwindsucht, geißelt die Einwohner von -Gaza sehr selten, und hier dürfte vielleicht der Schwindsüchtige mehr -Linderung hoffen, als in dem gepriesenen Nizza.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Fortsetzung_der_Reise_nach_Jerusalem">Fortsetzung -der Reise nach Jerusalem.</h3> - -</div> - -<div class="blockquot"> - -<p>Allee; Um- und Unfall; Ebene Sephela; Aushaltigkeit der Thiere; -verführerischer Weg; Nutzen des Hundegebells; Länge des -Philisterlandes; Freude über eine fränkische Herberge in Ramle.</p> - -</div> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 27. Wintermonat.</em></p> - -<p>Ich faßte ungerne den Entschluß, das anmuthige Gaza so bald zu -verlassen.</p> - -<p>In Egypten zauderte ich immer noch mit der Ausführung der Reise -nach Asien. Wäre sie unterblieben, ich würde einen unverzeihlichen -Unterlassungsfehler begangen haben.</p> - -<p><span class="antiqua">Dr.</span> <em class="gesperrt">Tarabra</em> hatte die Güte, Alles für die Abreise -zu veranstalten. Die Regierung raffte für den Bedarf der nach -Arabien beorderten Truppen alle Kameele zusammen, und ohne die -menschenfreundlichen Bemühungen meines Kunstgenossen für die Auswirkung -eines Regierungsbefehles würde ich zuversichtlich keines sogleich -bekommen haben.<span class="pagenum"><a name="Seite_31" id="Seite_31">[S. 31]</a></span> Ich nahm in dankbaren Ausdrücken Abschied von meinem -Gastfreunde, und schwang mich auf das Kameel; mein ganzes Gepäcke lag -neben und unter mir. Einen Schritt vor Gaza wurde ich angehalten. Die -Sonne ging immer höher, ohne daß ich um die Ursache des Stillstandes -wußte. Es sammelten sich immer mehr Zuschauer um mich herum. Endlich -verlor ich — die Geduld. Ich krächzte in der Sprache der Kameeltreiber -ch ch, das Kameel fiel auf die Kniee, und ich stieg ab, im Vorhaben, -bei <em class="gesperrt">Tarabra</em> meine Klage vorzubringen. Im Nu kam mein Treiber -auf einem Esel dahergeritten. Wahrscheinlich wollte man durch die -Verzögerung ein Geschenk erzwingen, oder der Treiber harrte auf der -Lauer, um Zeit zu gewinnen, damit ich heute nicht mehr in Ramle -anlange. Kurz, jetzt ging es.</p> - -<p>Der Weg zog durch einen Wald alter, in Menge zerklüfteter, in -regelmäßigen Reihen stehender Oelbäume. Gaza muß nach dem Zeugnisse -unserer Tage ehedem von großer Bedeutung gewesen sein.</p> - -<p>Wenn man die ausgetretenen Wege besieht, so träumt man sich hinter -Jahrtausende zurück, da auf ihnen der Fuß der Menschen, um nur der -alten Kananäer, Philister und Juden zu gedenken, schon wandeln -mochte; überschaut man den Boden des Feldes, so wird man seine Güte -lob<span class="pagenum"><a name="Seite_32" id="Seite_32">[S. 32]</a></span>preisen, daß er ohne Speisung fort und fort mit Ueppigkeit die -Früchte hervorbringt.</p> - -<p>Beinahe mitten auf dem Wege nach Ramle hatte mein Thier einen -kerngesunden Einfall. Um den Reiter los zu werden, fiel es auf die -Kniee und legte sich auf die Seite. Ich kroch vom Sattel hinweg. Mit -bestaubten Kleidern setzte ich mich sogleich wieder auf das Kameel, -welches dann ohne weitere Umfälle den Weg fortsetzte.</p> - -<p>Der Kalkstein senkt sich von Südwest nach Nordost, und guckt mit seinen -Höckern hie und da hervor. Die Erde ist fahl bis gegen Ramle, wo sie -röthlich zu werden beginnt.</p> - -<p>Etwa an acht Dörfern auf der Ebene Sephelah kam ich vorüber. Wie nahe -ich an den alten Ortschaften Askolon, Astod, Gath, Jabueh und Ekron -vorüberritt, vermag ich freilich nicht zu bestimmen. So viel ist gewiß, -daß kein <em class="gesperrt">fließender</em> Bach, weder der Eschkol (Traubenbach), noch -der Jarkon, überschritten wurde, und die gerühmten Weinpflanzungen -entgingen meinem Auge. Die Häuser Sephelahs stehen alle städteartig -beisammen. Weil sie niedrig und die Dächer bauchig oder gewölbt sind, -so erkennt man von der Ferne ein Dorf mit einiger Schwierigkeit; anders -verhält es sich, wenn der Giebel hoch aufragt. Das palästinische -Dorf sieht häßlich aus. Die Häuser sind von unbearbeiteten Steinen -aufgeführt, die Dächer derselben sehr<span class="pagenum"><a name="Seite_33" id="Seite_33">[S. 33]</a></span> dick, mit einer feuerfesten -Rinde von Erde, so daß sich darauf hie und da ein geschlossenes Grün -ansetzt. Dieser Umstand vermehrt noch die Schwierigkeit, mit der man -ein Dorf aus der Ferne erkennt.</p> - -<p>Die Weiber auf dem Felde, deren Gesichter ich mit meinem Auge gleichsam -erhaschen konnte, waren hübsch. Andern sah ich nur einen Streifen -vom Antlitze, welches der Schleier in ein noch größeres Geheimniß -verhüllte, als bei den Egypzierinnen.</p> - -<p>Bis Ramle sind zwölf Kameelstunden. Das Thier mußte diesen Weg -unaufhörlich gehen, ohne daß es Nahrung bekam. Selbst dem kleinen Esel -ward kein besseres Loos zu Theil, und durch den größten Theil des Weges -trug er den Führer. Die Thiere halten im Morgenlande mehr aus, als in -Europa. Sind sie etwa in diesem Welttheile verwöhnt oder verzärtelt? -Ich sah, erzählt <em class="gesperrt">Wesling</em>, unter der heißen Sonne ziemlich locker -angebundene Pferde der Beduinen mit zwei oder vier Loth Wasser für -einen ganzen Tag und eine ganze Nacht hinlänglich gelabt werden.</p> - -<p>Zwei Männer zu Esel schloßen sich nicht weit von Gaza als -Reisegefährten an. Bei einem Dorfe wollte einer von ihnen links auf -einen kleinen Weg mich leiten, der mir ein verführerischer Feldweg zu -sein schien. Ich sagte: <em class="gesperrt">Nein</em>, ritt rechts davon, und man folgte -mir auf dem wirklich<span class="pagenum"><a name="Seite_34" id="Seite_34">[S. 34]</a></span> richtigen Wege. Etwa drei Stunden von Ramle -verließen mich diese Leute, und lenkten in ein Dorf, wohin sie auch -mich locken wollten. Uebrigens darf ich nicht verschweigen, daß dieser -Reisegefährten einer mir eine Mütze einhändigte, die ich verloren -hatte. Es scheint der gute Eindruck noch nachgewirkt zu haben, den er -dadurch bekommen mochte, daß ihm ein wenig Speisen aus meinem Vorrathe -dargereicht wurden. Ich gab sie zwar nicht ihm selbst, sondern dem -Treiber; allein die Araber haben es im Brauche, die Speisen Andern -mitzutheilen, und dem Geber in aufrichtiger Gefälligkeit erkenntlich zu -sein.</p> - -<p>Ich hätte wohl ein ganzes Register von Klagen über meinen Treiber. Er -war ein junger, unbärtiger Kerl, und wußte nicht einmal den Weg nach -Ramle. Darum fragte er oft darnach; darum wollte er das Uebernachten -in einem Dorfe erpochen. Die Sonne war untergegangen, und ich ritt -mit diesem unwissenden Jungen. Gegen acht Uhr hörte ich das Gebell -eines Hundes. Dasselbe gab mir die Gewißheit, daß ich von Hunden und -— folglich auch von Leuten nicht mehr ferne sei. So unwillkommen das -Hundegebell sonst, so willkommen war es mir dieses Mal.</p> - -<p>Schon zeugte der Boden von fleißigerem Anbaue; die indischen Feigen -begleiteten wie ein Geländer die breiter werdende Straße; nun -schon entdeckte ich Licht; das Minaret<span class="pagenum"><a name="Seite_35" id="Seite_35">[S. 35]</a></span> glänzte in der frei- und -festtäglichen Beleuchtung; es erscholl ein Chor von Hundegebell. -Völlig verschwanden meine Zweifel über die Nähe der Stadt. Unser Weg -aber kreuzte sich, und der unwissende Bursche fragte deutend mich um -Weisung. Ich war entschlossen, nach der Gegend, wo die Hunde bellten, -zu reiten, und winkte sogleich mit der Hand.</p> - -<p>Noch sollte mir ein kleiner Unfall begegnen. Nahe schon am Orte meiner -Bestimmung trank ich gerade in vollen Zügen das süße Glück, als ein -niedriger Baumzweig mir ins Auge fuhr, daß ich im Augenblicke nichts, -als einige Funken sah, und daß ich wund und blau wurde. Endlich bin ich -in der Stadt Ramle.</p> - -<p>Um den Umfang des Philisterlandes zu würdigen, darf ich nur daran -erinnern, daß ich es an einem Tage in seiner Länge durchritt; die -Breite desselben ist nur unbedeutend. Die Erzählung von den Kriegen, -welche die Juden mit den Philistern führten, ist geeignet, die -Vorstellung von der Größe des Philisterlandes irre zu leiten.</p> - -<p>Müde, aber sehr müde, gleichsam wie zerschlagen stieg ich am Stadtthore -ab. Man versicherte mich, daß man beim Reiten auf einem Kameele oder -Dromedare ähnlichen Beschwerden ausgesetzt sei, wie auf dem Schiffe. -Dies war bei mir wenigstens nicht der Fall, ohne daß ich die Aussage -eines Deutschen bezweifeln möchte, welcher dieses<span class="pagenum"><a name="Seite_36" id="Seite_36">[S. 36]</a></span> Reiten glatterdings -nicht ertragen konnte, und daher mit dem Reitthiere zu Fuß ging. Als -ein gutes Vorbauungsmittel gegen die Beschwerden, welche das Reiten -etwa verursachen könnte, empfiehlt man allgemein das feste Gürten des -Unterleibes. Auch ich bediente mich dieses Mittels, das mir in der That -sehr behagte.</p> - -<p>Ich hatte Empfehlungen an zwei im Dienste des Vizekönigs stehende -Franken. Wie sollte ich sie bei Nacht in den menschenleeren Gassen -aufsuchen? Ich ließ an einem Hause derb anklopfen. Die Stille in -demselben verkündigte die Ruhe aller Hausgenossen. Doch man ließ vom -Klopfen nicht ab. Zum Glücke endlich öffnete ein halb gekleideter Mann -die Thüre. Er wußte die Wohnungen der bezeichneten Franken. Der Antheil -nehmende, gute Mann war bald beredet, mir jene zu zeigen. Leider -verfehlte ich die Franken, die sich in Akre befanden. Mir blieb nichts -übrig, als in dem lateinischen Hospizium der Spanier, die man mir eben -nicht zu ihrem Vortheile schilderte, Herberge zu nehmen.</p> - -<p>Dieser Tag war ein unsriger Sommertag. Die Wolken, durch welche die -Strahlen der Sonne in Strähnen brachen, arbeiteten an einem Schauer, -und der Regen drohte bei der schwülen Witterung. Tags lärmten in großer -Menge die Thiere der Luft, die Vögel, und Nachts die Thiere der<span class="pagenum"><a name="Seite_37" id="Seite_37">[S. 37]</a></span> Erde, -die Insekten. Alles, was da lebt auf und über der Erde, singt Tag und -Nacht das Hochzeitlied, zur Freude der Menschen.</p> - -<p>Ach, wie war ich bei meiner Müdigkeit froh, in einer fränkischen -Herberge ausruhen zu können. Von den Patres freundlich begrüßt, ward -ich ins Refektorium eingeladen. Sie setzten mir Eier, Fische, Käse, -Brot und Wein vor, und ich sättigte mich mit Wohlgefallen.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 28.</em></p> - -<p>Ueber Nacht rollte Sommerdonner.</p> - -<p>Ich wollte nach Jerusalem abreisen; allein da der Eseltreiber noch -durch das Beladen der Esel mit Fischen (vom Hospizium, welches mir -es verheimlichte) mich zum Warten nöthigte, und da ich unter solchen -Umständen nicht glauben durfte, daß ich noch bei Tageszeit in Jerusalem -anlangen würde, so blieb ich, obwohl sehr ungerne, zurück. Bereits -nämlich verließ ich das Hospizium. Ich stand schon am Orte, wo die -Esel beladen wurden; das Felleisen war schon aufgepackt. Ich drängte -auf schnelle Abreise. Es half nichts, indem der Muchero (Eseltreiber) -wähnen mochte, daß ich weder selbst das Felleisen forttragen, noch bei -der schwachen Morgendämmerung das Hospiz finden werde. Der Mann aber -thäte sich verrechnen. Ich hob das Felleisen auf die Schulter und trug -es ins Hospiz.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_38" id="Seite_38">[S. 38]</a></span></p> - -<p><em class="gesperrt">Rama</em>, <em class="gesperrt">Ramla</em> oder <em class="gesperrt">Ramle</em>, ungewiß das Arimathia der -Bibel, ist weder hübsch, noch groß, aber in einer sehr fruchtbaren -Gegend und unter einem milden Himmel. Auch hier liegen Ueberbleibsel -von Alterthümern, z. B. Säulen, herum. Von der Stadt aus eröffnet sich -eine köstliche Aussicht ins Gebirge Juda bis zum Ephraim.</p> - -<p>Der Bassar ist unansehnlich. Ich konnte der Anlockung nicht -widerstehen, Brot und einige Früchte zu kaufen, die ich mit Lust -verzehrte.</p> - -<p>Zum Zeitvertreibe besuchte ich das griechische Kloster, welches -ebenfalls Pilger beherbergt. Der Erzpriester empfing mich mit vieler -Freundlichkeit, verstand aber keine der fränkischen Sprachen, und so -mußten wir uns begnügen, einander anzuschauen, was doch unstreitig viel -bequemer ist, als eine auf Nadeln setzende Anrede von Komplimenten zu -halten.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Ende_der_Reise_nach_Jerusalem">Ende der Reise nach -Jerusalem.</h3> - -</div> - -<div class="blockquot"> - -<p>Uebereinkunft unter den Augen der <span class="antiqua">reverendissimi patres</span>; -Abreise um vier Uhr Morgens; Trümmerchroniken; St. Jeremias und sein -Brunnen; Terebinthenthal; Einförmigkeit des Judagebirges; <span class="antiqua">si mira -Gerusalemme</span>; im Neuhause abgestiegen; vortrefflicher Wein; vor -Freude fast Leid am Moriah.</p> - -</div> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Sonntags den 29. -Wintermonat.</em></p> - -<p>Ich habe mich einen Abend vorher mit dem asiatischen Eseltreiber des -Hospiziums unter den Augen der Mönche<span class="pagenum"><a name="Seite_39" id="Seite_39">[S. 39]</a></span> abgefunden. Heute griff man der -gestrigen Vergeßlichkeit damit unter die Arme, daß man mein Gepäcke -ohne größere Bezahlung nicht mitnehmen wollte. Mit dem Hospizium -war kein Streit anzufangen. Froh, von nicht sehr würdigen Vätern -mich einmal entfernen zu können, gab ich nach, obgleich ich über das -Vorgefallene ein wenig schmollte. Weit mehr ärgerte mich, daß der roth- -und triefäugige Knecht des Hospiz mir die Flasche voll Rhum zerschlug -oder zerbrechen ließ.</p> - -<p>Etwa um vier Uhr in der Frühe reiste ich einzig in Begleit eines jungen -Menschen ab. Ich durchritt eine Ebene, welche die Nacht mir verbarg. -Beim Grauen des Tages erreichte ich den Anfang des Gebirges von Juda. -Auf einem Hügel hart am Wege stand ein Dörfchen. Nun schlängelte sich -der Weg gegen Morgen durch ein Thal, dessen Hügel allmälig zu Bergen -sich aufthürmten. Der Paß ist nur eine kurze Strecke enge. Hie und -da unterbrechen den Boden Bäume und der Pflug. Ueberdies wird die -Gegend durch die lärmenden Hirten belebt. Bevor man den Scheitel -des nächsten Berges gewinnt, wo eine schöne Fernsicht bis auf das -Mittelmeer sich aufschließt, erblickt man rechter Hand, auf einem -Hügel, vom Wege unfern ein Dorf inmitten von Oelbäumen. Dort mag die -Hälfte des Weges von Ramle bis Jerusalem sein. Von dem<span class="pagenum"><a name="Seite_40" id="Seite_40">[S. 40]</a></span> Scheitel jenes -Berges läuft der Weg zuerst ziemlich eben, dann hinunter und hinauf. -Jetzt hinuntersteigend, kommt man an dem Dorfe St. Jeremias vorüber, -welches an die nördliche Abdachung eines Berges gebaut ist. Den heitern -Blick desselben erwiedern mit einem ernsten und finstern einige Ruinen -daneben, welche wohl aus den Zeiten der Kreuzzüge stammen. Diese, wie -andere Trümmer an verschiedenen Stellen im Gesichtskreise auf der -Bergreise sprechen wie Chroniken. In Jeremias ist das jüdische Gebirge -milde; der Feigenbaum trug noch die Blätter, während die Kälte sie in -höhern Gegenden gepflückt hat.</p> - -<p>Gelangt man von St. Jeremias ins Thal, so zieht rechterseits ein -Brunnen die Aufmerksamkeit auf sich. Es liegen jetzt noch Stücke einer -Marmorsäule herum. Sie war vielleicht ein Bestandtheil der Verzierung -eines Brunnentempels. Weiter beginnt das Weinland. Die Rebe steht da -stämmig wie ein Baum, ohne Stütze, ohne Band. Der Blätter gelbe Farbe -feierte den Herbst. Auch anderwärts am Wege nach Jerusalem trifft man -Weinfeld.</p> - -<p>Ich bestieg dann eine Bergspitze mit malerischer Aussicht — auf den -wenigstens anderthalb Stunden offen liegenden Weg. Darauf kam ich -in eine tiefe Thalschlucht, ins Terebinthenthal, ehe ich aber sie -erreichte, an einem Brunnen vorüber, auf dem eine arabische Inschrift -steht.<span class="pagenum"><a name="Seite_41" id="Seite_41">[S. 41]</a></span> Die Sitte der alten Morgenländer befolgend, errichten die -Mohammetaner über den Quellen kleine Tempel. In der Thalschlucht -selbst, welche von dem Laub der Feigen- und Zitronenbäume beschattet -wird, weilt das Auge des Wanderers auf einem ziemlich freundlichen -kleinen Dorfe. Von dem Bollwerk einer Ruine herunter redete mich ein -Mann an, der vielleicht mich gastlich einladen wollte.</p> - -<p>Jetzt ging es auf die letzte Bergkuppe, fast oben neben einer langen -Reihe von Kameelen langsamen Schrittes gegen Sonnenuntergang.</p> - -<p>Der Weg auf dem Juda ist zwar ein wenig schmal, doch schwierig -nirgends, vielmehr überall deutlich, fest ausgetreten, in Summa -fürtrefflich für den, welcher die schweizerischen Berge bereiset hat. -Neben diesem Wege erhebt sich das Land hier und da stufenförmig, gleich -Weingärten, was unzweifelhaft läßt, daß der Anbau des Bodens einst weit -mehr geblühet hatte. Gleich am Eingange ins Gebirge erkennt man ohne -Mühe die Vierecke der Felder, nunmehr voll kleineren Steingerölles. -Auf Geschiebe stößt man im Gebirge ungemein häufig, und der Hauptzug -desselben ist Kahlheit. Zwischen den Steinen und Felsen gedeihen -wohl gewürzhafte Kräuter, grüne Gebüsche, lachende Bäume; allein -diese sind unvermögend, die Gegend im Ganzen lieblich und freundlich -zu kleiden. Im Uebrigen verdient der<span class="pagenum"><a name="Seite_42" id="Seite_42">[S. 42]</a></span> Juda wirklich den Namen eines -Gebirges, selbst nach dem Wörterbuche des Hochländers; nur mangeln -höhere Berge, die einen majestätischen Eindruck machen. Meist sind die -jüdischen abgerundet, und böschen sich gleichmäßig. Kein Bach wälzte -sich rauschend bergab durch die Schluchten und Thäler; nirgends tosete -der Berggeist in wildem Schaum über einen Felsabsturz; ich konnte im -Terebinthenthale höchstens über eine Brücke setzen, welche über einen -trockenen Bach sich wölbte.</p> - -<p>Auf dem Wege über das Gebirge begegneten mir nicht selten Leute, -darunter unverschleierte, aber eben nicht schöne Frauen und -Mädchen, auch ein Weib auf einem Kameele. Mein Hut vor Allem schien -sie zu befremden. Einigen las man auf ihren Gesichtern: Ach wäre -nur die Polizei nicht so strenge, wie gerne wollte ich diesen -Menschen ausplündern. Möchten die leidenschaftlichsten Gegner einen -<em class="gesperrt">Mehemet-Ali</em> und <em class="gesperrt">Ibrahim-Pascha</em> nur als Urheber zahlloser -Ungerechtigkeiten und Verbrechen auslästern, so viel Unparteilichkeit -werden auch sie besitzen, um diesen Männern nachzurühmen, daß unter -ihrem mächtigen Arme die Abendländer eines unschätzbaren Gutes, nämlich -öffentlicher Sicherheit, sich erfreuen.</p> - -<p>Wie ich auf dem letzten Bergscheitel stand, entschwebte mir der -Gedanke, daß ich von der Tochter Zions nicht mehr<span class="pagenum"><a name="Seite_43" id="Seite_43">[S. 43]</a></span> ferne sein könne. -Ich durfte eine kurze, nicht sehr merklich abschüssige Strecke -fortrücken, bis ich weißgraue Thürme und Streifen von Mauern erblickte. -Ich hielt sie für <em class="gesperrt">Jerusalem</em>. Ich wurde in dieser Meinung -bestärkt, weil Weiber, nach Art der Marktleute, mit beladenen Köpfen -uns begegneten. Als ich zudem das Schmettern der Trompeten vernahm, -gerieth meine Seele in den Zustand der größten Spannung. Noch ein wenig -weiter, und der Führer, ein arabischer Jüngling, schlug auf einmal -meine Ungewißheit aus dem Felde, mit den fränkischen Worten: <span class="antiqua">Si mira -Gerusalemme</span> (Man sieht Jerusalem). Da ist denn die Schaubühne so -verschiedenartiger Auftritte, so schroffer Zerwürfnisse, so blutiger -Kriege, so mächtiger Umwälzungen, so harter Drangsale, so freudiger -Begeisterungen. Das ist die vielgenannte Stadt, wie keine auf dem -ganzen Erdballe so reich an Erinnerungen für den gläubigen Christen und -den Staub von Israel.</p> - -<p>Glaubst du Jerusalem in einem Thale, wo es von oben her einen -köstlichen Anblick darbiete? Du lebst in der Täuschung. Es liegt -nur wenig tiefer, als der letzte Bergscheitel und von diesem in der -Entfernung etwa einer kleinen Stunde. Glaubst du Jerusalem in der -Mitte anmuthiger Fluren? Du wirst dir der lieblichen Trugbilder aufs -schmerzlichste<span class="pagenum"><a name="Seite_44" id="Seite_44">[S. 44]</a></span> bewußt. Der Weg leitete bloß durch steinigen Boden, -wie ihn <em class="gesperrt">Strabo</em> schon nannte, selbst bis zu den Mauern; das -seltene Grün zwischen den Felsen und Geschieben leistet wenig oder -keine Entschädigung. Als die Stadt ganz nahe vor mir lag, so erschien -sie ohne eigentliche Bedeutung und ohne Pracht. Eben übte sich das -egyptische Militär in den Waffen vor den Mauern am Berge Gihon, und -die Einsilbigkeit der Stadt ließ mir Muße übrig, das Kriegsvolk zu -durchmustern.</p> - -<p>Ich kam etwa um zwei Uhr Nachmittags im Zickzack durch das Jaffathor, -und wenn auf dem ganzen Wege mein Auge in keinem einzigen murmelnden -Bächlein sich badete, so fiel mir gleich eine Pfütze auf, mitten -in der äußerst schlecht gepflasterten Gasse. Diese Pfütze, dieses -Straßenpflaster und elende Häuser, — das ist, was in Jerusalem zuerst -meinen Blick fesselte. In die zweite Gasse links bogen wir ab. Bald -erreichten wir das Neuhaus (<span class="antiqua">casa nuova</span>), ein Gebäude, welches -dem Kloster der Franziskaner oder des Erlösers (S. Salvatore) angehört, -wiewohl ein Gäßchen jenes von letzterem trennt.</p> - -<p>Mein Gepäcke wurde in den Hof des Neuhauses gelegt und, nachdem mir von -dem freundlichen Klosterverwalter der Aufenthalt bewilliget worden, -in ein Zimmer geschafft. Ich schnitt ein saures Gesicht, als ich -vergebens<span class="pagenum"><a name="Seite_45" id="Seite_45">[S. 45]</a></span> Fenster suchte. Auf meiner Wanderung über das Judengebirge -war es kühl, jetzt fing es mich an den Füßen ordentlich zu frieren an, -und später fror es mich so stark, daß ich Mühe hatte, mich zu erwärmen.</p> - -<p>Da das Mittagessen schon vorüber war, so mußte ich mit übrig -gebliebenen Speisen mich begnügen. Der reichlich vorgesetzte Wein -schmeckte mir vortrefflich, und je mehr ich nippte, desto herrlicher -mundete mir der edle Saft der Rebe. Auch genoß ich seit meiner Abreise -von Kairo kein schöneres und besseres Brot.</p> - -<p>Ich verspürte einige Müdigkeit, zwar nicht vom Gehen, obschon ich den -weitaus größten Theil des Gebirgsweges zu Fuß zurücklegte, sondern vom -Reiten wegen des unförmlich breiten Sattels. Darum unternahm ich diesen -Tag nur noch einen kleinen Spaziergang durch etliche Gassen der Stadt. -In meiner frohmüthigen Stimmung zu Jerusalem zwischen dem Gehinnon und -Josaphat, dem Zion und Oelberg und Golgatha sang ich mitten durch den -Bassar unter der Menge von Menschen. Mein Gesang aber hörte plötzlich -auf. Warum? Das will ich erzählen. Bei meinem Mangel der nähern -Kenntnisse von der Stadt schritt ich arglos durch das Thor an der -Vormauer der Omarsmoschee, welche auf der Stelle des Salomonstempels -erbaut sein soll. Die Mohammetaner liefen gegen mich drohend heran, -ich<span class="pagenum"><a name="Seite_46" id="Seite_46">[S. 46]</a></span> merkte, den Tempel im Angesichte, daß ich mich verging, und -unverzüglich kehrte ich um. Mein unsaumseliges Benehmen hatte jedoch -keine andere Folge, als die, daß der Gesang sich in Pausen auflöste.</p> - -<div class="chapter"> - -<h2 class="nobreak" id="Jerusalem"><em class="gesperrt">Jerusalem</em>.</h2> - -</div> - -<h3 class="nopad" id="Oertliche_und_klimatische_Verhaeltnisse">Oertliche -und klimatische Verhältnisse.</h3> - -<p>Jerusalem oder Soliman, bei den Arabern El-Kots (die Heilige), -liegt an einem ziemlich steilen Bergabhange. Der Berg beginnt eben -sich schroffer zu senken, und es erheben sich die Mauern der Stadt, -auf drei Seiten von einem tiefen und schmalen Thale, wie von einem -Festungsgraben, umgeben. Die Natur war so zuvorkommend, um die Stadt -zu befestigen, daß die Kunst aus Dankbarkeit ihren Theil beitragen -sollte. Beinahe in der Mitte der Abendseite der Stadtmauern steht das -Jaffathor (Bab-el-Kalil). Hier beginnt das Thal Gihon, streicht, den -Berg Gihon zur Rechten, eine kurze Strecke gegen Mittag, und läßt -kaum einen zum Theil verschütteten, zur Zeit wasserleeren Teich, den -Teich Berseba (nach <em class="gesperrt">Jonas Korte</em>) oder Bethsabe (nach einem -andern Schriftsteller), zurück, als es sich gegen Morgen wendet, unter -dem Namen Gehinnon etwa eine halbe Viertelstunde weit, um links mit<span class="pagenum"><a name="Seite_47" id="Seite_47">[S. 47]</a></span> -dem Thale Kidron oder Josaphat zusammenzustoßen. Das letztere Thal, -von der Brücke an keine Viertelstunde lang, geht von Mitternacht -gegen Mittag. In dem Thale Gihon fließt der Bach Gihon, und in dem -Thale Kidron der Bach Kidron. Der Wasserüberfluß ergießt sich in den -Lothssee (todte Meer). Also auf drei Seiten ist Jerusalem von einer -Thalschlucht umfangen: auf der Bethlehem nähern Abendseite vom Gihon, -auf der Mittagsseite vom Gehinnon und auf der Morgenseite vom Kidron. -Indeß ist vom Jaffathor an gegen Mitternacht, wo die Stadtmauer gegen -Sonnenaufgang umlenkt, gegen Emaus und vor dem Damaskusthore kein Thal, -sondern ziemlich ebenes, aber rauhes Land.</p> - -<p>Der Boden der Stadt ist uneben; im Allgemeinen neigt er sich nach der -aufgehenden Sonne. Eine Felsanhöhe und zwei Hügel sind deutlich zu -unterscheiden. Der Zion steigt von Mitternacht sehr sanft an. Desto -schroffer stürzt er gegen die Bergthäler Gihon und Gehinnon. Zion -nennen die heutigen Schriftsteller die Felsanhöhe im Winkel dieser -Thäler. Das Thor, welches auf den Zion sich öffnet, heißt Zions- oder -Davidsthor (Bab-el-Nabi-Daud), und man gelangt nicht geradenweges -über die Schlucht Gehinnon zu der gegenüberstehenden Schluchtlehne -Hinnon, über welche der Weg nach Bethlehem weiset, sondern man geht -durch<span class="pagenum"><a name="Seite_48" id="Seite_48">[S. 48]</a></span> das Zionsthor und das Jaffathor, bis man auf langem Umwege -dem Zion gegenüber sich befindet. — Das Franziskanerkloster liegt -im Nordwest der Stadt. Beim Neuhause geht es steil hügelan. Wenn man -durch die Thüre von Mitternacht her zu ebener Erde eingeht, so muß -man mehrere Treppenstufen hinuntersteigen, bis man auf der Südseite -zu ebener Erde herauskommt. Selbst die Gasse südlich am Kloster fällt -gähe gegen Morgen. Ich will den Liebhabern alter Namen die Freude -nicht mißgönnen, diesen Hügel im Nordwest der Stadt <em class="gesperrt">Akra</em> zu -benennen, ob er gleich, darf ich meinen Augen trauen, an Höhe den Zion -übertrifft, welcher, wenn ich recht deute, einst die Oberstadt hieß. — -Unter dem Akra, dem Josaphatsthale näher, im Nordwest der Stadt erhebt -sich ein anderer Hügel. Der Bequemlichkeit willen in der Beschreibung -und des geschichtlichen Anklanges wegen belege ich ihn mit dem Namen -<em class="gesperrt">Bezetha</em>. Der Anfang der sogenannten Schmerzensgasse (<span class="antiqua">via -dolorosa</span>) richtet sich in ziemlicher Neigung von Morgen gegen -Abend, und von dort zieht eine andere Gasse auf der entgegengesetzten -Seite und in entgegengesetzter Neigung von Abend gegen Morgen, nämlich -gegen das Josaphatsthal. Unter den Stadtmauern durchgängig hat dieses -Thal besonders gähe Wände. — Die Moschee <em class="gesperrt">Omars</em> soll auf der -Felsnadel <em class="gesperrt">Moriah</em> stehen, wo der weise König <em class="gesperrt">Salomo</em> die -Bau<span class="pagenum"><a name="Seite_49" id="Seite_49">[S. 49]</a></span>stelle für den Tempel kaum groß genug fand, weil sie, „überall -gähe, gegen das Thal hing (<em class="gesperrt">Flavius Josephus</em>)“. Die Felsnadel war -längst abgetragen. Moriah steht von Mittag dem Bezetha gegenüber, wie -der Zion dem Akra. Und die vier Anhöhen oder Hügel in Jerusalem heißen, -nach den alten Urkunden, Moriah und Bezetha, Zion und Akra. Ich aber -unterschied mehr nicht, als zwei Hügel; denn Zion ist eine Felsanhöhe, -und der Name Berg verwirrt in der Sprache der Deutschen den Sinn.</p> - -<p>Ich ermangelte nicht, <em class="gesperrt">Flavius Josephus</em>, welcher nicht lange -nach <em class="gesperrt">Christus</em> lebte, so genau, als möglich zu vergleichen. -Aufrichtiges Geständniß der Unzulänglichkeit im Verstehen fördert das -Gedeihen der Wahrheit mehr, als unklare, anmaßende Vielwisserei. Wie -man mich auch immer beurtheilen mag, ich gestehe frischweg, daß ich -nicht im Stande war, das Dunkel völlig zu verdrängen, welches einige -Stellen in der Lagebeschreibung des Jerusalemers <em class="gesperrt">Josephus</em> -umschwebt. Mich spornt keine Lust an, gesehen zu haben, was ich nicht -gesehen hatte. Denjenigen, welche sich mit der Erklärung behelfen, -daß durch gewaltige Naturereignisse der Boden Jerusalems eine andere -Gestalt angenommen habe, erwiedere ich mit den Worten: Warum ragen noch -so merkwürdige Ueberbleibsel des hohen Alterthums in unser Zeitalter -herein, hier der Brunnen<span class="pagenum"><a name="Seite_50" id="Seite_50">[S. 50]</a></span> -<a name="Moriah" id="Moriah"></a>in der Tiefe zwischen Moriah und Zion, jenseits -am Kidron die Grabmale, dort außer der Stadt gegen Mitternacht die -Grabhöhlen? Ich will allerdings die außerordentliche Zerstörung und -Umwandlung Jerusalems gerne zugeben, und in Kraft dessen selbst -bemerken, daß ich keinen einzigen von jenen <em class="gesperrt">ganzen</em> Steinen -antraf, welche, nach der Geschichte, zwanzig Ellen lang und zehn breit -waren. Man fragt mit Erstaunen: Wohin sind sie denn verschwunden? Wer -hat sogar diese schweren Massen entführt oder zerstört? So wenig oder -schwer ich <em class="gesperrt">Flavius Josephus</em> verstehe, so treu und faßlich finde -ich dagegen die Ortszeichnung des Pilgers <em class="gesperrt">Hans Jakob Ammann</em>, -welcher ihr mit den Schweizer-Wörtern „Halden“ und, dem „Tobel“ -Josaphat gleichsam eine vaterländische Farbe auftrug.</p> - -<p>Zur Zeit meines Aufenthaltes flossen in Jerusalem keine Bäche, weder -der Kidron, noch der Gihon. Jener ist ein wildes Wasser bei stärkerem -und anhaltenderem Regen.</p> - -<p>Die Grundlage ist etwas röthlicher und so harter Kalkfelsen, daß er -die Politur nicht versagt. An vielen Orten tritt er nackt hervor, und -an andern überkleidet ihn eine dünne Schichte von Erde und vielen -kleinen Geröllen. Der Boden ist demnach weder gut zur Weide, noch -zum Anbaue. Mit Mühe sucht das Auge die Palmen, gleich wären sie aus -Egypten hieher verbannt. Oel- und Feigenbäume, fast<span class="pagenum"><a name="Seite_51" id="Seite_51">[S. 51]</a></span> die einzigen -Stammgewächse, verdichten sich nicht zu Wäldern wie bei Gaza und Ramle, -sondern stehen ziemlich einzeln. Von unausdauernden, wildwachsenden -Pflanzen verbreiten mehrere einen gar angenehmen Geruch. An wenigen -Stellen wird das Grün der Wiesen von den Steinen nicht unterbrochen. -Wo man es erblickt, wirkt seine Lebhaftigkeit wohlthuend, und wenn man -die Kühe darauf grasen sieht, möchte man in patriarchalischem Entzücken -die Steine und Gerölle der Wüste vergessen. Langsam gleitet der Pflug -an den Abhängen des Kidrons und Gehinnons. Derselbe ist einfach genug, -daß er die Steingeschiebe oder die Schuttsteine nicht scheuen darf. Ein -Eisen, das in die Erde wühlt, ein dünner Baum, welcher dieses Eisen -hält und den Zugstrick aufnimmt, noch eine Handhabe hinten für den -Ackermann, — das ist der Pflug unter dem Moriah, auf welchem ehemals -der reiche Tempel des israelitischen Volkes stolz emporstrebte. In -den Thälern, worin einst so heilige Stimmen hinauf zum Throne Jehovas -erhallten, zittert jetzt die Luft von dem rohen Geschrei des Pflügers. -Nicht allein der Strich gegen Ramle, wohl aber die ganze Umgegend trägt -überhaupt das Gepräge der Unebenheit, der Zerrissenheit, der Kahlheit, -der Unergibigkeit. Was ist nachsichtiger, als die Vaterlandsliebem -welche die Häßlichkeit einer Gegend läugnen kann?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_52" id="Seite_52">[S. 52]</a></span></p> - -<p>Der Himmel ist weit minder heiß, als in Kairo. Der Ostwind wehte -kalt. Während des Sommers regnet es äußerst selten, und die strengern -Wintermonate sind die eigentliche Regenzeit. In der regenreichern Zeit -herrscht nasse Kälte und fällt manchmal Schnee<a name="FNAnker_1_1" id="FNAnker_1_1"></a><a href="#Fussnote_1_1" class="fnanchor">[1]</a>. Mir dünkt, daß -die Einwohner, vorzüglich die Weiber, zu wenig gegen die Kälte sich -schützen. Auch sind die Fensterscheiben eine Seltenheit, während sie -doch zu Kairo in Menge vorgefunden werden.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Gesundheitszustand_und_Bevoelkerung">Gesundheitszustand -und Bevölkerung.</h3> - -</div> - -<p>Jerusalems Lage und Himmelsstrich hält man für ungesund. Wechselfieber, -Durchfälle und Ruhren kommen häufig vor. Der in dieser Stadt -stazionirte egyptische Militärarzt, ein Italiener, machte mir die -Mittheilung, daß es gegenwärtig mehrere Ruhrfälle unter den Truppen -gebe. Selbst die Pest verschont die Stadt <em class="gesperrt">Davids</em> keinesweges -und im laufenden Jahre sah man sie übel haushalten. Die Egyp<span class="pagenum"><a name="Seite_53" id="Seite_53">[S. 53]</a></span>zier -sollen in der Regel im ersten Monate ihres Aufenthaltes zu Jerusalem -von einer Unpäßlichkeit befallen werden, nach und nach aber sich gut -an die Gegend gewöhnen. Es gebrach mir an Zeit zur Einsicht in die -Todtenbücher, um über die Sterblichkeit ein haltbareres Urtheil zu -fällen. Ebenso wenig darf ich rühmen, etwas Zuverlässiges über die -Bevölkerung vorführen zu können. Den bisherigen Angaben mangelt es an -Gründlichkeit, und neue Vermuthungen, die meinige von 12,000 Seelen, -würden sich gerade mit dem gleichen Vorwurfe strafen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Bauart_der_Stadt">Bauart der Stadt.</h3> - -</div> - -<p>Die Stadt ist von zickzackigen, hohen, hin und wieder zu Thürmen -emporragenden, massiven, festen Mauern umringt. Außerhalb läuft neben -diesen ein Fußweg im ganzen Umfange. Die Stadt, immerhin nicht groß, -ist von Südwest nach Nordost am längsten. Wäre eine gerade und gute -Straße angelegt, so würde man sie in einer starken halben Viertelstunde -gehen.</p> - -<p>Die Gassen sind krumm, dabei zwar gepflastert, aber ungemein schlecht. -Ein oder mehrere Pflastersteine fehlen häufig. Die Gasse hat zur Seite -einen unebenen, erhabenen Weg für die Fußgänger und eine tiefere, -hier und da sehr schmale Mitte für eine andere Art Fußgänger, — für -die<span class="pagenum"><a name="Seite_54" id="Seite_54">[S. 54]</a></span> Thiere. Oft stockt hier übelriechendes Wasser, zum mindesten in -der Regenzeit, und der große Schmutz macht das Gehen zu einem überaus -lästigen Geschäfte. Die erhabenen Fußwege sind so schmal, daß zwei -Personen, die einander begegnen, sich, oft nicht ohne Mühe, umdrehen -müssen, um vorüberzuschreiten. Wie treffend wären <em class="gesperrt">Ammanns</em> Worte: -<em class="gesperrt">Jerusalem hat viele wüste, unsaubere Gassen</em>, für das heutige -Soliman. Man kann sich nicht verhehlen, Jerusalem eignet sich nicht am -schlechtesten zum Sitze einer gewissen weltweisen Schule.</p> - -<p>Die Bassar sehen aus, wie in andern Städten, sind aber an -Unansehnlichkeit und Schmutzigkeit vielen überlegen. Einer ist gewölbt, -und das Gewölbe von einer Entfernung zur andern mit einer viereckigen -Oeffnung durchbrochen, wodurch das Licht der Sonne auf Gasse und Buden -strömt.</p> - -<p>Die Stadt besitzt viele unterirdische Gänge zur Ableitung der -Unreinigkeiten und des Wassers. Eben grub man auf dem Hügel Bezetha, wo -jetzt eine Kaserne steht, und wo einst der Palast des Herodes gestanden -haben soll. Man stieß etwa zehn Fuß in der Tiefe der Gasse auf einen -alten Gang, dessen Mauerwerk man von einander riß, um daraus einen -neuen zu bauen.</p> - -<p>Die Häuser haben entweder platte, oder kuppelförmige Dächer ohne -Ziegel, sind nicht hoch und durchwegs von<span class="pagenum"><a name="Seite_55" id="Seite_55">[S. 55]</a></span> Stein; viele altern und -weichen aus dem Senkel. Thüren und Läden scheinen zufällig durch den -Wind hingeweht. Im Abendlande würde man über die meisten Häuser als -Armseligkeiten die Achsel zucken und diejenigen bedauern, welche -darin wohnen müßten. Eine große Zahl europäischer Beuchhütten -verdiente im Vergleiche mit einer Menge Jerusalemer-Häuser den Namen -schöner Gebäude. Neben und mit so manchen bewohnten Häusern im -beßten Einvernehmen erhalten sich nicht selten Ruinen, wie: Gewölbe, -umgestürzte Marmorsäulen oder aufrecht stehende Säulenstümpfe. Von -Wehmuth ergriffen, wandelte ich unter diesen Siechen und Leichen, -welche in unsern Tagen den Dienst erfüllen, daß sie das Andenken an -die Größe und den Reichthum der Vorwelt auffrischen, während jetzt -Kleinliches und Armseliges den Blick ermüden und verdüstern. Aus -Jerusalem insbesondere ergeht der ernste Ruf, über den Wechsel der -Dinge Betrachtungen anzustellen. Vor zwei Jahrtausenden würden es gewiß -Wenige vom Volke Israel geglaubt haben, wenn man prophezeit hätte, -daß die aramäische Sprache im Fortschritte der Zeit innerhalb der -Markung Judäas die Herrschaft verlöre. Dafür wimmelt heute in der Stadt -ein Babylon von Sprachen: das Arabische, Griechische, Lateinische, -Italienische u. s. f., das Arabische selbst im Munde der Hebräer. -Eroberungen von Ländern und Völkern folgt<span class="pagenum"><a name="Seite_56" id="Seite_56">[S. 56]</a></span> immer zuletzt und am -zähesten die Eroberung des geistigen Volksschatzes, der Sprache.</p> - -<p>Und da ich gerade von den Sprachen rede, so bemerke ich im Vorbeigehen, -daß in dem Theile des Morgenlandes, welchen ich bereisete, unter den -abendländischen Sprachen die italienische oder die sogenannte <span class="antiqua">lingua -franca</span> überwiegt. Man würde zwar mit der französischen Sprache in -Kairo recht gut, nicht aber an allen übrigen Frankenorten ausreichen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_Kirche_des_Christusgrabes">Die Kirche des Christusgrabes.</h3> - -</div> - -<p>Der Geist, in dem man die gefeierten Stellen besucht, darf weder zu -zweiflerisch, noch allzu gläubig sein. Es unterliegt keiner Frage, -daß mehrere große Ereignisse, deren die Schrift erwähnt, in Jerusalem -und seinem Weichbilde sich aufgerollt haben; aber: Wo? — ob nun denn -beim Fuß und Zoll hier und nicht dort, hüben und nicht drüben, oben -und nicht unten, — das stelle man doch, bei der Fülle allwissender -Ueberlieferungen und bei der Dürftigkeit an rein geschichtlichen -Haltpunkten, in den heiligen Zufluchtsort der Menschenseele, ohne zu -verunglimpfen oder — zu verketzern. Zur Annahme der Wunder selbst sich -zu bekennen, gehört nicht einmal zur Recht- und Strenggläubigkeit im -engern<span class="pagenum"><a name="Seite_57" id="Seite_57">[S. 57]</a></span> Verstande, damit auch nicht zur Ketzerei, so man anders dieses -Wort hier gebrauchen darf.</p> - -<p>Wenn der Anblick der Häuser für die Anstrengungen der Reise wenig -Entschädigung verspricht, so überrascht hingegen aufs angenehmste die -Kirche des Christusgrabes durch ihre Größe und den Adel ihres Baustyls. -Der majestätische Dom rührt den Christen, zieht ihn an, ladet ihn -ein. Die Kirche liegt unter dem Kloster des Erlösers und über der -Omarsmoschee, ungefähr in der Mitte des Dreiecks, wenn man eine Linie -vom Zion zum Bezetha, vom Bezetha zum Akra und vom Akra zum Zion zieht.</p> - -<p>Es war an einem Montage, als ich den Tempel besuchen wollte. Ich -ging mehr, denn einmal vergeblich zur Thüre. Indeß öffneten die -Griechen dieselbe ebenso wenig ihren glaubensverwandten Pilgern, -welche sich vor der Kirche in ziemlicher Anzahl versammelten. Tages -darauf hatte ich die Freude, die Grabeskirche offen zu sehen. Ich -trat hinein, und siehe, da hockten zur Linken zwei Türken in aller -Bequemlichkeit auf dem Diwane, indem sie eine Pfeife rauchten und -ihre lebhaften, schwarzen Augen sehr weltlich herumdrehten. Ehemals -galt es als eine Art Begünstigung, wenn man gegen Erlegung eines -Kopfgeldes das Christusgrab besuchen durfte. Ohne Anstand wird jetzt -der Zutritt zu den Heiligthümern gestattet. Die Christen verdanken -die<span class="pagenum"><a name="Seite_58" id="Seite_58">[S. 58]</a></span> Abschaffung der mannigfachen Scherereien dem Bezwinger Syriens, -<em class="gesperrt">Ibrahim-Pascha</em>.</p> - -<p>Hier bin ich nun im Tempel, der, nach der Behauptung der Gläubigen, -sich über Golgatha und das Grab <em class="gesperrt">Christi</em> wölbt. Wer zählt die -Andächtigen, welche in dem Gotteshause schon Labsal tranken? Wer möchte -aber auch die abscheulichen Auftritte des Parteihasses unter den -verschiedenen Bekennern der christlichen Religion schildern? Gleich -beim Eintritt in die Kirche fallen marmorne Steinplatten, nahe in der -Mitte zwischen Golgatha und dem Grabe, auf. Dort soll <em class="gesperrt">Christus</em> -gesalbet worden sein. Wendet man sich links, d. h., gegen Abend, so -sieht man eine über den Boden der Kirche und des Kirchenplatzes sich -erhebende kleine Kapelle, welcher die Merkzeichen des Felsens oder -der Felsenhöhle abgehen. Sie heißt Grabeskapelle. Wenn sie äußerlich -nicht dem Künstler genügt, so mag sie doch den Freund irdischen Glanzes -befriedigen. Der Eingang in das Innere ist so enge, daß nicht zwei -Menschen neben einander durchkommen könnten. Darin wird <em class="gesperrt">das heilige -Grab</em> oder das Grab <em class="gesperrt">Jesu Christi</em> verehrt. Dem Eintretenden -steht zur Rechten, als das Grabmal, ein platt gedeckter, etwa einen -halben Fuß hoher, von Morgen gegen Abend gerichteter Sarg, aus weißem -Marmor, worüber eine schwere Menge blendend funkelnder Goldleuchter -hängt. Auf der an<span class="pagenum"><a name="Seite_59" id="Seite_59">[S. 59]</a></span>dern Seite der Kirche, gegen Morgen, führt, wie es -heißt, <em class="gesperrt">unter dem Kalvarienfelsen</em> eine Treppe in einen Keller, -die Kapelle <em class="gesperrt">Adams</em>. Was ich aber von Golgatha und dem Grabe im -wahren Grunde halte, werde ich später mit Umständlichkeit erörtern.</p> - -<p>An der Wandung der Kirche wechseln viele Altäre. Die Lateiner besitzen -eine besondere Kapelle. Lateinische Pilger weilen wohl auch drei Tage -und drei Nächte in dem Tempel. Man bringt dannzumal die Speisen aus -dem Kloster in die Küche der Kirche, um sie hier aufzuwärmen und zu -vertheilen.</p> - -<p>Die Griechen können unmöglich verbergen, daß sie über das Christusgrab -den Meister spielen. Sie betragen sich sehr hochmüthig, und schauen -mit Verachtung auf die andersdenkenden Christen herab. Es ist in der -That eine wohlthätige Maßregel, daß die <em class="gesperrt">Mohammetaner in der ersten -Kirche der Christenheit Polizei halten</em>. Unzweifelhaft wären sonst -die Zänkereien und Balgereien unter den Nazarenern des verschiedenen -Kirchengebrauches weit häufiger und ernster. — Einige Gläubige konnten -sich nicht oft genug niederwerfen und bekreuzen.</p> - -<p>Vor und in der Kirche schwärmen zudringliche Bettler herum, die -wahrhaft Aergerniß erregen. Neben denselben werden von Andern an der -Kirchenpforte Kreuze und andere<span class="pagenum"><a name="Seite_60" id="Seite_60">[S. 60]</a></span> <span class="antiqua">sante cose</span> (Heiligthümer), z. -B. der ausgeschnitzte <em class="gesperrt">Christus</em> am Kreuze, feil geboten. Die -Christen in Jerusalem sorgen gar wohl dafür, daß der Pilger, ehe er die -Schwelle der Grabeskirche überschreitet, das Einmaleins wiederhole, -und sich der vergänglichen Güter, des Geldes, erinnere. Es verdient -doch wohl die Beherzigung eines Jeglichen, daß um den Baum eines zwar -unerschütterlichen, aber nicht verdauten Glaubens an die Lehren aus -dem Munde der Priester und Gesetzkenner — die Wucherpflanzen der -Weltbegierde gerne ihre Netze stricken, wenn diese Priester und diese -Gesetzkenner in ihrem Eifer vergessen, auf den Stamm des Glaubens die -Zweige der Tugend zu pfropfen.</p> - -<p>Ich kann mich vom Grabe <em class="gesperrt">Christi</em> nicht entfernen, ohne einer -schaudervollen Begebenheit zu gedenken. Als um das Neujahr 1834 der -Feldherr <em class="gesperrt">Ibrahim</em> dasselbe besuchte, entstand ein solches -Gedränge, daß in der Kirche zweihundert Menschen vom Leben abgerufen -wurden, ohne diejenigen in Rechnung zu bringen, welche an der Pforte -im Gedränge sogleich oder später in Folge desselben starben. Ein Pater -erzählte mir, wie er über die Todten wandeln mußte, und einen andern -erschütterte das gräuelvolle Schauspiel so tief, daß er seither an -Schwermuth leidet.</p> - -<p>Und nun halte ich stille, um auf die Schädel- und Grabstätte -zurückzublicken. Habe ich denn viel Lohnendes<span class="pagenum"><a name="Seite_61" id="Seite_61">[S. 61]</a></span> wahrgenommen? Wurden -meine Erwartungen erfüllt? Ich will meiner Antwort einige Worte -vorausschicken, in Erinnerung der Menge, von welcher die Jetztzeit -unbedenklich des Unglaubens beschuldiget wird. Ich will zuerst Männer -reden lassen, welche, nach der Volksmeinung, in der guten Vorzeit des -Glaubens lebten. Nachdem <em class="gesperrt">Salomo Schweigger</em>, der Pilger des -sechszehnten Jahrhunderts, die Heiligthümer Jerusalems angeführt, -bricht er in das unumwundene Geständniß aus: Ich für meine Person -habe all’ dergleichen Heiligthümer anders nicht gesehen, sind mir -auch weniger zu Herzen gegangen, als das geringste Ding. Ich kann -auch <em class="gesperrt">weniger davon sagen, als wenn ich nie wäre daselbst gewesen, -ausgenommen das heilig Grab</em>. So weit <em class="gesperrt">Schweigger</em>, dem ich -die Unparteilichkeit schuldig bin, seine Worte über dieses Heiligthum -anzuführen. Das heilig Grab, spricht er, bedünkt mich aber kein -erdichtet Heilthum, sondern in Wahrheit das Grab <em class="gesperrt">Christi</em> -zu sein, in Ansehung, daß dasselbige ohne Schrecken und <em class="gesperrt">ohn’ -Entsetzen von Niemand</em>, es seien Christen oder Türken, <em class="gesperrt">mag -gesehen werden</em>. Denn als ich’s gesehen, ging ich nicht dergestalt -hinein, als hielt’ ich’s für das Grab <em class="gesperrt">Christi</em>, sondern, -wie alle anderen Heilthümer mir verdächtig waren, als wenn es nur -erdichtete Heilthümer wären oder Geldnetze, also auch dies.<span class="pagenum"><a name="Seite_62" id="Seite_62">[S. 62]</a></span> Als ich -aber hineinkam in das Gewölb, kam mich und auch die Herren aus der -Gesellschaft solche Furcht und Schrecken an, daß uns alle Härlein -gen Berg standen, und uns bedünkte, wir schwebten zwischen Himmel -und Erden, ja als wären wir von der Erden verzuckt. Es erweckt auch -eine solche herzliche Andacht und Eifer in uns gegen <em class="gesperrt">Christo</em> -zum Gebet und christlicher Danksagung, daß’s über alle Maßen ist. Wie -man eben von <em class="gesperrt">Schweigger</em> vernimmt, unterlag er am Christusgrabe -einem so außerordentlichen Eindrucke, daß man seine Worte zwar nicht -in Abrede stellt, aber doch kaum begreift, weil so Manche heutzutage -dahin wallen, ohne über die Maßen ergriffen zu werden. <em class="gesperrt">Hans Jakob -Ammann</em>, der im Jahre 1613 das Christusgrab besuchte, drückt sich so -aus: Auf jetzt beschriebene Weise wird das <em class="gesperrt">heilig Grab</em> gezeigt, -und <em class="gesperrt">siehet, der dahin reiset, von dem Orte des Felses, da Christus -begraben, ebenso viel, als der, so gar nicht dahin kommt</em>........ -Ob man schon die Leute also bereden will, es sei das rechte in -Felsen gehauene Grab, so hab ich doch das Widerspiel augenscheinlich -gefunden, da ich mit einem Messer den Kalk zwischen den Fugen, da die -marmelsteinernen Tafeln zusammengestoßen, herausgestochen, und keinen -Felsen, sondern nur Mauern gefunden habe.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_63" id="Seite_63">[S. 63]</a></span></p> - -<p>So sprachen vor Jahrhunderten <em class="gesperrt">Schweigger</em> und <em class="gesperrt">Ammann</em>, -der eine gegen die Echtheit von Golgatha, der andere gegen die des -Christusgrabes. Jetzt werde ich mich selbst bestreben, eine der -wichtigsten Fragen aus der Ortsbeschreibung Jerusalems zu lösen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Liegt_das_Grab_Christi_in_oder_ausser">Liegt das Grab Christi -in oder außer der jetzigen Stadt Jerusalem?</h3> - -</div> - -<p>Es schiene im hohen Grade befremdend, wenn eine so wichtige Stätte, -wie das Christusgrab, von den Urchristen nicht genau ins Auge gefaßt, -und diese Ortskunde nicht von Geschlecht auf Geschlecht mündlich -überliefert worden wäre. Schenkt man, wird man entgegenhalten, so -vielen weltlichen Stellen Aufmerksamkeit und Glauben, so fordert die -Gerechtigkeit, daß man auch heiligen Stätten die Aufmerksamkeit nicht -entreiße, und den Glauben an sie nicht tödte. Dazu kommt noch, was die -Weltgeschichte erzählt. <em class="gesperrt">Hadrianus</em> ließ nämlich, zum Aergernisse -der Christen, am Orte, wo <em class="gesperrt">Christus</em> hingerichtet und begraben -worden, einen Götzentempel erbauen; allein schon im vierten Jahrhundert -unserer Zeitrechnung erhob sich unter <em class="gesperrt">Helena</em>, der Mutter -<em class="gesperrt">Konstantins</em> des Großen, an der Stelle des im heiligen Eifer -geschleiften Götzentempels die Grabeskirche.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_64" id="Seite_64">[S. 64]</a></span></p> - -<p>Offen lege ich das Geständnis ab, daß die mündlichen und diese -schriftlichen Ueberlieferungen für mich völlig genügend <a name="waeren" id="waeren"></a>wären, um -die Echtheit der Schädel- und Grabstätte anzunehmen. Man darf indeß -nicht einseitig und nicht zu rasch vorgehen; es müssen nothwendig -und vor Allem die biblischen Urkunden geprüft und verglichen werden. -Schweigen sie über die Oertlichkeit, so ergänze ich die Lücke mit der -Weltgeschichte und den mündlichen Ueberlieferungen; reden sie, so -stelle ich auf ihren Entscheid ab.</p> - -<p>Die vier Evangelisten <em class="gesperrt">Matthäus</em> und <em class="gesperrt">Markus</em>, <em class="gesperrt">Lukas</em> -und <em class="gesperrt">Johannes</em> erzählen, daß <em class="gesperrt">Christus</em> auf der Schädelstätte -(<span class="antiqua">mons calvariæ</span>, hebräisch Golgatha) gekreuziget, und dann -daneben in dem Felsengrabe eines Gartens beigesetzt worden sei.</p> - -<p>Wo liegt Golgatha mit dem Grabe daneben? Nahe der Stadt Jerusalem war -der Ort, wo <em class="gesperrt">Jesus</em> gekreuziget worden, überliefert der Jünger -<em class="gesperrt">Johannes</em> (19, 20). Ist es von allem Zweifel ferne, daß Golgatha -außer, doch nahe bei der Stadt lag, so bleibt man gleichwohl bei -Ausmittelung der Stelle nahe um Jerusalem, d. h., in seinem ganzen -Umkreise, im Ungewissen, und diejenigen, welche die fragliche Nähe bei -der Stadt auf dem Gihon erblicken, haben, wenigstens meines Wissens, -nichts für sich, als Schlußfolgerungen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_65" id="Seite_65">[S. 65]</a></span></p> - -<p>Wo Gihon und die Grabeskirche liegen, darüber wurde früher Aufschluß -ertheilt, und <em class="gesperrt">es leuchtet aus Allem aufs gewisseste hervor, daß -die jetzige Grabeskirche dem Gihon nicht angehört</em>. Ich urtheile -nicht bloß nach dem Augenmaße, sondern auch nach einem Grundrisse -der Stadt, welchen ein Ingenieur, <em class="gesperrt">Failoni</em>, gezeichnet hat, -und welcher ganz besonders deutlich darlegt, daß das alte Jerusalem -eine aller Wahrscheinlichkeit widersprechende, beinahe krüpplichte, -gleichsam kerbthierförmige Lage oder Gestalt haben mußte, wenn man -das heutige Christusgrab außer die alte Stadt versetzte. Man wird -genöthiget, zwischen dem Zion und Akra von West einen tiefen Ausschnitt -zu machen, von welchem auch bei <em class="gesperrt">Flavius Josephus</em> überall nicht -die Rede ist. Wer auch nie das Glück hatte, in Jerusalems Mauern zu -leben, wem bloß vergönnt ist, eine treuere Abbildung von der Stadt -zu sehen, der wird beim ersten Anblicke der Grabeskirche gleich über -der Omarsmoschee, gleich über dem Moriah, die Bedenklichkeiten nicht -unterdrücken können.</p> - -<p>So lange mir nicht mehr Belege zu Gebote stehen, dürfte ich freilich -nicht geradezu mit unbiegsamer Hartnäckigkeit behaupten, daß das -von den christlichen Priestern gezeigte Golgatha und Christusgrab -eine geschichtliche Täuschung seien; ich habe aber hinlänglichen -Grund, zu neuem<span class="pagenum"><a name="Seite_66" id="Seite_66">[S. 66]</a></span> Denken und Forschen in dieser Sache aufzumuntern. -Wollte man sich denn in Erläuterungen einlassen, so mochte eine -solche Täuschung um so leichter Wurzel schlagen, je sehnlicher man -die Baustelle für den Grabestempel dort wünschen mußte, wo man vor -feindlichen oder räuberischen Ueberfällen sicherer sein konnte. Es -kann Niemanden entgehen, daß eben die Mauern der Stadt diese größere -Sicherheit gewähren. Schon die einzige Thatsache — um auf andere -nicht zurückzukommen — daß ein christliches Kloster auf dem Zion, -will heißen, außer den Stadtmauern, den Türken abgetreten werden -mußte, nimmt entschieden Partei für solche, die eine Täuschung für -wahrscheinlich halten, und hätte dieser Fall niemals sich ereignet, so -würde man vernünftigerweise zwischen einem armseligen Kloster und einer -Kirche mit ansehnlichen Schätzen eine Unterscheidungslinie durchführen.</p> - -<p>Das <em class="gesperrt">Grab selbst</em> oder die <em class="gesperrt">Kapelle</em> desselben, <em class="gesperrt">welche die -Grabeshöhle vorstellen soll</em>, ist überdies, sie kann nicht besser, -zu Erregung von Zweifeln geeignet. Nach der Erzählung der Evangelisten -wickelte <em class="gesperrt">Josef</em> von Arimathia den Leichnam <em class="gesperrt">Christi</em> in -Leinwand, legte ihn ins Grab (κατέθηκεν), welches in Felsen gehauen -war, und wälzte einen Stein über die Grabesöffnung<span class="pagenum"><a name="Seite_67" id="Seite_67">[S. 67]</a></span> (ἐπὶ τὴν θύραν)<a name="FNAnker_2_2" id="FNAnker_2_2"></a><a href="#Fussnote_2_2" class="fnanchor">[2]</a>. -Das ist ebenso einfach, als gegründet in den morgenländischen Sitten. -Man wickelt in unsern Tagen den Leichnam in weiße Leinwand, und -versenkt ihn uneingesargt ins Grab. Im Evangelium geschieht des -Umstandes keine Erwähnung, daß <em class="gesperrt">Christus</em> in einen Sarg gebracht -wurde. Es meldet vielmehr, ohne ein Weiteres, daß derselbe eingewickelt -ins Grab gelegt wurde, welches dann ein Stein deckte. Wenn man in der -Grabeskirche, an der Stätte, da <em class="gesperrt">Christus</em> gekreuziget ward, einen -Garten, und im Garten ein neues Grab (<em class="gesperrt">Johannes</em> 19, 41) sucht, so -lacht heute kein Garten, und es thut sich kein Grab auf; aber das Auge -überrascht ein Sarg, unzweifelhaft die fromme Zugabe von Priestern. -Allerdings wüßten Zweifler, wenn man selbst die Todesgruft, selbst den -Stein, selbst die Spezereien heute noch auf das klarste sähe, einen -Ausweg dahin, daß Alles nachgekünstelt sei; allein die Einfalt hat vor -ältern Zeiten viel zu wenig erwogen, daß<span class="pagenum"><a name="Seite_68" id="Seite_68">[S. 68]</a></span> der treueste Befund nach dem -Wortlaute der biblischen Urkunden vor den Angriffen der Zweifelsucht -weitaus am sichersten schützen würde.</p> - -<p>Es war zwar die Grabeskapelle früherhin nicht ganz so, wie jetzt, -aber doch im Wesentlichen gleich: stets enge, wenig zugänglich, mit -brennenden Leuchtern. Vormals mußte man sogar, um zum Grabmale zu -gelangen, durch eine kleine viereckige Oeffnung, als eine seltsame -Grabesöffnung, schlüpfen, wovon <em class="gesperrt">Salomo Schweigger</em> in seiner -alten Treuherzigkeit eine Abbildung lieferte. Ich werde mich jedoch -wohl hüten, die Abbildung von diesem Schlüpfen in Worten ausführlich -auszudrücken, weil ich besorgen müßte, den Besuch des Grabes ins -Lächerliche herabzuziehen. Man war, wie es scheint, schon beim Bau -der Kapelle beflissen, die Wirkung hervorzubringen, daß das Gefühl -vorherrsche, und der überall beengte Geist vor demselben erstumme.</p> - -<p>Dem übertriebenen Eiferer widerfährt oft das Loos des Lügners, welchem -man zuletzt die Wahrheit nicht mehr glaubt. Es bedarf keines Beweises, -daß, zumal im Streite für die Religion, der überspannte Eiferer -in seinen Seitensprüngen gerne die einfachsten Dinge mit Wundern -vergoldet, und so kann er auch in der Regel auf den Beifall der Männer -mit nüchterner Urtheilskraft wenig rechnen, <em class="gesperrt">wie<span class="pagenum"><a name="Seite_69" id="Seite_69">[S. 69]</a></span> willig und gerne -sie immer die Wahrheit vernehmen und glauben</em>. Die Menschen, in -deren Brust die Flamme maßloser Leidenschaft auflodert, haben die -Schuld offenbar sich selbst zuzumessen, wenn ihnen der unwissende oder -wenig unterrichtete Haufe mehr glaubt und vertraut, als Leute, die mit -einem größeren Vorrathe an Kenntnissen ausgerüstet sind. Es ist sehr -wahrscheinlich, daß überhaupt der religiöse Glaube besser und fester -stände, wenn nur nicht die Verkündiger und Verbreiter desselben über -die Schale (die Form) den Kern (das Wesen) zu oft übersehen hätten.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_Graeber_der_Koenige">Die Gräber der Könige.</h3> - -</div> - -<p>Außerhalb des Thores von Damaskus (Bab-el-Scham) liegt gleich zur -rechten Hand die gegen die Stadt schauende Felsenhöhle, in welcher -<em class="gesperrt">Jeremias</em> seine Klagelieder gesungen haben soll, und ungefähr in -einer halben Viertelstunde davon erreicht man die sogenannten Gräber -der Könige. Der Boden zwischen der Stadt und den Gräbern ist mit vielen -Steinen übersäet. Darunter zeichnen sich hin und wieder Mosaiksteine -aus, an welchen ich den festen Mörtel deutlich unterscheiden konnte. -Will man die Gräber besehen, so tritt man durch ein mit Schutt mehr, -als bis zur Hälfte gefülltes Thor in einen großen, unbedeckten Raum, -welcher,<span class="pagenum"><a name="Seite_70" id="Seite_70">[S. 70]</a></span> wie dieses, aus dem Kalkfelsen gehauen ist. Der Grund war -grün, und diente den Kühen zur Weidung. An der Abendseite dieses Raumes -öffnet sich der Eingang zu den Grabhöhlen. Ihn zieren halb erhabene -Arbeiten, welche von einem so einfachen, als edeln Geschmacke zeugen. -Man kommt, nicht ohne Komplimente zu schneiden, durch den theilweise -verwitterten Eingang in einen Vorsaal. Dieser führt in vier Kammern, -die sich hinwieder in Nebenkammern verzweigen. Alle sind Hauwerke im -Felsen ohne Schmuck und Inschrift. Dagegen tragen die Grabdeckel, hohle -Halbwalzen von Stein, auf der einen Seite Verblümungen als Zierath. Die -dicken Thüren der Todtenkammern von gleichem Felsen haben auf der einen -Fläche einfache Zeichnungen von Vierecken, wie Täfelthüren. Man findet -sowohl ganze Thüren, als auch Bruchstücke, keine aber eingehängt. Vor -zwei Jahrhunderten liefen dieselben noch in ihren Angeln.</p> - -<p>Die Aushöhlung des harten Felsens muß ein mühsames, kostspieliges Werk -gewesen und jedenfalls von Vielvermögenden des Landes angeordnet worden -sein. Man schreibt jetzt die Todtenkammern den Römern zu. In frühern -Zeiten hielt man sie für die Gräber der Könige von Juda.</p> - -<div class="section"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_71" id="Seite_71">[S. 71]</a></span></p> - -<h3 id="Die_Grabhoehle_der_Maria">Die Grabhöhle der Maria.</h3> - -</div> - -<p>Hinweg durch das Stephansthor, vorbei am Stephansplatze, vorwärts über -die kleine, steinerne Brücke des Kidrons, — und man sieht gleich -linker Hand den Eingang in eine Höhle. Siebenundvierzig Stufen von -glattem Marmor leiten in ihre Tiefe. Es ist die Grabhöhle unserer -lieben Frau, ihres Gemahls und ihrer Mutter. Eine Menge Blendwerk, -Goldleuchter, geschliffene Steine der Kapelle verkümmern den Gedanken -an eine natürliche Höhle. Eben lasen die griechischen Priester ihre -Messe. Das Näselnde der Stimme widerte mich in hohem Grade an. Noch am -widerlichsten näselte ein Knabe das <em class="gesperrt">Kyrie</em> (Herr). Ich habe am -Gottesdienste wenig Ernst, wenig Würdigkeit zu rühmen.</p> - -<p>Hart an <em class="gesperrt">Mariens</em> Grabhöhle stößt eine Höhle der Lateiner, worin -die Apostel geschlafen haben sollen. Sie bildet den schroffesten -Gegensatz der erstern: <em class="gesperrt">einfach</em> und <em class="gesperrt">glanzlos</em>.</p> - -<p>Ueber der Marienhöhle stand in ältern Zeiten eine Kirche, bekannt unter -dem Namen Marienkirche.</p> - -<div class="section"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_72" id="Seite_72">[S. 72]</a></span></p> - -<h3 id="Die_Grabmale_Absaloms_Josaphats_und_Zachariassen">Die Grabmale -Absaloms, Josaphats und Zachariassen.</h3> - -</div> - -<p>Ueberschreitet man die Kidronbrücke, und hält man am Fuße des Oelberges -stille, so wird man staunend den Blick gegen Morgen auf Denkmale -heften, die sich aus der grauen Vorzeit so gut erhalten haben, als die -Pyramiden und Obelisken Egyptens. Es sind die Grabmale <em class="gesperrt">Absaloms</em>, -<em class="gesperrt">Josaphats</em> und <em class="gesperrt">Zachariassen</em>.</p> - -<p>Das Grabmal <em class="gesperrt">Absaloms</em> ist zum Theil aus dem Felsen gehauen; der -thurmähnliche Aufsatz dagegen besteht aus Mauerwerk. Im Widerspruche -mit der Ueberlieferung aber wurde, nach <em class="gesperrt">Flavius Josephus</em>, -zwei Stadien von Jerusalem dem <em class="gesperrt">Absalom</em> eine marmorene Säule -errichtet. Das Grabmal <em class="gesperrt">Josaphats</em>, ein einziger, aus dem Felsen -gehauener Stein, stellt ein kleines Häuschen vor. Schutt füllt fast -das ganze Innere, welcher mit einem so geringen Aufwande wegzuschaffen -wäre, und der mehr ein Denkmal auf die Trägheit der Zeitgenossen, als -das Denkmal eines Verstorbenen zu sein scheint. Unverantwortlicherweise -hält man es nicht einmal der Mühe werth, dasjenige recht zu betrachten, -was die Urväter mit Anstrengung und Sorgfalt ausgearbeitet hatten. Nahe -dem Grabmale<span class="pagenum"><a name="Seite_73" id="Seite_73">[S. 73]</a></span> <em class="gesperrt">Josaphats</em> liegt jenes des <em class="gesperrt">Zacharias</em> und an -der westlichen Abdachung des Oelberges überhaupt eine Menge gehauener -Grabhöhlen und jüdischer Grabsteine. Diese sind unförmliche Grabdeckel, -höchstens an ihrer Oberseite glatt gemeißelt und mit einer hebräischen -Grabschrift versehen.</p> - -<p>Kenner stimmen mit einander nicht überein, ob die Grabmale -<em class="gesperrt">Absaloms</em>, <em class="gesperrt">Josaphats</em> und <em class="gesperrt">Zachariassen</em> wirklich -jüdische seien. So lange dieser Hauptstreit nicht geschlichtet ist, -bleibt es unerheblich, das erste, zweite oder dritte Denkmal nach -<em class="gesperrt">Absalom</em>, <em class="gesperrt">Josaphat</em> oder <em class="gesperrt">Zacharias</em> zu nennen. -Niemand aber bezweifelt ihr hohes Alterthum.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Der_Brunnen_Siloah">Der Brunnen Siloah.</h3> - -</div> - -<p>Geht man vom Zionsthore links hinunter, steigt man an der Südostseite -Jerusalems, gegenüber dem Dorfe Siloah, nicht hoch über dem Kidron -einige Stufen in die Tiefe, schreitet man vorüber an dem baufälligen, -kleinen, steinernen, einst von Säulen überragten Wasserbehälter, die -vielleicht den Siloahthurm getragen haben; so bemüht man sich dann -noch eine Treppe hinunter, und wen gelüstet oder dürstet, der darf nur -sich neigen, um aus dem unverschlossenen, gänzlich in den Kalkfelsen -greifenden Brunnen Siloah zu schöpfen und zu trinken. Ein Gang von -zwei<span class="pagenum"><a name="Seite_74" id="Seite_74">[S. 74]</a></span> Fuß Breite, durchläuft er eine Ebene von dreihundertundsiebenzehn -Schritten. Anfangs ist er zwei Mann hoch; nach zweihundert Schritten -aber nimmt die Höhe ab, bis man zuletzt nicht anders, als auf -beschwerliche Weise, mit geducktem Leibe, sich vorwärts bewegen -kann. Schutt verhindert das weitere Vordringen gegen den Moriah. Das -Wasser hat überall die gleiche Höhe von etwas mehr als einem Fuß. Die -auftretende Sohle fühlt Sand und unter diesem den Stein. Der Gang -wendet sich rechts. So erzählte mir der sonst nicht sehr verläßliche -Führer, welchen ich zu diesem unterirdischen Spaziergange bewog.</p> - -<p>Der über fünfhundert Fuß in den Kalkfelsen eingehauene Brunnen ist -unstreitig ein ungeheures Werk. Der Tiefe und Breite nach verdient -er kaum Erwähnung; allein wegen seiner beträchtlichen Länge enthält -er einen Reichthum an süßem Wasser, das wohl auch vor Alters zu -Bewässerung naher Gartenanlagen benützt worden sein mag. Wäre von den -Alten ein solcher Gang unter dem Felsenbette eines Stromes getrieben -worden, so würde er ein denkwürdiger Vorgänger des Londoner-Tunnel sein.</p> - -<p><em class="gesperrt">Ammann</em> gedachte des Siloah-Brunnens mit mehr Bestimmtheit, als -andere, die nach ihm denselben beschrieben haben: Unten an dem Berg -Zion fleußt ein ziemlicher Bach aus dem Felsen heraus. Der Wege oder -Gang dieses Wassers<span class="pagenum"><a name="Seite_75" id="Seite_75">[S. 75]</a></span> ist in den Felsen künstlich gehauen, daß man weit -dem Wasser nach in den Felsen schliefen kann. Und fleußt dieses Wasser -in den Felsen vom Tempel und der Stadt Jerusalem hinab. Auf der Höhe -dieses Felsens soll auch der Thurm Siloah gestanden sein. Und gleich -vor diesem Felsen gibt es ein klein Teichlein. Darinnen soll sich der -Blinde im Evangelio gewaschen haben, da <em class="gesperrt">Christus</em> zu ihm gesagt: -Gehe hin, und wasche dich im Teich Siloah. So weit <em class="gesperrt">Ammann</em>.</p> - -<p>Zwischen dem Stephansplatze und dem Siloahbrunnen zeigte man mir -noch eine Quelle unter dem Namen <em class="gesperrt">Marienquelle</em>, vielleicht den -Drachenbrunnen <em class="gesperrt">Nehemias</em>.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_Felsanhoehe_Zion">Die Felsanhöhe Zion.</h3> - -</div> - -<p>Am Jaffathore gegen Mittag erhebt sich ein großer, alter Thurm, ehemals -das Pisaner-Schloß, jetzt aber von den Wegweisern <em class="gesperrt">Davidsthurm</em> -genannt. Man verdeutete mir sogar das Fenster, durch welches der König -<em class="gesperrt">David</em> seine Augenweide an der sich badenden <em class="gesperrt">Bath Seba</em> -fand, obschon der Verfasser der Bücher <em class="gesperrt">Samuels</em> (2, 11, 2) -erzählt: <em class="gesperrt">Von dem Dache</em> des königlichen Palastes sah <em class="gesperrt">David</em> -ein schönes Weib sich baden.</p> - -<p>Nähert man sich von da dem Zion, so liegt links an<span class="pagenum"><a name="Seite_76" id="Seite_76">[S. 76]</a></span> der Gasse <em class="gesperrt">das -Kloster der Armenier</em>. Es gibt beinahe nichts Glänzenderes, als die -Kirche desselben. Niemand unterbrach darin die feierliche Stille, kein -Sterblicher war da, meine Aufmerksamkeit abzulenken, und so konnte man -um so ungestörter sich ergehen an dem morgenländischen Prunke, an den -edeln Steinen und Metallen, die überall zur Schau gelegt sind, und das -Auge schier blenden. Es mag für die Morgenländer tief berechnet sein, -daß die Priester ihre heiligen Stellen mit Dingen ausschmücken, welche -einen mächtigen Eindruck auf die Sinne erregen. Dem kalt forschenden -Verstande des Abendländers ist damit freilich wenig gedient, welcher -auf höherem Standpunkte die Beschaulichkeit gerade von der Sinnlichkeit -unabhängig machen möchte. Die Kirche soll über dem Orte aufgeführt -sein, wo der Apostel <em class="gesperrt">Jakob</em> enthauptet worden war. Man öffnete -sie mir ohne alle Schwierigkeit.</p> - -<p>Außer dem Zionsthore, gegen den Brunnen Siloah, sieht man einen -Theil der alten Wasserleitung von Bethlehem, welche die Stadtmauer -durchdringt. Von dem Thore kommt man <em class="gesperrt">beinahe eben</em> bis zur -Moschee und zum Spitale auf dem Zion. Man wird vielleicht diesen Worten -mit Mühe Glauben schenken, und ich möchte nicht zürnen. Der Wegweiser -mußte mir selbst an Ort und Stelle mehrmal betheuern, daß Zion der Zion -sei, weil meine Ein<span class="pagenum"><a name="Seite_77" id="Seite_77">[S. 77]</a></span>bildungskraft so ungerne von einem Berge lassen -wollte. Auch der ehrliche <em class="gesperrt">Ammann</em>, welcher aufs allernaiveste die -Risse des Kalvarienfelsens beschreibt, ging „fast eben hinaus auf den -Berg Zion.“</p> - -<p>Man will auf der Felsanhöhe die Hausstelle des jüdischen Hohenpriesters -<em class="gesperrt">Kaiphas</em> gleich vor dem Zionsthore noch wissen. Beinahe blindes -Mauerwerk, ein armenisches Bruderhaus, sichert ihr bei den Gläubigen -ein bleibendes Andenken. Einige Schritte weiter vorne und links gegen -den Blutacker, näher der Gehinnonschlucht, steht eine Moschee und ein -Spital, nach der dragomanischen Sage, am Platze, welchen die Burg -<em class="gesperrt">Davids</em> eingenommen und auf welchem <em class="gesperrt">Jesus</em> das Abendmahl -eingesetzt habe. Andere verlegen die alte Burg in die Mitte oben auf -der Felsanhöhe, wo der Finger einiger Mauertrümmer in die inhaltschwere -Vergangenheit hinaufzeigt. Gewiß ist, daß die Moschee und das Spital -ein Kloster der Barfüßermönche war, woraus sie vor zwei Jahrhunderten -von den Türken verjagt wurden. Wenig erquicken Grabsteine den ziemlich -kleinen und eher öden Scheitel des Zions.</p> - -<p>Mit gerührter Seele begrüßte ich den Ort, wo, nach den -Ueberlieferungen, jene Psalmen gesungen wurden, die, voll religiöser -Wärme, durch Jahrtausende tönten bis auf heute, und fortwährend noch -so viele Gemüther mit Be<span class="pagenum"><a name="Seite_78" id="Seite_78">[S. 78]</a></span>geisterung für die Gottheit erfüllen. Wie -denn, dürfte man fragen, konnte man in einer Gegend, welche im ganzen -Umkreise das felsichte Trauerkleid trägt, zum Dichten der erhabenen -Psalmen bewegt, wie angefeuert werden? Das Geräusch und der Glanz der -großen Stadt in der Nähe mochten das Herz des königlichen Sängers, in -welchem die Eindrücke des frühern Hirtenlebens noch nicht erloschen -waren, zur kindlichen Einfalt und Frömmigkeit stimmen. Gihon und -Gehinnon und Josaphat ziehen das Auge in die Tiefe; auf den Oelberg -und den Berg des bösen Rathes muß es aufwärts im Fluge; es schwebt -in der Furche von Mitternacht gegen Mittag, um darin vergebens nach -dem Jordan zu spähen; es ruht auf dem fernen, bläulichen Gebirge des -ostjordanischen Landes; jetzt steigt es in den azurblauen Himmel, -ins Unendliche empor. Empfängt das Auge denn in der That nicht ein -großes und großartiges Bild, dessen ganze Farbenfrische in ein -reicheres Gemüth zurückgeworfen werden muß? Wenn in der Nähe die -vielen Steine dem düstern Gefühle rufen, so leiht ihnen die Ferne eine -gefällige Gestalt und Farbe, und in der weitesten Ferne, welche an -den Himmel streift, träumt man sich gar schon die Herrlichkeiten des -Ueberirdischen.</p> - -<div class="section"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_79" id="Seite_79">[S. 79]</a></span></p> - -<h3 id="Der_Oelberg">Der Oelberg.</h3> - -</div> - -<p>In der Stadt, links am Wege zur Stephanspforte und in der Nähe der -letztern bemerkte ich einen ausgemauerten Wasserbehälter. Man nennt -ihn den Teich <em class="gesperrt">Bethesda</em>. Er stand einsam, und es sind um ihn -die Kranken verschwunden, welche in demselben einst ihr Heil suchten. -Kein Engel durchfächelt mehr den Spiegel des Wassers. Es scheinen -die Bethesdaengel ins Abendland, zu den Priestern <em class="gesperrt">Aeskulaps</em> -entflohen zu sein. Durch die Stephanspforte und über den Stephansplatz -erreichte ich bald <em class="gesperrt">Mariens</em> Grabhöhle. Von da an aber ging es -ziemlich gähe hinan, auf einem breiten Fußwege, kaum eine Viertelstunde -lang bis zum Gipfel des Oelberges, welcher über ganz Jerusalem -emporragt. Nicht die günstigste Stimmung bewirkt auf der Höhe ein -arabisches Dorf elender Häuser mit Kothdächern. Ich sah am Wege ein -Weib, wie es Mist in die Hand nahm, um damit eine Einfriedigung von -Steinen zu beklecksen oder, wie es meinte, zu bemörteln.</p> - -<p>Auf dem Oelberge verwahrt der Moslim den Schlüssel zu der Stelle, -welche der Christ verehrt, nämlich zu der kleinen Moschee, welche über -jene sich wölbt. Man erblickt<span class="pagenum"><a name="Seite_80" id="Seite_80">[S. 80]</a></span> in der Mitte derselben das Stück eines -nackten Felsens, von dem aus <em class="gesperrt">Jesus</em> in den Himmel gefahren sein -soll. Vertiefungen des Steines gibt man für Eindrücke der Fußtritte aus.</p> - -<p>Ich bestieg den Thurm der Moschee, um die Aussicht freier zu -genießen. Ich brannte vor Begierde, Jerusalem, in der Tiefe -gegenüber, zu überschauen. Von hier aus gewährt die Stadt einen -angenehmen, merkwürdigen Anblick. Der Prachttempel <em class="gesperrt">Omars</em>, -groß und buntfarbig, unten grün, daneben gegen Mittag der Tempel -der Präsentazion, nunmehr eine Moschee, und die Dome des Grabes -<em class="gesperrt">Christi</em> zeichnen sich vortheilhaft aus. Nördlich thürmt sich das -Gebirge Ephraim auf, so die Berge Garizim und Ebal in Samaria; östlich -zunächst liegt <a name="weiter" id="weiter"></a>Bethanien weiter weg die Ebene von Jericho, dann die -Senkung, welche das Thal des Jordans andeutet, und selbst ein kurzer, -glänzender Streif dieses Flusses, so wie auch das obere Ende des -Lothssees, im fernen Hintergrunde Peräa, ein Theil des Gebirges Gilead; -südlich erheben sich die Anhöhen von Bethlehem, südlich und westlich -das Hochland Juda. Wären auch die Gegenstände, über die man in wenig -Augenblicken dahineilt, nicht voll hehrer Erinnerungen, so würde man -die Aussicht köstlich heißen, und man scheidet ungerne von dem wahrhaft -fesselnden Standpunkte. Der Oelberg,<span class="pagenum"><a name="Seite_81" id="Seite_81">[S. 81]</a></span> wiewohl er nicht eigentlich hoch -ist, übertraf weitaus meine Erwartungen.</p> - -<p>Unten am Wege auf den Oelhügel stehen acht <em class="gesperrt">ungemein alt aussehende -Oelbäume</em>, wie man versichert, im Garten Gethsemane. Es wachsen -übrigens am Oelberge auch andere Oelbäume und auch Feigenbäume, aber in -dünner Zerstreutheit, und die Steine maßen sich daneben so viel an, daß -der Hügel eher über Unfruchtbarkeit klagt.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_uebrigen_Merkwuerdigkeiten">Die übrigen Merkwürdigkeiten,</h3> - -</div> - -<p class="p0">welche in Jerusalem und seiner Nähe gezeigt werden, will ich hier, nach -den Mittheilungen der Führer, bloß in Kürze berühren. Der eine Dragoman -weiß wohl auch etwas mehr, als der andere, und der dritte und vierte zu -viel oder zu wenig.</p> - -<p>Das zugemauerte goldene Thor unter der Omarsmoschee in der Stadtmauer; -der Palast des <em class="gesperrt">Pilatus</em>; die Häuser der heiligen Frauen, des -<em class="gesperrt">Markus</em>, <em class="gesperrt">Thomas</em>, <em class="gesperrt">Jakob</em>; der Bogen des Ecce Homo, -der verfluchte Feigenbaum, die Schweißhöhle, der Jeremiasbrunnen; die -Stellen, wo <em class="gesperrt">Jesus</em> das Unser Vater lehrte, sein Todesurtheil -voraussagte, wo er gefangen genommen wurde, wo er seiner Mutter, wo -er den heiligen Frauen begegnete, wo er das Schicksal Jerusalems -beweinte, wo er fiel oder sich auflehnte,<span class="pagenum"><a name="Seite_82" id="Seite_82">[S. 82]</a></span> und dadurch Gepräge auf -dem Steine zurückließ, wo <em class="gesperrt">Petrus</em> seine Sünden beweinte, dem -<em class="gesperrt">Malchus</em> ein Ohr abschnitt, und wo er gegeißelt ward, wo -<em class="gesperrt">Simon</em> genöthiget, das Kreuz aufzunehmen, wo Judas sich erhängte, -wo <em class="gesperrt">Stephan</em> gesteiniget wurde (der Stephansplatz zwischen dem -Damaskusthor und der Kidronbrücke); das Lager der römischen Armee, als -<em class="gesperrt">Titus</em> Jerusalem belagerte, das Lager des Grafen der Normandie, -das Quartier des Grafen von <em class="gesperrt">Flandern</em>, <em class="gesperrt">di Paolo</em>, -<em class="gesperrt">Eustach Tankred</em>, des <em class="gesperrt">Gottfried von Bouillon</em> und des -Grafen von <em class="gesperrt">Toulouse</em>, u. dgl.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Physiologischer_Karakter_der_Einwohner">Physiologischer -Karakter der Einwohner.</h3> - -</div> - -<p>Wenn ich mich befleißigen werde, den Jerusalemer nach seinen -körperlichen Eigenschaften hervorzuheben, so verstehe ich unter -demselben hauptsächlich die Bauersleute der Umgebung, weil sie wohl -das Bild der Vorältern treuer bewahrt haben werden, als der städtische -Mischmasch.</p> - -<p>Die Haarfarbe ist schwarz, die Hautfarbe weiß oder bräunlich; -insbesondere macht sich ein schöner Anflug eines zarten Wangenroths -bemerkbar. Rothe, blauäugige und blonde Leute gibt es selten. Der -Körper eher groß, dabei gut und fest gebaut; das Zellgewebe mit -ziemlich viel Fett. Die Stirne nicht sehr hoch und mäßig breit. Die -Nase<span class="pagenum"><a name="Seite_83" id="Seite_83">[S. 83]</a></span> lang, gebogen, mit herabstehender Spitze und dünnen Flügeln, im -Ganzen ziemlich groß. Die Lippen eher dünn und der Mund groß. Die Zähne -schön. Das Gesicht spitzt sich, nach dem Umrisse eines Eies, von der -Stirne nach dem Kinne zu. Das Ohr von mittelmäßiger Größe schließt sich -dem Haupte an. Der Gang und überhaupt die Bewegung ist lebhaft, die -Haltung des Leibes gerade. Die Weiber stehen den Männern an Schönheit -nach. Vielleicht waren aber die schönen weiblichen Schätzbarkeiten -verschleiert oder zu Hause. Aus den Augen der Männer, worunter -bildschöne, strahlt eine ruhige Gluth. Ich sah nicht leicht etwas -Ausdruckloseres, als den Blick und namentlich den halboffenen Mund der -Frauen und Mädchen, welche sich vor dem Denken ordentlich zu fürchten -scheinen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Sitten_und_Gebraeuche">Sitten und Gebräuche.</h3> - -</div> - -<p>Sie herrschen im Allgemeinen ungefähr so, wie in Alexandrien, wo sie -bei meiner Ankunft aus Europa mich beinahe betäubten. Wenn ich in -<em class="gesperrt">Alexanders</em> Pflanzstadt über die Gasse ging, so überraschte mein -Ohr eine Art Gerassel. Ich trat näher; es war eine Mühle; ein Thier mit -verbundenen Augen trieb im Zuge das Mühlerad. Also traf ich es auch -in Jerusalem. Ein Mann, in den Gassen Großkairos herumziehend, bemüht -sich, mit einem<span class="pagenum"><a name="Seite_84" id="Seite_84">[S. 84]</a></span> Kruge unter dem Arme, die Aufmerksamkeit der Menschen -dadurch zu wecken, daß er, zwei Schüsselchen auf einander schlagend, -ein hohes Geklingel verursacht. Es ist ein Meth- oder Sorbetverkäufer. -Also sah ich es auch in Jerusalem. Auch hier hockt man bei Arbeiten. -Lange Reihen von Kameelen, eines oder zwei mit einer Klingel, schreiten -gleichsam als lebendige Alterthümer durch die Stadt.</p> - -<p>Eine besondere Würdigung verdient</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_Tracht">Die Tracht.</h3> - -</div> - -<p>Ich will die Kleidung des Weibes voranschicken; denn da dieses -überhaupt so viel Werth auf sie setzt, so gebührt ihm doch wohl der -Vorrang.</p> - -<p>Das <em class="gesperrt">Weib</em> trägt ein blaues Hemde (Leibrock), das bis auf die -Fersen flattert, und dessen Aermel in ein langes, spitzes, frei -herumfliegendes Band enden. Dieser Leibrock, welcher durch einen -Brustschlitz angezogen und mit einer Binde um die Lenden gegürtet wird, -ist die einfachste Kleidung. Zu der zusammengesetztern gehört ein -gestreiftes Ueberhemde (Ueberrock), welches bloß bis an die Knie und -mit den Aermeln bis an die Ellbogen reicht, so daß der Leibrock die -Vorderarme und Unterschenkel allein deckt. Vorne gespalten, kann das -Ueberhemde wie eine Jacke angezogen werden. Die Leibkleidung wird der -Morgenländer<span class="pagenum"><a name="Seite_85" id="Seite_85">[S. 85]</a></span> nicht als unzüchtig bezeichnen, welcher kaum beachtet, -daß sie einen Theil des Busens den Blicken nicht entzieht. Den Kopf -verhüllt ein weißer Schleier, ein lumpiger bei der armen Klasse, ein -grober und schmutziger bei der mittlern, ein feiner und zierlicher -bei der reichen. Die Schleier bei der letztern sind ungemein groß, -fallen über die Schultern, die Brust und den Rücken, und verlaufen -in Spitzen über den Fersen. Dieser Kopfschleier vertritt die Hauben -und Hüte der Europäerinnen. Die Christinnen tragen im Durchschnitte -keinen Gesichtsschleier. Die Mehrzahl der Weiber geht barfuß. Sogar -an ziemlich kalten Tagen des Christmonats sah ich viele über die -schmutzige Gasse barfuß ziehen. Die Uebrigen gehen in Schuhen von -verschiedener Form, die meisten in rothen mit langem Ueberleder. Dabei -fiel mir das Schuhgestelle außerordentlich auf. Um nämlich die Schuhe, -die im Morgenlande auf die Dauer nicht wasserdicht sind, trocken zu -erhalten, befestiget man auf jede Sohle querüber zwei etwa vier Zoll -hohe Bretchen, und man wandelt mit einer solchen Vorrichtung trocken -des Weges. Allein dieses Gehen kostet Mühe, zumal auf den glatten und -nassen Steinen der unebenen Gasse. Ein Weib ging so langsam auf den -Schuhbretchen einher, daß es mir verleidet und ich beinahe lieber bis -auf die Haut durchnäßt worden wäre.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_86" id="Seite_86">[S. 86]</a></span></p> - -<p>Ohren- und Fingerringe nahm ich nicht wahr, wohl aber silberne oder -messingene Spangen am Vorderarme. Für jene Ringe tragen indeß die -Frauensleute andere Zierden, die so recht in den wilden Kram noch -taugen. Gleich unter den Nasenöffnungen wird ein Fleck des Gesichtes -auf jeder Seite blau gefärbt, und, die Wahrheit gestanden, es würde -sich dies ohne weitere Zugabe nicht einmal sehr übel ausnehmen. Dann -sitzt ein solcher Fleck auf der Stirne zwischen den Augenbraunen; -oder zur Seite des Kinns die Figur <b>÷÷</b> oder mitten im Kinne -<b>⸬</b>; oder zur Seite der Mundwinkel <b>⁛</b> Eines oder Mehreres, -wo nicht Alles zusammen, befremdet den Abendländer bald bei dieser, -bald bei jener Frauensperson. Andere Beobachter könnten, wie ich nicht -zweifle, noch mehr erzählen. Mir schien schon das Gegebene zu viel, -selbst wenn die Punktirung eine sinnige Schrift vorstellen sollte. Es -wäre für die Abendländer ein neuer Quell des Gewerbefleißes geöffnet, -geriethen sie je auf den Einfall, Bücher an sich abzutatowiren oder auf -Menschen Büchersäle zu bauen.</p> - -<p>Der <em class="gesperrt">Mann</em> trägt ein langes, vorne in der Länge gespaltenes, um -die Lenden zugegürtetes Hemde meist von blauer Farbe. Das kürzere -Ueberhemde steht am Vordertheile der Länge nach offen, und hat, wie -dasjenige der Weiber, ebenfalls breite Streifen, z. B. von rother -Farbe. Ich<span class="pagenum"><a name="Seite_87" id="Seite_87">[S. 87]</a></span> durfte mich ordentlich zusammenfassen, um die Tracht der -Jerusalemer festzuhalten; denn in einer Stadt, wo so viel Trachten -durch einander wimmeln, wird die Aufmerksamkeit gar leicht zerstreut. -Bald ein polnischer Jude, bald ein russischer Edelmann, bald ein -Grieche, bald ein Franke etc. mischen sich in das dem Landeseingebornen -Eigenthümliche. Die Tracht europäischer Juden hat viel Gemeinsames -mit derjenigen der Eingebornen; sie gewinnt unstreitig geschichtliche -Bedeutsamkeit, und keinen Augenblick schwebe ich im Zweifel, daß die -Israeliten des alten Testamentes sich ähnlich kleideten, wie die -neuen Rabbinisten oder Talmudisten. Der Bauer des Landes trägt seinen -üppigen Bart ungeschoren; hingegen lassen die meisten Städter bloß den -Schnurrbart stehen und scheren den übrigen Bart, alle aber den Kopf. -Der morgenländische Christ bedeckt sein Haupt mit einem Turban gleich -andern Morgenländern. Man sieht rothe, grüne, weiße, blaue, bunte -Turbane. Viele Mohammetaner haben, wie in Egypten, eine rothe Mütze -(Fes) auf ohne Bund.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Das_Kriegsvolk">Das Kriegsvolk.</h3> - -</div> - -<p>Seit Syrien unter egyptische Botmäßigkeit gebracht ist, wird es von -Kriegern überschwemmt. Einzig und allein mit einer zahlreichen, -bewaffneten Mannschaft vermag der<span class="pagenum"><a name="Seite_88" id="Seite_88">[S. 88]</a></span> Statthalter Egyptens die Syrier zu -zügeln, auf daß sie ihm nicht abtrünnig werden. Es ist eine ausgemachte -Sache, daß das Land unter der Last Pflastertreter schwer leidet. Es -drängt sich die beherzigenswerthe Frage auf: Würde der Vizekönig nicht -mehr besitzen, wenn er mit Egypten sich begnügt hätte?</p> - -<p>Man kann sich auch in Jerusalem nicht bergen, daß die neue Ordnung -der Dinge <em class="gesperrt">in Bezug auf Polizei</em> sich aufs herrlichste -bewährt. Ob aber das Alles sich halten werde, wenn einmal die Menge -achtunggebietender und furchteinflößender, fremder Wehrmänner das -unterjochte Land räume, liegt unenthüllt im Schoße der Zukunft. -Freilich verheißt die Art und Weise, wie die Verbesserungen eingeführt -wurden, nicht die sicherste Gewähr. Denn der neue Verwalter begann sie -nicht von Grund und Wurzel aus; er trachtete nicht, die Hauptsache, -in der eigentlichen Volksschule die Landeskinder in Kenntnissen -vom Guten und Nützlichen mehr unterrichten zu lassen. Nur durch -eine Schreckenherrschaft, vor der jedwedes menschliche Gefühl -zurückbebt, verscheuchte er die Weglagerer, die Räuber, die Mörder. -Diese unterlassen Frevel, Raub und Mord nicht, weil sie von Gott -und dem Fürsten verbotene Handlungen sind, sondern weil sie vor der -unausbleiblichen strengen Strafe zittern. Beseelte die feigen Syrier -ein Gran Muthes, so<span class="pagenum"><a name="Seite_89" id="Seite_89">[S. 89]</a></span> würde die schöne Polizei des neuen Gebieters wie -eine Seifenblase zerplatzen.</p> - -<p><em class="gesperrt">Strabo</em> nennt die Bewohner der Gegend, woher ich gebürtig bin, -Räuber, Streifhorden, und schildert in Beziehung auf Geistesbildung -die alten Syrier zu ihrem Vortheile. Ich wandere nun in Palästina, -und kann hier erzählen, daß bei uns die Sicherheit der Person und des -Eigenthums auf einer sittlichen Grundlage, dem gewissen Zeichen der -Entwachsenheit aus dem barbarischen oder rohen Zustande, ruht. Was -würde der Kappadozier heute dazu sagen?</p> - -<p>Um zu den Verbesserungen <em class="gesperrt">Mehemet-Ali’s</em> zurückzukehren, so will -ich nicht verhehlen, daß er eine neue medizinische Schule in Damaskus -gündete. Man müßte indessen eine Binde vor den Augen haben, wofern -man nicht die blutige Richtung selbst in dieser so menschenfreundlich -scheinenden Maßregel erblickte. Zum Kriegen braucht man Leute, und -sobald man Leute braucht, so muß es Einem daran liegen, daß sie am -Leben erhalten werden.</p> - -<p>Die Regierung <em class="gesperrt">Mehemet-Ali’s</em> reibt sich an so manchen -Gegensätzen: Ernst neben Spiel, Geschäftigkeit neben Faulenzerei, -Geizen neben Verschwenden. Es verdient Erwähnung, daß selten einer der -europäischen Angestellten die Regierung aufrichtig lobt. Wenn einige -unbe<span class="pagenum"><a name="Seite_90" id="Seite_90">[S. 90]</a></span>stritten vom edeln Triebe zu Vermehrung der Kenntnisse in Künsten -und Wissenschaften geleitet werden, womit sie einmal ihrem Vaterlande -zu nützen hoffen; so verrichten dagegen die meisten ihre Geschäfte -nicht aus Liebe zum Fortschritte auf dem geistigen Gebiete, sondern aus -Liebe zu einer guten Bezahlung, nicht aus Liebe zur Regierung, sondern -aus Liebe zu Ehr und Ansehen, zu einem bequemen und üppigen Leben vor -einer reich besetzten Tafel, bei Weibern und auf der Jagd. Hat einmal -der Mensch seine sittliche Spannkraft verloren, so bleibt er bloß noch -ein sieches Schattengewächs. Ich kann nicht aussprechen, wie sehr mein -Herz beklommen ward, wenn ich dem kalten, lahmen, maschinenmäßigen, -selbstsüchtigen Gange der Regierung zusah.</p> - -<p>So viel als allgemeine Bemerkungen über die egyptische Regierung. Sie -sind kurz, wie die Prüfungszeit selbst war.</p> - -<p>Begeben wir uns wieder zu den Heerschaaren, so führt der Faden der -Beschreibung zur Bemerkung, daß ebenfalls Jerusalem von der egyptischen -Plage, dem Militär, heimgesucht wird.</p> - -<p>Ich hätte schon an andern Orten, voraus in Kairo, Gelegenheit gefunden, -über die egyptischen Truppen ein einläßlicheres Wort fallen zu lassen. -Ich bin dem Militär von jeher fremde geblieben, und was man am -wenigsten versteht, berührt man am ungernsten.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_91" id="Seite_91">[S. 91]</a></span></p> - -<p>Ich schilderte früherhin, daß, bei meinem wenig feierlichen Einzuge in -Jerusalem auf dem müden, fast kniefälligen Esel, vor den Mauern der -Stadt Truppen meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Die Gewandtheit und -Regelmäßigkeit bei ihren Waffenübungen überstiegen alle Erwartung. Wie -der Künstler seine Bildsäulen in einer geraden Reihe aufstellt, so -stehen die Wehrmänner neben einander, nur darnach schauend, was sie -ablernen sollen, und darnach horchend, was man ihnen befahl.</p> - -<p>Die Bewaffnung des Soldaten besteht in einem wohlgeputzten Gewehre, -wozu ein Säbel und eine kleine Patrontasche gehören. Letztere trägt der -Soldat an einem gelbledernen Riemen über dem Rücken, auf welchem er -zugleich in einem Habersacke die nöthigsten Bedürfnisse nachschleppt.</p> - -<p>Die Kleidung ist bald von weißem, bald von rothem, bald von -anderfarbigem Zeuge. Pumphosen umgeben enge die Unterschenkel, und -enden innen und außen halbmondförmig, dergestalt, daß die Bogenlinie -nach unten gekehrt ist. Den Oberleib und den Hals umschließt genau -eine vorne zugeknüpfte Weste, und von den Aermeln derselben werden die -Arme klamm umspannt. Eine Bauchbinde hält die Hosen und deckt ihre -Verbindung mit der Weste. Die Kopfbedeckung ist eine rothe (Fẻs) und -darunter eine weiße Mütze (Tarbusch), welche letztere gewaschen wird. -Strümpfe<span class="pagenum"><a name="Seite_92" id="Seite_92">[S. 92]</a></span> fehlen. Der Schuh hat ein sehr langes Ueberleder. Der Soldat -bewegt sich in der ganzen Kleidung mit Leichtigkeit, nur in den Schuhen -nicht. Niemand wird abredig sein, daß man in der Montur die fränkische -und morgenländische Tracht mit Klugheit zu vereinigen wußte. Die -egyptische Soldatenkleidung von grünem oder blauem Tuche nimmt, etwas -Plumpes abgerechnet, sich recht gut aus. Indeß vermochten die Europäer -ihren Einfluß noch keinesweges in dem Grade geltend zu machen, daß das -Pfeifen und Trommeln nicht etwas Wildes, Türkisches verriethe. Noch -mehr aber fällt auf, wenn der wachhaltende Soldat mit dem Gewehre im -Arme niederhockt u. dgl.</p> - -<p>Zur Nahrung erhält der Soldat für zehn Tage das Quantum Reis, Bohnen, -Linsen und Butter. Fleisch bekommt er zweimal in der Woche, im -Fastenmonat aber alle Tage nach Untergang der Sonne. Die Speisen kocht -der Soldat sich selbst, und das Getränke mag er holen, wo er will.</p> - -<p>Was die Ausrüstung anbelangt, so gibt die Regierung dem Gemeinen alle -sechs Monate ein Paar Schuhe und Hosen, eine Weste (Jacke) und ein -Hemde, alle Jahre dagegen die rothe Mütze, einen Kaputrock und einen -Teppich zum Lager oder als Bettung. Die weiße Mütze, die Bauchbinde und -etwa Strümpfe schafft er sich selbst an. Beim<span class="pagenum"><a name="Seite_93" id="Seite_93">[S. 93]</a></span> Eintritte in den Dienst -wird er sogleich vollständig bewaffnet; er ist jedoch gehalten, die -Waffen auf eigene Kosten auszubessern.</p> - -<p>Der monatliche Sold des Gemeinen beträgt 14½ Piaster; es fallen -somit auf einen Tag nicht einmal 4 Kreuzer R. W. Ueberdies wird der -Sold auch in Syrien sehr nachlässig ausbezahlt. Zur Zeit war er schon -vierzehn Monate im Rückstande. Und wenn noch die Bezahlung erfolgt, -so macht sie nicht reinen Tisch, sondern sie tilgt bloß einen Theil -der Schulden. Ueber nachlässige Zahlung wird allgemein Klage geführt, -und mit ihr vorzüglich ist der Leichtsinn oder vielleicht gar die -Nothwendigkeit des Schuldenmachens eingerissen. Einmal über das andere -langweilt man sich mit der Frage: Wann wird der rückständige Sold -ausbezahlt? <em class="gesperrt">Ich hörte übrigens nie, daß die Zahlung, mag sie auch -noch so spät geleistet werden, je ausblieb.</em></p> - -<p>Je geringer der Lohn ist, welchen der gemeine Söldner empfängt, desto -glänzender werden die Offiziere besoldet. Ohne den <em class="gesperrt">Taib</em> (gut, -Vergütung, Entschädigung) zu rechnen, steigt die monatliche Besoldung -eines Obersten auf 16 Beutel (Seckel); den Beutel zu 500 Piaster. -Er kann somit täglich etwa 34 Gulden R. W. verzehren. Der General -erhält monatlich 24 Beutel. Die Verleihung des<span class="pagenum"><a name="Seite_94" id="Seite_94">[S. 94]</a></span> Generalstitels hatte -für <em class="gesperrt">Clot</em> auch besonders in Beziehung auf das Einkommen eine -vortheilhafte Seite. Dem Bataillonsarzte (<span class="antiqua">medico maggiore</span>) sind -für den Monat 750 Piaster Sold, 140 Piaster Taib und überdies jährlich -1000 Piaster für die Ausrüstung ausgesetzt. Die Anstellung gewährt -wenigstens das Bequeme, daß sie nicht bindet, weil zu jeder beliebigen -Zeit die Entlassung angenommen werden muß, sobald man sie einreicht.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_Pilger">Die Pilger.</h3> - -</div> - -<p>Die griechische Kirche liefert am meisten Pilger, nicht nur viel -Griechen, sondern auch viel Russen, und die verschiedenen Trachten -vergönnen einen ergötzlichen Anblick. Wenn der russische Krieger sein -Blut in den Schlachten nicht gespart hat, wenn er schon nicht mehr -fähig ist, die Waffe zu tragen; er kehrt doch nicht zur Ruhe zurück, -es erwacht in ihm, statt des weltlichen, der religiöse Kampf, und er -wallfahrtet nach Jerusalem, um mit seinen Heiligthümern einen Frieden, -nicht für das Hienieden, aber für die Ewigkeit abzuschließen. Die -Griechen, sogar arme, verlassen ihren heimathlichen Herd, um Gott -ihre Dienste anzubieten. Würden sie sonst das Leben mit Kargheit -dahinbringen, so scheuen sie die Auslagen für die Wallfahrt und den -Aufenthalt nicht. Ich sage ausdrücklich: den <em class="gesperrt">Auf<span class="pagenum"><a name="Seite_95" id="Seite_95">[S. 95]</a></span>enthalt</em>; denn -die griechischen Priester reichen ihren Pilgern die Nahrung nicht auf -Kosten des Klosters. Die Pilgrime müssen, wie verlautet, vielmehr froh -sein, wenn ihre Seelsorger sich nicht von ihnen bereichern.</p> - -<p>Lateinische Christen unternehmen die Pilgerfahrt ungemein selten. Zu -ihrer Beherbergung ist das Kloster des Erlösers bestimmt. <em class="gesperrt">Freie -Bewirthung, selbst auch für Protestanten, ward großmüthig vom Papste -geboten.</em> Unter den abendländischen Pilgern gibt es nicht lauter -fromme, sondern auch solche, die von Kloster zu Kloster herumstreifen, -und darin gut essen und trinken, damit die auf solche Weise -zurückgelegte Prachtreise ihnen am Ende daheim zur Fundgrube eines -müßigen Glückes werde. Ich kannte einen solchen Pilger, der durch ganz -Palästina ohne einen Reisegefährten zu Fuß herumwandelte. Einen Andern -traf ich in Ramle, später auch in Jerusalem. Ein Schlesier, sprach er -deutsch. Ich erinnere mich kaum einer schmutzigern Kleidung, als dieser -deutsche Gärtner trug. Man muß die Beweggründe zu seiner Reise hören, -um den Gehalt des Mannes zu prüfen. Zweimal sei er auf den Tod krank -gewesen, und habe zuletzt das Gelübde gethan, das heilige Land einmal -zu besuchen. Mit nichts, als mit dem schmutzigen Hemde am Leibe, mit -Hosen, einem Rocke, Hute, Halstuch und mit schlechten Schuhen, mit -wenigen<span class="pagenum"><a name="Seite_96" id="Seite_96">[S. 96]</a></span> in Tücher verpackten Habseligkeiten, die er an einem Stocke -auf der Schulter trug, durchstrich er das jüdische Land bis auf den -Libanon, und zwar ohne Kenntniß des Arabischen oder Türkischen, des -Griechischen oder Lateinischen, des Französischen oder Italienischen. -Drei Tage hielt er sich in Damaskus auf, ohne den Namen der Stadt zu -wissen. Heuchlerisch suchte er mich zu überreden, daß er auf einer -abenteuerlichen Nachtreise das Zeugniß vom Kloster des Erlösers -verloren habe. Weil ihm die Sprache abging, um sich den Mönchen -verständlich zu machen, konnte er mich bewegen, daß ich mich für ihn -als Dolmetscher verwendete, und die Patres waren gutmüthig genug, ein -zweites Zeugniß auszufertigen. Mich erfüllte ein seltsam Erstaunen, -als er mir später erzählte, daß er Alles erlogen habe. Es ist der -Nämliche, welcher, nach eigenem Geständnisse, einen österreichischen -Reisepaß sich zu erschleichen wußte. Ein Franzose ohne Habe, aber mit -einer reichen Lügenzunge, ebenfalls ein Pilger, verwendete all’ seinen -Witz, um mich zu betrügen. Der Umstand, daß ich immer schußfertig auf -dem Anstande war, machte ihn gegen mich unmuthig und bitter. Solches -Gesindel betet unter Kniebeugungen und Bekreuzungen an den heiligen -Stellen, wo, nach den biblischen Urkunden, <em class="gesperrt">Christus</em> für die -Menschen sein Blut vergoß, und wo sein Leichnam ins Grab gelegt wurde.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_97" id="Seite_97">[S. 97]</a></span></p> - -<p>Es ist zudem merkwürdig, daß derlei geldentblößte Leute, die sich gegen -den Gastfreund mit einem Geschenke nicht erkenntlich zeigen können, am -lautesten aufbegehren und die Unverschämtheit am weitesten treiben.</p> - -<p>Die Speisen und Getränke sollen in den Klöstern des jüdischen Landes -durchgängig sehr gut sein. Vorzüglich rühmt man die Freundlichkeit der -Klosterleute auf dem Libanon und ihren köstlichen Wein.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Der_Geist_der_Christen">Der Geist der Christen.</h3> - -</div> - -<p>Die heilige Stadt — welcher Wortmißbrauch. Man tadelt allgemein -den Geist der Christen zu Jerusalem. Hier, wo man zum reinsten -Christussinne aufgefordert werden sollte, wächst so viel Unkraut unter -so wenig Waizen. Schlaffheit vertritt lebendiges Streben nach Wahrheit, -Formenwesen geläuterte Begriffe, Pharisäismus religiöse Wärme. Man -räumt dem Mohammetaner den Vorzug ein, ich glaube, mit Recht. Viele der -verschiedenen christlichen Glaubensbekenner benehmen sich so unwürdig, -daß man sich beinahe schämen möchte, ein Christ zu heißen. Eine weite -Kluft unauslöschlichen Hasses gähnt zwischen den vielfarbigen Bekennern -des Christenthums.</p> - -<p>Die Griechen verdienen zuerst den Tadel. Um zu einem Zwecke zu -gelangen, lassen sie keine Mittel unversucht. Man<span class="pagenum"><a name="Seite_98" id="Seite_98">[S. 98]</a></span> weiß kaum, wie -man von Leuten denken soll, welche, wie die griechischen Priester, -ausdrücklich berufen sind, Heiligthümer zu verehren, und an -ihrem eigenen Heile zu arbeiten, und welche gleichwohl so viele -Heillosigkeiten begehen. Daß sie vom Glauben an einen vergeltenden -Gott durchdrungen sind, hält zu begreifen schwer, und wenn sie diesen -Glauben noch hegen, so ist er ein schlechter, weil er mit der Annahme -gepaart sein muß, daß <em class="gesperrt">der Glaube ohne Tugend selig mache</em>. Ich -will zwar nicht behaupten, daß es unter den griechischen Priestern -nicht auch wackere Männer gebe; nur sind diese, nach übereinstimmenden -Aeußerungen, nicht häufig.</p> - -<p>Die lateinischen Priester sehen im Allgemeinen ziemlich alltäglich -aus. Wenige liebten das lateinische Gespräche, und doch lesen alle -die <em class="gesperrt">Messe in lateinischer Zunge</em>. Freilich begnügen sich manche -Menschen dieses Schlages, <span class="antiqua">in majorem Dei gloriam</span> auf der -Oberfläche herumzuschwimmen, ohne daß ihnen der Gedanke beifällt, in -der Taucherglocke vom Grunde die Schätze heraufzuholen. Ich darf kaum -bemerken, daß die lateinischen Mönche gemeiniglich alle Andersgläubige -bemitleiden, weswegen man mir wohlmeinend rieth, ja nirgends den -Protestantismus durchblicken zu lassen. Der rothbäckige Verwalter -rühmte eines Abends die Gastfreundschaft des Klosters mit den Worten,<span class="pagenum"><a name="Seite_99" id="Seite_99">[S. 99]</a></span> -daß es alle Franken beherberge, klopfe ein Katholik oder ein — — — -an. Ich verzeihe dem guten Pater eine solche wenig würdige Sprache, -für die ich Gedankenstriche, als die geeignetesten Schriftzeichen -in unserer Zeit, wählte. Vom Pater Superior, unter dem Titel -<em class="gesperrt">Reverendissimus</em>, spricht Jedermann mit Achtung.</p> - -<p>Es befinden sich jetzt, wie man mich versicherte, zwei protestantische -Missionarien, ein englischer und amerikanischer, in Jerusalem. Man lobt -sie, und die protestantischen Fremden, wenigstens die Engländer, ziehen -größtentheils ins Missionariat. Ich besuchte weder den einen, noch den -andern. Hätte ich mich aber in der Stadt länger aufgehalten, so würde -ich ihre Bekanntschaft gerne gemacht haben. Sie stehen, meines Wissens, -mit den übrigen Christen in kaltem, jedoch in keinem feindlichen -Verhältnisse.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Der_Ablass">Der Ablaß der römisch-katholischen Kirche.</h3> - -</div> - -<ol> - <li><em class="gesperrt">Gänzlichen Sündenablaß</em> erhält man: - <ol class="lower_alpha"> - <li><span class="pagenum"><a name="Seite_100" id="Seite_100">[S. 100]</a></span> -beim Betreten des heiligen Landes, wenn man sieben Vater unser -und Ave Maria betet; denn die Mühseligkeiten und Gefahren, welche -mit der langen Reise verbunden sind, werden als eine Buße für die -eigenen Sünden betrachtet;</li> - <li>beim Eintritte ins Thor von Jerusalem, nach Verrichtung von -ebensoviel Gebeten;</li> - <li>in der Franziskanerkirche zum Erlöser in Jerusalem, und -zwar am Altare der Verkündigung sowohl, als des Abendmahls von -<em class="gesperrt">Christus</em> und seiner Erscheinung vor <em class="gesperrt">Thomas</em>;</li> - <li>in der Kirche des Christusgrabes, nämlich an den Altären der -Kreuzerhöhung und Kreuzigung, am Steine der Salbung, an der -Säule der Geißelung, in der Kapelle des Christusgrabes und der -<em class="gesperrt">Helena</em>, am Orte der Kreuzerfindung;</li> - <li>in Jerusalem an den Plätzen, wo <em class="gesperrt">Maria</em>, die Mutter des -<em class="gesperrt">Christus</em>, empfangen und geboren ward, am Bogen des Ecce -Homo, im Palaste des <em class="gesperrt">Pilatus</em>, nahe am Orte der Geißelung;</li> - <li>in der Umgegend vor Jerusalem, nämlich bei der Ankunft auf dem -Zion, im Besondern im Hause des Hohenpriesters <em class="gesperrt">Kaiphas</em>, -am Bächlein Kidron, auf der Brücke, wo <em class="gesperrt">Christus</em> seine -Kniee eindrückte, am Grabe seiner Mutter <em class="gesperrt">Maria</em> und des -<em class="gesperrt">Lazarus</em> in Bethanien, auf der Burg von Magdalo, an der -goldenen Pforte;</li> - <li>in Bethlehem, und zwar am Altare, wo <em class="gesperrt">Christus</em> geboren -ward, am Altare der Krippe, so wie der Anbetung der Weisen aus dem -Morgenlande;</li> - <li><span class="pagenum"><a name="Seite_101" id="Seite_101">[S. 101]</a></span> -in der Umgebung Bethlehems, im Lande der Hirten, wie am Orte der -jetzt verlassenen Kapelle, wo denselben der Engel erschien;</li> - <li>in <em class="gesperrt">St. Johannes</em> auf dem Berge, am Altare seiner Geburt, -in der Wüste, wo er das Evangelium predigte;</li> - <li>in Nazareth, nach dem Eintritte in die Stadt und am Altare der -Empfängniß;</li> - <li>in der Umgegend von Nazareth und in Galiläa und zwar auf dem -Berge Thabor, in der Stadt Nain, in Sephoris (Szaffad), wo die -Aeltern <em class="gesperrt">Marias</em> geboren wurden, in Kana, am Geburtsorte der -drei Apostel <em class="gesperrt">Bartholomäus</em>, <em class="gesperrt">Matthäus</em> und <em class="gesperrt">Simon</em>, -am Jordan.</li> - </ol></li> - <li><em class="gesperrt">Ablaß auf sieben Jahre und - zweihundertundachtzig Tage:</em> - <ol class="lower_alpha"> - <li>zu Jerusalem in der Grabeskirche, am Altare der -Kleidervertheilung, an der Kleidersäule, ferner im Gefängnisse auf -dem Bezetha und am Orte, wo <em class="gesperrt">Christus Magdalenen</em> erschien;</li> - <li>in Bethlehem, am Grabe der Unschuldigen, im Oratorium des -<em class="gesperrt">Hieronymus</em>, an seinem Grabe, am Grabe der <em class="gesperrt">Paula</em>, -ihrer Tochter <em class="gesperrt">Eustochia</em> und des <em class="gesperrt">Eusebius</em>, in der -Schule des <em class="gesperrt">Hieronymus</em>;</li> - <li><span class="pagenum"><a name="Seite_102" id="Seite_102">[S. 102]</a></span> -in der Umgegend von Bethlehem, am Grabe der <em class="gesperrt">Rahel</em>, -im griechischen Eliaskloster, auf dem Felde, wo der Engel den -<em class="gesperrt">Habakuk</em> wegtrug, in der Zisterne der heiligen drei Könige, -am Terebinthenbaume, in St. Saba;</li> - <li>in <em class="gesperrt">St. Johannes</em> auf dem Berge, an der sogenannten -Marienquelle, am Orte, wo die zwei Basen einander begegneten, an -dem Orte, wo <em class="gesperrt">Philip</em> den Eunuchen der Königin von Aethiopien -taufte;</li> - <li>in Nazareth, im Hause <em class="gesperrt">Josefs</em>, am Tische des Herrn, an der -Quelle der Jungfrau;</li> - <li>in der Umgegend von Nazareth und in Galiläa, bei der -<em class="gesperrt">Maria</em> der Furcht, auf dem Seligkeitsberge, dem Aehrenfelde, -am Orte der Speisung mit Broten und Fischen, am See Genesareth, in -Bethsaida und Kapernaum.</li> - </ol> - </li> -</ol> - -<p>Ich glaubte irrig die Ablaßstellen, wovon ich mehrere besuchte, -wenigstens durch Kreuze bezeichnet. Ohne einen Führer würde man, im -Geiste des Ablasses, sehr wichtige Stellen unbeachtet überschreiten.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Der_alte_deutsche_Pater">Der alte deutsche Pater und die -große Apotheke.</h3> - -</div> - -<p>Im Kloster des Erlösers lebt ein grauer Achtziger aus Mähren, Pater -<em class="gesperrt">Vital</em>. Mich verlangte, den Greis zu<span class="pagenum"><a name="Seite_103" id="Seite_103">[S. 103]</a></span> sehen. Ein schöner Mann mit -blauen Augen, rosigem Wangenschimmer und gebeugtem Körper begrüßte mich -mit der einnehmendsten Herzlichkeit. Mir wollte Jerusalem und seine -Umgebung nicht gefallen, und ich fragte ihn um seine Meinung über das -Leben in diesem Lande. „Ja, was ist es?“ antwortete er. „Man ist nun -einmal da. Es muß gut sein.“ Der Sinn der Worte war leicht zu deuten.</p> - -<p>Ich traf den Pater gerade in der Werkstätte. Er treibt im Kloster das -Geschäft eines Apothekers und Arztes. Dazu ist er also noch Pater. Alle -gute Dinge sind drei. Von der Werkstätte gingen wir in die Apotheke. -Wenn nur das Halbe wahr ist, was an den Büchsen und Gläsern geschrieben -steht, so besitzt sie einen reichen Schatz von Arzneistoffen, daß man -sich in der That verwundern muß, wenn man die Lage Jerusalems in einer -bildungsarmen Gegend berücksichtigt.</p> - -<p>Die herrschende widrige Witterung machte mich ein wenig unpäßlich. -Ich ermangelte nicht, dies dem Pater <em class="gesperrt">Vital</em> zu eröffnen, -zugleich aber die Bemerkung beifügend, daß ich ein Arzt sei. Ohne -irgend zu untersuchen, trug mir der Mann Gottes einen Schnapps Rosoli -aus der Apotheke mit einer Schnelligkeit und Zuversicht an, daß ich -unwillkürlich auf die Vermuthung geführt wurde, es mögen hin und wieder -die Klagen eines Preßhaften mit diesem<span class="pagenum"><a name="Seite_104" id="Seite_104">[S. 104]</a></span> leckern Safte beschwichtiget -werden. Ich verbat mir dieses Mittel darum, weil es mein Uebelbefinden -nothwendig verschlimmern würde. So mag denn hier die Arzneigeberei -beschaffen sein. Schnappskuren wären gar zu schmackhaft<a name="FNAnker_3_3" id="FNAnker_3_3"></a><a href="#Fussnote_3_3" class="fnanchor">[3]</a>.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Meine_Zelle_im_Kloster_des_Erloesers">Meine Zelle im Kloster -des Erlösers.</h3> - -</div> - -<p>Ich hatte eben kein fürstliches Aussehen, und ich kann mir es wohl -erklären, wenn man mir nicht aller Orten die beßten Zimmer anwies.</p> - -<p>Ich habe früher die freundliche Aufnahme von Seite des -Klosterverwalters erwähnt, und diesmal bloß nachzutragen, daß er dem -Klosterbedienten <em class="gesperrt">Elias</em> zu verstehen gab, er solle mir ein -kleines, doch gutes Kämmerlein einräumen, weil man die andern Zimmer -für die hohen Personen, die man eben erwarte, bereit halten müsse.</p> - -<p>Mein Zimmer, mit einem Bette, Tisch und Sessel, war durchaus schlecht, -ohne Fenster, nicht einmal mit gut schließenden Läden, und eine -Oeffnung über der Thüre hatte gar keine Vorrichtung zum Sperren. Lustig -pfiff der gefällige Wind, die zum Theil schlaflosen Nächte mir zu<span class="pagenum"><a name="Seite_105" id="Seite_105">[S. 105]</a></span> -vertreiben. Es scheint allenthalben dafür gesorgt, daß die Welt zum -Himmel hinauf lacht. Wäre es nur nicht ziemlich kalt gewesen, ich würde -die Orgeltöne des Windes noch süßer gefunden haben. Beim Schreiben war -ich in einen Mantel, die Füße in eine wollene Decke gewickelt, und -dennoch konnte ich mich auf diese Art mit genauer Noth wärmen. Die -Ueberzeugung wurzelte in mir fest, daß ich in einem solchen Zimmer von -meiner Unpäßlichkeit nicht genesen könne, und daß ich daher auf die -Abreise dringen müsse, wenn mir anders die Gesundheit am Herzen liege.</p> - -<p>Die Schattenseite des Lebens bietet doch ungemein viel Abstufungen dar.</p> - -<p>Auf dem Meere dachte ich: Wenn ich nur zu Lande wäre, ich wollte -zufrieden sein.</p> - -<p>Bei den Pyramiden von Memphis dachte ich: Wenn ich nur wieder unter -Franken wäre, ich wollte zufrieden sein.</p> - -<p>Und in Kairo dachte ich: Wenn ich nur wieder in einem kältern -Himmelsstriche wäre, ich wollte zufrieden sein.</p> - -<p>Und in der Wüste dachte ich: Wenn ich nur wieder auf bewohnten Boden -meinen Fuß setzen könnte, ich wollte zufrieden sein.</p> - -<p>Und in dem Gefängnisse unter dem Zelte dachte ich: Wenn ich nur wieder -ein vor dem Regen schützendes Zimmer und die Freiheit hätte, ich wollte -zufrieden sein.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_106" id="Seite_106">[S. 106]</a></span></p> - -<p>Und beim beschwerlichen Ritte von Gaza dachte ich: Wenn ich nur einmal -wieder Ramle erreichte, oder wenn mir nur wieder die Bequemlichkeiten -des Schiffes auf der See vergönnt wären, ich wollte zufrieden sein.</p> - -<p>Wie vielmal wollte ich zufrieden sein, und wie vielmal war ich -es nicht? Das kann sich so fügen: Im Augenblicke, da man eine -Widerwärtigkeit fühlt, erscheint sie am größten; die vergangene tritt -in dem Grade kleiner vor die Seele, als ein Gegenstand vor das Auge, -der sich immer weiter entfernt.</p> - -<p>Billig stimme ich in das allgemeine Lob auf die gute Bewirthung des -Klosters. Die Speisen waren alle schmackhaft. Mir that es wehe, daß -ich die in einem zinnernen Becher mir zugereichte Porzion weißen Wein -wegen meiner eine strengere Lebensweise gebietenden Unpäßlichkeit nicht -ganz trinken durfte. Ich kostete noch keinen edlern Wein, und ich nahm -davon sogar als Arznei auf die Reise mit. Nach der Versicherung des -Klosterbedienten wächst er in Bethlehem.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Der_Fuehrer_um_und_in_Jerusalem">Der Führer um und in -Jerusalem.</h3> - -</div> - -<p>Zu den Sehenswürdigkeiten ist ein Führer vonnöthen. Wendet man sich — -das Vorzüglichste, das man thun kann — ans lateinische Kloster, so -wird es für einen Dragoman sorgen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_107" id="Seite_107">[S. 107]</a></span></p> - -<p>Die Kirche des Christusgrabes ist nicht immer offen. Deswegen muß man -im Kloster darnach fragen, wann sie aufgeschlossen werde, um nicht -vergeblich sich hin- und herzutreiben. <em class="gesperrt">Diese Kirche zu sehen, soll -das erste Augenmerk sein.</em> Zu ihrer Aufsuchung wird kein Führer -gerade nothwendig. Es weiß den Tempel Jedermann. Viele auf der Gasse -verstehen italienisch. Doch in der Grabeskirche selbst bedarf man -einiger Anleitung.</p> - -<p>Man schlägt mit dem Führer folgende Wege ein:</p> - -<p>1) <em class="gesperrt">Um die Stadt.</em> Durch das Thor von Damaskus zur Jeremiasgrotte. -Dann zu den Gräbern der Könige. Nun richtet man sich gegen das -Josaphatsthal; man überschreitet die Kidronbrücke. Jetzt nach -einander die Grabhöhle <em class="gesperrt">Mariens</em> und der Apostel, sowie der -Garten Gethsemane. Hernach auf den Oelberg. Herab zu den Gräbern -<em class="gesperrt">Absaloms</em>, <em class="gesperrt">Josaphats</em> und <em class="gesperrt">Zachariassen</em>. Zurück -über den Kidron. Unter dem Moriah (Moschee <em class="gesperrt">Omars</em>) die Brunnen, -insbesondere derjenige Siloahs. Auf letzterem Wege lasse man sich das -blinde Thor des, wie man vorgibt, ehemaligen Salomonstempels zeigen. -Jetzt ersteige man den Zion; die Hausstelle des <em class="gesperrt">Kaiphas</em> und -die Stelle der Davidsburg. Das Alles wird man ohne Hinderniß besuchen -können; einzig die Mariengruft ist meist gesperrt. Es genügt, daß der -Führer sie einmal<span class="pagenum"><a name="Seite_108" id="Seite_108">[S. 108]</a></span> weise. Man fragt, wann sie offen sei, und man macht -allein einen Spaziergang dahin, da sie sehr leicht zu finden ist. In -das Dunkel der königlichen Gräber und des Siloahbrunnens muß man sich -leuchten.</p> - -<p>2) <em class="gesperrt">In der Stadt.</em> Wir waren schon in der Kirche des -Christusgrabes. Unweit von hier glaubt man den Palast des -<em class="gesperrt">Pilatus</em>; man gehe durch die sogenannte Schmerzensgasse bis zum -vorgeblichen Palast des <em class="gesperrt">Herodes</em> und zum sogeheißenen Kerker -<em class="gesperrt">Christi</em>. Von da begibt man sich in die Nähe der Omarskirche, die -man doch von außen ein wenig besehen kann.</p> - -<p>Der Führer wird nicht umhin können, mannigfaltige Erinnerungen und -Erzählungen, z. B. von heiligen Eindrücken in Steinen, von Häusern -heiliger Weiber und Männer, an die Wege zu knüpfen. Ich geleitete bloß -zum Sehenswürdigsten.</p> - -<p>Bei guter Witterung wird man in einem Tage, bei schlechter in zwei -Tagen zuversichtlich allenthalben herumkommen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Rueckblick_auf_Jerusalem">Rückblick auf Jerusalem.</h3> - -</div> - -<p>So wenig der erste Anblick der Stadt meiner Erwartung entsprach, so -tief, ich muß es laut gestehen, wurde sie beschämt, als ich anfing, -die Denkwürdige mit Auf<span class="pagenum"><a name="Seite_109" id="Seite_109">[S. 109]</a></span>merksamkeit zu zergliedern. Wenn auch nicht -der Buchstabengläubige und der ungestüme Zweifler, so kehrt doch der -ruhige Prüfer aus der gefeierten Stadt zurück. Jerusalem verdient mit -vollem Rechte von dem Alterthumsforscher, zumal aber von dem Israeliten -und Christen, besucht zu werden. Es erscheint nicht wenig auffallend, -daß hier die Nachgrabungen, um Alterthümer zu entdecken, nicht nach -einem durchgreifenden Plane, wie an so manchen andern, geschichtlich -vielleicht weniger wichtigen Orten veranstaltet werden. Es liegt über -allen Zweifel hinaus, daß der Nachgrabende in Jerusalem mannigfaltige -Schätze der Vorwelt hervorziehen würde, die zu Erklärung des alten und -neuen Testamentes ungefähr so viel beitragen könnten, als das ganze -Heer von Stuben- und Schriftgelehrten seit Jahrhunderten wirklich -dazu beigetragen haben. Es versteht sich wohl von selbst, daß, um -so zu sagen, keinerlei heilige oder unheilige Besorgnisse von den -Nachgrabungen abhalten dürfen. Die Wahrheit ist in der That heiliger -zu achten, als daß es erlaubt wäre, auf das Erforschen derselben zu -verzichten, weder den Einen, weil sie etwa fürchten, daß der neue Fund -den bisherigen Glauben schwäche, noch den Andern, weil sie besorgen, -daß er ihn stärke.</p> - -<div class="section"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_110" id="Seite_110">[S. 110]</a></span></p> - -<h3 id="Ausflug_nach_Bethlehem">Ausflug nach Bethlehem.</h3> - -</div> - -<div class="blockquot"> - -<p>Holperiger Weg; das unscheinbare <em class="gesperrt">Elias</em> mit einer reizenden -Aussicht nach Jerusalem und Bethlehem; <em class="gesperrt">Rahels</em> Grab; in Bethlehem -Pfützenreichthum, das Franziskanerkloster, der Stall und die Krippe; -die Bethlehemiten und Bethlehemitinnen; zu Fuß nach Jerusalem zurück.</p> - -</div> - -<p>Durch die Erzählung der Unannehmlichkeiten mit einem Eseltreiber will -ich Niemand belästigen; man hat manchmal mit solchen Leuten so viel -Mißliches, daß man beinahe das alte Gebot zurückwünschen möchte, nach -welchem den Christen untersagt war, in und um Jerusalem zu reiten.</p> - -<p>Ich ging durch das Jaffathor, wendete mich links über das Thal Gihon, -und bald war ich auf der Thallehne Hinnon, Jerusalem gegenüber und mit -diesem ungefähr in gleicher Höhe. Der Anblick der Stadt verheißt von -hier aus nicht viel; kaum zeichnet sich der Zion aus.</p> - -<p>Der holperige Weg gleicht unsern Bergwegen. Die Leute lassen sich die -Mühe reuen, ein kleines Sträßchen anzulegen, so leicht es wäre. Man hat -nicht ganz Unrecht, vom Zustande der Straßen auf die Bildungsstufe der -umwohnenden Menschen zu schließen.</p> - -<p>Jetzt bekam ich über dem Hinnon einen Esel. Ich ritt durch eine Ebene -in der Richtung gegen Mittag. Wo<span class="pagenum"><a name="Seite_111" id="Seite_111">[S. 111]</a></span> dieselbe zu einem langen, von -Abend gegen Morgen oder gegen das uneigentlich sogenannte todte Meer -streichenden Hügel aufschwillt, liegt in der Mitte und auf dem Rücken -selbst das griechische Kloster des <em class="gesperrt">Elias</em>: wenig vorstellende -Mauern, welche schwerlich ein Abendländer für ein Gotteshaus ansähe. -Das reizlose Aeußere mag der Lüsternheit des Beduinengesindels am -beßten wehren. An dem <em class="gesperrt">Eliaskloster</em> vorüber, und auf dem Scheitel -des Hügels erweitert sich die Aussicht nach Mittag und Mitternacht. -Rückwärts nimmt man Abschied von Jerusalem, und vorwärts gegen Mittag -begrüßt man Bethlehem, welches wie an einen Abhang gekleibt ist. Im -Glanze der Abendsonne fiel dasselbe vortheilhaft ins Auge. Es scheint -hier sehr nahe, und doch haben wir erst die Hälfte des Weges am Rücken. -Vom Lothssee erblickt man nur ein kleines Silberdreieck, welches -von Gebirgen des ostjordanischen Landes majestätisch überragt wird. -Zwischen dem Eliaskloster und Bethlehem steht an dem, von <em class="gesperrt">Elias</em> -aus, sehr unebenen Wege rechts, nach der Ueberlieferung, <em class="gesperrt">Rahels</em> -Grab unter einer mohammetanischen Kuppel.</p> - -<p>Man kommt vor Bethlehem gerne aus der steinichten, mehr oder minder -öden Gegend in eine gewächsreichere, worin wenigstens Rebe und Feige -und Kohl gedeihen. Unter einem Gewölbe hindurch tritt man ins Dorf. -Kaum weiß<span class="pagenum"><a name="Seite_112" id="Seite_112">[S. 112]</a></span> man vor Wasser und Schlamm, wo man den Fuß hinstellen darf.</p> - -<p>Bethlehem, an der nördlichen Abdachung eines Hügels, gewährt keine -erhebende Aussicht. Den zwar gut gemauerten Häusern mangeln Fenster.</p> - -<p>Im Franziskanerkloster stieg ich ab. Der Pater Guardianus, ein -einsichtiger und kenntnißreicher Mann, empfing mich mit Freundlichkeit, -und es wurde mir ein gutes, großes Zimmer angewiesen. Abends ereilte -mich das Mißgeschick, von der Prozession, mit brennender Kerze in -der Hand, gleichsam fortgerissen zu werden. So gerne würde ich mit -einem Führer allein und in der Stille den Ort, wo, der Ueberlieferung -zufolge, <em class="gesperrt">Christus</em> geboren ward, besucht haben. Es ist diese -Stelle, unmittelbar unter der Kirche, von einer köstlich gezierten -Kapelle überwölbt. Als die Patres in diese herabgestiegen waren, sanken -sie in Demuth auf die Kniee, und erhoben die Stimmen des Gebetes. Der -Guardian schenkte mir die Aufmerksamkeit, daß er mir ein gedrucktes -lateinisches Büchlein mit den Gebeten einhändigte, welche vor jedem -Altare verrichtet werden. Wer würde auf dieser Stätte sich nicht in -ernste Betrachtungen vertiefen? Welche große Eröffnungen sind, nach dem -Glauben der Christen, von dem Manne ausgegangen, dessen Geburtsstätte -vor meinen Augen lag („<span class="antiqua">hic de virgine <i>Maria Jesus Christus</i><span class="pagenum"><a name="Seite_113" id="Seite_113">[S. 113]</a></span> -natus est</span>“). Aber auch welches Unheil erzeugte der Aberwitz, -welcher mit Herrschsucht im Reiche der Meinungen sich in den Sinn der -Worte unsers großen Meisters hinaufwagte? Wie lange noch bleibt es bloß -frommer Wunsch, daß nur <em class="gesperrt">einen</em> Hirten <em class="gesperrt">eine</em> Heerde umgeben -möchte? Man zeigt auch die Krippe, welche zum Lager des neugebornen -Kindes gewählt worden sein soll. Außer der Geburtskapelle wallt man in -mehrere Höhlen, worin die fromme Erinnerung Altäre und Grabmale gebaut -hat, einen z. B. auf <em class="gesperrt">Hieronymus</em>, einen hochwürdigen Mann. Es -ist von einem Engländer behauptet worden, daß, im Widerspruche mit -den Urkunden, die Geburtskapelle unterirdisch sei. Ich möchte dieser -Behauptung aus guten Gründen nicht beipflichten. An der Baustelle des -Klosters schießt der Boden der Erde gähe ab, und wenn der Boden der -Kirche in ebener Linie durchgeführt wurde, so konnte der Stall den Raum -zwischen dem Erd- und Kirchenboden einnehmen.</p> - -<p>Das Kloster ist ziemlich groß; seine Mauern sind so dick und massiv, -wie die einer Festung. Großen Schaden litt es letztes Jahr durch ein -Erdbeben, und eben war man mit Verbessern des Gebäudes beschäftiget. -Mehrere Mädchen gingen aus und ein, um die Maurer zu bedienen. Diese, -wie andere Bethlehemitinnen gewannen in meinen Augen nicht den Preis -der Schönheit, welchen Reisende ihnen zudachten.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_114" id="Seite_114">[S. 114]</a></span></p> - -<p>Die Bethlehemiten sind lauter Christen, und zwar beinahe alle -lateinische, nur in geringer Zahl griechische. Aus ihren Gesichtern -sprechen die Züge von Schlaffheit, Schlauheit, von Niederträchtigkeit. -Ich verdanke dem Pfarrer des Klosters, einem Spanier, die Mittheilung, -daß im verwichenen Jahr 122 (lateinische) Kinder geboren wurden. -Die ganze Gemeinde von Bethlehem nähert sich der Zahl von 4000. Im -laufenden Jahre starben binnen fünfzehn Tagen über 40 Kinder an den -wahren Menschenpocken und bloß <em class="gesperrt">eine</em> erwachsene Person.</p> - -<p>Es werden in Bethlehem sehr viel heilige Dinge, meist aus Perlmutter, -gearbeitet. Kurz nach meiner Ankunft begab sich zu mir ins Zimmer ein -Bethlehemit mit einer Menge Kruzifixe, Marienbilder, Rosenkränze u. s. -f., wovon ich mehreres einkaufte.</p> - -<p>Zu spät in Bethlehem, das zwei leichte Wegstunden von Jerusalem -entfernt ist, eingetroffen, blieb ich daselbst über Nacht. Ich rühme -billigermaßen die freundliche Bewirthung und den guten Wein; nur war es -mir unangenehm, daß ich, in Berücksichtigung meiner Gesundheit, nicht -nach allen aufgetragenen Speisen langen durfte.</p> - -<p>Am folgenden Morgen wollte ich zu Fuß zurückkehren; allein man — — -—. Ich wußte zum Glücke noch, daß ich nicht weit von meinem Kopfe Füße -habe, und ohne<span class="pagenum"><a name="Seite_115" id="Seite_115">[S. 115]</a></span> Worte zu machen, trat ich den Rückweg an. Meine kurze -Fußreise war ein Lustwandel, während dessen ich die Gegend mehr genoß, -als es bei einem Ritte hätte der Fall sein können. Und Gewinn war -schon der lebendigere Gedanke, daß Tausende und Tausende von Menschen -vor längst verflossenen Jahrhunderten von Bethlehem nach Jerusalem -zu Fuße einherwandelten, wie ich nun dahin ziehe. Verläßt man das -Dorf Bethlehem, so schaut linker Hand oben das Kloster Johannes auf -uns herab. Ungefähr auf der Hälfte Weges holte ich Gesellschaft ein, -nämlich einige Marktweiber, welche auf dem Kopfe Holzreiser trugen. -Nicht sehr lange aber hielten sie Schritt mit mir; es war eine Strecke -über <em class="gesperrt">Elias</em>, als ich sie verließ. In dem ungestörten Besitze -meiner Gedankenwelt, in der frohen Vergegenwärtigung der Vorzeit, -welche der alte Boden unter meinen Füßen heraufbeschwor, ging ich -wieder meines Weges allein, wie vor Bethlehem, und ohne irgend ein -unangenehmes Begebniß erreichte ich Jerusalem.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_Beschiffung_des_Lothsees">Die Beschiffung des Lothssees.</h3> - -</div> - -<p>Obgleich ich den Lothssee, in den sich der Jordan ergießt, ohne daß er -einen sichtbaren Ausfluß hat, nicht selbst besuchte, so scheint es mir -doch am Platze, mitzutheilen, was ich zu wiederholten Malen erfuhr, daß -dieses<span class="pagenum"><a name="Seite_116" id="Seite_116">[S. 116]</a></span> gefürchtete Wasser, in dessen Nähe <em class="gesperrt">Tacitus</em> ein großes -Naturereigniß (Kräuter der Wiesen und Saaten des Feldes verwandelten -sich gleichsam in Asche) verlegte, im Sommer des Jahres 1834 von einem -Engländer (vielleicht vom Irländer <em class="gesperrt">Carnagan</em>) beschifft wurde. -Er ließ von Jaffa einen Kahn hinüberschaffen, und mit einem Bedienten -beschiffte er den See. Der Unternehmer starb nach der Seefahrt; der -Bediente aber lebt noch. Die übrigen Mähren zu erzählen, will ich am -liebsten schuldig bleiben.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Nach_Jaffa_am_Mittelmeer">Nach Jaffa am Mittelmeer.</h3> - -</div> - -<div class="blockquot"> - -<p>Abermals allein gereist; der Regen des heiligen Landes behagt mir -nicht; Beschwerden vom Reiten her; ein Araber, der ein Huhn verloren, -redet mich auf italienisch an; Nachts in Ramle; <span class="antiqua">Clausura per le -donne, quoique</span> und <span class="antiqua">parceque</span>; durch die Ebene Saron mit -nassem Sack und Pack; bald in Jaffa.</p> - -</div> - -<p>Freitags den vierten Christmonat schied ich von Jerusalem. Den Rückweg -bis Ramle kennen wir. Ich bemerke bloß ein paar Dinge:</p> - -<p>Ich reiste abermals allein, nach der goldenen Regel: Lieber keine, als -eine schlechte Gesellschaft. Ein Franzose, dem ich mich anheischig -machte, die Reise nach Jaffa zu bezahlen, wenn er die Merkwürdigkeiten -Jerusalems mir<span class="pagenum"><a name="Seite_117" id="Seite_117">[S. 117]</a></span> zeige<a name="FNAnker_4_4" id="FNAnker_4_4"></a><a href="#Fussnote_4_4" class="fnanchor">[4]</a>, sollte zwar mitreisen; weil er aber ein -Trunkenbold und ohnehin ein unzuverlässiger Mann war, so zog ich vor, -ihn vorangehen zu lassen. Daher kam es, daß ich über das Gebirge bloß -einen Araber, den Führer, zum Gefährten hatte.</p> - -<p>Erst gegen eilf Uhr Mittags verließ ich das Neuhaus, nachdem ich den -Führer lange umsonst erwartet hatte. Daraus erwuchs mir der Nachtheil, -daß gerade schlimme Witterung sich einstellte, die sich während -des ganzen Zuges über das Judengebirge wirklich sehr unordentlich -aufführte. Der Regen goß in Strömen hernieder, indeß dann und wann der -Nebel in seiner gespenstergrauen Farbe herumschlich. Einmal wollte -ich mich gerade in einer tiefen Gebirgsschlucht trocken decken. Ich -entfaltete den Polster, auf dem ich saß, um mich in denselben, wie in -einen Mantel, zu hüllen. Naß, müde, ja halb krumm unter der Regentraufe -und für den Augenblick der Besinnung gleichsam bar, legte ich den -durchnäßten Deckmantel, den ich bisher trug, auf den Sattel. Nun wurde -ich natürlich auch da, wo ich bis jetzt trocken blieb, benäßt. Um das -Maß der Unannehmlichkeiten zu füllen, trat noch ein anderer übler -Umstand hinzu. Der<span class="pagenum"><a name="Seite_118" id="Seite_118">[S. 118]</a></span> Sattel des Thieres war ungebührlich breit und -überhaupt schlecht, so daß mein rechtes Bein roth und blau sich rieb<a name="FNAnker_5_5" id="FNAnker_5_5"></a><a href="#Fussnote_5_5" class="fnanchor">[5]</a>.</p> - -<p>Von der Bergreise will ich noch eine Begebenheit berühren. Es kamen -Araber entgegen, welche mit Hühnern beladene Esel vor sich hin -trieben. Einer derselben fragte mich auf italienisch, wie viel Uhr -es sei. Ohne anzuhalten, antwortete ich: <span class="antiqua">Non sò</span> (ich weiß es -nicht). Ich möchte mich für den Verdacht nicht bestimmt erklären, -daß der Fragesteller gerne meine Uhr gesehen und als gelegene Beute -mitgenommen hätte. Verdacht wäre sonst um so gegründeter, als die Uhren -oder die Werkzeuge zur Zeitmessung unter den Arabern, insbesondere -unter den Beduinen, als eine große Seltenheit gelten, weil sie das -Bedürfniß künstlicher Zeitmessung in ihrem, dem Naturzustande nahe -stehenden Leben bereits gar nicht fühlen. Schon waren die Araber wenige -Schußweiten von uns entfernt, als ich ein Huhn, unzweifelhaft einen -verlorenen Theil der Ladung, am Wege daliegen sah. Ich war im Begriffe, -die Araber, als die höchst wahrscheinlichen Eigenthümer, zu rufen; -allein der Grund überwog, den verdächtigen Burschen nicht gleich<span class="pagenum"><a name="Seite_119" id="Seite_119">[S. 119]</a></span>sam -die Hand zur Rückkehr zu bieten, und mein Führer unterließ beides, zu -rufen und das Huhn für sich aufzuheben.</p> - -<p>Kaum recht aus dem Gebirge, kaum die Ebene von Ramle vor den Augen, -und die Nacht ließ ihren dunkeln Vorhang vor mir, dem bis auf die Haut -Durchnäßten, fallen. Mich fror es inzwischen nicht eigentlich; denn -die Witterung, auf den Bergen und dem Niederlande so verschieden, wie -dort Tag und hier Nacht, war jetzt lieblich, gleich dem milden Blicke -unschuldiger Kinder. Ein Regenbogen beim Mondesscheine (erstes Viertel) -entzückte mich zum ersten Male.</p> - -<p>Ich langte wiederum Nachts in Ramle an. Ich nahm schon deswegen die -Einkehr im lateinischen Hospiz, weil ein Theil meines Gepäckes dort -zurückblieb. Es wäre ungerecht, wenn ich das Nachtessen tadeln wollte; -aber zur Schmeichelei werde ich ebenso wenig hinunterkriechen, daß im -Hospiz Reinlichkeit an der Tagesordnung sei. Bei uns speiset mancher -Bettler mit einem saubern Löffel, mit einem reinern Messer und einer -gefälligern Gabel, als der Reisende in diesem mönchischen Gasthause. -Ueber einem Gange steht, wie im Erlöserkloster zu Jerusalem, in -italienischer Sprache geschrieben (<span class="antiqua">clausura per le donne</span>), daß -den Frauen der Eintritt verboten sei. Ganz wohl; denn die<span class="pagenum"><a name="Seite_120" id="Seite_120">[S. 120]</a></span> unreinlichen -Männer müßten sich vor den Weibern schämen, die in der Küche nach einem -bessern Geschmacke sich einzurichten wissen.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 5.</em></p> - -<p>Mit nassen Hand- und Druckschriften im Felleisen und selber noch -nicht in trockenen Kleidern, setzte ich, bei guter Witterung und in -Gesellschaft eines Militärinstruktors, eines italienischen politischen -Flüchtlings, den Weg fort nach Jaffa durch eine ausgedehnte Ebene, -die Saron, welche mit dem Brautgewande des Lenzes geschmückt war. -Man erblickt die Küstenstadt schon in einer Stunde Entfernung von -einer sanften Anhöhe aus, wodurch die Saronebene beinahe nichts -Nennenswerthes an ihrer Einförmigkeit verliert. Gleichsam zur -Entschädigung dafür belebt vor den Mauern der Stadt den Ankömmling der -angenehme Geruch üppiger Gärten, worin Goldäpfel die Bäume beschweren. -Vor Mittag schon ritt ich durch das Thor von Jaffa.</p> - -<p>Von Gaza bis Ramle sind zwölf Stunden zu Fuß, von Jerusalem bis Ramle -ebenso neun Stunden und von hier bis Jaffa viertehalb Stunden.</p> - -<div class="chapter"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_121" id="Seite_121">[S. 121]</a></span></p> - -<h2 class="nobreak" id="Jaffa"><em class="gesperrt">Jaffa</em>.</h2> - -</div> - -<h3 class="nopad" id="Lage_Gassen_Hafen_Bevoelkerung">Lage, Gassen, -Hafen, Bevölkerung.</h3> - -<p>Das heutige Jaffa, das Joppe der Bibel, ist größer, als eine -Abbildung es mir vorstellte. Es liegt am Meere auf einem Hügel, den -es vollständig umhüllt. Von Mitternacht aus, auf dem mohammetanischen -Gottesacker, genießt man den günstigsten An- und Ueberblick, und die -vielen Kugeldächer rufen Gaza ins Gedächtniß zurück. An die Stadtmauern -sind inwendig die elendesten Hütten gebaut.</p> - -<p>Die Mohammetaner haben zwei Moscheen. Die eine, mit einem niedrigen -Thurme, steht unten am Meere, einige Schritte vom armenischen Kloster; -die andere, größere oben im nördlichen Stadtviertel. Daneben in Mitte -des Doppelthores, welches auf das Land führt, spendet ein prächtiger -Brunnen sein erfrischend Wasser, wovon auch die christlichen Pilger -fleißig holen. Die Gassen sind unregelmäßig, enge, löcherig, in -der Regenzeit schmutzig. Die Hauptgasse streicht einerseits an dem -griechischen, lateinischen und armenischen Hospizium, andererseits an -dem Hafen als Kai vorbei, und gegen Mitternacht eben davon bis zur -kleinen Moschee. Hier biegt sie sich um, und steigt neben Handwerks- -und Kaufbuden ein wenig gähe hinan, um sich in<span class="pagenum"><a name="Seite_122" id="Seite_122">[S. 122]</a></span> einen kleinen, ziemlich -ebenen Platz zu öffnen. Hier herrscht besonders viel Regsamkeit, schon -der Fleischbänke willen. Von diesem Marktplatze ziehen gegen Morgen -drei Gassen: die eine zu den Getreideläden, einem großen Kaffeehause -und zur großen Moschee; die andere und mittlere zum Thore auf das Land; -die dritte als Nebengäßchen zur Stadtmauer. Neben der Hauptgasse, deren -Richtung dem lateinischen <span class="antiqua">S</span> am nächsten kommt, öffnet sich eine -enge Gasse in den Marktplatz, welche erst gähe zu dem auf der Höhe der -Stadt oder des Stadthügels liegenden Festungsschlosse hinauf-, von -diesem aber herabsteigt. Die Gassen auf dem Gipfel und im südlichen -Theile der Stadt sind, mit Ausnahme der letztern Gasse, ziemlich -menschenleer, und verdienen auch keine nähere Würdigung.</p> - -<p>Der Hafen, wenig Rührigkeit darbietend, ist eher eine Rhede, schlecht -und klein, von Klippen umfangen, für größere Schiffe unzugänglich. In -der Rhede lagen bei meiner Ankunft fünf Schiffe vor Anker; auf offener -See in viertelstündiger Entfernung eine griechische Brigg<a name="FNAnker_6_6" id="FNAnker_6_6"></a><a href="#Fussnote_6_6" class="fnanchor">[6]</a>.</p> - -<p>Wie soll ich muthmaßen, daß die Stadt von 5000 Menschen bevölkert sei? -Ich bin, wie in Jerusalem, so<span class="pagenum"><a name="Seite_123" id="Seite_123">[S. 123]</a></span> auch hier mit nackten Muthmaßungen -über die Zahl der Bevölkerung, ohne über sichere Angaben gebieten zu -können, selber vielleicht am meisten unzufrieden, und ich würde diese -mit großem Vergnügen verzeichnen, wären sie nur erhältlich gewesen. -Haben die ungefähren Ansichten von der Volkszahl weiter keinen Werth, -so mögen sie doch als Wink dienen, andern Angaben nicht sicher zu -vertrauen. Die Anzahl der Christen ist nicht geringe; die Lateiner -und Maroniten zählen aber bloß 340 Seelen. Die Christen bewohnen den -untern oder Hafentheil der Stadt, in welchem am Sonntage viele Läden -geschlossen waren.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Jaffa_wie_es_ehemals_war">Jaffa, wie es ehemals war.</h3> - -</div> - -<p>Ich will keine Geschichte von Jaffa liefern; nur kann ich mich nicht -enthalten, drei Schriften aus der jüngern Vergangenheit Auszüge zu -entheben.</p> - -<p>„Jetziger Zeit“ (1581), sagt <em class="gesperrt">Salomo Schweigger</em>, „ist keine -Behausung mehr vorhanden, denn auf einem nicht gar hohen Berge zwei -Gebäu, groß und weit, ziemlich stark. Darinnen eine türkische Besatzung -etlicher Araber von wegen der Anlände aus Egypten. Sonst sieht man am -Berge etliche alte Gewölbe. Die meiste Waare, so dahin gebracht wird -aus Egypten, ist Salz und Reis. Dagegen ladet man Oel. Haben derhalb -keine Herberg funden,<span class="pagenum"><a name="Seite_124" id="Seite_124">[S. 124]</a></span> sondern mußten unterm freien Himmel für gut -nehmen im Sande zunächst am Meere.“</p> - -<p>Vernehmen wir <em class="gesperrt">de la Mottraye</em>: „Nach einer Fahrt von sechszehn -Tagen und nach verschiedenem Ungemach kamen wir den 19. Merz 1697 -auf der Rhede vor Jaffa an. Dieser Ort ist von so vielen Reisenden -beschrieben, daß ich mich der Mühe überheben kann, eine neue -Beschreibung davon zu geben, zumal da derselbe jetzt kaum mehr den -Namen eines Dorfes verdient. Von dieser uralten Stadt ist nichts mehr -übrig, als ein großer, halb eingefallener Thurm, und zwei kleinere, die -noch ganz sind, auf dem Gipfel eines benachbarten Berges, und einige -in den Berg gegrabene Höhlen; denn Häuser sind es wahrlich nicht. Nur -eine Herberge für den Fremden, welche den Namen eines Hauses verdient, -steht am Ufer des Meeres. Der Hafen ist nicht sonderlich, und wird, aus -Mangel der Unterhaltung, von Tage zu Tage schlechter. Einige Spuren von -dicken, wohl zämentirten Mauern, die nicht weit vom Ufer aus dem Wasser -hervorragen, scheinen die Ueberbleibsel eines Dammes oder Molo zu -sein, der noch heutzutage sehr nützlich sein würde, um den Nordostwind -abzuhalten, welcher die Gebäude hier ziemlich in Gefahr setzt, wenn er -heftig weht.“</p> - -<p><em class="gesperrt">Jonas Korte</em> fand vor bald einem Jahrhunderte (1738)<span class="pagenum"><a name="Seite_125" id="Seite_125">[S. 125]</a></span> in Jaffa -ein Haus, Hospiz genannt, worin beständig ein Pater und Frater vom -Franziskanerorden sei, und sagt dann weiter: „Das Hospizium, darin ich -war, gehört auch den <span class="antiqua">Patribus de Terra Sancta</span>. Es liegt just am -Meere, und man steigt nur etliche Stufen dazu hinauf, und ist an einen -Berg, worauf die Stadt meist liegt, angebauet. Die Kapelle und ein -paar Kammern waren auch in den Felsen oder Berg hineingemacht und also -schön kühl. Die Herren Patres behaupten, dieses Haus stehe an derselben -Stätte, wo <em class="gesperrt">Simon</em>, der Gerber, gewohnt, und wo <em class="gesperrt">Petrus</em> das -Gesicht oder Offenbarung gehabt, wiewohl man mit Augen sehen kann, -daß die See viel von dem Berge abgerissen, und Stücke von den alten -Stadtmauern und Thürmen über zwei Steinwurf in der See liegen.“</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_Tageslaenge">Die Tageslänge.</h3> - -</div> - -<p>Wenn man einmal Reisender ist, so richtet man die Aufmerksamkeit -auf alle Verschiedenheiten, notabene auf alle, die Einem nicht -entschlüpfen. Außer den Temperatur- und Witterungsverschiedenheiten -wird man in Syrien unter dem 32. Grade nördlicher Erdbreite einen -bedeutenden Abstand in Bezug auf die Tageslänge wahrnehmen. Ich hielt -mich während des kürzesten Tages in Jaffa auf, und sieben Uhr<span class="pagenum"><a name="Seite_126" id="Seite_126">[S. 126]</a></span> Morgens -schon und noch fünf Uhr Abends konnte man an einem hellern Orte leicht -lesen.</p> - -<p>Für die Klöster im jüdischen Lande (<span class="antiqua">Tabula secunda pro Conventibus -Judaeæ sub elevato Polo per gradus 32</span>) liegt eine gedruckte Tabelle -vor mir, worauf in der Regel von sechs zu sechs Tagen die Zeit des -Sonnenauf- und Untergangs durch das ganze Jahr angegeben ist. Ich -will am liebsten die Tabelle selbst redend einführen, da sie, längst -ansäßig in Syrien, mir aus einer Verlegenheit helfen und auch Auskunft -ertheilen kann, wie weit der längste Tag seine Flügel von einander -ausspanne. Am kürzesten Tage schläft die Sonne allerdings nicht so -lange, wie bei uns; denn sie steht um sieben Uhr und drei Minuten auf, -und sie legt sich um vier Uhr und siebenundfünfzig Minuten nieder. -Dafür läßt sich die Sonne am längsten Tage zum Aufstehen mehr Zeit, -indem sie um vier Uhr und siebenundfünfzig Minuten aufgeht; und als -wenn sie durch ihren heißen Schein leichter sich erschöpfte, sie nimmt -schon um sieben Uhr und drei Minuten Reiß — unter.</p> - -<p>Und nun denn den ersten beßten Kalender zur Hand, ist eine Vergleichung -der Tageslänge in dem jüdischen und dem Abendlande nicht ebenso -belehrend, als die Betrachtung des Aderlaßmännchens, dem man wohl -Blut, aber den Geist nicht, der auf dem Blute schwimmt, nämlich die -Vorurtheile, opfert?</p> - -<div class="section"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_127" id="Seite_127">[S. 127]</a></span></p> - -<h3 id="Witterungsbeschaffenheit">Witterungsbeschaffenheit.</h3> - -</div> - -<p>Während meines Aufenthaltes in Jaffa ließ sich die Witterung im Ganzen -milde an. Viele Leute gingen barfuß; andere badeten sich im Meere. Das -Bedürfniß des Heizens machte sich nicht fühlbar. Die Regentage waren, -nach dem Gefühle zu urtheilen, nicht kälter, als bei uns manche des -Sommers, und zudem nicht so eigentliche, wie die unserigen zu sein -pflegen. Nach kurzem Regen oder Schauer blickte die Sonne zwischen den -Wolkenklößen freundlich hervor. Bei dieser veränderlichen Witterung -wechselte fast jeden Tag das Schauspiel des Sonnenscheins und Regens; -bloß an einem einzigen Tage war die Sonne vom Gewölke allenthalben -verhüllt. Zur Seltenheit sollen Schneeflocken fallen. Ich sah reichlich -schloßen.</p> - -<p>Die Regenzeit dieses Landes ist unsere Schneezeit, die Zeit der -Regenlosigkeit unsere Regenzeit. Gott gab uns also zwei Dinge mehr, im -Sommer den Regen und im Winter den Schnee.</p> - -<p>Zur Zeit der Regenlosigkeit wird das Erdreich ungemein trocken, und -klafft an vielen Stellen breit und tief von einander. Die Pflanzenwelt -verliert dann das fröhliche Aussehen, welches ihr die Regenzeit, der -eigentliche Frühling, verleiht. Diese Zeit beginnt Ende Wintermonats, -dauert<span class="pagenum"><a name="Seite_128" id="Seite_128">[S. 128]</a></span> über den Christmonat und Jenner, und der Hornung mag etwa vier -bis fünf Regentage zählen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Der_Meeressturm_und_der_Schiffbruch">Der Meeressturm und der -Schiffbruch.</h3> - -</div> - -<div class="blockquot"> - -<p>Nun aber hatte Joppe von Natur aus keinen Hafen und keine Anfurt; -denn das Ufer war hoch und gähe, auch beiderseits mit krummen und -rauhen Felsen, daran das Meer heftig schlägt und brauset, wohl -verwahret.</p> - -<p class="right mright2 mbot1"><em class="gesperrt">Flavius Josephus.</em></p> - -<p>Zu beiden Seiten der Stadt Joppe liegen große Steine und Felsen, -die aus dem Meere hervorgucken. Die Lage des Ortes und die Gestalt -der Sachen zeigen an, daß <em class="gesperrt">Andromeda</em> hier gewesen und dem -Wallfische sei vorgeworfen worden, wie die alten Fabeln glaubwürdig -sagen. Wenn der Nordwind gegen das Ufer geht, so treibt er das -Wasser über sich, und schlägt es an die Felsen, daß es ein groß -Getöse gibt, und daß das Meer davon gar ungestüm wird, wenn die -Wasserwellen zurückfallen. Daher ist es viel gefährlicher am -selbigen Orte als in den Wüsten.</p> - -<p class="right mright2 mbot1"><em class="gesperrt">Egesippus.</em></p> - -</div> - -<p>Vor meinem Fenster tauchen Klippen aus dem Meere. Schäumend brechen -sich die Wellen an den Felsen, selbst bei anscheinender Meeresstille.</p> - -<p>In der Nacht des 28. Christmondes weckte mich so lauter Donner, daß der -Blitz in der Nähe niedergezuckt sein muß. Den Donner begleitete ein -Chor von Geheul der erzürnten See. Wenn die Wogen über die Wehrmauer -platschten, bebte unser Gotteshaus. Ich konnte den Schlaf nicht leicht -wieder finden.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_129" id="Seite_129">[S. 129]</a></span></p> - -<p>Endlich leuchtete mir der Tag auf das furchtbar schöne Schauspiel. -Der Nordwind wühlte in den Wassern. Wäre von dem Meere, wie von einem -Kochkessel, Dampf emporgestiegen, so hätte man sich nicht täuschen -können, daß es in Sud gerathen sei. Die Wogen spritzten ihren -schaumigen Bogen über Mauer und Gasse, über Schiffe und Häuser. Ich -wohnte im Hospiz durch Mauer und Gasse vom Ufer getrennt und über dem -Erdgeschoße im zweiten Stockwerke, und selbst am Fenster ereilte mich -der Sprengwisch des Meeres.</p> - -<p>Auf der Gasse schaukelten die Fässer im Meerwasser. Die griechischen -Pilger, sonst jederzeit ziemlich langfingerige Holzaufleser, -rafften abgesprungene Reife im Vorbeigehen zusammen. Mußte doch -den Christusdurstigen selbst der Sturm behilflich sein. Pflaster- -und Mauersteine löseten sich vor der Gewalt. Die Gasse bildete ein -Wassergerinne im Augenblicke, da die Woge überschlug. Wer vorüberging, -war unsicherer, als unter dem Platzregen. Ehe er sich versah, stand er -unter der Meerestraufe. Weiße Flocken flogen zierlich umher — etwa -Schneeflocken? Es waren vom Winde zerzettelte Bäuschchen schneeichter -Baumwolle. Von einem Hause am Hafen, über dessen Zinne die Wellen -gleichsam scherzend hüpften, flüchtete man Waaren. Schon schwamm Wrack. -Es war der Fingerzeig, daß es Ernst<span class="pagenum"><a name="Seite_130" id="Seite_130">[S. 130]</a></span> gelte. Richtig wälzten die Fluthen -ein unbemanntes Schiff mit zerknicktem Fockmaste daher. Das Fahrzeug, -gleichsam unwillig über die treulose Rhede, riß sich von den Tauen los. -Dem Beherrscher der Meere, dem Sturme, zu wohlfeilem Preise überlassen, -wippte es sich zuerst unsicher umher, bis es, gegen Mitternacht gleich -an der Stadt, am halbmondigen Strande scheiterte. Im Ausfahren aus der -Rhede riß indeß dieses Schiff das Tau eines andern ab, welches ohnehin -mit genauer Noth sich hielt. Und so kam es, daß bald auch dieses -Schiff flott war, nackt, gleich einem entblätterten Baume, doch noch -mit einiger Bemannung. Grausig, wie der Anblick einer menschenleeren -Brandstätte, war derjenige des erstern entvölkerten Schiffes; -beängstigend ist der Anblick eines der Menschengewalt entzogenen und -der Willkühr des Windes und Wassers dienstbar gewordenen, unstät -umherwiegenden Fahrzeuges, wie der Anblick eines kleinen Kindes, das -mit einem scharfen Messer spielt. Die Mannschaft, welche dem zweiten -Schiffe vertraute, schien ihre Hoffnung auf den Nordwind zu bauen, -welcher nur gegen das Land treiben werde. Wirklich rannte es sich bei -der Stadtmauer fest, ohne den größten Schaden zu erleiden, und gerettet -waren die Schiffleute.</p> - -<p>Auf der Stelle bewegte sich eine Last Leute nach den losgerissenen -Schiffen. Eilends mischte ich mich unter<span class="pagenum"><a name="Seite_131" id="Seite_131">[S. 131]</a></span> die Menge. Ich sah viel Augen -und lauter trockene; die meisten drückten weit mehr Neugierde, als -Theilnahme an dem Unglücke aus.</p> - -<p>Abends und in der darauf folgenden Nacht wichen der Macht des Sturmes -noch drei andere Schiffe. Eines ward mit Wuth ans Land geworfen, und in -viele Stücke zerschmettert. Nur <em class="gesperrt">ein</em> Schiff trotzte standhaft im -sogenannten Hafen. Der Meeressturm soll seit einem Jahrzehn nie mehr so -heftig geworden sein.</p> - -<p>Vor einem Jahre ereigneten sich hier ähnliche Unfälle. Ich sprach in -Jerusalem eine Deutsche, die, wie sie sagte, einzig durch Zufall ihr -Leben davon brachte; manche Habseligkeiten gingen über dem Schiffbruche -zu Grunde.</p> - -<p>Es wäre vielleicht unschwer, in Jaffa einen Hafen anzulegen. Die Araber -kennen freilich den Gemeinsinn, der solche nützliche Einrichtungen ins -Dasein rufen würde, nicht mehr, und laufen lieber alle Jahre Gefahr, -Schiffe und Leute zu verlieren. Die Reisenden erzählen einstimmig, -daß die Menge gescheiterter Fahrzeuge an der phönizischen Küste in -Erstaunen und Grausen setze. Wer aber gleichgültig genug ist, für die -Gesundheit seines Beines keine Sorge zu tragen, klage denn auch nicht, -wenn dasselbe, wegen der Unheilbarkeit, abgeschnitten und mit einem -hölzernen vertauscht wird.</p> - -<div class="section"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_132" id="Seite_132">[S. 132]</a></span></p> - -<h3 id="Gesundheitszustand">Gesundheitszustand.</h3> - -</div> - -<p>Die Witterung übt im Ganzen keinen ungünstigen Einfluß auf die -Bewohner. Man sieht viele Graubärte und alte Weiber. Spaß bei Seite, je -mehr es alte Weiber in einem Lande gibt, desto gesunder ist es.</p> - -<p>Um in den Gesundheitszustand der Jaffaner einzutreten, so sah ich im -Todtenbuche der Lateiner und Maroniten nach. Die Kopfzahl der Gemeinde -beträgt, wie ich oben anführte, in runder Summe 340. Die Pfarrkinder, -unter der Seelsorge des Hospiz, sind beinahe lauter Eingeborne mit -all’ der morgenländischen Tracht, Sitten, Gebräuchen, Gewohnheiten, -der geistigen und sittlichen Erschlaffung. Obschon das Todtenbuch -Manches zu wünschen übrig ließ, indem, statt genauer Verzeichnung des -Alters, meist nur eine runde Zahl mit den Worten „<span class="antiqua">plus minusve, -circiter</span>“ (mehr oder minder, ungefähr) oder „<span class="antiqua">plus</span>“ (darüber) -genannt war, so verdiente es in der Hauptsache doch Vertrauen. -Aus der Gesammtzahl der Verstorbenen ließ ich, bei der Berechnung -der wahrscheinlichen und durchschnittlichen Lebensdauer, zwei -„<span class="antiqua">peregrini</span>“, Fremde oder Pilger, und ebenso einen Erwachsenen -weg, dessen Alter nicht angemerkt war. In<span class="pagenum"><a name="Seite_133" id="Seite_133">[S. 133]</a></span> den 9 Jahren 1824 bis -und mit 1827<a name="FNAnker_7_7" id="FNAnker_7_7"></a><a href="#Fussnote_7_7" class="fnanchor">[7]</a> und 1829 bis und mit 1833 starben 123 Personen, im -jährlichen Durchschnitte 13, und im gleichen neunjährigen Zeitraum -wurden 155, im jährlichen Durchschnitte 16 geboren. Das wahrscheinliche -Leben fällt zwischen 5 und 6 Jahre, und wenn einige, vermuthlich -übergangene, Todtgeburten hinzugerechnet werden, so müßte es noch -niedriger stehen.</p> - -<table class="collapse" summary="Sterberate"> - <tr> - <td colspan="6"> - Unter 5 Jahren starben - </td> - <td> -  56 - </td> - </tr> - <tr> - <td> - Zwischen - </td> - <td> -  5 - </td> - <td> - und - </td> - <td> - 10 - </td> - <td> - Jahren - </td> - <td> - starben - </td> - <td> -   9 - </td> - </tr> - <tr> - <td> -   „ - </td> - <td> - 10 - </td> - <td> -  „ - </td> - <td> - 20 - </td> - <td> -   „ - </td> - <td> -   „ - </td> - <td> -   5 - </td> - </tr> - <tr> - <td> -   „ - </td> - <td> - 20 - </td> - <td> -  „ - </td> - <td> - 30 - </td> - <td> -   „ - </td> - <td> -   „ - </td> - <td> -   7 - </td> - </tr> - <tr> - <td> -   „ - </td> - <td> - 30 - </td> - <td> -  „ - </td> - <td> - 40 - </td> - <td> -   „ - </td> - <td> -   „ - </td> - <td> -   3 - </td> - </tr> - <tr> - <td> -   „ - </td> - <td> - 40 - </td> - <td> -  „ - </td> - <td> - 50 - </td> - <td> -   „ - </td> - <td> -   „ - </td> - <td> -  14 - </td> - </tr> - <tr> - <td> -   „ - </td> - <td> - 50 - </td> - <td> -  „ - </td> - <td> - 60 - </td> - <td> -   „ - </td> - <td> -   „ - </td> - <td> -  14 - </td> - </tr> - <tr> - <td> -   „ - </td> - <td> - 60 - </td> - <td> -  „ - </td> - <td> - 70 - </td> - <td> -   „ - </td> - <td> -   „ - </td> - <td> -   9 - </td> - </tr> - <tr> - <td> -   „ - </td> - <td> - 70 - </td> - <td> -  „ - </td> - <td> - 80 - </td> - <td> -   „ - </td> - <td> -   „ - </td> - <td> -   3 - </td> - </tr> - <tr> - <td> -   „ - </td> - <td> - 80 - </td> - <td> -  „ - </td> - <td> - 90 - </td> - <td> -   „ - </td> - <td class="bbot"> -   „ - </td> - <td class="bbot"> -   3 - </td> - </tr> - <tr> - <td> - - </td> - <td> - - </td> - <td> - - </td> - <td> - - </td> - <td> - - </td> - <td> - - </td> - <td> - 123 - </td> - </tr> -</table> - -<p>Das höchste Alter (einer Frau) ging auf 84 Jahre. Der lateinische -Schullehrer, ein geborner Palästiner, der<span class="pagenum"><a name="Seite_134" id="Seite_134">[S. 134]</a></span> mich durch verschiedene -Mittheilungen über die Sitten und Gebräuche des Landes zu steter -Erkenntlichkeit verpflichtete, ist mein Gewährsmann für die Angabe, -daß unlängst ein mehr denn hundertjähriger Grieche gestorben sei, und -es sollen auch Mohammetaner 120 Jahre alt geworden sein. In diesem -Punkte aber darf man nicht schlechthin glauben; denn Verzeichnisse der -Todtenbücher gehen ab, und man knüpft die Geburtszeit etwa an eine -merkwürdige Begebenheit. Ließ ich in Egypten nach dem Alter eines -Kranken fragen, so erhielt ich meist zur Antwort, daß man es nicht -wisse.</p> - -<p>Die 123 Verstorbenen besaßen zusammen ein Alter von 2873 Jahren, 3 -Monaten und 5 Tagen, was einen Durchschnitt von 23 Jahren gibt.</p> - -<p>Folgendes ist das Verhältniß der Verstorbenen nach den Monaten:</p> - -<p>a) in den 16 Jahren 1808 bis 1823:</p> - -<p>Jenner 3; Hornung 14; Merz 2; April 8; Mai 9; Juni 8; Juli 7; August -5; September 11; Oktober 15; November 11; Dezember 7. Summa 100. -Jährlicher Durchschnitt 6.</p> - -<p>b) in den 10 Jahren 1824 bis 1833 (nebst den zwei Pilgern und dem -Erwachsenen ohne Altersangabe):</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_135" id="Seite_135">[S. 135]</a></span></p> - -<table class="verstorbene" summary="Verstorbene 1824-1833"> - <tr> - <td class="tdc bbot bbright"> - Jahre. - </td> - <td class="s5 tdc bbot bright"> - Jan. - </td> - <td class="s5 tdc bbot bright"> - Febr. - </td> - <td class="s5 tdc bbot bright"> - Merz. - </td> - <td class="s5 tdc bbot bright"> - April. - </td> - <td class="s5 tdc bbot bright"> - Mai. - </td> - <td class="s5 tdc bbot bright"> - Juni. - </td> - <td class="s5 tdc bbot bright"> - Juli. - </td> - <td class="s5 tdc bbot bright"> - Augst. - </td> - <td class="s5 tdc bbot bright"> - Sept. - </td> - <td class="s5 tdc bbot bright"> - Okt. - </td> - <td class="s5 tdc bbot bright"> - Nov. - </td> - <td class="s5 tdc bbot bbright"> - Dez. - </td> - <td class="tdc bbot"> - Summa. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc bbright"> - 1824 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bbright"> -  1 - </td> - <td class="tdc"> -  11 - </td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc bbright"> - 1825 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bbright"> -  0 - </td> - <td class="tdc"> -   7 - </td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc bbright"> - 1826 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  4 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  3 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  3 - </td> - <td class="tdc bbright"> -  2 - </td> - <td class="tdc"> -  15 - </td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc bbright"> - 1827 - </td> - <td class="tdc bright"> -  3 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  4 - </td> - <td class="tdc bright"> -  3 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bbright"> -  0 - </td> - <td class="tdc"> -  16 - </td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc bbright"> - 1828 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bright"> - 12 - </td> - <td class="tdc bright"> -  6 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bbright"> -  1 - </td> - <td class="tdc"> -  22 - </td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc bbright"> - 1829 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  3 - </td> - <td class="tdc bbright"> -  2 - </td> - <td class="tdc"> -  10 - </td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc bbright"> - 1830 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  6 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  3 - </td> - <td class="tdc bbright"> -  8 - </td> - <td class="tdc"> -  24 - </td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc bbright"> - 1831 - </td> - <td class="tdc bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  3 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  3 - </td> - <td class="tdc bright"> -  5 - </td> - <td class="tdc bright"> -  3 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bbright"> -  0 - </td> - <td class="tdc"> -  18 - </td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc bbright"> - 1832 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bbright"> -  1 - </td> - <td class="tdc"> -   9 - </td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc bbot bbright"> - 1833 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  3 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  0 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  1 - </td> - <td class="tdc bbot bbright"> -  4 - </td> - <td class="tdc bbot"> -  16 - </td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc bbot bbright"> - Mit 1828 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> - 11 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  3 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> - 17 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> - 16 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> - 19 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> - 13 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  6 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> - 13 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> - 10 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  6 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> - 15 - </td> - <td class="tdc bbot bbright"> - 19 - </td> - <td class="tdc bbot"> - 148 - </td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc bbright"> - Ohne 1828 - </td> - <td class="tdc bright"> - 10 - </td> - <td class="tdc bright"> -  3 - </td> - <td class="tdc bright"> - 15 - </td> - <td class="tdc bright"> -  4 - </td> - <td class="tdc bright"> - 13 - </td> - <td class="tdc bright"> - 13 - </td> - <td class="tdc bright"> -  6 - </td> - <td class="tdc bright"> - 13 - </td> - <td class="tdc bright"> - 10 - </td> - <td class="tdc bright"> -  6 - </td> - <td class="tdc bright"> - 15 - </td> - <td class="tdc bbright"> - 18 - </td> - <td class="tdc"> - 126 - </td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc bbot bbright"> - Und obige - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  3 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> - 14 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  2 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  8 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  9 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  8 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  7 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> -  5 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> - 11 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> - 15 - </td> - <td class="tdc bbot bright"> - 11 - </td> - <td class="tdc bbot bbright"> -  7 - </td> - <td class="tdc bbot"> - 100 - </td> - </tr> - <tr> - <td class="tdc bbright"> - Zusammen - </td> - <td class="tdc bright"> - 13 - </td> - <td class="tdc bright"> - 17 - </td> - <td class="tdc bright"> - 17 - </td> - <td class="tdc bright"> - 12 - </td> - <td class="tdc bright"> - 22 - </td> - <td class="tdc bright"> - 21 - </td> - <td class="tdc bright"> - 13 - </td> - <td class="tdc bright"> - 18 - </td> - <td class="tdc bright"> - 21 - </td> - <td class="tdc bright"> - 21 - </td> - <td class="tdc bright"> - 26 - </td> - <td class="tdc bbright"> - 25 - </td> - <td class="tdc"> - 226 - </td> - </tr> -</table> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_136" id="Seite_136">[S. 136]</a></span></p> - -<p>Die heißesten Monate zeichnen sich in Jaffa durch die Menge der -Todesfälle keineswegs aus. Der Jenner erscheint am unschuldigsten; -nach ihm der April. Dagegen sind die vier letzten Monate des Jahres -die reichsten an Todten; vor allen der Wintermonat, in welchem der -Uebergang zu einer kältern Jahreszeit sich besonders merklich macht, -und welcher der erste ganze Regenmonat ist.</p> - -<p>Im verwichenen Weinmonate herrschte, wie in Gaza, auch hier die -indische Cholera, doch richtete sie keine große Verheerungen an, -indem ihr bloß 40 bis 50 Opfer fielen. Indeß aber die Pest Jerusalem -heimsuchte, litt Joppe nichts von dieser Seuche.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Auf_dem_Hospizdache">Auf dem Hospizdache.</h3> - -</div> - -<p>In mehreren Stufen erheben sich die Plattdächer des lateinischen -Hospiz. Sie sind mit einer Brustwehr versehen, und weißer, beinahe -glänzender, sehr fester Mörtel überkleidet dieselben, auf daß der Regen -nicht durchdringe. Die Fußböden der Häuser haben im Morgenlande nicht -selten einen Ueberzug von Pflaster (<span class="antiqua">pavimentum</span>), welches mit -kleinen Steinchen von verschiedener Farbe durchsprengt ist. Wenn es -hart geworden, so werden diese Steinchen abgeschliffen und der Boden -bekommt dann ein schön glattes, lebhaft marmorartiges Aussehen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_137" id="Seite_137">[S. 137]</a></span></p> - -<p>Die Plattdächer sind zugleich ein angenehmer Spazierplatz. Mit -Entzücken betrachtete ich auf dem Hospizsöller in Ramle den Gebirgszug -von Juda bis zum Ephraim, die fruchtbare Ebene im Umkreise und die -Tempel und Wohnungen der Stadt. Oft weilte ich in Jaffa auf dem -Söller des Hospiz, einmal in singender Gesellschaft, manchmal neben -einem Ordensmanne in seiner röthlichen, groben Kutte und mit dem -herunterbammelnden Kreuze, andere Male allein, bis ich den Ruf zum -<span class="antiqua">mangiare</span> (Essen) vernahm; oft rollte ich mein Auge auf das -Gebirge, insbesondere gegen Mitternacht auf den Ausläufer ins Meer, -den man mir als den Karmel bezeichnete; oft sah ich dem Getriebe der -griechischen Pilger und dem Spiele der Meereswellen zu; oft suchte ich -mit vergebener Sehnsucht das Fahrzeug meines Hauptmannes, mit dem ich, -man verzeihe mir die Wortwendung, das heilige Land verlassen könne. -Ich möchte Niemand glauben machen, daß die Sonne schöner unterging, -als in unserer Gegend während der Sommermonde; jedenfalls schloß ich -mit herzlicher Freude den Tag vor den letzten Blicken der himmlischen -Tochter. Wenn diese in die hohe See sank, so sank auch ich ins Meer — -meiner Gedanken, Gefühle und Entschließungen. Vergäße ich Alles von -Palästina, so bliebe mir der Lieblingsort auf dem Hospiz zu Jaffa in -süßer Erinnerung.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_138" id="Seite_138">[S. 138]</a></span></p> - -<p>Es wäre Undank, wenn ich die Wohlthätigkeit der Klöster und Hospizien -in Judäa nicht anerkennen würde. Sie sind die willkommtnen Herbergen -und Zufluchtsorte der Reisenden und Pilger, ohne behaupten zu wollen, -daß das Leben in den arabischen Khan nicht leicht erträglich wäre. Die -Hospizien aber und die Klöster sorgen für eine Menge Bequemlichkeiten, -welche sonst der Europäer entbehren müßte. Ueberdies bringe ich noch -die Sprache in Anschlag, die Gelegenheit, die Gedanken auszutauschen, -weil den wenigsten fränkischen Reisenden das Arabische geläufig ist.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Das_Bauernhaeuschen">Das Bauernhäuschen.</h3> - -</div> - -<p>Nachdem ich meinen Mittagstisch zu mir genommen hatte, ergriff ich -meine Peitsche, die gewöhnliche Waffe des fränkischen Fußgängers, um zu -lustwandeln.</p> - -<p>Wenn ich durch das lange Thor der Stadt ziehe, so sehe ich fast jedes -Mal etwas Neues. Diesmal ergötzte mich die über meinem Wege grün -emporrankende Rebe. Noch einen Tag, und es beginnt das Weihnachtsfest -und für den Mann des Nordens war dieses grüne Ding etwas Einziges.</p> - -<p>Die Blumen schillerten im Grün der Au; die Schwalben und andere -Vögel des Himmels lobten in angenehmen Weisen den Herrn; ein weißer -Schmetterling schwenkte im bebernden Fluge ab. Ach, dachte ich bei -mir selber, so viel Herr<span class="pagenum"><a name="Seite_139" id="Seite_139">[S. 139]</a></span>lichkeiten der Natur, womit sie den Lenz -ausschmückt, umgaukeln deine Sinne. Wie magst du in der Klosterzelle -dich länger abhärmen? Gehe öfter hinaus in das Freie, und verschließe -dich nicht vor dem köstlichen Genusse, welchen die gütige Natur so -gerne einem Jeglichen darbietet.</p> - -<p>Indem ich den Weg nach Gaza einschlug, erblickte ich links mehrere -Schilfhütten. Ihre Gestalt glich einer Halbkugel, und sie waren -nicht höher, als anderthalb Mann. Ich guckte nur ein wenig in eine -der Hütten. Da hockte ein Weib inmitten der Hausgeräthe auf dem -Boden in einem so engen Loche, daß für Jemand anders wenig Raum mehr -gewesen wäre. Ich warf zuletzt der von Stroh geflochtenen Thüre einen -flüchtigen Blick zu, und setzte meinen Spaziergang fort.</p> - -<p>Am Wege nach Gaza, ungefähr eine kleine Viertelstunde von Jaffa, kommt -man zu einem Weiler von gemauerten Bauernhütten. Das freundliche -Dörfchen umringten Mandelbäume, die eben in Blüthe gingen. Zwischen den -Häuschen arbeitete ein Bauer auf dem Felde. Er behieb mit einer Axt die -blätterlosen Feigenbäume. Die Axt war wie die unsrige, nur schlanker -gegen das Oehr. Diese Beilart fiel mir hier auf, weil ich eine solche -auf meinen Wanderungen im Morgenlande nie wahrgenommen hatte. Das -Schlichtbeil des Zimmermannes z. B. sieht aus wie unser Hammer,<span class="pagenum"><a name="Seite_140" id="Seite_140">[S. 140]</a></span> mit -dem Unterschiede, daß der abgeplattete breite Theil scharf, und das -ganze Werkzeug größer ist. Muß denn ein Baum geschlichtet werden, so -darf man, wegen der vor dem Stiele queren Richtung der Schärfe, den -Baum nicht aufheben, und ihn somit in einiger Höhe bearbeiten, sondern -er kann mit diesem Werkzeuge aus dem Boden bequem behauen werden. -Desgleichen braucht der Holzhacker kein anderes Werkzeug, als diesen -Hauhammer, richtet aber viel minder aus, als ein abendländischer. Dabei -ist freilich nicht zu vergessen, daß stämmiges Holz hier zwar weniger, -wie in Egypten, doch immerhin zur Seltenheit gehört.</p> - -<p>Ich wußte nicht recht, wie ich es anfangen solle, damit ich in eine -Hütte gelassen werde. Die Frage nach Milch führte mich nicht zum -Zwecke, weil keine zu erhalten war. Oft bringt das stumme Geld Rath, -wenn man sich keinen mehr weiß. Ich zeigte dem Bauer, welcher die Bäume -behieb, eine kleine Münze, und fügte in meiner Geberdensprache bei, -daß ich in seine Wohnung eingehen möchte. Eine grüne Hecke verbot mir -den geraden Weg dahin; derselbe aber deutete mir den Umweg, den ich -unschwer fand.</p> - -<p>Das Häuschen bildete ein Viereck. Die Mauern, theils von Stein und -Mörtel, theils bloß von einer Art Mörtel und viel besser, als in San -Pietro di Nembo, halten Wind und Regen ab, und ihre Höhe mochte etwa -zehn Fuß<span class="pagenum"><a name="Seite_141" id="Seite_141">[S. 141]</a></span> messen. Der Eingang, oben abgerundet, öffnete sich gegen -Südost und so hoch, daß er dem Eintretenden die Bücklinge ersparte. -Das etwa einen Fuß dicke Dach gestaltete sich nur insofern zu einer -Wölbung, als die obern Kanten der Dachdicke fehlten. Um zur Bauart des -Daches überzugehen, so liefen Stützbalken und Sparren wagerecht von -einer Mauer zur andern. Die Zwischenräume, welche das Balkengerippe -übrig ließ, waren von kleinern Baumästen und von Heckengesträuche -ausgekleidet. Darüber lag eine Schichte von Erde. Daher kommt es, daß -die Dächer, wie die Wiesen, grünen, und so eben keimte das zarte Gras -auf dem Hausdache. Ich nahm es sinnbildlich und las: „Mögen immer -Friede und Freude in dem Hause grünen“, und mir schien es ungefähr so -sinnig, als wenn darauf der alte Satz der aufrichtigen, guten Schwaben -und Schweizer geschrieben gewesen wäre: „Dieses Haus steht in Gottes -Hand.“ Eigentliche Dachrinnen sind an dem palästinischen Häuschen -nicht angebracht, wohl aber gegen Morgen und Mittag etwa drei kurze, -röhrenförmige Ziegel, welche dem Regen leichtern Abfluß verschaffen -sollten. Die Wandung neben der Thüre war recht einladend. Auf rothem -Grunde figurirten weißfarbige Händeabdrücke: eine Malerei, die an einem -arabischen Bauernhäuschen etwas heißen will.</p> - -<p>Ich betrat dann das Innere der Wohnung durch eine<span class="pagenum"><a name="Seite_142" id="Seite_142">[S. 142]</a></span> von Holz nicht übel -gezimmerte Thüre, die mit einem hölzernen Riegel gesperrt wird, und -nach innen sich aufschließt. Jene bestand aus einem einzigen Raume oder -Gemache. Ungefähr drei Fuß von der Thüre erhob sich der Boden in einem -Absatze etwa um einen halben Fuß. Der Boden war durchaus von Erde, aber -fest gestampft. Weder Mauer, noch Dach hatten eine Oeffnung für Licht -oder Rauch. Dazu hilft die Thüröffnung aus. Die Wand der Mauer war -mit einer rothen Farbe überzogen, in der ebenfalls die weißen Flecken -vom Andrücken der Handflächen, eines neumodischen Pinsels, spielten. -Den Raum wollen wir, der Bequemlichkeit willen für abendländische -Anschauung, in Stube, Kammer, Küche, Holzschuppen, Getreidehalle -und Mühle eintheilen. Jeder übrige Platz wird benützt, um sich da -aufzuhalten, da zu essen, da zu arbeiten.</p> - -<p>An der einen Mauerwand ragte ein kleines, aufgemauertes, hohles -Gestelle hervor. Darin saß als Lampe ein schalenförmiges Gefäß mit -einer Schnauze für den Docht. Daneben stand, ebenfalls auf einem -Mauergestelle, ein Oelkrug. An einer andern Wand war ein Gestelle -gemauert, worin Nähzeug stak. Weder ein Tisch, noch Stühle oder Bänke, -nichts dergleichen, versteht sich, fand sich vor.</p> - -<p>Ich schaute nach der Stelle, wo die Leute sich schlafen legen. Sie -war durch nichts angedeutet. Alte Kleider und<span class="pagenum"><a name="Seite_143" id="Seite_143">[S. 143]</a></span> diejenigen, welche die -Leute tragen, dienen zur Bettung; der Boden in der Nähe einer Wand, -wo am meisten Platz ist, ersetzt die Bettstelle. Jammern ja nicht -die Verweichlichten über eine solche Armseligkeit. Von Kindheit an -auf keinem andern Lager, würden diese Leute auf dem erhitzenden und -kitzelnden Polster der Federn mit Schwierigkeit zum Schlafe gelangen.</p> - -<p>Fast mitten in der Wohnung ist ein kleiner Raum auf drei Seiten, vom -Boden an, nicht hoch ummauert, selbst etwas zierartig, indem die Ränder -in Zähne sich endeten, — das war der Kochofen, rings die Küche.</p> - -<p>In einem Winkel neben der Thüre lag dürres Buschwerk. Vor diesem -bläheten sich ungeheure, faßartige Töpfe auf, zwei an der Zahl. -Meine Neugierde wollte wissen, was der Inhalt derselben sein möchte. -Der Hauswirth, ohne Mißtrauen gegen mich, nahm daraus gereinigtes, -geschältes Getreide. Wenn die Bauern hier solche Vorräthe besitzen, so -stehen sie nicht hinter manchen schweizerischen Webern zurück, welche -vom Arbeitsherrn zum Voraus einen Theil des Lohnes beziehen, damit sie -die Kosten für ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Dieser Bauer, -welcher das schönste Häuschen im Dörfchen bewohnte, schien indessen -einer der wohlhabendern. Meine Beschreibung darf daher nicht strenge -als Maßstab zu Beurtheilung der Bauernhäuschen gelten.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_144" id="Seite_144">[S. 144]</a></span></p> - -<p>Wir lassen ja nicht unberücksichtiget den letzten Bestandtheil der -Wohnung, einen Theil, der auch in andern Häusern selten fehlen wird: -die Mühle. Gleich wenn man zur Thüre eintritt, liegen die Mühlsteine, -ähnlich jenen in Lossin piccolo, vor den Füßen und nur ein paar Ellen -weit von dem Kochofen.</p> - -<p>Ich traf in dem Häuschen bloß den Bauer, ein Weib und ein Kind. Der -Gebieter machte eine etwas saure Miene, schien jedoch guten Gemüthes -zu sein. Das Weib trug einen Schleier. Nach dem, was ich vom Gesichte -erblicken konnte, und dafür zeugten auch die Hände und Arme, hielt -ich die Frau für jung und für nicht häßlich. Ein Knabe, von etwa -zehn Jahren, mit Schmutz bedeckt, der ihm vielleicht von Geburt an -anhänglich blieb, überdies aufgedunsen wie ein geschlachtetes — -Zicklein, stand neben der Mutter. Die Kinder fürchten in der Regel -die Franken ärger, als Vögel die Scheuchen. Ging ich auf der Straße, -so wichen sie oft auf die Seite, etwa hinter einen Baum, wie der -Furchtsame, welcher unter das Laubwerk flieht, um nicht vom Blitze -berührt zu werden. Sind denn aber unsere Kinder, obwohl unter dem -steten Einflusse der Gesittung und Weltaufklärung, in diesem Stücke -besser? Es sollte ein Türke in einem Bergdorfe sich herumtreiben, wie -sehr würden sie von Furcht ergriffen. Mich wunderte, daß der Knabe im<span class="pagenum"><a name="Seite_145" id="Seite_145">[S. 145]</a></span> -Bauernhäuschen seinen Mund noch nicht verzerrte. Ich liebkosete ihn an -den Wangen, und der Himmel war immer noch heiter. Da zogen sich auf -einmal Regenwolken über dem Antlitze zusammen, und ich merkte bald auch -am Knaben, daß die Regenzeit herrscht. Die lang dauernde gute Witterung -durfte ich wohl dem Schutzgeiste der daneben hockenden Mutter, welche -Kräuter zur Nahrung zerschnitt, beimessen. Daß ich nirgends ein -Kochfeuer, nirgends einen Geruch von Speisen wahrnahm, leitete mich auf -die Vermuthung, daß die Leute das Fastengesetz <em class="gesperrt">Mohammets</em> strenge -beobachten; denn schon vor etlichen Tagen verkündigte der Donner der -Kanonen den Anfang des Fastenmonates.</p> - -<p>Der palästinische Bauer scheint mir wohler zu stehen, als der -egyptische. In der Saronebene trägt der Boden unermüdlich Früchte, ohne -gedüngt zu werden. Diese sind Eigenthum des Anbauers, welcher selbst -sie an den Mann bringt.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Das_Quarantaenegebaeude">Das Quarantänegebäude oder -Pestlazareth.</h3> - -</div> - -<p>So eben baut man über den Ruinen an der Küste und bei den Mauern -von Jaffa, gegen Mittag, eine Kontumazanstalt. Sie zerfällt in zwei -Abtheilungen. Die obere enthält vierzehn Zimmer oder Häuschen. -Jedes Zimmer, ge<span class="pagenum"><a name="Seite_146" id="Seite_146">[S. 146]</a></span>räumig und hoch, hat Läden für das Licht und zwei -Thüren, die eine gegen den Hof (Mitternacht) und die andere gegen -die Einfangsmauern (Mittag). Es wäre nicht am Platze, die Anstalt -weitläufig zu beschreiben. Ich bin überzeugt, daß sie, unter übrigens -günstigen Umständen, ihren Zweck nicht verfehlen wird, obschon an ihr -Mehreres ausgestellt werden dürfte. So wurde ein Theil des griechischen -Leichenackers in den Umfang des Gebäudes gezogen, in welchem -wirklich einige Leichensteine hervorragen. Für die Unreinigkeiten -sind einige, aber ungenügende Einrichtungen getroffen. Unten besitzt -die sonst ziemlich hohe Einfangsmauer Stufen, daß man sie leicht -überklimmen kann, wenn man von innen aus Hilfe bekommt. Will man das -Quarantänegebäude gleichsam vollpfropfen, so wird es 500 bis 600 -Bewohner zählen.</p> - -<p>Dir Anstalt soll vorzüglich für die christlichen Pilger bestimmt sein. -Ich hörte aus mehr, als einem Munde, daß in Beirut, wohin dieselben -sich begeben mußten, die Kontumazirenden sehr schlecht gehalten und -himmelschreiend geprellt wurden, und man betheuerte sogar, daß mehrere -Pilger in der dasigen Quarantäneanstalt wegen schlechter Verpflegung -eine Beute des Todes wurden.</p> - -<p>Gott behüte Jeden davor, daß er einen Lebensabschnitt in einem -Pestlazareth vergähnen muß. Wirft aber Jemand das<span class="pagenum"><a name="Seite_147" id="Seite_147">[S. 147]</a></span> unerbittliche -Schicksal in <em class="gesperrt">dieses</em> Gefängniß, so genießt er doch die Aussicht -auf die Stadt und das Meer, und er wird von frischer Luft angeweht. In -El-Arysch wäre ich über eine Unterbringung, wie man sie hier erwarten -darf, überaus froh gewesen. Das Lazareth wird vorzugsweise demjenigen -willkommen sein, der von Egypten aus nach Jaffa zu reisen gedenkt; denn -seit der Errichtung einer Quarantäne in Beirut mußte er sich den Umweg -über diese Stadt gefallen lassen.</p> - -<p>Die pfiffigen Egypzier wußten die noch nicht völlig ausgebaute -Quarantäne schon zu einem Nebenzwecke zu benützen. Es rückte ein -Bataillon Fußsoldaten, auf ihrem Zuge nach Egypten, in Jaffa ein, und -man war nicht verlegen, so viel Mannschaft, als nur thunlich, in der -Quarantäne Obdach anzuweisen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_Jaffanerin_kommunizirt">Die Jaffanerin kommunizirt, -besprengt sich...; der Jaffaner.</h3> - -</div> - -<p>Die Kirche des Hospizium steht im zweiten Stockwerke, und von Morgen -dem Zimmer des Pater Superior gegenüber. Obwohl klein, ist sie doch ein -artiger Bau mit einigen schönen Gemälden. Ich wohnte in derselben dem -Gottesdienste mehrere Male bei, und ich mußte mich über die geringe -Anzahl der Anwesenden, im Verhältnisse zur<span class="pagenum"><a name="Seite_148" id="Seite_148">[S. 148]</a></span> Bevölkerung der Gemeinde, -verwundern. Wenig feierlich schien mir die gottesdienstliche Handlung -wegen des Marktgeschreies einer Handorgel, wenn man mir diesen Ausdruck -erlaubt. Der Araber, welcher zwischen den Tönen verschiedener Orgeln -kaum unterscheidet, und die Gassenorgeln unserer Straßensänger nicht -kennt, wird mit mir den übeln Eindruck schwerlich theilen. Lieber hörte -ich das Klosterglöckchen, welches mit bescheiden hellem Klange die -Gläubigen zur Andacht aufforderte.</p> - -<p>Als ich einmal die Kirche besuchte, sah ich zwei Levantinerinnen -kommuniziren. Sie waren in einen großen, weißen Schleier gehüllt. Der -Priester reichte in seiner feierlichen Amtskleidung ihnen die Hostie. -Wie sehr befremdete mich, unter dem großen Kopfschleier einen schwarzen -Schleier vor dem Gesichte der Morgenländerinnen gewahr zu werden, -den sie doch beim Kommuniziren lüften mußten. Mühsam langten andere -in die Kirche tretende Frauen unter dem Schleier hervor, um sich mit -Weihwasser zu besprengen.</p> - -<p>Auf der Gasse begegnete ich ebenfalls weißen Damen, die in einen -Schleier völlig verhüllt waren. An diese Maskerade war ich freilich -gewöhnt, aber nicht daran, daß es an derselben rasselte. Ich spähte -zuerst immer umher, und nichts gab Stoff, das Gerassel zu erklären. -Endlich glückte mir der Aufschluß: Es rasselten die unsichtbaren<span class="pagenum"><a name="Seite_149" id="Seite_149">[S. 149]</a></span> -Goldstücke, welche um das Haupt angelegt waren. Wird unsern -Jaffanerinnen, unsern Araberinnen die belebende Hoffnung, mit den -unverhüllten Gesichtchen die Männer zu bezaubern, so grausam geraubt, -— billig läßt man ihnen doch den Geschmeidekram und <em class="gesperrt">den</em> -Ersatz, daß sie <em class="gesperrt">frei</em> durch den Schleier sehen und schmarotzen, -während umgekehrt die züchtige und ziererische Abendländerin mit dem -<em class="gesperrt">offenen</em> Auge im Freien nur spärliche Blickchen sich erlaubt. -Hinwieder erdenken die Schönen Europas, wer möchte es leugnen? auch -Manches, um sich bei den Männern einzuschmeicheln, und es erschließt -sich ihnen ein um so weiteres Feld, als sie mit letztern die -unschätzbare Freiheit und Gleichheit der Gesichts — öffentlichkeit -genießen. Und nicht zufrieden, nur das Auge zu entzücken, sie suchen -auch das Ohr zu fesseln, und geben sich gar viel Mühe, mit Wohlgerüchen -zu berauschen.</p> - -<p id="Der_Jaffaner">Die morgenländischen Christenmänner, welche der Bauernklasse nicht -angehören, sind durch Schönheit ausgezeichnet. Ruhig brennet das -schwarze Auge; auf dem ganzen Antlitze liegt der Ausdruck der Ruhe, -der Bedächtlichkeit, der Unterwürfigkeit, der Schlenderei. Groß von -Leibe, haben sie etwas Stattliches in ihren faltigen Gewändern, und -mir schien, als wären sie auf ihren hochwulstigen, schief um das Haupt -gewundenen Turban stolz. Sogar während des<span class="pagenum"><a name="Seite_150" id="Seite_150">[S. 150]</a></span> Gottesdienstes tragen sie -auf dem Boden hockend den Turban, und bloß bei der Wandelung heben die -Wenigsten ihn ab, wodann man ihre häßlichen Schurköpfe erblickt. Dafür -werfen sie sich gottesfürchtig nieder, indem sie selbst mit der Stirne -den Boden berühren.</p> - -<p>Auch in Jaffa hält man den morgenländischen Christen für schlimmer, -wenigstens für unredlicher, als den Türken. Bei einem Schneider, einem -morgenländischen Christen, ließ ich an einem Kleide umändern. Er -entwendete von meinem Tuche so viel, als er nur konnte, was schwerlich -ein Kleidermacher im Lande des Niederganges gethan haben würde. Dabei -stellte jener für die äußerst schlechte Arbeit eine unverschämte -Forderung, und ich darf versichern, daß ich selten einen verstocktern -Schuft antraf. Andere Züge will ich auf einen andern Ort versparen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_Pilger_Jaffa">Die Pilger.</h3> - -</div> - -<p>Die Bombarda (eine Art Fahrzeug), worauf ich mich begeben sollte, -brachte christliche Pilgrime. Auch auf andern Schiffen langten solche -in Jaffa an, und eines Tages zählte ich zwölf Schiffe, theils in, -theils außer dem sogenannten Hafen. Die Menge christlicher Pilger -belebte den Kai. Man ergötzt sich an ihren verschiedenen Trachten, -welche der französischen schon ein wenig ähneln. So nenne ich die<span class="pagenum"><a name="Seite_151" id="Seite_151">[S. 151]</a></span> -häufigen Schürzen oder Halbröcke, welche diesen Gegenden fremde sind. -Einige tragen Regenschirme, die ich in Egypten nie und zum ersten Male -wieder in Jerusalem zu Gesichte bekam. Die Pilger schleppen ungemein -viel Gepäcke, auch einen beträchtlichen Mundvorrath mit sich. Es -wird dasselbe in dieser Hafenstadt, manchmal nicht ohne Zänkereien -der Pilger sowohl unter sich, als mit dem Kameel- oder Eseltreiber, -auf Kameele, Esel oder Maulthiere geladen, um es nach Jerusalem, -dem Wallfahrtsorte, zu befördern. Die Pilger, der größten Zahl nach -Christen aus der europäischen Türkei, werden bis auf 10,000 geschätzt, -die alljährlich durch Jaffa ziehen, und hier im griechischen oder -armenischen Kloster mehr oder minder lange beherbergt werden<a name="FNAnker_8_8" id="FNAnker_8_8"></a><a href="#Fussnote_8_8" class="fnanchor">[8]</a>. Das -Wallfahrten der griechischen Christen dauert<span class="pagenum"><a name="Seite_152" id="Seite_152">[S. 152]</a></span> bis Ostern, nicht ohne -Meeresgefahren<a name="FNAnker_9_9" id="FNAnker_9_9"></a><a href="#Fussnote_9_9" class="fnanchor">[9]</a>. Ein Mönch aus Krakau, welcher nach mir in Jaffa -eintraf, erzählte mit Schrecken von seinen Erlebnissen, und freute sich -mit kindlichem Herzen, daß er nun auf festem Boden fußen könne.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_arabische_Knabenschule_der_Lateiner">Die arabische -Knabenschule der Lateiner.</h3> - -</div> - -<p>Oefter besuchte ich die Schule am Hospizium. Das Zimmer ist ziemlich -dunkel und eher enge, aber ein hohes Gewölbe. Vorne, der Thüre -gegenüber, hing an der Wand ein Frauenbild. Zur einen Seite desselben -las man das mit großen lateinischen Buchstaben geschriebene <span class="antiqua">ROMA</span> -und zur andern <span class="antiqua">Carta GO</span> (wahrscheinlich Landkarte). Den Raum -schmälerte kein Tisch, außer dem für den Schulmeister; zu beiden -Seiten des Zimmers war eine niedrige Wandbank angebracht, auf welcher -die Schüler, beiläufig zwanzig, lauter Knaben, unordentlich saßen -oder hockten. Sie hatten an der Hand oder auf den Knieen Blätter oder -Bücher vor sich, aus denen sie mit schaukelndem Leibe nach einer -eigenthümlichen morgenländischen Weise (Melodie) laut schreiend oder -leiernd im Takte lasen. Das Geschrei oder Ge<span class="pagenum"><a name="Seite_153" id="Seite_153">[S. 153]</a></span>leier war so wild, daß man -weiter nichts hörte, als bisweilen das Klopfen mit einem Stocke. Die -Unterrichtsart wurde mir nicht ganz klar. Ich glaube, sie beschränke -sich lediglich auf das Lesen und Auswendiglernen. Einmal las ein -Schüler in Gegenwart des Lehrers und Meisters, welcher verbessernd -nachhalf.</p> - -<p>Bei meinem ersten Besuche war der Schulmeister nicht gegenwärtig. Ein -älterer Knabe mit übergroßen Stiefeln leitete das Unterrichtsgeschäft. -Eine kleine Ruthe schwang er so häufig über die Kinder, als wären sie -Reitthiere. Am Schlusse des Unterrichtes stellten sich alle Schüler vor -das Frauenbild und hoben einen wilden Gesang an. Ich ging und sagte -den neben der Schulstubenthüre gelagerten Weibern einen Gruß, den sie -wahrscheinlich nicht verstanden.</p> - -<p>Die Schulzucht ist ziemlich roh. Wenn ein Knabe durch seine -Fortschritte sich auszeichnet, so wird ihm eine steife Mütze -aufgesetzt. Führt er sich schlimm auf, so wird er auf drei Hauptarten -gezüchtiget. Man legt ihm das Zerrbild eines Esels um den Hals und -nennt ihn <em class="gesperrt">Eselführer</em> (<span class="antiqua">muchero</span>). Oder man ertheilt ihm -Klappse auf die flache Hand mit einer hölzernen, gestielten, fein -durchlöcherten, kleinen, doch derben Scheibe. Ein Knabe schien mir -nicht übel und unfleißig in Gegenwart des Schulmeisters zu lesen. Nach -hergelesener Aufgabe bekam der Schüler von dem Lehrer ohne weitere -Umständlichkeit eine Anzahl<span class="pagenum"><a name="Seite_154" id="Seite_154">[S. 154]</a></span> Schläge, indem letzterer die Worte -hinzusetzte: <span class="antiqua">Così si impara</span> (So lernt man). Oder auch man mißt -Fußsohlenstreiche auf. Das Bändigungsmittel dazu war an einem Nagel -des Schulzimmers aufgehängt. Es besteht aus einem Knüttel, durch -dessen Mitte zwei Oeffnungen in gegenseitiger Entfernung von etwa zwei -Handbreiten gebohrt sind. Die Bohrlöcher nehmen einen Strick auf, -den aber Knoten hindern, damit er nicht durch dieselben ausschlüpfe. -Dieses Mittel wendet man so an: Die Füße der Knaben werden zwischen -den Knüttel und den Strick geschoben. Jenen ergreifen zwei Gehilfen, -jeder ihn an einem Ende. Jetzt drehen sie den Knüttel um seine Achse, -und wickeln den übrigen Theil des Strickes um ihn herum, so lange, bis -der Knebel die Knöchel oder Beine zusammenklemmt. Nachdem die Knaben -solchergestalt die Beine nicht mehr rühren können, erhalten sie die -Tracht Schläge auf die Fußsohlen.</p> - -<p>Das Essen wird in der Schule nicht geahndet. Ein Knabe brachte kleine -Rettiche, wovon er auch verschenkte. Einem andern trug man etwas -Gekochtes zu. Er aß es im Vorzimmer des Schulgewölbes, in welchem eben -Schule gehalten wurde.</p> - -<p>Die Vergleichung mit dem, was <em class="gesperrt">Salomo Schweigger</em> von den -Kinderschulen Konstantinopels aus dem sechszehnten Jahrhunderte -überliefert, hat zu viel Prickelndes,<span class="pagenum"><a name="Seite_155" id="Seite_155">[S. 155]</a></span> als daß ich es nicht hier -beifügen sollte: Die Kinder, sagt <em class="gesperrt">Schweigger</em>, werden nicht in -solcher harten Zucht und großen Furcht gehalten, wie die Deutschen, -die mit Pochen, Poltern, Schlagen und Stoßen den Kindern alle Lust zum -Lernen nehmen. Die Schulmeister strafen zwar die Kinder auch, aber -mit Bescheidenheit, und können mit ihnen Geduld haben, welches denn -die fürnehmste Tugend an einem Schulmeister ist. Wenn sie die Kinder -schlagen, so schmeißen sie dieselben auf die bloßen Schuhsohlen mit -einem Stäblein und brauchen die Ruthen nicht, wie bei den Christen -bräuchig. Die Knaben haben eine feindselige Gewohnheit, daß sie durch -einander das Lesen laut verrichten, davon sie sollten toll werden und -einander irre machen. Dabei sitzen sie nicht still, sondern wanken von -einer Seite stets auf die andere wie ein Schlafender oder Trunkener.</p> - -<p>Damit stimmt aber nicht völlig überein, was die „Hoffhaltung Des -Türckhischen Keysers“ (1596) von den Knaben des Serai erzählt: Die -Meister und Lehrer haben einen Befelch von dem Türken, daß sie keinen -Knaben mehr, als des Tages einmal schlagen und strafen dörfen, und -mögen keinem mehr, als zehen Streich mit einer kleinen subtilen Ruthen -geben, und wann sie die Jugend mit Ruthen stäupen, geht es also zu: -Sie legen den Knaben nach der Länge auf die Erden nieder, stoßen ihm -die Füß durch<span class="pagenum"><a name="Seite_156" id="Seite_156">[S. 156]</a></span> einen Stock oder Bret, welches durchgebohrt, und dazu -gemacht, daß sie fest und still liegen müssen. Alsdann geben sie ihm -mit der Ruthen unten auf der Sohlen des Fußes zehen Schläge über die -<em class="gesperrt">Borzachinlein</em>, das ist, kleine Stiefeln, die sie tragen. Nach -dem lassen sie ihn wieder aus. Und wo der Meister oder Präzeptor einem -mehr, dann zehen Streich gäbe, oder sie ohne des Kaisers Willen und -Befelch stäupte oder schlüge, wird ihm alsbald die Hand abgelöst.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Der_Gruss">Der Gruß.</h3> - -</div> - -<p>Im aufgeklärteren Theile der Welt waltet die Mode, daß man beim -Gruße als Zeichen der Aufmerksamkeit oder Achtung den Hut oder die -Mütze rückt oder, mit einem Worte, das Haupt entblößt. Im Lande der -Turbane wäre diese Mode glücklicherweise eine wahre Pein. Es gäbe -den Morgenländern, wenn sie ihren Turban oder den zusammengedrehten, -in vielen Gängen quer um den Kopf gewundenen Schleier auflösen und -wieder umbinden oder auch nur mit den unsteifen Mützen, die er unten -umfängt, <a name="heben" id="heben"></a>ab- und aufheben müßten, ebensoviel zu schaffen, als den -abendländischen Frauenzimmern, bis ihre zarte Haube über Flechte -und Kamm sich gehörig fügt. Es ist übrigens erstaunlich, daß die -Frauenzimmer, die doch mit keiner Mütze und mit<span class="pagenum"><a name="Seite_157" id="Seite_157">[S. 157]</a></span> keinem Hute sich und -Andere bekomplimentiren, noch existiren und bei den Männern Gnade -finden.</p> - -<p>Wenn hier zwei Männer im Freien zusammenkommen, so legen sie sich -die rechte Hand auf Mund und Stirne. Sind sie einander nahe, so sagt -der Eine, wenn er ein Christ ist: „Gott mit euch“, und der Andere -erwiedert: „Gott erhalte euch.“ Des Mohammetaners Gruß aber lautet: -„Friede sei mit euch,“ und der Gegengruß: „Mit euch sei Friede.“ So -zu grüßen, war früher den Christen verboten. Der Mohammetaner nährte -den Wahn, daß die Nazarener nicht würdig wären, über die Lippen die -erhabenen Worte fallen zu lassen, welche vom Propheten <em class="gesperrt">Mohammet</em> -verkündiget worden seien. Wiewohl dieser Gruß unter <em class="gesperrt">Mehemet-Ali</em> -und <em class="gesperrt">Ibrahim</em> geduldet ist, so hören ihn doch die Mohammetaner aus -dem Munde der Christen noch jetzt mit Murren.</p> - -<p>Stattet ein Christ dem innigen Freunde einen Besuch ab, so umarmen sich -beide, und küssen einander einmal die Schultern. Ebenso umarmen sich -die Mohammetaner, versetzen aber den Kuß auf die Wangen. Ist man nicht -in vorzüglichem Grade befreundet, so bietet man einander schlichtweg -die Hände, wobei man eine besondere Rücksicht beobachtet. Es behält -nämlich die Person höhern Ranges die Hand oberhalb, so daß der Rücken -derselben aufwärts schaut.<span class="pagenum"><a name="Seite_158" id="Seite_158">[S. 158]</a></span> Stehen beide auf der gleichen Stufe des -Ranges, so nehmen die Hände eine senkrechte Stellung neben einander -an, daß also weder die eine, noch die andere Hand nach oben kommt. -Wenn anders der Gruß die verschiedene Stellung in der bürgerlichen -Gesellschaft ausdrücken soll, so gewinnt in der That die verschiedene -Richtung der Hände, zumal die Oberhand und die Unterhand, ungleich mehr -Sinnigkeit, als alle Abstufungen beim Entblößen des Kopfes unter den -Abendländern.</p> - -<p>Die bisher berührten Grußweisen der Palästiner umfassen bloß das -alltägliche Leben.</p> - -<p>Auf Sitzen zur Rechten oder Linken wird nicht geachtet.</p> - -<p>Nach Empfang dargereichter Speisen und Getränke bezeugt man in der -Regel keinen Dank. Nur nach dem Kaffee hallen die Worte des Dankes: -„Möget ihr euch immer erhalten.“ Trinkt der Gast Wasser aus dem Kruge -(Bardaka), was allezeit ohne Absetzen geschieht, so rufen sämmtliche -Anwesende: „Wohl bekomme es“, und jener erwiedert: „Ich sage Dank.“ -Also bei Mohammetanern und Christen. Beim Lebenswasser (Aquavit) -verhält man sich stumm.</p> - -<p>Begegnen sich die Frauen außer den Häusern, so sind sie still und -rühren sich nicht. Macht eine Frau einen Besuch, so entschleiert sie -sich beim Eintritte in das Zimmer,<span class="pagenum"><a name="Seite_159" id="Seite_159">[S. 159]</a></span> und eröffnet das Gespräche mit -den Worten: „Ich komme, euch zu sehen.“ Die Frau, welche den Besuch -annimmt, lüftet auch ihrerseits den weißen Gesichtsschleier und -antwortet: „Willkommen.“ Da wird denn nach dem Befinden, nach den -Kindern und nach Andrem gefragt, obendrein viel eitel Zeug geplaudert, -etwas Süßes, etwa Konfekt, genascht oder auch eine Pfeife geraucht. -Kürzer, als drei oder vier Stunden dauern die Frauenbesuche nicht. Die -Mohammetanerinnen besuchen einander seltener, als die Christinnen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_Brautwerbung_und_die_Hochzeit">Die Brautwerbung und die -Hochzeit.</h3> - -</div> - -<p>Will der Jüngling oder Mann heirathen, so geht sein Vater, seine -Mutter, sein Bruder, seine Schwester oder ein anderer Verwandter oder -ein Freund zum Pfarrer, diesem das Vorhaben zu offenbaren, unter -Bezeichnung des Mädchens, welches zu <a name="heirathen" id="heirathen"></a>heirathen gewünscht wird.</p> - -<p>Darauf begibt sich der Pfarrer zu den Aeltern des Mädchens, den -Heirathsantrag zu hinterbringen, und Auskunft zu verlangen, ob man ihn -annehmen wolle oder nicht, und sucht dann den Brautwerber in seinem -Hause auf, um demselben die Antwort zu vermelden. Im bejahenden Falle -schickt die Familie desjenigen, welcher den Heirathsantrag stellte, -sich jetzt an, einen Gesichtsschleier (zu 30 bis 35<span class="pagenum"><a name="Seite_160" id="Seite_160">[S. 160]</a></span> Piaster) oder -auch zwei Schleier nebst einem goldenen Fingerringe zu kaufen. Die -weiblichen Mitglieder der Familie des Brautwerbers gehen, in Begleitung -vieler Frauen, mit den eingekauften Kostbarkeiten zu der Familie des -Mädchens, um sie diesem als Geschenk einzuhändigen. Bei dem Besuche -benimmt sich die Holdselige ungemein schüchtern, sanftmüthig wie ein -Lamm; keinen Laut läßt sie hören; sie ist rein wie ein Engel. Um so -munterer sind die Frauen, welche auf Besuch kommen; sie lachen und -scherzen und singen wohl auch.</p> - -<p>Danach veranstalten die Aeltern des Mädchens einen Gegenbesuch in das -Haus des Brautwerbers. Der Vater ladet Männer und die Mutter Frauen, -nie aber unverheirathete Frauenzimmer ein. Im Hause des Brautwerbers -treten die Männer in ein besonderes Gemach, und so die Frauen. Grüßend -sagt man zu ihm: „Gesegnet,“ und diejenigen Frauen, welche sich nicht -enthüllen, sagen es auch seiner Mutter. Das Mädchen bleibt eingezogen -zu Hause. Die Gäste, wenigstens die Männer, vertreiben die Zeit mit -Rauchen und Kaffeetrinken, mit Konfektnaschen und Plaudern.</p> - -<p>Nach dem Gegenbesuche geschehen zwei Monate hindurch keine weitere -Schritte, und zudem wartet man auf ein großes Fest, um der Braut ein -Geschenk zu überbringen. Dieser Besuch, der dritte und letzte vor der -Hochzeit, heißt auf arabisch <em class="gesperrt">schỏfe</em> (die Sicht), und ist der -Vorbote baldiger<span class="pagenum"><a name="Seite_161" id="Seite_161">[S. 161]</a></span> Vermählung. Das Geschenk hält an Werth von einigen -hundert bis auf einige tausend Piaster. Es besteht aus ungeschnittenem -und ungenähtem Kleidungsstoffe, so wie aus einem Kleinode zur Zierung -der Stirne oder anderer Gebilde des Körpers. Die Reichsten ergreifen -diesen Anlaß, um den Glanz ihrer Diamanten zu verbreiten. Es ist die -Mutter des Bräutigams, welche, am erwarteten großen Feste selbst, das -Geschenk der Braut überreicht und zwar so, daß sie unter spaßhaften -Bemerkungen das Kleinod der Braut auf der gehörigen Stelle anlegt. Das -<a name="schofe" id="schofe"></a><em class="gesperrt">schỏfe</em> dauert etwa zwei Stunden.</p> - -<p>Nun bereitet man sich zur Hochzeit vor. Die Aeltern des Bräutigams und -der Braut besprechen den festlichen Tag. Vom Heirathsantrage bis zum -Hochzeitstage verfließt gemeinhin ein Jahr, selten nur ein Vierteljahr. -Dreimal kündigt der Pfarrer die Hochzeit ab. Am Sonnabende vor dem -Vermählungstage wird die Reinigung durch die Bäder vorgenommen. Die -Braut sendet, zum Zeichen der Einladung, an jede Frau ein Stück -Seife. Bei Männern ist dieses Zeichen eine Kerze, umhüllt von einem -Zettelchen, worauf der Karakter des Gastes (z. B. französischer Konsul, -Schulmeister) geschrieben steht. Die Braut besucht mit den Frauen, der -Bräutigam mit den Männern, die einen und die andern in gesönderten -Schaaren, ein öffentliches<span class="pagenum"><a name="Seite_162" id="Seite_162">[S. 162]</a></span> Bad. An diesem glücklichen Orte bekommt die -Mutter oder die Schwester des Bräutigams die <em class="gesperrt">Entschleierte</em> zu -sehen, und sie mögen dann zu Hause dem Sehnsuchtsvollen die Entdeckung -der Schönheit oder Häßlichkeit mittheilen. Darauf am Sonntagsabende -gehen die einen Männer in das Haus des Bräutigams, die andern und die -Frauen in dasjenige der Braut, wo sie sich in das <em class="gesperrt">Frauenzimmer</em> -scheiden. Die Nacht wird in gespannter Erwartung hingebracht.</p> - -<p>Um vier Uhr in der Frühe des <a name="Montags" id="Montags"></a>Montag eröffnen Bräutigam und Braut, jener -ein wenig voran, den großen hochzeitlichen Zug nach der Kirche unter -dem Jubel von Schalmeien und Tambur und Pauken, selten von Geigen. -Der Bräutigam sieht sich in dem Tempel zum ersten Male neben der -künftigen Lebensgefährtin; noch aber ist ihr Antlitz dem forschenden -Blicke ebenso unzugänglich, als von Anfang der Bekanntschaft oder, -besser gesagt, der Unbekanntschaft an. Das ganze Gepränge der -römisch-morgenländischen Kirche mag das Seinige beitragen, das -Gefühl des Geheimnißvollen und des Ehrwürdigen zu steigern. Fragt -der Priester am Altare die Braut um ihren Willen, so verbietet ihr -die Schamhaftigkeit, ihn zu benicken. Wie gut ist, daß es in Fällen -der Verzweiflung eine Erbarmung auf Erden gibt. Die Gevatterin, -deren Wohlthätigkeit erst jetzt sich auf das<span class="pagenum"><a name="Seite_163" id="Seite_163">[S. 163]</a></span> glänzendste bewährt, -leiht den unentbehrlichen Arm der Hilfe; sie steht hinter der Braut -und stößt das bräutlich geschmückte Haupt nach vorne, — — nur ja, -weil einmal genickt werden muß, sei es aus freien Stücken oder aus -Zwang. Williger entschließt sich der Bräutigam zum Jaworte, aber für -kein ordentliches Weib, sondern für eine vermummte Gestalt, für ein -Larvengesicht. Er erschaut vor sich einen mit einem rothen Schleier -bedeckten Kopf und einen in ein weißes Gewand gehüllten Leib; der -Reichthum an Gold mag etwa sein Auge blenden: aber kein Auge der Liebe -strahlt ihm entgegen, kein Mund der Freude lächelt ihm zu. Ich möchte -indessen den bescheidenen Zweifel äußern, daß eine solche beharrliche -Strenge der Vermummung <em class="gesperrt">oft</em> beobachtet werde. Ich weiß selbst -zu erzählen, daß ich, als ich ohne Anmeldung in das Haus des Konsuls -<em class="gesperrt">Damiani</em> trat, seine Tochter unverschleiert antraf, die sich -dann freilich schnell entfernte. Wie ich einmal durch ein Gäßchen -spazierte, begegnete ich einem verschleierten Frauenzimmer, welches im -Augenblicke, da sie sich von Niemanden bemerkt glaubte, den Schleier -auf die Seite schwenkte, um ihr schönes Gesichtchen zu zeigen.</p> - -<p>Nach empfangenem Priestersegen ziehen die Neuverlobten ins Haus des -Bräutigams, dieser zuerst. Sie und das Gefolge von Gästen genießen -dort das Frühstück; reich<span class="pagenum"><a name="Seite_164" id="Seite_164">[S. 164]</a></span> wird das Hochzeitpaar von den Zeugen der -Hochzeitlichkeit mit Worten gesegnet. Schon aber verläßt ein Theil der -Gäste die Gesellschaft, es bleiben bloß noch die Verwandten, endlich -nur die Frauen. Nun sitzt die Braut auf einem thronartigen Polster -in einem besondern Zimmer, in welches die neugierigen Frauen treten. -Derlei Dinge schmecken für sie viel zu süß, als daß sie nicht davon -kosten sollten. Bis zum Throne der Unsichtbaren machen die Frauen eine -Gasse. Schwere Augenblicke harren des Bräutigams. Man muß sich an ihm -abmühen, daß er allen Muth zusammenfasse<a name="FNAnker_10_10" id="FNAnker_10_10"></a><a href="#Fussnote_10_10" class="fnanchor">[10]</a>. Da schreitet er mit -kochendem Herzen durch die Gasse, und gleichsam in der Wuth streift -er den Schleier von einer unschuldigen Jungfrau hinweg. Zum ersten -Male erblickt der <em class="gesperrt">Ehemann</em> das Antlitz eines jungfräulichen -Weibes, dem er für die guten und bösen Tage des Lebens Treue geschworen -hat. Mag ihn jetzt die Erwartung betrogen haben, es ist zu spät, -er bekümmert sich nur umsonst; wurde seine Hoffnung erfüllt, desto -glücklicher für ihn der Wurf des Spiels.</p> - -<p>Wie der Schleier der Braut sich lüftet, fliegen alle<span class="pagenum"><a name="Seite_165" id="Seite_165">[S. 165]</a></span> Schleier der -Zuschauerinnen auf die Seite. Es erhebt sich die enthüllte Braut, sie -küßt eine Hand des Gemahls, beide lassen sich neben einander auf den -Polster nieder und beobachten einige Minuten ein tiefes Stillschweigen, -indeß der Bräutigam die Verheißene gleichsam ins Auge verschlingt. -Damit endet das Fest für die neugierigen Frauen, welche sofort das -Zimmer räumen. Die Verwandten dagegen bleiben bis Mittag, und erst nach -dem Mittagsmahle kehren sie in ihre Wohnungen zurück. Jedermann gönnt -dem Bräutigam und der Braut, daß sie sich von der schlaflosen Nacht -erholen.</p> - -<p>Nachdem der Mann seine Frau erkennt hat, thut er sich mit einem weißen -und sie mit einem rosenrothen Gewande an.</p> - -<p>Auf den siebenten Tag nach der Hochzeit wird der Schlußbesuch in das -Haus des Ehegemahls veranstaltet. Die Frauen werden vom älterlichen -Hause des neuverlobten Weibes eingeladen; die Männer gehen diesmal -uneingeladen. Der Besuch ist den Geschenken für das neue Ehepaar -gewidmet. Wenn z. B. die Frau A der Frau B das Geschenk P verehrt -hat, und heirathet dann C, die Tochter der A, so gibt B das P zurück. -Und kann man nicht mehr das Gleiche zurückerstatten, so zielt man auf -ein solches Geschenk ab, welches dem Werthe eines der Familie früher -verliehenen möglichst nahe kommt.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_166" id="Seite_166">[S. 166]</a></span></p> - -<p>Die Schilderung trifft eigentlich die hiesigen eingebornen Christen, -in den meisten Theilen aber überhaupt die christlichen Palästiner, in -manchen sogar die Mohammetaner.</p> - -<p>Das geheimnißreiche Vorgehen in der Heirath kann schwerlich auf den -Beifall des Abendländers hoffen. Die Sitte der Verhüllung reihe ich -unter die sonderbarsten Dinge, so fest sie eingewurzelt und so alt -sie sein mag. <em class="gesperrt">Rebekka</em> verhüllte sich zwar vor <em class="gesperrt">Isaak</em> -(1. Buch <em class="gesperrt">Moses</em> 24, 65), doch nicht vor dem Liebhaber. Wenn -der strengen Verhüllung, welcher das Mädchen vom reifern Alter bis -zur Verheirathung wie einem Gesetze sich unterwirft, ein Lobesspruch -gespendet werden soll, so kann man ihr oder doch der Vereinzelung der -genau beaufsichtigten Jungfrau nachrühmen, daß Fehltritte beinahe bis -zur Unmöglichkeit erschwert werden.</p> - -<p>Noch besitzen die Aeltern in Palästina die erzväterliche Gewalt über -ihre Kinder bei der Verlobung, wobei letztern der Athem des freien -Willens fast gänzlich gehemmt ist. Doch mangelt es aus den Zeiten der -Erzväter nicht an Beispielen, welche für eine gelindere Gesinnung -sprechen. So fragten die Aeltern der <em class="gesperrt">Rebekka</em> in milder Weise, ob -sie mit dem Knechte <em class="gesperrt">Abrahams</em> ziehen wolle (1. Buch <em class="gesperrt">Moses</em> -24, 57 und 58). Zur Schließung des Ehevertrages gehört vor Allen dem -Bräutigam und der Braut entscheidende Stimme.</p> - -<div class="section"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_167" id="Seite_167">[S. 167]</a></span></p> - -<h3 id="Die_Woechnerin_und_das_Kind">Die Wöchnerin und das Kind.</h3> - -</div> - -<p>Im zwölften Jahre verheirathen sich die Mädchen sehr selten, selten -noch im dreizehnten, nicht mehr selten aber im vierzehnten Jahre. Es -ist daher keine Seltenheit, daß das Weib im fünfzehnten Lebensjahre -gebiert.</p> - -<p>Nachdem die Frau geboren, ißt sie die ersten drei Tage nichts, als -Hühnerbrühe ohne Salz und Schmalz. Zum Getränke erhält sie mit -Zimmet versetztes Wasser oder auch ein wenig Wein, welchen jedoch -die Mohammetanerinnen, in Gemäßheit ihrer Religionsbegriffe, nicht -bekommen. Nach Verfluß der drei ersten Wochentage geht die Kindbetterin -zu einer kräftigern Nahrung über. Sie genießt dann nicht bloß die -Brühe, sondern auch das Fleisch vom Huhn; Andere essen wohl abwechselnd -das Halsfleisch des Lammes.</p> - -<p>In den ersten sieben Tagen wäscht die Wöchnerin ihre Hände nach dem -Essen nie mit Wasser, aber mit Wein. Gehört sie der Mittelklasse, so -steht sie am siebenten Tage vom Bette auf, die reiche nach vierzehn -Tagen. Der Reichthum ist da nicht zu beneiden, wo er den Menschen -länger in Fesseln schlägt. Allgemein herrscht die Sitte, daß die -Wöchnerin nach dem Aufstehen das öffentliche Bad, und unter den -Christen zugleich, daß sie die Kirche besucht.<span class="pagenum"><a name="Seite_168" id="Seite_168">[S. 168]</a></span> In jenem reibt man, zu -Stärkung, in den Körper ein scharfes Mittel. Im vierzigsten Tage wird -das Bad wiederholt.</p> - -<p>Sobald das Kind ans Licht der Welt gelangt, wird seine Nabelschnur -mit einem Faden unterbunden, abgeschnitten und die Schnittfläche auf -der Kindesseite mit einer Wachskerze gebrennt. Darauf badet man es -im lauen Wasser, um es zu reinigen. Hat das Kind drei Tage seines -Lebens zurückgelegt, so wäscht man das Zahnfleisch und die allgemeinen -Hautbedeckungen mit Salzwasser oder mit Wein, der mit Wasser verdünnt -wurde, um einen guten Geruch mitzutheilen. Sonst wird bloß alle Wochen -einmal das Gesicht und der Körper vom Nabel bis zu den Füßen gewaschen. -Ja es gibt Mütter, welche ihr Kind ein halbes Jahr ungewaschen lassen.</p> - -<p>Zur Bekleidung dient eine Binde, in welche der Körper so gewickelt -wird, daß die Arme an der Seite des Körpers in ausgestreckter -Richtung bleiben. Ein Schleier deckt das Gesicht. Die Einwickelung -(Einfatschung) dauert vier Monate. Sodann flattern die Röckchen um -das Kind, und manchen Knaben schmückt bei Zeiten über der kleinen, -anschließenden Mütze der Turban. Als eine ausgezeichnete Zierde sah ich -um den Fußknöcheln eines Kleinen rothe Bändchen mit mehreren Schellen.</p> - -<p>Zur Nahrung erhalten die Kinder die Milch ihrer Mut<span class="pagenum"><a name="Seite_169" id="Seite_169">[S. 169]</a></span>ter, manche zwei -bis drei Jahre hindurch. Es ist bemerkenswerth, daß die Jaffanerin das -Schnüren des Oberleibes nicht kennt. Solches mögen die gepriesenen, -geschnürten Zierfräulein Europens beherzigen, welche ihr besseres -Gefühl nicht befragen, ob sie Hoffahrt mit demjenigen treiben dürfen, -was Gott zu einem ganz andern Zwecke erschuf. Wenn die Jaffanerin außer -Stande ist, Milch von der Mutterbrust darzureichen, so behilft man sich -wohl auch mit einer Amme, oder man streicht das Honig- und Granatsüß in -den Mund des Kindes. Sogenannte künstliche Nährung aber, wie mit Kuh- -oder Ziegenmilch, findet nicht statt. Daraus allein schon ließe sich -die große Sterblichkeit der Kinder erklären.</p> - -<p>Zum Sauglappen, als Beschwichtigungsmittel, nimmt keine Mutter die -Zuflucht; im beßten Falle flößt sie ein wenig Honig in den weinenden -Mund. Hingegen scheint die Wiege im Ansehen von etwas Unentbehrlichem -zu stehen. Die Reichen haben eine eigentliche <em class="gesperrt">Wiege</em>, wie bei -uns. Die Mittelklasse spannt zwei Schnüre unter der Zimmerdecke aus, -welche ein Leintuch aufnehmen. Auf dieses wird das Kind, wie auf eine -Hängmatte, gelegt, und will man es schaukeln, so setzt man die eine -Schnur, die durch ein Zwischenstäbchen von der andern ferne gehalten -wird, in Bewegung. Die arme Klasse bedient sich einer Vorrichtung,<span class="pagenum"><a name="Seite_170" id="Seite_170">[S. 170]</a></span> die -einer großen, ebenen Wagschale gleicht. Sie wird, wie ein Käfich, an -der Decke des Zimmers oder sonst in der Höhe aufgehängt.</p> - -<p>Mit Säftchen führt man das Kind nicht ab, noch schneidet man dessen -Zungenbändchen ein. Der Schulmeister am Hospiz stutzte gewaltig, als er -inne wurde, daß wir gelöste Zungen hätten. Das Zahngeschäft geht nicht -sehr leicht von statten. Zur Erleichterung desselben wird gar nichts -vorgekehrt, und viele Kinder sterben während dieser Lebenszeit. Die -fratt gewordenen Stellen wäscht man nicht ab, sondern man behandelt -sie mit einem Stoffe, welcher im Arabischen serakûn heißt, mir -aber nicht genauer bezeichnet wurde. Bei der hinkenden Reinlichkeit -darf man sich wundern, daß diese Krankheit nicht viel hartnäckiger -und qualvoller auftritt. Gegen die Mundschwämmchen gebraucht man die -Asche von einem Knochen so, daß der mit Speichel benetzte Finger sie -auffängt, und damit die kranken Stellen im Munde reibt.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Wiegenlied_und_Kinderjucks">Wiegenlied und Kinderjucks.</h3> - -</div> - -<p>Das Wiegenlied singt die Mutter nach einer ganz eigenthümlichen Weise, -und ich bedaure nur, daß ich kein Tonsetzer bin, um sie beifügen zu -können. Die Worte zum Einlullen lauten so: „O mein Kind, schlafe; mein -Auge,<span class="pagenum"><a name="Seite_171" id="Seite_171">[S. 171]</a></span> ich hoffe, daß ich dich nie aus dem Auge verlieren werde.“ Zum -schon schlafenden Kinde singt die Mutter: „Meine Taube, dein Auge ist -verschlossen; aber das Auge Gottes ist aufgeschlossen, und daß kein -Leid dir wiederfahren kann, hat Gott den Menschen nicht auf immer -verhärtet.“ Die Worte sind gemüthlich und erhaben zugleich.</p> - -<p>Bei aller meiner Unbekanntschaft mit der Sprache und dem Bücherthume -der Araber genieße ich vielleicht das Vergnügen, den Abendländern einen -ihnen unbekannten Lappen arabischer Dichtungen überbringen zu können. -Es fiel mir in Jaffa nicht wenig auf, als ich beim Einbruche der Nacht -eben heimgekehrte Kinder anredend und antwortend in geregelten Weisen -lärmen hörte. Auf meine Nachfrage darüber wurde sogleich von der -Gasse ein Kind geholt; es sagte in Anwesenheit mehrerer Eingebornen -das Gespräche her; einer davon übersetzte es ins Italienische, und -ich schrieb dieses deutsch nieder. So viel zur Rechtfertigung meines -Botengeschäftes.</p> - -<p>Das Zweigespräch, wovon die Rede ist, halten übrigens nicht bloß -fünfjährige und ältere Kinder als Nachtgruß, wenn sie sich trennen, -sondern auch türkische Knaben, indem sie von Hause zu Hause ziehen, um -etwas zu verdienen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_172" id="Seite_172">[S. 172]</a></span></p> - -<div class="blockquot_2"> - -<p>A. O Gott.</p> - -<p>B. O Gott.</p> - -<p>A. Möge es uns hier wohl ergehen.</p> - -<p>B. O Gott.</p> - -<p>A. Was haben wir?</p> - -<p>B. Maria (denn es muß immer Jemand genannt werden) —, eine Braut -wie der Mond.</p> - -<p>A. Gott gebe es.</p> - -<p>B. Unter der Veste sahe ich sie in zierlichem Gewande.</p> - -<p>A. Gott gebe es.</p> - -<p>B. Ich erblickte sie abwärts vom Diwane, die in Seide Gehüllte.</p> - -<p>A. Gott gebe es.</p> - -<p>B. Ich sah sie abwärts vom Gemache ein Papier mit Zügen füllen, -welche rühren das Herz.</p> - -<p>A. Gott gebe es.</p> - -<p>B. — — — abwärts von einer Urne.</p> - -<p>A. Ach, wie schön.</p></div> - -<p>Das Zweigespräch, wahrscheinlich nur ein Bruchstück, behandelt die -Liebe auf eine nicht sehr schickliche Weise für Kinder. Bei diesen -scheint jedoch Alles bloßes Lippenwerk geworden zu sein.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_173" id="Seite_173">[S. 173]</a></span></p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_Verehrung_der_Todten">Die Verehrung der Todten.</h3> - -</div> - -<p>Stirbt eine Person, so hüllt man sie in ein gewöhnliches Gewand; -nur muß es ein besseres und weißes sein. Bei Nacht stellt man zwei -brennende Kerzen neben die Leiche. Reichere legen ihre Verstorbenen -in einen viereckigen Sarg; die Armen oder die weniger Vermöglichen -deckt die Erde unmittelbar. Der Sarg oder die Leiche wird auf einer -Bahre in den Gottesacker getragen. Ihr folgen im Zuge Männer und -Weiber, jene aber voran, diese ihr Klagegeschrei erhebend und ein Tuch -drehend. Alle nahe Anverwandte sind mit einem schwarzen Trauerkleide -angethan. Wenn ein Ehemann stirbt, so geht die Wittwe, welche sich in -der Hoffnung glaubt, am Grabe einmal unter der Bahre des Todten durch, -jetzt ausnahmsweise ohne Schleier. Sie will damit alle Anwesende zu -Zeugen der Reinigkeit ihres Wandels auffordern. Ehe die Leiche noch -im Grabe liegt, wird sie, zumal an der Hand, geküßt; der Ehemann küßt -auch das Gesicht und das Kleid der verblichenen Geliebten; — sogar des -Pestopfers?</p> - -<p>Von der Todesstunde an bis zum Begräbnisse dauern meist nur zwei oder -drei Stunden. Erfolgt indeß der Tod spät Abends oder vor Mitternacht, -so wird mit der Beerdigung bis morgen in der Frühe zugewartet.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_174" id="Seite_174">[S. 174]</a></span></p> - -<p>Ich sah die Beerdigung einer mohammetanischen Leiche bei Jaffa. Das -Grab war etwa vier Fuß tief bis zur Stelle, wo es sich in zwei Absätzen -verengerte, und von hier noch einen starken Fuß tief, aber gemauert. -Nachdem auf den Grund des gemauerten Grabes ein Pulver gestreut war, -wurden die in ein schönes und weißes Tuch gehüllten sterblichen -Ueberreste seitlings, das Gesicht gegen Mekka gewendet, mit Schonung -in die Tiefe versenkt, und dann darüber Steinplatten, die zur Seite -auf den Maueransätzen ruhten, gelegt, so daß die Erde den Todten nicht -drückte. Während des Beerdigens heulten die Weiber, das eine stehend, -das andere hockend. Den Männern schien meine Gegenwart ein Dorn zu -sein; indeß fügten sie mir nicht das mindeste Leid zu. Die ganze -Beerdigungsweise verrieth nichts Rohes.</p> - -<p>Zum Andenken des Gestorbenen werden in dessen Hause die ersten drei -Abende nach einander gemeinschaftliche Gebete verrichtet. Am Ende -dieser religiösen Handlung wird allen Beiwesenden, manchmal bis hundert -an der Zahl, ein Todtenmahl gegeben. Die Reichsten sprechen dabei -ungerne oder gar nicht zu, um so lieber aber die Armen. Desgleichen -besuchen die Weiber drei Tage hinter einander in der Morgenstunde das -Grab, und sie vergessen nicht, sich mit einem Mundbedarf zu versehen, -auf daß sie im Felde der Leichen mit Kaffee sich laben können.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_175" id="Seite_175">[S. 175]</a></span></p> - -<p>Dem Vater oder der Mutter, dem Bruder oder der Schwester, dem Manne -oder der Männin wird ein Jahr hindurch Trauer getragen. Während dieser -Zeit hüten sich die Trauernden vor Leckerbissen und dem Spiele, sie -besuchen weder die öffentlichen Bäder, noch heirathen Wittwer und -Wittwe.</p> - -<p>Von den eben geschilderten Sitten der römisch-maronitischen Christen -zu Jaffa weichen diejenigen der Nazarener und Bethlehemiten mehr oder -minder ab. Im Hause des Leichnams und später in der Nähe des Grabes -stellen sich zwei Weiber, wie Fechtkämpferinnen, und schlagen die -klirrenden Degen an einander. Dann antwortet ein Chor Weiber singend -und heulend, händeklatschend und tanzend. Darauf neues Degengeklirre -der zwei Weiber; ihm nach der entsetzliche Lärm. Das ist die wilde, -verwegene Todesjagd — in Nazareth und Bethlehem.</p> - -<p>Zwei Dinge verdienen vor allen eine nähere Betrachtung: Das Durchgehen -unter der Bahre und die frühe Beerdigung des Todten. Dem Falle -vorzubeugen, daß für einen lebenden Lüstling der hingeschiedene Ehemann -als Vater unterschoben werde, strengte sich in Europa die ganze -Weisheit der Gesetzgeber, wie der Gerichtsärzte an, ohne daß es ihnen -gelang, dem Betruge einen festen Riegel zu stoßen. Vielleicht versteige -ich mich nicht, wenn ich behaupte, daß<span class="pagenum"><a name="Seite_176" id="Seite_176">[S. 176]</a></span> die Sitte der Jaffaner einem in -diesen Punkt einschlagenden europäischen Gesetze den Vorrang ablaufe. -Drücken wir die Sitte in Form eines Gesetzes aus: „Jede Wittwe ist -gehalten, innerhalb drei Stunden vom Ableben ihres Ehemannes an (beim -gehörigen Orte) anzuzeigen, ob sie sich von ihm schwanger glaube oder -nicht.“ Einem so klar ausgesprochenen Gesetze müßte jede Erläuterung -beschwerlich fallen. Doch Eines will ich berühren. Man kann dasselbe -der Grausamkeit zeihen. Wie dem auch immer sei, nur beherzige man bei -dieser Gelegenheit, daß die Sitten, die freiwilligen Gesetze (ohne -förmlichen Vertrag), worüber die Wenigsten klagen, oft minder milde -sind, als die Zwangsgesetze (laut förmlichen Vertrages), welche beinahe -aus Aller Munde mit Klagen überschüttet werden.</p> - -<p>Die frühen Leichenbestattungen verlieren sich unzweifelhaft in das -graueste Alterthum. Sie gründen sich wohl auf die Ansicht, daß sie ein -nothwendiges Gebot des heißen Himmelsstriches seien.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_Rekruten_oder_die_Konskribierten">Die Rekruten oder die -Konskribirten.</h3> - -</div> - -<p>Eines Abends überraschte mich nicht wenig ein Schauspiel. Einem -Vortrabe zu Pferde folgte eine geschlossene Menge Männer. Es waren für -den Kriegsdienst eingeschriebene Leute, schwarze, halbschwarze und -weiße, paar<span class="pagenum"><a name="Seite_177" id="Seite_177">[S. 177]</a></span>weise so an einander gebunden, daß allemal die Rechte des -Einen und die Linke des Andern in einer Art Hamen staken. Eine hölzerne -Spange nahm in Kerben die Handwurzeln auf und, so viel ich erblicken -konnte, war jene seitlich mit eisernen Schrauben versehen, wodurch zwei -Spangen, als Handklemmen, festgeschlossen wurden. Ueberdies war mit -einem Stricke ein Mann hinter den andern, wie ein Kameel hinter das -andere, gebunden. Einmal führte ein Soldat einen Bauer am Gürtel des -Bauches in die Stadt. Hinter ihm ging ein wehklagend Weib. In einem -Hause von Jaffa war ein anderes Mal eine bedeutende Anzahl Ausgehobener -einquartirt, und etwa fünfzig Weiber heulten und schluchzten vor -demselben, die einen mit dem Säugling an der Brust. Noch nie drangen so -viel und so trübe Wehklagen in mein Ohr.</p> - -<p>Die Regierung machte mir einen langen Strich durch die Rechnung. Um -größere Schiffe hier zu laden, muß man, wegen des unsichern Hafens, -Meeresstille oder leisen Wind abwarten, wodann sie auf offener See -von Kähnen aus befrachtet werden. Eben trat günstige Witterung zum -Laden ein. Da hieß es, daß die Regierung zwei Schiffe befrachte, -und alle Kähne in Anspruch nehme. Mein Schiffshauptmann mochte sich -verwenden, wie er wollte, er durfte am Ende nur müßig zuschauen, -wie nach Alexan<span class="pagenum"><a name="Seite_178" id="Seite_178">[S. 178]</a></span>drette Rekruten eingeschifft wurden. Unvergeßlich -bleibt mir dabei ein rührender Auftritt. Ein Weib, in einem blauen -Hemde voll Löcher und Lappen, kauerte am Hafen in einem Winkel; es -weinte bitterlich und schluchzte bitterlich; es deutete, daß ein ihr -Theurer, vielleicht ihr Sohn, zu Wasser weggeschleppt werde. Und andere -Weiber standen da und weinten bitterlich über das Schicksal einiger -Eingeschifften, bis die Polizei sie unschonlich verjagte. Ich konnte -bei diesem Auftritte den Gedanken nicht daniederhalten: Es muß unter -den häßlichen Lumpen auch noch zartes Gefühl sich regen; ein Mutterherz -bleibt Mutterherz — bei einer Christin oder Mohammetanerin; unter -den unscheinbarsten Lumpen pocht manchmal ein wärmeres Mutterherz, -als unter Atlas und Sammet. Diese Wahrnehmung freute mich um so mehr, -da ich bei den arabischen Mannsleuten eine ungemeine Gefühllosigkeit, -zumal gegen die Thiere, zu bemerken glaubte.</p> - -<p>Ich möchte das Gesagte durch Thatsachen erhärten. Als ich auf meinem -Ausfluge nach den Pyramiden am Wasser lange warten mußte, hatte der -Esel mit angelegtem Zaume unter den Hufen gutes Gras, das, wie mir -däuchte, keinem Einzelnen, sondern aller Welt gehörte. Dem Treiber -fiel es nicht ein, das Gebiß abzunehmen, bis ich ihn dazu ermunterte. -Als ich ein Kameel ritt, welches von einem In<span class="pagenum"><a name="Seite_179" id="Seite_179">[S. 179]</a></span>sekte am Bauche gequält -wurde, wollte ich dem Führer zu verstehen geben, daß er jenes von der -Plage befreie; allein ich konnte ihn glatterdings nicht dahin bewegen. -Wie ich von Ramle nach Jerusalem wanderte, überließ ich am Fuße des -Juda dem Treiber das Maulthier sammt dem belästigenden Felleisen, und -ich ritt den Esel, welcher keine Ladung weiter trug. Theils um dem -Thiere Erleichterung zu verschaffen, ging ich sehr oft zu Fuß, und -kam schneller davon. Ich dachte immer, der Führer werde mein Beispiel -nachahmen. Es mochte der Weg noch so steil sein, der Stumpfsinnige -saß auf dem langsamen Läufer, und ließ mich eher aus den Augen. So -gefühllos können Araber sein, während die gemüthreichen Türken mit der -herzlichsten Freude einen Vogel in seinem Käfich kaufen, um ihn von der -Gefangenschaft zu erlösen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Das_Weinen_oder_die_Raserei">Fortsetzung: Das Weinen oder die -Raserei am Neujahrstag 1836.</h3> - -</div> - -<p>Das Weinen ist der Ausbruch der Freude oder Traurigkeit bei Gescheiden -und — Narren.</p> - -<p>Bei uns will die Züchtigkeit der Sitte oder der Anstand, daß man im -Weinen sich mäßige, daß die Gefühle nicht ohne Rückhalt entströmen. Das -eigentliche Choral<span class="pagenum"><a name="Seite_180" id="Seite_180">[S. 180]</a></span>weinen nach dem Laufe der Natur scheint man bei uns -kaum zu kennen. Bei uns weint man <span class="antiqua">piano</span> oder <span class="antiqua">pianissimo</span>, -in Jaffa <span class="antiqua">forte</span> oder <span class="antiqua">fortissimo</span>. In den Landen der -Gesittung hält man es für besonders schön und rührend, wenn etwa eine -Thränenperle aus dem unumwölkten Himmel herabfällt.</p> - -<p>Als ich nach Tische die andere Hälfte des Neujahrstages von 1836 -verlustwandeln wollte, da hörte ich von einer Gasse her ein -wildes, klägliches Geschrei. Ich rückte näher. Vor der Thüre einer -Truppenherberge harrte eine Menge Weiber, diesmal nur die wenigsten mit -einem Schleier, und die entschleierten Gesichter verbreiteten einen -solchen Zauber, daß Jedem die ungelegenen Heirathsgedanken verschwunden -wären. Ich sah und hörte kaum jemals etwas Wilderes. Die Einen standen, -die Andern kauerten. Die Einen konnten nicht genug ihre Hände um -einander kreisen lassen, ohne daß diese sich berührten. Andere schlugen -die Hand auf die Stirne oder auf die Brust, oder sie klatschten mit den -Händen, indem abwechselnd bald die Rechte, bald die Linke die Oberhand -war, und während der Oberleib vor- und rückwärts geschaukelt wurde. Die -Meisten drehten unaufhörlich einen Zipfel des Kopftuches. Wieder Andere -nahmen das kleine Kopftuch herunter, welches sonst den Kopf kronförmig -umgibt, und das große Kopf<span class="pagenum"><a name="Seite_181" id="Seite_181">[S. 181]</a></span>tuch befestiget; mit jeder Hand faßten sie -ein Ende des heruntergenommenen Tuches, drehten es, und hielten es -bisweilen in die Höhe. Auch eine alte Frau mit zahnlosem Kiefer und -vorspringendem Kinne und gebeugtem Leibe und wogenden Schultern hob -ein solches Tuch empor, lärmend und herumtrippelnd; es mangelte der -Rolle einer europäischen Tänzerin nichts, als die fröhliche Miene. Das -schlug unverkennbar auf die erzkomische Seite. Ein Theil wimpelte mit -den Händen, wie unsere Prediger auf den Kanzeln. Die meisten Augen -schwammen in Thränen. Dabei war der Mund angelweit aufgesperrt. Die -Einen begnügten sich fast einzig mit lautem Rufen. Andere gefielen -sich darin, Empfindungslaute, manchmal quieksende, auszustoßen. Es gab -auch solche Doppelsingspiele, indem unter schaukelnden Bewegungen die -Eine der Andern auf die Schulter klopfte, oder ein Stück des Kleides -packte. Nur die Kinder, von ihren Müttern getragen, waren alle — -ohne Sauglappen ruhig und still. Sie schienen vielmehr an dem wilden -Leben sich zu belustigen, und sie hätten, wie ich glaube, unfehlbar -geweint, wenn die erwachsenen Leute in den Zustand der Beschwichtigung -zurückgekehrt wären. Das ganze Schauspiel bot dem Europäer das Bild -einer Raserei. Es war das Weinen in seiner Zügellosigkeit und unter -allen Eingebungen der Traurigkeit.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_182" id="Seite_182">[S. 182]</a></span></p> - -<p>Es ist nicht in Ferne meine Absicht, das Gefühl der Theilnahme mit -meiner Schilderung zu beleidigen. In dem Rührenden fand ich, vom Hause -aus mit andern Sitten, so viel Possirliches, daß ich mich hin und -wieder des Lachens nicht erwehren konnte. Es verfehlt auch nicht die -Feuersbrunst, ungeachtet ihrer betrübendsten Folgen, auf das Gemüth -einige angenehme Eindrücke <em class="gesperrt">im Augenblicke</em> hervorzubringen, da -das Element in aller Pracht seiner Farbe und in seiner siegreichen -Ungebundenheit gegen den Himmel emporlechzet.</p> - -<p>Weiber, seid ihr nun die Erbinnen der uralten Sitten? fragte ich sie im -Gedanken. Das Schauspiel dürfte vielleicht alterthümlicher sein, als -der Sphinx, jener Riese bei Memphis. Die Verfasser der alten heiligen -Urkunden mochten so oft Zeugen ähnlicher Auftritte gewesen sein.</p> - -<p>Zuerst wußte ich das Klageschrei nicht zu deuten; später aber erfuhr -ich, daß Mütter ihre Söhne, Weiber ihre Männer, Schwestern ihre Brüder -beklagten, weil die dem Familienschooße Entrissenen sich auf die -Laufbahn des Kriegers werfen mußten. Ich besorge inzwischen, langweilig -zu werden, weil ich das alte Trauerlied auf die Kriegsknechte wieder -anstimmte. Ich verspreche mir jedoch durch das Langeweilen den -Nutzen, daß die wiederholten bösen Einschreibungen neuen Kriegsvolkes -sich um so leb<span class="pagenum"><a name="Seite_183" id="Seite_183">[S. 183]</a></span>hafter vor die Seele stellen, und daß die nunmehrige -peinliche Lage der Syrier um so ernster sich vergegenwärtige. Die -Mannschaftsaushebungen befleckt eine Grausamkeit, die Ihresgleichen -sucht. Manchmal werden alle Mehrjährigen männlichen Geschlechtes aus -einem Hause weggeräumt. Wer wird hinter dem Pfluge gehen? Wer wird die -Stütze einer alten Mutter sein? Was für eine Zukunft thut sich vor -der militärischen Gewaltherrschaft auf? Die Mütter und Schwestern, -denen die Anhänglichkeit an die Ihrigen zur Ehre gereicht, klagen -nicht umsonst so laut, so rasend; denn ist der Ausgehobene einmal -Soldat, so bleibt er es sein Lebenlang, wofern ihn nicht eine Laune -des Gewalthabers entläßt. Auch die Weiber werden mit Recht klagen, -wenn ihnen die Hoffnung abgeschnitten wird, den Mann begleiten zu -können, mit welchem nicht mehr, als <em class="gesperrt">ein</em> Weib ziehen darf. Das -ist freilich nach christlichen Begriffen genug, und hierin erscheint -die Unbarmherzigkeit wirklich in einer viel mildern Gestalt. Uebrigens -gestattet der Herrscher offenbar nicht aus edeln Beweggründen dem -Krieger sein Weib, sondern aus dem frostigen Grunde, damit aus altem -Militär junges werde. Bereits schon bei einem andern Anlasse wurde -darauf aufmerksam gemacht.</p> - -<div class="section"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_184" id="Seite_184">[S. 184]</a></span></p> - -<h3 id="Ibrahim_Pascha">Ibrahim-Pascha.</h3> - -</div> - -<p>Er ist unstreitig der größte jetztlebende Feldherr unter den Osmanen. -Das Schicksal verlieh mir die Gunst nicht, ihn zu sehen, obschon er -sich in Syrien aufhielt. Ich beschränke mich darauf, Einiges aus -ziemlich glaubwürdiger Quelle nachzuerzählen.</p> - -<p><em class="gesperrt">Ibrahim</em> besitzt ein sehr fröhliches Gemüth. Er lacht beinahe -an Einem fort. Die Franken hat er lieb; wenigstens überhäuft er -sie mit Beweisen von Freundlichkeit. Gründliche Kenntnisse im -Militärfache gehen ihm gänzlich ab, und Unterrichtetere schreiben das -Kriegsglück hauptsächlich dem französischen Abtrünnigen <em class="gesperrt">Seve</em> -oder <em class="gesperrt">Soliman-Pascha</em> zu, welcher selbst von <em class="gesperrt">Mehemet-Ali</em> -vorgezogen werden soll. Immerhin zeichnen <em class="gesperrt">Ibrahim</em> -Geistesgegenwart, kluge Benützung der Umstände und persönlicher Muth -aus. Voran in Anführung der Schlachten, befeuert er durch seine -Erscheinung den Soldaten, an den ihn das Band gegenseitiger Liebe -knüpft. Indessen wußte der Feldherr dieses Band bisher nicht so fest -zu schürzen, daß er dem Araber höhere Offiziersstellen anvertrauen -dürfte, die hinfort von Türken oder Ausländern besetzt werden. Als -auf einem Feldzuge eine ziemliche Anzahl Soldaten vor Durst starb, -und als ihm dann der Fund jenes unent<span class="pagenum"><a name="Seite_185" id="Seite_185">[S. 185]</a></span>behrlichen Lebensmittels -glückte, das man beim Mangel nicht minder hochschätzt, als beim -Ueberflusse geringschätzt oder verwünscht, so reichte er persönlich den -Uebriggebliebenen den Labungstrank.</p> - -<p>Diesem milden Zuge reihe ich zwei grausame gegenüber. In Alexandrien -erhob sich ein Sturm mit seltener Macht. Eine dort vor Anker liegende -Fregatte litt Noth. Der Hauptmann, in der Voraussicht, daß sie auf der -Rhede zu Grunde gehen würde, steuerte in den Hafen. <em class="gesperrt">Ibrahim</em> -beschied den Fregattenhauptmann vor sich. Erst wälzte er den Vorwurf -auf ihn, daß er ohne Befehl von der angewiesenen Stelle sich entfernte, -dann fügte er hinzu, daß er sich dem Schiffbruche und der Lebensgefahr -hätte preisgeben sollen, und auf das hin schlug er sogleich dem -Offiziere mit höchsteigener Hand den Kopf ab. Im Abendlande würde -freilich Jemand wenig Herzen erobern, wenn man ihm nachsagen müßte, daß -er oberster Feldherr und Henker zugleich sei.</p> - -<p>Eine andere Handlung legt kein geringeres Gewicht auf den grausamen -Karakter <em class="gesperrt">Ibrahims</em>. Ein Engländer zeigte ihm in Syrien eine -ausgezeichnet schöne Flinte. <em class="gesperrt">Ibrahim</em> wollte ihre Güte erproben. -Er ließ sie laden, und da eben ein Araber am Hause vorüberging, so trug -er kein Bedenken, auf ihn zu zielen. Puff! der Unglückliche fiel todt<span class="pagenum"><a name="Seite_186" id="Seite_186">[S. 186]</a></span> -nieder, und der Pascha ermangelte nicht, die Flinte zu preisen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Kleine_Petschaften_oder_Siegel">Kleine Petschaften oder -Siegel.</h3> - -</div> - -<p>Kleine Männer haben gerne große Schriftzüge und große Petschaften -oder Siegel. Sie wollen ihre Neigung, größer zu werden, auch darin -nicht verleugnen, daß sie ein hohes I-Tüpfel auf den Kopf und eine -lange Semikolonkurve unter die Füße hinmalen. Die Beobachtung ist mit -nichten gesucht. Sie wird sogar ohne den Scharfsinn möglich, welchen -ein Ornithologe, wie ich neulich las, im Ernste an diesem und jenem -Vogel hervorhob. Und ich? — wußte noch niemals, daß ich Scharfsinn -besitze. Jetzt freue ich mich natürlich der glücklichen Entdeckung, -den Fall vorausgesetzt, daß die Herren Ornithologen einen Menschen den -gefiederten Thieren nicht unterordnen.</p> - -<p>Lasset uns aber die Beobachtung einmal näher würdigen. Wir drückten -vielleicht das Petschaft oder Sigill zu stark auf. <span class="antiqua">Quod valet de -toto, valet quoque de singulo</span>, sagt die Universitätsfibel. In -Egypten und Palästina fand ich <em class="gesperrt">durchwegs</em> auffallend kleine -Petschaften oder Siegel, wovon zwei etwa ein abendländisches geben -würden. Also gilt mein allgemein aufgestellter Satz nicht von diesen -Ländern insbesondere. Wie ich zum ersten Male in Alexan<span class="pagenum"><a name="Seite_187" id="Seite_187">[S. 187]</a></span>drien den -kleinen Fleck auf dem Amtspapiere erblickte, glaubte ich, es wäre ein -Spaß, und ich schmunzelte bei mir selber, so viel man immer über etwas -Amtliches schmunzeln darf. Bisher hielt ich, als guter Abendländer, -das amtliche Ansehen für unzertrennlich mit einem großen Siegel oder -einem grandiösen Stempel, und in der Erste schien mir die egyptische -Regierung gerade um das minder werth, als das Siegel, gegen einem -europäischen Amtssiegel, kleiner war. Auch mit solchen Begriffen -verläßt man das gescheute Franken-Land.</p> - -<p>Noch mehr. Sogar das kleine egyptische Regierungssiegel hatte eine -unnütze Größe. Wie kann das sein? Ich bekam in Großkairo einen -gestempelten Thorschein; allein keine Zunge bekümmerte sich darum, -weder am Thore, noch in und über der Wüste, und, außer dem meinigen, -sah kein Auge den Stempel. Sollten etwa die Europäer auch so unnütze -stempeln, es ginge bei ihnen so gewiß, als zweimal zwei vier machen, -mehr verlustig, und der Vortheil fiele offenbar auf die Seite der -Egypzier; man versteht mich — der Vortheil oder Gewinn, weniger zu -verlieren.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Der_Hakim">Der Hakim.</h3> - -</div> - -<p>Mehrmals las ich, daß die Palästiner sich von den Europäern den Puls -fühlen lassen, in der Meinung, alle<span class="pagenum"><a name="Seite_188" id="Seite_188">[S. 188]</a></span> Franken wären <em class="gesperrt">Hakim</em> -(Aerzte). Letzteres kann ich bestätigen, nicht aber ersteres; denn -selten begehrte man in Palästina von mir ärztlichen Rath oder Beistand. -Um aber doch ein Beispiel anzuführen, so traten einmal in Jerusalem -drei bis vier verschleierte Frauenzimmer in meine Klosterzelle und -verlangten den Arzt. Ich hatte eben Besuch, und sie wurden von meinem -Gaste ziemlich derbe hinausgewiesen. Seit Syrien von egyptischen -Truppen besetzt ist, zählt es mehr europäische Aerzte, und es bleiben, -meines Wissens, die reisenden Franken so ziemlich ungeschoren.</p> - -<p>In Jaffa weilte ein herumziehender Arzt, ein Grieche. Vergebens -wollte ich mit ihm ein ärztliches Gespräche anbinden. Wahrscheinlich -hat der Mann Arzneiwissenschaft gar nie studirt. Ich rühme an ihm, -als etwas Ausgezeichnetes, einen goldenen Uhrschlüssel, den er mit -Selbstgefälligkeit recht tüchtig auf dem Bauche bammeln ließ. Um die -Höhe seiner wissenschaftlichen Bildung muthmaßlich und unmaßgeblich -zu bezeichnen, will ich ihm den Glauben in das Herz legen, welchen -das alte Wörterbuch <span class="antiqua">Gemma gemmarum</span> (Ausgabe von 1508) über das -<span class="antiqua">Nolimetangere</span>, auf deutsch: Rühre mich nicht an oder Krebs, -ausspricht: „Es ist eine gewisse Krankheit, welche am Gesicht <span class="antiqua">ex -mictura glirium entsteht</span>.“ Das heißt, firm gesprochen. Damals wußte -man also die Ursache vollkommen gut; jetzt<span class="pagenum"><a name="Seite_189" id="Seite_189">[S. 189]</a></span> zweifelt man. Oft werden -wir weiser, wenn wir weniger wissen wollen. Unser griechischer Arzt -verfügte sich, nach Verrichtung gelungener und mißlungener Kuren, sowie -auch guter Geldgeschäfte, in die Stadt Jerusalem. Solche herumirrende -Kurirer erinnern mich an die italienischen Zinngießer und die -französischen Scherenschleifer, welche das Schweizer-Land durchkreuzen. -Sind sie in einem Dorfe fertig, alsbald in einem andern zünden sie -das Kohlenfeuer an und stellen den Schleifstuhl auf, um die Kunden zu -befriedigen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_Fleischbank">Die Fleischbank.</h3> - -</div> - -<p>In der Absicht, meinen faden Reistisch zu verbessern, ging ich zur -Fleischbank am Marktplatze. Ausgezogene Schafe hingen an Haken. Die -herumstehende Menge war so groß, daß man sich, wie bei uns zu den -Osterrindern, ordentlich durchdrängen mußte. Endlich öffnete sich eine -Lücke am hölzernen Geländer, und ich füllte sie auf der Stelle, von -allen Seiten gedrückt, nur von der Bank her nicht. Ein sauertöpfischer -Fleischer konnte nicht genug abschneiden und abhauen, so sehr rissen -sich die Leute um das Fleisch. Ein Wohlgenährter saß auf seinen Beinen -und nahm die Zahlung an. Ein Anderer war damit beschäftigt, die -sonderbar geformten Gewichte in die Wagschale zu<span class="pagenum"><a name="Seite_190" id="Seite_190">[S. 190]</a></span> werfen und daraus -zu nehmen. Bereit lag ein Schreibzeug, eine lange metallene Büchse, -welche sonst der Schriftgelehrte vor der Brust zwischen das Oberkleid -schiebt, und nicht ohne einigen Stolz einen Theil davon hervorschauen -läßt. Man sieht, daß der Fleischverkauf ja auf eine großartige Weise -betrieben ward. Schon harrte ich längere Zeit; jetzt wurde ich aber des -Wartens überdrüssig. Man hat mich als Fremden und Franken doch zu wenig -beachtet. Ich verließ die Schlachtbank.</p> - -<p>Um meiner Mißstimmung mit einem Balsam zu begegnen, spazirte ich die -Stadt hinaus. Besser, als das saure Gesicht des Schlächters gefiel mir -das üppige Grün im Mauergraben, welcher die Stadt in einen Halbzirkel -sperrt. Indessen wollte es mir auf dem mohammetanischen Leichenacker -auch nicht behagen. Meine Gedanken richteten sich noch immer nach dem -übelriechenden Aas, welches in demselben eine Woche früher ein Rudel -Hunde mit einer Begierde aufzehrte, daß der Fraß mit Raufhändeln -gewürzt wurde. Heute war Alles aufgefressen bis an die größern -Knochen; nicht mehr verpestete das Aas den lieblichen Ort, — Dank der -einsichtigen, wohllöblichen Gesundheitspolizei — der Hunde.</p> - -<p>Ich kehrte um. Vor mir schritt ein Offizier durch das Thor. Die Wache, -ein alter Kerl mit einem magern Ge<span class="pagenum"><a name="Seite_191" id="Seite_191">[S. 191]</a></span>sichte, präsentirte unverzüglich -das Gewehr. Kaum aber hatte er es zur Seite genommen, als er mit -der rechten Hand buckelmachend die Lenden rieb, wahrscheinlich aus -Ehrerbietigkeit gegen seine Leibwache.</p> - -<p>Umsonst war ich Willens, im Rückwege gegen meinen Fleischer eine recht -mürrische Miene aufzupflanzen. Es stand eine andere Fleischbank offen, -und ich säumte nicht, mein Glück hier zu versuchen. Ich rief aus voller -Kehle, und es half. Unter dem Nachrufe von <em class="gesperrt">haidi</em> entfernte ich -mich mit meinem Fleische in fröhlicher Stimmung.</p> - -<p>Die Araber, diese klugen Leute, glauben, daß der Fremde ein Strohkopf -sei, sofern er, in Beobachtung der Bescheidenheit und des Anstandes, -nicht spreche oder, um es genauer auszudrücken, nicht maule. Wenn er -nur den Mund spaltet, gleich viel, was er donnere, er wird sogleich ein -Gegenstand der Ehrfurcht. Ich machte diese Erfahrung nicht nur dieses, -sondern auch andere Male. Kurz und gut, im Nu ward, auf meinen Lärm, -mir Fleisch zugewogen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Der_Zuckerrohrmarkt">Der Zuckerrohrmarkt.</h3> - -</div> - -<p>Niemand in Europa hat die absterbenden Zähne gerne; doch hätschelt -man dort die Dinge, welche ihnen das frische Weiß rauben. Oder sind -sie, mit Erlaubniß zu fragen, liebenswürdig, die Zähne von der Farbe -— geräucherter<span class="pagenum"><a name="Seite_192" id="Seite_192">[S. 192]</a></span> Schinken und mit den Höhlen, worin die Schmerzen mit -Vorliebe wüthen? Ach, wären nur die Zähne durch und durch Schinken, so -könnte man sie anschneiden, und mit dem speckweißen Liebreize das ganze -Menschengeschlecht entzücken. Allein selbst die Aeuglerin kann sich im -dienstfertigsten Spiegel nicht ganz zurecht gucken die tintenen Zähne -mit deren malerischen Schluchten, in welchen die balsamischen Quellen -der Schmätze entspringen. Es thut mir leid; aber ich kann es nicht -ändern.</p> - -<p>Es ist zwar nicht der daumensdicke, manneshohe Pflanzenhalm, nicht -die binsenartigen, langen Blätter, welche zu drei Fingerbreiten -über einander um denselben sich ansetzen, nein, nicht dieses Gras, -dieses Zuckergras, dieses Zuckerrohr ist es, welches den Zähnen so -viel Verderben bringt, sondern der Saft dieses Gewächses, nachdem er -durch Kochen eingedickt und dann geläutert oder raffinirt worden: der -<em class="gesperrt">Zucker</em>.</p> - -<p>Sehnlichst verlangte mich, den Vater eines so raffinirten Kopfes und -Verwüsters der schönen Welt näher kennen zu lernen. Außer dem Thore der -Stadt ist eine Menge frisches Zuckerrohr an einer Reihe ausgebreitet, -worum Verkäufer und Käufer wimmeln, unter welch’ letztern ich -namentlich Soldaten mit ihren halbschwarzen Gesichtern bemerkte. Ich -wollte mich zuerst satt <em class="gesperrt">sehen</em>; allein das Sehen nur ver<span class="pagenum"><a name="Seite_193" id="Seite_193">[S. 193]</a></span>schafft -nicht sehr viel Vergnügen, weil — es nichts kostet. Dachte ich doch, -ich werde den Saft des Rohrs im Munde auch ausziehen können, wenn es -Andere mit so vieler Lust thun. Ist man einmal draußen in der weiten -Welt, so muß man etwas mitmachen, damit man daheim etwas erzählen kann, -hört’ ich so oft schon sagen. Ich kaufte ein Zuckerrohr. Ich biß wohl -oben; aber das Süßsalzige mundete mir nicht. Der Zuckerrohrhändler, -meinen Fehler gewahrend, warf den obern Theil des Halmes gleich weg, -und ich biß in den untern, der besser schmeckte. Ganz rein schmeckte -das Süß hart über der Wurzel. Wie aber oben das Rohr weniger rein -schmeckt, so schmeckt das unterste, zum Theil in der Erde steckende -Glied nach Wurzeligem. Die grüne Pflanze enthält bedeutend viel Saft, -welcher, wie im eingedickten und geläuterten, so auch im frischen -Zustande, die angenehme, reine Zuckersüßigkeit besitzt. Das Rohr wird -so genossen, daß man rohe Stücke in den Mund nimmt, und sie zerbeißt, -um daraus den Saft zu verschlingen. Die faserigen Theile werden -weggespieen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Der_Tabakschneider">Der Tabakschneider.</h3> - -</div> - -<p><em class="gesperrt">Roman Pane</em>, welcher die alte Welt mit dem Tabak bescherte, -geschieht fürwahr in alle Zeiten Unrecht, daß er nicht wenigstens -zur Linken <em class="gesperrt">Mohammets</em> von den Mos<span class="pagenum"><a name="Seite_194" id="Seite_194">[S. 194]</a></span>lim verehrt wird; denn wer -möchte in Abrede stellen, daß diese den Tabak minder leicht entübrigen -könnten, als den Koran?</p> - -<p>Hätte ein Bursche nicht so lächerlich gelacht, als er an der Hand einen -türkischen Pfeifenkopf drechselte, nach den Gedanken der alten Zeit -umwendend, schier gedankenlos modelte, durchstach und in wenig Zeit -fertig hudelte, ich würde eher zum Tabakschneider geeilt sein.</p> - -<p>Hinter dem Handwerksmanne jene drei Wände von Mauer mit der offenen -Seite und dem Thürverschlusse gegen die Gasse, mit dem platten -Dache von Holz müssen ja das Audienzzimmer sein, welches er nur -zur Seltenheit betritt. Denn — er hockt mit diesem Raume zwar -auf gleicher Höhe, aber auf einem Mauervorsprunge und unter einem -Vordache, vielleicht auch damit er mit seinen Kunden leichter verkehren -könne. Wie mag den Glücklichen ein Anderer beneiden, dem bloß von -außen an einer Bude ein kleiner obdachloser Winkel zu Verrichtung -seiner Kunst vergönnt ist. Zu einem buchstäblichen Winkelhandwerke -verurtheilt, begrenzt sich die Handthierung des armen Teufels einzig -auf Zerschneidung und Zerschnitzelung des kundschaftsweise anvertrauten -Rauchtabaks, und für einen Piaster schneidet er ein ordentlich Schock.</p> - -<p>Wenden wir uns wieder zu dem Tabakschneider in der<span class="pagenum"><a name="Seite_195" id="Seite_195">[S. 195]</a></span> Bude. Es sind bei -ihm so wenig Artikel ausgekramt, daß er sein Gedächtniß damit nicht -überladen darf. Haufen von unzerschnittenem und zerschnittenem Tabak -liegen unordentlich herum. Eine Wage mit messingenen Schalen und einem -hölzernen Balken lauert auf den Käufer. Damit aber den Verkäufer selbst -das Warten nicht verdrieße, schneidet er für sich — und Andere Tabak -in gar hübschen Nadeln. Ein der Länge nach gespaltenes, ziemlich großes -Rohr oder Halbrohr dient zur Aufnahme des Tabaks. Jenes ist mit Eisen -gerändert, wo das Schneidemesser hart vorbeifährt. Letzteres, auf einer -Seite so befestiget, daß es mit geringer Mühe herab- und hinaufläuft, -ähnelt in den wesentlichsten Beziehungen unserem Schneidemesser mit -der Vorrichtung dazu, wie selbes die Apotheker zu Zerschneidung von -Arzneien, z. B. von Wurzeln, und die Liebhaber des Tabaks zu anderem -Behufe gebrauchen. Noch ähnlicher, als unserm Schneidemesser der -Apotheker ist es dem Schneidestuhle, mittelst dessen der Häckerling -bereitet wird. Drückt der morgenländische Tabakschneider mit der -Hand das ungeschnittene Kraut im Halbstiefel wohl zusammen und ein -wenig über den Rand, so schiert er mit dem herunterschwirrenden -Messer gleichsam eine Scheibe ab, die, sogleich in viele Schnitzel -zerzottelnd, auf eine Schilfdecke zu Boden fällt.</p> - -<div class="section"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_196" id="Seite_196">[S. 196]</a></span></p> - -<h3 id="Der_Nargilebediente">Der Nargilebediente; die -Rauchvirtuosität.</h3> - -</div> - -<p>Von den vielen Handwerkern, welche dem Abendlande angehören, dagegen im -Morgenlande vergebens gesucht werden, will ich bloß den Kunstgärtner -(im strengeren Sinne des Wortes) nennen. Ein Deutscher, dessen erwähnt -ward, that sich für einen Gärtner aus, und kannte wirklich einige -Gewächse nach ihren lateinischen Namen. Hier aber beklagte er seinen -Beruf, weil die Natur ohne Kunsthilfe Alles viel schöner hervortreibe, -als es der erfahrungsreiche Gärtner Europas den dortigen Anlagen und -Treibhäusern abdringe.</p> - -<p>Dem abendländischen Kunstgärtner hält indessen der Morgenländer -einen andern Berufsmann entgegen, welchen gerade das Abendland nicht -aufzuweisen vermag; ich meine den <em class="gesperrt">Nargilebedienten</em>, den -Nargileträger. Argile oder Nargile heißt eine Tabakspfeife mit einer -Tasche voll Wasser, durch welches der Rauch gesogen wird. Mit drei bis -vier Nargilen geht der Gewinnlustige auf der Gasse umher, und erhascht -er einen Liebhaber, so stopft er ihm die Pfeife mit Tabak und setzt -überhaupt Alles so in Bereitschaft, daß der Rauchlüstling bloß das -Mundstück der Pfeife zwischen die Lippen und die Hand in den Geldbeutel -schieben darf.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_197" id="Seite_197">[S. 197]</a></span></p> - -<p>Kaum sättiget man sich an diesem Auftritte, so schreitet ein -wohlhabender Morgenländer stattlich daher; schweigsam und treu wie der -Schatten folgt ihm ein schwarzer Sklave, welcher die lange, brennende -Pfeife seines Herrn trägt. Nun mache ich einen Besuch. Alsbald füllt -der Diener oder gar die Dame des Hauses die mit einem bernsteinernen -Mundstücke versehene Pfeife und raucht sie an, um sie mir darzubieten. -Ich wische das Mundstück hübsch fein ab, und rauche mit der größten -Bequemlichkeit. So reicht auch der Diener seinem Herrn immer die -angerauchte Pfeife.</p> - -<p>Im Rauchen sind die abendländischen Christen, im Vergleiche mit den -Morgenländern, gleichsam Stümper. Es ist übrigens für den Reisenden -eben nicht unumgängliche Nothwendigkeit, daß er mitrauche. Ich lernte -zwar das Rauchen erst auf der Reise, verzichtete darauf jedoch öfter -längere Zeit.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Der_Kaffeeroester">Der Kaffeeröster und Kaffeezerstößer.</h3> - -</div> - -<p>Ich trete in ein großes Gewölbe. An der Wand brennt es in einer Höhle. -Ueber dem Feuer steht schief ein irdenes, großbäuchiges und ziemlich -enghälsiges Gefäß zur Röstung des Kaffees. Dieser wird von einem Manne -mit einem Stäbchen fleißig umgerührt, bis er gar ist. In<span class="pagenum"><a name="Seite_198" id="Seite_198">[S. 198]</a></span> einer offenen -Pfanne würden während des Röstens offenbar mehr kräftige Bestandtheile -sich verflüchtigen.</p> - -<p>Neben dem Herde nimmt der Mörser seine Stelle ein. Eine runde, tiefe -Aushöhlung des Fußwerkes von einer alten Marmorsäule ist er — fest -ummauert. Ein Mann beschäftigt sich eigens mit dem Zerstoßen oder -Zermörsern des Kaffees. Er handhabt eine große, eiserne Mörserkeule, -die durch ihren schweren Fall zermalmt. Dazu musizirt der Arbeiter -stöhnend auf echt arabisch bei jedem Plumps. Hat der Kaffee eine -mehlichte Beschaffenheit erreicht, so wird er durch ein Sieb gebeutelt. -Das Seihsel fällt auf einen platten, großen, fein geflochtenen -Strohteller; das Ueberbleibsel im Siebe wird in den Mörser geschüttet, -um es aufs neue zu zermalmen. Den letzten Ueberrest betrachtet der -Araber als Auswurf; allein leicht kann man hier übervortheilt werden. -Der betrügerische Araber rechnet zu jenem gerne solchen Kaffee, den er -noch gar wohl benützen kann.</p> - -<p>Ein Italiener von meiner Bekanntschaft kauft, um Einiges zu ersparen, -unzerstoßenen Mokkakaffee. Er bringt ihn in die Werkstätte. Er muß -warten; denn so eben wird für einen andern schon Dastehenden Kaffee -geröstet. Nun geht es an den seinigen. Es faßt das irdene Gefäß und -bald der Mörser den Kaffee, und für die Röstung und<span class="pagenum"><a name="Seite_199" id="Seite_199">[S. 199]</a></span> Pülverung bezahlt -er eine Kleinigkeit. Fein wie Mehl ist der zermörserte Kaffee.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Der_Baumwollereiniger">Der Baumwollereiniger und der -Schilfdeckenweber.</h3> - -</div> - -<p>Die Baumwolle wird in der Nähe von Jaffa, aber nicht auf einem Baume, -wie das deutsche Wort zu allgemein sich ausdrückt, obschon es auch -Baumwolle gibt, sondern an einem wenige Fuß hohen, strauchartigen -Gewächse gewonnen. Genug, daß sie gedeiht, und zu den nützlichsten -Erzeugnissen des Erdbodens gezählt werden darf.</p> - -<p>Die Baumwolle beschäftigt manche Hände, bis sie gereiniget ist. -In einer Werkstätte setzte Einer ein größeres Rad mittelst eines -Tretschemels und ein kleineres mit der einen Hand an der Kurbel in -Bewegung. Diese zwei Räder trieben zwei Walzen, die nahe über einander -und in ungleicher Richtung liefen. Wird die durchsämte Baumwolle mit -der noch freien Hand in die Walzenfuge gehalten, so erschnappt diese -den wollenen Theil und läßt ihn auf der andern Seite fallen; auf der -nähern Seite bleiben die Samenkörner zurück. Selbst auf der Neige des -Wintermonates verrichteten in Ramle das Geschäft der Samenabklappsung -beinahe nackte Männer.</p> - -<p>Ich entfernte mich vom Baumwollereiniger, und wollte<span class="pagenum"><a name="Seite_200" id="Seite_200">[S. 200]</a></span> lieber dem -Schilfdeckenweber zuschauen. Der Webstuhl ist sehr niedrig, kaum -über einen halben Fuß hoch vom Boden, und von Baum zu Baum sind als -Kette Schnüre angestreckt. Abwechselnd stehen zwei Schnüre sich nahe, -um einen Zwischenraum von beiläufig drei Zoll offen zu lassen. Der -hölzerne Kamm mit so viel Bohrlöchern, als Kettenschnüre sind, hängt -nicht, sondern lastet auf den letztern, nachdem die Schnüre durch den -Kamm gezogen worden. Da das Gewebe, nämlich die Decke, in der Breite -etwa fünf Fuß mißt, so weben zwei Burschen einträchtig neben einander, -ein jeder die Hälfte der Breite, während jedoch der eine allein den -Eintrag mit dem Kamme zuschlägt. Beide hocken vor diesem Werkzeuge -auf dem Gewebe, und in dem Maße, daß sie weiter weben, rutschen sie -vorwärts, wie unsere Kinder, welche noch nicht gehen können. In der -Nähe der Weber liegt der Schilf, bei dem einen unter den Füßen. Behende -spalten sie ihn mit dem bereit gehaltenen Messer. Das Schilfband ziehen -sie mit den drollig davon hüpfenden Händen abwechselnd über und unter -zwei Schnüre des Aufzuges durch, auf gleiche Weise das nächste Band, -nur gegenüber und schließend, u. s. f. Von den Schilfbändern werden die -Schnüre ebenso umschlungen, wie beim Flechten der Körbe von den Weiden -die Stäbchen. Die Burschen weben mit großer Fertigkeit, und haben -sie<span class="pagenum"><a name="Seite_201" id="Seite_201">[S. 201]</a></span> zugewoben, so müssen die Schnüre durchschnitten, und allemal die -zwei näher stehenden zusammengeknüpft werden, damit sie den Schilf da -festhalten, wo er im Weben sich kreuzt.</p> - -<p>Man macht von den Schilfdecken ungemein viel Gebrauch. Unter Zelten, -in Häusern und Kirchen deckt er die Erde oder Steine. Der Betende -zieht zuerst seine Schuhe aus, und dann wirft er sich in dem Tempel -auf einer Schilf- oder Strohdecke nieder. Betet unter freiem Himmel -der Mohammetaner, sein Antlitz gegen Mekka gewendet, und hat er gerade -eine Schilf- oder Strohdecke bei der Hand, so breitet er sie, oft unter -seinen nackten Füßen, aus.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Der_wandernde_Schiffer">Der wandernde Schiffer und -Kinderspiele.</h3> - -</div> - -<p>Ich konnte zuerst nicht klug werden, als ich etwas erblickte, das aus -Schwarzem herausragte und im Meere herumzappelte. Es war ein bis an -die Lenden entblößter Schiffer. Er saß in einem so kleinen Kahne, daß -dieser dem Manne mit ausgestreckten Beinen kümmerlich Platz gestattete. -Er ruderte mit keinen eigentlichen Rudern, sondern mit kleinen -Plattschaufeln. Er hielt diese in den Händen fest, je eine Schaufel in -einer Hand, und platschte damit in das Wasser, wie, man wird mir die -Vergleichung erlauben, der schwimmende Hund mit den Vorderpfoten.<span class="pagenum"><a name="Seite_202" id="Seite_202">[S. 202]</a></span> Das -Schiffchen fuhr ziemlich schnell von einem größern Schiffe zum andern, -von Riff zu Riff, und wenn es in den Grund lief, so trug der Schiffer -es gleich weiter, bis er es wieder flott machen konnte.</p> - -<p>Um ja Alles auszuplaudern: Ein noch kleineres Schiffchen ließen die -Knaben vor dem lateinischen Hospize auf der Gassenpfütze herumfahren. -Ich lobe an diesen Schiffchen, ich darf wohl sagen, die treffliche -Eigenschaft, daß es keine Kameelfüße hatte; denn wenn die Buckeligen -mit ihren schweren, breiten Füßen durch die große Pfütze trabeten, so -entstieg dieser ein sehr unangenehmer Geruch bis in meine Zelle. Außer -der kindischen Schifffahrt nahm ich bei den Kleinen sonst keine andere -Spiele wahr, als eine Art Wettlauf und das Gleiten auf einer geneigten -Fläche, z. B. indem ein Kind, Kopf voran, sich von einem andern an den -Armen herunterschleifen ließ.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Spiel_der_aelteren_Leute">Spiel der älteren Leute.</h3> - -</div> - -<p>Die Araber überlassen sich nicht sehr häufig dem Spiele. Karten trifft -man allerdings bei ihnen, allein ziemlich selten. In Kaffeehäusern zu -Kairo spielten Araber Schach, aber mit possenhaft plumpen Figuren.</p> - -<p>An der kleinen Meeresbucht bei Jaffa sah ich ebenfalls<span class="pagenum"><a name="Seite_203" id="Seite_203">[S. 203]</a></span> beim Spiele -Morgenländer, welche das Schachbret in den Sand gezeichnet hatten.</p> - -<p>Eines Tages bemerkte ich am Hafen von Jaffa zwei im Spiele begriffene -Soldaten. Schnell trat ich näher. In ein Bret waren vierzehn -schalenförmige Vertiefungen gearbeitet, wovon je sieben eine Reihe -bildeten. Eine ziemliche Anzahl Ziegelbröckchen legten sie in die -mittlern sechs Gruben. Mir wurde der Zusammenhang des Spieles nicht -völlig deutlich; doch so viel nahm ich wahr, daß aus einer Grube die -Steine gehoben und davon einer allemal in eine Vertiefung um die andere -gesetzt wurde. Wenn dann der letzte Stein in eine leere Grube fällt -oder nicht, so bringt es dem Spielenden Verlust oder Gewinn. Das Spiel -ist wohl kein anderes, als das von <em class="gesperrt">Niebuhr</em> und <em class="gesperrt">Burckhardt</em> -beschriebene <em class="gesperrt">Mangal</em>.</p> - -<p>Der eine der spielenden Soldaten war der am Hafenthore wachehaltende -Soldat. Mit der linken Hand hielt er das Feuergewehr, und mit der -rechten spielte er. Da gesellte sich ein dritter Soldat hinzu. Er -hatte nichts Eiligeres vor, als seinen Mantel hart am Spielbrete -niederzuwerfen und, nach Ablegung der Schuhe, sich aus denselben -barfuß zu stellen; denn nach solcher Vorbereitung verrichten viele -Mohammetaner das Gebet. Dieser Soldat mochte im Beten stehen oder -hocken, oder auf das Gesicht<span class="pagenum"><a name="Seite_204" id="Seite_204">[S. 204]</a></span> niederfallen, die Spielenden ließen -sich nicht im mindesten stören. Der Eine lachte unterdessen manchmal -mit aller Herzlichkeit, andere Male kicherte er. Es ist eine -bemerkenswerthe Sache, daß, so viele Sprachen auch in der Welt den -Tausch der Gedanken und Gefühle vermitteln, dennoch das Lachen, -welches vom leisen Schmunzeln bis zum schallenden Gelächter so viele -Gemüthszustände ausdrückt, meines Wissens — allenthalben gleich -ist sowohl in Beziehung auf die Beschaffenheit, als auf das Maß der -Töne. Das gilt im Wesentlichen auch vom Weinen. Die afrikanischen -und asiatischen Kinder können so unharmonisch weinen, wie die -unserigen. Die Erscheinung erklärt sich dadurch, daß die Lach- und -Weinlaute Naturlaute sind, welchen die Kunst weder Mark abbettelte, -noch andichtete. Kehren wir zu den lachenden Spielern zurück. Der -Neuangekommene näherte sich, nach vollendeter <em class="gesperrt">Andacht</em> (Asser), -alsogleich dem Spielbrete, und ohne Umständlichkeit schob er einen der -Spielenden weg. Jetzt betrachtete ich erst mit mehr Aufmerksamkeit eine -große Narbe am Vorderarme des neuen Spielers, und wirklich glaubte ich -dieselbe als ein Ordenszeichen kriegerischer Tapferkeit mit seinem -herrischen Benehmen in Einklang bringen zu sollen.</p> - -<div class="section"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_205" id="Seite_205">[S. 205]</a></span></p> - -<h3 id="Meine_Lebensart">Meine Lebensart.</h3> - -</div> - -<p>Meine Lebensart würde nicht jeder Europäer gepriesen haben. Ich kam in -die römische Fastenzeit. Die lateinischen Mönche aßen nichts, als Brot, -Kräutersuppen, Hülsenfrüchte, Gemüse, Fische, Oelbeeren u. dgl. Zudem -dürfen diese Speisen nicht mit Butter oder Schmalz, sondern sie müssen -mit Oel abgekocht werden. Das wäre allerdings eine engherzige und harte -Vorschrift für Bewohner von Ländern, wo das Oel selten und theuer, die -Butter hingegen im Ueberflusse und zu wohlfeilem Preise zu haben ist. -Uebrigens wird von Kundigen die Thatsache nicht bestritten, daß das -Pflanzenfett weniger reizende Eigenschaften besitzt, als das Thierfett, -wie: die Butter.</p> - -<p>Die magere oder Fastenkost (<span class="antiqua">il magro</span>) eignet sich, beim Lichte -betrachtet, in der That, die sinnlichen, d. h., die thierischen -Gelüste des Menschen abzutödten, mithin die Weltüberwindung eher in -den Kreis der Möglichkeit hereinzuziehen. Wundern muß man aber sich, -daß der gemeine Genuß des Weins, welchen die strengste Diät, wie die -mohammetanische Rechtgläubigkeit verbietet, und welcher schon so -manche Sünde veranlaßte, im römischen Fastenspeisezettel einen Platz -behauptet. Gibt man nun auch zu, daß man mit dem Fasten<span class="pagenum"><a name="Seite_206" id="Seite_206">[S. 206]</a></span> den Zweck der -Weltüberwindung näher oder minder nahe erstrebt, so darf man darum auf -der andern Seite das Nachtheilige nicht verschweigen, daß es hier und -da den Zunder zu Krankheiten legt, nicht bloß, wenn auch vorzüglich bei -den Griechen, wie wir schon oben in Gaza vernommen haben, sondern auch -bei den Lateinern.</p> - -<p>Da ich von einer Unpäßlichkeit immer nicht hergestellt ward, so -unterwarf ich meine Ernährungsweise der ernstesten Prüfung, deren -Ergebniß war, daß ich anfing, die Ursache meiner Nichtwiedergenesung in -der Fastenspeise zu suchen. Ich sann auf Abhilfe der magern Kost. Auf -meine der Gesundheit geltenden Gründe erlaubte mir der Pater Superior -mit aller Bereitwilligkeit, was ich wollte; bloß eine Kleinigkeit -fehlte, nämlich der Koch vollführte nicht. Ich wünschte unter Anderem -Milch. Ich wendete mich deswegen an den Pater Superior, an den Koch, an -den Konsul <em class="gesperrt">Damiani</em>, an den Schulmeister der Maroniten, an einen -Italiener, dem ich empfohlen war, und der sie täglich trank, — ich -goß nur Wasser ins Meer. Schienen die Einen vergeßlich zu sein, so war -die Vergeßlichkeit in der That eine milde und tröstliche im Gegenhalte -derjenigen des Kaisers <em class="gesperrt">Klaudius</em>, der Viele dem Tode überlieferte -und einen Tag nach der Hinrichtung sie wieder zu Tische und zum Spiele -einlud.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_207" id="Seite_207">[S. 207]</a></span></p> - -<p>Zwei Tage aß ich freiwillig nichts, als Brot und im Wasser gekochten -Reiß, ohne Oel, ohne Butter, ohne Salz, kurz, ohne eine Zugabe; Wasser -diente als Getränke. Besorgt endlich für meine bevorstehende Seereise -bei dieser entkräftenden Nahrung, ging ich zu Markte, verschaffte mir -ein Huhn, und so wurde mir nach Belieben gekocht. Ueberdies kaufte ich -Butter und Honig, — und Brot, Butter und Honig auf einander schmeckten -mir eben so köstlich, als einst auf den Kindsbeinen, wenn ich diesen -Leckerbissen aus der freigebigen Hand meiner alten Großmutter empfing.</p> - -<p>Indessen würde man sich um die jaffanische Butter, neben der -vorarlbergischen und schweizerischen in der Gebirgsgegend, schwerlich -reißen. Wer leicht Ekel empfindet, isset sie nicht. Sie sieht schmutzig -aus, und die Haare sind in solcher Menge in sie geflochten, als wäre -es mit Fleiß geschehen, damit sie nicht von einander falle. Dessen -ungeachtet schmeckt die Butter nicht übel, einzig etwas säuerlich, -keineswegs aber ranzicht. Sie wird auf dem Markte feil geboten. Ein -Verkäufer hatte einen hohen, unordentlich gekneteten Haufen auf dem -Teller. Zum Zeichen meiner Kauflust streckte ich ihm einen Piaster -dar. Gleich ergriff er die kupferne Schalenwage, krabbelte mit den -ausgebreiteten Fingern flink von der Butter, wog ab und ich be<span class="pagenum"><a name="Seite_208" id="Seite_208">[S. 208]</a></span>kam, -nackt von Hand zu Hand, mehr, als ich erwartete. Ich vergesse nicht, -beizufügen, daß der Verkäufer ein Mohammetaner war. Wäre er ein -morgenländischer Christ gewesen, ich würde wahrscheinlich minder -erhalten haben. Ich muß dieser Vermuthung an der Fackel einer neuen -Thatsache leuchten. Beim Einkaufe des Mundvorraths sah ich mich um -Zwieback um. Der käufliche aus Zypern ist sehr gut: kleine, runde, etwa -zwei Daumen dicke Brote, oben mit fünf Punktirungen. In einer Bude, in -die ich zufällig trat, machte man das Anerbieten, mir sogleich Zwieback -zu holen. Die Leute in der Bude benahmen sich mit so vieler Artigkeit, -daß sie mir Zutrauen einflößten; sie bezeugten auch Freude darüber, -daß ich ein Christ, und zwar kein griechischer sei. Sie forderten für -eine Ocke drei Piaster. Wirklich kaufte ich sieben Ocken. Nach dem -Kaufe fragte ich gelegentlich vor den mohammetanischen Buden. <em class="gesperrt">Keiner -verlangte mehr, als drittehalb Piaster.</em> Der Abendländer erzählt mit -Schmerz eine solche Thatsache, die einen so auffallenden Unterschied -zwischen Christen und Moslim herausstellt.</p> - -<p>Honig findet man in einigen Buden. Man bewahrt ihn in einem enghälsigen -Kruge, schöpft ihn mit einem hölzernen Löffel, und wägt ihn auf der -Schalenwage. Zuerst, um eines kleinen Versuches willen, legte ich -ein Kohlblatt<span class="pagenum"><a name="Seite_209" id="Seite_209">[S. 209]</a></span> auf meine Hand, und begehrte für wenige Kreuzer. Ein -Mohammetaner wies mich ab. Ein Anderer weigerte sich Anfangs, später -aber deutete er mir, daß ich, weil ich mit keinem Gefäße versehen war, -die Hand recht hohl machen solle. Als in der Folge für sieben bis -acht Kreuzer (R. V.) eine Achtelsmaß (ein halber Schoppen) Honig in -mein Trinkglas gewogen wurde, konnte ich mir leicht erklären, warum -der erste Mohammetaner an mich keinen verkaufen wollte; denn für das -Geldstück, das ich ihm zeigte, würde mir mehr gehört haben, als ich -hätte versorgen können. Der Honig, wenn auch ein wenig trübe, schmeckt -gut.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Ich_lese_die_Bibel">Ich lese die Bibel.</h3> - -</div> - -<p>Was mir ein hohes Vergnügen gewährte, war das Lesen in der Bibel, -während ich eben auf dem Schauplatze stand, worauf dieselbe so oft -führt; denn Joppe ward zu Judäa gezählt. Die Patres gaben mir eine -Vulgata ohne irgend einen Anstand. Ich würde zwar <em class="gesperrt">Luthers</em> -ausgezeichneter, kraftdeutschen Uebersetzung den Vorzug eingeräumt -haben; allein eine solche war nicht aufzubringen, und unter den -lateinischen Uebersetzungen verdient die Vulgata gewiß eine -Ehrenstelle. Das Latein des ehrwürdigen <em class="gesperrt">Hieronymus</em> erhebt sich -weit über das Mittelmäßige.</p> - -<p>Das alte Testament enthält einen so großen Reichthum<span class="pagenum"><a name="Seite_210" id="Seite_210">[S. 210]</a></span> an -Eigenthümlichem aus dem Leben der Israeliten, daß es ein wahres -jüdisches Volksbuch ist. Es überrascht insbesondere mit der Schilderung -von Sitten und Gebräuchen. Hier, wo ich als Reisender die Aufgabe, -diejenigen der heutigen Einwohner im alten Lande der Juden zu -beobachten, nach Maßgabe meiner Zeit und Kräfte löste, fühlte ich in -mir gleichsam einen Drang, zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart -Vergleichungen anzustellen, wofür mir der süße Lohn zu Theil ward, in -der Bibel so treuen Zeichnungen zu begegnen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Ein_Pater_sagt">Ein Pater sagt, ich werde des Teufels.</h3> - -</div> - -<p>Der Umstand, daß ich nicht in die Messe ging, schien die sechs Mönche, -welche das Hospiz bewohnen, unangenehm zu berühren. Die Stimmung -derselben war mir bald nicht mehr zweifelhaft. Es fragte mich nämlich -eines Mittags der Koch, Frater <em class="gesperrt">Emanuel</em>, ob ich die Messe -angehört hätte. Ich antwortete: Nein. Der Eifer wimmelte in seinen -Händen, und ich merkte ihm an, daß er es darauf anlegen wollte, mich -recht auszuholen. Ich fertigte ihn kurz mit den Worten ab, daß ich nur -auf lateinisch in religiöse Gegenstände mich tiefer einlassen würde.</p> - -<p>Im Nu schritt der Pfarrer (<span class="antiqua">padre curato</span>) mit zwei Mönchen daher. -Der Meinungskampf begann in der Kir<span class="pagenum"><a name="Seite_211" id="Seite_211">[S. 211]</a></span>chensprache der Katholiken. Jener -stolperte unglücklich genug über seine lateinischen Fehlbrocken. Um -aber doch seinen Worten einen salbungsvollen Nachdruck zu verleihen, -schlug er mit der Faust auf dem Tische den Takt, und glühender Eifer -rollte seine Augen. Der ganze Rüstzeug von Verstand und Vernunft -würde dem Menschen wahrlich wenig mehr nützen, wenn das Gepolter -einer Faust Beweiskraft hätte. Der Pfarrer trieb sich auf dem Boden -der faden Jesuitenlogik herum, und ich merkte, daß mit ihm kein Satz -ordentlich durchzuführen sei. Ich erklärte geradezu, daß ich mich -zum Protestantismus bekenne. Auf diese Erklärung suchte man mir -den bekannten Satz ins Herz zu prägen, daß einzig und allein die -römisch-katholische Kirche selig mache; ich sei verdammt, hieß es, -und laut rief ein Mönch mit einem buntscheckigen Barte, daß ich in -die Hölle fahren werde<a name="FNAnker_11_11" id="FNAnker_11_11"></a><a href="#Fussnote_11_11" class="fnanchor">[11]</a>. Ich sei mit meinem religiösen Schatze -zufrieden, erwiederte ich; ich wolle den Frieden meiner Seele wahren; -ich könne glatterdings nicht bekehrt werden. Sofort erloschen die -Flammen der Patres, und ich wurde nimmermehr mit derlei Zwisten -gequält.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_212" id="Seite_212">[S. 212]</a></span></p> - -<p>Ich warne, aus dieser einzelnen Vorfallenheit allgemeine Sätze -herauszufolgern. Die Patres haben höhern Auftrag, ihren Glauben zu -verbreiten, und der Bekehrungsversuch darf wohl nicht befremden. Ich -meine sogar, daß mein Tagebuch dadurch eher gewonnen, als verloren habe.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Wie_die_Gleissnerei">Wie die Gleißnerei im Namen der heiligen -Religion einen Unschuldigen prügelt; laue Konsulats- und -Mönchspolizei.</h3> - -</div> - -<p>Der Franzose, einer meiner Wegweiser in Jerusalem, machte eines Abends -in seiner Trunkenheit nicht wenig Spektakel in und vor meiner Zelle. -Weil mit einem Berauschten nichts anzufangen war, so stieg ich hinunter -zum Pater Superior. Mir nach eilte der Franzose bis zur Kirche, worin -die Mönche beteten. Dies hinderte jedoch den Zornentbrannten nicht, vor -der geweihten Stätte so ungestüm zu lärmen, daß jene die Kirchenthüre -zuschlossen. Und sich nicht begnügend mit bloßem Lärmen, schlug er mich -mit der Hand und versetzte mir mit seinen Reitstiefeln einen Fußtritt. -Gegen die Ueberfälle vertheidigte ich mich mit genauer Noth, in der -Ueberzeugung, daß eine ernste Gegenwehr mit Händen und eine kräftige -Vertheidigung mit Worten Anlaß darböten, einer falschen Anklage Gewicht -zu geben, und mich nicht minder zu beschuldigen, als den Angreifenden. -Eben drohte der Fran<span class="pagenum"><a name="Seite_213" id="Seite_213">[S. 213]</a></span>zose mit dem Messer, als endlich die Patres -herzutraten, denselben beschwichtigten und mir beistanden. Der Pater -Superior mußte wohl einsehen, daß unser von den Mönchszellen ziemlich -gesondertes Wohnen zur Seite hoch oben in den Pilgerkämmerlein den -Unfrieden allzu sehr begünstigen würde. Er befahl Trennung; da ich aber -mein Gepäcke holen wollte, spektakelte der Franzose von neuem auf dem -Dache, und hob, unter Drohungen gegen mich, einen Stein. Indeß hatte -das rohe Benehmen die gute Folge, daß ich <em class="gesperrt">neben den Patres</em> eine -weit bessere Zelle bekam.</p> - -<p>Tages darauf war es mein erstes Geschäft, den Schutz des -österreichischen Konsuls anzuflehen. Diesen Vorfall zuerst tief -bedauernd, äußerte er sich dann, daß er nicht einschreiten könne, -und daß ich mich mit den Worten zufrieden geben sollte: <span class="antiqua">Questo -è finito</span> (die Sache ist abgethan), indem wir einander die Hand -reichen und umarmen würden. Hiezu konnte ich mich deswegen um so -weniger verstehen, weil der eben anwesende Franzose seine im Rausche -ausgestoßenen Beschimpfungen jetzt im nüchternen Zustande wiederholte, -und weil er noch aus dem Grunde Recht haben wollte, <em class="gesperrt">daß ich kein -Christ sei</em>. Mit dieser Gleißnerei hat er auch die Mönche zu -berücken gesucht. <em class="gesperrt">Der Pater Superior bemerkte inzwischen ganz<span class="pagenum"><a name="Seite_214" id="Seite_214">[S. 214]</a></span> wohl, -daß Schimpfen und Schlagen von seiner (des Franzosen) Seite nimmer -angehe, welcher Religion ich auch zugethan sein möge.</em> Ich verlangte -beim Konsulate förmliche Genugthuung und Sicherheitserklärung, die ich -denn auch mit Zähigkeit erhielt.</p> - -<p>Der Konsul scheint dasjenige zu glauben, was der erste ihm vormalt. Die -Dreieinigkeit theilte er ein in Gott, als Obersten, in unsere liebe -Frau (Madonna) und in <em class="gesperrt">Jesus Christus</em>. War der Konsul sich der -Zeitfolge bewußt, so soll vor der Hand keine Einwendung geschehen, -besonders dann, wenn er, ein öfterer Fall, in gewisser irdischer -Begeisterung sprach. Der Konsul erregte erst meinen großen Unwillen -gegen ihn, als hart neben seinen Ohren ein Mann mir erzählte, daß der -Franzose den Vater desselben am gleichen Abende mit Stockschlägen -mißhandeln wollte. Still, still, lispelte der etwas verlegene Konsul, -welcher die Sache zu vertuschen suchte, und als er sie nicht mehr -leugnen konnte, beschönigte er den Franzosen damit, daß dieser, in -der Wuth über mich, auch einen andern Handel angesponnen habe. Es -war erdichtet; denn das Hospiz wird gleich nach Einbruch der Nacht -gesperrt, in welcher ich unter die unsanften Hände gerathen bin. Viel -vermag fürwahr bei einem Morgenländer die glatte Zunge und die rothen, -unten mit Leder überschlagenen Reitknechthosen ei<span class="pagenum"><a name="Seite_215" id="Seite_215">[S. 215]</a></span>nes Franzosen, solche -mit einer weiter gediehenen Bildung natürlich unzertrennliche herrliche -Erscheinungen des Abendlandes.</p> - -<p>Doch die Sicherheitserklärung ist da nur Schein, wo man straflos -schimpfen und schlagen darf. Mit persönlicher Sicherheit wanderte ich -bisher unter der arabischen Polizei, aber nicht unter der fränkischen. -Im Unwillen über die Lauheit oder Machtlosigkeit des Konsuls, welcher -österreichischer und französischer zugleich ist, entschlüpften -mir einige Worte, welche den Mann stachelten und in etwelche -Bestürzung brachten. Vater und Sohn, welcher letztere eigentlich die -Konsulatsgeschäfte besorgt, arbeiteten von nun an, in Verbindung mit -dem Superior, angelegentlich an der Herstellung des Friedens. Im Zimmer -des Paters bat der Franzose kniefällig ab, und, die Hand auf ein Buch -haltend, schwor er bei einem Heiligenbilde und legte das Handgelübde -ab, daß er mir nie etwas Leides zufügen wolle. Diese plötzliche Demuth -des Kerls mußte mich neuerdings mißtrauisch machen.</p> - -<p>In einer solchen Lage war kaum ein anderer, ehrenhafter Entschluß mehr -möglich, als der, die Abreise nach Beirut in Gesellschaft des Franzosen -auf das bestimmteste abzulehnen. Einem Menschen, der sich mehr, als -viermal treulos zeigte, darf man nicht trauen. Mein Entschluß<span class="pagenum"><a name="Seite_216" id="Seite_216">[S. 216]</a></span> wurde -noch dadurch befestigt, daß der Vater des Rais, mit welchem wir nach -Beirut übersetzen sollten, und der kein fränkisches Wort verstand, in -<em class="gesperrt">Gegenwart des Konsuls</em> für die Ueberfahrt zweimal mehr forderte, -als man gewöhnlich bezahlt. Ich glaubte die Falle zu erkennen. -Wahrscheinlich war verabredet, die Ueberfahrtskosten für den Franzosen -und Deutschen auf mich zu wälzen. Immer lebhafter überzeugte ich mich, -daß es hohe Zeit sei, diese zwei besitzlosen Leute, die wahrsten -Abenteurer auf Erden, vom Halse zu schütteln. Nach einem siebentägigen -Aufenthalte in Jaffa begaben sie sich an Bord.</p> - -<p>Wie sind doch die Verhältnisse so eigenartig, welche die Furchen der -Stirne auszuebnen vermögen? Unter andern Umständen wäre das längere -Warten auf eine Reisegelegenheit für mich eine Pein gewesen, während -ich es unter diesen leicht erträglich fand. Ich miethete mich in eine -Bombarda des Hauptmanns <em class="gesperrt">Kiriako Bagsîno</em>, eines Hydrioten, bis in -die Nähe (sechs Stunden) von Smyrna. Das Schiff war nach Konstantinopel -bestimmt; ich glaubte aber den Weg nach Smyrna wählen zu müssen, weil -ich eine kleine Geldanweisung <em class="gesperrt">für den Nothfall</em> an das Haus -<em class="gesperrt">Sturzenegger</em> und <em class="gesperrt">Prélat</em> in Smyrna bei mir hatte. Das -größere Kreditschreiben lautete auf den österreichischen Konsul in -Beirut, Herrn <em class="gesperrt">Lau<span class="pagenum"><a name="Seite_217" id="Seite_217">[S. 217]</a></span>rella</em>, bei welchem das Geld wirklich bereit -lag, ohne daß ich es der angeführten Verumständigungen wegen wirklich -bezog.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Der_Konsul_Damiani">Der Konsul Damiani; mein Besuch in -seinem Hause.</h3> - -</div> - -<p>Nach der Ankunft in Jaffa stieg ich beim Herrn Konsul <em class="gesperrt">Damiani</em> -ab. Heute noch trägt er im morgenländischen Gewande den Militärhut -aus den Zeiten <em class="gesperrt">Napoleons</em>. Der Hut geht zur morgenländischen -Tracht gerade so gut, als zur europäischen; denn das häßlichste -Kleidungsstück, das man erdenken konnte, steht nirgends gut.</p> - -<p>Der ehrwürdig aussehende Greis nahm mich freundlich auf. Sein Sohn -geleitete mich sogleich in eine Zelle des Gastgebäudes (<span class="antiqua">ospizio -della Terra Santa</span>).</p> - -<p>Ich sah den Konsul bisher nur in seinem Waarenlager am Kai, gleich -neben dem armenischen Kloster. Ich wurde von Andern in sein Haus -geführt, ohne daß ich den Besuch beabsichtigte. Täusche man sich nicht -über die Wohnung des Konsuls. Sie ist sehr unansehnlich, so daß unsere -Bauern in schönern Häusern wohnen. Der Konsul saß unten im Hofe. Den -Hut vertrat diesmal eine abgeblichen rothe Mütze, und um den Kopf über -die Ohren war ein Tuch gebunden; denn die Zähne litten Schmerzen. -Man<span class="pagenum"><a name="Seite_218" id="Seite_218">[S. 218]</a></span> prangt immer mit der Weltweisheit, man verehrt die Seele als das -Ewigwährende am Menschen, man schmäht auf den vergänglichen Staub -des Körpers, man lehrt Verachtung der Kleiderpracht, und doch vermag -man nur mit Mühe den widerlichen Eindruck zu besiegen, den man beim -Anblick einer mit häßlichen Kleidern bedeckten, höher gestellten Person -empfängt, selbst wenn noch so hoch deren Seelenadel emporflackerte. -Hätte ich nicht schon gewußt, daß <em class="gesperrt">Damiani</em> Konsul wäre, ich würde -ihn schwerlich beachtet haben. Er pflegte sonst seinen langen, grauen -Schnurrbart hinauszustreichen und zu zwirnen. Diesmal ließ er ihn fein -in Ruhe, weil er überzeugt sein durfte, daß zwischen dem unreinen Tuche -um dem Kopfe keine Hoffahrt mehr möglich sei.</p> - -<p>Nicht die köstlichsten Treppen leiteten hinauf ins Gastzimmer. Darin -hing eben die Wäsche an zwei Reihen von der Linne herab. Der Christ -beging seinen Sonntag und die Wäsche deswillen doch keinen Fehler, -weil — das Trockenwerden keine Hände erfordert. Zuerst wurde ich im -Zimmer Niemand gewahr; bald dann erschien der Sohn des Konsuls hinter -der Wäsche, so ganz theatermäßig, wie der Schauspieler hinter der -Blendewand. Nach den theilweise erzählten Vorgängen durfte ich auf -keine andere, als auf eine kalte Aufnahme rechnen. Nach der Begrüßung<span class="pagenum"><a name="Seite_219" id="Seite_219">[S. 219]</a></span> -setzte sich der junge Mann wieder auf den Strohteppich, von Papier -und Siebensachen umgeben, die alle kreuz und quer durch einander -lagen, wie ein Nest voll junger Kaninchen. Es wurde durch einen -schwarzen Sklaven mit Tabak und Kaffee aufgewartet. Mehr, als dies -interessirte mich die Ausstattung des Zimmers mit Hausgeräthen. Fratzen -aus Europa, z. B. Gipsfiguren, schämten sich vor reich gestickten -morgenländischen Gewändern. Um das christliche Europa noch feierlicher -herüberzubeschwören, stand an einem Orte der ans Kreuz genagelte -<em class="gesperrt">Christus</em>. Der Sohn war nicht wenig bemüht, mit den Schätzen -des Hauses die Bewunderung des Zuschauers zu erwecken. Es wurde -angeblich ein Gegengift in Form eines Steines, das Horn einer Schlange, -Alterthümer, ein massiver Klumpen Silber u. s. f. vorgewiesen. Ich -wurde dabei, zu meinem Leidwesen, nicht im mindesten gerührt.</p> - -<p>Dem gutmüthigen und gesprächigen Konsul, der schon eine hohe Stufe des -Alters erklommen hat, horchte ich mit gespannter Aufmerksamkeit zu. -Freilich sichern nicht gerade die Jahre, nicht die Silberlocken (die -im Morgenlande dem Barbier und Turban gehören), nicht der höhere Rang, -nicht die größere Macht als Familienhaupt dem Greise Aufmerksamkeit -und Liebe, Ehrfurcht und Vertrauen, sondern die reichern und reifern -Kenntnisse und Erfahrungen,<span class="pagenum"><a name="Seite_220" id="Seite_220">[S. 220]</a></span> die weisen Sprüche und Warnungen, -ja die lebendige Geschichte eines Menschenalters, die er auf der -Zunge herumträgt. <em class="gesperrt">Damiani</em> erzählte eine breite Historia von -einem Mylord, und als ich gelegentlich die Bemerkung einwob, daß im -Abendlande Manche nicht rauchen, daß hier dagegen das Rauchen den -Hauptgenuß verschaffe, so erwiederte er: In Jerusalem ist es wieder -anders; dort schnupfen sie mehr; schon kleine Dingerchen (er deutete -die Höhe mit der Hand) fangen das Schnupfen an. Es war ein Wunder, daß -der Herr Sohn nicht immer in unser Gespräch einfiel. Sonst kann er sich -des Plauderns mitten hinein so wenig enthalten, als hin und wieder eine -mit seltenen Rednertalenten begabte Jungfer Köchin, wenn man mit dem -geistlichen Herrn ein paar Worte reden möchte.</p> - -<p>Mein Besuch währte länger, als dem Konsularschutze angemessen war, und -wie ich mich vom Sitze erhob, im Begriffe, zur Thüre hinauszugehen, -duckte ich mich recht höflich, um nicht an der Wäsche anzustreifen, die -ich, den Spuren ihrer irdischen Vergänglichkeit zum Trotze, wegen der -Schönnähtereien bereits angestaunt hatte.</p> - -<p>Ich besuchte schon früher den griechischen Konsul. <em class="gesperrt">Der</em> ist -ganz nach europäischem Geschmacke gekleidet, dazu sehr gewandt und -gefällig. Die abendländische Kleidung flößt<span class="pagenum"><a name="Seite_221" id="Seite_221">[S. 221]</a></span> dermalen hier zu Lande -Achtung ein. Der Konsul kredenzte mir Punsch. Ich lächelte über mein -gutes Europa, dem in manchen Dingen mehr Ehre widerfährt, als es -verdient. <em class="gesperrt">Echte</em> Bildung ist dort keineswegs so heimisch, wie -man gemeiniglich glaubt. Bei Vielen beschränkt sie sich darauf, nach -der Mode sich zu kleiden, die Komplimente gehörig zu schneiden, die -Formeln der Begrüßung und Unterhaltung sich geläufig eingetrichtert zu -haben, über Konzerte, Theater und Dichter ein wenig zu plaudern, wo -nicht französisch zu sprechen, doch die Kinder oder Verwandten, das -Möpschen, einige Geräthschaften, Kleidungsstücke, Speisen oder Getränke -französisch zu nennen, wenn man nicht gerne einen Besuch annimmt, zu -Hause zu sagen, daß man nicht zu Hause sei, oder auf dem Gipfel der -Gesundheit zu erklären, daß man sich unwohl befinde, etwa zu einer -Zither zu singen, niedlich zu spielen und zu tanzen u. dgl. Ich bitt’ -um Vergebung. Diese <span class="antiqua">Toilette — serviteur — souffleur — charade -— Jeannette — nièce — joli — secrétaire — corsette — côtelette -— liqueur — excuse — guittare — dames — écossaise</span> — Bildung, -wenigstens ein sehr honnetes Wort, klingt doch allerlieblichst ins Ohr.</p> - -<p>Auch die Russen haben einen Konsul, in der Person eines Griechen. An -den Festtagen wehen die Flaggen der verschiedenen Konsuln ganz zierlich -über Jaffa, und so<span class="pagenum"><a name="Seite_222" id="Seite_222">[S. 222]</a></span> stolz, als wären hier die Christen Meister. — — -Ich fand die Festtage üb er an diesen Flaggen doch Freude.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Vorbereitung_zur_Abreise">Vorbereitung zur Abreise.</h3> - -</div> - -<p>In Jaffa hatte ich zwei Stunden früher Tag, als die Leute in meiner -Heimath. Ich saß oft am hellen Morgen mit der Feder am Tische, indeß -sie im finstern Zimmer — zweifelsohne schliefen. Ungeachtet dieses -heitern Glückes wollte ich nicht länger im alten Kanaan weilen; ich -sehnte mich immer heißer nach — der Morgennacht meines Vaterlandes.</p> - -<p>Es war nun meine Abreise gewiß. Man zimmerte, freilich erzlangsam, mehr -und mehr sturmbeschädigte Kähne zurecht, um die Befrachtung unseres -Schiffes zu fördern. O freudige Aussicht für mich, der ich länger denn -fünf Wochen auf günstige Witterung für die Abfahrt hoffte und harrte. -Wiewohl in Jaffa, Kaifa, Akre, Said und Beirut achtzehn Schiffe durch -den letzten Sturm losgerissen oder zerschmettert wurden, so bemächtigte -sich dennoch meiner nicht die mindeste Bedenklichkeit, dem Winde -und Wasser mich anzuvertrauen. Mein Hauptmann hatte ja sein Schiff -gerettet, und wie hätte ich zu ihm nicht Zuversicht fassen sollen. Auch -rechnet heiße Sehnsucht nicht mit dem Griffel der Aengstlichkeit.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_223" id="Seite_223">[S. 223]</a></span></p> - -<p>Ohne Zahlung zu leisten, konnte und wollte ich billigerweise nicht -abreisen. Ich darf versichern, daß die Patres nichts weniger, als -unfreundlich wurden, so oft sich mein Geldbeutel öffnete. Ich hielt -für gerathener, kurze Zeit nach meiner Ankunft mich mit denselben -zum Voraus über Kost und Wohnung förmlich einzuverstehen. Die -Zahlung dafür war, nach der Versicherung <em class="gesperrt">Damianis</em>, ziemlich -stark; ich habe indeß keine Ursache zur Unzufriedenheit. Es mag aber -vielleicht befremden, daß noch Keiner mit größerer Strenge meine -Goldstücke untersuchte und erlas, als der Präsident (Pater Superior) -<em class="gesperrt">Martin</em>; fast alle von ihm ausgeworfene Stücke brachte ich an, -die einen vollzählig, die wenigen mit sehr geringem Verlust. Mehr noch -stutzte ich, als nach der Räumung meiner Zelle, gleich vor der Abreise, -der Superior mit dem langfädenen Kohlenbarte sogleich spähend in -dieselbe trat, vielleicht in Kraft des von ihm unter dem 11. Jenner mir -ausgestellten Zeugnisses, „daß ich musterhaft gelebt habe.“ Ich erwähne -solches nicht, um meinem Herzen gegen Ordensleute, als solche, Luft -zu machen. Ich liefere nachgerade den schlagendsten Beweis dadurch, -daß ich Alles nachtragen werde, was ich von den Patres Rühmliches -weiß. Ich setze dabei voraus, daß man die Vorurtheile, welche die -Spanier in ihrem Vaterlande einsaugen, kenne, und daß man Niemanden ein -gewisses Mißtrauen gegen die<span class="pagenum"><a name="Seite_224" id="Seite_224">[S. 224]</a></span> Franken im Allgemeinen verübele, weil -durchschnittlich lockere Abendländer vom Schlage der Glücksritter in -Syrien sich herumtummeln. Der Deutsche, dessen ich oben gedachte, wurde -weit schlimmer behandelt, als ich, ob er gleich sich für einen guten -Katholiken ausgab, und die Messe alle Tage barfuß anhörte. Er bewohnte -ein schlechtes Zimmer, welches dem Winde und Regen nicht ganz zu -wehren vermochte. Seine Bettdecke war feucht und schmutzig. Es ist der -Welt Brauch, die Leute so zu empfangen, wie sie entgegenkommen. Auch -reichte man ihm schlechtere Nahrung, als mir. Diese Behandlung wirft -zwar allerdings im Grunde kein vortheilhaftes Licht auf die Patres; -allein es erhellt daraus doch <em class="gesperrt">das</em> Günstige, daß dieselben hier -gar keinen Unterschied der Glaubensbekenntnisse berücksichtigten. -Ueberdies legte man mir seit dem oben berührten Strauße nicht das -geringste Hinderniß in den Weg. Als ich mich, zum Zeichen, daß ich -den Sonntag der Christen ehre, gegen den Pater Superior äußerte, ich -wolle während der Messe mich in die Kirche begeben, erwiederte er: -Thun Sie, was Sie wollen. Mit dem Frater <em class="gesperrt">Emanuel</em> lustwandelte -ich nach jenem Wortwechsel mehr, als einmal, und half ihm für unsere -Küche Spargeln suchen, die in der Umgegend von Jaffa wild wachsen. Ich -kann zum Ueberflusse beifügen, daß die Ordensmänner sehr viel Zeit mit -Beten hinbringen<span class="pagenum"><a name="Seite_225" id="Seite_225">[S. 225]</a></span> und, so viel ich bemerkte, ein durchaus sittliches, -eingezogenes Leben führen.</p> - -<p>Den Reisepaß holte ich, ohne ihn unterschreiben zu lassen. Von -einem Konsulate, das mich nicht schützen konnte, wollte ich keine -Unterschrift.</p> - -<p>Mit dem Schiffshauptmanne war die Uebereinkunft getroffen, daß ich die -Lebensmittel selbst mir anschaffen müsse. Ich kaufte einen Vorrath -von Aquavit, Kaffee, Zwieback, Reis, Zucker, Zitronen, Pomeranzen, -Fleisch, Hühnern und Durra, letzteren zur Fütterung dieser Hausthiere. -Schon aber im Hospiz aß ich wegen der schmalen Fastenbrocken oft vom -Zwieback. Weil der Hauptmann auf Einschiffung drang, so übertrug ich -den Ankauf von Hühnern einem fränkischen Knaben, welchen ich dazu mit -dem nöthigen Gelde versah. Er kehrte nicht wieder, und ich mußte selber -zu Markte gehen. Auf dem Rückwege erwischte ich den losen Jungen in -der lateinisch-maronitischen Schule; meine Piaster waren unter den -Aermeln verborgen. Fast zu oberst am Kai besitzt die Stadt das einzige -Schenkhaus, wo man Aquavit, Wein und kalte Speisen bekommen kann.</p> - -<div class="section"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_226" id="Seite_226">[S. 226]</a></span></p> - -<h3 id="Nach_Rhodos">Nach Rhodos.</h3> - -</div> - -<div class="blockquot"> - -<p>Griechische Stille; das Meer raset; Reiseerfahrungen; das herrliche -Zypern; der Taurus; der Spiegel meiner Reisegefährten; Wolken -von Weihrauch; der griechische Fasttag war für mich ein Fetttag; -der griechische Koch; im östlichen Hafen der Kolosser vor Anker -gegangen.</p> - -</div> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Dinstags den 12. -Jenner 1836.</em></p> - -<p>Abends beim Einbruche der Nacht kam der Hauptmann <em class="gesperrt">Bagsino</em> an -Bord. Die Schaluppe wurde schnell eingehoben, die Anker gelichtet, die -Segel ausgespannt — Alles mit so wenig Kommandiren und Geräusche, daß -der italienische Lärm einen grellen Gegensatz zu dieser griechischen -Stille bildete. Heftig brauste der Nordwind.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 13.</em></p> - -<p>Seit vor San Pietro di Nembo das Meer mit mir Schmollis machte, könnte -ich es dann und wann ordentlich liebherzen. Ich betrachtete die -rauschenden Wogen als lauter scherzende Kinder, welche nur daseien, um -den Griesgram des Alters zu verscheuchen. Die Natur meint es gar nicht -so böse, wie man oft ihr wildes Aeußeres mißdeutet. Uebrigens tobte in -der Nacht gewaltiger Sturm. Wäre man Rahm gewesen, man würde ohnfehlbar -bis morgen Butter geworden sein.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_227" id="Seite_227">[S. 227]</a></span></p> - -<p>Allerdings muß man auch das Reisen lernen. Anfangs war ich gar -linkisch. Auf der Fahrt von Alexandrien nach Bulak verwahrte ich den -Reis so schlecht, daß dieser, vielleicht aus langer Weile, zu dem -darunter liegenden Holze hinabspazierte. Der Kaffee wußte aus dem -Papiere Auswege zu finden. Auf der Reise von Kairo nach El-Arysch -sorgte ich so nachlässig für den Zucker, daß ich ihn schaben mußte, -bevor er zum Gebrauche sich eignete. Der Rhum floß zur Hälfte weg, weil -ich die Flasche schlecht verstopft hatte. Durch Schaden gewitziget, -verwahrte ich nun einmal meine Lebensmittel mit besonderer Sorgfalt. -Ich mußte aber auch darüber wachen, daß nichts davon entwendet werde; -denn man weiß, daß sich in manchen Menschen die wunderliche Begierde -regt, mehr zu nehmen, als ihnen gehört. Ich stellte den Mundbedarf in -meine Nähe. Da langte einmal in der Nacht ein knöpfiger Arm in meinen -Brotkorb. Ich ergriff und erkannte ihn. Nur <em class="gesperrt">ein</em> Reisegefährte, -ein Maure, trug Aermel mit Knöpfen. Ich wurde gerade zur rechten Zeit -erinnert, wie ich mich gegen ihn verhalten müsse. Kaum aber war der -fremde Arm aus dem Brotkorbe entwichen, so wurde dieser von einer Welle -geneckt, weswegen ich ihn alles Ernstes in die Sicherheit flüchtete.</p> - -<p>Das Meer hat mir <em class="gesperrt">Ibrahim</em>, <em class="gesperrt">Ali</em>, <em class="gesperrt">Mansur</em>,<span class="pagenum"><a name="Seite_228" id="Seite_228">[S. 228]</a></span> -<em class="gesperrt">Mustafa</em> und all’ die Namen der Moslim verrauscht, die ich -auf Gassen und Wegen so oft hörte. Anders tönt es jetzt in meinen -Ohren; im Schiffe gilt es dem <em class="gesperrt">Mitri</em> oder <em class="gesperrt">Dimitri</em> -(<span class="antiqua">Demetrius</span>), <em class="gesperrt">Kiriako</em> (<span class="antiqua">Ciriacus</span>) u. s. f. Ach, -beurkundeten christliche Namen nur immer christlichen Sinn.</p> - -<p>Mittags wurde mir eine Suppe mit rothem, lebendigem Gewürze vorgesetzt. -Auf der Reise ißt man, und man murmelt höchstens mit saurer Miene -einige für den Koch unvortheilhafte Bemerkungen.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 14.</em></p> - -<p>Nie werde ich das herrliche Schauspiel vergessen. Wir lagen auf der -Höhe der Insel <em class="gesperrt">Zypern</em>. Hoch streckte der beschneite H. Kreuzberg -(<span class="antiqua">monte di Santa Croce</span>, der Olymp der Alten) sein Haupt empor. -Diese schweizerische Gebirgswelt wühlte in mir beinahe das Heimweh -herauf. Den Tag über erfreute mich das beßte Befinden; bloß gestern -fühlte ich ein wenig Unbehagen im Kopfe wegen der stark bewegten See.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 15.</em></p> - -<p>Ich sah einen Küstenstrich von Karamanien. Veränderlicher Wind und -Wetter trübten hin und wieder meine gute Laune.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_229" id="Seite_229">[S. 229]</a></span></p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Den 16.</em></p> - -<p>Wir segelten einem Vorsprunge des Taurusgebirges, dem Kap Chelidonium, -nahe, und verloren die Küste von Kleinasien nie aus den Augen. Die -Fahrt ist von nun an mehr derjenigen auf einem Landsee zu vergleichen. -Schon sind wir von Jaffa gegen den Nordpol vier Grade vorgerückt, und -man konnte auch wirklich einige klimatische Verschiedenheit wahrnehmen.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Sonntags den 17.</em></p> - -<p>Wir segelten vorüber an Castelori und andern Ortschaften von -Natolien. Vor dem nahen, hohen Gebirge der alten Lykier träumte ich -mich auf einige Stellen des Vierwaldstätter-Sees in der Schweiz, so -ähnlich war der Ausblick. Die Fahrt gewährt in der That recht viel -Unterhaltung. Die Umrisse der schweizerischen, wie dieser Berge sind -mit ausnehmender Kühnheit gezeichnet. Wir bewundern einen solchen Zug -auch an Kunstwerken, — wie einen vorhängenden Fels, so den Thurm von -Pisa. Hingegen sind die Berge um Jerusalem träge Massen, Kegel oder -Halbkugeln, gleichsam nur gut zum Faulenzen für das Auge.</p> - -<p>Ein frischer Wind jagte uns so muthig vorwärts, daß wir schon vor -der Mitte des Tages im pamphylischen Meere ein Korn, <em class="gesperrt">Rhodos</em>, -erblickten, und bis zum Eintritte<span class="pagenum"><a name="Seite_230" id="Seite_230">[S. 230]</a></span> der Nacht steuerten wir diesem -Eilande ziemlich nahe. Ein Berg hatte eben einen Wolkenhut auf, als die -Sonne unterging.</p> - -<p>Ich halte nun einen Augenblick an, um meine Reisegesellschaft zu -zergliedern. Ein Engländer und ein Grieche, ein Maure und ein Jude, so -wie ein griechischer, schiffbrüchiger Hauptmann und seine Matrosen, das -waren meine Reisegefährten.</p> - -<p>Der Engländer, ein Geistlicher, besaß einen edeln, gutmüthigen -Karakter. Ich schätzte mich glücklich, in Jaffa seine Bekanntschaft zu -machen, wo er bei dem englischen Konsul, einem Morgenländer, einkehrte, -allein die morgenländische Kräuter- und Hühnerküche nicht besonders -rühmte. Das Französische sprach er als guter Englishman. Wenn er in -der fremden Sprache redete, war mit ihm so schwer nachzukommen, als -mit einer schlechten Tänzerin. Ich erzähle von ihm zwei echt britische -Züge. Er wanderte durch die Wüste bis in die Nähe von El-Arysch. Jetzt -vernahm er, daß er der Quarantäne sich unterwerfen müsse. Alsbald -entschloß er sich zum Rückfluge nach Kairo, um über Alexandrien und -Beirut nach Jerusalem zu reisen. Ein paar Male des Morgens rief ich -den Geistlichen, wenn sich ein merkwürdiges Schauspiel darbot. Er -hatte die Artigkeit, zu antworten, und seine Nichttheilnahme<span class="pagenum"><a name="Seite_231" id="Seite_231">[S. 231]</a></span> damit -zu entschuldigen, daß es bei ihm Gesetz sei, in der Frühe so und so -lange zu lesen oder zu schreiben. Die Gottheit hat dem Menschen ein -bestimmt abgegrenztes Gebiet angewiesen, worüber er Herr und Meister -ist. Man frage indessen nicht nach der geographischen Länge und Breite -desselben; denn es erscheint sehr klein am Maßstabe. Es ist nun gut, -wenn der Mensch in diesem seinem Gebiete, d. h., sich gewisse Gesetze -vorschreibt; es ist aber nicht gut, wenn er solche in untergeordneten -Dingen mit eigensinniger Strenge vollstreckt und so zum Sklaven seiner -selbst hinabsinkt. Ich sah unsern Reisegenossen nicht sehr oft, weil er -in das Zimmer des Schiffsherrn und ich in den Schiffsraum eingemiethet -war. Letzteren Platz hatte ich einzig dem Pater Präsidenten des -lateinischen Hospizium in Jaffa zu danken, weil er sich mit einem -ungewöhnlichen Eifer in die Abschließung des Vertrages mischte, und -jene so sehr beschleunigte, daß es mir an Zeit gebrach, zu fragen, wo -ich wohl im Schiffe untergebracht würde. Doch, außer der Kehrseite, -wendete die Sache auch diesmal ihre Lichtseite zu. Ich lernte so dem -Schiffsraumleben auf den Puls fühlen. Hier liefere ich denn eine -flüchtige Zeichnung meiner Gefährten im Schiffsraume.</p> - -<p><em class="gesperrt">Demetrius</em>, aus Chios (Scio) und Handelsmann, hatte eine schöne -Gesichtsbildung und sprach griechisch, ara<span class="pagenum"><a name="Seite_232" id="Seite_232">[S. 232]</a></span>bisch und türkisch. Seine -Umgänglichkeit ließ mich wünschen, in einer seiner Sprachen meine -Gedanken mit ihm auszutauschen.</p> - -<p>Der Maure aus Algier, ein Hadschi (Mekkapilger), mit einem gemeinen -Gesichtsausdrucke, einem langen Barte und einem Turban, ließ keinen -edlern Zug seiner überaus lockeren Seele durchblicken. Er plauderte zum -Arabischen das Wenige fränkisch, womit er zwischen <em class="gesperrt">Demetrius</em> -und mir kümmerlich den Dolmetscher spielte. Während unserer Fahrt -von Jaffa nach Rhodos endete der mohammetanische Fastenmonat; allein -dieser Anhänger des Islam nahm es nicht sehr genau, und er aß manchmal -Kleinigkeiten bei Tage während der Fastenzeit. In Jaffa verletzten -auch andere Mohammetaner vor meinen Augen das Fastengebot. Der Hadschi -trank Wein und Branntewein. Dem Kleinhandel obliegend, kaufte er -in Jerusalem Rosenkränze, um sie in Konstantinopel zu verkaufen. -Es ist überhaupt bei den Morgenländern Sitte, die selbst von den -protestantischen Franken nachgeahmt wurde, mit einem Rosenkranze müßige -Stunden zu vertreiben, indem sie eine Perle nach der andern von ihrer -Stelle verschieben. Wenn die Leute des Niederganges bei ihren Besuchen -nicht selten kaum wissen, welche schickliche Haltung sie ihren Händen -geben sollen, um so weniger verlegen ist der Morgenländer,<span class="pagenum"><a name="Seite_233" id="Seite_233">[S. 233]</a></span> welcher -mit Bequemlichkeit auf dem Diwane hockt, und mit den Händen anständig -den Rosenkranz durchtändelt. Der Algierer hatte, als französischer -Unterthan, einen französischen Paß bei sich. Er schien die Franzosen zu -hassen. In Alexandrien besuchte er seinen alten Fürsten, den Dei.</p> - -<p>Der Jude, ein Konstantinopler und Rentner, begleitete seine Frau nach -Jerusalem, um in der heiligen Gegend mit ihr die Tage des Lebens zu -beschließen. Sie starb ihm weg, und darum war er auf der Rückreise -nach Konstantinopel begriffen, um vielleicht für den schmerzlichen -Verlust der alten Geliebten bei einer jungen — Trost zu schöpfen. -Viele Israeliten folgen bekanntlich einem religiösen Berufe, sich -in der alten Königsstadt anzusiedeln, wenn sie sich bis zu einem -gewissen Grade von ökonomischer Unabhängigkeit emporgearbeitet haben. -Der Mann war hochbetagt und grau. Ich gewahrte an ihm keine einzige -Untugend; nur war er schmutzig und voll Ungeziefer, das selbst seinen -ehrwürdigen Bart zu einem Parke für die komischen Jagden mit der -Brille — auserkohr. Die schönen Gesichtszüge und das ganze Benehmen, -mit Vorbehalt einiger seltsamen Liebhabereien, gewannen dem Greise -Zuneigung und Vertrauen. Das Beten verstand er aus dem Fundamente. -Während des Gebetes konnte er sich die Kaffeeporzion zutheilen -und andere Arbeiten un<span class="pagenum"><a name="Seite_234" id="Seite_234">[S. 234]</a></span>ter fast krampfhaften Zuckungen der Lippen -verrichten. Seine Augen strahlten hinauf zu Jehova demüthig aus den -Lumpen, in die er sich genistet hatte, und aus den, irgendwo mit einem -Tuchanschrote zugeschnürten Lumpensäcken, die ihn umschanzten. Das -<em class="gesperrt">Schallah</em> (wenn es Gott gefällt, so Gottes Wille) wiederholte er -oft und kräftig im Flusse der Rede. Von fröhlichem Gemüthe, stimmte -unser Konstantinopler bisweilen ein Lied oder gar die „<span class="antiqua">Cara -Cascatella</span>“ an. Und siehe, da tanzte er einmal mit seinen -krummen, vor Alter unwilligen Beinen, mit seinem gebogenen, steifen -Rücken und mit seinen Eisschollen am Kinne. Man hätte dabei herzlich -lachen müssen, wenn man selbst von keinem kleineren Unmuthe gebeugt -gewesen wäre, als bei <em class="gesperrt">Hans Sachs</em> die Bäurin wegen der saubern -Wirthschaft ihres tölpischen Mannes:</p> - -<div class="poetry-container"> - <div class="poetry"> - <div class="stanza"> - <div class="verse">Wie hast du kocht, daß dich Bock schändt,</div> - <div class="verse">Das Fleisch verschütt, das Kraut verbrennt,</div> - <div class="verse">Die Katzn erschlagn, das Kalb ertränkt.</div> - </div> - </div> -</div> - -<p>Die Regungen der Freude sind verschieden und groß bei Jung und Alt. -Tanzte doch <em class="gesperrt">David</em> aus allen Kräften und jauchzend, als er die -Bundeslade holte.</p> - -<p>Nachdem ich einige Zeit in Mitte der Mohammetaner gelebt hatte, war die -Gelegenheit mir recht erwünscht, die griechischen Christen in der Nähe -ein wenig kennen zu<span class="pagenum"><a name="Seite_235" id="Seite_235">[S. 235]</a></span> lernen. Morgends und Abends zog der Schiffsjunge -(Friandol) mit einem brennenden Weihrauchfasse von Mann zu Mann, und an -dem emporwirbelnden, angenehmen Rauche bekreuzte man sich gar vielmal -und schnell über einander, unter leisem und kurzem Gebete. Damit der -Weihrauch ja nicht verfehle, wehte man ihn mit der Hand gegen das -Gesicht. Der Koch war eine drollige Fettmasse auf Kosten Anderer, und -ein Muster von kleiner Spitzbüberei. Das Fleisch kochte er gleichsam zu -dürren Holzfasern aus, damit er die Brühe schlürfen könne. Glücklich -trat ein griechischer Fasttag ein, da mir doch eine natürliche Suppe -bereitet ward. Das erste Mal zwackte der Koch mir Reis. Beim zweiten -Male, als er ein größeres Quantum wollte, erklärte ich ihm, ich kenne -das Reiskochen zu gut, als daß er mehr benöthige. Wie er dann einsah, -daß er mich nicht belugsen könne, meinte er: Etwas für die Herren in -dem Zimmer des Hauptmanns. O nein, antwortete ich. Aber etwas für den -Koch. Da war es ausgeplappert. Sogar Pappenstiele, wie diese, welche -beinahe nicht die Tinte werth sind, können ins Innere des Menschen -zeigen.</p> - -<p class="center mtop2 mbot1"><em class="gesperrt">Montags den 18. -Jenner.</em></p> - -<p>Erwacht, aufgestanden, und die Stadt <em class="gesperrt">Rhodos</em><span class="pagenum"><a name="Seite_236" id="Seite_236">[S. 236]</a></span> schwebte im -Schleier der Morgendämmerung vor den Blicken. Mit Ungeduld wollte ich -denselben lüften; doch bald entschwand er von selbst, und deutlich -erschienen die Umrisse der Stadt. Auf eine niedrige Anhöhe gepflanzt, -fiel sie lieblich ins Auge. Neben dem freudigen Grün der Wiesen, welche -die Stadt halb umkränzen, streben die düsteren Festungsthürme empor. -Wir ließen die Quarantäneanstalt, ein schloßartiges Gebäude, rechter -Hand, und legten im östlichen Hafen an; ein Tannicht von Masten deutete -auf den westlichen.</p> - -<p>Billig konnte ich nicht ans Land steigen — ohne Ehrfurcht und -Dankbarkeit gegen die alten Hellenen, welche, der Ruhm des -Menschengeschlechtes, Denkmäler eines so nützlichen und edeln Daseins -aufrichteten; hier insbesondere pries ich die Kolosser.</p> - -<div class="chapter"> - -<h2 class="nobreak" id="Rhodos"><em class="gesperrt">Rhodos</em>.</h2> - -</div> - -<h3 class="nopad" id="Lage_Himmel_Volkszahl">Lage, Himmel, Volkszahl.</h3> - -<p>Diese einst der Sonne geweihte Insel der Rosen, nach Kandia die größte -des griechischen Archipels und die berühmteste der Sporaden, erstreckt -sich von Nordwest nach Südost in die Länge, und erhebt den Atabyris -(Artamit) zum höchsten Berge. Die Fruchtbarkeit des Eilandes auf<span class="pagenum"><a name="Seite_237" id="Seite_237">[S. 237]</a></span> dem -glücklichen Erdstriche sucht Ihresgleichen. Der Himmel in Syrakus und -Rhodos, rühmte schon <em class="gesperrt">Plinius</em>, wird nie so bewölkt, daß die -Sonne nicht an einer Stunde des Tages herabblicke. In die Sommerhitze -fächeln unermüdliche Winde angenehme Kühlung, und milde fließt der -Winter dahin. Der gegenwärtige aber war ein wenig strenger: selbst das -Wasser wurde von Eis überschossen, was freilich mit außerordentlicher -Seltenheit sich ereignet. Jedoch begrüßten mich auf einem Spaziergange -im Freien die Auen im schweizerischen Maiengewande. In Jaffa, wo zwar -die Blöker auch in der kältesten Zeit graseten, ward das Grün durch den -Frost ein wenig erschreckt und bleich. Hier, vier Grade weiter gegen -Norden, scheint es minder gelitten zu haben.</p> - -<p>Die Bewohner des Eilandes theilen sich, wie der Sohn des -österreichischen Konsuls in Rhodos, des Herrn <em class="gesperrt">Josef Anton -Giulianich</em>, mir bezeugte, in beiläufig 26,000 Griechen, 11,000 -Türken und 2000 Juden. Gering sind an der Zahl die Lateiner, noch viel -geringer die Protestanten. Man darf gar nicht zweifeln, daß die Insel -eine weit größere Bevölkerung ertragen würde, wäre der Boden besser -angebaut. Sie wird von einem türkischen Pascha regiert. Griechen -beklagen den jetzigen als einen Wütherich.</p> - -<div class="section"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_238" id="Seite_238">[S. 238]</a></span></p> - -<h3 id="Die_Stadt_Rhodos">Die Stadt Rhodos.</h3> - -</div> - -<p>Kaum war ich angelandet, als ich einen Scioten traf, der mir in einem -Athem seine Schicksale, seine Leiden schilderte. Leidensgefährten -leihen einander gerne das Ohr. Er erzählte, daß er, den 5. Christmonat -des vergangenen Jahres von Beirut abgereist, wegen der entsetzlichen -Stürme erst vor acht Tagen hier anlangte. So schlimm diese Nachricht -an und für sich lautete, so sehr durfte ich nun froh sein, daß ich -über das böse Wetter in Jaffa verblieb. Ich war doch auf festem Boden -und unter trockenem Obdache, und, wenn man so sagen will, auch bei -trockenen Mönchen.</p> - -<p>Rhodos sprach mich sogleich freundlich an. Ich brachte Gott meinen Dank -dar, daß ich den häßlichen Städten Palästinens entronnen war. Die Stadt -nebst den einen Büchsenschuß abliegenden, städtisch gebauten Dörfern -ist von nicht ganz unbedeutender Größe, und steht dem Umfange nach dem -schweizerischen St. Gallen nicht nach.</p> - -<p>Die Häuser, mit meistens platten Dächern, sind ziemlich hoch, ihre -Mauern gerade, davon manche mit Kalk übertüncht. Die Vorderseite vieler -Wohnungen, gleich über den Pforten, schmücken die Wappen der alten -Johanniter. Man freut sich hier ordentlich wieder der Glasfenster, -von denen Wohnlichkeit entgegenglänzt. Die Kamine ragen als kleine<span class="pagenum"><a name="Seite_239" id="Seite_239">[S. 239]</a></span> -Thürmchen hinauf, die eine Pyramidenspitze und auf dieser etwas -Spießartiges tragen. Mehr, als neun runde, dünne Moscheethürme steigen -empor, und, Abends beleuchtet, goßen sie goldene Säulen über den -schwarzen Wasserspiegel des Hafens bis zum — vergangenen Riesenbilde.</p> - -<div class="blockquot"> - -<p><em class="gesperrt">Anmerkung.</em> Bekanntlich soll als eines von den sieben Wundern -der alten Welt eine eherne Riesensäule des <em class="gesperrt">Helios Phöbus</em> am -Eingange des Hafens gestanden und als Leuchtthurm gedient haben. -Dieser Koloß, woher die Rhodier Kolosser genannt wurden, war nach -<em class="gesperrt">Plinius</em> siebenzig, nach Andern achtzig Ellen hoch; allein -sechsundfünfzig Jahre nach der Aufstellung des Riesen stürzte der -Stolz menschlicher Unternehmungen durch ein Erdbeben zusammen. So -baut der Mensch mit Zuversicht in die Gegenwart, damit die Nachwelt -staune, doch weniger über seine größten Werke, als vielmehr über -das Wunder, womit eine andere Hand, als die seinige die Zukunft -leitet. Noch die Trümmer wurden bewundert. Wenige vermochten den -Daumen des Riesenbildes mit den Armen zu umspannen. Die Trümmer -blieben bis zum Jahre 656 n. Chr., da sie an einen jüdischen -Handelsmann verkauft wurden, welcher damit neunhundert Kameele -belud.</p></div> - -<p>Die Gassen sind enge und krumm. Ueber denselben wölbt sich an manchen -Stellen von einer Häuserreihe zur andern eine schmale Bogenbrücke, jene -zu verbinden, und so eher den Schaden der Erdbeben zu verhüten, die, -wie sie in den alten Zeiten, z. B. beim Sturze der Riesen<span class="pagenum"><a name="Seite_240" id="Seite_240">[S. 240]</a></span>säule, ihre -Stärke durch Verheerungen ankündigten, so bis auf den heutigen Tag von -den Rhodiern gefürchtet werden.</p> - -<p>Der Kai ergötzte mich mit seinem feinen Straßenpflaster, das überhaupt -in der Stadt sehr schön ist, selbst mit seinen wohlgemeinten Zierereien -nicht überall in den Hauptstädten Europens Nebenbuhler findet. Es -drängt sich das schneidende Gegentheil auf: In Syrien die elendesten -Gassen, in Rhodos reine und zierliche. Die Pflaster sind wohl eine der -Hauptzierden und ein Ehrenpunkt bei den Rhodiern. Man betritt sogar -hübsch gepflasterte Landwege. Man hat Ursache, das Lob, das <em class="gesperrt">Salomo -Schweigger</em> vor drittehalb Jahrhunderten dem Pflaster spendete, -vollkommen zu bestätigen. Die Bassar sind schön, gewiß schöner, als -viele der unsrigen, aber nicht sehr belebt. In einigen Gassen frohlockt -als ein Siegeszeichen der Christenfeinde eine Gruppe sehr großer -Steinkugeln, die von den türkischen Erobern hereingeschleudert worden.</p> - -<p>Die Stadt wird von einer mehrfachen Mauer und einem doppelten -Wallgraben umzingelt. An den sehr starken Thoren, wie an andern Theilen -des Festungswerkes, sind die Spuren der alten christlichen Machthaber, -der Johanniter-Ritter, noch nicht ausgelöscht. So erblickt man über den -Thoren Kreuze, welche den Verehrern des Halbmondes wenig Anstößiges -darzubieten schienen. Wie bald wür<span class="pagenum"><a name="Seite_241" id="Seite_241">[S. 241]</a></span>den manche Christen Mond und Sterne -zerstören, sobald sie ein Mond- und Sternland unter ihre Botmäßigkeit -gebracht hätten. Ich sah über einem Thore, selbst in halb erhabener -Arbeit, das Bild eines Mannes, wenn ich nicht irre, des Apostels -<em class="gesperrt">Paulus</em>. Ich verwunderte mich um so lebhafter darüber, als -bekanntlich sonst der Islam die Erzeugnisse der bildenden Künste nicht -duldet.</p> - -<p>In und bei der Stadt bewegen sich mehrere Windmühlen; eine neben einer -großen, in den Felsen geteuften uralten Zisterne.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Das_Leichenfeld">Das Leichenfeld.</h3> - -</div> - -<p>Rings um die Stadt von Meer zu Meer streicht der Leichenacker. Den -Leichen räumen die Mohammetaner ungemein viel Feld ein, weil sie -ungerne ein altes Grab ruhestörerisch aufzubrechen scheinen. Das -steppenartige Weichbild bewirkt daher wegen der vielen Steine einen -unangenehmen Eindruck. Es würde dieser allenfalls leidlich gemildert, -wenn die Grabsteine, wie die Gebäude, zu Rathe gehalten und vom -Zerfalle gerettet würden; allein deswillen ladet man keine Sorge sich -auf. Der eine Leichenstein steht gerade aufrecht und schön erhalten -mit einem wohlausgehauenen und hohen Turbane, der andere ist halb, -der<span class="pagenum"><a name="Seite_242" id="Seite_242">[S. 242]</a></span> dritte ganz umgestürzt, ein vierter zertrümmert, und zwischen -den in frommer Erinnerung an die Verstorbenen gesetzten Zeichen -lockt wucherndes Gras das Vieh zur Weidung daher. Soll in der wilden -Zerfallenheit der Grabmäler etwa das Sinnbild sich abspiegeln, daß eben -noch hinfälliger und vergänglicher die Hülle des Menschen sei, als -der fallende und zerbrechliche Stein? Eine solche Betrachtung dürfte -indessen über dem Gesichtskreise des gemeinen Muselmannes hinausliegen. -Auch die Kinder, mehr oder minder der Wiederhall der Erwachsenen, -beweisen, wie wenig man sich um die Leichensteine bekümmere. Zwei Buben -warfen nach einem Ziele, und dieses war ein Turban auf dem Grabe. Es -wäre schade, wenn die Menschen nicht stürben; sonst könnten die Rosse -nicht nach Lust in den Todtenkammern zu Alexandrien ein Freudenlied -wiehern, noch die Rhodier-Buben die Turbane der Gräber zur Zielscheibe -der Vergnügungen nehmen.</p> - -<p>Im Uebrigen wird in Rhodos für die Stiftung von Grabmälern weit -mehr gethan, als in Jaffa, von dessen Leichenacker man das Auge am -liebsten wegwendet, weil es darin vergebens sich erbauen würde; in -Joppe sogar zerschneidet die Grabhügel ein Weg, als ein gepflasterter -da, wo Denksteine mit Füßen getreten werden. In Rhodos gibt es auch, -mitten im großen Leichenfelde, mehrere<span class="pagenum"><a name="Seite_243" id="Seite_243">[S. 243]</a></span> kleinere Leichenhöfe, in deren -Einfangsmauer an der Außenseite dreieckige Ziegelbröckchen eingesprengt -sind.</p> - -<p>Das heilige Feld (<span class="antiqua">Campo Santo</span>) erhält das Andenken der einst für -den Schiffsbau im Dienste des Großherrn gestandenen Schweden.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Die_Bewohner">Die Bewohner; das lateinische Hospiz; ein -Knabenspiel; große Hähne.</h3> - -</div> - -<p>Die Bewohner zeichnen sich durch Schönheit aus. Ich begegnete -auffallend hübschen Frauenzimmern. Die Griechinnen verschleierten sich -vor mir nicht; sie sollen sich jedoch vor dem Mohammetaner verhüllen. -Es mag ersprießlich sein, daß die Schwärmerei den Gesichtsschleier -befängt. Hinwieder sind die Türkinnen um kein Haar besser. Ich ging -durch eine Gasse, worin mohammetanische Weiber einen kleinen Kreis, -wie es schien, zu Disputirübungen bildeten; ein großer Knabe daneben -ergriff ängstlich und lärmend sogleich den Schleier eines Weibes, um -dessen Gesicht vor mir zu verbergen. Ich brach in Lachen aus, und -kehrte den närrischen Leuten den Rücken. In der höflichern Manier ist -der Rücken der abendländische Schleier des Gesichtes.</p> - -<p>Nunmehr in dem Lande, wo der Sultan unmittelbarer herrscht, -durchmusterte ich mit Verwunderung die Kleidung des Militärs. Sieht man -einen Theil desselben, so glaubt<span class="pagenum"><a name="Seite_244" id="Seite_244">[S. 244]</a></span> man sich kaum mehr unter den Türken. -Auch gibt es, außer den Kriegsleuten, nicht wenig fränkisch gekleidete -Personen, und da ich in Syrien von den Weltneuigkeiten beinahe ganz -abgeschieden war, so lebte ich gleichsam neu auf, als ich wieder so -Manches erfuhr; denn Rhodos zählt immer eine beträchtliche Anzahl -Schiffe in seinen Häfen, weil es die Straße von Konstantinopel und -Smyrna nach Alexandrien und aufwärts nach der ganzen Küste bis hin zu -dem gegenüber Himmel und Meer trennenden Streifen Natoliens berührt, -und weil viele Schiffe vor der Insel sich mit frischem Mundvorrathe -versehen, letzteres um so gewisser, als die Lebensmittel in sehr -billigem Preise stehen. Ich bekam für zwei Kreuzer so viel Pomeranzen, -daß ich geflissentlich kleinere auslas, um sie in den Taschen bequem -tragen zu können. Eine kleine Maß (Ocke) vortrefflicher Wein kostet -sechs Kreuzer R. W. Leute, wie die Bewohner dieses Landes, die sich -besser ausfinden, wissen ihn noch um die Hälfte wohlfeiler zu kaufen. -Eine Ocke Honig kostet sechszig bis achtzig Para (12 bis 16 Kreuzer). -Nur das Brot ist theuer und schlecht; denn der Pascha, welcher sich -mit Alleinhandel befaßt, zog die Bäckereien an sich. Sollte man etwa -bedauern, daß nicht auch die höhern und edlern Güter des Menschen in -den Bereich des Handels, des Alleinhandels fallen? Gewaltige der Erde -fänden doch eine viel mächtigere<span class="pagenum"><a name="Seite_245" id="Seite_245">[S. 245]</a></span> Quelle zu Vermehrung ihrer Schätze, -und ohne Widerrede wäre es für einzelne Begüterte ein herrlicher -Gewinn, wenn sie auf dem Ruhepolster das, worüber sie noch nicht -verfügten, nämlich einen hellern Verstand und ein lautereres Gemüth, -durch Geld sich aneignen könnten.</p> - -<p>Die Konsuln wohnen in einem griechischen Dorfe gegen West außerhalb der -Stadt. In demselben besitzen die Lateiner auch ein Hospiz, welches von -zwei Patres bedient wird. Die lateinische Gemeinde ist etwa 120 Seelen -stark. Der eine Pater, ein gar freundlicher und gefälliger Mann, zeigte -mir in der Kirche ein Frauenbild von gehauenem und gemaltem Marmor, -welches sehr alt sein soll. Der Pater erzählte: In einem Grundstücke -des Eilandes ward von einem Sklaven umgegraben. Da vernahm dieser eine -Stimme: „Laß mich gehen.“ Als er tiefer drang, stieß er auf etwas -Hartes, und siehe, es war ein Frauenbild, ein sehr wunderthätiges -(<span class="antiqua">molto miracolosa</span>).</p> - -<p>Griechische Knaben belustigten sich, indem sie unter scherzenden -Bewegungen über den Weg sangen, und türkische —, indem sie spielten. -Diese übten sich in einem Spiele, welches einem in der Schweiz unter -verschiedenen Namen bekannten durchaus ähnelt. Ein Knabe stellt sich -vorne, der andere hinten. Der vordere setzt ein Pflöckchen vor eine -Grube, in welche er ein kleines Stäbchen steckt.<span class="pagenum"><a name="Seite_246" id="Seite_246">[S. 246]</a></span> Treibt er dieses nach -vornen und aufwärts, so fliegt das von ihm getroffene Pflöckchen gegen -den hintern Knaben. Wenn der letztere mit der Hand das noch fliegende -Pflöckchen erhaschen kann, so ist der vordere besiegt, und beide -wechseln ihre Rollen; wo nicht, so wirft der hintere nach der Grube. -Bleibt das Pflöckchen in einer gewissen Nähe von derselben liegen, so -ist es Gewinn; kommt es nicht nahe genug, so schlägt der vordere Knabe -mit einem Stäbchen darauf, damit es aufhüpfe, und damit er es sodann -im Fluge — fortschlage. Fliegt das Pflöckchen jetzt nur so weit, daß -der hintere Knabe die Grube von jenem an erspringen kann, so ist er -verloren, sonst aber nicht. Gleichermaßen darf der vordere Knabe nur -bestimmte Male auf das Pflöckchen schlagen, um es flügge zu machen. -Schlägt er diese Male erfolglos, so ist er überwunden. Ich möchte den -Alterthumsforscher mit nichten tadeln, wenn er sogar Staub und Moder -ausbeutet; er darf aber auch mir nicht verargen, wenn ich in manchen -Kinderspielen nichts minder, als Kinderspiele für den Freund der alten -Welt erblicke. Ueberlieferungen von Munde zu Munde können sich so rein -bewahren, als Ueberbleibsel von Werken der Menschenhand.</p> - -<p>Es würde der, im Vergleiche selbst mit palästinischen, auffallend -großen Hähne keine Erwähnung geschehen, wenn<span class="pagenum"><a name="Seite_247" id="Seite_247">[S. 247]</a></span> nicht schon die Alten die -großen und streithaften Hähne von Rhodos gepriesen hätten.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Der_Abend_im_Schiffsraume">Der Abend im Schiffsraume.</h3> - -</div> - -<p>Man führte mich in ein jüdisches Haus, wo ein ausnehmend guter Wein -ausgeschenkt werde. Ich kaufte einen großen Krug mit herrlichem rothen -Rhodier.</p> - -<p>Der Rhodier-Wein, zu meinen Füßen gestellt, schwänkt mir den Zwieback. -Der Krug mahnt mich an die Weinkrüge, welche untreue Weiber oder -Mägde in irgend einen Winkel verbergen, um daraus gelegentlich Muth -zu Verblendung der Männer oder Meister zu schöpfen. Ich sitze auf -Wrack, einer niedrigen Windenscheibe, die mit einem großen Damenbrete -ausgemalt war. Unter mir breitet sich ein Strohteppich aus, neben mir -das Bett mit einer Pomeranze darauf, damit sie den Wein mir kühle, -— dann meine Habseligkeiten, vor allen der Spender des Segens, der -Brotkorb. Gegenüber lagert der unsäuberliche Jude mit einem Graubarte, -der schmutzig auf die Brust herunterkräuselt. Nahe über ihm steht eine -Katze, deren Augen von der Begierde nach Beute glänzen. Würde der -lauernde Vierfüßer ein wenig abwärts gerückt sein, — der Judenkopf -wäre das segelnde Schiff unter der ehernen Riesensäule der — Katze -gewesen. Der Mann des Hebrons<span class="pagenum"><a name="Seite_248" id="Seite_248">[S. 248]</a></span> schläft fest und schnarcht, daß die -Nasenflügel zittern wie Espenlaub. Vielleicht hörte das hebräische -Schnarchen selbst der Maure, welcher, voll Freude über das eingetretene -mohammetanische Jubelfest (das große Beiram), in der Stadt sich gütlich -that, und einmal eine ganze Nacht im Kaffeehause zubrachte. So hängt -man gemeinhin an die Fasten ein Gegengewicht: Man enthält sich kürzer -oder länger, mehr oder minder der Speisen und Getränke, man sammelt die -Eßlust, und man leert nach der Hand um so leckerer größere Schüsseln -und Becher. Bloß drei Fuß über der Schiffsladung von Sesam hängt vom -Verdecke ein Laternchen herunter, welches die Höhle erleuchtet.</p> - -<p>All’ diese Armseligkeiten betrachtend, bin ich doch zufrieden, und -nun blicke ich durch die Oeffnung des Verdeckes gen Himmel zu Gott -empor, dem ich mit gerührter Seele meinen Dank für die goldene Gabe der -Gesundheit darbringe. Sie war mehrmals auf der Neige, und ich lernte -sie schätzen, die mich von so manchem Joche befreite; unbesorgt genieße -ich jetzt die frische Luft der Nacht, die grünen Früchte des Südens und -seine glühenden Weine.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Spaziergang_gegen_Trianda">Spaziergang gegen Trianda.</h3> - -</div> - -<p>Mich gelüstete, eine griechische Dorfschaft in einiger Entfernung von -der Stadt zu besehen. Ich erstieg zuerst<span class="pagenum"><a name="Seite_249" id="Seite_249">[S. 249]</a></span> den Hügel gleich über Rhodos; -der Weg durchstach einmal einen Felsen. Jener soll heute <em class="gesperrt">Smiths</em> -Höhe heißen, weil der englische Admiral <em class="gesperrt">Sidney Smith</em> auf -demselben wohnte, ehe seine Flotte nach Egypten absegelte. Auf der Höhe -eröffnet sich die köstliche Aussicht über die Stadt und einen Theil -der Insel, auf andere Eiländer und an die Küste des alten Karien. Von -den schneebedeckten, kühn in den blauen Aether tauchenden Ausläufern -des Taurus schwang sich mein Gedanke beinahe unwillkührlich in die -Gegend des Bodensees; denn das Meer, in engen Schranken zwischen -Kleinasien und den Eiländern, glich einem See. Ich ging sofort eine -Strecke weit auf dem Scheitel des Hügels, und lenkte dann rechts -hinunter zum Meeresstrande, wo mir mehrere Marktleute mit Eseln und -Maulthieren begegneten; Kameele traf ich nicht. Vor dem Siechenhause -(<span class="antiqua">casa dei leprosi</span>) saßen einige Menschen, die bettelnd ihre -Hand schüsselförmig hervorstreckten; eben ruhte auf ihren Gesichtern -die erwärmende Sonne, von dem kalten Nordwinde sich erholend. Eine -starke Stunde im Westen von Rhodos liegt eine sehr weitläufig gebaute -Dorfschaft mit fest gemauerten Häusern, die in Höfe eingesperrt -sind. Eine Menge Oelbäume trägt dazu bei, daß die Häuser noch mehr -in der Verborgenheit erscheinen. Die alte Stadt Rhodos soll in der -bedeutenden<span class="pagenum"><a name="Seite_250" id="Seite_250">[S. 250]</a></span> Länge vom Vorgebirge Bovo, dem gleich nördlich die neue -Stadt Rhodos sich anschließt, die nach Trianda sich ausgedehnt haben.</p> - -<p>Die Männer auf dem Lande waren mit einem Turbane bedeckt. Die meisten -von denjenigen, welche an mir vorübergingen, hatten eine wilde, -unfreundliche Miene. Ein Mann, der viele Jahre auf der Insel verlebte, -versicherte mich, daß die rhodischen Griechen durchaus wackere Leute -seien, und daß man unter ihnen völlig sicher reise, bei Tag und Nacht, -über Berg und Thal. Nach dem Aeussern würde ich in der That ein -ungünstiges Urtheil gefällt haben. Damit nicht dem Irrthume der Fang -gelinge, soll Niemand verkündigen, daß er Fische gefangen habe, sobald -er die Schwere des Netzes in der Tiefe des trüben Wassers verspürt, -sondern erst dann, wenn er die Fische fühlt oder sieht.</p> - -<p>Auf dem Rückwege, immer am Meere vorbei, hörte ich, seit ich Triest -verlassen habe, wieder zum ersten Male einen Brunnen plätschern, zum -ersten Male sah ich wieder den lautern Wasserstrahl mit den Perlen -scherzen. Man nennt die Insel sehr reich an Brunnquellen, welche auf -wohlthätige Weise in der wolkenlosen oder wolkenarmen Jahreszeit die -Stelle des Regens übernehmen, um, durch<span class="pagenum"><a name="Seite_251" id="Seite_251">[S. 251]</a></span> die Hand des berechnenden -Landmannes geleitet, das Feld zu berieseln und zu befruchten.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Nach_Konstantinopel">Nach Konstantinopel, Triest und heim.</h3> - -</div> - -<p>Wir gingen am 20. Jenner schon unter Segel; allein ein heftiger -Gegenwind jagte uns gegen die nun öden Feuerschlünde zurück, die zu -Ehren des Beiram so laut gedonnert haben, er verbannte uns in den Hafen -von Rhodos. Ich benützte diesmal die Zeit, meinen Reisepaß bei dem -österreichischen Konsul, Herrn <em class="gesperrt">Giulianich</em>, unterschreiben zu -lassen. Die Hausfrau ist eine Deutsche, und mit einem innigen Vergnügen -sprach ich wieder einmal mit deutscher Zunge. Die freundliche Aufnahme -im Schoße einer europäisch gebildeten Familie erquickte mich wie ein -Frühlingslüftchen.</p> - -<p>Die Rückreise über Konstantinopel werde ich nicht ausführlich -schildern. Die Sehnsucht nach dem Abendlande, wirkliche Reisesattheit, -ungewöhnlich ungünstige Umstände machten mich nachlässiger im -Beobachten und im Aufzeichnen des Beobachteten, obschon ich mein -Tagebuch fortsetzte.</p> - -<p>Am 24. Jenner steuerten wir endlich von Rhodos weg. Links erhoben -sich die Sporaden, rechts bald das Vorgebirge Krio (Knidus der Alten) -und linker Hand vorwärts<span class="pagenum"><a name="Seite_252" id="Seite_252">[S. 252]</a></span> die Insel <em class="gesperrt">Kos</em>. Mit ehrfurchtsvollen -Erinnerungen heftete ich auf dieselbe meinen Blick; denn Kos ist -das Geburtsland von <em class="gesperrt">Hippokrates</em>. An der Morgenseite spielte -das Halbgrün der Weiden bis an den Gipfel des Berges in der Sonne, -welche von Karien lieblich herüberleuchtete. Wie vor Jahrtausenden -kreiset noch die gleiche Sonne, noch umschweben das gleiche Land die -Lüfte, noch bespülen das gleiche die Fluthen des Meeres, ach, muß -es denn unabänderlicher Wille sein, daß der gleiche Sterbliche dort -nicht umherwandle, und lehre, wie Andere, gleich ihm, die Krone der -Unsterblichkeit verdienen? Der Theil der Morgenseite, welcher, gegen -Mitternacht, völlig in die Nähe trat, war unbewohnt. Als wir umbogen, -kam die Stadt <em class="gesperrt">Kos</em> zum Vorscheine, großartig in der Schminke der -Ferne. Die Thürme trugen sich schlank über den Moscheedom, und die -vielen weißen Landhäuser verliehen dem schönen Landschaftsbilde einen -besondern Reiz. Nahe der Stadt belebten die Küste mehrere Windmühlen, -auf welche das Schloß Putrun (das alte Halikarnaß) von Kleinasien -herabschaute. Eben trieb ein Kahn die Meerstraße querein, schief in -den Wind, gegen Kos. Ich beneidete die Leute in dem Fahrzeuge, in -das ich hätte hinüberhüpfen mögen, um in die gefeierte Stadt der -Aerzte zu wallfahrten; ich zürnte dem Winde, vor dem unsere Segel so -bereitwillig<span class="pagenum"><a name="Seite_253" id="Seite_253">[S. 253]</a></span> sich blähten, damit mein Auge an dem Lande der Koer um so -minder sich weiden könne. Es ist wohl verzeihlich, wenn ein Arzt, vor -der Insel Kos vom Strome seiner Gefühle hingerissen, die Fesseln der -Kürze in der Beschreibung ausnahmsweise abwirft.</p> - -<p>Wir segelten vorüber an den Inseln Kalmino (Kalymna), Leros und -Pathmos, Samos und Ikaria (Nikarie) nach Tschesme, wo ich mich mit -dem Hauptmanne <em class="gesperrt">Bagsîno</em> über die Mitfahrt nach Konstantinopel -verständigte. Chios lag herrlich vor den Blicken und nahe; ringsum -Ionier-Land. In Tschesme wechselte ich ein freundlich Wort mit dem -wackern österreichischen Konsul. Ipsara, Metelino, (das alte Lesbos); -das sigrische Vorgebirge doublirt; Blitz und Donner begleitete den -Regen auf dem ägäischen Meere vor <em class="gesperrt">Tenedos</em> (Bogdscha), gegenüber -von Troas. Ich setzte meinen Fuß auf den Boden dieses Eilandes. Der -thrazische Chersonesus gewährte wieder den ersten Anblick Europens; -die Dardanellen (Hellespont), ihre Schlösser; die Flüsse Simois und -Rhodius; Abydos und Gallipolis; wir ankerten vor dem asiatischen -Dorfe Kamares, dem Lande der Mysier; dann schwamm unser Fahrzeug im -Marmarameere (Propontis) an der Marmarainsel (Prokonnesus) vorüber. -Donnerstags den 4. Hornung Morgens liefen wir beim Mondesscheine in -den Bospor<span class="pagenum"><a name="Seite_254" id="Seite_254">[S. 254]</a></span> und, vorbei an Skutari, mit Tagesanbruch in den Hafen von -<em class="gesperrt">Konstantinopel</em> (Stambul). <em class="gesperrt">Einzig war das Schauspiel.</em> In -der großen Kaiserstadt, welche meine nicht geringen Erwartungen sogar -überbot, weilte ich bis zum 17. Hornung. Auf dem Dampfschiffe reiste -ich ab; der Olympus thronte vor den Augen; es entzückte mich die -Fahrt längs des trojischen Feldes, vor dem Kap Baba (<span class="antiqua">promontorium -Lectum</span>), neben dem Ida, zwischen Lesbos und Äolien; und deutlich -sah ich die Stadt Metelino (Mitylene). Spät Abends den 18. Hornung -erreichten wir den Hafen von Smyrna (Ismir). Mich durchströmte die -seltene Freude, einen Landsmann, Herrn <em class="gesperrt">Sturzenegger</em> von Trogen, -so wie früher in Konstantinopel einen andern Schweizer-Bürger, Herrn -<em class="gesperrt">Morelli</em>, Handelsmann aus Bern, zu treffen.</p> - -<p>Am 23. Hornung reisete ich am Bord der Brigg Macacco, Kapitän -<em class="gesperrt">Radonicich</em>, mit dem Sohne des österreichischen Konsuls in Rhodos -von Smyrna ab. Das Ankertau hielt uns später im Meerbusen, dessen -Hafen wir verlassen haben; wir fuhren durch die Seestraße von Chios; -zwischen den Inseln Tino (Tenos) und Mykone, zwischen Syra (Syros) und -Delos, zwischen Paros und Thermia (Cythnus), zwischen Serfo (Seriphus) -und Sifanto (Siphnus); ein Sturm zwang uns zurück gegen<span class="pagenum"><a name="Seite_255" id="Seite_255">[S. 255]</a></span> Hydrea vor -Argolis; vorwärts segelten wir dann gegen Cerigo — rechts das Gebiet -der alten Spartaner, links die Cykladen — und vorüber am Kap St. -Angelo (Vorgebirge Malea der alten Lakedemonier). Statt die Meerenge -nach der Bucht von Kolokythia (<span class="antiqua">Laconicus sinus</span>) zwischen -Lakonien und dem englischen Cerigo (Cythera) zu wählen, umsteuerten -wir diese Insel; dort das Kap Matapan (tänarische Vorgebirge) und das -Mainagebirge (Taygetus); die Küste von Messene (Navarin sehr deutlich); -weiter Zante, Cephalonia, Santa Maura, Antipaxos und Paxos; durch -die Straße der Insel Korfu und nahe der freundlichen Stadt gleichen -Namens; zum letzten Male erblickte ich einen Moscheethurm im Epirus; -wegen eines stürmischen Windes warfen wir die Anker aus im Hafen von -Arcangelo der Dalmazier.</p> - -<p>Dinstags den 15. Merz langte ich mit einem Herzen voll Wonne zu Triest -an. Schon waren die Bäume auf dem Felde mit ihrem Blüthenstrauße -geschmückt. Der jugendliche Lenz erwies mir die Gefälligkeit, das -harte, <em class="gesperrt">vierzigtägige</em> Gefängniß im Theresienlazarethe wenigstens -einigermaßen zu lindern. Unbeschreibliche Freude athmete meine Brust, -als ich mit dem neubesiegelten Freibriefe am 23. April aus der -Quarantäneanstalt trat. Ich berührte einige Städte Oberitaliens, in -denen die indische<span class="pagenum"><a name="Seite_256" id="Seite_256">[S. 256]</a></span> Cholera wüthete; in Tirol, <em class="gesperrt">von Meran bis Mals -ging ich zu Fuß</em>; am 1. und 2. Mai <em class="gesperrt">fuhr ich über Schnee</em>, -selbst am 3. noch im Schlitten, und am 4. schüttelte ich, im vollen -Besitze der Gesundheit, zu Hause die Hand der Meinigen.</p> - -<div class="section"> - -<h3 id="Anleitung_zu_der_Pilgerfahrt">Anleitung zu der Pilgerfahrt -nach Jerusalem.</h3> - -</div> - -<p>Es würden vielleicht mehr Abendländer nach Palästina pilgern, wenn -ihnen eine umfassende Anleitung zur Reise bekannt wäre. Ich will -trachten, dieselbe so zu geben, daß ich eine Antwort auf Fragen über -wesentliche Dinge nicht schuldig bleibe.</p> - -<p><em class="gesperrt">Was für polizeiliche Schriften werden erfordert?</em> Um in der -Türkei, in Syrien und Egypten zu reisen, bedarf man keines Passes der -herrschenden Landesbehörde. Ein <em class="gesperrt">Reisepaß</em> aus der Heimath genügt, -sofern er von der Gesandtschaft desjenigen Staates beglaubigt ist, -durch den man zu wandern vorhat. In der Türkei, in Syrien und Egypten -wendet der Pilgrim sich an den Konsul, unter dessen Schutz er sich -stellen will.</p> - -<p><em class="gesperrt">Wie versieht man sich am beßten in Beziehung auf die -Geldangelegenheiten?</em> Außer dem Reisescheine ist denn freilich -der Nerv der Unternehmungen<span class="pagenum"><a name="Seite_257" id="Seite_257">[S. 257]</a></span> nöthig. Den Vorzug verdient ein -Kreditschreiben oder auch, an dessen Statt, mehrere Wechsel an -Handelshäuser der Hauptstädte, durch die man reiset. Es wäre aus -einleuchtenden Gründen unrathsam, viel Geld mitzuschleppen. Bis an -den Ort, wo man sich einschifft, weiß ein Jeder den Kurs des Geldes. -Hier aber räth am beßten das Handelshaus, an welches man addressirt -ist. Zu meiner Zeit kursirten in der Türkei, in Syrien und Egypten -z. B. die levantischen Thaler (<span class="antiqua">tallero</span>, österreichische Münze -am Werthe von beiläufig 2 Gl. 24 Kr. R. W.). Auch Goldmünzen gehen, -als: die österreichischen und holländischen Dukaten, die venezianische -Zechine. Das ist zuverlässig. Für Syrien nehme man bares Geld mit sich -wegen der wenig häufigen Geldgeschäfte mit diesem Lande und wegen -vorauszusehender Unannehmlichkeiten oder Schwierigkeiten, welche -ein an ein syrisches Haus addressirtes Kreditschreiben oder Wechsel -verursachen könnte. Bezieht man in Alexandrien oder sonst wo egyptische -Münze, so läuft sie in Syrien; von Konstantinopel gehen dort wenigstens -die Silbermünzen, z. B. die Beschlik (Fünfpiasterstücke). Faßt man die -Sache fest und klar auf, so wird man nicht leicht in Geldverlegenheit -gerathen. Ich, für meinen Theil, wählte am liebsten Goldmünzen, und -verwahrte sie in einem Papiere so, daß sie weder bemerkt,<span class="pagenum"><a name="Seite_258" id="Seite_258">[S. 258]</a></span> noch bei -einiger Vorsicht verloren werden konnten, noch auch im mindesten mich -belästigten.</p> - -<p><em class="gesperrt">Mit welcher Sprache kommt man am beßten aus?</em> Ich wiederhole, daß -die italienische schon seit Jahrhunderten die herrschende unter den -Franken im Morgenlande ist.</p> - -<p><em class="gesperrt">Welches ist der kürzeste und beßte Weg nach Jerusalem und wieder -nach Hause zurück?</em> Ich rathe, zuerst nach Marseille, Livorno oder -Triest zu reisen. Letzterer Hafen dürfte der beachtenswertheste sein, -weil die Gelegenheiten zur Abfahrt sich häufiger darbieten, wenigstens -öfter, als in demjenigen von Livorno<a name="FNAnker_12_12" id="FNAnker_12_12"></a><a href="#Fussnote_12_12" class="fnanchor">[12]</a>. In Triest kann man manchmal -schon am Tage der Ankunft auf einem Segelschiffe abreisen, und selten -muß man nur eine Woche lang auf ein solches warten. Der gerade Weg -führte allerdings nach Jaffa; allein hieher findet man, meines Wissens, -keine, nach Beirut selten eine Gelegenheit, welche übrigens schon -deswillen vorzüglicher wäre, weil man eine Quarantäne ersparen würde. -Von Beirut nach Jaffa und umgekehrt sind in der regenfreien Zeit, nach<span class="pagenum"><a name="Seite_259" id="Seite_259">[S. 259]</a></span> -Versicherung des Konsuls <em class="gesperrt">Damiani</em>, die Gelegenheiten, wenigstens -auf arabischen Fahrzeugen, häufig. Sonst schiffe man sich nach -Alexandrien in Egypten ein. Es mag auch dem Umstande, daß man meist nur -auf Umwegen zum Ziele gelangt, der seltene Besuch Jerusalems durch die -Abendländer zugeschrieben werden. <em class="gesperrt">Der römische Hof</em>, in manchen -andern Dingen doch wohl über das Maß eifrig, <em class="gesperrt">thut nichts oder wenig -zu stärkerer Bevölkerung der Hospizien im verheißenen Lande und zu -Belebung der Wallfahrt nach dem wichtigsten Wallfahrtsorte</em>, und -sie könnte nur so leicht, zum mindesten alle Jahre einmal, auf eigene -Rechnung ein Dampfschiff nach Jaffa ausrüsten, nachdem die Gläubigen -vom Orte und von der Zeit der Abreise gehörig in Kenntniß gesetzt -worden wären. Oder warum sorgt in unserm unternehmenden Zeitalter -nicht eine Dampfschiffahrtsgesellschaft, wie diejenige in Triest, -<em class="gesperrt">einmal</em> für eine <em class="gesperrt">direkte</em> Fahrt nach Jaffa? Wie angenehm -müßte es für Manche sein, wenn sie, selbst in der Mitte Deutschlands, -voraussagen könnten: In drei Wochen werde ich die Ostern in Jerusalem -feiern. Von Alexandrien nach Jaffa legte ich den Seeweg zwar nicht -zurück; allein nach einem Gewährsmanne, <em class="gesperrt">Failoni</em>, segeln täglich -arabische, zwar nicht reinliche, aber sichere Küstenfahrer dahin -ab. Ich glaube<span class="pagenum"><a name="Seite_260" id="Seite_260">[S. 260]</a></span> auf das Wort; ich denke bloß hinzu: <em class="gesperrt">außer der -Regenzeit</em>, da der Himmel heller ist, und sollte noch ein heftiger -Wind die Sicherheit bedrohen, so ersteuert der Küstenfahrer bald -das Land. Als ich <em class="gesperrt">Failonis</em> Angabe las, wurmten in mir zuerst -manche Bedenklichkeiten; die Worte <em class="gesperrt">arabisch</em>, <em class="gesperrt">Barke</em>, -<em class="gesperrt">Meer</em> waren mir anstößig, und ich würde mich einem arabischen -Seemanne mit Widerwillen und Besorgniß anvertraut haben: seit ich aber -den nachgibigen Araber, die bedachtsame Küstenfahrt und die stillere, -bessere Jahreszeit, theilweise aus eigener Erfahrung, kenne, so wollte -ich mit einem arabischen Küstenfahrer unbedenklich reisen. — Von -Jaffa erreicht man bald Jerusalem. Dann kehre man nach Jaffa zurück. -Hier miethe man sich an Bord eines griechischen, nach Konstantinopel -laufenden Schiffes. Von Stambul bis Wien wird das Boot vom Dampfe -getrieben. Ich überlasse nun einem Jeglichen selbst, den Weg nach Hause -zu suchen. An der türkisch-österreichischen Grenze währt die Quarantäne -kürzere Zeit, als in Triest; auch soll sie nicht so theuer sein. Von -Alexandrien nach Jaffa fährt man mit und ohne Dragoman, mit einem -solchen schon darum angenehmer und bequemer, weil ihm zugleich auch das -Geschäft eines Koches übertragen wird.</p> - -<p><em class="gesperrt">Wann soll man die Reise antreten?</em> Der Pilger will in Jerusalem -ein bedeutendes Fest feiern. An<span class="pagenum"><a name="Seite_261" id="Seite_261">[S. 261]</a></span> Ostern mögen bei 10,000 griechische -und armenische Pilgrime die Stadt besuchen, und wegen dieses Festes -warten Schiffe auf der Rhede von Jaffa, welche ihre Bestimmung -nach Konstantinopel haben. Darauf muß man durchaus das Augenmerk -richten, wenn man nicht gleichsam an Jaffa gefesselt sein will, wie -<em class="gesperrt">Andromeda</em> an die Felsen. Im Hornung oder Merz in die See zu -stechen, darf Niemanden bangen. Vor Korfu schon koset ein blauer -Himmel, und der Merz und April Palästinas, noch mehr des Egyptenlandes -gehören zu der warmen, regenfreien Jahreszeit, in welcher die -Küstenfahrt gewöhnlich mit keinen, selten mit einigen Gefahren kämpft. -Ich ertheile den Rath, die Reise, wo möglich, so zu veranstalten, daß -man inmitten des Monates Hornung die Seefahrt beginnt.</p> - -<p><em class="gesperrt">Wie lange dauert die Reise?</em> Ich will nun die Dauer annähernd -berechnen, und lieber zu lang, als zu kurz.</p> - -<table class="reise" summary="Reise nach Jerusalem"> - <tr> - <td class="abschnitt"> - Von Triest nach Alexandrien - </td> - <td class="vab"> -  20 - </td> - <td class="vab"> - Tage. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="abschnitt"> - Aufenthalt in Alexandrien - </td> - <td class="vab"> -   3 - </td> - <td class="vab"> -   „ - </td> - </tr> - <tr> - <td class="abschnitt"> - Seefahrt von Alexandrien nach Jaffa - </td> - <td class="vab"> -   4 - </td> - <td class="vab"> -   „ - </td> - </tr> - <tr> - <td class="abschnitt"> - Quarantäne in Jaffa - </td> - <td class="vab"> -  19 - </td> - <td class="vab"> -   „ - </td> - </tr> - <tr> - <td class="abschnitt"> - Wanderung von Jaffa nach Jerusalem - </td> - <td class="vab"> -   2 - </td> - <td class="vab"> -   „ - </td> - </tr> - <tr> - <td class="abschnitt"> -<span class="pagenum"><a name="Seite_262" id="Seite_262">[S. 262]</a></span> - Aufenthalt in Jerusalem, den Ausflug nach Bethlehem inbegriffen - </td> - <td class="vab"> -   8 - </td> - <td class="vab"> -   „ - </td> - </tr> - <tr> - <td class="abschnitt s5"> - <span class="padl1_5"><span class="antiqua">Nb.</span> Kürze oder Länge des Aufenthalts - würde hauptsächlich vom Erwarten des Festes bestimmt.</span> - </td> - <td class="vab"> - - </td> - <td class="vab"> - - </td> - </tr> - <tr> - <td class="abschnitt"> - Zurück nach Jaffa - </td> - <td class="vab"> -   1 - </td> - <td class="vab"> -   „ - </td> - </tr> - <tr> - <td class="abschnitt s5"> - <span class="padl1_5"><span class="antiqua">Nb.</span> Die Rückreise, auf der man sich - nicht, wie auf der Hinreise nach Jerusalem, in Arimathia aufhält, - wird deswegen einen Tag kürzer angegeben, als letztere.</span> - </td> - <td class="vab"> - - </td> - <td class="vab"> - - </td> - </tr> - <tr> - <td class="abschnitt"> - Abwarten eines Schiffes - </td> - <td class="vab"> -   4 - </td> - <td class="vab"> -   „ - </td> - </tr> - <tr> - <td class="abschnitt"> - Reise nach Konstantinopel - </td> - <td class="vab"> -  20 - </td> - <td class="vab"> -   „ - </td> - </tr> - <tr> - <td class="abschnitt"> - Aufenthalt in Konstantinopel - </td> - <td class="vab"> -  14 - </td> - <td class="vab"> -   „ - </td> - </tr> - <tr> - <td class="abschnitt"> - Wasserreise nach Wien mit Einschluß der Quarantäne - (kürzestens 30 Tage) - </td> - <td class="bbot"> -  41 - </td> - <td class="bbot"> -   „ - </td> - </tr> - <tr> - <td class="right padr0_5"> - Zusammen - </td> - <td class="vab"> - 136 - </td> - <td class="vab"> - Tage. - </td> - </tr> -</table> - -<p>Man könnte bis Ende Brachmonates wieder zu Hause eintreffen, nach einer -Abwesenheit von etwa fünftehalb Monaten.</p> - -<p><em class="gesperrt">Wie lebt man?</em> Man kauft in Triest zwei Leintücher, eine -Wollendecke, eine Matratze und ein Kissen: die Schiffsbettung, deren -man, wenn auch nicht auf dem Dampf<span class="pagenum"><a name="Seite_263" id="Seite_263">[S. 263]</a></span>schiffe, doch auf der Küstenfahrt -nach Joppe und später bedarf. In jenem Schiffe kann man auf eine -Beköstigung zählen, wie in einem Gasthofe. Alexandrien besitzt -Wirthshäuser nach fränkischer Einrichtung. Hier versehe man sich für -die Fahrt nach Jaffa mit Nahrungsmitteln, z. B. mit gewöhnlichem Brote -(Zwieback ist für die kleine Reise kaum nöthig), das acht Tage gut -bleibt, mit frischem Fleische, mit Hühnern, mit Reis, Kartoffeln, -Zucker, Kaffee, mit Zitronen und einer Flasche Aquavit, und man schaue -vor der Abfahrt besonders nach, ob der Rais süßes Wasser in gehöriger -Menge gefaßt habe. Ohnehin wird man nicht vergessen, eine kleine -Kaffeekanne von Weißblech, eine eiserne Kasserole (zum Kochen des -Fleisches u. dgl.) mit einem schüsselförmigen, als Teller dienenden -Deckel, so wie Messer, Gabel und Löffel, einen Becher und Holzkohlen -zu kaufen. Es gibt Araber, die sich so gerne auf Andere stützen, -daß man wohl thut, selbst an Salz und Feuerzeug sich nicht mangeln -zu lassen. Nimmt man gleich von Hause aus etwas mit, um wenigstens -den Zucker, Kaffee und Reis gehörig aufzubewahren, so wird man es -nicht bereuen. Für den Mundbedarf schafft man sich zugleich einen -Korb nach egyptischer Art an<a name="FNAnker_13_13" id="FNAnker_13_13"></a><a href="#Fussnote_13_13" class="fnanchor">[13]</a>. Im jüdischen<span class="pagenum"><a name="Seite_264" id="Seite_264">[S. 264]</a></span> Lande spricht man -bei den Bewohnern der Klöster oder Hospizien zu. In Jaffa trifft man -zweifelsohne einen <em class="gesperrt">grie<span class="pagenum"><a name="Seite_265" id="Seite_265">[S. 265]</a></span>chischen</em> Schiffshauptmann; seine Kost -ist eher schlecht. Beköstiget man sich selbst, so lebt man besser und -freier, während man zugleich um ein Bedeutendes wohlfeiler durchkommt. -Man kaufe also einen Vorrath an Lebensmitteln etwa auf zwanzig Tage, -Zwieback aber etwa auf dreißig Tage, auf längere Zeit ja nicht, da -die Griechen bei schlimmer Witterung gerne in einen Hafen steuern, -wo man wieder frischen Mundbedarf aufkaufen kann. Beim Abschlusse -der Uebereinkunft mit dem Schiffshauptmanne muß das Kochen und das -hiezu nöthige Holz wohl bedungen werden. Wenn man sich recht deutlich -erklärt, so ist vom griechischen Hauptmanne, welcher wenig zu schreiben -pflegt, ein schriftlicher Aufsatz nicht geradezu erforderlich. Meine -Uebereinkunft mit dem Hydrioten geschah mündlich; ich schrieb sie bloß -in meine Brieftasche, worauf ich sie noch dem griechischen Konsul -anzeigte. Zu Konstantinopel, nämlich in Galata und Pera, laden den -Reisenden, neben einem <span class="antiqua">ospizio della Terra Santa</span>, fränkische -Wirthshäuser ein. Auf allen Dampfschiffen sorgt die Küche für ein -üppiges<span class="pagenum"><a name="Seite_266" id="Seite_266">[S. 266]</a></span> Leben. Ich müßte eine recht saure Mühe mir aufbürden, wenn -ich, nach dem Beispiele der abendländischen Reisehandbücher, angeben -sollte, welches das beßte Wirthshaus in Wien sei. Der Ankömmling aus -dem Lande des Aufganges kennt mehr Genügsamkeit.</p> - -<p><em class="gesperrt">Wie viel kostet die Reise?</em> Es wäre leicht, zu antworten, würden -nur die Preise zu verschiedenen Zeiten nicht schwanken. So waren -die Lebensmittel zu meiner Zeit in Jaffa mindestens um ein Drittel -kostspieliger, als vor der Besetzung Palästinas mit egyptischen -Truppen. Und davon abgesehen, läßt sich der Voranschlag der Kosten -nur beiläufig bestimmen. Wer gesonnen ist, den Reiseplan geradenweges -zu verfolgen, und nirgends sich längere Zeit aufzuhalten, wer weder -wissenschaftliche Forschungen anstellen, noch durch großen Aufwand -Aufsehen erregen will, immer und überall aber für die Gesundheit, -als eine unschätzbare Juwele, Sorge trägt, und in steter Rücksicht -auf dieselbe die verschiedenartigen Vergnügungen der Reise genießt: -der wird diese mit 600 Gl. R. W. bestreiten können. Es fiele nicht -schwer, in die Einzelnheiten einzugehen. Jeder, welcher die Reise zu -unternehmen Willens ist, wird übrigens leichter durch Erfahrung das -Nähere finden, als durch die Uebung des Gedächtnisses in Angaben aus -dem todten Munde eines Buches.</p> - -<div class="chapter"> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_267" id="Seite_267">[S. 267]</a></span></p> - -<h2 class="nobreak" id="Schlussbetrachtungen">Schlußbetrachtungen.</h2> - -</div> - -<p>Hier an meinem Ziele, wo ein weites Feld von Rückerinnerungen sich -schließt, kann ich nicht umhin, darüber Rechenschaft abzulegen, -<em class="gesperrt">wie</em> ich die Reise in den gegenwärtigen Blättern erzählte.</p> - -<p>Alles Wesentliche schrieb ich auf der Reise zwischen Triest und Afrika, -in Alexandrien und in Kairo, in El-Arysch und in Ramle, in Jerusalem -und in Jaffa, in Rhodos und Tschesme (auf dem Meere zwischen Ionien -und dem thrazischen Bospor, in Konstantinopel und in Smyrna, auf dem -Seewege nach Triest) und im Theresienlazarethe, am meisten jedoch in -Kairo, El-Arysch, Jaffa und Triest, und selten blieb ich in bedeutendem -Rückstande.<span class="pagenum"><a name="Seite_268" id="Seite_268">[S. 268]</a></span> Mit dieser Arbeit, ich gestehe es, raubte ich mir -manchen ruhigen Genuß; hingegen auch würzte ich damit, zu reichlicher -Vergeltung, viele Stunden, zumal von denjenigen, welche in den -Quarantäneanstalten vergingen. Im Garten bereitet man dem Rosenstrauche -ein Beetchen, und er treibt Blätter und Dornen; aber man pflanzt ihn -nicht wegen der Blätter und Dornen, sondern in der Hoffnung, daß mit -der Zeit noch duftende Blumen aufquellen, womit die Freude sich einen -Kranz winde.</p> - -<p>Ich fühle wohl, daß ich hätte zwei Dinge thun können: erstens -das Geschichtliche einweben, und zweitens mit Auszügen neuerer -Reisebeschreibungen meine ergänzen. Ich wollte weder das Eine, noch das -Andere; das Eine nicht, weil auf der Reise zur Seltenheit eine kleine -Garbe geerntet wird, sondern weil jeder Unterrichtete die Hauptsache am -Schreibpulte ausbeuten kann; das Andere nicht, weil ich die Rolle eines -Plünderers verabscheue, und weil ich vermuthe, daß Manche ebenso gerne -einen Rundreisenden begleiten, als den Zusammenstoppeler und Erklärer -inmitten eines Bücherhaufens. Ich behaupte zwar nicht, daß ich die eben -bezeichnete Bahn aufs allerstrengste verfolgte, ohne ausnahmsweise in -einen Seitenweg abzuweichen, indem ich glaubte, wenigstens einige, -vielleicht nicht mit Gebühr gewürdigte Männer des sechszehnten -und sie<span class="pagenum"><a name="Seite_269" id="Seite_269">[S. 269]</a></span>benzehnten Jahrhundertes, wie sie mir gerade in meiner -literarischen Einsamkeit begegneten, in diesen Sprechsaal einladen zu -dürfen<a name="FNAnker_14_14" id="FNAnker_14_14"></a><a href="#Fussnote_14_14" class="fnanchor">[14]</a>.</p> - -<p>Als Lustreisender hätte ich denn auch nicht dem Schulzwange gehorchen -mögen, um ein Ebenmaß zu beobachten. Bald ernst, bald scherzhaft, jetzt -ausführlich und vielleicht gar gedehnt, dann kurz und abgebrochen, -— so schrieb ich je nach meinen Lagen und Launen. Das Wanderbuch -ist ein Spiegel verschiedener Gemüthsstimmungen. Wie sollte ich nun -am Ende meiner Fahrten, etwa zu Gunsten untergeordneter Rücksichten, -das Tagebuch anders zuschneiden, damit das Bild meines Reiselebens -erbleiche? Es wäre ein wenig zu hart, wenn man stets nach den Geboten -der Schule leben müßte, wie der Karthäuser nach seiner Klosterregel.</p> - -<p>Nicht die Städte der Welt sind das Ziel einer Reise, sondern die -Wahrheit. Mit Andern will ich in nichts wetteifern, als in dem -aufrichtigen Streben, der Wahrheit zu dienen. Das letzte Reiseziel -aber ist viel schwieriger zu erreichen, als Alexandrien und Kairo, -Jerusalem und Beth<span class="pagenum"><a name="Seite_270" id="Seite_270">[S. 270]</a></span>lehem. Man gibt wieder, was ein Eingeborener oder -ein schon längere Zeit im Morgenlande weilender Franke erzählte; -allein es hält nicht immer leicht, den rechten Mann zu finden. Man ist -das Werkzeug der öffentlichen Meinung unter den Franken; allein man -kann die Ansichten Einzelner mit derselben verwechseln. Man verfaßt -es in Schrift, was man selbst durch die Sinne wahrnahm; allein diese -werden gerne von Täuschungen getrübt. Mehrmals stellte ich mich vom -Schreibpulte aufmerksam auf die Gasse, auf daß ich dann wieder an jenem -die Feder sicherer handhabe. Um die körperlichen Eigenthümlichkeiten, -so wie die Tracht der Jerusalemer mit möglichster Genauigkeit zu -schildern, setzte ich mich im Bassar auf eine steinerne Bank, und -schrieb, von den Leuten ungestört, gleich nieder, was mein Auge -erspähte. Wenn ich auch nicht die leiseste Neigung hege, den Zweifel -deshalb mundtodt zu erklären, so brachte ich nun einmal, was ich -vermochte, treulich und ohne Gefährde.</p> - -<p>Nützt meine Reisebeschreibung Niemanden, so nützte sie doch mir, mehr -aber noch die Reise selbst. Als Wanderer lernte ich Welt und Menschen -an einem größeren Maßstabe kennen.</p> - -<p>Oft beschmollte ich unsern Schnee, und träumte mich mit Wonnegefühl -unter einen lindern, lachenden Himmel.<span class="pagenum"><a name="Seite_271" id="Seite_271">[S. 271]</a></span> Ich konnte im Egyptenlande -während des Wintermonats ahnen, welche Gluth die Sonne des Sommers -auf dasselbe aussprühe. Uebrigens frieren die Leute im Winter auch -an andern Orten, wie in dem gar sommerheißen Konstantinopel, obschon -kürzere Zeit, ohne daß sie durchgängig die bequemen Heizeinrichtungen -besitzen, die uns, den von Eis Umringten, jenen lieblichen künstlichen -Sommer in die Stube zaubern. Wahrlich, wir stehen nicht schlimmer.</p> - -<p>Ich sah jenseit des Mittelmeeres fruchtbarere Gegenden, als in der -Schweiz und in Teutschland, als selbst in Frankreich und Italien. -Was frommt jedoch dem Bauer die Ergibigkeit der Fluren, wenn er die -Bodenerzeugnisse zusammt dem daran klebenden Schweiße dem Machthaber -unter die Füße legen muß? Ich sah aber auch viel unfruchtbarere -Gegenden, wie in der Nähe von Jerusalem, wo die Menschen Zähne haben -müßten, um die Steine zu zermalmen, einen Magen, um sie zu verdauen, -eine Werkstätte, um sie in Blut zu verwandeln, falls jene in <em class="gesperrt">der</em> -Nacktheit ihnen viel nützlicher werden sollten. Wir stehen nicht -schlimmer mit unsern grünen Hochweiden, vor denen viele Berge Syriens -und Kleinasiens, Thraziens und des peloponnesischen Archipels ihre -Häupter ehrerbietig senken würden.</p> - -<p>Ich traf tugendsame Menschen, aber auch den schlim<span class="pagenum"><a name="Seite_272" id="Seite_272">[S. 272]</a></span>men, den feigen -Araber, den schlauen, den treulosen Griechen. Bei uns versüßen mein -Leben viel wackere Leute, die zugleich die Träger einer umfassenderen -Bildung und Weltaufklärung sind, nicht zu gedenken, daß ich durch die -Bande der Sprache, wie der Sitten, der Religion, wie des Vaterlandes -und, ich will noch beifügen, der Vorurtheile an sie geknüpft bin. Und -wer möchte vom Bande der Familie schweigen? Wir stehen einmal nicht -schlimmer.</p> - -<p>Ich reisete durch gesunde Gegenden, so Jaffa und Gaza in der pestfreien -Zeit, aber auch durch solche, welche, außer der Pest, noch von andern -schrecklichen Geißeln der Menschheit geplagt werden. Bei uns fallen -wohl zahlreiche Opfer der langsam tödtenden Schwindsucht, aber seit -Menschenaltern nimmermehr jenem Ungeheuer. Wir stehen in der That nicht -schlimmer.</p> - -<p>Nein, <em class="gesperrt">wir stehen nicht schlimmer, aber besser</em>. Nichts trug zur -Aussöhnung mit den heimathlichen Verhältnissen williger bei, als meine -Reise und gerade diese mittlerweile gewonnene Wahrheit. Der Gedanke, -daß das Schicksal gegen uns mehr Milde erzeigt, als gegen die Einen, -hat jederzeit etwas Tröstliches, mag auch sonst ein herberes Schicksal -uns beugen, als Andere. Ich darf die volleste Zufriedenheit mit der -Entwerfung und Ausführung meines Reiseplanes ausdrücken.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_273" id="Seite_273">[S. 273]</a></span></p> - -<p>Soll ich nun Andern die gleiche Reise, insonderheit die Pilgerfahrt -nach Jerusalem, wie ich sie angab, rathen? Wem die Wanderlust beinahe -im gebieterischen Tone zuspricht, und wem gleichzeitig es nicht an -Mitteln ermangelt, dieselbe zu befriedigen, der trete die Reise an mit -heiterer Entschlossenheit. Wenn er einerseits freilich einen Kelch voll -Bitterkeiten an die Lippen setzt, wenn er vielleicht der Gefahr sich in -die offenen Arme stürzt; so werden ihm andererseits der angenehmsten -Augenblicke manche vergönnt, und mit einem güldenen Schatze neuer -Kenntnisse und Erfahrungen wird er sich bereichern. Geht auch ein -kleiner Weltschatz verlustig, dieser wird von den Kleinoden, welche man -für Kopf und Herz sammelt, weit aufgewogen.</p> - -<p>Ich bin kein Schwärmer. Ich möchte die Erneuerung der Kreuzzüge nach -dem jüdischen Lande nicht herbeiwünschen. Es taucht inzwischen aus -dem Meere der Weltereignisse die merkwürdige Erscheinung, daß die -meisten Gemüther der abendländischen Christen für Jerusalem in seiner -örtlichen Bedeutung gleichsam erstorben sind, und daß seit länger, -denn einem halben Jahrtausende kein zweiter <em class="gesperrt">Petrus von Amiens</em> -sich erhob, die Abendwelt für das gelobte Land zu entflammen. Der -Mensch liebt bisweilen die Hindernisse, um sich im Kampfe gegen sie -zu messen. Je zahlreicher dieselben aus dem Wege geräumt<span class="pagenum"><a name="Seite_274" id="Seite_274">[S. 274]</a></span> wurden, -desto mehr lenkten in der Folge die Abendländer ihre Aufmerksamkeit -von Palästina ab. Man möchte bereits beklagen, daß, nach Beseitigung -aller Hindernisse, nunmehr der Entschuldigung oder Beschönigung jede -Ausflucht abgeschnitten ist.</p> - -<p>Immerhin glaube ich, daß die Pilgerfahrt nicht nutzlos wäre für einen -Schriftgelehrten. Derjenige, welcher daheim in seinem Stübchen sich an -einer Beschreibung von Jerusalem schier preßhaft zerarbeitet, indem -er staubbedeckte Schriften gleichsam hungerig durchwühlt, und mit -mühsam erborgten Stellen das magere Buch kaum genug ausspicken kann, -würde doch nicht übel thun, wenn er hinginge, die Brust in Jerusalem -zu durchlüften, und das Auge auf der Wache Zions im Buche der Natur zu -erfrischen.</p> - -<p>Ich glaube nicht, daß die Pilgerfahrt nutzlos wäre für den Bibelfreund. -Sogar der beßte denkgläubige Christ kann die Bibel, zum wenigsten -ihren Einschlag örtlicher Beziehungen, weder mit der Klarheit und -Lebendigkeit der Vorstellungen, noch mit der Fülle und Tiefe der -Gefühle erfassen, wie der Pilgrim, welchem insbesondere das Lesen -der Urkunden einen Vollgenuß verheißen muß. Die unübertreffliche -Schilderung, wie jener fromme und treue Knecht zu <em class="gesperrt">Rebekka</em> -kam, wie die holdselige Jungfrau, mit ihrem Wassergefäße auf den -Schultern, heranschreitet, wie sie dem<span class="pagenum"><a name="Seite_275" id="Seite_275">[S. 275]</a></span> Ankömmlinge einen Trunk Wassers -anbietet, wie sie für seine Kameele aus dem Brunnen schöpft u. dgl. —, -solche Züge mögen Jedermann anmuthen; allein sie erregen wohl einen -ganz eigenthümlichen Eindruck im schauenden Pilger, welcher in der -seelenvollen Schilderung die heutigen Sitten des Morgenländers als eine -Verjüngung der alten bewundert.</p> - -<p>Auch glaube ich nicht, daß die Pilgerfahrt nutzlos wäre für manche -Mühselige und Beladene, Leichtsinnige und Welttrunkene. In Gaza weht -gesunde, eine milde, die herrlichste Luft. Dort und in Jaffa fühlte ich -mich, so zu sagen, noch einmal so leicht auf der Brust. Beide Städte -befällt die Lungenschwindsucht als eine große Seltenheit. Man darf -ebenfalls von der Seereise Heil erwarten, bei gehöriger Behutsamkeit, -z. B. vor dem Zuge des Windes. <em class="gesperrt">Nach der Rückkehr ins Vaterland -stand meine Gesundheit auf besserem Fuße, als vor dem Anbeginne der -Reise.</em> Beleuchten wir jetzt die andere Seite. Unsere gnädigen -Frauen und Fräulein, so wie ihre ergebenen Herren und Jünkerlein -unternehmen im Laufe der günstigeren Jahreszeit glänzende Badereisen -zu Wiederherstellung der Gesundheit, viele aber aus Lust zu einem -üppigeren Leben, zu Liebe und Spiel, zu Tafel und Tanz, und mehrere von -den üppig lebenden,<span class="pagenum"><a name="Seite_276" id="Seite_276">[S. 276]</a></span> liebenden und spielenden, tafel- und tanzfreudigen -Kurgästen wallfahrten vielleicht später reumüthig und bußfertig -nach einem winzigen Gnadenorte; nur wollen sie diesen Glanz ihres -Ueberflusses an irdischen Gütern und diesen Schatten ihrer Hoffnung -auf himmlische Schätze nicht nach ihrem Gnadenorte aller Gnadenorte, -nach Golgatha, tragen. Sei es, daß die gewöhnlichen Wallfahrten des -Abendländers, selbst im Schoße der Kirche, die sie anordnet, einen -übeln Klang haben, es will die Pilgerreise in ein so entferntes Land, -wie diejenige nach Jerusalem, wenigstens zum Theile von einem ganz -andern Standpunkte aus beurtheilt werden. Große Luftveränderungen sind -ein kräftiger Balsam für verzärtelte oder siechende Geschlechter; große -Wanderungen sind ein starker Hebel der Kultur und Zivilisazion.</p> - -<hr class="full" /> - -<div class="chapter"> - -<p class="s3 center padtop3"><b>Verbesserungen im zweiten Bande</b>.</p> - -</div> - -<table class="verbesserungen" summary="Verbesserungen im ersten Band"> - <tr> - <td class="vat"> - S. - </td> - <td class="vat"> -  50 - </td> - <td class="vat"> - Z. - </td> - <td class="vat"> -  1 - </td> - <td class="vat"> - von - </td> - <td class="vat"> - oben - </td> - <td class="vat"> - lies - </td> - <td class="vab"> - <a href="#Moriah"><em class="gesperrt">in der Tiefe zwischen Moriah und Zion</em> - ; <em class="gesperrt">jenseits</em> am</a>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  64 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  3 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#waeren">wären</a></em> für - <em class="gesperrt">waren</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  80 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 11 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - unten - </td> - <td class="vat" colspan="2"> - lösche das ; vor <em class="gesperrt"><a href="#weiter">weiter</a></em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - <a href="#Seite_125">125</a> - </td> - <td class="vat" colspan="6"> - statt 152. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 156 - </td> - <td class="vat"> - Z. - </td> - <td class="vat"> -  4 - </td> - <td class="vat"> - von - </td> - <td class="vat"> - unten - </td> - <td class="vat"> - lies - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#heben">heben</a></em> für - <em class="gesperrt">haben</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 159 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> -  8 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#heirathen">heirathen</a></em> für - <em class="gesperrt">heitathen</em>. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 161 - </td> - <td class="vat"> - „ - </td> - <td class="vat"> - 10 - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vat"> - oben - </td> - <td class="vat"> -  „ - </td> - <td class="vab"> - <em class="gesperrt"><a href="#schofe">schỏfe</a></em> für - <em class="gesperrt">schṓfe</em>. - </td> - </tr> -</table> - -<p>Nicht sinnstörende Druckfehler (z. B. 1, 19 Schemmel st. -<em class="gesperrt">Schemel</em>, 1, 103 Letze st. <em class="gesperrt">Letzte</em>, 1, 123 faullenzt st. -<em class="gesperrt">faulenzt</em>, 1, 181 schlossen st. <em class="gesperrt">schloßen</em>, 1, 211 pauckte -st. <em class="gesperrt">paukte</em>, 1, 303 Regen st. <em class="gesperrt">Regnen</em>, 2, 162 <a href="#Montags">Montag</a> -st. <em class="gesperrt">Montags</em>), insbesondere der Interpunkzion, wenigstens im -ersten Bande (z. B. S. 8, 26, 28), so wie auch die Ungleichheit in -der Rechtschreibung (z. B. <em class="gesperrt">Kroazien</em> neben <em class="gesperrt">Kroatien</em>, -<em class="gesperrt">lange Weile</em> neben <em class="gesperrt">Langeweile</em>, <em class="gesperrt">Pfennige</em> neben -<em class="gesperrt">Pfenninge</em>, <em class="gesperrt">Bogen</em> neben <em class="gesperrt">Bögen</em>, <em class="gesperrt">Reiß</em> neben -<em class="gesperrt">Reis</em>) wolle der Leser selbst verbessern.</p> - -<hr class="chap" /> - -<div class="chapter"> - -<p class="s3 center"><b>Inhalt des ersten Bandes</b>.</p> - -</div> - -<table class="toc" summary="Inhaltsverzeichnis 1. Band"> - <tr> - <td class="ukap"> - - </td> - <td class="ste"> - Seite - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Reise nach Triest - </td> - <td class="ste"> -   1. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Mein Aufenthalt auf dem Eilande Lossin oder Ossero - </td> - <td class="ste"> -  10. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Fahrt nach Alexandrien - </td> - <td class="ste"> -  25. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="kap"> - Alexandrien. - </td> - <td class="ste"> - - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Lage - </td> - <td class="ste"> -  58. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Gebäude - </td> - <td class="ste"> -  59. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Krankenhäuser - </td> - <td class="ste"> -  67. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Auch das Observazionsspital oder die Observazionshütten - </td> - <td class="ste"> -  70. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Katakomben und der Pferdestall - </td> - <td class="ste"> -  78. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Nadeln der <em class="gesperrt">Kleopatra</em> und der Flohfänger - </td> - <td class="ste"> -  80. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Pompejussäule und die Schandsäule - </td> - <td class="ste"> -  82. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Nachgrabungen - </td> - <td class="ste"> -  85. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Leute. Bevölkerung - </td> - <td class="ste"> -  88. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Ritt zur Beschneidung - </td> - <td class="ste"> -  91. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Primarschule - </td> - <td class="ste"> -  92. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Zeichenschule - </td> - <td class="ste"> -  93. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Weiberhändel - </td> - <td class="ste"> -  95. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Geld und Geldnoth - </td> - <td class="ste"> -  97. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Schiff der Wüste - </td> - <td class="ste"> -  99. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Anleitung für den Reisenden - </td> - <td class="ste"> - 100. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap"> - Die Nilfahrt nach Kairo - </td> - <td class="ste"> - 104. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="kap"> - Kairo. - </td> - <td class="ste"> - - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Lage der Stadt, Strich des Himmels und Gesundheitszustand - der Menschen - </td> - <td class="ste"> - 134. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Stadt nach ihrer Bauart - </td> - <td class="ste"> - 140. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Schloß, der Jussufsbrunnen und die Grabmale von Kâyd-Bei - </td> - <td class="ste"> - 148. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Militärkrankenhaus - </td> - <td class="ste"> - 155. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Narrenmenagerie - </td> - <td class="ste"> - 157. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Stadt der Einäugigen und der Blinden - </td> - <td class="ste"> - 162. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das öffentliche Bad - </td> - <td class="ste"> - 163. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Wie die Egypzier im sechszehnten Jahrhundert die Bäder gebrauchten - </td> - <td class="ste"> - 168. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Sklavenmarkt - </td> - <td class="ste"> - 173. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Das Katzenstift - </td> - <td class="ste"> - 177. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Gärten - </td> - <td class="ste"> - 181. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Esbekieh - </td> - <td class="ste"> - 183. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Physiologischer und psychologischer Karakter der Einwohner - </td> - <td class="ste"> - 184. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Tracht - </td> - <td class="ste"> - 194. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Speisen und Getränke - </td> - <td class="ste"> - 198. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Kaffeehäuser - </td> - <td class="ste"> - 204. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Schneller Justizgang - </td> - <td class="ste"> - 208. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der egyptische Tanz - </td> - <td class="ste"> - 210. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Brautzug - </td> - <td class="ste"> - 213. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Leichenzug - </td> - <td class="ste"> - 216. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Straßensänger - </td> - <td class="ste"> - 218. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Versteigerer - </td> - <td class="ste"> - 219. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Barbier - </td> - <td class="ste"> - 220. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Lagerstellenmacher - </td> - <td class="ste"> - 221. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Glaser - </td> - <td class="ste"> - 222. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Schuhmacher - </td> - <td class="ste"> - 223. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Der Töpferwaarenflicker - </td> - <td class="ste"> - 224. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Missionarien - </td> - <td class="ste"> - 226. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Renegaten - </td> - <td class="ste"> - 228. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Müsterchen von Europäern in Egypten, oder ein Porträt - über Kairo aus Europa - </td> - <td class="ste"> - 230. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Undank für treue Liebe - </td> - <td class="ste"> - 233. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Unter österreichischer Protekzion - </td> - <td class="ste"> - 235. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Meine Wohnung - </td> - <td class="ste"> - 236. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Meine Nahrung und Getränke - </td> - <td class="ste"> - 238. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Umgebung von Kairo: - </td> - <td class="ste"> - - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Todtenstadt el-Seydeh Omm Kâsim - </td> - <td class="ste"> - 242. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Die Wasserleitung - </td> - <td class="ste"> - 244. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Altkairo und das armenische Kloster - </td> - <td class="ste"> - 246. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Das griechische Kloster und der Altar der h. Frau im koptischen - Kloster - </td> - <td class="ste"> - 247. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Der Tempel <em class="gesperrt">A’mrus</em> - </td> - <td class="ste"> - 250. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Der Garten <em class="gesperrt">Ibrahim-Paschas</em> und der - Nilometer auf der Insel Ruda - </td> - <td class="ste"> - 253. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Ausflug nach Heliopolis und Abusabel - </td> - <td class="ste"> - 258. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Geschichtlicher Rückflug nach Mattarieh - </td> - <td class="ste"> - 280. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap2"> - Abenteuerlicher Ritt nach den Pyramiden von Gizeh - </td> - <td class="ste"> - 281. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Wegweiser in und um Kairo - </td> - <td class="ste"> - 295. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Rückblick auf Kairo - </td> - <td class="ste"> - 297. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Reise durch die Wüste nach El-Arysch - </td> - <td class="ste"> - 297. - </td> - </tr> - <tr> - <td class="ukap1"> - Die Quarantäne in El-Arysch - </td> - <td class="ste"> - 321. - </td> - </tr> -</table> - -<hr class="full" /> - -<div class="chapter"> - -<div class="reklame"> - -<p class="s3 center mbot2">Nützlichstes und wohlfeiles Geschenk für die Jugend.</p> - -<hr class="r10" /> - -<p class="s2 center"><b>Hand- und Hausbuch</b><br /> -<span class="s6">für jeden Schweizer<br /> -<span class="s5">und</span><br /> -<b>zweckmäßigste Anleitung,</b></span><br /> -<span class="s5">die Schweiz zu bereisen.</span></p> - -<hr class="r10" /> - -<p class="mbot1">Bei <em class="gesperrt">Orell</em>, <em class="gesperrt">Füßli</em> und <em class="gesperrt">Comp.</em> ist erschienen und -durch alle Buchhandlungen zu beziehen:</p> - -<p class="s4 center">Die zweite, umgearbeitete Ausgabe<br /> -<span class="s5"><span class="mleft0_3">d</span><span class="mleft0_3">e</span><span class="mleft0_3">r</span></span><br /> -<span class="s4"><b><span class="mleft0_2">E</span><span class="mleft0_2">r</span><span class="mleft0_2">d</span><span class="mleft0_2">k</span><span class="mleft0_2">u</span><span class="mleft0_2">n</span><span class="mleft0_2">d</span><span class="mleft0_2">e</span></b></span><br /> -<span class="s5">der</span><br /> -<span class="s3"><b>Schweizerischen Eidgenossenschaft.</b></span></p> - -<p class="s4 center mtop1"><span class="mleft0_3">V</span><span class="mleft0_3">o</span><span class="mleft0_3">n</span><br /> - -<b>Gerold Meyer von Knonau.</b></p> - -<p class="center">1ster Band. gr. 8. 872 Seiten, in Umschlag.</p> - -<p class="center">1 Rthlr. 16 Gr. — 2 fl. 30 kr.</p> - -<p>Der 2te Band, Schluß des Werkes, erscheint Ende Juni 1839.</p> - -<p>Herr <em class="gesperrt">v. Meyer</em> hat sich schon als Leiter der ausgezeichneten -„<em class="gesperrt">Gemälde der Schweiz</em>“, die in 22 Bänden die Schweiz schildern -sollen, und als Verfasser der Schilderungen der Kantone Zürich und -Schwyz einen bleibenden Ruf gesichert.</p> - -</div> - -<div class="figcenter"> - <a id="anzeige" name="anzeige"> - <img class="mtop2" src="images/anzeige.jpg" - alt="" /></a> - <p class="caption s5">Original-Abbildung</p> -</div> - -</div> - -<hr class="full" /> - -<div class="chapter"> - -<div class="footnotes"> - -<p class="s2 center"><b>Fußnoten:</b></p> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_1_1" id="Fussnote_1_1"></a><a href="#FNAnker_1_1"><span class="label">[1]</span></a> Es kam später ein Engländer von Jerusalem über die -reißenden Waldströme des Gebirges Juda mit Lebensgefahr nach Jaffa, und -er erzählte mir, daß in jener Stadt ein knietiefer Schnee sich legte, -welcher ihm den Besuch mancher Stellen erschwerte.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_2_2" id="Fussnote_2_2"></a><a href="#FNAnker_2_2"><span class="label">[2]</span></a> <em class="gesperrt">Markus</em> 15 K. 46 V. Es scheint diese Stelle für ein -senkrecht eingehauenes Felsengrab zu sprechen, während andere Stellen -und die drei übrigen Evangelisten nicht eigentlich dagegen aussagen. -Man bückte sich, um genauer nachzusehen, und man ging ins Grab. Man -würde heute noch in ein gewöhnliches Grab steigen, wenn ein Leichnam -fehlte, um sich der erstaunlichen Erscheinung recht zu vergewissern.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_3_3" id="Fussnote_3_3"></a><a href="#FNAnker_3_3"><span class="label">[3]</span></a> Es macht mir Mühe, alles Obige stehen zu lassen. Nicht -lange nach meiner Abreise, nämlich am Vorabende der Weihnachten, starb -der liebens- und ehrwürdige Greis.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_4_4" id="Fussnote_4_4"></a><a href="#FNAnker_4_4"><span class="label">[4]</span></a> Zu einem Theile davon führte er mich in Begleitung eines -eingebornen Ortskundigen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_5_5" id="Fussnote_5_5"></a><a href="#FNAnker_5_5"><span class="label">[5]</span></a> Das Wadengeschwür, welches in Folge dieses Rittes über das -Gebirge entstand, heilte erst nach Verlauf von zwei oder drei Wochen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_6_6" id="Fussnote_6_6"></a><a href="#FNAnker_6_6"><span class="label">[6]</span></a> Ich besprach schon vorläufig den Vertrag mit dem -Schiffshauptmanne. Er wäre unerfüllt geblieben, weil das Schiff in -Kaifa Bruch litt.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_7_7" id="Fussnote_7_7"></a><a href="#FNAnker_7_7"><span class="label">[7]</span></a> Ich übersprang das Jahr 1828, in welchem die Pest -herrschte. Sie allein raffte vom 24. Merz bis zum 30. Mai 19 Menschen -hinweg.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_8_8" id="Fussnote_8_8"></a><a href="#FNAnker_8_8"><span class="label">[8]</span></a> Neben dem lateinischen Hospiz gegen Mittag steht, nur -durch eine schmale Stiegengasse getrennt, das griechische Kloster. -Von unserm Dache sah ich auf dasjenige dieses Klosters hinunter. Ich -konnte die Pilger täglich beobachten, wollte sie aber zuerst nicht -für Mitchristen halten, weil sie auch des Sonntags arbeiteten. Die -Pilgerinnen putzten sich auf dem Dache, als sähe sie Niemand, und als -hätten sie einem Lustanlasse beizuwohnen. Eine junge Griechin wollte -nicht einmal so viel Rücksicht nehmen, wie die halbschwarze Egypzierin.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_9_9" id="Fussnote_9_9"></a><a href="#FNAnker_9_9"><span class="label">[9]</span></a> Viele wurden ehedem auf dem Landwege nach Jerusalem -meuchelmörderisch überfallen. Eine Menge fand schon in dem Abgrunde des -Meeres den Tod. In der letzten Sturmeszeit sollen in einem Nachbarhafen -140 Pilger um das Leben gekommen sein.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_10_10" id="Fussnote_10_10"></a><a href="#FNAnker_10_10"><span class="label">[10]</span></a> Es gibt benachbarte Gegenden, wo der schüchterne -Jüngling mit Stockprügeln zur Lüftung des Schleiers getrieben werden -muß. <span class="antiqua">Risum teneatis, amici.</span> Wie weit weg vom ritterlichen -Heldenmuthe.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_11_11" id="Fussnote_11_11"></a><a href="#FNAnker_11_11"><span class="label">[11]</span></a> Diese Männer Gottes verdammen wahrscheinlich nach der -Lehre der Schrift: <span class="antiqua">Nolite judicare, ut non judicemini</span> (Urtheilet -nicht, damit ihr nicht beurtheilet werdet.)</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_12_12" id="Fussnote_12_12"></a><a href="#FNAnker_12_12"><span class="label">[12]</span></a> Wenn man nicht lieber auf dem Dampfboote des -österreichischen Lloyd reisen will, welches allemal im Anfange und in -der Mitte eines Monats von Triest abfährt (1839).</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_13_13" id="Fussnote_13_13"></a><a href="#FNAnker_13_13"><span class="label">[13]</span></a> Wer bequemer reisen will, dem kann ich nicht -nachdrücklich genug empfehlen, daß er auf irgend eine Vorrichtung -zum Schutze vor den <em class="gesperrt">Stechfliegen</em>, den Schlafräubern, denke. -Ich verbrachte die erste Nacht in Alexandrien wegen der Stechfliegen -sehr unangenehm. Ich betrachtete den Bettvorhang mit nordischen -Augen, und glaubte, er sollte das Bett umhüllen. Ich erzählte meine -Widerwärtigkeit, und da vernahm ich, daß er ein <em class="gesperrt">Fliegenvorhang</em> -(Mosquetière) sei. Ich solle, hieß es, vor dem Schlafengehen nur alle -Fliegen hinausjagen, und dann das Bett mit dem Vorhang umschließen. Ich -that es, und schlief ungestört. In meinem Zimmer brumsete eine solche -Menge Fliegen, daß sie meinen Zucker buchstäblich schwärzte. Eine -Limonade zu bereiten, kostete viel Mühe, und bei aller Vorsicht konnte -ich nicht hindern, daß nicht einige Fliegen in das Getränke fielen. In -Abusabel bettete man mir vortrefflich auf dem Diwane; es fehlte aber -ein Fliegenvorhang; ich deckte das Gesicht mit einem Tuche; dieses -hielt zu warm, und ich mußte es entfernen. Die Fliegenqual gestattete -mir wenig Schlaf. Ehe ich bei meinem Freunde in Kairo einzog, machte -ich darum auch Schwierigkeiten, weil er keinen Fliegenvorhang besitze. -In seinem Hause seien wenig Fliegen, erwiederte er. In der That -beunruhigte mich nur selten eine Fliege. Man unterscheidet in Kairo die -Häuser in solche, worin es viel, und in andere, worin es wenig oder -keine Fliegen gibt, je nachdem ohne Zweifel die Häuser von der Sonne -mehr oder minder beschienen werden, und für jene mehr oder minder Köder -enthalten. Die letzten, doch nicht viele, Stechfliegen plagten mich in -Ramle. In Jaffa sollen sie selbst in der Mitte des Sommers sehr selten -schwärmen. Die Bücher englischer Reisender sind überaus erbaulich, wenn -sie über die Stechfliegen so gewaltig Lärm schlagen. Von Leuten, die -auf eine Reise <em class="gesperrt">viel</em> verwenden, sich aber wegen der <em class="gesperrt">wichtigen -Kleinigkeit</em> nicht vorsehen, wie leicht man sich auch vor den -Fliegen schützen könnte, muß man beinahe glauben, daß sie Stoff zu -Klagen lieben und suchen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fussnote_14_14" id="Fussnote_14_14"></a><a href="#FNAnker_14_14"><span class="label">[14]</span></a> Die Bemerkungen über die verschiedenen -Religionsbekenntnisse der Bewohner in Syrien <em class="gesperrt">übersetzte</em> ich -während meiner Wanderung größtentheils aus der vorne [S. 5 des 1. -Bandes] genannten italienischen Schrift von <em class="gesperrt">Failoni</em>.</p></div> - -</div> - -</div> - -<p> </p> -<p> </p> -<hr class="pg" /> -<p>***END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK LUSTREISE INS MORGENLAND, ZWEITER THEIL (VON 2)***</p> -<p>******* This file should be named 54574-h.htm or 54574-h.zip *******</p> -<p>This and all associated files of various formats will be found in:<br /> -<a href="http://www.gutenberg.org/dirs/5/4/5/7/54574">http://www.gutenberg.org/5/4/5/7/54574</a></p> -<p> -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed.</p> - -<p>Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. 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Royalty - payments should be clearly marked as such and sent to the Project - Gutenberg Literary Archive Foundation at the address specified in - Section 4, "Information about donations to the Project Gutenberg - Literary Archive Foundation."</li> - -<li>You provide a full refund of any money paid by a user who notifies - you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he - does not agree to the terms of the full Project Gutenberg-tm - License. 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Contact the Foundation as set forth in Section 3 below.</p> - -<p>1.F.</p> - -<p>1.F.1. Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable -effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread -works not protected by U.S. copyright law in creating the Project -Gutenberg-tm collection. Despite these efforts, Project Gutenberg-tm -electronic works, and the medium on which they may be stored, may -contain "Defects," such as, but not limited to, incomplete, inaccurate -or corrupt data, transcription errors, a copyright or other -intellectual property infringement, a defective or damaged disk or -other medium, a computer virus, or computer codes that damage or -cannot be read by your equipment.</p> - -<p>1.F.2. 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INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the -trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone -providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in -accordance with this agreement, and any volunteers associated with the -production, promotion and distribution of Project Gutenberg-tm -electronic works, harmless from all liability, costs and expenses, -including legal fees, that arise directly or indirectly from any of -the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this -or any Project Gutenberg-tm work, (b) alteration, modification, or -additions or deletions to any Project Gutenberg-tm work, and (c) any -Defect you cause. </p> - -<h3 class="pg">Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm</h3> - -<p>Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of -electronic works in formats readable by the widest variety of -computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It -exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations -from people in all walks of life.</p> - -<p>Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's -goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg-tm and future -generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see -Sections 3 and 4 and the Foundation information page at -www.gutenberg.org.</p> - -<h3 class="pg">Section 3. Information about the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation</h3> - -<p>The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit -501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the -state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal -Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification -number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by -U.S. federal laws and your state's laws.</p> - -<p>The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the -mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its -volunteers and employees are scattered throughout numerous -locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt -Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to -date contact information can be found at the Foundation's web site and -official page at www.gutenberg.org/contact</p> - -<p>For additional contact information:</p> - -<p> Dr. Gregory B. Newby<br /> - Chief Executive and Director<br /> - gbnewby@pglaf.org</p> - -<h3 class="pg">Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation</h3> - -<p>Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS.</p> - -<p>The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. Compliance requirements are not uniform and it takes a -considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up -with these requirements. We do not solicit donations in locations -where we have not received written confirmation of compliance. To SEND -DONATIONS or determine the status of compliance for any particular -state visit <a href="http://www.gutenberg.org/donate">www.gutenberg.org/donate</a>.</p> - -<p>While we cannot and do not solicit contributions from states where we -have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition -against accepting unsolicited donations from donors in such states who -approach us with offers to donate.</p> - -<p>International donations are gratefully accepted, but we cannot make -any statements concerning tax treatment of donations received from -outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.</p> - -<p>Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation -methods and addresses. Donations are accepted in a number of other -ways including checks, online payments and credit card donations. To -donate, please visit: www.gutenberg.org/donate</p> - -<h3 class="pg">Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works.</h3> - -<p>Professor Michael S. Hart was the originator of the Project -Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be -freely shared with anyone. For forty years, he produced and -distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of -volunteer support.</p> - -<p>Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed -editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in -the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not -necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper -edition.</p> - -<p>Most people start at our Web site which has the main PG search -facility: www.gutenberg.org</p> - -<p>This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.</p> - -</body> -</html> - diff --git a/old/54574-h/images/anzeige.jpg b/old/54574-h/images/anzeige.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 324aa6c..0000000 --- a/old/54574-h/images/anzeige.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/54574-h/images/cover.jpg b/old/54574-h/images/cover.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 6317ca9..0000000 --- a/old/54574-h/images/cover.jpg +++ /dev/null |
