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-The Project Gutenberg eBook of Ravachol und die Pariser Anarchisten, by
-Arthur Holitscher
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and
-most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
-whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms
-of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at
-www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you
-will have to check the laws of the country where you are located before
-using this eBook.
-
-Title: Ravachol und die Pariser Anarchisten
- Außenseiter der Gesellschaft. Die Verbrechen der Gegenwart. Band
- 8
-
-Author: Arthur Holitscher
-
-Editor: Rudolf Leonhard
-
-Release Date: October 9, 2021 [eBook #66501]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: UTF-8
-
-Produced by: Jens Sadowski and the Online Distributed Proofreading Team at
- https://www.pgdp.net. This book was produced from images made
- available by the HathiTrust Digital Library.
-
-*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK RAVACHOL UND DIE PARISER
-ANARCHISTEN ***
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-
- AUSSENSEITER DER GESELLSCHAFT
- – DIE VERBRECHEN DER GEGENWART –
-
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- AUSSENSEITER
- DER GESELLSCHAFT
- – DIE VERBRECHEN DER GEGENWART –
-
-
- HERAUSGEGEBEN VON
- RUDOLF LEONHARD
-
- BAND 8
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-
- VERLAG DIE SCHMIEDE
- BERLIN
-
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- RAVACHOL UND DIE
- PARISER ANARCHISTEN
-
-
- VON
- ARTHUR HOLITSCHER
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- VERLAG DIE SCHMIEDE
- BERLIN
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- EINBANDENTWURF
- GEORG SALTER
- BERLIN
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-
- Copyright 1925 by Verlag Die Schmiede Berlin
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-Der ewige Zwiespalt, der offenkundige unlösbare Widerspruch, der die
-Theoretiker einer revolutionären politischen Richtung von Jenen trennt,
-die diese Richtung in die direkte, persönlich unerbittliche Aktion
-umsetzen, kam wohl selten mit solcher Vehemenz zum Ausdruck wie gerade
-in der Periode „der anarchistischen Attentate“, von der hier die Rede
-sein wird.
-
-Ich habe „anarchistisch“ gesagt, aber es ist nicht offenbar, es steht
-keineswegs unumstößlich fest, es ließe sich wohl darüber streiten, ob
-die Männer, die von 1891 bis 1894 in Frankreich jene Attentate verübten,
-Anarchisten waren. Politische Aktionen ähnlicher Art, individuelle
-Aktionen, die nur scheinbar durch ein System zusammengehalten sind,
-grenzen in ihrem Wesen nahe an Verzweiflungstaten von Menschen, die aus
-ihrem rein persönlichen Erleben heraus und nur bedingt aus den Motiven
-einer, vom politischen Gesichtspunkt als notwendig erkannten Richtung
-handeln. Wenn Aktionen dieser Art sich im Laufe der Zeiten gleichen, so
-kann man doch aus der Geschichte den ewig wechselnden Namen der
-politischen Richtung verfolgen, die jeweils mit diesen Aktionen
-verknüpft, ihnen eine Art Rechtfertigung zu geben scheint. Die Taten der
-Nihilisten in Rußland, der Sozialisten in den Anfangsjahrzehnten der
-Arbeiter-Organisation, der Anarchisten in Frankreich, sie entsprangen
-alle der Not des aufgewühlten Zeitgewissens. Im Grunde waren sie
-Manifestationen des stetig gleichbleibenden, seit Urzeiten in die
-Menschenseele versenkten revolutionären Triebes: das _Unrecht_ aus der
-Welt zu schaffen. Die Auflehnung des Individuums gegen den Staat, der
-Kampf gegen die Gesellschaft, die das mitgeborene Recht des Individuums
-schmälert und vernichtet.
-
-In seinem grundlegenden Werk „_Der Anarchismus_“ gibt _Paul Eltzbacher_
-ein kurzes Résumé der theoretischen Grundlagen der anarchistischen
-Lehren und ich will hier einen Abschnitt zitieren, der für den, wenn
-auch losen Zusammenhang der anarchistischen Theorie mit den Taten der
-Anarchisten, über die hier berichtet werden soll, wesentlich und
-wissenswert ist:
-
-„Der Anarchismus,“ sagt Eltzbacher, „ist die rechtsphilosophische
-Verneinung des Staates, d. h. diejenige Art der rechtsphilosophischen
-Staatslehre, welche den Staat verneint.
-
-Eine anarchistische Lehre kann nicht vollständig sein, ohne anzugeben,
-auf was für einer Grundlage sie ruht, was für einen Zustand sie im
-Gegensatz zum Staate bejaht, und wie sie sich den Übergang zu diesem
-Zustande denkt. Eine Grundlage, eine bejahende Seite und eine
-Vorstellung von dem Übergang zu dem, was bejaht wird, sind notwendige
-Bestandteile jeder anarchistischen Lehre. Mit Beziehung auf diese
-Bestandteile lassen sich folgende _Arten des Anarchismus_ unterscheiden.
-
-1. Der Grundlage nach: der _genetische Anarchismus_, welcher als
-höchstes Gesetz menschlichen Verhaltens nur ein _Naturgesetz_ anerkennt
-und der _kritische Anarchismus_, welcher als höchstes Gesetz
-menschlichen Verhaltens eine Norm betrachtet; als Unterarten des
-kritischen Anarchismus der _idealistische Anarchismus_, dessen höchstes
-Gesetz eine Pflicht, und der _eudämonistische Anarchismus_, dessen
-höchstes Gesetz das Glück ist; und endlich als Unterarten des letzteren
-der _altruistische Anarchismus_, für den das Glück der Gesamtheit, und
-der _egoistische_, für den das Glück des Einzelnen höchstes Gesetz ist.
-
-2. Nach dem im Gegensatz zum Staat bejahten Zustande lassen sich
-unterscheiden: der _föderalistische Anarchismus_, welcher für unsere
-Zukunft ein geselliges Zusammenleben der Menschen nach der Rechtsnorm,
-daß Verträge erfüllt werden müssen, bejaht, und der _spontanistische
-Anarchismus_, welcher für unsere Zukunft ein geselliges Zusammenleben
-nach einem nichtrechtlichen Gesetz bejaht.
-
-3. Nach der Vorstellung von dem _Übergang zu dem bejahten Zustande_
-lassen sich unterscheiden:
-
-Der _reformistische Anarchismus_, welcher sich den Übergang vom Staat zu
-dem im Gegensatz zu ihm bejahten Zustand _ohne Rechtsbruch_ denkt, und
-der _revolutionäre Anarchismus_, welcher sich diesen Übergang _als
-Rechtsbruch_ denkt. Als Unterarten dieses revolutionären Anarchismus:
-der _renitente Anarchismus_, der sich den Rechtsbruch ohne Anwendung von
-Gewalt denkt, und der _insurgente Anarchismus_, der sich ihn unter
-Anwendung von Gewalt denkt.“
-
-Eltzbacher, der das Ergebnis seiner wissenschaftlichen Abhandlung
-besonders aus den Schriften von sieben der hervorragendsten Theoretiker
-der anarchistischen Lehre, nämlich _Godwin_, _Proudhon_, _Stirner_,
-_Bakunin_, _Kropotkin_, _Tucker_ und _Tolstoj_ schöpft, schreibt zu
-diesen letzteren Arten des Anarchismus, nämlich dem _renitenten_
-Anarchismus, der sich den Rechtsbruch ohne Anwendung von Gewalt denkt,
-die Namen: Tucker und Tolstoj, und zu dem _insurgenten_ Anarchismus, der
-sich den Rechtsbruch _aktiv_ und _unter Anwendung von Gewalt denkt_, die
-Namen Stirner, Bakunin, Kropotkin. –
-
-Unter diesen dreien war es besonders _Kropotkin_, der sich eine klare
-Vorstellung von der Anwendung der Gewalt, der Propaganda durch die Tat
-gemacht hat. Es ist dies nicht weiter zu verwundern, denn Kropotkin war
-es ja, neben Bakunin und Tolstoj, der die Gewalt der zaristischen
-Unterdrückung, der grausamen Bekämpfung der Freiheit des Individuums am
-tiefsten, am eigenen Leben, an der eigenen Seele, an der Freiheit des
-Körpers und des Gedankens erfahren hat.
-
-In seinem Buche: „_Worte eines Empörers_“ gibt er eine klare Darstellung
-des Propagandisten der Tat, wie er auch über die Notwendigkeit einer
-solchen Propaganda, über das Verhältnis der Tat zur Idee, des Täters zur
-Allgemeinheit, des begrenzten Ereignisses zur Zukunft Wesentliches
-aussagt. Er betont, daß es Aufgabe derjenigen sei, die den Gang der
-Entwicklung vorhersehen, die Geister auf die bevorstehende Revolution
-vorzubereiten.
-
-„Die Anarchisten,“ sagt er weiter, „sind heute noch eine Minderheit,
-aber ihre Zahl wächst täglich, wird immer wachsen und am Vorabend der
-Revolution zur Mehrheit werden. Vor allem aber ist das Ziel der
-Revolution allgemein bekannt zu machen, damit die Massen von der Idee
-ergriffen werden. In Wort und Tat ist dieses Ziel zu verkünden, bis es
-durchaus volkstümlich wird, so daß es am Tage der Erhebung in aller
-Munde ist.“
-
-„Diese Aufgabe,“ sagt Kropotkin, „ist größer und wichtiger, als man im
-allgemeinen annimmt. Denn wenn das Ziel auch einigen wenigen deutlich
-vor Augen steht, so ist es doch ganz anders mit den fortwährend von der
-Bourgeoispresse bearbeiteten Massen.“
-
-„Der Geist der Empörung,“ sagt Kropotkin ferner, „muß geweckt werden. Es
-müssen das Unabhängigkeitsgefühl und die wilde Kühnheit erwachen, ohne
-die keine Revolution zustande kommt. Zwischen der friedlichen Erörterung
-von Übelständen und dem Aufruhr, der Empörung liegt ein Abgrund,
-derselbe Abgrund, der beim größten Teil der Menschheit die Überlegung
-von der Tat, den Gedanken vom Willen scheidet. Das Mittel, um diese
-beiden Wirkungen zu erzielen, ist: beständiges, unablässiges Handeln
-der Minderheiten, denn,“ so meint er: „Mut, Ergebenheit,
-Aufopferungsfähigkeit seien ebenso ansteckend wie Feigheit,
-Unterwürfigkeit und Angst.“
-
-(Wie sehr Kropotkin in diesen Äußerungen sich als reiner Theoretiker
-erweist, erhellt aus der Rolle, die er etwa ein Dritteljahrhundert nach
-der Veröffentlichung der „Worte“ gelegentlich der großen
-bolschewistischen Revolution Rußlands gespielt hat. Kropotkin hat, als
-Anarchist kommunistischer Observanz, in idealistischer Weise und der
-gegebenen Wirklichkeit fremd, den Bolschewismus als Mittel zur
-Herbeiführung der endlichen Freiheit verkannt. Er hat den „Mut, die
-Ergebenheit, die Aufopferungsfähigkeit“ der kleinen initiierenden Gruppe
-der Bolschewiki nicht in voller Weise zu würdigen verstanden. Wenn er
-sagt, daß diese Eigenschaften ebenso ansteckend seien wie Feigheit,
-Unterwürfigkeit und Angst, so hat er im Grunde das Wesen der
-bürgerlichen Seele auch nicht bis in seine Tiefen ergründet – denn er
-hätte sonst jene kleine Gruppe, die in der Tat Mut, Ergebenheit und
-Aufopferungsfähigkeit gegen eine Welt von Feigheit, Unterwürfigkeit und
-Angst repräsentierte, wirkungsvoller durch die Macht seiner
-Persönlichkeit unterstützen müssen, als er es in Wahrheit getan hat.)
-
-„Welche Formen soll die Propaganda annehmen?“ fragt Kropotkin weiter.
-„Jede, die durch die Lage der Dinge, durch Gelegenheit und Neigung
-vorgezeichnet wird. Bald mag sie ernst, bald scherzhaft, aber immer muß
-sie kühn sein. Bald mag sie von einer Mehrheit, bald von einem Einzelnen
-ausgehen. Niemals darf sie ein Mittel unbenutzt, niemals eine Tatsache
-des öffentlichen Lebens unbeachtet lassen, um die Geister in Spannung zu
-erhalten, der Unzufriedenheit Nahrung und Ausdruck zu geben, den Haß
-gegen die Ausbeuter zu schüren, die Regierung lächerlich zu machen, ihre
-Ohnmacht darzutun. Vor allem aber muß sie, um die Kühnheit und den Geist
-der Empörung zu wecken, immerfort durch das Beispiel predigen.“
-
-Und weiter heißt es: „Männer von Herz, die nicht nur reden, sondern
-handeln wollen, reine Charaktere, die Gefängnis, Verbannung und Tod
-einem Leben vorziehen, das ihren Grundsätzen widerspricht, kühne
-Naturen, die wissen, daß man wagen muß, um zu gewinnen – das sind die
-verlorenen Posten, die den Kampf eröffnen, lange, bevor die Massen reif
-sind, offen die Fahne der Empörung zu erheben und mit den Waffen in der
-Hand das Recht zu suchen. Mitten in dem Klagen, Schwätzen, Erörtern
-erfolgt durch einen oder mehrere eine aufrührerische Tat, die die
-Sehnsucht Aller verkörpert.“
-
-Schließlich aber kommt Kropotkin auf die Wirkung und somit das
-praktische Ergebnis dieser Propaganda zu sprechen, indem er resumiert:
-„_Eine einzige Tat macht in wenigen Tagen mehr Propaganda als tausend
-Broschüren._ Eine Tat gebiert die andere; Gegner schließen sich dem
-Aufruhr an; die Regierung wird uneins, Härte verschärft den Streit;
-Zugeständnisse kommen zu spät: _Die Revolution bricht aus._“
-
- * * * * *
-
-Die Spannweite zwischen den angeführten Theorien des Anarchismus und den
-Motiven der Propagandisten durch die Tat, wenn man die im Folgenden zu
-behandelnden Individuen so nennen darf, ist eine beträchtliche; auch die
-eingestandene Auffassung, die diese letzteren von ihrer anarchistischen
-Gesinnungspflicht öffentlich kundgegeben haben, entfernt sich von der
-eben zitierten Darstellung Kropotkins, in der wir das grundlegende
-Bekenntnis eines aktiven Revolutionärs zu sehen haben. Immerhin lassen
-sich bei den Geständnissen dieser Propagandisten, in der Motivierung
-ihrer Taten vor Gericht, Abstufungen wahrnehmen, welche mehr oder
-weniger deutlich ihre Stellung zu der Idee des Anarchismus kundgeben.
-Die geringere oder weitere Entfernung ihrer emotionellen Motivierung von
-jenem nüchternen und festen Gesetz der Notwendigkeit der
-Propagandaaktion, wie sie Kropotkin dargelegt hat, ist weniger an dem
-Temperament als an dem Bildungsgrade der Propagandisten zu messen.
-
-Es wäre verkehrt, die Menschen, von deren Taten ich berichten will, als
-Verbrecher anzusehen. Verbrecher darf sie nur jener nennen, der sich mit
-den Anschauungen der Gesellschaft, wie sie heute besteht, identifiziert.
-Wer aber auf dem Standpunkt beharrt, daß die Gesellschaft, in der wir
-leben, geändert werden muß, daß sie auf _revolutionäre_ Weise aus ihren
-Fugen gebracht werden muß, weil eine evolutionäre die Widerstände
-stärkt, statt sie zu vermindern, wer eine freiere, glücklichere,
-utopistische Form der Gesellschaft in der Zukunft erkannt hat und
-vorbereiten will – wird die anarchistischen Propagandisten nicht als
-Verbrecher, sondern als Pioniere einschätzen müssen. Wenn auch ihre
-Taten zuweilen das Draufgängertum blindwütigen, rücksichtlosen
-Vernichtens von Leben und Eigentum erkennen lassen, so wurzeln diese
-Taten doch in einer anderen Sphäre. Folgt man dem Ursprung der Revolte
-dieser „Attentäter, Bombenwerfer, Mörder und Räuber“, dieser „Feinde der
-Menschheit“, – so findet man in der Ursache ihrer Empörung die Elemente
-der sozialen Ungerechtigkeit, der Unterdrückung, des Elends der
-Herkunft, ebenso der ursprünglichen Blutmischung, wie der sozialen
-Lebensbedingungen im Elternhaus, der Erziehung – – über all diesem aber
-den _Zug der Zeit_.
-
-Der soziale Unfriede manifestiert sich am deutlichsten und
-entscheidendsten in Charakteren, die nicht erst die langsame Disziplin
-der sozialistischen Parteiorganisation durchmachen können. Er
-manifestiert sich in explosiver Form. Seit den Attentaten 1891-94 hat
-die revolutionäre Organisation der Massen ungeheure Fortschritte
-gemacht. Durch die Organisation aber ist augenscheinlich der
-revolutionäre Trieb in den Individuen zurückgedrängt worden, wenn nicht
-verkümmert. Organisation bedeutet: Abwälzung der Verantwortung des
-Einzelnen auf eine hinter ihm stehende, ihn schützende größere Masse,
-und in diesem Sinne fragt es sich, ob die Propaganda durch die Tat des
-Einzelnen heute noch stark genug sein könnte, die Organisation, d. h.
-die Massen in Bewegung zu setzen. Das Ergebnis besonders der deutschen
-Revolution, dieser Revolution eines überorganisierten Proletariats,
-antwortet auf diese Frage: Nein.
-
-Besonderen Aufschluß über Wesen und Wirkung der Propagandaaktion des
-Einzelnen gibt die Legende, die sich um Namen, Tat, das Leben eines
-solchen Einzelnen im Volke bildet. Die Tat des Individuums, das sich von
-der Gesamtheit ablöst, übt auf die Masse, in deren Interesse diese Tat
-getan worden ist, einen außerordentlichen Zauber, eine starke
-Suggestionskraft aus. Dies hat auch Kropotkin erkannt. Ob aber diese
-Suggestion, wie Kropotkin meint, eine _aktive Tat der Gesamtheit_
-hervorrufen kann, bleibt dahingestellt. Jedenfalls bemächtigt sich das
-Bedürfnis der Massen nach Romantik des Lebens des revolutionären
-Propagandisten und hüllt es in eine Glorie ein.
-
-Der Name _Ravachol_, der hier öfters erwähnt werden wird, ist auf diese
-Art, wie ein Symbol der Empörung, Sprichwort im französischen Volke
-geblieben.
-
-Dieser Name _Ravachol_, fremdartig, einprägsam und populär, deckt eine
-ganze Epoche des revolutionären Lebens Frankreichs. Man kann nach
-anderen Epochen Umschau halten, Epochen, in denen sich große
-Staatsaktionen, bedeutsame Erlebnisse des Volkes abgespielt haben, und
-wird finden, daß diese in ihrer Gesamtwirkung bedeutsamen Zeitläufte von
-keinem einzigen Namen gedeckt werden, wo die Epoche des insurgenten
-Anarchismus von 1891-94 in Paris durch den Namen _Ravachol_ gedeckt ist.
-
-Neben diesem Namen büßen jene anderen aus derselben Epoche: Vaillant,
-Henry, Caserio einen wesentlichen Teil ihrer Bedeutung ein, obzwar sie
-für die Epoche von äußerster Bedeutung geblieben sind, obzwar sie sich
-sogar mit den Idealen des aktiven Anarchismus (jedenfalls in dem Fall
-Vaillant und Henry) inniger berühren als dies bei Ravachol der Fall ist.
-Dieser aber galt und gilt als der _Initiator_, als der Erwecker jener
-Epoche, als Der, dessen Tat den revolutionären Instinkt, den immer
-gärenden latenten Instinkt zur Menschheitsbefreiung in dem französischen
-Volke für eine Zeit entfesselt und aufgerichtet hat.
-
- * * * * *
-
-1891-94.
-
-Die Zeit der Attentate von Ravachol, Vaillant, Henry, Caserio. Die Zeit
-des Prozesses der Dreißig.
-
-Die Zeit des Panama-Skandals. Eine Epoche der politischen Korruption,
-der Hochkonjunktur des bürgerlichen rücksichtslosen Genußlebens, der
-stärksten Konzentration von Industrie- und Finanzkapital zur Ausbeutung
-der arbeitenden Massen.
-
-Es war die Zeit vor der Reinigung der Atmosphäre durch die Aktion für
-den Kapitän Dreyfus, die Zeit der Präsidentschaft Sadi-Carnots, die das
-Regime des alten Grévy abgelöst hatte.
-
-Jules Grévys Präsidentschaft, in deren Zeit die Beängstigung des
-republikanischen Frankreichs durch den General Boulanger fiel, versank
-im Sumpf des Wilson-Skandals. Kaum hatte die denkwürdige
-Schnäbele-Affäre an der elsässischen Grenze die Gefahr eines Krieges
-zwischen Frankreich und Deutschland für einen Augenblick aufleben
-lassen, da wurde das Interesse des Volkes durch eben jenen Skandal unter
-dem Namen Wilson auf den Zustand der bedrohten bürgerlichen Republik
-abgelenkt. Wilson, Schwiegersohn des Präsidenten Grévy, hatte für gutes
-Geld die Ehrenlegion an Leute verschachert, die alles, nur nicht die
-Ehre Frankreichs repräsentierten. Als nun diese übelriechenden
-Machenschaften aufgedeckt wurden, blieb Grévy, der von den Geschäften
-seines Schwiegersohnes keine Ahnung hatte, nichts übrig, als zu gehen.
-Er verließ seinen Posten ohne das Odium des geringsten persönlichen
-Makels.
-
-Sadi-Carnot, sein Nachfolger aber übernahm ein so ziemlich außer Rand
-und Band geratenes bürgerliches Gemeinwesen. Carnots Regierungsantritt
-war durch die Notwendigkeit, mit des Generals Boulanger Agitation
-aufzuräumen, belastet. Die Republik war durch den doppelten, sozusagen
-konzentrischen Angriff von orleanistischer Seite wie vonseiten ihrer
-eigenen bürgerlichen Korruption in schwerste Bedrängnis geraten. Wilsons
-Tat deckte ja nur einen Zipfel von dem ungeheuren Schmutz auf, in dem
-die Republik Frankreich zu versacken drohte. Sadi-Carnots Regierungsära
-hatte außer der Aufglättung des Ehrenlegionsskandals mit üblen Affären
-ähnlicher Art zu schaffen, die hervorragende Mitglieder des Pariser
-Magistrates durch ihre Geschäfte mit dem Crédit Foncier, in Verbindung
-mit dem Comptoir d’Escompte, kompromittierten. Zur gleichen Zeit
-explodierte überdies, wie ein Kloakenrohr, die Affäre des Panamakanals
-über dem öffentlichen Leben Frankreichs, und der Unflat, der sich auf
-solche Weise über das politische Leben des Landes ergoß, blieb auf der
-ganzen Regierungsepoche von Sadi-Carnot haften, die man mit diesem
-Skandal identifizierte.
-
-All diese Skandalaffären verbreiteten, wie erklärlich, große Erbitterung
-und Haß unter den arbeitenden Schichten der Bevölkerung, denen die
-Verrottung des Bürgertums, der sie ausbeutenden Klassen, der regierenden
-und der Finanz, offenbar geworden war.
-
-Eine Reihe von Streiks bezeichnet die beginnende Unruhe der arbeitenden
-Schichten Frankreichs jener Zeit. In den Industriebezirken war diese
-Unruhe natürlich am stärksten wahrzunehmen, doch schlug sie ihre Wellen
-nach Paris, der Metropole, die ja von jeher das Zentrum jeder
-Manifestation des französischen Volkswillens war, die den Pulsschlag der
-französischen Energie in allen Phasen der Geschichte vernehmbar
-aufgedeckt hat.
-
-Noch hatten die Streiks nicht das Stadium der akuten Revolte erreicht –
-da brachte ein Ereignis sozusagen den entscheidenden Schwung in die
-gesamte revolutionäre Bewegung.
-
-Im Mai 1890 wurde in dem kleinen Ort Le Raincy bei Paris eine Werkstatt
-entdeckt, in der Russen Explosivstoffe und Höllenmaschinen hergestellt
-hatten. Wenige Monate später wurde der russische General Seliwerstow,
-ehemaliger Polizei-Präfekt von St. Petersburg, auf den Boulevards durch
-einen Polen, namens Padlewski, getötet. Padlewski gelang es, mit Hilfe
-französischer revolutionärer Sozialisten, die Flucht zu ergreifen. Diese
-Tat lenkte die Aufmerksamkeit des Publikums und der Regierung auf die
-unzweifelhaft gärenden Elemente der französischen Arbeiterbevölkerung,
-die sich schon in den mannigfachen Streiks deutlicher werdend, an die
-Oberfläche gewagt hatten. Es kam der _1. Mai 1891_, und mit diesem Datum
-beginnt die Ära der anarchistischen Attentate, von der hier die Rede
-sein soll.
-
- * * * * *
-
-An diesem 1. Mai 1891 fanden an vielen Orten Manifestationen ernster
-Art, Zusammenstöße zwischen Arbeitern und der Polizei statt. In Lyon,
-Marseille, Nantes und Charleville kam es zu Konflikten, wobei
-gelegentlich die Truppen von der Polizei zu Hilfe gerufen worden waren.
-Die beiden bedeutungsvollsten und für die Entwicklung der Dinge
-wesentlichsten Ereignisse aber waren die von _Fourmies_ und von
-_Clichy_. Man kann sagen, daß diese beiden Ereignisse, die von Fourmies
-und von Clichy, den revolutionären Trieb unter den radikalen Elementen
-der französischen Arbeiterschaft, vor allem unter den Propagandisten der
-Tat, entfesselt haben.
-
-_Fourmies_ ist eine kleine Industriestadt in der Nähe von Avesnes im
-Departement Nord und bildet den Mittelpunkt eines großen
-Industriebezirkes, in dem hauptsächlich Glasbläsereien und Spinnereien
-sich befinden. Ein lokaler Streik, der in Fourmies um die Zeit der
-Maifeier ausbrach, drohte bald derartige Dimensionen anzunehmen, daß der
-Unterpräfekt der Kreisstadt Avesnes, Isaac, Infanterie zur Unterdrückung
-der Unruhen herbeizurufen für gut befand. Die Truppen wurden von einem
-Major Chapu befehligt, der, als aus der Menge Steine gegen die Soldaten
-geworfen wurden, den Befehl zum Feuern gab. Nach wenigen Augenblicken
-bedeckte eine Menge von Toten und Verletzten das Pflaster. Man zählte 40
-Schwerverwundete; 2 Männer, 4 Frauen und 3 Kinder waren getötet worden.
-
-Um die gleiche Stunde spielte sich in Clichy, der nördlichen
-Arbeitervorstadt von Paris, ein wesentlich harmloseres Ereignis ab,
-welches aber, da es den revolutionären Kern Paris berührte, vielleicht
-von erheblicheren Folgen begleitet war, als das Ereignis von Fourmies,
-das immerhin die Geister noch lange im Banne hielt.
-
-Eine kleine Gruppe von Anarchisten hatte in einem kleinen Café eine
-Versammlung abgehalten, bei welcher Gelegenheit die Korruption der
-bürgerlichen Republik in gehöriger Weise ihre Kritik abbekam. Nach
-Schluß der Versammlung begaben sich die Teilnehmer der Versammlung auf
-die Straße. Es war nicht das erste Mal, daß in den Straßen von Paris
-eine Gruppe von Menschen unter Vorantragung einer roten Fahne sich
-vorwärts bewegte, aber diesmal schien die Polizei strenge Weisung
-erhalten zu haben, jede Manifestation revolutionärer Art unnachsichtig
-zu unterdrücken. An einer Straßenkreuzung stürzten sich daher die
-Polizisten auf die Frau, die die Fahne trug, und auf die kleine Gruppe
-von Menschen, die hinter ihr her marschierte. Revolverschüsse fielen –
-von beiden Seiten – und das war das Neue an der ganzen Angelegenheit.
-Die Polizei verhaftete eine Anzahl von Menschen, brachte sie auf die
-Wache, wo die Gefangenen in übelster Weise zugerichtet wurden. Im
-französischen Volksmund heißt diese Prozedur: „passer à tabac“, und die
-Art und Weise, wie die Gefangenen bei dieser Gelegenheit „vertobakt“
-wurden, schien die Gemüter der unteren Schichten von Paris in besonders
-starkem Maße aufgebracht zu haben.
-
-Die Polizei behielt drei der Verhafteten, die vor das Gericht gestellt,
-in den nächsten Wochen abgeurteilt wurden. Während einer von den dreien
-straflos entlassen wurde, erhielten die beiden anderen ungewohnt harte
-Strafen, die tatsächlich in keinem Verhältnis zu dem Vergehen standen,
-dessen sie beschuldigt waren, namentlich: der Arbeiter _Decamp_ 5 Jahre
-Zwangsarbeit, der Arbeiter _Dardare_ 3 Jahre Zwangsarbeit. Das Urteil
-der Jury fiel nach Wunsch des Staatsanwaltes aus, der für die
-Angeklagten die höchste zulässige Strafe verlangt hatte. Wenn die Jury
-auch mildernde Umstände in Anwendung gebracht sehen wollte, weigerte
-sich der Präsident des Gerichtshofes doch, diesem Begehren stattzugeben.
-Die beiden Arbeiter wanderten ins Zuchthaus, ihr Gedenken lebte in den
-Gemütern der Pariser Arbeiterschaft unter dem Stichwort der „_Märtyrer
-von Clichy_“ fort.
-
-Die öffentliche Meinung des rasch lebenden Paris hatte diese Märtyrer
-und ihre Leiden, wie das Schandurteil des Gerichtes, das sie zu diesem
-Leiden verurteilte, bald vergessen – aber die revolutionäre
-Arbeiterschaft hatte sie nicht vergessen. Immerhin verging ein halbes
-Jahr, ehe sie, und zwar auf eklatante Weise gerächt wurden.
-
-Im März 1892 erfolgten innerhalb weniger Tage drei Ereignisse, die mit
-dem Prozesse von Decamp und Dardare zusammenhingen, und die den
-sogenannten anarchistischen Terror von 1892-94 einleiteten.
-
-Am 11. März explodierte eine Bombe im Hause des Monsieur Benoit,
-Präsidenten des Gerichtshofes, der die beiden Arbeiter verurteilt hatte;
-am 15. richtete eine Explosion in der Lobau-Kaserne beträchtlichen
-Schaden an; am 27. März aber flog ein Teil des Hauses, in dem Monsieur
-Bulot, der Staatsanwalt, wohnte, in die Luft. Auf solche Weise rächte
-die Revolution sich an den Vertretern der Staatsgewalt für den 28.
-August 1891, an dem die Märtyrer von Clichy ihre ungerechte Strafe
-empfangen hatten.
-
- * * * * *
-
-Besonders die Explosion bei Monsieur Benoit, der in einem vornehmen
-Hause am Boulevard St. Germain wohnte, und jene andere Explosion, die in
-der Rue de Clichy das Haus des Staatsanwaltes Bulot arg beschädigte,
-zeigten dem aufschreckenden Volke von Paris, daß ein Wille, ein Plan
-hinter diesen Attentaten steckte. Das war es, was am meisten Schrecken
-unter der Bevölkerung, besonders dem Magistrat und den Personen der
-Regierung verbreitete. Man sah sich plötzlich einer ungekannten,
-ungreifbaren, augenscheinlich effektiven Macht gegenübergestellt, die
-durch eine _Idee_ geleitet wurde, gleich jener, in deren Dienste man
-selber stand. Es war die Idee der _Gewalt_, Gericht gegen Gericht,
-Meinung gegen Meinung, Schicksal gegen Schicksal. Das _Volk_ hatte
-gesprochen, das stumme, unterdrückte wurde in einer Folge von schrillen
-Aufschreien plötzlich laut. Und diese Schreie tönten mitten durch den
-Lärm des genießerischen Paris, durch die taumelnden Boulevards. Sie
-verkündeten _Revolution_.
-
-Man mußte sich vor der Revolution schützen. Wo aber sie fassen? Die drei
-Explosionen bedeuteten dem zynisch leichtlebigen, jede Beängstigung
-leichtfertig zum Nervenkitzel degradierenden Paris eine Warnung und
-ernste Beunruhigung.
-
-Rascher als man ahnte, entblößte sich die Wurzel des revolutionären
-Triebes. Kaum drei Tage nach dem letzten Attentat, dem der Staatsanwalt
-zum Opfer fallen sollte, wurde in einem Restaurant am Boulevard Magenta
-der Täter verhaftet. Und das kam so. –
-
-Der Kellner des Restaurants Véry, jenes Restaurants am Boulevard
-Magenta, bediente am 27. März einen Mann, der sich mit ihm in ein
-Gespräch eingelassen hatte. Der Mann frug den Kellner, ob er Soldat
-gewesen sei? Der Kellner antwortete „Nein“ und bemerkte, er freue sich
-darüber, dem Dienst entronnen zu sein, worauf der Gast ihm den Rat gab,
-fleißig anarchistische Zeitungen zu lesen und im Gespräch die Bemerkung
-fallen ließ, daß sich vor einigen Stunden in der Clichy-Straße eine neue
-Explosion ereignet hätte, die von größerer Wirkung als die neuliche am
-Boulevard St. Germain gewesen sei. Es seien diesmal zahlreiche Personen
-verwundet worden. – Kurze Zeit, nachdem der Gast gegangen war, brüllten
-die Zeitungsjungen die aufregenden Einzelheiten des neuerlichen
-Attentates über den Boulevard Magenta. Als der Gast drei Tage später
-wieder im Restaurant Véry erschien, schickte der Kellner insgeheim nach
-der Polizei. Die Polizei verhaftete den Gast des Restaurants Véry: es
-war Ravachol.
-
- * * * * *
-
-Wer aber war _Ravachol_? Der Prozeß vor den Assisen, der sich kaum einen
-Monat nach der Verhaftung Ravachols in Paris abspielte, setzte eine der
-merkwürdigsten Gestalten des revolutionären Frankreichs ins volle Licht
-der Öffentlichkeit.
-
-Ravachol war zur Zeit seiner Verhaftung 32 Jahre alt; ein kleiner
-untersetzter Mann von enormen physischen Kräften, dabei von einer
-gewissen Sentimentalität beherrscht, die sich in seinem Verhältnis zu
-der Frau, mit der er zusammenlebte, wie auch in seinen Anschauungen über
-die Pflicht, die der Einzelne seinen leidenden Mitmenschen, besonders
-wehrlosen Frauen und hungrigen Kindern gegenüber hat, manifestierte.
-Gleichzeitig mit einer aufs höchste entwickelten Zielbewußtheit und
-Energie in bezug auf die Aktion, die unternommen werden mußte, um das
-Unrecht, das die Gesellschaft an dem leidenden Mitmenschen verübte, aus
-der Welt zu schaffen.
-
-Ravachol war das eheliche Kind seines Vaters. Sein richtiger Name war
-Franz August Königstein, aber Ravachol hatte den Namen seiner Mutter
-angenommen, weil er es ablehnte, in Frankreich als ein Deutscher
-herumzulaufen. Seine Kindheit und frühen Mannesjahre spielten sich im
-Geburtsort der Mutter, dem Städtchen St. Chamond ab, in dem sich
-verschiedene Fabriken befinden, Stahlwerke, Glasbläsereien, Seiden- und
-Bänderwirkereien, wie überhaupt dieses ganze Gebiet der oberen Loire
-einen der werktätigsten Industriebezirke Frankreichs bildet.
-
-Ravachol, der nicht schwerer als die gesamte andere Bevölkerung unter
-der Ausbeutung der Arbeiter dieser Gegend litt, betätigte sich Jahre
-lang in verschiedenen Fabriken, zuletzt als Färber, wobei er sich
-wahrscheinlich einige grundlegende Kenntnisse in der Chemie anzueignen
-verstand. (Diese Kenntnisse hat er später bei der Vorbereitung seiner
-Attentate gehörig zu verwerten gewußt.) Bald bekam er das Elendsdasein,
-das die Genossen in den Fabriken allzu willig ertrugen, satt. Seinem
-phantastischen und ungezügelten Temperament entsprach weder die harte
-Fron, die aussichtslose stupide Folge der täglichen eintönigen
-Arbeitslast, noch das langsame unabsehbare Spiel der Reformen, zu denen
-die Organisationen die Arbeiterschaft zu drillen unternommen hatten.
-Natürlich war seines Bleibens, da er seinem Temperament die Zügel
-schießen ließ, in den Fabriken der Gegend nicht lange.
-
-Nach einem kleinen mißglückten Versuch, das schöne Silbergeld
-Frankreichs durch eigene Stanzapparate herzustellen, unternahm Ravachol
-seinen ersten Mord. Er verübte ihn an einem alten alleinstehenden
-Edelmann, namens Rivollier, der mit seiner bejahrten Dienerin am Ende
-eines Dorfes in der Nähe von St. Chamond hauste. Die Ausbeute an Geld
-scheint bei dieser Tat nur eine geringe gewesen zu sein. Nach der Tat
-kehrte er an seinen Wohnort zurück, wo er fünf weitere Jahre lebte, ehe
-er seine zweite Unternehmung vollbrachte.
-
-Diese war von weitaus geringerer krimineller Bedeutung als die erste.
-Eine der vornehmsten aristokratischen Familien der Umgebung, die Familie
-der Grafen von Rochetaillée hatte eine Angehörige verloren: eine alte
-Dame, von der die Sage ging, sie habe in ihrem letzten Willen den Wunsch
-geäußert, mitsamt ihrem wertvollen Schmuck begraben zu werden. Einige
-Wochen nach dem Begräbnis der alten Dame wurde das Gewölbe des
-Erbmausoleums erbrochen gefunden, die Platten von dem Grabe waren mit
-ungeheuerlicher Kraft beiseite geschoben, ein kleines Holzkreuz und eine
-geweihte Medaille lagen auf dem Boden neben dem Sarkophag, in dem die
-alte Dame ruhte – die, wie man bei dieser Gelegenheit erfuhr, als
-einzigen Schmuck eben nur diese beiden kümmerlichen Stücke mit ins Grab
-bekommen hatte. Dies war Ravachols zweite Tat.
-
-Die dritte, die er wenige Wochen später, und zwar Mitte Juni 1891
-ebenfalls in der Nähe seines Wohnortes verübte, war der Mord an dem
-„Eremiten“. Der alte Brunel, von der Bevölkerung der Eremit genannt,
-lebte vom Beten, Prophezeien und von der Weiterleitung der Wünsche der
-Landbevölkerung an den lieben Gott. Er bekam für diese Betätigung von
-den abergläubischen Bauern und Bäuerinnen Lebensmittel, abgelegte
-Kleider und Geld. Ravachol dürfte, als er den Alten in seiner Hütte
-erwürgte, in allen möglichen Behältern, Pfannen, Matratzen, in allen
-Winkeln und Verstecken etwa 5000 Franken erbeutet haben. Dieser Schatz
-bestand aus Gold-, Silber- und Kupfermünzen. Die Kupfermünzen ließ
-Ravachol liegen, den Rest schleppte er mit, wurde aber von der
-Gendarmerie nach kurzer Zeit verhaftet und konnte diesmal nur durch
-einen glücklichen Zufall entwischen.
-
-Einige Monate später sehen wir Ravachol mitsamt seinem Freunde und einer
-Freundin, bei denen er einige Zeit lang Unterkunft gefunden hatte,
-seinen Weg nach Paris nehmen, und zwar nach St. Denis, einem nördlichen
-Vorort, der seit langem, auch heute noch als Brennpunkt der
-revolutionären Arbeiterbewegung bekannt ist.
-
-Ravachol, der in St. Denis unter dem Namen Louis Léger lebte, trat bald
-nach seiner Ankunft mitsamt seinem Freund Jus-Béala einer Gruppe aktiver
-Anarchisten bei, die die antimilitaristische Propaganda zur
-hauptsächlichsten Aufgabe ihrer Aktivität gemacht hatte. Die Gedanken
-dieser Gruppe faßten bald starke Wurzeln in Ravachols Hirn und Herz, und
-da ihn ein Zufall binnen kurzem in den Besitz einer großen Menge von
-Dynamit-Patronen brachte, unternahm er es, die Märtyrer von Clichy auf
-eigene Faust zu rächen. Es war gerade die Zeit, in der das Gedächtnis
-von Decamp und Dardare den revolutionären Flügel der Pariser
-Arbeiterschaft besonders heftig irritierte. Mit einigen Genossen, unter
-denen sich auch der spätere Judas der Gruppe befand, gelang es Ravachol,
-jenen Diebstahl von Dynamit-Patronen bei einem Erdbauunternehmer namens
-Couézy, in Soisy-sous-Étiolles bei Paris durchzuführen. Nach einer
-Version sollen es bloß 120 Patronen gewesen sein, eine andere Version
-aber spricht von 400. Jedenfalls erregte der Diebstahl bald die
-Aufmerksamkeit der Polizei, die mit voller Energie in allen möglichen
-Quartieren, wo Anarchisten wohnten oder vermutet wurden, rund um Paris
-Haussuchungen veranstaltete. Ravachol indes war mitsamt seiner Beute
-bereits nach einem anderen Vorort von Paris übersiedelt, dem Ort St.
-Mandé im Osten der Stadt. Sein Plan stand fest: er war berufen, das
-Leiden der ungerecht und allzu hart Verurteilten Decamp und Dardare an
-den beiden Personen heimzusuchen, die als Exekutivbeamte des Staates die
-größte Schuld zu tragen schienen. So kamen die Explosionen bei Benoit
-und Bulot zustande.
-
-Die zweite in der Reihe der Explosionen, nämlich die in der
-Lobau-Kaserne war, wie man später erfuhr, das Werk des Anarchisten
-_Meunier_, desselben, der am Vorabend des Prozesses gegen Ravachol eine
-Bombe in dem Restaurant Véry am Boulevard von Magenta niederlegte, in
-dem Ravachol verhaftet worden war. (Dieses Attentat, das Meunier
-zusammen mit einem jungen Genossen namens Francis unternommen hatte,
-verursachte den Tod des Wirtes Véry und eines zufälligen Besuchers. Es
-erregte in Paris ungeheuren Schrecken und Entsetzen, weil man in ihm,
-mit Recht, die systematische Fortsetzung der durch Ravachol begonnenen
-Aktionen erblickte.)
-
-Meunier wurde erst zwei Jahre später entdeckt, verhaftet und zu
-lebenslänglicher Zwangsarbeit deportiert. –
-
- * * * * *
-
-Am 26. April 1892 begann der erste Prozeß gegen Ravachol vor dem
-Schwurgericht in Paris; der zweite und letzte Prozeß gegen Ravachol aber
-fand zwei Monate später vor dem Schwurgericht in Montbrison statt.
-
-Die Zweiteilung der Anklage hatte außer formal juristischen Gründen auch
-noch andere, die angesichts der gefährdeten Lage der Pariser Bevölkerung
-als motiviert angesehen werden konnten. Während nämlich in Paris nur die
-Dynamit-Anschläge verhandelt wurden, jene beiden letzten Taten
-Ravachols, die ja eigentlich keinen Verlust von Menschenleben verursacht
-hatten und daher auch keine ausdrückliche Veranlassung zu Todesstrafen
-werden mußten, wurde in Montbrison Ravachol zweier vollendeten
-Morddelikte sowie des Leichenraubes an der Gräfin angeklagt, und hier
-war es schon weitaus plausibler, ein Todesurteil zu fällen.
-
-In Paris, wo als Zeugen gerade jene beiden hohen Justizbeamten, gegen
-die Ravachols Attentate gerichtet waren, vorgeladen wurden, lag die
-Gefahr nahe, daß sich bei einem Todesurteil der Zündstoff des
-revolutionären Hasses wieder kumulieren und zu einer Entladung drängen
-könnte. Ein Todesurteil in Montbrison aber konnte sozusagen diesen Haß
-und diese Gefahr von Paris geographisch ablenken. Man hat den Pariser
-Assisen, als sie Ravachol zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilten,
-Feigheit vorgeworfen, aber Erstaunen mischte sich mit Beruhigung.
-Ravachol nicht zum Tode verurteilt? Die Rachegier des erschütterten
-Bürgertums überwog diesmal nicht die Erleichterung, die man empfand; so
-sehr war die öffentliche Meinung durch die Tat Ravachols und Meuniers
-eingeschüchtert. Zudem wußte man ja, und es war rechtzeitig verkündet
-worden, daß in Montbrison die Morde Ravachols mit dem Todesurteil
-gesühnt werden sollten. Dieses Todesurteil hat dann, wie wir sehen
-werden, auch wieder eine Reihe von Dynamit-Anschlägen nach sich gezogen.
-Sie waren über Frankreich, die Provinz, ja das Ausland verstreut; Paris
-selber blieb einstweilen von den Aktionen der Anarchisten verschont.
-
-Während vor dem Pariser Schwurgericht eine Reihe von Angeklagten auf der
-Bank neben Ravachol Platz genommen hatte, Jus-Béala, der Freund,
-Mariette Soubert, seine Geliebte, der Judas Chaumentin und ein Pariser
-Lausbub, _Simon_, genannt _Biscuit_, waren in Montbrison nur Jus-Béala
-und Mariette mitangeklagt – diese beiden übrigens, in Paris wie in
-Montbrison, freigesprochen.
-
-In Paris verteidigte sich Ravachol mit Festigkeit und nicht ohne Würde.
-Er sagte: Ich habe meine Taten aus folgenden Gründen verübt. Herr Benoit
-hat Decamp und die anderen zu den höchsten, zulässigen Strafen
-verurteilt, während die Jury die geringsten vorgeschlagen hatte. Die
-Polizei hat die Verhafteten von Clichy auf schmählichste Weise
-mißhandelt. All dies war unerträglich. Ich habe meine Taten begangen, um
-die verantwortlichen Lenker, die Staatsjustiz zu belehren, daß ihrer
-Härte _unsere_ Härte gegenübersteht. Wohl sind die unschuldigen Opfer
-meiner Taten zu beklagen, und ich bin der erste, der sie beklagt, denn
-mein Leben war voll von Bitternis; ich bedauere auch, daß hier auf der
-Bank neben mir Menschen als Angeklagte sitzen, deren Vergehen nur darin
-bestand, daß sie mich gekannt haben! Ich habe im Namen der Anarchie
-gehandelt, die eines Tages die große Familie der Menschheit bedeuten
-wird, und in jener Zeit wird es keine Hungernden mehr geben. Die
-Schreckensakte, die ich begangen habe, sollten ein Signal für das
-Bürgertum sein: _daß wir leben_, und daß man uns erkennen solle als das,
-was wir sind: die einzigen Verteidiger der Unterdrückten.
-
-Auf die Frage nach den Dynamit-Patronen, die aus seiner Behausung
-verschwunden waren, verweigerte Ravachol die Antwort.
-
-_Simon_ der Zwieback dagegen stellte seinen Standpunkt mit aller
-Lebhaftigkeit und unbekümmerten Unverschämtheit des vorlauten Gamins
-dar, wie ihn die Vorstadt jeder großen Metropole kennt. Er wurde
-gleichzeitig mit Ravachol zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt und
-beendete sein junges Leben einige Jahre später gelegentlich einer
-Revolte in der Strafkolonie. –
-
-Die beiden Monate zwischen dem Pariser Rechtsverfahren und dem vor den
-Assisen in Montbrison verbrachte Ravachol in einer Art Käfig, immerfort
-von Wächtern umschlichen und beobachtet, körperlich mürbe gemacht, doch
-in ungebrochener geistiger Energie. Das Todesurteil löste in ihm nur den
-Hochruf auf die Anarchie aus, keine Schwäche. Er wies es zurück, die
-Nichtigkeitsbeschwerde an die weltliche Behörde einzureichen, wie er
-einige Wochen später, am 10. Juli, im Hofe vor der Guillotine die
-„Segnungen der Kirche“, das heißt den Appell an die göttliche Gnade
-zurückwies – das Kruzifix, das ihm der Anstaltsgeistliche vorhielt, war
-ihm mehr Sinnbild des gekreuzigten Proletariats als Symbol der irdischen
-Gerechtigkeit. Es wird berichtet, daß Ravachol einen populären
-Gassenhauer sang, während er durch den Gefängnishof zum Blutgerüst
-schritt. Die Strophe lautet:
-
- „Pour être heureux, nom de Dieu,
- Il faut tuer les propriétaires,
- Pour être heureux, nom de Dieu,
- Il faut couper les curés en deux,
- Pour être heureux, nom de Dieu,
- Il faut mettre le bon Dieu dans la merde!“
-
-Schon während des Prozesses, der Ravachol vor die Pariser Assisen
-stellte, hatte sich die Legende um seinen absonderlich revolutionär
-klingenden Namen gewoben. Die beflügelte, rhythmische Phantasie des
-Volkes von Paris bemächtigte sich der Taten und der Gestalt des Rächers
-der Armen. Nach der Melodie der „Carmagnole“ entstand um diese Zeit ein
-Lied zur Verherrlichung Ravachols. „La Ravachole“. Die erste Strophe
-lautet:
-
- „Dans la grande ville de Paris,
- Y a des bourgeois bien nourris;
- Y a aussi des miséreux,
- Qui ont le ventre bien creux.
- Ceux-là ont les dents longues –
- Vive le son, vive le son,
- Ceux-là ont les dents longues,
- Vive le son de l’explosion!“
-
-CHORUS:
-
- „Dansons la Ravachole,
- Vive le son, vive le son,
- Dansons la Ravachole,
- Vive le son d’ l’explosion!
- Ah, ça ira, ça ira, ça ira,
- Tous les bourgeois gout’ront de la bombe!
- Ah, ça ira, ça ira, ça ira,
- Tous les bourgeois, on les sautera!“
-
-Außerdem entstand in diesen Tagen das lebhaft stampfende, an den Tanz um
-die Guillotine der Großen Revolution gemahnende „Dynamit-Lied“:
-
- „Danse, dynamite,
- Danse, danse vite,
- Dansons, chantons:
- Dynamitons, dynamitons!“
-
-Nach Ravachols Verhaftung, während seiner Prozesse, nach seinem Tode
-erfolgte eine Reihe von Dynamit-Explosionen, und zwar waren es die
-hauptsächlichsten Konzentrationspunkte Frankreichs und des Auslandes, in
-denen Gruppen sympathisierender Revolutionäre existierten, die von
-solchen Explosionen betroffen wurden.
-
-Indes, es hatte den Anschein, als wollte die Welle der anarchistischen
-Aktivität abebben, bis an einem Dezembertage des folgenden Jahres, 1893,
-ein neues bedeutungsvolles Attentat die Welt über die weitergehende
-Gärung des revolutionären Frankreichs belehrte.
-
- * * * * *
-
-Diesmal wies der geheimnisvolle Finger der Volksjustiz auf einen Herd
-der Unterdrückung, den Krebsschaden des Klassenstaates, auf das
-Exekutivorgan des Willens der Minderheit gegen die großen Massen des
-Volkes: das Parlament.
-
-Am 9. Dezember 1893 warf _August Vaillant_ von der Galerie der Pariser
-Kammer, des Palais Bourbon, eine Bombe in den Saal, in dem das
-Ministerium Casimir-Périer und sämtliche Abgeordnete unter dem Vorsitz
-von Dupuy ihre Nachmittagssitzung abhielten.
-
-Die Vorgeschichte dieses Attentates ist in kurzem folgende:
-
-Unmittelbar nach dem Dynamit-Diebstahl in dem Pariser Vorort
-Soisy-sous-Étiolles hatte die Regierung, deren Oberhaupt Emile Loubet,
-nachmaliger Präsident der Republik war, der Kammer eine Gesetzesvorlage
-überwiesen, kraft der jeder, der bei der Verübung eines
-Dynamit-Attentates gleich jenem in der Lobau-Kaserne betroffen würde,
-die Todesstrafe erleiden sollte. Wie wir gesehen haben, war diese
-Gesetzesvorlage nicht imstande, die knapp darauf folgenden
-Dynamitanschläge zu verhüten. Gegen Ende 1892 trat das Kabinett Loubet
-zurück. Ihm folgte ein kurzlebiges unter der Führung Ribots, das schon
-im März 1893 das Zeitliche segnete.
-
-Ribots Nachfolger war Charles Dupuy, konservativer Republikaner von
-ausgesprochen reaktionärer Färbung, ein in den Kreisen der
-Arbeiterschaft verrufener Mann, verhaßt vor allem wegen eines durch
-nichts motivierten Vorgehens gegen die Arbeits-Börse und verschiedene
-Gewerkschaftssyndikate im Lande. (Dupuys Vorgehen wurde immerhin Ursache
-einer starken Vermehrung der radikalen republikanischen und
-sozialistischen Parteien gelegentlich der Wahlen im August-September
-1893.)
-
-Die Zusammensetzung der Kammer hatte diesmal den Rücktritt verschiedener
-Minister aus dem Kabinett Dupuy zur Folge. Das Kabinett selbst ging in
-die Brüche und der 1. Dezember 1893 sah den Aufstieg eines Ministeriums
-Casimir-Périer, das sich aber in der Hauptsache infolge des
-Trägheits-Gesetzes der Politik immer noch aus gemäßigten, ja
-konservativen Elementen zusammensetzte. Dupuy und Casimir-Périer
-tauschten nun ihre Plätze. Der letztere überließ den Stuhl des
-Kammerpräsidenten dem ersteren, so daß in jener denkwürdigen Sitzung vom
-9. Dezember Dupuy im Präsidentschaftssessel der Kammer saß, während auf
-dem Ministerpräsidenten-Fauteuil Casimir-Périer seinen Platz eingenommen
-hatte. –
-
-Vaillants Bombe war vor allem diesen beiden Männern zugedacht. Durch
-einen Zufall explodierte sie aber nicht in dem Raum zwischen Dupuy und
-der Ministerreihe, sondern an einem Seitenpfeiler des Balkons, so daß
-mehr Besucher der Galerie von den umherfliegenden Nägeln, Eisenstücken
-und sonstigen Projektilen verletzt wurden als Mitglieder der Kammer. Im
-Augenblick, nachdem der Effekt der Detonation und des Schreckens
-überwunden war, sprach Dupuy, der reglos auf dem Präsidentensessel
-verharrt war, die legendär und historisch gewordenen Worte: „Die Sitzung
-nimmt ihren Fortgang.“
-
-Wer war dieser _Vaillant_, der den Faden zerschnitt, an dem die
-Damokles-Bombe des Volkswillens über dem Haupt der Deputierten und
-Minister Frankreichs hing?
-
-_Vaillant_, ein uneheliches Kind, hatte das elende Leben des
-gesellschaftlichen Parias bis zur Neige gekostet. Mit 14 Jahren auf sich
-selber angewiesen, trieb ihn die Not des Lebens von einer Arbeitsstätte
-zur anderen. Auf seinen regellosen Wanderungen kam er nach Algier, dann
-sogar bis Argentinien, wo er Land aufnahm, ohne sich als Farmer
-irgendwie bewähren zu können. In Buenos-Aires erschien zu dieser Zeit
-das Anarchistenblatt „La Liberté“, wie um 1893/94 Zentral- und
-Südamerika überhaupt ein Mittelpunkt der anarchistischen Weltagitation
-genannt werden konnte. Ruhelos wanderte Vaillant von Kontinent zu
-Kontinent. Ohne einen Pfennig kehrte er nach Frankreich zurück, mit ihm
-seine kleine Tochter Sidonie, die ihm sein frühverstorbenes Weib
-hinterlassen hatte. Nach schwierigem Kampf, vom Mißgeschick mehr als
-notwendig verfolgt, gelang es Vaillant endlich in Paris einen elenden
-Posten in einem kleinen Laden zu ergattern. Von seinem Monatsgehalt,
-ganzen 80 Franken, mußte er sich und sein Kind erhalten. Es wird
-berichtet, daß er bei seinen Arbeitgebern und im Kreise seiner Genossen
-als der arbeitswilligste, dabei nüchternste, rechtschaffenste,
-bescheidenste Mensch bekannt gewesen sei, ein Mann von träumerischer und
-zarter Veranlagung. Auch in ihm hatte die Idee des Anarchismus Fuß
-gefaßt, – nicht mit der Gewaltsamkeit, wie sie das in der wilden,
-muskulösen Robustheit Ravachols getan hatte, all sein Sinnen
-konzentrierte sich vielmehr in einer verzweifelten Auflehnung gegen das
-Unrecht, das den Armen, den Schwachen, den Zarten, den Hilflosen in
-dieser Welt der schamlosen Ungerechtigkeit geschieht.
-
-Casimir-Périer, ein Mann von als außerordentlich anerkannten Fähigkeiten
-brachte es zuwege, mit seinen politischen Funktionen den Besitz eines
-der größten Grubengebiete von Frankreich zu vereinen. Dieses Gebiet von
-Anzin, dessen Direktor er war, ehe er die politische Karriere einschlug,
-war einer der berüchtigtsten Schauplätze des ewigen erbitterten Kampfes
-zwischen den Besitzern und den Arbeitern, zwischen Kapital und
-Ausgebeuteten. Und Casimir-Périer, dem man geheime Beziehungen zu den
-Royalisten und den Klerikalen, also zur ausgesprochenen Reaktion in
-Frankreich nachsagte, figurierte in den sozialistischen und
-anarchistischen Zeitungen der Epoche unter dem giftigen Spitznamen des
-„Mannes mit den 40 Millionen“ des „Blutsaugers von Anzin“.
-
-Casimir-Périer war es auch, der mit voller Energie zwei Tage nach dem
-Attentat von Vaillant das unerbittliche Anarchistengesetz der Kammer
-vorlegte und durchsetzte, laut welchem anarchistische Attentate als
-gemeine Verbrechen betrachtet, anarchistische Zeitungen rücksichtslos
-unterdrückt und die Pariser Polizei in effektiver Weise vermehrt werden
-sollte. Zu gleicher Zeit verfügte ein Erlaß die Verhaftung einer Reihe
-bekannter und berühmter Theoretiker der radikalen sozialistischen und
-anarchistischen Richtung, Haussuchungen, Briefkontrollen, von der nach
-den Registern jener Zeit eine Reihe außerordentlicher Menschen betroffen
-wurde, unter anderem: Jean Grave, Sébastian Faure, Elisée Reclus, Paul
-und Elias Reclus, Louis Delorme, Louise Michel, die in London unter dem
-Namen Louise Fauvelle lebte, dann Josef Pauwels, der später die Bombe in
-die Madeleine schleuderte, Ortiz, der später im „Prozeß der Dreißig“
-figurierte, Matha, der große Theoretiker des Anarchismus Karl Malato,
-Errico Malatesta, und auch der große ehrwürdige Fürst Kropotkin, der
-damals bei London seinen Wohnsitz hatte.
-
-Diese Liste, aus einer wesentlich größeren exzerpiert, zeigt so ziemlich
-alle Namen auf, die um diese Zeit in der theoretischen wie der
-praktischen Übung der anarchistischen Idee sich hervortaten. Am
-Neujahrstage 1894 wurden von den 100 mit Verhaftung bedrohten Personen
-64 eingeliefert, unter ihnen Elias und Paul Reclus, Mitglieder jener
-wunderbaren und denkwürdigen Familie von Gelehrten und enthusiastischen
-Vorkämpfern der Menschenbefreiung, der wahren Geistes- und
-Seelenaristokratie der Welt, und schon 10 Tage nach dem Neujahrstage
-begann der Prozeß gegen Vaillant vor den Assisen von Paris.
-
-Der Prozeß war, in der überstürzten Art, wie sein Termin angesetzt
-worden war, und auch durch den ganzen Verlauf des summarischen
-Verfahrens gegen den Angeklagten, eine offenkundige, empörende Infamie.
-Der Protest des ursprünglich für die Verteidigung eingesetzten,
-ausgezeichneten Advokaten Ajalbert verhallte ungehört: der Termin wurde
-nicht verschoben. In letzter Stunde erklärte sich ein anderer
-hervorragender Anwalt, der später als Verteidiger von Zola im
-Dreyfus-Prozeß weltberühmt gewordene Ferdinand Labori, bereit, den
-Prozeß für Vaillant zu führen. Es war ja vorauszusehen, welchen Verlauf
-dieser Prozeß nehmen würde. So wurde dann Vaillant am 10. Januar 1894 in
-einer einzigen Gerichtssitzung zum Tode verurteilt.
-
-Mit der selben sträflichen Beschleunigung wurde dann das Todesurteil
-durch den Präsidenten der Republik Carnot bestätigt – der wohl kaum im
-Unterbewußtsein ahnen mochte, daß er mit demselben Federstrich sein
-eigenes Todesurteil unterfertigt hatte!
-
-Vaillant, ein Mann von sympathischer Erscheinung, ernst, einfach, Herr
-seiner Worte wie seiner Gedanken, verweilte in seiner Selbstverteidigung
-nur flüchtig bei seinem eigenen Schicksal, dem Unrecht und den
-Brutalitäten, die er im Laufe seines bedrückten Lebens erfahren hatte.
-Er erbat und erhielt die Erlaubnis, eine längere Erklärung vorzulesen,
-in der er seine Theorien, seinen Standpunkt, dem Leben, der
-Notwendigkeit der Freiheit und dem selbstgewählten Weg der Propaganda
-gegenüber ausführte.
-
-„Unter den Ausgebeuteten gibt es im wesentlichen zwei Arten von
-Menschen; die eine Art gibt sich keine Rechenschaft darüber, was mit ihr
-geschieht, was mit ihr geschehen, und wie sie eigentlich leben sollte.
-Diese Menschen nehmen das Leben, wie es ist; sie sind als Sklaven
-geboren, glauben, daß es so recht ist und sind froh über den Bissen
-Brot, den man ihnen für ihre Arbeit hinwirft. Die andere Art aber ist
-nicht so leicht mit dem Schicksal versöhnt. Menschen dieser Art denken,
-studieren, blicken mit hellen Augen um sich, sehen und erkennen die
-Ursache der sozialen Ungerechtigkeit. Soll man es ihnen vorwerfen, daß
-sie klar sehen und die Leiden der anderen mitfühlen? Sobald sie aber das
-eingesehen haben, werfen sie sich in den Kampf und stellen als Rächer
-der allgemeinen Bedrückung ihren Mann. Ich gehöre zu diesen letzteren.
-Wo immer ich auch hingekommen bin, überall habe ich Elende, unter das
-Joch des Kapitals Gebeugte gesehen. Überall war ich Zeuge derselben
-Folterungen, derselben blutigen Tränen – bis in die Tiefen der wenig
-bevölkerten Provinzen Südamerikas hinein, wo ich als ein Mensch, der an
-der Zivilisation verzweifelte, glaubte unter Palmen ausruhen und die
-Natur genießen zu können. Und hier wie überall habe ich das Kapital
-gesehen, wie es den letzten Blutstropfen des unglücklichen Parias
-vampyrgleich aussaugt. Die Meinen in so hoffnungsloser Weise leiden zu
-sehen – das brachte den Kelch zum Überlaufen. Ich war dieses Leben der
-Qual und der Feigheit satt. Meine Bomben warf ich unter jene, die ich
-als in erster Linie verantwortlich für die Leiden der Allgemeinheit
-erachte. – Aber geben Sie sich keinen Illusionen hin, die Explosion
-meiner Bombe ist nicht allein das Zeichen der Verzweiflung eines
-einzelnen Menschen, sie ist der Ausdruck der Not einer ganzen Klasse,
-die bald den Schrei des einzelnen übertönen wird. Mit Ihrem Gesetz
-werden Sie die Ideen der Denker nicht zum Schweigen verurteilen. Alle
-Kräfte der regierenden Klassen vermochten es im letzten Jahrhundert
-nicht, zu verhindern, daß Diderot, daß Voltaire ihre befreienden Ideen
-ins Volk auswarfen; alle Gewalt der heute Regierenden wird es nicht
-verhindern, daß Reclus, Darwin, Spencer, Ibsen, Mirbeau und die anderen
-ihre Ideen des Rechts und der Freiheit aussäen, die Vorurteile der
-unwissenden Menge aus der Welt schaffen. Diese Ideen werden die
-Unglücklichen zu Akten der Empörung stacheln, wie das in mir geschehen
-ist – und dies wird bis zu dem Tag sich fortsetzen, an dem _das
-Verschwinden der Autorität_ allen Menschen gestatten wird, sich frei
-zusammenzufinden nach Maßgabe ihrer inneren Zusammengehörigkeit. Dann
-wird jeder sich der Früchte seiner Arbeit erfreuen können. Jene
-Sittenkrankheit, die man Vorurteil nennt, wird in den Tagen
-verschwinden. Ebenso wird es Allem, was Menschenantlitz trägt, erlaubt
-sein, in Harmonie zu leben, ohne anderen Willen als dem zum Studium der
-Wissenschaften und der Liebe zum Nächsten.“
-
- * * * * *
-
-Die Verteidigung Vaillants hat nicht nur unter den Genossen seiner
-eigenen Klasse, sondern in der großen, in den Tiefen des Gewissens
-erschütterten Allgemeinheit Frankreichs ihre Wirkung getan. Als am 5.
-Februar sein Haupt fiel, erhob sich in Paris, in Frankreich, in der Welt
-ein Schrei der Empörung.
-
-Die Worte, die er am Fuße des Schafotts ausrief, wie berichtet wird mit
-starker und jubelnder Stimme: Tod der bürgerlichen Gesellschaft, lange
-lebe der Anarchismus! fanden einen Widerhall überall, wo um das
-Menschenrecht gestritten wurde.
-
-Ich erinnere mich deutlich an die Erschütterung, die sich der radikalen
-Arbeiterschaft um die Zeit der Exekution Vaillants an dem Ort, an dem
-ich um diese Zeit lebte (es war in Wien), bemächtigt hatte.
-
-Als Vaillants Leiche in jener schmählichen „Ecke der Hingerichteten“, im
-kleinen Friedhof von Ivry im Süden von Paris verscharrt worden war,
-pilgerten in den nächsten Tagen Hunderte zum Grabe dieses reinen und
-edlen Empörers. Es wird berichtet, daß man Blumen mit Schleifen auf dem
-Grabhügel gefunden hat, Blätter, auf denen Gedichte standen. Eine Zeile:
-„Ehre und Ruhm Deinem Andenken. Ich bin nur ein Kind, aber ich werde
-Dich rächen!“ Ein Gedicht lautete wie folgt:
-
- „Puisqu’ils ont fait boire à la terre,
- A l’heure du soleil naissant,
- Rosée auguste et salutaire,
- Les saintes gouttes de ton sang –
- Sous les feuilles de cette palme,
- Que t’offre le Droit outragé,
- Tu peux dormir d’un sommeil calme:
- O Martyr, tu seras vengé!“
-
- * * * * *
-
-Bedeutungsvoll und charakteristisch war die Attitude der Zeitungen.
-Während die Regierungsorgane nach wie vor in ihrem wilden Begehren nach
-dem Kopf des Attentäters und in der Genugtuung, daß sein Kopf gefallen,
-verharrten, änderten andere einflußreiche Blätter, wie z. B. der
-„Figaro“ plötzlich ihren Ton und wiesen auf die offenkundige soziale
-Ungerechtigkeit hin, die es verursacht hatte, daß ein Mensch von solch
-starker Begabung, intensivem Seelenleben durch die unverschuldeten
-Schicksale der Armen zum Schafott getrieben werden mußte.
-
-Die bürgerliche Gesellschaft, deren Untergang Vaillant auf seinem Wege
-zur Guillotine herbeigewünscht hatte, vereinigte sich jetzt zu einer
-jener bekannten scheinheiligen Massenaktionen, mit denen sie seit jeher
-ihr Gewissen entlastet, mehr noch aber die Drohungen der Unterdrückten
-von sich abzulenken versucht. Um die Person, das gegenwärtige und
-zukünftige Schicksal des armen, hinterbliebenen Töchterchens Sidonie
-betätigte sich der Wohltätigkeitssinn des französischen Bürgertums, der
-mit Menschenliebe und Gerechtigkeit übertünchte gesellschaftliche Trieb
-des Feudal-Adels. Kampf und Rivalitäten entbrannten darum: wer Vormund
-von Sidonie Vaillant werden sollte. Das Testament ihres Vaters sprach
-sie seinem Freunde, dem außerordentlichen Vorkämpfer der anarchistischen
-Theorien Sebastian Faure zu. In einem ergreifenden Briefe, den der
-Verurteilte aus dem Gefängnis von La Roquette an sein Kind schrieb, und
-in dem er Sidonie mitteilte, daß von nun an Faure ihr wirklicher Vater
-sein werde, heißt es: „ein letzter und einziger Rat: sei stets gewärtig,
-meine Kleine, daß das einzige Ziel des Lebens ist, seinem Nächsten nicht
-wehe zu tun; sonst aber sollte jeder frei sein, um unbehindert das zu
-tun, was ihm beliebt. Lasse tun, lasse sagen. Gebe Deinem Leben ein
-Ziel: das Glück der Menschheit. Arbeite an Dir, damit jene, die Dein
-Wort hören und Deinen Taten zu folgen vermögen, sich Dir gesellen. Dann
-wird Dein Leben gut vollendet sein, und Dich wird, wenn Du Dein Leben
-lässest, dieselbe Genugtuung erfüllen, die Deinen Vater in der Stunde
-seines Sterbens beherrscht, – denn ich sterbe für all jene, die man die
-Verdammten in der Hölle dieser Gesellschaft nennen muß!“
-
-Und in einem Tagebuchblatt, das er am Vorabend seines Attentates
-geschrieben und in einem letzten Willen seinem Genossen und Freund Paul
-Reclus zugedacht hatte, heißt es u. a.: „Ich sehe dem Tod gefaßt ins
-Gesicht, denn er ist der Hafen der Enttäuschten. Ich werde zumindest mit
-der Genugtuung sterben, daß ich für mein Teil alles getan habe, um das
-Kommen einer neuen Zeit zu beschleunigen. Jetzt verlange ich nur noch
-eins, das ist: daß bei der Auflösung meines Leibes alle meine Atome sich
-in der Menschheit verbreiten und ihr dieses Ferment des Anarchismus
-einimpfen mögen, damit die Gesellschaft der Zukunft endlich Wirklichkeit
-werde.“
-
- * * * * *
-
-Fünf Tage nach der Exekution August Vaillants wies der unsichtbare
-Finger der Volksrache auf eine andere Stätte, an der sich die Moral der
-herrschenden Bürgerklasse manifestierte. Nach dem Bombenwurf gegen die
-Beamten der Klassenjustiz, nach dem Bombenwurf in die Kammer der
-gesetzgebenden Körperschaften flog an einem Abend im Februar 1894 eine
-Bombe in das große luxuriöse Caféhaus des Pariser Hôtels „Terminus“ vor
-dem Bahnhof „St. Lazare“.
-
-In der Panik, die die Explosion unter den zahlreichen Gästen dieses
-Caféhauses verursachte, – einer kam ums Leben, etliche 20 erlitten
-schwerere und leichtere Verletzungen – versuchte ein junger Mensch,
-offenbar der Täter, durch die Menge zu entfliehen, wurde aber
-aufgehalten und gab einige Revolverschüsse auf seine Verfolger und jene,
-die sich ihm entgegenwarfen, ab. Dem Untersuchungsrichter erklärte er,
-sein Name sei Le Breton, bald aber gestand er seinen richtigen Namen
-ein: _Emil Henry_. War Vaillant in seiner ganzen Erscheinung, seinem
-Lebenslauf und den geistigen Konsequenzen, die dieser Lebenslauf hatte,
-auf eine höhere, nicht nur gesellschaftlich, sondern ethisch höhere
-Stufe zu stellen, als beispielsweise Ravachol, so repräsentierte der
-junge Henry unzweifelhaft eine in beiden Beziehungen gehobene Position
-über Vaillant, dessen Tod die Bombe im Hotel „Terminus“ rächen sollte.
-
-Emil Henrys Erscheinung bildet sozusagen den Übergang, die notwendige
-Verbindung zwischen dem aktiven Propagandisten der anarchistischen Idee
-und jenen Anarchisten, die das theoretische Ideal zu seiner höchsten
-Vollendung führen, denen aber die physische Kraft zu Propagandataten
-mangelt, weil sich ihre ganze Energie in der Gedankenaktion konzentriert
-hat, jede materielle Energie aber durch die Arbeit des Gedankens
-aufgebraucht und absorbiert wurde.
-
-War die Verteidigungsrede Vaillants, dem lückenhaften Bildungswege des
-Verfassers entsprechend, noch nicht frei von sentimentalen oder
-manifestartigen Ingredienzien, so stellt Henrys Plaidoyer ein
-klassisches Beispiel der durch einen geistig hochstehenden Menschen
-vollkommen verarbeiteten wissenschaftlichen Theorie dar, die sich
-notwendigerweise in physische Energie und Tat um setzen mußte.
-
-In der Geschichte der anarchistischen Bewegung ist dieses Dokument dann
-auch eine der grundlegenden Äußerungen des in bestimmter Weise
-durchgeführten revolutionären Willens geblieben. Zu den theoretischen
-Schriften der großen Denker des Anarchismus bildet das Manifest des
-jungen Henry – er war zur Zeit seiner Tat etwas, über 21 Jahre alt –
-ein, fast möchte ich sagen, _notwendiges_ Komplement, denn es beweist
-die aktive Kraft, die jenen Schriften der Theoretiker innewohnt; und
-damit führt dieses Manifest den Beweis, in welcher Weise Theorie, in den
-geeigneten physischen Bereich verpflanzt, die notwendige Wirkung
-erzeugen muß.
-
-Es gibt wohl in der Literatur, die sich um die Berichte der Taten des
-individuellen revolutionären Willens gebildet hat, keine reinere und
-wirkungsvollere Beweisführung für die Kraft des Gedankens, der sich in
-junge enthusiastische Seelen versenkt, als die durch dieses Manifest des
-Einundzwanzigjährigen geoffenbart ist. Ein Berichterstatter jener Epoche
-charakterisiert die intellektuelle Einstellung des jungen, begabten und
-gebildeten Bürgersohnes sehr originell, indem er sagt, daß Henrys Haß
-gegen seine eigene Klasse weniger der Haß des Hungerleiders gegen den
-Satten genannt werden kann, sondern eher mit der Verachtung verglichen
-werden darf, die ein junger Maler der realistischen Schule gegenüber dem
-süßlichen, verlogenen Kitsch der Schule Bouguereaus empfindet.
-
-Auf alle Fälle haben wir in der merkwürdigen und noch mehr denkwürdigen
-Erscheinung des jungen Henry einen Vorläufer jener Generation, die wir
-heute in unserer Zeit der sozialen Umwandlung, des Kataklysmus, in
-dessen Mitte unsere bürgerliche Welt geraten ist, und in der sie
-versinkt, entstehen und aufwachsen sehen. Ein klarer, scharfer, ohne
-Zynismus, mit absoluter Sicherheit seiner Instinkte bewaffneter Geist,
-der die Konsequenzen seiner Überzeugung wie ein mathematisches Exempel
-in realen Faktoren zu ziehen versteht. Skepsis beirrt ihn noch nicht,
-dazu ist er zu jung. Trotzdem hat seine Lebenserfahrung kraft seiner
-ungemeinen Intelligenz und überlegenen Beobachtungsgabe schon die Zahl
-seiner Lebensjahre Lügen gestraft. Noch einige Jahre Leben, und er wird
-sich entweder zum glänzenden geistigen Anwalt seines eingeborenen
-revolutionären Dranges entwickelt haben, oder ein leergebrannter, kühler
-und kalter Verächter der Menschheit geworden sein.
-
-Die Bücher der Führer der anarchistischen Idee und die Taten der
-Anarchisten in jenem Paris von 1891-93 entzündeten den Funken in dem
-jungen Mann, dessen rein geistig gerichteter Drang nicht durch seinen in
-der Irritation der Nerven unternommenen Fluchtversuch nach der Tat
-verneint wird.
-
-Bei der Vernehmung Henrys ereignete sich das Überraschende: er gestand,
-zugleich der Urheber eines bisher ungeklärten Attentates zu sein, das im
-November 1892 gegen die Pariser Büros der Bergwerkgesellschaft Carmaux
-versucht worden war. Die Bombe wurde damals rechtzeitig entdeckt und von
-den Polizisten nach dem nächsten Polizeikommissariat in der Rue des Bons
-Enfants gebracht, wo sie explodierte, wobei vier Polizisten getötet
-wurden und eine große Zahl Anwesender schwer verletzt worden war. Henry
-gestand ruhig ein, daß er nach diesem verunglückten Anschlag gegen die
-Bergwerkgesellschaft sich für einige Zeit nach London begeben habe, wo
-er unter Anarchisten gelebt und sich zu seiner Tat offen bekannt, ja
-sich dieser Tat auch gerühmt hätte. Offenbar war es auch Henry, auf den
-sich eine Äußerung in den Memoiren Rocheforts bezieht, der zu jener Zeit
-in London im Exil lebte, weil er sich aktiver Beihilfe in den
-boulangistischen Machenschaften schuldig gemacht hatte. Rochefort
-berichtet, daß Charles Malato, der anarchistische Schriftsteller, ihm
-eines Tages gesagt habe: „Hier in London geht ein junger Bursche herum,
-der jene Explosion in der Rue des Bons Enfants verursacht haben will. Er
-ist wahrscheinlich ein Prahlhans und will die Leute hineinlegen.“ Es
-verhielt sich aber in der Tat so, der junge Prahlhans erwies sich als
-Henry, der Attentäter vom Café „Terminus“.
-
-Henry entstammte einer Familie der höheren Bourgeoisie, die jedoch
-bereits zur Zeit der Pariser Kommune einige revolutionäre Mitglieder
-hervorgebracht hatte. Auch war Emils älterer Bruder _Fortuné_ selber
-Anarchist. Emils außerordentliche Intelligenz wurde in dem Lyzeum in
-Paris, in dem er sich hauptsächlich in der Mathematik hervortat, dadurch
-anerkannt, daß er mit 16 Jahren ein Stipendium zum Eintritt in die
-berühmte polytechnische Hochschule zugewiesen erhielt. Da diese Schule
-aber eine militärisch organisierte und ihre Schüler für den
-Offizierstand vorbereitende Institution ist, und Emil sich als
-ausgesprochener Feind des Militarismus schon in frühester Jugend
-bekannte und betätigte, machte er von dem sozialen Vorrecht, in jene
-Hochschule einzutreten, keinen Gebrauch. Nach einigen Wanderjahren, die
-ihn in Geschäftsunternehmungen seiner Verwandten in der Provinz und in
-Venedig herumgeführt hatten, trat er plötzlich zu einem Uhrmacher in die
-Lehre, um, wie er in seiner Aussage bekundete, sich die notwendigen
-Kenntnisse in der Mechanik anzueignen, und später Höllenmaschinen selber
-herstellen zu können. Um diese Zeit betätigte er sich schon als eifriger
-Mitarbeiter anarchistischer Zeitungen. Das junge Leben Henrys zeigte
-also bereits die entscheidende Kurve zur ernsten Verfolgung der
-anarchistischen Ziele, die ihm durch Blutmischung, Familientradition und
-durch das Gebot seiner früh entwickelten außergewöhnlichen Intelligenz
-vorgezeichnet zu sein schien.
-
-Der erste Eindruck, den die bei dem Prozeß Anwesenden von dem jungen,
-hübschen und besonnenen, dabei von einem schier maßlosen Idealismus
-erfüllten Menschen hatten, war: hier hat man den St. Just des
-Anarchismus vor sich.
-
-Und in der Tat, wenn man die versprengten Erscheinungen dieser
-revolutionären Periode betrachtet, kann man sich der Anschauung nicht
-erwehren, daß nur der Mangel einer allgemeinen Erhebung sie zu den
-isolierten und sehr lose vereinten Taten geführt hatte, wo in einer
-revolutionär aktiveren Zeit jeder von diesen Individualisten seinen
-Platz in der allgemeinen Bewegung vorgeschrieben gefunden hätte. Jede
-Zeit gebiert die Menschen oder findet sie vor, die ihre Parole
-durchführen können; oft ist es aber die Zeit, die kleiner ist als die
-Menschen, die in ihr leben. Nur selten und in denkwürdigen Fällen der
-Freiheitsbewegung, der allgemeinen Entwicklung der Menschheitsidee deckt
-sich die Zeit mit dem Individuum, das ihr Exponent ist. Wenn dann die
-stupide Menge den an Energie seine Zeit überragenden Revolutionär
-kurzerhand als Verbrecher stempelt, ist eine von jenen oberflächlichen
-Meinungen geprägt, in deren Bann die minderwertige Allgemeinheit lange
-verweilt. Die Geschichte der Menschheit scheint durch solche
-Fehlurteile, Seichtigkeit des Gefühls, nicht zu Ende-denken-Können,
-gefälscht zu sein.
-
-Nahm die Erscheinung und das Benehmen Henrys vor seinem Richter auch
-gleich am Anfang für ihn ein, so verscherzte er sich die allgemeine
-Sympathie durch einen zynisch klingenden, doch aus der Energie der Idee
-erwachsenen Ausspruch: auf die Frage des Vorsitzenden, warum er gerade
-das Café Terminus sich ausersehen hatte, antwortete Henry ruhig: weil er
-möglichst viele Bürger zu töten beabsichtigte. In der Tat hatte er mit
-seiner Bombe, bevor er ins Café Terminus kam, bereits einige weniger
-besuchte Lokale aufgesucht.
-
-Unter den Verletzten im Café befanden sich aber nicht nur „Bürger“,
-sondern Arbeiter oder wenigstens werktätige Menschen. „Sie sehen,
-Henry,“ bemerkte der Präsident, „es sind arbeitende Menschen, die Sie
-töten wollten. Sie haben sie nicht gekannt. Sie konnten sie gar nicht
-hassen und trotz alledem bleiben Sie vollkommen kalt und gleichgültig
-vor diesen armen Menschen, die Sie hier, verstümmelt und zu Schaden
-gekommen, auf der Zeugenbank sitzen sehen!“ Darauf Henry: „Allerdings;
-diese Leute sind mir vollkommen gleichgültig wie im übrigen auch Sie,
-Herr Präsident. Diese Leute sind Bourgeois, die Leiden und Unglück
-verursachen. Ihre Misère, was geht die mich an. Ich habe genug andere
-Misère in meinem Leben gesehen, und wenn es einen Schuldigen und
-Verantwortlichen dafür gibt, sind Sie es und Ihre Partei.“ Der
-Präsident: „Gut. Genug. Setzen Sie sich.“ Henry, während er sich setzt:
-„Das ist es, was ich tue.“
-
-Der Prozeß Henrys förderte keine besonderen Überraschungen zu Tage. Er
-rollte sich in den üblichen Formen des Verhörs ab; das übliche
-Aufmarschieren der Zeugen erfolgte. Es wurde vom Angeklagten kein
-Versuch gemacht, sich zu entlasten, und die Zeugen, die von seinem
-Vorleben Kunde geben sollten, bezeichneten ihn übereinstimmend als
-ernsten, gewissenhaften, nur in seinen Anschauungen und seinen
-politischen Zielen überreifen und intransigenten Menschen.
-
-Seine Attitüde, die er vom ersten Augenblick an einnahm, blieb bis zum
-Schlusse des Prozesses die gleiche. Er wußte, daß sein Leben verwirkt
-war; aber dies beeinflußte seine Haltung oder die Handhabung seines
-Organs keinen Augenblick lang.
-
-Die Kälte, die er den Opfern seines Attentates gegenüber zur Schau trug,
-entsprach nur der konzentrierten geistigen Anstrengung, nicht aber der
-wirklichen inneren Veranlagung Henrys. Er legte sie absichtlich an den
-Tag, um den Antagonismus des revolutionären Kämpfers zur öffentlichen
-Meinung darzulegen. Seine oft an Zynismus streifenden Aussprüche waren
-im Grunde nur Akzente, mit denen er die Theorie, deren Konsequenzen er
-vertrat, verstärkte. Fast gegen seinen Willen bekundete er bei der
-Vernehmung seiner Verwandten (auf seinen ausdrücklichen Wunsch hatte man
-es seiner Mutter verboten, bei der Verhandlung zu erscheinen) eine
-gewisse Rücksicht und Zartgefühl. Von ihnen hatte er ja nichts wie Gutes
-erfahren. Was gingen ihn aber diese intimen Eigenschaften an, wo er das
-Leiden der großen Massen vor eben diesen, in ihren privaten Beziehungen
-gütigen und gerechten Menschen im Auge hatte!
-
-Alles in diesem Prozeß schien sich auf das Plaidoyer zuzuspitzen, in dem
-Henry sein Lebensbekenntnis ablegte. Und dieses Lebensbekenntnis
-allerdings ist nicht nur eine Rechtfertigung der zufälligen Existenz
-eines ungewöhnlichen, in vielen Beziehungen einzigen Menschen, sondern
-es sichert seinem Verfasser auch eine rühmliche Stellung innerhalb der
-Geschichte der großen sozialen Bewegungen aller Zeiten.
-
-Ehe ich einige Teile, bedeutungsvolle Bruchstücke aus seinem Plaidoyer
-hier reproduziere, will ich noch rasch einige Worte über den Tod Henrys
-niederschreiben.
-
-Anfang Februar fand die Explosion im Café Terminus statt, Ende Mai starb
-Henry unter dem Messer der Guillotine. Es wird berichtet, daß er
-aufrechten Ganges zum Schafott schritt, aber daß seine Stimme ihn
-verriet, als er wie ins Leere ins Weltall hinaus, die Worte: „Kameraden,
-Mut, es lebe die Anarchie!“ zu rufen suchte.
-
-Gleichviel. Es ist ja gleichgültig, wie dieser Mensch starb. Es ist fast
-gleichgültig zu nennen, wie er gelebt hatte. Sein Plaidoyer, sein Werk,
-das er hinterließ, ist das Wesentliche an seiner Erscheinung.
-
- * * * * *
-
-Nach der Rede des Staatsanwaltes, – es war wieder jener Bulot – in der
-selbstverständlich die Todesstrafe gefordert wurde, bat der Angeklagte
-um das Wort, noch ehe sich sein Verteidiger erhoben hatte. Aus dem
-Dokument der Verteidigungsrede Henrys, die er am Anfang kühl und
-sachlich, ohne das Schriftstück in der Hand zu halten, vortrug (erst
-später, nach den einleitenden Sätzen, erbat er sich von seinem
-Verteidiger das Konzept) – aus diesem denkwürdigen, ja, wie man mit Fug
-sagen darf, historischen Dokument folgen hier etliche kurze Auszüge. –
-
-Nachdem er eine rapide Übersicht über seinen Werdegang gegeben,
-präzisierte Henry seine Stellung innerhalb der sozialen Bewegung auf
-folgende Weise: „Einen Augenblick lang zog mich der Sozialismus an; doch
-es dauerte nicht lange, da lehnte ich diese Partei ab. Ich war viel zu
-sehr von der Liebe zur Freiheit erfaßt, hatte zu große Ehrfurcht vor der
-persönlichen Initiative; die Einkapselung in eine gleichgerichtete
-Truppe flößte mir zu großen Widerwillen ein, als daß ich eine Nummer in
-der organisierten Körperschaft des Vierten Standes hätte werden können.
-Übrigens bemerkte ich gar bald, daß der Sozialismus im Grunde an dem
-Stand der Dinge gar nichts ändert; er respektiert und hält das
-Autoritätsprinzip aufrecht, und dieses Prinzip ist, was auch die
-sogenannten Freidenker sagen mögen, nichts anderes als ein Überbleibsel
-jener atavistischen Furcht vor einer höheren Vorsehung. Ich bin
-Materialist und Atheist: Studium der Wissenschaften hat mich nach und
-nach das Spiel der Naturgewalten erkennen lassen; ich habe bald
-verstehen gelernt, daß die Hypothese, es gäbe einen Gott, durch die
-moderne Wissenschaft beiseite geschoben worden ist, als unnütz und
-überflüssig erkannt wurde. Infolgedessen mußten die religiöse Moral und
-die Autorität, die ebenfalls auf einer falschen Voraussetzung beruhen,
-verschwinden. Wo also war das milde Gesetz der Sittlichkeit zu suchen,
-das in einer Harmonie mit den Naturgesetzen diese alte Welt erneuen und
-eine glückliche Menschheit gebären könnte? Als ich dies erkannt hatte,
-verband ich mich mit einigen Genossen, die Anarchisten waren, und die
-ich heute als die besten Freunde liebe, die mir jemals begegnet sind.“
-
-„In den Kampf ging ich mit einem tiefen Haß, den der tägliche, empörende
-Anblick dieser Gesellschaft schürte; denn in dieser Gesellschaft ist
-alles niedrig, alles feige, alles häßlich, alles ist Hindernis zur
-Entfaltung der Leidenschaften des Menschen, des edlen Willens der
-Herzen, des freien Aufschwunges des Gedankens. Ich wollte so hart und
-auch so gerecht zuschlagen wie ich es nur vermochte.“
-
-Henry gibt nun eine Darstellung seiner Freude, die ihn angesichts der
-ersten Ereignisse des Streiks von Carmaux ergriffen hatte; dieser Streik
-hatte zu Anfang den Anschein einer revolutionären Tat erweckt, bald aber
-bemächtigten sich einige Männer der Seelen der Arbeitnehmer, und der
-Streik schien abzuflauen. Was waren diese Männer? „Es waren dieselben,
-die alle revolutionären Bewegungen vernichteten, aus Angst, das Volk
-könnte, losgelassen, nicht mehr auf ihre Stimmen hören. Es waren
-dieselben, die die Tausende der Arbeiter überreden, monatelang ihr Elend
-geduldig zu ertragen und die dann auf dem Rücken der Arbeiter sich
-Volkstümlichkeit und ein Deputiertenmandat ergattern. Dies waren die
-Männer, die sich an die Spitze der Streikenden stellten. Mit einemmal
-sah man einen Schwarm von Schönschwätzern sich über das Land
-niedersenken. Die Grubenarbeiter legten alle Macht in die Hand dieses
-Packs. Man weiß, was nun geschah. Der Streik drohte ins Unendliche
-hinauszuwachsen. Die Arbeiter gewöhnten sich an den Hunger, ihren
-täglichen Gefährten. Die kleinen Reserven ihrer Gewerkschaften und
-anderer Angeschlossenen kamen ihnen zu Hilfe, waren bald aufgebraucht,
-und nach zwei Monaten krochen die Armen demütig und elender als je in
-ihre Gruben zurück. Es wäre einfach gewesen, die Gesellschaft,
-Besitzerin des Bergwerks, gleich zu Anfang dort anzugreifen, wo sie am
-leichtesten zu verwunden war: die Kohlenvorräte zu verbrennen, das
-Maschinenhaus zu zerstören, die Entwässerungsanlagen zu vernichten. In
-diesem Falle hätte die Gesellschaft rasch nachgegeben, doch die
-Großbonzen erkennen diese Methoden nicht an, denn es sind _unsere
-Methoden, der Anarchisten_.“
-
-„Für mein Teil hatte ich meinen Anschlag auf das Gebäude der
-Gesellschaft in Paris rasch beschlossen. Der Vorwurf gegen Ravachol: Die
-unschuldigen Opfer! kam mir in den Sinn. Das Haus aber, in dem sich die
-Büros der Carmaux-Gesellschaft befinden, ist ausschließlich von Bürgern
-bewohnt, daher konnte es keine unschuldigen Opfer geben. Da die gesamte
-Bourgeoisie der Ausbeutung der Unglücklichen teilnahmslos zusieht, muß
-sie in ihrer Gesamtheit ihre Schuld büßen. Im vollen Bewußtsein der
-Legitimität meines Unternehmens habe ich jene Höllenmaschine vor den
-Pforten des Büros niedergelegt.“
-
-„Dasselbe ist der Fall bei meinem Terminus-Attentat. Die Bourgeoisie
-erkennt die Anarchisten als eine geeinte Körperschaft an. Ein einzelner
-Mann, Vaillant, warf eine Bombe. Neunzehntel der Genossen kannte
-Vaillant gar nicht. Das aber schadete nichts: die Anarchisten wurden in
-ihrer _Gesamtheit_ verfolgt. Jeder, der nur entfernt zum Anarchismus
-Beziehungen hatte, unterlag der Verfolgung. Nun, da sie die gesamte
-Partei für die Tat eines einzelnen verantwortlich machen, vergelte ich
-_gleiches_ mit _gleichem_.“
-
-„Ihr habt in Chicago gehängt, in Deutschland geköpft, in Xeres erwürgt,
-in Barcelona erschossen, in Montbrison und Paris guillotiniert – was Ihr
-aber niemals werdet töten können, das ist die Anarchie. Ihre Wurzeln
-reichen zu tief. Sie ist erstanden aus einer verwesenden Gesellschaft,
-die sich in ihre Bestandteile auflöst. Sie erhebt sich als eine
-gewaltsame Gegenbewegung gegen die Ordnung dieser Gesellschaft, sie
-repräsentiert alle Sehnsucht nach Gleichheit und Befreiung, nach
-Zertrümmerung der gegenwärtigen Autorität. Sie ist überall; sie ist
-nirgends zu fassen; sie wird Euch alle töten. Hier, meine Herren
-Geschworenen, habe ich gesagt, was ich zu sagen hatte. Sie werden nun
-die Rede meines Verteidigers anhören.“
-
- * * * * *
-
-Es kann nicht die Aufgabe dieser Abhandlung sein, _Caserios_ Attentat
-auf Sadi-Carnot zu behandeln, obzwar es in organischem Zusammenhang mit
-den oben berichteten Taten steht.
-
-Am 5. Februar war Vaillant hingerichtet worden, – am 24. Juni rächte
-Santo Caserio, ein italienischer Proletarier, diesen Tod. Der Präsident
-der Republik hatte in jenen Tagen in Lyon die Kolonialausstellung
-besucht. Nach dem Abendessen, auf der Fahrt zum Theater, inmitten
-pompöser Kavallerie, die den Prunkwagen eskortierte, traf Carnot der
-Dolch des Italieners. Caserios Motive und Persönlichkeit sind in dem
-Zusammenhang dieser Erörterungen von geringem Belang (so wie die Jahre
-später erfolgte Ermordung Elisabeths von Österreich z. B.). Man darf
-über seine Tat leicht hinweggehen, wie auch andere Taten von
-Anarchisten, die sich um dieselbe Zeit in Paris ereigneten, von geringer
-Bedeutung für die Idee und den zentralen Trieb der anarchistischen
-Empörung sind.
-
- * * * * *
-
-Manche dieser Taten wiesen wohl darauf hin, daß sie die Ketten der
-Versklavung des Geistes an bestimmten Orten zu sprengen und
-durchzubrechen suchten: wie z. B. die Tat des _Pauwels_, eines Freundes
-von Henry, dessen Bombe ihn selber, als er die Madeleine-Kirche in Paris
-betrat, in Stücke riß.
-
-Andere Attentate hatten einen ausgesprochen burlesken Beigeschmack wie
-das Attentat jenes Droschkenkutschers _Moore_, des „Dichterkutschers“,
-der seinen Kollegen in Apoll, Lockroy, den Schwiegersohn Victor Hugos,
-anschoß, weil dieser Moores Bettelbriefe schließlich nicht mehr
-beantwortete.
-
-Auch das Attentat auf das Restaurant Foyot bot dem Pariser Witz
-reichliche Nahrung: wenige Tage, ehe er gelegentlich dieses Attentates
-ernstlich verletzt wurde, hatte der satyrische Dichter _Laurent
-Tailhade_ in einem dithyrambischen Artikel die Tat Vaillants mit den
-Worten gepriesen: „Was will der Verlust einiger gleichgültiger Opfer
-besagen – wenn nur die Geste schön ist!“
-
-Eine andere Tat aber prägte sich der öffentlichen Meinung tiefer ein,
-das war die Tat des Schusters _Leauthier_, der in einem der bekannten
-Speisehäuser von Duval den serbischen Gesandten Georgewitsch anschoß,
-als einen schlemmenden Bourgeois, der noch dazu ein Ordensband im
-Knopfloch trug! (Leauthier starb in der Strafkolonie während jener schon
-erwähnten Revolte, gleichzeitig mit Simon, dem Zwieback, Ravachols
-Gehilfen.)
-
- * * * * *
-
-Nachdem die Staatsgewalt sich der Propagandisten der Tat auf solche
-Weise entledigt hatte, ging sie mit größter Energie ans Werk, die
-geistigen Wurzeln der Lehre anzugreifen. Eine ganze Anzahl bedeutender
-Gelehrter, Schriftsteller, Soziologen trafen diese Maßregeln. Es hatten
-sich in Paris und in Frankreich zahlreiche Gruppen gebildet, die mit dem
-Studium und der Verbreitung der Lehre des Anarchismus sich
-beschäftigten. Solche Gruppen waren: Die Gruppe der Libertäre; Die
-Avantgarde; Die Kinder der Natur; Die Antipatriotische Jugend; Der
-Internationale Kreis; Die Schwarze Fahne; Die haarigen Burschen („Les
-Gonzes Poilus“) von Billancourt; Der Panther von Batignolles. Diese
-sämtlich in Paris.
-
-Von den Gruppen in der Provinz, die immerhin ihre zentrale Organisation
-(ohne die selbst der Anarchismus nicht auskommt!) in Paris besaßen,
-nenne ich die hauptsächlichsten: Die Zuchthäusler von Lille; Die
-Vaterlandslosen von Charleville; Die Unbezähmbaren; Erde und Freiheit
-von Armentières; Der Pranger von Sedan; Die Parias der Picardie, die
-Organisationen der nordwestlichen Teile Frankreichs umfaßte; Die
-Bereitschaft von Blois; Die Gruppe der Sozialen Forschung in Cherbourg;
-Die Eber von Châlons; Die Nivellierer von Beaune; Der Yatagan von
-Terre-Noire; Die Freunde Ravachols von Saint-Chamond; Die Gruppe
-Erst-recht! von Vienne; Die Rächer; Die Hungrigen von Marseille; Die
-Empörung; Die Bauernrevolte; Die Entschlossenen; Die Eichenherzen von
-Cette und viele andere.
-
-Eine dieser Gruppen war von dem Sozialreformer Rousset organisiert und
-hatte den Namen der „Suppen-Vorträge“. In einer Pariser Wärmehalle
-sprach Rousset, während arme Hungernde von der Straße dort ihren Teller
-Suppe löffelten, über soziale Probleme und wie der Not abzuhelfen wäre.
-Diese Ansprachen erregten selbstverständlich die Aufmerksamkeit und
-schließlich Abwehr der Behörden. Trotz dem Protest einer Anzahl
-hervorragender Pariser, darunter Jules Simon, Léon Say, Floquet, de
-Cassagnac, Alfons Daudet, Sarah Bernhardt und Zola, wurde Rousset vors
-Gericht gestellt und zu einer empfindlichen Gefängnisstrafe verurteilt.
-
-In Paris wie in der Provinz erschienen Wochenblätter, Zeitschriften in
-großer Zahl, die der Regierung ein Dorn im Auge waren und deren
-Verfolgung beschlossen wurde. Die Namen der hauptsächlichsten
-Zeitschriften dieser Art sind:
-
-„Le Père Peinard“, „Le Riflard“, „Der Leimtopf“, „Die Revolte“, letztere
-hatte Jean Grave zum Herausgeber. Sebastien Faure gab den „Almanach
-Anarchiste“ heraus, der originelle Bohémien Zo d’Axa die lebhafte und
-revolutionäre Revue „L’En-Dehors“, die zu ihren Mitarbeitern neben
-Malato Schriftsteller wie Octave Mirbeau und den Initiator der
-Dreyfus-Revision, Bernard Lazare, einen edlen und bescheidenen
-Menschenfreund, zählte. Beide, Mirbeau wie Lazare, aus der oberen
-Bourgeoisie stammende Intellektuelle, bekannten sich frei und laut zum
-Anarchismus und legten in den gefährlichsten Zeiten Zeugnis ab für die
-seelische Integrität manches von der öffentlichen Meinung gebrandmarkten
-„Mörders und Attentäters“. –
-
-„Der Freie Gedanke“, „Die Attacke“, „Die Libertäre Revue“ erschienen mit
-Unterbrechungen weiter; eine antimilitaristische Zeitschrift, „Le
-Conscrit“ hielt sich trotz härtester Verfolgung. In Marseille erschien
-„Die Harmonie“, in London, nach einer anderen Version in Brüssel der
-„L’International“, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die lediglich
-doktrinären Anarchisten anzugreifen und dabei auch vor Grave, sogar vor
-Kropotkin nicht Halt machte. Dieser „L’International“ scheint der
-richtige Moniteur der Propagandisten durch die Tat gewesen zu sein. Er
-brachte eine Beilage „L’Indicateur Anarchiste“, in dem praktische
-Anweisung zur Verfertigung von Explosivkörpern gegeben wurde. In
-früherer Zeit, lange vor dem Erscheinen des „L’International“ hatte die
-„Lutte“ von Lyon ähnliches unter dem Titel „Anti-bürgerliche Produkte“
-zu geben versucht.
-
-Andere Zeitschriften, die die Verbreitung der Ideen des Anarchismus über
-den ganzen Erdball bezweckten, waren um diese Zeit: in Belgien „La
-Société Nouvelle“, „Le Libertaire“ und „Le XX. Siècle“. In London
-erschien „Freedom“, eine ausgezeichnete Publikation, die noch jetzt in
-dem, jedem London besuchenden Sozialisten wohlbekannten „Bomb-Shop“ des
-alten Henderson, Charing Cross-Road, erhältlich ist (gegenwärtig hat sie
-ausgesprochen kommunistischen Einschlag); „The Commonweal“, der durch
-die Mitarbeit William Morris’ geadelt war; außerdem „The Torch“.
-Ebenfalls in London, der Stadt, die um die Zeit der allgemeinen
-europäischen Anarchistenverfolgungen ein sicherer Hafen für die Rebellen
-aller Nationen war, erschien in hebräischen Lettern das jiddische
-Anarchistenblatt „Der Fraind fun die Arbeter“, und die deutsche Zeitung
-„Der Lumpenproletarier“. Andere deutsche Publikationen jener Zeit
-umfassen die in Amerika erscheinenden: „Freiheit“ von Johann Most, „Die
-Brandfackel“ von New York, den „Armen Teufel“ Robert Reitzels in
-Detroit, „Den Vorboten“ von Chicago, die jiddische „Freie
-Arbeiterstimme“, den „Anarchist“ und andere. Gustav Landauers
-„Sozialist“, das bedeutendste deutsche Organ, ist noch in Aller
-Erinnerung. In Italien waren der „Sempre Avanti“ von Livorno, in Spanien
-„La Conquista del Pan“ von Barcelona, in Südamerika „El Oprimido“ und
-„Tribuna Operaia“ die verbreitetsten Blätter der Bewegung.
-
- * * * * *
-
-Es war offenkundig, daß die Taten jener Propagandisten die Lehre des
-Anarchismus in weitere Gebiete ausgestreut hatten, als friedliche
-Verbreitung der Theorie dies jemals vermocht hätte. Denn die Zahl, der
-Umfang der anarchistischen Zeitschriften-Literatur schwoll um die Zeit
-der Jahrhundertwende in der ganzen Welt beträchtlich an. Ich erinnere
-mich, welch’ tiefgehende Wirkung in den Tagen meines Pariser
-Aufenthaltes, der in dieselbe Zeit fiel, zwei Bücher erregten, die von
-zweien der bedeutendsten lebenden Anarchisten verfaßt waren – und die
-Eltzbacher in seinem Werk nicht anführt, ja gar nicht zu kennen scheint.
-Diese Bücher waren _Sebastien Faures_ „La Douleur universelle“, und
-_Jean Graves_ „La Société mourante et l’Anarchie“, zu dem Octave Mirbeau
-ein begeistertes Vorwort geschrieben hat.
-
-Es war bezeichnend für die im Grunde trotz aller Reaktion demokratische
-Grundtendenz des öffentlichen Lebens von Frankreich und seiner
-Hauptstadt, daß schon 1895, also kaum ein Jahr nach der Ermordung
-Sadi-Carnots (und dem Prozeß gegen die Dreißig, von dem ich im
-nachfolgenden sprechen will), die öffentlichen Vorträge von Sebastien
-Faure monatelang ohne Störung durch die Behörden abgehalten werden
-konnten. Sie gehören zu den wunderbarsten Erinnerungen, die mich an jene
-Zeit gemahnen. Vor einem großen und beständigen Publikum, das sich im
-wesentlichen aus Studenten und Arbeitern zusammensetzte, verkündete
-Faure das System seines Aufbaus. Mit unerbittlicher Logik zergliederte
-er die gegenwärtige Gesellschaft, nahm sozusagen das ganze Gebäude der
-gesellschaftlichen Zusammenhänge auseinander, warf die schädlichen,
-überflüssigen Teile des Gebäudes auf den Schutthaufen der Vergangenheit
-und errichtete aus dem Übrigbleibenden ein einfacheres, bewohnbares,
-lichtes Heim der zukünftigen Menschheit.
-
-Faures Rednergabe führte seine Argumente beweiskräftiger aus, als es
-seinem Buch, das ich eben erwähnt habe, gelingt. Doch spricht auch in
-diesem Werk der merkwürdig klare und logische Verstand, jener
-spezifische französische sens commun den Leser mächtig an.
-
-Eine literarisch höchst zu bewertende Leistung stellt das Buch Graves
-dar. Es ist eine Kampfschrift gegen den reformistischen Sozialismus,
-gegen die Grundirrtümer der kapitalistischen und militaristischen
-Gesellschaft. In erstaunlicher Weise hat der Autodidakt Grave sich die
-wissenschaftlichen Grundlagen seiner Gewissensüberzeugung zu verschaffen
-verstanden. Aus der Erkenntnis, die er sich auf solche Art erwirbt,
-gelingt es ihm, überzeugend und mit hohem Schwung der Begeisterung, die
-Durchführbarkeit der anarchistischen Prinzipien trotz den feindlichen
-Grundinstinkten der ewig gleichbleibenden Menschenseele zu beweisen.
-Auch in seinem anderen Werke „Die Gesellschaft am Tage nach der
-Revolution“ gelang es Grave, den Aufbau einer utopischen Gemeinschaft in
-überzeugenden Konturen festzulegen.
-
-Die Taten Ravachols, Vaillants, Henrys und der anderen – die Bücher
-Faures und Graves: sie geben der Bewegung, dem revolutionären Beginnen
-des französischen Proletariats um die Jahrhundertwende ihre Grenzen nach
-dem materiellen und dem moralischen Bereich.
-
- * * * * *
-
-_Den Prozeß gegen die Dreißig_, dessen ich oben Erwähnung getan habe,
-strengte die Regierung Frankreichs hauptsächlich in der Absicht an, daß
-durch seinen Verlauf die Notwendigkeit einer durchaus revidierten
-Gesetzgebung gegen die Feinde der Gesellschaft gerechtfertigt werde. Es
-sollte zudem schon durch die Namenliste der Angeklagten die Sicherheit
-in der beängstigten Bevölkerung erweckt werden, daß es nunmehr der
-Regierung gelungen sei, die ganze gefährliche Gruppe der wesentlichsten
-Anarchisten, sozusagen die Zentrale des Anarchismus in Frankreich
-auszuheben. Die Absicht war: alle möglichen Leute, die im Geruch des
-Anarchismus standen, die sich als Theoretiker der Lehre, die sich als
-Propagatoren und als Ausführer anarchistischer Taten betätigten, in
-einen geschlossenen Raum zusammenzutreiben, sie dort beisammen zu
-behalten und möglichst endgültig zu „erledigen“. Daß in dieser Gruppe,
-die man kurz als eine Vereinigung von Verbrechern bezeichnete,
-hervorragende und allgemein anerkannte Gelehrte wie Paul Reclus,
-Publizisten wie Jean Grave, Sébastien Faure, Alexander Cohen, Charles
-Chatel, Félix Fénéon, Pouget, Matha, Ledot neben Dieben und
-undurchsichtigem Gesindel figurierten, bewies nicht nur die Willkür der
-Regierung, sondern barg auch die Erklärung für das Scheitern ihrer
-Absicht in sich. Denn, um es vorweg zu nehmen, der Prozeß der Dreißig
-endete mit einem ausgesprochenen und für die Regierung peinlichen Fiasko
-der Rechtsbehörden. Wieder beantragte der sattsam bekannte Staatsanwalt
-Bulot gegen die Dreißig die höchste zulässige Strafe, indem er die
-Angeklagten miteinander, mit pathetischer Gebärde:
-
- „Vous êtes tous des misérables!“
-
-apostrophierte, aber die Jury gab seinem Begehren nur in einem einzigen
-Falle nach, indem sie den Mitangeklagten _Ortiz_, das Oberhaupt der
-„_Bande Ortiz_“ zu langjähriger Zwangsarbeit, zwei Mitglieder der
-„Bande“ aber zu geringen Freiheitsstrafen verurteilte. Die übrigen
-wurden, wie recht und billig, freigesprochen.
-
-Artikel 265 des französischen Strafgesetzbuches besagt (in seiner
-Abänderung durch das Gesetz vom 18. Dezember 1893, jenes „Gesetz
-Vaillant“): „Jede Vereinigung, jedwede Gemeinschaft, die hergestellt
-ist, um Verbrechen gegen Einzelindividuen vorzubereiten oder
-durchzuführen, stellt ein Verbrechen gegen die öffentliche Ordnung dar.“
-Durch diese Fassung des Artikels wird ausgesprochen, daß die Theoretiker
-des Anarchismus, genau so wie die Propagandisten durch die Tat, der
-Gemeinschaftbildung, der Schaffung einer Vereinigung schuldig erkannt
-sind. Die „Intellektuellen“ wie die „Impulsiven“, beide sind in gleichem
-Maße für die Tat selbst verantwortlich, denn ohne die Kraft des
-Gedankens, des Wortes, der Feder der ersteren würden die letzteren nicht
-zur Tat gelangen. Die Initiative wie die Ausführung werden auf gleiche
-Linie gestellt. Die Verbindung zwischen den Studiengruppen der
-anarchistischen Lehre und dem tatsächlichen Verbrecher ist evident;
-beide zugleich muß das Gesetz treffen, soll der Anarchismus an der
-Wurzel gepackt und ausgerottet werden.
-
-Dieser Prozeß der Dreißig dauerte im ganzen acht Tage. Er spielte sich
-in der ersten Hälfte des August 1894, gleichzeitig mit dem Prozeß gegen
-den Mörder Sadi-Carnots, Caserio, ab. Das Merkwürdigste und
-Bedeutungsvollste, der Umstand, der den Ausgang des Prozesses gleich am
-Anfang ahnen ließ, war: daß sich keine Belastungszeugen für die Dreißig
-auftreiben ließen. So hatte das rege und immer schwankende Gewissen des
-französischen Volkes, der wohl aufs höchste irritierten, aber immer noch
-in den Grenzen des klaren Verstandes und der lauteren Gesinnung
-bleibenden öffentlichen Meinung Frankreichs von vornherein die
-Überzeugung behalten, daß der ganze Prozeß ein Fehlgriff war und ein
-schlechteres Licht auf die Rechtspflege des Landes werfen mußte als auf
-die Mehrzahl der Angeklagten.
-
-Es wurden darum auch von dem großen Publikum Frankreichs die würdevollen
-und selbstsicheren Verteidigungsreden von Grave und Faure mit derselben
-Sympathie aufgenommen, wie die witzig ironischen Wendungen, in denen der
-Kunstschriftsteller Fénéon seinerseits die Anklagen und die Behandlung
-des Verdachtes gegen ihn zurückwies. Die „Gemeinschaft der Verbrecher“
-stand, wie man aus dem Fehlen von Belastungszeugen ersehen konnte, auf
-schwachen Füßen. Niemand war zu finden, der irgendwie stichhaltig, ja
-auch nur willkürlich bestätigen oder bejahen konnte, daß eine solche
-Vereinigung in der Tat bestehe.
-
-Die Anklage behauptete, daß der Gelehrte Reclus die Finanzen dieser
-Vereinigung oder Partei geführt habe; daß Jean Grave der Schaffung der
-Studiengruppe oblag, daß die Zeitschrift Graves „La Révolte“ den
-verstreuten Mitgliedern der Vereinigung die Mittel bot, sich gegenseitig
-zu kennen und zu verständigen. Faure sollte die Bewegung in der
-Propaganda organisieren. Er war Herausgeber einer in Marseille
-erscheinenden Zeitschrift „L’Agitation“, hatte außerdem, wie
-nachgewiesen werden konnte, das Kapitalverbrechen begangen, Vaillant 5
-Franken durch die Post überweisen zu lassen. Der Schriftsteller Chatel
-war Begründer der „Revue anarchiste“ und Mitarbeiter verschiedener
-anarchistischer Zeitschriften. Matha redigierte den „En-dehors“, er war
-es auch, der Emil Henry in London bei sich aufgenommen hatte, während
-Matha selber gelegentlich in Paris bei Fénéon, dem Kunstschriftsteller,
-der zur Zeit Beamter des französischen Kriegsministeriums war,
-zeitweilige Unterkunft gefunden hatte. Aus solchen losen Verknüpfungen
-sollte das Netz sich um die Dreißig knüpfen, und in diesem Netz zappelte
-zugleich die Bande um den Räuber Ortiz.
-
-Dieser Ortiz, ein merkwürdiger Mischtypus, Sohn eines Mexikaners und
-einer Polin, stellte in seinem ganzen Wesen den idealistischen Räuber
-aus sozialen Beweggründen dar, wie die romantische Literatur aller
-Völker ihn aufweist. Daß dieser intelligente und gebildete Mensch sich
-bei seinen Taten, die einem unzweifelhaft gemischten, undurchsichtigen
-Instinkt entsprangen, anarchistischer Grundsätze rühmte und dabei
-unleugbar die Freundschaft Emil Henrys und anderer reiner Verkünder der
-Idee genoß, beweist: daß die verbrecherischen Instinkte der Ausbeutung
-und Knechtung des Einzelnen und der Massen, wie sie sich die heutige
-Gesellschaft zu schulden kommen läßt, durch gleiches Vorgehen des
-Einzelnen gerächt werden müssen. Nur dem oberflächlich in den
-Vorstellungen und Vorurteilen der bestehenden Gesellschaftsform träge
-Verharrenden wird es, wie bereits betont, einfallen, Verbrechen, die im
-Obigen als revolutionäre Taten gekennzeichnet worden sind, als
-Verbrechen zu betrachten.
-
-Solange die Gesellschaft ihre Gesetze nicht den Geboten der Gleichheit,
-Freiheit und Brüderlichkeit anzupassen oder wenigstens anzunähern
-verstanden hat, wird das Verbrechen des Einzelnen, sofern es nicht eines
-der aus Leidenschaft begangenen genannt werden darf, vielmehr die Rache
-des Einzelnen an der Gesellschaft und rechtmäßiger Kampf des Empörers
-gegen die große Ungerechtigkeit genannt werden müssen.
-
-Das schmähliche Scheitern des Prozesses gegen die stupid und mit
-brutaler Willkür, wie bei einer Razzia zusammengetriebenen Dreißig, das
-gleichzeitig mit der Verurteilung Caserios abschließende Verfahren gegen
-jenen Anarchisten, dessen Hand das verantwortliche Oberhaupt der
-Regierung getroffen hatte, schloß eine Periode der revolutionären
-Bewegung ab, die die anarchistische Periode in der Freiheitsbewegung
-Frankreichs genannt ist.
-
-Sie bildet, wie gesagt wurde, ein Segment in der fortschreitenden, unter
-wechselnden Namen stetig gleichbleibenden Entwicklung der Freiheitsidee
-der Menschheit; die Zeit ihres Geschehens ist der Vorabend des XX.
-Jahrhunderts, dessen Morgen bereits solch ungeheures Vorwärtstreiben der
-Idee sah; ihr Schauplatz ist Frankreich, die bürgerliche Republik der
-Demokratie, des „juste milieu“.
-
-Nach dem 26. August 1894, an dem der arme unwissende, wirre Schädel des
-italienischen Proletariers unter dem Fallbeil der bürgerlichen
-Justizmaschine fiel, ebbt die Welle der anarchistischen Propaganda der
-Tat in Frankreich ab.
-
- * * * * *
-
-Es scheint nunmehr, als sollte sich die anarchistische Theorie aus dem
-aktivistischen mehr ins wissenschaftliche Feld zurückziehen. Der
-Anarchismus wird von dem sich langsam nach links, ins radikale Gebiet
-ausbreitenden Sozialismus als kleinbürgerliche Ideologie verworfen. Der
-Sozialismus erhebt die Autorität der Organisation zum leitenden Prinzip
-und leugnet das Recht des Individuums, aus Gründen der praktischen
-Erfahrung, wie aus Anbetung der Klasse als solcher, eines Götzen auf
-tönernen Füßen, sich außerhalb der Organisation, eigenwillig,
-selbstherrlich und unter voller persönlicher Verantwortung sein Recht zu
-suchen. Er erklärt das auf solche Weise aus der Organisation
-entweichende Individuum für einen Feind des Sozialismus und das
-Individuum sieht sich von dem demokratischen Sozialisten, in
-Übereinstimmung mit dem reaktionärsten Bürgertum, in Acht und Bann getan
-und vogelfrei erklärt.
-
-Der Kommunismus, wie wir ihn nach dem Krieg sich ausbreiten und seine
-Grenzen erweitern sehen, zögert noch, die eigenmächtigen Energien aus
-dem Bereich des eng benachbarten Syndikalismus, aus den militanten
-Rängen des insurgenten Anarchismus aufzunehmen. Anzeichen deuten darauf,
-daß er sie zur gegebenen Zeit wohl aufnehmen, einreihen und benutzen
-wird. Denn in dem insurgenten Anarchisten brennt am leuchtendsten die
-Flamme der ewigen Revolte des Menschengeschlechtes. Was verschlägts, daß
-an ihrem Brand das ephemere Verordnungsblatt der Parteidisziplin rasch
-verkohlt!
-
-In der Schicksalsstunde der höchsten Gefahr des Freiheitsgedankens, in
-der Stunde, da das kämpfende und kampfbereite Proletariat am ärgsten
-bedroht ist, schlägt die große Flamme aus dem Einzelnen auf die Masse
-über und hüllt die Gesamtheit, Individuum, Partei, Klasse, Menschheit in
-ihr Licht, ihre Glut ein.
-
-
-
-
- In der Sammlung
- AUSSENSEITER DER GESELLSCHAFT
- – DIE VERBRECHEN DER GEGENWART. –
- erscheinen in kürzester Zeit folgende Bände:
-
-
- *Band 1:
-
- ALFRED DÖBLIN
- DIE BEIDEN FREUNDINNEN UND IHR GIFTMORD
-
- *Band 2:
-
- EGON ERWIN KISCH
- DER FALL DES GENERALSTABSCHEFS REDL
-
- *Band 3:
-
- EDUARD TRAUTNER
- DER MORD AM POLIZEIAGENTEN BLAU
-
- *Band 4:
-
- ERNST WEISS
- DER FALL VUKOBRANKOVICS
-
- *Band 5:
-
- IWAN GOLL
- DIE ROTE JUNGFRAU GERMAINE BERTON
-
- *Band 6:
-
- THEODOR LESSING
- HAARMANN, DIE GESCHICHTE EINES WERWOLFS
-
- *Band 7:
-
- KARL OTTEN
- DER FALL STRAUSS
-
- *Band 8:
-
- ARTHUR HOLITSCHER
- DER FALL RAVACHOL
-
- *Band 9/10:
-
- P. DREYFUS – PAUL MAYER
- RECHT UND POLITIK IM FALL FECHENBACH
-
- Band 11[1]:
-
- L. LANIA – HERRMANN
- DER HITLER-PROZESS
-
- Band 12:
-
- THOMAS SCHRAMEK
- DER FALL EGLOFFSTEIN
-
- Band 13:
-
- HENRI BARBUSSE
- DIE MATROSEN DES SCHWARZEN MEERES
-
- Band 14:
-
- OTTO KAUS
- DER FALL GROSSMANN
-
- Band 15:
-
- EUGEN ORTNER
- DER FALL BERNOTAT
-
- Band 16:
-
- WALTER PETRY
- DER FALL NÄGLER
-
- Band 17:
-
- FRIEDRICH STERNTHAL
- DER FALL DER RATHENAUMÖRDER
-
- Band 18:
-
- RENÉ SCHICKELE
- DIE CAILLAUXPROZESSE
-
- Band 19:
-
- KARL FEDERN
- DER FALL MURRI-BONMARTINI
-
- Band 20:
-
- KURT KERSTEN
- DER PROZESS GEGEN DIE MOSKAUER SOZIALREVOLUTIONÄRE
-
- Band 21:
-
- MARTIN BERADT
- DER FALL HASSELBACH
-
- Band 22:
-
- F. A. ANGERMAYER
- DER FALL DER PARISER AUTOMOBILBANDITEN
-
- Band 23:
-
- WILLY HAAS
- DER FALL GROSS
-
- Band 24:
-
- WALTER VON HOLLANDER
- DER FALL GRUPEN
-
- Band 25:
-
- MAX FREYHAN
- DER JUWELENRAUB IN DER KÖPENICKERSTRASSE
-
- Band 26:
-
- HANS REISER
- DER FALL STRASSER
-
- Band 27:
-
- FRANZ THEODOR CSOKOR
- DER FALL EISLER
-
- Band 28:
-
- E. I. GUMBEL
- EIN POLITISCHER MORD
-
- Band 29:
-
- EDUARD TRAUTNER
- DER FALL DES SCHUPOWACHTMEISTERS GERTH
-
- Band 30:
-
- ARNOLT BRONNEN
- DER FALL VAQUIER
-
- Band 31:
-
- HERMANN UNGAR
- DER FALL ANGERSTEIN
-
- Band 32:
-
- JOSEPH ROTH
- DER FALL HOFRICHTER
-
- Die mit * versehenen Bände sind bereits erschienen.
-
- [1] Bei den folgenden noch nicht erschienenen Bänden behält sich der
- Verlag Änderungen sowohl der Titel als auch der Reihenfolge usw.
- ausdrücklich vor.
-
- Ferner Bände von:
-
- MAX BROD, OTTO FLAKE, WALTER HASENCLEVER, GEORG KAISER, THOMAS
- MANN, LEO MATTHIAS, JAKOB WASSERMANN, ALFRED WOLFENSTEIN
- und vielen Anderen.
-
-
- Ohlenroth’sche Buchdruckerei Erfurt.
-
-
- Anmerkungen zur Transkription
-
-Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Weitere
-Änderungen, teilweise unter Zuhilfenahme anderer Auflagen, sind hier
-aufgeführt (vorher/nachher):
-
- [S. 24]:
- ... Manifestation revolutionärer Art unnachsichtlich ...
- ... Manifestation revolutionärer Art unnachsichtig ...
-
- [S. 29]:
- ... herumzulaufen. Seine Kindheit und frühe ...
- ... herumzulaufen. Seine Kindheit und frühen ...
-
-
-*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK RAVACHOL UND DIE PARISER
-ANARCHISTEN ***
-
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-
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-<title>The Project Gutenberg eBook of Ravachol und die Pariser Anarchisten, by Arthur Holitscher</title>
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- <!-- TITLE="Ravachol und die Pariser Anarchisten" -->
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-<div style='text-align:center; font-size:1.2em; font-weight:bold'>The Project Gutenberg eBook of Ravachol und die Pariser Anarchisten, by Arthur Holitscher</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>
-This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and
-most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
-whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms
-of the Project Gutenberg License included with this eBook or online
-at <a href="https://www.gutenberg.org">www.gutenberg.org</a>. If you
-are not located in the United States, you will have to check the laws of the
-country where you are located before using this eBook.
-</div>
-
-<p style='display:block; margin-top:1em; margin-bottom:0; margin-left:2em; text-indent:-2em'>Title: Ravachol und die Pariser Anarchisten</p>
-<p style='display:block; margin-top:0; margin-bottom:1em; margin-left:2em; text-indent:0;'>Außenseiter der Gesellschaft. Die Verbrechen der Gegenwart. Band 8</p>
-
-<div style='display:block; margin-top:1em; margin-bottom:1em; margin-left:2em; text-indent:-2em'>Author: Arthur Holitscher</div>
-
-<div style='display:block; margin-top:1em; margin-bottom:1em; margin-left:2em; text-indent:-2em'>Editor: Rudolf Leonhard</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>Release Date: October 9, 2021 [eBook #66501]</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>Language: German</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>Character set encoding: UTF-8</div>
-
-<div style='display:block; margin-left:2em; text-indent:-2em'>Produced by: Jens Sadowski and the Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net. This book was produced from images made available by the HathiTrust Digital Library.</div>
-
-<div style='margin-top:2em; margin-bottom:4em'>*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK RAVACHOL UND DIE PARISER ANARCHISTEN ***</div>
-
-<div class="frontmatter chapter">
-<p class="halftitle">
-<span class="line1">AUSSENSEITER DER GESELLSCHAFT</span><br />
-<span class="line2">– DIE VERBRECHEN DER GEGENWART –</span>
-</p>
-
-<div class="centerpic logo1">
-<img src="images/logo1.jpg" alt="" /></div>
-
-</div>
-
-<div class="frontmatter chapter">
-<p class="ser">
-<span class="line1">AUSSENSEITER</span><br />
-<span class="line2">DER GESELLSCHAFT</span><br />
-<span class="line3">– DIE VERBRECHEN DER GEGENWART –</span>
-</p>
-
-<p class="ed">
-HERAUSGEGEBEN VON<br />
-RUDOLF LEONHARD
-</p>
-
-<p class="vol">
-BAND 8
-</p>
-
-<div class="centerpic logo2">
-<img src="images/logo2.jpg" alt="" /></div>
-
-<p class="pub">
-VERLAG DIE SCHMIEDE<br />
-BERLIN
-</p>
-
-</div>
-
-<div class="frontmatter chapter">
-<h1 class="title">
-RAVACHOL UND DIE<br />
-PARISER ANARCHISTEN
-</h1>
-
-<p class="aut">
-VON<br />
-ARTHUR HOLITSCHER
-</p>
-
-<div class="centerpic logo2">
-<img src="images/logo2.jpg" alt="" /></div>
-
-<p class="pub">
-VERLAG DIE SCHMIEDE<br />
-BERLIN
-</p>
-
-</div>
-
-<div class="frontmatter chapter">
-<p class="designer">
-EINBANDENTWURF<br />
-GEORG SALTER<br />
-BERLIN
-</p>
-
-<p class="cop">
-Copyright 1925 by Verlag Die Schmiede Berlin
-</p>
-
-</div>
-
-<div class="chapter">
-<a id="page-7" class="pagenum" title="7"></a>
-<p class="first">
-Der ewige Zwiespalt, der offenkundige unlösbare
-Widerspruch, der die Theoretiker
-einer revolutionären politischen Richtung von
-Jenen trennt, die diese Richtung in die direkte,
-persönlich unerbittliche Aktion umsetzen,
-kam wohl selten mit solcher Vehemenz
-zum Ausdruck wie gerade in der Periode „der
-anarchistischen Attentate“, von der hier die
-Rede sein wird.
-</p>
-
-</div>
-
-<p>
-Ich habe „anarchistisch“ gesagt, aber es
-ist nicht offenbar, es steht keineswegs unumstößlich
-fest, es ließe sich wohl darüber
-streiten, ob die Männer, die von 1891 bis 1894
-in Frankreich jene Attentate verübten, Anarchisten
-waren. Politische Aktionen ähnlicher
-Art, individuelle Aktionen, die nur
-scheinbar durch ein System zusammengehalten
-sind, grenzen in ihrem Wesen nahe an Verzweiflungstaten
-von Menschen, die aus ihrem
-rein persönlichen Erleben heraus und nur
-bedingt aus den Motiven einer, vom politischen
-Gesichtspunkt als notwendig erkannten
-Richtung handeln. Wenn Aktionen dieser
-Art sich im Laufe der Zeiten gleichen, so kann
-<a id="page-8" class="pagenum" title="8"></a>
-man doch aus der Geschichte den ewig wechselnden
-Namen der politischen Richtung verfolgen,
-die jeweils mit diesen Aktionen verknüpft,
-ihnen eine Art Rechtfertigung zu geben
-scheint. Die Taten der Nihilisten in Rußland,
-der Sozialisten in den Anfangsjahrzehnten
-der Arbeiter-Organisation, der Anarchisten
-in Frankreich, sie entsprangen alle
-der Not des aufgewühlten Zeitgewissens. Im
-Grunde waren sie Manifestationen des stetig
-gleichbleibenden, seit Urzeiten in die Menschenseele
-versenkten revolutionären Triebes:
-das <em>Unrecht</em> aus der Welt zu schaffen. Die
-Auflehnung des Individuums gegen den Staat,
-der Kampf gegen die Gesellschaft, die das
-mitgeborene Recht des Individuums schmälert
-und vernichtet.
-</p>
-
-<p>
-In seinem grundlegenden Werk „<em>Der Anarchismus</em>“
-gibt <em>Paul Eltzbacher</em> ein
-kurzes Résumé der theoretischen Grundlagen
-der anarchistischen Lehren und ich will hier
-einen Abschnitt zitieren, der für den, wenn
-auch losen Zusammenhang der anarchistischen
-Theorie mit den Taten der Anarchisten,
-über die hier berichtet werden soll, wesentlich
-und wissenswert ist:
-</p>
-
-<p>
-„Der Anarchismus,“ sagt Eltzbacher, „ist
-die rechtsphilosophische Verneinung des Staates,
-d. h. diejenige Art der rechtsphilosophischen
-Staatslehre, welche den Staat verneint.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-9" class="pagenum" title="9"></a>
-Eine anarchistische Lehre kann nicht vollständig
-sein, ohne anzugeben, auf was für
-einer Grundlage sie ruht, was für einen Zustand
-sie im Gegensatz zum Staate bejaht,
-und wie sie sich den Übergang zu diesem Zustande
-denkt. Eine Grundlage, eine bejahende
-Seite und eine Vorstellung von dem Übergang
-zu dem, was bejaht wird, sind notwendige Bestandteile
-jeder anarchistischen Lehre. Mit
-Beziehung auf diese Bestandteile lassen sich
-folgende <em>Arten des Anarchismus</em> unterscheiden.
-</p>
-
-<p>
-1. Der Grundlage nach: der <em>genetische
-Anarchismus</em>, welcher als höchstes Gesetz
-menschlichen Verhaltens nur ein <em>Naturgesetz</em>
-anerkennt und der <em>kritische Anarchismus</em>,
-welcher als höchstes Gesetz
-menschlichen Verhaltens eine Norm betrachtet;
-als Unterarten des kritischen Anarchismus
-der <em>idealistische Anarchismus</em>,
-dessen höchstes Gesetz eine Pflicht, und der
-<em>eudämonistische Anarchismus</em>, dessen
-höchstes Gesetz das Glück ist; und endlich
-als Unterarten des letzteren der <em>altruistische
-Anarchismus</em>, für den das Glück der
-Gesamtheit, und der <em>egoistische</em>, für den
-das Glück des Einzelnen höchstes Gesetz ist.
-</p>
-
-<p>
-2. Nach dem im Gegensatz zum Staat bejahten
-Zustande lassen sich unterscheiden:
-der <em>föderalistische Anarchismus</em>, welcher
-<a id="page-10" class="pagenum" title="10"></a>
-für unsere Zukunft ein geselliges Zusammenleben
-der Menschen nach der Rechtsnorm,
-daß Verträge erfüllt werden müssen,
-bejaht, und der <em>spontanistische Anarchismus</em>,
-welcher für unsere Zukunft ein
-geselliges Zusammenleben nach einem nichtrechtlichen
-Gesetz bejaht.
-</p>
-
-<p>
-3. Nach der Vorstellung von dem <em>Übergang
-zu dem bejahten Zustande</em> lassen
-sich unterscheiden:
-</p>
-
-<p>
-Der <em>reformistische Anarchismus</em>, welcher
-sich den Übergang vom Staat zu dem im
-Gegensatz zu ihm bejahten Zustand <em>ohne
-Rechtsbruch</em> denkt, und der <em>revolutionäre
-Anarchismus</em>, welcher sich diesen
-Übergang <em>als Rechtsbruch</em> denkt. Als Unterarten
-dieses revolutionären Anarchismus:
-der <em>renitente Anarchismus</em>, der sich den
-Rechtsbruch ohne Anwendung von Gewalt
-denkt, und der <em>insurgente Anarchismus</em>,
-der sich ihn unter Anwendung von Gewalt
-denkt.“
-</p>
-
-<p>
-Eltzbacher, der das Ergebnis seiner wissenschaftlichen
-Abhandlung besonders aus den
-Schriften von sieben der hervorragendsten
-Theoretiker der anarchistischen Lehre, nämlich
-<em>Godwin</em>, <em>Proudhon</em>, <em>Stirner</em>, <em>Bakunin</em>,
-<em>Kropotkin</em>, <em>Tucker</em> und <em>Tolstoj</em>
-schöpft, schreibt zu diesen letzteren Arten
-des Anarchismus, nämlich dem <em>renitenten</em>
-<a id="page-11" class="pagenum" title="11"></a>
-Anarchismus, der sich den Rechtsbruch ohne
-Anwendung von Gewalt denkt, die Namen:
-Tucker und Tolstoj, und zu dem <em>insurgenten</em>
-Anarchismus, der sich den Rechtsbruch
-<em>aktiv</em> und <em>unter Anwendung von Gewalt
-denkt</em>, die Namen Stirner, Bakunin,
-Kropotkin. –
-</p>
-
-<p>
-Unter diesen dreien war es besonders <em>Kropotkin</em>,
-der sich eine klare Vorstellung von
-der Anwendung der Gewalt, der Propaganda
-durch die Tat gemacht hat. Es ist dies nicht
-weiter zu verwundern, denn Kropotkin war
-es ja, neben Bakunin und Tolstoj, der die Gewalt
-der zaristischen Unterdrückung, der
-grausamen Bekämpfung der Freiheit des Individuums
-am tiefsten, am eigenen Leben,
-an der eigenen Seele, an der Freiheit des Körpers
-und des Gedankens erfahren hat.
-</p>
-
-<p>
-In seinem Buche: „<em>Worte eines Empörers</em>“
-gibt er eine klare Darstellung des Propagandisten
-der Tat, wie er auch über die
-Notwendigkeit einer solchen Propaganda,
-über das Verhältnis der Tat zur Idee, des
-Täters zur Allgemeinheit, des begrenzten Ereignisses
-zur Zukunft Wesentliches aussagt.
-Er betont, daß es Aufgabe derjenigen sei,
-die den Gang der Entwicklung vorhersehen,
-die Geister auf die bevorstehende Revolution
-vorzubereiten.
-</p>
-
-<p>
-„Die Anarchisten,“ sagt er weiter, „sind
-<a id="page-12" class="pagenum" title="12"></a>
-heute noch eine Minderheit, aber ihre Zahl
-wächst täglich, wird immer wachsen und am
-Vorabend der Revolution zur Mehrheit werden.
-Vor allem aber ist das Ziel der Revolution
-allgemein bekannt zu machen, damit die
-Massen von der Idee ergriffen werden. In
-Wort und Tat ist dieses Ziel zu verkünden,
-bis es durchaus volkstümlich wird, so daß
-es am Tage der Erhebung in aller Munde
-ist.“
-</p>
-
-<p>
-„Diese Aufgabe,“ sagt Kropotkin, „ist
-größer und wichtiger, als man im allgemeinen
-annimmt. Denn wenn das Ziel auch einigen
-wenigen deutlich vor Augen steht, so ist es
-doch ganz anders mit den fortwährend von
-der Bourgeoispresse bearbeiteten Massen.“
-</p>
-
-<p>
-„Der Geist der Empörung,“ sagt Kropotkin
-ferner, „muß geweckt werden. Es müssen
-das Unabhängigkeitsgefühl und die wilde
-Kühnheit erwachen, ohne die keine Revolution
-zustande kommt. Zwischen der friedlichen
-Erörterung von Übelständen und dem
-Aufruhr, der Empörung liegt ein Abgrund,
-derselbe Abgrund, der beim größten Teil der
-Menschheit die Überlegung von der Tat, den
-Gedanken vom Willen scheidet. Das Mittel,
-um diese beiden Wirkungen zu erzielen, ist:
-beständiges, unablässiges Handeln der Minderheiten,
-denn,“ so meint er: „Mut, Ergebenheit,
-Aufopferungsfähigkeit seien ebenso
-<a id="page-13" class="pagenum" title="13"></a>
-ansteckend wie Feigheit, Unterwürfigkeit
-und Angst.“
-</p>
-
-<p>
-(Wie sehr Kropotkin in diesen Äußerungen
-sich als reiner Theoretiker erweist, erhellt aus
-der Rolle, die er etwa ein Dritteljahrhundert
-nach der Veröffentlichung der „Worte“ gelegentlich
-der großen bolschewistischen Revolution
-Rußlands gespielt hat. Kropotkin
-hat, als Anarchist kommunistischer Observanz,
-in idealistischer Weise und der gegebenen
-Wirklichkeit fremd, den Bolschewismus
-als Mittel zur Herbeiführung der endlichen
-Freiheit verkannt. Er hat den „Mut, die Ergebenheit,
-die Aufopferungsfähigkeit“ der
-kleinen initiierenden Gruppe der Bolschewiki
-nicht in voller Weise zu würdigen verstanden.
-Wenn er sagt, daß diese Eigenschaften ebenso
-ansteckend seien wie Feigheit, Unterwürfigkeit
-und Angst, so hat er im Grunde das
-Wesen der bürgerlichen Seele auch nicht bis
-in seine Tiefen ergründet – denn er hätte
-sonst jene kleine Gruppe, die in der Tat Mut,
-Ergebenheit und Aufopferungsfähigkeit gegen
-eine Welt von Feigheit, Unterwürfigkeit und
-Angst repräsentierte, wirkungsvoller durch
-die Macht seiner Persönlichkeit unterstützen
-müssen, als er es in Wahrheit getan hat.)
-</p>
-
-<p>
-„Welche Formen soll die Propaganda annehmen?“
-fragt Kropotkin weiter. „Jede,
-die durch die Lage der Dinge, durch Gelegenheit
-<a id="page-14" class="pagenum" title="14"></a>
-und Neigung vorgezeichnet wird. Bald
-mag sie ernst, bald scherzhaft, aber immer
-muß sie kühn sein. Bald mag sie von einer
-Mehrheit, bald von einem Einzelnen ausgehen.
-Niemals darf sie ein Mittel unbenutzt,
-niemals eine Tatsache des öffentlichen Lebens
-unbeachtet lassen, um die Geister in Spannung
-zu erhalten, der Unzufriedenheit Nahrung
-und Ausdruck zu geben, den Haß gegen
-die Ausbeuter zu schüren, die Regierung
-lächerlich zu machen, ihre Ohnmacht darzutun.
-Vor allem aber muß sie, um die Kühnheit
-und den Geist der Empörung zu wecken,
-immerfort durch das Beispiel predigen.“
-</p>
-
-<p>
-Und weiter heißt es: „Männer von Herz,
-die nicht nur reden, sondern handeln wollen,
-reine Charaktere, die Gefängnis, Verbannung
-und Tod einem Leben vorziehen, das ihren
-Grundsätzen widerspricht, kühne Naturen,
-die wissen, daß man wagen muß, um zu gewinnen
-– das sind die verlorenen Posten, die
-den Kampf eröffnen, lange, bevor die Massen
-reif sind, offen die Fahne der Empörung zu
-erheben und mit den Waffen in der Hand das
-Recht zu suchen. Mitten in dem Klagen,
-Schwätzen, Erörtern erfolgt durch einen oder
-mehrere eine aufrührerische Tat, die die
-Sehnsucht Aller verkörpert.“
-</p>
-
-<p>
-Schließlich aber kommt Kropotkin auf die
-Wirkung und somit das praktische Ergebnis
-<a id="page-15" class="pagenum" title="15"></a>
-dieser Propaganda zu sprechen, indem er
-resumiert: „<em>Eine einzige Tat macht in
-wenigen Tagen mehr Propaganda als
-tausend Broschüren.</em> Eine Tat gebiert die
-andere; Gegner schließen sich dem Aufruhr
-an; die Regierung wird uneins, Härte verschärft
-den Streit; Zugeständnisse kommen
-zu spät: <em>Die Revolution bricht aus.</em>“
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-Die Spannweite zwischen den angeführten
-Theorien des Anarchismus und den Motiven
-der Propagandisten durch die Tat, wenn man
-die im Folgenden zu behandelnden Individuen
-so nennen darf, ist eine beträchtliche; auch
-die eingestandene Auffassung, die diese letzteren
-von ihrer anarchistischen Gesinnungspflicht
-öffentlich kundgegeben haben, entfernt
-sich von der eben zitierten Darstellung
-Kropotkins, in der wir das grundlegende Bekenntnis
-eines aktiven Revolutionärs zu
-sehen haben. Immerhin lassen sich bei den
-Geständnissen dieser Propagandisten, in der
-Motivierung ihrer Taten vor Gericht, Abstufungen
-wahrnehmen, welche mehr oder
-weniger deutlich ihre Stellung zu der Idee
-des Anarchismus kundgeben. Die geringere
-oder weitere Entfernung ihrer emotionellen
-Motivierung von jenem nüchternen und festen
-Gesetz der Notwendigkeit der Propagandaaktion,
-<a id="page-16" class="pagenum" title="16"></a>
-wie sie Kropotkin dargelegt hat, ist
-weniger an dem Temperament als an dem
-Bildungsgrade der Propagandisten zu messen.
-</p>
-
-<p>
-Es wäre verkehrt, die Menschen, von deren
-Taten ich berichten will, als Verbrecher anzusehen.
-Verbrecher darf sie nur jener nennen,
-der sich mit den Anschauungen der Gesellschaft,
-wie sie heute besteht, identifiziert.
-Wer aber auf dem Standpunkt beharrt, daß
-die Gesellschaft, in der wir leben, geändert
-werden muß, daß sie auf <em>revolutionäre</em>
-Weise aus ihren Fugen gebracht werden muß,
-weil eine evolutionäre die Widerstände stärkt,
-statt sie zu vermindern, wer eine freiere,
-glücklichere, utopistische Form der Gesellschaft
-in der Zukunft erkannt hat und vorbereiten
-will – wird die anarchistischen Propagandisten
-nicht als Verbrecher, sondern als
-Pioniere einschätzen müssen. Wenn auch
-ihre Taten zuweilen das Draufgängertum
-blindwütigen, rücksichtlosen Vernichtens von
-Leben und Eigentum erkennen lassen, so
-wurzeln diese Taten doch in einer anderen
-Sphäre. Folgt man dem Ursprung der Revolte
-dieser „Attentäter, Bombenwerfer, Mörder
-und Räuber“, dieser „Feinde der Menschheit“,
-– so findet man in der Ursache ihrer
-Empörung die Elemente der sozialen Ungerechtigkeit,
-der Unterdrückung, des Elends
-der Herkunft, ebenso der ursprünglichen
-<a id="page-17" class="pagenum" title="17"></a>
-Blutmischung, wie der sozialen Lebensbedingungen
-im Elternhaus, der Erziehung – –
-über all diesem aber den <em>Zug der Zeit</em>.
-</p>
-
-<p>
-Der soziale Unfriede manifestiert sich am
-deutlichsten und entscheidendsten in Charakteren,
-die nicht erst die langsame Disziplin
-der sozialistischen Parteiorganisation durchmachen
-können. Er manifestiert sich in explosiver
-Form. Seit den Attentaten 1891-94
-hat die revolutionäre Organisation der Massen
-ungeheure Fortschritte gemacht. Durch die
-Organisation aber ist augenscheinlich der revolutionäre
-Trieb in den Individuen zurückgedrängt
-worden, wenn nicht verkümmert.
-Organisation bedeutet: Abwälzung der Verantwortung
-des Einzelnen auf eine hinter
-ihm stehende, ihn schützende größere Masse,
-und in diesem Sinne fragt es sich, ob die Propaganda
-durch die Tat des Einzelnen heute
-noch stark genug sein könnte, die Organisation,
-d. h. die Massen in Bewegung zu setzen.
-Das Ergebnis besonders der deutschen Revolution,
-dieser Revolution eines überorganisierten
-Proletariats, antwortet auf diese
-Frage: Nein.
-</p>
-
-<p>
-Besonderen Aufschluß über Wesen und
-Wirkung der Propagandaaktion des Einzelnen
-gibt die Legende, die sich um Namen,
-Tat, das Leben eines solchen Einzelnen im
-Volke bildet. Die Tat des Individuums, das
-<a id="page-18" class="pagenum" title="18"></a>
-sich von der Gesamtheit ablöst, übt auf die
-Masse, in deren Interesse diese Tat getan
-worden ist, einen außerordentlichen Zauber,
-eine starke Suggestionskraft aus. Dies hat
-auch Kropotkin erkannt. Ob aber diese Suggestion,
-wie Kropotkin meint, eine <em>aktive
-Tat der Gesamtheit</em> hervorrufen kann,
-bleibt dahingestellt. Jedenfalls bemächtigt
-sich das Bedürfnis der Massen nach Romantik
-des Lebens des revolutionären Propagandisten
-und hüllt es in eine Glorie ein.
-</p>
-
-<p>
-Der Name <em>Ravachol</em>, der hier öfters erwähnt
-werden wird, ist auf diese Art, wie ein
-Symbol der Empörung, Sprichwort im französischen
-Volke geblieben.
-</p>
-
-<p>
-Dieser Name <em>Ravachol</em>, fremdartig, einprägsam
-und populär, deckt eine ganze
-Epoche des revolutionären Lebens Frankreichs.
-Man kann nach anderen Epochen
-Umschau halten, Epochen, in denen sich
-große Staatsaktionen, bedeutsame Erlebnisse
-des Volkes abgespielt haben, und wird finden,
-daß diese in ihrer Gesamtwirkung bedeutsamen
-Zeitläufte von keinem einzigen Namen
-gedeckt werden, wo die Epoche des insurgenten
-Anarchismus von 1891-94 in
-Paris durch den Namen <em>Ravachol</em> gedeckt
-ist.
-</p>
-
-<p>
-Neben diesem Namen büßen jene anderen
-aus derselben Epoche: Vaillant, Henry, Caserio
-<a id="page-19" class="pagenum" title="19"></a>
-einen wesentlichen Teil ihrer Bedeutung
-ein, obzwar sie für die Epoche von äußerster
-Bedeutung geblieben sind, obzwar sie sich
-sogar mit den Idealen des aktiven Anarchismus
-(jedenfalls in dem Fall Vaillant und
-Henry) inniger berühren als dies bei Ravachol
-der Fall ist. Dieser aber galt und gilt
-als der <em>Initiator</em>, als der Erwecker jener
-Epoche, als Der, dessen Tat den revolutionären
-Instinkt, den immer gärenden latenten
-Instinkt zur Menschheitsbefreiung in
-dem französischen Volke für eine Zeit entfesselt
-und aufgerichtet hat.
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-1891-94.
-</p>
-
-<p>
-Die Zeit der Attentate von Ravachol,
-Vaillant, Henry, Caserio. Die Zeit des Prozesses
-der Dreißig.
-</p>
-
-<p>
-Die Zeit des Panama-Skandals. Eine
-Epoche der politischen Korruption, der Hochkonjunktur
-des bürgerlichen rücksichtslosen
-Genußlebens, der stärksten Konzentration
-von Industrie- und Finanzkapital zur Ausbeutung
-der arbeitenden Massen.
-</p>
-
-<p>
-Es war die Zeit vor der Reinigung der Atmosphäre
-durch die Aktion für den Kapitän
-Dreyfus, die Zeit der Präsidentschaft Sadi-Carnots,
-die das Regime des alten Grévy abgelöst
-hatte.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-20" class="pagenum" title="20"></a>
-Jules Grévys Präsidentschaft, in deren
-Zeit die Beängstigung des republikanischen
-Frankreichs durch den General Boulanger
-fiel, versank im Sumpf des Wilson-Skandals.
-Kaum hatte die denkwürdige Schnäbele-Affäre
-an der elsässischen Grenze die Gefahr
-eines Krieges zwischen Frankreich und
-Deutschland für einen Augenblick aufleben
-lassen, da wurde das Interesse des Volkes
-durch eben jenen Skandal unter dem Namen
-Wilson auf den Zustand der bedrohten
-bürgerlichen Republik abgelenkt. Wilson,
-Schwiegersohn des Präsidenten Grévy, hatte
-für gutes Geld die Ehrenlegion an Leute verschachert,
-die alles, nur nicht die Ehre Frankreichs
-repräsentierten. Als nun diese übelriechenden
-Machenschaften aufgedeckt wurden,
-blieb Grévy, der von den Geschäften
-seines Schwiegersohnes keine Ahnung hatte,
-nichts übrig, als zu gehen. Er verließ seinen
-Posten ohne das Odium des geringsten persönlichen
-Makels.
-</p>
-
-<p>
-Sadi-Carnot, sein Nachfolger aber übernahm
-ein so ziemlich außer Rand und Band
-geratenes bürgerliches Gemeinwesen. Carnots
-Regierungsantritt war durch die Notwendigkeit,
-mit des Generals Boulanger Agitation
-aufzuräumen, belastet. Die Republik
-war durch den doppelten, sozusagen konzentrischen
-Angriff von orleanistischer Seite wie
-<a id="page-21" class="pagenum" title="21"></a>
-vonseiten ihrer eigenen bürgerlichen Korruption
-in schwerste Bedrängnis geraten.
-Wilsons Tat deckte ja nur einen Zipfel von
-dem ungeheuren Schmutz auf, in dem die
-Republik Frankreich zu versacken drohte.
-Sadi-Carnots Regierungsära hatte außer der
-Aufglättung des Ehrenlegionsskandals mit
-üblen Affären ähnlicher Art zu schaffen, die
-hervorragende Mitglieder des Pariser Magistrates
-durch ihre Geschäfte mit dem Crédit
-Foncier, in Verbindung mit dem Comptoir
-d’Escompte, kompromittierten. Zur gleichen
-Zeit explodierte überdies, wie ein Kloakenrohr,
-die Affäre des Panamakanals über dem
-öffentlichen Leben Frankreichs, und der
-Unflat, der sich auf solche Weise über das
-politische Leben des Landes ergoß, blieb auf
-der ganzen Regierungsepoche von Sadi-Carnot
-haften, die man mit diesem Skandal identifizierte.
-</p>
-
-<p>
-All diese Skandalaffären verbreiteten, wie
-erklärlich, große Erbitterung und Haß unter
-den arbeitenden Schichten der Bevölkerung,
-denen die Verrottung des Bürgertums, der sie
-ausbeutenden Klassen, der regierenden und
-der Finanz, offenbar geworden war.
-</p>
-
-<p>
-Eine Reihe von Streiks bezeichnet die beginnende
-Unruhe der arbeitenden Schichten
-Frankreichs jener Zeit. In den Industriebezirken
-war diese Unruhe natürlich am
-<a id="page-22" class="pagenum" title="22"></a>
-stärksten wahrzunehmen, doch schlug sie ihre
-Wellen nach Paris, der Metropole, die ja von
-jeher das Zentrum jeder Manifestation des
-französischen Volkswillens war, die den Pulsschlag
-der französischen Energie in allen Phasen
-der Geschichte vernehmbar aufgedeckt hat.
-</p>
-
-<p>
-Noch hatten die Streiks nicht das Stadium
-der akuten Revolte erreicht – da brachte ein Ereignis
-sozusagen den entscheidenden Schwung
-in die gesamte revolutionäre Bewegung.
-</p>
-
-<p>
-Im Mai 1890 wurde in dem kleinen Ort Le
-Raincy bei Paris eine Werkstatt entdeckt, in
-der Russen Explosivstoffe und Höllenmaschinen
-hergestellt hatten. Wenige Monate später
-wurde der russische General Seliwerstow,
-ehemaliger Polizei-Präfekt von St. Petersburg,
-auf den Boulevards durch einen Polen,
-namens Padlewski, getötet. Padlewski gelang
-es, mit Hilfe französischer revolutionärer
-Sozialisten, die Flucht zu ergreifen. Diese Tat
-lenkte die Aufmerksamkeit des Publikums
-und der Regierung auf die unzweifelhaft gärenden
-Elemente der französischen Arbeiterbevölkerung,
-die sich schon in den mannigfachen
-Streiks deutlicher werdend, an die
-Oberfläche gewagt hatten. Es kam der
-<em>1. Mai 1891</em>, und mit diesem Datum beginnt
-die Ära der anarchistischen Attentate, von
-der hier die Rede sein soll.
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-<a id="page-23" class="pagenum" title="23"></a>
-An diesem 1. Mai 1891 fanden an vielen
-Orten Manifestationen ernster Art, Zusammenstöße
-zwischen Arbeitern und der Polizei
-statt. In Lyon, Marseille, Nantes und
-Charleville kam es zu Konflikten, wobei gelegentlich
-die Truppen von der Polizei zu
-Hilfe gerufen worden waren. Die beiden bedeutungsvollsten
-und für die Entwicklung der
-Dinge wesentlichsten Ereignisse aber waren
-die von <em>Fourmies</em> und von <em>Clichy</em>. Man
-kann sagen, daß diese beiden Ereignisse, die
-von Fourmies und von Clichy, den revolutionären
-Trieb unter den radikalen Elementen
-der französischen Arbeiterschaft, vor allem
-unter den Propagandisten der Tat, entfesselt
-haben.
-</p>
-
-<p>
-<em>Fourmies</em> ist eine kleine Industriestadt
-in der Nähe von Avesnes im Departement
-Nord und bildet den Mittelpunkt eines großen
-Industriebezirkes, in dem hauptsächlich Glasbläsereien
-und Spinnereien sich befinden. Ein
-lokaler Streik, der in Fourmies um die Zeit
-der Maifeier ausbrach, drohte bald derartige
-Dimensionen anzunehmen, daß der Unterpräfekt
-der Kreisstadt Avesnes, Isaac, Infanterie
-zur Unterdrückung der Unruhen herbeizurufen
-für gut befand. Die Truppen wurden
-von einem Major Chapu befehligt, der, als aus
-der Menge Steine gegen die Soldaten geworfen
-wurden, den Befehl zum Feuern gab. Nach
-<a id="page-24" class="pagenum" title="24"></a>
-wenigen Augenblicken bedeckte eine Menge
-von Toten und Verletzten das Pflaster. Man
-zählte 40 Schwerverwundete; 2 Männer, 4
-Frauen und 3 Kinder waren getötet worden.
-</p>
-
-<p>
-Um die gleiche Stunde spielte sich in Clichy,
-der nördlichen Arbeitervorstadt von Paris, ein
-wesentlich harmloseres Ereignis ab, welches
-aber, da es den revolutionären Kern Paris berührte,
-vielleicht von erheblicheren Folgen
-begleitet war, als das Ereignis von Fourmies,
-das immerhin die Geister noch lange im
-Banne hielt.
-</p>
-
-<p>
-Eine kleine Gruppe von Anarchisten hatte
-in einem kleinen Café eine Versammlung abgehalten,
-bei welcher Gelegenheit die Korruption
-der bürgerlichen Republik in gehöriger
-Weise ihre Kritik abbekam. Nach Schluß
-der Versammlung begaben sich die Teilnehmer
-der Versammlung auf die Straße. Es
-war nicht das erste Mal, daß in den Straßen
-von Paris eine Gruppe von Menschen unter
-Vorantragung einer roten Fahne sich vorwärts
-bewegte, aber diesmal schien die Polizei
-strenge Weisung erhalten zu haben, jede
-Manifestation revolutionärer Art <a id="corr-0"></a>unnachsichtig
-zu unterdrücken. An einer Straßenkreuzung
-stürzten sich daher die Polizisten
-auf die Frau, die die Fahne trug, und auf die
-kleine Gruppe von Menschen, die hinter ihr
-her marschierte. Revolverschüsse fielen –
-<a id="page-25" class="pagenum" title="25"></a>
-von beiden Seiten – und das war das Neue
-an der ganzen Angelegenheit. Die Polizei verhaftete
-eine Anzahl von Menschen, brachte
-sie auf die Wache, wo die Gefangenen in übelster
-Weise zugerichtet wurden. Im französischen
-Volksmund heißt diese Prozedur:
-„passer à tabac“, und die Art und Weise, wie
-die Gefangenen bei dieser Gelegenheit „vertobakt“
-wurden, schien die Gemüter der unteren
-Schichten von Paris in besonders starkem
-Maße aufgebracht zu haben.
-</p>
-
-<p>
-Die Polizei behielt drei der Verhafteten, die
-vor das Gericht gestellt, in den nächsten
-Wochen abgeurteilt wurden. Während einer
-von den dreien straflos entlassen wurde, erhielten
-die beiden anderen ungewohnt harte
-Strafen, die tatsächlich in keinem Verhältnis
-zu dem Vergehen standen, dessen sie beschuldigt
-waren, namentlich: der Arbeiter <em>Decamp</em>
-5 Jahre Zwangsarbeit, der Arbeiter
-<em>Dardare</em> 3 Jahre Zwangsarbeit. Das Urteil
-der Jury fiel nach Wunsch des Staatsanwaltes
-aus, der für die Angeklagten die höchste
-zulässige Strafe verlangt hatte. Wenn die
-Jury auch mildernde Umstände in Anwendung
-gebracht sehen wollte, weigerte sich der
-Präsident des Gerichtshofes doch, diesem Begehren
-stattzugeben. Die beiden Arbeiter
-wanderten ins Zuchthaus, ihr Gedenken lebte
-in den Gemütern der Pariser Arbeiterschaft
-<a id="page-26" class="pagenum" title="26"></a>
-unter dem Stichwort der „<em>Märtyrer von
-Clichy</em>“ fort.
-</p>
-
-<p>
-Die öffentliche Meinung des rasch lebenden
-Paris hatte diese Märtyrer und ihre Leiden,
-wie das Schandurteil des Gerichtes, das sie
-zu diesem Leiden verurteilte, bald vergessen
-– aber die revolutionäre Arbeiterschaft hatte
-sie nicht vergessen. Immerhin verging ein
-halbes Jahr, ehe sie, und zwar auf eklatante
-Weise gerächt wurden.
-</p>
-
-<p>
-Im März 1892 erfolgten innerhalb weniger
-Tage drei Ereignisse, die mit dem Prozesse
-von Decamp und Dardare zusammenhingen,
-und die den sogenannten anarchistischen
-Terror von 1892-94 einleiteten.
-</p>
-
-<p>
-Am 11. März explodierte eine Bombe im
-Hause des Monsieur Benoit, Präsidenten des
-Gerichtshofes, der die beiden Arbeiter verurteilt
-hatte; am 15. richtete eine Explosion
-in der Lobau-Kaserne beträchtlichen Schaden
-an; am 27. März aber flog ein Teil des
-Hauses, in dem Monsieur Bulot, der Staatsanwalt,
-wohnte, in die Luft. Auf solche Weise
-rächte die Revolution sich an den Vertretern
-der Staatsgewalt für den 28. August 1891, an
-dem die Märtyrer von Clichy ihre ungerechte
-Strafe empfangen hatten.
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-<a id="page-27" class="pagenum" title="27"></a>
-Besonders die Explosion bei Monsieur Benoit,
-der in einem vornehmen Hause am Boulevard
-St. Germain wohnte, und jene andere
-Explosion, die in der Rue de Clichy das Haus
-des Staatsanwaltes Bulot arg beschädigte,
-zeigten dem aufschreckenden Volke von
-Paris, daß ein Wille, ein Plan hinter diesen
-Attentaten steckte. Das war es, was am
-meisten Schrecken unter der Bevölkerung, besonders
-dem Magistrat und den Personen der
-Regierung verbreitete. Man sah sich plötzlich
-einer ungekannten, ungreifbaren, augenscheinlich
-effektiven Macht gegenübergestellt,
-die durch eine <em>Idee</em> geleitet wurde, gleich
-jener, in deren Dienste man selber stand. Es
-war die Idee der <em>Gewalt</em>, Gericht gegen Gericht,
-Meinung gegen Meinung, Schicksal gegen
-Schicksal. Das <em>Volk</em> hatte gesprochen,
-das stumme, unterdrückte wurde in einer
-Folge von schrillen Aufschreien plötzlich laut.
-Und diese Schreie tönten mitten durch den
-Lärm des genießerischen Paris, durch die
-taumelnden Boulevards. Sie verkündeten
-<em>Revolution</em>.
-</p>
-
-<p>
-Man mußte sich vor der Revolution schützen.
-Wo aber sie fassen? Die drei Explosionen
-bedeuteten dem zynisch leichtlebigen,
-jede Beängstigung leichtfertig zum Nervenkitzel
-degradierenden Paris eine Warnung und
-ernste Beunruhigung.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-28" class="pagenum" title="28"></a>
-Rascher als man ahnte, entblößte sich die
-Wurzel des revolutionären Triebes. Kaum
-drei Tage nach dem letzten Attentat, dem der
-Staatsanwalt zum Opfer fallen sollte, wurde
-in einem Restaurant am Boulevard Magenta
-der Täter verhaftet. Und das kam so. –
-</p>
-
-<p>
-Der Kellner des Restaurants Véry, jenes
-Restaurants am Boulevard Magenta, bediente
-am 27. März einen Mann, der sich mit
-ihm in ein Gespräch eingelassen hatte. Der
-Mann frug den Kellner, ob er Soldat gewesen
-sei? Der Kellner antwortete „Nein“ und bemerkte,
-er freue sich darüber, dem Dienst entronnen
-zu sein, worauf der Gast ihm den Rat
-gab, fleißig anarchistische Zeitungen zu lesen
-und im Gespräch die Bemerkung fallen ließ,
-daß sich vor einigen Stunden in der Clichy-Straße
-eine neue Explosion ereignet hätte, die
-von größerer Wirkung als die neuliche am
-Boulevard St. Germain gewesen sei. Es seien
-diesmal zahlreiche Personen verwundet worden.
-– Kurze Zeit, nachdem der Gast gegangen
-war, brüllten die Zeitungsjungen die aufregenden
-Einzelheiten des neuerlichen Attentates
-über den Boulevard Magenta. Als der
-Gast drei Tage später wieder im Restaurant
-Véry erschien, schickte der Kellner insgeheim
-nach der Polizei. Die Polizei verhaftete den
-Gast des Restaurants Véry: es war Ravachol.
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-<a id="page-29" class="pagenum" title="29"></a>
-Wer aber war <em>Ravachol</em>? Der Prozeß
-vor den Assisen, der sich kaum einen Monat
-nach der Verhaftung Ravachols in Paris abspielte,
-setzte eine der merkwürdigsten Gestalten
-des revolutionären Frankreichs ins
-volle Licht der Öffentlichkeit.
-</p>
-
-<p>
-Ravachol war zur Zeit seiner Verhaftung
-32 Jahre alt; ein kleiner untersetzter Mann
-von enormen physischen Kräften, dabei von
-einer gewissen Sentimentalität beherrscht, die
-sich in seinem Verhältnis zu der Frau, mit der
-er zusammenlebte, wie auch in seinen Anschauungen
-über die Pflicht, die der Einzelne
-seinen leidenden Mitmenschen, besonders
-wehrlosen Frauen und hungrigen Kindern
-gegenüber hat, manifestierte. Gleichzeitig mit
-einer aufs höchste entwickelten Zielbewußtheit
-und Energie in bezug auf die Aktion, die
-unternommen werden mußte, um das Unrecht,
-das die Gesellschaft an dem leidenden
-Mitmenschen verübte, aus der Welt zu schaffen.
-</p>
-
-<p>
-Ravachol war das eheliche Kind seines
-Vaters. Sein richtiger Name war Franz August
-Königstein, aber Ravachol hatte den Namen
-seiner Mutter angenommen, weil er es
-ablehnte, in Frankreich als ein Deutscher
-herumzulaufen. Seine Kindheit und <a id="corr-1"></a>frühen
-Mannesjahre spielten sich im Geburtsort der
-Mutter, dem Städtchen St. Chamond ab, in
-<a id="page-30" class="pagenum" title="30"></a>
-dem sich verschiedene Fabriken befinden,
-Stahlwerke, Glasbläsereien, Seiden- und Bänderwirkereien,
-wie überhaupt dieses ganze
-Gebiet der oberen Loire einen der werktätigsten
-Industriebezirke Frankreichs bildet.
-</p>
-
-<p>
-Ravachol, der nicht schwerer als die gesamte
-andere Bevölkerung unter der Ausbeutung
-der Arbeiter dieser Gegend litt, betätigte
-sich Jahre lang in verschiedenen Fabriken,
-zuletzt als Färber, wobei er sich
-wahrscheinlich einige grundlegende Kenntnisse
-in der Chemie anzueignen verstand.
-(Diese Kenntnisse hat er später bei der Vorbereitung
-seiner Attentate gehörig zu verwerten
-gewußt.) Bald bekam er das Elendsdasein,
-das die Genossen in den Fabriken allzu
-willig ertrugen, satt. Seinem phantastischen
-und ungezügelten Temperament entsprach
-weder die harte Fron, die aussichtslose
-stupide Folge der täglichen eintönigen
-Arbeitslast, noch das langsame unabsehbare
-Spiel der Reformen, zu denen die Organisationen
-die Arbeiterschaft zu drillen unternommen
-hatten. Natürlich war seines Bleibens,
-da er seinem Temperament die Zügel
-schießen ließ, in den Fabriken der Gegend
-nicht lange.
-</p>
-
-<p>
-Nach einem kleinen mißglückten Versuch,
-das schöne Silbergeld Frankreichs durch eigene
-Stanzapparate herzustellen, unternahm
-<a id="page-31" class="pagenum" title="31"></a>
-Ravachol seinen ersten Mord. Er verübte ihn
-an einem alten alleinstehenden Edelmann,
-namens Rivollier, der mit seiner bejahrten
-Dienerin am Ende eines Dorfes in der Nähe
-von St. Chamond hauste. Die Ausbeute an
-Geld scheint bei dieser Tat nur eine geringe
-gewesen zu sein. Nach der Tat kehrte er an
-seinen Wohnort zurück, wo er fünf weitere
-Jahre lebte, ehe er seine zweite Unternehmung
-vollbrachte.
-</p>
-
-<p>
-Diese war von weitaus geringerer krimineller
-Bedeutung als die erste. Eine der vornehmsten
-aristokratischen Familien der Umgebung,
-die Familie der Grafen von Rochetaillée
-hatte eine Angehörige verloren: eine
-alte Dame, von der die Sage ging, sie habe in
-ihrem letzten Willen den Wunsch geäußert,
-mitsamt ihrem wertvollen Schmuck begraben
-zu werden. Einige Wochen nach dem Begräbnis
-der alten Dame wurde das Gewölbe
-des Erbmausoleums erbrochen gefunden, die
-Platten von dem Grabe waren mit ungeheuerlicher
-Kraft beiseite geschoben, ein kleines
-Holzkreuz und eine geweihte Medaille lagen
-auf dem Boden neben dem Sarkophag, in dem
-die alte Dame ruhte – die, wie man bei dieser
-Gelegenheit erfuhr, als einzigen Schmuck
-eben nur diese beiden kümmerlichen Stücke
-mit ins Grab bekommen hatte. Dies war
-Ravachols zweite Tat.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-32" class="pagenum" title="32"></a>
-Die dritte, die er wenige Wochen später,
-und zwar Mitte Juni 1891 ebenfalls in der
-Nähe seines Wohnortes verübte, war der
-Mord an dem „Eremiten“. Der alte Brunel,
-von der Bevölkerung der Eremit genannt,
-lebte vom Beten, Prophezeien und von der
-Weiterleitung der Wünsche der Landbevölkerung
-an den lieben Gott. Er bekam für
-diese Betätigung von den abergläubischen
-Bauern und Bäuerinnen Lebensmittel, abgelegte
-Kleider und Geld. Ravachol dürfte,
-als er den Alten in seiner Hütte erwürgte, in
-allen möglichen Behältern, Pfannen, Matratzen,
-in allen Winkeln und Verstecken
-etwa 5000 Franken erbeutet haben. Dieser
-Schatz bestand aus Gold-, Silber- und Kupfermünzen.
-Die Kupfermünzen ließ Ravachol
-liegen, den Rest schleppte er mit, wurde aber
-von der Gendarmerie nach kurzer Zeit verhaftet
-und konnte diesmal nur durch einen
-glücklichen Zufall entwischen.
-</p>
-
-<p>
-Einige Monate später sehen wir Ravachol
-mitsamt seinem Freunde und einer Freundin,
-bei denen er einige Zeit lang Unterkunft gefunden
-hatte, seinen Weg nach Paris nehmen,
-und zwar nach St. Denis, einem nördlichen
-Vorort, der seit langem, auch heute noch als
-Brennpunkt der revolutionären Arbeiterbewegung
-bekannt ist.
-</p>
-
-<p>
-Ravachol, der in St. Denis unter dem Namen
-<a id="page-33" class="pagenum" title="33"></a>
-Louis Léger lebte, trat bald nach seiner
-Ankunft mitsamt seinem Freund Jus-Béala
-einer Gruppe aktiver Anarchisten bei, die die
-antimilitaristische Propaganda zur hauptsächlichsten
-Aufgabe ihrer Aktivität gemacht
-hatte. Die Gedanken dieser Gruppe faßten
-bald starke Wurzeln in Ravachols Hirn und
-Herz, und da ihn ein Zufall binnen kurzem in
-den Besitz einer großen Menge von Dynamit-Patronen
-brachte, unternahm er es, die Märtyrer
-von Clichy auf eigene Faust zu rächen.
-Es war gerade die Zeit, in der das Gedächtnis
-von Decamp und Dardare den revolutionären
-Flügel der Pariser Arbeiterschaft besonders
-heftig irritierte. Mit einigen Genossen, unter
-denen sich auch der spätere Judas der Gruppe
-befand, gelang es Ravachol, jenen Diebstahl
-von Dynamit-Patronen bei einem Erdbauunternehmer
-namens Couézy, in Soisy-sous-Étiolles
-bei Paris durchzuführen. Nach einer
-Version sollen es bloß 120 Patronen gewesen
-sein, eine andere Version aber spricht von
-400. Jedenfalls erregte der Diebstahl bald
-die Aufmerksamkeit der Polizei, die mit voller
-Energie in allen möglichen Quartieren, wo
-Anarchisten wohnten oder vermutet wurden,
-rund um Paris Haussuchungen veranstaltete.
-Ravachol indes war mitsamt seiner Beute
-bereits nach einem anderen Vorort von Paris
-übersiedelt, dem Ort St. Mandé im Osten der
-<a id="page-34" class="pagenum" title="34"></a>
-Stadt. Sein Plan stand fest: er war berufen,
-das Leiden der ungerecht und allzu hart Verurteilten
-Decamp und Dardare an den beiden
-Personen heimzusuchen, die als Exekutivbeamte
-des Staates die größte Schuld zu
-tragen schienen. So kamen die Explosionen
-bei Benoit und Bulot zustande.
-</p>
-
-<p>
-Die zweite in der Reihe der Explosionen,
-nämlich die in der Lobau-Kaserne war, wie
-man später erfuhr, das Werk des Anarchisten
-<em>Meunier</em>, desselben, der am Vorabend des
-Prozesses gegen Ravachol eine Bombe in dem
-Restaurant Véry am Boulevard von Magenta
-niederlegte, in dem Ravachol verhaftet
-worden war. (Dieses Attentat, das Meunier
-zusammen mit einem jungen Genossen namens
-Francis unternommen hatte, verursachte den
-Tod des Wirtes Véry und eines zufälligen
-Besuchers. Es erregte in Paris ungeheuren
-Schrecken und Entsetzen, weil man in ihm,
-mit Recht, die systematische Fortsetzung
-der durch Ravachol begonnenen Aktionen erblickte.)
-</p>
-
-<p>
-Meunier wurde erst zwei Jahre später entdeckt,
-verhaftet und zu lebenslänglicher
-Zwangsarbeit deportiert. –
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-Am 26. April 1892 begann der erste Prozeß
-gegen Ravachol vor dem Schwurgericht in
-<a id="page-35" class="pagenum" title="35"></a>
-Paris; der zweite und letzte Prozeß gegen
-Ravachol aber fand zwei Monate später vor
-dem Schwurgericht in Montbrison statt.
-</p>
-
-<p>
-Die Zweiteilung der Anklage hatte außer
-formal juristischen Gründen auch noch andere,
-die angesichts der gefährdeten Lage der
-Pariser Bevölkerung als motiviert angesehen
-werden konnten. Während nämlich in Paris
-nur die Dynamit-Anschläge verhandelt wurden,
-jene beiden letzten Taten Ravachols,
-die ja eigentlich keinen Verlust von Menschenleben
-verursacht hatten und daher auch keine
-ausdrückliche Veranlassung zu Todesstrafen
-werden mußten, wurde in Montbrison Ravachol
-zweier vollendeten Morddelikte sowie
-des Leichenraubes an der Gräfin angeklagt,
-und hier war es schon weitaus plausibler, ein
-Todesurteil zu fällen.
-</p>
-
-<p>
-In Paris, wo als Zeugen gerade jene beiden
-hohen Justizbeamten, gegen die Ravachols
-Attentate gerichtet waren, vorgeladen wurden,
-lag die Gefahr nahe, daß sich bei einem
-Todesurteil der Zündstoff des revolutionären
-Hasses wieder kumulieren und zu einer Entladung
-drängen könnte. Ein Todesurteil in
-Montbrison aber konnte sozusagen diesen
-Haß und diese Gefahr von Paris geographisch
-ablenken. Man hat den Pariser Assisen, als
-sie Ravachol zu lebenslänglichem Zuchthaus
-verurteilten, Feigheit vorgeworfen, aber Erstaunen
-<a id="page-36" class="pagenum" title="36"></a>
-mischte sich mit Beruhigung. Ravachol
-nicht zum Tode verurteilt? Die Rachegier
-des erschütterten Bürgertums überwog
-diesmal nicht die Erleichterung, die man empfand;
-so sehr war die öffentliche Meinung
-durch die Tat Ravachols und Meuniers eingeschüchtert.
-Zudem wußte man ja, und es
-war rechtzeitig verkündet worden, daß in
-Montbrison die Morde Ravachols mit dem
-Todesurteil gesühnt werden sollten. Dieses
-Todesurteil hat dann, wie wir sehen werden,
-auch wieder eine Reihe von Dynamit-Anschlägen
-nach sich gezogen. Sie waren über
-Frankreich, die Provinz, ja das Ausland verstreut;
-Paris selber blieb einstweilen von den
-Aktionen der Anarchisten verschont.
-</p>
-
-<p>
-Während vor dem Pariser Schwurgericht
-eine Reihe von Angeklagten auf der Bank
-neben Ravachol Platz genommen hatte, Jus-Béala,
-der Freund, Mariette Soubert, seine
-Geliebte, der Judas Chaumentin und ein
-Pariser Lausbub, <em>Simon</em>, genannt <em>Biscuit</em>,
-waren in Montbrison nur Jus-Béala und Mariette
-mitangeklagt – diese beiden übrigens,
-in Paris wie in Montbrison, freigesprochen.
-</p>
-
-<p>
-In Paris verteidigte sich Ravachol mit
-Festigkeit und nicht ohne Würde. Er sagte:
-Ich habe meine Taten aus folgenden Gründen
-verübt. Herr Benoit hat Decamp und die anderen
-zu den höchsten, zulässigen Strafen verurteilt,
-<a id="page-37" class="pagenum" title="37"></a>
-während die Jury die geringsten vorgeschlagen
-hatte. Die Polizei hat die Verhafteten
-von Clichy auf schmählichste Weise
-mißhandelt. All dies war unerträglich. Ich
-habe meine Taten begangen, um die verantwortlichen
-Lenker, die Staatsjustiz zu belehren,
-daß ihrer Härte <em>unsere</em> Härte gegenübersteht.
-Wohl sind die unschuldigen Opfer
-meiner Taten zu beklagen, und ich bin der
-erste, der sie beklagt, denn mein Leben war
-voll von Bitternis; ich bedauere auch, daß
-hier auf der Bank neben mir Menschen als
-Angeklagte sitzen, deren Vergehen nur darin
-bestand, daß sie mich gekannt haben! Ich
-habe im Namen der Anarchie gehandelt, die
-eines Tages die große Familie der Menschheit
-bedeuten wird, und in jener Zeit wird es keine
-Hungernden mehr geben. Die Schreckensakte,
-die ich begangen habe, sollten ein Signal
-für das Bürgertum sein: <em>daß wir leben</em>, und
-daß man uns erkennen solle als das, was wir
-sind: die einzigen Verteidiger der Unterdrückten.
-</p>
-
-<p>
-Auf die Frage nach den Dynamit-Patronen,
-die aus seiner Behausung verschwunden waren,
-verweigerte Ravachol die Antwort.
-</p>
-
-<p>
-<em>Simon</em> der Zwieback dagegen stellte seinen
-Standpunkt mit aller Lebhaftigkeit und unbekümmerten
-Unverschämtheit des vorlauten
-Gamins dar, wie ihn die Vorstadt jeder
-<a id="page-38" class="pagenum" title="38"></a>
-großen Metropole kennt. Er wurde gleichzeitig
-mit Ravachol zu lebenslänglichem
-Zuchthaus verurteilt und beendete sein junges
-Leben einige Jahre später gelegentlich einer
-Revolte in der Strafkolonie. –
-</p>
-
-<p>
-Die beiden Monate zwischen dem Pariser
-Rechtsverfahren und dem vor den Assisen in
-Montbrison verbrachte Ravachol in einer Art
-Käfig, immerfort von Wächtern umschlichen
-und beobachtet, körperlich mürbe gemacht,
-doch in ungebrochener geistiger Energie. Das
-Todesurteil löste in ihm nur den Hochruf auf
-die Anarchie aus, keine Schwäche. Er wies
-es zurück, die Nichtigkeitsbeschwerde an die
-weltliche Behörde einzureichen, wie er einige
-Wochen später, am 10. Juli, im Hofe vor der
-Guillotine die „Segnungen der Kirche“, das
-heißt den Appell an die göttliche Gnade zurückwies
-– das Kruzifix, das ihm der Anstaltsgeistliche
-vorhielt, war ihm mehr Sinnbild
-des gekreuzigten Proletariats als Symbol
-der irdischen Gerechtigkeit. Es wird berichtet,
-daß Ravachol einen populären Gassenhauer
-sang, während er durch den Gefängnishof
-zum Blutgerüst schritt. Die Strophe
-lautet:
-</p>
-
-<div lang="fr">
- <div class="poem-container">
- <div class="poem">
- <div class="stanza">
- <p class="verse">„Pour être heureux, nom de Dieu,</p>
- <p class="verse">Il faut tuer les propriétaires,</p>
- <p class="verse">Pour être heureux, nom de Dieu,</p>
- <p class="verse">Il faut couper les curés en deux,</p>
-<a id="page-39" class="pagenum" title="39"></a>
- <p class="verse">Pour être heureux, nom de Dieu,</p>
- <p class="verse">Il faut mettre le bon Dieu dans la merde!“</p>
- </div>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<p>
-Schon während des Prozesses, der Ravachol
-vor die Pariser Assisen stellte, hatte sich die
-Legende um seinen absonderlich revolutionär
-klingenden Namen gewoben. Die beflügelte,
-rhythmische Phantasie des Volkes von
-Paris bemächtigte sich der Taten und der Gestalt
-des Rächers der Armen. Nach der Melodie
-der „Carmagnole“ entstand um diese
-Zeit ein Lied zur Verherrlichung Ravachols.
-„La Ravachole“. Die erste Strophe lautet:
-</p>
-
-<div lang="fr">
- <div class="poem-container">
- <div class="poem">
- <div class="stanza">
- <p class="verse">„Dans la grande ville de Paris,</p>
- <p class="verse">Y a des bourgeois bien nourris;</p>
- <p class="verse">Y a aussi des miséreux,</p>
- <p class="verse">Qui ont le ventre bien creux.</p>
- <p class="verse">Ceux-là ont les dents longues –</p>
- <p class="verse">Vive le son, vive le son,</p>
- <p class="verse">Ceux-là ont les dents longues,</p>
- <p class="verse">Vive le son de l’explosion!“</p>
- </div>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<p>
-CHORUS:
-</p>
-
-<div lang="fr">
- <div class="poem-container">
- <div class="poem">
- <div class="stanza">
- <p class="verse">„Dansons la Ravachole,</p>
- <p class="verse">Vive le son, vive le son,</p>
- <p class="verse">Dansons la Ravachole,</p>
- <p class="verse">Vive le son d’ l’explosion!</p>
- <p class="verse">Ah, ça ira, ça ira, ça ira,</p>
- <p class="verse">Tous les bourgeois gout’ront de la bombe!</p>
- <p class="verse">Ah, ça ira, ça ira, ça ira,</p>
- <p class="verse">Tous les bourgeois, on les sautera!“</p>
- </div>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<p>
-<a id="page-40" class="pagenum" title="40"></a>
-Außerdem entstand in diesen Tagen das lebhaft
-stampfende, an den Tanz um die Guillotine
-der Großen Revolution gemahnende
-„Dynamit-Lied“:
-</p>
-
-<div lang="fr">
- <div class="poem-container">
- <div class="poem">
- <div class="stanza">
- <p class="verse">„Danse, dynamite,</p>
- <p class="verse">Danse, danse vite,</p>
- <p class="verse">Dansons, chantons:</p>
- <p class="verse">Dynamitons, dynamitons!“</p>
- </div>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<p>
-Nach Ravachols Verhaftung, während seiner
-Prozesse, nach seinem Tode erfolgte eine
-Reihe von Dynamit-Explosionen, und zwar
-waren es die hauptsächlichsten Konzentrationspunkte
-Frankreichs und des Auslandes,
-in denen Gruppen sympathisierender Revolutionäre
-existierten, die von solchen Explosionen
-betroffen wurden.
-</p>
-
-<p>
-Indes, es hatte den Anschein, als wollte
-die Welle der anarchistischen Aktivität abebben,
-bis an einem Dezembertage des folgenden
-Jahres, 1893, ein neues bedeutungsvolles
-Attentat die Welt über die weitergehende
-Gärung des revolutionären Frankreichs belehrte.
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-Diesmal wies der geheimnisvolle Finger der
-Volksjustiz auf einen Herd der Unterdrückung,
-den Krebsschaden des Klassenstaates, auf
-das Exekutivorgan des Willens der Minderheit
-gegen die großen Massen des Volkes: das
-Parlament.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-41" class="pagenum" title="41"></a>
-Am 9. Dezember 1893 warf <em>August
-Vaillant</em> von der Galerie der Pariser Kammer,
-des Palais Bourbon, eine Bombe in den
-Saal, in dem das Ministerium Casimir-Périer
-und sämtliche Abgeordnete unter dem Vorsitz
-von Dupuy ihre Nachmittagssitzung abhielten.
-</p>
-
-<p>
-Die Vorgeschichte dieses Attentates ist in
-kurzem folgende:
-</p>
-
-<p>
-Unmittelbar nach dem Dynamit-Diebstahl
-in dem Pariser Vorort Soisy-sous-Étiolles
-hatte die Regierung, deren Oberhaupt Emile
-Loubet, nachmaliger Präsident der Republik
-war, der Kammer eine Gesetzesvorlage überwiesen,
-kraft der jeder, der bei der Verübung
-eines Dynamit-Attentates gleich jenem in der
-Lobau-Kaserne betroffen würde, die Todesstrafe
-erleiden sollte. Wie wir gesehen haben,
-war diese Gesetzesvorlage nicht imstande, die
-knapp darauf folgenden Dynamitanschläge
-zu verhüten. Gegen Ende 1892 trat das Kabinett
-Loubet zurück. Ihm folgte ein kurzlebiges
-unter der Führung Ribots, das schon
-im März 1893 das Zeitliche segnete.
-</p>
-
-<p>
-Ribots Nachfolger war Charles Dupuy, konservativer
-Republikaner von ausgesprochen
-reaktionärer Färbung, ein in den Kreisen der
-Arbeiterschaft verrufener Mann, verhaßt vor
-allem wegen eines durch nichts motivierten
-Vorgehens gegen die Arbeits-Börse und verschiedene
-Gewerkschaftssyndikate im Lande.
-<a id="page-42" class="pagenum" title="42"></a>
-(Dupuys Vorgehen wurde immerhin Ursache
-einer starken Vermehrung der radikalen republikanischen
-und sozialistischen Parteien
-gelegentlich der Wahlen im August-September
-1893.)
-</p>
-
-<p>
-Die Zusammensetzung der Kammer hatte
-diesmal den Rücktritt verschiedener Minister
-aus dem Kabinett Dupuy zur Folge. Das
-Kabinett selbst ging in die Brüche und der
-1. Dezember 1893 sah den Aufstieg eines Ministeriums
-Casimir-Périer, das sich aber in
-der Hauptsache infolge des Trägheits-Gesetzes
-der Politik immer noch aus gemäßigten,
-ja konservativen Elementen zusammensetzte.
-Dupuy und Casimir-Périer tauschten nun
-ihre Plätze. Der letztere überließ den Stuhl
-des Kammerpräsidenten dem ersteren, so daß
-in jener denkwürdigen Sitzung vom 9. Dezember
-Dupuy im Präsidentschaftssessel der
-Kammer saß, während auf dem Ministerpräsidenten-Fauteuil
-Casimir-Périer seinen Platz
-eingenommen hatte. –
-</p>
-
-<p>
-Vaillants Bombe war vor allem diesen beiden
-Männern zugedacht. Durch einen Zufall
-explodierte sie aber nicht in dem Raum zwischen
-Dupuy und der Ministerreihe, sondern
-an einem Seitenpfeiler des Balkons, so daß
-mehr Besucher der Galerie von den umherfliegenden
-Nägeln, Eisenstücken und sonstigen
-Projektilen verletzt wurden als Mitglieder
-<a id="page-43" class="pagenum" title="43"></a>
-der Kammer. Im Augenblick, nachdem der
-Effekt der Detonation und des Schreckens
-überwunden war, sprach Dupuy, der reglos
-auf dem Präsidentensessel verharrt war, die
-legendär und historisch gewordenen Worte:
-„Die Sitzung nimmt ihren Fortgang.“
-</p>
-
-<p>
-Wer war dieser <em>Vaillant</em>, der den Faden
-zerschnitt, an dem die Damokles-Bombe des
-Volkswillens über dem Haupt der Deputierten
-und Minister Frankreichs hing?
-</p>
-
-<p>
-<em>Vaillant</em>, ein uneheliches Kind, hatte das
-elende Leben des gesellschaftlichen Parias
-bis zur Neige gekostet. Mit 14 Jahren auf sich
-selber angewiesen, trieb ihn die Not des Lebens
-von einer Arbeitsstätte zur anderen.
-Auf seinen regellosen Wanderungen kam er
-nach Algier, dann sogar bis Argentinien, wo
-er Land aufnahm, ohne sich als Farmer irgendwie
-bewähren zu können. In Buenos-Aires
-erschien zu dieser Zeit das Anarchistenblatt
-„La Liberté“, wie um 1893/94 Zentral- und
-Südamerika überhaupt ein Mittelpunkt der
-anarchistischen Weltagitation genannt werden
-konnte. Ruhelos wanderte Vaillant von
-Kontinent zu Kontinent. Ohne einen Pfennig
-kehrte er nach Frankreich zurück, mit
-ihm seine kleine Tochter Sidonie, die ihm sein
-frühverstorbenes Weib hinterlassen hatte.
-Nach schwierigem Kampf, vom Mißgeschick
-mehr als notwendig verfolgt, gelang es Vaillant
-<a id="page-44" class="pagenum" title="44"></a>
-endlich in Paris einen elenden Posten
-in einem kleinen Laden zu ergattern. Von
-seinem Monatsgehalt, ganzen 80 Franken,
-mußte er sich und sein Kind erhalten. Es
-wird berichtet, daß er bei seinen Arbeitgebern
-und im Kreise seiner Genossen als der arbeitswilligste,
-dabei nüchternste, rechtschaffenste,
-bescheidenste Mensch bekannt gewesen sei,
-ein Mann von träumerischer und zarter Veranlagung.
-Auch in ihm hatte die Idee des
-Anarchismus Fuß gefaßt, – nicht mit der
-Gewaltsamkeit, wie sie das in der wilden,
-muskulösen Robustheit Ravachols getan
-hatte, all sein Sinnen konzentrierte sich vielmehr
-in einer verzweifelten Auflehnung gegen
-das Unrecht, das den Armen, den Schwachen,
-den Zarten, den Hilflosen in dieser Welt der
-schamlosen Ungerechtigkeit geschieht.
-</p>
-
-<p>
-Casimir-Périer, ein Mann von als außerordentlich
-anerkannten Fähigkeiten brachte
-es zuwege, mit seinen politischen Funktionen
-den Besitz eines der größten Grubengebiete
-von Frankreich zu vereinen. Dieses Gebiet
-von Anzin, dessen Direktor er war, ehe er
-die politische Karriere einschlug, war einer
-der berüchtigtsten Schauplätze des ewigen
-erbitterten Kampfes zwischen den Besitzern
-und den Arbeitern, zwischen Kapital und
-Ausgebeuteten. Und Casimir-Périer, dem man
-geheime Beziehungen zu den Royalisten und
-<a id="page-45" class="pagenum" title="45"></a>
-den Klerikalen, also zur ausgesprochenen
-Reaktion in Frankreich nachsagte, figurierte
-in den sozialistischen und anarchistischen
-Zeitungen der Epoche unter dem giftigen
-Spitznamen des „Mannes mit den 40 Millionen“
-des „Blutsaugers von Anzin“.
-</p>
-
-<p>
-Casimir-Périer war es auch, der mit voller
-Energie zwei Tage nach dem Attentat von
-Vaillant das unerbittliche Anarchistengesetz
-der Kammer vorlegte und durchsetzte, laut
-welchem anarchistische Attentate als gemeine
-Verbrechen betrachtet, anarchistische Zeitungen
-rücksichtslos unterdrückt und die
-Pariser Polizei in effektiver Weise vermehrt
-werden sollte. Zu gleicher Zeit verfügte ein
-Erlaß die Verhaftung einer Reihe bekannter
-und berühmter Theoretiker der radikalen
-sozialistischen und anarchistischen Richtung,
-Haussuchungen, Briefkontrollen, von der
-nach den Registern jener Zeit eine Reihe
-außerordentlicher Menschen betroffen wurde,
-unter anderem: Jean Grave, Sébastian Faure,
-Elisée Reclus, Paul und Elias Reclus, Louis
-Delorme, Louise Michel, die in London unter
-dem Namen Louise Fauvelle lebte, dann
-Josef Pauwels, der später die Bombe in
-die Madeleine schleuderte, Ortiz, der später
-im „Prozeß der Dreißig“ figurierte, Matha,
-der große Theoretiker des Anarchismus Karl
-Malato, Errico Malatesta, und auch der große
-<a id="page-46" class="pagenum" title="46"></a>
-ehrwürdige Fürst Kropotkin, der damals bei
-London seinen Wohnsitz hatte.
-</p>
-
-<p>
-Diese Liste, aus einer wesentlich größeren
-exzerpiert, zeigt so ziemlich alle Namen auf,
-die um diese Zeit in der theoretischen wie der
-praktischen Übung der anarchistischen Idee
-sich hervortaten. Am Neujahrstage 1894
-wurden von den 100 mit Verhaftung bedrohten
-Personen 64 eingeliefert, unter ihnen
-Elias und Paul Reclus, Mitglieder jener wunderbaren
-und denkwürdigen Familie von Gelehrten
-und enthusiastischen Vorkämpfern
-der Menschenbefreiung, der wahren Geistes-
-und Seelenaristokratie der Welt, und schon
-10 Tage nach dem Neujahrstage begann der
-Prozeß gegen Vaillant vor den Assisen von
-Paris.
-</p>
-
-<p>
-Der Prozeß war, in der überstürzten Art,
-wie sein Termin angesetzt worden war, und
-auch durch den ganzen Verlauf des summarischen
-Verfahrens gegen den Angeklagten,
-eine offenkundige, empörende Infamie. Der
-Protest des ursprünglich für die Verteidigung
-eingesetzten, ausgezeichneten Advokaten Ajalbert
-verhallte ungehört: der Termin wurde
-nicht verschoben. In letzter Stunde erklärte
-sich ein anderer hervorragender Anwalt,
-der später als Verteidiger von Zola im
-Dreyfus-Prozeß weltberühmt gewordene Ferdinand
-Labori, bereit, den Prozeß für Vaillant
-<a id="page-47" class="pagenum" title="47"></a>
-zu führen. Es war ja vorauszusehen, welchen
-Verlauf dieser Prozeß nehmen würde. So
-wurde dann Vaillant am 10. Januar 1894 in
-einer einzigen Gerichtssitzung zum Tode verurteilt.
-</p>
-
-<p>
-Mit der selben sträflichen Beschleunigung
-wurde dann das Todesurteil durch den
-Präsidenten der Republik Carnot bestätigt
-– der wohl kaum im Unterbewußtsein ahnen
-mochte, daß er mit demselben Federstrich
-sein eigenes Todesurteil unterfertigt hatte!
-</p>
-
-<p>
-Vaillant, ein Mann von sympathischer Erscheinung,
-ernst, einfach, Herr seiner Worte
-wie seiner Gedanken, verweilte in seiner
-Selbstverteidigung nur flüchtig bei seinem
-eigenen Schicksal, dem Unrecht und den
-Brutalitäten, die er im Laufe seines bedrückten
-Lebens erfahren hatte. Er erbat und erhielt
-die Erlaubnis, eine längere Erklärung
-vorzulesen, in der er seine Theorien, seinen
-Standpunkt, dem Leben, der Notwendigkeit
-der Freiheit und dem selbstgewählten Weg
-der Propaganda gegenüber ausführte.
-</p>
-
-<p>
-„Unter den Ausgebeuteten gibt es im
-wesentlichen zwei Arten von Menschen; die
-eine Art gibt sich keine Rechenschaft darüber,
-was mit ihr geschieht, was mit ihr geschehen,
-und wie sie eigentlich leben sollte. Diese
-Menschen nehmen das Leben, wie es ist;
-sie sind als Sklaven geboren, glauben, daß es
-<a id="page-48" class="pagenum" title="48"></a>
-so recht ist und sind froh über den Bissen
-Brot, den man ihnen für ihre Arbeit hinwirft.
-Die andere Art aber ist nicht so leicht mit dem
-Schicksal versöhnt. Menschen dieser Art
-denken, studieren, blicken mit hellen Augen
-um sich, sehen und erkennen die Ursache der
-sozialen Ungerechtigkeit. Soll man es ihnen
-vorwerfen, daß sie klar sehen und die Leiden
-der anderen mitfühlen? Sobald sie aber das
-eingesehen haben, werfen sie sich in den
-Kampf und stellen als Rächer der allgemeinen
-Bedrückung ihren Mann. Ich gehöre zu diesen
-letzteren. Wo immer ich auch hingekommen
-bin, überall habe ich Elende, unter
-das Joch des Kapitals Gebeugte gesehen.
-Überall war ich Zeuge derselben Folterungen,
-derselben blutigen Tränen – bis in die Tiefen
-der wenig bevölkerten Provinzen Südamerikas
-hinein, wo ich als ein Mensch, der an der
-Zivilisation verzweifelte, glaubte unter Palmen
-ausruhen und die Natur genießen zu
-können. Und hier wie überall habe ich das
-Kapital gesehen, wie es den letzten Blutstropfen
-des unglücklichen Parias vampyrgleich
-aussaugt. Die Meinen in so hoffnungsloser
-Weise leiden zu sehen – das brachte den
-Kelch zum Überlaufen. Ich war dieses Leben
-der Qual und der Feigheit satt. Meine Bomben
-warf ich unter jene, die ich als in erster
-Linie verantwortlich für die Leiden der Allgemeinheit
-<a id="page-49" class="pagenum" title="49"></a>
-erachte. – Aber geben Sie sich
-keinen Illusionen hin, die Explosion meiner
-Bombe ist nicht allein das Zeichen der Verzweiflung
-eines einzelnen Menschen, sie ist
-der Ausdruck der Not einer ganzen Klasse,
-die bald den Schrei des einzelnen übertönen
-wird. Mit Ihrem Gesetz werden Sie die Ideen
-der Denker nicht zum Schweigen verurteilen.
-Alle Kräfte der regierenden Klassen vermochten
-es im letzten Jahrhundert nicht, zu verhindern,
-daß Diderot, daß Voltaire ihre befreienden
-Ideen ins Volk auswarfen; alle Gewalt
-der heute Regierenden wird es nicht
-verhindern, daß Reclus, Darwin, Spencer,
-Ibsen, Mirbeau und die anderen ihre Ideen
-des Rechts und der Freiheit aussäen, die Vorurteile
-der unwissenden Menge aus der Welt
-schaffen. Diese Ideen werden die Unglücklichen
-zu Akten der Empörung stacheln, wie
-das in mir geschehen ist – und dies wird
-bis zu dem Tag sich fortsetzen, an dem <em>das
-Verschwinden der Autorität</em> allen Menschen
-gestatten wird, sich frei zusammenzufinden
-nach Maßgabe ihrer inneren Zusammengehörigkeit.
-Dann wird jeder sich der
-Früchte seiner Arbeit erfreuen können. Jene
-Sittenkrankheit, die man Vorurteil nennt,
-wird in den Tagen verschwinden. Ebenso
-wird es Allem, was Menschenantlitz trägt, erlaubt
-sein, in Harmonie zu leben, ohne anderen
-<a id="page-50" class="pagenum" title="50"></a>
-Willen als dem zum Studium der
-Wissenschaften und der Liebe zum Nächsten.“
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-Die Verteidigung Vaillants hat nicht nur
-unter den Genossen seiner eigenen Klasse,
-sondern in der großen, in den Tiefen des Gewissens
-erschütterten Allgemeinheit Frankreichs
-ihre Wirkung getan. Als am 5. Februar
-sein Haupt fiel, erhob sich in Paris, in Frankreich,
-in der Welt ein Schrei der Empörung.
-</p>
-
-<p>
-Die Worte, die er am Fuße des Schafotts
-ausrief, wie berichtet wird mit starker und
-jubelnder Stimme: Tod der bürgerlichen Gesellschaft,
-lange lebe der Anarchismus! fanden
-einen Widerhall überall, wo um das
-Menschenrecht gestritten wurde.
-</p>
-
-<p>
-Ich erinnere mich deutlich an die Erschütterung,
-die sich der radikalen Arbeiterschaft
-um die Zeit der Exekution Vaillants an dem
-Ort, an dem ich um diese Zeit lebte (es war in
-Wien), bemächtigt hatte.
-</p>
-
-<p>
-Als Vaillants Leiche in jener schmählichen
-„Ecke der Hingerichteten“, im kleinen Friedhof
-von Ivry im Süden von Paris verscharrt
-worden war, pilgerten in den nächsten Tagen
-Hunderte zum Grabe dieses reinen und edlen
-Empörers. Es wird berichtet, daß man Blumen
-mit Schleifen auf dem Grabhügel gefunden
-hat, Blätter, auf denen Gedichte
-<a id="page-51" class="pagenum" title="51"></a>
-standen. Eine Zeile: „Ehre und Ruhm Deinem
-Andenken. Ich bin nur ein Kind, aber
-ich werde Dich rächen!“ Ein Gedicht lautete
-wie folgt:
-</p>
-
-<div lang="fr">
- <div class="poem-container">
- <div class="poem">
- <div class="stanza">
- <p class="verse">„Puisqu’ils ont fait boire à la terre,</p>
- <p class="verse">A l’heure du soleil naissant,</p>
- <p class="verse">Rosée auguste et salutaire,</p>
- <p class="verse">Les saintes gouttes de ton sang –</p>
- <p class="verse">Sous les feuilles de cette palme,</p>
- <p class="verse">Que t’offre le Droit outragé,</p>
- <p class="verse">Tu peux dormir d’un sommeil calme:</p>
- <p class="verse">O Martyr, tu seras vengé!“</p>
- </div>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-Bedeutungsvoll und charakteristisch war
-die Attitude der Zeitungen. Während die
-Regierungsorgane nach wie vor in ihrem wilden
-Begehren nach dem Kopf des Attentäters
-und in der Genugtuung, daß sein Kopf gefallen,
-verharrten, änderten andere einflußreiche
-Blätter, wie z. B. der „Figaro“ plötzlich
-ihren Ton und wiesen auf die offenkundige
-soziale Ungerechtigkeit hin, die es verursacht
-hatte, daß ein Mensch von solch
-starker Begabung, intensivem Seelenleben
-durch die unverschuldeten Schicksale der
-Armen zum Schafott getrieben werden mußte.
-</p>
-
-<p>
-Die bürgerliche Gesellschaft, deren Untergang
-Vaillant auf seinem Wege zur Guillotine
-herbeigewünscht hatte, vereinigte sich jetzt zu
-<a id="page-52" class="pagenum" title="52"></a>
-einer jener bekannten scheinheiligen Massenaktionen,
-mit denen sie seit jeher ihr Gewissen
-entlastet, mehr noch aber die Drohungen
-der Unterdrückten von sich abzulenken
-versucht. Um die Person, das gegenwärtige
-und zukünftige Schicksal des armen, hinterbliebenen
-Töchterchens Sidonie betätigte
-sich der Wohltätigkeitssinn des französischen
-Bürgertums, der mit Menschenliebe und
-Gerechtigkeit übertünchte gesellschaftliche
-Trieb des Feudal-Adels. Kampf und Rivalitäten
-entbrannten darum: wer Vormund von
-Sidonie Vaillant werden sollte. Das Testament
-ihres Vaters sprach sie seinem Freunde,
-dem außerordentlichen Vorkämpfer der anarchistischen
-Theorien Sebastian Faure zu. In
-einem ergreifenden Briefe, den der Verurteilte
-aus dem Gefängnis von La Roquette
-an sein Kind schrieb, und in dem er Sidonie
-mitteilte, daß von nun an Faure ihr wirklicher
-Vater sein werde, heißt es: „ein letzter und
-einziger Rat: sei stets gewärtig, meine
-Kleine, daß das einzige Ziel des Lebens ist,
-seinem Nächsten nicht wehe zu tun; sonst
-aber sollte jeder frei sein, um unbehindert das
-zu tun, was ihm beliebt. Lasse tun, lasse
-sagen. Gebe Deinem Leben ein Ziel: das
-Glück der Menschheit. Arbeite an Dir, damit
-jene, die Dein Wort hören und Deinen Taten
-zu folgen vermögen, sich Dir gesellen. Dann
-<a id="page-53" class="pagenum" title="53"></a>
-wird Dein Leben gut vollendet sein, und Dich
-wird, wenn Du Dein Leben lässest, dieselbe
-Genugtuung erfüllen, die Deinen Vater in der
-Stunde seines Sterbens beherrscht, – denn
-ich sterbe für all jene, die man die Verdammten
-in der Hölle dieser Gesellschaft nennen
-muß!“
-</p>
-
-<p>
-Und in einem Tagebuchblatt, das er am
-Vorabend seines Attentates geschrieben und
-in einem letzten Willen seinem Genossen und
-Freund Paul Reclus zugedacht hatte, heißt
-es u. a.: „Ich sehe dem Tod gefaßt ins Gesicht,
-denn er ist der Hafen der Enttäuschten.
-Ich werde zumindest mit der Genugtuung
-sterben, daß ich für mein Teil alles getan
-habe, um das Kommen einer neuen Zeit zu
-beschleunigen. Jetzt verlange ich nur noch
-eins, das ist: daß bei der Auflösung meines
-Leibes alle meine Atome sich in der Menschheit
-verbreiten und ihr dieses Ferment des
-Anarchismus einimpfen mögen, damit die
-Gesellschaft der Zukunft endlich Wirklichkeit
-werde.“
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-Fünf Tage nach der Exekution August
-Vaillants wies der unsichtbare Finger der
-Volksrache auf eine andere Stätte, an der
-sich die Moral der herrschenden Bürgerklasse
-manifestierte. Nach dem Bombenwurf gegen
-die Beamten der Klassenjustiz, nach dem
-<a id="page-54" class="pagenum" title="54"></a>
-Bombenwurf in die Kammer der gesetzgebenden
-Körperschaften flog an einem
-Abend im Februar 1894 eine Bombe in das
-große luxuriöse Caféhaus des Pariser Hôtels
-„Terminus“ vor dem Bahnhof „St. Lazare“.
-</p>
-
-<p>
-In der Panik, die die Explosion unter den
-zahlreichen Gästen dieses Caféhauses verursachte,
-– einer kam ums Leben, etliche
-20 erlitten schwerere und leichtere Verletzungen
-– versuchte ein junger Mensch,
-offenbar der Täter, durch die Menge zu entfliehen,
-wurde aber aufgehalten und gab
-einige Revolverschüsse auf seine Verfolger
-und jene, die sich ihm entgegenwarfen, ab.
-Dem Untersuchungsrichter erklärte er, sein
-Name sei Le Breton, bald aber gestand er
-seinen richtigen Namen ein: <em>Emil Henry</em>.
-War Vaillant in seiner ganzen Erscheinung,
-seinem Lebenslauf und den geistigen Konsequenzen,
-die dieser Lebenslauf hatte, auf
-eine höhere, nicht nur gesellschaftlich, sondern
-ethisch höhere Stufe zu stellen, als beispielsweise
-Ravachol, so repräsentierte der
-junge Henry unzweifelhaft eine in beiden Beziehungen
-gehobene Position über Vaillant,
-dessen Tod die Bombe im Hotel „Terminus“
-rächen sollte.
-</p>
-
-<p>
-Emil Henrys Erscheinung bildet sozusagen
-den Übergang, die notwendige Verbindung
-zwischen dem aktiven Propagandisten der
-<a id="page-55" class="pagenum" title="55"></a>
-anarchistischen Idee und jenen Anarchisten,
-die das theoretische Ideal zu seiner höchsten
-Vollendung führen, denen aber die physische
-Kraft zu Propagandataten mangelt, weil sich
-ihre ganze Energie in der Gedankenaktion
-konzentriert hat, jede materielle Energie aber
-durch die Arbeit des Gedankens aufgebraucht
-und absorbiert wurde.
-</p>
-
-<p>
-War die Verteidigungsrede Vaillants, dem
-lückenhaften Bildungswege des Verfassers
-entsprechend, noch nicht frei von sentimentalen
-oder manifestartigen Ingredienzien, so
-stellt Henrys Plaidoyer ein klassisches Beispiel
-der durch einen geistig hochstehenden
-Menschen vollkommen verarbeiteten wissenschaftlichen
-Theorie dar, die sich notwendigerweise
-in physische Energie und Tat um
-setzen mußte.
-</p>
-
-<p>
-In der Geschichte der anarchistischen Bewegung
-ist dieses Dokument dann auch
-eine der grundlegenden Äußerungen des
-in bestimmter Weise durchgeführten revolutionären
-Willens geblieben. Zu den theoretischen
-Schriften der großen Denker des
-Anarchismus bildet das Manifest des jungen
-Henry – er war zur Zeit seiner Tat etwas,
-über 21 Jahre alt – ein, fast möchte ich
-sagen, <em>notwendiges</em> Komplement, denn es
-beweist die aktive Kraft, die jenen Schriften
-der Theoretiker innewohnt; und damit führt
-<a id="page-56" class="pagenum" title="56"></a>
-dieses Manifest den Beweis, in welcher Weise
-Theorie, in den geeigneten physischen Bereich
-verpflanzt, die notwendige Wirkung erzeugen
-muß.
-</p>
-
-<p>
-Es gibt wohl in der Literatur, die sich um
-die Berichte der Taten des individuellen
-revolutionären Willens gebildet hat, keine
-reinere und wirkungsvollere Beweisführung
-für die Kraft des Gedankens, der sich in junge
-enthusiastische Seelen versenkt, als die durch
-dieses Manifest des Einundzwanzigjährigen
-geoffenbart ist. Ein Berichterstatter jener
-Epoche charakterisiert die intellektuelle Einstellung
-des jungen, begabten und gebildeten
-Bürgersohnes sehr originell, indem er sagt,
-daß Henrys Haß gegen seine eigene Klasse
-weniger der Haß des Hungerleiders gegen den
-Satten genannt werden kann, sondern eher
-mit der Verachtung verglichen werden darf,
-die ein junger Maler der realistischen Schule
-gegenüber dem süßlichen, verlogenen Kitsch
-der Schule Bouguereaus empfindet.
-</p>
-
-<p>
-Auf alle Fälle haben wir in der merkwürdigen
-und noch mehr denkwürdigen Erscheinung
-des jungen Henry einen Vorläufer jener
-Generation, die wir heute in unserer Zeit der
-sozialen Umwandlung, des Kataklysmus, in
-dessen Mitte unsere bürgerliche Welt geraten
-ist, und in der sie versinkt, entstehen und
-aufwachsen sehen. Ein klarer, scharfer, ohne
-<a id="page-57" class="pagenum" title="57"></a>
-Zynismus, mit absoluter Sicherheit seiner
-Instinkte bewaffneter Geist, der die Konsequenzen
-seiner Überzeugung wie ein mathematisches
-Exempel in realen Faktoren zu
-ziehen versteht. Skepsis beirrt ihn noch
-nicht, dazu ist er zu jung. Trotzdem hat
-seine Lebenserfahrung kraft seiner ungemeinen
-Intelligenz und überlegenen Beobachtungsgabe
-schon die Zahl seiner Lebensjahre
-Lügen gestraft. Noch einige Jahre
-Leben, und er wird sich entweder zum glänzenden
-geistigen Anwalt seines eingeborenen
-revolutionären Dranges entwickelt haben,
-oder ein leergebrannter, kühler und kalter
-Verächter der Menschheit geworden sein.
-</p>
-
-<p>
-Die Bücher der Führer der anarchistischen
-Idee und die Taten der Anarchisten in jenem
-Paris von 1891-93 entzündeten den Funken
-in dem jungen Mann, dessen rein geistig gerichteter
-Drang nicht durch seinen in der
-Irritation der Nerven unternommenen Fluchtversuch
-nach der Tat verneint wird.
-</p>
-
-<p>
-Bei der Vernehmung Henrys ereignete sich
-das Überraschende: er gestand, zugleich der
-Urheber eines bisher ungeklärten Attentates
-zu sein, das im November 1892 gegen die
-Pariser Büros der Bergwerkgesellschaft Carmaux
-versucht worden war. Die Bombe
-wurde damals rechtzeitig entdeckt und von
-den Polizisten nach dem nächsten Polizeikommissariat
-<a id="page-58" class="pagenum" title="58"></a>
-in der Rue des Bons Enfants gebracht,
-wo sie explodierte, wobei vier Polizisten
-getötet wurden und eine große Zahl
-Anwesender schwer verletzt worden war.
-Henry gestand ruhig ein, daß er nach diesem
-verunglückten Anschlag gegen die Bergwerkgesellschaft
-sich für einige Zeit nach London
-begeben habe, wo er unter Anarchisten gelebt
-und sich zu seiner Tat offen bekannt, ja
-sich dieser Tat auch gerühmt hätte. Offenbar
-war es auch Henry, auf den sich eine Äußerung
-in den Memoiren Rocheforts bezieht, der
-zu jener Zeit in London im Exil lebte, weil er
-sich aktiver Beihilfe in den boulangistischen
-Machenschaften schuldig gemacht hatte.
-Rochefort berichtet, daß Charles Malato, der
-anarchistische Schriftsteller, ihm eines Tages
-gesagt habe: „Hier in London geht ein junger
-Bursche herum, der jene Explosion in der Rue
-des Bons Enfants verursacht haben will. Er
-ist wahrscheinlich ein Prahlhans und will die
-Leute hineinlegen.“ Es verhielt sich aber
-in der Tat so, der junge Prahlhans erwies
-sich als Henry, der Attentäter vom Café
-„Terminus“.
-</p>
-
-<p>
-Henry entstammte einer Familie der höheren
-Bourgeoisie, die jedoch bereits zur Zeit
-der Pariser Kommune einige revolutionäre
-Mitglieder hervorgebracht hatte. Auch war
-Emils älterer Bruder <em>Fortuné</em> selber Anarchist.
-<a id="page-59" class="pagenum" title="59"></a>
-Emils außerordentliche Intelligenz
-wurde in dem Lyzeum in Paris, in dem er sich
-hauptsächlich in der Mathematik hervortat,
-dadurch anerkannt, daß er mit 16 Jahren ein
-Stipendium zum Eintritt in die berühmte
-polytechnische Hochschule zugewiesen erhielt.
-Da diese Schule aber eine militärisch
-organisierte und ihre Schüler für den Offizierstand
-vorbereitende Institution ist, und Emil
-sich als ausgesprochener Feind des Militarismus
-schon in frühester Jugend bekannte und
-betätigte, machte er von dem sozialen Vorrecht,
-in jene Hochschule einzutreten, keinen
-Gebrauch. Nach einigen Wanderjahren, die
-ihn in Geschäftsunternehmungen seiner Verwandten
-in der Provinz und in Venedig
-herumgeführt hatten, trat er plötzlich zu
-einem Uhrmacher in die Lehre, um, wie er in
-seiner Aussage bekundete, sich die notwendigen
-Kenntnisse in der Mechanik anzueignen,
-und später Höllenmaschinen selber herstellen
-zu können. Um diese Zeit betätigte er sich
-schon als eifriger Mitarbeiter anarchistischer
-Zeitungen. Das junge Leben Henrys zeigte
-also bereits die entscheidende Kurve zur
-ernsten Verfolgung der anarchistischen Ziele,
-die ihm durch Blutmischung, Familientradition
-und durch das Gebot seiner früh entwickelten
-außergewöhnlichen Intelligenz vorgezeichnet
-zu sein schien.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-60" class="pagenum" title="60"></a>
-Der erste Eindruck, den die bei dem Prozeß
-Anwesenden von dem jungen, hübschen und
-besonnenen, dabei von einem schier maßlosen
-Idealismus erfüllten Menschen hatten, war:
-hier hat man den St. Just des Anarchismus
-vor sich.
-</p>
-
-<p>
-Und in der Tat, wenn man die versprengten
-Erscheinungen dieser revolutionären Periode
-betrachtet, kann man sich der Anschauung
-nicht erwehren, daß nur der Mangel einer allgemeinen
-Erhebung sie zu den isolierten und
-sehr lose vereinten Taten geführt hatte, wo
-in einer revolutionär aktiveren Zeit jeder von
-diesen Individualisten seinen Platz in der allgemeinen
-Bewegung vorgeschrieben gefunden
-hätte. Jede Zeit gebiert die Menschen oder
-findet sie vor, die ihre Parole durchführen
-können; oft ist es aber die Zeit, die kleiner ist
-als die Menschen, die in ihr leben. Nur selten
-und in denkwürdigen Fällen der Freiheitsbewegung,
-der allgemeinen Entwicklung der
-Menschheitsidee deckt sich die Zeit mit dem
-Individuum, das ihr Exponent ist. Wenn
-dann die stupide Menge den an Energie seine
-Zeit überragenden Revolutionär kurzerhand
-als Verbrecher stempelt, ist eine von jenen
-oberflächlichen Meinungen geprägt, in deren
-Bann die minderwertige Allgemeinheit lange
-verweilt. Die Geschichte der Menschheit
-scheint durch solche Fehlurteile, Seichtigkeit
-<a id="page-61" class="pagenum" title="61"></a>
-des Gefühls, nicht zu Ende-denken-Können,
-gefälscht zu sein.
-</p>
-
-<p>
-Nahm die Erscheinung und das Benehmen
-Henrys vor seinem Richter auch gleich am
-Anfang für ihn ein, so verscherzte er sich die
-allgemeine Sympathie durch einen zynisch
-klingenden, doch aus der Energie der Idee
-erwachsenen Ausspruch: auf die Frage des
-Vorsitzenden, warum er gerade das Café
-Terminus sich ausersehen hatte, antwortete
-Henry ruhig: weil er möglichst viele Bürger zu
-töten beabsichtigte. In der Tat hatte er mit
-seiner Bombe, bevor er ins Café Terminus
-kam, bereits einige weniger besuchte Lokale
-aufgesucht.
-</p>
-
-<p>
-Unter den Verletzten im Café befanden sich
-aber nicht nur „Bürger“, sondern Arbeiter
-oder wenigstens werktätige Menschen. „Sie
-sehen, Henry,“ bemerkte der Präsident, „es
-sind arbeitende Menschen, die Sie töten
-wollten. Sie haben sie nicht gekannt. Sie
-konnten sie gar nicht hassen und trotz alledem
-bleiben Sie vollkommen kalt und gleichgültig
-vor diesen armen Menschen, die Sie
-hier, verstümmelt und zu Schaden gekommen,
-auf der Zeugenbank sitzen sehen!“ Darauf
-Henry: „Allerdings; diese Leute sind mir
-vollkommen gleichgültig wie im übrigen auch
-Sie, Herr Präsident. Diese Leute sind
-Bourgeois, die Leiden und Unglück verursachen.
-<a id="page-62" class="pagenum" title="62"></a>
-Ihre Misère, was geht die mich an.
-Ich habe genug andere Misère in meinem
-Leben gesehen, und wenn es einen Schuldigen
-und Verantwortlichen dafür gibt, sind Sie es
-und Ihre Partei.“ Der Präsident: „Gut. Genug.
-Setzen Sie sich.“ Henry, während er
-sich setzt: „Das ist es, was ich tue.“
-</p>
-
-<p>
-Der Prozeß Henrys förderte keine besonderen
-Überraschungen zu Tage. Er rollte
-sich in den üblichen Formen des Verhörs ab;
-das übliche Aufmarschieren der Zeugen erfolgte.
-Es wurde vom Angeklagten kein Versuch
-gemacht, sich zu entlasten, und die
-Zeugen, die von seinem Vorleben Kunde
-geben sollten, bezeichneten ihn übereinstimmend
-als ernsten, gewissenhaften, nur in seinen
-Anschauungen und seinen politischen Zielen
-überreifen und intransigenten Menschen.
-</p>
-
-<p>
-Seine Attitüde, die er vom ersten Augenblick
-an einnahm, blieb bis zum Schlusse des
-Prozesses die gleiche. Er wußte, daß sein
-Leben verwirkt war; aber dies beeinflußte
-seine Haltung oder die Handhabung seines
-Organs keinen Augenblick lang.
-</p>
-
-<p>
-Die Kälte, die er den Opfern seines Attentates
-gegenüber zur Schau trug, entsprach
-nur der konzentrierten geistigen Anstrengung,
-nicht aber der wirklichen inneren Veranlagung
-Henrys. Er legte sie absichtlich an
-den Tag, um den Antagonismus des revolutionären
-<a id="page-63" class="pagenum" title="63"></a>
-Kämpfers zur öffentlichen Meinung
-darzulegen. Seine oft an Zynismus streifenden
-Aussprüche waren im Grunde nur Akzente,
-mit denen er die Theorie, deren Konsequenzen
-er vertrat, verstärkte. Fast gegen
-seinen Willen bekundete er bei der Vernehmung
-seiner Verwandten (auf seinen ausdrücklichen
-Wunsch hatte man es seiner
-Mutter verboten, bei der Verhandlung zu erscheinen)
-eine gewisse Rücksicht und Zartgefühl.
-Von ihnen hatte er ja nichts wie Gutes
-erfahren. Was gingen ihn aber diese intimen
-Eigenschaften an, wo er das Leiden der
-großen Massen vor eben diesen, in ihren privaten
-Beziehungen gütigen und gerechten
-Menschen im Auge hatte!
-</p>
-
-<p>
-Alles in diesem Prozeß schien sich auf das
-Plaidoyer zuzuspitzen, in dem Henry sein
-Lebensbekenntnis ablegte. Und dieses Lebensbekenntnis
-allerdings ist nicht nur eine
-Rechtfertigung der zufälligen Existenz eines
-ungewöhnlichen, in vielen Beziehungen einzigen
-Menschen, sondern es sichert seinem
-Verfasser auch eine rühmliche Stellung innerhalb
-der Geschichte der großen sozialen Bewegungen
-aller Zeiten.
-</p>
-
-<p>
-Ehe ich einige Teile, bedeutungsvolle
-Bruchstücke aus seinem Plaidoyer hier reproduziere,
-will ich noch rasch einige Worte
-über den Tod Henrys niederschreiben.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-64" class="pagenum" title="64"></a>
-Anfang Februar fand die Explosion im
-Café Terminus statt, Ende Mai starb Henry
-unter dem Messer der Guillotine. Es wird berichtet,
-daß er aufrechten Ganges zum
-Schafott schritt, aber daß seine Stimme ihn
-verriet, als er wie ins Leere ins Weltall hinaus,
-die Worte: „Kameraden, Mut, es lebe die
-Anarchie!“ zu rufen suchte.
-</p>
-
-<p>
-Gleichviel. Es ist ja gleichgültig, wie dieser
-Mensch starb. Es ist fast gleichgültig zu
-nennen, wie er gelebt hatte. Sein Plaidoyer,
-sein Werk, das er hinterließ, ist das Wesentliche
-an seiner Erscheinung.
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-Nach der Rede des Staatsanwaltes, – es
-war wieder jener Bulot – in der selbstverständlich
-die Todesstrafe gefordert wurde,
-bat der Angeklagte um das Wort, noch ehe
-sich sein Verteidiger erhoben hatte. Aus dem
-Dokument der Verteidigungsrede Henrys, die
-er am Anfang kühl und sachlich, ohne das
-Schriftstück in der Hand zu halten, vortrug
-(erst später, nach den einleitenden Sätzen,
-erbat er sich von seinem Verteidiger das Konzept)
-– aus diesem denkwürdigen, ja, wie man
-mit Fug sagen darf, historischen Dokument
-folgen hier etliche kurze Auszüge. –
-</p>
-
-<p>
-Nachdem er eine rapide Übersicht über
-seinen Werdegang gegeben, präzisierte Henry
-<a id="page-65" class="pagenum" title="65"></a>
-seine Stellung innerhalb der sozialen Bewegung
-auf folgende Weise: „Einen Augenblick
-lang zog mich der Sozialismus an; doch
-es dauerte nicht lange, da lehnte ich diese
-Partei ab. Ich war viel zu sehr von der Liebe
-zur Freiheit erfaßt, hatte zu große Ehrfurcht
-vor der persönlichen Initiative; die Einkapselung
-in eine gleichgerichtete Truppe
-flößte mir zu großen Widerwillen ein, als daß
-ich eine Nummer in der organisierten Körperschaft
-des Vierten Standes hätte werden können.
-Übrigens bemerkte ich gar bald, daß der
-Sozialismus im Grunde an dem Stand der
-Dinge gar nichts ändert; er respektiert und
-hält das Autoritätsprinzip aufrecht, und dieses
-Prinzip ist, was auch die sogenannten
-Freidenker sagen mögen, nichts anderes als
-ein Überbleibsel jener atavistischen Furcht
-vor einer höheren Vorsehung. Ich bin Materialist
-und Atheist: Studium der Wissenschaften
-hat mich nach und nach das Spiel der
-Naturgewalten erkennen lassen; ich habe bald
-verstehen gelernt, daß die Hypothese, es gäbe
-einen Gott, durch die moderne Wissenschaft
-beiseite geschoben worden ist, als unnütz und
-überflüssig erkannt wurde. Infolgedessen
-mußten die religiöse Moral und die Autorität,
-die ebenfalls auf einer falschen Voraussetzung
-beruhen, verschwinden. Wo also war das
-milde Gesetz der Sittlichkeit zu suchen, das
-<a id="page-66" class="pagenum" title="66"></a>
-in einer Harmonie mit den Naturgesetzen
-diese alte Welt erneuen und eine glückliche
-Menschheit gebären könnte? Als ich dies erkannt
-hatte, verband ich mich mit einigen
-Genossen, die Anarchisten waren, und die ich
-heute als die besten Freunde liebe, die mir
-jemals begegnet sind.“
-</p>
-
-<p>
-„In den Kampf ging ich mit einem tiefen
-Haß, den der tägliche, empörende Anblick
-dieser Gesellschaft schürte; denn in dieser
-Gesellschaft ist alles niedrig, alles feige, alles
-häßlich, alles ist Hindernis zur Entfaltung der
-Leidenschaften des Menschen, des edlen Willens
-der Herzen, des freien Aufschwunges des
-Gedankens. Ich wollte so hart und auch so
-gerecht zuschlagen wie ich es nur vermochte.“
-</p>
-
-<p>
-Henry gibt nun eine Darstellung seiner
-Freude, die ihn angesichts der ersten Ereignisse
-des Streiks von Carmaux ergriffen hatte;
-dieser Streik hatte zu Anfang den Anschein
-einer revolutionären Tat erweckt, bald aber
-bemächtigten sich einige Männer der Seelen
-der Arbeitnehmer, und der Streik schien abzuflauen.
-Was waren diese Männer? „Es
-waren dieselben, die alle revolutionären Bewegungen
-vernichteten, aus Angst, das Volk
-könnte, losgelassen, nicht mehr auf ihre
-Stimmen hören. Es waren dieselben, die die
-Tausende der Arbeiter überreden, monatelang
-ihr Elend geduldig zu ertragen und die
-<a id="page-67" class="pagenum" title="67"></a>
-dann auf dem Rücken der Arbeiter sich Volkstümlichkeit
-und ein Deputiertenmandat ergattern.
-Dies waren die Männer, die sich
-an die Spitze der Streikenden stellten. Mit
-einemmal sah man einen Schwarm von Schönschwätzern
-sich über das Land niedersenken.
-Die Grubenarbeiter legten alle Macht in die
-Hand dieses Packs. Man weiß, was nun
-geschah. Der Streik drohte ins Unendliche
-hinauszuwachsen. Die Arbeiter gewöhnten
-sich an den Hunger, ihren täglichen Gefährten.
-Die kleinen Reserven ihrer Gewerkschaften
-und anderer Angeschlossenen kamen
-ihnen zu Hilfe, waren bald aufgebraucht, und
-nach zwei Monaten krochen die Armen demütig
-und elender als je in ihre Gruben zurück.
-Es wäre einfach gewesen, die Gesellschaft,
-Besitzerin des Bergwerks, gleich zu
-Anfang dort anzugreifen, wo sie am leichtesten
-zu verwunden war: die Kohlenvorräte
-zu verbrennen, das Maschinenhaus zu zerstören,
-die Entwässerungsanlagen zu vernichten.
-In diesem Falle hätte die Gesellschaft
-rasch nachgegeben, doch die Großbonzen
-erkennen diese Methoden nicht an,
-denn es sind <em>unsere Methoden, der
-Anarchisten</em>.“
-</p>
-
-<p>
-„Für mein Teil hatte ich meinen Anschlag
-auf das Gebäude der Gesellschaft in
-Paris rasch beschlossen. Der Vorwurf gegen
-<a id="page-68" class="pagenum" title="68"></a>
-Ravachol: Die unschuldigen Opfer! kam mir
-in den Sinn. Das Haus aber, in dem sich die
-Büros der Carmaux-Gesellschaft befinden, ist
-ausschließlich von Bürgern bewohnt, daher
-konnte es keine unschuldigen Opfer geben.
-Da die gesamte Bourgeoisie der Ausbeutung
-der Unglücklichen teilnahmslos zusieht, muß
-sie in ihrer Gesamtheit ihre Schuld büßen.
-Im vollen Bewußtsein der Legitimität meines
-Unternehmens habe ich jene Höllenmaschine
-vor den Pforten des Büros niedergelegt.“
-</p>
-
-<p>
-„Dasselbe ist der Fall bei meinem Terminus-Attentat.
-Die Bourgeoisie erkennt die
-Anarchisten als eine geeinte Körperschaft an.
-Ein einzelner Mann, Vaillant, warf eine
-Bombe. Neunzehntel der Genossen kannte
-Vaillant gar nicht. Das aber schadete nichts:
-die Anarchisten wurden in ihrer <em>Gesamtheit</em>
-verfolgt. Jeder, der nur entfernt zum
-Anarchismus Beziehungen hatte, unterlag der
-Verfolgung. Nun, da sie die gesamte Partei
-für die Tat eines einzelnen verantwortlich
-machen, vergelte ich <em>gleiches</em> mit <em>gleichem</em>.“
-</p>
-
-<p>
-„Ihr habt in Chicago gehängt, in Deutschland
-geköpft, in Xeres erwürgt, in Barcelona
-erschossen, in Montbrison und Paris guillotiniert
-– was Ihr aber niemals werdet töten
-können, das ist die Anarchie. Ihre Wurzeln
-reichen zu tief. Sie ist erstanden aus einer
-<a id="page-69" class="pagenum" title="69"></a>
-verwesenden Gesellschaft, die sich in ihre
-Bestandteile auflöst. Sie erhebt sich als eine
-gewaltsame Gegenbewegung gegen die Ordnung
-dieser Gesellschaft, sie repräsentiert alle
-Sehnsucht nach Gleichheit und Befreiung, nach
-Zertrümmerung der gegenwärtigen Autorität.
-Sie ist überall; sie ist nirgends zu fassen;
-sie wird Euch alle töten. Hier, meine Herren
-Geschworenen, habe ich gesagt, was ich zu
-sagen hatte. Sie werden nun die Rede meines
-Verteidigers anhören.“
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-Es kann nicht die Aufgabe dieser Abhandlung
-sein, <em>Caserios</em> Attentat auf Sadi-Carnot
-zu behandeln, obzwar es in organischem Zusammenhang
-mit den oben berichteten Taten
-steht.
-</p>
-
-<p>
-Am 5. Februar war Vaillant hingerichtet
-worden, – am 24. Juni rächte Santo Caserio,
-ein italienischer Proletarier, diesen Tod. Der
-Präsident der Republik hatte in jenen Tagen
-in Lyon die Kolonialausstellung besucht.
-Nach dem Abendessen, auf der Fahrt zum
-Theater, inmitten pompöser Kavallerie, die
-den Prunkwagen eskortierte, traf Carnot der
-Dolch des Italieners. Caserios Motive und
-Persönlichkeit sind in dem Zusammenhang
-dieser Erörterungen von geringem Belang (so
-wie die Jahre später erfolgte Ermordung
-<a id="page-70" class="pagenum" title="70"></a>
-Elisabeths von Österreich z. B.). Man darf
-über seine Tat leicht hinweggehen, wie auch
-andere Taten von Anarchisten, die sich um
-dieselbe Zeit in Paris ereigneten, von geringer
-Bedeutung für die Idee und den zentralen
-Trieb der anarchistischen Empörung sind.
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-Manche dieser Taten wiesen wohl darauf
-hin, daß sie die Ketten der Versklavung des
-Geistes an bestimmten Orten zu sprengen und
-durchzubrechen suchten: wie z. B. die Tat
-des <em>Pauwels</em>, eines Freundes von Henry,
-dessen Bombe ihn selber, als er die Madeleine-Kirche
-in Paris betrat, in Stücke riß.
-</p>
-
-<p>
-Andere Attentate hatten einen ausgesprochen
-burlesken Beigeschmack wie das
-Attentat jenes Droschkenkutschers <em>Moore</em>,
-des „Dichterkutschers“, der seinen Kollegen
-in Apoll, Lockroy, den Schwiegersohn
-Victor Hugos, anschoß, weil dieser Moores
-Bettelbriefe schließlich nicht mehr beantwortete.
-</p>
-
-<p>
-Auch das Attentat auf das Restaurant
-Foyot bot dem Pariser Witz reichliche Nahrung:
-wenige Tage, ehe er gelegentlich dieses
-Attentates ernstlich verletzt wurde, hatte der
-satyrische Dichter <em>Laurent Tailhade</em> in
-einem dithyrambischen Artikel die Tat Vaillants
-mit den Worten gepriesen: „Was will
-<a id="page-71" class="pagenum" title="71"></a>
-der Verlust einiger gleichgültiger Opfer besagen
-– wenn nur die Geste schön ist!“
-</p>
-
-<p>
-Eine andere Tat aber prägte sich der
-öffentlichen Meinung tiefer ein, das war die
-Tat des Schusters <em>Leauthier</em>, der in einem
-der bekannten Speisehäuser von Duval den
-serbischen Gesandten Georgewitsch anschoß,
-als einen schlemmenden Bourgeois, der noch
-dazu ein Ordensband im Knopfloch trug!
-(Leauthier starb in der Strafkolonie während
-jener schon erwähnten Revolte, gleichzeitig
-mit Simon, dem Zwieback, Ravachols Gehilfen.)
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-Nachdem die Staatsgewalt sich der Propagandisten
-der Tat auf solche Weise entledigt
-hatte, ging sie mit größter Energie ans
-Werk, die geistigen Wurzeln der Lehre anzugreifen.
-Eine ganze Anzahl bedeutender Gelehrter,
-Schriftsteller, Soziologen trafen diese
-Maßregeln. Es hatten sich in Paris und in
-Frankreich zahlreiche Gruppen gebildet, die
-mit dem Studium und der Verbreitung der
-Lehre des Anarchismus sich beschäftigten.
-Solche Gruppen waren: Die Gruppe der
-Libertäre; Die Avantgarde; Die Kinder der
-Natur; Die Antipatriotische Jugend; Der
-Internationale Kreis; Die Schwarze Fahne;
-Die haarigen Burschen („Les Gonzes Poilus“)
-<a id="page-72" class="pagenum" title="72"></a>
-von Billancourt; Der Panther von Batignolles.
-Diese sämtlich in Paris.
-</p>
-
-<p>
-Von den Gruppen in der Provinz, die immerhin
-ihre zentrale Organisation (ohne die
-selbst der Anarchismus nicht auskommt!) in
-Paris besaßen, nenne ich die hauptsächlichsten:
-Die Zuchthäusler von Lille; Die Vaterlandslosen
-von Charleville; Die Unbezähmbaren;
-Erde und Freiheit von Armentières;
-Der Pranger von Sedan; Die Parias der Picardie,
-die Organisationen der nordwestlichen
-Teile Frankreichs umfaßte; Die Bereitschaft
-von Blois; Die Gruppe der Sozialen Forschung
-in Cherbourg; Die Eber von Châlons;
-Die Nivellierer von Beaune; Der Yatagan von
-Terre-Noire; Die Freunde Ravachols von
-Saint-Chamond; Die Gruppe Erst-recht! von
-Vienne; Die Rächer; Die Hungrigen von Marseille;
-Die Empörung; Die Bauernrevolte;
-Die Entschlossenen; Die Eichenherzen von
-Cette und viele andere.
-</p>
-
-<p>
-Eine dieser Gruppen war von dem Sozialreformer
-Rousset organisiert und hatte den
-Namen der „Suppen-Vorträge“. In einer Pariser
-Wärmehalle sprach Rousset, während
-arme Hungernde von der Straße dort ihren
-Teller Suppe löffelten, über soziale Probleme
-und wie der Not abzuhelfen wäre. Diese Ansprachen
-erregten selbstverständlich die Aufmerksamkeit
-und schließlich Abwehr der Behörden.
-<a id="page-73" class="pagenum" title="73"></a>
-Trotz dem Protest einer Anzahl hervorragender
-Pariser, darunter Jules Simon,
-Léon Say, Floquet, de Cassagnac, Alfons
-Daudet, Sarah Bernhardt und Zola, wurde
-Rousset vors Gericht gestellt und zu einer
-empfindlichen Gefängnisstrafe verurteilt.
-</p>
-
-<p>
-In Paris wie in der Provinz erschienen
-Wochenblätter, Zeitschriften in großer Zahl,
-die der Regierung ein Dorn im Auge waren
-und deren Verfolgung beschlossen wurde. Die
-Namen der hauptsächlichsten Zeitschriften
-dieser Art sind:
-</p>
-
-<p>
-„Le Père Peinard“, „Le Riflard“, „Der
-Leimtopf“, „Die Revolte“, letztere hatte
-Jean Grave zum Herausgeber. Sebastien
-Faure gab den „Almanach Anarchiste“ heraus,
-der originelle Bohémien Zo d’Axa die
-lebhafte und revolutionäre Revue „L’En-Dehors“,
-die zu ihren Mitarbeitern neben
-Malato Schriftsteller wie Octave Mirbeau und
-den Initiator der Dreyfus-Revision, Bernard
-Lazare, einen edlen und bescheidenen Menschenfreund,
-zählte. Beide, Mirbeau wie Lazare,
-aus der oberen Bourgeoisie stammende
-Intellektuelle, bekannten sich frei und laut
-zum Anarchismus und legten in den gefährlichsten
-Zeiten Zeugnis ab für die seelische
-Integrität manches von der öffentlichen
-Meinung gebrandmarkten „Mörders und Attentäters“.
-–
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-74" class="pagenum" title="74"></a>
-„Der Freie Gedanke“, „Die Attacke“,
-„Die Libertäre Revue“ erschienen mit Unterbrechungen
-weiter; eine antimilitaristische
-Zeitschrift, „Le Conscrit“ hielt sich trotz
-härtester Verfolgung. In Marseille erschien
-„Die Harmonie“, in London, nach einer anderen
-Version in Brüssel der „L’International“,
-der es sich zur Aufgabe gemacht hatte,
-die lediglich doktrinären Anarchisten anzugreifen
-und dabei auch vor Grave, sogar vor
-Kropotkin nicht Halt machte. Dieser „L’International“
-scheint der richtige Moniteur der
-Propagandisten durch die Tat gewesen zu
-sein. Er brachte eine Beilage „L’Indicateur
-Anarchiste“, in dem praktische Anweisung
-zur Verfertigung von Explosivkörpern gegeben
-wurde. In früherer Zeit, lange vor
-dem Erscheinen des „L’International“ hatte
-die „Lutte“ von Lyon ähnliches unter dem
-Titel „Anti-bürgerliche Produkte“ zu geben
-versucht.
-</p>
-
-<p>
-Andere Zeitschriften, die die Verbreitung
-der Ideen des Anarchismus über den ganzen
-Erdball bezweckten, waren um diese Zeit: in
-Belgien „La Société Nouvelle“, „Le Libertaire“
-und „Le XX. Siècle“. In London erschien
-„Freedom“, eine ausgezeichnete Publikation,
-die noch jetzt in dem, jedem London
-besuchenden Sozialisten wohlbekannten
-„Bomb-Shop“ des alten Henderson, Charing
-<a id="page-75" class="pagenum" title="75"></a>
-Cross-Road, erhältlich ist (gegenwärtig hat sie
-ausgesprochen kommunistischen Einschlag);
-„The Commonweal“, der durch die Mitarbeit
-William Morris’ geadelt war; außerdem „The
-Torch“. Ebenfalls in London, der Stadt, die
-um die Zeit der allgemeinen europäischen
-Anarchistenverfolgungen ein sicherer Hafen
-für die Rebellen aller Nationen war, erschien
-in hebräischen Lettern das jiddische Anarchistenblatt
-„Der Fraind fun die Arbeter“,
-und die deutsche Zeitung „Der Lumpenproletarier“.
-Andere deutsche Publikationen
-jener Zeit umfassen die in Amerika erscheinenden:
-„Freiheit“ von Johann Most, „Die
-Brandfackel“ von New York, den „Armen
-Teufel“ Robert Reitzels in Detroit, „Den
-Vorboten“ von Chicago, die jiddische „Freie
-Arbeiterstimme“, den „Anarchist“ und andere.
-Gustav Landauers „Sozialist“, das bedeutendste
-deutsche Organ, ist noch in Aller
-Erinnerung. In Italien waren der „Sempre
-Avanti“ von Livorno, in Spanien „La Conquista
-del Pan“ von Barcelona, in Südamerika
-„El Oprimido“ und „Tribuna Operaia“
-die verbreitetsten Blätter der Bewegung.
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-Es war offenkundig, daß die Taten jener
-Propagandisten die Lehre des Anarchismus in
-weitere Gebiete ausgestreut hatten, als friedliche
-<a id="page-76" class="pagenum" title="76"></a>
-Verbreitung der Theorie dies jemals vermocht
-hätte. Denn die Zahl, der Umfang
-der anarchistischen Zeitschriften-Literatur
-schwoll um die Zeit der Jahrhundertwende in
-der ganzen Welt beträchtlich an. Ich erinnere
-mich, welch’ tiefgehende Wirkung in den
-Tagen meines Pariser Aufenthaltes, der in dieselbe
-Zeit fiel, zwei Bücher erregten, die von
-zweien der bedeutendsten lebenden Anarchisten
-verfaßt waren – und die Eltzbacher in
-seinem Werk nicht anführt, ja gar nicht zu
-kennen scheint. Diese Bücher waren <em>Sebastien
-Faures</em> „La Douleur universelle“,
-und <em>Jean Graves</em> „La Société mourante et
-l’Anarchie“, zu dem Octave Mirbeau ein begeistertes
-Vorwort geschrieben hat.
-</p>
-
-<p>
-Es war bezeichnend für die im Grunde trotz
-aller Reaktion demokratische Grundtendenz
-des öffentlichen Lebens von Frankreich und
-seiner Hauptstadt, daß schon 1895, also
-kaum ein Jahr nach der Ermordung Sadi-Carnots
-(und dem Prozeß gegen die Dreißig,
-von dem ich im nachfolgenden sprechen will),
-die öffentlichen Vorträge von Sebastien
-Faure monatelang ohne Störung durch die
-Behörden abgehalten werden konnten. Sie
-gehören zu den wunderbarsten Erinnerungen,
-die mich an jene Zeit gemahnen. Vor einem
-großen und beständigen Publikum, das sich
-im wesentlichen aus Studenten und Arbeitern
-<a id="page-77" class="pagenum" title="77"></a>
-zusammensetzte, verkündete Faure das
-System seines Aufbaus. Mit unerbittlicher
-Logik zergliederte er die gegenwärtige Gesellschaft,
-nahm sozusagen das ganze Gebäude
-der gesellschaftlichen Zusammenhänge auseinander,
-warf die schädlichen, überflüssigen
-Teile des Gebäudes auf den Schutthaufen der
-Vergangenheit und errichtete aus dem Übrigbleibenden
-ein einfacheres, bewohnbares, lichtes
-Heim der zukünftigen Menschheit.
-</p>
-
-<p>
-Faures Rednergabe führte seine Argumente
-beweiskräftiger aus, als es seinem Buch, das
-ich eben erwähnt habe, gelingt. Doch spricht
-auch in diesem Werk der merkwürdig klare
-und logische Verstand, jener spezifische
-französische sens commun den Leser mächtig
-an.
-</p>
-
-<p>
-Eine literarisch höchst zu bewertende Leistung
-stellt das Buch Graves dar. Es ist eine
-Kampfschrift gegen den reformistischen Sozialismus,
-gegen die Grundirrtümer der kapitalistischen
-und militaristischen Gesellschaft.
-In erstaunlicher Weise hat der Autodidakt
-Grave sich die wissenschaftlichen Grundlagen
-seiner Gewissensüberzeugung zu verschaffen
-verstanden. Aus der Erkenntnis, die er sich
-auf solche Art erwirbt, gelingt es ihm, überzeugend
-und mit hohem Schwung der Begeisterung,
-die Durchführbarkeit der anarchistischen
-Prinzipien trotz den feindlichen
-<a id="page-78" class="pagenum" title="78"></a>
-Grundinstinkten der ewig gleichbleibenden
-Menschenseele zu beweisen. Auch in seinem
-anderen Werke „Die Gesellschaft am Tage
-nach der Revolution“ gelang es Grave, den
-Aufbau einer utopischen Gemeinschaft in
-überzeugenden Konturen festzulegen.
-</p>
-
-<p>
-Die Taten Ravachols, Vaillants, Henrys
-und der anderen – die Bücher Faures und
-Graves: sie geben der Bewegung, dem revolutionären
-Beginnen des französischen Proletariats
-um die Jahrhundertwende ihre
-Grenzen nach dem materiellen und dem moralischen
-Bereich.
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-<em>Den Prozeß gegen die Dreißig</em>, dessen
-ich oben Erwähnung getan habe, strengte die
-Regierung Frankreichs hauptsächlich in der
-Absicht an, daß durch seinen Verlauf die Notwendigkeit
-einer durchaus revidierten Gesetzgebung
-gegen die Feinde der Gesellschaft
-gerechtfertigt werde. Es sollte zudem schon
-durch die Namenliste der Angeklagten die
-Sicherheit in der beängstigten Bevölkerung
-erweckt werden, daß es nunmehr der Regierung
-gelungen sei, die ganze gefährliche
-Gruppe der wesentlichsten Anarchisten, sozusagen
-die Zentrale des Anarchismus in
-Frankreich auszuheben. Die Absicht war:
-alle möglichen Leute, die im Geruch des
-<a id="page-79" class="pagenum" title="79"></a>
-Anarchismus standen, die sich als Theoretiker
-der Lehre, die sich als Propagatoren und als
-Ausführer anarchistischer Taten betätigten,
-in einen geschlossenen Raum zusammenzutreiben,
-sie dort beisammen zu behalten und
-möglichst endgültig zu „erledigen“. Daß in
-dieser Gruppe, die man kurz als eine Vereinigung
-von Verbrechern bezeichnete, hervorragende
-und allgemein anerkannte Gelehrte
-wie Paul Reclus, Publizisten wie Jean
-Grave, Sébastien Faure, Alexander Cohen,
-Charles Chatel, Félix Fénéon, Pouget, Matha,
-Ledot neben Dieben und undurchsichtigem
-Gesindel figurierten, bewies nicht nur die
-Willkür der Regierung, sondern barg auch
-die Erklärung für das Scheitern ihrer Absicht
-in sich. Denn, um es vorweg zu nehmen, der
-Prozeß der Dreißig endete mit einem ausgesprochenen
-und für die Regierung peinlichen
-Fiasko der Rechtsbehörden. Wieder beantragte
-der sattsam bekannte Staatsanwalt
-Bulot gegen die Dreißig die höchste zulässige
-Strafe, indem er die Angeklagten miteinander,
-mit pathetischer Gebärde:
-</p>
-
-<div lang="fr">
- <div class="poem-container">
- <div class="poem">
- <div class="stanza">
- <p class="verse">„Vous êtes tous des misérables!“</p>
- </div>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<p>
-apostrophierte, aber die Jury gab seinem Begehren
-nur in einem einzigen Falle nach, indem
-sie den Mitangeklagten <em>Ortiz</em>, das Oberhaupt
-der „<em>Bande Ortiz</em>“ zu langjähriger
-Zwangsarbeit, zwei Mitglieder der „Bande“
-<a id="page-80" class="pagenum" title="80"></a>
-aber zu geringen Freiheitsstrafen verurteilte.
-Die übrigen wurden, wie recht und billig,
-freigesprochen.
-</p>
-
-<p>
-Artikel 265 des französischen Strafgesetzbuches
-besagt (in seiner Abänderung durch
-das Gesetz vom 18. Dezember 1893, jenes
-„Gesetz Vaillant“): „Jede Vereinigung, jedwede
-Gemeinschaft, die hergestellt ist, um
-Verbrechen gegen Einzelindividuen vorzubereiten
-oder durchzuführen, stellt ein Verbrechen
-gegen die öffentliche Ordnung dar.“
-Durch diese Fassung des Artikels wird ausgesprochen,
-daß die Theoretiker des Anarchismus,
-genau so wie die Propagandisten durch
-die Tat, der Gemeinschaftbildung, der Schaffung
-einer Vereinigung schuldig erkannt
-sind. Die „Intellektuellen“ wie die „Impulsiven“,
-beide sind in gleichem Maße für
-die Tat selbst verantwortlich, denn ohne die
-Kraft des Gedankens, des Wortes, der Feder
-der ersteren würden die letzteren nicht zur
-Tat gelangen. Die Initiative wie die Ausführung
-werden auf gleiche Linie gestellt. Die
-Verbindung zwischen den Studiengruppen der
-anarchistischen Lehre und dem tatsächlichen
-Verbrecher ist evident; beide zugleich muß
-das Gesetz treffen, soll der Anarchismus an
-der Wurzel gepackt und ausgerottet werden.
-</p>
-
-<p>
-Dieser Prozeß der Dreißig dauerte im ganzen
-acht Tage. Er spielte sich in der ersten
-<a id="page-81" class="pagenum" title="81"></a>
-Hälfte des August 1894, gleichzeitig mit dem
-Prozeß gegen den Mörder Sadi-Carnots, Caserio,
-ab. Das Merkwürdigste und Bedeutungsvollste,
-der Umstand, der den Ausgang
-des Prozesses gleich am Anfang ahnen ließ,
-war: daß sich keine Belastungszeugen für die
-Dreißig auftreiben ließen. So hatte das rege
-und immer schwankende Gewissen des französischen
-Volkes, der wohl aufs höchste irritierten,
-aber immer noch in den Grenzen des
-klaren Verstandes und der lauteren Gesinnung
-bleibenden öffentlichen Meinung Frankreichs
-von vornherein die Überzeugung behalten,
-daß der ganze Prozeß ein Fehlgriff
-war und ein schlechteres Licht auf die Rechtspflege
-des Landes werfen mußte als auf die
-Mehrzahl der Angeklagten.
-</p>
-
-<p>
-Es wurden darum auch von dem großen
-Publikum Frankreichs die würdevollen und
-selbstsicheren Verteidigungsreden von Grave
-und Faure mit derselben Sympathie aufgenommen,
-wie die witzig ironischen Wendungen,
-in denen der Kunstschriftsteller
-Fénéon seinerseits die Anklagen und die Behandlung
-des Verdachtes gegen ihn zurückwies.
-Die „Gemeinschaft der Verbrecher“
-stand, wie man aus dem Fehlen von Belastungszeugen
-ersehen konnte, auf schwachen
-Füßen. Niemand war zu finden, der irgendwie
-stichhaltig, ja auch nur willkürlich bestätigen
-<a id="page-82" class="pagenum" title="82"></a>
-oder bejahen konnte, daß eine solche
-Vereinigung in der Tat bestehe.
-</p>
-
-<p>
-Die Anklage behauptete, daß der Gelehrte
-Reclus die Finanzen dieser Vereinigung oder
-Partei geführt habe; daß Jean Grave der
-Schaffung der Studiengruppe oblag, daß die
-Zeitschrift Graves „La Révolte“ den verstreuten
-Mitgliedern der Vereinigung die
-Mittel bot, sich gegenseitig zu kennen und zu
-verständigen. Faure sollte die Bewegung in
-der Propaganda organisieren. Er war Herausgeber
-einer in Marseille erscheinenden Zeitschrift
-„L’Agitation“, hatte außerdem, wie
-nachgewiesen werden konnte, das Kapitalverbrechen
-begangen, Vaillant 5 Franken
-durch die Post überweisen zu lassen. Der
-Schriftsteller Chatel war Begründer der „Revue
-anarchiste“ und Mitarbeiter verschiedener
-anarchistischer Zeitschriften. Matha
-redigierte den „En-dehors“, er war es auch,
-der Emil Henry in London bei sich aufgenommen
-hatte, während Matha selber gelegentlich
-in Paris bei Fénéon, dem Kunstschriftsteller,
-der zur Zeit Beamter des französischen
-Kriegsministeriums war, zeitweilige
-Unterkunft gefunden hatte. Aus solchen
-losen Verknüpfungen sollte das Netz sich um
-die Dreißig knüpfen, und in diesem Netz
-zappelte zugleich die Bande um den Räuber
-Ortiz.
-</p>
-
-<p>
-<a id="page-83" class="pagenum" title="83"></a>
-Dieser Ortiz, ein merkwürdiger Mischtypus,
-Sohn eines Mexikaners und einer
-Polin, stellte in seinem ganzen Wesen den
-idealistischen Räuber aus sozialen Beweggründen
-dar, wie die romantische Literatur
-aller Völker ihn aufweist. Daß dieser intelligente
-und gebildete Mensch sich bei
-seinen Taten, die einem unzweifelhaft gemischten,
-undurchsichtigen Instinkt entsprangen,
-anarchistischer Grundsätze rühmte
-und dabei unleugbar die Freundschaft Emil
-Henrys und anderer reiner Verkünder der
-Idee genoß, beweist: daß die verbrecherischen
-Instinkte der Ausbeutung und Knechtung
-des Einzelnen und der Massen, wie sie
-sich die heutige Gesellschaft zu schulden
-kommen läßt, durch gleiches Vorgehen des
-Einzelnen gerächt werden müssen. Nur dem
-oberflächlich in den Vorstellungen und Vorurteilen
-der bestehenden Gesellschaftsform
-träge Verharrenden wird es, wie bereits betont,
-einfallen, Verbrechen, die im Obigen als
-revolutionäre Taten gekennzeichnet worden
-sind, als Verbrechen zu betrachten.
-</p>
-
-<p>
-Solange die Gesellschaft ihre Gesetze nicht
-den Geboten der Gleichheit, Freiheit und
-Brüderlichkeit anzupassen oder wenigstens
-anzunähern verstanden hat, wird das Verbrechen
-des Einzelnen, sofern es nicht eines
-der aus Leidenschaft begangenen genannt
-<a id="page-84" class="pagenum" title="84"></a>
-werden darf, vielmehr die Rache des Einzelnen
-an der Gesellschaft und rechtmäßiger
-Kampf des Empörers gegen die große Ungerechtigkeit
-genannt werden müssen.
-</p>
-
-<p>
-Das schmähliche Scheitern des Prozesses
-gegen die stupid und mit brutaler Willkür,
-wie bei einer Razzia zusammengetriebenen
-Dreißig, das gleichzeitig mit der Verurteilung
-Caserios abschließende Verfahren gegen jenen
-Anarchisten, dessen Hand das verantwortliche
-Oberhaupt der Regierung getroffen
-hatte, schloß eine Periode der revolutionären
-Bewegung ab, die die anarchistische Periode
-in der Freiheitsbewegung Frankreichs genannt
-ist.
-</p>
-
-<p>
-Sie bildet, wie gesagt wurde, ein Segment
-in der fortschreitenden, unter wechselnden
-Namen stetig gleichbleibenden Entwicklung
-der Freiheitsidee der Menschheit; die Zeit
-ihres Geschehens ist der Vorabend des XX.
-Jahrhunderts, dessen Morgen bereits solch
-ungeheures Vorwärtstreiben der Idee sah; ihr
-Schauplatz ist Frankreich, die bürgerliche
-Republik der Demokratie, des „juste milieu“.
-</p>
-
-<p>
-Nach dem 26. August 1894, an dem der
-arme unwissende, wirre Schädel des italienischen
-Proletariers unter dem Fallbeil der
-bürgerlichen Justizmaschine fiel, ebbt die
-Welle der anarchistischen Propaganda der Tat
-in Frankreich ab.
-</p>
-
-<p class="tb">
-*
-</p>
-
-<p class="noindent">
-<a id="page-85" class="pagenum" title="85"></a>
-Es scheint nunmehr, als sollte sich die
-anarchistische Theorie aus dem aktivistischen
-mehr ins wissenschaftliche Feld zurückziehen.
-Der Anarchismus wird von dem sich langsam
-nach links, ins radikale Gebiet ausbreitenden
-Sozialismus als kleinbürgerliche Ideologie
-verworfen. Der Sozialismus erhebt die Autorität
-der Organisation zum leitenden Prinzip
-und leugnet das Recht des Individuums, aus
-Gründen der praktischen Erfahrung, wie aus
-Anbetung der Klasse als solcher, eines Götzen
-auf tönernen Füßen, sich außerhalb der Organisation,
-eigenwillig, selbstherrlich und
-unter voller persönlicher Verantwortung sein
-Recht zu suchen. Er erklärt das auf solche
-Weise aus der Organisation entweichende
-Individuum für einen Feind des Sozialismus
-und das Individuum sieht sich von dem demokratischen
-Sozialisten, in Übereinstimmung
-mit dem reaktionärsten Bürgertum, in Acht
-und Bann getan und vogelfrei erklärt.
-</p>
-
-<p>
-Der Kommunismus, wie wir ihn nach dem
-Krieg sich ausbreiten und seine Grenzen erweitern
-sehen, zögert noch, die eigenmächtigen
-Energien aus dem Bereich des eng benachbarten
-Syndikalismus, aus den militanten
-Rängen des insurgenten Anarchismus aufzunehmen.
-Anzeichen deuten darauf, daß er
-sie zur gegebenen Zeit wohl aufnehmen, einreihen
-und benutzen wird. Denn in dem insurgenten
-<a id="page-86" class="pagenum" title="86"></a>
-Anarchisten brennt am leuchtendsten
-die Flamme der ewigen Revolte des
-Menschengeschlechtes. Was verschlägts, daß
-an ihrem Brand das ephemere Verordnungsblatt
-der Parteidisziplin rasch verkohlt!
-</p>
-
-<p>
-In der Schicksalsstunde der höchsten Gefahr
-des Freiheitsgedankens, in der Stunde,
-da das kämpfende und kampfbereite Proletariat
-am ärgsten bedroht ist, schlägt die
-große Flamme aus dem Einzelnen auf die
-Masse über und hüllt die Gesamtheit, Individuum,
-Partei, Klasse, Menschheit in ihr
-Licht, ihre Glut ein.
-</p>
-
-<div class="ads chapter">
-<p class="ser">
-<span class="line1">In der Sammlung</span><br />
-<span class="line2">AUSSENSEITER DER GESELLSCHAFT</span><br />
-<span class="line3">– DIE VERBRECHEN DER GEGENWART. –</span><br />
-<span class="line4">erscheinen in kürzester Zeit folgende Bände:</span>
-</p>
-
- <div class="table">
- <div class="volumes">
- <div class="r">
-<p class="v">
-*Band 1:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">ALFRED DÖBLIN</span><br />
-DIE BEIDEN FREUNDINNEN UND IHR GIFTMORD
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-*Band 2:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">EGON ERWIN KISCH</span><br />
-DER FALL DES GENERALSTABSCHEFS REDL
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-*Band 3:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">EDUARD TRAUTNER</span><br />
-DER MORD AM POLIZEIAGENTEN BLAU
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-*Band 4:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">ERNST WEISS</span><br />
-DER FALL VUKOBRANKOVICS
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-*Band 5:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">IWAN GOLL</span><br />
-DIE ROTE JUNGFRAU GERMAINE BERTON
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-*Band 6:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">THEODOR LESSING</span><br />
-HAARMANN, DIE GESCHICHTE EINES WERWOLFS
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-*Band 7:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">KARL OTTEN</span><br />
-DER FALL STRAUSS
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-*Band 8:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">ARTHUR HOLITSCHER</span><br />
-DER FALL RAVACHOL
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-*Band 9/10:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">P. DREYFUS – PAUL MAYER</span><br />
-RECHT UND POLITIK IM FALL FECHENBACH
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 11<sup>1</sup>):
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">L. LANIA – HERRMANN</span><br />
-DER HITLER-PROZESS
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 12:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">THOMAS SCHRAMEK</span><br />
-DER FALL EGLOFFSTEIN
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 13:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">HENRI BARBUSSE</span><br />
-DIE MATROSEN DES SCHWARZEN MEERES
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 14:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">OTTO KAUS</span><br />
-DER FALL GROSSMANN
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 15:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">EUGEN ORTNER</span><br />
-DER FALL BERNOTAT
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 16:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">WALTER PETRY</span><br />
-DER FALL NÄGLER
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 17:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">FRIEDRICH STERNTHAL</span><br />
-DER FALL DER RATHENAUMÖRDER
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 18:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">RENÉ SCHICKELE</span><br />
-DIE CAILLAUXPROZESSE
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 19:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">KARL FEDERN</span><br />
-DER FALL MURRI-BONMARTINI
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 20:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">KURT KERSTEN</span><br />
-DER PROZESS GEGEN DIE MOSKAUER SOZIALREVOLUTIONÄRE
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 21:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">MARTIN BERADT</span><br />
-DER FALL HASSELBACH
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 22:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">F. A. ANGERMAYER</span><br />
-DER FALL DER PARISER AUTOMOBILBANDITEN
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 23:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">WILLY HAAS</span><br />
-DER FALL GROSS
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 24:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">WALTER VON HOLLANDER</span><br />
-DER FALL GRUPEN
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 25:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">MAX FREYHAN</span><br />
-DER JUWELENRAUB IN DER KÖPENICKERSTRASSE
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 26:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">HANS REISER</span><br />
-DER FALL STRASSER
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 27:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">FRANZ THEODOR CSOKOR</span><br />
-DER FALL EISLER
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 28:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">E. I. GUMBEL</span><br />
-EIN POLITISCHER MORD
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 29:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">EDUARD TRAUTNER</span><br />
-DER FALL DES SCHUPOWACHTMEISTERS GERTH
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 30:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">ARNOLT BRONNEN</span><br />
-DER FALL VAQUIER
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 31:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">HERMANN UNGAR</span><br />
-DER FALL ANGERSTEIN
-</p>
-
- </div>
- <div class="r">
-<p class="v">
-Band 32:
-</p>
-
-<p class="t">
-<span class="firstline">JOSEPH ROTH</span><br />
-DER FALL HOFRICHTER
-</p>
-
- </div>
- </div>
- </div>
-<p class="s c">
-Die mit * versehenen Bände sind bereits erschienen.
-</p>
-
-<p class="s">
-<sup>1</sup>) Bei den folgenden noch nicht erschienenen Bänden behält
-sich der Verlag Änderungen sowohl der Titel als auch der Reihenfolge
-usw. ausdrücklich vor.
-</p>
-
-<p class="s c">
-Ferner Bände von:
-</p>
-
-<p class="c">
-MAX BROD, OTTO FLAKE, WALTER HASENCLEVER,
-GEORG KAISER, THOMAS MANN, LEO MATTHIAS,
-JAKOB WASSERMANN, ALFRED WOLFENSTEIN
-und vielen Anderen.
-</p>
-
-</div>
-
-<div class="frontmatter chapter">
-<p class="printer">
-Ohlenroth’sche Buchdruckerei Erfurt.
-</p>
-
-</div>
-
-<div class="trnote chapter">
-<p class="transnote">
-Anmerkungen zur Transkription
-</p>
-
-<p class="skip_in_txt">
-Das Cover wurde vom Bearbeiter den ursprünglichen
-Bucheinbänden der Serie nachempfunden und der <i>public domain</i> zur Verfügung gestellt.
-</p>
-
-<p>
-Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend korrigiert.
-Weitere Änderungen, teilweise unter Zuhilfenahme anderer Auflagen,
-sind hier aufgeführt (vorher/nachher):
-</p>
-
-
-
-<ul>
-
-<li>
-... Manifestation revolutionärer Art <span class="underline">unnachsichtlich</span> ...<br />
-... Manifestation revolutionärer Art <a href="#corr-0"><span class="underline">unnachsichtig</span></a> ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... herumzulaufen. Seine Kindheit und <span class="underline">frühe</span> ...<br />
-... herumzulaufen. Seine Kindheit und <a href="#corr-1"><span class="underline">frühen</span></a> ...<br />
-</li>
-</ul>
-</div>
-
-
-<div style='display:block; margin-top:4em'>*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK RAVACHOL UND DIE PARISER ANARCHISTEN ***</div>
-<div style='text-align:left'>
-
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-Updated editions will replace the previous one&#8212;the old editions will
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-</div>
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-</div>
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-including legal fees, that arise directly or indirectly from any of
-the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this
-or any Project Gutenberg&#8482; work, (b) alteration, modification, or
-additions or deletions to any Project Gutenberg&#8482; work, and (c) any
-Defect you cause.
-</div>
-
-<div style='display:block; font-size:1.1em; margin:1em 0; font-weight:bold'>
-Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg&#8482;
-</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>
-Project Gutenberg&#8482; is synonymous with the free distribution of
-electronic works in formats readable by the widest variety of
-computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It
-exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations
-from people in all walks of life.
-</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>
-Volunteers and financial support to provide volunteers with the
-assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg&#8482;&#8217;s
-goals and ensuring that the Project Gutenberg&#8482; collection will
-remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
-Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
-and permanent future for Project Gutenberg&#8482; and future
-generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
-Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
-Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org.
-</div>
-
-<div style='display:block; font-size:1.1em; margin:1em 0; font-weight:bold'>
-Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
-</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>
-The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit
-501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
-state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
-Revenue Service. The Foundation&#8217;s EIN or federal tax identification
-number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary
-Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
-U.S. federal laws and your state&#8217;s laws.
-</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>
-The Foundation&#8217;s business office is located at 809 North 1500 West,
-Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up
-to date contact information can be found at the Foundation&#8217;s website
-and official page at www.gutenberg.org/contact
-</div>
-
-<div style='display:block; font-size:1.1em; margin:1em 0; font-weight:bold'>
-Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
-</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>
-Project Gutenberg&#8482; depends upon and cannot survive without widespread
-public support and donations to carry out its mission of
-increasing the number of public domain and licensed works that can be
-freely distributed in machine-readable form accessible by the widest
-array of equipment including outdated equipment. Many small donations
-($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
-status with the IRS.
-</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>
-The Foundation is committed to complying with the laws regulating
-charities and charitable donations in all 50 states of the United
-States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
-considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
-with these requirements. We do not solicit donations in locations
-where we have not received written confirmation of compliance. To SEND
-DONATIONS or determine the status of compliance for any particular state
-visit <a href="https://www.gutenberg.org/donate/">www.gutenberg.org/donate</a>.
-</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>
-While we cannot and do not solicit contributions from states where we
-have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
-against accepting unsolicited donations from donors in such states who
-approach us with offers to donate.
-</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>
-International donations are gratefully accepted, but we cannot make
-any statements concerning tax treatment of donations received from
-outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
-</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>
-Please check the Project Gutenberg web pages for current donation
-methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
-ways including checks, online payments and credit card donations. To
-donate, please visit: www.gutenberg.org/donate
-</div>
-
-<div style='display:block; font-size:1.1em; margin:1em 0; font-weight:bold'>
-Section 5. General Information About Project Gutenberg&#8482; electronic works
-</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>
-Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
-Gutenberg&#8482; concept of a library of electronic works that could be
-freely shared with anyone. For forty years, he produced and
-distributed Project Gutenberg&#8482; eBooks with only a loose network of
-volunteer support.
-</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>
-Project Gutenberg&#8482; eBooks are often created from several printed
-editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in
-the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not
-necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper
-edition.
-</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>
-Most people start at our website which has the main PG search
-facility: <a href="https://www.gutenberg.org">www.gutenberg.org</a>.
-</div>
-
-<div style='display:block; margin:1em 0'>
-This website includes information about Project Gutenberg&#8482;,
-including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
-Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
-subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.
-</div>
-
-</div>
-
-</body>
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