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| author | Roger Frank <rfrank@pglaf.org> | 2025-10-15 05:28:20 -0700 |
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Das Projekt ist unter der Internet-Adresse +http://gutenberg2000.de erreichbar. + + + + +Die Soldaten + +Jakob Michael Reinhold Lenz + +Eine Komödie + + + + +Personen: + +Wesener, ein GalanteriehÄndler in Lille. +Frau Wesener, seine Frau. +Marie und Charlotte, ihre Töchter. +Stolzius, Tuchhändler in Armentieres. +Seine Mutter. +Desportes, ein Edelmann aus dem französischen Hennegau, in +französischen Diensten. +Der Graf von Spannheim, sein Obrister. +Pirzel, ein Hauptmann. +Eisenhardt, Feldprediger. +Haudy, Rammler und Mary, Officiers. +Die Gräfin de la Roche. +Ihr Sohn. +Frau Bischof. +Ihre Cousine und andere. + +Der Schauplatz ist im französischen Flandern. + + + + +Erster Akt + + + +Erste Szene + +In Lille. Marie. Charlotte. + + +Marie (mit untergestÜtztem Kopf einen Brief schreibend). Schwester, +weißt du nicht, wie schreibt man Madam, M a ma, t a m m tamm, m e me. + +Charlotte (sitzt und spinnt). So 'st recht. + +Marie. HÖr, ich will dir vorlesen, ob's so angeht, wie ich schreibe: +"Meine liebe Matamm! Wir sein gottlob glücklich in Lille arriviert", +ist's so recht arriviert, a r ar, r i e w wiert? + +Charlotte. So 'st recht. + +Marie. "Wir wissen nicht, womit die Gütigkeit nur verdient haben, +womit uns überschüttet, wünschte nur imstand zu sein"--ist so recht? + +Charlotte. So lies doch, bis der Verstand aus ist. + +Marie. Ihro alle die Politessen und Höflichkeit wiederzuerstatten. +Weil aber es noch nicht in unsern KrÄften steht, als bitten um +fernere Continuation. + +Charlotte. Bitten wir um fernere. + +Marie. Laß doch sein, was fällst du mir in die Rede. + +Charlotte. Wir bitten um fernere Continuation. + +Marie. Ei, was redst du doch, der Papa schreibt ja auch so. (Macht +alles geschwind wieder zu, und will den Brief versiegeln.) + +Charlotte. Nu, so les' Sie doch aus. + +Marie. Das übrige geht dich nichts an. Sie will allesfort klüger +sein, als der Papa; letzthin sagte der Papa auch, es wäre nicht +höflich, wenn man immer wir schriebe, und ich und so dergleichen. +(Siegelt zu.) Da Steffen (gibt ihm Geld) tragt den Brief auf die Post. + +Charlotte. Sie wollt' mir den Schluß nicht vorlesen, gewiß hat Sie +da was Schönes vor den Herrn Stolzius. + +Marie. Das geht dich nichts an. + +Charlotte. Nu seht doch, bin ich denn schon schalu darüber gewesen? +Ich hätt' ja ebensogut schreiben können, als du, aber ich habe dir +das Vergnügen nicht berauben wollen, deine Hand zur Schau zu stellen. + +Marie. Hör, Lotte, laß mich zufrieden mit dem Stolzius, ich sag +dir's, oder ich geh gleich herunter, und klag's dem Papa. + +Charlotte. Denk doch, was mach ich mir daraus, er weiß ja doch, daß +du verliebt in ihn bist, und daß du's nur nicht leiden kannst, wenn +ein andrer ihn nur mit Namen nennt. + +Marie. Lotte. + +(Fängt an zu weinen und läuft herunter.) + + + +Zweite Szene + +In Armentieres. Stolzius und seine Mutter. + + +Stolzius (mit verbundenem Kopf). Mir ist nicht wohl, Mutter! + +Mutter (steht eine Weile und sieht ihn an). Nu, ich glaube, Ihm +steckt das verzweifelte Mädel im Kopf, darum tut er Ihm so weh. Seit +sie weggereist ist, hat Er keine vergnügte Stunde mehr. + +Stolzius. Aus Ernst, Mutter, mir ist nicht recht. + +Mutter. Nu, wenn du mir gute Worte gibst, so will ich dir das Herz +wohl leichter machen. + +(Zieht einen Brief heraus.) + +Stolzius (springt auf). Sie hat Euch geschrieben? + +Mutter. Da, kannst du's lesen. (Stolzius reißt ihn ihr aus der Hand, +und verschlingt den Brief mit den Augen.) Aber hör, der Obriste will +das Tuch ausgemessen haben für die Regimenter. + + +Stolzius. Laßt mich den Brief beantworten, Mutter. + +Mutter. Hanns Narr, ich rede vom Tuch, das der Obrist' bestellt hat +für die Regimenter. Kommt denn- + + + +Dritte Szene + +In Lilie. Marie. Desportes. + + +Desportes. Was machen Sie denn da, meine göttliche Mademoiselle? + +Marie (die ein Buch weiß Papier vor sich liegen hat, auf dem sie +kritzelte, steckt schnell die Feder hinters Ohr). O nichts, nichts, +gnädiger Herr--(Lächelnd.) Ich schreib gar zu gern. + +Desportes. Wenn ich nur so glücklich wäre, einen von Ihren Briefen, +nur eine Zeile von Ihrer schönen Hand zu sehen. + +Marie. O verzeihen Sie mir, ich schreibe gar nicht schön, ich schäme +mich von meiner Schrift zu weisen. + +Desportes. Alles, was von einer solchen Hand kommt, muß schön sein. + +Marie. O Herr Baron, hören Sie auf, ich weiß doch, daß das alles nur +Komplimenten sein. + +Desportes (kniend). Ich schwöre Ihnen, daß ich noch in meinem Leben +nichts Vollkommeners gesehen habe, als Sie sind. + +Marie (strickt, die Augen auf ihre Arbeit niedergeschlagen). Meine +Mutter hat mir doch gesagt--sehen Sie, wie falsch Sie sind. + +Desportes. Ich falsch? Können Sie das von mir glauben, göttliche +Mademoiselle? Ist das falsch, wenn ich mich vom Regiment wegstehle, +da ich mein Semester doch verkauft habe, und jetzt riskiere, daß, +wenn man erfährt, daß ich nicht bei meinen Eltern bin, wie ich vorgab, +man mich in Prison wirft, wenn ich wiederkomme, ist das falsch, nur +um das Glück zu haben, Sie zu sehen, Vollkommenste? + +Marie (wieder auf ihre Arbeit sehend). Meine Mutter hat mir doch oft +gesagt, ich sei noch nicht vollkommen ausgewachsen, ich sei in den +Jahren, wo man weder schön noch häßlich ist. (Wesener tritt herein.) + +Wesener. Ei, sieh doch! gehorsamer Diener, Herr Baron, wie kommt's +denn, daß wir wieder einmal die Ehre haben. (Umarmt ihn.) + +Desportes. Ich bin nur auf einige Wochen hier, einen meiner +Verwandten zu besuchen, der von Brüssel angekommen ist. + +Wesener. Ich bin nicht zu Hause gewesen, werden verzeihen, mein +Mariel wird Sie ennuyiert haben; wie befinden sich denn die werten +Eltern, werden die Tabatieren doch erhalten haben-Desportes. Ohne +Zweifel, ich bin nicht bei ihnen gewesen, wir werden auch noch eine +Rechnung miteinander haben, Vaterchen. + +Wesener. O das hat gute Wege, es ist ja nicht das erstemal. Die +gnädige Frau sind letzten Winter nicht zu unserm Karneval +herabgekommen. + +Desportes. Sie befindet sich etwas unpaß--Waren viel Bälle? + +Wesener. So, so, es ließ sich noch halten--Sie wissen, ich komme auf +keinen, und meine Töchter noch weniger. + +Desportes. Aber ist denn das auch erlaubt, Herr Wesener, daß Sie +Ihren Töchtern alles Vergnügen so versagen, wie können sie dabei +gesund bleiben? + +Wesener. O wenn sie arbeiten, werden sie schon gesund bleiben. +Meinem Mariel fehlt doch, Gott sei Dank, nichts, und sie hat immer +rote Backen. + +Marie. Ja, das läßt sich der Papa nicht ausreden, und ich krieg doch +so bisweilen so eng um das Herz, daß ich nicht weiß, wo ich vor Angst +in der Stube bleiben soll. + +Desportes. Sehn Sie, Sie gönnen Ihrer Mademoiselle Tochter kein +Vergnügen, und das wird noch einmal Ursach sein, daß sie +melancholisch werden wird. + +Wesener. Ei was, sie hat Vergnügen genug mit ihren Kamerädinnen, +wenn sie zusammen sind, hört man sein eigen Wort nicht. + +Desportes. Erlauben Sie mir, daß ich die Ehre haben kann, Ihre +Mademoiselle Tochter einmal in die Komödie zu führen. Man gibt heut +ein ganz neues Stück. + +Marie. Ach Papa! + +Wesener. Nein--Nein, durchaus nicht, Herr Baron! Nehmen Sie mir's +nicht ungnädig, davon kein Wort mehr. Meine Tochter ist nicht +gewohnt, in die Komödie zu gehen, das würde nur Gerede bei den +Nachbarn geben, und mit einem jungen Herrn von den Milizen dazu. + +Desportes. Sie sehen, ich bin im Bürgerskleide, wer kennt mich. + +Wesener. Tant pis! ein für allemal, es schickt sich mit keinem +jungen Herren; und denn ist es auch noch nicht einmal zum Tisch des +Herrn gewesen, und soll schon in die Komödie und die Staatsdame +machen. Kurz und gut, ich erlaube es nicht, Herr Baron. + +Marie. Aber Papa, wenn den Herrn Baron nun niemand kennt? + +Wesener (etwas leise). Willstu's Maul halten? Niemand kennt, tant +pis wenn ihn niemand kennt. Werden pardonieren, Herr Baron! so gern +als Ihnen den Gefallen tun wollte, in allen andern Stücken haben zu +befehlen. + +Desportes. A propos, lieber Wesener! wollten Sie mir doch nicht +einige von Ihren Zitternadeln weisen? + +Wesener. Sogleich. + +(Geht heraus.) + +Desportes. Wissen Sie was, mein englisches, mein göttliches Mariel, +wir wollen Ihrem Vater einen Streich spielen. Heut geht es nicht +mehr an, aber übermorgen geben sie ein fürtreffliches Stück, "La +chercheuse d'esprit", und die erste Piece ist der Deserteur--haben +Sie hier nicht eine gute Bekannte? + +Marie. Frau Weyher. + +Desportes. Wo wohnt sie? + +Marie. Gleich hier, an der Ecke beim Brunnen. + +Desportes. Da komm ich hin, und da kommen Sie auch hin, so gehn wir +miteinander in die Komödie. (Wesener kommt mit einer großen +Schachtel Zitternadeln. Marie winkt Desportes lächelnd zu.) + +Wesener. Sehen Sie, da sind zu allen Preisen--Diese zu hundert +Talern, diese zu funfzig, diese zu hundertfunfzig, wie es befehlen. + +Desportes (besieht eine nach der andern, und weist die Schachtel +Marien). Zu welcher rieten Sie mir? + +(Marie lächelt, und sobald der Vater beschäftigt ist, eine +herauszunehmen, winkt sie ihm zu.) + +Wesener. Sehen Sie, die spielt gut, auf meine Ehr'. + +Desportes. Das ist wahr. (Hält sie Marien an den Kopf.) Sehen Sie +auf so schönem Braun, was das für eine Wirkung tut. O hören Sie, +Herr Wesener, sie steht Ihrer Tochter gar zu schön, wollen Sie mir +die Gnade tun, und sie behalten. + +Wesener (gibt sie ihm lächelnd zurück). Ich bitte Sie, Herr Baron, +das geht nicht an--meine Tochter hat noch in ihrem Leben keine +Präsente von den Herren angenommen. + +Marie (die Augen fest auf ihre Arbeit geheftet). Ich würde sie auch +zudem nicht haben tragen können, sie ist zu groß für meine Frisur. + +Desportes. So will ich sie meiner Mutter schicken. (Wickelt sie +sorgfältig ein.) + +Wesener (indem er die andern einschachtelt, brummt etwas heimlich zu +Marien). Zitternadel du selber, sollst in deinem Leben keine auf den +Kopf bekommen, das ist kein Tragen für dich. (Sie schweigt still und +arbeitet fort.) + +Desportes. So empfehle ich mich denn, Herr Wesener! Eh' ich +wegreise, machen wir richtig. + +Wesener. Das hat gute Wege, Herr Baron, das hat gute Wege, sein Sie +so gütig, und tun uns einmal wieder die Ehre an. + +Desportes. Wenn Sie mir's erlauben wollen--Adieu Jungfer Marie! +(Geht ab.) + +Marie. Aber sag Er mir doch, Papa, wie ist Er denn auch? + +Wesener. Na, hab ich dir schon wieder nicht recht gemacht. Was +verstehst du doch von der Welt, dummes Keuchel. + +Marie. Er hat doch gewiß ein gutes Gemüt, der Herr Baron. + +Wesener. Weil er dir ein paar Schmeicheleien und so und so--Einer +ist so gut wie der andere, lehr du mich die jungen Milizen nit kennen. +Da laufen sie in alle Aubergen und in alle Kaffeehäuser, und +erzählen sich, und eh' man sich's versieht, wips ist ein armes Mädel +in der Leute Mäuler. Ja, und mit der und der Jungfer ist's auch +nicht zum besten bestellt, und die und die kenne ich auch, und die +hätt' ihn auch gern-Marie. Papa. (Fängt an zu weinen.) Er ist auch +immer so grob. + +Wesener (klopft sie auf die Backen). Du mußt mir das so übel nicht +nehmen, du bist meine einzige Freude, Narr, darum trag ich auch Sorge +für dich. + +Marie. Wenn Er mich doch nur wollte für mich selber sorgen lassen. +Ich bin doch kein klein Kind mehr. + + + +Vierte Szene + +In Armentieres. Der Obriste Graf Spannheim am Tisch mit seinem +Feldprediger, einem jungen Grafen, seinem Vetter, und dessen +Hofmeister, Haudy, Untermajor, Mary und andern Officiers. + + +Der junge Graf. Ob wir nicht bald wieder eine gute Truppe werden +herbekommen? + +Haudy. Das wÄre zu wÜnschen, besonders für unsere junge Herren. Man +sagt, Godeau hat herkommen wollen. + +Hofmeister. Es ist doch in der Tat nicht zu leugnen, daß die +Schaubühne eine fast unentbehrliche Sache für eine Garnison ist, +c'est à dire eine Schaubühne, wo Geschmack herrscht, wie zum Exempel +auf der franzÖsischen. + +Eisenhardt. Ich sehe nicht ab, wo der Nutzen stecken sollte. + +Obrister. Das sagen Sie wohl nur so, Herr Pastor, weil Sie die +beiden weißen Läppgen unterm Kinn haben, ich weiß, im Herzen denken +Sie anders. + +Eisenhardt. Verzeihen Sie, Herr Obriste! ich bin nie Heuchler +gewesen, und wenn das ein notwendiges Laster für unsern Stand wäre, +so dächt' ich, wären doch die Feldprediger davon wohl ausgenommen, da +sie mit vernünftge Leuten zu tun haben. Ich liebe das Theater selber, +und gehe gern hinein, ein gutes Stück zu sehen, aber deswegen glaube +ich noch nicht, daß es ein so heilsames Institut für das Corps +Officiers sei. + +Haudy. Aber um Gottes willen, Herr Pfaff oder Herr Pfarr, wie Sie da +heißen, sagen Sie mir einmal, was für Unordnungen werden nicht +vorgebeugt oder abgehalten durch die Komödie. Die Officiers müssen +doch einen Zeitvertreib haben? + +Eisenhardt. Mit aller Mäßigung, Herr Major! Sagen Sie lieber, was +für Unordnungen werden nicht eingeführt unter den Officiers durch die +Komödie. + +Haudy. Das ist nun wieder so in den Tag hinein räsoniert. Kurz und +gut, Herr, (lehnt sich mit beiden Ellenbogen auf den Tisch) ich +behaupte Ihnen hier, daß eine einzige Komödie, und wenn's die ärgste +Farce wäre, zehnmal mehr Nutzen, ich sage nicht unter den Officiers +allein, sondern im ganzen Staat, angerichtet hat, als alle Predigten +zusammengenommen, die Sie und Ihresgleichen in Ihrem ganzen Leben +gehalten haben und halten werden. + +Obrister (winkt Haudy unwillig). Major! + +Eisenhardt. Wenn ich mit Vorurteilen für mein Amt eingenommen wäre, +Herr Major, so würde ich böse werden. So aber wollen wir alles das +beiseite setzen, weil ich weder Sie noch viele von den Herren für +fähig halte, den eigentlichen Nutzen unsers Amts in Ihrem ganzen +Leben beurteilen zu können, und wollen nur bei der Komödie bleiben, +und den erstaunenden Nutzen betrachten, den sie für die Herren vom +Corps haben soll. Ich bitte Sie, beantworten Sie mir eine einzige +Frage, was lernen die Herren dort? + +Mary. Ei was, muß man denn immer lernen, wir amüsieren uns, ist das +nicht genug. + +Eisenhardt. Wollte Gott, daß Sie sich bloß amüsierten, daß Sie nicht +lernten! So aber ahmen Sie nach, was Ihnen dort vorgestellt wird, +und bringen Unglück und Fluch in die Familien. + +Obrister. Lieber Herr Pastor, Ihr Enthusiasmus ist löblich, aber er +schmeckt nach dem schwarzen Rock, nehmen Sie mir's nicht übel. +Welche Familie ist noch je durch einen Officier unglücklich geworden? +Daß ein Mädchen einmal ein Kind kriegt, das es nicht besser haben +will. + +Haudy. Eine Hure wird immer eine Hure, sie gerate unter welche Hände +sie will; wird's keine Soldatenhure, so wird's eine Pfaffenhure. + +Eisenhardt. Herr Major, es verdrießt mich, daß Sie immer die Pfaffen +mit ins Spiel mengen, weil Sie mich dadurch verhindern, Ihnen +freimütig zu antworten. Sie könnten denken, es mische sich +persönliche Bitterkeit in meine Reden, und wenn ich in Feuer gerate, +so schwöre ich Ihnen doch, daß es bloß die Sache ist, von der wir +sprechen, nicht Ihre Spöttereien und Anzüglichkeiten über mein Amt. +Das kann durch alle dergleichen witzige Einfälle weder verlieren noch +gewinnen. + +Haudy. Na, so reden Sie, reden Sie, schwatzen Sie, dafür sind wir ja +da, wer verbietet es Ihnen? + +Eisenhardt. Was Sie vorhin gesagt haben, war ein Gedanke, der eines +Nero oder Oglei Oglu Seele würdig gewesen wäre, und auch da bei +seiner ersten Erscheinung vielleicht Grausen würde verursacht haben. +Eine Hure wird immer eine Hure. Kennen Sie das andere Geschlecht so +genau? + +Haudy. Herr, Sie werden es mich nicht kennen lehren. + +Eisenhardt. Sie kennen es von den Meisterstücken Ihrer Kunst +vielleicht; aber erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen, eine Hure wird +niemals eine Hure, wenn sie nicht dazu gemacht wird. Der Trieb ist +in allen Menschen, aber jedes Frauenzimmer weiß, daß sie dem Triebe +ihre ganze künftige Glückseligkeit zu danken hat, und wird sie die +aufopfern, wenn man sie nicht drum betrügt? + +Haudy. Red ich denn von honetten Mädchen? + +Eisenhardt. Eben die honetten Mädchen müssen zittern vor Ihren +Komödien, da lernen Sie die Kunst, sie malhonett zu machen. + +Mary. Wer wird so schlecht denken. + +Haudy. Der Herr hat auch ein verfluchtes Maul über die Officiers. +Element, wenn mir ein anderer das sagte. Meint Er Herr denn, wir +hören auf Honettehommes zu sein, sobald wir in Dienste treten. + +Eisenhardt. Ich wünsche Ihnen viel Glück zu diesen Gesinnungen. +Solang ich aber noch entretenierte Mätressen und unglückliche +Bürgerstöchter sehen werde, kann ich meine Meinung nicht zurücknehmen. + +Haudy. Das verdiente einen Nasenstüber. + +Eisenhardt (steht auf). Herr, ich trag einen Degen. + +Obrister. Major, ich bitt Euch--Herr Eisenhardt hat nicht unrecht, +was wollt Ihr von ihm. Und der erste, der ihm zu nahe kommt--setzen +Sie sich, Herr Pastor, er soll Ihnen Genugtuung geben. (Haudy geht +hinaus.) Aber Sie gehen auch zu weit, Herr Eisenhardt, mit alledem. +Es ist kein Officier, der nicht wissen sollte, was die Ehre von ihm +fodert. + +Eisenhardt. Wenn er Zeit genug hat, dran zu denken. Aber werden ihm +nicht in den neuesten Komödien die gröbsten Verbrechen gegen die +heiligsten Rechte der Väter und Familien unter so reizenden Farben +vorgestellt, den giftigsten Handlungen so der Stachel genommen, daß +ein Bösewicht dasteht, als ob er ganz neulich vom Himmel gefallen +wäre. Sollte das nicht aufmuntern, sollte das nicht alles ersticken, +was das Gewissen aus der Eltern Hause mitgebracht haben kann. Einen +wachsamen Vater zu betrügen, oder ein unschuldig Mädchen in Lastern +zu unterrichten, das sind die Preisaufgaben, die dort aufgelöst +werden. + +Haudy (im Vorhause mit andern Officiers: da die Tür aufgeht). Der +verfluchte Schwarzrock-Obrister. Laßt uns ins Kaffeehaus gehn, +Pfarrer, Sie sind mir die Revanche im Schach schuldig--und Adjutant! +wollten Sie doch den Major Haudy für heut bitten, nicht aus seiner +Stube zu gehen. Sagen Sie ihm, ich werde ihm morgen früh seinen +Degen selber wiederbringen. + + + +Fünfte Szene + +In Lille. Wesener sitzt und speist zu Nacht mit seiner Frau und +ältesten Tochter. Marie tritt ganz geputzt herein. + + +Marie (fällt ihn um den Hals). Ach Papa! Papa! + +Wesener (mit vollem Munde). Was ist's, was fehlt dir? + +Marie. Ich kann's Ihm nicht verhehlen, ich bin in der Komödie +gewesen. Was das für Dings ist. + +Wesener (rückt seinen Stuhl vom Tisch weg, und kehrt das Gesicht ab). + +Marie. Wenn Er gesehen hätte, was ich gesehen habe, Er würde +wahrhaftig nicht böse sein, Papa. (Setzt sich ihm auf den Schoß.) +Lieber Papa, was das für Dings alles durcheinander ist, ich werde die +Nacht nicht schlafen können für lauter Vergnügen. Der gute Herr +Baron! + +Wesener. Was, der Baron hat dich in die Komödie geführt? + +Marie (etwas furchtsam). Ja, Papa--lieber Papa! + +Wesener (stößt sie von seinem Schoß). Fort von mir, du Luder, +--willst die Mätresse vom Baron werden? + +Marie (mit dem Gesicht halb abgekehrt, halb weinend). Ich war bei +der Weyhern--und da stunden wir an der Tür--(stotternd) und da red't' +er uns an. + +Wesener. Ja, lüg nur, lüg nur dem Teufel ein Ohr ab--geh mir aus den +Augen, du gottlose Seele. + +Charlotte. Das hätt' ich dem Papa wollen voraussagen, daß es so +gehen würde. Sie haben immer Heimlichkeiten miteinander gehabt, sie +und der Baron. + +Marie (weinend). Willst du das Maul halten. + +Charlotte. Denk doch, vor dir gewiß nicht; will noch kommandieren +dazu, und führt sich so auf. + +Marie. Nimm dich nur selber in acht mit deinem jungen Herrn +Heidevogel. Wenn ich mich so schlecht aufführte, als du. + +Wesener. Wollt ihr schweigen? (Zu Mariel.) Fort in deine Kammer, +den Augenblick, du sollst heut nicht zu Nacht essen--schlechte Seele! +(Marie geht fort.) Und schweig du auch nur, du wirst auch nicht +engelrein sein. Meinst du, kein Mensch sieht's, warum der Herr +Heidevogel so oft ins Haus kommt? + +Charlotte. Das ist alles das Mariel schuld. (Weint.) Die +gottsvergeßne Alleweltshure will honette Mädels in Blame bringen, +weil sie so denkt. + +Wesener (sehr laut). Halt's Maul! Marie hat ein viel zu edles Gemüt, +als daß sie von dir reden sollte, aber du schalusierst auf deine +eigene Schwester; weil du nicht so schön bist als sie, sollt'st du +zum wenigsten besser denken. Schäm dich--(Zur Magd.) Nehmt ab, ich +esse nichts mehr. + +(Schiebt Teller und Serviette fort, wirft sich in einen Lehnstuhl, +und bleibt in tiefen Gedanken sitzen.) + + + +Sechste Szene + +Mariens Zimmer. Sie sitzt auf ihrem Bette, hat die Zitternadel in +der Hand, und spiegelt damit, in den tiefsten Träumereien. Der Vater +tritt herein, sie fährt auf und sucht die Zitternadel zu verbergen. + + +Marie. Ach Herr Jesus--Wesener. Na, so mach Sie doch das Kind nicht. +(Geht einigemal auf und ab, dann setzt er sich zu ihr.) Hör, Mariel! +du weißt, ich bin dir gut, sei du nur recht aufrichtig gegen mich, +es wird dein Schade nicht sein. Sag mir, hat dir der Baron was von +der Liebe vorgesagt? + +Marie (sehr geheimnisvoll). Papa!--er ist verliebt in mich, das ist +wahr. Sieht Er einmal, diese Zitternadel hat er mir auch geschickt. + +Wesener. Was tausend Hagelwetter--Potz Mord noch einmal, (nimmt ihr +die Zitternadel weg) hab ich dir nicht verboten-Marie. Aber, Papa, +ich kann doch so grob nicht sein, und es ihm abschlagen. Ich sag Ihm, +er hat getan, wie wütend, als ich's nicht annehmen wollte, (läuft +nach dem Schrank) hier sind auch Verse, die er auf mich gemacht hat. + +(Reicht ihm ein Papier.) + +Wesener (liest laut). Du höchster Gegenstand von meinen reinen +Trieben. Ich bet dich an, ich will dich ewig lieben. Weil die +Versicherung von meiner Lieb und Treu, Du allerschönstes Licht, mit +jedem Morgen neu. Du allerschönstes Licht, ha, ha, ha. + +Marie. Wart Er, ich will Ihm noch was weisen, er hat mir auch ein +Herzchen geschenkt mit kleinen Steinen besetzt in einem Ring. + +(Wieder zum Schrank. Der Vater besieht es gleichgültig.) + +Wesener (liest noch einmal). Du höchster Gegenstand von meinen +reinen Trieben. (Steckt die Verse in die Tasche.) Er denkt doch +honett, seh ich. Hör aber, Mariel, was ich dir sage, du mußt kein +Präsent mehr von ihm annehmen. Das gefällt mir nicht, daß er dir so +viele Präsente macht. + +Marie. Das ist sein gutes Herz, Papa. + +Wesener. Und die Zitternadel gib mir her, die will ich ihm +zurückgeben. Laß mich nur machen, ich weiß schon, was zu deinem +Glück dient, ich hab länger in der Welt gelebt, als du, mein' Tochter, +und du kannst nur immer allesfort mit ihm in die Komödie gehn, nur +nimm jedesmal die Madam Weyher mit, und laß dir nur immer nichts +davon merken, als ob ich davon wüßte, sondern sag nur, daß er's recht +geheimhält, und daß ich sehr böse werden würde, wenn ich's erführe. +Nur keine Präsente von ihm angenommen, Mädel, um Gottes willen! + +Marie. Ich weiß wohl, daß der Papa mir nicht übel raten wird. (Küßt +ihm die Hand.) Er soll sehn, daß ich Seinem Rat in allen Stücken +folgen werde. Und ich werde Ihm alles wiedererzählen, darauf kann Er +sich verlassen. + +Wesener. Na, so denn. (Küßt sie.) Kannst noch einmal gnädige Frau +werden, närrisches Kind. Man kann nicht wissen, was einem manchmal +für ein Glück aufgehoben ist. + +Marie. Aber, Papa, (etwas leise) was wird der arme Stolzius sagen? + +Wesener. Du mußt darum den Stolzius nicht so gleich abschrecken, hör +einmal.--Nu, ich will dir schon sagen, wie du den Brief an ihn +einzurichten hast. Unterdessen schlaf Sie gesund, Meerkatze. + +Marie (küßt ihm die Hand). Gute Nacht, Pappuschka! (Da er fort ist, +tut sie einen tiefen Seufzer, und tritt ans Fenster, indem sie sich +aufschnürt.) Das Herz ist mir so schwer. Ich glaube, es wird +gewittern die Nacht. Wenn es einschlüge--(Sieht in die Höhe, die +Hände über ihre offene Brust schlagend.) Gott! was hab ich denn Böses +getan?--Stolzius--ich lieb dich ja noch--aber wenn ich nun mein +Glück besser machen kann--und Papa selber mir den Rat gibt, (zieht +die Gardine vor) trifft mich's, so trifft mich's, ich sterb nicht +anders als gerne. (Löscht ihr Licht aus.) + + + + +Zweiter Akt + + + +Erste Szene + +In Armentieres. Haudy und Stolzius spazieren an der Lys. + + +Haudy. Er muß sich dadurch nicht gleich ins Bockshorn jagen lassen, +guter Freund! ich kenne den Desportes, er ist ein Spitzbube, der +nichts sucht, als sich zu amÜsieren, er wird Ihm darum seine Braut +nicht gleich abspenstig machen wollen. + +Stolzius. Aber das Gerede, Herr Major! Stadt und Land ist voll +davon. Ich kÖnnte mich den Augenblick ins Wasser stürzen, wenn ich +dem Ding nachdenke. + +Haudy (faßt ihn unteren Arm). Er muß sich das nicht so zu Herzen +gehn lassen, zum Teufel! Man muß viel über sich reden lassen in der +Welt. Ich bin Sein bester Freund, das kann Er versichert sein, und +ich würd' es Ihm gewiß sagen, wenn Gefahr dabei wÄre. Aber es ist +nichts, Er bildet sich das nur so ein, mach Er nur, daß die Hochzeit +noch diesen Winter sein kann, solange wir noch hier in Garnison +liegen, und macht Ihm der Desportes alsdenn die geringste Unruhe, so +bin ich Sein Mann, es soll Blut kosten, das versichere ich Ihn. +Unterdessen kehr Er sich ans Gerede nicht, Er weiß wohl, die Jungfern, +die am bravsten sind, von denen wird das meiste dumme Zeug räsoniert, +das ist ganz natürlich, daß sich die jungen Fats zu rächen suchen, +die nicht haben ankommen können. + + + +Zweite Szene + +Das Kaffeehaus. Eisenhardt und Pirzel im Vordergrunde, auf einem +Sofa und trinken Kaffee. Im Hintergrunde eine Gruppe Officiers +schwatzend und lachend. + + +Eisenhardt (zu Pirzel). Es ist lächerlich, wie die Leute alle um den +armen Stolzius herschwärmen, wie Fliegen um einen Honigkuchen. Der +zupft ihn da, der stößt ihn hier, der geht mit ihm spazieren, der +nimmt ihn mit ins Cabriolet, der spielt Billard mit ihm, wie +Jagdhunde die Witterung haben. Und wie augenscheinlich sein +Tuchhandel zugenommen hat, seitdem man weiß, daß er die schöne +Jungfer heuraten wird, die neulich hier durchgegangen. + +Pirzel (faßt ihn an die Hand mit viel Energie). Woher kommt's, Herr +Pfarrer? Daß die Leute nicht denken. (Steht auf in einer sehr +malerischen Stellung, halb nach der Gruppe zugekehrt.) Es ist ein +vollkommenstes Wesen. Dieses vollkommenste Wesen kann ich entweder +beleidigen, oder nicht beleidigen. + +Einer aus der Gesellschaft (kehrt sich um). Nun fängt er schon +wieder an? + +Pirzel (sehr eifrig). Kann ich es beleidigen, (kehrt sich ganz gegen +die Gesellschaft) so würde es aufhören, das Vollkommenste zu sein. + +Ein andrer aus der Gesellschaft. Ja, ja, Pirzel, du hast recht, du +hast ganz recht. + +Pirzel (kehrt sich geschwind zum Feldprediger). Kann ich es nicht +beleidigen-- + +(Faßt ihn an die Hand, und bleibt stockstill in tiefen Gedanken.) + +Zwei, drei aus dem Haufen. Pirzel, zum Teufel! redest du mit uns? + +Pirzel (kehrt sich sehr ernsthaft zu ihnen). Meine liebe Kameraden, +ihr seid verehrungswürdige Geschöpfe Gottes, also kann ich euch nicht +anders als respektieren und hochachten, ich bin auch ein Geschöpf +Gottes, also müßt ihr mich gleichfalls in Ehren halten. + +Einer. Das wollten wir dir auch raten. + +Pirzel (kehrt sich wieder zum Pfarrer). Nun-Eisenhardt. Herr +Hauptmann, ich bin in allen Stücken Ihrer Meinung. Nur war die Frage, +wie es den Leuten in den Kopf gebracht werden könnte, vom armen +Stolzius abzulassen, und nicht Eifersucht und Argwohn in zwei Herzen +zu werfen, die vielleicht auf ewig einander glücklich gemacht haben +würden. + +Pirzel (der sich mittlerweile gesetzt hatte, steht wieder sehr hastig +auf). Wie ich Ihnen die Ehre und das Vergnügen hatte zu sagen, Herr +Pfarrer! das macht, weil die Leute nicht denken. Denken, denken, was +der Mensch ist, das ist ja meine Rede. (Faßt ihn an die Hand.) Sehen +Sie, das ist Ihre Hand, aber was ist das, Haut, Knochen, Erde, +(klopft ihm auf den Puls) da, da steckt es, das ist nur die Scheide, +da steckt der Degen drein, im Blut, im Blut-- + +(Sieht sich plötzlich herum, weil Lärm wird.) + +(Haudy tritt herein mit großem Geschrei.) + +Haudy. Leute, nun hab ich ihn, es ist der frömmste Herrgott von der +Welt. (Brüllt entsetzlich.) Madam Roux! gleich lassen Sie Gläser +schwenken, und machen uns guten Punsch zurecht. Er wird gleich hier +sein, ich bitte euch, geht mir artig mit dem Menschen um. + +Eisenhardt (blickt sich vor). Wer, Herr Major, wenn's erlaubt +ist-Haudy (ohne ihn anzusehen). Nichts, ein guter Freund von mir. + +(Die ganze Gesellschaft drängt sich um Haudy.) + +Einer. Hast du ihn ausgefragt, wird die Hochzeit bald sein? + +Haudy. Leute, ihr müßt mich schaffen lassen, sonst verderbt ihr mir +den ganzen Handel. Er hat ein Zutrauen zu mir, sag ich euch, wie zum +Propheten Daniel, und wenn einer von euch sich darein mengt, so ist +alles verschissen. Er ist ohnedem eifersüchtig genug, das arme Herz; +der Desportes macht ihm grausam zu schaffen, und ich hab ihn mit +genauer Not gehalten, daß er nicht ins Wasser sprang. Mein Pfiff ist, +ihm Zutrauen zu seinem Weibe beizubringen, er muß sie wohl kennen, +daß sie keine von den sturmfesten ist. Das sei euch also zur +Nachricht, daß ihr mir den Menschen nicht verderbt. + +Rammler. Was willst du doch reden, ich kenn ihn besser als du, er +hat eine feine Nase, das glaub du mir nur. + +Haudy. Und du eine noch feinere, merk ich. + +Rammler. Du meinst, das sei das Mittel, sich bei ihm +einzuschmeicheln, wenn man ihm Gutes von seiner Braut sagt. Du irrst +dich, ich kenn ihn besser, grad das Gegenteil. Er stellt sich, als +ob er dir's glaubte, und schreibt es sich hinter die Ohren. Aber +wenn man ihm seine Frau verdächtig macht, so glaubt er, daß wir's +aufrichtig mit ihm meinen-Haudy. Mit deiner erhabenen Politik, +Rotnase! Willst du dem Kerl den Kopf toll machen, meinst du, er hat +nicht Grillen genug drin. Und wenn er sie sitzen läßt, oder sich +aufhängt--so hast du's darnach. Nicht wahr, Herr Pfarrer, eines +Menschen Leben ist doch kein Pfifferling? + +Eisenhardt. Ich menge mich in Ihren Kriegsrat nicht. + +Haudy. Sie müssen mir aber doch recht geben? + +Pirzel. Meine werten Brüder und Kameraden, tut niemand Unrecht. +Eines Menschen Leben ist ein Gut, das er sich nicht selber gegeben +hat. Nun aber hat niemand ein Recht auf ein Gut, das ihm von einem +andern ist gegeben worden. Unser Leben ist ein solches Gut-Haudy +(faßt ihn an die Hand). Ja, Pirzel, du bist der bravste Mann, den +ich kenne, (setzt sich zwischen ihn und den Pfarrer) aber der Jesuit +(den Pfarr umarmend) der gern selber möchte Hahn im Korbe sein. + +Rammler (setzt sich auf die andere Seite zum Pfarrer, und zischelt +ihm in die Ohren). Herr Pfarrer, Sie sollen nur sehen, was ich dem +Haudy für einen Streich spielen werde. (Stolzius tritt herein. +Haudy springt auf.) + +Haudy. Ach, mein Bester! kommen Sie, ich habe ein gut Glas Punsch +für uns bestellen lassen, der Wind hat uns vorhin so durchgeweht. + +(Führt ihn an einen Tisch.) + +Stolzius (den Hut abziehend zu den übrigen). Meine Herren, Sie +werden mir vergeben, daß ich so dreist bin, auf Ihr Kaffeehaus zu +kommen, es ist auf Befehl des Herrn Major geschehen. (Alle ziehen +die Hüte ab, sehr höflich, und schneiden Komplimenten. Rammler steht +auf, und geht näher.) + +Rammler. O gehorsamer Diener, es ist uns eine besondere Ehre. + +Stolzius (rückt noch einmal den Hut, etwas kaltsinnig, und setzt sich +zu Haudy). Es geht ein so scharfer Wind draußen, ich meine, wir +werden Schnee bekommen. + +Haudy (eine Pfeife stopfend). Ich glaub es auch.--Sie rauchen doch, +Herr Stolzius? + +Stolzius. Ein wenig! + +Rammler. Ich weiß nicht, wo denn unser Punsch bleibt, Haudy, (steht +auf) was die verdammte Roux so lange macht. + +Haudy. Bekümmere dich um deine Sachen. (Brüllt mit einer +erschrecklichen Stimme.) Madam Roux! Licht her--und unser Punsch, wo +bleibt er? + +Stolzius. O mein Herr Major, als ich Ihnen Ungelegenheit machen +sollte, würd' es mir sehr von Herzen leid tun. + +Haudy. Ganz. und gar nicht, lieber Freund, (präsentiert ihm die +Pfeife) die Lysluft kann doch wahrhaftig der Gesundheit nicht gar zu +zuträglich sein. + +Rammler (setzt sich zu ihnen an den Tisch). Haben Sie neulich +Nachrichten aus Lille gehabt. Wie befindet sich Ihre Jungfer Braut. + +(Haudy macht ihm ein Paar fürchterliche Augen, er bleibt lächelnd +sitzen.) + +Stolzius (verlegen). Zu Ihren Diensten, mein Herr aber ich bitte +gehorsamst um Verzeihung, ich weiß noch von keiner Braut, ich habe +keine. + +Rammler. Die Jungfer Wesener aus Lille, ist sie nicht Ihre Braut? +Der Desportes hat es mir doch geschrieben, daß Sie verlobt wären. + +Stolzius. Der Herr Desportes müßte es denn besser wissen, als ich. + +Haudy (rauchend). Der Rammler schwatzt immer in die Welt hinein, +ohne zu wissen, was er red't und was er will. + +Einer aus dem Haufen. Ich versichere Ihnen, Herr Stolzius, Desportes +ist ein ehrlicher Mann. + +Stolzius. Daran habe ich ja gar nicht gezweifelt. + +Haudy. Ihr Leute wißt viel vom Desportes. Wenn ihn ein Mensch +kennen kann, so muß ich es doch wohl sein, er ist mir von seiner +Mutter rekommandiert worden, als er ans Regiment kam, und hat nichts +getan, ohne mich zu Rat zu ziehen. Aber ich versichere Ihnen, Herr +Stolzius, daß Desportes ein Mensch ist, der Sentiment und Religion +hat. + +Rammler. Und wir sind Schulkameraden miteinander gewesen. Keinen +blödern Menschen mit dem Frauenzimmer habe ich noch in meinem Leben +gesehen. + +Haudy. Das ist wahr, darin hat er recht. Er ist nicht imstande, ein +Wort hervorzubringen, sobald ihn ein Frauenzimmer freundlich ansieht. + +Rammler (mit einer pedantisch plumpen Verstellung). Ich glaube in +der Tat--wo mir recht ist--ja es ist wahr, er korrespondiert noch mit +ihr, ich habe den Tag seiner Abreise einen Brief gelesen, den er an +eine Mademoiselle in Brüssel schrieb, in die er ganz zum Erstaunen +verliebt war. Er wird sie wohl nun bald heuraten, denke ich. + +Einer aus der Gesellschaft. Ich kann nur nicht begreifen, was er so +lang in Lille macht. + +Haudy. Wetter Element, wo bleibt unser Punsch denn--Madam Roux!!! + +Rammler. In Lille? O das kann euch niemand erklären, als ich. Denn +ich weiß um alle seine Geheimnisse. Aber es läßt sich nicht +öffentlich sagen. + +Haudy (verdrüßlich). So sag heraus, Narre! was hältst du hinter dem +Berge. + +Rammler (lächelnd). Ich kann euch nur so viel sagen, daß er eine +Person dort erwartet, mit der er in der Stille fortreisen will. + +Stolzius (steht auf und legt die Pfeile weg). Meine Herren, ich habe +die Ehre mich Ihnen zu empfehlen. + +Haudy (erschrocken). Was ist--wohin liebster Freund--wir werden den +Augenblick bekommen. + +Stolzius. Sie nehmen mir's nicht übel--mir ist den Moment etwas +zugestoßen. + +Haudy. Was denn?--Der Punsch wird Ihnen guttun, ich versichere Sie. + +Stolzius. Daß ich mich nicht wohl befinde, lieber Herr Major. Sie +werden mir verzeihen--erlauben Sie--aber ich kann keinen Augenblick +länger hierbleiben, oder ich falle um-Haudy. Das ist die +Rheinluft--oder war der Tabak zu stark? + +Stolzius. Leben Sie wohl. + +(Geht wankend ab.) + +Haudy. Da haben wir's. Mit euch verfluchten Arschgesichtern! + +Rammler. Ha, ha, ha, ha--(Besinnt sich eine Weile, herumgehend.) Ihr +dummen Teufels, seht ihr denn nicht, daß ich das alles mit Fleiß +angestellt habe--Herr Pfarrer, hab ich's Ihnen nicht gesagt? + +Eisenhardt. Lassen Sie mich aus dem Spiel, ich bitte Sie. + +Haudy. Du bist eine politische Gans, ich werde dir das Genick +umdrehen. + +Rammler. Und ich brech dir Arm und Bein entzwei, und werf sie zum +Fenster hinaus. (Spaziert throsonisch umher.) Ihr kennt meine Finten +noch nicht. + +Haudy. Ja du steckst voll Finten, wie ein alter Pelz voll Läuse. Du +bist ein Kerl zum Speien mit deiner Politik. + +Rammler. Und ich pariere, daß ich dich und all euch Leute hier beim +Stolzius in Sack stecke, wenn ich's darauf ansetze. + +Haudy. Hör, Rammler! es ist nur schade, daß du ein bißchen zu viel +Verstand bekommen hast, denn er macht sich selber zunicht, es geht +dir, wie einer allzuvollen Bouteille, die man umkehrt, und doch kein +Tropfen herausläuft, weil einer dem andern im Wege steht. Geh, geh, +wenn ich eine Frau habe, geb ich dir die Erlaubnis, bei ihr zu +schlafen, wenn du sie dahin bringen kannst. + +Rammler (sehr schnell auf und ab gehend). Ihr sollt nur sehen, was +ich aus dem Stolzius noch machen will. + +(Ab.) + +Haudy. Der Kerl macht einem das Gallenfieber mit seiner Dummheit. +Er kann nichts als andern Leuten das Konzept verderben. + +Einer. Das ist wahr, er mischt sich in alles. + +Mary. Er hat den Kopf immer voll Intrigen und Ränken, und meint, +andere Leute können ebensowenig darohne leben, als er. Letzt sagt' +ich dem Reitz ins Ohr, er möcht' mir doch auf morgen seine Sporen +leihen, ist er mir nicht den ganzen Tag nachgegangen, und hat mich um +Gottes willen gebeten, ich möcht' ihm sagen, was wir vorhätten. Ich +glaub, es ist ein Staatsmann an ihm verdorben. + +Ein andrer. Neulich stellt' ich mich an ein Haus, einen Brief im +Schatten zu lesen, er meinte gleich, es wär' ein Liebesbrief, der mir +aus dem Hause wär' herabgeworfen worden, und ist die ganze Nacht bis +um zwölf Uhr um das Haus herumgeschlichen. Ich dachte, ich sollte +aufbersten für Lachen, es wohnt ein alter Jude von sechzig Jahren in +dem Hause, und er hatte überall an die Straße Schildwachten +ausgestellt, die mir auflauren sollten, und ihm ein Zeichen geben, +wenn ich hereinginge. Ich habe einem von den Kerls mit drei Livres +das ganze Geheimnis abgekauft; ich dacht', ich sollte rasend werden. + +Alle. Ha, ha, ha, und er meint', es sei ein hübsch Mädchen drin. + +Mary. Hört einmal, wollt ihr einen Spaß haben, der echt ist, so +wollen wir den Juden avertieren, es sei einer da, der Absichten auf +sein Geld habe. + +Haudy. Recht, recht, daß euch die Schwerenot, wollen wir gleich zu +ihm gehen. Das soll uns eine Komödie geben, die ihresgleichen nicht +hat. Und du, Mary, bring ihn nur immer mehr auf die Gedanken, daß da +die schönste Frau in ganz Armentieres wohnt, und daß Gilbert dir +anvertraut hat, er werde diese Nacht zu ihr gehn. + + + +Dritte Szene + +In Lille. Marie weinend auf einem Lehnstuhl, einen Brief in der Hand. +Desportes tritt herein. + + +Desportes. Was fehlt Ihnen, mein goldnes Mariel, was haben Sie? + +Marie (will den Brief in die Tasche stecken). Ach-Desportes. Ums +Himmels willen, was ist das für ein Brief, der Ihnen Tränen +verursachen kann? + +Marie (etwas leiser). Sehen Sie nur, was mir der Mensch, der +Stolzius, schreibt, recht als ob er ein Recht hätte, mich +auszuschelten. (Weint wieder.) + +Desportes (liest stille). Das ist ein impertinenter Esel. Aber +sagen Sie mir, warum wechseln Sie Briefe mit solch einem Hundejungen? + +Marie (trocknet sich die Augen). Ich will Ihnen nur sagen, Herr +Baron, es ist, weil er angehalten hat um mich, und ich ihm schon so +gut als halb versprochen bin. + +Desportes. Er um Sie angehalten? Wie darf sich der Esel das +unterstehen? Warten Sie, ich will ihm den Brief beantworten. + +Marie. Ja, mein lieber Herr Baron! Und Sie können nicht glauben, +was ich mit meinem Vater auszustehen habe, er liegt mir immer in den +Ohren, ich soll mir mein Glück nicht verderben. + +Desportes. Ihr Glück--mit solch einem Lümmel. Was denken Sie doch, +liebstes Mariel, und was denkt Ihr Vater? Ich kenne ja des Menschen +seine Umstände. Und kurz und gut, Sie sind für keinen Bürger gemacht. + +Marie. Nein, Herr Baron, davon wird nichts, das sind nur leere +Hoffnungen, mit denen Sie mich hintergehen. Ihre Familie wird das +nimmermehr zugeben. + +Desportes. Das ist meine Sorge. Haben Sie Feder und Dinte, ich will +dem Lumpenhund seinen Brief beantworten, warten Sie einmal. + + +Marie. Nein, ich will selber schreiben. + +(Setzt sich an den Tisch, und macht das Schreibzeug zurecht, er +stellt sich ihr hinter die Schulter.) + +Desportes. So will ich Ihnen diktieren. + +Marie. Das sollen Sie auch nicht. + +(Schreibt..) + +Desportes (liest ihr über die Schulter). Monsieur--Flegel setzen Sie +dazu. + +(Tunkt eine Feder ein und will dazu schreiben.) + +Marie (beide Arme über den Brief ausbreitend). Herr Baron-- + +(Sie fangen an zu scheckern, sobald sie den Arm rückt, macht er Miene +zu schreiben, nach vielem Lachen gibt sie ihm mit der nassen Feder +eine große Schmarre übers Gesicht. Er läuft zum Spiegel, sich +abzuwischen, sie schreibt fort.) + +Desportes. Ich belaure Sie doch. (Er kommt näher, sie droht ihm mit +der Feder, endlich steckt sie das Blatt in die Tasche, er will sie +daran verhindern, sie ringen zusammen, Marie kützelt ihn, er macht +ein erbärmliches Geschrei, bis er endlich halb atemlos auf den +Lehnstuhl fällt.) + +Wesener (tritt herein). Na, was gibt's--die Leute von der Straße +werden bald hereinkommen. + +Marie (erholt sich). Papa, denkt doch, was der grobe Flegel, der +Stolzius, mit für einen Brief schreibt, er nennt mich Ungetreue! denk +doch, als ob ich die Säue mit ihm gehütet hätte; aber ich will ihm +antworten darauf, daß er sich nicht vermuten soll, der Grobian. + +Wesener. Zeig mir her den Brief--ei sieh doch die Jungfer +Zipfersaat--ich will ihn unten im Laden lesen. + +(Ab.) (Jungfer Zipfersaat tritt herein.) + +Marie (hier und da launigt herumknicksend). Jungfer Zipfersaat, hier +hab ich die Ehre, dir einen Baron zu präsentieren, der sterblich +verliebt in dich ist. Hier, Herr Baron, ist die Jungfer, von der wir +so viel gesprochen haben, und in die Sie sich neulich in der Komödie +so sterblich verschameriert haben. + +Jungfer Zipfersaat (beschämt). Ich weiß nicht, wie du bist, Mariel. + +Marie (einen tiefen Knicks). Jetzt können Sie Ihre Liebesdeklaration +machen. (Läuft ab, die Kammertür hinter sich zuschlagend. Jungfer +Zipfersaat ganz verlegen tritt ans Fenster. Desportes, der sie +verächtlich angesehen, paßt auf Marien, die von Zeit zu Zeit die +Kammertür ein wenig eröffnet. Endlich steckt sie den Kopf heraus: +höhnisch.) Na, seid ihr bald fertig? (Desportes sucht sich zwischen +die Tür einzuklemmen, Marie sticht ihn mit einer großen Stecknadel +fort, er schreit und läuft plötzlich heraus, um durch eine andere Tür +in jenes Zimmer zu kommen. Jungfer Zipfersaat geht ganz verdrüßlich +fort, derweil das Geschrei und Gejauchz im Nebenzimmer fortwährt. +Weseners alte Mutter kriecht durch die Stube, die Brille auf der Nase, +setzt sich in eine Ecke des Fensters, und strickt und singt, oder +krächzt vielmehr mit ihrer alten rauhen Stimme.) + + Ein Mädele jung ein Würfel ist, + Wohl auf den Tisch gelegen: + Das kleine Rösel aus Hennegau + Wird bald zu Gottes Tisch gehen. + +(Zählt die Maschen ab.) + +Was lächelst so froh mein liebes Kind,Dein Kreuz wird dir'n schon +kommen.Wenn's heißt, das Rösel aus HennegauHab' nun einen Mann +genommen. + +O Kindlein mein, wie tut's mir so weh,Wie dir dein Äugelein lachen, +Und wenn ich die tausend Tränelein seh,Die werden dein Bäckelein +waschen. + +(Indessen dauert das Geschecker im Nebenzimmer fort. Die alte Frau +geht hinein, sie zu berufen.) + + + + +Dritter Akt + + + +Erste Szene + +In Armentieres. Des Juden Haus. + +Rammler (mit einigen verkleideten Leuten, die er stellt. Zum +letzten). Wenn jemand hineingeht, so huste--ich will mich unter die +Treppe verstecken, daß ich ihm gleich nachschleichen kann. + +(Verkriecht sich unter die Treppe.) + + +Aaron (sieht aus dem Fenster). Gad, was ein gewaltiger Camplat ist +das unter meinem eignen Hause. + +Mary (im Rocklor eingewickelt kommt die Gasse heran, bleibt unter des +Juden Fenster stehen, und lÄßt ein subtiles Pfeifchen hÖren). + +Aaron (leise herab). Sein Sie's, gnädiger Herr? (jener winkt.) Ich +werde soglach aufmachen. + +Mary (geht die Treppe hinauf. Einer hustet leise. Rammler schleicht +ihm auf den Zehen nach, ohne daß der sich umsieht. Der Jude macht +die TÜre auf, beide gehen hinein). + +(Der Schauplatz verwandelt sich in das Zimmer des Juden. Es ist +stockdunkel. Mary und Aaron flüstern sich in die Ohren. Rammler +schleicht immer von weitem herum, weicht aber gleich zurück, sobald +jene eine Bewegung machen.) + +Mary. Er ist hier drinne. + +Aaron. O wai mer! + +Mary. Still nur, er soll Euch kein Leides tun, laßt mit Euch machen, +was er will, und wenn er Euch auch knebelte, in einer Minute bin ich +wieder bei Euch mit der Wache, es soll ihm übel genug bekommen. Legt +Euch nur zu Bette. + +Aaron. Wenn er mich aber ams Leben bringt, he? + +Mary. Seid nur ohne Sorgen, ich bin im Augenblick wieder da. Er +kann sonst nicht überführt werden. Die Wache steht hier unten schon +parat, ich will sie nur hereinrufen. Legt Euch-- + +(Geht hinaus. Der Jude legt sich zu Bette. Rammler schleicht näher +hinan.) + +Aaron (klappt mit den Zähnen). Adonai! Adonai! + +Rammler (vor sich). Ich glaube gar, es ist eine Jüdin. (Laut, indem +er Marys Stimme nachzuahmen sucht.) Ach, mein Schätzgen, wie kalt ist +es draußen. + +Aaron (immer leiser). Adonai! + +Rammler. Du kennst mich doch, ich bin dein Mann nicht, ich bin Mary. +(Zieht sich Stiefel und Rock aus.) Ich glaube, wir werden noch +Schnee bekommen, so kalt ist es. + +(Mary mit einem großen Gefolge Officieren mit Laternen stürzen herein, +und schlagen ein abscheulich Gelächter auf. Der Jude richtet sich +erschrocken auf.) + +Haudy. Bist du toll geworden, Rammler, willst du mit dem Juden +Unzucht treiben? + +Rammler (steht wie versteinert da. Endlich zieht er seinen Degen). +Ich will euch in Kreuzmillionen Stücken zerhauen alle miteinander. +(Läuft verwirrt heraus. Die andern lachen nur noch rasender.) + +Aaron. Ich bin wäs Gad halb tot gewesen. + +(Steht auf. Die andern laufen alle Rammler nach, der Jude folgt ihnen.) + + + +Zweite Szene + +Stolzius' Wohnung. Er sitzt mit verbundenem Kopf an einem Tisch, auf +dem eine Lampe brennt, einen Brief in der Hand, seine Mutter neben +ihm. + + +Mutter (die auf einmal sich ereifert). Willst du denn nicht schlafen +gehen, du gottloser Mensch! So red doch, so sag, was dir fehlt, das +Luder ist deiner nicht wert gewesen. Was grämst du dich, was +wimmerst du um eine solche--Soldatenhure. + +Stolzius (mit dem äußersten Unwillen vom Tisch sich aufrichtend). +Mutter-Mutter. Was ist sie denn anders--du--und du auch, daß du dich +an solche Menscher hängst. + +Stolzius (faßt ihr beide Hände). Liebe Mutter, schimpft nicht auf +sie, sie ist unschuldig, der Officier hat ihr den Kopf verrückt. +Seht einmal, wie sie mir sonst geschrieben hat. Ich muß den Verstand +verlieren darüber. Solch ein gutes Herz! + +Mutter (steht auf und stampft mit dem Fuß). Solch ein Luder--Gleich +zu Bett mit dir, ich befehl es dir. Was soll daraus werden, was soll +da herauskommen. Ich will dir weisen, junger Herr, daß ich deine +Mutter bin. + +Stolzius (an seine Brust schlagend). Mariel--nein, sie ist es nicht +mehr, sie ist nicht dieselbige mehr--(Springt auf.) Laßt mich-Mutter +(weint). Wohin, du Gottsvergessener? + +Stolzius. Ich will dem Teufel, der sie verkehrt hat (Fällt kraftlos +auf die Bank, beide Hände in die Höhe.) O du sollst mir's bezahlen, +du sollst mir's bezahlen. (Kalt.) Ein Tag ist wie der andere, was +nicht heut kommt, kommt morgen, und was langsam kommt, kommt gut. +Wie heißt's in dem Liede, Mutter, wenn ein Vögelein von einem Berge +alle Jahr ein Körnlein wegtrüge, endlich würde es ihm doch gelingen. + +Mutter. Ich glaube, du phantasierst schon, (greift ihm an den Puls) +leg dich zu Bett, Karl, ich bitte dich um Gottes willen. Ich will +dich warm zudecken, was wird da herauskommen, du großer Gott, das ist +ein hitziges Fieber--um solch eine Metze-Stolzius. +Endlich--endlich--alle Tage ein Sandkorn, ein Jahr hat zehn zwanzig +dreißig hundert. (Die Mutter will ihn fortleiten.) Laßt mich, Mutter, +ich bin gesund. + +Mutter. Komm nur, komm, (ihn mit Gewalt fortschleppend) Narre!--Ich +werd dich nicht loslassen, das glaub mir nur. + +(Ab.) + + + +Dritte Szene + +In Lille. Jungfer Zipfersaat. Eine Magd aus Weseners Hause. + + +Jungfer Zipfersaat. Sie ist zu Hause, aber sie läßt sich nicht +sprechen? Denk doch, ist sie so vornehm geworden? + +Magd. Sie sagt, sie hat zu tun, sie liest in einem Buch. + +Jungfer Zipfersaat. Sag Sie ihr nur, ich hätt' ihr etwas zu sagen, +woran ihr alles in der Welt gelegen ist. + +(Marie kommt, ein Buch in der Hand. Mit nachlässigem Ton.) + +Marie. Guten Morgen, Jungfer Zipfersaat. Warum hat Sie sich nicht +gesetzt? + +Jungfer Zipfersaat. Ich kam, Ihr nur zu sagen, daß der Baron +Desportes diesen Morgen weggelaufen ist. + +Marie. Was red'st du da? + +(Ganz außer sich.) + +Jungfer Zipfersaat. Sie kann es mir glauben, er ist meinem Vetter +über die siebenhundert Taler schuldig geblieben, und als sie auf sein +Zimmer kamen, fanden sie alles ausgeräumt, und einen Zettel auf dem +Tisch, wo er ihnen schrieb, sie sollten sich keine vergebliche Mühe +geben, ihm nachzusetzen, er hab' seinen Abschied genommen, und wolle +in österreichische Dienste gehen. + +Marie (schluchzend läuft heraus und ruft). Papa! Papa! + +Wesener (hinter der Szene). Na, was ist? + +Marie. Komm Er doch geschwind herauf, lieber Papa! + +Jungfer Zipfersaat. Da sieht Sie, wie die Herren Officiers sind. +Das hätt' ich Ihr wollen zum voraus sagen. + +Wesener (kommt herein). Na, was ist--Ihr Diener, Jungfer Zipfersaat. + +Marie. Papa, was sollen wir anfangen? Der Desportes ist weggelaufen. + +Wesener. Ei sieh doch, wer erzählt dir denn so artige Histörchen. + +Marie. Er ist dem jungen Herrn Seidenhändler Zipfersaat +siebenhundert Taler schuldig geblieben, und hat einen Zettel auf dem +Tisch gelassen, daß er in seinem Leben nicht nach Flandern +wiederkommen will. + +Wesener (sehr böse). Was das ein gottloses verdammtes Gered'--(Sich +auf die Brust schlagend.) Ich sag gut für die siebenhundert Taler, +versteht Sie mich, Jungfer Zipfersaat? Und für noch einmal so viel, +wenn Sie's haben will. Ich hab mit dem Hause über die dreißig Jahr +verkehrt, aber das sind die gottsvergessenen Neider-Jungfer +Zipfersaat Das wird meinem Vetter eine große Freude machen, Herr +Wesener, wenn Sie es auf sich nehmen wollen, den guten Namen vom +Herrn Baron zu retten. + +Wesener. Ich geh mit Ihr, den Augenblick. (Sucht seinen Hut.) Ich +will den Leuten das Maul stopfen, die sich unterstehen wollen, mir +das Haus in übeln Ruf zu bringen, versteht Sie mich. + +Marie. Aber, Papa--(Ungeduldig.) Oh, ich wünschte, daß ich ihn nie +gesehen hätte. (Wesener und Jungfer Zipfersaat geben ab. Marie +wirft sich in den Sorgstuhl, und nachdem sie eine Weile in tiefen +Gedanken gesessen, ruft sie ängstlich.) Lotte!--Lotte! + +(Charlotte kommt.) + +Charlotte. Na, was willst du denn, daß du mich so rufst? + +Marie (geht ihr entgegen). Lottgen--mein liebes Lottgen (Ihr unter +dem Kinn streichelnd.) + +Charlotte. Na, Gott behüt', wo kommt das Wunder? + +Marie. Du bist auch mein allerbestes Scharlottel, du. + +Charlotte. Gewiß will sie wieder Geld von mir leihen. + +Marie. Ich will dir auch alles zu Gefallen tun. + +Charlotte. Ei was, ich habe nicht Zeit. + +(Will gehen.) + +Marie (hält sie). So hör doch--nur für einen Augenblick--kannst du +mir nicht helfen einen Brief schreiben? + +Charlotte. Ich habe nicht Zeit. + +Marie. Nur ein paar Zeilen--ich laß dir auch die Perlen vor sechs +Livres. + +Charlotte. An wem denn? + +Marie (beschämt). An den Stolzius. + +Charlotte (fängt an zu lachen). Schlägt Ihr das Gewissen? + +Marie (halb weinend). So laß doch-Charlotte (setzt sich an den +Tisch). Na, was willst ihm denn schreiben--Sie weiß, wie ungern ich +schreib. + +Marie. Ich hab so ein Zittern in den Händen--schreib so oben oder in +einer Reihe, wie du willst--Mein liebwertester Freund. + +Charlotte. Mein liebwertester Freund. + +Marie. Dero haben in Ihrem letzten Schreiben mir billige Gelegenheit +gegeben, da meine Ehre angegriffen. + +Charlotte. Angegriffen. + +Marie. Indessen müssen nicht alle Ausdrücke auf der Waagschale legen, +sondern auf das Herz ansehen, das Ihnen--wart wie soll ich nun +schreiben. + +Charlotte. Was weiß ich? + +Marie. So sag doch, wie heißt das Wort nun? + +Charlotte. Weiß ich denn, was du ihm schreiben willst. + +Marie. Daß mein Herz und-- + +(Fängt an zu weinen, und wirft sich in den Lehnstuhl. Charlotte +sieht sie an und lacht.) + +Charlotte. Na, was soll ich ihm denn schreiben? + +Marie (schluchzend). Schreib was du willst. + +Charlotte (schreibt und liest). Daß mein Herz nicht so wankelmütig +ist, als Sie es sich vorstellen--ist's so recht? + +Marie (springt auf, und sieht ihr über die Schulter). Ja, so ist's +recht, so ist's recht. (Sie umhalsend.) Mein altes Scharlottel, du + +Charlotte. Na, so laß Sie mich doch ausschreiben. + +(Marie spaziert ein paarmal auf und ab, dann springt sie plötzlich +zu ihr, reißt ihr das Papier unter dem Arm weg, und zerreißt's in +tausend Stücken.) + +Charlotte (in Wut). Na, seht doch--ist das nicht ein Luder--eben da +ich den besten Gedanken hatte--aber so eine Canaille ist sie. + +Marie. Canaille vous même. + +Charlotte (droht ihr mit dem Dintenfaß). Du-Marie. Sie sucht einen +noch mehr zu kränken, wenn man schon im Unglück ist. + +Charlotte. Luder! warum zerreißt du denn, da ich eben im besten +Schreiben bin. + +Marie (ganz hitzig). Schimpf nicht! + +Charlotte (auch halb weinend). Warum zerreißt du denn? + +Marie. Soll ich ihm denn vorlügen? (Fängt äußerst heftig an zu +weinen, und wirft sich mit dem Gesicht auf einen Stuhl.) (Wesener +tritt herein. Marie sieht auf und fliegt ihm an den Hals.) + +Marie (zitternd). Papa, lieber Papa, wie steht's--um Gottes willen, +red Er doch. + +Wesener. So sei doch nicht so närrisch, er ist ja nicht aus der Welt, +Sie tut ja wie abgeschmackt-Marie. Wenn er aber fort ist-Wesener. +Wenn er fort ist, so muß er wiederkommen, ich glaube, Sie hat den +Verstand verloren, und will mich auch wunderlich machen. Ich kenne +das Haus seit länger als gestern, sie werden doch das nicht wollen +auf sich sitzen lassen. Kurz und gut, schick herauf zu unserm +Notarius droben, ob er zu Hause ist, ich will den Wechsel, den ich +für ihn unterschrieben habe, vidimieren lassen, zugleich die Kopei +von dem Promesse de Mariage und alles den Eltern schicken. + +Marie. Ach, Papa, lieber Papa! ich will gleich selber laufen, und +ihn holen. (Läuft über Hals und Kopf ab.) + +Wesener. Das Mädel kann, Gott verzeih' mir, einem Louis quatorze +selber das Herz machen in die Hosen fallen. Aber schlecht ist das +auch von Monsieur le Baron, ich will es bei seinem Herrn Vater schon +für ihn kochen, wart du nur.--Wo bleibt sie denn? + +(Geht Marien nach.) + + + +Vierte Szene + +In Armentieres. Ein Spaziergang auf dem eingegangenen Stadtgraben. +Eisenhardt und Pirzel spazieren. + + +Eisenhardt. Herr von Mary will das Semester in Lille zubringen, was +mag das zu bedeuten haben? Er hat doch dort keine Verwandte, soviel +ich weiß. + +Pirzel. Er ist auch keiner von denen, die es weghaben. Flüchtig, +flüchtig--Aber der Obristlieutenant, das ist ein Mann. + +Eisenhardt (beiseite). Weh mir, wie bring ich den Menschen aus +seiner Metaphysik zurück--(Laut.) Um den Menschen zu kennen, müßte +man meines Erachtens bei dem Frauenzimmer anfangen. + +Pirzel (schüttelt mit dem Kopf). + +Eisenhardt (beiseite). Was die andern zuviel sind, ist der zu wenig. +O Soldatenstand, furchtbare Ehlosigkeit, was für Karikaturen machst +du aus den Menschen! + +Pirzel. Sie meinen, beim Frauenzimmer--das wär' grad, als ob man bei +den Schafen anfinge. Nein, was der Mensch ist--(Den Finger an die +Nase.) + +Eisenhardt (beiseite). Der philosophiert mich zu Tode. (Laut.) Ich +habe die Anmerkung gemacht, daß man in diesem Monat keinen Schritt +vors Tor tun kann, wo man nicht einen Soldaten mit einem Mädchen +karessieren sieht. + +Pirzel. Das macht, weil die Leute nicht denken. + +Eisenhardt. Aber hindert Sie das Denken nicht zuweilen im Exerzieren? + +Pirzel. Ganz und gar nicht, das geht so mechanisch. Haben doch die +andern auch nicht die Gedanken beisammen, sondern schweben ihnen +alleweile die schönen Mädgens vor den Augen. + +Eisenhardt. Das muß seltsame Bataillen geben. Ein ganzes Regiment +mit verrückten Köpfen muß Wundertaten tun. + +Pirzel. Das geht alles mechanisch. + +Eisenhardt. Ja, aber Sie laufen auch mechanisch. Die preußischen +Kugeln müssen Sie bisweilen sehr unsanft aus Ihren süßen Träumen +geweckt haben. + +(Gehen weiter.) + + + +Fünfte Szene + +In Lille. Marys Wohnung. Mary. Stolzius als Soldat. + + +Mary (zeichnet, sieht auf). Wer da, (sieht ihn lang an und steht +auf) Stolzius? + +Stolzius. Ja, Herr. + +Mary. Wo zum Element kommt Ihr denn her? und in diesem Rock? (Kehrt +ihn um.) Wie verändert, wie abgefallen, wie blaß? Ihr könntet mir's +hundertmal sagen, ihr wärt Stolzius, ich glaubt' es Euch nicht. + +Stolzius. Das macht der Schnurrbart, gnädiger Herr. Ich hörte, daß +Ew. Gnaden einen Bedienten brauchten, und weil ich dem Herrn +Obristen sicher bin, so hat er mir die Erlaubnis gegeben, +hierherzukommen, um allenfalls Ihnen einige Rekruten anwerben zu +helfen, und Sie zu bedienen. + +Mary. Bravo! Ihr seid ein braver Kerl! und das gefällt mir, daß Ihr +dem König dient. Was kommt auch heraus bei dem Philisterleben. Und +Ihr habt was zuzusetzen, Ihr könnt honett leben, und es noch einmal +weit bringen, ich will für Euch sorgen, das könnt Ihr versichert sein. +Kommt nur, ich will gleich ein Zimmer für Euch besprechen, Ihr +sollt diesen ganzen Winter bei mir bleiben, ich will es schon gut +machen beim Obristen. + +Stolzius. Solang ich meine Schildwachten bezahle, kann mir niemand +was anhaben. + +(Gehen ab.) + + + +Sechste Szene + +Frau Wesenern. Marie. Charlotte. + + +Frau Wesenern. Es ist eine Schande, wie sie mit ihm umgeht. Ich seh +keinen Unterscheid, wie du dem Desportes begegnet bist, so begegnest +du ihm auch. + +Marie. Was soll ich denn machen, Mama? Wenn er nun sein bester +Freund ist, und er uns allein noch Nachrichten von ihm verschaffen +kann. + +Charlotte. Wenn er dir nicht so viele PrÄsente machte, wÜrdest du +auch anders mit ihm sein. + +Marie. Soll ich ihm denn die Präsente ins Gesicht zurückwerfen? Ich +muß doch wohl hÖflich mit ihm sein, da er noch der einzige ist, der +mit ihm korrespondiert. Wenn ich ihn abschrecke, da wird schön Dings +herauskommen, er fängt ja alle Briefe auf, die der Papa an seinen +Vater schreibt, das hört Sie ja. + +Frau Wesenern. Kurz und gut, du sollst nun nicht ausfahren mit +diesem, ich leid es nicht. + +Marie. So kommen Sie denn mit, Mama! Er hat Pferd und Cabriolet +bestellt, sollen die wieder zurückfahren? + +Frau Wesenern. Was geht's mich an. + +Marie. So komm du denn mit, Lotte--Was fang ich nun an? Mama, Sie +weiß nicht, was ich alles aussteh um Ihrentwillen. + +Charlotte. Sie ist frech obenein. + +Marie. Schweig du nur still. + +Charlotte (etwas leise für sich). Soldatenmensch! + +Marie (tut als ob sie's nicht hörte, und fährt fort, sich vor dem +Spiegel zu putzen). Wenn wir den Mary beleidigen, so haben wir alles +uns selber vorzuwerfen. + +Charlotte (laut, indem sie schnell zur Stube hinausgeht). +Soldatenmensch! + +Marie (kehrt sich um). Seh Sie nur, Mama! (Die Hände faltend.) + +Frau Wesener. Wer kann dir helfen, du machst es darnach. + +(Mary tritt herein.) + +Marie (heitert schnell ihr Gesicht auf. Mit der größten Munterkeit +und Freundlichkeit ihm entgegengehend). Ihre Dienerin, Herr von Mary! +Haben Sie wohl geschlafen? + +Mary. Unvergleichlich, meine gnädige Mademoiselle! ich habe das +ganze gestrige Feuerwerk im Traum zum andernmal gesehen. + +Marie. Es war doch recht schön. + +Mary. Es muß wohl schön gewesen sein, weil es Ihre Approbation hat. + +Marie. O ich bin keine Connoisseuse von den Sachen, ich sage nur +wieder, wie ich es von Ihnen gehört habe. (Er küßt ihr die Hand, sie +macht einen tiefen Knicks.) Sie sehen uns hier noch ganz in Rumor; +meine Mutter wird gleich fertig sein. + +Mary. Madam Wesener kommen also mit? + +Frau Wesener (trocken). Wieso? Ist kein Platz für mich da? + +Mary. O ja, ich steh hinten auf, und mein Kasper kann zu Fuß +vorangehen. + +Marie. Hören Sie, Ihr Soldat gleicht sehr viel einem gewissen +Menschen, den ich ehemals gekannt habe, und der auch um mich +angehalten hat. + +Mary. Und Sie gaben ihm ein Körbchen. Daran ist auch der Desportes +wohl schuld gewesen? + +Marie. Er hat mir's eingetränkt. + +Mary. Wollen wir? + +(Er bietet ihr die Hand, sie macht ihm einen Knicks, und winkt auf +ihre Mutter, er gibt Frau Wesenern die Hand, und sie folgt ihnen.) + + + +Siebente Szene + +In Philippeville. + + +Desportes (allein, ausgezogen, in einem grünen Zimmer, einen Brief +schreibend, ein brennend Licht vor ihm. Brummt indem er schreibt). +Ich muß ihr doch das Maul ein wenig schmieren, sonst nimmt das +Briefschreiben kein Ende, und mein Vater fängt noch wohl gar einmal +einen auf. (Liest den Brief.) "Ihr bester Vater ist böse auf mich, +daß ich ihn so lange aufs Geld warten lasse, ich bitte Sie, +besänftigen Sie ihn, bis ich eine bequeme Gelegenheit finde, meinem +Vater alles zu entdecken, und ihn zu der Einwilligung zu bewegen, Sie, +meine Geliebte, auf ewig zu besitzen. Denken Sie, ich bin in der +größten Angst, daß er nicht schon einige von Ihren Briefen +aufgefangen hat, denn ich sehe aus Ihrem letzten, daß Sie viele an +mich müssen geschrieben haben, die ich nicht erhalten habe. Und das +könnte uns alles verderben. Darf ich bitten, so schreiben Sie nicht +eher an mich, als bis ich Ihnen eine neue Adresse geschickt habe, +unter der ich die Briefe sicher erhalten kann." (Siegelt zu.) Wenn +ich den Mary recht verliebt in sie machen könnte, daß sie mich +vielleicht vergißt. Ich will ihm schreiben, er soll nicht von meiner +Seite kommen, wenn ich meine anbetungswürdige Marie werde glücklich +gemacht haben, er soll ihr Cicisbeo sein, wart nur. + +(Spaziert einigemal tiefsinnig auf und nieder, dann geht er heraus.) + + + +Achte Szene + +In Lille. Der Gräfin La Roche Wohnung. Die Gräfin. Ein Bedienter. + + +Gräfin (sieht nach ihrer Uhr). Ist der junge Herr noch nicht +zurückgekommen? + +Bedienter. Nein, gnädige Frau. + +Gräfin. Gebt mir den Hauptschlüssel, und legt Euch schlafen. Ich +werde dem jungen Herrn selber aufmachen. Was macht Jungfer +Kathrinchen? + +Bedienter. Sie hat den Abend große Hitze gehabt. + +Gräfin. Geht nur noch einmal hinein, und seht, ob die Mademoiselle +auch noch munter ist. Sagt ihr nur, ich gehe nicht zu Bett, um ein +Uhr werde ich kommen, und sie ablösen. + +(Bedienter ab.) + +Gräfin (allein). Muß denn ein Kind seiner Mutter bis ins Grab +Schmerzen schaffen? Wenn du nicht mein einziger wärst, und ich dir +kein so empfindliches Herz gegeben hätte. + +(Man pocht. Sie geht heraus, und kommt wieder herein mit ihm.) + +Junge Graf. Aber, gnädige Mutter, wo ist denn der Bediente, die +verfluchten Leute, wenn es nicht so spät wäre, ich ließ den +Augenblick nach der Wache gehen, und ihm alle Knochen im Leibe +entzweischlagen. + +Gräfin. Sachte, sachte, mein Sohn. Wie, wenn ich mich nun gegen +dich so übereilte, wie du gegen den unschuldigen Menschen. + +Junge Graf. Aber es ist doch nicht auszuhalten. + +Gräfin. Ich selbst habe ihn zu Bette geschickt. Ist's nicht genug, +daß der Kerl den ganzen Tag auf dich passen muß, soll er sich auch +die Nachtruhe entziehen um deinetwillen. Ich glaube, du willst mich +lehren die Bedienten anzusehen wie die Bestien. + +Junge Graf (küßt ihr die Hand). Gnädige Mutter! + +Gräfin. Ich muß ernsthaft mit dir reden, junger Mensch! Du fängst +an mir trübe Tage zu machen. Du weißt, ich habe dich nie +eingeschränkt, mich in alle deine Sachen gemischt, als deine Freundin, +nie als Mutter. Warum fängst du mir denn jetzt an, ein Geheimnis +aus deinen Herzensangelegenheiten zu machen, da du doch sonst keine +deiner jugendlichen Torheiten vor mir geheimhieltest, und ich, weil +ich selbst ein Frauenzimmer bin, dir allezeit den besten Rat zu geben +wußte. (Sieht ihn steif an.) Du fängst an lüderlich zu werden, mein +Sohn. + +Junge Graf (ihr die Hand mit Tränen küssend). Gnädige Mutter, ich +schwöre Ihnen, ich habe kein Geheimnis für Sie. Sie haben mir nach +dem Nachtessen mit Jungfer Wesenern begegnet, Sie haben aus der Zeit +und aus der Art, mit der wir sprachen, Schlüsse gemacht--es ist ein +artig Mädchen, und das ist alles. + +Gräfin. Ich will nichts mehr wissen. Sobald du Ursache zu haben +glaubst, mir was zu verhehlen--aber bedenk auch, daß du hernach die +Folgen deiner Handlungen nur dir selber zuzuschreiben hast. Fräulein +Anklam hat hier Verwandte, und ich weiß, daß Jungfer Wesenern nicht +in dem besten Ruf steht, ich glaube, nicht aus ihrer Schuld, das arme +Kind soll hintergangen worden sein-Junge Graf (kniend). Eben das, +gnädige Mutter! eben ihr Unglück--wenn Sie die Umstände wüßten, ja +ich muß Ihnen alles sagen, ich fühle, daß ich einen Anteil an dem +Schicksal des Mädchens nehme--und doch--wie leicht ist sie zu +hintergehen gewesen, ein so leichtes, offenes, unschuldiges Herz--es +quält mich, Mama! daß sie nicht in bessere Hände gefallen ist. + +Gräfin. Mein Sohn, überlaß das Mitleiden mir. Glaube mir, (umarmt +ihn) glaube mir, ich habe kein härteres Herz als du. Aber mir kann +das Mitleiden nicht so gefährlich werden. Höre meinen Rat, folge mir. +Um deiner Ruhe willen, geh nicht mehr hin, reis aus der Stadt, reis +zu Fräulein Anklam--und sei versichert, daß es Jungfer Wesenern hier +nicht übel werden soll. Du hast ihr in mir ihre zärtlichste Freundin +zurückgelassen--versprichst du mir das? + +Junge Graf (sieht sie lange zärtlich an). Gut, Mama, ich verspreche +Ihnen alles--Nur noch ein Wort, eh' ich reise. Es ist ein +unglückliches Mädchen, das ist gewiß. + +Gräfin. Beruhige dich nur. (Ihm auf die Backen klopfend.) Ich +glaube dir's mehr, als du mir es sagen kannst. + +Junge Graf (steht auf und küßt ihr die Hand). Ich kenne Sie-- + +(Beide geben ab.) + + + +Neunte Szene + +Frau Wesenern. Marie. + + +Marie. Laß Sie nur sein, Mama! ich will ihn recht quälen. + +Frau Wesener. Ach geh doch, was? er hat sich vergessen, er ist in +drei Tagen nicht hier gewesen, und die ganze Welt sagt, er hab' sich +verliebt in kleine Madam Düval, da in der Brüssler Straße. + + +Marie. Sie kann nicht glauben, wie kompläsant der Graf gegen mich +ist. + +Frau Wesener. Ei was, der soll ja auch schon versprochen sein. + +Marie. So quäl ich doch den Mary damit. Er kommt den Abend nach dem +Nachtessen wieder her. Wenn uns doch der Mary nur einmal begegnen +wollte mit seiner Madam Düval! + +(Ein Bedienter tritt herein.) + +Bedienter. Die Gräfin La Roche läßt fragen, ob Sie zu Hause sind? + +Marie (in der äußersten Verwirrung). Ach Himmel, die Mutter vom +Herrn Grafen--Sag Er nur--Mama, so sag Sie doch, was soll er sagen. + +Frau Wesener (will gehen). + +Marie. Sag Er nur, es wird uns eine hohe Ehre--Mama! Mama! so red +Sie doch. + +Frau Wesener. Kannst du denn das Maul nicht auftun? Sag Er, es wird +uns eine hohe Ehre sein--wir sind zwar in der größten Unordnung hier. + +Marie. Nein, nein, wart Er nur, ich will selber an den Wagen +herabkommen. (Geht herunter mit dem Bedienten. Die alte Wesenern +geht fort.) + + + +Zehnte Szene + +Die Gräfin La Roche und Marie, die wieder hereinkommen. + + +Marie. Sie werden verzeihen, gnädige Frau, es ist hier alles in der +größten Rappuse. + +Gräfin. Mein liebes Kind, Sie brauchen mit mir nicht die +allergeringsten Umstände zu machen. (Faßt sie an der Hand, und setzt +sich mit ihr aufs Kanapee.) Sehen Sie mich als Ihre beste Freundin an, +(sie küssend) ich versichere Sie, daß ich den aufrichtigsten Anteil +nehme an allem, was Ihnen begegnen kann. + +Marie (sich die Augen wischend). Ich weiß nicht, womit ich die +besondere Gnade verdient habe, die Sie für mich tragen. + +Gräfin. Nichts von Gnade, ich bitte Sie. Es ist mir lieb, daß wir +allein sind, ich habe Ihnen viel, vieles zu sagen, das mir auf dem +Herzen liegt, und Sie auch manches zu fragen. (Marie sehr aufmerksam, +die Freude in ihrem Gesicht.) Ich liebe Sie, mein Engel! ich kann +mich nicht enthalten, es Ihnen zu zeigen. (Marie küßt ihr +inbrunstvoll die Hand.) Ihr ganzes Betragen hat so etwas offenes, so +etwas Einnehmendes, daß mir Ihr Unglück dadurch doppelt schmerzhaft +wird. Wissen Sie denn auch, meine neue liebe Freundin, daß man viel, +viel in der Stadt von Ihnen spricht? + +Marie. Ich weiß wohl, daß es allenthalben böse Zungen gibt. + +Gräfin. Nicht lauter böse, auch gute sprechen von Ihnen. Sie sind +unglücklich; aber Sie können sich damit trösten, daß Sie sich Ihr +Unglück durch kein Laster zugezogen. Ihr einziger Fehler war, daß +Sie die Welt nicht kannten, daß Sie den Unterscheid nicht kannten, +der unter den verschiedenen Ständen herrscht, daß Sie die Pamela +gelesen haben, das gefährlichste Buch, das eine Person aus Ihrem +Stande lesen kann. + +Marie. Ich kenne das Buch ganz und gar nicht. + +Gräfin. So haben Sie den Reden der jungen Leute zuviel getraut. + +Marie. Ich habe nur einem zuviel getraut, und es ist noch nicht +ausgemacht, ob er falsch gegen mich denkt. + +Gräfin. Gut, liebe Freundin! aber sagen Sie mir, ich bitte Sie, wie +kamen Sie doch dazu, über Ihren Stand heraus sich nach einem Mann +umzusehen. Ihre Gestalt, dachten Sie, könnte Sie schon weiter führen, +als Ihre Gespielinnen; ach liebe Freundin, eben das hätte Sie sollen +vorsichtiger machen. Schönheit ist niemals ein Mittel, eine gute +Heurat zu stiften, und niemand hat mehr Ursache zu zittern, als ein +schön Gesicht. Tausend Gefahren mit Blumen überstreut, tausend +Anbeter und keinen Freund, tausend unbarmherzige Verräter. + +Marie. Ach, gnädige Frau, ich weiß wohl, daß ich häßlich bin. + +Gräfin. Keine falsche Bescheidenheit. Sie sind schön, der Himmel +hat Sie damit gestraft. Es fanden sich Leute über Ihren Stand, die +Ihnen Versprechungen taten. Sie sahen gar keine Schwürigkeit, eine +Stufe höher zu rücken, Sie verachteten Ihre Gespielinnen, Sie +glaubten nicht nötig zu haben, sich andre liebenswürdige +Eigenschaften zu erwerben, Sie scheuten die Arbeit, Sie begegneten +jungen Mannsleuten Ihres Standes verächtlich, Sie wurden gehaßt. +Armes Kind! wie glücklich hätten Sie einen rechtschaffenen Bürger +machen können, wenn Sie diese fürtreffliche Gesichtszüge, dieses +einnehmende bezaubernde Wesen, mit einem demütigen +menschenfreundlichen Geist beseelt hätten, wie wären Sie von allen +Ihresgleichen angebetet, von allen Vornehmen nachgeahmt und bewundert +worden. Aber Sie wollten von Ihresgleichen beneidet werden. Armes +Kind, wo dachten Sie hin, und gegen welch ein elendes Glück wollten +Sie alle diese Vorzüge eintauschen? Die Frau eines Mannes zu werden, +der um Ihrentwillen von seiner ganzen Familie gehaßt und verachtet +würde. Und einem so unglücklichen Hazardspiel zu Gefallen Ihr ganzes +Glück, Ihre ganze Ehre, Ihr Leben selber auf die Karte zu setzen. Wo +dachten Sie hinaus? wo dachten Ihre Eltern hinaus? Armes betrogenes +durch die Eitelkeit gemißhandeltes Kind! (Drückt sie an ihre Brust.) +Ich wollte mein Blut hergeben, daß das nicht geschehen wäre. + +Marie (weint auf ihre Hand). Er liebte mich aber. + +Gräfin. Die Liebe eines Officiers, Marie--eines Menschen, der an +jede Art von Ausschweifung, von Veränderung gewöhnt ist, der ein +braver Soldat zu sein aufhört, sobald er ein treuer Liebhaber wird, +der dem König schwört, es nicht zu sein, und sich dafür von ihm +bezahlen läßt. Und Sie glaubten, die einzige Person auf der Welt zu +sein, die ihn, trotz des Zorns seiner Eltern, trotz des Hochmuts +seiner Familie, trotz seines Schwurs, trotz seines Charakters, trotz +der ganzen Welt, treu erhalten wollten? Das heißt, Sie wollten die +Welt umkehren.--Und da Sie nun sehen, daß es fehlgeschlagen hat, so +glauben Sie, bei andern Ihren Plan auszuführen, und sehen nicht, daß +das, was Sie für Liebe bei den Leuten halten, nichts als Mitleiden +mit Ihrer Geschichte, oder gar was Schlimmers ist. (Marie fällt vor +ihr auf die Knie, verbirgt ihr Gesicht in ihren Schoß, und schluchzt.) +Entschließ dich, bestes Kind! unglückliches Mädchen, noch ist es +Zeit, noch ist der Abgrund zu vermeiden, ich will sterben, wenn ich +dich nicht herausziehe. Lassen Sie sich alle Anschläge auf meinen +Sohn vergehen, er ist versprochen, die Fräulein Anklam hat seine Hand +und sein Herz. Aber kommen Sie mit in mein Haus, Ihre Ehre hat einen +großen Stoß gelitten, das ist der einzige Weg, sie wiederherzustellen. +Werden Sie meine Gesellschafterin, und machen Sie sich gefaßt, in +einem Jahr keine Mannsperson zu sehen. Sie sollen mir meine Tochter +erziehen helfen--kommen Sie, wir wollen gleich zu Ihrer Mutter gehen, +und sie um Erlaubnis bitten, daß Sie mit mir fahren dürfen. + +Marie (hebt den Kopf rührend aus ihrem Schoß auf). Gnädige Frau--es +ist zu spät. + +Gräfin (hastig). Es ist nie zu spät, vernünftig zu werden. Ich +setze Ihnen tausend Taler zur Aussteuer aus, ich weiß, daß Ihre +Eltern Schulden haben. + +Marie (noch immer auf den Knien halb rückwärts fallend, mit +gefaltenen Händen). Ach, gnädige Frau, erlauben Sie mir, daß ich +mich drüber bedenke--daß ich alles das meiner Mutter vorstelle. + + +Gräfin. Gut, liebes Kind, tun Sie Ihr Bestes--Sie sollen +Zeitvertreib genug bei mir haben, ich will Sie im Zeichnen, Tanzen +und Singen unterrichten lassen. + +Marie (fällt auf ihr Gesicht). O gar zu, gar zu gnädige Frau! + +Gräfin. Ich muß fort--Ihre Mutter würde mich in einem wunderlichen +Zustand antreffen. (Geht schnell ab, sieht noch durch die Tür hinein +nach Marien, die noch immer wie im Gebet liegt.) Adieu, Kind! + +(Ab.) + + + + +Vierter Akt + + + +Erste Szene + +Mary. Stolzius. + + +Mary. Soll ich dir aufrichtig sagen, Stolzius, wenn der Desportes +das MÄdchen nicht heuratet, so heurate ich's. Ich bin zum +Rasendwerden verliebt in sie. Ich habe schon versucht, mir die +Gedanken zu zerstreuen, du weißt wohl, mit der DÜval, und denn +gefällt mir die Wirtschaft mit dem Grafen gar nicht, und daß die +Gräfin sie nun gar ins Haus genommen hat, aber alles das--verschlägt +doch nichts, ich kann mir die Narrheit nicht aus dem Kopf bringen. + +Stolzius. Schreibt denn der Desportes gar nicht mehr? + +Mary. Ei freilich schreibt er. Sein Vater hat ihn neulich wollen zu +einer Heurat zwingen, und ihn vierzehn Tage bei Wasser und Brot +eingesperrt--(Sich an den Kopf schlagend.) Und wenn ich noch so +denke, wie sie neulich im Mondschein mit mir spazierenging, und mir +ihre Not klagte, wie sie manchmal mitten in der Nacht aufspränge, +wenn ihr die schwermütigen Gedanken einkämen, und nach einem Messer +suchte. + +Stolzius (zittert). + +Mary. Ich fragte, ob sie mich auch liebte. Sie sagte, sie liebte +mich zärtlicher, als alle ihre Freunde und Verwandten, und drückte +meine Hand gegen ihre Brust. + +Stolzius (wendet sein Gesicht gegen die Wand). + +Mary. Und als ich sie um ein Schmätzchen bat, so sagte sie, wenn es +in ihrer Gewalt stünde, mich glücklich zu machen, so täte sie es +gewiß. So aber müßte ich erst die Erlaubnis vom Desportes haben. +--(Faßt Stolzius hastig an.) Kerl, der Teufel soll mich holen, wenn +ich sie nicht heurate, wenn der Desportes sie sitzenläßt. + +Stolzius (sehr kalt). Sie soll doch recht gut mit der Gräfin sein. + +Mary. Wenn ich nur wüßte, wie man sie zu sprechen bekommen kÖnnte. +Erkundige dich doch. + + + +Zweite Szene + +In Armentieres. Desportes in der Prison. Haudy bei ihm. + + +Desportes. Es ist mir recht lieb, daß ich in Prison itzt bin, so +erfährt kein Mensch, daß ich hier sei. + +Haudy. Ich will den Kameraden allen verbieten, es zu sagen. + +Desportes. Vor allen Dingen, daß es nur der Mary nicht erfährt. + +Haudy. Und der Rammler. Der ohnedem so ein großer Freund von dir +sein will, und sagt, er ist mit Fleiß darum ein paar Wochen später +zum Regiment gekommen, um dir die Anciennität zu lassen. + +Desportes. Der Narr! + +Haudy. O hör, neulich ist wieder ein Streich mit ihm gewesen, der +zum Fressen ist. Du weißt, der Gilbert logiert bei einer alten +krummen schielenden Witwe, bloß um ihrer schönen Cousine willen, nun +gibt er alle Wochen der zu Gefallen ein Konzert im Hause, einmal +besäuft sich mein Rammler, und weil er meint, die Cousine schläft +dort, so schleicht er sich vom Nachtessen weg, und nach seiner +gewöhnlichen Politik oben auf in der Witwe Schlafzimmer, zieht sich +aus, und legt sich zu Bette. Die Witwe, die sich auch den Kopf etwas +warm gemacht hat, bringt noch erst ihre Cousine, die auf der +Nachbarschaft wohnt, mit der Laterne nach Hause, wir meinen, unser +Rammler ist nach Hause gegangen, sie steigt hernach in ihr Zimmer +herauf, will sich zu Bett legen, und find't meinen Monsieur da, der +in der äußersten Konfusion ist. Er entschuldigt sich, er habe die +Gelegenheit vom Hause nicht gewußt, sie transportiert ihn ohne viele +Mühe wieder herunter, und wir lachen uns über den Mißverstand die +Bäuche fast entzwei. Er bittet sie und uns alle um Gottes willen, +doch keinem Menschen was von der Historie zu sagen. Du weißt nun +aber, wie der Gilbert ist, der hat's nun alles dem Mädel +wiedererzählt, und die hat dem alten Weibe steif und fest in den Kopf +gesetzt, Rammler wäre verliebt in sie. In der Tat hat er auch ein +Zimmer in dem Hause gemietet, vielleicht um sie zu bewegen, nicht +Lärm davon zu machen. Nun solltest du aber dein Himmelsgaudium haben, +ihn und das alte Mensch in Gesellschaft beisammen zu sehen. Sie +minaudiert und liebäugelt, und verzerrt ihr schiefes runzlichtes +Gesicht gegen ihn, daß man sterben möchte, und er mit seiner roten +Habichtsnase und den stieren erschrocknen Augen--siehst du, es ist +ein Anblick, an den man nicht denken kann, ohne zu zerspringen. + +Desportes. Wenn ich wieder frei werde, soll doch mein erster Gang zu +Gilbert sein. Meine Mutter wird nächstens an den Obristen schreiben, +das Regiment soll für meine Schulden gut sagen. + + + +Dritte Szene + +In Lille. Ein Gärtchen an der Gräfin La Roche Hause. + + +Die Gräfin (in einer Allee). Was das Mädchen haben mag, daß es so +spät in den Garten hinausgegangen ist. Ich fürchte, ich fürchte, es +ist etwas Abgered'tes. Sie zeichnet zerstreut, spielt die Harfe +zerstreut, ist immer abwesend, wenn ihr der Sprachmeister was +vorsagt--still, hör ich nicht jemand--ja, sie ist oben im Lusthause, +und von der Straße antwortet ihr jemand. (Lehnt ihr Ohr an die grüne +Wand des Gartens.) + +(Hinter der Szene.) + +Marys Stimme. Ist das erlaubt, alle Freunde, alles, was Ihnen lieb +war, so zu vergessen? + +Mariens Stimme. Ach lieber Herr Mary, es tut mir leid genug, aber es +muß schon so sein. Ich versichere Ihnen, die Frau Gräfin ist die +scharmanteste Frau, die auf Gottes Erdboden ist. + +Mary. Sie sind ja aber wie in einem Kloster da, wollen Sie denn gar +nicht mehr in die Welt? Wissen Sie, daß Desportes geschrieben hat, +er ist untröstlich, er will wissen, wo Sie sind, und warum Sie ihm +nicht antworten? + +Marie. So?--Ach ich muß ihn vergessen, sagen Sie ihm das, er soll +mich nur auch vergessen. + +Mary. Warum denn?--Grausame Mademoiselle! ist das erlaubt, Freunden +so zu begegnen. + +Marie. Es kann nun schon nicht anders sein--Ach Herr Gott, ich höre +jemand im Garten unten. Adieu, Adieu--Flattieren Sie sich nur +nicht--(Kommt herunter.) + +Gräfin. So, Marie! ihr gebt euch Rendezvous? + +Marie (äußerst erschrocken). Ach, gnädige Frau--es war ein +Verwandter von mir--mein Vetter, und der hat nun erst erfahren, wo +ich bin-Gräfin (sehr ernsthaft). Ich habe alles gehört. + +Marie (halb auf den Knien). Ach Gott! so verzeihen Sie mir nur +diesmal. + +Gräfin. Mädchen, du bist wie das Bäumchen hier im Abendwinde, jeder +Hauch verändert dich. Was denkst du denn, daß du hier unter meinen +Augen den Faden mit dem Desportes wieder anzuspinnen denkst, dir +Rendezvous mit seinen guten Freunden gibst. Hätt' ich das gewußt, +ich hätte mich deiner nicht angenommen. + +Marie. Verzeihen Sie mir nur diesmal! + +Gräfin. Ich verzeih es dir niemals, wenn du wider dein eigen Glück +handelst. Geh. (Marie geht ganz verzweiflungsvoll ab.) + +Gräfin (allein). Ich weiß nicht, ob ich dem Mädchen ihren Roman fast +mit gutem Gewissen nehmen darf. Was behält das Leben für Reiz übrig, +wenn unsre Imagination nicht welchen hineinträgt, Essen, Trinken, +Beschäftigungen ohne Aussicht, ohne sich selbst gebildetem Vergnügen +sind nur ein gefristeter Tod. Das fühlt sie auch wohl, und stellt +sich nur vergnügt. Wenn ich etwas ausfindig machen könnte, ihre +Phantasei mit meiner Klugheit zu vereinigen, ihr Herz, nicht ihren +Verstand zu zwingen, mir zu folgen. + + + +Vierte Szene + +In Armentieres. + + +Desportes (im Prison, hastig auf- und abgehend, einen Brief in der +Hand). Wenn sie mir hierher kommt, ist mein ganzes Glück +verdorben--zu Schand und Spott bei allen Kameraden. (Setzt sich und +schreibt.)--Mein Vater darf sie auch nicht sehen- + +Fünfte Szene + +In Lille. Weseners Haus. Der alte Wesener. Ein Bedienter der +Gräfin. + +Wesener. Marie fortgelaufen--! Ich bin des Todes. (Läuft heraus. +Der Bediente folgt ihm.) + + + +Sechste Szene + +Marys Wohnung. Mary. Stolzius, der ganz bleich und verwildert +dasteht. + + +Mary. So laßt uns ihr nachsetzen zum tausend Element. Ich bin +schuld an allem. Gleich lauf hin und bring Pferde her. + +Stolzius. Wenn man nur wissen könnte, wohin-Mary. Nach Armentieres. +Wo kann sie anders hin sein. + +(Beide ab.) + + + +Siebente Szene + +Weseners Haus. Frau Wesener und Charlotte in Kappen. Wesener kommt +wieder. + + +Wesener. Es ist alles umsonst. Sie ist nirgends ausfindig zu machen. +(Schlägt in die Hände.) Gott!--wer weiß, wo sie sich ertränkt hat! + +Charlotte. Wer weiß aber noch, Papa-Wesener. Nichts. Die Boten der +Frau Gräfin sind wiedergekommen, und es ist noch keine halbe Stunde, +daß man sie vermißt hat. Zu jedem Tor ist einer herausgeritten, und +sie kann doch nicht aus der Welt sein in so kurzer Zeit. + + + +Achte Szene + +In Philippeville. + + +Desportes' Jäger (einen Brief von seinem Herrn in der Hand). Oh! da +kommt mir ja ein schönes Stück Wildpret recht ins Garn hereingelaufen. +Sie hat meinem Herrn geschrieben, sie würde grad' nach +Philippeville zu ihm kommen, (sieht in den Brief.) zu Fuß--o das arme +Kind--ich will dich erfrischen. + + + +Neunte Szene + +In Armentieres. Ein Konzert im Hause der Frau Bischof. Verschiedene +Damen im Kreise um das Orchester, unter denen auch Frau Bischof und +ihre Cousine. Verschiedene Officiere, unter denen auch Haudy, +Rammler, Mary, Desportes, Gilbert, stehen vor ihnen und unterhalten +die Damen. + + +Mademoiselle Bischof (zu Rammler). Und Sie sind auch hier eingezogen, +Herr Baron? + +Rammler (verbeugt sich stillschweigend, und wird rot über und über). + +Haudy. Er hat sein Logis im zweiten Stock genommen, grad' gegenüber +Ihrer Frau Base Schlafkammer. + +Mademoiselle Bischof. Das hab ich gehört. Ich wünsche meiner Base +viel Glück. + +Madame Bischof (schielt und lächelt auf eine kokette Art). He, he, +he, der Herr Baron wäre wohl nicht eingezogen, wenn ihm nicht der +Herr von Gilbert mein Haus so rekommandiert hätte. Und zum andern +begegne ich allen meinen Herren auf eine solche Art, daß sie sich +nicht über mich werden zu beklagen haben. + +Mademoiselle Bischof. Das glaub ich, Sie werden sich gut miteinander +vertragen. + +Gilbert. Es ist mit alledem so ein kleiner Haken unter den beiden, +sonst wäre Rammler nicht hier eingezogen. + +Madame Bischof. So? (Hält den Fächer vorm Gesicht.) He he he, +seiter wenn denn, meinten Sie Herr von Gilbert, seiter wenn denn? + +Haudy. Seit dem letzten Konzertabend, wissen Sie wohl, Madame. + +Rammler (zupft Haudy). Haudy! + +Madame Bischof (schlägt ihn mit dem Fächer). Unartiger Herr Major! +müssen Sie denn auch alles gleich herausplappern. + +Rammler. Madame! ich weiß gar nicht, wie wir so familiär miteinander +sollten geworden sein, ich bitte mir's aus-Madame Bischof (sehr böse). +So, Herr? und Sie wollen sich noch mausig machen, und zum andern +müßten Sie sich das noch für eine große Ehre halten, wenn eine Frau +von meinem Alter und von meinem Charakter sich familiär mit Ihnen +gemacht hätte, und denk doch einmal, was er sich nicht einbild't, der +junge Herr. + +Alle Officiers. Ach Rammler--Pfui Rammler--das ist doch nicht recht, +wie du der Madam begegnest. + +Rammler. Madame, halten Sie das Maul, oder ich brech Ihnen Arm und +Bein entzwei, und werf Sie zum Fenster hinaus. + +Madame Bischof (steht wütend auf). Herr, komm Er--(faßt ihn an Arm) +den Augenblick komm Er, probier Er, mir was Leids zu tun. + +Alle. In die Schlafkammer, Rammler, sie fodert dich heraus. + +Madame Bischof. Wenn Er sich noch breitmacht, so werf ich Ihn zum +Hause heraus, weiß Er das. Und der Weg zum Kommendanten ist nicht +weit. (Fängt an zu weinen.) Denk doch, mir in meinem eigenen Hause +Impertinenzien zu sagen, der impertinente Flegel-Mademoiselle Bischof. +Nun still doch, Bäslein, der Herr Baron hat es ja so übel nicht +gemeint. Er hat ja nur gespaßt, so sei Sie doch ruhig. + +Gilbert. Rammler, sei vernünftig, ich bitte dich. Was für Ehre hast +du davon, ein alt Weib zu beleidigen. + +Rammler. Ihr könnt mir alle--(Läuft heraus.) + +Mary. Ist das nicht lustig, Desportes? Was fehlt dir? Du lachst ja +nicht. + +Desportes. Ich hab erstaunende Stiche auf der Brust. Der Katarrh +wird mich noch umbringen. + +Mary. Ist das aber nicht zum Zerspringen mit dem Original? Sahst du, +wie er braun und blau um die Nase ward für Ärgernis. Ein andrer +würde sich lustig gemacht haben mit der alten Vettel. + +(Stolzius kommt herein und zupft Mary.) + +Mary. Was ist? + +Stolzius. Nehmen Sie doch nicht ungnädig, Herr Lieutenant! wollen +Sie nicht auf einen Augenblick in die Kammer kommen? + +Mary. Was gibt's denn? Habt Ihr wo was erfahren? + +Stolzius (schüttelt mit dem Kopf). + +Mary. Nun denn--(geht etwas weiter vorwärts) so sagt nur hier. + +Stolzius. Die Ratten haben die vorige Nacht Ihr bestes Antolagenhemd +zerfressen, eben als ich den Wäschschrank aufmachte, sprangen mir +zwei, drei entgegen. + +Mary. Was ist daran gelegen?--Laßt Gift aussetzen. + +Stolzius. Da muß ich ein versiegeltes Zettelchen von Ihnen haben. + +Mary (unwillig). Warum kommt Ihr mir denn just jetzt? + +Stolzius. Auf den Abend hab ich nicht Zeit, Herr Lieutenant--ich muß +heute noch bei der Lieferung von den Montierungsstücken sein. + +Mary. Da habt Ihr meine Uhr, Ihr könnt ja mit meinem Petschaft +zusiegeln. (Stolzius geht ab--Mary tritt wieder zur Gesellschaft.) +(Eine Symphonie hebt an.) + +Desportes (der sich in einen Winkel gestellt hat, für sich). Ihr +Bild steht unaufhörlich vor mir--Pfui Teufel! fort mit den Gedanken. +Kann ich dafür, daß sie so eine wird. Sie hat's ja nicht besser +haben wollen. + +(Tritt wieder zur andern Gesellschaft, und hustet erbärmlich.) + +Mary (steckt ihm ein Stück Lakritz in den Mund. Er erschrickt. Mary +lacht). + + + +Zehnte Szene + +In Lille. Weseners Haus. Frau Wesener. Ein Bedienter der Gräfin. + + +Frau Wesener. Wie? Die Frau Gräfin haben sich zu Bett gelegt vor +Alteration? Vermeld Er unsern untertänigsten Respekt der Frau Gräfin +und der Fräulein, mein Mann ist nach Armentieres gereist, weil ihm +die Leute alles im Hause haben versiegeln wollen wegen der Kaution, +und er gehört hat, daß der Herr von Desportes beim Regiment sein soll. +Und es tut uns herzlich leid, daß die Frau Gräfin sich unser +Unglück so zu Herzen nimmt. + + + +Eilfte Szene + +In Armentieres. + +Stolzius (geht vor einer Apothek' herum. Es regnet). Was zitterst +du?--Meine Zunge ist so schwach, daß ich fürchte, ich werde kein +einziges Wort hervorbringen können. Er wird mir's ansehen--Und +müssen denn die zittern, die Unrecht leiden, und die allein fröhlich +sein, die Unrecht tun!--Wer weiß, zwischen welchem Zaun sie jetzt +verhungert. Herein, Stolzius. Wenn's nicht für ihn ist, so ist's +doch für dich. Und das ist ja alles, was du wünschest-- + +(Geht hinein.) + + + + +FÜnfter Akt + + + +Erste Szene + +Auf dem Wege nach Armentieres. + + +Wesener (der ausruht). Nein, keine Post nehm ich nicht, und sollt' +ich hier liegen bleiben. Mein armes Kind hat mich genug gekostet, +eh' sie zu der GrÄfin kam, das mußte immer die Staatsdame gemacht +sein, und Bruder und Schwester sollen's ihr nicht vorzuwerfen haben. +Mein Handel hat auch nun schon zwei Jahr' gelegen--wer weiß, was +Desportes mit ihr tut, was er mit uns allen tut--denn bei ihm ist sie +doch gewiß. Man muß Gott vertrauen-- + +(Bleibt in tiefen Gedanken.) + + + +Zweite Szene + + +Marie (auf einem andern Wege nach Armentieres unter einem Baum ruhend, +zieht ein Stück trockenes Brot aus der Tasche). Ich habe immer +geglaubt, daß man von Brot und Wasser allein leben kÖnnte. (Nagt +daran.) O hätt' ich nur einen Tropfen von dem Wein, den ich so oft +aus dem Fenster geworfen--womit ich mir in der Hitze die Hände +wusch--(Kontorsionen.) O das quält--nun ein Bettelmensch--(Sieht das +Stück Brot an.) Ich kann's nicht essen, Gott weiß es. Besser +verhungern. (Wirft das Stück Brot hin, und rafft sich auf.) Ich will +kriechen, so weit ich komme, und fall ich um, desto besser. + + + +Dritte Szene + +In Armentieres. Marys Wohnung. Mary und Desportes sitzen beide +ausgekleidet an einem kleinen gedeckten Tisch. Stolzius nimmt +Servietten aus. + + +Desportes. Wie ich dir sage, es ist eine Hure vom Anfang an gewesen, +und sie ist mir nur darum gut gewesen, weil ich ihr Präsente machte. +Ich bin ja durch sie in Schulden gekommen, daß es erstaunend war, sie +hätte mich um Haus und Hof gebracht, hätt' ich das Spiel länger +getrieben. Kurzum, Herr Bruder, eh' ich's mich versehe, krieg ich +einen Brief von dem Mädel, sie will zu mir kommen nach Philippeville. +Nun stell dir das Spektakel vor, wenn mein Vater die hätte zu sehen +gekriegt. (Stolzius wechselt einmal ums andere die Servietten um, um +Gelegenheit zu haben, länger im Zimmer zu bleiben.) Was zu tun, ich +schreib meinem Jäger, er soll sie empfangen, und ihr so lange +Stubenarrest auf meinem Zimmer ankündigen, bis ich selber wieder nach +Philippeville zurückkäme, und sie heimlich zum Regiment abholte. +Denn sobald mein Vater sie zu sehen kriegte, wäre sie des Todes. Nun +mein Jäger ist ein starker robuster Kerl, die Zeit wird ihnen schon +lang werden auf einer Stube allein. Was der nun aus ihr macht, will +ich abwarten, (lacht höhnisch) ich hab ihm unter der Hand zu +verstehen gegeben, daß es mir nicht zuwider sein würde. + +Mary. Hör, Desportes, das ist doch malhonett. + +Desportes. Was malhonett, was willst du--Ist sie nicht versorgt +genug, wenn mein Jäger sie heuratet? Und für so eine- Mary. Sie war +doch sehr gut angeschrieben bei der Gräfin. Und hol mich der Teufel, +Bruder, ich hätte sie geheuratet, wenn mir nicht der junge Graf in +die Quer' gekommen wäre, denn der war auch verflucht gut bei ihr +angeschrieben. + +Desportes. Da hättest du ein schön Sauleder an den Hals bekommen. + +(Stolzius geht heraus.) + +Mary (ruft ihm nach). Macht, daß der Herr seine Weinsuppe bald +bekommt--Ich weiß nicht, wie es kam, daß der Mensch mit ihr bekannt +ward, ich glaube gar, sie wollte mich eifersüchtig machen, denn ich +hatte eben ein paar Tage her mit ihr gemault. Das hätt' alles noch +nichts zu sagen gehabt, aber einmal kam ich hin, es war in den +heißesten Hundstagen, und sie hatte eben wegen der Hitze nur ein +dünnes, dünnes Röckchen von Nesseltuch an, durch das ihre schönen +Beine durchschienen. Sooft sie durchs Zimmer ging, und das Röckchen +ihr so nachflatterte--hör, ich hätte die Seligkeit drum geben mögen, +die Nacht bei ihr zu schlafen. Nun stell dir vor, zu allem Unglück +muß den Tag der Graf hinkommen, nun kennst du des Mädels Eitelkeit. +Sie tat wie unsinnig mit ihm, ob nun mich zu schagrinieren, oder weil +solche Mädchens gleich nicht wissen, woran sie sind, wenn ein Herr +von hohem Stande sich herabläßt, Ihnen ein freundlich Gesicht zu +weisen. (Stolzius kommt herein, trägt vor Desportes auf, und stellt +sich totenbleich hinter seinen Stuhl.) Mir ging's wie dem +überglühenden Eisen, das auf einmal kalt wie Eis wird. (Desportes +schlingt die Suppe begierig in sich.) Aller Appetit zu ihr verging +mir. Von der Zeit an hab ich ihr nie wieder recht gut werden können. +Zwar wie ich hörte, daß sie von der Gräfin weggelaufen sei. + +Desportes (im Essen). Was reden wir weiter von dem Knochen? Ich +will dir sagen, Herr Bruder, du tust mir einen Gefallen, wenn du mir +ihrer nicht mehr erwähnst. Es ennuyiert mich, wenn ich an sie denken +soll. + +(Schiebt die Schale weg.) + +Stolzius (hinter dem Stuhl, mit verzerrtem Gesicht). Wirklich? +(Beide sehen ihn an voll Verwunderung.) + +Desportes (hält sich die Brust). Ich kriege Stiche--Aye!-Mary + +(steif den Blick auf Stolzius geheftet, ohne ein Wort zu sagen). + +Desportes (wirft sich in einen Lehnstuhl).--Aye!--(mit Kontorsionen.) +Mary!-Stolzius (springt hinzu, faßt ihn an die Ohren, und heftet sein +Gesicht auf das seinige. Mit fürchterlicher Stimme). Marie!--Marie! +--Marie! + +(Mary zieht den Degen, und will ihn durchbohren.) + +Stolzius (kehrt sich kaltblütig um, und faßt ihm in den Degen).Geben +Sie sich keine Mühe, es ist schon geschehen. Ich sterbe vergnügt, da +ich den mitnehmen kann. + +Mary (läßt ihm den Degen in der Hand, und läuft heraus). Hülfe! +--Hülfe!-Desportes. Ich bin vergiftet. + +Stolzius. Ja, Verräter, das bist du--und ich bin Stolzius, dessen +Braut du zur Hure machtest. Sie war meine Braut. Wenn ihr nicht +leben könnt, ohne Frauenzimmer unglücklich zu machen, warum wendet +ihr euch an die, die euch nicht widerstehen können, die euch aufs +erst Wort glauben.--Du bist gerochen, meine Marie! Gott kann mich +nicht verdammen. + +(Sinkt nieder.) + +Desportes. Hülfe! + +(Nach einigen Verzuckungen stirbt er gleichfalls) + + + +Vierte Szene + +Wesener spaziert an der Lys in tiefen Gedanken. Es ist Dämmerung. +Eine verhüllte Weibsperson zupft ihn am Rock. + + +Wesener. Laß Sie mich--ich bin kein Liebhaber von solchen Sachen. + +Die Weibsperson (mit halb unvernehmlicher Stimme). Um Gottes willen, +ein klein Almosen, gnädiger Herr! + +Wesener. Ins Arbeitshaus mit Euch. Es sind hier der lüderlichen +Bälge die Menge, wenn man allen Almosen geben sollte, hätte man viel +zu tun. + +Weibsperson. Gnädiger Herr, ich bin drei Tage gewesen, ohne einen +Bissen Brot in Mund zu stecken, haben Sie doch die Gnade, und führen +mich in ein Wirtshaus, wo ich einen Schluck Wein tun kann. + +Wesener. Ihr lüderliche Seele! schämt Ihr Euch nicht, einem honetten +Mann das zuzumuten? Geht, lauft Euern Soldaten nach. + +Weibsperson (geht fort, ohne zu antworten). + +Wesener. Mich deucht, sie seufzte so tief. Das Herz wird mir so +schwer. (Zieht den Beutel hervor.) Wer weiß, wo meine Tochter itzt +Almosen heischt. (Läuft ihr nach, und reicht ihr zitternd ein Stück +Geld.) Da hat Sie einen Gulden--aber bessere Sie sich. + +Weibsperson (fängt an zu weinen). O Gott! (Nimmt das Geld und fällt +halb ohnmächtig nieder.) Was kann mir das helfen? + +Wesener (kehrt sich ab und wischt sich die Augen. Zu ihr ganz außer +sich). Wo ist Sie her? + +Weibsperson. Das darf ich nicht sagen--Aber ich bin eines honetten +Mannes Tochter. + +Wesener. War Ihr Vater ein Galanteriehändler? + +Weibsperson (schweigt stille). + +Wesener. Ihr Vater war ein honetter Mann?--Steh Sie auf, ich will +Sie in mein Haus führen. (Sucht ihr aufzuhelfen.) + +Wesener. Wohnt Ihr Vater nicht etwan in Lille-- + +(Beim letzten Wort fällt sie ihm um den Hals.) + +Wesener (schreie laut). Ach meine Tochter! + +Marie. Mein Vater! (Beide wälzen sich halbtot auf der Erde. Eine +Menge Leute versammlen sich um sie, und tragen sie fort.) + + + +Fünfte und letzte Szene + +Des Obristen Wohnung. Der Obriste Graf von Spannheim. Die Gräfin La +Roche. + + +Gräfin. Haben Sie die beiden Unglücklichen gesehen? Ich habe das +Herz noch nicht. Der Anblick tötete mich. + +Obrister. Er hat mich zehn Jahre älter gemacht. Und daß das bei +meinem Corps--ich will dem Mann alle seine Schulden bezahlen, und +noch tausend Taler zu seiner Schadloshaltung obenein. Hernach will +ich sehen, was ich bei dem Vater des Bösewichts für diese durch ihn +verwüstete Familie auswirken kann. + +Gräfin. Würdiger Mann! nehmen Sie meinen heißesten Dank in dieser +Träne--das beste liebenswürdigste Geschöpf! was für Hoffnungen fing +ich nicht schon an von ihr zu schöpfen. + +(Sie weint.) + +Obrister. Diese Tränen machen Ihnen Ehre. Sie erweichen auch mich. +Und warum sollte ich nicht weinen, ich, der fürs Vaterland streiten +und sterben soll; einen Bürger desselben durch einen meiner +Untergebenen mit seinem ganzen Hause in den unwiederbringlichsten +Untergang gestürzt zu sehen. + +Gräfin. Das sind die Folgen des ehlosen Standes der Herren Soldaten. + +Obrister (zuckt die Schultern). Wie ist dem abzuhelfen? Schon Homer +hat, deucht mich, gesagt, ein guter Ehmann sei ein schlechter Soldat. +Und die Erfahrung bestätigt's.--Ich habe allezeit eine besondere +Idee gehabt, wenn ich die Geschichte der Andromeda gelesen. Ich sehe +die Soldaten an wie das Ungeheuer, dem schon von Zeit zu Zeit ein +unglückliches Frauenzimmer freiwillig aufgeopfert werden muß, damit +die übrigen Gattinnen und Töchter verschont bleiben. + +Gräfin. Wie verstehen Sie das? + +Obrister. Wenn der König eine Pflanzschule von Soldatenweibern +anlegte; die müßten sich aber freilich denn schon dazu verstehen, den +hohen Begriffen, die sich ein junges Frauenzimmer von ewigen +Verbindungen macht, zu entsagen. + +Gräfin. Ich zweifle, daß sich ein Frauenzimmer von Ehre dazu +entschließen könnte. + +Obrister. Amazonen müßten es sein. Eine edle Empfindung, deucht +mich, hält hier der andern die Waage. Die Delikatesse der weiblichen +Ehre dem Gedanken, eine Märtyrerin für den Staat zu sein. + + +Gräfin. Wie wenig kennt ihr Männer doch das Herz und die Wünsche +eines Frauenzimmers. + +Obrister. Freilich müßte der König das Beste tun, diesen Stand +glänzend und rühmlich zu machen. Dafür ersparte er die Werbegelder, +und die Kinder gehörten ihm. O ich wünschte, das sich nur einer +fände, diese Gedanken bei Hofe durchzutreiben, ich wollte ihm schon +Quellen entdecken. Die Beschützer des Staats würden sodann auch sein +Glück sein, die äußere Sicherheit desselben, nicht die innere +aufheben, und in der bisher durch uns zerrütteten Gesellschaft Fried' +und Wohlfahrt aller und Freude sich untereinander küssen. + + +Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Die Soldaten, von Jakob Michael +Reinhold Lenz. + + + + + + +*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DIE SOLDATEN *** + +This file should be named 6832-8.txt or 6832-8.zip + +Project Gutenberg eBooks are often created from several printed +editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US +unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not +keep eBooks in compliance with any particular paper edition. + +We are now trying to release all our eBooks one year in advance +of the official release dates, leaving time for better editing. +Please be encouraged to tell us about any error or corrections, +even years after the official publication date. + +Please note neither this listing nor its contents are final til +midnight of the last day of the month of any such announcement. +The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at +Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. 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This is +also a good way to get them instantly upon announcement, as the +indexes our cataloguers produce obviously take a while after an +announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter. + +http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext04 or +ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext04 + +Or /etext03, 02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90 + +Just search by the first five letters of the filename you want, +as it appears in our Newsletters. + + +Information about Project Gutenberg (one page) + +We produce about two million dollars for each hour we work. The +time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours +to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright +searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our +projected audience is one hundred million readers. If the value +per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2 +million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text +files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+ +We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002 +If they reach just 1-2% of the world's population then the total +will reach over half a trillion eBooks given away by year's end. + +The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks! +This is ten thousand titles each to one hundred million readers, +which is only about 4% of the present number of computer users. + +Here is the briefest record of our progress (* means estimated): + +eBooks Year Month + + 1 1971 July + 10 1991 January + 100 1994 January + 1000 1997 August + 1500 1998 October + 2000 1999 December + 2500 2000 December + 3000 2001 November + 4000 2001 October/November + 6000 2002 December* + 9000 2003 November* +10000 2004 January* + + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created +to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium. + +We need your donations more than ever! + +As of February, 2002, contributions are being solicited from people +and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut, +Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois, +Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts, +Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New +Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio, +Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South +Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West +Virginia, Wisconsin, and Wyoming. + +We have filed in all 50 states now, but these are the only ones +that have responded. + +As the requirements for other states are met, additions to this list +will be made and fund raising will begin in the additional states. +Please feel free to ask to check the status of your state. + +In answer to various questions we have received on this: + +We are constantly working on finishing the paperwork to legally +request donations in all 50 states. 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