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+The Project Gutenberg EBook of Leben und Tod Konigs Richard des zweyten
+by William Shakespeare
+#15 in our series by William Shakespeare
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+Title: Leben und Tod Konigs Richard des zweyten
+ Richard II
+
+Author: William Shakespeare
+
+Release Date: January, 2005 [EBook #7323]
+[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
+[This file was first posted on April 14, 2003]
+
+Edition: 10
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-Latin-1
+
+*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK KONIGS RICHARD DES ZWEYTEN ***
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+Produced by Delphine Lettau
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+This Etext is in German.
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+This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE.
+That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/.
+
+Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE"
+zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse
+http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar.
+
+
+
+
+Leben und Tod Königs Richard des zweyten.
+
+William Shakespeare
+
+Ein Trauerspiel.
+
+Übersetzt von Christoph Martin Wieland
+
+
+Personen.
+
+König Richard der Zweyte.
+Herzog von York.
+Johann von Gaunt, Herzog von Lancaster.
+Bolingbroke, Sohn des Johann von Gaunt, und nachmals König
+Heinrich der Vierte.
+Aumerle, Sohn des Herzogs von York.
+Mowbray, Herzog von Norfolk.
+Graf von Salisbury.
+Lord Berkley.
+Buschy, Bagot und Green, Diener des Königs Richard.
+Graf von Northumberland, Lord Percy, dessen Sohn, Roß und
+Willougby, Bolingbroks Freunde.
+Bischoff von Carlisle und Sir Stephan Scroop, Freunde des Königs
+Richard.
+Fizwater, Surry, Abbt von Westminster und Sir Pierce von Exton,
+Herren vom Parlament.
+Die Königin, König Richards Gemalin.
+Die Herzogin von Glocester.
+Die Herzogin von York.
+Hofdamen der Königin.
+Herolde, zween Gärtner, ein Kammerdiener, ein Hüter, ein Bote, und
+andre stumme Personen.
+
+Der Schauplaz ist in verschiednen Theilen von England.
+
+
+
+
+Erster Aufzug.
+
+
+
+Erste Scene.
+(Der Hof.)
+(König Richard, Johann von Gaunt, Lords und Gefolge treten auf.)
+
+
+König Richard.
+Johann von Gaunt, Herzog von Lancaster, ehrenvoller Greis; hast du,
+deinem Eid und deiner Pflicht gemäß, Heinrichen von Herford, deinen
+kühnen Sohn anhergebracht, um jene Anklage zu behaupten, die er
+unlängst gegen Thomas Mowbray, Herzog von Norfolk angebracht, und
+die wir damals anzuhören keine Musse hatten?
+
+Gaunt.
+Ich habe ihn hieher gebracht, Gnädigster Herr.
+
+König Richard.
+So sage mir dann ferner: Hast du nicht von ihm erforscht, ob es nur
+ein alter eingewurzelter Groll gegen seine Person ist, was ihn zu
+dieser Klage angetrieben; oder die pflichtmäßige Treue eines guten
+Unterthanen, um einen geheimen Verräther in Mowbray zu entlarven?
+
+Gaunt.
+So viel als ich von ihm über diese Sache herausbringen konnte, so
+ist es kein Privat-Groll, sondern die vermeynte Entdekung einer
+über Eurer Hoheit schwebenden Gefahr.
+
+König Richard.
+So ruffe man sie dann vor unsre Gegenwart; wirs selbst wollen,
+Stirne gegen Stirne, den Kläger und den Beklagten reden hören: Sie
+sind beyde von sehr feuriger Gemüths-Art, beyde voll Grimms; in
+ihrer Wuth beyde taub wie die See, und rasch wie Feuer.
+
+
+
+Zweyte Scene.
+(Bolingbroke und Mowbray zu den Vorigen.)
+
+
+Bolingbroke.
+Möge eine lange Reyhe von Jahren, voll glüklicher Tage, meinem
+gnädigsten und geliebtesten Oberherrn bestimmt seyn!
+
+Mowbray.
+Und jeder Tag die Glükseligkeit des vorigen vermehren, bis der
+Himmel, der Erde soviel Glük mißgönnend, das Vorrecht der
+Unsterblichkeit zu eurer Crone hinzuthut.
+
+König Richard.
+Wir danken euch beyden; obgleich die Sache selbst, weßwegen ihr vor
+uns erschienen seyd, ein Beweis ist, daß uns einer von beyden
+schmeichelt. Vetter von Hereford, sage, was für Vorwürfe gegen den
+Herzog von Norfolk, Thomas Mowbray, hast du anzubringen?
+
+Bolingbroke.
+So wisset dann vor allen Dingen, Gnädigster König, und der Herr sey
+meiner Reden Zeuge! daß ich aus Antrieb der pflichtmäßigen Liebe
+eines getreuen Unterthanen, aus zärtlicher Sorge für die Erhaltung
+meines Fürsten, frey von Groll, Rachgier oder andrer unächter
+Absicht, als Ankläger hieher in seine königliche Gegenwart gekommen
+bin. Nun, Thomas Mowbray, wend' ich mich zu dir, und horche wol
+auf meinen Gruß; denn was ich reden werde, wird entweder dieser Arm
+auf Erden erproben, oder meine unsterbliche Seele im Himmel
+verantworten. So sag' ich dann: Du bist ein Verräther und Rebell,
+zu gut, ein solcher zu seyn, und zu schlimm, beym Leben zu bleiben;
+denn je schöner und crystallner der Himmel ist, desto häßlicher
+sehen die Wolken aus, die ihn befleken. Noch einmal, das Gewicht
+meiner Anklage zu verdoppeln, stopf ich dir mit dem schändlichen
+Namen eines Verräthers den Rachen, und wünsche, daß mir von meinem
+Gnädigsten Oberherrn erlaubt werde, an eben diesem Plaz und in
+diesem Augenblik, was meine Zunge gesprochen hat, durch mein recht-
+gezognes Schwerdt zu beweisen.
+
+Mowbray.
+Laßt nicht hier die Kälte meiner Worte meinen Eifer verdächtig
+machen; diese unsre Sache kan nicht mit den Waffen eines
+Weiberkriegs, dem bittern Geschrey zwoer scharfen Zungen, unter uns
+entschieden werden. Das Blut ist heiß, das für diß erkalten muß.
+Jedoch kan ich mich keiner so zahmen Geduld rühmen, mich stossen zu
+lassen, und gar nichts dazu zu sagen; und würde mich nicht die
+Ehrfurcht vor Eu. Hoheit zurük halten, meiner freyen Rede Zügel
+und Sporren zu geben, sie sollte schnell genug seyn, diese
+Beschuldigungen von Verrätherey zweyfach in seinen Rachen zurük zu
+stossen. Sezet aber das hohe Vorrecht seines königlichen Geblüts
+bey Seite, und laßt ihn nicht den Vetter meines Königs seyn, so
+biet ich ihm troz, und verschmähe ihn, nenne ihn eine
+verläumderische Memme, und einen nichtswürdigen Schurken, und bin
+bereit, ihm zu beweisen daß er's ist, an welchem Ort er will mit
+ihm zusammen zu kommen, und wenn ich gleich mit naktem Fuß auf die
+befrornen Gipfel der Alpen rennen müßte, oder in welche andre
+unbewohnbare Gegend es seyn mag, wohin nie kein Engländer es wagte
+seinen Fuß zu sezen. Indeß laßt diß meine Treue rechtfertigen: Bey
+allen meinen Hoffnungen, er hat die lügenhafteste Unwahrheit gesagt.
+
+Bolingbroke.
+Blasser, zitternder Verräther, hier zieh ich meinen Handschuh, lege
+die Vorrechte meines königlichen Geblüts bey Seite, und begebe mich
+des Vortheils, der Blutsverwandte eines Königs zu seyn, (worauf du
+aus Zagheit, nicht aus Ehrfurcht dich beruffen hast.) Wenn das
+bebende Bewußtseyn deiner Schuld dir noch so viel Stärke übrig
+gelassen hat, dieses Pfand meines Ehrenworts anzunehmen, so büke
+dich. Bey diesem, und bey allen andern Gesezen der Ritterschaft
+mach' ich mich anheischig, das was ich gesprochen habe, Arm gegen
+Arm, dir zu beweisen.
+
+Mowbray.
+Ich heb' ihn auf, und bey diesem Schwerdt schwör' ich, dessen
+sanfter Schlag die Ritterschaft auf meine Schulter legte; daß ich
+dir mit Speer und Schwerdt, nach ritterlichem Brauch und Sitte
+antworten will, und wenn ich mein Pferd besteige, möge ich nicht
+gesund wieder absteigen, wofern ich ein Verräther bin, oder für
+eine ungerechte Sache kämpfe!
+
+König Richard.
+Was ist es dann, was unser Vetter den Mowbray bezüchtiget? Es muß
+etwas Grosses seyn, was uns vermögen kan, dem blossen Gedanken
+einer bösen Gesinnung von seiner Seite Plaz zu geben.
+
+Bolingbroke.
+Höret was ich sage, mein Leben soll beweisen, daß es Wahrheit ist;
+dieser Mowbray, sage ich, hat achttausend Nobels* aufgenommen,
+unter dem Vorwand Eu. Hoheit Kriegs-Völker damit zu unterhalten,
+solche aber wie ein Verräther und schelmischer Bube zurük behalten,
+und für sich selbst zu lüderlichem Gebrauch angewandt. Überdas
+sag' ich, und will es durch einen Zweykampf beweisen, entweder hier,
+oder anderswo, sey es bis auf dem äussersten Stük Landes, das
+jemals ein Engländisches Aug' übersehen hat, daß alle Verräthereyen,
+die seit achtzehn Jahren in diesem Königreich angezettelt worden,
+von diesem treulosen Mowbray ihren ersten Ursprung genommen haben.
+Ferner sag' ich, und will es auf seinen ehrlosen Kopf beweisen, daß
+er Ursächer der Ermordung des Herzogs von Glocester war; daß er es
+war, der seine leichtgläubige Feinde aufstiftete, und daß er
+folglich es war, der wie ein feiger schelmischer Meuchelmörder sein
+unschuldiges Blut vergoß, welches izt, gleich Abels Blut, aus den
+stummen Gewölben der Erde zu mir um gerechte und strenge Rache
+schreyt. Und, bey dem glorreichen Werth dieses Bluts, das in
+meinen eignen Adern fließt, dieser Arm soll es vollziehen, oder
+dieses Leben soll aufgeopfert werden.
+
+{ed.-* Eine alte Münze, die an Werth etwas über sechs Englische
+Schillings betragen haben soll.}
+
+König Richard.
+Was sagst du hiezu, Thomas von Norfolk?
+
+Mowbray.
+O möchte mein Gebietender Herr sein Angesicht wenden, und seinem
+Ohr einen Augenblik taub zu seyn befehlen, bis ich diesem
+Schandflek seines Bluts gesagt habe, wie sehr Gott und Menschen
+einen so schändlichen Lügner hassen.
+
+König Richard.
+Mowbray, unsre Augen und Ohren sind ohne Partheylichkeit; wär' er
+unser Bruder, ja wär' er der Erbe unsers Reichs, wie er nur unsers
+Vaters Bruders-Sohn ist, dennoch sollte, ich schwör' es bey der
+Majestät meines Scepters, eine so nahe Verwandtschaft mit unserm
+geheiligten Blut ihm nicht das geringste Vorrecht geben, noch die
+unbiegsam Festigkeit unsrer aufrichtigen Seele partheyisch machen.
+Er ist unser Unterthan, Mowbray, wie du; rede frey und ungescheut,
+ich erlaub' es dir.
+
+Mowbray.
+So sag ich dann, Bolingbroke, in deinen verläumdrischen Hals hinein,
+du lügst! Drey Theile von der Summe, die ich für Calais erhielt,
+bezahlte ich an Sr. Hoheit Kriegs-Völker; das übrige behielt ich
+mit Einwilligung, für eine Schuld zurük, die ich an meinen König zu
+fordern hatte, den Rest der beträchtlichen Auslagen die ich machte,
+da ich lezthin nach Frankreich reißte, die Königin abzuholen. Nun,
+schluke diese Lüge hinab--Was Glocesters Tod betrift, so war ich's
+nicht, der ihn erschlug. Wofern jemand berechtigt seyn sollte, mit
+einer solchen Beschuldigung wieder mich aufzutreten, so wär' es der
+ehrenvolle Vater meines Feindes, ihr mein edler Lord von Lancaster;
+euch stellt' ich einst hinterlistig nach dem Leben, ein Verbrechen,
+das noch immer meine reuvolle Seele foltert; aber ich beichtete es,
+eh ich leztmals das Sacrament empfieng, und ich bat euch so
+aufrichtig um Verzeihung, daß ich sie erhalten zu haben hoffe. Diß
+ist mein Vergehen; alles übrige, dessen er mich anklagt, ist der
+Geifer eines grollsüchtigen, lügenhaften und höchst ausgearteten
+Verräthers; und zum Zeichen daß ich Muth habe, dieses mit meinem
+Leben zu beweisen, werf ich gleichfalls mein Pfand vor dieses
+übermüthigen Verräthers Füsse hin; in dem besten Blut, das in
+seinem Herzen wallt, will ich beweisen, daß ich ein rechtschaffner
+Edelmann bin; und damit ich nicht lange verziehen müsse, bitte ich
+Eu. Hoheit herzlichst, den Tag zu unserm Zweykampf anzusezen.
+
+König Richard.
+Ergrimmte Edle, laßt euch von euerm Fürsten zähmen; laßt uns diese
+Galle ohne blutvergiessen ausführen; Eure Wuth würde zu tiefe
+Einschnitte machen, und unsre Ärzte sagen, es sey izt nicht Zeit
+zum Bluten. Vergeßt, vergebt, vergleicht euch, und werdet
+zufrieden; mein lieber Oheim, helft mir diesen Zwist in seiner
+Geburt erstiken; wir wollen den Norfolk besänftigen, ihr euern Sohn.
+
+Gaunt.
+Es kan meinen Jahren nicht übel anstehen, wenn ich ein
+Friedensstifter bin. Sohn, wirf des Herzogs von Norfolk Pfand
+wieder hin.
+
+König Richard.
+Und ihr, Norfolk, werfet seines hin.
+
+Gaunt.
+Wie, Harry, du zögerst? Muß ich zweymal Gehorsam verlangen?
+
+Mowbray.
+Mich selbst, mein Gnädigster Souverain, werf' ich zu deinen Füssen;
+mein Leben kanst du fordern, aber nicht meine Ehre. Jenes ist
+meine Lehens-Pflicht dir schuldig; aber an meinen unbeflekten Namen
+hast du (troz dem Tode, der auf meinem Grabe lebt **) kein Recht,
+und nimmermehr werd' ich zugeben, daß er zur Schande mißbraucht
+werde. Ich bin hier angegriffen und beschimpft worden, bis in die
+Seele mit der Verläumdung vergiftetem Speer durchstochen, und diese
+tödtliche Wunde kan kein andrer Balsam heilen, als das Blut aus dem
+Herzen, welches diesen Gift ausgeathmet hat.
+
+{ed.-** Die Reime, womit dieses Stük hie und da verbrämt ist, sind
+nach Pope's Anmerkung, meist ausserordentlich schlecht, so schlecht,
+daß dieser scharfsinnige Criticus vermuthet, sie seyen von einer
+fremden Hand. Dieser jämmerliche Einfall, der in ( ) eingeschlossen
+ist, und alle andre von dieser Art durch dieses ganze Stük, sind
+dergleichen Reime, an die der Übersezer sich dann auch nicht
+gebunden halten wird.}
+
+König Richard.
+Wuth muß Widerstand finden; gieb mir sein Pfand: Löwen machen
+Leoparden zahm.
+
+Mowbray.
+Ja, aber sie löschen ihre Fleken nicht aus; nehmt nur meine
+Beschimpfung von mir, so will ich mein Pfand abtreten. Mein
+theurer, theurer Gebieter, der ächteste Schaz eines Mannes ist
+unbeflekte Ehre; ist diese verlohren, so sind Menschen nur
+übergüldeter Leim oder gemahlter Koth. Meine Ehre ist mein Leben,
+sie sind in eins verwachsen; nehmt mir meine Ehre, so habt ihr mein
+Leben genommen. So laßt mich dann meine Ehre bewähren, mein
+theurer Oberherr; in ihr leb' ich, und für sie will ich sterben.
+
+König Richard.
+Vetter, werft euer Pfand hin, macht ihr den Anfang.
+
+Bolingbroke.
+Der Himmel bewahre meine Seele vor einer so schändlichen
+Niederträchtigkeit. Wie, ich sollte mich vor meines Vaters Augen
+überwunden geben, oder mit einem blassen Bettler-Gesicht mich
+selbst vor diesem ausgeschämten Bastard anklagen? Eh meine Zunge
+einen solchen Laut von sich geben soll, eh sollen meine Zähne das
+sclavische Werkzeug der wiederruffenden Feigheit durchschneiden und
+sie blutend in Mowbrays schändliches Antliz speyen.
+
+(Gaunt geht ab.)
+
+König Richard.
+Wir sind nicht gebohren zu bitten, sondern zu befehlen; und da wir
+dieses nicht können, um euch auszusöhnen, so haltet euch, so gewiß
+als euer Leben dafür antworten soll, bereit, auf Sct. Lamberts Tag
+zu Coventry zu erscheinen. Dort sollen eure Lanzen und Schwerdter
+den schwellenden Zwist eures tiefgewurzelten Hasses entscheiden:
+Lord Marschall, ertheilt euern Herolden und Officieren Befehl,
+alles zu dieser feyerlichen Handlung zuzurüsten.
+
+(Sie gehen alle ab.)
+
+
+
+Dritte Scene.
+(Der Schauplaz verwandelt sich in des Herzog von Lancaster Palast.)
+(Gaunt und Herzogin von Glocester treten auf.)
+
+
+Gaunt.
+Ach, Schwester! Denkt ihr, daß eure Ausruffungen mich stärker als
+der Bruder-Name treiben können, gegen die Mörder von Gloster's
+Leben zu entbrennen? Aber da die Bestraffung dieser Übelthat in
+den nemlichen Händen ligt, welche die Übelthat begangen haben, so
+laßt uns unsre Sache dem Himmel anheim stellen, der, wenn er die
+Stunde dazu auf Erden gereift sieht, heisse Rache auf der
+Verbrecher Haupt regnen wird.
+
+Herzogin.
+Ist das alles, wozu der Name deines ermordeten Bruders dich treiben
+kan! Hat die Liebe nicht mehr Wärme in deinem alten Blut? Edwards
+sieben Söhne, wovon du selbst einer bist, waren wie sieben Phiolen
+mit seinem geheiligten Blut angefüllt, oder wie sieben schöne
+Zweige, aus einem Stamm entsprossen; einige von diesen sieben
+Phiolen sind durch den Lauf der Natur ausgetroknet, einige von
+diesen Ästen durch das Schiksal abgeschnitten; aber Thomas, mein
+theurer Gemal, mein Gloster, (eine Phiole voll von Edwards
+geheiligtem Blut, ein blühender Zweig aus seinem königlichen Stamm)
+ist gewaltthätig zerbrochen, und all sein kostbarer Saft
+verschüttet, ist umgehauen und alles sein Sommerlaub verwelkt,
+durch die Hand des Neids zerbrochen, durch des Meuchelmords blutige
+Axt umgefällt--Und du kanst gelassen bleiben? O, Gaunt, sein Blut
+war auch deines; eben dieses Ehebett, eben dieser Mutterleib,
+dieser Stoff, diese nemliche Form, so dich bildeten, machten ihn
+zum Menschen; in ihm, ob du gleich lebst und athmest, bist auch du
+erschlagen, ja du willigst gewisser Maassen in deines Vaters Tod
+ein, indem du deinen unglükseligen Bruder, ihn, der ein Theil von
+deines Vaters Leben war, so gleichgültig sterben siehst. Nenn' es
+nicht Geduld, Gaunt, es ist Muthlosigkeit; indem du so gelassen
+duldest, daß dein Bruder erschlagen worden, zeigst du den nakten
+Pfad zu deinem eignen Leben, und lehrst den unerbittlichen Mord
+dich auch zu mezeln. Das, was wir an gemeinen Menschen Geduld
+nennen, ist blasse, kalte Feigheit in einer edeln Brust. Was soll
+ich noch mehr sagen? Du kanst dein eignes Leben nicht besser
+sicher stellen, als wenn du Glosters Tod rächest.
+
+Gaunt.
+Diese Sache ist Gottes Sache; denn Gottes Substitut, sein gesalbter
+Statthalter, hat seinen Tod verursacht; geschah es unrechtmäßig, so
+überlaßt Gott die Rache; ich werde niemals einen feindseligen Arm
+gegen seinen Diener aufheben.
+
+Herzogin.
+Gegen wen, ach! gegen wen mag ich dann, ich Unglükselige, über
+mein Unrecht mich beklagen?
+
+Gaunt.
+Gegen den Himmel, den Beschüzer der Wittwe.
+
+Herzogin.
+Nun dann, so will ich; lebe wohl, alter Gaunt, lebe wohl. Du gehst
+nach Coventry, ein Zuschauer des Kampfs zwischen unserm Bruder
+Herford und dem lasterhaften Mowbray zu seyn. O, Himmel, lege
+meines Gemals erlidtnes Unrecht auf Herfords Speer, damit er des
+mördrischen Mowbrays Brust durchbohre; oder wenn unglüklicher Weise
+sein Speer ihn verfehlt, o! so laß Mowbrays Verbrechen so schwer
+in seinem Busen werden, daß es seinem schäumenden Rosse den Naken
+breche, und der Reuter, so lang er ist, in die Schranken falle, ein
+dem Tod verfluchtes Opfer, wiewol unwürdig von Herfords edler Hand
+zu sterben. Lebe wohl, alter Gaunt; die Unglükliche, die einst
+deines Bruders Weib war, hat nun keinen andern Gespielen als einen
+Jammer, der nur mit ihrem Leben enden kan.
+
+Gaunt.
+Schwester, lebet wohl; ich muß nach Coventry.
+
+Herzogin.
+Nur noch ein Wort; der Schmerz wird nie fertig; empfiehl mich
+meinem Bruder Edmund von York; sieh', das ist alles--Nein, geh'
+noch nicht--Ob diß gleich alles ist, so geh' nicht so schnell, es
+wird mir noch mehr beyfallen. Sag' ihm--O was? Sag' ihm, er solle
+mich, so bald als möglich, zu Plaschie besuchen. Aber, ach, was
+wird der gute alte York dort sehen, als leere Gemächer und öde
+Wände, unbevölkerte Nebenzimmer und unbetretne Steine? Was für
+einen andern Willkomm wird er hören, als meine Klagen? Sag' ihm
+also--Nein, laß ihn nicht hinkommen. Was kan sein Mitleiden mir
+helfen. Auf allen Seiten trostlos, will ich geh'n und sterben; diß
+lezte Lebewohl nimmt mein weinendes Auge von dir!
+
+(Sie gehen ab.)
+
+
+
+Vierte Scene.
+(Die Schranken zu Coventry.)
+(Der Lord Marschall, und der Herzog von Aumerle treten auf.)
+
+
+Marschall.
+Milord Aumerle, ist Harry Herford bewaffnet?
+
+Aumerle.
+Ja, vom Fuß bis zum Kopf, und wartet ungeduldig hereingelassen zu
+werden.
+
+Marschall.
+Auch der Herzog von Norfolk wartet voll ungeduldigen Feuers auf die
+Trompete des Appellanten.
+
+Aumerle.
+Die Kämpfer sind also gerüstet, und erwarten nur die Ankunft seiner
+Majestät.
+
+(Die Trompeten erschallen; und der König erscheint mit seinen Edeln;
+nachdem sie sich gesezt haben, tritt der Herzog von Norfolk, als
+Appellat, in voller Rüstung auf.)
+
+
+
+König Richard.
+Marschall, erforsche von jenem Ritter die Ursache, warum er hier in
+Waffen erscheint; frag' ihn nach seinem Namen, und lege ihm den
+gesezmäßigen Eid zu schwören auf.
+
+Marschall.
+In Gottes und des Königs Namen, sage wer bist, und warum erscheinst
+du hier in dieser ritterlichen Rüstung? Gegen wen kommst du, und
+was ist deine Sache? Antworte bey deiner ritterlichen Ehre, und
+auf deinen Eid, und so beschüze dich der Himmel und deine
+Tapferkeit!
+
+Mowbray.
+Mein Nam' ist Thomas Mowbray, Herzog von Norfolk, und ich erscheine
+hier bey meinem Wort, das einem Ritter unverlezlich heilig seyn
+soll, beydes meine Treue und ritterliche Ehre zu Gott, meinem König
+und meinen Nachkommen, wider den Herzog von Hereford, meinen
+Ankläger, zu behaupten, und mit Gottes Gnade und der Stärke meines
+Arms ihm durch meine Vertheidigung zu beweisen, daß er ein
+Verräther gegen Gott, meinen König und mich ist; und so wie ich für
+eine gerechte Sache fechte, so schüze mich der Himmel! (Die
+Trompeten erschallen; Bolingbroke, als ein Appellant, tritt in
+vollen Rüstung auf.)
+
+König Richard.
+Marschall, frage jenen bewaffneten Ritter wer er ist, warum er hier
+in diesem kriegrischen Aufzug erscheint? Und laß ihn, unsern
+Gesezen gemäß, förmlich auf die Gerechtigkeit seiner Sache schwören.
+
+Marschall.
+Wie ist dein Nahme, und warum kommst du vor König Richards
+Gegenwart, in seine königliche Schranken? Gegen wen kommst du und
+was hast du für eine Sache? Rede, wie ein rechtschaffner Ritter,
+und so beschüze dich der Himmel!
+
+Bolingbroke.
+Ich bin Heinrich von Hereford, Lancaster und Derby, und stehe hier
+in dieser Waffenrüstung, durch Gottes Gnade und meine Tapferkeit
+gegen Thomas Mowbray Herzog von Norfolk zu beweisen, daß er ein
+schändlicher und verderblicher Verräther an Gott im Himmel, dem
+König Richard und an mir ist, und so wie ich für Recht und Wahrheit
+kämpfe, beschüze mich der Himmel!
+
+Marschall.
+Bey Strafe des Todes erfreche sich niemand, diese Schranken zu
+berühren, als der Marschall, und diejenigen Officiers, welche zu
+Anordnung des Kampfs bestellt sind.
+
+Bolingbroke.
+Lord Marschall, laßt mich meines Königs Hand küssen und meine Knie
+vor seiner Majestät beugen; Mowbray und ich sind wie zween Männer,
+die eine lange und gefährliche Pilgrimschaft geloben; es sey uns
+also vergönnt einen feyrlichen Abschied von unsern Freunden zu
+nehmen.
+
+Marschall.
+Der Kläger bittet sich die Gnade aus, Euer Majestät seine
+Schuldigkeit zu bezeugen, und seinen Abschied zu nehmen.
+
+König Richard.
+Wir wollen herabsteigen, und ihn in unsre Arme schliessen. Vetter
+von Hereford, so wie deine Sache gerecht ist, so sey dein Glük in
+diesem königlichen Kampfe! Fahre wohl, mein Blut; und wenn dein
+Verhängniß ist, es an diesem Tag zu vergiessen, so werden wir
+trauren, aber keine Rache an dem Thäter nehmen.
+
+Bolingbroke.
+O laßt kein edles Aug' eine Thräne für mich entweihen, wenn ich
+durch Mowbrays Lanze falle! Aber so muthig wie ein Falke auf einen
+Vogel schießt, geh' ich mit Mowbray zu fechten. Mein theurer Herr,
+ich nehme meinen Abschied von euch, und von euch, mein edler Vetter,
+Lord Aumerle--nicht niedergeschlagen, ob ich gleich eine tödtliche
+Arbeit vor mir habe, sondern munter, jugendlich, und frölich
+athmend--O du, der irdische Schöpfer meines Wesens,
+
+(zu Gaunt.)
+
+dessen ehmaliger Jugend-Geist in mir wiedergebohren, mich mit
+zwiefacher Stärke emporhebt, den Sieg zu erreichen, der über meinem
+Haupte schwebt; stähle meine Rüstung durch dein Gebet, und schärfe
+durch deinen Segen die Spize meiner Lanze, daß sie Mowbrays
+gewichstes Wamms durchdringen und dem Namen Johann von Gaunt durch
+das edle Betragen seines Sohns einen neuen Glanz gebe!
+
+Gaunt.
+Der Himmel begünstige dich in deiner gerechten Sache! Sey behend
+im Streit wie der Bliz, und laß deine Streiche, zweymal verdoppelt,
+wie betäubende Donnerschläge auf den Helm deines verderblichen
+Gegners herab stürzen. Feure dein jugendliches Blut an, sey tapfer,
+und lebe!
+
+Bolingbroke.
+So helfen mir meine Unschuld, Gott, und St. George!
+
+Mowbray.
+Was für ein Loos auch der Himmel oder das Glük für mich ziehen mag,
+so leb' oder sterb' ich hier, getreu an König Richards Thron, ein
+pflichtmäßiger, redlicher und rechtschaffner Edelmann! Nie hat ein
+Gefangner mit einem frohern Herzen seine Ketten abgeworfen, und
+seine goldne unabhängige Befreyung umfaßt, als womit meine tanzende
+Seele an diesem Kampf mit meinem Feind, wie an einem Freuden-Fest
+sich erlustiget. Großmächtigster Oberherr, und ihr meine edlen
+Freunde, empfangt aus meinem Munde den Wunsch glüklicher Jahre! So
+freudig und guten Muths wie zu einem Ritterspiel, geh' ich zu
+diesem Kampf; Redlichkeit hat ein ruhiges Herz.
+
+König Richard.
+Fahre wohl, Milord; ich sehe Tugend und Muth ruhig in deinen Augen
+ligen. Ordnet den Kampf an, Marschall, und beginnt!
+
+Marschall.
+Heinrich von Hereford, Lancaster und Derby, empfange diese Lanze,
+und der Himmel schüze dein Recht!
+
+Bolingbroke.
+Fest in Hoffnung wie ein Thurm, ruf ich Amen!
+
+Marschall.
+Geh, bringe diese Lanze Thomas, Herzogen von Norfolk.
+
+1. Herold.
+Heinrich von Hereford, Lancaster und Derbey, steht hier für Gott,
+seinen Lehnsherrn und ihn selbst, bey Straffe falsch und meineidig
+erfunden zu werden, zu beweisen, daß Thomas Mowbray, Herzog von
+Norfolk ein Verräther an seinem Gott, seinem König und ihm sey,
+muthig steht er hier und fordert ihm zum Kampf auf!
+
+2. Herold.
+Hier steht Thomas Mowbray, Herzog von Norfolk, bey Straffe falsch
+und meineidig erfunden zu werden, beydes sich selbst zu
+vertheidigen, und zu beweisen, daß Heinrich von Hereford, Lancaster
+und Derbey ein Verräther an Gott, seinem Lehnsherrn, und ihm sey;
+und er wartet muthvoll und mit Verlangen auf das Zeichen zum Anfang.
+
+(Man blaßt zum Angriff.)
+
+Marschall.
+Blaset Trompeten, und ihr Kämpfer, rüket aus--Doch halt! Der König
+hat seinen Stab hingeworffen.
+
+König Richard.
+Laßt sie ihre Helme und Lanzen bey Seite legen, und beyde zu ihren
+Stühlen zurük kehren; entfernt euch mit uns, und laßt die Trompeten
+schallen, bevor wir diesen Herzogen unsern Willen kund thun.
+
+(Trompeten.)
+
+König Richard (Zu den Kämpfern:)
+Kommt näher herbey, und höret, was wir mit unserm Rath gethan haben.
+Damit die Erde unsers Königreichs nicht mit diesem kostbaren
+Blute besudelt werde, dessen Mutter sie ist, und weil unsre Augen
+den gräßlichen Anblik bürgerlicher Wunden hassen, die von
+nachbarlichen Schwerdtern gegraben werden, und weil wir denken, daß
+nichts anders als der Adlerbeschwingte Stolz ehrsüchtiger und
+himmelan-strebender Gedanken euch mit eifersüchtigem Haß erfüllt
+und aufgereizt hat, den Frieden, der gleich einem
+sanftschlummernden neugebohrnen Kind, in der Wiege unsers
+mütterlichen Landes zu schlafen angefangen, wieder aufzuweken. Aus
+diesen Ursachen verbannen wir euch, Vetter von Hereford, bey
+Straffe des Todes aus unsern Gebieten; bis zehen Sommer unsre
+Felder bereichert haben, sollt ihr unsre blühenden Herrschaften
+nicht wieder grüssen, sondern die fremden Pfade der Verbannung
+betreten.
+
+Bolingbroke.
+Euer Wille geschehe! Mein Trost muß seyn, daß die nemliche Sonne,
+die euch hier erwärmt, mich bescheinen wird, und daß eben diese
+goldnen Stralen, die sie euch hier leiht, meine Verbannung
+vergülden werden.
+
+König Richard.
+Norfolk, auf dich wartet ein strengeres Urtheil, wiewol ich es
+nicht ohne Widerwillen anspreche. Die schnellgeflügelten Stunden
+werden deiner Verbannung kein Ziel bestimmen; das hoffnunglose Wort,
+nicht wiederzukehren, athme ich gegen dich bey Straffe des Todes.
+
+Mowbray.
+Ein hartes Urtheil, mein gebietender Oberherr, und aus Eurer Hoheit
+Mund gar zu unerwartet! Ich habe eine bessere Belohnung von Eurer
+Hand verdient, als so verstümmelt an die freye Luft hingeworfen zu
+werden. Die Sprache, die ich nun vierzig Jahre gelernt habe, mein
+angebohrnes Englisch, muß ich nun vergessen, und meine Zunge wird
+mir künftig nicht mehr nüzen, als eine unbesaitete Harfe, oder als
+ein feines Instrument in der Hand dessen, der es nicht zu spielen
+weiß. Ihr habt meine Zunge in meinen Mund eingekerkert, und stumme,
+gefühllose, unfruchtbare Unwissenheit ist der Kerkermeister, der
+mich bewachen soll. Ich bin zu alt, mich an den Busen einer neuen
+Säugamme zu schmiegen, oder wieder ein Lehrknabe zu werden. Was
+ist also Euer Urtheil, als die Verdammung zu einem sprachlosen Tod,
+der meiner Zunge das Leben nimmt?
+
+König Richard.
+Vergebens bemühst du dich unser Mitleiden zu erweken; Nachdem unser
+Urtheil ausgesprochen ist, kommen Klagen zu spät.
+
+Mowbray.
+So entweich ich dann aus dem Tag meines Vaterlands, um mein Leben
+in den traurigen Schatten einer hoffnunglosen Nacht zu enden.
+
+König Richard.
+Kommt wieder zurük und nehmt einen Eid mit euch. Legt eure
+verbannten Hände auf eure königlichen Schwerdter, und schweert bey
+eurer Pflicht zum Himmel, (den Antheil, den wir daran haben,
+verbannen wir mit euch selbst*) daß ihr den Eid halten wollet, den
+wir euch auferlegen. Nimmer sollt ihr während eurer Verbannung
+euch mit einander aussöhnen, keiner soll des andern Angesicht sehen,
+keiner auf welche Art es sey, einige Gemeinschaft mit dem andern
+unterhalten, vielweniger durch verabredete Entwürfe irgend etwas
+böses gegen uns, unsern Staat, unsre Unterthanen, und unser Land
+anzuspinnen oder auszuführen suchen; schwört diß, so wahr euch der
+Himmel helfe!
+
+{ed.-* Es ist eine Frage, worüber unter den Lehrern des Völker-Rechts
+viel gestritten worden, ob ein Verwiesener dem Staat, der ihn
+verbannt hat, dem ungeachtet mit der Pflicht der Treue zugethan sey.
+Cicero und der Lord Canzler Clarendon bejahen sie; Hobbes und
+Puffendorf behaupten das Gegentheil. Unser Autor scheint in dieser
+Zeile der leztern Meynung zu seyn. Warburton.}
+
+Bolingbroke.
+Ich schwöre.
+
+Mowbray.
+Und ich; alles diß zu halten.
+
+Bolingbroke.
+Norfolk, hätte der König es uns zugelassen, so wanderte izt die
+Seele von einem unter uns beyden in der Luft, verbannt aus unserm
+Leibe, wie izt unser Leib aus diesem Lande verbannt ist. Bekenne
+deine Verräthereyen, eh du aus diesem Reiche fliehst; schleppe
+nicht auf eine so weite Reise die hemmende Bürde einer schuldigen
+Seele mit dir.
+
+Mowbray.
+Nein, Bolingbroke; wann ich jemals ein Verräther war, so werde mein
+Nam' aus dem Buch des Lebens ausgelöscht, und ich vom Himmel wie
+von hinnen verbannt! Aber was du bist, das ist dem Himmel, dir und
+mir bekannt, und nur allzu bald, besorg' ich, wird es der König mit
+Reue erfahren. Lebet wohl, mein gebietender Herr; da ich England
+den Rüken kehren muß, ist jeder Weg mir gleich.
+
+(Er geht ab.)
+
+
+
+Fünfte Scene.
+
+
+König Richard (Zu Gaunt.)
+Oheim, ich sehe den Gram deines Herzens in den Spiegeln deiner
+Augen; dein kummervolles Aussehen hat von der Zahl seiner
+verbannten Jahre viere abgerissen; wenn sechs Winter verflossen
+sind, Bolingbrok, so kehre, mir willkommen, von deiner Verbannung
+heim.
+
+Bolingbroke.
+Welch eine lange Zeit ligt in einem einzigen kleinen Wort! Vier
+langsame Winter und vier muntre Frühlinge verliehren sich in einem
+Wort, so mächtig ist der Athem der Könige.
+
+Gaunt.
+Ich danke meinem gebietenden Herrn, daß er, in Ansehung meiner,
+meines Sohnes Verbannung um vier Jahre abkürzt; aber was wird diese
+Mildigkeit mir helfen, da eh die sechs, die er verliehren muß,
+verflossen sind, meine vom Alter aufgezehrte Lampe verloschen seyn
+kan?
+
+König Richard.
+Wie, Oheim, du hast noch viele Jahre zu leben.
+
+Gaunt.
+Aber keine Minute, König, die du geben kanst; du kanst meine Tage
+durch Gram abkürzen, du kanst Nächte von meinem Leben abreissen,
+aber du kanst mir keinen Morgen leihen; du, du kanst der Zeit
+helfen mich früher alt zu machen, aber keine einzige Falte von
+meiner Stirne nehmen; du kanst durch ein Wort meinen Tod gebieten,
+aber wenn ich todt bin, ist dein Königreich zu wenig, mir nur einen
+Athemzug zu kauffen.
+
+König Richard.
+Dein Sohn ist auf Einrathen unsers Staats-Rathes verbannt, und du
+selbst hast deine Stimme dazu gegeben; warum rümpfest du izt die
+Stirne über unsre Gerechtigkeit?
+
+Gaunt.
+Dinge, die im Münde süß sind, werden in der Verdauung sauer; ihr
+dranget in mich, daß ich als ein Richter reden sollte; aber ich
+wollte lieber ihr hättet mir befohlen als ein Vater zu reden. O!
+wär' es ein Fremder gewesen, und nicht mein Sohn, ich würde ein
+gelinderes Urtheil ausgesprochen haben. Weh mir! ich besorgte,
+man möchte mir eine übertriebne Nachsicht gegen die meinigen Schuld
+geben, und den Vorwurf der Partheylichkeit zu vermeiden, hab' ich
+durch meine Stimme mir selbst das Leben abgesprochen.
+
+König Richard.
+Vetter, lebe wohl; und ihr, Oheim, nehmt euern Abschied von ihm;
+wir verbannen ihn auf sechs Jahre, und er soll gehen.
+
+(Geht ab.)
+
+
+
+Sechste Scene.
+
+
+Aumerle.
+Vetter, leb wohl! Was wir uns gegenwärtig nicht sagen können, das
+laßt aus dem Ort eures Aufenthalts, eure Briefe sagen.
+
+Marschall.
+Milord, ich beurlaube mich nicht von euch; denn ich will an eurer
+Seite reiten, so weit mich das Land tragen wird.
+
+Gaunt.
+Warum bist du so sparsam mit deinen Worten, daß du die verbindliche
+Reden deiner Freunde nicht beantwortest?
+
+Bolingbroke.
+Ich habe ihrer zu wenige, zum Abschied nehmen, da meine Zunge
+verschwendrisch seyn sollte, den überströmenden Schmerz meines
+Herzens auszuathmen.
+
+Gaunt.
+Du hast keinen andern Schmerz als deine Abwesenheit; was sind sechs
+Winter? sie sind schnell vorüber.
+
+Bolingbroke.
+Für die Glüklichen; der Kummer macht aus einer Stunde zehen.
+
+Gaunt.
+Nenn es eine Reise, die du für dein Vergnügen machst.
+
+Bolingbroke.
+Mein seufzendes Herz würde mich lügen heissen, wenn ich eine
+Lustreise nennen wollte, was ihm eine gezwungne Pilgrimschaft ist.
+
+Gaunt.
+Alle Örter die des Himmels Auge besucht, sind für den weisen Mann
+sichre Porte, und Himmel voll Wonne. Lehre die Nothwendigkeit so
+denken, es ist keine Tugend über die Nothwendigkeit. Denke nicht,
+der König habe dich verbannt, sondern du den König. Ein Ungemach
+drükt uns nur heftig, wenn wir es unmännlich tragen. Geh, sage,
+ich habe dich weggeschikt, Ruhm zu erwerben; nicht, der König habe
+dich verbannt. Oder bilde dir ein, es hange fressende Pestilenz in
+unsrer Luft, und du fliehest unter einen reinen Himmel. Sieh,
+alles was deiner Seele theuer ist, davon bilde dir ein, es lig' in
+dem Weg den du gehst, nicht in dem, so du verlässest; bilde dir ein,
+die Vögel seyen Musicanten; das Gras worauf du trittst, der
+Fußboden eines grossen Saals; die Blumen, schöne Damen; und deine
+Schritte, ein frölicher Tanz. Der Kummer beißt nur schwach, sobald
+man einen Scherz daraus macht.
+
+Bolingbroke.
+O, wer kan Feuer in seiner Hand tragen, und an den befrornen
+Caucasus denken? Wer kan den nagenden Hunger durch die blosse
+Erinnrung an ein Gastmahl stillen; oder, wenn er nakend im December-
+Schnee gienge, sich durch die Vorstellung eines phantastischen
+Sommers erwärmen? O nein, die Vorstellungen des Guten schärfen nur
+das schmerzhafte Gefühl des Bösen, und der Zahn des giftigen
+Kummers--
+
+Gaunt.
+Komm, komm, mein Sohn, ich will dich ein Stük Weges begleiten;
+hätt' ich deine Jugend und deine Sache, ich wollte keinen Augenblik
+zögern.
+
+Bolingbroke.
+So gehabe dich dann wohl, Engländischer Boden! Gehabe dich wohl,
+mein mütterliches Land, meine Säugerin, die noch diese kurzen
+Augenblike mich trägt. Wohin ich auch wandre, kan ich doch,
+obgleich verbannt, mich rühmen, daß ich ein echter Engländer bin.
+
+(Sie gehen ab.)
+
+
+
+Siebende Scene.
+(Der Hof.)
+(König Richard, Bagott, Green, u.s.w. treten zu einer, und
+Lord Aumerle zu der andern Thür herein.)
+
+
+König Richard (zu Bagott.)
+In der That, wir bemerkten es auch--Vetter Aumerle, wie weit habt
+ihr den hohen Hereford begleitet?
+
+Aumerle.
+Ich begleitete den hohen Hereford, wenn ihr ihn so nennen wollt,
+nicht weiter als bis an die nächste Landstrasse, und dort verließ
+ich ihn.
+
+König Richard.
+Und saget, sind viele Thränen beym Abschied vergossen worden?
+
+Aumerle.
+Meiner Treue, von mir keine, ausser daß der Nord-Ostwind, der uns
+sehr scharf ins Gesicht blies, mir ein wenig Wasser aus den Augen
+preßte, und dadurch von ungefehr unsern kalten Abschied mit einer
+Thräne zierte.
+
+König Richard.
+Was sagte euer Vetter, wie ihr Abschied nahmt?
+
+Aumerle.
+Leb wohl!--und weil sich mein Herz nicht überwinden konnte, meine
+Zunge dieses Wort so entheiligen zu lassen, so stellte ich mich,
+als ob ich so betrübt sey, daß ich vor Schmerz nicht reden könne.
+Auf meine Ehre, wenn das Wort Lebwohl die Stunden hätte verlängern
+und Jahre zu seiner Verbannungs-Zeit hinzu thun können, er sollte
+eine ganze Last Lebewohl bekommen haben; aber weil das nicht war,
+so kriegte er keines von mir.
+
+König Richard.
+Er ist unser Anverwandter, Vetter, aber es ist zweifelhaft, ob er,
+wenn ihn die Zeit aus seiner Verbannung einst zurük beruft, als
+unser Freund wieder kommen wird. Wir selbst, und Bagot hier, und
+Buschy, und Green, haben beobachtet, wie er dem gemeinen Volke den
+Hof machte; wie er mit demüthiger und vertraulicher Höflichkeit
+sich in ihren Herzen unterzutauchen schien; was für Reverenze er
+auf der Strasse vor Sclaven hinwarf; wie er das Mitleiden der
+ärmsten Handwerksleute durch die Zauberey seines Lächelns und die
+scheinbare Geduld, womit er sich seinem Unglük unterzog, zu
+erschleichen suchte. Als ob er verlangte, daß sie ihre Liebe und
+ihre Wünsche mit ihm verbannen sollten. Er zog seinen Hut vor
+einem Austern-Mensch ab, und ein paar Karrenzieher, die ihm
+zurieffen: Gott geleit ihn! empfiengen den Tribut seiner biegsamen
+Knie mit--grossen Dank, meine Landsleute, meine lieben Freunde;
+gleich als wäre England sein künftiges Erbtheil, und er die nächste
+Hoffnung unsrer Unterthanen.
+
+Green.
+Gut, er ist nun fort, und diese Gedanken mögen mit ihm gehen; eine
+wichtigere Sorge ist izt, Gnädigster Herr, wie den Aufrührern in
+Irland zu begegnen sey, eh ein längerer Aufschub ihnen mehr Mittel
+zu ihrem Vortheil und Eurer Majestät Schaden darbietet.
+
+König Richard.
+Wir wollen diesem Krieg in Person beywohnen; und weil unsre Kisten
+durch den Aufwand eines zu grossen Hofes, und durch unsparsame
+Freygebigkeit in etwas leicht worden sind, so sehen wir uns
+genöthiget, unsre Cron-Einkünfte zu verpachten; die Summen die uns
+dadurch eingehen, werden für die gegenwärtigen Angelegenheiten
+zureichen; und wenn sie auch ausgehen, so wollen wir unsern
+Substituten in England Vollmachten geben, alle reichen Leute, die
+ihnen bekannt werden, nach Proportion um beträchtliche Summen Gelds
+zu taxieren, und uns selbige nachzuschiken; denn wir wollen uns
+ungesäumt nach Irland erheben. (Buschy zu den Vorigen.)
+
+König Richard.
+Buschy, was giebt's?
+
+Buschy.
+Der alte Johann von Gaunt ist krank, Gnädigster Herr, hat einen
+plötzlichen Anstoß bekommen, und sendet einen Boten in gröster Eil
+hieher, Euer Majestät zu bitten, ihn mit einem Besuch zu begnadigen.
+
+König Richard.
+Wo ligt er?
+
+Buschy.
+Zu Ely-House.
+
+König Richard.
+Nun gieb doch, gütiger Himmel, seinen Ärzten in den Sinn, ihm
+ungesäumt in sein Grab zu helfen; das Futter von seinen Kisten
+schikt sich vortreflich, unsern Soldaten für diesen Irländischen
+Krieg Röke daraus zu machen. Kommt, meine Herren, wir wollen ihn
+besuchen; Gott gebe, daß wir eilen und zu späte kommen!
+
+(Sie gehen ab.)
+
+
+
+
+Zweyter Aufzug.
+
+
+
+Erste Scene.
+(Ely-House.)
+(Gaunt, der krank herein getragen wird; mit dem Herzog von York.)
+
+
+Gaunt.
+Will der König kommen, daß ich meinen lezten Athem in heilsamem
+Rath für seine noch verbesserliche Jugend aushauchen kan?
+
+York.
+Plaget euch selbst nicht, und verschwendet nicht so die wenige
+Kräfte, die ihr noch übrig habt; sein Ohr ist vor allem guten Rath
+verschlossen.
+
+Gaunt.
+Aber man sagt doch, daß die Zungen sterbender Menschen, gleich der
+zauberischen Harmonie zur Aufmerksamkeit nöthigen; sparsame Worte
+werden selten vergebens aufgewandt, denn diejenigen sagen die
+Wahrheit, die ihre Worte mit Schmerzen athmen müssen. Einer, der
+bald aufhören wird zu reden, wird eher gehört, als diejenigen,
+denen Jugend und Wohlaufseyn erlauben, sich in Worte zu ergiessen.
+Man giebt mehr auf der Menschen Ende acht, als auf ihr Leben; wie
+die Sonne nie mit mehr Vergnügen beschaut wird, als wenn sie
+untergeht, und an einer Musik nichts aufmerksamer macht als der
+Schluß. Ob Richard gleich die Räthe nicht hören wollte, die ich
+ihm in meinem Leben gab, so mag vielleicht der ernste Ton des Todes
+sein taubes Ohr durchdringen.
+
+York.
+Sein Ohr wird noch von andern Zaubertönen verstopft, als von dem
+schmeichelnden Lobe seiner Regierung; überdas giebt es
+ausschweiffende Gesellschafter, deren vergiftete Reden das
+ungewahrsame Ohr der Jugend immer offen finden; Erzählungen von
+Moden in dem stolzen Italien, dessen Sitten unsre blöde,
+affenmäßige Nation, beständig auf eine plumpe Art nachahmet. Wo
+treibt die Welt irgend eine Eitelkeit hervor, (wenn sie nur neu ist,
+sie mag so nichtswürdig seyn als sie will,) die nicht
+augenbliklich in seine Ohren gesumset wird? Wo der Wille, vom Wiz
+unterstüzt, sich wider die Vernunft empört, da kommt guter Rath
+allezeit zu spät; versuch' es nicht, denjenigen leiten zu wollen,
+der sein eigner Wegweiser seyn will; du würdest deinen Athem
+verliehren, und das ist gerade was dir mangelt.
+
+Gaunt.
+Mich däucht, ich bin ein neubegeisterter Prophet, und sterbend
+weissage ich so von ihm. Seine rasche, ausgelassene, unbezähmte
+Jugendhize, kan nicht von langer Dauer seyn; ein heftiges Feuer
+brennt sich bald selbst aus. Sanfte Regen dauren lange, plözliche
+Stürme gehen bald vorüber; der wird bald müde, der anfangs die
+Sporren zu stark gebraucht; und wer allzugierig ißt, hat am
+bäldesten genug. Leichtsinnige Eitelkeit, nachdem sie wie ein
+unersättlicher Vielfraß alle ihre Mittel verzehrt hat, wird bald
+gezwungen, sich selbst aufzuzehren. Dieser glorreiche Königs-Thron,
+diese bezepterte Insel, dieses majestätische Land, dieser Siz des
+Kriegs-Gottes, dieses andre Eden, dieses feste Castell, das die
+Natur für sich selbst aufgeworfen hat, um sich vor fremder
+Anstekung und feindseligem Anfall zu sichern, dieser edle Stamm von
+Menschen, dieser in die Silber-See eingefaßte Edelstein, dieser
+kleine Inbegriff der Welt, dem der umgebende Ocean für eine Mauer,
+oder für einen beschüzenden Graben gegen den Neid nicht so
+glükseliger Länder dient; diese Mutter und Sängerin königlicher
+Helden, welche ihr Vaterland furchtbar, ihre Geburt erlaucht, und
+ihre Thaten ruhmwürdig machen, wegen ihres christlichen Eifers und
+ihrer ritterlichen Tapferkeit so weit berühmt, als das Grab des
+Welt-Erlösers, in dem verstokten Judenlande von uns entfernt ist;
+dieses edle, würdige, theure Land, von dem glänzenden Ruhm seiner
+Söhne über alle andre emporgehoben, ist nun ausgemiethet, (ich
+sterbe, da ich es ausspreche) wie ein Pachthof oder Baurengut
+ausgepachtet! England, von der triumphierenden See umwunden, deren
+felsichtes Ufer den neidischen Siz des wäßrichten Neptuns
+zurükschlägt, ist auf eine schändliche Art in Fesseln von Pergament
+geworfen, und die Besiegerin andrer Völker hat eine schaamvolle
+Eroberung von sich selbst gemacht.* O! möchte diese Schmach mit
+meinem Leben sich enden, wie glüklich wäre mein Tod!
+
+{ed.-* Was für eine Rede in dem Mund eines alten sterbenden Prinzen,
+der sich über Engbrüstigkeit und kurzen Athem beklagt! Indessen
+war dieses schülerhafte rhetorische Gewäsche, diese auf einander
+gehäuften, übel zusammenpassenden Metaphern, und diese abmattenden
+Tautologien, die allgemeine Mode in unsere Autors Zeit.}
+
+
+
+Zweyte Scene.
+(König Richard, die Königin, Aumerle, Buschy, Green, Bagot, Roß
+und Willoughby zu den Vorigen.)
+
+
+York.
+Der König ist gekommen; gehet sanft mit seiner Jugend zu Werke;
+junge feurige Füllen, wenn sie aufgebracht werden, rasen nur desto
+mehr.
+
+Königin.
+Wie steht es um unsern edeln Oheim Lancaster?
+
+König Richard.
+Wie steht's Mann? Was macht der alte Gaunt?
+
+Gaunt.
+O dieser Name schikt sich für meinen Zustand!* Ja wohl der alte
+Gaunt, und nichts als Haut und Knochen (Gaunt) vor Alter! Der
+Kummer in mir, hat eine verdrießliche Fasten gehalten, und wer wird
+nicht mager, der sich des Fleisches enthalten muß? Lange hab' ich
+für das schlafende England gewacht, und Wachen zehrt ab und macht
+mager. Das Vergnügen wovon einige Väter sich nähren, der Anblik
+meiner Kinder ist mir gänzlich untersagt; und die Fasten, die du
+mir hierinn auferlegt hast, hat mich ganz mager gemacht, mager für
+das Grab, mager wie ein Grab, dessen holer Leib nichts als Knochen
+enthält.
+
+{ed.-* Alle diese Wortspiele, die in dem Mund eines Tertianers
+kindisch wären, und in dem Mund eines Sterbenden unerträglich sind,
+gründen sich auf die Bedeutung des Namens Gaunt, der im Englischen
+so viel heißt als mager, abgezehrt, der nur noch Haut und Knochen
+hat.}
+
+König Richard.
+Können kranke Leute so spizfündig mit Worten spielen?
+
+Gaunt.
+Nein, aber Elend hat keine andre Kurzweile, als über sich selbst zu
+spotten. [Weil du meinen Namen in mir zu tödten suchst, so spotte
+ich meines Namens, Grosser König, um dir zu schmeicheln.**
+
+{ed.-** Die Zeilen, die hier und in der Folge in [ ] eingeschlossen
+sind, sind im Original in Reimen.}
+
+König Richard.
+Sollen sterbende Leute den lebenden schmeicheln?
+
+Gaunt.
+Nein, nein, die lebenden Leute schmeicheln den Sterbenden.
+
+König Richard.
+Du, ein Sterbender, sagst ja, du schmeichelst mir.
+
+Gaunt.
+O nein, du stirbst, ob ich gleich kränker bin.
+
+König Richard.
+Ich bin gesund, ich athme, und sehe daß du übel bist.
+
+Gaunt.
+O! der, der mich erschuf, weiß es, daß ich Dich übel sehe.] Mir
+ist für mich selbst übel, aber gar zu übel, indem ich dich ansehe.
+Dein Todbette ist nichts geringers als dein Land, worinn du an
+deinem Ruhm krank ligst; und du, allzunachläßiger Patient,
+übergiebst deine gesalbte Person den nemlichen Ärzten zu heilen,
+die dich krank gemacht haben. Tausend Schmeichler sizen um den
+Cirkel deiner Crone herum, und ob dieser Cirkel gleich nicht
+grösser ist als dein Haupt, so verliehrst du doch mit ihm dein
+ganzes Land, welches er umspannt. O hätte dein Großvater mit dem
+Aug' eines Propheten vorhersehen können, daß seines Sohns Sohn
+seine Söhne zu Grund richten würde, er würde dir's unmöglich
+gemacht haben, dich selbst so zu entehren, indem er dich vor deiner
+Einsezung entsezt hätte, dich, der izt eingesezt ist, um sich
+selbst zu entsezen. Wie? Vetter! wärest du Herr der ganzen Welt,
+so wär' es dir doch schimpflich dein Land zu verpachten; aber da
+deine ganze Welt in diesem einzigen Lande besteht, ist es nicht
+mehr als Schande, es so zu entehren? Landsaß von England bist du,
+nicht König. Deine gesezmäßige Oberherrlichkeit ist eine Leibeigne
+des Gesezes, und du--
+
+König Richard.
+Und du, ein mondsüchtiger aberwiziger Narr, der auf das Privilegium
+eines Fiebers hin, sich erfrecht, mit deinen kalten Erinnerungen
+unsre Wange blaß zu machen, und das königliche Blut mit Ungestüm
+von seinem natürlichen Siz zu treiben. Nun, bey der Majestät
+meines angestammten Throns, wärst du nicht ein Bruder von dem Sohne
+des grossen Eduard, die Zunge, die so frey in deinem Kopf herum
+rennt, sollte deinen Kopf von deinen unehrwürdigen Schultern
+herunter rennen.
+
+Gaunt.
+O schone meiner nicht, meines Bruder Edward's Sohn, weil ich seines
+Vater Edwards Sohn war. Das Blut das ich von ihm habe, hast du
+längst wie ein Pelican, ausgezapft, und in trunknem Muth
+verschmaußt. Mein Bruder Glocester, eine aufrichtige, wohlgesinnte
+Seele, (glüklich möge sie unter des Himmels seligen Geistern seyn!)
+hat schon zum Beyspiel dienen müssen, wie wenig du Bedenken trägst,
+Edwards Blut zu vergiessen. Vereinige dich immerhin mit meiner
+Krankheit, und brich durch deine Hartherzigkeit eine vorhin schon
+welke Blume ab! Leb' in deiner Schande, aber deine Schande sterbe
+nicht mit dir! Und mögen diese meine lezten Worte künftig deine
+Peiniger seyn! Tragt mich in mein Bette, und dann in mein Grab.
+Die mögen leben, die Liebe und Ehre haben!
+
+(Er wird hinweg getragen.)
+
+König Richard.
+Und laßt die sterben, die Alter und Launen haben; du hast beydes,
+und beydes gehört in ein Grab.
+
+York.
+Ich bitte euer Majestät, seine Reden der verdrießlichmachenden
+Krankheit und dem hohen Alter zu gut zu halten; er liebt euch, bey
+meinem Leben, so sehr als Heinrich von Hereford, wenn er hier wäre.
+
+König Richard.
+Recht, ihr sagt die Wahrheit, wie Herefords Liebe, so ist seine,
+und wie die ihrige so ist meine; und alles mag seyn wie es ist.
+
+
+
+Dritte Scene.
+(Northumberland zu den Vorigen.)
+
+
+Northumberland.
+Gnädigster Herr, der alte Gaunt empfiehlt sich Eurer Majestät.
+
+König Richard.
+Was sagt der alte Gaunt?
+
+Northumberland.
+Nichts mehr; er hat alles gesagt, was er zu sagen hatte; seine
+Zunge ist nun ein Instrument ohne Saiten; Sprache, Leben und alles
+hat den alten Lancaster verlassen.
+
+York.
+Möge York der nächste seyn, den dieses Schiksal trift. So arm der
+Tod ist, so endet er doch alles sterbliche Weh.
+
+König Richard.
+Die reiffeste Frucht fällt zuerst; seine Zeit ist abgelauffen, und
+die unsrige lauft noch; so viel hievon!--Nun müssen wir unsre
+Aufmerksamkeit auf die Irländischen Unruhen richten; wir müssen
+diese rohen zottelköpfichten Kernen* unterdrüken, eh die anstekende
+Empörung weiter um sich frißt; und da diese grossen Geschäfte einen
+ziemlichen Aufwand erfordern, so bemächtigen wir uns hiemit, zu
+unsrer Unterstüzung alles baaren Gelds, Gold- und Silbergeschirrs,
+aller Einkünfte, und aller beweglichen und unbeweglichen Güter, die
+der alte Gaunt verlassen hat.
+
+{ed.-* Nahme einer Art von leichtbewaffnetem Irländischem Fußvolk.}
+
+York.
+Wie lange werd' ich noch Geduld behalten? O wie lange wird noch
+eine, vielleicht zu schüchterne Empfindung meiner Pflicht, mich
+jede Ungerechtigkeit geduldig leiden machen? Nicht Glosters Tod,
+noch Herefords Verbannung, nicht Gaunts erlidtne Kränkungen, noch
+Englands einheimische Wunden, noch meine eigne Verachtung, haben
+mich jemals meine geduldige Stirne gegen meinen König rümpfen
+gemacht. Ich bin der lezte von des grossen Edwards Söhnen, von
+denen der Prinz von Wales, dein Vater der erste war. Im Krieg war
+kein Löwe kühner, im Frieden kein Lamm sanftmüthiger, als dieser
+edle junge Prinz. Du hast seine Gesichtsbildung, so sah er aus;
+aber wenn er die Stirne runzelte, so war es gegen die Franzosen,
+nicht gegen seine Freunde: Seine edle Hand gewann erst das was sie
+ausgab, und verthat nicht, was sein siegreicher Vater gewonnen
+hatte. Seine Hand wurde oft mit dem Blut der Feinde seines Hauses,
+niemals mit dem Blut der Seinigen besudelt. O Richard! York muß
+noch mehr sagen, oder er hat schon zu viel gesagt.
+
+König Richard.
+Wie, mein Oheim, was wollt ihr dann sagen?
+
+York.
+O mein Gnädigster Herr, vergebet mir, wenn es euch gefällt; wo
+nicht, so laß ich mir auch gefallen, daß ihr mir nicht vergebt.
+Ihr sucht euch der Ländereyen, Güter und Rechte des verbannten
+Hereford zu bemächtigen? Wenn Gaunt todt ist, lebt nicht Hereford?
+War Gaunt nicht redlich, und ist Heinrich nicht getreu? Verdiente
+jener nicht, einen Erben zu haben? Ist nicht sein Erbe ein
+verdienstvoller Sohn? Kanst du Herefords Rechte, kanst du seine
+Titel, Urkunden und wohlhergebrachte Gerechtsame aufheben, und
+gewiß seyn, ob du morgen noch seyn wirst, was du bist? Denn woher
+bist du ein König, als durch das Recht der Erbfolge? Wenn ihr
+gewaltthätiger Weise die Erbschaft Herefords an euch reissen, die
+Vollmacht seines General-Procurators, in seinem Namen davon Besiz
+zu nehmen, vernichten, und ihm die angebotne Huldigung versagen
+wollt; so häuft ihr tausend Gefahren über euer Haupt, verliehrt
+tausend wohlgesinnte Herzen, und reizet selbst meine sanftmüthige
+Geduld zu Gedanken, welche Pflicht und Ehre nicht denken können.
+
+König Richard.
+Denkt was ihr wollt; wir nehmen alle seine Güter, Mobilien,
+Baarschaften und Ländereyen, zu unsern Händen.
+
+York.
+Wenigstens will ich kein Augenzeuge davon seyn; lebet wohl, mein
+gebietender Herr; was hieraus entstehen wird, kan niemand sagen.
+Aber aus schlimmen Handlungen läßt sich ohne Mühe weissagen, daß
+ihre Folgen nicht gut seyn können.
+
+(Er geht ab.)
+
+König Richard.
+Geh, Buschy, ungesäumt zu dem Grafen von Wiltschire, und ersuch ihn
+zu uns nach Ely-House zu kommen, und der Vollziehung dieses
+Geschäftes vorzustehen. Morgen wollen wir nach Irland, es ist Zeit.
+Indessen ernennen wir, während unsrer Abwesenheit, unsern Oheim
+York zum Lord-Statthalter von England, denn er ist rechtschaffen,
+und war uns jederzeit zugethan. Kommet, meine Königin; morgen
+müssen wir uns scheiden; beruhigt euch, wir werden nicht lange
+abwesend seyn.
+
+(König Richard, Königin und Gefolge gehen ab.)
+
+
+
+Vierte Scene.
+(Northumberland, Willoughby und Roß bleiben.)
+
+
+Northumberland.
+Nun, Milords, der Herzog von Lancaster ist todt.
+
+Ross.
+Und lebt wieder in seinem Sohn, der nun Herzog von Lancaster ist.
+
+Willoughby.
+Dem Namen, nicht den Einkünften nach.
+
+Northumberland.
+Beyden nach, wenn Gerechtigkeit ihr Recht erhält.
+
+Ross.
+Mein Herz ist voll; aber es muß von Schweigen brechen, eh ihm eine
+freymüthige Zunge leichter machen kan.
+
+Northumberland.
+Bezieht sich das, was ihr reden möchtet, auf den Herzog von
+Hereford, so sagt es kühnlich heraus, Mann; mein Ohr horcht mit
+Freuden allem Guten entgegen, was von ihm gesagt wird.
+
+Ross.
+Alles Gute, was ich für ihn thun kan, ist, Mitleiden mit ihm zu
+haben, daß er seines Erbguts so beraubt worden ist.
+
+Northumberland.
+Nun, beym Himmel, Schande ist es, daß solche Kränkungen, solche
+Ungerechtigkeiten gegen ihn, einen königlichen Prinzen, und manche
+andre von edlem Blut, in diesem dem Umsturz nähernden Lande
+niederträchtig ertragen werden sollen! Der König ist nicht er
+selbst, unköniglich läßt er von Schmeichlern sich leiten; und was
+sie aus Raubsucht oder aus Haß gegen irgend einen aus uns anzetteln
+möchten, das wird der König nach der Schärfe gegen uns, unser Leben,
+unsre Kinder und Erben ausführen.
+
+Ross.
+Die Gemeinen hat er durch übermäßige Auflagen ausgesogen, und
+dadurch ihre Herzen verlohren; die Edeln hat er wegen abgestorbner
+Händel gebüßt, und ihre Herzen verlohren.
+
+Willoughby.
+Nichts destoweniger werden unter allerley Namen täglich neue
+Erpressungen ausgesonnen; aber, was um Gottes willen! soll endlich
+daraus werden?
+
+Northumberland.
+Kriege haben alle diese Summen nicht verzehrt; denn er hatte nie
+keinen Krieg, sondern gab vielmehr durch einen schimpflichen
+Verglich hin, was seine Vorältern durch Siege gewonnen hatten; er
+hat mehr Aufwand im Frieden gemacht, als sie in allen ihren Kriegen.
+
+Ross.
+Der Graf von Wiltschire hat das Königreich im Pacht.
+
+Willoughby.
+Der König ist Bankrutt worden.
+
+Ross.
+Und ungeachtet aller seiner schweren Auflagen, muß er den
+vertriebnen Herzog berauben, um Geld für diese Irländischen Unruhen
+zu haben.
+
+Northumberland.
+Seinen edeln Blutsverwandten!--Höchst ausgearteter König! Aber,
+Milords, wir hören dieses fürchterliche Gewitter singen, und suchen
+doch keinen Schirm gegen den Sturm; wir sehen den Wind unsern
+Segeln zusezen, und doch ziehen wir sie nicht ein, sondern gehen
+unbesorgt unter.
+
+Ross.
+Wir sehen den Schiffbruch vorher, und es ist noch keine Anstalt
+gegen die Gefahr gemacht, weil wir so geduldig die Ursachen unsers
+Schiffbruchs leiden.
+
+Northumberland.
+Nicht so; selbst durch die hohlen Augen des Todes, sehe ich Leben
+hervorschauen; aber ich darf es nicht sagen, wie nah' uns unsre
+Hülfe ist.
+
+Willoughby.
+Wir haben unsre Gedanken nicht vor dir verborgen; laß uns auch die
+deinigen theilen.
+
+Ross.
+Rede zuversichtlich, Northumberland; wir drey sind nur du selbst,
+und wenn du mit uns sprichst, sind deine Worte nur wie Gedanken;
+also rede kühnlich!
+
+Northumberland.
+So höret dann, meine Freunde, was für geheime Nachrichten ich von
+(Port le blanc), einem Hafen in Bretagne, habe. Heinrich von
+Hereford, Rainald, Lord Cobham, der unlängst mit dem Herzog von
+Exeter gebrochen hat; sein Bruder, der neue Erzbischoff von
+Canterbury, Sir Thomas Erpingham, Sir John Ramston, Sir John
+Norbrew--, Sir Robert Waterton, und Franz Coines; alle diese,
+von dem Herzog von Bretagne mit allen Nothwendigkeiten versehen,
+sind würklich im Begriff, mit acht langen Schiffen und dreytausend
+streitbaren Männern, eine Landung an unsern Nordischen Küsten zu
+wagen; vielleicht haben sie schon gelandet, und warten nur bis der
+König nach Irland abgegangen ist. Wann wir nun entschlossen sind,
+unser sclavisches Joch abzuschütteln, die gebrochnen Schwingen
+unsers sinkenden Vaterlandes wieder neu zu befiedern, die entehrte
+Crone von einem schimpflichen Versaz wieder einzulösen; den Staub
+abzuwischen, der unsers Scepters reines Gold verbirgt, und der
+Majestät ihre eigne Gestalt wieder zu geben: So folget mir
+schleunig nach Ravenspurg. Zaudert ihr aber, oder fürchtet ihr
+euch, so zu thun, so bleibet zurük, und seyd verschwiegen; so will
+ich allein gehen.
+
+Ross.
+Zu Pferd, zu Pferd! Laßt die zaudern die sich fürchten.
+
+Willoughby.
+Wenn anders mein Pferd aushält, so will ich der erste dort seyn.
+
+(Sie gehen ab.)
+
+
+
+Fünfte Scene.
+(Der Hof.)
+(Die Königin, Buschy und Bagot treten auf.)
+
+
+Buschy.
+Gnädigste Frau, Eure Majestät ist viel zu niedergeschlagen. Ihr
+versprachst dem König beym Abschied, alle sich selbsthärmende
+Gedanken zu entfernen, und eine frohe Gemüthsfassung zu unterhalten.
+
+Königin.
+Dem Könige zu gefallen, that ich's; mir selbst zu gefallen kan
+ich's nicht thun; und doch weiß ich keine Ursache, warum ich einen
+solchen Gast, wie der Kummer ist, willkommen heissen sollte, als
+diese, weil ich einem so werthen Gast, wie mein Richard ist, leb'
+wohl sagen mußte; und doch ist mir, als ob irgend ein noch
+ungebohrner Kummer, im Schooß des Schiksals reiffend, mir
+bevorstehe; meine innerste Seele zittert über etwas, ohne zu wissen
+was es ist; ausgenommen, daß es nicht die Trennung von dem König
+meinem Gemal ist.
+
+Buschy.
+Ein jeder würklicher Schmerz hat zwanzig Schatten die ihm gleich
+sehen, und es doch nicht sind; durch den Crystall blendender
+Thränen, sieht das Auge der Traurigkeit einen einzigen Gegenstand
+in viele gespalten. Gleich gewissen perspectivischen Figuren, die,
+wenn man sie geradezu anschaut, nichts als verworrene Striche
+zeigen, aber aus einem gewissen schiefen Sehpunct eine regelmäßige
+Gestalt darstellen, zeigen sich euch, indem ihr euers Gemals
+Abwesenheit seitwärts anseht, Gestalten von Kummer, welche, wenn
+sie angesehen werden, wie sie sind, nichts als blosse Schatten von
+dem was nicht ist, sind. Trauret also über nichts mehr als die
+Abreise euers Gemals; mehr ist nicht sichtbar, oder ist es doch nur
+aus dem falschen Gesichtspunct der Traurigkeit, die oft über
+eingebildete Übel, wie über wahre, weint.
+
+Königin.
+Es mag so seyn; und doch sagt meine innerste Seele mir etwas anders;
+dem sey wie ihm wolle, ich kann mich nicht erwehren traurig zu
+seyn, auf eine so bange Art traurig, daß wenn die Überlegung mir
+gleich sagt, es sey nichts, dieses ängstigende Nichts mich doch
+nichts desto minder schmachten und welken macht.
+
+Buschy.
+Es ist blosse Einbildung, meine gnädigste Königin.
+
+Königin.
+Nichts weniger als Einbildung; Einbildung entspringt allemal aus
+irgend einem vorhergegangenen Schmerz; so ist der meinige nicht.
+Denn Nichts hat das Etwas gebohren das mich ängstiget; aber was es
+ist, das ist noch unbekannt.*
+
+{ed.-* Im Original ist dieses viel spizfündiger gesagt:
+
+(For nothing hath begot my something-grief,
+Or something hath, the nothing that I grieve.
+But what it is, that is not yet Known, what
+I cannot name, 'tis nameless Woe, I wot.)}
+
+
+
+Sechste Scene.
+(Green zu den Vorigen.)
+
+
+Green.
+Der Himmel erhalte Euer Majestät!--Ich erfreue mich, euch zu sehen,
+meine Herren--Ich hoffe, der König hat sich noch nicht nach Irland
+eingeschift.
+
+Königin.
+Warum hoffst du das; es ist mehr Ursache zu hoffen, daß er's gethan
+habe; denn seine Absichten erfordern Behendigkeit, und seine
+Behendigkeit giebt gute Hoffnung; warum sagst du also, du hoffest
+er sey noch nicht zu Schiffe?
+
+Green.
+Damit Er, auf welchem alle unsre Hoffnung beruht, seine Macht zurük
+behalten hätte, um die Hoffnung eines Feindes zur Verzweiflung zu
+bringen, der trozig seinen Fuß in dieses Land gesezt hat. Der
+verbannte Bolingbroke hat sich selbst zurük beruffen, und ist mit
+emporgestrekten Waffen glüklich zu Ravenspurg angelangt.
+
+Königin.
+Das verhüte der Himmel!
+
+Green.
+O Gnädigste Frau, es ist nur allzuwahr; und was noch schlimmer ist,
+der Lord Northumberland, der junge Percy, sein Sohn, die Lords von
+Roß, Beaumond und Willoughby mit allen ihren mächtigen Freunden
+sind zu ihm übergegangen.
+
+Buschy.
+Wie? Habt ihr denn den Northumberland und alle von dieser
+rebellischen Rotte nicht für Verräther erklärt?
+
+Green.
+Das haben wir, und darauf hat der Graf von Worcester seinen Stab
+zerbrochen, seine Oberhofmeister-Stelle niedergelegt, und sich mit
+allen königlichen Haus-Bedienten zum Bolingbroke geflüchtet.
+
+Königin.
+O Green, du bist die Wehmutter meines Kummers. Nun hat meine Seele
+ihr Ungeheuer zur Welt gebracht. Bolingbroke ist die unglükliche
+Geburt meines ahnenden Weh's, und ich eine keuchende neu-entbundne
+Mutter, sinke aus einer Angst, einem Schmerz, in den andern.
+
+Buschy.
+Lasset den Muth noch nicht sinken, Gnädigste Frau.
+
+Königin.
+Und warum soll ich nicht? Ich will verzweifeln, ich will mit der
+betrügerischen Hoffnung in Feindschaft stehen; sie ist eine
+Schmeichlerin, die den Tod nur zurük hält, um durch ihre
+täuschenden Eingebungen das Gefühl seiner Streiche zu übertäuben.
+
+
+
+Siebende Scene.
+(York zu den Vorigen.)
+
+
+Green.
+Hier kommt der Herzog von York.
+
+Königin.
+Mit Zeichen des Kriegs um seinen bejahrten Naken. O, seine Blike
+sind von sorgenvollen Geschäften verdüstert! Guter Oheim, um des
+Himmels willen, eine tröstliche Zeitung!
+
+York.
+So müßte ich meine Gedanken belügen; der Trost ist im Himmel, und
+wir sind auf einer Welt, wo nichts als Kreuz, Sorge und Kummer lebt.
+Euer Gemal ist gegangen, um in der Ferne zu retten, was ihm andre
+indeß daheim entreissen. Ich ward hier zurük gelassen, um dieses
+Land zu unterstüzen; ich, der vom Alter gedrükt, kaum mich selbst
+tragen kan. Nun kommen die kranken Tage, die seine
+Ausschweiffungen nach sich gezogen haben; nun wird er seine Freunde,
+die ihm schmeichelten, kennen lernen. (Ein Bedienter kommt herein.)
+
+Bedienter.
+Milord, euer Sohn war schon abgereist, wie ich ankam.
+
+York.
+Schon abgereist; Nun, so geh alles, welchen Weg es will. Die Edeln
+sind übergegangen, die Gemeinen kalt, und wanken schon wie ich
+besorge, auf Herefords Seite--Geh du nach Plaschie, zu meiner
+Schwester von Glocester; bitte sie, daß sie mir unverzüglich
+tausend Pfund schike; halt, hier ist mein Ring.
+
+Bedienter.
+Milord, ich habe vergessen zu sagen, daß an dem nemlichen Tag da
+ich hinkam, und anfragte--Aber ich werde euch betrüben, wenn ich es
+sage.
+
+York.
+Was ist es dann?
+
+Bedienter.
+Eine Stunde eh ich kam, starb die Herzogin.
+
+York.
+Gerechter Himmel! Was für eine Fluth von Plagen stürzt sich auf
+einmal über dieses unglükselige Land! Ich weiß nicht, was ich thun
+soll; wollte Gott! der König hätte (ohne daß eine Untreue von mir
+ihn dazu aufgefordert hätte) meinen Kopf mit meines Bruders
+Gloster's seinem abschlagen lassen. Wie, sind schon Jacht-Schiffe
+nach Irland abgegangen? Wo sollen wir Geld zu diesem Krieg
+hernehmen? Kommt, Schwester; (Base, wollt' ich sagen,) ich bitte
+euch um Vergebung.--
+
+(Zum Bedienten.)
+
+Geh' du heim, Bursche, bestelle einige Wagen, und belade sie mit
+den Waffen, die du finden wirst--Meine Herren, wollt ihr gehen, und
+die Truppen mustern? Ich versichre euch, daß ich nicht weiß, wie
+ich die Sachen, in der Unordnung, worinn sie mir in die Hände
+gegeben worden, ordnen soll.--Beyde sind meine Bruders-Söhne; der
+eine ist mein Souverain, beydes mein Eid und meine Pflicht befiehlt
+mir, ihn zu schüzen; der andre, gleichfalls mein Neffe, hat Unrecht
+vom König erlidten; Gewissen und Natur befehlen mir seinem Recht
+beyzustehen. Nun, etwas muß gethan seyn: Kommt, Base, ich will für
+eure Sicherheit sorgen. Geht, mustert eure Leute, und erwartet
+mich zu Berkley-Castle; ich will auch nach Plaschie--Aber die Zeit
+wird es nicht zulassen. Alles ist uneben, alles in der äussersten
+Unordnung.
+
+(York und die Königin gehen ab.)
+
+
+
+Achte Scene.
+
+
+Buschy.
+Der Wind ist günstig, neue Zeitungen nach Irland zu schiken, aber
+bringt keine zurük. Wir werden nimmermehr eine hinlängliche Macht,
+um dem Feind Widerstand zu thun, aufbringen können.
+
+Green.
+Ausserdem sind wir dem Haß derer, die den König hassen, desto näher,
+je näher wir der Liebe des Königs sind.
+
+Bagot.
+Und das sind die unbeständigen Gemeinen; ihre Liebe ligt in ihrem
+Beutel; wer ihren Beutel ausleert, füllt ihre Herzen mit tödtlichem
+Haß.
+
+Buschy.
+Wenn dieses ist, so ist der König mit allen Stimmen verurtheilt.
+
+Bagot.
+Und so ist uns unser Urtheil auch gesprochen.
+
+Green.
+Gut; ich will zu meiner Sicherheit nach Bristol, der Graf von
+Wiltschire ist schon da.
+
+Buschy.
+Ich will mit euch; denn von den erbitterten Gemeinen haben wir
+nicht viel bessere Dienste zu gewarten, als daß sie uns in Stüken
+zerreissen werden. Wollt ihr mit uns, Bagot?
+
+Bagot.
+Nein; ich will zu Sr. Majestät nach Irland. Lebet wohl; wenn mir
+mein Herz die Wahrheit sagt, so werden wir Drey nimmer wieder
+zusammen kommen.
+
+Buschy.
+Das kommt darauf an, ob York den Bolingbroke zurükschlagen wird.
+
+Green.
+Der arme York! Das Geschäfte, das er übernommen hat, ist nicht
+leichter, als wenn er den Sand zählen, und das Meer austrinken
+wollte. Wenn einer an seiner Seite ficht, so werden tausend
+fliehen.
+
+Buschy.
+Lebet wohl für ein und allemal.
+
+Green.
+Wir können einander wol wieder sehen.
+
+Bagot.
+Ich besorge, nimmer.
+
+(Sie gehen ab.)
+
+
+
+Neunte Scene.
+(Verwandelt sich in eine wilde Gegend, in Glocester-Schire.)
+(Bolingbroke und Northumberland treten auf.)
+
+
+Bolingbroke.
+Wie weit ist es noch, Milord, von hier nach Berkley?
+
+Northumberland.
+Ich bin hier fremde in Glocester-Schire; diese hohen wilden Hügel,
+und diese rauhen unebnen Wege, machen unsern Marsch langsam und
+sehr beschwerlich; und doch hat eure angenehmste Gesellschaft mich
+beydes vergessen gemacht. Ich bedaure nur Roß und Willoughby, die
+auf ihrem Weg von Ravenspurg nach Cotschold das Glük ermangeln
+müssen, so ich izt geniesse; doch die Hoffnung erleichtert ihnen
+den ihrigen, und die Hoffnung des Genusses genießt beynahe schon so
+viel, als der Genuß selbst.
+
+Bolingbroke.
+Eure Freundschaft treibt den Werth meiner Gesellschaft viel zu hoch,
+aber wer kommt hier? (Percy zu den Vorigen.)
+
+Northumberland.
+Es ist mein Sohn, der junge Heinrich Percy, von meinem Bruder
+Worcester abgeschikt: Woher, Harry, was macht dein Oheim?
+
+Percy.
+Ich hoffte, Milord, bey euch Nachricht von ihm zu holen.
+
+Northumberland.
+Wie, ist er nicht bey der Königin?
+
+Percy.
+Nein, Milord, er hat den Hof verlassen, seinen Stab zerbrochen, und
+die Königliche Hofstatt zerstreut.
+
+Northumberland.
+Wie? Aus was Ursache? Er war nicht so gesinnt, da ich ihn das
+leztemal sprach.
+
+Percy.
+Weil Euer Gnaden als ein Verräther ausgeruffen worden ist. Er ist
+nach Ravenspurg abgegangen, um dem Herzog von Hereford seine
+Dienste anzubieten; und mich hat er nach Berkley geschikt, um die
+Stärke der Kriegs-Völker zu erkundigen, die der Herzog von York
+daselbst zusammengebracht hat, mit dem Befehl von da gerade nach
+Ravenspurg zu eilen.
+
+Northumberland.
+Hast du den Herzog von Hereford vergessen?
+
+Percy.
+Nein, Milord, man kan nicht vergessen, wessen man sich nie erinnert
+hat; meines Wissens hab' ich ihn in meinem Leben nie gesehen.
+
+Northumberland.
+So lern' ihn dann izt kennen; diß ist der Herzog.
+
+Percy.
+Gnädigster Herr, ich erbiete euch meine Dienste, so wie sie sind,
+schwach, roh und jugendlich; zunehmende Jahre werden sie reiffer,
+und euers Beyfalls würdiger machen.
+
+Bolingbroke.
+Ich danke dir, edler Percy; sey versichert, daß ich mich in nichts
+anderm so glüklich schäze, als in einem Herzen, das seiner guten
+Freunde nicht vergessen kan; und so, wie mein Glük mit deiner Liebe
+reiffen wird, soll es jederzeit die Belohnung deiner treuen Liebe
+seyn. Mein Herz macht diesen Vertrag, und hier siegelt ihn meine
+Hand.
+
+Northumberland.
+Wie weit ist es von hier nach Berkley? und was für Bewegungen
+macht der gute alte York mit seinen Truppen dort?
+
+Percy.
+Das Schloß steht dort hinter jenem Gebüsche, und ist, wie ich hörte,
+mit dreyhundert Mann besezt; die Lords, York, Berkley und Seymour
+sind darinn, sonst niemand von Namen und Ansehn. (Roß und
+Willoughby zu den Vorigen.)
+
+Northumberland.
+Hier kommen die Lords von Roß und Willoughby, blutig vom Spornen,
+und feuerroth von Eile.
+
+Bolingbroke.
+Willkommen, Milords; ich weiß, eure Liebe verfolgt einen verbannten
+Verräther; alle meine Schäze bestehen noch in leerem Dank, der,
+wenn er reicher geworden ist, die Vergeltung eurer Liebe und eurer
+Dienste seyn soll.
+
+Ross.
+Eure Gegenwart macht uns reich genug, Milord;
+
+Willoughby.
+Und ersezt uns die Arbeit überflüßig, wodurch wir sie erhalten
+haben.
+
+Bolingbroke.
+Immer mehr Dank!--(die Wiedervergeltung der Armen,) bis mein noch
+unmündiges Glük zu Jahren kommt, müssen Worte für mein
+erkenntliches Herz Bürge seyn. Aber wer kommt hier? (Berkley zu
+den Vorigen.)
+
+Northumberland.
+Es ist Milord von Berkley, däucht mich.
+
+Berkley.
+Milord von Hereford, mein Auftrag geht an euch.
+
+Bolingbroke.
+Milord, meine Antwort ist zu Lancaster; ich bin gekommen, diesen
+Namen in England zu suchen, und ich muß diesen Titel in eurer Zunge
+finden, eh ich auf etwas antworten kan, das ihr sagt.
+
+Berkley.
+Meine Absicht, Milord, ist gar nicht, einen Titel von euern Würden
+wegzunehmen; ich komme zu euch, Milord, (Lord wovon ihr nur wollt)
+von demjenigen der izt der Erste in diesem Land ist, von dem Herzog
+von York, um zu erfahren, was euch antreibt, den Vortheil der
+Abwesenheit des Königs zu nehmen, und unsern angebohrnen Frieden
+durch einheimische Waffen zu schreken?
+
+
+
+Zehnte Scene.
+(York zu den Vorigen.)
+
+
+Bolingbroke.
+Ich werde nicht nöthig haben, meine Antwort durch euch zu versenden;
+hier kommt Se. Gnaden selbst. Mein edler Oheim!
+
+(Er kniet vor ihm nieder.)
+
+York.
+Zeige mir, statt diesen betrüglich demüthigen Knien ein aufrichtig
+unterwürfiges Herz.
+
+Bolingbroke.
+Mein gnädigster Oheim!
+
+York.
+Stille, stille; ich will nichts von deinen Titeln; ich bin keines
+Verräthers Oheim, und das Wort Gnade wird in einem verbrecherischen
+Mund entweiht. Warum haben deine geächteten, verbannten Füsse sich
+erfrecht, den Staub von Englands Boden zu betreten? Und, was noch
+ärger ist, wie haben sie sich erfrecht, so viele Meilen über ihren
+friedsamen Busen einher zu ziehen, und ihre erblassenden Einwohner
+mit dem Gepränge einer kriegrischen Schlacht-Ordnung zu schreken?
+Kommst du, weil der gesalbte König abwesend ist? Wie, unbesonnener
+Jüngling, der König ist noch da, seine Gewalt ligt in einem
+treuvollen Busen. Wär' ich nur noch Herr von jener jugendlichen
+Stärke wie damals, da der brave Gaunt, dein Vater, und ich, den
+schwarzen Prinzen, diesen jungen Kriegsgott, mitten aus den Linien
+von zehntausend Franzosen erledigten; o! wie schnell sollte dieser
+izt entnervte Arm, deinen Übermuth züchtigen!
+
+Bolingbroke.
+Mein gnädigster Oheim, laßt mich nur erst wissen, von was für einer
+Art mein Verbrechen ist.
+
+York.
+Von der schlimmsten Art, Aufruhr und fluchwürdiger Hochverrath. Du
+bist ein Landsverwiesener, und kommst hier, bevor deine Zeit
+verflossen ist, in herausfordernden Waffen deinem Oberherrn Troz zu
+bieten.
+
+Bolingbroke.
+Wie ich verwiesen wurde, war ich Hereford; nun, da ich komme, komme
+ich für Lancaster. Ich bitte Euer Gnaden, betrachtet das Unrecht,
+das mir zugefügt worden, mit einem unpartheyischen Auge. Ihr seyd
+mein Vater, denn mich däucht, in euch sehe ich den bejahrten Gaunt
+wieder lebend. O! denn, mein Vater! Könnt ihr gestatten, daß ich
+verurtheilt seyn soll, ein herumschweifenden Flüchtling zu seyn,
+und aller meiner Rechte und Regalien beraubt, gleichgültig
+zuzusehen, wie sie unter lumpichte Taugenichts ausgetheilt werden,
+die gestern noch Bettler waren? Wozu war ich gebohren? Wenn der
+König mein Vetter, König von England ist, so muß es unstreitig seyn,
+daß ich Herzog von Lancaster bin. Ihr habt einen Sohn, den
+Aumerle, mein edler Vetter; wäret ihr zuerst gestorben, und er wäre
+so niedergetreten worden, er würde in seinem Oheim Gaunt einen
+Vater, einen eifrigen Verfechter seines Rechts, gefunden haben.
+Man versagt mir die Besiznehmung von meinen angeerbten Titeln und
+Gütern, wozu mir doch meine Patenten die Befügniß geben. Meines
+Vaters Güter werden zerstreut und verkauft, und wie alles übrige
+unnüzer Weise durchgebracht. Was wollt ihr, daß ich in solchen
+Umständen thun soll? Ich bin ein Unterthan, und reclamire das
+Gesez; man versagt mir Anwalde, ich bin also genöthigt, in eigner
+Person die Ansprüche an mein angestammtes Erbgut gelten zu machen.
+
+Northumberland.
+Der edle Herzog ist zu sehr gekränkt worden.
+
+Ross.
+Es ligt nur bey euer Gnaden, ihm Recht wiederfahren zu lassen.
+
+Willoughby.
+Schlechte Leute sind durch seine Erbgüter groß gemacht worden.
+
+York.
+Milords von England, laßt mich euch sagen, daß ich gegen die
+Kränkungen meines Neffen nicht unempfindlich gewesen bin, und mich
+so sehr ich konnte bemühet habe, ihm sein Recht zu verschaffen.
+Aber auf eine solche Art zu kommen, in trozigen Waffen zu kommen,
+und sein Recht durch unerlaubte Gewalt zu suchen, das geht nicht an;
+und ihr, die ihr ihm hierinn beysteht, begünstiget die Empörung,
+und seyd alle Rebellen.
+
+Northumberland.
+Der Herzog hat geschworen, daß er nur gekommen sey, sein Recht zu
+suchen; und ihm zu diesem zu verhelfen, haben wir alle durch einen
+theuren Eid uns anheischig gemacht; und mög' auf ewig den die
+Freude meiden, der seinen Eid bricht!
+
+York.
+Gut, gut, ich sehe den Ausgang dieser Waffen; ich muß es bekennen,
+es ist nicht in meiner Macht, ihn zu verhindern; aber könnte ich's,
+bey dem der mich erschaffen hat! ihr solltet mir alle gebunden und
+in den Staub gebükt, euer verwürktes Leben von der königlichen
+Gnade erflehen! Nun, da ich ohne Kräfte bin, so wisset, daß ich
+soviel als neutral bleiben werde. Und hiemit gehabt euch wohl; es
+wäre dann, daß es euch beliebte, in dieses Schloß zu kommen, und
+die Nacht da auszuruhen.
+
+Bolingbroke.
+Ein Anerbieten, mein Oheim, das wir annehmen wollen; aber wir
+müssen Euer Gnaden erbitten, mit uns nach Bristol-Castle zu gehen,
+worinn, wie man sagt, Buschy, Bagot, und ihre Mitschuldigen sich
+halten, diese Raupen des gemeinen Wesens, die ich auszureuten
+geschworen habe.
+
+York.
+Es mag seyn, ich will gehen--Doch nein, laßt mich ruhig bleiben;
+ich will nicht von denen seyn, die die Geseze meines Vaterlands
+brechen. Weder Feinde noch Freunde, seyd ihr mir willkommen; und
+Dinge, denen nicht mehr zu helfen ist, sollen mich auch nicht mehr
+bekümmern.
+
+(Sie gehen ab.)
+
+
+
+Eilfte Scene.
+(In Wales.)
+(Salisbury und ein Officier treten auf.)
+
+
+Officier.
+Milord von Salisbury, wir haben zehen Tage gewartet, und die gröste
+Mühe gehabt, unsre Landleute bey einander zu behalten; da wir aber
+noch immer keine Nachrichten von dem König erhalten, so wollen wir
+wieder auseinander gehen. Lebet wohl!
+
+Salisbury.
+Gedulde dich nur noch einen einzigen Tag, du rechtschaffner
+Welschmann; der König sezt all sein Vertrauen in dich.
+
+Officier.
+Man glaubt, der König sey todt; wir warten nicht länger. Die
+Lorbeer-Bäume in unserm Lande sind alle verdorben, Wunderzeichen
+schreken die Fix-Sterne vom Himmel; der bleiche Mond schaut blutig
+auf die Erde herab, und hagre Propheten lispeln furchtbare
+Veränderung. Reiche Leute sehen traurig aus, und Bettler und
+Spizbuben tanzen und springen; die eine, aus Furcht zu verliehren
+was sie gewonnen haben, die andre, in Hoffnung durch Krieg und
+Zerrüttung zu gewinnen. Alles dieses sind Zeichen, die den Tod der
+Könige ankündigen--Lebet wohl; unsre Landleute sind alle wieder
+auseinander gegangen, und lassen sich nicht benehmen, daß König
+Richard todt sey.
+
+(Er geht ab.)
+
+Salisbury.
+Ach! Richard! ach! mit thränenbeladnen Augen seh' ich deinen
+Glanz, gleich einem fallenden Stern, vom Firmament zur Erde sinken.
+Die Sonne sizt weinend im niedrigen West, und propheceyt Stürme,
+Unruhen und Unglük. Deine Freunde sind zu deinen Feinden
+übergegangen, und alle Umstände vereinigen sich zu deinem Verderben.
+
+(Er geht ab.)
+
+
+
+
+Dritter Aufzug.
+
+
+
+Erste Scene.
+(Bolingbroks Lager zu Bristoll.)
+(Bolingbroke, York, Northumberland, Roß, Percy, Willoughby, mit
+ Buschy, und Green, als Gefangnen treten auf.)
+
+
+Bolingbroke.
+Bringt diese Männer näher herbey--Buschy, und Green, ich will eure
+Seelen da es nun an dem ist, daß sie von ihren Leibern scheiden
+müssen, nicht mit so harten Vorwürfen ängstigen, als euer
+verderbliches Leben verdient hat, denn das wäre Unbarmherzigkeit;
+aber um euer Blut von meinen Händen zu waschen, will ich hier, vor
+dieser Versammlung, einige Ursachen eures Todes entfalten. Ihr
+habt einen Fürsten, den seine Geburt und sein angebohrner Edelmuth
+zu einem grossen und glüklichen Könige bestimmte, mißgeleitet,
+verderbt und unglüklich gemacht. Ihr habt ihn durch die
+Ausschweiffungen, wozu ihr ihn reiztet, in gewissem Sinn von seiner
+Königin geschieden, die geheiligten Rechte eines königlichen
+Ehbettes geschmälert, und die schönen Wangen einer liebenswürdigen
+Fürstin durch die Thränen beflekt, die eure Beleidigungen aus ihren
+Augen erpreßten. Ich selbst, durch das Glük meiner Geburt, ein
+Prinz vom königlichen Geblüte, und von dem König, meinem
+Blutsverwandten, werth gehalten, bis ihr durch giftige Eingebungen
+mich ihm verdächtig gemacht; ich selbst habe meinen Naken unter
+euern Verfolgungen beugen müssen, und, das bittre Brodt der
+Verbannung essend, meinen Engländischen Athem in ausländische
+Wolken verseufzt; indeß, daß ihr meine Herrschaften aufgezehrt,
+meine Waldungen und Lusthayne ausgehauen, mein Wappen von meinen
+Thoren abgerissen, und mir kein andres Zeichen übrig gelassen habt,
+wodurch ich der Welt zeigen kan, daß ich ein Edelmann bin, als die
+Meynung der Leute und das Blut in meinen Adern: Dieses und viel
+mehr, viel mehr als zweymal so viel, verurtheilt euch zum Tode.
+Sehet, daß ihr Urtheil an ihnen vollzogen werde.
+
+Buschy.
+Willkommner ist mir der Streich des Todes, als Bolingbroke England
+ist--Milords, gehabt euch wohl.
+
+Green.
+Mein Trost ist, daß der Himmel unsre Seelen aufnehmen, und die
+Ungerechtigkeit mit den Qualen der Hölle straffen wird.
+
+Bolingbroke.
+Milord von Northumberland, sehet, daß sie abgethan werden--Mein
+Oheim, ihr sagtet, die Königin befinde sich in ihrem Hause; um des
+Himmels willen, sorget davor, daß ihr geziemend begegnet werde;
+sagt ihr, daß ich sie meiner Ehrfurcht und Ergebenheit versichre;
+traget ja Sorge dafür, daß ihr mein Gruß überbracht werde.
+
+York.
+Ich habe einen von meinen Edelleuten mit Briefen abgeschikt, worinn
+eure freundschaftliche Gesinnungen ausführlich erklärt sind.
+
+Bolingbroke.
+Ich danke euch, mein gütiger Oheim, kommt, Milords, kommt, zum
+Gefecht mit Glendower und seinen Anhängern; noch eine Weile Arbeit,
+und dann Feyer-Abend.
+
+(Sie gehen ab.)
+
+
+
+Zweyte Scene.
+(Verwandelt sich in eine Küste von Wales.)
+(Trummeln und Trompeten.
+ König Richard, Aumerle, der Bischoff von Carlisle, und Soldaten
+ treten auf.)
+
+
+König Richard.
+Barkloughly-Castle nennt ihr jenes dort?
+
+Aumerle.
+Ja, Gnädigster Herr; wie findet Eure Majestät die Landluft, nach
+den Beschwerlichkeiten der See?
+
+König Richard.
+Sie muß mir wol angenehm seyn--Freuden-Thränen erfüllen meine Augen,
+da ich noch einmal wieder den Boden meines Königreichs betrete.
+Theure Erde, ich umarme dich, obgleich Aufrührer dich mit den Hufen
+ihrer Pferde verwunden. Wie eine lang von ihrem Kinde getrennte
+Mutter, beym Wiedersehn lächelnd in zärtliche Thränen zerfließt, so
+grüß' ich dich, zugleich weinend und lächelnd, meine Erde, und
+drüke dich an meine Königliche Brust. O, nähre nicht deines Königs
+Feind, holde Erde, und labe nicht mit deinen Erquikungen seinen
+raubgierigen Muth: Sende die Schlangen, die deinen Gift in sich
+saugen, und schwellende Kröten in ihren Weg, ihre verräthrischen
+Füsse zu verwunden, die mit gewaltthätigen Tritten dich stampfen;
+und wenn sie eine Blume von deinem Busen pflüken wollen, so
+bewaffne sie, ich bitte dich, mit einer laurenden Natter, deren
+zweygespizte Zunge den Tod in die Adern der Feinde deines Herrn
+sprize. Spottet nicht, Milords, daß ich leblose Dinge beschwöre;
+diese Erde wird ein Gefühl haben, und diese Steine werden zu
+bewaffneten Kriegern werden, eh ihr gebohrner König unter den
+Waffen schändlicher Empörer fallen soll.
+
+Bischoff.
+Fürchtet euch nicht, Gnädigster Herr; diese Gewalt, die euch zum
+Könige schuf, hat Macht genug, euch troz aller Welt als König zu
+erhalten. Aber wir müssen die Mittel ergreiffen, die uns der
+Himmel anbietet.
+
+Aumerle.
+Seine Meynung ist, daß wir zu schläfrig sind, Gnädigster Herr, und
+dem Bolingbroke Zeit lassen, durch unsre Sicherheit immer stärker
+zu werden.
+
+König Richard.
+Untröstlicher Vetter, weißst du nicht, daß wenn das forschende Auge
+des Himmels hinter unsrer Halbkugel verborgen ist und der Unterwelt
+leuchtet, daß dann Diebe und Mörder ungesehn herumschleichen und
+Räubereyen und blutige Gewalt verüben; aber sobald die
+wiederkehrende Sonne die stolzen Gipfel der östlichen Hügel glühen
+macht, und ihr Licht durch jede verbrecherische Gruft blizt, daß
+dann Mord und Verrath und jede schändliche Sünde, aus der
+Finsterniß schwarzem Mantel hervorgezogen, bloß und nakend da stehn,
+und über sich selbst erzittern? So, wenn dieser Räuber, dieser
+verräthrische Bolingbroke, der während dieser ganzen Nacht, da wir
+unsern Lauf bey den Antipoden vollbrachten, ungestört
+herumschwärmte, uns unsern Thron im Osten besteigen sehen wird,
+werden seine Verräthereyen, in seinem schaamglühenden Angesicht
+enthüllt, den Tag nicht ertragen können, der sie vor ihrer eignen
+grauenvollen Gestalt erzittern machen wird. Alle Wasser der
+ungestümen See sind nicht fähig, das geheiligte Öl von einem
+gesalbten Könige wegzuwaschen; und der Athem sterblicher Menschen
+kan denjenigen nicht entsezen, den der Herr zu seinem Statthalter
+ernannt hat. Für einen jeden Mann, den Bolingbroke aufgetrieben
+hat, sein Schwerdt gegen unsre Crone zu ziehen, hat der Himmel für
+seinen Richard einen glorreichen Engel in himmlischem Sold, und wo
+Engel fechten, da müssen schwache Menschen fallen.--
+
+
+
+Dritte Scene.
+(Salisbury zu den Vorigen.)
+
+
+König Richard.
+--Willkommen, Milord, wie weit ist eure Macht entfernt?
+
+Salisbury.
+Weder näher noch ferner als dieser schwache Arm, mein Gnädigster
+Herr. Ich habe trostlose Zeitungen zu bringen. Ein einziger Tag
+zu spät, hat alle deine glüklichen Tage auf Erden umwölkt. O ruffe
+den gestrigen Tag zurük, befiehl der Zeit zurük zu kehren, und du
+wirst zwölftausend streitbare Männer haben. Dieser Tag, dieser
+einzige unglükselige Tag zu spät, vernichtet deine Freuden, deine
+Freunde, dein Glük und deinen Stand. Alle Welschen, haben, auf die
+Zeitung von deinem Tode, sich zerstreut, oder sind zu Bolingbroke
+übergegangen.
+
+Aumerle.
+Fasset Muth, Gnädigster Herr, warum seht ihr so blaß aus?
+
+König Richard.
+Nur noch vor einem Augenblik triumphierte das Blut von
+zwanzigtausend Mann in meinem Gesicht, und nun sind sie
+verschwunden; und bis wieder so viel Blut dahin zurük kommt, hab'
+ich nicht Ursach bleich und todtenhaft auszusehen? Die Zeit hat
+meinen Stolz zuschanden gemacht, und wer seine Seele retten will,
+flieht von meiner Seite.
+
+Aumerle.
+Beruhiget euch, Gnädigster Herr, erinnert euch, wer ihr seyd.
+
+König Richard.
+Ich hatte mich selbst vergessen: Bin ich nicht ein König? Erwache,
+du schüchterne Majestät, du schläfst! Ist nicht des Königs Name
+soviel als vierzigtausend Namen? Rüste, rüste dich, mein Name; ein
+elender Unterthan dräuet deiner glänzenden Majestät. Seht nicht so
+auf den Boden, ihr Günstlinge eines Königs! Sind wir nicht hoch?
+Laßt es uns wenigstens in Gedanken seyn. Ich weiß, mein Oheim York
+hat ein ansehnliches Heer zu unserm Dienst aufgebracht. Aber wer
+kommt hier?
+
+
+
+Vierte Scene.
+(Scroop zu den Vorigen.)
+
+
+Scroop.
+Ein besseres Glük falle meinem Könige zu, als meine kummerbeladne
+Zunge ihm ankündigen muß.
+
+König Richard.
+Mein Ohr ist offen, und mein Herz gerüstet; das schlimmste was du
+sagen kanst, ist nur zeitlicher Verlust. Sagst du, mein Königreich
+sey verlohren? Nun dann, es war meine Sorge; was für ein Verlust
+ist es, seiner Sorgen entlediget zu werden? Strebt Bolingbroke so
+groß zu werden als wir? Grösser kan er nicht werden; und wenn er
+doch immer ein Unterthan des Himmels bleibt, so bin ich das auch,
+und so bleibt er meines gleichen. Empören sich unsre Unterthanen?
+Das können wir nicht ändern; sie brechen ihre Treue gegen Gott eben
+sowol als gegen uns. Ruffe immerhin Weh, Jammer, Verwüstung, Fall,
+Untergang; das schlimmste ist der Tod, und der Tod hat seinen
+unvermeidlichen Tag.
+
+Scroop.
+Es erfreut mich, daß Eure Majestät so gerüstet ist, unglükliche
+Nachrichten zu ertragen. Wie ein ungestümer stürmischer Tag, der
+die Silberströme so hoch über ihre Ufer schwellen macht, als ob die
+ganze Welt in Thränen zerflossen wäre: So hoch über alle Schranken
+schwellt Bolingbroks Wuth, und bedekt euer geschrektes Land mit
+hartem schimmerndem Stahl, und mehr als stählernen Herzen. Weisse
+Bärte haben ihre nakten dünnbehaarten Schädel gegen deine Majestät
+bewaffnet; Knaben mit Weiber-Stimmen bemühen sich grob zu reden,
+und schmiegen ihre weiblichen Gelenke in unbiegsam Waffen gegen
+deine Crone; ja selbst Kunkel-Weiber schwingen rostige Hellebarden.
+Alte und Junge stehen gegen deinen Thron auf, und alles geht
+schlimmer, als ich es auszusprechen vermag.
+
+König Richard.
+O nur zu gut, zu gut erzählst du eine so böse Geschichte. Wo ist
+der Graf von Wiltschire? Was ist aus Buschy worden? Wo ist Green?
+Daß sie den Feind so ruhig sich über unsre Grenzen haben
+ausbreiten lassen? Wenn wir die Oberhand erhalten, so sollen ihre
+Köpfe davor bezahlen. Ich zweifle nicht, sie haben ihren Frieden
+mit Bolingbroke gemacht.
+
+Scroop.
+Sie haben Frieden mit ihm gemacht, in der That, Gnädigster Herr.
+
+König Richard.
+O Bösewichter, Vipern, verdammte Verräther! Hunde, die sich leicht
+gewinnen lassen, einem jeden liebzukosen! Schlangen, die ich in
+meinem Busen erwärmte, und die nun mein Herz durchstechen! Drey
+Judasse, jeder dreymal ärger als Judas! Haben sie Frieden gemacht?
+Die flammende Hölle bekriege ihre beflekten Seelen für diese
+Schandthat!
+
+Scroop.
+Die süsseste Liebe wird, wie ich sehe, wenn sie ihre Natur ändert,
+zu bitterstem und tödtlichstem Haß. Entlasset ihre Seelen wieder
+euers Fluchs; sie haben ihren Frieden mit Köpfen gemacht, nicht mit
+Händen; diejenigen, denen ihr fluchet, haben des Todes
+gewaltthätige Hand gefühlt, und ligen tief in geweihtem Grund.
+
+Aumerle.
+Ist Buschy, Green, und der Graf von Wiltschire todt?
+
+Scroop.
+Ja, alle drey verlohren zu Bristol ihre Köpfe.
+
+Aumerle.
+Wo ist denn der Herzog, mein Vater, mit seinen Völkern?
+
+König Richard.
+O! Frage nicht wo er ist; und niemand rede mehr von Trost! Von
+Gräbern laßt uns reden, von Würmern und Grabschriften; laßt uns den
+Staub zu unserm Papier machen, und mit regnenden Augen unsern
+Jammer auf den Busen der Erde schreiben. Laßt uns von Testamenten
+reden, und unsre Ausrichter erwählen--doch nein--Was können wir
+vermachen, als unsre abgelegte Leiber der Erde? Unsre Länder,
+unser Leben, alles ist Bolingbroks, und wir können nichts unser
+nennen als den Tod, und dieses Bißchen Erde, das unsre Gebeine
+deken wird. Ums Himmels willen! laßt uns hier auf den Boden
+niedersizen, und einander melancholische Geschichten vom Tod der
+Könige erzählen; wie einige entsezt, andre im Krieg erschlagen
+worden; andre von den Geistern derjenigen verfolgt, so sie aus dem
+Wege geräumt hatten; andre von ihren Weibern vergiftet, andre im
+Schlaf umgebracht, alle ermordet!--denn in der holen Crone, die
+eines Königs sterbliche Schläfe umfaßt, hält der Tod seinen Hof; da
+sizt das groteske Ungeheuer und spottet mit grinsendem Lächeln
+seines Pomps, erlaubt ihm einen Athem-Zug, eine kleine Scene lang
+zu herrschen, gefürchtet zu werden, und mit Bliken zu tödten,
+lispelt ihm eitle schwülstige Gedanken ein, als ob das Fleisch,
+worinn sein Leben eingeschlossen ist, unzerstörbares Metall sey;
+und wann er ihn so bethört hat, kommt er zulezt, durchbort mit
+einer kleinen Steknadel seine Schläfe, und gute Nacht König!--
+Bedekt eure Häupter, und verspottet nicht Fleisch und Blut mit
+feyrlicher Ehrerbietung; werfet Ehrfurcht, Titel, Ceremoniel, und
+alle diese Zeichen der Unterwürfigkeit weg; ihr habt mich diese
+ganze Zeit her mißkannt. Ich lebe von Athem wie ihr, ich habe
+Bedürfnisse wie ihr, fühle Schmerzen, habe Freunde vonnöthen, wie
+ihr; so abhängig, wie ich also bin, wie könnt ihr mir sagen: ich
+sey ein König?
+
+Bischoff.
+Gnädigster Herr, weise Männer bejammern niemals ihre gegenwärtigen
+Übel, sondern kommen gegenwärtig den Übeln zuvor, die sie künftig
+bejammern müßten. Den Feind fürchten, giebt, da die Furcht die
+Stärke schwächt, dem Feind einen Zuwachs von Stärke in unsrer
+Schwäche, und so haben wir an unsrer eignen Thorheit einen Feind
+mehr. Fürchtet euch, so seyd ihr geschlagen; kan es euch schlimmer
+gehen, wenn ihr euch wehret? Fechtet ihr und kommt um, so sterbt
+ihr doch edler, als wenn ihr aus Zagheit umkommt.
+
+Aumerle.
+Mein Vater hat Truppen; schiket nach ihm, und lernet aus einem
+Gliedmaß einen Leib machen.
+
+König Richard.
+Du beschiltst mich mit Recht. Stolzer Bolingbroke, ich komme, um
+durch Streiche deinen oder meinen lezten Tag zu entscheiden.
+Dieser fiebrische Schauer von Furcht ist vorüber; es ist eine
+leichte Arbeit zu gewinnen was unser eigen ist. Sage, Scroop, wo
+ligt unser Oheim mit seiner Macht? Antworte etwas besseres, als
+deine düstern Blike versprechen.
+
+Scroop.
+Wol mögt ihr aus meinen düstern und kummerbeladnen Augen urtheilen,
+daß meine Zunge noch eine bösere Zeitung zu erzählen hat, wie man
+aus der Beschaffenheit des Himmels auf das heitre oder ungestüme
+Ende eines Tages zu schliessen pflegt. Ich mache den Peiniger,
+indem ich das ärgste was ich sagen muß, in die Länge ziehe. Euer
+Oheim York hat sich mit Bolingbroke vereiniget, alle eure
+Nordischen Schlösser sind übergeben, und aller euer südlicher Adel
+ist in Waffen auf seiner Parthey.
+
+König Richard.
+Du hast genug gesagt. Wehe dir, Vetter, daß du mich von diesem
+guten Weg, worauf ich war, in Verzweiflung geführt hast. Was sagt
+ihr izt? Was für Hoffnung haben wir nun? Beym Himmel! ich hasse
+den auf ewig, der mir zumuthen will, noch etwas zu hoffen. Geht
+nach Flint-Castle, dort will ich mich ungestört dem Gefühl meines
+Jammers überlassen. Entlasset die Mannschaft die ich noch habe,
+laßt sie zu demjenigen gehen, der Hoffnung hat zu steigen. Ich
+habe keine mehr. Wende mir niemand etwas gegen diß ein; aller Rath
+ist umsonst.
+
+Aumerle.
+Nur ein Wort, Gnädigster Herr--
+
+König Richard.
+Schmeicheleyen in solchen Umständen worinn ich bin, machen meine
+Wunden nur tiefer. Entlaßt meine Leute; laßt sie gehen, laßt sie
+aus Richards Nacht in Bolingbroks aufgehenden Tag.
+
+(Sie gehen ab.)
+
+
+
+Fünfte Scene.
+(Bolingbroks Lager bey Flint.)
+(Ein Aufzug mit Trummeln und Fahnen, Bolingbroke, York,
+ Northumberland und Gefolge treten auf.)
+
+
+Bolingbroke.
+Diese Nachricht belehrt uns also, daß die Welschen zerstreut sind,
+und daß Salisbury dem Könige entgegengegangen ist, der mit einer
+kleinen Anzahl von Freunden kürzlich an dieser Küste angeländet ist.
+
+Northumberland.
+Die Zeitung ist schön und gut, Milord; Richard hat sein Haupt nicht
+weit von hier verborgen.
+
+York.
+Es würde dem Lord Northumberland nicht übel anstehen, zu sagen,
+König Richard. O! des unglüklichen Tags, da ein geheiligter König
+sein Haupt verbergen muß!
+
+Northumberland.
+Euer Gnaden nimmt mir's anders auf als es gemeynt war; ich ließ
+seinen Titel nur aus, um kürzer zu seyn.
+
+York.
+Es war eine Zeit, wo ich es euch nicht gerathen haben wollte, so
+kurz mit ihm zu seyn, wenn es euch nicht gleichgültig gewesen, daß
+er es so sehr mit euch sey, um euch eure ganze Kopfslänge kürzer zu
+machen.
+
+Bolingbroke.
+Nehmet seinen Ausdruk nicht übler auf als recht ist, mein Oheim.
+
+York.
+Und nehmet ihr nicht mehr als recht ist, mein guter Neffe; oder ihr
+vergeßt zulezt, daß der Himmel über euerm Haupt ist.
+
+Bolingbroke.
+Ich weiß es, mein Oheim, und widerseze mich seinem Willen nicht.
+Wer kommt hier? (Percy zu den Vorigen.) Willkommen, Harry! Wie?
+Will sich dieses Schloß noch nicht ergeben?
+
+Percy.
+Das Schloß ist gegen euern Einzug königlich bemannt, Milord.
+
+Bolingbroke.
+Königlich? Wie, enthält es denn einen König?
+
+Percy.
+Ja, Milord, es enthält einen König; König Richard ligt innert dem
+Bezirk von jenem Leim und Stein, und bey ihm Lord Aumerle, Lord
+Salisbury, Sir Stephan Scroop, und noch ein Geistlicher von
+heiligem und ehrfurchtwürdigem Ansehn, dessen Name ich nicht
+erfahren konnte.
+
+Northumberland.
+Vermuthlich der Bischoff von Carlisle.
+
+Bolingbroke (zu Northumberland.)
+Mein edler Lord, geht vor die Mauren dieses alten Schlosses,
+fordert durch die eherne Stimme der Trompete eine Unterredung, und
+sprecht so: Heinrich von Bolingbroke küsse auf seinen Knien König
+Richards Hand, und sende ihm die Versicherung seiner
+Unterthänigkeit und aufrichtigen Treue gegen seine Königliche
+Person; sagt ihm, ich sey in dem nemlichen Augenblik bereit, meine
+Waffen und Völker zu seinen Füssen niederzulegen, in welchem er mir
+die Widerruffung meiner Landes-Verweisung und die Wieder-Einsezung
+in meine Güter freywillig garantiren wolle; wo nicht, so werde ich
+mich des Vortheils meiner Macht bedienen, und den Sommer-Staub mit
+Regen von Blut legen, die aus den Wunden erschlagner Engländer sich
+ergiessen sollen. Wie entfernt aber von Bolingbroks Herzen der
+Gedanke sey, daß ein solch blutiges Ungewitter den frischen grünen
+Schooß von König Richards Land überschwemmen solle, davon könne ihn
+meine Mäßigung und Entfernung von allem pflichtwidrigen Gebrauch
+meiner Obermacht überzeugen. Geht, erklärt ihm dieses, indessen
+daß wir ohne das Getöse drohender Trummeln über diese Ebne
+fortziehen, damit unser Betragen, von den zerfallnen Zinnen dieses
+Schlosses beobachtet, die Wahrheit unsrer Erklärung bekräftige.
+Mich däucht, König Richard und ich sollten uns mit nicht mindern
+Schreknissen begegnen, als die Elemente des Feuers und des Wassers,
+wenn ihr donnernder Zusammenstoß die bewölkten Wangen des Himmels
+mit Thränen badet. Ist er das Feuer, so will ich das nachgiebige
+Wasser seyn; er mag rasen, indeß daß ich meine Wasser auf die Erde
+regne; auf die Erde, nicht auf ihn. Nähert euch den Mauren--Milord,
+und beobachtet die Fassung des Königs genau.
+
+
+
+Sechste Scene.
+(Aufforderung von aussen, Antwort von innen; Trompeten-Klang,
+ König Richard, Bischoff von Carlisle, Aumerle, Scroop und Salisbury
+ kommen auf die Mauren.)
+
+
+York.
+Seht, seht, der König tritt selbst hervor, gleich dem von Unmuth
+erröthenden Phöbus, wenn er, aus der glühenden Pforte des Morgens
+hervorgehend, neidische Wolken gewahr wird, die sich vereiniget
+haben, seinen Glanz zu verhüllen, und die Pracht seines
+schimmernden Zugs nach Westen zu verdunkeln. Und doch sieht er wie
+ein König; seht, wie sein Auge, glänzend wie eines Adlers,
+herrschende Majestät um sich her blizt. O beweinenswürdig, daß
+eine so schöne Gestalt durch irgend einen Unfall entstellt werden
+soll.
+
+König Richard (zu Northumberland.)
+Wir befremden uns, und stehen schon lange hier, auf die
+ehrfurchtvolle Beugung deiner Knie zu warten, indem wir uns selbst
+für deinen gesezmäßigen König hielten; und sind wir's, wie dürfen
+sich deine Gelenke vergessen, den schuldigen Tribut der
+Unterthänigkeit unsrer Gegenwart zu bezahlen? Sind wir's aber
+nicht, so zeige uns die Hand Gottes, die uns unsrer
+Statthalterschaft entlassen hat. Denn das wissen wir, daß keine
+Hand von Blut und Knochen, ohne Entweihung, Diebstal und Verrath,
+nach unserm geheiligten Scepter greiffen kan. Und ob ihr gleich
+denkt daß alle von uns abgefallen, und wir allein und von Freunden
+entblößt gelassen seyen, so sollt ihr doch wissen, der Allmächtige,
+mein Herr, mustert um euertwillen Heere von Plagen in seinen Wolken,
+die euch treffen werden, euch, die ihre Vasallen-Hände gegen mich
+aufgehoben und der Majestät meiner Crone gedräuet haben, euch, und
+eure noch ungebohrnen Kinder. Sagt dem Bolingbroke, (denn dort,
+däucht mich, ist er,) daß ein jeder Schritt den er in meinem Lande
+macht, Hochverrath ist--Er ist gekommen, das purpurne Testament des
+blutigen Kriegs zu öffnen; aber eh die Crone, nach der er strebt,
+ruhig auf sein Haupt herabsteigen wird, sollen zehentausend blutige
+Cronen von Mutter-Söhnen die Blume von Englands Antliz entstellen,
+die Farbe ihres jungfräulich-blassen Friedens in feurigen Grimm
+verwandeln, und ihre fetten Weiden mit getreuem Englischem Blut
+bethauen.
+
+Northumberland.
+Der König des Himmels verwehre, daß unser Herr, der König, so mit
+bürgerlichen und unbürgerlichen Waffen angefallen werden solle!
+Nein, dein edler Vetter, Heinrich von Bolingbroke, küßt voll
+Ehrfurcht deine Hand, und schwört, bey dem ehrenvollen Grabmal, das
+auf euers beydseitigen Ahnherrn königlichen Gebeinen ruht, bey der
+geheiligten Quelle euers gemeinschaftlichen Bluts, und bey der
+Helden-Hand seines verstorbnen Vaters, und bey seiner eignen Würde
+und Ehre schwört er, daß seine Ankunft keinen andern Zwek hat, als
+die Besiznehmung von seinen eignen Gerechtsamen und Gütern, deren
+Zurükgab er auf seinen Knien erbittet. Wird bey euerm Königlichen
+Wort ihm nur dieses zugestanden, so will er seine blinkenden Waffen
+dem Rost überlassen, seine langmähnichten Rosse den Ställen, und
+sein Herz dem getreuen Dienst Eurer Majestät. Diß schwört er, so
+wahr er ein Prinz ist, und so wahr ich ein Edelmann bin, glaub' ich
+seinen Schwur.
+
+König Richard.
+Northumberland, sag' ihm, so antwortet der König: Sein edler Vetter
+ist sehr willkommen, und alle seine Forderungen, so viel ihrer seyn
+mögen, sollen ohne Widerspruch zugestanden seyn. Sag' ihm in
+unserm Namen so viel verbindliches und freundschaftliches, als du
+nur immer kanst.--
+
+(zu Aumerle.)
+
+Wir erniedrigen uns, Vetter, nicht wahr, da wir so armselig
+aussehen, und so gute Worte geben? Sollen wir Northumberland zurük
+ruffen, den Verräther herausfordern lassen, und so sterben?
+
+Aumerle.
+Nein, Gnädigster Herr, bis die Zeit uns Freunde leiht, und unsre
+Freunde ihre Schwerdter, bleibt uns nichts übrig als mit Worten zu
+fechten.
+
+König Richard.
+O Gott! o Gott! daß diese meine Zunge, die das Urtheil der
+Verbannung über jenen stolzen Mann ausgesprochen, dahingebracht
+seyn soll, es mit liebkosenden Worten zurükzunehmen! o daß ich so
+groß wäre als mein Schmerz, oder kleiner als mein Name; O daß ich
+vergessen könnte was ich gewesen bin, oder nicht fühlte was ich izt
+bin! Schwillst du auf, stolzes Herz? Ich gebe dir alle Freiheit,
+schlage wie du willt, da meine Feinde die Freyheit haben, dich und
+mich zu schlagen.
+
+Aumerle.
+Northumberland kommt von Bolingbroke zurük.
+
+König Richard.
+Was muß der König noch mehr thun? Muß er sich unterwerfen? Der
+König soll es thun. Muß er abgesezt werden? Der König soll sich's
+gefallen lassen. Muß er auch dem Namen eines Königs entsagen? In
+Gottes Namen, es sey so. Ich will meine Juweelen für einen
+Rosenkranz geben, meinen Palast für eine Einsiedeley, meine
+schimmernden Kleider für einen Bettlers-Mantel, mein goldnes
+Geschirr für einen hölzernen Teller; meinen Scepter für einen
+Pilgrims-Stab, meine Unterthanen für ein Paar geschnizte Heilige,
+und mein grosses Königreich für ein kleines Grab; ein kleines,
+kleines Grab--ein dunkles Grab!--Oder ich will auf des Königs
+Landstrasse begraben werden, auf einem ungangbaren Weg, wo meiner
+Unterthanen Füsse stündlich auf ihres Königs Haupt trappen mögen;
+denn auf mein Herz treten sie, da ich noch lebe; warum nicht auf
+mein Haupt, wenn ich begraben bin?--Aumerle, du weinst? Mein
+weichherziger Vetter! Wir wollen böses Wetter mit unsern
+verachteten Thränen machen; unsre Seufzer und Thränen sollen das
+Sommer-Korn legen, und eine Theurung in dieses rebellische Land
+bringen. Oder wollen wir uns aus unserm Jammer eine Kurzweile
+machen? Irgend ein artiges Spiel aus unsern fliessenden Thränen?
+Als etwann, sie so lange an den nemlichen Ort tropfen zu lassen,
+bis sie uns ein paar Gräber in die Erde eingefressen haben; und
+wenn wir da ligen--Hier ligen zween Freunde, die sich ihr Grab mit
+ihren Thränen gegraben haben. Würde uns das unser Elend nicht
+versüssen? Wohl, wohl, ich sehe, ich rede phantastisch, und ihr
+lachet über mich. Großmächtigster Prinz, Milord Northumberland,
+was sagt der König Bolingbroke? Will seine Majestät dem Richard
+erlauben zu leben, bis Richard stirbt? Ihr macht einen Scharr-Fuß,
+und Bolingbroke sagt, ja.
+
+Northumberland.
+Gnädigster Herr, er wartet in dem Hofe, mit euch zu reden; gefällt
+es euch herunter zu kommen?
+
+König Richard.
+Herunter, herunter komm ich, wie der schimmernde Phaeton, da er die
+unbändigen Sonnen-Pferde nicht zu regieren wußte. In den Hof
+herunter, ein König in den Hof herunter, auf den Ruf eines
+Verräthers, um ihm seine Begnadigung zu geben. Herunter dann,
+König, herunter!
+
+Bolingbroke.
+Was sagt seine Majestät?
+
+Northumberland.
+Kummer und Sorgen machen ihn wunderlich, und wie ein Mann der nicht
+recht bey sich selbst ist, reden. Izt ist er da.
+
+Bolingbroke (kniend.)
+Tretet alle zurük, und bezeuget Sr. Majestät eure schuldige
+Ehrfurcht. Mein Gnädigster Herr--
+
+König Richard.
+Mein edler Vetter, ihr demüthiget eure fürstlichen Knie zu tief,
+indem ihr die niedrige Erde stolz macht sie zu berühren. Mir wäre
+lieber, wenn mein Herz eure Liebe fühlte, als daß mein
+unbefriedigtes Aug' eure Höflichkeit sieht. Auf, Vetter, auf; euer
+Herz ist zum wenigsten so hoch,
+
+(er deutet mit der Hand auf seine Crone)
+
+wenn eure Knie schon so niedrig sind.
+
+Bolingbroke.
+Mein Gnädigster Herr, ich komme nur für das, was mein eigen ist.
+
+König Richard.
+Euer Eigenthum ist euer, ich bin euer, alles ist euer.
+
+Bolingbroke.
+In so fern möge Eure Majestät mein seyn, mein Gnädigster Souverain,
+als meine getreuen Dienste eure Liebe verdienen werden.
+
+König Richard.
+Ihr verdienet alles; wer verdient mehr zu haben, als wer den
+sichersten und kürzesten Weg kennt, zu gewinnen? Oheim, gebt mir
+eure Hand; nein, troknet eure Augen; Thränen sind nur hülflose
+Zeichen der Liebe. Vetter, ich bin zu jung euer Vater zu seyn, ob
+ihr gleich alt genug seyd, mein Erbe zu seyn. Ich will euch geben
+was ihr haben wollt, und noch dazu mit Willen. Denn warum sollen
+wir nicht wollen, was wir müssen? Ziehet fort nach London. Ist
+das nicht eure Absicht, Vetter?
+
+Bolingbroke.
+Ja, Gnädigster Herr.
+
+König Richard.
+So darf ich nicht nein sagen.
+
+(Trompeten. Sie gehen ab.)
+
+
+
+Siebende Scene.
+(Ein Garten im Hofe der Königin.)
+(Die Königin tritt mit zwoen Damen auf.)
+
+
+Königin.
+Was für eine Kurzweil wollen wir uns in diesem Garten machen, um
+unsre kummervolle Gedanken zu vertreiben?
+
+Lady.
+Gnädigste Frau, wir wollen mit Kugeln spielen.
+
+Königin.
+Das würde mich denken machen, daß die Welt voller Rauhigkeit und
+Zaken ist, und daß mein Glük, wie eine Kugel, die ihre Kraft
+verlohren hat, seitwärts rennt.
+
+Lady.
+Madam, so wollen wir tanzen.
+
+Königin.
+Meine Füsse können kein Maaß* im Vergnügen halten, wenn mein armes
+Herz kein Maaß in seinem Kummer hält. Also nichts vom Tanzen,
+Mädchen; irgend ein andres Spiel.
+
+{ed.-* Wortspiel mit dem Wort (measure), welches Cadenz, und Maaß
+heißt.}
+
+Lady.
+So wollen wir Mährchen erzählen, Gnädigste Frau.
+
+Königin.
+Traurige oder lustige?
+
+Lady.
+Von beyderley Gattung, Madam.
+
+Königin.
+Von keiner von beyden, Mädchen. Die Frölichen würden nur die
+Erinnerung meiner Schmerzen desto lebhafter machen, weil sie mir
+die Freude zeigten, die mir fehlt; und die Traurigen würden noch
+mehr Bekümmerniß zu derjenigen hinzuthun, die ich schon habe.
+
+Lady.
+So wollen wir singen, Gnädigste Frau.
+
+Königin.
+Es ist gut, wenn du Ursache dazu hast; aber du würdest mir besser
+gefallen, wenn du weinen würdest.
+
+Lady.
+Ich könnte wol weinen, Gnädigste Frau, wenn es euch besser machte.
+
+Königin.
+Und ich könnte weinen, wenn mir weinen besser machte, ohne daß ich
+eine Thräne von dir entlehnen müßte. Aber warte, hier kommen die
+Gärtner. Wir wollen uns in den Schatten dieser Bäume verbergen--
+Sie werden vom Staat reden, wie alle Welt, wenn eine Veränderung im
+Werk ist. (Ein Gärtner mit zween Garten-Jungen tritt auf;
+die Königin und ihre Damen treten bey Seite.)
+
+Gärtner.
+Geh, binde du jene hängenden Apricosen auf, die, wie ungerathene
+Kinder, ihren Vater durch ihr verschwendrisches Gewicht zu Boden
+ziehen; unterstüze ein wenig die neigenden Zweige. Geh du, und
+haue, gleich einem Nachrichter, die Köpfe der zu
+hochaufschiessenden Stauden-Gewächse ab, die zu übermüthig in
+unserm gemeinen Wesen aussehen. In unsrer Regierung muß alles eben
+seyn. Unterdessen daß ihr so beschäftigst seyd, will ich gehen,
+und das unnüze Unkraut ausjäten, das den gesunden Pflanzen die
+Nahrung entzieht.
+
+Junge.
+Wie verlangt ihr von uns, daß wir in dem Bezirk eines Zauns, Geseze,
+Form, und gehöriges Ebenmaaß beobachten, und wie in einem Model
+einen wolgeordneten Staat zeigen? Indeß daß unser vom Meer
+eingeschloßner Garten, das ganze Land voller Unkraut ist, seine
+schönsten Blumen zerknikt, seine fruchtbaren Bäume alle ungepuzt,
+seine Zäune eingerissen, seine Knoten alle verwirrt sind, und seine
+heilsamen Gewächse von Raupen wimmeln?
+
+Gärtner.
+Schweige du; derjenige, dessen Frühling so wild und zügellos war,
+hat nun den Fall seiner Blätter erfahren. Der Epheu, der unter dem
+Schirm seiner weitverbreiteten Zweige emporwuchs, und ihn zu
+unterstüzen schien, indem er ihn aussog, ist aller bis auf die
+Wurzeln, von Bolingbroke ausgereutet worden; ich meyne den Grafen
+von Wiltschire, Buschy, und Green.
+
+Junge.
+Was, sind sie todt?
+
+Gärtner.
+Das sind sie, und Bolingbroke hat sich des verunglükten Königs
+bemächtiget. Wie beklagenswerth ist es, daß er sein Land nicht so
+gehalten hat, wie wir unsern Garten. Wir verwunden die Rinde
+unsrer Frucht-Bäume, weil der zu grosse Überfluß von Saft sie geil
+und üppig machen, und durch zuviel Reichthum zu grund richten würde.
+Hätte er es mit den Menschen so gemacht, die zu groß und üppig
+wuchsen, sie möchten die Zeit erlebt haben daß sie ihm nüzliche
+Früchte getragen, und er, daß er sie gekostet hätte. Wir schneiden
+alle überflüßigen Äste weg, damit die tragenden Zweige leben mögen;
+hätt' er's auch so gemacht, so würd' er selbst die Crone getragen
+haben, die ihm Verschwendung und Müßiggang so bald vom Haupte
+gerissen.
+
+Junge.
+Was? denkt ihr dann, der König werde abgesezt werden?
+
+Gärtner.
+Unterdrükt ist er schon, und abgesezt wird er ohne Zweifel werden.
+Es sind in verwichner Nacht Briefe von einem Freund des Herzogs von
+York angekommen, welche schlimme Zeitungen erzählen.
+
+Königin.
+O, ich werde zu todt gepreßt, wenn ich länger schweige--Du Ebenbild
+Adams, in diesen Garten gesezt, seiner zu pflegen, wie untersteht
+sich deine Zunge so leidige Zeitungen anzukündigen. Was für eine
+Eva, was für eine Schlange hat dir eingegeben, einen zweyten Fall
+des verfluchten Menschen zu machen? Wie, sagst du, König Richard
+ist entsezt? Darfst du, kaum ein bessers Ding als die Erde die du
+gräbst, seinen Fall weissagen? Sprich, wo, wenn und wie kamst du
+zu dieser bösen Zeitung? Sprich, du Unglükseliger!
+
+Gärtner.
+Verzeihet mir, Madam. Ich habe wenig Freude davon, diese
+Neuigkeiten zu sagen, aber man versichert, daß sie wahr seyen.
+König Richard ist in Bolingbroks mächtiger Gewalt. Ihr Glük wird
+gegen einander abgewogen. In euers Herrn Waagschale ist nichts als
+er selbst, und etliche wenige Eitelkeiten, die ihn leicht machen;
+aber in der Schaale des grossen Bolingbroks ligen, ausser ihm
+selbst, alle Pairs von England, und mit diesen wiegt er den König
+Richard zu Boden. Eilet nur nach London, und ihr werdet es so
+finden; ich sage nichts, als was jedermann weiß.
+
+Königin.
+Du behendes Unglük, das so leicht auf den Füssen ist, geht deine
+Gesandtschaft nicht mich an? Warum bin ich dann die lezte, die sie
+erfährt? O du denkst mich auf die Lezte zu sparen, damit ich deine
+Schmerzen desto länger fühle. [** Kommt, Lädies, wir wollen gehen,
+um in London Londons König im Jammer aufzusuchen. Wie, ward ich
+hiezu gebohren, daß mein gedemüthigter Blik den Triumph des stolzen
+Bolingbroks vermehren soll? Gärtner, für diese Zeitung, die du mir
+erzählt hast, wünsch' ich, daß die Pflanzen, die du pflanzest,
+nimmer wachsen mögen.
+
+{ed.-** Was in [ ] eingeschlossen ist, sind Reime im Original.}
+
+(Sie geht ab.)
+
+Gärtner.
+Arme Königin, möchte, wenn es dir helfen könnte, dein Fluch an
+meinem Fleisse wahr werden!--Hier ließ sie eine Thräne fallen;--
+hier, an diesem Ort will ich einen Rautenstok sezen, zum Andenken,
+daß eine Königin hier geweint hat.]
+
+(Geht ab.)
+
+
+
+
+Vierter Aufzug.
+
+
+
+Erste Scene.
+(Der Parlament-Saal in London.)
+(Bolingbroke, Aumerle, Northumberland, Percy, Fizwater, Surrey,
+ der Bischoff von Carlisle, der Abbt von Westmünster, Herolde,
+ Officianten, Gerichtsdiener, und Bagot, treten auf.)
+
+
+Bolingbroke.
+Ruft den Bagot hervor--Sage nun ohne Scheu, was du von Glosters
+Tode weißst; wer half dem Könige dazu, und wer vollbrachte diese
+unglükselige That?
+
+Bagot.
+Wenn ihr das wissen wollt, so stellt mir den Lord Aumerle vor die
+Augen.
+
+Bolingbroke.
+Vetter, tritt hervor, und sieh' diesem Mann in die Augen.
+
+Bagot.
+Milord Aumerle, ich weiß eure edelmüthige Zunge verschmäht es, zu
+läugnen was sie einmal gesagt hat. In jener Zeit, da Glosters Tod
+angezettelt wurde, hörte ich euch sagen: Ist mein Arm nicht lang
+genug, da er von dem ruhigen Englischen Hof bis nach Calais an
+meines Oheims Kopf reicht? Unter vielen andern Reden, hört ich
+euch damals auch dieses sagen: Ihr wolltet eher hunderttausend
+angebotne Cronen ausschlagen, als daß Bolingbroke nach England
+zurük komme; und ihr seztet hinzu, wie glüklich dieses euers
+Vetters Tod dieses Land machen würde.
+
+Aumerle.
+Prinzen und Milords, was für eine Antwort soll ich diesem
+niederträchtigen Mann geben? Soll ich meine schönen Sterne so sehr
+entehren, und ihm wie einem der meines gleichen ist, antworten.
+Und doch muß ich, oder ich muß es leiden, meine Ehre von dem Geifer
+seiner verläumderischen Zunge beflekt zu sehen. Hier ist mein
+Pfand,
+
+(er wirft seinen Handschuh hin,)
+
+das Siegel des Todes, daß dich für die Hölle auszeichnet. Du
+liegst, und ich will, daß es falsch ist was du sagst, mit deinem
+Herzens-Blut beweisen, so unwürdig es auch ist, den Stahl meines
+ritterlichen Schwerdts zu besudeln.
+
+Bolingbroke.
+Bagot, nim dich in Acht; du sollt es nicht aufheben.
+
+Aumerle.
+Einen einzigen ausgenommen, wollt' ich, der Beste in dieser
+Versammlung hätte mich so herausgefordert.
+
+Fizwater.
+Wenn du es zufrieden bist, daß ein andrer seinen Plaz nehme, so ist
+hier mein Pfand gegen das Deinige. Bey dieser schönen Sonne, die
+mir zeigt, wo du stehst, ich hörte dich sagen, und du sprachst es
+mit einem pralerischen Ton, du seyest die Ursach von des edlen
+Glosters Tod gewesen. Wenn du das läugnest, so lügst du eine
+zwanzigfache Lüge, und mit diesem meinem Schwerdt will ich sie in
+dein Herz zurük stossen, worinn sie ausgebrütet wurde.
+
+Aumerle.
+Feige Memme, du hast das Herz nicht, so lange zu leben, daß du
+diesen Tag sehest.
+
+Fizwater.
+Bey meiner Seele, ich wollt' es wäre in dieser Stunde.
+
+Aumerle.
+Fizwater, diß verdammt dich zur Hölle.
+
+Percy.
+Aumerle, du lügst; o seine Ehre ist in dieser Anklage so rein, als
+du ein Bösewicht bist. Und daß du es bist, das will ich, hier ist
+mein Pfand dafür, bis zum lezten Lebens-Athem an dir beweisen.
+Heb' es auf, wenn du Muth hast.
+
+Aumerle.
+Und wenn ich es nicht thue, o dann verdorre meine Hand, und
+schwinge niemals wieder den rächenden Stahl über den Helm meiner
+Feinde! Wer beschuldigt mich noch mehr? Beym Himmel, ich nehm' es
+mit allen auf Ich habe tausend Geister in meiner Brust, um
+zwanzigtausend solchen wie ihr seyd, zu antworten.
+
+Surrey.
+Milord Fizwater, ich erinnre mich der Zeit sehr wol, da Aumerle und
+ihr euch mit einander sprachet.
+
+Fizwater.
+Milord, es ist wahr; ihr waret dabey, und ihr könnt mir Zeugniß
+geben, daß es wahr ist.
+
+Surrey.
+So falsch, beym Himmel, als der Himmel selbst wahrhaft ist.
+
+Fizwater.
+Surry, du lügst.
+
+Surrey.
+Ehrloser Bube, diese Lüge soll so schwer auf meinem Schwerdte ligen,
+daß es Rache über Rache nehmen soll, bis du, der mich lügen hieß,
+und deine Lüge, so ruhig in der Erde ligen als deines Vaters
+Schädel. Zu dessen Beweiß, ist hier das Pfand meiner Ehre;
+verbinde dich zum Kampf, wenn du das Herz hast.
+
+Fizwater.
+Wie unnöthig spornst du ein feuriges Roß! Wenn ich das Herz habe
+zu essen, zu trinken, Athem zu holen, so hab' ich auch das Herz,
+Surrey in einer Wildniß aufzusuchen, und ihn anzuspeyen, indem ich
+ihm sage, daß er lügt, und lügt, und lügt: Hier ist mein Pfand, daß
+ich dich zur Straffe ziehen will. So wahr ich in dieser neuen Welt
+zu gedeyhen wünsche, Aumerle ist meiner wahrhaften Anklage schuldig.
+Überdem hörte ich den verbannten Norfolk sagen, du Aumerle,
+habest zween von deinen Leuten abgeschikt, den Herzog zu Calais zu
+ermorden.
+
+Aumerle.
+Ist kein ehrlicher Christ hier, der mir einen Handschuh leiht,
+damit ich sagen kan, daß Norfolk lügt; hier zieh ich diesen ab, daß
+ich es auf ihn beweisen will, wenn er zurükberuffen werden mag.
+
+Bolingbroke.
+Alle diese Händel sollen zur Entscheidung ausgesezt bleiben, bis
+Norfolk zurükberuffen ist; und das soll er werden, und, ob er
+gleich mein Feind ist, in alle seine Herrschaften wieder eingesezt;
+wenn er wieder da ist, soll er gegen Aumerle seinen Beweis machen.
+
+Carlile.
+Dieser ehrenvolle Tag wird nie gesehen werden. Eine lange Zeit hat
+der verwiesne Norfolk für Jesum Christum, in glorreichen blutigen
+Kämpfen für die Ehre des heiligen Creuzes, mit schwarzen Heiden,
+Türken und Saracenen gefochten; hernach, von der kriegrischen
+Arbeit abgemattet, nach Italien sich zurükgezogen, und endlich zu
+Venedig seinen Leib dieser anmuthsvollen Erde, seine reine Seele
+aber Christo, seinem Feldherrn, gegeben, unter dessen Fahne er so
+lange gestritten hatte.
+
+Bolingbroke.
+Wie, Bischoff, ist Norfolk todt?
+
+Carlile.
+So gewiß ich lebe, Milord.
+
+Bolingbroke.
+Seliger Friede führe seine Seele in Abrahams Schooß!--Milords
+Appellanten, eure Händel sollen alle auf den gewechselten Pfändern
+beruhen, bis wir euch den Tag zu eurer Probe angesezt haben.
+
+
+
+Zweyte Scene.
+(York zu den Vorigen.)
+
+
+York.
+Grosser Herzog von Lancaster, ich komme zu dir von dem berupften
+Richard abgeschikt, der mit williger Seele dich zu seinem Erben
+annimmt, und seinen hohen Scepter in deine königliche Hand
+übergiebt. Besteige also seinen Thron, als nunmehr von ihm
+abstammend, und lang lebe König Heinrich der vierte!
+
+Bolingbroke.
+In Gottes Namen, will ich den königlichen Thron besteigen.
+
+Bischoff von Carlisle.
+Das verhüte der Himmel! So schlimm das scheinen oder aufgenommen
+werden mag, was ich in dieser königlichen Gegenwart reden werde, so
+anständig ist es mir, die Wahrheit zu sagen. Wollte Gott, daß
+einer in dieser edeln Versammlung edel genug wäre ein aufrichtiger
+Richter des edeln Richards zu seyn; denn ein wahrer Edelmuth würde
+ihn eine so ungerechte That verabscheuen lehren. Welcher Unterthan
+kan ein Urtheil über seinen König sprechen? Und wer sizt hier, der
+nicht Richards Unterthan ist? Diebe, so sehr auch die Umstände
+wider sie zeugen, werden nicht gerichtet, ohne daß man sie gehört
+hat. Und soll das Bild der Göttlichen Majestät, sein Hauptmann,
+und selbsterwählter Statthalter, gesalbt, gekrönt, und eingethront,
+von seinen Unterthanen verurtheilt werden, und er selbst nicht
+dabey zugegen seyn? O verhüt' es, gerechter Himmel! daß in einem
+Christlichen Lande, unter einem gesitteten Volk eine so scheußliche,
+schwarze, unflätige That gesehen werde! Ich rede zu Unterthanen,
+und als ein Unterthan; vom Himmel angetrieben red' ich so kühn,
+denn ich rede für meinen König. Milord von Hereford hier, den ihr
+König nennt, ist ein schändlicher Verräther an Herefords König.
+Und wenn ihr ihn krönt, so laßt mich propheceyen, Englisches Blut
+wird den Boden düngen, und künftige Zeitalter um dieser Schandthat
+willen ächzen. Der Friede wird zu den Türken und Ungläubigen
+schlafen gehen, und in diesem Siz des Friedens, aufrührischer Krieg,
+Brüder gegen Brüder, und Bürger gegen Bürger erhizen. Unordnung,
+ruchlose Gewalt, Mißtrauen und Aufruhr wird hier wohnen, und dieses
+mit Menschen-Schädeln bedekte Land Golgatha genennt werden. O wenn
+ihr das königliche Haus gegen das königliche Haus empört, so wird
+die jammervolleste Zwietracht daraus entstehen, die jemals auf
+diesem verfluchten Erdboden gewüthet hat. O! vermeidet sie,
+widerstehet, laßt es nicht so seyn, oder die Kinder eurer Kinder
+werden Weh über euch schreyen.
+
+Northumberland.
+Ihr habt vortrefflich gesprochen, Herr, und für eure Mühe nehmen
+wir euch hier wegen Hochverraths in Verhaft. Milord von
+Westmünster, laßt es eure Sorge seyn, ihn bis zum Tag seines
+Verhörs wol zu verwahren. Gefällt es euch, Milords, die Bitte der
+Gemeinen zu bewilligen?
+
+Bolingbroke.
+Bringet Richarden hieher, damit er vor allen Augen das Reich
+übergebe: auf diese Art wird aller Verdacht gehoben.
+
+York.
+Ich will sein Führer seyn.
+
+(Er geht ab.)
+
+
+
+Bolingbroke.
+Diejenigen von euch, Milords, die hier unter unserm Arrest sind,
+mögen für ihre Sicherheit auf den Tag ihrer Antwort besorgt seyn.
+Wir sind ihrer Liebe wenig schuldig, und haben uns wenig Beystand
+von ihnen zu versehen gehabt.
+
+
+
+Dritte Scene.
+(König Richard und York zu den Vorigen.)
+
+
+König Richard.
+Himmel, warum werde ich vor einen König vorgefordert, eh ich die
+königlichen Gedanken abgeschüttelt habe, womit ich regierte? Ich
+habe noch nicht lernen können, mich einzuschwazen, zu schmeicheln,
+zu büken und die Knie zu beugen. Lasset meinem Kummer noch Zeit
+mich zu dieser Unterwürfigkeit anzugewöhnen. Und doch will ich
+mich der Zeit erinnern, da mir diese Männer günstiger waren. Waren
+sie nicht einmal mein? Rieffen sie mir nicht einmal lauter Heil
+und Leben zu? Das that Judas auch gegen Christum: Aber Christus
+fand unter zwölfen Treue bey allen bis auf einen, ich unter
+zwölftausend gar keine. Gott erhalte den König!--Will niemand
+sagen, Amen? Bin ich Priester und Küster zugleich? Wol dann, Amen!
+Gott erhalte den König, ob ich's gleich nicht bin, und auch Amen!
+Wenn der Himmel mich dafür erkennt. Was für Dienste fordert man
+von mir, daß man nach mir geschikt hat?
+
+York.
+Eine Handlung deines eignen freyen Willens, wozu du, der Majestät
+überdrüßig, dich selbst erboten hast, die Übergabe deines Staats
+und deiner Crone.
+
+König Richard.
+Gebt mir die Crone--hier, Vetter, nimm die Crone, hier auf dieser
+Seite, meine Hand; und auf dieser deine. Izt ist diese goldne
+Crone wie ein tiefer Brunnen mit zween Kübeln, wovon einer den
+andern füllt; der leere tanzt immer in der Luft, indem der andre in
+der Tiefe, ungesehn und voll Wassers ist; dieser erniedrigte und
+mit Thränen angefüllte Kübel bin ich, der nun seinen Kummer wie
+Wasser in sich schluken muß, indeß daß ihr in die Höhe steigt.
+
+Bolingbroke.
+Ich dachte, ihr wäret willig, die Crone niederzulegen?
+
+König Richard.
+Die Crone, ja; aber doch bleibt mein Schmerz mein, ihr könnt mich
+meiner Majestät und meines Staats entsezen, aber nicht meiner
+Schmerzen; darüber bleib ich immer König.
+
+Bolingbroke.
+Seyd ihr's zufrieden, die Crone zu übergeben?
+
+König Richard.
+Ja, nein--Nein, ja,--Denn ich muß nichts seyn--also nein, nein;
+denn ich übergebe sie dir. Nun, gebt acht wie ich mich selbst
+vernichte; ich gebe diese schwere Bürde von meinem Haupte weg,
+diesen unbehülflichen Scepter aus meiner Hand, und den Stolz der
+Königs-Würde aus meinem Herzen; mit meinen eignen Thränen wasch ich
+meine Salbung weg; mit meinen eignen Händen geb ich meine Crone von
+mir; mit meiner eignen Zunge verläugne ich meinen geheiligten Stand,
+und mit meinem eignen Athem entlasse ich alle ihrer mir
+geschwornen Pflichten. Ich verschwöre alle Majestät und Hoheit,
+ich vergesse alle meine Domainen, Renten und Einkünfte, ich
+vernichte alle meine Handlungen, Edicte und Verordnungen. Gott
+verzeihe alle die Eidschwüre, die an mir gebrochen werden! Gott
+erhalte alle diejenigen ungebrochen, die dir gethan werden. Mögest
+du lange leben, um auf Richards Stuhl zu sizen, und Richard bald im
+Grabe Ruhe finden. Gott erhalte den König Heinrich, sagt der
+entkönigte Richard, und sende ihm viele Jahre von glüklichen Tagen!--
+Was ist noch mehr zu thun?
+
+Northumberland.
+Nichts mehr, als daß ihr diese Anklagen und dieses Verzeichniß von
+abscheulichen Verbrechen leset, die von euch selbst und euern
+Anhängern gegen den Staat und das Beste dieses Landes begangen
+worden; damit durch euer Geständniß alle Welt überzeugt werde, daß
+ihr mit Recht entsezt worden seyd.
+
+König Richard.
+Muß ich das thun? muß ich das Gewebe meiner Thorheiten Faden vor
+Faden ausfäseln? Lieber Northumberland, wenn deine Sünden alle
+aufgeschrieben wären, würdest du nicht beschämt seyn, sie in einer
+so schönen Gesellschaft abzulesen? Thätest du es, du würdest einen
+scheuslichen Artikel, die Absezung eines Königs, darinn finden, den
+gewaltthätigen Bruch eines geheiligten Eides, mit einem Strich der
+Verdammniß im Buch des Himmels bezeichnet. O, ihr alle die ihr
+hier steht und mich anseht, wie mein Unglük mich nöthigt, mich
+selbst aufzureiben, wenn gleich einige von euch wie Pilatus ihre
+Hände mit heuchlerischen Thränen waschen; so seyd ihr's dennoch,
+ihr Pilatusse, die mich hier zu meinem bittern Creuz ausliefern,
+und Wasser kan eure Sünde nicht abwaschen.
+
+Northumberland.
+Milord, beschleunigst euch, überleset diese Artikel.
+
+König Richard.
+Meine Augen sind voll Thränen; ich kan nicht sehen, und doch
+blendet ihr Salz-Wasser sie nicht so sehr daß ich nicht einen Pak
+Verräther hier beysammen sehe. Doch was sag ich? ich bin selbst
+ein Verräther wie die übrigen; denn ich habe die Einwilligung
+meiner Seele zur Entsezung eines Königs gegeben; ich habe die
+Majestät entweiht, und einen Monarchen zu einem Sclaven gemacht;
+ich bin ein Verräther!
+
+Northumberland.
+Milord--
+
+König Richard.
+Kein Lord von dir, du hohnsprechender Mann, niemands Lord; ich habe
+keinen Namen, keinen Titel mehr; nein, sogar der Name der mir über
+dem Taufstein gegeben wurde, ist usurpirt. O! des unglüklichen
+Tags! daß ich so manche Winter überlebt haben, und meinen eignen
+Namen nicht mehr wissen soll! O! daß ich ein zum Scherz aus
+Schnee zusammengeballter König wäre, und hier, vor Bolingbroks
+Sonne stehend, in Wassertropfen wegschmelzen möchte!--Guter König,--
+Grosser König--wenn anders mein Wort noch gangbare Münze in England
+ist, so laßt es diesen Augenblik einen Spiegel hieher befehlen,
+damit ich sehe, wie mein Gesicht aussieht, seitdem es seine
+Majestät verlohren hat.
+
+Bolingbroke.
+Gehe jemand, und hole einen Spiegel.
+
+Northumberland.
+Überleset indessen dieses Papier, bis der Spiegel kommt.
+
+König Richard.
+Teufel, du peinigst mich, eh ich noch in der Hölle bin.
+
+Bolingbroke.
+Sezt ihm nicht weiter zu, Milord von Northumberland.
+
+Northumberland.
+Die Gemeinen werden so nicht zufrieden seyn.
+
+König Richard.
+Sie sollen es werden; ich will genug lesen, wenn ich das Buch sehe,
+worinn, in der That, alle meine Sünden geschrieben sind, und das
+bin ich selbst.
+
+(Man bringt einen Spiegel.)
+
+Gieb mir den Spiegel, hierinn will ich lesen--Noch keine tiefere
+Runzeln! Hat der Kummer so manche Streiche auf dieses mein Gesicht
+geführt, und keine tiefere Wunden gemacht? O! schmeichelndes Glas!
+Du betrügst mich wie die Freunde meines glüklichen Zustands--War
+dieses das Gesicht, das täglich zehntausend Menschen unter seinem
+Haus-Dach hielt? War diß das Gesicht, das gleich der Sonne,
+diejenigen die es ansahen, blinzen machte? und nun von Bolingbrok
+überglänzt wird? Eine zerbrechliche Majestät leuchtet in diesem
+Gesicht,
+
+(er schmeißt den Spiegel auf den Boden,)
+
+und so zerbrechlich wie die Majestät, ist auch das Gesicht; denn
+hier ligt es, in hundert Scherben zerbrochen. Gieb Acht,
+stillschweigender König, auf die Moral dieses Kinderspiels; wie
+schnell mein Kummer mein Gesicht zerstört hat.
+
+Bolingbroke.
+Der Schatten euers Kummers hat den Schatten euers Gesichts zerstört.
+
+König Richard.
+Sagt das noch einmal. Der Schatten meines Kummers! Ha, laßt
+einmal sehen--es ist in der That so, mein Schmerz ligt ganz in
+meinem Innern, und alle diese äusserlichen Zeichen von Jammer sind
+blosse Schatten des unsichtbaren Grams, der in geheim in der
+gepeinigten Seele schwellt. Ich danke dir, König, daß du mir nicht
+nur Ursache zum Wehklagen giebst, sondern mich auch noch lehrst,
+wie ich die Ursache bejammern soll. Ich will nur noch um eine
+einzige Gefälligkeit gebeten haben, und dann gehen und euch nicht
+mehr beunruhigen. Werd' ich sie erhalten?
+
+Bolingbroke.
+Nennet sie, geliebter Vetter.
+
+König Richard.
+Geliebter Vetter! Ah! ich bin grösser als ein König; denn wie ich
+ein König war, waren meine Schmeichler meine Unterthanen; nun da
+ich ein Unterthan bin, hab ich einen König zum Schmeichler. Da ich
+ein so grosser Mann bin, so hab ich nicht nöthig zu bitten.
+
+Bolingbroke.
+So fordert.
+
+König Richard.
+Und soll ich's haben?
+
+Bolingbroke.
+Ihr sollt.
+
+König Richard.
+So erlaubt mir wegzugehen.
+
+Bolingbroke.
+Wohin?
+
+König Richard.
+Wohin ihr wollt, wenn es nur aus euerm Gesicht ist.
+
+Bolingbroke.
+Einige von euch sollen ihn nach dem Tower begleiten--Auf nächsten
+Mitwoch sezen wir unsre Krönung fest: Milords, haltet euch dazu
+gefaßt.
+
+(Alle gehen ab, bis auf den Abbt von Westmünster, den Bischoff und
+Aumerle.)
+
+
+
+Vierte Scene.
+
+
+Abbt.
+Welch ein jammervolles Schauspiel, das wir hier gesehen haben!
+
+Bischoff.
+Der Jammer wird erst kommen; die noch ungebohrne Nachwelt wird
+diesen Tag so scharf wie einen Dorn in ihrem Fleische fühlen.
+
+Aumerle.
+Ihr heiligen Priester, ist denn kein Mittel, das Reich vor diesem
+verderblichen Unwesen zu retten?
+
+Abbt.
+Eh ich euch hierüber mein Innerstes entdeke, sollt ihr das
+Sacrament darauf empfangen, daß ihr nicht nur mein Vorhaben
+verschwiegen halten, sondern auch alles vollziehen wollet, was ich
+euch nur immer auftragen werde. Ich sehe eure Stirne voll
+Mißvergnügen, euer Herz voll Gram, und eure Augen voll Thränen.
+Kommt mit mir heim zum Nacht-Essen, und da wollen wir den Grund zu
+einem Entwurf legen, der uns einen glüklichen Tag sehen lassen soll.
+
+(Sie gehen ab.)
+
+
+
+
+Fünfter Aufzug.
+
+
+
+Erste Scene.
+(Eine Strasse in London.)
+(Die Königin mit ihren Damen tritt auf.)
+
+
+Königin.
+Diesen Weg wird der König kommen: Diß ist der Weg zu jenem fatalen
+Thurm, den Julius Cäsar aufführte, und worein der stolze
+Bolingbroke meinen Herrn zur Gefangenschaft verurtheilt hat. Hier
+wollen wir ausruhen; wenn diese aufrührische Erde anders noch eine
+Ruhe für ihres rechtmäßigen Königs Gemalin hat.--
+(König Richard tritt mit seiner Wache auf.) Aber stille! aber
+seht, doch seht lieber nicht, wie verwelkt meine schöne Rose ist--
+Nein, seht auf, schaut und zerfließt aus Mitleiden in Thau, um ihn
+mit den Thränen einer getreuen Liebe wieder frisch zu waschen. O
+du, der Trümmer, wo das alte Troja stand, du Ruin der Majestät, du
+Grabmal von König Richard, und nicht König Richard selbst! Du
+schöner Gasthof, soll Gram und Jammer in dir herbergen, indeß daß
+Triumph der Gast in einer Bierschenke worden ist?
+
+König Richard.
+Vereinige dich nicht mit meinem Kummer, schönes Weib, mein Ende zu
+sehr zu beschleunigen. Lerne, gute Seele! unsern vorigen Zustand
+als einen glüklichen Traum ansehen, von dem wir nun erwacht sind,
+und uns in der That in keinen bessern Umständen finden, als worinn
+wir sind. Meine Liebe, ich bin ein geschworner Bruder der
+unerbittlichen Nothwendigkeit, und wir beyde werden im Bündniß
+stehen bis zum Tode. Eile du nach Frankreich, und verbirg dich in
+irgend eine andächtige Freystätte. Es ist uns nichts übrig, als
+durch ein heiliges Leben die Crone in einer bessern Welt wieder zu
+gewinnen, die wir durch unheilige Stunden verlohren haben.
+
+Königin.
+Wie? Ist mein Richard an Gestalt und Gemüth verwandelt? Hat
+Bolingbroke auch deinen Geist abgesezt? Ist er bis in dein Herz
+eingedrungen? Ein sterbender Löwe sträubt sich, und verwundet, aus
+Wuth überwältigt zu seyn, wenigstens die Erde, wo er fiel; und du,
+willt wie ein unmündiger Knabe deine Züchtigung mit Sanftmuth
+empfangen, die Ruthe küssen, und deinem Feind mit schaamwürdiger
+Demuth die Füsse lecken, du, der ein Löwe, ein König der Thiere war?
+
+König Richard.
+Ein König von Thieren, in der That; und wenn es nichts als Thiere
+gewesen wären, so wär' ich noch ein glüklicher König von Menschen.
+Meine gute ehmalige Königin, mache dich reisefertig nach Frankreich.
+Denk, ich sey todt, und daß du eben hier, als bey meinem Todbette,
+den lezten Abschied von mir nimmst. In verdrieslichen
+Winternächten size mit guten alten Leuten zum Feuer, und laß dir
+Geschichten von Jammer und Unglük erzählen, die längst begegnet
+sind; und ehe du ihnen gute Nacht giebst, erzähl' ihnen hinwieder
+meinen kläglichen Fall, und schike die hörenden weinend zu Bette--
+
+
+
+Zweyte Scene.
+(Northumberland und Gefolge zu den Vorigen.)
+
+
+Northumberland.
+Milord, Bolingbrok hat seine Gedanken geändert, ihr sollt nach
+Pomfret, nicht nach dem Tower--Madam, es sind schon Anstalten
+euertwegen gemacht; ihr müßt in möglichstes Eile nach Frankreich.
+
+König Richard.
+Northumberland, du Leiter, auf welcher Bolingbroke an meinen Thron
+hinaufgestiegen ist; die Zeit wird nicht lange aussenbleiben, da
+dein schwährendes Verbrechen von faulem Eyter aufbrechen wird. Du
+wirst denken, wenn er gleich das Reich theilt, und dir die Hälfte
+giebt, es sey zu wenig, weil du ihm alles gegeben habest; und er
+wird denken, du, der den Weg kennt unrechtmäßige Könige zu sezen,
+werdest, auf die kleinste Veranlassung, auch wissen, ihn wieder, so
+lang er ist, von seinem angemaßten Thron herab zu stürzen. Die
+Liebe lasterhafter Freunde verwandelt sich in Mißtrauen, und diß
+Mißtrauen in Haß; und der Haß wird einen oder beyde dem verdienten
+Untergang überliefern.
+
+Northumberland.
+Mein Verbrechen sey über meinem Haupt, und soviel hievon! Nehmt
+Abschied von einander, ihr müßt scheiden.
+
+König Richard.
+Doppelt geschieden? Gottlose Leute, ihr entheiligt eine zweyfache
+Ehe; zwischen mir und meiner Crone, und zwischen mir und meinem
+vermählten Weib. Laß mich den Eid hinwegküssen, der dich und mich
+vereinigt; und doch, nicht so, denn mit einem Kuß ward er gemacht.
+Scheid' uns, Northumberland; ich, nach Norden, wo schauernde Kälte
+das kranke Clima verzehrt; meine Königin nach Frankreich, von
+wannen sie im Pomp herübergesandt wurde, geschmükt wie der holde
+May, nun zurük geschikt, verdüstert und traurig wie der kürzeste
+Tag.
+
+Königin.
+Und müssen wir denn getrennt seyn? Müssen wir denn scheiden?
+
+König Richard.
+Ja, Hand von Hand, meine Liebe, und Herz von Herz.
+
+Königin.
+Verbannet uns beyde, und schikt den König mit mir.
+
+Northumberland.
+Das wäre gütig, aber sehr unpolitisch.
+
+Königin.
+So laßt mich mit ihm gehen.
+
+König Richard.
+Weine du in Frankreich für mich, und ich will hier für dich weinen;
+es ist besser entfernt, als näher geschieden zu seyn. Geh, zähle
+deinen Weg mit Seufzern ab, ich mit Ächzen den meinigen.
+
+Königin.
+So wird der längste Weg die meisten Seufzer haben.
+
+König Richard.
+Ich will bey jedem Schritt zweymal ächzen, weil mein Weg der
+kürzere ist. Komm, komm, ein Kuß soll uns den Mund schliessen, und
+dann fahr' wohl; so geb' ich dir mein Herz, und so nehm' ich deines.
+
+(Sie küssen sich.)
+
+Königin.
+Nein, gieb mir das meinige zurük; es wäre kein schöner Abschied,
+wenn ich dein Herz mit mir nehmen wollte, um es zu tödten.
+
+(Sie küssen sich wieder.)
+
+So, nun hab' ich das Meinige wieder, damit ich mich bestreben kan,
+es mit einem Seufzer zu tödten.
+
+König Richard.
+Wir vermehren nur unsern Schmerz mit diesen zärtlichen
+Verzögerungen; noch einmal, leb' wohl; das übrige laß unsre Thränen
+sagen.--
+
+(Sie gehen ab.)
+
+
+
+Dritte Scene.
+(Des Herzogs von York Palast.)
+(York und seine Herzogin treten auf.)
+
+
+Herzogin.
+Milord, ihr wolltet fortfahren, mir den Einzug unsrer beyden
+Vettern in London zu erzählen, als ihr durch Thränen genöthigt
+wurdet, eure Geschichte zu unterbrechen.
+
+York.
+Wo blieb ich stehen?
+
+Herzogin.
+Bey dem kläglichen Absaz, Milord, da ruchlose unmenschliche Hände
+aus einem Fenster Staub und Auskehricht auf König Richard herunter
+schütteten.
+
+York.
+Der Herzog, der grosse Bolingbroke, von einem heissen feurigen
+Hengst getragen, der, als ob er seinen emporstrebenden Reuter kenne,
+mit langsamem aber stolzem Schritt dahergieng, sezte also, wie ich
+sagte, seinen Zug fort, indem alle Zungen ihm entgegenriefen: Gott
+erhalte dich, Bolingbroke! Unzähliche weitoffne Augen schossen
+ihre verlangende Blike nach ihm, und das Zujauchzen war so groß,
+daß ihr gedacht hättet, die Mauren selbst mit den Bildern womit sie
+übermahlt sind, hätten auf einmal zu ruffen angefangen: Gott
+erhalte dich, willkommen, Bolingbroke! Indeß daß er, sich immer
+von einer Seite zur andern drehend, mit entblößtem Haupt, und alle
+Augenblike bis unter seines stolzen Rosses Kopf sich bükend, ihnen
+antwortete: Ich danke euch, meine Mitbürger; und so zog er langsam
+die Strasse durch.
+
+Herzogin.
+O Jammer! Armer Richard! Wie gieng es ihm indessen?
+
+York.
+Wie in einem Schauspiel die Augen der Leute, wenn ein beliebter
+Schauspieler die Scene verläßt, sich unachtsam von demjenigen
+wegwenden, der zunächst auftritt, in der Einbildung, daß sie nichts
+als ein langweiliges Gewäsche von ihm zu erwarten haben; eben so,
+oder noch verächtlicher, runzelte sich jede Stirne, da Richard kam;
+niemand rief. Gott erhalte ihn! Keine erfreute Zunge hieß ihn in
+seiner Hauptstadt willkommen; sondern Staub wurde auf sein
+geheiligtes Haupt geschüttet, den er mit einem so sanftmüthigen
+Schmerz und mit einem Gesicht, worinn Thränen und Lächeln, auf eine
+so herzrührende Art kämpften, von sich abschüttelte, daß, hätte
+nicht Gott, aus irgend einer furchtbaren Ursache, die Herzen der
+Menschen verhärtet, sie nothwendig hätten schmelzen, und Barbarey
+selbst ihn hätte beweinen müssen. (Aber der Himmel hat seine Hand
+in diesen Begebenheiten, und in seinen hohen Willen müssen wir den
+unsrigen ergeben. Wir sind nun Bolingbroks Unterthanen, und ihm
+hab' ich nun auf ewig meine Treue angelobt.)
+
+
+
+Vierte Scene.
+(Aumerle zu den Vorigen.)
+
+
+Herzogin.
+Hier kommt mein Sohn, Aumerle.
+
+York.
+Der Aumerle war, und es nicht mehr ist, weil er Richards Freund war.
+Ihr müßt ihn nunmehr Rutland nennen, Madam; ich bin Bürge im
+Parlament für seine Treue gegen den neuen König worden.
+
+Herzogin.
+Willkommen, Sohn; wo sind nun die Veilchen, die den grünen Schooß
+des jungen Frühlings bestreuen?
+
+Aumerle.
+Madam, ich weiß es nicht, und bekümmre mich wenig darum. Gott weiß,
+daß es mir gleichgültig ist, ob ich bin, oder ob ich nicht bin.
+
+York.
+Gut, betragt euch wohl in diesem Frühling einer neuen Zeit, sonst
+möchtet ihr abgeschnitten werden, eh ihr geblüht habt. Was giebts
+neues von Oxford? Dauren diese Lustbarkeiten und Ritterspiele noch
+immer fort?
+
+Aumerle.
+So viel ich weiß, noch immer.
+
+York.
+Geht ihr auch dahin?
+
+Aumerle.
+Wenn Gott es nicht verhindert, so ist es mein Vorsaz.
+
+York.
+Was für ein Siegel ist das, so aus deinem Busen heraushängt--Wie,
+du erblassest? Laß mich die Schrift sehen.
+
+Aumerle.
+Es ist nichts, Milord.
+
+York.
+So ist auch nichts daran gelegen, daß ichs sehe. Ich will
+befriedigt seyn, laß mich die Schrift sehen.
+
+Aumerle.
+Ich bitte Euer Gnaden um Vergebung; es ist eine Kleinigkeit, die
+ich aus gewissen Ursachen nicht gerne sehen lassen möchte.
+
+York.
+Die ich aus gewissen Ursachen sehen will, Herr. Ich fürchte, ich
+fürchte--
+
+
+Herzogin.
+Was könnt ihr fürchten, Milord? Es wird nichts als irgend eine
+Handschrift seyn, die er wegen seiner Equipage zum Einzug
+ausgestellt haben wird.
+
+York.
+Ich glaube du bist nicht klug, Weib--Jung, laß mich die Schrift
+sehen.
+
+Aumerle.
+Ich bitte euch, haltet mir's zu Gnaden; ich kan es nicht sehen
+lassen.
+
+York.
+Ich will es aber sehen, sag ich--
+
+(Er reißt ihms weg und ließt es.)
+
+Verrath! Schändlicher Hochverrath! Nichtswürdiger! Verräther!
+Sclave!
+
+Herzogin.
+Was ist es dann, Milord?
+
+York.
+He! wer ist da drinn? Sattlet mein Pferd. Himmel, was für eine
+Verrätherey ist das!
+
+Herzogin.
+Wie, was ist es, Milord?
+
+York.
+Meine Stiefel her, sag ich; sattlet mein Pferd. Nun bey meiner
+Ehre, bey meinem Leben, ich will dein Ankläger seyn, Bösewicht.
+
+Herzogin.
+Was ist es dann?
+
+York.
+Still, närrisches Weibsbild.
+
+Herzogin.
+Ich will nicht still seyn; was ist es, Sohn?
+
+Aumerle.
+Meine gute Mutter, gebt euch zufrieden, es ist nichts mehr, als
+wovor mein armes Leben gut stehen muß.
+
+Herzogin.
+Dein Leben!
+
+
+
+
+Fünfte Scene
+(Ein Bedienter kommt mit Stiefeln herein.)
+
+
+York.
+Gieb mir die Stiefel her; ich will zum Könige.
+
+Herzogin.
+Schlag ihn zu Boden, Aumerle--(Armer Junge, du bist betäubt.) Weg,
+Schurke, und komm mir nicht mehr vor die Augen.
+
+(Zum Bedienten.)
+
+York.
+Meine Stiefel!
+
+Herzogin.
+Wie, York, was willt du thun? Du willt den Tod deines eignen Kinds
+befördern? Haben wir noch mehr Söhne? Oder können wir noch mehr
+bekommen? Willt du meinen einzigen Sohn in meinem Alter von mir
+reissen, und mich des glükseligen Namens einer Mutter berauben?
+Ist er nicht dein eigen?
+
+York.
+Du zärtliche Thörin! Wolltest du diese schwarze
+Zusammenverschwörung verheeren? Ihrer Zwölfe haben das Sacrament
+empfangen, und sich die Hände darauf gegeben, den König zu Oxford
+zu ermorden.
+
+Herzogin.
+Das soll er nicht; wir wollen ihn hier behalten.
+
+York.
+Weg, närrisches Weib. Wär' er zwanzigmal mein Sohn, so wollt' ich
+ihn angeben.
+
+Herzogin.
+Hättest du seinetwegen ächzen müssen wie ich, du würdest
+mitleidiger seyn. Aber nun merke ich deine Gedanken; du argwöhnest,
+daß ich deinem Bette ungetreu gewesen sey, und daß er ein Bastard
+sey, nicht dein Sohn; liebster York, liebster Gemal, denke nicht so;
+er ist dir so gleich als man seyn kan; er ist weder mir noch
+irgend jemand aus meiner Verwandtschaft ähnlich, und doch lieb ich
+ihn.
+
+York.
+Aus dem Weg, widerspenstiges Weibsbild.
+
+(Er geht ab.)
+
+Herzogin.
+Geh ihm nach, Aumerle; besteig' sein Pferd, sporn' es so gut, daß
+du vor ihm zum König kommst, und bitt' um Gnade, eh er dich
+anklagen kan. Ich will nicht lange dahinten bleiben; wenn ich
+schon alt bin, so will ich doch noch wol so schnell reiten als York;
+und nimmer will ich vom Boden aufstehen, bis Bolingbroke dich
+begnadigt hat. Hinweg.
+
+(Sie gehen ab.)
+
+
+
+Sechste Scene.
+(Verwandelt sich in den Hof zu Windsor.)
+(Bolingbroke, Percy, und andre Lords treten auf.)
+
+
+Bolingbroke.
+Kan mir niemand Nachricht von meinem ungerathnen Sohne geben? Es
+sind volle drey Monate, seitdem ich ihn das leztemal sah. Wenn ja
+eine Plage über uns hängt, so ist es er; ich wollte zu Gott,
+Milords, daß er gefunden würde. Fragt zu London in den
+Weinschenken nach ihm, denn dort sagt man, hält er sich täglich in
+Gesellschaft zügelloser lüderlicher Leute auf, sogar mit solchen,
+die in holen Wegen lauren und die Reisenden berauben, indeß daß der
+junge ausgelassene Bube eine Ehre darinn sucht, eine so schändliche
+Rotte zu beschüzen.
+
+Percy.
+Gnädigster Herr, es sind etwann zween Tage, daß ich den Prinzen sah,
+und ihm von den Ritterspielen zu Oxford erzählte.
+
+Bolingbroke.
+Und was antwortete der Busch-Klöpfer?
+
+Percy.
+Er sagte, er wolle in ein Bordel, und der gemeinsten Meze einen
+Handschuh abziehen, ihn ihr zu Ehren auf den Hut steken, und damit
+den herzhaftesten Ritter aus dem Sattel heben.
+
+Bolingbroke.
+So lüderlich als wild; und doch seh' ich durch beydes einige Funken
+von Hoffnung schimmern, welche mit zunehmenden Jahren glüklich
+ausschlagen mögen. Aber wer kommt hier? (Aumerle zu den Vorigen.)
+
+Aumerle.
+Wo ist der König?
+
+Bolingbroke.
+Was hat unser Vetter, daß er so starr und wild aussieht?
+
+Aumerle.
+Gott erhalte Euer Majestät. Ich bitte euch, etliche Augenblike mit
+Euer Majestät allein sprechen zu dürfen.
+
+Bolingbroke.
+Entfernet euch, und laßt uns hier allein; was ist dann nun die
+Sache, Vetter?
+
+Aumerle (kniend.)
+Auf ewig mögen meine Knie in die Erde wachsen, und meine Zunge an
+meinen Gaumen, oder Euer Majestät ertheile mir Gnade, eh ich rede!
+
+Bolingbroke.
+Was ist dein Fehler, vorgesezt, oder würklich begangen? Wenn nur
+das erste, so groß er seyn mag, so vergeb' ich ihn dir, um deine
+künftige Liebe zu gewinnen.
+
+Aumerle.
+So erlaubet mir, Gnädigster Herr, daß ich den Schlüssel umdrehen
+darf, damit niemand herein komme, bis meine Erzählung zu ende ist.
+
+Bolingbroke.
+Das magst du.
+
+York (hinter der Scene.)
+Gnädigster Herr, nehmt euch in Acht, seht euch vor, ihr habt einen
+Verräther bey euch.
+
+Bolingbroke (zu Aumerle.)
+Nichtswürdiger, ich will bald mit dir fertig seyn--
+
+Aumerle.
+Halt deine rächende Hand zurük, du hast keine Ursache zu fürchten.
+
+York.
+Mach die Thür auf, sichrer, unbesonnener König; öffne die Thür,
+oder ich werde sie einstossen.
+
+
+
+Siebende Scene.
+(York zu den Vorigen.)
+
+
+Bolingbroke.
+Was giebt es, mein Oheim? Sprich, komm erst zu Athem; sag uns, wie
+nah ist die Gefahr, damit wir uns waffnen können, ihr entgegen zu
+gehen?
+
+York.
+Überlies diese Schrift, so wirst du die Verrätherey kennen, von
+der ich, athemloß wie ich bin, noch nicht reden kan.
+
+Aumerle.
+Erinnre dich, indem du liesest, deines gegebnen Versprechens. Es
+reuet mich, lies meinen Namen nicht, mein Herz ist kein
+Bundsgenosse meiner Hand.
+
+York.
+Nichtswürdiger, dein Herz war ein Verräther, eh deine Hand es war--
+ich riß es aus des Verräthers Busen, König. Furcht, nicht Liebe
+zeugt seine Reue; habe kein Mitleiden mit ihm, oder dein Mitleiden
+möchte eine Schlange werden, und dein Herz durchstechen.
+
+Bolingbroke.
+O grauliche, verwegne und mächtige Verschwörung! O rechtschaffner
+Vater eines verrätherischen Sohns, du reine, unbeflekte
+Silberquelle, aus welcher dieser Strom durch sumpfige Örter
+geflossen, und so sich selbst verunreinigt hat. Der Überfluß
+deiner Verdienste soll diesen tödtlichen Fleken von deinem
+verbrecherischen Sohn abwaschen.
+
+York.
+So würde meine Tugend die Kupplerin seines Lasters seyn; und wie
+verschwendrische Söhne ihrer kargen Väter Gold, so würde er durch
+seine schändliche Thaten meine Ehre verprassen.* Meine Ehre lebt
+nur, wenn seine Schande stirbt; du tödtest mich, du tödtest den
+rechtschaffnen Mann, wenn du den Verräther leben lässest.
+
+{ed.-* Von hier bis zur 9ten Scene lauter Reime im Original.}
+
+Die Herzogin (hinter der Scene.)
+O! Gnädigster Herr, um Gottes willen, laßt mich ein.
+
+Bolingbroke.
+Was für ein hellstimmiger Supplicant macht dieses ängstliche
+Geschrey?
+
+Herzogin.
+Ein Weib, und deine Tante, grosser König, ich bin's. O lasset mich
+vor, habet Mitleiden mit mir, laßt die Thür öffnen. Eine Bettlerin
+bettelt, die zuvor noch nie gebettelt hat.
+
+Bolingbroke.
+Unsre Scene hat ihre ernsthafte Gestalt verlohren, und hat sich in
+den Bettler und den König verwandelt; mein gefährlicher Vetter,
+laßt eure Mutter herein, sie kommt ohne Zweifel für euch zu bitten.
+
+York.
+Wenn du vergiebst, wer es auch sey, der dich um Gnade bittet, so
+wird deine Gnade die Aufmuntrung zu neuen Verbrechen seyn.
+Schneide dieses eyternde Gelenk ab, so bleibt das übrige gesund; wo
+nicht, so wird der ganze Leib angestekt werden.
+
+
+
+Achte Scene.
+(Die Herzogin von York zu den Vorigen.)
+
+
+Herzogin.
+O König, glaube nicht diesem hartherzigen Mann; wer kan jemand
+andern lieben, der sich selbst nicht liebt?
+
+York.
+Du aberwiziges Weibsbild, was machst du hier?--
+
+Herzogin.
+Geduld, lieber York; höret mich, Gnädigster Herr.
+
+(Sie kniet.)
+
+Bolingbroke.
+Steht auf, meine Tante.
+
+Herzogin.
+Noch nicht, ich bitte euch; ewig will ich hier auf meinen Knien
+ligen, bis du durch die Begnadigung meines armen Sohns mir das
+Leben giebst.
+
+Aumerle.
+Kniend füg' ich zu meiner Mutter Bitte die meinige.
+
+York.
+Und kniend heißt mich meine Treue wider beyde bitten; nimmer wirst
+du gedeyhen, wenn du Gnade widerfahren lässest.
+
+Herzogin.
+Bittet er im Ernst? O betrachtet sein Gesicht; seine Augen lassen
+keine Thränen fallen, sein Bitten ist nur Verstellung, seine Worte
+kommen nur aus seinem Mund, unsre aus dem Herzen; er bittet nur, um
+nicht erhört zu werden, wir bitten mit Herz und Seele; seine müden
+Knie, ich weiß es, hoffen freudig aufzustehen; die unsrige sollen
+knien, bis sie in den Boden wachsen. O so laßt dann unser
+aufrichtiges Flehen seine heuchlerische Bitte überschreyen!
+
+Bolingbroke.
+Meine liebe Tante, steht auf.
+
+Herzogin.
+Nein, sagt nicht, daß ich aufstehen soll, ihr habt dann zuvor seine
+Begnadigung ausgesprochen. O wär ich deine Amme, und sollte dich
+reden lehren, Gnade sollte das erste Wort seyn, das deine Zunge
+aussprechen lernte. Noch nie verlangte ich mit Ungeduld ein Wort
+zu hören als izt, o König, sprich Gnade, so erhältst du zwey Leben
+mit einem Wort.
+
+Bolingbroke.
+Steht auf, meine gute Tante.
+
+Herzogin.
+Ich bitte nicht, um Erlaubniß, zu stehen; Vergebung ist alles,
+warum ich bitte.
+
+Bolingbroke.
+Ich vergebe ihm, wie der Himmel mir vergeben soll!
+
+Herzogin.
+O! du bist ein Gott auf Erden! Wo ist ein Wort, das aus einem
+königlichen Munde schöner tönt? O! Sag es noch einmal, mein
+ängstlich-zweifelndes Herz gewiß zu machen.
+
+Bolingbroke.
+Von ganzem Herzen vergeb' ich ihm. Aber was unsern getreuen
+Schwager, den Abbt, betrift--und alle übrige von dieser zusammen-
+verschwornen Rotte, die soll unerbittliches Verderben an den Fersen
+ereilen!--Mein geliebter Oheim, sorget dafür, daß eine hinlängliche
+Anzahl von Truppen nach Oxford, oder wo diese Verräther immer seyn
+mögen, abgeordnet werde. Ich will sie haben, sobald ich weiß wo
+sie sind, und ich schwöre sie sollen in dieser Welt nicht leben!
+Lebet wohl, Oheim; und ihr, Vetter, Adieu; eure Mutter hat euch
+gute Dienste gethan; es ist nun an euch, einen guten Gebrauch davon
+zu machen.
+
+Herzogin.
+Komm, mein alter Sohn; ich bitte den Himmel, daß er dich neu mache.
+
+(Sie gehen ab.)
+
+
+
+Neunte Scene.
+(Exton und ein Bedienter treten auf.)
+
+
+Exton.
+Hörtest du die Worte nicht, die dem König entfuhren: "Hab ich denn
+keinen Freund, der mich von diesen unaufhörlichen Besorgnissen
+befreyen mag?" Sagte er nicht so?
+
+Bedienter.
+Das waren würklich seine Worte.
+
+Exton.
+"Hab' ich keinen Freund?"--sagte er; er sagte es zweymal, und
+zweymal mit einer gewissen Heftigkeit. That er's nicht?
+
+Bedienter.
+Er that es.
+
+Exton.
+Und indem er's sagte, sah' er mir starr ins Gesicht, als wollt' er
+sagen--Ich wünsche, du wär'st der Mann, der mein Herz dieser
+Besorgnisse erledigen möchte--er meynte den König zu Pomfret. Komm,
+wir wollen gehen--Ich bin des Königs Freund, und will ihm von
+seinem Feinde helfen.
+
+(Sie gehen ab.)
+
+
+
+Zehnte Scene.
+(Verwandelt sich in das Gefängniß zu Pomfret-Castle.)
+(König Richard tritt auf.)
+
+
+König Richard.
+Ich studiere schon lange, wie ich dieses Gefängniß, worinn ich lebe,
+mit der Welt vergleichen wolle; und weil die Welt volkreich ist,
+und hier kein anders Geschöpf als ich selbst, so kan ich nicht
+damit zurecht kommen. Und doch will ich's versuchen--Mein Gehirn
+soll das Weib meiner Seele werden, und meine Seele, der Vater; und
+diese zwey sollen ein Geschlecht von Gedanken mit einander zeugen,
+und diese Gedanken sollen diese kleine Welt bevölkern, humorisirt,
+wie die Einwohner der grossen Welt, denn kein Gedank' ist zufrieden.
+Sogar die besten (die Gedanken von göttlichen Dingen) sind mit
+Zweifeln untermischt, und sezen das Wort selbst dem Wort entgegen;
+zum Exempel: Kommt, ihr Kleinen; und dann wieder: Es ist so schwer
+zu kommen, als einem Cameel durch ein Nadelöhr zu gehen.--Gedanken,
+die nach Unabhänglichkeit streben, brüten unmögliche Wunder aus,--
+wie diese schwachen Nägel mir eine Öffnung durch die steinernen
+Rippen dieser Kerker-Mauren krazen könnten, und weil sie es nicht
+können, so zerplazen sie an ihrem eignen schwellenden Stolz.
+Gedanken, die nach Vergnügen streben, schmeicheln sich selbst, "sie
+seyen nicht die ersten Sclaven des Glüks, und werden nicht die
+lezten seyn," (wie schelmisches Bettelvolk, wenn sie im Stok sizen,
+sich damit trösten, daß schon viele da gesessen sind, und noch
+viele sizen werden.) Und in diesem Gedanken finden sie eine Art von
+Erleichterung, indem sie ihr eignes Elend auf dem Rüken derer
+tragen, die ehmals das nemliche ausgestanden haben. So spiel ich,
+in einem Gefängniß, mancherley Personen, wovon keine mit sich
+selbst zufrieden ist. Zuweilen bin ich ein Fürst; dann macht
+Verrätherey, daß ich mich zu einem Bettler wünsche, und das bin ich.
+Alsdann überredet mich die Dürftigkeit, es sey mir besser gewesen,
+da ich ein Fürst war, und dann werd' ich wieder gefürstet; und
+unvermerkt besinn' ich mich, daß mich Bolingbroke entfürstet hat,
+und da bin ich wieder nichts--Was ich aber seyn mag, so ist doch
+dieses gewiß, weder ich noch irgend ein andrer, wer er seyn mag,
+wird eher nicht zur Ruhe kommen, bis er nicht mehr ist--Hör' ich
+nicht Musik?
+
+(Eine Musik.)
+
+Ha, ha! Haltet den Tact; wie widrig die anmuthigste Musik ist,
+wenn das Zeitmaaß gebrochen, und die Proportion nicht gehalten wird!
+So ist es auch mit der Musik des menschlichen Lebens--Wie kommt
+es, daß ich ein so feines Ohr habe, von dem kleinsten Mißklang
+einer verstimmten Sayte, oder eines verspäteten Tons beleidigt zu
+werden; und daß ich kein Ohr hatte, die schlechte Zusammenstimmung
+in meinem Staat, das gebrochne Zeitmaaß in meiner Regierung zu
+bemerken? Ich verderbte die Zeit; nun verderbt die Zeit mich. Die
+Zeit hat nun ihre Stunden-Uhr aus mir gemacht; meine Gedanken sind
+die Minuten, und meine jammernden Seufzer die Töne, die an mein
+Herz anschlagen, und so die Stunden anzeigen--Diese Musik macht
+mich närrisch--laßt sie schweigen; wenn sie gleich schon öfters
+närrischen Leuten wieder zu ihrem Verstand geholfen hat, so scheint
+es doch an mir, daß sie kluge Leute närrisch mache. Und doch
+gesegnet sey der, so sie mir giebt; es ist immer ein Zeichen seiner
+Liebe, und Liebe zu Richard ist ein seltnes Kleinod in einer Welt,
+wo der Haß allezeit den Fall begleitet.
+
+
+
+Eilfte Scene.
+(Ein Stallknecht kommt herein.)
+
+
+Stalknecht.
+Heil, königlicher Herr!
+
+König Richard.
+Grossen Dank, edler Pair. Der Wohlfeilste von uns beyden ist um
+zehn Groschen zu theuer. Wer bist du? Wie kommst du hieher?
+Wohin niemand kommt, als ein schwermüthiger Sclave, der mir zu
+essen bringt; um mein Unglük zu verlängern.
+
+Stalknecht.
+Ich war ein armer Stallknecht in deinem Marstall, König, wie du
+noch ein König warst; und da ich unlängst nach York reisen mußte,
+so hab' ich um die Erlaubniß angesucht, meinen ehmaligen Herrn
+sehen zu dürfen. O wie weh that mir's im Herzen, wie ich in den
+Strassen von London, an dem Krönungs-Tag zusehen mußte, wie
+Bolingbroke auf dem weiß- und roth getüpfelten Barber, euerm
+Leibpferd, ritt; auf diesem Pferd das ihr so oft geritten, und das
+ich mit so grosser Sorgfalt abgerichtet hatte.
+
+König Richard.
+Ritt er auf meinem Barber? Sag mir, mein guter Freund, wie gieng
+er unter ihm?
+
+Stalknecht.
+So stolz, als ob er den Boden aus Verachtung nicht berühren wolle.
+
+König Richard.
+So stolz, weil er Bolingbrok auf seinem Rüken hatte? Die
+Schindmähre hat Brodt aus meiner königlichen Hand gefressen; diese
+Hand hat ihn so oft durch streicheln stolz gemacht. Und er
+stolperte nicht? Er fiel nicht, und brach diesem übermüthigen Mann
+den Hals, der seinen Rüken usurpirte? Um Vergebung, du gutes Pferd!
+du verdienst mein Schelten nicht; du warst dazu geschaffen, dem
+Menschen unterthan zu seyn, und zum Tragen gebohren. Ich war zu
+keinem Pferd gemacht, und doch trag' ich die Last eines Esels, und
+lasse mich von dem trottenden Bolingbroke mit Sporrn zerfleischen
+und zuschanden reiten.
+
+
+
+Zwölfte Scene.
+(Ein Hüter mit einer Schüssel, zu den Vorigen.)
+
+
+Hüter.
+Kerl, mach' Plaz, du darfst nicht länger bleiben.
+
+(Zum Stallknecht.)
+
+König Richard.
+Wenn du mich liebst, so ist es Zeit, daß du gehst.
+
+Hüter.
+Milord, beliebt es euch zu essen?
+
+König Richard.
+Kost' es vorher, wie du gewohnt bist.
+
+Hüter.
+Milord, ich darf nicht; Sir Pierce von Exton, der kürzlich auf des
+Königs Befehl hieher gekommen ist, hat mir's verboten.
+
+König Richard.
+Der Teufel hole Heinrichen von Lancaster und dich! Die Geduld geht
+mir aus.
+
+(Er schlägt den Hüter.)
+
+Hüter.
+Hülfe, Hülfe, Hülfe!--(Exton und Bediente zu den Vorigen.)
+
+König Richard.
+Wie? was soll das bedeuten? Kommt ihr mich zu ermorden?--
+Unglükseliger, stirb durch dein eignes Schwerdt!
+
+(Er reißt einem sein Schwerdt aus der Hand und stoßt ihn nieder.)
+
+Geh du und füll' einen andern Plaz in der Hölle aus,
+
+(er tödtet noch einen; Exton schlägt ihn mit einem Streich zu Boden,
+)
+
+diese Hand soll in unauslöschlichem Feuer brennen die mit des
+Königs Blut des Königs eignes Land befleket hat!--Erheb' erhebe
+dich, meine Seele, einen himmlischen Thron einzunehmen, indem mein
+sterblicher Theil zur Erde sinkt.
+
+(Er stirbt.)
+
+Exton.
+So voll von Tapferkeit als königlichem Blut! Und dieses hab' ich
+nun vergossen! O wie wollt ich, daß diese That gut wäre! Aber der
+Teufel, der mir sagte, ich thue recht, sagt izt, daß sie in die Tag-
+Bücher der Hölle eingeschrieben ist. Ich will nun diesen todten
+König zu dem lebenden tragen; ihr, schleppt die übrigen fort, und
+sorgt, daß sie hier begraben werden.
+
+(Sie gehen ab.)
+
+
+
+Dreyzehnte Scene.
+(Verwandelt sich in den Hof zu Windsor.)
+(Trompeten; Bolingbroke, York, Lords und Gefolge treten auf.)
+
+
+Bolingbroke.
+Mein geliebter Oheim York, die neueste Nachricht die wir haben, ist,
+das die Rebellen unsre Stadt Cicester in Glocesterschire in Brand
+gestekt haben; aber wir hören nicht, ob sie geschlagen oder
+gefangen worden--
+(Northumberland zu den Vorigen.) Willkommen, Milord, was bringt
+ihr neues?
+
+Northumberland.
+Zuerst wünsch' ich deiner geheiligten Person und Regierung
+vollkommne Glükseligkeit; die nächste Zeitung ist, daß ich die
+Köpfe von Salisbury, Spencer, Blunt und Kent nach London geschikt
+habe. Die Umstände ihrer Gefangennehmung sind aus diesem Papier
+ausführlich zu ersehen.
+
+Bolingbroke.
+Wir danken dir, werther Percy, für deine Mühe, und werden deine
+Verdienste nach Würden zu belohnen wissen. (Fizwater zu den
+Vorigen.)
+
+Fizwater.
+Gnädigster Herr, ich habe die Köpfe von Broccas und Sir Bennet
+Seely von Oxford nach London geschikt, von zween jener zusammen-
+verschwornen Verräther, die eure Majestät zu Oxford zu unterdrüken
+suchten.
+
+Bolingbroke.
+Deine Bemühungen und Verdienste sollen nicht vergessen werden,
+Fizwater; ich weiß und schäze ihren Werth. (Percy und der Bischoff
+von Carlisle zu den Vorigen.)
+
+Percy.
+Das Haupt der Zusammen-Verschwornen, der Abbt von Westmünster, hat,
+von Schwermuth und Gewissens-Bissen erdrükt, seinen Leib dem Grab
+abgetreten; aber hier ist Carlisle, der euerm königlichen Urtheil
+über sein Verbrechen sich unterwirft.
+
+Bolingbroke.
+Carlile, diß ist dein Urtheil; wähle dir irgend eine stille
+geheiligte Freystädte aus, und geniesse darinn deines Lebens; und
+so wie du in Ruhe leben wirst, sollst du ruhig sterben: Ob du
+gleich immer mein Feind warest, so ehr' ich doch deine Tugend.
+(Exton tritt mit einem Sarg auf.)
+
+Exton.
+Grosser König, in diesem Sarg überliefre ich dir deine begrabne
+Besorgnisse. Hierin ligt athemlos der gröste von deinen Feinden,
+Richard von Bourdeaux, von mir hieher gebracht.
+
+Bolingbroke.
+Exton, ich danke dir nicht; deine fatale Hand hat Schmach und Fluch
+über mein Haupt, und über dieses ganze ruhmvolle Land gebracht.
+
+Exton.
+Aus euerm eignen Munde, Gnädigster Herr, that ich diese That.
+
+Bolingbroke.
+Man kan Gift nöthig haben, aber man liebt es nicht, und ich dich
+eben so wenig; ob ich ihn gleich todt wünschte, so haß ich doch den
+Mörder, und liebe nun den Ermordeten. Nimm du die Schuld eines
+bösen Gewissens für deine Mühe, aber weder meinen Beyfall noch
+meine Gnade. Geh, wandre wie Cain durch den Schatten der Nacht,
+und zeige nie dem Tag dein verabscheutes Antliz. Milords, ich
+schwöre euch, meine Seele ist bekümmert, daß Blut mich besprengen
+soll, damit ich wachsen möge. Kommt, leget die Farbe der
+kummervollen Traurigkeit an. Ich will einen Zug in das gelobte
+Land thun, um dieses Blut von meiner schuldigen Hand abzuwaschen.
+Folget mir in stillschweigender Trauer, und weinet mit mir über
+dieser unzeitigen Baare.
+
+(Sie gehen alle ab.)
+
+
+Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Leben und Tod Königs Richard
+des zweyten, von William Shakespeare (Übersetzt von Christoph
+Martin Wieland).
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Leben und Tod Konigs Richard des
+zweyten, by William Shakespeare
+
+*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK KONIGS RICHARD DES ZWEYTEN ***
+
+This file should be named 7323-8.txt or 7323-8.zip
+
+Produced by Delphine Lettau
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