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+The Project Gutenberg EBook of Des Meeres Und Der Liebe Wellen
+by Franz Grillparzer
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+this or any other Project Gutenberg eBook.
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+**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts**
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+**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971**
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+*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!*****
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+
+Title: Des Meeres Und Der Liebe Wellen
+
+Author: Franz Grillparzer
+
+Release Date: July, 2005 [EBook #8568]
+[This file was first posted on July 23, 2003]
+
+Edition: 10
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-8859-1
+
+*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DES MEERES UND DER LIEBE WELLEN ***
+
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+This Etext is in German.
+
+This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-
+DE.
+That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/.
+
+Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE"
+zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse
+http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar.
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+
+
+
+Des Meeres und der Liebe Wellen
+
+Franz Grillparzer
+
+Trauerspiel in fünf Aufzügen
+
+
+Personen:
+
+Hero
+Der Oberpriester, ihr Oheim
+Leander
+Naukleros
+Janthe
+Der Hüter des Tempels
+Heros Eltern
+Diener, Fischer, Volk
+
+
+
+
+Erster Aufzug
+
+
+(Vorhof im Tempel der Aphrodite zu Sestos. Den Mittelgrund bilden
+Säulen mit weiten Zwischenräumen, das Peristyl bezeichnend. Im
+Hintergrunde der Tempel, zu dem mehrere Stufen emporführen. Nach
+vorne, rechts die Statue Amors, links Hymenäus' Bildsäule. Früher
+Morgen.)
+
+Hero
+
+(ein Körbchen mit Blumen im Arme haltend tritt aus dem Tempel und
+steigt die Stufen herab).
+Nun, so weit wär's getan. Geschmückt der Tempel,
+Mit Myrt' und Rosen ist er rings bestreut
+Und harret auf das Kommende, das Fest. Und ich bin dieses Festes
+Gegenstand.
+Mir wird vergönnt, die unbemerkten Tage,
+Die fernhin rollen ohne Richt und Ziel,
+Dem Dienst der hohen Himmlischen zu weihn;
+Die einzelnen, die Wiesenblümchen gleich,
+Der Fuß des Wanderers zertritt und knickt,
+Zum Kranz gewunden um der Göttin Haupt,
+Zu weihen und verklären. Sie und mich. Wie bin ich glücklich, daß
+nun heut der Tag;
+Und daß der Tag so schön, so still, so lieblich!
+Kein Wölkchen trübt das blaue Firmament,
+Und Phöbus blickt, dem hellen Meer entstiegen,
+Schon über jene Zinnen segnend her.
+Schaust du mich schon als eine von den Euren?
+Ward es dir kund, daß jene muntre Hero,
+Die du wohl spielen sahst an Tempels Stufen,
+Daß sie, ergreifend ihrer Ahnen Recht,
+Die Priester gaben von Urväterzeit
+Dem hehren Heiligtum--daß sie's ergreifend
+Das schöne Vorrecht, Priesterin nun selbst;
+Und heute, heut; an diesem, diesem Tage.
+Auf jenen Stufen wird das Volk sie sehn
+Den Himmlischen der Opfer Gaben spendend.
+Von jeder Lippe ringt sich Jubel los,
+Und in dem Glanz, der Göttin dargebracht,
+Strahlt auf der Priestrin Haupt--
+Allein, wie nur?
+Beginn ich mit Versäumen meinen Dienst?
+Hier sind noch Kränze, Blumen hab ich noch,
+Und jene Bilder stehen ungeschmückt? Hier, Hymenäus, der die
+Menschen bindet,
+Nimm diesen Kranz von einer, die gern frei.
+Die Seelen tauschest du? Ei, gute Götter,
+Ich will die meine nur für mich behalten,
+Wer weiß, ob eine andre mir so nütz'? Dir Amor sei der zweite
+meiner Kränze.
+Bist du der Göttin Sohn, und ich ihr Kind,
+Sind wir verwandt; und redliche Geschwister
+Beschädigen sich nicht und halten Ruh'.
+So sei's mit uns, und ehren will ich dich,
+Wie man verehrt, was man auch nicht erkennt. Nun noch die Blumen
+auf den Estrich.--Doch
+Wie liegt nur das Geräte rings am Boden?
+Der Sprengkrug und der Wedel, Bast und Binden.
+Saumsel'ge Dienerinnen dieses Hauses
+Euch stand es zu. Übt so ihr eure Pflicht?
+Lieg immer denn, und gib ein kundbar Zeugnis--
+Und doch, es martert mein erglühend Auge.
+Fort, Niedriges, und laß mich dich nicht schaun.
+
+(Sich mit Zurechtstellen beschäftigend.)
+
+Dort kommt der Schwarm, von lautem Spiel erhitzt,
+Nunmehr zu tun, was ohne sie vollendet.
+
+(Janthe und mehrere Dienerinnen kommen.)
+
+Janthe.
+Ei, schöne Hero, schon so früh beschäftigt?
+
+Hero.
+So früh, weil's andre nicht, wenn noch so spät.
+
+(Die Dienerinnen stellen das übrige zurecht.)
+
+Janthe.
+Ei seht, sie tadelt uns, weil wir die Kanne,
+Das wenige Gerät nicht weggeschafft.
+
+Hero.
+Viel oder wenig, du hast's nicht getan.
+
+Janthe.
+Wir waren früh am Werk und sprengten, fegten.
+Da kam die Lust, im Grünen uns zu jagen.
+
+Hero.
+Drauf gingt ihr hin und--Nun, beim hohen Himmel!
+Als du den leichten Fuß erhobst und senktest,
+Kam dir der Vorhof deiner Göttin nicht,
+Dein unvollendet Werk dir nicht vors Auge?
+Genug, ich faß euch nicht, wir wollen schweigen.
+
+Janthe.
+Weil du so grämlich bist und einsam schmollst,
+Beneidest du dem Frohen jede Lust.
+
+Hero.
+Ich bin nicht grämlich, froher leicht als ihr,
+Und oft hab ich zur Abendzeit beklagt,
+Wo Spiel vergönnt, daß ihr des Spielens müde,
+Doch nehm ich nicht dem Ernste seine Lust,
+Indem ich mit des Scherzes Lust sie menge.
+
+Janthe.
+Verzeih, wir sind gemeines, niedres Volk.
+Du freilich, aus der Priester Stamm entsprossen--
+
+Hero.
+Du sagst es.
+
+Janthe. Und zu Höherem bestimmt.
+
+Hero.
+Mit Stolz entgegn' ich: ja.
+
+Janthe. Ganz andre Freuden,
+Erhabnere Genüsse sind für dich.
+
+Hero.
+Du weißt, ich kann nicht spotten; spotte nur!
+
+Janthe.
+Und doch, gingst du mit uns, und sahst die beiden,
+Die fremden Jünglinge am Gittertor--
+
+Hero.
+Nun schweig!
+
+Janthe. Was gilt's? du blinzeltest wohl selber
+Ein wenig durch die Stäbe.
+
+Hero. Schweige, sag ich.
+Ich habe deiner Torheit Raum gegeben,
+Leichtfertigem verschließt sich dieses Ohr.
+Sprich nicht und reg dich nicht! denn bei den Göttern!
+Dem Priester, meinem Oheim sag ich's an,
+Und er bestraft dich, wie du's wohl verdienst.
+Ich bin mir gram, daß mich der Zorn bemeistert,
+Und doch kann ich nicht anders, hör ich dies.
+Du sollst nicht reden, sag ich, nicht ein Wort!
+
+(Der Priester, von dem Tempelhüter begleitet, ist von der rechten
+Seite her aufgetreten.)
+
+Hero (ihm entgegen).
+O wohl mir, daß du kömmst, mein edler Ohm.
+Dein Kind war im Begriff zu zürnen, heut,
+Am Morgen dieses feierlichen Tags,
+Der sie auf immer--O verzeih, mein Ohm!
+
+Priester.
+Was aber war der heißen Regung Grund?
+
+Hero.
+Die argen Worte dieser Leichtgesinnten;
+Der frevle Hohn, der was er selbst nicht achtet,
+So gern als unwert aller Achtung malte.
+O daß die Weisheit halb so eifrig wäre
+Nach Schülern und Bekehrten, als der Spott!
+
+Priester.
+Und welche war's, die vor den andern kühn,
+Die Sitte unsers Hauses so verletzt?
+
+Hero (nach einer Pause).
+Genau besehn, will ich sie dir nicht nennen,
+Ob ihr die Rüge gleich gar wohl verdient.
+Schilt sie nur alle, Herr, und heiß sie gehn,
+Die Schuld'ge nimmt sich selbst wohl ihren Teil.
+
+(Zum Tempelhüter.)
+
+Du aber sieh zum äußern Gittertor,
+Damit nicht Fremde--
+
+Priester.
+Hätte denn--?
+
+Hero.
+Ich bitte!
+
+Priester.
+So geh!--Und ihr! und meidet zu begegnen
+Dem Zorne, der sein Recht und seine Mittel kennt.
+
+(Der Tempelhüter nach der linken, die Mädchen nach der rechten
+Seite ab.)
+
+Hero.
+Nun ist mir leicht! Ich könnte sie bedauern,
+Wenn ihre Torheit an sich selber zehrte,
+Nicht um Genossen würb' und Billigung.
+
+Priester.
+Sosehr mich freut, daß du den Schwarm vermeidest,
+Und aus der Menge nicht die Freundin wählst,
+So sehr befremdet mich, ja ich beklag es,
+Daß dich zu keiner unter deinesgleichen
+Des Herzens Zug, ein still Bedürfnis führte.
+Ein einsam Leben harrt der Priesterin,
+Zu zweien trägt und wirkt sich's noch so leicht.
+
+Hero.
+Ich kann nicht finden, daß Gesellschaft fördert;
+Was einem obliegt muß man selber tun.
+Dann, nennst du einsam einer Priestrin Leben?
+Wann war es einsam hier im Tempel je?
+Vom frühen Morgen drängt die laute Menge,
+Aus Ost und Westen strömt herbei das Volk.
+Von Weihgeschenken und von Opfergaben,
+Von Festeszügen, fremden Beterscharen
+War nimmer dieses Hauses Schwelle leer.
+Dann fehlt's ja nicht an mancherlei zu tun:
+Der Wasserkrug, der Opferherd, die Kränze,
+Und Säul' und Sockel, Estrich und Altar
+Zu reinigen, zu schmücken, zu bewahren.
+Wo bliebe da zum Schwätzen wohl die Zeit,
+Zum Kosen mit der Freundin, wie du meinst.
+
+Priester.
+Du hast mich nicht gefaßt.
+
+Hero. Wohl denn, es sei!
+Was man nicht faßt, erregt auch kein Verlangen.
+Laß mich so wie ich bin, ich bin es gern.
+
+Priester.
+Doch kommt die Zeit und ändert Wunsch und Neigung.
+
+Hero.
+Man klagt ja täglich, daß der Unverständ'ge
+Beharrt und bleibt, man tadl' ihn wie man will;
+Weshalb nun den Verständ'gen unverständ'ger
+Und unbeständ'ger glauben als den Tor?
+Ich weiß ja was ich will und was wir wählten,
+Wenn wählen heißen kann, wo keine Wahl.
+Vielmehr ein glücklich Ungefähr hat mich
+Nur halb bewußt an diesen Ort gebracht,
+Wo--wie der Mensch, der müd' am Sommerabend
+Vom Ufer steigt ins weiche Wellenbad,
+Und, von dem lauen Strome rings umfangen,
+In gleiche Wärme seine Glieder breitet,
+So daß er, prüfend, kaum vermag zu sagen:
+Hier fühl ich mich und hier fühl ich ein Fremdes--
+Mein Wesen sich hindangibt und besitzt.
+Aus langer Kindheit träumerischem Staunen
+Bin hier ich zum Bewußtsein erst erwacht;
+Im Tempel, an der Göttin Fußgestelle
+Ward mir ein Dasein erst, ein Ziel, ein Zweck.
+Wer, wenn er mühsam nur das Land gewonnen,
+Sehnt sich ins Meer zurück, wo's wüst und schwindelnd?
+Ja, diese Bilder, diese Säulengänge,
+Sie sind ein Äußeres mir nicht, ein Totes;
+Mein Wesen rankt sich auf an diesen Stützen,
+Getrennt von ihnen, wär' ich tot wie sie.
+
+Priester.
+Nur hüte dich, daß so beschränktes Streben
+Ein Billiger nicht möge selbstisch nennen!
+Es hält der Mensch mit Recht von seinem Wesen
+Jegliche Störung fern; allein sein Leben,
+Ablehnend alles andre, nur auf sich,
+Des eignen Sinns Bewahrung zu beschränken,
+Scheint widrig, unerlaubt, ja ungeheuer,
+Und doch auch wieder eng und schwach und klein.
+Du weißt, es war seit undenkbaren Zeiten
+Begnadet von den Göttern unser Stamm
+Mit Priesterehren, Zeichen und Orakeln,
+Zu sprechen liebten sie durch unsern Mund:
+Lockt's dich nun nicht zurück es zu gewinnen
+Das schöne Vorrecht, dir zum höchsten Ruhm
+Und allem Volk zu segensreichem Frommen?
+Ich riet dir oft, in still verborgner Nacht
+Zu nahen unsrer Göttin Heiligtum
+Und dort zu lauschen auf die leisen Stimmen,
+Mit denen wohl das Überird'sche spricht.
+
+Hero.
+Verschiednes geben Götter an Verschiedne;
+Mich haben sie zur Sehrin nicht bestimmt.
+Auch ist die Nacht, zu ruhn; der Tag, zu wirken,
+Ich kann mich freuen nur am Strahl des Lichts.
+
+Priester.
+Vor allem sollte heut--
+
+Hero. Ich war ja dort,
+Noch eh' die Sonne kam, in unserm Tempel
+Und setzte mich bei meiner Göttin Thron
+Und sann. Doch keine Stimme kam von oben.
+Da griff ich zu den Blumen, die du siehst,
+Und wand ihr Kränze meiner hohen Herrin,
+Erst ihr, dann jenen beiden Himmlischen,
+Und war vergnügt.
+
+Priester. Und dachtest?
+
+Hero. An mein Werk.
+
+Priester.
+An andres nicht?
+
+Hero.
+Was sonst?
+
+Priester.
+An deine Eltern.
+
+Hero.
+Was nützt es auch? sie denken nicht an mich.
+
+Priester.
+Sie denken dein und sehnen sich nach dir.
+
+Hero.
+Ich weiß das anders, doch du glaubst es nicht.
+War ihnen ich doch immer eine Last,
+Und fort und fort ging Sturm in ihrem Hause.
+Mein Vater wollte was kein andres wollte,
+Und drängte mich, und zürnte ohne Grund.
+Die Mutter duldete und schwieg.
+Mein Bruder--Von den Menschen all, die leben,
+Bin ich nur einem gram, es ist mein Bruder.
+Als Älterer, und weil ich nur ein Weib,
+Ersah er mich zum Spielwerk seiner Launen.
+Doch hielt ich gut, und grollte still und tief.
+
+Priester.
+So zürnst du deinen Eltern?
+
+Hero. Zürnen? Oh!
+Vergaß ich sie, geschah's um sie zu lieben.
+Auch ist mein Wesen umgekehrt und eben,
+Seit mich die Göttin nahm in ihren Schutz.
+
+Priester.
+Wenn sie nun kämen?
+
+Hero. Ach, sie werden's nicht.
+
+Priester.
+Dich heimzuholen.
+
+Hero. Mich? Von hier? Vergebens!
+
+Priester.
+Die Mutter mit dem Bräut'gam an der Hand.
+
+Hero (zum Gehen gewendet).
+Du scherzest, Herr, und ich, ich scherzte nicht.
+
+Priester.
+Bleib nur! Auch ist es Scherz. Doch deine Eltern
+Sind hier.
+
+Hero. Nein! Hier?
+
+Priester. Seit gestern abends.
+
+Hero. Oh!
+Und du verhehltest mir's?
+
+Priester. Sie wollten's selbst,
+Die Weihe nicht zu stören dieser Nacht,
+Die dir ein Morgen ist für viele Tage.
+Doch bist du stark, und mögen sie denn nahn.
+Sieh dort den Kommenden. Er wandelt, steht,
+Holt tiefer Atem, nähert sich.
+
+Hero. Mein Vater?
+
+Priester.
+Er selber, ja.
+
+Hero. Und ist der Mann so alt?
+
+Priester.
+Die Frau an seiner Seite--
+
+Hero. Mutter! Mutter!
+
+Priester.
+Erbleichst du? Eilst den Lieben nicht entgegen
+In froher Hast?
+
+Hero. O laß mich sie betrachten!
+Hab ich sie doch so lange nicht gesehn!
+
+(Heros Eltern kommen.)
+
+Vater.
+Mein Kind! Hero, mein Kind!
+
+Hero (auf ihre Mutter zueilend).
+O meine Mutter!
+
+Vater.
+Sieh nur, wir kommen her, den weiten Weg--
+Mein Atem wird schon kurz!--So fern vom Hause,
+Als Zeugen deines götternahen Glücks.
+Zu schauen, wie du in der Ahnen Spur
+Antrittst das Recht, um das sie uns beneiden,
+Die andern alle rings umher im Land;
+Wie um das Amt, mit dem seit manchem Jahr
+Bekleidet das Vertraun mich unsrer Stadt,
+Und das--Die böse Brust!--Was wollt' ich sagen?
+Nun ebendeshalb kamen wir hierher.
+Ei, guten Morgen, Bruder!
+
+Hero. Meine Mutter!
+
+Vater.
+Sie auch! Auch sie! Ob kränkelnd schon und schwach,
+Es duldete sie nicht im leeren Hause.
+Teilnehmen wollte sie an deinem Glück.
+Der Wagen faßt wohl zwei, so kam sie mit.
+Erfreuten Sinns. Und wer, wenn noch so stumpf,
+Erfreute sich an seinem Kinde nicht,
+Wenn es einhergeht auf der Hoheit Spuren?
+Wer horchte da auf kleinlich dunkle Zweifel,
+Auf, was weiß ich? Nu, wie gesagt, erfreut.
+
+Hero.
+Allein sie spricht nicht.
+
+Vater. Nicht? Frag sie: warum?
+Sie spricht wohl sonst, wenn's auch nicht an der Zeit,
+Im Haus, den langen Tag. Frag sie: warum?
+Und wieder ist's auch besser, spricht sie nicht.
+Wer Förderliches nicht vermag zu sagen,
+Tut klüger schweigt er völlig. Bruder, nicht?
+
+Hero.
+O guter Ohm, heiß deinen Bruder schweigen,
+Daß meine Mutter rede.
+
+Priester. Bruder, laß sie!
+
+Vater.
+So sprich; allein--
+
+Hero. Nicht so! Nach ihrem Herzen.
+Wie's ihr gefällt.
+
+Mutter
+
+(halblaut). Mein gutes Kind!
+
+Hero.
+Hörst du? Sie sprach. O süßer, süßer Klang,
+So lange nicht gehört. O meine Mutter!
+
+Priester (in den Hintergrund tretend, zu einem Diener).
+Komm hier!
+
+Vater.
+Nun weint sie gar. Daß doch!--Was schaffst du, Bruder?
+
+(Er geht nach rückwärts, die Hand dem gleichfalls dort stehenden
+Tempelhüter auf die Schulter legend.)
+
+Ah, du mein Ehrenmann?--Was schafft ihr da?
+
+Priester. Ein Ringeltauber flog in diesen Busch,
+Wohl gar zu Nest. Das darf nicht sein. He, Sklave,
+Durchforsche du das Laub und nimm es aus!
+
+Vater.
+Wie nur? warum?
+
+Priester. So will's des Tempels Übung.
+
+Vater.
+Doch jene--
+
+Priester. Laß sie nur!
+
+Vater. Sie reden.
+
+Priester. Laß sie!
+
+Hero (mit ihrer Mutter im Vorgrunde rechts).
+Nun aber Mutter hemme deine Tränen,
+Vielmehr sag deutlich was du fühlst und denkst.
+Ich höre dich und folge leicht und gern;
+Denn nicht mehr jenes wilde Mädchen bin ich,
+Das du gekannt in deines Gatten Hause,
+Die Göttin hat das Herz mir umgewandelt,
+Und ruhig kann ich denken nun und schaun.
+Auch--
+
+Mutter. Kind!
+
+Hero. Was ist?
+
+Mutter. Sie sehn nach uns.
+
+Hero. Ei, immer!
+Im Tempel hier hat auch die Frau ein Recht,
+Und die Gekränkten haben freie Sprache.
+Doch ängstet dich ihr Aug', wohlan, so tret ich
+Hin zwischen dich und sie. Kein Blick erreicht dich.
+Nun aber sag, ob ich dich recht erriet:
+Nicht gleichen Sinns mit deinem Gatten kamst du,
+Und wäre dir der freie Wunsch gewährt,
+Du führtest gar die Tochter mit dir heim
+Aus ihres Glückes sturmbeschützter Ruh'
+In deiner dunkeln Sorgen niedre Hütte?
+Ist's also? Ist es wahr? Sprich nein, o Mutter!
+
+Mutter.
+Kind, ich bin alt und bin allein.
+
+Hero. Allein?
+Dir ist dein Gatte ja. Zwar er--? Ein reiches Haus;
+Sind Dienerinnen, die dein sorglich warten.
+Dann--Gute Götter, so vergaß ich denn
+Das Beste bis zuletzt. Dir ist mein Bruder,
+Der bringt die Braut ins Haus und dehnt sich breit,
+Und gibt dir Enkel mit der Väter Namen.
+
+Mutter.
+Dein Bruder, Kind--
+
+Vater (im Hintergrunde zum Sklaven).
+Greif herzhaft immer zu!
+
+Mutter.
+Dein Bruder, Kind, ist nicht mehr unter uns!
+
+Hero.
+Wie, nicht?
+
+Mutter. Nach manchem herben Leid,
+Den Eltern doppelt schwer, verließ er uns,
+Verließ die Braut, die sein in Tränen dachte,
+Und zog dahin mit gleichgesinnten Männern
+Auf kühne Wagnis in entferntes Land.
+Zu Schiff, zu Roß? Wer weiß? wer kann es wissen?
+
+Hero.
+So ist er nicht mehr da? Nun doppelt gerne
+Kehrt' ich mit dir nach Haus, seit kund mir solches.
+Doch ist nicht er, sind da noch hundert andre,
+Von gleichem Sinn und störrisch wildem Wesen.
+Das ehrne Band der Roheit um die Stirn,
+Je minder denkend, um so heft'ger wollend.
+Gewohnt zu greifen mit der starren Hand
+Ins stille Reich geordneter Gedanken,
+Wo die Entschlüsse keimen, wachsen, reifen
+Am milden Strahl des gottentsprungnen Lichts.
+Hineinzugreifen da und zu zerstören,
+Hier zu entwurzeln, dort zu treiben, fördern
+Mit blindem Sinn und ungeschlachter Hand.
+Und unter solchen wünschest du dein Kind?
+Vielleicht wohl gar--?
+
+Mutter. Was soll ich dir's verhehlen?
+Das Weib ist glücklich nur an Gattenhand.
+
+Hero.
+Das darfst du sagen, ohne zu erröten?
+Wie? und mußt hüten jenes Mannes Blick,
+Des Herren, deines Gatten? Darfst nicht reden,
+Mußt schweigen, flüstern, ob du gleich im Recht,
+Ob du die Weisre gleich, stillwaltend Beßre?
+Und wagst zu sprechen mir ein solches Wort?
+
+Vater (im Hintergrunde).
+Die Mutter flattert auf.
+
+Mutter. O wehe, weh!
+Sie haben mir mein frommes Kind entwendet,
+Ihr Herz geraubt mit selbstisch eitlen Lehren,
+Daß meiner nicht mehr denkend, harten Sinns,
+Sie achtlos hört der Nahverwandten Worte!
+
+Hero (von ihr wegtretend).
+Ich aber will mit heiterm Sinne wandeln
+Hier an der Göttin Altar, meiner Frau.
+Das Rechte tun, nicht weil man mir's befahl,
+Nein, weil es recht, weil ich es so erkannt.
+Und niemand soll mir's rauben und entziehn.
+
+(Mit starker Betonung.)
+
+Wahrhaftig!
+
+Der Sklave (der im Hintergrunde auf einem Schemmel
+stehend, den Busch durchsucht, strauchelnd).
+Ah!
+
+Hero (umschauend). Was ist?
+
+Mutter. So siehst du nicht?
+Unschuldig fromme Vögel stören sie
+Und nehmen aus ihr Nest. So reißen sie
+Das Kind auch von der Mutter, Herz vom Herzen,
+Und haben des ihr Spiel. O weh mir, weh!
+
+Hero.
+Du zitterst, du bist bleich.
+
+Mutter. O seh ich doch
+Mein eignes Los.
+
+Priester (zu dem Diener, der das Nest in ein Körbchen
+gelegt, auf dem oben die brütende Taube sichtbar ist).
+Geh nur und trag es fort!
+
+(Der Diener geht.)
+
+Hero.
+Halt du' und setz es ab, wenn's jene kränkt.
+Gib sag ich!
+
+(Sie hat dem Diener das Körbchen abgenommen.)
+
+Armes Tier, was zitterst du?
+Sieh, Mutter, es ist heil.
+
+(Die Taube streichelnd.)
+
+Bist du erschrocken?
+
+(Sie setzt sich auf den Stufen der Bildsäule links im Vorgrunde
+nieder, das Körbchen in den Händen; indem sie bald durch Emporheben
+die Taube zum Fortfliegen anlockt, bald betrachtend und
+untersuchend sich mit ihr beschäftigt.)
+
+Priester (zum Diener).
+Was ist? Befahl ich nicht?
+
+(Der Diener weist entschuldigend auf Hero.)
+
+Priester (zu ihr tretend). Bist du so neu im Dienst,
+Daß du nicht weißt was Brauches hier und Sitte?
+
+Mutter (rechts im Vorgrunde stehend).
+Mein Herz vergeht. O jammervoller Anblick!
+
+Priester (zu ihr hinübersprechend).
+Nun also denn zu dir. Schwachmütig Weib,
+Was kommst du her, zu stören diese Stunde?
+Und staunst ob dem was du doch längst gewußt,
+Der heil'gen Ordnung dieses Götterhauses.
+Kein Vogel baut beim Tempel hier sein Nest,
+Nicht girren ungestraft im Hain die Tauben,
+Die Rebe kriecht um Ulmen nicht hinan,
+All was sich paart bleibt ferne diesem Hause,
+Und jene dort fügt heut sich gleichem Los.
+
+Hero (die Taube streichelnd).
+Du armes Tier, wie streiten sie um uns!
+
+Priester.
+Scheint dir das schwer, und zitterst du darob?
+Was willst du? soll sie heim? Komm hier, und nimm sie!
+Was braucht die Göttin dein und deines Kinds?
+Nicht ehrt man hier die ird'sche Aphrodite,
+Die Mensch an Menschen knüpft wie Tier an Tier,
+Die Himmlische, dem Meeresschaum entstiegen,
+Einend den Sinn, allein die Sinne nicht,
+Der Eintracht alles Wesens hohe Mutter,
+Geschlechtlos, weil sie selber das Geschlecht,
+Und himmlisch, weil sie stammt vom Himmel oben.
+Was braucht die Göttin dein und deines Kinds?
+Geh hin und bette sie in Niedrigkeit,
+In der du selbst, dir selbst zur Qual, dich abmühst.
+Sie sei die Magd des Knechtes der sie freit,
+Statt hier auf lichter Bahn, nach eignem Ziel,
+Die einz'ge sie des dürftigen Geschlechts,
+Ein Selbst zu sein, ein Wesen, eine Welt.
+Allein du willst es, sie ist frei, hier nimm sie!
+Bist du die Mutter doch! Du, Hero, folge!
+Die Torheit ruft. Folg ihr als Mensch, als Weib!
+
+Hero (aufstehend, zur Taube).
+Da gilt es denn zu reden, kleines Ding!
+
+(Das Körbchen dem Diener gebend.)
+
+Du nimm's und trag es hin, und gib ihm Freiheit,
+Die Freiheit wie das Tier sie kennt und wünscht.
+
+(Diener ab.)
+
+Du aber Ohm, schilt meine Mutter nicht,
+Denn fromm ist ihre Meinung und sie liebt mich.
+Uns andre laß nur schweigen, Stille, Gute!
+Hat er doch recht und tut nur was ihm Pflicht.
+Ich soll mit dir? Bleib du bei mir! O Mutter!
+Wenn dich die Deinen quälen, komm zu mir.
+Hier ist kein Krieg, hier schlägt man keine Wunden,
+Die Göttin grollet nicht, und dieser Tempel
+Sieht immerdar mich an mit gleichem Blick.
+Kennst du das Glück des stillen Selbstbesitzes?
+Du hast es nie gekannt; drum sei nicht neidisch!
+Nein frohen Mutes folge mir zum Fest!
+Heut stolz im Siegerschritt, und kommt der Morgen,
+Einförmig still, den Wasserkrug zur Hand,
+Beschäftigt, wie bisher, an den Altären;
+Und fort so Tag um Tag. Willst du, so komm!
+Sieh nur: sonst trag ich dich, denn ich bin stark.
+Allein sie weicht. Sie lächelt. Siehst du Ohm?
+
+(Halblaut.)
+
+Gib nur das Zeichen nun. Du aber folge,
+Die Zeit verrinnt, man rüstet schon das Fest.
+
+(Im Gehen, tändelnd.)
+
+Und siehst du erst den Schmuck, die reichen Kleider,
+Und was man all mir Herrliches bereitet,
+Du sollst wohl selbst--
+
+(Ein paar Schritte voraus und dann zurückkehrend.)
+
+Und eile mir ein wenig!
+
+(Beide nach der rechten Seite ab.)
+
+Vater.
+Nun Bruder aber rasch--
+
+Priester. Rasch, und warum?
+Was lange dauern soll sei lang erwogen.
+Wüßt' ich sie schwach, noch jetzt entließ' ich sie.
+
+Vater.
+Allein bedenk!
+
+Priester. Zugleich bedenk ich wirklich,
+Daß heilsam feste Nötigung der Abschluß
+Von jedem irdisch wankem, wirrem Tun.
+Du wähltest ewig unter Möglichkeiten
+Wär' nicht die Wirklichkeit als Grenzstein hingesetzt.
+Die freie Wahl ist schwacher Toren Spielzeug.
+Der Tücht'ge sieht in jedem Soll ein Muß
+Und Zwang, als erste Pflicht, ist ihm die Wahrheit.
+
+(Zu den Dienern gewendet.)
+
+Das Fest beginnt.
+
+Naukleros' Stimme (hinter der Szene).
+Hierher nur, hier!
+
+Priester. Was ist?
+
+Tempelhüter.
+Zwei Fremdlinge, des langen Harrens müde,
+Sie bahnen selbst durch Büsche sich den Weg.
+- Kehrt ihr zurück?--Dieselben sind es, Herr,
+Die heute morgens schon am Gittertor--
+Auch dort von rückwärts wächst des Volkes Drang,
+Das murrend nur erträgt die Zögerung.
+
+Priester.
+Weis jene dort zurück.
+
+(Der Tempelhüter nach der linken Seite ab.)
+
+Ihr andern öffnet
+
+(Zu mehreren Dienern, die nach und nach vom Hintergrunde her
+eingetreten sind.)
+
+Die äußern Pforten nach dem Weg zur Stadt.
+
+(Zu seinem Bruder.)
+
+Gönn nur indes ein Wort des Danks den Göttern,
+Die Nachruhm dir in deinem Kind erweckt.
+
+(Der Alte steht an seinem Stabe gegen den Tempel geneigt.)
+
+Laßt ein das Volk und haltet Ordnung, hört ihr?
+Daß Roheit nicht die schöne Feier störe.
+Auch über euch wacht sorglich, eben heut;
+Die Lust hat ihren Tag, so wie die Sonne,
+Doch auch wie jene einen Abend: Reue.
+
+Tempelhüter (hinter der Szene).
+Nein, sag ich, nein.
+
+Naukleros (ebenso).
+So hört doch, lieber Herr!
+
+Priester. Tut eure Pflicht, du Bruder aber komm!
+
+(Beide nach der rechten Seite ab.)
+
+Der Tempelhüter (auftretend).
+
+Hier steh ich, hier. Und wagst du's, kühner Knabe,
+Und setzest über mich hin deinen Fuß?
+
+Naukleros (der gleichfalls sichtbar geworden ist).
+Nicht über euch, doch, seht ihr, neben euch.
+Und also bin ich hier. Leander komm!
+
+(Leander tritt auf.)
+
+Tempelhüter
+O Jugendübermut! Ward euch nicht kund--?
+
+Naukleros.
+Nichts ward uns kund; denn Fremde sind wir, Herr,
+Und kommen von Abydos' naher Küste
+Nach Sestos her, um euer Fest zu schaun.
+
+Tempelhüter.
+Doch lehrt man Sittsamkeit nicht auch bei euch?
+
+Naukleros.
+Wohl lehrt man sie, zugleich mit andern Sprüchen,
+Als: sei nicht blöd! sonst kehrst du hungrig heim.
+
+Tempelhüter.
+Ich aber--
+
+Naukleros. Seht, indes ihr hier euch abmüht
+Um uns, die zwei, strömt dort das Volk in Haufen.
+
+Tempelhüter.
+Zurück da! Hört ihr wohl?
+
+(Er wendet sich nach dem Hintergrunde und ordnet das Volk, das von
+der linken Seite, nahe den Stufen des Tempels, hereindringt.)
+
+Naukleros (zu Leander). Was zerrst du mich?
+Wir sind nun einmal da. Wer wagt gewinnt.
+Hier ist der beste Platz. Fest auf den Sockel
+Setz ich den Fuß. Laß sehn, wer mich vertreibt.
+Und sieh mir um nach all der Herrlichkeit!
+Das Gotteshäuslein dort, das Tor, die Säulen;
+So was erblickst du nimmermehr daheim.
+Schau! einen Altar setzt man in die Mitte,
+Wohl um zu opfern drauf.--Doch wornach schaust du?
+Blickt er zu Boden nicht! Nu, bei den Göttern!
+Befällt er hier dich auch, der alte Trübsinn?
+Ich aber sage dir--
+
+(Das Volk hat sich nach und nach, der linken Seite entlang,
+geordnet, bis dahin wo die beiden Freunde stehen.)
+
+Naukleros (umschauend). Nun guter Freund,
+Ihr drängt gar scharf.
+
+(Zu Leander.)
+
+Hörst du? ich sage dir:
+Weißt du nicht heute abend klein und groß
+Mir zu erzählen was sich hier begab,
+Und trinkst nicht einen großen Becher Wein
+Lautjubelnd drauf, sind wir geschiedne Leute.
+Denn all der düstre Sinn--Allein, sieh dort!
+Die beiden Mädchen. Schau! es sind dieselben
+Die heute früh wir sahn am Gittertor.
+Sie blinzeln her. Gefällt dir eine? Sprich!
+
+(Janthe und eine zweite Dienerin haben einen tragbaren Altar
+gebracht und stellen ihn, rechts im Vorgrunde, vor der Bildsäule
+Amors nieder.)
+
+Janthe (während des Zurechtstellens ihrer Gefährtin zuflüsternd).
+Dort sind sie. Rechts der Blonde, Größere.
+Der Braune scheint betrübt. Was fehlt ihm nur?
+
+Naukleros.
+Absichtlich zögern sie. Hui, welch ein Blick!
+
+Tempelhüter (nach vorn kommend, zu den Mädchen).
+Ei ja, und nun auch ihr! Das findet sich.
+
+(Die Mädchen gehen.)
+
+(Zu den Jünglingen.)
+
+Ihr scheint mir rasch zu allem was verwehrt.
+
+Naukleros.
+Je, wie's nun kommt. Wer zweifelt, der verliert.
+
+(Man hat einen zweiten Altar gebracht, der links vor Hymenäus'
+Bildsäule hingestellt wird. Ein dritter stand schon früher an den
+Stufen in der Mitte.)
+
+Tempelhüter.
+Ihr gebt nur Raum! Der Altar soll dort hin.
+
+Naukleros.
+Hab ich erst Raum, so teil ich gerne mit.
+
+Tempelhüter.
+Und seid nur sittig und vermeßt euch nichts.
+
+(Musik von Flöten beginnt.)
+
+Der Zug beginnt. Zurück! Laßt frei die Mitte!
+
+(Das Volk ordnend, das auf der linken Seite sich in Reihen stellt.)
+
+Naukleros.
+Sie kommen, schau! Betrachte mir's mit Fleiß!
+Und naht die Priesterin, streif an ihr Kleid,
+Das soll den Trübsinn heilen, sagt man. Hörst du?
+
+(Unter Musik von Flöten kommt der Zug von der rechten Seite her auf
+die Bühne. Opferknaben mit Gefäßen. Die Oberhäupter von Sestos.
+Tempeldienerinnen, darunter Janthe. Priester. Hero mit Mantel und
+Kopfbinde an der Seite ihres Oheims. Ihre Eltern folgen.)
+
+Gesang.
+Mutter der Sterblichen,
+Himmelsbewohnerin,
+Neig uns ein günstiges,
+Schirmendes Aug'!
+
+(Die Begleiter des Zuges stellen sich zur rechten Seite auf, den
+Reihen des Volkes gegenüber. Der mittlere Teil der Bühne ist leer.)
+
+Die Priester (indem sie sich aufstellen).
+Den Göttern Ehrfurcht!
+
+Das Volk (antwortend). Glück mit uns!
+
+Naukleros.
+Dort kommt die Priesterin. Ein schönes Weib.
+Komm, laß uns knien. Doch nein, vorher noch schau mir
+Querüber hier dem Fußgestell nach rückwärts,
+Wie sie die Weihen üben, was sie tun.
+
+Hero (im Hintergrunde, bei dem dort stehenden tragbaren Altare stehend.
+Vor ihr knien zwei Opferknaben, Rauchwerk in reichen Gefäßen
+haltend).
+Ein neuer Sprößling deines alten Hauses.
+Sei ihm geneigt, und mehr als er verdient.
+
+(Sie gießt Rauchwerk in die Flamme und geht dann nach vorn, der
+Priester zu ihrer Linken, hinter ihm die Eltern. Der Tempelhüter
+in einiger Entfernung.)
+
+Die Priester.
+Den Göttern Ehrfurcht!
+
+Das Volk. Glück mit uns!
+
+Naukleros.
+Sie kommen näher. Nun, Leander, knie!
+
+(Sie knien. Leander hart an der Bildsäule des Hymenäus, Naukleros
+etwas zurück. Auch das übrige Volk kniet.)
+
+(Hero ist zu Amors Bildsäule gekommen und gießt Rauchwerk in die
+Flamme des danebenstehenden Altars, der Priester ihr zur Seite.)
+
+Hero.
+Der du die Liebe gibst, nimm all die meine.
+Dich grüßend nehm ich Abschied auch von dir.
+
+(Sie entfernt sich.)
+
+Die Priester.
+Den Göttern Ehrfurcht!
+
+Das Volk. Glück mit uns!
+
+Hero (an der Bildsäule des Hymenäus stehend).
+Dein Bruder sendet mich--
+
+Naukleros (leise zu Leander). Siehst du nicht auf?
+
+Leander (der gerade vor sich hin auf den Boden gesehen hat, hebt jetzt
+das
+Haupt empor).
+
+Priester.
+Was ist? Du stockst.
+
+Hero. Herr, ich vergaß die Zange.
+
+Priester.
+Du hältst sie in der Hand.
+
+Hero. Der du die Liebe--
+
+Priester.
+So hieß der erste Spruch. Laß nur! Zum Opfer!
+
+(Hero gießt Rauchwerk ins Feuer. Eine lebhaftere Flamme zuckt
+empor)
+
+Zuviel!--Doch gut!--Nun noch zum Tempel! Komm!
+
+(Sie entfernen sich. In die Mitte der Bühne gekommen, sieht Hero,
+als nach etwas Fehlendem an ihrem Schuh, über die rechte Schulter
+zurück. Ihr Blick trifft dabei auf die beiden Jünglinge. Die
+Eltern kommen ihr entgegen. Die Musik ertönt von neuem.)
+
+(Der Vorhang fällt.)
+
+
+
+
+
+Zweiter Aufzug
+
+
+(Tempelhain zu Sestos. Auf der linken Seite nach rückwärts eine
+Ruhebank von Gebüsch umgeben.)
+
+Naukleros (von der linken Seite auftretend).
+Leander komm! und eile mir doch nur!
+
+Leander (der von derselben Seite sichtbar wird).
+Hier bin ich, sieh!
+
+Naukleros. So rasch? Ei doch! Man denke!
+Wie lange noch, sag an! führ ich, zur Strafe
+Für ein Vergehn, derzeit noch unbekannt
+Und unbegangen auch, dem Knaben gleich
+Der seinen blinden Herrn die Straße leitet,
+Ringsum dich durch der Menschen laute Städte,
+Von Fest zu Fest, vom Markte zum Altar,
+Den Ort ausforschend, der dir Frohsinn brächte?
+Wie lang sitz ich, von Sprechen müd', dir gegenüber
+Und forsch in deinem Aug', dem leid'gen Blick,
+Ob's angeglommen, ob erwacht die Lust?
+Und les ein ewig neues: nein, nein, nein!
+Wenn deine Mutter starb, wer kann da helfen?
+War's gut und recht, daß du, ein wackrer Sohn,
+Und ihr, der Tiefbekümmerten zu Willen,
+Am Strand des Meeres wohntest, fern der Stadt
+Und Menschen fern, nur Kindespflichten übend;
+Nun, da sie tot, was hält dich länger ab
+Den Gleichen als ein Gleicher zu gehören
+Mitfühlend ihre Sorgen, ihre Lust?
+Wein um die Gute, rauf dein braunes Haar,
+Allein dann kehre zu den Freuden wieder,
+Die sie dir gönnt, die du ihr länger gönntest.
+Sag ich nicht recht? und was ist deine Meinung?
+Nun?
+
+Leander. Ich bin müd'.
+
+Naukleros. Ei ja, der großen Plage!
+Den ganzen Tag, am fremden Ort, umgeben
+Von fremden Menschen, fröhlichen Gesichtern,
+Sich durchzuhelfen und zu schaun, zu hören,
+Einmal zu sprechen gar. Ei, gute Götter,
+Wer hielte das wohl aus?
+
+Leander (der sich gesetzt hat). Und krank dazu.
+
+Naukleros.
+Krank? Sei du unbesorgt! Das gibt sich wohl.
+Sei du erst heim in deiner dumpfen Hütte,
+Vom Meer bespült, wo rings nur Sand und Wellen
+Und trübe Wolken, die mit Regen dräun.
+Hab erst das gute Kleid da von den Schultern,
+Und umgehüllt dein derbes Schifferwams.
+Dann sitz am Strand, den langen Tag verangelnd,
+Tauch dich ins Meer, der Fische Neid im Schwimmen,
+Lieg abends erst--so fand ich dich ja einst--
+Im Ruderkahn, das Antlitz über dir,
+Des Körpers Last vertraut den breiten Schultern,
+Indes das Fahrzeug auf den Wellen schaukelt;
+So lieg gestreckt und schau mir nach den Sternen,
+Und denk--an deine Mutter, die noch eben
+Zur rechten Zeit dich, sterbend, frei gemacht;
+An sie; an Geister, die dort oben wohnen;
+An--denk ans Denken; denk vielmehr an nichts!
+Sei nur erst dort; und Freund, was gilt die Wette?
+Du fühlst dich wohl, fühlst wieder dich gesund.
+Nun aber komm, denn fernab liegt die Heimat,
+Die Zeit verrinnt, die Freunde kehren heim.
+
+Leander.
+Es ist so schattig hier. Laß uns noch weilen!
+Leicht findet sich ein Kahn. Ich rudre dich.
+
+Naukleros.
+Ei rudern, ja! Wie glänzt ihm da das Auge!
+Am Steuer sitzend, ausgestreckt die Hand,
+Die prallen Arme vor und rückwärts führend,
+Jetzt so, dann so, und fort auf feuchtem Pfad!
+Da fühlst du dich ein Held, ein Gott, ein Mann;
+Für andres mag man einen andern suchen.
+Doch, schöner Freund, nicht nur ums Rudern bloß,
+Hier frägt es sich um andre, ernstre Dinge.
+Wir stehen, wiß es, auf verbotnem Grund,
+Im Tempelhain, der jedem sich verschließt,
+Als nur am Tag des Fests, von dem wir kehren.
+Sonst streifen Wächter durch die grünen Büsche,
+Die fahen jeden, den ihr Auge trifft,
+Und stellen ihn dem Priester ihres Tempels,
+Der ihn bestraft, leicht mit dem Äußersten.
+Sprichst du?
+
+Leander. Ich sagte nichts.
+
+Naukleros. Drum also komm!
+Um Mittag endet sie des Festes Freiheit
+Und fast schon senkrecht trifft der Sonne Pfeil.
+Mich lüstet nicht, ob deines trägen Zauderns,
+Den Kerkern einzuwohnen dieser Stadt.
+Hörst du?--Noch immer nicht!--Nun, gute Götter!
+Kehrt euch von ihm, wie er von euch sich wendet! Da lehnt er,
+weich, mit mattgesenkten Gliedern.
+Ein Junge, schön, wenngleich nicht groß, und braun.
+Die finstern Locken ringeln um die Stirn;
+Das Auge, wenn's die Wimper nicht verwehrt,
+Sprüht heiß wie Kohle, frisch nur angefacht;
+Die Schultern weit; die Arme derb und tüchtig,
+Von prallen Muskeln ründlich überragt;
+Kein Amor mehr, doch Hymens treues Bild.
+Die Mädchen sehn nach ihm; doch er--Ihr Götter!
+Wo blieb die Seele für so art'gen Leib?
+Er ist--wie nenn ich's--furchtsam, töricht, blöd!
+Ich bin doch auch ein rüstiger Gesell,
+Mein gelbes Haar gilt mehr als noch so dunkles,
+Und, statt der Inderfarbe die ihn bräunt,
+Lacht helles Weiß um diese derben Knochen,
+Bin größer, wie's dem Meister wohl geziemt.
+Und doch, gehn wir zusammen unters Volk,
+In Mädchenkreis, beim Fest, bei Spiel, bei Tanz;
+Mich trifft kein Aug', und ihn verschlingen sie.
+Das winkt, das nickt, das lacht, das schielt, das kichert.
+Und ihm gilt's, ihm. Sie sind nun mal vernarrt
+In derlei dumpfe Träumer, blöde Schlucker.
+Er aber--Ei, er merkt nun eben nichts.
+Und merkt er's endlich: Hei, was wird er rot!
+Sag, guter Freund, ist das nur Zufall bloß,
+Wie, oder weißt du, daß du zehnmal hübscher
+Mit solcher Erdbeerfarbe auf den Wangen?
+Nur heut im Tempel. Gute Götter, war's nicht,
+Als ob die Erde aller Wesen Fülle
+Zurückgeschlungen in den reichen Schoß
+Und Mädchen draus gebildet, nichts als Mädchen?
+Aus Thrazien, dem reichen Hellespont
+Vermengten sich die Scharen; bunte Blumen,
+So Ros' als Nelke, Tulpe, Veilchen, Lilie,
+- Ein Gänseblümchen auch wohl ab und zu--
+Im ganzen ein begeisternd froher Anblick:
+Ein wallend Meer, mit Häuptern, weißen Schultern
+Und runden Hüften an der Wellen Statt.
+Nun frag' ihn aber einer, was er sah,
+Ob's Mädchen waren oder wilde Schwäne;
+Er weiß es nicht, er ging nur eben hin.
+Und doch war er's, nach dem sie alle blickten.
+Die Priestrin selbst. Ein herrlich prangend Weib!
+Die besser tat, am heutigen frohen Tag
+Der Liebe Treu' zu schwören ewiglich,
+Als ihr sich zu entziehn, so arm als karg.
+Der Anmut holder Zögling und der Hoheit.
+Des Adlers Aug', der Taube süßes Girren,
+Die Stirn so ernst, der Mund ein holdes Lächeln,
+Fast anzuschauen wie ein fürstlich Kind,
+Dem man die Krone aufgesetzt, noch in der Wiege.
+Und dann; was Schönheit sei, das frag du mich.
+Was weißt du von des Nackens stolzem Bau,
+Der breit sich anschließt reichgewundnen Flechten;
+Den Schultern, die beschämt nach rückwärts sinkend,
+Platz räumen den begabtern, reichen Schwestern,
+Den feinen Knöcheln und dem leichten Fuß,
+Und all den Schätzen so beglückten Leibes?
+Was weißt du? sag ich, und du sahst es nicht.
+Doch sie sah dich. Ich hab es wohl bemerkt.
+Wie wir da knieten, rückwärts ich, du vorn,
+Am Standbild Hymens, des gewalt'gen Gottes,
+Und sie nun kam, des Opferrauchs zu streun.
+Da stockte sie, die Hand hing in der Luft;
+Nach dir hinschauend stand sie zögernd da,
+Ein, zwei, drei kurze, ew'ge Augenblicke.
+Zuletzt vollbrachte sie ihr heilig Werk.
+Allein noch scheidend sprach ein tiefer Blick,
+Im herben Widerspruch des frost'gen Tages,
+Der sie auf ewiglich verschließt der Liebe:
+"Es ist doch schad'" und: "Den da möcht' ich wohl!" Gelt, lächelst
+doch? und schmeichelt dir, du Schlucker.
+Verbirgst du dein Gesicht? Fort mit den Fingern!
+Und heuchle nicht, und sag nur: ja.
+
+(Er hat ihm die Hand von den Augen weggezogen.)
+
+Doch, Götter!
+Das sind ja Tränen. Wie? Leander! Weinst?
+
+Leander (der aufgestanden ist).
+Laß mich und quäl mich nicht! Und sprich nicht ohne Achtung
+Von ihrem Hals und Wuchs.--O ich bin dreifach elend!
+
+Naukleros.
+Leander! elend? Glücklich! Bist verliebt.
+
+Leander.
+Was sprachst du? Ich bin krank. Es schmerzt die Brust.
+Nicht etwa innerlich. Von außen. Hier!
+Hart an den Knochen. Ich bin krank, zum Tod.
+
+Naukleros.
+Ein Tor bist du, doch ein beglückter Tor!
+Nun, Götter, Dank, daß ihr ihn heimgesucht!
+Nun schont ihn nicht mit euern heißen Pfeilen,
+Bis er mir ruft: Halt ein! es ist genug;
+Ich will erdulden was die Menschen leiden!
+Nun Freund, gib mir die Hand! Nun erst mein Freund;
+Zu spät bekehrt durch allzu süße Wonnen.
+Du Neugeborner, Glücklicher!--Doch halt!
+Ein garstiger Fleck auf unsers Jubels Kleide.--
+Komm mit zurück zur Stadt! dort sind die Mädchen,
+Die wir beim Fest gesehn, noch all versammelt.
+Dort sieh dich um, verlieb dich wie du magst.
+Denn Freund, die Jungfrau, die dich jetzt erfüllt,
+Ist Priesterin und hat an diesem Tag
+Gelobt dem Manne sich auf ewig zu entziehn.
+Und streng ist was ihr droht, wenn sie's vergaß,
+Und was dem Manne, der's mit ihr vergessen.
+
+Leander.
+Ich wußt' es ja. Komm Nacht! Und so ist's aus.
+
+Naukleros.
+Aus? Wieder aus? Und eh' es noch begann?
+Warum und wie? Friedfertiger Gesell,
+Wagst du so wenig an die höchste Wonne?
+Und sagst mir das mit zuckend fahlen Wangen
+Und schlotterndem Gebein, und meinst ich glaub's?
+Nun sollst du bleiben. Hier! Und sollst sie sprechen.
+Wer weiß ist ihr Gelübd' so eng und fest
+Und läßt sich lösen, folgt alsbald die Reue;
+Wer weiß ist deine Liebe selbst so heiß,
+Als jetzt sie scheint. Doch was es immer sei:
+Du sollst nicht zagen, wo zu handeln not.
+Zum mindsten kenne dein Geschick, und trag's,
+Und lerne scheiden von den Knabenjahren.
+Wir sind hier fremd. Komm mit! Wer darf uns tadeln,
+Wenn wir des Wegs verfehlen, fragen, gehn?
+Zuletzt gelangen wir ins Haus, zum Tempel,
+Und stehn vor ihr, und hören was sie spricht.
+Dort kommt ein Mädchen mit dem Wasserkrug
+In ein und andrer Hand. Die laß uns fragen.
+Sie weiß wohl--
+Doch! Leander! Sohn des Glücks!
+Was zerrst du mich? Bleib hier! Sie selber ist's,
+Die Jungfrau, sie, die neue Priesterin.
+Nach Wasser geht sie aus der heiligen Quelle,
+Das liegt ihr ob. Ergreif den Augenblick
+Und sprich! Nicht allzukühn, nicht furchtsam. Hörst du?
+Ich will indes rings forschen durch die Büsche,
+Ob alles ruhig, und kein Lauscher nah.
+Komm hier! Und sag ich: jetzt! so tritt hervor
+Und sprich.--Doch nun vor allem still.--Komm hier!
+
+(Sie ziehen sich zurück.)
+
+Hero (ohne Mantel, ungefähr wie zu Anfang des ersten Aufzuges
+gekleidet,
+kommt mit zwei leeren Wasserkrügen von der linken Seite des
+Vorgrundes. Sie geht quer aber die Bühne und singt).
+Da sprach der Gott:
+Komm her zu mir,
+In meine Wolken,
+Neben mir.
+
+(Leander ist, von Naukleros leicht angestoßen, einige Schritte
+vorgetreten. Dort bleibt er, gesenkten Hauptes, stehen.)
+
+(Hero geht auf der rechten Seite des Vorgrundes ab.)
+
+Naukleros (nach vorn kommend).
+Nun denn, es sei! Du hast es selbst gewollt.
+Kannst du das Glück nicht fassen und erringen,
+So lern entbehren es. Und besser ist's.
+Heißt sie nicht gottgeweiht? und ihr zu nahn
+Droht Untergang. Auch war's halb Scherz nur,
+Daß ich dir riet ein Äußerstes zu tun.
+Doch macht mich's toll, den Menschen anzusehn,
+Der wünscht und hofft, und dem nicht Muts genug,
+Die Hand zu strecken nach des Sieges Krone.
+Doch ist es besser so. Glück auf, mein Freund!
+Dein zaghaft Herz, es führte diesmal sichrer,
+Als Nestors Klugheit und Achillens Mut.
+Nun aber komm und laß uns heim. Doch niemals
+Vermiß dich mehr--
+
+Leander. Sie kehrt zurück.
+
+Naukleros. Ei doch!
+Folg du!
+
+Leander. Ich nicht.
+
+Naukleros. Was sonst?
+
+Leander. Ihr nahen. Sprechen. Oh!
+
+(Sie treten wieder zurück.)
+
+Hero (kommt zurück, einen Krug auf dem Kopfe tragend, den zweiten am
+Henkel in der herabhängenden rechten Hand).
+
+(Sie singt.)
+
+Sie aber streichelt
+Den weichen Flaum.
+
+(Stehenbleibend und sprechend.)
+
+Mein Oheim meint ich soll das Lied nicht singen
+Von Leda und dem Schwan.
+
+(Weitergehend.)
+
+Was schadet's nur?
+
+(Wie sie in die Mitte der Bühne gekommen, stürzt Leander plötzlich
+hervor, sich, gesenkten Hauptes, vor ihren Füßen niederwerfend.)
+
+Hero.
+Ihr Götter, was ist das? Bin ich erschrocken!
+Die Kniee beben, kaum halt ich den Krug.
+
+(Sie setzt die Krüge ab.)
+
+Ein Mann. Ein zweiter. Fremdlinge was wollt ihr
+Von mir, der Priestrin, in der Göttin Hain?
+Nicht unbewacht bin ich und unbeschützt.
+Erheb ich meine Stimme, nahen Wächter
+Und lassen euch den Übermut bereun.
+So geht weil es noch Zeit, und nehmt als Strafe
+Bewußtsein mit, und daß es euch mißlang.
+
+Naukleros.
+O Jungfrau, nicht zu schäd'gen kamen wir,
+Vielmehr um Heilung tiefverborgnen Schadens,
+Der mir den Freund ergriff, ihn, den du siehst.
+Der Mann ist krank.
+
+Hero. Was sagst du mir's?
+Geht zu den Priestern in Apollens Tempel,
+Die heilen Kranke.
+
+Naukleros. Solche Krankheit nicht.
+Denn wie sie ihn befiel, beim Fest, in eurem Tempel,
+Verläßt sie ihn auch nur am selben Ort.
+
+Hero.
+Beim heut'gen Fest?
+
+Naukleros. Beim Fest. Aus deinen Augen.
+
+Hero.
+Meint ihr es also, und erkühnt euch des?
+Doch wußt' ich's ja: frech ist der Menge Sinn,
+Und ehrfurchtslos, und ohne Scheu und Sitte.
+Ich geh, und dienstbar nahe Männer send ich
+Nach meinen Krügen dort, die, weilt ihr noch,
+Euch sagen werden, daß ihr euch vergingt.
+
+Naukleros.
+Nicht also geh! Betracht ihn erst den Jüngling,
+Den du so schwer mit harten Worten schiltst.
+
+Leander (zu ihr emporblickend).
+O bleib!
+
+Hero. Du bist derselbe, seh ich wohl,
+Der heut beim Fest an Hymens Altar kniete.
+Doch schienst du damals sittig mir und fromm,
+Mir tut es leid, daß ich dich anders finde.
+
+Leander (der aufgestanden ist, mit abhaltender Gebärde).
+O anders nicht! O bleib!
+
+Hero (zu Naukleros). Was will er denn?
+
+Naukleros.
+Ich sagt' es ja: er hängt an deinem Blick,
+Und Tod und Leben sind ihm deine Worte.
+
+Hero.
+Du hast dich schlimm beraten, guter Jüngling,
+Und nicht die richt'gen Pfade ging dein Herz.
+Denn deut ich deine Meinung noch so mild,
+So scheint es, daß du mein mit Neigung denkst.
+Ich aber bin der Göttin Priesterin,
+Und ehelos zu sein heißt mein Gelübd'.
+Auch nicht gefahrlos ist's um mich zu frein,
+Dem drohet Tod, der des sich unterwunden.
+Drum laßt mir meinen Krug und geht nur fort;
+Mich sollt' es reun, wenn Übles ihr erführt.
+
+(Sie greift nach den Krügen.)
+
+Leander.
+Nun denn, so senkt in Meersgrund mich hinab!
+
+Hero.
+Du armer Mann, du dauerst mich, wie sehr.
+
+Naukleros.
+Bei Mitleid nicht, o Priestrin, bleibe stehn!
+Sei hilfreich ihm, dem Jüngling, der dich liebt.
+
+Hero.
+Was kann ich tun? Du weißt ja alles nun.
+
+Naukleros.
+So gib ein Wort ihm mindstens, das ihn heilt.
+Komm hier! Die Büsche halten ab des Spähers Auge.
+Ich setze dir in Schatten deinen Krug;
+Und so komm her und gönn uns nur ein Wort.
+Willst du nicht sitzen hier?
+
+Hero. Es ziemt sich nicht.
+
+Naukleros.
+Tu's aus Erbarmen mit des Jünglings Leiden!
+
+Hero (zu Leander).
+So setz dich auch!
+
+Naukleros. Ja hier. Und du zur Seite.
+
+(Leander sitzt in der Mitte, den Leib an einen Baumstamm
+zurückgelehnt, die Hände im Schoß, gerade vor sich niedersehend.
+Hero und Naukleros zu beiden Seiten, etwas vorgerückt, so daß sie
+sich wechselseitig im Auge haben.)
+
+Hero (zu Naukleros).
+Ich sagt' es schon und wiederhol es nun:
+Niemand der lebt begehr' um mich zu werben,
+Denn gattenlos zu sein heißt mich mein Dienst.
+Noch gestern, wenn ihr kamt, da war ich frei,
+Doch heut versprach ich's, und ich halt es auch.
+
+(Zu Leander.)
+
+Birg nicht das Aug' in deine Hand, o Jüngling!
+Nein, frischen Mutes geh aus diesem Hain.
+Gönn einem andern Weibe deinen Blick,
+Und freu dich dessen, was uns hier versagt.
+
+Leander (aufspringend).
+So möge denn die Erde mich verschlingen,
+Sich mir verschließen all was schön und gut,
+Wenn je ein andres Weib und ihre Liebe--
+
+Hero (zu Naukleros).
+Sag ihm, er soll es nicht. Was nützt es ihm?
+Was nützt es mir? Wer mag sich selber quälen?
+Er ist so schön, so jugendlich, so gut,
+Ich gönn ihm jede Freude, jedes Glück.
+Er kehre heim--
+
+Leander. Ich heim? Hier will ich wurzeln,
+Mit diesen Bäumen stehen Tag und Nacht
+Und immer schaun nach jenes Tempels Zinnen.
+
+Hero.
+Des Ortes Wächter fangen, schäd'gen ihn.
+Sag ihm's!--
+
+(Zu Leander.)
+
+Und, guter Jüngling, kehrst du heim,
+So laß des Lebens Müh' und buntes Treiben
+So viel verwischen dir als allzuviel,
+Das andere bewahr! So will ich auch.
+Und kehrt ums Jahr und jedes nächste Jahr
+Zurück das heut'ge Fest, so komm du wieder.
+Stell dich im Tempel, daß ich dich mag sehn.
+Mich soll es freun, wenn ich dich ruhig finde.
+
+Leander (zu ihren Füßen stürzend).
+O himmlisch Weib!
+
+Hero. Nicht so. Das ziemt uns nicht.
+Und sieh! Mein Oheim kommt. Er wird mich schelten,
+Und zwar mit Recht, warum gab ich euch nach.
+
+Naukleros.
+Nimm deinen Krug und laß daraus mich trinken,
+Am besten deutet so sich unser Tun.
+
+Leander (ihn wegstoßend).
+Nicht du; ich, ich!
+
+Hero (ihm den Krug hinhaltend, aus dem er kniend trinkt).
+So trink! und jeder Tropfen
+Sei Trost, und all dies Naß bedeute Glück.
+
+(Der Priester kommt.)
+
+Priester.
+Was schaffst du dort?
+
+Hero. Sieh nur, ein kranker Mann!
+
+Priester.
+Nicht deines Amtes ist der Kranken Heilung.
+Sie mögen gehen in Apollens Tempel,
+Dort heilt der Priester Schar.
+
+Hero. So sagt' ich auch.
+
+Priester.
+Allein vor allem, ob nun krank, gesund
+Der Göttin Hain, der Priesterwohnung Nähe
+Betritt kein Mann, kein Fremder ungestraft.
+Entlaß ich euch, verdankt es meiner Huld.
+Ein zweites Mal verfielt ihr dem Gesetz.
+
+Naukleros.
+Doch sah ich erst nur viele dort versammelt
+Im Tempel und im Hain, so Mann als Frauen.
+
+Priester.
+Die Zeit des Fests gibt solchem Einlaß Raum,
+Vom Morgen bis zum Mittag währt die Freiheit.
+
+Naukleros.
+Nun denn, die Sonne steht noch nicht so hoch;
+Sie brennt und blitzt, doch lange nicht im Scheitel.
+
+Priester. Des sei du froh und nütze diese Frist.
+Denn wenn die Sonn' auf ihres Wandels Zinne
+Mit durst'gen Zügen auf die Schatten trinkt,
+Dann tönen her vom Tempel krumme Hörner
+Dem Feste Schluß, dir kündigend Gefahr.
+Auch seid ihr aus Abydos sagt man mir,
+Und wenig wohlgesinnt das Volk uns jener Stadt.
+Beim Fischzug, und wo irgend sonst im Meer
+Erhebt es Streit mit Sestos' frommen Bürgern.
+Auch das bedenkt, und daß der oft Gekränkte
+Sich doppelt rächt, wenn lang er es verschob.
+
+Naukleros.
+Ich aber denke: Mann, Herr, gegen Mann!
+So hielt ich's gegen Sestos' frommes Volk.
+Auch: stellen sie uns nach auf diesen Küsten,
+Wir zahlen's ihnen jenseits, dort, bei uns.
+
+Priester.
+Nicht ziemt es mir, dir Wort zu stehn und Rede.
+Was not tut ward gesagt, von anderm schweig!
+
+(Zu Hero.)
+
+Du aber nimm den Krug und komm!
+
+(Da die Jünglinge ihr helfen wollen.)
+
+Laß nur!
+Dort gehen Dienerinnen.
+
+(Er winkt nach links in die Szene.)
+
+Und so folg!
+Im Tempel harrt noch mancherlei zu tun.
+
+(Hero an der Hand führend, nach der linken Seite ab.)
+
+Janthe (die indessen gekommen ist).
+Was habt ihr angerichtet, schöne Fremde?
+Ich sah euch wohl von fern. Nun aber eilt!
+Wer hieß euch auch mit euerm raschen Werben
+Der Priestrin nahn, die schon dem Dienst geweiht?
+Wär' ich ein Mann, ich suchte gleich für gleich.
+
+(Mit den Krügen ab.)
+
+Naukleros (dem Priester nachsprechend).
+Selbstsücht'ger, Eigenmächt'ger, Strenger, Herber!
+So schließest du die holde Schönheit ein,
+Entziehst der Welt das Glück der warmen Strahlen
+Und schmückst mit heil'gem Vorwand deine Tat?
+Seit wann sind Götter neidisch mißgesinnt?
+Daheim auch ehrt man Himmlische, bei uns;
+Doch heiter tritt Zeus' Priester unters Volk,
+Umgeben von der Seinen frohen Scharen,
+Und segnet andre, ein Gesegneter.
+Ihr aber habt's ererbt von Morgen her,
+Den schnöden Dienst mißgünst'ger Indusknechte
+Und hüllet euch in Greuel und in Nacht.
+Doch ist's nun so. Drum komm, Unglücklicher!
+
+Leander.
+Unglücklich! Meinst du mich?
+
+Naukleros. Wen sonst?--Nun, mindstens
+Genügsam denn! Komm mit!
+
+Leander. Hier bin ich.
+
+Naukleros. Wie?
+Betrachtest dir nicht einmal noch den Ort,
+Von dem du nun auf immer--
+
+Leander. Immer?
+
+Naukleros. Nicht?
+So wolltest du--? Wie meinst du das? Sag an!
+
+Leander.
+Horch! Tönt das Zeichen nicht? Wir müssen fort!
+
+Naukleros.
+Rückhält'ger, was verbirgst du deinen Sinn?
+Du willst doch nicht an diesen Ort zurück,
+Wo Kerker, Unheil, Tod--
+
+Leander. Fürwahr, das Zeichen!
+Die Freunde kehren heim. Komm, laß uns mit!
+Mein Leben sei nur ärmlich, sprachst du selbst;
+Wenn's nun so wenig, gäb' ich's nicht um viel?
+Was noch geschieht; wer weiß es?--Und wer sagt's?
+
+(Schnell ab.)
+
+Naukleros.
+Leander! Höre doch!--Befasse sich nur eins
+Mit derlei frost'gen Jungen! Frostig? Ei,
+Das Beispiel lehrt's. Doch will ich dich wohl hüten!
+Und kehrst du mir zurück, eh' ich's gebilligt,
+Soll man--So warte doch!--Hörst du?--Leander!
+
+(Unter Händewinken und Gebärden des Zurückhaltens ihm folgend.)
+
+(Der Vorhang fällt.)
+
+
+
+
+
+Dritter Aufzug
+
+
+(Gemach im Innern von Heros Turm. Auf der rechten Seite des
+Hintergrundes in einer weiten Brüstung das hoch angebrachte
+Bogenfenster, zu dem einige breite Stufen emporführen. Daneben ein
+hohes Lampengestell. Gegen die linke Seite des Hintergrundes die
+schmale Türe des Haupteinganges. Eine zweite, durch einen Vorhang
+geschlossene Tür auf der rechten Seite des Mittelgrundes. Auf
+derselben Seite nach vorn ein Tisch, daneben ein Stuhl mit niedrer
+Rücklehne.)
+
+(Nach dem Aufziehen des Vorhanges kommt ein Diener, hoch in der
+Hand eine Lampe tragend, die er auf den Kandelaber stellt und dann
+geht.)
+
+(Unmittelbar hinter ihm der Oberpriester mit Hero. Sie hat den
+Mantel um die Schultern wie zu Ende des ersten Aufzuges.)
+
+Priester.
+Des Dienstes heil'ge Pflichten sind vollbracht,
+Der Abend sinkt; so komm denn in dein Haus,
+Von heut an dein, der Priestrin stille Wohnung.
+
+Hero (um sich blickend).
+Hier also, hier!
+
+Priester. So ist's. Und wie der Turm,
+In dessen Innern sich dein Wohnsitz wölbt,
+Am Ufer steht des Meers, getrennt, allein,
+Durch Gänge nur mit unserm Haus verbunden--
+Auf festen Mauern senkt er sich hinab,
+Bis wo die See an seinen Füßen brandet,
+Indes sein Haupt die Wolken Nachbar nennt,
+Weit schauend über Meer und Luft und Land--
+So wirst du fürder stehn, getrennt, vereint,
+Den Menschen wie den Himmlischen verbündet;
+Dein selber Herr und somit auch der andern,
+Ein doppel-lebend, auserkornes Wesen,
+Und glücklich sein.
+
+Hero. Hier, also hier!
+
+Priester. Sie haben,
+Ich seh es, die Geräte dir versammelt,
+Mit denen man der Priester Wohnung schmückt.
+Hier Rollen reich mit weisem Wort beschrieben,
+Dort Brett und Griffel, haltend Selbst-gedachtes.
+Dies Saitenspiel sogar, ein altes Erbstück
+Von deines Vaters Schwester und der meinen,
+Einst Priesterin wie du an diesem Ort.
+An Blumen fehlt es nicht. Hier liegt der Kranz,
+Den du getragen bei der heut'gen Weihe.
+Du findest alles was den Sinn erhebt,
+Nicht Wünsche weckt und Wünsche doch befriedigt,
+Den Göttern dienend, ihnen ähnlich macht.
+
+(Auf die Seitentüre zeigend.)
+
+Dies andere Gemach, es birgt dein Lager.
+Dasselbe das die Kommende empfing
+Am ersten Tag, vor sieben langen Jahren.
+Das wachsen dich gesehn und reifen, blühn,
+Und weise werden, still und fromm und gut.
+Dasselbe das um rotgeschlafne Wangen
+Die Träume spielen sah von einem Glück,
+Das nun verwirklicht--doch du träumst auch jetzt.
+
+Hero.
+Ich höre guter Ohm.
+
+Priester. Gesteh ich dir's?
+Ich dachte dich erfreuter mir am Abend
+Des sel'gen Tags, der unser Wünschen krönt.
+Was wir gestrebt, gehofft, du hast, du bist es;
+Und statt entzückt, find ich dich stumm und kalt.
+
+Hero.
+Du weißt, mein Ohm, wir sind nicht immer Herr
+Von Stimmungen, die kommen, wandeln, gehn,
+Sich selbst erzeugend und von nichts gefolgt.
+Das Höchste, Schönste, wenn es nun erscheint,
+Indem es anders kommt, als wir's gedacht,
+Erschreckt beinah, wie alles Große schreckt.
+Doch gönne mir nur eine Nacht der Ruh',
+Des Sinnens, der Erholung, und, mein Ohm,
+Du wirst mich finden, die du sonst gekannt.
+Der Ort ist still, die Lüfte atmen kaum;
+Hier ebben leichter der Gedanken Wogen,
+Der Störung Kreise fliehn dem Ufer zu,
+Und Sammlung wird mir werden, glaube mir.
+
+Priester.
+Sammlung? Mein Kind, sprach das der Zufall bloß?
+Wie, oder fühltest du des Wortes Inhalt,
+Das du gesprochen, Wonne meinem Ohr?
+Du hast genannt den mächt'gen Weltenhebel
+Der alles Große tausendfach erhöht,
+Und selbst das Kleine näher rückt den Sternen.
+Des Helden Tat, des Sängers heilig Lied,
+Des Sehers Schaun, der Gottheit Spur und Walten,
+Die Sammlung hat's getan und hat's erkannt,
+Und die Zerstreuung nur verkennt's und spottet.
+Spricht's so in dir? Dann, Kind, Glück auf!
+Dann wirst du wandeln hier, ein selig Wesen.
+Des Staubes Wünsche weichen scheu zurück;
+Und wie der Mann, der abends blickt gen Himmel,
+Im Zwielicht noch, und nichts ersieht als Grau,
+Farbloses Grau, nicht Nacht und nicht erleuchtet;
+Doch schauend unverwandt, blinkt dort ein Stern
+Und dort ein zweiter, dritter, hundert, tausend,
+Die Ahnung einer reichen, gotterhellten Nacht,
+Ihm nieder in die feuchten, sel'gen Augen.
+Gestalten bilden sich und Nebel schwinden,
+Der Hintergrund der Wesen tut sich auf,
+Und Götterstimmen, halb aus eigner Brust
+Und halb aus Höhn, die noch kein Blick ermaß--
+
+Hero.
+Du weißt, mein Ohm, nicht also kühnen Flugs
+Erhebt sich mir der Geist. So viel nicht hoffe!
+Allein was not, und was mir auferlegt,
+Gedenk ich wohl zu tun. Des sei gewiß.
+
+Priester.
+Wohlan auch das. Ist's gleich nicht gut und recht,
+Beim Anfang einer Bahn das Ziel so nah,
+So ärmlich nahe sich das Ziel zu setzen.
+Doch sei's, für jetzt. Nur noch dies eine merk:
+Bei allem was dir bringt die Flucht der Tage,
+Den ersten Anlaß meid! Wer taten-kräftig
+Ins rege Leben stürzt, wo Mensch den Menschen drängt,
+Er mag Gefahr mit blankem Schwerte suchen,
+Je härtrer Kampf, so rühmlicher der Sieg.
+Doch wessen Streben auf das Innre führt,
+Wo Ganzheit nur des Wirkens Fülle fördert,
+Der halte fern vom Streite seinen Sinn,
+Denn ohne Wunde kehrt man nicht zurück,
+Die noch als Narbe mahnt in trüben Tagen.
+Der Strom, der Schiffe trägt und Wiesen wässert,
+Er mag durch Felsen sich und Klippen drängen,
+Vermischen sich mit seiner Ufer Grund,
+Er fördert, nützt, ob klar, ob trüb verbreitet:
+Allein der Quell, der Mond und Sterne spiegelt,
+Zu dem der Pilger naht mit durst'gem Mund,
+Die Priesterin, zu sprengen am Altar;
+Der wahre rein die ewig lautern Wellen,
+Und nur bewegt, ist ihm auch schon getrübt. Und so schlaf wohl!
+Bedarfst du irgend Rat,
+Such ihn bei mir, bei deinem zweiten Vater.
+Doch stießest du des Freundes Rat zurück,
+Du fändest auch in mir den Mann, der willig,
+Das eigne Blut aus diesen Adern gösse,
+
+(Mit ausgestrecktem Arm.)
+
+Wüßt' er nur einen Tropfen in der Mischung,
+Der Unrecht birgt und Unerlaubtes hegt.
+
+(Er geht nach der Mitteltüre.)
+
+Hero (nach einer Pause).
+Ich merke wohl, der Vorfall in dem Hain
+Mit jenen Fremden hat mir ihn verstimmt.
+Und, wahrlich, er hat recht. Gesteh ich's nur!
+Wenn ich nicht Hero war, nicht Priesterin,
+Den Himmlischen zu frommen Dienst geweiht,
+Der Jüngere, der Braungelockte, Kleinre,
+Vielleicht gefiel er mir.--Vielleicht?--Je nun!
+Ich weiß nunmehr, daß, was sie Neigung nennen,
+Ein Wirkliches, ein zu Vermeidendes,
+Und meiden will ich's wohl.--Ihr guten Götter!
+Wie vieles lehrt ein Tag, und ach, wie wenig
+Gibt und vergißt ein Jahr.--Nun, er ist fern,
+Im ganzen Leben seh ich kaum ihn wieder,
+Und so ist's abgetan.--Wohl gut!
+
+(Sie nimmt den Mantel ab.)
+
+Hier liege du! Mit wie verschiednem Sinn,
+Nahm morgens ich, leg ich dich abends hin.
+Ein Leben hüllst du ein in deine Falten.
+Bewahre was du weißt, ich leg es ab mit dir. Doch was beginnen
+nun? Ich kann nicht schlafen.
+
+(Die Lampe ergreifend und in die Höhe haltend.)
+
+Beseh ich mir den Ort?--Wie weit!--wie leer!
+Genug werd ich dich schaun manch langes Jahr,
+Gern spar ich was du beutst für künft'ge Neugier.
+Horch!--Es war nichts.--Allein, allein, allein!
+
+(Sie hat die Lampe seitwärts aufs Fenster gestellt und steht dabei.)
+
+Wie ruhig ist die Nacht! Der Hellespont
+Läßt Kindern gleich die frommen Wellen spielen;
+Sie flüstern kaum, so still sind sie vergnügt.
+Kein Laut, kein Schimmer rings. Nur meine Lampe
+Wirft bleiche Lichter durch die dunkle Luft.
+Laß mich dich rücken hier an diese Stäbe!
+Der späte Wanderer erquicke sich
+An dem Gedanken, daß noch jemand wacht,
+Und bis zu fernen Ufern jenseits hin
+Sei du ein Stern und strahle durch die Nacht. Doch würdest du
+bemerkt. Drum komm nur schlafen,
+Du bleiche Freundin mit dem stillen Licht.
+
+(Sie trägt die Lampe.)
+
+Und wie ich lösche deinen sanften Strahl,
+So möge löschen auch was hier noch flimmert,
+Und nie mehr zünd' es neu ein neuer Abend an.
+
+(Sie hat die Lampe auf den Tisch gesetzt.)
+
+So spät noch wach?--Ei Mutter, bitte, bitte!
+Nein, Kinder schlafen früh!--Nun denn, es sei!
+
+(Sie nimmt das Geschmeide aus dem Haar und singt dabei mit halber
+Stimme.)
+
+Und Leda streichelt
+Den weichen Flaum. Das ew'ge Lied! Wie kommt's mir nur in Sinn?
+Nicht Götter steigen mehr zu wüsten Türmen,
+Kein Schwan, kein Adler bringt Verlaßnen Trost.
+Die Einsamkeit bleibt einsam und sie selbst.
+
+(Sie hat sich gesetzt.)
+
+Auch eine Leier legten sie hierher.
+Ich habe nie gelernt darauf zu spielen.
+Ich wollte wohl, ich hätt's!--Gedanken, bunt
+Und wirr durchkreuzen meinen Sinn,
+In Tönen lösten leichter sie sich auf. Ja denn, du schöner
+Jüngling, still und fromm!
+Ich denke dein in dieser späten Stunde,
+Und mit so glatt verbreitetem Gefühl,
+Daß kein Vergehn sich birgt in seine Falten.
+Ich will dir wohl, erfreut doch, daß du fern;
+Und reichte meine Stimme bis zu dir,
+Ich riefe grüßend: Gute Nacht!
+
+Leander (im Hintergrunde von außen am Fenster erscheinend).
+Gut Nacht!
+
+Hero.
+Ha, was ist das?--Bist, Echo, du's, die spricht?
+Suchst du mich heim in meiner Einsamkeit?
+Sei mir gegrüßt, o schöne Nymphe!
+
+Leander. Nymphe,
+Sei mir gegrüßt!
+
+Hero. Das ist kein Widerhall!
+Ein Haupt!--Zwei Arme!--Ha, ein Mann im Fenster!
+Er hebt sich, kommt! Schon kniet er in der Brüstung.
+Zurück! Du bist verloren, wenn ich rufe.
+
+Leander.
+Nur einen Augenblick vergönne mir!
+Die Steine bröckeln unter meinen Füßen;
+Erlaubst du nicht, so stürz ich wohl hinab.
+Ein Weilchen nur, dann klimm ich gern zurück.
+
+(Er läßt sich ins Gemach herein.)
+
+Hero.
+Dort steh und reg dich nicht!--Unsel'ger,
+Was führte dich hierher?
+
+Leander (im Hintergrunde nahe beim Eingange stehenbleibend).
+Ich sah dein Licht
+Mit hellem Glanze strahlen durch die Nacht.
+Auch hier war's Nacht und sehnte sich nach Licht.
+Da klomm ich denn herauf.
+
+Hero. Wer dein Genosse?
+Wer hielt die Leiter dir, bot Arm und Hilfe?
+
+Leander.
+Nicht Leiter führte mich, noch äußre Hilfe.
+Den Fuß setzt' ich in lockrer Steine Fugen,
+An Ginst und Efeu hielt sich meine Hand.
+So kam ich her.
+
+Hero. Und wenn du, gleitend, stürztest?
+
+Leander.
+So war mir wohl.
+
+Hero. Und wenn man dich erblickt?
+
+Leander.
+Man hat wohl nicht.
+
+Hero. Des heil'gen Ortes Hüter
+Die Wache gehen sie zu dieser Zeit.
+Unseliger! Ward dir denn nicht geboten,
+Bat ich nicht selbst? du solltest kehren heim.
+
+Leander.
+Ich war daheim, doch ließ mir's keine Ruh';
+Da warf ich mich ins Meer und schwamm herüber.
+
+Hero.
+Wie? Von Abydos' weitentlegner Küste?
+Zwei Ruderer ermüdeten der Fahrt.
+
+Leander.
+Du siehst, ich hab's vermocht. Und wenn ich starb,
+Der ersten Welle Raub, erliegend, sank;
+War's eine Spanne näher doch bei dir,
+Und also süßrer Tod.
+
+Hero. Dein Haar ist naß
+Und naß ist dein Gewand. Du zitterst auch.
+
+Leander.
+Doch zittr' ich nicht vor Frost; mich schüttert Glut.
+
+(Im Begriff, immer im Hintergrunde bleibend, sich auf ein Knie
+niederzulassen.)
+
+Hero.
+Laß das, und bleib! Ruh dich ein Weilchen aus,
+Denn bald, und du mußt fort. So war's mein Licht,
+Die Lampe, die dir Richtung gab und Ziel?
+Du mahnst mich recht, sie künftig zu verbergen.
+
+Leander.
+O tu es nicht! O Herrin, tu es nicht!
+Ich will ja nicht mehr kommen, wenn du zürnst,
+Doch dieser Lampe Schein versag mir nicht! Als diese Nacht ich
+schlaflos stieg vom Lager,
+Und, öffnend meiner Hütte niedre Tür,
+Aus jenem Dunkel trat in neues Dunkel,
+Da lag das Meer vor mir mit seinen Küsten,
+Ein schwarzer Teppich, ungeteilt, zu schaun,
+Wie eingehüllt in Trauer und in Gram.
+Schon gab ich mich dem wilden Zuge hin!
+Da, am Gesichtskreis flackert hell empor
+Ein kleiner Stern, wie eine letzte Hoffnung
+Zu goldnen Fäden tausendfach gesponnen,
+Umzog der Schein, ein Netz, die trübe Welt:
+Das war dein Licht, war dieses Turmes Lampe.
+In mächt'gen Schlägen schwoll empor mein Herz,
+Nicht halten wollt' es mehr in seinen Banden;
+Ans Ufer eilt' ich, stürzte mich ins Meer,
+Als Leitstern jenen Schimmer stets im Auge.
+So kam ich her, erreichte diese Küste.
+Ich will nicht wiederkommen, wenn du zürnst,
+Doch raube nicht den Stern mir meiner Hoffnung,
+Verhülle nicht den Trost mir dieses Lichts.
+
+Hero.
+Du guter Jüngling, halt mich nicht für hart,
+Weil ich nur schwach erwidre deine Meinung.
+Doch kann's nicht sein, ich sagt' es dir ja schon.
+Ich bin verlobt zu einem strengen Dienst,
+Und liebeleer heischt man die Priesterin.
+Ehgestern, wenn du kamst, war ich noch frei,
+Nun ist's zu spät. Drum geh und kehr nicht wieder!
+
+Leander.
+Man nennt ja mild die Sitten deines Volks,
+Sind sie so streng, und drohen sie so viel?
+
+Hero.
+Die Meder und die Baktrer, fern im Osten,
+Sie töten jene, die, der Sonne Priestrin,
+Das Aug' auf den geliebten Jüngling warf.
+Mein Volk, nicht also mordbegier'gen Sinns,
+Es schonet zwar das Leben der Verirrten,
+Allein stößt aus sie, und verachtet sie,
+Zugleich ihr ganzes Haus und all die Ihren.
+Das kann nicht sein mit Hero, fühlst du wohl.
+Drum also geh, und trage was du mußt.
+
+Leander.
+So soll ich fort?
+
+Hero. Du sollst. Doch nicht denselben Pfad,
+Der dich hierhergeführt, er scheint gefährlich.
+Durch jene Pforte geh, und folg dem Gang,
+Der dich ins Freie führt.
+
+(Mit erregter Aufmerksamkeit einen Augenblick innehaltend.)
+
+Doch hab mir acht,
+Denn--Horch!--Bei aller Götter Namen!
+Ich höre Tritte hierwärts durch den Gang.
+Man kommt! Sie nahn! Unsel'ge Stunde! Weh!
+
+Leander.
+Ist hier kein Ort, der schützend mich verbirgt?
+Ha, dort hinein.
+
+(Auf die Seitentüre zugehend.)
+
+Hero. Beträtst du mein Gemach?
+Hier bleib! Hast du's gewagt, laß sie dich finden, stirb!
+Ich selber will hinein.
+
+Leander. Sie nahen.
+
+Hero (nach der Seitentüre hinzeigend). Hier!
+Geh nur hinein! Und nimm die Lampe mit!
+Laß es hier dunkel sein! Hörst du? Nur schnell!
+Allein nicht vorwärts dring, bleib nah der Tür!
+Schnell, sag ich, schnell!
+
+Leander. Du aber?
+
+Hero. Still! und fort!
+
+(Leander hat die Lampe ergriffen und geht durch die Seitentüre ab.
+Das Gemach ist dunkel.)
+
+Hero.
+Nun, Götter, waltet ihr in eurer Milde!
+
+(Sie senkt sich in den Stuhl, mit halbem Leibe sitzend, so daß das
+linke herabgesenkte Knie beinahe den Boden berührt, die Augen mit
+der Hand verhüllt, die Stirne gegen den Tisch gelernt.)
+
+Des Tempelhüters Stimme (von außen).
+Ist hier noch jemand wach?
+
+Janthe (ebenso). Du siehst ja, alles dunkel.
+
+(Die Türe wird halb geöffnet.)
+
+Tempelhüter.
+Doch sah ich Licht.
+
+Janthe. Das schien dir wohl nur so.
+Auch wohnt die Priestrin hier, du weißt es selbst.
+
+Tempelhüter.
+Doch was ich sah laß ich mir nicht bestreiten
+
+(Die Türe schließt sich.)
+
+Und kommt der Tag, soll es sich weisen, ob--
+
+(Die Worte verhallen, die Tritte entfernen sich.)
+
+Hero.
+O Scham und Schmach!
+
+Leander (aus der Seitentüre tretend).
+So sind sie fort?--Wo weilst du?
+Bist, Jungfrau, du noch hier?
+
+(Er berührt, suchend, ihre Schulter.)
+
+Hero (emporfahrend). Wo ist das Licht?
+Die Lampe, wo? Bring erst die Lampe sag ich!
+
+(Leander geht zurück.)
+
+O alles Unheil auf mein schuldig Haupt!
+
+Leander (der mit der Lampe zurückkommt).
+Hier ist dein Licht.
+
+(Er setzt es hin.)
+
+Und dank mit mir den Göttern--!
+
+Hero (rasch aufstehend).
+Dank, sagst du? Dank? Wofür? Daß du noch lebst?
+Das all dein Glück? Entsetzlicher! Verruchter!
+Was kamst du her? nichts denkend als dich selbst,
+Und störst den Frieden meiner stillen Tage,
+Vergiftest mir den Einklang dieser Brust?
+O hätte doch verschlungen dich das Meer,
+Als du den Leib in seine Wogen senktest!
+Wär', abgelöst, entglitten dir der Stein,
+An dem du dich, den Turm erklimmend, hieltst,
+Und du--Entsetzlich Bild!--Leander, oh--!
+
+Leander.
+Was ist? Was schiltst du nicht?
+
+Hero. Leander, hörst du?
+Kehr nicht den Weg zurück, auf dem du kamst,
+Gefahrvoll ist der Pfad.--Entsetzlich, greulich!
+Was ist es, das den Menschen so umnachtet,
+Und ihn entfremdet sich, dem eignen Selbst
+Und fremdem dienstbar macht?--Als sie nun kamen,
+Drei Schritte fern, und nun mich fanden, sahn;
+Ich zitterte,--doch nicht um mich!--Verkehrtheit!
+Ich zitterte für ihn!
+
+Leander. Und darf ich's glauben?
+
+Hero.
+Laß das! Berühr mich nicht!--Das ist nicht gut,
+Was so verkehrt die innerste Natur,
+Auslöscht das Licht, das uns die Götter gaben,
+Daß es uns leite, wie der Stern des Pols
+Den Schiffer führt.
+
+Leander. Das nennst du schlimm?
+Und alle Menschen preisen's hochbeglückt,
+
+(Er kniet vor ihr.)
+
+Und Liebe nennen sie's.
+
+Hero. Du armer Jüngling!
+So kam denn bis zu dir das bunte Wort,
+Und du, du sprichst es nach und nennst dich glücklich?
+
+(Sein Haupt berührend.)
+
+Und mußt doch schwimmen durch das wilde Meer,
+Wo jede Spanne Tod; und kommst du an,
+Erwarten Späher dich und wilde Mörder
+
+(Mit einem Blick nach rückwärts zusammenfahrend.)
+
+Leander (der aufspringt).
+Was ist?
+
+Hero. O jeder Laut dünkt mich ein Häschertritt!
+Die Kniee zittern.
+
+Leander. Hero, Hero, Hero!
+
+Hero.
+Laß das! Berühr mich nicht! Du mußt nun fort!
+Ich selber leite dich den sichern Pfad.
+Denn, wenn sie kämen, dich hier fänden, fingen--
+
+(Sich an der Lehne des Stuhles festhaltend.)
+
+Leander (nach einer kleinen Pause).
+Und darf ich, Jungfrau, wiederkommen?
+
+Hero. Du!?
+
+Leander.
+So meinst du: nie? in aller Zukunft nie?
+Kennst du das Wort und seinen grausen Umfang?
+Dann auch: Du warst um mich besorgt. Weißt du?
+Ich muß zurück durchs brausend wilde Meer,
+Wirst du nicht glauben, daß ich sank und starb,
+Bleibt kundlos dir mein Weg?
+
+Hero. Send einen Boten mir!
+
+Leander.
+Ich habe keinen Boten als mich selbst.
+
+Hero.
+Nun denn, du holder Bote; komm denn, komm!
+Allein nicht hier an diesen Todesort. Am Ufer
+Streckt eine Zunge sandig sich ins Meer.
+Dort komm nur hin, verbirg dich in den Büschen;
+Vorübergehend hör ich was du sprichst.
+
+Leander.
+Die Lampe aber hier, laß sie mir leuchten,
+Die Wege sie mir zeigen meines Glücks.
+Wann aber komm ich wieder? Jungfrau sprich!
+
+Hero.
+Am Tag des nächsten Fests.
+
+Leander. Du scherzest wohl!
+Sag, wann?
+
+Hero. Wenn neu der Mond sich füllt.
+
+Leander.
+Bis dahin schleichen zehen lange Tage!
+Trägst du die Ungewißheit bis dahin? Ich nicht!
+Ich werde fürchten, daß man uns bemerkt,
+Du wirst mich tot in deinem Sinne schaun;
+Und zwar mit Recht! Denn raubt mich nicht das Meer,
+So tötet Sorge mich, die Angst, der Schmerz.
+Sag: übermorgen; sag: nach dreien Tagen.
+Die nächste Woche sag!
+
+Hero. Komm morgen denn!
+
+Leander.
+O Seligkeit! o Glück!
+
+Hero. Und kehrst du heim, Leander,
+Das Meer durchschwimmend, nächtig, wie du kamst;
+So wahre dieses Haupt, und diesen Mund,
+Und diese meine Augen. Hörst du wohl?
+Versprich es mir!
+
+(Da er sie umfassen will, zurücktretend.)
+
+Nein, nein!--Nun aber folge!
+Ich leite dich!
+
+(Sie geht nach dem Tische, die Lampe zu holen.)
+
+Leander (ihr mit den Augen folgend).
+O herrlich, himmlisch Weib!
+
+Hero.
+Was kommst du nicht?
+
+Leander. Und soll ich also darbend
+Verlassen diesen sel'gen Götterort?
+Kein Zeichen deiner Huld, kein armes Pfand
+Fort mit mir tragen, meiner Sehnsucht Labung?
+
+Hero. Wie meinst du das?
+
+Leander. Nicht mindestens die Hand?--
+Und dann!--Sie legen Lipp' an Lippe,
+Ich sah es wohl, und flüstern so sich zu,
+Was zu geheim für die geschwätz'ge Luft.
+Mein Mund sei Mund, der deine sei dein Ohr!
+Leih mir dein Ohr für meine stumme Sprache!
+
+Hero.
+Das soll nicht sein!
+
+Leander. Muß ich so viel? du nichts?
+Ich in Gefahr und Tod, du immer weigernd?
+
+(Kindisch trotzend.)
+
+Ich werde sinken, kehr ich trauernd heim.
+
+Hero.
+Du, frevle nicht!
+
+Leander. Und du gewähr!
+
+Hero.
+Wenn du dann gehst.
+
+Leander (auf ein Knie niedersinkend.)
+
+Gewiß!
+
+Hero. Und mir nicht streitest,
+Daß ich zu leicht die Wange dir berührt;
+Nein, dankbar bist vielmehr und fromm dich fügst.
+
+Leander.
+Du zögerst noch!
+
+Hero. Die Arme falte rückwärts,
+Wie ein Gefangener, der Liebe, mein Gefangner.
+
+Leander.
+Sieh, es geschah.
+
+Hero
+
+(das Licht auf den Boden stellend).
+Die Lampe soll's nicht sehn.
+
+Leander.
+Du kommst ja nicht!
+
+Hero. Bist du so ungeduldig?
+So soll auch nie--Und doch, wenn's dich beglückt.
+So nimm und gib!
+
+(Sie küßt ihn rasch.)
+
+Nun aber mußt du fort!
+
+Leander (aufspringend).
+Hero!
+
+Hero. Nein, Nein!
+
+(Zur Türe hinauseilend.)
+
+Leander. Wenn ich dir flehe. Hero!
+Verwünscht! neidisches Glück!
+
+(An der Türe horchend.)
+
+Doch hör ich Tritte,
+Es sind die ihren, nähern sich der Tür,
+Leis auf den Zehn.--So kommt sie wieder?--Götter!
+
+(Der Vorhang fällt.)
+
+
+
+
+
+Vierter Aufzug
+
+
+(Offner Platz, im Hintergrunde das Meer. Rückwärts auf der linken
+Seite Heros Turm mit einem halb gegen das Meer gerichteten Fenster
+und einem schmalen Eingange, zu dem einige Stufen emporführen.
+Daneben am Ufer einige hochgewachsene Sträucher. Nach vorn auf
+derselben Seite laufen Schwibbögen und Säulen, die Nähe von
+Wohnungen bezeichnend. Die rechte Seite frei mit Bäumen. Quer in
+die Bühne hineinstehend eine steinerne Ruhebank.)
+
+(Nach dem Aufziehen des Vorhanges hört man hinter der Szene)
+
+Die Stimme des Tempelhüters.
+Hierher, hierher, ihr Diener dieses Hauses!
+
+(Dann tritt Hero ganz vorne rechts auf.)
+
+Hero. Er ist hinüber. Allen Göttern Dank!
+War's doch, als hätte sich das All verschworen
+Ihn hier zu halten bis zum lichten Tag.
+Ein Gehen war und Kommen ohne Ruh'.
+Und er stand da, im Winkel still geduckt.
+Da endlich kam der günst'ge Augenblick.--
+Nun, er ist fort, und ich bin wieder ruhig.
+
+(Auf derselben Seite, mehr nach rückwärts, kommt der Tempelhüter,
+ein Horn am Bande um den Leib, und einen Spieß auf der linken
+Schulter, ihr bei jeder Bewegung folgend.)
+
+Tempelhüter.
+Du sahst ihn wohl?
+
+Hero. Wen doch?
+
+Tempelhüter. Den fremden Mann.
+Er sprang nur jetzt ins Meer.
+
+Hero. Nur jetzt? so rasch?
+
+Tempelhüter.
+Drei Schritte kaum von dir.
+
+Hero. Und sah ihn nicht?
+
+(Sie geht auf den Turm zu.)
+
+Tempelhüter.
+Wohl sahst du ihn, und mußtest wohl ihn sehn!
+
+Hero (weitergehend).
+Muß ich? Bin ich denn Wächter so wie du?
+
+Tempelhüter.
+Nicht Wächter.--Zwar, wenn Wächter ist, wer wacht:
+Du wachtest ziemlich lang bei deiner Lampe.
+
+Hero.
+Ei, daß du alles siehst!
+
+Tempelhüter. Wohl seh ich, wohl!
+
+(Der Priester kommt von der linken Seite.)
+
+Priester.
+Find ich hier Streit?
+
+Hero (auf den Stufen des Turms).
+Der Mann da ist nicht klug.
+
+Tempelhüter.
+Wollt' ich nur reden, ei!
+
+Hero. Er spricht und spricht!
+Ich geh!
+
+Priester. Wohin?
+
+Hero. In Turm.
+
+Priester. Was dort?
+
+Hero. Zu schlafen.
+
+(Ab in den Turm.)
+
+Tempelhüter.
+Zu schlafen, ja! nachdem sie lang gewacht!
+
+Priester.
+Was war denn hier?
+
+Tempelhüter
+
+(Heron nachsprechend).
+Und nennst du mich nicht klug?
+Weil ich ein Diener nur, ihr hohen Stamms?
+Meinst du, die Klugheit erbe eben fort
+Vom Vater auf den Sohn, wie Geld und Gut?
+Ei, klug genug, und schlau genug, und wachsam!
+
+(Er stößt den Spieß in den Boden.)
+
+Priester.
+Soll ich erfahren denn?
+
+Tempelhüter (noch immer Heron nachsprechend).
+Ei ja, ja doch!
+
+Priester.
+Du leistest, merk ich, selber dir Gesellschaft.
+Ich gönne sie, und überlaß dich ihr.
+
+Tempelhüter.
+Herr! Eben sprang ein Mann vom Ufer in die Flut.
+
+Priester.
+Das also war's?
+
+Tempelhüter. Und Hero stand nicht fern.
+
+Priester.
+Er sprang wohl auch, stand ich in seiner Nähe.
+
+Tempelhüter.
+Und dort in jenem Turme brannte Licht
+Die ganze Nacht.
+
+Priester. Das sollte freilich nicht.
+Doch Hero weiß wohl kaum, daß wir vermeiden,
+Durch Licht und Flamme, Bösgesinnten, Feinden,
+Den Weg zu zeigen selber durch die Klippen,
+Mit denen sich die Küste gürtend schützt.
+Drum warne sie!
+
+Tempelhüter. Ei, daß sie meiner spottet!
+Sie wußt' es wohl, und dennoch brannte Licht,
+Das macht: sie wachte, Herr.
+
+Priester. So?
+
+Tempelhüter. Bis zum Morgen.
+Und oben war's so laut und doch so heimlich,
+Ein Flüstern und ein Rauschen hier und dort;
+Die ganze Gegend schien erwacht, bewegt.
+Im dichtsten Laub ein sonderbares Regen,
+Wie Windeswehn, und wehte doch kein Wind.
+Die Luft gab Schall, der Boden tönte wider
+Und was getönt und widerklang war: nichts.
+Das Meer stieg rauschend höher an die Ufer,
+Die Sterne blinkten, wie mit Augen winkend,
+Ein halbenthüllt Geheimnis schien die Nacht.
+Und dieser Turm war all des dumpfen Treibens
+Und leisen Regens Mittelpunkt und Ziel.
+Wohl zwanzigmal eilt' ich an seinen Fuß,
+Nun, meinend, nun das Rätsel zu enthüllen,
+Und sah hinan; nichts schaut' ich, als das Licht,
+Das fort und fort aus Heros Fenster schien.
+Ein einzig Mal lief wie ein Mannesschatten
+Vom Meeresufer nach dem Turme zu;
+Ich folg und, angelangt, war wieder nichts,
+Nur Rauschen rings und Regen, wie zuvor.
+
+Priester.
+Scheint's doch, des ganzen Wunders voller Inhalt,
+Mit Ursach' und mit Wirkung, lag in dir.
+
+Tempelhüter.
+Ei, Herr, und warum brannte denn das Licht,
+Die ganze Nacht, bis kurz, wie ich berichtet?
+Als mich der Spuk zum Rasen halb gebracht,
+Trat ich ins Innre des Gebäudes, jenseits,
+Wo an den Turm der Diener Wohnung schließt.
+Da fällt Janthe mir zuerst ins Auge,
+Gekleidet und geschmückt, als wär's am Tag.
+
+Priester.
+Des Rätsels Lösung bietet sich von selbst.
+Frag du das Mädchen. Ruf sie her! Du kennst sie,
+Und weißt, wie oft sie Störung schon gebracht.
+
+Tempelhüter.
+So dacht' ich auch, und schalt sie tüchtig aus.
+Allein das Licht an jenem, jenem Fenster.
+Und dann: als kurz ich vor im Haine ging,
+Springt, hup! ein Mann ins brausend schäum'ge Meer.
+Und in demselben Augenblick tritt Hero,
+Drei Schritte kaum entfernt, aus dem Gebüsch.
+
+Priester.
+Wenn du vermuten willst, such andern Stützpunkt,
+Nur was dir ähnlich treffe dein Verdacht.
+
+Tempelhüter.
+Nur was mir ähnlich? Ei, ich seh es kommen!
+Dem Diener sei nicht Urteil, noch Verstand.
+
+Priester.
+Ruf mir Janthen!
+
+Tempelhüter. Aber, Herr, das Licht!
+
+Priester.
+Janthen, sag ich dir!
+
+Tempelhüter. Und jener Mann,
+Der sprang ins Meer, und gen Abydos schwamm?
+
+Priester.
+Wie sagst du? Gen Abydos?
+
+Tempelhüter. Wohl!
+
+Priester. Abydos?
+Ruf mir Janthen!
+
+Tempelhüter. Wohl!
+
+Priester. Und Heron sage--
+
+(Eine Rolle aus dem Busen ziehend.)
+
+Gib ihr dies Schreiben, das von ihren Eltern
+Nur eben kam, und das--Vielmehr, laß nur!--
+Sag ihr, daß ich die Dienerin beschied.
+
+(Der Tempelhüter ab in den Turm.)
+
+Priester. Abydos!
+Was ist's, daß dieser Name mich durchfährt?
+War aus Abydos nicht das Fremdenpaar,
+Das jüngst im Hain--Wahnsinn, es nur zu denken!
+Und doch! Ist nicht das Jünglingsalter kühn,
+Und bleibt nicht gern auf halbem Wege stehn,
+Vor allem wo Verbotnes lockt. Wenn sie
+Versucht, das Abenteuer zu bestehn,
+Das mein Dazwischentritt gestört, und Hero,
+Unwissend trüge sie des Wissens Schuld,
+Nebstdem, daß sie noch jung und neu im Leben,
+Noch unbelehrt zu meiden die Gefahr,
+Ja zu erkennen sie.--Genug, genug!
+In meinem Innern reget sich ein Gott,
+Und warnt mich, zu verhüten, eh's zu spät!
+
+(Der Tempelhüter ist zurückgekommen.)
+
+Priester.
+Nun?
+
+Tempelhüter. Hero hält Janthen noch bei sich.
+Die Priestrin ruht, gelehnt auf weichen Pfühl,
+Das Mädchen kniet vor ihr, und spricht und tändelt.
+Man läßt dich bitten, Herr--
+
+Priester. Sie zögern, wie?
+Heiß du Janthen Augenblicks mir nahn.
+
+Tempelhüter (sich nach rückwärts bewegend).
+Nur aber--
+
+Priester. Und wenn still auch sonst und klug!
+Der Wahnsinn der das kluge Weib befällt,
+Tobt heft'ger als der Torheit wildstes Rasen.
+
+(Janthe kommt.)
+
+Tempelhüter.
+Ei komm nur immer, komm nur, du Geschmückte!
+Hier frägt man dich, warum so spät du wachst.
+
+Priester.
+Von allem was sich Schlimmes je begab
+In diesem Haus, fand ich dich immer wissend,
+Belehrt durch Mitschuld, oder Neugier mindstens.
+Nun meldet man, daß sich in dieser Nacht
+Verdächtig Treiben hier am Turm geregt,
+Auch fand dich dieser Mann, da alles schlief,
+Noch wachend und gekleidet in den Gängen.
+Drum steh ihm Red' und sage was du weißt.
+
+(Er entfernt sich.)
+
+Janthe.
+Bei allen Göttern, Herr--
+
+Priester (zurücksprechend). Laß du die Götter!
+Und sorg erst wie den Menschen du genügst.
+
+Janthe.
+Nichts weiß ich ja; ich hörte nur Bewegung,
+Ein Kommen und ein Gehn. Die Nacht war schwül;
+Da lauscht' ich vor der Tür, und ging dann schlafen.
+
+Tempelhüter.
+So nennst du: vor der Tür, zwei Treppen hoch?
+Ich fand dich in dem Gang vor Heros Kammer.
+
+Janthe.
+Ich war so bang, allein; da wollt' ich Hero fragen,
+Ob sie gehört, und ob ihr bang wie mir?
+
+Priester (sich wieder nähernd).
+Ich aber sage dir: du sollst gestehn!
+Denn daß du weißt, zeigt mir dein ängstlich Zagen.
+
+(Hero kommt.)
+
+Hero.
+Was ist denn nur? Warum berief man uns?
+
+Priester.
+Hier ist Janthe, die du kennst, gleich mir.
+Sie wird beschuldigt, daß bei nächt'gem Dunkel--
+
+Hero. Man tut ihr wohl zuviel!
+
+Priester. So weißt du--?
+
+Hero. Herr!
+Ich weiß nur, daß der Mensch gar gern beschuldigt,
+Und vollends dieser Mann ist wirren Sinns.
+
+Priester.
+Doch ist's gewiß. ein Fremder war am Turm.
+
+Hero (nach einer Pause).
+Nun Herr, vielleicht der überird'schen einer!
+Du sprachst ja selbst: in altergrauer Zeit
+Stieg oft ein Gott zu sel'gen Menschen nieder.
+Zu Leda kam, zum fürstlichen Admet,
+Zur strengverwahrten Danae ein Gott:
+Warum nicht heut? Zu ihr; zu uns, zu wem du willst.
+
+(Sie geht auf die Ruhebank zu.)
+
+Priester.
+Sprach das der Spott? und dünkt das Heil'ge dir--?
+
+(Zu Janthen.)
+
+Nun Törin, oder Schuldige, gesteh!
+
+Janthe.
+Frag doch nur Hero selbst. Sie wohnt im Turm;
+War dort Geräusch, vernahm sie es wohl auch.
+
+Priester (sich Hero nähernd).
+Hörst du?
+
+Hero (die sich gesetzt hat, halb singend, den Kopf in die Hand
+gestützt).
+Sie war so schön,
+Ein Königskind.
+
+(Sprechend.)
+
+Nun lichter Schwan, flogst du zu lichten Sternen?
+
+Priester.
+Hero!
+
+Hero (emporfahrend).
+Was ist? Wer faßt mich an? Was willst du?
+
+Priester.
+Hast du vergessen schon?
+
+Hero. Nicht doch! ich weiß
+Was man beschuldigt jene, ohne Grund.
+Sei du nicht bange, Janthe, frohen Muts!
+Wenn alle dich verließen, alle sie,
+In meiner Brust lebt dir ein warmer Anwalt.
+
+(Sie küssend.)
+
+Wenn sie dich quälen, Gute, komm zu mir!
+Nun aber geh, sie spotten dein und meiner.
+
+Priester.
+Bleib noch!
+
+(Janthe zieht sich zurück.)
+
+Priester (zu Hero).
+Du liebtest nie das Mädchen sonst.
+Woher der Anteil nun?
+
+Hero (die aufgestanden ist).
+Was frägst du mich?
+Sie ist gekränkt, braucht's da noch andern Grund?
+
+Priester.
+Doch wem galt jene nächtig dunkle Störung?
+
+Hero.
+Warum denn ihr?
+
+Priester. Wem sonst?
+
+Hero. Die Lüfte wissen's;
+Doch sie verschweigen's auch.
+
+Priester. Nun denn, zu dir. Man sah
+In deinem Turme Licht die ganze Nacht.
+Tu das nicht mehr.
+
+Hero. Wir haben Öl genug.
+
+Priester.
+Doch sieht's das Volk und deutet's wie es mag.
+
+Hero.
+Mag's denn!
+
+Priester. Auch riet ich dir den Schein zu meiden,
+Den Schein sogar; viel mehr noch wahren Anlaß.
+
+Hero.
+Wir meiden ihn, doch meidet er auch uns?
+
+Priester.
+Sprichst aus Erfahrung du?
+
+Hero. Was ist die Zeit?
+Wie lang ist noch bis Abend?
+
+Priester. Und warum?
+
+Hero.
+Gesteh ich's, ich bin müd'.
+
+Priester. Weil du gewacht?
+
+Hero.
+So ist's. Der Wind kommt uns von Osten denk ich,
+Und ruhig ist die See. Nun, gute Nacht!
+
+Priester.
+Am hohen Tage? Hero, Hero, Hero!
+
+Hero.
+Was willst du, Ohm?
+
+Priester. Hab Mitleid mit dir selbst!
+
+Hero.
+Ich sehe wohl, um mich geht manches vor,
+Das mich betrifft, und nah vielleicht und nächst,
+Doch faß ich's nicht und düster ist mein Sinn.
+Ich will darüber denken.
+
+Priester. Halt vorerst!!
+--Du kannst noch nicht zurück in deine Wohnung!
+Erst harrt noch--ein und anderes Geschäft.
+
+Hero.
+Geschäft?
+
+Priester (streng). Geschäft!--
+
+(Gemildert.)
+
+Des neuen Amtes Bürde.
+Im Tempel ist--Und doch--Vergaß ich's denn?
+Von deinen Eltern kam ein Brief--Vielmehr:
+Man meldet mir, ein Bote deiner Eltern,
+Von ihnen scheidend noch zu uns gesendet,
+Sei angelangt am östlich äußern Tor,
+Das abschließt unsern heiligen Bezirk.
+Allein die Fischer, die am Meere wohnen,
+Mißtrauisch jedem Fremden, und vielleicht
+Der Störungen schon kundig dieser Nacht,
+Sie wehren ihm den Eintritt bis zu uns.
+Ich gönne dir die Freude, geh du hin,
+Und sprich den Mann und höre was er bringt.
+
+Hero.
+So muß ich selbst--?
+
+Priester. Treibt dich Verlangen nicht?
+Botschaft von deinen Eltern, dann--
+
+Hero. Ich gehe.
+
+Priester.
+Du findest wohl den Mann bei jenen Hütten,
+Doch wär' es nicht, und hätt' er sich entfernt,
+So wirst du mir schon weiter wandeln müssen,
+Bis du--
+
+Hero. Es soll geschehn.
+
+Priester. Tritt nur indes
+Bei unsers Hauses wackerm Schaffer ein,
+Von dort aus sende Diener, die ihn suchen.
+Und--einmal da, laß dir den Vorrat zeigen,
+Den man dort sammelt für der Göttin Dienst.
+Das letzte Fest ließ unsern Tempel nackt.
+Es fehlt an Weihrauch, Opfergerste, Linnen;
+Kannst du davon mir bringen, dank ich dir's.
+
+Hero.
+Dann aber kehr ich heim.
+
+Priester. Gewiß! Wenn du
+Der Pilgerruh' erst einen Blick gegönnt,
+Die dort ganz nah auf schlanken Säulen steht.
+Vielleicht birgt unser Mann sich dort zumeist.
+Auch haben Waller sich, so heißt's versammelt,
+Die ferne her zu unserm Tempel ziehn.
+Tritt unter sie und sprich ein nützlich Wort.
+Den Opfern die sie bringen wohne bei.
+Und hast du so dein heilig Amt vollbracht--
+Es wäre denn, der Rückweg gönnte Zeit--
+
+Hero.
+Genug, o Herr! Beinah sagt' ich: zuviel.
+
+(Einschmeichelnd.)
+
+Gesteh ich dir's; ich bliebe lieber hier.
+
+Priester (ruhig).
+Doch muß es sein.
+
+Hero. Muß es? Nun so gescheh's.
+
+Priester.
+Nimm nur die neue Freundin mit, Janthen,
+Die dir so sehr gefällt. Das kürzt den Weg.
+
+Hero.
+Hast du doch recht, und also will ich tun.
+Janthe komm, und leite mich den Pfad.
+Dein froh Gespräch laß uns den Weg verkürzen.
+Und werd ich müd', so leih mir deinen Arm.
+Du aber stille Wohnung lebe wohl!
+Eh' noch der Abend graut, seh ich dich wieder!
+Wo bist du? Ah!--Sei heute Hero du
+Und denke, sprich für mich. Ein andermal
+Bin ich Janthe gern! Und sei nicht grämlich. Hörst du?
+
+(Janthens Nacken umschlingend ab.)
+
+Priester.
+Zähm ich den Grimm in meiner tiefsten Brust?
+Kein Zweifel mehr, die Zeichen treffen ein!--
+Ein Mann dem Tempel nah, und Hero weiß es.
+Und einer war's von jenen Jünglingen,
+Leander und Naukleros hießen sie,
+Die, aus Abydos, ich im Haine traf.
+Ob aber schon seit lang mit Heuchlerkunst,
+Sie mir's verbirgt; ob nun erst, heute, jetzt erst?--Naukleros und
+Leander! Welcher war's?
+
+(Die flachen Hände vor sich hingestreckt.)
+
+In gleichen Schalen wäg ich euer Los.
+Die Namen beide ähnlichen Gehalts,
+Die Zahl der Laute gleich in ein und anderm,
+Desselben Anspruchs jeder auf das Glück:
+Indes der eine doch ein Lebender, Beseelter,
+Sein Freund ein Toter ist, schon jetzo tot.
+Denn weil sie fern, leg ich die Schlingen aus,
+Die ihn verderben, kehrt der Kühne wieder.
+Unseliger, was strecktest du die Hand
+Nach meinem Kind, nach meiner Götter Eigen?
+
+(Nach rückwärts gewendet.)
+
+Ha Alter du noch hier? Laß uns hinauf.
+Erforschen jedes Zeichen, das der Tat
+Der noch verhüllten, dunkeln Fußtritt zeigt.
+Kommt dann die Nacht und siehst du wieder Licht--
+Und doch wer weiß, ob wir uns nicht getäuscht?
+Ist Zutraun blind, sieht Argwohn leicht zuviel:
+Zum mindesten befehl ich dir zu zweifeln,
+Bis ich dir sage: glaub's! Erschrick nicht, Alter!
+Geh nur voran und öffne jene Tür.
+
+(Der Alte geht dem Turme zu.)
+
+Priester (im Begriff ihm zu folgen).
+Fortan sei Ruh'! Der Torheit Werk vergeh'!
+Der Morgen find' es nicht. Es sei gewesen.
+
+(Mit dem Diener in den Turm ab.)
+
+(Kurze Gegend. Rechts im Vorgrunde Leanders Hütte. Daneben ein
+Baum mit einem Votivbilde.)
+
+Naukleros (kommt und bleibt vor der Hütte stehen, mit dem Fuß auf den
+Boden
+stampfend).
+Leander, hör! Machst du nicht auf?--Leander! Bis jetzt hat meine
+Sorgfalt ihn bewahrt.
+Ich ließ ihn gestern abends in der Hütte
+Und heute tat, die Nachbarn sagen's,
+Sich noch nicht auf die festverschloßne Tür.
+Doch gilt's zu wachen noch, zu hüten, sorgen.
+Was aber zögert er? Es ist schon spät.
+Hat allzu großer Schmerz--? Wie, oder gar?
+Vergaß vielleicht den Gram und seine Leiden?
+Und träumt nun langgestreckt? Leander! Ho!
+Langschläfer, Ohnesorg! Beim Sonnengott!
+Machst du nicht auf, so spreng ich dir die Tür! Mit alle dem
+dünkt's mich doch sonderbar.
+
+(Er sieht durch die Spalte.)
+
+(Leander tritt links im Hintergrunde auf.)
+
+Leander.
+Huhup!
+
+(Er zieht sich wieder zurück.)
+
+Naukleros (rasch umgewendet).
+Wer da?--Freund oder Feind?
+
+Leander (vortretend). Ha, ha!
+Erschreckt?
+
+(Er trägt einen Stab in der Hand und unter dem Arm ein Schleiertuch,
+dessen eines Ende er während des Folgenden in eine Schleife bindet.)
+
+Naukleros. Du selbst? und also spöttisch
+Genüber deinem Meister deinem Herrn?
+Und dann?--Was dünkt mir denn?--Wo kommst du her?
+Verließ ich dich nicht abends in der Hütte?
+Und heute,--sieh, ich weiß, die Nachbarn sagen's--
+Ging noch nicht auf die festverschloßne Tür.
+Wo kommst du her? und wie?
+
+(Er greift mit der Hand hin um Leanders Beschäftigung zu
+unterbrechen.)
+
+Leander (zurückziehend).
+Mein Stab! Mein Wimpel, ei!
+
+Naukleros.
+Dein Haar ist feucht, die schweren Kleider kleben.
+Du warst im Meer.
+
+Leander. Wie bündig schließt der Mann!
+
+(Er geht während des Folgenden nach rückwärts zum Baume und legt
+Stab und Schleier auf einer Erderhöhung unter dem Götterbilde
+nieder.)
+
+Naukleros (seinen Bewegungen folgend).
+Im Meer!--Weshalb?--Du warst doch nicht?--Leander!
+Weißt du? Sie senden Späher aus von Sestos,
+An unserm Ufer hat man ihrer schon gesehn.
+Wenn nun so weit, bis über Meeresgrenze
+Ihr Argwohn reicht, um wieviel strenger denkst du
+Das jenseits dir bewacht, uns feind von je?
+Der wär' ein Tor, der irgend es versuchte,
+Zu stürzen sich ins aufgespannte Netz.
+Dann aber: wie?
+
+Leander (der wieder zurückgekommen ist, nach rückwärts sprechend).
+Bewahre mir's, du Gott!
+
+Naukleros.
+Noch einmal: wie? Du weißt, ich brach das Steuer
+Von deinem Kahn, und alle Nachbarn hielten
+Auf mein Gesuch die Nachen unterm Schloß.
+Wenn nun zu Schiffe nicht, wie sonst? Denn schwimmend,
+Leander schwimmend--Kennst du auch den Raum,
+Der trennt Abydos' Strand von Sestos' Küste?
+Kein Lebender kommt lebend drüben an,
+Denn hielte auch die Kraft, so starren Klippen,
+Die reichen rings, soweit das Ufer reicht,
+Kein Ruheplatz, noch Anfurt, keine Stelle,
+Die sichre Landung beut.
+
+Leander. Sieh nur! so schroff?
+
+Naukleros.
+Nun ja, ein Ort ist zwischen scharfen Klippen,
+Dort mag ein Glückskind, das ihn nicht verfehlt,
+In finstrer Nacht, dort mag dem Land er nahn.
+Ein Turm steht da, voreinst zum Schutz gebaut;
+Jetzt wohnt die Priesterjungfrau drin, die einst wir
+Im Haine sahn. Du wohl seitdem--Leander!
+Birg nicht dein Aug'! Zu spät! Denn es gestand. Nun, du warst
+dort heut nacht, statt hier zu ruhn,
+Fandst glücklich aus den einz'gen Platz der Landung,
+Und standst am Turm, den feuchten Blick empor,
+Liebäugelnd mit dem Licht in ihrer Kammer.
+Sahst ihre Schatten an den Wänden fliehn,
+Beglückt, um höhern Preis nicht, als den Tod,
+Im Übermaß von so viel Glück zu schwelgen.
+
+Leander.
+Armseliger!
+
+Naukleros. Auch das! Die Schildrung war zu schwach.
+Du sahst sie, sprachst mit ihr, fandst Haus und Pforte
+Geöffnet, unbewacht, tratst ein--
+
+Leander (sich in seine Arme werfend).
+Naukleros!
+Fühlst du den Kuß? Und weißt du, wer ihn gab?
+
+Naukleros.
+Laß ab! Dein Kuß ist Tod.
+
+Leander. So furchtsam?
+Naukleros feig?
+
+Naukleros. Nun ja, ich seh es wohl, wir haben,
+Die Plätze haben wir getauscht. Ich furchtsam,
+Du kühn; Leander frohen Muts, Naukleros--
+Ich werde doch nicht gar noch weinen sollen?
+Wohlan, geh in den Tod! Nur eines,
+Ein einziges versprich mir: Dieses Mal,
+Diesmal such mir ihn nicht. Bleib fern von Sestos.
+Damit, wenn du nun daliegst bleich und kalt,
+Ich mir nicht sagen müsse: Du warst's, du,
+Der treulos seine Freundespflicht versäumt,
+Ihm selber wies die todgeschwellten Früchte,
+Selbst wob das Netz, das klammernd ihn umfing.
+
+(Ein Knie zur Erde gebeugt.)
+
+Leander!
+
+Leander. Bist du krank? Was kommt dir an?
+
+Naukleros.
+Hast du doch recht, und fürder auch kein Wort!
+Wer spräch' auch wohl zum brandend tauben Meer,
+Zum lauten Sturm, dem wilden Tier der Wüste,
+Das achtlos folgt der angebornen Gier.
+Darum kein Wort! Nur, denkst du irgend noch
+Der Freundschaft, die uns einst--
+
+Leander. Naukleros, einst?
+
+Naukleros.
+Laß das! Es spricht die Tat. Schein ich dir irgend
+Noch eines kleinen, armen Dienstes wert:
+Tu mir die Lieb' und öffne jene Tür.
+
+Leander.
+Wozu?
+
+Naukleros. Ich bitte dich!
+
+Leander. Der Schlüssel, weißt du,
+Liegt unterm Stein.
+
+Naukleros. Tu's selbst!
+
+Leander (der die Türe der Hütte geöffnet hat).
+Es ist geschehn.
+
+Naukleros.
+Wohlan! Und daß ich dankbar mich erweise:
+Geh dort hinein!
+
+Leander. Ich nicht!
+
+Naukleros. Du sollst! Du mußt!
+Der Stärkre war ich stets, der Ältre bin ich,
+Und jetzt stählt Sorge dreifach meinen Arm.
+
+(Leander anfassend.)
+
+So faß ich dich, so halt ich dich, so drück ich
+Dich an den Grund. Gehorchst du wohl?
+
+Leander (mit gebrochenen Knien).
+Halt ein!
+
+Naukleros (ihn loslassend).
+Armseliger! von Lieb' und Wellen matt!
+Und nun hinein!
+
+Leander (zurückweichend).
+Fürwahr! ich werde nicht!
+
+Naukleros (ihn anfassend und zurückdrängend).
+Du wirst, du sollst, du mußt!
+
+Leander. Laß ab!
+
+Naukleros. Vergebens!
+
+(Er hat ihn in die Türe gedrängt, die er jetzt rasch an sich zieht.)
+
+Nun zu die Tür!
+
+(Er dreht den Schlüssel.)
+
+Und schwimm du künftig wieder!
+Ich will als Schließer selbst dir Nahrung bringen.
+Doch daß du nicht entkommst, bin ich dir gut.
+
+Leander (von innen).
+Naukleros!
+
+Naukleros. Nein!
+
+Leander. Ein Wörtchen nur!
+
+Naukleros. Nicht eins!
+
+Leander.
+Doch wenn mein Heil, mein Leben dran geknüpft,
+Daß du mich hörst?
+
+Naukleros. Was also wär' es denn?
+
+Leander.
+Nur eine Spanne weit mach auf die Tür!
+Mein Dasein ist bedroht, wenn du's verweigerst.
+
+Naukleros.
+Nun, Handbreit öffn' ich denn.
+
+(Zurückprallend.)
+
+Ha, was ist das?
+
+(Leander stürzt aus der Hütte, das Haupt mit einem Helme bedeckt,
+den Schild am Arme, ein bloßes Schwert in der Hand.)
+
+Leander.
+Komm an! komm an! Warum nicht hältst du mich?
+Noch ist mir meines Vaters Helm und Schwert,
+Und Tod dräut jedem, der sich widersetzt. Tor, der du bist! und
+denkst du den zu halten,
+Den alle Götter schützen, leitet ihre Macht?
+Was mir bestimmt, ich will's, ich werd's erfüllen:
+Kein Sterblicher hält Götterwalten auf. Ihr aber, die ihr rettend
+mich beschirmt
+Durch Wellennacht:
+
+(Er kniet.)
+
+Poseidon, mächtiger Gott!
+Der du die Wasser legtest an die Zügel,
+Den Tod mir scheuchtest von dem feuchten Mund.
+Zeus, mächtig über allen, hehr und groß!
+Und Liebesgöttin, du, die mich berief,
+Den kundlos Neuen, lernend zu belehren
+Die Unberichteten was dein Gebot.
+Steht ihr mir bei und leitet wie bisher!
+
+(Aufstehend und Schild und Schwert von sich werfend, den Helm noch
+immer auf dem Haupte.)
+
+Drum keine Waffen! Euer Schutz genügt.
+Mit ihm geharnischt, wie mit ehrner Wehr,
+Stürz ich mich kühn in Mitte der Gefahren.
+
+(Schnell den Stab mit dem Schleiertuche aufnehmend und die
+dareingeknüpfte Schleife an die Spitze des Stabes befestigend,
+indes er das andere Ende mit der Hand daran festhält.)
+
+Und dieses Tuch, geraubt von heil'ger Stelle,
+Schwing ich als Wimpel in vermeßner Hand.
+Es weist den Weg mir durch die Wasserwüste,
+Und läßt ein Gott erreichen mich die Küste,
+Pflanz ich, ein Sieger, es auf den erstiegnen Strand.
+Erlieg ich, sei's durch Euch! und also fort!
+
+(Das Tuch flaggenartig schwingend.)
+
+Amor und Hymen, ziehet ihr voran,
+Ich komm, ich folg, und wäre Tod der Dritte!
+
+(Er eilt fort.)
+
+Naukleros.
+Er ist von Sinnen! Hörst du nicht? Leander!
+
+(Die Waffen aufnehmend.)
+
+Noch geb ich ihn nicht auf. Die Freunde samml' ich.
+Wir halten ihn, und wär' es mit Gewalt. Dort schleicht ein Mann,
+gehüllt in dunkeln Mantel,
+Ein Späher jenes Tempels schon vielleicht.
+Ich meid ihn, folge jenem. O mein Freund!
+
+(Er zieht sich ausweichend nach der entgegengesetzten Seite zurück.)
+
+(Platz vor Heros Turm wie zu Anfang dieses Aufzuges.)
+
+(Hero kommt, die Hand auf Janthens Schulter gelegt. Diener mit
+Gefäßen folgen.)
+
+Hero.
+Tragt die Gefäße nur hinauf zu meinem Ohm!
+Sagt ihm!--Ihr wißt ja selbst.--Ich bleibe hier.
+
+(Sie setzt sich.)
+
+War dieser Mann doch, meiner Eltern Bote,
+Wie Hoffnung, wie das Glück. Man sucht's, es flieht,
+Und läßt uns so zurück.
+
+Janthe. Du gingst so rasch.
+
+Hero.
+Nun, ich bin wieder da.
+
+Janthe. Willst du nicht lieber
+Hinauf in dein Gemach?
+
+Hero. Nein, nein, nur hier.
+Ist's noch nicht Abend?
+
+Janthe. Kaum.
+
+Hero (den Kopf in die Hand gestützt).
+Nu, nu! Ei nu!
+
+(Der Tempelhüter kommt von der linken Seite.)
+
+Tempelhüter.
+So bist du hier? Wir harrten deiner längst.
+
+Hero.
+Längst also, längst? Ich glaub ihr spottet mein!
+Ging ich nicht unverweilt, den Boten suchend,
+Der ewig mir entschwand, jetzt hier nun dort.
+Mit Absicht tatet ihr's. Weiß ich warum?
+
+Tempelhüter.
+Der Bote kam auf andern Wegen her,
+Du warst kaum fort. Er ist bei deinem Ohm.
+
+Hero.
+Und ihr ließt unberichtet mich? Doch immer!
+Ein andermal will ich wohl klüger sein.
+
+Tempelhüter.
+Dein Oheim harrt im Tempel.
+
+Hero. So?
+Er wird noch harren, denn ich bleibe hier.
+
+Tempelhüter.
+Doch er befahl--
+
+Hero. Befahl er dir, so tu's!
+Ich denke künftig selbst mir zu gebieten.
+Geh nur!
+
+(Zu Janthen.)
+
+Du immer auch.
+
+Janthe. Befiehlst du irgend sonst?
+
+Hero.
+Ich nicht. Und doch! wenn's selber dir gefällt.
+Geh nur hinauf, bereite mir die Lampe,
+Gieß Öl noch zu, genug für viele Zeit.
+Und kommt die Nacht.--Allein das tu ich selbst.
+
+(Die beiden gehen.)
+
+Hero.
+Und kommt die Nacht--Sie bricht ja wirklich ein.
+Da ist mein Turm, dort flüstern leise Wellen;
+Und gestern war er da, und heut versprach er.
+War's gestern auch? Mich deucht es wär' so lang.
+Mein Haupt ist schwer, die wirren Bilder schwimmen.
+Des Tages Glut, die Sorge jener Nacht,
+Die keine Nacht, ein Tag in Angst und Wachen--
+Das liegt wie Blei auf meinem trüben Sinn.
+Und doch ein lichter Punkt in all dem Dunkel:
+Er kommt. Gewiß? Nur noch dies eine Mal!
+Dann bleibt er fern.--Wer weiß? Auf lange Zeit.
+Und spät erst, spät--Ich muß nur wachsam sein!
+
+(Den Kopf in die Hand lehnend.)
+
+(Der Priester kommt mit dem Tempelhüter.)
+
+Priester.
+So kommt sie nicht?
+
+(Der Tempelhüter zeigt schweigend auf die Ruhende.)
+
+Priester (zu ihr tretend). Hero!
+
+Hero (aufschreckend). Bist du's, mein Freund?
+
+Priester.
+Ich bin's, und bin dein Freund.
+
+Hero (aufstehend). Sei mir gegrüßt!
+
+Priester.
+Der Bote deiner Eltern weißt du wohl--
+
+Hero.
+Ich weiß.
+
+Priester. Er brachte Briefe mit, sie liegen
+In deinem Turmgemach. Holst du sie nicht?
+
+Hero.
+Auf Morgen les ich sie.
+
+Priester. Nicht heut?
+
+Hero. Nicht jetzt.
+
+Priester.
+Zu wissen wie sie leben, reizt dich nicht?
+
+Hero.
+Nur kurz ist's, daß sie schieden, sie sind wohl.
+
+Priester.
+Bist du so sicher des?
+
+Hero. Ich bin es, Herr!
+Aufs Zeugnis einer seligen Empfindung,
+Die mich durchströmt, mein Wesen still verklärt,
+Daß alle, die mir teuer, froh und wohl.
+
+Priester.
+Wie oft täuscht ein Gefühl!
+
+Hero. Was täuschte nie?
+Bleibt mir die Wahl, wähl ich die süßre Täuschung.
+
+Priester.
+Wo ist Janthe?
+
+Hero. Eben ging sie hin.
+
+Priester.
+Nach den Ereignissen der letzten Zeit,
+Kann sie nicht weilen mehr in unserm Hause.
+
+Hero.
+Ich sagte dir, du tust dem Mädchen unrecht.
+
+Priester.
+Doch wie erweisest du's?
+
+Hero. Ich glaub es so.
+
+Priester.
+Auf ein Gefühl auch?
+
+Hero. Auch auf ein Gefühl.
+
+Priester.
+Doch ich will Klarheit, und Janthe scheide.
+
+Hero.
+Verzeih! Du weißt, das kann nicht ohne mich,
+Die Mädchen sind der Priesterin befohlen,
+Und meine Rechte kenn ich so wie meine--
+Ich kenne, Herr, mein Recht.
+
+Priester. Wie meine Pflichten;
+Du wolltest sagen so.
+
+Hero. Ich wollte, Herr;
+Und sag es jetzt: auch meine Pflichten kenn ich,
+Wenn Pflicht das alles, was ein ruhig Herz,
+Im Einklang mit sich selbst und mit der Welt,
+Dem Recht genüber stellt der andern Menschen.
+
+Priester.
+Dem Recht der Götter nicht?
+
+Hero. Laß uns nicht klügeln!
+Gib deinem Bruder und dir selbst sein Teil:
+Die Götter sind zu hoch für unsre Rechte.
+
+Priester.
+Du bist gereift.
+
+Hero. Nun, Herr, die Sonne scheint,
+Und auch der Mond läßt wachsen Gras und Kraut.
+
+Priester.
+Da du so streng ob deinen Rechten hältst,
+So muß ich bitten dich, mir zu verzeihn,
+Daß ich erbrochen deiner Mutter Schreiben.
+
+Hero.
+Was mein ist, ist auch dein.
+
+Priester. Ich wollte wohl,
+Du läsest diesen Brief, ob einer Warnung
+Die er enthält.
+
+Hero. Gewiß, ich werde: Morgen.
+
+Priester.
+Nein, heut. Wär's nicht zuviel, ich bäte dich,
+Ihn jetzt zu holen, gleich.
+
+Hero. Du quälst mich, Ohm.
+Allein damit du siehst--Ist's noch nicht Abend?
+
+Priester.
+Beinah.
+
+Hero. Ich hole denn das Schreiben,
+
+(Mit verbindlichem Ausdruck.)
+
+Damit du siehst, wie sehr ich dir zu Dienst.
+
+(Ab in den Turm.)
+
+Priester.
+Mein Innerstes bewegt sich, schau ich sie.
+So still, so klug, so Ebenmaß in jedem;
+Und immer deucht es mir, ich müßt' ihr sagen:
+Blick auf! Das Unheil gähnt, ein Abgrund neben dir!
+Und doch ist sie zu sicher und zu fest.
+Gönn ich ihr Zeit, und taucht ihr heller Sinn
+Auf aus den Fluten, die ihn jetzt umnachten,
+Denkt sie auf Mittel nur ihn zu erretten,
+Entzieht den Strafbarn unsrer Schlingen Haft,
+Und ist so mehr und sichrer denn verloren. Zwar, muß sie schuldig
+sein? Wenn ein Verwegner
+Das Unerlaubte tollkühn unternahm--
+Sei's auch, daß sie berührt nach Jugendart--
+Muß im Verständnis sie ihm selbst die Zeichen,
+Die Mittel selbst ihm bieten seiner Tat?
+
+(Am Fenster des Turmes erscheint die Lampe.)
+
+Was dort? Die Lampe strahlt. Unselig Mädchen!
+Sie leuchtet deiner Strafe, deiner Schuld.
+
+(Der Tempelhüter kommt.)
+
+Tempelhüter.
+Siehst du das Licht?
+
+Priester. Ich seh's. Sprachst du die Fischer?
+
+Tempelhüter.
+Ja Herr. Sie rudern nicht, wie du befahlst,
+Heut nacht ins Meer, das hoch geht ohnehin.
+
+Priester.
+So besser denn! Du folge nun! Sie kommt.
+
+(Sie entfernen sich nach der linken Seite.)
+
+(Hero kommt zurück mit einer Rolle.)
+
+Hero.
+Hier ist dein Brief. Nimmst du ihn nicht?--Ei ja!
+Wo ging' er mir nur hin?--Er kommt wohl wieder.
+
+(Sie steckt den Brief in den Gürtel.)
+
+Wie schön du brennst, o Lampe, meine Freundin!
+Noch ist's nicht Nacht, und doch geht alles Licht,
+Das rings umher die laute Welt erleuchtet,
+Von dir aus, dir, du Sonne meiner Nacht.
+Wie an der Mutter Brust hängt alles Wesen
+An deinem Umkreis, saugend deinen Strahl. Hier will ich sitzen,
+will dein Licht bewahren,
+Daß es der Wind nicht neidisch mir verlöscht.
+Hier ist es kühl, im Turme schwül und schläfrig,
+Die dumpfe Luft drückt dort die Augen zu.
+Das aber soll nicht sein, es gilt zu wachen.
+
+(Sie sitzt.)
+
+Sie haben mich geplagt den langen Tag
+Mit Kommen und mit Gehn. Nicht absichtslos!
+Allein weshalb? warum? Ich weiß es nicht.
+
+(Den Kopf in die Hand gesenkt.)
+
+Doch immerhin! Drückt erst nicht mehr die Stirn,
+Erkenn ich's wohl. Und dann--soll auch--wenn nur--
+
+(Emporfahrend.)
+
+Was ist? Wer kommt?--Ich bin allein. Der Wind nur
+Weht schärfer von der See.--So besser denn,
+Treibst du den Holden früher ans Gestade.
+Die Lampe brennt noch hell. Pfui, wer wird träumen?
+Hellauf und frisch! Der Liebe süße Wacht.
+
+(Den Kopf wieder in die Hand gestützt.)
+
+Genau besehn, wollt' ich, er käme nicht.
+Ihr Argwohn ist geweckt, sie lauern, spähn.
+Wenn sie ihn träfen--Mitleidsvolle Götter!
+Drum wär' es besser wohl, er käme nicht.
+Allein er wünscht's, er flehte, bat. Er will's.
+Komm immer denn, du guter Jüngling, komm!
+Ich will dich hüten, wie der jungen Schar
+Die Glucke schützt, und niemand soll dir nahn,
+Niemand, als ich allein; und nicht zu schäd'gen;
+Bewahr! bewahr!--Ich bin doch müd'.
+Es schmerzt der Fuß. Löst niemand mir die Schuh?
+
+(Sie zieht einen Fuß auf die Ruhebank.)
+
+Hier drückt es, hier. Hat mich ein Stein verletzt?
+
+(Auch den zweiten Fuß an sich ziehend, in halbliegender Stellung.)
+
+Wie süß, wie wohl!--Komm Wind der Nacht
+Und kühle mir das Aug', die heißen Wangen!
+Kommst du doch übers Meer, von ihm.
+Und, oh, dein Rauschen und der Blätter Lispeln,
+Wie Worte klingt es mir: von ihm mir, ihm, von ihm.
+Breit aus die Schwingen, hülle sie um mich,
+Um Stirn und Haupt, den Hals, die müden Arme,
+Umfaß, umfang! Ich öffne dir die Brust.--
+Und kommt er, sag es an!--Leander--du?--
+
+(Pause.)
+
+(Der Tempelhüter kommt lauschend auf den Zehen, hinter ihm der
+Priester, der am Eingange des Turmes stehenbleibt.)
+
+Tempelhüter (sich der Ruhebank nähernd, mit gedämpfter Stimme).
+Hero!--Sie schläft!--
+
+Priester. Vom Turme strahlt das Licht.
+Der Götter Sturm verlösche deine Flamme.
+
+(Er geht in den Turm.)
+
+Tempelhüter.
+Was sinnt er nur? Mir wird so bang und schwer.
+Wenn ich nicht sprach; und doch, wie konnt' ich anders?
+Dort gehen Männer mit des Fischzugs Netzen.
+
+(Sich der rechten Seite nähernd.)
+
+Was schafft ihr dort? Ward euch denn nicht geboten,
+Zu bleiben heute nacht dem Meere fern
+In eurer Hütten festverschloßnen Räumen?
+
+(Zurückkommend.)
+
+Sie meinen, es gibt Sturm. Nun, Götter, waltet!
+
+(Zum Turm emporblickend.)
+
+Die Lampe wird bewegt. Er selbst!--Unselig Mädchen!
+Erwacht sie? Nein. So warnet dich kein Traum?
+
+(Hero macht aufatmend eine Bewegung und sinkt dann tiefer in Schlaf.
+Das Haupt gleitet aus der unterstützenden Hand und ruht auf dem
+Oberarm, indes der untere Teil schlaff hinabhängt. Es ist dunkel
+geworden.)
+
+Tempelhüter.
+Mich schaudert. Weh! Hätt' ich mein Oberkleid!
+
+(Der Priester kommt zurück.)
+
+Priester.
+Wer spricht? Bist du's?--Komm mit, es sinkt die Nacht,
+Und brütet über ungeschehnen Dingen.
+
+(Zu Hero hintretend.)
+
+Nun, Himmlische, nun waltet eures Amts!
+Die Schuldigen hält Meer und Schlaf gebunden,
+Und so ist eures Priesters Werk vollbracht:
+Das Holz geschichtet und das Beil gezückt,
+Wend ich mich ab. Trefft Götter selbst das Opfer.
+
+(Indem er sich zum Fortgehen wendet fällt der Vorhang.)
+
+
+
+
+
+Fünfter Aufzug
+
+
+(Platz vor Heros Turm, wie zum Schluß des vorigen Aufzuges. Es ist
+Morgen.)
+
+(Beim Aufziehen des Vorhanges steht Hero in der Mitte der Bühne,
+den herabgesunkenen Kopf in die Hand gestützt, vor sich hinstarrend.
+Janthe kommt.)
+
+Janthe.
+Stehst du noch immer da, gleich unbewegt,
+Und starrst auf (einen) Punkt? Komm mit ins Wäldchen!
+Die Luft hat ausgetobt, die See geht ruhig.
+Doch hörtest du den Aufruhr heute nacht?
+
+Hero.
+Ob ich gehört?
+
+Janthe. Du warst so lang hier außen.
+Zwar endlich hört' ich Tritte über mir.
+Doch leuchtete kein Licht aus deiner Kammer.
+
+Hero.
+Kein Licht! Kein Licht!
+
+Janthe. Dich martert ein Geheimnis.
+Wenn du's vertrautest, leichter trügest du's.
+
+Hero.
+Errietst du's etwa schon und frägst mich doch?
+Ich sollte wachen hier, doch schlief ich ein.
+Es war schon Nacht, da weckte mich der Sturm.
+Schwarz hing es um mich her; verlöscht die Lampe.
+Mit losgerißnem Haar, vom Wind durchweht,
+Flog ich hinan. Kein Licht! nicht Trost und Hilfe,
+Lautjammernd, auf den Knien fand mich der Tag.--
+Und doch, und dennoch!
+
+Janthe. Arme Freundin!
+
+Hero. Arm?
+Und dennoch! Sieh! die Götter sind so gut!
+Ich schlief kaum ein, da löschten sie das Licht.
+Beim ersten Strahl des Tags hab ich's besehn,
+Mit heißem, trocknen Aug' durchforscht' die Lampe:
+Kein Hundertteil des Öles war verbrannt,
+Der Docht nur kaum geschwärzt. Klar war es, klar:
+Kaum schlief ich ein, verlöschte schon das Licht.
+Die Götter sind so gut! Geschah es später,
+
+(Von ihr wegtretend, vor sich hin.)
+
+So gab der Freund sich hin dem wilden Meer,
+Der Sturm ereilte ihn, und er war tot.
+So aber blieb er heim, gelockt von keinem Zeichen,
+Und ist gerettet, lebt.
+
+Janthe. Du scheinst so sicher.
+
+Hero.
+Ich bin es, denn ich bin. Die Götter sind so gut!
+Und was wir fehlten, ob wir uns versehn,
+Sie löschen es mit feuchtem Finger aus,
+Und wehren dem Verderben seine Freude.
+Ich aber will so jetzt, als künft'ge Zeit
+Auch ihnen kindlich dankbar sein dafür;
+Und manches was nicht recht vielleicht und gut
+Und ihnen nicht genehm, es sei verbessert;
+Zum mindesten entschieden, denn die Götter,
+Sie sind dem festen, dem entschiednen hold.
+Nun aber, Mädchen, tritt dort an die Anfurt.
+Sieh, ob dein Aug' die Küste mir erreicht,
+Das sel'ge Jenseits, wo--Schau gen Abydos!
+Ich hab's aus meinem Turm nur erst versucht,
+Doch lagen Nebel drauf. Nun ist's wohl hell.
+Willst du?
+
+(Sie setzt sich.)
+
+Janthe (nach dem Hintergrunde gehend).
+Doch sieh! es brach der Sturm den Strauch,
+Der dort am Fuße wächst des Turms, und, liegend,
+Verwehren seine Zweige mir den Tritt.
+
+Hero.
+Erheb die Zweige nur! Bist du so träg?
+
+Janthe.
+Noch Tropfen hängen dran.
+
+(Mit dem Fuße am Boden hinstreifend.)
+
+Auch Tang und Meergras
+Warf aus die See.--Ei, Muscheln, buntes Spielzeug!
+Es pflegt der Sturm die Trümmer seines Zorns
+Hierherzustreun.--Das Ende eines Tuchs.
+Es ist so schwer. Ein Lastendes von rückwärts
+Hält es am Boden fest.--Fürwahr ein Schleier!
+Fast gleicht es jenen, die du selber trägst,
+Zu Schleifen eingebunden beide Enden,
+Nach Wimpelart. Sieh zu! vielleicht erkennst du's.
+Doch ist es feucht, sonst würf' ich dir's als Ball.
+
+Hero.
+Laß das Getändel, laß! Erheb die Zweige.
+
+Janthe.
+Sie sind so schwer. O weh, mein gutes Kleid!
+Nun, denk ich, halt ich sie. Ei ja! sie weichen.
+Tritt selber nur herzu! Ich halte. Schau!
+
+(Sie hat die auf den Boden herabhängenden Zweige zusammengefaßt und
+emporgehoben. Leander liegt tot auf der Anfurt.)
+
+Hero (aufstehend).
+Ich komme denn!--Ein Mann!--Leander!--Weh!
+
+(Nach vorn zurückeilend.)
+
+Betrogne und Betrüger, meine Augen!
+Ist's wirklich? wahr?
+
+Janthe (die mit Mühe über die Zweige nach rückwärts geblickt).
+O mitleidsvolle Götter!
+
+(Der Priester kommt von der rechten Seite.)
+
+Priester.
+Welch Jammerlaut tönt durch die stille Luft?
+
+Hero (zu Janthen).
+Laß los die Zweige, laß!
+
+(Janthe läßt die Zweige fallen, die Leiche ist bedeckt.)
+
+Hero (dem Priester entgegen, und bemüht ihm die Aussicht nach rückwärts
+zu benehmen).
+Mein Oheim, du?--
+So früh im Freien?--Doch der Tag ist schön.
+Wir wollten eben beide--Freudig--froh!--
+
+(Sie sinkt von Janthen unterstützt zu Boden.)
+
+Priester.
+Was war? Was ist geschehn?
+
+Janthe (mit Hero beschäftigt, nach dem Strauche zeigend).
+O Herr! mein Herr!
+Priester.
+Erheb die Zweige! Schnell!
+
+(Es geschieht.)
+
+Gerechte Götter!
+Ihr nahmt ihn an. Er fiel von eurer Hand!
+
+Janthe (noch immer die Zweige haltend).
+Erbarmt sich niemand? Nirgends Beistand, Hilfe?
+
+Priester.
+Laß dort und komm!
+
+(Indem er sie anfaßt.)
+
+Hörst du? und schweig! Entfällt
+Ein einzig Wort von dem was du vernahmst
+
+(Sich von ihr entfernend, laut.)
+
+Ein Fremder ist der Mann, ein Unbekannter,
+Den aus das Meer an diese Küste warf,
+Und jene Priestrin sank bei seiner Leiche,
+Weil es ein Mensch, und weil ein Mensch erblich.
+
+(Der Tempelhüter und mehrere Diener sind von der rechten Seite
+gekommen.)
+
+Priester.
+Am Strande liegt ein Toter. Geht, erhebt ihn!
+Daß seine Freunde kommen und ihn sehn.
+
+(Diener gehen auf den Strauch zu.)
+
+Priester.
+Nicht hier. Den Turm herum. Rechts an der Anfurt.
+
+(Diener auf der linken Seite ab. In der Folge sieht man durch die
+Blätter Anzeichen ihrer Beschäftigung. Endlich wird der Strauch
+emporgehoben und befestigt, wo dann der Platz leer erscheint.)
+
+Tempelhüter (leise).
+So ist's denn--?
+
+Priester. Schweig!
+
+Tempelhüter. Nur, Herr, um dir zu melden:
+Der ältre jener beiden Jünglinge,
+Die du wohl kennst; wir fanden ihn am Strand,
+Trostlosen Jammers, suchend seinen Freund.
+Die Diener halten ihn.
+
+Priester. Führt ihn herbei.
+Hat er die Freiheit gleich verwirkt, und mehr,
+Sei's ihm erlassen, bringt er jenen heim.
+
+(Tempelhüter nach der rechten Seite ab.)
+
+Priester (zu Hero, die sich mit Janthens Hilfe aufgerichtet und einige
+Schritte nach vorn gemacht hat).
+Hero!
+
+Hero. Wer ruft?
+
+Priester. Ich bin's. Du höre mich!
+
+Hero (scheu nach rückwärts blickend, zu Janthe).
+Wo ist er hin? Janthe, wo?
+
+Janthe. O mir!
+
+Priester.
+Da's nun geschehn.
+
+Hero. Geschehen? Nein!
+
+Priester. Es ist!
+Die Götter laut das blut'ge Zeugnis gaben,
+Wie sehr sie zürnen, und wie groß dein Fehl;
+So laß in Demut uns die Strafe nehmen;
+Das Heiligtum, es teile nicht die Makel,
+Und ew'ges Schweigen decke was geschehn.
+
+Hero.
+Verschweigen ich, mein Glück und mein Verderben,
+Und frevelnd unter Frevlern mich ergehn?
+Ausschreien will ich's durch die weite Welt,
+Was ich erlitt, was ich besaß, verloren,
+Was mir geschehn, und wie sie mich betrübt.
+Verwünschen dich, daß es die Winde hören
+Und hin es tragen vor der Götter Thron.
+Du warst's, du legtest tückisch ihm das Netz,
+Ich zog es zu, und da war er verloren.
+Wo brachtet ihr ihn hin? ich will zu ihm!
+
+(Der Tempelhüter und mehrere Diener führen Naukleros herbei. Der
+Hüter geht gleich darauf nach der linken Seite ab.)
+
+Hero.
+Ha du! o Jüngling! Suchst du deinen Freund?
+Dort lag er, tot! Sie tragen ihn von dannen.
+
+Naukleros.
+O Schmerz!
+
+Hero. Ringst du die Hände, da's zu spät?
+Du staunst? Du klagst? Ja, läss'ger Freund!
+Er gab sich hin dem wildbewegten Meer,
+Beschützt von keinem Helfer, keinem Gott,
+Und tot fand ich ihn dort am Strande liegen.
+Und fragst du wer's getan? Sieh! dieser hier,
+Und ich, die Priesterin, die Jungfrau--So?--
+Menanders Hero, ich, wir beide taten's.
+Mit schlauen Künsten ließ er mich nicht ruhn,
+Versagte mir Besinnen und Erholung;
+Ich aber trat in Bund mit ihm und schlief.
+Da kam der Sturm, die Lampe löscht' er aus,
+Das Meer erregt' er wild in seinen Tiefen,
+Da jener schwamm, von keinem Licht geleitet.
+Die schwarzen Wolken hingen in die See,
+Das Meer erklomm, des Schadens froh, die Wolken,
+Die Sterne löschten aus, ringsum die Nacht.
+Und jener dort, der Schwimmer sel'ger Liebe
+Nicht Liebe fand er, Mitleid nicht im All.
+Die Augen hob er zu den Göttern auf,
+Umsonst! Sie hörten nicht, wie? oder schliefen?
+Da sank er, sank. Noch einmal ob den Wogen,
+Und noch einmal, so stark war seine Glut.
+Doch allzumächtig gegen ihn der Bund
+Von Feind und Freund, von Hassern und Geliebten.
+Das Meer tat auf den Schlund, da war er tot.
+O ich will weinen, weinen, mir die Adern öffnen,
+Bis Tränen mich und Blut, ein Meer, umgeben;
+So tief wie seins, so grauenhaft wie seins,
+So tödlich wie das Meer, das ihn verschlungen.
+
+Naukleros.
+Leander, oh, mein mildgesinnter Freund!
+
+Hero.
+Sag: er war alles! Was noch übrigblieb,
+Es sind nur Schatten; es zerfällt; ein Nichts.
+Sein Atem war die Luft, sein Aug' die Sonne,
+Sein Leib die Kraft der sprossenden Natur,
+Sein Leben war das Leben, deines, meins,
+Des Weltalls Leben. Als wir's ließen sterben,
+Da starben wir mit ihm. Komm, läss'ger Freund,
+Komm, laß uns gehn mit unsrer eignen Leiche.
+Du hast zwei Kleider und dein Freund hat keins,
+Gib mir dein Kleid, wir wollen ihn bestatten.
+
+(Naukleros nimmt seinen Überwurf ab, Janthe empfängt ihn.)
+
+Hero.
+Nur einmal noch berühren seinen Leib,
+Den edlen Leib, so voll von warmem Leben.
+Von seinem Munde saugen Rat und Trost.
+Dann--ja, was dann?--Zu ihm!
+
+(Zum Tempelhüter, der zurückgekommen ist.)
+
+Verweigerst du's?
+Ich will zu meinem Freund! Wer hindert's? du?
+
+(Sie macht eine heftige Bewegung, dann sinken Haupt und Arme
+kraftlos herab. Janthe will ihr beistehen.)
+
+Hero.
+Laß mich! Der Mord ist stark. Und ich hab ihn getötet.
+
+(Ab nach der linken Seite.)
+
+Priester (zu Janthen).
+Folg ihr!
+
+(Janthe geht.)
+
+Priester (zu Naukleros).
+Du bleib! Dein Leben ist verwirkt,
+Doch schenk ich dir's, bringst heim du jenen Toten
+Und schweigst dein Leben lang. Kamst du allein?
+
+Naukleros.
+Mir folgten Freunde von der Küste jenseits.
+
+Priester.
+Halt sie bereit.--Wo brachtet ihr ihn hin?
+
+Tempelhüter.
+Zum Tempel, Herr.
+
+Priester. Warum zum Tempel, sprich!
+
+Tempelhüter.
+So will's der Brauch.
+
+Priester. Will's so der Brauch, wohlan!
+Die Bräuche muß man halten, sie sind gut.
+Und nun zu ihr! Entfernt die Störung erst,
+Legt mild die Zeit den Balsam auf die Wunde.
+Ja, dies Gefühl, im ersten Keim erstickt,
+Bewahrt vor jedem zweiten die Verlockte,
+Und heilig fürderhin--Komm mit! Ihr folgt!
+
+(Alle ab.)
+
+
+
+
+
+
+
+
+(Das Innere des Tempels. Der Mittelgrund durch einen zwischen
+Säulen herabhängenden Vorhang geschlossen. Auf der rechten Seite
+des Vorgrundes eine Bildsäule Amors, an deren Arm ein Blumenkranz
+hängt.)
+
+(Mädchen kommen mit Zurechtstellen von Opfergefäßen und Abnehmen
+von Blumengewinden beschäftigt. Zwei davon nähern sich dem
+Vorhange.)
+
+(Janthe kommt.)
+
+Janthe.
+O laßt sie, laßt! Gönnt ihr die kurze Ruh'!
+Wie mag sie trauern um den Teuern, Guten.
+Sie fand den Ort wo man ihn hingebracht
+Blindfühlend aus, von niemanden belehrt,
+Und stürzte auf die Knie und weinte laut,
+Mit ihres Atems Wehn, mit ihren Tränen
+Zum Leben ihn zu rufen ohne Furcht bemüht.
+Doch als er des nicht achtet, weil er tot,
+Da warf sie sich auf den Erblaßten hin,
+Die teure Brust mit ihrer Brust bedeckend,
+Den Mund auf seinem Mund, die Hand in ihrer.
+Seitdem nun ist ihr Klagelaut verstummt,
+Doch, fürcht ich, sammelt sie nur neue Kraft
+Zu tieferm Jammer.--Nun, ich will auch nimmer
+Ein Lieb mir wünschen, weder jetzt, noch sonst:
+Besitzen ist wohl schön, allein verlieren!
+
+(Der Priester kommt mit dem Tempelhüter und Naukleros, dem mehrere
+Freunde folgen, von der rechten Seite.)
+
+Priester.
+Wo ist sie?
+
+Janthe. Dort!
+
+Priester. Zieht auf den Vorhang!
+
+Janthe. Herr--!
+
+Priester.
+Auf! sag ich, auf! Und haltet fern das Volk.
+
+(Der Vorhang wird aufgezogen, die Cella erscheint, zu der viele
+breite Stufen emporführen. Leander liegt querüber auf einem
+niedern Tragbette. Hero in einiger Entfernung auf den Stufen,
+halbliegend auf den rechten Arm gestützt, wie neugierig nach dem
+Toten hinblickend.)
+
+Priester.
+Hero!
+
+Hero. Wer ruft?
+
+Priester. Ich bin's. Komm hier!
+
+Hero. Warum?
+
+(Sie steht auf und tritt zu Füßen der Tragbahre, den Toten
+immerfort betrachtend)
+
+Priester.
+Genug ward nun geklagt ob jenem Fremden!
+Was schaffst du dort?
+
+Hero. Ich sinne, Herr!
+
+Priester. Du sinnst?
+
+Hero.
+Was nur das Leben sei?
+Er war so jugendlich, so schön,
+So überströmend von des Daseins Fülle,
+Nun liegt er kalt und tot. Ich hab's versucht,
+Ich legte seine Hand an meine Brust,
+Da fühlt' ich Kälte strömen bis zum Sitz des Lebens;
+Im starren Auge glühte keine Sehe.
+Mich schaudert. Weh!
+
+Priester. Mein starkes, wackres Mädchen.
+So wieder du mein Kind!
+
+(Zu Naukleros.)
+
+Du tritt hinzu!
+Erkennst du deinen Freund?
+
+Naukleros. Er ist's, er war's.
+
+Priester.
+Nun komm!
+
+Hero. Warum?
+
+Priester. Sie tragen ihn nun fort.
+
+Hero.
+Schon jetzt?
+
+Priester. So ist's.
+
+Hero. Wohin?
+
+Priester. Nach seiner Heimat.
+
+Hero.
+Gebt einen Mantel mir.
+
+Priester. Wozu?
+
+Hero. Ihm folgen.
+Ist er gleich tot, so war er doch mein Freund.
+Am Strande will ich wohnen wo er ruht.
+
+Priester.
+Unmöglich! Du bleibst hier!
+
+Hero. Hier?
+
+Priester. Priestrin, hier.
+
+Hero.
+So laßt an unserm Ufer ihn begraben,
+Wo er verblieb, wo er, ein Toter, lag,
+Am Fuße meines Turms. Und Rosen sollen
+Und weiße Lilien, vom Tau befeuchtet,
+Aufsprossen wo er liegt.
+
+Priester. Auch das soll nicht.
+
+Hero.
+Wie? Nicht?
+
+Priester. Es darf nicht sein.
+
+Hero. Es darf nicht?
+
+Priester (stark). Nein.
+
+Hero.
+Nun denn, ich hab gelernt Gewaltigem mich fügen!
+Die Götter wollten's nicht, da rächten sie's.
+Nehmt ihn denn hin. Leb wohl, du schöner Jüngling!
+Ich möchte gern noch fassen deine Rechte,
+Doch wag ich's nicht, du bist so eiseskalt.
+Als Zeichen nur, als Pfand beim letzten Scheiden
+Nimm diesen Kranz, den Gürtel lös ich ab,
+Und leg ihn dir ins Grab. Du schönes Bild,
+All was ich war, was ich besaß, du hast es,
+Nimm auch das Zeichen, da das Wesen dein.
+Und so geschmückt, leb wohl!
+
+(Einige nähern sich der Leiche.)
+
+Hero. Und dennoch, halt!
+Seid ihr so rasch?--Und dennoch, dennoch, nicht!
+
+(Zur Bahre tretend.)
+
+Nie wieder dich zu sehn, im Leben nie!
+Der du einhergingst im Gewand der Nacht
+Und Licht mir strahltest in die dunkle Seele,
+Aufblühen machtest all' was hold und gut;
+Du fort von hier an einsam dunkeln Ort,
+Und nimmer sieht mein lechzend Aug' dich wieder.
+Der Tag wird kommen und die stille Nacht,
+Der Lenz, der Herbst, des langen Sommers Freuden,
+Du aber nie. Leander, hörst du? nie!
+Nie, nimmer, nimmer, nie!
+
+(Sich an der Bahre niederwerfend und das Haupt in die Kissen
+verbergend.)
+
+Naukleros.
+Hab Mitleid, Herr!
+
+Priester. Ich (habe) Mitleid,
+Deshalb errett ich sie.
+
+(Zu Hero tretend.)
+
+Es ist genug.
+
+Hero (mit Beistand sich aufrichtend).
+Genug?
+Meinst du? genug!--Was aber soll ich tun?
+Er bleibt nicht hier, ich soll nicht mit.
+Ich will mit meiner Göttin mich beraten.
+Janthe, leite mich zu ihrem Thron.
+So lang berührt ihn nicht.
+
+(Zu Naukleros.)
+
+Versprich es mir!
+Gib mir die Hand darauf.--Ha, zuckst du? Gelt!
+Das tat mir der, dein Freund!--Du bist so warm.
+Wie wohl, wie gut!--Zu leben ist doch süß!
+Nun aber laß!--Wer wärmt mir meine Hand?
+Janthe komm!--Doch erst zieh mir den Schleier
+Hinweg vom Aug'!
+
+Janthe. Kein Schleier deckt dein Haupt.
+
+Hero.
+Ja so!--Komm denn!--Und ihr berührt ihn nicht!
+
+Janthe (die Heron angefaßt hat, zum Priester).
+O Herr, der Frost des Todes ist mit ihr!
+
+Priester.
+Ob Tod, ob Leben, weiß der Arzt allein.
+
+Janthe (Heron leitend).
+Sieh hier!--Heb nur den Fuß!--Du wankst. Nur hier!
+
+(Hero besteigt von Janthen geführt, die Stufen. Ein Teil der
+Jungfrauen folgt ihr, sich in einer herablaufenden Reihe auf der
+rechten Seite aufstellend, die übrigen treten unten auf die linke
+Seite, so daß die Tragbahre von ihnen verdeckt wird.)
+
+Priester (halblaut).
+Ihr bringt indes ihn fort.
+
+Naukleros. Bedenk!
+
+Priester. Es muß!
+Kehrt sie zurück, sei jede Spur verschwunden.
+Dein Leben gilt's.
+
+Naukleros. Wohlan!
+
+(Seine Begleiter gehen von hinten herum und fassen die Tragbahre.)
+
+Hero (die von Janthen unterstützt, bereits die obern Stufen erstiegen,
+ruft in demselben Augenblicke, das Gesicht noch immer gegen die
+Cella gerichtet).
+Leander!
+
+(Rasch umgewendet, Haupt und Arme in die Luft geworfen.)
+
+Leander!
+
+Janthe (sie umfassend zu den Trägern).
+Halt!
+
+Priester. Nur fort!
+
+Janthe. Sie gleitet, sinkt!
+Setzt ab! in Doppelschlägen pocht ihr Herz!
+
+Priester.
+Des Herzens Schlag ist Leben, Doppelschlag
+Verdoppelt Leben denn. Ihr tragt ihn fort!
+Der ist kein Arzt, der Krankendrohung scheut.
+
+(Man hat die Leiche zu der links gegen den Hintergrund befindlichen
+Pforte hinausgetragen. Der Priester folgt.)
+
+Janthe (bei Hero auf den Stufen kniend).
+Ist hier nicht Hilfe, Rettung? Sie vergeht.
+
+(Den Trägern nachsehend.)
+
+Schon nimmt sie auf die Wölbung. Die sein warten,
+Von jenseits kommen sie. Gedränge, Fackelglanz.
+Die äußre Pforte tut sich auf. Weh uns
+Sie donnert zu. Der Gang hüllt sich in Dunkel.
+Sie haben, halten ihn. Er kommt nicht wieder.
+
+(Hero, die bisher halb sitzend an Janthes Knie gelehnt, gleitet
+jetzt herab und liegt auf den Stufen.)
+
+Janthe.
+Hero! O mir! Wer steht der Ärmsten bei?
+
+Priester (zurückkommend).
+Sie führen ihn mit sich, sie rudern fort.
+Bald trennt das Meer die unheilvoll Vereinten.
+
+Janthe (nach einer Pause aufstehend und herabkommend).
+Es braucht kein Meer, der Tod hat gleiche Macht,
+Zu trennen, zu vereinen. Komm und schau
+So sehn die Toten aus in diesen Landen.
+
+Priester.
+Spricht das der Wahnsinn?
+
+Janthe. Nein, er hört's.
+Vorsicht'ger Tor, sieh deiner Klugheit Werke!
+
+Priester.
+Und gält's ihr Leben! Gäb' ich doch auch meins,
+Um Unrecht abzuhalten. Doch es ist nicht.
+
+(Er eilt die Stufen hinauf, vor der Hingesunkenen kniend.)
+
+Janthe.
+Heißt nur die Männer, die den Jüngling tragen,
+Drauß' harren, es bedarf noch ihres Amts.
+Zwei Leichen und (ein) Grab. O gönnt es ihnen!
+
+(Zum Priester, der die Stufen herabkommt.)
+
+Nun, Mann, du gehst? So gibst du sie denn auf?
+Bleib! Eine Dienerin begehrt der Freiheit,
+Ich kehre heim zu meiner Eltern Herd.
+
+(Der Priester geht, sich verhüllend, ab.)
+
+Du gehst und schweigst? Sei Strafe dir dies Schweigen!
+Ihr sorgt für sie, wie sonst ich selbst getan.
+Mich duldet's länger nicht in eurem Hause.
+
+(Sie nimmt den Kranz von Amors Bildsäule.)
+
+Hier diesen Kranz tragt mit der Bleichen fort.
+
+(Den Kranz nach der mit Hero beschäftigten Gruppe hinwerfend, gegen
+die Bildsäule sprechend.)
+
+Versprichst du viel, und hältst du also Wort?
+
+(Der Vorhang fällt.)
+
+
+Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Des Meeres und der Liebe Wellen,
+von Franz Grillparzer.
+
+
+
+
+*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DES MEERES UND DER LIEBE WELLEN ***
+
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+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US
+unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not
+keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
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+We are now trying to release all our eBooks one year in advance
+of the official release dates, leaving time for better editing.
+Please be encouraged to tell us about any error or corrections,
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+The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at
+Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. A
+preliminary version may often be posted for suggestion, comment
+and editing by those who wish to do so.
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+Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new
+eBooks, and how to subscribe to our email newsletter (free!).
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+also a good way to get them instantly upon announcement, as the
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+Or /etext04, 03, 02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92,
+91 or 90
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+as it appears in our Newsletters.
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+
+Information about Project Gutenberg (one page)
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+We produce about two million dollars for each hour we work. The
+time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours
+to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright
+searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our
+projected audience is one hundred million readers. If the value
+per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2
+million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text
+files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+
+We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002
+If they reach just 1-2% of the world's population then the total
+will reach over half a trillion eBooks given away by year's end.
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+The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks!
+This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
+which is only about 4% of the present number of computer users.
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+Here is the briefest record of our progress (* means estimated):
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+eBooks Year Month
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+ 10 1991 January
+ 100 1994 January
+ 1000 1997 August
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+DISTRIBUTION UNDER "PROJECT GUTENBERG-tm"
+You may distribute copies of this eBook electronically, or by
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+ [*] The eBook, when displayed, is clearly readable, and
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+ intended by the author of the work, although tilde
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+ no additional cost, fee or expense, a copy of the
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+ or other equivalent proprietary form).
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+
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+ legally required to prepare) your annual (or equivalent
+ periodic) tax return. Please contact us beforehand to
+ let us know your plans and to work out the details.
+
+WHAT IF YOU *WANT* TO SEND MONEY EVEN IF YOU DON'T HAVE TO?
+Project Gutenberg is dedicated to increasing the number of
+public domain and licensed works that can be freely distributed
+in machine readable form.
+
+The Project gratefully accepts contributions of money, time,
+public domain materials, or royalty free copyright licenses.
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+
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+hart@pobox.com
+
+[Portions of this eBook's header and trailer may be reprinted only
+when distributed free of all fees. Copyright (C) 2001, 2002 by
+Michael S. Hart. Project Gutenberg is a TradeMark and may not be
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+they hardware or software or any other related product without
+express permission.]
+
+*END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS*Ver.02/11/02*END*
+
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index 0000000..8dceabf
--- /dev/null
+++ b/8568-8.zip
Binary files differ
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--- /dev/null
+++ b/LICENSE.txt
@@ -0,0 +1,11 @@
+This eBook, including all associated images, markup, improvements,
+metadata, and any other content or labor, has been confirmed to be
+in the PUBLIC DOMAIN IN THE UNITED STATES.
+
+Procedures for determining public domain status are described in
+the "Copyright How-To" at https://www.gutenberg.org.
+
+No investigation has been made concerning possible copyrights in
+jurisdictions other than the United States. Anyone seeking to utilize
+this eBook outside of the United States should confirm copyright
+status under the laws that apply to them.
diff --git a/README.md b/README.md
new file mode 100644
index 0000000..32a1e1d
--- /dev/null
+++ b/README.md
@@ -0,0 +1,2 @@
+Project Gutenberg (https://www.gutenberg.org) public repository for
+eBook #8568 (https://www.gutenberg.org/ebooks/8568)