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+ Grundgedanken über Krieg und Kriegführung, by Karl von Clausewitz, A Project Gutenberg eBook.
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+<pre>
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+The Project Gutenberg EBook of Grundgedanken über Krieg und Kriegführung, by
+Karl von Clausewitz
+
+This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
+almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
+re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
+with this eBook or online at www.gutenberg.org
+
+
+Title: Grundgedanken über Krieg und Kriegführung
+
+Author: Karl von Clausewitz
+
+Release Date: July 10, 2011 [EBook #36693]
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-8859-1
+
+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GRUNDGEDANKEN ÜBER KRIEG UND ***
+
+
+
+
+Produced by Norbert H. Langkau, Heike Leichsenring and the
+Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net
+
+
+
+
+
+
+</pre>
+
+
+
+<div class='tnote'>
+<p class="u1">Anmerkungen zur Transkription</p>
+
+<p class="noindent">Die Originalausgabe ist in Fraktur gesetzt. In Antiqua gesetzt sind in ihr römische Zahlen und der Dr.-Titel
+(in der elektronischen Fassung ohne Hervorhebung wiedergegeben) sowie einzelne Wörter und Wendungen aus fremden Sprachen (hier kursiv).
+Gesperrt gesetzte Wörter oder Passagen sind in dieser Form übernommen.</p>
+
+<p class="noindent">Offensichtliche
+Interpunktionsfehler wurden berichtigt. Im Übrigen wurden Inkonsistenzen
+in der Schreibweise einzelner Wörter (ungeheuere/ungeheure und
+Entwickelung/Entwicklung) belassen.</p>
+
+<p class="noindent">Die übrigen Korrekturen sind durch eine gepunktete Linie unter dem korrigierten Wort markiert und <ins title="Anmerkung zur Transkription: Im Original 'erschenen'">erscheinen</ins>, wenn Sie den Mauszeiger
+auf das Wort richten.</p>
+
+<p class="noindent">Im Original sind Textabschnitte, die ein zusammenhängendes Zitat aus
+dem Grundwerk "Vom Kriege" darstellen, voneinander mit einer (zusätzlichen) Leerzeile abgetrennt.
+Dies wurde hier in Form eines größeren Abstands zwischen den Absätzen
+nachgebildet.</p>
+
+</div>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p class="u1">General Karl von Clausewitz</p>
+
+
+<h1>Grundgedanken über Krieg und Kriegführung</h1>
+
+
+
+<p class="figcenter title" style="width: 120px;">
+<img src="images/title1.png" alt="Verlagslogo" title="" />
+</p>
+
+
+<p class="title">Erschienen im Insel-Verlag zu Leipzig</p>
+
+<p class="figcenter title" style="width: 50px;">
+<img src="images/title2.png" alt="Zensurstempel Völkerschlachtdenkmal" title="" />
+</p>
+
+<p class="title">21.-30. <em class="gesperrt">Tausend</em>
+</p>
+
+
+
+<hr class="hr65" />
+<h2><a name="Inhaltsubersicht" id="Inhaltsubersicht">Inhaltsübersicht</a></h2>
+
+<table border="0" summary="Inhaltsübersicht">
+
+
+<tr>
+<td class="wide">&nbsp;</td>
+<td class="short">Seite</td>
+</tr>
+<tr>
+<td class="wide"><a href="#Geleitwort_des_Herausgebers">Geleitwort des Herausgebers</a></td>
+<td class="short">3</td>
+</tr>
+<tr>
+<td class="wide"><a href="#Wesen_und_Ziel_des_Krieges">Wesen und Ziel des Krieges</a></td>
+<td class="short">6</td>
+</tr>
+<tr>
+<td class="wide"><a href="#Kriegskunst_und_Theorie">Kriegskunst und Theorie</a></td>
+<td class="short">10</td>
+</tr>
+<tr>
+<td class="wide"><a href="#Kriegerische_Tugenden_Heer_und_Feldherr">Kriegerische Tugenden. Heer und Feldherr</a></td>
+<td class="short">15</td>
+</tr>
+<tr>
+<td class="wide"><a href="#Kriegsplan_Numerische_Uberlegenheit_Friktion_im">Kriegsplan. Numerische Überlegenheit. Friktion im Kriege.
+Ungewißheit der Nachrichten</a></td>
+<td class="short">31</td>
+</tr>
+<tr>
+<td class="wide"><a href="#Operationsbasis_Marsche_Festungen_Gebirgskrieg">Operationsbasis. Märsche. Festungen. Gebirgskrieg</a></td>
+<td class="short">37</td>
+</tr>
+<tr>
+<td class="wide"><a href="#Das_Gefecht_Verluste_Reserven_Die_Hauptschlacht">Das Gefecht. Verluste. Reserven. Die Hauptschlacht. Sieg und Verfolgung</a></td>
+<td class="short">43</td>
+</tr>
+<tr>
+<td class="wide"><a href="#Die_verlorene_Schlacht_und_der_Ruckzug">Die verlorene Schlacht und der Rückzug</a></td>
+<td class="short">62</td>
+</tr>
+<tr>
+<td class="wide"><a href="#Verteidigung_und_Angriff">Verteidigung und Angriff</a></td>
+<td class="short">68</td>
+</tr>
+<tr>
+<td class="wide"><a href="#Betrachtungen_und_Ausblicke">Betrachtungen und Ausblicke</a></td>
+<td class="short">81</td>
+</tr>
+</table>
+
+
+<hr class="hr65" />
+<h2><a name="Geleitwort_des_Herausgebers" id="Geleitwort_des_Herausgebers">Geleitwort des Herausgebers</a></h2>
+
+
+<p>Das Buch <em class="gesperrt">Vom Kriege</em>, das Buch aller Bücher über den
+Krieg, dem die nachfolgenden Sätze in der Hauptsache entnommen
+sind, ist im Jahre 1832 erschienen, also erst nach dem
+&ndash; am 16. November 1831 erfolgten &ndash; Tode des Verfassers,
+des preußischen Generalmajors Karl von Clausewitz. Wie so
+viele Werke großer Geister ist auch dieses, das Hauptwerk des
+größten Theoretikers der Kriegskunst, ein Fragment. Eine
+Sammlung von Werkstücken, Hauptlineamente hat der Verfasser
+selbst sie genannt. Zur letzten Durcharbeitung, Sichtung
+und Zusammenfassung ist er nicht gekommen. Ursprünglich
+hatte Clausewitz auch gar nicht die Absicht, ein vollständiges,
+einheitliches Buch über den Lieblingsgegenstand der Gedankenarbeit
+seines ganzen Lebens zu schreiben. Er wollte zunächst
+nichts, als ihn »in ganz kurzen, präzisen, gedrungenen Sentenzen,
+nach der Art Montesquieus« behandeln. Diese <em class="gesperrt">Körner</em>
+&ndash; wie er sie einmal bezeichnet &ndash; sollten »schon mit der Sache bekannte
+geistvolle Menschen anziehen, ebensosehr durch das, was
+weiter aus ihnen entwickelt werden könnte, als durch das, was sie
+feststellen«. Ein System ist erst allmählich, sozusagen gegen den
+Willen des Schreibenden, in seine »Materialien« gekommen.</p>
+
+<p>Diese erste Absicht, in Aphorismen zu sprechen, gestattet es
+ohne Zweifel, einmal die Grundgedanken als <em class="gesperrt">Körner</em> auf
+einer besonderen Schale zu reichen. Der Berufssoldat, der
+das ganze Werk kennt und liebt, wird durch sie gewiß von
+neuem zu ihm hingezogen, während wohl mancher Nichtsoldat
+zumal in einer Zeit, in der das Gesamtleben Deutschlands nur
+noch die Achse des Krieges hat, es sich nun nicht länger versagen
+wird, einem Geistesmonument nahezutreten, das er längst
+hätte besitzen sollen, denn Clausewitz gehört zu den großen Erziehern
+der Deutschen.</p>
+
+<p>Auf das Leben und die Persönlichkeit des Generals kann hier
+aus Raummangel nicht eingegangen werden. Es müßte ausführlich
+geschehen, und dies soll in der Inselausgabe des Buches
+Vom Kriege erfolgen, die in Vorbereitung ist. Ebenda wird
+über die Bedeutung und die Nachwirkung seiner Lehren das
+Nötige dargelegt werden. Hier sei nur kurz berichtet, daß der
+am 1. Juni 1780 in Burg bei Magdeburg geborene Karl
+von Clausewitz als junger Soldat den Rheinfeldzug mitmachte.
+Nach der Schlacht bei Jena geriet er dann als Bataillonsadjutant
+in französische Gefangenschaft. Später wirkte er im
+Sinne Scharnhorsts und Gneisenaus, vor allem aber als der
+Theoretiker des meisterlichsten aller Praktiker, Napoleons, an
+der Kriegsakademie zu Berlin. 1812 trat er in russische
+Dienste, erlebte im Hauptquartier den Feldzug von 1812 und
+kämpfte des weiteren während der Befreiungskriege im Stabe
+Blüchers.</p>
+
+<p>Die Schicksale der Großen Armee in Rußland haben den
+tiefsten Eindruck auf Clausewitz und seine strategischen Erkenntnisse
+hinterlassen. Dem Mißerfolg des genialen Eroberers
+wissenschaftlich nachzuspüren, ist er in den letzten zwanzig
+Jahren seines Lebens nicht müde geworden, und es zeugt von
+der hohen geistigen Überlegenheit dieses preußischen Offiziers,
+daß er bei all seiner glühenden Vaterlandsliebe sein Leben lang
+der gerechteste Verehrer Napoleons blieb. Unberührt vom
+blinden Hasse der Zeit, lag es Clausewitz ob, weiter als die
+Menschen von damals zu blicken und dadurch für die Zukunft
+seines zu einem weltmächtigen Deutschen Kaiserreiche erweiterten
+Vaterlandes Dauerndes zu schaffen.</p>
+
+<p>Kaum geht man wohl fehl, wenn man die berühmteste These
+im Buche Vom Kriege: Die Verteidigung sei die an sich stärkere
+Form der Kriegführung &ndash; vor allem auf die unmittelbaren
+Erfahrungen des Generals im russischen Feldzuge zurückführt.
+Dieser auffälligen Lehre gebühren selbst im Rahmen dieser
+knappen Vorrede ein paar Worte. Jedermann in der Welt
+weiß, daß unsere Armee den Geist der Offensive über alles
+hochhält und bis ins kleinste zu betätigen strebt. Um so fremder
+erscheint uns die Verherrlichung der Verteidigungstheorie
+bei Clausewitz, der die Offensive erst aus vorheriger Defensive,
+aus dem Abwarten heraus entwickelt. So sehr unsere
+Heerführer bis auf den heutigen Tag von dem stählernen Kern
+der Lehren des Generals von Clausewitz, dem Vernichtungsgedanken,
+überzeugt sind: in dem einen Problem ist er vielumstritten
+worden, noch kurz vor dem großen Kriege Englands
+gegen unsere Daseinsberechtigung, durch den General v. Bernhardi,
+den Verfasser des hervorragenden Buches »Vom heutigen
+Kriege«, das zugleich als das bedeutendste Ergänzungswerk
+zum alten Clausewitz neben den gelehrten »Studien nach
+Clausewitz« des Generals Freiherrn v. Freytag-Loringhoven,
+des jetzigen Generalquartiermeisters, hier zu nennen ist.</p>
+
+<p>Dresden, 1915
+<span style="float: right;">Hauptmann Dr. <em class="gesperrt">Arthur Schurig</em></span></p>
+
+
+
+<hr class="hr65" />
+<h2><a name="Wesen_und_Ziel_des_Krieges" id="Wesen_und_Ziel_des_Krieges">Wesen und Ziel des Krieges</a></h2>
+
+
+<p>Der Krieg ist nichts als die fortgesetzte Staatspolitik mit
+anderen Mitteln.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Seit Napoleon Bonaparte hat sich der Krieg, indem er zuerst
+auf der einen Seite, dann auch auf der anderen wieder
+<em class="gesperrt">Sache des ganzen Volkes</em> wurde, seiner wahren Natur,
+seiner absoluten Vollkommenheit sehr genähert.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Krieg ist ein erweiterter Zweikampf. Jeder sucht den
+andern durch physische Gewalt zur Erfüllung seines Willens
+zu zwingen.</p>
+
+<p>Der Krieg ist ein Akt der Gewalt, und es gibt in der Anwendung
+der Gewalt keine Grenzen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Gewalt rüstet sich mit den Erfindungen der Wissenschaften
+aus, um der Gewalt zu begegnen. Unmerkliche, kaum
+nennenswerte Beschränkungen, die sie sich selbst setzt unter dem
+Namen völkerrechtlicher Sitte, begleiten sie, ohne ihre Kraft
+wesentlich zu schwächen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Menschenfreundliche Seelen könnten leicht denken, es gäbe
+ein Entwaffnen oder Niederwerfen des Gegners, ohne zu viel
+Wunden zu verursachen, und das sei die wahre Kriegskunst.
+Wie gut sich das auch ausnimmt, so muß man diesen Irrtum
+doch zerstören, denn in so gefährlichen Dingen, wie der Krieg
+eins ist, sind <em class="gesperrt">die</em> Irrtümer, die aus Gutmütigkeit entstehen,
+gerade die schlimmsten. Wer sich der Gewalt <em class="gesperrt">rücksichtslos</em>
+bedient, bekommt ein Übergewicht, wenn der Gegner anders
+handelt. So muß man die Sache ansehen, und es ist ein unnützes,
+sogar verkehrtes Bestreben, aus Widerwillen gegen das rohe
+Element die Natur des Krieges zu verkennen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Kampf zwischen Menschen besteht aus zwei verschiedenen
+Elementen: dem feindseligen Gefühl und der feindseligen Absicht.
+Bei wilden Völkern herrschen die dem Gemüt, bei gebildeten
+die dem Verstande angehörigen Absichten vor. Allein
+dieser Unterschied liegt nicht im Wesen von Roheit und Bildung
+selbst, sondern in den sie begleitenden Umständen und
+Einrichtungen. Er ist also nicht in jedem einzelnen Falle notwendig,
+sondern er beherrscht nur die Mehrheit der Fälle.
+Mit einem Worte: auch die gebildetsten Völker können gegeneinander
+leidenschaftlich entbrennen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Gewalt, physische Gewalt ist das Mittel; dem Feinde unseren
+Willen aufzudringen, der Zweck. Um diesen Zweck sicher zu
+erreichen, müssen wir <em class="gesperrt">den Feind wehrlos machen</em>. Dies
+ist dem Begriffe nach das eigentliche Ziel der kriegerischen
+Handlung.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wenn der Gegner unseren Willen erfüllen soll, so müssen
+wir ihn in eine Lage versetzen, die nachteiliger ist als das
+Opfer, das wir von ihm fordern. Die Nachteile dieser Lage
+dürfen aber natürlich, wenigstens dem Anscheine nach, nicht
+vorübergängig sein, sonst würde der Gegner den besseren Zeitpunkt
+abwarten und nicht nachgeben. Jede Veränderung dieser
+Lage durch die fortgesetzte kriegerische Tätigkeit muß zu einer
+noch nachteiligeren Lage führen, wenigstens in der Vorstellung.
+Die schlimmste Lage, in die ein Kriegführender geraten kann,
+ist die gänzliche Wehrlosigkeit.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Nun ist der Krieg nicht das Wirken einer lebendigen Kraft
+auf eine tote Masse, sondern, weil ein reines Dulden auf der
+einen Seite kein Krieg wäre, so ist er immer der Stoß zweier
+<ins title="Anmerkung zur Transkription: Im Original 'lebendigen'">lebendiger</ins> Kräfte gegeneinander. Solange ich den Gegner
+nicht niedergeworfen habe, muß ich befürchten, daß er mich
+niederwirft. Ich bin also nicht Herr meiner selbst, sondern er
+gibt mir das Gesetz, wie ich es ihm gebe.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wollen wir den Gegner niederwerfen, so müssen wir <em class="gesperrt">unsere</em>
+Anstrengung nach <em class="gesperrt">seiner</em> Widerstandskraft bemessen. Diese
+drückt sich durch ein Produkt aus, deren Faktoren sich nicht
+trennen lassen, nämlich: die Größe der vorhandenen Mittel
+und die Stärke der Willenskraft. Die Größe der vorhandenen
+Mittel ließe sich bestimmen, da sie &ndash; wiewohl nicht ganz &ndash; auf
+Zahlen beruht. Aber die Stärke der Willenskraft läßt sich viel
+weniger bestimmen und nur etwa nach der Stärke des Beweggrunds
+schätzen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Das Gesetz des Äußersten, die Absicht, den Gegner wehrlos
+zu machen, verschlingt gewissermaßen zunächst den politischen
+Zweck des Krieges. So wie dieses Gesetz in seiner Kraft nachläßt,
+diese Absicht von ihrem Ziele zurücktritt, muß der politische
+Zweck wieder hervortreten. Je kleiner das Opfer ist, das wir
+von unserm Gegner fordern, um so geringere Anstrengungen
+dürfen wir von ihm erwarten. Je geringer aber diese sind, um
+so kleiner dürfen die unsrigen bleiben. Ferner, je kleiner unser
+politischer Zweck ist, um so geringer wird der Wert sein, den
+wir auf ihn legen; um so eher werden wir uns gefallen lassen,
+ihn aufzugeben: also um so kleiner werden auch unsere Anstrengungen
+sein. So wird der politische Zweck als das ursprüngliche
+Motiv des <ins title="Anmerkung zur Transkription: Im Original 'Kriegs'">Krieges</ins> das Maß sowohl für das Ziel,
+das durch die Kriegführung erreicht werden muß, als auch für
+die Anstrengungen, die erforderlich sind.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Je großartiger und stärker die Motive des Krieges sind, je
+mehr sie das ganze Dasein der Völker umfassen, je gewaltsamer
+die Spannung ist, die dem Kriege vorhergeht, um so mehr wird
+der Krieg sich seiner abstrakten Gestalt nähern, um so mehr wird
+es sich um das Niederwerfen des Feindes handeln, um so mehr
+fallen das kriegerische Ziel und der politische Zweck zusammen,
+um so reiner kriegerisch, weniger politisch scheint der Krieg zu
+sein.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Krieg ist unter allen Umständen als kein selbständiges
+Ding, sondern als ein politisches Instrument zu denken. Nur
+mit dieser Vorstellungsart ist es möglich, nicht mit der sämtlichen
+Kriegsgeschichte in Widerspruch zu geraten.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Krieg gehört nicht in das Gebiet der Künste und Wissenschaften,
+sondern in das Gebiet des sozialen Lebens. Er ist ein
+Konflikt großer Interessen, der sich blutig löst, und nur darin
+ist er von den anderen verschieden. Besser als mit irgendeiner
+Kunst ließe er sich mit dem Handel vergleichen, der auch ein
+Konflikt menschlicher Interessen und Tätigkeiten ist, und viel
+näher steht ihm die Politik, die ihrerseits wieder als eine Art
+von Handel in größerem Maßstabe angesehen werden kann.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Krieg ist nicht nur ein wahres Chamäleon, weil er in
+jedem konkreten Falle seine Natur etwas ändert, sondern er
+ist auch seinen Gesamterscheinungen nach in Beziehung auf die
+in ihm herrschenden Tendenzen eine wunderliche Dreifaltigkeit,
+zusammengesetzt aus der ursprünglichen Gewaltsamkeit
+seines Elements, dem Haß und der Feindschaft, die wie ein
+blinder Naturtrieb anzusehen sind, aus dem Spiel der Wahrscheinlichkeiten
+und des Zufalls, die ihn zu einer freien Seelentätigkeit
+machen, und aus der untergeordneten Natur eines
+politischen Werkzeugs, durch die er dem bloßen Verstande anheimfällt.</p>
+
+
+
+<hr class="hr65" />
+<h2><a name="Kriegskunst_und_Theorie" id="Kriegskunst_und_Theorie">Kriegskunst und Theorie</a></h2>
+
+
+<p>Mit dem Bestreben, Grundsätze, Regeln oder gar Systeme
+für die Kriegführung anzugeben, setzt man sich einen positiven
+Zweck, ohne die unendlichen Schwierigkeiten gehörig ins Auge
+zu fassen, die sie in dieser Beziehung hat.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Kriegführung verläuft fast nach allen Seiten hin in unbestimmte
+Grenzen. Jedes System, jedes Lehrgebäude aber hat
+die beschränkende Natur einer Synthesis, und damit ist ein nie
+auszugleichender Widerspruch zwischen einer solchen Theorie
+und der Praxis gegeben.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Unstreitig gehören die der Kriegskunst zugrunde liegenden
+Kenntnisse zu den Erfahrungswissenschaften. Denn wenn sie
+auch größtenteils aus der Natur der Dinge hervorgehen, so muß
+man doch diese Natur selbst meistens erst durch die Erfahrung
+kennen lernen. Außerdem aber wird die Anwendung durch so
+viele Umstände modifiziert, daß die Wirkungen nie aus der bloßen
+Natur des Mittels vollständig erkannt werden können.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Bei der Ungewißheit aller Daten im Kriege müssen wir uns
+sagen, daß es eine reine Unmöglichkeit wäre, die Kriegskunst
+durch ein positives Lehrgebäude wie mit einem Gerüste versehen
+zu wollen, das dem Handelnden überall einen äußeren Anhalt
+gewähren könnte. Der Handelnde würde sich in allen jenen
+Fällen, wo er auf sein Talent angewiesen ist, außer diesem Lehrgebäude
+und mit ihm in Widerspruch befinden, und es würde,
+wie vielseitig dasselbe auch aufgefaßt sein möchte, immer dieselbe
+Folge wieder eintreten, von der wir schon gesprochen haben:
+daß das Talent und Genie außer dem Gesetze handelt und die
+Theorie ein Gegensatz zur Wirklichkeit wird.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Historische Beispiele machen alles klar und haben nebenher
+in Erfahrungswissenschaften die beste Beweiskraft.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wenn ein Sachverständiger sein halbes Leben darauf verwendet,
+einen dunklen Gegenstand überall aufzuklären, so wird
+er wohl weiter kommen als einer, der in kurzer Zeit damit vertraut
+sein will. Daß also nicht jeder von neuem aufzuräumen
+und sich durchzuarbeiten brauche, sondern die Sache geordnet
+und gelichtet finde, dazu ist die Theorie vorhanden. Sie soll
+den Geist des künftigen Führers im Kriege erziehen, oder vielmehr
+ihn bei seiner Selbsterziehung leiten, nicht aber ihn auf
+das Schlachtfeld begleiten.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Im Kriege sind die Ideen meist so einfach und naheliegend,
+daß das Verdienst der Erfindung gar nicht das Talent des Feldherrn
+ausmachen kann. Die Hauptsache ist die Schwierigkeit
+der Ausführung. Im Kriege ist alles einfach, aber das Einfache
+höchst schwierig. Das Kriegsinstrument gleicht einer Maschine
+mit ungeheurer Friktion, die nicht wie in der Mechanik auf ein
+paar Punkte zurückgeführt werden kann, sondern überall mit
+einem Heere von Zufällen im Kontakt ist. Außerdem ist der
+Krieg eine Tätigkeit im erschwerenden Mittel. Eine Bewegung,
+die man in der Luft mit Leichtigkeit macht, wird im Wasser
+sehr schwer. Gefahr und Anstrengung sind die Elemente, in denen
+sich der Geist im Kriege bewegt. So kommt es denn, daß man
+immer hinter <em class="gesperrt">der</em> Linie zurückbleibt, die man sich gezogen hat,
+und daß schon keine gewöhnliche Kraft dazu gehört, um nur
+nicht unter dem Niveau des Mittelmäßigen zu bleiben.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Beim Handeln folgen die meisten einem bloßen Takt des
+Urteils, der mehr oder weniger gut trifft, je nachdem mehr oder
+weniger Genie in ihnen ist. So haben alle großen Feldherren
+gehandelt, und darin liegt zum Teil ihre Größe, daß sie mit
+diesem Takt immer das Rechte trafen. So wird es für das Handeln
+auch immer bleiben. Dieser Takt reicht dazu vollkommen
+hin. Aber wenn es darauf ankommt, nicht selbst zu handeln,
+sondern in einer Beratung andere zu überzeugen, dann kommt
+es auf klare Vorstellungen, auf das Nachweisen des inneren
+Zusammenhanges an.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Alles Handeln im Kriege ist nur auf <em class="gesperrt">wahrscheinliche</em>,
+nicht auf <em class="gesperrt">gewisse</em> Erfolge gerichtet. Was an der Gewißheit
+fehlt, muß überall dem Schicksal oder dem Glück &ndash; wie man
+es nennen will &ndash; überlassen bleiben. Es gibt Fälle, wo das
+höchste Wagen die höchste Weisheit ist.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Man hat früher behauptet, der Krieg sei ein Handwerk.
+Damit war aber mehr verloren als gewonnen, denn ein Handwerk
+ist nur eine niedrige Kunst und unterliegt als solche auch
+bestimmteren und engeren Gesetzen. In der Tat hat sich die
+Kriegskunst eine Zeitlang im Geiste des Handwerks bewegt,
+nämlich zur Zeit der Condottieri. Aber diese Richtung hatte
+sie nicht nach inneren, sondern nach äußeren Gründen, und wie
+wenig sie in dieser Zeit naturgemäß und befriedigend war,
+zeigt die Kriegsgeschichte.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wenn man auf der einen Seite sieht, wie das kriegerische
+Handeln so höchst einfach erscheint; wenn man hört und sieht, wie
+die größten Feldherren sich darüber gerade am einfachsten und
+schlichtesten ausdrücken, wie das Regieren und Bewegen der
+aus hunderttausend Gliedern zusammengesetzten schwerfälligen
+Maschine in ihrem Munde sich nicht anders ausnimmt, als ob
+von ihrer Person allein die Rede sei, so daß der ganze ungeheuere
+Akt des Krieges zu einer Art von Zweikampf individualisiert
+wird; wenn man dabei die Motive ihres Handelns bald
+mit ein paar einfachen Vorstellungen, bald mit irgendeiner Regung
+des Gemütes in Verbindung gebracht findet; wenn man
+diese leichte, sichere, man möchte sagen leichtfertige Weise
+sieht, wie sie den Gegenstand auffassen, &ndash; und nun von der
+anderen Seite die große Anzahl von Verhältnissen, die für den
+untersuchenden Verstand in Anregung kommen; die großen, oft
+unbestimmten Entfernungen, in die die einzelnen Fäden auslaufen,
+und die Menge von Kombinationen, die vor uns liegen;
+wenn man dabei an die Verpflichtung denkt, die die Theorie
+hat, dies alles systematisch, d.&nbsp;h. mit Klarheit und Vollständigkeit,
+aufzufassen und das Handeln immer auf die Notwendigkeit
+des zureichenden Grundes zurückzuführen, so überfällt uns
+die Besorgnis mit unwiderstehlicher Gewalt, zu einem pedantischen
+Schulmeistertum hinabgerissen zu werden, in den untersten
+Räumen schwerfälliger Begriffe herumzukriechen und dem
+großen Feldherrn in seinem leichten Überblick also niemals zu
+begegnen. Wenn das Resultat theoretischer Bemühungen von
+dieser Art sein sollte, so wäre es ebensogut, oder vielmehr besser,
+sie gar nicht angestellt zu haben. Sie ziehen der Theorie die
+Geringschätzung des Talentes zu und fallen bald in Vergessenheit.
+Und von der andern Seite ist dieser leichte Überblick des
+Feldherrn, diese einfache Vorstellungsart, diese Personifizierung
+des ganzen kriegerischen Handelns so ganz und gar der Kern
+jeder guten Kriegführung, daß sich nur bei dieser großartigen
+Weise die Freiheit der Seele denken läßt, die nötig ist, wenn sie
+über die Ereignisse herrschen und nicht von ihnen überwältigt
+werden soll.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Kriegskunst im eigentlichen Sinne ist die Kunst, sich der
+gegebenen Mittel im Kampfe zu bedienen. Wir können sie nicht
+besser als mit dem Namen der <em class="gesperrt">Kriegführung</em> bezeichnen.
+Dagegen werden allerdings zur Kriegskunst im weiteren Sinne
+auch alle Tätigkeiten gehören, die um des Krieges willen da
+sind, also die ganze Schöpfung der Streitkräfte, d.&nbsp;i. Aushebung,
+Bewaffnung, Ausrüstung und Übung.</p>
+
+<p>Es ist für die Realität einer Theorie höchst wesentlich, diese
+beiden Tätigkeiten zu trennen, denn es ist leicht einzusehen,
+daß, wenn jede Kriegskunst mit der Einrichtung der Streitkräfte
+anfangen und diese für die Kriegführung, sowie sie dieselben
+angegeben, bedingen wollte, sie nur auf die wenigen Fälle anwendbar
+sein könnte, wo die vorhandenen Streitkräfte dem
+gerade entsprächen. Will man dagegen eine Theorie haben, die
+für die große Mehrzahl der Fälle geeignet, für keinen aber
+ganz unbrauchbar sei: so muß sie auf die große Mehrheit der
+gewöhnlichen Streitmittel, und bei diesen auch nur auf die
+wesentlichsten Resultate gebaut sein.</p>
+
+<p>Die Kriegführung ist also die Anordnung und Führung des
+Kampfes. Wäre dieser Kampf ein einzelner Akt, so würde kein
+Grund zu einer weiteren Einteilung sein. Allein der Kampf
+besteht aus einer mehr oder weniger großen Zahl einzelner in
+sich geschlossener Akte, die wir Gefechte nennen und die neue
+Einheiten bilden. Daraus entspringt nun die ganz verschiedene
+Tätigkeit, diese einzelnen Gefechte in sich anzuordnen und zu
+führen, und sie unter sich zum Zweck des Krieges zu verbinden.
+Das eine ist die <em class="gesperrt">Taktik</em>, das andere die <em class="gesperrt">Strategie</em> genannt
+worden.</p>
+
+<p>Es ist also nach unserer Einteilung die Taktik die Lehre
+vom Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht, die Strategie die
+Lehre vom Gebrauch der Gefechte zum Zweck des Krieges.</p>
+
+
+
+<hr class="hr65" />
+<h2><a name="Kriegerische_Tugenden_Heer_und_Feldherr" id="Kriegerische_Tugenden_Heer_und_Feldherr">Kriegerische Tugenden. Heer und Feldherr</a></h2>
+
+
+<p>Der Krieg ist ein bestimmtes Geschäft. Und wie allgemein
+auch seine Beziehung sei, und wenn auch alle waffenfähigen
+Männer eines Volkes dasselbe trieben, so bliebe es doch immer
+ein solches: verschieden und getrennt von den übrigen Fähigkeiten,
+die das Menschenleben in Anspruch nehmen.</p>
+
+<p>Vom Geiste und Wesen dieses Geschäfts durchdrungen sein, &ndash;
+die Kräfte, die in ihm tätig sein sollen, in sich üben, erwecken
+und aufnehmen, &ndash; das Geschäft mit dem Verstande ganz durchdringen,
+&ndash; durch Übung Sicherheit und Leichtigkeit in ihm
+gewinnen, &ndash; ganz darin aufgehen, &ndash; aus dem Menschen übergehen
+in die Rolle, die uns darin angewiesen wird: das ist die
+kriegerische Tugend des Heeres in jedem einzelnen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die kriegerische Tugend ist für die Teile überall, was das
+Genie des Feldherrn für das Ganze ist.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Je mehr ein Feldherr gewohnt ist, von seinen Soldaten zu
+fordern, um so sicherer ist er, daß die Forderung geleistet wird.
+Der Soldat ist ebenso stolz auf überwundene Mühseligkeiten
+als auf überstandene Gefahren. Aber nur im Boden einer beständigen
+Tätigkeit und Anstrengung gedeiht dieser Keim, auch
+nur im Sonnenlicht des Sieges.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wenn wir ein rohes Volk betrachten, so ist ein kriegerischer
+Geist unter den einzelnen Menschen viel gewöhnlicher als
+bei den gebildeten Völkern, denn bei jenen besitzt ihn fast jeder
+einzelne Krieger, während bei den gebildeten eine ganze Masse
+nur durch die Notwendigkeit und keineswegs durch inneren Trieb
+mitfortgerissen wird. Aber unter rohen Völkern findet man
+nie einen eigentlich großen Feldherrn und äußerst selten, was
+man ein kriegerisches Genie nennen kann, weil dazu eine Entwicklung
+der Verstandeskräfte erforderlich ist, die ein rohes Volk
+nicht haben kann.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Krieg ist das Gebiet der Gefahr. Es ist also Mut vor
+allen Dingen die erste Eigenschaft des Kriegers.</p>
+
+<p>Der Mut ist doppelter Art: einmal Mut gegen die persönliche
+Gefahr, und dann Mut gegen die Verantwortlichkeit, sei
+es vor dem Richterstuhl irgendeiner äußeren Macht, sei es vor
+dem einer inneren, nämlich des Gewissens.</p>
+
+<p>Der Mut gegen die persönliche Gefahr ist wieder doppelter
+Art. Erstens kann er Gleichgültigkeit gegen die Gefahr sein.
+Sei es, daß sie aus dem Organismus des Individuums oder aus
+Geringschätzung des Lebens oder aus Gewohnheit hervorgehe,
+in diesen Fällen ist der Mut als ein bleibender Zustand anzusehen.</p>
+
+<p>Zweitens kann er aus positiven Motiven hervorgehen, wie
+Ehrgeiz, Vaterlandsliebe, Begeisterung jeder Art. In diesem
+Fall ist der Mut nicht sowohl ein Zustand als eine Gemütsbewegung,
+ein Gefühl.</p>
+
+<p>Es ist begreiflich, daß beide Arten von verschiedener Wirkung
+sind. Die erste Art ist sicherer, weil sie, zur zweiten Natur
+geworden, den Menschen nie verläßt; die zweite führt oft weiter.
+Der ersteren gehört mehr die Standhaftigkeit, der zweiten mehr
+die Kühnheit an. Die erste läßt den Verstand nüchterner, die
+zweite steigert ihn zuweilen, verblendet ihn aber auch oft. Beide
+vereinigt geben die vollkommenste Art des Mutes.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Krieg ist das Gebiet körperlicher Anstrengungen und
+Leiden. Um dadurch nicht zugrunde gerichtet zu werden, bedarf
+es einer gewissen Kraft des Körpers und der Seele, die, angeboren
+oder eingeübt, gleichgültig dagegen macht. Mit diesen
+Eigenschaften, unter der bloßen Führung des gesunden Verstandes,
+ist der Mensch schon ein tüchtiges Werkzeug für den Krieg,
+und diese Eigenschaften sind es, die wir bei rohen und halbkultivierten
+Völkern so allgemein verbreitet antreffen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Kühnheit ist vom Troßknecht bis zum Feldherrn hinauf
+die edelste Tugend, der rechte Stahl, der der Waffe ihre Schärfe
+und ihren Glanz gibt.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Geist der Kühnheit kann in einem Heere zu Hause sein,
+entweder weil er es im Volke ist oder weil er sich in einem glücklichen
+Kriege unter kühnen Führern erzeugt hat.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Je höher wir unter den Führern hinaufsteigen, desto notwendiger
+wird es, daß der Kühnheit ein überlegender Geist
+zur Seite trete, daß sie nicht zwecklos, nicht ein blinder Stoß
+der Leidenschaft sei. Denn immer weniger betrifft es die eigene
+Aufopferung, immer mehr knüpft sich die Erhaltung anderer
+und die Wohlfahrt eines großen Ganzen daran. Was also bei
+dem großen Haufen die zur zweiten Natur gewordene Dienstordnung
+regelt, das muß in dem Führer die Überlegung regeln,
+und hier kann die Kühnheit einer einzelnen Handlung schon
+leicht zum Fehler werden. Aber dennoch bleibt es ein schöner
+Fehler, der nicht angesehen werden darf wie jeder andere.
+Wohl dem Heere, wo sich unzeitige Kühnheit häufig zeigt! Es
+ist ein üppiger Auswuchs, aber der Zeuge eines kräftigen Bodens.
+Selbst die Tollkühnheit, d.&nbsp;h. die Kühnheit ohne allen
+Zweck, ist nicht mit Geringschätzung anzusehen. Im Grunde
+ist es dieselbe Kraft des Gemüts, nur ohne alles Zutun des
+Geistes, in einer Art von Leidenschaft ausgeübt. Nur wo die
+Kühnheit sich gegen den Gehorsam auflehnt, wo sie einen ausgesprochenen
+höheren Willen geringschätzend verläßt: da muß
+sie, nicht um ihrer selbst willen, sondern wegen des Ungehorsams,
+wie ein gefährliches Übel behandelt werden; denn nichts
+geht im Kriege über den Gehorsam.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Mut ist immer das erste Element im Krieger, aber er
+erhält sich in den höheren Regionen großer Verantwortlichkeit
+nur dann, wenn ihn ein kräftiger Kopf unterstützt. Darum
+gelangen von so vielen braven Soldaten so wenige dazu, mutige
+und unternehmende Feldherren zu sein.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Kühnheit hat im Kriege eigene Vorrechte. Über den
+Erfolg des Kalküls mit Raum, Zeit und Größe hinaus müssen
+ihr noch gewisse Prozente zugestanden werden, die sie jedesmal,
+wo sie sich überlegen zeigt, aus der Schwäche der anderen zieht.
+Sie ist also eine wahrhaft schöpferische Kraft. Das ist selbst
+philosophisch nicht schwer nachzuweisen. Sooft die Kühnheit
+auf die Zaghaftigkeit trifft, hat sie notwendig die Wahrscheinlichkeit
+des Erfolgs für sich, weil Zaghaftigkeit schon ein verlorenes
+Gleichgewicht ist. Nur wo sie auf besonnene Vorsicht
+trifft, die, man möchte sagen, ebenso kühn, in jedem Falle
+ebenso stark und kräftig ist als sie selbst, muß sie im Nachteil
+sein. Das sind aber die seltenen Fälle. In der ganzen Schar
+der Vorsichtigen gibt es eine ansehnliche Mehrheit, die es aus
+Furchtsamkeit ist.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Solange eine Truppe voll guten Muts mit Lustigkeit und
+Leichtigkeit kämpft, ist für den Feldherrn selten Veranlassung
+da, große Willenskraft in der Verfolgung seiner Zwecke zu zeigen.
+Sowie aber die Umstände schwierig werden, und das kann,
+wo Außerordentliches geleistet werden soll, nie ausbleiben, so
+geht die Sache nicht mehr von selbst wie mit einer <ins title="Anmerkung zur Transkription: im Original 'guteingeölten'">gut eingeölten</ins>
+Maschine, sondern die Maschine selbst fängt an, Widerstand
+zu leisten, und diesen zu überwinden, dazu gehört die
+große Willenskraft des Führers.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Kriegsgewohnheit kann kein Feldherr seinem Heere geben,
+und schwach ist der Ersatz, den Friedensübungen gewähren,
+schwach im Vergleich mit der wirklichen Kriegserfahrung, aber
+nicht im Vergleich mit einem Heere, bei dem auch diese
+Übungen nur auf mechanische Kunstfertigkeiten gerichtet sind.
+Die Übungen des Friedens so einzurichten, daß ein Teil jener
+Friktionsgegenstände darin vorkomme, daß das Urteil, die Umsicht,
+selbst die Entschlossenheit der einzelnen Führer geübt
+werde, dies ist von viel größerem Wert, als die glauben, die den
+Gegenstand nicht aus Erfahrung kennen. Es ist unendlich wichtig,
+daß der Soldat, hoch oder niedrig, auf welcher Stufe er
+auch stehe, diejenigen Erscheinungen des Krieges, die ihn beim
+erstenmal in Verwunderung und Verlegenheit setzen, nicht erst
+im Kriege zum erstenmal sieht. Sind sie ihm früher nur ein
+einziges Mal vorgekommen, so ist er schon halb damit vertraut.
+Das bezieht sich selbst auf körperliche Anstrengungen. Sie müssen
+geübt werden, weniger, daß sich die Natur, als daß sich der
+Verstand daran gewöhne. Im Kriege ist der neue Soldat sehr
+geneigt, ungewöhnliche Anstrengungen für Folgen großer Fehler,
+Irrungen und Verlegenheiten in der Führung des Ganzen
+zu halten und dadurch doppelt niedergedrückt zu werden. Dies
+wird nicht geschehen, wenn er bei Friedensübungen darauf vorbereitet
+wird.</p>
+
+<p>Ein anderes, weniger umfassendes, aber doch höchst wichtiges
+Mittel, die Kriegsgewohnheit im Frieden zu gewinnen,
+ist das Heranziehen kriegserfahrener Offiziere anderer Heere.
+Selten ist in Europa überall Frieden, und nie geht der Krieg
+in den anderen Weltteilen aus. Ein Staat, der lange im Frieden
+ist, sollte also stets suchen, von diesen Kriegsschauplätzen sich
+einzelne Offiziere, aber freilich nur solche, die gut gedient haben,
+zu verschaffen, oder von den seinigen einige dahin zu schicken,
+damit sie den Krieg kennen lernen.</p>
+
+<p>Wie gering auch die Anzahl solcher Offiziere zur Masse eines
+Heeres erscheinen möge, so ist doch ihr Einfluß sehr fühlbar.
+Ihre Erfahrungen, die Richtung ihres Geistes, die Ausbildung
+des Charakters wirken auf ihre Untergebenen und Kameraden.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Nicht immer bringt es ein gewöhnlicher Mensch im Gefecht
+bis zur völligen Unbefangenheit und zur natürlichen Elastizität
+der Seele, und so mag man denn erkennen, daß mit Gewöhnlichem
+hier wieder nicht auszureichen ist, was um so wahrer
+wird, je größer der Wirkungskreis ist, der angeführt werden
+soll. Enthusiastische, stoische, angeborene Bravour, gebieterischer
+Ehrgeiz, auch lange Bekanntschaft mit der Gefahr, viel von
+alledem muß da sein, wenn nicht alle Wirkung in diesem erschwerenden
+Mittel hinter dem Maß zurückbleiben soll, das auf
+dem Zimmer als ein gewöhnliches erscheinen mag.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wie sorgfältig man sich auch den Bürger neben dem
+Krieger in einem und demselben Individuum ausgebildet denken,
+wie sehr man sich die Kriege nationalisieren, und wie weit
+man sie sich in eine Richtung hinausdenken möge, entgegengesetzt
+derjenigen der ehemaligen Condottieri: niemals wird
+man die Individualität des Geschäftsganges aufheben können,
+und wenn man das nicht kann, so werden auch immer diejenigen,
+die es treiben, und solange sie es treiben, sich als eine Art
+von Innung ansehen, in deren Ordnungen, Gesetzen und Gewohnheiten
+sich die Geister des Krieges vorzugsweise fixieren.
+Und so wird es auch in der Tat sein. Man würde also bei der
+entschiedensten Neigung, den Krieg vom höchsten Standpunkt
+aus zu betrachten, sehr unrecht haben, den Innungsgeist mit
+Geringschätzung anzusehen, der mehr oder weniger in einem
+Heer vorhanden sein muß.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Ein gewisser schwerer Ernst und strenge Dienstordnungen
+können die kriegerische Tugend einer Truppe länger erhalten,
+aber sie erzeugen sie nicht. Sie behalten darum immer ihren
+Wert, aber man soll sie nicht überschätzen. Ordnung, Fertigkeit,
+guter Wille, auch ein gewisser Stolz und eine vorzügliche
+Stimmung sind Eigenschaften eines im Frieden erzogenen Heeres,
+die man schätzen muß, die aber keine Selbständigkeit haben.
+Das Ganze hält das Ganze, und wie bei dem zu schnell erkalteten
+Glase zerbröckelt ein einziger Riß die ganze Masse. Besonders
+verwandelt sich die beste Stimmung von der Welt beim ersten
+Unfall nur zu leicht in Kleinmut und, man möchte sagen, in
+eine Art von Großsprecherei der Angst: das französische <em class="italic">sauve
+qui peut</em>. Man hüte sich, Geist des Heeres und Stimmung
+im Heere zu verwechseln!</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Ein Heer, das im zerstörendsten Feuer seine gewohnten
+Ordnungen behält, das niemals von einer eingebildeten Furcht
+geschreckt wird und der begründeten den Raum Fuß für Fuß
+streitig macht, das, stolz im Gefühl seiner Siege, auch mitten im
+Verderben der Niederlage die Kraft zum Gehorsam nicht verliert,
+nicht die Achtung und das Zutrauen zu seinen Führern,
+dessen körperliche Kräfte in der Übung von Entbehrung und
+Anstrengung gestärkt sind wie die Muskeln eines Athleten, das
+diese Anstrengungen ansieht als ein Mittel zum Siege, nicht als
+einen Fluch, der auf seinen Fahnen ruht, und das an alle diese
+Pflichten und Tugenden durch den kurzen Katechismus einer
+einzigen Vorstellung erinnert wird, nämlich der Ehre seiner
+Waffen: ein solches Heer ist vom kriegerischen Geiste durchdrungen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wieviel Großes dieser Geist, diese Gediegenheit des Heeres,
+diese Veredelung des Erzes zum strahlenden Metall schon
+geleistet, sehen wir an den Makedoniern unter Alexander, den
+römischen Legionen unter Cäsar, an der spanischen Infanterie
+unter Alexander Farnese, den Schweden unter Gustav Adolf
+und Karl XII., den Preußen unter Friedrich dem Großen und
+den Franzosen unter Bonaparte. Man müßte absichtlich die
+Augen verschließen gegen alle historischen Beweise, wenn man
+nicht zugeben wollte, daß die wunderbaren Erfolge dieser Feldherren
+und ihre Größe in den schwierigsten Lagen nur bei einem
+so potenzierten Heere möglich waren.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Soll der Feldherr den beständigen Streit mit dem Unerwarteten
+glücklich bestehen, so sind ihm zwei Eigenschaften unentbehrlich,
+einmal ein Verstand, der auch in dieser gesteigerten
+Dunkelheit nicht ohne einige Spuren des inneren Lichtes ist,
+die ihn zur Wahrheit führen, und dann Mut, diesem schwachen
+Lichte zu folgen. Der erstere ist bildlich mit dem französischen
+Ausdruck <em class="italic">coup d'oeil</em> bezeichnet worden, der andere ist die Entschlossenheit.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wir glauben, daß die Entschlossenheit einer eigentümlichen
+Richtung des Verstandes ihr Dasein verdankt, und zwar einer,
+die mehr kräftigen als glänzenden Köpfen angehört. Wir
+können diese Genealogie der Entschlossenheit dadurch belegen,
+daß es eine große Anzahl von Beispielen gibt, wo Männer,
+die in niederen Regionen die größte Entschlossenheit gezeigt
+hatten, diese in den höheren verloren. Obgleich sie das Bedürfnis
+haben, sich zu entschließen, so sehen sie doch die Gefahren
+ein, die in einem falschen Entschluß liegen, und da sie
+mit den Dingen, die ihnen vorliegen, nicht vertraut sind, so
+verliert ihr Verstand seine ursprüngliche Kraft, und sie werden
+nur um so zaghafter, je mehr sie die Gefahr der Unentschlossenheit,
+in die sie gebannt sind, kennen, und je mehr sie gewohnt
+waren, frisch von der Faust weg zu handeln.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Bei dem <em class="italic">coup d'oeil</em> und der Entschlossenheit liegt es uns
+ganz nahe, von der damit verwandten Geistesgegenwart zu
+reden, die in einem Gebiete des Unerwarteten, wie der Krieg
+es ist, eine große Rolle spielen muß; denn sie ist ja nichts als
+eine gesteigerte Besiegung des Unerwarteten. Man bewundert
+die Geistesgegenwart in einer treffenden Antwort auf eine
+unerwartete Anrede, wie man sie bewundert in der schnell gefundenen
+Aushilfe bei plötzlicher Gefahr. Beide, diese Antwort
+und diese Aushilfe, brauchen nicht ungewöhnlich zu sein, wenn
+sie nur treffen; denn was nach reiflicher und ruhiger Überlegung
+nichts Ungewöhnliches, also in seinem Eindruck auf
+uns etwas Gleichgültiges wäre, kann als ein schneller Akt des
+Verstandes Vergnügen machen. Der Ausdruck Geistesgegenwart
+bezeichnet gewiß sehr passend die Nähe und Schnelligkeit
+der vom Verstande dargereichten Hilfe.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Man ist gewöhnt, sich den einfachen, tüchtigen Soldaten
+als Gegensatz zu denken zu den überlegsamen oder an Erfindungen
+und guten Einfällen reichen Köpfen und den im
+Bildungsschmuck aller Art glänzenden Geistern. Nun ist dieser
+Gegensatz keineswegs ohne wirklichen Rückhalt, aber er beweist
+nur nicht, daß die Tüchtigkeit des Soldaten bloß in seinem
+Mute bestehe, und daß es nicht auch einer gewissen eigentümlichen
+Tätigkeit und Tüchtigkeit des Kopfes bedarf, um nur
+das zu sein, was man einen guten Degen nennt. Wir müssen
+immer wieder darauf zurückkommen, daß nichts gewöhnlicher ist
+als das Beispiel von Männern, die ihre Tüchtigkeit verlieren,
+sobald sie zu höheren Stellen gelangen, denen ihre Einsichten
+nicht mehr gewachsen sind. Wir müssen aber auch immer wieder
+daran erinnern, daß wir von <em class="gesperrt">vorzüglichen</em> Leistungen reden,
+von solchen, die Ruf in der Art von Tätigkeit geben, der sie
+angehören. Es bildet daher jede Stufe des Befehls im Kriege
+ihre eigene Schicht von erforderlichen Geisteskräften, von
+Ruhm und Ehre.</p>
+
+<p>Eine sehr große Kluft liegt zwischen einem Feldherrn, d.&nbsp;h.
+einem entweder an der Spitze eines ganzen Krieges oder eines
+Kriegstheaters stehenden General und der nächsten Befehlshaberstufe
+unter ihm, aus dem einfachen Grunde, weil dieser
+einer viel näheren Leitung und Aufsicht unterworfen ist, folglich
+der eigenen Geistestätigkeit einen viel kleineren Kreis
+bietet. Dies hat denn veranlaßt, daß die gewöhnliche Meinung
+eine ausgezeichnete Verstandestätigkeit nur in jener höchsten
+Stelle sieht und bis dahin den gemeinen Verstand für ausreichend
+erachtet. Ja, man ist nicht abgeneigt, in einem unter den Waffen
+ergrauten Unterfeldherrn, den seine einseitige Tätigkeit zu einer
+unverkennbaren Geistesarmut geführt hat, eine gewisse Verdummung
+zu erblicken, und bei aller Verehrung für seinen
+Mut über seine Einfalt zu lächeln. Es ist nicht unser Vorsatz,
+diesen braven Leuten ein besseres Los zu erkämpfen. Dies
+würde nichts zu ihrer Wirksamkeit und wenig zu ihrem Glück
+beitragen, sondern wir wollen nur die Sachen zeigen, wie sie
+sind, und vor dem Irrtum warnen, daß im Kriege ein bloßer
+Bravo ohne Verstand Vorzügliches leisten könne.</p>
+
+<p>Wenn wir schon in den niedrigsten Führerstellen für den,
+der ausgezeichnet sein soll, auch ausgezeichnete Geisteskräfte
+fordern und diese mit jeder Stufe steigern, so folgt daraus von
+selbst, daß wir eine ganz andere Ansicht von den Leuten haben,
+die die zweiten Stellen in einem Heere mit Ruhm bekleiden;
+und ihre scheinbare Einfalt neben dem Polyhistor, dem federtätigen
+Geschäftsmann, dem konferierenden Staatsmann soll
+uns nicht irre machen an der ausgezeichneten Natur ihres
+werktätigen Verstandes. Freilich geschieht es zuweilen, daß
+Männer den Ruhm, den sie sich in niederen Stellen erworben
+haben, in die höheren mit hinüberbringen, ohne ihn
+dort wirklich zu verdienen. Werden sie nun in diesen nicht
+viel gebraucht, kommen sie also nicht in die Gefahr, sich Blößen
+zu geben, so unterscheidet das Urteil nicht so genau, welche
+Art von Ruf ihnen zukommt; und so tragen solche Männer
+oft dazu bei, daß man einen geringeren Begriff von der Persönlichkeit
+faßt, die in gewissen Stellen noch zu glänzen vermag.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die ausgezeichneten Feldherren sind niemals aus der Klasse
+der vielwissenden oder gar gelehrten Offiziere hervorgegangen.
+Meistens konnten sie ihrer ganzen Lage nach auf keine große
+Summe des Wissens eingerichtet sein. Darum sind auch die
+immer als lächerliche Pedanten verspottet worden, die es für die
+Erziehung eines künftigen Feldherrn nötig oder auch nur nützlich
+halten, mit der Erkenntnis aller Details anzufangen. Es
+läßt sich ohne große Mühe beweisen, daß sie ihm schaden wird,
+weil der menschliche Geist durch die ihm mitgeteilten Kenntnisse
+und Ideenrichtungen erzogen wird. Nur das Große kann
+ihn großartig, das Kleine nur kleinlich machen, wenn er es
+nicht wie etwas ganz Fremdes ganz von sich stößt.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Je höher wir in den Führerstellen hinaufsteigen, um so
+mehr wird Geist, Verstand und Einsicht in der Tätigkeit vorherrschend,
+um so mehr wird also die Kühnheit, die eine Eigenschaft
+des Gemüts ist, zurückgedrängt, und darum finden wir
+sie in den höchsten Stellen so selten, aber um so bewunderungswürdiger
+ist sie auch dann. Eine durch vorherrschenden Geist
+geleitete Kühnheit ist der Stempel des Helden. Diese Kühnheit
+besteht nicht im Wagen gegen die Natur der Dinge, in
+einer plumpen Verletzung des Wahrscheinlichkeitsgesetzes, sondern
+in der kräftigen Unterstützung jenes höheren Kalküls, den
+das Genie, der Takt des Urteils in Blitzesschnelle und nur
+halb bewußt durchlaufen hat, wenn er seine Wahl trifft. Je
+mehr die Kühnheit den Geist und die Einsicht beflügelt, um so
+weiter reichen diese mit ihrem Flug, um so umfassender wird
+der Blick, um so richtiger das Resultat. Aber freilich immer
+nur in dem Sinne, daß mit den größeren Zwecken auch die
+größeren Gefahren verbunden bleiben. Der gewöhnliche
+Mensch, um nicht von den schwachen und unentschlossenen zu
+reden, kommt höchstens bei einer eingebildeten Wirksamkeit
+auf seinem Zimmer, entfernt von Gefahr und Verantwortlichkeit,
+zu einem richtigen Resultat, soweit nämlich ein solches
+ohne lebendige Anschauung möglich ist. Treten ihm aber Gefahr
+und Verantwortlichkeit überall nahe, so verliert er den
+Überblick, und bliebe ihm dieser etwa durch den Einfluß anderer,
+so würde er den Entschluß verlieren, weil da kein anderer
+aushelfen kann.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Es ist eine sehr hervorstechende Eigentümlichkeit großer Feldherren,
+im Unglück und in der Bedrängnis so wenig als möglich
+aufzugeben, sich und dem Glücke zu vertrauen und es darauf
+ankommen zu lassen, ob bessere Zeiten ohne große Verluste
+zu erreichen sind. Gelingt es, so sind wir geneigt, jedesmal
+alles für sichere Rechnung und klares Bewußtsein zu halten,
+was erst bloß dunkles Wagen war.</p>
+
+<p>Je hervorstechender diese Eigentümlichkeit ist und je mehr
+wir die innere Zuversicht bewundern, auf die alles gegründet
+gewesen zu sein scheint, um so geneigter ist man, dieses hartnäckige
+Verweilen auf einer Station der Laufbahn als eine
+notwendige Bedingung, als ein unfehlbares Zeichen der Größe
+im Unglück zu betrachten. Hätte Napoleon im Jahre 1812 im
+Oktober jenseits Moskau durch irgendeinen Ministerwechsel
+in Petersburg noch einen vorteilhaften Frieden erhalten, so
+spräche man mit der höchsten Bewunderung von der Ausdauer,
+die man jetzt für eine Art Raserei ansieht.</p>
+
+<p>Daß sich unser Urteil so sehr nach dem Erfolge richtet, ist
+nichts weniger als unvernünftig, denn in den meisten Fällen
+bleibt uns doch nicht viel anderes übrig. Der Erfolg einer
+Unternehmung ist gewissermaßen die Rechenprobe, und es ist
+sehr natürlich, daß man sich an sie hält.</p>
+
+<p>Dieser natürlichen, instinktartigen Richtung entgegen sieht
+man oft, daß sich eine dünkelvolle Kritik darin gefällt: in den
+bestgelungensten Unternehmungen gerade die größten Fehler
+zu entdecken. In den meisten Fällen sind diese Urteile wirklich
+nicht viel besser, als wenn ein Arzt behaupten wollte, ein Kranker,
+dem er das Leben abgesprochen, lebe zu Unrecht weiter.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wer sich in einem Elemente bewegen will, wie der Krieg
+es ist, darf durchaus aus seinen Büchern nichts mitbringen als
+die Erziehung seines Geistes. Bringt er fertige Ideen mit, die
+ihm nicht der Stoß des Augenblicks eingegeben, die er nicht
+aus seinem eigenen Fleisch und Blut erzeugt hat, so wirft ihm
+der Strom der Begebenheiten sein Gebäude nieder, ehe es
+fertig ist. Es wird den anderen, den Naturmenschen, niemals
+verständlich sein und wird gerade unter den ausgezeichnetsten
+von ihnen, die selbst wissen, was sie wollen, das wenigste Vertrauen
+genießen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der vollkommenste Generalstab mit den richtigsten Ansichten
+und Grundsätzen reicht nicht hin, die ausgezeichnete Führung
+einer Armee zu bedingen, wenn die Seele eines großen Feldherrn
+fehlt. Die einer großen Feldherrnnatur angeborene Richtung
+des Blickes und des Willens aber ist auch da ein vortreffliches
+Korrektiv gegen die sich in ihre eigenen Pläne verwickelnde
+Generalstabsgelehrsamkeit, wo sie dieser übrigens als Instrument
+nicht entbehren kann.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Da der Krieg kein reines Produkt notwendiger Beziehungen
+von Zweck und Mittel ist, sondern immer etwas von der Natur
+des Glückspiels behält, so kann auch die Kriegführung jenes
+Elements durchaus nicht entbehren, und der Feldherr, der zu
+wenig Neigung zu diesem Spiel hat, wird, ohne es zu ahnen,
+hinter der Linie zurückbleiben und im großen Kontobuche der
+kriegerischen Erfolge in eine tiefere Schuld geraten, als er
+denkt.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Führer im Kriege muß das Werk seiner Tätigkeit einem
+mitwirkenden Raume übergeben, den seine Augen nicht überblicken,
+den der regste Eifer nicht immer erforschen kann, und
+mit dem er bei dem beständigen Wechsel auch selten in eigentliche
+Bekanntschaft kommt. Diese höchst eigentümliche Schwierigkeit
+muß er durch eine eigentümliche Geistesanlage besiegen,
+die, mit einem zu beschränkten Ausdruck, der Ortssinn genannt
+wird. Es ist das Vermögen, sich von jeder Gegend schnell eine
+richtige geometrische Vorstellung zu machen und als Folge davon
+sich in ihr jedesmal leicht zurechtzufinden. Offenbar ist dies
+ein Akt der Phantasie. Zwar geschieht das Auffassen dabei teils
+durch das körperliche Auge, teils durch den Verstand, der mit
+seinen aus Wissenschaft und Erfahrung geschöpften Einsichten
+das Fehlende ergänzt und aus den Bruchstücken des körperlichen
+Blicks ein Ganzes macht. Aber daß dies Ganze nun lebhaft
+vor die Seele trete, ein Bild, eine innerlich gezeichnete Karte
+werde, daß dies Bild bleibend sei, die einzelnen Züge nicht
+immer wieder auseinanderfallen, das vermag nur die Geisteskraft
+zu bewirken, die wir Phantasie nennen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Es ist natürlich, daß auch die Anwendungen dieses Talents
+sich nach obenhin erweitern. Müssen sich Husar und Jäger
+auf einer Patrouille in Weg und Steg leicht zurechtfinden,
+und bedarf es dafür immer nur weniger Kennzeichen, einer
+beschränkten Auffassungs- und Vorstellungsgabe, so muß der
+Feldherr sich bis zu den allgemeinen geographischen Gegenständen
+einer Provinz und eines Landes erheben, den Zug der
+Straßen, Ströme und Gebirge immer lebhaft vor Augen haben,
+ohne darum den beschränkten Ortssinn entbehren zu können.
+Zwar sind ihm für die allgemeinen Gegenstände Nachrichten
+aller Art, Karten, Bücher, Memoiren, und für die Einzelheiten
+der Beistand seiner Umgebungen eine große Hilfe, aber gewiß
+ist es dennoch, daß ein großes Talent in schneller und klarer
+Auffassung der Gegend seinem ganzen Handeln einen leichteren
+und festeren Schritt verleiht, ihn vor einer gewissen inneren
+Unbeholfenheit schützt und weniger abhängig von andern macht.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die sehr große Masse von Kenntnissen und Fertigkeiten,
+die der kriegerischen Tätigkeit im allgemeinen dienen, und die
+nötig werden, ehe ein ausgerüstetes Heer ins Feld rücken kann,
+drängen sich in wenige große Resultate zusammen, ehe sie dazu
+kommen, im Kriege den endlichen Zweck ihrer Tätigkeit zu erreichen,
+so wie die Gewässer des Landes sich in Ströme vereinigen,
+ehe sie ins Meer kommen. Nur diese sich unmittelbar
+ins Meer des Krieges ergießenden Tätigkeiten hat der kennen
+zu lernen, der sie leiten will.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Feldherr braucht weder ein gelehrter Geschichtsforscher,
+noch Publizist zu sein, aber er muß mit dem höheren Staatsleben
+vertraut sein, die eingewohnten Richtungen, die aufgeregten
+Interessen, die vorliegenden Fragen, die handelnden
+Personen kennen und richtig ansehen. Er braucht kein feiner
+Menschenbeobachter, kein haarscharfer Zergliederer des menschlichen
+Charakters zu sein, aber er muß den Charakter, die
+Denkungsart und Sitte, die eigentümlichen Fehler und Vorzüge
+derer kennen, denen er befehlen soll. Er braucht nichts
+von der Einrichtung eines Fuhrwerks, der Anspannung der
+Pferde eines Geschützes zu verstehen, aber er muß den Marsch
+einer Kolonne seiner Dauer nach unter den verschiedenen
+Umständen richtig zu schätzen wissen. Alle diese Kenntnisse
+lassen sich nicht durch den Apparat wissenschaftlicher Formeln
+und Maschinerien erzwingen, sondern sie erwerben sich nur,
+wenn in der Betrachtung der Dinge und im Leben ein treffendes
+Urteil, wenn ein nach dieser Auffassung hin gerichtetes
+Talent tätig ist.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Das einer hochgestellten kriegerischen Tätigkeit nötige
+Wissen zeichnet sich durchaus aus, daß es in der Betrachtung,
+also im Studium und Nachdenken, nur durch ein eigentümliches
+Talent erworben werden kann, das, wie die Biene den Honig
+aus der Blume, als ein geistiger Instinkt aus den Erscheinungen
+des Lebens nur den Geist zu ziehen versteht, und daß es neben
+Betrachtung und Studium auch durch das Leben zu erwerben
+ist. Das Leben mit seiner reichen Belehrung wird niemals
+einen Newton oder Euler hervorbringen, wohl aber den
+höheren Kalkül eines Condé oder Friedrichs des Großen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Irgendein großes Gefühl muß die großen Kräfte des Feldherrn
+beleben, sei es der Ehrgeiz wie in Cäsar, der Haß des
+Feindes wie in Hannibal, der Stolz eines glorreichen Unterganges
+wie in Friedrich dem Großen.</p>
+
+
+
+<hr class="hr65" />
+<h2><a name="Kriegsplan_Numerische_Uberlegenheit_Friktion_im" id="Kriegsplan_Numerische_Uberlegenheit_Friktion_im">Kriegsplan. Numerische Überlegenheit. Friktion im
+Kriege. Ungewißheit der Nachrichten</a></h2>
+
+
+<p>Der Kriegsplan faßt den ganzen kriegerischen Akt zusammen.
+Durch ihn wird er zur einzelnen Handlung, die einen letzten
+endlichen Zweck haben muß, in dem sich alle besonderen Zwecke
+ausgeglichen haben. Man fängt keinen Krieg an, oder man sollte
+vernünftigerweise keinen anfangen, ohne sich zu sagen, was
+man mit und was man in ihm erreichen will. Das erstere ist
+der Zweck, das andere das Ziel. Durch diesen Hauptgedanken
+werden alle Richtungen gegeben, der Umfang der Mittel, das
+Maß der Energie bestimmt. Er äußert seinen Einfluß bis in die
+kleinsten Glieder der Handlung hinab.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Zwei Hauptgrundsätze umfassen den ganzen Kriegsplan und
+dienen allen übrigen zur Richtung.</p>
+
+<p>Der erste ist: das Gewicht der feindlichen Macht auf so wenige
+Schwerpunkte als möglich zurückzuführen, wenn es sein kann,
+auf einen; wiederum den Stoß gegen diese Schwerpunkte auf
+so wenige Haupthandlungen als möglich zu beschränken, wenn
+es sein kann, auf eine; endlich alle untergeordneten Handlungen
+so untergeordnet als möglich zu halten. Mit einem Wort, der
+erste Grundsatz ist: so konzentriert als möglich zu handeln.</p>
+
+<p>Der zweite Grundsatz lautet: so schnell als möglich zu handeln,
+also keinen Aufenthalt und keinen Umweg ohne hinreichenden
+Grund stattfinden zu lassen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Jeder Plan zu einem Feldzuge ist die Auswahl <em class="gesperrt">eines</em> Weges
+unter tausend denkbaren. Je größer die kriegführenden Staaten
+sind und die Massen, die sie in Bewegung setzen, um so größer
+ist die Zahl der möglichen Kombinationen, und es ist ganz unmöglich,
+alle zu erschöpfen. Darum bleibt man auch mehr oder
+weniger immer dabei stehen, <em class="gesperrt">einen</em> fertigen Plan hinzustellen
+und es dem Takt des Urteils zu überlassen, das Treffende wie
+das Fehlerhafte daran herauszufühlen. Einem geraden, d.&nbsp;h.
+unverdrehten Verstande wird die Wahrheit und das Richtige
+ohne weitere Entwickelung der Gründe schon in der bloßen Aufstellung
+im Augenblicke klar. Ein solcher Verstand hat für die
+Wahrheit eine Art musikalisches Gefühl, das unreine Verhältnisse
+wie Mißtöne leicht unterscheidet.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Besonders zu berücksichtigen beim Eindringen in ein Land
+ist die Hauptstadt. Jede Hauptstadt hat ein großes strategisches
+Gewicht, die eine mehr als die andre: diejenige mehr, die den
+Begriff der Hauptstadt stärker in sich vereinigt, und <em class="gesperrt">die</em> am
+meisten, die der Knoten politischer Parteiungen ist. Letzteres
+ist der Fall mit Paris.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Schwerpunkt des französischen Reiches liegt in seiner
+Kriegsmacht und in Paris. Jene in einer Hauptschlacht besiegen,
+Paris erobern, die Überreste des feindlichen Heeres
+über die Loire zurückwerfen, muß unser Ziel sein. Die Herzgrube
+Frankreichs liegt zwischen Paris und Brüssel. Dort ist
+die Grenze von der Hauptstadt nur dreißig Meilen entfernt.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Auch als Nebenunternehmung ist ein Angriff auf das südliche
+Frankreich verwerflich, denn er weckt nur neue Kräfte
+gegen uns. Jedesmal, wenn man eine entfernte Provinz angreift,
+rührt man Interessen und Tätigkeiten auf, die sonst geschlummert
+hätten.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Theorie fordert die kürzesten Wege zum Ziel und schließt
+die Erörterung über rechts und links, hierhin oder dorthin, von
+der Betrachtung ganz aus. Napoleon hat niemals anders gehandelt.
+Die <em class="gesperrt">nächste</em> Hauptstraße von Heer zu Heer oder von
+Hauptstadt zu Hauptstadt war ihm immer der <em class="gesperrt">liebste</em> Weg.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Es war einer der allerbesten Grundsätze des Meisters (Bonaparte)
+in den Feldzügen von 1796 und 1797: sich auf den untergeordneten
+Punkten mit so wenig Truppen als möglich zu behelfen,
+um auf dem Hauptpunkte recht stark zu sein.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die <em class="italic">Centra gravitatis</em> in der feindlichen Kriegsmacht zu
+unterscheiden, ihre Wirkungsweise zu erkennen, ist ein Hauptakt
+des strategischen Urteils. Man wird sich nämlich jedesmal
+fragen müssen, welche Wirkungen das Vorgehen und Zurückgehen
+des einen Teils der gegenseitigen Streitkräfte auf die
+übrigen hervorbringen wird.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wenn wir die neueste Kriegsgeschichte ohne Vorurteil betrachten,
+so müssen wir uns gestehen, daß die Überlegenheit
+in der Zahl mit jedem Tag entscheidender wird. Wir müssen
+also den Grundsatz, möglichst stark im entscheidenden Gefecht
+zu sein, allerdings jetzt etwas höher stellen, als er vielleicht
+ehemals gestellt worden ist.</p>
+
+<p>Mut und Geist des Heeres haben zu allen Zeiten die physischen
+Kräfte gesteigert und werden es auch ferner tun. Aber
+wir finden in der Geschichte Zeiten, wo eine große Überlegenheit
+in der Einrichtung und Ausrüstung der Heere, andere, wo
+eine solche Überlegenheit in der Beweglichkeit ein bedeutendes
+moralisches Übergewicht gab.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Heere sind in unseren Tagen einander an Bewaffnung,
+Ausrüstung und Übung so ähnlich, daß zwischen den besten und
+den schlechtesten kein sehr merklicher Unterschied in diesen
+Dingen besteht. Die einen sind die Erfinder und Anführer in
+den besseren Einrichtungen, und die anderen die schnell folgenden
+Nachahmer. Selbst die Unterfeldherren, die Führer der
+Korps und Divisionen, haben überall, was ihr Handwerk betrifft,
+ziemlich dieselben Ansichten und Methoden, so daß außer
+dem Talent des obersten Feldherrn, das schwerlich in einem
+konstanten Verhältnis zu der Bildung des Volkes und Heeres
+zu denken, sondern ganz dem Zufall überlassen ist, nur noch die
+Kriegsgewohnheit ein merkliches Übergewicht geben kann. Je
+mehr das Gleichgewicht in allen jenen Dingen besteht, um so
+entscheidender wird das Machtverhältnis.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die absolute Stärke ist in der Strategie meist ein Gegebenes,
+an dem der Feldherr nichts mehr ändern kann. Hieraus kann
+aber nicht gefolgert werden, daß der Krieg mit einem merklich
+schwächeren Heer unmöglich sei. Der Krieg ist nicht immer
+ein freier Entschluß der Politik, und am wenigsten ist er es da,
+wo die Kräfte sehr ungleich sind. Folglich läßt sich jedes Machtverhältnis
+im Kriege denken, und es wäre eine sonderbare
+Kriegstheorie, die sich da ganz lossagen wollte, wo sie am meisten
+gebraucht wird.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Das sukzessive Heranziehen der Kräfte zu nachhaltigen
+wiederholten Stößen, das in der Taktik eine so unendlich wichtige
+Sache ist, ist in der Strategie ganz gegen die Natur der
+Dinge. Es ist einer der Hauptgrundsätze der Strategie, <em class="gesperrt">alle</em>
+vorhandenen Streitkräfte <em class="gesperrt">gleichzeitig</em> in den Kampf zu führen,
+oder, im Falle sie nicht alle gebraucht werden, so viel als zur
+Sicherung des Erfolgs notwendig sind. Nur das, was zum
+Augenblicke, da das Handeln eintreten <em class="gesperrt">muß</em>, durchaus nicht
+beschafft werden <em class="gesperrt">kann</em>, nur das darf zur Reserve und zum nachhaltigen
+Gebrauch verwendet werden.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Theoretisch klingt es ganz gut: Der Bataillonskommandeur
+ist verantwortlich für die Ausführung des gegebenen Befehls,
+und da das Bataillon durch die Disziplin zu einem Stück zusammengeschweißt
+ist, sein Führer aber ein Mann von anerkanntem
+Eifer sein muß, so dreht sich der Balken um einen
+eisernen Zapfen mit wenig Friktion. So ist es aber in Wirklichkeit
+nicht. Das Bataillon bleibt immer aus einer Anzahl
+Menschen zusammengesetzt, von denen, wenn es der Zufall
+will, der unbedeutendste imstande ist, einen Aufenthalt oder
+sonst eine Unregelmäßigkeit zu bewirken.</p>
+
+<p>Diese entsetzliche Friktion, die sich nicht wie in der Mechanik
+auf wenige Punkte konzentrieren läßt, ist überall im Kontakt
+mit dem Zufall und bringt Erscheinungen hervor, die sich gar
+nicht berechnen lassen, eben weil sie zum großen Teil dem Zufall
+angehören.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Ein großer Teil der Nachrichten, die man im Kriege bekommt,
+ist widersprechend, ein noch größerer ist falsch und bei
+weitem der größte einer ziemlichen Ungewißheit unterworfen.
+Was man hier vom Offizier fordern kann, ist ein gewisses Unterscheiden,
+das nur Sach- und Menschenkenntnis und Urteil geben
+können. Das Gesetz des Wahrscheinlichen muß ihn leiten. Diese
+Schwierigkeit ist nicht unbedeutend bei den ersten Entwürfen,
+die auf dem Zimmer und noch außerhalb der eigentlichen
+Kriegssphäre gemacht werden, aber unendlich größer ist sie da,
+wo im Getümmel des Krieges selbst eine Nachricht die andere
+drängt. Die meisten Nachrichten sind falsch, und die Furchtsamkeit
+der Menschen vermehrt die Kraft der Lüge und Unwahrheit.
+In der Regel ist jeder geneigt, das Schlimme eher
+zu glauben als das Gute. Jeder ist geneigt, das Schlimme
+etwas zu vergrößern, und die Gefährlichkeiten, die auf
+diese Weise berichtet werden, obgleich sie wie die Wellen des
+Meeres in sich selbst zusammensinken, kehren doch wie jene
+ohne sichtbare Veranlassung immer von neuem zurück. Fest im
+Vertrauen auf sein besseres inneres Wissen muß der Führer
+dastehen wie der Fels, an dem sich die Welle bricht. Die Rolle
+ist nicht leicht. Wer nicht von Natur mit leichtem Blute begabt
+oder durch kriegerische Erfahrungen geübt und im Urteil gestärkt
+ist, mag es sich eine Regel sein lassen, sich gewaltsam,
+d.&nbsp;h. gegen das innere Niveau seiner eigenen Überzeugung,
+von der Seite der Befürchtungen ab auf die Seite der Hoffnungen
+hinzuneigen. Er wird nur dadurch das wahre Gleichgewicht
+erhalten können. Diese Schwierigkeit, richtig zu sehen,
+die eine der allergrößten Friktionen im Kriege ausmacht,
+läßt die Dinge ganz anders erscheinen, als man sie gedacht
+hat. Der Eindruck der Sinne ist stärker als die Vorstellungen
+des überlegenden Kalküls, und dies geht so weit, daß wohl
+noch nie eine einigermaßen wichtige Unternehmung ausgeführt
+worden ist, wo der Befehlshaber nicht in den ersten Momenten
+der Ausführung neue Zweifel bei sich zu besiegen gehabt hätte.
+Gewöhnliche Menschen, die fremden Eingebungen folgen,
+werden daher meistens an Ort und Stelle unschlüssig; sie glauben
+die Umstände anders gefunden zu haben, als sie solche
+vorausgesetzt hatten, und zwar um so mehr, da sie auch hier
+sich wieder fremden Eingebungen überlassen. Aber auch der,
+der selbst entwarf und jetzt mit eigenen Augen sieht, wird
+leicht an seiner vorigen Meinung irre. Festes Vertrauen zu
+sich selbst muß ihn gegen den scheinbaren Drang des Augenblicks
+waffnen. Seine frühere Überzeugung wird sich bei der
+Entwicklung bewähren, wenn die vorderen Kulissen, die das
+Schicksal in die Kriegsszenen einschiebt, mit ihren dick aufgetragenen
+Gestalten der Gefahr weggezogen, und der Horizont
+erweitert ist. Dies ist eine der großen Klüfte zwischen
+Entwerfen und Ausführen.</p>
+
+
+
+<hr class="hr65" />
+<h2><a name="Operationsbasis_Marsche_Festungen_Gebirgskrieg" id="Operationsbasis_Marsche_Festungen_Gebirgskrieg">Operationsbasis. Märsche. Festungen. Gebirgskrieg</a></h2>
+
+
+<p>Das Heer gleicht einem Baume. Aus dem Boden, auf dem
+er wächst, zieht er seine Lebenskräfte. Ist er klein, so kann er
+leicht verpflanzt werden; dies wird aber schwieriger, je größer
+er wird. Ein kleiner Haufe hat auch seine Lebenskanäle, aber
+er schlägt leicht Wurzeln, wo er sich befindet; nicht so ein zahlreiches
+Heer. Wenn also von dem Einfluß der Basis auf die
+Unternehmungen die Rede ist, so muß allen Vorstellungen immer
+der Maßstab zugrunde liegen, den die Größe des Heeres bedingt.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Stets hat <em class="gesperrt">die Schweiz</em> ängstliche Neutralität beobachtet.
+Seit Jahrhunderten ist sie allen europäischen Händeln fremd
+geblieben. Es gehört also ein viel größerer Übermut, eine entschiedene
+Geringschätzung aller alten Verhältnisse dazu, sich zu
+einem Einbruche in die Schweiz zu entschließen, als zur Überwältigung
+anderer Staaten, obgleich die Schweiz einen hohen
+Wert als Angriffsstation hat, weil man durch ihren Besitz
+imstande ist, das Innere Frankreichs mit einer Invasion zu
+bedrohen, ohne vor den französischen Festungen stehen bleiben
+zu müssen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wenn ein Heer zu einer Unternehmung vorschreitet, sei es,
+um den Feind und sein Kriegstheater anzugreifen oder sich an
+den Grenzen des eigenen aufzustellen, so bleibt es von den Quellen
+seiner Verpflegung und Ergänzung in einer notwendigen
+Abhängigkeit und muß die Verbindung mit ihnen unterhalten,
+denn sie sind die Bedingungen seines Daseins und Bestehens.
+Diese Abhängigkeit wächst intensiv und extensiv mit der Größe
+des Heeres. Nun ist es aber weder immer möglich noch erforderlich,
+daß das Heer mit dem ganzen Lande in unmittelbarer
+Verbindung bleibt, sondern nur mit dem Stück, das sich gerade
+hinter ihm befindet und folglich durch seine Stellung gedeckt
+ist. In diesem Teile des Landes werden dann, soweit es
+nötig ist, besondere Anlagen von Vorräten gemacht und Veranstaltungen
+zur regelmäßigen Fortschaffung der Ergänzungskräfte
+getroffen. Dieses Stück des Landes ist also die Grundlage
+des Heeres und aller seiner Unternehmungen; es muß als
+ein Ganzes mit demselben betrachtet werden. Sind die Vorräte
+zu ihrer größeren Sicherheit in befestigten Orten angelegt,
+so wird der Begriff einer Basis dadurch verstärkt, aber er entsteht
+nicht erst dadurch, denn in einer Menge von Fällen findet
+dies nicht statt.</p>
+
+<p>Aber auch ein Stück des feindlichen Landes kann die Grundlage
+eines Heeres bilden, oder wenigstens mit dazu gehören.
+Denn wenn ein Heer im feindlichen Lande vorgerückt ist, werden
+eine Menge Bedürfnisse aus dem eingenommenen Teile gezogen.
+Die Bedingung ist in diesem Fall, daß man wirklich
+Herr dieses Landstrichs, d.&nbsp;h. der Befolgung der Anordnungen
+gewiß ist.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Bedürfnisse eines Heeres muß man in zwei Klassen
+teilen, nämlich die, die jede angebaute Gegend gibt, und
+andere, die es nur aus den Quellen seiner Entstehung ziehen
+kann. Die ersten sind hauptsächlich Unterhalts- und die zweiten
+Ergänzungsmittel. Die ersteren kann auch das feindliche
+Land, die letzteren in der Regel nur das eigene liefern, z.&nbsp;B.
+Menschen, Waffen und meistens auch Munition.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Sind einmal die Anstalten zur Ergänzung und Ernährung
+des Heeres in einem gewissen Bezirk und für eine gewisse Richtung
+getroffen, so ist selbst im eigenen Lande nur dieser Bezirk
+als die Basis des Heeres zu betrachten, und da eine Veränderung
+hierin immer Zeit und Kraftaufwand erfordert, so kann auch
+im eigenen Lande das Heer seine Basis nicht von einem Tage
+zum andern verlegen, und darum ist es auch in der Richtung
+seiner Unternehmungen immer mehr oder weniger beschränkt.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Verpflegung der Truppen bietet, wie sie auch geschehen
+möge (durch Magazine oder Beitreibungen), immer solche
+Schwierigkeiten, daß sie eine sehr entscheidende Stimme bei
+der Wahl der Maßregeln hat. Sie ist oft der wirksamsten Kombination
+entgegen und nötigt, der Nahrung nachzugehen, wo
+man dem Siege, dem glänzenden Erfolge nachgehen möchte.
+Durch sie vorzüglich bekommt die ganze Maschine die Schwerfälligkeit,
+durch die ihre Wirkungen so weit hinter dem Fluge
+großer Entwürfe zurückbleiben.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wo aus irgendeinem Grunde der Gang der Begebenheiten
+weniger reißend ist, wo mehr ein gleichgewichtiges Schweben
+und Abwägen der Kräfte stattfindet, da ist das Unterbringen
+der Truppen unter Dach und Fach ein Hauptgegenstand der
+Aufmerksamkeit des Feldherrn.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Ohne in Bonaparte den leidenschaftlichen Spieler zu verkennen,
+der sich oft in ein tolles Extrem wagte, kann man doch
+wohl sagen, daß er und die ihm vorangegangenen Revolutionsfeldherren
+in Rücksicht auf die Verpflegung ein mächtiges Vorurteil
+beiseite geschafft und gezeigt haben, daß diese nie anders als
+unter dem Gesichtspunkt einer Bedingung, also niemals als
+Zweck betrachtet werden müsse.</p>
+
+<p>Übrigens verhält es sich mit der Entbehrung im Kriege wie
+mit der körperlichen Anstrengung und der Gefahr. Die Forderungen,
+die der Feldherr an sein Heer machen kann, sind
+durch keine bestimmten Linien begrenzt. Ein starker Charakter
+fordert mehr als ein weichlicher Gefühlsmensch. Auch die
+Leistungen des Heeres sind verschieden, je nachdem Gewohnheit,
+kriegerischer Geist, Vertrauen und Liebe zum Feldherrn oder
+Enthusiasmus für die Sache des Vaterlandes den Willen und
+die Kräfte des Soldaten unterstützen. Aber das sollte man
+wohl als Grundsatz aufstellen können, daß Entbehrung und
+Not, wie hoch sie auch gesteigert werden mögen, immer nur als
+vorübergehende Zustände betrachtet werden und daß sie zu
+reichlichem Unterhalt, ja wohl auch einmal zum Überfluß führen
+müssen. Gibt es etwas Rührenderes als den Gedanken an so
+viele tausend Soldaten, die, schlecht gekleidet, mit einem Gepäck
+von dreißig bis vierzig Pfund belastet, sich auf tagelangen
+Märschen in jedem Wetter und Wege mühsam fortschleppen,
+Gesundheit und Leben unaufhörlich auf das Spiel setzen und
+sich dafür nicht einmal in trockenem Brote sättigen können.
+Wenn man weiß, wie oft dies im Kriege vorkommt, so begreift
+man in der Tat kaum, wie es nicht öfter zum Versagen des
+Willens und der Kräfte führt, und wie eine bloße Richtung
+der Vorstellungen im Menschen fähig ist, durch ihr nachhaltiges
+Wirken solche Anstrengungen hervorzurufen und zu unterstützen.</p>
+
+<p>Wer also dem Soldaten große Entbehrungen auferlegt,
+weil große Zwecke es fordern, der wird, sei es aus Gefühl
+oder aus Klugheit, auch die Entschädigung im Auge haben,
+die er ihm dafür zu andern Zeiten schuldig ist.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Über das Maß eines Marsches und die dazu erforderliche
+Zeit ist es natürlich, sich an die allgemeinen Erfahrungssätze
+zu halten.</p>
+
+<p>Für unsere neueren Heere steht es längst fest, daß ein Marsch
+von drei Meilen (21 Kilometer) das gewöhnliche Tagewerk
+ist, das bei langen Zügen sogar auf zwei Meilen (14 Kilometer)
+heruntergesetzt werden muß, um die nötigen Rasttage einschalten
+zu können, die für die Herstellung alles schadhaft Gewordenen
+bestimmt sind.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Ein einzelner mäßiger Marsch nutzt das Instrument nicht
+ab, aber eine Reihe von mäßigen tut es schon, und eine Reihe
+von schwierigen natürlich viel mehr.</p>
+
+<p>Auf der Kriegsbühne selbst sind Mangel an Verpflegung
+und Unterkommen, schlechte, ausgefahrene Wege und die Notwendigkeit
+beständiger Schlagfertigkeit die Ursachen der unverhältnismäßigen
+Kraftanstrengungen, durch die Menschen,
+Vieh, Fuhrwerk und Bekleidung zugrunde gerichtet werden.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Man muß sich auf eine große Zerstörung seiner eigenen
+Kräfte gefaßt machen, wenn man einen bewegungsreichen Krieg
+führen will, danach seinen übrigen Plan errichten und vor
+allem die Verstärkungen, die nachrücken sollen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Entfernung (eines Heeres) von der Quelle, aus der
+die unaufhörlich sich schwächende Streitkraft ebenso unaufhörlich
+erzeugt werden muß, nimmt mit dem Vorrücken zu. Eine
+erobernde Armee gleicht hierin dem Licht einer Lampe. Je
+weiter sich das nährende Öl heruntersenkt, um so kleiner wird
+die Flamme.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Festungen sind ein eigentlicher Schild gegen den feindlichen
+Angriff, dessen Strom sich an ihnen bricht wie an Eisblöcken.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Ein Verteidigungsheer ohne Festungen hat hundert verwundbare
+Stellen. Es ist ein Körper ohne Harnisch.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Offenbar ist die Wirksamkeit einer Festung aus zwei verschiedenen
+Elementen zusammengesetzt, dem passiven und dem
+aktiven. Durch das erste schützt sie den Ort und alles, was in
+ihm enthalten ist; durch das andere übt sie einen gewissen Einfluß
+auf die auch über ihre Kanonenschußweite hinaus liegende
+Umgegend.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Unternehmungen, die die Besatzung einer Festung sich
+erlauben darf, sind immer ziemlich beschränkt. Selbst bei
+großen Festungen und starken Besatzungen sind die Haufen,
+die dazu ausgesandt werden können, in Beziehung auf die im
+Felde stehenden Streitkräfte meistens nicht beträchtlich, und
+der Durchmesser ihres Wirkungskreises beträgt selten über ein
+paar Märsche. Ist die Festung aber klein, so werden die Haufen
+ganz unbedeutend, und ihr Wirkungskreis wird meist auf die
+nächsten Dörfer beschränkt sein. Solche Korps aber, die nicht
+zur Besatzung gehören, also nicht notwendig in die Festung
+zurückkehren müssen, sind dadurch viel weniger gebunden, und
+so kann durch sie die aktive Wirkungssphäre einer Festung,
+wenn die übrigen Umstände dazu günstig sind, außerordentlich
+erweitert werden.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Erzherzog Karl hat als erster aller Theoretiker den Satz ausgesprochen,
+daß das Gebirge dem Verteidiger nachteilig sei,
+wobei wir hinzufügen: insofern eine große Entscheidung gesucht
+wird oder zu befürchten ist.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Mit der Hauptmacht ist das Gebirge womöglich zu vermeiden
+und seitwärts liegen zu lassen oder vor oder hinter
+sich zu behalten. Im übrigen ist das Gebirge im allgemeinen
+sowohl in der Taktik wie in der Strategie der Verteidigung
+ungünstig. Es raubt die Übersicht und hindert die Bewegungen
+nach allen Richtungen. Es zwingt zur Passivität.</p>
+
+
+
+<hr class="hr65" />
+<h2><a name="Das_Gefecht_Verluste_Reserven_Die_Hauptschlacht" id="Das_Gefecht_Verluste_Reserven_Die_Hauptschlacht">Das Gefecht. Verluste. Reserven. Die Hauptschlacht.
+Sieg und Verfolgung</a></h2>
+
+
+<p>Der Mittel gibt es im Kriege nur ein einziges. Es ist der
+Kampf. Wie mannigfaltig dieser auch gestaltet sei, wie weit
+er sich von der rohen Entledigung des Hasses und der Feindschaft
+im Faustkampfe entfernen möge, wie viel Dinge sich einschieben
+mögen, die nicht selbst Kampf sind: immer liegt es im
+Begriff des Krieges, daß alle in ihm erscheinenden Wirkungen
+ursprünglich vom Kampf ausgehen müssen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Es bezieht sich also alle kriegerische Tätigkeit notwendig auf
+das Gefecht, entweder unmittelbar oder mittelbar. Der Soldat
+wird ausgehoben, gekleidet, bewaffnet, geübt, er schläft, ißt, trinkt
+und marschiert, alles nur, um an rechter Stelle und zu rechter
+Zeit zu fechten.</p>
+
+<p>Endigen somit im Gefecht alle Fäden kriegerischer Tätigkeit,
+so werden wir sie auch alle auffassen, indem wir die Anordnung
+der Gefechte bestimmen. Nur von dieser Anordnung und ihrer
+Vollziehung gehen die Wirkungen aus, niemals unmittelbar
+von den ihnen vorhergehenden Bedingungen. Nun ist im
+Gefecht alle Tätigkeit auf die Vernichtung des Gegners oder
+vielmehr seiner Streitfähigkeit gerichtet, denn dies liegt in
+seinem Begriff. Die Vernichtung der feindlichen Streitkraft
+ist also immer das Mittel, um den Zweck des Gefechts zu erreichen.</p>
+
+<p>Dieser Zweck kann ebenfalls die bloße Vernichtung der feindlichen
+Streitmacht sein, aber dies ist keineswegs notwendig,
+sondern es kann auch etwas ganz anderes sein. Sobald nämlich
+das Niederwerfen des Gegners nicht das einzige Mittel ist, den
+politischen Zweck zu erreichen, sobald es andre Gegenstände gibt,
+die man als Ziel im Kriege verfolgen kann: so folgt von selbst,
+daß diese Gegenstände der Zweck einzelner kriegerischer Akte
+werden können, also auch der Zweck von Gefechten.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wäre die Schlacht auch nicht das kräftigste, das gewöhnlichste
+und wirksamste Mittel der Entscheidung, so würde es doch hinreichen,
+daß sie überhaupt zu den Mitteln der Entscheidung gehört,
+um die stärkste Vereinigung der Kräfte zu fordern, die die
+Umstände irgend gestatten. Eine Hauptschlacht auf dem Kriegstheater
+ist der Stoß des Schwerpunktes gegen den Schwerpunkt.
+Je mehr Kräfte man in dem einen oder andern versammeln
+kann, um so sicherer und größer wird die Wirkung sein. Also
+jede Teilung der Kräfte, die nicht durch einen Zweck hervorgerufen
+wird (der entweder selbst durch eine glückliche Schlacht
+nicht erreicht werden kann, oder der den glücklichen Ausgang
+der Schlacht selbst bedingt), ist verwerflich.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Das Gefecht ist die eigentliche kriegerische Tätigkeit; alles
+übrige ist nur Träger. Gefecht ist Kampf, und in ihm ist die
+Vernichtung oder Überwindung des Gegners der Zweck.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Was ist die Überwindung des Gegners? Immer nur die
+Vernichtung seiner Streitkraft, sei es durch Tod oder Wunden
+oder auf was für eine andere Art, sei es ganz und gar, oder
+nur in einem solchen Maße, daß er den Kampf nicht mehr fortsetzen
+will. Wir können also, solange wir von allen besonderen
+Zwecken der Gefechte absehen, die gänzliche oder teilweise Vernichtung
+des Gegners als den einzigen Zweck aller Gefechte
+betrachten.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die unmittelbare Vernichtung der feindlichen Streitkräfte
+ist überall das Vorherrschende. Wir stellen also das Vernichtungsprinzip
+auf. Indessen befinden wir uns in der
+Strategie und nicht in der Taktik und dürfen also nicht von
+den Mitteln sprechen, die jene haben mag, mit wenig Kraftaufwand
+viel feindliche Streitkräfte zu vernichten, sondern
+müssen daran erinnern, daß wir unter unmittelbarer Vernichtung
+die taktischen Erfolge verstehen. Unsere Behauptung
+lautet also, daß nur große taktische Erfolge zu großen strategischen
+führen können, oder, bestimmter ausgedrückt, daß die
+taktischen Erfolge von vorherrschender Wichtigkeit in der Kriegführung
+sind.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Frage, ob ein einfacher Stoß oder ein mehr zusammengesetzter,
+kunstvoller größere Wirkung hervorbringt, mag unzweifelhaft
+für den letzteren entschieden werden, solange der
+Gegner als ein leidender Gegenstand gedacht wird. Allein
+jeder zusammengesetzte Stoß erfordert mehr Zeit, und diese
+Zeit muß ihm gegönnt werden, ohne daß durch einen Gegenstoß
+auf einen der Teile das Ganze in den Vorbereitungen zu
+seiner Wirkung gestört wird. Entscheidet sich nun der Gegner
+zu einem einfacheren Stoß, der in kurzer Zeit ausgeführt ist,
+so gewinnt er den Vorsprung und stört die Wirkung des großen
+Plans. Man muß also bei dem Werte des zusammengesetzten
+Stoßes alle Gefahren in Betracht bringen, die man während
+seiner Vorbereitung läuft, und kann ihn nur anwenden, wenn
+man vom Gegner nicht zu fürchten braucht, durch einen kürzeren
+gestört zu werden. Sooft dies der Fall ist, muß man selber
+den kürzeren wählen und in diesem Sinne so weit hinuntersteigen,
+als es der Charakter, die Verhältnisse des Gegners und
+andere Umstände nötig machen. Verlassen wir die schwachen
+Eindrücke abstrakter Begriffe und steigen wir ins wirkliche
+Leben hinab, so wird ein rascher, mutiger, entschlossener
+Gegner uns nicht Zeit zu weitaussehenden künstlichen Zusammensetzungen
+lassen, und gerade gegen einen solchen bedürfen
+wir der Kunst am meisten. Hiermit, scheint es uns,
+ist das Vorherrschen der einfachen und unmittelbaren Erfolge
+vor den zusammengesetzten schon gegeben.</p>
+
+<p>Unsere Meinung ist also nicht, daß der einfache Stoß der
+beste sei, sondern daß man nicht weiter ausholen dürfe, als der
+Spielraum erlaubt, und daß dies immer mehr zum unmittelbaren
+Kampf hinführen wird, je kriegerischer der Gegner ist. Also
+weit entfernt, den Gegner nach der Richtung zusammengesetzter
+Stöße hin überbieten zu dürfen, muß man vielmehr suchen,
+ihm nach der entgegengesetzten Richtung hin immer voran
+zu sein.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Was ist nun unter Vernichtung der feindlichen Streitkraft
+zu verstehen? Eine Verminderung derselben, die verhältnismäßig
+größer ist als die unsrer eigenen. Wenn wir eine große
+Überlegenheit der Zahl über den Feind haben, so wird natürlich
+diese absolute Größe des Verlustes für uns kleiner sein als
+für ihn und folglich schon als ein Vorteil betrachtet werden
+können. Nur der unmittelbare Gewinn, den wir im gegenseitigen
+Zerstörungsprozeß machen, kann als Zweck des Gefechts
+betrachtet werden, denn dieser Gewinn ist ein absoluter, der
+die Rechnung des ganzen Feldzugs durchläuft und sich am
+Schluß immer als reiner Gewinn erweist. Jede andere Art
+des Sieges über unseren Gegner aber würde entweder ihren
+Grund in anderen Zwecken haben, von denen wir hier ganz absehen,
+oder nur einen einstweiligen relativen Vorteil geben.
+Ein Beispiel soll uns dies klarmachen.</p>
+
+<p>Wenn wir unsern Gegner durch eine geschickte Anordnung
+in eine so nachteilige Lage versetzt haben, daß er das Gefecht
+ohne Gefahr nicht fortsetzen kann und er sich nach einigem
+Widerstande zurückzieht, so können wir sagen, daß wir ihn auf
+diesem Punkt überwunden haben. Haben wir aber bei dieser
+Überwindung gerade in demselben Verhältnis an Streitkräften
+eingebüßt als er, so wird bei der Schlußrechnung des Feldzugs
+von diesem Siege, wenn man einen solchen Erfolg so nennen
+könnte, nichts übrigbleiben. Es kommt also das Überwinden
+des Gegners, d.&nbsp;h. die Versetzung desselben in einen solchen
+Zustand, daß er das Gefecht aufgeben muß, an und für sich
+nicht in Betracht und kann deshalb auch nicht in die Definition
+des Zweckes aufgenommen werden, und so bleibt denn, wie gesagt,
+nichts übrig als der unmittelbare Gewinn, den wir im
+Zerstörungsprozeß gemacht haben. Es gehören aber dahin
+nicht bloß die Verluste, die im Verlauf des Gefechts vorkommen,
+sondern auch die, die nach dem Abzug des besiegten
+Teils als unmittelbare Folge eintreten.</p>
+
+<p>Nun ist es eine bekannte Erfahrung, daß die Verluste an
+physischen Streitkräften im Laufe des Gefechts selten eine große
+Verschiedenheit zwischen Sieger und Besiegtem zeigen, oft gar
+keine, zuweilen auch wohl eine sich umgekehrt verhaltende, und
+daß die entscheidendsten Verluste für den Besiegten erst mit
+dem Abzug eintreten, nämlich die, die der Sieger nicht mit ihm
+teilt.</p>
+
+<p>Der Verlust an physischen Streitkräften ist nicht der einzige,
+den beide Teile im Verlauf des Gefechts erleiden, sondern
+auch die moralischen werden erschüttert, gebrochen und gehen
+zugrunde. Es ist nicht bloß der Verlust an Menschen, Pferden
+und Geschützen, sondern an Ordnung, Mut, Vertrauen, Zusammenhang
+und Plan, der bei der Frage in Betracht kommt,
+ob das Gefecht noch fortgesetzt werden kann oder nicht. Die
+moralischen Kräfte sind es vorzugsweise, die hier entscheiden,
+und sie waren es allein in allen Fällen, wo der Sieger ebensoviel
+verloren hatte wie der Besiegte.</p>
+
+<p>Das Verhältnis des physischen Verlustes ist ohnehin im
+Laufe des Gefechts schwer zu schätzen, aber das Verhältnis des
+moralischen nicht. Zwei Dinge geben ihn hauptsächlich kund.
+Das erste ist der Verlust des Bodens, auf dem man gefochten,
+das andere das Übergewicht der feindlichen Reserven. Je
+stärker unsere Reserven im Verhältnis zu den feindlichen zusammenschwinden,
+um so mehr Kräfte haben wir gebraucht,
+das Gleichgewicht zu erhalten. Schon darin tut sich ein fühlbarer
+Beweis der moralischen Überlegenheit des Gegners kund,
+der auch selten verfehlt, im Gemüt des Feldherrn eine gewisse
+Bitterkeit und Geringschätzung seiner eigenen Truppen
+zu erzeugen. Aber die Hauptsache ist, daß alle Truppen, die
+schon anhaltend gefochten haben, mehr oder weniger wie eine
+ausgebrannte Schlacke erscheinen. Sie haben sich verschossen,
+sind zusammengeschmolzen; ihre physische und moralische Kraft
+ist erschöpft, auch wohl ihr Mut gebrochen. Eine solche Truppe
+ist somit auch, abgesehen von der Verminderung ihrer Zahl, als
+ein organisches Ganze betrachtet, bei weitem nicht mehr, was
+sie vor dem Gefecht war, und daher kommt es, daß sich der
+Verlust an moralischen Kräften an dem Maß verbrauchter
+Reserven wie an einem Zollstock kundtut.</p>
+
+<p>Jedes Gefecht ist also die blutige und zerstörende Ausgleichung
+der Kräfte, der physischen und moralischen. Wer
+am Schluß die größte Summe von beiden übrig hat, ist der
+Sieger.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Im Gefecht war der Verlust der moralischen Kräfte die
+vorherrschende Ursache der Entscheidung. Nachdem diese gefallen,
+bleibt jener Verlust im Steigen und erreicht erst am
+Schluß des ganzen Aktes seinen Höhepunkt. Es wird also
+auch das Mittel, den Gewinn in der Zerstörung der physischen
+Streitkräfte zu machen, was der eigentliche Zweck des Gefechts
+war.</p>
+
+<p>Die verlorene Ordnung und Einheit macht oft sogar den
+Widerstand einzelner verderblich. Der Mut des Ganzen ist
+gebrochen. Die ursprüngliche Spannung über Verlust und
+Gewinn, in der die Gefahr vergessen wurde, ist aufgelöst; und
+den meisten erscheint die Gefahr nun nicht mehr wie eine Herausforderung
+des Mutes, sondern wie das Erleiden einer
+harten Züchtigung. So ist das Instrument im ersten Augenblick
+des Sieges geschwächt und abgestumpft und darum nicht
+mehr geeignet, Gefahr mit Gefahr zu vergelten.</p>
+
+<p>Diese Zeit muß der Sieger benutzen, um den eigentlichen
+Gewinn an der physischen Kraftzerstörung zu machen. Nur
+was er hierin erreicht, bleibt ihm gewiß. Denn die moralischen
+Kräfte kehren im Gegner nach und nach zurück; die Ordnung
+wird wieder hergestellt, sein Mut wieder gehoben, und es bleibt
+in der Mehrheit der Fälle nur ein sehr geringer Teil vom errungenen
+Übergewicht zurück, oft gar keins. Und in einzelnen,
+obgleich seltenen Fällen entsteht wohl gar durch Rache und
+stärkeres Anfachen der Feindschaft eine umgekehrte Wirkung.
+Dagegen kann, was an Toten, Verwundeten, Gefangenen und
+an erobertem Geschütz und sonstigem Kriegsgerät gewonnen
+ist, niemals aus der Rechnung verschwinden.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Verluste <em class="gesperrt">in</em> der Schlacht bestehen mehr in Toten und
+Verwundeten, die <em class="gesperrt">nach</em> der Schlacht mehr in verlorenem Geschütz
+und Gefangenen. Die ersteren teilt der Sieger mehr oder
+weniger mit dem Besiegten; die letzteren nicht, und deshalb
+finden sie sich gewöhnlich nur auf der einen Seite des Kampfes
+oder wenigstens dort in bedeutender Überzahl.</p>
+
+<p>Geschütze und Gefangene sind darum jederzeit als die wahren
+Trophäen des Sieges betrachtet worden und zugleich als sein
+Maßstab, weil sich an ihnen sein Umfang unzweifelhaft kundtut.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Daß sich die in dem Gefecht und seinen ersten Folgen zugrundegerichteten
+moralischen Kräfte nach und nach wiederherstellen
+und oft keine Spur ihrer Zerstörung lassen, ist zumeist
+der Fall bei kleinen Abteilungen des Ganzen, seltener
+bei großen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wir dürfen das verlorene Gleichgewicht der moralischen
+Kräfte nicht darum gering achten, weil es keinen absoluten
+Wert hat und nicht unfehlbar in der endlichen Summe der Erfolge
+erscheint. Es kann von einem so überwiegenden Gewicht
+werden, daß es mit unwiderstehlicher Gewalt alles niederwirft.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Über den Verlust an Toten und Verwundeten sind die gegenseitigen
+Berichte nie genau, selten wahrhaft und in den meisten
+Fällen voll absichtlicher Entstellung. Selbst die Zahl der
+Trophäen wird selten ganz zuverlässig gegeben, und wo sie
+nicht sehr bedeutend ist, kann auch sie noch Zweifel an dem
+Siege übriglassen. Vom Verlust an moralischen Kräften läßt
+sich außer den Trophäen gar kein gültiges Maß angeben.
+Es bleibt also in vielen Fällen das Aufgeben des Kampfes als
+der einzige wahre Beweis des Sieges allein übrig. Es ist mithin
+als Bekenntnis der Schuld, als das Senken des Paniers
+zu betrachten, durch das dem Gegner Recht und Überlegenheit
+in diesem einzelnen Falle eingeräumt wird, und diese Seite
+der Demütigung und Scham, die von allen übrigen moralischen
+Folgen des umschlagenden Gleichgewichts noch zu unterscheiden
+bleibt, ist ein wesentliches Stück des Sieges. Dieser
+Teil allein ist es, der auf die öffentliche Meinung außerhalb
+des Heeres wirkt, auf Volk und Regierung in beiden kriegführenden
+Staaten und in allen beteiligten anderen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Das Aufgeben der Absicht ist nicht gerade identisch mit dem
+Abzug vom Schlachtfeld, selbst da, wo der Kampf hartnäckig
+und anhaltend geführt worden ist. Niemand wird von Vorposten,
+die sich nach einem hartnäckigen Widerstande zurückziehen,
+sagen, sie hätten ihre Absicht aufgegeben. Selbst in Gefechten,
+die die Vernichtung der feindlichen Streitkraft zur
+Absicht haben, kann der Abzug vom Schlachtfelde nicht immer
+als ein Aufgeben der Absicht angesehen werden, z.&nbsp;B. bei vorher
+beabsichtigten Rückzügen, bei denen das Land Fuß für
+Fuß streitig gemacht wird. In den meisten Fällen ist das Aufgeben
+der Absicht von dem Abzuge vom Schlachtfelde schwer
+zu unterscheiden, und der Eindruck, den jenes in und außer
+dem Heere hervorbringt, ist nicht geringzuschätzen.</p>
+
+<p>Für Feldherren und Heere, die keinen ausgemachten Ruf
+haben, ist dies eine eigene, schwierige Seite mancher sonst in
+den Umständen begründeten Verfahrungsarten, wo eine Reihe
+mit Rückzug endigender Gefechte als eine Reihe von Niederlagen
+erscheinen kann, ohne es zu sein, und wo dieses Erscheinen
+von sehr nachteiligem Einfluß werden kann. Es ist dem Ausweichenden
+in diesem Falle nicht möglich, durch die Darlegung
+seiner eigentlichen Absicht dem moralischen Eindruck überall
+vorzubeugen, denn um das mit Wirksamkeit zu tun, müßte er
+seinen Plan vollständig bekanntmachen, was, wie sich versteht,
+seinem Hauptinteresse zu sehr entgegenliefe.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Dauer eines Gefechts ist gewissermaßen als ein zweiter,
+untergeordneter Erfolg zu betrachten. Dem Sieger kann ein
+Gefecht niemals schnell genug entschieden sein, dem Besiegten
+niemals lange genug dauern. Der schnelle Sieg ist eine höhere
+Potenz des Sieges, die späte Entscheidung bei der Niederlage
+ein Ersatz für den Verlust.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Kein Gefecht entscheidet sich in einem einzelnen Moment,
+obwohl es in jedem Gefechte Momente von großer Wichtigkeit
+gibt, die die Entscheidung hauptsächlich bewirken. Der
+Verlust eines Gefechts ist ein stufenweises Niedersinken der
+Wage. Es gibt aber bei jedem Gefecht einen Zeitpunkt, wo
+man es als entschieden ansehen kann, so daß der Wiederanfang
+ein neues Gefecht und nicht die Fortsetzung des alten
+wäre. Über diesen Zeitpunkt eine klare Vorstellung zu haben,
+ist sehr wichtig, um sich entscheiden zu können, ob ein Gefecht
+von einer herbeieilenden Hilfe noch mit Nutzen wieder aufgenommen
+werden kann.</p>
+
+<p>Oft werden in Gefechten, die nicht wiederherzustellen sind,
+neue Kräfte vergeblich geopfert. Oft wird versäumt, die Entscheidung
+zu wenden, wo dies noch füglich geschehen könnte.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Jedes Gefecht ist ein ganzes, in dem sich die Teilgefechte
+zu einem Gesamterfolge vereinigen. In diesem Gesamterfolg
+liegt die Entscheidung des Gefechts.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Je kleiner der Teil der Streitkraft ist, der wirklich gefochten,
+je größer der ist, der als Reserve durch sein bloßes Dasein mitentschieden
+hat, um so weniger kann uns eine neue Streitkraft
+des Gegners den Sieg wieder aus den Händen winden. <em class="gesperrt">Der</em>
+Feldherr wie <em class="gesperrt">das</em> Heer, die es am weitesten darin gebracht
+haben, das Gefecht mit der größten Ökonomie der Kräfte zu
+führen und überall die moralische Wirkung starker Reserven
+geltend zu machen, gehen den sichersten Weg zum Siege. Man
+muß den Franzosen, besonders wenn Bonaparte sie führte, eine
+große Meisterschaft darin einräumen.</p>
+
+<p>Ferner wird der Augenblick, wo beim Sieger der Zustand der
+Gefechtskrisis aufhört und die alte Tüchtigkeit zurückkehrt, um
+so früher eintreten, je kleiner das Ganze ist. Eine Reiterfeldwache,
+die ihren Gegner spornstreichs verfolgt, wird in wenig Minuten
+wieder die alte Ordnung gewinnen, und länger dauert auch
+die Krisis nicht. Ein ganzes Regiment Reiterei braucht dazu
+schon mehr Zeit. Noch länger dauert es beim Fußvolk, wenn
+es sich in einzelne Schützenlinien aufgelöst hat, und wieder
+länger bei Abteilungen von allen Waffen, wenn ein Teil diese,
+der andre jene zufällige Richtung eingeschlagen und dies eine
+Störung der Ordnung veranlaßt hat, die gewöhnlich dadurch
+erst schlimmer wird, daß kein Teil recht weiß, wo der andre ist.</p>
+
+<p>Wieder später tritt dieser Augenblick ein, wenn die Nacht
+den Sieger in der Krisis überrascht; und endlich tritt er später
+ein, wenn die Gegend durchschnitten und verdeckt ist.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Gefahr, sich auf zwei Seiten schlagen zu müssen, und
+die noch drohendere, keinen Rückzug zu behalten, lähmen die
+Bewegungen und die Kraft des Widerstandes und wirken auf
+die Alternative von Sieg und Niederlage; ferner steigern sie
+bei der Niederlage den Verlust und treiben ihn oft bis an die
+äußerste Grenze, d.&nbsp;h. bis zur Vernichtung. Der bedrohte
+Rücken macht also die Niederlage zugleich wahrscheinlicher und
+entscheidender.</p>
+
+<p>Hieraus entsteht ein wahrer Instinkt für die ganze Kriegführung
+und besonders für die großen und kleinen Gefechte:
+nämlich die Sicherung des eigenen Rückens und die Gewinnung
+des feindlichen. Er folgt aus dem Begriff des Sieges,
+der, wie wir gesehen haben, noch etwas anderes als bloßes
+Totschlagen ist.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Wirkung einer Überraschung in Seite und Rücken ist
+immer gesteigert, und ein in der Krisis des Sieges Begriffener
+ist in seinem ausgereckten und zerstreuten Zustande weniger imstande,
+ihr entgegenzuwirken. Wer fühlt es nicht, daß ein
+Seiten- und Rückenanfall, der im Anfang des Gefechts, wo die
+Kraft gesammelt und für solche Fälle immer vorgesehen ist,
+wenig bedeuten würde, ein ganz anderes Gewicht im letzten
+Augenblick des Gefechtes bekommt.</p>
+
+<p>In den meisten Fällen wird eine von der Seite oder im
+Rücken des Gegners herbeikommende Hilfe viel wirksamer sein,
+sich wie dasselbe Gewicht an einem längeren Hebelarm verhalten,
+so daß man also unter solchen Umständen die Herstellung
+eines Gefechts mit derselben Kraft unternehmen kann, die auf
+dem geraden Wege nicht zugereicht hätte. Hier, wo die Wirkungen
+fast jeder Berechnung ausweichen, weil die moralischen
+Kräfte ganz das Übergewicht gewinnen, ist das rechte
+Feld der Kühnheit und des Wagens.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der alte, auch von Napoleon betonte Grundsatz, daß der
+Befehlshaber einer abgesonderten Kolonne immer seine Richtung
+dahin zu nehmen habe, wo heftiger Kanonendonner die
+Krise einer Entscheidung andeutet, kann nur für solche Fälle
+gelten, wo der Befehlshaber einer abgesonderten Kolonne durch
+die Umstände in eine <em class="gesperrt">zweifelhafte</em> Lage gesetzt worden ist, in
+der sich die frühere Klarheit und Bestimmtheit seiner Aufgabe
+in die Ungewißheit und die Widersprüche der Entscheidung
+verliert, die in der Wirklichkeit des Krieges so häufig sind.
+Anstatt untätig stehenzubleiben oder ohne bestimmten Zweck
+umherzuirren, wird ein solcher Befehlshaber freilich besser tun,
+seinem Nachbar zu Hilfe zu eilen, wenn ein heftiges Feuer
+dessen Not andeutet.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Vernichtung der feindlichen Streitkräfte ist das Hauptprinzip
+der Kriegführung und für die ganze Seite des positiven
+Handelns der Hauptweg zum Ziel.</p>
+
+<p>Diese Vernichtung der Streitkräfte findet hauptsächlich im
+Gefecht statt.</p>
+
+<p>Nur große und allgemeine Gefechte geben große Erfolge.</p>
+
+<p>Am größten werden die Erfolge, wenn sich die Gefechte in
+eine große Schlacht vereinigen.</p>
+
+<p>Nur in einer Hauptschlacht regiert der Feldherr mit eigenen
+Händen.</p>
+
+<p>Aus diesen Wahrheiten ergibt sich ein Doppelgesetz, dessen
+Teile sich gegenseitig tragen, nämlich, daß die Vernichtung der
+feindlichen Streitkräfte hauptsächlich in großen Schlachten
+und ihren Erfolgen zu suchen ist, und daß der Hauptzweck großer
+Schlachten die Vernichtung der feindlichen Streitkräfte sein
+muß.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Hauptschlacht ist als der konzentrierte Krieg, als der
+Schwerpunkt des ganzen Krieges oder Feldzuges anzusehen.
+Wie sich die Strahlen der Sonne im Brennpunkt des Hohlspiegels
+zu ihrem vollkommenen Bilde und zur höchsten Glut vereinigen,
+so vereinigen sich Kräfte und Umstände des Krieges
+in der Hauptschlacht zu einer zusammengedrängten höchsten
+Wirkung.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Nicht bloß der Begriff des Krieges führt uns dahin, eine
+große Entscheidung nur in einer großen Schlacht zu suchen,
+sondern auch die Erfahrung. Von jeher haben nur große Siege
+zu großen Erfolgen geführt, bei dem Angreifenden unbedingt,
+bei dem Verteidiger mehr oder weniger. Selbst Bonaparte
+würde das in seiner Art einzige Ulm nicht erlebt haben, wenn
+er das Blutvergießen gescheut hätte. Vielmehr ist es nur als
+eine Nachmahd der Siegesfälle seiner früheren Feldzüge anzusehen.
+Es sind nicht bloß die kühnen Feldherren, die verwegenen,
+die trotzigen, die ihr Werk mit dem großen Wagstück
+entscheidender Schlachten zu vollbringen gesucht haben, es sind
+die glücklichen insgesamt. Und von diesen können wir uns bei
+einer so umfassenden Frage die Antwort gefallen lassen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Hauptschlacht im Kriege ist nichts an Wichtigkeit zu
+vergleichen, und die höchste Weisheit der Strategie offenbart
+sich in der Beschaffung der Mittel zu ihr, in ihrer geschickten
+Feststellung nach Ort, Zeit und Richtung der Kräfte und in der
+Ausnutzung ihres Erfolges.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Impuls zur Hauptschlacht, die freie sichere Bewegung
+zu ihr, muß von dem Gefühl eigener Kraft und dem klaren Bewußtsein
+der Notwendigkeit, mit anderen Worten: er muß von
+dem angeborenen Mut und von dem durch große Lebensverhältnisse
+geschärften Blick ausgehen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Größe eines Sieges steigt nicht bloß in dem Maße, als
+die besiegten Streitkräfte an Umfang zunehmen, sondern in
+höheren Graden. Die moralischen Wirkungen, die der Ausgang
+eines großen Gefechts hat, sind größer beim Besiegten als
+beim Sieger; sie werden Veranlassung zu größeren Verlusten
+an physischen Kräften, die dann wieder auf die moralischen
+zurückwirken und so sich gegenseitig tragen und steigern. Auf
+diese moralische Wirkung muß man daher ein besonderes
+Gewicht legen. Sie findet in entgegengesetzter Richtung bei
+beiden Teilen statt. Wie sie die Kräfte des Besiegten untergräbt,
+so erhöht sie die Kräfte und die Tätigkeit des Siegers. Aber
+die Hauptwirkung liegt doch im Besiegten, denn hier wird
+sie die unmittelbare Ursache zu neuen Verlusten, und außerdem
+ist sie mit der Gefahr, den Anstrengungen und Mühseligkeiten,
+überhaupt mit allen erschwerenden Umständen, zwischen denen
+sich der Krieg bewegt, homogener Natur, tritt also mit ihnen
+in Bund und wächst durch ihren Beistand, während beim
+Sieger sich alle diese Dinge wie Gewichte an den höheren
+Schwung seines Mutes legen. Man findet also, daß der Besiegte
+sich viel tiefer unter die Linie des ursprünglichen Gleichgewichts
+hinuntersenkt, als der Sieger sich über sie erhebt.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Hauptschlacht ist um ihrer selbst willen da, um des
+Sieges willen, den sie geben soll und der in ihr mit der höchsten
+Anstrengung gesucht wird. Dies ist die Geistesspannung,
+nicht bloß des Feldherrn, sondern seines ganzen Heeres bis
+zum letzten Troßknecht hinab. Zu allen Zeiten und nach der
+Natur der Dinge waren Hauptschlachten niemals unvorbereitete,
+unerwartete, blinde Dienstverrichtungen, sondern ein großartiger
+Akt, der aus der Masse der gewöhnlichen Tätigkeiten
+teils von selbst, teils nach der Absicht der Führer hinreichend
+hervortritt.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Gewöhnlich kommen beide Teile mit sehr geschwächten
+körperlichen Kräften in die Schlacht, denn die Bewegungen,
+die unmittelbar vorhergehen, haben mindestens den Charakter
+dringender Umstände. Die Anstrengungen, die das Ausringen
+eines langen Kampfes kostet, vollenden die Erschöpfung. Dazu
+kommt, daß der siegende Teil nicht viel weniger durcheinandergekommen
+und aus seinen ursprünglichen Ordnungsfugen gewichen
+ist als der Besiegte und somit das Bedürfnis hat, sich
+zu ordnen und mit frischer Munition zu versehen. Alle diese
+Umstände versetzen den Sieger selbst in einen Zustand der
+Krisis. Es ist zwar ein Entreißen des Sieges nicht zu befürchten,
+aber nachteilige Gefechte bleiben doch möglich. Außerdem
+hängt sich nun das volle Gewicht des sinnlichen Menschen mit
+seinen Bedürfnissen und Schwächen an den Willen des Feldherrn.
+Alle die Tausende, die unter seinem Befehl stehen, haben
+das Bedürfnis nach Ruhe und Stärkung, haben das Verlangen,
+die Schranken der Gefahr und Arbeit vorderhand geschlossen
+zu sehen. Nur wenige, die man als Ausnahmen betrachten
+kann, sehen und fühlen über den gegenwärtigen Augenblick
+hinaus. Nur in diesen wenigen ist, nachdem das Notwendige
+vollbracht ist, noch so viel freies Spiel des Mutes, um noch an
+<em class="gesperrt">die</em> Erfolge zu denken, die in solchem Augenblick als eine bloße
+Verschönerung des Sieges, als ein Luxus des Triumphes erscheinen.
+Alle jene Tausende aber haben ihre Stimme im Rate des
+Feldherrn, denn durch die ganze Stufenfolge der übereinandergestellten
+Führer haben diese Interessen des sinnlichen Menschen
+ihren sicheren Leiter bis ins Herz des Feldherrn. Dieser selbst
+ist mehr oder weniger durch geistige und körperliche Anstrengung
+in seiner inneren Tätigkeit geschwächt, und so geschieht es denn,
+daß meistens aus diesem rein menschlichen Grunde weniger
+geschieht, als geschehen könnte, und daß überhaupt, was geschieht,
+nur vom Ruhmdurst, der Energie und wohl auch der
+Härte des obersten Feldherrn abhängt.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Ist der große Sieg erfochten, so soll von keiner Rast, von
+keinem Atemholen, von keinem Besinnen, von keinem Feststellen
+usw. die Rede sein, sondern nur von der Verfolgung, von neuen
+Stößen, wo sie nötig sind, von der Einnahme der feindlichen
+Hauptstadt, vom Angriff auf die feindlichen Hilfsheere, oder
+was sonst als Stützpunkt des feindlichen Staates erscheint.</p>
+
+<p>Führt uns der Strom des Sieges an feindlichen Festungen
+vorbei, so hängt es von unserer Stärke ab, ob sie belagert werden
+sollen oder nicht. Bei großer Überlegenheit wäre es ein Zeitverlust,
+sich ihrer nicht so früh als möglich zu bemächtigen. Sind
+wir aber des ferneren Erfolges an der Spitze nicht sicher, so
+müssen wir uns vor den Festungen mit so wenigem als möglich
+behelfen, und das schließt ihre gründliche Belagerung aus.
+Von dem Augenblick an, wo die Belagerung einer Festung
+uns zwingt, mit dem Vorschreiten des Angriffs innezuhalten,
+hat dieser in der Regel seinen Kulminationspunkt erreicht. Wir
+fordern also ein schnelles, rastloses Vordringen und Nachdringen
+der Hauptmacht. Wir haben es schon verworfen, daß sich dieses
+Vorschreiten auf dem Hauptpunkte nach dem Erfolg auf den
+Nebenpunkten richtet. Solange der Feldherr seinen Gegner
+noch nicht niedergeworfen hat, solange er glaubt, stark genug
+zu sein, um das Ziel zu gewinnen, so lange muß er es auch verfolgen.
+Er tut es vielleicht mit steigender Gefahr, aber auch
+mit steigender Größe des Erfolgs. Kommt ein Punkt, wo er es
+nicht wagt, weiterzugehen, wo er glaubt, für seinen Rücken
+sorgen, sich rechts und links ausbreiten zu müssen, &ndash; wohlan,
+so ist dies höchstwahrscheinlich sein Kulminationspunkt. Die
+Flugkraft ist dann zu Ende, und wenn der Gegner nicht niedergeworfen
+ist, wird es höchstwahrscheinlich nicht mehr geschehen.</p>
+
+<p>Alles, was der Feldherr zur intensiven Ausbildung seines
+Angriffs durch Eroberung von Festungen, Pässen, Provinzen
+tut, ist zwar noch ein langsames Vorschreiten, aber nur ein
+relatives, kein absolutes mehr.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Jeder Zwischenraum von einem Erfolg zum andern gibt dem
+Feinde neue Aussichten. Die Wirkungen des früheren Erfolges
+haben auf den späteren einen sehr geringen Einfluß, oft keinen,
+oft einen negativen, weil sich der Feind erholt oder gar zu
+größerem Widerstand entflammt wird oder neue Hilfe von außen
+bekommt, während da, wo alles in einem Zuge geschieht, der
+gestrige Erfolg den heutigen mit sich fortreißt, der Brand sich
+am Brande entzündet.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Einer der wichtigsten und wirksamsten Grundsätze in der
+Strategie ist es: einen Erfolg, den man irgendwo erfochten hat,
+auf der Stelle so weit auszunutzen, als es die Umstände gestatten.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Energie, mit der das Verfolgen geschieht, bestimmt hauptsächlich
+den Wert des Sieges. Die Verfolgung ist ein zweiter
+Akt des Sieges, in vielen Fällen sogar wichtiger als der erste.
+Indem sich die Strategie hier der Taktik nähert, um von ihr
+das rollende Werk in Empfang zu nehmen, läßt sie den ersten
+Akt ihrer Autorität darin bestehen, diese Vervollständigung des
+Sieges zu fordern.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Das erste Verfolgen hat verschiedene natürliche Grade.</p>
+
+<p>Der erste ist, wenn es mit bloßer Reiterei geschieht. Dann
+ist es im Grunde mehr ein Schrecken und Beobachten als ein
+wahrhaftes Drängen, weil der kleinste Bodenabschnitt gewöhnlich
+hinreicht, den Verfolgenden aufzuhalten. Soviel die Reiterei
+bei einer erschütterten und geschwächten Truppe gegen den einzelnen
+Haufen vermag, so ist sie doch gegen das Ganze immer
+nur die Hilfswaffe, weil der Abziehende seine frischen Reserven
+zur Deckung seines Rückzugs verwenden und so beim nächsten,
+unbedeutendsten Bodenabschnitt durch die Verbindung aller
+Waffen mit Erfolg widerstehen kann. Nur ein in wahrer Flucht
+und gänzlicher Auflösung befindliches Heer macht hier eine Ausnahme.</p>
+
+<p>Der zweite Grad ist, wenn die Verfolgung durch eine starke
+Vorhut von allen Waffen geschieht, bei der sich natürlich der
+größte Teil der Reiterei befindet. Ein solches Verfolgen drängt
+den Gegner bis zur nächsten starken Stellung seiner Nachhut
+oder bis zur nächsten Aufstellung seines Heeres.</p>
+
+<p>Der dritte und stärkste Grad ist, wenn das siegreiche Heer
+selbst im Vorgehen bleibt, soweit die Kräfte reichen. In diesem
+Fall wird der Geschlagene die meisten Aufstellungen, zu denen
+ihm die Gegend einige Gelegenheit bietet, auf die bloßen Anstalten
+eines Angriffs oder einer Umgehung wieder verlassen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Aber auch bei diesem ersten Verfolgen bleibt die Wirksamkeit
+des Sieges in den seltensten Fällen stehen, und es fängt
+nun erst die eigentliche Bahn an, zu der der Sieg die Schnellkraft
+verliehen hat. Dabei kann man wieder drei Grade unterscheiden:
+ein bloßes Nachrücken, ein eigentliches Drängen und
+einen Parallelmarsch zum Abschneiden.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der wirksamste Grad der (weiteren) Verfolgung ist der
+Parallelmarsch nach dem nächsten Ziel des feindlichen Rückzuges.
+Jedes geschlagene Heer wird hinter sich, näher oder entfernter,
+einen Punkt haben, dessen Erreichung ihm zunächst stark am
+Herzen liegt, sei es, daß sein fernerer Rückzug dadurch gefährdet
+werden kann, wie bei Straßenengen, oder daß es für den Punkt
+sehr wichtig ist, ihn <em class="gesperrt">vor</em> dem Feinde zu erreichen, wie bei
+Hauptstädten, Magazinen usw., oder endlich, daß das Heer auf diesem
+Punkte neue Widerstandsfähigkeit gewinnen kann, wie bei
+festen Stellungen, Vereinigung mit anderen Korps usw.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Bei der absoluten Gestalt des Krieges, wo alles aus notwendigen
+Gründen geschieht, alles rasch ineinandergreift, kein,
+wenn ich so sagen darf, wesenloser neutraler Zwischenraum
+entsteht, gibt es wegen der vielfältigen Wechselwirkungen, die
+der Krieg in sich schließt, wegen des Zusammenhanges, in dem,
+streng genommen, die ganze Reihe der aufeinanderfolgenden
+Gefechte steht, wegen des Kulminationspunktes, den jeder Sieg
+hat, über den hinaus das Gebiet der Verluste und Niederlagen
+beginnt &ndash; wegen aller dieser natürlichen Verhältnisse des
+Krieges, sage ich, gibt es nur <em class="gesperrt">einen</em> Erfolg, nämlich den
+<em class="gesperrt">Enderfolg</em>. Bis dahin ist nichts entschieden: nichts
+gewonnen, nichts verloren. Hier muß man sich beständig sagen:
+das Ende krönt das Werk.</p>
+
+
+
+<hr class="hr65" />
+<h2><a name="Die_verlorene_Schlacht_und_der_Ruckzug" id="Die_verlorene_Schlacht_und_der_Ruckzug">Die verlorene Schlacht und der Rückzug</a></h2>
+
+
+<p>Der Entschluß, das Gefecht aufzugeben, entspringt in der
+Hauptschlacht mehr als in irgendeinem andern Gefechte aus
+dem Verhältnis der übrigbleibenden frischen Reserven. Denn
+nur diese haben noch alle moralischen Kräfte, und die vom
+Zerstörungselement bereits ausgeglühten Schlacken zusammengeschossener
+und geworfener Bataillone können nicht auf gleiche
+Linie mit ihnen gestellt werden. Auch der verlorene Boden ist
+ein Maßstab verlorener moralischer Kräfte, wie wir anderswo
+gesagt haben. Er kommt wohl mit in Betracht, doch mehr als
+ein Zeichen eines erlittenen Verlustes denn als der Verlust
+selbst, und immer bleibt die Zahl der frischen Reserven das
+Hauptaugenmerk beider Feldherren.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Gewöhnlich nimmt eine Schlacht ihre Richtung schon von
+vornherein, wiewohl auf eine wenig merkliche Art. Oft ist sogar
+diese Richtung schon durch die Anordnungen, die für sie
+getroffen sind, auf eine sehr entschiedene Weise gegeben, und
+dann ist es Mangel an Einsicht desjenigen Feldherrn, der
+die Schlacht unter so schlimmen Bedingungen eröffnet, ohne
+sich ihrer bewußt zu werden. Allein wo dieser Fall auch nicht
+stattfindet, liegt es in der Natur der Dinge, daß der Verlauf
+der Schlachten mehr ein langsames Umschlagen des Gleichgewichts
+ist, das bald, aber, wie gesagt, anfangs nicht merklich,
+eintritt und dann mit jedem neuen Zeitmoment stärker und
+sichtlicher wird, als ein oszillierendes Hin- und Herschwanken,
+wie man sie sich, durch unwahre Schlachtenbeschreibungen verführt,
+gewöhnlich denkt.</p>
+
+<p>In den meisten Fällen wird der Feldherr den Verlust des
+Gleichgewichts lange schon vor dem Abzug gewahr, und die
+Fälle, wo irgendeine Einzelheit unvermutet stark auf den Hergang
+des Ganzen einwirkt, haben ihr Dasein meistens nur in
+der Beschönigung, mit der jeder seine verlorene Schlacht erzählt.</p>
+
+<p>Der besiegte Feldherr sieht den schlimmen Ausgang gewöhnlich
+schon eine geraume Zeit vorher, ehe er sich zum Aufgeben
+der Schlacht entschließt. Allerdings gibt es Fälle, wo eine
+Schlacht schon eine sehr entschiedene Richtung nach einer Seite
+genommen hatte und doch eine Entscheidung nach der anderen
+Seite hin bekommen hat, aber sie sind nicht die gewöhnlichen,
+sondern selten. Indes auf diese seltenen Fälle rechnet jeder
+Feldherr, gegen den sich das Glück erklärt, und er <em class="gesperrt">muß</em> darauf
+rechnen, solange ihm irgendeine Möglichkeit der Wendung bleibt.
+Er hofft, durch stärkere Anstrengungen, durch eine Erhöhung
+der übrigbleibenden moralischen Kräfte, durch ein Sichselbstübertreffen
+oder auch durch einen glücklichen Zufall den Augenblick
+noch gewendet zu sehen, und treibt dies so weit, wie Mut
+und Einsicht es in ihm miteinander abmachen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Das Verhältnis der übrig bleibenden frischen Reserven
+gibt meistens den Hauptgrund zur völligen Entscheidung ab.
+Der Feldherr, der seinen Gegner darin von entschiedener
+Überlegenheit sieht, entschließt sich zum Rückzug. Es ist gerade
+die Eigentümlichkeit der neueren Schlachten, daß alle Unglücksfälle
+und Verluste, die in ihrem Verlauf stattgehabt haben,
+durch frische Kräfte gutgemacht werden können, weil die
+neuere Art, wie die Truppen ins Gefecht geführt werden, ihren
+Gebrauch fast überall und in jeder Lage gestatten. Solange
+also der Feldherr, gegen den der Ausgang sich zu erklären
+scheint, noch eine Überlegenheit an Reserve hat, wird er die
+Sache nicht aufgeben. Aber von dem Zeitpunkt an, wo seine
+Reserven anfangen schwächer zu werden als die feindlichen,
+ist die Entscheidung als gegeben zu betrachten, und was er nun
+noch tut, hängt teils von besonderen Umständen, teils von
+dem Grade des Mutes und der Ausdauer ab, die ihm gegeben
+sind und die auch wohl in unweisen Starrsinn ausarten können.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wenn auf der einen Seite der gebieterische Stolz eines
+siegreichen Eroberers, wenn der unbeugsame Wille eines angeborenen
+Starrsinns, wenn das krampfhafte Widerstreben
+einer edlen Begeisterung nicht vom Schlachtfelde weichen wollen,
+wo sie ihre Ehre zurücklassen sollen, &ndash; so rät auf der anderen
+Seite die Einsicht, nicht alles auszugeben, nicht das Letzte aufs
+Spiel zu setzen, sondern so viel übrig zu behalten, als zu einem
+geordneten Rückzuge nötig ist.</p>
+
+<p>Wie hoch auch der Wert des Mutes und der Standhaftigkeit
+im Kriege angeschlagen werden muß und wie wenig Aussicht
+<em class="gesperrt">der</em> auf den Sieg hat, der sich nicht entschließen kann, ihn mit
+der ganzen Kraftanstrengung zu suchen, so gibt es doch einen
+Punkt, über den hinaus das Verharren nur eine verzweiflungsvolle
+Torheit genannt werden kann.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Ein in Feindesland Zurückgehender bedarf in der Regel
+einer vorbereiteten Straße. Einer, der unter sehr schlimmen
+Verhältnissen zurückgeht, bedarf ihrer doppelt. Einer, der in
+Rußland 120 Meilen weit zurück will, braucht sie dreifach. Unter
+vorbereiteter Straße verstehen wir eine, die von seinen Etappentruppen
+besetzt war und auf der er Magazine findet.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>In der verlorenen Schlacht ist die Macht des Heeres gebrochen
+worden, noch mehr die moralische als die physische.
+Eine zweite, ohne daß neue vorteilhafte Umstände ins Spiel
+kommen, würde zur gänzlichen Niederlage, vielleicht zum
+Untergange führen. Das ist ein militärisches Axiom. Nach
+der Natur der Sache geht der Rückzug bis zu dem Punkt, wo
+sich das Gleichgewicht der Kräfte wiederhergestellt haben wird,
+sei es durch Verstärkung oder durch den Schutz bedeutender
+Festungen, oder durch große Abschnitte des Bodens oder durch
+die Ausdehnung der feindlichen Macht. Der Grad des Verlustes,
+die Größe der Niederlage wird diesen Moment des
+Gleichgewichtes nähern oder entfernen, noch mehr aber der
+Charakter des Gegners. Wie viele Beispiele gibt es nicht, daß
+das geschlagene Heer sich in einer geringen Entfernung wieder
+aufgestellt hat, ohne daß seine Verhältnisse seit der Schlacht
+sich im mindesten verändert hätten. Der Grund davon liegt
+entweder in der moralischen Schwäche des Gegners oder darin,
+daß das in der Schlacht gewonnene Übergewicht nicht groß
+genug ist, um zu einem nachdrücklichen Stoße zu führen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Das erste, was sich der Einbildungskraft &ndash; und man kann
+auch wohl sagen: des Verstandes &ndash; in einer unglücklichen Schlacht
+bemächtigt, ist das Zusammenschmelzen der Massen, dann der
+Verlust des Bodens, der mehr oder weniger immer, und also
+auch beim Angreifenden, eintritt, wenn er nicht glücklich
+ist. Dann die zerstörte ursprüngliche Ordnung, das Durcheinandergeraten
+der Teile, die Gefahren des Rückzugs, die mit
+wenig Ausnahmen immer, bald schwächer, bald stärker, eintreten.
+Nun der Rückzug, der meist in der Nacht angetreten oder wenigstens
+die Nacht hindurch fortgesetzt wird. Gleich bei diesem ersten
+Marsch müssen wir eine Menge von Ermatteten und Verstreuten
+zurücklassen, oft gerade die Bravsten, die sich am weitesten vorgewagt,
+die am längsten ausgeharrt haben. Das Gefühl, besiegt
+zu sein, das auf dem Schlachtfelde nur die höheren Offiziere
+ergriff, geht nun auf alle Klassen bis zum Gemeinen über, verstärkt
+durch den abscheulichen Eindruck, so viel brave Gefährten,
+die gerade in der Schlacht uns erst recht wert geworden sind,
+in Feindeshänden zurücklassen zu müssen, und verstärkt durch das
+erwachende Mißtrauen gegen die Führung, der mehr oder weniger
+jeder Untergebene die Schuld seiner vergeblich gemachten
+Anstrengung beimißt. Und dieses Gefühl, besiegt zu sein, ist
+keine bloße Einbildung, über die man Herr werden könnte. Es
+ist die offenkundige Wahrheit, daß der Gegner uns überlegen ist,
+eine Wahrheit, die in den Ursachen so versteckt sein konnte, daß
+sie vorher nicht zu ersehen war, die aber beim Ausgang immer
+klar und bündig hervortritt, die man auch vielleicht vorher erkannt
+hat, der man aber in Ermangelung von etwas Handgreiflicherem
+Hoffnung auf den Zufall, Vertrauen auf Glück
+und Vorsehung, mutiges Wagen entgegenstellen mußte. Nun
+hat sich dies alles als unzulänglich erwiesen, und die ernste
+Wahrheit tritt uns streng und gebieterisch entgegen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wer auf dem allgemeinen Rückzuge nach verlorener Schlacht
+glaubt, durch einige schnelle Märsche einen Vorsprung zu gewinnen
+und leichter einen festen Stand zu bekommen, begeht
+einen großen Irrtum. Die ersten Bewegungen müssen so klein
+als möglich, und im allgemeinen muß es Grundsatz sein, sich
+nicht das Gesetz des Feindes aufdringen zu lassen. Diesen
+Grundsatz kann man nicht befolgen ohne blutige Gefechte mit
+dem nachdringenden Feind, aber der Grundsatz ist dieses Opfers
+wert. Ohne ihn kommt man in eine beschleunigte Bewegung,
+die bald ein Stürzen wird und dann an bloßen Nachzüglern
+mehr Menschen kostet, als die Schlachten der Nachhut gekostet
+hätten, außerdem aber die letzten Überreste des Mutes vernichtet.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Eine starke Nachhut, von den besten Truppen gebildet, vom
+tapfersten General geführt und in den wichtigsten Augenblicken
+von der ganzen Armee unterstützt, eine sorgfältige Benutzung
+der Gegend, starke Hinterhalte, sooft die Kühnheit
+der feindlichen Vorhut und die Gegend Gelegenheit dazu
+geben, kurz die Einleitung und der Plan zu förmlichen kleinen
+Schlachten: das sind die Mittel zur Befolgung jenes Grundsatzes.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Schwierigkeiten des Rückzuges sind natürlich größer
+oder kleiner, je nachdem die Schlacht unter mehr oder weniger
+günstigen Verhältnissen gefochten, und je nachdem sie mehr
+oder weniger ausgehalten worden ist. Wie man aus allem
+ordnungsmäßigen Rückzuge kommen kann, wenn man sich gegen
+einen überlegenen Gegner bis auf den letzten Mann wehrt,
+zeigen die Schlachten von Jena und Belle-Alliance.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Um die Schwächen oder Fehler des Gegners zu benutzen,
+nicht einen Zollbreit weiter zurückzugehen, als die Gewalt der
+Umstände erfordert, hauptsächlich aber, um das Verhältnis der
+moralischen Kräfte auf einem so vorteilhaften Punkt als möglich
+zu erhalten, ist ein langsamer, immer widerstrebender Rückzug,
+ein kühnes, mutiges Entgegentreten, sooft der Verfolgende
+seine Vorteile im Übermaß benutzen will, durchaus nötig. Die
+Rückzüge großer Feldherren und kriegsgeübter Heere gleichen
+stets dem Abgehen eines verwundeten Löwen, und dies ist unstreitig
+auch die beste Theorie.</p>
+
+
+
+<hr class="hr65" />
+<h2><a name="Verteidigung_und_Angriff" id="Verteidigung_und_Angriff">Verteidigung und Angriff</a></h2>
+
+
+<p>Was ist der Begriff der Verteidigung? Das Abwehren eines
+Stoßes. Was ist also ihr Merkmal? Das Abwarten dieses
+Stoßes. Dieses Merkmal macht jedesmal die Handlung zu einer
+verteidigenden, und durch dieses Merkmal allein kann im Kriege
+die Verteidigung vom Angriff unterschieden werden. Da aber
+eine absolute Verteidigung dem Begriff des Krieges völlig widerspricht,
+weil bei ihr nur der eine Teil Krieg führen würde, so
+kann auch im Kriege die Verteidigung nur relativ sein, und jenes
+Merkmal muß also nur auf den Gesamtbegriff angewendet,
+nicht auf alle Teile von ihm ausgedehnt werden. Ein einzelnes
+Gefecht ist verteidigend, wenn wir den Anlauf, den Sturm des
+Feindes abwarten. Eine Schlacht, wenn wir den Angriff, d.&nbsp;h.
+das Erscheinen vor unserer Stellung, in unserem Feuer, abwarten.
+Ein Feldzug, wenn wir das Betreten unseres Kriegstheaters
+abwarten. In allen diesen Fällen kommt dem Gesamtbegriff das
+Merkmal des Abwartens und Abwehrens zu, ohne daß daraus ein
+Widerspruch mit dem Begriff des Krieges folgt, denn wir können
+unsern Vorteil darin finden, den Anlauf gegen unsere Bajonette,
+den Angriff auf unsere Stellung und auf unser Kriegstheater
+abzuwarten. Da man aber, um wirklich auch seinerseits Krieg
+zu führen, dem Feinde seine Stöße zurückgeben muß, so geschieht
+dieser Akt des Angriffs im Verteidigungskriege gewissermaßen
+unter dem Haupttitel der Verteidigung; d.&nbsp;h. die Offensive, deren
+wir uns bedienen, fällt innerhalb der Begriffe von Stellung
+oder Kriegstheater. Man kann also in einem verteidigenden Feldzuge
+angriffsweise schlagen, in einer verteidigenden Schlacht
+angriffsweise seine einzelnen Korps und Divisionen gebrauchen,
+endlich in einer einfachen Stellung gegen den feindlichen
+Sturm schickt man ihm sogar noch die offensiven Kugeln
+entgegen. Die verteidigende Form des Kriegführens ist also
+kein unmittelbarer Schild, sondern ein Schild, gebildet durch
+geschickte Streiche.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Was ist der Zweck der Verteidigung? Erhalten. Erhalten
+ist leichter als gewinnen. Schon daraus folgt, daß die Verteidigung
+bei vorausgesetzt gleichen Mitteln leichter ist als
+der Angriff. Worin liegt aber die größere Leichtigkeit des Erhaltens
+oder Bewahrens? Darin, daß alle Zeit, die unbenutzt
+verstreicht, in die Wagschale des Verteidigers fällt. Er
+erntet, wo er nicht gesät hat. Jedes Unterlassen des Angriffs
+aus falscher Ansicht, aus Furcht, aus Trägheit, kommt dem Verteidiger
+zugute. Dieser Vorteil hat den Preußischen Staat im
+Siebenjährigen Kriege mehr als einmal vom Untergang gerettet.</p>
+
+<p>Dieser sich aus Begriff und Zweck ergebende Vorteil der
+Verteidigung liegt in der Natur aller Verteidigung. <em class="italic">Beati
+sunt possidentes.</em> Ein anderer, der aus der Natur des Krieges
+hinzukommt, ist der Beistand der örtlichen Lage, den die
+Verteidigung vorzugsweise genießt.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Verteidigung hat einen negativen Zweck: das Erhalten;
+der Angriff einen positiven: das Erobern. Und da dieses die
+eigenen Kriegsmittel vermehrt, das Erhalten aber nicht, so
+muß man sagen: die verteidigende Form des Kriegführens ist
+an sich stärker als die angreifende.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Ist die Verteidigung eine stärkere Form des Kriegführens,
+die aber einen negativen Zweck hat, so folgt von selbst, daß
+man sich ihrer nur so lange bedienen muß, als man ihrer der
+Schwäche wegen bedarf, und sie verlassen muß, sobald man
+stark genug ist, sich den positiven Zweck vorzusetzen. Da man
+nun, indem man unter ihrem Beistand Sieger wird, gewöhnlich
+ein günstigeres Verhältnis der Kräfte herbeiführt, so ist
+auch der natürliche Gang im Kriege, mit der Verteidigung anzufangen
+und mit der Offensive zu enden. Es ist also ebensogut
+im Widerspruch mit dem Begriff des Krieges, den letzten
+Zweck die Verteidigung sein zu lassen, als es Widerspruch
+war, die Passivität der Verteidigung nicht bloß vom Ganzen,
+sondern von allen seinen Teilen zu verstehen. Mit andern
+Worten: ein Krieg, bei dem man seine Siege bloß zum Abwehren
+benutzen und gar nicht widerstoßen wollte, wäre ebenso
+widersinnig wie eine Schlacht, in der die absoluteste Verteidigung
+(Passivität) in allen Maßregeln herrschen sollte.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wie der Vorteil der Gegend zum Siege beiträgt, ist an sich
+verständlich genug, und es ist nur das eine zu bemerken, daß
+hier nicht bloß von den Hindernissen die Rede ist, die dem
+Angreifenden bei seinem Vorrücken aufstoßen, wie: steile Gründe,
+hohe Berge, sumpfige Bäche, Hecken usw., sondern daß es
+auch ein Vorteil der Gegend ist, wenn sie Gelegenheit gibt,
+uns verdeckt darin aufzustellen. Selbst von einer ganz gleichgültigen
+Gegend kann man sagen, daß der ihren Beistand genießt,
+der sie kennt.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Verteidiger hat den Vorteil der Gegend, der Angreifende
+den des Überfalls in der Strategie wie in der Taktik.
+Vom Überfall ist aber zu bemerken, daß er in der Strategie ein
+unendlich wirksameres und wichtigeres Mittel ist als in der
+Taktik. In dieser wird man einen Überfall selten bis zum großen
+Sieg ausdehnen können, wogegen ein Überfall in der
+Strategie nicht selten den ganzen Krieg mit einem Streich geendigt
+hat. Dagegen ist zu bemerken, daß der Gebrauch dieses
+Mittels große, entschiedene, seltene Fehler beim Gegner voraussetzt,
+es daher in die Wagschale des Angriffs kein sehr großes
+Gewicht legen kann.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Hat die Verteidigung einmal das Prinzip der Bewegung in
+sich aufgenommen (einer Bewegung, die zwar später anfängt
+als die des Angreifenden, aber immer zeitig genug, um die
+Fesseln der erstarrenden Passivität zu lösen), so wird der Vorteil
+der größeren Vereinigung und der inneren Linien ein sehr
+entscheidender und meistens wirksamerer zum Siege, als die
+konzentrische Figur des Angriffs. Sieg aber muß dem Erfolg
+vorhergehen. Erst muß man überwinden, ehe man an das Abschneiden
+denken kann. Kurz, man sieht: es besteht hier ein ähnliches
+Verhältnis, wie das zwischen Angriff und Verteidigung
+überhaupt. Die konzentrische Form führt zu glänzenden Erfolgen,
+die exzentrische gewährt die ihrigen sicherer; jenes ist die
+schwächere Form mit dem positiveren, dieses die stärkere Form
+mit dem negativen Zweck. Dadurch, scheint uns, sind diese beiden
+Formen schon in ein gewisses schwebendes Gleichgewicht
+gebracht. Fügt man nun hinzu, daß sich die Verteidigung, weil
+sie nicht überall eine absolute ist, auch nicht immer in der Unmöglichkeit
+befindet, sich der konzentrischen Kräfte zu bedienen,
+so wird man mindestens kein Recht mehr haben, zu glauben,
+daß diese Wirkungsart allein hinreichend sei, dem Angriff ein
+ganz allgemeines Übergewicht über die Verteidigung zu gewähren,
+und so wird man sich von dem Einflusse befreien, den
+diese Vorstellungsart bei jeder Gelegenheit auf das Urteil auszuüben
+pflegt.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Vorteil der inneren Linien wächst mit den Räumen,
+auf die sich diese Linien beziehen. Bei Entfernungen von einigen
+tausend Schritten oder einer halben Meile kann natürlich die
+Zeit, die man gewinnt, nicht so groß sein, wie bei Entfernungen
+von mehreren Tagesmärschen oder gar von zwanzig
+bis dreißig Meilen; die ersteren, nämlich die kleinen Räume,
+gehören der Taktik an, die größeren der Strategie. Wenn
+man nun freilich in der Strategie auch mehr Zeit zur Erreichung
+des Zwecks braucht als in der Taktik, und eine Armee
+nicht so schnell überwunden ist wie ein Bataillon, so nehmen
+doch diese Zeiten in der Strategie auch nur bis zu einem gewissen
+Punkt zu, nämlich bis zur Dauer einer Schlacht, und
+allenfalls der paar Tage, um die sich eine Schlacht ohne entscheidende
+Opfer vermeiden läßt. Ferner findet ein noch viel
+größerer Unterschied in dem eigentlichen Vorsprung statt, den
+man in dem einen und dem andern Fall gewinnt. Bei den
+kleinen Entfernungen in der Taktik: in der Schlacht, geschehen
+die Bewegungen des einen fast unter den Augen des andern;
+der auf der äußeren Linie Stehende wird also die seines Gegners
+meistens schnell gewahr. Bei den größeren Entfernungen der
+Strategie geschieht es wohl höchst selten, daß eine Bewegung
+des einen nicht wenigstens einen Tag dem andern verborgen
+bleibt, und es gibt Fälle genug, in denen, besonders wenn die
+Bewegung nur einen Teil betraf und in einer beträchtlichen
+Entsendung bestand, dies wochenlang verborgen geblieben ist.
+Wie groß der Vorteil des Verbergens für denjenigen ist, der
+durch die Natur seiner Lage am meisten imstande ist, davon Gebrauch
+zu machen, läßt sich leicht einsehen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Ein schneller, kräftiger Übergang zum Angriff &ndash; das blitzende
+Vergeltungsschwert &ndash; ist der glänzendste Punkt der Verteidigung.
+Wer sich ihn nicht gleich hinzudenkt, oder vielmehr,
+wer ihn nicht gleich in den Begriff der Verteidigung aufnimmt,
+dem wird nimmermehr die Überlegenheit der Verteidigung einleuchten;
+er wird immer nur an die Mittel denken, die man
+durch den Angriff dem Feinde zerstört und sich erwirbt, welche
+Mittel aber nicht von der Weise abhängen, den Knoten zu schürzen,
+sondern ihn aufzulösen. Ferner ist es eine grobe Verwechselung,
+wenn man unter Angriff immer einen Überfall versteht
+und sich folglich unter Verteidigung nichts als Not und Verwirrung
+denkt.</p>
+
+<p>Freilich faßt der Eroberer seinen Entschluß zum Kriege
+früher als der harmlose Verteidiger, und wenn er seine Maßregeln
+gehörig geheimzuhalten weiß, wird er diesen wohl auch
+überraschen können. Aber das ist etwas dem Kriege Fremdes.
+Der Krieg ist mehr für den Verteidiger als für den Eroberer
+da, denn der Einbruch hat erst die Verteidigung hervorgerufen
+und mit ihr den Krieg. Der Eroberer ist immer friedliebend,
+wie Bonaparte auch stets von sich behauptet hat. Er zöge ganz
+gern ruhig in unsern Staat ein. Damit er dies aber nicht könne,
+darum müssen wir den Krieg wollen, und also auch vorbereiten,
+d.&nbsp;h. mit andern Worten: es sollen gerade die Schwachen, der
+Verteidigung Unterworfenen immer gerüstet sein, um nicht
+überfallen zu werden. So will es die Kriegskunst.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Das frühere Erscheinen auf dem Kriegstheater hängt in den
+meisten Fällen von ganz andern Dingen ab, als von der Angriffs-
+oder Verteidigungsabsicht. Diese sind also nicht die
+Ursache, aber oft die Folge davon. Wer früher fertig wird, geht,
+wenn der Vorteil des Überfalls groß genug ist, aus <em class="gesperrt">diesem</em>
+Grunde angriffsweise zu Werke, und der, welcher später
+fertig wird, kann den Nachteil, der ihn bedroht, allein durch
+die Vorteile der Verteidigung noch einigermaßen ausgleichen.</p>
+
+<p>Indessen muß es im allgemeinen als ein Vorteil des Angriffs
+angesehen werden, von der früheren Bereitschaft diesen
+schönen Gebrauch machen zu können; nur ist dieser allgemeine
+Vorteil keine unabtrennbare Notwendigkeit für jeden einzelnen
+Fall.</p>
+
+<p>Wie kein Verteidigungsfeldzug aus bloßen Verteidigungselementen
+zusammengesetzt ist, so besteht auch kein Angriffsfeldzug
+aus lauter Angriffselementen, weil außer den kurzen
+Zwischenperioden eines jeden Feldzugs, in denen sich beide
+Heere in der Verteidigung befinden, jeder Angriff, der nicht
+bis zum Frieden reicht, notwendig mit einer Verteidigung
+enden muß.</p>
+
+<p>Auf diese Weise ist es die Verteidigung selbst, die zur
+Schwächung des Angriffs beiträgt. Dies ist so wenig eine
+müßige Spitzfindigkeit, daß wir es vielmehr als den hauptsächlichsten
+Nachteil des Angriffs betrachten, dadurch später
+in eine ganz unvorteilhafte Verteidigung versetzt zu werden.</p>
+
+<p>Und hiermit ist denn erklärt, wie der Unterschied, der
+in der Stärke der offensiven und defensiven Kriegsform ursprünglich
+besteht, nach und nach geringer wird.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Der Zweck des Angriffs ist: in den Besitz unseres Kriegstheaters
+oder wenigstens eines bedeutenden Teils davon zu
+gelangen, denn unter dem Begriff des Ganzen muß wenigstens
+die größere Masse desselben verstanden werden, da der Besitz
+eines Landstrichs von wenigen Meilen in der Strategie in der
+Regel keine selbständige Wichtigkeit hat. Solange also der
+Angreifende in diesem Besitz noch nicht ist, d.&nbsp;h. solange er,
+weil er sich vor unserer Macht fürchtet, entweder noch gar
+nicht zum Angriff des Kriegstheaters vorgeschritten ist, oder
+uns in unserer Stellung noch nicht aufgesucht hat, oder der
+Schlacht, die wir ihm liefern wollten, ausgewichen ist, so
+lange ist der Zweck der Verteidigung erfüllt, und die Wirkungen
+der Verteidigungsmaßregeln sind also erfolgreich gewesen.
+Aber freilich ist dieser Erfolg ein bloß negativer, der zu
+einem eigentlichen Rückstoß zwar nicht unmittelbar die Kräfte
+geben kann. Er kann sie aber mittelbar geben, d.&nbsp;h. er ist auf
+dem Wege dazu, denn die Zeit, die verstreicht, verliert der
+Angreifende, und jeder Zeitverlust ist ein Nachteil und muß auf
+irgendeine Art den schwächen, der ihn erleidet.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Selten, oder wenigstens nicht immer, schreibt sich der Feldherr
+genau vor, was er erobern will, sondern er läßt es von
+den Ereignissen abhängen. Sein Angriff führt ihn oft weiter,
+als er gedacht hat.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wir haben gesehen, daß die Verteidigung im Kriege überhaupt,
+also auch die strategische, kein absolutes Abwarten und
+Abwehren, also kein vollkommenes Leiden ist, sondern ein relatives,
+folglich von mehr oder weniger offensiven Prinzipien
+durchdrungen. Ebenso ist der Angriff kein homogenes Ganze,
+sondern mit der Verteidigung unaufhörlich vermischt. Zwischen
+beiden findet aber der Unterschied statt, daß die Verteidigung
+ohne offensiven Rückstoß gar nicht gedacht werden kann, daß
+dieser ein notwendiger Bestandteil der Verteidigung ist, während
+beim Angriff der Stoß oder Akt an sich ein vollständiger
+Begriff ist. Die Verteidigung ist ihm an sich nicht nötig, aber
+Zeit und Raum, an die er gebunden ist, führen ihm die Verteidigung
+als ein notwendiges Übel zu. Denn erstens kann er nicht
+in einer stetigen Folge bis zur Vollendung fortgeführt werden,
+sondern erfordert Ruhepunkte, und in dieser Zeit der Ruhe, wo
+er selbst neutralisiert ist, tritt der Zustand der Verteidigung
+von selbst ein. Zweitens ist der Raum, den die vorschreitende
+Streitkraft hinter sich läßt und den sie zu ihrem Bestehen notwendig
+braucht, nicht immer durch den Angriff an sich gedeckt,
+sondern muß besonders geschützt werden.</p>
+
+<p>Es ist also der Akt des Angriffs im Kriege, vorzugsweise
+aber in der Strategie, ein beständiges Wechseln und Verbinden
+von Angriff und Verteidigung, wobei aber letztere nicht als eine
+wirksame Vorbereitung zum Angriffe, nicht als eine Steigerung
+desselben anzusehen ist, also nicht als ein tätiges Prinzip,
+sondern als ein bloßes notwendiges Übel, als das retardierende
+Gewicht, das die bloße Schwere der Masse hervorbringt.
+Sie ist seine Erbsünde, sein Todesprinzip. Wir sagen: ein
+retardierendes Gewicht, weil, wenn die Verteidigung nichts
+zur Verstärkung des Angriffs beiträgt, sie schon durch den
+bloßen Zeitverlust, den sie darstellt, seine Wirkung vermindern
+muß.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Jeder Angriff muß mit einem Verteidigen enden. Wie dies
+beschaffen sein wird, hängt von Umständen ab. Sie können sehr
+günstig sein, wenn die feindlichen Streitkräfte zerstört sind,
+aber auch sehr schwierig, wenn dies nicht der Fall ist. Bei
+jedem Angriffe muß daher auf die ihm notwendig anhängende
+Verteidigung Rücksicht genommen werden, um sich auf die
+Nachteile, denen er unterworfen ist, gefaßt zu machen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wo der Sieg gesucht wird, darf der offensive Teil in der
+Verteidigungsschlacht niemals fehlen, und von diesem offensiven
+Teile aus können alle Wirkungen eines entscheidenden
+Sieges hervorgehen, so gut wie aus einer reinen Offensivschlacht,
+so daß für die strategische Kombination im Grunde
+zwischen Angriffs- und Verteidigungsschlacht gar kein Unterschied
+besteht.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Was wir von der Defensivschlacht gesagt haben, wirft schon
+ein großes Licht auf die Offensivschlacht.</p>
+
+<p>Wir haben dort die Schlacht im Auge gehabt, in der die
+Verteidigung am stärksten ausgesprochen ist, um ihr Wesen
+fühlbar zu machen. Die wenigsten Schlachten sind aber von
+dieser Art; die meisten sind halbe Renkontres, in denen der
+Defensivcharakter sehr verloren geht. Anders verhält es sich
+mit der Offensivschlacht. Sie behält ihren Charakter unter
+allen Umständen. Die Haupteigentümlichkeit der Offensivschlacht
+ist das Umfassen oder Umgehen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Das Gefecht mit umfassenden Linien gewährt an sich ganz
+offenbar große Vorteile. Es ist indes ein Gegenstand der Taktik.
+Diese Vorteile kann der Angriff nicht aufgeben, weil die
+Verteidigung ein Mittel dagegen hat. Denn dieses Mittel
+kann er selbst nicht anwenden, insofern es mit den übrigen
+Verhältnissen der Verteidigung zu eng zusammenhängt. Um
+den umfassenden Feind mit Erfolg wieder umfassen zu können,
+muß man sich in einer ausgesuchten und wohleingerichteten
+Stellung befinden. Aber was viel wichtiger ist, nicht alle Vorteile,
+die die Verteidigung darbietet, kommen wirklich zur Anwendung.
+Die meisten Verteidigungen sind dürftige Notbehelfe;
+die Mehrzahl der Verteidiger befindet sich in einer sehr
+bedrängten und bedrohten Lage, in der sie, das Schlimmste erwartend,
+dem Angriff auf halbem Wege entgegenkommen. Die
+Folge davon ist, daß Schlachten mit umfassenden Linien oder
+gar mit verwandter Front, die eigentlich die Folge eines vorteilhaften
+Verhältnisses der Verbindungslinien sein sollten,
+gewöhnlich die Folge der moralischen und physischen Überlegenheit
+sind.</p>
+
+<p>So wie in der Verteidigungsschlacht der Feldherr das Bedürfnis
+hat, die Entscheidung möglichst lange hinzuhalten und
+Zeit zu gewinnen, weil eine unentschiedene Verteidigungsschlacht
+gewöhnlich eine gewonnene ist, so hat der Feldherr in
+der Angriffsschlacht das Bedürfnis, die Entscheidung zu beschleunigen;
+aber andrerseits ist mit der Übereilung große Gefahr
+verbunden, weil sie zur Verschwendung der Kräfte führt.</p>
+
+<p>Eine Eigentümlichkeit der Angriffsschlacht ist in den meisten
+Fällen die Ungewißheit über die Lage des Gegners. Sie ist
+ein wirkliches Hineintappen in unbekannte Verhältnisse. Je
+mehr sie das ist, um so mehr ist Vereinigung der Kräfte geboten;
+um so mehr ist Umgehen dem Umfassen vorzuziehen.</p>
+
+<p>Daß die Hauptfrüchte des Sieges erst im Verfolgen errungen
+werden, ist an anderer Stelle hervorgehoben. Der
+Natur der Sache nach ist bei der Offensivschlacht die Verfolgung
+in höherem Maße ein unerläßlicher Teil der ganzen
+Handlung als in der Verteidigungsschlacht.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Ein Stillstand im kriegerischen Akt ist streng genommen ein
+Widerspruch mit der Natur der Sache, weil beide Heere wie
+zwei feindliche Elemente einander unausgesetzt vertilgen müssen,
+so wie Feuer und Wasser sich nie ins Gleichgewicht setzen,
+sondern so lange aufeinander einwirken, bis eines ganz verschwunden
+ist. Was würde man von zwei Ringern sagen, die
+sich stundenlang umfaßt halten, ohne eine Bewegung zu
+machen? Der kriegerische Akt sollte also wie ein aufgezogenes
+Uhrwerk in stetiger Bewegung ablaufen. Aber so wild die
+Natur des Krieges ist, so liegt sie doch an der Kette der menschlichen
+Schwächen.</p>
+
+<p>Richten wir einen Blick auf die Kriegsgeschichte, so finden
+wir so sehr das Gegenteil von einem unaufhaltsamen Fortschreiten
+zum Ziel, daß ganz offenbar Stillstehen und Nichtstun
+der Grundzustand der Heere mitten im Kriege ist und das
+Handeln die Ausnahme. Es sind dabei drei Ursachen zu bemerken.</p>
+
+<p>Die erste, die einen beständigen Hang zum Aufenthalt
+hervorbringt und dadurch ein retardierendes Prinzip wird,
+ist die natürliche Furchtsamkeit und Unentschlossenheit des
+menschlichen Geistes, eine Art von Schwere in der seelischen
+Welt.</p>
+
+<p>Im Flammenelement des Krieges müssen die gewöhnlichen
+Naturen schwerer erscheinen. Die Anstöße müssen also stärker
+und wiederholter sein, wenn die Bewegung eine dauernde
+werden soll. Wenn nicht ein kriegerischer, unternehmender
+Geist an der Spitze steht, der sich im Kriege wie der Fisch im
+Wasser in seinem rechten Element befindet, oder wenn nicht
+große Verantwortlichkeit von oben drückt: wird Stillstand zur
+Tagesordnung und das Vorschreiten zu den Ausnahmen gehören.</p>
+
+<p>Die zweite Ursache ist die Unvollkommenheit menschlicher
+Einsicht und Beurteilung, die im Kriege größer ist als
+irgendwo, weil man kaum die eigene Lage in jedem Augenblick
+genau kennt, die des Gegners aber, weil sie verschleiert ist, aus
+wenigem erraten muß. Dies bringt denn oft den Fall hervor,
+daß <em class="gesperrt">beide</em> Teile auch da einen und denselben Gegenstand für
+<em class="gesperrt">ihren</em> Vorteil ansehen, wo das Interesse des einen überwiegend
+ist.</p>
+
+<p>Die dritte Ursache, die wie ein Sperrad in das Uhrwerk eingreift
+und von Zeit zu Zeit gänzlichen Stillstand hervorbringt,
+ist die größere Stärke der Verteidigung. Es kann vorkommen,
+daß beide Teile zugleich zum Angriff sich nicht bloß zu schwach
+fühlen, sondern es wirklich sind.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Jeder Angreifende, der an seinem Gegner vorbeigehen will,
+ist in zwei ganz entgegengesetzte Bestrebungen verwickelt. Ursprünglich
+will er vorwärts, um den Gegenstand des Angriffs
+zu erreichen. Die Möglichkeit aber, jeden Augenblick von
+der Seite angefallen zu werden, erzeugt das Bedürfnis, nach
+dieser Seite hin in jedem Augenblick einen Stoß, und zwar
+einen Stoß mit vereinter Macht, zu richten. Diese beiden Bestrebungen
+widersprechen sich und erzeugen eine solche Verwickelung
+der inneren Verhältnisse, eine solche Schwierigkeit
+der Maßregeln, wenn sie für alle Fälle passen sollen, daß es
+strategisch kaum eine schlimmere Lage geben kann. Wüßte der
+Angreifende mit Gewißheit den Augenblick, wo er angefallen
+werden wird, so könnte er mit Kunst und Geschick alles dazu
+vorbereiten, aber in der Ungewißheit darüber und bei der Notwendigkeit
+des Vorschreitens kann es kaum fehlen, daß, wenn
+die Schlacht erfolgt, sie ihn in höchst dürftig zusammengerafften
+und also gewiß nicht vorteilhaften Verhältnissen findet.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Eine strategische Umgehung mit der Absicht einer Gefechtsentscheidung
+hat, verglichen mit einem gewöhnlichen Angriff,
+den Charakter einer größeren Entscheidung, denn die Größe
+der Erfolge wird gesteigert, ihre Wahrscheinlichkeit aber vermindert.
+Eine solche Unternehmung ziemt also an sich dem
+Stärkeren, der durch seine Überzahl die Sicherheit des Erfolgs
+schon in einem gewissen Grade hat und dem es um einen recht
+großen Erfolg zu tun sein muß. Aber freilich kann man im
+Kriege niemals feststellen wollen, wie hoch der Feldherr seine
+eigene Kraft, d.&nbsp;h. sein Talent und sein Glück, in Anschlag bringen
+darf. Dies muß ihm schlechterdings überlassen bleiben: also
+der Grad der Kühnheit, womit er seinen Weg verfolgt. Die
+Theorie kann nur fordern, daß er die objektiven Verhältnisse
+alle kennt und richtig beurteilt, also nicht wagt, ohne es zu wissen.</p>
+
+
+
+<hr class="hr65" />
+<h2><a name="Betrachtungen_und_Ausblicke" id="Betrachtungen_und_Ausblicke">Betrachtungen und Ausblicke</a></h2>
+
+
+<p>Niemals wird man sehen, daß der Staat, der in der Sache
+eines andern auftritt, diese so ernsthaft nimmt wie seine eigene.
+Eine mäßige Hilfsarmee wird abgesandt. Ist sie nicht glücklich,
+so sieht man die Sache ziemlich als abgemacht an und sucht so
+wohlfeil als möglich herauszukommen.</p>
+
+<p>Aber selbst dann, wenn zwei Staaten wirklich gegen einen
+dritten Krieg führen, so betrachten sie diesen doch nicht immer
+gleichmäßig als einen Feind, den sie vernichten müssen, damit
+er sie nicht vernichte, sondern die Angelegenheit wird oft wie
+ein Handelsgeschäft abgemacht; ein jeder legt nach Verhältnis
+der Gefahr, die er zu bestehen, und der Vorteile, die er zu erwarten
+hat, eine Aktie von soundsoviel hunderttausend Mann
+ein und tut, als könne er dabei nichts als diese verlieren.</p>
+
+<p>Die Sache würde eine Art von innerem Zusammenhang
+haben, und die Theorie des Krieges dabei weniger in Verlegenheit
+kommen, wenn diese zugesagte Hilfe dem im Kriege begriffenen
+Staate völlig überlassen würde, so daß er sie nach
+seinem Bedürfnis brauchen könnte. Alsdann wäre sie wie eine
+gemietete Truppe zu betrachten. Allein davon ist der Gebrauch
+weit entfernt. Gewöhnlich haben die Hilfstruppen ihren eigenen
+Feldherrn, der nur von seiner Regierung abhängt und dem
+diese ein Ziel steckt, wie es sich mit der Halbheit ihrer Absichten
+am besten verträgt.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Es ist eine Eigentümlichkeit der Kriegführung Verbündeter,
+die nicht von der äußersten Gefahr zur Einheit und Konsequenz
+gedrängt wird, daß die geteilten politischen Interessen ihr
+Spiel treiben, Uneinigkeit, Widersprüche und zuletzt völligen
+Unsinn hervorbringen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wenn eine Macht allein Krieg führt, mag sie Zeit und
+Kräfte nach Gefallen verschwenden. Es entsteht wenigstens
+kein zweiter Nachteil daraus. Aber bei einem Bündniskriege
+kann es nie fehlen, daß auffallende Untätigkeit des einen den
+andern entweder zu ebensolcher veranlaßt oder so empört, daß
+ein baldiger Bruch des Bündnisses erfolgt.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Schon die Führung einer Armee, von der drei Viertel einem
+fremden Monarchen gehört, ist ein Auftrag ganz andrer Art
+als die Führung einer Armee entweder als Landesherr oder
+wenigstens mit der Autorität einer nach und nach in ihr erworbenen
+Feldherrnwürde. Wer fühlt nicht, daß man in
+seinem eigenen Hause ein ganz anderer Herr ist als in einem
+fremden, trotz aller übertragenen Machtvollkommenheit?</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Man kann ganz allgemein sagen, daß alle die unglücklichen
+Kriegsunternehmungen, die durch <em class="gesperrt">eine Reihe</em> von Fehlern
+hervorgebracht sind, niemals in ihrem inneren Zusammenhang
+so beschaffen sind, wie die Allgemeinheit glaubt. Die Leute,
+die handeln, wenn sie auch zu den schlechtesten Feldherren gehören,
+sind doch nicht ohne gesunden Menschenverstand und
+würden nimmermehr solche Torheiten begehen, wie der Laie
+und die historischen Kritiker ihnen in Bausch und Bogen anrechnen.
+Die meisten Beurteiler wären erstaunt, wenn sie alle
+die näheren Motive des Handelns kennen lernten, und höchstwahrscheinlich
+ebensogut verleitet worden wie der Feldherr,
+der jetzt wie ein halber Schwachkopf vor uns steht. Fehler
+müssen allerdings vorhanden sein; nur liegen sie gewöhnlich
+tiefer, in Fehlern der Ansicht und in Schwächen des Charakters,
+die nicht auf den ersten Blick als solche erscheinen, sondern die
+man erst auffindet und deutlich erkennt, wenn man alle Gründe,
+die den Besiegten zu seinem Handeln bestimmt haben, mit dem
+Erfolg vergleicht. Dieses Finden des Wahren hinterher ist der
+Kritik gestattet; es kann ihr nicht höhnisch vorgeworfen werden,
+sondern ist ihr eigentliches Geschäft, das aber allerdings viel
+leichter ist als das Treffen des Rechten im Augenblick des
+Handelns.</p>
+
+<p>Es ist darum in der Tat eine Torheit, wenn wir fast sämtliche
+Armeen den Grundsatz befolgen sehen, über unglückliche
+Kriegsereignisse so wenig als möglich bekanntzumachen.
+Die Dinge, bis ins einzelne bekanntgemacht, werden sich
+immer viel besser ausnehmen als in Bausch und Bogen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>So wie das Schlachtfeld strategisch nur ein Punkt ist, so ist
+die Zeit einer Schlacht strategisch nur ein Moment, und nicht
+der Verlauf, sondern das Ende und Ergebnis einer Schlacht ist
+eine strategische Größe.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>In der Strategie gibt es keinen Sieg. Der strategische Erfolg
+ist von der einen Seite die günstige Vorbereitung des taktischen
+Sieges. Je größer dieser strategische Erfolg ist, um so
+wahrscheinlicher wird der Sieg im Gefecht. Von der anderen
+Seite liegt der strategische Erfolg in der Ausnutzung des erfochtenen
+Sieges. Je mehr Ereignisse die Strategie durch ihre
+Kombinationen <em class="gesperrt">nach</em> einer gewonnenen Schlacht in die Folgen
+derselben hineinzuziehen, je mehr sie von den nachfallenden
+Trümmern, deren Grundfeste durch die Schlacht erschüttert worden,
+an sich zu reißen vermag, je mehr sie in großen Zügen eintreibt,
+was in der Schlacht selbst mühevoll einzeln errungen
+werden mußte, um so großartiger sind ihre Erfolge.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Kriegskunst auf ihrem höchsten Standpunkte wird zur
+Politik, aber freilich einer Politik, die statt Noten zu schreiben,
+Schlachten liefert.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Man sagt eigentlich etwas ganz anderes, als man sagen will,
+wenn man, was häufig geschieht, vom schädlichen Einfluß der
+Politik auf die Führung des Krieges spricht. Es ist nicht dieser
+Einfluß, sondern die Politik selbst, die man tadeln sollte. Ist
+die Politik richtig, d.&nbsp;h. trifft sie ihr Ziel, so kann sie auf den
+Krieg in ihrem Sinne auch nur vorteilhaft wirken; und wo diese
+Einwirkung vom Ziel entfernt, ist die Quelle nur in der verkehrten
+Politik zu suchen.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die Aufgabe und das Recht der Kriegskunst der Politik
+gegenüber ist es hauptsächlich, zu verhüten, daß die Politik
+Dinge fordere, die gegen die Natur des Krieges sind, daß sie
+aus Unkenntnis über die Wirkungen des Instruments Fehler
+begehe im Gebrauche desselben.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Nichts ist im Leben so wichtig, als genau den Standpunkt
+zu ermitteln, von dem die Dinge aufgefaßt und beurteilt werden
+müssen, und dann an ihm festzuhalten. Denn nur von
+<em class="gesperrt">einem</em> Standpunkt aus können wir die Masse der Erscheinungen
+in ihrer Einheit auffassen, und nur die Einheit des
+Standpunkts kann uns vor Widersprüchen sichern.</p>
+
+<p>Gehört der Krieg der Politik an, so wird er ihren Charakter
+annehmen. Ist sie großartig und kräftig, so wird es auch
+der Krieg. Nur durch diese Vorstellungsart wird der Krieg
+zur Einheit, nur mit ihr kann man alle Kriege als Dinge <em class="gesperrt">einer</em>
+Art betrachten, und nur durch sie wird dem Urteil der rechte
+und genaue Stand- und Gesichtspunkt gegeben.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Die ungeheuren Wirkungen der Französischen Revolution
+nach außen sind offenbar viel weniger in neuen Mitteln und
+Ansichten der französischen Kriegführung zu suchen, als in der
+ganz veränderten Staats- und Verwaltungskunst, im Charakter
+der Regierung, im Zustande des Volkes usw. Daß die anderen
+Regierungen alle diese Dinge unrichtig ansahen, &ndash; daß sie mit
+gewöhnlichen Mitteln Kräften die Wage halten wollten, die
+neu und überwältigend waren: das alles sind Fehler der Politik.
+Man kann sagen: die zwanzigjährigen Siege der Revolution
+sind hauptsächlich die Folge der fehlerhaften Politik der ihr
+gegenüberstehenden Regierungen gewesen, wenn auch der eigentliche
+Überfall, von dem sich die Intelligenz getroffen fühlte,
+innerhalb der Kriegführung stattfand.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Wenn blutige Schlachten ein schreckliches Schauspiel sind,
+so muß dies eine Veranlassung sein, den Krieg mehr zu würdigen,
+aber nicht die Waffen, die man führt, nach und nach aus
+Menschlichkeit stumpfer zu machen, bis einmal wieder einer
+dazwischenkommt mit einem scharfen Schwerte und uns die
+Arme vom Leibe weghaut.</p>
+
+<hr class="inv" />
+
+<p>Ein Fürst oder Feldherr, der seinen Krieg genau nach seinen
+Zwecken und Mitteln einzurichten weiß, nicht zu viel und nicht
+zu wenig tut, gibt dadurch den größten Beweis seines Genies.
+Aber die Wirkungen dieser Genialität zeigen sich nicht sowohl
+in neuerfundenen Formen des Handelns, die sogleich in die
+Augen fallen, als im glücklichen Endergebnis des Ganzen. Es
+ist das richtige Zutreffen der stillen Voraussetzungen, es ist die
+geräuschlose Harmonie des ganzen Handelns, die wir bewundern
+sollten und die sich erst im Gesamterfolge verkündet.</p>
+
+
+
+<p class="bottomspace">
+<em class="gesperrt">Druck der Spamerschen Buchdruckerei in Leipzig</em><br />
+</p>
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+<pre>
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Grundgedanken über Krieg und
+Kriegführung, by Karl von Clausewitz
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GRUNDGEDANKEN ÜBER KRIEG UND ***
+
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+Foundation as set forth in Section 3 below.
+
+1.F.
+
+1.F.1. Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable
+effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread
+public domain works in creating the Project Gutenberg-tm
+collection. Despite these efforts, Project Gutenberg-tm electronic
+works, and the medium on which they may be stored, may contain
+"Defects," such as, but not limited to, incomplete, inaccurate or
+corrupt data, transcription errors, a copyright or other intellectual
+property infringement, a defective or damaged disk or other medium, a
+computer virus, or computer codes that damage or cannot be read by
+your equipment.
+
+1.F.2. LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the "Right
+of Replacement or Refund" described in paragraph 1.F.3, the Project
+Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project
+Gutenberg-tm trademark, and any other party distributing a Project
+Gutenberg-tm electronic work under this agreement, disclaim all
+liability to you for damages, costs and expenses, including legal
+fees. YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT
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+LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR
+INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH
+DAMAGE.
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+opportunities to fix the problem.
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+in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS' WITH NO OTHER
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+or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
+work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
+Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.
+
+
+Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
+
+Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
+electronic works in formats readable by the widest variety of computers
+including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists
+because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
+people in all walks of life.
+
+Volunteers and financial support to provide volunteers with the
+assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
+goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
+remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
+Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
+and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
+To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
+and the Foundation web page at https://www.pglaf.org.
+
+
+Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive
+Foundation
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
+number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at
+https://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
+permitted by U.S. federal laws and your state's laws.
+
+The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
+Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
+throughout numerous locations. Its business office is located at
+809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email
+business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact
+information can be found at the Foundation's web site and official
+page at https://pglaf.org
+
+For additional contact information:
+ Dr. Gregory B. Newby
+ Chief Executive and Director
+ gbnewby@pglaf.org
+
+
+Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation
+
+Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
+spread public support and donations to carry out its mission of
+increasing the number of public domain and licensed works that can be
+freely distributed in machine readable form accessible by the widest
+array of equipment including outdated equipment. Many small donations
+($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
+with these requirements. We do not solicit donations in locations
+where we have not received written confirmation of compliance. To
+SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
+particular state visit https://pglaf.org
+
+While we cannot and do not solicit contributions from states where we
+have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
+against accepting unsolicited donations from donors in such states who
+approach us with offers to donate.
+
+International donations are gratefully accepted, but we cannot make
+any statements concerning tax treatment of donations received from
+outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
+
+Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
+methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
+ways including including checks, online payments and credit card
+donations. To donate, please visit: https://pglaf.org/donate
+
+
+Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic
+works.
+
+Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
+concept of a library of electronic works that could be freely shared
+with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project
+Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.
+
+
+Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
+unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily
+keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
+
+
+Most people start at our Web site which has the main PG search facility:
+
+ https://www.gutenberg.org
+
+This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
+including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
+subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.
+
+
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