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diff --git a/42900-0.txt b/42900-0.txt new file mode 100644 index 0000000..be27940 --- /dev/null +++ b/42900-0.txt @@ -0,0 +1,2897 @@ +*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 42900 *** + +Anmerkungen zur Transkription: + +Die Rechtschreibung und Zeichensetzung des Originals wurde weitgehend +übernommen, lediglich offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert. Die +Originalvorlage ist in Fraktur gedruckt. Davon abweichende, in Antiqua +gedruckte Textstellen sind (bis auf römische Ziffern) in dieser +Textdatei _so_ markiert; gesperrt gedruckter Text ist =so= markiert. Der +Titel des Märchens »Riquet mit der Locke« war in der Inhaltsübersicht +der Originalvorlage als »Riquet mit dem Schopf« angegeben, dies ist in +der transkribierten Fassung korrigiert worden. Am Ende des Textes +befindet sich eine Liste korrigierter Druckfehler. + + + + +[Illustration] + + +Charles Perrault + +Gänsemütterchens Märchen + +Illustriert von + +Gustave Doré + +[Illustration] + +Übersetzt und herausgegeben von + +Hans Krause + +O. C. Recht Verlag / München + + + + + Dieses Buch wurde im Auftrage des O. C. Recht Verlages in der + Offizin der Mandruck A.-G., München in der Altschwabacher + gedruckt. Es wurde eine Vorzugsausgabe von 100 Exemplaren auf + Bütten hergestellt. Nr. 1-25 wurden in Ganzleder, Nr. 26-100 + in Halbleder gebunden. Drucküberwachung und Ausstattung von + Ferdinand Kramer. + + + + + Copyright 1921 by O. C. Recht Verlag / München + + + + + =Gänsemütterchens= + =Märchen= + + Rotkäppchen + Blaubart + Die Fee + Der gestiefelte Kater + Der kleine Däumling + Aschenputtel + Riquet mit dem Schopf + Jungfer Eselshaut + Dornröschen + + Übersetzung nach der ersten Buchausgabe von 1697. + + +[Illustration] + + + + +Rotkäppchen + + +Es war einmal eine kleine Bauerndirne, die war hübscher, als man jemals +eine sah. Ihre Mutter war ganz verliebt in sie und ihre Großmutter noch +viel mehr. Diese brave Frau ließ ihr ein rotes Käppchen machen, welches +ihr so gut stand, daß man sie überall das »Rotkäppchen« nannte. + +Eines Tages, als ihre Mutter Kuchen gebacken hatte, sagte sie zu ihr: + +»Geh zu deiner Großmutter und sieh zu, was sie macht, denn man hat mir +erzählt, sie sei krank. Nimm ihr einen Kuchen mit und dieses Töpfchen +mit Butter!« + +Rotkäppchen machte sich gleich auf, um zu ihrer Großmutter zu gehen, die +in einem anderen Dorfe wohnte. Als sie durch einen Wald kam, begegnete +ihr der Gevatter Wolf, der große Lust hatte, sie zu fressen; aber er +wagte es nicht wegen der Holzhauer, die in dem Walde waren. Er fragte +sie, wohin sie gehe. Das arme Kind, das nicht wußte, wie gefährlich es +ist, einen Wolf anzuhören, sagte: + +»Ich gehe meine Großmutter besuchen und bringe ihr Kuchen und einen Topf +Butter, den ihr meine Mutter schickt.« + +»Wohnt sie weit von hier?« fragte der Wolf. + +»Oh ja,« antwortete das Rotkäppchen, »noch hinter der Mühle, die Ihr +dort in der Ferne seht, in dem ersten Hause des Dorfes.« + +»Wohlan,« sagte der Wolf, »ich will sie auch besuchen; ich gehe auf +diesem Wege hin und du dort auf jenem, wir wollen sehen, wer zuerst da +ist.« + +Der Wolf lief so schnell er konnte und schlug den kürzeren Weg ein, und +das kleine Mädchen ging den weiteren Weg; fröhlich pflückte sie +Haselnüsse, lief den Schmetterlingen nach und machte Sträuße aus den +Blümlein, die sie fand. Es dauerte nicht lange, da war der Wolf an +Großmutter Haus angelangt, und er pochte an die Tür: Bum! Bum! + +»Wer ist da?« + +»Euer Enkelchen ist es, das Rotkäppchen,« sagte der Wolf, indem er seine +Stimme verstellte, »ich bringe Euch einen Kuchen und ein Töpfchen mit +Butter, das Euch meine Mutter schickt.« + +Die gute Großmutter, die krank in ihrem Bette lag, rief ihm zu: + +»Zieh den Riegel zurück, dann springt das Schloß auf!« + +Der Wolf zog den Riegel zurück, und die Tür öffnete sich. Er stürzte +sich auf die gute Frau und verschlang sie im Handumdrehen, denn er hatte +länger als drei Tage nichts mehr gefressen. + +Dann schloß er die Tür, legte sich in das Bett der Großmutter und +wartete auf Rotkäppchen, das bald darauf kam und an die Tür pochte: Bum! +Bum! + +»Wer ist da?« + +Als Rotkäppchen die laute Stimme des Wolfes hörte, bekam es zuerst +Angst; aber sie glaubte, die Großmutter sei erkältet, und antwortete: + +»Euer Enkelchen ist es, das Rotkäppchen; ich bringe Euch einen Kuchen +und ein Töpfchen Butter, das Euch meine Mutter schickt.« + +Der Wolf rief ihr zu, indem er seine Stimme etwas dämpfte: + +»Zieh den Riegel zurück, dann springt das Schloß auf!« + +Rotkäppchen zog den Riegel zurück, und die Tür öffnete sich. Als der +Wolf sie eintreten sah, versteckte er sich im Bett unter der Decke und +sagte zu ihr: + +»Stelle den Kuchen und das Töpfchen mit Butter auf den Backtrog und +komme zu mir ins Bett!« + +Rotkäppchen zog sich aus und legte sich mit ins Bett. Sie war erstaunt, +wie verändert die Großmutter in ihrem Nachtgewand aussah, und fragte +sie: + +»Großmutter, was hast du für große Arme?« + +»Damit ich dich besser umarmen kann, mein Kind.« + +[Illustration] + +[Illustration] + +»Großmutter, was hast du für große Beine?« + +»Damit ich besser laufen kann, mein Kind.« + +»Großmutter, was hast du für große Ohren?« + +»Damit ich besser hören kann, mein Kind.« + +»Großmutter, was hast du für große Augen?« + +»Damit ich dich besser sehen kann, mein Kind.« + +»Großmutter, was hast du für große Zähne?« + +»Damit ich dich besser fressen kann.« + +Und nachdem er dies gesagt hatte, stürzte der böse Wolf sich auf das +Rotkäppchen und fraß es. + + + Moral: + + Man kann an diesem Beispiel sehn, + Wie's allen Mädchen wird ergehn, + Die stets auf fremde Leute hören, + Die sie beschwätzen und betören: + So ist nun mal der Dinge Lauf, + Es kommt der Wolf und frißt sie auf. + Ich meine andere Wölfe als den bösen, + =Die= Wölfe haben ein ganz anderes Wesen, + Es sind die höflichen, die zahmen, + Sie folgen oft den jungen Damen. + Paß auf, mein Kind, nimm dich in acht! + Das sind die Wölfe schlimmster Art. + + + + +Blaubart + + +Es war einmal ein Mann, der hatte schöne Häuser in der Stadt und auf dem +Lande, goldenes und silbernes Tafelgeschirr, Möbel mit kostbaren +Stickereien und Karossen, die von oben bis unten vergoldet waren. Aber +er hatte einen blauen Bart, und das war sein Unglück. Denn der machte +ihn so häßlich und abstoßend, daß alle Frauen und Mädchen vor ihm +davonliefen. + +Seine Nachbarin, eine vornehme Dame, hatte zwei Töchter, die beide sehr +schön waren. Eine von diesen erbat er sich zur Frau und überließ es der +Mutter, die Braut zu bestimmen. Aber keine wollte etwas von ihm wissen, +jede wollte ihn der anderen überlassen; denn sie konnten sich nicht +entschließen, einen Mann mit einem blauen Barte zu heiraten. Sie +fürchteten sich auch vor ihm, weil er schon mehrere Frauen gehabt hatte, +und weil man nicht wußte, was aus diesen geworden war. + +Um sie näher kennen zu lernen, führte Blaubart sie mit ihrer Mutter und +drei oder vier ihrer besten Freundinnen sowie mehreren jungen Männern +aus der Nachbarschaft auf eines seiner Landhäuser, wo man volle acht +Tage blieb. Da machte man Landpartien, ging auf Jagd und Fischerei und +vergnügte sich bei Tanzereien, Festlichkeiten und Gelagen; ja man +schlief nicht einmal, sondern verbrachte die ganze Nacht mit Späßen und +Spielen. Zu guter Letzt kam es so weit, daß die jüngere der Schwestern +fand, der Hausherr habe doch keinen allzu blauen Bart und er sei ein +sehr netter Mann; und als man in die Stadt zurückgekehrt war, wurde die +Hochzeit gefeiert. + +[Illustration] + +Einen Monat später sagte Blaubart zu seiner Frau, er müsse in einer +wichtigen Angelegenheit mindestens sechs Wochen lang in die Provinz +verreisen, und er bat sie, sich während seiner Abwesenheit gut zu +unterhalten: sie solle ihre Freundinnen einladen, sie mit aufs Land +nehmen, wenn sie wolle, und vor allem sich nichts abgehen lassen an +Speis und Trank. + +»Hier,« sagte er dann, »sind die Schlüssel zu den beiden Vorratskammern, +hier der vom goldenen und silbernen Tafelgeschirr, das nicht täglich +benutzt wird, hier der meiner eisernen Truhe, in der mein Gold und +Silber liegt, der meiner Kassetten, in denen meine Papiere sind, und +hier der Hauptschlüssel zu allen Zimmern. Aber dieser kleine Schlüssel +hier, der führt in das Gemach am Ende der großen Galerie des unteren +Stockwerks. Du darfst alle Türen öffnen, überall hingehen, aber dieses +kleine Gemach darfst du nicht betreten; ich verbiete es dir aufs +strengste. Sollte es dir doch einfallen, diese Tür zu öffnen, so hast du +das Schlimmste von meinem Zorne zu erwarten.« + +Sie versprach, alles genau zu befolgen, was er ihr befohlen. Hierauf +küßte er sie, stieg in seine Karosse und fuhr davon. + +Die Nachbarinnen und die guten Freundinnen warteten nicht erst, bis man +sie zu der Jungvermählten einlud, denn sie brannten vor Neugierde, alle +Reichtümer des Hauses zu sehen. Aber sie hatten nicht gewagt, zu ihr zu +kommen, solange der Gatte da war, weil sie sich vor seinem blauen Barte +fürchteten. Gleich liefen sie nun durch die Zimmer, die Gemächer und die +Kammern, von denen eine schöner war als die andere. Dann stiegen sie +hinauf in die Vorratsräume, wo sie nicht genug die vielen schönen +Stickereien bewundern konnten, und die Betten, Sofas, Sessel, Tischlein +und Tische und die Spiegel, in denen man sich von Kopf bis zu Fuß sehen +konnte, und deren Rahmen, teils von Glas, teils von vergoldetem Silber, +schöner waren und prächtiger, als man jemals welche sah. Alle waren +begeistert und hörten nicht auf, die Freundin in ihrem Glücke zu +beneiden. Aber diese wurde nicht froh beim Anblick all der Reichtümer, +denn sie konnte es nicht erwarten, das Gemach im unteren Stockwerk zu +sehen. + +[Illustration] + +Die Neugierde plagte sie so, daß sie ihre Gäste verließ, ohne sich ihrer +Unhöflichkeit bewußt zu werden. Sie lief eine Hintertreppe in solcher +Hast hinab, daß sie drei- oder viermal glaubte, den Hals zu brechen. An +der Tür des Gemaches hielt sie eine Zeitlang inne und dachte an das +Verbot ihres Gemahls; sie überlegte, ob ihr nicht doch aus ihrem +Ungehorsam ein Unglück erwachsen könne. Aber die Versuchung war zu +stark: sie nahm den kleinen Schlüssel und öffnete zitternd die Tür. + +Zuerst sah sie nichts, weil die Fenster geschlossen waren; aber bald +bemerkte sie, daß der Fußboden über und über von geronnenem Blute +bedeckt war. Darin spiegelten sich die Leichen von mehreren Frauen, die +aufgereiht an der Wand hingen. Es waren alle die Frauen, die Blaubart +geheiratet und eine nach der anderen abgeschlachtet hatte. + +Sie glaubte sterben zu müssen vor Angst, und der Schlüssel, den sie eben +aus dem Schlosse gezogen, fiel ihr aus der Hand. + +Nachdem sie sich etwas gefaßt hatte, hob sie den Schlüssel auf, schloß +die Tür wieder und stieg hinauf in ihr Zimmer, um sich ein wenig zu +erholen; aber es gelang ihr nicht, so sehr hatte sie sich erschrocken. + +Als sie bemerkte, daß der Schlüssel des Gemaches mit Blut befleckt war, +wusch sie ihn zwei- oder dreimal. Aber das Blut ging nicht ab, sie +wischte umsonst; selbst mit Sand und Bimsstein rieb sie vergebens: der +Schlüssel blieb immer blutig. Denn er war verzaubert und es gab kein +Mittel, ihn wieder ganz sauber zu machen. Wenn man das Blut auch auf +einer Seite weggebracht hatte, so kehrte es auf der anderen wieder +zurück. + +Noch an demselben Abend kam Blaubart nach Hause und erzählte, er habe +unterwegs durch Briefe die Nachricht erhalten, daß die Angelegenheit, +wegen der er die Reise unternommen, schon zu seinen Gunsten erledigt +sei. Seine Frau tat alles, was sie konnte, um ihm zu zeigen, wie +entzückt sie über seine schnelle Rückkehr sei. -- Am folgenden Tage +verlangte er die Schlüssel, und sie gab sie ihm. Aber ihre Hand zitterte +so sehr, daß er ohne Mühe erriet, was vorgefallen war. + +»Wie kommt es,« fragte er, »daß der Schlüssel zu dem Gemache nicht mehr +bei den anderen ist?« + +»Ich muß ihn wohl,« antwortete sie, »oben auf meinem Tische liegen +gelassen haben.« + +»Vergiß nicht,« sagte Blaubart, »ihn mir alsbald zu geben!« + +Mehrere Male schob sie es auf, aber schließlich mußte sie ihm den +Schlüssel bringen. Blaubart betrachtete ihn und sagte zu seiner Frau: + +»Warum ist Blut an diesem Schlüssel?« + +»Ich weiß es nicht«, sagte das arme Weib, blasser als der Tod. + +»Du weißt es nicht?« schrie Blaubart, »aber ich, ich weiß es. Du +wolltest in das Gemach gehen! Wohlan, du sollst hinein! Du sollst deinen +Platz bekommen neben den andern Frauen, die du dort sahst!« + +Sie warf sich weinend ihrem Gatten zu Füßen und bat um Verzeihung mit +allen Zeichen tiefer Reue ob ihres Ungehorsams. In ihrer Schönheit und +ihrer Verzweiflung hätte sie einen Felsen rühren können, aber Blaubart +hatte ein Herz härter als Stein. + +»Du mußt sterben, Weib,« sagte er, »auf der Stelle!« + +»Wenn ich sterben muß,« so flehte sie, indem sie ihn mit tränenvollen +Augen ansah, »so gebt mir noch ein wenig Zeit, um zu beten!« + +»Ich gebe dir eine halbe Viertelstunde,« erwiderte Blaubart, »aber nicht +einen Augenblick mehr.« + +Als sie allein war, rief sie ihre Schwester und sagte zu ihr: »Schwester +Anne (so hieß diese), ich bitte dich, steige hinauf auf die Spitze des +Turmes und halte Ausschau, ob meine Brüder noch nicht kommen. Sie haben +mir versprochen, mich heute zu besuchen; wenn du sie siehst, gib ihnen +ein Zeichen, damit sie eilen.« + +Die Schwester Anne stieg auf die Spitze des Turmes, und die Arme rief in +ihrer Angst von Zeit zu Zeit hinauf: + +»Anne, Schwester Anne, siehst du nichts kommen?« + +Und die Schwester Anne antwortete: + +»Ich sehe nichts als Sonnenstaub und Gräsergrün.« + +Währenddessen hielt Blaubart ein großes Messer in seiner Hand und schrie +aus Leibeskräften: + +»Steige sofort herab, oder ich komme dich holen!« + +[Illustration] + +»Noch einen Augenblick«, bat seine Frau und rief leise: + +»Anne, Schwester Anne, siehst du nichts kommen?« + +Und die Schwester Anne antwortete: + +»Ich sehe nichts als Sonnenstaub und Gräsergrün!« + +»Steige sofort herab,« schrie Blaubart, »oder ich komme dich holen!« + +»Ich komme«, antwortete seine Frau. + +Und dann rief sie: + +»Anne, Schwester Anne, siehst du nichts kommen?« + +»Ich sehe,« erwiderte die Schwester Anne, »eine große Staubwolke, die +von dieser Seite kommt.« + +»Sind es meine Brüder?« + +»Ach nein, meine Schwester, es ist nur eine Schafherde.« + +»Willst du nicht herunterkommen?« schrie Blaubart. + +»Noch einen kleinen Augenblick«, bat seine Frau. + +Und dann rief sie: + +»Anne, Schwester Anne, siehst du nichts kommen?« + +»Ich sehe,« erwiderte diese, »zwei Reiter, die von dort herkommen, aber +sie sind noch weit entfernt.« Gleich darauf rief sie: »Gott sei gelobt, +es sind die Brüder. Ich gebe ihnen Zeichen, so gut ich kann, damit sie +eilen.« + +Blaubart fing an, so laut zu schreien, daß das ganze Haus zitterte, und +die arme Frau stieg hinab und warf sich ihm tränenüberströmt mit +aufgelösten Haaren zu Füßen. + +»Das nützt nichts,« sagte Blaubart, »du mußt sterben.« + +Dann packte er sie mit der einen Hand bei den Haaren und erhob mit der +anderen das große Messer, um ihr den Hals abzuschneiden. + +Das arme Weib wandte sich ihm zu, sah ihn mit todesängstlichen Augen an +und bat um einen Augenblick, damit sie sich sammele. + +»Nein, nein!« schrie er, »empfiehl dich deinem Gott!« dann hob er den +Arm und ...... + +In demselben Augenblick pochte jemand so heftig an das Tor, daß Blaubart +innehielt. Man öffnete, und sogleich sah man zwei Ritter, die mit Degen +in den Händen eintraten und sich geradewegs auf Blaubart stürzten. + +[Illustration] + +Er erkannte, daß es die Brüder seiner Frau waren -- der eine war +Dragoner, der andere Musketier -- und ergriff die Flucht, um sich in +Sicherheit zu bringen. Aber die Brüder verfolgten ihn so schnell, daß +sie ihn einholten, bevor er noch die Freitreppe erreicht hatte. Sie +stießen ihm ihren Degen mitten durch den Leib und ließen ihn tot liegen. +Die arme Frau war fast ebenso tot wie ihr Gatte; sie hatte nicht mehr +die Kraft sich aufzurichten, um ihre Brüder zu umarmen. -- + +Es stellte sich heraus, daß Blaubart keine Erben hatte, und so blieb +seine Frau Herrin aller seiner Güter. Einen Teil verwendete sie dazu, +ihre Schwester Anne mit einem jungen Edelmanne zu verheiraten, den diese +schon seit langem liebte; mit einem anderen Teile kaufte sie ihren +beiden Brüdern Hauptmannsstellen; das übrige brachte sie selbst einem +rechtschaffenen Manne mit in die Ehe, der sie bald die schlechte Zeit +vergessen ließ, die sie mit Blaubart verbracht hatte. + + + Moral: + + Die Neugier ist die allerschlimmste Plage; + Sie reizt den Wunsch und bringt dann böse Pein. + Man sieht das tausendmal an einem Tage. -- + Der Drang zum Neuen ist zwar stark, allein + Das Wissen selbst enttäuscht, und jedes Mal + Ist die gerechte Strafe: bittre Qual. + + + + +Die Fee + + +Es war einmal eine Witwe, die hatte zwei Töchter. Die älteste glich ihr +von Ansehn und Wesen so sehr, daß ein jeder, der sie sah, die Mutter zu +sehen glaubte: sie waren alle beide so unausstehlich und so hochmütig, +daß man nicht mit ihnen zusammen leben konnte. Die jüngere, in ihrer +Sanftmut und Rechtschaffenheit das wahre Ebenbild ihres verstorbenen +Vaters, war eines der schönsten Mädchen, das man je zu Gesicht bekam. +Wie man natürlich immer seinesgleichen liebt, so war die Mutter wie +vernarrt in ihre älteste Tochter; aber gegen die jüngere hegte sie eine +schreckliche Abneigung. Sie ließ sie in der Küche essen und ohne +Unterbrechung arbeiten. + +Unter anderem mußte das arme Kind zweimal am Tage eine gute halbe Meile +weit Wasser holen, jedes Mal einen großen Krug voll. Eines Tages, als +sie wieder bei dem Brunnen war, kam eine arme Frau zu ihr, die bat um +einen Schluck Wasser. + +»Gern, mein Mütterchen«, sagte das gute Kind, spülte sogleich den Krug +aus, schöpfte an der schönsten Stelle des Brunnens und reichte ihr den +Trunk, wobei sie immer den Krug unterstützte, um ihr das Trinken zu +erleichtern. Als die gute Frau getrunken hatte, sagte sie: + +»Du bist so schön, so gut und so brav, daß ich dir etwas schenken muß.« +Es war nämlich eine Fee, die hatte die Gestalt einer armen Bäuerin +angenommen, um zu sehen, wie weit die Rechtschaffenheit des jungen +Mädchens gehe. + +»Ich schenke dir,« so fuhr die Fee fort, »die Gabe, daß mit jedem Worte, +das du sprichst, eine Blume oder ein Edelstein aus deinem Munde kommt.« + +[Illustration] + +Als das Mädchen nach Hause kam, zankte die Mutter, weil sie so lange +beim Brunnen geblieben war. »Ich bitte um Verzeihung, Mutter,« sagte das +arme Kind, »daß ich mich so verspätet habe.« Und während sie sprach, +kamen aus ihrem Munde zwei Rosen, zwei Perlen und zwei große Diamanten. +»Was sehe ich,« rief die Mutter ganz erstaunt, »mir scheint, Perlen und +Diamanten kommen aus deinem Munde! Woher hast du das, mein Kind?« Es war +das erstemal, daß sie zu ihr »mein Kind« sagte. + +Das arme Mädchen erzählte in ihrer Einfalt alles, was sich zugetragen +hatte, wobei wieder eine Menge Diamanten zum Vorschein kamen. + +»Wundervoll,« rief da die Mutter, »ich muß auch meine andere Tochter +schicken. Sieh nur, Fanchon, was aus dem Munde deiner Schwester kommt, +wenn sie spricht; wärst du nicht glücklich, dieselbe Gabe zu besitzen? +Du brauchst nur zum Brunnen zu gehen, um Wasser zu schöpfen, und wenn +eine arme Frau dich um einen Trunk bittet, ihn ihr recht höflich zu +reichen.« + +»Zum Brunnen zu gehen,« antwortete jene grob, »das stände mir gut an!« + +»Aber ich will, daß du gehst,« entgegnete die Mutter, »und zwar auf der +Stelle!« + +Darauf ging sie, aber brummend und widerwillig. Sie nahm die schönste +Flasche mit, die im ganzen Hause war. Kaum war sie am Brunnen angelangt, +da sah sie eine prächtig gekleidete Dame, die aus dem Walde kam und sie +um einen Trunk Wasser bat. Es war dieselbe Fee, die ihrer Schwester +erschienen war, aber sie hatte jetzt Wesen und Kleidung einer Prinzessin +angenommen, um zu sehen, wie weit die Unhöflichkeit dieses Mädchens +gehe. + +»Bin ich hierher gekommen,« sagte barsch zu ihr die Hochmütige, »um Euch +einen Trunk zu reichen? Sollte ich eigens ein silbernes Fläschchen +mitgebracht haben, nur damit ich einer Dame daraus zu trinken geben +kann? Meinetwegen trinkt allein, wenn Ihr wollt!« + +[Illustration] + +»Du bist gar nicht höflich,« antwortete die Fee, ohne in Zorn zu +geraten, »und weil du so wenig gefällig bist, verleihe ich dir die Gabe, +daß mit jedem Wort, das du sprichst, eine Schlange oder eine Kröte aus +deinem Munde kommt.« + +Als ihre Mutter sie kommen sah, rief sie ihr entgegen: »Wie ist es, mein +Kind?« + +»So ist es, Mutter,« antwortete die Grobe und spie zwei Vipern und zwei +Kröten. + +»Himmel, was muß ich sehen,« jammerte die Mutter, »deine Schwester ist +daran schuld, sie soll es mir büßen.« + +Und sogleich lief sie hin, um diese zu schlagen. Das arme Kind floh und +brachte sich in dem nahen Walde in Sicherheit. Der Königssohn, der von +der Jagd zurückkehrte, begegnete ihr, und als er sie so schön sah, +fragte er sie, was sie allein im Walde mache und warum sie weinen müsse. + +»Ach, Herr, meine Mutter hat mich aus dem Hause gejagt!« + +Der Königssohn, der aus ihrem Munde fünf oder sechs Perlen und +ebensoviel Diamanten kommen sah, bat sie, ihm doch zu sagen, woher sie +das habe. Und sie erzählte ihm ihr Abenteuer. Da verliebte sich der +Königssohn in sie; und indem er überlegte, daß eine solche Gabe mehr +wert sei als alles, was man einer anderen als Mitgift geben könne, nahm +er sie mit sich in den Palast des Königs, seines Vaters, und heiratete +sie dort. + +Ihre Schwester aber hatte sich so hassenswert gemacht, daß ihre eigene +Mutter sie aus dem Hause jagte. Die Unglückliche lief lange Zeit herum, +ohne jemanden zu finden, der sich ihrer annahm und starb elendiglich in +einem Winkel des Waldes. + + + Moral: + + Edelsteine und Dukaten + Sind gar sehr begehrt; + Milde Worte, edle Taten + Haben höheren Wert. + + + + +Der gestiefelte Kater + + +Es war einmal ein Müller, der hinterließ bei seinem Tode seinen drei +Kindern nur eine Mühle, einen Esel und einen Kater. Das Erbe war schnell +geteilt. Kein Notar und kein Rechtsanwalt wurde gerufen. Die Kosten +hätten auch die ganze Erbschaft aufgezehrt. + +Der Älteste bekam die Mühle und der Zweite den Esel. Der Jüngste bekam +den Kater, und er war untröstlich über das armselige Los, das er gezogen +hatte. + +»Meine Brüder,« sagte er, »können sich jetzt anständig ernähren, wenn +sie sich zusammen tun. Aber ich kann des Hungers sterben, wenn ich +meinen Kater aufgegessen und aus seinem Fell mir eine Weste gemacht +habe.« + +Der Kater hatte diese Worte gehört, aber er ließ sich nichts merken und +sagte mit wichtiger und ernster Miene zu seinem Herrn: + +»Seid nicht traurig, lieber Herr, gebt mir einen Sack und laßt mir ein +Paar Stiefeln machen, damit ich in den Wald gehen kann, und dann sollt +Ihr sehen, daß Euer Erbteil doch nicht so schlecht ist, wie Ihr glaubt.« + +Sein Herr gab nicht viel auf diese Rede, aber er hatte oft den Kater bei +seiner Jagd auf Ratten und Mäuse beobachtet und er hatte gesehen, wie er +sich an den Beinen aufhing, oder wie er sich im Mehl versteckte und sich +tot stellte. So hatte er Zutrauen und glaubte in ihm eine Hilfe in +seinem Unglück zu haben. + +Als der Kater das bekommen, worum er gebeten hatte, zog er sich sofort +die Stiefeln an, hing sich den Sack um den Hals, nahm den Riemen in die +Pfote und ging in ein Dickicht, wo es viele Hasen gab. In den Sack +steckte er Klee und Disteln, stellte sich tot und wartete, ob nicht +irgendein junger, mit den Ränken dieser Welt noch wenig vertrauter Hase +sich in den Sack schliche, um an dem Leckerbissen zu naschen. Kaum hatte +er sich hingelegt, kam ein junges und unerfahrenes Häschen und kroch in +den Sack. Da zog Meister Kater die Schnüre zu, packte das Häschen und +machte ihm ohne Erbarmen den Garaus. Stolz ging er mit seiner Beute zum +König und verlangte ihn zu sprechen. + +Man führte ihn in das Gemach Seiner Majestät, wo er mit einer tiefen +Verbeugung eintrat und so zum Könige sprach: + +»Hier bringe ich Euch einen Hasen, Herr König, den Euch der Marquis von +Carabas (so war der Name, den er für seinen Herrn ausgesucht hatte) als +Geschenk übersendet.« + +»Sage deinem Herrn,« antwortete der König, »daß ich ihm danke, und sage +ihm, er habe mir eine große Freude bereitet.« + +Ein zweites Mal verbarg er sich in einem Kornfeld und legte den offenen +Sack wieder hin. Und als zwei Rebhühner hineingeschlüpft waren, zog er +ihn zu und fing alle beide. + +Dann ging er zum König und brachte ihm, wie früher den Hasen, die beiden +Rebhühner zum Geschenk. Der König nahm auch dieses Wildbret mit Freude +entgegen und ließ dem Kater einen Trunk reichen. + +So brachte er zwei bis drei Monate lang dem König von Zeit zu Zeit +irgendein Stück aus der angeblichen Jagdbeute seines Herrn. Als er aber +eines Tages erfuhr, daß der König mit seiner Tochter, der schönsten +Prinzessin der Welt, am Ufer des Flusses spazieren fahren wollte, da +sagte er zu seinem Herrn: + +»Jetzt folgt meinem Rat, und Euer Glück ist gemacht. Ich zeige Euch eine +Stelle am Fluß, da könnt Ihr baden. Das übrige laßt mich machen!« + +Herr von Carabas tat, wie ihm der Kater riet, ohne zu wissen, wozu es +gut sein sollte. Wie er nun badete, kam der König vorüber, und der Kater +fing an, aus Leibeskräften zu schreien: + +»Zu Hilfe. Zu Hilfe! Der Marquis von Carabas ertrinkt!« + +[Illustration] + +Als der König diese Hilfeschreie hörte, steckte er den Kopf zum +Wagenfenster heraus. Sofort erkannte er den Kater, der ihm des öfteren +Wildbret gebracht hatte, und befahl seiner Leibwache, dem Marquis von +Carabas schleunigst zu Hilfe zu eilen. + +[Illustration] + +Während man den armen Marquis aus dem Fluß zog, trat der Kater an den +Wagen heran und berichtete dem König, daß Diebe gekommen seien und die +Kleider seines badenden Herrn gestohlen hätten, trotzdem er ihnen, so +laut er konnte, zugerufen hätte. In Wahrheit hatte der Schlauberger die +Kleider unter einem großen Steine versteckt. + +Sogleich gab der König seinem Kammerdiener den Auftrag, einen seiner +schönsten Röcke für den Marquis von Carabas zu holen. + +Tausend Aufmerksamkeiten erwies der König dem Marquis, und da das schöne +Gewand, das er ihm schenkte, seine Gestalt gut zur Geltung brachte, +gefiel er der Tochter des Königs sehr, und kaum hatte der Marquis von +Carabas zwei bis drei bei aller Ehrfurcht doch ein wenig zärtliche +Blicke mit ihr getauscht, da war sie bis über die Ohren in ihn verliebt. + +Der König lud ihn ein, in den Wagen zu steigen und die Spazierfahrt +mitzumachen. + +Froh über das gute Gelingen seines Planes, ist der Kater vor dem Wagen +her. Als er zu Bauern kam, die eine Wiese mähten, rief er ihnen zu: + +»Ihr guten Leute, wenn Ihr nicht sagt, daß diese Wiese, die Ihr mäht, +dem Herrn Marquis von Carabas gehört, so werdet Ihr alle miteinander zu +Pastetenfleisch zerhackt!« + +Richtig fragte sie der König, wem diese Wiese gehöre, die sie mähten. + +»Dem Herrn Marquis von Carabas«, riefen sie wie mit einer Stimme, denn +die Drohung des Katers hatte ihnen angst gemacht. + +»Da habt Ihr ein schönes Erbe«, wandte sich der König an den Marquis von +Carabas. + +»Ja, Sire,« antwortete der, »die Wiese hier bringt alle Jahre schöne +Erträge.« + +Meister Kater, der immer vorneweg lief, kam zu Schnittern und rief ihnen +zu: + +»Ihr guten Leute, die Ihr da mäht, wenn Ihr nicht sagt, daß diese +Kornfelder dem Herrn Marquis von Carabas gehören, so werdet Ihr alle +klein gehackt wie Pastetenfleisch!« + +Als der König einen Augenblick später vorüberfuhr, wollte er wissen, wem +die Felder gehörten, die er da sah. + +»Dem Herrn Marquis von Carabas«, antworteten die Schnitter, und der +König und der Marquis hatten ihre Freude an der Antwort. + +Allen Leuten, die er traf, schärfte der Kater, der immer vor dem Wagen +her lief, denselben Spruch ein, und der König wunderte sich sehr über +den großen Reichtum des Herrn Marquis von Carabas. Am Ende kam Meister +Kater an ein prächtiges Schloß. Das gehörte einem Riesen, dem Reichsten, +der weit und breit zu finden war, und alle Felder, bei denen der König +vorübergekommen war, gehörten zu dieser Schloßherrschaft. + +Vorsichtig erkundigte sich der Kater, wer der Riese sei und was er +treibe. Dann bat er um eine Audienz mit der Begründung, daß er bei +seinem Schlosse nicht vorübergehen wolle, ohne sich die Ehre zu geben, +seine Aufwartung zu machen. + +Der Riese empfing ihn so höflich, wie es bei einem Riesen möglich ist, +und bat ihn, Platz zu nehmen. + +»Man hat mir versichert,« sagte der Kater, »daß es in Eurer Macht +stände, die Gestalt eines jeden Tieres anzunehmen, daß Ihr +beispielsweise ein Löwe sein könnt oder ein Elefant.« + +»Ganz recht,« brummte der Riese, »damit Ihr's glaubt, will ich jetzt ein +Löwe werden.« + +Der Kater erschrak, als er wirklich einen Löwen vor sich sah, und +kletterte schleunigst auf die Dachrinne, nicht ohne Mühe und Gefahr, +denn die Stiefel hinderten ihn beim Laufen. Als der Kater sah, daß der +Riese wieder seine alte Gestalt angenommen hatte, kletterte er herab und +gestand, daß er große Angst gehabt habe. + +Dann sagte er: »Man hat mir außerdem versichert, was ich aber kaum +glauben kann, Ihr könntet Euch auch in die kleinsten Geschöpfe +verwandeln, beispielsweise in eine Ratte oder in eine Maus. Ich muß +gestehen, ich halte das für ganz ausgeschlossen.« + +»Ausgeschlossen,« höhnte der Riese, »sieh einmal an«, und in demselben +Augenblick verwandelte er sich in eine Maus, die auf dem Fußboden hin +und her huschte. Kaum hatte der Kater das bemerkt, da packte er die Maus +und fraß sie auf. + +Inzwischen war der König beim Schlosse des Riesen angekommen und zeigte +Lust, hineinzugehen. Als der Kater den Wagen über die Schloßbrücke +holpern hörte, lief er hin und sagte zum König: + +»Eure Majestät heiße ich herzlich willkommen im Schlosse des Herrn +Marquis von Carabas!« + +[Illustration] + +[Illustration] + +»Wie, Herr Marquis,« rief der König aus, »dieses Schloß gehört Ihnen? Es +gibt nicht leicht etwas Schöneres mit all diesen Gebäuden ringsum. Wenn +Sie erlauben, gehen wir hinein.« + +Der Marquis reichte der Prinzessin die Hand, und sie gingen hinter dem +König her, der voranschritt. Sie kamen in einen großen Saal, wo ein +herrliches Mahl bereitet war, welches der Riese für seine Freunde +bestimmt hatte, die ihn am selben Tage besuchen wollten, die aber nicht +gewagt hatten, zu kommen, als sie erfuhren, daß der König da sei. + +Der König war entzückt von dem vortrefflichen Herrn Marquis von Carabas, +und seine Tochter war in ihn verliebt, und wie der König die vielen +Reichtümer sah, die dem Herrn Marquis gehörten, da sagte er zwischen dem +sechsten und siebten Glase zu ihm: + +»Herr Marquis, es liegt nur an Ihnen, wenn Sie mein Schwiegersohn werden +wollen.« + +Der Marquis von Carabas verbeugte sich und nahm das ehrenvolle Angebot +des Königs an und heiratete die Prinzessin noch an demselben Tage. Der +Kater aber wurde ein großer Herr und ging nur noch auf die Mäusejagd, +wenn er sich die Zeit vertreiben wollte. + + + Moral: + + Es ist fürwahr sehr angenehm, + Vom Vater Geld und Gut zu erben. + Der Arme hat's nicht so bequem; + Er braucht jedoch nicht arm zu sterben: + Mit Fleiß und mit Geschicklichkeit + Kommt er bisweilen auch so weit. + + + + +Der kleine Däumling + + +Es war einmal ein Holzhacker und seine Frau. Die hatten sieben Kinder, +lauter Knaben. Der älteste war erst zehn Jahre alt und der jüngste +sieben. Man braucht sich aber nicht zu wundern, daß der Holzhacker in +der kurzen Zeit so viel Kinder bekam, denn seine Frau war sehr fleißig +und schenkte ihm jedesmal mindestens zwei. + +Es waren arme Leute, und die sieben Kinder machten ihnen viel Sorge, +weil noch keines von ihnen sich sein Brot selber verdiente. Aber die +größte Sorge machte ihnen ihr Jüngster; er war ein Schwächling und +konnte noch kein einziges Wort sprechen. Das war in Wirklichkeit ein +Zeichen seiner Schlauheit; aber die Eltern hielten ihn für dumm. + +Er war ein winziger Kerl und, als er zur Welt kam, nicht länger ein +Daumen. Man nannte ihn deshalb den kleinen Däumling. + +Das arme Kind war immer der Sündenbock zu Hause, stets gab man ihm +unrecht. Und doch war er der Schlaueste und Geriebenste von allen seinen +Brüdern und wenn er auch wenig sprach, so hörte er um so mehr. + +Eines Tages, als die Kinder schon zu Bett gebracht waren, saß der +Holzhacker mit seiner Frau auf der Ofenbank und sagte kummervollen +Herzens zu ihr: + +»Du mußt einsehen, daß wir unsere Kinder nicht länger ernähren können. +Ich kann es nicht mit ansehen, wie sie vor meinen Augen verhungern. Wir +müssen sie im Walde aussetzen. Das ist nicht schwer; wenn sie Reisig +suchen, dann lassen wir sie allein und gehen davon.« + +»Was!«, rief da seine Frau, »du brächtest es über das Herz, deine +eigenen Kinder zu töten?« + +[Illustration] + +Vergebens sprach der Mann von ihrer großen Armut, aber sie konnte ihm +nicht recht geben, denn wenn sie auch arm war, so war sie doch die +Mutter der Kinder. Doch als er ihr vorhielt, welcher Schmerz es für sie +sei, zuzusehen, wie die Kinder verhungerten, da war sie schließlich +einverstanden und ging weinend zu Bett. + +Der kleine Däumling aber hatte alles gehört. Denn als er in seinem Bette +lag und die Eltern von ihren Sorgen sprechen hörte, da war er leise +aufgestanden und unter den Schemel seines Vaters gekrochen, wo er +unbemerkt lauschen konnte. + +Er legte sich dann wieder hin. Aber er konnte nicht einschlafen und +dachte nur darüber nach, was jetzt zu tun sei. Früh am Morgen stand er +auf, ging an den Bach, füllte sich die Taschen mit kleinen, weißen +Kieselsteinen und kehrte ins Haus zurück. Bald brachen sie auf. Der +kleine Däumling verriet seinen Brüdern kein Sterbenswörtchen von dem, +was er wußte. Sie kamen in einen großen, dichten Wald, in dem man sich +schon auf zehn Schritte nicht mehr sehen konnte. Der Holzhacker fällte +Bäume, und seine Kinder sammelten Reisig, das sie zu Bündeln banden. Als +der Vater und die Mutter sie so beschäftigt sahen, da machten sie sich +heimlich auf einem kleinen Seitenpfade davon. + +Auf einmal sahen sich die Kinder verlassen und fingen an zu weinen und +aus Leibeskräften zu schreien. Der kleine Däumling ließ sie schreien, +weil er wußte, wie sie nach Hause zurückfinden könnten. Denn unterwegs +hatte er die kleinen, weißen Kieselsteine fallen lassen, die er in +seiner Tasche trug. Er sagte deshalb zu seinen Brüdern: + +»Fürchtet euch nicht! Vater und Mutter haben uns verlassen, aber ich +werde euch heimführen. Folgt mir nur!« + +Und sie folgten ihm. Er führte sie auf demselben Wege, auf dem sie in +den Wald gekommen, zu ihrem Hause zurück. Zuerst wagten sie nicht, +hineinzugehen. Sie lehnten sich alle an die Tür, um zu hören, was Vater +und Mutter sprachen. + +[Illustration] + +Kaum waren der Holzhacker und seine Frau nach Hause gekommen, da +schickte ihnen der Herr des Dorfes die zehn Taler zurück, die er ihnen +schon lange schuldig war, und mit denen sie nicht mehr gerechnet hatten. +Das rettete den armen Leuten das Leben, denn sie waren am Verhungern. +Sogleich schickte der Holzhacker seine Frau zum Fleischer, und weil sie +schon lange kein Fleisch gegessen hatten, kaufte sie dreimal soviel, wie +sie für sich zu einem Abendessen brauchten. Als sie nun satt waren, +sagte die Frau: + +»Wo mögen jetzt unsere armen Kinder sein? Wie würde ihnen das schmecken, +was wir hier übrig haben, aber du, Wilhelm, hast sie ja durchaus +umbringen wollen. Immer habe ich gesagt, wir würden es noch bereuen. Wie +mag es ihnen jetzt in dem finsteren Walde gehen? Ach, mein Gott, die +Wölfe haben sie vielleicht schon gefressen! Du bist wahrhaftig ein +Unmensch, daß du deine eigenen Kinder so umgebracht hast.« + +Der Mann verlor schließlich die Geduld, denn mehr als zwanzigmal +wiederholte sie, daß sie recht gehabt habe und daß er es noch bereuen +würde. Am Ende drohte er ihr, sie zu schlagen, wenn sie nicht den Mund +halte. + +Und doch war der Holzhacker nicht weniger betrübt als seine Frau. Aber +sie machte ihm den Kopf heiß, und er gehörte zu jenen Männern, die +Frauen gerne haben, wenn sie sanfte Reden führen, die aber empört sind, +wenn sie immer recht haben wollen. + +Bittere Tränen vergoß seine Frau: + +»Ach, wo sind jetzt meine Kinder, meine armen Kinder?« + +Einmal rief sie das so laut, daß die Knaben, die an der Tür horchten, +alle miteinander zu schreien anfingen: + +»Wir sind wieder da! Wir sind wieder da!« + +So schnell sie konnte, lief die Frau und machte ihnen die Tür auf. Unter +tausend Küssen rief sie: + +»Wie bin ich froh, daß ich euch wiederhabe, liebe Kinder! Ihr seid gewiß +müde und habt großen Hunger; und du, Peterle, wie schmutzig bist du +denn! Komm, ich will dich waschen!« + +[Illustration] + +Peterle war ihr ältester Sohn, und sie liebte ihn mehr als alle anderen, +weil er von ihr die roten Haare geerbt hatte. Dann setzten sie sich zu +Tisch, und sie aßen mit einem Appetit, der Vater und Mutter helle Freude +machte, und sie erzählten, welche Angst sie im Walde gehabt hatten, und +einer schrie lauter als der andere. + +Die guten Leute freuten sich, ihre Kinder wieder bei sich zu haben, und +diese Freude dauerte geradeso lange, wie die zehn Taler reichten. Aber +als das Geld ausgegeben war, kam wieder die alte Verzweiflung und mit +ihr von neuem der Entschluß, die Kinder auszusetzen. Damit es nicht gehe +wie beim ersten Mal, wollten sie die Kinder noch tiefer in den Wald +hineinführen. Aber sie konnten darüber nicht so heimlich sprechen, daß +der kleine Däumling es nicht gehört hätte, und er wollte es jetzt wieder +so machen wie damals. Aber als er früh aufstand, um kleine Kieselsteine +zu sammeln, da fand er die Haustür doppelt verriegelt. + +Nun wußte er nicht, was er tun sollte. Doch als die Mutter jedem von +ihnen ein Stück Brot zum Frühstück gab, da fiel ihm ein, daß er anstatt +der Steinchen das Brot nehmen könne, wenn er es in Krümeln auf dem Wege +ausstreute, den sie gehen würden, und er steckte das Brot in seine +Tasche. + +Vater und Mutter führten die Kinder in den dichtesten und finstersten +Teil des Waldes, und als sie dort angekommen waren, machten sie sich auf +einem Umweg davon und ließen sie zurück. Der kleine Däumling war nicht +ängstlich, denn er glaubte, den Weg mit den Brotkrümeln, die er überall +ausgestreut hatte, leicht zurückzufinden. Aber er war sehr betroffen, +als er nicht ein einziges Krümelchen entdeckte. Die Vögel waren gekommen +und hatten alle aufgepickt. + +Da waren sie nun in großer Sorge, denn je weiter sie wanderten, um so +mehr verirrten sie sich und gerieten immer tiefer in den Wald hinein. +Die Nacht brach an, und es kam ein großer Sturm, der sie in Schrecken +setzte. Von allen Seiten glaubten sie das Geheul der Wölfe zu hören, die +sie fressen wollten. Sie wagten nicht mehr zu sprechen, noch sich zu +rühren. + +Zu alldem überraschte sie ein großer Regen, und sie wurden naß bis auf +die Knochen. Bei jedem Schritt glitten sie aus und fielen zu Boden. Ganz +beschmutzt standen sie da und wußten nicht mehr, was sie anfangen +sollten. + +[Illustration] + +Da kletterte der kleine Däumling auf einen großen Baum, um auszuschauen, +ob er keine Hilfe sähe. Nach allen Seiten drehte er den Kopf und sah +endlich ein kleines Licht, wie von einer Kerze, aber es war weit weg, +jenseits des Waldes. Er kletterte vom Baum herab, und wie er wieder auf +der Erde war, sah er das Licht nicht mehr. Das machte ihn trostlos. Aber +als er eine Zeitlang mit seinen Brüdern in der Richtung gegangen war, in +welcher er das Licht gesehen hatte, da sah er es beim Austritt aus dem +Walde von neuem. Jedesmal, wenn der Weg sich senkte, verloren sie es +wieder aus den Augen, und das machte ihnen große Angst. Aber schließlich +kamen sie an das Haus, wo die Kerze brannte. + +Sie pochten an die Tür, und eine gute Frau machte ihnen auf und fragte +nach ihrem Begehr. + +Der kleine Däumling sagte, sie seien arme Kinder, die sich im Walde +verirrt hätten, und sie bäten um Gottes willen um ein Nachtlager. + +Wie die Frau die netten Kinder sah, fing sie an zu weinen und sagte zu +ihnen: + +»Ach, meine armen Kinder, wohin seid ihr geraten! Wißt ihr nicht, daß +hier ein Riese wohnt, der kleine Kinder frißt?« + +»Gute Frau,« antwortete ihr der kleine Däumling, der ebenso wie seine +Brüder am ganzen Leibe zitterte, »was sollen wir jetzt anfangen? Gewiß +werden uns die Wölfe heute im Walde auffressen, wenn Ihr uns nicht +aufnehmen wollt. Da ist es schon besser, daß uns der Herr frißt; +vielleicht hat er aber Mitleid, wenn wir ihn darum bitten.« + +Da ließ die Frau die Kinder hinein, denn sie hoffte, sie bis zum +nächsten Morgen vor ihrem Manne verstecken zu können. Sie führte sie an +ein helles Feuer, damit sie sich wärmen konnten. Es wurde nämlich gerade +ein Hammel am Spieße gebraten als Abendessen für den Riesen. Kaum fingen +die Kinder an, warm zu werden, da hörten sie es drei- bis viermal an die +Haustür donnern. Das war der Riese, der zurückkam. Schleunigst +versteckte die Frau die Kinder unter dem Bett und öffnete. + +[Illustration] + +Zuerst fragte der Riese, ob sein Abendbrot fertig und ob der Wein +abgefüllt sei, und setzte sich zu Tisch. Der Hammel war noch ganz +blutig, aber das schien ihm gerade recht. Dann schnüffelte er rechts und +links und sagte, es röche ihm nach frischem Fleisch. + +»Das wird wohl der Hammel sein, den ich soeben gebraten habe«, meinte +seine Frau. + +»Ich rieche frisches Fleisch, sage ich dir nochmals«, versetzte der +Riese und sah seine Frau von der Seite an: + +»Hier muß etwas sein, von dem ich nichts weiß!« + +Mit diesen Worten stand er auf und ging geradenwegs auf das Bett zu. + +»Aha, du schlechtes Weib! Du hast mich also wirklich betrügen wollen! +Ich weiß wahrhaftig nicht, warum ich dich nicht schon längst gefressen +habe. Es ist dein Glück, daß du so ein altes Tier bist. Der Leckerbissen +hier kommt mir gerade recht. Damit kann ich drei befreundete Riesen, die +mich in diesen Tagen besuchen, schön bewirten.« + +Dann zerrte er die Kinder eines nach dem anderen unter dem Bette hervor. +Die Ärmsten warfen sich ihm zu Füßen und baten um Gnade. Aber es war der +Grausamste aller Riesen; er hatte kein Mitleid mit ihnen, und mit seinen +Augen verschlang er sie schon. Dann sagte er zu seiner Frau, das würden +Leckerbissen werden, wenn sie nur eine gute Brühe dazu mache. + +Er langte nach seinem Messer und fing vor den armen Kindern an, es auf +seinem Schleifstein, den er in der Linken hielt, zu schärfen. Schon +hatte er eines gepackt, da sagte seine Frau zu ihm: + +»Was willst du denn jetzt damit? Hast du nicht Zeit bis morgen?« + +»Halt den Mund,« schrie sie der Riese an, »sie sind dann mürber!« + +»Aber du hast ja noch so viel Fleisch,« meinte seine Frau, »ein Kalb, +zwei Hammel und ein halbes Schwein.« + +»Du magst recht haben,« brummte der Riese, »gib ihnen aber gut zu essen, +damit sie mir nicht abmagern, und bring sie dann zu Bett!« + +[Illustration] + +Die gute Frau war außer sich vor Freude und brachte den Kindern ein +schönes Abendessen. Doch sie konnten keinen Bissen anrühren, so sehr +zitterten sie vor Angst. In bester Laune setzte sich der Riese hin und +freute sich, für seine Kumpane einen so schönen Leckerbissen erwischt zu +haben. Er trank und trank zwölf Glas mehr als sonst. Das stieg ihm in +den Kopf, und er legte sich zu Bett. + +Der Riese besaß sieben junge Töchter. Diese Riesinnen hatten alle eine +wunderschöne Haut, da sie sich ebenso wie ihr Vater von frischem +Fleische nährten; aber sie hatten kleine, graue, ganz runde Augen, eine +große Nase und einen großen Mund mit langen, spitzen und weit +auseinanderstehenden Zähnen. Sie waren noch nicht sehr bösartig, aber +doch vielversprechend, denn sie fingen schon an, die kleinen Kinder zu +beißen und ihnen das Blut auszusaugen. + +Sie waren schon früh zu Bette gebracht worden und schliefen alle in +einem einzigen großen Bett. Jede von ihnen trug eine goldene Krone auf +dem Kopfe. In demselben Zimmer stand ein zweites Bett von derselben +Größe. In dieses Bett legte die Frau des Riesen die sieben kleinen +Jungen. Dann ging sie selbst zur Ruhe. + +Der kleine Däumling hatte gesehen, daß die Töchter des Riesen goldene +Kronen auf dem Kopfe trugen, und da er fürchtete, es möchte den Riesen +reuen, daß er sie nicht schon am selben Abend abgeschlachtet hatte, +stand er gegen Mitternacht auf, nahm sich und seinen Brüdern die +Mütze vom Kopf und setzte sie, mit aller Vorsicht, den sieben +Riesentöchterchen auf. Seinen Brüdern und sich selbst setzte er die +goldenen Kronen auf, die er jenen genommen hatte. So mußte der Riese die +Knaben für seine Töchter und seine Töchter für die Knaben halten, die er +schlachten wollte. + +Es kam genau so, wie es sich der kleine Däumling gedacht. Der Riese +wachte um Mitternacht auf, und es tat ihm leid, daß er bis zum anderen +Tage verschoben hatte, was er sofort erledigen wollte. Mit einem +mächtigen Satz sprang er aus seinem Bett und griff zu seinem Messer: + +»Nun wollen wir mal sehen, was unsere kleinen Schelme machen! So etwas +gibt es nicht zum zweiten Male.« + +[Illustration] + +So sprechend, tappte er im Dunkeln hinauf ins Zimmer seiner Töchter und +trat an das Bett heran, in dem die kleinen Knaben lagen. Sie schliefen +alle fest, nur der kleine Däumling wachte. Ein Gruseln überlief ihn, als +er die tastende Hand des Riesen fühlte, der vorher schon alle seine +Brüder abgetastet hatte. Wie der Riese die goldenen Kronen berührte, +sagte er: + +»Donnerwetter, da hätte ich beinahe etwas Schönes angerichtet! Ich habe +wahrhaftig am Abend zuviel getrunken.« + +Dann ging er an das Bett seiner Töchter, und als er hier die Mützen der +Knaben fand, sagte er: + +»Da hätten wir ja unsere Bürschchen! Nun rasch an die Arbeit!« + +Mit diesen Worten schnitt er, ohne zu zögern, allen seinen Töchtern die +Köpfe ab. + +Zufrieden mit seiner Tat legte er sich wieder ins Bett. Kaum hörte der +kleine Däumling den Riesen schnarchen, da weckte er seine Brüder und +hieß sie, sich schnell anzuziehen und ihm zu folgen. Vorsichtig stiegen +sie hinab in den Garten und sprangen über die Mauer. Am ganzen Leibe +zitternd, liefen sie bis zum Morgen, ohne Weg und Steg zu kennen. + +Als der Riese erwachte, sagte er zu seinem Weib: + +»Gehe hinauf und mache die kleinen Schelme von gestern abend zurecht!« + +Die Frau des Riesen war erstaunt über die gute Laune ihres Mannes und +glaubte, er schicke sie, die Knaben anzuziehen. Sie ging hinauf und war +zu Tode erschrocken, als sie ihre sieben Töchter mit abgeschnittenen +Hälsen in ihrem Blute sah. Sie fiel in Ohnmacht, denn das ist das +einzige, was Frauen in dieser Lage tun können. Der Riese glaubte, seiner +Frau würde die Arbeit zu schwer, die er ihr aufgetragen hatte, und ging +hinauf, um ihr zu helfen. Aber er war nicht weniger erschrocken als +seine Frau bei diesem gräßlichen Anblick. + +»Was habe ich da angerichtet,« schrie er, »aber sie sollen es mir auf +der Stelle büßen, die Unglücklichen!« + +Er goß seiner Frau einen Topf Wasser über die Nase, und als sie wieder +zu sich kam, sagte er zu ihr: + +»Gib mir schnell meine Siebenmeilenstiefel, daß ich die Bande einhole!« + +[Illustration] + +Er machte sich auf den Weg, und als er kreuz und quer gelaufen war, kam +er endlich auf die Straße, wo die Knaben gingen. Nur noch hundert +Schritte waren sie vom Hause ihres Vaters entfernt. Da sahen sie den +Riesen, wie er von Berg zu Berg schritt und die größten Ströme +überquerte wie den kleinsten Bach. Der kleine Däumling fand in nächster +Nähe ein Loch in einem Felsen und versteckte darin seine Brüder; auch er +selbst kroch hinein und gab acht, was der Riese tat. Der war von dem +großen Umweg, den er vergebens gemacht hatte, sehr erschöpft und wollte +sich ausruhen. Zufällig setzte er sich gerade auf denselben Felsen, +unter dem sich die Knaben versteckt hatten. Er konnte vor Müdigkeit +nicht mehr weiter und schlief bald ein. Dabei fing er so schrecklich an +zu schnarchen, daß die Kinder nicht weniger Angst bekamen wie damals, +als er zu seinem großen Messer griff, um ihnen den Hals abzuschneiden. + +Der kleine Däumling war mutiger. Während der Riese in festem Schlafe +lag, sagte er zu seinen Brüdern, sie sollten rasch nach Hause laufen und +sich um ihn keine Sorge machen. Sie folgten seinem Rat und erreichten +glücklich das Haus. Der kleine Däumling machte sich an den Riesen heran, +zog ihm vorsichtig seine Stiefel aus und schlüpfte selbst hinein. Die +Stiefel waren zwar groß und weit, aber es waren Zauberstiefel: sie +hatten die Eigenschaft, größer oder kleiner zu werden, je nach ihrem +Träger, und sie paßten ihm so gut, als seien sie für ihn gemacht. + +Schnurstracks lief er zum Hause des Riesen zurück und fand dort sein +Weib in Tränen bei ihren toten Töchtern. + +»Euer Gatte ist in großer Gefahr,« sagte Däumling zu ihr, »er ist von +Räubern gefangen, und diese haben geschworen, ihn zu töten, wenn er +ihnen nicht all sein Gold und Silber gäbe. Gerade als sie ihm den Dolch +an die Kehle setzten, kam ich zufällig vorbei, und er bat mich, zu Euch +zu gehen, um Euch zu benachrichtigen und Euch zu sagen, Ihr solltet mir +alles aushändigen, was er an Vermögen besitzt, und sollt nichts +zurückbehalten, weil sie ihn sonst ohne Mitleid töten. Da größte Eile +nötig ist, gab er mir seine Siebenmeilenstiefel. Es soll zugleich ein +Beweis sein, damit Ihr nicht glaubt, ich sei ein Schwindler.« + +[Illustration] + +In ihrem großen Schrecken gab die Frau ihm alles, was sie hatte, denn +wenn der Riese auch kleine Kinder fraß, so war er doch immer ein guter +Vater und Gatte. + +Schwer beladen mit den Schätzen des Riesen kehrte der kleine Däumling in +das Haus seines Vaters zurück, wo er mit großer Freude empfangen wurde. + +Es gibt viele Leute, die nicht glauben wollen, daß der kleine Däumling +den Riesen bestohlen habe. Er habe in Wirklichkeit sich nur deshalb +keine Gedanken darüber gemacht, dem Riesen die Siebenmeilenstiefel +fortzunehmen, weil dieser sie doch nur dazu benutzte, um die kleinen +Kinder zu fangen. Diese Leute behaupten, sie wüßten es aus bester +Quelle, denn sie wären selbst im Hause des Holzhackers zu Gast gewesen, +und sie erzählen, der kleine Däumling habe sich die Stiefel des Riesen +angezogen und sei damit an den Hof des Königs gegangen, wo man in großer +Sorge um das Schicksal des Heeres war, das 200 Meilen entfernt in heißem +Kampfe lag. Man hatte keine Nachricht über den Ausgang der Schlacht. + +[Illustration] + +Däumling ging nun zum König und erbot sich, ihm noch vor Tagesende +Nachricht von der Armee zu bringen. Der König versprach ihm eine große +Belohnung, wenn er dies fertig bringe. Noch am selben Abend überbrachte +der kleine Däumling die ersehnte Botschaft, und dieser erste Lauf machte +ihn so berühmt, daß er alles erreichte, was er wollte. Der König +belohnte ihn fürstlich. Däumling brachte seine Befehle zur Armee, und +viele Damen gaben ihm alles, was er verlangte, um nur Nachricht von +ihren Liebhabern zu erhalten. Das war seine beste Einnahme. Es fanden +sich zwar auch einige Ehefrauen, die ihm Briefe für ihre Gatten +mitgaben, aber diese zahlten schlecht, und er hielt es für unter seiner +Würde, mit dem ihm von dieser Seite zufließenden Verdienste überhaupt zu +rechnen. + +Auf diese Weise verschaffte er seiner ganzen Familie ein gutes +Auskommen. Seinem Vater und seinen Brüdern kaufte er neugeschaffene +Amtsstellen, und sich selbst schuf er einen trefflichen Hausstand. + + + Moral: + + Wenn einer nette Kinder hat, + Die schön und wohl geraten sind, + Dann zeigt er sie der ganzen Stadt. -- + Jedoch verliert er nicht ein Wort, + Wird ihm geschenkt ein schwächlich Kind, + Er quält's und tut ihm jedem Tort. -- + Doch oft ist so ein kleiner Mann + Ein Kerl, der vieles weiß und kann: + Der kleine Däumling, wie gesagt, + Hat der Familie Glück gebracht. + + + + +Aschenbrödel + +oder + +die Geschichte vom gläsernen Pantöffelchen + + +Es war einmal ein Edelmann, der hatte in seiner zweiten Ehe ein so +hochmütiges und stolzes Weib geheiratet, wie man noch niemals eines sah. +Diese Frau hatte zwei Töchter, welche ganz nach ihrer Art waren und ihr +in jeder Hinsicht glichen. Auch der Mann hatte eine Tochter mit in die +Ehe gebracht, ein Mädchen von holder Anmut und unvergleichlicher Güte, +das wahre Ebenbild ihrer verstorbenen Mutter, der besten Frau der Welt. + +Kaum war die Hochzeit vorbei, da zeigte sich die Stiefmutter auch schon +von ihrer schlimmsten Seite. Sie konnte das junge Mädchen nicht leiden, +denn neben ihm erschienen ihre eigenen Töchter noch häßlicher. + +Deshalb trug sie ihm die schmutzigsten Arbeiten im Hause auf: es mußte +das Geschirr reinigen, die Treppen fegen, es mußte das Zimmer der +gnädigen Frau scheuern und das der gnädigen Fräuleins, ihrer Töchter. Es +mußte auf dem Speicher unter dem Dache auf einem elenden Strohsacke +schlafen, während seine Schwestern die herrlichsten Zimmer hatten, mit +den allermodernsten Betten und mit Spiegeln, in denen sie sich vom Kopf +bis zum Fuß betrachten konnten. + +Doch alles ertrug das arme Mädchen mit Geduld, es wagte nicht, sich bei +ihrem Vater zu beschweren, denn der hätte ihm doch nicht recht gegeben, +weil er ganz unter dem Einflusse seiner Frau stand. Wenn es seine Arbeit +gemacht hatte, dann setzte es sich neben dem Küchenherd in die Asche, +und deshalb nannte man es im Hause nur noch die Küchenschabe; aber die +zweite Tochter, die nicht ganz so böse war wie ihre ältere Schwester, +gab ihm den Namen Aschenbrödel. Trotz allem war Aschenbrödel in ihren +schlechten Kleidern noch hundertmal schöner als ihre Schwestern, wie +sehr sich diese auch putzten. + +Eines Tages gab der Sohn des Königs einen Ball und lud dazu alle +Personen von Rang ein. Auch die beiden Fräuleins wurden eingeladen, denn +sie spielten im Lande eine große Rolle. Darüber freuten sie sich sehr, +und sie überlegten den ganzen Tag, wie sie sich am schönsten kleiden und +schmücken könnten und was ihnen am besten stände. Da gab es neue Arbeit +für Aschenbrödel. Sie mußte die Wäsche ihrer Schwestern waschen und +bügeln und die Manschetten ihrer Kleider kräuseln. Man sprach von nichts +anderem, als was man anziehen wolle. + +»Ich,« sagte die Ältere, »ziehe das rote Velourkleid mit dem englischen +Besatze an.« + +Und die Zweite meinte: »Ich werde meinen gewöhnlichen roten Rock tragen, +aber dazu nehme ich den Umhang mit den Goldblumen und meinen +Diamantschmuck, was mir auch nicht schlecht stehen wird.« + +Die berühmteste Haarkräuslerin mußte kommen, um die Spitzenhauben zu +ordnen und die niedlichen Schönheitspflästerchen zu kleben. Dann riefen +sie Aschenbrödel herbei, um ihr Urteil zu hören; denn sie hatte einen +guten Geschmack. Aschenbrödel gab ihnen die besten Ratschläge und erbot +sich sogar, ihnen das Haar zu machen. Das ließen sie sich gerne +gefallen. + +Während sie die Schwestern kämmte, sagten diese zu ihr: + +»Aschenbrödel, hättest du wohl auch Lust, mit auf den Ball zu gehen?« + +»Ach, edle Damen, warum treibt ihr euren Spott mit mir? Die Ehre wäre zu +hoch für mich.« + +»Da hast du recht, man würde nur lachen, sähe man eine Küchenschabe, wie +du, zum Balle gehen.« + +Eine andere als Aschenbrödel hätte nun sicher die Frisuren verdorben; +aber Aschenbrödel war zu gutmütig dazu und kämmte ihnen die Haare +wunderbar schön. + +[Illustration] + +Fast zwei Tage lang aßen die beiden keinen Bissen, so zitterten sie vor +freudiger Erwartung. Mehr als ein Dutzend Bänder gingen beim Schnüren +entzwei, da sie so schlank als möglich sein wollten. In einem fort +standen sie vor dem Spiegel. + +Endlich war der ersehnte Tag gekommen, und sie fuhren ab. + +Aschenbrödel folgte ihren Schwestern mit den Augen, solange sie konnte. +Aber als sie den Wagen nicht mehr sah, da setzte sie sich hin und +weinte. Ihre Patin sah ihre Tränen und fragte, was ihr fehle. + +»Ich möchte so gern, .... ich möchte so gern ....« + +Vor lauter Schluchzen konnte sie nicht zu Ende sprechen. + +»Du möchtest wohl gern auf den Ball gehen?« sagte die Patin, die eine +Fee war. + +»Ach ja«, antwortete Aschenbrödel und tat einen tiefen Seufzer. + +»Wenn du brav bist, dann will ich dich hingehen lassen.« + +Mit diesen Worten führte sie Aschenbrödel in ihre Kammer und sagte zu +ihr: + +»Gehe in den Garten und bringe mir einen Kürbis!« + +Aschenbrödel ging sofort hinunter, pflückte den schönsten Kürbis, den +sie fand, und brachte ihn der Patin, ohne zu ahnen, wie er ihr zum +Ballbesuch verhelfen könnte. Die Patin fing an, den Kürbis auszuhöhlen, +und als nur noch die Schale übrig war, klopfte sie mit ihrem Zauberstab +daran, und auf der Stelle verwandelte sich der Kürbis in einen schönen, +goldenen Wagen. + +Dann sah sie in der Mäusefalle nach und fand sechs lebendige Mäuse +darin. Sie befahl Aschenbrödel, die Klappe ein wenig anzuheben, und gab +jeder Maus, die herausschlüpfte, einen leichten Schlag mit ihrem +Zauberstab. Darauf verwandelte sich die Maus sofort in ein schönes Roß. +Das gab ein prächtiges Sechsgespann, sechs Pferde von herrlichem +Apfelgrau, geradeso wie die Mäuse gewesen waren. + +Nun fehlte nur noch ein Kutscher, und Aschenbrödel meinte: »Ich werde +einmal sehen, ob nicht eine Ratte in der Falle ist! Daraus könnten wir +wohl einen Kutscher machen.« + +»Du hast recht,« sagte die Patin, »sieh einmal nach!« + +Aschenbrödel holte die Rattenfalle; da waren drei fette Ratten darin. +Eine von ihnen, die einen stattlichen Bart hatte, packte die Fee, und +kaum hatte sie die Ratte mit dem Stabe berührt, da stand auch schon ein +dicker Kutscher da, mit einem so mächtigen Schnauzbart, wie man noch +keinen gesehen hatte. + +Hierauf sagte die Fee zu Aschenbrödel: + +»Gehe in den Garten, dort wirst du hinter der Gießkanne sechs Eidechsen +finden, die bringe mir her!« + +Kaum hatte sie die Eidechsen gebracht, da verwandelte sie die Patin in +sechs Lakaien in prächtig verbrämten Röcken. Sofort stiegen die Lakaien +auf ihre Sitze und benahmen sich dabei so geschickt, als hätten sie in +ihrem ganzen Leben nichts anderes getan. Dann sagte die Fee zu +Aschenbrödel: + +»Siehst du, jetzt kannst du auf den Ball fahren; freust du dich nun?« + +»O ja; aber soll ich denn so, wie ich bin, hingehen, in diesen +schlechten Kleidern?« + +Da berührte sie die Patin leise mit ihrem Zauberstabe, und sofort hatte +sich ihr armseliges Kleid in ein gold- und silberglänzendes, mit +Edelsteinen besetztes Gewand verwandelt. Zum Schluß gab sie ihr noch ein +Paar niedliche gläserne Pantöffelchen. + +So geschmückt stieg Aschenbrödel in den Wagen; aber vorher trug ihr die +Patin auf, ja nicht die Mitternacht vorbeizulassen, und drohte ihr, wenn +sie auch nur einen Augenblick länger auf dem Ball bliebe, so würde ihr +Wagen wieder zum Kürbis werden, ihre Pferde zu Mäusen, ihr Kutscher zur +Ratte, und ihre stattlichen Lakaien würden wieder ihre frühere Gestalt +annehmen. + +Aschenbrödel versprach ihrer Patin, den Ball ganz gewiß vor Mitternacht +zu verlassen, und fuhr ab, außer sich vor Freude. Als sie so prächtig +dahergefahren kam, benachrichtigte man den Sohn des Königs, eine +vornehme Prinzessin, die niemand kenne, sein angekommen, und der +Königssohn lief herbei, sie zu empfangen. Wie sie aus dem Wagen stieg, +reichte er ihr die Hand und führte sie in den Festsaal. Da war mit einem +Male großes Schweigen: alles hörte auf zu tanzen, und die Geigen +verstummten. Jeder sah nur noch die wunderschöne Unbekannte. Überall +hörte man raunen und wispern: + +»Ach, wie schön ist sie!« + +[Illustration] + +Sogar der König, so alt er war, konnte sich nicht von ihrem Anblick +losreißen und flüsterte der Königin zu, er hätte lange keine so hübsche +und so liebenswerte Person gesehen. + +Die Damen musterten Kopfputz und Kleiderschnitt der Fremden mit +großer Aufmerksamkeit, um es ihr schon am anderen Tage nachzutun, +vorausgesetzt, daß sich so schöne Stoffe finden ließen und so geschickte +Schneider. + +Der Königssohn führte die Fremde auf den Ehrenplatz und bat sie sofort +um einen Tanz, und sie tanzte mit so viel Anmut, daß man nicht aus dem +Staunen kam. + +Nun wurde ein köstliches Mahl bereitet, aber der junge Prinz konnte +keinen Bissen essen: er sah nichts anderes mehr als seine Dame. + +Nach dem Mahl stand Aschenbrödel auf und setzte sich zu ihren +Schwestern, um ihnen tausenderlei Artigkeiten zu erweisen. Sie teilte +Orangen und Zitronen mit ihnen, die ihr der Prinz geschenkt hatte, und +setzte sie mit alldem in das größte Erstaunen. Denn sie erkannten +Aschenbrödel nicht. + +Als sie noch plauderten, hörte Aschenbrödel drei Viertel auf zwölf +schlagen. Schleunigst erhob sie sich, machte vor der ganzen +Festgesellschaft eine tiefe Verbeugung und verließ den Saal so rasch, +wie sie konnte. + +Zu Hause angelangt, suchte sie die Patin auf, dankte ihr herzlich und +sagte ihr, sie wünsche sich sehnlichst, am nächsten Tage nochmals auf +den Ball zu gehen, weil der Königssohn sie darum gebeten habe. Als sie +gerade dabei war, ihre Erlebnisse zu erzählen, da klopften die +Schwestern an die Türe, und Aschenbrödel machte ihnen auf. + +»Ihr kommt aber spät!« sagte sie, rieb sich gähnend die Augen und reckte +sich, als sei sie eben aufgestanden. + +Die eine der Schwestern sagte: »Wärest du mit auf dem Ball gewesen, du +hättest dich sicher nicht gelangweilt. Es war eine so schöne Prinzessin +da, wie es auf der ganzen Welt keine zweite gibt. Tausend Artigkeiten +hat sie uns erwiesen und hat uns Orangen und Zitronen geschenkt.« + +Aschenbrödel war außer sich vor Freude; sie fragte, wie die Prinzessin +hieße. Aber ihre Schwestern antworteten, daß kein Mensch sie kenne, und +daß der Königssohn sich den Kopf darüber zerbräche und alles in der Welt +darum gäbe, wenn er erfahren könne, wer sie sei. + +Aschenbrödel lachte: »War sie wirklich so schön? Mein Gott, wie ich euch +beneide! Könnte ich sie doch nur einmal sehen! Ach, Fräulein Javotte, +leiht mir doch euer gelbes Kleid, welches ihr alltags tragt!« + +»Das könnte mir passen,« meinte Fräulein Javotte, »einer alten +Küchenschabe wie dir das Kleid leihen! Da müßte ich ja närrisch sein!« + +Aschenbrödel hatte diese Antwort erwartet und war froh darüber, denn sie +wäre in die größte Verlegenheit geraten, hätte ihr die Schwester +wirklich das Kleid geliehen. + +Als die beiden Schwestern am nächsten Tage wieder zum Balle fuhren, +erschien auch Aschenbrödel dort, aber diesmal noch herrlicher geschmückt +wie am ersten Tag. + +Der Königssohn ging nicht von ihrer Seite und sagte ihr die schönsten +Dinge. + +Darüber vergaß das junge Mädchen ganz, was ihr die Patin gesagt. Die Uhr +holte schon zum Schlag der zwölften Stunde aus, da glaubte sie noch, es +sei erst elf. Schnell sprang sie nun auf und flüchtete so leicht wie +eine Hindin. + +Der Prinz stürzte ihr nach, aber er konnte sie nicht mehr erreichen. In +der Eile verlor Aschenbrödel einen ihrer gläsernen Pantoffel, den der +Prinz behutsam aufhob. + +Ganz außer Atem kam sie nach Hause, ohne Wagen, ohne Lakai, in ihren +schlechten Kleidern. Nichts war ihr von all der Herrlichkeit geblieben +als das zweite Pantöffelchen, das genau so war wie das verlorene. + +[Illustration] + +Die Torwächter des Schlosses wurden gefragt, ob sie keine Prinzessin +gesehen hätten. Doch diese sagten, sie hätten nur ein junges Ding in +Lumpen gesehen, mehr von dem Aussehen einer Bauernmagd als einer +Edeldame. + +Als nun die beiden Schwestern vom Ball heimkehrten, fragte sie +Aschenbrödel, ob sie sich wieder gut unterhalten hätten, und ob auch die +schöne Dame wieder da gewesen wäre. + +Ja, sagten diese, aber die schöne Dame sei davongelaufen, als die Uhr +Mitternacht geschlagen habe. Sie sei so rasch gelaufen, daß sie dabei +eines ihrer wunderschönen gläsernen Pantöffelchen verloren habe. Das +habe der Königssohn aufgehoben und bis zum Ende des Balles kein Auge +davon gelassen. Sicher sei er ganz verliebt in das schöne Mädchen, dem +das Pantöffelchen gehöre. + +Sie hatten recht, denn wenige Tage darauf ließ der Königssohn mit +Trompetenschall bekanntgeben, er würde das junge Mädchen zu seiner Frau +machen, an dessen Fuß das Pantöffelchen passe. + +Zuerst probierte man bei den Prinzessinnen, dann bei den Herzoginnen und +bei der ganzen Hofgesellschaft, aber umsonst. Man brachte das +Pantöffelchen zu den beiden Schwestern, die sich anstrengten, den Fuß +hineinzuzwängen, aber sie brachten es nicht zuwege. Als Aschenbrödel +ihnen dabei zusah und ihren Pantoffel wieder erkannte, sagte sie +lachend: + +»Laßt mich doch einmal sehen, ob er mir nicht paßt!« + +Da fingen die Schwestern an zu lachen und ihre Witze über sie zu machen. +Aber der Edelmann, der die Pantoffelprobe veranstaltete, hatte +Aschenbrödel aufmerksam betrachtet und fand sie sehr schön. Deshalb +sagte er zu ihr, ihr Wunsch sei berechtigt, denn er habe den Auftrag, +die Probe bei allen jungen Mädchen zu machen. + +Er ließ Aschenbrödel Platz nehmen, und als er den Pantoffel an +ihren kleinen Fuß hielt, da schlüpfte sie mühelos hinein, und das +Pantöffelchen paßte ihr wie angegossen. + +Das Erstaunen der beiden Schwestern war groß, aber es wurde noch größer, +als Aschenbrödel aus ihrer Tasche das andere Pantöffelchen hervorzog und +hineinschlüpfte. + +Darüber kam die Patin hinzu und mit ihrem Zauberstabe berührte sie +Aschenbrödels Kleid und verwandelte es in ein Gewand, das noch viel, +viel schöner war als alle früheren. + +Da erkannten die beiden Schwestern in Aschenbrödel die schöne Fremde, +die sie auf dem Ball gesehen hatten. Sie warfen sich ihr zu Füßen und +baten sie um Verzeihung für alles Böse, was sie ihr zugefügt hatten. + +Aschenbrödel hob sie auf, umarmte sie und beteuerte, daß sie ihnen von +ganzem Herzen verzeihe und sie bäte, immer lieb zu ihr zu sein. + +Dann geleitete man Aschenbrödel, herrlich geschmückt, wie sie war, zu +dem jungen Prinzen, und dieser fand sie noch tausendmal schöner als +zuvor. Wenige Tage darauf wurde die Hochzeit gefeiert. Aschenbrödel war +ebenso gut wie schön, ließ die beiden Schwestern im Schlosse wohnen und +verheiratete sie noch an demselben Tage mit zwei vornehmen Herren vom +Hofe. + + + Moral: + + Ganz ohne Zweifel es von großem Vorteil ist, + Wenn du nicht mutig nur, wenn du auch witzig bist, + Vornehmen Standes und auch klug dabei, + Und was an Gaben dir noch mehr beschieden sei. + Jedoch vergebens sie zu eigen dir gehören, + Dein Glück und Streben sie um keinen Deut vermehren, + Wenn du nicht eine Patin hast und gute Paten, + Die dich bei deinem Werk betreuen und beraten. + + + + +Riquet mit der Locke + + +Es war einmal eine Königin, die bekam einen Sohn, der war so häßlich und +mißgestaltet, daß man lange im Zweifel war, ob er überhaupt ein Mensch +sei. Eine Fee, die bei der Geburt des Kindes erschien, versicherte, es +würde sehr klug werden. Sie fügte noch hinzu, er könne dank einer +besonderen Gabe, die sie ihm verliehen habe, ebensoviel Verstand, wie er +selbst besitze, auf den Menschen übertragen, den er am meisten liebe. + +Das tröstete ein wenig die arme Königin, die sehr betrübt war, einem so +häßlichen kleinen Kerl das Leben geschenkt zu haben. + +Aber kaum fing das Kind an zu sprechen, da konnte es auch schon tausend +Dinge bei ihrem Namen nennen, und bei all seinem Tun zeigte es einen so +großen Verstand, daß jedermann von ihm entzückt war. + +Ich vergaß zu erzählen, daß es mit einer kleinen Haarlocke auf dem Kopfe +geboren wurde und man es deshalb Riquet mit der Locke nannte, denn +Riquet war sein Familienname. + +Sieben oder acht Jahre darauf gebar die Königin eines Nachbarlandes zwei +Töchter. Die erste, die zur Welt kam, war schöner als der Tag, und die +Königin freute sich dermaßen darüber, daß man schon fürchtete, die allzu +große Freude könne ihr schaden. + +Dieselbe Fee, die bei der Geburt des kleinen Riquet mit der Locke +zugegen war, erschien auch hier und erklärte der Königin, um ihre Freude +zu mäßigen, die kleine Prinzessin würde keinen großen Verstand haben, +ihre Dummheit würde ebenso groß sein wie ihre Schönheit. + +Das schmerzte die Königin sehr, und doch hatte sie bald darauf einen +noch viel größeren Kummer; denn die zweite Tochter, deren sie genas, war +über die Maßen häßlich. + +»Seid darüber nicht weiter traurig!« sagte die Fee, »Eure Tochter wird +entschädigt werden. Sie wird so klug sein, daß man es fast vergißt, was +ihr an Schönheit fehlt.« + +»Gott gebe es!« antwortete die Königin, »aber gibt es denn kein Mittel, +der älteren zu ihrer Schönheit auch ein wenig Verstand zu verschaffen?« + +»Leider kann ich hierin für Eure Tochter nichts tun, Frau Königin,« +sagte die Fee. »Aber was die Schönheit angeht, das vermag ich alles; und +da ich Euch herzlich gern einen Gefallen tue, so will ich Eurer Tochter +die Gabe verleihen, dem Menschen, der ihr gefällt, Schönheit zu +verleihen!« + +Je älter die beiden Prinzessinnen wurden, um so deutlicher wurden ihre +Vorzüge: überall sprach man von der Schönheit der älteren und von der +Klugheit der zweiten. + +Aber auch ihre Fehler wuchsen mit den Jahren: die jüngere wurde immer +häßlicher und die ältere von Tag zu Tag dümmer. Sie gab nicht einmal +mehr eine Antwort, wenn man sie fragte, oder sie sagte eine Dummheit. +Dabei war sie noch so ungeschickt, daß sie nicht vier Teller auf den +Ofensims stellen konnte, ohne einen zu zerbrechen, und kein Glas Wasser +konnte sie trinken, ohne die Hälfte auf ihr Kleid zu schütten. + +Wenn auch Schönheit ein großer Vorteil für ein junges Mädchen ist, so +war doch die jüngere fast in jeder Gesellschaft beliebter als ihre +ältere Schwester. + +Zuerst kam man immer zur Schönen, um sie anzustaunen und zu bewundern; +aber es dauerte nicht lange, da ging man zur Klügeren, um tausend +anmutige Dinge von ihr zu hören, und es war erstaunlich, daß in weniger +als einer Viertelstunde die ältere keinen Menschen mehr auf ihrer Seite +hatte, und sich alle um die zweite scharten. + +Trotz ihrer großen Dummheit entging ihr dies nicht, und sie hätte ohne +Besinnen alle ihre Schönheit eingetauscht gegen die halbe Klugheit ihrer +Schwester. + +Wie verständig die Königin auch war, so konnte sie sich doch nicht +enthalten, ihrer Tochter hie und da ihre Dummheit vorzuwerfen, so daß +die arme Prinzessin vor Kummer fast gestorben wäre. + +Eines Tages, als sie in einen Wald gegangen war, um ihr Unglück zu +beklagen, sah sie einen sehr häßlichen und unausstehlichen jungen Mann +auf sich zu kommen, der aber sehr vornehm gekleidet war. + +Es war der junge Prinz Riquet mit der Locke. Als er die Bilder gesehen +hatte, die von der Prinzessin in aller Welt verbreitet waren, da hatte +er, in Liebe zu ihr entbrannt, das Reich seines Vaters verlassen, um sie +zu sehen und zu sprechen. + +Erfreut über diese einsame Begegnung, redete er sie mit aller Ehrfurcht +und aller nur denkbaren Höflichkeit an. Nachdem er die üblichen +Komplimente gemacht hatte, sah er, daß sie sehr traurig war, und er +sagte deshalb zu ihr: + +»Ich verstehe nicht, mein Fräulein, daß eine Dame, die so schön ist wie +Sie, so trübsinnig sein kann, wie Sie zu sein scheinen; denn wenn ich +mich auch rühmen darf, eine Unzahl hübscher Mädchen gesehen zu haben, so +habe ich doch noch niemals eine Schönheit gefunden, die der Ihrigen +gleichkäme!« + +»Das sagen Sie so, mein Herr!« antwortete die Prinzessin und blieb +traurig wie zuvor. + +»Die Schönheit,« fuhr Prinz Riquet mit der Locke fort, »ist ein großer +Vorzug, der wichtiger ist als alles andere, und ich weiß nicht, warum +jemand der so schön ist wie Sie, noch traurig sein kann.« + +»Lieber möchte ich so häßlich sein wie Sie,« entgegnete die Prinzessin, +»und Ihren Verstand haben, als meine Schönheit behalten und so dumm +sein, wie ich es bin!« + +»Nichts beweist mehr, daß jemand Verstand hat, als sein Glaube, er habe +keinen; es ist eine Eigentümlichkeit dieser Gabe, daß man, je mehr man +davon besitzt, desto mehr glaubt, sie fehle einem.« + +»Das verstehe ich nicht,« sagte die Prinzessin, »ich weiß nur, daß ich +sehr dumm bin, und das ist der Grund meines Leides, das mich noch töten +wird!« + +»Wenn Sie weiter nichts bekümmert, mein Fräulein, so kann ich Ihrem +Schmerze leicht ein Ende machen!« + +»Und wie wollen Sie das tun?« forschte die Prinzessin. + +»Ich habe die Macht, mein Fräulein,« sagte Riquet mit der Locke, »auf +den Menschen, den ich am meisten lieben muß, so viel Verstand zu +übertragen, wie man eben braucht. Sie sind dieser Mensch, mein Fräulein! + +Es liegt also nur an Ihnen, und Sie verfügen über so viel Verstand, wie +man nur haben kann, vorausgesetzt, daß Sie mich gerne heiraten wollen!« + +Die Prinzessin war über diese Worte ganz bestürzt und gab keine Antwort +darauf. + +»Wie ich sehe,« fuhr Prinz Riquet mit der Locke fort, »ist Ihnen mein +Vorschlag peinlich, und das wundert mich nicht; ich gebe Ihnen aber ein +ganzes Jahr Zeit, um sich zu entscheiden!« + +Die Prinzessin hatte so wenig Verstand und gleichzeitig so große +Sehnsucht, Verstand zu besitzen, daß sie sich einbildete, das Jahr würde +niemals zu Ende gehen: deshalb nahm sie den ihr gemachten Vorschlag an. +Kaum hatte sie Riquet mit der Locke versprochen, ihn am gleichen Tage +des nächsten Jahres zu heiraten, als sie sich anders fühlte, wie sie +vorher war: sie bemerkte in sich eine unbekannte Fähigkeit, alles, was +sie sagen wollte, auf eine feine, heitere und natürliche Art zum +Ausdruck zu bringen; und sie begann mit Riquet eine artige und +wohlgesetzte Unterhaltung, die so geistreich war, daß der Prinz glaubte, +ihr mehr Verstand gegeben zu haben, als er sich selbst behalten habe. + +Als die Prinzessin ins Schloß zurückkehrte, wußte der ganze Hof nicht, +was er zu einer so plötzlichen und außerordentlichen Wandlung sagen +sollte. + +Noch kurz vorher hatte sie lauter albernes Zeug geredet, und jetzt hörte +man von ihr tiefempfundene, unendlich geistvolle Dinge. + +Der ganze Hof hatte eine so große Freude, wie man es sich nicht +vorstellen kann. Aber die jüngere Schwester der Prinzessin freute sich +weniger: Jetzt, wo sie vor der älteren nicht mehr den Vorzug der +Klugheit voraushatte, erschien sie neben ihr wie ein recht unangenehmes +Affengesicht. + +Der König gab viel auf ihre Meinung und hielt sogar öfters den Staatsrat +in ihrem Zimmer ab. + +Als sich nun die Kunde von dieser Wandlung verbreitete, gaben sich alle +jungen Prinzen der benachbarten Reiche Mühe, sich bei der Prinzessin +beliebt zu machen, und fast alle begehrten sie zur Frau. Sie fand aber +keinen, der ihr klug genug war, hörte sie alle an und entschied sich für +keinen von ihnen. + +Eines Tages aber kam ein so mächtiger, reicher, kluger und schöner +Prinz, daß sie sich einer Neigung für ihn nicht enthalten konnte. + +Als das ihr Vater merkte, sagte er zu ihr, er stelle ihr die Wahl eines +Gatten frei, sie brauche sich nur zu erklären. + +Da nun, je klüger man ist, es einen desto mehr Mühe kostet, in solcher +Angelegenheit zu festem Entschluß zu gelangen, dankte sie ihrem Vater +und bat ihn um Bedenkzeit. + +Zufällig ging sie eines Tages in demselben Wald, in dem ihr Riquet mit +der Locke begegnet war, spazieren, um ungestört darüber nachzudenken, +was sie tun solle. Wie sie so in ihre Gedanken versunken dahinschritt, +hörte sie unter ihren Füßen ein dumpfes Geräusch, als ob viele Leute +geschäftig hin und her gingen. + +Als sie aufmerksam lauschte, hörte sie, wie einer sagte: »Bring mir den +Kessel!« und ein andrer: »Leg' Holz aufs Feuer!« + +In demselben Augenblick tat sich die Erde auf, und sie sah zu ihren +Füßen eine Art große Küche, voll von Köchen, Küchenjungen und allen +möglichen Küchenmeistern, wie man sie braucht, um ein prächtiges +Festmahl herzurichten. Etwa zwanzig bis dreißig Köche kamen hervor und +scharten sich in einer Allee des Waldes um einen langen Tisch, wo sie +sich, die Spicknadel in der Hand und den Löffel hinter dem Ohr, nach dem +Takte eines Liedes an die Arbeit machten. + +Verwundert über diesen Anblick fragte die Prinzessin, für wen sie da +tätig wären. + +Der Oberste der Schar gab zur Antwort: »Für den Prinzen Riquet mit der +Locke, der morgen Hochzeit macht!« + +[Illustration] + +Die Prinzessin fiel aus allen Wolken, so überrascht war sie. Nun +erinnerte sie sich plötzlich, daß es ja ein Jahr her war, da sie am +gleichen Tage dem Prinzen Riquet mit der Locke die Hochzeit versprochen +hatte. Sie hatte deshalb nicht mehr daran gedacht, weil sie noch ein +dummer Mensch gewesen war, als sie das Versprechen gab. Im Besitze der +von dem Prinzen auf sie übertragenen Vernunft hatte sie dann später alle +ihre Torheiten vergessen. + +Sie war noch keine dreißig Schritt weitergegangen, als Riquet mit der +Locke vor ihr erschien, stolz, prächtig, kurz: wie ein Prinz, der +Hochzeit machen will. + +»Wie Sie sehen, mein Fräulein, habe ich pünktlich mein Wort gehalten, +und zweifelsohne kamen auch Sie hierher, um dasselbe zu tun und mich +durch Ihre Hand zum Glücklichsten aller Sterblichen zu machen!« + +»Ich will Ihnen offen gestehen,« antwortete die Prinzessin, »daß ich +noch keinen Entschluß gefaßt habe, und daß ich kaum glaube, Ihren +Wünschen entsprechen zu können!« + +»Sie setzen mich in Erstaunen, mein Fräulein!« sagte Riquet mit der +Locke zu ihr. + +»Ich glaube es,« sagte die Prinzessin, »und sicherlich wäre ich jetzt in +der größten Verlegenheit, wenn ich es mit einem rohen, unvernünftigen +Menschen zu tun hätte. Dieser würde sagen, daß auch eine Prinzessin nur +ein Wort zu vergeben habe und da sie einmal ihr Versprechen gegeben, so +müsse sie es auch halten. Aber da der Mann, mit dem ich spreche, der +klügste Mensch in der ganzen Welt ist, so bin ich sicher, daß er +Vernunft annehmen wird. Als ich nichts weiter war wie ein Dummkopf, +hatte ich mich trotzdem, wie Sie wissen, nicht entschließen können, Sie +zu heiraten. Wie können Sie von mir erwarten, daß ich heute, wo ich +infolge des von Ihnen erhaltenen Verstandes so viel anspruchsvoller bin, +einen Entschluß fassen soll, zu dem ich mich damals nicht aufraffen +konnte? Wenn Sie also darauf ausgingen, mich zu heiraten, dann war es +eine große Ungeschicklichkeit von Ihnen, mir meine Dummheit zu nehmen +und mich klarer sehen zu lassen als früher!« + +Riquet mit der Locke gab zur Antwort: »Wenn Sie es einem geistlosen +Menschen, wie Sie eben sagten, nicht verübeln würden, Ihnen die +Nichterfüllung Ihres Wortes vorzuwerfen, warum wollen Sie denn, mein +Fräulein, daß ich nicht ebenso verfahre, wo es sich doch um mein ganzes +Lebensglück handelt? Ist es vernünftig, daß Menschen mit Verstand +schlechter daran sind als Menschen ohne Verstand? Wollen Sie das +wirklich behaupten, Sie, die Sie jetzt so viel Verstand besitzen und +sich so sehr danach gesehnt haben? Aber kommen wir zur Sache, wenn es +Ihnen beliebt! Abgesehen von meiner Häßlichkeit -- gibt es da noch +irgend etwas an mir, was Ihnen mißfällt? Nehmen Sie vielleicht Anstoß an +meiner Abstammung, an meinem Verstande, an meiner Gemütsart, an meinen +Manieren?« + +»Ganz und gar nicht!« antwortete die Prinzessin, »alles, was Sie eben +anführten, schätze ich an Ihnen.« + +»Wenn dem so ist,« fuhr Riquet mit der Locke fort, »so werde ich +doch noch glücklich werden, denn Sie haben die Macht, mich zum +liebenswertesten aller Menschen zu machen!« + +»Auf welche Weise?« fragte die Prinzessin. + +»Es ist einfach! Wenn Sie mich nur genug lieben, um zu wünschen, daß es +so sein möchte! Kurz, mein Fräulein, damit Sie nicht länger im Zweifel +sind, so hören Sie: Dieselbe Fee, die mir am Tage meiner Geburt die Gabe +verlieh, den Menschen, der mir gefällt, klug zu machen, gab Ihnen die +Gabe, den Mann schön zu machen, den Sie lieben, und an dem Sie diese +Gunst betätigen wollen!« + +»Wenn es sich so verhält,« sagte die Prinzessin, »so wünsche ich von +ganzem Herzen, daß Sie der schönste und liebenswürdigste Prinz der Welt +werden sollen, und ich verleihe Ihnen von diesen Eigenschaften ebenso +viel, wie ich selbst besitze!« + +Kaum hatte die Prinzessin diese Worte gesprochen, als Riquet mit der +Locke sich in ihren Augen in den schönsten Mann der Welt verwandelte, +den bestgestalteten und liebenswürdigsten, den sie je gesehen hatte. + +Einige Leute behaupten, es wären nicht die Zauberkünste der Fee gewesen, +die da am Werke waren: die Liebe allein habe diese Wandlung vollbracht. +Sie sagen, als sich die Prinzessin der Beharrlichkeit ihres Bewerbers, +seiner Verschwiegenheit und aller seiner guten Herzens- und +Verstandesgaben bewußt geworden wäre, habe sie keinen Blick mehr für +seinen mißgestalteten Körper und sein häßliches Gesicht gehabt. Sein +Buckel wäre ihr nur wie krumme Haltung vorgekommen, und in dem +schrecklichen Hinken, das sie früher an ihm wahrgenommen hatte, habe sie +jetzt nur eine gewisse reizvolle Nachlässigkeit erblickt. Es heißt +weiter, daß ihr sogar seine schielenden Augen als außerordentlich +strahlend vorgekommen wären, und ihre Unregelmäßigkeit nahm in ihrer +Vorstellung den Charakter gewaltiger Liebesleidenschaft an; endlich +hatte auch seine dicke, rote Nase für sie etwas Kriegerisches und +Heldenhaftes. + +Wie dem auch sei, die Prinzessin versprach ihm, auf der Stelle ihn zu +heiraten, vorausgesetzt, daß er dazu die Einwilligung ihres königlichen +Vaters erhalte. + +Als der König erfuhr, wie sehr seine Tochter den Prinzen Riquet mit der +Locke schätzte, den er übrigens als einen sehr vernünftigen und weisen +Menschen kannte, nahm er ihn mit Vergnügen als seinen Eidam an. + +Schon am nächsten Tag wurde die Hochzeit gefeiert, wie Riquet mit der +Locke es vorausgesehen hatte, und zwar nach den Anordnungen, die er +schon lange vorher dafür getroffen hatte. + + + Moral: + + Nicht Dichtung ist's, was Ihr gehört: + Das Leben selbst Euch hier belehrt, + Daß schön und klug ist jedermann, + Den eins von Herzen lieben kann. + + + + +Jungfer Eselshaut + + +Es war einmal ein König, der war so mächtig, von seinem Volke so +geliebt, von allen seinen Nachbarn und Freunden so geehrt, daß man ihn +den glücklichsten aller Herrscher nennen konnte. Noch größer wurde sein +Glück, als er sich eine Prinzessin zur Braut erwählte, die ebenso schön +wie tugendhaft war. In ihrer treuen Ehe wurde ihnen ein Töchterchen +geschenkt, welches so schön und so anmutig war, daß sie niemals +bedauerten, nur dieses eine Kind zu haben. + +Pracht, Reichtum und Geschmack herrschten in ihrem Palaste. Die Minister +waren weise und geschickt, die Höflinge tugendhaft und anhänglich, die +Diener treu und fleißig. Die schönsten Pferde standen reich gezäumt in +den geräumigen Ställen. Aber was die Fremden, die die schönen Ställe +besuchten, am meisten in Erstaunen setzte, das war ein alter Esel, der +an einem besonderen Ehrenplatze im Stalle seine langen, großen Ohren +ausstreckte. Der König hatte ihm diesen bevorzugten Platz nicht etwa aus +irgendeiner Laune angewiesen, -- er hatte vielmehr einen guten Grund +dazu. Denn dieses seltene Tier verdiente eine solche Bevorzugung; es +hatte nämlich die sonderbare Eigenschaft, daß seine Streu jeden Morgen +nicht etwa beschmutzt, sondern in verschwenderischer Fülle mit schönen +Goldtalern und Dukaten aller Art bedeckt war, die man nur aufzusammeln +brauchte. + +Da die Sonne des Lebens ihre Schatten nicht nur auf die Untertanen, +sondern auch auf die Könige wirft, und da Gutes und Schlechtes stets +beieinander wohnen, so wollte es der Himmel, daß die Königin plötzlich +von einer schweren Krankheit befallen wurde, gegen die man trotz aller +ärztlichen Wissenschaft und Geschicklichkeit kein Heilmittel fand. Alle +waren untröstlich. + +Der König, der trotz jenes berühmten Sprichwortes, welches die Ehe das +Grab der Liebe nennt, immer noch seine Gattin in Zärtlichkeit verehrte, +wußte nicht, was er in seinem Kummer tun sollte. Allen Kirchen seines +Reiches machte er heilige Gelübde; er wollte dem Himmel sein eigenes +Leben opfern, um das seiner geliebten Gemahlin zu retten. Aber er rief +vergeblich Gott und die Feen an. + +Als die Königin ihr letztes Stündchen nahen fühlte, sagte sie zu ihrem +weinenden Gemahl: + +»Verzeiht, wenn ich vor meinem Tode eines von Euch fordere: Solltet ihr +jemals das Verlangen haben, Euch wieder zu verheiraten ...« Bei diesen +Worten schluchzte der König gar jammervoll, faßte die Hand seiner Frau, +versicherte mit Tränen in den Augen, daß es überflüssig sei, ihm von +einer zweiten Ehe zu sprechen. + +»Nein, nein, teuerste Königin, sagte er endlich, sprecht lieber davon, +wie ich Euch folgen soll!« + +Darauf entgegnete die Königin mit einer Entschlossenheit, die den +Schmerz ihres Mannes nur noch vermehrte: + +»Der Staat, der auf eine richtige Thronfolge bedacht sein muß, hat ein +Recht, von Euch Söhne zu verlangen, die Euch gleichen. Trotzdem ich Euch +nur eine Tochter geschenkt habe, bitte ich Euch inständig bei aller +Liebe, die Ihr für mich hegt: gebt dem Verlangen Eures Volkes erst dann +nach, wenn Ihr eine Prinzessin gefunden habt, die schöner ist, als ich +gewesen bin. Schwört mir dies, dann will ich ruhig sterben.« + +Man könnte meinen, die Königin, die nicht ganz ohne Eifersucht war, habe +diesen Schwur gefordert, um sicher zu sein, daß der König keine zweite +Ehe schließen würde. Glaubte sie doch bestimmt, daß es auf der ganzen +Welt keine Frau gäbe, die ihr gleich käme. + +So starb sie denn. Niemals hatte ein Gatte größere Trauer gezeigt: +Weinen und Schluchzen bei Tag und bei Nacht, diese armseligen Rechte der +Verlassenheit waren seine einzige Beschäftigung. Aber auch der größte +Schmerz dauert nicht ewig. + +Es versammelten sich die Großen des Staates und kamen mit der +gemeinsamen Bitte zum König, er solle sich wieder verheiraten. Ihr +Vorschlag schien ihm grausam und ließ ihn neue Tränen vergießen. Er +berief sich auf den Eid, den er der Königin geschworen und gab allen +seinen Räten den Auftrag, erst einmal eine Prinzessin zu suchen, die +schöner sei, als seine Frau es gewesen. Er war aber überzeugt, daß sie +diese niemals finden würden. + +[Illustration] + +Dem hohen Rate kam das Gelübde des Königs lächerlich vor, und er +erklärte, Schönheit sei eine Nebensache; das Staatsinteresse verlange +eine tugendhafte Königin, die Mutter werde; der Staat brauche für seine +Ruhe und seinen Frieden Prinzen. Die Prinzessin habe zwar alle +Eigenschaften, die eine große Königin zieren, aber man müsse ihr einen +Fremden zum Gemahl erwählen. Dieser Fremde würde sie entweder in seine +Heimat führen, oder wenn er neben ihr im Lande herrsche, so würden seine +Kinder immer fremdblütig bleiben. Das wäre eine Gefahr, da die +Nachbarvölker eines Königreiches, das keinen Thronfolger habe, Krieg +beginnen und den Untergang des Landes herbeiführen könnten. + +Betroffen von solchen Erwägungen versprach der König, ihrem Rate zu +folgen und begann, unter den heiratsfähigen Prinzessinnen Umschau zu +halten, ob eine unter ihnen wäre, die ihm gefallen könnte. Jeden Tag +brachte man ihm die reizendsten Bilder. Aber keines zeigte die Anmut der +verstorbenen Königin, und so konnte er sich für keine entscheiden. + +Obwohl er sonst von gutem Verstande war, kam er unglücklicher Weise auf +den tollen Einfall, seine Tochter, die Prinzessin, zur Frau zu nehmen. +Da sie ihre königliche Mutter, an Geist und Anmut bei weitem übertraf, +so glaubte er, sie allein könne ihn von seinem Eide erlösen. + +In ihrer Tugendhaftigkeit und Scham wäre die Prinzessin bei diesem +entsetzlichen Vorschlag fast in Ohnmacht gefallen. Sie warf sich ihrem +königlichen Vater zu Füßen und beschwor ihn mit der ganzen Leidenschaft +ihrer Seele, sie nicht zu einem solchen Verbrechen zu zwingen. + +Der König aber hatte sich nun einmal diesen Wahnsinn in den Kopf gesetzt +und fragte, um das Gewissen der Prinzessin zu beruhigen, eine alte +Zauberin um ihren Rat. Dieses alte Weib, das ebenso gottlos wie +ehrgeizig war, opferte das Glück der unschuldigen und tugendhaften +Prinzessin der Ehre, die Vertraute eines mächtigen Herrschers zu sein. +Sie schmeichelte sich so sehr in das Herz des Königs ein, schilderte ihm +das Verbrechen, das er begehen wollte, in so schönen Farben, daß er der +festen Überzeugung war, es sei ein Gott wohlgefälliges Werk, die Tochter +zu heiraten. + +Ganz im Banne dieser Worte umarmte der König die Zauberin und bestand +nach seiner Rückkehr mehr als zuvor auf seinem Plan; er gab daher der +Prinzessin den Befehl, sie solle sich bereit halten, ihm zu gehorchen. + +In ihrem schmerzlichen Unglück dachte die Prinzessin nach, wie sie die +Lila-Fee, ihre Patin, finden könne. In einem kleinen Wagen, der mit +einem Hammel bespannt war, welcher Weg und Steg kannte, fuhr sie noch in +derselben Nacht davon. So kam sie glücklich an ihr Ziel. + +[Illustration] + +Die Fee, welche die Prinzessin liebte, sagte, sie wisse schon alles, was +sie bekümmere, doch brauche sie sich keine Sorge zu machen. Nichts würde +ihr schaden, wenn sie sich nur treu an die Vorschriften halte, die sie +ihr geben würde. + +»Es wäre freilich ein großes Vergehen, wenn Du Deinen Vater heiraten +wolltest, mein liebes Kind!« sagte die Fee, »aber ohne ihm zu +widersprechen, kannst Du seinen Absichten doch aus dem Wege gehen. Sage +ihm, er solle Dir einen Wunsch erfüllen: er solle Dir ein Kleid schenken +von der Farbe des Wetters. Wie groß auch seine Macht ist, das wird er +nicht können.« + +Die Prinzessin dankte ihrer Patin von Herzen und schon am anderen Morgen +sagte sie zum Könige, ihrem Vater, das, was ihr die Fee geraten hatte, +und erklärte feierlich, sie würde ihre Einwilligung erst dann geben, +wenn sie das Kleid von der Farbe des Wetters bekäme. + +Erfreut über die Hoffnung, die sie in ihm erweckte, berief der König die +berühmtesten Schneider und befahl ihnen, das gewünschte Kleid zu machen, +und drohte ihnen, daß er sie alle hängen lassen würde, wenn sie es nicht +fertig bekämen. Doch dieses Äußerste blieb ihm erspart: schon am zweiten +Tage brachten sie das so heiß begehrte Gewand herbei. Der Himmel selbst +hatte kein schöneres Blau, wenn er umkränzt ist mit goldenen Wölklein, +als dieses wunderschöne Gewand, wie es da ausgebreitet lag. + +Die Prinzessin war ganz untröstlich und wußte sich keinen Rat. Der König +drängte zur Heirat. So blieb ihr nichts übrig, als ein zweites Mal die +Patin aufzusuchen. Erstaunt, daß ihre List nicht geglückt war, riet ihr +die Fee, sie solle es noch einmal versuchen, aber dieses Mal ein Kleid +von der Farbe des Mondes verlangen. Da der König ihr nichts abschlagen +konnte, rief er wieder die besten Schneider herbei und gab ihnen ein +Kleid von der Farbe des Mondes in Auftrag. So rasch sollten sie es +machen, daß zwischen Auftrag und Lieferung nur vierundzwanzig Stunden +lagen. In großer Angst saß die Prinzessin bei ihren Frauen und bei ihrer +Amme und war mehr entzückt über das neue herrliche Gewand, als über die +Absicht ihres königlichen Vaters. + +[Illustration] + +Die Lila-Fee, die das alles wußte, kam der bedrängten Prinzessin zu +Hilfe und sprach zu ihr: + +»Ich müßte mich sehr täuschen, wenn wir es nicht doch noch fertig +brächten, Deinem königlichen Vater die Lust zur Heirat zu nehmen. +Verlange jetzt ein Kleid von der Farbe der Sonne! Ein solches zu +beschaffen ist ein Ding der Unmöglichkeit. Auf jeden Fall gewinnen wir +aber Zeit.« + +Die Prinzessin war damit einverstanden und verlangte das Kleid von der +Farbe der Sonne. Da gab der verliebte König ohne Bedenken alle Diamanten +und Rubinen seiner Krone her, um ihr zu diesem herrlichen Gewande zu +verhelfen und er befahl, mit nichts zu sparen, um das Kleid der Sonne +gleich zu machen. + +Als es dann geliefert wurde, mußten alle, die es sahen, die Augen +schließen, so wurde man geblendet. Aus jener Zeit stammen die grünen +Brillen und die schwarzen Augengläser. + +Aber wie erschrak die Prinzessin bei diesem Anblick! Noch nie hatte man +ein so schönes und so herrlich gearbeitetes Kleid gesehen. Sie war ganz +verwirrt und zog sich unter dem Vorwand, Augenschmerzen zu haben, auf +ihr Zimmer zurück, wo sie die Fee erwartete. Das war eine schlimme +Sache. Wie diese das sonnenfarbene Kleid sah, war sie so beschämt, wie +man es nicht sagen kann; sie wurde rot vor Zorn und sagte zur +Prinzessin: + +»Nunmehr müssen wir die schmachvolle Liebe Deines Vaters auf eine +schwere Probe stellen. Wenn er auch noch so sehr nach dieser Heirat +strebt, so glaube ich doch, daß er einen kleinen Schrecken über die +Bitte bekommen wird, zu der ich Dir jetzt rate. Ich meine die Haut des +Esels, den er so sehr liebt und der ihm die Mittel zu seinen +verschwenderischen Ausgaben verschafft. Gehe hin und bitte ihn um die +Haut des Esels.« + +Froh über dieses Mittel der verabscheuten Heirat zu entgehen und +überzeugt, daß ihr Vater sich niemals dazu entschließen würde, des Esels +Haut zu opfern, ging die Prinzessin zum Könige und verlangte von ihm die +Haut des schönen Tieres. Der König war bestürzt über diesen Einfall +seiner Tochter, aber er zögerte nicht, ihm zu genügen. Der arme Esel +wurde geschlachtet und die Haut feierlich der Prinzessin überbracht. Nun +sah sie kein Mittel mehr, ihrem Unglück zu entgehen und war in +Verzweiflung. + +[Illustration] + +Ihre Patin eilte herbei und als sie sah, wie sich die Prinzessin ihr +Haar raufte und ihre zarten Wangen zerfleischte, sprach sie: + +»Was tust Du da, mein Kind! Es ist doch der glücklichste Augenblick +Deines Lebens! Hülle Dich in diese Haut, verlasse den Palast und gehe so +weit, wie Dich die Erde trägt, denn wer alles seiner Tugend opfert, den +werden die Götter belohnen. Mache Dich auf, ich werde Sorge tragen, daß +Dir Deine Kleider überall folgen, wohin Du auch gehst. Der Kasten mit +Deinem Schmuck und Deinen Gewändern wird auf unterirdischem Wege Dich +begleiten. Hier gebe ich Dir meinen Zauberstab, klopfe damit auf die +Erde, wenn Du Deinen Kasten brauchst, und er wird Dir sofort erscheinen. +Doch Du mußt eilen und darfst jetzt nicht mehr zögern!« + +Die Prinzessin bat ihre Patin unter tausend Küssen, sie niemals zu +verlassen; dann befleckte sie die Eselshaut mit Straßenschmutz, hüllte +sich hinein und verließ unerkannt den Palast. + +Das Verschwinden der Prinzessin brachte alle in die größte Aufregung. +Der König, der gerade ein prächtiges Fest vorbereitete, war untröstlich +in seiner Verzweiflung. Er schickte mehr als hundert Gendarmen und ganze +Regimenter Soldaten aus, um seine Tochter zu suchen. Aber die Fee nahm +sie in ihren Schutz, machte sie unsichtbar und entzog sie den +geschicktesten Verfolgern. So mußte der König sich mit ihrem Verluste +abfinden. + +Die Prinzessin aber wanderte ihres Weges. Sie ging weit, weit und immer +weiter und suchte überall nach einer Stellung. Aus Mitleid gab man ihr +zu essen; aber jedermann fand sie zu häßlich, um sie in seinen Dienst zu +nehmen. + +Endlich kam sie an eine schöne Stadt, vor deren Toren eine Meierei lag. +Die Pächterin dieser Meierei brauchte eine Magd, um die Wäsche zu +waschen und um den Hühnerhof und den Schweinestall zu fegen. Wie nun die +Frau die schmutzige Wanderin sah, schlug sie ihr vor, in ihren Dienst zu +treten. Mit großer Freude war die Prinzessin damit einverstanden, denn +sie war müde von dem langen Wege. + +Als Wohnung wies man ihr einen Verschlag an, der weit von der Küche +entfernt lag. Die andern Bedienten trieben in den ersten Tagen grobe +Späße mit ihr, weil sie in ihrer Eselshaut so schmutzig und abstoßend +war. Aber bald gewöhnte man sich an sie; und da sie ihre Pflichten sehr +gewissenhaft erfüllte, nahm sich die Pächterin ihrer an. + +Die Prinzessin ließ die Schafe aus dem Stall und führte sie auf die +Weide. Auch die Truthühner hütete sie mit so viel Verständnis, daß es +schien, als habe sie niemals etwas anderes getan. Alles gedieh unter +ihren zarten Händen. + +Eines Tages saß sie wieder an der klaren Quelle, wo sie oft über ihr +trauriges Los weinte. Da kam sie auf den Gedanken, sich im Spiegel des +Wassers zu betrachten, und sie erschrak über die gräßliche Eselshaut, +die ihren Kopf und Körper umhüllte. Beschämt über ihr Aussehen, wusch +sie sich Gesicht und Hände, bis sie weiß waren wie Elfenbein und bis +ihre zarte Haut wieder so frisch war wie früher. Erfreut über ihre +Schönheit bekam sie Lust zu einem Bade. Aber dann mußte sie wieder in +ihre unwürdige Haut schlüpfen, um nach der Meierei zurückzukehren. + +Glücklicherweise war der nächste Tag ein Sonntag, und für sie ein Tag +der Muße. Sie ließ ihren Kasten erscheinen, brachte ihre Kleider in +Ordnung, puderte ihr schönes Haar und zog das wunderbare wetterfarbene +Kleid an. Aber ihre Kammer war so klein, daß die Schleppe des herrlichen +Gewandes keinen Platz darin hatte. Die schöne Prinzessin betrachtete +sich im Spiegel und war über ihre Schönheit so erfreut, daß sie sich +vornahm, an Sonn- und Festtagen der Reihe nach alle ihre schönen +Gewänder anzuziehen. + +Diesen Plan führte sie auch aus. Mit seltenem Geschmack steckte sie sich +Blumen und Diamanten in ihr schönes Haar, und oft seufzte sie, daß +niemand sie in solcher Schönheit sah außer ihren Schafen und +Truthühnern, die sie aber nicht weniger liebten in ihrer häßlichen +Eselshaut, wonach sie die Leute auf der Meierei »Jungfer Eselshaut« +getauft hatten. + +An einem Sonntage hatte die Prinzessin das sonnenfarbene Gewand +angezogen, als gerade der Sohn des Königs, dem die Meierei gehörte, dort +abgestiegen war, um sich auf der Heimkehr von der Jagd ein wenig +auszuruhen. + +[Illustration] + +Es war ein junger und schöner Prinz, geliebt von seinem Vater und seiner +königlichen Mutter und verehrt von seinem ganzen Volke. Es wurde ihm ein +ländliches Mahl bereitet, welches er mit Dank annahm. Danach bekam er +Lust, sich die Geflügelhöfe anzusehen, und er durchstreifte sie bis in +die äußersten Winkel. + +Wie er sich so überall umsah, kam er in eine schattige Allee, an deren +Ende er eine verschlossene Tür fand. Neugierig sah er durchs +Schlüsselloch. Aber wie erschrak er, als er hier die wunderschön und +reich gekleidete Prinzessin sah. In seiner edlen und bescheidenen Art +hielt er sie für eine göttliche Erscheinung. Ohne die Ehrfurcht, die ihm +das bezaubernde Bild einflößte, hätte der Sturm der Gefühle, der ihn da +durchtobte, ihn sicherlich verführt, die Tür zu öffnen. + +Es wurde ihm schwer, die dunkle, schattige Allee zu verlassen. Er tat es +nur, um sich zu erkundigen, wer in der kleinen Kammer dort hause. Man +gab ihm zur Antwort, es sei eine Magd, man nenne sie nur »Jungfer +Eselshaut«, nach dem Kleide, das sie trage. Sie sei so schmutzig, daß +niemand sie ansähe und niemand mit ihr sprechen wolle. Aus Mitleid habe +man sie aufgenommen, damit sie die Schafe und die Truthühner hüte. + +Diese Antwort sagte dem Prinzen so gut wie gar nichts. Er sah ein, daß +die guten Leute von dem Geheimnis nichts wußten und er hielt es für +zwecklos, sie weiter auszufragen. + +So kehrte er über alle Maßen verliebt, in den Palast seines Vaters +zurück und behielt immer das herrliche Bild der göttlichen Erscheinung +vor Augen, das er durch das Schlüsselloch gesehen hatte. Nun reute es +ihn doch, daß er nicht angeklopft hatte, und er nahm sich vor, es beim +nächsten Male nicht zu versäumen. + +Aber der Sturm in seinem Blute, den die Liebe heraufbeschworen hatte, +warf ihn noch in derselben Nacht in ein so heftiges Fieber, daß er fast +gestorben wäre. Seine Mutter, die Königin, deren einziges Kind er war, +geriet in Verzweiflung darüber, daß alle Heilmittel versagten. Umsonst +versprach sie den Ärzten fürstlichen Lohn. Sie wandten alle Mittel an, +aber keines half dem Prinzen. + +Schließlich ahnten sie, daß ein schwerer Kummer die Ursache dieser +Krankheit war. Sie sagten es der Königin, und diese beschwor ihren Sohn +in ihrer zärtlichen Liebe, ihr doch die Ursache seines Leides zu nennen. +Wenn es sich etwa darum handle, ihm jetzt schon die Krone zu geben, so +würde sein Vater, der König, ohne Schwanken des Thrones entsagen und ihn +zum Könige machen. Sollte er aber irgendeine Prinzessin zur Frau +begehren, so würde man, um seinen Wunsch zu erfüllen, alle Rücksichten +opfern, selbst wenn man mit ihrem Vater im Kriege lebte oder auch andere +Gründe hätte, eine solche Verbindung zu bedauern. Nur beschwöre sie ihn, +am Leben zu bleiben, denn an seinem Leben hänge auch ihr Leben. + +Als die Königin diese zu Herzen gehenden Worte gesprochen hatte, wobei +sie das Antlitz des Prinzen mit Strömen von Tränen benetzte, sagte er zu +ihr mit erschöpfter Stimme: + +»Liebe Mutter, ich bin nicht der Unmensch, daß ich vom Vater die Krone +fordere; gäbe Gott, daß er noch viele Jahre lebe, und daß ich immer sein +treuester und ehrfurchtsvollster Untertan bliebe. Auch an eine +Prinzessin denke ich nicht und auch nicht an eine Heirat. Ihr dürft +überzeugt sein, daß ich hierin wie bisher mich immer Eurem Wunsche füge, +was es mich auch kosten mag.« + +»Ach liebster Sohn,« erwiderte die Königin, »um Dein Leben zu retten, +gäben wir gern alles hin, nur rette Du jetzt mein Leben und das Deines +königlichen Vaters und offenbare mir, was Du begehrst. Du darfst +versichert sein: es wird Dir gewährt.« + +»Nun liebe Mutter,« sagte der Prinz, »da ich Euch meine geheimsten +Wünsche offenbaren soll, so will ich Euch gehorchen, um nicht zwei mir +so teure Menschen in Gefahr zu bringen: Ich wünsche mir, daß Jungfer +Eselshaut mir einen Kuchen backen soll, und daß man ihn so schnell wie +möglich herbringt.« + +Höchst erstaunt über diesen seltsamen Namen, forschte die Königin, wer +Jungfer Eselshaut sei. Einer ihrer Offiziere, der sie zufällig gesehen +hatte, antwortete: »Es ist das häßlichste Geschöpf nach dem Wolf, ein +schmutziges Mädchen in einem schwarzen Stalle. Es haust in Eurer Meierei +und hütet dort die Truthühner.« + +»Und wenn es auch so ist,« sagte die Königin, »mein Sohn hat vielleicht +einmal auf der Heimkehr von der Jagd von ihrem Kuchen gegessen. Es ist +der Wunsch eines Fiebernden, kurz, ich will, daß Jungfer Eselshaut ihm +schnell einen Kuchen backe.« + +Man lief zur Meierei, holte Jungfer Eselshaut und trug ihr auf, für den +Prinzen den allerschönsten Kuchen zu backen. + +Einige Erzähler behaupten, Jungfer Eselshaut habe in dem Augenblick, als +der Prinz durch das Schlüsselloch sah, diesen bemerkt, und als sie dann +durch das Fensterlein ihrer Kammer den jungen, schönen Prinzen gesehen +habe, sei sein Bild in ihrem Herzen geblieben, und die Erinnerung an ihn +habe ihr manchen Seufzer gekostet. + +Wie dem auch sei, ob Jungfer Eselshaut ihn wirklich gesehen, oder ob sie +viel Rühmliches von ihm gehört, jedenfalls war sie hocherfreut, der +Verborgenheit ihres Daseins zu entfliehen, schloß sich in ihr Kämmerlein +ein, warf die Eselshaut ab, wusch sich Gesicht und Hände, kämmte ihr +blondes Haar, legte ein hübsches, silbernglänzendes Leibchen an, dazu +einen passenden Rock und machte sich daran, den Kuchen zu bereiten. Sie +nahm das feinste Mehl, viel Eier und frische Butter. Hierbei ließ sie +einen Ring, den sie am Finger trug, sei es Absicht, sei es Zufall, in +den Teig fallen und mischte ihn darunter. Als der Kuchen gebacken war, +hüllte sie sich wieder in ihre häßliche Haut und brachte das Gebäck dem +Offizier, bei dem sie sich nach des Prinzen Befinden erkundigte. Doch +dieser hielt es unter seiner Würde, ihr eine Antwort zu geben, und lief +davon, um dem Prinzen den Kuchen zu bringen. + +Hocherfreut griff der Prinz mit beiden Händen nach dem Kuchen und +verzehrte ihn mit solcher Hast, daß die anwesenden Ärzte nicht +verfehlten, diese Leidenschaft für ein bedenkliches Zeichen zu erklären. +In der Tat wäre der Prinz beinahe an dem Ring erstickt, aber er hielt +ihn noch rechtzeitig im Munde zurück. Sein Appetit verging ihm, als er +das kostbare Kleinod betrachtete. So zierlich war dieser Ring, daß alle +überzeugt waren, er könne nur dem schönsten Finger der Welt passen. + +Wohl tausendmal küßte der Prinz den Ring und verbarg ihn unter seinem +Hemd, um ihn jedesmal hervorzuziehen, wenn er sich unbeobachtet glaubte. +Er quälte sich in dem Gedanken, wie er zu der gelangen könne, die diesen +Ring getragen. Doch er wagte nicht zu hoffen, daß man ihm gestatten +würde, Jungfer Eselshaut kommen zu lassen, die ihm den Kuchen gebacken +hatte. Er wagte auch nicht davon zu sprechen, was er durch das +Schlüsselloch gesehen hatte, aus Furcht, man würde ihn auslachen und ihn +für einen Gespensterseher halten. Da alle diese Sorgen gleichzeitig auf +ihn einstürmten, nahm sein Fieber stark zu, und in ihrer Ratlosigkeit +erklärten die Ärzte der Königin, der Prinz sei krank aus Liebe. + +In Begleitung des Königs, der schier verzweifelte, stürzte die Königin +zu ihrem Sohn. + +»Mein Sohn, mein lieber Sohn,« rief der bekümmerte Herrscher aus, »nenne +uns das Mädchen, das Du begehrst und wäre es die niedrigste Magd, wir +schwören Dir, sie soll Deine Frau werden.« + +Unter vielen Küssen bekräftigte die Königin den Schwur ihres Gatten. + +»Lieber Vater und liebe Mutter,« sagte da der Prinz, »ich denke gar +nicht daran, eine Ehe zu schließen, die Euch mißfallen könnte. Um Euch +das zu beweisen, werde ich das Mädchen heiraten, dem dieser Ring gehört, +wer sie auch sein mag. Aber wer einen so schönen Finger hat, daß ihm +dieser Ring paßt, der dürfte allem Anschein nach kaum von geringer oder +bäuerischer Herkunft sein.« + +Bei diesen Worten zog er das Kleinod unter seinem Hemd hervor. Der König +und die Königin nahmen den Ring, prüften ihn neugierig und stimmten dem +Urteil ihres Sohnes zu, daß er nur einem jungen Mädchen von edler +Herkunft gehören könne. Der König umarmte seinen Sohn und beschwor ihn, +gesund zu werden und dann ging er hinaus, um die Trommler, Pfeifer und +Trompeter durch die ganze Stadt zu schicken und durch seine Herolde +bekanntzumachen, daß alle Mädchen in den Palast kommen sollten, um einen +Ring zu probieren, und das Mädchen, dem er zu eigen gehöre, die Frau des +Prinzen werde. + +Zuerst kamen die Prinzessinnen, dann die Herzoginnen, die Marquisen und +Baroninnen. Aber sie zeigten umsonst ihre Finger vor: keiner von ihnen +paßte der Ring. Schließlich ließ man die Bürgermädchen kommen, aber auch +diese hatten alle, so hübsch sie auch waren, viel zu dicke Finger. Da es +dem Prinzen besser ging, stellte er die Versuche selbst an. Endlich +kamen auch die Kammermädchen an die Reihe, aber auch sie schnitten nicht +besser ab. Nun gab es kein Mädchen mehr, an dem der Ring nicht probiert +worden wäre. Dann ließ der Prinz die Köchinnen und Hirtinnen kommen: all +das Pack führte man herbei, aber ihre dicken, roten und kurzen Finger +gingen erst recht nicht durch den Ring. + +»Hat man schon Jungfer Eselshaut kommen lassen, die mir neulich den +Kuchen backte?« fragte der Prinz. + +Da fingen sie alle an zu lachen, und man erklärte ihm: »Die ist doch +viel zu häßlich und zu schmutzig.« + +»Man hole sie sofort,« sagte der König, »es soll nicht heißen, ich hätte +irgend jemanden ausgeschlossen.« + +Mit Spott und Hohn liefen sie fort, die Magd zu holen. + +Als Jungfer Eselshaut die Trommler gehört hatte und den Ruf der Herolde, +war sie sehr im Zweifel, ob ihr Ring wirklich all den Lärm verursache. +Sie liebte den Prinzen, und da die wahre Liebe immer furchtsam ist und +nicht stolz, so fürchtete sie, daß es doch eine Dame geben könne, die +denselben kleinen Finger habe, wie sie. Jetzt aber hatte sie große +Freude, als man an ihre Tür klopfte und sie rief. + +Seitdem sie wußte, daß man nach dem kleinen Finger suche, zu dem der +Ring passe, hatte sie eine unbestimmte Hoffnung auf den Gedanken +gebracht, ihre Haare noch schöner zu kämmen als sonst, ihr schönes, +silbernes Leibchen anzulegen und dazu den Rock, der mit vielen Falten, +silbernen Spitzen und Edelsteinen besetzt war. + +Wie sie nun an ihre Tür klopfen und nach ihr rufen hörte, sie solle zum +Prinzen kommen, da warf sie rasch ihre Eselshaut über und öffnete. + +Spöttisch erklärten ihr die Leute, der König schicke nach ihr, damit sie +seinen Sohn heirate. Dann führten sie Jungfer Eselshaut unter +Hohngelächter zum Prinzen. + +Als dieser das Mädchen in ihrem sonderbaren Aufputz sah, war er nicht +wenig betroffen und hielt es für unmöglich, daß es dieselbe sei, die er +so stolz und schön gesehen hatte. Traurig und verwirrt, daß er sich so +schwer getäuscht, fragte er sie: + +»Wohnst Du dort unten in der dunklen Allee, im dritten Geflügelhof der +Meierei?« + +»Ja, Herr«, antwortete sie. + +Zitternd und mit einem tiefen Seufzer sagte er. »Zeige mir Deine Hand!« + +Wer war da am meisten überrascht? Das waren der König und die Königin, +ebenso der Kammerherr und die anderen Höflinge. Aus der schwarzen, +beschmutzten Haut hervor kam eine feine, weiße, rosenfarbene Hand, und +mühelos ließ sich der Ring an den kleinsten und schönsten Finger der +Welt streifen. Dann schüttelte sich die Prinzessin und die Eselshaut +fiel von ihr ab. Nun stand sie da, so bezaubernd in ihrer Schönheit, daß +der Prinz, schwach wie er war, vor ihr niederfiel und sie mit einer +Leidenschaft in seine Arme schloß, die sie erröten machte. Aber man +achtete kaum darauf, denn auch der König und die Königin umarmten sie in +einem fort und fragten sie, ob sie ihren Sohn zum Gemahl nehmen wolle. +Die Prinzessin war ganz verwirrt von so viel Zärtlichkeit und Liebe, die +ihr der schöne, junge Prinz bezeigte und wollte sich eben dafür +bedanken, als sich die Decke des Saales auftat und die Lila-Fee in einem +Wagen aus Zweigen und Blumen ihres Namens herabschwebte, und mit +unendlicher Anmut das Schicksal der Prinzessin erzählte. In ihrer Freude +darüber, daß Jungfer Eselshaut eine so vornehme Prinzessin war, +verdoppelten der König und die Königin ihre Zärtlichkeit. Aber noch +größer war die Freude des Prinzen über die Tugendhaftigkeit der +Prinzessin und seine Liebe zu ihr wuchs noch mehr durch die Erzählung +der Fee. + +Die Ungeduld des Prinzen, seine Braut heimzuführen, war so groß, daß er +sich kaum Zeit ließ, um die Feier würdig vorzubereiten. Ganz verliebt in +ihre schöne Schwiegertochter, erwiesen ihr der König und die Königin +Zärtlichkeiten über Zärtlichkeiten und ließen sie nicht aus ihrem Arm. +Da die Prinzessin erklärt hatte, sie könne des Prinzen Frau nicht +werden, ohne das Einverständnis des königlichen Vaters, wurde zunächst +an diesen eine Einladung geschickt, ohne ihm dabei zu verraten, wer die +Braut sei. Dies geschah auf Wunsch der Lila-Fee, die alles zum Guten +lenkte. + +[Illustration] + +Aus allen Ländern kamen die Könige herbei, die einen in Sänften, die +anderen in Wagen, die weiter wohnenden kamen auf Elefanten daher +geritten, auf Tigern und Adlern, aber der allerprächtigste und +allermächtigste war der Vater der Prinzessin, der gottlob seine +frevelhafte Liebe zu seiner Tochter überwunden und die sehr schöne Witwe +eines kinderlosen Königs geheiratet hatte. Die Prinzessin eilte auf ihn +zu. Da erkannte er sie und schloß sie mit großer Zärtlichkeit in die +Arme, noch ehe sie Zeit hatte, sich ihm zu Füßen zu werfen. Der König +und die Königin stellten ihm ihren Sohn vor, den er mit Beweisen seiner +Freundschaft überhäufte. Nun wurde die Hochzeit mit aller nur denkbaren +Pracht gefeiert. Die jungen Gatten aber hatten kein Auge für diese +Herrlichkeiten, der eine sah nichts als nur den anderen. + +Noch an demselben Tage ließ der Vater seinen Sohn zum König krönen und +setzte ihn mit feierlichem Handkuß auf den Thron; wie sehr er sich auch +dagegen wehrte, er mußte dem Willen des Vaters gehorchen. Fast drei +Monate dauerten die Festlichkeiten, aber die Liebe der beiden Gatten +würde noch heute dauern, wenn sie nicht hundert Jahre später gestorben +wären. + + + Moral: + + Dies Märchen klingt so wunderbar, + Daß viele glauben, es wär' nicht wahr. + Doch bleibt Jungfer Eselshaut immer beliebt, + So lang es Großmütter und kleine Kinder gibt. + + + + +Dornröschen + + +Es war einmal ein König und eine Königin, die waren traurig, daß sie +keine Kinder hatten, so traurig, wie man es nicht sagen kann. Sie +reisten in alle Bäder der Welt, legten Gelübde ab, machten Wallfahrten. +Nichts wollte helfen. Aber schließlich wurde die Königin dennoch +schwanger und gebar ein Mädchen. + +Man feierte eine schöne Taufe und lud zu Patinnen für die kleine +Prinzessin alle Feen, die man im Lande finden konnte; es waren deren +sieben. Jede sollte ihr ein Geschenk machen, wie es damals Brauch bei +den Feen war, damit so die Prinzessin alle nur denkbaren Vorzüge +erhielte. + +Nach der Tauffeierlichkeit kehrte die ganze Gesellschaft in den Palast +des Königs zurück, wo ein großes Fest für die Feen gegeben wurde. Man +legte vor jede ein herrliches Gedeck mit einem goldenen Besteck: Löffel, +Gabel und Messer von feinstem Gold, verziert mit Diamanten und Rubinen. +Aber als man sich zu Tisch setzen wollte, trat plötzlich eine alte Fee +ein, die man nicht eingeladen hatte, da sie seit mehr als fünfzig Jahren +nicht aus ihrem Turm herausgekommen war; man hatte sie für tot oder für +verzaubert gehalten. + +Der König befahl, auch ihr ein Gedeck zu reichen; aber es war kein echt +goldenes mehr da. Man hatte für die sieben Feen nur sieben machen +lassen. Die Alte fühlt sich beleidigt und murmelte leise drohende Worte. + +Eine der jungen Feen, welche in ihrer Nähe saß, hörte es, und ahnte, daß +sie der kleinen Prinzessin ein unheilvolles Geschenk machen würde. Als +man nun von der Tafel aufstand, verbarg sie sich hinter einem Vorhang, +damit sie als letzte sprechen könne, um so das Unheil, das jene +anrichten würde, nach Kräften wieder gut zu machen. + +Indessen begannen die Feen, der Prinzessin ihre Gaben darzubringen. Die +jüngste wünschte ihr die größte Schönheit von der Welt, die zweite die +Klugheit eines Engels, die dritte eine wundervolle Anmut, die vierte +Zierlichkeit im Tanz, die fünfte den Gesang der Nachtigall und die +sechste Kunstfertigkeit in der Musik. + +Als die Reihe an die alte Fee kam, sagte sie, wobei sie mehr aus Wut als +wegen ihrer Altersschwäche mit dem Kopfe wackelte, die Prinzessin werde +sich mit einer Spindel in die Hand stechen und daran sterben. Dieser +schreckliche Spruch ließ alle erschaudern, und es gab in der ganzen +Gesellschaft niemanden, der nicht hätte weinen müssen. + +In diesem Augenblick trat die junge Fee hinter dem Vorhange hervor und +sprach mit lauter Stimme: + +»Beruhigt Euch, König und Königin, Eure Tochter soll nicht sterben; ich +habe zwar nicht genug Macht, um alles wieder gut zu machen, was die Alte +angerichtet hat: die Prinzessin wird sich mit einer Spindel in die Hand +stechen, aber anstatt des Todes wird sie in einen tiefen Schlaf fallen, +der hundert Jahre dauert. Dann wird der Königssohn kommen und sie +erwecken.« + +Um das durch die Alte angekündigte Unheil abzuwenden, erließ der König +alsbald ein Gesetz, das bei Todesstrafe verbot, mit Spindeln zu spinnen, +ja überhaupt sie zu besitzen. -- + +Fünfzehn oder sechzehn Jahre später waren der König und die Königin +einmal auf eines ihrer Lustschlösser hinaus gefahren. Da geschah es, daß +die junge Prinzessin, als sie durch den Palast lief und von Zimmer zu +Zimmer sprang, hinauf in ein kleines Turmstübchen kam, in dem eine alte +Frau ganz allein saß und ihren Rocken spann. Diese gute Frau hatte von +dem Verbote des Königs, mit Spindeln zu spinnen, noch nie etwas gehört. + +»Was macht Ihr da, liebe Frau?« sagte die Prinzessin. + +»Ich spinne, mein gutes Kind«, antwortete die Alte, die aber die +Prinzessin nicht kannte. + +»Wie hübsch das ist,« sprach die Prinzessin, »wie macht Ihr das? Gebt es +mir, ich möchte sehen, ob ich es auch so gut kann.« + +Kaum hatte sie die Spindel ergriffen, da stach sie sich in ihrer +lebhaften Unbesonnenheit gerade so, wie es nach dem Spruch der Fee +geschehen mußte, in die Hand und fiel ohnmächtig zu Boden. + +Die gute Alte hielt sie in ihren Armen und rief um Hilfe: von allen +Seiten kam man herbei, man spritzte der Prinzessin Wasser ins Gesicht, +schnürte ihr Mieder auf, schlug ihr die Hände, rieb ihr die Schläfen mit +ungarischem Königin-Wasser: aber nichts rief sie zum Leben zurück. Der +König, der auf den Lärm hin herbeigeeilt war, erinnerte sich alsbald an +die Weissagungen der Feen und in dem Gedanken, daß es so kommen mußte, +wie die Feen es einmal gesagt hatten, ließ er die Prinzessin in das +schönste Gemach des Palastes bringen, in ein Bett, das mit Gold und +Silber bestickt war. + +Man hätte sie für ein Englein halten können, so schön war sie; die +Ohnmacht hatte ihr die Farben des Lebens nicht genommen, ihre Wangen +waren wie Rosen so rot und ihre Lippen wie Korallen; nur ihre Augen +waren geschlossen, aber man hörte sie leise atmen und daran sah man, daß +sie nicht gestorben war. Der König befahl, man solle sie in Ruhe +schlafen lassen, bis die Stunde ihrer Erweckung gekommen sei. + +Als der Prinzessin dieses Unglück zustieß, war die gute Fee, die ihr das +Leben gerettet und sie nur zu einem hundert Jahre langen Schlaf +verurteilt hatte, gerade in dem Reiche des Königs Mataquin, zwölftausend +Meilen weit weg; aber in einem Augenblicke wurde sie durch einen kleinen +Zwerg benachrichtigt, der Siebenmeilenstiefel hatte. Das waren Stiefel, +in denen man mit einem einzigen Schritt sieben Meilen zurücklegte. +Sofort reiste die Fee ab; und kaum war eine Stunde vergangen, da sah man +sie in einem von Drachen gezogenen feurigen Wagen daherkommen. + +Der König ging ihr entgegen, um ihr beim Aussteigen die Hand zu reichen. +Sie billigte alles, was er angeordnet hatte. Doch in ihrer weisen +Voraussicht dachte sie daran, wie sehr sich die Prinzessin ängstigen +müsse, wenn sie ganz allein in dem alten Schlosse aufwache, und sie tat +dieses: + +[Illustration] + +Mit ihrem Stabe berührte sie außer dem König und der Königin alles, was +in dem Schlosse war, die Haushälterinnen, die Ehrendamen, die +Kammerfrauen, die Edelleute, die Offiziere, die Haushofmeister, die +Köche und Küchenjungen, die Laufburschen, die Wächter und Türsteher, die +Pagen und Diener; sie berührte auch alle Pferde, die in den Ställen +standen und die Stallknechte, die großen Hofhunde und den kleinen Puff, +das Schoßhündchen der Prinzessin, das neben ihr auf dem Bette lag. Und +wie sie alle berührte, so schliefen alle ein, um nicht eher aufzuwachen +als ihre Herrin, und um jederzeit bereit zu sein, ihr zu dienen, wenn +sie ihrer bedürfe. Auch die Bratspieße, die voll Rebhühner und Fasanen +am Feuer steckten, schliefen ein, und sogar das Feuer selbst. Alles das +geschah in einem Augenblick, denn die Feen brauchen nicht lange zu ihrer +Arbeit. + +Der König und die Königin küßten noch einmal ihr geliebtes Kind, +ohne es dadurch aufzuwecken, verließen dann das Schloß und machten +bekannt, daß es verboten sei, sich dem Schlosse zu nähern. Doch dies +Verbot war nicht notwendig; denn es wuchsen in einer Viertelstunde um +den ganzen Park herum eine solche Menge von großen und kleinen Bäumen, +von Brombeerhecken und innig verschlungenem Dornengestrüpp, daß weder +Tier noch Mensch hindurch gekonnt hätte; nicht einmal mehr sehen konnte +man das Schloß außer den Spitzen der Türme, selbst nicht aus weiter +Ferne. Es bestand kein Zweifel, daß auch dies eine Tat der Fee war, +damit die Prinzessin während ihres Schlafes nichts von Neugierigen zu +befürchten habe. -- + +Als die hundert Jahre um waren, kam der Sohn des Königs, der damals +regierte, und der einer andern Familie als die schlafende Prinzessin +entstammte, auf der Jagd in diese Gegend und fragte, was für Türme es +seien, die er über dem dichten Walde erblicke. Jeder antwortete ihm so, +wie er gehört hatte: die einen sagten, es sei ein altes Schloß, in dem +die Geister spukten, die andern, daß alle Zauberer der Gegend dorthin +zum Sabbath kämen. Die Meinung der meisten aber war, es wohne dort ein +Menschenfresser und alle Kinder brächte er dorthin, die er erwischen +könne, um sie in Ruhe und sicher vor Verfolgern zu verzehren, da nur er +allein die Macht habe, sich einen Durchgang durch den Wald zu bahnen. + +Der Prinz wußte nicht, wem er Glauben schenken sollte, als ein alter +Bauer das Wort ergriff und sprach: + +»Mein Prinz, es ist mehr als fünfzig Jahre her, daß ich meinen Vater +erzählen hörte, es gäbe in dem Schlosse eine Prinzessin, schöner, als +man jemals eine sah. Hundert Jahre müsse sie schlafen, dann würde sie +erweckt von einem Prinzen, für den sie bestimmt sei.« + +Feuer und Flamme war der junge Prinz bei diesen Worten. Ohne zu +schwanken glaubte er, diesem schönen Abenteuer ein Ende bereiten zu +müssen, und von Liebe und Ehrgeiz getrieben, beschloß er, auf der Stelle +zu sehen, was daran Wahres sei. Kaum näherte er sich dem Walde, da +gingen alle die großen Bäume, die Brombeersträucher und Dornenhecken von +selbst auseinander und ließen ihn hindurch. Er näherte sich dem Schloß, +das er am Ende einer großen Allee erblickte, und ging hinein. Er war ein +wenig erstaunt, als er sah, daß niemand von seinen Leuten ihm hatte +folgen können, da der Wald sich wieder geschlossen hatte, nachdem er +hindurchgegangen. Aber er ließ sich nicht abhalten weiterzugehen, denn +ein junger Prinz, der liebt, ist immer tapfer. Er trat in einen großen +Vorhof, wo alles, was er zunächst erblickte, dazu angetan war, ihn zu +erschrecken. Es war eine furchterregende Stille; ein Bild des Todes bot +sich ihm. Ausgestreckt lagen die Leiber von Menschen und Tieren, die +gestorben schienen. Doch erkannte er sehr bald an der sinnigen Nase und +dem roten Gesicht der Türsteher, daß sie nur schliefen, und ihre Becher, +in denen sie noch ein paar Tropfen Wein hatten, zeigten ihm deutlich +genug, daß sie beim Trinken eingeschlafen waren. Er ging weiter durch +einen großen, marmorgepflasterten Hof, stieg eine Treppe hinauf und trat +in eine Wachtstube, wo die Soldaten mit Karabiner auf Schulter in Reih +und Glied standen und um die Wette schnarchten. Er durcheilte mehrere +Zimmer voller Edelleute und Damen, die alle schliefen, teils stehend, +teils sitzend. Dann trat er in ein goldenes Gemach und sah auf einem +Bette, dessen Vorhänge nach allen Seiten geöffnet waren, das schönste +Bild, das er jemals gesehen: eine Prinzessin von etwa fünfzehn oder +sechzehn Jahren, deren herrliche Schönheit in göttlichem Glanze +strahlte. + +[Illustration] + +Zitternd und voller Bewunderung näherte er sich ihr und fiel vor ihr +aufs Knie. In diesem Augenblick erwachte die Prinzessin: das Ende des +Zauberschlafes war gekommen. Sie sah ihn mit zärtlicheren Augen an, als +ein erster Blick es zu erlauben schien, und sprach: + +»Seid Ihr es, mein Prinz? Ihr ließet lange auf Euch warten.« + +Der Prinz war entzückt von diesen Worten und mehr noch von der Art, wie +sie gesprochen wurden. Er wußte nicht, wie er ihr seine Freude und +Dankbarkeit beweisen könne und versicherte, daß er sie mehr liebe als +sich selber. Seine Rede war schlecht gesetzt und gefiel deshalb um so +mehr; denn je geringer die Beredsamkeit, um so größer die Liebe. Er war +verlegener als sie, denn sie hatte ja lange Zeit gehabt, um darüber +nachzudenken, was sie ihm sagen würde. Man braucht sich darüber nicht zu +wundern, denn obwohl die Geschichte davon nichts erzählt, scheint es so, +als ob die gute Fee dafür gesorgt habe, daß sie sich während des langen +Schlafes an schönen Gedanken erfreuen könne. Vier Stunden lang +unterhielten sich die beiden miteinander und sie hatten sich noch nicht +die Hälfte von dem gesagt, was sie auf dem Herzen hatten. + +Indessen war mit der Prinzessin der ganze Palast aufgewacht. Ein jeder +versah wieder seinen Dienst; aber da nicht alle so verliebt waren, +hatten sie schrecklichen Hunger. Eine der Ehrendamen, die wie die andern +hungerte, wurde schließlich ungeduldig und rief laut der Prinzessin zu, +das Essen sei angerichtet. Der Prinz half der Prinzessin, als sie sich +erhob. Sie war mit einem herrlichen Gewande angetan; aber er hütete sich +wohl, ihr zu sagen, daß sie gekleidet sei wie eine Großmutter und einen +altmodischen Kragen umhabe: aber trotzdem war sie nicht weniger schön. + +Sie gingen in einen Spiegelsaal und speisten dort, von den Offizieren +der Prinzessin bedient. Die Geigen und Hoboen spielten alte Melodien, +die wunderschön klangen, obwohl man sie seit hundert Jahren nicht mehr +gespielt hatte. Nach der Tafel traute sie, ohne Zeit zu verlieren, der +Hofkaplan in der Schloßkapelle, und die Ehrendame zog ihnen den Vorhang +zu. + +Sie schliefen nicht lange, denn die Prinzessin war nicht sehr müde, und +der Prinz verließ sie gegen Morgen, um in die Stadt zurückzukehren, wo +sein Vater in Sorge um ihn sein mußte. Der Prinz erzählte ihm, er habe +sich auf der Jagd im Walde verirrt, in der Hütte eines Köhlers +übernachtet und von ihm Schwarzbrot und Käse zum Essen bekommen. Der +König, sein Vater, war ein guter Mann und glaubte es. Aber seine Mutter +ließ sich nicht so leicht überzeugen. Als sie sah, daß er fast täglich +auf die Jagd ging und daß er nie um eine Entschuldigung verlegen war, +wenn er zwei oder drei Nächte draußen geschlafen hatte, zweifelte sie +nicht mehr, daß er irgendeine Liebschaft habe. Mehr als zwei Jahre lebte +der Prinz so mit der Prinzessin; und sie bekamen zwei Kinder. Das +älteste, ein Mädchen, nannten sie Morgenrot und das zweite, einen +Knaben, Tageshell, weil er fast noch schöner war als seine Schwester. + +Um hinter sein Geheimnis zu kommen, sagte die Königin öfters zu ihrem +Sohne, er solle doch mit seinem Leben zufrieden sein. + +Doch er wagte nicht, sich ihr anzuvertrauen, denn er fürchtete sich vor +ihr, obgleich er sie liebte. Sie entstammte nämlich dem Geschlechte der +Menschenfresser, und der König hatte sie nur geheiratet, weil sie so +reich war. + +Man sprach sogar am Hofe ganz leise davon, daß sie immer noch eine +Neigung zum Menschenfressen habe, und daß sie sich mit aller Gewalt +zurückhalten müsse, wenn sie kleine Kinder sähe, damit sie sich nicht +auf sie stürze. Deshalb wollte der Prinz ihr nichts sagen. + +Nach zwei Jahren starb der König, und der Prinz folgte ihm nach. Jetzt +machte er seine Heirat bekannt und ließ unter großen Festlichkeiten +seine Frau als Königin auf sein Schloß holen. Ein herrlicher Empfang +wurde ihr in der Hauptstadt bereitet, als sie mit den beiden Kindern +einzog. + +Es trug sich zu, daß der König gegen den Kaiser Cantalabutte, seinen +Nachbarn, in den Krieg ziehen mußte. Er übergab die Regierung der +Königin Mutter, und ließ Frau und Kinder in ihrer Obhut zurück. + +Den ganzen Sommer mußte er im Felde bleiben. Als er aber abgereist war, +schickte die Königin ihre Schwiegertochter und die Kinder in ein +Landhaus im Walde, um ungestörter ihrer fürchterlichen Lust zu fröhnen. +Einige Tage darauf begab sie sich selbst dorthin und sagte eines Abends +zu ihrem Haushofmeister: + +»Morgen will ich zum Mittagessen die kleine Morgenrot verspeisen!« + +»Um Gottes Willen, Königliche Hoheit«, rief der Haushofmeister. + +»Ich will es«, sagte die Königin; und sie sagte es, wie ein +Menschenfresser, der Lust hat, frisches Fleisch zu essen. »Ich will sie +sogar mit Roberttunke essen!« + +[Illustration] + +Als der arme Mann sah, daß man mit einer Menschenfresserin nicht gut +spaßen könne, nahm er sein großes Messer in die Hand und ging hinauf in +das Zimmer der kleinen Morgenrot. Diese war gerade vier Jahre alt, und +sie warf sich tanzend und lachend ihm an den Hals und bat ihn um +Süßigkeiten. Da fing er an zu weinen, und das Messer fiel ihm aus der +Hand. Er ging hinunter in den Stall, schlachtete ein Lämmchen und +bereitete es mit einer so guten Tunke zu, daß seine Herrin ihm +versicherte, sie habe noch nie etwas so Gutes gegessen. + +Gleichzeitig hatte er die kleine Morgenrot fortgetragen und seiner Frau +übergeben, damit sie dieselbe in seinem Hause verberge, das hinter dem +Stalle lag. + +Acht Tage später sagte die Königin zu ihrem Haushofmeister: + +»Ich will den kleinen Tageshell zum Abendbrot essen!« + +Er erwiderte nichts und war fest entschlossen, sie ebenso wie das +erstemal zu täuschen. + +Er suchte den kleinen Tageshell und fand ihn mit einem Florett in der +Hand, womit er gegen einen dicken Affen Krieg führte; dabei war er erst +drei Jahre alt. + +Auch ihn brachte er zu seiner Frau, damit sie ihn mit der kleinen +Morgenrot verberge, und an seiner Stelle bereitete er ein zartes +Zicklein, welches die Menschenfresserin äußerst wohlschmeckend fand. + +Bis dahin war alles gut gegangen. Aber eines Abends sagte die böse +Königin zum Haushofmeister: + +»Ich will die Königin in derselben Tunke wie ihre Kinder essen!« + +Da verzweifelte der arme Haushofmeister, weil er nicht glaubte, sie noch +einmal täuschen zu können. Denn die junge Königin war über zwanzig Jahre +alt, ganz abgesehen von den hundert Jahren, die sie geschlafen hatte. +Ihre Haut war ein wenig spröde, obwohl sie schön und weiß war. Aber wie +sollte man unter den Tieren eines finden, das eine ebenso spröde Haut +hatte? + +[Illustration] + +Deshalb faßte er, um sein eigenes Leben zu retten, den Entschluß, der +Königin den Hals abzuschneiden. Er stieg hinauf in ihr Zimmer, und war +fest entschlossen, es diesmal anders zu machen. Er brachte sich in Wut +und trat mit dem Dolch in der Hand in das Zimmer der jungen Königin. +Trotzdem wollte er sie nicht überfallen und er erzählte ihr mit allem +Respekt von dem Auftrag, den er von der Königin Mutter erhalten hatte. + +»Tut, was Euch befohlen!« sagte die Königin zu ihm und hielt ihren Kopf +hin. »Ich werde meine Kinder wiedersehen, meine armen Kinder, die ich so +geliebt habe!« + +Sie hielt ihre Kinder nämlich für tot, seitdem man sie entführt hatte, +ohne ihr etwas zu sagen. + +»Nein, gnädige Frau,« antwortete der Haushofmeister ganz gerührt. »Ihr +sollt nicht sterben. Ihr werdet dennoch Eure Kinder wiedersehen! In +meinem Hause werdet Ihr sie sehen, wo ich sie verborgen habe. Ich will +nochmals die Königin täuschen und ihr an Eurer Stelle einen jungen +Hirsch zu essen geben.« + +Dann führte er sie in seine Wohnung und ließ sie küssend und weinend bei +ihren Kindern. Er selbst bereitete eine Hindin zu, und die Königin +verzehrte sie mit demselben Appetit zum Abendessen, als wenn es die +junge Königin gewesen wäre. + +Sie war sehr befriedigt von ihren Grausamkeiten und nahm sich vor, dem +König bei seiner Rückkehr zu sagen, daß wütende Wölfe seine Frau, die +Königin, und seine beiden Kinder gefressen hätten. -- + +Eines Abends, als sie wie gewöhnlich in den Höfen des Schlosses +herumstreifte, um dort nach frischem Fleisch auszuschauen, hörte sie in +einem Kellerzimmer den kleinen Tageshell, der weinte, weil ihn seine +Mutter wegen einer Ungehorsamkeit schlagen wollte; und sie hörte auch +die kleine Morgenrot, wie sie für ihren Bruder um Verzeihung bat. + +Die Menschenfresserin erkannte die Stimme der Königin und ihrer Kinder +und geriet in Zorn, weil man sie getäuscht hatte. + +Am nächsten Tage in der Frühe befahl sie mit schrecklicher Stimme, die +alle erzittern machte, man solle in die Mitte des Hofes einen großen +Bottich bringen. Diesen Bottich ließ sie mit Vipern, Kröten, Nattern und +Schlangen füllen, um die Königin und ihre Kinder, den Haushofmeister, +seine Frau und seine Dienerin hineinzuwerfen. Sie gab den Befehl, sie +herbeizuführen, die Hände auf den Rücken gebunden. + +[Illustration] + +So standen sie da, und der Henker machte sich daran, sie in den Bottich +zu werfen. In diesem Augenblick kam der König, den man nicht so schnell +erwartet hatte, in den Hof geritten; denn er war auf schnellstem Wege +zurückgekehrt. Ganz erstaunt fragte er, was denn das schreckliche +Schauspiel zu bedeuten habe. + +Niemand wagte, es ihm zu sagen. Die Menschenfresserin aber stürzte sich +in ihrer Wut über das, was sie sah, kopfüber in den Bottich und war in +einem Augenblick von den schrecklichen Tieren, die sie selbst +hineingesetzt hatte, verschlungen. Der König war traurig darüber, denn +es war seine Mutter. Aber er tröstete sich bald mit seiner schönen Frau +und seinen Kindern. + + + Moral: + + Manch Mädchen wartet lange auf den Mann, + Bis sich der findet, den sie lieben kann; + Denn der muß reich sein, schön und sehr galant, + Dem sie zum Ehebunde reicht die Hand. + Doch zeige mir das Weib, das hundert Jahr + In Ruhe wartet auf den Traualtar, + Das auch noch sorglos schläft die ganze Zeit: + Du suchst nach ihr vergeblich weit und breit. + + Es wird aus diesem Märchen klar, + Daß, wer da wartet viele Jahr, + Und wer trotz Wartens schlummern kann, + Am Ende kriegt den besten Mann. + + Gern gäb ich Euch den guten Rat: + Wartet so lang, wie es Dornröschen tat! + Doch wage ich nicht, diesen Rat zu geben, + Ihr lieben Fräuleins: ich kenne Euch eben. + + + + + Charles Perrault + + 1628 geboren, wird er zuerst Advokat; später kommt er an den Hof + und wird der treueste Gehilfe Colberts. 1683 zieht er sich in + das Privatleben zurück und widmet sich ganz seinen literarischen + Werken. Den Zeitgenossen gilt Perrault in erster Linie als der + Verfasser der »_Parallèles des Anciens et Modernes_«, die + Nachwelt kennt ihn nur als den Dichter des ersten abendländischen + Märchenbuches. Seine Sammlung »_Les Contes de ma Mère l'Oie_« + kam 1697 in Buchform heraus; sie war der Auftakt zu einer + unübersehbaren Märchenliteratur. + + + + + Gustave Doré + + Er wurde 1832 zu Straßburg geboren. Sein Vater bestimmte ihn zum + Ingenieur-Beruf, aber seine reiche Phantasie, seine erstaunliche + Begabung drängte ihn zur Malerei. Mit zehn Jahren begann er Dante + zu illustrieren. Mit elf Jahren schloß er seinen ersten Vertrag + ab, der ihn verpflichtete, wöchentlich eine Lithographie für das + »_Journal pour rire_« zu liefern. Bald gab er die Vorbereitung + zum Ingenieur-Beruf auf und widmete sich ganz der Kunst. 1854 + erschienen seine ersten großen Werke, »_Rabelais_« und die + »_Contes drôlatiques_« von Balzac, die seinen Ruhm weit über + Frankreich hinaus verbreiteten. 1862 illustrierte er die »_Contes + de Perrault_«. Er findet in den phantastischen Kostümen und + ritterlichen Lebensformen der Zeit Franz I. und Ludwig XIII. den + geeigneten Ausdruck für die übersprudelnde Fülle seiner köstlichen + Einfälle. Doré starb im Jahre 1883; er wurde nur 51 Jahre alt. + + + + +Liste korrigierter Druckfehler + + +Seite 5, im Inhaltsverzeichnis der Originalvorlage stand »Aschenputtel« +an Stelle von »Aschenbrödel« sowie »Riquet mit dem Schopf« an Stelle von +»Riquet mit der Locke«. + +Seite 24, fehlendes öffnendes Anführungszeichen vor »ich muß« eingefügt +(»Wundervoll,« rief da die Mutter, »ich muß auch meine andere Tochter +schicken.) + +Seite 28, »irdendein« ersetzt durch »irgendein« (stellte sich tot und +wartete, ob nicht irgendein junger, mit den Ränken dieser Welt noch +wenig vertrauter Hase sich in den Sack schliche) + +Seite 28, überflüssiges Anführungszeichen am Satzende entfernt (Und als +zwei Rebhühner hineingeschlüpft waren, zog er ihn zu und fing alle +beide.) + +Seite 30, »den« durch »dem« ersetzt (Während man den armen Marquis aus +dem Fluß zog) + +Seite 52, »hatt« durch »hatte« ersetzt (Der war von dem großen Umweg, +den er vergebens gemacht hatte, sehr erschöpft und wollte sich +ausruhen.) + +Seite 56, in der Überschrift »Pantoffelchen« durch »Pantöffelchen« +ersetzt (Aschenbrödel oder die Geschichte vom gläsernen Pantöffelchen) + +Seite 63, »Örangen« durch »Orangen« ersetzt (Tausend Artigkeiten hat sie +uns erwiesen und hat uns Orangen und Zitronen geschenkt.) + +Seite 68, »trauig« durch »traurig« ersetzt (Seid darüber nicht weiter +traurig!) + +Seite 86, »ihren« durch »ihre« ersetzt (daß sie sich vornahm, an Sonn- +und Festtagen der Reihe nach alle ihre schönen Gewänder anzuziehen.) + +Seite 97, fehlendes schließendes Anführungszeichen eingefügt (»Was macht +Ihr da, liebe Frau?« sagte die Prinzessin.) + + + + + +End of Project Gutenberg's Gänsemütterchens Märchen, by Charles Perrault + +*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 42900 *** diff --git a/42900-8.txt b/42900-8.txt deleted file mode 100644 index 4b69d90..0000000 --- a/42900-8.txt +++ /dev/null @@ -1,3288 +0,0 @@ -The Project Gutenberg EBook of Gänsemütterchens Märchen, by Charles Perrault - -This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with -almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or -re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included -with this eBook or online at www.gutenberg.org - - -Title: Gänsemütterchens Märchen - -Author: Charles Perrault - -Illustrator: Gustave Doré - -Translator: Hans Krause - -Release Date: June 9, 2013 [EBook #42900] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GÄNSEMÜTTERCHENS MÄRCHEN *** - - - - -Produced by Norbert H. Langkau, Martin Oswald and the -Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - - - - - - - - -Anmerkungen zur Transkription: - -Die Rechtschreibung und Zeichensetzung des Originals wurde weitgehend -übernommen, lediglich offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert. Die -Originalvorlage ist in Fraktur gedruckt. Davon abweichende, in Antiqua -gedruckte Textstellen sind (bis auf römische Ziffern) in dieser -Textdatei _so_ markiert; gesperrt gedruckter Text ist =so= markiert. Der -Titel des Märchens »Riquet mit der Locke« war in der Inhaltsübersicht -der Originalvorlage als »Riquet mit dem Schopf« angegeben, dies ist in -der transkribierten Fassung korrigiert worden. Am Ende des Textes -befindet sich eine Liste korrigierter Druckfehler. - - - - -[Illustration] - - -Charles Perrault - -Gänsemütterchens Märchen - -Illustriert von - -Gustave Doré - -[Illustration] - -Übersetzt und herausgegeben von - -Hans Krause - -O. C. Recht Verlag / München - - - - - Dieses Buch wurde im Auftrage des O. C. Recht Verlages in der - Offizin der Mandruck A.-G., München in der Altschwabacher - gedruckt. Es wurde eine Vorzugsausgabe von 100 Exemplaren auf - Bütten hergestellt. Nr. 1-25 wurden in Ganzleder, Nr. 26-100 - in Halbleder gebunden. Drucküberwachung und Ausstattung von - Ferdinand Kramer. - - - - - Copyright 1921 by O. C. Recht Verlag / München - - - - - =Gänsemütterchens= - =Märchen= - - Rotkäppchen - Blaubart - Die Fee - Der gestiefelte Kater - Der kleine Däumling - Aschenputtel - Riquet mit dem Schopf - Jungfer Eselshaut - Dornröschen - - Übersetzung nach der ersten Buchausgabe von 1697. - - -[Illustration] - - - - -Rotkäppchen - - -Es war einmal eine kleine Bauerndirne, die war hübscher, als man jemals -eine sah. Ihre Mutter war ganz verliebt in sie und ihre Großmutter noch -viel mehr. Diese brave Frau ließ ihr ein rotes Käppchen machen, welches -ihr so gut stand, daß man sie überall das »Rotkäppchen« nannte. - -Eines Tages, als ihre Mutter Kuchen gebacken hatte, sagte sie zu ihr: - -»Geh zu deiner Großmutter und sieh zu, was sie macht, denn man hat mir -erzählt, sie sei krank. Nimm ihr einen Kuchen mit und dieses Töpfchen -mit Butter!« - -Rotkäppchen machte sich gleich auf, um zu ihrer Großmutter zu gehen, die -in einem anderen Dorfe wohnte. Als sie durch einen Wald kam, begegnete -ihr der Gevatter Wolf, der große Lust hatte, sie zu fressen; aber er -wagte es nicht wegen der Holzhauer, die in dem Walde waren. Er fragte -sie, wohin sie gehe. Das arme Kind, das nicht wußte, wie gefährlich es -ist, einen Wolf anzuhören, sagte: - -»Ich gehe meine Großmutter besuchen und bringe ihr Kuchen und einen Topf -Butter, den ihr meine Mutter schickt.« - -»Wohnt sie weit von hier?« fragte der Wolf. - -»Oh ja,« antwortete das Rotkäppchen, »noch hinter der Mühle, die Ihr -dort in der Ferne seht, in dem ersten Hause des Dorfes.« - -»Wohlan,« sagte der Wolf, »ich will sie auch besuchen; ich gehe auf -diesem Wege hin und du dort auf jenem, wir wollen sehen, wer zuerst da -ist.« - -Der Wolf lief so schnell er konnte und schlug den kürzeren Weg ein, und -das kleine Mädchen ging den weiteren Weg; fröhlich pflückte sie -Haselnüsse, lief den Schmetterlingen nach und machte Sträuße aus den -Blümlein, die sie fand. Es dauerte nicht lange, da war der Wolf an -Großmutter Haus angelangt, und er pochte an die Tür: Bum! Bum! - -»Wer ist da?« - -»Euer Enkelchen ist es, das Rotkäppchen,« sagte der Wolf, indem er seine -Stimme verstellte, »ich bringe Euch einen Kuchen und ein Töpfchen mit -Butter, das Euch meine Mutter schickt.« - -Die gute Großmutter, die krank in ihrem Bette lag, rief ihm zu: - -»Zieh den Riegel zurück, dann springt das Schloß auf!« - -Der Wolf zog den Riegel zurück, und die Tür öffnete sich. Er stürzte -sich auf die gute Frau und verschlang sie im Handumdrehen, denn er hatte -länger als drei Tage nichts mehr gefressen. - -Dann schloß er die Tür, legte sich in das Bett der Großmutter und -wartete auf Rotkäppchen, das bald darauf kam und an die Tür pochte: Bum! -Bum! - -»Wer ist da?« - -Als Rotkäppchen die laute Stimme des Wolfes hörte, bekam es zuerst -Angst; aber sie glaubte, die Großmutter sei erkältet, und antwortete: - -»Euer Enkelchen ist es, das Rotkäppchen; ich bringe Euch einen Kuchen -und ein Töpfchen Butter, das Euch meine Mutter schickt.« - -Der Wolf rief ihr zu, indem er seine Stimme etwas dämpfte: - -»Zieh den Riegel zurück, dann springt das Schloß auf!« - -Rotkäppchen zog den Riegel zurück, und die Tür öffnete sich. Als der -Wolf sie eintreten sah, versteckte er sich im Bett unter der Decke und -sagte zu ihr: - -»Stelle den Kuchen und das Töpfchen mit Butter auf den Backtrog und -komme zu mir ins Bett!« - -Rotkäppchen zog sich aus und legte sich mit ins Bett. Sie war erstaunt, -wie verändert die Großmutter in ihrem Nachtgewand aussah, und fragte -sie: - -»Großmutter, was hast du für große Arme?« - -»Damit ich dich besser umarmen kann, mein Kind.« - -[Illustration] - -[Illustration] - -»Großmutter, was hast du für große Beine?« - -»Damit ich besser laufen kann, mein Kind.« - -»Großmutter, was hast du für große Ohren?« - -»Damit ich besser hören kann, mein Kind.« - -»Großmutter, was hast du für große Augen?« - -»Damit ich dich besser sehen kann, mein Kind.« - -»Großmutter, was hast du für große Zähne?« - -»Damit ich dich besser fressen kann.« - -Und nachdem er dies gesagt hatte, stürzte der böse Wolf sich auf das -Rotkäppchen und fraß es. - - - Moral: - - Man kann an diesem Beispiel sehn, - Wie's allen Mädchen wird ergehn, - Die stets auf fremde Leute hören, - Die sie beschwätzen und betören: - So ist nun mal der Dinge Lauf, - Es kommt der Wolf und frißt sie auf. - Ich meine andere Wölfe als den bösen, - =Die= Wölfe haben ein ganz anderes Wesen, - Es sind die höflichen, die zahmen, - Sie folgen oft den jungen Damen. - Paß auf, mein Kind, nimm dich in acht! - Das sind die Wölfe schlimmster Art. - - - - -Blaubart - - -Es war einmal ein Mann, der hatte schöne Häuser in der Stadt und auf dem -Lande, goldenes und silbernes Tafelgeschirr, Möbel mit kostbaren -Stickereien und Karossen, die von oben bis unten vergoldet waren. Aber -er hatte einen blauen Bart, und das war sein Unglück. Denn der machte -ihn so häßlich und abstoßend, daß alle Frauen und Mädchen vor ihm -davonliefen. - -Seine Nachbarin, eine vornehme Dame, hatte zwei Töchter, die beide sehr -schön waren. Eine von diesen erbat er sich zur Frau und überließ es der -Mutter, die Braut zu bestimmen. Aber keine wollte etwas von ihm wissen, -jede wollte ihn der anderen überlassen; denn sie konnten sich nicht -entschließen, einen Mann mit einem blauen Barte zu heiraten. Sie -fürchteten sich auch vor ihm, weil er schon mehrere Frauen gehabt hatte, -und weil man nicht wußte, was aus diesen geworden war. - -Um sie näher kennen zu lernen, führte Blaubart sie mit ihrer Mutter und -drei oder vier ihrer besten Freundinnen sowie mehreren jungen Männern -aus der Nachbarschaft auf eines seiner Landhäuser, wo man volle acht -Tage blieb. Da machte man Landpartien, ging auf Jagd und Fischerei und -vergnügte sich bei Tanzereien, Festlichkeiten und Gelagen; ja man -schlief nicht einmal, sondern verbrachte die ganze Nacht mit Späßen und -Spielen. Zu guter Letzt kam es so weit, daß die jüngere der Schwestern -fand, der Hausherr habe doch keinen allzu blauen Bart und er sei ein -sehr netter Mann; und als man in die Stadt zurückgekehrt war, wurde die -Hochzeit gefeiert. - -[Illustration] - -Einen Monat später sagte Blaubart zu seiner Frau, er müsse in einer -wichtigen Angelegenheit mindestens sechs Wochen lang in die Provinz -verreisen, und er bat sie, sich während seiner Abwesenheit gut zu -unterhalten: sie solle ihre Freundinnen einladen, sie mit aufs Land -nehmen, wenn sie wolle, und vor allem sich nichts abgehen lassen an -Speis und Trank. - -»Hier,« sagte er dann, »sind die Schlüssel zu den beiden Vorratskammern, -hier der vom goldenen und silbernen Tafelgeschirr, das nicht täglich -benutzt wird, hier der meiner eisernen Truhe, in der mein Gold und -Silber liegt, der meiner Kassetten, in denen meine Papiere sind, und -hier der Hauptschlüssel zu allen Zimmern. Aber dieser kleine Schlüssel -hier, der führt in das Gemach am Ende der großen Galerie des unteren -Stockwerks. Du darfst alle Türen öffnen, überall hingehen, aber dieses -kleine Gemach darfst du nicht betreten; ich verbiete es dir aufs -strengste. Sollte es dir doch einfallen, diese Tür zu öffnen, so hast du -das Schlimmste von meinem Zorne zu erwarten.« - -Sie versprach, alles genau zu befolgen, was er ihr befohlen. Hierauf -küßte er sie, stieg in seine Karosse und fuhr davon. - -Die Nachbarinnen und die guten Freundinnen warteten nicht erst, bis man -sie zu der Jungvermählten einlud, denn sie brannten vor Neugierde, alle -Reichtümer des Hauses zu sehen. Aber sie hatten nicht gewagt, zu ihr zu -kommen, solange der Gatte da war, weil sie sich vor seinem blauen Barte -fürchteten. Gleich liefen sie nun durch die Zimmer, die Gemächer und die -Kammern, von denen eine schöner war als die andere. Dann stiegen sie -hinauf in die Vorratsräume, wo sie nicht genug die vielen schönen -Stickereien bewundern konnten, und die Betten, Sofas, Sessel, Tischlein -und Tische und die Spiegel, in denen man sich von Kopf bis zu Fuß sehen -konnte, und deren Rahmen, teils von Glas, teils von vergoldetem Silber, -schöner waren und prächtiger, als man jemals welche sah. Alle waren -begeistert und hörten nicht auf, die Freundin in ihrem Glücke zu -beneiden. Aber diese wurde nicht froh beim Anblick all der Reichtümer, -denn sie konnte es nicht erwarten, das Gemach im unteren Stockwerk zu -sehen. - -[Illustration] - -Die Neugierde plagte sie so, daß sie ihre Gäste verließ, ohne sich ihrer -Unhöflichkeit bewußt zu werden. Sie lief eine Hintertreppe in solcher -Hast hinab, daß sie drei- oder viermal glaubte, den Hals zu brechen. An -der Tür des Gemaches hielt sie eine Zeitlang inne und dachte an das -Verbot ihres Gemahls; sie überlegte, ob ihr nicht doch aus ihrem -Ungehorsam ein Unglück erwachsen könne. Aber die Versuchung war zu -stark: sie nahm den kleinen Schlüssel und öffnete zitternd die Tür. - -Zuerst sah sie nichts, weil die Fenster geschlossen waren; aber bald -bemerkte sie, daß der Fußboden über und über von geronnenem Blute -bedeckt war. Darin spiegelten sich die Leichen von mehreren Frauen, die -aufgereiht an der Wand hingen. Es waren alle die Frauen, die Blaubart -geheiratet und eine nach der anderen abgeschlachtet hatte. - -Sie glaubte sterben zu müssen vor Angst, und der Schlüssel, den sie eben -aus dem Schlosse gezogen, fiel ihr aus der Hand. - -Nachdem sie sich etwas gefaßt hatte, hob sie den Schlüssel auf, schloß -die Tür wieder und stieg hinauf in ihr Zimmer, um sich ein wenig zu -erholen; aber es gelang ihr nicht, so sehr hatte sie sich erschrocken. - -Als sie bemerkte, daß der Schlüssel des Gemaches mit Blut befleckt war, -wusch sie ihn zwei- oder dreimal. Aber das Blut ging nicht ab, sie -wischte umsonst; selbst mit Sand und Bimsstein rieb sie vergebens: der -Schlüssel blieb immer blutig. Denn er war verzaubert und es gab kein -Mittel, ihn wieder ganz sauber zu machen. Wenn man das Blut auch auf -einer Seite weggebracht hatte, so kehrte es auf der anderen wieder -zurück. - -Noch an demselben Abend kam Blaubart nach Hause und erzählte, er habe -unterwegs durch Briefe die Nachricht erhalten, daß die Angelegenheit, -wegen der er die Reise unternommen, schon zu seinen Gunsten erledigt -sei. Seine Frau tat alles, was sie konnte, um ihm zu zeigen, wie -entzückt sie über seine schnelle Rückkehr sei. -- Am folgenden Tage -verlangte er die Schlüssel, und sie gab sie ihm. Aber ihre Hand zitterte -so sehr, daß er ohne Mühe erriet, was vorgefallen war. - -»Wie kommt es,« fragte er, »daß der Schlüssel zu dem Gemache nicht mehr -bei den anderen ist?« - -»Ich muß ihn wohl,« antwortete sie, »oben auf meinem Tische liegen -gelassen haben.« - -»Vergiß nicht,« sagte Blaubart, »ihn mir alsbald zu geben!« - -Mehrere Male schob sie es auf, aber schließlich mußte sie ihm den -Schlüssel bringen. Blaubart betrachtete ihn und sagte zu seiner Frau: - -»Warum ist Blut an diesem Schlüssel?« - -»Ich weiß es nicht«, sagte das arme Weib, blasser als der Tod. - -»Du weißt es nicht?« schrie Blaubart, »aber ich, ich weiß es. Du -wolltest in das Gemach gehen! Wohlan, du sollst hinein! Du sollst deinen -Platz bekommen neben den andern Frauen, die du dort sahst!« - -Sie warf sich weinend ihrem Gatten zu Füßen und bat um Verzeihung mit -allen Zeichen tiefer Reue ob ihres Ungehorsams. In ihrer Schönheit und -ihrer Verzweiflung hätte sie einen Felsen rühren können, aber Blaubart -hatte ein Herz härter als Stein. - -»Du mußt sterben, Weib,« sagte er, »auf der Stelle!« - -»Wenn ich sterben muß,« so flehte sie, indem sie ihn mit tränenvollen -Augen ansah, »so gebt mir noch ein wenig Zeit, um zu beten!« - -»Ich gebe dir eine halbe Viertelstunde,« erwiderte Blaubart, »aber nicht -einen Augenblick mehr.« - -Als sie allein war, rief sie ihre Schwester und sagte zu ihr: »Schwester -Anne (so hieß diese), ich bitte dich, steige hinauf auf die Spitze des -Turmes und halte Ausschau, ob meine Brüder noch nicht kommen. Sie haben -mir versprochen, mich heute zu besuchen; wenn du sie siehst, gib ihnen -ein Zeichen, damit sie eilen.« - -Die Schwester Anne stieg auf die Spitze des Turmes, und die Arme rief in -ihrer Angst von Zeit zu Zeit hinauf: - -»Anne, Schwester Anne, siehst du nichts kommen?« - -Und die Schwester Anne antwortete: - -»Ich sehe nichts als Sonnenstaub und Gräsergrün.« - -Währenddessen hielt Blaubart ein großes Messer in seiner Hand und schrie -aus Leibeskräften: - -»Steige sofort herab, oder ich komme dich holen!« - -[Illustration] - -»Noch einen Augenblick«, bat seine Frau und rief leise: - -»Anne, Schwester Anne, siehst du nichts kommen?« - -Und die Schwester Anne antwortete: - -»Ich sehe nichts als Sonnenstaub und Gräsergrün!« - -»Steige sofort herab,« schrie Blaubart, »oder ich komme dich holen!« - -»Ich komme«, antwortete seine Frau. - -Und dann rief sie: - -»Anne, Schwester Anne, siehst du nichts kommen?« - -»Ich sehe,« erwiderte die Schwester Anne, »eine große Staubwolke, die -von dieser Seite kommt.« - -»Sind es meine Brüder?« - -»Ach nein, meine Schwester, es ist nur eine Schafherde.« - -»Willst du nicht herunterkommen?« schrie Blaubart. - -»Noch einen kleinen Augenblick«, bat seine Frau. - -Und dann rief sie: - -»Anne, Schwester Anne, siehst du nichts kommen?« - -»Ich sehe,« erwiderte diese, »zwei Reiter, die von dort herkommen, aber -sie sind noch weit entfernt.« Gleich darauf rief sie: »Gott sei gelobt, -es sind die Brüder. Ich gebe ihnen Zeichen, so gut ich kann, damit sie -eilen.« - -Blaubart fing an, so laut zu schreien, daß das ganze Haus zitterte, und -die arme Frau stieg hinab und warf sich ihm tränenüberströmt mit -aufgelösten Haaren zu Füßen. - -»Das nützt nichts,« sagte Blaubart, »du mußt sterben.« - -Dann packte er sie mit der einen Hand bei den Haaren und erhob mit der -anderen das große Messer, um ihr den Hals abzuschneiden. - -Das arme Weib wandte sich ihm zu, sah ihn mit todesängstlichen Augen an -und bat um einen Augenblick, damit sie sich sammele. - -»Nein, nein!« schrie er, »empfiehl dich deinem Gott!« dann hob er den -Arm und ...... - -In demselben Augenblick pochte jemand so heftig an das Tor, daß Blaubart -innehielt. Man öffnete, und sogleich sah man zwei Ritter, die mit Degen -in den Händen eintraten und sich geradewegs auf Blaubart stürzten. - -[Illustration] - -Er erkannte, daß es die Brüder seiner Frau waren -- der eine war -Dragoner, der andere Musketier -- und ergriff die Flucht, um sich in -Sicherheit zu bringen. Aber die Brüder verfolgten ihn so schnell, daß -sie ihn einholten, bevor er noch die Freitreppe erreicht hatte. Sie -stießen ihm ihren Degen mitten durch den Leib und ließen ihn tot liegen. -Die arme Frau war fast ebenso tot wie ihr Gatte; sie hatte nicht mehr -die Kraft sich aufzurichten, um ihre Brüder zu umarmen. -- - -Es stellte sich heraus, daß Blaubart keine Erben hatte, und so blieb -seine Frau Herrin aller seiner Güter. Einen Teil verwendete sie dazu, -ihre Schwester Anne mit einem jungen Edelmanne zu verheiraten, den diese -schon seit langem liebte; mit einem anderen Teile kaufte sie ihren -beiden Brüdern Hauptmannsstellen; das übrige brachte sie selbst einem -rechtschaffenen Manne mit in die Ehe, der sie bald die schlechte Zeit -vergessen ließ, die sie mit Blaubart verbracht hatte. - - - Moral: - - Die Neugier ist die allerschlimmste Plage; - Sie reizt den Wunsch und bringt dann böse Pein. - Man sieht das tausendmal an einem Tage. -- - Der Drang zum Neuen ist zwar stark, allein - Das Wissen selbst enttäuscht, und jedes Mal - Ist die gerechte Strafe: bittre Qual. - - - - -Die Fee - - -Es war einmal eine Witwe, die hatte zwei Töchter. Die älteste glich ihr -von Ansehn und Wesen so sehr, daß ein jeder, der sie sah, die Mutter zu -sehen glaubte: sie waren alle beide so unausstehlich und so hochmütig, -daß man nicht mit ihnen zusammen leben konnte. Die jüngere, in ihrer -Sanftmut und Rechtschaffenheit das wahre Ebenbild ihres verstorbenen -Vaters, war eines der schönsten Mädchen, das man je zu Gesicht bekam. -Wie man natürlich immer seinesgleichen liebt, so war die Mutter wie -vernarrt in ihre älteste Tochter; aber gegen die jüngere hegte sie eine -schreckliche Abneigung. Sie ließ sie in der Küche essen und ohne -Unterbrechung arbeiten. - -Unter anderem mußte das arme Kind zweimal am Tage eine gute halbe Meile -weit Wasser holen, jedes Mal einen großen Krug voll. Eines Tages, als -sie wieder bei dem Brunnen war, kam eine arme Frau zu ihr, die bat um -einen Schluck Wasser. - -»Gern, mein Mütterchen«, sagte das gute Kind, spülte sogleich den Krug -aus, schöpfte an der schönsten Stelle des Brunnens und reichte ihr den -Trunk, wobei sie immer den Krug unterstützte, um ihr das Trinken zu -erleichtern. Als die gute Frau getrunken hatte, sagte sie: - -»Du bist so schön, so gut und so brav, daß ich dir etwas schenken muß.« -Es war nämlich eine Fee, die hatte die Gestalt einer armen Bäuerin -angenommen, um zu sehen, wie weit die Rechtschaffenheit des jungen -Mädchens gehe. - -»Ich schenke dir,« so fuhr die Fee fort, »die Gabe, daß mit jedem Worte, -das du sprichst, eine Blume oder ein Edelstein aus deinem Munde kommt.« - -[Illustration] - -Als das Mädchen nach Hause kam, zankte die Mutter, weil sie so lange -beim Brunnen geblieben war. »Ich bitte um Verzeihung, Mutter,« sagte das -arme Kind, »daß ich mich so verspätet habe.« Und während sie sprach, -kamen aus ihrem Munde zwei Rosen, zwei Perlen und zwei große Diamanten. -»Was sehe ich,« rief die Mutter ganz erstaunt, »mir scheint, Perlen und -Diamanten kommen aus deinem Munde! Woher hast du das, mein Kind?« Es war -das erstemal, daß sie zu ihr »mein Kind« sagte. - -Das arme Mädchen erzählte in ihrer Einfalt alles, was sich zugetragen -hatte, wobei wieder eine Menge Diamanten zum Vorschein kamen. - -»Wundervoll,« rief da die Mutter, »ich muß auch meine andere Tochter -schicken. Sieh nur, Fanchon, was aus dem Munde deiner Schwester kommt, -wenn sie spricht; wärst du nicht glücklich, dieselbe Gabe zu besitzen? -Du brauchst nur zum Brunnen zu gehen, um Wasser zu schöpfen, und wenn -eine arme Frau dich um einen Trunk bittet, ihn ihr recht höflich zu -reichen.« - -»Zum Brunnen zu gehen,« antwortete jene grob, »das stände mir gut an!« - -»Aber ich will, daß du gehst,« entgegnete die Mutter, »und zwar auf der -Stelle!« - -Darauf ging sie, aber brummend und widerwillig. Sie nahm die schönste -Flasche mit, die im ganzen Hause war. Kaum war sie am Brunnen angelangt, -da sah sie eine prächtig gekleidete Dame, die aus dem Walde kam und sie -um einen Trunk Wasser bat. Es war dieselbe Fee, die ihrer Schwester -erschienen war, aber sie hatte jetzt Wesen und Kleidung einer Prinzessin -angenommen, um zu sehen, wie weit die Unhöflichkeit dieses Mädchens -gehe. - -»Bin ich hierher gekommen,« sagte barsch zu ihr die Hochmütige, »um Euch -einen Trunk zu reichen? Sollte ich eigens ein silbernes Fläschchen -mitgebracht haben, nur damit ich einer Dame daraus zu trinken geben -kann? Meinetwegen trinkt allein, wenn Ihr wollt!« - -[Illustration] - -»Du bist gar nicht höflich,« antwortete die Fee, ohne in Zorn zu -geraten, »und weil du so wenig gefällig bist, verleihe ich dir die Gabe, -daß mit jedem Wort, das du sprichst, eine Schlange oder eine Kröte aus -deinem Munde kommt.« - -Als ihre Mutter sie kommen sah, rief sie ihr entgegen: »Wie ist es, mein -Kind?« - -»So ist es, Mutter,« antwortete die Grobe und spie zwei Vipern und zwei -Kröten. - -»Himmel, was muß ich sehen,« jammerte die Mutter, »deine Schwester ist -daran schuld, sie soll es mir büßen.« - -Und sogleich lief sie hin, um diese zu schlagen. Das arme Kind floh und -brachte sich in dem nahen Walde in Sicherheit. Der Königssohn, der von -der Jagd zurückkehrte, begegnete ihr, und als er sie so schön sah, -fragte er sie, was sie allein im Walde mache und warum sie weinen müsse. - -»Ach, Herr, meine Mutter hat mich aus dem Hause gejagt!« - -Der Königssohn, der aus ihrem Munde fünf oder sechs Perlen und -ebensoviel Diamanten kommen sah, bat sie, ihm doch zu sagen, woher sie -das habe. Und sie erzählte ihm ihr Abenteuer. Da verliebte sich der -Königssohn in sie; und indem er überlegte, daß eine solche Gabe mehr -wert sei als alles, was man einer anderen als Mitgift geben könne, nahm -er sie mit sich in den Palast des Königs, seines Vaters, und heiratete -sie dort. - -Ihre Schwester aber hatte sich so hassenswert gemacht, daß ihre eigene -Mutter sie aus dem Hause jagte. Die Unglückliche lief lange Zeit herum, -ohne jemanden zu finden, der sich ihrer annahm und starb elendiglich in -einem Winkel des Waldes. - - - Moral: - - Edelsteine und Dukaten - Sind gar sehr begehrt; - Milde Worte, edle Taten - Haben höheren Wert. - - - - -Der gestiefelte Kater - - -Es war einmal ein Müller, der hinterließ bei seinem Tode seinen drei -Kindern nur eine Mühle, einen Esel und einen Kater. Das Erbe war schnell -geteilt. Kein Notar und kein Rechtsanwalt wurde gerufen. Die Kosten -hätten auch die ganze Erbschaft aufgezehrt. - -Der Älteste bekam die Mühle und der Zweite den Esel. Der Jüngste bekam -den Kater, und er war untröstlich über das armselige Los, das er gezogen -hatte. - -»Meine Brüder,« sagte er, »können sich jetzt anständig ernähren, wenn -sie sich zusammen tun. Aber ich kann des Hungers sterben, wenn ich -meinen Kater aufgegessen und aus seinem Fell mir eine Weste gemacht -habe.« - -Der Kater hatte diese Worte gehört, aber er ließ sich nichts merken und -sagte mit wichtiger und ernster Miene zu seinem Herrn: - -»Seid nicht traurig, lieber Herr, gebt mir einen Sack und laßt mir ein -Paar Stiefeln machen, damit ich in den Wald gehen kann, und dann sollt -Ihr sehen, daß Euer Erbteil doch nicht so schlecht ist, wie Ihr glaubt.« - -Sein Herr gab nicht viel auf diese Rede, aber er hatte oft den Kater bei -seiner Jagd auf Ratten und Mäuse beobachtet und er hatte gesehen, wie er -sich an den Beinen aufhing, oder wie er sich im Mehl versteckte und sich -tot stellte. So hatte er Zutrauen und glaubte in ihm eine Hilfe in -seinem Unglück zu haben. - -Als der Kater das bekommen, worum er gebeten hatte, zog er sich sofort -die Stiefeln an, hing sich den Sack um den Hals, nahm den Riemen in die -Pfote und ging in ein Dickicht, wo es viele Hasen gab. In den Sack -steckte er Klee und Disteln, stellte sich tot und wartete, ob nicht -irgendein junger, mit den Ränken dieser Welt noch wenig vertrauter Hase -sich in den Sack schliche, um an dem Leckerbissen zu naschen. Kaum hatte -er sich hingelegt, kam ein junges und unerfahrenes Häschen und kroch in -den Sack. Da zog Meister Kater die Schnüre zu, packte das Häschen und -machte ihm ohne Erbarmen den Garaus. Stolz ging er mit seiner Beute zum -König und verlangte ihn zu sprechen. - -Man führte ihn in das Gemach Seiner Majestät, wo er mit einer tiefen -Verbeugung eintrat und so zum Könige sprach: - -»Hier bringe ich Euch einen Hasen, Herr König, den Euch der Marquis von -Carabas (so war der Name, den er für seinen Herrn ausgesucht hatte) als -Geschenk übersendet.« - -»Sage deinem Herrn,« antwortete der König, »daß ich ihm danke, und sage -ihm, er habe mir eine große Freude bereitet.« - -Ein zweites Mal verbarg er sich in einem Kornfeld und legte den offenen -Sack wieder hin. Und als zwei Rebhühner hineingeschlüpft waren, zog er -ihn zu und fing alle beide. - -Dann ging er zum König und brachte ihm, wie früher den Hasen, die beiden -Rebhühner zum Geschenk. Der König nahm auch dieses Wildbret mit Freude -entgegen und ließ dem Kater einen Trunk reichen. - -So brachte er zwei bis drei Monate lang dem König von Zeit zu Zeit -irgendein Stück aus der angeblichen Jagdbeute seines Herrn. Als er aber -eines Tages erfuhr, daß der König mit seiner Tochter, der schönsten -Prinzessin der Welt, am Ufer des Flusses spazieren fahren wollte, da -sagte er zu seinem Herrn: - -»Jetzt folgt meinem Rat, und Euer Glück ist gemacht. Ich zeige Euch eine -Stelle am Fluß, da könnt Ihr baden. Das übrige laßt mich machen!« - -Herr von Carabas tat, wie ihm der Kater riet, ohne zu wissen, wozu es -gut sein sollte. Wie er nun badete, kam der König vorüber, und der Kater -fing an, aus Leibeskräften zu schreien: - -»Zu Hilfe. Zu Hilfe! Der Marquis von Carabas ertrinkt!« - -[Illustration] - -Als der König diese Hilfeschreie hörte, steckte er den Kopf zum -Wagenfenster heraus. Sofort erkannte er den Kater, der ihm des öfteren -Wildbret gebracht hatte, und befahl seiner Leibwache, dem Marquis von -Carabas schleunigst zu Hilfe zu eilen. - -[Illustration] - -Während man den armen Marquis aus dem Fluß zog, trat der Kater an den -Wagen heran und berichtete dem König, daß Diebe gekommen seien und die -Kleider seines badenden Herrn gestohlen hätten, trotzdem er ihnen, so -laut er konnte, zugerufen hätte. In Wahrheit hatte der Schlauberger die -Kleider unter einem großen Steine versteckt. - -Sogleich gab der König seinem Kammerdiener den Auftrag, einen seiner -schönsten Röcke für den Marquis von Carabas zu holen. - -Tausend Aufmerksamkeiten erwies der König dem Marquis, und da das schöne -Gewand, das er ihm schenkte, seine Gestalt gut zur Geltung brachte, -gefiel er der Tochter des Königs sehr, und kaum hatte der Marquis von -Carabas zwei bis drei bei aller Ehrfurcht doch ein wenig zärtliche -Blicke mit ihr getauscht, da war sie bis über die Ohren in ihn verliebt. - -Der König lud ihn ein, in den Wagen zu steigen und die Spazierfahrt -mitzumachen. - -Froh über das gute Gelingen seines Planes, ist der Kater vor dem Wagen -her. Als er zu Bauern kam, die eine Wiese mähten, rief er ihnen zu: - -»Ihr guten Leute, wenn Ihr nicht sagt, daß diese Wiese, die Ihr mäht, -dem Herrn Marquis von Carabas gehört, so werdet Ihr alle miteinander zu -Pastetenfleisch zerhackt!« - -Richtig fragte sie der König, wem diese Wiese gehöre, die sie mähten. - -»Dem Herrn Marquis von Carabas«, riefen sie wie mit einer Stimme, denn -die Drohung des Katers hatte ihnen angst gemacht. - -»Da habt Ihr ein schönes Erbe«, wandte sich der König an den Marquis von -Carabas. - -»Ja, Sire,« antwortete der, »die Wiese hier bringt alle Jahre schöne -Erträge.« - -Meister Kater, der immer vorneweg lief, kam zu Schnittern und rief ihnen -zu: - -»Ihr guten Leute, die Ihr da mäht, wenn Ihr nicht sagt, daß diese -Kornfelder dem Herrn Marquis von Carabas gehören, so werdet Ihr alle -klein gehackt wie Pastetenfleisch!« - -Als der König einen Augenblick später vorüberfuhr, wollte er wissen, wem -die Felder gehörten, die er da sah. - -»Dem Herrn Marquis von Carabas«, antworteten die Schnitter, und der -König und der Marquis hatten ihre Freude an der Antwort. - -Allen Leuten, die er traf, schärfte der Kater, der immer vor dem Wagen -her lief, denselben Spruch ein, und der König wunderte sich sehr über -den großen Reichtum des Herrn Marquis von Carabas. Am Ende kam Meister -Kater an ein prächtiges Schloß. Das gehörte einem Riesen, dem Reichsten, -der weit und breit zu finden war, und alle Felder, bei denen der König -vorübergekommen war, gehörten zu dieser Schloßherrschaft. - -Vorsichtig erkundigte sich der Kater, wer der Riese sei und was er -treibe. Dann bat er um eine Audienz mit der Begründung, daß er bei -seinem Schlosse nicht vorübergehen wolle, ohne sich die Ehre zu geben, -seine Aufwartung zu machen. - -Der Riese empfing ihn so höflich, wie es bei einem Riesen möglich ist, -und bat ihn, Platz zu nehmen. - -»Man hat mir versichert,« sagte der Kater, »daß es in Eurer Macht -stände, die Gestalt eines jeden Tieres anzunehmen, daß Ihr -beispielsweise ein Löwe sein könnt oder ein Elefant.« - -»Ganz recht,« brummte der Riese, »damit Ihr's glaubt, will ich jetzt ein -Löwe werden.« - -Der Kater erschrak, als er wirklich einen Löwen vor sich sah, und -kletterte schleunigst auf die Dachrinne, nicht ohne Mühe und Gefahr, -denn die Stiefel hinderten ihn beim Laufen. Als der Kater sah, daß der -Riese wieder seine alte Gestalt angenommen hatte, kletterte er herab und -gestand, daß er große Angst gehabt habe. - -Dann sagte er: »Man hat mir außerdem versichert, was ich aber kaum -glauben kann, Ihr könntet Euch auch in die kleinsten Geschöpfe -verwandeln, beispielsweise in eine Ratte oder in eine Maus. Ich muß -gestehen, ich halte das für ganz ausgeschlossen.« - -»Ausgeschlossen,« höhnte der Riese, »sieh einmal an«, und in demselben -Augenblick verwandelte er sich in eine Maus, die auf dem Fußboden hin -und her huschte. Kaum hatte der Kater das bemerkt, da packte er die Maus -und fraß sie auf. - -Inzwischen war der König beim Schlosse des Riesen angekommen und zeigte -Lust, hineinzugehen. Als der Kater den Wagen über die Schloßbrücke -holpern hörte, lief er hin und sagte zum König: - -»Eure Majestät heiße ich herzlich willkommen im Schlosse des Herrn -Marquis von Carabas!« - -[Illustration] - -[Illustration] - -»Wie, Herr Marquis,« rief der König aus, »dieses Schloß gehört Ihnen? Es -gibt nicht leicht etwas Schöneres mit all diesen Gebäuden ringsum. Wenn -Sie erlauben, gehen wir hinein.« - -Der Marquis reichte der Prinzessin die Hand, und sie gingen hinter dem -König her, der voranschritt. Sie kamen in einen großen Saal, wo ein -herrliches Mahl bereitet war, welches der Riese für seine Freunde -bestimmt hatte, die ihn am selben Tage besuchen wollten, die aber nicht -gewagt hatten, zu kommen, als sie erfuhren, daß der König da sei. - -Der König war entzückt von dem vortrefflichen Herrn Marquis von Carabas, -und seine Tochter war in ihn verliebt, und wie der König die vielen -Reichtümer sah, die dem Herrn Marquis gehörten, da sagte er zwischen dem -sechsten und siebten Glase zu ihm: - -»Herr Marquis, es liegt nur an Ihnen, wenn Sie mein Schwiegersohn werden -wollen.« - -Der Marquis von Carabas verbeugte sich und nahm das ehrenvolle Angebot -des Königs an und heiratete die Prinzessin noch an demselben Tage. Der -Kater aber wurde ein großer Herr und ging nur noch auf die Mäusejagd, -wenn er sich die Zeit vertreiben wollte. - - - Moral: - - Es ist fürwahr sehr angenehm, - Vom Vater Geld und Gut zu erben. - Der Arme hat's nicht so bequem; - Er braucht jedoch nicht arm zu sterben: - Mit Fleiß und mit Geschicklichkeit - Kommt er bisweilen auch so weit. - - - - -Der kleine Däumling - - -Es war einmal ein Holzhacker und seine Frau. Die hatten sieben Kinder, -lauter Knaben. Der älteste war erst zehn Jahre alt und der jüngste -sieben. Man braucht sich aber nicht zu wundern, daß der Holzhacker in -der kurzen Zeit so viel Kinder bekam, denn seine Frau war sehr fleißig -und schenkte ihm jedesmal mindestens zwei. - -Es waren arme Leute, und die sieben Kinder machten ihnen viel Sorge, -weil noch keines von ihnen sich sein Brot selber verdiente. Aber die -größte Sorge machte ihnen ihr Jüngster; er war ein Schwächling und -konnte noch kein einziges Wort sprechen. Das war in Wirklichkeit ein -Zeichen seiner Schlauheit; aber die Eltern hielten ihn für dumm. - -Er war ein winziger Kerl und, als er zur Welt kam, nicht länger ein -Daumen. Man nannte ihn deshalb den kleinen Däumling. - -Das arme Kind war immer der Sündenbock zu Hause, stets gab man ihm -unrecht. Und doch war er der Schlaueste und Geriebenste von allen seinen -Brüdern und wenn er auch wenig sprach, so hörte er um so mehr. - -Eines Tages, als die Kinder schon zu Bett gebracht waren, saß der -Holzhacker mit seiner Frau auf der Ofenbank und sagte kummervollen -Herzens zu ihr: - -»Du mußt einsehen, daß wir unsere Kinder nicht länger ernähren können. -Ich kann es nicht mit ansehen, wie sie vor meinen Augen verhungern. Wir -müssen sie im Walde aussetzen. Das ist nicht schwer; wenn sie Reisig -suchen, dann lassen wir sie allein und gehen davon.« - -»Was!«, rief da seine Frau, »du brächtest es über das Herz, deine -eigenen Kinder zu töten?« - -[Illustration] - -Vergebens sprach der Mann von ihrer großen Armut, aber sie konnte ihm -nicht recht geben, denn wenn sie auch arm war, so war sie doch die -Mutter der Kinder. Doch als er ihr vorhielt, welcher Schmerz es für sie -sei, zuzusehen, wie die Kinder verhungerten, da war sie schließlich -einverstanden und ging weinend zu Bett. - -Der kleine Däumling aber hatte alles gehört. Denn als er in seinem Bette -lag und die Eltern von ihren Sorgen sprechen hörte, da war er leise -aufgestanden und unter den Schemel seines Vaters gekrochen, wo er -unbemerkt lauschen konnte. - -Er legte sich dann wieder hin. Aber er konnte nicht einschlafen und -dachte nur darüber nach, was jetzt zu tun sei. Früh am Morgen stand er -auf, ging an den Bach, füllte sich die Taschen mit kleinen, weißen -Kieselsteinen und kehrte ins Haus zurück. Bald brachen sie auf. Der -kleine Däumling verriet seinen Brüdern kein Sterbenswörtchen von dem, -was er wußte. Sie kamen in einen großen, dichten Wald, in dem man sich -schon auf zehn Schritte nicht mehr sehen konnte. Der Holzhacker fällte -Bäume, und seine Kinder sammelten Reisig, das sie zu Bündeln banden. Als -der Vater und die Mutter sie so beschäftigt sahen, da machten sie sich -heimlich auf einem kleinen Seitenpfade davon. - -Auf einmal sahen sich die Kinder verlassen und fingen an zu weinen und -aus Leibeskräften zu schreien. Der kleine Däumling ließ sie schreien, -weil er wußte, wie sie nach Hause zurückfinden könnten. Denn unterwegs -hatte er die kleinen, weißen Kieselsteine fallen lassen, die er in -seiner Tasche trug. Er sagte deshalb zu seinen Brüdern: - -»Fürchtet euch nicht! Vater und Mutter haben uns verlassen, aber ich -werde euch heimführen. Folgt mir nur!« - -Und sie folgten ihm. Er führte sie auf demselben Wege, auf dem sie in -den Wald gekommen, zu ihrem Hause zurück. Zuerst wagten sie nicht, -hineinzugehen. Sie lehnten sich alle an die Tür, um zu hören, was Vater -und Mutter sprachen. - -[Illustration] - -Kaum waren der Holzhacker und seine Frau nach Hause gekommen, da -schickte ihnen der Herr des Dorfes die zehn Taler zurück, die er ihnen -schon lange schuldig war, und mit denen sie nicht mehr gerechnet hatten. -Das rettete den armen Leuten das Leben, denn sie waren am Verhungern. -Sogleich schickte der Holzhacker seine Frau zum Fleischer, und weil sie -schon lange kein Fleisch gegessen hatten, kaufte sie dreimal soviel, wie -sie für sich zu einem Abendessen brauchten. Als sie nun satt waren, -sagte die Frau: - -»Wo mögen jetzt unsere armen Kinder sein? Wie würde ihnen das schmecken, -was wir hier übrig haben, aber du, Wilhelm, hast sie ja durchaus -umbringen wollen. Immer habe ich gesagt, wir würden es noch bereuen. Wie -mag es ihnen jetzt in dem finsteren Walde gehen? Ach, mein Gott, die -Wölfe haben sie vielleicht schon gefressen! Du bist wahrhaftig ein -Unmensch, daß du deine eigenen Kinder so umgebracht hast.« - -Der Mann verlor schließlich die Geduld, denn mehr als zwanzigmal -wiederholte sie, daß sie recht gehabt habe und daß er es noch bereuen -würde. Am Ende drohte er ihr, sie zu schlagen, wenn sie nicht den Mund -halte. - -Und doch war der Holzhacker nicht weniger betrübt als seine Frau. Aber -sie machte ihm den Kopf heiß, und er gehörte zu jenen Männern, die -Frauen gerne haben, wenn sie sanfte Reden führen, die aber empört sind, -wenn sie immer recht haben wollen. - -Bittere Tränen vergoß seine Frau: - -»Ach, wo sind jetzt meine Kinder, meine armen Kinder?« - -Einmal rief sie das so laut, daß die Knaben, die an der Tür horchten, -alle miteinander zu schreien anfingen: - -»Wir sind wieder da! Wir sind wieder da!« - -So schnell sie konnte, lief die Frau und machte ihnen die Tür auf. Unter -tausend Küssen rief sie: - -»Wie bin ich froh, daß ich euch wiederhabe, liebe Kinder! Ihr seid gewiß -müde und habt großen Hunger; und du, Peterle, wie schmutzig bist du -denn! Komm, ich will dich waschen!« - -[Illustration] - -Peterle war ihr ältester Sohn, und sie liebte ihn mehr als alle anderen, -weil er von ihr die roten Haare geerbt hatte. Dann setzten sie sich zu -Tisch, und sie aßen mit einem Appetit, der Vater und Mutter helle Freude -machte, und sie erzählten, welche Angst sie im Walde gehabt hatten, und -einer schrie lauter als der andere. - -Die guten Leute freuten sich, ihre Kinder wieder bei sich zu haben, und -diese Freude dauerte geradeso lange, wie die zehn Taler reichten. Aber -als das Geld ausgegeben war, kam wieder die alte Verzweiflung und mit -ihr von neuem der Entschluß, die Kinder auszusetzen. Damit es nicht gehe -wie beim ersten Mal, wollten sie die Kinder noch tiefer in den Wald -hineinführen. Aber sie konnten darüber nicht so heimlich sprechen, daß -der kleine Däumling es nicht gehört hätte, und er wollte es jetzt wieder -so machen wie damals. Aber als er früh aufstand, um kleine Kieselsteine -zu sammeln, da fand er die Haustür doppelt verriegelt. - -Nun wußte er nicht, was er tun sollte. Doch als die Mutter jedem von -ihnen ein Stück Brot zum Frühstück gab, da fiel ihm ein, daß er anstatt -der Steinchen das Brot nehmen könne, wenn er es in Krümeln auf dem Wege -ausstreute, den sie gehen würden, und er steckte das Brot in seine -Tasche. - -Vater und Mutter führten die Kinder in den dichtesten und finstersten -Teil des Waldes, und als sie dort angekommen waren, machten sie sich auf -einem Umweg davon und ließen sie zurück. Der kleine Däumling war nicht -ängstlich, denn er glaubte, den Weg mit den Brotkrümeln, die er überall -ausgestreut hatte, leicht zurückzufinden. Aber er war sehr betroffen, -als er nicht ein einziges Krümelchen entdeckte. Die Vögel waren gekommen -und hatten alle aufgepickt. - -Da waren sie nun in großer Sorge, denn je weiter sie wanderten, um so -mehr verirrten sie sich und gerieten immer tiefer in den Wald hinein. -Die Nacht brach an, und es kam ein großer Sturm, der sie in Schrecken -setzte. Von allen Seiten glaubten sie das Geheul der Wölfe zu hören, die -sie fressen wollten. Sie wagten nicht mehr zu sprechen, noch sich zu -rühren. - -Zu alldem überraschte sie ein großer Regen, und sie wurden naß bis auf -die Knochen. Bei jedem Schritt glitten sie aus und fielen zu Boden. Ganz -beschmutzt standen sie da und wußten nicht mehr, was sie anfangen -sollten. - -[Illustration] - -Da kletterte der kleine Däumling auf einen großen Baum, um auszuschauen, -ob er keine Hilfe sähe. Nach allen Seiten drehte er den Kopf und sah -endlich ein kleines Licht, wie von einer Kerze, aber es war weit weg, -jenseits des Waldes. Er kletterte vom Baum herab, und wie er wieder auf -der Erde war, sah er das Licht nicht mehr. Das machte ihn trostlos. Aber -als er eine Zeitlang mit seinen Brüdern in der Richtung gegangen war, in -welcher er das Licht gesehen hatte, da sah er es beim Austritt aus dem -Walde von neuem. Jedesmal, wenn der Weg sich senkte, verloren sie es -wieder aus den Augen, und das machte ihnen große Angst. Aber schließlich -kamen sie an das Haus, wo die Kerze brannte. - -Sie pochten an die Tür, und eine gute Frau machte ihnen auf und fragte -nach ihrem Begehr. - -Der kleine Däumling sagte, sie seien arme Kinder, die sich im Walde -verirrt hätten, und sie bäten um Gottes willen um ein Nachtlager. - -Wie die Frau die netten Kinder sah, fing sie an zu weinen und sagte zu -ihnen: - -»Ach, meine armen Kinder, wohin seid ihr geraten! Wißt ihr nicht, daß -hier ein Riese wohnt, der kleine Kinder frißt?« - -»Gute Frau,« antwortete ihr der kleine Däumling, der ebenso wie seine -Brüder am ganzen Leibe zitterte, »was sollen wir jetzt anfangen? Gewiß -werden uns die Wölfe heute im Walde auffressen, wenn Ihr uns nicht -aufnehmen wollt. Da ist es schon besser, daß uns der Herr frißt; -vielleicht hat er aber Mitleid, wenn wir ihn darum bitten.« - -Da ließ die Frau die Kinder hinein, denn sie hoffte, sie bis zum -nächsten Morgen vor ihrem Manne verstecken zu können. Sie führte sie an -ein helles Feuer, damit sie sich wärmen konnten. Es wurde nämlich gerade -ein Hammel am Spieße gebraten als Abendessen für den Riesen. Kaum fingen -die Kinder an, warm zu werden, da hörten sie es drei- bis viermal an die -Haustür donnern. Das war der Riese, der zurückkam. Schleunigst -versteckte die Frau die Kinder unter dem Bett und öffnete. - -[Illustration] - -Zuerst fragte der Riese, ob sein Abendbrot fertig und ob der Wein -abgefüllt sei, und setzte sich zu Tisch. Der Hammel war noch ganz -blutig, aber das schien ihm gerade recht. Dann schnüffelte er rechts und -links und sagte, es röche ihm nach frischem Fleisch. - -»Das wird wohl der Hammel sein, den ich soeben gebraten habe«, meinte -seine Frau. - -»Ich rieche frisches Fleisch, sage ich dir nochmals«, versetzte der -Riese und sah seine Frau von der Seite an: - -»Hier muß etwas sein, von dem ich nichts weiß!« - -Mit diesen Worten stand er auf und ging geradenwegs auf das Bett zu. - -»Aha, du schlechtes Weib! Du hast mich also wirklich betrügen wollen! -Ich weiß wahrhaftig nicht, warum ich dich nicht schon längst gefressen -habe. Es ist dein Glück, daß du so ein altes Tier bist. Der Leckerbissen -hier kommt mir gerade recht. Damit kann ich drei befreundete Riesen, die -mich in diesen Tagen besuchen, schön bewirten.« - -Dann zerrte er die Kinder eines nach dem anderen unter dem Bette hervor. -Die Ärmsten warfen sich ihm zu Füßen und baten um Gnade. Aber es war der -Grausamste aller Riesen; er hatte kein Mitleid mit ihnen, und mit seinen -Augen verschlang er sie schon. Dann sagte er zu seiner Frau, das würden -Leckerbissen werden, wenn sie nur eine gute Brühe dazu mache. - -Er langte nach seinem Messer und fing vor den armen Kindern an, es auf -seinem Schleifstein, den er in der Linken hielt, zu schärfen. Schon -hatte er eines gepackt, da sagte seine Frau zu ihm: - -»Was willst du denn jetzt damit? Hast du nicht Zeit bis morgen?« - -»Halt den Mund,« schrie sie der Riese an, »sie sind dann mürber!« - -»Aber du hast ja noch so viel Fleisch,« meinte seine Frau, »ein Kalb, -zwei Hammel und ein halbes Schwein.« - -»Du magst recht haben,« brummte der Riese, »gib ihnen aber gut zu essen, -damit sie mir nicht abmagern, und bring sie dann zu Bett!« - -[Illustration] - -Die gute Frau war außer sich vor Freude und brachte den Kindern ein -schönes Abendessen. Doch sie konnten keinen Bissen anrühren, so sehr -zitterten sie vor Angst. In bester Laune setzte sich der Riese hin und -freute sich, für seine Kumpane einen so schönen Leckerbissen erwischt zu -haben. Er trank und trank zwölf Glas mehr als sonst. Das stieg ihm in -den Kopf, und er legte sich zu Bett. - -Der Riese besaß sieben junge Töchter. Diese Riesinnen hatten alle eine -wunderschöne Haut, da sie sich ebenso wie ihr Vater von frischem -Fleische nährten; aber sie hatten kleine, graue, ganz runde Augen, eine -große Nase und einen großen Mund mit langen, spitzen und weit -auseinanderstehenden Zähnen. Sie waren noch nicht sehr bösartig, aber -doch vielversprechend, denn sie fingen schon an, die kleinen Kinder zu -beißen und ihnen das Blut auszusaugen. - -Sie waren schon früh zu Bette gebracht worden und schliefen alle in -einem einzigen großen Bett. Jede von ihnen trug eine goldene Krone auf -dem Kopfe. In demselben Zimmer stand ein zweites Bett von derselben -Größe. In dieses Bett legte die Frau des Riesen die sieben kleinen -Jungen. Dann ging sie selbst zur Ruhe. - -Der kleine Däumling hatte gesehen, daß die Töchter des Riesen goldene -Kronen auf dem Kopfe trugen, und da er fürchtete, es möchte den Riesen -reuen, daß er sie nicht schon am selben Abend abgeschlachtet hatte, -stand er gegen Mitternacht auf, nahm sich und seinen Brüdern die -Mütze vom Kopf und setzte sie, mit aller Vorsicht, den sieben -Riesentöchterchen auf. Seinen Brüdern und sich selbst setzte er die -goldenen Kronen auf, die er jenen genommen hatte. So mußte der Riese die -Knaben für seine Töchter und seine Töchter für die Knaben halten, die er -schlachten wollte. - -Es kam genau so, wie es sich der kleine Däumling gedacht. Der Riese -wachte um Mitternacht auf, und es tat ihm leid, daß er bis zum anderen -Tage verschoben hatte, was er sofort erledigen wollte. Mit einem -mächtigen Satz sprang er aus seinem Bett und griff zu seinem Messer: - -»Nun wollen wir mal sehen, was unsere kleinen Schelme machen! So etwas -gibt es nicht zum zweiten Male.« - -[Illustration] - -So sprechend, tappte er im Dunkeln hinauf ins Zimmer seiner Töchter und -trat an das Bett heran, in dem die kleinen Knaben lagen. Sie schliefen -alle fest, nur der kleine Däumling wachte. Ein Gruseln überlief ihn, als -er die tastende Hand des Riesen fühlte, der vorher schon alle seine -Brüder abgetastet hatte. Wie der Riese die goldenen Kronen berührte, -sagte er: - -»Donnerwetter, da hätte ich beinahe etwas Schönes angerichtet! Ich habe -wahrhaftig am Abend zuviel getrunken.« - -Dann ging er an das Bett seiner Töchter, und als er hier die Mützen der -Knaben fand, sagte er: - -»Da hätten wir ja unsere Bürschchen! Nun rasch an die Arbeit!« - -Mit diesen Worten schnitt er, ohne zu zögern, allen seinen Töchtern die -Köpfe ab. - -Zufrieden mit seiner Tat legte er sich wieder ins Bett. Kaum hörte der -kleine Däumling den Riesen schnarchen, da weckte er seine Brüder und -hieß sie, sich schnell anzuziehen und ihm zu folgen. Vorsichtig stiegen -sie hinab in den Garten und sprangen über die Mauer. Am ganzen Leibe -zitternd, liefen sie bis zum Morgen, ohne Weg und Steg zu kennen. - -Als der Riese erwachte, sagte er zu seinem Weib: - -»Gehe hinauf und mache die kleinen Schelme von gestern abend zurecht!« - -Die Frau des Riesen war erstaunt über die gute Laune ihres Mannes und -glaubte, er schicke sie, die Knaben anzuziehen. Sie ging hinauf und war -zu Tode erschrocken, als sie ihre sieben Töchter mit abgeschnittenen -Hälsen in ihrem Blute sah. Sie fiel in Ohnmacht, denn das ist das -einzige, was Frauen in dieser Lage tun können. Der Riese glaubte, seiner -Frau würde die Arbeit zu schwer, die er ihr aufgetragen hatte, und ging -hinauf, um ihr zu helfen. Aber er war nicht weniger erschrocken als -seine Frau bei diesem gräßlichen Anblick. - -»Was habe ich da angerichtet,« schrie er, »aber sie sollen es mir auf -der Stelle büßen, die Unglücklichen!« - -Er goß seiner Frau einen Topf Wasser über die Nase, und als sie wieder -zu sich kam, sagte er zu ihr: - -»Gib mir schnell meine Siebenmeilenstiefel, daß ich die Bande einhole!« - -[Illustration] - -Er machte sich auf den Weg, und als er kreuz und quer gelaufen war, kam -er endlich auf die Straße, wo die Knaben gingen. Nur noch hundert -Schritte waren sie vom Hause ihres Vaters entfernt. Da sahen sie den -Riesen, wie er von Berg zu Berg schritt und die größten Ströme -überquerte wie den kleinsten Bach. Der kleine Däumling fand in nächster -Nähe ein Loch in einem Felsen und versteckte darin seine Brüder; auch er -selbst kroch hinein und gab acht, was der Riese tat. Der war von dem -großen Umweg, den er vergebens gemacht hatte, sehr erschöpft und wollte -sich ausruhen. Zufällig setzte er sich gerade auf denselben Felsen, -unter dem sich die Knaben versteckt hatten. Er konnte vor Müdigkeit -nicht mehr weiter und schlief bald ein. Dabei fing er so schrecklich an -zu schnarchen, daß die Kinder nicht weniger Angst bekamen wie damals, -als er zu seinem großen Messer griff, um ihnen den Hals abzuschneiden. - -Der kleine Däumling war mutiger. Während der Riese in festem Schlafe -lag, sagte er zu seinen Brüdern, sie sollten rasch nach Hause laufen und -sich um ihn keine Sorge machen. Sie folgten seinem Rat und erreichten -glücklich das Haus. Der kleine Däumling machte sich an den Riesen heran, -zog ihm vorsichtig seine Stiefel aus und schlüpfte selbst hinein. Die -Stiefel waren zwar groß und weit, aber es waren Zauberstiefel: sie -hatten die Eigenschaft, größer oder kleiner zu werden, je nach ihrem -Träger, und sie paßten ihm so gut, als seien sie für ihn gemacht. - -Schnurstracks lief er zum Hause des Riesen zurück und fand dort sein -Weib in Tränen bei ihren toten Töchtern. - -»Euer Gatte ist in großer Gefahr,« sagte Däumling zu ihr, »er ist von -Räubern gefangen, und diese haben geschworen, ihn zu töten, wenn er -ihnen nicht all sein Gold und Silber gäbe. Gerade als sie ihm den Dolch -an die Kehle setzten, kam ich zufällig vorbei, und er bat mich, zu Euch -zu gehen, um Euch zu benachrichtigen und Euch zu sagen, Ihr solltet mir -alles aushändigen, was er an Vermögen besitzt, und sollt nichts -zurückbehalten, weil sie ihn sonst ohne Mitleid töten. Da größte Eile -nötig ist, gab er mir seine Siebenmeilenstiefel. Es soll zugleich ein -Beweis sein, damit Ihr nicht glaubt, ich sei ein Schwindler.« - -[Illustration] - -In ihrem großen Schrecken gab die Frau ihm alles, was sie hatte, denn -wenn der Riese auch kleine Kinder fraß, so war er doch immer ein guter -Vater und Gatte. - -Schwer beladen mit den Schätzen des Riesen kehrte der kleine Däumling in -das Haus seines Vaters zurück, wo er mit großer Freude empfangen wurde. - -Es gibt viele Leute, die nicht glauben wollen, daß der kleine Däumling -den Riesen bestohlen habe. Er habe in Wirklichkeit sich nur deshalb -keine Gedanken darüber gemacht, dem Riesen die Siebenmeilenstiefel -fortzunehmen, weil dieser sie doch nur dazu benutzte, um die kleinen -Kinder zu fangen. Diese Leute behaupten, sie wüßten es aus bester -Quelle, denn sie wären selbst im Hause des Holzhackers zu Gast gewesen, -und sie erzählen, der kleine Däumling habe sich die Stiefel des Riesen -angezogen und sei damit an den Hof des Königs gegangen, wo man in großer -Sorge um das Schicksal des Heeres war, das 200 Meilen entfernt in heißem -Kampfe lag. Man hatte keine Nachricht über den Ausgang der Schlacht. - -[Illustration] - -Däumling ging nun zum König und erbot sich, ihm noch vor Tagesende -Nachricht von der Armee zu bringen. Der König versprach ihm eine große -Belohnung, wenn er dies fertig bringe. Noch am selben Abend überbrachte -der kleine Däumling die ersehnte Botschaft, und dieser erste Lauf machte -ihn so berühmt, daß er alles erreichte, was er wollte. Der König -belohnte ihn fürstlich. Däumling brachte seine Befehle zur Armee, und -viele Damen gaben ihm alles, was er verlangte, um nur Nachricht von -ihren Liebhabern zu erhalten. Das war seine beste Einnahme. Es fanden -sich zwar auch einige Ehefrauen, die ihm Briefe für ihre Gatten -mitgaben, aber diese zahlten schlecht, und er hielt es für unter seiner -Würde, mit dem ihm von dieser Seite zufließenden Verdienste überhaupt zu -rechnen. - -Auf diese Weise verschaffte er seiner ganzen Familie ein gutes -Auskommen. Seinem Vater und seinen Brüdern kaufte er neugeschaffene -Amtsstellen, und sich selbst schuf er einen trefflichen Hausstand. - - - Moral: - - Wenn einer nette Kinder hat, - Die schön und wohl geraten sind, - Dann zeigt er sie der ganzen Stadt. -- - Jedoch verliert er nicht ein Wort, - Wird ihm geschenkt ein schwächlich Kind, - Er quält's und tut ihm jedem Tort. -- - Doch oft ist so ein kleiner Mann - Ein Kerl, der vieles weiß und kann: - Der kleine Däumling, wie gesagt, - Hat der Familie Glück gebracht. - - - - -Aschenbrödel - -oder - -die Geschichte vom gläsernen Pantöffelchen - - -Es war einmal ein Edelmann, der hatte in seiner zweiten Ehe ein so -hochmütiges und stolzes Weib geheiratet, wie man noch niemals eines sah. -Diese Frau hatte zwei Töchter, welche ganz nach ihrer Art waren und ihr -in jeder Hinsicht glichen. Auch der Mann hatte eine Tochter mit in die -Ehe gebracht, ein Mädchen von holder Anmut und unvergleichlicher Güte, -das wahre Ebenbild ihrer verstorbenen Mutter, der besten Frau der Welt. - -Kaum war die Hochzeit vorbei, da zeigte sich die Stiefmutter auch schon -von ihrer schlimmsten Seite. Sie konnte das junge Mädchen nicht leiden, -denn neben ihm erschienen ihre eigenen Töchter noch häßlicher. - -Deshalb trug sie ihm die schmutzigsten Arbeiten im Hause auf: es mußte -das Geschirr reinigen, die Treppen fegen, es mußte das Zimmer der -gnädigen Frau scheuern und das der gnädigen Fräuleins, ihrer Töchter. Es -mußte auf dem Speicher unter dem Dache auf einem elenden Strohsacke -schlafen, während seine Schwestern die herrlichsten Zimmer hatten, mit -den allermodernsten Betten und mit Spiegeln, in denen sie sich vom Kopf -bis zum Fuß betrachten konnten. - -Doch alles ertrug das arme Mädchen mit Geduld, es wagte nicht, sich bei -ihrem Vater zu beschweren, denn der hätte ihm doch nicht recht gegeben, -weil er ganz unter dem Einflusse seiner Frau stand. Wenn es seine Arbeit -gemacht hatte, dann setzte es sich neben dem Küchenherd in die Asche, -und deshalb nannte man es im Hause nur noch die Küchenschabe; aber die -zweite Tochter, die nicht ganz so böse war wie ihre ältere Schwester, -gab ihm den Namen Aschenbrödel. Trotz allem war Aschenbrödel in ihren -schlechten Kleidern noch hundertmal schöner als ihre Schwestern, wie -sehr sich diese auch putzten. - -Eines Tages gab der Sohn des Königs einen Ball und lud dazu alle -Personen von Rang ein. Auch die beiden Fräuleins wurden eingeladen, denn -sie spielten im Lande eine große Rolle. Darüber freuten sie sich sehr, -und sie überlegten den ganzen Tag, wie sie sich am schönsten kleiden und -schmücken könnten und was ihnen am besten stände. Da gab es neue Arbeit -für Aschenbrödel. Sie mußte die Wäsche ihrer Schwestern waschen und -bügeln und die Manschetten ihrer Kleider kräuseln. Man sprach von nichts -anderem, als was man anziehen wolle. - -»Ich,« sagte die Ältere, »ziehe das rote Velourkleid mit dem englischen -Besatze an.« - -Und die Zweite meinte: »Ich werde meinen gewöhnlichen roten Rock tragen, -aber dazu nehme ich den Umhang mit den Goldblumen und meinen -Diamantschmuck, was mir auch nicht schlecht stehen wird.« - -Die berühmteste Haarkräuslerin mußte kommen, um die Spitzenhauben zu -ordnen und die niedlichen Schönheitspflästerchen zu kleben. Dann riefen -sie Aschenbrödel herbei, um ihr Urteil zu hören; denn sie hatte einen -guten Geschmack. Aschenbrödel gab ihnen die besten Ratschläge und erbot -sich sogar, ihnen das Haar zu machen. Das ließen sie sich gerne -gefallen. - -Während sie die Schwestern kämmte, sagten diese zu ihr: - -»Aschenbrödel, hättest du wohl auch Lust, mit auf den Ball zu gehen?« - -»Ach, edle Damen, warum treibt ihr euren Spott mit mir? Die Ehre wäre zu -hoch für mich.« - -»Da hast du recht, man würde nur lachen, sähe man eine Küchenschabe, wie -du, zum Balle gehen.« - -Eine andere als Aschenbrödel hätte nun sicher die Frisuren verdorben; -aber Aschenbrödel war zu gutmütig dazu und kämmte ihnen die Haare -wunderbar schön. - -[Illustration] - -Fast zwei Tage lang aßen die beiden keinen Bissen, so zitterten sie vor -freudiger Erwartung. Mehr als ein Dutzend Bänder gingen beim Schnüren -entzwei, da sie so schlank als möglich sein wollten. In einem fort -standen sie vor dem Spiegel. - -Endlich war der ersehnte Tag gekommen, und sie fuhren ab. - -Aschenbrödel folgte ihren Schwestern mit den Augen, solange sie konnte. -Aber als sie den Wagen nicht mehr sah, da setzte sie sich hin und -weinte. Ihre Patin sah ihre Tränen und fragte, was ihr fehle. - -»Ich möchte so gern, .... ich möchte so gern ....« - -Vor lauter Schluchzen konnte sie nicht zu Ende sprechen. - -»Du möchtest wohl gern auf den Ball gehen?« sagte die Patin, die eine -Fee war. - -»Ach ja«, antwortete Aschenbrödel und tat einen tiefen Seufzer. - -»Wenn du brav bist, dann will ich dich hingehen lassen.« - -Mit diesen Worten führte sie Aschenbrödel in ihre Kammer und sagte zu -ihr: - -»Gehe in den Garten und bringe mir einen Kürbis!« - -Aschenbrödel ging sofort hinunter, pflückte den schönsten Kürbis, den -sie fand, und brachte ihn der Patin, ohne zu ahnen, wie er ihr zum -Ballbesuch verhelfen könnte. Die Patin fing an, den Kürbis auszuhöhlen, -und als nur noch die Schale übrig war, klopfte sie mit ihrem Zauberstab -daran, und auf der Stelle verwandelte sich der Kürbis in einen schönen, -goldenen Wagen. - -Dann sah sie in der Mäusefalle nach und fand sechs lebendige Mäuse -darin. Sie befahl Aschenbrödel, die Klappe ein wenig anzuheben, und gab -jeder Maus, die herausschlüpfte, einen leichten Schlag mit ihrem -Zauberstab. Darauf verwandelte sich die Maus sofort in ein schönes Roß. -Das gab ein prächtiges Sechsgespann, sechs Pferde von herrlichem -Apfelgrau, geradeso wie die Mäuse gewesen waren. - -Nun fehlte nur noch ein Kutscher, und Aschenbrödel meinte: »Ich werde -einmal sehen, ob nicht eine Ratte in der Falle ist! Daraus könnten wir -wohl einen Kutscher machen.« - -»Du hast recht,« sagte die Patin, »sieh einmal nach!« - -Aschenbrödel holte die Rattenfalle; da waren drei fette Ratten darin. -Eine von ihnen, die einen stattlichen Bart hatte, packte die Fee, und -kaum hatte sie die Ratte mit dem Stabe berührt, da stand auch schon ein -dicker Kutscher da, mit einem so mächtigen Schnauzbart, wie man noch -keinen gesehen hatte. - -Hierauf sagte die Fee zu Aschenbrödel: - -»Gehe in den Garten, dort wirst du hinter der Gießkanne sechs Eidechsen -finden, die bringe mir her!« - -Kaum hatte sie die Eidechsen gebracht, da verwandelte sie die Patin in -sechs Lakaien in prächtig verbrämten Röcken. Sofort stiegen die Lakaien -auf ihre Sitze und benahmen sich dabei so geschickt, als hätten sie in -ihrem ganzen Leben nichts anderes getan. Dann sagte die Fee zu -Aschenbrödel: - -»Siehst du, jetzt kannst du auf den Ball fahren; freust du dich nun?« - -»O ja; aber soll ich denn so, wie ich bin, hingehen, in diesen -schlechten Kleidern?« - -Da berührte sie die Patin leise mit ihrem Zauberstabe, und sofort hatte -sich ihr armseliges Kleid in ein gold- und silberglänzendes, mit -Edelsteinen besetztes Gewand verwandelt. Zum Schluß gab sie ihr noch ein -Paar niedliche gläserne Pantöffelchen. - -So geschmückt stieg Aschenbrödel in den Wagen; aber vorher trug ihr die -Patin auf, ja nicht die Mitternacht vorbeizulassen, und drohte ihr, wenn -sie auch nur einen Augenblick länger auf dem Ball bliebe, so würde ihr -Wagen wieder zum Kürbis werden, ihre Pferde zu Mäusen, ihr Kutscher zur -Ratte, und ihre stattlichen Lakaien würden wieder ihre frühere Gestalt -annehmen. - -Aschenbrödel versprach ihrer Patin, den Ball ganz gewiß vor Mitternacht -zu verlassen, und fuhr ab, außer sich vor Freude. Als sie so prächtig -dahergefahren kam, benachrichtigte man den Sohn des Königs, eine -vornehme Prinzessin, die niemand kenne, sein angekommen, und der -Königssohn lief herbei, sie zu empfangen. Wie sie aus dem Wagen stieg, -reichte er ihr die Hand und führte sie in den Festsaal. Da war mit einem -Male großes Schweigen: alles hörte auf zu tanzen, und die Geigen -verstummten. Jeder sah nur noch die wunderschöne Unbekannte. Überall -hörte man raunen und wispern: - -»Ach, wie schön ist sie!« - -[Illustration] - -Sogar der König, so alt er war, konnte sich nicht von ihrem Anblick -losreißen und flüsterte der Königin zu, er hätte lange keine so hübsche -und so liebenswerte Person gesehen. - -Die Damen musterten Kopfputz und Kleiderschnitt der Fremden mit -großer Aufmerksamkeit, um es ihr schon am anderen Tage nachzutun, -vorausgesetzt, daß sich so schöne Stoffe finden ließen und so geschickte -Schneider. - -Der Königssohn führte die Fremde auf den Ehrenplatz und bat sie sofort -um einen Tanz, und sie tanzte mit so viel Anmut, daß man nicht aus dem -Staunen kam. - -Nun wurde ein köstliches Mahl bereitet, aber der junge Prinz konnte -keinen Bissen essen: er sah nichts anderes mehr als seine Dame. - -Nach dem Mahl stand Aschenbrödel auf und setzte sich zu ihren -Schwestern, um ihnen tausenderlei Artigkeiten zu erweisen. Sie teilte -Orangen und Zitronen mit ihnen, die ihr der Prinz geschenkt hatte, und -setzte sie mit alldem in das größte Erstaunen. Denn sie erkannten -Aschenbrödel nicht. - -Als sie noch plauderten, hörte Aschenbrödel drei Viertel auf zwölf -schlagen. Schleunigst erhob sie sich, machte vor der ganzen -Festgesellschaft eine tiefe Verbeugung und verließ den Saal so rasch, -wie sie konnte. - -Zu Hause angelangt, suchte sie die Patin auf, dankte ihr herzlich und -sagte ihr, sie wünsche sich sehnlichst, am nächsten Tage nochmals auf -den Ball zu gehen, weil der Königssohn sie darum gebeten habe. Als sie -gerade dabei war, ihre Erlebnisse zu erzählen, da klopften die -Schwestern an die Türe, und Aschenbrödel machte ihnen auf. - -»Ihr kommt aber spät!« sagte sie, rieb sich gähnend die Augen und reckte -sich, als sei sie eben aufgestanden. - -Die eine der Schwestern sagte: »Wärest du mit auf dem Ball gewesen, du -hättest dich sicher nicht gelangweilt. Es war eine so schöne Prinzessin -da, wie es auf der ganzen Welt keine zweite gibt. Tausend Artigkeiten -hat sie uns erwiesen und hat uns Orangen und Zitronen geschenkt.« - -Aschenbrödel war außer sich vor Freude; sie fragte, wie die Prinzessin -hieße. Aber ihre Schwestern antworteten, daß kein Mensch sie kenne, und -daß der Königssohn sich den Kopf darüber zerbräche und alles in der Welt -darum gäbe, wenn er erfahren könne, wer sie sei. - -Aschenbrödel lachte: »War sie wirklich so schön? Mein Gott, wie ich euch -beneide! Könnte ich sie doch nur einmal sehen! Ach, Fräulein Javotte, -leiht mir doch euer gelbes Kleid, welches ihr alltags tragt!« - -»Das könnte mir passen,« meinte Fräulein Javotte, »einer alten -Küchenschabe wie dir das Kleid leihen! Da müßte ich ja närrisch sein!« - -Aschenbrödel hatte diese Antwort erwartet und war froh darüber, denn sie -wäre in die größte Verlegenheit geraten, hätte ihr die Schwester -wirklich das Kleid geliehen. - -Als die beiden Schwestern am nächsten Tage wieder zum Balle fuhren, -erschien auch Aschenbrödel dort, aber diesmal noch herrlicher geschmückt -wie am ersten Tag. - -Der Königssohn ging nicht von ihrer Seite und sagte ihr die schönsten -Dinge. - -Darüber vergaß das junge Mädchen ganz, was ihr die Patin gesagt. Die Uhr -holte schon zum Schlag der zwölften Stunde aus, da glaubte sie noch, es -sei erst elf. Schnell sprang sie nun auf und flüchtete so leicht wie -eine Hindin. - -Der Prinz stürzte ihr nach, aber er konnte sie nicht mehr erreichen. In -der Eile verlor Aschenbrödel einen ihrer gläsernen Pantoffel, den der -Prinz behutsam aufhob. - -Ganz außer Atem kam sie nach Hause, ohne Wagen, ohne Lakai, in ihren -schlechten Kleidern. Nichts war ihr von all der Herrlichkeit geblieben -als das zweite Pantöffelchen, das genau so war wie das verlorene. - -[Illustration] - -Die Torwächter des Schlosses wurden gefragt, ob sie keine Prinzessin -gesehen hätten. Doch diese sagten, sie hätten nur ein junges Ding in -Lumpen gesehen, mehr von dem Aussehen einer Bauernmagd als einer -Edeldame. - -Als nun die beiden Schwestern vom Ball heimkehrten, fragte sie -Aschenbrödel, ob sie sich wieder gut unterhalten hätten, und ob auch die -schöne Dame wieder da gewesen wäre. - -Ja, sagten diese, aber die schöne Dame sei davongelaufen, als die Uhr -Mitternacht geschlagen habe. Sie sei so rasch gelaufen, daß sie dabei -eines ihrer wunderschönen gläsernen Pantöffelchen verloren habe. Das -habe der Königssohn aufgehoben und bis zum Ende des Balles kein Auge -davon gelassen. Sicher sei er ganz verliebt in das schöne Mädchen, dem -das Pantöffelchen gehöre. - -Sie hatten recht, denn wenige Tage darauf ließ der Königssohn mit -Trompetenschall bekanntgeben, er würde das junge Mädchen zu seiner Frau -machen, an dessen Fuß das Pantöffelchen passe. - -Zuerst probierte man bei den Prinzessinnen, dann bei den Herzoginnen und -bei der ganzen Hofgesellschaft, aber umsonst. Man brachte das -Pantöffelchen zu den beiden Schwestern, die sich anstrengten, den Fuß -hineinzuzwängen, aber sie brachten es nicht zuwege. Als Aschenbrödel -ihnen dabei zusah und ihren Pantoffel wieder erkannte, sagte sie -lachend: - -»Laßt mich doch einmal sehen, ob er mir nicht paßt!« - -Da fingen die Schwestern an zu lachen und ihre Witze über sie zu machen. -Aber der Edelmann, der die Pantoffelprobe veranstaltete, hatte -Aschenbrödel aufmerksam betrachtet und fand sie sehr schön. Deshalb -sagte er zu ihr, ihr Wunsch sei berechtigt, denn er habe den Auftrag, -die Probe bei allen jungen Mädchen zu machen. - -Er ließ Aschenbrödel Platz nehmen, und als er den Pantoffel an -ihren kleinen Fuß hielt, da schlüpfte sie mühelos hinein, und das -Pantöffelchen paßte ihr wie angegossen. - -Das Erstaunen der beiden Schwestern war groß, aber es wurde noch größer, -als Aschenbrödel aus ihrer Tasche das andere Pantöffelchen hervorzog und -hineinschlüpfte. - -Darüber kam die Patin hinzu und mit ihrem Zauberstabe berührte sie -Aschenbrödels Kleid und verwandelte es in ein Gewand, das noch viel, -viel schöner war als alle früheren. - -Da erkannten die beiden Schwestern in Aschenbrödel die schöne Fremde, -die sie auf dem Ball gesehen hatten. Sie warfen sich ihr zu Füßen und -baten sie um Verzeihung für alles Böse, was sie ihr zugefügt hatten. - -Aschenbrödel hob sie auf, umarmte sie und beteuerte, daß sie ihnen von -ganzem Herzen verzeihe und sie bäte, immer lieb zu ihr zu sein. - -Dann geleitete man Aschenbrödel, herrlich geschmückt, wie sie war, zu -dem jungen Prinzen, und dieser fand sie noch tausendmal schöner als -zuvor. Wenige Tage darauf wurde die Hochzeit gefeiert. Aschenbrödel war -ebenso gut wie schön, ließ die beiden Schwestern im Schlosse wohnen und -verheiratete sie noch an demselben Tage mit zwei vornehmen Herren vom -Hofe. - - - Moral: - - Ganz ohne Zweifel es von großem Vorteil ist, - Wenn du nicht mutig nur, wenn du auch witzig bist, - Vornehmen Standes und auch klug dabei, - Und was an Gaben dir noch mehr beschieden sei. - Jedoch vergebens sie zu eigen dir gehören, - Dein Glück und Streben sie um keinen Deut vermehren, - Wenn du nicht eine Patin hast und gute Paten, - Die dich bei deinem Werk betreuen und beraten. - - - - -Riquet mit der Locke - - -Es war einmal eine Königin, die bekam einen Sohn, der war so häßlich und -mißgestaltet, daß man lange im Zweifel war, ob er überhaupt ein Mensch -sei. Eine Fee, die bei der Geburt des Kindes erschien, versicherte, es -würde sehr klug werden. Sie fügte noch hinzu, er könne dank einer -besonderen Gabe, die sie ihm verliehen habe, ebensoviel Verstand, wie er -selbst besitze, auf den Menschen übertragen, den er am meisten liebe. - -Das tröstete ein wenig die arme Königin, die sehr betrübt war, einem so -häßlichen kleinen Kerl das Leben geschenkt zu haben. - -Aber kaum fing das Kind an zu sprechen, da konnte es auch schon tausend -Dinge bei ihrem Namen nennen, und bei all seinem Tun zeigte es einen so -großen Verstand, daß jedermann von ihm entzückt war. - -Ich vergaß zu erzählen, daß es mit einer kleinen Haarlocke auf dem Kopfe -geboren wurde und man es deshalb Riquet mit der Locke nannte, denn -Riquet war sein Familienname. - -Sieben oder acht Jahre darauf gebar die Königin eines Nachbarlandes zwei -Töchter. Die erste, die zur Welt kam, war schöner als der Tag, und die -Königin freute sich dermaßen darüber, daß man schon fürchtete, die allzu -große Freude könne ihr schaden. - -Dieselbe Fee, die bei der Geburt des kleinen Riquet mit der Locke -zugegen war, erschien auch hier und erklärte der Königin, um ihre Freude -zu mäßigen, die kleine Prinzessin würde keinen großen Verstand haben, -ihre Dummheit würde ebenso groß sein wie ihre Schönheit. - -Das schmerzte die Königin sehr, und doch hatte sie bald darauf einen -noch viel größeren Kummer; denn die zweite Tochter, deren sie genas, war -über die Maßen häßlich. - -»Seid darüber nicht weiter traurig!« sagte die Fee, »Eure Tochter wird -entschädigt werden. Sie wird so klug sein, daß man es fast vergißt, was -ihr an Schönheit fehlt.« - -»Gott gebe es!« antwortete die Königin, »aber gibt es denn kein Mittel, -der älteren zu ihrer Schönheit auch ein wenig Verstand zu verschaffen?« - -»Leider kann ich hierin für Eure Tochter nichts tun, Frau Königin,« -sagte die Fee. »Aber was die Schönheit angeht, das vermag ich alles; und -da ich Euch herzlich gern einen Gefallen tue, so will ich Eurer Tochter -die Gabe verleihen, dem Menschen, der ihr gefällt, Schönheit zu -verleihen!« - -Je älter die beiden Prinzessinnen wurden, um so deutlicher wurden ihre -Vorzüge: überall sprach man von der Schönheit der älteren und von der -Klugheit der zweiten. - -Aber auch ihre Fehler wuchsen mit den Jahren: die jüngere wurde immer -häßlicher und die ältere von Tag zu Tag dümmer. Sie gab nicht einmal -mehr eine Antwort, wenn man sie fragte, oder sie sagte eine Dummheit. -Dabei war sie noch so ungeschickt, daß sie nicht vier Teller auf den -Ofensims stellen konnte, ohne einen zu zerbrechen, und kein Glas Wasser -konnte sie trinken, ohne die Hälfte auf ihr Kleid zu schütten. - -Wenn auch Schönheit ein großer Vorteil für ein junges Mädchen ist, so -war doch die jüngere fast in jeder Gesellschaft beliebter als ihre -ältere Schwester. - -Zuerst kam man immer zur Schönen, um sie anzustaunen und zu bewundern; -aber es dauerte nicht lange, da ging man zur Klügeren, um tausend -anmutige Dinge von ihr zu hören, und es war erstaunlich, daß in weniger -als einer Viertelstunde die ältere keinen Menschen mehr auf ihrer Seite -hatte, und sich alle um die zweite scharten. - -Trotz ihrer großen Dummheit entging ihr dies nicht, und sie hätte ohne -Besinnen alle ihre Schönheit eingetauscht gegen die halbe Klugheit ihrer -Schwester. - -Wie verständig die Königin auch war, so konnte sie sich doch nicht -enthalten, ihrer Tochter hie und da ihre Dummheit vorzuwerfen, so daß -die arme Prinzessin vor Kummer fast gestorben wäre. - -Eines Tages, als sie in einen Wald gegangen war, um ihr Unglück zu -beklagen, sah sie einen sehr häßlichen und unausstehlichen jungen Mann -auf sich zu kommen, der aber sehr vornehm gekleidet war. - -Es war der junge Prinz Riquet mit der Locke. Als er die Bilder gesehen -hatte, die von der Prinzessin in aller Welt verbreitet waren, da hatte -er, in Liebe zu ihr entbrannt, das Reich seines Vaters verlassen, um sie -zu sehen und zu sprechen. - -Erfreut über diese einsame Begegnung, redete er sie mit aller Ehrfurcht -und aller nur denkbaren Höflichkeit an. Nachdem er die üblichen -Komplimente gemacht hatte, sah er, daß sie sehr traurig war, und er -sagte deshalb zu ihr: - -»Ich verstehe nicht, mein Fräulein, daß eine Dame, die so schön ist wie -Sie, so trübsinnig sein kann, wie Sie zu sein scheinen; denn wenn ich -mich auch rühmen darf, eine Unzahl hübscher Mädchen gesehen zu haben, so -habe ich doch noch niemals eine Schönheit gefunden, die der Ihrigen -gleichkäme!« - -»Das sagen Sie so, mein Herr!« antwortete die Prinzessin und blieb -traurig wie zuvor. - -»Die Schönheit,« fuhr Prinz Riquet mit der Locke fort, »ist ein großer -Vorzug, der wichtiger ist als alles andere, und ich weiß nicht, warum -jemand der so schön ist wie Sie, noch traurig sein kann.« - -»Lieber möchte ich so häßlich sein wie Sie,« entgegnete die Prinzessin, -»und Ihren Verstand haben, als meine Schönheit behalten und so dumm -sein, wie ich es bin!« - -»Nichts beweist mehr, daß jemand Verstand hat, als sein Glaube, er habe -keinen; es ist eine Eigentümlichkeit dieser Gabe, daß man, je mehr man -davon besitzt, desto mehr glaubt, sie fehle einem.« - -»Das verstehe ich nicht,« sagte die Prinzessin, »ich weiß nur, daß ich -sehr dumm bin, und das ist der Grund meines Leides, das mich noch töten -wird!« - -»Wenn Sie weiter nichts bekümmert, mein Fräulein, so kann ich Ihrem -Schmerze leicht ein Ende machen!« - -»Und wie wollen Sie das tun?« forschte die Prinzessin. - -»Ich habe die Macht, mein Fräulein,« sagte Riquet mit der Locke, »auf -den Menschen, den ich am meisten lieben muß, so viel Verstand zu -übertragen, wie man eben braucht. Sie sind dieser Mensch, mein Fräulein! - -Es liegt also nur an Ihnen, und Sie verfügen über so viel Verstand, wie -man nur haben kann, vorausgesetzt, daß Sie mich gerne heiraten wollen!« - -Die Prinzessin war über diese Worte ganz bestürzt und gab keine Antwort -darauf. - -»Wie ich sehe,« fuhr Prinz Riquet mit der Locke fort, »ist Ihnen mein -Vorschlag peinlich, und das wundert mich nicht; ich gebe Ihnen aber ein -ganzes Jahr Zeit, um sich zu entscheiden!« - -Die Prinzessin hatte so wenig Verstand und gleichzeitig so große -Sehnsucht, Verstand zu besitzen, daß sie sich einbildete, das Jahr würde -niemals zu Ende gehen: deshalb nahm sie den ihr gemachten Vorschlag an. -Kaum hatte sie Riquet mit der Locke versprochen, ihn am gleichen Tage -des nächsten Jahres zu heiraten, als sie sich anders fühlte, wie sie -vorher war: sie bemerkte in sich eine unbekannte Fähigkeit, alles, was -sie sagen wollte, auf eine feine, heitere und natürliche Art zum -Ausdruck zu bringen; und sie begann mit Riquet eine artige und -wohlgesetzte Unterhaltung, die so geistreich war, daß der Prinz glaubte, -ihr mehr Verstand gegeben zu haben, als er sich selbst behalten habe. - -Als die Prinzessin ins Schloß zurückkehrte, wußte der ganze Hof nicht, -was er zu einer so plötzlichen und außerordentlichen Wandlung sagen -sollte. - -Noch kurz vorher hatte sie lauter albernes Zeug geredet, und jetzt hörte -man von ihr tiefempfundene, unendlich geistvolle Dinge. - -Der ganze Hof hatte eine so große Freude, wie man es sich nicht -vorstellen kann. Aber die jüngere Schwester der Prinzessin freute sich -weniger: Jetzt, wo sie vor der älteren nicht mehr den Vorzug der -Klugheit voraushatte, erschien sie neben ihr wie ein recht unangenehmes -Affengesicht. - -Der König gab viel auf ihre Meinung und hielt sogar öfters den Staatsrat -in ihrem Zimmer ab. - -Als sich nun die Kunde von dieser Wandlung verbreitete, gaben sich alle -jungen Prinzen der benachbarten Reiche Mühe, sich bei der Prinzessin -beliebt zu machen, und fast alle begehrten sie zur Frau. Sie fand aber -keinen, der ihr klug genug war, hörte sie alle an und entschied sich für -keinen von ihnen. - -Eines Tages aber kam ein so mächtiger, reicher, kluger und schöner -Prinz, daß sie sich einer Neigung für ihn nicht enthalten konnte. - -Als das ihr Vater merkte, sagte er zu ihr, er stelle ihr die Wahl eines -Gatten frei, sie brauche sich nur zu erklären. - -Da nun, je klüger man ist, es einen desto mehr Mühe kostet, in solcher -Angelegenheit zu festem Entschluß zu gelangen, dankte sie ihrem Vater -und bat ihn um Bedenkzeit. - -Zufällig ging sie eines Tages in demselben Wald, in dem ihr Riquet mit -der Locke begegnet war, spazieren, um ungestört darüber nachzudenken, -was sie tun solle. Wie sie so in ihre Gedanken versunken dahinschritt, -hörte sie unter ihren Füßen ein dumpfes Geräusch, als ob viele Leute -geschäftig hin und her gingen. - -Als sie aufmerksam lauschte, hörte sie, wie einer sagte: »Bring mir den -Kessel!« und ein andrer: »Leg' Holz aufs Feuer!« - -In demselben Augenblick tat sich die Erde auf, und sie sah zu ihren -Füßen eine Art große Küche, voll von Köchen, Küchenjungen und allen -möglichen Küchenmeistern, wie man sie braucht, um ein prächtiges -Festmahl herzurichten. Etwa zwanzig bis dreißig Köche kamen hervor und -scharten sich in einer Allee des Waldes um einen langen Tisch, wo sie -sich, die Spicknadel in der Hand und den Löffel hinter dem Ohr, nach dem -Takte eines Liedes an die Arbeit machten. - -Verwundert über diesen Anblick fragte die Prinzessin, für wen sie da -tätig wären. - -Der Oberste der Schar gab zur Antwort: »Für den Prinzen Riquet mit der -Locke, der morgen Hochzeit macht!« - -[Illustration] - -Die Prinzessin fiel aus allen Wolken, so überrascht war sie. Nun -erinnerte sie sich plötzlich, daß es ja ein Jahr her war, da sie am -gleichen Tage dem Prinzen Riquet mit der Locke die Hochzeit versprochen -hatte. Sie hatte deshalb nicht mehr daran gedacht, weil sie noch ein -dummer Mensch gewesen war, als sie das Versprechen gab. Im Besitze der -von dem Prinzen auf sie übertragenen Vernunft hatte sie dann später alle -ihre Torheiten vergessen. - -Sie war noch keine dreißig Schritt weitergegangen, als Riquet mit der -Locke vor ihr erschien, stolz, prächtig, kurz: wie ein Prinz, der -Hochzeit machen will. - -»Wie Sie sehen, mein Fräulein, habe ich pünktlich mein Wort gehalten, -und zweifelsohne kamen auch Sie hierher, um dasselbe zu tun und mich -durch Ihre Hand zum Glücklichsten aller Sterblichen zu machen!« - -»Ich will Ihnen offen gestehen,« antwortete die Prinzessin, »daß ich -noch keinen Entschluß gefaßt habe, und daß ich kaum glaube, Ihren -Wünschen entsprechen zu können!« - -»Sie setzen mich in Erstaunen, mein Fräulein!« sagte Riquet mit der -Locke zu ihr. - -»Ich glaube es,« sagte die Prinzessin, »und sicherlich wäre ich jetzt in -der größten Verlegenheit, wenn ich es mit einem rohen, unvernünftigen -Menschen zu tun hätte. Dieser würde sagen, daß auch eine Prinzessin nur -ein Wort zu vergeben habe und da sie einmal ihr Versprechen gegeben, so -müsse sie es auch halten. Aber da der Mann, mit dem ich spreche, der -klügste Mensch in der ganzen Welt ist, so bin ich sicher, daß er -Vernunft annehmen wird. Als ich nichts weiter war wie ein Dummkopf, -hatte ich mich trotzdem, wie Sie wissen, nicht entschließen können, Sie -zu heiraten. Wie können Sie von mir erwarten, daß ich heute, wo ich -infolge des von Ihnen erhaltenen Verstandes so viel anspruchsvoller bin, -einen Entschluß fassen soll, zu dem ich mich damals nicht aufraffen -konnte? Wenn Sie also darauf ausgingen, mich zu heiraten, dann war es -eine große Ungeschicklichkeit von Ihnen, mir meine Dummheit zu nehmen -und mich klarer sehen zu lassen als früher!« - -Riquet mit der Locke gab zur Antwort: »Wenn Sie es einem geistlosen -Menschen, wie Sie eben sagten, nicht verübeln würden, Ihnen die -Nichterfüllung Ihres Wortes vorzuwerfen, warum wollen Sie denn, mein -Fräulein, daß ich nicht ebenso verfahre, wo es sich doch um mein ganzes -Lebensglück handelt? Ist es vernünftig, daß Menschen mit Verstand -schlechter daran sind als Menschen ohne Verstand? Wollen Sie das -wirklich behaupten, Sie, die Sie jetzt so viel Verstand besitzen und -sich so sehr danach gesehnt haben? Aber kommen wir zur Sache, wenn es -Ihnen beliebt! Abgesehen von meiner Häßlichkeit -- gibt es da noch -irgend etwas an mir, was Ihnen mißfällt? Nehmen Sie vielleicht Anstoß an -meiner Abstammung, an meinem Verstande, an meiner Gemütsart, an meinen -Manieren?« - -»Ganz und gar nicht!« antwortete die Prinzessin, »alles, was Sie eben -anführten, schätze ich an Ihnen.« - -»Wenn dem so ist,« fuhr Riquet mit der Locke fort, »so werde ich -doch noch glücklich werden, denn Sie haben die Macht, mich zum -liebenswertesten aller Menschen zu machen!« - -»Auf welche Weise?« fragte die Prinzessin. - -»Es ist einfach! Wenn Sie mich nur genug lieben, um zu wünschen, daß es -so sein möchte! Kurz, mein Fräulein, damit Sie nicht länger im Zweifel -sind, so hören Sie: Dieselbe Fee, die mir am Tage meiner Geburt die Gabe -verlieh, den Menschen, der mir gefällt, klug zu machen, gab Ihnen die -Gabe, den Mann schön zu machen, den Sie lieben, und an dem Sie diese -Gunst betätigen wollen!« - -»Wenn es sich so verhält,« sagte die Prinzessin, »so wünsche ich von -ganzem Herzen, daß Sie der schönste und liebenswürdigste Prinz der Welt -werden sollen, und ich verleihe Ihnen von diesen Eigenschaften ebenso -viel, wie ich selbst besitze!« - -Kaum hatte die Prinzessin diese Worte gesprochen, als Riquet mit der -Locke sich in ihren Augen in den schönsten Mann der Welt verwandelte, -den bestgestalteten und liebenswürdigsten, den sie je gesehen hatte. - -Einige Leute behaupten, es wären nicht die Zauberkünste der Fee gewesen, -die da am Werke waren: die Liebe allein habe diese Wandlung vollbracht. -Sie sagen, als sich die Prinzessin der Beharrlichkeit ihres Bewerbers, -seiner Verschwiegenheit und aller seiner guten Herzens- und -Verstandesgaben bewußt geworden wäre, habe sie keinen Blick mehr für -seinen mißgestalteten Körper und sein häßliches Gesicht gehabt. Sein -Buckel wäre ihr nur wie krumme Haltung vorgekommen, und in dem -schrecklichen Hinken, das sie früher an ihm wahrgenommen hatte, habe sie -jetzt nur eine gewisse reizvolle Nachlässigkeit erblickt. Es heißt -weiter, daß ihr sogar seine schielenden Augen als außerordentlich -strahlend vorgekommen wären, und ihre Unregelmäßigkeit nahm in ihrer -Vorstellung den Charakter gewaltiger Liebesleidenschaft an; endlich -hatte auch seine dicke, rote Nase für sie etwas Kriegerisches und -Heldenhaftes. - -Wie dem auch sei, die Prinzessin versprach ihm, auf der Stelle ihn zu -heiraten, vorausgesetzt, daß er dazu die Einwilligung ihres königlichen -Vaters erhalte. - -Als der König erfuhr, wie sehr seine Tochter den Prinzen Riquet mit der -Locke schätzte, den er übrigens als einen sehr vernünftigen und weisen -Menschen kannte, nahm er ihn mit Vergnügen als seinen Eidam an. - -Schon am nächsten Tag wurde die Hochzeit gefeiert, wie Riquet mit der -Locke es vorausgesehen hatte, und zwar nach den Anordnungen, die er -schon lange vorher dafür getroffen hatte. - - - Moral: - - Nicht Dichtung ist's, was Ihr gehört: - Das Leben selbst Euch hier belehrt, - Daß schön und klug ist jedermann, - Den eins von Herzen lieben kann. - - - - -Jungfer Eselshaut - - -Es war einmal ein König, der war so mächtig, von seinem Volke so -geliebt, von allen seinen Nachbarn und Freunden so geehrt, daß man ihn -den glücklichsten aller Herrscher nennen konnte. Noch größer wurde sein -Glück, als er sich eine Prinzessin zur Braut erwählte, die ebenso schön -wie tugendhaft war. In ihrer treuen Ehe wurde ihnen ein Töchterchen -geschenkt, welches so schön und so anmutig war, daß sie niemals -bedauerten, nur dieses eine Kind zu haben. - -Pracht, Reichtum und Geschmack herrschten in ihrem Palaste. Die Minister -waren weise und geschickt, die Höflinge tugendhaft und anhänglich, die -Diener treu und fleißig. Die schönsten Pferde standen reich gezäumt in -den geräumigen Ställen. Aber was die Fremden, die die schönen Ställe -besuchten, am meisten in Erstaunen setzte, das war ein alter Esel, der -an einem besonderen Ehrenplatze im Stalle seine langen, großen Ohren -ausstreckte. Der König hatte ihm diesen bevorzugten Platz nicht etwa aus -irgendeiner Laune angewiesen, -- er hatte vielmehr einen guten Grund -dazu. Denn dieses seltene Tier verdiente eine solche Bevorzugung; es -hatte nämlich die sonderbare Eigenschaft, daß seine Streu jeden Morgen -nicht etwa beschmutzt, sondern in verschwenderischer Fülle mit schönen -Goldtalern und Dukaten aller Art bedeckt war, die man nur aufzusammeln -brauchte. - -Da die Sonne des Lebens ihre Schatten nicht nur auf die Untertanen, -sondern auch auf die Könige wirft, und da Gutes und Schlechtes stets -beieinander wohnen, so wollte es der Himmel, daß die Königin plötzlich -von einer schweren Krankheit befallen wurde, gegen die man trotz aller -ärztlichen Wissenschaft und Geschicklichkeit kein Heilmittel fand. Alle -waren untröstlich. - -Der König, der trotz jenes berühmten Sprichwortes, welches die Ehe das -Grab der Liebe nennt, immer noch seine Gattin in Zärtlichkeit verehrte, -wußte nicht, was er in seinem Kummer tun sollte. Allen Kirchen seines -Reiches machte er heilige Gelübde; er wollte dem Himmel sein eigenes -Leben opfern, um das seiner geliebten Gemahlin zu retten. Aber er rief -vergeblich Gott und die Feen an. - -Als die Königin ihr letztes Stündchen nahen fühlte, sagte sie zu ihrem -weinenden Gemahl: - -»Verzeiht, wenn ich vor meinem Tode eines von Euch fordere: Solltet ihr -jemals das Verlangen haben, Euch wieder zu verheiraten ...« Bei diesen -Worten schluchzte der König gar jammervoll, faßte die Hand seiner Frau, -versicherte mit Tränen in den Augen, daß es überflüssig sei, ihm von -einer zweiten Ehe zu sprechen. - -»Nein, nein, teuerste Königin, sagte er endlich, sprecht lieber davon, -wie ich Euch folgen soll!« - -Darauf entgegnete die Königin mit einer Entschlossenheit, die den -Schmerz ihres Mannes nur noch vermehrte: - -»Der Staat, der auf eine richtige Thronfolge bedacht sein muß, hat ein -Recht, von Euch Söhne zu verlangen, die Euch gleichen. Trotzdem ich Euch -nur eine Tochter geschenkt habe, bitte ich Euch inständig bei aller -Liebe, die Ihr für mich hegt: gebt dem Verlangen Eures Volkes erst dann -nach, wenn Ihr eine Prinzessin gefunden habt, die schöner ist, als ich -gewesen bin. Schwört mir dies, dann will ich ruhig sterben.« - -Man könnte meinen, die Königin, die nicht ganz ohne Eifersucht war, habe -diesen Schwur gefordert, um sicher zu sein, daß der König keine zweite -Ehe schließen würde. Glaubte sie doch bestimmt, daß es auf der ganzen -Welt keine Frau gäbe, die ihr gleich käme. - -So starb sie denn. Niemals hatte ein Gatte größere Trauer gezeigt: -Weinen und Schluchzen bei Tag und bei Nacht, diese armseligen Rechte der -Verlassenheit waren seine einzige Beschäftigung. Aber auch der größte -Schmerz dauert nicht ewig. - -Es versammelten sich die Großen des Staates und kamen mit der -gemeinsamen Bitte zum König, er solle sich wieder verheiraten. Ihr -Vorschlag schien ihm grausam und ließ ihn neue Tränen vergießen. Er -berief sich auf den Eid, den er der Königin geschworen und gab allen -seinen Räten den Auftrag, erst einmal eine Prinzessin zu suchen, die -schöner sei, als seine Frau es gewesen. Er war aber überzeugt, daß sie -diese niemals finden würden. - -[Illustration] - -Dem hohen Rate kam das Gelübde des Königs lächerlich vor, und er -erklärte, Schönheit sei eine Nebensache; das Staatsinteresse verlange -eine tugendhafte Königin, die Mutter werde; der Staat brauche für seine -Ruhe und seinen Frieden Prinzen. Die Prinzessin habe zwar alle -Eigenschaften, die eine große Königin zieren, aber man müsse ihr einen -Fremden zum Gemahl erwählen. Dieser Fremde würde sie entweder in seine -Heimat führen, oder wenn er neben ihr im Lande herrsche, so würden seine -Kinder immer fremdblütig bleiben. Das wäre eine Gefahr, da die -Nachbarvölker eines Königreiches, das keinen Thronfolger habe, Krieg -beginnen und den Untergang des Landes herbeiführen könnten. - -Betroffen von solchen Erwägungen versprach der König, ihrem Rate zu -folgen und begann, unter den heiratsfähigen Prinzessinnen Umschau zu -halten, ob eine unter ihnen wäre, die ihm gefallen könnte. Jeden Tag -brachte man ihm die reizendsten Bilder. Aber keines zeigte die Anmut der -verstorbenen Königin, und so konnte er sich für keine entscheiden. - -Obwohl er sonst von gutem Verstande war, kam er unglücklicher Weise auf -den tollen Einfall, seine Tochter, die Prinzessin, zur Frau zu nehmen. -Da sie ihre königliche Mutter, an Geist und Anmut bei weitem übertraf, -so glaubte er, sie allein könne ihn von seinem Eide erlösen. - -In ihrer Tugendhaftigkeit und Scham wäre die Prinzessin bei diesem -entsetzlichen Vorschlag fast in Ohnmacht gefallen. Sie warf sich ihrem -königlichen Vater zu Füßen und beschwor ihn mit der ganzen Leidenschaft -ihrer Seele, sie nicht zu einem solchen Verbrechen zu zwingen. - -Der König aber hatte sich nun einmal diesen Wahnsinn in den Kopf gesetzt -und fragte, um das Gewissen der Prinzessin zu beruhigen, eine alte -Zauberin um ihren Rat. Dieses alte Weib, das ebenso gottlos wie -ehrgeizig war, opferte das Glück der unschuldigen und tugendhaften -Prinzessin der Ehre, die Vertraute eines mächtigen Herrschers zu sein. -Sie schmeichelte sich so sehr in das Herz des Königs ein, schilderte ihm -das Verbrechen, das er begehen wollte, in so schönen Farben, daß er der -festen Überzeugung war, es sei ein Gott wohlgefälliges Werk, die Tochter -zu heiraten. - -Ganz im Banne dieser Worte umarmte der König die Zauberin und bestand -nach seiner Rückkehr mehr als zuvor auf seinem Plan; er gab daher der -Prinzessin den Befehl, sie solle sich bereit halten, ihm zu gehorchen. - -In ihrem schmerzlichen Unglück dachte die Prinzessin nach, wie sie die -Lila-Fee, ihre Patin, finden könne. In einem kleinen Wagen, der mit -einem Hammel bespannt war, welcher Weg und Steg kannte, fuhr sie noch in -derselben Nacht davon. So kam sie glücklich an ihr Ziel. - -[Illustration] - -Die Fee, welche die Prinzessin liebte, sagte, sie wisse schon alles, was -sie bekümmere, doch brauche sie sich keine Sorge zu machen. Nichts würde -ihr schaden, wenn sie sich nur treu an die Vorschriften halte, die sie -ihr geben würde. - -»Es wäre freilich ein großes Vergehen, wenn Du Deinen Vater heiraten -wolltest, mein liebes Kind!« sagte die Fee, »aber ohne ihm zu -widersprechen, kannst Du seinen Absichten doch aus dem Wege gehen. Sage -ihm, er solle Dir einen Wunsch erfüllen: er solle Dir ein Kleid schenken -von der Farbe des Wetters. Wie groß auch seine Macht ist, das wird er -nicht können.« - -Die Prinzessin dankte ihrer Patin von Herzen und schon am anderen Morgen -sagte sie zum Könige, ihrem Vater, das, was ihr die Fee geraten hatte, -und erklärte feierlich, sie würde ihre Einwilligung erst dann geben, -wenn sie das Kleid von der Farbe des Wetters bekäme. - -Erfreut über die Hoffnung, die sie in ihm erweckte, berief der König die -berühmtesten Schneider und befahl ihnen, das gewünschte Kleid zu machen, -und drohte ihnen, daß er sie alle hängen lassen würde, wenn sie es nicht -fertig bekämen. Doch dieses Äußerste blieb ihm erspart: schon am zweiten -Tage brachten sie das so heiß begehrte Gewand herbei. Der Himmel selbst -hatte kein schöneres Blau, wenn er umkränzt ist mit goldenen Wölklein, -als dieses wunderschöne Gewand, wie es da ausgebreitet lag. - -Die Prinzessin war ganz untröstlich und wußte sich keinen Rat. Der König -drängte zur Heirat. So blieb ihr nichts übrig, als ein zweites Mal die -Patin aufzusuchen. Erstaunt, daß ihre List nicht geglückt war, riet ihr -die Fee, sie solle es noch einmal versuchen, aber dieses Mal ein Kleid -von der Farbe des Mondes verlangen. Da der König ihr nichts abschlagen -konnte, rief er wieder die besten Schneider herbei und gab ihnen ein -Kleid von der Farbe des Mondes in Auftrag. So rasch sollten sie es -machen, daß zwischen Auftrag und Lieferung nur vierundzwanzig Stunden -lagen. In großer Angst saß die Prinzessin bei ihren Frauen und bei ihrer -Amme und war mehr entzückt über das neue herrliche Gewand, als über die -Absicht ihres königlichen Vaters. - -[Illustration] - -Die Lila-Fee, die das alles wußte, kam der bedrängten Prinzessin zu -Hilfe und sprach zu ihr: - -»Ich müßte mich sehr täuschen, wenn wir es nicht doch noch fertig -brächten, Deinem königlichen Vater die Lust zur Heirat zu nehmen. -Verlange jetzt ein Kleid von der Farbe der Sonne! Ein solches zu -beschaffen ist ein Ding der Unmöglichkeit. Auf jeden Fall gewinnen wir -aber Zeit.« - -Die Prinzessin war damit einverstanden und verlangte das Kleid von der -Farbe der Sonne. Da gab der verliebte König ohne Bedenken alle Diamanten -und Rubinen seiner Krone her, um ihr zu diesem herrlichen Gewande zu -verhelfen und er befahl, mit nichts zu sparen, um das Kleid der Sonne -gleich zu machen. - -Als es dann geliefert wurde, mußten alle, die es sahen, die Augen -schließen, so wurde man geblendet. Aus jener Zeit stammen die grünen -Brillen und die schwarzen Augengläser. - -Aber wie erschrak die Prinzessin bei diesem Anblick! Noch nie hatte man -ein so schönes und so herrlich gearbeitetes Kleid gesehen. Sie war ganz -verwirrt und zog sich unter dem Vorwand, Augenschmerzen zu haben, auf -ihr Zimmer zurück, wo sie die Fee erwartete. Das war eine schlimme -Sache. Wie diese das sonnenfarbene Kleid sah, war sie so beschämt, wie -man es nicht sagen kann; sie wurde rot vor Zorn und sagte zur -Prinzessin: - -»Nunmehr müssen wir die schmachvolle Liebe Deines Vaters auf eine -schwere Probe stellen. Wenn er auch noch so sehr nach dieser Heirat -strebt, so glaube ich doch, daß er einen kleinen Schrecken über die -Bitte bekommen wird, zu der ich Dir jetzt rate. Ich meine die Haut des -Esels, den er so sehr liebt und der ihm die Mittel zu seinen -verschwenderischen Ausgaben verschafft. Gehe hin und bitte ihn um die -Haut des Esels.« - -Froh über dieses Mittel der verabscheuten Heirat zu entgehen und -überzeugt, daß ihr Vater sich niemals dazu entschließen würde, des Esels -Haut zu opfern, ging die Prinzessin zum Könige und verlangte von ihm die -Haut des schönen Tieres. Der König war bestürzt über diesen Einfall -seiner Tochter, aber er zögerte nicht, ihm zu genügen. Der arme Esel -wurde geschlachtet und die Haut feierlich der Prinzessin überbracht. Nun -sah sie kein Mittel mehr, ihrem Unglück zu entgehen und war in -Verzweiflung. - -[Illustration] - -Ihre Patin eilte herbei und als sie sah, wie sich die Prinzessin ihr -Haar raufte und ihre zarten Wangen zerfleischte, sprach sie: - -»Was tust Du da, mein Kind! Es ist doch der glücklichste Augenblick -Deines Lebens! Hülle Dich in diese Haut, verlasse den Palast und gehe so -weit, wie Dich die Erde trägt, denn wer alles seiner Tugend opfert, den -werden die Götter belohnen. Mache Dich auf, ich werde Sorge tragen, daß -Dir Deine Kleider überall folgen, wohin Du auch gehst. Der Kasten mit -Deinem Schmuck und Deinen Gewändern wird auf unterirdischem Wege Dich -begleiten. Hier gebe ich Dir meinen Zauberstab, klopfe damit auf die -Erde, wenn Du Deinen Kasten brauchst, und er wird Dir sofort erscheinen. -Doch Du mußt eilen und darfst jetzt nicht mehr zögern!« - -Die Prinzessin bat ihre Patin unter tausend Küssen, sie niemals zu -verlassen; dann befleckte sie die Eselshaut mit Straßenschmutz, hüllte -sich hinein und verließ unerkannt den Palast. - -Das Verschwinden der Prinzessin brachte alle in die größte Aufregung. -Der König, der gerade ein prächtiges Fest vorbereitete, war untröstlich -in seiner Verzweiflung. Er schickte mehr als hundert Gendarmen und ganze -Regimenter Soldaten aus, um seine Tochter zu suchen. Aber die Fee nahm -sie in ihren Schutz, machte sie unsichtbar und entzog sie den -geschicktesten Verfolgern. So mußte der König sich mit ihrem Verluste -abfinden. - -Die Prinzessin aber wanderte ihres Weges. Sie ging weit, weit und immer -weiter und suchte überall nach einer Stellung. Aus Mitleid gab man ihr -zu essen; aber jedermann fand sie zu häßlich, um sie in seinen Dienst zu -nehmen. - -Endlich kam sie an eine schöne Stadt, vor deren Toren eine Meierei lag. -Die Pächterin dieser Meierei brauchte eine Magd, um die Wäsche zu -waschen und um den Hühnerhof und den Schweinestall zu fegen. Wie nun die -Frau die schmutzige Wanderin sah, schlug sie ihr vor, in ihren Dienst zu -treten. Mit großer Freude war die Prinzessin damit einverstanden, denn -sie war müde von dem langen Wege. - -Als Wohnung wies man ihr einen Verschlag an, der weit von der Küche -entfernt lag. Die andern Bedienten trieben in den ersten Tagen grobe -Späße mit ihr, weil sie in ihrer Eselshaut so schmutzig und abstoßend -war. Aber bald gewöhnte man sich an sie; und da sie ihre Pflichten sehr -gewissenhaft erfüllte, nahm sich die Pächterin ihrer an. - -Die Prinzessin ließ die Schafe aus dem Stall und führte sie auf die -Weide. Auch die Truthühner hütete sie mit so viel Verständnis, daß es -schien, als habe sie niemals etwas anderes getan. Alles gedieh unter -ihren zarten Händen. - -Eines Tages saß sie wieder an der klaren Quelle, wo sie oft über ihr -trauriges Los weinte. Da kam sie auf den Gedanken, sich im Spiegel des -Wassers zu betrachten, und sie erschrak über die gräßliche Eselshaut, -die ihren Kopf und Körper umhüllte. Beschämt über ihr Aussehen, wusch -sie sich Gesicht und Hände, bis sie weiß waren wie Elfenbein und bis -ihre zarte Haut wieder so frisch war wie früher. Erfreut über ihre -Schönheit bekam sie Lust zu einem Bade. Aber dann mußte sie wieder in -ihre unwürdige Haut schlüpfen, um nach der Meierei zurückzukehren. - -Glücklicherweise war der nächste Tag ein Sonntag, und für sie ein Tag -der Muße. Sie ließ ihren Kasten erscheinen, brachte ihre Kleider in -Ordnung, puderte ihr schönes Haar und zog das wunderbare wetterfarbene -Kleid an. Aber ihre Kammer war so klein, daß die Schleppe des herrlichen -Gewandes keinen Platz darin hatte. Die schöne Prinzessin betrachtete -sich im Spiegel und war über ihre Schönheit so erfreut, daß sie sich -vornahm, an Sonn- und Festtagen der Reihe nach alle ihre schönen -Gewänder anzuziehen. - -Diesen Plan führte sie auch aus. Mit seltenem Geschmack steckte sie sich -Blumen und Diamanten in ihr schönes Haar, und oft seufzte sie, daß -niemand sie in solcher Schönheit sah außer ihren Schafen und -Truthühnern, die sie aber nicht weniger liebten in ihrer häßlichen -Eselshaut, wonach sie die Leute auf der Meierei »Jungfer Eselshaut« -getauft hatten. - -An einem Sonntage hatte die Prinzessin das sonnenfarbene Gewand -angezogen, als gerade der Sohn des Königs, dem die Meierei gehörte, dort -abgestiegen war, um sich auf der Heimkehr von der Jagd ein wenig -auszuruhen. - -[Illustration] - -Es war ein junger und schöner Prinz, geliebt von seinem Vater und seiner -königlichen Mutter und verehrt von seinem ganzen Volke. Es wurde ihm ein -ländliches Mahl bereitet, welches er mit Dank annahm. Danach bekam er -Lust, sich die Geflügelhöfe anzusehen, und er durchstreifte sie bis in -die äußersten Winkel. - -Wie er sich so überall umsah, kam er in eine schattige Allee, an deren -Ende er eine verschlossene Tür fand. Neugierig sah er durchs -Schlüsselloch. Aber wie erschrak er, als er hier die wunderschön und -reich gekleidete Prinzessin sah. In seiner edlen und bescheidenen Art -hielt er sie für eine göttliche Erscheinung. Ohne die Ehrfurcht, die ihm -das bezaubernde Bild einflößte, hätte der Sturm der Gefühle, der ihn da -durchtobte, ihn sicherlich verführt, die Tür zu öffnen. - -Es wurde ihm schwer, die dunkle, schattige Allee zu verlassen. Er tat es -nur, um sich zu erkundigen, wer in der kleinen Kammer dort hause. Man -gab ihm zur Antwort, es sei eine Magd, man nenne sie nur »Jungfer -Eselshaut«, nach dem Kleide, das sie trage. Sie sei so schmutzig, daß -niemand sie ansähe und niemand mit ihr sprechen wolle. Aus Mitleid habe -man sie aufgenommen, damit sie die Schafe und die Truthühner hüte. - -Diese Antwort sagte dem Prinzen so gut wie gar nichts. Er sah ein, daß -die guten Leute von dem Geheimnis nichts wußten und er hielt es für -zwecklos, sie weiter auszufragen. - -So kehrte er über alle Maßen verliebt, in den Palast seines Vaters -zurück und behielt immer das herrliche Bild der göttlichen Erscheinung -vor Augen, das er durch das Schlüsselloch gesehen hatte. Nun reute es -ihn doch, daß er nicht angeklopft hatte, und er nahm sich vor, es beim -nächsten Male nicht zu versäumen. - -Aber der Sturm in seinem Blute, den die Liebe heraufbeschworen hatte, -warf ihn noch in derselben Nacht in ein so heftiges Fieber, daß er fast -gestorben wäre. Seine Mutter, die Königin, deren einziges Kind er war, -geriet in Verzweiflung darüber, daß alle Heilmittel versagten. Umsonst -versprach sie den Ärzten fürstlichen Lohn. Sie wandten alle Mittel an, -aber keines half dem Prinzen. - -Schließlich ahnten sie, daß ein schwerer Kummer die Ursache dieser -Krankheit war. Sie sagten es der Königin, und diese beschwor ihren Sohn -in ihrer zärtlichen Liebe, ihr doch die Ursache seines Leides zu nennen. -Wenn es sich etwa darum handle, ihm jetzt schon die Krone zu geben, so -würde sein Vater, der König, ohne Schwanken des Thrones entsagen und ihn -zum Könige machen. Sollte er aber irgendeine Prinzessin zur Frau -begehren, so würde man, um seinen Wunsch zu erfüllen, alle Rücksichten -opfern, selbst wenn man mit ihrem Vater im Kriege lebte oder auch andere -Gründe hätte, eine solche Verbindung zu bedauern. Nur beschwöre sie ihn, -am Leben zu bleiben, denn an seinem Leben hänge auch ihr Leben. - -Als die Königin diese zu Herzen gehenden Worte gesprochen hatte, wobei -sie das Antlitz des Prinzen mit Strömen von Tränen benetzte, sagte er zu -ihr mit erschöpfter Stimme: - -»Liebe Mutter, ich bin nicht der Unmensch, daß ich vom Vater die Krone -fordere; gäbe Gott, daß er noch viele Jahre lebe, und daß ich immer sein -treuester und ehrfurchtsvollster Untertan bliebe. Auch an eine -Prinzessin denke ich nicht und auch nicht an eine Heirat. Ihr dürft -überzeugt sein, daß ich hierin wie bisher mich immer Eurem Wunsche füge, -was es mich auch kosten mag.« - -»Ach liebster Sohn,« erwiderte die Königin, »um Dein Leben zu retten, -gäben wir gern alles hin, nur rette Du jetzt mein Leben und das Deines -königlichen Vaters und offenbare mir, was Du begehrst. Du darfst -versichert sein: es wird Dir gewährt.« - -»Nun liebe Mutter,« sagte der Prinz, »da ich Euch meine geheimsten -Wünsche offenbaren soll, so will ich Euch gehorchen, um nicht zwei mir -so teure Menschen in Gefahr zu bringen: Ich wünsche mir, daß Jungfer -Eselshaut mir einen Kuchen backen soll, und daß man ihn so schnell wie -möglich herbringt.« - -Höchst erstaunt über diesen seltsamen Namen, forschte die Königin, wer -Jungfer Eselshaut sei. Einer ihrer Offiziere, der sie zufällig gesehen -hatte, antwortete: »Es ist das häßlichste Geschöpf nach dem Wolf, ein -schmutziges Mädchen in einem schwarzen Stalle. Es haust in Eurer Meierei -und hütet dort die Truthühner.« - -»Und wenn es auch so ist,« sagte die Königin, »mein Sohn hat vielleicht -einmal auf der Heimkehr von der Jagd von ihrem Kuchen gegessen. Es ist -der Wunsch eines Fiebernden, kurz, ich will, daß Jungfer Eselshaut ihm -schnell einen Kuchen backe.« - -Man lief zur Meierei, holte Jungfer Eselshaut und trug ihr auf, für den -Prinzen den allerschönsten Kuchen zu backen. - -Einige Erzähler behaupten, Jungfer Eselshaut habe in dem Augenblick, als -der Prinz durch das Schlüsselloch sah, diesen bemerkt, und als sie dann -durch das Fensterlein ihrer Kammer den jungen, schönen Prinzen gesehen -habe, sei sein Bild in ihrem Herzen geblieben, und die Erinnerung an ihn -habe ihr manchen Seufzer gekostet. - -Wie dem auch sei, ob Jungfer Eselshaut ihn wirklich gesehen, oder ob sie -viel Rühmliches von ihm gehört, jedenfalls war sie hocherfreut, der -Verborgenheit ihres Daseins zu entfliehen, schloß sich in ihr Kämmerlein -ein, warf die Eselshaut ab, wusch sich Gesicht und Hände, kämmte ihr -blondes Haar, legte ein hübsches, silbernglänzendes Leibchen an, dazu -einen passenden Rock und machte sich daran, den Kuchen zu bereiten. Sie -nahm das feinste Mehl, viel Eier und frische Butter. Hierbei ließ sie -einen Ring, den sie am Finger trug, sei es Absicht, sei es Zufall, in -den Teig fallen und mischte ihn darunter. Als der Kuchen gebacken war, -hüllte sie sich wieder in ihre häßliche Haut und brachte das Gebäck dem -Offizier, bei dem sie sich nach des Prinzen Befinden erkundigte. Doch -dieser hielt es unter seiner Würde, ihr eine Antwort zu geben, und lief -davon, um dem Prinzen den Kuchen zu bringen. - -Hocherfreut griff der Prinz mit beiden Händen nach dem Kuchen und -verzehrte ihn mit solcher Hast, daß die anwesenden Ärzte nicht -verfehlten, diese Leidenschaft für ein bedenkliches Zeichen zu erklären. -In der Tat wäre der Prinz beinahe an dem Ring erstickt, aber er hielt -ihn noch rechtzeitig im Munde zurück. Sein Appetit verging ihm, als er -das kostbare Kleinod betrachtete. So zierlich war dieser Ring, daß alle -überzeugt waren, er könne nur dem schönsten Finger der Welt passen. - -Wohl tausendmal küßte der Prinz den Ring und verbarg ihn unter seinem -Hemd, um ihn jedesmal hervorzuziehen, wenn er sich unbeobachtet glaubte. -Er quälte sich in dem Gedanken, wie er zu der gelangen könne, die diesen -Ring getragen. Doch er wagte nicht zu hoffen, daß man ihm gestatten -würde, Jungfer Eselshaut kommen zu lassen, die ihm den Kuchen gebacken -hatte. Er wagte auch nicht davon zu sprechen, was er durch das -Schlüsselloch gesehen hatte, aus Furcht, man würde ihn auslachen und ihn -für einen Gespensterseher halten. Da alle diese Sorgen gleichzeitig auf -ihn einstürmten, nahm sein Fieber stark zu, und in ihrer Ratlosigkeit -erklärten die Ärzte der Königin, der Prinz sei krank aus Liebe. - -In Begleitung des Königs, der schier verzweifelte, stürzte die Königin -zu ihrem Sohn. - -»Mein Sohn, mein lieber Sohn,« rief der bekümmerte Herrscher aus, »nenne -uns das Mädchen, das Du begehrst und wäre es die niedrigste Magd, wir -schwören Dir, sie soll Deine Frau werden.« - -Unter vielen Küssen bekräftigte die Königin den Schwur ihres Gatten. - -»Lieber Vater und liebe Mutter,« sagte da der Prinz, »ich denke gar -nicht daran, eine Ehe zu schließen, die Euch mißfallen könnte. Um Euch -das zu beweisen, werde ich das Mädchen heiraten, dem dieser Ring gehört, -wer sie auch sein mag. Aber wer einen so schönen Finger hat, daß ihm -dieser Ring paßt, der dürfte allem Anschein nach kaum von geringer oder -bäuerischer Herkunft sein.« - -Bei diesen Worten zog er das Kleinod unter seinem Hemd hervor. Der König -und die Königin nahmen den Ring, prüften ihn neugierig und stimmten dem -Urteil ihres Sohnes zu, daß er nur einem jungen Mädchen von edler -Herkunft gehören könne. Der König umarmte seinen Sohn und beschwor ihn, -gesund zu werden und dann ging er hinaus, um die Trommler, Pfeifer und -Trompeter durch die ganze Stadt zu schicken und durch seine Herolde -bekanntzumachen, daß alle Mädchen in den Palast kommen sollten, um einen -Ring zu probieren, und das Mädchen, dem er zu eigen gehöre, die Frau des -Prinzen werde. - -Zuerst kamen die Prinzessinnen, dann die Herzoginnen, die Marquisen und -Baroninnen. Aber sie zeigten umsonst ihre Finger vor: keiner von ihnen -paßte der Ring. Schließlich ließ man die Bürgermädchen kommen, aber auch -diese hatten alle, so hübsch sie auch waren, viel zu dicke Finger. Da es -dem Prinzen besser ging, stellte er die Versuche selbst an. Endlich -kamen auch die Kammermädchen an die Reihe, aber auch sie schnitten nicht -besser ab. Nun gab es kein Mädchen mehr, an dem der Ring nicht probiert -worden wäre. Dann ließ der Prinz die Köchinnen und Hirtinnen kommen: all -das Pack führte man herbei, aber ihre dicken, roten und kurzen Finger -gingen erst recht nicht durch den Ring. - -»Hat man schon Jungfer Eselshaut kommen lassen, die mir neulich den -Kuchen backte?« fragte der Prinz. - -Da fingen sie alle an zu lachen, und man erklärte ihm: »Die ist doch -viel zu häßlich und zu schmutzig.« - -»Man hole sie sofort,« sagte der König, »es soll nicht heißen, ich hätte -irgend jemanden ausgeschlossen.« - -Mit Spott und Hohn liefen sie fort, die Magd zu holen. - -Als Jungfer Eselshaut die Trommler gehört hatte und den Ruf der Herolde, -war sie sehr im Zweifel, ob ihr Ring wirklich all den Lärm verursache. -Sie liebte den Prinzen, und da die wahre Liebe immer furchtsam ist und -nicht stolz, so fürchtete sie, daß es doch eine Dame geben könne, die -denselben kleinen Finger habe, wie sie. Jetzt aber hatte sie große -Freude, als man an ihre Tür klopfte und sie rief. - -Seitdem sie wußte, daß man nach dem kleinen Finger suche, zu dem der -Ring passe, hatte sie eine unbestimmte Hoffnung auf den Gedanken -gebracht, ihre Haare noch schöner zu kämmen als sonst, ihr schönes, -silbernes Leibchen anzulegen und dazu den Rock, der mit vielen Falten, -silbernen Spitzen und Edelsteinen besetzt war. - -Wie sie nun an ihre Tür klopfen und nach ihr rufen hörte, sie solle zum -Prinzen kommen, da warf sie rasch ihre Eselshaut über und öffnete. - -Spöttisch erklärten ihr die Leute, der König schicke nach ihr, damit sie -seinen Sohn heirate. Dann führten sie Jungfer Eselshaut unter -Hohngelächter zum Prinzen. - -Als dieser das Mädchen in ihrem sonderbaren Aufputz sah, war er nicht -wenig betroffen und hielt es für unmöglich, daß es dieselbe sei, die er -so stolz und schön gesehen hatte. Traurig und verwirrt, daß er sich so -schwer getäuscht, fragte er sie: - -»Wohnst Du dort unten in der dunklen Allee, im dritten Geflügelhof der -Meierei?« - -»Ja, Herr«, antwortete sie. - -Zitternd und mit einem tiefen Seufzer sagte er. »Zeige mir Deine Hand!« - -Wer war da am meisten überrascht? Das waren der König und die Königin, -ebenso der Kammerherr und die anderen Höflinge. Aus der schwarzen, -beschmutzten Haut hervor kam eine feine, weiße, rosenfarbene Hand, und -mühelos ließ sich der Ring an den kleinsten und schönsten Finger der -Welt streifen. Dann schüttelte sich die Prinzessin und die Eselshaut -fiel von ihr ab. Nun stand sie da, so bezaubernd in ihrer Schönheit, daß -der Prinz, schwach wie er war, vor ihr niederfiel und sie mit einer -Leidenschaft in seine Arme schloß, die sie erröten machte. Aber man -achtete kaum darauf, denn auch der König und die Königin umarmten sie in -einem fort und fragten sie, ob sie ihren Sohn zum Gemahl nehmen wolle. -Die Prinzessin war ganz verwirrt von so viel Zärtlichkeit und Liebe, die -ihr der schöne, junge Prinz bezeigte und wollte sich eben dafür -bedanken, als sich die Decke des Saales auftat und die Lila-Fee in einem -Wagen aus Zweigen und Blumen ihres Namens herabschwebte, und mit -unendlicher Anmut das Schicksal der Prinzessin erzählte. In ihrer Freude -darüber, daß Jungfer Eselshaut eine so vornehme Prinzessin war, -verdoppelten der König und die Königin ihre Zärtlichkeit. Aber noch -größer war die Freude des Prinzen über die Tugendhaftigkeit der -Prinzessin und seine Liebe zu ihr wuchs noch mehr durch die Erzählung -der Fee. - -Die Ungeduld des Prinzen, seine Braut heimzuführen, war so groß, daß er -sich kaum Zeit ließ, um die Feier würdig vorzubereiten. Ganz verliebt in -ihre schöne Schwiegertochter, erwiesen ihr der König und die Königin -Zärtlichkeiten über Zärtlichkeiten und ließen sie nicht aus ihrem Arm. -Da die Prinzessin erklärt hatte, sie könne des Prinzen Frau nicht -werden, ohne das Einverständnis des königlichen Vaters, wurde zunächst -an diesen eine Einladung geschickt, ohne ihm dabei zu verraten, wer die -Braut sei. Dies geschah auf Wunsch der Lila-Fee, die alles zum Guten -lenkte. - -[Illustration] - -Aus allen Ländern kamen die Könige herbei, die einen in Sänften, die -anderen in Wagen, die weiter wohnenden kamen auf Elefanten daher -geritten, auf Tigern und Adlern, aber der allerprächtigste und -allermächtigste war der Vater der Prinzessin, der gottlob seine -frevelhafte Liebe zu seiner Tochter überwunden und die sehr schöne Witwe -eines kinderlosen Königs geheiratet hatte. Die Prinzessin eilte auf ihn -zu. Da erkannte er sie und schloß sie mit großer Zärtlichkeit in die -Arme, noch ehe sie Zeit hatte, sich ihm zu Füßen zu werfen. Der König -und die Königin stellten ihm ihren Sohn vor, den er mit Beweisen seiner -Freundschaft überhäufte. Nun wurde die Hochzeit mit aller nur denkbaren -Pracht gefeiert. Die jungen Gatten aber hatten kein Auge für diese -Herrlichkeiten, der eine sah nichts als nur den anderen. - -Noch an demselben Tage ließ der Vater seinen Sohn zum König krönen und -setzte ihn mit feierlichem Handkuß auf den Thron; wie sehr er sich auch -dagegen wehrte, er mußte dem Willen des Vaters gehorchen. Fast drei -Monate dauerten die Festlichkeiten, aber die Liebe der beiden Gatten -würde noch heute dauern, wenn sie nicht hundert Jahre später gestorben -wären. - - - Moral: - - Dies Märchen klingt so wunderbar, - Daß viele glauben, es wär' nicht wahr. - Doch bleibt Jungfer Eselshaut immer beliebt, - So lang es Großmütter und kleine Kinder gibt. - - - - -Dornröschen - - -Es war einmal ein König und eine Königin, die waren traurig, daß sie -keine Kinder hatten, so traurig, wie man es nicht sagen kann. Sie -reisten in alle Bäder der Welt, legten Gelübde ab, machten Wallfahrten. -Nichts wollte helfen. Aber schließlich wurde die Königin dennoch -schwanger und gebar ein Mädchen. - -Man feierte eine schöne Taufe und lud zu Patinnen für die kleine -Prinzessin alle Feen, die man im Lande finden konnte; es waren deren -sieben. Jede sollte ihr ein Geschenk machen, wie es damals Brauch bei -den Feen war, damit so die Prinzessin alle nur denkbaren Vorzüge -erhielte. - -Nach der Tauffeierlichkeit kehrte die ganze Gesellschaft in den Palast -des Königs zurück, wo ein großes Fest für die Feen gegeben wurde. Man -legte vor jede ein herrliches Gedeck mit einem goldenen Besteck: Löffel, -Gabel und Messer von feinstem Gold, verziert mit Diamanten und Rubinen. -Aber als man sich zu Tisch setzen wollte, trat plötzlich eine alte Fee -ein, die man nicht eingeladen hatte, da sie seit mehr als fünfzig Jahren -nicht aus ihrem Turm herausgekommen war; man hatte sie für tot oder für -verzaubert gehalten. - -Der König befahl, auch ihr ein Gedeck zu reichen; aber es war kein echt -goldenes mehr da. Man hatte für die sieben Feen nur sieben machen -lassen. Die Alte fühlt sich beleidigt und murmelte leise drohende Worte. - -Eine der jungen Feen, welche in ihrer Nähe saß, hörte es, und ahnte, daß -sie der kleinen Prinzessin ein unheilvolles Geschenk machen würde. Als -man nun von der Tafel aufstand, verbarg sie sich hinter einem Vorhang, -damit sie als letzte sprechen könne, um so das Unheil, das jene -anrichten würde, nach Kräften wieder gut zu machen. - -Indessen begannen die Feen, der Prinzessin ihre Gaben darzubringen. Die -jüngste wünschte ihr die größte Schönheit von der Welt, die zweite die -Klugheit eines Engels, die dritte eine wundervolle Anmut, die vierte -Zierlichkeit im Tanz, die fünfte den Gesang der Nachtigall und die -sechste Kunstfertigkeit in der Musik. - -Als die Reihe an die alte Fee kam, sagte sie, wobei sie mehr aus Wut als -wegen ihrer Altersschwäche mit dem Kopfe wackelte, die Prinzessin werde -sich mit einer Spindel in die Hand stechen und daran sterben. Dieser -schreckliche Spruch ließ alle erschaudern, und es gab in der ganzen -Gesellschaft niemanden, der nicht hätte weinen müssen. - -In diesem Augenblick trat die junge Fee hinter dem Vorhange hervor und -sprach mit lauter Stimme: - -»Beruhigt Euch, König und Königin, Eure Tochter soll nicht sterben; ich -habe zwar nicht genug Macht, um alles wieder gut zu machen, was die Alte -angerichtet hat: die Prinzessin wird sich mit einer Spindel in die Hand -stechen, aber anstatt des Todes wird sie in einen tiefen Schlaf fallen, -der hundert Jahre dauert. Dann wird der Königssohn kommen und sie -erwecken.« - -Um das durch die Alte angekündigte Unheil abzuwenden, erließ der König -alsbald ein Gesetz, das bei Todesstrafe verbot, mit Spindeln zu spinnen, -ja überhaupt sie zu besitzen. -- - -Fünfzehn oder sechzehn Jahre später waren der König und die Königin -einmal auf eines ihrer Lustschlösser hinaus gefahren. Da geschah es, daß -die junge Prinzessin, als sie durch den Palast lief und von Zimmer zu -Zimmer sprang, hinauf in ein kleines Turmstübchen kam, in dem eine alte -Frau ganz allein saß und ihren Rocken spann. Diese gute Frau hatte von -dem Verbote des Königs, mit Spindeln zu spinnen, noch nie etwas gehört. - -»Was macht Ihr da, liebe Frau?« sagte die Prinzessin. - -»Ich spinne, mein gutes Kind«, antwortete die Alte, die aber die -Prinzessin nicht kannte. - -»Wie hübsch das ist,« sprach die Prinzessin, »wie macht Ihr das? Gebt es -mir, ich möchte sehen, ob ich es auch so gut kann.« - -Kaum hatte sie die Spindel ergriffen, da stach sie sich in ihrer -lebhaften Unbesonnenheit gerade so, wie es nach dem Spruch der Fee -geschehen mußte, in die Hand und fiel ohnmächtig zu Boden. - -Die gute Alte hielt sie in ihren Armen und rief um Hilfe: von allen -Seiten kam man herbei, man spritzte der Prinzessin Wasser ins Gesicht, -schnürte ihr Mieder auf, schlug ihr die Hände, rieb ihr die Schläfen mit -ungarischem Königin-Wasser: aber nichts rief sie zum Leben zurück. Der -König, der auf den Lärm hin herbeigeeilt war, erinnerte sich alsbald an -die Weissagungen der Feen und in dem Gedanken, daß es so kommen mußte, -wie die Feen es einmal gesagt hatten, ließ er die Prinzessin in das -schönste Gemach des Palastes bringen, in ein Bett, das mit Gold und -Silber bestickt war. - -Man hätte sie für ein Englein halten können, so schön war sie; die -Ohnmacht hatte ihr die Farben des Lebens nicht genommen, ihre Wangen -waren wie Rosen so rot und ihre Lippen wie Korallen; nur ihre Augen -waren geschlossen, aber man hörte sie leise atmen und daran sah man, daß -sie nicht gestorben war. Der König befahl, man solle sie in Ruhe -schlafen lassen, bis die Stunde ihrer Erweckung gekommen sei. - -Als der Prinzessin dieses Unglück zustieß, war die gute Fee, die ihr das -Leben gerettet und sie nur zu einem hundert Jahre langen Schlaf -verurteilt hatte, gerade in dem Reiche des Königs Mataquin, zwölftausend -Meilen weit weg; aber in einem Augenblicke wurde sie durch einen kleinen -Zwerg benachrichtigt, der Siebenmeilenstiefel hatte. Das waren Stiefel, -in denen man mit einem einzigen Schritt sieben Meilen zurücklegte. -Sofort reiste die Fee ab; und kaum war eine Stunde vergangen, da sah man -sie in einem von Drachen gezogenen feurigen Wagen daherkommen. - -Der König ging ihr entgegen, um ihr beim Aussteigen die Hand zu reichen. -Sie billigte alles, was er angeordnet hatte. Doch in ihrer weisen -Voraussicht dachte sie daran, wie sehr sich die Prinzessin ängstigen -müsse, wenn sie ganz allein in dem alten Schlosse aufwache, und sie tat -dieses: - -[Illustration] - -Mit ihrem Stabe berührte sie außer dem König und der Königin alles, was -in dem Schlosse war, die Haushälterinnen, die Ehrendamen, die -Kammerfrauen, die Edelleute, die Offiziere, die Haushofmeister, die -Köche und Küchenjungen, die Laufburschen, die Wächter und Türsteher, die -Pagen und Diener; sie berührte auch alle Pferde, die in den Ställen -standen und die Stallknechte, die großen Hofhunde und den kleinen Puff, -das Schoßhündchen der Prinzessin, das neben ihr auf dem Bette lag. Und -wie sie alle berührte, so schliefen alle ein, um nicht eher aufzuwachen -als ihre Herrin, und um jederzeit bereit zu sein, ihr zu dienen, wenn -sie ihrer bedürfe. Auch die Bratspieße, die voll Rebhühner und Fasanen -am Feuer steckten, schliefen ein, und sogar das Feuer selbst. Alles das -geschah in einem Augenblick, denn die Feen brauchen nicht lange zu ihrer -Arbeit. - -Der König und die Königin küßten noch einmal ihr geliebtes Kind, -ohne es dadurch aufzuwecken, verließen dann das Schloß und machten -bekannt, daß es verboten sei, sich dem Schlosse zu nähern. Doch dies -Verbot war nicht notwendig; denn es wuchsen in einer Viertelstunde um -den ganzen Park herum eine solche Menge von großen und kleinen Bäumen, -von Brombeerhecken und innig verschlungenem Dornengestrüpp, daß weder -Tier noch Mensch hindurch gekonnt hätte; nicht einmal mehr sehen konnte -man das Schloß außer den Spitzen der Türme, selbst nicht aus weiter -Ferne. Es bestand kein Zweifel, daß auch dies eine Tat der Fee war, -damit die Prinzessin während ihres Schlafes nichts von Neugierigen zu -befürchten habe. -- - -Als die hundert Jahre um waren, kam der Sohn des Königs, der damals -regierte, und der einer andern Familie als die schlafende Prinzessin -entstammte, auf der Jagd in diese Gegend und fragte, was für Türme es -seien, die er über dem dichten Walde erblicke. Jeder antwortete ihm so, -wie er gehört hatte: die einen sagten, es sei ein altes Schloß, in dem -die Geister spukten, die andern, daß alle Zauberer der Gegend dorthin -zum Sabbath kämen. Die Meinung der meisten aber war, es wohne dort ein -Menschenfresser und alle Kinder brächte er dorthin, die er erwischen -könne, um sie in Ruhe und sicher vor Verfolgern zu verzehren, da nur er -allein die Macht habe, sich einen Durchgang durch den Wald zu bahnen. - -Der Prinz wußte nicht, wem er Glauben schenken sollte, als ein alter -Bauer das Wort ergriff und sprach: - -»Mein Prinz, es ist mehr als fünfzig Jahre her, daß ich meinen Vater -erzählen hörte, es gäbe in dem Schlosse eine Prinzessin, schöner, als -man jemals eine sah. Hundert Jahre müsse sie schlafen, dann würde sie -erweckt von einem Prinzen, für den sie bestimmt sei.« - -Feuer und Flamme war der junge Prinz bei diesen Worten. Ohne zu -schwanken glaubte er, diesem schönen Abenteuer ein Ende bereiten zu -müssen, und von Liebe und Ehrgeiz getrieben, beschloß er, auf der Stelle -zu sehen, was daran Wahres sei. Kaum näherte er sich dem Walde, da -gingen alle die großen Bäume, die Brombeersträucher und Dornenhecken von -selbst auseinander und ließen ihn hindurch. Er näherte sich dem Schloß, -das er am Ende einer großen Allee erblickte, und ging hinein. Er war ein -wenig erstaunt, als er sah, daß niemand von seinen Leuten ihm hatte -folgen können, da der Wald sich wieder geschlossen hatte, nachdem er -hindurchgegangen. Aber er ließ sich nicht abhalten weiterzugehen, denn -ein junger Prinz, der liebt, ist immer tapfer. Er trat in einen großen -Vorhof, wo alles, was er zunächst erblickte, dazu angetan war, ihn zu -erschrecken. Es war eine furchterregende Stille; ein Bild des Todes bot -sich ihm. Ausgestreckt lagen die Leiber von Menschen und Tieren, die -gestorben schienen. Doch erkannte er sehr bald an der sinnigen Nase und -dem roten Gesicht der Türsteher, daß sie nur schliefen, und ihre Becher, -in denen sie noch ein paar Tropfen Wein hatten, zeigten ihm deutlich -genug, daß sie beim Trinken eingeschlafen waren. Er ging weiter durch -einen großen, marmorgepflasterten Hof, stieg eine Treppe hinauf und trat -in eine Wachtstube, wo die Soldaten mit Karabiner auf Schulter in Reih -und Glied standen und um die Wette schnarchten. Er durcheilte mehrere -Zimmer voller Edelleute und Damen, die alle schliefen, teils stehend, -teils sitzend. Dann trat er in ein goldenes Gemach und sah auf einem -Bette, dessen Vorhänge nach allen Seiten geöffnet waren, das schönste -Bild, das er jemals gesehen: eine Prinzessin von etwa fünfzehn oder -sechzehn Jahren, deren herrliche Schönheit in göttlichem Glanze -strahlte. - -[Illustration] - -Zitternd und voller Bewunderung näherte er sich ihr und fiel vor ihr -aufs Knie. In diesem Augenblick erwachte die Prinzessin: das Ende des -Zauberschlafes war gekommen. Sie sah ihn mit zärtlicheren Augen an, als -ein erster Blick es zu erlauben schien, und sprach: - -»Seid Ihr es, mein Prinz? Ihr ließet lange auf Euch warten.« - -Der Prinz war entzückt von diesen Worten und mehr noch von der Art, wie -sie gesprochen wurden. Er wußte nicht, wie er ihr seine Freude und -Dankbarkeit beweisen könne und versicherte, daß er sie mehr liebe als -sich selber. Seine Rede war schlecht gesetzt und gefiel deshalb um so -mehr; denn je geringer die Beredsamkeit, um so größer die Liebe. Er war -verlegener als sie, denn sie hatte ja lange Zeit gehabt, um darüber -nachzudenken, was sie ihm sagen würde. Man braucht sich darüber nicht zu -wundern, denn obwohl die Geschichte davon nichts erzählt, scheint es so, -als ob die gute Fee dafür gesorgt habe, daß sie sich während des langen -Schlafes an schönen Gedanken erfreuen könne. Vier Stunden lang -unterhielten sich die beiden miteinander und sie hatten sich noch nicht -die Hälfte von dem gesagt, was sie auf dem Herzen hatten. - -Indessen war mit der Prinzessin der ganze Palast aufgewacht. Ein jeder -versah wieder seinen Dienst; aber da nicht alle so verliebt waren, -hatten sie schrecklichen Hunger. Eine der Ehrendamen, die wie die andern -hungerte, wurde schließlich ungeduldig und rief laut der Prinzessin zu, -das Essen sei angerichtet. Der Prinz half der Prinzessin, als sie sich -erhob. Sie war mit einem herrlichen Gewande angetan; aber er hütete sich -wohl, ihr zu sagen, daß sie gekleidet sei wie eine Großmutter und einen -altmodischen Kragen umhabe: aber trotzdem war sie nicht weniger schön. - -Sie gingen in einen Spiegelsaal und speisten dort, von den Offizieren -der Prinzessin bedient. Die Geigen und Hoboen spielten alte Melodien, -die wunderschön klangen, obwohl man sie seit hundert Jahren nicht mehr -gespielt hatte. Nach der Tafel traute sie, ohne Zeit zu verlieren, der -Hofkaplan in der Schloßkapelle, und die Ehrendame zog ihnen den Vorhang -zu. - -Sie schliefen nicht lange, denn die Prinzessin war nicht sehr müde, und -der Prinz verließ sie gegen Morgen, um in die Stadt zurückzukehren, wo -sein Vater in Sorge um ihn sein mußte. Der Prinz erzählte ihm, er habe -sich auf der Jagd im Walde verirrt, in der Hütte eines Köhlers -übernachtet und von ihm Schwarzbrot und Käse zum Essen bekommen. Der -König, sein Vater, war ein guter Mann und glaubte es. Aber seine Mutter -ließ sich nicht so leicht überzeugen. Als sie sah, daß er fast täglich -auf die Jagd ging und daß er nie um eine Entschuldigung verlegen war, -wenn er zwei oder drei Nächte draußen geschlafen hatte, zweifelte sie -nicht mehr, daß er irgendeine Liebschaft habe. Mehr als zwei Jahre lebte -der Prinz so mit der Prinzessin; und sie bekamen zwei Kinder. Das -älteste, ein Mädchen, nannten sie Morgenrot und das zweite, einen -Knaben, Tageshell, weil er fast noch schöner war als seine Schwester. - -Um hinter sein Geheimnis zu kommen, sagte die Königin öfters zu ihrem -Sohne, er solle doch mit seinem Leben zufrieden sein. - -Doch er wagte nicht, sich ihr anzuvertrauen, denn er fürchtete sich vor -ihr, obgleich er sie liebte. Sie entstammte nämlich dem Geschlechte der -Menschenfresser, und der König hatte sie nur geheiratet, weil sie so -reich war. - -Man sprach sogar am Hofe ganz leise davon, daß sie immer noch eine -Neigung zum Menschenfressen habe, und daß sie sich mit aller Gewalt -zurückhalten müsse, wenn sie kleine Kinder sähe, damit sie sich nicht -auf sie stürze. Deshalb wollte der Prinz ihr nichts sagen. - -Nach zwei Jahren starb der König, und der Prinz folgte ihm nach. Jetzt -machte er seine Heirat bekannt und ließ unter großen Festlichkeiten -seine Frau als Königin auf sein Schloß holen. Ein herrlicher Empfang -wurde ihr in der Hauptstadt bereitet, als sie mit den beiden Kindern -einzog. - -Es trug sich zu, daß der König gegen den Kaiser Cantalabutte, seinen -Nachbarn, in den Krieg ziehen mußte. Er übergab die Regierung der -Königin Mutter, und ließ Frau und Kinder in ihrer Obhut zurück. - -Den ganzen Sommer mußte er im Felde bleiben. Als er aber abgereist war, -schickte die Königin ihre Schwiegertochter und die Kinder in ein -Landhaus im Walde, um ungestörter ihrer fürchterlichen Lust zu fröhnen. -Einige Tage darauf begab sie sich selbst dorthin und sagte eines Abends -zu ihrem Haushofmeister: - -»Morgen will ich zum Mittagessen die kleine Morgenrot verspeisen!« - -»Um Gottes Willen, Königliche Hoheit«, rief der Haushofmeister. - -»Ich will es«, sagte die Königin; und sie sagte es, wie ein -Menschenfresser, der Lust hat, frisches Fleisch zu essen. »Ich will sie -sogar mit Roberttunke essen!« - -[Illustration] - -Als der arme Mann sah, daß man mit einer Menschenfresserin nicht gut -spaßen könne, nahm er sein großes Messer in die Hand und ging hinauf in -das Zimmer der kleinen Morgenrot. Diese war gerade vier Jahre alt, und -sie warf sich tanzend und lachend ihm an den Hals und bat ihn um -Süßigkeiten. Da fing er an zu weinen, und das Messer fiel ihm aus der -Hand. Er ging hinunter in den Stall, schlachtete ein Lämmchen und -bereitete es mit einer so guten Tunke zu, daß seine Herrin ihm -versicherte, sie habe noch nie etwas so Gutes gegessen. - -Gleichzeitig hatte er die kleine Morgenrot fortgetragen und seiner Frau -übergeben, damit sie dieselbe in seinem Hause verberge, das hinter dem -Stalle lag. - -Acht Tage später sagte die Königin zu ihrem Haushofmeister: - -»Ich will den kleinen Tageshell zum Abendbrot essen!« - -Er erwiderte nichts und war fest entschlossen, sie ebenso wie das -erstemal zu täuschen. - -Er suchte den kleinen Tageshell und fand ihn mit einem Florett in der -Hand, womit er gegen einen dicken Affen Krieg führte; dabei war er erst -drei Jahre alt. - -Auch ihn brachte er zu seiner Frau, damit sie ihn mit der kleinen -Morgenrot verberge, und an seiner Stelle bereitete er ein zartes -Zicklein, welches die Menschenfresserin äußerst wohlschmeckend fand. - -Bis dahin war alles gut gegangen. Aber eines Abends sagte die böse -Königin zum Haushofmeister: - -»Ich will die Königin in derselben Tunke wie ihre Kinder essen!« - -Da verzweifelte der arme Haushofmeister, weil er nicht glaubte, sie noch -einmal täuschen zu können. Denn die junge Königin war über zwanzig Jahre -alt, ganz abgesehen von den hundert Jahren, die sie geschlafen hatte. -Ihre Haut war ein wenig spröde, obwohl sie schön und weiß war. Aber wie -sollte man unter den Tieren eines finden, das eine ebenso spröde Haut -hatte? - -[Illustration] - -Deshalb faßte er, um sein eigenes Leben zu retten, den Entschluß, der -Königin den Hals abzuschneiden. Er stieg hinauf in ihr Zimmer, und war -fest entschlossen, es diesmal anders zu machen. Er brachte sich in Wut -und trat mit dem Dolch in der Hand in das Zimmer der jungen Königin. -Trotzdem wollte er sie nicht überfallen und er erzählte ihr mit allem -Respekt von dem Auftrag, den er von der Königin Mutter erhalten hatte. - -»Tut, was Euch befohlen!« sagte die Königin zu ihm und hielt ihren Kopf -hin. »Ich werde meine Kinder wiedersehen, meine armen Kinder, die ich so -geliebt habe!« - -Sie hielt ihre Kinder nämlich für tot, seitdem man sie entführt hatte, -ohne ihr etwas zu sagen. - -»Nein, gnädige Frau,« antwortete der Haushofmeister ganz gerührt. »Ihr -sollt nicht sterben. Ihr werdet dennoch Eure Kinder wiedersehen! In -meinem Hause werdet Ihr sie sehen, wo ich sie verborgen habe. Ich will -nochmals die Königin täuschen und ihr an Eurer Stelle einen jungen -Hirsch zu essen geben.« - -Dann führte er sie in seine Wohnung und ließ sie küssend und weinend bei -ihren Kindern. Er selbst bereitete eine Hindin zu, und die Königin -verzehrte sie mit demselben Appetit zum Abendessen, als wenn es die -junge Königin gewesen wäre. - -Sie war sehr befriedigt von ihren Grausamkeiten und nahm sich vor, dem -König bei seiner Rückkehr zu sagen, daß wütende Wölfe seine Frau, die -Königin, und seine beiden Kinder gefressen hätten. -- - -Eines Abends, als sie wie gewöhnlich in den Höfen des Schlosses -herumstreifte, um dort nach frischem Fleisch auszuschauen, hörte sie in -einem Kellerzimmer den kleinen Tageshell, der weinte, weil ihn seine -Mutter wegen einer Ungehorsamkeit schlagen wollte; und sie hörte auch -die kleine Morgenrot, wie sie für ihren Bruder um Verzeihung bat. - -Die Menschenfresserin erkannte die Stimme der Königin und ihrer Kinder -und geriet in Zorn, weil man sie getäuscht hatte. - -Am nächsten Tage in der Frühe befahl sie mit schrecklicher Stimme, die -alle erzittern machte, man solle in die Mitte des Hofes einen großen -Bottich bringen. Diesen Bottich ließ sie mit Vipern, Kröten, Nattern und -Schlangen füllen, um die Königin und ihre Kinder, den Haushofmeister, -seine Frau und seine Dienerin hineinzuwerfen. Sie gab den Befehl, sie -herbeizuführen, die Hände auf den Rücken gebunden. - -[Illustration] - -So standen sie da, und der Henker machte sich daran, sie in den Bottich -zu werfen. In diesem Augenblick kam der König, den man nicht so schnell -erwartet hatte, in den Hof geritten; denn er war auf schnellstem Wege -zurückgekehrt. Ganz erstaunt fragte er, was denn das schreckliche -Schauspiel zu bedeuten habe. - -Niemand wagte, es ihm zu sagen. Die Menschenfresserin aber stürzte sich -in ihrer Wut über das, was sie sah, kopfüber in den Bottich und war in -einem Augenblick von den schrecklichen Tieren, die sie selbst -hineingesetzt hatte, verschlungen. Der König war traurig darüber, denn -es war seine Mutter. Aber er tröstete sich bald mit seiner schönen Frau -und seinen Kindern. - - - Moral: - - Manch Mädchen wartet lange auf den Mann, - Bis sich der findet, den sie lieben kann; - Denn der muß reich sein, schön und sehr galant, - Dem sie zum Ehebunde reicht die Hand. - Doch zeige mir das Weib, das hundert Jahr - In Ruhe wartet auf den Traualtar, - Das auch noch sorglos schläft die ganze Zeit: - Du suchst nach ihr vergeblich weit und breit. - - Es wird aus diesem Märchen klar, - Daß, wer da wartet viele Jahr, - Und wer trotz Wartens schlummern kann, - Am Ende kriegt den besten Mann. - - Gern gäb ich Euch den guten Rat: - Wartet so lang, wie es Dornröschen tat! - Doch wage ich nicht, diesen Rat zu geben, - Ihr lieben Fräuleins: ich kenne Euch eben. - - - - - Charles Perrault - - 1628 geboren, wird er zuerst Advokat; später kommt er an den Hof - und wird der treueste Gehilfe Colberts. 1683 zieht er sich in - das Privatleben zurück und widmet sich ganz seinen literarischen - Werken. Den Zeitgenossen gilt Perrault in erster Linie als der - Verfasser der »_Parallèles des Anciens et Modernes_«, die - Nachwelt kennt ihn nur als den Dichter des ersten abendländischen - Märchenbuches. Seine Sammlung »_Les Contes de ma Mère l'Oie_« - kam 1697 in Buchform heraus; sie war der Auftakt zu einer - unübersehbaren Märchenliteratur. - - - - - Gustave Doré - - Er wurde 1832 zu Straßburg geboren. Sein Vater bestimmte ihn zum - Ingenieur-Beruf, aber seine reiche Phantasie, seine erstaunliche - Begabung drängte ihn zur Malerei. Mit zehn Jahren begann er Dante - zu illustrieren. Mit elf Jahren schloß er seinen ersten Vertrag - ab, der ihn verpflichtete, wöchentlich eine Lithographie für das - »_Journal pour rire_« zu liefern. Bald gab er die Vorbereitung - zum Ingenieur-Beruf auf und widmete sich ganz der Kunst. 1854 - erschienen seine ersten großen Werke, »_Rabelais_« und die - »_Contes drôlatiques_« von Balzac, die seinen Ruhm weit über - Frankreich hinaus verbreiteten. 1862 illustrierte er die »_Contes - de Perrault_«. Er findet in den phantastischen Kostümen und - ritterlichen Lebensformen der Zeit Franz I. und Ludwig XIII. den - geeigneten Ausdruck für die übersprudelnde Fülle seiner köstlichen - Einfälle. Doré starb im Jahre 1883; er wurde nur 51 Jahre alt. - - - - -Liste korrigierter Druckfehler - - -Seite 5, im Inhaltsverzeichnis der Originalvorlage stand »Aschenputtel« -an Stelle von »Aschenbrödel« sowie »Riquet mit dem Schopf« an Stelle von -»Riquet mit der Locke«. - -Seite 24, fehlendes öffnendes Anführungszeichen vor »ich muß« eingefügt -(»Wundervoll,« rief da die Mutter, »ich muß auch meine andere Tochter -schicken.) - -Seite 28, »irdendein« ersetzt durch »irgendein« (stellte sich tot und -wartete, ob nicht irgendein junger, mit den Ränken dieser Welt noch -wenig vertrauter Hase sich in den Sack schliche) - -Seite 28, überflüssiges Anführungszeichen am Satzende entfernt (Und als -zwei Rebhühner hineingeschlüpft waren, zog er ihn zu und fing alle -beide.) - -Seite 30, »den« durch »dem« ersetzt (Während man den armen Marquis aus -dem Fluß zog) - -Seite 52, »hatt« durch »hatte« ersetzt (Der war von dem großen Umweg, -den er vergebens gemacht hatte, sehr erschöpft und wollte sich -ausruhen.) - -Seite 56, in der Überschrift »Pantoffelchen« durch »Pantöffelchen« -ersetzt (Aschenbrödel oder die Geschichte vom gläsernen Pantöffelchen) - -Seite 63, »Örangen« durch »Orangen« ersetzt (Tausend Artigkeiten hat sie -uns erwiesen und hat uns Orangen und Zitronen geschenkt.) - -Seite 68, »trauig« durch »traurig« ersetzt (Seid darüber nicht weiter -traurig!) - -Seite 86, »ihren« durch »ihre« ersetzt (daß sie sich vornahm, an Sonn- -und Festtagen der Reihe nach alle ihre schönen Gewänder anzuziehen.) - -Seite 97, fehlendes schließendes Anführungszeichen eingefügt (»Was macht -Ihr da, liebe Frau?« sagte die Prinzessin.) - - - - - -End of Project Gutenberg's Gänsemütterchens Märchen, by Charles Perrault - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GÄNSEMÜTTERCHENS MÄRCHEN *** - -***** This file should be named 42900-8.txt or 42900-8.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/4/2/9/0/42900/ - -Produced by Norbert H. Langkau, Martin Oswald and the -Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - -Updated editions will replace the previous one--the old editions -will be renamed. - -Creating the works from public domain print editions means that no -one owns a United States copyright in these works, so the Foundation -(and you!) can copy and distribute it in the United States without -permission and without paying copyright royalties. Special rules, -set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to -copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to -protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project -Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you -charge for the eBooks, unless you receive specific permission. If you -do not charge anything for copies of this eBook, complying with the -rules is very easy. You may use this eBook for nearly any purpose -such as creation of derivative works, reports, performances and -research. They may be modified and printed and given away--you may do -practically ANYTHING with public domain eBooks. Redistribution is -subject to the trademark license, especially commercial -redistribution. - - - -*** START: FULL LICENSE *** - -THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK - -To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase "Project -Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project -Gutenberg-tm License available with this file or online at - www.gutenberg.org/license. - - -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg-tm -electronic works - -1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all -the terms of this agreement, you must cease using and return or destroy -all copies of Project Gutenberg-tm electronic works in your possession. -If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a Project -Gutenberg-tm electronic work and you do not agree to be bound by the -terms of this agreement, you may obtain a refund from the person or -entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph 1.E.8. - -1.B. "Project Gutenberg" is a registered trademark. It may only be -used on or associated in any way with an electronic work by people who -agree to be bound by the terms of this agreement. There are a few -things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works -even without complying with the full terms of this agreement. See -paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project -Gutenberg-tm electronic works if you follow the terms of this agreement -and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm electronic -works. See paragraph 1.E below. - -1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the Foundation" -or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection of Project -Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual works in the -collection are in the public domain in the United States. If an -individual work is in the public domain in the United States and you are -located in the United States, we do not claim a right to prevent you from -copying, distributing, performing, displaying or creating derivative -works based on the work as long as all references to Project Gutenberg -are removed. Of course, we hope that you will support the Project -Gutenberg-tm mission of promoting free access to electronic works by -freely sharing Project Gutenberg-tm works in compliance with the terms of -this agreement for keeping the Project Gutenberg-tm name associated with -the work. You can easily comply with the terms of this agreement by -keeping this work in the same format with its attached full Project -Gutenberg-tm License when you share it without charge with others. - -1.D. The copyright laws of the place where you are located also govern -what you can do with this work. Copyright laws in most countries are in -a constant state of change. If you are outside the United States, check -the laws of your country in addition to the terms of this agreement -before downloading, copying, displaying, performing, distributing or -creating derivative works based on this work or any other Project -Gutenberg-tm work. 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If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is derived -from the public domain (does not contain a notice indicating that it is -posted with permission of the copyright holder), the work can be copied -and distributed to anyone in the United States without paying any fees -or charges. If you are redistributing or providing access to a work -with the phrase "Project Gutenberg" associated with or appearing on the -work, you must comply either with the requirements of paragraphs 1.E.1 -through 1.E.7 or obtain permission for the use of the work and the -Project Gutenberg-tm trademark as set forth in paragraphs 1.E.8 or -1.E.9. - -1.E.3. If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is posted -with the permission of the copyright holder, your use and distribution -must comply with both paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 and any additional -terms imposed by the copyright holder. Additional terms will be linked -to the Project Gutenberg-tm License for all works posted with the -permission of the copyright holder found at the beginning of this work. - -1.E.4. Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg-tm -License terms from this work, or any files containing a part of this -work or any other work associated with Project Gutenberg-tm. - -1.E.5. Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this -electronic work, or any part of this electronic work, without -prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with -active links or immediate access to the full terms of the Project -Gutenberg-tm License. - -1.E.6. You may convert to and distribute this work in any binary, -compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including any -word processing or hypertext form. 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INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the -trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone -providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in accordance -with this agreement, and any volunteers associated with the production, -promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works, -harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees, -that arise directly or indirectly from any of the following which you do -or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm -work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any -Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause. - - -Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm - -Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of -electronic works in formats readable by the widest variety of computers -including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists -because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from -people in all walks of life. - -Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's -goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. -To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation -and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 -and the Foundation information page at www.gutenberg.org - - -Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive -Foundation - -The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit -501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the -state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal -Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification -number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent -permitted by U.S. federal laws and your state's laws. - -The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. -Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered -throughout numerous locations. Its business office is located at 809 -North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email -contact links and up to date contact information can be found at the -Foundation's web site and official page at www.gutenberg.org/contact - -For additional contact information: - Dr. Gregory B. Newby - Chief Executive and Director - gbnewby@pglaf.org - -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. - -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. Compliance requirements are not uniform and it takes a -considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up -with these requirements. We do not solicit donations in locations -where we have not received written confirmation of compliance. 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Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm -concept of a library of electronic works that could be freely shared -with anyone. For forty years, he produced and distributed Project -Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support. - -Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed -editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S. -unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily -keep eBooks in compliance with any particular paper edition. - -Most people start at our Web site which has the main PG search facility: - - www.gutenberg.org - -This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. diff --git a/42900-8.zip b/42900-8.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index 06293f5..0000000 --- a/42900-8.zip +++ /dev/null diff --git a/42900-h.zip b/42900-h.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index f632dcd..0000000 --- a/42900-h.zip +++ /dev/null diff --git a/42900-h/42900-h.htm b/42900-h/42900-h.htm index fd29de8..7e2a00f 100644 --- a/42900-h/42900-h.htm +++ b/42900-h/42900-h.htm @@ -3,7 +3,7 @@ <html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" lang="de"> <head> - <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html;charset=iso-8859-1" /> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html;charset=UTF-8" /> <title> The Project Gutenberg eBook of Gänsemütterchens Märchen, by Charles Perrault. </title> @@ -122,48 +122,7 @@ </style> </head> <body> - - -<pre> - -The Project Gutenberg EBook of Gänsemütterchens Märchen, by Charles Perrault - -This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with -almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or -re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included -with this eBook or online at www.gutenberg.org - - -Title: Gänsemütterchens Märchen - -Author: Charles Perrault - -Illustrator: Gustave Doré - -Translator: Hans Krause - -Release Date: June 9, 2013 [EBook #42900] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GÄNSEMÜTTERCHENS MÄRCHEN *** - - - - -Produced by Norbert H. Langkau, Martin Oswald and the -Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - - - - - -</pre> - - +<div>*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 42900 ***</div> <p class="center_cov"> <img id="coverpage" src="images/cover.jpg" width="534" height="780" alt="Buchdeckel" /> @@ -3235,380 +3194,6 @@ schönen Gewänder anzuziehen.)</p> eingefügt (»Was macht Ihr da, liebe Frau?« sagte die Prinzessin.)</p> </div> - - - - - - - -<pre> - - - - - -End of Project Gutenberg's Gänsemütterchens Märchen, by Charles Perrault - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GÄNSEMÜTTERCHENS MÄRCHEN *** - -***** This file should be named 42900-h.htm or 42900-h.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/4/2/9/0/42900/ - -Produced by Norbert H. Langkau, Martin Oswald and the -Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - -Updated editions will replace the previous one--the old editions -will be renamed. - -Creating the works from public domain print editions means that no -one owns a United States copyright in these works, so the Foundation -(and you!) can copy and distribute it in the United States without -permission and without paying copyright royalties. Special rules, -set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to -copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to -protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project -Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you -charge for the eBooks, unless you receive specific permission. If you -do not charge anything for copies of this eBook, complying with the -rules is very easy. 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By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all -the terms of this agreement, you must cease using and return or destroy -all copies of Project Gutenberg-tm electronic works in your possession. -If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a Project -Gutenberg-tm electronic work and you do not agree to be bound by the -terms of this agreement, you may obtain a refund from the person or -entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph 1.E.8. - -1.B. "Project Gutenberg" is a registered trademark. It may only be -used on or associated in any way with an electronic work by people who -agree to be bound by the terms of this agreement. 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